Michael Koß Staatliche Parteienfinanzierung und politischer Wettbewerb
VS RESEARCH
Michael Koß
Staatliche Parteien...
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Michael Koß Staatliche Parteienfinanzierung und politischer Wettbewerb
VS RESEARCH
Michael Koß
Staatliche Parteienfinanzierung und politischer Wettbewerb Die Entwicklung der Finanzierungsregimes in Deutschland, Schweden, Großbritannien und Frankreich
VS RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Universität Göttingen, 2008 Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT
1. Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008 Lektorat: Christina M. Brian / Britta Göhrisch-Radmacher VS Verlag für Sozialwissenschaften ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-531-16350-5
Vorwort
Die vorliegende Untersuchung wurde im April 2008 an der Georg-AugustUniversität Göttingen als Dissertation eingereicht. Dafür, dass sie so schnell erscheinen konnte und noch viel mehr dafür, dass sie überhaupt abgeschlossen werden konnte, bin ich einer Vielzahl von Institutionen und Personen zu Dank verpflichtet. Zunächst einmal der Studienstiftung des deutschen Volkes, die meine Promotion mit einem Stipendium finanziert und damit erst ermöglicht hat. Ebenso gilt mein Dank der Berlin Graduate School of Social Sciences (BGSS), von deren ideellen und materiellen Ressourcen ich 2006 und 2007 als Gastdoktorand in vielerlei Hinsicht profitieren konnte. Vor allem Martin Nagelschmidt hatte in der BGSS immer ein offenes Ohr für meine Anliegen. Der Deutsche Akademische Austausch Dienst hat mir mit einem Kurzstipendium Rechercheaufenthalte in Schweden und Großbritannien ermöglicht, dank eines Stipendiums des Deutsch-Französischen Instituts konnte ich auch dort zu Gast sein. Schließlich danke ich der VG Wort für einen großzügigen Druckkostenzuschuss. Betreut wurde die Dissertation von Peter Lösche (Göttingen) und André Kaiser (Köln). Ihnen verdanke ich eine Unzahl von ermutigenden Hinweisen und praktischen Ratschlägen, keineswegs nur zu Fragen der Dissertation. Auch unter oftmals großem Zeitdruck habe ich mich auf beide stets verlassen können. Für diese keineswegs selbstverständliche Unterstützung gilt ihnen mein herzlicher Dank. Im Kolloquium von Franz Walter (Göttingen) habe ich gelernt, dass der richtigen Fragestellung auch immer eine gewisse Erotik innewohnen muss. Ich hoffe, dass zumindest Rudimente davon auch in dieser Arbeit erhalten geblieben sind. Die Mitglieder der damaligen Göttinger Nachwuchsgruppe „Politik als Beruf“ und vor allem ihr Leiter, Jens Borchert (jetzt Frankfurt a.M.) waren unentbehrliche Ratgeber vor allem in methodischen Fragen, ebenso wie später die Teilnehmer des Oberseminars von André Kaiser in Köln. Wichtiger als alle Ratschläge in den genannten Kolloquien waren jedoch die anschließenden Gespräche bei mehr oder weniger geistigen Getränken. Zu großem Dank, der weit über die Sphäre der Wissenschaft hinausgeht, bin ich Dan Hough (Sussex) verpflichtet. Während unserer gemeinsamen Arbeit über die heutige Linkspartei hat Dan mir gezeigt, dass der Weg von einer Idee zu ihrer Umsetzung gar nicht so weit sein muss wie ich gedacht hatte. Nur die Regeln des
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Vorwort
Krickets hat er mir nie vermitteln können. Es lag nicht an Dir, Dan. Mit Paul Webb, Paul Taggart und Tim Bale hatte ich in Sussex zudem exzellente Ansprechpartner für alle Fragen der Parteienforschung. Åke und Birgitta Bergman waren überaus herzliche Gastgeber in Stockholm. Torsten Blaich hat in einer beeindruckenden Zeit das gesamte Manuskript gegengelesen. Andreas Busch (Oxford) hat mir Zeit für die Fertigstellung des Manuskripts eingeräumt, obwohl bereits neue Aufgaben anstanden. Nicht unerwähnt bleiben sollen auch die vielen Mitarbeiter im Archiv des Deutschen Bundestages, im Archiv der Sozialen Demokratie in Bonn, der SPDParteizentrale in Berlin, dem schwedischen Pressearchiv, der Königlichen Bibliothek in Stockholm, des Zeitungsarchivs der British Library in London, im DeutschFranzösischen Institut in Ludwigsburg und dem Archiv des Institut d'études politiques in Paris, die mir bei der Recherche geholfen haben. Die exzellentesten wissenschaftlichen Rahmenbedingungen reichen jedoch (zumindest für mich) nicht aus, wenn da nicht auch Freunde sind, mit denen man die Freuden und Probleme der akademischen und der wirklichen Welt diskutieren kann. Die nachfolgende Aufzählung ist notwendigerweise unvollständig; dank Florian Weber, Anne Duncker, Anja Matulla, Saskia Richter, Judith Neyer, Melanie Haas, Tobias Lenz, Heiko und Carolin Messerschmidt, Steffen Maltzan, Sascha Brinkmann, Sebastian Pilzner und – last, aber auf gar keinen Fall least – Tobias Schulz hat alles viel mehr Spaß gemacht. Ihr wart, im besten Sinne, eine Bewegung gegen den Fleiß. Pure Vernunft darf niemals siegen. Noch wichtiger als meine Freunde war meine Familie für mich. Besonders danke ich meinen Eltern. Ohne ihren Zuspruch wäre dieses Buch nie erschienen. Ihnen ist es deshalb gewidmet.
Berlin und Oxford, im Juli 2008
Michael Koß
Inhaltsverzeichnis
Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen ...........................................................13 Abkürzungsverzeichnis ..............................................................................................15 1
Einleitung: Staatliche Parteienfinanzierung und die Konvergenz von Parteienfinanzierungsregimes................................................................17 Der Zusammenhang zwischen staatlicher Parteienfinanzierung und politischem Wettbewerb.............................................................................................20 Aufbau der Untersuchung .........................................................................................25
Teil 1 Konzeptionelle Grundlagen.................................................29 2 Die vergleichende Analyse von Parteienfinanzierungsregimes..............29 2.1 Ausprägungen von Parteienfinanzierungsregimes als erstes Kriterium der Fallauswahl....................................................................................................................29 2.2 Methodische Überlegungen.......................................................................................35 2.3 Der Wandel von Parteienfinanzierungsregimes und seine Auswirkungen auf Parteien und Parteiensysteme.............................................................................38 3
Die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung aus der Perspektive des neuen Institutionalismus..............................................45 3.1 Rational Choice-institutionalistische Erklärungsansätze: Die Bedeutung der Interessen der Parteien ........................................................................................48 3.2 Historisch-institutionalistische Erklärungsansätze: Die Bedeutung der pfadabhängigen Entwicklung von institutionellen Regimes................................51 3.3 Normativ-institutionalistische Erklärungsansätze: Die Bedeutung von gesellschaftlichen Normen.........................................................................................56
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Inhaltsverzeichnis
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Die Hypothesen: Der Konsens der Parteien und seine Operationalisierung................................................................................61 4.1 Der Konsens der Parteien als notwendige Bedingung für die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung .....................................................................61 4.2 Die Rolle der institutionellen Entscheidungspunkte, der Parteiziele und der Korruptionsdiskurse ...................................................................................................67 Institutionelle Entscheidungspunkte .......................................................................69 Ziele der Parteien.........................................................................................................72 Diskurse über die Korruption in der Politik...........................................................77 5
Zwischenfazit: Institutionelle Entscheidungspunkte, Ziele von Parteien, Korruptionsdiskurse und der Vergleich von Parteienfinanzierungsregimes............................................................... 83 5.1 Welche Konstellationen führen zu einer Reform der staatlichen Parteienfinanzierung?..................................................................................................83 5.2 Der institutionelle Kontext, die potenziellen Parteiziele und die Transparenzregimes als weitere Kriterien der Fallauswahl ..................................87
Teil 2 Überblick über die Parteiensysteme und Parteienfinanzierungsregimes...........................................................93 6 Die untersuchten Parteiensysteme .........................................................93 6.1 Die Ebene der Stimmenmaximierung .....................................................................94 Format und Fragmentierung .....................................................................................94 Asymmetrie und Volatilität........................................................................................99 6.2 Die Ebene der Politikverwirklichung: Polarisierung...........................................103 6.3 Die Ebene der Regierungsteilhabe: Segmentierung ............................................111 6.4 Zwischenfazit .............................................................................................................114 7 Die untersuchten Parteienfinanzierungsregimes ................................. 117 7.1 Die Einnahmen der Parteien aus privaten Quellen.............................................117 Deutschland................................................................................................................119 Schweden ....................................................................................................................122 Großbritannien ..........................................................................................................125 Frankreich ...................................................................................................................128
Inhaltsverzeichnis
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7.2 Transparenzregeln und Einnahmen aus illegalen Quellen .................................129 Deutschland................................................................................................................130 Schweden ....................................................................................................................133 Großbritannien ..........................................................................................................135 Frankreich ...................................................................................................................139 7.3 Die staatliche Parteienfinanzierung und ihre Bedeutung ...................................143 Deutschland................................................................................................................143 Schweden ....................................................................................................................147 Großbritannien ..........................................................................................................150 Frankreich ...................................................................................................................151 7.4 Zwischenfazit .............................................................................................................153
Teil 3 Die Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung.......................................................... 155 8 Der überschätzte Einfluss der Institutionen: Deutschland .................. 155 8.1 Der Einfluss des grand coalition state.........................................................................158 Das Verfassungsgericht als autonomer Entscheidungspunkt mit begrenzter Entscheidungsfunktion ........................................................................159 Einflusspunkte: Die Institutionen ohne formale Macht.....................................163 8.2 Die Zurückhaltung bei der Stimmenmaximierung ..............................................166 Die Position und die Ziele der bürgerlichen Parteien.........................................167 Die Position der SPD und ihre strategische Motivation ....................................170 Die Auseinandersetzung um das Mehrheitswahlrecht........................................176 Grüne, Linkspartei und der Konsens der Parteien über ihre Finanzierung....179 8.3 Staatliche Parteienfinanzierung als kleineres Übel: Die Rolle des Diskurses über die Korruption in der Politik..........................................................................183 Der koordinative Charakter des Korruptionsdiskurses......................................183 Die Parteienstaatslehre von Gerhard Leibholz und die Akzeptanz des Status Quo ..................................................................................................................187 8.4 Zwischenfazit .............................................................................................................190
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Inhaltsverzeichnis
9 Der unterschätzte Einfluss der Institutionen: Schweden ..................... 193 9.1 Der Einfluss der Verfassungsreform von 1970 ...................................................195 Die institutionalisierte Dominanz der Sozialdemokraten vor 1970 .................196 Die Aufwertung des Verfassungsausschusses und der Untersuchungskommissionen ............................................................................................................200 9.2 Das Festhalten am Ziel der Programmverwirklichung.......................................205 Die Positionen und die Ziele der sozialistischen Parteien .................................206 Die Positionen der bürgerlichen Parteien und ihre strategische Motivation...................................................................................................................208 Die „bürgerliche Zusammenarbeit“, ihre Auswirkungen auf die Verfassungsreform und die späteren Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung .................................................................................................213 9.3 Diskurshoheit der Sozialdemokraten: Die Auseinandersetzung über die Korruption in der Politik .........................................................................................217 Die Stigmatisierung der Unternehmensspenden .................................................219 Die Schwäche von Volks- und Rechtspartei als Folge der Stigmatisierung....222 9.4 Zwischenfazit .............................................................................................................227 10
Zunehmende Diskrepanz zwischen Parteizielen und Korruptionsdiskurs: Großbritannien ....................................................229 10.1 Konfrontation als natürlicher Aggregatzustand des Parteienwettbewerbs im Westminstermodell..............................................................................................230 Einflusspunkte ohne Einfluss I: Die Reformvorschläge vor der Verabschiedung des Parteiengesetzes ....................................................................232 Ein einflussreicher Einflusspunkt: Die Vorarbeit des Neill-Komitees zum Parteiengesetz.............................................................................................................235 Einflusspunkte ohne Einfluss II: Die Reformvorschläge nach der Verabschiedung des Parteiengesetzes ....................................................................236 10.2 Das Ende des Nachkriegskonsenses und das Scheitern der staatlichen Parteienfinanzierung .................................................................................................239 Die Position und die Ziele der Konservativen.....................................................241 Die Position Labours und ihre strategische Motivation.....................................248 Die Position der Liberaldemokraten und die Diskussion um eine Reform des Wahlrechts ...........................................................................................................254
Inhaltsverzeichnis
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10.3 Abkehr vom Prinzip des Voluntarismus in der Parteienfinanzierung? Der Diskurs über die Korruption in der britischen Politik........................................258 Die Tradition des Voluntarismus und das Unbehagen an der staatlichen Parteienfinanzierung .................................................................................................258 Der Wandel des Korruptionsdiskurses und die zunehmende Offenheit gegenüber einer staatlichen Parteienfinanzierung................................................262 10.4 Zwischenfazit..............................................................................................................265 Die co ha bitatio n und der intensivere Korruptionsdiskurs als Wendepunkt: Frankreich......................................................................269 11.1 Institutionelle Kooperationsanreize unter den Bedingungen der Bipolarisierung und des rationalisierten Parlamentarismus ...............................272 Vetopunkte I: Die Rolle der cohabitation.................................................................274 Vetopunkte II: Die Rolle von Minderheitsregierung und Senat .......................277 Die autonomen Entscheidungs- und die Einflusspunkte ..................................280 11.2 Der nahezu unveränderte Primat der Stimmenmaximierung............................283 Der Primat der Stimmenmaximierung und die gescheiterte Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung in den 1970er Jahren................................284 Die Auseinandersetzung über das Wahlrecht.......................................................288 Die Rolle der Entideologisierung ...........................................................................290 11.3 Medialer Druck und „Moralisierung des politischen Lebens“: Der Diskurs über die Korruption in der Politik..........................................................................293 Der Einfluss der Medien auf die Reform der Parteienfinanzierung.................295 Die Rolle des Topos der „Moralisierung des politischen Lebens“...................299 11.4 Zwischenfazit .............................................................................................................303
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Fazit und Ausblick: Warum Parteienfinanzierungsregimes konvergieren .........................................................................................307 Bibliographie........................................................................................ 317
Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen
Abbildung 2.1
Die Finanzierungsmodi politischer Parteien ...................................33
Tabelle 2.1
Parteimitglieder und staatliche Parteienfinanzierung in Westeuropa, 1960-1989.......................................................................41 Die beiden idealtypischen Konstellationen, die potenziell zu Reformen der staatlichen Parteienfinanzierung führen.................86 Vetospieler in Deutschland, Schweden, Großbritannien und Frankreich..............................................................................................88 Häufigste Regierungstypen, 1945-1998 ............................................90 Modelle der Überwachung von Transparengeboten .....................91 Format und Fragmentierung der im Parlament vertretenen Parteien, 1949-2006 .............................................................................95 Asymmetrie und Volatilität der im Parlament vertretenen Parteien, 1949-2006 ...........................................................................102 Ideologische Distanzen der im Parlament vertretenen Parteien auf der Links-Rechts Achse, 1949-2005.........................107 Einnahmen der deutschen, schwedischen, britischen und französischen Parteien aus privaten und staatlichen Quellen, 1968-2004 (in Prozent)......................................................................118 Transparenzvorschiften in der Parteienfinanzierung...................131 Die Regeln der staatlichen Parteienfinanzierung..........................145 Staatsquote der schwedischen Parteieen in 53 repräsentativen Kommunen, 1997/98 (in Prozent) .................................................149 Der Einfluss der institutionellen Entscheidungspunkte, der Parteiziele und der Korruptionsdiskurse auf den Konsens der Parteien über ihre staatliche Finanzierung..............................308 Ideologische Dinstanzen der Parteien in 15 etablierten Demokratien auf der Links-Rechts Achse (1949-2005) und die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung................313
Tabelle 5.1 Tabelle 5.2 Tabelle 5.3 Tabelle 5.4 Tabelle 6.1 Tabelle 6.2 Tabelle 6.3 Tabelle 7.1
Tabelle 7.2 Tabelle 7.3 Tabelle 7.4 Tabelle 12.1
Tabelle 12.2
Abkürzungsverzeichnis
AJPS APSR APuZ BHE BJPS Bt.-Drs. BU BUI BVerfG BVerfGE C CASC CDU CMP CNCCFP CSPL CSU CUP DM DN DöV DPA Ds EJPR ENPP FAS FAZ FDP FF FN FP GHT GP
American Journal of Political Science American Political Science Review Aus Politik und Zeitgeschichte Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten British Journal of Political Science Bundestagsdrucksache Bankoutskottet, Bankausschuss British United Industrialists Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Centerpartiet, Zentrumspartei Constitutional Affairs Select Committee Christlich Demokratische Union Comparative Manifesto Project Commission nationale des comptes de campagne et des financements politiques Committee on Standards in Public Life Christlich Soziale Union Cambridge University Press Deutsche Mark Dagens Nyheter Die öffentliche Verwaltung Deutsche Presseagentur Departementetsserien (Veröffentlichungsreihe der Ministerien) European Journal of Political Research Effective Number of Parliamentary Parties Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung Frankfurter Allgemeine Zeitung Freie Demokratische Partei Französische Francs Front national Folkpartiet liberalerna, Volkspartei Liberale Göteborgs Handels- och Sjöfartstidning Göteborgs-Posten
16 GRECO HASC HAZ IPPR JfP JO KD KvP KU LO M MP NZZ OUP ÖZP PDS PS PVS Quango RPF RPR SAP SDP SDS SEK SOU SPD SV SvD SZ TI TI-D UDF UDR UMP VPK WKKE ZfP ZParl ZPol
Abkürzungsverzeichnis
Group of States against Corruption / Groupe d’Etats contre la Corruption Home Affairs Select Committee Hannoversche Allgemeine Zeitung Institute for Public Policy Research Jahrbuch für Politik Journal officiel de la République Française Kristdemokraterna, Christdemokraten Kvällsposten Konstitutionsutskottet, Verfassungsausschuss Landsorganisationen, Gewerkschaftsdachorganisation Moderaterna, Moderate Miljöpartiet, Umweltpartei Neue Zürcher Zeitung Oxford University Press Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft Partei des Demokratischen Sozialismus Parti socialiste Politische Vierteljahresschrift quasi-autonomous non-governmental organisation Rassemblement pour la peuple française Rassemblement pour la République Socialdemokratiska arbetarpartiet, Sozialdemokratische Arbeiterpartei Social Democratic Party Sydsvenska Dagbladet Snällposten Schwedische Kronen Statens offentliga utredningar, staatliche öffentliche Untersuchungskommissionen Sozialdemokratische Partei Deutschlands Staatsbürgerliche Vereinigung Svenska Dagbladet Süddeutsche Zeitung Transparency International Transparency International Deutschland Union pour la démocratie française Union des Démocrates pour la République Union pour un mouvement populaire Vänsterpartiet Kommunisterna, Linkspartei Kommunisten Wahlkampfkostenerstattung Zeitschrift für Politik Zeitschrift für Parlamentsfragen Zeitschrift für Politikwissenschaft
1 Einleitung: Staatliche Parteienfinanzierung und die Konvergenz von Parteienfinanzierungsregimes
„Die Parteienfinanzierung durch den Staat ist so wenig zu verhindern wie der außereheliche Beischlaf“ (zitiert nach Schallies 1968)
Der Prozessbevollmächtigte der Deutschen Friedensunion und des Bundes der Deutschen, Heinrich Hannover, konnte gar nicht wissen, wie Recht er haben sollte, als er 1968 vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) diesen gewagten Vergleich anstellte. Eigentlich war es Hannover nur darum gegangen, für die von ihm vertretenen Kleinparteien zu erreichen, dass die Zugangshürde für die staatliche Parteienfinanzierung in der Bundesrepublik abgesenkt würde. Damit sollte er schließlich auch Erfolg haben. Ganz nebenbei jedoch sagte Hannover den bemerkenswerten Siegeszug der staatlichen Parteienfinanzierung voraus, der 1968 noch keineswegs abzusehen war. Zu diesem Zeitpunkt verfügten neben Deutschland lediglich Länder wie Schweden, Uruguay (wo 1954 erstmals direkte staatliche Zuwendungen an Parteien eingeführt wurden) und Costa Rica über eine staatliche Parteienfinanzierung. Heute jedoch können direkte staatliche Zuwendungen an Parteien als wichtigster Trend in der Parteienfinanzierung angesehen werden (Casas-Zamora 2005: 4). Diese Zuwendungen sind ein – oftmals essenzielles – Merkmal der Professionalisierung von Politik, die Jens Borchert treffend als notwendiges Ärgernis beschrieben hat (Borchert 2003a). Eine Untersuchung aller von der Nichtregierungsorganisation Freedom House als „frei“ oder „teilweise frei“ eingestuften 143 Länder ergab 2002, dass 84 (oder 59 Prozent) von ihnen direkte staatliche Zuwendungen an Parteien oder deren Kandidaten leisteten: „The principle of providing direct financial payments from the public treasury to parties and to candidates has become normal“ (Pinto-Duschinsky 2002: 78, Zitat 80). Unter den etablierten Demokratien ist die staatliche Parteienfinanzierung noch stärker verbreitet. Die Regeln der Parteienfinanzierung sollen im Folgenden als das Regime der Parteienfinanzierung verstanden werden. Eine Konvergenz1 von Parteienfinanzie-
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Konvergenz wird hier verstanden als „a process of ‚becoming’ rather than a condition of ‚being’ more alike. […] In comparative research, therefore, the essential theoretical dimension is temporal rather
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Einleitung
rungsregimes ist in zweierlei Hinsicht feststellbar: Zum einen setzte sich die staatliche Parteienfinanzierung immer mehr als Regelfall durch: „Once introduced, public subsidies are never subsequently abolished“ (Naßmacher 2003b: 33). Von 17 westeuropäischen Demokratien (den 15 EU-Staaten von 1995 plus der Schweiz und Norwegen) verfügen heute nur drei über keine nennenswerte staatliche Parteienfinanzierung: Großbritannien, die Schweiz und Luxemburg (Scarrow 2006a: 626 f.). Zum anderen hat die staatliche Parteienfinanzierung auch immer umfangreicheren Transparenzpflichten den Weg bereitet, waren die Zuwendungen doch häufig „the carrot which goes along with less welcome transparency requirements” (Scarrow 2006a: 636). Von den genannten 17 westeuropäischen Ländern verfügten 2004 nur noch die Schweiz und Schweden über keinerlei Transparenzvorschriften (s. dazu etwa die Beiträge in Grant 2005). Auf diese Weise wurden Parteien mehr und mehr zu „public utilities“ (Biezen 2004). Dieser auch in der politikwissenschaftlichen Debatte sehr bedeutende Prozess der „Etatisierung“ von Parteien (Landfried 1994)2 wird maßgeblich durch die staatliche Parteienfinanzierung befördert. Dass die Zuwendungen der Transparenzpflicht in der Regel ursächlich vorangehen, lässt sich am Beispiel Großbritanniens zeigen: Als hier im Jahr 2000 eine bescheidene staatliche Parteienfinanzierung eingeführt wurde, wurde festgelegt, dass die Gelder weder für Routineaufgaben der Parteien noch für Wahlkämpfe ausgegeben werden sollten. Dies wiederum machte die Einführung von Transparenzvorschriften nötig (Neill 1998a: 93). Eine detaillierte empirische Studie von Karl-Heinz Naßmacher verdeutlicht, dass der Siegeszug der staatlichen Parteienfinanzierung nicht allein bedeutete, dass Zuwendungen in immer mehr Ländern eingeführt wurden, sondern auch, dass sie nach ihrer Einführung private Einnahmequellen der Parteien (wie etwa Mitgliedsbeiträge und Spenden) zusehends verdrängten: Während 1974 bei elf Parteien aus Deutschland, Italien, Schweden und Österreich noch zwei Spenden-, vier Beitrags- und fünf Subventionsparteien unterschieden werden konnten, finanzierten sich von den 1989 untersuchten zwölf Parteien nur noch zwei vornehmlich aus Beiträgen, alle anderen hingegen zuvorderst durch staatliche Zuwendungen (Naßmacher 1992: 484). Da eine staatliche Parteienfinanzierung heute vielfach in dem Ruf steht, einen fairen Parteienwettbewerb zu gewährleisten (Biezen/Kopeck 2007: 238), lassen sich in jüngster Zeit auch auf der Ebene internationaler Antikorruptionsregimes Entwicklungen in Richtung einer Konvergenz von Parteienfinanzierungsregimes feststellen: Zum einen hat der Europarat eine Empfehlung zur Parteienfinanzierung abgegeben, in der staatliche Zuwendungen an Parteien ausdrücklich gutgeheißen werden (Europarat 2003; s.a. Biezen 2003b). Zum anderen hat sich im Rahmen des than spatial“ (Bennett 1991: 219). Es geht also darum, dass Parteienfinanzierungsregimes einander im Zeitverlauf ähnlicher werden. 2 Hier sei allein auf die Debatte über die Existenz von Kartellparteien verwiesen, auf die ich in Kapitel 2.3 näher eingehen werde.
Staatliche Parteienfinanzierung und die Konvergenz von Parteienfinanzierungsregimes
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Europarates eine Staatengruppe gegen Korruption (Group of States against Corruption, GRECO) gebildet, deren 43 Mitglieder sich seit Januar 2007 einer Evaluation ihrer Parteienfinanzierungsregimes unterziehen.3 Auch diese Suche nach einheitlichen best practice-Modellen befördert die Verbreitung der staatlichen Parteienfinanzierung. Im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung steht die Frage danach, wie dieser Siegeszug der staatlichen Parteienfinanzierung erklärt werden kann. Als staatliche Parteienfinanzierung gelten alle direkten Zuwendungen an politische Parteien sowohl mit oder auch ohne Zweckbindung. Die Frage nach den Ursachen für die Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung wurde schon früh aufgeworfen. Ein 1970 erschienener Aufsatz mit dem viel versprechenden Titel „Why Public Subsidies have become the major Source of Party Funds in West Germany, but not in Great Britain“ bot auf die von ihm aufgeworfene Frage allerdings bezeichnenderweise keine Antwort an. Uwe Schleth und Michael Pinto-Duschinsky (1970) verwiesen auf die Wirksamkeit der Ausgabenobergrenzen in Großbritannien, gingen jedoch nicht auf die nahe liegende Frage ein, warum man sich in Großbritannien für Ausgabenobergrenzen entschieden hatte und in Deutschland für eine staatliche Parteienfinanzierung. Die Frage nach den Ursachen für die Entwicklung von Parteienfinanzierungsregimes rückte erst in jüngster Zeit in den Blickpunkt der wissenschaftlichen Debatte (Scarrow 2004, Clift/Fisher 2004; 2005; Pelizzo 2004). In dieser Untersuchung sollen etablierte Demokratien im Mittelpunkt des Interesses stehen. Diese sind heute paradoxerweise die Stiefkinder der Literatur zu Fragen der Parteienfinanzierung: Während der Teil der neueren political financeForschung, der sich der systematischen Aufarbeitung bisheriger Erfahrungen widmete, um sie für Institutionentransfers in neuen Demokratien nutzbar zu machen, teils beachtliche Ergebnisse hervorbrachte (z.B. Austin/Tjernström 2003; Biezen 2003a), wurden die Studien zu den etablierten Demokratien empirisch zwar immer detaillierter, blieben aber theoretisch wenig ertragreich (s.a. Scarrow 2004: 654). Eine Bibliographie Naßmachers (2001a) führte für den Zeitraum 1970 – 1999 zwar über 1.400 einschlägige Titel auf, allerdings fehlte es vor allem an systematischen, deduktiven und genuin vergleichenden Studien (Fisher/Eisenstadt 2004: 620; CasasZamora 2005: 2). Bisherige Untersuchungen gingen in aller Regel der Frage nach, welche Folgen die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung hat. Nicht selten wurde den Parteien unterstellt, die Zuwendungen dienten der Selbstbedienung und der Abschottung von der Gesellschaft. Weil eine staatliche Parteienfinanzierung jedoch nicht unabhängig von anderen institutionellen, sozialstrukturellen und kulturellen Eigenschaften politischer Systeme betrachtet werden kann, ist es nachgerade unmöglich, allgemeine Folgen wie etwa die Abschottung oder Zentralisierung von 3
Mehr Informationen zu GRECO sowie der Fragebogen der dritten Evaluierungsrunde finden sich unter http://www.coe.int/greco/.
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Einleitung
Parteien mit einem singulären Phänomen wie deren staatlicher Finanzierung in Verbindung zu bringen. Dies ist umso mehr der Fall, als viele der vermeintlichen Folgen der staatlichen Parteienfinanzierung auch in Ländern auftraten, in denen keine Zuwendungen an Parteien existierten (Detterbeck 2005: 186 f.). Hubert Sickinger brachte dies auf die prägnante Formel, dass die staatliche Parteienfinanzierung eher eine abhängige Variable sei, also ihrerseits der Erklärung bedürfe (Sickinger 1997: 324). Just um diese Erklärung soll es in der vorliegenden Untersuchung gehen. Sickingers These, die staatliche Parteienfinanzierung hänge von der „gesamtgesellschaftliche[n] Machtverteilung“ (ebd.) ab, hat allerdings den Nachteil, dass sich der Begriff der „gesamtgesellschaftlichen Machtverteilung“ schwerlich operationalisieren lässt, die These also kaum überprüft werden kann. Hier soll die staatliche Parteienfinanzierung mit dem Wettbewerb der Parteien in Verbindung gebracht werden.
Der Zusammenhang zwischen staatlicher Parteienfinanzierung und politischem Wettbewerb In dieser Untersuchung verfolge ich zwei grundlegende Ziele. Zum einen möchte ich auf der empirischen Ebene der bislang kaum erörterten Frage nach den Ursachen für die Entwicklung von Parteienfinanzierungsregimes anhand des zentralen Phänomens der staatlichen Parteienfinanzierung nachgehen. Zum anderen möchte ich auf der theoretischen Ebene Fragen der Parteienfinanzierung mit anderen Erkenntnissen vornehmlich der vergleichenden Politikwissenschaft in Beziehung setzen, um so die erwähnte Theorieferne dieses Forschungsfeldes zu überwinden. Dies soll vor allem durch die Erkenntnisse des so genannten neuen Institutionalismus (Peters 2005) geschehen. Die Einführung und Reform einer staatlichen Parteienfinanzierung soll hier weniger auf singuläre Ursachen – wie etwa die Teuerung von Wahlkämpfen – oder Kombinationen solch singulärer Phänomene zurückgeführt werden, sondern vielmehr auf das Entscheidungsverhalten der Parteien, anders formuliert: den politischen Wettbewerb. Ohne diese theoretische Einbettung wird es schwerlich möglich sein, die Entwicklung von Parteienfinanzierung multikausal zu erklären. Warum staatliche Parteienfinanzierung und politischer Wettbewerb, verstanden als das Interaktionsverhältnis von Parteien, miteinander verknüpft sind, ergibt sich aus der ersten zentralen Hypothese dieser Untersuchung: Ich gehe davon aus, dass die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung ebenso wie deren grundlegende Reform nur dann gelingt, wenn die Parteien darüber zu einem Konsens gelangen. Eine staatliche Parteienfinanzierung, so die zugrunde liegende Überlegung, stellt einen so zentralen Eingriff in den Wettbewerb der Parteien dar, dass alle relevanten Parteien deren Einführung und Reform zustimmen müssen. Zugegebe-
Staatliche Parteienfinanzierung und die Konvergenz von Parteienfinanzierungsregimes
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nermaßen bedarf der Begriff des politischen Wettbewerbs der Parteien ebenso der Operationalisierung wie derjenige der gesamtgesellschaftlichen Machtverhältnisse. Dies soll hier mithilfe des akteurzentrierten Institutionalismus (Mayntz/Scharpf 1995b) geschehen. Dem akteurzentrierten Institutionalismus geht es um Interaktionsformen von Akteuren. Dank dieser Nähe zum als Interaktionsverhältnis verstandenen Parteienwettbewerb bietet sich der akteurzentrierte Institutionalismus an, um Variablen zu gewinnen, mit deren Hilfe sich die Neigung der Parteien, einen Konsens über ihre staatliche Finanzierung zu erreichen, ermitteln lässt. Auf diese Weise ergibt sich die zweite zentrale Hypothese dieser Arbeit, der zufolge drei Variablen die Entscheidungsprozesse der Parteien über ihre Finanzierung und damit die Entwicklung von Parteienfinanzierungsregimes erklären: 1.
2. 3.
Die institutionellen Entscheidungspunkte, die den Parteien bei ihren Entscheidungen über ihre staatliche Finanzierung zur Verfügung stehen: Es lassen sich Einfluss-, Veto- und autonome Entscheidungspunkte unterscheiden (Kaiser 2002a: 92-102); Die jeweiligen Ziele, die die Parteien bei diesen Entscheidungen verfolgen: Dies sind Stimmenmaximierung, Programmverwirklichung und Regierungsteilhabe (Strøm 1990; Strøm/Müller 1999); Der Verlauf der jeweiligen Diskurse (Schmidt/Radaelli 2004: 193-204) über die Korruption in der Politik: Die immer intensiver geführte Diskussion über Korruption hat maßgeblichen Einfluss auf die jeweiligen Situationen, in denen Entscheidungen über eine staatliche Parteienfinanzierung gefällt werden.
Die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung bzw. deren Reform wird umso wahrscheinlicher, (a) je mehr institutionelle Entscheidungspunkte den Parteien in einem Parteienfinanzierungsregime zur Verfügung stehen, (b) je geringer die Bedeutung des Ziels der Stimmenmaximierung für die Parteien ist und (c) je verbreiteter die Auffassung ist, staatliche Zuwendungen an Parteien könnten die Korruption in der Politik eindämmen. Diese Erklärungsfaktoren wirken nicht isoliert voneinander: Die höchste Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Einführung staatlicher Parteienfinanzierung dürfte dann bestehen, wenn sie gemeinsam auftreten. Eine Vielzahl an institutionellen Entscheidungspunkten, eine geringe Bedeutung des Ziels der Stimmenmaximierung und ein intensiver Korruptionsdiskurs sind somit hinreichende Bedingungen für die Einführung bzw. Reform der staatlichen Parteienfinanzierung, die notwendig an einen Konsens der Parteien gebunden ist. Dieser Konsens ist in der vorliegenden Untersuchung also eine endogene Variable, die sowohl unabhängig die staatliche Parteienfinanzierung erklärt als auch abhängig ist, d.h. ihrerseits der Operationalisierung bedarf. Welche Kombinationen von Entscheidungspunkten, Parteizielen und Korruptionsdiskursen sollten nun besonders wahrscheinlich zu einem Konsens und damit zu Reformen von Parteienfinanzierungsregimes führen? Diese Frage ist alles andere
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Einleitung
als trivial, stellt doch die Suche nach Kombinationen von hinreichenden Bedingungen die „preferred tactic for the study of causal complexity“ dar (Ragin 2000: 103). Ich gehe davon aus, dass zwei spezifische Kombinationen von Entscheidungspunkten, Zielen und Diskursen einen Konsens über die staatliche Parteienfinanzierung ergeben: Der Zusammenhang zwischen Institutionen und Parteizielen sollte so eng sein, dass diese in der Regel gemeinsam wirken, d.h. dass Parteien in politischen Systemen mit vielen Entscheidungspunkten bei Reformen ihrer Finanzierung nach Regierungsteilhabe oder Programmverwirklichung streben. Ist dies der Fall, so können Parteien unabhängig vom ohnehin von ihnen dominierten Diskurs über die Korruption in der Politik zu einem Konsens gelangen und eine staatliche Parteienfinanzierung einführen. Im umgekehrten Fall, wenn Parteien in politischen Systemen mit wenigen Entscheidungspunkten konfliktorientierte Strategien der Stimmenmaximierung verfolgen, sind diese allerdings, wie auszuführen sein wird, enger an den stärker von der Öffentlichkeit dominierten Diskurs gekoppelt, so dass allein (oder vornehmlich) dieser Diskurse die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung bedingen kann. Die Vorteile einer solchen Erklärung für die Einführung bzw. Reform der staatlichen Parteienfinanzierung liegen auf der Hand. Auf diese Weise ließe sich die Reform von Parteienfinanzierungsregimes abstrakt und multikausal begründen. Dies wäre ein Schritt hin zu einer Theorie, die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Parteienfinanzierungsregimes erklärt (und die es bislang noch nicht gibt, s. Naßmacher 2001b: 15). Zudem könnte so die beschriebene Theorieferne der Literatur zur Parteienfinanzierung und ihre mangelnde Vernetzung mit anderen Erkenntnissen der vergleichenden Politikwissenschaft überwunden werden. Einführung und Reform der staatlichen Parteienfinanzierung würden nicht nur deskriptiv, sondern auch theoretisch erfassbar und somit voraussagbar. Am Beispiel der Einführung und Reform der staatlichen Parteienfinanzierung, abstrakt verstanden als Wandel eines Parteienfinanzierungsregimes, ließe sich auch einer zentralen Frage des neuen Institutionalismus nachgehen: inwiefern nämlich Institutionenwandel mehr ist als eine evolutionäre oder zufällige Entwicklung, sondern Ergebnis von bewussten Institutionenreformen (Kaiser 2002b: 273). In diesem Sinne versteht sich diese Untersuchung ebenso als Beitrag zum Thema Institutionenreform wie zur Parteienfinanzierung. Darüber hinaus handelt es sich um eine vergleichende Policy-Analyse: Wenn sich die Untersuchung von institutionellen Entscheidungspunkten, Zielen von Parteien und entscheidungsspezifischen Diskursen als hilfreich erweist, die Entwicklung von Parteienfinanzierungsregimes zu erklären, so sollte eine solches Forschungsdesign auch zur vergleichenden und multikausalen Analyse der Entwicklung anderer Politikfelder geeignet sein. Der Bereich der Parteienfinanzierung ist zur Erprobung eines solchen Ansatzes besonders gut geeignet, weil er sich vergleichsweise überschaubar darstellt. Letztlich sind die Parteien hier nicht nur Entscheidungsträger, sondern auch maßgebliche Betroffene
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ihrer Entscheidungen. Der Kreis der Akteure ist also relativ begrenzt, was angesichts einer qualitativen Vierländerstudie ein bedeutender Vorteil ist. Da es in dieser Untersuchung darum geht, einen Beitrag zur Theoriebildung zu leisten, muss die Fallauswahl in erster Linie möglichst verschiedene Parteienfinanzierungsregimes abdecken. Die Auswahl der Fälle bleibt grundsätzlich auf den Kreis der etablierten westeuropäischen Demokratien beschränkt, weil hier eine grundsätzliche Ähnlichkeit der politischen Systeme gegeben ist. In einem zweiten Schritt werden die Fälle auch danach ausgewählt, inwiefern sie sich hinsichtlich der gewählten unabhängigen Variablen (Entscheidungspunkte, Parteiziele, Korruptionsdiskurse) unterscheiden. Diese sekundäre Begründung der Fallauswahl steht unter Vorbehalt, denn die Ausprägung der unabhängigen Variablen im Bereich der Parteienfinanzierung ist a priori nicht mit Sicherheit feststellbar. Aus der a priori nicht zu ermittelnden Ausprägung der unabhängigen Variablen ergibt sich auch der qualitative Zugang der Untersuchung, macht sie doch eine Beschreibung der einzelnen Entscheidungsprozesse und der jeweiligen Wirkung der Entscheidungspunkte, Parteiziele und Korruptionsdiskurse unabdinglich. Um dennoch zu gewährleisten, dass die Untersuchung theoriegeleitet bleibt, greife ich auf das Konzept der „analytic narratives“ zurück (Bates et al. 1998; vgl. a. Hall 2003: 391). Analytic narratives streben danach, trotz „explicit and formal lines of reasoning“ (Bates et al. 1998: 12) bei der Analyse von Entscheidungsprozessen deren Kontext und Geschichte nicht zu vernachlässigen. Auf diese Weise lässt sich der deduktive Ansatz dieser Untersuchung mit dem Anspruch vereinbaren, die jeweiligen Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung in ihrer Vielschichtigkeit darzustellen. Um den Einfluss eines Konsenses der Parteien auf die Einführung bzw. Reform der staatlichen Parteienfinanzierung (und den Einfluss der Entscheidungspunkte, Parteiziele und Korruptionsdiskurse auf diesen Konsens) besser analysieren zu können, beziehe ich auch negative Fälle (d.h. solche, in denen die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung scheiterte) in die Untersuchung mit ein. Auf diese Weise ist es möglich, diejenigen Faktoren zu isolieren, die die Entscheidungen zugunsten einer oder gegen eine staatliche Parteienfinanzierung maßgeblich beeinflusst haben. Deutschland bietet sich als Konvergenztyp moderner Parteienfinanzierungsregimes (Koß 2008a) in besonderem Maße als Untersuchungsobjekt an. Hier existiert neben sanktionsbewehrten Transparenzvorschriften eine Vielzahl von staatlichen Zuwendungen wie etwa eine direkte staatliche Parteienfinanzierung nach Wählerstimmen, matching funds sowie Steuererleichterungen für Mitgliedsbeiträge und Spenden. Deutschland wird als ein Land untersucht, in dem sich Parteien sowohl aus privaten als auch aus staatlichen Mitteln finanzieren und in dem die Institutionen und die Korruptionsdiskurse potenziell eine wichtige Rolle für die Entwicklung des Parteienfinanzierungsregimes spielten. Neben Deutschland sollen drei weitere Länder mit unterschiedlichen Finanzierungsmustern untersucht werden. In Schweden, dem zweiten positiven Fall, finan-
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Einleitung
zieren sich die Parteien hauptsächlich aus staatlichen Mitteln. Hier wird unterstellt, dass dies vor allem auf deren Ziele zurückzuführen ist. Als negative Fälle, in denen die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung scheiterte, werden Großbritannien und Frankreich vor 1988 untersucht. In Großbritannien finanzieren sich die Parteien vornehmlich aus privaten Mitteln. Potenziell lässt sich dies mit ihren Zielen und dem institutionellen Kontext, in dem sie agieren, begründen. Frankreich stellt schließlich insofern einen besonderen Untersuchungsfall dar, als dass die Parteien sich lange weder durch private noch durch staatliche Mittel finanzierten, sondern vornehmlich aus illegalen Mitteln, also durch korrupte Praktiken. Dies galt allerdings nur bis zur Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung von 1988. Einen neueren Fall überwiegend illegaler Parteienfinanzierung im Kreis der etablierten Demokratien gibt es nicht. Im Falle Frankreichs soll auch nach den Gründen für die erfolgreiche Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung gefragt werden. Zu erwarten ist, dass diese vor allem auf den Korruptionsdiskurs zurückzuführen war. Der Untersuchungszeitraum wird durch die Fragestellung festgelegt. Grundsätzlich sollen die einzelnen Länder vom Beginn der Debatten über die Einführung bzw. Reform der staatlichen Parteienfinanzierung an bis zu deren Ende analysiert werden. Die Reihenfolge, in der die Fälle behandelt werden, ergibt sich aus der zeitlichen Abfolge der Debatten über eine staatliche Parteienfinanzierung, die zuerst in Deutschland, dann in Schweden und Großbritannien und schließlich in Frankreich geführt wurden. Die erste Debatte über die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung setzte in Deutschland in den 1950er Jahren ein. Die wichtigsten Entscheidungen wurden in Deutschland 1967 (Verabschiedung des Parteiengesetzes) und 1993 (Umstellung von einer Wahlkampfkostenerstattung auf eine allgemeine staatliche Parteienfinanzierung) getroffen. 1983 und 1988 wurden mit Chancenausgleich und Sockelbetrag neue Formen der staatlichen Parteienfinanzierung eingeführt. In Schweden gab es vier wichtige Entscheidungen über staatliche Zuwendungen an Parteien: 1965 wurde eine staatliche Parteienfinanzierung auf nationaler Ebene eingeführt, 1969 auf kommunaler Ebene. 1972 wurde die staatliche Parteienfinanzierung auf der nationalen Ebene, 1991 die auf der kommunalen Ebene reformiert. In Großbritannien wurde über staatliche Zuwendungen an Parteien 1976 und seit den späten 1990er Jahren diskutiert, beim ersten Mal scheiterte deren Einführung, beim zweiten Mal wurde eine überaus bescheidene staatliche Finanzierung eingeführt (der so genannte Politikentwicklungsfonds). In Frankreich schließlich scheiterte die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung 1979/80 und gelang dann 1988. Neben der gescheiterten Einführung soll auch die von 1988 bis 1994 währende Reformphase untersucht werden, in der das Regime der staatlichen Parteienfinanzierung dreimal umgestaltet wurden. Als Quellen, mit deren Hilfe die jeweiligen Entscheidungsverläufe nachgezeichnet werden sollen, dienen neben parlamentarischen Protokollen und den Berichten von Untersuchungskommissionen vornehmlich zeitgenössische Zeitungsbe-
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richte der Qualitätspresse der jeweiligen Länder. Schweden stellt in dieser Hinsicht einen Sonderfall dar, da hier die Entstehung des Zeitungswesens und des Parteiensystems zusammenfielen, woraus sich ein hohes Maß an Parteipolitisierung der Presse ergab (Kronvall et al. 1971: 106). Aus diesem Grund betrachte ich im Falle Schwedens nicht allein die angesehenen Zeitungen, sondern berücksichtige auch deren parteipolitische Einstellung (s. Kapitel 11.1).
Aufbau der Untersuchung Die Untersuchung besteht aus drei Teilen. Im ersten Teil (Kapitel 2-5) sollen die konzeptionellen Grundlagen einer multikausalen und vergleichenden Analyse der Reform von Parteienfinanzierungsregimes geklärt werden. Im zweiten Teil (Kapitel 6 & 7) geht es darum, wichtige empirische Kontextinformationen über die untersuchten Parteiensysteme und Parteienfinanzierungsregimes zu liefern. Der dritte Teil (Kapitel 8-11) stellt das Kernstück der vorliegenden Untersuchung dar, hier werden die jeweiligen Entscheidungsprozesse über die staatliche Parteienfinanzierung in den vier Ländern analysiert. In Kapitel 2 gilt es zunächst, zentrale Konzepte wie staatliche, private und illegale Parteienfinanzierung zu klären. Die staatliche Parteienfinanzierung als abhängige Variable führt zu einer ersten Begründung der Fallauswahl anhand der unterschiedlichen Einkommensstruktur der Parteien in den untersuchten Ländern. Daran schließen sich einige Ausführungen zur Logik dieses empirisch-qualitativen Vergleichs von vier Parteienfinanzierungsregimes an. Es folgt eine Analyse der (in der Literatur den größten Platz einnehmenden) Diskussion über den Einfluss der staatlichen Parteienfinanzierung auf Parteien und Parteiensysteme. Diese Analyse verdeutlicht zum einen, dass es schlechterdings unmöglich ist, die staatliche Parteienfinanzierung als unabhängige Variable anzusehen, also allein mit ihr komplexe Sachverhalte wie etwa den Wandel von Parteien und Parteiensystemen zu begründen. Zum anderen zeigt die Debatte über den Einfluss der staatlichen Parteienfinanzierung auf Parteien und Parteiensysteme, wie sehr Untersuchungen zu Fragen der Parteienfinanzierung auf konzeptionelle Schützenhilfe der vergleichenden Politikwissenschaft angewiesen sind. Die beiden folgenden Kapitel stützen sich deshalb auf neoinstitutionalistische Ansätze. In Kapitel 3 wird die Literatur zu den Ursachen für die Einführung staatlicher Parteienfinanzierung mit Hilfe der drei gängigsten neoinstitutionalistischen Ansätze gegliedert. Diese Strukturierung anhand von Rational Choice-basierten Ansätzen, dem historischen und dem normativen Institutionalismus dient dazu, die wesentlichen Inhalte ebenso wie die Schwachpunkte der bisherigen Erklärungsversuche für die Einführung staatlicher Parteienfinanzierung zu identifizieren. In diesem Literaturüberblick sollen darüber hinaus die konzeptionellen Ursachen für diese Schwach-
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punkte, anders formuliert: die Probleme der jeweiligen Spielarten des neuen Institutionalismus bei der Erklärung des Wandels von Institutionen, dargestellt werden. Die in den beiden vorangegangenen Kapiteln herausgearbeiteten konzeptionellen Anforderungen an eine vergleichende und multikausale Analyse des Wandels von Parteienfinanzierungsregimes bilden dann die Folie für die Entwicklung der zugrunde liegenden Hypothesen in Kapitel 4. Hier gilt es zu erklären, warum ein Konsens der Parteien eine essenzielle Rolle für Reformen der staatlichen Parteienfinanzierung spielt und warum die Konsensneigung der Parteien zunimmt, wenn ihnen eine Vielzahl von institutionellen Entscheidungspunkten zur Verfügung steht, das Ziel der Stimmenmaximierung eine geringe Rolle spielt und ein intensiver Diskurs über die Korruption in der Politik geführt wird. Je nachdem, ob Parteien verhandeln oder kooperieren, kann zwischen einem fragilen und einem stabilen Konsens unterschieden werden. Die Bestimmungsfaktoren des Entscheidungsverhaltens der Parteien werden mit Hilfe des akteurzentrierten Institutionalismus bestimmt. Diese „Forschungsheuristik“ (Mayntz/Scharpf 1995b: 39) ist in besonderem Maße geeignet, die Analyse der hier gewählten Fragestellung konzeptionell anzuleiten und den teilweise problematischen Grundannahmen der anderen Spielarten des neuen Institutionalismus die Spitze zu nehmen. Der akteurzentrierte Institutionalismus führt das Entscheidungsverhalten von Akteuren auf den institutionellen Kontext, die Handlungsorientierungen der Akteure und die spezifische Handlungssituation zurück. Diese drei Variablen werden als institutionelle Entscheidungspunkte, strategische Ziele der Parteien und Diskurse über die Korruption in der Politik operationalisiert. Am Ende des ersten Teils der Untersuchung steht ein Zwischenfazit (Kapitel 5), in dem zum einen das Verhältnis der Variablen zueinander näher erläutert werden soll. Anders formuliert geht es darum, die beiden bereits erwähnten Konstellationen von Entscheidungspunkten, Parteizielen und Korruptionsdiskursen näher zu begründen, die letztlich zur Einführung oder Reform einer staatlichen Parteienfinanzierung führen können. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Unterscheidung zwischen dem eher von den Akteuren selbst (also den Parteien) geführten koordinativen Diskurs und dem eher von der Öffentlichkeit geführten kommunikativen Diskurs (V. Schmidt 2002: 211 f.). Da der kommunikative Diskurs in zentralisierten politischen Systemen stärker ist, kann hier eine staatliche Parteienfinanzierung aufgrund des vergleichsweise einflussreicheren öffentlichen Druckes eingeführt werden, obwohl institutioneller Kontext und Ziele der Parteien dem eher entgegenstehen. Zusätzlich soll in Kapitel 5 die Fallauswahl anhand der zuvor gewonnenen unabhängigen Variablen begründet werden. Diese Begründung der Fallauswahl steht allerdings wie erwähnt unter einem Vorbehalt, da die Ausprägung der unabhängigen Variablen sich a priori nicht mit Sicherheit ermitteln lässt. Im zweiten Teil der Untersuchung soll in die Eigenheiten der untersuchten Parteiensysteme (Kapitel 6) und der Parteienfinanzierungsregimes (Kapitel 7) einge-
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führt werden. Im Mittelpunkt der Analyse der Parteiensysteme steht die Frage, ob zu den Zeitpunkten wichtiger Reformen (oder gescheiterter Reformvorhaben) der staatlichen Parteienfinanzierung ein Wandel maßgeblicher Eigenschaften der Parteiensysteme Deutschlands, Schwedens, Großbritanniens und Frankreichs feststellbar ist. Dazu werden deren Eigenschaften auf der elektoralen, parlamentarischen und gouvernementalen Ebene (die jeweils mit den Zielen der Stimmenmaximierung, der Programmverwirklichung und der Regierungsteilhabe korrespondieren) untersucht. Im Rahmen der Analyse der Parteienfinanzierungsregimes soll die Entwicklung der drei wichtigsten Einnahmeformen der Parteien nachgezeichnet werden. Dabei handelt es sich um private Mittel, illegale Mittel (im Zusammenhang mit denen auch auf die Transparenzregeln einzugehen sein wird) sowie vor allem die staatliche Parteienfinanzierung. Den dritten Teil der Untersuchung bilden dann die Analysen der jeweiligen Entscheidungsprozesse über die staatliche Parteienfinanzierung in den untersuchten Ländern. Im Mittelpunkt steht die Überprüfung der hier zugrunde liegenden Hypothesen. Anders formuliert geht es um die Frage, ob ein Konsens der Parteien tatsächlich die notwendige Bedingung für die Einführung bzw. Reform der staatlichen Parteienfinanzierung war und auf welche Kombinationen von institutionellen Entscheidungspunkten, Zielen von Parteien und Korruptionsdiskursen dies zurückzuführen ist. Um die vielschichtigen Beziehungen zwischen den drei unabhängigen Variablen (und eventuell weitere, a priori nicht berücksichtigte unabhängige Variablen) nicht aus dem Blick zu verlieren, ist dieser Teil der Untersuchung in vier Fallkapitel gegliedert, ganz wie es das Konzept der analytic narratives nahe legt. Die Kapitel zu den einzelnen Ländern folgen dem gleichen Muster. Eingangs wird zunächst skizziert, ob im Falle Deutschlands und Schwedens (und ab 1988 auch Frankreichs) bereits die parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse bei den wichtigsten (parlamentarischen) Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung auf einen Konsens schließen lassen. Für Großbritannien und Frankreich vor 1988 wird zu fragen sein, wie viel Unterstützung die gescheiterten Anträge zur Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung fanden. Es folgen jeweils drei Abschnitte, in denen systematisch der Einfluss der institutionellen Entscheidungspunkte, der jeweiligen Ziele der Parteien und der Korruptionsdiskurse auf das Entscheidungsverhalten der Parteien analysiert wird. Erst auf dieser Basis wird abschließend ermittelt, ob jeweils ein Konsens erreicht wurde und ob das jeweilige Entscheidungsverhalten systematisch erklärt werden kann. Die Analysen der Entscheidungsprozesse in Deutschland, Schweden Großbritannien und Frankreich zeigen, dass ein Konsens der Parteien in der Tat die notwendige Bedingung für die Einführung bzw. Reform der staatlichen Parteienfinanzierung ist und dass die hier gewählten Variablen die jeweiligen Entscheidungen erklären können. In Deutschland (Kapitel 8) gelangten die Parteien früh zu einem stabilen Konsens über ihre staatliche Finanzierung. Sowohl ihre Ziele und der insti-
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Einleitung
tutionelle Kontext, in dem sie agierten, als auch der vornehmlich koordinative Diskurs über die Korruption in der Politik hatten daran ihren Anteil. In Schweden (Kapitel 9) war es vor allem die Verfassungsreform von 1970, also ein institutioneller Faktor, der die Stabilisierung des Konsenses der Parteien über ihre staatliche Finanzierung beförderte. Daneben wirkten jedoch auch die Ziele der Parteien und der stark von den Sozialdemokraten dominierte Korruptionsdiskurs im erwarteten Sinne. In Großbritannien (Kapitel 10) standen nicht allein die Institutionen des politischen Systems, sondern auch die Ziele der Parteien der Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung entgegen. Allerdings geht von dem wie erwartet eher kommunikativen Diskurs über die Korruption in der Politik ein zusehends stärkerer Druck auf die Parteien aus, eine staatliche Parteienfinanzierung einzuführen. In Frankreich (Kapitel 11) wirkten lange Zeit, ähnlich wie in Großbritannien, die Institutionen einem Konsens der Parteien über ihre staatliche Finanzierung entgegen. Damit hing eng zusammen, dass die Parteien selbst auch kein Interesse an einem solchen Konsens hatten. Zu Beginn der 1980er Jahre setzte jedoch zunächst ein kommunikativer und dann auch ein koordinativer Korruptionsdiskurs ein, in dessen Verlauf staatliche Zuwendungen an politische Parteien zusehends als wünschenswerte Alternative zur vorherrschenden illegalen Parteienfinanzierung angesehen wurden. Die cohabitation zwischen dem sozialistischen Präsidenten François Mitterrand und seinem gaullistischen Premierminister Jacques Chirac erleichterte dann ab 1986 zusätzlich den Konsens der französischen Parteien über die staatlichen Zuwendungen. Zum Schluss dieser Untersuchung werde ich näher auf das Verhältnis der einzelnen Variablen zueinander und zur Stabilität des jeweils erreichten Konsenses über die staatliche Parteienfinanzierung sowie die relative Bedeutung der Variablen in den untersuchten Ländern eingehen (Kapitel 12). Außerdem soll in zweifacher Hinsicht über die Grenzen der vorliegenden Untersuchung hinausgeblickt werden: Erstens möchte ich vor dem Hintergrund der Erkenntnisse dieser Arbeit darüber spekulieren, inwiefern der „British exceptionalism“ (Fisher 2007) im einzigen hier untersuchten Land, in dem bis heute keine signifikante staatliche Parteienfinanzierung eingeführt wurde, bald an sein Ende kommen könnte. Zweitens werde ich der Frage nachgehen, inwiefern die Erkenntnisse dieser Untersuchung auch auf andere Länder zutreffen könnten. Zwar kann dieser qualitative Vergleich von der – zumindest relativ gesehen – kleinen Zahl von vier Fällen grundsätzlich keinen Anspruch auf Generalisierbarkeit erheben. Allerdings ist es durchaus möglich, zu der begründeten Annahme zu gelangen, dass auch in den anderen eingangs erwähnten westeuropäischen Demokratien die staatliche Parteienfinanzierung von den in der vorliegenden Untersuchung entwickelten Bedingungen abhängt.
Teil 1 Konzeptionelle Grundlagen
2 Die vergleichende Analyse von Parteienfinanzierungregimes Wie können Parteienfinanzierungsregimes vergleichend analysiert werden? Diese Frage steht im Mittelpunkt des folgenden Kapitels. Zunächst sollen dazu der Begriff des Parteienfinanzierungsregimes sowie die verschiedenen Einnahmearten von Parteien (staatliche, private und illegale Mittel) näher erläutert werden (Kapitel 2.1). Aus dem Verhältnis der verschiedenen Einnahmearten zueinander ergibt sich auch die Auswahl der Vergleichsfälle. Dieser Zugang, der eine kleine Zahl von Fällen primär über die Unterschiede zwischen Parteienfinanzierungsregimes, also die abhängige Variable, auswählt und qualitativ zu vergleichen sucht, soll in den sich anschließenden methodologischen Ausführungen thematisiert werden (Kapitel 2.2). Den Abschluss des Kapitels bildet ein Ausblick auf den häufig postulierten, doch kaum beweisbaren Zusammenhang zwischen dem Wandel von Parteienfinanzierungsregimes und Parteiensystemen (Kapitel 2.3). 2.1 Ausprägungen von Parteienfinanzierungsregimes als erstes Kriterium der Fallauswahl Der Begriff des Parteienfinanzierungsregimes lehnt sich an den von André Kaiser geprägten Begriff des „institutionellen Regimes“ (2002a: 70) an. Zwar wurde er auch in der Literatur zur Parteienfinanzierung bereits verwendet (z.B. Clift/Fisher 2004; 2005), dort allerdings noch nicht näher definiert. Als Begriff der vergleichenden Politikwissenschaft hat Kaiser (1997; 1998; 2002a) institutionelle Regimes in unverkennbarer Abgrenzung zu Lijpharts (1984; 1999) Gegenüberstellung von Mehrheits- und Konsensdemokratien – dem bislang einflussreichsten Versuch, politische Systeme zu typologisieren – entwickelt. Ein institutionelles Regime umfasst alle formellen und informellen Regeln eines Politikbereiches, in diesem Fall
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Konzeptionelle Grundlagen
dem der Parteienfinanzierung.1 Parteienfinanzierungsregimes regeln insbesondere drei Sachverhalte (Casas-Zamora 2005: 17): Erstens die legitimen Einkommensarten der Parteien, zweitens die der legitimen Ausgaben der Parteien und drittens das Ausmaß, in dem Parteien über ihre Einnahmen und Ausgaben Rechenschaft ablegen müssen. Institutionelle Regimes sind „das Objekt beständiger Änderungsbestrebungen“ (Kaiser 2002a: 424). Just um diese soll es hier auch gehen. Abstrakt formuliert steht in dieser Untersuchung der Wandel von Institutionen, konkret der Wandel von Parteienfinanzierungsregimes, im Mittelpunkt. Die Einführung und Reform der staatlichen Parteienfinanzierung ist ein zentraler Motor dieses Wandels. Daneben wären z.B. die Einführung von Ausgabenobergrenzen für Parteien bei Wahlkämpfen, das Verbot bestimmter Einnahmeformen (z.B. Großspenden ab einem bestimmten Betrag) oder die Einführung respektive Verschärfung von Transparenzregeln in der Parteienfinanzierung denkbare Reformen, die ebenfalls den Wandel von Parteienfinanzierungsregimes vorantreiben könnten. Wie lassen sich nun Parteienfinanzierungsregimes vergleichen? Da hier die staatliche Finanzierung der Parteien im Mittelpunkt steht, liegt es nahe, verschiedene Formen der Parteienfinanzierung nach der Herkunft der Gelder zu unterscheiden, um so zu verschiedenen Parteienfinanzierungsregimes zu gelangen, die dann miteinander verglichen werden können. Dazu werden im Folgenden die beiden maßgeblichen Formen der Parteienfinanzierung, private und staatliche Gelder, mit ihrem relativen Anteil am Gesamteinkommen der Parteien in Beziehung gesetzt. Zu diesem Zweck muss zunächst definiert werden, was als staatliche und was als private Parteienfinanzierung gelten soll. Letztlich lässt sich dies, insbesondere die Definition dessen, was als staatliche Parteienfinanzierung angesehen werden kann, nur nach der Prüfung des Einzelfalls vornehmen (Boyken 1998: 24; Scarrow 2006a: 623 f.). Grundsätzlich lassen sich folgende Unterscheidungen treffen: 1.
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Als private Parteienfinanzierung sollen in erster Linie Mitgliedsbeiträge sowie legale Spenden von privaten und ggf. juristischen Personen an Parteien und ihre Kandidaten gelten. Zu unterscheiden sind hierbei, je nach Höhe der Zuwendungen, Groß- und Kleinspenden und ferner, je nach Herkunft, Einzelund institutionelle Spenden (von Unternehmen bzw. Gewerkschaften) sowie Einnahmen aus Vermögen, Veranstaltungen, Lotterien etc. Daneben existieren private geldwerte Leistungen wie die Bereitstellung von Veranstaltungsräumen,
Der Begriff des institutionellen Regimes wird also nicht analog zu dem des politischen Systems verwendet, vielmehr gibt es in jedem politischen System eine Fülle von institutionellen Regimes, die in unterschiedlichen Politikbereichen wirken (Kaiser 2002a: 92). Damit wird – im Gegensatz zu klassischen Vorstellungen über die Institutionen politischer Systeme – auch keine generelle Hierarchie der Institutionen unterstellt, vielmehr kann im Einzellfall geprüft werden, welche Institution in welchem Land und in welcher Entscheidungssituation von besonderer Bedeutung ist.
Die vergleichende Analyse von Parteienfinanzierungsregimes
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Büros oder Bürokräften an Parteien. Diese sollen jedoch nicht berücksichtigt werden, da sie schwer quantifizierbar sind. Staatliche Mittel umfassen im Folgenden alle direkten öffentlichen Zuwendungen, d.h. sowohl nicht zweckgebundene Zahlungen für laufende Kosten aller Art als auch zweckgebundene wie Wahlkampfkostenerstattungen. Im Falle Frankreichs sollen dazu auch die öffentlichen Beihilfen für die Kandidaten der Nationalversammlungs- und Präsidentschaftswahlen gezählt werden, weil in Frankreich die staatlichen Zuwendungen an die Kandidaten die vormals wichtigen Zahlungen der Parteien faktisch ersetzt haben bzw. als Erstattung für indirekte Zahlungen der Parteien (die sich ihrerseits überwiegend staatlich finanzieren) geleistet werden (Schurig 2006: 100-7; 116 f.). Indirekte Zuwendungen sollen hier nicht als staatliche Parteienfinanzierung gelten. Alle Zahlungen, die indirekt den Parteien zugute kommen (können), werden im Folgenden als Formen der staatlichen Politikfinanzierung (die als Oberbegriff der Parteienfinanzierung zu verstehen ist) angesehen. Als staatliche Parteienfinanzierung gelten hier nur die direkten Zuwendungen an Parteien. Zu den indirekten Zuwendungen zählen zunächst die Zahlungen an die Parlamentsfraktionen der Parteien, deren Einordnung umstritten ist.2 Sowohl in Schweden als auch in Großbritannien werden die Zuwendungen an die Fraktionen als Teil der staatlichen Parteienfinanzierung angesehen und auch als solche ausgewiesen. Auch für Deutschland lässt sich die rechtliche Trennung von Parteien und Fraktionen in Fragen ihrer Finanzierung faktisch schwerlich aufrechterhalten (Ebbighausen et al. 1996: 225-34; Drysch 1998: 253). Wenn diese spezifischen Zuwendungen dennoch nicht als staatliche Parteienfinanzierung angesehen werden sollen, dann zunächst deshalb, weil sie oftmals der Kontrolle der Parteizentralen entzogen sind. Noch schwerer wiegt freilich, dass die zweckgebundenen Zuwendungen im Gegensatz zu den hier im Mittelpunkt stehenden unspezifischen Zahlungen nicht umstritten sind. Offensichtlich herrscht in der öffentlichen Debatte weitgehende Übereinstimmung darüber, dass die zweckgebundenen direkten Zuwendungen an Parteien legitim sind (Casas-Zamora 2005: 29). Dies ist bei der direkten staatlichen Parteienfinanzierung ohne Zweckbindung nicht der Fall, was diese zum ungleich interessanteren Studienobjekt werden lässt. Darüber hinaus existieren öffentliche Zuwendungen an Parlamentsfraktionen in allen etablierten europäischen Demokratien. Die Grundfrage dieser Untersuchung, warum die direkte staatliche Parteienfinanzierung in einigen Ländern eingeführt wurde und in anderen nicht, läuft im Falle der Fraktionen schlicht ins Leere. Während Klaus von Beyme hier von parteifremden „Kosten des Parlamentarismus“ (1993: 177) spricht, argumentieren Richard Katz und Peter Mair, dass die Fraktionsfinanzierung heute in zunehmendem Maße den Parteien zugute kommt (2002).
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3.
Konzeptionelle Grundlagen
Analog zu den Zuwendungen an die Parlamentsfraktionen sollen auch andere indirekte Subventionen unberücksichtigt bleiben. Die supranationale Ebene (EU) soll deshalb ebenfalls nicht berücksichtigt werden. Ebenso wenig werden die Zuwendungen an parteinahe Institutionen – etwa Jugendorganisationen oder die vor allem in Deutschland bedeutenden parteinahen Stiftungen – als staatliche Parteienfinanzierung angesehen. Die deutschen Stiftungen erfüllen heute nahezu ausschließlich parteifremde Aufgaben (Lösche 1984: 77 f.; Kaltefleiter/Naßmacher 1992: 144; Beyme 2000: 140; anders Ebbighausen 1996 et al.: 255-65). Analog dazu sollen auch die Zuwendungen an die schwedische Parteipresse ab 1969 nicht als staatliche Parteienfinanzierung angesehen werden. Eine weitere, ebenfalls unberücksichtigt bleibende indirekte Form der staatlichen Parteienfinanzierung ist die steuerliche Abzugsfähigkeit von Spenden. Weiterhin bleiben indirekte, geldwerte Zuwendungen an Parteien unberücksichtigt. Die wichtigste staatliche geldwerte Leistung ist der kostenlose Zugang zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Dieser existiert indes in allen hier zu untersuchenden Ländern – faktisch sogar in allen etablierten Demokratien außer den USA (Naßmacher 2003a: 9 f.) –, weshalb darauf nicht gesondert eingegangen werden soll. Da als private und staatliche Parteienfinanzierung nur diejenigen Mittel definiert werden, die legal an Parteien fließen, ergibt sich logisch eine dritte Form der Parteienfinanzierung, die illegalen Zuwendungen. Als illegale Parteienfinanzierung wird jede Form von Korruption in der Politik im Zusammenhang mit Parteien definiert, d.h. Zuwendungen an Parteien und ihre Repräsentanten mit dem Ziel der Vorteilserringung oder Kostenvermeidung (Rose-Ackerman 1999: 9). Die Illegalität der Zuwendungen ist essenzieller Bestandteil der Korruption in der Politik (Landfried 1994: 174). Parteien sind deshalb besonders korruptionsanfällig, weil sie eine zentrale Möglichkeit zur Einflussnahme auf die politische Machtverteilung bieten (Pelinka 1981: 265). Faktisch ist der Übergang zwischen privater und illegaler Parteienfinanzierung nicht so einfach zu bestimmen, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Wann immer eine Spende dazu dient, Türen zu öffnen (toll-gating), oder als Gegenleistung beispielsweise für staatliche Aufträge (kickbacks) geleistet wird, ist die Grenze zur Korruption überschritten (Paltiel 1981: 151). Michael Pinto-Duschinsky benennt vier korrupte Praktiken in der Politik: Erstens Zuwendungen an Parteien oder Kandidaten, die bestehende Regelungen umgehen, zweitens den Einsatz von auf korrupte Weise erworbenen Einnahmen für Parteizwecke, drittens den ungesetzlichen Einsatz von staatlichen Ressourcen für Parteizwecke und schließlich den Einsatz von Ressourcen für ungesetzliche Zwecke, z.B. Stimmenkauf (Pinto-Duschinsky 2002: 70-2). Wann immer diese Praktiken zugunsten von Parteien eingesetzt werden, handelt es sich um einen Fall illegaler Parteienfinanzierung.
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Die vergleichende Analyse von Parteienfinanzierungsregimes
Anhand der Unterscheidungskriterien staatliche bzw. private Mittel der Parteien und bedeutender bzw. unbedeutender Anteil am Einkommen lässt sich eine Vierfeldermatrix konstruieren, die zur Darstellung aller denkbaren Relationen der Finanzierungsformen politischer Parteien herangezogen werden kann (Abbildung 2.1). Die hier vorgenommene Unterscheidung zwischen bedeutend und unbedeutend geht davon aus, dass private, staatliche oder illegale Gelder dann relativ unbedeutend sind, wenn sie weniger als 25 Prozent der durchschnittlichen Einnahmen der Parteien ausmachen. Analog dazu kann privater oder staatlicher Finanzierung eine ausschließlich bedeutende Rolle zugemessen werden, wenn diese mehr als 75 Prozent der durchschnittlichen Einnahmen der Parteien darstellt. Jedem Quadranten der Matrix lässt sich ein idealtypisches Parteienfinanzierungsregime zuordnen. Es ergeben sich zwei positive Fälle, in denen staatliche Zuwendungen eingeführt wurden, und zwei negative Fälle, in denen die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung scheiterte. Um für möglichst viele Kontextvariable einen variierenden Einfluss ausschließen zu können, wurden nur konsolidierte Demokratien in die Auswahl der Fälle, die die einzelnen Parteienfinanzierungsregimes repräsentieren sollen, einbezogen. Die vorgenommene Zuordnung der Fälle deckt sich mit den Befunden der Literatur (z.B. Kaltefleiter/Naßmacher 1994: 261; Naßmacher 2002: 16). Deutschland steht für ein politisches System, in dem sowohl staatliche als auch private Mittel von Bedeutung sind und soll mit Schweden, dem anderen positiven Fall, in dem ausschließlich den staatlichen Zuwendungen eine bedeutende Rolle bei der Finanzierung der Parteien zukommt, verglichen werden. Abbildung 2.1:
Finanzierungsmodi politischer Parteien private Gelder bedeutend
bedeutend
staatliche Gelder
unbedeutend
Staatliche und private Zuwendungen machen durchschnittlich jeweils 25-75 % der Einkünfte der Parteien aus: Deutschland
Parteien finanzieren sich durchschnittlich zu mehr als 75 % aus staatlichen Mitteln: Schweden
(Niederlande, Spanien, Frankreich nach 1988)
Italien,
(Dänemark, Finnland, Norwegen, Österreich, Israel, Belgien)
Parteien finanzieren sich durchschnittlich zu mehr als 75 % aus privaten Mitteln: Großbritannien
Staatliche und private Zuwendungen machen durchschnittlich weniger als 25 % der Einnahmen der Parteien aus: Frankreich bis 1988
(Schweiz, Kanada, USA, Australien, Irland)
(Italien bis 1974)
unbedeutend
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Konzeptionelle Grundlagen
Großbritannien und Frankreich vor 1988 werden als negative Fälle miteinander verglichen, in denen staatliche Parteienfinanzierung eine unbedeutende Rolle spielt. Großbritannien repräsentiert den Fall, in dem sich Parteien ganz überwiegend aus privaten Geldern finanzieren, Frankreich bis 1988 hingegen den Fall, in dem weder staatliche noch private Parteienfinanzierung eine bedeutende Rolle spielte. Nur hier haben sich Parteien maßgeblich durch Korruption struktureller Art finanziert, ohne dass es gleichzeitig signifikante Einnahmen aus staatlichen oder privaten Quellen gegeben hätte: „In France, a rational-legal state structure with less party penetration saw, nonetheless, the emergence of illicit finance as the main source of party funding“ (Pujas/Rhodes 1999: 55). Ein solches Finanzierungsregime weist heute keine der etablierten Demokratien mehr auf, da allerorten staatliche und private Parteienfinanzierung eine zu große Rolle spielen. In allen vier Ländern wurde die Einführung staatlicher Parteienfinanzierung diskutiert, allerdings führten diese Diskussionen nur in Deutschland und Schweden zu einer signifikanten Subventionierung der Parteien aus öffentlichen Mitteln. Da in Frankreich ab 1988 schließlich ebenfalls eine beträchtliche staatliche Parteienfinanzierung eingeführt wurde, ist eine strukturelle Veränderung des Entscheidungsverhaltens der Parteien zu erwarten, die diese Abkehr vom bisherigen Finanzierungsregime ermöglicht hat. Die Finanzierungsregimes der untersuchten Länder werden in Kapitel 7 ausführlich vorgestellt. Bevor ich im Folgenden die methodischen Aspekte dieses Vergleichs näher erläutere, soll kurz darauf eingegangen werden, wo sich die etablierten Demokratien, für die Daten vorliegen, in der vorliegenden Matrix verorten lassen. Das Gros der Parteien finanziert sich dort heute zu einem bedeutenden, mehrheitlich sogar ausschließlich bedeutenden Anteil aus staatlichen Quellen. In den nordwestlichen Quadranten der Matrix fallen neben Deutschland beispielsweise Spanien, die Niederlande3, Frankreich seit 1989 und Italien4 (Naßmacher 2002: 16). Ausschließlich bedeutend wie in Schweden ist die staatliche Parteienfinanzierung in Österreich (Sickinger 1997: 236-52; Naßmacher 2001b: 102 f.), Dänemark (Pedersen 2005: 100), Belgien (Hooghe/Maddens/Noppe 2006: 360) und Israel (Blechinger/Naßmacher 2001: 167 f.). Obwohl keine gesicherten Daten vorliegen, dürften sich auch die norwegischen Parteien nahezu ausschließlich durch staatliche Zuwendungen finanzieren (Svåsand 1991: 141 f.). Einnahmen aus privaten Quellen kommt insbesondere in den angelsächsischen Demokratien eine ausschließlich bedeutende 3
Anders als in Deutschland muss in den Niederlanden die Stiftungsfinanzierung als Parteienfinanzierung gewertet werden (Gidlund/Koole 2001: 120; Lucardie/Voerman 2001: 323), was zu einem deutlich höheren staatlichen Subventionsniveau als die von Naßmacher (2002: 16) errechneten 16 Prozent führt (vgl. Brändle 2002: 108 f.). 4 In Italien sind die öffentlichen Zuwendungen im Zuge der Transformation des Parteiensystems zu Beginn der 1990er Jahre abgeschafft worden. Seit 1999 sind jedoch wieder Zuwendungen vorgesehen, die sich nicht allein an Parteien, sondern auch unabhängige Kandidaten und politische Bewegungen richten (Fabiano 2005: 290 f.).
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Rolle zu. Neben Großbritannien sind vor allem Kanada, die USA, Australien, Malta und Irland zu nennen (Koole/Naßmacher 2001; Amr/Lisowski 2001; Biezen 2003: 33 f.), aber auch Luxemburg (Scarrow 2006a: 627). Ferner finanzieren sich die Parteien in der Schweiz ganz überwiegend aus privaten Mitteln. Auf die Schweiz gehe ich in Kapitel 4.2 im Zusammenhang mit den institutionellen Entscheidungspunkten näher ein. In den südöstlichen Quadranten fällt heute wie erwähnt keine etablierte Demokratie, ein weiterer prominenter ehemaliger Vertreter dieses Finanzierungstypus wäre sicherlich Italien vor der Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung im Jahr 1974 (s.a. Bianco/Gardini 1999). 2.2 Methodische Überlegungen Aus methodologischer Perspektive erfolgt die Auswahl der Vergleichsfälle zunächst anhand der abhängigen Variable y (staatliche Parteienfinanzierung), die durch die unabhängige Variable x (die Konsensorientierung der Parteien, verstanden als das Zusammenspiel von institutionellen Entscheidungspunkten, Zielen der Parteien und Diskursen über politische Korruption) erklärt werden soll. Zum Zwecke der Theoriebildung (und darum geht es in dieser Untersuchung) ist eine Fallauswahl anhand der abhängigen Variable geeigneter (Geddes 1990: 149). James Mahoney hat dazu zutreffend festgestellt, dass, wenn notwendige Bedingungen ermittelt werden sollen (und ich gehe davon aus, dass ein Konsens der Parteien eine notwendige Bedingung für Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung ist), die Auswahl der Fälle anhand ihrer Ausprägung der abhängigen Variable erfolgen sollte, eben weil so eine möglichst große Variation erreicht werden kann, auf deren Grundlage sich zeigen lässt, dass die unabhängige Variable (die Konsensorientierung)5 eine notwendige Bedingung ist (2003: 351).6 Genau dies soll im Folgenden anhand von Fällen, bei denen die staatliche Parteienfinanzierung möglichst unterschiedlich ausgeprägt ist, geschehen. Um eine möglichst große Variation der abhängigen Variablen (der staatlichen Parteienfinanzierung) zu erreichen, werden auch negative Fälle, d.h. solche, in denen diese nicht auftritt, einbezogen. Erst dann kann der Einfluss der unabhängigen Variablen wirklich beurteilt werden (Collier/Mahoney 1996). Die Fallauswahl erfolgt also zunächst y-basiert, anhand der abhängigen Variablen, weil der Fokus dieser Untersuchung auf der Theoriebildung liegt. Da auch nach den hinreichenden Bedingungen gefragt werden soll, die den Konsens der Parteien 5
Wie bereits in der Einleitung erwähnt stellt die Konsensorientierung der Parteien in dieser Untersuchung eine endogene Variable dar, die sowohl abhängig als auch unabhängig wirkt. 6 Eine notwendige Bedingung zeichnet sich dadurch aus, dass, wenn sie fehlt, auch die abhängige Variable fehlt. Davon lässt sich die hinreichende Bedingung unterscheiden, die immer dann auftritt, wenn auch die abhängige Variable auftritt.
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Konzeptionelle Grundlagen
(als notwendige Bedingung für die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung) ermöglichen, soll die Fallauswahl, wie in diesem Falle angezeigt (Mahoney 2003: 351), auch anhand der unabhängigen Variablen, also x-zentriert, erfolgen. Xzentrierte Forschungsdesigns sind besser geeignet, Kausalitäten aufzuzeigen und den Einfluss von Kontextbedingungen zu ermitteln (Ganghof 2005; Geddes 1990). Dienen y-zentrierte Designs der Theoriebildung, so können anhand von xzentrierten Ansätzen bestehende Theorien besser überprüft werden. Ich habe im vorangegangenen Abschnitt gezeigt, dass in jeden Quadranten der Matrix (die ja jeweils ein Parteienfinanzierungsregime repräsentieren) mehrere Länder fallen. Deutschland, Schweden Großbritannien und Frankreich wurden als Repräsentanten des jeweiligen Finanzierungsregimes ausgewählt, weil sie sich auch hinsichtlich der unabhängigen Variablen eindeutig unterscheiden bzw. Eigenschaften aufweisen, die den Hypothesen dieser Arbeit auf den ersten Blick entgegengesetzt sind. Bis dies in Kapitel 5.2 gezeigt werden kann, müssen jedoch zunächst die unabhängigen Variablen (Institutionen, Ziele der Parteien, Korruptionsdiskurse) näher erläutert werden. Die hier verwendete so genannte indirekte Differenzmethode bietet die Möglichkeit, sowohl positive als auch negative Fälle in die Untersuchung einzubeziehen. Faktisch handelt es sich dabei um die doppelte Anwendung der Konkordanzmethode, von Charles Ragin treffend als „paired comparison“ bezeichnet (1987: 40). Zunächst werden im Sinne einer „parallel demonstration of theory“ (Skocpol/Somers 1980: 176) zwei positive Fälle, in denen die staatliche Parteienfinanzierung eingeführt wurde, miteinander verglichen (Deutschland und Schweden). Im Anschluss folgt der Vergleich zweier negativer Fälle, und zwar solcher, in denen die Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung zwar erwogen wurde, letztlich allerdings scheiterte (Großbritannien und Frankreich vor 1988). Die Einbeziehung negativer Fälle bringt den weiteren Vorteil mit sich, dass auf diese Weise konkurrierende Hypothesen ausgeschlossen werden können (s.a. Geddes 2003: 89-93). Dies wäre in dieser Untersuchung dann der Fall, wenn sich zeigen ließe, dass auch in den beiden negativen Fällen diejenigen Faktoren auftreten, die häufig in der Literatur als Ursachen für die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung genannt werden (zu diesen Ursachen s. Kapitel 3). Der paired comparison wird also mit dem Zweck angewendet, potenzielle Ursachen von notwendigen Bedingungen für die Einführung staatlicher Parteienfinanzierung zu trennen. Beide Vergleiche folgen der Logik des „most different systems design“ (Przeworski/Teune 1970: 34-9), es sollten also zwei jeweils möglichst verschiedene positive bzw. negative Fälle untersucht werden. Diese Varianz ist dadurch gewährleistet, dass die staatliche Parteienfinanzierung in Schweden, anders als in Deutschland, die einzige bedeutende Einnahmequelle der Parteien ist. Analog dazu sind staatliche Mittel sowohl in Großbritannien als auch in Frankreich vor 1988 unbedeutend, allerdings dominieren in Großbritannien die privaten Zuwendungen, in Frankreich dagegen die illegalen.
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Das qualitative Design der Untersuchung ergibt sich zunächst aus der gewählten Fragestellung. Je komplexer die zu erwartende Erklärung auf eine Frage, desto angemessener erscheint ein qualitativer Ansatz: „Historical outcomes often require complex, combinatorial explanations, and such explanations are very difficult to prove in a manner consistent with the norms of mainstream quantitative social science“ (Ragin 1987: 13). Peter Hall spricht in diesem Zusammenhang pointiert davon, dass „ontologies have outrun methodologies“ (2003: 398) – die soziale Welt ist so komplex, dass statistische Methoden der Ermittlung von Korrelationen zwischen Variablen oftmals nicht Schritt halten können. Die Hypothesen dieser Arbeit lassen sich in der Tat nur qualitativ überprüfen. Dies gilt umso mehr angesichts der wenigen theoretischen Vorarbeiten, auf die diese Untersuchung sich stützen kann. Allein fallorientierte Forschung, anders als die variablenorientierte statistische Methode, ermöglicht intensives Verstehen, Interpretieren und Erklären einzelner Fälle (Ragin 1998). Welche Rolle Institutionen, Ziele von Akteuren und spezifische Diskurse für die Einführung und Reform der staatlichen Parteienfinanzierung spielten, lässt sich nur durch eine detaillierte Analyse der Debatten um diese Zuwendungen ermitteln, zumal davon ausgegangen wird, dass die unabhängigen Variablen dynamisch sind, d.h. in verschiedenen Politikbereichen unterschiedlich ausgeprägt sein können. Damit sind auch schon die Grenzen der vorliegenden Untersuchung benannt. Selbst wenn es für die ausgewählten vier Fälle gelingt, nachzuweisen, dass ein Konsens der Parteien die notwendige Bedingung für Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung darstellte und dass dieser Konsens durch bestimmte Kombinationen von institutionellen Kontexten, Parteizielen und Diskursen erzielt wurde, so ist damit nicht bewiesen, dass dies in allen etablierten Demokratien der Fall ist. Dies soll auch gar nicht unterstellt werden, selbst wenn die Auswahl von vier Fällen, die grundverschiedene Parteienfinanzierungsregimes repräsentieren, einen gewissen Anspruch der Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse impliziert. Diesen Anspruch werde ich im Fazit weiter untermauern. Die Tatsache, dass in Fallstudien immer nur Thesen von begrenzter Gültigkeit aufgestellt werden können, gilt häufig als deren größter Nachteil gegenüber statistischen Analysen (vgl. z.B. Lijphart 1971, 1975). Solche (Vor-)Urteile sind allerdings mit Vorsicht zu genießen, da qualitative und quantitative Analysen letztlich derselben Logik folgen (King/Keohane/Verba 1994: 3-5). Die Suche nach der alles erklärenden Hypothese dürfte in den Sozialwissenschaften, egal ob sie viele oder wenige Fälle analysieren, qualitativ oder quantitativ vorgehen, ohnehin wenig Erfolg versprechend sein: „Even by much more modest standards, it must be said that sociology and political science are generally not rich in powerful explanatory hypotheses that are not already put into question by known evidence“ (Rueschemeyer 2003: 327). Dies ist jedoch kein Grund zum Verzweifeln. Im Gegenteil: Der große Vorteil vergleichender Fallstudien liegt, abgesehen von der eingehenden Analyse der Fälle,
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gerade darin, dass sie einen theoretischen Rahmen anbieten, der aufzeigt, wie eine Fragestellung wissenschaftlich untersucht werden kann. Dies ist der Grund, weshalb ich in diesem Kapitel so explizit auf die Konzeptionalisierung und methodische Umsetzung meiner Fragestellung eingehe. Herauszufinden, warum Parteien in einigen Ländern zu Entscheidungen über ihre staatliche Finanzierung gelangen, in anderen aber nicht, ist zudem nur ein Erkenntnisinteresse dieser Untersuchung. Auf der theoretischen Ebene soll gleichfalls ein analytisches Konzept entwickelt werden, mit dessen Hilfe das Entscheidungsverhalten von Parteien vergleichend und multikausal analysiert werden kann. Bevor dies jedoch geschieht kann, soll zunächst ein Blick auf den Stand der Theoriebildung in der Literatur zu Fragen der Parteienfinanzierung geworfen werden. 2.3 Der Wandel von Parteienfinanzierungsregimes und seine Auswirkungen auf Parteien und Parteiensysteme Fragen im Zusammenhang mit dem Thema der staatlichen Parteienfinanzierung werden in der Literatur kontrovers diskutiert. Dies unterstreicht die Relevanz, aber auch die Komplexität des Themas. Wenn dabei theoretisiert wird, dann steht meist die Frage nach den Folgen, nicht aber den Ursachen von verschiedenen Parteienfinanzierungsregimes im Vordergrund.7 Die Parteienfinanzierung wird also zumeist als erklärende, unabhängige Variable verwendet und nicht als abhängige Variable wie in der vorliegenden Untersuchung. Diese Literatur soll im Folgenden kurz vorgestellt werden, weil sie den ganz überwiegenden Teil der theoretischen Erträge der Parteienfinanzierungsforschung darstellt und auch gewisse Verbindungen zu den bisherigen Hypothesen über die Ursachen für die Einführung staatlicher Parteienfinanzierung aufweist. Gefragt wird entweder nach den Konsequenzen der Einfüh7
Zwei bemerkenswerte Ausnahmen sind die Beiträge von Arnold Heidenheimer (1963) und Rosa Mulé (1998). Heidenheimer versucht die verschiedenen Ausgabeniveaus von Parteien durch den Grad der parteipolitischen Durchdringung der jeweiligen Gesellschaften, die Intensität der Parteiloyalitäten, die Homogenität der Wahlkreise und die staatlichen Zuwendungen zu erklären und gelangt so zu einer Abfolge von vier verschiedenen Stadien der Ausgabenniveaus. Mulé postuliert einen Zusammenhang zwischen der Höhe der Wahlkampfkosten, den Finanzierungsregimes, den Typen von Parteien und ihrer Organisationsform. Sie gelangt so ebenfalls zu einem Ablauf von vier Phasen zwischen 1850 und 1950. Die Hauptkritik an diesen beiden – nichtsdestotrotz bemerkenswerten – Versuchen, der Parteienfinanzierungsforschung ein theoretisches Gerüst zu geben, ist der empirisch kaum haltbare Versuch, dem historischen Wandel von Parteien einen evolutionären Charakter zu verleihen. Anstelle evolutionärer Züge hat der Wandel von Parteien zumeist eher kontingenten Charakter, verläuft also nicht einförmig in eine a priori determinierte Richtung (Panebianco 1988: 239 et passim). Mulé übersieht zudem, dass verschiedene Parteitypen in aller Regel gleichzeitig in denselben politischen Systemen vertreten sind, dass der Wandel von Parteien und Parteiensystemen also von Diskontinuitäten geprägt ist (Puhle 2002). Auf die ebenfalls bemerkenswerten Beiträge von Susan Scarrow (2004) sowie Ben Clift und Justin Fisher (2004) werde ich in den beiden folgenden Kapiteln eingehen.
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rung staatlicher Parteienfinanzierung für einzelne Parteien oder für Parteiensysteme. Abstrakt formuliert sieht sich der Mainstream der Literatur zur Parteienfinanzierung mit zwei Problemen konfrontiert: Die Erkenntnisse vor allem der Wahl- und Parteiensystemforschung wurden erstens kaum in Beziehung zu den Regeln der Parteienfinanzierung gesetzt (Fisher/Eisenstadt 2004: 620). Bezeichnenderweise wird das Stichwort „party finance“ im jüngst erschienen „Handbook of Party Politics“ (Katz/Crotty 2006) außer in einem einschlägigen Artikel (Naßmacher 2006) nur an einer einzigen Stelle erwähnt. Diese Theorieferne führt dazu, dass zweitens der Einfluss von Parteienfinanzierungsregimes überschätzt wird (Casas-Zamora 2005: 3). Im Mittelpunkt der Literatur zu den individuellen Parteien steht die Beschreibung internationaler Trends der Ausgaben- und Kostenentwicklung sowie der Ausdehnung der Parteiapparate. Es lassen sich drei Hypothesen zu den Auswirkungen der staatlichen Parteienfinanzierung unterscheiden (Naßmacher 2000b: 458 f.): Erstens die Erstarrungsthese, der zufolge staatliche Parteienfinanzierung die etablierten Parteien einseitig begünstigt und Parteiensysteme so gegenüber neuen Parteien abschottet, sie also erstarren lässt (s.a. Alexander 1989a: 14, 19; Arnim 1996: 234). Zweitens die Entfremdungsthese, die eine Abschottung der Parteieliten von den einfachen Mitgliedern postuliert, weil Mitgliedsbeiträge, kleine Spenden und freiwillige Mitarbeit (die wichtigsten Vorteile, die Mitglieder Parteien einbringen) durch die Einführung staatlicher Zuwendungen an Parteien obsolet werden. Dieser Ansicht zufolge tragen „die öffentlichen Gelder der staatlichen Parteienfinanzierung […] zu einer Verselbständigung der politischen Klasse bei, weil sie die Möglichkeit schaffen, unabhängig von Mitgliedsbeiträgen auf der Basis einer verlässlichen und kontinuierlichen Einnahmequelle Politik zu gestalten“ (Landfried 1994: 356). Drittens schließlich die Oligarchiethese, der zufolge die öffentlichen Zuwendungen einseitig den hauptamtlichen Apparat in den Parteizentralen und Parlamenten, also die „party in central office“ und die „party in public office“ (Katz/Mair 1993), bevorzugen und hier vor allem die jeweilige dominante innerparteiliche Strömung. Allen Hypothesen, die ähnlich schon in den 1960er Jahren formuliert wurden (vgl. etwa Kewenig 1964), ist eins gemeinsam: Sie halten einer empirischen Überprüfung schwerlich stand. Karl-Heinz Naßmacher hat darauf hingewiesen, dass „gerade für verbreitete Thesen über die Wirkungen öffentlicher Parteienfinanzierung“ die empirische Betrachtung „größte Vorsicht“ nahe lege (2002: 18). Die Erstarrungsthese etwa wird von der Etablierung grüner Parteien in vielen europäischen Demokratien konterkariert. In Deutschland beispielsweise kam den staatlichen Zuwendungen zu Beginn der 1980er Jahre maßgeblicher Einfluss darauf zu, dass die Partei letztlich in den Bundestag gelangte (Ebbighausen et al. 1996: 337-49). Staatliche Parteienfinanzierung an sich schottet Parteien kaum gegen neue Konkurrenten ab, entscheidend dürften die Schwellenwerte für den Zugang zu öffentlichen Zuwendungen sein (Naßmacher 2000b: 458; Pierre/Svåsand/Widfeldt 2000: 15, 20; vgl. dagegen Hopkin 2004: 640). In aller Regel werden kleine Parteien von den
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Regeln staatlicher Parteienfinanzierung eher begünstigt (Casas-Zamora 2005: 41), was ebenfalls gegen eine Einschränkung der Dynamik des Parteienwettbewerbs durch staatliche Zuwendungen spricht. Die Entfremdungsthese wird oft mit der sinkenden Zahl von Parteimitgliedern in Zusammenhang gebracht (s.a Katz 1996: 121; Mendilow 1992). Susan Scarrow hat dieses Bild jedoch widerlegen oder zumindest in Zweifel ziehen können. Zwar lässt sich ein Mitgliederschwund nahezu aller politischer Parteien feststellen, allerdings nur dann, wenn man den Untersuchungsbeginn auf 1960, den frühen Höhepunkt der politischen Partizipation festlegt. Treffend bezeichnet sie den Aufstieg und Fall der Massenparteien als ein Nachkriegsphänomen (Scarrow 2000: 94). Allerdings steht die Zahl der Aktivisten einer Partei oft in keinem Verhältnis zu der ihrer Mitglieder. Ferner ist die Zahl der Parteimitglieder ohnehin kein Indikator für die Vitalität einer Partei. Scarrow schlägt vielmehr die Organisationsdichte, gemessen als Zahl der lokalen Parteiorganisationen pro lokale staatliche Gebietseinheit, vor (2000: 98). Die Organisationsdichte vieler Parteien hat durch die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung aber eher zugenommen, so dass die Zuwendungen gegenteilige Folgen als häufig angenommen haben könnten (s.a. Beyme 2000: 119).8 Der Niedergang der Partizipationsdichte hingegen, also der Mitgliederschwund, kann kaum auf die staatliche Parteienfinanzierung zurückgeführt werden, denn er hatte in vielen Ländern schon vor der Einführung der öffentlichen Zuwendungen eingesetzt (Mendilow/Rusciano 2001: 232). Kevin Casas-Zamora konnte zeigen, dass sich zwischen der Mitgliederentwicklung von Parteien und ihrer Finanzierung kein einheitlicher Zusammenhang nachweisen lässt. In Ländern ohne direkte staatliche Parteienfinanzierung wie Großbritannien oder den Niederlanden sank die Zahl der Parteimitglieder zwischen 1960 und 1989 drastisch, während sie in anderen Ländern mit staatlichen Zuwendungen wie Schweden und Norwegen oder auch in Deutschland in den 1970er Jahren deutlich stieg (Tabelle 2.1). Auch die häufig als Folge der staatlichen Zuwendungen angesehene Hierarchisierung und Zentralisierung der Parteien (im Sinne der Oligarchiethese) wird ebenso oft postuliert wie bestritten. Auf der einen Seite heißt es, die „Etatisierung“ der Parteieinnahmen (Landfried 1994) sorge auch für eine Zentralisierung der innerparteilichen Macht (Ebbighausen et al. 1996: 168) und sei somit für einen „Kreislauf der Entfremdung“ der Parteieliten von der Bevölkerung mitverantwortlich (Kaack 1978: 296). Andere Autoren räumen einen Machtzuwachs von Parteieliten ein, 8
Für Deutschland hat Frank Bösch (2001) am Beispiel der CDU detailliert nachgewiesen, dass erst die Einführung der staatlichen Zuwendungen die Honoratiorenstrukturen der CDU zu durchbrechen half und so den Grundstein für deren Wandel zu einer Massenpartei darstellte. Bezeichnend für die Uneinigkeit in Fragen der Parteienfinanzierung ist, dass dasselbe Phänomen (der Organisationsaufbau von Parteien) von anderen Autoren negativ als „Kommerzialisierung der Ausgabestruktur“ interpretiert wird (Landfried 1994: 267-9, 293-7).
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sehen aber gleichzeitig eine zunehmende Entkopplung der einzelnen Gliederungen von Parteien im Zuge einer zunehmenden regionalen und sozialen Diversifizierung am Werk, die einer Bündelung der innerparteilichen Macht entgegenstehe. Gegen eine Zentralisierung der Parteien spricht beispielsweise, dass zwischen den 1960er und den 1990er Jahren die Zahl der lokalen und regionalen Parteivertreter in den nationalen Vorständen der Parteien zugenommen hat (Detterbeck 2005: 179-183). Deshalb ließe sich eher von einer „Föderalisierung“ von Parteien sprechen (Koole 1996: 518). Auch lässt sich bestreiten, dass Parteieliten heute so unabhängig von ihren Mitgliedern agieren können wie unterstellt (Kitschelt 2000). Eine Oligarchisierung von Parteien wurde schließlich schon 1910 von Robert Michels (1989) beklagt, Jahrzehnte vor der Einführung der ersten öffentlichen Zuwendungen (Pierre/Svåsand/Widfeldt 2000: 21). Einer Bündelung der Macht bei einer innerparteilichen Strömung steht die auch nach der Einführung staatlicher Zuwendungen zumeist ungebrochene „Fraktionalisierung“ von Parteien entgegen (Beyme 2000: 153). Tabelle 2.1: Parteimitglieder und staatliche Parteienfinanzierung in Westeuropa, 1960-1989 Land
Anteil der Parteimitglieder an der wahlberechtigten Bevölkerung (in %) 1960 -64
1975 -79
198589
5,9 8,6 4,1 10,3 16,1 24,1 4,2 14,2 21,1 8
2,6 6,7 3 9,5 14 21,3 2,6 13,2 21 7,6
Großbritannien (a) 10 Dänemark 20 Niederlande 8,7 Italien 12,6 Finnland 18,3 Österreich 25,5 Deutschland 2,9 (b) Norwegen 13,2 Schweden 20,4 Belgien 5,7
Unterschied von 1960-64 zu 1985-98 (in %)
Ø direkte staatliche PF pro Wähler im Jahr, 1970-89 (in US $ 1990)
Ø direkte staatliche PF am Jahreseinkommen der Parteizentralen, 197589 (in %)
-73,7 -66,7 -65,2 -24,6 -23,5 -16,3 -7,7 0,6 3 33,4
0 0,08 0 4,04 3,44 1,38 1,36 2,24 3,62 0
0 4 0 37,5 64,3 28,9 61,3 55 57,4 0
Quelle: Casas-Zamora 2005: 49. (a) Mitgliederdaten für Großbritannien beziehen sich nur auf 1960, 1974 und 1989. (b) Die Daten beziehen sich auf den Zeitraum 1968-70.
Letztlich dürften es eher die Struktur politischer Systeme (unitarisch vs. föderal) und parteiinterne Faktoren wie das Prozedere des Nominierungsprozesses für Kan-
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Konzeptionelle Grundlagen
didaten sein, die über das Maß der Hierarchisierung von Parteien bestimmen (Casas-Zamora 2005: 50). Trotz einer zunehmenden Distanz von Parteieliten und Gesellschaft sowie gewisser Tendenzen der Machtbündelung in der Parteispitze werden Parteien deshalb mehrheitlich noch immer als vitale „mechanisms of linkage“ zwischen Gesellschaft und Staat angesehen (Scarrow/Farrell/Webb 2000: 150). Korrespondierend mit dieser relativierenden Einschätzung des Einflusses der staatlichen Parteienfinanzierung auf die Entwicklung einzelner Parteien spielt auch in der dezidiert theoretischen Literatur zum Wandel von Parteien und deren Finanzierung keine exponierte Rolle: Robert Harmel und Kenneth Janda (1994) betonen in ihrer Theorie zum Wandel von Parteien – auf die ich im Zusammenhang mit den Zielen, die Parteien verfolgen, in Kapitel 4.2 noch näher eingehen werde – den entscheidenden Einfluss interner Machtinteressen auf den Wandel von Parteien. Sie räumen ein, dass die Einführung staatlicher Parteienfinanzierung einen Einfluss auf die interne Machtbalance von Parteien haben kann, rechnen diese jedoch nicht zu den entscheidenden externen Schocks, die diese Balance gefährden können (Harmel/Janda 1994: 266, 269). Zur Erklärung des abstrakteren Wandels von Parteiensystemen spielten Fragen der Parteienfinanzierung traditionell keine wichtige Rolle. Klassischerweise wurde zwischen soziologischen und institutionellen Ansätzen zur Erklärung der Entwicklung von Parteiensystemen unterschieden (Ware 1996: 156-92). Der soziologische Ansatz stand vor allem im Zusammenhang mit dem Konfliktlinienmodell von Seymour Lipset und Stein Rokkan (1967), nach deren Auffassung soziale Gegensätze, die bereits vor den demokratischen Institutionen der politischen Systeme existierten, die Gestalt von Parteiensystemen bestimmten. Die Forschungen von Maurice Duverger (1959) wurden als Gegenhypothese konstruiert, der zufolge dem Wahlrecht die entscheidende Rolle bei der Entwicklung von Parteiensystemen zukomme (Amorim Neto/Cox 1997: 151). Bedingten Verhältniswahl und Mehrheitswahl mit Stichwahl Vielparteiensysteme, so führe das einfache Mehrheitswahlrecht zu Zweiparteiensystemen mit alternierenden großen und unabhängigen Parteien.9 Einigkeit bestand in der klassischen Literatur zum Wandel von Parteiensystemen jedoch darüber, dass Fragen der Parteienfinanzierung eine nachgeordnete Rolle zukäme. Bezeichnend ist das Diktum Giovanni Sartoris, dem zufolge „party finances do not explain why party systems are as they are, nor their variance across the world“ (Sartori 1976: 95). Dies hat sich in jüngster Zeit geändert. Die zeitgenössische Literatur über Parteiensystemwandel beschäftigt sich vor allem mit den „principal modes of interaction between the parties and the way in which they compete with another“ (Mair 2006; s.a. Smith 1989a; 1989b). Von Par9
William Roberts Clark und Matt Golder konnten jedoch jüngst zeigen, dass auch Duverger soziale Kräfte als entscheidende Triebkraft für die Entstehung von Parteiensystemen ansah und Institutionen, ähnlich wie Lipset und Rokkan argumentierend, nur eine wichtige Rolle dafür zubilligte, inwiefern gesellschaftliche Konflikte in Parteigegensätze transformiert wurden (Clark/Golder 2006).
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teiensystemwandel lässt sich demnach vornehmlich dann sprechen, wenn sich die Muster der Regierungsbildung ändern (Mair 1997: 207-15). Die wichtigsten Autoren, die der staatlichen Parteienfinanzierung einen nennenswerten Stellenwert für den Wandel von Parteiensystemen einräumen, sind Richard Katz und Peter Mair. Den beiden zufolge ist der Aufstieg der „party in public office“, also vor allem der Parlamentsfraktionen und ihrer Stäbe, einer von zwei Faktoren, die den gegenwärtigen Wandel von Parteiensystemen vorantreiben (Katz/Mair 2002).10 Aufbauend auf ihrer These von der Kartellisierung von Parteien respektive Parteiensystemen als Folge (unter anderem)11 ihrer zunehmenden staatlichen Finanzierung (Katz/Mair 1995), sehen sie in den staatlichen Zuwendungen auch ein wichtiges Phänomen, das mit dem Aufstieg der Parlamentsfraktionen einhergeht: „[…] the fact that the process of state subvention was often initially limited to the parliamentary fractions of the parties, that the fractions themselves often still continue to win the greater share of the total subsidy, and that it is in parliament that the final decisions are taken as to the levels and the types of subsidy to be made available, all suggest that the increasing availability of state aid is one of the key factors operating to the final advantage of those in control of public office” (Katz/Mair 2002: 123). Diese Dominanz der Parlamentsparteien hat Katz und Mair zufolge nun zwei Konsequenzen. Zum einen die – bereits diskutierte – Zentralisierung und Hierarchisierung von Parteien und zum anderen den Wandel von Parteiensystemen als Folge zunehmender Koalitionsoptionen der sich immer ähnlicher werdenden Parteien, die allesamt regierungsfähig sind (Katz/Mair 2002: 134; s.a. Mair 2006: 70). Dies ist die Essenz der postulierten Kartellisierung von Parteiensystemen. Ebenso wie beim Zusammenhang von staatlicher Parteienfinanzierung und dem Wandel von Parteien erkennt der Mainstream der Parteienforschung den öffentlichen Zuwendungen ebenfalls keinen signifikanten Einfluss auf Parteiensysteme und ihren Wandel zu (Detterbeck 2002: 276, 347). Die These von der Kartellisierung von Parteiensystemen wird mehrheitlich kritisch gesehen (Beyme 2000: 35).12 Parteiensysteme sind unabhängig von ihren Finanzierungsregimes überall im
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Der andere Faktor ist der „Sieg der Demokratie“ nach dem Zusammenbruch des Kommunismus, in dessen Zuge sowohl exkommunistische als auch Parteien der neuen radikalen Rechten salonfähig wurden (Mair 2006: 69). 11 Dieser Punkt ist sehr wichtig: Katz und Mair warten mit einem vielschichtigen Ursachenbündel für die von ihnen postulierte Kartellisierung auf. Klaus Detterbeck identifiziert neun verschiedene Erklärungsvariablen (2002: 22-4). 2002 haben Katz und Mair den Fokus ihres Arguments verschoben und auch die Frage von Ursache und Wirkung stärker differenziert. Katz begründete die Kartellisierung von Parteien und Parteiensystemen nicht länger mit der Nähe der Parteien zum Staat, sondern mit einer zunehmenden Begrenztheit des politischen Spielraums (Blyth/Katz 2005). 12 Clift und Fisher zufolge liegen der Kartellparteithese vier problematische Hypothesen zugrunde, nämlich dass Parteien erstens volle Kontrolle über von ihnen initiierte Reformprozesse haben, zweitens die Folgen dieser Reformen vorhersehbar sind, also drittens vollständige Information vorliegt
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Wandel begriffen (Naßmacher 2004: 76). Herbert Kitschelt zufolge ist dieser Wandel vor allem durch das Wahlrecht und die Beziehungen zwischen Exekutive und Legislative bedingt (2000: 159). Staatliche Parteienfinanzierung gilt zumeist nicht als verlässlicher Indikator für die Gesellschaftsferne einer Partei, die deren zivilgesellschaftliche Verwurzelung per se ausschließt und die verstärkte Kooperation der Parteien zur Folge hat (z.B. Koole 1996: 509).13 Hinzu kommt, dass auch das der Kritik an der Abschottung der Parteien von der Gesellschaft zugrunde liegende Idealbild möglichst eng mit der Gesellschaft verwobener Parteien in Frage gestellt werden kann. Alan Ware konnte für die USA des ausgehenden 19. Jahrhunderts zeigen, dass den dortigen Parteien ihre symbiotischen, in Patronage mündenden Verbindungen zur Wählerschaft zum Verhängnis geworden sind: In dem Moment, als die Kosten der Patronage zu hoch wurden, implodierten die Parteien und verloren bis auf den heutigen Tag den Großteil ihres Einflusses (Ware 1998). Der Wegfall von Patronagemöglichkeiten erklärt analog dazu auch den Zusammenbruch des italienischen Parteiensystems ab 1992 (Thelen 1999: 399). Nicht nur der Befund der Kartellisierung, sondern auch deren normative Grundlagen stehen also zumindest zur Disposition. Am Ende dieses ersten Literaturüberblicks steht deshalb zunächst das Fazit, dass Parteienfinanzierungsregimes „eher Indikator politisch-gesellschaftlicher Verhältnisse als deren Ursache“ sind (Schleth 1973: 7). Deshalb ist es wenig aussichtsreich, sich der Frage nach den Folgen von staatlicher Parteienfinanzierung anzunehmen. Kausale Beziehungen zwischen dem singulären Phänomen staatliche Parteienfinanzierung und hochkomplexen potenziellen Folgen wie dem Wandel von Parteien oder gar Parteiensystemen sind aufgrund der Unzahl an intervenierenden Variablen schlichtweg nicht beweisbar. Die staatliche Parteienfinanzierung ist vielmehr als abhängige Variable zu betrachten. Doch welche unabhängigen Variablen erklären ihrerseits die staatliche Parteienfinanzierung? Diese Frage kann jedoch, und das ist das zweite Fazit dieses ersten Literaturüberblicks, kaum beantwortet werden, ohne die Untersuchung in die Erkenntnisse anderer Bereiche vor allem der vergleichenden Politikwissenschaft einzubetten. Fragen der Parteienfinanzierung sind losgelöst von gesellschaftlichen und vor allem institutionellen Faktoren politischer Systeme kaum analysierbar.
und viertens kartellisierte Parteiensysteme in der Tat effektiv Außenseiter abhalten (Clift/Fisher 2005: 236 f.). 13 Diese Kritik an den von ihnen 1995 postulierten Zusammenhang zwischen Finanzierung und Staatsnähe der Parteien nahmen Katz und Mair 2002 zum Anlass, sich explizit gegen den Eindruck, die staatliche Parteienfinanzierung sei Ursache des Wandels von Parteien, zu wehren: „In many cases then rather than simple stimulus followed by single response, or cause followed by consequence, there develops instead a self-reinforcing process which, we argue, is now leading parties throughout the contemporary democracies to a position in which the party in public office is now truly in the ascendant” (Katz/Mair 2002: 133).
3 Die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung aus der Perspektive des neuen Institutionalismus
Im Folgenden gilt es, den soeben beleuchteten konzeptionellen Problemen vieler Thesen über die staatliche Parteienfinanzierung, die aus deren Theorieferne resultieren, zu entgehen. Deshalb wird nun zunächst die Perspektive des neuen Institutionalismus dazu verwendet, die (wenigen) bereits existierenden Erklärungsversuche für die Einführung bzw. Reform der staatlichen Parteienfinanzierung zu gliedern. Gleichzeitig soll so auch ein Überblick über die Debatte um den neuen Institutionalismus sowie die Vor- und Nachteile der drei wichtigsten neoinstitutionalistischen Ansätze gegeben werden. Auf diese Weise bildet dieser zweite Literaturüberblick in zweierlei Hinsicht die Folie, vor der dann im nächsten Kapitel die Hypothesen dieser Arbeit entwickelt werden sollen. Das zentrale Thema des neuen Institutionalismus ist die Entstehung und Entwicklung von Institutionen (Kaiser 2002b: 265), weshalb er für die Untersuchung der Einführung staatlicher Parteienfinanzierung und damit des Wandels von Parteienfinanzierungsregimes prädestiniert ist. Die grundlegende Gemeinsamkeit aller dem neuen Institutionalismus verpflichteten Ansätze ist die Annahme, dass Institutionen Akteurshandeln und deren Interaktion strukturieren, ohne diese allerdings zu determinieren. Institutionen werden definiert als „Organisationen, Regeln, Normen formaler und informeller Art, die selbst wieder Resultat von Interaktion, von sozialer Konstruktion sind“ (Kaiser 2002b: 269; ähnlich Rothstein 1996: 154). Weitere wichtige Kennzeichen von Institutionen sind ein Mindestmaß an Stabilität und der Einfluss, den sie auf individuelles Verhalten ausüben (Peters 2005: 18 f.). Der neue Institutionalismus verstand sich zunächst als Gegenbewegung gegen Behavioralismus und die klassische Theorie des Rational Choice,1 die beide den handlungsermög1
James March und Johan Olsen, die theoretischen Begründer des neuen Institutionalismus, wenden sich explizit gegen fünf Entwicklungen innerhalb der Politikwissenschaft, die sie Behavioralismus und Rational Choice zuschreiben: Erstens gegen den Kontextualismus, der Institutionen als einseitig von gesellschaftlichen Faktoren abhängig ansieht. Das neoinstitutionalistische Argument gegen diese Sichtweise ist, dass Institutionen ihrerseits ebenfalls Einfluss auf ihr gesellschaftliches Umfeld nehmen und deshalb keinesfalls nur extern determiniert werden. Aus diesem Grund wird Politik – zweitens – anders als im Reduktionalismus nicht als reine Summe individuellen Handelns angesehen. Die Annahme, die Output-Ebene von Politik würde allein durch die Interaktion von Individuen bestimmt, kontern March und Olsen mit ihrem Beispiel der Umsetzung politischer Entscheidungen: Hier käme Institutionen maßgeblicher Einfluss zu. Drittens richten sie sich gegen den Utilitarismus, der Politik als Folge von Nutzen maximierenden Wahlentscheidungen autonomer Individuen begreift. Diese
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lichenden und handlungsbeschränkenden Einfluss von Institutionen im politischen Prozess unterschätzten. Der Clou am neuen Institutionalismus war, dass Institutionen nicht allein als intermediäre Instanzen aufgefasst wurden, die Akteure in ihrer Position absichern, sondern als „social forces in their own right“ (Grafstein 1992: 1). Weder Akteure noch Institutionen wurden als entscheidende Variable zur Erklärung politischer Phänomene angesehen, vielmehr ging es dem neuen Institutionalismus darum, Interdependenzen zwischen verschiedenen Variablen aufzuzeigen (Thelen/Steinmo 1992: 13). Eins sei zugegeben: Auch der neue Institutionalismus ist mittlerweile in die Jahre gekommen. Dennoch ist gerechtfertigt, von einem „neuen“ Institutionalismus zu sprechen. Warum dies so ist, zeigt ein Blick auf den alten Institutionalismus. Auch wenn „Opas Politikwissenschaft“ gelegentlich in Schutz genommen wurde (Beyme 1996: 158), so gab es doch gute Gründe dafür, von alten Hüten Abschied zu nehmen und sich der Prämissen des eigenen theoretischen Zugangs bewusst zu werden. Dies galt allein deshalb, weil dem alten Institutionalismus verpflichtete Untersuchungen stark legalistisch (allein mit gesetzlich kodifizierten Normen befasst), strukturalistisch (die Handlungsabsichten der Akteure zu stark determiniert ansehend), holistisch (in der Regel allein ganze Staaten betrachtend), historistisch (der Vergangenheit zu starken Einfluss einräumend) und schließlich normativ (die beste aller institutionellen Ordnungen suchend) geprägt waren (Peters 2005: 6-11). All diese Verkürzungen sucht der neue Institutionalismus zu vermeiden, indem er auch informelle Normen betrachtet, den Akteuren Eigeninteressen zugesteht, sich für einzelne Teile politischer Systeme interessiert, Akteuren Handlungsmacht ohne Rückgriff auf historische Entwicklungen zugesteht und anerkennt, dass in verschiedenen Kontexten verschiedene institutionelle Arrangements optimal sein können. Sah der alte Institutionalismus Institutionen als strukturelle Gegebenheiten an, betrachtet der neue Institutionalismus diese als akteursbezogen und dynamisch, als Folge von Anreizen und Wahlmöglichkeiten (Kaiser 1997: 434). Obwohl es verschiedene Spielarten des neuen Institutionalismus gibt (die im Folgenden vorgestellt werden), geht es diesen allen um ein gemeinsames Grundproblem: „All are concerned with the difficulties in ascertaining what human actors want when the preferences expressed in politics are so radically affected by the institutional context in which these preferences are voiced“ (Immergut 1998: 25; s.a. Peters 2005: 163-5). Sichtweise ist ihnen zufolge deshalb nicht nachvollziehbar, weil sie von falschen Voraussetzungen ausgeht: Weder vollständige Information noch Wissen um die faktischen Konsequenzen einer Entscheidung (als theoretische Bedingungen Nutzen maximierenden Verhaltens) seien in der Realität anzutreffen. Viertens ist auch die Annahme des Instrumentalismus, politisches Handeln sei allein outputorientiert, d.h. auf die Lösung gesellschaftlicher Probleme gerichtet, aus neoinstitutionalistischer Perspektive nicht richtig, da sie die Bedeutung symbolischer oder manipulativer Akte vernachlässigt. Fünftens schließlich lehnen March und Olsen die Prämisse des Funktionalismus, d.h. ein teleologisches Geschichtsbild mit permanentem Fortschritt, ab. Ihnen zufolge sind Fehlanpassungen im politischen Prozess durchaus möglich, jegliche Form von Determinismen schließen sie aus.
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Da im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung der Wandel von Parteienfinanzierungsregimes steht, soll den Annahmen der einzelnen Ansätze hinsichtlich des Wandels respektive der Reformfähigkeit von Institutionen besonderes Augenmerk gelten. Grundsätzlich lassen sich drei Arten der Institutionenreform unterscheiden: institutioneller Konservatismus, pfadabhängige Institutionenreform und Pfadwechsel (Kaiser 2002a: 103-16). Mit institutionellem Konservatismus ist nicht allein die Ablehnung von Neuerungen, sondern auch die bewusste Vergegenwärtigung bzw. Akzeptanz des Status Quo gemeint. Die pfadabhängige Institutionenreform unterstellt zwar qualitativen Wandel, der allerdings der bestehenden Logik eines institutionellen Regimes folgt und bei dem die Reformoptionen aus bestimmten historischen, geographischen oder kulturellen Erfahrungsräumen stammen. Pfadabhängige Institutionenreform ist also kontextuell gebunden. Dies trifft auf den Pfadwechsel nicht zu. Im Gegenteil, bei Pfadwechseln werden im Zuge der Institutionenreform (zumindest teilweise) systemfremde, d.h. nicht den zuvor genannten Erfahrungsräumen entstammende Modelle übernommen. Die Vorstellung eines Pfadwechsels geht darauf zurück, dass auch Institutionen lernfähig sind. Transfermedien des Pfadwechsels sind vor allem die wissenschaftliche Literatur, Experten und Erkundungsbesuche politischer Akteure. Institutionenwandel kann sich kontingent (also zufällig), evolutionär (also ursprünglich zufällig, dann aber immer stärker von Selektionsmechanismen geprägt) oder intentional (also den Interessen von Akteuren folgend) vollziehen (Goodin 1996b: 24 f.). Im Folgenden sollen zunächst die drei wichtigsten Spielarten des neuen Institutionalismus,2 der Rational Choice-Institutionalismus (Kapitel 3.1), der historische Institutionalismus (Kapitel 3.2) und der normative Institutionalismus (Kapitel 3.3), vorgestellt werden. Dabei gehe ich insbesondere auf die jeweils gängigen Annahmen zum Wandel bzw. zur Reform von Institutionen und ordne den einzelnen Spielarten des neuen Institutionalismus die jeweiligen Erklärungsansätze der Parteienfinanzierungsforschung zur Einführung staatlicher Parteienfinanzierung zu.3 Zudem werden diese Ansätze sowohl theoretisch als auch empirisch kritisiert: Zum einen gehe ich auf die spezifischen Schwächen der jeweiligen Spielart des Institutionalismus ein, zum anderen überprüfe ich die empirische Haltbarkeit der jeweiligen Hypothesen zur Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung. Letzteres ge2
Kathleen Thelen (1999) und Bo Rothstein (1996) unterscheiden ebenfalls Rational Choice-, historischen und normativen Institutionalismus. André Kaiser (2002a: 57 f.; 2002b) trifft dieselbe Unterscheidung, bezeichnet den normativen Institutionalismus allerdings als strukturalistisch-kulturalistisch. Einzig Guy Peters (2005: 19-21) differenziert insgesamt sechs Spielarten des neuen Institutionalismus (neben den genannten Ausprägungen noch den empirischen, den gesellschaftlichen und den internationalen Institutionalismus), betont aber ebenfalls die besondere Bedeutung der drei vorgestellten Richtungen. 3 Auf den überaus interessanten Vorschlag von Susan Scarrow zur Erklärung von Reformen der Parteienfinanzierung wird hier nicht eingegangen, denn sie lässt explizit den institutionellen Kontext außer Acht (Scarrow 2004: 659). Ihr Ansatz wird in Kapitel 4.2 diskutiert und aufgegriffen.
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schieht vor allem anhand der hier gewählten Fälle, die ja vier grundverschiedene Parteienfinanzierungsregimes repräsentieren, aber auch anhand anderer Länder.
3.1 Rational Choice-institutionalistische Erklärungsansätze: Die Bedeutung der Interessen der Parteien Der Rational Choice-Institutionalismus begreift Institutionen als zentrale Parameter für die Wahlhandlungen politischer Akteure (Kaiser 2002b: 262). Institutionen schaffen nach dieser Lesart Erwartungssicherheit in einer strukturell unsicheren, weil unübersichtlichen Welt und ermöglichen so Kooperation in (oder besser: trotz) per se dilemmaartigen Kollektivhandlungssituationen. Dahinter steht die für alle Theorien des Rational Choice grundlegende Prämisse, dass Individuen immer zweckrational handeln, so dass sie ohne institutionelle Rahmensetzungen nicht in der Lage wären zu kooperieren. Anders als Vertreter des normativen Institutionalismus, die auch kulturelle Normen als bindend ansehen, betonen Theoretiker des Rational Choice die Bedeutung von Regeln für Institutionen, weil nur sie Individuen binden (Peters 2005: 50). Damit einher geht ein enger Institutionenbegriff, der explizit keine kulturellen Phänomene umfasst. Rational Choice-Ansätzen zufolge stellen institutionelle Regimes stets Gleichgewichte dar, innerhalb derer Individuen trotz generell widriger Bedingungen kooperationsfähig sind. Diese Sichtweise impliziert gewisse Zweifel an der Fähigkeit von Institutionen, sich zu wandeln. In der Tat entstammt auch die theoretische Begründung des institutionellen Konservatismus, nämlich die Transaktionskostenökonomik, dem Rational Choice. Mit Hilfe des Konzepts der Transaktionskosten lässt sich das Ausbleiben von Institutionenwandel in vielen Fällen erklären: Erst wenn der Nutzen einer Institutionenreform höher ist als die in aller Regel beträchtlichen Transaktionskosten, wird diese Reform nach dieser Sichtweise tatsächlich in Angriff genommen. Kaiser unterscheidet bei politischen Entscheidungen die internen Willensbildungskosten der Akteure, die Kosten der Ausarbeitung und Formulierung des Reformvorschlags, die konkreten Entscheidungskosten4 und schließlich die Kosten der Anwendung und der Kontrolle der neuen Regeln (Kaiser 2002a: 105). In der vorliegenden Arbeit wird in den beiden Fällen, in denen keine signifikante staatliche Parteienfinanzierung eingeführt wurde, nämlich in Großbritannien und Frankreich vor 1988, danach zu fragen sein, ob die Parteien schlicht die Mühen einer solchen Reform gescheut haben. Möglicherweise waren hier die Willensbildungs- oder die Entscheidungskosten zu hoch, sei es aufgrund inner- oder zwischenparteilicher Kontroversen. 4
Diese dürften vor allem in konkordanzdemokratischen Arrangements oder auch in Koalitionsregierungen aus mehreren Parteien hoch sein.
