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Hans-Josef Klauck . Der erste Johannesbrief
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Hans-Josef Klauck . Der erste Johannesbrief
EKK Evangelisch-Katholischer Kommentar zum Neuen Testament Herausgegeben von Norbert Brox, Rudolf Schnackenburg, Eduard Schweizer und Ulrich Wilckens in Verbindung mit Otto Böcher, Fran~ois Bovon, Gerhard Dautzenberg, Joachim Gnilka, Erich Gräßer, Martin Hengel, Paul Hoffmann, Traugott Holtz, Hans-Josef Klauck, Ulrich Luck, Ulrich Luz, Helmut Merklein, Rudolf Pesch, Jürgen Roloff, Wolfgang Schrage, Peter Stuhlmacher, Wolfgang Trilling, Anton Vögtle, Samuel Vollenweider, Hans Weder und Alfons Weiser
Band XXIIVl Hans-Josef Klauck Der erste Johannesbrief
Benziger Verlag Neukirchener Verlag
Hans-Josef Klauck Der erste Johannesbrief
Benziger Verlag N eukirchener Verlag
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
EKK: evangelisch-katholischer Kommentar zum Neuen Testament / hrsg. von Norbert Brox ... In Verbindung mit Otto Böcher ... - Zürich; Braunschweig: Benziger; NeukirchenVluyn: Neukirchener Verl. Früher hrsg. von Josef Blank t NE: Brox, Norbert [Hrsg.]; Blank, Josef [Hrsg.]; EvangelischKatholischer Kommentar zum Neuen Testament Bd. XXIII). Klauck, Hans-Josef: Der erste Johannesbrief. - 1991
Klauck, Hans-Josef: Der erste Johannesbrief / Hans-Josef Klauck - Zürich; Braunschweig: Benziger; Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verl., 1991 (EKK; Bd. XXIII,1) ISBN 3-545-23122-4 (Benziger) ISBN 3-7887-1377-1 (Neukirchener Ver!.)
© 1991 by Benziger Verlag AG, Zürich und Braunschweig und Neukirchener Verlag des Erziehungsvereins GmbH, Neukirchen-Vluyn Alle Rechte vorbehalten Umschlaggestaltung: Atelier Blumenstein + Plancherel, Zürich Gesamtherstellung: Breklumer Druckerei Manfred Siegel KG ISBN 3-545-23122-4 (Benziger Verlag) ISBN 3-7887-1377-1 (Neukirchener Verlag)
Josef Blank (1926-1989)
IN MEMORIAM
Vorwort
»... vielmehr, hoffe ich, werden die Leser ... die theologische Art meiner Arbeit darin erkennen, daß ... nicht allein die Form der apostolischen Worte erläutert, sondern auch der Gedankengehalt soweit entwickelt ist, als dies in einem Commentar geschehen darf, welcher ein Commentar bleiben will, aber als solcher die Leser nicht bis unmittelbar vor die apostolischen Gedanken, sondern in dieselben hineinführen möchte. Gerade in dieser Absicht habe ich mich der strengsten und klarsten exegetischen Methode befleißigt. Ich wollte, daß der Leser die richtige Auslegung aus dem Texte gleichsam hervorwachsen sehn und sich an dem reichen Leben der apostolischen Gedanken weiden sollte.« (F. Düsterdieck, Die drei johanneischen Briefe. Bd. I, Göttingen 1852, III-IV)
Das Motto stammt aus einem der mit 1050 Seiten in zwei Bänden bislang massivsten Johannesbriefkommentare der Auslegungsgeschichte, einem Werk von bleibendem Wert. Ihm kann und will die im folgenden gebotene Erklärung vom Umfang her keine Konkurrenz machen. Den Benutzern bleibt das Urteil darüber anheimgestellt, ob es gelungen ist, die exegetische Arbeit für die theologische Aussage transparent werden zu lassen. Daß dieses Bemühen zur Exegese gehört, aber nicht auf Kosten der methodischen Strenge gehen darf, sondern intensives Bemühen um das Detail voraussetzt, hat Friedrich Düsterdieck ja in aller wünschenswerten Klarheit festgehalten. Mit Düsterdiecks Kompendium der Johannesbriefexegese von den Anfängen bis 1850 hat der vorliegende Kommentar das äußerliche Merkmal gemeinsam, daß er in zwei getrennten Teilen erscheint. Aber der Schnitt liegt nicht wie bei Düsterdieck zwischen 1Joh 2,28 und 2,29, vielmehr ist ein zweiter, schmaler Band den beiden kleinen Johannesbriefen vorbehalten, während der erste Band den gesamten ersten Johannesbrief behandelt. Die Aufteilung hat technische, aber auch inhaltliche Gründe. Es zeigte sich, daß die Auslegung von 2Joh und 3Joh einen ganz eigenen Weg nahm und besser gesondert dargeboten wird. Bei der Arbeit an den Johannesbriefen habe ich viel gelernt und mannigfache Hilfe erfahren. Für beides bin ich dankbar. Gern denke ich an die Gespräche im Kreis der Mitarbeiter des EKK zurück, an die freundschaftliche Atmosphäre, in der sie abliefen, an die Anregungen und Impulse, die sie für die Kommentararbeit immer wieder vermittelten, und an die theologische Gemeinschaft über Konfessionsgrenzen hinweg, die ein besonderes Geschenk
VIII
Vorwort
ist in einer Zeit sich verhärtender Fronten. Besonders möchte ich Rudolf Schnackenburg und Hans Weder hervorheben, die das Manuskript von der ersten bis zur letzten Seite mitgelesen haben und hilfreiche Ratschläge gaben. Wie immer hat sich meine Sekretärin, Frau Hannelore Ferner, um die Gestaltung des Typoskripts, das mehrere Phasen durchlief, große Verdienste erworben. Beim Korrekturenlesen unterstützte mich mein Assistent, Herr Dr. Bernhard Heininger. Ihnen allen ein herzliches Dankeschön. Einer aus der Reihe der Mitarbeiter und Mitherausgeber des EKK, Josef Blank, hat uns allzu früh verlassen. Ich erinnere mich noch gut an einen begeisternden Vortrag von ihm über Amt und Priestertum nach dem Neuen Testament, den ich 1967 in meinem zweiten Studiensemester hörte. Damals konnte ich nicht ahnen, daß ich ihn einmal als liebenswerten Kollegen schätzen lernen sollte, erst recht nicht, daß die Zeit der gemeinsamen Arbeit so jäh wieder enden würde. Es ist mir ein Bedürfnis, diesen Band seinem Andenken zu widmen, in der Zuversicht, daß sich für ihn 1Joh 3,2 erfüllt hat. Würzburg, im November 1990
Hans-Josef Klauck
Inhalt
Vorwort
............................................
VI
Abkürzungen und Literatur ..............................
1
Einleitung ...........................................
13
Textüberlieferung .................................. Bezeugung und Kanonisierung. . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . Sprache und Stil .................................. Literarkritik ...................................... Aufbau ......................................... Gattung ......................................... Abfassungsverhältnisse .............................. Gegnerfrage ...................................... Verfasserfrage .................................... Ort und Zeit .....................................
13 16 20 21 24 29 32 34 42 48
Kommentar. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
A
Prolog: Vom Wort des Lebens (1,1-4)
53
B
Korpus: Einweisung in die Wirklichkeit der Liebe (1,5 - 5,12)
79
I 1 a b c 2 a b c 3
Gottesgemeinschaft und Gotteserkenntnis (1,5 - 2,17) ...... Im Lichte leben (1,5 - 2,2) ........................... Gott ist Licht (1,5) ................................. Vergebung der Sünden (1,6-10) ....................... Jesus als Fürsprecher (2,1-2) .......................... Die Gebote halten (2,3-11) .......................... Kriterien der Erkenntnis (2,3-6) ....................... Das alte und neue Gebot (2,7-8) ...................... Bruderhaß und Bruderliebe (2,9-11) .................... Glaubensgewißheit und sittliche Verpflichtung (2,12-17) ....
79 79 80 85 100 110 111 120 124 129
x
Inhalt
a b
Hinwendung zum Leserkreis (2,12-14) .................. 130 Warnung vor der Liebe zur Welt (2,15-17) .............. 136
II 1 a b c d e 2 a b c d 3 a b c d
Vor dem Anspruch der letzten Stunde (2,18 - 3,24) ........ Das Bekenntnis zum Sohn als Kriterium (2,18-27) ......... Der Antichrist und das johanneische Schisma (2,18-19) ..... Geistgewirktes Glaubenswissen (2,20-21) ................ Streit um das Taufbekenntnis (2,22-23) ................. Die anfängliche Glaubensüberlieferung (2,24-25) .......... Der einzige Lehrer (2,26-27) ......................... Heilserwartung und Sündlosigkeit der Gotteskinder (2,28 - 3,10) Wiederkunft Christi (2,28-29) ........................ Gotteskindschaft in Gegenwart und Zukunft (3,1-3) ....... Sünde und Christuserkenntnis (3,4-6) .................. Gotteskinder - Teufelskinder (3,7-10) .................. Einübung des Liebesgebots (3,11-24) ................... Die Mitte der Botschaft (3,11-12) ..................... Einsatz des Lebens (3,13-17) ......................... Das Urteil des Herzens (3,18-22) ...................... Das eine Gebot (3,23-24) ............................
145 145 146 155 160 164 166 170 172 178 185 189 201 202 207 214 223
III 1 a b 2 a b c d e 3 a b c
Glaube und Liebe auf dem Prüfstand (4,1 - 5,12) .......... Wo sich die Geister scheiden (4,1-6) ................... Die Christologie als Testfall (4,1-3) .................... Erfolg und Mißerfolg als TestfaIl (4,4-6) ................. Das Hohelied der Liebe (4,7-21) ....................... Der Ursprung der Liebe (4,7-10) ...................... Die Antwort der Liebe (4,11-12) ...................... Die Erfahrung der Liebe (4,13-16) ..................... Die Zukunft der Liebe (4,17-18) ...................... Die Praxis der Liebe (4,19-21) ........................ Zeugnis für den Glauben (5,1-12) ..................... Der Sieg des Glaubens (5,1-5) ........................ Die drei Zeugen (5,6-8) ............................. Das Zeugnis Gottes (5,9-12) .........................
226 226 227 238 244 245 252 255 268 273 282 283 291 311
C
Epilog: Ewiges Leben (5,13-21)
1 2 a b c d
Briefschluß: Glaube und Leben (5,13) ................... Postskript: Mit Freimut und Zuversicht (5,14-21) .......... Gebetserhörung (5,14-15) ........................... Die Sünde zum Tode (5,16-17) ....................... Glaubenswissen (5,18-20) ............................ Schlußmahnung (5,21) ..............................
........................ 318 319 321 321 324 333 340
XI
Inhalt
Ausblick 1 2 3
349
Zur Auslegungs- und Wirkungsgeschichte ............... 349 1Joh im Gottesdienst ............................... 351 Theologische Gesichtspunkte ......................... 352
Exkurse 1 Die Wir-Form .................................... 2 Die Sprache der Immanenz .......................... 3 Die Liebe zu den Brüdern und Schwestern .............. 4 Das Comma Johanneum ............................ 5 Frühkatholizismus im 1Joh? ..........................
73 264 277 303 344
Register ............................................. 355 Stellenregister (in Auswahl) .............................. 357 Sachregister .......................................... 361
Abkürzungen und Literatur
Abkürzungen 1 Für Zeitschriften, Reihen, Sammelwerke etc.: S. Schwermer, Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete, Berlin 1976 = Theologische Realenzyklopädie (TRE). Abkürzungsverzeichnis (mit Nachträgen). 2 Biblische Bücher nach den Loccumer Richtlinien (Stuttgart 21981). Für atl. und ntl. Apokryphen, Philo, Josephus, Qumran, Rabbinen: Abkürzungsverzeichnis der TRE, S. XV/XVI. 3 Für antike Literatur und Hilfsmittel (also auch für Deißmann LO; Moult-Mill etc.), soweit vorhanden: ThWNT X 53-85. 4 Für die Kirchenväter gilt: Abkürzung der Titel nach dem ThWNT. Die jeweiligen Editionen werden durch Reihentitel etc. in Klammern ausgewiesen, wenn im ThWNT eine entsprechende Angabe fehlt.
5 Zusätzliche Abkürzungen für antike Literatur: JosAs NHC
Joseph und Aseneth, Text nach C. Burchard, DBAT Nr. 14 (1979) 2-53; übers.: ders., JSHRZ ll/4 Nag Hammadi Codex; die Sigel für die einzelnen Traktate nach KW. Tröger (Hrsg.), Altes Testament - Frühjudentum - Gnosis, Gütersloh 1980, 16-18
6 Zusätzliche Abkürzungen für Zeitschriften und Reihen etc.: Bauer-Aland WB
BbETh Bl-Debr-Rehkopf
EWNT JStNT(.S) Neot NHSt ÖTK
W. Bauer, Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur, hrsg. K. und B. Aland, Berlin 61988 Beiträge zur biblischen Exegese und Theologie, Frankfurt a.M. F. Blass - A. Debrunner, Grammatik des neutestamentlichen Griechisch, bearb. von F. Rehkopf, Göttingen 141976 Exegetisches Wörterbuch zum Neuen Testament. Bd. 1-3, Stuttgart 1980-1983 Journal for the Study of the New Testament (Supplement Series), Sheffield 1978ff Neotestamentica, Pretoria 1967ff Nag Hammadi Studies, Leiden Ökumenischer Taschenbuchkommentar, Gütersloh-Würzburg
2
Abkürzungen und Literatur
Semeia/Semeia.S SNTUNB
7
Semeia/Semeia Supplements, Missoula 1974ff Studien zum Neuen Testament und seiner Umwelt, Reihe AI Reihe B, Linz 1976ff bzw. 1978ff
Zitationsweise:
Kommentare zu den Johannesbriefen werden nur mit Verfassernamen und Seitenzahl zitiert. Spezialliteratur zu einzelnen Perikopen und Abschnitten erscheint in den Anmerkungen mit Namen des Autors und Sternchen (*). Wo Kurztitel verwendet werden (z.B. Buhmann, Analyse 116~, finden sich die genauen Angaben im Literaturverzeichnis unter 3. und 4. Der Hinweis s.o./s.u. Anm.10 (ohne Seitenzahl) bezieht sich immer auf eine Anmerkung im gleichen Abschnitt.
II
Literaturverzeichnis
1
Kommentare bis 1800
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Kommentare bis 1800
3
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4
Abkürzungen und Literatur
{Strabo, Walafrid, (12. Jh.),] Glossa ordinaria: Epistola I B. Joannis, PL 114, 693-704. Theophylact(t um 1108), Expositio in Epistolam I S. Joannis, PG 126, 9-84 (abhängig von Ps.-Oecumenius, s.o.). 2
Kommentare ab 1800
Alexander, Neil, The Epistles of John, 1962 (TBC). Alexander, w., The Epistl~s of St. John. Twenty-one Discourses With Greek Text, Comparative Versions, and Notes Chiefly Exegetical, New York 1901. Asmussen, H, Wahrheit und Liebe. Eine Einführung in die Johannesbriefe, 31957 (UCB 22). Balz, H, Die Johannesbriefe, in: H. Balz I W. Schrage, Die »Katholischen« Briefe, 11/11973 (NTD 10), 150-216. Barker, C]., The Johannine Epistles, London 1948 (A Lutterworth Commentary). Baumgarten, 0., Die Johannes-Briefe, in: SNT 4,31920, 185-228. Belser, J.E., Die Briefe des heiligen Johannes, Freiburg 1906. Bisping, A, Die drei Briefe Johannis, in: ders., Erklärung der sieben katholischen Briefe, Münster 1871 (Exegetisches Handbuch zum NT 8), 275-394. Bonnard, P., Les Epitres johanniques, 1983 (CNT[N] Be). Bonsirven, ]., Epitres de Saint Jean, 21954 (VSal 9). Boor, W. de, Die Briefe des Johannes, Wuppertal1974 (Wuppertaler Studienbibel). Braun, F.M., Les Epitres de Saint Jean, in: D. Mollat I F.M. Braun, L'Evangile et les Epitres de Saint Jean, 1953 (SBm), 199-241. Braune, K, Die drei Briefe des Apostels Johannes, 1865 (THBW 15). Brooke, AE., A Critical and Exegetical Commentary on the Johannine Epistles, 1912, Repr. 1980 (ICC). . Brown, RE., The Epistles of John, 1982 (AncB 30). Bruce, F.F., The Epistles of John, London 1970. Brückner, B., Die Briefe Johannis, 51863, 346-418 (Bearbeitung von -+ de Wette, s. dort). . Büchsei, F., Die Johannesbriefe, 1933 (ThHK i7). Bultmann, R, Die drei Johannesbriefe, 8/21969 (KEK 14). Calmes, T., Premiere Epitre de Jean, in: ders., Epitres Catholiques. Apocalypse, Paris 1907, 86-92. Camerlynck, A, Epistola I S. Ioannis, in: ders., Commentarius in Epistolas Catholicas, Brügge 51909 (Commentarii Brugenses in S. Scripturam), 176-238. Candlish, RS., First Epistle of John, Edinburgh 31877, Repr. Grand Rapids 1979. Chaine, J., Premiere Epitre de Saint Jean, in: ders., Les Epitres Catholiques, 21939 (EtB), 97-240. Charue, A, Les Epitres de S. Jean, in: SB(pC) 12, 31951, 503-564. Culpepper, RA., 1 John, 2 John, 3 John, Atlanta 1985 (Knox Preaching Guides). De Ambroggi, P., Le tre Epistole di Giovanni, in: ders., Le EpistoJe Cattoliche, 21949 (SB[T] XIV/l), 203-289. Delebecque, E., Epitres de Jean, 1988 (CRB 25). Dodd, CH, The Johannine Epistles, 1946 (MNTC). Düsterdieck, F., Die drei johanneischen Briefe. Bd. I-II/l.2, Göttingen 1852, 1854, 1856.
Kommentare ab 1800
5
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6
Abkürzungen und Literatur
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Einleitung
1
Textüberlieferung
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Vgl. Grunewald* 9f. Grunewald* 25f. Thiele*, VL 2611, 12*.
