Thomas von Eggelkraut-Gottanka
Kommunikation in Forschung und Entwicklung
GABLER RESEARCH
Innovation und Entreprene...
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Thomas von Eggelkraut-Gottanka
Kommunikation in Forschung und Entwicklung
GABLER RESEARCH
Innovation und Entrepreneurship Herausgegeben von Professor Dr. Nikolaus Franke, Wirtschaftsuniversitiit Wien, Professor Dietmar Harhoff, Ph.D., Unlversltat Munchen, und Professor Dr. Joachim Henkel, Technische Unlversltat Munchen
Innovative Konzepte und unternehmerische Leistungen sind fur Wohlstand und Fortschritt von entscheidender Bedeutung. Diese Schriftenreihe vereint wissenschaftliche Arbeiten zu diesem Themenbereich. Sie beschreiben substanzielie Erkenntnisse auf hohem methodischen Niveau.
Thomas von Eggelkraut-Gottanka
Kommunikation in Forschung und Entwicklung Konzeption, Messung und empirische Analyse Mit einem Geleitwort von Prof. Dietmar Harhoff, Ph. D.
•
GABLER
RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet Ober abrufbar.
Dissertation Ludwig-Maximilians-Universitat MOnchen, 2010
1. Auflage 2010 Aile Rechte vorbehalten © Gabler Verlag I Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010 Lektorat: Ute Wrasmann I Jutta Hinrichsen Gabler Verlag st eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science-Business Media. www.gabler.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschOtzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfi:iltigungen, Obersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden dOrften. Umschlaggestaltung: KOnkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2221-2
Geleitwort Kommunikation ist fur den Erfolg von Forschungs- und Entwicldungstiitigkeit von zentraler Bedeutung. Individuen sind auf Komrnunikation angewiesen, urn Wissen auszutauschen und neue Problemlosungen zu erarbeiten. Der personlichen Komrnunikation komrnt in der Forschung und Entwicldung eine besonders wicbtige Rolle zu, da diese Bereiche durch begrenzte Kodifizierbarkeit und zugleicb hobe Komplexitat und Kurzlebigkeit des Wissens gekennzeichnet sind. Das Komrnunikationsverhalten von Individuen steht im Mittelpunkt einer Vielzahl von wissenschaftlichen Untersuchungen. Empirische Studien sehen sich jedoch stets mit der Herausforderung konfrontiert, objektive Daten zu erheben. Herr von Eggelkraut-Gottanka entwickelt in seiner Dissertation einen iiberaus innovativen Ansatz, um raumliche Nahe von Individuen zu identifizieren und unter Beriicksichtigung des Ortes und der Dauer der zeitgleichen Prasenz auf Kommunikationsvorgange zu schlieBen. Fiir seine Analyse nutzt er EchtzeitPositionsdaten, eine objektive und dariiber hinaus zeitlich sowie raumlich beliebig skalierbare Datenquelle. Dies ist ein fur die Komrnunikationsforschung grundlegend neuer methodischer Ansatz. Auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse befasst sich Herr von EggelkrautGottanka anschlieBend im Rahmen einer multivariaten Analyse mit den Deterrninanten der Komrnunikationswahrscheinlichkeit. Im Besonderen geht er auf den Zusammenhang zwischen der raumlichen Trennung von Individuen und ihrer Kommunikationswahrscheinlichkeit ein. Die Dissertation von Herro von Eggelkraut-Gottanka liefert einen iiberaus ideenreichen, methodiscb und inhaltlich fundierten Beitrag zur Komrnunikationsforscbung. Die empirischen Befunde der Untersuchung werden die Diskussion zur zwischenmenschlichen Komrnunikation in Wissenschaft und Praxis zweifellos anregen. Dariiber hinaus leistet die Arbeit einen grundlegenden methodischen Beitrag, der fur zukiinftige empirische Untersuchungen auf Grundlage von Echtzeit-Positionsdaten von sehr hoher Relevanz ist. Die Dissertation von Herro von Eggelkraut-Gottanka ist deswegen fur Wissenschaft und Praxis eine gleichermaBen wertvolle und anregende Lektiire. Prof. Dietmar Harhoff, Ph.D. Vorstand des lnstituts flir Innovationsforschung, Technologiemanagemeni und Entrepreneurship Ludwig-Maximilians-Universiuu Muncben
Vorwort Die vorliegende Dissertation entstand wahrend meiner Tatigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Institut fur Innovationsforschung, Tecbnologiemanagement und
Entrepreneurship (INNO-tec) der
Fakultat fur
Betriebswirtschaft der
Ludwig-
Maximilians-Universitat Mtmchen. Viele Menschen aus dem privaten und akademiscben Umfeld haben auf unterschiedliche Weise zum Gelingen der Arbeit beigetragen. Ihnen mochte ich hiermit danken. Mein erster Dank gilt meinem Doktorvater, Professor Dietrnar Harhoff, Pb.D .. Seine gewahrte Unterstiitzung und sein Rat ermoglichten mir die Anfertigung dieser wissenschaftlichen Arbeit. Besonders mochte ich Professor Harhoff fur die lehrreichen und ereignisreichen zwei Jahre danken, in denen ich als Dekanatsassistent fur ibn tatig war. Diese Tatigkeit hat meine Zeit an der Universitat maBgeblich gepragt und bereichert. FUr die Ubemahme des Koreferats danke ich Herrn Professor Tobias Kretschmer, der mich wahrend des Promotionsstudiums ,,Master of Business Research" (MBR) und der Promotion begleitete. Wiihrend der Promotion haben mich viele Freunde und Kollegen fachlich und menschlich unterstiitzt. Einen besonderen Dank mochte ich meiner ehemaligen Kollegin Dr. Karin Hoisl aussprechen. Wahrend meines Studiums an der Ludwig-Maximilians Universitat war ich als wissenschaftliche Hilfskraft fur sie tatig, Karin hat meine Zeit am INNO-tec von Beginn an begleitet und stand mir wahrend Promotion zu jeder Zeit mit Rat und Tat zur Seite. Ich danke Karin fur die vielen Gesprache, die maBgeblich zum Gelingen der Arbeit beigetragen haben. Dr . Carolin Haussler iibernabm von Seiten der Habilitanden die Betreuung meiner Forschung. Ihr mochte ich herzlich fur die stete Unterstiitzung danken. Dr. Philipp Sandner und Lars Ullerich danke ich fur ihre Freundschaft und die unzahligen personlichen und fachlichen Gespriiche. Wir absolvierten gemeinsam das Promotionsstudium, hielten Lehrveranstaltungen und nutzten die verschiedensten Moglichkeiten, das Leben als Doktorand mit auBeruniversitaren Untemehmungen femab der Wissenschaft zu bereichem. Ebenfalls danke ich Professor Georg von Graevenitz, Ph.D. und Herrn Dr. Stefan Wagner fur ihre wertvolle Unterstiitzung
in den vergangenen Jahren. Stefan, auch unsere gemeinsamen Bergtouren mochte ich nicht missen. Mein herzlicher Dank geht auch an meine weiteren ehemaligen Kollegen am Institut, Dr. Martin Heibel, Michael Natterer, Matthias Potzl, Robert Redweik, Volker Riirup, Celine
vm Schulz, Nina Schiessl, Maria Soltau, Roland Stiirz, Jeannine Siitterlin, Alexander Suyer, Hortense Tarrade und Richard Weber. Unserer Sekretiirin Frau Rosemarie Wilcox danke ich fur die sehr gute Zusammenarbeit. In meiner zweijahrigen Tatigkeit als Dekanatsassistent habe ich durch das Dekanat, die
Geschaftsfuhrung des Departments fiir Betriebswirtschaft und das Priifungsamt uneingeschrankte Unterstiitzung erfahren. Mein besonderer Dank fiir die hervorragende Zusarnmenarbeit gilt Frau Eva Lebert, Frau Dr. Anke Jaros-Sturhahn, Frau Dr. Andrea Boos, Frau Dr. Karin Stenke, Frau Elisabeth Leeb und Frau Monika Rocklmeier, Bei Robert Bolz, Norbert Heinzl und Thomas Michalski bedanke ich mich stellvertretend bei allen studentischen Hilfskraften, die in den vergangenen Jahren fur mich tatig waren. Des Weiteren gilt mein Dank Herrn Thomas Blaser von der Universitat Miinchen I Universitat Wiirzburg fiir seine wertvolIe Einfiihrung in den Umgang mit dem Geografischen Informationssystem. Allen weiteren
hier nicht genannten Kolleginnen und Kollegen der Universitat Miinchen, insbesondere meinen Mitstreitern aus dem Promotionsstudium, sei ebenfalls herzlich fur Diskussionen und die vielfaltigen Unternehrnungen gedankt Da die namentliche Nennung des Kooperationspartners die Vertraulichkeit der Untersuchung tiberschreiten wiirde, mochte ich in allgemeiner Form meinen herzlichen Dank aussprechen. Die zur Verfiigung gestellten Echtzeit-Positionsdaten bilden die Grundlage fur die vorliegende Untersuchung. Fiir die Forderung meines Forschungsaufenthalts an der Wirtschaftsuniversitat Luigi Bocconi, Mailand, spreche ich der europaischen Forschungsinitiative COST und meinem gastgebenden Professor, Professor Stefano Breschi, meinen Dank aus. Meiner Freundin mochte ich fur ihren Rat und ihre liebevolle Begleitung danken. Ein ganz besonderer Dank gebiihrt meinen Eltem, Geschwistem, GroBeltern und meinem Onkel, Professor Wolfgang Weigand. Sie haben mir stets jegliche Unterstiitzung zukomrnen lassen und mich darin bestarkt, den gewiihlten Weg zu gehen. Ich widrne diese Arbeit meinem GroBvater,Studiendirektor Dr. Leonhard Weigand.
Thomas von Eggelkraut-Gottanka
Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis
XI
Tabellenverzeichnis
XIII
Abkiirzungsverzeichnis
XV
2
Einleitung
1
1.1
Problemstellung und Motivation
1
1.2
Forschungsbeitrag und Forschungsfragen
4
1.3
Gang der Untersuchung und Aufbau der Arbeit..
6
Stand der Forschung und theoretische Grundlagen
8
2.1
8
Literaturiiberblick 2.1.1 Kommunikationsbegriff
8
2.1.2 Kommunikation gemiiB der Wissenschaftstheorie
9
2.1.3 Analyse von Kommunikation
13
2.1.4 Determinanten der Kommunikationswahrscheinlichkeit...
16
2.1.4.1 RJi.umliche Nahe
2.2
3
19
2.1.4.3 Ableitung von Hypothesen
21
Methodik
24
2.2.1 Herkommliche Methoden der Datenerhebung
24
2.2.2 Echtzeit-Lokalisierungssystem
29
Konzeption und Methodik
34
3.1
Untersuchungsumfeld
34
3.2
Beschreibung der Datenerhebung und der Datengrundlage
37
3.2.1 Positionsdaten
37
3.2.1.1 Technische Grundlagen 3.2.1.2 Datenerhebung 3.3 4
16
2.1.4.2 Ahnlichkeit
37 39
3.2.2 Personendaten
40
Netzwerkmetriken
41
Erfassung und Aufbereitung der Positionsdaten
43
4.1
Aufbau eines Paneldatensatzes
43
4.2
Raumliche Verortung der Positionsdaten
47
4.3
Identifikation der Kommunikationsvariablen
50
4.3.1 Ausgangslage
50
4.3.2 Analyseverfahren
52
x 4.4 5
Berechnung der riiumlichen Distanz
Determinanten der Kommunikationswahrscheinlichkeit..