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Wenn Institutionen sich wandeln, so setzt dies in der Perspektive des Rational Choice einen Wandel der Interessen der Akteure voraus. Wandel wird demzufolge häufig intentional, nicht selten zusätzlich funktionalistisch (also als Notwendigkeit) dargestellt (Rothstein 1996: 152, 154). Aus dieser Perspektive betrachtet sind es vornehmlich die Parteien, die handeln, und zwar, so die Erwartung, in Reaktion auf eine konkrete Notwendigkeit. Dass Parteien auf der Suche nach neuen Einnahmequellen sind, verwundert aus der Perspektive des Rational Choice wenig, ist doch die Demokratie durch eine klassische (sprich: dilemmaartige) Kollektivgutsituation geprägt: Der Anreiz, für eine politische Partei zu spenden, ist für die meisten Bürger grundsätzlich gering, weil das „Produkt“ einer solchen Spende – das, wenn man von klientelistischen Arrangements absieht, nur eine funktionierende Demokratie oder der Wahlsieg der bevorzugten Partei sein kann – also ein kollektives Gut ist. Kollektive Güter jedoch öffnen Trittbrettfahrern (die nicht spenden, aber trotzdem an den Vorteilen der Demokratie respektive des Wahlsiegs einer bestimmten Partei teilhaben) Tür und Tor – darin liegt das Dilemma begründet. Staatliche Zuwendungen an politische Parteien werden also aus der Sicht des Rational Choice eingeführt, wenn konventionelle private Gelder nicht mehr oder nicht mehr ausreichend fließen: „Public sources do not start until the old sources […] had stopped flowing“ (Dahl 1971: 356; s.a. Naßmacher 2001b: 13). Faktisch läuft eine theoretisch so fundierte Sichtweise häufig auf die (dem ersten Augenschein nach sehr plausible) Argumentation hinaus, die Parteien hätten ihre staatliche Finanzierung deshalb eingeführt, weil ihre Ausgaben immer weiter angestiegen seien und durch die Einnahmen nicht mehr kompensiert werden konnten. Verantwortlich für diese Ausgabenexplosion seien in erster Linie die Massenmedien und vor allem das Fernsehen und die besonders mit der Fernsehwerbung verbundene rapide Verteuerung von Wahlkämpfen: „In the face of these dramatic increases, many parties have turned to the state for financial support, arguing that effective democracy requires vigorous parties and campaigns“ (Katz 1996: 130). Staatliche Gelder erscheinen daher als Kompensation für neuartige Kosten des politischen Wettbewerbs, die durch bisherige Finanzierungsmethoden nicht mehr zu decken waren (z.B. Alexander 1989a: 13, 20; Mendilow 1992: 90). In der Tat brachte der Aufstieg der Massenmedien nach allgemeiner Auffassung eine Kostenexplosion des politischen Wettbewerbs mit sich (Farrell/Webb 2000: 113). Die Einführung staatlicher Zuwendungen an politische Parteien erscheint aus dieser Sichtweise umso plausibler, als mit den steigenden Ausgaben auch sinkende Einnahmen der Parteien, vor allem in Folge des nach 1970 allerorten einsetzenden Mitgliederrückganges und der sinkenden Parteibindung der Wähler, einhergingen (Naßmacher 1993: 234; s.a. Katz/Mair 1995: 15-20; Brändle 2002: 148-53). Dennoch sind die steigenden Ausgaben als Ursache für die Einführung staatlicher Parteienfinanzierung, wiewohl sicherlich im Einzelfall einflussreich, nicht generell ausschlaggebend. Die Fernsehwerbung etwa kann nicht Ursache für die Kosten-
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explosion auf der Ausgabenseite der Parteien sein: Der Kauf von Werbezeiten ist beispielsweise in Großbritannien und Österreich verboten, trotzdem kam es in beiden Ländern zu einer Ausgabensteigerung in etwa der gleichen Größenordnung wie in den anderen etablierten Demokratien (Naßmacher 2002: 9). Wichtiger als die absolute Entwicklung der Ausgaben der Parteien ist deren inflationsbereinigter Verlauf – hier sind die Kosten des politischen Wettbewerbs in den letzten 35 Jahren in allen etablierten Demokratien außerordentlich konstant (Naßmacher 2002: 14). Michael Pinto-Duschinksy kommt sogar zu der „surprising conclusion that oldfashioned, face-to-face politicking costs more than the new mass-marketing, mediaheavy approach“ (Pinto-Duschinksy 2002: 83). Bleiben also die versiegenden Einnahmen der Parteien als potenzielle Ursache für die Einführung staatlicher Parteienfinanzierung. Diese Hypothese wird zumindest vom britischen Fall widerlegt: Mitte der 1970er Jahre wurde eine Kommission eingesetzt, die sich mit der Frage auseinandersetze, ob eine staatliche Parteienfinanzierung in Großbritannien eingeführt werden solle. Die katastrophale finanzielle Situation der britischen Parteien wurde explizit als Ursache für die Einsetzung der Kommission benannt, die dann auch tatsächlich die Einführung von öffentlichen Zuwendungen an Parteien vorschlug (Houghton 1976) – ohne dass etwas geschah. Auch die Entwicklungen auf der Einnahmeseite der Parteien vermögen die Einführung der öffentlichen Zuwendungen also letztlich nicht zu erklären. Die eingangs erwähnte Betonung von institutionellen Gleichgewichten in den Theorien des Rational Choice legt hinsichtlich der Einführung staatlicher Parteienfinanzierung neben dem Kostenanstieg eine weitere Hypothese nahe: Reformen des bestehenden Finanzierungsregimes werden dann wahrscheinlich, wenn sich das Gleichgewicht der Finanzkraft der Parteien ändert (Clift/Fisher 2004: 682). Dagegen steht die Hypothese, dass regierende Parteien mit Hilfe der Einführung der staatlichen Zuwendungen Nachteile ausgleichen wollen, die ihnen im bestehenden System der Parteienfinanzierung erwachsen würden (Brändle 2002: 154-63). In diesem Fall würde das bestehende Gleichgewicht bewusst geändert. Weil sie über eine Parlamentsmehrheit verfügten, fiele es regierenden Parteien am leichtesten, ihre finanzielle Situation durch staatlichen Zuwendungen auf Kosten anderer Parteien zu verbessern (dazu Alexander 1989a: 14). Dass regierende Parteien sich mit staatlichen Zuwendungen stets Vorteile gegenüber der Opposition verschaffen wollen, kann am Beispiel eines hier untersuchten Falles bezweifelt werden: 1966 begünstigte in Deutschland die regierende große Koalition bei der Reform der Parteienfinanzierung die oppositionelle FDP: Als Kompensation für die (vom Verfassungsgericht angemahnte) Abschaffung des Sockelbetrags der direkten Zuwendungen an die Parteien wurde die staatliche Finanzierung der parteinahen Stiftungen und ein Sockelbetrag bei der Fraktionsfinanzierung eingeführt – beides kam der FDP als kleiner Partei zugute (Schleth 1973: 241). In Deutschland wurde offensichtlich am bestehenden Gleichgewicht fest-
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gehalten. Schweden mag als Beispiel für ein Land dienen, in dem dies nicht der Fall war. Hier begünstigten die eingeführten staatlichen Zuwendungen eindeutig die regierenden Sozialdemokraten (Gidlund 1983: 262). Strategische Gleichgewichte spielen in den Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung also nicht die zentrale Rolle, die ihnen von Rational Choice-basierten Ansätzen zugeschrieben wird. Insgesamt erscheint die dem Rational Choice eigene Vorstellung des intentionalen Wandels nicht nur aus empirischer, sondern auch aus theoretischer Perspektive kritikwürdig. Ben Clift und Justin Fisher konnten empirisch zeigen, dass Vorstellungen intentionalen Wandels die jüngsten Reformen der Parteienfinanzierung in Großbritannien und Frankreich nicht erklären können (2004: 696). Theoretisch lässt sich bemängeln, dass die Vorstellung intentionalen Wandels die Existenz nur eines maßgeblichen Designers von Institutionen unterstellt. Faktisch treten bei der Reform von Institutionen jedoch konkurrierende Gruppen mit verschiedenen Intentionen auf (Goodin 1996b: 27). Anders formuliert wird bei der Anwendung Rational Choice-basierter Theorien auf den politischen Wettbewerb gern vernachlässigt, dass hier – anders als im ökonomischen Wettbewerb – die Verlierer (sei es von Wahlen oder bestimmten Entscheidungen) nicht verschwinden und demnach berücksichtigt werden müssen, nicht zuletzt weil sie die Gewinner von morgen sein können. Trotz der begrenzten Erklärungskraft intentionaler Ansätze für die Einführung staatlicher Parteienfinanzierung soll der Rational Choice-Institutionalismus im Folgenden berücksichtigt werden. Als besonders wichtig erscheint dessen Prämisse, dass alles Handeln von Akteuren interessegeleitet ist und durch Institutionen strukturiert wird. Der Einfluss vergangener Entscheidungen und die Frage nach der Herkunft der Interessen und Ziele der Akteure, sprich der Parteien, sollte allerdings stärker einbezogen werden. Setzt man die Präferenzen der Akteure unhinterfragt als gegeben voraus, so wird letztlich die abhängige Variable benutzt, um die unabhängige zu erklären (Rothstein 1996: 148). Eine Unterscheidung zwischen originären Zielen von Akteuren und schlichtem strategischen Handeln ist so nicht mehr möglich. Deshalb bedarf es der historischen und kulturellen Einbettung des interessegeleiteten Handelns von Akteuren, der sich die beiden anderen vorzustellenden Spielarten des neuen Institutionalismus verschrieben haben.
3.2 Historisch-institutionalistische Erklärungsansätze: Die Bedeutung der pfadabhängigen Entwicklung von institutionellen Regimes Der historische Institutionalismus legt zentralen Wert auf die Feststellung, dass die Entscheidungen, die in einer frühen, formativen Phase von Politikbereichen getroffen wurden, auch auf alle nachfolgenden Entscheidungen wichtigen Einfluss ausüben (Peters 2005: 71). Anders formuliert sind Reformen institutioneller Regimes
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aus dieser Perspektive in aller Regel pfadabhängig. Die Vergangenheit ist auch bei aktuellen Entscheidungen stets von Bedeutung. Dort, wo der Rational ChoiceInstitutionalismus die Gleichgewichtsfunktion von Institutionen betont, sieht dessen historisches Pendant Institutionen also als Folge historischer Prozesse an (Thelen 1999: 382). Eine weitere wichtige Abgrenzung zum Rational ChoiceInstitutionalismus ist die Präferenzbildung der Akteure: Rational ChoiceInstitutionalisten argumentieren, dass die Akteure ihre Präferenzen vornehmlich exogen entwickeln, d.h. ungebunden von ihrem konkreten Handlungskontext. Historische Institutionalisten hingegen betonen die endogene Präferenzbildung, sehen die Interessen von Akteuren also als kontextuell beeinflusst, nicht aber gebunden, an. Der historische Institutionalismus nimmt damit eine Mittelposition zwischen Rational Choice und dem noch vorzustellenden normativen Institutionalismus ein. Nach der Lesart des historischen Institutionalismus haben Institutionen im Zusammenhang mit Entscheidungsprozessen zwei verschiedene wesentliche Funktionen: „On the one hand, the organization of policy-making affects the degree of power that any one set of actors has over the policy outcomes. […] On the other hand, organizational position also influences an actor’s definition of his own interests, by establishing his institutional responsibilities and relationship to other actors“ (Hall 1986: 19). Institutionen legen also nicht nur fest, über wie viel Entscheidungsmacht Akteure verfügen, sie beeinflussen auch die Ziele, die Akteure in Entscheidungssituationen verfolgen. Folglich bestimmen Institutionen die Diskrepanz zwischen den logischen Präferenzen der Akteure und deren faktischem Handeln. Um die faktischen Ziele der Akteure ausfindig zu machen, bedarf es der historischen Methode (Thelen/Steinmo 1992: 9). Anders als im Rational Choice-Institutionalismus wird in den Vorstellungen, die historische Institutionalisten vom Wandel von Institutionen haben, davon ausgegangen, dass auch unintendierter Institutionenwandel stattfinden kann. Vor allem jedoch sucht der historische Institutionalismus nach bestimmte Situationen (critical junctures), die es Akteuren ermöglichen, ihre Machtbasis durch Institutionen zu erweitern (Rothstein 1996: 154). Der Wandel von Institutionen trägt nach dieser Lesart – vor allem aufgrund der unterstellten Pfadabhängigkeit – vornehmlich evolutionären Charakter. Die Grundannahme ist, dass ähnliche Ideen in ähnlichen Kontexten aufgegriffen und umgesetzt werden. Vorstellbar ist die sich ergebende pfadabhängige Institutionenreform in zweierlei Art und Weise. Erstens als Lernen von pfadnahen Ländern, bei dem die Reformoptionen aus wie erwähnt verwandten historischen, geographischen oder kulturellen Erfahrungsräumen stammen. Diese Art des Wandels von Parteienfinanzierungsregimes ist vor allem als Politikdiffusion vorstellbar, also als Übernahme des Modells der staatlichen Parteienfinanzierung aus anderen, pfadnahen Ländern. Politikdiffusion kann definiert werden als „lesson-drawing across national boundaries“ (Rose 1991: 45). Für die Einführung staatlicher Parteienfinanzierung hat Lauri
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Karvonen (1981) gezeigt, welch wichtigen Einfluss das schwedische Modell auf die Einführung der Zuwendungen in Finnland im Dezember 1966 – ein Jahr nach der Verabschiedung des schwedischen Gesetzes zur Parteienfinanzierung – hatte. Die sozialdemokratisch geführte finnische Regierungskoalition debattierte damals lediglich noch die Strategie zur Umsetzung der anvisierten neuen Regelung, nicht aber deren Inhalte, die weitgehend durch das schwedische Vorbild vorgegeben waren. Die in Finnland auf Vorschlag der Regierung eingeführte Regelung zur staatlichen Parteienfinanzierung sah ähnlich wie die schwedische an keinerlei Verwendungszweck gebundene Zahlungen vor, die ebenfalls nach der Zahl der Parlamentsmandate bemessen wurden und keinerlei Kontrolle unterlagen (Karvonen 1981: 170-9). Die sozialdemokratische Partei Finnlands, die auf allen Organisationsebenen in regelmäßigem Kontakt mit ihrer skandinavischen Schwesterpartei stand, fungierte dabei als „Diffusionsagent“ ( Karvonen 1981: 175). Pfadabhängige Institutionenreform auf dem Wege der Politikdiffusion spielt für die Einführung staatlicher Parteienfinanzierung eine sehr wichtige Rolle. Oftmals wurden Regelungen anderer Länder faktisch nur an den eigenen Kontext angepasst. Vor allem das bundesdeutsche Beispiel nahm eine wichtige Vorbildfunktion ein (Beyme 1984: 257 f.). Im empirischen Teil der Arbeit wird zu zeigen sein, dass Entscheidungen über staatliche Parteienfinanzierung – vor allem in Schweden und in Großbritannien – selten ohne die Einsetzung von Kommissionen abliefen, die sich stets auch an der Praxis anderer Länder orientierten. Das Beispiel der iberischen Halbinsel verdeutlicht jedoch die Grenzen dieses Ansatzes zur Erklärung der Einführung staatlicher Parteienfinanzierung. Ausgehend von ähnlichen Bedingungen in einem ähnlichen kulturellen Kontext, nahm sich Portugal bei der Regelung der Parteienfinanzierung im Zuge der Transformation zur Demokratie Ende der 1970er Jahre die italienische Gesetzgebung als Vorbild (Schefold 1992: 499). In Spanien hingegen kam es in derselben Situation zu nahezu keiner Anhörung von Experten oder Versuchen, Informationen über Modalitäten der Parteienfinanzierung in anderen Ländern zu ermitteln. Stattdessen wurde eine staatliche Parteienfinanzierung sui generis ohne nennenswerte Übernahme anderer Modelle eingeführt (Gillespie 1998: 74). Die Politikdiffusion als Spielart der pfadabhängigen Institutionenreform verfügt also über eine durchaus bemerkenswerte, aber letztlich begrenzte Erklärungsmacht. Ganz ähnlich ist es um den zweiten Erklärungsansatz bestellt, der ebenfalls dem historischen Institutionalismus verhaftet ist. Jon Pierre, Lars Svåsand und Anders Widfeldt verstehen die Einführung staatlicher Parteienfinanzierung explizit als pfadabhängiges Phänomen: „The emergence of public subsidies to parties, we argue, is a path-dependent response to the parties’ financial problems. That is to say, subsidies were introduced in countries with distinctly state-centric regimes and a strong societal belief in the state as a regulator, provider and mediator“ (Pierre/ Svåsand/Widfeldt 2000: 19). Die Autoren sehen staatliche Parteienfinanzierung als
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Indikator der „Staatsgläubigkeit“, des Etatismus, von Gesellschaften an. Die finanziellen Probleme der Parteien wirken allenfalls noch als Trigger-Effekte. Für den Fall Schwedens sehen Pierre et al. die staatlichen Zuwendungen als Konsequenz des Ausbaus des Sozialstaats, nicht als einen Akt egoistisch-rationaler Interessenverfolgung der Politiker an (ebd.). Diese Perspektive verdeutlicht sehr anschaulich die Unterschiede zwischen historischem und Rational Choice-Institutionalismus: Unterstellen Rational Choice-basierte Ansätze allein Interessen der Akteure, aus denen sich Lösungen gleichsam von selbst ergeben, erkennt der historische Institutionalismus zwar die Wirkungsmacht von Interessen an, gesteht diesen aber je nach ideellem und institutionellem Handlungskontext und historischem Hintergrund verschiedene – auch unintendierte – Folgen zu. Die These von Pierre et al. verdeutlicht aber auch, dass Rational Choice-basierter und historischer Institutionalismus prinzipiell vereinbar sind: Rationale Interessen und historisch bedingte Handlungskontexte schließen einander nicht aus (s.a. Thelen 1999). Dennoch: Die Vorstellung, staatliche Parteienfinanzierung sei ein Teil der Ausweitung des Sozialstaates in etatistischen Gesellschaften, ist trotz ihrer beachtlichen empirischen Evidenz 5 nicht ohne Gegenbeispiel. In Frankreich blieb eine staatliche Parteienfinanzierung trotz eines hohen Maßes an Etatismus lange aus. Nach 1945 stellte der Staat hier die nahezu allein maßgebliche „Modernisierungsagentur“ dar, was von der Gesamtheit der Parteien nicht in Frage gestellt wurde (Uterwedde 1999: 202; s.a. 202-10). Der Staat wurde so zum zentralen Adressaten von Regulierungs-, Bereitstellungs- und Vermittlungsansprüchen, eine Vorstellung, die im Begriff der planification kumulierte – der bis zur Mitte der 1980er Jahre ebenfalls eine zentrale Stellung im Vokabular aller Parteien einnahm (s.a. Haensch/Tümmers 1998: 347-56). Auch die politische Kultur des Landes war nach 1945 im Zuge des ökonomischen Aufschwungs bis zum Ende der 1970er Jahre durch einen „unerschütterlichen Kult der vormundschaftlichen öffentlichen Gewalt“ geprägt (Denis Oliviennes zitiert nach Christadler 1999: 292). Gemäß der Logik des zuletzt dargestellten Ansatzes hätte Frankreich also prädestiniert sein müssen für die Einführung staatlicher Parteienfinanzierung – die aber paradoxerweise erst 1988, in einer Phase der groß angelegten Entstaatlichung und der Abkehr von der etatistischen politischen Kultur, eingeführt und seitdem trotz Anhalten dieser Trends sogar auf ein mit Deutschland vergleichbares Niveau erhöht wurde. Michael Brändle vertritt die dem Ansatz von Pierre et al. ähnelnde Hypothese, dass eine starke Position der Parteien im politischen System sowie links positionierte Regierungsparteien die Einführung staatlicher Parteienfinanzierung begünstigten (Brändle 2002: 177-9, 174-6). In der Tat ließe sich so wiederum erklären, warum die 5
Anstelle vieler Fälle sei auf die Niederlande verwiesen, wo die bis Ende der 1980er Jahre relativ geringe Staatsquote auf die traditionelle Selbstreferentialität der Konservativen und die Staatsferne der Liberalen zurückgeführt wurde (Koole 1989: 210, 215).
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Zuwendungen in Frankreich zunächst lange Zeit nicht eingeführt wurden, herrscht doch dort ein tief verwurzelter „Antiparteienaffekt“ vor (Kimmel 1991). Andererseits: Letztlich kam es in Frankreich ja doch zur Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung, also scheint die zentrale Stellung der Parteien im politischen System doch keinen entscheidenden Einfluss auf die Zuwendungen zu haben. Auch waren es keinesfalls immer links positionierte Parteien, die die öffentlichen Subventionen eingeführt haben. In Deutschland etwa sprachen sich, wie zu zeigen sein wird, lange Zeit allein die Union und die FDP für die Zuwendungen aus, während sich die SPD abwartend verhielt. An dieser Stelle dürfte deutlich geworden sein, wo das große Problem aller mit Hilfe des historischen Institutionalismus aufgestellten Hypothesen über den Wandel von Institutionen liegt: Sie sind oftmals schwer zu falsifizieren (Immergut 1998: 26). Irgendeine Erklärung passt immer: Wird staatliche Parteienfinanzierung eingeführt, lag es an der Tradition des Etatismus, bleibt es bei einer privaten Finanzierung des politischen Wettbewerbs, geht dies eben auf die schwachen Parteien zurück. Von Kathleen Thelen stammt indes ein viel versprechender Vorschlag, wie Institutionenwandel aus historischer Perspektive und dennoch falsifizierbar untersucht werden kann: Ihrer Ansicht zufolge gilt es, die Reproduktionsmechanismen hinter institutionellen Arrangements aufzuzeigen. Werden diese Mechanismen erschüttert, wird Institutionenwandel möglich. Zwei solcher Reproduktionsmechanismen, mit deren Hilfe critical junctures in dauerhafte institutionelle Arrangements übersetzt werden, sind zu unterscheiden (Thelen 1999: 392-4). Zum einen existieren institutionelle Anreizstrukturen, die dafür sorgen, dass Akteure ihre Strategien an bestehende Institutionen adaptieren und damit deren Logik bestärken, zum anderen wirken Verteilungseffekte, die dafür sorgen, dass bestimmte Politikinhalte unterdrückt werden, weil Institutionen bestimmte Akteure belohnen und andere bestrafen. Will man diese Anreizstrukturen und Verteilungseffekte für Parteienfinanzierungsregimes aufzeigen, bedarf es eines dynamischen Institutionenbegriffs, der funktionale institutionelle Äquivalente in verschiedenen Ländern vergleichend darstellbar werden lässt, damit die Grundlagen der jeweiligen Parteienfinanzierungsregimes herausgearbeitet werden können, ohne dass davon ausgegangen wird, dass die involvierten Institutionen in allen Politikbereichen dieselbe Funktion erfüllen. Ein solcher dynamischer Institutionenbegriffs, wie er in Kapitel 2.1 entwickelt wurde (und in Kapitel 4.2 auszuführen sein wird), ermöglicht es, das Handeln von Akteuren in Institutionen als interessengeleitet und historisch-kontextuell beeinflusst zu begreifen. Lässt sich das Problem der Falsifizierbarkeit seiner Hypothesen im Falle des historischen Institutionalismus noch lösen, so ist dies für den normativen Institutionalismus aufgrund seines weit reichenden Institutionenbegriffs nahezu unmöglich.
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3.3 Normativ-institutionalistische Erklärungsansätze: Die Bedeutung von gesellschaftlichen Normen Der normative Institutionalismus betont besonders die Einbettung der Akteure in handlungsleitende institutionelle Strukturen. Dementsprechend liegt ihm der am weitesten reichende Institutionenbegriff zugrunde: Nach seiner Lesart definieren und verteidigen Institutionen Werte, Normen, Interessen, Identitäten und Überzeugungen (March/Olsen 1989: 17). Akteure werden also durch institutionelle Arrangements nicht nur beeinflusst, sondern bisweilen gar bestimmt. Institutionen werden demgemäß definiert als „collections of interrelated rules and routines that define appropriate actions in terms of relations between rules and situations“ (March/Olsen 1989: 21). Normativ ist der normative Institutionalismus deshalb, weil er Normen und Werte (die ja als Institutionen begriffen werden) als erklärende Variablen ansieht. Solche Normen legen nach dieser Lesart angemessenes Verhalten fest: „The institution defines a set of behavioural expectations for individuals in positions within the institutions and then reinforces behaviour that is appropriate for the role and sanctions behaviour that is inappropriate“ (Peters 2005: 31; s.a. March/Olsen 1984: 741). Der daraus folgenden, institutionell determinierten „logic of appropriateness“ (March/Olsen 1989: 55) kommt nach dieser Lesart eine enorm wichtige Rolle für den Ablauf politischer Prozesse zu. Der normative Institutionalismus wendet sich gegen einige Prämissen der Rational Choice-basierten Spielart des neuen Institutionalismus. Zum einen gesteht er den Akteuren, eben wegen ihrer (partiellen) kulturellen Determiniertheit, nur eine eingeschränkte Rationalität zu, zum anderen versteht er Institutionen nicht als aggregativ (im Sinne einer vom Rational Choice postulierten Anhäufung individueller Interessen in Institutionen), sondern als integrativ, d.h. die Akteure gemäß der jeweils vorherrschenden Angemessenheitslogik bindend (Peters 2005: 28). Der Wandel von Institutionen hat nach dieser Lesart den zufälligsten Charakter von allen hier vorgestellten Spielarten des neuen Institutionalismus. Institutionen werden vorgestellt wie Korallenriffe, d.h. jeder Akteur trägt eine neue Schicht auf die bestehenden alten Strukturen auf, die jedoch nicht verschwinden (Rothstein 1996: 152). Dies bedeutet faktisch eine Absage an jede Form des intentionalen Institutionenwandels. Stattdessen wird dieser als letztlich kontingent, ja oftmals gar irrtümlich aufgefasst: March und Olsen gehen davon aus, dass „efforts to reform political institutions are often unsuccessful in accomplishing precisely what was intended, but that institutional processes make change possible“ (1989: 53). Ihr garbage can-Institutionenmodell geht davon aus, dass Akteure in institutionellen Arrangements Problemlösungen gleichsam in Vorratskisten aufbewahren und im Fall von institutionellen Krisen den Problemen überstülpen – March und Olsen haben dafür das einprägsame Bild des „solutions looking for problems“ geprägt (Cohen/March/Olsen 1972: 16).
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Ein Beispiel dafür, wie eine kulturelle Angemessenheitslogik Parteien zu staatlichen Zuwendungen verhelfen kann, ist das Bild von Parteien als „public utilities“ (Biezen 2004), d.h. als „an agency performing a service in which the public has a special interest sufficient to justify governmental regulatory control, along with the extension of legal privileges, but not governmental ownership of all the agency’s activities“ (Epstein 1986: 157). Nach dieser Lesart hat ihre steigende Akzeptanz als intermediäre Institutionen den Parteien zunächst zu mehr Legitimität und schließlich zu öffentlichen Subventionen verholfen (Biezen 2004: 704). Die Parteien haben sich die Zuwendungen gemäß der gesellschaftlich dominanten Angemessenheitslogik regelrecht „verdient“. Diese Vorstellung ist zweifelsohne eng verwandt mit der historisch-institutionalistischen Hypothese von staatlicher Parteienfinanzierung als Teil der Ausweitung des Sozialstaates, zielt aber stärker auf kulturelle Normen (und nicht formale oder informelle Institutionen im engeren Sinne) ab, die Parteien Macht und schließlich Geld zuweisen. Dieses Argument ist insbesondere in Bezug auf Schweden ins Feld geführt worden: „Die Ansicht, dass der Staat den aus demokratischer Perspektive wichtigen ‚Impulsvermittler’ stützen müsse, führte schließlich […] zu den Regierungsvorlagen zur staatlichen Parteienfinanzierung“ (Gidlund 1983: 138). Es stellt sich allerdings die Frage, wie zwischen dem Versuch der Parteien, ihre eigene Subventionierung als Dienst an der Demokratie darzustellen, und einer faktischen Vorrangstellung der Parteien aufgrund allseits akzeptierter kultureller Normen unterschieden werden soll. Das bereits angesprochene Problem der mangelnden Falsifizierbarkeit gilt für den normativen Institutionalismus in noch höherem Maße als für sein historisches Pendant. Dass staatliche Zuwendungen an politische Parteien auch dem erwähnten garbage can-Modell gemäß eingeführt werden können, zeigen Clift und Fisher. Sie wenden das Postulat des normativen Institutionalismus, dem zufolge Institutionenwandel häufig auf eine immer größer und schließlich zu große Diskrepanz zwischen den idealen Normen und der Realität zurückzuführen ist (Brunsson/Olsen 1993), auf den Bereich der Parteienfinanzierung an (Clift/Fisher 2004: 681 f.). Nach dieser Lesart sind es vor allem Korruptionsskandale, die zu einem starken Legitimationsverlust der Parteien im bestehenden System der Parteienfinanzierung führen und somit die Einführung der staatlichen Subventionen begünstigen (s.a. Brändle 2002: 169-72). In der Tat können Korruptionsskandale die Situation, in der über Reformen der staatlichen Parteienfinanzierung diskutiert wird, so stark prägen, dass sie als potenzielle unabhängige Variable berücksichtigt werden sollen. Wie mit Hilfe des Diskurskonzepts dem Problem der Falsifizierbarkeit normativ-institutionalistischer Ansätze entgangen werden soll, wird in Kapitel 4.2 zu klären sein. Warum der normative Institutionalismus so große Probleme mit der Falsifizierung seiner Hypothesen hat, verdeutlicht eine weitere Hypothese von Clift und Fisher (2004: 680, 690). Die beiden Autoren erklären die Einführung staatlicher Parteienfinanzierung in Frankreich – im Gegensatz zum nach wie vor überwiegend
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privat finanzierten Parteienwettbewerb in Großbritannien – folgendermaßen: Staaten mit voluntaristischen Idealvorstellungen von Politik wie Großbritannien bleiben demnach staatlichen Interventionen (und damit auch Geldern) abhold, während in eher etatistischen Staaten wie Frankreich die öffentlichen Zuwendungen mit höherer Wahrscheinlichkeit eingeführt werden. Die Nähe zum historischinstitutionalistischen Argument von der staatlichen Parteienfinanzierung als Teil der Ausweitung des Sozialstaates ist unverkennbar. Allerdings geht es bei letzterem um die Pfadabhängigkeit der zugrunde liegenden institutionellen Arrangements, die von Normen beeinflusst werden, während die Normen selbst Institutionen sind und die politische Entwicklung determinieren. Das Dilemma der Beweisbarkeit wird dadurch erheblich vergrößert: Wenn die etatistische Tradition in Frankreich eine Institution ist, dann muss es auch der erwähnte Antiparteienaffekt sein. Was tun also bei einer Kollision widerstreitender Normen? Ferner fragt sich, warum die staatliche Parteienfinanzierung in Frankreich ausgerechnet eingeführt wurde, als das öffentliche Vertrauen in den Staat zum ersten Mal seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs sank, die etatistischen Normen also gesellschaftlich in Frage gestellt wurden (Ruß 1993: 82-6). Der normative Institutionalismus manövriert sich durch seinen weiten Institutionenbegriff in Aporien, aus denen er sich von allein schwerlich befreien kann. Faktisch ist in diesem Fall eine Unterscheidung zwischen Kultur und Institution nicht mehr möglich (Kaiser 2002b: 262 f.). Eingängig formuliert folgt daraus: „if it [der Institutionenbegriff, M.K.] is everything, then it means nothing“ (Rothstein 1996: 154). Wer davon ausgeht, dass Institutionen und Akteure einer kulturell geprägten Angemessenheitslogik folgen, argumentiert Renate Mayntz und Fritz Scharpf zufolge „krypto-deterministisch“ (1995b: 45). „Kultur“ tritt nach dieser Lesart immer dann als deus ex machina auf den Plan, wenn das Verhalten von Akteuren anders nicht mehr erklärbar ist. Deshalb soll im Folgenden ein Institutionenbegriff zugrunde gelegt werden, der explizit keine kulturellen Phänomene umfasst. Aus diesem Grund gestehe ich gesellschaftlich vorherrschenden Normen auch nur eine begrenzte Erklärungskraft für die Einführung und Reform der staatlichen Parteienfinanzierung zu. Anders als von normativen Institutionalisten postuliert, sollen diese im Folgenden nicht als institutionell determiniert angesehen werden. Der hier verwendete engere Institutionenbegriff sucht allein Rational Choice-basierten und historischen Institutionalismus zu vereinen. Die Ablehnung einer institutionellen Determiniertheit – wie sie etwa die kulturelle Angemessenheitslogik unterstellt – impliziert, dass politisch-kulturelle Phänomene die Parteien als politische Akteure zwar beeinflussen, sie in ihrem Handeln aber keinesfalls determinieren. Von den diskutierten normativen Erklärungshypothesen für die Einführung und Reform der staatlichen Parteienfinanzierung soll allein diejenige übernommen werden, die eine Diskrepanz von idealen Normen und politischer Realität im Zuge von (vermeintlichen oder realen) Fällen politischer Korruption als Ursache für die Einführung
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staatlicher Parteienfinanzierung ansieht (s. Kapitel 4.2). Parteien können dem öffentlichen Diskurs über politische Korruption und seinen Implikationen Folge leisten, müssen dies aber keinesfalls. Als Fazit aus diesem Überblick über die verschiedenen Erklärungshypothesen zur Einführung staatlicher Parteienfinanzierung lässt sich feststellen, dass der rein intentionale Charakter des Wandels von Parteienfinanzierungsregimes, wie ihn Rational Choice-basierte Ansätze postulieren, stark in Zweifel gezogen werden kann. Der Rational Choice-Institutionalismus soll deshalb historisch eingebettet und um die Unterstellung der pfadabhängigen Entwicklung institutioneller Regimes – inklusive des pfadnahen Lernens und der Möglichkeit des Pfadwechsels – erweitert werden. Anders formuliert sollen die Interessen der Parteien in ihrem institutionellen und historischen (und, was den Diskurs über die Korruption in der Politik angeht, auch gesellschaftlichen) Kontext analysiert werden. Die eine Erklärung für die Einführung staatlicher Parteienfinanzierung, soviel dürfte klar geworden sein, lässt sich schwerlich finden. Offensichtlich gibt es viele Ursachen, die öffentliche Zuwendungen an Parteien als Option erscheinen lassen (s.a. Brändle 2002: 187). Alle vorgestellten Erklärungsansätze für sich genommen stellen deshalb potenzielle Ursachen, aber eben keine notwendige Bedingung für die Einführung staatlicher Zuwendungen an politische Parteien dar. Bei der Erzielung eines überparteilichen Konsenses, so die im Folgenden zu erläuternde erste Hypothese dieser Arbeit, handelt es sich hingegen um eine notwendige Bedingung für positive Entscheidungen über staatliche Parteienfinanzierung.
4 Die Hypothesen: Der Konsens der Parteien und seine Operationalisierung
In diesem Kapitel geht es darum, die Hypothesen vorzustellen, die im dritten Teil der Untersuchung überprüft werden sollen. Zunächst gehe ich auf den Zusammenhang zwischen einem Konsens der Parteien und der Einführung bzw. Reform der staatlichen Parteienfinanzierung ein (Kapitel 4.1). Die Einführung bzw. Reform der staatlichen Parteienfinanzierung stellt einen so grundlegenden Eingriff in den politischen Wettbewerb dar, dass dafür die Zustimmung aller relevanten Parteien benötigt wird. Dann gilt es, die Hypothese vom Konsens der Parteien als notwendiger Bedingung für die Reform der staatlichen Parteienfinanzierung zu operationalisieren, anders formuliert: diejenigen hinreichenden Bedingungen herauszuarbeiten, die gegeben sein müssen, damit die Parteien einen Konsens über ihre Finanzierung erzielen können (Kapitel 4.2). Dazu werden auf der Grundlage des akteurzentrierten Institutionalismus die institutionellen Entscheidungspunkte, die Ziele der Parteien und die Diskurse über die Korruption in der Politik als unabhängige Variablen herangezogen. 4.1 Der Konsens der Parteien als notwendige Bedingung für die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung Ein Zusammenhang zwischen der Konsensorientierung der politischen Parteien und ihrer staatlichen Finanzierung wurde in Schweden bereits in den 1960er Jahren vermutet. Der Politikwissenschaftler Herbert Tingsten bezeichnete 1966 die im Jahr zuvor eingeführte staatliche Parteienfinanzierung als Beispiel für das „Dilemma der harmonischen Demokratie“ (Tingsten 1966). Ihm zufolge waren die Gemeinsamkeiten zwischen den Parteien so groß geworden, dass der Staat gezwungen war, der politischen Debatte Leben einzuhauchen. Die staatliche Parteienfinanzierung habe nur aufgrund des hohen Maßes an Einvernehmen zwischen den Parteien eingeführt werden können: „Besonders in der Forderung nach staatlichen Zuwendungen an Parteien kulminiert die Entwicklung hin zu einer Wertegemeinschaft und Zusammengehörigkeit“ (Tingsten 1966: 65). Tingsten verfolgte die Frage nach dem Zusammenhang zwischen der Konsensorientierung der Parteien und ihrer staatlichen Finanzierung jedoch nicht weiter, ihm lag vornehmlich an einem Plädoyer für eine Allparteienregierung, nicht an der Analyse einer bestimmten politischen Entscheidung. Tingsten trat für die Fortsetzung der Allparteienregierung in Schweden auch
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über das Ende des Zweiten Weltkriegs hinaus ein, weil seiner Meinung nach die ideologischen Unterschiede zwischen den schwedischen Parteien zunehmend im Verschwinden begriffen waren. Die Argumentation Tingstens enthält den einfachen, aber überaus wichtigen Gedanken, dass die Einführung staatlicher Parteienfinanzierung maßgeblich von der Fähigkeit der Parteien abhängt, sich über dieses Thema zu einigen. Weniger wichtig, weil zu sehr auf Schweden bezogen, erscheint hingegen die Betonung der „Harmonie“ zwischen den Parteien: Weniger herzliche Grundlagen einer Einigung sind durchaus denkbar. Warum ist eine einvernehmliche Einigung, ein Konsens im Bereich der staatlichen Parteienfinanzierung, grundsätzlich so wichtig? Dies liegt am besonderen Charakter derartiger Entscheidungen, die der Gesetzgeber, und damit die (Partei)Politiker, gleichsam in eigener Sache treffen (Schneider 1988). Daraus folgt zweierlei: Zum einen betrifft eine solche Entscheidung nur die im Parlament vertretenen Parteien, zum anderen wird sie auch allein von diesen vorgenommen. Nicht ohne Grund bezeichnet André Kaiser Institutionenreformen aufgrund des eng begrenzten Kreises von entscheidenden Akteuren generell als „Elitenangelegenheit“ (Kaiser 2002a: 424). Die Einführung staatlicher Parteienfinanzierung ist nicht Angelegenheit irgendeiner Elite, sie kann noch enger gefasst werden als ein Projekt der politischen Klasse eines Landes. Jens Borchert definiert die politische Klasse als diejenigen Politiker, die sowohl von der Politik leben als auch über ein gemeinsames berufliches Interesse verfügen (Borchert 2003a: 102; 2003b: 4). Sofern es sich bei den Mitgliedern der politischen Klasse um Parteipolitiker handelt, umschreibt der Begriff just diejenigen Politiker, deren Konsens hier als Bedingung für die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung angesehen wird. Die Herausbildung von innerer Kohäsion, eines gemeinsamen Bewusstseins professioneller Parteipolitiker, stellt eine wichtige Grundlage dar, auf der ein solcher Konsens gefunden werden kann. Warum allerdings sollte ein Konsens bei Entscheidungen über eine staatliche Parteienfinanzierung so wichtig sein? Bei Entscheidungen über ihre Finanzierung sind Parteien in hohem Maße aufeinander angewiesen: „Bei einigem Nachdenken wird auch einsichtig, dass durch öffentliche Parteienfinanzierung jede einzelne Partei vom politischen Willen und der Situation der mit ihr konkurrierenden Partei abhängig werden kann“ (Lösche 1984: 66). Diese gegenseitige Abhängigkeit ist potenziell so groß, dass die Parteien quasi gezwungen sind, zu einem Konsens zu gelangen. Auch die bereits vorgestellte These von der Kartellisierung des Parteienwettbewerbs geht davon aus, dass staatliche Zuwendungen Parteien voneinander abhängig werden lassen, eben weil die Parteien in eigener Sache entscheiden: „This increased dependence of parties on the state can also be interpreted as the increased dependence of parties on themselves, since it is the parties themselves which, to all intents and purposes, are the state, or at
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least, are those who devise the rules and regulations promulgated by the state, and who inevitably privilege their own position” (Mair 1997: 152). Anders als bei vielen anderen Parlamentsbeschlüssen kann es sich die Regierungsmehrheit bei Entscheidungen über eine staatliche Parteienfinanzierung deshalb nur begrenzt leisten, die Opposition zu majorisieren. Da eine Regierungspartei ihre Konkurrenten potenziell in hohem Maße benachteiligen kann (z.B. durch die Wahl eines sie schlechter stellenden Verteilungsmechanismus), werden Oppositionsparteien alles daran setzen, ihre Vorstellungen in eine Entscheidung über staatliche Parteienfinanzierung mit einfließen zu lassen. Auch eine Regierungspartei dürfte grundsätzlich ein Interesse an der Inklusion der Opposition haben, allein um der Gefahr zu entgehen, dass letztere gegen die reine Mehrheitsentscheidung Sturm läuft und öffentlich die „Selbstbedienung“ der Regierungspartei anprangert.1 Außerdem dürfte eine Regierungspartei schon deshalb geringes Interesse an einer grundsätzlichen Benachteiligung der Oppositionsparteien haben, weil sie dann im Falle eines Regierungswechsels selbst benachteiligt wäre. Denkt man den Gedanken einer gegenseitigen Abhängigkeit der Parteien im Bereich ihrer staatlichen Finanzierung weiter, so leuchtet ein, dass diese Abhängigkeit immer dann, wenn Entscheidungen getroffen werden, zu einem Konsensdruck führt: Da alle Parteien vom Willen ihrer Konkurrenten abhängen, müssen sie diese bei substanziellen Änderungen auch berücksichtigen. Es ist zu erwarten, dass die Parteien bei Entscheidungen über ihre staatliche Finanzierung zu einer Lösung gelangen, die nicht allein von einer einfachen parlamentarischen Mehrheit mitgetragen wird (s.a. Günther 2006: 193). Nur Parteien, die – aus welchen Gründen auch immer – Willens sind, voneinander abhängig zu werden, dürften in der Lage sein, zu einer Entscheidung über Fragen der staatlichen Parteienfinanzierung zu gelangen. Wie eine solche Entscheidung beschaffen sein muss, damit von einem Konsens gesprochen werden kann und welche Formen des Konsenses und der Konsensfindung es gibt, soll im Folgenden dargelegt werden. Ein Konsens im hier gemeinten Sinne, soviel dürfte bereits jetzt klar geworden sein, bezieht sich auf das Ergebnis der Entscheidungsfindung politischer Eliten.2 In Abgrenzung zum Begriff der Deliberation setzt ein Konsens keine besonders hohen Voraussetzungen an den Prozess der Entscheidungsfindung. Ein Konsens kann 1
Eine ähnliche Argumentation findet sich bereits bei Per Ahlmark, einem schwedischen Abgeordneten der liberalen Volkspartei, der sich 1964 für die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung einsetzte (Ahlmark 1964: 168). Zum Vorschlag Ahlmarks s. Kapitel 9.2. 2 Fragen der Legitimitätsstiftung, die ebenfalls häufig unter dem Begriff des Konsenses erörtert werden, spielen in dieser Untersuchung keine Rolle. Diesem weiter gefassten Verständnis zufolge ist Konsens ein „state of the belief system of a society“ (Shils 1968: 260), der die Zustimmung der Bevölkerung zum politischen System als solchem oder bestimmten politischen Grundprinzipien gewährleistet (dazu Citrin 2001: 2549 f.; Lehmbruch 1969: 291-3; Massing 1979: 122-5). Mir geht es allein um einen Spielregel- oder Problemkonsens der (partei-)politischen Eliten (Massing 1995; Lehmbruch 1969: 291 f.).
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auch durch harte Verhandlungen, durch bargaining, gefunden werden.3 Es handelt sich dabei um Entscheidungen, bei denen „die Diskussion so lange fortgesetzt wird, bis sich keiner der Teilnehmer mehr explizit gegen eine vorgeschlagene Lösung ausspricht“ (Scharpf 2000: 245 f.). Solch stillschweigendes Einverständnis muss nicht identisch sein mit affirmativer Zustimmung: Anders als beim Prinzip der Einstimmigkeit wird bei konsensuellen Formen der Entscheidungsfindung nicht davon ausgegangen, dass alle Akteure den gefundenen Konsens gleichermaßen gutheißen. Dies ist deshalb nicht notwendig, weil nicht alle Akteure über das gleiche Maß an Macht verfügen. Jeder Akteur hat bei der Konsenssuche ein spezifisches „implizites Gewicht“ (Coleman 1990: 858). Ein Konsens ist dann erreicht, wenn die stärksten impliziten Gewichte hinter einer Lösung stehen. Stehen mehrere Lösungen zur Auswahl, kann es durchaus passieren, dass das Ergebnis eines Konsenses eine Lösung ist, die ursprünglich nur von einer Minderheit vorgezogen wurde. Die Essenz eines Konsenses ist letztlich das Vertrauen aller Akteure darauf, dass die beste – verstanden als „sozial effizienteste“ – Lösung gefunden wird (Coleman 1990: 858). Sozial effizient ist eine Lösung dann, wenn es keine Alternativlösung gibt, die von einflussreicheren Akteuren, die über ein höheres implizites Gewicht verfügen, unterstützt wird. Von einem Konsens kann solange die Rede sein, wie das gefundene Ergebnis von niemandem öffentlich in Frage gestellt wird. Konsens ist also nicht notwendigerweise an Einstimmigkeit gebunden. Insbesondere bei offensichtlicher Obstruktion eines Akteurs ist es möglich, Entscheidungen auch mehrheitlich zu treffen. Welche Akteure dürften in einer konkreten Entscheidung über die staatliche Parteienfinanzierung über ein so geringes implizites Gewicht verfügen, dass sie möglicherweise überstimmt werden könnten? Es wären dies zunächst alle außerparlamentarischen Gruppierungen. Sie sind schlicht zu machtlos. Ebenso dürften fraktionslose Abgeordnete sowie kleine Parteien relativ einfach zu majorisieren sein. Mit Ferdinand Müller-Rommel (1991) lassen sich drei Arten von Kleinparteien unterscheiden: Erstens die marginalisierten Kleinparteien, die oftmals radikalen Ideologien anhängen und nicht koalitionsfähig sind (beispielsweise der französische Front National). Zweitens Kleinparteien mit Scharnierfunktion („hinge small parties“), die eng mit einer Großpartei verbunden und deren potenzieller Koalitionspartner sind (eine Rolle, wie sie die deutsche FDP seit Jahrzehnten innehat). Drittens schließlich losgelöste Kleinparteien („detached small parties“), die jenseits des ideologischen Rechts-Links Gegensatzes agieren (z.B. als Regionalparteien) und nur eine geringe Rolle im Parteienwettbewerb spielen (so z.B. die Scottish National Party in Großbritannien). 3
Deliberation hingegen bezieht sich auf einen Prozess der Entscheidungsfindung, der durch logisch gerechtfertigte Argumentation, Herrschaftsfreiheit, gegenseitigen Respekt und Wahrhaftigkeit gekennzeichnet ist. Im Gegensatz zum Konsens sind deliberative Entscheidungen durchaus als Mehrheitsentscheidungen denkbar, weil sie kraft besseren Arguments relativ einfach umkehrbar sind (Steiner et al. 2004: 20-6).
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Von den genannten Kleinparteitypen dürfte allein diejenige mit Scharnierfunktion für den Konsens über eine staatliche Parteienfinanzierung unabdingbar sein. Marginalisierte Kleinparteien können potenziell als klassische Vertreter einer Obstruktionspolitik angesehen werden – und sind damit wie dargelegt im Zuge der Konsensfindung verzichtbar. Parteien, die an den Rändern des politischen Spektrums angesiedelt sind – sei es, weil sie wenig akzeptierten Ideologien anhängen oder weil sie regionalistische Ziele verfolgen – verfügen über ein relativ eng begrenztes Wählerpotenzial, so dass sie grundsätzlich weniger Protest mobilisieren können als Parteien der Mitte, die daher wesentlich schwerer zu majorisieren sein dürften. An ihrer elektoralen Stärke allein kann man eine Partei mit Vetofunktion jedoch nicht erkennen. Auch die Position im ideologischen Spektrum spielt eine wichtige Rolle, da sie kleine Parteien so aufwerten kann, dass diese für einen Konsens unverzichtbar werden. Entscheidend für das implizite Gewicht von Parteien dürfte sein, inwiefern sie als regierungsfähig gelten. Eine Partei, die potenziell an der Regierung beteiligt sein kann (sei es in einer Koalition oder allein), dürfte in einer so wichtigen Frage wie der Regulierung des Parteienwettbewerbs kaum zu übergehen sein, eben weil sie ja die Regeln in ihrem Sinne verändern könnte, wenn sie an der Regierung beteiligt ist. Illustrativ ist die These Giovanni Sartoris, dem zufolge eine Partei nur dann relevant ist, wenn sie über Koalitions- oder Erpressungspotenzial verfügt (1976: 122-4). Wenn nicht alle Akteure einem Konsens zustimmen müssen, wohl aber können, so liegt es nahe, dass sich verschiedene Formen des Konsenses unterscheiden lassen. Stefano Bartolini hat sich in seiner Typologisierung des Parteienwettbewerbs mit der Frage des Konsenses zwischen den Parteien (von ihm als collusion bezeichnet) auseinandergesetzt. Da die Bedingungen von Demokratie nicht identisch sind mit denen von Konkurrenz, Parteien also nicht zwangsläufig miteinander konkurrieren (Bartolini 1999: 446), sieht er Konsens als Regel, nicht als Ausnahmezustand des politischen Wettbewerbs an: „collusive tendencies are inherent in the special character of political interactions“ (Bartolini 2000: 59). Bartolini unterscheidet vier Formen des politischen Wettbewerbs – Konflikt, Verhandlung, Konkurrenz, Kooperation – und legt Indikatoren fest, anhand derer sich diese Formen jeweils identifizieren lassen (Bartolini 1999: 444 f.). Seine Indikatoren für den kooperativen Parteienwettbewerb lesen sich als die idealen Voraussetzungen für das Erreichen eines Konsenses: Parteien handeln solidarisch, d.h. sie koordinieren ihre Anstrengungen, um ihre einander ähnelnden Ziele zu erreichen. Analog dazu nehmen sie ihre Interessen auch als komplementär oder sogar identisch wahr. Bei der Verfolgung ihrer Interessen verzichten sie nicht nur auf Zwang ihren Konkurrenten gegenüber, sondern teilen sogar wichtige Informationen, da sie davon ausgehen, dass sie ihr Ziel nur gemeinsam erreichen können. Es herrscht also keine the winner takes it all-Mentalität vor.
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Dies ist sicherlich das Idealbild eines konsensorientierten Parteienwettbewerbs. Ein auf dem Wege der Kooperation erzielter Konsens soll deshalb als stabiler Konsens bezeichnet werden. Kennzeichen eines stabilen Konsenses sind (a) solidarisches Handeln der Parteien, (b) das Streben nach ähnlichen Zielen, (c) die Wahrnehmung der Interessen als komplementär oder identisch, (d) die Teilung von Informationsressourcen und (e) die Wahrnehmung des angestrebten Gewinns als dezidiert teilbar, ja nur gemeinsam erreichbar. Neben der Kooperation dürfte auch die Wettbewerbsform der Verhandlung einen Konsens im hier definierten Sinne ermöglichen. Verhandelnde Akteure verhalten sich ebenso wie kooperierende solidarisch, haben aber, und dies ist der wichtigste Unterschied zwischen Verhandlung und Kooperation, keine ähnlichen Ziele. Außerdem nehmen sie ihre Interessen nicht als komplementär, sondern divergierend – allerdings einander nicht ausschließend – wahr. Anstelle der Teilung von Informationsressourcen treten Versprechen und Drohungen als wichtigste Interaktionsformen auf. Die Vorteile des Parteienwettbewerbs gelten auch in diesem Fall als teilbar (Bartolini 1999: 444).4 Es zeigt sich, dass durch Verhandlung und Kooperation zwei verschiedene Formen eines politischen Konsenses erreicht werden können, die sich vor allem hinsichtlich ihrer Stabilität unterscheiden. Ein durch Verhandlung erzielter Konsens ähnelt eher einem Kompromiss (divergierender) Interessen, während ein durch Kooperation erzielter Konsens auf dem wesentlich stabileren Fundament des expliziten Willens zur Zusammenarbeit, ja der Einsicht, dass diese Zusammenarbeit alternativlos ist, ruht. Es erscheint deshalb sinnvoll, durch Verhandlung erzieltes Einvernehmen als Konsens im weiteren Sinne oder fragilen Konsens zu bezeichnen, im Gegensatz zum erwähnten stabilen Konsens, der auf Kooperation beruht. Auf diese Weise lassen sich Entscheidungen, die den erwähnten Kriterien eines Konsenses genügen, differenzierter beschreiben. Ferner lässt sich die Hypothese verfeinern: In einem so sensiblen Bereich wie ihrer staatlichen Finanzierung dürfte den Parteien sehr daran gelegen sein, zu einem stabilen Konsens zu gelangen, weil dieser allen Akteuren mehr Sicherheit verspricht. Es ist also zu erwarten, dass die Parteien nach einer Phase der durch Verhandlungen erzielten Kompromisse zu einem stabilen Konsens auf der Grundlage gegenseitiger Kooperation gelangen.
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Der Unterschied zwischen Verhandlung und Kooperation lässt sich auch als Unterschied in der Form der Kommunikation fassen, wenn man zwischen bargaining, bei dem allein der Abgleich von Interessen im Vordergrund steht, und arguing, bei dem sich Akteure über Ideen austauschen, differenziert (Risse 2000). Erstere Kommunikationsform entspräche dann der Verhandlung, letztere der Kooperation. Verhandelnde Akteure agieren in Arenen, während kooperierende sich in Foren treffen (vgl. Jobert 1992; 1995) und gemeinsam „epistemic communities“ (Haas 1992), „advocacy coalitions“ (Sabatier/Jenkins-Smith 1993) oder auch „discourse coalitions“ (Hajer 1993; Singer 1990) bilden. Verhandelnden Akteuren in ihren Arenen fehlt dieser ideelle Überbau.
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Wenn die Hypothese von der Konsensbedingtheit der Entscheidungen über eine staatliche Parteienfinanzierung empirisch überprüft werden soll, reicht es nicht aus, allein die parlamentarische Abstimmung über die staatliche Parteienfinanzierung zu betrachten und daraus auf den Konsenscharakter der Entscheidung zu schließen. Zum einen ist es durchaus möglich, dass sich Parteien an konsensuellen Verhandlungen über die staatliche Parteienfinanzierung beteiligen, im Nachhinein aber dennoch im Parlament gegen die gemeinsam gefundene Lösung stimmen (z.B. um sich in der Öffentlichkeit als Gegner der Zuwendungen zu stilisieren). Zum anderen lässt sich bei einer Analyse allein der Parlamentsentscheidung nicht feststellen, ob ein fragiler oder ein stabiler Konsens erzielt wurde und auf welchem Wege dies geschah. Das unterstellte Streben der politischen Akteure nach einem stabilen Konsens lässt sich nur auf der Basis einer detaillierten Nachzeichnung der verschiedenen Entscheidungsabläufe überprüfen. Ebenso wichtig ist die Feststellung, dass die Hypothese von der Konsensbedingtheit der staatlichen Parteienfinanzierung nicht in Konkurrenz zu den im vorangegangenen Abschnitt referierten Erklärungsansätzen für die Einführung der öffentlichen Zuwendungen steht. Sie stellt vielmehr einen Versuch der Synthese dar. Die Frage ist nun, welche Kombinationen von potenziellen Ursachen die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung ermöglichen. Der Konsensbegriff bedarf also mit anderen Worten der weiteren Operationalisierung. Um zu einem Analyseraster zu gelangen, mit dessen Hilfe Entscheidungsprozesse von Parteien (in diesem Fall: über ihre staatliche Finanzierung) multikausal und vergleichend untersucht werden können, wird im Folgenden auf den akteurzentrierten Institutionalismus zurückgegriffen. 4.2 Die Rolle der institutionellen Entscheidungspunkte, der Parteiziele und der Korruptionsdiskurse Davon, dass es schwierig ist, Parteienfinanzierungsregimes monokausal mit potenziellen Folgen in Verbindung zu bringen, war bereits die Rede. Ebenso schwierig ist es, die Einführung staatlicher Parteienfinanzierung auf einzelne Ursachen zurückzuführen. Deshalb soll nun auf einer anderen analytischen Ebene argumentiert werden: Es gilt weniger, nach singulären Ursachen für die Einführung staatlicher Parteienfinanzierung (wie sie in Kapitel 3 vorgestellt wurden) zu fahnden, sondern – vor dem Hintergrund der postulierten Konsensbedingtheit der Einführung staatlicher Parteienfinanzierung – nach abstrakteren Charakteristika der jeweiligen Entscheidungsverläufe. Im Folgenden werde ich die Entwicklung verschiedener Parteienfinanzierungsregimes anhand des Entscheidungsverhaltens der Parteien, anders formuliert: des Parteienwettbewerbs, multikausal erklären.
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An dieser Stelle kommt der akteurzentrierte Institutionalismus ins Spiel. Ursprünglich im Rahmen der Policy-Analyse entwickelt (implizit bereits von Scharpf 1987), ist er hervorragend geeignet, Entscheidungsprozesse und -stile vergleichend nachzuvollziehen. Der akteurzentrierte Institutionalismus versteht sich nicht als originäres Erklärungsmodell, sondern lediglich als „Forschungsheuristik“ (Mayntz/Scharpf 1995b: 39). Seine Essenz ist die Annahme, dass „soziale Phänomene als das Produkt von Interaktionen zwischen intentional handelnden – individuellen, kollektiven oder korporativen – Akteuren erklärt werden müssen. Diese Interaktionen werden jedoch durch den institutionellen Kontext, in dem sie stattfinden, strukturiert und ihre Ergebnisse dadurch beeinflusst“ (Scharpf 2000: 1). Renate Mayntz und Fritz Scharpf erklären politische Entscheidungen als Folge verschiedener Interaktionsstile.5 Die beiden unterscheiden „eine ‚feindliche’ [Interaktionsorientierung, MK], in der der Verlust des anderen als eigener Gewinn erscheint, eine ‚kompetitive’ in der es um die Differenz zwischen eigenem und fremdem Gewinn geht, eine ‚egoistisch-rationale’‚ in der allein der eigene Gewinn zählt und eine ‚kooperative’, in der das Streben nach gemeinsamem Nutzen dominiert“ (Mayntz/Scharpf 1995b: 57). An dieser Stelle ist nun die Frage von Interesse, welche Faktoren das Vorhandensein verschiedener Interaktionsformen erklären. Die Antwort von Mayntz und Scharpf fällt erfreulich einfach aus: Verschiedene Interaktionsstile ergäben sich aus dem Zusammenspiel von institutionellem Kontext, den Handlungsorientierungen der Akteure und der konkreten Handlungssituation (Mayntz/Scharpf 1995b: 47-60). Für die Analyse des Entscheidungsverhaltens von Parteien gilt es also zunächst, den institutionellen Kontext, in dem sie agieren, und ihre Handlungsorientierungen zu operationalisieren. Dazu wird auf das Konzept der institutionellen Entscheidungspunkte und die Unterscheidung verschiedener abstrakter Ziele von Parteien zurückgegriffen. Die konkrete Handlungssituation muss jeweils in den Entscheidungsprozessanalysen zu den einzelnen Ländern untersucht werden. Angesichts der bereits festgestellten besonderen Bedeutung der Debatten über die Korruption in der Politik soll auch die Handlungssituation zumindest teilweise operationalisiert werden. Operationalisiert als Diskurse über die Korruption in der Politik, werden auf diese Weise kulturelle Phänomene – anders als vom normativen Institutionalismus postuliert – nicht als eigenständige Institutionen angesehen, sondern eben nur als Kontextfaktoren. So soll kryptodeterministischen Argumentationsmustern ein Riegel vorgeschoben werden. Dennoch lassen sich auf diese Weise die (eher rationalistische) „materialist-oriented analysis“ und die (eher kulturalistische) „norm-oriented analysis“ kombinieren (Thelen 1999: Anm. 12). Damit komme ich der Forderung nach „border crossing“ (Immergut 1998: 28) zwischen den einzelnen 5
Der Interaktionsstil als Form des Parteienwettbewerbs kann als neoinstitutionalistische Fassung des Konzepts des Politikstils (Richardson/Gustafsson/Jordan 1982) angesehen werden.
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„border crossing“ (Immergut 1998: 28) zwischen den einzelnen Spielarten des neuen Institutionalismus nach (s.a. Koß 2007).
Institutionelle Entscheidungspunkte Um den institutionellen Handlungsrahmen von Parteien vergleichend analysierbar zu machen, bietet sich das von André Kaiser entwickelte Konzept der institutionellen Entscheidungspunkte an. Ebenso wie sein bereits in Kapitel 2.1 vorgestellter Begriff des institutionellen Regimes entstammt das Konzept der institutionellen Entscheidungspunkte der kritischen Auseinandersetzung Kaisers mit der Demokratietypologie Arend Lijpharts. Hier wird der Gedanke, dass innerhalb politischer Systeme für verschiedene Politikbereiche verschiedene institutionelle Arenen vorliegen können (Tsebelis 1995: 307), konsequent weitergedacht. Das Konzept der Entscheidungspunkte ermöglicht es zudem, gleichen Institutionen einen unterschiedlichen Charakter zuzuschreiben – sei es für verschiedene Politikbereiche, sei es für verschiedene Länder. Das Konzept der institutionellen Entscheidungspunkte stellt einerseits eine Weiterentwicklung der Überlegungen Kaisers zu institutionellen Vetopunkten dar (Kaiser 1997: 434-40; 1998: 537-9); Vetopunkte können als „Verhinderungsinstitutionen“ angesehen werden, „points of strategic uncertainty where decisions may be overturned“ (Immergut 1992: 27 f.). Andererseits knüpft das Konzept an Robert Dahls Überlegungen zu „decisive sites“ an. Dahl definiert decisive sites als „situations or circumstances in which an opposition employs its resources to bring about a change“ (1966a: 338). Auf diese Weise berücksichtigt das Konzept der institutionellen Entscheidungspunkte auch den gestalterischen Spielraum der politischen Akteure. Als Entscheidungspunkt gilt jede Institution, in der politische Akteure potenziell die Politikproduktion beeinflussen können, sei es gestaltend oder verhindernd. Je mehr Entscheidungspunkte den Akteuren in einem politischen System zur Verfügung stehen, desto schwieriger wird es, politische Inhalte (policies) eigenmächtig zu verändern – anders formuliert: desto größer ist der Druck in Richtung eines Konsenses. Es gibt drei Arten von Entscheidungspunkten (Kaiser 2002a: 95): 1.
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Einflusspunkte: Diese geben Akteuren die Möglichkeit, ihre eigene Position zu verdeutlichen, ohne dass die Entscheidungsträger gezwungen wären, diese zu berücksichtigen. Dies kann etwa in Institutionen der Fall sein, die bei formalisierten Konsultationsverfahren beteiligt sind, ohne über eigene Entscheidungskompetenzen zu verfügen (z.B. Untersuchungskommissionen). Vetopunkte: Diese geben Akteuren in verflochtenen Entscheidungsprozessen die institutionell angelegte Chance, Politikergebnisse gutzuheißen, zu modifizieren oder zu blockieren. Beispiele für einen Vetopunkt wären parlamentari-
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sche Kammern, die – analog zum deutschen Bundesrat – bestimmten Gesetzesmaterien ihre Zustimmung verweigern können oder Wahlsysteme, die zu Koalitionsregierungen führen. Autonome Entscheidungspunkte: Hier verfügen Akteure über autonome Entscheidungsmacht, beispielsweise in Verfassungsgerichten oder Zentralbanken.
Der Übergang zwischen Einfluss-, Veto- und autonomen Entscheidungspunkten ist faktisch fließend, weil es durchaus möglich ist, dass auch wenig formalisierte Regeln, auf denen Einflusspunkte beruhen, gewohnheitsmäßig und aus guten Gründen eingehalten werden, faktisch also bindend sind. Dennoch ist die Unterscheidung zwischen den drei Arten von Entscheidungspunkten in dieser Arbeit von einigem Interesse. Mit ihrer Hilfe kann der institutionelle Konsensdruck, der grundsätzlich auf den einzelnen Parteien lastet, sehr präzise dargestellt werden. In einem lediglich durch Einflusspunkte gekennzeichneten Politikbereich ist es einem Mehrheitsakteur möglich, die Opposition zu majorisieren. In einem durch die beiden anderen Arten von Entscheidungspunkten gekennzeichneten Politikbereich hat auch ein Mehrheitsakteur diese Möglichkeit nicht, sei es, weil Oppositionsparteien einen Vetopunkt innehaben können (man denke an den deutschen Bundesrat), sei es, weil die Entscheidungskompetenz aufgrund eines autonomen Entscheidungspunktes gar nicht exklusiv den Parteien zufällt (man denke an das deutsche Bundesverfassungsgericht). Kaiser unterscheidet ferner zwischen „harten“ und „weichen“ autonomen Entscheidungs- bzw. Vetopunkten, je nachdem, wie einfach sie verändert werden können (2002a: 95 f.). „Harte“ Entscheidungspunkte sind in der Verfassung verankert, „weiche“ hingegen beruhen lediglich auf einfachen Gesetzen oder Verordnungen. Diese Unterscheidung gibt an, wie dauerhaft ein Entscheidungspunkt im politischen Prozess verankert ist und auch, wie viel Macht er einem Akteur zuweist – einem harten Entscheidungspunkt wird in der Regel ein höheres Gewicht zukommen als einem weichen. Durch das Konzept der Entscheidungspunkte, das der Verschiedenheit institutioneller Kontexte Rechnung trägt, wird es möglich, die Prämissen des neuen Institutionalismus auf die Analyse von Entscheidungsprozessen – und damit die vorliegende Arbeit – anzuwenden. Anders als bei der Lijphartschen Unterscheidung von Mehrheits- und Konsensusdemokratien wird nicht vom Institutionengefüge konkreter politischer Systeme abstrahiert. Stattdessen werden durch die Identifizierung von bestimmten Entscheidungspunkten aus dem Kreis aller Institutionen, die potenziell die Mehrheitsherrschaft einschränken, diejenigen vergleichend analysierbar, die für eine spezifische Fragestellung von Belang sind. Ferner wird – anders als etwa beim Vetospieler-Ansatz von George Tsebelis (2002), der dem Paradigma des Rational Choice verhaftet ist – nicht deterministisch unterstellt, dass Akteure ihre institutionellen Gestaltungschancen immer ausnutzen (Kaiser 2002a 97).
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Mit Hilfe des Konzepts der Entscheidungspunkte sollen im dritten Teil dieser Untersuchung diejenigen Institutionen ermittelt werden, mit deren Hilfe die Akteure versucht haben, die jeweiligen Debatten über die staatliche Parteienfinanzierung zu beeinflussen. Welche Entscheidungspunkte standen den Parteien in dieser Frage überhaupt zur Verfügung? Welche spielten aus welchen Gründen keine Rolle? Es ist davon auszugehen, dass die Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung in den einzelnen Ländern umso verhandlungs- und damit auch konsensorientierter verliefen, je mehr Entscheidungspunkte die Oppositionsparteien in dieser Frage nutzen konnten und je größer der Einfluss war, den diese Institutionen den Akteuren eröffneten: „Der Begriff des Konsenses sollte im institutionentheoretischen Zusammenhang für Verfahren und Strukturen reserviert werden, die explizite Anreize für eine umfassende Übereinstimmung, für Beinahe-Einstimmigkeit zwischen den Beteiligten bereitstellen“ (Kaiser 1998: 537). Je größer also die Bedeutung institutioneller Entscheidungspunkte, desto wahrscheinlicher ein Konsens der Parteien und damit eine positive Entscheidung über ihre staatliche Finanzierung.6 Das Entscheidungsverhalten der Parteien ist allerdings keineswegs ausschließlich institutionell bestimmt. Wie groß jedoch der Einfluss von Institutionen auf Entscheidungen im Bereich der Parteienfinanzierung sein kann, verdeutlicht das Beispiel der Schweiz. Die Frage, warum in dieser Untersuchung nicht die Schweiz anstelle Großbritanniens als Repräsentant eines überwiegend privat finanzierten Parteienfinanzierungsregimes ausgewählt wurde, ist in der Tat berechtigt, gilt doch die Schweiz gemeinhin als Konkordanzdemokratie. Dies sollte einen Konsens der Parteien im Bereich ihrer staatlichen Finanzierung nahe legen. Deshalb erscheint es umso erklärungswürdiger, dass Initiativen, mit denen eine höhere staatliche Subventionierung der Politik verbunden gewesen wäre, in der Schweiz zweimal scheiterten (Brändle 2002: 131-4). Weil geargwöhnt wurde, dies sei der erste Schritt in die Richtung einer staatlichen Subventionierung der Parteien, kam es 1973 nicht einmal zur Aufnahme der Parteien in die Verfassung (Gruner 1977: 318-23; Hirter 1999: 243 f.). Warum waren die generell konsensorientierten schweizerischen Parteien nicht in der Lage, eine signifikante staatliche Parteienfinanzierung einzuführen? Die Antwort auf diese Frage ergibt sich aus den Prämissen der zuvor formulierten Konsenshypothese. Eines der typischen Kennzeichen von Entscheidungen über Fragen der Parteienfinanzierung trifft auf die Schweiz nicht zu: Die schweize6
Die These, ein Gesetz (in diesem Fall über die staatliche Parteienfinanzierung) würde wahrscheinlicher, wenn der institutionelle Kontext durch ein höheres Maß an Komplexität gekennzeichnet ist, widerspricht den Grundannahmen des Rational Choice und damit auch der Institutionentheorie von George Tsebelis (1995; 2002). Aufgelöst wird dieser scheinbare Widerspruch durch meine erste zentrale Hypothese, der zufolge ein Konsens der Parteien die notwendige Bedingung für eine Reform der staatlichen Parteienfinanzierung darstellt. Ich suche im Folgenden also nicht nach Konstellationen, die generell Institutionenreformen begünstigen, sondern nur solche Reformen, die an einen Konsens der Akteure (genauer: der Parteien) gebunden sind.
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rischen Parteien können nicht allein über ihre staatliche Finanzierung entscheiden. Beide genannten Versuche wurden zwar von der großen Mehrheit der Parteien unterstützt, scheiterten aber an Volksbegehren, einem legislativen Vetopunkt, welcher der Kontrolle der Parteien entzogen ist. Das Beispiel veranschaulicht die Vorzüge des Konzepts der Entscheidungspunkte: Mit seiner Hilfe kann die wichtige Rolle der schweizerischen Referenden abstrakt dargestellt werden, ohne dass unterstellt wird, Referenden hätten in allen Politikbereichen solch durchschlagenden Einfluss. Im Fall der schweizerischen Parteienfinanzierung ist das Verhalten der Parteien also maßgeblich institutionell determiniert. Aufgrund seines geringen Komplexitätsgrades wird der schweizerische Fall nicht näher untersucht. Es ist in der Tat eine Ausnahme, dass institutionelle Arrangements die Interessen aller Parteien konterkarieren können. Dies führt zu der Frage, welche Ziele Parteien in Fragen ihrer Finanzierung grundsätzlich verfolgen können.
Ziele der Parteien Im Abschnitt zu den Rational Choice-basierten Erklärungsansätzen für die Einführung staatlicher Parteienfinanzierung (Kapitel 3.1) habe ich gezeigt, dass die Interessen der Parteien eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Parteienfinanzierungsregimes spielen). Um die Handlungsorientierungen, d.h. konkret vor allem die Interessen der Parteien, zu operationalisieren, bietet es sich an, auf die Unterscheidung verschiedener abstrakter Parteiziele zurückzugreifen. Selbstverständlich ist es sehr schwierig, die Interessen von kollektiven Akteuren wie Parteien zu ermitteln. Beispiele aus dem Bereich der Wahlrechtsreform (Bawn 1993; Geddes 1991; Tsebelis 1990) weisen darauf hin, dass Parteien nicht notwendigerweise ihre originären Ziele vertreten, sondern sich maßgeblich auch nach der öffentlichen Meinung und den Ansichten anderer Parteien richten (s.a. Scarrow 2004: 655). Dieses Problem spielt in dieser Untersuchung jedoch eine nachgeordnete Rolle. Hier sollen vielmehr diejenigen abstrakten Ziele ermittelt werden, welche die Perspektive vorgeben, nach der Parteien Entscheidungssituationen beurteilen. Diese Ziele sind nützliche Indikatoren, um das Handeln von Parteien vergleichen zu können (s.a. Koß/Hough 2006a; 2006b). Grundsätzlich lassen sich drei abstrakte Ziele von Parteien unterscheiden (Strøm 1990a: 566-8; Strøm/Müller 1999: 5-9; Wolinetz 2002: 150-3).7
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Gunnar Sjöblom identifiziert das Streben nach internem Zusammenhalt einer Partei als viertes potenzielles Ziel, zweifelt aber selbst an, ob dieses Ziel analytisch neben die drei anderen gestellt werden kann (1968: 86; zur Debatte um das vierte Parteiziel – die zunächst nur innerhalb der schwedischsprachigen Politikwissenschaft geführt wurde – vgl. Anckar 1974: 22-5). Hier soll der interne Zusammenhalt nicht als Parteiziel sui generis angesehen werden, da es sich um ein intrinsisches Ziel handelt: Sicherlich streben nahezu alle Parteien nach interner Kohäsion, indes tun sie dies in aller Regel, indem
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Regierungsteilhabe (office-seeking). Bei diesem Ziel geht es Parteien vor allem um die konkreten Vorteile, die sich aus der Regierungsteilhabe ergeben, d.h. in erster Linie die Möglichkeit, selbst Regierungsposten einzunehmen und in der Folge bei der Besetzung wichtiger Posten mitzuentscheiden. Das Ziel der Regierungsteilhabe steht generell in einem latenten Spannungsverhältnis zum Ziel des konkreten Einflusses auf politische Entscheidungen (Strøm 1990a: 567). Überwiegt ersteres, wird der Eintritt in eine Regierung zum Selbstzweck. „Office-seeking parties are generally more concerned with being in office than pursuing any particular political agenda“ (Wolinetz 2002: 153). Einfluss auf Politikinhalte bzw. Programmverwirklichung (policy-seeking). Parteien, die nach Einfluss auf Politikinhalte streben, sind in vielerlei Hinsicht das Gegenstück zu den zuvor skizzierten Parteien, denen es vornehmlich um Regierungsteilhabe geht. Sie verfügen entweder über eine ausdifferenzierte Programmatik oder widmen sich primär der Umsetzung eines einzigen inhaltlichen Anliegens. Im Mittelpunkt ihres jeweiligen Abstimmungsverhaltens steht die Frage, ob Entscheidungen sich inhaltlich mit dem eigenen Programm vereinbaren lassen (Strøm/Müller 1999: 8). Parteien, deren alleiniges Ziel es ist, Politikinhalte zu vertreten, beharren auf ihren inhaltlichen Positionen, auch wenn sie dafür möglicherweise Stimmenverluste oder den Bruch einer Regierungskoalition in Kauf nehmen müssen. Da die Voraussetzung für das Streben nach Einfluss auf Politikinhalte oftmals die Regierungsteilhabe ist, tritt das Streben nach Einfluss auf Politikinhalte jedoch häufig an die Seite des Strebens nach Regierungsteilhabe. Dennoch ist Programmverwirklichung ein Parteiziel sui generis: Ginge es Parteien tatsächlich allein um Regierungsteilhabe, ließen sich etwa Minderheitsregierungen kaum erklären. Parteien, die nach Programmverwirklichung streben, verfügen häufig über ein breites Netz von Organisationen, die Einfluss auf den politischen Kurs der Partei nehmen und nicht der Parteiführung unterstehen. Ferner bestehen innerhalb der Partei feste Karrierepfade, Spitzenpositionen werden in aller Regel nur von langjährigen Parteimitgliedern übernommen, die sich in entsprechend hohem Maße mit den Zielen der Partei identifizieren (Strøm 1990a: 577-9). 8 Stimmenmaximierung (vote-seeking). Dieses Ziel entstammt der klassischen Vorstellung Rational Choice-basierter Ansätze, denen zufolge das primäre Ziel von Parteien darin liegt, Wahlen zu gewinnen (Downs 1968). Anders als die beiden zuvor genannten Parteiziele, stellt dieses Ziel zumeist keinen Selbstzweck dar, sondern dient instrumentell entweder dazu, die Vorteile der Regie-
sie eines von zwei originären Ziele verfolgen. Office- und policy-seeking sind dem Streben nach innerem Zusammenhalt also vorgelagert (Strøm/Müller 1999: 31 f.). 8 Eine Ausnahme stellen so genannte one-issue-Parteien wie z.B. grüne Parteien dar, die in der Regel ebenfalls nach Programmverwirklichung streben, eben weil sie sich vorwiegend auf ein Politikfeld konzentrieren.
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rungsteilhabe auszunutzen oder Politikinhalte zu beeinflussen: „Contrary to office or policy, votes can only plausibly be instrumental goals“ (Strøm/Müller 1999: 9, Hervorhebung im Original). Dennoch kann die Bedeutung der Stimmenmaximierung variieren. Je wichtiger dieses Ziel ist, desto heterogenere Bevölkerungsgruppen versucht eine Partei anzusprechen und desto größer ist der Zeithorizont, den Parteien bei ihren Entscheidungen berücksichtigen: Wichtige Entscheidungen werden in der Regel im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf zukünftige Wahlen getroffen: „The more party leaders value the future, the more willingly they defer other benefits in the hope of electoral success“ (Strøm/Müller 1999: 11). Parteien, die primär nach Stimmenmaximierung streben, verfügen außerdem über eine relativ straffe Organisation, die in erster Linie als Wahlkampfmaschine auftritt. Die Unterscheidbarkeit der genannten Parteiziele soll nicht verabsolutiert werden: Keines dieser drei Ziele wird von einer Partei ausschließlich verfolgt. In aller Regel treten zwei Ziele gemeinsam auf. Ferner kann es vorkommen, dass verschiedene Flügel einer Partei nach verschiedenen Zielen streben. Dennoch: Präferenzen sollten sich bei jeder Partei feststellen lassen, zumal es in aller Regel Konflikte zwischen den verschiedenen Zielen gibt. Eine Partei mag vor einer bestimmten Entscheidung zurückschrecken, weil sie fürchtet, von den Wählern abgestraft zu werden (dies wäre ein Indikator dafür, dass dieser Partei vor allem an Stimmenmaximierung gelegen ist). Dieselbe Partei mag ebenfalls eine Entscheidung mittragen, nur weil sie fürchtet, ansonsten ihren Koalitionspartner zu verlieren (dies wäre ein Indikator für das Streben nach Regierungsteilhabe). Lässt sich eine Partei in ihrem Abstimmungsverhalten von beiden Erwägungen nicht beeindrucken, sondern folgt allein ihrer Programmatik, strebt sie vornehmlich nach Einfluss auf Politikinhalte. Der Einwand von Richard Katz (2002: 94), die drei skizzierten Ziele von Parteien seien empirisch nicht voneinander zu trennen, greift somit zu kurz: In konkreten Entscheidungssituationen sind Parteien häufig gezwungen, einem Ziel den Vorrang zu geben. Es sind zudem nicht allein interne Faktoren, welche die Ziele einer Partei determinieren. Kaare Strøm (1990a: 583-7) betont, dass auch der institutionelle Kontext für die Zielpräferenzen der Parteien von Bedeutung ist. Dem wird hier durch Einbeziehung des Konzepts der Entscheidungspunkte Rechnung getragen. Je mehr Entscheidungspunkte in einem politischen System auch oppositionellen Parteien zur Verfügung stehen, desto geringer dürfte der Anreiz zum Streben nach Regierungsteilhabe sein, desto wichtiger also das Streben nach Programmverwirklichung. Stimmenmaximierung ist umso wichtiger, je stärker die Machtposition einer Partei an ihre elektorale Stärke gekoppelt ist (wie dies z.B. im Mehrheitswahlrecht der Fall
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ist). Verhältniswahlsysteme wiederum sind eine Voraussetzung für Strategien der Regierungsteilhabe.9 Welche Ziele von Parteien legen nun welche Haltung zu staatlicher Parteienfinanzierung nahe? Zur Klärung dieser Frage soll auf die Unterscheidung Susan Scarrows zwischen zwei Zielen von Parteien in Entscheidungen über ihre Finanzierung zurückgegriffen werden (Scarrow 2004: 655-60): Erstens die Maximierung des eigenen Einkommens („revenue-maximizing party“) und zweitens der elektorale Wettbewerb („electoral economy“). Scarrow charakterisiert eine revenue-maximizing party als „interested in increasing its income even beyond what is needed to fight successful campaigns, perhaps because it wants to build or maintain a large and active professional party organization“ (Scarrow 2004: 655 f.). Das Ziel der Maximierung des eigenen Einkommens ist Scarrow zufolge kompatibel mit dem Idealtyp der Kartellpartei: Streben Parteien nach der Maximierung ihrer Einkünfte, sind sie am ehesten bereit, sich auf neue, allen nutzende Einkommensquellen zu einigen und dafür auch den politischen Wettbewerb zu begrenzen (Scarrow 2004: 656). Eine auf Maximierung ihres Einkommens bedachte Partei sollte staatlichen Subventionen gegenüber sehr offen sein, eben weil diese als Mittel angesehen werden, das eigene Einkommen zu verbessern. Die finanzielle Entwicklung anderer Parteien ist demgegenüber zweitrangig. Der Hinweis Scarrows, auf die Maximierung ihres Einkommens bedachte Parteien seien bereit, den politischen Wettbewerb auszusetzen, gibt Aufschluss über das abstrakte Ziel, das hinter dieser Strategie stehen kann: das Streben nach Regierungsteilhabe. Parteien, die nach Regierungsteilhabe streben, setzen auf risikoarme Wahlkämpfe. Sie hegen stattdessen ihre Koalitionsoptionen – was die parteiübergreifende Zusammenarbeit und damit auch einen Konsens im Bereich der staatlichen Parteienfinanzierung durchaus befördert. Wenn die Ursache für den Primat der Maximierung des eigenen Einkommens die Aufrechterhaltung einer weit verzweigten Parteiorganisation ist, so ist das abstrakte Ziel, das hinter dieser Haltung steht, ebenfalls evident: Es geht solchen Parteien vor allem um Programmverwirklichung. Parteien, die nach diesem Ziel streben, verfügen über das umfangreichste organisatorische Netz. Der Zusammenhang zwischen dem Ziel der Programmverwirklichung und der staatlichen Parteienfinanzierung lässt sich auch empirisch belegen, haben doch organisationsorientierte Parteien die im internationalen Vergleich höchste staatliche Parteienfinanzierung (Naßmacher 2002: 16-8). Das Streben nach Programmverwirklichung und Regie9
Strøm (1990a: 579-81) geht ferner davon aus, dass auch die staatliche Parteienfinanzierung einen indirekten Einfluss auf die von Parteien verfolgten Ziele habe. Die staatliche Parteienfinanzierung erhöhe die Autonomie der Parteiführung und schwäche damit den Einfluss der Basis, die, wie bereits erwähnt, maßgeblich an der Beeinflussung von Politikinhalten interessiert ist. Deshalb gehe mit den staatlichen Zuwendungen ein sinkender Einfluss des Strebens nach Programmverwirklichung einher. Die These Strøms ähnelt der bereits diskutierten Oligarchiethese (s. Kapitel 2.3) und dürfte ebenso wie diese empirisch kaum haltbar sein.
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rungsteilhabe dürfte sich demnach ebenfalls positiv auf die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung auswirken. Anders verhält es sich mit dem zweiten von Scarrow vorgeschlagenen Interesse in Fragen der Parteienfinanzierung. Parteien, die aus der electoral economyPerspektive heraus handeln, denen es primär um die Konkurrenz mit anderen Parteien geht, ziehen den eigenen finanziellen Vorteil den gemeinsamen Vorteilen einer staatlichen Parteienfinanzierung vor (Scarrow 2004: 656). Diese Parteien können als typische Stimmenmaximierer angesehen werden. Schon bei der Vorstellung des akteurzentrierten Institutionalismus war davon die Rede, dass in kompetitiven Wettbewerbssituationen die Differenz zwischen dem eigenen Gewinn und dem anderer im Vordergrund steht. Eine Partei wird finanziell immer besser gestellt sein als die anderen und deshalb der Einführung staatlicher Parteienfinanzierung widersprechen. Sollte es sich dabei nicht um eine marginalisierte oder losgelöste Kleinpartei handeln, so müsste meiner Hypothese zufolge ein Konsens und damit die Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung unmöglich sein. Auch diese These lässt sich empirisch untermauern: Wahlkampforientierte Parteien haben generell ein niedrigeres Kostenniveau und auch eine niedrigere Staatsquote (Naßmacher 2002: 14 f.). Hinsichtlich der abstrakten Ziele einer Partei und ihrer Haltung zu einer staatlichen Parteienfinanzierung lassen sich also folgende Hypothesen aufstellen: Parteien, die nach Programmverwirklichung oder Regierungsteilhabe streben, sollten den öffentlichen Zuwendungen deutlich aufgeschlossener gegenüberstehen als Parteien, die nach Stimmenmaximierung streben. Allein für Stimmenmaximierer dürfte insbesondere in der für den politischen Wettbewerb so entscheidenden Frage der Parteienfinanzierung eine Kooperation oder auch nur Verhandlung schwerlich in Frage kommen. 10 Wichtiger als eine allgemeine Typologisierung oder die Erfassung des IstZustandes ist es allerdings, graduelle Veränderungen der Ziele von Parteien zu erfassen. Es gilt also, eine Perspektive einzunehmen, die die Dynamik, d.h. den potenziellen Wandel der von Parteien verfolgten Ziele berücksichtigt. Robert Harmel und Kenneth Janda (1994) zufolge lässt sich der Wandel von Parteizielen am besten durch eine Analyse der Führungsebene einer Partei untersuchen. Die beiden 10
Auf den ersten Blick mag es wenig sinnvoll erscheinen, Scarrows einfachere Unterscheidung von zwei spezifischen Zielen, die Parteien in Fragen ihrer Finanzierung verfolgen, zugunsten von drei allgemeinen Zielen aufzugeben. Dennoch bringt dies zwei Vorteile mit sich: Zum einen argumentieren Robert Harmel und Kenneth Janda (1994) überzeugend, dass Regierungsteilhabe, Programmverwirklichung und Stimmenmaximierung die einzigen abstrakten Ziele von Parteien sind. Ein wichtiges konzeptionelles Ziel dieser Untersuchung ist es ja gerade, die Literatur zur Parteienfinanzierung mit den theoretischen Erkenntnissen anderer Bereiche der vergleichenden Politikwissenschaft in Einklang zu bringen. Nur die abstraktere Unterscheidung von Harmel und Janda ermöglicht es zum anderen, die zu entwickelnde Operationalisierung des Parteienwettbewerbs grundsätzlich auch auf andere Politikbereiche anzuwenden.
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Autoren argumentieren, dass die Ziele von Parteien sich dann wandeln, wenn sich die Parteiführung wechselt und/oder ein anderer Parteiflügel dominiert, meist als Resultat interner Machtkämpfe oder als Reaktion auf externe Schocks. Die besonders einflussreichen externen Schocks variieren nach dem jeweils vorherrschenden Ziel der Parteien: Für Stimmenmaximierer sind es in der Regel Wahlniederlagen, für Parteien, die nach Programmverwirklichung streben, eher der Verlust eines zentralen politischen Themas. Im Falle des Strebens nach Regierungsteilhabe dürfte es der Verlust eines Koalitionspartners sein (Harmel/Janda 1994: 269). Der Wandel von Parteien und ihren Zielen stellt in aller Regel keine Folge planvollen Verhaltens der Parteieliten dar. Parteien „wählen“ in den seltensten Fällen explizit neue Ziele, sie setzen andere Prioritäten in Folge neuer interner machtpolitischer Konstellationen (Harmel/Janda 1994: 266-9, 281 f.). Ob ein externer Schock tatsächlich zum Wandel einer Partei führt, hängt letztlich allein von der Bereitschaft oder auch Fähigkeit ihrer Führung ab, auf diesen Schock zu reagieren: „It is by observing how party leaders are or are not able to accommodate and meet the new electoral challenges, by shifting the attitudes of their own militants – and sometimes by making essential changes in the internal organization of their parties – that we discover how parties change“ (Wilson 1994: 275). Die Parteiführung ist nach dieser Lesart die „key intervening variable that determines whether or not parties will, in fact, respond to all these factors that make transformation possible or desirable“ (Wilson 1994: 264, Hervorhebung im Original). Analog dazu spielt der Wechsel des dominanten Parteiflügels die wichtigste Rolle bei der Erklärung des so verstandenen Wandels der Ziele von Parteien (Harmel/Tan 2003). Wenn es um die Ermittlung der Ziele von Parteien und deren Wandel geht, soll das besondere Interesse im Folgenden der Führungsebene von Parteien gelten, die sowohl für die Formulierung als auch den Wandel der Ziele von Parteien eine entscheidende Rolle spielt. Dadurch lässt sich auch der Gefahr vorbeugen, die Homogenität von Parteien zu überschätzen.
Diskurse über die Korruption in der Politik Wenn nun die Handlungssituationen, in denen die Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung getroffen wurden, zumindest teilweise operationalisiert werden sollen, so kommen auch kulturelle Phänomene als unabhängige Variable ins Spiel. Es gilt, das in Kapitel 3.1 beschriebene Problem der zu einseitig Rational Choice-basierten Erklärungsansätze zu vermeiden: eine ausschließlich exogene Präferenzbildung, d.h. die oftmals einseitige Betonung des Akteurswillens, die letztlich zu einer Vermischung von abhängiger und unabhängiger Variable führt. Die Interessen von Akteuren sind vielmehr ihrerseits von Ideen geprägt, die gesellschaftlich vermittelt werden. Bereits Max Weber hat auf den Unterschied zwischen Interessen und
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den ihnen zugrunde liegenden Ideen verwiesen: „Interessen (materielle und ideelle), nicht: Ideen, beherrschen unmittelbar das Handeln der Menschen. Aber: die ‚Weltbilder’, welche durch ‚Ideen’ geschaffen wurden, haben sehr oft die Bahnen bestimmt, in denen die Dynamik der Interessen das Handeln fortbewegte“ (Weber 1972: 252). Dies gilt es zu berücksichtigen. Um ideelle Einflüsse auf die Ziele der Parteien in den konkreten Entscheidungssituationen darstellbar werden zu lassen, wird hier auf das Konzept der Diskurse zurückgegriffen. Diskurse überbrücken gleichsam die Kluft zwischen institutioneller Struktur und interessegeleitetem Handeln (Schmidt/Radaelli 2004: 192). Diskurse erklären politische Ereignisse, legitimieren politische Aktionen, entwickeln politische Identitäten, reinterpretieren politische Geschichte und bilden den Rahmen der nationalen politischen Diskussion (March/Olsen 1995: 45, 66). Insbesondere in der Tradition postmoderner Theoretiker stehende Autoren gehen von einem sehr weiten Diskursbegriff aus. Diskurse sind demnach die Summe aller in einer Gesellschaft anzutreffenden kulturellen Muster, also „die Gesamtheit derjenigen Sprechweisen sowie bedeutungstragenden sozialen Praktiken, Artefakte, Texte, Objekte, in denen diese Kulturmuster oder Episteme realisiert, angewandt oder verändert werden“ (Brier 2004: 112). Die Pointe ist, dass dieser Lesart zufolge alle politische Macht nur auf diskursiven Zuschreibungen beruht. Diskurse verfügen – darin Institutionen im Sinne des normativen Institutionalismus ähnlich – über eigene Macht und können Akteure gleichermaßen prägen wie auch von ihnen geprägt werden. Ein solch weit gefasster Diskursbegriff soll hier allerdings nicht zugrunde gelegt werden, weil mit ihm zwei gewichtige Probleme verbunden sind. Zum einen entzieht sich ein weiter Diskursbegriff analog zu einem weiten Institutionenbegriff der Falsifizierbarkeit – if it is everything, then it means nothing, davon war bereits die Rede. Zum anderen impliziert die Annahme, die Wirklichkeit sei diskursiv konstruiert, dass man allein Diskurse analysieren kann respektive analysieren muss, um politische Entscheidungen nachzuvollziehen. Auch dieser Ansicht folge ich nicht. Stattdessen greife ich auf den „discursive institutionalism“ Vivien Schmidts zurück (V. Schmidt 2002: 209-56). Nach ihrer Lesart ist politisches Handeln vom Wechselspiel seines institutionellen Kontexts und der Interessen der Akteure – die von Diskursen beeinflusst, aber nicht determiniert werden – bestimmt. Diskurse allein können politischen Wandel niemals erklären, sie sind immer nur ein Faktor von mehreren. Die oftmals theoretisch hochgerüstete Form der äußerst akribischen Diskursanalyse soll ebenfalls nicht angewendet werden, denn insbesondere politische Diskurse „may conceal substance under rhetorical smoke“ (Schmidt/Radaelli 2004: 193). Dies gerät ob der methodologischen Sorge postmoderner Puristen gern in Vergessenheit. So wie in dieser Untersuchung nur von einem begrenzten Diskursbegriff ausgegangen wird, so sollen auch nicht alle Diskurse, die potenziell eine Auswirkung
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auf Entscheidungen über eine staatliche Parteienfinanzierung haben, analysiert werden. Ich habe in Kapitel 3.3 gezeigt, dass insbesondere „die“ Staatsferne (respektive Staatsnähe) ein widersprüchlicher Begriff ist, der zu kryptodeterministischen Argumentationen einlädt. Sicherlich wirken sich auch diese Diskurse auf die Selbstbilder der Akteure aus – allerdings nicht in dem Sinne, dass sie zwingend eindeutige kollektive Identitäten nähren, die dann die Interessen der Akteure in Entscheidungen über eine staatliche Parteienfinanzierung bestimmen. Anders verhält es sich mit dem Diskurs über die Korruption in der Politik. Dieser Diskurs ist häufig Ausgangspunkt zumindest von Debatten über eine Reform des Regimes der Parteienfinanzierung, wenn nicht von faktischen Reformen. Er hat damit potenziell einen großen Einfluss auf die Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung. Von besonderer Bedeutung ist, dass dieser Diskurs zwar auch von den Parteien geführt wird, aber eben nicht exklusiv. Er drückt ebenso gesellschaftliche Dispositionen aus, denen die Parteien unterworfen sind und die – zumindest aus kulturalistischer Perspektive – für die Formierung ihrer Interessen konstitutiv ist. Definiert man Diskurs „in terms of its content, as a set of policy ideas and values, and in terms of its usage, as a process of interaction focused on policy formulation and communication“ (Schmidt/Radaelli 2004: 184), beinhaltet der Diskurs über die Korruption in der Politik all diejenigen Äußerungen über illegale Zuwendungen an Parteien (wie sie in Kapitel 2.1 definiert worden sind), die sich auf die konkreten Konsequenzen für die bestehenden Parteienfinanzierungsregimes beziehen. Fälle illegaler Parteien- und Wahlkampffinanzierung haben insbesondere seit den 1990er Jahren ein verstärktes öffentliches wie wissenschaftliches Interesse hervorgerufen.11 Im Diskurs über die Korruption in der Politik können sowohl Konsequenzen aus faktischen Skandalen als auch zu deren Prävention angemahnt werden. Diese Operationalisierung des Diskursbegriffes mag angesichts der theoretischen Hochrüstung zeitgenössischer Diskursanalysen kurz gegriffen erscheinen. Anders können kulturalistische Ansätze allerdings schwerlich für vergleichende Fragestellungen verwendet werden. Der andere große Vorteil einer Analyse dieser begrenzten Diskurse ist, dass so der Einfluss der Debatten über die Korruption in der Politik klar nachgewiesen oder widerlegt werden kann. Auch die kulturalistische Variable der Untersuchung bleibt so falsifizierbar. Es muss kein Pudding an die Wand genagelt werden, wie Max Kaase (1983) einmal kritisch über das schwer operationalisierbare und falsifizierbare Konzept der politischen Kultur bemerkte. Diskurse im hier zugrunde liegenden Sinne können den Wandel von Politikinhalten herbeiführen: „Discourse helps create an opening to policy change by altering actors’ perceptions of the policy problems, policy legacies and ‘fit’, influencing their preferences, and, thereby, enhancing their political institutional capacity to 11
Vgl. etwa Heidenheimer/Johnston/LeVine 1989; Della Porta/Mény 1997; Della Porta/Vannucci 1999; Williams 2000; Bull/Newell 2003.
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Konzeptionelle Grundlagen
change“ (Schmidt/Radaelli 2004: 188). Auf die Fragestellung dieser Untersuchung angewendet folgt daraus, dass Diskurse über die Korruption in der Politik einen direkten Einfluss auf den Wandel von Parteienfinanzierungsregimes haben können. Es lassen sich zwei Varianten dieses Diskurses unterscheiden: 1.
Eine staatliche Parteienfinanzierung kann als probates Mittel zur Eindämmung der Korruption in der Politik erscheinen. Mit Hilfe der staatlichen Zuwendungen, so die häufig vertretene These, könne die Gleichheit der Parteien gesichert werden, weil Parteien ohne reiche Unterstützer ihren besser situierten Pendants gleichgestellt würden, was wiederum die Gefahr der Korruption mindere (Biezen 2004: 706; s.a. Gidlund 1991, Naßmacher 1993). Diese Variante des Korruptionsdiskurses tritt in zwei Spielarten auf: Zunächst gibt es eine proaktiven, primär aus der Furcht vor Korruption genährten Diskurs. Dieser Diskurs bezieht sich vor allem auf die Spendenpraxis der Parteien. Auch ohne konkrete Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten seitens der Parteien können, abgesehen von den Mitgliedsbeiträgen, alle formal legalen Formen der privaten Parteienfinanzierung, vor allem Großspenden, in den Ruch der Korruption geraten. Das Debattenklima kann dadurch genauso beeinflusst werden wie durch reale Fälle von Korruption: „The main problem in campaign and party financing is not corruption [...], but the appearance of corruption, crime and undue influence“ (Lösche 1993: 220, Hervorhebung im Original). Diese Korruptionsfurcht bezieht sich vor allem auf Großspenden, wird also zumeist mit institutionellen Spendern wie Unternehmen und Gewerkschaften sowie reichen Einzelspendern in Verbindung gebracht. Die Parteien können so verdächtigt werden, Marionetten der Gewerkschaften, „der“ Wirtschaft oder eben einzelner Spender zu sein. Staatliche Zuwendungen können in diesem Fall als willkommener Ausgleich oder gar als Ersatz für diskreditierte Formen der privaten Parteienfinanzierung angesehen werden. Für die Positionen der Parteien zur staatlichen Parteienfinanzierung ist es also bedeutsam, in welchem Maße welche Spendenformen in der Öffentlichkeit als legitim angesehen werden. Eng damit verknüpft ist der reaktive Diskurs über faktisches Fehlverhalten in der Parteienfinanzierung, also reale Fälle von Korruption. Werden solche Diskurse geführt, kommt es häufig zu einer öffentlichen Debatte darüber, welche Lehren aus einem Korruptionsskandal gezogen werden können und wie man dem zuvor (vermeintlich) vorherrschenden Wertesystem wieder Geltung verschafft. Dies wiederum wirkt sich auf die Ergebnisse von Reformen der Parteienfinanzierung aus (Paltiel 1980: 355). Gelten die staatlichen Zuwendungen als Heilmittel gegen Korruption (was wie erwähnt immer häufiger der Fall ist), dürfte die Einführung oder Ausweitung der staatlichen Parteienfinanzierung wahrscheinlicher werden. Selbst dort, wo sie nicht als Heilmittel gelten, eröffnet ein solcher Diskurs Politikern die Möglichkeit, für die Einführung ei-
Der Konsens der Parteien und seine Operationalisierung
2.
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ner staatlichen Parteienfinanzierung als Ersatz für illegale Formen der Parteienfinanzierung einzutreten. Natürlich kann auch ein negativer Zusammenhang zwischen Korruption und staatlicher Parteienfinanzierung unterstellt werden. In diesem Fall herrscht die Meinung vor, staatliche Zuwendungen selbst korrumpierten die politischen Parteien, beispielsweise, indem sie die Parteien von der Gesellschaft abkoppelten. Staatlich alimentierte Parteien kümmerten sich nach dieser Lesart nicht um die Belange der Wähler, sondern ignorierten diese. Diese Haltung ähnelt der in Kapitel 2.3 diskutierten These von der staatlichen Parteienfinanzierung als Ursache einer Entfremdung zwischen Parteien und Wählern. Anders als die zuvor skizzierte Variante des Korruptionsdiskurses dürfte diese die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung erschweren. Steht staatliche Parteienfinanzierung im Ruch der Korruption, heißt dies noch nicht, dass private Formen der Parteienfinanzierung, insbesondere institutionelle und individuelle Großspenden, sehr angesehen sind. Sind all diese Formen der Parteienfinanzierung ebenfalls diskreditiert, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Parteien in ein ernsthaftes Dilemma geraten (Koß 2003).
Die Hypothese vom positiven Zusammenhang zwischen der Intensität des Diskurses über die Korruption in der Politik und der Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung bezieht sich allein auf die erstgenannte Variante, in der die staatliche Parteienfinanzierung als Heilmittel gegen Korruption angesehen wird. Es wird erwartet, dass ein Konsens der Parteien über ihre staatliche Finanzierung von drei Merkmalen des Korruptionsdiskurses befördert wird: Erstens sollten es nicht die staatlichen Zuwendungen sein, die als korrumpierend angesehen werden. Zweitens wird ein solcher Konsens umso wahrscheinlicher, je größer das öffentliche Unbehagen an den drei diskutierten Formen der privaten Zuwendungen (Unternehmensund Gewerkschaftsspenden sowie individuelle Großspenden) ist. Großes Unbehagen bedeutet schlicht großen Handlungsdruck. Damit aber tatsächlich ein Konsens der Parteien über ihre staatliche Finanzierung erreicht werden kann, ist es drittens hilfreich, wenn sich der Korruptionsdiskurs auf möglichst viele für die Erzielung eines Konsenses wichtige, d.h. über hohe implizite Gewichte (s. Kapitel 4.1) verfügende Parteien bezieht. Wenn zumindest die großen, einflussreichen Parteien der Korruption verdächtigt werden, lastet nicht allein potenziell einseitiger Handlungs-, sondern auch Kooperationsdruck auf ihnen.
5 Zwischenfazit: Institutionelle Entscheidungspunkte, Ziele von Parteien, Korruptionsdiskurse und der Vergleich von Parteienfinanzierungsregimes
Nachdem nun die Variablen, die den Konsens der Parteien und damit auch die staatliche Parteienfinanzierung erklären sollen, vorgestellt worden sind, werden im Folgenden diejenigen Erkenntnisse des konzeptionellen Teils der Arbeit zusammengefasst, die für den Fortgang der Untersuchung von zentraler Bedeutung sind. Das Augenmerk richtet sich dabei vor allem auf zwei Aspekte: Zunächst werde ich den Zusammenhang zwischen den unabhängigen Variablen, also die konkreten Konstellationen von Institutionen, Zielen der Parteien und Korruptionsdiskursen, die potenziell zu einer Reform der staatlichen Parteienfinanzierung führen, näher beleuchten (Kapitel 5.1). Danach können die unabhängigen Variablen auch zur Begründung der Fallauswahl herangezogen werden (Kapitel 5.2). 5.1 Welche Konstellationen führen zu einer Reform der staatlichen Parteienfinanzierung? Im Mittelpunkt des konzeptionellen Teils stand die Entwicklung und Begründung von zwei zentralen Hypothesen, die im dritten Teil der Untersuchung überprüft werden sollen: Erstens wird angenommen, dass die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung nur auf der Grundlage eines Konsenses der potenziell regierungsfähigen Parteien eines politischen Systems möglich ist. Zweitens gehe ich davon aus, dass dieser Konsens der Parteien durch drei Bestimmungsfaktoren des Parteienwettbewerbs – die institutionellen Entscheidungspunkte, die Ziele der Parteien und die Diskurse über die Korruption in der Politik – operationalisiert werden kann. Aus der Konsenshypothese folgt, dass bei Reformen der staatlichen Parteienfinanzierung allein marginalisierte oder losgelöste Kleinparteien ohne Koalitionsund Erpressungspotenzial überstimmt werden können. Ein solcher Konsens kann im Falle divergierender Interessen der Akteure durch Verhandlung (fragiler Konsens), im Falle komplementärer Interessen durch Kooperation (stabiler Konsens) herbeigeführt werden. Im Zeitverlauf ist eine Stabilisierung des Konsenses zu erwarten. Die Konsenshypothese versteht sich als Bündelung der bisherigen Erklä-
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Konzeptionelle Grundlagen
rungsansätze für die Einführung staatlicher Parteienfinanzierung. Der Konsens der Parteien wird als notwendige Bedingung für die Reform der staatlichen Parteienfinanzierung angesehen, er tritt nicht an die Stelle der bisherigen Erklärungsansätze, die entweder den rational-interessegeleiteten, pfadabhängigen oder normativkulturell determinierten Charakter der Entscheidungsverläufe betonen. Zudem wird keine generelle Konsensorientierung der Parteien postuliert, sondern nur im Bereich ihrer (staatlichen) Finanzierung. Ausgehend von der Forschungsheuristik des akteurzentrierten Institutionalismus lässt sich der Konsensbegriff durch drei Variablen operationalisieren: die institutionellen Entscheidungspunkte, die abstrakten Ziele der Parteien (beide betrachtet in ihrer spezifischen Ausprägung innerhalb der jeweiligen Parteienfinanzierungsregimes) und die Diskurse über die Korruption in der Politik. Auf diese Weise wird versucht, die Einführung staatlicher Parteienfinanzierung – verstanden als Spielart des Wandels von Parteienfinanzierungsregimes und damit des Institutionenwandels – vergleichend und multikausal zu erklären. Kulturelle Erklärungsmuster werden berücksichtigt, allerdings ist ihnen der Zahn der mangelnden Falsifizierbarkeit, des Kryptodeterminismus, gezogen. Diese Erklärungsfaktoren wirken nicht isoliert voneinander. Die höchste Wahrscheinlichkeit für eine Reform der staatlichen Parteienfinanzierung ist dann gegeben, wenn drei Bedingungen gegeben sind: 1.
2.
3.
Den Akteuren stehen eine Vielzahl institutioneller Entscheidungspunkte in den jeweiligen Parteienfinanzierungsregimes zur Verfügung, insbesondere Vetopunkte und autonome Entscheidungspunkte, die beide nicht überstimmt werden können. Dem Parteiziel der Stimmenmaximierung kommt eine geringe Bedeutung zu. Dieses abstrakte Ziel wird als einziges dezidiert Wettbewerb förderndes (und damit Konsens verhinderndes) angesehen, während das Streben nach Programmverwirklichung und Regierungsteilhabe einen Konsens der Parteien in Fragen ihrer Finanzierung und damit die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung potenziell begünstigen. Von den Diskursen über die Korruption in der Politik geht ein großer Druck hin zu einer Einführung staatlicher Parteienfinanzierung aus, wenn die Auffassung, eine staatliche Parteienfinanzierung trage dazu bei, die Korruption in der Politik einzudämmen, von allen relevanten Parteien eines politischen Systems geteilt wird. Diese Diskurse können sowohl aus der Furcht vor Korruption im Zuge formal legaler privater (Groß-)Spenden an Parteien resultieren als auch konkrete Fälle politischer Korruption zum Anlass haben.
Analog dazu wird ein Konsens über eine staatliche Parteienfinanzierung dann als unwahrscheinlich angesehen, wenn den Akteuren nur wenige institutionelle Einflusspunkte zur Verfügung stehen, sie vornehmlich nach Stimmenmaximierung streben und der Diskurs über politische Korruption sich vor allem an den poten-
Zwischenfazit
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ziellen negativen Folgen einer staatlichen Parteienfinanzierung bzw. nur an einer Partei entzündet. Die vier Fälle, die zur Überprüfung dieser Hypothese ausgewählt wurden, repräsentieren grundlegend verschiedene Parteienfinanzierungsregimes. Da auch negative Fälle – in denen die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung scheiterte – untersucht werden, ist in diesen ein dezidierter Dissens über Fragen der staatlichen Parteienfinanzierung zu erwarten. Wie ist es nun um den Zusammenhang zwischen den unabhängigen Variablen bestellt? Anders formuliert: Lassen sich anhand des Zusammenhangs zwischen institutionellen Entscheidungspunkten, Parteizielen und Korruptionsdiskursen konkrete Konstellationen – „Konfigurationen“ im Sinne Charles Ragins (2000) – benennen, die faktisch zu einem Konsens der Parteien und damit zu Reformen der staatlichen Parteienfinanzierung führen? Zwischen Institutionen und Zielen der Parteien ist ein Zusammenhang zu erwarten: Je weniger Entscheidungspunkte den Parteien zur Verfügung stehen, desto eher dürften sie nach Stimmenmaximierung streben. Dem liegt schon die von Anthony Downs postulierte Annahme eines Zusammenhanges zwischen Mehrheitswahlsystem und der Ausbildung von Zweiparteiensystemen zugrunde, in denen Parteien nur dann politische Macht ausüben können, wenn sie die Mehrheit der Stimmen auf sich vereinen. Ist die Macht zudem institutionell stark zentralisiert, besteht ein noch stärkerer Anreiz zur Stimmenmaximierung. Analog dazu führen proportionale Wahlsysteme zu Mehrparteiensystemen, die mehr Möglichkeiten der inhaltlichen Abgrenzung (die mit dem Parteiziel der Programmverwirklichung korrespondiert) sowie Koalitionsoptionen (die mit dem Ziel der Regierungsteilhabe korrespondieren) eröffnen (Downs 1968: 118-23; s.a. Kaiser 2007).1 Lässt sich auch ein Zusammenhang zwischen Entscheidungspunkten/Parteizielen und Korruptionsdiskursen herstellen? Den Ausgangspunkt für diesen Zusammenhang bilden die Annahmen über die Wirkung von Diskursen, die Vivien Schmidt bei der Formulierung ihres diskursiven Institutionalismus aufstellt (V. Schmidt 2002: 211 f.): Ihr zufolge privilegieren zentralisierte politische Systeme den kommunikativen Diskurs mit der Bevölkerung, während Systeme mit institutioneller Machtverschränkung dem koordinativen Diskurs der Akteure, also der Eliten, mehr Platz einräumen. Während der koordinative Diskurs dazu dient, dass die politischen Akteure eine gemeinsame Sprache finden, fokussiert der kommunikative Diskurs stärker auf den Austausch der Eliten mit der Öffentlichkeit (V. Schmidt 2002: 230). Für den Diskurs über die Korruption in der Politik würde dies bedeuten, dass dieser vor allem kommunikativ ausfällt, wenn die Parteien wenige Entscheidungs1
Auch geht von Mehrheitswahlsystemen ein geringerer Anreiz zur Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung aus, weil hier Parteiorganisationen generell eine weniger bedeutende Rolle spielt: Für die Mitglieder der politischen Klasse sind Parteiämter (die ja durch staatliche Zuwendungen an Parteien aufgewertet werden) unter dieser Bedingung schlicht weniger wichtig, weil sie sich keinen Listenplatz in Parteien erarbeiten müssen (Borchert 2003b: 1).
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Konzeptionelle Grundlagen
punkte nutzen können und sie nach Stimmenmaximierung streben, während in Situationen, in denen Parteien viele Entscheidungspunkte zur Verfügung stehen (was wiederum Strategien der Regierungsteilhabe und der Programmverwirklichung befördern sollte), vor allem koordinative Diskurse geführt werden. Der maßgebliche Unterschied liegt in den verschiedenen Subjekten der jeweiligen Diskursformen: Während der kommunikative Diskurs der Öffentlichkeit einen breiten Raum zugesteht, findet der koordinative Diskurs im Wesentlichen zwischen den Akteuren, hier also den Parteien, statt. Wenn die institutionelle Umgebung und die Ziele der Parteien eine Reform der staatlichen Parteienfinanzierung befördern, kann der Diskurs über die Korruption in der Politik zwar auch einflussreich sein, er erlangt jedoch eher keine eine unabhängige Bedeutung, da er einen koordinativen Charakter trägt, also vornehmlich von den Parteien geführt wird. Es werden eher die ohnehin schon von den Parteien vertretenen Interessen verstärkt. Ein unabhängiger Einfluss kommt dem Korruptionsdiskurs allerdings dann zu, wenn Institutionen und Ziele der Parteien einer Reform der staatlichen Parteienfinanzierung im Wege stehen. Dann hat der kommunikative Diskurs eine wichtigere Bedeutung. Anders formuliert: Unter dieser Voraussetzung verfügt die Öffentlichkeit über mehr Möglichkeiten, die Parteien zu beeinflussen. Dies passt zu Susan Scarrows Annahme, dass die electoral economy-Perspektive die Parteien stärker an die Positionen der Wähler koppelt (Scarrow 2004: 657 f.). Tabelle 5.1: Die beiden idealtypischen Konstellationen, die potenziell zu Reformen der staatlichen Parteienfinanzierung führen Variante 1
Variante 2
Entscheidungspunkte
+
-
Ziele der Parteien
+
-
(+/-)
+
Korruptionsdiskurse
Es sind also idealtypisch zwei Konstellationen vorstellbar, die eine Reform der staatlichen Parteienfinanzierung begünstigen dürften (Tabelle 5.1): Zum einen Konstellationen, in denen Parteien über relativ viele Entscheidungspunkte verfügen und in denen Strategien der Stimmenmaximierung eine nachgeordnete Rolle spielen. Hier kommt dem Korruptionsdiskurs, der vornehmlich von den Parteien selbst geführt wird, keine zentrale Rolle für die Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung mehr zu, er kann aber sehr wohl den Einfluss der Institutionen und der Parteiziele verstärken (Variante 1). Der Korruptionsdiskurs kann allein deren ohnehin schon große Wahrscheinlichkeit erhöhen. Zum anderen können auch Konstellationen eine Reform der staatlichen Parteienfinanzierung begünstigen, in denen nach Stimmenmaximierung strebende Parteien über wenige Entscheidungspunkte verfügen. Zwar stehen diese Bedingungen einer Reform der staatlichen
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Parteienfinanzierung entgegen, allerdings kann in diesem Fall die Öffentlichkeit in höherem Maße (z.B. über die Medien) auf die Parteien Einfluss nehmen und diese zur Einführung bzw. Reform der staatlichen Parteienfinanzierung veranlassen (Variante 2). 5.2 Der institutionelle Kontext, die potenziellen Parteiziele und die Transparenzregimes als weitere Kriterien der Fallauswahl Bei der Begründung der Fallauswahl anhand der unabhängigen Variablen muss zunächst ein grundsätzlicher Vorbehalt ausgesprochen werden: Aus dem bisher Gesagten dürfte klar geworden sein, dass es schlechterdings unmöglich ist, ohne eingehende Analyse diejenigen Variablen exakt zu benennen, die in den jeweiligen konkreten Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung von Bedeutung waren. Eben weil die unabhängigen Variablen nicht einfach a priori quantifiziert werden können, wurde ein qualitativer Ansatz gewählt. Es ist allerdings möglich, zu zeigen, dass aus den Feldern der in Kapitel 2.1 entwickelten Matrix Fälle ausgewählt wurden, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit hinsichtlich ihres institutionellen Kontextes, der Ziele, die Parteien verfolgen, und der Ausformungen der Korruptionsdiskurse unterscheiden. Um Varianz hinsichtlich des institutionellen Kontextes zu gewährleisten, soll auf das bereits erwähnte Vetospielermodell von George Tsebelis zurückgegriffen werden (1995; 2002). Tsebelis nennt alle Akteure, die über die Möglichkeit verfügen, den politischen Status Quo zu verändern, Vetospieler. Wenn diese Befugnis verfassungsrechtlich festgeschrieben ist, dann handelt es sich um institutionelle Vetospieler (z.B. Parlamentskammer, Präsident); die in diesen Institutionen vertretenen politischen Parteien nennt Tsebelis parteiliche Vetospieler, wenn ihre Zustimmung zu einer Entscheidung erforderlich ist. Institutionelle können von parteilichen Vetospielern im Falle der parteipolitischen Kongruenz absorbiert werden (Tsebelis 1995: 311). Auf Kosten der wie erwähnt schwerlich haltbaren Annahme, Vetospieler nutzten ihre Vetomacht immer aus, lassen sich mit Hilfe dieses Ansatzes die institutionellen Arrangements der zu untersuchenden politischen Systeme a priori unterscheiden. Von den hier ausgewählten Ländern verfügt nur Deutschland potenziell über zwei Vetospieler, je nachdem, ob der Bundesrat bei Gesetzesvorhaben zustimmen muss oder nicht. Alle anderen untersuchten Länder weisen nur einen institutionellen Vetospieler auf (Tsebelis 1995: 305 f.). Bei der Reform des Parteiengesetzes muss in Deutschland dann der Bundesrat zustimmen, wenn auch die steuerliche Privilegierung von Parteispenden geregelt wird (FR 18.7.1967). Dies ist für die Einführung und Reform der direkten staatlichen Parteienfinanzierung streng genommen nicht nötig. Faktisch jedoch werden Neuregelungen der Privilegierung von
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Konzeptionelle Grundlagen
Spenden und der direkten Zuwendungen in Deutschland häufig gemeinsam verabschiedet, so dass institutionelle Vetospieler durchaus auftreten können. Deutschland verfügt aufgrund der Häufigkeit von Zweiparteienkoalitionen in der Regel über zwei parteiliche Vetospieler. Verfügt die Regierung auch im Bundesrat über eine Mehrheit, bleibt es insgesamt bei zwei Vetospielern, ist dies nicht der Fall, verfügt Deutschland über drei parteiliche Vetospieler. Bis zur Verfassungsreform von 1970, in der die zweite Kammer des Parlaments abgeschafft wurde, sind in Schweden zwei institutionelle Vetospieler zu erwarten. Da Tsebelis EinparteienMinderheitsregierungen ähnlich wie Mehrheitsregierungen zählt (1995: 303, 317; s.a. Strøm 1990b: 61) und da nahezu alle wichtigen Entscheidungen in Schweden unter der Ägide von Alleinregierungen der Sozialdemokraten getroffen wurden,2 verfügt Schweden ähnlich wie Großbritannien mit seiner Tradition der EinparteienMehrheitsregierungen über nur einen parteilichen Vetospieler. Frankreich verfügte 1979/80 (als die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung scheiterte) über zwei parteiliche Vetospieler (UDF und RPR), zwischen 1988 und 1993 (in der Phase also, in der die Einführung der staatlichen Zuwendungen gelang) aufgrund der sozialistischen Minderheitsregierung nur über einen. Tabelle 5.2: Vetospieler in Deutschland, Schweden, Großbritannien und Frankreich Veto- Land spieler
institutionelle Vetospieler
1-2
Schweden
1-2
(Reichstag, bis 1970 zweite Kammer)
1
(1-ParteienMinderheitsregierungen)
1
Großbritannien
1
(Unterhaus)
1
(EinparteienMehrheitsregieru ngen)
1-2
Frankreich
1
(Nationalversammlung)
1-2
(je nach Zahl der Regierungsparteien)
Irland, Luxemburg, Portugal
2-3
Deutschland
1-2
(Bundestag, Bundesrat)
2
(Koalitionsparteien)
Schweiz, Finnland, Dänemark, Belgien, Italien
ggf.
parteiliche Vetospieler
weitere Länder Griechenland, Spanien
Eigene Darstellung anhand von Tsebelis 1995: 305 f., 310 f.; 2002: 182, 231.
Wie in Tabelle 5.2 dargestellt, variieren die ausgesuchten Länder hinsichtlich der Zahl ihrer Vetospieler zwischen einem und drei. Die Fallauswahl läuft potenziell der 2
Es gab eine Ausnahme: 1969 verfügten die Sozialdemokraten über eine absolute Mehrheit in beiden Kammern des schwedischen Parlaments.