14
Einleitung
Majuskeln, darunter K, L, P, 'P, 048, 0494 , auch solche mit wertvollem Text wie 331241124317395, schließlich noch Kirchenväterzitate und Lektionare mit byzantinischem Text. Alte Über- Von den alten Übersetzungen ist die altlateinische in ihren verschiedenen setzungen Stadien durch die Arbeiten von Thiele* gut erforscht und durch seine große Ausgabe in der Beuroner Vetus Latina auch umfassend dokumentiert. Er stößt bis zu einer alten, vor allem durch Cyprian von Karthago um die Mitte des 3. Jahrhunderts vertretenen Textform vor. Die Vulgata der Katholischen Briefe erklärt er als Revision der altlateinischen Übersetzung, die an eine in etwa dem Text des Alexandrinus entsprechende griechische Vorlage angeglichen wurde. Vorgenommen hat diese Überarbeitung möglicherweise Rufinus, ein Schüler des Hieronymus, in Rom6. Die alte syrische Übersetzung hat die Katholischen Briefe noch überhaupt nicht erfaßt. Erst in der Peschitta, der syrischen »Vulgata« vom Anfang des 5. Jahrhunderts, tritt mit 1Petr und Jak auch 1Joh hinzu? Im Koptischen ist eine Übersetzung der Katholischen Briefe ins Sahidische für das 4. Jahrhundert zu vermuten, die übrigen Sprachbereiche folgen 8. Zur Text- Mit dieser Bezeugung steht der Text des 1Joh auf einer breiten und sicheren kritik Basis, auch wenn diese naturgemäß nicht mit der qualitativ und quantitativ umfassenderen Bezeugung der Evangelien und der Paulusbriefe zu vergleichen ist. Die Katholischen Briefe brauchten teils länger bis zu ihrer endgültigen Rezeption. Sie wurden weniger gelesen, innerhalb und außerhalb des Gottesdienstes, und entsprechend weniger benötigt. Für 1Joh hat die schwächere Benutzungsfrequenz als positive Folge eine geringere Fehlerquote mit verhältnismäßig wenigen echten textkritischen Problemen (zu 1Joh 4,2 s. den Kommentar). Die Mehrzahl der Varianten bewegt sich innerhalb einer bestimmten Bandbreite: Relativ häufig werden »ihN, »euch« und »wir«, »uns« ausgetauscht oder ergänzt; öfter wird »Christus« oder »Gott« eingefügt; die Zeitstufen von Verben ändern sich, ebenso die Anredeformen; Konjunktionen, Präpositionen, Artikel und Partikel werden variiert (s. im einzelnen die textkritischen Anmerkungen zur Übersetzung). In geringerem Umfang kommt es auch zu erkennbaren Neuinterpretationen, wenn Z.B. das ungebräuchliche XQLOIlU in 2,27 durch das aus Paulus bekannte xaQLollu ersetzt Eine Vollkollation aller Majuskeln anhand einer Leitzeile, die zur Einordnung der Papyrusfragrnente dient, führt Grunewald* durch. S Weitere verzeichnet Richards* 17-19. 6 Vg!. W. Thiele, Probleme der Versio Latina in den Katholischen Briefen, in: Die alten Übersetzungen des Neuen Testaments, die Kirchenväterzitate und Lektionare, hrsg. K. Aland, 1972 (ANTI 5), 93-119, hier 117. 4
7 S. jetzt die Ed. von B. Aland in Verbindung mit A. Jucke!, Das Neue Testament in syrischer Überlieferung. I. Die großen Katholischen Briefe, 1986 (ANTI 7), 218-256. B Vg!. vorerst K. Schüssler, Epistularum Catholicarum Versio Sahidica, Diss. phi!., Münster 1969; G. Mink, Die koptischen Versionen des Neuen Testaments, in: Die alten Übersetzungen (s.o. Anm. 6) 160-299.
Textüberlieferung
15
wird oder die schwierige Wendung 6 YEWI']{tE(~ (»der Gezeugte«) in 5,18 durch f] YEVVY)m~ (»die Zeugung«). Zu den auffälligen Phänomenen zählt auch eine Reihe von längeren Zusätzen, fast immer am Vers- und Satzschluß und vorwiegend in der lateinischen Textüberlieferung belegt9. Sie entpuppen sich in der Regel als dogmatisierende Fortspinnungen der Textvorlage, gestaltet z.T. im Rückgriff auf andere, benachbarte (vgl. zu 2,26 v.l. nur 2,20) oder weiter entfernte johanneische Texte (vgl. zu 5,9 v.l. etwa 1Joh 1,1-3; 4,14). Die prominenteste längere Glosse dieser Art ist zweifellos das Comma Johanneum bei 1Joh 5,7-8 (s. Exkurs 4). Ob sich die gängigen Texttypen, die zur Hauptsache anhand der Evangelien entwik- Texttypen kelt wurden, auch auf 1Joh übertragen lassen, steht nicht ohne weiteres fest. Der Versuch, die Minuskel 1243 für den Caesarea-Text in den Katholischen Briefen zu reklamieren10, hat nachhaltige Kritik erfahren11. Über eine westliche Textform - für die D ausfällt, s.o. - wird weiter diskutiert12. Eine folgenreiche überschätzung von Sonderlesarten der Vulgata als Zeugen für den ältesten griechischen Text13 hat der Kritik nicht standhalten können. Eine statistisch abgesicherte Gruppierung auf der Basis von 81 ausgewählten Manuskripten hat Richards" unternommen. Er unterscheidet für 1Joh zwischen alexandrinischem Text mit drei Untergruppen, byzantinischem Text mit sieben oder acht Untergruppen und einem Mischtext mit drei Untergruppen. Gerade in einem wirkungsgeschichtlich orientierten Kommentar erschöpft Textsich der Sinn der Beschäftigung mit der Textkritik nicht in der methodischen geschichte Absicherung der ältesten Textform. Erhöhte Bedeutung gewinnt der Einblick in die Textgeschichte, die ein Stück weit immer schon Auslegungsgeschichte der Schrift und damit Kirchengeschichte und Theologiegeschichte ist. Auch textkritisch sekundäre Lesarten markieren oft wichtige Stationen der Wirkungsgeschichte des biblischen Textes. Diesem Aspekt werden wir von Fall zu Fall besondere Aufmerksamkeit schenken. An der Schnittstelle zwischen Textgeschichte und Auslegungsgeschichte steht auch Epistola ad der Titel Epistula ad Parthos, der dem 1Joh in der Alten Kirche verschiedentlich beige- Parthos legt wurde 14. In ihrer schriftlichen Fassung haben die Homilien, die Augustinus 407 oder 415 zum 1Joh hielt, diese Bezeichnung in der überschrift. Das ist für uns der zeitlich früheste Beleg, dem sich einige weitere Väterzeugnisse anschließen, bis im 8. Jahrhundert Beda im Proömium seines Kommentars zu den Katholischen Briefen übertreibend feststellt: »Viele Kirchenschriftsteller, darunter Athanasius, das Haupt der Kirche Alexandriens, bezeugen, daß sein erster Brief [d.h. 1Joh] an die Parther geschrieben war« (181). Aufgrund der Autorität der lateinischen Tradition verstehen 9 So in 2,5.17.26; 5,9.20; ausführliche Bezeugung bei Thiele*, VL 26/1. 10 So Carder*. 11 Durch Aland*, Bemerkungen, und Richards* 202-206. 12 Vgl. Duplacy*.
So Harnack*; dagegen schon Belser*. Dazu A. Bludau, Die »Epistola ad Parthos«, ThGlll (1919) 223-236; Lücke 46-53; Brown 772-774; ausführlicher auch Klauck, Johannesbriefe (EdF) 37-40. 13
14
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Einleitung
spätere Ausleger die Angabe historisch: Der Brief sei für frühere Heiden bestimmt, wie man sie unter den Parthern, d.h. in Persien und Mesopotamien, findet. Entweder hat der Apostel Johannes dort selbst missioniert, oder es wurden Anfragen aus dem Osten an den letzten Überlebenden der Apostelgeneration gerichtet15• Andere brachten die persische Adresse mit dem Briefinhalt zusammen: Die ausgeprägte Metaphorik von Licht und Finsternis und die Auseinandersetzung mit gnostischem Dualismus gehe auf die besonderen Bedürfnisse einer in Persien beheimateten Gemeinde ein16. Einige lateinische Handschriften haben die Designierung ad Parthos aufgegriffen17. Bemerkenswert erscheint, daß zwei griechische Minuskeln (459 325) den zweiten /0hannesbrief mit der Zielangabe :71{)O~ :n:aQt}olJ~ versehen. Wie es eigentlich zu dieser sicher sekundären Adressierung »an die Parther« kam, hat bis heute keine rundum befriedigende Antwort gefunden. Am aussichtsreichsten dürfte es sein, eine Beziehung zwischen IIUQt}olJ~ und :n:aQt}EvolJ~ anzunehmen. Zunächst wurde 2Joh von späterer Hand als ein Schreiben :n:Qo~ (toil~) :n:aQt}EVOlJ~, »an die Jungfrauen«, charakterisiert. Den Anlaß dazu gab die adscriptio in 2Joh 1: »an eine auserwählte Herrin und ihre Kinder«, die auch noch zur Assoziierung von 1Petr 5,13: »Es grüßt euch die Mitauserwählte in Babyion« einlud. Die Kombination von ad virgines und ad quandam Babylonicam, >Eclectam< nomine bezeugt Clemens von Alexandrien in einer Notiz zu 2Joh 118 . Zu den Parthern führt nun gleich eine doppelte Spur, von der Angabe »Babyion«, wörtlich verstanden, aus und von einem falsch gelesenen oder gehörten :n:Qo~ :n:aQt}EvOlJ~. Weil jetzt scheinbar sinnlos, wurde :n:Qo~ IIUQt}olJ~ von 2Joh abgelöst und auf 1Joh übertragen, was rein technisch auch dadurch zustande kommen konnte, daß man eine Überschrift zu 2Joh als subscriptio zu 1Joh auffaßte. Für 1Joh suchte man »an die Parther« dann als geographische Angabe zu interpretieren.
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Bezeugung und Kanonisierung
Literatur: Bludau, A., Die ersten Gegner der Johannesschriften, 1925 (BSt[F] 22/1-2); Campenhausen, H. von, Die Entstehung der christlichen Bibel, 1968 (BHTh 39); Dietze, P., Die Briefe des Ignatius und das Johannesevangelium, ThStKr 78 (1905) 563603; Hengel, Question 1-23; Klauck, Johannesbriefe (EdF) 17-25; Leipoldt, /., Geschichte des neutestamentlichen Kanons. 1. Die Entstehung, Leipzig 1907; Loewenich, Johannes-Verständnis; Metzger, B.M., The Canon of the New Testament: Its Origin, Development, and Significance, Oxford 1987; Preuschen, E., Analeeta. Kürzere Texte zur Geschichte der Alten Kirche und des Kanons. 11. Zur Kanonsgeschichte, 21910 (SQS 8/2); Sand, A., Kanon. Von den Anfängen bis zum Fragmentum Muratorianum, 1974 (HDG I13a[1]); Siker, /.5., The Canonical Status of the Catholic Epistles in the Syriac New Testament, JThS NS 38 (1987) 311-329; Staab, Katenenkommentare; Zahn, T., Geschichte des Neutestamentlichen Kanons. Bd. I11.2 - III1.2, ErlangenLeipzig 1888-1892.
Vgl. nur Estius 658f; a Lapide 502. Paulus 80-83. 17 Belege - auch alternative Vorschläge _ bei Thiele, VL 26/1, 241.381. 15
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215,3-5 GCS 172; dazu mit etwasanderem Lösungsansatz T. Zahn, Supplementum Clementinum, 1884 (FGNK 3),100-103.
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Bezeugung
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Es gibt drei verhältnismäßig sichere Zeugnisse, die den Schluß erlauben, daß Bezeugung spätestens um 150 n.Chr., wahrscheinlich schon etwas früher, der erste Johannesbrief bekannt war und benutzt wurde: (1) Polykarp von Smyrna, der um diese Zeit (156 oder 167) den Martertod erleidet, schreibt an die Gemeinde in Philippi: »Denn jeder, der nicht bekennt, daß Jesus Christus im Fleisch gekommen ist, ist ein Antichrist« (Polyk 7,1). Das hat er aus 1Joh 4,2-3, vielleicht im Verein mit 2Joh 719 , aber letzteres muß nicht unbedingt sein. An einer literarischen Beziehung wird man jedoch festhalten, die These von einem unabhängigen Rückgriff auf ein bekanntes Schlagwort aus der mündlichen Tradition genügt zur Erklärung nicht. (2) Zwischen 150 und 160 bemerkt der Apologet Justin in seinem Dialog mit Trypho: »... so werden auch wir von dem her, der uns auf Gott hin gezeugt hat, nämlich Christus, Kinder Gottes genannt, und wir sind es« (123,9), wozu vor allem 1Joh 3,1-2 zu vergleichen ist. Mögliche weitere Anspielungen in Apol32,7f gewinne~ dadurch an Relevanz. (3) Eusebius berichtet, Papias habe sich auch »auf Zeugnisse aus dem ersten Johannesbrief« berufen (Bist Eccl III 39,17). Die Datierungsvorschläge für Papias reichen von ca. 100/110 bis 140. Als weitere leichte Unsicherheit bleibt die Brechung dieser Angabe durch das Referat des Eusebius zu bedenken. Was sonst noch an frühen Texten beigebracht wird, hat durchweg keine Beweiskraft. Die vermeintlichen Anspielungen beschränken sich auf einen Begriff und wenige Worte, für die gegebenenfalls auch ein gemeinsamer Traditionshintergrund Pate gestanden haben könnte. Das gilt für Did 10,5f; 11,7; lClem 27,1; 49,1.5; 50,3; 60,1; 2Clem 3,1; 6,9; IgnEph 11,1; 15,3; 18,2; Sm 7,1 2°; Herrn mand III 1; IX 5,7; XII 3,4f; 6,2; sim IX 24,4; vis 11,8 und Barn 5,9-11; 12,10; 14,5. Andere Testimonien wie der Diognetbrief (vgl. 10,2f; 11,4) sind in ihrer Datierung selbst so umstritten, daß sie wenig hergeben. Eher scheint dann schon die Aufnahme des Briefprologs IJoh 1,1-4 in EpAp 2 (Näheres s.u. im Kommentar zu IJoh 1,1) einschlägig, wenn sich die Datierung der Epistula Apostolorum auf 150 ca. bewährt.
Um 180 betreten wir mit Irenäus, dem aus Kleinasien stammenden Bischof von Lyon, endgültig festen Boden. Irenäus bringt ausführliche, wörtliche und kenntlich gemachte Zitate aus 1Joh 2,18-22 (in Haer III 16,5) und 1Joh 4,1-3; 5,1 (in Haer III 16,8), daneben evtl. noch Reminiszenzen an 1Joh 4,6 (in Haer I 9,5) und an 1Joh 1,1-4 (in Haer V 1,1). Weitere Beispiele für die frühe Wirkungsgeschichte des 1Joh bei Tertullian, Cyprian, Clemens von Alexandrien, Origenes und in gnostischen Texten verzeichnet im folgenden zu ausgewählten Perikopen der Kommentar.
So Harnack, Textkritik 558; anders (nur freie Paraphrase von IJoh 4,2-3) Metzger* 61f. 20 Vgl. dazu Loewenich* 34f, gegen Dietze*
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595f. Ausführlichere Dokumentation zu allen genannten und einigen weiteren Stellen bei Klauck* 19-21.
18
Einleitung
Kanoni- Benutzung bedeutet im 2. Jahrhundert noch nicht automatisch Kanonisiesierung rung. Bei Irenäus z.B. bleibt eine Rangabstufung bestehen. Die Katholischen Briefe dienen bei ihm noch »nicht dazu, den Chor der ursprünglichen Zeugen zu verstärken«; sie »haben offenbar noch nicht eine so allgemeine Anerkennung und Bedeutung gewonnen, daß sie in der Auseinandersetzung mit den Ketzern als unwidersprechliche, >kanonische< Autorität eingesetzt werden könnten«21. Für die Kanonfrage spielen Gesichtspunkte wie katalogartige Auflistung, Exklusivität, Geschlossenheit, Gleichrangigkeit mit dem AT, Abgrenzungen gegenüber anderen literarischen Erzeugnissen eine besondere Rolle. Aber auch in dieser Hinsicht werden wir für den 1Joh sehr bald fündig. Als ältestes Kanonsverzeichnis gilt der Canon Muratori. Ihm liegt ein griechisches Original zugrunde, das um 200 in Rom entstanden sein dürfte (nach einem weniger wahrscheinlichen Alternativvorschlag erst um 400 im Osten). Bei seinen Ausführungen über das Johannesevangelium geht der Canon Muratori zur Bestätigung von dessen Echtheit in Z. 26-34 auf den ersten Johannesbrief ein und bringt als Beispiel ein verkürztes und freies Zitat aus 1Joh 1,1-4: »Was Wunder also, wenn Johannes, so sich gleichbleibend, das einzelne auch in seinen Briefen vorbringt, wo er von sich selbst sagt: >Was wir gesehen haben mit unseren Augen und mit den Ohren gehört haben und unsere Hände betastet haben, das haben wir euch geschriebenu'IjJu in 2,12-14 mit je drei Personengruppen, drei Laster in 2,16, drei Zeugen in
55 56
Vgl. A. Westcott~. . Vgl. A. Olrik, Epische Gesetze der Volks-
dichtung, ZDA 51 (1909) 1-12, hier 3f.llf.
28
Einleitung
5,6-857• Das dient als zusätzliche Bestätigung. Einfache Verfahrensweisen haben auch eine Vorliebe für eine gewisse - nicht übersteigerte - Symmetrie, die sich mit Hilfe der Dreizahl leicht herstellen läßt. Das spricht gegen Gliederungsversuche mit sehr ungleichwertigen Teilen. Daß die dreimalige Thematisierung des Liebesgebotes von Stufe zu Stufe eine Ausweitung erfährt, stimmt mit dem Gesetz der Endbetonung als Komplement zur Dreizahl überein58.