59
5.1
Qualitative Vorstudie
59
5.2
Analyse auf Akteursebene
63
5.2.1 Variablen
63
5.2.1.1 Personen- und raumbezogene Merkmale
63
5.2.1.2 Kommunikationsvariablen
72
5.2.2 Raumliche Verteilung der Positionen
5.3
5.2.2.1 Visualisierung der Positionen
76 78
Analyse auf Dyadenebene
84
5.3.1 Operationalisierung der Variablen
84
5.3.1.1 Abhangige Variable
84
5.3.1.2 Unabhangige Variablen
85 88
5.3.2.1 Abhangige Variable
89
5.3.2.2 Unabhiingige Variablen
91
5.3.3 Kornmunikationswahrscheinlichkeit nach Allen (1974) 5.3.4 Multivariate Analyse
98 104
5.3.4.1 Schiitzverfahren
104
5.3.4.2 Analyse
107
5.3.4.3 Empirische Befunde 7
76
5.2.2.2 Quantitative Betracbtung
5.3.2 Deskription
6
55
111
Bewertung des Forschungsansatzes
117
Zusammenfassung und Ausblick
123
7.1
Zusammenfassung der Untersuchung
123
7.2
Grenzen der Untersuchung
129
7.3
Weiterfiihrende Forschung
130
Literaturverzeichnis
133
Anhang A
147
Anhang B
149
Anhang C
153
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 2.1:
Wirkungsstruktur des Bezugsrahmens
23
Abbildung 3.1:
Grundriss des vierten Stockwerks
35
Abbildung 3.2:
Schematische Darstellung eines Netzwerkes
41
Abbildung 4.1:
Speicherfrequenz der Positionsdaten
45
Abbildung 4.2:
Raumbereiche des vierten Stockwerks
48
Abbildung 4.3:
Argumentationslinie des Forschungsansatzes
52
Abbildung 4.4:
Schematische Darstellung des verorteten Paneldatensatzes
53
Abbildung 5.1:
Alter auf Akteursebene
63
Abbildung 5.2:
Ausbildungsrichtung auf Akteursebene
64
Abbildung 5.3:
Promotion nach Personengruppen auf Akteursebene
65
Abbildung 5.4:
Personengruppe auf Akteursebene
67
Abbildung 5.5:
Aggregierte Priisenzzeit auf Akteursebene
73
Abbildung 5.6:
Aggregierte Kommunikationszeit auf Akteursebene
73
Abbildung 5.7:
Kommunikationswahrscheinlichkeit auf Akteursebene
75
Abbildung 5.8:
Pixelmodell des vierten Stockwerks
76
Abbildung 5.9:
Pixelmodell des vierten Stockwerks differenziert nach Individuen
77
Abbildung 5.10:
Rastermodell des vierte Stockwerk
78
Abbildung 5.11:
Aggregierte Kommunikationszeit auf Dyadenebene
89
Abbildung 5.12:
Aggregierte zeitgleiche Priisenzzeit auf Dyadenebene
90
Abbildung 5.13:
Kommunikationswahrscheinlichkeit auf Dyadenebene
91
Abbildung 5.14:
Distanz auf Dyadenebene
92
Abbildung 5.15:
Kommunikationswahrscheinlichkeit nach Allen (1974)
98
Abbildung 5.16:
Distanzintervallspezifische Kommunikationswahrscheinlichkeit in AnIehnung an Allen (1974) - Keine Mindestkommunikation .... 100
Abbildung 5.17:
Distanzintervallspezifische Kommunikationswahrscheinlichkeit in AnIehnung an Allen (1974) - Wochentliche Kommunikation
100
Abbildung 5.18:
Ernpirische Befunde zum Hypothesensystem
115
Abbildung 6.1:
Pixelmodell des vierten Stockwerks - Eingeschrankte Ortung
120
XII Abbildung A.l:
Raumbereiche des ersten Stockwerks
147
Abbildung A.2:
Raumbereiche des zweiten Stockwerks
147
Abbildung A.3:
Raumbereiche des dritten Stockwerks
148
Abbildung B.l:
Pixelmodell des ersten Stockwerks
150
Abbildung B.2:
Pixelmodell des zweiten Stockwerks
150
Abbildung B.3:
Pixelmodell des dritten Stockwerks
151
TabeUenverzeichnis
TOOelle 2.1:
Literaturtiberblick - Untersuchungen von Kommunikation in FuE
26
Tabelle 2.2:
Literaturtiberblick - Untersuchungen auf Basis von Positionsdaten
32
Tabelle 4.1:
Haufigkeit der Dyaden nach Personengruppenzugehfuigkeit der Dyadenpartner
58
TOOelle 5.1:
Ausbildung srichtung nach Wissenschaftlem und Industrieexperten
68
TOOelle 5.2:
Verteilung der Personengruppen nach Stockwerke
69
TOOelle 5.3:
Deskriptive Statistiken auf Akteursebene
71
Tabelle 5.4:
Deskriptive Statistiken zu Kommunikationsvariablen auf Akteursebene
72
Tabelle 5.5:
Aggregierte Kommunikationszeit nach Personengruppen
74
TOOelle 5.6:
Haufigke it der Positionsmeldungen nach Raumbereiche
79
TOOelle 5.7:
Relative Haufigkeit der Positionsmeldungen nach Personengruppen und Raumbereiche
Tabelle 5.8:
Haufigkeit der Positionsmeldungen im Raumbereich .A ufenthaltsraum" nach Stockwerke
Tabelle 5.9:
80 82
Haufigkeit der Positionsmeldungen im Raumbereich .Aufenthaltsraum" nach Personengruppen
82
Tabelle 5.10: Deskriptive Statistiken auf Dyadenebene
88
Tabelle 5.11: Distanz nach vertikaler Trennung
93
Tabelle 5.12: Korrelationstabelle der abhangigen und unabhiingigen Variablen
96
Tabelle 5.13 : Variance Inflation Factors
97
Tabelle 5.14: Distanzintervallspezifische Kommunikationswahrscheinlichkeit in Anlehnung an Allen (1974) - Keine Mindestkommunikation
102
Tabelle 5.15 : Distanzintervallspezifische Kommunikationswahrscheinlichkeit in Anlehnung an Allen (1974) - Wochentliche Kommunikation
103
TOOelle 5.16: Intervallregression mit robusten StandardfeWem I
109
TOOelle 5.17: Intervallregression mit robusten Standardfehlern II
110
Tabelle 6.1:
Vergleichende Darstellung der Erhebungsmethoden
122
XN Tabelle B.1: Deskriptive Statistiken fur Wissenschaftler und Industrieexperten auf Akteursebene
149
Tabelle B.2: Haufigkeit der Positionsmeldungen nach Raumbereiche und Personengruppen
152
Tabelle C.1: Aggregierte Kommunikationszeit auf Dyadenebene
153
Tabelle C.2: Aggregierte zeitgleiche Prasenzzeit auf Dyadenebene
153
Tabelle C.3: Kommunikationswahrscheinlichkeit auf Dyadenebene
154
Tabelle C.4: Distanz auf Dyadenebene
154
Abkiirzungsverzeichnis
Anm. d. Verf.
Anmerkung des Verfassers
D
Dummy-Variable
d.h.
das heiBt
EFI
Expertenkommission Forschung und Innovation
et al.
und andere
EU
Europaische Union
f.
folgende
if.
fortfolgende
FuE
Forschung und Entwicklung
GHz
Gigahertz
GIS
Geographisches Infonnationssystem
H
Hypothese
Hrsg.
Herausgeber
lCA
International Communication Association
Inc.
Incorporation
IT
Inforrnationsteehnologie
Korr.
Korrelation
Max.
Maximum
Min.
Minimum
mm
Millimeter
NIW
Niedersachsisches Institut fiir Wirtschaftsforschung
Nr.
Nummer
OECD
Organisation for Economic Co-operation and Development
QAP
Quadratic Assignment Procedure
XVI R&D
Research & Development
RTLS
Real-Time Locating System
S.
Seite
SD
Standardabweichung
vgl.
vergleiche
VIF
Variance Inflation Factor
Vol.
volume
WLAN
Wireless Local Area Network
1 Einleitung
1.1
Problemstellungund Motivation
Kommunikation pragt Organisationen. Sie bildet tiber ihre Informations- und Koordinationsfunktion die Grundlage fiir das arbeitsteilige und spezialisierte Wirtschaften (Allen 1986; Picot et aI. 1997: 1 ff.). Des Weiteren ermoglicht die Kommunikation neben dern Austausch von existierenden Wissenselementen die Schaffung neuen Wissens. Allen (2007) betont in diesern Zusarnmenhang die groBe Bedeutung der personlichen Kornrnunikation fiir die Kreativitat, Nach DaftJLengel (1983) und Nonaka (2004) spielt die personliche Kommunikation eine entscheidende Rolle beirn Transfer komplexer Informationen und der Urnwandlung von tazitern Wissen in explizites Wissen. Die Managementliteratur spricht in diesem Zusarnmenhang auch von der Rekornbination von bestehendern Wissen, das zu Innovationen, also zu rnarktflihigen neuen Produkten (Brockhoff 1999: 35 ff.), fuhren kann (Hargadon! Sutton 1997; RosenkopflNekar 2001) . Ein Bereich, der im Besonderen mit der Wissensproduktion befasst ist, ist die Forschung und Entwicklung (FuE). Sie umfasst "alle schopferischen Arbeiten, welche in einer systematischen Art und Weise untemommen werden, urn das Wissen zu vertiefen oder neue Erkenntnisse zu erlangen".' Forschungs- und entwicklungsintensive Wirtschaftszweige sind heute die tragende Saule der volkswirtschaftlichen Entwicklung. In der Bundesrepublik Deutschland sind im Zeitraum von 1993 bis 2007 beinahe 80% des realen Produktionszuwachses der Industrie auf den forschungs- und entwicklungsintensiven Sektor zuriickzuflihren. Von 2003 bis 2007 stieg die Produktion in forschungsintensiven Industrien irn Schnitt jahrlich urn 6,9%; in den tibrigen Industrien betrug die Wachstumsrate 3,1%. 1m Jahr 2007 entfielen bereits 54% der Industrieproduktion auf den forschungsintensiven Sektor (GehrkeILegler 2009: 11). Eine Schlusselrolle fiir diese Entwicklung kommt den FuE-Aktivitiiten in privatwirtschaftlichen und offentlichen Institutionen zu. Dariiber hinaus gewinnt auch die strategisch ausgerichtete
, "Research and experimentaldevelopment(R&D) comprisecreative work undertakenon a systematic basis in order to increase the stock of knowledge,including knowledge of man, culture and society, and the use of this stock of knowledge to devise new applications." (OECD 2002: 30). Auszug in deutscher Sprache unter http://www.sbf.admin.chlhtmldokumentationlpublikationen Iforschunglfrascati-d.pdf, Abfragedatum: 28.09.2009.
2
Kapitel 1: Einleitung
Zusammenarbeit privater und offentlicher Partner an Bedeutung.' Als Beispiel einer derartigen Kooperation sind FuE-Einrichtungen zu nennen, die gemeinsam von einer Universitiit und einem Untemehmen betrieben werden (Lambert 2003; Bostrom et al. 2009). Die Grundlage fur den beabsichtigten Wissenstransfer ist eine funktionierende Kommunikation. Die Bedeutung von Kommunikation fur den wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Erfo1g ist in zahlreichen Untersuchungen dokumentiert worden (PelzlAndrews 1976; McDonough 2000; HoegllGemuenden 2001). Bin weiterer Erkenntnisgegenstand in der Literatur ist das Kommunikationsverhalten von FuE-Mitarbeitem. So befassen sich etliche Untersuchungen mit dem Einfluss raumlicher Rahm.enbedingungen auf das Kommunikationsverhalten. Allen (1977; 2007) kommt zu dern Ergebnis, dass mit steigender Distanz zwischen den Personen die Wahrscheinlichkeit von Kommunikation sinkt. Boutellier et al. (2008) zeigen auf, dass eine architektonisch offene
Biiroraumarchitektur die
Haufigkeit direkter Kommunikation
befordert, Der positive Zusarnmenhang zwischen raumlicher Nahe und Kommunikations-
wahrscheinlichkeit findet in der Theorie der raumlichen Nahe seinen Niederschlag (Allen 1977; Sundstrom et al. 1980). So argumentieren Monge et al. (1985) und FayardIWeeks (2007) , dass mit raumlicher Nahe eine gefiih1te soziale Obliegenheit verbunden ist, miteinander in Kontakt zu treten. Der Austausch zwischen den Mitgliedem flihrt zur Bildung unterschiedlicher formeller und informeller Kommunikationsstrukturen, die eine Organisation pragen (Aalbers et al. 2004; Allen et al. 2007). Empirische Untersuchungen zum Kommunikationsverhalten sehen sich stets mit der Herausforderung der Datenerhebung konfrontiert. Die personliche und die schriftliche Befragung stellen bisher die primaren Erhebungsmethoden dar (Hargie/Tourish 2000; Downs!Adrian 2004). Die Befragung ermoglicht es, Details zum Kommunikationsverhalten zu erfassen. So konnen Kommunikationsinhalte und die Motive fur den Austausch erfragt werden. Die Datenqualitiit hangt jedoch von der Fahigkeit und der Bereitschaft der Befragten ab, ihr Kommunikationsverhalten zu reflektieren (Rubenstein 1953). Da Befragungsdaten auf der Selbstauskunft der Befragten beruhen, sind sie dartiber hinaus subjektiv und gegebenenfalls durch ein sozial erwlinschtes Antwortverhalten verfalscht (Bortz/Doring 1995: 228 ff.). Weitere Methoden der Datenerhebung sind die personenbasierte und die kamerabasierte Beobachtung (Bortz/Doring 1995: 241; FayardIWeeks 2007; Boutellier et al. 2008). Die
2
Vgl. auch EFI (2009: 41 ft.).