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hier formulierten Hypothese teilweise zuwider: Zwar trifft für Deutschland eine relativ hohe Zahl an Vetospielern mit der erfolgreichen Einführung staatlicher Parteienfinanzierung zusammen, in Großbritannien gilt wie erwartet das Gegenteil. Schweden und Frankreich widersprechen jedoch der Annahme, die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung werde durch eine hohe Anzahl institutioneller Vetopunkte begünstigt: Schweden verfügt seit 1970 über genauso wenige Vetospieler wie Großbritannien. Die Zahl der Vetospieler hat sich im Falle Schwedens sogar verringert. In Frankreich nahm die Zahl ebenfalls ab: Hatte das Land bei der gescheiterten Einführung der staatlichen Zuwendungen 1979/80 noch genau wie Deutschland zwei Vetospieler, war es 1988, als die Einführung gelang, nur noch einer. Die These von den institutionellen Voraussetzungen für die konsensuelle Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung kann also auch einem Test im Sinne x-zentrierter Forschungsdesigns unterzogen werden. Eine Operationalisierung der Ziele der Parteien ist noch schwieriger als die der institutionellen Kontexte, in denen die Parteien operieren. Die Ziele, die Parteien verfolgen, sind derart subjektiv bestimmt, dass sie schlechterdings nicht a priori quantifiziert werden können. Annäherungsweise soll dies hier geschehen, indem von den jeweils häufigsten Typen der Regierungsbildung auf die dominanten Ziele der Parteien geschlossen wird. Um die Regierungsbildung in verschiedenen Ländern vergleichbar zu machen, werden vier Typen der Regierungsbildung unterschieden (Woldendorp/Keman/Budge 2000: 17 f.): Erstens Einparteien-Mehrheitsregierungen, zweitens „minimal winning“-Koalitionen,3 drittens übergroße Koalitionen, an denen mehr Parteien beteiligt sind, als formal nötig wären, und viertens Einparteien-Minderheitsregierungen. Je häufiger die beiden erstgenannten Typen der Regierungsbildung (insbesondere Einparteien-Mehrheitsregierungen) vorkommen, desto höher dürfte die Bedeutung der Stimmenmaximierung zu veranschlagen sein (dazu Riker 1962: 32-46). Übergroße Koalitionen lassen auf Kooperation in der Regierung schließen und dürften ein Indikator für das Streben nach Regierungsteilhabe sein. Minderheitsregierungen lassen auf einen hohen Stellenwert von Programmverwirklichung schließen, da in diesem Fall eine vornehmlich inhaltliche Zusammenarbeit im Parlament nötig ist. Wie aus Tabelle 5.3 hervorgeht, variieren die hier untersuchten Länder im Vergleich der westeuropäischen Demokratien deutlich.4 Soll nun von den jeweils häu-
3
Eine minimal winning-Koalition ist winning in dem Sinne, dass sie über eine Mehrheit im Parlament verfügt, und minimal, weil nur so viele Parteien involviert sind, wie zu einer solchen Mehrheit mindestens nötig sind. 4 Zu demselben Ergebnis gelangt man auch anhand von Expertenbefragungen. Gefragt, ob Parteien Regierungsämter in erster Linie als Selbstzweck oder als Möglichkeit, politische Inhalte zu beeinflussen, ansahen (ob sie also nach Regierungsteilhabe oder Programmverwirklichung strebten), stuften Experten die schwedischen Parteien am ehesten als Programmverwirklicher ein, gefolgt von den deut-
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Konzeptionelle Grundlagen
figsten Typen der Regierungsbildung auf die potenziell dominanten Ziele der Parteien in den untersuchten Ländern geschlossen werden, so ergeben sich für Schweden und Großbritannien klare Aussagen. In Schweden dürfte das Ziel der Programmverwirklichung die wichtigste Rolle spielen, in Großbritannien das der Stimmenmaximierung. Dies entspräche den hier formulierten Erwartungen.5 In Deutschland scheint Stimmenmaximierung eine prominente Rolle zu spielen, was meiner Hypothese entgegenliefe. Ebenso wenig wäre es mit den Erwartungen dieser Untersuchung vereinbar, wenn in Frankreich tatsächlich das Streben nach Regierungsteilhabe, auf das die häufigen übergroßen Mehrheitsregierungen hindeuten, eine herausgehobene Rolle spielte. Ähnlich wie im Fall der institutionellen Arrangements verspricht die zusätzliche x-zentrierte Auswahl der Fälle auch über die Rolle der Parteiziele zusätzliche Erkenntnisse. Tabelle 5.3: Häufigste Regierungstypen, 1945-1998 häufigster Regierungstyp
Länder
Einparteien-Mehrheitsregierungen
Australien, Großbritannien (95 %), Irland, Neuseeland
minimal winning-Koalitionen
Belgien, Deutschland (64 %), Luxemburg, Österreich
übergroße Koalitionen
Finnland, Frankreich (68 %), Italien, Niederlande, Schweiz
Einparteien-Minderheitsregierungen
Dänemark, Norwegen, Schweden (58 %)
Eigene Darstellung nach Woldendorp/Keman/Budge 2000: 84 f.
Auch die Ausprägung der Korruptionsdiskurse ist vorab schwerlich zu ermitteln. Um aber dennoch auch für diese Variable zur Erklärung der Entwicklung von Parteienfinanzierungsregimes eine Aussage treffen zu können, soll auf die verschiedenen Mechanismen, mit denen das Finanzgebaren der Parteien reguliert wird, zurückgegriffen werden. Karl-Heinz Naßmacher (2003a: 10-2) unterscheidet zwischen der „Autonomieoption“, in der die Parteien keinerlei Transparenzgebot unterliegen, der „Transparenzoption“, in der die Offenlegung der Parteifinanzen gesetzlich vorgesehen ist und der „Agentenoption“ („advocacy option“), in der die Einhaltung der Spielregeln von einer unabhängigen Person oder Institution überwacht wird. Was sagen diese idealtypischen Formen der Regulierung der Parteienfinanzierung nun über die Korruptionsdiskurse in den verschiedenen Ländern aus? Engere Reschen und den britischen. Die französischen Parteien wurden als am stärksten nach Regierungsteilhabe strebend eingeschätzt (Laver/Hunt 1992: 70 f.). 5 Dazu sei angemerkt, dass es schwerlich möglich ist, Fälle auszuwählen, die den hier geäußerten Erwartungen widersprechen. Alle Länder, in denen Einparteien-Mehrheitsregierungen am häufigsten auftreten, haben unbedeutende Staatsquoten in der Parteienfinanzierung, während in allen Ländern aus der Gruppe Schwedens der staatlichen Parteienfinanzierung eine zumindest bedeutende Rolle zukommt. Die einzige Ausnahme ist Frankreich bis 1988 – das ich ja untersuche.
91
Zwischenfazit
geln, wie sie in der Transparenz- und in der Agentenoption anzutreffen sind, dürften auf einen intensiveren Korruptionsdiskurs schließen lassen. Parteien werden kaum freiwillig Transparenzgebote einführen, sondern eher auf öffentlichen Druck hin. Inwieweit der öffentliche Diskurs primär um private oder staatliche Spenden kreist, ist im Voraus nicht zu ermitteln. Tabelle 5.4: Modelle der Überwachung von Transparenzgeboten Modell
Eigenschaften
Länder
Autonomieoption
Parteien müssen über die Verwendung und die Herkunft ihrer Mittel keine Rechenschaft ablegen
Frankreich bis 1988, Österreich (a), Schweden, Schweiz
Transparenzoption
Parteien sind verpflichtet, Rechenschaftsberichte vorzulegen
Belgien, Deutschland, Finnland, Luxemburg, Niederlande, Norwegen
Agentenoption
eine unabhängige Institution überwacht die Einhaltung der Transparenzgebote
Frankreich seit 1988, Großbritannien, Irland, Italien
Die Einordnung der Länder erfolgte nach den Länderkapiteln in Grant 2005. (a) In Österreich gibt es zwar Transparenzvorschriften, allerdings gelten diese als „trivial“ (Sickinger 2005: 32).
Wie in Kapitel 6 näher auszuführen sein wird, repräsentieren die gewählten Fälle jede dieser idealtypischen Formen der Regulierung der Parteienfinanzierung. In Schweden gibt es bislang keinerlei Transparenzregeln, auch in Frankreich existierten solche vor 1988 nicht. Diese beiden Länder repräsentieren also die Autonomieoption. Die detaillierten gesetzlichen Regelungen zur Transparenz der Parteifinanzen machen Deutschland zu einem eindeutigen Vertreter der Transparenzoption. In Großbritannien gibt es seit 2000 eine Electoral Commission, die die Einhaltung detaillierter Regeln zur Rechenschaftslegung überwacht – ein Votum für die Agentenoption. Tabelle 5.4 zeigt auf, wo andere westeuropäische Demokratien verortet sind. Einmal mehr entsprechen zwei der im Folgenden zu untersuchenden Fälle den Erwartungen, zwei andere hingegen nicht. Im Falle Deutschlands überrascht es nicht, dass ein hohes Transparenzniveau vorliegt. Analog dazu war auch im Falle Frankreichs vor 1988 zu erwarten, dass Parteien ihre Finanzen nicht offen legen mussten. Frankreich führte gleichzeitig mit der staatlichen Parteienfinanzierung auch Transparenzregeln ein. Dies passt zu der Hypothese vom öffentlichen Unbehagen an der Korruption, aus dem gleichermaßen eine staatliche Parteienfinanzierung wie auch eine öffentliche Kontrolle der Mittel der Parteien resultiert. Ein anderes, meinen Erwartungen widersprechendes Bild ergibt sich in Schweden und Großbritannien. In Schweden existieren trotz des hohen Niveaus der staatlichen Parteienfinanzierung überhaupt keine Transparenzregeln, während in Großbritan-
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nien (zumindest seit 2000) eine unabhängige Kommission (teils auch schon zuvor geltende) Transparenzregeln überwacht, ohne dass das Niveau der staatlichen Zuwendungen signifikant angehoben wurde. Die teils mit meinen Hypothesen konforme, teils ihnen widersprechende Einordnung der zu untersuchenden Länder lässt folgende Erwartungen darüber zu, welche Variablen in den einzelnen Ländern für die Einführung bzw. Nichteinführung der staatlichen Parteienfinanzierung verantwortlich sind. In Deutschland dürften dies vor allem die Institutionen des politischen Systems und die Diskurse über die Korruption in der Politik sein, denn hier entspricht Deutschland den Hypothesen über die Wirkung dieser Variablen. In Schweden sollte die hohe Staatsquote in der Parteienfinanzierung vornehmlich Folge der Ziele der Parteien sein, trifft doch allein die Erwartung vom Zusammenhang zwischen der geringen Bedeutung der Stimmenmaximierung und der Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung zu. Dass in Großbritannien bislang keine signifikante staatliche Parteienfinanzierung eingeführt wurde, dürfte vor allem an den wenigen institutionellen Einflussmöglichkeiten und am Primat der Stimmenmaximierung liegen. Für Frankreich ist ein zunehmend intensiverer Korruptionsdiskurs zu erwarten, der 1988 die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung ermöglichte. Eines sollte nicht vergessen werden: Alle in diesem Kapitel formulierten Erwartungen wurden auf der Basis einer höchst vorläufigen Operationalisierung der unabhängigen Variablen vorgenommen. Nicht zuletzt, weil sich die Hypothesen dieser Arbeit schwerlich quantifizieren lassen, erfolgte die Fallauswahl in erster Linie anhand der abhängigen Variablen, also der Parteienfinanzierungsregimes. Im folgenden empirischen Teil stehen also sowohl die Hypothesen über die Wirkung der Institutionen, der Ziele der Parteien und der Korruptionsdiskurse als auch deren hier vorgenommene a priori-Operationalisierung und ihr postulierter Zusammenhang auf dem Prüfstand.
Teil 2 Überblick über die Parteiensysteme und Parteienfinanzierungsregimes
6 Die untersuchten Parteiensysteme In diesem Teil der Untersuchung geht es darum, wichtige Kontextinformationen für die Analyse der jeweiligen Entscheidungsprozesse über die staatliche Parteienfinanzierung zu erarbeiten. Auf diese Weise sollen auch die im ersten Teil der Untersuchung geäußerten Erwartungen, welche Variablen die Reform der Parteienfinanzierung in den einzelnen Ländern beeinflusst haben, weiterentwickelt werden. Im Mittelpunkt der folgenden, knappen Analyse der Parteiensysteme steht die Frage, ob zu den Zeitpunkten wichtiger Reformen (oder gescheiterter Reformvorhaben) der staatlichen Parteienfinanzierung ein Wandel maßgeblicher Eigenschaften der Parteiensysteme feststellbar ist. Es gibt keine einhellig akzeptierte Vorgehensweise, um Parteiensysteme zu vergleichen. Als Parteiensystemeigenschaften können die Beziehungsstrukturen zwischen den Parteien verstanden werden (Lane/Ersson 1999: 134; s.a. Bardi/Mair 2008). Von Interesse sind hier vor allem diejenigen Variablen, die mit den diskutierten Parteizielen der Stimmenmaximierung (Kapitel 6.1) und der Politikverwirklichung sowie der Regierungsteilhabe (Kapitel 6.2) zusammenhängen. Im Folgenden werden Vergleichsindikatoren verwendet, die sich im Wesentlichen auf Unterscheidungen Oskar Niedermayers (2003a; 2003b) stützen. Seine Kategorien Format, Fragmentierung, Asymmetrie und Volatilität bezeichnen strukturelle Merkmale von Parteiensystemen, die eng mit den jeweiligen Wahlergebnissen der Parteien verknüpft sind. Stellt man eine Verbindung zwischen diesen Kategorien und den Zielen von Parteien her (vgl. Pennings 1998: 84), so sind sie auf der Ebene der Stimmenmaximierung anzusiedeln. Bei den ebenfalls auf Niedermayer zurückgehenden Kategorien Segmentierung und Polarisierung stehen demgegenüber inhaltliche (also ideologische und verhaltensmäßige) Unterschiede zwischen Parteiensystemen im Vordergrund. Die Polarisierung, die auf die ideologischen Unterschiede zwischen den Parteien abzielt, korrespondiert mit dem Streben nach Programmverwirklichung. Die Segmentierung, bei der es um die Koalitionsfähigkeit der Parteien geht,
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Überblick über die Parteiensysteme und Parteienfinanzierungsregimes
gibt Aufschluss darüber, welche Priorität das Ziel der Regierungsteilhabe für die Parteien hat. Alle Indikatoren werden im Folgenden primär für die parlamentarische Ebene erhoben. Wie in Kapitel 4.1 dargelegt, dürften Parteien ohne parlamentarische Repräsentanz schwerlich Einfluss auf Entscheidungen zur staatlichen Parteienfinanzierung ausüben. Wenn neben den Merkmalen der Parteiensysteme auch deren Wandel untersucht werden soll, insbesondere zu Zeiten von Debatten über die staatliche Parteienfinanzierung, so darf dies nicht über eine unvermeidbare Limitierung der folgenden Übersicht hinwegtäuschen: Zwar lässt sich anhand der Indikatoren Format, Fragmentierung, Asymmetrie, Volatilität, Polarisierung und Segmentierung zeigen, ob ein Wandel in einem Parteiensystem während der Debatten über staatliche Parteienfinanzierung stattfindet. Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, woher dieser Wandel rührt, ob er mit den Debatten über die staatliche Parteienfinanzierung verknüpft ist und welche Rolle einzelne Parteien sowie institutionelle, kulturelle und situative Faktoren dabei gespielt haben. Dies kann erst im dritten Teil der Untersuchung geschehen.
6.1 Die Ebene der Stimmenmaximierung Zunächst soll die Entwicklung von Format und Fragmentierung in den Parteiensystemen der untersuchten Länder betrachtet werden, denn diese Indikatoren geben Aufschluss über die Anzahl der im Parlament vertretenen Parteien. Das parlamentarische Format bezieht sich auf die faktische Anzahl der im Parlament vertretenen Parteien, die Fragmentierung auf die effektive Zahl (Effective Number of Parliamentary Parties, ENPP). Die effektive Zahl der Parteien stellt einen Versuch dar, die Menge der tatsächlich relevanten Parteien in einem Parteiensystem näher zu beschreiben. Sie entspricht der realen Anzahl der im Parlament vertretenen Parteien, wenn alle Parteien den gleichen Sitzanteil aufweisen. Je ungleicher das Machtverhältnis zwischen den Parteien, desto geringer ist die effektive Zahl der Parteien im Vergleich zur realen. Bei Dominanz nur einer Partei nähert sich der Index dem Wert 1 (Laakso/Taagepera 1979). Ermittelt wird die effektive Zahl der im Parlament vertretenen Parteien durch Bildung des Kehrwerts der Summe der quadrierten Sitzanteile aller Parteien.
Format und Fragmentierung Wie Tabelle 6.1 verdeutlicht, muss die Zahl der im Parlament vertretenen Parteien nicht zwingend mit der Zahl der relevanten Parteien in den Parteiensystemen im Zusammenhang stehen. Vor allem in Großbritannien ist die effektive Zahl der
95
Die untersuchten Parteiensysteme
Parteien im Parlament erheblich geringer als die der realen. Seit dem Ende der 1980er Jahre, vor allem aber seit der Nationalsratswahl von 1997, lässt sich ein ähnlicher Trend auch in Frankreich feststellen. Tabelle 6.1: Format und Fragmentierung der im Parlament vertretenen Parteien, 1949-2006 Deutschland Jahre 1949/50 1951/52 1953/54 1955/56 1957/58 1959/60 1961/62 1963/64 1965/66 1967/68 1969/70 1971/72 1973/74 1975/76 1977/78 1979/80 1981/82 1983/84 1985/86 1987/88 1989/90 1991/92 1993/94 1995/96 1997/98 1999/00 2001/02 2003/04 2005/06 ø
Format 10
ENPP 3,99
6
2,77
4
2,39
3
2,50
3
2,38
3 3
2,24 2,33
3
2,31
3
2,43
4
2,51
4 5
2,80 2,65
5
Schweden
Vereinigtes Königreich (a) Format ENPP 3 2,07 3 2,05
Format
ENPP
5
3,09
5 5 5
3,18 3,17 3,11
4
2,03
3
1,99
5
3,18
3 3
2,06 2,06
5 5
2,81 3,04
4
2,07
5 5
3,35 3,45
8 (b)
2,25 (b)
5 5
3,48 3,13
8
2,15
9
2,09
9
2,18 2,27
Frankreich Format
ENPP
6
5,96
7 6
5,07 3,49
6
3,51
4 (c)
2,36 (c)
5
3,14
5
4,45
4
2,91
5 5
4,11 3,23
5
3,03
5 6
3,39 3,67
7 7
4,19 3,91
8
2,91
5
2,90
7
4,29
9
2,18
8
3,72
5
2,80
7
4,23
9
2,16
8
2,24
5 4,4
3,44 2,71
7 5,6
4,15 3,49
9 6
2,45 2,13
5,8
3,73
Eigene Berechnungen auf Basis der Ergebnisse bei www.parties-and-elections.de. Für hier untersuchte Entscheidungen zur staatlichen Parteienfinanzierung besonders wichtige Zeiträume sind grau unterlegt. (a) Es heißt hier deshalb „Vereinigtes Königreich“, weil der Anstieg im Format des britischen Parteiensystems nicht zuletzt auf nordirische Regionalparteien zurückgeht. Da Regionalparteien im Folgenden allerdings nicht berücksichtigt werden, ist in der Regel von „Großbritannien“ die Rede. (b) In Großbritannien fanden 1974 zwei Unterhauswahlen statt. Angegeben sind Durchschnittswerte. (c) In Frankreich fanden 1967 und 1968 Wahlen zur Nationalversammlung statt. Angegeben sind Durchschnittswerte.
96
Überblick über die Parteiensysteme und Parteienfinanzierungsregimes
Geschuldet ist diese Diskrepanz zwischen der realen und der effektiven Zahl der Parteien vor allem den jeweiligen Wahlsystemen. In Großbritannien verhindert das relative Mehrheitswahlrecht, dass neben den Konservativen und Labour (sowie mit eindeutigen Abstrichen auch den Liberaldemokraten) weitere Parteien einen mehr als marginalen Status im Unterhaus erlangen konnten. In Frankreich hat das romanische Mehrheitswahlrecht keinen so restriktiven Einfluss, lässt es doch Bündnisse und Wahlabsprachen zwischen Parteien zu. Deutschland und Schweden haben Verhältniswahlsysteme, deshalb sind in beiden Ländern die Differenzen zwischen realer und effektiver Zahl der im Parlament vertretenen Parteien geringer. Grundsätzlich ist in allen Parteiensystemen ein maßvoller Anstieg sowohl der realen als auch der effektiven Parteien in den Parlamenten festzustellen. Spezifische Trends im Hinblick auf die Phasen, in denen eine staatliche Parteienfinanzierung diskutiert wurde, lassen sich aus Tabelle 6.1 nicht ablesen. In Deutschland bildete sich nach einer Phase der Konzentration des Parteiensystems in den 1950er Jahren zunächst ein wenig polarisiertes Parteiensystem mit zwei dominanten Parteien, der Union und der SPD, sowie der kleineren FDP heraus, das zwischen 1961 und 1983 Bestand hatte. Auf der Rechten war dies die christdemokratische CDU/CSU, auf der Linken die sozialdemokratische SPD. Die geringe Zahl der Parteien im Bundestag allein verdeutlicht, dass Union und SPD prototypisch die Entwicklung zu Volksparteien vollzogen hatten (M. Schmidt 2002: 66). Zwischen den beiden großen Parteien stand allein die deutlich kleinere liberale FDP. Seit Beginn der 1980er Jahre erfuhr das deutsche Parteiensystem zwei Fragmentierungsschübe durch die Etablierung neuer Parteien: Waren es 1983 zunächst die Grünen, die den Sprung aus der Umwelt- und Friedensbewegung in den Bundestag schafften, so gelangte im Zuge der Wiedervereinung die PDS (seit 2007 Linkspartei) – zunächst als vornehmlich ostdeutsche Regionalpartei (Hough 2002) – in den Bundestag. Da mit einem Rückgang der Zahl der im Parlament vertretenen Parteien kaum zu rechnen ist, kann man heute von einem „fluiden Fünfparteiensystem“ (Niedermayer 2003b: 37) in Deutschland sprechen. In Schweden bildete sich in den 1930er Jahren ein stark fragmentiertes, wenig polarisiertes und asymmetrisches Parteiensystem mit zentripetaler Ausrichtung heraus. Mit dem Zusammenschluss zweier liberaler Gruppierungen zur Volkspartei (Folkpartiet, FP) existierte seit 1934 ein Fünfparteiensystem, das bis zum Ende der 1980er Jahre nahezu keinen Änderungen unterworfen war. Neben den Liberalen waren die agrarisch geprägte Zentrumspartei1 (Centerpartiet, C), die konservative Rechtspartei (Högerpartiet), die Sozialdemokraten (Socialdemokratiska arbetarepartiet, SAP) und schließlich die Kommunisten (Sveriges kommunistiska partiet), die sich 1917 von den Sozialdemokraten abgespalten hatten, vertreten (Pierre 1990: 74). Der zentripetale Charakter des schwedischen Parteienwettbewerbs manifestierte sich in 1
Nicht ohne Grund firmierte das Zentrum bis 1957 als Bauernverband (bondeförbundet).
Die untersuchten Parteiensysteme
97
diversen Namenswechseln: 1969 benannte sich die Rechtspartei in Moderate Sammlungspartei (Moderata samlingspartiet, M) um, um so der in Schweden negativen Konnotation des Begriffes „rechts“ zu entgehen. Um analog dazu dem negativen Beiklang ihres Namens zu entkommen, hießen die Kommunisten seit 1967 Linkspartei Kommunisten (Vänsterpartiet Kommunisterna, VPK) und seit 1990 nur noch Linkspartei. Abgesehen von den Namen der Parteien änderte sich in Schweden jedoch für lange Zeit wenig, länger noch als sein deutsches Pendant blieb das schwedische Parteiensystem bemerkenswert stabil. Erst nach 1988 fragmentierte sich das Parteiensystem Schwedens. Die effektive Zahl der Parteien nahm seitdem stetig zu (Tabelle 6.1). Zwei Parteien, die Grünen (Miljöpartiet de gröna, MP) und die Christdemokraten (Kristdemokraterna, KD), konnten sich dauerhaft im Parlament etablieren. 1991 gelangte zusätzlich für eine Legislaturperiode die populistische Neue Demokratie (Ny Demokrati) in den Reichstag. Die Grünen hatten es in Schweden vergleichsweise schwer, weil Zentrum und Linkspartei traditionell ebenfalls ökologische Positionen vertraten. Die Christdemokraten konnten sich vor allem auf Kosten der Liberalen und des Zentrums etablieren. Da die wesentlichen Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung jedoch vor 1990 getroffen wurden, sind diese Parteien – ebenso wie die zunehmende Fragmentierung – hier von nachgeordneter Bedeutung. Ungeachtet der Zahl der im Parlament vertretenen Parteien hatte Großbritannien nach dem Zweiten Weltkrieg lange Zeit faktisch ein Zweiparteiensystem. Der Parteienwettbewerb kann heute als „latent moderater Pluralismus“ beschrieben werden (Webb 2000: 8). Nur das relative Mehrheitswahlrecht, das auch knappe Stimmenvorsprünge in bequeme Sitzmehrheiten zu verwandeln imstande ist, verhindert noch die manifeste Pluralisierung des Parteiensystems. In jedem Wahlkreis wird derjenige Kandidat gewählt, der die meisten Stimmen auf sich vereint, unabhängig davon, wie groß der Vorsprung vor seinen Konkurrenten ist. Der Einfluss des relativen Mehrheitswahlrechts wird am besten durch einen Vergleich der Wahl von 1970 mit den beiden Wahlen von 1974 deutlich: Zwar verdoppelte sich die Zahl der im Parlament vertretenen Parteien, effektiv stieg diese indes nur unwesentlich an. Spätestens seit 2005 stellt sich jedoch die Frage, ob der Pluralismus nicht manifest ist angesichts des deutlichen Anstiegs auch der effektiven Zahl der im Parlament vertretenen Parteien (Kaiser 2006: 183). Dennoch sind weiterhin die Conservative Party und die Labour Party die beiden wichtigsten Akteure im britischen Parteiensystem. Darüber hinaus sollen die Liberal Democrats mit Wahlergebnissen von zuletzt 22 Prozent (aber eben nur weniger als zehn Prozent der Sitze) berücksichtigt werden, nicht aber die anderen, zumeist regionale Interessen vertretenden Parteien, die zusammengenommen nie mehr als fünf Prozent der Sitze erringen konnten. Aus diesem Grund ist der Anstieg des Formats des britischen Parteiensystems nach 1974 für diese Untersuchung von nachgeordneter Bedeutung.
98
Überblick über die Parteiensysteme und Parteienfinanzierungsregimes
Die Conservative Party ist die stärkste konservative Partei Europas. In allen anderen Ländern – so auch in Deutschland – sind konservative Parteien von MitteRechts Parteien absorbiert worden oder, wie etwa in Schweden, elektoral weniger stark als in Großbritannien (Webb 2000: 88). Ursprünglich als politischer Arm der Gewerkschaften gegründet, ist es der Labour Party im Zuge der industriellen Revolution und der Ausweitung des Wahlrechts gelungen, seit der Zwischenkriegszeit den Platz der Liberalen als zweite Kraft im britischen Parteiensystem einzunehmen (Helms 2006: 215). Die heutigen Liberaldemokraten sind das Produkt einer Fusion der alten Liberalen und der Social Democratic Party (SDP), die sich 1981 von Labour abgespalten hatte. Bei den Unterhauswahlen 1983 und 1987 traten beide Parteien in einer Allianz an, 1988 schlossen sie sich zu den Social and Liberal Democrats zusammen, die seit 1989 als Liberal Democrats firmieren. Bis zur Mitte der 1990er Jahre positionierten sich die Liberalen bzw. die Liberaldemokraten in der Mitte zwischen Konservativen und Labour, danach wurden sie zusehends zu einer Mitte-LinksPartei (Helms 2006: 223). Das französische Parteiensystem war lange Zeit stärker fragmentiert als seine Pendants in den anderen untersuchten Ländern. Fragmentierung und Regionalisierung der politischen Kultur waren so groß, dass für die Zeit vor 1940 konnte von landesweiten Parteien kaum die Rede sein konnte (Cole 2000b: 36). Wie Tabelle 6.1 zeigt, sorgte erst die Einführung des romanischen Mehrheitswahlrechts in der Fünften Republik 1958 für eine Konzentration. Die starke Fragmentierung ist ein bestimmendes Merkmal des französischen Parteiensystems, sie spiegelt die wichtige Rolle von Provinznotabeln (und nicht der nationalen Parteiorganisationen) wider (Cole 2000a: 30; Höhne 2006: 162). Anders als Deutschland, Schweden und Großbritannien weist Frankreich aufgrund der Schwäche der Parteien nur mit Abstrichen ein party government2 auf (Abromeit/Stoiber 2006: 168-72; s.a. Lawson 1981: 403; anders Pütz 2004). In der Fünften Republik bildete sich ein bipolares Parteiensystem heraus, in dem sich je zwei Parteien der Rechten und der Linken gegenüberstanden (Bartolini 1984: 104-15):3 rechts der gaullistische Rassemblement pour la République (RPR) und die liberale Union pour la démocratie française (UDF), links der Parti socialiste (PS) und der Parti communiste français (PCF). Alle französischen Parteien wurden erst relativ spät gegründet, konnten aber zumeist auf ältere Traditionslinien zurückgreifen. Der RPR ging organisatorisch auf den von Charles de Gaulle ge2
Das Konzept des party government stammt von Richard Katz (1986; 1987b), der das Maß der Parteienstaatlichkeit (partyness of government) anhand dreier Dimensionen misst: Erstens anhand des Ausmaßes, in dem – erstens – Parteipolitiker wichtige politische Entscheidungen treffen, Parteien – zweitens – die Regierungsprogramme beeinflussen und – drittens – an der Kandidatenauswahl für die politischen Entscheidungsträger beteiligt sind (Katz 1986: 45; s.a. Abromeit/Stoiber 2006: 154). 3 Die fünfte effektiv vorhandene Partei war der Parti radical, der jedoch weitgehend als ein Satellit des Parti socialiste angesehen werden kann (Knapp/Wright 2006: 206) und deshalb nicht gesondert behandelt wird.
Die untersuchten Parteiensysteme
99
gründeten Rassemblement pour la peuple française (RPF) zurück, er wurde 1976 von Jacques Chirac ins Leben gerufen. Die UDF ist ein Parteienbündnis liberaler und christlich-konservativer Gruppierungen, das 1978 als wahlpolitisches Gegengewicht zum RPR gegründet wurde (Kempf 1997: 194). Der PS bildete sich 1971 aus der Section française de l’internationale ouvrière. Aufgrund der Stärke der ältesten französischen Partei, des kommunistischen PCF, dauerte es lange, bis die französische Linke regierungsfähig wurde: Erst François Mitterand verwandelte den PS in den 1970er Jahren in eine mehrheitsfähige Partei (Zadra 1997: 82-95), 1978 konnte er den PCF überrunden. Aufgrund des Aufstiegs der Grünen und des FN wurde aus der quadrille bipolaire gegen Ende der 1980er Jahre eine sextuor cacophonique, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sich drei Parteien der Mitte (PS, UDF, RPR) und drei Protestparteien gegenüberstanden (Hüser 2000: 29). Bei diesen Protestparteien handelte es sich neben dem PCF um die Grünen und den rechtsextremen Front national (FN). Die Grünen sind seit 1997 Teil des linken Blockes (Höhne 2006: 178) und können damit mittlerweile als etabliert gelten. Der FN stellt nach wie vor eine Antiparteienpartei innerhalb des französischen Parteiensystems dar (Knapp/Wright 2006: 244). Im Kontext dieser Arbeit ist er, ebenso wie die Grünen, jedoch von nachgeordneter Bedeutung, weil er außer in der kurzen Phase des Verhältniswahlrechts 1986-88 keine Fraktion im Parlament stellte. Auch die Grünen waren in den Zeiträumen, in denen Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung getroffen wurden, nicht in der Nationalversammlung vertreten. Die Gründung der Union pour un mouvement populaire (UMP) 2002 aus RPR und Teilen der UDF hat die Fragmentierung des französischen Parteiensystems weiter verringert. Vorangegangen war dieser Neugründung die Spaltung der UDF über Fragen der Europapolitik (die wiederum die absolute Zahl der in der Nationalversammlung vertretenen Parteien in die Höhe trieb). Ein pro-europäischer Flügel der UDF besteht als Rumpfpartei fort, der Rest schloss sich der UMP an (Höhne 2006: 179).
Asymmetrie und Volatilität Boten Format und Fragmentierung eine gleichsam institutionell gebrochene, vor allem vom Wahlsystem beeinflusste Perspektive auf die untersuchten Parteiensysteme, so bilden Asymmetrie und Volatilität stärker die originär elektoralen, auf Stimmen und nicht auf Mandate bezogenen Eigenschaften der Parteiensysteme ab. Die Asymmetrie misst eventuelle strukturelle Vorteile einer dominanten Partei, indem die Differenz zwischen den Stimmenanteilen der beiden größten Parteien ermittelt wird (Niedermayer 2003b: 10). Das Ergebnis der größten linken Partei wird von dem der größten rechten Partei subtrahiert. Positive Vorzeichen deuten auf eine Vorherrschaft rechter Parteien, negative Vorzeichen auf eine Dominanz
100
Überblick über die Parteiensysteme und Parteienfinanzierungsregimes
linker Parteien hin. Die Volatilität berücksichtigt die dynamische Perspektive und bildet die aggregierten Wählerwanderungen zwischen den Parteien ab. Peter Mair hat darauf hingewiesen, dass eine hohe Volatilität nicht zwangsläufig den nachhaltigen Wandel eines Parteiensystems nach sich ziehen muss, da das Verhältnis der ideologischen Blöcke unangetastet bleiben kann (Mair 1997: 28-31 u. 215-7). Nichtsdestotrotz lassen sich von den Wählerwanderungen Rückschlüsse auf die Stabilität einzelner Parteien und damit auch von Parteiensystemen ziehen. Auf der parlamentarischen Ebene entspricht die Volatilität dem Nettowandel des Stimmenanteils der Parteien in zwei aufeinander folgenden Wahlen. Dazu wird schlicht die Gesamtzahl aller gewonnenen und verlorenen Prozentpunkte addiert und dieser Wert anschließend halbiert (Pedersen 1979). Je niedriger der so genannte PedersenIndex, desto geringer ist der elektorale Wandel auf der parlamentarischen Ebene zu veranschlagen. Auch Tabelle 6.2 weist keine spezifischen Trends der beiden Indikatoren während der Zeiträume aus, in denen Debatten über eine staatliche Parteienfinanzierung geführt wurden. Dies ist auch schwerlich möglich, weil sich anhand aller Indikatoren der elektoralen Ebene kaum Aussagen über die Intensität treffen lassen, mit der das Ziel der Stimmenmaximierung in den einzelnen Ländern verfolgt wird. Anders formuliert: Asymmetrie und Volatilität sagen wenig über die Konfliktorientierung der Parteien aus. Vielmehr zeigt jedes Parteiensystem in Bezug auf diese Indikatoren ein eigenes Muster. In Großbritannien fällt auf, dass Debatten über die staatliche Parteienfinanzierung trotz des ausgeglichenen Verhältnisses von Konservativen und Labour bislang nur unter Labour-Regierungen geführt wurden. Dies ist ein mögliches Anzeichen für eine ablehnende Haltung der Tories gegenüber den staatlichen Subventionen. Außer in Schweden sind in allen untersuchten Ländern die Wahlergebnisse der stärksten linken und rechten Parteien im Wesentlichen ausgeglichen, mit leichten Vorteilen für die rechten Parteien. Schweden sticht mit seiner strukturellen Asymmetrie zugunsten der Sozialdemokraten hervor. In Deutschland und Großbritannien sind die Volatilitätsraten tendenziell niedriger als in Schweden und Frankreich, was für eine größere Kontinuität der Parteiensysteme spricht. In Deutschland herrschte bis 1998 eine Asymmetrie zugunsten der CDU/CSU vor. Seitdem dominieren weder SPD noch Union das deutsche Parteiensystem (Niedermayer 2006: 122), der Parteienwettbewerb ist also offener geworden. Alle wichtigen Diskussionen über die staatliche Parteienfinanzierung wurden allerdings vor 1998, also in der Phase der Vorherrschaft der CDU/CSU geführt. Die geringen Volatilitätswerte weisen auf eine außerordentliche Stabilität und Kontinuität des deutschen Parteiensystems hin. Lediglich im Zuge der beiden erwähnten Fragmentierungsschübe 1983 und 1990 stieg die Volatilität in Deutschland an. Schweden ist das einzige Land Westeuropas, das eine strukturelle Asymmetrie aufweist (Stöss/Haas/Niedermayer 2006: 24). Abgesehen von der nur wenige Wochen währenden „Ferienregierung“ von 1936 war die SAP zwischen 1932 und 1976 ununter-
Die untersuchten Parteiensysteme
101
brochen an der Regierung beteiligt, sie war zwischen 1945 und 1987 Westeuropas erfolgreichste Partei, knapp gefolgt von der irischen Fianna Fáil (Coakley 1987: 159). Seit der Einführung des allgemeinen Wahlrechts 1921 war die SAP bis 2006 in 69 von 85 möglichen Jahren an der Regierung beteiligt. Die Tatsache, dass die bürgerlichen Parteien4 (Moderate, Volkspartei und Zentrum, seit 1988 auch die Christdemokraten) oftmals Unwillens oder zu zerstritten für eine gemeinsamen Regierungsbildung waren, ist einer der Gründe für die häufigen sozialdemokratischen Minderheitsregierungen. Auf dieses Phänomen wird in Kapitel 9 näher einzugehen sein. Die These vom Fortbestand der strukturellen Asymmetrie in Schweden (Steffen 2006: 77) kann heute jedoch zusehends angezweifelt werden. Volatilität ist im schwedischen Parteiensystem zuvorderst innerhalb des bürgerlichen Lagers zu finden. Die rapide Zunahme der Volatilität in den 1990er Jahren lässt sich vor allem durch den relativen Bedeutungsverlust des Links-Rechts-Konfliktes erklären (Steffen 2006: 87 f.). Sie wurde zusätzlich vom strikt proportionalen Wahlrecht und der relativ niedrigen Sperrklausel von vier Prozent begünstigt. In Großbritannien stechen vor allem die langen Phasen der Dominanz einer Partei hervor. Zwischen 1979 und 1997 wurde darüber diskutiert, ob man von einem „predominant party system“ im Sinne Sartoris (1976: 192-201) sprechen könne, weil die Konservativen vier aufeinander folgende Parlamentswahlen gewinnen konnten (dazu Webb 2000: 14 f.). Seit 1997 hat Labour drei aufeinander folgende Unterhauswahlen gewonnen, was wiederum nahe legt, von einer „alternating predominance“ zu sprechen (Gallagher/Laver/Mair 2006: 189). Hinsichtlich der Volatilität weist Großbritannien ähnlich wie Deutschland keine spezifischen Trends auf (Webb 2002a: 22). Drei Wahlen stellten besondere Zäsuren dar: Im Februar 1974 gelangten erstmals eine Reihe regionaler Parteien ins Unterhaus, gleichzeitig konnten Konservativen und Labour die Wähler nicht mehr in dem Maße wie zuvor an sich binden – dies war die Weichenstellung zum latent moderaten Pluralismus. 1983 errangen die Konservativen einen Erdrutschsieg, zugleich sorgte auch die SDP, die sich wie erwähnt von Labour abgespalten hatte, für Wählerbewegungen. 1997 bescherten die Wähler Labour eine überaus komfortable Mehrheit und wanderten zudem in Scharen von den Konservativen zu den Liberaldemokraten ab. Bei der Analyse der Asymmetrie ist im Falle Frankreichs eine Besonderheit zu beachten: Aufgrund des semipräsidentiellen Charakters des französischen politischen Systems bedeutet eine Mehrheit im Parlament nicht zwangsläufig, dass die jeweils dominante Partei auch den Präsidenten der Republik stellt. Auf den Sonderfall der so genannten cohabitation, in dem der Präsident über keine Mehrheit im Parlament verfügt, werde ich im Rahmen der Segmentierung des französischen Parteiensystems (Kapitel 6.2) eingehen. 4
Die Bezeichnung als bürgerlich (borgerlig) ist im schwedischen Fall eher eine Selbstzuschreibung als klassentheoretisch begründet (Bergman 1997: 239).
102
Überblick über die Parteiensysteme und Parteienfinanzierungsregimes
Tabelle 6.2: Asymmetrie und Volatilität der im Parlament vertretenen Parteien, 1949-2006 Deutschland
Jahre 1949/50 1951/52 1953/54 1955/56 1957/58 1959/60 1961/62 1963/64 1965/66 1967/68 1969/70 1971/72 1973/74 1975/76 1977/78 1979/80 1981/82 1983/84 1985/86 1987/88 1989/90 1991/92 1993/94 1995/96 1997/98 1999/00 2001/02 2003/04 2005/06 ø
Asymmetrie
Volatilität
1,8
—
16,4
17,8
18,4
7,7
9,1
7,2
8,3
4,4
3,4 -0,9
4,3 3,5
6,0
3,7
1,6
4,3
10,6
8,4
7,3 10,3
5,3 5,8
Schweden Asymmetrie
Volatilität
-21,7
3,7
-20,8 -26,7 -30,3
3,3 4,1 3,6
-30,3
2,5
-34,4 -25,4
5,5 7,0
-18,5 -18,6 -21,9 -22,6
Vereinigtes Königreich VolatiliAsymmetrie tät -2,6 -0,8
2,8 6,9
3,3
2,5
5,6
3,4
-0,8 -6,0
5,4 4,5
3,4
5,7
8,5 2,7
-1,4 (a)
8,9 (a)
6,1 6,5
6,9
8,4
14,8
11,8
11,5
3,3 4,4
-23,4 -24,9
8,2 6,2
Frankreich Asymmetrie
Volatilität
-5,3
19,4
-10,6 2,7
19,6 24,6
10,2
13,8
19,8 (b)
8,1 (b)
13,6
8,6
0,9
19,5
-16,3
12,2
-4,2 -17,8
17,7 9,2
1,3
11,6
6,8
-15,8 -23,2
14,7 8,5
7,5
5,1 -5,8
6,5
-13,9
14,2
-12,6
10,9
-7,8
9,8
0,0
5,0
-24,8
13,5
-9,0
3,2
9,6
18,8
1,0 5,8
7,6 6,6
-8,8 -22,6
14,6 7,4
-2,9 1,3
5,5 5,6
-2,0
15,4
Eigene Berechnungen auf Basis der Ergebnisse bei www.parties-and-elections.de. Positive Vorzeichen weisen auf eine Vorherrschaft der stärksten rechten Partei, negative Vorzeichen auf die Dominanz der stärksten linken Partei hin. Für Entscheidungen zur staatlichen Parteienfinanzierung besonders wichtige Zeiträume sind grau unterlegt. (a) In Großbritannien fanden 1974 zwei Unterhauswahlen statt. Angegeben sind Durchschnittswerte. (b) In Frankreich fanden 1967 und 1968 Wahlen zur Nationalversammlung statt. Angegeben sind Durchschnittswerte.
Auch in Frankreich bestand lange eine Asymmetrie zugunsten der bürgerlichen Parteien (Knapp/Wright 2006: 218), die erst in den 1980er Jahren, nachdem die Sozialisten die Kommunisten als stärkste Partei abgelöst hatten, gebrochen wurde.
Die untersuchten Parteiensysteme
103
In den 1980er Jahren dominierten kurzzeitig die Sozialisten, danach lösten sich beide Blöcke in der Regierung ab. Zwei Faktoren scheinen in jüngster Zeit eine erneute Dominanz der bürgerlichen Parteien in Frankreich zu befördern: Die Gründung der UMP als Sammlungsbewegung und der Niedergang der Kommunisten als potenzieller Bündnispartner des PS, den auch die Grünen nicht kompensieren konnten. Der rapide Bedeutungsverlust der vormals einflussreichen Kommunisten seit den 1980er Jahren war vornehmlich Folge des Rückgangs der Industriearbeiterschaft, der durch die Partei nicht ausgeglichen werden konnte. Ferner spielte hierfür die Unzufriedenheit der Wähler mit der Leistung der Partei in der Regierung zu Beginn der 1980er Jahre und die generelle Delegitimierung des sowjetischen Kommunismus seit den 1970er Jahren eine Rolle (Knapp/Wright 2006: 179-83). Das hohe Maß an Volatilität erklärt sich vor allem durch die organisatorische Diskontinuität der französischen Parteien, die nach wie vor im Vergleich zu den anderen untersuchten Parteien wesentlich stärker auf Persönlichkeiten als auf Ideologien zugeschnitten sind (Zadra 1997: 139 f.). Inwiefern dies der Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung entgegenstand, wird in Kapitel 11 zu erörtern sein.
6.2 Die Ebene der Politikverwirklichung: Polarisierung Ließen sich auf der strukturellen Ebene keine hervorstechenden Zusammenhänge zwischen der Entwicklung der einzelnen Variablen und den Debatten über die staatliche Parteienfinanzierung feststellen, so findet man auf der inhaltlichen Ebene zumindest Anhaltspunkte für solche Zusammenhänge. Die ideologische Polarisierung der Parteiensysteme gibt Aufschluss über den Wandel auf der Ebene der Programmverwirklichung. Grundsätzlich lassen sich mit Seymour Lipset und Stein Rokkan (1967b) vier gesellschaftliche Auseinandersetzungen unterscheiden, die für die Herausbildung von Parteiensystemen in Westeuropa maßgeblich waren: Zentrum vs. Peripherie, Kirche vs. Staat, städtisch-handwerkliche vs. ländlich-agrarische Interessen und Arbeiter vs. Unternehmer. Seit den 1980er Jahren ist ein weiterer Konflikt zu diesen vier traditionellen hinzugetreten. Seinen Ursprung hat dieser in der „stillen Revolution“ des Wertewandels (Inglehart 1977), der zu einem Gegensatz zwischen Personen mit materialistischen und solchen mit postmaterialistischen Einstellungen führte. Konsequenz war die Entstehung libertärer, vornehmlich grüner Parteien. Im Zuge einer „stillen Gegenrevolution“ (Ignazi 1992) bildete sich dazu ein Gegenpol, den wiederum autoritäre, vornehmlich rechtsextreme Parteien besetzten, die sich vor allem gegen Immigration aussprachen und ethnozentristisch-nationale Interessen propagierten (Betz 1994: 69). In den meisten europäischen Sozialstaaten entstanden zwei „Präferenzcluster“ mit libertär-redistributiven Einstellungen auf der einen Seite und autoritär-marktorientierten auf der anderen (Kitschelt 2001: 428). Die letztgenannte
104
Überblick über die Parteiensysteme und Parteienfinanzierungsregimes
Konfliktlinie ist in den hier untersuchten Parteiensystemen von nachgeordneter Bedeutung. Zwar sind mit Ausnahme Großbritanniens überall grüne Parteien in die Parlamente gelangt, doch spielt der ethnozentristisch-nationale Gegenpol nirgends eine signifikante Rolle, und sei es, weil er, wie im Fall des FN in Frankreich, vom Wahlrecht an der Etablierung im nationalen Parlament gehindert wird. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs bis zum Beginn der 1990er Jahre war überall der sozioökonomische Konflikt maßgeblich prägend für die Entwicklung der Parteiensysteme (Niedermayer 2003a: 267). Die Parteiensysteme in Schweden, Großbritannien und Frankreich sind durch eine eindimensionale Konfliktlinienstruktur auf der Links-Rechts-Achse gekennzeichnet (Kitschelt 1997: 133). Allein das deutsche Parteiensystem weist eine komplexere Konfliktlinienstruktur auf, neben dem sozioökonomischen Konflikt spielen der religiöse und seit der Wiedervereinigung auch der regionale Konflikt eine Rolle (Hough/Jeffery 2006b: 135 ff.; Lees 2006: 367-9). Da die Konfliktlinien in Deutschland einander weitgehend überlagern, herrscht letztlich ebenfalls ein bipolarer Parteienwettbewerb vor. Herbert Kitschelt spricht von einer eineinhalbdimensionalen Konfliktlinienstruktur (Kitschelt 1997: 133 f.). Aufgrund ihrer zentralen Bedeutung soll die sozioökonomische Konfliktlinie, die auf der klassischen Rechts-Links-Skala zwischen Interventionismus und Marktfreiheit verortet werden kann, im Folgenden stellvertretend für die Polarisierung der untersuchten Parteiensysteme analysiert werden. Um die Parteien in den einzelnen Ländern auf der Rechts-Links-Achse zu verorten, wird auf die Daten des Comparative Manifesto Project (CMP) zurückgegriffen (Budge/Robertson/Hearl 1987; Budge et al. 2001). Es handelt sich dabei um die Auswertung der Nachkriegswahlprogramme in allen untersuchten Ländern (und 21 weiteren Demokratien), die Rückschlüsse über die ideologische Ausrichtung der einzelnen Parteien zulassen, insbesondere über längere Zeiträume hinweg (Volkens/Klingemann 2002: 154). Der Links-Rechts-Index des CMP kombiniert die Standpunkte der Parteien zu 13 links und 13 rechts besetzten issues aus dem sozioökonomischen, gesellschaftlichen und außenpolitischen Bereich (Budge/Klingemann 2001: 21). Wie aussagekräftig die Ergebnisse dieser Auswertung von Wahlprogrammen sind, ist umstritten. Dem grundsätzlichsten Vorwurf zufolge geben die mit Hilfe der Wahlprogramme gewonnenen Daten weniger über die reale Position der Parteien Auskunft als über ihre Bereitschaft, sich in eine bestimmte ideologische Richtung zu bewegen (Janda et al. 1995: 176-91; Pelizzo 2003: 83-6). Um den konzeptionellen Problemen des ursprünglichen Modells zu entgehen, werden hier zwei Modifikationen vorgenommen. Zum einen sollen nur die ideologischen Distanzen der Parteien angegeben werden, zum anderen werden die Parteien anhand der von Simon Franzmann und André Kaiser vorgeschlagenen Methode ermittelt. Franzmann und Kaiser modifizieren das Modell des CMP in mehrfacher Hinsicht (2006: 166 ff.): So unterscheiden sie nicht nur linke und rechte Positionsissues, sondern auch Valenz-issues, die als ideologisch neutral gelten (dazu Stokes
Die untersuchten Parteiensysteme
105
1963: 373). Zudem billigen Franzmann und Kaiser jedem issue zu, in Teilen Valenz-, in Teilen Positions-issue zu sein. Ob ein issue links, rechts oder neutral besetzt ist, wird anders als im CMP für jedes einzelne Land getrennt bestimmt, ferner wird der zeitliche Wandel von issues berücksichtigt.5 Schließlich berücksichtigen Franzmann und Kaiser, dass Wahlprogramme weniger Positionen denn Signale beinhalten. Bei den Werten des CMP äußert sich das in großen Ausschlägen auf der Links-RechtsSkala. Wenn eine Partei in einem Wahlprogramm ein Thema besonders betont, z.B. Marktwirtschaft statt Marxismus, dann bedeutet das indes selten, dass die Partei eine Wahl lang extrem rechts war, sondern vielmehr an die Wählerschaft das Signal gesendet hat, dass sie nicht mehr marxistisch ist. Franzmann und Kaiser nehmen solchen zeitlichen Verzerrungen durch einen Glättungsfaktor die Spitze (2006: 173). Auf diese Weise ergeben sich für die einzelnen Parteien Werte auf der LinksRechts-Achse, die zwischen 0 (links) und 10 (rechts) variieren können. Diese Werte der Parteien verwende ich als Ausgangspunkt, um zwei ideologische Distanzen zu errechnen (Tabelle 6.3): Zum einen die Distanz der jeweils größten linken und rechten Partei, zum anderen die maximale Distanz der beiden am weitesten voneinander entfernten Parteien im Parlament. Die Werte für diese Distanzen können ebenfalls von 0 bis 10 variieren. Je größer die Werte in Tabelle 6.3, desto größer die ideologische Distanz der Parteien auf der Links-Rechts-Achse. Im Vergleich ist das deutsche Parteiensystem eindeutig am wenigsten polarisiert. Ferner scheint die Entwicklung der Polarisierung in allen hier untersuchten Parteiensystemen zyklisch zu verlaufen: Nach sehr niedrigen ideologischen Distanzen in den 1960er Jahren stiegen diese in den 1970er und 1980er Jahren deutlich an, um sich danach wieder zu verringern.6 Die These, die ideologische Distanz zwischen den Parteien werde insgesamt geringer, weil sozialdemokratische Parteien sich vom klassischen Wohlfahrtsstaatsmodell verabschiedeten und konservative bzw. christdemokratische Parteien im Zuge der sich verschärfenden ökonomischen Globalisierung die sozialstaatliche Intervention entdeckten (Stöss/Haas/Niedermayer 2006: 31), findet keine Unterstützung. Die Wahlprogramme der Parteien decken diesen Befund streng genommen nur für Frankreich, wo sich die beiden großen Parteien einander tatsächlich seit den späten 1950er Jahren kontinuierlich annähern. Die Ergebnisse in Tabelle 6.3 lassen auf einen Zusammenhang zwischen Entscheidungen zur staatlichen Parteienfinanzierung in den einzelnen Ländern und der Polarisierung der jeweiligen Parteiensysteme schließen. Vor allem in Deutschland, aber auch in Schweden, den beiden Ländern, in denen eine staatliche Parteienfinan5
So wurde beispielsweise der Umweltschutz in Deutschland erst durch den Einzug der Grünen in den Bundestag ein „linkes“ issue, vorher war es ein Valenz-issue. In manchen Ländern war es sogar ein rechts konnotiert (Franzmann/Kaiser 2006: 169-71). 6 Diese Ergebnisse decken sich grundsätzlich mit den Befunden von Andrea Volkens und Hans-Dieter Klingemann, die auf der Datenbasis des CMP einen Polarisierungsindex errechnet haben (2002: 156, 165).
106
Überblick über die Parteiensysteme und Parteienfinanzierungsregimes
zierung frühzeitig in den 1960er Jahren eingeführt wurde, waren die ideologischen Distanzen, insbesondere zwischen den beiden größten Parteien, zum Zeitpunkt der Einführung der staatlichen Subventionen relativ gering. Auch in Frankreich und Großbritannien fielen die ideologischen Distanzen der Parteien im Vorfeld der erfolgreichen Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung 1988 bzw. des Politikentwicklungsfonds 2000 rapide ab. In Großbritannien waren die Distanzen zwischen den Parteien während der Mitte der 1970er Jahre, als die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung scheiterte, vergleichsweise hoch. Dasselbe war in Frankreich der Fall, wo kurze Zeit später ebenfalls der Versuch, eine staatliche Parteienfinanzierung einzuführen, scheiterte. Aus diesen Befunden lassen sich wie bereits erwähnt noch keine definitiven Zusammenhänge ableiten. Allerdings erhärtet dieser erste Eindruck die These, dass zwischen dem Wettbewerb der Parteien und ihrer Finanzierung ein Zusammenhang besteht. In Deutschland waren die Sozialdemokraten nach zwei Wahlniederlagen in den 1950er Jahren bestrebt, sich der Union ideologisch anzunähern. Diese Annäherung in den 1960er Jahren spiegelt Tabelle 6.3 eindeutig wider. Seit dem Parteitag von Bad Godesberg 1959 kann die SPD als eine der zentristischsten und moderatesten sozialdemokratischen Parteien in Europa gelten (Gallagher/Laver/Mair 2006: 196). Zudem ist die Union, anders als die größten bürgerlichen Parteien in Schweden und Großbritannien, eben eine christdemokratische und keine konservative Partei. Sie verfolgt, darin durchaus den französischen Gaullisten vergleichbar, einen Kurs, der sich am ehesten als „gouvernementaler Paternalismus“ (Klingemann/Hofferbert/Budge 1994: 196) bezeichnen lässt und in der Regel nicht auf den Abbau des Wohlfahrtstaates abzielt. Für die Fragestellung dieser Arbeit ist besonders interessant, dass das deutsche Parteiensystem auch als besonders konsensorientiert gelten kann: „In a comparative perspective, […] post war German parties seem the most consensual of all“ (Klingemann 1987: 321). Dies trifft insbesondere für die 1960er Jahre zu (Dyson 1982: 21, 44 f.). Ob diese Konsensorientierung auch in den Entscheidungen zur staatlichen Parteienfinanzierung eine Rolle gespielt hat, wird in Kapitel 8.2 zu untersuchen sein. Trotz zunehmender Polarisierung ab den 1970er Jahren hat der deutsche Parteienwettbewerb seine zentripetale Grundtendenz beibehalten. Nach der Umorientierung der SPD hatte sich ein Grundkonsens im deutschen Parteiensystem herausgebildet (Lösche/Walter 1992: 62 ff.; Borchert 1999a: 73 ff.; Detterbeck 2000: 138 ff.). Dies ging neben der SPD auch auf die FDP zurück, die als Partei mit nur wenigen festen Anhängern gleichsam die natürliche Mitte des Parteiensystems bildete, die von beiden Volksparteien umworben wurde (Vorländer 1992: 23841). Gordon Smith spricht treffend von der FDP als „insubstantial weathervane“ des deutschen Parteiensystems (1976: 376).
107
Die untersuchten Parteiensysteme
Tabelle 6.3: Ideologische Distanzen der im Parlament vertretenen Parteien auf der Links-Rechts Achse, 1949-2005
Jahre 1949/50 1951/52 1953/54 1955/56 1957/58 1959/60 1961/62 1963/64 1965/66 1967/68 1969/70 1971/72 1973/74 1975/76 1977/78 1979/80 1981/82 1983/84 1985/86 1987/88 1989/90 1991/92 1993/94 1995/96 1997/98 1999/00 2001/02 2003/04 2005 ø
Deutschland große maxiParteien male Distanz 1,4
Schweden große maxiParteien male Distanz
1,6
2,4
2,4
2,3
2,3
1,9
1,9
0,9
0,9
1,1 1,4
1,1 1,4
2,0
2,0
2,3
2,3
2,5
4,5
2,3 2,6
3,8 3,8
2,7
Großbritannien große maxiParteien male Distanz 3,2 2,0
3,2 3,0
6,9 7,7 8,6
1,3
3,2
1,5
2,0
2,0
7,7
2,2 2,5
2,2 2,5
2,9 3,0
7,3 5,7
2,9
2,9
2,3 2,6
4,0 5,0
3,7 (a)
3,7 (a)
4,2 5,6
4,5 6,6
4,9
4,9
5,5
5,5
5,1
5,1 3,5
2,3
6,9
2,3 7,7 1,8
Frankreich große maxiParteien male Distanz 3,4
4,5
4,8 4,2
4,8 4,2
3,9
3,9
4 (b)
4,2 (b)
4,3
4,6
6,2
6,2
5,4
6,0
2,7 2,2
5,0 5,0
1,9
5,9
5,6 5,7
6,3 7,2
4,5 4,5
6,6 6,6
3,5
4,0
2,5
4,6
4,2
6,1
1,8
2,1
1,9
5,2
2,0
4,5
4,6
6,0
0,7
0,8
0,5
4,5
— 2,0
— 2,7
3,9
6,3
0,6 2,7
0,7 3,0
3,5
4,9
Eigene Berechnungen auf Basis der Auswertung der Wahlprogramme durch Franzmann/Kaiser 2006. Für Entscheidungen zur staatlichen Parteienfinanzierung besonders wichtige Zeiträume sind grau unterlegt. Reine Regionalparteien wie der deutsche Südschleswigsche Wählerverband oder die britische Schottische Nationalpartei wurden nicht berücksichtigt. (a) In Großbritannien fanden 1974 zwei Unterhauswahlen statt. Angegeben sind Durchschnittswerte. (b) In Frankreich fanden 1967 und 1968 Wahlen zur Nationalversammlung statt. Angegeben sind Durchschnittswerte.
Mit dem Einzug der Grünen und der Linkspartei in den Bundestag sind die postmaterialistische und die regionale Konfliktlinie gestärkt worden. Dennoch: Der autoritäre Pol der postmaterialistischen Konfliktlinie ist auf Bundesebene nach wie vor
108
Überblick über die Parteiensysteme und Parteienfinanzierungsregimes
von marginaler Bedeutung, die Linkspartei versteht sich in erster Linie als linke und nicht als ostdeutsche Partei. Deshalb dominiert die sozioökonomische (und die von ihr überlagerte religiöse) Konfliktlinie nach wie vor das deutsche Parteiensystem (M. Schmidt 2002: 61). Dies drückt sich auch darin aus, dass sowohl die Grünen als auch die Linkspartei mit ihrem Einzug ins Parlament einem Polarisierungsschub auf der Rechts-Links-Achse auslösten. Im schwedischen Parteiensystem dominiert ebenfalls eindeutig die sozioökonomische Konfliktlinie. Auch eine generelle Orientierung der Parteien nach rechts seit den späten 1980er Jahren und die zunehmende Bedeutung der postmaterialistischen Konfliktlinie (Bergman 1997: 246) änderten nichts an deren zentraler Stellung (Grendstad 2003). Bis zur Reform des Bauernverbundes zur Zentrumspartei von 1957 spielte auch der Gegensatz zwischen Zentrum und Peripherie eine wichtige Rolle. Danach entstand, wie in Kapitel 9.2 näher auszuführen sein wird, in Schweden eine eindeutige Blockkonfrontation zwischen bürgerlichen und sozialistischen Parteien (Möller 1986). Seit der Wahlreform von 1970, die Schweden ein stark proportionales Wahlrecht bescherte,7 kam es häufig zu Pattsituationen zwischen beiden Blöcken. Linkspartei und Sozialdemokraten standen sich ideologisch nahe, zum einen, weil die SAP stets eindeutig links positioniert war und zum anderen, weil die Linkspartei moderate Positionen vertrat und in der Regel bereit war, SAPMinderheitsregierungen zu stützen. Eine formale Kooperation lehnten die Sozialdemokraten jedoch stets ab. Wie aus Tabelle 6.3 hervorgeht, nahm die Polarisierung im schwedischen Parteiensystem seit den späten 1970er Jahren zu. Dies lag nicht zuletzt daran, dass nun die Moderaten zur stärksten bürgerlichen Partei wurden. Die Moderaten waren traditionell weiter rechts positioniert als Volkspartei und Zentrum. Vor diesem Hintergrund war es nur folgerichtig, dass die bürgerlichen Kabinette zwischen 1976 und 1982 von großer Instabilität geprägt waren. Seit den späten 1990er Jahren kam den bürgerlichen Parteien der Zeitgeist entgegen: Klassische marktinterventionistische Politiken verloren zusehends ihren Reiz (und mit ihnen die Sozialdemokraten). In der Folge schwenkte auch die SAP auf die Politik des dritten Weges um und akzeptierte vormals als neoliberal gebrandmarkte Positionen (Steffen 2006: 95). Ab 2004 rückten dann auch die Moderate zusehends in die Mitte und das Zentrum nach rechts. Dies waren die Voraussetzungen für die erneute Regierungsbildung der bürgerlichen Parteien ab 2006 (Pfeil 2006: 769, 771 f.). Die Werte in Tabelle 6.3 erwecken den Anschein, das schwedische Parteiensystem sei in höherem Maße polarisiert als die der anderen Länder. Dieser Befund kann aus zwei Gründen bezweifelt werden: Erstens stellen die Moderaten einen Ausreißer dar, sowohl innerhalb des schwedischen Parteiensystems als auch im 7
In Mehrkandidatenwahlkreisen werden seitdem zwei bis 34 Abgeordnete gewählt. Zusätzlich dienen 39 der 349 Sitze als Pool, mit dessen Hilfe Verzerrungen bei der Sitzverteilung ausgeglichen werden (Bergman 2003: 598 f.).
Die untersuchten Parteiensysteme
109
Vergleich zu ihren Pendants in den anderen skandinavischen Ländern (Budge/Klingemann 2001: 39); nicht ohne Grund rückten die Moderaten immer dann, wenn sie regierten, wesentlich näher an die Sozialdemokraten (Pfeil 2006: 769). Zweitens ist das schwedische Parteiensystem stärker als seine untersuchten Pendants von einer doppelten Logik geprägt: Während in Wahlkämpfen die Blockkonfrontation überwiegt, folgt der Parteienwettbewerb ansonsten einer klar zentripetalen Logik (Bergman 1997: 239). Auch hinsichtlich der politischen Inhalte lassen sich zwei Logiken erkennen: Während Fragen von weit reichender Bedeutung (high politics) oftmals sehr umstritten sind, werden Fragen des Tagesgeschäfts (low politics) wesentlich pragmatischer behandelt (Sannerstedt/Sjölin 1992: 137). Da ja anhand von Wahlprogrammen auf die Positionen der Parteien geschlossen wurde, könnte das Ausmaß der Polarisierung im Falle Schwedens zu hoch veranschlagt worden sein.8 Großbritannien verfügt über die vielleicht einfachste Konfliktlinienstruktur in Europa (Gallagher/Laver/Mair 2006: 271). „Class-based voting“ ist noch immer der am besten geeignete aller Ansätze zur Erklärung des Wählerverhaltens (Rohe 1998: 245-50). Die eindimensionale Konfliktstruktur des britischen Parteienwettbewerbs war denn auch die Ursache für die Herausbildung des Zweiparteiensystems und seiner dualistischen Institutionen (Budge 2002: 18 f.). Seit der Wahl von 1974, vor allem aber seit der Übertragung von politischen Kompetenzen auf die regionale Ebene im Zuge der so genannten devolution nach dem Amtsantritt der LabourRegierung 1997, spielen regionale Konflikte eine größere Rolle (Jeffery/Hough 2006: 254-6). Allerdings folgt der regionale Gegensatz demselben dualistischen Grundmuster wie der sozioökonomische. Angesichts dieser dualistischen Struktur des Parteienwettbewerbs sind die Distanzen auf der Rechts-Links-Achse zwischen den beiden großen Parteien in Großbritannien, verglichen etwa mit Schweden, erstaunlich gering. Allerdings gilt es, einen grundlegenden Unterschied zwischen diesen beiden Ländern im Auge zu behalten: In Schweden ist das bürgerliche Spektrum des Parteiensystems fragmentiert, die Distanz zwischen den beiden größten Parteien ist seit den 1970er Jahren die zwischen den Sozialdemokraten und den Moderaten, die am weitesten rechts positioniert sind. In Schweden gibt es also anders als in Großbritannien gewichtige bürgerliche Kräfte links der am weitesten rechts positionierten Partei, während die Konservativen in Großbritannien das gesamte rechte Spektrum der Wählerschaft repräsentieren. Aus Tabelle 6.3 geht deutlich der so genannte Nachkriegskonsens hervor, der sich in Großbritannien nach dem Zweiten Weltkrieg herausbildete: „After the end of the Second World War the political parties operated within a given framework, a 8
Allerdings erscheint auch Experteneinschätzungen zufolge das schwedische Parteiensystem polarisierter als beispielsweise sein deutsches Pendant. Dies zeigt sich etwa an der geschätzten Haltung der schwedischen Parteien zur – für den Links-Rechts-Gegensatz typischen – Frage nach der Einstellung gegenüber der Verstaatlichung von Wirtschaftssektoren (Laver/Hunt 1992: 126-8).
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Überblick über die Parteiensysteme und Parteienfinanzierungsregimes
set of generally accepted parameters in which certain key assumptions were shared and in which policy options were consequently limited. Disputes were less about absolutes than questions of ‚more’ or ‚less’“ (Dutton 1997: 9). Zu dieser Zeit folgte der Parteienwettbewerb einer zentripetalen Logik (Klingemann/Hofferbert/Budge 1994: 79 f., 262). In der Mitte der 1970er Jahre erodierte dieser Nachkriegskonsens, der Parteienwettbewerb nahm einen zentrifugalen Charakter an (Maor 1997: 214). Wie bereits erwähnt stellten die beiden Wahlen von 1974 eine Zäsur in der britischen Politik dar. Die beiden großen Parteien gaben sich radikalere Programme, besonders prononciert die Konservativen 1979 und Labour 1983 (Webb 2000: 113; Helms 2006: 222). Erst in der Mitte der 1990er Jahre näherten sich die beiden großen Parteien ideologisch wieder an. In Kapitel 10.2 wird zu fragen sein, ob die staatliche Parteienfinanzierung, die ja ebenfalls in der Mitte der 1970er Jahre diskutiert wurde, dem Ende des Nachkriegskonsenses zum Opfer fiel. Heute scheinen die ideologischen Distanzen zwischen den beiden großen Parteien in Großbritannien geringer zu sein als in den anderen Ländern. Dies wirft die Frage auf, welchen Einfluss diese Entwicklung auf die neuerliche Diskussion einer staatlichen Parteienfinanzierung hat. Das französische Parteiensystem kann, verglichen mit den anderen untersuchten Parteiensystemen, als das am meisten polarisierte gelten. Dies liegt zunächst an der erwähnten Dominanz von Personen gegenüber Ideologien und am lokalen Charakter der Politik. Nicht zuletzt das Wahlrecht und die von ihm beförderte Bipolarisierung sorgten zudem dafür, dass es keine nennenswerte Partei der Mitte gibt. Anders als in den anderen hier untersuchten Ländern froren die Konfliktlinien in Frankreich in den 1920er Jahren nicht ein, sondern blieben die ganze Zeit flexibel (Reif 1987: 31). Besonders konfliktverschärfend wirkte sich aus, dass in Frankreich die Polaritäten der politischen Meinung nicht miteinander in Deckung waren: Der Gegensatz von klerikalen und anti-klerikalen Tendenzen überlagerte sich mit dem von Anhängern und Gegnern des westlichen politischen Systems sowie demjenigen von Anhängern der freien Marktwirtschaft und denen der Planwirtschaft (Haensch/Tümmers 1998: 164-7; s.a. Knapp/Wright 2006: 37 f.). Die Konsequenz daraus war, dass die französischen Parteien, anders als ihre Pendants in den anderen Ländern, lange keine Übereinstimmung über fundamentale Politikinhalte erreichen konnten (Berstein 1991; Hewlett 1998: 38): Einen korporatistischen – wie in Deutschland und Schweden – oder einen keynesianistischen – wie in Großbritannien – Nachkriegskonsens gab es in Frankreich nicht. Bemerkenswerterweise ging auch in Frankreich der Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung eine ideologische Annäherung zumindest der großen Parteien voran: Ab Mitte der 1980er Jahre bildete sich zwischen PS und bürgerlichen Parteien ein Konsens über die Bedeutung sozialer Sicherheit, der liberalen Wirtschaftsordnung und die Institutionen der Fünften Republik heraus (Berstein 1991: 11; Kesselman 1991: 170). Zugeständnisse machten vor allem PS und RPR: Erstere
Die untersuchten Parteiensysteme
111
regierten seit 1981 und rückten zusehends von ihrem offiziellen Ziel, dem Bruch mit dem Kapitalismus, ab. Das Programm von 1991 galt als das „Bad Godesberg des PS“ (Kempf 1997: 170). Der RPR verzichtete im selben Zeitraum auf sein autoritäres und isolationistisches Erbe (Bartolini 1984: 115 f.). Die Rolle dieser ideologischen Annäherung für die Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung wird in Kapitel 11.2 näher zu untersuchen sein. Die Grünen, die lange über ihre Einordnung in das linke Lager zerstritten waren und deshalb 1993 einen starken Einbruch erlitten (Stöss/Haas/Niedermayer 2006: 30), verstehen sich seit 1997 als Teil des linken Blockes (Höhne 2006: 178).
6.3 Die Ebene der Regierungsteilhabe: Segmentierung Abschließend soll die Segmentierung der jeweiligen Parteiensysteme untersucht werden. Diese Kategorie bezieht sich auf die Zahl der Koalitionsoptionen der Parteien. In vollständig segmentierten Parteiensystemen sind alle Parteien voneinander abgeschottet, in nicht segmentierten Parteiensystemen sind alle miteinander koalitionsfähig (Niedermayer 2003b: 13). Je mehr Parteien miteinander koalieren können, desto offener ist der Parteienwettbewerb (Mair 1997: 212). Die Segmentierung ist von allen hier untersuchten Indikatoren am engsten mit einem Parteiziel verknüpft: Ist der Parteienwettbewerb vollständig geschlossen, werden also ausschließlich Einparteienregierungen gebildet, entfällt das Streben nach Regierungsteilhabe in Koalitionen. Dies trifft vor allem auf Großbritannien zu (was wiederum die Hypothese eines Zusammenhanges zwischen dem Streben nach Regierungsteilhabe und der Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung stützt). In den anderen Ländern sind Einparteien-Mehrheitsregierungen überaus selten. 9 Deutschland hat von allen hier untersuchten Ländern den offensten Parteienwettbewerb. War die SPD bis zum Ende der 1950er Jahre (zumindest auf der Bundesebene) noch nicht koalitionsfähig, näherte sie sich nach 1957 zusehends Union und FDP an. In den 1960er und 1970er Jahren gab es deshalb überhaupt keine Segmentierung im deutschen Parteiensystem, da alle Parteien miteinander koalitionsfähig waren (Niedermayer 2006: 116). Der Einzug von Grünen und Linkspartei in den Bundestag hat die Segmentierung des deutschen Parteiensystems zweifellos erhöht. Dennoch wurden die Grünen schon nach vergleichsweise kurzer Zeit zum Koalitionspartner für die SPD (und möglicherweise auch bald für die Union). Die Linkspartei ist die einzige Partei ohne Koalitionsoptionen, zumindest auf Bundesebene. Dennoch bleibt die Segmentierung des deutschen Parteiensystems überaus gering, nicht zuletzt deshalb, weil die nachlassende Integrationsfunktion der beiden 9
Es gab nur zwei Einparteien-Mehrheitsregierungen, die allerdings beide in Zeiträume von Debatten über eine staatliche Parteienfinanzierung fielen: Deutschland 1960/61 und Schweden 1968-70.
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Überblick über die Parteiensysteme und Parteienfinanzierungsregimes
großen Parteien unter den Bedingungen des Verhältniswahlrechts zum Durchspielen neuer Koalitionsoptionen zwingt. Die geringe Segmentierung des deutschen Parteiensystems könnte ein Anzeichen für die herausgehobene Rolle des Ziels der Regierungsteilhabe sein. Ob dies wirklich der Fall ist und ob ein Zusammenhang zwischen diesem Ziel und den Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung besteht, kann allerdings erst in Kapitel 8.2 geklärt werden. Nach dem deutschen ist das schwedische Parteiensystem am zweitgeringsten segmentiert. Formale Koalitionen sind in Schweden allerdings die Ausnahme, erst recht über die Blockgrenzen hinweg. Seit der Auflösung der „rot-grünen“ Koalition aus SAP und Zentrum 1957 wurde keine Koalition mehr über die Blockgrenzen hinweg gebildet. Wie bereits in Kapitel 5.2 erwähnt, bilden Minderheitsregierungen den häufigsten Regierungstyp. Erst danach folgen minimal winning-Koalitionen. Ebenso wie diese lassen jedoch auch Minderheitsregierungen auf einen Willen der Parteien zur Zusammenarbeit schließen, nur liegt der Fokus in diesem Fall mehr auf der Programmverwirklichung als auf der Regierungsteilhabe, eben weil keine formalen Koalitionen eingegangen werden (Lewin 1998: 196 f.).10 Galt die Linkspartei lange auch im sozialistischen Block als nicht koalitionsfähig, so hat sich dies potenziell spätestens mit der Streichung des Zusatzes „Kommunisten“ aus dem Parteinamen 1990 geändert (Bergman 1997: 247). Auch die Grünen hatten bereits 2002 „Zielvereinbarungen“ mit der SAP geschlossen und galten zur Wahl 2006 als potenzieller Koalitionspartner der Sozialdemokraten (Steffen 2006: 94; s.a. Bale/Bergman 2006: 433). Im bürgerlichen Block sind seit den 1970er Jahren potenziell alle Parteien miteinander koalitionsfähig. Die damit verbundene Aufwertung der bürgerlichen Parteien gilt als wichtigste Veränderung des schwedischen Parteiensystems, wichtiger als der elektorale Wandel (Arter 1999a: 155 f.). Zur Wahl 2006 gingen die bürgerlichen Parteien eine „Allianz für Schweden“ ein, die dann auch reüssierte. Dies war ein deutliches Zeichen für die gestiegene Bedeutung des Ziels der Regierungsteilhabe auch für die bürgerlichen Parteien (Aylott/Bolin 2007: 625 f.). Ob die gestiegene Bedeutung des Ziels der Regierungsteilhabe, die sich aus der generellen Zunahme der Koalitionsoptionen ablesen lässt, in Schweden eine Rolle für die Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung gespielt hat, kann erst in Kapitel 9.2 geklärt werden. In jedem Fall bestätigt auch die Analyse der Segmentierung des schwedischen Parteiensystems die mehrfach geäußerte Vermutung über eine herausgehobene Bedeutung des Ziels der Programmverwirklichung. 10
Dieser Fokus auf das Ziel der Programmverwirklichung sei am Beispiel des Zusammenbruchs der bürgerlichen Koalition von 1981 verdeutlicht: In diesem Jahr beschlossen Volkspartei und Zentrum gemeinsam mit den Sozialdemokraten eine Steuerreform, obwohl sie sich formal in einer Koalitionsregierung mit den Moderaten befanden. Ihnen ging es in erster Linie darum, inhaltlich eine Lösung zu finden, die einem Regierungswechsel standhalten sollte. Dass die Moderaten daraufhin die Regierung verlassen würden, nahmen Volkspartei und Zentrum in Kauf (Henningsen 1994: 82).
Die untersuchten Parteiensysteme
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Das britische Parteiensystem ist anders als die beiden bisher untersuchten nahezu vollständig segmentiert. In der Regel bilden Konservative oder Labour allein Mehrheitsregierungen. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat es in Großbritannien keinerlei Koalitionsregierungen gegeben, dafür aber drei Fälle von Minderheitsregierungen (Webb 2000: 11; Helms 2006: 221): Von März bis Oktober 1974 regierte Labours Premierminister Harold Wilson in einer Minderheitsregierung, die zu vorgezogenen Neuwahlen führte. Im November 1976 verlor Labour unter James Callaghan die parlamentarische Mehrheit in Nachwahlen erneut, verfügte aber zwischen März 1977 und August 1978 dank des so genannten „Lib-Lab-Pakts“ mit den Liberalen über eine Mehrheit im Unterhaus. Diese, einer Koalition am nächsten kommende Duldung einer Minderheitsregierung schadete dem Ansehen der Liberalen enorm (Kaiser 2006: 187) – ein Indikator dafür, dass die Segmentierung des britischen Parteiensystems durchaus gewollt ist. Im Mai 1979 verlor Labour endgültig die parlamentarische Mehrheit, die lange Phase der konservativen Regierungen begann. Zwischen November 1994 und März 1995 hatte die konservative Regierung zudem effektiv ihre Mehrheit eingebüßt, da einige konservative Abgeordnete die Fraktionsdisziplin aufkündigten. Im Kontext dieser Untersuchung ist die zweite Phase der Labour-Regierungen ohne parlamentarische Mehrheit vom November 1976 an von besonderem Interesse, da in diese Zeit auch eine intensive Diskussion über die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung fiel. Die Abwesenheit von Koalitionsregierungen lässt in jedem Fall darauf schließen, dass in Großbritannien das Ziel der Regierungsteilhabe keine herausgehobene Rolle spielt. Das französische Parteiensystem ist nach dem britischen das am zweitstärksten segmentierte. Wegen der beschriebenen ideologisch und institutionell bedingten Bipolarisierung des Parteienwettbewerbs sind Koalitionen zwischen Parteien des linken und des rechten Blockes bis heute undenkbar. Die bipolare Logik des französischen Parteienwettbewerbs sorgt dafür, dass polarisierende Strategien trotz der inhaltlichen Annäherung der Blöcke allseits bestimmend bleiben (Höhne 2006: 171 f.). Koalitionen werden nur innerhalb der Blöcke gebildet, seit 1981 auch innerhalb des linken Lagers. Zwar verließ der PCF die Linksregierung 1984 wieder, 1997 traten die Kommunisten, die mittlerweile stark an Bedeutung verloren hatten, gemeinsam mit den Grünen erneut in eine Regierung mit dem PS ein. Ausnahmen von der bipolaren Grundlogik in der Regierungsbildung werden in Frankreich institutionell erzeugt: Zuvorderst durch die cohabitation zwischen Präsident und Premierminister aus verschiedenen Blöcken. Bislang erzwang das Wahlergebnis zweimal eine solche Konstellation, 1986 bis 1988 und 1993 bis 1995. Zwischen 1988 und 1993 kam es zudem zu sozialistischen Minderheitsregierungen, während derer sowohl die UDF als auch die Kommunisten mit dem PS punktuell kooperierten. Bemerkenswerterweise fielen beide institutionell erzeugten Abweichungen von der bipolaren Logik des französischen Parteienwettbewerbs in die Zeit der Einführung und Reform der staatlichen Parteienfinanzierung zwischen 1988 und 1994.
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Überblick über die Parteiensysteme und Parteienfinanzierungsregimes
Welchen Einfluss cohabitation und Minderheitsregierung auf die Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung hatten, wird in Kapitel 11.1 zu fragen sein. Dass sowohl cohabitation als auch Minderheitsregierungen grundsätzlich unerwünscht11 waren, lässt sich daraus ableiten, dass neu gewählte französische Präsidenten in aller Regel Neuwahlen ausrufen, um, quasi auf der Welle ihres eigenen Wahlerfolges, eine ihnen genehme Parlamentsmehrheit hervorzubringen. Es ist also zu erwarten, dass Regierungsteilhabe und Programmverwirklichung auch in Frankreich nur eine begrenzte Rolle in den strategischen Erwägungen der Parteien spielen. Inwiefern dies der Fall ist, werde ich in Kapitel 11.2 untersuchen.
6.4 Zwischenfazit Die Analyse der Parteiensysteme erhärtet den erwarteten Zusammenhang zwischen einer Präferenz der Parteien für Strategien der Regierungsteilhabe sowie der Programmverwirklichung und der Einführung bzw. Reform der staatlichen Parteienfinanzierung. Einige der in Kapitel 5.2 formulierten Erwartungen über die Ziele, die die Parteien konkret verfolgten, scheinen jedoch der Revision zu bedürfen. Vor allem die ideologische Polarisierung, aber auch die Segmentierung der Parteiensysteme, scheint mit der Entwicklung der Parteienfinanzierungsregimes zusammenzuhängen. Bemerkenswerterweise verringerte sich die ideologische Distanz zwischen den Parteien in allen Ländern, bevor staatliche Zuwendungen zum ersten Mal eingeführt wurden. Dies lässt auf größere inhaltliche Gemeinsamkeiten zwischen den Parteien schließen, die als Grundlage für einen Konsens der Parteien über ihre staatliche Finanzierung dienen könnten. Zudem sind die untersuchten Parteiensysteme umso weniger segmentiert, je höher die Staatsquote der Parteien ist. Die Parteien verfügen also dort über die meisten Koalitionsoptionen, wo sie sich auch staatlich finanzieren. Auch dies deckt sich mit den hier zugrunde liegenden Hypothesen. Der geringe Grad der Segmentierung in Deutschland, wo nahezu alle Parteien miteinander koalieren können, spricht den Erwartungen gemäß für eine wichtige Rolle der Regierungsteilhabe. Dies relativiert den Befund aus Kapitel 5.2, demzufolge die deutschen Parteien eher Stimmenmaximierer zu sein schienen. In Schweden deuten inhaltliche Absprachen der Parteien ohne formale Koalitionen auf eine Präferenz für Strategien der Programmverwirklichung hin (zumindest bis in die 1990er Jahre). Das britische Parteiensystem ist den Erwartungen gemäß am stärksten segmentiert, was auf eine geringe Bedeu11
Dass die cohabitation von den französischen Parteien als nicht erwünscht angesehen wird, verdeutlicht auch die Verfassungsreform von 2000, in der die Amtszeit des Präsidenten auf fünf Jahre begrenzt wurde, was dazu führte, dass die Wahl der Nationalversammlung fortan kurz nach den Präsidentschaftswahlen stattfinden wird, so dass die Wahrscheinlichkeit von wechselnden Mehrheiten verringert wird (Sauger 2007: 1172).
Die untersuchten Parteiensysteme
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tung der Regierungsteilhabe schließen lässt. Die aufgrund der Bipolarisierung geringe Segmentierung des französischen Parteiensystems relativiert die in Kapitel 5.2 erwartete wichtige Rolle von Strategien der Regierungsteilhabe. Inwiefern es sich bei diesen Zusammenhängen zwischen den Indikatoren der Parteiensysteme und den Parteienfinanzierungsregimes jedoch um bloße Korrelationen oder echte kausale Zusammenhänge handelt, kann erst die detaillierte empirische Analyse im dritten Teil der Untersuchung zeigen.
7 Die untersuchten Parteienfinanzierungsregimes
Nachdem die Grundzüge der untersuchten Parteiensysteme bekannt sind, sollen nun die jeweiligen Parteienfinanzierungsregimes näher betrachtet werden. Zugleich wird damit die Auswahl der Fälle näher begründet. Da sich die Fallauswahl zunächst nach den unterschiedlichen Einnahmestrukturen der Parteien in den untersuchten Ländern richtete, geht es im Folgenden vornehmlich darum, welche Rolle den Einnahmen der Parteien aus privaten (Kapitel 7.1), illegalen (Kapitel 7.2) und staatlichen Mitteln (Kapitel 7.3) in den einzelnen Ländern zukommt. Im Zusammenhang mit den Einnahmen aus illegalen Mittel der Parteien (ergo der Korruption in der Politik) soll auch auf die jeweiligen Transparenzregeln in der Parteienfinanzierung eingegangen werden. 7.1 Die Einnahmen der Parteien aus privaten Quellen Die wichtigsten Formen der privaten Parteienfinanzierung sind, wie ich in Kapitel 2.1 gezeigt habe, Mitgliedsbeiträge und Spenden. In den hier untersuchten Ländern spielen private Mittel eine sehr unterschiedliche Rolle in der Finanzierung der Parteien. Zudem variiert der Einfluss der verschiedenen Formen der privaten Parteienfinanzierung deutlich. Tabelle 7.1 bietet einen Überblick über die Einnahmen der Parteien aus Mitgliedsbeträgen, Spenden und staatlichen Zuwendungen sowohl im Zeitverlauf als auch im internationalen Vergleich. Bei der Interpretation der Tabelle ist zu beachten, dass mit Ausnahme von Deutschland und Großbritannien ab 2000 nur die Einnahmen der Parteizentralen dargestellt werden. Wie zu erläutern sein wird, sind die Einnahmen aus staatlichen Quellen für Großbritannien deshalb faktisch niedriger, für Schweden aber höher zu veranschlagen. Für Frankreich werden nur die Zuwendungen ohne Zweckbindung als staatliche Parteienfinanzierung berücksichtigt, die beträchtlichen Zuwendungen an die Kandidaten der Parteien bei Nationalversammlungs- und Präsidentschaftswahlen tauchen in Tabelle 7.1 nicht auf, so dass die Staatsquote der Parteien faktisch deutlich höher liegt. Deutschland bietet in vielerlei Hinsicht ein sehr ausgewogenes Bild: Mitgliedsbeiträge und Spenden stellen bis heute eine bedeutende Einnahmequellen der Parteien dar. Sie sind seit 1968 im Durchschnitt für mehr als die Hälfte der Einnahmen der Parteien verantwortlich. Die Mitgliedsbeiträge sind seit den 1980er Jahren bedeutender als die Spenden, seit den 1990er Jahren konnten sie sogar die Einnahmen aus der staatlichen Parteienfinanzierung übertreffen und stellen seitdem die wichtigste Einnahmequelle der deutschen Parteien dar. Unternehmensspenden kommt
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Überblick über die Parteiensysteme und Parteienfinanzierungsregimes
eine geringe Bedeutung zu, die Gewerkschaften spenden, anders als vor allem in Schweden und Großbritannien, nicht direkt an Parteien. Tabelle 7.1: Einnahmen der deutschen, schwedischen, britischen und französischen Parteien aus privaten und staatlichen Quellen, 1968-2004 (in Prozent) Deutschland
Schweden
2000er ø
38,5 30,7
19,9 23,4
0
k.A.
k.A.
k.A.
14,2 28,1
71,6 65,6
0 0
k.A. k.A.
k.A. k.A.
k.A. k.A.
staatliche Mittel
20,6
73,6
Spenden
36,9
Mitgliedsbeiträge
1990er
30,4 33,5 (a) 30,5 (a) 32,2 32,9
15,2
staatliche Mittel
27,3 22,8
Spenden
26,7 31,4
8,8 k.A. 40,8 20,3(b) 5,3 k.A. 56,1 6,6 k.A. 61,0
Frankreich (d)
Mitgliedsbeiträge
1970er 1980er
staatliche Mittel
staatliche Mittel 37,8
Spenden
Spenden 26,2
Mitgliedsbeiträge
Mitgliedsbeiträge 19,8
Jahrzehnt 1960er
Großbritannien (c)
5,5
2,0
75,5
21,3
70,7
0
12,4
11,6
48,2
4,5 6,1
9,0 5,5
68,5 60,4
10,4 17,8
54,4 67,2
4,4 0,9
10,6 11,5
6,0 8,8
48,1 48,2
Quellen: Für Deutschland liegen Daten von 1968-2004 vor. Adams (2005: 544, 553, 558) deckt den Zeitraum bis 2001 ab, ab 2002 vgl. die Bt.-Drs. 15/2800 (2002), 15/5550 (2003) u. 16/1270 (2004). Für Schweden sind Daten für 1960-1989 und für 1991/92 und 2001/02 verfügbar. Jon Pierre und Anders Widfeldt (1992: 829-34, Tab. XI.E.1.a-f) decken den Zeitraum bis 1989 ab. Die Daten für die 1990er Jahre stammen aus Finansdepartementet 1994: 80, die für die 2000er Jahre aus SOU 2004: 44. Für Großbritannien liegen Daten für die Zeiträume 1960-1989, 1992-1997 sowie 2002-2005 vor. Die Höhe der Spenden beruht bis 1989 auf den Berechnungen von Michael Pinto-Duschinsky (1980: 138, 163 f. u. 1994: 15, 17, 19), die Angaben zu den Mitgliedsbeiträgen folgt für diesen Zeitraum den Angaben von Paul Webb (1992: 867). Die Daten für 1992-1997 sind Patrick Neill (1998a: 30 f.), die Daten für 20022005 den offiziellen Rechenschaftsberichten der Parteien entnommen, die via www.electoralcommission. org.uk/regulatory-issues/regdpoliticalparties.cfm zugänglich sind. Für Frankreich wurden Daten für 19902005 veröffentlicht, die den Berichten der CNCCFP (1992b-2007) entnommen sind. (a) In Deutschland wurde zwischen 1984 und 1993 der Chancenausgleich nicht in die staatliche Parteienfinanzierung einbezogen. (b) Die zweite Angabe bezieht sich auf den Zeitraum 1960-64, also vor der Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung. (c) Die Angaben für Großbritannien umfassen bis 1982 allein auf Konservative und Labour, da für die Liberalen bis dahin keine Daten vorliegen. Bis 1989 beinhalten die Angaben für das Einkommen der britischen Parteien aus Mitgliedsbeiträgen auch die Abgaben der Wahlkreisorganisationen an die Parteizentralen. Bei den staatlichen Mitteln wurde die als solche ausgewiesene Fraktionsfinanzierung nicht berücksichtigt. (d) Die Angaben für Frankreich beziehen sich auf die wichtigsten im Parlament vertretenen Parteien bzw. Parteiformationen PCF, PS, UDF (für die auch die Rechenschaftsberichte der sie konstituierenden Parteien berücksichtigt wurden), RPR (ab 2003 UMP) und ab 1997 auch die Grünen.
Die untersuchten Parteienfinanzierungsregimes
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In Schweden sind demgegenüber die Einnahmen der Parteien aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden insgesamt von nachgeordneter Bedeutung, allerdings zeigen sich deutliche Unterschiede sowohl im Zeitverlauf also auch zwischen den schwedischen Parteien. Bei den Sozialdemokraten sind die Einnahmen aus privaten Mitteln wichtiger als es die in Tabelle 7.1 angegebenen Durchschnittswerte erwarten lassen. Die Rechenschaftsberichte der schwedischen Parteien sind generell ungenau; die Staatsquote dürfte allein für die 1990er Jahre exakt veranschlagt sein. Großbritannien stellt gleichsam den Gegentypus zu Schweden dar: Hier finanzieren sich die Parteien im gesamten Untersuchungszeitraum nahezu ausschließlich aus privaten Mitteln, vornehmlich zunächst durch institutionelle Spender, die im Laufe der 1990er Jahre durch individuelle (Groß-)Spender ersetzt wurden. Für Frankreich sind bis 1990 keine Daten verfügbar. Die mangelnde Transparenz der französischen Parteifinanzen ist ein erster Hinweis darauf, dass sich die Parteien bis zur Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung 1988 überwiegend aus illegalen Mitteln finanzierten. Seit 1990 stammt das Gros der Einnahmen der französischen Parteien aus staatlichen Mitteln. Mitgliedsbeiträge sind ähnlich unbedeutend wie in Großbritannien. Die Einnahmen aus Spenden, ohnehin ähnlich gering, halbierten sich allerdings nach 1995 aufgrund des Verbots von Unternehmensspenden. Auffällig ist der hohe Anteil sonstiger Einnahmen. Es handelt sich dabei in erster Linie um Mandatsträgerabgaben und „Einnahmen von anderen politischen Formationen“. Letztere sind zumeist kleine Gruppen von Mandatsträgern, die ebenfalls den Löwenanteil ihrer Einnahmen aus staatlicher Hand erhalten. Die Quote der staatlichen Parteienfinanzierung ist in Falle Frankreichs also höher zu veranschlagen als in Tabelle 7.1 ausgewiesen (s.a. CNCCFP 2006: 28).
Deutschland Der Befund der Ausgewogenheit, der sich für Deutschland ergibt, wird weiter untermauert, wenn man die Herkunft der privaten Einnahmen der Parteien noch näher betrachtet. Für alle Parteien mit Ausnahme der FDP (die sich vornehmlich aus Spenden finanziert) stellen Mitgliedsbeiträge heute die wichtigste Einnahmequelle dar (Scarrow 2006b: 381 f.). Mittlere und Großspenden über 3.000 Euro spielen nur eine geringe Rolle, ebenso Spenden von Unternehmen: Zwischen 1991 und 1998 machten mittlere und Großspenden lediglich 7,2 Prozent der Einnahmen der Parteien aus. Zudem stammten 85 bis 90 Prozent der Einnahmen aus privaten Quellen von Einzelpersonen (Naßmacher 2001c: 96, 98). Der Eindruck, die deutschen Parteien finanzierten sich zu einem beträchtlichen Anteil aus solchen demokratietheoretisch unbedenklichen Mitteln, bedarf allerdings in zweierlei Hinsicht der Relativierung: Zum einen ging zwischen 1983 und 2002 ein beträchtlicher Teil der als Spenden bzw. Mitgliedsbeiträge ausgewiesenen Einnahmen der Parteien auf
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Überblick über die Parteiensysteme und Parteienfinanzierungsregimes
Abgaben ihrer Mandatsträger zurück. Die Mandatsträgerabgaben, die seit 2003 wieder separat ausgewiesen werden müssen, rangierten 2004 zwischen 17 Prozent der Einnahmen für die Grünen und etwa fünf Prozent für FDP und PDS. Im Durchschnitt lag ihr Anteil bei 10,7 Prozent der Einnahmen der Parteien (Bt.-Drs. 16/1270), ein Wert, der dem vor 1983 ähnelt (Adams 2005: 547). Zum anderen existierte bis in die 1980er Jahre in Deutschland ein halblegales Spendensystem, bei dem insbesondere Unternehmen einen nicht zu unterschätzenden Einfluss, vornehmlich auf die bürgerlichen Parteien, ausübten. Das traditionelle Spendensystem der Bonner Republik soll hier deshalb näher erläutert werden, weil es für Einführung und Reform der staatlichen Parteienfinanzierung von einiger Relevanz war, gleichsam die Folie darstellte, vor der die wichtigsten Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung abliefen. Es darf nicht vergessen werden, dass die Union erst nach Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung 1966 zu einer Mitgliederpartei wurde (Saalfeld 2000: 105). Zuvor war sie ähnlich wie die FDP von Unternehmensspenden abhängig. Dies bildet auch die Entwicklung der Mitgliedsbeiträge in Tabelle 7.1 ab: Deren Bedeutungszuwachs in den 1970er Jahren ging vor allem auf die Union und ihre expandierende Organisation zurück. Theodor Eschenburg ging 1958 noch davon aus, dass das Verhältnis von Mitgliedsbeiträgen und Spenden bei der SPD 90:10, bei der CDU aber 10:90 betrage (Boyken 1998: 49). Halblegal war das Spendensystem der bürgerlichen Parteien (und später auch der SPD, die auf ähnliche Praktiken verfiel, wenn auch in geringerem Umfang) aus zwei Gründen: Erstens ging es immer wieder darum, die Spenden steuerlich geltend zu machen, obwohl das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) dem 1958 enge Grenzen gesetzt hatte. Zweitens war den Parteien nach 1967, als das endlich verabschiedete Parteiengesetz Rechenschaftsberichte vorsah, daran gelegen, die Identität ihrer Spender zu verschleiern. Beide Zwecke erfüllte auf ideale Weise die so genannte Staatsbürgerliche Vereinigung (SV), die 1954 als „Geldwaschanlage“ gegründet wurden (Bösch 2001a: 697). Die SV fungierte seit 1954 als Dachverband der 1952 gegründeten „Fördergesellschaften“, die wiederum aus dem bereits 1949 eingerichteten „Kuratorium für den Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft“ hervorgingen (Lösche 1984: 9-38). Alle Organisationen dienten der systematischen Akquirierung von Unternehmensspenden und gaben diese nach einem festen Schlüssel an die bürgerlichen Parteien weiter (Heidenheimer 1957: 381-5). Die SV hatte großen Einfluss auf die von ihr unterstützten Parteien. In Schleswig-Holstein besaß sie sogar ein schriftlich fixiertes Mitspracherecht bei der Kandidatenaufstellung. Selbst die CDU musste ihre Wahlkampagne 1957 vor der SV rechtfertigen (Dübber 1962: 42-44). Einflussnahmen aus der Wirtschaft fanden auch in jüngerer Zeit statt: Während der Koalition mit der SPD auf Bundesebene wurde von Seiten der Wirtschaft massiver Druck auf die FDP ausgeübt, die Koalition zu verlassen. 1983 erhielt die FDP dann auch prompt eine Spende des Unternehmers Helmut Horten von mehr als sechs Millionen DM
Die untersuchten Parteienfinanzierungsregimes
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(ca. 3,3 Mio. Euro)1 – fast genauso hoch wie alle anderen Spenden an die Liberalen zusammengenommen (Ebbighausen et al. 1996: 91, 98). Seit 1956 waren Spenden an die SV steuerlich absetzbar, weil diese „staatspolitische Zwecke“ erfüllte (Dübber 1962: 21). Mit der so genannten „Waage“ existierte auf der Seite der bürgerlichen Parteien eine weitere, ähnlich wie die SV durch antikommunistische Ressentiments mobilisierte Unternehmervereinigung (Heidenheimer 1957: 383). Zudem diente seit Beginn der 1950er Jahre die Zeitschrift „Das Wirtschaftsbild“ der CDU als „parteieigene Steuerschleuse“ (Bösch 2001b: 215). Die Zeitschrift wurde überteuert an Unternehmen abgegeben, die deren Erwerb wiederum von der Steuer absetzen konnten (s.a. Römmele 1995: 143-50; Saalfeld 2000: 101 f.). Spenden an die SV und ähnliche Vereinigungen waren aber nicht allein aus steuerlichen Gründen reizvoll, nach 1967 konnte so auch die Identität der Spender geheim gehalten werden, da nur die jeweilige Spendensammlerin in den Rechenschaftsberichten auftauchte. In den ersten Jahren isolierte dieses Finanzierungssystem die SPD: Die bundesweit zentrale Forderung der institutionellen Spender an die bürgerlichen Parteien bestand darin, dass die von ihnen unterstützten Parteien keinen Wahlkampf gegeneinander, sondern nur gegen die SPD führen dürften (Bösch 2001b: 206 f.). Ihr halblegales Finanzierungssystem sicherte der CDU vornehmlich in den 1950er Jahren ein finanzielles Übergewicht, sowohl innerhalb des bürgerlichen Lagers als auch gegenüber der SPD. Annahmen zufolge war die CDU bei der Bundestagswahl 1957 in der Lage, 35 Millionen DM (ca. 18 Mio. Euro) auszugeben, während die SPD lediglich über 8 Millionen DM (ca. 4 Mio. Euro) verfügte. Bei der Wahl 1961 gaben beide Parteien nahezu die gleiche Summe aus: Die CDU 30-35 Millionen (ca. 15-18 Mio. Euro), die SPD 28-30 Millionen DM (ca. 14-15 Mio. Euro). Die FDP konnte bei beiden Wahlen ähnlich hohe Summen wie die SPD ausgeben (Kitzinger 1960: 202; Dübber/Braunthal 1963: 783). Von großer Bedeutung ist allerdings, dass die SPD zu dem Zeitpunkt, als die Diskussion über die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung aufkam, die einzige Partei war, die sich selbstständig, d.h. durch Mitgliedsbeiträge und -spenden sowie durch Mandatsträgerabgaben finanzieren konnte (Dübber 1962: 23-6). Allerdings belasteten insbesondere die Wahlkampfkosten die Kassen der Sozialdemokraten zunehmend, so dass die Partei ihre Praxis der der bürgerlichen Parteien anpasste: 1957 gegründete auch die SPD eine der SV vergleichbare Organisation zur Spendenakquisition (Dübber 1962: 31 f.). Dennoch: Hinter der SV stand das who is who der deutschen Wirtschaft, mit deren Unterstützung Union und FDP der SPD finanziell deutlich überlegen waren.
1
Die Umrechnung der Währungen erfolgte mit Hilfe der Webseite http://www.oanda. com/convert/classic (Stand der Wechselkurse: 26.3.2008).
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Überblick über die Parteiensysteme und Parteienfinanzierungsregimes
Die Finanzierung über Fördergesellschaften beschreibe ich deshalb als Form der privaten und nicht der illegalen Parteienfinanzierung, weil in aller Regel keine konkreten Gegenleistungen für die Spenden erbracht wurden, wenn es auch Versuche der Einflussnahme gab, vor allem in den 1950er und 1960er Jahren. Wie in Kapitel 8.2 zu zeigen sein wird, waren die bürgerlichen Parteien bestrebt, dem Einfluss ihrer Finanziers zu entgehen und traten nicht zuletzt deshalb schon in den 1950er Jahren für eine staatliche Parteienfinanzierung ein. Als die Flick-Affäre zu Beginn der 1980er Jahre bekannt wurde, veränderte sich das Urteil über die Spenden der Fördergesellschaften, die nun nicht mehr flossen, in jedem Fall aber illegal wurden. Dies spiegelt sich auch in der Entwicklung der Spenden an Parteien wider, die in den 1980er Jahren deutlich an Bedeutung verloren haben. Bis heute ist wenig erhalten vom einstmaligen Einfluss der Unternehmensspenden. Bezeichnenderweise spielen noch immer Spenden der Vertreter der klassischen Deutschland AG, also der Unternehmen, die besonders eng mit der deutschen Politik verflochten sind, eine wichtige Rolle (Höpner 2006). Die deutschen Parteien haben versucht, den Rückgang ihrer Einnahmen aus Spenden zunächst durch Erhöhung der Zahl ihrer Mitglieder, dann durch die Erhöhung der Mitgliedsbeiträge zu kompensieren. Neben Mitgliedsbeiträgen und Spenden als den beiden wichtigsten Formen der privaten Parteienfinanzierung sind in Deutschland vor allem Einnahmen aus Vermögen von einiger Bedeutung. Dies gilt vor allem für die SPD, die über Beteiligungen an einer Reihe von Zeitungen und Zeitungsverlagen verfügt (Appelius 2007; s.a. Angelov 2006: 62-147). 1998 etwa nahm die SPD aus dieser Quelle 18,4 Millionen DM (ca. 9,4 Mio. Euro) ein, etwa sechs Prozent ihres Gesamteinkommens (Cordes 2002: 65).
Schweden In Schweden sind die Einnahmen der Parteien aus privaten Quellen von nachgeordneter Bedeutung. Tabelle 7.1 zeigt, dass Mitgliedsbeiträge in Schweden nie eine signifikante Rolle gespielt haben. Anders verhält es sich insbesondere mit institutionellen Spenden, also Zuwendungen von Unternehmen und Gewerkschaften. Die letzten vierzig Jahre können im Falle Schwedens als eine Geschichte der permanenten Zurückdrängung des Einflusses institutioneller Spenden zugunsten der staatlichen Parteienfinanzierung erzählt werden. Heute finanzieren sich allein die Sozialdemokraten nicht ganz überwiegend aus staatlichen Mitteln. Eine wichtige Geldquelle sind für sie neben den Gewerkschaften auch Lotterien, deren Gewinne etwa 30 Prozent der Gesamteinnahmen der SAP ausmachen (Finansdepartementet 1994: 79; SOU 2004: 54). Mandatsträgerabgaben sind in Schweden ebenfalls üblich, aber weniger formalisiert als in Deutschland (Hagevi 2003: 366). Im Durchschnitt zahl-
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ten die Abgeordnete des Reichstags in den 1990er Jahren nur etwa 600 Kronen (ca. 65 Euro) im Monat (Gidlund/Möller 1999a: 65). Selbst vor der Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung 1965 waren die Einnahmen aus individuellen Zuwendungen, also Einzelspenden oder Mitgliedsbeiträgen, für die schwedischen Parteien kaum der Rede wert. Bereits in den 1930er Jahren hatte sich bei allen Parteien ein Finanzierungsmuster herausgebildet, das bis zur Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung auf der nationalen Ebene 1965 Bestand haben sollte. Sozialdemokraten, Volks- und Rechtspartei waren auf institutionelle (Groß-)Spender angewiesen. Die Sozialdemokraten finanzierten sich in Nichtwahlkampfjahren2 vornehmlich durch ihre Mitglieder, vor allem durch die ihnen seit 1898 kollektiv angeschlossenen Mitglieder der Gewerkschaften. Allerdings blieben die Beiträge der Gewerkschaftsmitglieder zwischen 1920 und 1956 stabil, auch danach wurden sie nur sehr vorsichtig erhöht (Gidlund 1983: 162 f., 167). Die höheren Beiträge für direkte Parteimitglieder konnten ebenso wie Einnahmen aus Lotterien die inflationsbedingten Verluste kaum verringern. Retter in der Not war der Gewerkschaftsdachverband LO (landsorganisationen), der seit den 1950er Jahren etwa 90 Prozent der Wahlkampffonds und ein Viertel der sonstigen Einnahmen der SAP direkt bereitstellte (SOU 2004: 45). Noch größere direkte Zahlungen leisteten die Gewerkschaften an die sozialdemokratische Presse. Für die Kommunisten liegen keine gesicherten Daten vor, die Partei dürfte sich aber vor allem durch ihre Mitglieder und, zumindest bis zur Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung, regelmäßige Zahlungen aus Moskau finanziert haben (Skott 2000: 352-9). Bei der Rechtspartei waren Mitgliedsbeiträge von noch geringerer Bedeutung als bei den Sozialdemokraten. Die Rechtspartei wurde vornehmlich von Honoratioren getragen, feste Mitgliedsbeiträge wurden überhaupt erst ab 1964 erhoben (Gidlund 1983: 76, 161). Dem wissenschaftlichen Dienst des schwedischen Parlaments zufolge kamen auch danach weniger als zehn Prozent der Einnahmen der Rechtspartei aus Mitgliedsbeiträgen (Sveriges Riksdag 1965a: 166). Ab 1940 flossen mehr als 95 Prozent der Einnahmen der Parteizentrale aus Wirtschaftskreisen, davon waren etwa 40 Prozent Großspenden einer homogenen Gruppe von Unternehmen, die das who is who der schwedischen Wirtschaft darstellten. Mit der Zeit hatte sich ein regelrechter Spendenschlüssel herausgebildet, die Höhe der Zahlungen orientierte sich am Nettoeinkommen eines Unternehmens (Gidlund 1983: 153-9). Allerdings war diese Form der Finanzierung enorm konjunkturabhängig. Die Volkspartei finanzierte sich zu etwa zwei Dritteln über Unternehmensspenden. Allerdings stagnierte die Höhe der Unternehmensspenden von Beginn der 2
Zu beachten ist, dass in Schweden bis 1970 jedes zweite Jahr ein Wahlkampfjahr war, da zeitversetzt alle vier Jahre Wahlen auf nationaler Ebene oder in den Kommunen stattfanden. Kommunalwahlen hatten deshalb besondere Bedeutung, da sie auch indirekt über die Besetzung der bis 1970 existierenden ersten Kammer des Parlaments entschieden (Petersson 1999: 17).
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Überblick über die Parteiensysteme und Parteienfinanzierungsregimes
1960er Jahre an ebenso wie bei der Rechtspartei (Gidlund 1983: 250, 179). Das Zentrum war die Partei mit den größten finanziellen Problemen. Anders als Rechtsund Volkspartei hatte das Zentrum keine Fürsprecher in der Unternehmerelite Schwedens, die noch immer maßgeblich agrarisch geprägte Partei war allein auf ihre Mitglieder angewiesen, deren Beiträge zur Deckung der Kosten nicht ausreichten. Insgesamt war vor der Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung die Rechtspartei die finanzstärkste Partei Schwedens, sie konnte in den 1960er Jahren auf nationaler Ebene etwa dreimal mehr ausgeben als SAP und Volkspartei, im Vergleich zum Zentrum etwa das Achtfache (Gidlund 1983: 179). Wenn sich auch für die Mitte der 1960er Jahre nicht von einem Zusammenbruch der Parteienfinanzierung in Schweden sprechen lässt, so waren Krisensymptome doch unübersehbar: Die Sozialdemokraten gerieten zunehmend in Abhängigkeit der Gewerkschaften, bei Rechts- und Volkspartei stagnierten die Unternehmensspenden. Kommunisten und Zentrum schließlich verfügten über keine institutionellen Geldgeber. Nach der Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung verloren die bisherigen Formen der (privaten) Parteienfinanzierung schnell an Bedeutung. Zunächst machte sich dies vor allem bei den bürgerlichen Parteien bemerkbar. Bei der Rechtspartei etwa gingen die Unternehmensspenden drastisch zurück (Albinsson 1986: 53-8). 1971 bzw. 1978 verzichteten Volkspartei und Moderate (wie sich die vormalige Rechtspartei nun nannte) schließlich ganz auf Unternehmensspenden. Auch nach der Teilpersonalisierung des schwedischen Wahlrechts3 nahmen die Kandidaten der Moderaten keine Unternehmensspenden an (Gidlund/Koole 2001: 119). Der Verzicht von Volkspartei und Moderaten auf Unternehmensspenden bedeutete allerdings nicht, dass die schwedischen Unternehmen ihre Versuche, zumindest mittelbar die Volkspartei und vor allem die Moderaten zu unterstützen und somit auf deren Politik Einfluss auszuüben, vollends einstellten. Der schwedische Arbeitgeberverband ging beispielsweise dazu über, formal „unpolitische“ Wahlkampagnen, die jedoch klar die bürgerlichen Parteien unterstützten, zu organisieren (Olsson 1979; Ewing 1987: 167 f.). Ferner wurde der seit den 1940er Jahren existierende Wirtschaftsfonds (näringslivets fond) immer mehr zu einer Hilfsorganisation der Moderaten umfunktioniert, er diente als Kaderschmiede und Wahlkampfhelfer (DN 3.9.1979). Darüber hinaus schossen Ende der 1970er Jahre von Unternehmen finanzierte Komitees mit Namen wie „Wählt bürgerlich!“ oder auch „Ja zur Kernkraft!“ aus dem Boden (Gidlund 1983: 263). Solche Komitees existierten auch in den 1990er Jahren weiterhin (Finansdepartementet 1994: 19). Erst im Zuge der bürgerlichen Regierungskoalition von 1991 bis 1994 kühlte das Verhältnis zwischen den Unternehmen und Rechts- sowie Volkspartei merklich ab (Widfeldt 2001: 74 f.).
3
Seit 1998 können Wähler in Schweden Kandidaten von der Liste streichen oder hinzufügen (Bergman 2003: 599).
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Bei den Sozialdemokraten sollte es länger dauern, bis sie sich von ihrem institutionellen Geldgeber, den Gewerkschaften, lösten. Der Anteil der Gewerkschaftsspenden am Einkommen der Sozialdemokraten reduzierte sich nach der Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung 1968 zunächst auf 30 Prozent (Olivecrona 1968: 176). Die Sozialdemokraten konnten nun die Moderaten als finanzstärkste Partei ablösen. Erst seit 1991 sind neue Mitglieder der LO nicht mehr automatisch Mitglied der SAP. Alle Mitglieder einer Gewerkschaft mussten fortan ihren Eintritt in die SAP selbst beantragen, womit die Sozialdemokraten drei Viertel (ca. 750.000) ihrer Mitglieder verloren (Bäck/Möller 2003: 107). Allerdings blieben LO und Sozialdemokraten im so genannten Organisationsanschluss eng miteinander verbunden (Gidlund 1992: 116; 1994: 110). Faktisch hatte auch im neuen System das einzelne Mitglied wenige Möglichkeiten, zu verhindern, dass seine Gewerkschaft hohe Beträge an die SAP spendete. Das Engagement der Gewerkschaften nahm in den 1990er Jahren sogar wieder zu. 1996 entschied sich die LO, ihr Engagement zu intensivieren und wieder mehr Geld an die SAP zur Schulung der Abgeordneten zu geben (DN 25.2.1997). Im Wahljahr 2001 machten ihre Zuwendungen 17 Prozent der nationalen Einnahmen der SAP aus, 2002 immerhin zehn Prozent (SOU 2004: 51) – zehn Jahre zuvor waren es nur 4,5 Prozent gewesen (Finansdepartementet 1994: 81). Die Sozialdemokraten bleiben damit die einzige schwedische Partei, bei der Einnahmen aus Spenden oder Mitgliedsbeiträgen ein bemerkenswertes Gewicht zukommt.
Großbritannien Das hervorstechende Merkmal des britischen Parteienfinanzierungsregimes ist die überragende Bedeutung der Einnahmen aus Spenden. Nachdem 1925 der Verkauf von Adelstiteln, mit dem die Parteien sich zuvor finanziert hatten, verboten wurde, brach die moderne Ära der Parteienfinanzierung an (Pinto-Duschinsky 1981). Charakteristisch für die moderne Ära war, dass sich die Parteien nicht mehr durch individuelle, sondern institutionelle Geldgeber finanzierten. Auf diese Weise fand die Dominanz von Konservativen und Labour im Parteiensystem auch in finanzieller Hinsicht ihren Ausdruck. Grundlage für dieses Finanzsystem war der Trade Union Act von 1913, der es der Labour Party erlaubte, Spenden von den Gewerkschaften anzunehmen. Ähnlich wie beim schwedischen Kollektivanschluss ermöglichte es das Prinzip des contracting in, dass alle Gewerkschaftsmitglieder automatisch Beiträge für die Partei entrichteten, solange sie dies nicht explizit widerriefen (Johnston/Pattie 1993: 129). Heute ist Labour die letzte sozialdemokratische Partei Europas mit derart engen finanziellen Beziehungen zu Gewerkschaften (Ludlam/Taylor 2003: 728). Den Konservativen gelang es im Laufe der 1930er Jahre ebenfalls, ein Finanzierungssystem zu institutionalisieren: Auf der nationalen Ebene wurde die
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Partei vor allem von Unternehmerverbänden unterstützt, in den Wahlkreisen finanzierte sie sich durch individuelle Spenden (Pinto-Duschinsky 1981: 93). Die Mitglieder der beiden großen britischen Parteien waren und sind in finanzieller Hinsicht von nachgeordneter Bedeutung (Webb 1994: 117). Mit einer kurzen Unterbrechung von 1997 bis etwa 2002 waren die Konservativen die finanzstärkere Partei. Während der ersten Debatte über die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung in der Mitte der 1970er Jahren waren sie also strukturell im Vorteil. Ähnlich wie in Deutschland versuchten die Unternehmen, ihre Zuwendungen, die sie eigentlich nach dem Company Act von 1967 hätten veröffentlichen müssen, zu verheimlichen und/oder steuerlich geltend zu machen. Als Steuerschleuse fungierte der Westminster Industrial Brief, der überteuert an Unternehmen verkauft wurde und zudem noch zu 52 Prozent von der Steuer abgesetzt werden konnte (Economist 14.2.1976). 1960 trat daneben eine – durchaus mit der SV in der Bundesrepublik vergleichbare – Institution, die vornehmlich als Spendensammlerin für die konservative Partei tätig war: Die British United Industrialists (BUI) hatten sich formal der Werbung für die Marktwirtschaft verschrieben, wurden faktisch aber vor allem von Unternehmen gefördert, die nicht wollten, dass man sie direkt mit den Konservativen in Verbindung brachte. Das Gebaren der BUI kam 1989 ans Tageslicht, hatte aber keine Konsequenzen: Zum einen hatten die BUI ihre Tätigkeit zu diesem Zeitpunkt bereits eingestellt, zum anderen war es aufgrund der damaligen geringen Regelungsdichte nach britischem Recht nicht strafbar (Fisher 1994: 63 f.). Ähnliche Vorwürfe wurden jüngst gegen den Midlands Industrial Council erhoben, der Ende 2007 knapp 200.000 Pfund (ca. 330.000 Euro) an die Konservativen weitergeleitet haben soll (Carrell/Woodward 2007). Ein weiterer Grund für die Dominanz der Konservativen war ihre bis heute andauernde Überlegenheit auf der lokalen Ebene: „The story of British political finance since 1975 is mainly one of Conservative success and of Labour and Liberal failure in developing effective methods of collecting small political donations on the local level“ (Pinto-Duschinsky 1981: 127). Die Konservativen erhielten zwischen 2001 und 2005 deutlich mehr Spenden auf der lokalen Ebene als Labour und Liberaldemokraten: knapp 6 Millionen Pfund (ca. 7,7 Mio. Euro) im Vergleich zu 3,7 Millionen Pfund (ca. 4,7 Mio. Euro) bei Labour und 2,9 Millionen Pfund (ca. 3,7 Mio. Euro) bei den Liberaldemokraten (Johnston/Pattie 2007: 369). Der große Verlierer der modernen Ära in der britischen Parteienfinanzierung waren denn auch die Liberalen, denen es nicht gelang, ähnlich enge Kontakte zur Wirtschaft oder zu den Gewerkschaften aufzubauen. Sie finanzierten sich bis in die 1990er Jahre ganz überwiegend durch ihre Mitglieder. Paul Webb schätzt den Mitgliederanteil an den Einnahmen der Liberalen auf 70 Prozent (Webb 2000: 237). In jüngster Zeit scheint das System der institutionellen Parteienfinanzierung in Großbritannien in Auflösung begriffen zu sein. Justin Fisher zufolge brach nach der Reform der Parteienfinanzierung im Jahr 2000 die postmoderne Phase der Parteien-
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finanzierung an (Fisher 2000: 15). Alle drei Parteien beziehen seitdem ihr Einkommen zu immer größeren Teilen aus individuellen (Groß-)Spenden. 2001 machten individuelle Spenden 45 Prozent der Gesamteinnahmen der Labour Party aus, bei den Konservativen waren es sogar 75 Prozent (Grant 2005: 384). Selbst die Liberaldemokraten erhalten heute Großspenden. Mehr als die Hälfte aller Einnahmen aus Spenden wurde 2003 durch Großspenden über 100.000 Pfund (ca. 128.000 Euro) erzielt (Electoral Commission 2004: 75). Im Vergleich zu Deutschland oder Schweden werden immense Summen gespendet: Die Konservativen konnten ihre Parteikasse 2001 mit zwei Spenden in Höhe von je fünf Millionen Pfund (ca. 6,4 Mio. Euro) konsolidieren – eine Summe, höher als ihre Ausgaben im gesamten Wahlkampf (Maguire 2001). Im Wahlkampf 2005 übertrafen die Einnahmen von Konservativen und Labour aus Großspenden von mehr als 50.000 Euro diejenigen von CDU und SPD im Wahlkampf desselben Jahres denn auch um das Siebenfache (Scarrow 2006b: 389 f.). Bei den Konservativen machte sich zudem bereits im Laufe der 1980er Jahre ein drastischer Rückgang der Unternehmensspenden bemerkbar (Pinto-Duschinsky 1989: 45; 1994: 24 f.). Lag der Anteil der Unternehmensspenden bei den Konservativen von 1950 bis 1964 noch bei 67 Prozent, so betrug er zwischen 1986 und 1989 nur 26 Prozent (Römmele 1995: 159). Aufgrund der zunehmenden Internationalisierung der Wirtschaft hielten es immer weniger britische Firmen für notwendig, Geld an politische Parteien zu spenden (Fisher 1999: 88). 1998 machten dann die individuellen Spenden 80 Prozent der Einnahmen der Konservativen aus (Neill 1998a: 33). Auch die Labour Party bezog seit den späten 1980er Jahren einen immer geringeren Teil ihres Einkommens von den Gewerkschaften, erhielt dafür aber vermehrt Spenden aus der Wirtschaft. Zwischen 1983 und 1997 sank der Anteil der Gewerkschaftsgelder an den Gesamteinnahmen von Labour von 96 auf 40 Prozent (Neill 1998b: 502). Von besonderem Interesse ist, dass sich das finanzielle Kräfteverhältnis der beiden großen Parteien nach dem Regierungswechsel von 1997 – also zu Beginn der zweiten Phase, in der über eine staatliche Parteienfinanzierung nachgedacht wurde – für kurze Zeit umkehrte: Im Zuge der großen Popularität Labours konnte die Partei die Konservativen auch finanziell erstmals überflügeln. 1999 bezog Labour seine Einnahmen aus einer Vielzahl von Quellen: Etwa 40 Prozent kamen aus Kleinspenden und Mitgliedsbeiträgen, 30 Prozent von den Gewerkschaften, 20 Prozent aus Großspenden und zehn Prozent aus kommerziellen Aktivitäten der Partei (Ludlam/Taylor 2003: 733). Danach brach Labour jedoch die Mitgliedschaft weg, zusätzlich waren die Konservativen wieder erfolgreicher beim Einwerben von Großspenden.4 Die Liberaldemokraten konnten hingegen vom relativen Bedeutungsver4
Seit dem Wechsel des Parteivorsitzes zu David Cameron verzeichneten die Konservativen Spendeneinnahmen auf Rekordniveau, vor allem durch fundraising-Aktivitäten. Zudem erhielten sie nach wie
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lust der institutionellen Spenden profitieren. Ihnen gelang es, im Zuge ihres elektoralen Aufschwungs auch die Einnahmen zwischen 1994 und 2003 um 280 Prozent zu steigern. Dennoch lagen die Einnahmen der Liberaldemokraten auch 2003 nur bei bescheidenen 15 Prozent von denen der Labour Party und 30 Prozent der Einnahmen der Konservativen (Fisher 2005: 172). Das Verhältnis Labours zu den Gewerkschaften, die vor allem in Wahlkämpfen heute wieder eine sehr wichtige Rolle spielen, wurde ebenfalls zusehends schwieriger. Nach 2001 hielten viele Gewerkschaften ihre Gelder aus Unzufriedenheit mit der Politik Labours zurück, namhafte Labour-Politiker verließen ihre Gewerkschaften (Ludlam/Taylor 2003: 740 f., 745). 2003 kam jedoch erneut ein Abkommen über 40 Millionen Pfund (ca. 51 Mio. Euro) für einen Zeitraum von fünf Jahren zwischen Labour und den Gewerkschaften zustande (Helen 2003). Ob wirklich das Ende der postmodernen Ära in der britischen Parteienfinanzierung angebrochen ist, erscheint insbesondere vor dem Hintergrund der fortgesetzten Abhängigkeit Labours von den Gewerkschaften als fraglich.