Der im folgenden Kommentar dargebotene Gliederungsvorschlag beruht auf diesem Grundsatzentscheid und versucht, möglichst viele weitere Beobachtungen zum Text zu integrieren. Prolog und Epilog werden vom Briefkorpus abgesetzt. Das Korpus weist drei Hauptteile auf. Daß sie sich in jeweils drei Unterabschnitte einteilen lassen, mag Zufall sein oder auch nicht. Für die unterste Ebene der Perikopen ist ein übergreifendes Ordnungsprinzip nicht mehr intendiert. Aus einer sehr ähnlichen Gliederung im großen wie im kleinen folgert Schunack: »Es erscheint nicht zu weit gegriffen, den inneren Zusammenhalt vergewissernder Auslegung des Christseins in 1Joh. 1,5 - 5,12 trinitätstheologisch zu bestimmen«59. Auch van Staden* zentriert die drei Hauptteile der Reihe nach auf Vater, Sohn und Geist. Allein auf den formalen Stellenwert der Dreizahl für den Bauplan des 1Joh würde ich eine so weitreichende These noch nicht stützen. Nimmt man inhaltliche Gesichtspunkte hinzu, wird man etwas zurückhaltender sagen können, daß auch im 1Joh innerhalb der »nt!. Überlieferung Sprachformen und Vorstellungen« geschaffen werden als eine »Voraussetzung, ohne welche die dogmatische Fixierung« der Trinitätslehre letztlich »nicht denkbar ist «60. Rhetorische Der Versuch einer rhetorischen Analyse des Aufbaus des 1Joh61 in Analogie zur dispositio einer Rede fällt unter Verzicht auf das Briefpräskript in 1,1-4 und den BriefAnalyse schluß ab 5,13 folgendermaßen aus:
(1) captatio benevolentiae 1,5 - 2,17 (2) narratio - 2,18-27 (3) propositio - 2,28-29 (4) probatio - 3,1-24 (5) exhortatio - 4,1-21 (6) peroratio 5,1-12 Zur Kritik wäre verschiedenes zu sagen: Die brieftypischen Rahmenstücke sind nicht integriert, ein eigentliches exordium wird nicht ausgewiesen. Die captatio fällt mit 1,4 - 2,17 reichlich lang aus. Ob 2,28-29 inhaltlich gesehen wirklich die Aufgabe einer
Vgl. Brown 123. Vgl. Olrik, a.a.O. 7: »achtergewicht mit dreizahl verbunden ist das vornehmste merkmal der volksdichtung«. 59 Schunack 15. 57
58
60 M. Görg, Art. Dreifaltigkeit, in: Neues Bibellexikon I 447f. 61 Bei Vouga, Reception 288-290, und im Komm. (6-9); vgl. die Diskussion bei Klauck, Zur rhetorischen Analyse 209-213.
Rhetorische Analyse, Gattung
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propositio (sie »ist der gedankliche Kernbestand des Inhalts der narratio«, erscheint gern als deren Zusammenfassung am Ende und leitet die argumentatio ein62) wirklich ausfüllt, wird man fragen müssen. Ein Problem der Abgrenzung von 3,1-24 als probatio besteht darin, daß ein unverkennbares Gliederungssignal überspielt wird, nämlich 3,11. Ob die wenigen Imperative und Aufforderungen in 4,1-24 den ganzen Abschnitt mit seinen tiefgreifenden Aussagen über die Liebe schon zu einer - in den rhetorischen Handbüchern nicht behandelten - exhortatio machen, bleibt zumindest offen. Zweifel an der universalen Verwendbarkeit der rhetorischen dispositio für Texte aller Art, die von Haus aus keine Reden sind, können nicht von der Hand gewiesen werden. Daß IJoh eine Rede sei, etwa eine sekundär verschriftlichte Homilie, war weder Voraussetzung des oben besprochenen rhetorischen Zugangs noch sein Resultat. Was den Brief angeht, zeigten sich die antiken Rhetoriker um einiges zurückhaltender,. da sie darauf verzichteten, das Schema der dispositio in die Epistolographie zu übernehmen. Aber der Frage nach der Gattung des IJoh müssen wir uns nun noch gesondert zuwenden.
6
Gattung
Literatur: Berger, K., Apostelbrief und apostolische Rede / Zum Formular frühchristlicher Briefe, ZNW 65 (1974) 190-231; Bultmann, Redaktion 38lf; Doty, w.c., Letters in Primitive Christianity, Philadelphia 31979 (Guides to Biblical Scholarship. New Testament Series); Ermert, K., Briefsorten. Untersuchungen zu Theorie und Empirie der Textklassifikation, Tübingen 1979 (Reihe Germanistische Linguistik 20); Eschlimann, 1.A" La redaction des epitres Pauliniennes d' apres une comparaison avec les lettres profanes de son temps, RB 63 (1946) 185-196, Francis, Form; Haenchen, literatur 246-248; Karrer, M., Die Johannesoffenbarung als Brief. Studien zu ihrem literarischen, historischen und theologischen Ort, 1986 (FRLANT 140); Koskenniemi, Studien; Malherbe, Al., Ancient Epistolary Theorists, 1988 (SBibSt 19); Miehle, H.L., Theme in Greek Hortatory Discourse: Van Dijk and Beekman-Callow Approaches Applied to I John, Diss. Arlington 1981 (vgl. DissAb 42 [1982] 3584-A); Roller, 0., Das Formular der paulinischen Briefe. Ein Beitrag zur Lehre vom antiken Briefe, 1933 (BWANT 58), 213-238; Stowers, S. K., Letter Writing in Greco-Roman Antiquity, Philadelphia 1986 (Library of Early Christianity 5); Thraede, K., Grundzüge griechisch-römischer Brieftopik, 1970 (Zet. 48); White, 1.L., New Testament Epistolary Literature in the Framework of Ancient Epistolography, in: ANRW W25,2 (1984) 1730-1756; ders., Light from Ancient Letters, Philadelphia 1986 (Foundations and Facets); ders., Ancient Greek Letters, in: Greco-Roman Literature and the New Testament: Selected Forms and Genres, hrsg. D.E. Aune, 1988 (SBibSt 21), 85-105.
62
Lausberg, Handbuch § 346.
30
Einleitung
Das Problem Die traditionelle Einordnung des 1Joh unter die Katholischen Briefe ließ Jahrhunderte hindurch die Bezeichnung »Brief« für 1Joh völlig problemlos erscheinen, zumal die anderen neutestamentlichen Großgattungen sowieso nicht in Frage kamen. In der Neuzeit werden aber zunehmend Zweifel an der brieflichen Form laut, ohne daß sich eine klare Alternative herausgebildet hätte. Die Vorschläge lauten (in Auswahl): ein »sendschreiben ... an die ganze Christenheit«63; »Encyklika« oder »Cirkularschreiben«64; »Pastoral Epistle«, »comment on the Gospel«65; »Abhandlung oder Predigt«66; »religiöse Diatribe«67; »ein der Traktatform sich nähernder Brief«68; »informal tract or homily«69; »letter-essay form«70; »an enchiridion, an instruction booklet«71; »briefartige Homilie«72. Die Hauptschwierigkeit resultiert offenkundig aus dem Fehlen eines formgerechten Briefpräskripts und daneben aus dem Fehlen der Schlußgrüße. Auch der Hebräerbrief hat kein Präskript, wohl aber Schlußwünsche und -grüße (Hebr 13,22-25), falls diese nicht erst sekundär hinzugetreten sind. Der Jakobusbriefhat ein förmliches Präskript (Jak I)), aber keinen brieflichen Schluß. Hier von einer allgemeinen Tendenz innerhalb der Katholischen Briefe auszugehen, die in 1Joh an ihren Endpunkt gelangt sei, wurde-das Problem aber nur verschieben. Der johanneische Traditionsbereich im weitesten Sinn kennt einen eigentümlichen Umgang mit der literarischen Form des Briefes, der nicht ausschließlich unter dem in der übrigen frühchristlichen Briefliteratur zu konstatierenden massiven Einfluß der Paulusbriefe als prägendem Vorbild stehtl3. Lösungs- Erstaunlich oft wurde die Vermutung geäußert, der ursprüngliche Briefeinversuche gang des 1Joh mit den Formalien, evtl. auch der ursprüngliche Briefschluß mit den Grüßen sei weggefallen, aus Versehen, aus Absicht oder aus technischen Gründen bei der Zusammenstellung der johanneischen Schriften oder der Katholischen Briefe zu einem Korpus 74 . Dem widerspricht der feierliche Charakter der Eingangsverse 1,1-4, die keine vorgeschaltete Adresse vertragen. Ebensowenig bewährt sich die These vom vorderasiatischen Botenbrief, der das griechische Präskript nicht übernahm, weil der Briefbote diese Dinge mündlich vortrug und dann das eigentliche Schreiben verlas 75 . Ewald 441. Braune 8. 65 Plummer XLIIXLY. 66 Luthardt 213. 67 Deißmann LO 207. 68 Büchsel 1. 69 Dodd XXI. 70 Doty* 68. 71 Grayston 4. 72 Strecker 49. 73 White* hatte den Gang der Dinge zunächst so beurteilt, daß sich unter dem Eindruck der Paulusbriefe ein Teil der späteren 63
64
Schreiben, darunter 1Joh, in Richtung auf »the systematic treatise or homily« entwikkelte, während andere wie 2/3Joh von Paulus ausgehend wieder stärker »conventional epistolary features« inkorporierten (Epistolary Literature 1752). Neuerdings rückt er davon ab und gesteht selbständige Adaptionsprozesse außerhalb des übermächtigen paulinischen Paradigmas zu (Greek Letters 100). 74 Vgl. Lücke 18; Wendt, Johannesbriefe 5; elemen, Beiträge 279; Simpson, Letters 486. 75 So Roller* 237; Eschlimann* 195; Kritik bei Haenchen*.
31
Gattung
Einen anderen Weg schlägt Francis* ein. Er isoliert in der literarischen Wiedergabe von Briefen bei jüdisch-hellenistischen Autoren eine doppelte Eröffnungsformel, die wesentliche Aspekte der Briefthemen vorwegnimmt. Diese Doppelung der Eröffnung werde im 1Joh durch die teilweise Wiederholung von 1,1-2 in 1,3 erreicht, sie kehre in den zwei Hauptteilen des Briefkorpus wieder. Aber die zweiteilige Struktur mit thematischer Antizipation läßt sich auch in den von Francis herangezogenen Beispielen nur mit Mühe überhaupt identifizieren. Außerdem geht der Einführung ausnahmslos ein Präskript vorauf76 • Nach Bultmann* hat der Verfasser in 1,1-4 »die Motive des brieflichen Präskripts frei verwertet«. Der Schluß des Proömiums in 1,4 ist dem »Segenswunsch des brieflichen Präskripts ... nachgeahmt«. Aus xciQ~, Gnade, wurde in spezifisch johanneischer Terminologie Xa.g(J., Freude. Als klarer Briefschluß fungiere 5,13, wenn man nur das EyQu'\jlu in Phlm 21; Ga16,1l u.ö. vergleicht (das dort aber keineswegs die Schlußgrüße ersetzt). Auf diesen Wegen werden wir nicht zum Aufweis der brieflichen Form gelangen können.
Gattungsbestimmungen erfordern immer auch einen Textvergleich. Die evi- Textdente Nähe von lJoh 1,1-4 zu Joh 1,1-18 und von lJoh 5,13 zu Joh 20,31 vergleich kann daher nicht ignoriert werden. Sie bietet auch einen Schlüssel zur Lösung wenigstens eines Rätsels. Die eigenartige Form des lJoh kommt zum Teil dadurch zustande, daß sich der Autor für den Prolog 1,1-4 und für den eigentlichen Schlußvers in 5,13 am Johannesevangelium im Umfang von Joh 1-20 orientiert. Wenn wir das in eine Funktionsbestimmung ummünzen, können wir sagen, daß lJoh als Lesehilfe für das Verständnis des Johannesevangeliurns gedacht warJ7• Aber Funktionsbestimmung heißt noch nicht Gattungsbestimmung, und man wird sicher nicht so weit gehen dürfen, lJoh als regelrechten Kommentar - eine identifizierbare literarische Gattung! - zum Johannesevangelium auszugeben. Man muß bei der Gattungsdiskussion auch bedenken, daß das Durchbrechen Briefinhalt von relativ festen Gattungsregeln als bewußtes Aufmerksamkeitssignal eingesetzt sein kann. Die Regelabweichung macht erst die besonderen Anliegen des Einzeltextes in seiner konkreten Sprechsituation transparent. Außerdem bestehen Briefe glücklicherweise nicht nur aus Präskript und Schlußgruß. Obwohl sie an diesen standardisierten Elementen am leichtesten zu erkennen sind, erschöpft sich ihr Inhalt darin nicht. Für den Briefinhalt hat Koskenniemi* sehr schön herausgearbeitet, daß Briefe ihrem innersten Wesen nach auf der freundschaftlichen GesinJlung zwischen dem Absender und den Adressaten beruhen; sie wollen das räumliche Getrenntsein überwinden, die Abwesenheit in Anwesenheit verwandeln, und sie sind als Teil eines fortgehenden Gespräches dialogisch angelegt. Bezieht man anstelle einer rein formalisierten Betrachtungsweise verstärkt auch solche Gesichtspunkte mit ein,
76 Vgl. Josephus, Ant 8,51.53; 11,123; 1Makk 10,18.25; Eupolemos, bei Eusebius, Praep Ev IX 33,1; 34,1.
77
Brown 90f.
32
Einleitung
tut man sich nicht mehr so schwer damit, das Korpus des 1Joh als Brief anzusehen7B • Der Autor wendet sich an konkrete Adressaten in einer unverwechselbaren Situation. Er ist um ihr geistliches Wohlergehen ernstlich besorgt. Er reflektiert ansatzweise den notwendigen Akt des Schreibens und bezieht sich auf gemeinsame Erfahrungen und auf die gemeinsame Geschichte. Brieftypen Die Brieftheoretiker der Spätantike haben im Rückgriff auf eine lange Tradition Briefe in verschiedene Typen klassifiziert. Darunter befindet sich bei Pseudo-Libanius, 'EltLO'tOALflULOl XClQU%TiiQE~ 5.52, auch der paränetische Brief, zu dessen Hauptanliegen gutes Zureden und Raten bzw. Abraten gehären. Dem ähnelt - trotz verbaler Gegenwehr des Autors selbst - der symbuleutische Brief bei Pseudo-Demetrius, TUltOL 'EmO'toAL%OL 11, der aufmuntern und von Schädlichem fernhalten will 79. Damit ist der Hauptduktus des 1Joh getroffenBo • Die heftige Gegnerpolemik ordnet sich diesem Anliegen ebenso unter wie die lobenden Äußerungen über den Glaubensstand der Adressaten. Man muß diese weiteren Gesichtspunkte nicht unbedingt entsprechenden Brieftypen zuordnen (dem preisenden Brief, dem tadelnden Brief etc.), die in den Briefstellern freilich gleichfalls zur Verfügung stehen.
7
Abfassungsverhältnisse
Literatur: Beutler, ]., Krise und Untergang der johanneischen Gemeinde. Das Zeugnis der Johannesbriefe, in: The New Testament in Early Christianity, hrsg. J.M. Sevrin, 1989 (BEThL 86), 85-103; Brown, R.E., The Community of the Beloved Disciple. The Life, Loves, and Hates of an Individual Church in New Testament Times, New York 1979; dt. als: Ringen um die Gemeinde. Der Weg der Kirche nach den Johanneischen Schriften, Salzburg 1982; Culpepper, R.A., Synthesis and Schism in the Johannine Community and the Southern Baptist Convention, PRSt 13 (1986) 1-20; Hartin, P.j., A Community in Crisis. The Christology of the Johannine Community as the Point at Issue, Neot 19 (1985) 37-49; Johnson, Antitheses; Klauck, Gemeinde ohne Amt; Olsson, B., The History of the Johannine Movement, in: Aspects on the Johannine Literature, hrsg. L. Hartman / B. Olsson, 1987 (CBNT 18), 27-43; Perkins, Koinonia (s. die Lit. zu 1,1-4).
Die Situation Jeder Versuch einer Situationsbeschreibung wird seinen Ausgang nehmen bei dem Reflex des johanneischen Schismas in 1Joh 2,19: »Aus unserer Mitte sind sie hervorgegangen ...« In der Gemeinde ist es offensichtlich zu einer Spaltung gekommen. Schismen entstehen in der Sicht soziologischer Konflikttheorie B1 , wo Basiswerte und Identitätsgefühl bedroht erscheinen; jede der streitenden Gruppen sieht sich in Kontinuität mit den ursprünglichen Vgl. Schunack 9f. Texte bei Malherbe* 36.68.74. 80 Vgl. Stowers* 96; ferner die Klassifizierung von 1Joh als »hortatory text with the 78
79
perlocutionary function of persuasion« bei Miehle*. 81 Vgl. Johnson* 241-260.