Kapitel 1: Einleitung
3
Beobachtung ermoglicht es, detaillierte Einblicke in die beobachtbaren Dimensionen des Kommunikationsverhaltens zu gewinnen. Dazu zahlen beispielsweise der Ort und die Dauer eines Kommunikationsvorganges. Die Beobachtung ist aber auf eine Sichtlinie zwischen dem Beobachter und dem Beobachteten angewiesen. Sie ist deswegen riiumlich nur begrenzt skalierbar und in Abhangigkeit von den architektonischen Rahmenbedingungen tiberaus personalintensiv. Besonders die Aufbereitung von Videoaufzeichnungen erfordert umfassenden Personaleinsatz. Mit den Entwicklungen in der drabtlosen Funktechnologie bietet sich eine neue Methode der Datenerhebung. Echtzeit-Lokalisierungssysteme (RTLS) ermoglichen es, die Aufenthaltsorte von Personen und Objek:ten in Gebauden tiber die Zeit zu ermitteln und zu dokumentieren. Diese Erhebungsmethode zeichnet sich dUTCh ihre raumliche und zeitliche Skalierbarkeit und die Objektivitlit der gewonnenen Daten aus (Skogster et aI. 2008). Echtzeit-Positionsdaten baben in der wirtscbaftswissenscbaftlichen Literatur bisher nur in Untersuchungen zum Konsumentenverhalten Eingang gefunden: Sorensen (2003) und Larson et al. (2005) untersuchen das Laufverhalten von Kunden in Supermarkten. Uotila et aI. (2007) und Skogster et aI. (2008) schlieBentiber die Aufenthaltsorte von Kunden auf die Attraktivitlit von Verkaufsbereichen und der dort ausgestellten Warengruppen. Uber Positionsdaten lasst sich zudem ermitteln, ob sich Personen zur gleichen Zeit in unmittelbarer raumlicher Nahe zueinander aufhielten. Da direkte gesprachsbasierte Kommunikation stets mit der zeit- und ortgleichen Prasenz der Gesprachspartner verbunden ist, sind EchtzeitPositionsdaten eine vielversprechende groBzahlige Datenquelle, derartige Kommunikation approximativ zu erfassen. Dieser Aufgabe wendet sicb die vorliegende Untersuchung zu.
4
Kapitel I: Einleitung
1.2
Forschungsbeitrag und Forschungsfragen
Die Untersuchung verfolgt das Ziel, einen methodische und einen inhalt1ichen Beitrag zur Kommunikationsforschung zu liefern. Zum Ersten sollen Echtzeit-Positionsdaten als eine objektive und skalierbare DatenquelJe zur
Identifikation und Analyse potenzieller gesprachsbasierter Kommunikation vorgestelJt werden. Hierfiir wird ein Analyseansatz entwickelt Bei der gewiihlten MeB- und Analysemethode handelt es sich urn die erste ihrer Art, die eine Kommunikationsanalyse auf Grundlage eines groBzahligen, objektiven Datensatz ermoglicht, SchlieBlich werden die Datenquelle und der Forschungsansatz vor dem Hintergrund der gewonnenen Erkenntnisse bewertet, urn Implikationen flir den weiteren Einsatz von Echtzeit-Positionsdaten im Rahmen einer Kommunikationsstudie abzuleiten. Des Weiteren soli die vorliegende Untersuchung einen inhalt1ichen Beitrag zur Kommunikationsforschung liefem. Im Mittelpunkt der empirischen Kommunikationsanalyse steht die Frage nach den Determinanten der Kommunikationswahrscheinlichkeit. Irn Besonderen wird auf den Einfluss der raumlichen Rabmenbedingungen und der Ahnlichkeir von Individuen auf die Kommunikationswahrscheinlichkeit eingegangen.
Zusammenfassend wendet sich die Untersuchung folgenden zwei Leitfragen zu: (I) Wie konnen Positionsdaten ausgewertet werden, urn sie als Datengrundlage flir die Identifikation und Messung von Kommunikation heranzuziehen? (2) We1che Einflussfaktoren determinieren die Wahrscheinlichkeit direkter gesprachsbasierter Kommunikation?
Die Theorie der raumlichen Nahe (Allen 1977; Sundstrom et al. 1980) und die Theorie der Homophilie (MertonlLazarsfeld 1954) werden als theoretischer Rahmen der Untersuchung herangezogen.' Erstere bildet die Grundlage des Forschungsansatzes, tiber Positionsdaten approxirnativ auf direkte Kommunikation zu schlieBen. Des Weiteren dient sie der Ableitung von Hypothesen flir die empirische Analyse. Nach der Theone der Homophilie suchen Personen Kontakt mit ihnen ahnlichen Individuen. Die Theorie argumentiert, dass die Wahrscheinlichkeit eines positiven Verlaufs einer Interaktion bei Personen mit einem ahnlichen
3
"Theory of Propinquity" urn! "Theory of Homophily" .
5
Kapitel 1: Einleitung
Erfahrungs- und Wertehintergrund groBer ist als bei Individuen, die sich diesbeztiglich unterscheiden. Dernzufolge ist die Ahnlichkeit von Personen bei der Analyse ihres Kommunikationsverhaltens zu beriicksichtigen. Ausgehend von der Theorie der Homophilie werden HypoHypothesen
zum
Zusammenhang
zwischen
Kommunikationswahrscheinlichkeit
und
Ahnlichkeit der Kommunikationspartner aufgestellt. Die Untersuchung soli sowohl theoretische als auch praktische Implikationen erarbeiten. Sie rnochte umfassende Einblicke in den Umgang mit Echtzeit-Positionsdaten irn Kontext einer wirtschaftswissenschaftlichen Untersuchung geben. Hierzu wird die Auswertung der Positionsdaten in einen theoretischen Rahmen eingebettet und ein Analyseansatz entwickelt. Herausforderungen im Umgang mit Positionsdaten sollen identifiziert, Losungsansatze erarbeitet und hieraus Implikationen fur die zukiinftige Verwendung solcher Daten abge1eitet werden. Wenngleich sich die Auswertung an dem inhaltlichen Ziel einer Kommunikationsanalyse orientiert, sollen auch generelle Hinweise fur den Umgang mit Positionsdaten dargestellt werden. Aus inhaltlicher Perspektive will die Untersuchung zu einem tieferen Verstiindnis des Einflusses raumlicher und personenbezogener Parameter auf das Kommunikationsverhalten beitragen. Die Untersuchung wurde in Zusammenarbeit mit einem Praxispartner, einem An-Institut an einer offentlichen Hochschule, durchgefuhrt. Ein An-Institut ist eine rechtlich selbststiindige FuE-Einrichtung, die gemeinsam von einer Universitat und einem Untemehmen unterhalten wird. An-Institute sollen den Wissens- und Technologietransfer zwischen Universitaten und der Industrie starken (Abramson et al. 1997: 287 ff.). Die Buroraumlichkeiten des Kooperationspartners zeichnen sich durch ihre offene Raumarchitektur nach dem Prinzip des Vielraumbiiros aus (Peponis et al. 2007; Boutellier et al. 2008). Dies bietet der vorliegenden Untersuchung ein einmaliges und zugleich herausfordemdes Untersuchungsumfeld. Das Untersuchungsobjekt sind Mitarbeiter dieses An-Instituts, die freiwillig an der Positionsdatenerhebung teilnabmen. Sie wurden vom Kooperationspartner mit Hilfe eines RTLS tiber einen Zeitraum von 31 Tagen in den Biiroriiumlichkeiten des An-Instituts geortet. Die Positionsdaten und zusatzlich erhobene Daten zu den UntersuchungsteiInehmern bilden die Datengrundlage fur die vorliegende Arbeit.
6
1.3
Kapitel 1: Einleitung
Gang der Untersuchung und Autbau der Arbeit
Fiir die Untersuchung wurde folgende Gliederung gewahlt,
Kapitell erlautert die Problemstellung, die Forschungsfragen und den Aufbau der Arbeit. Kapitel 2 stellt den aktuellen Stand der Forschung und die theoretischen Grundlagen der Untersuchung dar. Aufgrund ihrer Zielsetzung, einen methodischen und einen inhaltlichen Forschungsbeitrag zur Kommunikationsforschung zu liefem, ist das Kapitel in zwei Abschnitte unterteilt. Der erste Abschnitt befasst sich mit dem Stand der Forschung zur Theorie der Kommunikation in FuE. Einleitend erfolgt die Definition des Begriffs der .Kommunikanon". Dann wird die Rolle von Kommunikation in der FuE vor dem Hintergrund der Wissenschaftstheorie betrachtet. Im Anschluss gibt das Kapitel einen Uberblick zu Untersuchungen, die
sich mit der Analyse von
Kommunikation in der FuE
befassen.
SchlieB1ich wenden sich die Ausfiihrungen den Determinanten der Kommunikationswahrscheinlichkeit und der Ableitung von Hypothesen fur die multivariate Analyse zu. Auf dieser Grundlage befasst sich der zweite Abschnitt mit Datenerhebungsmethoden in Kommunikationsstudien. Die bisherigen Methoden der Datenerhebung werden identifiziert und kritisch beleuchtet. SchlieBlich werden Echtzeit-Positionsdaten a1s neuartige Datenquelle fur eine Kommunikationsanalyse eingefiihrt.
Kapitel 3 erlautert die Konzeption und Methodik der Analyse. Hierzu wird einleitend auf das Untersuchungsurnfeld eingegangen. A1s An-Institut zeichnet sich dieses durch die enge personelle, organisatorische und raumliche Verkntipfung universitarer Wissenschaftler und industrieorientierter Mitarbeiter eines Industrieuntemehmens aus. Dann werden die technischen Grundlagen der Echtzeit-Positionsbestimmung, der Inhalt und die Struktur des Positionsdatensatzes und die personenbezogenen Daten zu den Untersuchungsteilnehmem erlliutert. Der letzte Abschnitt stellt grundlegende Begrifflichkeiten der sozialen Netzwerkanalyse vor, die bei der Datenaufbereitung und -analyse Verwendung finden.
Kapitel 4 geht auf die Erfassung und Aufbereitung der Positionsdaten ein, Zur Einfiihrung wird erliiutert, wie tiber die Positionen von Individuen auf direkte gesprachsbasierte Kommunikation geschlossen werden soli . Im Anschluss befassen sich die Ausfiihrungen mit der Aufbereitung und Auswertung der Positionsdaten. In einem ersten Schritt wird dargelegt, welche Datenstruktur fur die Identifikation von Kolokation beziehungsweise von gesprachsbasierter, direkter Kommunikation notwendig ist. Dann wird die Verkntipfung der Positions-
Kapitel 1: Einleitung
7
daten mit den Grundrissplanen der Buroraumlichkeiten erortert, Die Verortung dient dazu, Aufschluss tiber die raumliche Verteilung der Positionen und tiber die Aufenthaltsbereicbe der Untersuchungsteilnehmer zu gewinnen. Dies bildet die Grundlage fiir die Identifikation von zeitgleicher, unmittelbarer Prasenz der Untersuchungsteilnehmer, tiber die approximativ auf direkte Kommunikation geschlossen wird. 1m letzten Abschnitt werden Distanzwerte berechnet und der Datensatz fur die Analyse der Kommunikation erstellt. Gegenstand des Kapitels 5 ist die empirische Analyse der Determinanten der Kommunikationswahrscheinlichkeit. Anhand der Ergebnisse einer explorativen Vorstudie wird das Untersuchungsumfeld in Abschnitt 5.1 naher beleuchtet. 1m Anschluss geht Abschnitt 5.2 auf die deskriptive Auswertung auf der Ehene des Individuums, d.h. des Akteurs, ein. Zunachst erfo1gtdie Deskription der personenbezogenen Merkmale, der raumhezogenen Merkmale und der Kommunikationsvariablen. Dann werden die Positionsdaten visualisiert und beztiglicb ihrer riiurnlichen Verteilung die quantitativ ausgewertet. In Abschnitt 5.3 erfolgt die Analyse auf der Untersuchungsebene des Personenpaares, der Dyade. 1m Mittelpunkt steht die multivariate Analyse der Determinanten der Kommunikationswahrscheinlichkeit. Hierzu werden die Variablen zu Anfang operationalisiert und ihre Werte deskriptiv dargestellt. 1m Anschluss wird das in der Literatur vielzitierte MaB fur die Kommunikationswahrscheinlichkeit nach Allen (1974) anhand der Positionsdaten nachvollzogen und dem MaB gegentibergestellt, das irn Rahmen der vorliegenden Untersuchung entwickelt wurde. SchlieBlich werden das Schlitz-
verfahren fur die multivariate Analyse erlautert, das multivariate Modell aufgestellt und die Ergebnisse diskutiert. Aufgabe des Kapitels 6 ist es, den Forschungsansatz der vorliegenden Untersuchung abschlieBend zu bewerten und Imp1ikationen fiir den zukiinftigen Einsatz von EchtzeitPositionsdaten im Rahmen einer Kommunikationsanalyse abzuleiten. Kapitel 7 schlieBt die Arbeit abo Hierzu werden die zentralen Erkenntnisse der Untersuchung
zusarnmengefasst, ihre Grenzen erliiutert und schlieBlich ein Ausblick auf weitere Forschungsarbeiten gegeben.