Frankreich Der Schwerpunkt der Einführung in das französische Parteienfinanzierungsregime liegt auf dem auch für den dritten Teil der Untersuchung wichtigen Zeitraum vor 1988. Allerdings soll auch die anschließende Entwicklung, insbesondere in der Reformphase von 1988 bis 1995, beleuchtet werden. Einnahmen aus privaten Quellen besaßen für die französischen Parteien sowohl vor als auch nach 1988 kaum nennenswerte Bedeutung, am ehesten noch – wenn überhaupt – für die Parteien der Linken. Mitgliedsbeiträge machten bei PS und PCF 1987 etwa 20 Millionen Francs (ca. 3 Mio. Euro) aus, beim RPR waren es 15 Millionen Francs (ca. 2,3 Mio. Euro). Die Tendenz dürfte aufgrund des Mitgliederrückgangs bei allen Parteien sinkend gewesen sein. Die Erträge aus Mitgliedsbeiträgen waren insgesamt so niedrig, dass keine der Parteien je eine steuerliche Absetzbarkeit der Beiträge erwog (Coignard/Lacan 1989: 330; Fromont 1992: 157). Die Mandatsträgerabgaben waren vor allem für die Parteien der Linken wichtig (Avril 1994: 88; Miguet 1999: 46). Beim PS machten sie zu Beginn der 1980er Jahre etwa ein Drittel der offiziellen Einnahmen aus (Kern 1981). Die Mandatsträgerabgaben spielen bis heute eine wichtige Rolle, 2001 waren sie durchschnittlich für etwa 12 Prozent der Einnahmen der wichtigsten Parteien verantwortlich (Schurig 2006: 59). Mandatsträgerabgaben sind damit ebenso wichtig wie die Mitgliedsbeiträge.
vor die meisten Unternehmensspenden (Fisher 2005: 175). Nicht zuletzt dank der Popularität Camerons waren die Konservativen damit 2007 zum ersten Mal seit 20 Jahren schuldenfrei (Hencke 2007a; 2007b).
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Obwohl formal illegal, wurden Spenden von Einzelpersonen vor 1988 geduldet. Rainer Kraehe zitiert einen offiziellen Erlass des Innenministers von 1967, in dem dieser Parteispenden damit legitimiert, dass man sie sowieso nicht kontrollieren könne (1972: 27). Spenden flossen aber in beträchtlicher Höhe nur an den PCF, der Sammlungen, Volksfeste (das größte mit jährlich bis zu 600.000 Besuchern) und Lotterien veranstaltete (Weigelt 1988: 59). Weder Unternehmensverbände noch Gewerkschaften schienen die ihnen nahe stehenden Parteien in signifikantem Ausmaß unterstützt zu haben.5 Vor 1988 war somit der PCF die (zumindest offiziell) reichste französische Partei: Ende der 1970er Jahre verfügte die Kommunisten über ein Geflecht von mehr als 300 teils sehr profitablen Firmen (Knapp 2004: 102). 1972 gab der PCF an, jährlich über 40 Millionen Francs (ca. 6 Mio. Euro) zu verfügen, während es beim PS nach eigenen Angaben nur zwei Millionen Francs (ca. 300.000 Euro) und bei der UDR (der Vorgängerin des RPR) sechs Millionen Francs (900.000 Euro) waren – Summen, mit denen diese Parteien jedoch keinen Wahlkampf hätten führen können (Kraehe 1972: 12) und die deshalb schon auf das im nächsten Abschnitt näher zu erläuternde System der strukturellen illegalen Parteienfinanzierung verweisen. Erst für die 1990er Jahre lassen sich gesicherte Trends über den Stellenwert privater Einnahmen für die französischen Parteien ermitteln. Tabelle 7.1 verdeutlicht, dass Mitgliedsbeiträge eine geringe Rolle spielen. Wie für den Zeitraum vor 1988 sind sie vor allem für PCF und PS, bei denen sie etwa 15 Prozent der Einnahmen ausmachen, von Bedeutung. Nach dem Verbot der Unternehmensspenden von 1995 stellen Spenden heute allein für den RPR und die Kommunisten eine nennenswerte Einkommensquelle dar. Bei beiden Parteien machen sie etwa 10 Prozent der Einnahmen aus, bei allen anderen Parteien deutlich unter fünf Prozent. Unternehmensspenden waren vor ihrem Verbot durchaus relevant: Der RPR erzielte bis 1995 bis zu 40 Prozent seiner Einnahmen aus Spenden von Unternehmen, beim PS waren es immerhin noch 20 Prozent und bei der UDF etwa 15 Prozent. Der PCF ist trotz seines großen Bedeutungsverlustes noch immer in der Lage, unter seinen Anhängern erfolgreiche Spendensammlungen durchzuführen (Knapp 2004: 112). 7.2 Transparenzregeln und Einnahmen aus illegalen Quellen Auch die Regeln zur Transparenz in der Parteienfinanzierung und die Intensität der Korruption in der Politik unterscheiden sich in den untersuchten Ländern deutlich. Tabelle 7.2 skizziert die Transparenzvorschriften in der Parteienfinanzierung in 5
Udo Kempf spricht für 1978 von 400.000 Francs von Unternehmensverbänden (1983: 227). Gewerkschaften spendeten Kurt Weigelt zufolge überhaupt nicht an Parteien (1988: 57).
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Deutschland, Schweden, Großbritannien und Frankreich. Folgt man Karl-Heinz Naßmacher, so verfügt Deutschland über „die derzeit beste Gesetzgebung für das Gesamtproblem [Parteienfinanzierung, MK] in den etwa 20 etablierten Beispielfällen moderner Demokratien“ (2000a: 19). Deutschland ist ein Vertreter der „Transparenzoption“ (Naßmacher 2003: 11). Dies ist unter zwei Bedingungen richtig: einerseits, wenn die „besten“ Transparenzregeln nicht mit dem geringsten Maß an Korruption gleichgesetzt werden (denn das liegt in Schweden vor, obwohl dort nur nachgerade rudimentäre Transparenzpflichten vorgesehen sind). Andererseits, wenn auch berücksichtigt wird, inwiefern die Regeln im Falle von Verstößen auch angewendet werden (erst dann nämlich fallen die britischen Transparenzvorschriften, die auf dem Papier ebenfalls ausgereift erscheinen, hinter den deutschen zurück).
Deutschland Dass in Deutschland die Vorschrift, die Parteien hätten über die Verwendung ihrer Mittel Rechenschaft abzulegen, sogar Eingang in das Grundgesetz gefunden hat, lag vor allem an der nationalsozialistischen Vergangenheit. Spenden aus der Industrie an staatsfeindliche Parteien sollten so in der Bonner Republik unterbunden werden. Auch wenn Tabelle 7.2 in der Tat ein beachtliches Maß an Transparenzvorschriften für die deutschen Parteien ausweist, so dauerte es auch hier 18 Jahre, bis die Forderung des Grundgesetzes nach Rechenschaftslegung der Parteien erfüllt und weitere 17 Jahre, bis das Parteiengesetz mit Sanktionen bewehrt wurde. Konrad Adenauer kommentierte dem Vernehmen nach den ersten Referentenentwurf zum Parteiengesetz mit den Worten „Dat muss ein janz weltfremder Herr sein, der hier jesetzlich festlejen will, dat die Parteien ihre Jeldquellen bekanntjeben und ihre Finanzierung offenlejen“ (Neue Ruhr Zeitung 4.11.1955). Angesichts des im vorangegangenen Abschnitt geschilderten halblegalen Spendensystems wundert es wenig, wenn der erste Bundeskanzler die Forderung nach Transparenz der Parteifinanzen als weltfremd abtat. So war denn auch die SPD lange die einzige Partei, die regelmäßig und freiwillig Rechenschaftsberichte vorlegte (Parteienrechtskommission 1958: 188). Die Vorschriften des ersten Parteiengesetzes von 1967 wurden wie dargelegt von allen Parteien sehr weit ausgelegt. Vor allem bei der FDP war es Usus, Großspender nicht namentlich zu nennen (Schiller 1990: 221). Ein Beispiel dafür, dass die SPD im Laufe der Zeit auch in punkto Umgehung der Transparenzpflichten dem Vorbild der bürgerlichen Parteien nacheiferte, war die 1982 im Rechenschaftsbericht auftauchende „Spendensammlung“ von 6,3 Millionen DM (ca. 3,2 Mio. Euro) des vormaligen SPD-Schatzmeisters Alfred Nau. Diese Gelder wurden ohne Nennung der Spender ausgewiesen, sie stammten möglicherweise vom Flick-Konzern (Ebbighausen et al. 1996: 99).
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Die untersuchten Parteienfinanzierungsregimes
Tabelle 7.2: Transparenzvorschriften in der Parteienfinanzierung Deutschland
Schweden
Großbritannien
Frankreich bis 1988 (und heute)
—
— seit 1988
—
AGs müssen Aktionäre befragen —
7.500 (d)
1.000 bis 500
— bis 200 £
bis 150 (d) bis 3.000 — Parl.-Wahlen: 38.000 plus 0,15 pro Einwohner/Wahlkreis Präs.-Wahlen: 15,5 Mio. bzw. 20,7 Mio. — seit 1990 — jährlich
Regulierung Einnahmen der Parteien Spendenobergrenzen Barspenden anonyme Spenden Wahlkampfausgaben der Parteien (a)
—
—
max. ca. 20 Mio. £ (30.000 £ pro Wahlkreis)
Rechenschaftsberichte
seit 1968
auf Nachfrage
seit 2000
Berichtszeitraum
jährlich
jährlich
Offenlegung der Spender
ab 10.000 (unverzüglich ab 50.000 ) Bundestagspräsident
—
vierteljährlich, im Wahlkampf wöchentlich ab 5.000 £ (national) bzw. 1.000 £ (lokal) Electoral Commission
kontrollierende Organisation Sanktionen bei Verstößen finanzieller Art
sonstige
—
seit 1994/2002 (b)
—
seit 2001
das 2-fache bzw. 3-fache der Spende (c) bis zu drei Jahre Haft
—
—
—
bis zu einem Jahr Haft
— (e)
— CNCCFP — seit 1990 Entzug der staatlichen Zuwendungen Entzug des passiven Wahlrechts, Geldstrafen, bis zu einem Jahr Haft
(a) In keinem der Länder können Parteien im Wahlkampf Rundfunksendezeiten kaufen. (b) Seit 1994 finanzielle Sanktionen, seit 2002 auch strafrechtliche. (c) Das Doppelte im Fall einer falsch deklarierten, das Dreifache im Fall einer unrechtmäßig angenommenen Spende. (d) Die Spendenobergrenzen gelten in Frankreich für die Kandidaten. (e) Die CNCCFP veröffentlicht nur Kurzdarstellungen der Rechenschaftsberichte ohne die Namen der Spender. Lediglich Unternehmensspenden wurden ab 1993 bis zu ihrem Verbot im folgenden Jahr veröffentlicht.
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Überblick über die Parteiensysteme und Parteienfinanzierungsregimes
Existierten nach 1967 noch mannigfaltige Schlupflöcher, z.B. für die Fördergesellschaften (Breitling 1968: 225 f.), so wurden die Regeln zur Transparenz der Parteifinanzen nicht zuletzt aufgrund von Korruptionsskandalen, die die politischen Akteure zum Handeln zwangen, stetig verschärft. 1983 war der Flick-Skandal Anlass für die Neufassung der Transparenzregeln, 2002 waren es die CDU- und SPDSpendenskandale. 1993 war nicht zuletzt die nicht nachvollziehbare Ausweisung der Beträge aus dem Chancenausgleich Ursache für die Verschärfung der Transparenzpflicht (Ebbighausen et al. 1996: 181). Trotz (oder wegen) aller im Einzelnen zu behebenden Mängel ist auf diese Weise ein umfangreiches Regelwerk entstanden. Die deutschen Parteien sind heute verpflichtet, über ihre Einnahmen aus der staatlichen Parteienfinanzierung, Spenden, Mitgliedsbeiträgen, Abgaben ihrer Mandatsträger, Unternehmensbeteiligungen und eigenem Vermögen Rechenschaft abzulegen. Wie Tabelle 7.2 zeigt, müssen die Spender großer Summen namentlich genannt werden. Darüber hinaus müssen Parteien ihre Ausgaben für verschiedene Zwecke sowie ihre Schulden und ihr Vermögen offen legen. Die Rechenschaftsberichte sind als Bundestagsdrucksachen zugänglich. Obergrenzen für die Ausgaben von Parteien existieren in Deutschland ebenso wenig wie für Spenden. Anonyme Spenden sind heute nur noch bis 500 Euro zulässig. Barspenden sind auf maximal 1.000 Euro begrenzt. Die Einhaltung der Transparenzregeln wird vom Präsidenten des Bundestages überwacht, der im Falle von Verstößen finanzielle Sanktionen anordnen kann (Tabelle 7.2). Die Parteien spielen in diesem Überwachungsprozess jedoch eine sehr einflussreiche Rolle. Letztlich ist der Präsident des Bundestages bei der Kontrolle von Unregelmäßigkeiten in den Rechenschaftsberichten auf die Kooperation der Parteien angewiesen (Pehle 2002: 340). 2002 wurden zusätzlich erstmals auch strafrechtliche Sanktionen eingeführt: Wenn Mitarbeiter von deutschen Parteien Herkunft oder Verwendung von Mitteln zu verschleiern versuchen oder Spenden stückeln, droht ihnen fortan Haft von bis zu drei Jahren – allerdings bedarf es hierzu eines eindeutigen Vorsatzes (Wettig-Danielmeier/Linnekugel/Wettig 2005: 52). Wie bereits erwähnt, waren die Verschärfungen der Transparenzregeln des Parteiengesetzes in erster Linie Reaktionen auf die beiden größten Parteispendenskandale der letzten Jahrzehnte: den Flick-Skandal zu Beginn der 1980er Jahre und die Skandale um CDU- und SPD-Spenden 1999/2000. Im Flick-Skandal ging es im Wesentlichen darum, dass Spitzenpolitiker aller Parteien Zahlungen vom FlickKonzern erhalten hatten, damit dieser seine Gewinne nicht versteuern musste (Landfried 1994: 188-203; Wewer 1990a: 12-22). Zwischen 1969 und 1980 waren etwa 26 Millionen DM (ca. 13,3 Mio. Euro) am Gesetz vorbei an die deutschen Parteien geflossen (Landfried 1994: 207). Die Korruptionsaffären der beiden großen Volksparteien um die Jahrtausendwende kreisten um mehrere Vergehen. Altbundeskanzler Helmut Kohl weigerte sich, die Namen der Spender von etwa zwei Millionen DM (ca. 1,2 Millionen Euro) zu nennen, die auf geheimen Konten der CDU-
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Parteizentrale lagen. Zudem kam ans Licht, dass die hessische CDU geheime Konten über 17 Millionen DM (ca. 8,7 Mio. Euro) führte und im Laufe der 1990er Jahre 12,7 Millionen DM (ca. 6,5 Mio. Euro) von anonymen Spendern angenommen hatte (Cordes 2002: 64). Die SPD in Köln hatte im selben Zeitraum Spenden über eine Million DM (ca. 0,5 Mio. Euro) nicht ordnungsgemäß ausgewiesen (Pehle 2002: 337). Hinzu kamen bis heute nicht bewiesene Anschuldigungen gegen eine Reihe von Spendern, die vornehmlich die CDU unterstützt hatten (Naßmacher 2001c: 99). Ob parteipolitische Korruption in Deutschland in den letzten Jahrzehnten zugenommen hat oder ob vielmehr das öffentliche Bewusstsein für illegale Parteienfinanzierung geschärft wurde, ist nicht eindeutig feststellbar. Den CDUParteispendenskandal als “biggest scandal in postwar German political history“ (Clemens 2000: 25) zu bezeichnen, dürfte jedenfalls verfehlt sein. Die Affären von 1999/2000 fielen hinter das Maß an struktureller Korruption des Flick-Skandals zurück. Zudem sind seit der Aufdeckung des Flick-Skandals auch die Fördergesellschaften nicht mehr aktiv. Die Gesamtsumme der illegal erworbenen Spenden machte 1999/2000 lediglich 0,5 Prozent des Einkommens aller Parteien aus, zudem mussten CDU und SPD hohe Strafzahlungen leisten (Naßmacher 2001c: 107, 109). Vieles spricht also dafür, in der Aufdeckung all dieser Affären erfolgreiche Bewährungsproben der deutschen Parteienfinanzierungsgesetzgebung zu sehen (Naßmacher 2000a: 20 f.). Kurt Sontheimer sprach sogar pathetisch von einem „Triumph der Moral“ (2000: 3). Diese positive Bewertung dürfte vornehmlich auf das im internationalen Vergleich sehr hohe Transparenzniveau der deutschen Rechenschaftsberichte zurückzuführen sein. Wichtig ist auch, dass in Deutschland, anders als in anderen Staaten, mit der Aufklärung eines Korruptionsskandals in der Regel das Ende der Karriere der beteiligten Politiker einhergeht (Seibel 1997: 94). Auch wenn also seit den 1980er Jahren die Zahl der Parteispendenskandale zugenommen hat, bleibt parteipolitische Korruption in Deutschland eine „minority activity“ (McKay 2003: 64).
Schweden In Schweden liegt das Transparenzniveau wesentlich niedriger als in Deutschland. Paradoxerweise ist Korruption in der Politik dennoch weitaus weniger verbreitet. Es gibt in Schweden bis heute keine gesetzliche Grundlage für die Offenlegung der Parteienfinanzen (Tabelle 7.2). Traditionell haben die schwedischen Parteien eine tief verwurzelte Abneigung gegen zu große Transparenz (Gidlund 1994). 1951 sprach sich eine staatliche Untersuchungskommission gegen eine Rechenschaftspflicht der Parteien aus. Das wichtigste Argument der Kommission war, dass eine Überprüfung der in Rechenschaftsberichten angegebenen Einnahmen und Ausga-
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ben einen verfassungsrechtlich nicht wünschbaren und kaum zu rechtfertigenden Eingriff in die Freiheit der Parteien darstellte (Justitiedepartementet 1951: 59 f.). Lediglich eine freiwillige Veröffentlichung der Parteikonten wurde als wünschenswert bezeichnet. Die Parteien hielten sich daran und legten fortan Rechenschaftsberichte auf Nachfrage vor.6 Ähnlich wird seit der Teilpersonalisierung des Wahlrechts verfahren: Auch hier hatte die Regierung früh in informellen Gesprächen mit allen Parteien sichergestellt, dass die Finanzierung der Kampagnen einzelner Kandidaten gesetzlich nicht reglementiert werden musste (Finansdepartementet 1994: 39). Die nur für die nationale Ebene veröffentlichten Rechenschaftsberichte weisen diverse Mängel auf. Das hängt zunächst damit zusammen, dass diesen Rechenschaftsberichten keine gemeinsamen Standards zugrunde liegen (SOU 2004: 46). Die Kategorien, unter denen die Einkünfte zusammengefasst werden, waren zumindest vor 2000 – vorsichtig formuliert – ungenau. Mit einem Körnchen Salz ließe sich auch von Verschleierung sprechen. Bei der Kategorie „sonstige Einnahmen“ handelte es sich beispielsweise faktisch ganz überwiegend um staatliche Zuwendungen. Die Parteizentralen etwa verbuchten die Gelder, die ihre regionalen Gliederungen an sie weiterleiteten (und die ganz überwiegend aus der kommunalen Parteienfinanzierung stammten), unter dieser Rubrik. Auf allen Ebenen des politischen Systems wurden mit Hilfe der staatlichen Zuwendungen Wahlfonds gebildet, die dann im Wahljahr ebenfalls als „sonstige Einnahmen“ ausgewiesen wurden. Auch firmierten die Einnahmen der Parteizentralen aus dem Verkauf etwa von Wahlkampfmaterial an untere Parteigliederungen in der Regel als „sonstige Einnahmen“ (Finansdepartementet 1994: 78 f., 83). 2000 sprach sich, nicht zuletzt aufgrund der Mängel der Rechenschaftsberichte, erstmals eine öffentliche Untersuchungskommission dafür aus, die Offenlegung der Parteifinanzen gesetzlich zu regeln (SOU 2000: 173). Die Parteien reagierten darauf im selben Jahr mit einem freiwilligen Abkommen zu mehr Transparenz, der nach 1951 und 1980 dritten Vereinbarung dieser Art. 2004 schließlich legte eine weitere Untersuchungskommission einen Gesetzesentwurf vor, der die Parteien auf eine detailliertere Offenlegung ihrer Einnahmen auf allen Ebenen des politischen Systems verpflichten sollte. Ab einer Spendenhöhe von 20.000 Kronen (ca. 2.200 Euro) sollte auch der Namen des Spenders genannt werden (SOU 2004: 16). Allerdings waren auch hier im Falle von Verstößen keinerlei Sanktionen vorgesehen. Eine Kontrolle der Parteien sei nicht erwünscht und stelle außerdem einen Eingriff in die Meinungsfreiheit dar, bedürfe also einer Änderung der Verfassung (SOU 2004: 19). Dieser Gesetzesentwurf sollte ursprünglich zum 1.1.2006 in Kraft treten – geschehen ist bislang aber bezeichnenderweise nichts. 6
Allerdings wird nicht jede Anfrage beantwortet: Auf schriftliches Ersuchen vom 29.9.2001 an alle schwedischen Parteien legte mir beispielsweise allein die SAP Rechenschaftsberichte für die Jahre 2000 und 2001 (SAP 2001) vor.
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Das Korruptionsniveau in der schwedischen Parteipolitik ist dennoch denkbar gering. Vor 1965 sahen sich vornehmlich die Liberalen dem Vorwurf unlauteren Finanzgebarens ausgesetzt. 1932 musste der damalige Premierminister Carl Gustaf Ekman zurücktreten, nachdem bekannt geworden war, dass er Spenden von einem Konzern, der vor dem Bankrott stand, angenommen hatte (Gidlund 1983: 180). 1948 geriet die Volkspartei in der so genannten Molander-Affäre in Bedrängnis. Der frühere Bankrevisor Seth Molander beschuldigte damals die Volkspartei, über ein geheimes Wahlkampfkonto zu verfügen, das es ihnen ermöglicht hätte, mehr auszugeben als alle anderen Parteien (DN 13.1.1949; Ahlmark 1964: 145 f.; Bäck/Möller 1990: 118). Beweise konnten nicht erbracht werden, aber das Gerücht, die Volkspartei verfüge über schwarze Kassen, hielt sich hartnäckig (Gidlund 1994: 108). Seit der Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung, also seit mehr als 40 Jahren, sind in Schweden keine Fälle parteipolitischer Korruption bekannt geworden. Dennoch wurde die schwedische Öffentlichkeit in den 1990er Jahren zunehmend sensibler für das Thema. Dies drückt sich auch in einem zunehmenden wissenschaftlichen Interesse an der Parteienfinanzierung als „Risikozone für Korruption“ aus (Andersson 2003: 139; s.a. 1999; 2002; 2004). Die wenigen Korruptionsfälle, die sich ereigneten, kreisten vornehmlich um persönliches Fehlverhalten, das weder Parteien noch Wahlkampagnen zugute kam. 1996 musste etwa ein Abgeordneter der Moderaten sein Mandat abgeben, weil er nicht erklären konnte, wofür er Zahlungen von einem Holzkonzern in seinem Wahlkreis erhalten hatte (Nergelius 2005: 476). Auch die im Zuge der Teilpersonalisierung des schwedischen Wahlrechts geäußerte Furcht vor einer Zunahme der Korruption erwies sich bislang als unbegründet. Die Ausgaben der Kandidaten bewegen sich auf sehr niedrigem Niveau, sowohl 1998 als auch 2002 finanzierten sich die Kandidaten ganz überwiegend aus (partei-)eigenen Mitteln (Gidlund/Möller 1999a: 67; Duit/Möller 2004: 286 f.). 2005 geriet allerdings der Vorsitzende der Jugendorganisation der Sozialdemokraten in Verdacht, staatliche Mittel für seine persönliche Kampagne im Europawahlkampf 2004 zweckentfremdet zu haben (Nergelius 2005: 476). Dennoch scheint das schwedische Kalkül von freiwilligen Vereinbarungen zur Abwendung korrupter Praktiken in der Politik bislang aufgegangen zu sein.
Großbritannien In Großbritannien ist das Transparenzniveau zumindest seit 2000 ähnlich hoch wie in Deutschland. Zwei wichtige Unterschiede fallen ins Auge: Zum einen liegt die Überwachung der Transparenzregeln nicht bei den Parteien selbst, sondern bei einer unabhängigen Institution, der Electoral Commission. Zum anderen wurden die
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Transparenzregeln (noch) nicht energisch durchgesetzt. Das Korruptionsniveau dürfte zwischen dem deutschen und dem schwedischen angesiedelt sein. Die hohe Regelungsdichte, die aus Tabelle 7.2 hervorgeht, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Parteienwettbewerb in Großbritannien – ähnlich wie in Schweden – lange nur durch wenige Gesetze reguliert wurde. Parteien haben bis heute den Status von privaten freiwilligen Vereinigungen. Erst 2000 wurde der Political Parties, Elections and Referendums Act (im Folgenden als Parteiengesetz bezeichnet) verabschiedet. Bis zu diesem Zeitpunkt regelten in Großbritannien nahezu ausschließlich Gesetze, die im 19. bzw. frühen 20. Jahrhundert verabschiedet wurden, den politischen Wettbewerb. Bereits 1883 führten die britischen Parteien im Corrupt and Illegal Practices Act Obergrenzen bei den Wahlkampfausgaben der Kandidaten in den Wahlkreisen ein. Die Kosten des politischen Wettbewerbs, die zuvor aufgrund des weithin akzeptierten Ämterkaufes astronomische Höhen erreicht hatten, konnten durch diese überaus einflussreiche Entscheidung stark eingedämmt werden (Pinto-Duschinsky 1981: 24; s.a. Johnston/Pattie 1993: 126). 1925 setzte der Honours (Prevention of Abuses) Act dem Verkauf von Adelstiteln an reiche Industrielle, der bis dahin essenziell für die Finanzierung der Parteien gewesen war, ein Ende (Pinto-Duschinsky 1981: 35-55). Seit 1984 müssen alle Gewerkschaften einmal im Laufe von zehn Jahren darüber abstimmen, ob sie weiter politische Fonds zur Unterstützung der Labour Party unterhalten wollen. Unternehmen müssen ihre Parteispenden seit 1967 veröffentlichen. Wie erwähnt konnte diese Regelung allerdings relativ einfach umgangen werden. Was genuine Transparenzregeln in der Parteienfinanzierung anbetrifft, herrschte in Großbritannien lange Zeit große Zurückhaltung. Die Konservativen vertraten den Standpunkt, ein Vergleich ihrer Finanzen mit denen von Labour wäre irreführend, weil die Labour Party nur einen Teil der Arbeiterbewegung darstelle, mithin also auch die Einnahmen der Gewerkschaften berücksichtigt werden müssten (McKenzie 1961: 390-2). Rechenschaftsberichte der Parteien lagen zwar seit 1900 (Labour) bzw. seit den 1950er Jahren (Konservative, Liberale) vor, waren allerdings, vor allem im Fall der Liberalen, sehr ungenau (Pinto-Duschinsky 1981: 10; Ewing 2006: 57). Erst das 2001 in Kraft getretene Parteiengesetz änderte die Situation grundlegend. Zumindest auf dem Papier sahen sich die Parteien fortan mit weitreichenden Transparenzpflichten konfrontiert. Auch Aktiengesellschaften müssen nun ihre Aktionäre alle vier Jahre befragen, ob sie Spenden an politische Parteien entrichten dürfen (Clift/Fisher 2004: 684 f.). Anonyme Spenden sind nur noch bis 200 Pfund (ca. 260 Euro) möglich, Auslandsspenden wurden gänzlich untersagt. Ferner wurde auch auf der nationalen Ebene ein Ausgabenlimit für Wahlkämpfe in Höhe von knapp 20 Millionen Pfund (ca. 26 Mio. Euro) festgelegt, das dem viel beschworenen arms race der Parteien entgegenwirken sollte (Ewing 2007: 5-7; s.a.
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Ghaleigh 2006: 44).7 Seit 2001 müssen die Parteien zudem vierteljährlich (im Wahlkampf sogar wöchentlich) Berichte vorlegen, in denen alle Spenden über 5.000 Pfund (ca. 6.400 Euro) an die Parteizentralen und allen Spenden über 1.000 Pfund (ca. 1.300 Euro) an die Wahlkreisorganisationen ausgewiesen sind. Diese Berichte werden von der Electoral Commission veröffentlicht. In jüngster Zeit ist die Electoral Commission für die Erfüllung ihrer Aufgaben in die Kritik geraten. Alistair Graham, der Vorsitzende des Committee on Standards in Public Life (CSPL, dazu mehr in Kapitel 10.1), monierte in seinem Bericht, dass die Electoral Commission bislang nicht hinreichend klargestellt hätte, wie die gesetzlichen Regeln konkret anzuwenden seien (Graham 2007: 32-5; s.a. Webb 2002b: 372). Zudem fehlt es an verbindlichen Standards für die Rechenschaftsberichte (Phillips 2007: 23). Ein möglicher Grund für diese Probleme könnte darin liegen, dass die Mitglieder der Electoral Commission über keine parteipolitische Erfahrung verfügen (Ghaleigh 2006: 43). Auch sind keine finanziellen Sanktionsmöglichkeiten vorgesehen. Das CSPL hat deshalb die Einführung finanzieller Sanktionen bei Verstößen gegen das Parteiengesetz vorgeschlagen (Graham 2007: 35 f.). Seit der Schelte durch das CSPL hat die Electoral Commission interessanterweise in mehreren Fällen, auf die ich in Kürze näher eingehe, Untersuchungen gegen Labour an Scotland Yard weitergeleitet. Ähnlich wie in Deutschland stellte die britische Reform der Transparenzregeln von 2001 eine Reaktion auf eine Vielzahl von Affären in der Parteienfinanzierung dar. Lange Zeit war man davon ausgegangen, dass parteipolitische Korruption in Großbritannien seit 1883 nicht mehr auftrete: „In modern times, corruption has effectively ceased to be an issue in British political finance“ (Pinto-Duschinsky 1981: 27, s.a. Adonis 1997: 103 f.). Dieser Befund war jedoch nur eingeschränkt richtig. Seit den 1980er Jahren wurde der Regierung Thatcher wiederholt vorgeworfen, Erhebungen in den Adelsstand und Ernennungen in den Vorsitz der so genannten quangos8 von Großspenden an die Conservative Party abhängig zu machen (Pinto-Duschinsky 1989: 45; Fisher 2000: 26 f.). Nach Berechnungen des Guardian waren in der Zeit Thatchers Ernennungen in den Adelsstand bei Personen, deren Firmen Großspenden an die Konservativen entrichtet hatten, um das Zehnfache wahrscheinlicher als bei anderen Personen (Adonis 1997: 114). Dem Observer zufol7
Welche Wirkung dieser Begrenzung zukam, wird deutlich, wenn man die Ausgaben der großen Parteien im Wahlkampf 1997 – also vor der Verabschiedung des Parteiengesetzes – betrachtet: Labour hatte mit 26 Millionen (ca. 33 Mio. Euro), die Konservativen mit 28,3 Millionen Pfund (ca. 36 Mio. Euro) deutlich über dieser Marke gelegen (Webb 2001: 318). 8 Quango steht für quasi-autonomous non-governmental organisation, dabei handelt es sich um teilautonome Verwaltungsinstitutionen, denen von Seiten der Regierung lediglich die Führungsspitze, Ziele und ein Budget zugewiesen werden (Judge 2005: 138 f.) Dass in den 1990er Jahren ca. ein Fünftel des gesamten britischen Haushalts von diesen Institutionen verwaltet wurde, verdeutlicht die bedeutende Rolle der quangos (Adonis 1997: 115).
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ge waren von den 200 Top-Managern des Landes, die zu Beginn der 90er Jahre in quangos arbeiteten, 150 hauptamtlich in Firmen beschäftigt, die Großspenden an die Konservativen entrichtet hatten (Fisher 1997: 240). Zu Beginn der 1990er Jahre sensibilisierte eine Serie dubioser Großspenden ausländischer Privatpersonen und Firmen an die Konservativen die britische Öffentlichkeit. Diese Spenden wiederum wurden mit der zuvor ergangenen Entscheidung der Regierung in Verbindung gebracht, an der vergleichsweise moderaten Besteuerung ausländischer Unternehmen festzuhalten. Ebenso kursierten in der Öffentlichkeit Gerüchte darüber, dass zwischen 1984 und 1992 insgesamt mehrere Millionen Pfund über ausländische Steueroasen an die Konservativen geflossen seien. Solche Gelder hätten für die Unternehmen den Vorteil, dass sie deren Steuerlast in Großbritannien mindern und nicht deklariert werden müssten (Fisher 1994: 66). Gemeinsam mit einer Fülle von Sexskandalen und Fällen von persönlicher Bereicherung kulminierte dies zum Vorwurf des sleaze als strukturellem Problem der Konservativen und der britischen Parteienlandschaft insgesamt (Ridley/Doig 1995). Sleaze bedeutet eigentlich „Schmutz“, der Begriff ist aber mittlerweile zum Inbegriff der ethischen Vorbehalte der britischen Öffentlichkeit gegenüber ihren Politikern avanciert (Doig 2003: 186). Ohne den Ergebnissen von Kapitel 10 vorgreifen zu wollen, sei angemerkt, dass die sleaze-Wahrnehmung maßgeblich zur Reform des britischen Parteienfinanzierungsregimes beigetragen hat. Der Topos des sleaze spielt bis heute eine einflussreiche Rolle. Auch nach der Verabschiedung des Parteiengesetzes gerieten sowohl Labour als auch die Konservativen in den Verdacht, für (Groß-)Spenden Gegenleistungen erbracht zu haben. Beiden Parteien konnte nichts nachgewiesen werden, die Öffentlichkeit war dennoch alarmiert (Ewing 2006: 62-6). Konservative und Liberaldemokraten versuchten im Wahlkampf 2005, Regelungslücken des Parteiengesetzes auszunutzen (Fisher 2005: 180): Die Tories nahmen Darlehen entgegen, die formal nicht deklarationspflichtig waren. Die Liberaldemokraten erhielten 2,4 Millionen Pfund (ca. 3,1 Mio. Euro) von einer Briefkastenfirma. Zwar wurde die Gesetzeslücke 2006 durch eine Ergänzung des Electoral Administration Act geschlossen, im selben Jahr brachte jedoch die „loans for peerages“-Affäre um Darlehen an Labour, deren Geber in den Adelsstand erhoben werden sollten, die Parteien erneut in Verruf (Fisher 2007: 1-3). Im Zuge der polizeilichen Ermittlungen wurde Tony Blair als erster britischer Premierminister vernommen. Neben der loans for peerages-Affäre ermittelte Scotland Yard im März 2008 in zwei weiteren Fällen gegen Labour: erstens wegen Spenden von insgesamt 650.000 Pfund (ca. 830.000 Euro), die seit 2002 verdeckt an Labour geflossen waren (Leithäuser 2007). Zweitens musste im Januar 2008 Innenminister Peter Hain zurücktreten, da er Spenden über 100.000 Pfund (ca. 130.000 Euro) für seine (gescheiterte) Kampagne für den Posten des LabourGeneralsekretärs nicht deklariert und zudem über eine dritte Organisation entgegengenommen hatte (Wintour 2008a; 2008b).
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Angesichts der Fülle von Korruptionsvorwürfen gerät mittlerweile in Vergessenheit, dass das Niveau der parteipolitischen Korruption in Großbritannien faktisch noch immer sehr gering ist. Der jüngste Parteienfinanzierungsbericht eines hochrangigen Verwaltungsbeamten mag etwas übertreiben mit der Behauptung, „our political system is one of the cleanest in the world“ (Phillips 2007: 2). Das vergleichsweise geringe Korruptionsniveau deckt sich aber in jedem Fall mit der Wahrnehmung der Bevölkerung: Im Global Corruption Barometer von Transparency International (TI), für das mehr als 50.000 Personen in 64 Ländern befragt wurden, rangieren die britischen Parteien etwas besser als ihre Pendants in Deutschland und Frankreich. Auf einer Skala von eins (überhaupt nicht korrupt) bis fünf (vollkommen korrupt) werden die britischen Parteien mit 3,4 eingestuft, die deutschen mit 3,9 und die französischen mit 4,1 (TI 2004: 18). Schweden wurden leider nicht befragt.
Frankreich Ähnlich wie in Schweden gab es in Frankreich bis 1988 keine nennenswerten Transparenzregeln. Anders als ihre schwedischen Pendants nutzten die französischen Parteien diese Gelegenheit allerdings, um sich mit Hilfe eines ausgetüftelten Systems struktureller Korruption zu finanzieren. Zwei Aspekte unterschieden das französische Parteienfinanzierungsregime bis 1988 grundlegend von den anderen hier untersuchten Fällen: Erstens agierten die Parteien in einem sehr restriktiven juristischen Rahmen. Sie unterlagen dem Vereinsgesetz von 1901, das ihnen Mitgliedsbeiträge in Höhe von maximal 100 Francs (ca. 15 Euro) zugestand und – folgenreicher – die Annahme von Spenden grundsätzlich verbot (Drysch 1993: 156). Im Entwurf zur Verfassung von 1958 war zwar ein eigener Abschnitt zu Finanzierung und Rechenschaftsregelung der Parteien vorgesehen. Dieser wurde jedoch als inkompatibel mit der Vereinigungs- und Meinungsäußerungsfreiheit angesehen und deshalb verworfen (Doublet 1997: 62 f.). Zweitens lag auf dem Thema Parteienfinanzierung in Frankreich bis 1988 ein kaum durchbrochenes Tabu: Rechenschaftsregelungen existierten ebenso wenig wie auf systematischen Erhebungen basierende wissenschaftliche Publikationen.9 Allein der PCF veröffentlichte vor 1988 Rechenschaftsberichte, die jedoch vornehmlich Zeugnisse kreativer Buchführung darstellten (Montaldo 1977: 31-6).
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Karl-Heinz Naßmacher (1986: 39) illustrierte das mangelnde französische Interesse an Fragen der Parteienfinanzierung vor 1988 mit dem Beispiel der Tagung der einschlägigen Arbeitsgruppe der International Political Science Association 1985 in Paris, an der kein französischer Wissenschaftler teilnahm. Der Politikwissenschaftler Yves Mény charakterisierte die 1988 anbrechende Phase bezeichnenderweise als „glasnost à la française“ (zitiert nach Drysch 1993: 174).
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1988 wurde schließlich erstmals ein juristischer Rahmen für Spenden eingeführt und seitdem mehrmals reformiert. In Frankreich spielen seitdem Obergrenzen eine wichtige Rolle. Allerdings beziehen sich diese nicht auf Parteien, sondern auf Kandidaten. Dies ist ein erstes Anzeichen dafür, dass in Frankreich vor allem die Wahlkämpfe reguliert werden. 1988 wurden Spenden von Einzelpersonen an die Kandidaten der Parteien für Parlamentswahlen auf 20.000 Francs (ca. 3.000 Euro) begrenzt, Spenden von Organisationen auf 50.000 Francs (ca. 7.500 Euro). Barspenden sind nur bis 1.000 Francs (ca. 150 Euro) möglich. Diese Obergrenzen wurden 1990 für Einzelpersonen auf 50.000 Francs (ca. 7.500 Euro) und für institutionelle Spender auf 500.000 Francs (ca. 76.000 Euro) angehoben (Clift/Fisher 2005: 239). 1988 war unklar geblieben, ob Unternehmensspenden zulässig waren (Miguet 1999: 58 f.). 1990 wurden sie explizit legalisiert, vier Jahre darauf jedoch untersagt. Schon 1992 waren Unternehmensspenden auf 25 Prozent der Einnahmen des Vorjahres oder 2,5 Prozent der Einnahmen aus der staatlichen Parteienfinanzierung begrenzt worden (Schurig 2006: 52). Vieles spricht allerdings dafür, dass Unternehmen auch nach 1995 auf Umwegen weiterhin Geld an Parteien spenden (Koole 2001: 80). 1988 wurden auch erstmals Ausgabenobergrenzen eingeführt (Clift/Fisher 2004: 689). Diese wurden zunächst auf 500.000 Francs (ca. 76.000 Euro) pro Kandidat bei Parlamentswahlen und 120 Millionen Francs (ca. 18,3 Mio. Euro) im ersten bzw. 140 Millionen Francs (ca. 21,3 Mio. Euro) im zweiten Wahlgang bei Präsidentschaftswahlen festgelegt. Galten diese Obergrenzen zunächst in den drei Monaten vor einer Wahl, so wurde dieser Zeitraum 1990 auf ein Jahr verlängert, zudem wurde die Ausgabenobergrenze beim zweiten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen auf 160 Millionen Francs (ca. 24,4 Mio. Euro) angehoben. 2007 lagen die Obergrenzen für Präsidentschaftswahlen bei 15,5 bzw. 20,7 Millionen Euro im ersten bzw. zweiten Wahlgang (Französische Botschaft 2006). 1993 wurden die Obergrenzen für Parlamentswahlen auf 250.000 Francs (ca. 38.000 Euro) plus 1 Franc (ca. 0,15 Euro) pro Einwohner abgesenkt. Daraus ergab sich eine durchschnittliche Ausgabenobergrenze von 350.000 Francs (ca. 53.000 Euro). Wurde 1988 zunächst kein Gremium zur Kontrolle der Transparenzregeln geschaffen, so sah das Gesetz von 1990 die Gründung der Commission nationale des comptes de campagne et des financements politiques (CNCCFP) vor. Die CNCCFP hat neun Mitglieder, jeweils drei stammen aus dem Staatsrat, dem Kassationsgericht und dem Rechnungshof (Naßmacher 2003c: 131). Seitdem können Spenden an Parteien nur durch Bevollmächtigte oder spezielle Institutionen (associations de financement), die sich beide bei der CNCCFP registrieren lassen müssen, gegeben werden. Die CNCCFP kann bei falschen Rechenschaftsberichten Parteien ihre staatlichen Zuwendungen für das nächste Rechnungsjahr entziehen. De facto ist diese Sanktion von der CNCCFP aber bislang nie verhängt worden, da nach allgemeiner Rechtsauffassung Artikel 4 der Verfassung die Freiheit der Parteien garantiert und der CNCCFP die Hände bindet (Clift/Fisher 2005: 247). Hinzu kommt, dass die CNCCFP nicht über
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eine ausreichende Zahl an Mitarbeitern verfügt, um die Richtigkeit der Angaben der Parteien überprüfen zu können (Doublet 1999: 77). In strafrechtlicher Hinsicht können einzelne Politiker wegen illegaler Vorteilsnahme verurteilt werden. Die CNCCFP selbst kann jedoch keine Sanktionen aussprechen, sondern nur Verdachtsfälle an Staatsanwaltschaft oder Verwaltungsrichter weiterleiten (Naßmacher 2003c: 132). Neben der relativ schwachen Stellung der CNCCFP stehen auch einige Lücken in den Transparenzregeln einer wirkungsvollen Kontrolle des Finanzgebarens der Parteien entgegen: Zum einen sind die lokale und die regionale Ebene der Parteien nach wie vor keiner effektiven Kontrolle unterworfen (CNCCFP 1992a: 26). Zum anderen stellen die Bevollmächtigten bzw. die associations de financement faktisch Einfallstore für eine Umgehung der Einnahmeobergrenzen dar (Joxe 1997: 14; Ruß 2000: 119). Durch die Gründung so genannter Wahlkomitees waren Parteien bzw. Kandidaten zudem in der Lage, Sanktionen weitgehend zu entgehen: Anders als Parteien und Kandidaten können Wahlkomitees im Falle von Fehlverhalten nicht bestraft werden (CNCCFP 2006: 34). 1996 wurde ein weiteres Schlupfloch geschaffen: Verstöße gegen Ausgabenobergrenzen müssen seitdem solange nicht geahndet werden, wie der Kandidat in „gutem Glauben“ gehandelt hat – dies bedeutete effektiv das Ende der systematischen Sanktionen (Doublet 1997: 77). Trotz der genannten Schwächen der französischen Transparenzregeln wurden nach 1995 einige ranghohe Politiker aufgrund von Verstößen gegen diese Regeln verurteilt. Die prominentesten Fälle waren der ehemalige Schatzmeister des PS und Vorsitzende der Nationalversammlung, Henri Emmanuelli, der 1996 für zwei Jahre seine Wahlämter verlor (Ruß 2000: 122) und der ehemalige Premierminister und Vorsitzende der UMP, Alain Juppé, der 2004 zu 14 Monaten auf Bewährung und einem Jahr Entzug des passiven Wahlrechts verurteilt wurde (Ruß 2005: 365 f.). Vor 1988 kamen Schätzungen zufolge nur etwa 20 Prozent der Einnahmen der Parteien aus legalen Quellen (Ruß 2005: 369). Grundsätzlich ließen sich zwei Hauptmethoden der illegalen Parteienfinanzierung unterscheiden: Einerseits nutzten die Parteien die öffentliche Infrastruktur (z.B. staatliche Firmen oder Regierungsfonds) für ihre Zwecke, andererseits nahmen sie Schmiergelder von Unternehmen entgegen bzw. ließen diese Mitarbeiter anstellen, die faktisch für ihre Parteien arbeiten (Miguet 1999: 55). Die bürgerlichen Parteien und der PS gründeten in den 1970er Jahren nach dem Vorbild der kommunistischen Partei Beraterfirmen (sociétés d’études), die als intermediäre Instanzen zwischen Wirtschaft und Politik operierten: Wollte ein Unternehmen einen öffentlichen Auftrag erhalten, so flossen über diese Beraterfirmen automatisch kickbacks an die jeweils regierenden Parteien bzw. es wurden falsche Rechnungen (fausses factures) für nicht erbrachte Leistungen der Beraterfirmen ausgestellt (z.B. Ruß 1993: 53-65; Mény 1997: 13 f.). Zu Beginn der 1990er wurden alle diese Beraterfirmen im Zuge der Aufklärung der Korruptionsfälle aufgelöst (Fromont 1992: 165). Schätzungen zufolge flossen im Bausektor
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Überblick über die Parteiensysteme und Parteienfinanzierungsregimes
durchschnittlich mindestens ein Prozent des Auftragsvolumens grundsätzlich an die lokalen Entscheidungsträger (Camby 1995: 47). Ebenfalls von großer Bedeutung war die Umwegfinanzierung über privatrechtliche Vereine. Da diese staatlich alimentiert werden konnten, gründeten politische Parteien nicht selten solche Vereine, deren öffentliche Zuschüsse sie dann für ihre Zwecke einsetzten, insbesondere im Wahlkampf (Ruß 2000: 119 f.). Der PCF wurde zudem aus Moskau finanziert (Montaldo 1977; Tolini 2007: 77-81). Auf der kommunalen Ebene spielte die nach demselben Muster ablaufende illegale Parteienfinanzierung eine noch größere Rolle als auf der nationalen (Miguet 1999: 53-79): Das so genannte loi Royer von 1974, ursprünglich zum Schutz des Einzelhandels gedacht, legte Entscheidungen über den Bau großer Einkaufszentren auf Departmentsebene in die Hände von parteipolitisch besetzten Gremien – und öffnete damit der Korruption Tür und Tor (Tanguy 1988). Sophie Coignard und Jean-François Lacan nennen das loi Royer deshalb ein „loi de financement des partis politiques“ (1989: 341). Untersuchungen aus dem Jahr 1995 haben ergeben, dass ein einzelner Abgeordneter des der UDF angehörenden Parti Républicain zwischen 1981 und 1988 etwa 30 Millionen Francs an Schmiergeldern aus seinem Wahlkreis an seine Partei weitergegeben hatte (Doublet 1997: 107). Auf den ersten Blick mag das französische Finanzierungssystem durchaus dem deutschen mit seiner Umwegfinanzierung über die staatsbürgerlichen Vereinigungen und Fördergesellschaften ähnlich erscheinen. Der entscheidende Unterschied liegt allerdings darin, dass in Frankreich, anders als in Deutschland, die Zahlungen an Parteien an konkrete Leistungen, nämlich die Vergabe von Aufträgen, gekoppelt waren. Aus diesem Grund, und aufgrund der fehlenden legalen Mittel der Parteien, werden die französischen Parteien hier als überwiegend illegal finanziert angesehen. Angesichts der skizzierten Schwächen der französischen Transparenzvorschriften wundert es wenig, wenn das System der illegalen Parteienfinanzierung nach 1988 zwar erheblich an Umfang verlor, keineswegs aber vollständig aufgegeben wurde. Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge bestehen korrupte Netzwerke zwischen Wirtschaft und Politik fort (Doublet 1997: 104-28). Dies gilt vor allem für den Bausektor: Beim Ausbau der Oberschulen im Großraum Paris wurde Ende der 1990er Jahre bekannt, dass alle Parteien einmal mehr kickbacks nach einem festgelegten Verteilungsschlüssel entgegengenommen hatten und sogar die Chuzpe besaßen, diese teilweise legal als Spenden zu deklarieren (Pujas/Rhodes 1999: 46-8). Nach der Ausweitung ihrer staatlichen Finanzierung von 1995 begannen die Parteien zudem damit, Routineausgaben als Wahlkampfausgaben zu deklarieren, um sie zurückerstattet bekommen zu können (Desaubliaux 1996). Jüngst wurde der ehemalige gaullistische Innenminister Charles Pasqua wegen einer Spende über 7,5 Millionen Francs (ca. 1,1 Mio. Euro) von 1999 an sein Rassemblement pour la France zu 18 Monaten auf Bewährung verurteilt (Libération 26.11.2007). Das Gesicht sah es als erwiesen an, dass es sich um einen Fall von Geldwäsche handelte. Allerdings bleibt
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festzuhalten, dass die meisten der Parteienfinanzierungsskandale, die heute in Frankreich aufgedeckt werden, vor 1995 stattfanden. Daraus lässt sich schließen, dass die zwischen 1988 und 1995 erlassenen Gesetze das System der strukturellen Korruption in der Parteienfinanzierung wenn nicht beendet, so doch deutlich eingegrenzt haben. 7.3 Die staatliche Parteienfinanzierung und ihre Bedeutung Im Mittelpunkt dieses Kapitels stehen, ganz im Sinne der übergreifenden Fragestellung, die direkten Geldzuwendungen an die Parteien. Einmal mehr unterscheiden sich die untersuchten Länder deutlich (s. Tabelle 7.3). Stärker noch als in den vorangegangenen Abschnitten soll im Folgenden nicht nur in die aktuellen Regeln der staatlichen Parteienfinanzierung eingeführt werden, sondern auch in deren Entwicklung.
Deutschland Das deutsche System der staatlichen Parteienfinanzierung ist eine Mischform verschiedener Modelle (Naßmacher 2001c: 101). Wie in Kanada gibt es steuerliche Anreize für Parteispenden. Ähnlich wie in den USA werden staatliche Zuwendungen zudem an Einnahmen aus privaten Quellen gekoppelt. Die staatlichen Gelder nicht an bestimmte Zwecke (wie etwa den Wahlkampf) zu knüpfen, ist schließlich eine typisch kontinentaleuropäische Praxis. Die Gesamthöhe der Zuwendungen darf in Deutschland 133 Millionen Euro nicht überschreiten. Diese so genannte absolute Obergrenze ist an einen Preisindex gekoppelt. Die als Regulierung intendierte relative Obergrenze, der zufolge die staatlichen Einnahmen einer Partei ihre selbst erwirtschafteten Einnahmen nicht überschreiten dürfen, ist jedoch faktisch nutzlos. Die Beträge, die die Parteien pro Wählerstimme bzw. pro Euro aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden bis 3.300 Euro erhalten, sind so hoch angesetzt, dass die absolute Obergrenze faktisch immer ausgeschöpft wird. Friedhelm Boyken spricht von einem „Haarwasser-Effekt“: „Hilft nicht, schadet nicht, riecht aber gut“ (1998: 298). Etwa 60 Prozent der staatlichen Parteienfinanzierung richten sich nach den Wählerstimmen, die verbleibenden 40 Prozent nach der Höhe der eingeworbenen (Klein-)Spenden bzw. Mitgliedsbeiträge (Tabelle 7.3). 10 Die Schwelle, um staatliche 10
Das Verhältnis von Spenden bzw. Mitgliedsbeiträgen und Wählerstimmen bei der Berechnung der staatlichen Parteienfinanzierung ist bei der jüngsten Novelle des Parteiengesetzes umgekehrt worden. Wie Kritiker vermuten, geschah dies, um die Finanzierung der Parteien angesichts sinkender Mitgliederzahlen und nachlassender Spendenmoral nicht zu gefährden (Pehle 2002: 338).
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Zuwendungen zu erhalten, liegt mit 0,5 Prozent der Wählerstimmen bei einer Bundestagswahl bzw. einem Prozent bei einer Landtagswahl bemerkenswert niedrig. Die Hürde hatte 1966 zunächst bei 2,5 Prozent gelegen, nachdem dies jedoch vom BVerfG als zu hoch moniert worden war, wurde sie abgesenkt (Ebbighausen et al. 1996: 154). 2002 verhinderte das BVerfG den Versuch der etablierten Parteien, die Schwelle auf ein Prozent der Stimmen in drei Landtagswahlen statt einer anzuheben (Jutzi 2005). Durch die so genannte Degression ist der 1988 vom BVerfG für verfassungswidrig erklärte Sockelbetrag in der Parteienfinanzierung auf Umwegen beibehalten worden, da die ersten fünf (seit 2002 vier) Millionen Stimmen der Parteien besonders vergütet werden. Ob sich der Anstieg der staatlichen Parteienfinanzierung im Gleichschritt mit dem Bruttosozialprodukt vollzog oder schneller, ist umstritten. Während Karl-Heinz Naßmacher der Ansicht ist, dass „die Ausgabenexplosion, die in nominalen Beträgen ein beträchtliches Ausmaß erreicht“, durch „den als schleichende Inflation bezeichneten Kaufkraftverlust erheblich relativiert“ werde (1992: 473 f.), geht Christine Landfried davon aus, dass die Einnahmen der Parteien auch in Relation zum Preisindex der Lebenshaltung, dem Bruttoeinkommen aus unselbstständiger Arbeit und dem Bruttoinlandsprodukt „erheblich gestiegen“ sind (1994: 91). In jedem Fall wirkt es sich sehr Kosten sparend aus, dass die deutschen Parteien im Wahlkampf zwar ein bestimmtes Maß an Sendezeiten im öffentlichen und privaten Rundfunk erhalten, dieses jedoch nicht durch Zukäufe vergrößern können (Morlok/Streit 2005: 130). Die Regeln der staatlichen Parteienfinanzierung haben in Deutschland eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Erstmals tauchten 1959 Sondermittel in Höhe von fünf Millionen DM (ca. 2,6 Mio. Euro) für die „politische Bildungsarbeit“ der Parteien im Bundeshaushalt auf. Die formale Zweckbindung der Mittel erlaubte es den Spitzen von CDU/CSU und FDP, in der Öffentlichkeit weiterhin gegen eine allgemeine staatliche Parteienfinanzierung einzutreten (Boyken 1998: 59). Dass es sich jedoch lediglich um „einen schlecht getarnten Versuch, zur allgemeinen Parteienfinanzierung aus öffentlichen Mitteln zu gelangen“ (Eschenburg 1961: 32), handelte, war offensichtlich. 1963 entfiel die Zweckbindung der Mittel. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Summe der Zuwendungen bereits auf 20 Millionen DM (ca. 10,2 Mio. Euro) vervierfacht. 1966 untersagte das BVerfG jedoch die staatliche Finanzierung der allgemeinen Aktivitäten der Parteien. Gleichzeitig wies das Gericht den Weg zu einer Wahlkampfkostenerstattung (WKKE), die nach und nach auch auf Landesebene gewährt wurde. Die für jeden Wahlberechtigten (nota bene: nicht pro Wählerstimme) geleistete Pauschale wurde im Lauf der Zeit von 2,50 DM (1967) auf 4,50 DM (1983) nahezu verdoppelt. Auf diese Weise stiegen die Einnahmen aus der WKKE zwischen 1968 und 1989 von 47,3 Millionen DM (ca. 24,2 Mio. Euro) auf 170,6 Millionen DM (ca. 87,2 Mio. Euro; Landfried 1994: 363).
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Die untersuchten Parteienfinanzierungsregimes
Tabelle 7.3: Die Regeln der staatlichen Parteienfinanzierung Deutschland
Schweden
Großbritannien
Frankreich bis 1988 (und heute)
1958-66; seit 1994
seit 1965
—
(1) 0,70 pro Wählerstimme im Jahr (0,85 für die ersten 4 Mio. Stimmen) (2) 0,38 pro 1 Zuwendungen bis 3.300 Wahlkampfkostenerstattung (1967-93)
(1) 333.300 SEK pro Sitz im Reichstag (2) lokal und regional Ebene nach Maßgabe der Parlamente
— seit 1990 (1) 44.210 pro Sitz im Parlament (2) 1,80 pro Wählerstimme
Zuwendungen für die Verwaltungsarbeit (seit 1972) c
Politikentwicklungsfonds (seit 2001)
Allokationsmechanismus
zuletzt 4,50 DM pro Wahlberechtiger (a)
Schwelle
0,5 % Stimmenanteil (b)
(1) Grundbetrag 5,8 Mio. SEK (2) 16.350 SEK/Sitz im Parlament (24.300 SEK für die Opposition) 2,5 % Stimmenanteil oder 12 % in einem Wahlkreis
(1) 1 Mio. £ zu gleichen Teilen an berechtigte Parteien (2) je 330.000 £ an die drei großen Parteien mind. 2 Abgeordnete im Unterhaus
Erstattung der Kosten für Wahlplakate Erstattung der persönlichen Wahlkampfausgaben erstattet wird maximal die Hälfte der jeweiligen Ausgabenobergrenzen der Kandidaten (d)
—
—
ja
ja
Zuwendungen direkte ohne Zweckbindung Allokationsmechanismus
mit Zweckbindung
indirekte Steuerbegünstigungen Rundfunkzeiten
50 % für Zuwendungen bis 1.650 ja
5 % Stimmenanteil ohne Zweckbindung: Antritt in mind. 50 Wahlkreisen mit Zweckbindung: 5 % Stimmenanteil 60 % für Mitgliedsbeiträge und Spenden ja
(a) Verteilt nach Stimmenanteil. Hinzu kamen die Zuwendungen aus dem Chancenausgleich (ab 1984) und dem Sockelbetrag (ab 1989). (b) Bei Bundestagswahlen, bei Landtagswahlen ein Prozent Stimmenanteil. (c) Die Zuwendungen für die Verwaltungsarbeit werden nur an im Parlament vertretene Parteien geleistet. (d) Zu den Ausgabenobergrenzen der Kandidaten bei Nationalrats- und Präsidentschaftswahlen vgl. Tabelle 7.2.
146
Überblick über die Parteiensysteme und Parteienfinanzierungsregimes
Hinzu kamen in den 1980er Jahren weitere Formen der direkten staatlichen Parteienfinanzierung: 1983 wurde der so genannte Chancenausgleich eingeführt, der im Wesentlichen dazu diente, die gleichzeitig verabschiedeten und überaus großzügig berechneten Steuerfreibeträge verfassungsfest zu machen. Der Chancenausgleich folgte einer überaus komplizierten Formel und trug seinen Namen zu unrecht: Die finanziellen Nachteile der SPD, die aufgrund ihres geringeren Spendenniveaus nicht in gleichem Maße wie Union und FDP an den Steuervergünstigungen partizipierte, konnte er jedenfalls nicht kompensieren, weil auch die Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen bei der Berechnung zugrunde gelegt wurden (Ebbighausen et al. 1996: 94, 177). 1988 wurde ein Sockelbetrag für die WKKE eingeführt, bei dem es sich faktisch um eine Erhöhung der staatlichen Zuwendungen handelte (Adams 2005: 32931). Im Zuge dieser Neuregelungen bekam das BVerfG wieder Gelegenheit zu Grundsatzurteilen zur staatlichen Parteienfinanzierung. Es waren die neu in den Bundestag eingezogenen Grünen, die zunächst gegen den Chancenausgleich und später gegen den Sockelbetrag klagten. Ließ das BVerfG 1986 den Chancenausgleich noch unangetastet, stellte es 1992 schließlich die Weichen für eine grundsätzliche Neuorientierung der staatlichen Parteienfinanzierung. Das Gericht wich von seiner früheren Ansicht, nur eine WKKE sei verfassungsgemäß, ab und erklärte im Gegensatz dazu eine allgemeine Parteienfinanzierung für angemessener (Boyken 1998: 145-64). Seit der an das Urteil des BVerfG anschließenden Neuregelung des Parteiengesetzes von 1993 ist das eingangs skizzierte System der staatlichen Parteienfinanzierung in Kraft. Auch die Steuerbefreiung von Spenden an Parteien wurde in Deutschland häufig novelliert: Die bürgerlichen Parteien hatten 1954 gegen die Stimmen der SPD eine steuerliche Abzugsfähigkeit von Parteispenden bis zu zehn Prozent der Einkünfte oder zwei Promille der Summe des Umsatzes und der Ausgaben für Löhne und Gehälter von Unternehmen beschlossen (Ebbighausen et al. 1996: 86 f.). Das BVerfG beendete 1958 diesen „four-year tax holiday“ (Heidenheimer/Langdon 1968: 77) der bürgerlichen Parteien und beschränkte die Abzugsfähigkeit von Spenden auf 600 DM pro Person bzw. 1.200 DM für gemeinsam veranlagte Paare (ca. 300 bzw. 600 Euro). 1983 führten Union, SPD und FDP die Regelung von 1958 wieder ein. 1986 kassierte das BVerfG diese hohen Freibeträge erneut, legte jedoch eine überaus großzügige Obergrenze von 100.000 DM (ca. 51.000 Euro) fest. Seit 1994 schließlich sind Spenden an Parteien bis zu 3.000 DM bzw. 6.000 DM für Ehegatten (heute: 1.650 Euro bzw. 3.300 Euro) zur Hälfte steuerlich absetzbar. Unternehmensspenden können seit 1994 nicht mehr steuerlich abgesetzt werden. Wie bereits aus Tabelle 7.1 hervorging, bewegt sich die offizielle Staatsquote in Deutschland seit den 1960er Jahren bei durchschnittlich 30 bis 40 Prozent. Sie schwankt auch zwischen den Parteien bemerkenswert wenig: Zwischen 1995 und 2004 lag die Staatsquote zwischen 30 Prozent für die FDP und 35 Prozent bei Grü-
Die untersuchten Parteienfinanzierungsregimes
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nen und PDS. Die reale Staatsquote der deutschen Parteien lässt sich jedoch nur ermitteln, wenn man noch weitere Zuwendungen einbezieht. Im Zeitraum von 1984 bis 1993 müssen zusätzlich die Zahlungen aus dem Chancenausgleich berücksichtigt werden, die in dieser Zeit durchschnittlich 4,7 Prozent der Einnahmen der Parteien ausmachten (Bt.-Drs. 13/4503: 79; Adams 2005: 560). Hinzu kam zumindest bis in die 1980er Jahre eine teils erhebliche Umwegfinanzierung über die politischen Stiftungen (Drysch 1998: 294, Landfried 1994: 105-8). In jedem Fall bewegt sich die Staatsquote der deutschen Parteien im Rahmen der in Kapitel 2.1 entwickelten Schwelle für eine überwiegende Staatsfinanzierung von 75 Prozent: Selbst wenn man neben WKKE, Sockelbetrag und Chancenausgleich zusätzlich die Fraktionsfinanzierung, die Globalzuschüsse an die parteinahen Stiftungen und den Steuerausfall aufgrund der Privilegierung von Mitgliedsbeiträgen und Parteienspenden als staatliche Parteienfinanzierung werten würde, ergäbe sich für den Zeitraum zwischen 1985 und 1989, für den all diese Daten vorliegen,11 eine Staatsquote von 66,8 Prozent.
Schweden Sechs grundlegende Prinzipien bestimmen die Praxis der staatlichen Parteienfinanzierung in Schweden. Vier von ihnen wurden bereits 1965, bei der Einführung der Zuwendungen auf der nationalen Ebene, beschlossen: Die staatlichen Mittel werden erstens nur an solche Parteien vergeben, die eine „nicht unbedeutende“ Verankerung in der Wählerschaft haben; konkret wurde ein Mindeststimmenanteil vorgesehen, der heute bei 2,5 Prozent liegt.12 Zweitens sollen die staatlichen Zuwendungen nur nach einem festen Schema verteilt werden, das nicht willkürlich verändert werden durfte. Drittens muss die Höhe der Zuwendungen in Relation zur Stärke der Parteien stehen. Aus diesem Prinzip wird eine weitgehend proportionale Verteilung der Zuwendungen ohne signifikante Sockelbeträge abgeleitet. Viertens darf die Verwendung der Zuschüsse keinerlei staatlicher Kontrolle unterliegen (Justitiedepartementet 1972: 13). Die beiden letzten Grundprinzipien wurden erst 1972 hinzugefügt, als ein Parteienfinanzierungsgesetz verabschiedet wurde. Dem fünften Prinzip zufolge kann die Höhe der Zuschüsse unterhalb der nationalen Ebene von den jeweiligen Parlamenten beschlossen werden (seit 1991 ist hier ein Sockelbetrag möglich). Das sechste Grundprinzip ist für Fragestellung dieser Untersuchung besonders wichtig: Um11
Zur Fraktionsfinanzierung vgl. Poguntke/Boll 1992: 384-7, zu den Globalzuschüssen an die parteinahen Stiftungen vgl. Arnim 1996: 168 und zum Steuerausfall s. Landfried 1994: 371, 112 f. 12 1965 war eine Sperrgrenze von zwei Prozent festgelegt worden, zwischen 1970 und 1972 hatte sie bei vier Prozent gelegen.
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Überblick über die Parteiensysteme und Parteienfinanzierungsregimes
fang und Konstruktion aller Formen der staatlichen Parteienfinanzierung sollen in „größtmöglicher Einigkeit“ entschieden werden (Justitiedepartementet 1972: 45). Die Frage, inwieweit und aus welchen Gründen dieses letzte Grundprinzip eingehalten wurde, werde ich in Kapitel 9 erörtern. Bereits jetzt kann festgehalten werden, dass die Regeln der staatlichen Parteienfinanzierung in Schweden wesentlich seltener reformiert wurde als in Deutschland. Die 1965 eingeführte allgemeine staatliche Parteienfinanzierung auf der nationalen Ebene (partistöd) wird anhand der Zahl der Sitze im Parlament errechnet. Pro Sitz wurden 2007 333.300 Kronen (ca. 36.000 Euro) gezahlt. Darüber hinaus gibt es seit 1965 zweckgebundene Gelder für die Büroarbeit der Parteien (kanslistöd). Bis 1972 kamen diese Zuwendungen den Fraktionen zugute. Seit 1972 werden sie als Teil der allgemeinen Parteienfinanzierung angesehen, sie kommen den Parteizentralen zugute und werden auch direkt an diese ausbezahlt (SvD 8.4.1972) .13 Bei den Zuwendungen für die Verwaltungsarbeit erhalten die Oppositionsparteien einen höheren Betrag pro Parlamentssitz als die Regierungsparteien (2007 waren es 24.300 anstelle von 16.350 Kronen, in Euro: 2.600 statt 1.800). 1972 wurde zudem ein Grundbetrag bei den Zuwendungen für die Verwaltungsarbeit eingeführt, der sich heute auf 5,8 Millionen Kronen (ca. 630.000 Euro) beläuft. Um starke Schwankungen zu vermeiden, wird für die Berechnung der auszubezahlenden Summen die Zahl der bei den beiden letzten Wahlen errungenen Mandate zugrunde gelegt (SOU 2004: 79 f.). Die Gesamthöhe der staatlichen Zuwendungen auf der nationalen Ebene lag 2007 bei 164 Millionen Kronen (ca. 17,8 Mio. Euro).14 Der größte Teil der staatlichen Parteienfinanzierung in Schweden wird seit 1969 auf der kommunalen Ebene geleistet. An dieser Stelle ist zunächst eine Bemerkung zum Sprachgebrauch vonnöten: In Schweden gelten die parlamentarischen Versammlungen (fullmäktige) sowohl auf der Ebene der Kommunen (kommuner) als auch der Regionen (landsting) als kommunale Parlamente (Halvarson 1999: 123, 151). Deshalb werden die staatlichen Subventionen für beide Vertretungen einheitlich als kommunale Parteienfinanzierung (kommunalt partistöd) bezeichnet. Im Folgenden soll diese Sprachregelung übernommen werden. 2002 war der Umfang der kommunalen Parteienfinanzierung mehr als dreimal so hoch wie jener der Zuwendungen auf der nationalen Ebene: 479 Millionen Kronen im Vergleich zu 140 Milli13
Einige Autoren betrachten die Zuwendungen für die Verwaltungsarbeit als Teil der Fraktionsfinanzierung (z.B. Pierre/Widfeldt 1992: 829). Allerdings wird diese selbst auf der Homepage des schwedischen Reichstages explizit als Teil der Zuschüsse zur allgemeinen Arbeit der Parteien ausgewiesen (http://www.riksdagen.se/templates/R_Page____1117.aspx). Nach der Verabschiedung des Parteienfinanzierungsgesetzes 1972 wurden vier neue Formen der Fraktionsfinanzierung eingeführt und seitdem sukzessive ausgeweitet (Gidlund/Koole 2001: 122). Dies spricht auch dafür, dass die Zuwendungen für die Verwaltungsarbeit 1972 in die allgemeine Parteienfinanzierung überführt wurden. 14 Alle genannten Summen sind der Homepage des Reichstages entnommen (http://www.riksdagen. se/templates/R_Page____1117.aspx).
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Die untersuchten Parteienfinanzierungsregimes
onen Kronen, in Euro: 51,9 Mio. im Vergleich zu 15,2 Mio. (SOU 2004: 79, 83). Zusammengenommen liegt die staatliche Parteienfinanzierung in Schweden also etwa auf der Hälfte des Niveaus in Deutschland – bei einer Wählerzahl, die nur etwa ein Neuntel der deutschen ausmacht. Betrachtet man die inflationsbereinigte Entwicklung der staatlichen Parteienfinanzierung, so ergibt sich, dass die Summe der öffentlichen Zuwendungen auf der nationalen Ebene seit ihrer Einführung stagnierte bzw. sogar leicht sank, während sie auf der kommunalen und regionalen Ebene zwischen 1970 und 1990 nahezu um das Vierfache anstieg. Diese Entwicklung dürfte darauf zurückzuführen sein, dass die regionalen und kommunalen Parlamente die Höhe ihrer staatlichen Zuwendungen selbst festlegen, aber einem geringeren Maß an öffentlicher Kontrolle ausgesetzt sind als der Reichstag. Nach einer Reihe von gescheiterten Anläufen seit Mitte der 1980er Jahre kam es 1991 zu einer Reform der staatlichen Parteienfinanzierung auf der regionalen und lokalen Ebene. Seit 1991 können regionale und lokale Parlamente nicht nur über die Höhe der staatlichen Zuwendungen frei entscheiden, sondern auch darüber, ob ein Grundbetrag ausgezahlt werden soll (Gidlund 1994: 113). Darüber hinaus existieren verschiedene Formen der indirekten Parteienfinanzierung, als deren wichtigste die kostenlosen Sendezeiten im Rundfunk zu nennen sind (Gidlund/Koole 2001: 125). Eine steuerliche Abzugsfähigkeit von Spenden ist nicht vorgesehen (Jahn 2003: 112). Tabelle 7.4: Staatsquote der schwedischen Parteien in 53 repräsentativen Kommunen, 1997/98 (in Prozent) V
SAP
MP
C
FP
M
KD
ø
1997
82
73
80
83
81
82
63
78
1998
83
69
81
77
81
82
59
76
Quelle: Gidlund/Möller 1999b: 95.
Aussagen über die Staatsquote der schwedischen Parteien unterhalb der nationalen Ebene stützen sich in der Regel auf Fallstudien, weil keine systematischen Rechenschaftsberichte vorliegen. Ein Anstieg ist dennoch deutlich erkennbar. Während Gullan Gidlund für 1982 und 1983 eine Staatsquote von 49 bzw. 57 Prozent ermittelt (1985: 83), liegt die Staatsquote für 1989 nach Gudrun Klee-Kruse bereits bei nahezu 80 Prozent (1993: 151). Interviews in fünf Kommunen und Regionen führten zu Beginn der 1990er Jahre zu dem Ergebnis, dass sich die kommunalen und regionalen Organisationen aller schwedischen Parteien mit Ausnahme der SAP und der Christdemokraten zu 80 bis 90 Prozent aus staatlichen Quellen finanzierten (Finansdepartementet 1994: 91). Für 1997 und 1998 lässt sich dies anhand von Umfragen in 53 repräsentativen Kommunen für die lokale Ebene bestätigen (Tabel-
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Überblick über die Parteiensysteme und Parteienfinanzierungsregimes
le 7.4). Insbesondere die bürgerlichen Parteien finanzieren sich auf der lokalen Ebene nicht selten ausschließlich aus öffentlichen Mitteln (Bäck/Möller 1990: 121). Die kommunale Parteienfinanzierung hat eine ganz erhebliche Bedeutung auch für die nationale Ebene der Parteien, denn es findet ein reger Umverteilungsprozess der staatlichen Gelder von unten nach oben statt. Die lokalen Organisationen aller Parteien transferieren bis zur Hälfte ihrer Einnahmen aus den staatlichen Zuwendungen nach oben an die regionale Ebene. Alle Parteien außer Zentrum und SAP leiten zudem Gelder von der regionalen an die nationale Ebene weiter (Finansdepartementet 1994: 78). Moderate und Volkspartei gingen darüber hinaus früh dazu über, zuvor von der Parteizentrale erbrachte Leistungen zu dezentralisieren (Karlsson 1970; Bergman 1971). Zudem versuchten die beiden Parteien durch Transferzahlungen von der lokalen und regionalen auf die nationale Ebene den Ausfall der Unternehmensspenden zu kompensieren. Mit Ausnahme der 1990er Jahre, für die besseres Datenmaterial vorliegt, liegt die Staatsquote der schwedischen Parteien also deutlich höher als in Tabelle 7.1 ausgewiesen. Sie dürft damit deutlich über der Schwelle von 75 Prozent liegen.
Großbritannien Großbritannien unterscheidet sich insofern grundlegend von den beiden bisher untersuchten Fällen, als dass Formen der direkten staatlichen Parteienfinanzierung bis heute eher zu vernachlässigen sind. Seit 2001 existiert lediglich ein Politikentwicklungsfonds, der mit einem Umfang von zwei Millionen Pfund (ca. 2,6 Mio. Euro) – angesichts eines Gesamteinkommens der drei großen Parteien von mehr als 68 Millionen Pfund (ca. 87 Mio. Euro) – mehr als bescheiden bemessen ist (s.a. Tabelle 7.1).15 Außer diesen zweckgebundenen Zuwendungen gibt es in Großbritannien keine direkte staatliche Parteienfinanzierung. Formen der indirekten staatlichen Parteienfinanzierung gehen in Großbritannien allerdings schon auf das Jahr 1918 zurück. Der damals verabschiedete Political Representation Act ermöglichte es jedem Kandidaten, einen Werbebrief pro Wahlkampf kostenlos an jeden Wähler in seinem Wahlkreis zu senden. Zusätzlich stehen den Kandidaten seitdem öffentliche Räume kostenlos für Veranstaltungen zur Verfügung. Seit 1948 verfügen die Parteien außerdem über kostenlose Rundfunksendezeiten (Ewing 1987: 104-11). 15
Bisweilen werden für Großbritannien wesentlich höhere Staatsquoten ermittelt als in Tabelle 7.1.1 ausgewiesen. Am weitesten geht der konservative Abgeordnete Andrew Tyrie, der für Wahljahre eine Staatsquote von 59 Prozent und für Nichtwahljahre von 39 Prozent errechnet (2006: 36). Tyrie bezieht allerdings auch den Gegenwert der Rundfunkzeiten, der kostenlosen Wahlbriefe und der Gehälter für die Sonderberater der Minister sowie die Fraktionsfinanzierung in Unter- und Oberhaus mit ein.
Die untersuchten Parteienfinanzierungsregimes
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Nach der Verabschiedung des Parteiengesetzes erhielten die britischen Parteien 2001 eine Einmalzahlung von insgesamt 700.000 Pfund (ca. 0,9 Mio. Euro), um sich den neuen Transparenzregeln anpassen zu können (Electoral Commission 2004: 92). Der zur selben Zeit eingeführte Politikentwicklungsfonds wird nach einer Formel vergeben, die es an Komplexität mit der des deutschen Chancenausgleichs aufnehmen kann. Jeweils eine Million Pfund (ca. 1,3 Mio. Euro) wird für die nationale und die regionale Ebene ausgeschüttet. Zwar fließen die Zahl der Wähler in den Regionen Großbritanniens und die Zahl der auf die jeweiligen Parteien entfallenen Stimmen in die Berechnung der Summen ein, die den Parteien zustehen, letzten Endes werden diese Beträge aber so angepasst, dass auf die drei großen Parteien exakt dieselben Summen entfallen (Kelly 2006: 16). Zuletzt waren dies jeweils 440.000 (ca. 560.000 Euro), die 2005 zwischen 1,2 (Konservative) und 4,9 Prozent (Liberaldemokraten) der Einnahmen der Parteien ausmachten. Da Tabelle 7.1 nur die Einnahmen der Parteizentralen ausweist, die britischen Parteien auf der subnationalen Ebene – im Gegensatz zu ihren Pendants etwa in Schweden – jedoch keine Einnahmen aus staatlichen Quellen erhalten, dürfte die faktische Staatsquote der britischen Parteien noch niedriger liegen als dort veranschlagt.
Frankreich In Frankreich gab es vor 1988 nur rudimentäre Bestimmungen über staatliche Zuwendungen. Faktisch existierte keine Parteien-, sondern allein eine sehr bescheidene Kandidatenfinanzierung, die in den Gesetzen über die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen festgelegt war (Ceoara 1975; Drysch 1993: 159). Vor 1988 waren allein die Erstattung der Kosten für Wahlplakate für alle Parteien und Präsidentschaftskandidaten, die mehr als fünf Prozent der Stimmen erhielten, sowie kostenlose Rundfunkwerbung vorgesehen. Alle Bewerber in Präsidentschaftswahlen durften gratis einen Wahlbrief versenden und 154.000 Wahlplakate erstellen. Die Kandidaten, auf die im ersten Wahlgang mehr als fünf Prozent der Stimmen entfielen, erhielten einen – faktisch vernachlässigenswerten – staatlichen Zuschuss von 250.000 Francs (Pulch 1987: 61-71). Auch bei Wahlen zur Nationalversammlung erhielten die Kandidaten, die im ersten Wahlgang mehr als fünf Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnten, einen geringen staatlichen Zuschuss zu ihren Werbekosten. Außerdem war die Dauer des Wahlkampfes limitiert. Faktisch wurden diese Begrenzungen jedoch von allen Parteien bzw. Kandidaten unterlaufen (Weigelt 1988: 59 f.). Die einzige Form der staatlichen Zuwendungen, die direkt den Parteien zugute kamen, waren die Sendezeiten im Rundfunk. Sendezeiten wurden in Frankreich umfangreicher gewährleistet als in den anderen Ländern. Jeden Monat standen den Parteien 20 Minu-
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Überblick über die Parteiensysteme und Parteienfinanzierungsregimes
ten zur Verfügung, vor einem ersten Wahlgang waren es drei Stunden, vor einem zweiten eineinhalb Stunden (Drysch 1993: 161). 1988 wurde zunächst eine staatliche Kandidatenfinanzierung eingeführt, die den Parteien nur mittelbar zugute kam: Alle Kandidaten bei Präsidentschafts- und Parlamentswahlen, die mindestens fünf Prozent der Stimmen auf sich vereint hatten, bekamen wurden fünf Prozent der Obergrenze ihrer Wahlkampfausgaben erstattet. Dies galt für die Kandidaten zu den Präsidentschafts- als auch zu den Nationalratswahlen. Das zweite Parteienfinanzierungsgesetz von 1990 sah dann weitere, deutlich höhere Zuwendungen vor, die direkt an die Parteien geleistet wurden: Eine Hälfte der staatlichen Subventionen bemaß sich nach der Zahl der Abgeordneten in Nationalversammlung und Senat; pro Sitz wurden 290.000 Francs (ca. 44.200 Euro) ausgeschüttet. Die andere Hälfte kam allen Parteien zugute, die in mehr als 50 Wahlkreisen Kandidaten aufgestellt hatten. Pro Stimme wurden 11,90 Francs (ca. 1,80 Euro) vergeben (Clift/Fisher 2005: 240). Die ursprünglich vorgesehene Fünfprozenthürde erklärte 1990 der Verfassungsrat für verfassungswidrig. Sie entfiel daraufhin ersatzlos. Die Zahl der Parteien, die an der staatlichen Finanzierung partizipierten, stieg daraufhin zwischen 1990 und 1995 von 29 auf 48 an, 2002 waren es 64 (Clift/Fisher 2005: 249; Schurig 2006: 65). Auch die staatliche Parteienfinanzierung selbst wurde während der Reformphase kräftig erhöht: Zwischen 1989 und 1993 verfünffachten sozialistische Regierungen die staatlichen Zuwendungen, wohl um die sinkenden Einnahmen aus illegalen Quellen zu kompensieren (Desaubliaux 1995). Nach 1995 wurden die staatlichen Zuwendungen im Zuge des Verbots der Unternehmensspenden ein weiteres Mal deutlich angehoben: Den Kandidaten der Parlamentswahlen wurden nun anstelle von mittlerweile 30 Prozent der Obergrenze der Wahlkampfausgaben 50 Prozent pauschal vom Staat erstattet. Seit 2002 werden auch die persönlichen Ausgaben der Kandidaten zu den Präsidentschaftswahlen zur Hälfte vom Staat erstattet. Zudem sind seit 1995 Spenden und Mitgliedsbeiträge zu 50 Prozent steuerlich abzugsfähig, seit 2003 sind es 60 Prozent (Nathan 2003). Diese indirekten Zuwendungen sind allerdings wegen der Spendenobergrenze und der generell geringen Bedeutung dieser Einnahmequellen tendenziell zu vernachlässigen. Im Zuge dieser stetigen Ausweitung der staatlichen Subventionen hängen die französischen Parteien heute stark von öffentlichen Zuwendungen ab. Inflationsbereinigt hat sich die Höhe der direkten staatlichen Zuwendungen ohne Zweckbindung zwischen 1989 und 2003 vervierfacht (Schurig 2006: 75). Aufgrund der zahlreichen Möglichkeiten der Quersubventionierung dürfte die reale Staatsquote deutlich höher liegen als die durchschnittlichen 48,2 Prozent, die aus den Tabelle 7.1 zugrunde liegenden Rechenschaftsberichten hervorgehen. Wahlniederlagen bedeuten vor diesem Hintergrund herbe finanzielle Einschnitte für die französischen Parteien (Clift/Fisher 2004: 691, 697). 2000 kam es zur bislang letzten Reform der staatlichen Parteienfinanzierung: Seitdem wird die erste Hälfte der Zuwendungen
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gekürzt, wenn bei den Kandidaten keine Parität zwischen den Geschlechtern gegeben ist, und zwar um die Hälfte des Abstandes zwischen männlichen und weiblichen Kandidaten – wenn also nur 20 Prozent Frauen aufgestellt sind und 80 Prozent Männer, werden die Zuwendungen um 30 Prozent gekürzt. Dies scheint bislang bei den im Parlament vertretenen Parteien keinen Einfluss auf die Kandidatenaufstellung gehabt zu haben (Murray 2005; Schurig 2006: 66-9). 7.4 Zwischenfazit Die Analyse der Parteienfinanzierungsregimes hat die im Zusammenhang mit der Fallauswahl in Kapitel 2.1 geäußerten Annahmen bestätigt: Die schwedischen Parteien weisen die höchste Staatsquote auf, gefolgt von den deutschen. In Großbritannien spielen staatliche Zuwendungen bis heute eine marginale Rolle, und in Frankreich finanzierten sich die Parteien bis 1988 ganz überwiegend auf illegale Art und Weise. Auch die generelle Verfasstheit der hier untersuchten Parteienfinanzierungsregimes bestätigt den erwarteten Zusammenhang zwischen Parteizielen und Parteienfinanzierung: Die Parteienfinanzierungsregimes der beiden late comer in punkto staatliche Parteienfinanzierung, Großbritannien und Frankreich, sind wesentlich stärker auf die Regulierung und Finanzierung der Wahlkämpfe ausgerichtet als diejenigen Deutschlands und Schwedens (s.a. Tabellen 7.2 & 7.3). Dies spricht für eine besondere Bedeutung der Wahlkämpfe – und damit der Stimmenmaximierung – in Großbritannien und Frankreich. In Deutschland und Schweden hingegen werden die Parteiorganisationen staatlich alimentiert, was wiederum darauf schließen lässt, dass Parteien sich in diesen Ländern auch als Politikformulierer verstehen, also nach Programmverwirklichung streben. Ob es sich bei diesen Zusammenhängen tatsächliche um Kausalitäten handelt oder lediglich um Koinzidenzen, werden allein die nun folgenden Entscheidungsprozessanalysen erweisen können.
Teil 3 Die Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung
8 Der überschätzte Einfluss der Institutionen: Deutschland „Man könnte folgende Regel aufstellen: Alle diejenigen, die besonders nahe der Sorge um die Finanzierung stehen, sind für eine Staatsfinanzierung, alle diejenigen, die die politischen Auswirkungen demagogischer Art von der Opposition sehen, sind dagegen“ (zitiert nach Buchstab 1990: 479).
Dieses Zitat des CDU-Abgeordneten Hugo Scharnberg fiel 1954 im Zuge der parteiinternen Beratungen des Parteiengesetzes. Es verdeutlicht, dass in der CDU schon zu diesem Zeitpunkt alle diejenigen, die sich vor allem um das Ziel der Programmverwirklichung (ergo dem Fortbestand der Parteiorganisation) kümmerten, für eine staatliche Parteienfinanzierung eintraten. Ganz im Sinne der Erwartungen dieser Untersuchung waren allerdings diejenigen innerhalb der CDU, die vornehmlich die Stimmenmaximierung, also die Konkurrenz mit dem politischen Gegner, im Auge hatten, skeptischer. Im Mittelpunkt dieses Kapitels steht die Frage, wie es dazu kam, dass man in Deutschland bis 1968 einhellig der in der Einleitung zitierten Auffassung anhing, eine staatliche Parteienfinanzierung lasse sich ebenso wenig aufhalten wie der außereheliche Beischlaf. Vordergründig überrascht dies nicht, gelten doch die deutschen Parteien gemeinhin als konsensorientiert. Deshalb sollten die Parteien in der Lage gewesen sein, einen Konsens über ihre staatliche Finanzierung zu finden. Was indes durchaus überrascht, sind die Ursachen, auf die sich dieser Konsens gründete. Entgegen der großen Erzählung vom „semi-souveränen Staat“ (Katzenstein 1987; 2005; Helms 2003) oder vom „grand coalition state“ (M. Schmidt 2002), in dem vornehmlich die institutionellen Rahmenbedingungen die Parteien zum Einvernehmen zwingen, waren es, wie im Folgenden zu zeigen sein wird, nicht zuletzt die originären Intentionen der Parteien selbst, die für einen Einstieg in die staatliche Parteienfinanzierung sprachen.
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Die Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung
Nichtsdestotrotz spielte eine Vielzahl von institutionellen Entscheidungspunkten in die jeweiligen Entschlüsse zur staatlichen Parteienfinanzierung hinein. Hier ist neben dem BVerfG vor allem der Verfassungsrang der Parteien zu nennen. Diese beiden autonomen Entscheidungspunkte, so meine These, egalisierten einander und sorgten so dafür, dass die Parteien zwischen verschiedenen Optionen, wie ihr Wettbewerb zu strukturieren sei, wählen konnten. Um Missverständnissen vorzubeugen: Es kam zu keiner Verschwörung der Parteien, vielmehr standen diese vor alternativen Szenarien, von denen ihnen die staatlichen Zuwendungen und der damit verbundene Konsens als die bessere Variante erschienen. Der deutsche Diskurs über die Korruption in der Politik wirkte ebenfalls in diese Richtung, da staatliche Zuwendungen letztlich akzeptierter waren als private (Groß-)Spenden. Dies lag nicht zuletzt daran, dass es den Parteien gelang, den Korruptionsdiskurs zu dominieren. In Deutschland sind vier Entscheidungen respektive Entscheidungskomplexe zu Fragen der staatlichen Parteienfinanzierung von Bedeutung. Nachdem – erstens – die staatlichen Zuwendungen 1959 erstmalig eingeführt wurden, war dies – zweitens – die Einführung einer WKKE 1967. 1983 und 1988 wurden – drittens – mit Chancenausgleich und Sockelbetrag neue Formen der staatlichen Parteienfinanzierung eingeführt, bis – viertens – in der umfassenden Reform von 1993 die heutige Form der staatlichen Zuschüsse zu den laufenden Kosten der Parteien etabliert wurde. Tatsächlich bestand bereits für Zeitgenossen von Anfang an wenig Zweifel daran, dass die deutschen Parteien in der Frage ihrer staatlichen Finanzierung um einen Konsens bemüht waren. Einer der aufmerksamsten Beobachter der politischen Ereignisse in den 1960er Jahren, der Politikwissenschaftler und Publizist Dolf Sternberger (dessen Rolle als Akteur im Abschnitt zu den Zielen der Parteien noch näher zu erörtern sein wird), schrieb schon 1962 von einem „Kartell der Interessenten“ (Sternberger 1962). Dazu passt der Befund von Thomas Saalfeld, dass „in matters of party finance, CDU/CSU, SPD and FDP […] have usually (if not always) sought a consensus“ (2000: 94). In der Frühphase bis zur Verabschiedung des Parteiengesetzes 1967 war es vor allem die SPD, die dem Einstieg in die staatliche Finanzierung des Parteienwettbewerbs zumindest skeptisch gegenüberstand. Die Sozialdemokraten waren 1959 zunächst explizit für die Einführung von Mitteln für die „Bildungsarbeit“ der Parteien und beteiligten sich an einer Fraktionsvereinbarung im Bundestag (Eschenburg 1961: 33; Adams 2005: 512). 1962 stimmten sie jedoch gegen die Erhöhung der Mittel von fünf auf 20 Millionen DM (ca. 10 Mio. Euro) und den Wegfall der Zweckbindung (Dübber 1962: 80). Ebenso lehnte die SPD 1964 deren nochmalige Erhöhung auf 38 Millionen DM (ca. 19 Mio. Euro) ab (Kewenig 1964: 829). Inwiefern deshalb von einem „Bruderzwist im SPD-Haus“ (Dübber 1970: 97) die Rede sein konnte, wird in Kapitel 8.2 zu klären sein. 1967 wurde das Parteiengesetz „ohne Enthaltungen bei einigen Gegenstimmen mit sehr großer Mehrheit“ verabschiedet – so die Worte des Sitzungsleiters im Bundestag, der die Mehrheitsverhältnisse
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nicht auszählen ließ (Deutscher Bundestag 1967: 5813). In den nächsten 15 Jahren waren Reformen der staatlichen Parteienfinanzierung im Bundestag unumstritten. Die vom BVerfG angemahnte Senkung der Schwelle für die staatliche Parteienfinanzierung auf 0,5 Prozent der Wählerstimmen bei Bundestagswahlen wurde 1969 beispielsweise mit einer Enthaltung und einer Gegenstimme verabschiedet (FAZ 14.6.1969). Bei der Erarbeitung der Gesetzesnovelle waren die Parteien explizit um möglichst großes Einvernehmen bemüht (FAZ 6.12.1968). Mit den Grünen gelangten 1983 erstmals wieder Kritiker der staatlichen Parteienfinanzierung in den Bundestag. Die Einführung des Chancenausgleichs erfolgte 1983 gegen ihre Stimmen (Mörbitz 1983) – darüber hinaus gab es allerdings nur elf Enthaltungen, so dass noch immer von einem Konsens gesprochen werden kann, zumal die Grünen als Neuling im Bundestag und „Antiparteien-Partei“ (Spiegel 14.6.1982) schwerlich über ein signifikantes implizites Gewicht (dazu Kapitel 4.1) verfügt haben, mithin also relativ problemlos überstimmt werden konnten. Bei der Einführung des Sockelbetrages 1988 ergab sich ein ähnliches Bild, als zu den Neinstimmen der Grünen einzelne von SPD und FDP kamen. Dennoch stimmten 321 von 363 Abgeordneten dafür (FAZ 10.12.1988). Die grundlegende Reform der staatlichen Parteienfinanzierung von 1993, bei der vor allem die Abkehr von der WKKE beschlossen wurde, führte zu einem ähnlichen Ergebnis. Neben der mittlerweile ebenfalls im Bundestag vertretenen PDS und den Grünen lehnten auch etwa 30 Abgeordnete der SPD die Reform im Bundestag ab. Lediglich Union und FDP stimmten geschlossen dafür (SZ 13.11.1993). Nach 1993 kehrte ähnlich wie 1967 eine Phase der Ruhe ein, Reformen der staatlichen Parteienfinanzierung standen nicht zur Diskussion. Dies dürfte nicht zuletzt daran gelegen haben, dass die Parteien mit der Reform von 1993 (ähnlich wie 1967) sehr zufrieden waren (Süskind 1995). Wie in Kapitel 7.2 erwähnt, betraf die Änderung des Parteiengesetzes von 2002 (gegen die allein die PDS stimmte) die staatliche Parteienfinanzierung nur am Rande. Formal ging die Konsensorientierung der Parteien in Fragen ihrer staatlichen Finanzierung im Laufe der Zeit nach 1967 also leicht zurück. Insbesondere die neu im Bundestag vertretenen Parteien, aber auch Teile der SPD stimmten gegen die beiden nach 1983 verabschiedeten Reformen der staatlichen Parteienfinanzierung. Im Folgenden wird zu klären sein, ob Grüne und Linkspartei tatsächlich kein Teil des Konsenses über die staatliche Parteienfinanzierung sind. Im Fokus steht allerdings die Frage, warum die deutschen Parteien in den 1960er Jahren überhaupt zu einem solch eindeutigen Konsens finden konnten und auf welche Faktoren diese Entwicklung zurückging.
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8.1 Der Einfluss des grand coalition state Wie eingangs dargelegt, gelten die Institutionen in Deutschland gemeinhin als überaus einflussreiche Determinanten des Parteienwettbewerbs. Nach dieser Lesart begründen der kooperative Föderalismus und die aus ihm resultierende Politikverflechtung (Scharpf 1985: 326-36) neben der großen Zahl von Vetospielern, allen voran dem BVerfG, die permanente grand coalition aus Bundes- und Länderregierungen, Regierungskoalition und größter Oppositionspartei. „Kaum ein anderes demokratisches Land ist durch ein so verfeinertes System von ‚checks and balances’, von Machtteilung, Machtverschränkung, aber auch Machtferne definiert wie das deutsche“ (Langguth 2000: 4). Folge war eine „Konsensdemokratie“ (Greven 2000). Die institutionelle Machtverschränkung war vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus Weimarer Republik und nationalsozialistischer Herrschaft bewusst angelegt worden: Angesichts des Scheiterns der Weimarer Demokratie gab es ein tiefes Bedürfnis nach Stabilität und einem Konsens der Demokraten (Schmidt 2003: 68; Saalfeld 2003a: 347). Die folgenden Ausführungen stellen die generelle Bedeutung der Institutionen keinesfalls in Frage, sie können dies auch gar nicht. Für den Bereich der staatlichen Parteienfinanzierung allerdings, so meine These, kommt den institutionellen Rahmenbedingungen keine so zentrale Rolle zu, wie dies in der Literatur zum politischen System Deutschlands, aber auch speziell zur Parteienfinanzierung in Deutschland, unterstellt wird. Dass dies so ist, soviel sei zugestanden, hat ebenfalls institutionelle Gründe. Die deutschen Parteien haben Verfassungsrang, sie wurden in das Grundgesetz aufgenommen, und zwar nicht an irgendeiner Stelle, sondern in Artikel 21, direkt hinter der Staatsfundamentalnorm des Artikels 20, der die Bundesrepublik zu einem demokratischen und sozialen Bundesstaat erhob und erklärte, dass alle Staatsgewalt vom Volke auszugehen hatte. Es war kein Zufall, dass die Parteien an so prominenter Stelle im Grundgesetz erwähnt wurden, sollten so doch die Antiparteienressentiments aus Weimarer Zeiten überwunden werden (Klein 2000). Auf diese Weise wurde die vormalige Konkurrenz zwischen Parlamenten, Parteien und Interessengruppen um die Frage, wer der maßgebliche politische Akteur war, entschieden (Borchert/Golsch 1998: 118). Nach der in Kapitel 4.2 ausgeführten Terminologie war den Parteien damit, zumal in einer legalistischen politischen Kultur wie der deutschen (Poguntke 1994), ein harter, weil in der Verfassung verankerter, autonomer Entscheidungspunkt an die Hand gegeben. Die formale Macht, die aus ihrem Verfassungsrang folgte, half den Parteien, Begehrlichkeiten anderer institutioneller Akteure, allen voran des BVerfG, abzuwehren. Außerdem konnten die Parteien unter Berufung auf ihre gesetzlich festgelegten Aufgaben auf eine angemessene Alimentierung durch öffentliche Haushalte plädieren. Dies sei exemplarisch anhand eines Briefes des SPDParteivorstandes an die Sachverständigenkommission von 1982 verdeutlicht: „Der
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von § 1 des Parteiengesetzes den Parteien zugewiesene Aufgabenkatalog ist außerordentlich umfassend und sehr anspruchsvoll. Die der SPD bisher zur Verfügung stehenden Finanzmittel ließen seine – auch annähernde – Erfüllung zu keinem Zeitpunkt zu“ (zitiert nach Landfried 1994: 61). Aus institutionalistischer Perspektive waren in Deutschland neben den autonomen Entscheidungspunkten des Artikels 21 des Grundgesetzes und des BVerfG mehrere Einflusspunkte ohne originäre Entscheidungskompetenzen, zuvorderst die häufig eingesetzten Expertenkommissionen, von Bedeutung.
Das Verfassungsgericht als autonomer Entscheidungspunkt mit begrenzter Entscheidungsfunktion Das BVerfG wird deshalb als autonomer Entscheidungspunkt mit begrenzter Entscheidungsfunktion eingestuft, weil es in der Auseinandersetzung mit den Parteien größte Vorsicht walten ließ. Offensichtlich war dem Gericht nur zu bewusst, dass die Parteien weniger Bitt- und Antragsteller als vielmehr Gleiche, peers, darstellten. Anders lässt sich die oftmals frappante Zurückhaltung des BVerfG gegenüber den Parteien nicht erklären. Gewiss, das höchste deutsche Gericht befördert den Konsens zwischen den Parteien, denn „kein Politiker, keine Regierung wird es leichtfertig riskieren, vom BVerfG korrigiert zu werden.“ Aber: „Es ist keine Tragödie, wenn ein vom Parlament und im Bundesrat vielleicht mit großer Mehrheit oder sogar einmütig verabschiedetes Gesetz schließlich vor dem BVerfG scheitert.“ Beide Zitate stammen von Ernst Benda (2001), der sich im Spannungsfeld von Verfassungsgericht und Bundestag besonders gut auskennen dürfte, da er sowohl Bundestagsabgeordneter (für die CDU) als auch Präsident des BVerfG war. Auch im Bereich der staatlichen Parteienfinanzierung zwang das Gericht die Parteien also zu einvernehmlichen Lösungen.1 Dennoch: Die zentrale Rolle, die dem BVerfG in der großen Erzählung zur Entwicklung der Parteienfinanzierung in Deutschland zugewiesen wird,2 entpuppt sich bei näherem Hinsehen als äußerst fragil. Das BVerfG war, anders als häufig unterstellt (Landfried 1992: 56-8), keine Instanz, der sich die Parteien untergeordnet 1
Wie diese Sorge die Parteien disziplinierte, verdeutlicht vielleicht am anschaulichsten eine Episode aus Bayern: In „seltener Einigkeit“ beschlossen die Parteien hier 1971 eine Erhöhung der WKKE von 1,50 DM pro Wahlberechtigten auf 2,50 DM (ca. 0,77 bzw. 1,30 Euro) rückwirkend zur letzten Landtagswahl 1970 (Schmöller 1971). Damit die Bayernpartei, die schon oft vor dem BVerfG geklagt hatte, auch in den Genuss der staatlichen Gelder kam, durften in Bayern Erst- und Zweitstimme zur Überwindung der Schwelle von 1,25 Prozent der Wählerstimmen zusammengezählt werden. 2 Vgl. dazu exemplarisch das Urteil von Sebastian Lovens: „Die Judikate des BVerfG haben auf die Parteienfinanzierung […] derart entscheidenden Einfluss gehabt, dass Gesetzesnovellen überwiegend der Umsetzung bundesverfassungsgerichtlicher Urteile dienten“ (Lovens 2000: 285).
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haben. Viele der vermeintlichen Grenzen, die das Gericht den Parteien hinsichtlich ihrer Finanzierung gezogen hat, entpuppen sich bei näherem Hinsehen als Fußnoten zu einer weitgehend von den Parteien bestimmten Praxis. Mit Georg Vanberg lässt sich von „important concessions [des BVerfG, MK] to the established parties“ sprechen (2005: 165). Der Konsens der Parteien über ihre staatliche Finanzierung wurde weniger vom BVerfG erzwungen als vielmehr von den Parteien unabhängig gewählt. Die frühen Urteile des BVerfG maßen dem Verfassungsrang der Parteien weitreichende Konsequenzen zu. Dies war nicht zuletzt der Parteienstaatstheorie des prominenten Verfassungsrichters Gerhard Leibholz zu verdanken, die auch für den Diskurs über die Korruption in der Politik nicht ohne Folgen blieb (s. Kapitel 8.3). Bereits im Urteil zum schleswig-holsteinischen Landeswahlgesetz vom 22.10.1951 betonte Leibholz für das Gericht die zentrale Stellung der Parteien in Deutschland: „In der Demokratie von heute haben die Parteien allein die Möglichkeit, die Wähler zu politisch aktionsfähigen Gruppen zusammenzuschließen. Sie erscheinen geradezu als Sprachrohr, dessen sich das mündig gewordene Volk bedient, um sich artikuliert äußern und politische Entscheidungen fällen zu können“ (BVerfGE 1, 208: 223). Als das Gericht 1958 die steuerliche Absetzbarkeit von Parteispenden abschaffte, eröffnete es den Parteien explizit die Möglichkeit einer staatlichen Finanzierung: „Da die Abhaltung von Wahlen eine öffentliche Aufgabe ist und den Parteien bei der Abhaltung dieser öffentlichen Aufgabe von Verfassungs wegen eine entscheidende Rolle zukommt, muss es auch zulässig sein, nicht nur für die Wahlen selbst, sondern auch für die die Wahlen tragenden Parteien finanzielle Mittel von Staats wegen zur Verfügung zu stellen“ (BVerfGE 8, 51: 63). Das Urteil von 1958 war deshalb wichtig, weil es den bürgerlichen Parteien veranschaulichte, dass sie mit Alleingängen (und nichts anderes war die von der SPD und von nicht wenigen Abgeordneten der bürgerlichen Parteien3 abgelehnte steuerliche Privilegierung der Parteispenden) beim BVerfG nicht reüssieren konnten. In der Tat wurde der bereits vorliegende, ebenfalls von der SPD abgelehnte Entwurf zu einem Parteiengesetz in der dritten Wahlperiode nicht weiter verfolgt. Als das Thema Parteiengesetz 1962 wieder auf die Agenda rückte, bezeichnete Innenminister Hermann Höcherl dessen Erarbeitung als „Aufgabe des Parlaments“ und ließ demonstrativ wissen, in dieser Sache die Vorsitzenden der drei Bundestagsfraktionen kontaktieren zu wollen (DPA 2.3.1962). Darüber hinaus markierte das Urteil des BVerfG von 1958 den Einstieg in die direkte staatliche Parteienfinanzierung, die im folgenden Jahr zum ersten Mal im Haushalt auftauchte. 1966 übte das BVerfG weit mehr Zurückhaltung als zuvor, nicht zuletzt wohl auch, weil Leibholz wegen Befangenheit vom Verfahren ausgeschlossen wurde und 3
Ein von der SPD gestellter Antrag, die steuerliche Privilegierung von Parteispenden rückgängig zu machen, scheiterte im Bundestag 1954 nur knapp (Dübber 1962: 17).
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nicht an dem Urteil mitwirkte (Arnim 2001: 254; Adams 2005: 530). Auf den ersten Blick mutet der vierte Leitsatz des Urteils denn auch wie ein drastischer Eingriff in die Sphäre der Parteien an: „Es ist mit dem demokratischen Grundsatz der freien und offenen Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen nicht vereinbar, den Parteien Zuschüsse aus Haushaltsmitteln des Bundes für die gesamte Tätigkeit im Bereich der politischen Meinungs- und Willensbildung zu gewähren“ (BVerfGE 20, 56: 56). Faktisch ermöglichte es das BVerfG den Parteien jedoch, unbeirrt mit der Praxis der direkten staatlichen Parteienfinanzierung fortzufahren, denn die Einführung einer WKKE blieb ihnen ausdrücklich unbenommen. Dass die von den Parteien auf Geheiß des BVerfG neu geschaffene WKKE exakt den Umfang der vormaligen Zuwendungen hatte und zudem auch noch als Vorschuss, also keinesfalls nur zu Wahlkampfzeiten, gezahlt wurde, verdeutlicht, dass sich trotz des Urteils des BVerfG keine substanziellen Veränderungen ergeben hatten. Faktisch wurde an einer Grundfinanzierung der Parteien festgehalten, was auch den Zeitgenossen nicht unverborgen blieb. Sowohl Journalisten (Dreher 1967) als auch Wissenschaftler – unter ihnen der eingangs erwähnte Dolf Sternberger (Hoffmann 1966) – kritisierten, dass der Unterschied zur vorherigen Praxis der staatlichen Parteienfinanzierung anders als vom BVerfG intendiert minimal sei (s.a. Naßmacher 1997b: 50). Als die Parteien in der Folge ihren Spielraum mit dem Parteiengesetz von 1967 überaus weit auslegten, wurden sie vom BVerfG nicht daran gehindert. Als das Gericht erneut über die staatliche Parteienfinanzierung zu entscheiden hatte, verwarf es lediglich den zu hohen Sockel von 2,5 Prozent, beließ aber die Konstruktion der WKKE unverändert. Dies kann nur als Zugeständnis an die Parteien interpretiert werden. Nach 1968 setzte ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen Parteien und Gericht ein, in dem erstere beständig ausloteten, wie weit sie gehen konnten.4 1986 urteilte das BVerfG noch zurückhaltender als 1966. Den überaus umstrittenen (und ob seiner aberwitzigen Komplexität und verfehlten Wirkung anfechtbaren) Chancenausgleich ließ es unangetastet. Die üppigen steuerlichen Absetzungsmöglichkeiten für Parteispenden wurden zwar für verfassungswidrig erklärt, der neue, vom Gericht festgelegte Steuerfreibetrag von 100.000 DM (ca. 51.000 Euro) änderte jedoch praktisch nichts (Blankenburg/Staudhammer/Steinert 1990: 928; Arnim 1996: 65). 1992 wiederholte sich die Geschichte. Formal stellte das Urteil des BVerfG eine ähnliche Zäsur wie 1966 dar, gebot es doch die Abkehr von der WKKE und die Rückkehr zu einer Grundförderung der Parteien. Erneut änderte sich praktisch nur wenig. Die Rechtsprechung wurde vielmehr der Praxis der Parteienfinanzierung 4
Exemplarisch sei hier auf das Beispiel der niedersächsischen Landesregierung verwiesen, die 1979 vom BVerfG prüfen ließ, ob eine Erhöhung der damals festgeschriebenen steuerlichen Abzugsfähigkeit von Parteispenden verfassungsmäßig sei. Als dies vom Gericht bejaht wurde, hob der Bundestag die Freibeträge dementsprechend an (Boyken 1998: 77-9). Für eine exemplarische Beschreibung des Zuwartens der Parteien am Beispiel des ersten Parteiengesetzes vgl. SZ 10.5.1966.
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angepasst, schließlich hatten die Parteien auch zuvor keineswegs nur ihre Wahlkampfausgaben mit den staatlichen Subventionen finanziert. Zwar erklärte das BVerfG den Sockelbetrag nun für verfassungswidrig. Dies konnte die Parteien jedoch nicht daran hindern, diesen ebenso wie den Chancenausgleich bei der Berechnung der Höhe der staatlichen Zuwendungen, die nach 1993 geleistet wurden, zugrunde zu legen. Faktisch behielten die Parteien sogar den Sockelbetrag bei, wurden doch im Rahmen der Degression die ersten fünf Millionen Stimmen jeder Partei zusätzlich vergütet (s.a. Vanberg 2005: 164 f.). Auch wenn dem BVerfG zweifellos eine wichtige Bedeutung sowohl für die Ausgestaltung der staatlichen Parteienfinanzierung in Deutschland als auch für die Konsensorientierung der Parteien zukam, so war die Rolle des Gerichts doch keineswegs entscheidend. Bereits aus den Einlassungen der Parteien vor dem Verfassungsgericht ließ sich 1966 schließen, „dass die Einführung der staatlichen Finanzierung auf allen Seiten Zustimmung fand“ (Ebbighausen et al. 1996: 150; s.a. BVerfGE 20, 56: 75). Insbesondere die SPD signalisierte in den Verhandlungen ihre Zustimmung zu den Zahlungen (Fromme 1966) – was vordergründig verwunderte, da die hessischen Sozialdemokraten doch gegen die direkten Staatszuschüsse geklagt hatten. Wie ich im nächsten Kapitel zeigen werde, war die SPD allerdings niemals der dezidierte Gegner einer staatlichen Parteienfinanzierung gewesen, als der sie in der Literatur zuweilen dargestellt wird. Auch in anderer Hinsicht war der Einfluss des Gerichts geringer als oftmals unterstellt. Zwar ist es richtig, dass häufig bewusst Urteile des Gerichts abgewartet wurden, damit verfassungsgemäße Neuregelungen der Parteienfinanzierung auf den Weg gebracht werden konnten. Dennoch waren die Parteien bereits vor den jeweiligen Urteilen des Gerichts aktiv und loteten die Möglichkeit eines Konsenses aus. Der Schatzmeister der SPD, Alfred Nau, bestätigte bereits 1964 in einem Interview, dass es diesbezüglich Gespräche der Schatzmeister gab und dass es Ziel aller Parteien war, das Parteiengesetz im Einvernehmen zu verabschieden: „Ich bin aber überzeugt davon, dass die beiden anderen Parteien sich bemühen werden, in Besprechungen, in Verhandlungen den Versuch zu machen, eine Übereinstimmung zu erzielen. […] Es dürfte hier [in der Frage des Parteiengesetzes, MK] keine Mehrheitsentscheidung geben“ (SPD 1964a). Analog dazu fanden auch vor dem Urteil von 1992 informelle „Konsensgespräche“ statt (Boyken 1998: 233). Das Urteil des Verfassungsgerichts von 1966 wurde nach einer Intervention des CDUBundestagspräsidenten Eugen Gerstenmaier und des SPD-Prozessbevollmächtigten Gerhard Jahn sogar verschoben, weil beide befürchteten, dass das Gericht die staatlichen Zuwendungen pauschal ablehnen würde (FAZ 29.10.1965; SZ 29.10.1965). Dass das Gericht dies nicht tat und den Parteien auch sonst niemals wirkliche Hürden in den Weg stellte, verdeutlicht, dass es von seiner Entscheidungsfunktion zumindest im Bereich der staatlichen Parteienfinanzierung kaum Gebrauch machte. Der Einfluss des BVerfG war vielmehr ein indirekter: Eben weil den Parteien klar
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war, dass das Gericht ihre Entscheidungen revidieren könnte, versuchten sie, ihm möglichst geschlossen gegenüberzutreten.
Einflusspunkte: Die Institutionen ohne formale Macht Neben dem Verfassungsgericht waren es vor allem Institutionen mit formal eingeschränkten Befugnissen, die im Bereich der staatlichen Parteienfinanzierung von Bedeutung waren. Sie können am besten als Einflusspunkte charakterisiert werden, eben weil sie, anders als das BVerfG und die Parteien, über keine formale Macht verfügten. Zu nennen wären an dieser Stelle vor allem Expertenkommissionen und die so genannten Schatzmeisterrunden. Weiterhin kann als potenzieller Einflusspunkt noch der Bundespräsident angesehen werden. 5 Den bedeutendsten institutionellen Einflusspunkt, der in vielen Entscheidungen zur staatlichen Parteienfinanzierung von Belang war, stellen die zahlreichen Expertenkommissionen dar, die zur Evaluation der Praxis und zur Erarbeitung neuer Reformvorschläge eingesetzt wurden. Das Schicksal dieser Kommissionen verdeutlicht jedoch anschaulich die dominante Stellung der Parteien in all diesen Entscheidungen. In aller Regel pickten sich die Parteien nur diejenigen Vorschläge heraus, die ihnen auch zusagten. Da die Expertenkommissionen im Gegensatz zum BVerfG über keine formale Macht verfügten, konnten die Parteien ihre Vorschläge noch freier interpretieren als die Urteile des Gerichts. Das grundlegende Problem aller Kommissionen war es, dass sich ihre Mitglieder in erster Linie aus Akademikern, vor allem Professoren der Politikwissenschaft und des Öffentlichen Rechts, rekrutierten. Parteipolitiker waren in diesen Gremien nicht vertreten. Daraus resultierte ein geringes Maß an Kooperation zwischen Kommissionen und Parteien, was es vielen Vorschlägen zusätzlich schwer machte. Dass Kommissionen wesentlich mehr Einfluss ausüben können, wenn sie nicht nur mit Akademikern, sondern auch mit Politikern besetzt sind, werde ich am Beispiel Schwedens zeigen. Die erste wichtige Kommission zu Fragen der staatlichen Parteienfinanzierung war die 1955 vom Innenminister eingesetzte Parteienrechtskommission, die Vorschläge zu einem Parteiengesetz ausarbeiten sollte. Bezeichnenderweise war auch in ihrem Abschlussbericht die Privilegierung der Parteien im Grundgesetz die Folie, vor deren Hintergrund sie alle Thesen und Vorschläge entwickelte. So stellte die Kommission fest, dass die Parteien „ohne beträchtliche Mittel ihre politische Wirksamkeit nicht aufrechterhalten“ können (Parteienrechtskommission 1958: 71). Ähn5
Zumindest einmal griff ein Bundespräsident aktiv in Entscheidungen zur Parteienfinanzierung ein: 1994 unterzeichnete Richard von Weizsäcker das neue Parteiengesetz aufgrund der Degression, die er für kaum mit dem Urteil des BVerfG vereinbar hielt, nur mit expliziten Bedenken. Weizsäcker distanzierte sich politisch von dem Gesetz und überschritt damit fast die Grenze der rein symbolischen Politik (SZ 29.1.1994).
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lich wie das BVerfG leitete auch die Parteienrechtskommission aus der institutionellen Verankerung der Parteien im Grundgesetz deren staatliche Förderungswürdigkeit ab. Die Kommission war keineswegs einflusslos. Dies zeigte sich schon daran, dass in ihren Vorschlägen bereits die beiden Formen der direkten und indirekten staatlichen Parteienfinanzierung angelegt waren, die bis heute in Deutschland praktiziert werden. Die Kommission schlug eine direkte staatliche Parteienfinanzierung und eine Steuervergünstigung für Spenden vor. Allein ihr dritter zentraler Vorschlag, ein dem US-amerikanischen tax credit nachempfundener Bürgerbetrag, bei dem die Parteien steuerlich absetzbare Beitragsmarken verkaufen, wurde nie aufgegriffen (Parteienrechtskommission 1958: 213-21). Ziel der Kommissionsvorschläge war es, die Parteien von privaten Spenden zu emanzipieren (Parteienrechtskommission 1958: 220). Dies verdeutlicht, wie Diskurse und Institutionen in Deutschland ineinander griffen, brachte die Kommission hier doch den häufig geäußerten Vorbehalt vieler Zeitgenossen gegen eine zu große Abhängigkeit der Parteien von Großspenden, vor allem aus der Wirtschaft, zum Ausdruck (s. Kapitel 8.3). Dass die Vorschläge der Parteienrechtskommission nicht postwendend umgesetzt wurden, dürfte weniger am Abschnitt über die staatliche Parteienfinanzierung gelegen haben als an den Vorschlägen zur Transparenzpflicht der Parteien, die vor allem Union und FDP mit ihren teilweise fragwürdigen Finanzierungsmethoden (s. Kapitel 7.2) weniger behagten. Seit den 1980er Jahren ist es zur Tradition geworden, dass die jeweiligen Bundespräsidenten Kommissionen zur Parteienfinanzierung einsetzen. Zwar wurden deren Empfehlungen in der Regel nicht auf die lange Bank geschoben wie 20 Jahre zuvor die Vorschläge für eine Rechenschaftspflicht der Parteien, allerdings verstanden es die Parteien auch weiterhin, ihnen unangenehme Vorschläge abzumildern. 1983 empfahl eine Sachverständigenkommission beispielsweise neben einer Anhebung der WKKE auch eine dritte Finanzstimme für die Wähler, derer diese sich auch hätten enthalten können, um die Parteien finanziell zu disziplinieren (Sachverständigen-Kommission 1983: 217 f.). Während die Erhöhung der WKKE prompt umgesetzt wurde, verwarfen die Parteien den Vorschlag einer Finanzstimme (der große Ähnlichkeit zum bereits 1959 vorgeschlagenen Bürgerbeitrag aufwies) einmütig als „zu akademisch“ (FAZ 21.5.1983). Ähnlich erging es der Kommission, die auf Geheiß des Bundespräsidenten 1993 Vorschläge zur Neuordnung der Parteienfinanzierung unterbreitete (Bundespräsidialamt 1994). SPD, Union und FDP kritisierten unisono die von der Kommission vorgeschlagene Höhe der Zuschüsse pro Stimme bzw. pro Beitrags- und Spendenmark als zu niedrig. Außerdem argumentierten sie, dass kleine Parteien benachteiligt würden (FAZ 19.2.1993; SZ 19.2.1993). Die letztlich eingeführten Zuschüsse lagen deutlich über den von der Kommission anvisierten: Statt, wie von der Kommission vorgeschlagen, 0,90 DM für jede Stimme und 0,20 DM (ca. 0,46 bzw. 0,10 Euro) für jede Mark an Beiträgen bzw. Spenden wurden schließlich 1 DM pro Stimme und 0,50 DM (ca. 0,51 bzw. 0,26 Euro)
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für jede Spendenmark eingeführt. Zudem wurde wie bereits erwähnt durch die Degression ein verkappter Sockelbeitrag beibehalten (s.a. SZ 24.9.1993). Nach 1993 übten die Kommissionen zur Parteienfinanzierung ähnliche Zurückhaltung wie das BVerfG. 1999 mahnte eine Kommission in ihrem Bericht zur Bewährung der neuen Parteienfinanzierung nur kosmetische Änderungen an (Bt.Drs. 14/637) – und erntete dafür auch öffentliche Kritik (z.B. Braun 1999). Die Kommission wurde danach von Bundespräsident Rau verlängert und legte 2001 erneut einen Bericht vor (Kommission unabhängiger Sachverständiger 2001). Neben vielen kleineren Änderungsvorschlägen (dazu Landfried 2002) wurden auch weiterreichende Forderungen präsentiert, z.B. nach doppelter Buchführung in den Rechenschaftsberichten und einem alle staatlichen Subventionen an die Parteien umfassenden Politikfinanzierungsbericht. Diese Forderungen wurden dann allerdings bezeichnenderweise nicht umgesetzt, was die Kommission in ihrem Abschlussbericht auch selbst anmahnte (Höll 2004). Die Schatzmeisterrunden waren in den Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung durchaus von Gewicht, allerdings waren sie weniger die Ursache des Konsenses der Parteien als vielmehr dessen Resultat. Hier waren die Parteipolitiker unter sich, diese Gremien brachten den Willen der Parteien, sich zu einigen, zum Ausdruck. Seit dem Urteil des BVErfG von 1958 kamen die Schatzmeister der im Bundestag vertretenen Parteien regelmäßig zusammen (Dübber 1970: 103). Diese Runden waren der ideale Ort, um den Spielraum für Reformen der staatlichen Parteienfinanzierung auszuloten. Die Treffen der Schatzmeister waren denn auch Garant für Kontinuität in politisch wechselvollen Zeiten, als es darum ging, das Parteiengesetz endgültig auf den Weg zu bringen: „In the period between the handing down of the Court’s July, 1966 judgment and the falling down of the Erhard government four months later, the treasurers did valuable preparatory work in developing a draft Parties Law“ (Heidenheimer/Langdon 1968: 87). Da 1965 zwei Entwürfe eines Parteiengesetzes von Regierung und Opposition vorgelegt wurden, die in Fragen der staatlichen Parteienfinanzierung noch immer stark voneinander abwichen,6 war zuvor bereits ein Sonderausschuss „Parteiengesetz“ des Bundestages eingesetzt worden, der den gemeinsamen Entwurf ausarbeiten sollte (Fromme 1965). Die Schatzmeisterrunden waren aber in aller Regel nicht der Ort, an dem besonders relevante Entscheidungen letztlich getroffen wurden. Dies geschah in nicht institutionalisierten Ad-hoc-Zusammenkünften. Friedhelm Boyken hat die Entscheidungsprozesse im Zuge der grundlegenden Reform der staatlichen Parteienfinanzierung von 1993 detailliert nachgezeichnet (1998). Das Innenministerium ver6
Die Koalition aus Union und FDP bevorzugte eine allgemeine Parteienfinanzierung von 1 DM (ca. 0,51 Euro) pro Wahlberechtigtem, dazu steuerlich absetzbare Spendengutscheine. Die SPD sprach sich allein für öffentliche Beiträge zur Bildungsarbeit der Parteien aus. Für eine Synopse der beiden Parteiengesetzentwürfe vgl. Sänger/Liepelt 1965: Abschnitt 2.17, S. 24-43.