Abfassungsverhältnisse
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Zielen; begünstigt werden Spaltungen sowohl durch extremen Dogmatismus wie auch durch eine zu unverbindliche Definition und Handhabung der Wahrheitsfrage (d.h., auch das eher lockere johanneische Gemeindemodell ohne letzte Zentralisierung der Verantwortung kann zur Verschärfung der Lage beigetragen haben). In 2,19 verarbeitet der Briefautor also eine zutiefst traumatische Erfahrung, indem er sagt: Sie, die anderen, sind weggegangen, nicht wir. Wir, der verbleibende Rest, sind Träger der Identität der Gemeinde und ihrer Überlieferungen vom ersten Anfang an. Jede gemeinsame Geschichte wird negiert. Es gab sie nie, sie war nur vordergründiger Schein. Die Wortwahl in 2,19 erweckt den Eindruck, als habe sich eine kleine - man beachte aber auch die »vielen« Antichristen in 2,18 - häretische Gruppe abgesetzt, möglicherweise durch ein Auswandern im geographischen Sinn. Das rührt von der wertenden Sichtweise des Verfassers her, es stimmt nicht unbedingt mit der Wirklichkeit überein82 . Vermutlich haben die »Sezessionisten« ungerührt am gleichen Ort weitergelebt, sich selbst als die einzig wahre johanneische Gemeinde gefühlt und den Briefautor mit seinen Anhängern als Splittergruppe betrachtet. Eine förmliche Exkommunikation der Gegner hat gewiß nicht stattgefunden, dazu fehlten sämtliche Voraussetzungen. Möglicherweise sind sie sogar numerisch in der Überzahl, haben mehr Erfolg nach außen hin und verstehen es besser, sich mit der nichtchristlichen Umwelt zu arrangieren (lJ oh 4,5). Es wird auch eine enorme soziale Dynamik freigesetzt, die sich verselbständigt. Wenn 2,16 die »Prahlerei mit dem Wohlstand« anprangert und 3,17 unterlassene Hilfeleistungen einklagt, dürfte das verraten, daß die einflußreichen und begüterten Leute unter den Gegnern zu suchen sind. Daß ihre Ressourcen, z.B. Häuser, wo man sich versammeln konnte oder wo Wandermissionare Aufnahme fanden, nun plötzlich ausfielen, hatte zur Folge, daß sich die Gruppe um den Briefautor »Verraten und verkauft« fühlte. Das Ringen mit dem Problem der Spaltung bedeutete für die Restgemeinde Die Briefeine Frage auf Leben und Tod. Sie war in ihrem zahlenmäßigen Bestand be- absicht droht und sah ihr eigenes theologisches Erbe ins Zwielicht gezogen durch den Gebrauch, den die Gegner davon machten. In diese Lage hinein spricht der lJoh als paränetisch-mahnender Brief. Er will nach innen hin stabilisieren und nach außen hin abgrenzen. Er will die genuine Evangelientradition gegen Mißdeutung sichern und insoweit eine »orthodoxe« Leseanleitung für das Johannesevangelium in seinem Grundbestand geben. Den intendierten Horizont seiner Wirkung bilden zunächst alle, die mit und aus johanneischen Überlieferungen leben. Konkret kann man an ein größeres städtisches Zentrum und sein Umland mit einigen Hausgemeinden denken. Sie sollten fortan den Brief zusammen mit der Evangelienschrift benutzen. Die zeitliche Ein82
Haenchen, Literatur 273f.
34
Einleitung
ordnung sähe dann so aus, daß sich das Schisma im Vollzug befindet. Die »Kernspaltung« liegt schon etwas zurück, sie hat sich aber noch nicht bis in alle Ecken fortgesetzt, und es gibt immer noch Definitionsprobleme. Die Unterscheidung zwischen wahren johanneischen Glaubenden und falschen antichristlichen Irrlehrern muß aus der Sicht des 1Joh im Einzelfall noch zu Ende gebracht werden, und dafür stellt der Brief Kriterien bereit. Die Lösung des Konflikts hat er nicht bewirkt. Sie ist in der Richtung zu suchen, die Joh 21 signalisiert83. Sie geschah durch Übernahme anderer Gemeindestrukturen und Eingliederung in einen anderen rein organisatorisch funktionsfähigeren Gemeindeverband.
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Gegnerfrage
Literatur: Balz, H., Johanneische Theologie und Ethik im Licht der »letzten Stunde«, in: Studien zum Text und zur Ethik des Neuen Testaments (FS H. Greeven), 1986 (BZNW 47), 35-56; Bardy, G., cerinthe, RB 30 (1921) 344-373; Belser, J.E., Erläuterungen zu I Joh, ThQ 95 (1913) 514-531; Berger, K., Die impliziten Gegner. Zur Methode des Erschließens von »Gegnern« in neutestamentlichen Texten, in: Kirche (FS G. Bornkamm), Tübingen 1980, 373-400; Blank, J., Die Irrlehrer des ersten Johannesbriefes, Kairos 26 (1984) 166-193; Bogart, Perfectionism; Brown, R.E., The Relationship to the Fourth Gospel Shared by the Author of 1 John and by His Opponents, in: Text and Interpretation (FS M. Black), Cambridge 1979, 57-68; Brownson, ]., The Odes of Solomon and the Johannine Tradition, Journal for the Study of the Pseudepigrapha 2 (1988) 49-69; Brox, N., »Doketismus« - eine Problem anzeige, ZKG 95 (1984) 301-314; Clemen, Beiträge; Curtis, Purpose 4-105; Ghiberti, G., Ortodossia e eterodossia neHe lettere giovannee, RivBib 30 (1982) 381-400; Holtzmann, Problem 3; Hümpel, E., De errore christologico in epistolis loannis impugnato eiusque auctore. Quaestio historico-critica, Erlangen 1897; Johnson, S.E., ParaHels Between the Letters of Ignatius und the Johannine Epistles, in: Perspectives on Language and Text (FS F.I. Andersen), Winona Lake 1987, 327-338; Klauck, Gespaltene Gemeinde; ders., Johannesbriefe (EdF) 127-151; Kügler, J., In Tat und Wahrheit. Zur Problemlage des Ersten Johannesbriefes, Biblische Notizen 48 (1989) 61-88; Langbrandtner, Weltferner Gott; Müller, U.B., Die Geschichte der Christologie in der johanneischen Gemeinde, 1975 (SBS 77), 53-68; ders., Die Menschwerdung des Gottessohnes. Frühchristliche InkarnationsvorsteHungen und die Anfänge des Doketismus, 1990 (SBS 140), 84-122; Painter, Opponents; Schwartz, E., Johannes und Kerinthos, ZNW 15 (1914) 210-219 = ders., Gesammelte Schriften. Bd. 5, Berlin 1963, 170-182; Skrinjar, A., Errores in epistola I Jo impugnati, VD 41 (1963) 60-72; ders., Prima Epistola Johannis in theologia aetatis suae, VD 46 (1968) 148-168; ders., Theologia Epistolae IJ comparatur cum philonismo et hermetismo, VD 46 (1968) 224-234; Smalley, 5.5., What about 1 John?, in: Studia Biblica 1978. III. Papers on Paul and Other New Testament Authors, 1980 83 Vgl. E. Ruckstuhl, Zur Aussage und Botschaft von Johannes 21, in: Die Kirche des Anfangs (FS H. Schürmann), Leipzig/Freiburg 1977, 339-362; auch in: ders., Jesus im
Horizont der Evangelien, Stuttgart 1988 (Stuttgarter Biblische Aufsatzbände 3), 327353.
Gegnerfrage: Problemansatz
35
(JStNTS 3), 337-343; Songer, H.S., The Life Situation of the Johannine Epistles, RExp 67 (1970) 399-409; Stagg, F., Orthodoxy and Orthopraxy in the Johannine Epistles, RExp 67 (1970) 423-432; Theobald, Fleischwerdung 400-437; Thyen, H., Art. Johannesbriefe, in: TRE XVII 186-200; Vorster, WS., Heterodoxy in I John, Neot 9 (1975) 87-97; Vouga, F., The Johannine School: A Gnostic Tradition in Primitive Christianity?, Bib. 69 (1988) 371-385; Wahlde, Commandments 105-198; Weiss, K., Orthodoxie und Heterodoxie im 1. Johannesbrief, ZNW 58 (1967) 247-255; ders., Die »Gnosis« im Hintergrund und im Spiegel der Johannesbriefe, in: Gnosis und Neues Testament. Studien aus Religionswissenschaft und Theologie, hrsg. K.W. Tröger, Berlin 1973, 341-356; Wengst, Häresie; Whitacre, Polemic; Wurm, Irrlehrer.
Was sind das für Leute, die in 1Joh 2,19 als solche, die »von uns weggegan- Fragestellung gen« sind, angeprangert werden? Ihre Existenz mehr oder weniger zu leugnen84 führt nicht weiter, auch wenn man die Schwierigkeit der Suche nach den »impliziten Gegnern« in neutestamentlichen Texten zugesteht85 , die Gegnerfrage nicht zum alles beherrschenden hermeneutischen Schlüssel der Exegese des 1Joh macht und der Gefahr eines spiegelbildlichen Lesens (»mirror reading«) zu entgehen sucht. Zu deutlich sind andererseits in den Text Spuren einer erbitterten Kontroverse eingegangen (s. im einzelnen den Kommentar). Die Bestimmung des Gegnerprofils geht in der Regel so vor sich, daß man bestimmte textliche Daten mit bestimmten Materialien aus dem religionsgeschichtlichen Kontext zur Deckung zu bringen versucht. Man kann dazu als erstes das urchristlichen Umfeld abschreiten. So werden z.B. die libertinistisch eingestellten Enthusiasten, mit denen Paulus sich in seiner korinthischen Korrespondenz herumschlägt, als Parallelerscheinung herangezogen86 , obwohl sich aus 1Joh kein Anhaltspunkt für ein direkt lasterhaftes Leben der Gegner ergibt (die einzige Andeutung eines Lasterkatalogs in 2,16 biegt ins Grundsätzliche ab). Bleibt man im johanneischen Schriftenkorpus, bietet sich ein Seitenblick auf die Nikolaiten in Offb 2,6.15 an 8? Aber die Forschung hat sich damit nie begnügt, sondern weiter ausgegriffen ins Judentum und in die frühe Gnosis. Von der anderen Seite her ist es wichtig, daß man nicht zwei verschiedene Gegnergruppen88 , sondern nur eine angesprochen sieht und an einem Zusammenhang von Lehre und Leben, der sich auf sozia84 Vgl. Perkins XXI-XXllI: In einer auf Mündlichkeit basierenden Kultur lasse überhitzte Rhetorik als zerstörerischen Konflikt erscheinen, was in der Realität doch nur eine Debatte unter Freunden, ein kleiner Familienzwist war; sehr zurückhaltend auch Lieu, Authority; Vouga 46-48. 85 Vgl. Berger*; Kügler*. 86 Weiss 17f; W. Lütgert, Amt und Geist im Kampf. Studien zur Geschichte des Urchristentums, 1911 (BFChTh 15/4-5), 7-49. 87 L. Seesemann, Die Nikolaiten. Ein Beitrag zur ältesten Häresiologie, ThStKr 66 (1893) 47-82, hier 62.
88 So etwa, um ein frühes Beispiel zu nennen, G.c. Storr, Ueber den Zweck der evangelischen Geschichte und der Briefe Johannis, Tübingen 1786, 224f.384 u.ö., der mit der doppelten Frontstellung gegen Jünger Johannes' des Täufers und Anhänger Kerinths arbeitet, und Smalley*, der die polemisehen Aussagen auf hellenistisch-gnostische, nahe bei Kerinth stehende, Doketisten und einen jüdisch-ebionitischen Adoptianismus verteilt; so schon Sander 17 und Tertullian, Praescr 33.
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Einleitung
lern Gebiet auswirkt, festhält 89 . Die Stichworte, die unter dieser Voraussetzung am häufigsten fallen, sind: Juden(christen)tum, Kerinth, Doketismus, Gnosis, Ultra-Johanneer. Judentum Am energischsten hat sich Wurm"" für die Herkunft der Gegner aus dem Judentum eingesetzt9o . Streitpunkt sei wie im Evangelium die Messianität Jesu, die gegen jüdische Angriffe verteidigt werden muß. Erhebliche Probleme bekommt Wurm aber mit der Einbindung des moralisch-ethischen Konfliktpotentials. In der klassischen Ausprägung dieser These sind die Gegner »Sendboten aus Judäa«91. Deshalb kann die verschiedentlich vertretene Herleitung der Gegner aus dem hellenistischen Diasporajudentum92 mit diesem Ansatz nicht einfach verrechnet werden. Zugeben wird man, daß der Brief beim Angriff auf die GegnerKlischees reaktiviert, die im Evangelium eine antijüdische Zuspitzung tragen, aber man darf sich von dieser Neuverwendung älteren Materials nicht täuschen lassen 93 . Qumran Zur Stützung der Judaistenhypothese könnte man auch auf manche Analogien zum Schrifttum aus Qumran zurückgreifen. Am weitesten hat sich Boismard vorgewagt mit der Behauptung, 1Joh sei adressiert an »a Christian community whose members to a large extent had been Essenes«94. Doch haben sich die kühnen, von Entdeckerfreude inspirierten Vorstöße der ersten Stunde nicht bewährt. Bestehende Ähnlichkeiten sind auf eine Kombination von gemeinsamem Traditionshintergrund und vergleichbarer aktueller Situation zurückzuführen. Im begrenzteren Sinn wird man die Qumranschriften weiterhin mit Nutzen heranziehen. Sie bereichern unsere Kenntnis dessen, was im Frühjudentum an Denk- und Sprechmöglichkeiten schon ausgebildet war, und bieten auch Beispiele für den Ablauf von innergemeindlichen Konflikten (vgl. z.B. 1QpHab 2,1-3; 5,9-11). Kerinth In kaum einem Beitrag zu den Gegnern im 1Joh fehlt ein Hinweis auf ihre mögliche Beeinflussung durch Kerinth (ca. 100/120)95. Nach Irenäus, Haer I Vgl. Stagg"; Ghiberti". Ihm folgen Bardy" 349; Belser"; Thyen"; vorher schon Kar!, Studien, und Semler in seinem Kommentar von 1792; die Wiederbelebung einer verwandten Sicht bei O'Neill, Puzzle, scheitert an der unzureichenden Quellentheorie. 91 So wörtlich Belser 3. 92 Weiss"; Songer"; Robinson, Destination 138: »gnosticizing movement within Greekspeaking Diaspora Judaism«, in deutlicher Spannung zu ebd. 131: »orthodox Jews«. 93 Ein weiterreichender Vorschlag in dieser Richtung bei Kügler": Rein innertextlich erzeugt der Autor die Fiktion, es handle sich wie in der Vergangenheit um Juden, zielt damit in der Realität aber auf eine innerchristliche Gruppe. 89 90
94 M.E. Boismard, The First Epistle of John and the Writings of Qumran, in: John and Qumran, hrsg. JH. Charlesworth, London 1972,156-165, hier 165. Aber auch das Modell von Nauck, Tradition, ist in hohem Maße Qumran verpflichtet; vgl. dazu noch J. Smit Sibinga, 1 Johannes tegen de achtergrond van de teksten van Qumran, VoxTh 29 (1958/59) 11-14; TA Hoffman, 1 Johnand theQurnran Scrolls, BTB 8 (1978) 117-125. 95 Vgl. nur Hümpel"; Schwartz"; Skrinjar", Errores; Wengst"; zu Kerinth selbst Bardy"; A.F,J. Klijn / G. Reinink, Patristic Evidence for Jewish-Christian Sects, 1973 (NT.5 36), 3-19.102-281 (Textsammlung).
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Gegnerfrage: Religionsgeschichtlicher Horizont
26,3, vertrat Kerinth eine lupenreine Trennungschristologie: Das himmlische Geistwesen Christus geht mit dem irdisch-fleischlichen Menschen Jesus nur eine zeitweilige Verbindung ein, die mit der Johannestaufe beginnt und unmittelbar vor der Kreuzigung endet. Irenäus betrachtet Kerinth als Gnostiker, was aufgrund der Auseinanderdividierung von Weltenschöpfer und wahrem Gott zutreffend erscheint. Aber gerade dieser kosmologische Zug eignet sich zum Vergleich mit 1Joh nicht. An späterer Stelle meint Irenäus, Johannes habe mit seinem Evangelium den Irrtum Kerinths widerlegen wollen (Haer III 11,1), während der römische Presbyter Gaius und die Aloger im 2. Jahrhundert Kerinth zum Urheber des Johannesevangeliums und der Johannesbriefe erklären96 . Andere Zeugnisse schreiben Kerinth eine materialistische, chiliastische Eschatologie ZU 97 oder schildern ihn als entschiedenen Judaisten 98 , so daß man sich schließlich fragt, was Kerinth nun eigentlich war, Judaist, Chiliast, Gnostiker oder eine Mischung aus all dem. Man wird nicht fehlgehen, wenn man bei Kerinth die problematische Variante einer johanneischen »Einwohnungschristologie« erkennt 99 , die ihrerseits jüdische Voraussetzungen hat: die Schekina':'Vorstellung und das Eingehen der Weisheit in die frommen Seelen der Gottesfreunde und Propheten100. Die Bindung an die Taufe hat eine Parallele im Hebräerevangelium: »... als der Herr aus dem Wasser herausgestiegen war, stieg die ganze Quelle des heiligen Geistes auf ihn herab und ruhte auf ihm«lOl. Das trifft sich mit dem zunehmenden Bemühen, deviante Randerscheinungen des Judentums als einen Nährboden für die Ausbildung der Gnosis auszumachen. Eine Verwandtschaft in Problemansatz und Problemlösung zwischen der Doketismus Trennungs- oder Einwohnungschristologie Kerinths und dem Doketismus wird man nicht leugnen können, auch wenn Kerinths Christologie als ZweiNaturenlPersonen-Lehre zu charakterisieren ist, die des strengen Doketismus eines Kerdon oder eines Sartonil hingegen102 als Monophysitismus. Christus hat nur einen Scheinleib besessen, der aber durchgehend als Träger für die innerweltliche Erscheinungsform des Erlösers dient, wie immer man sich das konkret auch denken mochte (bei den Valentinianern etwa als pneumatische und dadurch leidensunfähige Substanz). Als Sonderfall können wir noch die Ansicht ausgrenzen, nicht Jesus habe gelitten, sondern Simon von Kyrene, der in Jesu menschliche Gestalt verwandelt wurde 103. Auf die um-
96 Bludau, Gegner (5. die Lit. zu § 2 der Einleitung) 131-136. 97 Eusebius, Hist Eccl m 28,2-4. 98 Epiphanius, Panarion xxvm 2,3-6; 4,1. 99 Blank. 174-177. 100 Weish 7,2; vgl. Irenäus, Haer I 26,3: Nach Kerinth habe Jesus alle anderen Menschen übertroffen »an Gerechtigkeit, Klugheit und Weisheit«.