2
Stand der Forschung und theoretische Grundlagen
2.1
Literaturliberblick
2.1.1 Kommunikationsbegriff In der Literatur wird der Begriff der Kommunikation unterschiedlich definiert. Rubenstein (1953) stellt in seiner Definition den Prozesscharakter der Kommunikation heraus. Dernnach ist die Kommunikation ein zielgerichteter und bewusster Prozess "whereby information is
transferred by whatever observable or reportable means, between individuals and/or groups" (Rubenstein 1953: 79). Wie auch sparer Homans (1978: 60 f.) betont er den intentionalen Charakter von Kommunikation. PUrer (2003) nimmt diesen Aspekt auf und bezeichnet Kommunikation als Interaktion mittels Zeichen und Symbole. Er definiert Kommunikation als "verbales und/oder nonverbales Miteinander-in-Beziehung-Treten von Menschen zum Austausch von Informationen" (PUrer2003: 60).4Diese breite Definition umfasst das gesamte Spektrum moglicher Kommunikationskaniile: Zwn Ersten den indirekten Austausch. Dieser lasst sich nach dem zweiseitigen medienbasierten
Austausch, zum Beispiel
iiber Email,
und dem einseitigen
medienbasierten Austausch differenzieren. Letzterer umfasst beispielsweise die Inforrnationstiberrnittlung tiber Medien wie Journal-Artikel und Bucher, Zwn Zweiten umfasst die Definition nach PUrer (2003) den direkten Informationsaustausch zwischen mindestens zwei Personen im Rahmen eines Gespraches. Kennzeichnend fur diese Kommunikation ist die Unmittelbarkeit der Aktion und Reaktion der Beteiligten. Handelt es sich um ein personliches Gesprach, halten sich die Individuen zudem zeitgleich in unmittelbarer raumlicher Nahe voneinander auf. Wahrend bei der direkten und der zweiseitigen indirekten Kommunikation die beteiligten Personen zielgerichtet und vor allem individualisiert Inforrnationen austauschen, ist dies bei der indirekten einseitigen Inforrnationsiiberrnittlung wooer moglich noch angedacht. Die direkte gesprachsbasierte Kommunikation steht im Mittelpunkt der Kommunikationsanalyse in der vorliegenden Untersuchung. Nach Homans (I97S: 60 f.) und Plirer (2003: 60) umfasst die Interaktion sowohl die verbale aIs auch nichtverbale Kommunikation. 1m engen Sinne sind Interaktion und Kommunikation somit begriff1ich voneinander zu trennen . Die vorliegende Arbeit schlieBt sich jedoch der in den Wirtschaftswissenschaften gangigen Praxis an und verwendet beide Begrifflichkeiten synonym .
Kapitel 2: Stand der Forschung und theoretische Grundlagen
9
Die vorangegangenen Ausfiihrungen machen deutlich, dass zwischen der Analyse des Informationsverhaltens und der Analyse des Kommunikationsverhaltens zu differenzieren ist. 1m ersten Fall wird untersucht, welche Informationsbediirfnisse Individuen tiber welcbe
Kanale befriedigen und welche Kriterien sie bei der Wahl des Kanals ansetzen (Gerstberger/Allen 1968; King et al. 1994; Anderson et al. 2001). Die Analyse des Kornmunikationsverhaltens hingegen befasst sich mit Fragen des personenbasierten und gezielten Austausches von Informationen zwischen Individuen. Diesem wendet sich die vorliegende Untersuchung zu. Neben dem Kanal der Kommunikation ist auch die Unterscheidung zwischen der internen und der externen Kommunikation von Relevanz. So bezeichnet die interne Kommunikation den Austausch innerhalb beliebig zu definierenden sozialen Einheiten wie Unternehmen, Abteilungen oder Projektteams (Johnson/Chang 2000). Austauschbeziehungen zwischen organisationsinternen und organisationsexternen Akteuren fallen unter die externe Kornmunikation (Pinto et al. 1990). Da die vorliegenden Positionsdaten die Positionen von Personen in Innenriiurnen erfassen, wird in der vorliegenden Arbeit die organisationsinterne Kommunikation der Untersuchungsteilnehmer betrachtet.
2.1.2
Kommunikation gemiill der Wissenschaftstheorie
Diesem Abschnitt kommt die Aufgabe zu, die Kornmunikation in der Wissenschaft vor dem Hintergrund der Wissenschaftstheorie zu beleuchten, urn dann auf die SchnittsteIle zwischen universitarer, grundlagenorientierter und industrieIler, anwendungsorientierter FuE einzugehen. Die Ausfiihrungen soIlen die Bedeutung von Kommunikation fur die Wissensproduktion herausarbeiten und ein tieferes Verstiindnis fur das Untersuchungsumfeld schaffen. Die Wissenschaftstheorie befasst sich mit der Frage, welche gesellschaftlichen Bedingungen gegeben sein mussen, urn die Produktion von gesichertem Wissen zu ermoglichen (Merton
1942; RappalDebackere 1992; Dasgupta/David 1994).5 Grundlage fur die Wissensproduktion ist nach der Wissenschaftstheorie von Merton das wissenschaftliche Ethos. Das Ethos stellt nach Merton einen Komplex von Werten und Normen dar, an denen Wissenschaftler ihr Der Einfluss der Wissenschaft auf die Gesellschaft, die Pragung der Wissenschaft durch die kulturellen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und die sozialen Strukturen der Wissenscbaft sind weitere Erkenntnisgegenstande der Wissenschaftstheorie (Zuckerman 1998, 513).
10
Kapitel 2: Stand der Forschung und theoretiscbe Grundlagen
Verhalten ausrichten. So fiihrt Merton (1942: 273 ff.) in der Norm des .Kommunitarismus" aus, dass die Wissensproduktion das Ergebnis gerneinschaftlicher Anstrengungen ist; die Grundlage bildet der stete Austausch zwischen den beteiligten Wissenschaftlern." Die Normen dienen dem Ziel der Wissenschaft, konsistentes, belegbares und nachprufbares Wissen zu schaffen. Sie werden nach Merton (1942: 268 ff.) von Wissenschaftlern verinnerlicht, gelebt und erfahren hieriiber im "moralischen Konsens der Wissenschaftler" ihre Bestiitigung. Weingart (2003: 18) bezeichnet das wissenschaftliche Ethos ais eine .Verdlchtung" der tiber die Zeit "entstandenen Verhaitensregeln zu einem Satz institutioneller Normen". Nach Weingart (2003: 70) liegt ein zentraier Beitrag Mertons darin, dass er die wissenscbaftlicbe Kommunikation anaiytiscb beschreibt und die Rolle von Kornrnunikation fur die Wissensproduktion herausarbeitet. Dies wird im Folgenden naher ausgefiihrt. Die zwischenrnenschliche Kornrnunikation pragt den Forschungsprozess. In ailen Phasen, beginnend mit der Identifikation einer Forschungslucke, der Konzeption des eigenen Forschungsvorhabens bis hin zur Interpretation der Ergebnisse sind Wissenschaftler auf die Erkenntnisse anderer Wissenschaftlem aus ihrer wissenschaftlichen Gerneinschaft angewiesen. Diese gegenseitige Abhangigkeit im wissenschaftlichen Produktionsprozess veranlasst Wissenschaftler dazu, ihre Erkenntnisse zu verbreiten, urn auch selbst von den Ergebnissen anderer profitieren zu konnen (Zuckerman 1988: 519; Debackere et ai. 1994). Hierzu suchen Wissenschaftler zum einen den direkten Kontakt untereinander (Allen 1977: 44 ff.) . Zum anderen verbreiten sie ihre Erkenntnisse tiber Publikationen, die das anerkannte Inforrnationsund Kornrnunikationsmedium in der Wissenschaft darstellen. Erst veroffentlichtes und somit in schriftlicher Form kodifiziertes Wissen stellt sich der Priifung durch die Wissenschaftsgemeinscbaft, stebt ihr ais Referenz zur Verfligung und kann sicb in Folge kumulativ in die bereits anerkannte Wissensbasis einftigen (Weingart 2003: 31 ff.). Nach Merton (1957: 302) liegt der hohe Stellenwert von Offenheit und Inforrnationsaustausch in der Wissenschaft in ihrem prioritlitsbasierten Belohnungssystem begriindet. Belohnt wird in der Wissenschaft nur derjenige, der ais erster neues Wissen schafft und in wissenschaftlichen Publikationen veroffentlicht, Die Resonanz in der Wissenscbaftsgemeinschaft,
den
Das Ethos der Wissenschaft umfasst neben der Norm des Kommunitarismus die folgenden drei Norrnen: Universa1ismus - Bewertung der Forschung und deren Erkenntnisse unabhangig von der Person; Uneigennlitzigkeit - Wissensproduktion als oberstes Ziel der Wissenschaft; organisierter Skeptizismus kritische Betrachtung und Bewertung neuer Erkenntnisse unter Beriicksichtigung aIIer existierender Erkenntnisse. Fiir Details sei auf Merton (1942: 268 ff.) und Weingart (2003: 16) verwiesen.
Kapitel 2: Stand der Forschung und theoretische Grundlagen
11
"invisible colleges" (Crane 1969), entscheidet tiber den Rufund die individuelle Anerkennung der wissenschaftlichen Leistung. Da an das wissenschaftliche Renome auch materielle und finanzielle Ausstattung gekniipft ist, hat ein Wissenschaftler ein groBes intrinsisches Interesse daran, seine Erkenntnisse zugig zu veroffentlichen und auf Konferenzen der wissenschaftlichen Gemeinschaft zu kommunizieren. Durch die Erstvercffentlichung macht der Wissenschaftler seinen Anspruch auf Prioritat in der Wissenschaftsgemeinschaft geltend, die seine Leistung tiber Zitationen in wissenschaftlichen Publikationen anerkennt (Hagstrom 1964; Hagstrom 1970; Stephan 1996). Dieser Wettbewerb urn Prioritat ist ein zentrales Charakteristikum der Wissenschaft: ,,It is important to stress that recognition in science depends on being first. There are no rewards for being second or third." (Stephan 1996: 1201 f.). Es bleibt anzumerken, dass der Wissensaustausch tiber Publikationen nicht dem Begriffsver-
stiindnis von Kommunikation entspricht, das der vorliegenden Untersuchung gemaB den Ausfiihrungen in Abschnitt 2.1.1 zu Grunde liegt. Anhand der vorangegangenen Ausfiihrungen wird jedoch deutlich, dass der interpersonelle Austausch fur den Transfer und die Schaffung neuen Wissens von zentraler Wichtigkeit ist. Ein Urnfeld wie die industrieorientierte FuE, das nicht nur die Produktion neuen Wissens, sondem vor allem die Produktion kommerziell verwertbaren Wissens helohnt, stellt andere Anforderungen an das Kommunikationsverhalten seiner Akteure. Primat fur die Wissensproduktion und -nutzung ist nicht mehr die Wissenschaftsgemeinschaft, sondem ein Untemehmen a1s eine Institution mit okonomischen Interessen und der Forderung nach praktisch anwendbarem Wissen (DasguptaJDavid 1994). Wiihrend in der Wissenschaft das auf Publikationen beruhende Belohnungssystem die Produktion von kodifiziertem Wissen fordert, unterstiitzen die Regeln des Marktes die Geheimhaltung. 1m Vordergrund stebt nicht die Kodifizierung und die freie Verbreitung von Wissen, sondem vielmehr dessen Geheirnhaltung und Einsatz im Sinne der Untemehmung. Dieses Urnfeld zeichnet sich daher durch ein hohes MaB an tazitem, also kaurn kodifizierbarem, Wissen aus.' Die direkte gesprachsbasierte Kommunikation stellt die Grundlage fur den Transfer taziten Wissens dar (Nonaka 1994). Zusarnmenfassend ist festzuhalten, dass der Kommunikation sowohl in der grundlagenorientierten als auch in der anwendungsorientierten FuE eine tragende Rolle beim Transfer und der Schaffung neuen Wissens zukommt. Zugleich ist die Zusammenarbeit zwischen dem "System
7
Siehe Polanyi (1966) unci von Hippel (1994) zu tazitem Wissen .