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fasste damals auf Grundlage der zwischen allen Parteien (außer der PDS) ausgehandelten Eckpunkte der Reform eine „Formulierungshilfe“ (Boyken 1998: 233). Für strittige Punkte wurden mehrere alternative Paragraphen formuliert. Die „Formulierungshilfe“ diente dann als Grundlage des Gesetzesentwurfs, der in einem informellen Spitzengespräch zwischen Schatzmeistern sowie Partei- und Fraktionsvorsitzenden abgeklärt wurde. Diese informelle und einmalige Zusammenkunft kann jedoch schwerlich als Institution im hier verwandten Sinne angesehen werden. Den Einflusspunkten kam also ähnlich wie dem BVerfG durchaus eine nennenswerte, aber eben keine zentrale Bedeutung dafür zu, dass die Parteien in der Frage ihrer staatlichen Finanzierung zu einem Konsens fanden. Der Föderalismus, der als autonomer Entscheidungspunkt der Opposition in Deutschland sehr häufig maßgeblich zur Machtverschränkung zwischen den Parteien beitrug, war in Fragen der Parteienfinanzierung kaum von Belang. Zwar gelten Änderungen des Parteiengesetzes, die auch in die steuerliche Privilegierung der Parteispenden eingreifen, seit 1967 als im Bundesrat zustimmungspflichtig (FR 18.7.1967). Bezeichnenderweise legte der Bundesrat jedoch noch nie sein Veto ein, eben weil die Parteien sich stets zuvor, ohne die zentrale Hilfe der vielfältigen Konsensinstitutionen der Bundesrepublik, einigten. Vielleicht am wichtigsten war das Urteil des BVerfG von 1958, mit dem das Gericht den bürgerlichen Parteien die Grenzen ihrer Alleingänge aufzeigte. Von großer Bedeutung für den generell geringen Einfluss der institutionellen Entscheidungspunkte in Deutschland war das Verfassungsprivileg der Parteien, das den Spielraum der anderen institutionellen Akteure beschränkte. Warum den Parteien auch ohne institutionelle Hilfestellung an einem Konsens über eine staatliche Parteienfinanzierung gelegen war, wird im nächsten Kapitel zu erörtern sein.
8.2 Die Zurückhaltung bei der Stimmenmaximierung Die strategischen Ziele der Parteien waren sehr wichtig dafür, dass in Deutschland eine staatliche Parteienfinanzierung eingeführt wurde, aber auch dafür, dass dies im Konsens geschah. Die Gründe für die bürgerlichen Parteien, eine staatliche Parteienfinanzierung zu befürworten, lagen in Deutschland nachgerade auf der Hand, sie können bereits an dem abgelesen werden, was in Kapitel 7.1 über deren private bzw. halblegale Finanzierung gesagt wurde. Wesentlich interessanter als die Position der bürgerlichen Parteien – und für die strategischen Motive hinter den Positionen der Parteien aufschlussreicher – ist der Fall der SPD. Die Sozialdemokraten waren lange die am besten organisierte Partei in Deutschland, sie waren in dieser Hinsicht das Vorbild der anderen Parteien (Borchert/Golsch 2003: 143). Zudem war die SPD zum Zeitpunkt der Debatte über die staatliche Parteienfinanzierung als einzige Partei in der Lage, ihre finanziellen Ausgaben ohne (organisations-)fremde Hilfe zu bestreiten. Sie sind deshalb der Schlüssel zum Verständnis des Konsenses der deut-
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schen Parteien in der Frage ihrer staatlichen Finanzierung. Die SPD zog in den frühen 1960er Jahren die Regierungsteilhabe (in einer Koalition zunächst mit der Union, dann mit der FDP) allen anderen strategischen Optionen vor. Diese Bereitschaft, eine Koalition mit beiden politischen Konkurrenten einzugehen, fand auch in dem Kompromiss aller Parteien über die staatliche Parteienfinanzierung ihren Niederschlag. Um zu verdeutlichen, dass alle Parteien durchaus über Alternativen verfügten, Strategien der Stimmenmaximierung aber insbesondere bei den Sozialdemokraten verpönt waren, soll im Folgenden auch auf die Diskussion über eine andere maßgebliche Grundlage des Parteienwettbewerbs, das Wahlrecht, genauer: den Vorschlag, ein Mehrheitswahlrecht einzuführen, eingegangen werden. Auch in dieser Frage waren es letztlich die Sozialdemokraten, die vor mehr Wettbewerb (und damit der Aufwertung des Ziels der Stimmenmaximierung) zurückschreckten. Bevor jedoch Parteienfinanzierungs- und Wahlrechtsdiskurs miteinander in Beziehung gesetzt werden, gilt es, die Positionen der einzelnen Parteien zur staatlichen Parteienfinanzierung und ihre strategische Motivation näher zu beleuchten. Das besondere Augenmerk wird dabei wie erwähnt auf der SPD liegen. Abschließend werde ich zeigen werden, wie Grüne und auch PDS Teil des Konsenses der deutschen Parteien über ihre staatliche Finanzierung geworden sind.
Die Position und die Ziele der bürgerlichen Parteien Anders als die SPD, die in den ersten 15 Jahren der Bonner Republik einen bemerkenswerten Wandel durchlief, war vor allem die Union, aber auch die FDP eher von Kontinuität geprägt. Dies kam auch in ihrer Haltung zur staatlichen Parteienfinanzierung zum Ausdruck. Zwar war es das BVerfG, das den Parteien 1958 die Möglichkeit einer staatlichen Finanzierung eröffnete. Im Kreis der Parteien war diese Option schon deutlich früher diskutiert worden. Union und FDP waren stets Vorreiter. Bereits 1951 hatte es in der CDU Überlegungen zur Einführung einer direkten staatlichen Parteienfinanzierung gegeben, diese wurden jedoch im Kabinett abgelehnt, weil man fürchtete, dass eine solche Maßnahme zu unpopulär sei (Blasius 2001). 1954 setzte der CDU-Bundesvorstand einen Ausschuss zu Fragen der Parteienfinanzierung ein, dem zufolge 90 Prozent der Parteimitglieder eine staatliche Parteienfinanzierung befürworteten. Allein die Parteispitze war weiterhin skeptisch (Buchstab 1990: 479). Bis 1955 wurde zunächst CDU-Schatzmeister Ernst Bach und seit 1958 auch Konrad Adenauer zum Anhänger einer direkten staatlichen Parteienfinanzierung. Dies ging vor allem auf die Furcht der CDU-Oberen vor der zunehmenden Abhängigkeit der Partei von den Fördergesellschaften zurück (Bösch 2002: 162) – und nicht auf das erwähnte Urteil des BVerfG von 1958. Dass die bürgerlichen Parteien
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von den Fördergesellschaften abhängig waren und dass letztere durchaus versuchten, aus dieser Abhängigkeit Kapital zu schlagen, d.h. Einfluss auf deren Politik zu nehmen, kam bereits in Kapitel 7.1 zur Sprache. Bezeichnenderweise waren in der CDU neben der Jugendorganisation7 vor allem die Mitarbeiter der Parteizentrale für eine staatliche Parteienfinanzierung (Schwarzkopf 1958). Die Mitarbeiter der Parteizentrale erhofften sich von den öffentlichen Zuwendungen eine kräftige Expansion des Parteiapparates. In der Tat musste die CDU ihre Organisation erheblich modernisieren, wollte sie mit deren Hilfe ähnlich viele Einnahmen generieren wie die Sozialdemokraten. Auch dafür waren staatliche Gelder unabdinglich, finanzierten die Unternehmen doch allein die Wahlkampagnen der Union. Spöttisch bezeichnete die SPD die von der Union zusehends vehementer geforderte staatliche Parteienfinanzierung in Anlehnung an den Namen des Parteivorsitzenden, dem am Organisationsaufbau besonders gelegen war, als „Dufhues-Startkapital“ (FAZ 12.4.1962). In der Tat ermöglichte erst die staatliche Parteienfinanzierung der CDU den systematischen Ausbau der Bundesgeschäftsstelle. Aus dem Gesagten dürfte deutlich geworden sein, welches strategische Motiv hinter der Befürwortung der staatlichen Parteienfinanzierung durch die Union stand: Die Stärkung des eigenen Apparates und damit (ob intendiert oder nicht) auch der innerparteilichen Partizipation deutet am ehesten auf eine Präferenz für das Ziel der Programmverwirklichung hin. Zwar diente eine schlagkräftige Organisation auch der Wahlkampfführung und damit der Stimmenmaximierung. Bezeichnend ist jedoch das Beispiel der CSU, bei der die Zuwendungen aus der Wirtschaft seit Mitte der 1960er Jahre exklusiv für Wahlkämpfe verwendet wurden, während die staatliche Parteienfinanzierung dem Ausbau des Parteiapparates diente (Mintzel 1975: 283). Offensichtlich ging es beim organisatorischen Aufbau der Union, dem Wandel zur Volkspartei, um mehr als um Wahlsiege. Die Union war als archetypischer Stimmenmaximierer, als reine Wahlplattform sehr heterogener Trägergruppen angetreten. Das Ziel, Wahlen zu gewinnen, erreichte sie bereits in den ersten Jahren der Bonner Republik eindrucksvoll. Ähnlich wie die SPD wollte auch die Union ihren Mitgliedern nun ein Stück Heimat, eine Diskussionsplattform bieten. Frank Bösch spricht treffend von einem „kleinen ‚1968’“ bei der CDU (2002: 96). Diese Binnenperspektive deutet auf das Ziel der Programmverwirklichung hin. Vehementer noch als die Union sprach sich die FDP für eine staatliche Parteienfinanzierung aus. Von ihr stammten die meisten frühen Vorstöße in diese Richtung (Adams 2005: 502). Angesichts ihrer Lage „zwischen Existenzbedrohung und Wirtschaftsabhängigkeit“ (Schiller 1990) verwundert dies wenig. Die FDP war noch mehr als die Union von den Fördergesellschaften abhängig. Auch war der Druck 7
Es war sicherlich kein Zufall, dass Gerhard Stoltenberg, der schon durch seine Mitarbeit in einer Gruppe von Nachwuchspolitikern aller Parteien durch den Bundesjugendplan mit staatlichen Geldern in Berührung gekommen war, den letztlich erfolgreichen Antrag auf öffentliche Zuschüsse zur Bildungsarbeit der Parteien stellte (Bösch 2002: 162).
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größer, den die Wirtschaft auf die Liberalen auszuüben versuchte. Dies hing mit der Rolle der FDP als Funktionspartei zusammen. Von allen deutschen Parteien kam die FDP als insubstantial weathervane dem Typus des office-seekers am nächsten (s. Kapitel 6.2). Zwei Beispiele mögen den Zusammenhang zwischen dem Eintreten der FDP für eine staatliche Parteienfinanzierung und ihrer Stellung als koalitionspolitischem Zünglein an der Waage näher verdeutlichen. Als die FDP 1956 in Nordrhein-Westfalen den CDU-Ministerpräsidenten stürzte und eine Koalition mit der SPD einging, verweigerte die Fördergesellschaft ihre Zahlungen (Dübber 1964: 107; 1970: 58-60). Dasselbe geschah 1959 in Niedersachsen in einer Episode, auf die im Zusammenhang mit der SPD noch näher einzugehen sein wird. Bezeichnenderweise hatte die FDP im Vorfeld der Wahl zusagen müssen, nur dann mit der SPD zu verhandeln, wenn alle vom Institut geförderten Parteien zustimmten (Dübber 1962: 42). Es waren nicht zuletzt diese Ereignisse, die die FDP zu einer Anhängerin der staatlichen Parteienfinanzierung werden ließen (Schiller 1990: 206 f.). Weitere Düpierungen durch die Fördergesellschaften wollten die Liberalen nicht akzeptieren. Hintergrund der koalitionspolitischen Öffnung der FDP war das Erstarken der so genannten Jungtürken um Wolfgang Döring und Walter Scheel innerhalb der Partei, die der FDP maximalen Einfluss sichern wollten, indem sie sie sowohl gegenüber SPD wie der Union koalitionsfähig werden ließen (Lösche/Walter 1996: 37-40). Ausdruck dieser Strategie war eine Entfremdung von der Union sowie die zunehmende Liberalisierung der FDP nach 1956, welche die Partei inhaltlich mehr und mehr von der CDU/CSU entfernte (Vorländer 1992: 246-50). Vor diesem Hintergrund verwundert es wenig, wenn die FDP zusehends vehementer auf die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung drängte, eben weil „frühere Geldgeber sie heute recht kurz halten“, wie es in einem Zeitungsartikel von 1958 hieß (Bitzer 1958). In strategischer Hinsicht war die Zustimmung der FDP zu einer staatlichen Parteienfinanzierung also durch ihr Streben sowohl nach Regierungsteilhabe als auch nach Programmverwirklichung motiviert. Nach Regierungsteilhabe, weil es der FDP darum ging, Koalitionen mit der SPD finanziell zu ermöglichen. Nach Programmverwirklichung, weil diese Koalitionen mit der SPD nicht allein machttaktisch motiviert waren, sondern eben auch einer programmatischen Liberalisierung (verstanden als Öffnung) der Partei entsprachen, die dem linksliberalen Erbe der Partei Rechnung trug. Dies war gleichsam die inhaltlich-programmatische Erklärung für die Öffnung der FDP, der es erstmals seit dem Kaiserreich gelungen war, das Schisma der liberalen Parteien aufzuheben. Profaner formuliert: Wollte die FDP ihr linksliberales Erbe ausspielen, so konnte sie nicht darauf hoffen, dass dies ihre tradi-
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tionellen Geldgeber finanzieren würden. Hier musste der Staat einspringen.8 Regierungsteilhabe (mit der SPD) und Verwirklichung ihrer (linksliberalen) Programmatik waren also die maßgeblichen Gründe, warum die FDP schon früh für eine staatliche Parteienfinanzierung eintrat.
Die Position der SPD und ihre strategische Motivation Die bürgerlichen Parteien waren aus handfesten und relativ leicht zu ermittelnden Gründen Befürworter einer staatlichen Parteienfinanzierung. An die Seite der konkreten Sorge um eine Einflussnahme der Großspender auf ihre Politik9 (auch dies im Übrigen ein Anzeichen dafür, dass es ihnen um Programmverwirklichung ging) traten strategische Erwägungen der Programmverwirklichung (durch Stärkung der eigenen Organisation bzw. Betonung des linksliberalen Erbes) und der Regierungsteilhabe (in Koalitionen mit der SPD). Im Fall der SPD ist es schwieriger festzustellen, warum und von wann an die Partei der staatlichen Parteienfinanzierung zustimmte. Häufig wird die These vertreten, die Sozialdemokraten seien 1959 strikt gegen die Einführung der Zuwendungen zur politischen Bildungsarbeit der Parteien gewesen (Weigelt 1988: 63; Lösche/Walter 1992: 230 f.). Im Zusammenhang mit dem Verfahren vor dem BVerfG war für die Mitte der 1960er Jahre gar vom bereits erwähnten „Bruderzwist im SPD-Haus“ (Dübber 1970: 97; s.a. Schleth/PintoDuschinsky 1970: 44) die Rede, eben weil die hessische SPD-Landesregierung in Karlsruhe gegen die staatlichen Zuwendungen geklagt hatte, während die BundesSPD sie dort unterstützte. Eine eingehende Analyse der zeitgenössischen Diskussion zeigt, dass vor allem die Parteiführung der Sozialdemokraten in der staatlichen Parteienfinanzierung die Möglichkeit sah, die Position der SPD im Parteienwettbewerb zu verbessern. Die Sozialdemokraten hatten die staatliche Parteienfinanzierung zunächst abgelehnt, eben weil ihnen – ganz im Sinne einer konkurrenzorientierten Sichtweise – klar war, dass die bürgerlichen Parteien ihnen in punkto Mitgliederzahl und Beitragsdisziplin nicht das Wasser reichen konnten (Wewer 1990: 265-7). Seit Ende der 1950er Jahre jedoch trat die SPD mehr oder minder offen für die Zuwendungen ein und ver8
Anders als bei der Sammlungspartei CDU/CSU, die zumindest mit den Katholiken ein potenziell organisationsfreudiges Milieu vertraten, waren bei den Liberalen die Chancen, eine den anderen im Bundestag vertretenen Parteien vergleichbare Parteiorganisation aufzubauen, wegen der vorherrschenden Honoratiorenmentalität der eigenen Anhänger sehr gering: „Parlamentszugehörigkeit und Regierungsbeteiligung stellen für die FDP die wohl wichtigste Organisationsressource dar“ (Lösche/Walter 1996: 168). 9 Dies war übrigens auch für die anderen kleinen Parteien, die in den ersten Jahren der Bonner Republik eine Rolle spielten (so etwa das Zentrum und die Bayernpartei), der ausschlaggebende Grund, warum sie für eine staatliche Parteienfinanzierung eintraten (Adams 2005: 503).
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suchte, sie als Unterpfand in den Verhandlungen über das Parteiengesetz zu benutzen. Dabei musste die SPD-Führung Rücksicht auf die eigenen Anhänger nehmen. Anders als die Union war die SPD in den 1950er Jahren ja bereits eine Massenpartei. Vor allem die einfachen Mitglieder beäugten die staatlichen Zuwendungen skeptisch, an einer Änderung des organisatorischen Status Quo war ihnen wenig gelegen. Davon zeugt beispielsweise, dass die Zuwendungen noch 1962 auf einem Parteitag abgelehnt wurden (Adams 2005: 512). Zur Mitte der 1950er Jahre stand Friedrich Stampfer, vor dem Krieg Chefredakteur des Vorwärts und nun Dozent an der Akademie für Arbeit in Frankfurt am Main, mit seinem Plädoyer für eine staatliche Parteienfinanzierung innerhalb der SPD noch ziemlich allein da (Adams 2005: 509). Den Sozialdemokraten galten zu diesem Zeitpunkt Mitgliedsbeiträge als einzige statthafte Form der Parteienfinanzierung (Stuttgarter Zeitung 28.10.1954). Danach jedoch änderte sich das Bild, nicht zuletzt, weil die SPD sich finanziell gegenüber den bürgerlichen Parteien und ihren potenten Geldgebern benachteiligt sah. Schon nach dem Urteil des BVerfG von 1958 wurde deshalb in der SPD hinter vorgehaltener Hand eine staatliche Parteienfinanzierung gefordert (Bitzer 1958; FAZ 26.6.1958). Schatzmeister Nau konnte sich schon 1959 in einer Podiumsdiskussion „vorstellen, dass der Staat für bestimmte, allgemein-politische Teilaufgaben in einem ganz engen Rahmen Zuschüsse gebe, unter der Voraussetzung allerdings, dass hier eine strenge Kontrolle ausgeübt werde“ (Blank 1959). Die Aussage Naus ist symptomatisch für die vorsichtige Akzeptanz der Subventionen durch die SPD in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre. Nach ihrer Zustimmung zur Einführung der Mittel 1959 lehnte die SPD im Bundestag zwar beide Erhöhungen der staatlichen Parteienfinanzierung von 1962 und 1964 ab, hielt sich mit genereller Kritik an den bürgerlichen Parteien jedoch merklich zurück.10 Sie forderte stattdessen immer wieder, dass zunächst einvernehmlich ein Parteiengesetz verabschiedet werden müsse (vgl. etwa SPD 1964b; Zöllner 1964). Dass die SPD weniger Bedenken gegen eine staatliche Parteienfinanzierung hatte als vielmehr Furcht vor einer späteren willkürlichen Veränderung des Allokationsschlüssels durch eine bürgerliche Regierung, zeigen auch die Einlassungen Naus auf dem SPD-Parteitag 1966: „Es muss bei jeder staatlichen Zuwendung abgesichert werden, dass diese Beihilfen nicht jeweils von der Mehrheit des Parlaments neu bestimmt werden können, d.h. es muss der Mehrheit verwehrt werden, 10
Dies sei am Beispiel der dritten Lesung des Haushaltsgesetzes von 1962 skizziert: Als im Bundestag erneut die Erhöhung der staatlichen Parteienfinanzierung zur Sprache kam, leisteten die SPDAbgeordneten nur noch sehr verhaltenen Widerstand und erklärten, die Zuwendungen widersprächen dem Gebot der Sparsamkeit, äußerten ab er keine prinzipiellen Bedenken. Dass die SPD hier nur halbherzig agierte, brachte schließlich der CDU-Abgeordnete Rudolf Vogel mit seiner maliziösen Bemerkung auf den Punkt. Nachdem er die SPD zunächst daran erinnert hatte, dass sie 1959 den Zuwendungen bereits zugestimmt hatte, schloss Vogel: „Wir konnten auch nach ihrem Verhalten bei der Behandlung dieses Punktes im Haushaltsausschuss annehmen, dass sie heute eine andere Einstellung zeigen würden“ (Deutscher Bundestag 1962: 862; s.a. SZ 6.4.1962).
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dass sie mit diesen Mitteln zugunsten der Regierungsparteien manipuliert. Deshalb unsere Forderung: Grundsätze der Parteienfinanzierung müssen Gegenstand eines Parteiengesetzes werden“ (Vorstand der SPD 1966: 229). Ein weiterer wichtiger Grund für die taktierende Haltung der SPD war ihr Interesse, die bürgerlichen Parteien endlich auf die grundgesetzlich geforderte Einhaltung der Rechenschaftspflicht festzulegen. Tatsächlich zeigte das Parteiengesetz von 1967 dann eindeutige Züge eines Kompromisses: Die SPD trug die Einführung staatlicher Gelder mit und akzeptierte die steuerliche Absetzbarkeit von Parteispenden, im Gegenzug schluckten die bürgerlichen Parteien die „bittere Pille“ (Boyken 1998: 65) der Rechenschaftspflicht. Anders als beispielsweise von Thomas Poguntke (1994: 191) unterstellt, war die Nichtentscheidung über ein Parteiengesetz Mitte der 1960er Jahre keineswegs ideal für alle Parteien, vielmehr lebte die Opposition in der Sorge, unter Umständen spürbar benachteiligt werden zu können. Dies bestätigt die in Kapitel 4.1 ausgeführte Erwartung, dass just diese Furcht vor willkürlichem Handeln der Regierung einen Konsens der Parteien über ihre staatliche Finanzierung erforderlich macht. Unklar ist jedoch noch immer, warum die SPD (oder zumindest ihre Führung) zwischen 1955 und 1959 zum Befürworter der staatlichen Parteienfinanzierung wurde. Sie hätte zu diesem Zeitpunkt nach wie vor die organisatorische, finanzielle und vor allem: moralische Macht gehabt, gegen die Bestrebungen der bürgerlichen Parteien öffentlich zu protestieren, wie sie dies noch zur Bundestagswahl 1957 tat (dazu mehr im Kapitel über den Korruptionsdiskurs). Zur Mitte der 1950er Jahre war für die Führung der Bundes-SPD der Eindruck schwerlich von der Hand zu weisen, dass ihre bisherige Strategie im Parteienwettbewerb gescheitert war. Die Bundespartei unter Schumacher war von den Wählern zunächst zur Daueropposition gezwungen worden und nahm – trotz aller Bekundungen eines Neuanfangs auf traditionelle Konzepte und scharfe Konkurrenz und Abgrenzung zur Regierung beharrend – eine sehr passive Rolle in den ersten Bundestagen ein (Walter/Dürr 2000: 81). Der konfrontative Kurs der Partei war 1953 und 1957 zweimal kläglich gescheitert. Die SPD zog daraus den Schluss, Auseinandersetzungen mit der Union fortan tunlichst zu meiden. Ab Mitte der 1950er Jahre kam es zu einer programmatischen und organisatorischen Neuausrichtung der SPD, deren wichtigste Wegmarken die Stuttgarter Organisationsreform, das Godesberger Programm und die außenpolitische Rede Herbert Wehners im Juni 1960 waren (s.a. Klotzbach 1982: 513). Ich habe in Kapitel 6.2 gezeigt, dass die ideologischen Distanzen der beiden großen Parteien in Deutschland in den 1960er Jahren auf ein Minimum sanken. Dies war Ausdruck der neuen Oppositionsstrategie der Sozialdemokraten. Gleichzeitig verabschiedete sich die SPD von ihrem strikten Konfrontationskurs und näherte sich den anderen Parteien nicht nur inhaltlich, sondern auch taktisch an: „Die Parteiführung der SPD nahm bei ihrem Gemeinsamkeitskurs auch auf die
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eingeschliffenen Denkkategorien der sozialdemokratischen Stammwähler keine Rücksicht und mutete ihren Mitgliedern eine harte Bewährungsprobe zu“ (Schönhoven 2004: 24). Die Akzeptanz der staatlichen Parteienfinanzierung, so meine These, war Teil dieser „harten Bewährungsprobe“. Das Ziel, um das es den Sozialdemokraten dabei ging, lag auf der Hand: der Eintritt in die Bundesregierung. Neben der Regierungsteilhabe diente die Akzeptanz der staatlichen Parteienfinanzierung durch die SPD auch dem Ziel der Programmverwirklichung. In den Anfangsjahren hatte die SPD die öffentlichen Gelder nicht für ihre laufenden Kosten eingesetzt, sondern davon Bildungs- und Organisationssekretäre finanziert. Diese Sekretäre entwickelten schnell ein organisatorisches Eigeninteresse, wollten ihre Stellen weiter finanziert und ausgebaut sehen (Adams 2005: 517). Ähnlich wie bei der Union, wenn auch in geringerem Umfang, hatte die staatliche Parteienfinanzierung also auch bei der SPD eine Binnenperspektive, diente dem Ausbau der eigenen Organisation. Was hatte das Drängen der SPD nach Regierungsbeteiligung mit ihrer Akzeptanz der staatlichen Parteienfinanzierung zu tun? Auch den Genossen war klar, dass die staatlichen Zuwendungen letztlich eine conditio sine qua non für die Union, vor allem aber für die FDP darstellten. Anders als in Frankreich gab es in Deutschland kein System der bipolarisation, in dem beide großen Parteien über einen genuinen Koalitionspartner aus ihrem politischen Lager verfügten. Die FDP nahm in der Bonner Republik eine privilegierte Rolle als Mehrheitsbeschafferin ein – und war in noch höherem Maße als die CDU/CSU auf staatliche Zuwendungen angewiesen, zumal, wenn sie mit der SPD koalieren wollte. Anders formuliert: Wollte die SPD mittelfristig an der Bundesregierung teilhaben (insbesondere als dominante Partnerin in einer Koalition mit der FDP), so dürfte die Akzeptanz der staatlichen Parteienfinanzierung aus ihrer Sicht dazu die Grundvoraussetzung gewesen sein. Es gab dazu letztlich nur eine Alternative, nämlich die Einführung eines Mehrheitswahlrechts, und davor schreckten die Sozialdemokraten, wie zu zeigen sein wird, zurück. Wie der Kuhhandel zwischen SPD und bürgerlichen Parteien praktisch funktionieren konnte, wurde bereits 1960 auf Länderebene vorexerziert. Davon, dass die SPD 1960 in Niedersachsen eine Koalition mit der FDP einging, war bereits die Rede. Unerwähnt blieb bislang, dass die niedersächsische SPD unter Hinrich Wilhelm Kopf der FDP – und auch dem Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (BHE) – im Vorfeld der Landtagswahl zugesagt hatte, dass sie im Falle einer Koalition der drei Parteien bereit sei, nach der Wahl eine staatliche Parteienfinanzierung auf Landesebene einzuführen (Dübber/Braunthal 1963: 784 f.). Dies geschah durchaus mit Billigung der Bundespartei, sonst hätte sich Bundesschatzmeister Nau kaum auf dem Parteitag 1966 in Dortmund mit dem Vorgehen Kopfs gebrüstet: „Als [...] Kopf in Niedersachsen eine gegen die SPD gerichtete Regierung ablöste und mit der FDP und dem BHE eine Koalition bildete [...], da war es die Fördergesellschaft von Niedersachsen, die genau das gleiche machte, was vorher in Nord-
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rhein-Westfalen exerziert worden war. Was Hinrich Wilhelm Kopf in diesem Augenblick tat, war klar: Zum ersten Mal erschienen in einem Landeshaushalt Mittel für die politischen Parteien“ (Vorstand der SPD 1966: 233). Die öffentlichen Zuwendungen waren als Kompensation des Ausfalls der Gelder der niedersächsischen Fördergesellschaft gedacht, den FDP und BHE im Falle eines Ausscherens aus dem bürgerlichen Lager zu erwarten hatten. Als FDP und BHE in die Koalition mit der SPD eintraten, beschloss die neue Regierung im folgenden Jahr den Haushaltstitel „Zuschüsse an die im Landtag vertretenen Parteien“ in Höhe von 0,5 Millionen DM (ca. 260.000 Euro; HAZ 12./13.12.1959). Dass die Zuwendungen vor allem den kleinen Parteien zugute kommen sollte, verdeutlichte auch der vorgesehene Sockelbetrag. Die erste direkte und nicht zweckgebundene Parteienfinanzierung in Deutschland wurde also unter der Ägide einer SPD-Regierung eingeführt. Diese Regelung stand Pate für den Wegfall der Zweckbindung auf Bundesebene. 11 Selbst in Hessen, das ja Anfang der 1960er Jahre gegen die Zuschüsse zur Bildungsarbeit der Parteien auf Bundesebene beim BVerfG eine Klage eingereicht hatte, hatte die SPD-Landesregierung dem BHE schon 1957 staatliche Zuwendungen angeboten, falls dieser sich für eine Koalition mit den Sozialdemokraten entscheide (Adams 2005: 514). Bezeichnenderweise wurde eine staatliche Parteienfinanzierung in Hessen dann tatsächlich eingeführt, als die SPD 1971 erstmals mit der FDP koalierte. Die FDP hatte dies im Vorfeld der Wahl explizit von der SPD gefordert (Jasper 1971).12 Die Behauptung, die Bundes-SPD sei dem hessischen Ministerpräsidenten Zinn „praktisch in den Rücken“ gefallen (Wewer 1990b: 274), als sie vor dem BVerfG dessen Klage nicht unterstützte, stellt vor diesem Hintergrund lediglich ein Beispiel der vielen Dolchstoßlegenden dar, die in der Literatur zum Thema staatliche Parteienfinanzierung kursieren. Auch die hessische SPD war offensichtlich kein prinzipieller Gegner der staatlichen Parteienfinanzierung, ihr war ebenso wie der Bundespartei vielmehr an der Verabschiedung eines Parteiengesetzes gelegen, damit es den bürgerlichen Parteien schwerer fiele, den Verteilungsschlüssel für die staatlichen Zuwendungen willkürlich zu verändern. Dies wird auch 11
Karl-Reinhard Titzck zufolge hatte die Bundesregierung bei ihrer Entscheidung, die Zweckbindung der öffentlichen Zuwendungen wie in Niedersachsen entfallen zu lassen, auf ein Urteil des BVerfG gewartet (1990: 27). Das Gericht hatte über eine Klage des Bundes der Deutschen gegen die staatlichen Mittel in Niedersachsen zu entscheiden. Das BVerfG hatte die Klage nicht zur Entscheidung angenommen und darauf hingewiesen, dass eine staatliche Parteienfinanzierung grundsätzlich mit dem Grundgesetz vereinbar sei (BVerfGE 11, 239: 242). Nach diesem Spruch des Gerichts entfiel auch die Zweckbindung der Mittel auf Bundesebene. Die referierte Annahme von Titzck erscheint sehr plausibel. Theodor Eschenburg irrte offensichtlich, wenn er davon sprach, dass Niedersachsen dem Beispiel des Bundes nachgefolgt sei (1961: 34). 12 Selbst der Machtwechsel von 1969 hatte einen finanziellen Aspekt: 1969 vermittelte die SPD der FDP dem Vernehmen nach einen Kredit in Millionenhöhe bei der gewerkschaftseigenen Internationalen Genossenschaftsbank Ingeba in Basel, als bei den Liberalen die Spenden aus der Wirtschaft und – wegen des schlechten Wahlergebnisses – die staatlichen Zuwendungen ausblieben (FR 6.7.1988).
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deutlich, wenn man sich die Klageschrift der hessischen Landesregierung vor dem BVerfG näher ansieht. Die Landesregierung focht weniger die staatlichen Zuwendungen an sich an als vielmehr die Tatsache, dass die Zuwendungen in ihrer bestehenden Form sowohl „die Verteilung der Mittel als auch den Verwendungszweck und die Verwendungskontrolle rechtlich ungesichert“ ließen (BVerfGE 20, 56: 61). Je mehr sich die Sozialdemokraten von dem Streben allein nach Stimmenmaximierung und Programmverwirklichung lösten, desto bereitwilliger akzeptierten sie eine staatliche Parteienfinanzierung. Dieser Prozess setzte Mitte der 1950er Jahre ein und kam 1967 zu seinem Abschluss. Faktisch trat die SPD seit dem Ende der 1950er Jahre überall dort für eine staatliche Parteienfinanzierung ein, wo sie an der Regierung beteiligt war oder über konkrete Koalitionsoptionen verfügte (s.a. Adams 2005: 515). Dies spricht eindeutig für einen Zusammenhang zwischen dem Streben nach Regierungsbeteiligung und der Zustimmung zu einer staatlichen Parteienfinanzierung: „Seen in long-term perspective the changes in utilization of party finance techniques relates significantly to the changing patterns of coalition-building“ (Heidenheimer/Langdon 1968: 85). Die Beispiele aus den Ländern zeigen ferner, dass mittelbar auch der deutsche Föderalismus den Konsens der Parteien über ihre staatliche Finanzierung beförderte. Daran musste sich die SPD auch von der Union erinnern lassen, die vor allem im Bundestag die Sozialdemokraten darauf hinwies, dass sie das, was sie auf Bundesebene kritisierten, auf Landesebene längst selbst praktizierten (Deutscher Bundestag 1962; s.a. Tagesspiegel 6.4.1962). Inwiefern die Akzeptanz der staatlichen Parteienfinanzierung eine Bewährungsprobe für die Mitglieder der SPD darstellte und warum es für die Partei angezeigt war, trotz ihrer Zustimmung eine kritische Grundhaltung gegenüber der staatlichen Parteienfinanzierung aufrechtzuerhalten, verdeutlicht eine Episode vom SPD-Parteitag 1966. Nau legte wortreich dar, warum die SPD der staatlichen Parteienfinanzierung zustimmen werde. Ein Delegierter aus Franken monierte daraufhin: „Wir haben uns dafür [für die Zustimmung, MK] den Vorwurf eingehandelt, dies seien Vorleistungen13 auf eine mögliche große Koalition gewesen“ (Vorstand der SPD 1966: 265). Auch an der Basis der SPD war man sich also durchaus bewusst, welche Motive hinter der Haltung der eigenen Partei zu einer staatlichen Parteienfinanzierung standen. Hier schienen viele noch den Zeiten der reinen Mitgliederfinanzierung nachzutrauern. Allerdings stieß die Position der Parteiführung 1966 durchaus auf Zustimmung, zumindest verlief die weitere Diskussion auf dem Parteitag ruhig. Gegenüber den strategischen Erwägungen dürften Finanzprobleme der Sozialdemokraten für deren Zustimmung zu einer staatlichen Parteienfinanzierung von 13
Von „Vorleistungen“ im Plural sprach der Delegierte deshalb, weil auch der Verzicht auf eine Klage wegen der illegalen Verwendung von Regierungsmitteln zur Wahlkampfführung, die die SPD lange vor sich her schob, vielen als eine weitere Vorleistung auf eine Koalition mit der Union galt (Dübber 1970: 98; s.a. Flechtheim 1970: 240-2).
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untergeordneter Bedeutung gewesen sein. Zwar erkennt Göttrik Wewer in den sich anbahnenden strukturellen Finanzproblemen der SPD den entscheidenden Grund für deren Zustimmung zu den öffentlichen Zuwendungen (1990b: 278 f.). KarlHeinz Adams hingegen bestreitet dies und verweist darauf, dass die Parteizentrale der Sozialdemokraten erst 1975 ihren ersten Nettokredit aufnehmen musste (2005: 516). Im Hinblick auf ihr Parteivermögen ist die SPD den anderen Parteien auch heute noch mehr als ebenbürtig.14 Die bürgerlichen Parteien konnten dank der Fördergesellschaften insbesondere in Wahlkämpfen mehr Geld ausgeben als die SPD. Dies war für viele Sozialdemokraten sicherlich ein Argument für die staatliche Parteienfinanzierung. Der entscheidende Punkt ist hier aber ein anderer: Allein die SPD war in der Lage, ihre laufenden Kosten mit Hilfe ihrer Organisation zu decken, d.h. im Wesentlichen durch Beiträge und Spenden ihrer Mitglieder und Mandatsträger. Dies machte die SPD in moralischer und parteiorganisatorischer Hinsicht zum Modell für CDU und CSU. An dieser Vorbildfunktion lag den Sozialdemokraten aber herzlich wenig, sie wollten endlich mitregieren. In dem Maße, wie die bürgerlichen Parteien als klassische Stimmenmaximierer angetreten waren und nun ihre Organisation ausbauen wollten, um so den Aspekt der Programmverwirklichung zu stärken, investierte die SPD als policy-seeker par excellence in ihre Koalitionsoptionen und damit das in Ziel der Regierungsteilhabe. Dies kam der FDP entgegen, die sich programmatisch von den bürgerlichen Parteien zu lösen trachtete und der ebenfalls an einer Erweiterung ihrer Koalitionsoptionen gelegen war. Das Ziel der Stimmenmaximierung spielte bei allen Parteien eine nachgeordnete Rolle. Um dies zu verdeutlichen und zugleich zu zeigen, dass es durchaus konkurrierende Modelle für die Ausgestaltung der Parteienfinanzierung und des politischen Wettbewerbs gegeben hätte, mit anderen Worten: dass die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung in Deutschland also mithin weder einem Determinismus folgte noch eine Verschwörung der Parteien darstellte, soll im Folgenden auf die Diskussion über die Einführung eines Mehrheitswahlrechts eingegangen werden.
Die Auseinandersetzung um das Mehrheitswahlrecht Der Anknüpfungspunkt zwischen Wahlrechts- und Parteienfinanzierungsdiskurs war eine Forderung, die die SPD seit 1957 systematisch erhob und noch 1964 anlässlich der erneuten Ausweitung der staatlichen Zuwendungen an die Parteien vorbrachte, nämlich die Forderung nach Ausgabenobergrenzen für die Parteien (Schulte 1957; Zöllner 1964). Wie ernst gemeint dieser Vorschlag angesichts der 14
Der SPD-Abgeordnete Andreas Schmidt kommt sogar zu dem Ergebnis, dass die SPD „nach Einschätzung sachkundiger Beobachter die reichste Partei Europas, wenn nicht sogar der Welt, mit Ausnahme der KP in China“ sei (zitiert nach einem Diskussionsbeitrag Ulrich von Alemanns in WettigDanielmeier/Stiegler 2001: 37).
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strategischen Ambitionen der SPD war, mag dahingestellt sein. Immerhin gab es bei den Bundestagswahlen 1965 und 1969 tatsächlich freiwillige Abkommen zur Begrenzung der Wahlkampfausgaben (Dübber 1970: 139-42, 144 f.). Entscheidend ist hier, dass die Forderung nach Ausgabenobergrenzen für die Parteien letztlich auf ein gänzlich anderes Parteienfinanzierungsregime hinauslief.15 Deshalb war es auch nur konsequent, dass die SPD die Obergrenzen als Alternative zu einer staatlichen Parteienfinanzierung propagierte. Staatliche Parteienfinanzierung und Wahlrecht waren Determinanten des Parteienwettbewerbs, um die seit Mitte der 1950er Jahre strategische Auseinandersetzungen geführt wurden. Die Kritik der FDP am damaligen Finanzminister FranzJosef Strauß in der so genannten FIBAG-Affäre war 1962 der erste Anlass, bei dem die CDU der FDP offen mit der Einführung eines Mehrheitswahlrechts drohte (Vring 1968: 93). Um die Liberalen weiter einzuschüchtern, stimmten im Bundestag einige Mitglieder der Unionsfraktion mit der SPD, so dass die Gelder aus der staatlichen Parteienfinanzierung für ein Jahr ohne einen Sockelbetrag ausgezahlt wurden, was naturgemäß der FDP schadete (Dübber 1964: 107). Auch der bereits erwähnte Regierungswechsel der FDP in Nordrhein-Westfalen von 1956 hatte nicht zuletzt eine Antwort der Liberalen auf die Pläne der Union, ein Mehrheitswahlrecht einzuführen, dargestellt (Breitling 1962: 358 f.; Sternberger 1964c: 229). Ähnlich wie in der Auseinandersetzung über die staatliche Parteienfinanzierung war auch in derjenigen um das Mehrheitswahlrecht die SPD ausschlaggebend, wie in der Parteienfinanzierung entschied sie sich auch in diesem Fall für die Option auf Regierungsbeteiligung und gegen die Maximierung ihres Stimmenanteils. Anders formuliert: Es gab in Deutschland durchaus eine Alternative zur staatlichen Finanzierung der Parteien. Diese wurde jedoch ausgeschlagen, eben weil die SPD dem Regieren in einer Koalition den Vorzug vor den unklaren Folgen eines intensivierten Parteienwettbewerbs gab. 1966 war das Wahlrecht noch das „Vehikel einer Verständigung“ zwischen Union und SPD gewesen, wollte man doch in der großen Koalition gemeinsam ein Mehrheitswahlrecht durchsetzen (Vring 1968: 104 f.) Die Wahlrechtsreform scheiterte jedoch, weil keine der großen Parteien sich traute, auf die FDP als potenziellen Koalitionspartner zu verzichten. Vor allem für die SPD war dies die sicherere Variante als unbestimmte Zugewinne bei Wahlen (Saalfeld 2005: 224 f.). Modellrech15
Bereits 1955 war eine vom Innenminister eingesetzte Wahlrechtskommission zu dem Schluss gekommen, dass Ausgabenobergrenzen für Parteien unter den Bedingungen eines Verhältniswahlrechts mit Listenwahl kaum zu praktikabel seien (Wahlrechtskommission 1955: 73). Ausgabenobergrenzen sind vielmehr in Einerwahlkreisen unter den Bedingungen eines Mehrheitswahlrechts sinnvoll, sie werden denn auch vor allem in Großbritannien und Kanada erfolgreich praktiziert (Naßmacher 2003b: 42-4; Casas-Zamora 2005: 21 f.). Selbst im angelsächsischen Raum erwiesen sich Ausgabenobergrenzen oftmals als nur bedingt tauglich (so z.B. in Australien, vgl. Naßmacher 2003b: 44); außerhalb dieses Raums, unter den Bedingungen eines Verhältniswahlrechts, waren sie zumeist gänzlich unwirksam (s.a. Bianco/Gardini 1999: 28).
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nungen zu den Auswirkungen eines Mehrheitswahlrechts lösten 1968 eine „Schockstimmung“ bei der SPD aus (Schönhoven 2004: 249; s.a. Bredtheuer 1973: 67 f.). Die Sozialdemokraten zweifelten, ob sie mit ihrem neuen Kurs den sozialstrukturellen Vorsprung der Union hätten schließen können. Auch erschien ihnen die Position als Seniorpartner in einer Koalition mit der FDP verlockender als der des Juniorpartners der CDU (oder gar der strukturellen Benachteiligung unter den Bedingungen des Mehrheitswahlrechts). Letztlich lag die Entscheidung über das Wahlrecht – ähnlich wie die über die Parteienfinanzierung – bei ihnen, konnten die Sozialdemokraten doch zwischen der Fortsetzung der großen Koalition über 1969 hinaus (bei Einführung des Mehrheitswahlrechts in der nächsten Legislaturperiode) und einer Koalition mit der FDP (im Falle der Beibehaltung des Status Quo) wählen (Jesse 1985: 125). Für die CDU war ein Zusammengehen mit der FDP Ende der 1960er Jahre unwahrscheinlich geworden. Die CDU war zwar traditionell Verfechterin eines Mehrheitswahlrechts (Jesse 1987: 435), allerdings gab es auch bei ihr durchaus Bedenken gegen einen intensivierten Parteienwettbewerb und das daraus möglicherweise resultierende Verschwinden der FDP (Bredtheuer 1973: 66 f.). Hinzu kam bei beiden großen Parteien die Sorge um den Fortbestand ihrer organisatorischen Präsenz in allen Regionen Deutschlands: Die CDU fürchtete vor allem um ihre Position im Norden und in den Städten, die SPD hingegen hatte Angst, auf dem Land und im Süden marginalisiert zu werden (Vring 1968: 116 f.). Diese Sorge um die eigene Parteiorganisation verdeutlicht einmal mehr, dass neben dem Ziel der Regierungsteilhabe auch das Ziel der Programmverwirklichung erklärt, warum die deutschen Parteien einem eher konsensorientierten Parteienwettbewerb den Vorrang gaben. Zu dem Befund, dass die Entscheidungen über das Wahlrecht und die Finanzierung miteinander verknüpft waren und dass die Parteien bewusst dem Konsens den Vorrang vor dem Konflikt gaben, passt auch, dass die Gegner dieser Entscheidung zumeist ebenfalls an beiden Fronten kämpften. In den Anfangsjahren der Bonner Republik war dies exemplarisch Dolf Sternberger. Wie in der Skizze des parlamentarischen Entscheidungsverhaltens der Parteien bereits erwähnt, war Sternberger entschiedener Gegner der staatlichen Parteienfinanzierung. Er sprach schon 1959 davon, dass mit Hilfe der Zuwendungen zur Bildungsarbeit der Parteien ein „demokratischer Staatsklerus“ geschaffen werde (1959; s.a. 1964a). Noch resoluter trat Sternberger jedoch für die Einführung des Mehrheitswahlrechts ein. Sein Engagement war sowohl wissenschaftlich-publizistischer16 als auch ganz praktischer Natur, genoss die von ihm gegründete pressure group „Deutscher Wählerverein“ doch vor allem innerhalb der Unionsfraktion beträchtlichen Rückhalt (Otto 1971: 167; Jesse 1985: 31-3). Das zumindest funktionale, wenn auch nicht im Hinblick auf 16
Zur Vielschichtigkeit des Wirkens von Sternberger vgl. die Beiträge in Sternberger 1964b, die von der Radiorede über den Leitartikel bis zum wissenschaftlichen Aufsatz reichen.
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seinen Einfluss vergleichbare Äquivalent Sternbergers in der heutigen Zeit ist Hans Herbert von Arnim. In Büchern wie „Fetter Bauch regiert nicht gern“ (Arnim 1997) oder „Das System. Die Machenschaften der Macht“ (Arnim 2001) polemisiert von Arnim gegen die „Beutepolitik“ der Parteien (2001: 106) und nimmt vor allem die staatliche Parteienfinanzierung ins Visier. Gleichzeitig spricht er sich für die Einführung eines Mehrheitswahlrechts aus (Arnim 2001: 346-9). Wenn es kein Zufall war, dass oftmals dieselben Personen gegen staatliche Parteienfinanzierung und Verhältniswahlrecht polemisierten, so lag es nahe, dass die Parteien beide Themenkomplexe zu Beginn der 1960er Jahre mit derselben Taktik und denselben strategischen Motiven angingen. Die SPD, im Parlamentarischen Rat noch einer der vehementesten Verfechter eines Verhältniswahlrechts, ließ ihre Position in dieser Frage im Godesberger Programm offen. Eckhard Jesse erkennt darin eine Flexibilisierung der SPD, wie sie typisch für Volksparteien ist (1985: 138). Genauso verhielt es sich mit der Frage einer staatlichen Parteienfinanzierung, bei der die SPD anfangs ebenfalls allein „ihre“, aus einer Binnenperspektive sinnvolle Position einnahm und diese dann zusehends ihrem übergeordneten Ziel: der Machtteilhabe, unterordnete. Es scheint, als träfe auch Jesses zweiter Befund, dass die Wahlrechtsdebatte weniger durch den wissenschaftlichen Diskurs als durch das politische Kalkül der Parteien bestimmt war (1985: 140; so schon Bredtheuer 1973), ebenfalls auf die Entscheidung über die staatliche Parteienfinanzierung zu. Die Debatte über das Mehrheitswahlrecht illustriert analog zu der über die staatliche Parteienfinanzierung, welche Rolle die Interessen der Parteien grundsätzlich spielten und welch geringe Bedeutung dem Ziel der Stimmenmaximierung dabei zukam. Kathleen Bawn konnte zeigen, dass ein Mehrheitswahlrecht der SPD zwar wohl Stimmenzuwächse, aber eine geringere Aussicht auf eine Regierungsbeteiligung eingebracht hätte (1993: 976). Ähnlich verhielt es sich mit dem Beharren auf der Fortsetzung einer rein privaten Parteienfinanzierung – mit dem Unterschied, dass die Aussichten auf Stimmenzuwächse dabei noch ungewisser waren als im Fall der Einführung eines Mehrheitswahlrechts. Aus diesem Grund entschied sich die SPD für das Verhältniswahlrecht, eine staatliche Parteienfinanzierung und mithin für den Konsens der Parteien, den Union und FDP ohnehin gewillt waren, einzugehen.
Grüne, Linkspartei und der Konsens der Parteien über ihre Finanzierung Es war bereits im Abriss über die parlamentarischen Entscheidungen zur staatlichen Parteienfinanzierung davon die Rede, dass nach 1967 eine Phase der Ruhe einsetzte. Warum dies der Fall war, ist nun klar geworden: Letztlich beruhte diese Ruhephase darauf, dass die strategischen Interessen der etablierten Parteien konvergierten. Der in Kapitel 6.2 beschriebene Grundkonsens der deutschen Parteien seit den 1960er Jahren fand auch in deren Finanzierung seinen Ausdruck. Allerdings machte sich
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auch die negative Seite des Konsenses, dass von ihm nämlich ein enormer Einigungsdruck ausging, bemerkbar. 1983 stimmte die SPD vor allem wegen ihrer beträchtlichen Schulden dem Koalitionsvorschlag zur Reform der Parteienfinanzierung zu und akzeptierte die erheblichen Steuervorteile für große Spenden (Hoffmann 1983; s.a. Spiegel 13.10.1983). In der SPD kam die Sorge auf, dass man erpressbar würde oder zumindest abhängig von den anderen Parteien (Japs 1983). Dies entspricht den in Kapitel 4.1 geäußerten Erwartungen. Vor dem Hintergrund dieses Autonomieverlustes der SPD mag es nachvollziehbar sein, in ihrer Zustimmung zur staatlichen Parteienfinanzierung eine folgenschwere Fehlentscheidung zu erkennen (Wewer 1990b: 285 ff.; Adams 2005: 512). Letztlich ist dieses Argument jedoch ahistorisch, verkennt es doch, dass die Bereitschaft der Sozialdemokraten zum Konsens mit den anderen Parteien (auch im Bereich der staatlichen Parteienfinanzierung) eine wesentliche Voraussetzung dafür war, dass es der SPD gelang, sich im deutschen Parteiensystem zu integrieren. Welche Bedeutung dem Konsens zwischen den beiden großen Parteien nach 1967 zukam, veranschaulicht eine Episode um die Novelle des Parteiengesetzes von 1993. Der damalige SPD-Vorsitzende Rudolf Scharping hatte im Spitzengespräch der Partei- und Fraktionsvorsitzenden der innerhalb der SPD sehr umstrittenen Degression zugestimmt. Nur nach intensiver Überzeugungsarbeit stimmte die SPDFraktion schließlich „trotz erheblicher Vorbehalte“ (SZ 10.11.1993) der Gesetzesnovelle zu. Als die Zustimmung der SPD-Fraktion zwischenzeitlich nicht mehr sicher schien, drohte der parlamentarische Geschäftsführer der Union, Jürgen Rüttgers, die Abstimmung über das Parteiengesetz von der Tagesordnung des Bundestages zu nehmen, sollte die SPD nicht zustimmen (FAZ 11.11.1993). Ganz wie hier vermutet wurde, reichte den Akteuren in einer so sensiblen Materie eine nominelle Mehrheit der Regierungskoalition offensichtlich nicht aus. Wenn der Konsens der Parteien nach 1967 überhaupt zur Disposition stand, dann geschah dies durch die beiden Parteien, die seitdem neu in den Bundestag gelangten: die Grünen und die Linkspartei. Namentlich die Grünen strengten in den 1980er Jahren mehrere Klagen gegen die staatliche Parteienfinanzierung an, insbesondere gegen die steuerlichen Abzugsmöglichkeiten, den Chancenausgleich und den Sockelbetrag. Wenig überraschend nahmen sie in den 1980er Jahren auch nicht an den informellen Gesprächen über die staatliche Parteienfinanzierung teil. In den 1990er Jahren bot sich jedoch ein anderes Bild: Nun arbeiteten auch die Grünen lange am Entwurf für das neue Parteiengesetz von 1994 mit, sie stiegen erst kurz vor Fertigstellung der erwähnten „Eckpunkte“ der Schatzmeister aus (Boyken 1998: 233). Den Grünen war es erstmals gelungen, substanzielle Vorschläge in das neue Gesetz einzubringen, etwa die Berechnung der staatlichen Zuwendungen je zur Hälfte nach Stimmen und Einnahmen sowie die Orientierung der Zuwendungen an den tatsächlichen Wählerstimmen anstelle der Wahlberechtigten (SZ 11.11.1992). Die Grünen akzeptierten auch erstmals dezidiert den Gesetzesentwurf, den letztlich
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die anderen Parteien aushandelten (FAZ 24.9.1993). Sie (und auch die PDS) lehnten das neue Parteiengesetz im Bundestag vor allem wegen der Degression ab und weniger aus prinzipiellen Gründen. Wie kam es zu diesem Positionswandel der Grünen? Zuvorderst hatte das BVerfG mit seiner zurückhaltenden Rechtsprechung einen Anteil daran. Nachdem die Grünen mit ihrer Klage von 1986 (insbesondere gegen die steuerlichen Abzugsmöglichkeiten für Parteispenden, aber auch die von ihnen monierte Umwegfinanzierung der Parteien durch die ihnen nahe stehenden Stiftungen) faktisch gescheitert waren, richteten sie sich zusehends im Status Quo des deutschen Parteiensystems ein (Murphy 1990: 325-33). Die Gründung des Stiftungsverbandes Regenbogen, 1996 zusammengefasst in der Heinrich-Böll-Stiftung, die seit 2000 in gleichem Maße wie die Friedrich-Naumann- und die Hanns-Seidel-Stiftung gefördert wird, gilt vielen Beobachtern als Indikator dafür, dass die Grünen ihren Frieden mit dem Regime der Parteienfinanzierung in Deutschland geschlossen haben (Raschke 1993: 507 ff.; Lepszy 2000: 504). Zusätzlich gerieten die Grünen im Gegensatz zu allen anderen Parteien im Zuge der deutschen Einheit in eine Finanzkrise, eben weil sie den Einzug in den Bundestag verpassten. Dies und ihre zunehmende Professionalisierung waren ebenfalls ausschlaggebend dafür, dass die Grünen die staatliche Parteienfinanzierung schließlich akzeptierten (Ebbighausen et al. 1996: 356-9). Der wichtigste, all den genannten Ursachen gleichsam vorgängige Grund dafür, dass die Grünen Teil des Konsenses über die staatliche Parteienfinanzierung wurden, war jedoch, dass sie, ganz ähnlich wie die SPD vor ihr, seit den späten 1980er Jahren vom Streben nach Programmverwirklichung abließen bzw. der Regierungsbeteiligung zusehends mehr Gewicht einräumten. War es Zufall, dass die erste Entscheidung über die staatliche Parteienfinanzierung, die die Grünen auch im Parlament ausdrücklich mittrugen – es handelte sich um die Erhöhung der absoluten Obergrenze 1998 von 230 auf 245 Millionen DM (ca. 117 Mio. bzw. 125 Mio. Euro; FR 2.12.1998) – getroffen wurde, als sie an der Bundesregierung beteiligt waren? Dafür, dass ihr zunehmendes Streben nach Regierungsteilhabe Einfluss auf den Positionswandel der Grünen hatte, spricht auch, dass sie sich als Regierungspartei erstmals aktiv an der Konsenssuche in Sachen Parteienfinanzierung beteiligten: Nach den Parteispendenskandalen von SPD und CDU präsentierten SPD und Grüne gemeinsame Eckpunkte für eine Reform des Parteiengesetzes und taten explizit kund, dass sie hofften, „trotz der bisher großen Differenzen einen Konsens mit allen Parteien zu finden“ (Höll 2001; s.a. Funk 2001). Anders als im Fall der SPD 30 Jahre vor ihnen war die Akzeptanz der staatlichen Parteienfinanzierung bei den Grünen allerdings eher Folge und nicht eine maßgebliche Bedingung ihres Strebens nach Regierungsteilhabe. Dafür war die Zustimmung der Grünen zu den staatlichen Zuwendungen von vergleichsweise geringerer Bedeutung als die der SPD. Die Grundsatzentscheidung war längst in den 1960er Jahren, weit vor der Gründung der Grünen, gefallen: Als den Grünen klar wurde, dass sie die Grundzü-
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ge des Parteienfinanzierungsregimes nicht ändern konnten, haben sie sich ihnen angepasst. Bei der Linkspartei verhielt es sich ähnlich, wobei die Ausschläge in ihrem Fall geringer waren. Nur ganz am Anfang war dezidierte Opposition zum System der staatlichen Parteienfinanzierung bei der PDS zu erkennen. Die Partei verzichtete etwa auf die zweite Rate der Zahlungen für 1990 (Schucht 1990). Diese Protesthaltung wich jedoch schneller der Akzeptanz als dies bei den Grünen der Fall gewesen war: Gefragt, warum seine Partei keinen eigenen Gesetzesentwurf präsentiere, verwies Karl Holluba, Bereichsleiter Finanzen beim Bundesvorstand der PDS, darauf, dass die PDS mit dem Gesetzentwurf von CDU/CSU, FDP und SPD „gut leben“ könne (Boyken 1998: 235). Die Ablehnung des Gesetzesentwurfes durch die PDS im Bundestag sollte deshalb nicht mit prinzipiellen Bedenken verwechselt werden. Die PDS hatte in den frühen 1990er Jahren zudem im Hinblick auf ihre Parteifinanzen andere Sorgen, als sich einem Windmühlenkampf gegen die staatliche Parteienfinanzierung zu widmen: Im Juni 1991 hatte die Treuhand die Kontrolle über ihren gesamten Geschäftsverkehr übernommen (Ebbighausen et al. 1996: 382). Dass die PDS auch in den Augen der anderen Parteien als Teil des Konsenses in der staatlichen Parteienfinanzierung akzeptiert wurde, zeigte sich 2002, als sie anlässlich der Novelle des Parteiengesetzes ebenfalls zu den Beratungen eingeladen wurde und dort auch erschien (Höll 2002). Zwar lehnte die PDS den Gesetzesentwurf dann ab, weil ihre Forderungen nach einem Verbot von Unternehmensspenden und nach einer Obergrenze für Spenden von 50.000 Euro nicht übernommen wurden (Berliner Morgenpost 19.2.2000; s.a. Bt.-Drs. 14/8826). Von einer prinzipiellen Gegnerschaft der Linkspartei zur staatlichen Parteienfinanzierung kann allerdings kaum die Rede sein. Ähnlich wie bei den Grünen wird die Geschwindigkeit, mit der sie das deutsche System der Parteienfinanzierung offen unterstützt, wohl davon abhängen, welche Bedeutung das Ziel der Regierungsteilhabe in Zukunft für die Partei haben wird. Trotz der Regierungsbeteiligung auf der Länderebene ist dies angesichts der Fusion von PDS und WASG zur Linkspartei unklar (Hough/Koß/Olsen 2007). In Deutschland lässt sich ein starker Zusammenhang zwischen dem verstärkten Streben der Parteien nach Programmverwirklichung und vor allem Regierungsteilhabe und der Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung bzw. der Herausbildung eines Konsenses über diese feststellen. Bei allen Parteien war das Ziel der Stimmenmaximierung von relativ nachgeordneter Bedeutung. In den maßgeblichen Entscheidungen der 1960er Jahre votierten die Parteien eindeutig gegen mehr Wettbewerb. Auch die Grünen zogen es nach kurzer Zeit vor, nicht mehr mit ihrer Opposition zur „Staatsknete“ der Parteien um Wählerstimmen zu buhlen und koalierten stattdessen mit der SPD. Auf diese Weise trug auch die staatliche Parteienfinanzierung dazu bei, dass zunächst die SPD, später die Grünen in das deutsche Parteiensystem integriert wurden – ebenso wie bald vielleicht auch die Linkspartei.
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Im folgenden Abschnitt wird nun zu fragen sein, welchen Einfluss der Diskurs über die Korruption in der Politik auf die Entscheidung der Parteien gegen mehr Wettbewerb hatte.
8.3 Staatliche Parteienfinanzierung als kleineres Übel: Die Rolle des Diskurses über die Korruption in der Politik Als 1993 die bislang letzte große Reform der Parteienfinanzierung auf den Weg gebracht wurde, sah die Schatzmeisterin der SPD, Inge Wettig-Danielmeier, sich bemüßigt, die überzogenen Erwartungen zu kritisieren, die an die Parteien gestellt würden. Das Urteil der Öffentlichkeit über die Parteien folge noch immer der „Theorie eines über den Parteien stehenden Obrigkeitsstaates. […] Der Ruf nach dem Allgemeinwohl kaschiert immer noch den Ruf nach dem Obrigkeitsstaat“ (Deutscher Bundestag 1993; s.a. FAZ 13.11.1993). Sicherlich ist es wahr, dass sich die Parteien bis heute vieler solcher Anfechtungen erwehren müssen. Peter Lösche hat das „1848er Altliberalen-Syndrom“ und den deutschen Antiparteienaffekt polemisch hinterfragt (1995: 152-6, Zitat 152). Dennoch überrascht, wenn man den Diskurs über die (partei-)politische Korruption in Deutschland verfolgt, das Maß an Ausgeglichenheit, ja Unvoreingenommenheit, das den Parteien von Seiten der Öffentlichkeit entgegengebracht wurde. Auch in den 1990er Jahren blieb die Kritik an den Parteien vergleichsweise verhalten (Scarrow 1996). Der unverdrossene und nicht selten unverhältnismäßige17 Hans Herbert von Arnim bildet mittlerweile eher die Ausnahme als die Regel. Die herausgehobene Position der Parteien im Grundgesetz, die wie erwähnt ja auch das BVErfG im Zaum zu halten vermochten, scheint auch so mancher Kritik an den Parteien und ihrer Finanzierung den Zahn gezogen zu haben.
Der koordinative Charakter des Korruptionsdiskurses Bei aller Kritik der Öffentlichkeit an einzelnen Aspekten der Parteienfinanzierung gilt: Dass die Parteien auf den Staat als Finanzier zurückgreifen, um eventuellen Abhängigkeiten von privaten Geldgebern entgegenzuwirken, wird in Deutschland bereits seit den 1960er Jahren weitgehend akzeptiert. Dies lag nicht zuletzt daran, dass der deutsche Korruptionsdiskurs von den Parteien selbst dominiert wurde. Es handelte sich also vor allem um einen koordinativen Diskurs, wie er in politischen Systemen mit Machtverschränkung zu erwarten ist (s. Kapitel 5.1). Der Diskurs 17
Zu einem systematischen Vergleich der antidemokratischen Topoi bei Hans Herbert von Arnim und Carl Schmitt vgl. Wirthensohn 1999.
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über die politische Korruption wies eindeutig den privaten (Groß-)Spenden, vor allem aus der Wirtschaft, einen potenziell stärker korrumpierenden Einfluss zu als der staatlichen Parteienfinanzierung. Dies mochte auch daran gelegen haben, dass sich die bürgerlichen Parteien ja in der Tat hinsichtlich ihrer Finanzierungspraktiken über Fördergesellschaften in einer Grauzone zur Korruption befanden. Dies war keineswegs eine Eigenart der Bonner Republik. Bemerkenswerterweise stammte der erste Vorstoß in Richtung einer staatlichen Parteienfinanzierung schon aus Weimarer Zeiten. Es war der damalige Außenminister Gustav Stresemann, der schon 1928, kurz vor seinem Tod, mit dem Gedanken spielte, die Parteien mit staatlichen Zuwendungen von ihren Spendern unabhängig zu machen (Lewinsohn 1931: 118-20). Stresemann war selbst als Industriesyndikus nur mit Hilfe von Unternehmensspenden ins Parlament gekommen, hatte sich aber innerlich von dem daraus resultierenden Abhängigkeitsverhältnis befreit. Seinen Plan einer staatlichen Parteienfinanzierung hatte er nur einmal im Parlament angedeutet. Eine förmliche Debatte darüber wurde nicht geführt. Stresemann zufolge sollten die Parteien ihre Ausgaben für alle Kandidaten, die tatsächlich gewählt werden, erstattet bekommen und fortan nur das Risiko der nicht gewählten Kandidaten tragen. In Deutschland kam es dann zu einer wahren Flut von Vorschlägen zur Reform der Parteienfinanzierung. Auch hier war eine bemerkenswerte Präferenz für öffentliche Subventionen feststellbar. Ulrich Dübber listet für die frühen Jahre der Bundesrepublik 23 solcher Vorschläge von Wissenschaftlern, Politikern und Publizisten auf (1970: 83-7). Allein achtmal wurde ein Verbot privater Spenden, d.h. der Wechsel zu einer ausschließlich staatlichen Parteienfinanzierung, gefordert. 12 Vorschläge sahen eine Koexistenz von privater und staatlicher Parteienfinanzierung vor, drei wollten private Mittel an die Parteien umverteilen (z.B. die Einnahmen der Gewerkschaften oder der Werbewirtschaft). Entscheidend ist, dass, von Politikern wie Nichtpolitikern gleichermaßen, ganz überwiegend mehr Geld für die Parteien gefordert wurde und eine große Offenheit gegenüber dem Staat als Finanzier festzustellen war. Die Forderung nach Ausgabenobergrenzen für Parteien war demgegenüber nachrangig, sie trat zumeist an die Seite der Forderung nach einer Einführung staatlicher Subventionen, seltener an deren Stelle. Dass nicht allein die Vorstöße, sondern auch die Resonanz auf diese von einer deutlichen Aufgeschlossenheit der staatlichen Parteienfinanzierung gegenüber geprägt waren, sei am Beispiel eines ebenso frühen wie einflussreichen Vorschlags erläutert. Bundesfinanzminister Fritz Schäffer forderte 1954 die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung nach der Anzahl der Mandate der Parteien und gleichzeitig das Verbot von Spenden an diese (Parteienrechtskommission 1958: 212). Selbst zu diesem Zeitpunkt, als noch nicht einmal Schäffers Partei, die CDU, geschlossen für eine staatliche Parteienfinanzierung eintrat, war das Medienecho auf den Vorstoß des Ministers durchaus positiv: Die Presse wertete das Verbot privater Parteispenden als „Reinigung des öffentlichen Lebens“ und als einen Beitrag zur
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Wiedervereinigung. Durch das Verbot privater Parteispenden würde schließlich einer der wesentlichsten Vorbehalte der DDR gegen die westdeutsche Politik, der beklagte Einfluss der „Monopolkapitalisten“, hinfällig (Stampfer 1954). Ganz ähnlich urteilte die Frankfurter Neue Presse unter dem bezeichnenden Titel „Ein mutiges Ministerwort“ über den Vorstoß Schäffers (Frankfurter Neue Presse 9.11.1954). Staatlichen Zuwendungen sei der Vorrang zu geben vor Weimarer Verhältnissen, wenn sich „das Vordringen der Funktionäre zur Gründung reiner Interessenparteien aus[weitet]“. Hier standen, und dies war symptomatisch, zwei der wichtigsten Topoi im damaligen politischen Diskurs an der Seite der staatlichen Parteienfinanzierung: zum einen die Furcht davor, dass private Finanziers erneut antidemokratischen Parteien einen Vorteil vor ihren Konkurrenten verschaffen könnten, zum anderen der Wunsch nach einer Wiedervereinigung des geteilten Deutschlands. Die Parteien wussten diese öffentliche Sorge für ihre Sache zu nutzen. Dies veranschaulicht den koordinativen Charakter des Korruptionsdiskurses in Deutschland.18 Unzählige Zitate belegen, dass den Politikern von Union und FDP der Einfluss ihrer Geldgeber selbst nicht recht war. Als CDU-Schatzmeister Ernst Bach 1958 in den Chor der Unterstützer einer staatlichen Parteienfinanzierung einstimmte, betonte er, verhindern zu wollen, dass Parteien „von Interessenhaufen gekauft“ werden können (Schwarzkopf 1958). Schäffer hatte vor ihm ähnlich argumentiert (Stampfer 1954). Wichtiger noch als die Tatsache, dass sich die CDU diese Argumentation zueigen machte, ist, dass auch die SPD ihr implizit Vorschub leistete. Zu den Bundestagswahlkämpfen 1953 und 1957 versuchten die Sozialdemokraten, in Broschüren auf die korrupten Praktiken der bürgerlichen Parteien hinzuweisen (Vorstand der SPD 1953; 1957). 1953 geschah dies noch mit dem polemischen Titel „Unternehmermillionen kaufen politische Macht! Finanzierung und Korrumpierung der Regierungsparteien durch die Managerschicht der ‚Wirtschaft’“. 1957 gab man sich seriöser und handelte von der „Abhängigkeit politischer Parteien von wirtschaftlichen Machtgruppen“. Dies ist hier von Bedeutung, weil die SPD damit just in den Tenor einstimmte, der sich im öffentlichen Diskurs ohnehin schon abzeichnete: dass nämlich von privaten Parteispenden aus der Wirtschaft per se ein korrumpierender Einfluss ausging. Der SPD mag es darum gegangen sein, die bürgerlichen Parteien an ihre im Grundgesetz verankerte Pflicht zur Rechenschaftslegung zu erinnern. Faktisch jedoch leistete sie auch der staatlichen Parteienfinanzierung Vorschub, die in den Augen vieler zum notwendigen Korrektiv für die Auswüchse privater Formen der Parteienfinanzierung wurde. Bezeichnenderweise mahnte SPD-Schatzmeister Nau auf derselben Podiumsdiskussion, auf der er erstmals durchblicken ließ, dass sich 18
Dieser koordinative Charakter war aufmerksamen Beobachtern wie Dolf Sternberger durchaus bewusst: „Die publizistische und wissenschaftliche Diskussion über die Parteifinanzierung, die seit Jahren im Gange ist, scheint an den Ohren derjenigen, die das Geld brauchen und die Macht haben, vorübergebraust zu sein wie ein leichtes Frühjahrsgewitter“ (Sternberger 1962).
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die SPD eine staatliche Finanzierung der Parteien vorstellen könne, an, schon die Finanzierung Hitlers durch die Industrie nicht zu unterschätzen und daraus die „Konsequenzen für unseren Staat [zu] ziehen“ (Blank 1959). Bei den Verhandlungen vor dem BVerfG 1965 argumentierten dann alle Parteien unisono damit, sie müssten mit Hilfe der staatlichen Finanzierung dem Druck ihrer Spender entgehen (Ebbighausen et al. 1996: 88). Es gab natürlich auch andere Positionen zur staatlichen Parteienfinanzierung. Einige Kommentatoren verwiesen durchaus auf einen korrumpierenden Einfluss der Subventionen. Vor allem gegen die Einführung der steuerlichen Absetzbarkeit von Parteienspenden regte sich Unmut, es wurden generelle Bedenken dagegen geäußert, dass der Staat mit Geld in den Parteienwettbewerb eingreife. „Die Einheit von Partei und Staat ist verdächtig“, kommentierte die Deutsche Zeitung in einem mit dem Titel „Korruptionsgefahr“ überschriebenen Beitrag und forderte stattdessen Ausgabenobergrenzen für die Parteien (Deutsche Zeitung 19.11.1954). Die Antriebe für die Ablehnung staatlicher Zuwendungen waren interessanterweise oftmals dieselben wie diejenigen für deren Unterstützung: Im Vordergrund des Korruptionsdiskurses stand der Kampf gegen Partikularinteressen. Angesichts des im vorangegangenen Abschnitt geäußerten Zusammenhangs zwischen Parteienfinanzierung und Wahlrecht dürfte es wenig verwundern, wenn in einem Zeitungskommentar, der gegen die Abzugsfähigkeit von Parteispenden und die Macht von Partikularinteressen polemisierte, auch die Forderung nach der Einführung eines Mehrheitswahlrechts erhoben wurde (Schulte 1957). Bereits in den 1960er Jahren verlagerten sich die Vorbehalte gegen eine staatliche Finanzierung des Parteienwettbewerbs ins weniger Grundsätzliche. Nun wurden jene Bedenken geäußert, die sich bis heute durch die Diskussion ziehen, etwa, dass die Parteien Ausgaben für andere Zwecke im Haushalt kaum glaubhaft begrenzen könnten, wenn sie selbst vom Staat abhängig würden (Tern 1964). Dolf Sternberger sah die Öffentlichkeit vor der bezeichnenden Wahl zwischen „Staatsparteien oder Bürgerparteien“ (1966). Adolf Arndt verwies als Prozessbevollmächtigter der hessischen SPD vor dem BVerfG 1965 darauf, dass Parteien vom Staat ungleich abhängiger werden könnten als von der Wirtschaft (FAZ 23.6.1965). Arndt sprach damit aber explizit nicht für seine Partei – und auch nicht im Sinne des Mainstream in der damaligen öffentlichen Diskussion. Wie dachte die Öffentlichkeit über die staatliche Parteienfinanzierung und die Korruption in der Politik? Darüber kann letztlich keine sichere Aussage getroffen werden. Friedhelm Boyken geht davon aus, dass eine direkte staatliche Finanzierung der allgemeinen Aufgaben der Parteien aufgrund der öffentlichen Meinung am Ende der 1950er Jahre noch keine Option war: „Dieser bequeme Weg zu mehr Geld war gegen die Vorbehalte der Öffentlichkeit nicht durchzusetzen“ (Boyken 1998: 50). Auch die damalige Parteienrechtskommission verwies auf das Unbehagen der Bevölkerung als Argument gegen eine direkte Parteienfinanzierung (Parteien-
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rechtskommission 1958: 217 f.). In der Bevölkerung war eine diffuse Abneigung gegen die Partei und ihr Finanzgebaren festzustellen (s.a. Bösch 2001a: 224). In einer Umfrage von 1961 hielten 61 Prozent der Befragten die Spenden aus der Wirtschaft für „schlecht“, 1965 waren es 57 Prozent. Staatliche Zuwendungen stießen auf noch größere Vorbehalte: 1961 bezeichneten 73 Prozent der Befragten in einer Umfrage eine staatliche Parteienfinanzierung als „schlecht“, 1965 waren es noch 67 Prozent (Schleth 1973: 253). Wenn hier von einer diffusen Abneigung gegen das Finanzgebaren der Parteien die Rede ist, so bedeutete dies aber auch, dass diese Abneigung letztlich folgenlos blieb, nicht zuletzt weil der Diskurs vornehmlich von den Parteien selbst geführt wurde. Anders kann der ausbleibende Erfolg der konfrontativen SPD-Strategie bei den Wahlen 1953 und 1957 kaum interpretiert werden. So groß, dass er der SPD Wählerstimmen eingebracht hätte, schien der Verdruss der Wähler über die offensichtlich im Ruch der Korruption stehenden Praktiken der bürgerlichen Parteien nicht zu sein. Analog dazu wurde auch die staatliche Parteienfinanzierung ohne große Widerstände akzeptiert. Nach 1959 fiel das öffentliche Urteil über die staatlichen Mittel entgegen den eigenen Befürchtungen der CDU überwiegend verhalten und jedenfalls nicht vernichtend aus (Bösch 2002: 162). Paradoxerweise bediente sich die Union dann ja auch der verpönten staatlichen Mittel, um das, was von der Bevölkerung eindeutig als Ideal angesehen wurde, nämlich eine mitgliederstarke Parteiorganisation, zu schaffen.
Die Parteinstaatslehre von Gerhard Leibholz und die Akzeptanz des Status Quo Ein weiterer Grund dafür, dass der Widerstand gegen die staatliche Parteienfinanzierung in Deutschland letztlich verhalten blieb, war sicherlich die im Wortsinn höchstrichterliche Unterstützung und theoretische Unterfütterung der Zuwendungen durch Gerhard Leibholz. Leibholz, der als langjähriger Richter am BVerfG dessen Rechtsprechung maßgeblich prägte, hatte die politischen Parteien in seiner Theorie des Parteienstaates zu den maßgeblichen Akteuren des politischen Systems in Deutschland erklärt. Angesichts der zentralen Bedeutung, die den Parteien bei Leibholz zukam, verwundert es nicht, dass er sich schon auf dem Juristentag 1950 für eine staatliche Parteienfinanzierung aussprach (Dübber 1970: 96). Zwar wurde er 1966 als Richter für befangen erklärt, allerdings war es Leibholz gewesen, der schon zuvor den Parteien in den Urteilen des BVerfG die Möglichkeit einer staatlichen Finanzierung eröffnet hatte. Nach dem Urteil von 1958, dessen Grundtenor vor allem auf ihn zurückging, bezeichnete er die staatliche Parteienfinanzierung als eine „Konsequenz des modernen Parteienstaates, in dem Parteien als Träger des Staates erscheinen und in ihm öffentliche Aufgaben erfüllen“ (Leibholz 1966a: 129). Leibholz griff auch den schon erwähnten Diskursstrang auf, dem vor allem daran
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gelegen war, den Einfluss der Wirtschaft auf die Politik im Zaum zu halten. Indem er Parteien- und Verbändeherrschaft einander gegenüberstellte, kam Leibholz zu dem Ergebnis, die staatliche Parteienfinanzierung diene dazu, „das Absinken des heutigen Parteienstaates in einen pluralistischen Verbändestaat nach Möglichkeit hintanzustellen“ (1966b: 266). Natürlich gab es auch im wissenschaftlichen Diskurs Gegenstimmen zu Leibholz. Neben Dolf Sternberger hatte etwa der Politikwissenschaftler Rupert Breitling erkennbar starke Vorbehalte gegen die staatliche Parteienfinanzierung (Breitling 1961: 362 f.; 1967), aus juristischer Perspektive betrachtete Wilhelm Kewenig (1964) sie gar als verfassungswidrig. Nur: in punkto Einfluss konnte es keine dieser Positionen mit der von Leibholz aufnehmen. Nicht zuletzt der Parteienstaatstheorie war es zu verdanken, dass die Vorstellung eines Parteienstaates die alte Theorie vom Dualismus zwischen Staat und Gesellschaft zusehends ablöste (Smith 1976: 398). Selbst von Arnim kam nicht umhin, den Einfluss des von ihm als „Theoretiker des Systems“ geschmähten Leibholz als überaus groß zu bezeichnen (Arnim 2001: 250). In der Parteienstaatstheorie des Staatsrechtlers und Verfassungsrichters Leibholz schließt sich gleichsam der Kreis zwischen Institutionen und Diskurs, in ihr gerann der Einfluss, den diese beiden Variablen auf die Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung in Deutschland hatten. Dass auch die Parteien selbst sehr häufig auf ihre herausgehobene Stellung im politischen System der Bonner Republik im Allgemeinen und auf Artikel 21 des Grundgesetzes im Besonderen verwiesen (dazu Schleth 1973: 268 f., 283-5), verwundert vor diesem Hintergrund wenig. Nach dem Urteil des BVerfG von 1966 ließ die Intensität des Diskurses um (partei-)politische Korruption und staatliche Parteienfinanzierung stark nach. Auch dies spricht dafür, dass die Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung letztlich allseits akzeptiert wurde.19 Die Diskussion lebte erst im Zuge des Flick-Skandals wieder auf. Da es dabei um fragwürdige Zuwendungen von Unternehmen an Parteien ging, gerieten diese weiter in den Ruch der Korruption. Selbst einer der Gründerväter der deutschen Politikwissenschaft, Theodor Eschenburg, schloss sich nun dem Ruf nach einer ausschließlichen Staatsfinanzierung der Parteien an, da sich sonst „ähnliche Sauereien“ jederzeit wiederholen könnten (Hamburger Abendblatt 18.2.1987). Die Kritik an den Parteien ebbte nicht ab, im Gegenteil. Die staatliche Parteienfinanzierung als solche wurde nur sehr selten angegriffen. Auch gab es, sieht man von Hans Herbert von Arnim ab, nur wenige Stimmen, die ihr eine korrumpierende Wirkung unterstellten. Die Kritik richtete sich vielmehr gegen die Kartellbildung im Bereich der Parteienfinanzierung: „Seit einem Jahrzehnt und länger sind die Schatzmeister, wenn es um den Griff der Parteien in die Steuerkasse
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Als beispielsweise in Bayern 1971 die staatlichen Subventionen auf besonders drastische Weise erhöht wurden (s. S. 159, Fn. 1), protestierte allein die Katholische Landjugendbewegung (Schmöller 1971).
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ging, in einer übergroßen Parteienkoalition zusammengestanden und haben in einem Nehmerkartell schamlos gegriffen, was zu greifen war“ (Süskind 1993). Auch die letzte große Debatte über die Parteienfinanzierung anlässlich der CDU- und SPD-Spendenskandale 1999/2000 in Deutschland verlief in ähnlichen Bahnen. Sie soll hier etwas genauer nachgezeichnet werden, um zu zeigen, dass das Thema in Deutschland mittlerweile sehr wenig umstritten ist, ja dass sogar eine gewisse Zufriedenheit mit dem Stand der Korruptionsbekämpfung und dem Status Quo der Parteienfinanzierung vorherrscht. Nur vereinzelt wurde anlässlich der beiden Skandale noch die Forderung erhoben, Unternehmensspenden bzw. Spenden von juristischen Personen ganz zu verbieten (z.B. Bissinger 1999). Einmal tauchte das Argument auf, dass Spenden von Aktiengesellschaften allein deshalb fragwürdig seien, weil ja die Aktionäre den Spenden nicht explizit zustimmen würden (Exner 1999). Wie zu zeigen sein wird, war dieses Argumentationsmuster in Schweden von größerer Bedeutung. In der Regel wurden Unternehmensspenden zwar nicht begrüßt, aber akzeptiert, nicht zuletzt, weil diese Gelder sonst durch Umwege zu den Parteien finden könnten (so etwa Lösche 1999; Landfried 1999; 2000). Für ein Verbot von Unternehmensspenden sprach sich vor allem Andrea Römmele (1995; 2000) aus. Im Zuge der letzten Parteispendenaffäre gab es erneut Kritik an der Machtfülle der Parteien, aber eben nicht an der staatlichen Parteienfinanzierung. Diese galt, erneut mit der Ausnahme Hans Herbert von Arnims, auch den Juristen als unverdächtig: Der ehemalige Verfassungsrichter Hans Hugo Klein etwa bezeichnete die Parteienfinanzierung sinnfälligerweise als „momentanes Ärgernis, kein grundsätzliches Übel“ (Klein 2000; ähnlich Stern 2000). Wenn überhaupt, wurde eine Begrenzung der Höhe der staatlichen Parteienfinanzierung gefordert sowie ein Ende der Umwegfinanzierung der Parteien über Stiftungen und Fraktionen (Prantl 2000). Bezeichnenderweise ließ auch Transparency International Deutschland (TI-D), eine Nichtregierungsorganisation, die sich dem Kampf gegen Korruption verschrieben hat, in ihren Forderungen die staatliche Parteienfinanzierung unangetastet (TI-D 2007; s.a. Grasberger 2000). Auch die anlässlich der Spendenskandale vom Bundespräsidenten eingesetzte Kommission mahnte keine substanziellen Veränderungen der (staatlichen) Parteienfinanzierung an: „Die Kommission empfiehlt, an den Grundzügen des Systems der Parteienfinanzierung festzuhalten“ (Kommission unabhängiger Sachverständiger 2001: 11). Es gab sogar Beobachter, die in der letztlich erfolgreichen Aufklärung der CDU- und SPD-Parteispendenaffären einen Beweis dafür erblickten, dass das Transparenzgebot im deutschen Parteiengesetz greife. Karl-Heinz Naßmacher sah das Regime der Parteienfinanzierung in Deutschland „in der Bewährung“ (2000a), Thomas Straubhaar, der Leiter des Hamburger Welt-Wirtschafts-Archivs, sprach von einem „bestandenen Lackmustest“ (2000). Ganz egal, wie das System der Parteienfinanzierung in Deutschland faktisch zu beurteilen ist: Es dürfte klar geworden
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sein, dass es mittlerweile kaum noch umstritten ist. Die Gefahr der parteipolitischen Korruption wird zwar gesehen, aber eben nicht an bestimmte Forderungen einer Reform der privaten oder staatlichen Parteienfinanzierung geknüpft. Anders formuliert: Der Diskurs über die Korruption in der Politik verlief in Deutschland durchaus so, dass er die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung begünstigte. „Verglichen mit der Finanzierung der ‚bürgerlichen’ Parteien durch die Großwirtschaft und die Fördergesellschaften […] dürfte die Staatsfinanzierung ein kleineres Übel sein“ (Flechtheim 1970: 94). Diese Aussage des Politikwissenschaftlers Ossip Flechtheim im Zuge einer Umfrage von 1964 unter Politikern und Politikwissenschaftern (die auch die klare Mehrheitsmeinung der Antworten widerspiegelt) war symptomatisch für den Tenor des elitenzentrierten deutschen Diskurses über die Korruption in der Parteipolitik. Selbst wenn Inge Wettig-Danielmeier also mit ihrer eingangs erwähnten Klage über den obrigkeitsstaatlichen Traditionsbestand des deutschen Diskurses über politische Parteien recht gehabt haben sollte, zwei Dinge hatte sie in jedem Fall vergessen zu erwähnen: Erstens spielte der Kampf gegen Partikularinteressen, unabhängig davon, wie sehr er von vordemokratischen Motiven geleitet war, in der Bonner Republik auch durchaus den Parteien in die Hände, nämlich da, wo die Parteien vom Zugriff der Interessenten befreit werden sollten, zum Beispiel durch generöse staatliche Subventionen. Zweitens waren es nicht zuletzt die Parteien selbst, die dem Bild von den Parteien, die vor gewissen Elementen der gesellschaftlichen Sphäre in Schutz genommen werden mussten, Vorschub geleistet hatten. Die Parteien hatten sich selbst lange genug als potenzielles Opfer von Wirtschaftsinteressen stilisiert. Nun müssen sie mit den Geistern, die sie gerufen haben, leben. Angesichts eines Korruptionsdiskurses, der ganz eindeutig die staatlichen den privaten Mitteln vorzieht, dürften die Parteien dies allerdings recht gut können. Ganz im erwarteten Sinne ist es ihnen gelungen, den Diskurs über die Korruption in der Politik zu koordinieren.
8.4 Zwischenfazit Im Fall Deutschlands ließen sich alle Hypothesen dieser Arbeit bestätigen: Die Parteien haben in der Tat einen Konsens über ihre staatliche Finanzierung erreicht, der spätestens seit 1965 als stabil bezeichnet werden konnte, konvergierten doch die Interessen aller im Bundestag vertretenen Parteien im Ziel der Regierungsteilhabe und der Programmverwirklichung. Die Maximierung des eigenen Stimmenanteils spielte demgegenüber eine nachgeordnete Rolle. Die Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung wurden eindeutig auf dem Wege der Kooperation gefällt, davon zeugen die Schatzmeister- und sonstigen Konsensrunden. Weder das Auftreten der Grünen noch der Linkspartei hat an diesem Befund Grundsätzliches geän-
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dert. In dem Moment, in dem ihr implizites Gewicht zunahm, sie koalitionsfähig wurden, wurden die Grünen ebenfalls Teil des Konsenses über die staatliche Parteienfinanzierung. Gemäß den hier geäußerten Erwartungen trug auch ein institutionelles Umfeld, das von vielen institutionellen Entscheidungspunkten geprägt war, ebenso wie ein (vornehmlich koordinativer) Korruptionsdiskurs, der vor allem Unternehmensspenden als Gefahr identifizierte, zur Stabilisierung des Konsenses der Parteien über ihre staatliche Finanzierung bei. Den größten Einfluss auf die Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung hatten der institutionelle Kontext und die Ziele der Parteien. Die Institutionen wirkten sich vor allem indirekt aus, antizipierten doch die Parteien in der Regel deren Logik. Vor allem ihr Verfassungsrang diente ihnen dabei als Unterpfand – in der Auseinandersetzung sowohl mit dem BVerfG als auch mit der Öffentlichkeit. Ihr Verfassungsrang schützte die Sphäre der Parteien und ermöglichte ihnen unabhängige Entscheidungen, er wirkte also als autonomer Entscheidungspunkt. Die ausgeschlagene Reform des Wahlrechts sprach indes dafür, dass sich die Parteien vornehmlich aus eigenem Antrieb für konsensorientierten Wettbewerb entschieden. Ganz offensichtlich wollten die Parteien den Wettbewerb, wie er in Kapitel 6 beschrieben worden ist und der geprägt war durch eine geringe Polarisierung, eine geringe Zahl an parlamentarisch repräsentierten Parteien und eine zunehmende Angleichung der beiden großen Parteien in ihrer Stärke, fortsetzen. Polemisch ließe sich dies als „colonization of the state“ (Poguntke 1994: 212) durch die Parteien bezeichnen. Darüber sollte jedoch nicht vergessen werden, dass erst auf diese Weise die Integration der SPD in das deutsche Parteiensystem, die seit dem Kaiserreich ausstand, letztlich gelang. Die Frage nach der Wahrscheinlichkeit eines Machtwechsels zu einer reinen SPD-Regierung in den 1960er Jahren ist müßig. Entscheidend ist, dass es jenseits aller Verschwörungstheorien für die Sozialdemokraten gute Gründe gab, den (schwer revidierbaren) Entschluss zum Einvernehmen mit Union und FDP zu treffen. Die staatliche Parteienfinanzierung erscheint als Konsequenz dieser Entscheidung zu einem konsensorientierten Parteienwettbewerb.
9 Der unterschätzte Einfluss der Institutionen: Schweden
„Ich persönlich bin für eine Regierung, die sich stets auf eine so breite Mehrheit wie irgend möglich stützt, allerdings ohne signifikante Zugeständnisse von unserer Seite“ (zitiert nach Therborn 1992: 19).
Dieses Zitat des Parteivorsitzenden und Premierministers Per Albin Hansson, das 1936 im Exekutivausschuss der schwedischen Sozialdemokraten fiel, hatte zwar nichts mit Fragen der Parteienfinanzierung zu tun, verdeutlicht aber dennoch sehr eindringlich die Haltung der SAP in den Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung in Schweden. Wie zu zeigen sein wird, war es den Sozialdemokraten vor allem in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre möglich, den Oppositionsparteien ihren Willen in Fragen der staatlichen Parteienfinanzierung nachgerade aufzuzwingen, ohne dass die „breite Mehrheit“ ernsthaft in Frage gestellt war. Auch hier sollte eine solche breite Mehrheit eigentlich wenig überraschen, gilt Schweden doch noch mehr als Deutschland als Konsensdemokratie (Elder/Thomas/Arter 1982; Sannerstedt 1987). Ähnlich wie in Deutschland sind jedoch auch in Schweden die Ursachen für diesen Konsens durchaus überraschend und erklärungsbedürftig. Nach allgemeiner Lesart sind es in Schweden anders als in Deutschland nicht die Institutionen, sondern die kulturell determinierten Interessen der Akteure, die eine konsensorientierte Politik begründen. Der politische Prozess folgt nach dieser Lesart einem normativen Muster: „Public business, the argument runs, should be transacted in a spirit of cool objectivity with the minimum of partisanship and the cooperation of all“ (Elder 1970: 11). Diese Beschreibung passte so gar nicht zu den Umständen, unter denen die staatliche Parteienfinanzierung in Schweden 1965 eingeführt wurde. Letzten Endes setzten sich jedoch jene „kühle Objektivität“ und Kooperation durch, die Neil Elder 1970 beschrieb, allerdings aus prosaischeren Gründen als von ihm und den meisten Beobachtern unterstellt: durch eine institutionelle Aufwertung der Opposition, die der schlichten Machtpolitik der Sozialdemokraten Einhalt gebot. Die Konsensorientierung der schwedischen Parteien wird häufig auf die Homogenität der schwedischen Gesellschaft zurückgeführt (Rustow 1969: 195; Klingemann/Hofferbert/Budge 1994: 158), aus der eine generelle Abneigung gegen Konflikte und eine pragmatisch-rationalistische Elitenkultur resultiere (Anton 1969: 98-100; 1980: 157-9, 172 f.). Dies impliziert neben kulturellen vor allem parteistrategische Ursachen für den Konsens der Parteien in Schweden: Ein Konsens läge dann im Interesse der Parteien, wenn es ihnen vor allem um Politikinhalte ginge. So
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ließen sich auch die häufigen Minderheitsregierungen in Schweden erklären (s. Kapitel 6.3). Dies erweist sich bei den Umständen, unter denen eine staatliche Parteienfinanzierung eingeführt wurde, allerdings nur als Teil der Wahrheit. Wie zu zeigen sein wird, kam vor allem dem institutionellen Kontext eine größere Bedeutung für die Stabilisierung des Konsenses der Parteien zu als gemeinhin angenommen. Erst im Zuge der Verfassungsreform von 1970 erhielten die Oppositionsparteien soviel institutionelle Macht, dass sie von den Sozialdemokraten als Verhandlungspartner ernst genommen wurden. Die zentrale Stellung institutioneller Faktoren überrascht, gab es doch in Schweden im Falle von Einparteienregierungen nur einen Vetospieler (s. Kapitel 5) – und alle maßgeblichen Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung wurden unter der Ägide von sozialdemokratischen Regierungen getroffen. Dass sich nach 1970 ein stabiler Konsens bildete, widerspricht einem weiteren Aspekt der eingangs skizzierten großen Erzählung über den Parteienwettbewerb in Schweden: Generell wird nämlich davon ausgegangen, dass die Polarisierung des Parteienwettbewerbs in Schweden nach 1970 zugenommen hat (Arter 1999b: 217, 221), ein Befund, der auch in Kapitel 6.2 bestätigt werden konnte. Wirtschaftskrisen, die zunehmende Komplexität der zu verhandelnden Materien und die Heterogenität der Gesellschaft erschwerten nun nach gängiger Sicht die Suche nach einem Konsens (Hinnfors 1995: 149; 1997; Ruin 1982). Im Folgenden wird zu zeigen sein, dass und vor allem: warum all diese Veränderungen eben keine einheitlichen Konsequenzen hatten. Die bürgerlichen Parteien waren durch den spezifischen Verlauf des Korruptionsdiskurses in Schweden bis in die 1980er Jahre hinein dermaßen gehandicapt, dass Polarisieren in Fragen der Parteienfinanzierung keine Option war. In der Diskurshoheit der Sozialdemokraten liegt ein weiterer Schlüssel zum Verständnis dafür, warum diese mit ihrer Machtpolitik in den 1960er Jahren reüssieren konnten. Betrachtet man die Mehrheitsverhältnisse, die den wichtigsten parlamentarischen Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung in Schweden zugrunde liegen, so lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen, ob von Anfang an von einem Konsens gesprochen werden kann. 1965 nahmen die beiden Kammern des Parlaments die Vorlage der Regierung zur staatlichen Parteienfinanzierung mit den Stimmen von Sozialdemokraten, Zentrum und Kommunisten an (DN 15.12.1965b; 16.12.1965). Die Vertreter der Volkspartei enthielten sich zum größten Teil, in der ersten Kammer stimmten drei Abgeordnete (von 24) für und vier gegen die Vorlage, in der zweiten Kammer gab es fünf Gegenstimmen (von 43). Die Rechtspartei stimmte geschlossen gegen die staatliche Parteienfinanzierung, nur in der ersten Kammer enthielt sich einer ihrer Abgeordneten. Die Rechtspartei wurde 1965 also offensichtlich überstimmt. 1969, bei der Einführung der kommunalen Parteienfinanzierung, ließen die parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse noch weniger auf einen Konsens schließen: Für die Zuwendungen stimmten in beiden Kammern
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allein die Sozialdemokraten; die bürgerlichen Parteien und die Linkspartei lehnten den Entwurf geschlossen ab (Sveriges Riksdag 1969: 59; DN 27.11.1969). Seit 1972 steht der Konsens der schwedischen Parteien über ihre Finanzierung nicht mehr in Frage. In diesem Jahr wurde in einem Parteienfinanzierungsgesetz festgehalten, dass der Umfang und die Konstruktion aller Formen der staatlichen Parteienfinanzierung in Zukunft in größtmöglicher Einigkeit entschieden werden sollten. Die schwedischen Parteien verpflichteten sich also selbst zum Konsens und stabilisierten diesen gleichsam institutionell, qua Gesetz. Daraufhin beschlossen die Parteien die Neuregelung der staatlichen Parteienfinanzierung auf der nationalen Ebene im Verfassungsausschuss und im Parlament ohne Gegenstimmen (KU 1972; Sveriges Riksdag 1972: 27). Nach 1972 hielten sich die Parteien an das Konsensgebot bei Reformen der staatlichen Parteienfinanzierung. 1991 wurde die Neuregelung der kommunalen Parteienfinanzierung, die Grundbeträge ermöglichte, vom Parlament mit nur elf Gegenstimmen angenommen (Sveriges Riksdag 1991: 117; SvD 13.12.1991), obwohl sieben Parteien im Reichstag vertreten waren. Für die Zeit ab 1972 kann also von einem stabilen Konsens im Bereich der staatlichen Parteienfinanzierung in Schweden ausgegangen werden. Wieso jedoch schrieben die Parteien diesen Konsens formal fest? Ließ sich schon vor 1972 zumindest von einem fragilen Konsens sprechen? Dies sind die Fragen, die es nun zu klären gilt.
9.1 Der Einfluss der Verfassungsreform von 1970 Der institutionelle Kontext wird in Schweden gemeinhin nicht als Ursache für die Konsensorientierung des Parteienwettbewerbs angesehen. Thomas Anton ist einer der wenigen Autoren, die auch institutionelle Gründe für die häufige Einbeziehung der Opposition angeben (1969; 1980: 163 f.). Er betont vor allem den Einfluss von Untersuchungskommissionen, die institutioneller Garant für ein hohes Maß an parteiübergreifendem Einvernehmen seien. In der Terminologie dieser Untersuchung handelt es sich bei den Untersuchungskommissionen um Einflusspunkte, deren Entscheidungen zwar nicht verbindlich, aber durchaus geeignet sind, verschiedene Standpunkte zu versöhnen. Bezeichnenderweise wurden solche Untersuchungskommissionen zu Fragen der allgemeinen staatlichen Parteienfinanzierung vor 1970 nicht eingesetzt. Dies geschah erst nach der Verfassungsreform, zu einer Zeit, als das Kommissionswesen nach allgemeiner Ansicht seinen Höhepunkt überschritten hatte. Meine These von der Verfassungsreform als institutioneller Ursache für den Konsens der Parteien überrascht auf den ersten Blick umso mehr, weil die Verfassungsreform eigentlich dazu diente, die Zahl der institutionellen Entscheidungspunkte in Schweden zu reduzieren – wurde doch die erste Kammer des Parlaments abgeschafft (Klingemann/Hofferbert/Budge 1994: 157).
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Auch ein besonderes Maß an institutioneller Verflechtung wie etwa in Deutschland existiert in Schweden nicht. Es gibt in Schweden keinen Föderalismus, die lokalen und regionalen Regierungen sind der nationalen formal untergeordnet. Zwar nimmt die Autonomie der lokalen Ebene seit den 1990er Jahren zu (Bergman 2003: 616), allerdings ist eine institutionalisierte Mitsprache lokaler oder regionaler Politiker auf der nationalen Ebene nicht vorgesehen. Auch verfügt Schweden über kein Verfassungsgericht. Es gibt einen Gesetzesrat (lagråd), der geplante Gesetze auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüfen kann. Allerdings kann der Gesetzesrat nur von der Regierung oder einem Parlamentsausschuss angerufen werden. Er ist deshalb ein relativ schwaches Instrument (Bergman 2003: 596). Dennoch kann das geringe Maß an Konsens der schwedischen Parteien über ihre staatliche Parteienfinanzierung vor 1972 ebenso wie die Stabilisierung dieses Konsenses vornehmlich institutionell erklärt werden. Vor 1970 gab es weniger Anreize zur Konsenssuche, die damals geltende Verfassungsordnung bevorzugte die Sozialdemokraten in besonderem Maße.
Die institutionalisierte Dominanz der Sozialdemokraten vor 1970 Vor allem die Konstruktion der ersten Parlamentskammer gab den Sozialdemokraten einen legislativen Vetopunkt an die Hand, mit dem sie alle ihnen missliebigen parlamentarischen Initiativen blockieren konnten. Im schwedischen Zweikammersystem war jede Kammer formal mit den gleichen Rechten ausgestattet und musste einzeln allen Gesetzen (mit Ausnahme des Haushalts) mehrheitlich zustimmen (Halvarson 1999: 81). Auf diese Weise verfügte die SAP, die seit 1942 permanent eine absolute Mehrheit in der ersten Kammer besaß, bis zur Einführung des Einkammerreichstages 1970 über einen „konstitutionellen Fallschirm“, der ihre Dominanz gleichsam institutionell absicherte (Bäck/Möller 1990: 71; s.a. Särlvik 2002: 251). Wahlen in Schweden wurden damit nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs überaus vorhersehbar: „Das Endergebnis war üblicherweise von vornherein klar – der sozialdemokratische Parteiführer würde im Amt des Premierministers bleiben“ (Bergman 1997: 258). Allerdings eröffnete die bis 1970 geltende Verfassung den Parteien auch mannigfaltige institutionelle Möglichkeiten, zu einem Konsens zu gelangen. Zu erwähnen sind hier vor allem die parlamentarischen Ausschüsse und die Untersuchungskommissionen. Jeder parlamentarische Antrag muss zunächst von einem Ausschuss behandelt werden, so dass bei allen Parteien ein hohes Maß an Handlungsspielraum im Ausschuss gewahrt bleibt (Sannerstedt 1996: 25). Zudem tagen die Ausschüsse nichtöffentlich, was die Suche nach gemeinsamen Lösungen weiter erleichtert (Halvarson 1999: 106; Jahn 2003: 97 f.). Ausschüsse verfügen ferner über ein eigenes Gesetzesinitiativrecht und permanente Mitarbeiterstäbe. Jede Entscheidung eines
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Ausschusses wird durch einen Bericht dokumentiert, dem gegebenenfalls eine abweichende Meinung beigefügt ist. Diese Berichte bestehen aus einem Vorschlag und einer ausführlichen Begründung – eine Praxis, die viel Spielraum für Kompromisse lässt (Sannerstedt/Sjölin 1992: 112). Die Ausschussvertreter sind gegenüber ihren Parteiführungen in der Regel denn auch sehr frei (Sannerstedt 1996: 25 f., 28). Dies gilt nicht zuletzt für den mit der allgemeinen staatlichen Parteienfinanzierung betrauten Verfassungsausschuss, dessen Mitglieder sich in besonderem Maße als objektiv und professionell verstehen (Mattson 1996: 92).1 Konnte man sich im Ausschuss nicht einigen, waren Untersuchungskommissionen ein probates Mittel, mehr Informationen zu erhalten und einen Konsens zu erzielen. Wie noch zu veranschaulichen sein wird, traf die generell für die Aufgaben von Untersuchungskommissionen geprägte Formel „Expertise, Kontrolle, Konsens“ (Johansson 1992) auch auf Fragen der staatlichen Parteienfinanzierung zu. Der Einfluss, den Ausschüsse und Untersuchungskommissionen auf konsensuelle Lösungen im Hinblick auf die staatliche Parteienfinanzierung haben konnten, lässt sich beispielhaft an der Einführung der Zuwendungen für die Verwaltungsarbeit der Parteien (also der Form der Fraktionsfinanzierung, die 1972 in die allgemeine staatliche Parteienfinanzierung überging, s. Kapitel 7.3) demonstrieren. Diese Entscheidung soll hier auch deshalb untersucht werden, weil die Zuwendungen bereits 1965 kaum von der allgemeinen staatlichen Parteienfinanzierung zu trennen war (dazu KvP 6.10.1965). Schon 1961 hatte das Zentrum die Einführung einer staatlichen Fraktionsfinanzierung als Kompensation der Oppositionsparteien für ihre Nachteile gegenüber den Regierungsparteien gefordert (Hedlund et al. 1961). Bis dato waren die Mitarbeiter der Fraktionen von den Parteien bzw. durch Zwangsabgaben der Abgeordneten finanziert worden (BU 1965: 7). Das Anliegen des Zentrums wurde nun eingehend in verschiedenen Gremien erörtert. Zunächst befasste sich der Bankausschuss2 des Reichstages mit dem Antrag. Um ein breiteres Meinungsbild zu erhalten, delegierte dieser das Anliegen an eine Untersuchungskommission (BU 1961). Diese Kommission schlug nach Befragung aller Parteien 1963 vor, dass der Staat je einen Assistenten für eine bestimmte, von den Parteien festzulegende, Anzahl von Abgeordneten finanzieren solle, um die Arbeitsmöglichkeiten der Fraktionen zu verbessern (Justitiedepartementet 1963: 211 f.). In einem gemeinsamen parlamentarischen Antrag sprachen sich 1965 SAP, Zentrum, Volksund Rechtspartei dafür aus, dass alle Parteien eine bestimmte Geldsumme für jeden 1
Dies zeigte sich beispielsweise 1965, als drei der vier Vertreter der Volkspartei im Verfassungsausschuss aus demokratietheoretischen Bedenken die Einführung der allgemeinen staatlichen Parteienfinanzierung ablehnten, obwohl die Parteiführung auf Enthaltung gedrängt hatte (KU 1965: 13 f.; Michanek 1965a). 2 Der altertümliche Name des Gremiums geht auf das 17. Jahrhundert zurück. Der Bankausschuss befasste sich vor allem mit Finanz- und Wirtschaftsfragen, aber auch mit allen Angelegenheiten, die den Reichstag selbst betrafen (Stjernquist 1987: 244).
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ihrer Abgeordneten bekamen, die der Reichstagsarbeit zugute kommen sollte (Ohlin et al. 1965a; DN 29.1.1965). Die Kommunisten fungierten zwar nicht als Mitantragsteller, waren jedoch informell ebenfalls einbezogen worden und hatten ihre Zustimmung signalisiert (BU 1965: 6). Der gemeinsame Antrag wurde im Dezember 1965 vom Reichstag ohne Gegenstimmen gebilligt (Expressen 2.12.1965). Warum jedoch wurde 1965, als die Zuwendungen zur Verwaltungsarbeit der Parteien im völligen Einvernehmen der Parteien eingeführt wurde, nicht auch eine Untersuchungskommission zur allgemeinen staatlichen Parteienfinanzierung eingesetzt? Dies verwundert umso mehr, als sich die Volkspartei für eine Untersuchungskommission ausgesprochen hatte (Ohlin et al. 1965b). Ursprünglich hatten die Sozialdemokraten tatsächlich eine staatliche Untersuchungskommission über Fragen der Parteienfinanzierung einsetzen wollen. Diese scheiterte jedoch aus zwei Gründen: Erstens war ihr Partner, das Zentrum, dringend daran interessiert, dass die staatlichen Zuschüsse bereits zu den Kommunalwahlen 1966 fließen konnten, so dass man die Parteienfinanzierung unbedingt noch vor Jahresende verabschieden wollte (DN 1.12.1965). Um die Finanzen des Zentrums war es vor der Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung nicht gut gestellt (s. Kapitel 7.1). Nicht ohne Grund war ja auch die Initiative zu den Zuwendungen für die Verwaltungsarbeit vom Zentrum ausgegangen. Zweitens, und dies wog wichtiger, waren auch die Sozialdemokraten zur Eile gezwungen. Dies lag daran, dass sich die Gewerkschaften zusehends weigerten, die SAP-nahen Zeitungen weiterhin mit hohen Summen zu subventionieren. Wie bereits in der Einleitung erwähnt, standen die schwedischen Tageszeitungen traditionell politischen Parteien nahe. Zwischen 1940 und 1970 verringerte sich die Zahl der Zeitungen in Schweden von 194 auf 117 (Gidlund 1983: 143). Zwar gaben deutlich mehr Blätter aus dem Umfeld von Volks- und Rechtspartei auf. Dennoch waren die Zeitungen der SAP von diesem Prozess wesentlich stärker betroffen, da sie zumeist kleinere Auflagen als ihre verbleibenden bürgerlichen Konkurrenten hatten und ein Schattendasein fristeten (Gustafsson/Hadenius 1976: 39 f.; Hultén 1984: 13 f.). Auch aufgrund der Besitzverhältnisse betraf die Krise im Zeitungssektor die SAP unmittelbarer. Die sozialdemokratischen Blätter waren, anders als ihre liberalen und konservativen Konkurrenten, nicht in Privatbesitz, sondern gehörten zu verschiedenen Anteilen der Zentrale der SAP, dem Gewerkschaftsdachverband LO (landsorganisationen) und verschiedenen lokalen Ablegern aus dem Organisationsnetzwerk von Gewerkschaften und Sozialdemokratie (Kronvall et al. 1971: 96, 76 f.; Gidlund 1992: 108). Schätzungen zufolge transferierten die schwedischen Parteien von 1954 bis 1964 etwa 87 Millionen Kronen (ca. 9,2 Mio. Euro) in den Zeitungssektor. Mehr als drei Viertel dieser Summe zahlte die SAP und die LO an die Zeitungen des sozialdemokratischen Lagers (Gidlund 1991: 16 f.). SAP und Gewerkschaft sahen sich also mit enormen finanziellen Belastungen
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konfrontiert.3 Die LO, die den Löwenanteil der Zahlungen leistete, war in dieser Situation immer weniger bereit, der SAP finanziell aus der Bedrängnis zu helfen (Justitiedepartementet 1972: 13). Was die Sozialdemokraten betraf, war die staatliche Parteienfinanzierung also anfangs eher eine Pressefinanzierung. Die SAP leitete 1966 etwa 95 Prozent ihrer Zuwendungen an die parteinahe Presse weiter, Zentrum und Rechtspartei nur 29 bzw. sieben Prozent; für die Volkspartei liegen keine Zahlen vor (Justitiedepartementet 1972: 26). 1971 wurde dann eine reguläre staatliche Pressefinanzierung einvernehmlich verabschiedet (Kronvall et al. 1971: 24; SvD 24.4.1971b).4 Der Antrag der Sozialdemokraten des Jahres 1965 auf eine staatliche Parteienfinanzierung griff direkt einen Vorschlag auf, den ein Abgeordneter des Zentrums ursprünglich als Sondervotum in einer Untersuchungskommission zur Pressefinanzierung unterbreitet hatte. Dieser Vorschlag sah Zuwendungen in Höhe von 25 Millionen Kronen (ca. 2,6 Mio. Euro) direkt an die Parteien vor, verteilt nach deren Stimmenzahl. Die Gelder sollten nicht zweckgebunden sein, also auch für die Unterstützung der Zeitungen verwendet werden können (Justitiedepartementet 1965: 133). Diese Form der Pressefinanzierung wurde jedoch von der Öffentlichkeit nahezu einhellig abgelehnt. Selbst die sozialdemokratische Presse äußerte sich negativ. Allgemein wurde befürchtet, dass die Zeitungen auf diese Weise zu eng an die Parteien gebunden würden (Gustafsson/Hadenius 1976: 50). Dennoch setzten sich die Sozialdemokraten durch und stellten so eindrucksvoll unter Beweis, dass es sich bei den Untersuchungskommissionen eben nur um Einflusspunkte ohne formale Macht handelte. Auch bei der Einführung der kommunalen Parteienfinanzierung wurden die institutionellen Möglichkeiten der Konsensbildung nicht genutzt. Dies geschah nicht ohne Grund: Im Zuge einer Kommunalreform wurde ab 1968 die Zahl der schwedischen Kommunen innerhalb von sechs Jahren von 816 auf 278 reduziert 3
Nicht eingerechnet in die 87 Millionen Kronen sind die Gelder, mit denen die LO die ihr allein gehörende Stockholms-Tidningen unterstützte. Allein 1965 verschlang dieses Prestigeobjekt der sozialdemokratischen Presse etwa 19 Millionen Kronen (ca. 2 Mio. Euro; KvP 15.12.1965). 4 Aufgrund der engen Verbindung zwischen Parteien- und Pressefinanzierung in Schweden ist es unumgänglich, bei der Auswahl der Zeitungen, auf die sich die folgenden Analysen stützen, auch deren parteipolitische Einstellung sowie deren Haltung zur staatlichen Parteien- bzw. Pressefinanzierung von 1965 (dazu Gidlund 1983: 229 f.) zu berücksichtigen. Der liberalen Volkspartei standen der Expressen und die Göteborgs-Posten (GP) nahe, die allesamt die staatliche Parteienfinanzierung ablehnten. Die Kvällsposten (KvP), das Svenska Dagbladet (SvD) und das Sydsvenska Dagbladet Snällposten (SDS) sympathisierten mit der Rechtspartei. Während die beiden erstgenannten Zeitungen erst im Laufe der Debatte zu Gegnern der staatlichen Parteienfinanzierung wurden, war das SDS von Anfang an dagegen. Als sozialdemokratische Zeitungen betrachte ich die Stockholms-Tidningen und das Aftonbladet, die sich für eine staatliche Parteienfinanzierung aussprachen. Die wichtigste Quelle werden die der Volkspartei nahe stehenden Dagens Nyheter (DN) sein, die nicht allein die angesehenste Zeitung Schwedens waren und sind, sondern sich auch schon 1965 von der Volkspartei emanzipierten und für eine staatliche Parteienfinanzierung eintraten.
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(Halvarson 1999: 154). Die Parteien standen nun vor der Herausforderung, ihre Organisationen an diese Neugliederung anzupassen. Wie im nächsten Abschnitt zu erörtern sein wird, stand dabei der Wunsch im Vordergrund, den Staat vor Ort, dort, wo dieser sich im Zuge der Kommunalreform zurückgezogen hatte, zu ersetzen. Der Antrag zur Einführung der kommunalen Parteienfinanzierung war erneut vom Zentrum gestellt worden (Andersson et. al. 1968). Dies ist ein erster Hinweis darauf, dass die Opposition die öffentlichen Zuwendungen nicht so unumwunden ablehnte, wie es das parlamentarische Abstimmungsergebnis suggeriert. Später kam ein Untersuchungsbericht zu dem Schluss, es stehe „außer jedem Zweifel“, dass die Parteien die Anpassung an die Kommunalreform nur mit staatlichen Zuschüssen hätten vollziehen können (Gidlund 1985: 95). Eine Untersuchungskommission war 1969 bezeichnenderweise auch nicht gefordert worden. Offensichtlich war allen Parteien bewusst, dass die Zeit drängte. Wie noch zu erörtern sein wird, kreiste die Auseinandersetzung vornehmlich um die Einführung eines Grundbetrages. Sowohl auf die Entscheidung von 1965 als auch auf die von 1969 trifft die These von Hugh Heclo und Henrik Madsen zu, hinter der Konsensorientierung des schwedischen Parteienwettbewerbs verberge sich eine Idealisierung der sozialdemokratischen Dominanz: „In our account, consensus is often a surface phenomenon produced by Social Democratic hegemony, a resulting construct rather than a way Swedish policy and politics work“ (Heclo/Madsen 1987: 30). Ich werde auf die Frage, warum die bürgerlichen Parteien sich 1969 in den von den Sozialdemokraten gleichsam diktierten Konsens fügten, zurückkommen. Zunächst soll untersucht werden, auf welche Weise die Verfassungsreform von 1970, die ja eigentlich die Zahl der institutionellen Entscheidungspunkte verringern sollte, einen Konsens der Parteien über ihre staatliche Finanzierung ermöglichte. Maßgeblich geschah dies, so meine These, weil durch das proportionalere Wahlrecht die Ausschüsse des Reichstages (hier vor allem: der Verfassungsausschuss) und damit auch die Untersuchungskommissionen eine Aufwertung erfuhren.
Die Aufwertung des Verfassungsausschusses und der Untersuchungskommissionen Die Ausschüsse des Reichstages gewannen vor allem durch die Abschaffung der ersten Kammer und das neue Wahlrecht an Bedeutung. Mit der ersten Kammer entfiel der legislative Vetopunkt der Sozialdemokraten. Das höhere Maß an Proportionalität des Wahlrechts sorgte ferner dafür, dass die Spaltung der schwedischen Gesellschaft in zwei nahezu gleichgroße Blöcke zu Beginn der 1970er Jahre auch im Parlament abgebildet wurde. Angesichts der zunehmenden Blockkonfrontation und des Patts zwischen den Blöcken, von dem bereits in Kapitel 6.3 die Rede war, wertete die Verfassungsreform entgegen ihrer Zielsetzung nicht die Regierung, sondern
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den Reichstag auf. Nach 1973 verfügten die sozialdemokratischen Minderheitsregierungen auch mit den Stimmen der Linkspartei über keine parlamentarischen Mehrheiten mehr. Dies zwang die Sozialdemokraten zusehends, im Reichstag um Mehrheiten für ihre Politik zu buhlen. Die Ausschüsse waren damit die großen Gewinner der Verfassungsreform (Hagevi/Jahn 1999: 163 ff.). Die auch im internationalen Vergleich hohe Machtfülle der Ausschüsse5 kann als ein wichtiger institutioneller Grund dafür angesehen werden, dass die Parteien vor und nach 1970 dem Ziel der Programmverwirklichung den Vorrang vor dem der Regierungsteilhabe gaben (Bergman 1997: 250). Der beschriebene Wegfall von Entscheidungspunkten im Zuge der Verfassungsreform kam der Regierung letztlich nur dann zugute, wenn sie über eine parlamentarische Mehrheit verfügte – und das war in den Phasen, in denen nach 1970 über die staatliche Parteienfinanzierung entschieden wurde, nicht der Fall. Dementsprechend markiert das Jahr 1970 eine Zäsur; Parlament und Verfassungsausschuss hatten fortan wesentlich größeren Einfluss auf die Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung. Unter den Bedingungen von Minderheitsregierungen wurden die Ausschüsse des schwedischen Parlaments von Einfluss- zu Vetopunkten aufgewertet, in denen die Opposition im parlamentarischen Prozess mitentscheiden konnte. Bereits 1969 konnte sich die Opposition im Ausschuss im Losverfahren durchsetzen, da sie hier die gleiche Mitgliederzahl stellte wie die Sozialdemokraten (KU 1969). Im Parlament wurde sie aber, wie erwähnt, überstimmt. Dies veranschaulicht den Charakter der Ausschüsse als Einflusspunkte vor 1970. Auch zu Beginn des Jahres 1970 konnte die SAP-Mehrheit im Verfassungsausschuss alle Anträge der bürgerlichen Parteien auf eine erneute Befassung mit dem Thema Parteienfinanzierung ablehnen (KU 1970). Nach der Verfassungsreform jedoch kündigte der neue Vorsitzende der Moderaten, Gösta Bohman, an, dass die staatliche Parteienfinanzierung nun geändert werden könne, weil sich die bürgerlichen Parteien und die Linkspartei auf eine gemeinsame Linie geeinigt hätten. 1971 wolle man zusammen einen Grundbetrag einführen (DN 24.12.1970). Die Sozialdemokraten befanden sich nun in echter Bedrängnis. Der sozialdemokratische Vorsitzende des Verfassungsausschusses, Erik Adamsson, kündigte denn auch postwendend eine staatliche Untersuchungskommission an, deren Ergebnis im nächsten Jahr vorliegen werde (Sveriges Riksdag 1971: 135 f.). Auf diese Weise konnte sich die SAP eine „Gnadenfrist“ erkaufen (DN 24.4.1971). Im Parlament stimmte daraufhin die Linkspartei gegen eine sofortige Neuregelung der staatlichen Parteienfinanzierung, stattdessen wurde eine Untersuchungskommission eingesetzt. Ein wichtiges Zugeständnis der SAP an die Linkspartei war, dass auch 5
Hinsichtlich der beiden Variablen: Kontrolle der parlamentarischen Agenda und Einflusses auf den Prozess der Gesetzgebung rangieren die schwedischen Ausschüsse im internationalen Vergleich in der Spitzengruppe (Mattson/Strøm 1995: 299). In keinem der anderen untersuchten Länder sind die Parlamentsausschüsse ähnlich einflussreich wie in Schweden.