Fr. 2, NTAp0 5 I 146. Vgl. zu den terminologischen Schwierigkeiten Brox·; außerdem Müller·, Menschwerdung; aus der weiteren Literatur bes. P. Weigandt, Der Doketismus im Urchristentum und in der theologischen Entwicklung des zweiten Jahrhunderts, Diss. theol., Heidelberg 1961 (zu lJoh: I 103-107). 103 So Irenäus, Haer I 24,4, über Basilides. 101
102
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Einleitung
strittene Polymorphie des Erlösers in ActJoh wollen wir uns hier nicht weiter einlassen. Ignatius Gegen »Doketen« polemisiert anscheinend an einigen Stellen Ignatius von Antiochien 104. In Sm 4,lf wendet er gegen die »Bestien in Menschengestalt« ein: »Wenn nämlich dies zum Schein ('to ÖOXELV) von unserem Herrn vollbracht wurde ...«, oder in Tralll0 (ähnlich Sm 2): »Wenn er (Christus) aber, wie einige, die gottlos, das heißt ungläubig sind, sagen, zum Schein gelitten habe (ÖOXELV l'tEJ'tOvfrfVm U1JLov) ... « Die gleiche Gruppe leugnet, daß der Herr »einen Leib trägt« (Sm 5,2: fA,ij OfA.OAoywv umov oXocpoQov), und sie läßt es an Liebeswerken gegenüber den Notleidenden fehlen (Sm 6,2). Ob die Gegner aus dem Judentum stammen, wie Phld 6,1; Magn 8,1; 10,2 nahelegen könnten, oder ob Ignatius an zwei und drei gegnerischen Fronten zu kämpfen hat, wird nach wie vor kontrovers diskutiert105 . Verwandtschaft im Phänotyp könnte zwischen den »Doketen« bei Ignatius und im lJoh bestehen, während die Problembewältigung teils unterschiedlich ausfällt. So zieht sich Ignatius u.a. auf das kirchliche Amt als Basis der Einheit zurück, was lJoh unterläßt. Freilich stehen alle Ausführungen zu Ignatius unter dem Vorbehalt der Datierungsfrage 106 . Bei einem Spätansatz auf ca. 160/170 verliert der Vergleich mit lJoh an Relevanz, der Anschluß an die bekannten trinitarischen und christologischen Auseinandersetzungen des 2. Jahrhunderts ist erreicht. Nag Auf doketistische Tendenzen stoßen wir auch in einigen Traktaten aus Nag HammaHammadi di107. Die Verwechslung von Simon von Kyrene und Jesus kennt 2LogSeth NHC VIII 2: »Ich starb nicht in Wirklichkeit, sondern nur scheinbar« (55,18f); »Es war ein anderer, Simon, der das Kreuz auf seiner Schulter trug, ein anderer, dem sie die Dornenkrone aufsetzten. Ich aber freute mich in der Höhe ... und ich lachte über ihre Unwissenheit« (56,9-14.18-20). In ApcPt NHC VIII3 wird Petrus Schritt für Schritt an die Erkenntnis herangeführt, daß nur das Sarkische am Erlöser leidet, nicht das Pneumatische: »Der, den du siehst bei dem Holz, heiter und lachend, das ist der lebendige Jesus. Aber der, in dessen Hände und Füße sie Nägel treiben, ist (nur) sein fleischlicher Teil (OXLXOV), sein >Ersatzmann< [im Koptischen steht das Wort für >TauschDer Christ hat durch seinen Glauben das Licht nie als dauernden Besitz erworben. Er hat seinen Glauben im JtEQIJtU1:ELV zu bewähren, ist immer unterwegs und steht nie als ein Fertiger vor Gott, sondern ist auf Vergebung angewiesen.«
l]oh 1,9a: Erklärung, Wirkungsgeschichte
95
de (Did 4,14), das bereits liturgisch stilisiert zu sein scheint (Did 14,1). In der LXX hat E;0[10AOYELV, das meist mit »preisen« übersetzt werden muß, die Bedeutung »bekennen« in Dan 9,4 (vgl. 9,20). Vor allem aber ist aus dem AT heranzuziehen Ps 32,3-5: »Da ich es verschwieg, zerfiel mein Gebein ... Da bekannte ich meine Sünde ... Du aber vergabst mir« und die damit verwandte Stelle Spr 28,13: »Wer seine Verfehlungen geheim hält, hat keinen Erfolg, wer sie aber bekennt und unterläßt, erfährt Barmherzigkeit.« Da die Reinigung durch Jesu Blut kultische Konzepte durchschimmern läßt, verdient auch das Sündopferritual Aufmerksamkeit. Der Schuldige soll seine Sünde bekennen (Lev 5,5) und ein Opfer darbringen. Der refrainartige Schluß »und es wird ihm vergeben« (5,6.10.13 u.ö.) deutet vielleicht einen deklaratorischen Zuspruch der göttlichen Vergebung durch den Priester an. Terminologisch nah an IJoh heran rücken Philos Ausführungen in Praem 163: »Wenn sie sich Vorwürfe machen wegen ihres Irrwegs (l'tMVT]~) und ihre Sünden laut bekennen werden (6[10AoyfJaavtE~), zuerst bei sich selbst mit reinem Sinn ... , dann aber auch mit dem Munde zum Zwecke der Besserung der sie Anhörenden, werden sie Vergebung erlangen bei dem hilfreichen und gnädigen Gott.«60 Ein öffentliches Sündenbekenntnis setzt auch das Bundesformular in lQS voraus. Der Wortlaut scheint vorgegeben: »Die in den Bund eintreten, sollen ... bekennen mit folgenden Worten: Wir haben Unrecht getan ... « (IQS 1,24; vgl. CD 20,28~. Auf das persönliche Bekennen des einzelnen, das keines äußeren Rahmens bedarf, stoßen wir in lQS 10,11; 11,llf. Hier ist die sprachliche Form sehr viel weniger stilisiert. Zwar ist nicht völlig auszuschließen, daß dem Briefautor ein privates, inneres Eingeständnis sündhaften Tuns, das nur Gott zum Zeugen hat, oder gar ein allgemeines Sündenbewußtsein genügen würde 61 . Aber das Vergleichsmaterial und der Kontext mit dem betonten Interesse an innergemeindlicher Koinonia weisen in eine andere Richtung. Das Bekenntnis der Sünden (man beachte den Plural) geschieht öffentlich vor dem Forum der Gemeinde 62 . Nur so wird das zerstörte Gemeinschaftsverhältnis wiederhergestellt. Nur so kann die Gemeinde jene Funktion ausüben, die ihr in Joh 20,23 übertragen wird. Lediglich einzelne Amtsträger mit der Entgegennahme des Bekenntnisses zu betrauen, würde dem Gemeindemodell des Verf. allerdings widersprechen. Die ältere Auslegung ist von Augustinus beeinflußt, der V. 9 auf das innere Einge- Wirkungsständnis der eigenen Sündhaftigkeit vor Gott deutet. Man muß aber sehr genau die geschichte Zielrichtung beachten. Augustinus begnügt sich damit, vor der Verharmlosung läßlicher Sünden, auf die er 1,9-10 bezieht, zu warnen, denn: Levia multa faciunt unum grandl'3. Deshalb sieht er in der Frage des Bekennens eher die Gefahr, daß jemand öffentlich den Demütigen spielt, sich zerknirscht gibt und seine - nach eigener Meinung unerheblichen - Sünden laut bekennt, im Herzen aber von der eigenen Sündenfreiheit überzeugt ist.
Übers. von L. Cohn (Werke II 423fj. So Weiss 37; Luthardt 231; Rogers*. 62 In diesem Sinn Thüsing 47; Wengst 58f; Thornton-Duesbery*; auch Gore 80-82, trotz 60 61
gefühlsmäßigen Widerstrebens. 63 Augustinus 126. Reiches Material zur Wirkungsgeschichte bei Conti*.
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Vergebung der Sünden (1,6-10)
Das Konzil von Trient zitiert 1Joh 1,9 neben Jak 5,16 im 5. Kap. des Bußdekrets als Begründung für die Forderung nach einem vollständigen Sündenbekenntnis (DS 1679: integram peccatorum confessionem). Nach Ausweis der Konzilsakten64 spielte in der Diskussion 1Joh 1,9 keine sonderliche Rolle, man griff lieber auf Joh 20,23 zurück, aus naheliegenden Gründen. Die Reformatoren ließen das öffentliche Bekenntnis der Sünden gelten, lehnten aber das geheime Bekenntnis vor dem Priester in der Einzelbeichte als schriftwidrige menschliche Erfindung ab. Die Konzilsväter verstanden im Einklang mit der Exegese ihrer Zeit Joh 20,23 als übertragung der Vergebungsvollmacht an die Apostel und ihre Nachfolger und sahen hier einen Weg, die Rolle des Priesters in der Beichte zu legitimieren, was von 1Joh 1,9 aus nicht möglich war. Die Quintessenz der Konzilsbeschlüsse stellt sich verkürzt so dar: Dogmatisch definiert wurde die Heilsnotwendigkeit eines Bekenntnisses überhaupt (confessio in genere), sei es öffentlich (confessio pub/ica) oder geheim (confessio secreta). Die Aussagen über die Ohrenbeichte, deren äußere Form das Konzil als schrift- und traditionsgemäß verteidigt (DS 1706), haben nicht den gleichen Verbindlichkeitsgrad65 • Es ist verständlich, daß dieser Gebrauch von Joh 1,9 in der Folgezeit66 auf den heftigen Widerspruch protestantischer Exegeten gestoßen ist67. Völlig unbeeindruckt teilt a Lapide seinerseits kräftige Seitenhiebe gegen Lutheraner und Calvinisten aus und trägt in den Text die katholische Bußlehre ein: Johannes verlange beides, ein Bekenntnis vor Gott für die leichten Sünden und ein Bekenntnis vor dem Priester für die schweren68 • Man sollte über dem berechtigten Protest gegen diese konfessionalistische Verengung der Exegese das Gewicht der Sachfrage nicht übersehen. Die Form der Einzelbeichte mag unbefriedigend erscheinen, zumal der Gemeindebezug leicht aus dem Blick entschwindet, ebenso unbefriedigend aber ist der Verzicht auf jeden öffentlichen Bekenntnisakt und die völlige Privatisierung von Schuld und Vergebung. Jede Sünde ist Verstoß gegen die Gemeinschaft (Koinonia), Wiederherstellung der Gemeinschaft fordert die Teilnahme der Gemeinde am Vollzug von Bekenntnis und Vergebung; jedenfalls ist das die Sicht des 1Joh.
Erklärung Vergeben werden die Sünden wie stets in der atl.-jüdischen Tradition von 9b Gott selbst. Die Attribute »treu« und »gerecht« (vgl. Jer 42,5) charakterisieren ihn als den Bundesgott seines Volkes 69: Er ist »der treue Gott, der seinen Bund hält und die Huld bewahrt denen, die ihn lieben und seine Gebote halten« (Dtn 7,9). In diesem Doppelattribut hat »gerecht« nicht den sonst möglichen forensischen Sinn, es ist nicht Eigenschaft des Richters, der die verdiente Strafe zumißt. Gott erweist sich gerecht in der Treue, die er den Seinen trotz 9c ihrer Verfehlungen hältl°. Im Sündennachl.aß von 9c wirkt sich seine vielfach 64 Sie sind ausgewertet bei K.J. Becker, Die Notwendigkeit des vollständigen Bekenntnisses in der Beichte nach dem Konzil von Trient, ThPh 47 (1972) 161-228. 65 Vgl. H. Vorgrimler, HDG IV/3, 179f. 66 Chaine 150 macht darauf aufmerksam, daß man IJoh 1,9 bes. vom 17. Jh. an im Gefolge von Bellarmins Schrift De poenitentia in der kath. Theologie als Beleg für das sakramentale Beichtbekenntnis wertete. 67 Ausführliche Behandlung - unter Ein-
schluß der Deutung des XU{}unenlightened>Und jetzt ist sie da« aber sogleich in die Gegenwartseschatologie des Evangelisten eingebunden wird (so in 4,21.23; 5,25). Auf verschiedene Zeitpunkte innerhalb der Jünger- und Gemeindegeschichte scheint die Wendung in 16,2.25.32 abzuzielen. Charakteristisch für das Denken des Evangelisten sind jene Stellen, wo »Stunde«, absolut gebraucht, die im Kreuzestod sich vollziehende, als Verherrlichung gedeutete Heimkehr Jesu zum Vater einfängt276. Der Verf. des 1Joh setzt nicht bei dieser christologischen Konzentration der eschatologischen Linienführung durch den Evangelisten ein, sondern reaktiviert die apokalyptischen Potenzen, die in dem Syntagma »Es kommt die Stunde« als Traditionsrest noch enthalten waren. Die Reaktivierung beinhaltet zugleich eine Historisierung277, insofern die Zeitangabe »letzte Stunde« jetzt als Legitimation dafür dient, die unheilvollen Endereignisse in der eigenen Gegenwart bereits ins Werk gesetzt zu sehen. Das entschärft, so paradox es klingt, schon etwas die alte Streitfrage nach dem Intensitätsgrad der Nahoder Enderwartung, die in »letzte Stunde« steckt. Weil die urchristliche Naherwartung historisch gesehen so nicht eingelöst wurde, hat man, um dem Verdacht einer Beschränktheit der eschatologischen Perspektive ntl. Autoren zu entgehen, auch zu unserer Stelle verschiedene Gegenstrategien entwikkelt. Eine beliebte Auskunft geht dahin, der Verf. meine mit »letzte Stunde« die ganze Periode seit dem Auftreten Jesu Christi und seiner Auferstehung bis zu seiner Wiederkunft, ohne jede zeitliche Festlegung. Deshalb sei es möglich, problemlos die gesamte Kirchengeschichte in dieser »letzten Stunde« unterzubringen, ob sie nun 100 oder 2000 Jahre umspanne 278 . Andere haben für 1Joh das Vorliegen einer Naherwartung prinzipiell in Abrede gestellt 279 . Hilfreich wäre es sicher, die Bedeutung der Zeitkategorie genauer zu erfassen. Nicht jede Deutung der eigenen Gegenwart im Licht der Endereignisse will 275 Offb 3,3; 9,15; 11,13; 14,15; mit Zusätzen 3,10: »Stunde der Versuchung«; 14,7: »Stunde des Gerichts«. 276 Joh 2,4; 7,30; 8,20; 12,23.27; 13,1; 17,1. 277 Scharf herausgearbeitet von Klein, Licht 291-304.
278 VgL die Einzelnachweise bei Düsterdieck I 292. Andere Vorschläge: Die letzte Stunde sei der Zeitpunkt der Zerstörung Jerusalems (Socinus 107f); der Verf. denke an sein eigenes Greisenalter (Bengel 1009f). 279 Taeger* 142f.
l]oh 2,18: Letzte Stunde, Antichrist
149
auf eine lineare Zeitstrecke aufgetragen werden, sie steht im Gegenteil oft quer dazu. »Letzte Stunde« qualifiziert im 1Joh die Zeit der Welt dahingehend, daß sich in ihr Gottes definitives und verbindliches Handeln ereignet. Gottes Handeln in Christus stößt auf Widerstand, und für diesen Widerstand 18bc gibt es auch einen Namen: Antichrist. Belege für ävtL'XQLO'tO~ als festen Terminus finden sich im NT ausschließlich in 1/2Joh280. Nirgends ist an diesen Stellen das weitreichende mythische Potential, das man gemeinhin mit der Antichristvorstellung verbindet, auch nur angedeutet, so daß man fast geneigt wäre, auf seine Heranziehung zu verzichten und sich mit einer rein kontextuellen Bestimmung des Begriffsinhalts zu begnügen. Aber das geht nicht, da der Autor selbst zu erkennen gibt, daß er in 18c einen Traditionssatz aus mündlicher Überlieferung zitiert. Seine Adressaten haben gehört (18b), »daß ein Antichrist kommt«, d.h., für sie zählt dieses spezielle Wissen zum gängigen Vorrat an Endzeiterwartungen. Wir müssen also versuchen, seine Konturen umrißhaft zu bestimmen. Die religionsgeschichtliche Forschung hat den Topos vom endzeitlichen Wi- Antichrist dersacher Gottes und seines Gesalbten weit zurückverfolgt bis zu entfernten mythischen Ursprüngen281 . Als relevant gilt insbesondere das Mythologem vom Kampf des Schöpfergottes mit dem gewaltigen Meeresdrachen, einer Verkörperung der Chaosmacht (Jes 51,9f; Ps 74,3~. Eine Neuauflage dieses urzeitlichen Geschehens steht in der Endzeit bevor (Jes 27,1: »An jenem Tage wird der Herr ... den Drachen töten, der im Meere haust«). Teils ist eine Identifizierung der feindlichen Macht mit Satan als Widersacher (Sach 3,1) oder mit Beliar als Oberbefehlshaber aller gottfeindlichen Kräfte (1QM 1,1) zu beobachten. Die Apokalyptik nimmt seit dem Buch Daniel realpolitische Gegner und Bedrücker des Gottesvolkes wie Antiochus IV. Epiphanes als Modellgestalt für den Anführer des letzten Ansturms gegen Gott282• Ein regelrechter »Gegen-Messias« läßt sich aus dem zeitgleichen jüdischen Schrifttum nicht sicher belegen283 , wohl aber kann man auf den Umgang mit den Pseudopropheten aus Dtn 13,1-5 (im Verein mit Dtn 18,20) verweisen. Als Gruppe oder als herausragende Einzelperson treten sie in der Endzeit auf und verführen durch Zei-
280 1Joh 2,18.22; 4,3; 2Joh 7. Ansonsten in der urchristlichen Lit. nur Polyk 7,1 (wohl ein Zitatfragment aus 1Joh 4,2-3). 281 Vgl. dazu immer noch W. Bousset, Der Antichrist in der Überlieferung des Judentums, des neuen Testaments und der alten Kirche. Ein Beitrag zur Auslegung der Apocalypse, Göttingen 1885, Repr. Hildesheim 1983; zum Ganzen Rigaux~; Emst~; Strekker·.
282 Vgl. Dan 8,24f; 11,36-39; AssMos 8,1 (mit der Anm. von E. Brandenburger, JSHRZ V/2, 75: »deutet hier auf einen universalen Weltherrscher am Ende der Tage, dessen Bild im folgenden mit Ereignissen aus der Schrekkensherrschaft des Antiochus IV. Epiphanes erstellt wird«). 283 Auch D. Flusser, The Hubris of the Antichrist in a Fragment from Qumran, Irnrn. 10 (1980) 31-37, bleibt problematisch.