12
Kapitel 2: Stand der Forschung und theoretiscbe Grundlagen
der Wissenschaft", gepriigt durch die universitiire Forschung, und dem "System der Technik", der industriebasierten und anwendungsorientierten FuE (Weingart 1978 : 251 ff.), fur den wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Erfolg von zunehrnender Bedeutung. Dies schlagt sich in einer wachsenden Zah1 an gemeinschaftlich von Universitaten und Industrieunternehmen betriebenen FuE-Einrichtungen nieder (Lambert 2003; Perkmann/Walsh 2007; Brostrom et al. 2009). Die hiermit verbundenen Nutzendimensionen sind vielfaltig, Nacb Bozeman/Corley (2004) zielen die Institutionen auf das Sozialkapital der Partner 00.8 So kommt Murray (2004) in ibrer Untersucbung am Beispiel der Biotechnologieindustrie zu dem Ergebnis, dass Untemehrnen tiber universitiire Wissenschaftler Zugang zu aktuellen Forschungsergebnissen und zu Kontakten in die Wissenschaftsgemeinschaft erhalten. Nach der Panelstudie von Luo et a1. (2009) spielen Wissenschaftler in wissensintensiven Industrien auch cine entscheidende Rolle beim Aufbau von FuE-Kooperationen, da sie die Attraktivitiit von Unternehrnen fur potenzielle Kooperationspartner erhohen, Liebeskind et al. (1996) legen dar, dass die organisationstibergreifenden Netzwerke von Wissenschaftlern wesentlich die Lernfahigkeit und fachliche Flexibilitiit von Untemehmen in wissensintensiven Branchen beeinflussen. Lam (2007) befasst sich auf Grundlage von Fallstudien mit der Rolle universitarer Wissenschaftler in gemeinschaftlich von Universitaten und Unternehrnen betriebenen FuEEinricbtungen. Sie zeigt, dass die friibe Einbindung junger Wissenschaftler in FuE-Projekte es dem Industriepartner erleichtert, wissenschaftliches Personal zu rekrutieren. Dieses verfligt tiber hohe fachliche Expertise und ist dariiber hinaus durch das friibe Engagement in industrieorientierten Projekten fur die Bediirfnisse und die Arbeitsweisen in der Industrie sensibilisiert. Diese Pragung erleichtert den systemtibergreifenden Wissenstransfer (Allen 1997: 318). Des Weiteren erlangen die beteiligten Institutionen tiber den alltiiglichen Kontakt der Wissenschaftler und Industrievertreter Zugriff auf das Humankapital der Mitarbeiter (Bozeman et al. 2001; DietzlBozeman 2005). Meyer-Krahmer/Schmoch (1998) zeigten auf Grundlage einer Befragung von 433 Professoren, dass neben dem Zugriff auf Finanzrnittel vor allem der direkte Wissensaustausch mit dem Industriepartner Universitaten verstiirkt dazu motiviert, FuE-Aktivitiiten gemeinsam mit Unternebrnen zu betreiben. Die Wissenschaftler konnen hiertiber zeitnah Einblicke in die praktische Nutzung ibrer Forschungsergebnisse gewinnen, was sie in der problernorientierten Ausrichtung der Forschung unterstiitzt. Das Sozialkapital definiert sich als Ressource, die auf der Existenz sozialer Beziehungen beruht (Bourdieu 1983: 190 f.). Das Humankapital bezeichnet den Bestand an Wissen und FlIhigkeiten eines Individuums (Franz 2003: 75).
Kapitel 2: Stand der Forschung und theoretische Grundlagen
13
Voraussetzung flir den stets beabsichtigten Wissenstransfer ist die Kommunikation. Sie ist Gegenstand einer Vielzahl von Untersuchungen, die sich mit dem Kommunikationsverhalten in der FuE befassen. Dieser Literatur wendet sich der folgende Abschnitt zu.
2.1.3 Analyse von Kommunikation Zu den grundlegenden friihen Untersuchungen von Kommunikation in FuE zahlen die Studien von Pelz (1956) und Pelz/Andrews (1966). Auf Grundlage urnfassender Befragungen von mehr als 1.300 Wissenschaftlem und Entwick1em aus universitiiren, staatlichen und industriellen FuE-Einrichtungen untersuchen die Autoren die Motivation, Zufriedenheit und Kreativitiit und das KommunikationsverhaIten der Befragten. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass die Leistung der Untersuchungsteilnehmer positiv mit ihrer Kommunikationshaufigkeit, ihrer Komrnunikationsintensitat und der Anzahl ihrer Kommunikationskontakte korreliert. Die Leistung wurde sowohl tiber die Anzahl von Patenten und Publikationen als auch tiber Beurteilungen durch das Management operationalisiert (pelzlAndrews 1966: 35 ff.). Die Erfolgswirkung von Kommunikation findet in einer Vielzahl weiterer empiriscber Studien Bestatigung (AlJen 1977; KatzlTusbman 1979; EbadilUtterback 1984; KelJer 1986; Lievens et al. 1999; Brodbeck 2001) . Ein Schwerpunkt liegt hierbei auf der funktionstibergreifenden Kommunikation zwischen FuE, Marketing und Produktion (Souder 1988; Pinto et al. 1990; GriffinlHauser 1992; SouderlMoenaert 1992; McDonough 2000).
FuE-Erfolg
und Innovationserfolg werden in der Literatur unterschiedlich definiert und operationalisiert. Fiir nahere Ausfiihrungen sei auf die Untersuchungen von Griffin/Page (1996), Domotor et al. (2007) und Kock (2007) verwiesen. Fiir den Wissens- und Informationstransfer geben Individuen unterschiedliche Beziehungen ein, sie bilden Netzwerke. Allen befasst sicb ausfuhrlich mit Kommunikationsnetzwerken irn Kontext von FuE (Allen/Cohen 1969; AJlenIFusfeld 1976; Allen 1977; Allen 1986; AJlen et al. 2008). So beleuchtet AJlen (1977) das KommunikationsverhaIten von Wissenschaftlem und EntwickJem in 19 FuE-Projekten. Als Datenquelle dienten perstinliche Interviews und wiederholte schriftliche Kurzbefragungen. Es zeigt sich, dass die Befragten neben den formalen vor alJem informelJe Kommunikationsbeziebungen unterhielten, welche die forrnaIen Beziehungen erganzten oder stellenweise ersetzten (Allen 1977: 206 ff.). Auch AaIbers et al. (2004: 20 ff.) weisen auf die Komplementaritat und die Substitution formaler und informeller
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Kapitel 2: Stand der Forschung und theoretiscbe Grundlagen
Kommunikationsnetzwerke hin. Die Autoren identifizieren dariiber hinaus Kommunikationsnetzwerke, welche die Befragten fur die Generierung neuer Produktideen nutzten. Deutlich Differenzen zwischen den formal angestrebten und den in der Realitat vorherrschenden Kommunikationsnetzwerken wird in der Untersuchung von Allen et al. (2007) offenbar. Hierzu befragten sie 152 FuE-Mitarbeiter eines Chemieuntemehmens zu ibren Kommunikationskontakten. Zusatzlich ennittelten sie bei der Untemebrnensfiihrung, welcbe Individuen offiziell als technische Experten vorgesehen waren. Die Kommunikationsanalyse zeigte, dass letztere im Arbeitsalltag lediglich gering in die KommunikationsstrOme eingebunden waren. 1m Gegenzug agierten Mitarbeiter informell als technische Experten.
Am Beispiel der Untersuchung von Allen et al. (2007) wird deutlich, dass sich Individuen in ibrem Kommunikationsverhalten unterscheiden. So zeichnen sich einzelne Personen dUTCh eine besonders hohe Kommunikationsaktivitiit aus. Diese .Kommunikarionssters'' nehmen im Kommunikationsgeflige einer Organisation eine zentrale Stellung ein, da sie den internen und externen Informationsfluss maBgeblich stlitzen (TushmanlScanlan 1981a). Je nach ibrer zurneist inforrnellen Rolle verbinden die sie zurn Beispiel als "boundary spanning individuals" getrennte Gruppen oder btindeln und verteilen als "gatekeeper" Informationen (Rogers/Agarwala-Rogers 1976; Allen 1977; Katzffushman 1979; TushmanlScanlan 1981b). Nach der Theorie der "strukturellen LOcher" von Burt (1992) eroffnen sich diesen Individuen besondere Nutzenpotenziale aus Informationsarbitrage. Nach Allen (1986) komrnen der Kommunikation drei Funktionen zu. Zum Ersten dient sie der Koordination. Individuen sind auf den Informationsaustausch angewiesen, urn in Anbetracht arbeitsteiligen und spezialisierten Wirtschaftens ibre Tatigkeiten aufeinander abstimmen zu konnen (Picot et al. 1997: 1 ff.). Zweitens dient sie der Informationsbeschaffung beziehungsweise Informationsbereitstellung. Je starker Informationen tiber Individuen und Organisationen verteilt sind, desto mehr Gewicht kommt dieser Informationsfunktion zu (GaluniclRodan 1998). SchlieBlich spielt die Kommunikation eine wichtige Rolle bei der Schaffung neuen
Wissens." Diese kreative Kommunikation ist kaum planbar und deswegen auf den steten, auch informellen Informationsaustausch angewiesen (Kraut et al. 1990; Allen 1997; Allen 2007). Die tragende Rolle von Kommunikation fur den Wissenstransfer und die Wissensproduktion wird auch im Wissensentwicklungsprozess nach Nonaka (1994) deutlich. Die personliche
9
Vgl. Aalbers et al. (2004) zu Innovationsnetzwerken.
Kapitel 2: Stand der Forschung und theoretische Grundlagen
15
Kommunikation bildet in dem Prozess die Grundlage fur die Transformation von tazitem Wissen in explizites Wissen. Demnach entwickelt sicb Wissen in einem imrner wiederkehrenden Durchlaufen von vier Phasen: Dem Austausch des taziten Wissens im vertrauten Gesprach (Sozialisation), der Artikulation in explizites Wissen (Externalisierung), der Kombination der Wissenselemente (Kombination) und schlieBlich der Verinnerlichung des Wissens (Internalisierung)." Da tazites Wissen an Individuen gebunden und kaum kodifizierbar ist, stellt die personliche direkte Kommunikation die Grundlage fur diesen Transformationsprozess dar. Dies fmdet in der Untersuchung von von Hippel (1994) zu "sticky information" Bestiitigung. Von Hippel (1994) befasst sicb mit dem Zusarnmenhang zwischen Transferierbarkeit einer Information und dem Ort der Problemlosung im Innovationsprozess. Die Transferierbarkeit
hangt nacb von Hippel (1994) von den Eigenschaften der Information oder beteiligten Akteure abo 1st ein Informationstransfer nicht oder nur unter erheblichen Kosten moglich, fmdet die Problemlosung im Optimalfall dort statt, wo die Information vorliegt. Der direkte Kontakt zwischen den FuE-Mitarbeitern erleichtert es, die "sticky information" auszutauscben. Begrenzte Kodifizierbarkeit und zugleich hohe Kornplexitat und Kurzlebigkeit des Wissens kennzeichnen die FuE (Wolek 1970; Tushman 1978; Anderson et al. 2001). Diese Charakteristika erklaren, warum die direkte gesprachsbasierte Kommunikation in der FuE besonders wichtig ist: Sie erleichtert aufgrund der Interaktivitiit den Transfer komplexer Inhalte, sie fordert die Kreativitiit und dadurch die Produktion neuen Wissens. Sie unterstiitzt den Aufbau vertrauensvoller Beziehungen
und
verbessert
das
Verstandnis
fur
unterschiedliche
Vorgebensweisen und Bewertungsmuster (Allen 1977; Orlikowski 2002; Kijkuit 2007). Diese Erkenntnisse stehen in Obereinstimmung mit der Theorie der Informationsreichhaltigkeit nach Daft/Lengel (1984).11
Je
reichhaltiger ein
Kommunikationsmedium ist,
desto
eher
erlaubt dieses, neben den Inhalts- auch die Beziehungsaspekte einer Kommunikation zu transferieren. Das direkte Gesprach stellt ein iiberaus reichhaltiges Kommunikationsmedium dar. Cherry (1957: 4) fiihrt in diesem Zusarnmenhang aus: "Speecb and writing are by no means our only systems of communication. (...). Social intercourse is greatly strengthened by habits of gesture - little movements of the hands and face ."
10
Der SECI-Prozess nach Nonaka (1994): Socialization, Externalization, Combination, Internalization.
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Die Media Richness Theory, siehe auch Trevino et aI. (1987; 1990; 2000) .