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ein Politiker aus ihren Reihen in der Kommission vertreten war. Die Linkspartei konnte damit zum ersten Mal seit langer Zeit in einem dieser in Schweden überaus wichtigen Gremien mitwirken (SvD 1.7.1971). Die Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung folgten nach der Verfassungsreform von 1970 einem gemeinsamen institutionellen Muster: Die Opposition verschaffte sich zunächst im Verfassungsausschuss mit ihren Anliegen Gehör. Entscheidungen über eine Reform des Finanzierungsregimes wurden sodann an Untersuchungskommissionen delegiert.6 Zwei Arten von Kommissionen lassen sich unterscheiden: Auf der einen Seite die parlamentarischen, mit Parteipolitikern besetzten Kommissionen, auf der anderen Seite solche, in denen vornehmlich Experten sitzen. Zwar stellten die Untersuchungskommissionen nur Einflusspunkte dar, im Bereich der staatlichen Parteienfinanzierung kam ihnen jedoch durchaus faktische Macht bei der Konsens- und Entscheidungsfindung zu, wenn es sich um parlamentarische Kommissionen handelte. Nach 1970 legten Untersuchungskommissionen fünf Berichte zur staatlichen Parteienfinanzierung in Schweden vor: einen Bericht zur staatlichen Parteienfinanzierung auf der nationalen Ebene (Justitiedepartementet 1972), drei Berichte zur kommunalen Parteienfinanzierung (Gidlund 1985; Civildepartementet 1988; 1991) und einen Bericht zum gesamten Bereich der staatlichen Parteienfinanzierung (Finansdepartementet 1994). Die drei Expertenkommissionen (Gidlund 1985; Civildepartementet 1988; Finansdepartementet 1994) waren in der Tat Instrumente der Regierung, ihre Berichte blieben folgenlos. Die beiden Expertenkommissionen zur kommunalen Parteienfinanzierung lassen erkennen, dass diese Institutionen auch in Schweden, ähnlich wie die Royal Commissions in Großbritannien, nicht allein dazu dienten, einvernehmliche Entscheidungen zu finden, sondern auch taktisch motiviert waren, der Regierung Zeit verschaffen sollten (s.a. Arter 1999b: 155-8, 168). Der Bericht der Politikwissenschaftlerin Gullan Gidlund für die Regierung kam 1985 zu dem Ergebnis, dass sich die kommunale Parteienfinanzierung bewährt habe (Gidlund 1985). Eine aus Mitgliedern der Ministerialbürokratie zusammengesetzte Kommission sprach sich 1988 gegen einen Grundbetrag in der kommunalen Parteienfinanzierung aus – ganz im Sinne der sozialdemokratischen Regierung (Civildepartementet 1988: 87-9). Bereits 1981 und 1982 hatten zudem zwei unveröffentlichte Kommissionsberichte 6
So war es denn auch im Vorfeld der Reform der kommunalen Parteienfinanzierung von 1991. Damals forderte der Verfassungsausschuss die Regierung nachdrücklich auf, schnellstmöglich in Verhandlungen mit den anderen Parteien zu treten und die kommunale Parteienfinanzierung einer voraussetzungslosen Prüfung zu unterziehen (KU 1989: 15). Nichtsdestotrotz musste der Ausschuss die Regierung noch zweimal mit nahezu gleich lautenden Beschlüssen mahnen (KU 1990: 14 f.; 1991: 25 f.), bis diese dann reagierte und eine neue Kommission einsetzte (DN 14.6.1991). Andernfalls hätte der Minderheitsregierung Ingvar Carlssons ähnlich wie der seines Vorgängers Olof Palme 1971 eine Abstimmungsniederlage gedroht (Jerkert 1991).
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die positiven Effekte der kommunalen Parteienfinanzierung bestätigt (Finansdepartementet 1994: 29). Ähnlich folgenlos blieb die dritte Expertenkommission: 1994 legte eine von der bürgerlichen Regierung eingesetzte Untersuchungskommission ihren Bericht vor. Diese aus Experten zusammengesetzte Kommission schlug eine umfassende Reform des Systems der staatlichen Parteienfinanzierung vor. Unter anderem sollten indirekte Subventionen, etwa kostenlose Sendezeiten im Rundfunk, an die Stelle der hohen direkten Zahlungen treten (Finansdepartementet 1994: 16). Die Vorschläge fanden zwar ein für Expertenkommissionen beachtliches mediales Echo (z.B. Jerkert 1993; GP 12.3.1994), den Parteien gingen sie offensichtlich zu weit. Weder die sozialdemokratische Nachfolgerregierung noch die bürgerliche Opposition nahm die Anstöße auf. Anders als die Expertenkommissionen dienten die parlamentarischen Untersuchungskommissionen, die in Fragen der staatlichen Parteienfinanzierung 1972 und 1991 Berichte vorlegten, vor allem der Konsenssuche. Ihre Ergebnisse hatten den Charakter klassischer Kompromisse. 1972 wurde ganz im Sinne der Opposition ein Grundbetrag von 1,5 Millionen Kronen (ca. 150.000 Euro) eingeführt, allerdings bei den Zuwendungen für die Verwaltungsarbeit, die nun in die Parteienfinanzierung übergingen (Justitiedepartementet 1972: 47). Auf diese Weise konnten sich auch die Sozialdemokraten, die sich gegen einen solchen Grundbetrag in der klassischen allgemeinen staatlichen Parteienfinanzierung ausgesprochen hatten, durchsetzen. Darüber hinaus machten die Sozialdemokraten zwei signifikante Zugeständnisse an die Linkspartei, die sie ja 1971 vor einer Abstimmungsniederlage bewahrt hatte. Zum einen wurde die Sperrklausel für die staatliche Parteienfinanzierung auf 2,5 Prozent abgesenkt, so dass die Linkspartei auch im Falle einer Abwahl aus dem Reichstag in den Genuss der staatlichen Zuwendungen kommen würde (Justitiedepartementet 1972: 49); ihr Vorsitzender Lars Werner hatte schon 1971 in der parlamentarischen Debatte darauf hingewiesen, wie wichtig eine Absenkung der Sperrgrenze für seine Partei sei (Sveriges Riksdag 1971: 132 f.). Zum anderen hatte fortan auch eine Partei, die in einem Wahlkreis mehr als 12 Prozent der Stimmen erhielt, ein Anrecht auf die staatliche Parteienfinanzierung (Justitiedepartementet 1972: 49 f.). Diese Bestimmung war ebenfalls auf die Linkspartei gemünzt, die mit dem Wahlkreis Norbotten eine Hochburg besaß, mit dessen Hilfe sie sich selbst im Falle eines Wahldesasters für die staatliche Parteienfinanzierung qualifizieren konnte. Auch bei der Reform der kommunalen Parteienfinanzierung brachte erst eine parlamentarische Kommission ein dauerhaft unangefochtenes Resultat. Wie 19 Jahre zuvor trug auch der Bericht der Kommission von 1991 einen eindeutigen Kompromisscharakter. In ihrem Vorschlag sprach sich die Kommission dafür aus, einen Grundbetrag auf kommunaler Ebene einzuführen, dessen Größe allerdings vor Ort bestimmt werden sollte (Civildepartementet 1991: 46 f.). Wichtig in diesem Zusammenhang war die Einschränkung, dass dieser Grundbetrag nicht für alle
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Parteien gleich groß sein müsse, da man davon ausgehen könne, dass „die kleinsten Parteien einen geringeren Bedarf eines Grundbetrags haben als die größten“ (Civildepartementet 1991: 52).7 Diese Einschränkung war ein Zugeständnis an die Sozialdemokraten, denen bei der Einführung eines Grundbetrags auf kommunaler Ebene die größten finanziellen Verluste drohten: Die Kommission hatte in ihrem Bericht errechnet, dass die SAP 1986 bei einem Grundbetrag von 25 Prozent in allen Kommunen und Regionen einen Einnahmeverlust von mehr als 16 Prozent hätte hinnehmen müssen, während die Grünen ihre Einnahmen um 60 Prozent gesteigert hätten (Civildepartementet 1991: 7 f.). Nicht alle Parteien waren jedoch zu diesem Zugeständnis bereit. Die Vertreter von Grünen und Linkspartei, die beide lokal oftmals als „Kleinstparteien“ gelten konnten, sprachen sich in getrennten Sondervoten gegen die vorgesehene Verringerung des Grundbetrages aus (Civildepartementet 1991: 53-5). Am Konsenscharakter des gefundenen Ergebnisses konnte dennoch kein Zweifel bestehen. Davon zeugte auch das bereits erwähnte Abstimmungsergebnis im Reichstag. Offensichtlich bestand also in Schweden ein Zusammenhang zwischen der Erzielung eines Konsenses und dem Ausmaß der Institutionalisierung einer Entscheidung: Je mehr Gremien an einer Entscheidung beteiligt waren, desto Erfolg versprechender die Konsenssuche. Ein Niedergang der Konsensinstitutionen ist für die Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung nicht festzustellen. So trifft der generelle Befund, die Untersuchungskommissionen hätten in Schweden an Bedeutung verloren (Sannerstedt 1996: 18; Halvarson 1999: 107, 105), in diesem Fall nicht zu. Im Gegenteil, erst nach der Verfassungsreform von 1970 wurden überhaupt Untersuchungskommissionen zur staatlichen Parteienfinanzierung eingesetzt. Ausgerechnet 1965, zur vermeintlichen Blütephase der schwedischen Konsensinstitutionen, war auf die Einsetzung einer Kommission verzichtet worden. Auch von einer Reideologisierung der Ausschussarbeit (dazu Hinnfors 1995: 137 f.) kann bei den Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung nicht die Rede sein. Bezeichnend für die herausgehobene Bedeutung institutioneller Arrangements ist, dass einvernehmliche Entscheidungen 1972 sogar gesetzlich festgeschrieben wurden. Abstrakt formuliert bildete sich im Zuge der Verfassungsreform in Schweden deshalb ein stabiler Konsens über die staatliche Parteienfinanzierung heraus, weil nach dem Wegfall bzw. der Abschwächung der Vetopunkte (erste Kammer, proportionaleres Wahlrecht) die ohnehin vorhandenen Einflusspunkte aufgewertet wurden (Untersuchungskommissionen) bzw. sich gar in Vetopunkte der Opposition verwandelten (Verfassungsausschuss im Fall von Minderheitsregierungen). 7
Da auf der Ebene der Kommunen in Schweden keine Sperrklausel existiert, liegen häufig große Unterschiede zwischen den Stimmenzahlen der repräsentierten Parteien vor. Die Entscheidung darüber, welche Parteien als Kleinstparteien gelten sollten, wurde den kommunalen Parlamenten vor Ort überlassen.
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Eins darf jedoch nicht übersehen werden: Die Institutionen des schwedischen politischen Systems erleichterten den Parteien nach 1970 zwar die Konsenssuche, schrieben sie ihnen aber keineswegs vor. Einfache Mehrheiten hätten auch genügt. Warum verpflichteten sich die schwedischen Parteien 1972 also in einem Gesetz zum Konsens? Zudem kann mit Hilfe der Institutionen nicht erklärt werden, ob vor 1970 überhaupt ein Konsens über die staatliche Parteienfinanzierung gefunden wurde. Warum war es 1969 nicht zu einer Neuauflage des von der Volkspartei geduldeten Bündnisses von SAP, Zentrum und Linkspartei gekommen? Zur Klärung dieser Fragen ist es notwendig, die Ziele, die die Parteien in den Entscheidungen über ihre staatliche Finanzierung verfolgt haben, zu analysieren.
9.2 Das Festhalten am Ziel der Programmverwirklichung Schon in der Analyse des schwedischen Parteiensystems fanden sich eine Reihe von Anhaltspunkten dafür, dass die schwedischen Parteien grundsätzlich nach Programmverwirklichung streben: Minderheitsregierungen sind alles andere als ungewöhnlich, Koalitionen werden aufgrund von inhaltlichen Differenzen beendet (s. Kapitel 6.3). Die meisten schwedischen Parteien sind zudem Massenparteien mit einem weit verzweigten Netz von ihnen nahe stehenden Organisationen –etwa für Frauen, Jugend und Studenten –, die nicht unter der direkten Kontrolle der Parteiführungen stehen (Bäck/Möller: 2003: 119; Hagevi 2003: 352). Dies ist ebenso wie die Orientierung auf die eigene Organisation ein wichtiger Indikator für das Ziel der Programmverwirklichung. Da diese Binnenperspektive auch bei den Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung eine wichtige Rolle spielte, die staatliche Parteienfinanzierung in Schweden ähnlich wie bei in Deutschland vornehmlich dem Ausbau der eigenen Organisation zugute kam, stand für die schwedischen Parteien hier ebenfalls das Ziel der Programmverwirklichung im Mittelpunkt. Die strategische Motivation der Sozialdemokraten bei der Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung von 1965 lag auf der Hand: Wie im vorangegangenen Kapitel erwähnt, ging es der SAP nicht zuletzt um die Rettung ihrer Zeitungen. Das zentrale Ziel der Sozialdemokraten war es also, ihre organisatorische Übermacht zu erhalten und auszubauen. Die bürgerlichen Parteien hingegen verfügten zu dem Zeitpunkt, als die staatliche Parteienfinanzierung in Schweden eingeführt wurde, durchaus über eine Alternative zum Ziel der Programmverwirklichung. Ähnlich wie in Deutschland wurde auch in Schweden die Einführung eines Mehrheitswahlrechts erwogen. Noch wichtiger war, dass die bürgerlichen Parteien zusätzlich über eine Fusion nachdachten. Auch in Schweden waren diese Debatten mit derjenigen über die staatliche Parteienfinanzierung verknüpft. Beides, die Einführung eines Mehrheitswahlrechts und eine Fusion der bürgerlichen Parteien, hätte eine klare Verschärfung des Parteienwettbewerbs, eine höhere Priorität der Stim-
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menmaximierung nach sich gezogen. Dieser Weg wurde in Schweden nicht beschritten, vielmehr wurde nach 1970 das Ziel der Regierungsteilhabe wichtiger, zuvorderst für die bürgerlichen Parteien. Vielen Autoren gilt denn auch die Verfassungsreform von 1970, die die Opposition aufwertete, als eine maßgebliche Voraussetzung für die spätere Regierungsübernahme durch die bürgerlichen Parteien (Möller 1986: 149; Stjernquist 1987: 295). Dennoch behielt das Ziel der Programmverwirklichung weiterhin Priorität, auch für die bürgerlichen Parteien. Wie im Folgenden auszuführen sein wird, war dieses Festhalten am Ziel der Programmverwirklichung wiederum der Grund dafür, dass die bürgerlichen Parteien einer staatlichen Parteienfinanzierung offen gegenüberstanden. Zunächst sollen die Positionen der einzelnen Parteien und deren strategische Motivation zur Mitte der 1960er Jahre nachgezeichnet werden. Im Anschluss daran gilt es zu zeigen, wie das Festhalten der bürgerlichen Parteien an ihrer Autonomie und an einem proportionalen Wahlrecht dazu führte, dass die schwedischen Parteien auch ihre staatliche Finanzierung nicht in Frage stellten.
Die Positionen und die Ziele der sozialistischen Parteien Wieso konnten die Sozialdemokraten es sich erlauben, 1965 und 1969 nach der eingangs erwähnten Maxime „breite Mehrheit ohne signifikante Zugeständnisse“ zu verfahren und die Forderungen nach einer Untersuchungskommission oder einem Grundbetrag zu ignorieren? Zunächst lag dies an deren Konzeptionslosigkeit der bürgerlichen Parteien, zudem an der Diskurshoheit der Sozialdemokraten in der Debatte über die Korruption in der Politik, auf die ich im nächsten Kapitel eingehen werde. Das passive Auftreten der Opposition war jedoch auch auf die elektorale und organisatorische Machtfülle der schwedischen Sozialdemokratie zurückzuführen. Diese drückte sich in der beispiellosen Asymmetrie des schwedischen Parteiensystems aus, von der bereits in Kapitel 6.1 die Rede war. Die Überlegenheit der SAP an den Wahlurnen hatte auch organisatorische Ursachen: In den 1960er Jahren waren etwa 18 Prozent der schwedischen Wähler Mitglieder der SAP (Bengtsson et al. 1972: 187, 237). Der enorme Rückhalt in der Arbeiterschaft war der Schlüssel zur Erklärung ihrer Dominanz im Parteiensystem (Esping-Andersen 1990: 39 f.; Therborn 1992: 5 f.). Diesen Rückhalt verdankten die Sozialdemokraten vor allem ihrem engen Schulterschluss mit den Gewerkschaften, der dank des kollektiven Anschlusses aller Gewerkschaftsmitglieder an die SAP auch finanziell sehr einträglich war (s. Kapitel 7.1). Auch an der Spitze ihrer Organisationen waren Sozialdemokraten und Gewerkschaften eng verbunden: Der Vorsitzende der Gewerkschaften hatte stets einen Sitz im Exekutivausschuss, dem wichtigsten Führungsgremium der SAP, inne. Darüber hinaus war der Exekutivausschuss für die Parteifinanzen zuständig. Arne Geijer, seit 1964 Vorsitzender der LO, war zudem Mitglied in der sozialdemokrati-
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schen Fraktion und dort auch im Vorstand vertreten (Bengtsson et al. 1972: 208 f.). Es gab also genügend Einflusskanäle, durch die die Gewerkschaften ihrem Wunsch, die SAP möge ihnen die Last der defizitären Zeitungen im Umfeld der Arbeiterbewegung abnehmen, Ausdruck verleihen konnten. Die Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung von 1965, die ja für die Sozialdemokraten eigentlich eine Pressefinanzierung darstellte, war gleichsam eine Gegenleistung für die vielen Dienste, die die Gewerkschaften der Partei erwiesen. Die staatlichen Zuwendungen sollten zudem die eigenen Zeitungen erhalten helfen. Dies ließ eindeutig auf das Ziels der Programmverwirklichung schließen. Man mag einwenden, dass die Stützung der sozialdemokratischen Zeitungen auch dem Ziel, potenzielle Wähler zu gewinnen, mithin also der Stimmenmaximierung dienen sollte. Allerdings waren die meisten Abonnenten sozialdemokratischer Zeitungen ohnehin überzeugte Parteigänger der SAP (s.a. Kronvall et al. 1971: 85).8 Entscheidende Mehrheiten ließen sich mit ihnen nicht gewinnen. Vielmehr dominierte die Binnenperspektive, die Zuwendungen stellten einen Service für das eigene Klientel dar. Auch die Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung auf der kommunalen Ebene folgte 1969 einem Begehren aus den eigenen Reihen. Nach 1965 regte sich an der Parteibasis Unmut über die staatliche Parteienfinanzierung. Nicht etwa, weil man die Zuwendungen abgelehnt hätte, sondern im Gegenteil, weil man so wenig davon erhielt – der Löwenanteil der öffentlichen Gelder ging ja an die eigenen Zeitungen. Auf dem Parteitag der Sozialdemokraten 1968 versprach Parteisekretär Sten Andersson Abhilfe und deutete an, dass die SAP bereit sei, staatliche Beihilfen auf kommunaler Ebene ebenso einzuführen wie eine originäre Pressefinanzierung (Gidlund 1983: 258 f.). Die Kommunisten sprachen sich ebenfalls vorbehaltlos für die Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung aus (Hermansson et al. 1965; DN 28.10.1965). Ihnen ging es ähnlich wie den Sozialdemokraten in den Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung in erster Linie um den Erhalt und Ausbau ihrer Organisation, also die Programmverwirklichung. Den schwedischen Kommunisten fehlte zudem die ideologische Flexibilität, um andere Ziele als das der Programmverwirklichung zu verfolgen. Auf die Unterstützung der Kommunisten konnten sich die regierenden Sozialdemokraten bis zum Regierungswechsel von 1976 in nahezu allen politischen Fragen verlassen, so auch 1965 und 1971/72 bei der staatlichen Parteienfinanzierung. Mit der kommunistischen Ideologie war es lange nicht vereinbar, dem bourgeoisen Klassenfeind zu einem Abstimmungserfolg zu verhelfen (Sannerstedt/Sjölin 1992: 102). Ähnlich wie die Sozialdemokraten benötigten auch 8
Damit unterschieden sich die sozialdemokratischen Zeitungen deutlich von ihren bürgerlichen Pendants. Letztere versuchten bereits in den 1960er zusehends, durch „objektive Information“ auch die Wähler anderer Parteien zu gewinnen (Kronvall et al. 1971: 10). Ein Zusammenhang zwischen den parteipolitischen Mehrheitsverhältnissen im Zeitungssektor und dem Ausgang der Wahlen ist in Schweden generell nicht feststellbar (Gustafsson/Hadenius 1976: 15 f.).
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die Kommunisten die staatliche Parteienfinanzierung dazu, ihre finanziell angeschlagenen Zeitungen zu unterstützen (Palin 1965). Nicht ohne Grund transferierten sie nach der SAP mit 42 Prozent den zweitgrößten Anteil ihrer Zuwendungen an diese Zeitungen (Justitiedepartementet 1972: 41). Zur Mitte der 1960er Jahre gaben sich die Kommunisten zusehends reformistisch. 1964 übernahmen die Modernisierer auch die Parteiführung (Berg 1982: 105). Ausdruck dieser Neuorientierung war die Reform von 1967, in deren Folge die Partei vom Prinzip des demokratischen Zentralismus abrückte und sich in Linkspartei Kommunisten umbenannte. Ohne diese Neuausrichtung wäre es kaum denkbar gewesen, dass die Partei bei der Einführung der kommunalen Parteienfinanzierung 1969 mit den bürgerlichen Parteien stimmte. Allerdings war die (absolute) Mehrheit der Sozialdemokraten nicht gefährdet. Im Zusammenspiel mit dem relativen Machtverlust der Sozialdemokraten nach der Verfassungsreform von 1970 wirkten sich die innerparteilichen Reformen der Linkspartei auch auf deren parlamentarisches Ansehen aus. Wurde die Partei vormals noch gemieden (Bengtsson et al. 1972: 262), zeigten sich die Sozialdemokraten nun zu einer engeren Zusammenarbeit bereit. Die Linkspartei war nach 1970 sogar in einigen Ausschüssen vertreten (Therborn 1992: 19; Sannerstedt/Sjölin 1992: 124 f.). Dennoch: Auch nach 1970 blieb die Linkspartei der Rolle eines Erfüllungsgehilfen der Sozialdemokraten verhaftet und konzentrierte sich darauf, die Politik der sozialdemokratischen Regierungen inhaltlich zu beeinflussen. Dies war auch im Bereich der staatlichen Parteienfinanzierung der Fall, als sie 1971 im Parlament letztlich nicht mit der bürgerlichen Opposition stimmte, die SAP damit vor einer Abstimmungsniederlage rettete und sich rund eine Million Kronen (ca. 100.000 Euro), die ihr bei Einführung eines Grundbetrages zugefallen wäre (SvD 24.4.1971a), entgehen ließ.
Die Positionen der bürgerlichen Parteien und ihre strategische Motivation In diesem Abschnitt soll zunächst nur untersucht werden, wie sich die bürgerlichen Parteien 1965 zur Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung auf der nationalen Ebene stellten. Zwar ging es auch ihnen vornehmlich um das Ziel der Programmverwirklichung, allerdings führte dies, anders als bei den sozialistischen Parteien, zu keiner so einheitlichen Positionierung gegenüber den staatlichen Zuwendungen. Die inhaltlichen Vorstellungen der bürgerlichen Parteien, aber auch ihre sekundären strategischen Ziele waren dazu schlicht zu verschieden. Dem Zentrum ging es 1965 in erster Linie darum, seine programmatische Neuausrichtung zu finanzieren. Seit den 1950er Jahren war der Parteiführung klar, dass sie ihre agrarische Wählerbasis im Zuge des sozioökonomischen Wandels würde erweitern müssen, wenn das Zentrum seinen Platz im schwedischen Parteiensystem behaupten wollte. Sinnfälligstes Beispiel dieses Veränderungswillens war
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1957 die Umbenennung von Bauernverband (bondeförbundet) in Zentrum. Damit sollte signalisiert werden, dass die neue Partei gewillt war, eine Mittelposition zwischen Volks- und Rechtspartei auf der einen und Sozialdemokraten auf der anderen Seite einzunehmen. In seinem Selbstverständnis als Funktionspartei ähnelte das Zentrum damit der deutschen FDP. Allerdings legte das Zentrum mehr als die FDP Wert darauf, dass seine Umorientierung auch programmatisch unterfüttert war (Larsson 1980: 120-2). Es ging dem Zentrum also nicht in erster Linie um Regierungsteilhabe. Auch wollte das Zentrum nicht zur Sammlungspartei werden (was wiederum für einen Primat der Stimmenmaximierung gesprochen hätte), vielmehr sollten gezielt Angestellte und kleine Unternehmer aus den Vorstädten – die bislang vornehmlich die Volkspartei unterstützt hatten – gewonnen werden (Elder/Gooderham 1978: 225 f.). Der unabhängige, nicht auf Koalitionsregierungen schielende Kurs des Zentrums hatte auch finanzielle Implikationen: Das Zentrum erhielt, anders als seine bürgerlichen Konkurrenten, keine Spenden von Unternehmen und visierte solche auch nicht an, vielmehr suchte man sich von Volks- und Rechtspartei, die als Protagonisten der „Großfinanz“ galten, abzugrenzen (Jönnergård 1984: 224 f.). Selbstbewusst ließ das Zentrum im Vorfeld der Entscheidung über die staatliche Parteienfinanzierung 1965 durchblicken, man sei auch in dieser Frage an einer Zusammenarbeit mit der Rechtspartei nicht interessiert (Palin 1965). Die staatlichen Zuwendungen sollten es dem Zentrum ermöglichen, sich neue Wählerschichten zu erschließen (Expressen 20.8.1965; Gidlund 1983: 225). Die Partei wollte feste Mitarbeiter speziell für den Wahlkampf in städtischen Gebieten anstellen (Larsson 1980: 89). Bereits 1959 hatte die Partei einen ersten Antrag zur Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung gestellt, bezeichnenderweise der erste Vorstoß dieser Art überhaupt in Schweden: Das Zentrum forderte, dass der Staat einen „Beitrag zu den Wahlkampagnen der Parteien“ liefern solle (Wahlund 1959). Wie erwähnt, ging auch die Initiative zur Einführung der Zuwendungen für die Verwaltungsarbeit der Parteien vom Zentrum aus, ebenso wie der Vorschlag zur Pressefinanzierung, der dann von den Sozialdemokraten aufgegriffen und als Parteienfinanzierung umgesetzt wurde. Im Expressen wurde sogar spekuliert, ob das Zentrum seinen Vorstoß zur Pressefinanzierung schon im Vorfeld mit der SAP koordiniert hatte (4.4.1965). Der Volkspartei ging es bei der Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung ebenfalls darum, die eigene Autonomie zu wahren. Als Bedrohung empfand sie weniger, dass ihre Wählerbasis erodieren könne, sondern vielmehr, dass ihre bislang wichtigsten Einnahmequelle zusehends zu versiegen drohte. Ähnlich wie das Zentrum befand sich auch die Volkspartei Mitte der 1960er Jahre in einer finanziell angespannten Situation. Der bislang wichtigste Geldgeber der Partei, die Wirtschaft, drängte zusehends auf Gegenleistungen für die finanzielle Unterstützung. Den Unternehmen gefiel es nicht, dass sie Parteien unterstützten, die sich mit dem Los der Opposition abgefunden zu haben schienen. Mitte der 1960er Jahre verfuhren
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die Spender zunehmend nach der Devise „Sammlung [der bürgerlichen Parteien, MK] oder Drosselung der Spenden“ (Edvardsson 1965). Just dazu war die Volkspartei aber nicht bereit, ihr ging die eigene Autonomie über die Aussicht auf eine Regierungsteilhabe mit den beiden anderen bürgerlichen Parteien. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte sich unter den bürgerlichen Parteien Schwedens in der Tat eine Art Fatalismus ausgebreitet. Sie sahen ihre Aufgabe in erster Linie darin, die sozialdemokratische Politik zu ergänzen und zu verfeinern (Heclo/Madsen 1987: 8). Führende Vertreter der bürgerlichen Opposition hegten ernsthafte Zweifel daran, ob eine Regierung ohne die SAP im Nachkriegsschweden überhaupt möglich sei (Möller 1986: 145). Um diesem Dilemma zu entgehen, begannen Volkspartei und Zentrum zu Beginn der 1960er Jahre zusehends enger zu kooperieren. Im Wahlkampf 1960 veröffentlichten beide Parteien auf Betreiben der Liberalen die so genannte „Mittedeklaration“, danach institutionalisierten sie ihre Kooperation, die nun als mittensamverkan, Zusammenarbeit der Mitte, firmierte (Möller 1986: 16, 22, 70 f.). Die antietatistische Rechtspartei wurde indes nicht einbezogen. Man hatte Bedenken, dem Vorwurf der sozialen Kälte Vorschub zu leisten, mit dem die Sozialdemokraten in den 1960er Jahren pauschal die gesamte bürgerliche Opposition zu belegen versuchte (Wennås 1984: 135). Eine Fusion oder zumindest sehr enge inhaltliche Verzahnung aller bürgerlichen Parteien, wie sie die Wirtschaft verlangte, kam für die Führung der Volkspartei 1965 jedoch nicht in Frage. Die staatlichen Zuwendungen dürften der Volkspartei als Mittel erschienen sein, sich gegen die Forderung der Wirtschaft, also eine Abhängigkeit von ihrem bislang größten Geldgeber, zu erwehren. Dagens Nyheter zufolge hat der Vorsitzende der Volkspartei, Bertil Ohlin, genau dies im Vorfeld der Entscheidung über die staatliche Parteienfinanzierung offen bekannt (DN 23.10.1965). Dies lässt ebenfalls auf einen Primat der Programmverwirklichung schließen, denn Stimmenmaximierung oder Regierungsteilhabe wären nur durch eine engere Kooperation mit den beiden anderen bürgerlichen Parteien zu realisieren gewesen. Nur durch eine engere Abstimmung, möglichst eine Fusion, der bürgerlichen Parteien hätte eine Mehrheit der Bevölkerung sich dauerhaft überzeugen lassen, dass die Opposition ernsthaft eine Alternative zur übermächtigen Sozialdemokratie darstellen wollte. Grundsätzlich akzeptierte die Volkspartei 1965 die Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung (Michanek 1965b). Dass sie die Zuwendungen dennoch nicht offen begrüßte, sondern sich in der parlamentarischen Abstimmung enthielt, hatte drei Gründe: Erstens gab es in der Volkspartei einen einflussreichen marktliberalen Flügel, der die staatlichen Zuwendungen aus prinzipiellen Gründen ablehnte (dazu etwa Wedén 1965). Zweitens fürchtete man um die Vorrangstellung der eigenen Zeitungen. Nicht ohne Grund bezeichneten Vertreter von Volks- und auch Rechtspartei die staatliche Parteienfinanzierung 1965 immer wieder als „maskierte Pressefinanzierung“ (SvD 11.11.1965; DN 18.11.1965). Ebenso wenig war es ein Zufall,
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dass dieser Begriff aus dem Sprachgebrauch der bürgerlichen Presse entlehnt war (z.B. KvP 5.11.1965; Skårman 1965; SvD 28.10.1965). Auch in der Parlamentsdebatte über die staatliche Parteienfinanzierung war dies ein wichtiges Argument derer, die die Zuwendungen ablehnten. Vieles spricht für die von der konservativen Kvällsposten vertretene Einschätzung, dass eine reine staatliche Parteienfinanzierung problemlos eine Mehrheit im Reichstag gefunden hätte (10.11.1965). Drittens trieb die Volkspartei die Sorge um, die Sozialdemokraten, die ja in beiden Kammern des Parlaments die Mehrheit hatten, könnten den Verteilungsmechanismus der staatlichen Gelder willkürlich ändern. In ihrem parlamentarischen Antrag forderte die Fraktion der Volkspartei deshalb eine automatische Anpassung der Höhe der Zuwendungen an die Inflationsrate (Ohlin et al. 1965b). Vor allem aus diesem Grund forderten die Liberalen eine Untersuchungskommission. Bertil Ohlin und andere Vertreter der Volkspartei wiesen darauf 1965 auch in der Parlamentsdebatte immer wieder hin und begründeten so ihre Enthaltung in der Abstimmung (Sveriges Riksdag 1965a: 137, 139; 1965b: 25, 27). Die Sozialdemokraten konnten schließlich eine Ablehnung der Regierungsvorlage durch die Volkspartei verhindern, indem sie im Beschluss des Verfassungsausschusses den Passus aufnahmen, die beschlossene Regelung dann zu überprüfen, wenn ihre Wirkungsweise abzusehen sei (DN 16.12.1965). Dies belegt, dass die Volkspartei letztlich keine prinzipiellen Vorbehalte gegen die staatliche Parteienfinanzierung hatte. Nach der Analyse der Positionen von Zentrum und Volkspartei dürfte bereits klar geworden sein, dass die Rechtspartei zu Beginn der 1960er Jahre eine isolierte Position im schwedischen Parteiensystem einnahm. Sie war die einzige Partei, die offen gegen die sozialstaatliche Politik der sozialdemokratischen Regierungen eintrat (Hylén 1991: 124-30). Die Frage, ob man inhaltliche Zugeständnisse an die beiden anderen bürgerlichen Parteien machen oder am strikt marktliberalen Kurs festhalten sollte, brachte die Rechtspartei in den 1960er Jahren an den Rand der Spaltung. Im Februar 1965 gingen Schlagzeilen wie „Rechtspartei explodiert“, „Zerfall setzt sich fort“, „Partei in Auflösung“ und „Die ganze Rechtspartei schlingert“ durch die Presse (Albinsson 1986: 87). Daraus lässt sich folgern, dass die Rechtspartei über ein geringes implizites Gewicht verfügte, in der Frage der staatlichen Parteienfinanzierung also überstimmt werden konnte. Hinzu kam, dass auch die Rechtspartei keineswegs unmissverständlich gegen die staatliche Parteienfinanzierung eintrat. Der Parteivorstand sprach sich zwar einstimmig gegen die Gesetzesvorlage der Regierung aus (SDS 28.10.1965). Man sah die Gefahr, dass die Parteien vom Staat abhängig würden. In einem parlamentarischen Antrag bezeichnete die Fraktion die staatlichen Zuwendungen als einen verzerrenden Eingriff in den Parteienwettbewerb (Holmberg et al. 1965). Gleichzeitig wurde allerdings ein Beschluss der Rechtspartei bekannt, die staatlichen Gelder anzunehmen, wenn sie ihnen angeboten würden. Nach eigenen Angaben befand sich die Partei in einer finanziell so angespannten Lage, dass sie sich ein „Nein“
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nicht leisten konnte. Zudem stellte der Vorsitzende Yngve Holmberg klar, dass die Rechtspartei nicht grundsätzlich gegen eine staatliche Parteienfinanzierung sei und sich andere Formen, etwa Steuererleichterungen für Spenden, durchaus vorstellen könne (Michanek 1965b). Dies widersprach vermeintlichen prinzipiellen Bedenken der Rechtspartei. Als die Rechtspartei einen Monat vor der parlamentarischen Abstimmung über die staatliche Parteienfinanzierung bekannt gab, sie plane eine neue Abendzeitung für Stockholm (KvP 18.11.1965; SDS 21.11.1965), konterkarierte sie ihren vormaligen Kurs noch mehr. Wie anders als mit Hilfe der staatlichen Zuwendungen sollte diese Zeitungsgründung finanziert werden? Offensichtlich hatte sich 1965 auch die Rechtspartei schon mit den staatlichen Geldern arrangiert. Selbst in der bürgerlichen Presse wurde spekuliert, dass es der Rechtspartei in der Entscheidung über die staatliche Parteienfinanzierung vornehmlich darum ging, ihre Position möglichst lange offen zu halten, um sich dann, wenn die Entscheidung gefallen war, möglichst klar von den anderen Parteien abzusetzen (DN 15.12.1965a; s.a. Andrén 1970: 59). Deshalb bezeichneten Dagens Nyheter Rechts- wie Volkspartei süffisant als „yes butfellows“ (DN 2.12.1965). Sten Sjöholm, ein Vertreter des marktliberalen Flügels der Volkspartei, stellte im Rückblick resignierend fest, dass schließlich „unter schwachem Protestgemurmel vor allem der Rechts- und der Volkspartei der Vorschlag über die staatliche Parteienfinanzierung mit großer Mehrheit angenommen“ wurde (Sjöholm 1969). Dies ging sicherlich auch darauf zurück, dass die Wahl von 1964 alle Parteien überaus teuer zu stehen gekommen war (SDS 12.1.1965). 1965 konnte also eindeutig von einem Konsens der schwedischen Parteien über ihre staatliche Finanzierung gesprochen werden. Die Volkspartei war faktisch für deren Einführung, die Rechtspartei verfügte, selbst wenn ihre Ablehnung ernst gemeint gewesen sein sollte, über ein so geringes implizites Gewicht, dass sie letztlich übergangen werden konnte. Wie erwähnt stand 1965 bei allen Parteien das Ziel der Programmverwirklichung im Vordergrund. Daran schien sich bis zur Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung auf der kommunalen Ebene vier Jahre später wenig geändert zu haben. 1969 hatten alle Parteien ohne Ausnahme den Anspruch, den Rückzug des Staates durch den Ausbau ihrer lokalen Strukturen zu kompensieren. Auch dies spricht für eine Priorität der Programmverwirklichung. Typisch war der Antrag des Zentrums, in dem der Sorge Ausdruck verliehen wurde, die Bevölkerung könnte aufgrund der Zusammenlegung kommunaler Versammlungen nicht mehr hinreichend über die Kommunalpolitik informiert sein (Andersson et al. 1968). Dies mochte heuchlerisch erscheinen. Allerdings wurde der Primat der „kommunalen Information“ weder in der publizistischen noch in der parlamentarischen Debatte in Frage gestellt. Umstritten war allein die Frage, ob ein Grundbetrag eingeführt werden sollte (Gidlund 1983: 223 f.). Vertreter aller Parteien betonten denn auch zu Beginn der Parlamentsdebatte, die deutlich kürzer war und wesentlich weniger hitzig verlief als 1965, dass man sich über die Notwendigkeit einer staatli-
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chen Parteienfinanzierung auf der kommunalen Ebene einig sei (Sveriges Riksdag 1969: 36 f.; Lindmark 1969). Bei der Entscheidung von 1969 gab es jedoch eine wichtige Veränderung gegenüber 1965: Die bürgerlichen Parteien lehnten nun gemeinsam mit der Linkspartei den Gesetzesentwurf der Sozialdemokraten im Parlament ab. Ob sich trotz allem noch von einem Konsens der Parteien sprechen lässt, kann erst nach der Analyse des schwedischen Korruptionsdiskurses geklärt werden. Im Folgenden soll nachgezeichnet werden, wie es den bürgerlichen Parteien gelang, 1969 zu einer gemeinsamen Position zu finden. Dies lässt sich schwerlich nachvollziehen, ohne auf die Debatten über die Reform der Verfassung und über eine engere Kooperation der bürgerlichen Parteien einzugehen. Wie zu zeigen sein wird, hatten die schwedischen Parteien, analog zu ihren deutschen Pendants in den 1960er Jahren, die Möglichkeit, den Parteienwettbewerb konkurrenzorientierter zu gestalten. Ähnlich wie in Deutschland machten sie von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch. Dies bedeutete auch in Schweden, dass sich ein stabiler Konsens über die staatliche Parteienfinanzierung herausbildete.
Die „bürgerliche Zusammenarbeit“, ihre Auswirkungen auf die Verfassungsreform und die späteren Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung Die Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung von 1965 stellte eine harte Bewährungsprobe für die bereits erwähnte Zusammenarbeit von Zentrum und Volkspartei dar, weil das Zentrum so leichthin mit den Sozialdemokraten gemeinsame Sache machte. Volkspartei und Zentrum befanden sich in dieser Frage auf „Kollisionskurs“ (Möller 1986: 75). In der bürgerlichen Presse mehrte sich nun die Kritik am konzeptionslosen Auftreten der Opposition, die sich, so der Tenor der Berichterstattung, einmal mehr von einer zunehmend selbstherrlich agierenden Regierung habe ausspielen lassen (z.B. SDS 25.11.1965; KvP 26.11.1965). Die liberalen Dagens Nyheter sahen sich an anderer Stelle zu dem Hinweis genötigt, dass das Land eine effektivere Opposition bitter nötig habe: „Wie weit reicht die Einsicht, dass die Parteien (der Opposition, MK) sich um eine Politik sammeln müssen, die die Chance hat, eine Mehrheit der Wähler anzusprechen?“ (DN 28.11.1965). Nils Sternquists These, dass die Schwäche der schwedischen Opposition letztlich aus dem Zielkonflikt zwischen dem Streben nach Programmverwirklichung und Regierungsteilhabe resultiere (1966: 141), traf auch auf die Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung voll zu: Die inhaltlichen Differenzen der bürgerlichen Parteien waren augenscheinlich nicht zu überbrücken. Nach 1965 hingegen bemühte sich die Opposition zusehends, als wirkliche Alternative zu den scheinbar übermächtigen Sozialdemokraten aufzutreten. Zwei Faktoren begünstigten diese Entwicklung: Zum einen konnte es sich das Zentrum,
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dem es 1966 gelungen zu sein schien, seine neue Wählerbasis zu konsolidieren, erstmals leisten, eine Zusammenarbeit mit der Rechtspartei ernsthaft in Erwägung zu ziehen (Elder/Gooderham 1978: 230). Zum anderen, und dies wog wichtiger, vollzog die Rechtspartei 1968 einen „Strategiewechsel“ (Möller 1986: 112): Im folgenden Jahr änderte sie nicht nur ihren Namen in „Moderate“, sondern gab sich auch ein neues Programm, das den Sozialstaat anerkannte, ja fast schon affirmativ bejahte (Ljunggren 1992: 275). Dies waren explizite Zugeständnisse an Zentrum und Volkspartei (Hylén 1991: 178) – und ein Indikator dafür, dass das Ziel der Regierungsbeteiligung nun auch in den Fokus der bürgerlichen Parteien gerückt war, zumindest instrumentell. Dies war der Grundstein zur Überwindung der inhaltlichen Differenzen, die 1965 eine gemeinsame Position der bürgerlichen Parteien verhindert hatten. In der Tat akzeptierten die Moderaten in demselben Zeitraum auch die staatliche Parteienfinanzierung. Hatten sie sich Ende 1968 im Verfassungsausschuss noch gegen die Zuwendungen ausgesprochen (KU 1968: 5 f.), so ließen sie wenige Wochen später durchsickern, dass man sich eine staatliche Parteienfinanzierung mit einem Grundbetrag nun auch auf der kommunalen Ebene vorstellen könne (DN 4.1.1969). Nach 1968, vor allem zwischen 1971 und 1973, intensivierten Zentrum, Volkspartei und Moderate die „bürgerliche Zusammenarbeit“ (borgerlig samarbete) weiter und forcierten so die Blockbildung im schwedischen Parteienwettbewerb (Möller 1986: 98 f.). Diese zunehmende Polarisierung zwischen Sozialdemokraten und Opposition schlug sich nicht nur in der Entscheidung über die Reform der schwedischen Verfassung nieder, sondern auch in den Entschlüssen über die staatliche Parteienfinanzierung von 1969 und 1972. Ihre zusehends engere Kooperation ermöglichte es den bürgerlichen Parteien, ihre Positionen in der Verfassungsreform gleichberechtigt einzubringen. Indem sie zusätzlich gegen ein Mehrheitswahlrecht und ihre Fusion votierten, stellten die bürgerlichen Parteien entscheidende Weichen für die weiteren Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung. Den impliziten Zusammenhang zwischen der Verfassungsreform und den Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung illustrierte bereits Premierminister Tage Erlander, als er die parlamentarische Aussprache 1965 damit eröffnete, die Gemeinsamkeiten zwischen beiden Entscheidungen herauszuheben: Sie sollten mehr Partizipation ermöglichen (Sveriges Riksdag 1965a: 132). Dies war vielleicht nur ein Lippenbekenntnis, illustrierte aber, dass den Akteuren durchaus bewusst war, dass beide Materien an den Grundlagen des Parteienwettbewerbs rührten. Der Grundstein für das Festhalten am proportionalen Wahlrecht, ja dessen noch stärker proportionale Ausgestaltung wurde in der Kommunalwahl von 1966 gelegt. Die bürgerlichen Parteien hatten einen Burgfrieden geschlossen. Die Sozialdemokraten erzielten mit 42,2 Prozent der Stimmen ihr schlechtestes Ergebnis seit 1932 – nicht zuletzt eine Quittung dafür, dass sie die bürgerlichen Parteien in der Frage der Verfassungsreform bis dato immer wieder hingehalten hatten (Möller
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1986: 110; Sydow 1989: 287, 303). Durch das Wahlergebnis entstand darüber hinaus zusätzlicher Handlungsdruck, weil die SAP ihre absolute Mehrheit in der ersten Kammer trotz der Niederlage behielt.9 Dies verstärkte den Eindruck sozialdemokratischer Machtversessenheit. Die Niederlage in der Kommunalwahl 1966 brachte die Mehrheit der SAP in der ersten Kammer langfristig in Gefahr – und hatte so einen gewichtigen Anteil daran, dass die Sozialdemokraten in den Verhandlungen über die Verfassungsreform schließlich der Abschaffung des Zweikammersystems zustimmten (Stjernquist 1993: 145). Dass die SAP zuvor lange an einem Zweikammersystem festgehalten hatten, weil sie ihren institutionellen Vetopunkt behalten wollten, war auch denjenigen klar, die mit dem Sprachgebrauch der vergleichenden Politikwissenschaft weniger vertraut waren. Die Sozialdemokraten akzeptierten nun ein überaus proportionales Wahlrecht sowie die Abschaffung der ersten Kammer und setzten dafür im Gegenzug durch, dass Wahlen auf nationaler und kommunaler Ebene am selben Tag stattfinden würden. Diese Verfassungsordnung, die letztlich Minderheitsregierungen beförderte, war der gemeinsame Nenner aller Parteien, weil so sichergestellt werden konnte, dass auf Basis der Wahlergebnisse der 1960er Jahren alle Parteien Einfluss auf zukünftige politische Entscheidungen haben würden (Sydow 1989: 316). Die Position der bürgerlichen Opposition, die vehement einem sehr proportionalen Wahlrecht das Wort geredet hatte, stand in einer langen Kontinuität: Schon 1918 war die Einführung des Mehrheitswahlrecht gescheitert, weil das proportionale Wahlrecht die Bedingung der Konservativen für die Einführung des allgemeinen Wahlrechts gewesen war (Särlvik 1983: 123). Die dominante Strömung im schwedischen Verfassungsdiskurs war stets darauf bedacht, dass keine Partei allein regieren könne (Lewin 1995: 20-3, 34). Zwar hatte sich die Verfassungskommission von 1963 für ein Mehrheitswahlrecht ausgesprochen (Justitiedepartementet 1963: 51 ff.; s.a. Stjernquist 1966: 144 f.). In den Parteien hatte diese Position allerdings nur wenige Anhänger, die zuvorderst bei Volks- und Rechtspartei zu finden waren. Einen Dolf Sternberger vergleichbaren Anwalt des Mehrheitswahlrechts gab es in Schweden nicht. Der Rolle Sternbergers am nächsten kam in Schweden Sven Wedén, prominentester Vertreter des rechten Flügels der Volkspartei und Fürsprecher des Mehrheitswahlrechts (Holmberg 1984: 245). Nicht ohne Grund lehnte Wedén, wie erwähnt, auch die staatliche Parteienfinanzierung ab und trat sich vehement für eine Fusion der drei bürgerlichen Parteien ein (Möller 1986: 37). Wedén war aber schon 1967, als er Vorsitzender der Volkspartei wurde, gezwungen, von seiner Ablehnung der staatlichen Parteienfinanzierung abzuweichen. Zudem war das Mehrheitswahl9
Bei jeder kommunalen Wahl wurde nur über ein Achtel der Sitze in der ersten Kammer entschieden, so dass sich Wahlverluste und -gewinne nur zeitverzögert bemerkbar machten (Andrén 1968a: 55).
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recht 1967 keine ernsthafte Alternative. Von der Rechtspartei wurde es zwar auch erwogen, allerdings nur für einen späteren Zeitpunkt (Sydow 1989: 190). Auch die Frage einer Parteifusion im bürgerlichen Lager war kurz nach der Entscheidung über das Wahlrecht vom Tisch, als sich das Zentrum gegen ein Zusammengehen mit der Volkspartei aussprach (Möller 1986: 81). Diese Weichenstellungen sprachen eine deutliche Sprache: Eine Fusion der bürgerlichen Parteien hätte ebenso wie die Einführung des Mehrheitswahlrechts den strategischen Fokus der Parteien in Richtung Stimmenmaximierung verschoben. Dies wurde offensichtlich nicht gewollt. Auch das Eintreten der bürgerlichen Parteien für einen Grundbetrag in der staatlichen Parteienfinanzierung zeigte, dass ihnen an einer Fusion letztlich nicht gelegen war. Dieser Zusammenhang wurde auch von der bürgerlichen Presse erkannt und kritisiert (z.B. Svensson/Nilsson 1967). Die konservative Abgeordnete Britt Mogård brachte es 1969 auf den Punkt, als sie es als einen „unglücklichen Gedanken“ bezeichnete, wenn sich die bürgerlichen Parteien zusammenschlössen, so dass ein Grundbetrag in der kommunalen Parteienfinanzierung überflüssig würde (Sveriges Riksdag 1969: 41). So wurde nicht das Ziel der Stimmenmaximierung aufgewertet, stattdessen trat das Streben nach Regierungsteilhabe bei allen bürgerlichen Parteien instrumentell an die Seite der weiterhin dominanten Programmverwirklichung. Das neue Wahlrecht, mehr noch aber der Wegfall der ersten Kammer, ließen die gemeinsame Regierungsbildung nun ebenso wie ihre intensivierte Zusammenarbeit zu einer realistischen Möglichkeit für die bürgerlichen Parteien werden. Im Hinblick auf die Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung verbesserte dies die Stellung der Opposition deutlich – allerdings erst nach der Verfassungsreform. 1969 gelangten die drei bürgerlichen Parteien auch in der Frage der kommunalen Parteienfinanzierung erstmals zu einer gemeinsamen Position. Der Grundstein dafür, dass die schwedischen Parteien 1972 zu einem stabilen Konsens in der Frage ihrer staatlichen Finanzierung fanden, wurde aber bereits 1968 gelegt. Ihre Zurückhaltung gegenüber dem Ziel der Stimmenmaximierung – anders formuliert: ihr Festhalten an ihrer Autonomie und am Primat der Programmverwirklichung – machte alle schwedischen Parteien zu Befürwortern der staatlichen Parteienfinanzierung. Allerdings wurde die Opposition erst nach der Verfassungsreform von den Sozialdemokraten als gleichberechtigter Partner akzeptiert. Dies verdeutlicht einmal mehr den Einfluss institutioneller Faktoren darauf, dass sich der Konsens der Parteien über ihre staatliche Finanzierung stabilisierte. Wie erwähnt mussten die Sozialdemokraten erneut erst ihre parlamentarische Mehrheit verlieren, bis sie sich zu Zugeständnissen and die Opposition bereit erklärten. 1991 änderten sich die parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse: Die Sozialdemokraten mussten das schlechteste Ergebnis seit 1928 hinnehmen (Wörlund 1992: 135). Unter der Führung der Moderaten hatte das bürgerliche Lager erstmals seit 1973 wieder eine gemeinsame Wahlkampfstrategie entwickelt (Bergström 1993: 183 f.).
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Ähnlich war es auch bei der Reform der staatlichen Parteienfinanzierung von 1972 zugegangen: Eine inhaltliche Zusammenarbeit der bürgerlichen Parteien mit dem Ziel, gemeinsam die Regierung zu stellen, zwang die Sozialdemokraten bei der Reform der staatlichen Parteienfinanzierung zu Zugeständnissen. Die Bereitschaft der bürgerlichen Parteien, gemeinsam eine Regierungskoalition zu bilden, kam 1990 wie 1971 dadurch zum Ausdruck, dass die vereinigte Opposition im Verfassungsausschuss erneut die Sozialdemokraten zu majorisieren drohte. Mittlerweile ist deutlich geworden, warum die schwedischen Parteien nach 1965 uneingeschränkt die staatliche Parteienfinanzierung befürworteten: Ihre institutionell verbesserte Situation und ihre damit einhergehende engere Kooperation im Zuge des verstärkten Strebens nach Regierungsteilhabe werteten die bürgerlichen Oppositionsparteien zu ernstzunehmenden Verhandlungspartnern für die Sozialdemokraten auf. Weiterhin unklar ist jedoch, warum die Opposition im Bereich der staatlichen Parteienfinanzierung auch nach der Einigung der bürgerlichen Parteien nicht in der Lage war, die Sozialdemokraten zu weiterreichenden Zugeständnissen zu bewegen. Selbst nachdem die institutionellen Vorteile der SAP 1970 verschwanden, dauerte es beispielsweise weitere 21 Jahre, bis die kommunale Parteienfinanzierung reformiert wurde. Nichtsdestotrotz hatte sich 1972 ein stabiler Konsens herausgebildet. Dieses scheinbare Paradoxon lässt sich erst auflösen, wenn man auch den Diskurs über die Korruption in der Politik betrachtet.
9.3 Diskurshoheit der Sozialdemokraten: Die Auseinandersetzung über die Korruption in der Politik Warum die Sozialdemokraten die Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung in Schweden selbst nach dem Wegfall ihrer institutionellen Vorteile noch so stark beeinflussen konnten, erschließt sich erst, wenn neben der elektoralen und der organisatorischen auch die lange währende kulturelle Dominanz der SAP berücksichtigt wird. Die Sozialdemokraten profitierten von der allgemeinen Abneigung gegen eine Finanzierung des politischen Wettbewerbs durch Großspender, die sie geschickt zu nutzen wussten, indem sie die Unternehmensspenden an die bürgerlichen Parteien zusehends stigmatisierten. Auch in Schweden wurde damit ein stark von den Parteien selbst, genauer: von den Sozialdemokraten dominierter, koordinativer Diskurs über die Korruption in der Politik geführt.10 Dem sozialdemokratischen Kampfbegriff der „Großfinanz“ hatten Volkspartei und Moderate nichts 10
Die zentrale Stellung der schwedischen Parteien im Korruptionsdiskurs schlägt sich auch in der Tatsache nieder, dass hier noch immer keine Transparenzregeln eingeführt wurden, obwohl, wie ich in Kapitel 7.2 gezeigt habe, auch in der breiteren Öffentlichkeit das Korruptionsbewusstsein gestiegen ist und mittlerweile selbst eine Untersuchungskommission die Einführung von Transparenzregeln gefordert hat.
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entgegenzusetzen. Deshalb verzichteten Volkspartei und Moderate in den 1970er Jahren schließlich auf Unternehmensspenden, die im vorangegangenen Jahrzehnt immerhin noch ihre wichtigste Einnahmequelle gewesen waren. Auf diese Weise wurden auch diese beiden Parteien von den staatlichen Zuwendungen abhängig. Das implizite Gewicht der Opposition in den Verhandlungen über Reformen der staatlichen Parteienfinanzierung reduzierte sich erheblich, verfügten doch nun allein die Sozialdemokraten mit den Geldern der Gewerkschaften und ihren einträglichen Lotterien (s. Kapitel 7.1) über eine Alternative zur staatlichen Parteienfinanzierung. Dass die Sozialdemokraten eine staatliche Parteienfinanzierung bereits in den 1960er Jahren propagieren und den Diskurs über die Korruption in der Politik maßgeblich prägen konnten, lässt sich grundsätzlich auf zwei Ursachen zurückführen. Ein Grund war der elitäre Charakter der schwedischen Demokratie, der den politischen Eliten große Spielräume eröffnete, Spielräume, die sich auch nutzen ließen, um Diskurse zu dominieren. Schweden kann als stark elitärer Demokratietyp angesehen werden, in dem politische Entscheidungen von oben nach unten vermittelt werden (Pierre/Widfeldt 1992: 334; Fenner 1998: 271-4). Wie zu zeigen sein wird, war auch der Diskurs über die Korruption in der Politik stark von den Parteien selbst geprägt. Dass dabei den auch elektoral und organisatorisch dominanten Sozialdemokraten ein besonderes Gewicht zukommen sollte, dürfte nicht überraschen. Anders als in Deutschland wurde die zentrale Stellung der Parteien in Schweden nicht theoretisch aus der Stellung der Parteien in der Verfassung hergeleitet. Sie galt vielmehr als Folge der immer wichtigeren Scharnierfunktion der Parteien beim Ausbau der in den 1960er Jahren rasant wachsenden wirtschaftlichen Produktivität und des expandierenden Wohlfahrtsstaates. Auf diese Weise wurden die schwedischen Parteien zum Garanten der Wirtschafts- und Staatsordnung. Gullan Gidlund zufolge besteht eine direkte Verbindungslinie zwischen dieser Aufwertung der Parteien und deren staatlicher Finanzierung: „Die Ansicht, dass der Staat den aus demokratischer Perspektive wichtigen ‚Impulsvermittler’ stützen müsse, führte schließlich zur Pressekommission von 1963 und zu den Regierungsvorlagen zur staatlichen Parteienfinanzierung“ (Gidlund 1983: 138). Es war sicherlich kein Zufall, dass auch der angesehene Politikwissenschaftler Olof Ruin schon 1963 die staatliche Finanzierung eines Schattenkabinetts gefordert hatte (1963: 94). Diese zentrale Stellung der Parteien wurde auch dadurch weiter gefestigt, dass es in Schweden, anders als beispielsweise in Deutschland, keinen traditionellen Antiparteienaffekt gab. Nicht nur ein Dolf Sternberger fehlte, sondern eben auch ein Carl Schmitt, selbst ein Hans Herbert von Arnim. Die staatliche Parteienfinanzierung wurde in der schwedischen Politikwissenschaft nicht kontrovers diskutiert, sondern als Notwendigkeit hingenommen. Stellvertretend sei auf den einflussreichen Politikwissenschaftler und Publizisten Herbert Tingsten verwiesen, der die staatliche Parteienfinanzierung als Konsequenz der „harmonischen Demokratie“
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Schwedens bezeichnete (1966; s.a. Kapitel 4.1). Anders als in Deutschland stellten auch die vom Ende der 1980er Jahre an neu ins Parlament gewählten Parteien, namentlich die Grünen und die Christdemokraten, die staatliche Finanzierung der Parteien nicht in Frage (z.B. GP 5.5.1989). Eine Ausnahme bildete allein die 1991 in den Reichstag gewählte populistische Neue Demokratie (Ny Demokrati), die offensiv die Halbierung der Zuwendungen forderte (Stenberg 1992; Karlsson 1993). Die Partei gelangte jedoch nach einer Legislaturperiode nicht erneut in das Parlament.
Die Stigmatisierung der Unternehmensspenden Die zentrale Stellung der schwedischen Parteien im politischen Prozess hatte handfeste Folgen für ihre Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung. Diese Stellung war die Grundlage, auf der es den Sozialdemokraten gelingen konnte, einseitig die Spenden von Unternehmen an die bürgerlichen Parteien zu stigmatisieren, obwohl die Spenden der Gewerkschaften in der Öffentlichkeit ähnlich verpönt waren wie die der Unternehmen. Erstens stärkte der elitäre Charakter des Repräsentationsverständnisses den Einfluss der Kommissionen, in denen die Eliten ohne öffentliche Anfechtungen unter sich entscheiden konnten. In einer solchen Kommission wurde ja auch 1972 ein stabiler Konsens über die staatliche Parteienfinanzierung gefunden. Zweitens – und damit zusammenhängend – gab es grundsätzlich nur ein geringes öffentliches Interesse am Themenfeld staatliche Parteienfinanzierung. Auch innerhalb der Parteien fanden – mit der erwähnten Ausnahme des Anstoßes zur kommunalen Parteienfinanzierung aus den Reihen der SAP – nur wenige Debatten statt (Gidlund 1991: 18). Diese geringe Resonanz des Themas staatliche Parteienfinanzierung unterstreicht ebenfalls, dass die politischen Eliten in Schweden unter sich bleiben konnten. Allein 1965 gab es eine intensive öffentliche Auseinandersetzung über die Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung. Der Charakter dieser Auseinandersetzung belegt jedoch eher, dass es in dieser Debatte in erster Linie um die Weiterleitung der Zuwendungen an die Presse ging. Die Zeitungen stellten weniger Öffentlichkeit her oder dienten als Forum, sondern betrieben vielmehr Nabelschau. Schon 1969 wurde keine grundsätzliche Debatte mehr über die Einführung der kommunalen Parteienfinanzierung geführt, weder vor noch nach der Entscheidung (Gidlund 1983: 189, 200, 214). Nachdem 1971 eine staatliche Pressefinanzierung verabschiedet worden war, flaute das Medienecho noch weiter ab. 1991 schließlich kommentierten nicht einmal die großen Zeitungen mehr die Reform der kommunalen Parteienfinanzierung, selbst das Svenska Dagbladet brachte lediglich eine lapidare Agenturmeldung (13.12.1991). Dass das Thema Parteienfinanzierung in Schweden als Elitenangelegenheit betrachtet wurde und wird, erklärt drittens auch die große Abneigung gegen Transpa-
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renzvorschriften, aufgrund derer die Rechenschaftsberichte der Parteien – wie in Kapitel 7.2 erwähnt – nach wie vor nicht allgemein zugänglich sind. Der elitäre Charakter im Umgang mit dem Thema Parteienfinanzierung in Schweden gab den Sozialdemokraten so zwei Einfallstore, ihre elektorale und organisatorische Stärke auch in diskursive Dominanz umzumünzen: Die SAP stellte zum einen in der Regel die meisten Vertreter in Untersuchungskommissionen und zum anderen musste sie sich zum anderen um die Öffentlichkeit nicht übermäßig kümmern (obwohl diese von den bürgerlichen Zeitungen beherrscht wurde). Auf diese Weise gelang es der SAP, die Unternehmensspenden an die bürgerlichen Parteien in die Nähe der Korruption zu rücken. Der Schutz vor dieser letztlich nie bewiesenen Abhängigkeit der Parteien von Großspendern wurde zum wichtigsten Argument der Sozialdemokraten für die Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung. So gelang es ihnen, die bürgerlichen Parteien nachhaltig zu schwächen. Die rhetorische Daumenschraube der SAP gegenüber Volks- und Rechtspartei war lange Zeit die Drohung, umfassende Transparenzvorschriften einzuführen. Insbesondere die Volkspartei hatte bereits in den 1950er Jahren schlechte Erfahrungen mit dem im Zuge der Molander-Affäre (s. Kapitel 7.2) gestiegenen Transparenzniveau gemacht. Sie wurde nach einigen freiwilligen Rechenschaftsberichten zu Beginn der 1950er Jahre zusehends zurückhaltender, diese zu veröffentlichen, weil sie fürchten musste, dass die Sozialdemokraten jedem spendenden Unternehmen unlautere Absichten unterstellten (Ahlmark 1964: 149). In einer der wichtigsten politischen Auseinandersetzungen der 1950er Jahre in Schweden, der Diskussion um eine allgemeine Zusatzpension, waren Volks- und Rechtspartei beispielsweise dem nie bewiesenen, aber hartnäckig vorgebrachten Vorwurf der Sozialdemokraten ausgesetzt, ihre ablehnende Haltung sei vor allem Konsequenz des Drucks ihrer Geldgeber (Gidlund 1983: 180). Welche Kreise die Debatte um die Unternehmensspenden in Schweden gezogen hatte, lässt sich daran ablesen, dass 1965 selbst die der Volkspartei nahe stehenden Dagens Nyheter in ihren Kommentarspalten darüber spekulierten, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Rückgang der Unternehmensspenden an die Rechtspartei und deren Richtungswechsel in der Pensionspolitik gebe (DN 5.3.1965). Dass das Zentrum sich trotz seiner finanziellen Probleme weigerte, Spenden aus der Wirtschaft anzunehmen, illustriert das überaus negative Image dieser Zuwendungen in Schweden. Einige Unternehmer waren zwar durchaus bereit, das Zentrum als Teil des bürgerlichen Lager zu unterstützen, aber insbesondere der Vorsitzende des Zentrums, Gunnar Hedlund, wandte sich gegen solche Spenden, weil er fürchtete, dass diese bei der agrarisch geprägten Basis der Partei auf Unwillen stoßen könnten (Gidlund 1983: 178). Leider gibt es nur wenige Anhaltspunkte zur Beantwortung der Frage, inwiefern diese Vorbehalte gegenüber Unternehmensspenden auch bei einfachen Parteimitgliedern oder innerhalb der Wählerschaft verbreitet waren. Bei einer Umfrage unter Repräsentanten der Ortsvereine aller schwedischen Parteien sprachen sich
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1979 zwischen 68 Prozent (Linkspartei) und 82 Prozent (SAP) der Befragten dafür aus, dass der Staat die Aktivitäten der Parteien auf der kommunalen Ebene finanzieren solle (Gidlund 1983: 319). Die Interviewten konnten zwischen den Mitgliedern, Unternehmen oder Gewerkschaften und dem Staat als bevorzugtem Finanzier wählen. Selbst bei den bürgerlichen Parteien trat also eine ganz überwiegende Mehrheit der Aktiven für die staatliche Parteienfinanzierung ein. Bezeichnenderweise sprach sich keiner der 284 befragten Repräsentanten, auch nicht auf Seiten der bürgerlichen Parteien, für Unternehmen oder Gewerkschaften als bevorzugtem Geldgeber der Parteien aus. Potenziell aussagekräftiger ist jedoch das Ergebnis einer im selben Jahr durchgeführten Befragung der Wähler. Hier traten 39,5 Prozent für die Mitglieder, 36,9 Prozent für den Staat und nur 7,4 Prozent für Unternehmen oder Gewerkschaften als bevorzugten Geldgeber der Parteien ein (Gidlund 1983: 327). Auch wenn der Staat nahe liegender Weise bei den Wählern keine so hohe Zustimmungsrate wie bei den Mitarbeitern der Parteien bekam, deutet das Ergebnis dieser Untersuchung doch auf eine öffentliche Akzeptanz der staatlichen Parteienfinanzierung und auf eine noch deutlichere Ablehnung institutioneller Spender hin. Diese Vorbehalte nutzte die SAP als Argument bei der Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung. Der bereits erwähnte Druck der Wirtschaft auf eine Fusion der bürgerlichen Parteien lieferte ihr dazu einen hervorragenden Anlass. Dieses Beispiel unbotmäßigen Einflusses der Unternehmen auf die bürgerlichen Parteien führte etwa Premierminister Tage Erlander in der Parlamentsdebatte über die staatliche Parteienfinanzierung 1965 an, um den Einfluss der Wirtschaft auf die schwedische Politik zu geißeln und eine staatliche Parteienfinanzierung als ideale Gegenmaßnahme zu preisen. Maliziös zitierte der Premierminister die Forderung der eigentlich mit der Volkspartei sympathisierenden Dagens Nyheter, die bürgerlichen Parteien sollten keine Unternehmensspenden mehr annehmen (Sveriges Riksdag 1965a: 132 f.). Selbst Gunnar Hedlund, der Vorsitzende des Zentrums, forderte einen solchen Verzicht (Sveriges Riksdag 1965a: 154) und veranschaulichte so einmal mehr die Malaise der Kooperation von Zentrum und Volkspartei. Diese Vorwürfe an Volks- und Rechtspartei waren ein effektives Mittel für die Sozialdemokraten und auch für das Zentrum, von ihrem hastigen und unkonventionellen Vorgehen bei der Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung 1965 abzulenken. Nach 1965 gingen die Sozialdemokraten noch weiter und begannen, systematisch die Unternehmensspenden von Volks- und Rechtspartei an den Pranger zu stellen. Sie führten eine „Großfinanzkampagne“ (DN 25.2.1969), vom Svenska Dagbladet weniger vornehm als „Schmutzkampagne“ bezeichnet (Crona 1968). „Großfinanz“ war das Wort, mit dem die Sozialdemokraten bei der Öffentlichkeit punkten konnten. Wie erwähnt mied selbst das Zentrum Unternehmensspenden, um nicht mit diesem verfemten Begriff in Zusammenhang gebracht zu werden. Die LO schaltete nun Anzeigen in der sozialdemokratischen Presse, in denen die Spenden der Unternehmen an die Volks- und Rechtspartei umgerechnet auf jeden Ange-
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stellten aufgeführt wurden (z.B. Aftonbladet 1.9.1968). Der sozialdemokratische Jugendverband kaufte zu dieser Zeit Aktien der großen schwedischen Unternehmen, um auf Hauptversammlungen deren Spenden an die bürgerlichen Parteien zu erfragen (GP 31.7.1973). In SAP-nahen Boulevardblättern wurde pünktlich zum Wahlkampf genüsslich darüber berichtet, was mit dem von den Arbeitern erwirtschafteten Kapital geschah (z.B. Davidson 1969; Aftonbladet 30.7.1973). Wie zu zeigen sein wird, verfehlte diese Kampagne ihre Wirkung nicht.
Die Schwäche von Volks- und Rechtspartei als Folge der Stigmatisierung Die Diskurshoheit der Sozialdemokraten in der Auseinandersetzung über die Unternehmensspenden führte dazu, dass diese Spenden letztlich mit Korruption gleichgesetzt wurden oder zumindest erheblich in den Ruch der Korruption gerieten. Deshalb waren Volks- und Rechtspartei in den Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung erheblich geschwächt. Die sozialdemokratische Diskurshoheit hatte vier Konsequenzen für die bürgerlichen Parteien: Erstens hatten auch Volks- und Rechtspartei schon vor dem Vorstoß der Sozialdemokraten von 1965 eine staatliche Parteienfinanzierung durchaus in Erwägung gezogen. Zweitens gelang es ihnen insbesondere nach dem Start der sozialdemokratischen Großfinanzkampagne nicht, mit ihrem Anliegen, der Einführung eines Grundbetrages, in der Debatte durchzudringen. Drittens waren Volkspartei und Moderate mittelfristig gezwungen, vollends auf Unternehmensspenden zu verzichten. Viertens schließlich dauerte es deutlich länger, bis auch die Sozialdemokraten auf den kollektiven Anschluss der Gewerkschaftsmitglieder verzichten mussten. Bereits zu Beginn des Jahres 1964 hatte Per Ahlmark, ein junger Abgeordneter der Volkspartei und deren späterer Vorsitzender, eine als rein persönliche Meinungsäußerung verfasste Streitschrift vorgelegt, in der er sich für eine staatliche Parteienfinanzierung aussprach. Ebenso wie Gerhard Stoltenberg in Deutschland war Ahlmark zunächst in der Jugendorganisation seiner Partei mit staatlichen Zuwendungen in Berührung gekommen. Ahlmark erschien eine staatliche Finanzierung als einziges probates Mittel, mit dem Parteien regionale und lokale Strukturen aufbauen konnten, um so mit mehr Menschen in Kontakt zu treten und sie politisch zu informieren (Ahlmark 1964: 153). So sollte ein Jahr später auch Premierminister Tage Erlander für die Sozialdemokraten argumentieren. Bezeichnenderweise verwies Ahlmark, ebenso wie Erlander nach ihm, explizit auf die Molander-Affäre seiner Partei und betont die Notwendigkeit, die Parteienfinanzierung mittels staatlicher Zuwendungen vom Ruch der Korruption zu befreien (Ahlmark 1964: 145 ff., 165). Er trat für eine staatliche Finanzierung der Parteien in Höhe von 17 Millionen Kronen (ca. 1,8 Mio. Euro) ein (Ahlmark 1964: 175 f.). Dies war nicht sehr weit von der Größenordnung entfernt, in der die staatliche Parteienfinanzierung in Schweden
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dann realisiert wurde (24,4 Millionen Kronen, ca. 2,5 Mio. Euro). Da Ahlmark mit seinem Buch 1964 auf Lesereise ging, provozierte er bald im ganzen Land Diskussionen über das Für und Wider einer staatlichen Parteienfinanzierung (Expressen 6.3.1964). 1964 konnte jedenfalls von keiner Verfestigung parteipolitischer Positionen zur Frage der staatlichen Parteienfinanzierung ausgegangen werden. Dies lässt sich aus einer Umfrage der Stockholms-Tidningen unter den Schatzmeistern der im Parlament vertretenen Parteien schließen. Keiner der befragten Parteivertreter legte sich dabei auf eine klare Position zur staatlichen Parteienfinanzierung fest, alle lobten unverbindlich die im selben Jahr eingeführte staatliche Finanzierung der Wahlzettel (Palm 1964).11 Auch die Volkspartei zeigte sich aufgeschlossen. In einem parlamentarischen Antrag forderten einige liberale Abgeordnete eine staatliche Untersuchung der Frage, ob die Parteien aus dem Haushalt Gelder erhalten sollten; die Jugendorganisation der Volkspartei trat geschlossen für die staatliche Parteienfinanzierung ein (DN 9.1.1965). Noch interessanter ist, dass auch im Umfeld der Rechtspartei mit einer staatlichen Parteienfinanzierung geliebäugelt wurde. Im Svenska Dagbladet kam ein Leitartikel zu dem Schluss, dass es möglich sei, eine gerechte Lösung zu finden, wie eine staatliche Parteienfinanzierung verteilt werden könne. Als Beispiel diente bemerkenswerterweise die Bundesrepublik. Gegen die in Schweden vor allem von der Rechtspartei angeführten prinzipiellen Bedenken setzte der Artikel die rhetorische Frage: „Kann man geltend machen, dass z.B. die westdeutsche Sozialdemokratie in ihrer Handlungsfreiheit eingeschränkt ist, weil ihr Budget zu 25 Prozent aus staatlichen Quellen gedeckt wird?“ (SvD 11.1.1965). Das ebenfalls konservative Sydsvenska Dagbladet sah eine staatliche Parteienfinanzierung als opportunes Mittel an, die notwendige Anstellung von mehr Personal, insbesondere der Oppositionsparteien, zu ermöglichen (Edvardsson 1965). Auch die liberalen Dagens Nyheter forderten eine nicht zweckgebundene staatliche Parteienfinanzierung (Nycander 1965). Anders als die beiden Zeitungen aus dem konservativen Umfeld blieben Dagens Nyheter dieser Haltung auch dann treu, als wenig später der sozialdemokratische Vorschlag publik wurde. Wie erwähnt waren Rechts- und vor allem Volkspartei 1965 intern blockiert, das Zentrum hatte sich sogar mit der SAP verbündet. Ahlmark sprach in der Rückschau bezeichnenderweise von einem „Molanderkomplex“ seiner Partei, der diese gehemmt habe, eine klare Position in Fragen der Parteienfinanzierung zu beziehen (Ahlmark 1966).12 Als die Sozialdemokraten 1967 ihre Kampagne gegen die Unter11
Vor 1964 stellten die schwedischen Parteien die Wahlzettel auf eigene Rechnung bereit. 1964 wurde festgelegt, dass die Parteien maximal sechs Kronen (ca. 0,63 Euro) für 1.000 Wahlzettel zurückerstattet bekamen (Justitiedepartementet 1972: 27 f.). 1964 erhielten die im Parlament vertretenen Parteien insgesamt ca. 636.000 Kronen (ca. 67.5000 Euro; Andrén 1968b: 223 f.). 12 Zur Molander-Affäre, die die Volkspartei Ende der 1940er Jahren stark belastete vgl. Kapitel 7.2.
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nehmensspenden starteten, schwächten sie die Verhandlungsposition der bürgerlichen Parteien noch weiter. Dies war der zweite wichtige Aspekt der sozialdemokratischen Diskurshoheit. Ahlmarks Parteifreund Sven Wedén sah die Volkspartei denn auch als Opfer einer Kampagne der Sozialdemokraten, in deren Folge ihre Aufrichtigkeit immer mehr angezweifelt werde (DN 20.10.1967). Dies mochte übertrieben sein. Fakt war jedoch, dass selbst die vereinigte Opposition 1969 keinen Stich gegen die Sozialdemokraten bekam. Obwohl die bürgerlichen Parteien bei der Einführung der kommunalen Parteienfinanzierung wie erwähnt überstimmt wurden, hielt sich der öffentliche Protest gegen diese Entscheidung, wichtigstes Kennzeichen eines fehlenden Konsenses, in überaus engen Grenzen. Dies war die Kehrseite des elitären Charakters der schwedischen Politik: Wer es auf eine Abstimmung ankommen ließ und unterlag, suchte sein Heil in aller Regel nicht darin, die Öffentlichkeit gegen den Mehrheitsbeschluss zu mobilisieren. Die bürgerlichen Parteien machten 1969 zudem kaum Anstalten, die drohende Abstimmungsniederlage abzuwenden. Selbst die parlamentarische Aussprache über die kommunale Parteienfinanzierung verlief bemerkenswert monoton und kreiste vornehmlich um die Frage, ob ein Grundbetrag eingeführt werden sollte. Die Sozialdemokraten rechtfertigten ihre Ablehnung damit, dass ein Grundbetrag auf der kommunalen Ebene der Zersplitterung des Parteiensystems Vorschub leisten würde (s.a. DN 27.11.1969). Bezeichnend war die Klage des konservativen Abgeordneten Nils Carlshamre, dass in den letzten Jahren „ein ‚Gift’ in unsere Demokratie eingespritzt wurde“. Carlshamre spielte damit auf die Kampagne der Sozialdemokraten gegen die Unternehmensspenden an (Sveriges Riksdag 1969: 50). Es drängte sich der Eindruck auf, dass es den Sozialdemokraten 1969 einmal mehr gelungen war, die Opposition zu paralysieren. Die bürgerlichen Parteien schienen sich in ihr Schicksal zu fügen und die Umsetzung der sozialdemokratischen Agenda ergeben zu akzeptieren. Bereits im Verfassungsausschuss hatte die Opposition in ihrem Beschluss deutlich gemacht, dass man die Vorlage der Regierung grundsätzlich gutheiße (KU 1969: 3 f.). Zwei weitere Umstände sprechen dafür, dass die Opposition mit ihrer Abstimmungsniederlage letztlich gut leben konnte: Zum einen kritisierte nicht einmal das entschiedenste Sprachrohr der bürgerlichen Parteien, das Svenska Dagbladet, die Entscheidung über die kommunale Parteienfinanzierung in einem Kommentar. Das wäre selbst angesichts des generell geringen Medieninteresses zu erwarten gewesen, wenn die Opposition sich ernstlich übergangen gefühlt hätte. Zum anderen wurde die Entscheidung über die kommunale Parteienfinanzierung auch 1972, als die Sozialdemokraten ihre institutionellen Vorteile eingebüßt hatten, nicht wieder aufgeschnürt. Vieles deutet also darauf hin, dass die ohnehin von den Sozialdemokraten marginalisierte Opposition 1969 mehr aus taktischen Gründen als aus Überzeugung gegen die Vorlage der Regierung stimmte.
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Die dritte und eindrucksvollste Konsequenz der Diskurshoheit der SAP war schließlich der Verzicht von Volkspartei und Moderaten auf Unternehmensspenden. Dieser kam einem Eingeständnis gleich, dass die Sozialdemokraten mit ihren Vorwürfen letztlich Recht hatten, zumindest aber, dass aufgrund der sozialdemokratischen Diskurshoheit ein Festhalten an diesen Zuwendungen mit unkalkulierbaren politischen Kosten verbunden war. Um seine Partei aus der Defensive zu befreien, hatte sich Sven Wedén, der seit 1967 Vorsitzender der Volkspartei war, schon kurz nach dem Beginn der sozialdemokratischen Kampagne für einen freiwilligen Verzicht aller Parteien auf Spenden juristischer Personen eingesetzt (Svensson/Nilsson 1967; s.a. DN 18.9.1968; 20.9.1968). Um die zu erwartenden finanziellen Verluste zu kompensieren, forderte Wedén nun eine Erhöhung der staatlichen Parteienfinanzierung. Ironischerweise war er es gewesen, der 1965 noch als einer der wenigen in seiner Partei diese Zuwendungen rigoros abgelehnt hatte. Im Schatten der Sozialdemokratie musste man offensichtlich wendig sein, um überleben zu können. Auch in Unternehmerkreisen wuchs der Zuspruch für eine „neutrale“ Finanzierung der Parteien, weil man sich hier ebenfalls keinen Verdächtigungen mehr aussetzen wollte (DN 18.9.1968). Bis die Volkspartei 1971 endgültig auf Unternehmensspenden verzichtete, war es dann kein weiter Weg mehr. Bezeichnend war, dass man die Einnahmeverluste explizit mit Hilfe der kommunalen Parteienfinanzierung zu kompensieren gedachte (Karlsson 1970). Auch die Volkspartei war nun vollkommen von den staatlichen Zuwendungen abhängig, ein Ausdruck ihrer geschwächten Verhandlungsposition in den Entscheidungen in Sachen staatliche Parteienfinanzierung. Bei den Moderaten dauerte es etwas länger, bis auch sie sich der Volkspartei anschlossen und sich in diese Abhängigkeit begaben. Schon als sie 1968 die staatliche Parteienfinanzierung akzeptierten, begründeten sie dies ausdrücklich mit der Kampagne der SAP gegen die Unternehmensspenden (Crona 1968). Nach dem Verzicht der Volkspartei gingen auch bei den Moderaten die Unternehmensspenden deutlich zurück (Bergman 1971). Wie sehr Spenden von Unternehmen an Parteien in Schweden mittlerweile in Verruf geraten waren, lässt sich daran erkennen, dass Volkspartei und Zentrum im Wahlkampf 1976 einen Verzicht der Moderaten auf diese Einnahmequelle sogar zur Bedingung für die Bildung einer gemeinsamen Regierungskoalition machten (DN 15.10.1976). Die staatliche Parteienfinanzierung, das bleibt festzuhalten, gilt in Schweden neben den faktisch unbedeutenden Mitgliedsbeiträgen als einzige normativ akzeptierte Form der Parteienfinanzierung. Dass diese Zuschreibung auch in jüngerer Zeit noch gültig war, stellte etwa der Vorsitzende des Zentrums, Olof Johansson, unter Beweis, als er sich 1994 gegen weitere Kürzungen der staatlichen Parteienfinanzierung wandte und diese als notwendigen „Schutz vor kapitalistischen Interessen“ bezeichnete (DN 29.8.1994, s.a. DN 1.8.1994).
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Nachdem auch die Moderaten keine Unternehmensspenden mehr annahmen, waren die Sozialdemokraten die einzige schwedische Partei, die noch über signifikante Einnahmen außerhalb der staatlichen Parteienfinanzierung verfügte. Dass sie bis heute nicht auf die Spenden der Gewerkschaften verzichten mussten, ist die vierte Konsequenz ihrer noch immer währenden Diskurshoheit. Dies ist umso auffälliger, als Gewerkschaftsspenden in Schweden ebenso verpönt waren wie die Zuwendungen der Unternehmen. Lange suchten die bürgerlichen Parteien aus der organisatorischen Verschränkung von Gewerkschaften und SAP kein politisches Kapital zu schlagen. Während der unlautere Einfluss der Unternehmen auf die Politik der bürgerlichen Parteien das wichtigste Argument der Sozialdemokraten für die Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung war, spielte Polemik gegen die Nähe der SAP zu den Gewerkschaften bezeichnenderweise fast keine Rolle, die Gewerkschaftsspenden wurden in der sich über zwei Tage hinziehenden Parlamentsdebatte nur ein einziges Mal kritisiert (Sveriges Riksdag 1965b: 32). Auch dies ist ein Indikator dafür, in welchem Maße die bürgerlichen Parteien in der öffentlichen Auseinandersetzung im Schatten der SAP standen. Erst als Antwort auf die Kampagne der Sozialdemokraten polemisierte der bürgerliche Boulevard nach 1967 ebenfalls gegen den „Zwangsbeitrag“ der Gewerkschaftsmitglieder an die SAP (z.B. Expressen 2.8.1973) – allerdings mit wenig Erfolg. Ein Sinnbild für die geringe Durchsetzungsfähigkeit der bürgerlichen Parteien war, dass sie sich selbst während ihrer Regierungszeit nicht auf ein gemeinsames Vorgehen gegen den Kollektivanschluss einigen konnten. Zwar verurteilte die Regierung den Kollektivanschluss zwischen 1977 und 1980 in jedem Jahr, allerdings ohne ein Gesetz zu erlassen. Als auch die Volkspartei für ein solches Gesetz eintrat, waren die Sozialdemokraten wieder zurück an der Macht (Ewing 1987: 170 f.). Wenig überraschend wurde der Kollektivanschluss erst abgeschafft, als 1987 auch die Linkspartei drohte, mit der bürgerlichen Opposition zu stimmen (Aylott 2003: 372). Offensichtlich war dies das Muster für den Konsens à la suédoise bei Reformen der Parteienfinanzierung: Allein die Gesamtheit der anderen Parteien konnte die Sozialdemokraten zum Einlenken bewegen. Spenden der Gewerkschaften an die SAP sind zudem bis heute üblich. Nichtsdestotrotz gibt es in jüngerer Zeit Anzeichen dafür, dass die Diskurshoheit der Sozialdemokraten zusehends auf tönernen Füßen steht. Auch die Spenden der Gewerkschaften gerieten im Zuge des gestiegenen öffentlichen Interesses am Thema Korruption in der Politik in die Kritik. Im Rahmen der Übernahme der EUAntikorruptionsrichtlinie durch Schweden wurde 1998 darüber diskutiert, ob die Gewerkschaftsspenden nun überhaupt noch legal seien (Andersson 2002: 69). In einem gemeinsamen Artikel in Dagens Nyheter, der großes Aufsehen erregte, warfen die Parteisekretäre von Moderaten, Volkspartei und Christdemokraten der LO vor, dass sie Entscheidungen der Sozialdemokraten kaufe (Hökmark/Petterson/Persson 1998). Im Wahlkampf 1998 kritisierten Dagens Nyheter den Einfluss der Gewerk-
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schaften auf die SAP scharf und belegten die Gewerkschaftsspenden mit dem Reizwort der „Großfinanz“ (Semec 1998; s.a. Ekdahl 1998). Das Svenska Dagbladet sprach gar von einer „Fernsteuerung“ der Sozialdemokraten durch die Gewerkschaften (SvD 2.9.1998). Zwar gelang es den Sozialdemokraten 2003 nicht, das Thema aus dem Auftrag einer Untersuchungskommission zur Transparenzpflicht herauszuhalten (Jonsson 2003). Dass die Kommission in ihrem Bericht (SOU 2004: 133-82) dieses heiße Eisen nicht anfasste, zeugte jedoch einmal mehr von der Dominanz der Sozialdemokraten.
9.4 Zwischenfazit Auch im Fall Schwedens ließen sich die Hypothesen dieser Untersuchung bestätigen: Die schwedischen Parteien haben spätestens 1972 einen stabilen Konsens über ihre staatliche Finanzierung erreicht. Allerdings, und dies widerspricht den hier zugrunde liegenden Erwartungen, ist dieser stabile Konsens kaum durch Kooperation der Parteien gekennzeichnet. Lange Zeit waren die Sozialdemokraten zu mächtig, um ernsthaft mit der Opposition kooperieren zu müssen. Die SAP wurde lange durch die beiden wichtigsten Variablen, die die Entscheidungsprozesse in Schweden erklären können: die Entscheidungspunkte und den Korruptionsdiskurs, begünstigt. Wenn seit 1972 dennoch von einem stabilen Konsens gesprochen werden kann, so hat dies zwei Gründe: Erstens wurde der Konsens der Parteien 1972 institutionell festgeschrieben. Die Parteien haben sich an diese Vorschrift gehalten. Dies veranschaulicht die wichtige Rolle, die Institutionen für den Konsens über die staatliche Parteienfinanzierung in Schweden gespielt haben. Zu nennen ist hier vor allem die Aufwertung des Verfassungsausschusses und der Untersuchungskommissionen im Zuge der Verfassungsreform von 1970. Der Verfassungsausschuss wurde unter der Bedingung von Minderheitsregierungen vom Einfluss- zum Vetopunkt, was auch den Untersuchungskommissionen, die formal Einflusspunkte blieben, ein höheres Gewicht verlieh. Vor 1970 verfügte die Opposition allein aus institutionellen Gründen über ein geringes implizites Gewicht, zudem waren die drei bürgerlichen Parteien nicht miteinander koalitionsfähig. Der Fall Schwedens verdeutlicht die Überlegenheit des Konzepts der Entscheidungspunkte gegenüber dem der Vetospieler, wäre doch auf der Grundlage des letzteren das Gegenteil, eine Abwertung der institutionellen Einflussmöglichkeiten zu erwarten gewesen (s. Kapitel 5.2). Anders als etwa von Ellen Immergut (2002: 241) unterstellt, hatte die Verfassungsreform eben keine einheitlichen Konsequenzen, wirkte nicht zwingend polarisierend, sondern förderte im Fall der Entscheidungen über die Parteienfinanzierung sogar den Konsens der Parteien. Zweitens lässt sich der stabile Konsens auf den koordinativen schwedischen Korruptionsdiskurs zurückführen, den die Sozialdemokraten für ihre Zwecke zu
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nutzen wussten, indem sie den bürgerlichen Parteien den Zugang zu Unternehmensspenden versperrten und sie so einseitig benachteiligten. Zusammen mit der institutionellen Schwächung der Opposition war dies der Grund, warum bereits vor 1970 von einem – wenn auch fragilen – Konsens über die staatliche Parteienfinanzierung in Schweden gesprochen werden konnte. Das Beispiel Schwedens zeigt idealtypisch, wie der Parteienwettbewerb in verschiedenen politischen Arenen differieren kann. Erst nach 1970 entspricht das Entscheidungsmuster dem rationalen, deliberativen und konsensorientierten Typus – der eigentlich in den 1960er Jahren seine Blütephase hatte und sich danach im Niedergang befand. Dieses vermeintliche Paradox lässt sich durch den schwedischen Korruptionsdiskurs erklären: Dieser versetzte die bürgerlichen Parteien einseitig in eine derart schwache Position, dass eine Polarisierung im sensiblen Thema Parteienfinanzierung nicht in Frage kam. Die gleichzeitige Aufwertung der bürgerlichen Parteien durch die Verfassungsreform und ihr Festhalten am Ziel der Programmverwirklichung schufen die Voraussetzungen für einen stabilen Konsens. Eben weil dieser Konsens aber unter den Bedingungen eines generell mehr polarisierten Parteienwettbewerbs (von dem auch die in Kapitel 6.2 ausgewiesenen steigenden ideologischen Distanzen der Parteien zeugen) zustande kam, musste er institutionell, in einem Gesetz, festgeschrieben werden.
10 Zunehmende Diskrepanz zwischen Parteizielen und Korruptionsdiskurs: Großbritannien
„There has never been a better time to introduce state funding to political parties“ (Cain/Taylor 2002: 34).
Diese Aussage aus einem Positionspapier des Labour nahe stehenden Institute for Public Policy Research (IPPR) fasst den aktuellen Stand der Diskussion über die staatliche Parteienfinanzierung in Großbritannien konzise zusammen. Mittlerweile treten nahezu alle Experten und eine Reihe von Politikern für eine staatliche Subventionierung des Parteienwettbewerbs ein – nur finanzieren sich die Parteien nach wie vor nahezu ausschließlich aus privaten Quellen, da die Spitzen der beiden wichtigsten Parteien, Labours und der Konservativen, allgemeine staatliche Zuwendungen beharrlich ablehnen. Dieses Kapitel geht der Frage nach, wie es zu dieser Diskrepanz zwischen bekundetem Reformeifer und Aufrechterhaltung des Status Quo kommen konnte. Dass sich die britischen Parteien nach wie vor nahezu ausschließlich aus privaten Quellen finanzieren, verwundert nur wenig angesichts der hier zugrunde liegenden Hypothese, die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung könne nur im Konsens der Parteien gelingen. Der britische Parteienwettbewerb gilt generell als ausgesprochen konfrontativ: „The whole basis of British politics is adversarial in structure, right down to the customs and formal procedures of parliamentary debate“ (Dutton 1997: 3). Zwischen dem schwedischen und dem britischen Muster der Entscheidungsfindung wird demgemäß in der Regel ein diametraler Gegensatz konstatiert: „Policy deliberation in Sweden typically was begun from an assumption that the primary requisite for policy decisions is more information, clarification and analysis among the interested parties; British discussion has generally begun from the assumption of divergent interests resolvable only through parties in conflict and certainly not through joint committee work“ (Heclo 1974: 313 f.; s.a. Elder/Thomas/Arter 1982: 166, 190 f.). Dies legt die Annahme nahe, die britischen Parteien seien schlicht zu sehr auf Konflikt bedacht, um gemeinsam ihre staatliche Finanzierung beschließen zu können. In der Tat wird auch in der Analyse der Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung zu zeigen sein, dass die britischen Parteien den eigenen finanziellen Vorteil höher bewerteten als den kollektiven Nutzen ihrer Entscheidungen, also ganz im Sinne der electoral economy-Perspektive handelten, von der in Kapitel 4.2 die Rede war. Die Pointe in der britischen Parteienfinanzierungsdebatte ist nun
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aber, dass in jüngster Zeit private Zuwendungen, insbesondere Groß-, aber auch Gewerkschafts- und Unternehmensspenden, so sehr in Misskredit geraten sind, dass sich mittlerweile Vertreter aller Parteien für die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung aussprechen. Das Beispiel Großbritanniens verdeutlicht, wie ein stark von der Öffentlichkeit selbst geführter, also kommunikativer Korruptionsdiskurs den Konkurrenzcharakter in der Diskussion über die staatliche Parteienfinanzierung abschwächen kann. Die Diskrepanz zwischen dem auch institutionell beförderten Ziel der Stimmenmaximierung, das einer Reform der Parteienfinanzierung entgegensteht, und dem öffentlichen Diskurs über die Korruption in der Politik, der auf eine solche Reform drängt, ist mittlerweile offensichtlich. Der Blick auf die Diskussion über die Wahlrechtsreform zeigt, dass es in der Tat weniger die Ziele der Parteien sind, die diesen Wandel der Diskussion bewirkten, als vielmehr die veränderte gesellschaftliche Wahrnehmung. In Großbritannien wurde bislang erst ein einziges Mal im Parlament über eine staatliche Parteienfinanzierung entschieden. Die von Labour initiierten Reformbemühungen Mitte der 1970er Jahre hatten zu keiner Abstimmung geführt, nur im Oberhaus gab es 1979 überhaupt eine Debatte, aus der aber noch nicht einmal ein Antrag an das Unterhaus hervorging (House of Lords 1979: 173-222). Es dauerte weitere 21 Jahre, bis 2000 im Rahmen des Political Parties, Elections and Referendums Act (der im Folgenden als „Parteiengesetz“ bezeichnet werden soll) ein Politikentwicklungsfonds als bescheidene Form der zwar direkten, aber zweckgebundenen staatlichen Parteienfinanzierung eingeführt wurde. Das Gesetz wurde einvernehmlich und ohne Abstimmung verabschiedet. Der konservative Fraktionsvorsitzende George Young ließ durch seine abschließenden Worten in der Aussprache über das Parteiengesetz erkennen, dass seine Partei trotz Bedenken hinter dessen Inhalt stand: “It [das Parteiengesetz, MK] is not perfect, although we have improved it. The Opposition wish it well“ (House of Commons 2000b: 271). Dies lässt darauf schließen, dass der Politikentwicklungsfonds im Konsens angenommen wurde. Wieso allerdings wurden staatliche Zuwendungen so spät eingeführt? Und warum wurden sie überhaupt eingeführt, zumal in so bescheidenem Umfang? 10.1 Konfrontation als natürlicher Aggregatzustand des Parteienwettbewerbs im Westminstermodell Betrachtet man den institutionellen Kontext des britischen Parteienwettbewerbs, so verwundert es wenig, dass bislang alle Versuche scheiterten, eine substanzielle staatliche Parteienfinanzierung einzuführen. In diesen Entscheidungen findet sich noch immer das alte Muster der Mehrheitsdemokratie, das mittlerweile in anderen Politikbereichen mehr und mehr erodiert. In Fragen der Parteienfinanzierung jedoch stehen der Opposition nach wie vor weder Veto- noch autonome Entscheidungs-
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punkte zur Verfügung. Lediglich Kommissionen zu Fragen der Parteienfinanzierung erfreuen sich zunehmender Beliebtheit, ihre Vorschläge blieben, typisches Kennzeichen von Einflusspunkten, häufig ohne Wirkung, eben weil sie nicht bindend waren.1 Ein Kommissionsbericht fiel deutlich aus diesem Muster heraus: Der so genannte Neill-Report des Committee on Standards in Public Life (CSPL) von 1998, dessen Vorschläge nahezu vollständig im Parteiengesetz übernommen wurden (Neill 1998a; 1998b). In jüngster Zeit scheint die Expertise zu Fragen der Parteienfinanzierung dem Mark Twain zugeschriebenen Aperçu „Als wir das Ziel aus den Augen verloren hatten, verdoppelten wir die Anstrengungen“ zu folgen: Von den sechs Kommissionen, die bislang einschlägige Berichte vorgelegt haben, wurden drei erst nach 2004 eingesetzt. Im Mittelpunkt der folgenden Ausführungen steht die Frage, warum es allein der Neill-Kommission gelang, ihren Vorschlägen Gehör zu verschaffen. Betrachtet man das britische Westminstermodell, so stellt sich die Frage, warum ein Kommissionsvorschlag überhaupt im Konsens der Parteien umgesetzt werden sollte. Das Westminstermodell ist wie wenige andere politische Systeme auf Mehrheitsentscheidungen angelegt. Der dualistische Charakter des britischen Parteienwettbewerbs wird sozialstrukturell durch die lange Tradition einer eindimensionalen Konfliktstruktur (s. Kapitel 6.2) befördert. Das institutionelle Pendant dieser Konfliktstruktur ist zuvorderst das Mehrheitswahlrecht, das zu einem faktischen Zweiparteiensystem führt, welches wiederum das „responsible party government“ britischen Zuschnitts ermöglicht, in dem Koalitionen unnötig sind (Kaiser 2000: 12; s.a. Sturm 1999: 212-4). Zusätzlich folgt aus den Prinzipien der Parlamentssouveränität und der parlamentarischen Regierung, dass parlamentarische und exekutive Macht nahezu fusioniert sind (Saalfeld 2003b: 621). Dem Parlament kommt nur eine geringe Bedeutung bei der Politikformulierung zu. Träger der Volkssouveräni1
Betrachtet werden im Folgenden nur solche Kommissionen, die von der Regierung eingesetzt wurden. Eine nichtstaatliche Organisation, die ebenfalls regelmäßig Kommissionen zu Fragen der Parteienfinanzierung eingesetzt hat, sei an dieser Stelle zumindest erwähnt: die Hansard Society. Die Hansard Society ist eine unabhängige Institution zur Förderung und Verbreitung des Parlamentarismus, den Vorsitz hat traditionell der Sprecher des Unterhauses inne, Oppositionsparteien sind ebenfalls eingebunden. Die Hansard Society hat bislang drei Berichte zur Parteienfinanzierung vorgelegt – die bei der jeweils regierenden Partei keinerlei Echo fanden. 1981 schlug die Hansard Society ein System von matching funds vor: Für jede Spende von mehr als zwei Pfund sollte den Parteien zwei Pfund an staatlichen Geldern zukommen, was einer staatlichen Parteienfinanzierung in Höhe von fünf Millionen Pfund gleichgekommen wäre (Hansard Society 1981: 37 f.). Obwohl dieses System die Konservativen aufgrund ihres höheren Einkommens aus Kleinspenden sogar bevorzugt hätte, gingen sie nicht auf den Vorschlag ein. In einem weiteren Report von 1991 forderte die Hansard Society vornehmlich die Offenlegung der Einnahmen und Ausgaben der Parteien, Kleinspenden sollten zudem steuerlich absetzbar sein (Hansard Society 1991) – erneut ohne nennenswerte Folgen (s.a. Römmele 1995: 70 f., 162). Der jüngste Bericht von 2006 sprach sich ein weiteres Mal gegen eine direkte und allgemeine staatliche Parteienfinanzierung aus, stattdessen wurden striktere Ausgabenobergrenzen gefordert (Ettinghausen 2006).
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tät ist primär die Regierung. Hat in dieser „elective dictatorship“ (Budge 2002: 32) das Parlament als solches schon wenig Macht, so steht die Opposition vollkommen ohne Einfluss da: „The working British constitution [...] is ruthlessly simple: a government supported by the majority party in the House of Commons can do anything“ (Budge 2002: 33). Das Oberhaus als zweite Kammer kann den britischen Gesetzgebungsprozess nur verzögern, nicht aber gestalten. Dies war auch bei der Verabschiedung des Parteiengesetzes der Fall: Weil die konservativen Lords die ursprünglich vom NeilReport vorgesehene, von der Regierung Blair aber kassierte steuerliche Absetzbarkeit von Kleinspenden im Parteiengesetz verankert sehen wollten, legten sie Einspruch gegen das Gesetz ein (Shrimsley 2000). Das Unterhaus wies daraufhin den Einspruch des Oberhauses zurück, die konservative Opposition war mit ihrem Anliegen gescheitert (House of Commons 2000c: 1102). Reformen des politischen Systems, die das Westminstermodell schleichend aushöhlen, wie etwa die zunehmende Übertragung von Entscheidungskompetenzen auf die regionale Ebene im Rahmen der devolution oder die seit 1997 bestehende Autonomie der Zentralbank (Saalfeld 2003b: 645), spielen für die Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung keine Rolle. Der alte Dualismus, in dem die Oppositionspartei dazu neigt, jedes Vorhaben der Regierung reflexartig abzulehnen, weil ihre Funktion als „Regierung auf Abruf“ nicht mit politischem Einvernehmen mit der Regierung vereinbar ist (Dutton 1997: 4), wird in dieser Frage institutionell nicht durchbrochen.
Einflusspunkte ohne Einfluss I: Die Reformvorschläge vor der Verabschiedung des Parteiengesetzes Insbesondere bei den beiden Kommissionsberichten, die vor 1998 vorgelegt wurden, lässt sich der rituell-dualistische Charakter des britischen Parteienwettbewerbs sehr genau beobachten. Beide Berichte illustrieren anschaulich, dass ohne einen Konsens der großen Parteien die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung nicht möglich ist. 1976 legte ein unabhängiges Komitee unter Vorsitz des ehemaligen Labour-Abgeordneten Lord Houghton einen Bericht zur Parteienfinanzierung vor, der letztlich nicht aufgegriffen wurde. Zwar war im Jahr zuvor die Fraktionsfinanzierung für die Oppositionsparteien mit großer Mehrheit verabschiedet worden (Ewing 1987: 120 f.). Houghton jedoch gelang es nicht, die Mitglieder seines Komitees hinter einem gemeinsamen Vorschlag zu versammeln. Letztlich konnte er den Dissens zwischen Vertretern von Regierung und Opposition nicht überwinden. Das Komitee sollte dezidiert der Frage nachgehen, ob es angebracht sei, eine staatliche Parteienfinanzierung einzuführen. Da neben Houghton weitere sieben der insgesamt zwölf Mitglieder des Komitees der Labour Party nahe standen, wurde
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schnell gemutmaßt, dass das Komitee dem Zweck diente, die Akzeptanz einer staatlichen Parteienfinanzierung zu erhöhen (Seidle 1980: 80). Der 1976 vorgelegte Bericht zerfiel schließlich in der Tat in ein von acht Mitgliedern getragenes Mehrheitsund ein von vier Mitgliedern getragenes Minderheitsvotum. Die Vertreter des Mehrheitsvotums befürworteten die Einführung von staatlichen Zuwendungen an die Parteien, weil diese unterfinanziert seien: „Our considered view is that British political parties frequently operate below the minimum level of efficiency and activity required“ (Houghton 1976: 54). Zwei Formen der staatlichen Parteienfinanzierung wurden von der Mehrheit des Komitees vorgeschlagen: eine nationale Finanzierung, die an die Stimmenzahl der jeweiligen Partei gekoppelt sein sollte (0,05 Pfund (ca. 0,60 Euro) für jede Stimme für Parteien, die mehr als 150.000 Stimmen auf sich vereinen), und eine Rückerstattung der Wahlkampfausgaben einzelner Kandidaten in ihren Wahlkreisen. Auf diese Weise wären für 1976 etwa 2,25 Millionen Pfund (ca. 2,9 Mio. Euro) ausgeschüttet worden, davon 1,4 Millionen Pfund (ca. 1,8 Mio. Euro) an die Parteizentralen (Houghton 1976: 64-72). Obwohl der Mehrheitsvorschlag eine Deckelung der Staatsquote bei 20 Prozent der Gesamteinnahmen der Parteien vorsah, erwies er sich nicht als konsensfähig. Die vier Kommissionsmitglieder, die ein Minderheitsvotum vorlegten, räumten zwar ein, dass sie viele Einschätzungen der Mehrheit teilten, beharrten aber dennoch auf dem Prinzip, dass Parteien ausschließlich aus privaten Quellen finanziert werden müssten: „Indeed, we think it mistaken and possibly dangerous to suggest that any work can be required of a political party – by the State, by Parliament or by anyone else than its members“ (Houghton 1976: 75). Warum scheiterte der Vorschlag des Houghton-Komitees, obwohl er die Rückendeckung der Regierung hatte? Zunächst einmal schlicht deshalb, weil sich die Labour-Regierung ihrer parlamentarischen Mehrheit nicht mehr sicher sein konnte. Der Houghton-Bericht wurde im August 1976 vorgelegt, zu einem Zeitpunkt, als Labour noch eine hauchdünne Mehrheit von 319 Stimmen gegenüber 316 der Oppositionsparteien hatte. Im November 1976 verlor die Regierung dann diese Mehrheit tatsächlich, die Folge war eine Minderheitsregierung (s. Kapitel 6.3). Hinzu kam, dass sich etwa 20 Labour-Hinterbänkler weigerten, für die staatliche Parteienfinanzierung zu stimmen (Ewing 1987: 129). Deshalb hätte die Einführung der staatlichen Zuwendungen der Zustimmung der Liberalen und mindestens fünf weiterer oppositioneller Abgeordneter bedurft – angesichts der Tatsache, dass erstere zwar für die Zuwendungen eintraten, die kleinen Regionalparteien sie aber ablehnten, ein kühnes Unterfangen. Wichtiger noch aber als der Verlust der eigenen Mehrheit Labours wog jedoch der Widerstand der Konservativen als der wichtigsten Oppositionspartei, die der Hypothese dieser Arbeit gemäß auch über ein beträchtliches Erpressungspotenzial bei der Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung verfügten: „The Callaghan Government felt unable to enact state funding without all-party support“ (Webb 2001: 317). Dass in Fragen der Parteienfinanzie-
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rung die eigene Mehrheit für die Labour-Regierung weniger wichtig war als ein Allparteienkonsens, hatte sich zuvor bereits bei der Fraktionsfinanzierung gezeigt, die 1975 von Konservativen und Labour gemeinsam eingeführt worden war. Bei dem anderen Bericht zur staatlichen Parteienfinanzierung aus der Zeit vor dem Regierungsantritt Labours 1997, verfasst 1994 vom Home Affairs Select Committee (HASC), zeigte sich der Dualismus zwischen Regierung und Opposition in noch größerer Deutlichkeit. Select committees stellen eine Eigenart des britischen Parlamentarismus dar, in dem zwei Arten von Ausschüssen unterschieden werden können: zum einen eben die select committees, die der Kontrolle der Regierung dienen und Zeugen bestellen können; zum anderen die standing committees, die im Gegensatz zu den select committees auch über Gesetze beraten dürfen (Döring 1993: 153 f.). Seit 1979 existiert zu jedem Ministerium spiegelbildlich ein select committee, das damit das wichtigste Kontrollinstrument des Parlaments darstellt (Saalfeld 2003b: 635). Gleichwohl handelt es sich in der Terminologie dieser Arbeit um Einflusspunkte, da auch in den select committees die Regierungspartei über eine Mehrheit verfügt. Zu Beginn der 1990er Jahre hatte ein konservatives Mitglied des HASC mit den Abgeordneten der Opposition gestimmt, so dass der Ausschuss eine Untersuchung über die Notwendigkeit einer Reform der Parteienfinanzierung begann (Fisher 2000: 29). Hintergrund dieser Untersuchung waren die bereits in Kapitel 7.2 erwähnten sleaze-Vorwürfe gegen die Konservativen zu Beginn der 1990er Jahre, auf die auch im Zusammenhang mit dem britischen Korruptionsdiskurs einzugehen sein wird. Da jedoch im Laufe der Untersuchung die Parteidisziplin wiederhergestellt wurde (Wintour 1993), spiegelte das Mehrheitsvotum des Ausschussberichts allein die Position der Konservativen wider: Das Komitee sprach sich gegen eine Ausweitung der staatlichen Parteienfinanzierung, gegen eine gesetzlich verankerte Rechenschaftspflicht, gegen eine freiwillige Offenlegung der Namen von Spendern, gegen Obergrenzen für Parteispenden und gegen ein Verbot von Spenden aus dem Ausland aus. Unterstützt wurde einzig ein unverbindlicher Verhaltenskodex für die Abgeordneten (HASC 1994: XXXIV-XXXVI). Das Minderheitsvotum hingegen forderte in allen Punkten das exakte Gegenteil, also auch die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung (HASC 1994: XXXVIII). Dass sich das Komitee nicht auf einen gemeinsamen Abschlussbericht einigen konnte, wurde selbst im wettbewerbsorientierten britischen Parlamentarismus als ungewöhnlich wahrgenommen. Der Independent sprach von einem „rare event of a Select Committee reaching so little agreement“ (Wynn Davies 1994). Das Ergebnis der Untersuchung des HASC dokumentierte also exemplarisch das hohe Maß an parteipolitischer Polarisierung, das im Bereich der staatlichen Parteienfinanzierung bis zur Mitte der 1990er Jahre vorherrschte. Erst nach der Regierungsübernahme durch Labour 1997 sollte es einem Einflusspunkt gelingen, die Gesetzgebung zur Parteienfinanzierung maßgeblich zu beeinflussen.
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Ein einflussreicher Einflusspunkt: Die Vorarbeit des Neill-Komitees zum Parteiengesetz 1997 war es eine der ersten Amtshandlungen der Regierung Tony Blairs, das CSPL zu beauftragen, Vorschläge für eine Reform der Parteienfinanzierung zu erarbeiten. Das CSPL war 1995 als Reaktion auf die erwähnten sleaze-Vorwürfe gegründet worden und hatte als standing committee einen wichtigen Vorteil gegenüber den select committees: Es handelte sich um ein permanentes Gremium, das zwar keine verbindlichen Beschlüsse fassen konnte, aber durchaus in der Lage war, für die Umsetzung seiner Vorschläge zu werben, seinen Standpunkt neu zu beraten und gegen Kritik zu verteidigen. Diese Dauerhaftigkeit der standing committees erklärt den Einfluss der Vorschläge des CSPL. Mehr als 90 Prozent der Vorschläge von den bis 2000 vorgelegten sieben Berichten wurden ohne Änderungen angenommen (Fisher 2003: 391 f., 402). Die Mitglieder des CSPL werden für bis zu drei Jahre bestimmt, ernannt wurden bislang Politiker aller Parteien, Journalisten, Professoren und Vertreter der Ministerialbürokratie. Zu den institutionellen Vorteilen des CSPL gegenüber den anderen Komitees, die Berichte zur Parteienfinanzierung vorlegten, kamen auch situative: Der konservative Premierminister John Major hatte es anlässlich der ersten Untersuchung des CSPL dem damaligen Vorsitzenden, Lord Nolan, noch untersagt, Vorschläge zur Reform der Parteienfinanzierung zu erarbeiten, weil er zu schlechte Schlagzeilen für seine Partei befürchtete (Wintour 1995). Anders als die Konservativen vor ihnen konnte sich Labour eine solche Hinhaltetaktik und ein zu hochfahrendes Auftreten gegenüber dem CSPL aus zwei Gründen nicht leisten: Zum einen war die Reform der Parteienfinanzierung 1997 eines von zehn Kernversprechen Labours an die Wähler gewesen (Webster 1997), zum anderen geriet die neue Regierung kurz nach der Einsetzung des Komitees durch den öffentlichen Unmut über eine Spende des Formel-1 Magnaten Bernie Ecclestone selbst unter Druck.2 An dieser Stelle zeigt sich bereits, dass der Korruptionsdiskurs in Großbritannien nicht weitgehend von den Parteien dominiert wurde, so wie dies in Deutschland und Schweden der Fall war. Er wurde vielmehr als kommunikativer Diskurs mit der Öffentlichkeit geführt, die einen größeren unabhängigen Einfluss ausübte als etwa in Deutschland oder Schweden. Zum Vorsitzenden des CSPL ernannte der Premierminister Lord Neill, einen gemäßigten Konservativen mit hohem Ansehen bei beiden Parteien. Neill war von Anfang an selbstbewusst darum bemüht, seine Autonomie zu erhöhen und sich der Zustimmung aller Parteien zu versichern. So kritisierte Neill den Premierminister 2
Eine Spende Ecclestones über eine Million Pfund (ca. 1,3 Mio. Euro) wurde 1997 in der britischen Öffentlichkeit auf die Entscheidung der Regierung zurückgeführt, Tabakwerbung bei Formel-1 Veranstaltungen nicht zu verbieten. Premierminister Tony Blair verfügte daraufhin, dass die Spende zurückgegeben werde (Fisher 2000: 27).
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scharf, als sich herausstellte, dass Tony Blair entgegen einer Absprache die Aufgaben des Komitees nicht im Einvernehmen mit den anderen Parteien festgelegt hatte (Prescott 1997). Mit Hilfe dieser Allparteienunterstützung gelang es Neill, die faktische Machtlosigkeit seines Komitees teilweise zu kompensieren. So konnte er etwa Tony Blair selbst angesichts des Wirbels um die Ecclestone-Spende die Zusage abringen, keine Gesetze zur Parteienfinanzierung zu erlassen, bevor das CSPL seinen Bericht vorgelegt hatte (Hencke 1998a). Der Bericht des Neill-Komitees erwies sich denn auch als überaus einflussreich: Waren ursprünglich nur wenige unpräzise Anstöße erwartet worden, so legte das CSPL stattdessen 100 konkrete Reformvorschläge vor. Der Observer urteilte, dass es sich beim Neill-Bericht um „Mr Blair’s first lesson in the unpredictability of his revolution“ handelte (Rawnsley 1998). Das Neill-Komitee antizipierte gleichsam das Parteiengesetz von 2000, denn Labour hatte faktisch keine Möglichkeit, wesentliche Veränderungen an den detaillierten Vorschlägen des Berichts vorzunehmen: „Although Labour has reservations about some aspects of the report, including the requirement to disclose all sponsorships, it is understood to understand that it cannot pick and chose from the proposals” (Webster/Elliot 1998). Labour übernahm 98 der 100 Vorschläge des Komitees, darunter auch den Politikentwicklungsfonds in exakt der vom CSPL anvisierten Größe. Die steuerliche Absetzbarkeit von Kleinspenden war der einzige substanzielle Vorschlag, der kassiert wurde. Dass es 2000 nicht zur Einführung einer direkten und allgemeinen staatlichen Parteienfinanzierung größeren Stils kam, lag somit in jedem Fall auch am Bericht des Neill-Komitees. Diesem lag die Prämisse zugrunde, dass die Einführung von nationalen Ausgabenobergrenzen bei Wahlkämpfen solche staatlichen Zuwendungen überflüssig werden lasse. Inwiefern dies den Zielen der Parteien entsprach, wird im folgenden Kapitel zu erörtern sein. Nachdem das Neill-Komitee seine Reformvorschläge präsentiert hatte, lastete auf Labour und den Parteien der Opposition großer Druck, diese Vorschläge detailliert und einvernehmlich umzusetzen, nicht zuletzt deshalb, weil die Parteien durch den Korruptionsdiskurs zum Handeln gezwungen waren. Glücklich waren darüber offensichtlich die Wenigsten: „Both the Conservative and Labour party are said privately to wish they had got together before his hearings to present a united front to what a cabinet minister has called ‚that dreadful man’“ (Hencke 1998b).
Einflusspunkte ohne Einfluss II: Die Reformvorschläge nach der Verabschiedung des Parteiengesetzes Auch nach der Verabschiedung des Parteiengesetzes hat der Reformdruck im Bereich der Parteienfinanzierung nicht abgenommen. Davon zeugen die drei Kommissionsberichte, die seitdem zu Fragen der Parteienfinanzierung vorgelegt worden
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sind. All diese Vorschlägen gehen von der Annahme aus, dass das britische Parteienfinanzierungsregime instabil sei. Anders als der Neill-Bericht lassen die drei im Folgenden zu analysierenden Berichte auch den Schluss zu, dass die staatliche Parteienfinanzierung bald ausgeweitet werden dürfte. Allerdings gelang es weder der Electoral Commission noch dem Constitutional Affairs Select Committee (CASC) oder dem ehemaligen Spitzenbeamten Hayden Phillips, sich so souverän wie das CSPL unter seinem Vorsitzenden Lord Neill der Zustimmung aller großen Parteien zu versichern. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die drei nach 2000 unterbreiteten Reformvorschläge Ausdruck neuen Reformeifers oder eher von schlichtem Aktionismus sind. Die Electoral Commission hielt sich mit ihren 2004 vorgelegten Reformvorschlägen vergleichsweise zurück. In gewisser Weise leistet der zwischen Zurückhaltung und Passivität changierende Bericht der kürzlich vom CSPL vorgetragenen Kritik Vorschub, die Electoral Commission übe ihre Aufgaben nicht engagiert genug aus (Graham 2007; s. Kapitel 7.2). Insbesondere die umstrittene Frage der Spendenobergrenzen wurde von der Electoral Commission ausgeklammert. Spendenobergrenzen hielt sie nicht für gerechtfertigt, sollten sie aber dennoch eingeführt werden, müssten sie bei 10.000 Pfund (ca. 13.000 Euro) liegen (Electoral Commission 2004: 86). In ihrem Bericht sprach sich die Electoral Commission für striktere Ausgabenobergrenzen auf der nationalen Ebene und eine moderate Ausweitung des Politikentwicklungsfonds von zwei auf drei Millionen Pfund (ca. 2,6 bzw. 3,9 Mio. Euro) sowie die steuerliche Absetzbarkeit von Kleinspenden aus (Electoral Commission 2004: 61, 97-101). Ähnlich zurückhaltend wie die Reformvorschläge der Electoral Commission fielen auch die Reaktionen der Parteien auf diese aus. Lediglich Labour versprach im Wahlprogramm 2005 in direktem Zusammenhang mit dem Bericht „a commitment to work with the Electoral Commission to explore how best to support political parties in their democratic role“ (Grant 2005: 390). Geschehen ist bezeichnenderweise nichts. Verglichen mit denen der Electoral Commission waren die 2006 vorgelegten Reformvorschläge des CASC nachgerade radikal. Von besonderem Interesse ist, dass es dem CASC als Select Committee des Unterhauses gelang, einen parteiübergreifenden Konsens zu erreichen. Allerdings dürfte die Tragfähigkeit dieses Konsenses dadurch begrenzt sein, dass er nur von Hinterbänklern erzielt wurde. Inwiefern auch die Parteiführungen den Vorgaben der Ausschussmitglieder folgen, bleibt abzuwarten. Nichtsdestotrotz stellen die Vorschläge des CASC (2006: 56-60) eine interessante Grundlage dar, auf der eine zukünftige Einigung von Labour und Konservativen gelingen könnte. Die Ausschussmitglieder beider Parteien machten Zugeständnisse, zu denen ihre Parteiführungen bislang noch nicht bereit schienen. Die Labour-Mitglieder akzeptierten bindende Spendenobergrenzen, die Labour vor allem deshalb kritisch sieht, weil sie das Verhältnis der Partei zu den Gewerkschaften unterminieren könnten. Die konservativen Ausschussmitglieder erklärten sich
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im Gegenzug bereit, Ausgabenlimits auch auf der lokalen Ebene zu akzeptieren, obwohl ihre Partei ja vor allem dort über deutlich mehr Geld verfügt als Labour (s. Kapitel 7.1). Als Ausgleich für die zu erwartenden geringeren Einnahmen der Parteien schlug das CASC eine staatliche Parteienfinanzierung nach dem deutschen Muster vor: Die Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen sollten vom Staat durch matching funds aufgewogen werden, zusätzlich wurden Zuwendungen für Wählerstimmen und eine steuerliche Absetzbarkeit von Spenden bis 250 Pfund (ca. 320 Euro) vorgeschlagen (CASC 2006: 49, 52). Ein Grund dafür, dass der Bericht des CASC – trotz grundsätzlicher Zustimmung von Hazel Blears, der Generalsekretärin Labours (Hurst 2006b) – zunächst keine Konsequenzen hatte, dürfte die zeitgleich laufende Untersuchung von Hayden Phillips gewesen sein. Vom Premierminister selbst im März 2006 als Folge der loans for peerages-Affäre (s. Kapitel 7.2) eingesetzt, war diese Untersuchung einflussreicher als die des CASC. Nicht nur hinsichtlich ihres Anlasses wies sie Parallelen zum Neill-Komitee auf: Ähnlich wie Neill war auch Phillips, ein typischer „Mandarin“ des civil service, sehr darum bemüht, eine umfassende Untersuchung des britischen Parteienfinanzierungsregimes vorzunehmen und die Möglichkeiten einer weitreichenden Reform auszuloten. Anders als Neill scheiterte Phillips allerdings bei seinem Versuch, einen für alle Seiten akzeptablen Reformvorschlag zu finden. Dies ist ein weiterer Hinweis auf den Stillstand, der die Diskussion um die allseits für nötig erachtete Reform der britischen Parteienfinanzierung heute prägt. Hayden Phillips gab selbst zu, dass er es nicht vermocht hatte, die Positionen der Parteien zu vereinen. Sein Bericht sei deshalb nicht so konzise ausgefallen wie gewünscht ausgefallen und spiegele vornehmlich seine eigene Meinung wider (Woodward 2007). Interessanterweise entzündeten sich die Auseinandersetzungen allerdings weniger an den Vorschlägen zur staatlichen Parteienfinanzierung, obwohl Phillips deutlicher noch als die beiden zuvor vorgestellten Berichte nahe legte, die privaten Einnahmen der Parteien durch staatliche zu ersetzen. Phillips bezeichnete eine staatliche Parteienfinanzierung explizit als Preis für ein faireres und stabileres Parteienfinanzierungsregime (2007: 7). Er sprach sich für eine deutliche Erhöhung der staatlichen Parteienfinanzierung um ca. 23 Millionen Pfund (ca. 29,5 Mio. Euro) aus (Phillips 2007: 29). Zum Vergleich: Die einzige Form der staatlichen Parteienfinanzierung, der Politikentwicklungsfonds, ist aktuell bei zwei Millionen Pfund (ca. 2,6 Mio. Euro) gedeckelt. Phillips zufolge sollten 0,50 Pfund (ca. 0,60 Euro) pro Stimme in nationalen Wahlen, 0,25 Pfund (ca. 0,30 Euro) pro Stimme in regionalen und Europawahlen geleistet werden. Zusätzlich schlug Phillips vor, Spenden ab fünf Pfund (ca. 6,40 Euro) vom Staat mit fünf Pfund (ca. 6,40 Euro) zu belohnen. Wie so oft sollte die Erhöhung der staatlichen Zuwendungen von strengeren Transparenzregeln begleitet werden, zudem empfahl der Bericht mehr Kompetenzen für die Electoral Commission, um die Einhaltung der Regeln zu kontrollieren.