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Der Antichrist und das johanneische Schisma (2,18-19)
chen und Wunder viele zum Abfall. Das hat die synoptische Apokalypse in Mk 13,22 par Mt 24,24 aufgenommen und durch die zusätzliche Erwähnung von falschen Messiasprätendenten ('Ij1E1JöOXQlO·WL neben 'Ij1E1JÖo:7tQocpi)1m, vgL Mk 13,6) angereichert284. Die ausführlichste Rezeption dieses Stoffes im NT bieten 2Thess 2,1-12 und die Offb. Der nachpaulinische Verf. des 2Thess spricht von der »Parusie« einer mit prophetischer Wunderkraft begabten Gestalt, in der satanische »Energie« steckt (2,9f) und deren letztes Ziel es ist, sich an die Stelle Gottes zu setzen (2,4)285. Ihre Namen lauten: »Mensch der Bosheit«, »Sohn des Verderbens«, »der Gesetzlose« (2,3.8). In Offb 12,7-9 kämpft Michael gegen den »großen Drachen, die alte Schlange, auch Teufel und Satan genannt, der den ganzen Erdkreis verführt«. Von ihm inspiriert ist das Tier aus dem Meer in 13,1-10, in dessen Dienst sich das Tier vom Land in 13,1118 stellt. Beide sind mit Attributen Christi ausgestattet (die Todeswunde, die Hörner gleich einem Lamm). Stellen wie 16,13; 19,20; 20,10, wo innerhalb dieser Trias an dritter Stelle der Pseudoprophet genannt wird, erlauben es, eine teuflische Trinität zu erkennen, in der die mittlere Größe, das erste Tier von 13,1-10, die Rolle des Widerparts Christi übernimmt286 . Damit ist zugleich gesagt, daß im NT der Antichrist nicht wie im Verlauf der späteren Auslegungsgeschichte mit dem Teufel in eins gesetzt oder sogar als dessen Inkarnation angesehen wird 287. Wie die traditionsgeschichtlichen Verbindungslinien verlaufen, ob etwa Einfluß aus dem paulinischen Traditionsbereich vorliegt, ob Offb 12-13 als Indiz für johanneische Gemeindeüberlieferung gewertet werden kann oder ob die jüdisch-apokalyptischen Stoffe in urchristlicher Brechung als gemeinsamer Mutterboden genügen, ist im einzelnen schwer zu sagen. Das Wort »Antichrist« selbst scheint in jedem Fall eine sprachliche Neuschöpfung zu sein, die in der johanneischen Gemeinde geprägt wurde, um einen vorgegebenen komplexen Themenbereich prägnant zu benennen. Die Präposition avtt kann verschieden nuanciert werden. Entweder hat sie den Sinn »anstelle von«. Dann ergibt sich für »Antichrist«: Er ist derjenige, der sich an die Stelle Christi setzen will, der fälschlicherweise vorgibt, Christus zu vertreten und Christus zu sein. Das berührt sich mit den »Pseudo-Christussen« aus Mk 13,22288 • Oder avtt meint »gegen«. In IJoh 2,18 ist eher dieses Moment her-
284 2Petr 2,1 vergleicht die Pseudopropheten in Israel mit den »falschen Lehrern ('l!ElJöOÖLÖaOXaAOL) unter euch, die verderbliche Spaltungen einführen werden, den Herrn verleugnend, der sie erkauft hat«. 285 Vgl. W. Trilling, Der zweite Brief an die Thessalonicher, 1980 (EKK 14), 68-117. 286 So O. Böcher, Die Johannesapokalypse, 1975 (EdF 41), 76-83; R. Yates, The Antichrist, EvQ 46 (1974) 42-50, hier 46f. Zum Nachleben und Weiterwuchern des Mythos vgl. u.a. ApkE131,5 - 43,6; Noema NHC VV4 44,13 - 46,5. 287 P. Schütz, Der Anti-Christus. Eine Stu-
die über die widergöttliche Macht und die deutsche Sendung (1932), in: ders., Der AntiChristus. Gesammelte Aufsätze, Kassel 1949, 9-64, hier 16: der Antichrist »ist die Fleischwerdung des höllischen Logos«. 288 Auch daß es im Traditionssatz 18c vom Antichrist heißt »er kommt« (EQXE'tUL), hängt mit der Erwartung vom Kommen des Messias Goh 4(25), die sich in dem titularen 0 EQXOIJ.EVO; verdichtet (vgl. Plummer 56), und vom Kommen Christi zum Endgericht zusammen. Piper, I John 444f, hält avtLXQLJesus ist nicht
der Christus eingeschoben. Da anders als in 2,3 und 3,16 kein erläuternder Nebensatz folgt, braucht 10a nicht unbedingt vorwärts zu weisen auf 10bc, sondern kann sich sowohl auf V. 9 wie auf V. 10 beziehen oder eher noch die voranstehenden Ausführungen bündeln. Inzwischen dürfte, das wäre der damit verbundene Gedankengang, klar geworden sein, was eschatologische Scheidung der Menschen in der letzten Stunde bedeutet und wie sie sich vollzieht. Der sprachlich ungeschickt angehängte VersteiliOd bereitet die nächste Sinneinheit vor, die dem Liebesgebot gewidmet ist. Erklärung Den thetischen, belehrenden Sprachstil des Textstücks durchbricht in 7 a die 7a Anrede an den Leserkreis und der Appell, der 2,26 rekapituliert. Diejenigen, die in die Irre führen, sind vordergründig die Gegner mit ihren abweichenden christologischen und ethischen Lehrmeinungen, aber darin scheint antichristliches, oder, wie wir gleich in V. 8 erfahren, teuflisches Wesen auf. In Codex IJlliest OOV ÖLxatO~ (»jeder, der gerecht ist«), eine LA, die einigen alten Übersetzungen und Väterzitaten zugrunde liegt. Abgesehen von der schwachen Bezeugung for-
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dert auch der Kontext (Parallele zu 9b) JtOliOv statt OOV, mit Belser, Textkritik 178, gegen Harnack, Textkritik 564f. 445 Vgl. Stott 125; Wengst l3lf.
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lJoh 3,7-8c: Erklärung
2,29 war das Tun der Gerechtigkeit Zeichen für die Zeugung aus Gott. 3,7 betont im Vergleich etwas stärker den Handlungsimpuls und unterfängt das Ganze nach dem Beispiel von 2,6 mit einer christologischen Motivierung. Durch gerechtes und das heißt zugleich durch sündloses und den Forderungen des Liebesgebotes angemessenes Handeln vollziehen die Glaubenden in ihrem Leben nach, was ihnen von Gott in Jesus, dem Sündlosen (Sd) und Gerechten (7d), als neue Seinsmöglichkeit vorgegeben wurde. Gegen das Sein wie Jesus mit dem gerechten Tun als Folge stellt V. 8 das Sein aus dem Teufel, das sich im Sündigen realisiert. Im 1Joh kommt der Teufel (ÖL(ißOAO~) unter diesem Namen nur hier in V. 8 und in V. 10 vor (insgesamt viermal). Er ist, wenn wir die Parallele von V. 8 zu V. 4 ernst nehmen (s. die Analyse), der Urheber der niederreißen«, »zerstören« (vgl. Joh 2,19) bedeutet. Ein bildhaftes Moment - Auflösen der Stricke und Bande, mit denen die Sünde den Menschen umschlungen hält - wollen noch heraushören
Lange 436; Smalley 170. Traditionsgeschichtlich könnten Exorzismen synoptischen Typs, die bei Johannes fehlen, den entfernten Anhaltspunkt für diese Anspielung auf einen Kampf Jesu mit teuflischen Mächten abgeben, vgl. Brown 407.
l]oh 3,9: Same Gottes
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selbst durch seine eigenen Taten nach (es gibt auch in der Gegenwart Verhaltensweisen, die wir unwillkürlich mit dem Attribut »teuflisch« belegen, ohne damit auf einen mythischen Verursacher rekurrieren zu wollen). Auf der Bildebene sind in V. 9 unmittelbar aufeinander bezogen die äußeren 9a.e Rahmenstücke mit dem zweimaligen »aus Gott gezeugt« und der Satz im Zentrum in 9c, der vom Bleiben seines Samens spricht. Zeugung und Same 9c (rntEQILU) gehören einem gemeinsamen Wortfeld an. Trotz dieser recht klaren Textlage konkurrieren zwei sehr unterschiedliche Deutungen miteinander. 1 Die eine Erklärung faßt OJtEQlLu als Nachkommenschaft. Dann bestehen OJtEQlLu immer noch zwei Alternativen: (a) Nach Joh 7,42 stammt der Messias »aus Samen Davids« (vgl. Röm 1,3). »Seine Same« ist Christus, der in ihm, d.h. im Glaubenden bleibt - eine nur selten vertretene 448 , äußerst unwahrscheinliche Lösung. (b) Eher käme von Joh 8,33.37 her (die Juden als »Same Abrahams«; vgl. Röm 9,7) eine kollektive Sicht in Frage: Sein Same, die Gesamtheit der Gotteskinder, bleibt in ihm, in Gott449 . Die Aussage des Verses liefe unter dieser Voraussetzung weithin mit V. 6 parallel. Aber Same Abrahams ist ebensowenig wie Same Davids dasselbe wie Same Gottes. Man würde erwarten, daß der Verf., wenn er das gemeint haben sollte, nicht vom Samen Gottes, sondern mit seinem bevorzugten Paradigma von Kindern Gottes spricht. 2 Bei der zweiten Deutung fassen wir »Samen« als die generative Kraft der Erzeugung. Der Ort für sein Bleiben ist der, der gezeugt wurde, ist das neue Geschöpf selbst. Zu übersetzen wäre: Weil Gottes Same in ihm, dem Glaubenden, bleibt. Das Bild ist damit gesprengt, weil der Same nicht mehr nur das Prinzip der Zeugung markiert, sondern als kontinuierliche Kraft im Innern des Christen verweilt (vgl. aber als Analogon Joh 4,14: das Wasser, das im Menschen ins ewige Leben sprudelt - gleichfalls eine unter Strapazierung der Bildlogik erzielte Internalisierung der lebenspendenden Kraft). Die leitende Absicht ist die: »Aus Gott gezeugt« kann man punktuell verstehen, einmal geschehen und dann vorbei. Mit der neuen Metapher soll gesagt werden, daß der Akt der Zeugung weiterwirkt und die Existenz des so erzeugten Geschöpfes durchgehend bestimmt. Daß man in der Antike so reden konnte, zeigen Philo von Alexandrien und die Gnosis. Die Seelen der Kinder Israels sind nach Philo aus göttlichem Samen entstanden, daher ihre Wesensverwandtschaft mit Gott (VitMos 1,279). Gott befruchtet vom Himmel herab die Tugenden mit dem Samen des Guten (Cher 44; Det 60), er sät diesen Samen in die Menschenseelen hinein (Post 171; All 3,40). Das Evangelium Veritatis sagt vom vollkommenen Licht im Pleroma, es sei »voll vom Samen des Vaters«; verbunden ist das mit dem Kindschaftsverhältnis, in dem die Gnostiker zum Vatergott stehen450 • Irenäus referiert als valentinianische Lehre: »Die Seelen, die den SaErwogen bei PS.-Oecumenius 653. Neil Alexander 86f; Wohlenberg, Glossen 582f.
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450 EV NHC I/3 43,9-24. Vgl. CorpHerm 13,2 (Saatmetaphorik im Umkreis der Wiedergeburt und der Zeugung aus Gott).
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Gotteskinder - Teufelskinder (3,7-10)
men der Achamoth hatten, sollen besser als die übrigen gewesen sein ... Die guten (Seelen) seien die, die zur Aufnahme des Samens fähig sind, die von Natur aus schlechten würden niemals jenen Samen erhalten.«451
Für die nähere Bestimmung des Samens Gottes stehen, wenn wir von VOfschlägen wie göttliche Gnade, göttliche Natur, göttliches Leben absehen452 , im wesentlichen zwei Möglichkeiten zur Wahl, und es sind dieselben, mit denen wir uns bereits bei der Interpretation des Chrisma in 2,20.27 konfrontiert sahen: Same als Wort Gottes453 oder Same als Geist Gottes454 . Für die Deutung als Wort argumentiert man u.a. mit Jak 1,18 (»gezeugt durch das Wort der Wahrheit«) und 1Petr 1,23 (wiedergeboren »aus unvergänglichem Samen, durch Gottes lebendiges und bleibendes Wort«)455, aber die Gleichsetzung von Wort und Samen, bekannt nicht zuletzt aus der stoischen Lehre vom Logos spermatikos, funktioniert meist auf einer anderen metaphorischen Basis. Das Wort wird mit a~gestreuten Saat- und Samenkörnern verglichen (Lk 8,11). In V. 9 aber dient, auch wenn manche Ausleger das aus Gründen der Schicklichkeit lieber nicht wahrhaben möchten456 , wegen der Zeugungsthematik in den Rahmenstücken als Bildspender der physische Vorgang der Zeugung eines neuen Menschen durch - nach antiker Anschauung - männliches Sperma. Diese generative Kraft erscheint eher vergleichbar mit dem schöpferischen Wirken des Geistes. Der Geist Gottes, der ins Herz des Neugetauften eingesenkt wird und fortan in ihm bleibt, ist der Same, der das neue, aus Gott gezeugte Geschöpf hervorbringt und diesen neuen Ursprung bleibend wachhält. Das trifft sich mit der Deutung des Chrisma in 1Joh 2,20.27 auf den Geist, es trifft sich mit der pneumatischen Begründung des »Bleibens« in 1Joh 3,24; 4,13, und es paßt zum Evangelium, wo nach Joh 3,5.8 Zeugung von oben durch Wasser und Geist geschieht. Schließlich lassen sich Vergleichstexte beibringen, auf jüdischer Seite TestBenj 8,2: Der Rechtschaffene »hat keine Befleckung im Herzen, weil der Geist Gottes in ihm (oder auf ihm) ruht«, und auf gnostischer Seite ExAn NHC II/6 133,34-134,3: Als sich die Seele mit ihrem Geliebten vereinte, »empfing sie den Samen von ihm - das ist der Geist, welcher lebendig macht -, so daß sie durch ihn gute Kinder gebar«.
Haer 17,3.5. Vgl. Hippolyt, RefV 8,28f; Clemens Alex., Exc Theod 53,1-5: Die Sophia hat pneumatischen Samen in Adams Seele eingesenkt. 452 Überblick bei du Preez* 105f. 453 Dodd 77f; Malatesta, Interiority 247249. 454 Luthardt 248; Lewis 82; Culpepper 62f; Strecker 171f. 455 Vgl. noch Justin, Apol 32,8: In den Glau451
benden »wohnt der Same von Gott, das Wort«. 456 Wolf 129 überlegt, »ob das Bild von der menschlichen Zeugung oder vom Pflanzenreiche hergenommen sei«, und kommt zu dem Schluß: »Anständiger jedoch und fasslicher ist es, wenn man den Vergleich mit dem Saatkorne zum Grunde legt.« Ganz von den synoptischen Saatgleichnissen her legt Lange 443-445 aus.