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Kapitel 2: Stand der Forschung und theoretiscbe Grundlagen
Aus der vorangegangenen Literaturanalyse lassen sich folgende Ergebnisse zusammenfassen: Kommunikation stellt die Grundlage fur arbeitsteiliges Arbeiten dar. Sie ermoglicht den Wissens- und Inforrnationstransfer und tragt zugleich maBgeblich zur Produktion neuen Wissens bei, Die direkte gespriichsbasierte Kommunikation nimmt in diesem Kontext aufgrund ihrer Interaktivitat und des personlichen Kontaktes der beteiligten Individuen eine Schliisse1stellung ein. Der folgende Abschnitt wendet sich nun der Frage zu, we1che Faktoren die Kommunikation zwischen Individuen bedingen. 1m Einzelnen soil auf die raumliche Nahe und die Ahnlichkeir von Individuen eingegangen werden.
2.1.4 Determinanten der Kommunikationswahrscheinlichkeit 2.1.4.1 Riiumliche Niihe Bereits in den friihen 50er Jahren befasste sicb die soziologische Forschung mit dem Zusammenhang zwischen raumlicher Nahe und Kommunikation. Festinger et al. (1950) zeigen in ihrer Untersuchung von Kontaktnetzwerlcen in einer Wohnsiedlung an einer nordamerikanischen Universitat, dass mit zunehmender physischer Distanz die Kontaktwahrscheinlichkeit sinkt. Je weniger Moglichkeiten die Bewohner hatten, sich gegenseitig auszuweichen, desto groBer war die Wahrscheinlichkeit, dass sie letztendlicb miteinander in Kontakt traten. Maisonneuve et al. (1952) analysieren Freundscbaftsbeziebungen in einer Kadettenschule. Die raurnliche Nahe, operationalisiert tiber die Anordnung der Sitzplatze in den Unterrichtsraumen, erwies sich als ein signifikanter Einflussfaktor auf die Bildung von Freundschaften. Die befragten Schiller hatten hierbei ihre Sitzplatze nicht frei wahlen konnen, sondem wurden experimentell in Abhangigkeit von Tag und Zeit ihrer Ankunft den Platzen zugewiesen. Als ein Ergebnis ihrer Studie fiihren die Autoren aus: ,,(...) very often people did not get closer to one another because they bad a liking for each other, but they are inclined to bave a liking for eacb other because they are close to each other (...)" (Maisonneuve et al. 1952: 137). Gullahom (1952)
untersucht
Freundschafts-
und
Kommunikationsbeziehungen
in
einem
Untemehmen. Hierzu dokurnentierte ein Beobachter tiber einen Zeitraum von zwei Monaten taglich die Kommunikationsvorgange, an denen die Untersuchungspersonen beteiligt waren. Die raumliche Distanz zwischen den Personen, erfasst tiber die Arbeitsplatzanordnung, erwies sicb als die wichtigste Determinante fur die Kommunikationshaufigkeit, unabhangig vom
Kapitel 2: Stand der Forschung und theoretische Grundlagen
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Alter, der Lange der Untemehmenszugehorigkeit und der Tatigkeit der Untersuchungsteilnehmer . Mit der Einfuhrung von GroBraurnbiiros in den 50er Jahren riick1 der Einfluss von Raurn- und Gebiiudearchitektur auf Produktivitiit, Zufriedenheit und vor allem auf das Kommunikationsverhalten von Individuen in das Zentrum des wissenschaftlichen Interesses (Hedge 1982). Die traditionelle Btiroarchitektur ist von einzelnen, architektonisch abgetrennten Raumen in linearer Anordnung gepragt (Allen 1977: 242). Die erste Form von GroBraurnbtiros zeichnet sich durch reihenweise angeordnete, durch Trennwiinde abgegrenzte Arbeitspliitze aus. Die raumliche Offenheit solI den Austausch zwischen den Mitarbeitem fordern." Eine Weiterentwicklung dieser Btiroform ist das Vielraumbtiro, das neben offenen Arbeitspliitzen in einer GroBraurnbtirourngebung auch geschlossene Riiumlichkeiten fur Gruppen- und Einzelarbeiten und Ortlichkeiten fill informelles Zusammenkomrnen bietet (Peponis et al. 2007; Boutellier et al. 2008; Ul1manlBouteilier 2008). Auf der einen Seite sollen Vielraurnbtiros tiber die offene Architektur Raum fur spontane und die Kreativitat fordernde Kommunikation bieten." Auf der anderen Seite ist beabsichtigt, die Belastung der Mitarbeiter durch Larm und Unterbrechung zu reduzieren und dem Bediirfnis nach Privatsphiire Rechnung zu tragen. Allen (1974; 1977; 2007) befasst sich in seinen empirischen Untersuchungen im Besonderen mit dem Zusammenhang zwischen raumlicher Trennung und Kommunikationswahrscheinlichkeit. Als Datengrundlage dienen Befragungsergebnisse zu den Namen der Kommunikationspartner der
Untersuchungsteilnehmer.
Die
riiurnliche Trennung
wird
tiber die
Laufdistanzen zwischen ihren Arbeitspliitzen operationalisiert. Distanzen bis 30 Meter erweisen sich als die kritischen Entfemungen. Mit jedem Meter nimmt die Kommunikationswahrscheinlichkeit betriichtlich aboAb dem Wert von 30 Meter hat eine Erhohung nur noch einen geringen negativen Effekt auf die Kommunikationswahrscheinlichkeit (Allen 1974). Van de BultelMoneart (1998) nutzten die riiurnliche Zusamrnenlegung von FuE-Mitarbeitem eines nordamerikanischen Telekommunikationsuntemehmens, urn den Einfluss raumlicher
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Es finden sich auch Befunde, die Nachteile von GroBraumbtiros aufzeigen. Untersuchungen weisen auf eine erhohte Uirmbelastung (Hedge 1982), den Verlust von Privatsphare (Sundstrom et aI. 1980) und einer versliirkten Ablenkung (Brennan et aI. 2002) bin.
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Vgl. hierzu auch das Projekt ,,Multi Space Office - Strukturen fur innovative Btirosysteme" des Praunhofer Office Innovation Center (http://www.oic.fhg.deldeutschloictourlHighlights/multispaceofficeJindex.htm. Abfragedatum: 29.09.2009)
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Kapitel 2: Stand der Forschung und theoretische Grundlagen
Distanz auf die Wahrscheinlichkeit miindlicher Kommunikation zu untersuchen. Vor dem Umzug in neue Raumlichkeiten waren die FuE-Mitarbeiter gemiiB ihrer Projektteamzugehorigkeit gemeinsam mit Marketingmitarbeitem tiber ein Gebaude verteilt. Die Autoren befragten die Untersuchungsteilnehmer drei Monate vor und sieben Monate nach dem Urnzug zu ihren Kommunikationskontakten. Wie sich zeigte, beforderte die raumliche Zusarnmenfassung der FuE-Mitarbeiter die Wahrscheinlichkeit mtindlicher Kommunikation in und zwischen den FuE- Teams. Die Kommunikationswahrscheinlichkeit zwischen FuE und Marketing hingegen blieb, trotz nunmehr vergroflerter Distanz, unverandert. Die Autoren fiihrten dies darauf zuriick, dass die Kommunikation zwischen den beiden Funktionen primar auf Grundlage geplanter und nicht auf spontaner Kommunikation verlief. Dariiber hinaus wurde nicht ermittelt, ob sich die Art der Kommunikation, weg von personlicher hin zu fernmtindlicher Kommunikation, verschoben hatte. Allen (1986) hebt die groBe Bedeutung ungeplanter Kommunikation fur die Kreativitat hervor. Die zentrale Rolle, die zufalliges, ungeplantes Zusarnmentreffen fur den Informationsaustausch spielt, wird auch in der Untersuchung von Kraut et al. (2002) deutlich. Im Vorfeld der Datenerhebung identifizierten die Autoren 522 Ortlichkeiten, die sich in den Raumlichkeiten einer FuE-Einheit eines Untemehmens und einer Universitat fur Gesprache eigneten. Dort beobachteten sie 121 Gesprache mit 265 daran beteiligten Personen. Im Anschluss an jedes Gesprach befragten sie die
Gesprachspartner zu Inhalt und
Formalisierungsgrad des
Austausches. Sie differenzierten hierbei zwischen formaler, von allen Gesprachspartnem geplanter Kommunikation, und informeller Kommunikation. Letztere unterteilten sie in beabsichtigte, opportunistische und spontane Kommunikation. 12% der Gesprache erwiesen sich als geplant, 88% waren informeller Natur. Diese informellen Gesprache unterteilten sich wie folgt: In 36% der Falle war einer der Beteiligten bewusst auf den anderen zugegangen, es handelte sich also um einen informe1len aber dennoch zumindest von einer Person beabsichtigten Austausch. 21 % waren opportunistischer Natur. Mindestens einer der Beteiligten nutzte das plotzliche Aufeinandertreffen fur ein Gesprach, das er zwar grundsatzlich einmal angedacht hatte, es aber beim plotzlichen Zusarnmentreffen initiierte. Die restlichen 31 % erfolgten spontan, keiner der Beteiligten hatte im Vorfeld eine bewusste, inhaltliche Notwendigkeit verspiirt, sich einmal auszutauschen. Nach Allen (1977) und Leenders et al. (2003) sind es gerade diese zufiilligen Gesprache, die Kreativitat fordern und zu neuen, ungewohnlichen Losungsansatzen fiihren .
Kapitel 2: Stand der Forschung und theoretische Grundlagen
19
Zahn (1991) untersucht den Einfluss raumlicher und organisatorischer Trennung auf das
Kommunikationsverhalten. Die Studie basiert auf einer Befragung von 45 Mitarbeitern eines Unternehmens aus dem produzierenden Gewerbe. Die Befragten gaben Auskunft zu ihren Kommunikationspartnern und die jeweils durchschnittlich fur direkte Kommunikation aufgewendete Zeit. Die raumliche Distanz wurde fur jedes Personenpaar tiber die Laufentfernung zwischen ihren Arbeitsplatzen, die Statusdistanz tiber die Differenz ihrer Hierarchiestufen ennitteit. Die Studie bestiitigt den negativen Einfluss riiumlicher Distanz auf die Kommunikationswahrscheinlichkeit. Zusiitzlich zeigt sich, dass auch die Statusdistanz einen signifikant negativen Effekt auf die Kommunikationswahrscheinlichkeit hat. In Ubereinstimmung mit den Ergebnissen von Conrath (1973), HallJRitehie (1975) und Allen et al. (2008) weisen diese Ergebnisse darauf bin, dass nicht nur die riiumlichen Niihe beziehungsweise Distanz, sondem auch organisationsbedingte Faktoren Einfluss auf das Kommunikationsverhaltens von Individuen haben. Eng verbunden mit der raumlichen Trennung von Personen ist auch ihre gegenseitige ,,sichtbarkeit". Stryker (2004) untersucht in seiner Kommunikationsstudie den Zusammenhang zwischen Sichtbarkeit von Personen und der Hiiufigkeit mtindlicher Komrnunikation. Personen mit Arbeitspliitzen in stiirker frequentierten Bereichen der Biiroriiurnlichkeiten, wie zum Beispiel Arbeitspliitzen in der Nahe von Gangen und Treppen, wurde eine hohe Sichtbarkeit zugesprochen. Datengrundlage bilden die Ergebnisse einer internetbasierten Online-Befragung zu den Komrnunikationskontakten, biografischen Daten und Details zur Innenarchitektur der Raumlichkeiten, Es zeigt sich, dass Personen mit hoher Sichtbarkeit signifikant haufiger kommunizierten a1s Personen mit geringer Sichtbarkeit. Stryker (2004) fiihrt das Ergebnis darauf zuriick, dass Personen hoher Sichtbarkeit sowohl haufiger a1s
potenzielle Komrnunikationspartner wahrgenommen werden, als auch selbst verstiirkt die Moglichkeit ungeplanter Komrnunikation nutzen.
2.1.4.2 Ahnlicbkeit In den Ausftihrungen zu Zahn (1991) wird deutlich, dass sich neben riiurnlichen Aspekten auch
die
Ahnlichkeit von
Individuen auf ihr
Kommunikationsverhalten auswirkt.
Die Neigung von Individuen, bevorzugt Kontakte und Beziehungen mit ihnen iihnlichen Personen einzugehen, fmdet in der Theorie der Homophilie ihren Niederschlag (McPherson et al. 2001). Sie bildet die zweite Theoriebasis der vorliegenden Untersuchung.