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Umstritten war einmal mehr die Frage von Ausgaben- und Einnahmenobergrenzen. Die von Phillips (2007: 13) vorgesehene permanente Drosselung der Ausgaben der Parteien auf allen Ebenen war vor allem für die auf lokaler Ebene ungleich finanzstärkeren Konservativen schwer zu akzeptieren. Labour hingegen erschien der Vorschlag einer Spendenobergrenze von 50.000 Pfund (ca. 64.000 Euro) als Angriff auf den kollektiven Anschluss der Gewerkschaftsmitglieder an die Labour Party (Fisher 2008: 122; s.a. Hurst 2006a). Der Labour-Parteivorstand bezeichnete die Verbindung zu den Gewerkschaften in seiner Reaktion auf den Bericht denn auch als essenziell und Phillips Bericht als „not appear to live up to this objective“ (Hurst 2007). Vieles spricht dafür, dass die zunehmende Anzahl von Kommissionsberichten zur Parteienfinanzierung Ausdruck eines realen Reformdruckes war, gingen doch all diese Berichte explizit von der Annahme aus, das britische Parteienfinanzierungsregime sei instabil und leiste damit Korruptionsvorwürfen Vorschub. Die Analyse der jüngeren Kommissionsberichte lässt die Vermutung zu, dass eine staatliche Parteienfinanzierung in den letzten Jahren deutlich an Akzeptanz gewonnen hat. Tastete der Vorschlag Neills das Thema noch kaum an, so sprachen sich das CASC und Hayden Phillips für eine massive Ausweitung der staatlichen Parteienfinanzierung aus. Die Parteien schienen dies zu akzeptieren, auch wenn sie noch keine Anstalten gemacht haben, die staatliche Parteienfinanzierung tatsächlich auszuweiten. Zumindest die Konservativen, die ja in den 1970er Jahren eine staatliche Parteienfinanzierung vehement abgelehnt hatten, haben damit ihre Position offenbar verändert. Institutionell lässt sich dieser Wandel kaum begründen, da den Oppositionsparteien in Fragen der Parteienfinanzierung nach wie vor keine institutionellen Entscheidungs- oder Vetopunkte zur Verfügung stehen. Inwiefern diese Entwicklung durch einen Wandel der Ziele der Parteien erklärt werden kann, wird im nächsten Kapitel untersucht. 10.2 Das Ende des Nachkriegskonsenses und das Scheitern der staatlichen Parteienfinanzierung Die institutionellen Charakteristika des Westminstermodells, insbesondere das Mehrheitswahlrecht, legen es den britischen Parteien in besonderem Maße nahe, das Ziel der Stimmenmaximierung zu verfolgen. Koalitionen sind in aller Regel ebenso wie Minderheitsregierungen nicht nötig bzw. verpönt. Vordergründig mag man darin auch einen Primat des Strebens nach Regierungsteilhabe erkennen: „British parties are office-seeking parties, and under the present electoral system that means they must appeal to as wide a public as possible“ (Mair 1994: 152). Diese Annahme ist jedoch deshalb irreführend, weil das Ziel der Regierungsteilhabe ja in der Regel die Teilnahme an Regierungskoalitionen meint. Just darum geht es den britischen
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Parteien jedoch nicht. Dennoch wird sich im Folgenden zeigen, dass durchaus Situationen denkbar sind, in denen das Streben nach Regierungsteilhabe auch in Großbritannien eine Rolle spielt. Dominant war und ist jedoch, so meine These, das Ziel der Stimmenmaximierung. Dies gilt zumal in Fragen der Parteienfinanzierung und vermag zu erklären, warum in Großbritannien bislang nahezu keine staatlichen Zuwendungen an die Parteien eingeführt wurden. Wie zu zeigen sein wird, fiel vor allem die erste Debatte über eine staatliche Parteienfinanzierung in der Mitte der 1970er Jahre mit der Erosion des so genannten „Nachkriegskonsenses“ zusammen, also in eine Phase, in der das Ziel der Stimmenmaximierung vor allem bei den Konservativen klar an Bedeutung zunahm. Dass das Ziel der Programmverwirklichung für die britischen Parteien von nachrangiger Bedeutung ist, lässt sich bereits an dem geringen Interesse erkennen, das sie organisatorischen Fragen entgegenbringen. Ein florierendes Binnenleben, das den deutschen und schwedischen Parteien durchaus als Wert an sich galt und ihre Entscheidung zugunsten der staatlichen Zuwendungen mitbeeinflusst hat, bedeutet den britischen Parteien nicht viel. Schon Robert McKenzie stellte in seiner klassischen Untersuchung fest: „In beiden Parteien spielt zwar die Massenorganisation eine gewisse Rolle beim Entwurf der Erklärungen zur Politik und der Wahlmanifeste, aber den Ausschlag geben die parlamentarischen Führer“ (McKenzie 1961: 386). Seit jeher dominieren die Fraktionen die Parteien (Webb 1994: 109). Das vergleichsweise hohe Maß an Zentralisierung der Parteien (Webb 2000: 196, 201) wird auch von den Regeln der Parteienfinanzierung befördert: Der Corrupt and Illegal Practices Act von 1883 limitierte lediglich die Ausgaben der Kandidaten in den Wahlkreisen, nicht aber die der Parteien auf nationaler Ebene. Auf diese Weise kam es auch in Großbritannien seit Mitte der 1980er Jahre zu einem deutlichen Anstieg der Wahlkampfausgaben der Parteizentralen. Zwischen 1983 und 1997 haben sich die inflationsbereinigten Ausgaben der Konservativen verdreifacht, die von Labour sogar verfünffacht (Neill 1998a: 43). Parallel dazu wurden die Parteizentralen aufgewertet, was sich etwa in der Umschichtung von Mitarbeitern der Parteien niederschlug: Nach 1960, vor allem aber in den 1990er Jahren, nahm deren Zahl auf der nationalen Ebene rapide zu, während sie auf der regionalen und der lokalen Ebene immer weiter sank (Webb 1994: 124) – auch dies mag als Indikator dafür dienen, dass nicht zwangsläufig die staatliche Parteienfinanzierung Triebfeder der Zentralisierung von Parteien sein muss. Welchen Zwecken die Parteizentralen dienten, sei anhand eines Zitates des langjährigen Schatzmeisters der Konservativen, Alistair McAlpine, verdeutlicht: „The Conservative Central Office is not a charity dedicated to helping the sick and suffering, it is a fighting machine dedicated to winning elections” (McAlpine 1997: 229).
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Die Position und die Ziele der Konservativen In vielerlei Hinsicht ähnelte die Rolle der Konservativen in den Anfangsjahren der britischen Debatte über eine staatliche Parteienfinanzierung derjenigen der deutschen SPD: Die Konservativen waren wie die SPD ihren Konkurrenten organisatorisch überlegen und konnten auf deren Vorschlag zur Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung zunächst abwartend reagieren. Dass sich die Konservativen anders als die SPD allerdings nicht entschlossen, die Zuwendungen zu akzeptieren, lag an einem fundamentalen Unterschied zwischen dem Parteienwettbewerb in Großbritannien und Deutschland: Die Konservativen mussten in ihrer Meinungsbildung schlicht keine Rücksicht auf potenzielle Koalitionspartner nehmen. In diesem Abschnitt wird zu zeigen sein, wie sich die Konservativen zur Mitte der 1970er Jahre aus einer electoral economy-Perspektive heraus dezidiert für den Konflikt mit Labour und damit für eine Strategie der Stimmenmaximierung entschieden. Erst ungefähr seit der Jahrtausendwende akzeptierten die Konservativen das Prinzip einer direkten staatlichen Parteienfinanzierung zumindest auf dem Papier, allerdings ohne dabei wirklich von ihrer konfliktorientierten Strategie abzurücken. Anders formuliert: Sie sprachen sich für eine Form der staatlichen Parteienfinanzierung aus, die für Labour schlicht nicht akzeptabel war. Bei der Ablehnung einer staatlichen Parteienfinanzierung durch die Konservativen zur Mitte der 1970er Jahre handelte es sich vor allem um eine durch eigene Interessen motivierte – und nicht um eine durch äußere Faktoren, seien sie institutioneller oder diskursiver Natur, bedingte – Entscheidung. Dies lässt vor allem daraus ableiten, dass es letztlich der eigene finanzielle Vorteil gegenüber Labour war, der den Ausschlag für das eigene Vorgehen gab und dafür sorgte, dass sich in der internen Auseinandersetzung innerhalb der Conservative Party diejenigen durchsetzen konnten, die generell für einen stärker konfliktorientierten Parteienwettbewerb eintraten. Sowohl bei den Konservativen als auch, wie zu zeigen sein wird, bei der Labour Party wurden zu Beginn der 1970er Jahre diejenigen innerparteilichen Strömungen marginalisiert, die den Ausgleich mit dem politischen Gegner suchten. Dies waren wenig überraschend auch diejenigen, die einer staatlichen Parteienfinanzierung aufgeschlossen gegenüberstanden. Bei Labour handelte es sich dabei um die Mitglieder der Fabian Society, bei den Konservativen um die Strömung des One Nation-Konservatismus, die beide Parallelen im Ansatz eines paternalistischen Sozialismus aufwiesen (Potter 1967: 29; Detterbeck 2006: 44 ff.). Damit ist bereits angesprochen, dass in Großbritannien das Scheitern der staatlichen Parteienfinanzierung zur Mitte der 1970er Jahre mit einem übergeordneten politischen Phänomen verknüpft war: die Erosion des so genannten Nachkriegskonsenses. In Großbritannien „hatte sich die Kompromisskultur des Nachkriegskonsenses nicht nur früher ausgebildet als in der Bundesrepublik, sie war auch eher an ihre Grenzen gestoßen und durch ein konflikt- und wettbewerbsorientiertes
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Modell ersetzt worden“ (Geppert 2000: 43). Heute wird nahezu einhellig davon ausgegangen, dass die britische Politik vom Zweiten Weltkrieg an bis in die 1970er Jahre von einem zwischenparteilichen Konsens über bestimmte Politikinhalte geprägt war: „For about a quarter of a century after the end of the Second World War there existed in this country, despite the superficial appearance of alternating governments of differing political complexion, a broad consensus between the leading political parties“ (Dutton 1997: 1 f.). Dieser Konsens bezog sich auf sechs sowohl von Labour als auch den Konservativen anerkannte Politikziele: Wohlfahrt, Vollbeschäftigung, Einbeziehung der Gewerkschaften, eine aktiv steuernde Regierung, eine gemischte (d.h. staatlich und privat verfasste) Wirtschaft und einen Optimismus bezüglich der Möglichkeit der sozialen Steuerung (Kavanagh 1990: 26).3 Der Niedergang des Nachkriegskonsenses wird primär auf die in Großbritannien seit dem Ende der 1960er Jahre um sich greifende Wirtschaftskrise zurückgeführt, die den Glauben an interventionistische Politiken erschüttert habe. Das Jahr 1973 kann als Schlüsseljahr für die Erosion der gemeinsamen Basis von Konservativen und Labour angesehen werden: In der konservativen Partei konstituierte sich die monetaristischen Ideen verpflichtete Selsdon Group. Deren „hard-hearted face of the new Conservatism, a reactionary opponent of social welfare and the planned economy“, löste in der Folge den bislang dominanten One Nation-Konservatismus als Leitvorstellung der Partei ab, der darauf abzielte, Klassengegensätze zu überwinden (Dutton 1997: 93). Die Selsdon Group hatte sich 1973 vor allem aus Unmut über den interventionistischen Politikwechsel der Regierung Edward Heaths gegründet. In ihren Augen war Heath schlicht kein „vote-seeking political macho man“, so das Urteil des Generalsekretärs der Selsdon Group, Stephen Eyres (Northrop 1982: 13).
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Vor einigen Jahren ist die Annahme eines Nachkriegskonsenses einer weitreichenden Kritik unterzogen worden (Harrison 1999). Diese Kritik ist eine nähere Betrachtung wert, weil sie veranschaulicht, welche Art von Konsens meiner Hypothese zufolge für die Einführung staatlicher Parteienfinanzierung notwendig ist: Einen Konsens zwischen den Parteien habe es der Kritik zufolge in Großbritannien bereits weit vor 1940 und auch nach 1979 noch gegeben. Das politische System habe mäßigend auf die Akteure gewirkt, da keine Seite jemals die Hoffnung verliere, mittelfristig selbst wieder an die Regierung zu gelangen. Ferner herrsche ein tief verwurzelter Konsens über die Spielregeln und Verhalteskodices des Parlamentarismus britischer Prägung: „Parliamentary government cannot function without some degree of consensus between the frontbenchers“ (Harrison 1999: 317). Diese Kritik ist richtig und falsch zugleich. Richtig, weil die beschriebene Form des Konsenses, nämlich ein Fundamentalkonsens über die (konfliktorientierten) Spielregeln des politischen Wettbewerbs, tatsächlich seit Jahrhunderten in Großbritannien vorherrscht. Falsch, weil es sich beim Nachkriegskonsens um eine andere Form des Konsenses handelt. Von den Vertretern der These des Nachkriegskonsenses wird Konsens definiert als „a set of parameters which bounded the set of policy options regarded by senior politicians and civil servants as administratively practicable, economically affordable and politically acceptable“ (Kavanagh/Morris 1989: 13). Diese Definition beschreibt einen so genannten Problemkonsens, der sich nicht nur auf Spielregeln, sondern auch auf Politikinhalte bezieht – und den es tatsächlich nur von den 1940er bis in die Mitte der 1970er Jahre gab. Zur Unterscheidung von Spielregel- und Problemkonsens vgl. S. 63, Fn. 2.
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Damit dürfte auch über die strategische Motivation der Selsdon Group das Wesentliche gesagt sein: Es ging ihr darum, Wahlen zu gewinnen. Das Hauptziel der Politik Margaret Thatchers, die den Idealen der Selsdon Group verpflichtet war, bestand vor diesem Hintergrund nach ihrer Übernahme des Parteivorsitzes 1975 in der Zerschlagung des Konsenses der Parteien, den sie mit dem Niedergang Großbritanniens identifizierte (Morris 1991: 24). Ihren bevorzugten Politikstil verdeutlicht am besten ein Zitat aus dem Jahr 1979: „I am a conviction politician. The Old Testament prophets did not say ‚Brothers, I want a consensus.’ They said ‚This is my faith. This is what I passionately believe. If you believe it, too, then come with me’“ (Rose 1980: 4). Durch eine Strategie des preference shaping versuchten die Konservativen dezidiert, ihre eigene Wählerschaft zu erweitern, etwa indem sie Anreize zum Hauskauf schufen und den sozialen Wohnungsbau drastisch zurückfuhren (Maor 1997: 217-20). Just diese Strategie der Konfrontation verfolgten die Konservativen auch im Bereich der staatlichen Parteienfinanzierung. Bezeichnenderweise hatte bis 1975 durchaus noch die Möglichkeit bestanden, die Zuwendungen ähnlich wie in Deutschland und Schweden im gegenseitigen Einvernehmen einzuführen. 1973 hatten sich im Oberhaus Lords aller Parteien für eine staatliche Parteienfinanzierung ausgesprochen. Langfristig, so der Tenor der maßgeblich vom konservativen Lord Massareene geprägten Debatte, sollten die staatlichen Zuwendungen sogar andere Formen der Parteienfinanzierung ersetzen (Times 16.5.1973; Hutchinson 1974). So war es denn auch kein Zufall, dass die Ankündigung des Labour-Fraktionsvorsitzenden Edward Short, die Regierung wolle die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung prüfen, von den Konservativen explizit begrüßt wurde (Times 30.7.1974). Noch während die Untersuchung des Houghton-Komitees lief, galt die Haltung der Konservativen nicht als festgelegt. Die Times spekulierte, dass die finanziell angespannte Situation aller britischen Parteien, die 1974 zwei Unterhauswahlen hatten bestreiten müssen, „may well induce party managers to argue strongly for state financing of the parties outside parliament to preserve democracy“ (Times 9.5.1975; s.a. Wood 1975a). Auch die lokalen Parteiorganisationen der Konservativen standen einer staatlichen Parteienfinanzierung nicht unbedingt feindselig gegenüber: Von 100 vom Houghton-Komitee befragten Wahlkreisorganisationen sprachen sich 39 gegen die Zuwendungen aus und 31 dafür (Times 27.8.1976a). Zur Mitte der 1970er Jahre war zudem die Führung der Konservativen über den konfliktorientierten Kurs gespalten. Die neue Parteivorsitzende Margaret Thatcher hatte mit ihrer Besetzung wichtiger innerparteilicher Posten, etwa auch der des Schatzmeisters, viel Widerspruch hervorgerufen (z.B. Groser 1975; Guardian 15.3.1975). Vor allem die Selsdon Group trat innerhalb der konservativen Partei dezidiert gegen eine staatliche Parteienfinanzierung ein. In einem Positionspapier sprach sie sich dafür aus, Marktprinzipien auch auf den Bereich der Parteienfinanzierung anzuwenden: Die Parteien müssten eben die Politik betreiben, die die Bürger auch
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zum Spenden animiere (Lewis 1974). Dass dieser Logik zufolge die Partei deutlich besser gestellt sein dürfte, deren Politik an die finanzstärkeren Teile der Bevölkerung appellierte, dürften die Vertreter der Selsdon Group ebenso wie Margaret Thatcher billigend in Kauf genommen haben. In ihrer strukturell bedingten finanziellen Überlegenheit lag denn auch der Schlüssel zum Verständnis dafür, warum die Konservativen die staatliche Parteienfinanzierung letztlich ablehnten und sich für den Konflikt entschieden. Schon Anfang 1976 zeichnete sich deutlich ab, dass die Konservativen ihre finanziellen Probleme schneller bewältigen würden als Labour (Seidle 1980: 83; Ewing 1987: 16-8). Es war sicherlich kein Zufall, dass der konservative Generalsekretär Lord Thorneycroft bei seiner Ankündigung, die Konservativen würden die staatliche Parteienfinanzierung definitiv verweigern, gleichzeitig den eigenen Hinterbänklern versicherte, dass man die eigene Finanzkrise überwunden habe (Guardian 9.7.1976). Nun erst folgte die Partei der Führung in ihrer Ablehnung der staatlichen Parteienfinanzierung ohne Widerspruch (Daily Telegraph 11.7.1976). Hinzu kam, und dies dürfte ebenso wichtig gewesen sein, dass man die Labour Party zusätzlich als Marionette der Gewerkschaften darstellen konnte, solange man ihr andere signifikante Einnahmequellen versperrte (z.B. Hurd 1973). Nach Auskunft des vormaligen Schatzmeisters Lord Beaverbrook war die Conservative Party nicht zuletzt deshalb gegen eine staatliche Parteienfinanzierung, „because it saw the union’s funding of Labour as a millstone around the party’s neck“ (Grice 1996).4 Außerdem ließ sich durch diese Reideologisierung auch eine zu versiegen drohende Geldquelle zu neuem Leben erwecken: Zu Beginn der 1970er Jahre drohten die großen britischen Unternehmen politisch immer indifferenter zu werden. Nicht zuletzt wegen der korporatistischen Arrangements, die sich unter den Bedingungen des Nachkriegskonsenses herausgebildet hatten, sahen sie weniger Anlass, weiter exklusiv die Konservativen zu unterstützen. Stattdessen verzichteten viele Unternehmen ganz auf Spenden (Wood 1976a). Diese Entwicklung wurde durch die erneute Polarisierung der britischen Politik obsolet, die eine Verfestigung der privaten Parteienfinanzierungsmuster bewirkte. Die Mehreinnahmen der Konservativen nach 1976 gingen überwiegend auf Unternehmensspenden zurück (Brown 1978). 1979 waren die Konservativen dank der sprudelnden Zuwendungen aus der Wirtschaft in der Lage, eine so moderne und aufwendige Wahlkampagne zu inszenieren 4
Dass es durchaus demokratietheoretische Probleme im Zusammenhang mit den Zuwendungen der Gewerkschaften an Labour gab, sei anhand einer Episode von 1975 veranschaulicht: In diesem Jahr drohte die Bergbaugewerkschaft sechs von ihr finanzierten Abgeordneten, darunter dem damaligen Verteidigungsstaatssekretär Roy Mason, mit dem Entzug ihrer Gelder, sollten sie sich den neuen Richtlinien der Gewerkschaft widersetzen: „MPs must not speak or vote against the union policy“ (Parkin 1975). Zwar musste die Gewerkschaft ihre Forderung später zurücknehmen (Guardian 23.10.1975). Dass damit jedoch den Konservativen hervorragende Munition gegen die Gewerkschaftsspenden an die Hand geliefert worden war, dürfte unmittelbar einleuchten.
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wie nie zuvor (Times 10.8.1978; 24.8.1978). Zusätzlich tat die Labour Party den Konservativen den Gefallen, zum Ende der 1970er Jahre nach links zu rücken, was die Unternehmen ebenfalls fester an die Partei Margaret Thatchers band. Der Appell an die Furcht vor Verstaatlichungen war fortan ein probates Mittel, um Unternehmensspenden einzuwerben. Die Konservativen gingen zudem davon aus, dass Labour auf die baldige Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung setze und deshalb Schulden aufnehme (Barker 1975). Dies dürfte ein weiterer Anreiz zur Konfrontation gewesen sein, bestand doch die Aussicht, Labour eine fest eingeplante Einnahmequelle vorzuenthalten. So war es denn wenig überraschend, dass die Conservative Party nach der Veröffentlichung des Houghton-Berichts 1976 eindeutig Stellung gegen dessen Mehrheitsvotum bezog. Zuvor hatte bereits der Parteitag vom Oktober 1975 einen eindeutigen Rechtsschwenk vollzogen (Wood 1975b). Nun ließ auch Lord Thorneycroft wissen, seine Partei werde staatliche Zuwendungen auch dann nicht akzeptieren, wenn die Regierung sie beschlösse (Wood 1976b). Interessanterweise hatte Thorneycroft ein Jahr zuvor in seiner Einlassung dem Houghton-Komitee gegenüber noch eine ambivalente Haltung eingenommen: „Brute necessity may compel us to accept public funds“ (Jones 1976; s.a. Seidle 1980: 81). Die eindeutige Ablehnung einer staatlichen Parteienfinanzierung durch die Konservativen war also zum einen durch den Rechtsschwenk der Partei begründet, zum anderen aber vor allem durch die Sicherheit, im relativen Vergleich zu Labour schlicht besser dazustehen.5 Diese electoral economy-Perspektive korrespondierte mit einer Präferenz der Konservativen für das Ziel der Stimmenmaximierung. Insbesondere in Zeiten der Rezession verhieß das von den Konservativen fortan immer wieder vorgebrachte Argument, es sei widersinnig, die Parteien aus Steuergeldern zu subventionieren, wenn die Mehrheit dies nicht wolle (Bogdanor 1980: 368), Anklang in der Wählerschaft. Auf diese Weise korrespondierte die Ablehnung der staatlichen Parteienfinanzierung mit der bereits erwähnten konservativen Strategie des preference shaping.
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Auch Margaret Thatchers Politik auf dem Gebiet der privaten Parteienfinanzierung stützte die These von einer ausgeprägten Konfliktorientierung der Konservativen: Im Trade Union Act von 1984 wurde festgelegt, dass alle Gewerkschaften einmal im Laufe von 10 Jahren darüber abstimmen mussten, ob sie weiter politische Fonds zur Unterstützung der Labour Party unterhalten wollten. Hintergrund dieses offensichtlich gegen die Hauptfinanzquelle Labours gerichteten Gesetzes war eine Zunahme des contracting out (s. Kapitel 7.1) und die sinkende Zahl der Gewerkschaftsmitglieder, die Labour wählten. Hatte der Anteil der Labour-Wähler unter den Gewerkschaftsmitgliedern 1964 noch bei 73 Prozent gelegen, so waren es 1983 nur noch 39 Prozent (Johnston/Pattie 1993: 132; s.a. Grant 1987: 57-9). Auch wenn diese Abstimmungen ein völliger Misserfolg für die Thatcher-Regierung waren – alle 37 abstimmenden Gewerkschaften sprachen sich für die Aufrechterhaltung der Fonds aus, 14 weitere führten diese von sich aus neu ein (Grant 1987: 69 f.) –, so sind sie dennoch ein deutliches Zeichen für den Unwillen der Konservativen, mit Labour im Bereich der Parteienfinanzierung zu kooperieren. In einem solchen politischen Klima dürfte die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung, die ja per se auch der Opposition genutzt hätte, für die Regierung Thatcher undenkbar gewesen sein.
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Die grundsätzliche Ablehnung einer staatlichen Parteienfinanzierung durch die Konservativen verlor erst dann ihre Grundlage, als es der Labour Party gelang, ihre Einnahmen in den 1990er Jahren zu diversifizieren, anders formuliert: als Labour nicht mehr allein von den Großspenden der Gewerkschaften abhängig war. Es dauerte eine Weile, bis die Tories realisierten, dass es nun nicht mehr einfach möglich war, Labour als Handlanger der Gewerkschaften zu diskreditieren, zumal unter den Bedingungen der sleaze-Vorwürfe gegen die eigene Partei. Als sich der ehemalige Schatzmeister Lord Beaverbrook 1996 ebenfalls für eine staatliche Parteienfinanzierung aussprach, war das Parteiestablishment noch einhellig gegen den Vorschlag. Man zeigte sich „confident of outspending Labour at the next general election“ (Grice 1996) – einmal mehr ein eindeutiger Hinweis darauf, dass die Ablehnung der staatlichen Parteienfinanzierung eng mit einer Strategie der Stimmenmaximierung verknüpft war. Noch im Wahlprogramm 1997 sprachen sich die Konservativen gegen staatliche Subventionen und für das Prinzip der Freiwilligkeit in der Parteienfinanzierung aus (House of Commons 2000a: 54). Selbst die Einführung von Transparenzregeln lehnten sie ab (Prescott 1998). Dennoch deutete sich in der Oppositionszeit nach 1997 erstmals an, dass die Konservativen nun doch gewillt sein könnten, eine staatliche Parteienfinanzierung zu akzeptieren. Der Parteivorsitzende William Hague hätte dem Vernehmen nach sogar die vom Neill-Komitee vorgeschlagene steuerliche Absetzbarkeit von Parteispenden akzeptiert (Wastell 1998). Hintergrund dieses Sinneswandels war die prekäre finanzielle Situation der Tories, die zu diesem Zeitpunkt erstmals über geringere Einnahmen als Labour verfügten (Kapitel 7.1). Als sich die finanzielle Situation der Konservativen ab 2001 besserte, lehnte die Partei eine staatliche Parteienfinanzierung sofort wieder kategorisch ab (Baldwin/Pierce/Owen 2002). Dies verdeutlicht einmal mehr, dass der Umgang der Konservativen mit der staatlichen Parteienfinanzierung weniger ideologisch als vielmehr strategisch motiviert war. Aus ideologischer Perspektive hätten die Tories nach 1997 noch vehementer gegen die Zuwendungen vorgehen müssen, orientierten sie sich doch analog zu Labour auf der Rechts-Links-Achse klar hin zum Pol der Marktfreiheit (Gallagher/Laver/Mair 2006: 191). Den Umschwung in der Frage der staatlichen Parteienfinanzierung vollzogen die Konservativen vornehmlich aus Furcht vor einem Erstarken der Liberaldemokraten (Grice 2002). Bereits in Kapitel 7.1 war davon die Rede, dass die Liberaldemokraten quasi die Gewinner des zusehenden Rückgangs von Unternehmens- und Gewerkschaftsspenden waren. Nicht zuletzt deshalb, aber auch aufgrund des Rechtskurses der Konservativen, war die Chance für die Liberaldemokraten, den Tories den Rang als aussichtsreichster Konkurrent Labours abzulaufen, nie höher als zu Beginn des 21. Jahrhunderts (Webb 2001). Auch dieser erneute Positionswechsel der Konservativen belegt, dass es ihnen bei ihren Positionen zur staatlichen Parteienfinanzierung vor allem darauf ankam, in Konkurrenz zu
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den anderen Parteien zu treten und in der Lage zu sein, diese bei Wahlen zu überflügeln. In jüngster Zeit scheinen die Konservativen nun tatsächlich von ihrer bisherigen Ablehnung der staatlichen Parteienfinanzierung abgerückt zu sein. Mittlerweile ist die vormalige Minderheitenposition des Hinterbänklers Andrew Tyrie, der sich schon 2002 für die Zuwendungen ausgesprochen hatte (Tyrie 2002; s.a. Baldwin 2002a), zur offiziellen Haltung der Konservativen avanciert. Tyrie ist bezeichnenderweise Vertreter des One Nation-Flügels seiner Partei. Er war es auch, der den im vorangegangenen Kapitel analysierten überparteilichen Konsens im CASC für die Konservativen ausgehandelt hatte. In einem von Tyrie verfassten Positionspapier setzten sich die Konservativen 2006 für eine deutliche Ausweitung der staatlichen Parteienfinanzierung ein. Faktisch ist die von ihnen avisierte Staatsquote in der Parteienfinanzierung nahezu ebenso hoch wie die von Hayden Phillips vorgeschlagene. Neben steuerlicher Absetzbarkeit von Kleinspenden und staatlichen matching funds für Spenden bis 3.000 Pfund (ca. 3.800 Euro) sprachen sich die Konservativen in diesem Papier auch für eine direkte staatliche Parteienfinanzierung aus, die an die Stelle des Politikentwicklungsfonds treten soll (Tyrie 2006: 9 f.). Auf diese Weise beliefe sich der staatliche Anteil in der Parteienfinanzierung auf etwa 30 Millionen Pfund (ca. 38 Mio. Euro) in Wahl- und etwa 15 Millionen Pfund (ca. 19 Mio. Euro) in Nichtwahljahren. Auf Grundlage der Parteieinnahmen im Wahljahr 2005 käme so eine beachtliche Staatsquote von knapp 45 Prozent zustande – ein ganz erheblicher Anstieg im Vergleich zu den knapp fünf Prozent, bei denen die Staatsquote 2005 lag. Haben die Konservativen damit tatsächlich einen fundamentalen Positionswechsel vollzogen? Ging damit etwa auch ein Wandel ihrer strategischen Ziele einher? Für ersteres gibt es wenige, für letzteres keine Anzeichen. Vieles spricht dafür, dass das Angebot des neuen Parteivorsitzenden David Cameron „to discuss how to build an all-party consensus on funding“ (Wintour 2006) einigermaßen vergiftet war. Tyries Positionspapier sah eine Spendenobergrenze von 50.000 Pfund (ca. 64.000 Euro) vor, die sich explizit auch auf Gewerkschaftsspenden bezog (Tyrie 2006: 8). Das würde das Ende der engen Verbindung von Gewerkschaften und Labour bedeuten und ist für Labour damit nur schwer akzeptabel, zumal die Gewerkschaften in jüngster Zeit als Geldgeber wieder wichtiger geworden sind. Auch Tyries Ideen zur Gegenfinanzierung der staatlichen Parteienfinanzierung atmen den Geist der Konfrontation: Neben einer Verkleinerung des Unterhauses setzt Tyrie darauf, dass zwei große Gewerkschaftsfonds „neu evaluiert“ werden (Tyrie 2006: 14). Auch dies dürfte für Labour schwer hinzunehmen sein. Eine strategische Neuorientierung steckte also schwerlich hinter der Akzeptanz einer staatlichen Parteienfinanzierung durch die Konservativen. Hierfür dürfte vielmehr der Handlungsdruck verantwortlich sein, der von den Korruptionsvorwürfen gegen die britischen Parteien ausging, was Tyrie auch selbst zugestand (Tyrie
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2006: 1). Da sie allerdings unter David Cameron finanziell so gut wie nie aufgestellt waren, konnten es sich die Konservativen leisten, ihren Vorschlag für eine staatliche Parteienfinanzierung mit Maximalforderungen zu garnieren: „The Conservatives, flush with City cash, sniff an advantage over Labour if the old system is left in place“ (Guardian 16.3.2007). Eine Bereitschaft, sich auf eine gemeinsame Lösung in der Frage der staatlichen Parteienfinanzierung zu einigen oder gar eine Abkehr von der Strategie der Stimmenmaximierung war darin kaum zu erkennen.
Die Position Labours und ihre strategische Motivation In Fragen der staatlichen Parteienfinanzierung war und ist Labour in vielerlei Hinsicht der Spielball der Konservativen. Je mehr Labour die Zuwendungen unterstützte, desto größer fiel häufig die Ablehnung der Konservativen aus. Dass die Labour Party in den 1970er Jahren für eine staatliche Parteienfinanzierung eintrat, lag nicht zuletzt daran, dass die Konservativen in einem Punkt, mit dem sie Labour in Fragen der Parteienfinanzierung immer wieder zu attackieren suchten, schlicht recht hatten: Labour war (zumindest in finanzieller Hinsicht) der verlängerte Arm der Gewerkschaften. Was die Position der Labour Party weiter schwächte, war, dass sie zudem traditionell über weniger Geld als die Konservativen verfügte. Erst 20 Jahre nach Gründung der Partei gab es überhaupt die ersten individuellen Mitglieder (Webb 2000: 199). Legt man den Anteil von Parteimitgliedern an der Wählerschaft zugrunde, so ist Labour die organisationsschwächste sozialdemokratische Partei Europas (Mair 1994: 140). Diese einseitige Finanzierung führte besonders im Vorfeld der ersten Debatte über eine staatliche Parteienfinanzierung zu Problemen. Wie bereits angedeutet, war Labour von den finanziellen Belastungen der Doppelwahl 1974 härter betroffen als die Konservativen. Obwohl die Abgaben der Gewerkschaften zwischen 1971 und 1974 verdoppelt wurden, musste die Zahl der Mitarbeiter der Partei kontinuierlich gesenkt werden (Seidle 1980: 79). Diese Situation spiegelten auch die Gründe wider, aus denen heraus Labour zu Beginn der 1970er Jahre für eine staatliche Parteienfinanzierung eintrat. Es ging nicht zuletzt darum, den Einfluss der Gewerkschaften einzugrenzen. Diese Argumentation findet sich etwa bei Lord Kennet, einem frühen Befürworter der staatlichen Parteienfinanzierung, der zuvor Juniorminister in der Regierung Harold Wilsons gewesen war (Guardian 24.4.1973). Labours hartnäckigster Unterstützer der Idee war der Abgeordnete Richard Leonard, der mit den staatlichen Zuwendungen den Mitgliedermangel Labours kompensieren wollte und selbst der bereits erwähnten Fabian Society auf dem rechten Flügel der Partei nahe stand (Leonard 1973; s.a Groser 1973). Dass die ursprüngliche Konzeption der staatlichen Parteienfinanzierung auch einen Versuch darstellte, den linken, gewerkschaftsnahen Flügel Labours zurückzudrängen, zeigte sich an den innerparteilichen Reaktionen auf die Vorschlä-
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ge. Die (vom linken Flügel dominierte) Parteizentrale etwa nahm Leonards Pläne trotz der finanziell angespannten Lage der Partei recht kühl auf und sicherte unverbindlich zu, man wolle dessen Vorschlag prüfen (Hatfield 1973; Eade 1973). In der Diskussion um die Vorschläge des Houghton-Komitees waren es vor allem Abgeordnete des linken Flügels, die der Parteiführung die Gefolgschaft verweigerten (Huckerby 1976). Sie rebellierten offen gegen die Politik des Nachkriegskonsenses. Richard Leonard zufolge handelte es sich bei den Gegnern der staatlichen Zuwendungen um diejenigen innerhalb der Labour Party, „who felt that the receipt of subsidies would draw the party more into an ‚establishment’ or consensus-oriented viewpoint“ (1979: 70). Die Ablehnung der öffentlichen Zuwendungen entsprach also einer Aufkündigung des Konsenses, der sich nach 1945 herausgebildet hatte. In diesem Punkt bestand offensichtlich Einigkeit zwischen Labour-Linken und dem neuen rechten konservativen Mainstream. Strategisch gesehen war die Initiative Labours zur Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung am stärksten durch das Parteiziel der Stimmenmaximierung motiviert, war dem rechten Flügel doch daran gelegen, die Partei mittels staatlicher Zuwendungen vom Einfluss des linken Flügels und der Gewerkschaften zu befreien, sie also auf dem Wählermarkt beweglicher werden zu lassen. Diese Motivation widerspricht der Erwartung, dass eine Präferenz für das Ziel der Stimmenmaximierung die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung weniger wahrscheinlicher werden lässt. Dieser scheinbare Widerspruch wird aber aufgelöst, wenn man berücksichtigt, dass die Parteiführung Labours mit ihrem Unterfangen auf der ganzen Linie scheiterte. Sowohl innerparteilich als auch, und dies wog schwerer, bei den Konservativen regte sich deutlicher Widerstand gegen die Pläne Labours. Mit dem Ziel der Stimmenmaximierung dürfte sich eine staatliche Parteienfinanzierung nur dann erfolgreich einführen lassen, wenn eine Partei in der Lage ist, ihren Konkurrenten die Bedingungen eines Konsenses nachgerade zu diktieren, so wie dies die schwedischen Sozialdemokraten 1965 am ehesten konnten. Davon war Labour zur Mitte der 1970er Jahre weit entfernt. Im Oktober 1979 wurde in der Führung der Labour Party noch einmal über staatliche Beihilfen zu den Europawahlen im kommenden Jahr nachgedacht. Letztlich ließ man jedoch auch diesen Plan wieder fallen, da die Konservativen auch dazu ihre Zustimmung verweigerten (Comfort 1978; Pinto-Duschinsky 1978; Seidle 1980: 84). Ob es die Vertreter des rechten Flügels der Partei später bereuten, die Büchse der Pandora geöffnet und eine staatliche Parteienfinanzierung zur Debatte gestellt zu haben? In jedem Fall ließ sich auch anhand von Labours Position zur staatlichen Parteienfinanzierung ähnlich wie zuvor bei den Konservativen der Prozess der Radikalisierung der Partei nachzeichnen. Schon seit Mitte der 1970er Jahre rückte die Labour Party spiegelbildlich zu den Konservativen an den Rand des politischen Spektrums (Morris 1991: 25; s.a. die ideologischen Distanzen der Wahlprogramme in Kapitel 6.2). Die Forderung nach einer öffentlichen Subventionierung des Partei-
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enwettbewerbs ging nun in das Inventar des linken Flügels über. Damit gewann nicht das Ziel der Stimmenmaximierung, sondern das der Programmverwirklichung die Oberhand. Anders als die Konservativen verfolgte die Labour Party keine Strategie des preference shaping, ihr Ziel war es also weniger, die Wählerschaft von den eigenen Politikinhalten zu überzeugen, sondern vielmehr die Umsetzung der Ideale des linken Flügels. Nicht umsonst galt das Wahlprogramm Labours von 1983 als „longest suicide note in history“ (Detterbeck 2006: 57). Ganz wie es für Parteien, die nach Politikverwirklichung streben, idealtypisch ist, wurde die Fraktion zusehends von den Gremien der Partei abhängig (Saalfeld 2003b: 624). Augenfälligste Folge des Linksrucks der Labour Party war die Abspaltung des rechten Flügels als SDP. In den letzten Regierungsjahren Labours geriet der rechte Flügel, der auf Stimmenmaximierung aus war, immer mehr unter Druck. Dies hatte auch finanzielle Folgen. 1978 wurden die „offensichtlich überfließenden“ Kassen der Gewerkschaften nicht zur Milderung der schweren Finanzkrise Labours benutzt (Harper 1978; Guardian 7.8.1978). Bereits 1976 wurde der Kandidat der linken Tribune Group, Norman Atkinson, neuer Schatzmeister, obwohl er keine Erfahrung im Umgang mit den Finanzen hatte. Sein Gegenkandidat Denis Healey, als Finanzminister ungleich beschlagener auf diesem Gebiet, war als Vertreter des rechten Flügels schlicht nicht akzeptabel (Guardian 31.8.1976). Atkinsons neue Mitgliederkampagne bestand denn auch „largely of sniping at the Labour Government“ (Guardian 7.8.1978). Es dürfte wenig überraschen, dass sich Atkinson und die Labour-Linke dezidiert gegen eine Ausweitung der Fraktionsfinanzierung aussprachen, weil dadurch die Fraktion gegenüber der Parteizentrale gestärkt worden wäre (Atkinson 1978). Stattdessen entdeckte nun der linke Flügel die staatliche Parteienfinanzierung für sich. Wie sehr die Forderung mit dem strategischen Ziel der Programmverwirklichung verknüpft war, zeigt sich etwa daran, dass die Parteizentrale ihre Forderung nach einer staatlichen Parteienfinanzierung mit dem Beharren auf einer obligatorischen Wiederwahl der Labour-Abgeordneten durch die Wahlkreisorganisationen in der Mitte der Legislaturperiode verband (Guardian 7.10.1977). Beides, staatliche Parteienfinanzierung und obligatorische Wiederwahl, sollte die Fraktion gegenüber der Partei und ihren Mitgliedern schwächen und sie stärker dem Willen der Basis verpflichten. Wenig überraschend ließ die Parteiführung daraufhin den Vorschlag einer staatlichen Parteienfinanzierung fallen (Guardian 13.11.1978). Noch weniger überraschte, dass die staatliche Parteienfinanzierung erst dann wieder zur offiziellen Forderung Labours wurde, als der linke Flügel die Oberhand in der Partei gewonnen hatte. Nachdem die Höhe der ursprünglich vom Houghton-Komitee geforderten Zuwendungen von einer internen Arbeitsgruppe verdoppelt worden war, stellte die Forderung nach einer staatlichen Parteienfinanzierung für Labour in den frühen 1980er Jahren ein „piece of priority legislation“ dar (Ewing 1987: 130; Guardian 17.7.1980).
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Nach dem Schock der Wahlniederlage 1983 begann eine erneute Phase des Wandels der Labour Party. Sukzessive akzeptierte sie viele der Reformen der konservativen Regierung von Margaret Thatcher. Anstelle von Verstaatlichungen wurde die individuelle Freiheit zusehends zum zentralen Wert der Partei (Maor 1997: 226 f.; Webb 2000: 98). Je mehr diese Reformen voranschritten und je mehr sich die finanzielle Situation Labours besserte – die Partei war 1990 erstmals wieder im Plus (Winder 1990) –, desto geringer wurde die Priorität, die einer staatlichen Parteienfinanzierung von Seiten Labours eingeräumt wurde. Ähnlich wie zuvor bei den Konservativen verlor die staatliche Parteienfinanzierung für Labour also in dem Maße an Bedeutung, in dem die eigene Aussicht, eine Mehrheit zu erlangen und die Regierung zu stellen, realistischer wurde. Erneut bekam deren Einführung, nun nur noch halbherzig betrieben, eine altbekannte Stoßrichtung: Die Zuwendungen wurden wiederholt als Mittel der Emanzipation von den Gewerkschaften diskutiert. Diese stellten in den frühen 1990er Jahren noch immer etwa 95 Prozent der Mitglieder Labours. Ihren Einfluss zu begrenzen, war ein zentrales Anliegen des LabourVorsitzenden John Smith und seines Nachfolgers Tony Blair (Webb 1994: 114 f.). Zur Mitte der 1990er Jahre wurde wieder öffentlich darüber spekuliert, dass letztlich nur eine staatliche Parteienfinanzierung Labour von den Gewerkschaften emanzipieren könne (z.B. Milne 1996). Hinzu kam diesmal, dass eine staatliche Parteienfinanzierung naturgemäß verlockend für die finanzschwachen Liberaldemokraten war und damit ein probates Mittel darstellte, gemeinsamen Grund für eine eventuelle gemeinsame Regierungsteilhabe abzustecken. Auf diesen Aspekt wird im nächsten Abschnitt einzugehen sein. An dieser Stelle bleibt festzuhalten, dass die Labour Party umso mehr von einer staatlichen Parteienfinanzierung abwich, je mehr das strategische Ziel der Stimmenmaximierung wieder in den Vordergrund rückte. Hatte sie bis 1992 noch in jedes Wahlprogramm die Umsetzung des modifizierten Mehrheitsvotums des Houghton-Komitees aufgenommen, so bekundete die Partei in ihrem Wahlprogramm 1997 nur noch, vom CSPL einen Bericht über die Parteienfinanzierung anfordern zu wollen (House of Commons 2000a: 53 f.). Durch die Wahl des gemäßigten Konservativen Lord Neill zum Vorsitzenden des Komitees konnte Blair sichergehen, dass das CSPL keine allzu hohe staatliche Parteienfinanzierung vorschlagen würde. Vor dem Neill-Komitee sprachen sich dann auch in der Tat nicht nur die Vertreter der Konservativen, sondern auch Labours gegen eine staatliche Finanzierung der außerparlamentarischen Aktivitäten der Parteien aus (Neill 1998a: 88). Tony Blair verkündete, er sei „instinctly cautious about further such funding“ (Blair 1997). Ähnlich wie die Konservativen zur Mitte der 1970er Jahre dürfte auch Tony Blair in sein Kalkül miteinbezogen haben, dass seine Partei erstmals in ihrer Geschichte finanziell besser gestellt war als Konkurrenz (Webb 2000: 240; Clift/Fisher 2004: 693). Genau wie damals die Konservativen hoffte nun die Labour Party, ihre
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Konkurrenten bei den nächsten Wahlen finanziell überflügeln zu können, was ihr Verhältnis gegenüber der staatlichen Parteienfinanzierung spürbar abkühlte. Die vom Neill-Komitee vorgeschlagene steuerliche Absetzbarkeit von Parteispenden lehnte Labour denn auch ab, weil sie den Konservativen (die deutlich mehr Kleinspenden erhielten) Vorteile verschafft hätte, in den Worten eines ehemaligen Labour-Spendeneintreibers also „enormous value to our opponents“ gewesen wäre (Neill 1998a: 97). Der offizielle Grund, der mit der Absetzbarkeit verbundene Steuerverlust von vier bis fünf Millionen Pfund (ca. 4,1 bis 6,4 Mio. Euro) sei nicht hinnehmbar (Home Department 1999: Abs. 6.3.), klang selbst hartgesottenen Labour-Anhängern zu fadenscheinig. Bei allem im vorangegangenen Kapitel betonten Einfluss des Neill-Komitees darf nicht vergessen werden, dass es sich dabei letztlich um einen Einfluss- und keinen autonomen Entscheidungspunkt handelte. Sicherlich musste die LabourRegierung manchen Vorschlag widerwillig akzeptieren, insbesondere was die detaillierten Transparenzvorschriften anbelangte, die sich schwerlich kassieren ließen. In essenziellen Fragen spiegelte das Parteiengesetz jedoch durchaus die Position Labours wider, und der Verzicht auf eine substanzielle staatliche Parteienfinanzierung war eine solche essenzielle Frage. Dass mit Labours klarer electoral economyPerspektive eine Orientierung auf das Ziel der Stimmenmaximierung einherging, verdeutlichen auch die sonstigen innerparteilichen Reformen, die von John Smith eingeleitet und von Tony Blair weiter betrieben wurden: So wurde der Einfluss der Gewerkschaften durch mehrere Organisationsreformen in der Tat nachhaltig beschnitten (am deutlichsten in der Abkehr vom Prinzip der block votes der Gewerkschaften), stattdessen wurde die innerparteiliche Macht erneut in der Fraktionsspitze konzentriert (McIlroy 1998: 544 f.; Detterbeck 2002: 98-101; Ludlam/Taylor 2003: 729-31). Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, wenn Labour in der Folge gleichsam zum ersten Opfer seiner eigenen Parteienfinanzierungsgesetzgebung wurde. Als der Verdacht aufkam, dass auch Labour in der Regierung nicht über den Ruch der Korruption erhaben war (s. Kapitel 7.2), verlor die Partei ihren finanziellen Vorteil gegenüber den Konservativen schnell wieder. In früheren Zeiten hatte die Forderung nach einer staatlichen Parteienfinanzierung Labour noch als Mittel gedient, die Gewerkschaften zu disziplinieren, ihnen klarzumachen, dass ihr Einfluss auf diese Weise stark beschnitten werden könnte, wenn sie weitere innerparteiliche Reformen oder Entscheidungen der Regierung nicht mittrügen (McIlroy 1998: 553).6 Ab 2002, 6
Nicht von ungefähr waren die vehementesten Befürworter einer staatlichen Parteienfinanzierung auch häufig gleichzeitig diejenigen, die am heftigsten mit den Gewerkschaften im Clinch lagen. Blairs Stellvertreter John Prescott, den Blair 1998 nur mit Mühe überzeugen konnte, von seiner Forderung nach einer staatlichen Parteienfinanzierung abzurücken, verließ 2002 im Streit die Rail Maritime and Transport Union, weil er sich deren Forderungen an die von ihnen finanzierten Abgeordneten nicht unterwerfen wollte (Sherman 1998; Wintour 2002a).
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als sich das Blatt erneut wendete, konnten die Gewerkschaften den Spieß immer mehr umdrehen. Nun warnte der größte Geldgeber Labours, die Industriegewerkschaft Amicus, die Partei explizit vor den Konsequenzen der Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung (Black 2002; Wintour 2002b). Bezeichnenderweise mahnte Blair in der Folge seine Partei wirklich zur Zurückhaltung in der Frage, ob eine staatliche Parteienfinanzierung eingeführt werden solle (Elliott 2002). Die jüngsten Statements von seiten Labours zum Thema staatliche Parteienfinanzierung künden von einer permanenten Auseinandersetzung mit den Gewerkschaften. 2002 scheiterte ein Dreijahresabkommen zur Finanzierung Labours durch die Gewerkschaften. Expliziter Grund dafür war, dass die Gewerkschaften auf diese Weise die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung verhindern wollten (Wintour 2002c). Labours Verhandlungsposition hat sich mittlerweile deutlich verschlechtert. Dies lässt sich am Beispiel eines Papiers mit Reformvorschlägen zur Parteienfinanzierung verdeutlichen, das 2002 von einem Labour nahestehenden think tank, dem IPPR, vorgelegt wurde. Das IPPR schlug bemerkenswert niedrige Spendenobergrenzen von 5.000 Pfund (ca. 6.400 Euro) und eine steuerliche Absetzbarkeit von Parteispenden vor (Cain/Taylor 2002: 7, 25). Dieses Papier dürfte ursprünglich als Drohung an die Gewerkschaften angelegt worden sein und als Test, inwiefern das Prinzip der staatlichen Parteienfinanzierung von der Öffentlichkeit angenommen würde (Baldwin/Pierce/Owen 2002). Zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung war das Drohpotenzial des IPPR-Berichts bereits verpufft. Die Gewerkschaften empfanden den Bericht als Angriff auf ihre Verbindung zu Labour. Sie gaben ein Gegengutachten in Auftrag, das wenig überraschend für die Beibehaltung der kollektiven Mitgliedschaft der Gewerkschaftsmitglieder plädierte (Ewing 2002). Von den anderen Parteien reagierten allein die Liberaldemokraten positiv auf den Bericht des IPPR. Die Konservativen waren wie erwähnt mittlerweile finanziell wieder erstarkt und lehnten den Vorschlag dankend ab (Baldwin 2002d). Tony Blair, der als vorsichtiger Taktiker immer betont hatte, eine staatliche Parteienfinanzierung nur im Konsens einführen zu wollen,7 blieb keine Alternative als zurückzurudern. Als dann 2003 ein Abkommen über 40 Millionen Pfund (ca. 51 Mio. Euro) zwischen Labour und den Gewerkschaften über einen Fünfjahreszeitraum zustande kam, folgerten Beobachter, dies würde „effectively end the idea of state funding for political parties for the foreseeable future“ (Helen 2003). Danach setzte Labour eher auf Ausgabenobergrenzen, um nicht von den Konservativen finanziell überflügelt zu werden (White/Wintour 2007). Faktisch war die Partei nicht nur enger denn je an die Gewerkschaften gebunden, sondern, obwohl an der Regierung, in der Diskussion über die Reform der Parteienfinanzierung zur Passivi7
So etwa in einem Radiointerview, in dem er sich so äußerte: „I would certainly look at it [eine staatliche Parteienfinanzierung, MK] if there was clear evidence that others were prepared to accept it too because I think you have to have all the political parties“ (Baldwin 2002c).
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tät verdammt: „Labour, tied emotionally and financially to trade unions, and now bereft of other donors, is horrified by the prospect of changes to its present union funding system“ (Guardian 16.3.2007). In den beiden vorangegangenen Abschnitten habe ich gezeigt, dass die beiden großen Parteien streng genommen immer nur dann für eine staatliche Parteienfinanzierung eintraten, wenn sie sich im (finanziellen) Nachteil gegenüber ihren Konkurrenten befanden und die Einführung der Zuwendungen ohnehin wenig wahrscheinlich war. Dies soll jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Aufrechterhaltung des Status Quo in dieser Frage für beide große Parteien einen nicht zu vernachlässigenden gemeinsamen Vorteil birgt, können sie sich so doch die in vielerlei Hinsicht strukturell benachteiligten Liberaldemokraten auch finanziell auf Distanz halten. Nicht ohne Grund standen schon 1974, als das Thema erstmals auf der Agenda stand, viele Abgeordnete einer staatlichen Parteienfinanzierung skeptisch gegenüber, eben weil sie fürchteten, dass diese den kleineren Parteien Auftrieb geben könnte (Harris 1974). Deshalb verwundert es wenig, dass die Liberaldemokraten als einzige Partei stets unumwunden für die staatlichen Zuwendungen eintraten – ebenso wie im Übrigen für eine Wahlrechtsreform, deren Diskussion auch in Großbritannien mit derjenigen über eine staatliche Parteienfinanzierung verwoben war.
Die Position der Liberaldemokraten und die Diskussion um eine Reform des Wahlrechts Wie nach allem, was bislang über den konfliktorientierten Charakter des britischen Parteienwettbewerbs gesagt wurde, zu erwarten war, hatten es die Liberaldemokraten als drittstärkste Partei stets sehr schwer, ihrer Position in Fragen der Parteienfinanzierung Gehör zu verschaffen. Sie waren vielmehr Spielball der beiden großen Parteien, die die Liberaldemokraten für ihre Ziele zu instrumentalisieren suchten. Wenn die Liberalen, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in ihrer Existenz bedroht schienen, in den 1970er Jahren einen bemerkenswerten Aufschwung in der Wählergunst für sich verbuchen konnten, so lag dies vor allem an der zunehmenden Polarisierung des britischen Parteienwettbewerbs im Zuge der Erosion des Nachkriegskonsenses. Die Liberalen hatten nun die Chance, die politische Mitte zu repräsentieren. Waren sie 1956 lediglich auf ein Prozent der Stimmen gekommen, entfielen 1983 auf die Allianz der Liberalen mit der SDP 25 Prozent. Allerdings schlug sich dieser Aufschwung aufgrund des Wahlrechts kaum in Mandaten nieder. Es fehlte den Liberaldemokraten zudem an verlässlichen Finanziers, wie dies Unternehmen und Gewerkschaften für Konservative und Labour waren. Aus diesem Grund unterstützten die chronisch unterfinanzierten Liberalen eine allgemeine staatliche Parteienfinanzierung ebenso unablässig wie erfolglos. Sie waren als erste
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britische Partei für eine staatliche Parteienfinanzierung eingetreten. 1969 schlug der damalige Schatzmeister der Liberalen, John Pardoe, vor, dass vom Steueraufkommen jedes Bürgers, der dies wünsche, fünf Pfund (ca. 6,40 Euro) in einen „democracy fund“ fließen sollten, der den Parteien zugute käme (1969a; 1969b). An ihrer Unterstützung für eine staatliche Parteienfinanzierung haben die Liberaldemokraten bis heute festgehalten. Auch mit der jüngst von Hayden Phillips vorgeschlagenen deutlichen Ausweitung der staatlichen Zuwendungen zeigten die Liberaldemokraten sich denn auch sehr zufrieden (Sieghart 2007). Ähnlich wie für den Bereich der Parteienfinanzierung gilt auch für das Wahlrecht, dass nahezu jede Reform die Liberaldemokraten besser stellen würde. Dass Parteienfinanzierungs- und Wahlrechtsreform auch in Großbritannien durchaus miteinander verknüpft waren, zeigt sich daran, dass beide in aller Regel parallel diskutiert wurden. Zur Mitte der 1970er Jahre stand in Großbritannien nicht nur eine staatliche Parteienfinanzierung, sondern auch eine Wahlrechtsreform zur Debatte. Gegner des relativen Mehrheitswahlrechts kritisierten, dass es Regierungen hervorbringe, denen es an demokratischer Legitimation mangelte. Je mehr Wählerstimmen auf die Liberalen entfielen, ohne dass deren Repräsentation im Unterhaus dem Rechnung trug, desto mehr Auftrieb erhielten derartige Vorwürfe. 1975 erschien ein einflussreiches Buch über Adversarial Politics and Electoral Reform, in dem Samuel Finer die These vertrat, dass das Mehrheitswahlrecht letztlich die britische Demokratie destabilisiere (Finer 1975a). Diese Krise der britischen Demokratie könne nur durch ein Verhältniswahlrecht und den damit einhergehenden zentripetalen Parteienwettbewerb beendet werden (Finer 1975b). In diesem Punkt waren sich Kritiker wie Befürworter des Status Quo einig: Zwischen dem Wahlrecht und der Konsensorientierung des Parteienwettbewerbs bestand ein intrinsischer Zusammenhang. „In Britain coalition would substitute a more open and possibly more consensual form of government for the current ‚elective dictatorship’“ (Budge 2002: 54). Vor dem Hintergrund dieser Reformdebatte legte 1976 die Hansard Society einen Bericht vor, in dem sie sich für die Einführung des deutschen teilpersonalisierten Verhältniswahlrechts in seiner baden-württembergischen Ausprägung ohne Listen aussprach (Hansard Society 1976: 39 f., 45-7; s.a. Kaiser 2002a: 342). Ähnlich wie die Berichte der Hansard Society zur Reform der Parteienfinanzierung (s. S. 231, Fn. 1) blieb jedoch auch dieser Vorschlag ohne Folgen. Auch in der Diskussion über das Wahlrecht erwies sich die Wettbewerbsperspektive, die in Großbritannien maßgeblich mit den demokratietheoretischen Vorstellungen Joseph Schumpeters verbunden war, als zu einflussreich: „Joseph Schumpeter’s book Capitalism, Socialism and Democracy provided three decades of intellectual cover in the post-war period for the British establishment to argue that plurality rule was an integral part of securing a practical democracy“ (Dunleavy/Margetts 2001: 312, Hervorhebung im Original). Dafür wurden auch die Nachteile des Mehrheitswahlrechts wie etwa die starken regionalen Disparitäten im Wahlergebnis in Kauf genommen (Mitchell 2005: 161-5).
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Anders als in Deutschland ging es den Parteien in Großbritannien eben nicht darum, in allen Regionen repräsentiert zu sein, sondern vor allem darum, mehr Sitze zu erlangen als die Konkurrenz. Dies ist eine grundsätzliche andere Konzeption von Parteienwettbewerb, die ganz offensichtlich auch mit einer grundsätzlich anderen Finanzierung des Parteienwettbewerbs einhergeht. Den Zusammenhang zwischen ausbleibender Wahlreform, Konkurrenzcharakter des Parteienwettbewerbs und vornehmlich privater Parteienfinanzierung illustriert auch die Art und Weise, in der Konservative und Labour in beiden Reformphasen die Liberalen für ihre Ziele zu instrumentalisieren suchten. Zur Zeit der Reformdiskussion in den 1970er Jahren waren es die Konservativen, die ihre Bereitschaft zur Wahlreform signalisierten. Hinter diesem Zug standen nicht zuletzt finanzielle Motive. Damals versuchten nämlich die Liberalen, Spender der Tories dazu anzuhalten, ihre Spenden an die Bedingung zu knüpfen, die Konservativen sollten eine Wahlrechtsreform unterstützen (Young 1975). Hintergrund dieser recht erfolgreichen Kampagne war das Argument der Liberalen, angesichts des Linksschwenks der Labour Party ließen sich auf diese Weise stabile bürgerliche Mehrheiten schaffen. Die Unternehmen übten so großen Druck auf die Konservativen aus, dass Margaret Thatcher (die mit der Idee eines Verhältniswahlrechts per se nichts anfangen konnte) schließlich ankündigte, ihre Partei zöge eine Wahlrechtsreform in Erwägung. Erst jetzt begannen die Spenden an die Konservativen wieder zu fließen (Economist 14.2.1976). In den 1990er Jahren war es dann die Labour Party, die sich mit den Liberaldemokraten gegen die Konservativen verbünden wollte. Eingeschüchtert durch die lange Regierungszeit der Konservativen, hatte sich Labour zusehends intensiver mit Fragen der Wahlreform beschäftigt (Saalfeld 2003b: 624). Als Labour dann 1997 die Regierung übernahm, befand sich Großbritannien in einer „unprecedented period of frenetic debate on electoral reform“ (Mitchell 2005: 174). Zwischen Labour und den Liberaldemokraten kam es im Vorfeld der Wahl zu vielfältigen Absprachen über verfassungspolitische Belange, vor allem der Regionalisierung (devolution) und der Wahlrechtsreform. Letztlich ließ sich nahezu von einer gemeinsamen Wahlplattform sprechen. Dies war Ausdruck weniger einer Strategie der Stimmenmaximierung als vielmehr der Regierungsteilhabe, ging es Labour doch darum, mit den Liberaldemokraten eine Koalition zu bilden, sollte es 1997 nicht für eine eigene Mehrheit Labours reichen. Nach Tony Blairs Erdrutschsieg kam eine solche Koalition allerdings nicht zustande (Denver 2002: 146). In der Tat realisierte Labour die devolution nach 1997 in enger Abstimmung mit den Liberaldemokraten (Webb 2000: 11). Bezeichnender ist aber, dass das Wahlrecht nicht reformiert wurde. Es waren vor allem die Gewerkschaften und die Wahlkreisorganisationen in den Hochburgen Labours, die sich gegen den Vorschlag sperrten, auch nur etwa ein Fünftel der Abgeordneten des Unterhauses über Listen zu wählen (Dunleavy/Margetts 2001: 303; s.a. Mitchell 2005: 177 f.). Letztlich stand
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bei dieser Entscheidung – wie auch bei derjenigen gegen die staatliche Parteienfinanzierung – das Ziel Labours im Vordergrund, keinen neuen Konkurrenten Auftrieb zu verschaffen und einer Spaltung der eigenen Organisation vorzubeugen (s.a. Mair 1994: 150, 153). Die Liberaldemokraten hätten eigentlich wissen können, dass Labour an der Strategie der Stimmenmaximierung letztlich festhalten würde. Schon ein interner Bericht Labours zur Wahlreform aus den frühen 1990er Jahren hatte die Stellung der kleinen Parteien mit einer Deutlichkeit definiert, die nichts zu wünschen übrig ließ: Dem Bericht zufolge sollten kleine Parteien ihren großen Konkurrenten Lücken im politischen Markt aufzeigen, diese aber nicht in ihren Stimmenmehrheiten gefährden (Mair 1994: 150). Dies veranschaulichte einmal mehr die electoral economy-Perspektive des britischen Parteienwettbewerbs, in der für ein Verhältniswahlrecht ebenso wenig Platz war wie für eine staatliche Parteienfinanzierung.8 So blieb es denn bei der Reform des Wahlrechts ebenso wie bei der der staatlichen Parteienfinanzierung bislang bei situativen Lippenbekenntnissen der beiden großen Parteien. Konservative wie Labour bewerteten den relativen Vorteil gegenüber der Konkurrenz bislang höher als jegliche Form der Teilung eines gemeinsamen Nutzens – sieht man von dem beträchtlichen Nutzen ab, den beide Parteien aus ihrer Abschottung von den Liberaldemokraten qua Mehrheitswahlrecht und nahezu ausschließlich privater Parteienfinanzierung ziehen. Jüngst musste die Labour Party erfahren, dass sie trotz ihrer komfortablen Mehrheit keine allein ihr genehme Form der staatlichen Parteienfinanzierung (etwa in Kombination mit lokalen Ausgabenobergrenzen) einzuführen imstande war. Dies illustriert eindrücklich, dass Parteienfinanzierungsreformen nur im Konsens der großen Parteien beschlossen werden können. De facto verfügen die Konservativen über ein „taktisches Veto“ bei der Reform der Parteienfinanzierung (McIntyre 2002). Dank ihrer guten finanziellen Verfassung sind sie in der Lage, Labour in dieser Frage vor sich her zu treiben. Von den Zielen, die die britischen Parteien verfolgen, gehen also ebenso wenige Impulse für die Einführung bzw. substanzielle Ausweitung der staatlichen Parteienfinanzierung aus wie von dem institutionellen Kontext, in dem sie agieren. Warum soll dann die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung dennoch so wahrscheinlich sein, wie dies am Anfang dieses Kapitels behauptet wurde? Um dieses scheinbare 8
Neben dem Wahlrecht ist in Großbritannien auch die Reform einer anderen Verfassungsinstitution zusehends mit der Debatte über eine staatliche Parteienfinanzierung verknüpft. Die Rede ist vom Oberhaus, das durch die loans for peerages-Affäre in den Fokus der Debatte gerückt ist. Bislang konnte sich das Oberhaus allen grundlegenden Reformversuchen entziehen (Kaiser 2002a: 251, 390-4). Jüngst hat der konservative Abgeordnete Andrew Tyrie in seinem Vorschlag für die Reform der Parteienfinanzierung explizit für ein weitgehend gewähltes Oberhaus plädiert (2006: 12). Auch in Unterhausdebatten sprachen sich zuletzt mehrere Redner dafür aus, eine zukünftige Reform der Parteienfinanzierung und des Oberhauses miteinander zu verbinden (z.B. House of Commons 2005: 12; 2006: 414). Ob dadurch eine solche Reform lediglich noch voraussetzungsvoller und damit unwahrscheinlicher wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer abzusehen.
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Paradoxon nachvollziehen zu können, soll nun der Korruptionsdiskurs analysiert werden, der in der Tat zusehends auf die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung hinwirkt. 10.3 Abkehr vom Prinzip des Voluntarismus in der Parteienfinanzierung? Der Diskurs über die Korruption in der britischen Politik Lange Zeit befand sich der Diskurs über die Korruption in der britischen Politik im Einklang mit der Präferenz der Parteien für einen konkurrenzorientierten Wettbewerb. Ben Clift und Justin Fisher haben den Begriff vom Prinzip des „Voluntarismus beim Parteieinkommen“ geprägt (Clift/Fisher 2005: 244 f.). Gemeint ist damit eine Präferenz für private Zuwendungen an Parteien gepaart mit Skepsis staatlichen Eingriffen und einer Abneigung gesetzlichen Regelungen der Parteienfinanzierung gegenüber. Wenn also eine Form der Parteienfinanzierung im Ruch der Korruption stand, dann waren es die staatlichen Zuwendungen. Diese Einheit von Diskurs und Zielen der Parteien ist spätestens seit der Verabschiedung des Parteiengesetzes nicht mehr gegeben. Die privaten Zuwendungen, vor allem die Großspenden, sind mehr und mehr in den Fokus der Kritik geraten. Diese Kritik kulminierte schließlich im Topos des sleaze und setzte die Parteien seit den 1990er Jahren in Zugzwang. Die Diskrepanz zwischen einem konkurrenzorientierten Parteienwettbewerb, in dem diese Zuwendungen als nicht akzeptabel gelten, und einem Diskurs, in dem staatliche Zuwendungen zunehmend als Mittel der Korruptionsprävention angesehen werden, wurde nun immer augenfälliger, nicht zuletzt, weil der britische Diskurs kommunikativer Natur war, die Öffentlichkeit also eine wichtigere Rolle spielte als in Deutschland oder Schweden.
Die Tradition des Voluntarismus und das Unbehagen an der staatlichen Parteienfinanzierung Lange Zeit unterschied sich der öffentliche Blick auf die Parteien in Großbritannien mehr als deutlich von demjenigen etwa in Deutschland oder Schweden. Zwar kam den Parteien in Großbritannien faktisch eine ähnlich zentrale Stellung zu (Webb 2002a: 42), allerdings existierte hier, in scharfem Gegensatz zu Deutschland und Schweden, der Staat nicht als Akteur sui generis. Anerkannt wurden vielmehr nur dessen „operating parts“ (Smith 1976: 401), also bestimmte Institutionen, nicht aber der Staat als solcher. Herbert Döring bezeichnet dies treffend als „Politik ohne bürokratische Staatsidee“ (1998: 164; s.a. 1993: 60-3). Die spezifisch britische civic culture beinhaltete einen Vertrauensvorschuss für die politischen Eliten, mit der ihnen institutionell ermöglichten Machtfülle verantwortungsvoll umzugehen (Kaiser
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2000: 12). Diese Zivilkultur war ein „historisch überliefertes politisches Einstellungs- und Problemlösungsmuster, das sich von dem einer Staatskultur charakteristischerweise unterscheidet“ (Rohe 1984: 175). Die Essenz dieses Einstellungs- und Problemlösungsmusters lag darin, dass die Aufgabe der Politik nicht primär in der Verteilung von öffentlichen Gütern gesehen wurde. Diese dem Allgemeinen verhafteten Ausführungen stehen zugegebenermaßen in einer gewissen Nähe zum in Kapitel 3.3 kritisierten Prinzip des Kryptodeterminismus. Die schwer fassbare britische Zivilkultur hatte im Bereich des Diskurses über die Korruption in der Politik jedoch durchaus handfeste Konsequenzen. Aus der Skepsis gegenüber der Idee eines allzuständigen Staates folgte nämlich das eingangs erwähnte Prinzip des Voluntarismus, anders formuliert: eine im Vergleich zu Deutschland und Schweden weit verbreitetes Unbehagen an einer staatlichen Parteienfinanzierung. Dieses voluntaristische Prinzip war unter den Parteien nicht zuletzt aus egoistisch-rationalen Motiven heraus verbreitet. Wenn jedoch beispielsweise Nigel Lawson, späterer Finanzminister und unbedingter Parteigänger Margaret Thatchers, mit dem Argument des Voluntarismus 1975 selbst eine Fraktionsfinanzierung für die Opposition (und somit für seine eigene Partei) ablehnte (House of Commons 1975: 1903), so verdeutlichte dies die Grenzen des rein egoistischrationalen Denkens der Parteien und den Einfluss von Denkmustern, moderner formuliert: Diskursen. Das Prinzip des Voluntarismus beim Parteieinkommen fand zudem eben nicht nur unter den Parteien, sondern auch in der Wissenschaft und in der Öffentlichkeit Anklang. In der Wissenschaft erfreute es sich ähnlichen Einflusses wie die Parteienstaatslehre in Deutschland, nur eben unter umgekehrten Vorzeichen, stand es doch staatlichen Zuwendungen an Parteien entgegen. Robert Garner und Richard Kelly fassen konzise sechs Argumente gegen eine staatliche Parteienfinanzierung zusammen (Garner/Kelly 1998: 213-6): Das Einkommen der britischen Parteien sei – erstens – diversifizierter als gemeinhin angenommen, woraus – zweitens – folge, dass diese eben nicht von bestimmten Geldgebern abhängig seien. Drittens seien die Summen, die pro Aktionär respektive Gewerkschaftsmitglied für Parteispenden aufgewendet würden, denkbar gering. Eine staatliche Parteienfinanzierung sei weder geeignet, die Mitgliederbasis der britischen Parteien – viertens – zu erweitern noch – fünftens – die Parteien dazu anzuhalten, sich vermehrt um die Entwicklung von Politikinhalten (policies) zu kümmern. Sechstens schließlich hätten die finanziellen Probleme der Parteien keinen Einfluss auf ihre Chancen bei Wahlen, sie seien ein Symptom des generell sinkenden Interesses an der Politik. Dass insbesondere der fünfte Einwand durch den Politikentwicklungsfonds mittlerweile zumindest in Frage gestellt worden ist, ist hier von nachgeordnetem Interesse. Die skizzierten sechs Punkte sollen lediglich illustrieren, dass und mit welchen Argumenten eine
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staatliche Parteienfinanzierung in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung lange auf nahezu einhellige Ablehnung stieß.9 Dennoch gab es in den 1970er Jahren, insbesondere angesichts der stagnierenden ökonomischen Entwicklung Großbritanniens, einen Gegendiskurs zum herrschenden konfliktorientierten Politikverständnis (Daalder 1992: 276; Döring 1998: 167). Allerdings, und das ist an dieser Stelle entscheidend, beinhaltete dieser Gegendiskurs kaum Kritik am Status Quo der Parteienfinanzierung. Natürlich kritisierten die Liberalen das System der institutionellen Spenden (an dem sie selbst nicht teilhatten) und wollten es abschaffen (Pardoe 1969b; 1975a; 1975b; s.a. Times 24.8.1978). Wie erwähnt war auch der Labour Party der Einfluss der Gewerkschaften auf die eigene Politik bisweilen suspekt (s.a. Leonard 1979: 42). Die Hansard Society kritisierte 1981, die institutionelle Parteienfinanzierung durch Unternehmen und Gewerkschaften verzerre den Parteienwettbewerb, weil sie kleine Parteien benachteilige (Hansard Society 1981: 12). Aber: Ein öffentliches Unbehagen am Prinzip des Voluntarismus beim Parteieinkommen resultierte daraus nicht, die Kritik blieb ein begrenztes Elitenphänomen. Neben Politik und Wissenschaft stand auch die Öffentlichkeit staatlichen Zuwendungen an politische Parteien traditionell skeptisch gegenüber. Als das Thema Anfang der 1970er Jahre erstmals diskutiert wurde, sprach sich allein der Guardian für eine staatliche Parteienfinanzierung aus, weil diese geeignet sei, den Einfluss der institutionellen Spender zu begrenzen (z.B. 16.2.1974). Die anderen Zeitungen sahen die staatliche Parteienfinanzierung ganz im Einklang mit dem Prinzip des Voluntarismus beim Parteieinkommen als Verstoß gegen das „old and sound principle that parties should raise money by voluntary subscription from supporters“ (Daily Telegraph 20.12.1974). Dies war auch der Tenor der Diskussion, als das Houghton-Komitee 1976 seine Vorschläge veröffentlichte. Damals unterstützten lediglich einige Gewerkschaften das Mehrheitsvotum (Times 27.8.1976b), die Unternehmensverbände lehnten es einmütig ab (Ewing 1987: 129).10 9
Besonders einflussreich für die weitgehende Ablehnung einer staatlichen Parteienfinanzierung in der britischen Politikwissenschaft war die Position des Doyens der britischen Parteienfinanzierungsforschung, Michael Pinto-Duschinsky. Pinto-Duschinsky spricht sich sowohl in wissenschaftlichen Abhandlungen (z.B. 1981: 4-6) als auch publizistisch (z.B. 1976; 2006) seit langem vehement gegen eine direkte staatliche Parteienfinanzierung aus. Die einzige profilierte Gegenstimme zu Pinto-Duschinsky ist Keith Ewing, der für eine staatliche Parteienfinanzierung eintritt (z.B. 1987: 136-8; 2007: 235-41), mit seinen Argumenten aber in der wissenschaftlichen Debatte im Vergleich zu Pinto-Duschinsky kaum durchdringt. Zuletzt sprachen sich auch die beiden Herausgeber der Political Quarterly, Andrew Gamble und Tony Wright, gegen höhere direkte staatliche Zuwendungen an die Parteien aus (Gamble/Wright 2006). Jüngst forderte jedoch auch der Politikwissenschaftler Vernon Bogdanor, der einer staatlichen Parteienfinanzierung früher skeptisch gegenübergestanden hatte (z.B. Bogdanor 1980), eine Anhebung der Zuwendungen (2006). Dies könnte ein Indikator für den langsamen Wandel der wissenschaftlichen Debatte sein. 10 Die Ablehnung der Unternehmensverbände veranschaulicht aber auch einmal mehr die Grenzen dessen, was mit Hilfe der kulturellen Variablen erklärt werden kann, war doch die Confederation of Bri-
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Die Wähler waren allerdings in der Mitte der 1970er Jahre nicht so festgelegt, wie man es angesichts der Diskussion in den Zeitungen erwarten sollte. Immerhin sprachen sich bei einer vom Houghton-Komitee in Auftrag gegebenen Umfrage 45 Prozent für eine staatliche Parteienfinanzierung und 44 Prozent dagegen aus (Houghton 1976: 45). Fast noch interessanter war, dass die Vorbehalte weniger durch eine grundsätzliche Ablehnung als vielmehr durch situationsbezogene Gründe, vornehmlich die damalige schlechte wirtschaftliche Lage Großbritanniens, motiviert waren. Von einer eindeutigen Präferenz der privaten Parteienfinanzierung konnte nur insofern die Rede sein, als dass sich, anders als in Deutschland und Schweden, nur etwa ein Drittel der Befragten gegen Gewerkschafts- und nur etwa ein Fünftel gegen Unternehmensspenden aussprachen (Houghton 1976: 44). Dennoch: Fortan war die öffentliche Meinung in den Augen der Mächtigen festgelegt. Die allgemeine Präferenz für das Prinzip des Voluntarismus war zur selbst erfüllenden Prophezeiung geworden. Selbst am Vorabend seines Erdrutschsieges von 1997 fürchtete Tony Blair noch den öffentlichen Unmut über diese Zuwendungen so sehr, dass er persönlich den Passus, Labour trete für eine staatliche Parteienfinanzierung ein, aus dem Wahlprogramm strich (McIntyre 1997). Wie weit die Diskussion über den korrumpierenden Einfluss der staatlichen Parteienfinanzierung in Großbritannien fortgeschritten war, verdeutlichte 1998 das Neill-Komitee, als es in seinem Bericht auf die neuesten Thesen der Parteienforschung einging und sich mit dem Argument der Gefahr einer Kartellisierung der britischen Parteien gegen die Einführung einer allgemeinen staatlichen Parteienfinanzierung aussprach: „On the continent of Europe, there is talk of ‚cartel parties’, which use state funding and the state apparatus increasingly to further their own ends rather than those of the citizens they claim to represent“ (Neill 1998a: 92). Wie so vielen schädlichen Einflüssen vom Kontinent suchte man in Großbritannien auch der staatlichen Parteienfinanzierung so lange wie möglich Einhalt zu gebieten.
tish Industry noch 1975 für eine staatliche Parteienfinanzierung eingetreten (Brown 1975). Ihr Meinungswandel dürfte weniger dem Prinzip des Voluntarismus als vielmehr zwei anderen Umständen geschuldet sein: zum einen der beschriebenen Reideologisierung des Parteienwettbewerbs im Zuge der Erosion des Nachkriegskonsenses, in deren Folge die Unternehmen wieder stärker an die Konservativen gebunden wurden. Zum anderen wurde dieser Meinungswandel von der konkreten Situation, in der das Houghton-Komitee seine Vorschläge für eine staatliche Parteienfinanzierung unterbreitete, begünstigt. Da Großbritannien aufgrund der Auflagen eines IWF-Kredites von 1976 zu einem rigiden Sparkurs gezwungen war, erschienen öffentliche Gelder an Parteien nicht allein den Unternehmen, sondern auch der Bevölkerungsmehrheit wenig unterstützenswert (Times 1.3.1975; s.a. Bogdanor 1980: 368). Bezeichnenderweise fand selbst der Guardian eine staatliche Parteienfinanzierung zu diesem Zeitpunkt „unacceptable“ (27.8.1976).
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Der Wandel des Korruptionsdiskurses und die zunehmende Offenheit gegenüber einer staatlichen Parteienfinanzierung Aus der heutigen Perspektive scheinen die Warnungen des Neill-Komitees in den Wind geschlagen worden zu sein. Im Abschnitt zu den Institutionen des britischen politischen Systems war ja bereits davon die Rede, dass sich mittlerweile eine Reihe von Gremien für eine staatliche Parteienfinanzierung ausgesprochen hat. In der Tat ging damit in den letzten zehn Jahren auch ein grundlegender Wandel des Diskurses über die Korruption in der Politik einher. Heute scheint das Prinzip der staatlichen Parteienfinanzierung gesellschaftlich akzeptiert zu sein. Dies lässt sich zunächst an der Debatte in den Medien festmachen. 1999 trat beispielsweise der Independent erstmals für eine staatliche Parteienfinanzierung ein. Begründet wurde dies bezeichnenderweise damit, dass Großspenden schlicht zu anstößig geworden seien (McIntyre 1999). Offensichtlich standen nun die privaten Zuwendungen an Parteien im Ruch der Korruption. Nur zwei Monate später konnte sich auch die Times erstmals eine steuerliche Absetzbarkeit für Parteispenden vorstellen (Riddell 2000). 2002 schwenkte die Times auf die mittlerweile zur Mehrheitsposition gewordene Linie der Befürworter einer direkten staatlichen Parteienfinanzierung ein: „The right question is not whether the state should contribute to parties, but whether it should be their sole financier, and, if it is not, who else should be allowed to contribute and in what form“ (Garbagegate 2002). Heute ist es nur noch der konservative Daily Telegraph, der die klassische voluntaristische Position vertritt und dabei auch vor rhetorischem Säbelrasseln nicht zurückschreckt, fürchtet man doch dort, dass schon die Ausweitung des Politikentwicklungsfonds „totalitäre Implikationen“ habe (Daily Telegraph 14.2.2001). In jüngster Zeit steht selbst der Daily Telegraph jedoch allen Formen von Großspenden an Parteien, auch denen aus privaten Quellen, kritisch gegenüber: „Parties are voluntary aggregates of individuals. They should not wield more clout than they naturally possess; and the support of huge donors, be it the state, millionaires or the unions, is an unnatural and corrupting influence. Parties will bleat that without large donations they will not have enough money to fund all their current activities. Good, we say“ (Daily Telegraph 21.3.2006). Dieses Zitat verdeutlicht eindrucksvoll, wie sehr das vormals weithin akzeptierte System der (institutionellen) Großspenden, durch die sich die britischen Parteien ganz überwiegend finanzieren, mittlerweile in Verruf geraten ist. Der Status Quo der britischen Parteienfinanzierung weist erhebliche Legitimationsprobleme auf. Auch die Ergebnisse von jüngeren Umfragen lassen auf eine neue Offenheit gegenüber einer staatlichen Parteienfinanzierung schließen. Allerdings ist es sehr schwer, Trends abzulesen, da nie dieselben Fragen gestellt wurden. Auf den ersten Blick scheint eine staatliche Parteienfinanzierung in den Augen der Bevölkerung nach wie vor keine wünschenswerte Option zu sein. 2003 sprachen sich auf die
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Frage, wie sich die Parteien finanzieren sollten, lediglich 26 Prozent der Interviewten auch nur für eine teilweise staatliche Finanzierung aus. Allerdings traten ebenfalls nur sieben Prozent der Befragten für ein Verbot von Spenden ein. 53 Prozent glaubten nicht, dass öffentliche Subventionen das Ausmaß der Korruption beeinflusse (Electoral Commission 2004: 16 f.). Was auf den ersten Blick wie ein Plädoyer für das Festhalten am Prinzip des Voluntarismus erschien, wurde durch die Antworten auf andere Fragen in derselben Umfrage erheblich relativiert: 70 Prozent der Befragten sahen nämlich durchaus die Gefahr, dass private Spenden politischen Einfluss kaufen könnten, ein ebenso großer Anteil befürwortete Spendenobergrenzen (Electoral Commission 2004: 14). Interessanterweise ließ sich in einer anderen Umfrage feststellen, dass die Zustimmung zu einer staatlichen Parteienfinanzierung deutlich anstieg, wenn anstelle von „taxes“ in den Fragen von „public funds“ die Rede war (Electoral Commission 2004: 18). Befragte, die zuvor in Fokusgruppen diskutiert hatten, traten schließlich am häufigsten für eine staatliche Parteienfinanzierung ein. Nachdem sie diskutiert hatte, sahen sie in den staatlichen Zuwendungen den einzigen Weg, der Korruptionsgefahr in der Politik zu entgehen (Electoral Commission 2004: 19). Das Bild, das sich anhand der Umfragen ergibt, ähnelt also dem der Mediendiskussion: Grundsätzlich steht man allen Formen der Parteienfinanzierung jenseits von Mitgliedsbeiträgen und Kleinspenden skeptisch gegenüber, im Zweifelsfall gelten allerdings mittlerweile die staatlichen Zuwendungen als potenziell am wenigsten korrumpierende Form der Parteienfinanzierung.11 Ursprung dieses Sinneswandels war die in Kapitel 7.2 geschilderte Reihe von Korruptionsaffären seit den 1990er Jahren. Obwohl vergleichsweise kleineren Maßstabs und zudem oftmals unbewiesen, haben diese Affären unter dem Schlagwort des sleaze ein solches Unbehagen an den gängigen Formen der privaten Parteienfinanzierung durch Großspenden hervorgerufen, dass angesichts dessen die vormals verpönte staatliche Parteienfinanzierung weiten Teilen der Öffentlichkeit als bessere Alternative erschien. Zwar ist Großbritannien das einzige hier untersuchte Land, in dem es zwischen den 1960er und den 1990er Jahren Anzeichen für eine elektorale und organisatorische Stabilisierung der etablierten Parteien gab (Poguntke 1996: 334, 339). Allerdings glaubte auch die britische Öffentlichkeit schon zu Beginn der 1990er Jahre mehrheitlich nicht mehr, dass die britische Politik weniger korrupt sei als die anderer Länder. Allen Parteien wurde gleichermaßen ein Geist des Misstrauens entgegengebracht: „Arguably, the present atmosphere of distrust is almost as damaging to democracy in Britain as the actual existence of unsuspected corruption would be“ (Mortimore 1995: 41, s.a. 32 f.). Die Wurzeln dieses Misstrauens reichten weit zurück: „[…] the public’s response to the disparate concerns included in the overall issue [die Korruptionsvorwürfe, MK] reflects longer-term and fundamental 11
Das CASC (2006: 44) zählt eine Reihe weiterer Umfragen auf, die ebenfalls auf eine steigende Akzeptanz staatlicher Zuwendungen hinweisen.
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problems in traditional constitutional arrangements and with the dominant ‚selfregulation’ ethos of Britain’s government“ (Dunleavy/Weir/Subrahmanyam 1995: 54). Diese Legitimationsprobleme sind paradoxerweise durch die Einführung umfassender Transparenzregeln im Zuge der Verabschiedung des Parteiengesetzes verstärkt worden. Erst dieses dichte Regelwerk, das eine zeitnahe Veröffentlichung aller Parteispenden über 5.000 Pfund (ca. 6.400 Euro) vorsah, ermöglichte jene regelmäßigen Spekulationen, die auf dem Nährboden der sleaze-Wahrnehmung seit den frühen 1990er Jahren den in Großbritannien besonders wichtigen Großspenden die Legitimitätsgrundlage entzogen (s.a. Koß 2003). Peter Hain, der damalige Sprecher des Unterhauses, bemerkte pointiert, die aktuelle Medienhysterie könne zu Schlagzeilen führen wie „Labour-Spender bricht Tempolimit“ (Clift/Fisher 2005: 250). Dieser Korruptionsverdacht wirkte sich zuletzt auch auf die Positionen der Parteien aus. Die Konservativen begründeten 2006 ihre Akzeptanz der staatlichen Parteienfinanzierung dezidiert mit den Verdächtigungen gegen Großspenden und der loans for peerages-Affäre: „State funding, particularly if it can be implemented on the basis of consensus, can address the problems caused by the abuses and scandals of recent years and can contribute to the vital process of restoring public confidence“ (Tyrie 2006: 15 f.). Dieses Zitat verdeutlicht nicht nur die Bedeutung eines Konsenses für die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung, sondern auch den Einfluss, den Korruptionsdiskurse auf die Position von Parteien haben können (s.a. Baldwin 2002b; Russell/Morris 2002). Andrew Tyrie sprach sich sogar dafür aus, langfristig alle institutionellen Spenden zu unterbinden (Tyrie 2006: 8). Auch Margaret McDonagh, die Generalsekretärin Labours, bezeichnete das schlechte Image der institutionellen Spenden als „persuasive argument for state funding“ (Baldwin/Watson 2000). Premierminister Gordon Brown hat jüngst im Zuge der neuesten Affären um seine Partei seine Bereitschaft zu einer sofortigen und einvernehmliche Reform der Parteienfinanzierung signalisiert: Labour zeigte sich nun bereit, die von Hayden Phillips vorgeschlagen Spendenobergrenze von 50.000 Pfund (ca. 64.000 Euro) zu akzeptieren und Gewerkschaftsspenden als Einzelspenden der Mitglieder zu behandeln (Woodward/White 2007). Die Konservativen erteilten diesem Vorstoß jedoch zunächst erneut eine Absage. Ihnen waren vor allem Ausgabenobergrenzen ein Dorn im Auge, zumal ihre Kriegskasse so prall gefüllt war (Guardian 15.1.2008). Noch interessanter als dieser Einfluss des Korruptionsdiskurses auf die Position der Parteien ist derjenige auf den Umgang der Parteien miteinander. Nicht zuletzt aufgrund der Anschuldigungen, mit denen sich alle Parteien konfrontiert sehen, ist eine gemeinsame Lösung, sprich ein Konsens, mittlerweile trotz aller widrigen Umstände kein Ding der Unmöglichkeit mehr. Wie bereits in Kapitel 10.1 erwähnt, legte das CASC 2006 einen gemeinsamen Reformvorschlag der drei großen Parteien vor. Expliziter Ausgangspunkt dieses Vorschlages war bezeichnenderweise
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die Annahme, dass aufgrund des Misstrauens gegenüber Großspenden das Vertrauen in die Parteien immer weiter sinken werde (CASC 2006: 3). Auch wenn dahingestellt sein mag, wie groß der Wille, sich in der Frage der Parteienfinanzierung zu einigen, auf den front benches des Unterhauses ist: Dies ist eine erstaunliche Entwicklung, die weder von den institutionellen Rahmenbedingungen noch von den strategischen Zielen der Parteien, sondern allein von der gewandelten Korruptionsperzeption der Öffentlichkeit hervorgerufen wurde. Die Folgen dieser Entwicklung sind ganz praktischer Art: Anders als bei früheren Gelegenheiten fielen die britischen Parteien bei der jüngsten loans for peeragesAffäre nicht übereinander her, eben weil sie wussten, dass die Anschuldigungen pauschal gegen sie alle erhoben wurden – und weil sie alle Darlehen entgegengenommen hatten (Rawnsley 2007). Auch der Ton der parlamentarischen Debatten über die Parteienfinanzierung hat sich deutlich geändert: Wurden selbst im Vorfeld der letztlich konsensuellen Verabschiedung des Parteiengesetzes im Unterhaus noch scharfe Auseinandersetzungen geführt (z.B. House of Commons 1998: 47-116), so überwiegen heute einvernehmlichere Töne, die der Logik der britischen Parlamentsdebatten so gar nicht entsprechen wollen. Der konservative Abgeordnete George Young brachte es in einer Debatte im Mai 2006 auf den Punkt: „[…] we all have our crosses to bear on this subject and we have a mutual interest in moving towards a settlement“ (House of Commons 2006: 406). Immer wieder wurden zuletzt die Gemeinsamkeiten aller Parteien betont, die von den Anschuldigungen gleichermaßen betroffen seien (z.B. House of Commons 2005: 3, 7; 2006: 396). An einer konfliktorientierten Debatte bestand plötzlich kein Interesse mehr. In den Worten des konservativen Abgeordneten John Maples: „We could spend this hour and a half scoring party points off each other, but it would be a terrible waste of time“ (House of Commons 2006: 409). Offensichtlich hat die Abkehr vom Prinzip des Voluntarismus beim Parteieinkommen deutliche Auswirkungen zumindest auf den Stil der Auseinandersetzung der Parteien. 10.4 Zwischenfazit Auch das Beispiel Großbritanniens belegt die Hypothese, der zufolge Reformen der staatlichen Parteienfinanzierung nur im Konsens vorgenommen werden können. Dies ist den Akteuren bewusst, wie das folgende Zitat des Abgeordneten Alan Whitehead veranschaulicht: „[…] there must be a consensus; otherwise the temptation to free-ride on the initiative of a particular party while actually doing it down will be enormous“ (House of Commons 2002: 272). Allein, in Großbritannien war ein solcher Konsens von den beiden maßgeblichen Akteuren, den Konservativen und Labour, bislang nicht erwünscht. Deshalb kam es nur zur (einvernehmlichen) Einführung staatlicher Zuwendungen in sehr bescheidenem Umfang. Lediglich die
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Liberaldemokraten traten kontinuierlich für die staatlichen Zuwendungen ein. Die Institutionen des politischen Systems (namentlich das relative Mehrheitswahlrecht und die Abwesenheit von Entscheidungs- und Vetopunkten) und die Präferenz der beiden großen Parteien für eine Strategie der Stimmenmaximierung (maßgeblich dadurch bedingt, dass sie auf Koalitionspartner keine Rücksicht nehmen müssen) gerinnen in Großbritannien zu einer spezifischen Logik des Parteienwettbewerbs, der zufolge der relative Vorteil gegenüber der Konkurrenz mehr zählt als jede Form der Erzielung gemeinsamen Nutzens. Unter diesen Bedingungen ist Kooperation von nachgeordneter Bedeutung, stattdessen herrscht anders als in Deutschland oder Schweden die wettbewerbsorientierte electoral economy-Perspektive vor. André Kaiser (2002a: 381) hat bereits darauf hingewiesen, dass Großbritannien im Bereich der Institutionenreform anschaulich den Nutzen des Transaktionskostentheorems (dazu Shepsle 1989) verdeutlicht: Reformen mögen zwar als dringend nötig wahrgenommen werden, aber solange nach dem rationalen Kalkül der Parteien die Kosten der Beibehaltung des Status Quo niedriger sind als die erwarteten Transaktionskosten einer Reform, wird am Status Quo festgehalten, auch wenn auf dem Papier eine Reformmehrheit existiert. Auf diese Weise lässt sich auch die aktuelle Debatte über die Reform der Parteienfinanzierung in Großbritannien zusammenfassen: Bislang war das Interesse der jeweils finanziell besser gestellten der beiden großen Parteien (heute sind dies wieder die Konservativen) an einer Aufrechterhaltung des Status Quo größer als der Reformdruck, der vom Korruptionsdiskurs ausging. Da allerdings wie erwartet die Öffentlichkeit eine sehr unabhängige Rolle spielt, anders formuliert also ein kommunikativer Diskurs geführt wird, geraten die Parteien zusehends in Bedrängnis, weil mittlerweile eine staatliche Parteienfinanzierung als weniger korrumpierend angesehen wird als das aktuelle Regime der privaten Großspenden. Dies illustriert den Primat der wie erwartet institutionell begründeten Ziele der Parteien, die von den hier untersuchten Variablen den größten Einfluss darauf hatten, dass bislang keine nennenswerte staatliche Parteienfinanzierung eingeführt wurde. Diese Ansicht widerspricht dem Urteil von Ben Clift und Justin Fisher, die die britische Reform von 2000 vor allem als pfadabhängig und normengeleitet ansehen: Zur Erklärung der Reform „intentional design by purely rational actors does not seem convincing, since in both cases [Großbritannien sowie Frankreich, MK] ‚insider’ parties have not enhanced their position significantly vis-à-vis outsiders“ (Clift/Fisher 2004: 696). Dagegen lässt sich argumentieren, dass Konservative und Labour sehr wohl „insider parties“ darstellen, die ihre Position gegenüber allen anderen Parteien wenn nicht verbessert, so doch gefestigt haben. Berücksichtigt man, dass Konservative und Labour 2002 zusammengenommen auf 83 Prozent des Einkommens aller britischen Parteien kamen, so muss zugestanden werden, dass es ihnen schwer gefallen sein dürfte, ihre Position zu verbessern.
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Der große Nutzen, den die beiden großen Parteien aus der Aufrechterhaltung des Status Quo in der Parteienfinanzierung (wie auch in der Frage des Wahlrechts) ziehen, ist schlicht das anhaltend große Machtgefälle zwischen ihnen und den Liberaldemokraten (ganz zu schweigen von den Regionalparteien): „So long as British parties are forced to rely on non-state sources of finance, then it is likely that Labour and Conservatives will maintain their advantage over minor parties“ (Webb 1994: 129). Der wie erwartet von den Parteien kaum gesteuerte kommunikative Diskurs über die Korruption in der Politik, der die finanzielle Absicherung dieses Gefälles (sprich: die fast ausschließlich auf die Konservativen und Labour entfallenden Großspenden) mehr und mehr in Frage stellt, könnte dies jedoch in absehbarer Zeit ändern.
11 Die cohabitation und der intensivere Korruptionsdiskurs als Wendepunkt: Frankreich
„Der Geist der neuen Verfassung besteht darin, dafür zu sorgen, dass unter Beibehaltung eines gesetzgebenden Parlaments die politische Macht nicht mehr Parteiensache ist, sondern direkt vom Volk ausgeht, und das durch die Nation gewählte Staatsoberhaupt Quelle und Inhaber dieser Macht ist“ (zitiert nach Pütz 2000: 78 f.)
Dieser Ausspruch Charles de Gaulles erhellt eindrücklich den fundamentalen Unterschied des französischen Parteienwettbewerbs zu dem in den anderen untersuchten Ländern. In Frankreich kommt den Parteien nicht das zentrale Gewicht zu, das sie in Schweden und Großbritannien traditionell innehaben und das sie sich in Deutschland nach 1949, nicht zuletzt mithilfe ihrer staatlichen Finanzierung, erkämpft haben. Deshalb und vor dem Hintergrund dessen, was in den Kapiteln 6 und 7 über das französische Parteiensystem bzw. Parteienfinanzierungsregime herausgearbeitet wurde, ergeben sich erste Erwartungen, warum in Frankreich die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung lange nicht gelang und warum dann schließlich Ende der 1980er Jahre eine Reformphase einsetzte: Grundsätzlich dürfte die Institutionenordnung der Fünften Republik einer staatlichen Parteienfinanzierung im Weg gestanden haben. Da die französische Verfassung darauf abzielte, die Exekutive von legislativer Kontrolle weitgehend zu entkoppeln, war eine Zusammenarbeit von Regierung und Opposition in Frankreich ähnlich unnötig wie in Großbritannien (Hayward 1982: 124 f.). Warum gelang dann aber 1988 die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung? Wie erwähnt näherten sich die französischen Parteien in den 1980er Jahren ideologisch einander an. Deshalb wurde Ende der 1980er Jahre in Frankreich der Übergang zu einer „République du centre“ diskutiert. Drei führende Intellektuelle schilderten in einem so betitelten Buch eindringlich den immer größer werdenden Konsens zwischen den Parteien (Furet/Juillard/Rosanvallon 1988). Daraus ließe sich ableiten, dass die staatliche Parteienfinanzierung in den 1970er Jahren an den konfrontativen Anreizwirkungen, die von der Institutionenordnung ausgingen, gescheitert sein dürfte, während sie ein Jahrzehnt später aufgrund des Wandels der Ziele der Parteien gelang. Diese Vermutungen können hier nur teilweise bestätigt werden. Wie zu zeigen sein wird, hatten die (vom institutionellen Kontext zweifelsohne nicht zum Konsens angehaltenen) französischen Parteien in den 1970er Jahren in der Tat mehrheitlich kein Interesse an einer staatlichen Parteienfinanzierung. Aus diesem Grund
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werden die Reformversuche der 1970er Jahre im Zusammenhang mit den Zielen der französischen Parteien behandelt. An den strategischen Maximen der Parteien änderte sich in den 1980er Jahren allerdings trotz der ideologischen Annäherung wenig. Dies lässt sich ähnlich wie in Großbritannien an der Diskussion um die Reform des Wahlrechts zeigen. Vielmehr waren es die Logik der cohabitation, also der institutionell erzwungenen Zusammenarbeit des sozialistischen Präsidenten François Mitterand und des gaullistischen Premierministers Jacques Chirac, im Verbund mit dem Topos der „Moralisierung des politischen Lebens“ (moralisation de la vie politique), der im französischen Korruptionsdiskurs eine immer wichtigere Rolle einnahm, die letztlich dafür sorgten, dass das System der illegalen Parteienfinanzierung durch die Einführung staatlicher Zuwendungen überwunden wurde. Insbesondere der Einfluss der Institutionen deckte sich also nicht mit den hier zugrunde liegenden Erwartungen. Dass allerdings überhaupt so lange ein illegales System der Parteienfinanzierung aufrechterhalten werden konnte (das der Öffentlichkeit zudem auch noch bekannt war), lässt sich letztlich nur durch das Zusammenspiel von institutionellen, strategischen und diskursiven Faktoren erklären. Da Frankreich vor allem als Fall untersucht wird, in dem sich die Parteien weder staatlich noch privat finanzieren, ist im Folgenden vor allem von Interesse, warum die Reformversuche der 1970er Jahre scheiterten und warum diese dann ab 1988 erfolgreich waren. Im Mittelpunkt der Analyse stehen deshalb die Zeit vor 1988 sowie die erste Phase erfolgreicher Reformen des französischen Parteienfinanzierungsregimes zwischen 1988 und 1994. Die Entwicklungen nach der ersten Reformphase, also ab 1995, werden nicht berücksichtigt. Eine nähere Analyse der parlamentarischen Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung zeigt weder vor noch nach 1988 eindeutige Anzeichen für einen Konsens der Parteien. Ab 1974 wurde die Initiative des Präsidenten Valéry Giscard d’Estaing für eine staatliche Parteienfinanzierung zwar intensiv diskutiert, 1979 sogar ein Gesetzesentwurf im Ministerrat behandelt. Bis ins Parlament schaffte der Entwurf es jedoch nie, was darauf schließen lässt, dass er selbst innerhalb der Regierung umstritten war. Die drei wichtigsten Reformen des französischen Parteienfinanzierungsregimes, die hier analysiert werden sollen, waren die Einführung der Kandidatenfinanzierung von 1988, deren Ergänzung um eine allgemeine Parteienfinanzierung im folgenden Jahr und das Verbot der Unternehmensspenden von 1994, mit dem eine deutliche Anhebung der staatlichen Zuwendungen einherging (s. Kapitel 7.3).1 1988 wurden zwei verschiedene Gesetzesvorhaben gleichzeitig diskutiert und verabschiedet. Wichtig ist hier vor allem das Gesetz, in dem die Finanzierung der Wahlkämpfe der Kandidaten geregelt wurde. Dabei handelte es sich um ein so 1
In der Literatur werden für die beiden letztgenannten Reformen häufig andere Jahresangaben gemacht, weil die jeweiligen Gesetze erst 1990 bzw. 1995 in Kraft getreten sind. Die Reformen wurden jedoch 1989 und 1994 beschlossen.
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genanntes organisches Gesetz (loi organique), das der Zustimmung des Senates bedurfte. In der ersten Lesung der Nationalversammlung wurde dieses Gesetz in der Tat mit einer breiten Mehrheit von 320 zu 36 Stimmen angenommen. RPR, UDF und FN stimmten dafür, allein der PCF dagegen, die Sozialisten enthielten sich (Le Monde 6.2.1988). In beiden Lesungen des Senats lehnten jedoch PCF und PS das Gesetz ab (Pognon 1988; Bréhier 1988d), ebenso in der letzten Lesung der Nationalversammlung, wo es dann mit der deutlich knapperen Mehrheit von 323 zu 250 Stimmen verabschiedet wurde (Bréhier 1988c). Ob die Ablehnung der Sozialisten lediglich strategisch motiviert oder Anzeichen eines echten Dissenses war, wird in der empirischen Analyse zu klären sein. Die Einführung der allgemeinen Parteienfinanzierung 1989 wurde ebenfalls als Teil eines organischen Gesetzes beschlossen. Die Abstimmungsgeschichte dieses Gesetzes lässt ebenfalls kaum Rückschlüsse auf die Konsensorientierung der Parteien zu: Die Nationalversammlung nahm das Gesetz in den ersten beiden Lesungen allein mit den Stimmen der Sozialisten an, die UDF enthielt sich, RPR und PCF stimmten dagegen (Kajman/Robert-Diard 1989). Der Senat, der das Gesetz zunächst mit einer breiten Mehrheit aus RPR, UDF und PS angenommen hatte (Le Monde 18.11.1989), lehnte es in zweiter Lesung mit 192 zu 84 Stimmen ab. Nur der PS und ein Drittel der Abgeordneten der UDF stimmten noch dafür (Le Monde 19.12.1989). Angenommen wurde das Gesetz schließlich in der Nationalversammlung allein mit den Stimmen der Sozialisten. Allerdings votierten auch nur die Kommunisten dagegen, die bürgerliche Opposition enthielt sich (Robert-Diard 1989c). Ein Anzeichen dafür, dass es nicht die staatliche Parteienfinanzierung als solche war, an der sich der Unmut der Abgeordneten entzündete, ist das Ergebnis der Abstimmung über die vom Verfassungsrat angemahnte Absenkung der Zugangshürde für die Zuwendungen auf ein Prozent der Wählerstimmen: Diese wurde 1990 „ohne Schwierigkeiten“ von beiden Kammern mit der breiten Mehrheit von 540 zu 28 Stimmen verabschiedet, nur der PCF stimmte dagegen (Bréhier 1990b; 1990c). Änderungen an dem Gesetz wurden nur da vorgenommen, wo sie der Verfassungsrat monierte. Breit fiel 1994 auch die Zustimmung zum Verbot der Unternehmensspenden und der damit einhergehenden substanziellen Ausweitung der Kandidatenfinanzierung aus, die als einfaches Gesetz (loi simple) beschlossen wurden, also nicht der Zustimmung des Senats bedurfte: Neben dem PCF lehnten nur drei Abgeordnete des RPR das Gesetz ab, alle anderen stimmten dafür (Robert-Diard 1994b). Im Folgenden gilt es zunächst zu klären, welche Bedeutung der institutionelle Kontext für die Entwicklung des französischen Parteienfinanzierungsregimes hatte.
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11.1 Institutionelle Kooperationsanreize unter den Bedingungen der Bipolarisierung und des rationalisierten Parlamentarismus Es klang bereits mehrfach an, dass von der Institutionenordnung der Fünften Republik grundsätzlich keine Anreize für einen Konsens der Parteien zu erwarten waren. Dies lag vor allem an zwei Regelungen: dem Wahlrecht und der starken Stellung der Regierung im so genannten rationalisierten Parlamentarismus. Das Wahlrecht, das in der Fünften Republik angewendet wurde (ausgenommen 1986, worauf in Kapitel 11.2 einzugehen sein wird), sah sowohl bei der Wahl der Nationalversammlung als auch des Präsidenten einen zweiten Wahlgang vor, bei dem sich nur noch zwei Kandidaten gegenüberstanden. Dies hatte zwei Konsequenzen: Zum einen standen die Parteien durch das Mehrheitswahlrecht ähnlich wie in Großbritannien in einem starken Konkurrenzverhältnis zueinander. Durch die Logik des zweiten Wahlganges wurden sie zum anderen allerdings auch dazu angehalten, sich untereinander hinsichtlich der Kandidatenaufstellung zu verständigen und Wahlempfehlungen abzugeben (Kimmel 1989: 14 f.). Gemäß der hier verwendeten Terminologie wirkte das französische Wahlrecht also als gleichsam eingeschränkter Vetopunkt: Zwar führte es durchaus zu Koalitionen, allerdings nur innerhalb des rechten bzw. linken Lagers, nicht über deren Grenzen hinweg. Diese dualistische Logik der französischen Institutionenordnung hatte letztlich eine Bipolarisierung des französischen Parteienwettbewerbs zur Folge (Bartolini 1984), die bis heute anhält (Kimmel 2007: 11). Wie ich in Kapitel 11.2 zeigen werde, spielte diese Bipolarisierung eine wichtige Rolle für die Präferenz der französischen Parteien für Strategien der Stimmenmaximierung und das Scheitern der Einführung ihrer staatlichen Finanzierung in den 1970er Jahren. Die starke Stellung der französischen Regierung im rationalisierten Parlamentarismus schränkte die Vetomacht, die das Wahlrecht den Parteien zugestand, noch weiter ein. Die Institutionenordnung der Fünften Republik wurde von de Gaulle als Anhänger einer „Antiparteienideologie“ (Kimmel 1991: 328) bewusst mit dem Ziel angelegt, den Einfluss der zutiefst zerstrittenen Parteien gering zu halten. Von besonderer Bedeutung war der Artikel 49 III der französischen Verfassung, mit dessen Hilfe selbst eine Regierung, die über keine parlamentarische Mehrheit verfügte, Gesetze durch die Nationalversammlung bringen konnte: Gemäß Artikel 49 III konnten sogar einfache Gesetzesvorhaben mit einer Vertrauensfrage verknüpft werden. Nach dieser Prozedur galt ein Gesetz dann als angenommen, wenn dagegen keine absolute Mehrheit aller Mitglieder der Nationalversammlung binnen 24 Stunden zustande kam (Thiébault 1997: 638). Andernfalls mussten Neuwahlen abgehalten werden. Artikel 49 III war ein Disziplinierungsinstrument, mit dem sich selbst Minderheitsregierungen vergleichsweise einfach in der Nationalversammlung
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behaupten konnten, bedurfte es doch einer konzertierten Aktion der Opposition, um ein Vorhaben der Regierung zu Fall zu bringen.2 Der institutionelle Kontext des französischen politischen Systems stand nicht nur der Konsensorientierung der Parteien entgegen: Es gab vielmehr auch institutionelle Gründe dafür, dass sich die wichtigste Alternative zur staatlichen Parteienfinanzierung – die Korruption – entwickeln konnte. Insbesondere der rationalisierte Parlamentarismus hat die Entwicklung korrupter Praktiken in der Parteienfinanzierung begünstigt, erschwerte doch die starke Position der Exekutive jegliche Kontrolle des Exekutivhandelns, was illegalen Praktiken Vorschub leistete. Ähnlich wie die Regierung auf nationaler Ebene waren zudem die Bürgermeister in den Kommunen nahezu unangreifbar (Froment-Meurice 1982; Mény 1997: 15-7). Noch mehr als auf der nationalen Ebene verleitete dies lokal zu illegalen Praktiken der Parteienfinanzierung. Da die übergroße Mehrheit der französischen Parlamentarier gleichzeitig Bürgermeister und auch ihrem Selbstverständnis nach Lokalpolitiker waren (Kreuzer/Stephan 2003: 138), strahlte die lokale Korruption direkt auf die nationale Ebene aus. Weiterhin ließ sich der Reiz illegaler Formen der Parteienfinanzierung auch durch das hohe Maß an Kohäsion der französischen Eliten erklären: Durch die standardisierte Ausbildung in der Ecole nationale d’administration war gewährleistet, dass die Eliten aus Staat, Wirtschaft und Politik einander früh kennen lernten, was wiederum dem Klientelismus Vorschub leistete (Pujas 2000: 3). Allerdings beförderten institutionelle Gründe nicht nur das System der illegalen Parteienfinanzierung, sondern trugen schließlich auch zu dessen Delegitimierung bei: Die unter Mitterrand betriebene Dezentralisierung hatte der Korruption zu Beginn der 1980er Jahre zunächst neue Freiräume eröffnet. Mehr Autonomie für die lokale Ebene bedeutete zuvorderst mehr Möglichkeiten für die Bürgermeister, lokale Gelder für eigene Zwecke zu verwenden (Tolini 2007: 85-104). Dies spielte vor allem beim RPR, dessen Kandidaten ihre Wahlkämpfe selbst finanzieren mussten, eine wichtige Rolle (Knapp/Les Galès 1993). Auf diese Weise sorgten institutionelle Faktoren allerdings auch dafür, dass der Unmut über die illegale Parteienfinanzierung in den 1980er Jahren zunahm: Die im Zuge der Dezentralisierung ausufernde und nicht mehr allein der Finanzierung von Wahlkämpfen, sondern auch der persönlichen Bereicherung dienende Korruption auf der lokalen Ebene wurde von der Bevölkerung immer weniger geduldet (Cartier-Bresson 1999: 11). Im Mittelpunkt dieses Kapitels steht die Frage, ob von den Institutionen des französischen politischen Systems selbst unter den Bedingungen von Bipolarisierung und rationalisiertem Parlamentarismus Impulse für einen Konsens der Parteien ausgehen konnten. Dazu sollen die Auswirkungen der beiden institutionellen Aus2
Zusätzlich stehen französischen Regierungen eine Reihe weiterer Instrumente zur Verfügung, um den parlamentarischen Einfluss der Opposition auf Gesetzesvorhaben zu minimieren (dazu Kempf 2003: 316-9).
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nahmefälle, die in die Reformphase des französischen Parteienfinanzierungsregimes fielen, der cohabitation (1986-88) und der Bildung einer Minderheitsregierung (198893), näher untersucht werden. Ebenso wie der Senat, dessen Einfluss ebenfalls zu untersuchen sein wird, können cohabitation und Minderheitsregierung als potenzielle Vetopunkte konzeptionalisiert werden, die auch an der Regierung nicht beteiligten Parteien Mitspracherechte einräumen. Abschließend wird zu fragen sein, inwiefern Verfassungs- und Staatsrat als autonome Entscheidungspunkte einen Konsens der Parteien beförderten und welche Rolle die Einflusspunkte spielten.
Vetopunkte I: Die Rolle der cohabitation Ausgangspunkt der Annahme, die cohabitation von Präsident und Premierminister verschiedener Parteien könne als Vetopunkt wirken, ist die Überlegung, dass es in diesem Fall in den einzelnen Politikfeldern zu einer Verantwortungsteilung zwischen Premier und Präsident (und damit auch zwischen den Parteien der Linken und der Rechten) käme. Allerdings gab es auch eine Alternative zu dieser Art der Verantwortungsteilung, die zwischen 1986 und 1988 ausgesprochen häufig angewendet wurde: die Segmentierung, also die Verantwortungsteilung zwischen verschiedenen Politikfeldern. Während Mitterand die Prärogative in der Außenpolitik innehatte, war Premier Chirac vor allem für die Innenpolitik zuständig (Knapp/Wright 2006: 124). Nach dieser Lesart hätte eine Reform der Parteienfinanzierung von RPR und UDF allein durchgesetzt werden können – was sie ja formal auch wurde, denn wie erwähnt stimmten PS und PCF letztlich gegen das Gesetz. Gegen ein einseitiges Vorgehen der Regierung sprachen allerdings die Mehrheitsverhältnisse in der Nationalversammlung: Chiracs Koalition aus RPR und UDF hatte nur drei Stimmen Vorsprung, die Sozialisten, die zusätzlich noch den Präsidenten stellten, waren in einer starken Position. Ähnlich unübersichtlich wie die institutionelle Ausgangsposition, vor deren Hintergrund das Gesetz von 1988 zustande kam, ist das Meinungsspektrum in der Literatur über den Einfluss der cohabitation auf die Verabschiedung des Gesetzes. Einig ist man sich allein über die „überdurchschnittliche Mitarbeit“ der Nationalversammlung bei dessen Entstehung (Ruß 1993: 94). Sabine Ruß allerdings räumt institutionellen Faktoren keinen besonderen Einfluss auf das Gesetz ein, sie betont vielmehr den Willen der Parteien, „Überzeugungsarbeit bei der Wählerschaft“ zu leisten (Ruß 1993: 101). In diesem Fall wäre das Parlament also durch den Druck der Öffentlichkeit aufgewertet worden, was für eine entscheidende Rolle des Diskurses über die Korruption in der Politik auf die Reform des französischen Parteienfinanzierungsregimes spräche. Die Gegenposition dazu vertritt Karl Schmitt, dem zufolge die cohabitation entscheidend war: „Erst die in der französischen Verfassungspraxis bis dahin neuartige „Cohabitation“ [...] seit 1986 schuf eine Konstella-
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tion, in der der erforderliche Konsens zwischen den politischen Formationen möglich wurde“ (Schmitt 1993: 80). Im Folgenden soll es nicht allein darum gehen, den Einfluss der cohabitation auf die Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung zu ermitteln, sondern auch darum, die Frage zu beantworten, ob das Gesetz überhaupt im Konsens verabschiedet wurde. Faktisch waren sowohl die Sozialisten als auch die Regierung aus Gaullisten und UDF an der Entstehung des Gesetzes von 1988 beteiligt. Die ursprüngliche Initiative kam vom Präsidenten: Im November 1987 forderte Mitterrand im Fernsehen Nationalversammlung und Senat nachgerade apodiktisch auf, bis zum Januar 1988 ein Gesetz zur Parteienfinanzierung vorzulegen (Libération 9.11.1987). Mitterands Vorstoß war der Versuch, in einer für den PS schwierigen Situation die politische Initiative zurückzugewinnen. Konkreter Auslöser war ein Finanzierungsskandal des PS: Ein ranghoher Militär hatte zuvor freimütig über kickbacks an die französische Regierung im Zusammenhang mit Waffenlieferungen an den Iran berichtet. Diese so genannte Luchaire-Affäre (die ihren Namen dem Unternehmen verdankte, von dem die kickbacks stammten) belastete die Sozialisten schwer (Ruß 1993: 75 f.). So wie Mitterand die Phase der cohabitation generell benutzte, um sein angekratztes Image und das seiner Partei aufzupolieren (Hewlett 1998: 65), so gelang es ihm durch seinen Anstoß zur Reform der Parteienfinanzierung auch, von der Luchaire-Affäre abzulenken. Mitterand spielte also bewusst mit den institutionellen Möglichkeiten, die die cohabitation ihm bot. Ohne das Amt des Präsidenten, das seinem Vorstoß zusätzliche Legitimation verlieh, wäre es kaum möglich gewesen, die Initiative für den PS zurückzugewinnen. Auch auf Einvernehmen der Parteien legten die Sozialisten von Anfang an Wert: Nach dem Auftrag Mitterrands an Chirac verkündete der Fraktionsvorsitzende des PS, Pierre Joxe, dass man nach einem „Konsens“ suche (Bréhier 1987a). Die französische Öffentlichkeit war zunächst sehr skeptisch, ob Mitterands Vorstoß Erfolg haben könne (z.B. Joffrin 1987; s.a. NZZ 21.11.1987). Faktisch startete in der Folge aber ein regelrechter Überbietungswettbewerb zwischen Chirac und Mitterrand bzw. ihren Parteien, wer das Regime der Parteienfinanzierung besser reformieren könne. Chirac, der einer Regulierung der Parteienfinanzierung zuvor überaus ablehnend gegenüberstand, versicherte nun, er wolle „alles tun“, um eine Einigung der Parteien herbeizuführen (Le Monde 20.11.1987). In den Worten eines Beraters ging es dem Premierminister darum, sich bei der von den Sozialisten initiierten Suche nach einem Konsens „an die Spitze des Getümmels [zu] setzen“ (Roland-Lévy 1987). Chirac gab nun an, „le consensus le plus large“ zu suchen (Passeron 1987). Mitterand hatte mit seinem Vorstoß offensichtlich einen Nerv getroffen – warum, das wird im Kapitel zum Korruptionsdiskurs näher zu beleuchten sein. An dieser Stelle bleibt festzuhalten, dass ohne die Ausnahmesituation der cohabitation der Vorstoß Mitterands seinen Premier Chirac nicht so hätte unter Zugzwang setzen können. Aus diesem Grund sprachen Kommentatoren auch von der
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„réforme involontaire de Chirac“ (Helvig 1987). Der Premierminister war schlichtweg erzürnt darüber, dass Mitterrand ihm die Initiative im Bereich der Korruptionsbekämpfung aus der Hand genommen hatte und wollte nun selbst seine Vermittlerfähigkeiten unter Beweis stellen (Jarreau 1987a). Chirac lud deshalb die Führer der in der Nationalversammlung vertretenen Fraktionen zu Gesprächen über die Vorschläge des Präsidenten ein. Bezeichnenderweise wurden diese Verhandlungen als „le fruit achevé de la cohabitation“ charakterisiert (Guichoux 1988; s.a. Jarreau/Bréhier 1987). Zunächst schienen Ausgabenobergrenzen bei Wahlkämpfen der kleinste gemeinsame Nenner zu sein, auf den sich die Vertreter der fünf Parteien einigen konnten (Bréhier 1987b). Als größter Streitpunkt in den Gesprächen erwies sich die Frage einer staatlichen Parteienfinanzierung. Der Widerstand von RPR, Teilen der UDF und PCF schien zunächst „unüberwindlich“ zu sein (Rebois 1987; s.a. Libération 27.11.1987). Zunächst traten 1987 nur die Sozialisten und der FN unumwunden für eine staatliche Parteienfinanzierung ein. Offensichtlich reichte die durch den zitierten Überbietungswettbewerb zwischen Präsident und Premierminister unter den Bedingungen der cohabitation erzeugte Dynamik aus, um die Parteien trotz der inhaltlichen Differenzen zu einer konsensuellen Lösung in der Frage ihrer staatlichen Finanzierung zu bewegen. Für Chirac war ein solcher Konsens auch deshalb sehr wichtig, weil er sich so als Präsident im Wartestand, als présidentiable, stilisieren konnte (s.a. Guichoux/Thénard 1988). Auch dieser Kooperationsanreiz wurde durch die cohabitation verstärkt. Nicht ohne Grund betonte Chirac im Parlament erneut seinen Willen zur überparteilichen Einigung und strich heraus, dass die Regierung kein Interesse habe, von den Möglichkeiten des Artikel 49 III Gebrauch zu machen (JO Débats 1988a: 5 f.; s.a. Libération 2.2.1988). Im zweiten Gespräch der Fraktionsvorsitzenden signalisierten die Gaullisten denn auch Kompromissbereitschaft. Man einigt sich auf zwei Gesetzesprojekte: zum einen ein organisches Gesetz zu Fragen der Wahlkampffinanzierung und Ausgabenobergrenzen, zum anderen ein einfaches Gesetz (gegen das der Senat kein Veto einlegen konnte) zur Transparenz der Parteienfinanzierung und zur Offenlegung der Vermögensverhältnisse der lokalen und regionalen Abgeordneten (Guichoux/Roland-Levy 1987; s.a. Guichoux/Thénard 1988). Über beide Gesetzesvorhaben erzielten Regierung und Opposition einen Kompromiss: Unter der Bedingung von Transparenzregeln akzeptierten die Sozialisten, dass Unternehmensspenden nicht explizit verboten wurden. Im Gegenzug versperrten sich RPR und UDF nicht mehr der Einführung einer staatlichen Wahlkampffinanzierung. Deren Aufnahme in den Gesetzesvorschlag Chiracs stellte ein Zugeständnis an die Sozialisten dar, das die Bereitschaft der Gaullisten zu einem lagerübergreifenden Konsens signalisieren sollte (Guichoux/Thénard 1988). Selbst der Vorsitzende des FN, Jean-Marie Le Pen, sprach nun von einem „consensus minimum“ (Jarreau 1987b). Der FN stimmte in der zweiten Lesung dennoch gegen die Zuwendungen, weil sich deren Höhe nach den Sitzen der Parteien und nicht
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ihrem Stimmenanteil bemaß (Le Monde 6.2.1988). Vieles spricht jedoch dafür, dass der Partei Le Pens die Ablehnung auch deshalb leichter fiel, weil die parlamentarische Mehrheit für die vom vergleichsweise finanzschwachen FN heiß ersehnten Zuwendungen ungefährdet war. Der PS, der dem Gesetzesvorhaben wie eingangs erwähnt in der ersten Lesung zugestimmt hatte, distanzierte sich im weiteren Verlauf der Debatte erneut aufgrund der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Spenden, die von der UDF in einem Zusatzantrag eingebracht wurde (Le Monde 30.1.1988). Wie ich in Kürze zeigen werde, ging die Ablehnung des PS zudem auf die Aufweichung einiger Transparenzregeln zurück. Gegen die Konstruktion der staatlichen Wahlkampffinanzierung hatten die Sozialisten allerdings nichts einzuwenden, sie kritisierten das Gesetz „ohne Herzblut“ (Thénard 1988a). Dass der PS 1988 das Gesetz schwerlich hätte vollends scheitern lassen können, lag einmal mehr an der Logik der cohabitation, war doch die Initiative zu dem Gesetzesvorhaben von ihrem Präsidenten ausgegangen (Le Monde 15.1.1988). Der Fraktionsvorsitzende des PS, Joxe, räumte für seine Partei auch im Parlament ein, dass sich viele Vorschläge der Sozialisten im Gesetzesentwurf der Regierung wieder fänden (JO Débats 1988b: 145 f.). Die Ablehnung des PS in der zweiten Abstimmung stellte also letztlich ein „minor issue“ dar (Clift/Fisher 2005: 242). So sahen es auch die Kommentare der Zeitungen (z.B. Bréhier 1988a; Paillard 1988). Dass das Gesetz über die Wahlkampffinanzierung dank eines „consensus de départ entre les formations politiques“ (Aïdan/Bilbaut-Faillant 1990: 501) verabschiedet wurde, war also maßgeblich der cohabitation von sozialistischem Präsidenten und gaullistischem Premierminister geschuldet: Wie auch generell oftmals unterstellt (z.B. Kreuzer/Stephan 1999: 168), zwang die cohabitation den Premierminister zum einen trotz der starken Stellung der Exekutive in der Frage der Parteienfinanzierung zu einer stärkeren Kooperation mit dem Parlament, da er nicht über die Rückendeckung des Präsidenten verfügte. Zum anderen verließ Chirac sich wie erwähnt nicht allein auf seine Parlamentsmehrheit, sondern bezog die Opposition in die Erarbeitung des Gesetzes mit ein, da er als „präsumtiver Präsidentschaftskandidat“ (Kempf 1999: 291) kein Interesse an der Beschneidung der Kompetenzen des Staatschefs hatte. Inwiefern der 1988 erzielte Konsens indes allein institutionell ermöglicht wurde, wird sich erst nach der Analyse der Ziele der Parteien und der Korruptionsdiskurse beurteilen lassen. Zunächst gilt es im Folgenden, die Rolle der Minderheitsregierungen für das Gesetz von 1990 sowie generell die Bedeutung des Senats zu ermitteln.