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l]oh 3,9: Sündlosigkeit
Aus der Zeugung durch Gott, verstärkt durch die permanente Anwesenheit 9b.d der zeugenden Kraft des geistlichen Samens, folgert 9b.d in doppeltem Zugriff das Nichtsündigen der Glaubenden. Konnte man in 3,6 bei der These »jeder, der in ihm bleibt, sündigt nicht« unter Umständen noch an das Bleiben als eine vorgängige Bedingung denken, die wenigstens zum Teil der Aktivität des Menschen anheimgestellt ist, so geht das in V. 9 nicht mehr. Die Zeugung aus Gott liegt nicht in der Macht des Menschen, weil sie ihm geschenkt wird. Aus diesem Geschenk ergibt sich das Nichtsündigen, das innerhalb des Verses noch einmal eine Steigerung erfährt. Er »tut keine Sünde« in 9b impliziert strenggenommen nur einen faktischen Zustand: Es gelingt, die Sünde zu vermeiden und sündenfrei zu bleiben. In 9d aber erscheint das in einer erneuten Zuspitzung: Er »kann nicht sündigen«, er hat, wenn man das beim Wort nimmt, nicht einmal mehr die Möglichkeit dazu457 • Das ist in sich schon eine sehr kühne und in ihrer Kühnheit schwer verständliche Aussage. Es kommt hinzu, daß sie unverkennbar in Widerspruch gerät zu 1,8.10, wo Thesen, die nicht einmal ganz so exponiert erscheinen, scharf bekämpft werden. In 5,1618 treffen wir zwar auf engstem Raum auf die gleiche Spannung. 5,16 empfiehlt das Bittgebet für sündige Mitchristen, 5,18 wiederholt die These von der Sündlosigkeit der Gotteskinder. Wahrscheinlich wird dort aber ein Lösungsvorschlag mitgeliefert, insofern 5,16 zwischen einer Sünde zum Tode und einer Sünde nicht zum Tode unterscheidet (s. die Kommentierung). Möglicherweise liegt von 5,14 ab ein Nachtrag vor, der bewußt den Versuch eines Ausgleichs im Spannungsfeld von Sünde und Sündlosigkeit unternimmt. Außerdem steht der Text recht weit von 3,9 entfernt. Zurückhaltung in der Verwendung von 5,16-18 erscheint daher angebracht. Daß die Problemlage nicht sonderlich einfach ist, zeigt die Fülle von wider- Sündlosigkeit sprüchlichen Lösungsvorschlägen. Aussparen wollen wir von vornherein literarkritische Operationen, die die beiden Aussagereihen auf zwei verschiedene Autoren verteilen. Wir übergehen ebenso die Annahme, hier wie dort seien differierende gegnerische Gruppen anvisiert, halten uns auch nicht bei der allzu schlichten Auskunft auf, der Verf. entwerfe eben nur ein Idealbild458 , das in der Praxis höchstens von Elitechristen einzulösen sei459 , und lassen uns schließlich nicht auf hermeneutische Gewaltsamkeiten ein, die in ihrer gewollten Paradoxie noch schwieriger erscheinen als der Text selbst460 . Folgende Lösungstypen seien vorgestellt: 1 Kap. 1 soll nur für das Individuum gelten, Kap. 3 nur für die Gesamtgemeinde. Etwas Ähnliches gibt es in Qumran: Die Gesamtgemeinde gilt als heilig, unbefleckt, sündenfrei. Das hindert nicht daran, für die Fehltritte von einzelnen Mitgliedern eiVgl. Gaugier 170: »Hier scheint in dem betonten >kann nicht< wirklich etwas wie eine naturhaft-ontologische Aussage zu stecken.« 458 Vrede 163; Findlay 267. 457
Bonsirven 160f. Unverständlich blieb mir z.B. Stalder*; ein ausführliches Referat über die diversen Positionen bietet Wade* 7-61. 459 460
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Gotteskinder - Teufelskinder (3,7-10)
nen detaillierten Strafkatalog aufzustellen und Formen für Buße und Wiedereingliederung zu schaffen461 . Leider ist im Kontext der beiden Kapitel im 1Joh eine solche an sich mögliche Differenzierung (man denke an die Adressierung der Gemeindemitglieder als »die Heiligen« bei Paulus, die mit kräftiger Schelte wegen faktischer Fehltritte einhergeht) durch nichts angezeigt. Die Einführung der Thesen in 3,6 und 3,9 mit »jeder, der ... « spricht eher dagegen. 2 In Kap. 1 gehe es nur um punktuelle Einzelsünden, in Kap. 3 um habituelle Sündhaftigkeit, die einem Christen schlecht ansteht. Festmachen will man das teils an den Präsensformen von 3,6.9, die eine andauernde Aktion anzeigen462, teils an dem JtOLeiv von 9ab463 . Die sprachlichen Subtilitäten können eine derart schwerwiegende Bedeutungsverschiebung nicht tragen. 3 Nur ein kleiner Schritt ist es von da aus zur nächsten Position, die mit Sünden unterschiedlicher Qualität rechnet. Einen gewissen, wenn auch geringfügigen Anhalt hat das im Text an dem Begriff aVOIlLa in dem speziellen Sinn einer eschatologischen Sünde in 3,4. Die klassische katholische Theorie nimmt ihren Ausgangspunkt aber eher bei 5,16-17 und läßt den Briefautor in Kap. 1 ausschließlich von läßlichen Sünden, die vergeben werden, sprechen, in Kap. 3 hingegen von Todsünden, die ein Christ gar nicht erst begehen wird464 . Augustinus, der die Spannung zwischen Kap. 1 und Kap. 3 stark empfand 465, hat dem eine etwas andere, gleichfalls einflußreiche Wendung gegeben, wenn er in seinem Kommentar nach langer Diskussion das Nichtsündigen als Freisein von Verstößen gegen das Liebesgebot präzisiert466 . 4 Als »paulinischer« Lösungstyp ist einzustufen, was Buhmann vorschlägt, wenn er schreibt: Das Nichtsündigenkönnen »muß also als die Möglichkeit des Nichtsündigens verstanden werden, die der Glaubende als das unverlierbare Geschenk der ay6m] Gottes empfangen hat, eine Möglichkeit, die freilich stets zu realisieren ist«467. Er »tut keine Sünde« 9b würde paulinisch gesprochen bedeuten, daß der Glaubende dem Zwang zum Sündigen enthoben ist, »er kann nicht sündigen« 9d würde dem eine futurische Dimension verleihen: Das wird auch in Zukunft so bleiben, das Nichtsündigen kann durchgehalten werden, weil Gott das Geschenk des neuen Lebens nicht zurücknimmt468 . 9d klingt zwar, als würde ein non posse peccare ausgesagt, gemeint wäre aber nur ein posse non peccare oder besser die wirksame Überwindung des non posse non peccare, des Zwangs zum Sündigen. Theologisch erscheint diese Lösung befriedigend, am Wortlaut von 3,9 nimmt sie Abstriche vor.
Perkins 40. Stott 130f.139f; Ross 183.185; vgl. auch Galtier* 144. Dagegen Kubo*. 463 Inman* 14lf. 464 Estius 704; Natalis Alexander 152f; Lallemant 223. Mit charakteristischer Engführung Belser 78: Unzuchtsünden. Auf die Häresie der Gegner beschränkt Segalla* 337f die Sünde von 3,9; Vitrano* erblickt den Unterschied im Vorhandensein oder im Fehlen des Beistands aus 2,1. 465 •.. est enim non parva quaestio, sagt er 246. 466 250.260; dazu Dideberg, Augustin 107124, der einen anderen Umgang mit der Stelle außerhalb des Kommentars herausarbeitet. 461
462
Favorisiert wird die augustinische Auslegung wieder von Whitacre, Polemic 137. 467 Bultmann 58. Auch Nauck 98-122 gehört hierher, der 1Joh und Paulus untereinander und mit Qumran vergleicht und ein untrennbares Ineinander von statischen und dynamischen Momenten im Umgang mit Sünde und Sündlosigkeit herausstellt. Das lutherische simul iustus et peccator benutzt Eichholz, Erwählung 19-28, als hermeneutischen Schlüssel. Dagegen beobachtet Posset, Christology 232-243, zutreffend, daß Luther zu 3,9 fast das Gegenteil festhält: Non stant simul peccare et nasci ex deo (707); s.u. in C. 468 Vgl. Schunack 59.
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5 Ein weiterer Ansatz argumentiert von der Eschatologie her469. Die Messiaszeit wird nach jüdischer Erwartung eine sündenfreie Zeit sein (TestLev 18(9). Gott schafft den Menschen eine neue und gerechte Natur, »damit sie nicht sündigen bis in Ewigkeit« Gub 5(12). Dann »wird den Auserwählten Weisheit verliehen werden, und sie alle werden leben und nicht mehr sündigen, weder aus Pflichtvergessenheit noch aus Überheblichkeit, ... und sie werden nicht mehr sündigen« (äthHen 5,8f). Wenn wir auf lJoh blicken, so hatte das Material, das Kap. 1 verarbeitete, seinen Sitz im Leben in der Taufunterweisung. Hier, am Anfang christlicher Existenz, war Sünde und Sündenvergebung ein besonders wichtiges Thema. Die gleiche Thematik taucht in Kap. 3 in einem apokalyptisch gefärbten Rahmen auf. Wir befinden uns in der letzten Stunde. Das in 3,2 in Aussicht gestellte Offenbarwerden unseres christlichen Seins in seiner ganzen Fülle steht unmittelbar bevor. Proleptisch kann die endzeitliche Sündlosigkeit schon in die Gegenwart der Glaubenden hineingezogen werden. Die skeptische Stellungnahme von Kap. 1 und die enthusiastische von Kap. 3 markieren zwei Eckpunkte in einem prozeßhaften Verlauf. 6 Manches für sich hat die Vermutung, daß der Verf. sich in 3,6.9 auf Positionen seiner Gegner einläßt. Sie sucht man meist mit gnostischen Texten zu illustrieren. Es fällt aber auf, daß wörtliche Parallelen kaum zu finden sind. Die Irenäuszitate, die man beibringt, sprechen von der Vergleichgültigung konkreten sittlichen Verhaltens. Der Gnostiker ist sündlos, weil herkömmliche Wertmaßstäbe für ihn nicht mehr gelten470 . Das ist mit lJoh nur von ferne vergleichbar, eher noch mit Kap. 1 als mit Kap. 3. Näher heran führt ein Text wie OgdEnn NHC VI/6 62,33-63,14: »Und der, der nicht von Beginn an von Gott gezeugt sein wird, ist angewiesen auf die allgemeinen und einführenden Lehren. Er wird nicht imstande sein, die Dinge, die in diesem Buch geschrieben stehen, zu lesen, auch wenn sein Gewissen in ihm rein ist, da er nichts Schändliches tut und solchem auch nicht zustimmt. Vielmehr schreitet er stufenweise fort und gelangt so auf den Weg der Unsterblichkeit. Und er gelangt zur Erkenntnis der Achtheit, die die Neunheit offenbart.«471 Sündlosigkeit wird hier nicht als Ziel gesehen, sondern als Voraussetzung für das graduelle Hineinwachsen in die Vollendung. Gewisse Gemeinsamkeiten zeichnen sich ab. Nur wird man es sich nicht so einfach machen dürfen, V. 6 und V. 9 in lJoh 3 einfach in Anführun.gszeichen zu setzen, als seien sie nur gegnerische Slogans, die der Briefautor in keiner Weise befürworte, sondern im Gegenteil energisch bekämpfe472 • Anders als in Kap. 1-2 und in 4,20 fehlen dafür die sprachlichen Indizien (Einführungsformeln etc.), sie können auch aus dem Kontext von 3,1-10 nicht ergänzt werden. Wir müssen davon ausgehen, daß der Verf. die in 3,6.9 geäußerte Meinung selbst teilt.
Hilfreich erscheint am ehesten eine Kombination der Lösungsmodelle Nr. 4, 5 und 6. In 3,9 macht sich der Autor eine Position seiner Gegner zueigen. Er kann nicht zulassen, daß sie allein - in der Theorie zumindest - als vollkomVgl. la Potterie~ 201-208. Irenäus, Haer I 6,3f: »Darum tun auch die Vollkommensten von ihnen alles, was verboten ist, ohne Scheu ... «; 25,4: »Sie sagen, böse und gute Werke gebe es nur nach menschlicher Ansicht ...« Vgl. allgemein Seneca, Ep 72,6: »Der Weise kann nicht zurück469
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fallen [in die überwundene Krankheit des Geistes], nicht einmal mehr erkranken«; IgnEph 8,2; 14,2. 471 Nach J. Brashler u.a., NHSt XI 371. Mit einer anderen Übersetzung, die 1Joh 3,9 mehr ähnelt, arbeitet Wengst, Häresie 46. 472 So Swadling~.
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mene Christen dastehen, die Restgemeinde hingegen als ein Haufen notorischer Sünder. Außerdem teilt er ein Stück weit ihr perfektionistisches Ideal. Aber die Gegner fassen die Sündlosigkeit zu statisch und nicht als dynamischen, prozeßhaften Vorgang. Die christliche Vollkommenheit ist für sie mit der Taufe ein für allemal gegeben. Daraus kann niemand mehr herausfallen, und eine Entwicklung zur größeren Vollkommenheit hin macht ebensowenig Sinn. Das ist konsequent gedacht, aber nicht praktisch, nicht realistisch, und, wenn wir so wollen, nicht pastoral. So aber denkt der Briefautor, praktisch, realistisch, pastoral, und er nimmt das Moment des Geschichtlichen ernst. Er weiß, daß Christen eine Wegstrecke zurücklegen, auf der sich manches ereignen kann. Bei den Gegnern ist in dieser Hinsicht ein Defizit zu konstatieren, sowohl was die Geschichtlichkeit des Heilswerkes Jesu Christi angeht als auch in bezug auf die geschichtlichen Bedingungen christlichen Lebens. Man kann einwenden, daß sich die Auseinandersetzung in Haarspaltereien erschöpft, wenn beide Parteien wichtige Thesen im Wortlaut unterschreiben konnten. Ganz gewiß fällt es dem Briefautor selbst nicht immer leicht, die Unterschiede, die er verspürt und für wichtig hält, scharf herauszuarbeiten. Das hängt mit der gemeinsamen Traditionsbasis zusammen. Verf. und Gegner kommen vom Johannesevangelium und von der johanneischen Theologie her. Darüber hinaus bleibt einzuräumen, daß Präzision in der Gedankenführung und im Ausdruck beim Briefautor manchmal zu wünschen übrig lassen. Das einförmige Sprachmaterial und der thetisch-apodiktische Stil überdecken nicht selten argumentative Schwächen und Lücken. Wenn alle Lösungsversuche nicht befriedigen, muß man den Widerspruch in seiner Widersprüchlichkeit stehen lassen 'und ihn so deuten: Auch christliches Leben ist nicht widerspruchsfrei und spannungsfrei. In diesem Widerspruch spiegelt sich nichts anderes als die Widersprüchlichkeit christlichen Seins. Wirkungs- Das Ringen um das Verständnis von lJoh 3,6-9 ist in der Theologiegeschichte nie geschichte ganz zur Ruhe gekommen, wie oben schon am Beispiel Augustins spürbar wurde473 • Die Väter des Ostens haben eine mehr »mystische« Lösung angestrebt. Maximus Confessor (7. Jh.) beginnt seine Erklärung von 3,9 mit der Auskunft, man müsse zwei Arten der Zeugung aus Gott voneinander abheben. Der ersten Stufe ordnet er die Gnade und den Glauben zu, aber die innere Assimilation des Pneuma hat noch nicht zur Transformierung des Willens geführt, die Neigung zur Sünde bleibt bestehen. Bestimmend für die zweite Stufe ist überlegene Erkenntnis (b"t(yvOOOU;), Hand in Hand damit eine Umformung des Intellekts und des Willens durch den Geist, die sündiges Tun fortan ausgeschlossen erscheinen läßt. Die Vergöttlichung des Menschen ist damit erreicht474 • Exegetisch gesehen wird dabei die Sündlosigkeit interpretiert von der 473 Die einschlägigen Passagen aus Tertullian, Pud 19,10-28, wurden schon zu 1,8-10 ausgewertet (s.o.). Zur Auslegungsgeschichte Zahn· 30-43. Hinweise auf perfektionistische Strömungen in der Neuzeit ebd. 34f; GaugIer 173f.