20
Kapitel 2: Stand der Forschung und theoretiscbe Grundlagen
Als grundlegende Untersuchung ist die Studie von LazarsfeldIMerton (1954) aufzuflihren. Sie untersuchen, nach welchen Kriterien Menschen Freunde auswahlen, Sie kommen zu dem Ergebnis, dass die Ahnlichkeit bezuglich biografischer Merkrnale von entscheidender Bedeutung ist. Die Autoren begrunden diesen Befund darnit, dass Alter, Geschlecht und Herkunft mit einem spezifischen Erfahrungs- und Wertehintergrund einhergehen. In Ubereinstimmung mit diesen Ergebnissen legen March/Simon (1958: 167 f.) dar, dass Personen gleichen Alters tendenziell tiber ahnliche Arbeitserfahrung und vor allern tiber ahnliche Lebenserfahrung und Lebenseindrticke verfiigen. Lazarsfeld1Merton (1954) und March/Simon (1958) argumentieren, dass diese Gemeinsamkeiten in der Erlebenswelt es den Personen in Foige erleichtern, miteinander in Kontakt zu treten. Die Wahrscbeinlicbkeit eines positiven Verlaufs einer Beziehung ist bei Individuen mit ahnlichem Hintergrund und ahnlichen Wertevorstellungen daher groBer als bei Individuen mit divergierenden Eigenschaften. Individuen antizipieren dies und suchen demzufolge Kontakt zu Individuen, die ihnen gleichen. Diese Suche nach positiver Rtickrneldung liegt der Theorie der Homophilie zu Grunde. Die Theorie hat in einer Vielzahl von Studien Bestiitigung gefunden. In der Studie von Hinds et al. (2000) wirkt sich die AhnJicbkeit von Personen mit von ihnen ausgewiihlte Teammitgliedem signifikant positiv auf die Auswahlentscheidung aus. Die Ahnlichkeit wurde tiber die Nationalitat und die Tatsache gemeinsamer Projekterfahrung operationalisiert. Die Suche nach AhnJicbkeit schlagt sich auch bei Investitionsentscheidungen nieder. So bewerten Risikokapitalgeber in der Studie von Franke et al. (2006) die Teams signifikant hoher, die ihnen in Ausbildung und Erfahrung ahnlich sind. Makela et al. (2007) kommen in ihrer fallstudienbasierten Analyse zum Wissensaustausch in multinationalen Unternehmen zu dem Ergebnis, dass Ahnlichkeit von Managem den Wissensfluss zwiscben diesen befordert, Der Faktor Ahnlichkeit wird auch in der literatur zur Kommunikation in FuE betrachtet. So errnittelten Allen/Cohen (1969) in ihrer Studie zu Kommunikationsnetzwerken in einem FuELabor, dass promovierte Mitarbeiter bevorzugt ebenfalls Promovierte als Gesprachspartner aufsucbten. Tushman (1978) stellt fest, dass gerade die Kommunikation in FuE, die von bober Komplexitat der Problemstellungen und der auszutauschenden Informationen gepragt ist, umfassende Fachkenntnisse und Fachsprachenkenntnisse erfordert. Eine ahnliche Ausbildung erleichtert die Kommunikation, da die Beteiligten Informationen vor einem ahnlichen fachlichen Hintergrund senden, aufnehmen und reflektieren. Unterschiedliche Sprach- und Interpretationsmuster hingegen behindem die Kommunikation und erhohen die Gefahr von Missverstandnissen (Tushman 1978; Rogers 1983). GriffinlHauser (1996) argumentieren auf
Kapitel 2: Stand der Forschung und theoretische Grundlagen
21
Grundlage einer umfassenden Literaturstudie, dass Kommunikationsbarrieren an der Schnittstelle zwischen Marketing und FuE auf unterschiedliche Ausbildungen, Personlichkeiten, Abteilungskulturen und Tatigkeiten der Mitarbeiter zuriickzufiihren sind. Sosa et al. (2002) analysiert das Kommunikationsverhalten von 485 Personenpaaren aus raumlich verteilten Entwicklungsteams dreier international agierender Unternehmen. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass sich gemeinsame Team- und Funktionszugehorigkeit positiv auf die Kommunikationshaufigkeit auswirken. Die organisationsbedingte AhnIichkeit liefert einen signifikanten Erkliirungsbeitrag sowohl fur die Haufigkeit personlicher, direkter Kommunikation, als auch fur email- und telefonbasierte Kommunikation. Ebenso argumentieren Allen et al. (2008) in ihrer Studie zur internen Kommunikation in zwei FuE-Einrichtungen, dass Personen nicht nur aufgrund der raumlichen Nahe miteinander kommunizieren, sondern sie hierzu vielrnehr auch einer inhaltlichen Notwendigkeit bediirfen. Auf der Grundlage des Literatwiiberblicks werden im folgenden Abschnitt Hypothesen zu den Determinanten der Kommunikationswahrscheinlichkeit abgeleitet.
2.1.4.3 Ableitung von Hypothesen Die Hypothesen werden zwei Gruppen zugeordnet. Die erste Hypothesengruppe wendet sich unter Bezugnahme auf die Theorie der raumlichen Nahe dem Einf1uss raumlicher Trennung beziehungsweise raumlicher Nahe auf die Kommunikationswahrscheinlichkeit zu. Die zweite Gruppe befasst sich auf Grundlage der Theorie der Homophilie mit der Ahnlichkeit der Kommunikationspartner. Die Theorie der raumlichen Nahe befasst sich mit dem Einf1uss raumlicher Trennung auf das Kommunikationsverbalten. Dernnacb nimmt die Kommunikationswahrscheinlichkeit von Individuen mit zunehmender raumlicher Trennung ab (Gullahorn 1952; Sundstrom et al. 1980; Davis 1984; Monge et al. 1985; Zahn 1991). Stryker (2004) fiihrt dies darauf zuriick, dass die Trennung die gegenseitige Sichtbarkeit von Individuen verringert. Sie nehmen sich in Folge se1tener a1s potenzielle Kommunikationspartner wahr. Allen (1977) fiihrt aus, dass mit zunehrnender Laufdistanz zwischen den Arbeitsplatzen von Personen die Wahrscbeinlicbkeit ihres zufalligen Zusammentreffens sinkt. Es ist daher folgender Zusammenhang zu erwarten: H.l:
Je groBer die Distanz zwischen den iiblichen Arbeitsplatzen zweier Individuen, desto geringer ist ihre Kommunikationswahrscheinlichkeit.
22
Kapitel 2: Stand der Forschung und theoretiscbe Grundlagen
Personen in mehrstockigen Gebauden sind jedoch nicht nur durch die horizontale Distanz zwischen ihren Arbeitspllitzen voneinander getrennt. Vielmehr bildet vertikale Trennung eine weitere raumliche Barriere. Sie mindert die Sichtbarkeit von Individuen. Dariiber hinaus ist ein Stockwerkswechsel stets mit zusatzlichem zeitlichem und physischem Aufwand verbunden, sei es der Gang tiber das Treppenhaus oder das Warten auf den Aufzug (Davis 1984). Die Literatur zum Informationsverhalten von Wissenschaftlem und Entwicklem zeigt in diesem Zusarnmenhang, dass Individuen bevorzugt die lnformationsque1len nutzen, deren Nutzung fur sie mit dem geringsten Aufwand verbunden ist. Die Qualitat der Informationen spielt bingegen eine geringere Rolle (Gerstberger/Alien 1968; Anderson et aI. 2001). Es wird folgender Zusarnmenhang vermutet: H.2:
Vertikale Trennung aufgrund unterscbiedlicher Stockwerke der Arbeitsplatze zweier Individuen hat einen negativen Effekt auf ihre Kommunikationswahrscheinlichkeit.
Nach der Theorie der Hornophilie suchen Personen Kontakt zu ihnen ahnlichen Individuen. Es wird argumentiert, dass die Ahnlichkeit das gegenseitige Verstandnis fordert und infolgedessen den positiven Verlauf einer Interaktion unterstiitzt. Dies fuhrt zur Aufstellung folgender Hypothesen: H.3:
Individuen mit gleicher Ausbildungsrichtung weisen eine grosere Kommunikationswahrscheinlichkeit auf als Individuen unterscbiedlicher Ausbildungsrichtung.
H.4:
Individuen mit gleicbem Ausbildungsniveau wei sen eine grolsere Kommunikationswahrscheinlichkeit auf als Individuen unterscbiedlichen Ausbildungsniveaus.
AhnJichkeit von Personen determiniert sich nicht nur tiber ihre biografischen Merkmale. Vielmehr bildet sie sich auch unter dem Eindruck sozialer Strukturen heraus, in die Personen eingebunden sind. McPberson et aI. (2001: 419) sprechen von ,,inbreeding homophily". GriffinIHauser (1996) fuhren in ihrer Untersucbung von Kommunikation zwiscben Mitarbeitern des Marketing und der FuE aus, dass Mitarbeiter je nach Funktionszugehorigkeit in ihren Bewertungsmustem und Arbeitsweisen unterschiedliche Pragungen erfahren. Katz (1982) zeigt in seiner Langzeitstudie zur Kommunikation und Produktivitiit in 50 FuE-Teams, dass die Teammitglieder im Laufe der Zeit ahnliche Sprachmuster und Arbeitsroutinen entwicke1ten, urn die Zusammenarbeit und die Kommunikation zu erleicbtem. Allen et aI. (2008)
Kapitel 2: Stand der Forschung und theoretische Grundlagen
23
argumentieren, dass Mitglieder eines Projektteams oder einer Abteilung kommunizieren miissen, urn we Tatigkeiten zu koordinieren und sich iiber aktuelle Entwicklungen zu informieren. Es ergeben sich folgende Hypothesen: H.5:
Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der Zugehorigkeit zweier Individuen zum gleichen Tatigkeitsbereich und ihrer Kommunikationswahrscheinlichkeit.
H.6:
Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der Zugehorigkeit zweier Individuen zurn gleichen Projektteam und ihrer Kommunikationswahrscheinlichkeit.
Hierarchien bilden neben Projektgruppen und Abteilungen eine weitere Form unternehmensinterner Organisationsstrukturen (Picot 1997: 161 ff.). Sie gehen mit spezifischen Tatigkeiten und Erfahrungen einher. Die Hierarchiezugehorigkeit spiegelt auch den formal en und informellen sozialen Status von Individuen in einer Organisation wider (McPherson et al. 2001). Es ist deswegen folgender Zusammenhang zu vermuten: H.7:
Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der Zugehorigkeit zweier Individuen zur gleichen Hierarchiestufe und ihrer Kommunikationswahrscheinlichkeit.
Abbildung 2.1:
Raurnliche
Trennung
WirkungllStruktur des Bezugsrahmens
{
Ahnlichkeit
I I
I I I I I
Quelle: Bigene Darstellung.