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Vetopunkte II: Die Rolle von Minderheitsregierung und Senat Zwar konnten die Sozialisten 1988 in der kurz nach der Verabschiedung der Parteienfinanzierungsgesetze stattfindenden Parlamentswahl eine Mehrheit erringen. Da die Kommunisten jedoch nicht mehr als Koalitionspartner zur Verfügung standen, bildete der PS eine Minderheitsregierung. Das Thema der Parteienfinanzierung stand von Anfang an auf der Agenda der neuen Regierung, wies das Gesetz von 1988 doch einige Mängel auf, von denen das Fehlen einer Institution, die die Einhaltung der neuen Regeln überwachen konnte, nur der augenfälligste war. Zudem wurden neue Parteienfinanzierungsskandale aufgedeckt. Jill Lovecy zufolge gab es während der bis 1993 währenden Zeit der sozialistischen Minderheitsregierung, in der die Regierung auf eine „majorité à géométrie variable“ angewiesen war, drei Strategien der Gesetzesverabschiedung (Lovecy 1991): erstens die Möglichkeit, ein Gesetz im Einvernehmen mit der Opposition, also über Verhandlungen, Kompromisse und letztlich einen Konsens zu verabschieden. Wie bereits erwähnt war dies auch der Weg, den Chirac 1988 zur Reform der Parteienfinanzierung eingeschlagen hatte. Dennoch handelte es sich bei dieser Strategie um ein Novum, legte die Institutionenordnung doch andere Wege der Gesetzgebung nahe. Zweitens hatte eine Minderheitsregierung die Möglichkeit, Gesetze mit Hilfe einzelnen Parteien durch einfache Mehrheiten zu verabschieden. Drittens schließlich konnte sie sich des Instrumentariums des rationalisierten Parlamentarismus bedienen und ein Gesetz mit Hilfe des Artikels 49 III der Verfassung durchzusetzen versuchen. Obwohl Artikel 49 III in der Zeit der Minderheitsregierung generell häufig angewendet wurde (Thiébault 2003: 338), verließen sich die Sozialisten 1989 bei der Reform der Parteienfinanzierung nicht auf diesen Weg. Stattdessen suchten sie wie ihre gaullistische Vorgängerregierung einen Konsens. Der PS verkündete, man strebe „un large consensus“ in der Frage der Parteienfinanzierung an und wolle die Gesetzgebung erneut weitgehend dem Parlament überlassen (Robert-Diard 1989a). Im Juni 1989 veröffentlichte Premierminister Michel Rocard einen Gesetzesauftrag an den Innenminister Joxe, in dem Ausgabenobergrenzen, die Erhöhung der staatlichen Zuwendungen, die Einführung von Transparenzregeln, die auch außerhalb der Wahlkampfphasen gelten sollten, sowie Sanktionen im Falle von Verstößen vorgesehen waren (Le Monde 4./5.6.1989). Ob allerdings die Tatsache, dass die Sozialisten eine Minderheitsregierung bildeten, die entscheidende Ursache dafür war, dass sie sich für den Weg eines Konsenses mit der Opposition entschieden, lässt sich bezweifeln. Gewiss, da allein die Kommunisten – mit derselben Begründung wie 1988 – das Gesetzesvorhaben entschieden ablehnten (Robert-Diard 1989c), war eine Einigung mit der bürgerlichen Opposition die einzige Alternative zur Anwendung des Artikels 49 III. Allerdings waren die Sozialisten auch unabhängig von der Tatsache, dass sie eine Minderheitsregierung bildeten, nicht auf den Artikel 49 III angewiesen – RPR und UDF hatten
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schlicht nichts gegen die Gesetzesnovelle einzuwenden, zumindest nicht, was die Einführung einer allgemeinen staatlichen Parteienfinanzierung betraf. Ihr Widerstand richtete sich vielmehr gegen die vom PS im Laufe des Verfahrens eingebrachte Amnestieregelung, die in ihrer Größe beispiellos war (Laval 1989b; Plenel 1990). Wie im Zusammenhang mit der Analyse des Korruptionsdiskurses näher auszuführen sein wird, stellte dieser Widerstand allerdings eher den Versuch der Opposition dar, sich auf Kosten der Sozialisten zu profilieren. Die bürgerlichen Parteien blieben zwar der Abstimmung über das Gesetz von 1989 fern, signalisierten aber dennoch ihr grundsätzliches Einverständnis (Aïdan/Bilbaut-Faillant 1990: 502-4). Die Konstellation der Minderheitsregierung war für die Genese dieses zweiten Parteienfinanzierungsgesetzes allerdings von nachrangiger Bedeutung. Dem Senat kam als Vetopunkt eine größere Bedeutung zu als der Minderheitsregierung. Grundsätzlich musste der Senat den beiden Gesetzesvorhaben von 1988 und 1989 zustimmen, weil diese als organische, d.h. die Verfassung betreffende, Gesetze verabschiedet wurden. Die Konsens stiftende Wirkung des Senats war vor allem 1989 beträchtlich. Da die Überrepräsentation des ländlichen Raumes im Senat für permanente rechte Mehrheiten sorgte (Knapp/Wright 2006: 155-7), musste die sozialistische Minderheitsregierung 1989 nicht allein um ihre Mehrheit in der Nationalversammlung bangen. 1988 war der Senat „eher Hindernis als Hilfe für die Regierung“ (Chaussebourg 1988), obwohl beide bürgerlich dominiert waren. Die Regierung musste sich teilweise dem Senat beugen. Den Senatoren gingen vor allem die ursprünglich vorgesehenen Transparenzpflichten für Amtsträger zu weit.3 Diese Aufweichung der Transparenzpflichten war ein weiterer wichtiger Grund, warum PS und PCF das Gesetz von 1988 schließlich ablehnten (Chaussebourg 1988). Alle anderen wichtigen Änderungsvorschläge musste der Senat auf Druck der Regierung zurücknehmen (Thénard 1988b). An dieser Stelle bleibt festzuhalten, dass sich der Senat 1988 in der Frage der staatlichen Parteienfinanzierung nicht durchsetzen konnte, hatte er doch einen neuen Verteilungsmodus der Zuwendungen vorgeschlagen: Die Wahlkampffinanzierung sollte je zur Hälfte nach Stimmen- und Sitzanteil der Parteien bemessen werden anstatt, wie letztlich beschlossen, ausschließlich nach dem Anteil der Sitze (Quérat 1988). 1988 war die Vetofunktion des Senats also (zumindest in der Frage der staatlichen Parteienfinanzierung) eingeschränkt,
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In der Tat konnte der Senat 1988 einige Lockerungen der Transparenzpflichten durchsetzen: So musste dem verabschiedeten Gesetz zufolge nur der siegreiche Kandidat der Präsidentschaftswahlen Rechenschaft über seine Vermögensverhältnisse ablegen. Ursprünglich war vorgesehen, dass alle Kandidaten bei Sanktionsandrohung vor den Wahlen ihre Vermögensverhältnisse gegenüber dem Verfassungsrat offenlegen mussten. Zudem konnte der Senat durchsetzen, dass Abgeordnete die Berichte über ihre Vermögensverhältnisse nicht mehr beeiden oder veröffentlichen mussten, sondern nur eine Ehrenerklärung abzugeben hatten. Diese Berichte mussten zudem nicht veröffentlicht werden (Bréhier 1988b).
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was angesichts der parteipolitischen Homogenität zwischen beiden parlamentarischen Vertretungen allerdings auch nicht überraschte. 1989 hingegen konnte der Senat, ganz wie es die unterschiedlichen Mehrheiten in beiden parlamentarischen Vertretungen nahe legten, eine Änderung an der Konstruktion der neu geschaffenen allgemeinen staatlichen Parteienfinanzierung durchsetzen. Schon in der ersten Lesung des Gesetzes forderten die Senatoren, dass bei der Ermittlung derjenigen Hälfte der Zuwendungen, die sich nach der Anzahl der Sitze der Parteien bemaß, auch die Sitze im Senat zugrunde gelegt würden (Le Monde 17.11.1989). Nicht zuletzt wegen der umstrittenen Amnestieregelung kam es in der Folge zu einer zähen Auseinandersetzung zwischen Senat und Nationalversammlung. Zweimal konstituierte sich ein Vermittlungsausschuss, bevor ein Konsens zwischen beiden Häusern erreicht werden konnte: Der Senat wurde nun bei der Verteilung der staatlichen Zuwendungen berücksichtigt, dafür akzeptierten die Senatoren, dass die Amnestieregelung Teil des Gesetzesentwurfs blieb (RobertDiard 1989c). Anders als die Minderheitsregierung spielte der Senat also durchaus eine wichtige Rolle als Vetopunkt – jedenfalls dann, wenn die parteipolischen Mehrheiten in beiden Kammern nicht identisch waren.
Die autonomen Entscheidungs- und die Einflusspunkte Wenn autonome Entscheidungspunkte und Einflusspunkte hier gemeinsam behandelt werden, so liegt dies darin begründet, dass sie allesamt nachrangigen Einfluss auf die Entwicklung des französischen Parteienfinanzierungsregimes hatten. Vor 1988 traten weder der einzige autonome Entscheidungspunkt (der Verfassungsrat) noch die Einflusspunkte (der Staatsrat, der Verfassungsausschuss sowie eine Untersuchungskommission) in Erscheinung. Auch nach 1988 übte der Verfassungsrat (Conseil Constitutionnel), darin dem deutschen Verfassungsgericht nicht unähnlich, große Zurückhaltung. Ähnlich wie dem BVerfG kam dem Verfassungsrat die Aufgabe zu, Gesetze zu überprüfen. Er konnte vom Präsidenten, dem Premierminister, den Präsidenten der beiden Häuser des Parlaments oder mindestens 60 Abgeordneten angerufen werden (Knapp/Wright 2006: 149). Organische Gesetze musste der Verfassungsrat in jedem Fall prüfen. Im Unterschied zum BVerfG gab sich der Verfassungsrat in seinen Urteilen jedoch traditionell zurückhaltend: Zwischen 1981 und 1986 hatte er nur zwei Gesetzesvorhaben gestoppt, erst nach 1986 interpretierte er seinen Spielraum großzügiger (Kajman 1988). Als der Verfassungsrat 1988 das organische Gesetz über die Wahlkampffinanzierung für verfassungsgemäß erklärte, sprach er sich zwar gegen eine Abhängigkeit der Parteien von staatlichen Zuwendungen aus, definierte den Begriff der Abhängigkeit aber nicht (Ruß 1993: 117): ein eindeutiger Fall von judicial self-restraint in Fragen der Parteienfinanzierung analog zum deutschen Verfassungsgericht (s. Kapi-
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tel 8.1). Das Urteil des Verfassungsrates von 1990, demzufolge die im Vorjahr beschlossene Fünfprozenthürde für die allgemeine staatliche Parteienfinanzierung verfassungswidrig war, ließ sich einerseits als Einschreiten gegen den Versuch der etablierten Parteien interpretieren, sich durch den Zuschnitt der staatlichen Zuwendungen Vorteile zu verschaffen (so etwa Clift/Fisher 2005: 243). Viel bemerkenswerter war aber eigentlich, dass der Verfassungsrat alle anderen Regelungen des Gesetzes passieren ließ, so etwa die unter dem Aspekt der Bevorteilung etablierter Parteien ebenfalls fragwürdige Bemessung der Hälfte der Zuwendungen anhand des Sitzanteils der Parteien. Dies fiel auch zeitgenössischen Kommentatoren auf (z.B. Bréhier 1990a). Als Einflusspunkte mit allein beratender Funktion traten in Frankreich in Fragen der Parteienfinanzierung vor allem der Staatsrat sowie parlamentarische Ausschüsse und Untersuchungskommissionen in Erscheinung. Gemeinsam war diesen sehr unterschiedlichen Institutionen in erster Linie, dass sie für die Entwicklung des französischen Parteienfinanzierungsregimes eine untergeordnete Rolle spielten. Der Staatsrat (Conseil d’État) stellte das „wichtigste Beratungsorgan der Regierung“ dar (Kempf 2003: 311), ferner oblag es ihm, als oberstes Verwaltungsgericht die Verfassungsmäßigkeit des Verwaltungshandelns zu überprüfen. Anders als der Verfassungsrat interpretierte der Staatsrat seinen Handlungsspielraum in Fragen der Parteienfinanzierung recht weit, zu einem entscheidenden Akteur stieg er deshalb jedoch nicht auf. Dies soll nicht heißen, dass sich der Staatsrat kein Gehör zu verschaffen wusste: Es war nicht zuletzt seine Expertise, die verhinderte, dass Unternehmensspenden schon 1988 verboten wurden. Damals legte der Staatsrat Artikel 4 der französischen Verfassung so aus, dass ein solches Verbot einen verfassungswidrigen Eingriff in die Freiheit der Parteien darstelle (Ruß 1993: 95). Letztlich konnte der Staatsrat das Verbot der Unternehmensspenden allerdings nur verzögern, nicht aber aufhalten. Kritik übte der Staatsrat sehr selten, vielleicht am ehesten 1988, als er anmahnte, Lücken in den Transparenzregeln zu schließen (Dupin 1988). Ansonsten suchte der Staatsrat eher die Regierung zu schützen, so etwa 1991, als er eine Untersuchung des illegalen Finanzierungssystems des regierenden PS durch einen Abgeordneten der Grünen unterband, obwohl diese von einem Verwaltungsgericht in Marseille gutgeheißen worden war (Robert 1991). Neben dem Staatsrat stellten im Zuge der Reformen des französischen Parteienfinanzierungsregimes vor allem die bei jedem Gesetzgebungsverfahren beteiligten Ausschüsse – hier in erster Linie der Ausschuss für Verfassungsfragen, die commission des lois – sowie eine Untersuchungskommission potenzielle Einflusspunkte dar. Der Ausschuss für Verfassungsfragen spielte bei der Reform der Parteienfinanzierung jedoch eine nachrangige Bedeutung. Anders als etwa ihre schwedischen Pendants sind die französischen Ausschüsse keine Orte der Konsenssuche, ihre Verhandlungen dienen nicht der Integration differierender Ansichten (Sannerstedt 1996: 24). Eine Ausnahme stellte die vom Verfassungsausschuss eingesetzte parla-
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mentarische Arbeitsgruppe im Vorfeld der Reform von 1994 dar: Das hochrangig besetzte Gremium4 schlug vor, die staatliche Parteienfinanzierung auszuweiten und Unternehmensspenden zu verbieten (Chambraud/Rivais/Robert-Diard 1994). Dies waren just die Maßnahmen, die daraufhin vom Parlament beschlossen worden. Wie ich in Kapitel 11.3 zeigen werde, war dies jedoch mehr dem Diskurs über die Korruption in der Politik geschuldet als dem Einfluss der parlamentarischen Arbeitsgruppe. Den typischen Einfluss parlamentarischer Gremien spiegelte eher das Schicksal jenes Berichts wider, den der gaullistische Senator Jacques Oudin auf Bitten der bürgerlichen Regierung nach der Verurteilung des PS-Schatzmeisters Emmanuelli (s. Kapitel 7.2) anforderte. Der wichtigste Vorschlag von Oudins Bericht, die Bildung von öffentlich geförderten Stiftungen nach deutschem Vorbild (Fressoz 1996), fand schlichtweg keine Beachtung. Er wurde nur einmal aufgegriffen, vier Jahre später von Chirac (Chambraud/Jarreau 1999). Dieses Manöver des Präsidenten war allerdings weniger Indikator für den Einfluss von Oudins Bericht, es diente eher dazu, von den Vorwürfen illegaler Parteienfinanzierung während Chiracs Zeit als Bürgermeister von Paris abzulenken. Grundsätzlich hätte man erwarten können, dass die 1991 eingesetzte Untersuchungskommission (commission d’enquête) zur Parteienfinanzierung, obwohl formal nur ein Einflusspunkt, eine wichtige Rolle für die Reform der Parteienfinanzierung spielen würde. Immerhin handelte es sich um die erste französische Untersuchungskommission seit 1924. Untersuchungskommissionen verfügten in Frankreich allerdings nur über sehr begrenzte investigative Rechte, die 1991 eingesetzte hatte etwa keine Möglichkeit, den Wahrheitsgehalt der Aussagen von Zeugen zu überprüfen (Bonnet 1991b). So wurde die Kommission denn auch von der bürgerlichen Opposition zunächst als „Maskerade“ abgetan, zumal sie von den Sozialisten (die die Hälfte der Sitze innehatten) dominiert wurde (Le Monde 27.4.1991). Angesichts des chaotischen Verlaufs der Kommissionssitzungen sprach Le Monde von „kollektivem Suizid der Abgeordneten und der Institution, die sie repräsentieren sollen“ (Robert-Diard 1991). Dennoch stellte der letztlich doch noch vorgelegte Bericht der Kommission, dem ersten einschlägigen parlamentarischen Bericht überhaupt, keine Auftragsarbeit dar. Der Bericht kam zu dem Schluss, dass illegale Praktiken der Parteienfinanzierung auch nach den Gesetzen von 1988 und 1990 fortdauerten (Mazeaud 1991). Die Vorschläge der Kommission kreisten vor allem um mehr Transparenz und eine bessere Regulierung der Spenden an Parteien (Mazeaud 1991: 169-72). Zwar wurden diese Vorschläge zumeist nicht aufgenommen, allerdings stieß der Bericht eine erste Debatte über das Verbot von Unternehmensspenden – und damit eine erneute signifikante Ausweitung der staatlichen Parteienfinanzierung – an. Dieser Weg wurde dann 1994 ja auch tatsächlich eingeschlagen. 4
Neben dem Präsidenten der Nationalversammlung waren, unter der Führung des Vorsitzenden des RPR, Phillippe Séguin, je zwei Mitglieder der fünf großen Parteien vertreten (s.a. Tolini 2007: 229 f.).
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Die Analyse des Einflusses der Institutionen erweckt den Eindruck, als hätte es des initialen Kooperationsdrucks der cohabitation bedurft, um die französischen Parteien 1988 zu einem fragilen Konsens über ihre staatliche Finanzierung zu bewegen. Dies spräche für eine unverändert wichtige Bedeutung des Ziels der Stimmenmaximierung. Im nächsten Kapitel wird zu zeigen sein, dass die französischen Parteien dieses Ziel tatsächlich bei den Reformen ihrer Finanzierung verfolgten.
11.2 Der nahezu unveränderte Primat der Stimmenmaximierung Nach einhelliger Auffassung wurde in der Fünften Republik im Zuge der maßgeblich institutionell determinierten Bipolarisierung die Programmverwirklichung der traditionellen Weltanschauungsparteien mit ihrem stark ideologisch geprägten Verhalten als dominantes Parteiziel von der Stimmenmaximierung abgelöst. Die Parteien wandelten sich zu Wahlkampforganisationen der Präsidentschaftskandidaten (Schlesinger/Schlesinger 1990: 432 f.; Pütz 2004: 159-61). So sah es auch die Verfassung der Fünften Republik vor, deren vierter Artikel konstatierte: „Die politischen Parteien und Gruppen wirken bei den Wahlentscheidungen mit“. Die Parteien wurden so institutionell auf die Stimmenmaximierung festgelegt. Einfluss auf Politikinhalte und Regierungsgeschäfte wurde ihnen verwehrt, etwa durch die informelle Regel, der zufolge Regierungs- nicht mit Parteiämtern kompatibel waren (Kimmel 1991: 329, 332 f.). Den hier zugrunde liegenden Hypothesen zufolge sollte diese strategische Ausrichtung der französischen Parteien der Einführung ihrer staatlichen Finanzierung entgegenstehen. In der Tat wird in der Literatur die späte Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung mit der Rolle der Parteien als „Wahlkampfmaschinen der Präsidentschaftskandidaten“, die auf keine große permanente Organisation angewiesen sind, in Verbindung gebracht (Schmitt 1993: 74; s.a. Pütz 2004: 86). Im Mittelpunkt dieses Kapitels steht die Frage nach dem Zusammenhang zwischen den Zielen der Parteien einerseits und den gescheiterten Reformen des französischen Parteienfinanzierungsregimes der 1970er Jahre sowie den gelungenen zwischen 1988 und 1994 andererseits. Wie im folgenden Abschnitt zu zeigen sein wird, hat der Primat der Stimmenmaximierung maßgeblich die Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung vor 1988 verhindert. Im Mittelpunkt des sich anschließenden Abschnitts zur Wahlrechtsdiskussion soll vor allem die kurze Episode des Verhältniswahlrechts für die Wahl der Nationalversammlung von 1986 stehen. Auch in Frankreich war die Auseinandersetzung über die Reform der Parteienfinanzierung untrennbar mit der Reform des Wahlrechts verknüpft. Welche Rolle spielte die Tatsache, dass die Einführung eines Verhältniswahlrechts der staatlichen Parteienfinanzierung so unmittelbar voranging? Ohne den Ergebnissen dieses Kapitels vorgreifen zu wollen, sei an dieser Stelle bemerkt, dass die sofortige Rückkehr zum
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romanischen Mehrheitswahlrecht nach der Wahl von 1986 mehr über die (unveränderten) Zielpräferenzen der französischen Parteien aussagte als das Intermezzo des Verhältniswahlrechts.
Der Primat der Stimmenmaximierung und die gescheiterte Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung in den 1970er Jahren Vor der Aufforderung Mitterands an Premierminister Chirac von 1987 hatte es in Frankreich 29 gescheiterte Initiativen zu einer Reform der Parteien- und Wahlkampffinanzierung gegen: sieben kamen von den Sozialisten, je fünf vom PCF und vom RPR. Die mit Abstand meisten Initiativen (zwölf) gingen von der UDF bzw. ihren Vorläuferorganisationen aus (Druont 1988: 151; Doublet 1997: 60). Die UDF war denn auch die energischste Befürworterin einer staatlichen Parteienfinanzierung. Bemerkenswerterweise dauerte es bis 1976, bis öffentliche Zuwendungen für Parteien überhaupt in parlamentarischen Anträgen gefordert wurden (dazu Masclet/Mutignon 1986). Über eine Reform der Parteienfinanzierung wurde zum ersten Mal diskutiert, als Präsident Georges Pompidou sich 1971 bei einer Pressekonferenz für Transparenzregeln aussprach. Schon zu diesem Zeitpunkt zeichnete sich ab, dass die politischen Blöcke unterschiedliche Ordnungsmodelle favorisierten: Bei einer TV-Debatte trat 1971 der Vertreter der Giscardisten für eine staatliche Parteienfinanzierung und Transparenzregeln ein, während der PS für Obergrenzen votierte (Grandmougin 1971). Die aussichtsreichste Initiative zur Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung in den 1970er Jahren wies deutliche Parallelen zu derjenigen von 1987 auf, die schließlich in das erste Parteienfinanzierungsgesetz mündete. Sie scheiterte vor allem am Unwillen der Parteien, ihre Koalitionsoptionen über die Blockgrenzen hinaus zu erweitern, sich also Strategien der Regierungsteilhabe zu öffnen. Präsident Giscard d’Estaing gab gleich nach seiner Wahl 1974 bekannt, dass er sich für die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung einsetzen wollte. Daraufhin beauftragte er – ähnlich wie Mitterand 13 Jahre nach ihm – seinen Premierminister (auch damals: Jacques Chirac) mit der Erarbeitung eines Gesetzesvorschlags (Ruß 1993: 72). Anders als 1987 entfaltete sich 1974 allerdings keine Dynamik zwischen Präsident und Premierminister. Es fehlte an externem Reformdruck, wie er 1987 von der cohabitation und dem Korruptionsdiskurs (dazu Kapitel 11.3) ausging. Hinzu kam, dass die Parteien selbst ebenfalls kein Interesse an einer Reform der Parteienfinanzierung zu haben schienen. Von Seiten der Regierung geschah zunächst nichts. 1975 erklärte der Innenminister lapidar, dass sich die Dinge komplizierter darstellten, als es zunächst schien (Burg/de Marant/Pérétié 1981). Chirac war, ähnlich wie ursprünglich auch 1987, wenig geneigt, dem Vorschlag des Präsidenten Folge zu
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leisten. 1976 verließ er die Regierung und baute den RPR zum Vehikel für seine Ambitionen auf, selbst das Amt des Präsidenten zu übernehmen. Das ab der Mitte der 1970er Jahre angespannte Verhältnis zwischen RPR und UDF ist der Schlüssel zum Verständnis dafür, warum eine Reform der Parteienfinanzierung im Allgemeinen und staatliche Zuwendungen an die Parteien im Besonderen nicht einmal im bürgerlichen Lager unumstritten waren. Die Frage, wer für das bürgerliche Lager 1981 in den Präsidentschaftswahlkampf ziehen sollte, belastete das Verhältnis der beiden Parteien stark. Im Europawahlkampf 1979 war die Auseinandersetzung innerhalb des bürgerlichen Lagers nahezu schärfer als diejenige zwischen den Parteien der Linken und der Rechten (Lawson 1981: 414; Knapp/Wright 2006: 222). Welches Ziel der RPR mit seiner Ablehnung der staatlichen Parteienfinanzierung verfolgte, verdeutlicht die Antwort des Fraktionsvorsitzenden Claude Labbé auf eine neue Initiative der UDF von 1979. Labbé betont, dass das wichtigste Problem der Parteienfinanzierung allein die Finanzierung der Wahlkämpfe sei, nicht der alltäglichen Ausgaben der Parteien (Le Monde 3.7.1979; 20.9.1979). Allgemeine staatliche Zuwendungen erschienen dem RPR als eine unerwünschte Stärkung des Parteiapparates. Zwar modernisierte Chirac die Organisation des RPR im Vergleich zur seiner Vorgängerin, der UDR, dennoch ließ er am Charakter der neuen Partei als Wahlkampfmaschine, in der die Führung unumstritten beim jeweiligen Präsidenten bzw. Präsidentschaftskandidaten lag, keinen Zweifel (Offerlé 1983; s.a. Kempf 1997: 186, 189). Aufgrund seines Fokus auf das Ziel der Stimmenmaximierung war der RPR also wenig an einer staatlichen Parteienfinanzierung interessiert. Dennoch befasste sich 1979 der Ministerrat unter dem neuen Premierminister Barre mit einem Gesetz zur staatlichen Finanzierung der Parteien. Entgegen dem Willen des RPR sollten dezidiert Parteien und nicht Wahlkämpfe finanziert werden (Le Monde 20.9.1979). Alle Parteien, die mindestens 30 Abgeordnete oder Senatoren stellten, sollten Zuwendungen erhalten. Auf diese Art und Weise wären allein die vier großen Parteien (PCF, PS, RPR und UDF) in den Genuss staatlicher Gelder gekommen. Bezeichnenderweise sah der Gesetzesentwurf vor, dass die Parteien lediglich über die Verwendung der staatlichen Mittel Rechenschaft ablegen mussten (Pognon 1979). Der Korruption sollte also kein Riegel vorgeschoben werden. Michael Pulch bezeichnete diesen Gesetzentwurf wegen seiner Unfertigkeit denn auch als „einseitig“ (1987: 100). Zudem hatten Barre und der UDF keine der Anregungen der anderen Parteien aufgenommen (Rollat 1979). Vor diesem Hintergrund verwundert es wenig, dass alle Parteien außer der UDF den Gesetzesentwurf ablehnten (Pulch 1987: 101 f.; Ruß 1993: 73). Warum trat die UDF als einzige französische Partei für die staatlichen Zuwendungen ein? Offiziell betonte die Partei Giscards dies mit der zentralen Stellung der Parteien im politischen System Frankreichs (Rossinot 1980: 20 f.). Diese aus Deutschland und Schweden vertraute Argumentation spricht dafür, dass es den
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Liberalen vor allem darum ging, ihre Organisation auszubauen. In der Tat handelte es sich bei der UDF um ein fragiles Bündnis lokaler Honoratioren, das vor allem durch die gemeinsame Fraktion zusammengehalten wurde. Mindestens genauso plausibel ist jedoch, dass die UDF mit ihrer Offerte den PS aus dem bürgerlichen Lager herauslösen wollte. Dies wäre Anzeichen für den Primat einer Strategie der Regierungsteilhabe durch mehr Koalitionsmöglichkeiten. Nach dem Ausscheiden Chiracs als Premierminister kam es zu einer Annäherung (rapprochement) der UDF an den PS (Berstein 1991: 9 f.). Der neue Vorschlag zur Parteienfinanzierung, den die UDF 1980 vorlegte, war eindeutig Ausdruck dieser Annäherungsstrategie, war er doch nahezu deckungsgleich mit einer vorherigen Gesetzesinitiative der Sozialisten (Ruß 1993: 73). Ein Fünftel der staatlichen Zuwendungen sollte in diesem Entwurf nur noch an die Erringung von mehr als zwei Prozent der Wählerstimmen gekoppelt sein, der Rest an die Sitzstärke im Parlament (Peninou 1980). Eine gemeinsame Reform der Parteienfinanzierung hätte so als Grundlage für eine engere Kooperation von UDF und PS dienen können. Allerdings fiel auch dieser Kompromissvorschlag bei den anderen Parteien durch. Warum ließen sich die Sozialisten nicht auf das Angebot der UDF ein? Der PS hatte sich in den 1970er Jahren ähnlich wie der RPR bemerkenswert schweigsam zum Thema Parteienfinanzierung gezeigt. In den Wahlprogrammen der Sozialisten war seit 1972 von Ausgabenobergrenzen und Transparenz die Rede, aber wie die Parteien sich faktisch finanzieren sollten, wurde nicht diskutiert. Zurückzuführen war dies vor allem auf zwei Gründe: Zum einen, und dies betraf alle französischen Parteien, hatte man kein Interesse daran, dass die Einnahmen aus illegalen Quellen versiegen könnten (s.a. Portelli 1982). Zum anderen, und dies betraf exklusiv den PS, sah man sich gezwungen, auf den einflussreichen PCF Rücksicht zu nehmen. Die Sozialisten entschieden sich letztlich gegen eine Kooperation mit der UDF und eine damit einhergehende Öffnung zu Strategien der Regierungsteilhabe. Insbesondere den Sozialisten war daran gelegen, dass die Einnahmen aus illegalen Quellen weiter flossen, schuf die Partei doch Ende der 1970er Jahre unter Mitterand ein zentralisiertes Korruptionssystem, mit dessen Hilfe der PS zu einer schlagkräftigen Wahlkampforganisation werden konnte, die in der Lage war, die bürgerlichen Parteien auf nationaler Ebene herauszufordern (Mény 1997: 13). Dass mit staatlichen Zuwendungen dem Ruf nach mehr Transparenz in der Parteienfinanzierung Vorschub geleistet würde, lag für die Akteure auf der Hand. Da die bürgerlichen Parteien ohnehin auf Einnahmen aus illegalen Quellen angewiesen waren und diese auch bei den Kommunisten nicht unerheblich waren, bestand 1979 eine „entente tacite“ zwischen den französischen Parteien, an den Grundstrukturen ihres illegalen Finanzierungssystems nicht zu rütteln (Druont 1988: 152). Die Sozialisten lehnten eine staatliche Parteienfinanzierung zudem ab, weil sie sich für eine Allianz mit dem PCF entschieden hatten. Im PS gab es in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre eine ähnliche Debatte, wie sie sich schon in der UDF beo-
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bachten ließ. Auch den Sozialisten stellte sich die Frage, ob man über die Blockgrenzen hinweg (also mit der UDF) kooperieren oder sich auf ein Bündnis innerhalb des eigenen Lagers (also mit den Kommunisten) verlassen sollte. Mitterand konnte diese Auseinandersetzung zugunsten einer Fortsetzung der Linksunion (und damit gegen eine Strategie, die dem Ziel der Regierungsteilhabe eine höhere Priorität eingeräumt hätte) durchsetzen (Cole 1989: 84). Diese Entscheidung reflektierte auch die reservierte Haltung der Sozialisten gegenüber der staatlichen Parteienfinanzierung. Offiziell lehnte der PS die Zuwendungen in erster Linie deshalb ab, weil sie an die Zahl der Sitze im Parlament gekoppelt waren und damit die Ungerechtigkeit des Wahlrechts reproduzierte (Rollat 1979). Gegen inhaltliche Bedenken als wichtigsten Grund dafür, dass der PS gegen eine staatliche Parteienfinanzierung votierte, spricht vor allem dessen bereits erwähnte Ablehnung der Gesetzentwurfs, den die UDF 1980 präsentierte und der nahezu deckungsgleich mit den Vorschlägen der Sozialisten war. Stattdessen erscheint es plausibler, dass strategische Gründe den PS hinderten, trotz inhaltlicher Übereinstimmung gemeinsam mit der UDF für eine staatliche Parteienfinanzierung einzutreten. Die Sozialisten setzten auf die Leihstimmen der kommunistischen Wähler bei Präsidentschaftswahlen und nahmen deshalb Rücksicht auf das strikte Nein des PCF zu einer staatlichen Parteienfinanzierung (Pulch 1987: 106). Mitterand rechnete damit, dass die Kommunisten ihm mehr Stimmen liefern konnten als die UDF, deren Wähler zwischen PS und Gaullisten wählen würden. Ziel des PS bei seiner Ablehnung war also die Stimmenmaximierung, aus diesem Grund erkannten die Sozialisten dem PCF die „entscheidende Sperrminorität“ (Ruß 1993: 74) zu. Die Kommunisten lehnten eine staatliche Parteienfinanzierung am striktesten ab. Sie traten sogar gegen Ausgabenobergrenzen ein (L’Humanité 16.10.1972). Kommunistische Abgeordnete unterbreiteten in der Nationalversammlung zwar ebenfalls Vorschläge zur Reform der Parteienfinanzierung. Ihre Anträge beschränkten sich jedoch auf die Forderung, die Mandatsträger sollten ihr persönliches Vermögen und ihre Verbindungen zu privaten Unternehmen offen legen (Ruß 1993: 72). Offiziell galt dem PCF die staatliche Parteienfinanzierung als Mittel, die in die Krise geratene bürgerliche Demokratie zu retten, deshalb trat er für eine ausschließliche Mitglieder- und Anhängerfinanzierung ein (Masson 1980: 87 f.). Faktisch dürften die Kommunisten diese Position vor allem deshalb vertreten haben, weil sie die einzige Partei Frankreichs waren, die über ausreichende Einnahmen aus legalen Quellen verfügten (s. Kapitel 7.1). Zwar strebten die Kommunisten selbst aufgrund mangelnder ideologischer Flexibilität ähnlich wie ihr Pendant in Schweden nach Programmverwirklichung, allerdings legten sie die anderen Parteien gleichsam auf eine Strategie der Stimmenmaximierung fest. Der PCF erwies sich als zu einflussreich, um ohne Konsequenzen, insbesondere für den PS, majorisiert werden zu können. Aber auch der gaullistische RPR war entschieden gegen die Einführung staatlicher Parteienfinanzierung –
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ihm schien, ähnlich wie den britischen Konservativen, die Frontstellung gegen das linke Lager wichtiger zu sein als die eigene finanzielle Konsolidierung. Die Verweigerungshaltung von PCF und Gaullisten, welche die Vierte Republik hatte unregierbar werden lassen (Leggewie 1984: 120), sorgte dafür, dass in den 1970er Jahren immerhin noch die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung scheiterte. PS und UDF scheuten angesichts der konfrontativen Haltung ihrer jeweiligen Partner davor zurück, ihrerseits den Primat der Stimmenmaximierung aufzugeben und ihre Koalitionsoptionen zu erweitern, anders formuliert: sich einer Strategie der Regierungsteilhabe (die durch die Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung als gemeinsames Projekt eine Option darstellte) zu öffnen. Hinzu kam die eingangs erwähnte bipolare Logik der Institutionen in der Fünften Republik, von der keinerlei Anreize für die Parteien zu einer Abkehr vom Primat der Stimmenmaximierung ausgingen. Anders als die von der UDF vorgeschlagene allgemeine staatliche Parteienfinanzierung korrespondierte das bestehende System der illegalen Parteienfinanzierung hingegen bestens mit dem Ziel der Stimmenmaximierung, war es doch geeignet, nicht allein den Wahlkampf der Parteien gegeneinander, sondern auch die Auseinandersetzung der innerparteilichen Kandidaten um die Kandidatur zur Präsidentschaft zu finanzieren (Cartier-Bresson 1999: 4-6).
Die Auseinandersetzung über das Wahlrecht Um der Frage nachzugehen, inwiefern die französischen Parteien auch aus eigenem Antrieb diese Strategie der Stimmenmaximierung verfolgten, soll die Diskussion um das Wahlrecht analysiert werden. Im Gegensatz zu allen anderen Ländern kam es in Frankreich in der Tat zu einer grundlegenden Wahlrechtsreform, als 1986 das Verhältniswahlrecht eingeführt wurde. Bemerkenswerterweise geschah dies sogar im Vorfeld der Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung. Anders als es allerdings zu erwarten war, bestand 1986 kein Zusammenhang zwischen Wahlrechtsund Parteienfinanzierungsreform. Dies ist ein Indikator dafür, dass die französischen Parteien am Primat der Stimmenmaximierung festhielten. Anders als in den anderen hier untersuchten Ländern war das Wahlrecht in Frankreich häufig Spielball der jeweiligen Regierungen. Zwischen 1871 und 1986 wurde das Wahlrecht der Nationalversammlung neunmal reformiert, stets verfolgte die jeweilige Regierung das Ziel, die Regeln zu ihren Gunsten zu verändern (Knapp 1987: 89). Ermöglicht wurden diese häufigen Wahlrechtsreformen dadurch, dass die Wahl der Nationalversammlung – und nur um diese soll es im Folgenden gehen – im Gegensatz zu der des Präsidenten nicht in der Verfassung geregelt wurde (Elgie 2005: 120 f.). In der Fünften Republik waren es vor allem die Parteien der Linken, die auf eine Reform des Wahlrechts drängten, weil der Zuschnitt der Wahlkreise ländliche Gegenden und damit die bürgerlichen Parteien bevorzugten (Knapp 1987: 90).
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Bereits die von der UDF in den 1970er Jahren unternommene Initiative zur Reform der Parteienfinanzierung war ursprünglich direkt mit einer Reform des Wahlrechts verknüpft. Der PS lehnte 1979 die staatliche Parteienfinanzierung ebenso wie die Kommunisten mit dem dezidierten Hinweis ab, man sei für ein proportionales Wahlrecht und wolle deshalb auch eine proportionale Verteilung der Mittel (Le Monde 3.7.1979; 20.9.1979). Der konservative Figaro plädierte auf der anderen Seite gegen eine proportionale Verteilung der staatlichen Zuwendungen, eben weil dadurch der Einstieg in ein Verhältniswahlrecht befürchtet wurde (Thibon 1979). Als der Ministerrat im September 1979 den Gesetzesentwurf zur staatlichen Parteienfinanzierung vorlegte, war die Reform des Wahlrechts jedoch aufgrund der unvereinbaren Positionen der Parteien auf Eis gelegt worden (Weill 1979). Angesichts der Unzufriedenheit der linken Parteien mit dem Wahlrecht der Fünften Republik überrascht es kaum, dass die Sozialisten 1986 tatsächlich das romanische Mehrheits- durch ein Verhältniswahlrecht ersetzten. Tatsächlich war dies schon 1981 ein Wahlversprechen Mitterands gewesen (Knapp 1987: 90). Letztlich kam durch die Wahlrechtsreform von 1986 allerdings kein Wechsel der strategischen Präferenzen des PS zum Ausdruck. Die einseitige Durchsetzung dieser Reform war vielmehr rein situativ bedingt und sollte dem PS kurzfristige Vorteile bringen: In erster Linie sollte das neue Wahlrecht eine deutliche Mehrheit von RPR und UDF verhindern, die in den Umfragen weit vor den Sozialisten rangierten. Dafür nahm der PS sogar den Einzug des FN in die Nationalversammlung bewusst in Kauf (Knapp 1987: 92; Lovecy 1991: 50). Die Einführung des Verhältniswahlrechts diente also vor allem dem Zweck, Stimmenzuwächse der anderen Parteien zu minimieren, positiv ausgedrückt: den eigenen Stimmenanteil des PS zu maximieren. Es blieb, zumindest im der Parteienfinanzierung eng verwandten Thema der Wahlrechtsreform, beim Primat der Stimmenmaximierung. Eine engere Kooperation mit anderen Parteien, die Beleg einer Aufwertung des Ziels der Regierungsteilhabe gewesen wäre, wurde nicht gewünscht. Dass dies auch für die anderen Parteien der Fall war, zeigte sich, als die bürgerliche Regierung Chiracs in einer ihrer ersten Handlungen nach der Wahl von 1986 das romanische Mehrheitswahlrecht erneut einführte (Machin 1994: 52). Auf diese Weise waren die bürgerlichen Parteien bei der Verteilung der staatlichen Zuwendungen nach Sitzen ab 1988 im Vorteil (NZZ 7./8.2.1988). Vor diesem Hintergrund mag es wenig verwundern, dass die Sozialisten nach 1991 erneut über eine Reform des Wahlrechts nachdachten. Diese Überlegungen führten jedoch aufgrund fehlender Mehrheiten und interner Streitigkeiten zu keiner neuen Reforminitiative (Elgie 2005: 134). An dieser Stelle bleibt festzuhalten, dass die französischen Parteien in der Auseinandersetzung über die Parteienfinanzierung bis unmittelbar vor dem erfolgreichen Reformvorstoß Mitterands am Primat der Stimmenmaximierung festhielten. Die Wahlrechtsdebatte deutet darauf hin, dass sie kein Interesse an einer engeren Kooperation hatten und nicht allein vom institutionellen Kontext zu einem bipola-
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ren Wettbewerb gezwungen wurden. Die Einführung eines Verhältniswahlrechts (mit der ja eine Durchbrechung der Bipolarisierung und damit des Primats der Stimmenmaximierung einhergehen konnte) lag, zumindest was die Nationalversammlung anging, im Ermessen der jeweiligen Regierung und wurde – sieht man von einer Ausnahme ab, mit der jedoch keine strategische Neuorientierung intendiert war – auch nicht erwogen. Im Folgenden soll der Frage nachgegangen werden, ob auch im Zuge der erfolgreichen Reformen der Parteienfinanzierung ab 1988 kein Wandel der strategischen Präferenzen der französischen Parteien festzustellen war. Ein solcher Wandel wäre deshalb zu erwarten, weil ja seit der Mitte der 1980er Jahre die ideologische Annäherung der französischen Parteien diskutiert wurde.
Die Rolle der Entideologisierung Noch im Mai 1987 kündigte Charles Pasqua, der Fraktionsvorsitzende der Gaullisten in der Nationalversammlung, an, dass die Parteienfinanzierung bis auf weiteres nicht gesetzlich geregelt werde (Le Monde 3./4.5.1987). Nur einen Monat später waren sich die Schatzmeister aller großen Parteien einig, dass für eine Gesetzgebung zur Parteienfinanzierung ein „indispensable ‚consensus’“ erreicht werden müsse (Zemmour 1987). Welche Rolle spielte die bereits in Kapitel 6.2 erwähnte ideologische Annäherung der großen Parteien Frankreichs für diese Bereitschaft zu einem Konsens in Fragen der Parteienfinanzierung? Wie im Folgenden zu zeigen sein wird, ging mit der ideologischen Annäherung der französischen Parteien kein Wandel der Ziele einher, die diese bei der Einführung ihrer staatlichen Finanzierung verfolgten. Anders formuliert: Die Reformen der Parteienfinanzierung ab 1987 folgten nur in geringem Maße aus genuinen strategischen Erwägungen der Parteien. Die ideologische Annäherung der Parteien war zudem in Frankreich, anders als etwa in Deutschland ab Ende der 1950er Jahre, kein Anzeichen für eine steigende Bedeutung des Ziels der Regierungsteilhabe. Dies verwundert auf den ersten Blick, denn die beiden Vetoakteure, die in den 1970er Jahren die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung verhindert hatten, die Kommunisten und die Gaullisten, standen 1987 einer Reform der Parteienfinanzierung nicht mehr im Wege. Wie bereits in Kapitel 6.1 erwähnt, befanden sich die Kommunisten am Ende der 1980er Jahre auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit. Sie hatten 1986 die Hälfte ihrer Wählerstimmen von 1979 eingebüßt und kamen nur noch auf einen Stimmenanteil von knapp zehn Prozent. Die neue Schwäche des PCF offenbarte sich auch bei der Diskussion über die Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung. Wie schon in den 1970er Jahren erklärten die Kommunisten, dass man weiterhin für die Unabhängigkeit der Parteien eintrete und deshalb eine staatliche Parteienfinanzierung strikt ablehne (Bureau politique du PCF 1987). Um ihrem Nein zu den staatlichen Zuwendungen mehr Gewicht zu verlei-
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hen, verzichteten sie 1988 sogar zunächst auf die ihnen zur Verfügung gestellten Gelder. Dass das Veto des PCF faktisch auf tönernen Füßen stand, zeigte sich jedoch bereits 1990, als der finanzielle Druck auf die Partei so stark wurde, dass sie erstmals die staatlichen Zuwendungen annahm (Fromont 1992: 170). Der PCF war mittlerweile nicht mehr die am besten organisierte Partei Frankreichs, sondern eine marginalisierte Kleinpartei und konnte deshalb, anders als zehn Jahre zuvor, überstimmt werden. Die ideologische Annäherung der Parteien mündete in der Tat in engere Formen der Kooperation. Da neben dem Kommunismus auch der traditionelle, autoritäre Gaullismus an Bedeutung verlor (Hewlett 1998: 73 f.), bildeten RPR und UDF 1986 erstmals eine gemeinsame Wahlplattform (Knapp 2004: 220). Beobachter sprachen deshalb vom Ende der „ideologischen Bürgerkriegssituation“ (Kimmel 1989: 23) und sahen den französischen Parteienwettbewerb am Ende der 1980er Jahre durch „consensus and convergence“ gekennzeichnet (Safran 1993: 146). Indes: Mit einem Wandel der strategischen Präferenzen der Parteien war diese inhaltliche Annäherung, zumindest in der Auseinandersetzung über Reform der Parteienfinanzierung, nicht verknüpft. So wandte sich Chirac in den von ihm 1987 anberaumten Konsensgesprächen gegen die unter dem Label social-démocratie firmierende Annäherung von PS und bürgerlichen Parteien (Le Monde 20.11.1987). Insbesondere die Gaullisten hatten weiterhin ein intrinsisches Interesse an einer Blockkonfrontation, nicht zuletzt, weil von einem Vormarsch der social-démocratie zuvorderst die UDF profitiert hätte. Die Haltung Chiracs verdeutlicht, dass mit der Akzeptanz der staatlichen Parteienfinanzierung durch die Gaullisten kein Wandel ihrer Ziele einherging. Diese Akzeptanz war zuvorderst institutionell, durch die besondere Konstellation der cohabitation, zu erklären. Deshalb stellte die Zustimmung der Gaullisten zu einer staatlichen Parteienfinanzierung weniger ein Zeichen der Einigung über Blockgrenzen hinweg dar als vielmehr ein Signal des RPR an die UDF, also innerhalb des bürgerlichen Lagers: Der RPR wollte auf diese Weise gegenüber der UDF, die den staatlichen Zuwendungen grundsätzlich offener gegenüberstand, ihren Kooperationswillen unterstreichen (Huet 1987b). Die UDF sollte auf diese Weise als Juniorpartner der Gaullisten gehalten werden. Vor diesem Hintergrund nimmt es wenig Wunder, dass angesichts der rein elektoralen Perspektive des RPR der Vorsitzende der Sozialisten, Lionel Jospin, im Zuge der Reformdiskussion öffentlich die Frage stellte, ob der PS mit dem Premierminister oder dem Vorsitzenden des RPR im Wahlkampf verhandelte (Servent 1988). Aber auch die Sozialisten rückten nicht von ihrem Primat der Stimmenmaximierung ab. Sie hatten nach 1986 zwar das Ende der Linksunion verkündet, schlossen aber gleichzeitig Koalitionen mit den Parteien der Rechten kategorisch aus (Bock 1988: 142). Das eindrücklichste Beispiel ihres Festhaltens an der konfliktorientierten Grundlogik des französischen Parteienwettbewerbs war die sofortige Ankündigung von Neuwahlen nach der Wiederwahl Mitterands 1988: Die Sozialis-
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ten zogen das Risiko von Neuwahlen dem Zwang vor, weiter mit einer bürgerlichen Regierung kooperieren zu müssen (Bock 1988: 148). Dies spricht gegen eine größere Kooperationsbereitschaft über die Lagergrenzen hinweg. Der Konsens von 1988 wurde nicht wegen des Primats der Stimmenmaximierung, sondern trotzdem erreicht: Als der PS die Gesetze über die Parteienfinanzierung in der zweiten Abstimmung ablehnte, war sein Augenmerk allein auf den Präsidentschaftswahlkampf gerichtet (Thénard 1988c). Bezeichnenderweise akzeptierten die Sozialisten die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden, die sie 1988 vehement ausgeschlossen hatten, bereits ein Jahr später (Ruß 1993: 97). Nach 1988 schienen sich allerdings die Anzeichen für eine gestiegene Bedeutung des Ziels der Regierungsteilhabe zu verdichten: Der neue sozialistische Premierminister Rocard betrieb eine Politik der Öffnung (ouverture) zur Mitte und wollte Mitglieder der UDF in seine Regierung holen – eine zuvor undenkbare politische Entscheidung. Auch für die Zeit nach 1988 kann jedoch nicht die Rede davon sein, dass die Entscheidungen über die staatliche Parteienfinanzierung maßgeblich auf eine strategische Neuausrichtung der Parteien zurückzuführen waren. Die Politik der ouverture scheiterte schon nach kurzer Zeit, da die Sondierungsgespräche zwischen PS und UDF ohne Ergebnis verliefen (Thiébault 1997: 644). Die Mehrheit der sozialistischen Funktionäre war überaus skeptisch gegenüber Rocard und seinem Kurs der ouverture, eine Koalition über die Blockgrenzen hinweg war schlicht nicht erwünscht. So setzte sich innerhalb des PS die „supremacy of electoralism“ fort (Bell/Criddle 1999: 129). John Huber konnte für die Verhandlungen über die Haushaltsgesetze in der Zeit der sozialistischen Minderheitsregierung zeigen, dass auch das Verhalten der Opposition vor allem durch das Kalkül der Stimmenmaximierung motiviert war (1999). Ähnliches galt für die Reform des Parteienfinanzierungsregimes. Wie erwähnt enthielt sich die bürgerliche Opposition beim Parteienfinanzierungsgesetz von 1989. Hauptstreitpunkt war damals die Frage einer Amnestie für Politiker, die vor 1988 am System der illegalen Parteienfinanzierung partizipiert hatten. Nicht zuletzt das gemeinsame Interesse an einer Amnestie schweißte jedoch 1989 die französischen Parteien über die Blockgrenzen hinweg zusammen (s.a. Clift/Fisher 2005: 242). Die Initiative der Sozialisten rannte also bei den bürgerlichen Parteien offene Türen ein. In der Parlamentsdebatte wurden denn auch sämtliche Änderungsanträge aller Fraktionen angenommen. Das Verfahren, das zur Verabschiedung der Reform von 1989 führte, kann als konsensuell beschrieben werden (Vormus 1989; Servent 1989). Dies verdeutlicht auch die Tatsache, dass ähnlich wie ein Jahr zuvor die Opposition nicht den Verfassungsrat wegen des neuen Gesetz anrief (Schmitt 1993: 80). Öffentlich jedoch lief vor allem der RPR gegen die beschlossene Amnestie Sturm, Generalsekretär Juppé etwa bezeichnete sie als „skandalös“ (Le Monde 27.6.1989). Noch im Frühjahr 1989 hatte es bei den Gaullisten geheißen, man werde die Amnestie mit allen Mitteln kippen (Bréhier 1990a). Dieser Profilie-
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rungsversuch5 illustriert den andauernden Primat konfliktorientierter, auf Stimmenmaximierung abzielender Strategien der französischen Parteien. Es bleibt festzuhalten, dass die verstärkte Kooperation der beiden bürgerlichen Parteien zwar ein Indikator für einen leichten Bedeutungszuwachs des Ziels der Regierungsteilhabe war, es aber letztlich auch nach der ideologischen Annäherung aller Parteien nicht zu einer grundlegenden strategischen Neuorientierung kam, die als Ursache für die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung angesehen werden könnte. Eindrucksvollster Beleg dafür ist die Tatsache, dass eine Regierungsbildung über die Blockgrenze hinweg in Frankreich undenkbar blieb. Eben weil die Einführung und Reform der staatlichen Parteienfinanzierung nicht dem genuinen Interesse der Parteien entsprang, sondern eher durch äußere Umstände bedingt war, kamen sie in der Frage ihrer Finanzierung nicht über einen fragilen Konsens hinaus. Im Folgenden soll die Frage erörtert werden, inwiefern neben institutionellen Faktoren, namentlich der cohabitation, auch der Diskurs über die Korruption in der Politik Einfluss auf die Entscheidungen über die Parteienfinanzierung hatte.
11.3 Medialer Druck und „Moralisierung des politischen Lebens“: Der Diskurs über die Korruption in der Politik Betrachtet man die Determinanten des französischen Diskurses über die Korruption in der Politik, so finden sich zunächst viele Gründe, die eher gegen die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung sprechen. Ähnlich wie in Großbritannien gab es in Frankreich eine Tradition des Voluntarismus in der Parteienfinanzierung. Anders als im Mutterland des Parlamentarismus ging mit dieser voluntaristischen Tradition im Falle Frankreichs eine dezidierte Abneigung gegen Parteien einher, die auf das rousseauistische Unbehagen an intermediären Institutionen zurückzuführen war (Mény 1992: 321; Clift/Fisher 2004: 690). Folge war ein Antiparteienaffekt, den ja auch die Institutionen der Fünften Republik widerspiegelten (Kimmel 1991). Elemente dieses Antiparteienaffektes, der seinen Ursprung schon im Bonapartismus hatte, waren neben dem geringen Vertrauen der Bevölkerung in die Parteien auch eine wenig ausgeprägte Bereitschaft, Parteien mit Geld zu unterstützen (s. Kapitel 7.1), und vor allem die überaus geringe Zahl der Parteimitglieder in Frankreich: Bezogen auf die Wählerschaft hatte Frankreich von 20 europäischen Demokratien am Ende der 1990er Jahre nach Polen den niedrigsten Anteil an Par5
Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Opposition 1989 den Eindruck gewonnen hatte, ihre Kooperationsstrategie werde von den Wählern nicht honoriert (Huber 1999: 270), liegt die Vermutung nahe, dass es sich bei der öffentlichen Ablehnung einer Amnestie durch die Gaullisten um einen Profilierungsversuch handelte – zumal sich 1998 der RPR-Vorsitzende Séguin selbst für eine Amnestie für den Zeitraum von 1988 bis 1995 einsetzte (Chambraud/Saux 1998).
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teimitgliedern und zugleich die größten Mitgliederverluste im Zeitraum zwischen 1980 und 2000 (Mair/Biezen 2001). Vor diesem Hintergrund überrascht es denn auch wenig, dass zwischen dem geringen Ansehen der Parteien und der Verbreitung der Korruption ein direkter Zusammenhang hergestellt wurde (z.B. Colliard 1984: 415). Da das Image der französischen Parteien ohnehin beschädigt war, so die These, konnten diese umso unbekümmerter illegale Quellen zu ihrer Finanzierung erschließen. Staatliche Zuwendungen an die Parteien waren paradoxerweise bei den Wählern beliebter, als sie noch von den Parteien abgelehnt wurden. In einer Umfrage von 1971 sprachen sich von 1.000 Befragten 58 Prozent für staatliche Zuwendungen aus und nur 26 dagegen. 1978 waren 59 Prozent der Befragten dafür und nur 19 Prozent dagegen (Rossinot 1980: 24; Colliard 1984: 417). 1982 sprachen sich gar 75 Prozent der Befragten für eine staatliche Parteienfinanzierung aus, 48 Prozent hielten eine Reform der Parteienfinanzierung für dringend geboten (Pulch 1987: 107). Den Druck der öffentlichen Meinung hätten die Parteien in Frankreich bei einer Einführung staatlicher Zuwendungen also wesentlich weniger fürchten müssen als beispielsweise in Großbritannien. Dies spricht ebenfalls dafür, dass eine staatliche Finanzierung in Frankreich zumindest in den 1970er Jahren von den Parteien selbst nicht gewollt war. 1987 allerdings, kurz vor der Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung, traten in einer Umfrage 65 Prozent der Befragten gegen die Zuwendungen ein (Zemmour 1987). Gewünscht waren stattdessen mehrheitlich allein Transparenzregeln und Einnahmen- sowie Ausgabenobergrenzen (Druont 1988: 152). Ähnlich wie in der Bevölkerung wurde die staatliche Parteienfinanzierung bereits in den 1970er Jahren auch in den Medien und in der Wissenschaft mehrheitlich akzeptiert. Während der ersten großen Debatte über die Finanzierung der Parteien plädierte etwa der einflussreiche Politikwissenschaftler Jean Charlot (1975) explizit gegen Ausgabenobergrenzen und für eine staatliche Parteienfinanzierung. Gewiss, trotz der ähnlichen Argumentation – auch Charlot verwies auf die zentrale Stellung, die Parteien in der französischen Demokratie innehatten – war dieses Engagement nicht mit dem Aplomb zu vergleichen, mit dem etwa Leibholz in Deutschland für eine staatliche Parteienfinanzierung warb. Gegenstimmen aus der Wissenschaft waren in Frankreich in den 1970er Jahren allerdings bemerkenswerterweise ebenfalls nicht zu vernehmen. Auch die Presse zeigte sich den staatlichen Zuwendungen gegenüber früh aufgeschlossen: Allein der konservative Figaro argumentierte grundsätzlich gegen eine staatliche Parteienfinanzierung, weil der Steuerzahler auf diese Weise gezwungen sei, Parteien zu unterstützen, die er eigentlich bekämpfe (z.B. Thibon 1978). Dieses Argument, das in Großbritannien eine wichtige Rolle spielte, wurde aber in Frankreich angesichts der ebenfalls voluntaristischen Tradition erstaunlich selten ins Feld geführt. Auf Vorbehalte stieß in den Medien vor allem die konkrete Ausführung des von der UDF in den 1970er Jahren lancierten Gesetzesvorhabens, das etwa die Libération als „extraordinairement inégalitaire“ bezeichnete
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(Peninou 1980) – wie erwähnt zurecht. 1987 trat dann keine der großen Zeitungen mehr gegen eine staatliche Finanzierung der Parteien ein. Tenor vieler Kommentare war, dass diese Einnahmequelle das geringste Übel darstelle (s. exemplarisch Dupuy 1987). Vor dem Hintergrund dieser Befunde stellt sich die Frage, warum der Diskurs über die Korruption in der Politik überhaupt entscheidenden Einfluss auf die Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung hatte, wenn die Einstellungen der Bevölkerung dazu, darf man den wenigen Umfragewerten Glauben schenken, von verhaltener Zustimmung bzw. Indifferenz zu mehrheitlicher Ablehnung schwankten, während die Zeitungen letztlich ohnehin seit den 1970er Jahren für die Zuwendungen eintraten. Staatliche Zuwendungen galten in Frankreich seit jeher als Heilmittel gegen die Korruption in der Politik. Was aber hatte sich 1987 im Vergleich zu den 1970er Jahren an der Art, wie über die Korruption in der Politik diskutiert wurde, verändert? Im folgenden Abschnitt soll zunächst die These diskutiert werden, dass die Einführung der Parteienfinanzierung in erster Linie Folge des Druckes gewesen sei, der von den Medien auf eine Abkehr vom System der illegalen Parteienfinanzierung ausging. Dies ließe auf einen kommunikativen Korruptionsdiskurs schließen, wie er in einem politischen System mit wenigen institutionellen Entscheidungspunkten zu erwarten wäre (s. Kapitel 5.1).
Der Einfluss der Medien auf die Reform der Parteienfinanzierung In der Literatur wird die Einführung der Parteienfinanzierung in Frankreich häufig auf den Druck der Medien zurückgeführt. Dieses Argument zielt auf die veränderte Rolle der französischen Medien ab, die im Laufe der 1980er Jahre den investigativen Journalismus entdeckt und durch detaillierte Darstellung der Korruptionspraktiken den öffentlichen Druck auf die Politik verstärkt hätten (Ruß 1993: 150-7; 2005: 380; Tolini 2007: 205).6 Der Druck, der Medien auf eine Reform der Parteienfinanzierung wurde zudem durch eine neue Generation von Untersuchungsrichtern verstärkt, die sich in den 1980er Jahren zusehends gegen die vormalige Abhängigkeit der Justiz von der Politik auflehnte und begann, gegen korrupte Politiker zu ermitteln (Carcassonne 1994). 1986 musste sich erstmals seit 1931 ein ehemaliger Minister, Christian Nucci, vor dem Haute Cour de la Justice verteidigen. Viele Details über laufende Verfahren wurden von den Ermittlungsrichtern schnell an die Medien weitergeleitet, damit ihnen die Untersuchung nicht willkürlich von Seiten der Regierung entzogen werden konnte (Knapp/Wright 2006: 411). Die französische Justiz war traditionell schwach: Staatsanwälte waren von der Politik abhängig, nur wenige 6
Exemplarisch sei hier auf Lionel Duroys überaus detaillierte Reportage über die Korruption im Bausektor verwiesen (Duroy 1987).
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Richter nahmen Ermittlungen gegen Politiker auf, laufende Verfahren konnten immer wieder verzögert werden (Pujas 1999: 48; Evans 2003: 85). Noch 2004 suchte die gaullistische Regierung anlässlich der Verurteilung Juppés starken Druck der Politik auf die Justiz auszuüben (Johnson 2004; Lichfeld 2004). Die These vom verstärkten medialen Druck ist nicht von der Hand zu weisen: Die Zahl der Korruptionsfälle, die investigative Medien allein im Bereich der Parteienfinanzierung aufdecken konnten, war in Frankreich Legion (s. Kapitel 7.2). Ab 1986 waren insbesondere die Sozialisten in eine schwierige Situation geraten, berichteten die Medien doch in der Tat detailliert über mehrere Finanzskandale, in die der PS verwickelt war (Ruß 1993: 75). Die Aufforderung Mitterrands an seinen Premierminister Chirac, ein Gesetz zur Parteienfinanzierung auszuarbeiten, stellte deshalb wie bereits erwähnt einen Versuch der bedrängten Sozialisten dar, die politische Initiative zurückzuerlangen. Der PS war von den zunehmenden Korruptionsenthüllungen besonders betroffen, weil er die einzige Partei mit einem zentralisierten System der illegalen Finanzierung über Beraterfirmen war. Aufgrund seiner Struktur konnte dieses Finanzierungssystem ab 1986 als einziges systematisch aufgedeckt werden. In der öffentlichen Wahrnehmung galten die Sozialisten deshalb als die korrupteste Partei: Aufgrund ihres vergleichsweise systematischen Vorgehens, über das die Medien am meisten herausfanden, setzte sich der Eindruck fest, der PS sei eine strukturell korrupte Partei (Knapp/Wright 2006: 199). Dies war beileibe nicht falsch, galt jedoch für die anderen Parteien, deren Finanzierungssystem schwieriger zu durchschauen war, in gleichem Maße. Ein Blick in die Zeit vor 1986 verdeutlicht allerdings, dass die Berichterstattung in den Medien schwerlich als alleiniger Grund herangezogen werden kann, um den Einfluss des Diskurses über die Korruption in der Politik auf die erfolgreiche Reform der Parteienfinanzierung zu begründen. Anders als bis in die jüngste Zeit hinein behauptet (z.B. Tolini 2007: 181), war der französischen Öffentlichkeit schon lange vor den Enthüllungen Mitte der 1980er Jahre klar, dass sich die Parteien schwerlich legal finanzieren konnten. Präsident Pompidou hatte bereits im Januar 1971 öffentlich zugegeben, dass sich die Finanzierung der Parteien außerhalb ihres zu engen legalen Rahmen vollzog (Millon 1994: 104). Le Figaro bezeichnete die Parteienfinanzierung schon 1976 als „problème mille fois évoqué et jamais résolu“ (28.4.1976). Le Monde nannte die illegalen Methoden der Parteienfinanzierung 1977 „l’un des tabous les plus tenaces et les moins justifiables de la société politique française“ (Duhamel 1977). Im selben Jahr erschien André Campanas Buch „L’argent secret“, in dem dieser detailliert die Finanzierungspraktiken der französischen Parteien beschrieb (Campana 1976) und das auch in der Presse besprochen wurde (z.B. Vajou 1977). Campana legte in seinem Buch dar, dass Unternehmen Geld an die Parteien in aller Regel für Gegenleistungen gaben und dass staatliche Mittel von den Parteien gegen ihren eigentlichen Verwendungszweck eingesetzt wurden, dass also,
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anders formuliert, der Tatbestand der Korruption erfüllt war. Über all dies war die französische Öffentlichkeit also schon in den 1970er Jahren informiert. Von zentraler Bedeutung dafür, dass der Korruptionsdiskurs in Frankreich zur entscheidenden Ursache für die Reform der Parteienfinanzierung werden konnte, waren, so meine These, die Berichte, die die Zeitungen in Frankreich seit den frühen 1980er Jahren über die wahren Kosten von Wahlkämpfen und die illegalen Praktiken, mit denen die Parteien ihre Wahlkämpfe finanzierten, brachten (z.B. Thibon 1978; Le Matin 16.2.1981; Pingaud 1982; Campana 1982). Selbst die Geheimfonds der Regierung waren, sogar in ihrer Größe, bereits 1981 bekannt (Briançon 1981). Auch über die Finanzierung der bürgerlichen Parteien durch Elf Aquitaine wurde berichtet (Burg/Morant/Pérétié 1981), ebenso wie über das System der Beratergesellschaften (Lhomeau 1981). Schon damals waren es vor allem die Sozialisten, die aufs Korn genommen wurden. In den Zeitungen erschienen Berichte darüber, dass die linke Regierung den Staat genauso ausbeutete, wie es die rechte zuvor getan hatte (z.B. Joffrin 1981). Dass PS und PCF das System der schwarzen Kassen und Geheimfonds auf nationaler Ebene nach ihrer Machtübernahme schlicht fortführen, war der Öffentlichkeit schon zu diesem Zeitpunkt bewusst. Bereits zu Beginn der 1980er Jahre also sahen sich die französischen Parteien, allen voran der PS, mit einem intensiven und öffentlich geführten, also kommunikativen Korruptionsdiskurs konfrontiert. Wie im nächsten Abschnitt zu zeigen sein wird, nahmen die Sozialisten dies zum Anlass, unter dem Topos der „Moralisierung des politischen Lebens“ einen koordinativen Diskurs über die Korruption in der Politik zu führen, der letztlich die Reformen der Parteienfinanzierung ermöglichte. Gegen die These, dass von der Berichterstattung in den Medien allein entscheidender Druck in Richtung einer Reform der Parteienfinanzierung ausgegangen sei, lässt sich nicht allein einwenden, dass die Finanzierungspraktiken zur Mitte der 1980er Jahre längst wohlbekannt waren. Das System der illegalen Parteienfinanzierung wurde vielmehr seit den 1970er Jahren allgemein – ganz im Sinne dessen, was Arnold Heidenheimer (1989: 161) als graue Korruption7 beschreibt – toleriert: „Jedermann ist klar, dass sich die Parteien auf unlautere Art und Weise bedienen; jedermann erkennt an, dass die Politik ein Drecksgeschäft ist und auch stets bleiben wird. Wer da den Moralapostel spielt, ist verdächtig. Wer sich beim Schieben und Ausschmieren erwischen lässt, ist dumm. Wer aber unauffällig kumpelt und kassiert, der ist ein ernstzunehmender Politiker. Transparenz ist in Frankreich keine Tugend“ (Weck 1986; s.a. Bremer 1986). Als inakzeptabel galt allein die Bereicherung der Politiker zu persönlichen Zwecken (Cartier-Bresson 1999: 3).
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Heidenheimer grenzt die von der Mehrheit tolerierte graue Korruption ab von schwarzer (die von der gesamten Bevölkerung für bestrafungswürdig gehalten wird) und weißer Korruption (die niemand für bestrafungswürdig erachtet).
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Auf der Ebene der Eliten war die illegale Parteienfinanzierung nicht nur toleriert, sondern sogar akzeptiert: „Over a long period, hidden sources of political party funding were accepted or tolerated by political, administrative and intellectual elites as a whole“ (Mény 1997: 7; s.a. Miguet 1999: 56). Diese Indifferenz gegenüber der illegalen Parteienfinanzierung erklärt, warum der kommunikative Diskurs über die Korruption in der Politik in den 1970er Jahren nicht die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung ermöglichte, obwohl diese Zuwendungen ja prinzipiell befürwortet wurden: Die illegale Parteienfinanzierung wurde zwar diskutiert, allein fehlte es am Problembewusstsein. Eine staatliche Parteienfinanzierung wurde, anders als etwa in Deutschland oder auch in Schweden, eben nicht als probates Mittel gegen unlautere Einflussnahme auf politische Parteien und deren Entscheidungen angesehen. Vielleicht waren die französischen Parteien dazu schlichtweg zu unbedeutend, zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung. Das in den 1970er Jahren fehlende Problembewusstsein entwickelte sich, wie zu zeigen sein wird, erst ab 1982. Selbst wenn zur Mitte der 1980er Jahre die Berichterstattung über die illegalen Finanzierungspraktiken insbesondere der Sozialisten zunahm, zeigt doch der Vergleich mit Italien und Spanien, dass die Medien dort eine wesentlich wichtigere Rolle bei der Aufdeckung der Skandale und der Reform der Parteienfinanzierung gespielt haben (Pujas/Rhodes 1999). Nahm der öffentliche Unmut über die illegale Parteienfinanzierung überhaupt signifikant zu? Welche anderen Faktoren als die Medien sollten dazu beigetragen haben? Sicherlich war, wie im Zusammenhang mit der Rolle der Institutionen bereits erwähnt, die unter Mitterrand betriebene Dezentralisierung in diesem Kontext von Bedeutung. Die Dezentralisierung schuf neue Einfallstore für korruptive Praktiken und schürte so den Unmut der Bevölkerung. Auf diese Weise ließe sich möglicherweise das Votum für mehr Transparenz in der erwähnten Umfrage von 1987 erklären. Ebenso dürfte die geringere Toleranz der Bürger gegenüber Korruption im Zuge der einsetzenden wirtschaftlichen Rezession von Bedeutung gewesen sein (Evans 2003: 81). Somit würde auch verständlich, warum die Mehrheit nun nicht nur für Transparenz, sondern auch gegen eine staatliche Parteienfinanzierung eintrat. In Zeiten knapper Kassen mochten die Zuwendungen vielen als unnötige Zusatzausgaben erschienen sein. Letztlich kann jedoch die These von der intensivierten Medienberichterstattung ebenso wenig wie die von der objektiven Zunahme der Korruption und des steigenden Unmuts der Bevölkerung hinreichend begründen, warum 1987 ein regelrechter Überbietungswettbewerb zwischen den Parteien eröffnet wurde, wer die bessere Reform der Parteienfinanzierung umsetzen konnte. Noch mehr verwundert, dass die Parteien, die ja am konfliktorientierten Wettbewerb festhielten, diese Reform auch noch gemeinsam auf den Weg bringen wollten. Schon vor Mitterrands Auftrag an Chirac sprach Le Matin bemerkenswerterweise von einem „véritable consensus“ darüber, dass das politische Leben moralischer gestaltet werden müsse (Le Matin 13.5.1987). Bis Jahresende 1987 wurde es zum Gemeinplatz der französi-
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schen Politiker, die Verkommenheit des öffentlichen Lebens zu geißeln und ein Gesetz zur Parteienfinanzierung als Mittel der Abhilfe zu stilisieren (Libération 9.11.1987). Nur der RPR blieb noch skeptisch. Im Zuge der Luchaire-Affäre lenkten dann auch die Gaullisten ein und stellten sich einer Reform der Parteienfinanzierung nicht mehr in den Weg (Macé-Scaron 1987). Dies erstaunt umso mehr, als die besagte Affäre allein die Sozialisten belastete. Warum nutzten die Gaullisten nicht die Gelegenheit, sich auf Kosten des politischen Gegners zu profilieren und diesen an den Pranger zu stellen? Zunächst spielte in diesem Zusammenhang wie dargelegt die cohabitation eine wichtige Rolle. Im Folgenden soll die These vertreten werden, dass die Parteien die Büchse der Pandora einer Reform der Parteienfinanzierung nicht zuletzt auch selbst geöffnet hatten, indem sie, an den kommunikativen Diskurs der Öffentlichkeit anknüpfend, einen koordinativen Diskurs über die „Moralisierung des politischen Lebens“ begannen, dessen Dynamik sie sich immer weniger entziehen konnten.
Die Rolle des Topos der „Moralisierung des politischen Lebens“ Die Forderung, das politische Leben moralischer zu gestalten, ging ironischerweise auf die Sozialisten zurück, die ja ab 1986 die größten Probleme mit Korruptionsaffären hatten. 1982 startete der PS eine Kampagne unter dem Motto „moraliser la vie publique“ (z.B. Bresson 1982). Die Sozialisten waren ursprünglich in die Regierungsverantwortung eingetreten, um mit vielen Verfehlungen der bürgerlichen Parteien (unter anderem eben auch der illegalen Finanzierung) zu brechen. Deshalb trafen sie die erwähnten Medienberichte über den Fortbestand der korrupten Praktiken besonders. Der PS war es, der den kommunikativen Korruptionsdiskurs gleichsam in einen koordinativen übersetzte. Ursprünglich forderte er allein, dass Amtsträger und Kandidaten ihr Einkommen offenzulegen hatten. Nach 1982 griff der jetzt immer häufiger auftauchende Begriff der moralisation de la vie politique jedoch auf den Bereich der Parteienfinanzierung über. Die Sozialisten entwickelten nun einen Plan für eine Reform der Parteienfinanzierung, der auch staatliche Zuwendungen an die Parteien vorsah (Bresson 1982). Im folgenden Jahr wurde eine Arbeitsgruppe des PS eingesetzt, die diese Pläne konkretisieren sollte. Bemerkenswerterweise wurden die Sozialisten also in dem Moment zu Befürwortern einer staatlichen Parteienfinanzierung, in dem die Linksunion mit den Kommunisten brüchig wurde, die Kommunisten also für die Strategie der Stimmenmaximierung, die der PS verfolgte, kein verlässlicher Partner mehr waren. Folgenreicher als das Bekenntnis zur staatlichen Parteienfinanzierung waren aber die Versuche der Sozialisten, den Korruptionsdiskurs zu instrumentalisieren. 1986 etwa sprach Huguette Bouchardeau, frühere Umweltministerin der Koalition aus PS und PCF, als erstes ehemaliges Regierungsmitglied öffentlich über die Geheimfonds der
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Regierung. Hintergrund dieses Vorstoßes war der Versuch, eine Gesetzesinitiative der Regierung Chiracs zu vereiteln, die Fernsehwerbung gegen Geld ermöglichen würde. Dies hätte den bürgerlichen Parteien gewichtige Vorteile verschafft. Die Sozialisten wollten dies unter Verweis auf die Geheimfonds als ohnehin schon existierende Vorteile der Regierung unterbinden (Andréani 1986). Das Gesetz wurde daraufhin zwar verabschiedet, trat aber nie in Kraft (Ruß 1993: 75). Letztlich erwies sich dieser Versuch der Sozialisten, mit dem Schlagwort der „Moralisierung des politischen Lebens“ Politik zu betreiben, allerdings als Pyrrhussieg. Mit diesem für die Reform der Parteienfinanzierung zentralen Topos gingen zwei Konsequenzen einher: Zum einen gelang so eine Annäherung der Parteien mit Blick auf eine Reform ihrer Finanzierung. Welche Partei wollte sich schon einer Moralisierung des politischen Lebens versperren, zumal unter der Bedingung erhöhten medialen (und juristischen) Interesses an ihrer Finanzierung? Zum anderen entfachte der (zumindest im Französischen) griffige Begriff der „Moralisierung des politischen Lebens“ eine Eigendynamik, welche die Parteien zusehends unter Druck setzte und ihnen die Initiative über die Gesetzgebung entzog. Dies gipfelte dann schließlich im Verbot der Unternehmensspenden, das von der Mehrheit der Abgeordneten, wie zu zeigen sein wird, eigentlich gar nicht gewollt wurde. Ganz wie es in zentralisierten politischen Systemen zu erwarten war, erwies sich also langfristig der kommunikative Korruptionsdiskurs als dominant. Den Parteien in Frankreich gelang es weit weniger als ihren Pendants in Deutschland und Schweden, den Diskurs über die Korruption in der Politik dauerhaft für ihre Ziele zu instrumentalisieren. Welche Dynamik der Begriff der „Moralisierung des politischen Lebens“ schon 1987 freisetzte, lässt sich daran ablesen, dass der ehemalige Premierminister Barre für die UDF mit diesem Thema als zentraler Botschaft in den Präsidentschaftswahlkampf ziehen wollte (Macé-Scaron 1987). Neben der cohabitation war es deshalb auch der Topos der moralisation de la vie politique, der Chirac zur Kompromissbereitschaft in der Frage der Reform der Parteienfinanzierung veranlasste. Andernfalls wäre seine Kandidatur für die Präsidentschaft von 1988 in ernsthafte Gefahr geraten, da Barre, der ja schon 1979 den Reformvorstoß der UDF initiiert hatte und das Thema glaubhaft verkörperte, sich damit stark profilieren konnte (Guichoux/Thénard 1988). Auch Mitterrand hatte sich den Topos der moralisation bereits in seiner Ankündigung vom November 1987 zunutze gemacht – und hatte damit wie erwähnt auch Erfolg, denn von der Luchaire-Affäre wurde in der Folge kaum noch gesprochen, zudem beteiligte sich der RPR aktiv an der Suche nach einem Konsens, anstatt die Sozialisten zu attackieren. Nach der ersten Konsensrunde unter der Regie Chiracs im Dezember 1987 wurde der Topos der moralisation ergänzt: Fortan hieß es im Sprachgebrauch der Akteure wie in der Berichterstattung der Medien bemerkenswert häufig „financement des partis et moralisation de la vie politique“ (z.B. Jarreau/Bréhier 1987; Le Monde 8.12.1987). So wurde auf subtile Weise suggeriert, dass ein Ende der Korruption nur durch eine Neuregelung der
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Parteienfinanzierung erreicht werden könne. Danach war es nur noch ein kleiner Schritt bis zur allgemeinen Akzeptanz der staatlichen Zuwendungen, die dann ja beim zweiten Treffen der Fraktionsvorsitzenden tatsächlich realisiert wurde. An dieser Begriffswahl lässt sich exemplarisch erkennen, wie politischer Handlungsdruck nicht nur durch vergleichsweise „harte“ Faktoren wie etwa die cohabitation und die Berichterstattung in den Medien, sondern auch durch vermeintlich „weiche“ Faktoren wie eben die Wahl der Begrifflichkeiten erzeugt werden kann. Die „Moralisierung des politischen Lebens“ hatte bis zuletzt Einfluss auf das Verhalten der Parteien bei der Verabschiedung des ersten Gesetzes über die Parteienfinanzierung. Der PS schreckte 1988 nicht nur vor einer Ablehnung des Gesetzes über die Kandidatenfinanzierung zurück, weil die ursprüngliche Initiative dazu von Mitterand ausgegangen war, sondern auch, weil die Sozialisten Chirac nicht zugestehen wollten, die Realisierung der moralisation als seinen alleinigen Erfolg reklamieren zu können. Die Ablehnung in der letzten Abstimmung wurde für die Sozialisten erst möglich, als es ihnen Gerüchte über zu niedrig angegebene Kosten von Chiracs Präsidentschaftskampagne und die Aufweichung der Transparenzregeln durch den Senat erlaubten, diese Haltung mit dem Topos der moralisation zu begründen (Bréhier 1988c). Das Gesetz von 1988 war also auch die Antwort der Parteien auf einen teilweise selbst geschaffenen Druck, versuchten sie doch auf diese Weise nicht nur, dem schlechten Image im Zuge der von den Medien verbreiteten Skandale zu entgehen, sondern auch ihre Handlungsfähigkeit zu beweisen angesichts des eigenen Anspruchs, das politische leben zu moralisieren (Tanguy 1988: 112). 1989 sollte dies den Parteien noch einmal mit Abstrichen gelingen. Beim Verbot der Unternehmensspenden war ihnen die Initiative aber nahezu entglitten. 1989 folgte der Gesetzgebungsprozess einem ähnlichen Muster wie schon zuvor: Handlungsbedarf entstand erneut durch die fortdauernden Skandale sowie durch die Mängel des Gesetzes von 1988, die schnell offenbar wurden (s. Kapitel 7.2). Zudem zeichnete sich rasch ab, dass die staatliche Wahlkampfbeihilfe die finanziellen Ausfälle für die Parteien, die diese im Zuge ihres zunehmenden Verzichts auf illegale Finanzierungsmethoden hinnehmen mussten, kaum kompensieren konnten. Der PS stand nach wie vor im Mittelpunkt der öffentlichen Kritik und kündigte deshalb erneut ein Gesetzesvorhaben zur Moralisierung des politischen Lebens an (Jarreau 1989). Neben einer Ausweitung der staatlichen Parteienfinanzierung war von Anfang an auch eine Amnestie für vergangene Straftaten im Zusammenhang mit der illegalen Finanzierung der Parteien im Gespräch. Wie schon mehrfach angedeutet, war diese Amnestieregelung dann auch ein weiterer Motor für den Konsens der französischen Parteien über das Gesetz von 1989. Zunächst zeigten sich die bürgerlichen Parteien sehr kritisch gegenüber den Amnestieplänen der Sozialisten und versuchten, den PS, ganz im Sinne ihrer konkurrenzorientierten Strategie, der Gesetzgebung in eigener Sache zu beschuldigen. Als aber bekannt wurde, dass auch sie über Beratungsgesellschaften fiktive Rech-
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nungen an Unternehmen ausgestellt hatten, lenkten sie erkennbar ein (Le Monde 10.10.1989). Der PS konnte nun genüsslich darauf hinweisen, dass der Skandal um falsche Rechungen mittlerweile alle Parteien betreffe (Laval 1989a). Von besonderem Interesse ist, was nicht gesagt wurde: Das Gesetz von 1989 wurde nahezu ausschließlich als Maßnahme zur Moralisierung des politischen Lebens und unter dem Gesichtspunkt der umstrittenen Amnestie diskutiert. Die signifikante Ausweitung der staatlichen Parteienfinanzierung kam nahezu nicht zur Sprache. Dies lässt darauf schließen, dass die Zuwendungen als schlicht selbstverständliche Kompensation für die fehlenden Einnahmen aus illegalen Quellen angesehen wurden. Der Topos der „Moralisierung des politischen Lebens“ tat also einmal mehr seine Wirkung. Wie sehr, das zeigte sich an der Bewertung des Gesetzes: Obwohl wegen der Amnestieregelung und der weiter bestehenden Mängel in der Transparenz der Parteifinanzen durchaus kritikwürdig, sah Le Monde das Gesetz etwa als „victoire du principe du réalité“ an (Robert-Diard 1989b). In der Folge konnten die französischen Parteien den Geistern, die sie mit der von ihnen beschworenen „Moralisierung des politischen Lebens“ gerufen hatten, allerdings immer weniger Herr werden. Erneut bekamen dies insbesondere die Sozialisten zu spüren. Die Parteizentrale des PS wurde durchsucht, der Präsident der Nationalversammlung und frühere Schatzmeister der Sozialisten, Henri Emmanuelli, wurde vorgeladen (und 1996 zu 18 Monaten auf Bewährung sowie zwei Jahre Verlust des passiven Wahlrechts verurteilt). 1992 sank der PS in den Wahlumfragen vor allem wegen seiner Parteienfinanzierungsskandale auf ein Allzeittief (Chimelli 1992). In den Medien wurde die Gesetzgebungsaktivität der Sozialisten nun mehr und mehr kritisch als Versuch interpretiert, sich von dem Ruch als Skandalpartei zu befreien (z.B. Paris/Robert-Diard 1992). Anders formuliert: der kommunikative Diskurs gewann wieder Oberhand, die Parteien, die sich nun einmal der Korruptionsbekämpfung verschrieben hatten, sahen sich zu weiteren Reformen getrieben, mit denen sie dem öffentlichen Unmut entgegentreten konnten. In dieser Situation griffen die Sozialisten auf den Vorschlag zurück, den 1991 schon die in Kapitel 11.1 erwähnte parlamentarische Arbeitsgruppe unter Séguin vorgelegt hatte: das Verbot der Unternehmensspenden. 1992 wurden Unternehmensspenden zunächst auf maximal 25 Prozent der Einnahmen der Parteien begrenzt, zudem mussten sie fortan veröffentlicht werden. Weitergehende Maßnahmen waren unmöglich, weil die bürgerlichen Parteien ein Verbot der Unternehmensspenden ablehnten (Gauthier 15.10.1992). Seit 1992 firmierten die Initiativen zur Reform der Parteienfinanzierung nicht mehr unter dem Oberbegriff der moralisation de la vie politique (der zusehends zur Beschreibung der Gesetzgebungsaktivitäten von 1988/89 gerann, s. exemplarisch Follorou 2007 für den medialen und Tolini 2007: 185 ff. für den wissenschaftlichen Diskurs). Dies war ein weiterer Indikator dafür, dass die Parteien in der moralisation mittlerweile eher einen Fluch denn einen Segen sahen.
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Als jedoch ab 1993 im Zuge der nun für Unternehmensspenden vorgesehenen Transparenzpflicht bekannt wurde, dass etwa zwei Drittel dieser Zuwendungen von Firmen kamen, die öffentliche Aufträge erhielten (Knapp/Wright 2006: 406; s.a. Gay 1994), konnten sich die Parteien einer erneuten Reform nicht entziehen. Angesichts des gesteigerten öffentlichen Bewusstseins und der Selbstverpflichtung der Parteien, das politische Leben zu moralisieren, ließ sich nun eine erneute Gesetzgebung ebenso wenig verhindern wie die Ausweitung der staatlichen Parteienfinanzierung. Die Umstände der Reform waren bezeichnend: Das Verbot der Unternehmensspenden ging auf eine Initiative der seit 1993 regierenden RPR und UDF zurück. Auf letzterer lastete ein besonderer Handlungsdruck, war doch kurz zuvor der zur UDF gehörende Parti Républicain in einen neuen Finanzierungsskandal verwickelt worden (Le Monde 29.9.1994). Drei Minister der Regierung von Premierminister Edouard Balladur waren gezwungen, zurückzutreten. Auch die bürgerlichen Parteien bemühten sich bei dieser Reform, die Opposition einzubinden: Balladur bildete einen „Runden Tisch zum Kampf gegen die Korruption“ aus den Vorsitzenden aller Fraktionen und Ausschüsse von beiden Kammern des Parlaments sowie den Vorsitzenden der Vereinigungen der Bürgermeister und der General- und Regionalräte (Courtois 1994; Robert-Diard 1994a). Die deutliche Ausweitung der staatlichen Kandidatenfinanzierung wurde, nachdem sich abzeichnete, dass ein Verbot der Unternehmensspenden unumgänglich war, wie schon 1989 wenig problematisiert und war kaum umstritten. Der Vorsitzende der Gesetzeskommission, der UDF-Abgeordnete Xavier de Roux, brachte es auf den Punkt: „Nous n’avons plus des choix“ (Robert-Diard 1994b). Letztlich beschloss das Parlament auf diese Weise mit breiter Mehrheit eine Reform, die die Mehrheit der Abgeordneten eigentlich gar nicht unterstützte. Dies ist ein Indikator dafür, welchen Einfluss der kommunikative Diskurs über die Korruption in der Politik auf die Reformen der Parteienfinanzierung in Frankreich hatte. Diese einflussreiche Rolle konnte der Korruptionsdiskurs jedoch erst spielen, als nicht allein die Medien, sondern auch die Parteien selbst sich dem Thema mit einer neuen Intensität widmeten, an die Seite des kommunikativen also ein koordinatives Element trat. Allerdings vermochten es die Parteien zusehends weniger, den Korruptionsdiskurs zu instrumentalisieren.
11.4 Zwischenfazit Auch die Analyse der Reformen der staatlichen Parteienfinanzierung in Frankreich bestätigt die Hypothesen dieser Arbeit, allerdings mit einer Einschränkung. Zunächst lässt sich festhalten, dass die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung in den 1970er Jahren scheiterte, weil keine der hier angenommenen Bedingungen gegeben war. Es gab keine institutionellen Anreize, die die Parteien zur Koope-
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ration anhielten. Auch die Präferenz der Parteien für Strategien der Stimmenmaximierung verhinderte eine Zusammenarbeit über die ideologischen Blockgrenzen hinweg und damit einen Konsens der Parteien ebenso wie das Veto der damals noch über ein Erpressungspotenzial verfügenden Kommunisten. Da die illegale Parteienfinanzierung zudem allgemein bekannt war und toleriert wurde, gingen auch vom Diskurs über die Korruption in der Politik keine Impulse für eine Reform des französischen Parteienfinanzierungsregimes aus. Bei der Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung 1988 hatten sich die Bedingungen jedoch verändert. Zwar strebten die Parteien noch immer primär nach Stimmenmaximierung, auch blieb es bei der institutionellen Grundkonstellation, die einen bipolaren Parteienwettbewerb förderte. Allerdings wurde diese Grundkonstellation zum einen vom Vetopunkt der cohabitation zwischen einem sozialistischen Präsidenten und einem gaullistischen Premierminister durchbrochen. Zum anderen werteten 1989 die verschiedenen parteipolitischen Mehrheiten den Senat zu einem Vetopunkt auf. Diese beiden Vetopunkte schufen Kooperationsanreize auch über die Blockgrenzen hinweg. Hinzu kam ein kommunikativer Korruptionsdiskurs, der durch gesteigertes mediales und juristisches Interesse an der illegalen Parteienfinanzierung ähnlich wie in Großbritannien Handlungsdruck auf die Parteien ausübte. Dieser Handlungsdruck wurde noch dazu von den Parteien, die sich auf eine „Moralisierung des politischen Lebens“ verpflichteten, selbst verstärkt. Der koordinative Topos der Moralisierung diente der Verständigung der Parteien und führte letztlich deren Konsens herbei. Allerdings gelang es den Parteien zusehends weniger, diesen Topos zu instrumentalisieren, so dass den Erwartungen aus Kapitel 5.1 gemäß das kommunikative Element des Korruptionsdiskurses wieder Überhand gewann, die Parteien also nach 1990 mehr Objekte als Subjekte dieses Diskurses waren. Allerdings, und dies ist die eingangs erwähnte Einschränkung, erreichten die französischen Parteien letztlich kaum mehr als einen fragilen Konsens. Der für einen stabilen Konsens konstituierende explizite Wille zur Zusammenarbeit war in Frankreich nie gegeben. Einzig die mit dem Verbot der Unternehmensspenden einhergehende Ausweitung der staatlichen Kandidatenfinanzierung von 1994 wurde mit einer breiten Mehrheit angenommen. Bezeichnenderweise war dies die Reform, die eigentlich von den wenigsten Parlamentariern gewollt wurde. Letztlich war es die ausbleibende strategisch motivierte Kooperation der Parteien, die die Entstehung eines stabilen Konsenses über die staatliche Finanzierung der Parteien verhinderte. Dennoch: Von einem fragilen, auf Kompromissen beruhenden Konsens konnte allemal die Rede sein, standen doch weder die staatlichen Zuwendungen noch ihre Verteilung nach 1988 im Mittelpunkt der Auseinandersetzung über die Finanzierung der Parteien. Da die strategischen Präferenzen der Parteien nahezu unverändert blieben, waren es vor allem die Institutionen (hier namentlich der unerwünschte Vetopunkt der cohabitation) und der Korruptionsdiskurs, die den Konsens der Parteien ermöglich-
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ten. Der größte Einfluss kam sicherlich dem Korruptionsdiskurs zu. Angesichts der zunehmenden Zahl von Finanzierungsskandalen und des Anspruchs der Parteien, das politische Leben zu moralisieren, waren diese nachgerade gezwungen, gemeinsam das System ihrer Finanzierung zu reformieren. Der Rückgriff auf private Mittel (ergo Einnahmen aus Spenden) stellte in Frankreich anders als in Großbritannien keine Option da, weil es keine Tradition des Spendens an Parteien gab. Staatliche Zuwendungen waren also die einzig realistische Alternative zum System der illegalen Finanzierung. Gewollt waren sie von den konkurrenzorientierten französischen Parteien nicht. Für Frankreich lässt sich also sagen, dass nicht allein die Folgen der staatlichen Parteienfinanzierung (wie etwa der Anreiz zur Gründung von Kleinparteien) unbeabsichtigt waren (Clift/Fisher 2005: 249), sondern auch die Einführung der Zuwendungen an sich. Ausgelöst durch einen intensiveren Korruptionsdiskurs und vereinfacht durch den Vetopunkt der cohabitation gelangten die Parteien dennoch zu einem Konsens über ihre staatliche Finanzierung. Dies verdeutlicht nachdrücklich, wie wichtig ein Konsens für die Einführung und Reform der staatlichen Parteienfinanzierung ist.
12 Fazit und Ausblick: Warum Parteienfinanzierungsregimes konvergieren
In dieser Untersuchung konnte ich zeigen, dass die Einführung und Reform der staatlichen Parteienfinanzierung in Deutschland, Schweden, Großbritannien und Frankreich von einem Konsens der im Parlament vertretenen und nicht marginalisierten Parteien abhängt. Ein solcher Konsens wird umso wahrscheinlicher, je mehr institutionelle Entscheidungspunkte den Parteien zur Verfügung stehen, je geringer die Bedeutung des Ziels der Stimmenmaximierung für die Parteien ist und je intensiver der Diskurs über die Korruption in der Politik geführt wird, in dem eine staatliche Parteienfinanzierung als Mittel zur Eindämmung korruptiver Praktiken propagiert wird. Damit konnten nicht allein die zentralen Hypothesen dieser Arbeit bestätigt werden. Dieser empirische Befund stellt gleichzeitig eine erste Antwort auf die bislang ungeklärte Frage dar, wie die Entwicklung von Parteienfinanzierungsregimes vergleichend und multikausal begründet werden kann. Zusätzlich konnte die Analyse von Parteienfinanzierungsregimes auf diesem Wege empirisch wie theoretisch kontextualisiert, d.h. in Beziehung zu anderen Eigenschaften politischer Systeme und zu Erkenntnissen der vergleichenden Politikwissenschaft gesetzt werden. Im Folgenden werde ich darauf eingehen, welcher Verlauf der Reformdiskussion vor allem für Großbritannien, das einzige hier untersuchte Land, in dem das Regime der Parteienfinanzierung aktuell kontrovers diskutiert wird, zu erwarten ist und inwiefern die Ergebnisse dieser Arbeit generalisierbar sind. Zunächst soll jedoch der Einfluss der institutionellen Entscheidungspunkte, der Parteiziele und der Korruptionsdiskurse auf den Konsens der Parteien über ihre staatliche Finanzierung in den einzelnen Ländern sowie der Zusammenhang zwischen diesen Variablen näher erläutert werden. Wie Tabelle 12.1 verdeutlicht, waren in Deutschland vorrangig die institutionellen Entscheidungspunkte und die Ziele der Parteien dafür verantwortlich, dass die Parteien in der Mitte der 1960er Jahre einen stabilen Konsens über ihre staatliche Finanzierung erzielen konnten. In institutioneller Hinsicht war besonders der autonome Entscheidungspunkt des Verfassungsranges der Parteien von Bedeutung, der es den Parteien ermöglichte, den Einfluss anderer institutioneller und gesellschaftlicher Akteure – namentlich des Verfassungsgerichtes – zu beschneiden. Die Parteien konnten sich somit gleichsam autonom für einen kooperativen Wettbewerb entscheiden, der seinen Niederschlag in einer Zurückhaltung gegenüber Stra-
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Fazit und Ausblick
tegien der Stimmenmaximierung fand. Die institutionell abgesicherte Dominanz der deutschen Parteien spiegelte auch der Korruptionsdiskurs, der dem Staat die Aufgabe zuwies, die Parteien durch Zuwendungen vor unlauterem Einfluss, vor allem von Seiten der Unternehmen, zu schützen. Letztlich hätte es dieses Diskurses jedoch für die Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung gar nicht mehr bedurft. Tabelle 12.1:
Der Einfluss der institutionellen Entscheidungspunkte, der Parteiziele und der Korruptionsdiskurse auf den Konsens der Parteien über ihre staatliche Finanzierung Deutschland
Schweden
Großbritannien
Frankreich
Entscheidungspunkte
++
++
-
+/-
Ziele der Parteien
++
+
--
-
+
++
+
++
Korruptionsdiskurse
In Schweden waren es vornehmlich die Verfassungsreform von 1970 und der von den Sozialdemokraten dominierte Korruptionsdiskurs, die Einführung und Reform der staatlichen Parteienfinanzierung ermöglichten. Die Verfassungsreform steigerte die Einflusschancen der bürgerlichen Oppositionsparteien enorm, wertete sie doch im Falle von (faktisch sehr häufig vorkommenden) Minderheitsregierungen die Parlamentsausschüsse von Einfluss- zu Vetopunkten auf. Auch den parlamentarischen Untersuchungskommissionen, die formal zwar bloße Einflusspunkte blieben, kam in diesem Fall ein höheres Gewicht zu. Außerdem resultierte aus der Verfassungsreform ein Anreiz zum verstärkten Streben der bürgerlichen Parteien nach Regierungsteilhabe, was deren Kohäsion erhöhte. Vor 1970 waren die Sozialdemokraten kraft ihrer bemerkenswerten elektoralen und organisatorischen Dominanz in der Lage, insbesondere die konservative Rechtspartei schlicht zu marginalisieren. All dies führte dazu, dass 1972 ein stabiler Konsens über die staatliche Parteienfinanzierung gefunden und gesetzlich festgeschrieben werden konnte. Wenn schon vor 1972 von einem fragilen Konsens in dieser Frage die Rede sein konnte, so lag dies neben der strategischen Übermacht der Sozialdemokraten auch an deren Diskurshoheit. Diese erlaubte es den Sozialdemokraten, die Unternehmensspenden als wichtigste Einnahmequelle der bürgerlichen Parteien dergestalt zu diskreditieren, dass diesen nichts anderes übrig blieb als die staatlichen Zuwendungen zu akzeptieren. In Großbritannien gingen weder vom institutionellen Kontext noch von den strategischen Zielen der Parteien Anreize zu einer Kooperation in Fragen der Parteienfinanzierung aus. Im zentralisierten Westminstermodell konnte die Opposition ihre Ansichten nur in Einflusspunkten einbringen, die mit einer Ausnahme keine Reformen anstoßen konnten. Den Parteien war zudem nicht an einer Kooperation gelegen, hatten sie doch der systemischen Logik gemäß eine Präferenz für das Ziel der Stimmenmaximierung. Angewendet auf Fragen der Parteienfinanzierung hieß
Warum Parteienfinanzierungsregimes konvergieren
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dies, dass der Parteienwettbewerb als arms race inszeniert wurde, in dem outspending des politischen Gegners mehr galt als staatliche Zuwendungen oder Regulierungen. Dass im Jahr 2000 überhaupt eine überaus bescheidene staatliche Parteienfinanzierung eingeführt wurde, lag vorrangig am immer intensiver geführten Korruptionsdiskurs. Die Situation in Frankreich ähnelte lange Zeit der in Großbritannien: Ähnlich wie vom Westminstermodell gingen auch von der bipolaren Institutionenordnung der Fünften Republik keinerlei Impulse zu einer Kooperation der Parteien in Fragen ihrer staatlichen Finanzierung aus. Auch in Frankreich zogen die Parteien Strategien der Stimmenmaximierung vor, wie in Großbritannien scheiterte aus diesen Gründen in den 1970er Jahren die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung. Dass der Parteienwettbewerb in Frankreich heute dennoch ganz überwiegend staatlich finanziert wird, ist vor allem auf zwei Gründe zurückzuführen: zum einen auf die institutionelle Ausnahmesituation der cohabitation, die einen Kooperationsanreiz über die Grenzen der politischen Lager hinweg schuf; zum anderen auf einen immer intensiveren Korruptionsdiskurs, der sich in entscheidender Hinsicht von dem in Großbritannien unterschied. Um diesen Unterschied zu verdeutlichen, gehe ich im Folgenden auf das Verhältnis der unabhängigen Variablen dieser Untersuchung zueinander ein. Da sich die bipolare Grundstruktur der Institutionen und die Ziele der Parteien in Frankreich nicht geändert haben, kann bis heute von einem stabilen Konsens über die staatliche Parteienfinanzierung keine Rede sein. Dies ist ein Indikator dafür, dass diesen Variablen die entscheidende Bedeutung für die Stabilisierung des Konsenses zukommt. Zunächst lässt sich festhalten, dass auch der in Kapitel 5.1 unterstellte Zusammenhang zwischen Entscheidungspunkten, Parteizielen und Korruptionsdiskursen belegt werden konnte. In der Tat führen zwei Wege zu einer Reform der staatlichen Parteienfinanzierung: Einerseits gelingt dies in politischen Systemen mit vielen Entscheidungspunkten, die wiederum Anreize dafür liefern, dass Parteien nach Programmverwirklichung und Regierungsteilhabe streben. In diesem Fall wird der Diskurs über die Korruption in der Politik vornehmlich als koordinativer Diskurs der Parteien geführt, ihm kommt eine geringe unabhängige Wirkung zu. Dieser Logik folgten die Reformen des deutschen und des schwedischen Parteienfinanzierungsregimes.1 Andererseits kann jedoch in politischen Systemen, in denen weder der institutionelle Kontext noch die strategischen Ziele der Parteien einen Konsens wahr1
Die geringe unabhängige Wirkung des koordinativen Korruptionsdiskurses veranschaulicht vor allem das schwedische Beispiel: Trotz eines zunehmenden öffentlichen Diskurses über die Korruption in der Politik wurden dort Transparenzregeln, obwohl 2004 von einer Untersuchungskommission vorgeschlagen, bis heute nicht eingeführt. Die Parteien spielen schlicht eine zu dominante Rolle im Korruptionsdiskurs. Die diskursive Dominanz der Sozialdemokraten folgte aus ihrer organisatorischen und elektoralen Überlegenheit.
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Fazit und Ausblick
scheinlich werden lassen, der Korruptionsdiskurs eine unabhängige Wirkung entfalten. Der Korruptionsdiskurs wirkt also als „Fallschirm“, der vor allem dann eine staatliche Parteienfinanzierung erlaubt, wenn von den Institutionen und den Zielen der Parteien keine Kooperationsanreize ausgehen. Dies war eingeschränkt in Großbritannien der Fall: Hier übte die Öffentlichkeit im vorwiegend kommunikativ geführten Diskurs über die Korruption in der Politik solchen Druck auf die Parteien aus, dass im Jahr 2000 eine bescheidene staatliche Finanzierung und Transparenzregeln eingeführt wurden. Ein wirklicher Pfadwechsel in Fragen der Parteienfinanzierung, wie er sich in Deutschland und Schweden schon in den 1960er Jahren vollzog, wird jedoch in politischen Systemen ohne institutionelle und strategische Kooperationsanreize erst möglich, wenn neben dem kommunikativen auch ein koordinativer Korruptionsdiskurs geführt wird. Dies verdeutlicht das Beispiel Frankreichs: Ähnlich wie in Großbritannien ging hier von der Öffentlichkeit beträchtlicher Druck auf eine Reform des Regimes der Parteienfinanzierung aus. Im Gegensatz zu Großbritannien führten die Parteien in Frankreich zusätzlich unter dem positiv besetzten und integrativen Topos der moralisation de la vie politique einen koordinativen Diskurs über dieses Thema. Dies wiederum ermöglichte – neben der cohabitation2 – die Einführung einer beträchtlichen staatlichen Parteienfinanzierung. In Großbritannien hingegen dominierte der Topos des sleaze die Debatte über die Korruption in der Politik. Ein koordinativer Diskurs, der eine umfassende Reform des Regimes der Parteienfinanzierung bewirkt hätte, konnte jedoch an diesen rein negativ besetzten Begriff nicht anknüpfen. Es hat den Anschein, als wandele sich das vorherrschende Muster der Parteienfinanzierungsreform im Zeitverlauf: Ließ sich die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung in den 1950er und 1960er Jahren noch auf die genuinen Ziele der Parteien und den institutionellen Kontext zurückführen (Deutschland und Schweden), so war es nach 1980 vor allem der Diskurs über die Korruption in der Politik, der – vergleichsweise unabhängig von den strategischen Präferenzen der Parteien – auf die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung hinwirkte (Frankreich, eingeschränkt auch Großbritannien). Diesen Wandel reflektiert auch die gestiegene Bedeutung des internationalen Korruptionsdiskurses (Stichwort GRECO, s. Einleitung). Ob es sich dabei allerdings wirklich um ein Muster handelt, kann erst die Analyse der Reform von Parteienfinanzierungsregimes weiterer Länder zeigen.
2
Das Beispiel der cohabitation verdeutlicht, dass Institutionen und Parteiziele keineswegs immer gleichförmig wirken, dass sie also durchaus separate unabhängige Variable darstellen, die getrennt voneinander analysiert werden müssen. Um solche Ausnahmefälle, in denen Institutionen von ihrer generellen Logik abweichende Wirkungen haben, analytisch fassen zu können, habe ich in dieser Untersuchung das Konzept der Entscheidungspunkte herangezogen.
Warum Parteienfinanzierungsregimes konvergieren
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Wie steht es um die Zukunft des British exceptionalism, von dem in der Einleitung dieser Untersuchung die Rede war? Dass auch die nächste umfassende Reform der Parteienfinanzierung nur im Konsens der Parteien möglich sein wird, gilt Beobachtern heute als ausgemachte Sache: „If there is serious conflict, however, the government risks either running out of time or passing legislation that could be subject to rapid revision should the Conservatives win the next election. The rational and principal response therefore should be to seek consensus“ (Fisher 2008: 124). Ob ein solcher Konsens erzielt werden kann, hängt vom Korruptionsdiskurs ab. Institutionelle Kooperationsanreize sind in Großbritannien ebenso wenig zu erwarten wie Strategiewechsel der Parteien. Grundsätzlich dürfte die Einführung einer substanziellen staatlichen Parteienfinanzierung dennoch mittelfristig sehr wahrscheinlich sein. Der Korruptionsdiskurs wirkt sich schlicht zu negativ auf die Parteien aus, alle relevanten Einnahmequellen stehen unter permanentem öffentlichem Vorbehalt. Das Ende des British exceptionalism scheint an zwei Bedingungen geknüpft zu sein: erstens, ob auch die Konservativen in (vermeintliche oder faktische)3 Skandale verwickelt werden. Momentan richtet sich die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit vor allem auf die Labour Party, gegen die drei Ermittlungsverfahren laufen. Dies sorgt für eine Asymmetrie zwischen den beiden großen Parteien, die einem Konsens abträglich ist, zumal Labour momentan wesentlich größere finanzielle Probleme hat als die Konservativen. Zweitens, ob neben dem kommunikativen in Zukunft auch ein koordinativer Diskurs über die Korruption in der Politik geführt wird. Labour täte gut daran, einen integrativen Topos zu ersinnen, dem sich die Konservativen schwerlich entziehen könnten. Wie verhält es sich mit der in der Einleitung aufgeworfenen Frage, ob Reformen der Parteienfinanzierung eher evolutionär und zufällig oder eher bewusst und intentional verlaufen? Wenig überraschend lassen die vier Fallstudien darauf schließen, dass Parteien die Reform ihrer Finanzierung umso mehr gestalten können, je zentraler ihre Stellung in einem politischen System ist. Diese zentrale Stellung mag institutionell begründet sein wie in Deutschland, kann aber auch ebenso gut aus der elektoralen und organisatorischen Überlegenheit einer Partei (der Sozialdemokraten) folgen wie in Schweden oder ihre Ursache in der institutionellen Dominanz der jeweiligen Regierung(spartei) haben wie in Großbritannien. Einzig in Frankreich, wo keine Partei auch nur über eines dieser Alleinstellungsmerkmale verfügt, scheint die Einführung und Reform einer staatlichen Parteienfinanzierung eher als unbewusste Konsequenz denn als bewusster Schritt der Parteien. Auch dies spricht für die besondere Bedeutung des (kommunikativen ebenso wie des koordinativen) Korruptionsdiskurses in Frankreich. 3
Gerade das britische Beispiel ist illustrativ dafür, dass zwischen einem proaktiven und einem reaktiven Korruptionsdiskurs, wie in Kapitel 4.2 unterstellt, kein wesentlicher Unterschied besteht. Aufgrund der zeitnahen Rechenschaftspflicht treffen Anschuldigungen die Parteien hier unabhängig davon hart, ob diese sich gegen tatsächliches oder vermeintliches Fehlverhalten richten.
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Fazit und Ausblick
Abschließend möchte ich die Frage nach der Generalisierbarkeit der Ergebnisse dieser Fallstudien aufwerfen. Zunächst gilt in diesem Zusammenhang zu ermitteln, inwiefern die einzelnen in den Kapiteln 4 und 5 vorgestellten Indikatoren in der Lage waren, die Ausprägung der Institutionen, der Ziele der Parteien und der Korruptionsdiskurse in den hier untersuchten Ländern zu prognostizieren. Das Vetospielerkonzept war nicht in der Lage, unterschiedliche Anreize institutioneller Arrangements in verschiedenen Politikbereichen zu berücksichtigen. Dies trifft etwa für das schwedische Wahlrecht nach der Verfassungsreform zu, das grundsätzlich eher konfliktverschärfend wirkte, in der Frage der Parteienfinanzierung aber den Konsens der Parteien maßgeblich beförderte. Auch die Muster der Regierungsbildung waren kein zuverlässiger Indikator für die wichtigsten Ziele der Parteien. So war etwa die Stimmenmaximierung in Deutschland von wesentlich geringerer Bedeutung als es die Häufigkeit von minimal winning-Koalitionen erwarten ließ. Die Transparenzregeln sind schließlich ebenfalls kein sicherer Indikator für den Einfluss des Korruptionsdiskurses. Zwar spielte dieser Diskurs etwa in Schweden keine so zentrale Rolle wie beispielsweise in Frankreich oder Großbritannien. Von der Abwesenheit von Transparenzregeln auf einen ausbleibenden Korruptionsdiskurs zu schließen, wäre jedoch ebenfalls verfehlt, konnten doch die Sozialdemokraten in Schweden die bürgerliche Opposition gerade mit ihrer Drohung, auf eine Rechenschaftspflicht für Parteien zu drängen, wenn eine staatliche Parteienfinanzierung nicht eingeführt würde, unter beträchtlichen Druck setzen. Da die Ausprägung der institutionellen Entscheidungspunkte, der Parteiziele und der Korruptionsdiskurse a priori schwerlich zu bestimmen ist, können die Ursachen für die Entwicklung von Parteienfinanzierungsregimes letztlich nur durch eingehende qualitative Analysen ermittelt werden. Dennoch besteht Grund zu der Annahme, dass auch in anderen Ländern ein Zusammenhang zwischen staatlicher Parteienfinanzierung und politischem Wettbewerb besteht. Ausgangspunkt dieser These ist die Tatsache, dass einer der untersuchten Indikatoren mit der Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung zu korrelieren scheint: Die ideologischen Distanzen der Parteien auf der Links-Rechts Achse. In allen hier untersuchten Ländern verringerte sich die Distanz der beiden größten Parteien in der Wahl unmittelbar vor der Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung im Vergleich zu den durchschnittlichen Distanzen bei den Wahlen zwischen 1949 und 2005 (Tabelle 12.2). In allen Ländern außer Frankreich war auch die Distanz der am weitesten voneinander entfernt liegenden Parteien auf der Links-Rechts Achse vor der Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung geringer. Die Ausnahme Frankreichs lässt sich mit der Episode des Verhältniswahlrechts von 1986 erklären, die unmittelbar vor dem ersten Parteienfinanzierungsgesetz dem rechtsextremen Front National den einmaligen Einzug in die Nationalversammlung erlaubte. Zudem fiel die Abweichung mit 0,1 denkbar gering aus. Auch für die anderen Länder aus dem Kreis der in der Einleitung erwähnten 17 westeuropäischen Demokratien lässt sich dieser
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Zusammenhang nachweisen (Tabelle 12.2). Nicht berücksichtigt wurden die Schweiz und Luxemburg, die nach wie vor über keine staatliche Parteienfinanzierung verfügen. Tabelle 12.2: Ideologische Distanzen der Parteien in 15 etablierten Demokratien auf der Links-Rechts Achse (1949-2005) und die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung Länder (Einführung PF bzw. Verabschiedung des Parteiengesetzes)
Deutschland (1967) Schweden (1972) Großbritannien (2000) Frankreich (1988) Niederlande (1999) Belgien (1989) (a) Österreich (1975) Finnland (1967) Norwegen (1970) Dänemark (1987) Irland (1998) Italien (1974) Spanien (1978) Portugal (1983) Griechenland (1984) ø
insgesamt
große Parteien 2,0 3,9 2,7 3,5 2,5 2,3 2,8 1,7 3,6 4,7 1 1,4 1,6 1,7 4,7 2,7
max. Distanz 2,7 6,3 3,0 4,9 4,7 2,5 3,2 4,3 5,3 6,3 4,3 3,3 3,9 4,9 5 4,3
vor Einführung der PF bzw. Verabschiedung des Parteiengesetzes große max. Parteien Distanz 0,9 0,9 3,0 5,7 1,8 2,1 2,7 5,0 2,1 4,6 1,8 1,6 2,4 2,4 1,2 3,2 3,3 3,8 4,1 6,1 0,1 4,2 1,5 1,6 1,7 4,6 1,7 5,6 4,6 4,6 2,2 3,7
Differenz
große Parteien -1,1 -0,9 -0,9 -0,8 -0,4 -0,5 -0,4 -0,5 -0,3 -0,6 -0,9 0,1 0,1 0 -0,1 -0,5
max. Distanz -1,8 -0,6 -0,9 0,1 -0,1 -0,9 -0,8 -1,1 -1,5 -0,2 -0,1 -1,7 0,7 0,7 -0,4 -0,6
Eigene Berechnungen auf Basis der Auswertung der Wahlprogramme durch Franzmann/Kaiser 2006. Fettgedruckte Werte in den beiden letzten Spalten geben an, dass die Distanzen der Parteien wie erwartet vor der Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung bzw. eines Parteiengesetzes unterdurchschnittlich waren. (a) Für Belgien wurden Durchschnittwerte der in Flandern und Wallonien getrennt antretenden Parteien zugrunde gelegt.
In nahezu allen anderen Ländern waren die ideologischen Distanzen sowohl der beiden größten als auch der am weitesten voneinander entfernten Parteien bei der Wahl, die der Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung bzw. eines Parteiengesetzes unmittelbar vorausging, geringer als im Durchschnitt der demokratischen Wahlen zwischen 1949 und 2005. Das einzige Land, für das sich dieser Zu-
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Fazit und Ausblick
sammenhang nicht aufzeigen lässt, ist Spanien.4 Die Abweichung Spaniens kann dadurch erklärt werden, dass eine staatliche Parteienfinanzierung in Spanien unmittelbar nach dem Systemwechsel eingeführt wurde. Das spanische Parteiensystem war nach der ersten freien Wahl noch zu fluide, um unterdurchschnittliche Polarisierungswerte aufweisen zu können. Ähnliches gilt für die auf der Links-Rechts Achse am weitesten voneinander entfernt liegenden Parteien in Portugal, ein Land, in dem die staatliche Parteienfinanzierung ebenfalls relativ kurze Zeit nach dem Systemwechsel eingeführt wurde. Für die Wahl unmittelbar nach der Einführung der staatlichen Parteienfinanzierung weist Portugal unterdurchschnittliche Polarisierungswerte von 0,8 (größte Parteien) und 4,8 (maximale Distanz) auf. Was lässt sich aus diesem Befund schließen? Sicherlich kein Zusammenhang zwischen bestimmten Variablen und der Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung. Die Distanzen auf der Links-Rechts Achse lassen sich nicht eindeutig einer der hier gewählten Variablen zuordnen. Sie können sowohl durch Veränderungen des institutionellen Kontextes oder der Ziele der Parteien als auch durch situationsbedingte Faktoren (von denen der Korruptionsdiskurs nur ein einziger ist) hervorgerufen worden sein. Es handelt sich also allein um Korrelationen, nicht um bestimmbare Kausalbeziehungen. Da sich die ideologischen Distanzen jedoch in nahezu allen westeuropäischen Demokratien vor der Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung verringerten, kann davon ausgegangen werden, dass eingehende qualitative Analysen der übrigen Länder ähnliche Kausalbeziehungen zwischen institutionellen Entscheidungspunkten, Parteizielen und Korruptionsdiskursen zutage fördern würden wie in den hier untersuchten Ländern. Damit ist nicht gesagt, dass die anderen in Kapitel 3 referierten Begründungen für die Einführung einer staatlichen Parteienfinanzierung keine Rolle spielen. Allerdings gehe ich davon aus, dass die beiden in dieser Untersuchung aufgezeigten Kombinationen von Entscheidungspunkten, Parteizielen und Korruptionsdiskursen ausreichen, um die Einführung und Reform der staatlichen Parteienfinanzierung auch in anderen Ländern zu erklären. Letztlich kann dies jedoch nur durch weitere empirische Analysen ermittelt werden. Der in dieser Untersuchung aufgezeigte Zusammenhang zwischen der staatlichen Parteienfinanzierung und dem politischem Wettbewerb verdeutlicht, dass Reformen der Parteienfinanzierung nicht unabhängig von anderen Reformen des politischen Wettbewerbs, allen voran des Wahlrechts, betrachtet werden können. Diese zentrale Erkenntnis lässt wiederum Rückschlüsse zu auf die Ursachen der in der Einleitung erwähnte Konvergenz von Parteienfinanzierungsregimes: Abstrakt 4
Zudem fiel die Abweichung der beiden großen Parteien in Italien mit 0,1 ähnlich gering aus wie in Frankreich. In Italien wurde die staatliche Parteienfinanzierung 1993 wieder abgeschafft. Bei der unmittelbar vorangegangenen Parlamentswahl verhielten sich die ideologischen Distanzen der Parteien wie erwartet: Die Distanz der beiden größten Parteien lagen leicht überdurchschnittlich bei 1,5 und die maximale Distanz weit überdurchschnittlich bei 5,4.
Warum Parteienfinanzierungsregimes konvergieren
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ist der Siegeszug der staatlichen Parteienfinanzierung nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass sich Politik in einem durch ein immer höheres Maß an Komplexität geprägten Umfeld vollzieht. Wie die Fallstudien zu Deutschland, Schweden, Großbritannien und Frankreich illustrieren, kann der Konsens der Parteien über ihre staatliche Finanzierung Folge von so verschiedenen Phänomenen sein wie Verfassungsreformen, dem Wunsch der Parteien, ihre Koalitionsoptionen zu erweitern, oder einem intensiven Diskurs über die Korruption in der Politik. Die in der Einleitung erwähnten Bestrebungen, internationale Antikorruptionsregimes zu errichten, sind ein Anzeichen dafür, dass insbesondere der Korruptionsdiskurs in den letzten 15 Jahren an Intensität gewonnen hat. In der Tat spielte diese Variable bei den beiden Nachzüglern dieser Untersuchung, Großbritannien und Frankreich, eine einflussreiche Rolle. Vor diesem Hintergrund erscheint es verkürzt, die staatliche Parteienfinanzierung in den Ruch der Selbstbedienung und der zielgerichteten Manipulation des politischen Wettbewerbs zu stellen. Mindestens ebenso sehr ist sie Konsequenz von Herausforderungen, vor denen alle Staaten stehen und die generell zu einer Hinwendung zu verhandlungs- und kompromissorientierten Politikstilen führen, etwa der ökonomischen Globalisierung und der zunehmenden Fragmentierung von Gesellschaften (Kaiser 2000b: 22 f.). Diese Anreize für verhandlungs- und kompromissorientierte Politikstile befördern mittelbar auch den Konsens der Parteien über ihre staatliche Finanzierung und damit die zunehmende Konvergenz von Parteienfinanzierungsregimes.
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