Quaestiones ad Thalassium 6 (280C281B PG 90); vgl. Cramer, Catenae 124-127; dazu la Potterie· 197f. 474
l]oh 3,6-9: Wirkungsgeschichte; 3,lOa-c: Erklärung
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Gottähnlichkeit in 3,2 her, bei gleichzeitiger Zurücknahme des dort noch gewahrten eschatologischen Vorbehalts. Im Westen sah Hieronymus sich in zwei Konfliktsituationen zur Auseinandersetzung mit der Stelle gezwungen. 393 n.Chr. verfaßt er seine Schrift gegen Jovinian, der den Satz aufgestellt hatte, Getaufte könnten vom Teufel nicht mehr verführt werden, und das mit 1Joh 3,9 bzw. 5,18 begründete. In fortan bewährter Manier hält Hieronymus dem 1Joh 1,8 - 2,2 entgegen, ohne die innere Spannung wirklich aufzulösen475 • Nicht wesentlich anders verfährt er 415 n.Chr. mit Pelagius476 , der zuvor in kühner Symbolsprache Röm 6,7 mit 1Joh 3,9 kombiniert hatte: »Ein Toter sündigt nämlich überhaupt nicht. So auch: ... [folgt Zitat 1Joh 3,9]. Denn wer ans Kreuz geheftet ist, wo alle Glieder vom Schmerz in Beschlag genommen sind, kann kaum mehr sündigen.«477 Ein weiteres Mal hat das Konzil von Trient lehrsatzmäßig die Meinung zurückgewiesen, der einmal Gerechtfertigte könne nicht wieder sündigen (DS 1573: Si quis hominem seme! iustificatum dixerit amplius peccare non pos-
se ... an. s.). V. 10 setzt die scharfe Polemik fort. Die ungemein harte Titulierung »Kinder Erklärung
des Teufels« hat der Briefautor aus der gleichen Evangelienstelle heraus ent- 10a-c wickelt, die bereits für V. 8 einschlägig war, nämlich aus Joh 8,44, wo Jesus den Juden, die ihm nach dem Leben trachten, vorwirft: Ihr habt den Teufel zum Vater und wollt die Begierden eures Vaters tun. Dieser Vorwurf wird auf innergemeindliche Konflikte übertragen. Der Verf. entwirft ein förmliches Gegenmodell: Gott als Vater und die Christen als Gotteskinder - der Teufel als Vater und die Sezessionisten als Teufelskinder. Ganz durchgeführt wird diese Antithetik nicht, und das wohl nicht zufällig, sondern aus wohlüberlegter Absicht heraus. Es fehlt ein Gegenstück zu »von Gott gezeugt«. Daß Sünder vom Teufel gezeugt seien, so weit treibt der Autor seine Analogie nicht voran. Man wird das - mit den meisten Erklärern seit Augustinus478 - so verstehen: Etwas Neues hervorbringen kann der Teufel nicht. Er hat keine schöpferische, kreative Kraft. Seine Kräfte wirken vielmehr destruktiv. Des Teufels Kreaturen sind nichts Originelles, sondern Bestandteil der alten, zerfallenden Welt. Damit soll zugleich eine Schranke gegen eine reine Prädestinationslehre aufgerichtet werden. Es darf trotz des dualistischen und hochmythologischen Sprachgewandes nicht der Eindruck entstehen, als seien Menschen in ihrem Wesen so vom Teufel bestimmt, daß sie zum Sündigen gezwungen wären. Die Sünde bleibt ihre eigene Tat. Deshalb versucht der Verf. ansatzweise, das Phänomen des Teuflischen in der Geschichte an be-
Adv Jov 2,1-2 (28ID-284D PL 23). 412 n.Chr. antipelagianisch rezipiert von Augustinus, De peccatorum meritis et remissione 3,13 (140,1-25 CSEL 60). 476 Adv Pel 1,13 (505A-D PL 23). In einer Schrift, die sich die Aufhellung von Widersprüchen in der Bibel zum Ziel gesetzt hat, stützt sich im 7. Jh. Julian von Toledo, Antikeimenon 2,80.82 (703B/C; 704NB PL 96), 475
für 1Joh 3,9 voll und ganz auf Augustinus und Hieronymus. 477 Pelagius, In Rom 6,7 (1139 PLS 1). 478 238: »Er ist vom Teufel- ihr wißt, was das heißt: Durch Nachahmen des Teufels ist er das. Denn niemanden hat der Teufel gemacht, niemand gezeugt, niemand geschaffen.«
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Gotteskinder - Teufelskinder (3,7-10)
stimmte menschliche Handlungen zu knüpfen (so erneut in 10bc und deutlicher in V. 12). Wirkungs- Die feinen Nuancen des Textes, die im Verzicht auf die Sprachfigur »vom Teufel gegeschichte zeugt« liegen, wurden nicht immer respektiert. Der Polykarpbrief tituliert in einer von 1Joh abhängigen Passage jeden Irrlehrer als »Erstgeborenen (JtQW.OLOXOC;) des Satans«479. In seiner langen Exegese zu Joh 8,44 zieht Origenes ausführlich 1Joh 3,810 heran und formuliert dabei mehrfach, wer eine Sünde begehe, sei »aus dem Teufel gezeugt (YEyEvr].m)«480. Dennoch findet Origenes zu sehr klaren Auskünften, die einem prädestinianischen Verständnis zuwiderlaufen. Der Umkehrschluß: »Wer aus dem Teufel gezeugt ist, tut die Gerechtigkeit nicht«, darf keinesfalls gezogen werden (115); niemand ist Kind des Teufels aufgrund seiner natürlichen Konstitution; wer ein Kind des Teufels war, kann wieder zu einem Kind Gottes werden (106). Das hält Origenes energisch gegen den gnostischen Johannesexegeten Herakleon, der das Kindschaftsverhältnis substanzhaft verstand (211), aufrecht: Die Kinder des Teufels »sind ihm ähnlich geworden durch das Tun seiner Werke und nicht wegen einer Substanz und einer natürlichen Konstitution, unabhängig von ihren Werken« (219). 10d Im ersten Hauptteil des lJoh folgten auf den Abschnitt über das Halten der Gebote in 2,3-6 die Ausführungen über das Liebesgebot in 2,7-11. Das Halten der Gebote zielt auf das Liebesgebot und erfüllt sich in ihm. Genauso verhält es sich hier. Das Tun der Gerechtigkeit, das von 2,29 an über 3,7 und 3,10 das Ganze strukturiert und zusammenbindet, läuft auf die Praxis des Liebesgebotes zu, was 10d andeutet und der nächste Abschnitt 3,11-24 in positiver und negativer Hinsicht abhandelt. Zusammen- Teufelskindschaft der Sünder und Sündlosigkeit der Gotteskinder - mit dieser Kernaussage von 3,7-10 stellt der Verf. zwei nicht unproblematische Thefassung sen in den Raum, die einer Einbettung in den Gesamtrahmen seines theologischen Denkens dringend bedürfen. Für die Teufelskindschaft erscheint wichtig, daß sie anders als die Gotteskindschaft nicht durch - metaphorisch gesprochen - Zeugung zustande kommt, sondern durch ein Tun der Betroffenen. In einer Verkehrung der normalen Verhältnisse adoptieren sie, die künftigen Kinder, durch ihr Handeln, mit dem sie sich in den universalen Schuldzusammenhang eingliedern, ihren Vater. Die Freiheit, auch anders verfahren und aus der Verflechtung der Sünde heraustreten zu können, stellt in sich bereits ein großes Geschenk dar, das Gottes schöpferischem, »zeugendem« Eingreifen in seinem Sohn verdankt wird. In diesem Sinne gibt es die Sündlosigkeit der Glaubenden, aber nur als offene Möglichkeit von Gott her. Die Hilfen für den Umgang mit faktischen Sünden, die Kap. 1-2 an die Hand gibt, werden dadurch nicht außer Kraft gesetzt. Der polemische Duktus des Ab479 Polyk 7,1; den Ausdruck »Söhne des Teufels (ÖUißOAOin 19a auf V. 18 zu beziehen. Weder 19c, wo mit xafein neuer Satz beginnt, noch die o'tL-Sätze in V. 20, die durch dieses xaL von 19a getrennt sind, bieten sich von Grammatik und Inhalt her als Erkenntniskriterium an 537. Stilistisch ist ein Wortspiel mit YLVWO'XELV, »erkennen«, in 19a/20c und xa'taYLvwO'XELV, »etwas erkennen wider jemanden«, davon abgeleitet »verurteilen«, »richten«, in 20a/21a zu vermerken. 2 Konjekturen und Quellentheorien: Die unleugbaren Schwierigkeiten bei der übersetzung und Erklärung von V. 19-20 haben zur Annahme einer Textverderbnis geführt, der nur durch Konjekturen beizukommen sei. So ändert man das zweite O'tL in 20b zu E1:L (»noch«)538 oder fügt vor 20b ein oLöallEv (»wir wissen«) ein539. Oder man vermutet in V. 19_20540 ein Quellenstück, das vom Briefautor mit einer dem ursprünglichen Sinn zuwiderlaufenden homiletischen Exegese versehen worden sei 541 . Auf beiden Wegen ist eine überzeugende Lösung nicht gelungen. 3 Zur Syntax von V 20: Von der Grammatik her besteht das Hauptproblern in der Auflösung des doppelten O'tL in 20ab, das mit den anderen Fällen von zweifachem O'tL im 1Joh, wo das erste O'tL mit »daß« zu übersetzen ist und das zweite mit »weil« (evtl. mit Ausnahme von 4,13), nicht auf einer Stufe steht. In 3,14bc und 4,13bc folgen die 534 Wendt* 61 ist einer der wenigen, der übersetzt: »wenn unser Herz verurteilt«, tiJ.UÖV also nicht als Objekt zu XU1:UYLVWO'K!l, sondern als Possessivum zu xUQÖ[u zieht. 535 Der Alexandrinus und wenige andere Zeugen lassen das zweite Ö'n in V. 20 aus ein Versuch, das syntaktische Problem (s. die Analyse) zu lösen. 536 übers. wurde der Kurztext des Vaticanus. In den anderen Hss. kommt es zu Erweiterungen: »wenn unser Herz uns nicht verurteilt« etc. (Metzger, Commentary 713, zählt elf Varianten auf).
537 Einen Vorverweis auf 19c vertritt am entschiedensten Uttendoerfer* 990-994, auf V. 20 Bonsirven 174; dagegen Pratscher* 275f. 538 So nach H. Stephanus u.a. Wolf 165. 539 Bultmann 62. 540 Bzw. in V. 20-21, vgl. Nauck, Tradition 78-83, der hier Schlußstrophen der älteren Antithesenreihe entdeckt. 541 Vgl. Bultmann, Analyse 115f; weitergeführt von H.W. Beyer, ThLZ 54 (1929) 612f, und Preisker 167 (bei Windisch 3).
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Das Urteil des Herzens (3,18-22)
beiden ö'tL-Sätze unmittelbar aufeinander, ohne dazwischengeschalteten Konditionalsatz, und 3,2e beginnt zwar mit Ö'tL euv, aber in 3,2f wird zunächst dieser erste, durch euv unterbrochene ö'tL-Satz zu Ende geführt, ehe sich in 3,2g der zweite, kausale ö'tL-Satz anschließt. Außerdem ist in diesen Beispielen das doppelte Ö'tL abhängig von »wir wissen« bzw. »wir erkennen«, nicht wie hier von 3tEI.oOJ.LEV, wie immer man das übersetzen will (s. die Erklärung). Es stehen im wesentlichen zwei Lösungsvorschläge zur Auswahl: 3.1 Wir lesen in 20a nicht Ö'tL euv , sondern ö 'tL euv, d.h. nicht die Konjunktion »daß« oder »weil«, sondern das Neutrum des unbestimmten Relativpronomens »was immer«, mit euv in der Bedeutung eines einfachen ä,v, was im Koinegriechisch möglich scheint542. Das wiederum als Akkusativ der Beziehung genommen führt zu der übersetzung: »Wir werden unser Herz beruhigen in bezug auf all das, wessen das Herz uns anklagt, weil Gott größer ist als unser Herz und alles 543 erkennt.« Im Johannesevangelium findet sich verschiedentlich ö 'tL {ly544, in IJoh zwei Verse weiter in 3,22a in ähnlicher Bedeutung allerdings nur ö euv. 3.2 Das zweite Ö'tL nimmt lediglich das erste Ö'tL über den eingeschalteten Konditionalsatz hinweg auf54 5, was etwas leichter möglich ist, wenn man es bei der Wiedergabe mit »daß« beläßt und nicht für ein zweifaches »weil« plädiert. Zwar wäre das zweite Ö'tL im Grunde dann überflüssig, was einige Handschriften auch so empfunden haben (s. Anm. 535). Aber Ö'tL kann aus stilistischen Gründen und um der Betonung willen auch ein zweites Mal gesetzt werden. Daß dies in 3,2ef nicht geschah, ist kein Gegenargument, weil dort (a) der Konditionalsatz noch kürzer ausfällt (er besteht nur aus dem Verb <pavEQorl!ii) und (b) in 3,2g ein kausales Ö'tL folgt; dreimal Ö'tL kurz hintereinander wäre zuviel gewesen. Ungriechisch kann man die Wiederholung des Ö'tL nicht nennen, wenn man sich vergegenwärtigt, daß Xenophon nach einer etwas längeren konditionalen Einschaltung mit einem resumptiven Ö'tL fortfährt: »Seuthes sandte einige der Gefangenen in die Berge und ließ sagen, daß (Ö'tL), wenn sie nicht herabsteigen, ihre Dörfer wieder besiedeln und gehorchen würden, daß (Ö'tL) er ihre Dörfer und das Getreide verbrennen werde und sie vor Hunger zugrundegingen.«546 Beide Erklärungen sind möglich, aber die erste mit ö 'tL Mv als Akkusativ der Beziehung wirkt doch weiter hergeholt und unnötig kompliziert, und sie zerstört die strukturelle Antithetik von 20a und 21a. Mit einem resumptiven Ö'tL an zweiter Stelle kommen wir eigentlich aus. Der grundlegende Dissens im Gesamtverständnis der Stelle wird davon insoweit tangiert, als die erste Lösung nur mit der übersetzung von 3tEI.oOJ.LEV als »beruhigen«, »beschwichtigen« zusammengeht, während bei der zweiten Lösung diesbezüglich noch keine Vorentscheidung gefallen ist.
Erklärung Mit einer direkten Hinwendung zu den Adressaten setzt V. 18 der lieblosen 18 Haltung aus V. 17 einen Appell zur tatkräftigen Liebe entgegen. Das pro542 Vgl. im NT (bei schwankender handschriftlicher Grundlage) Mk 6,23; 1Kor 16,2; Kol 3,17; daneben Apg 3,23; Gal5,10; Ö'tL äv hat Lk 10,35. Zum folgenden u.a. Bruce 97f; Spicq" 916f. 543 Vgl. Westcott 117: ö 'tL M.v »balance the >all things< which follows«. 544 Joh 2,5 (mit v.l. ö 'tL eav); 14,13; 15,16.
So Belser 90f; Balz 186. Xenophon, An VII 4,5; vgl. An V 6,19: Zu einigen Kaufleuten »sagten sie, daß (Ö'tL), wenn sie nicht dem Heere Sold verschafften, um Lebensmittel für die Ausfahrt zu besorgen, daß (Ö'tL) Gefahr bestehe, eine solche Heeresmacht verbleibe im Hellespont«. 545
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l]oh 3,18-19c: Erklärung
grammatische Wort und die konkrete Tat dürfen nicht auseinanderfallen, sondern müssen in Einklang miteinander stehen. Das sieht nach einer allgemeinen weisheitlichen Maxime aus, wie sie im Erfahrungsschatz der Völker und in der ethischen Reflexion allenthalben anzutreffen ist547 . Aber dem gefüllten johanneischen Wahrheitsbegriff wird es wohl nicht gerecht, wenn man OA'I1-frELC:;X in 18b nur adverbiell als »wirklich«, »wahrhaftig« im Sinn der reinen Faktizität versteht. Vielleicht läßt sich der Gedankengang besser so wiedergeben548 : Wir wollen nicht ein reines Lippenbekenntnis für unsere Liebe ablegen mit bloßen Worten, sondern wir wollen der Liebe in entsprechenden Taten zu ihrer Wahrheit verhelfen. Wir haben so die Möglichkeit, in der geschenkten Wahrheit unseren eigenen Standort zu beziehen. Wenn das gelingt, gilt für uns: Wir sind »aus der Wahrheit« (vgl. Joh 18,37). Als Erken- 19ab nungszeichen dafür dient das Kriterium der Liebestat. Das Futur »wir werden erkennen« in 19a ist mit der Aufforderung »laßt uns lieben« von 18a zusammenzusehen. Wenn das eine realisiert wird, tritt das andere ein. Damit ist ein Gespür geschaffen für die Notwendigkeit der Praxis der Liebe bis in einfache alltägliche Begegnungen und Vollzüge hinein. Gerade diese Sensibilisierung macht aber um so schmerzlicher das Ungenügen, das Zurückbleiben vor diesem Anspruch bewußt. Führt ein solches Perfektionsstreben nicht zur hoffnungslosen Überforderung des Menschen? Mit dem Gefühl des Überfordertseins stellen sich sehr rasch auch ernsthafte Zweifel ein, ob die ganze Konstruktion überhaupt trägt. Was nützt ein Kriterium, wenn es nicht anwendbar ist? Will der Verfasser so weit gehen, das Kriterium auch umzukehren und bei jedem Versagen dem Betreffenden das Sein aus der Wahrheit rundweg abzusprechen? Auf solche Fragen will v. 19c-21 eine Antwort geben. Ehe wir uns mit den alternativen Deutungen auseinandersetzen, tragen wir 19c noch einige Einzelbeobachtungen zusammen. »Vor ihm«, d.h. vor Gott, gewinnt in eschatologischen Zusammenhängen einen forensischen Unterton. Wir stehen vor seinem Gerichtshof und müssen uns verantworten. Eine eschatologische Klammer ist durch 2,28 - 3,3 gesetzt, unter Einschluß der Gerichtsmetaphorik (in 28d). Aber in 3,19-21 wird der Vorgang des Gerichts vom Zeitpunkt des Endes abgelöst und in die Gegenwart verlagert. Auf die Gegenwart, nicht auf das Eschaton ist auch das Futur :rtEL00I-lEV ausgerichtet. Für :rtEL-frELV gehen wir von der Grundbedeutung aus: »jemand von etwas überzeugen«; »ihn für etwas gewinnen« oder »zu etwas überreden«. Die Sonderbedeutung »beruhigen, beschwichtigen« läßt sich kaum belegen549 , sie kann 547 Seit Wettstein TI 718 wird verwiesen auf Theognis 979: »Mir sei ein Mann nicht mit der Zunge (yA.OOOan) nur Freund, sondern auch mit der Tat (EQYtp)«, daneben auf Test Gad 6,1: »Liebt einander EV EQYtp xai A6ytp und in Gesinnung der Seele«; vgl. Philo, Post 86f; Jak 1,22. 548 Ausführlich dazu la Potterie, Verite
622-624.663-673. Passow IIIl, 783 notiert sie zwar als eine Möglichkeit; vgl. auch Spicq, Notes III 534545, hier 543. Aber an den meisten Stellen, die dafür genannt werden (z.B. Xenophon, An III 1,26; Hellenica I 7,7; 2Makk 4,45; Mt 28,14), kommt man mit »überreden« aus. 549
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Das Urteil des Herzens (3,18-22)
sich aber kontextuell einstellen, auf folgende Weise: jemanden, der ärgerlich und zornig ist, zum Ruhigbleiben überreden; oder jemanden, der ängstlich und verstört reagiert, davon überzeugen, daß kein Grund zu einer überzogenen Furchtsamkeit besteht. Das Herz, das in den drei Versen viermal Erwähnung findet, ist eine anthropologische Instanz, wo moralische Entscheidungen fallen und Wertungen getroffen werden. Es nimmt gut biblisch Funktionen wahr, die in der späteren christlichen Tradition dem Gewissen anvertraut werden, umfaßt aber als Zentrum des Fühlens und Wollens mehr Aspekte als der Gewissensbegriff; es integriert Momente der cmJ..6:'rtya aus V. 20 17 und der O'\JVELörja~ bei Paulus550. Vom Urteil des Herzens spricht mit den gleichen Worten TestGad 5,3: »Der Gerechte und Demütige scheut sich, Unrecht zu tun, nicht weil er von einem anderen angeklagt wird (xmaYLvOJO'XoIlEVOC;), sondern vom eigenen Herzen.« Daß Gott größer ist als das Herz und alles erkennt, versteht sich als Rezeption des atl. Motivs von der überlegenen Herzenserkenntnis, die Gott, dem Richter, allein zukommt und ihn besonders auszeichnet (2ehr 28,9). Er kann ins Herz der Menschen blicken, er kennt ihre verborgenen Pläne, oft besser als sie selbst. Das NT überträgt die Kardiognosie Gottes (Apg 1,24) auf Jesus (Mk 2,8) oder auf die urchristliche Prophetie (lKor 14,25). Zu 21a sei nur der Makarismus aus Sir 14,2 zitiert: »Selig der Mann, den die eigene Seele nicht verurteilt (xa'tEyvOJ).« In dieser hellenistisch beeinflußten Weisheitsschrift übt nicht das Herz, sondern die Seele Aufgaben des späteren Gewissens aus. 19-21 Wir kommen zu den beiden konkurrierenden und miteinander nicht zu vereinbarenden Interpretationsansätzen. Spricht der Text von Gottes Strenge oder von Gottes Erbarmen, spricht er vom richtenden und strafenden Gott oder vom liebenden und vergebenden Gott? Gottes 1 Gottes Strenge. Forensische Begrifflichkeit ist in unserem Text enthalten Strenge (»vor ihm«, »verurteilen«, die Herzenserkenntnis Gottes), darauf baut dieser Deutungstyp auf. Die Einordnung in den Kontext verläuft so: Vor Gott werden wir unser Herz überzeugen von der Wichtigkeit von Taten der Liebe, wie sie V. 18 forderte. Wir müssen bedenken, wenn unser Herz uns schon verurteilt, weil wir Taten der Liebe unterlassen haben, wie stehen wir dann erst vor Gott da. Vor dem größeren Gott kann nichts verborgen bleiben. Er wird aufgrund seiner Allwissenheit erst recht alle Sünden, auch die verborgenen, ans Licht ziehen und bestrafen. Nur wenn wir ein ruhiges Gewissen haben, be-
Zum Verhältnis von xaQöia und O'IJVbei Paulus vgl. H,J. Eckstein, Der Begriff Syneidesis bei Paulus. Eine neutestamentlich-exegetische Untersuchung zum >Gewissensbegriff