Distanz Vertikale Trennung
Ausbildungsrichtung Ausbildungsniveau Tlitigkeitsbereich ProjekttearnzugehOrigkeit Hierarchiestufe
I-(H·l)
1 1-(H.2) 1
I + (H.3) I
Kommunikations-
1+ (H.4) 1 1+ (H.5) 1
wahrscheinlichkeit
I + (H.6) 1 I + (H.7) 1
24
2.2
Kapitel 2: Stand der Forschung und theoretiscbe Grundlagen
Methodik
2.2.1 Herkdmmllche Methoden der Datenerhebung Methoden der empirischen Datenerhebung dienen dazu, Ausschnitte der Realitat, die fUr eine Untersuchung von Interesse sind, zu beschreiben und abzubilden (Bortz/Doring 1995: 125). In Kommunikationsstudien finden vornehrnlich die Methoden der .Befragung" und der .Beobachtung'' Anwendung. Die folgenden Ausfiihrungen gehen auf diese naher ein. Die Befragung, allen voran die schriftliche Befragung, hat sich als zentrales Erhebungsinstrument fIir Kommunikationsstudien etabliert. Ein wesentlicher Bestandteil ist hierbei der Ansatz der "Co-Nominierung" der Kommunikationspartner (Allen 1977; Tushrnan 1978; Monge/Contractor 1988; van den BultelMoenaert 1998; ReaganslZuckerrnan 2001; PerrySmith 2006; Allen et al. 2007). Internetbasierte Befragungen erhohen die Skalierbarkeit und erleichtern die Aufbereitung solcber Daten (Dillman 2000; Goldhaber 2002). Bei der schriftlichen Befragung sind der Ansatz der klassischen fragebogenbasierten Erhebung und der des Kommunikationstagebuches zu differenzieren. Ie nach Konzeption der Untersuchung handelt es sicb urn eine einmalige oder urn eine wiederholte scbriftliche Befragung. Letztere ist dem Urnfang und der Genauigkeit der Daten dienlich, sie erfordert jedocb ein erhohtes Engagement der Untersuchungsteilnehrner. Bei Kommunikationstagebtichem sind die Teilnehmer angehalten, ihre Kommunikation innerhalb eines festgelegten Zeitraums zu dokurnentieren (DeWine/Iames 1988). Perlow (1997; 1999) gewinnt tiber Tagebuchaufzeichnungen detaillierte Einblicke in den Tagesablauf und die Kommunikationsaktivitiiten von 12 Softwareingenieuren. In der Kommunikationsstudie von Monge et al. (1985) dokumentierten die Teilnehmer tiber einen Zeitraum von funf Tagen ihre Kommunikationskontakte und alle 15 Minuten ihren Aufenthaltsort in den Riiumlichkeiten des Untersuchungsortes. Die Datenerhebung rnittels Tagebuchaufzeichnungen ist jedoch nur gering verbreitet, was DeWinelIames (1988) auf die damit verbundene erhebliche Belastung der Untersuchungsteilnehmer zuriickfiihren. Urnfassende Ausfiihrungen zur Vorgehensweise in der befragungsbasierten Kommunikationsanalyse bieten Greenbaum et al. (1988), Rubin et al. (1994) und Clampitt (2000). Die Analyse zwischenmenschlicher Kommunikation findet auch in der unternehmerischen Praxis Beachtung. Sogenannte .Kommunikations-Audits" dienen dazu, Kommunikationsstrukturen und -prozesse in Untemehrnen zu optimieren (HargielTourish 2000; Downs/Adrian 2004) . In
Kapitel 2: Stand der Forschung und theoretische Grundlagen
25
diesem Zusammenhang sei auf die Befragungsinstrumente der International Communication Association
(lCA)
hingewiesen,
die
im
Rahmen
von
Kommunikations-Audits
Verwendung finden (DeWine/James 1988). Die wesentliche Starke der Befragung liegt darin, dass je nach Erkenntnisziel umfassende Details zum Kommunikationsverhalten erhoben werden konnen, 1m Gegensatz zur Methode der Beobachtung erlaubt sie auch, Einblicke in nicht-beobachtbare Aspekte des menschlichen Verhaltens zu gewinnen. Die Befragungsmethode weist aber auch Mangel auf. So hangt die Datenqualitat retrospektiver Erhebungsmethoden vom Erinnerungsvermogen der Befragten abo Das menschlich begrenzte Erinnerungsvermogen erschwert es Individuen, Details r1ickblickend korrekt und vollstandig zu rekapitulieren (Rubenstein 1953; KillworthlBemard 1976; Bernard et al. 1982). Kommunikationstagebiicher stellen zwar geringere Anforderungen an das Erinnerungsvermogen der UntersuchungsteiInehmer, sind bedeuten jedoch cine erheblich zeitliche
Belastung.
Dariiber
hinaus
sind
Befragungsdaten
subjektiv;
sie
geben
wieder, wie die Befragten ihr Kommunikationsverhalten wahmehmen und beurteilen (DeWine/James 1988). Ein weiterer Mangel von Befragungen ist ein mogliches sozial erwiinschtes Antwortverhalten. Dernnach neigen Befragte dazu, ein sozial erwiinschtes Bild ihres Verhaltens zu zeichnen (Bortz/Doring 1995: 228 ff.). Die Feldbeobachtung als direkte Erhebungsmethode, sei diese personlich oder iiber Kamerasysteme, hat eine im Vergleich zur Befragung ungleich geringe Verbreitung erfahren." Als beispielhafte Studien sind Gullaborn (1952), Kraut et al. (1990), FayardIWeeks (2007) und Boutellier et al. (2008) zu nennen. Die visuelle Erfassung von Individuen in ihrem natiirlichen Umfeld ermoglicht es, die beobachtbaren Elemente des Kommunikationsverhaltens sehr umfassend zu dokumentieren: Anzahl und Dauer eines jeden Kommunikationsereignisses, Ortlichkeit des Zusammentreffens, die beteiligten Person en, Mimik und Gestik der Akteure. Dem gegeniiber steht der erhebliche personelle, zeitliche und darnit finanzielle Aufwand, der mit der Erhebung und Auswertung derartiger Daten verbunden ist. Auch konnen Beobachtungsdaten, die nicht tiber Videoaufzeichnungen sondern tiber direkte Beobachtung gewonnen werden,
durch subjektive Eindriicke des Beobachters verfalscht werden
(Bortz/Doring 1995: 241) . Da die Beobachtung eine Sichtlinie zwischen dem Beobachter und dem Beobachteten voraussetzt., ist sie lediglich dazu geeignet, Daten in einem raumlich begrenzten Umfeld zu erheben. Wie Boutellier et al. (2008) in ihrer beobachtungsbasierten
14
Siehe Bortz/Doring (1995 : 244 ff.) zu Arlen der Beobachtung und ihrer Durchftihrung.
26
Kapitel 2: Stand der Forschung und theoretiscbe Grundlagen
Studie deutlich machen, konnen physische Barrieren wie Wande und Einrichtungsgegenstiinde die Datenerhebung zusatzlich erschweren. Tabelle 2.1 stellt die Inhalte ausgewahlter Kornrnunikationsstudien und ihre Datenerhebungsmethoden in iibersichtlicher Form dar. Mit Echtzeit-Lokalisierungssystemen bietet sich eine neue Moglichkeit der Datenerhebung, der sich der folgende Abschnitt zuwendet.
TabeUe 2.1:
Literaturiiberblick - Untersucbungen von Kommunikation in FuE
An10r & Jahr Titel & QneJIe
Betracbtungsgegenstand
Erbebungsmetbode
Ausgewiiblte Ergebnisse
- Einfluss der riiumlicbcn Gestaltung von Buroraumen auf Hllufigkeit und Dauer gesprachsbasierter Kommunikation - Verg1eich auf Grundlage einer geschlossenen BUroarchitektur und eines Vielraumbiiros
- direkte, personenbasierte Beobachtung - Zeitraurn: drei Wochen - N = 2.355 beobachtete Gesprllchc
- offene Raumarchitekmr erhoht Hllufigkeit direkter Kommunikation - offene Raumarchitektur verkiirzt Dauer der Knrnmunikationsvorgllnge
Allen et al. (2007): "Formal versus informal knowledge networksin R&D: a case study using social network analysis", R&D Management
- formalcs und informclles
- einmalige, schriftliche Befragung mit Cn-Nnminierung der Kommunikationspartn15-30
>30-60
>60-90
>90120
>120180
>180240
>240
Speicberfrequenz [Sekunden1
Fiir die sehwankende Speieherfrequenz wurden fo1gende Ursachen identifiziert: 1. Der Trager des WiFi-Tags verlieB die Riiumliehkeiten der FuE-Einheit mit dem WiFiTag und hielt sich in Fo1ge auBerhalb der Reiehweite des Empfangsnetzwerkes auf. 2. Der Akkumulator des WiFi- Tags war vollstandig entladen, eine Signalabgabe war aus diesem Grund nieht mehr moglich, 3. Die errnittelte Position des WiFi-Tags hatte sieh im Verg1eich zu 1etzten gespeicherten Position nieht verandert und wurde deshalb gemiiB der in Absehnitt 3.2.1.1 erlauterten Speichersystematik nieht dokumentiert. 4. Physische Barrieren zwischen dem WiFi-Tag und den WLAN-Empfangsstationen unterbanden den Empfang der Signale. 5. Die Untersuehungsperson hie1t sieh in einem Bereich der Buroraumlichkeiten auf, dessen WLAN-Abdeekung fur cine Triangulation des WiFi-Tags nieht ausreichte. Es war daher erforderlieh, den Rohdatensatzes zu einem Pane1datensatz zu erweitem.
Die Programrnierung der entwieke1ten Analysemetriken erfo1gte mit der Statistik-Software STATASE.
Kapitel 4: Erfassung und Aufbereitung der Positionsdaten
46
FUr den Paneldatensatz wurde der Rohdatensatz auf eine Beobaehtungsfrequenz auf Sekundenbasis erweitert. Pro WiFi-Tag wurde fur jede Sekunde der 31 Tage der Datenerhebung, die nicht im Rohdatensatz aufgefiihrt war, jeweils eine Beobaehtung erganzt." Die in den erganzten Beobachtungen fehlenden x-Werte, y-Werte und z-Werte wurden ansehlieBend mit den jeweiligen Werten der letzten bekannten, abgespeieherten Position des entspreehenden
WiFi-Tags
aufgeflillt.
Dieses
Vorgehen
erseheint
in
Anbetracht
der
Speichersystematik bei der Datenerhebung als angemessen. Wie Absehnitt 3.2.1.1 erlauterte, war eine Positionsmeldung eines WiFi-Tags nur dann aufgezeiehnet worden, wenn sie sieh im Vergleieh zu seiner letzten gespeicherten Position verandert hatte. Im Anschluss wurde der Datensatz auf Sekundenbasis tiber die Auswahl der Positionen zur
Sekunde 00 und 30 je Minute auf zwei Positionsmeldungen pro Minute und Untersuehungsteilnehmer reduziert. Diese Positionsfrequenz ist fur die weiteren Auswertungssehritte angemessen. Fur die weiteren Analysen werden die Beobaehtungen beriieksiehtigt, die im Zeitraurn von taglich 08:00 bis 22:00 Uhr aufgenommen worden waren. Mit der Panelstruktur liegen die Positionen der Untersuchungsteilnehmer schlieBlieh zu den jeweils gleichen Zeitpunkten vor, was eine Identifikation von Kolokation in den nachsten Sehritten der Auswertung ermoglicht,
27
Das Aufflillen der fehlenden Beobachtungen beziehungsweise der fehlenden Sekunden verlief pro WiFi- Tag und Datum fiber cine Schleifenprogrammierung in STATA SE wie folgt : 1) Umrechnung der Zeit im Format Stunden:Minuten:Sekunden tiber den Befehl ntimeofday in Sekunden. 2) Definition des Dalensatzes tiber tsset [Panelvariable] a1s Paneldatensatz, wobei die im vorherigen Schritt geschaffene Sekundenvariable als Panelvariable diente . 3) Auffullen der feh1enden Sekunden tiber den Befehl tsfill.
Kapitel 4: Erfassung und Aufbereitung der Positionsdaten
4.2
47
Riiumliche Verortung der Positionsdaten
Uber die xyz-Koordinaten der Positionsmeldungen ist nicht ersichtlich, in welchem Bereich der Btiroumgebung sich die erfassten Untersuchungsteilnehmer aufhielten. Eine raumbezogene Analyse der Positionsdaten setzt voraus, dass jeder Position ihre entsprechende Lage auf dem Grundriss des Stockwerks, auf dem die Ortung erfolgte, zugewiesen ist. Diese Lagezuweisung, die sogenannte "Verortun g", ist ein entscheidender Schritt in der Analyse von Positionsdaten. Sie ermoglicht es, die Aufenthaltsorte und damit Kolokation von Personen zu ermitteln. Dariiber binaus kann erst tiber den Abgleich der Positionsdaten mit den Grundrissen der Btiroraumlichkeiten den raumlichen und arcbitektonischen Gegebenheiten wie Wanden Rechnung getragen werden. Ausschlaggebend fur die direkte Kommunikation ist namlich nicht die euklidische Distanz zwischen Untersuchungsteilnehmem, sondem vielmehr die tatsachliche Distanz unter Beriicksichtigung von arcbitektonischen Barrieren." FUr die Verortung wurde ein Geograpbisches Informationssystem (GIS) herangezogen." Ein GIS ist dafiir konzipiert, raumliche und nicht-raumliche Informationen zueinander in Verbindung zu setzen, zu visualisieren und quantitativ auszuwerten. Es bietet bierfiir eine Vielzahl von Speicherformaten und Analysewerkzeugen (Goodchild et al. 1992; Ormsby et al. 2004). Den folgenden Ausflihrungen kommt die Aufgabe zu, den zugrundeliegenden methodischen Ansatz zu motivieren und zu erlautern, FUr Details zur technischen Umsetzung im GIS sei auf Ormsby et al. (2004: 331 ff., 469 ff.) verwiesen. Die maBstabsgetreuen grapbischen Abbildungen der Grundrisse der vier Stockwerke bilden die erste Informationskomponente. Sie wurden in das GIS eingelesen und tiber Referenzkoordinaten verortet. Als Referenzkoordinaten dienten pro Raumplan jeweils fiinf Positionen, deren xyz-Koordinaten wahrend der Implementierung des RTLS und der Zuweisung der Koordinatensysteme gesammelt und deren exakte Lage auf den Raumplanen vermerkt worden war. 30 1m Anschluss erfolgte die Verortung der Positionen auf den Raumplanen. Diese stellen die zweite Informationskomponente dar.
2B Vgl. Allen (1977 : 267
ff.) .
29
Verwendet wurde die GIS Software ArcGIS 9.0.
30
Die Verortung einer Landkane beziehungsweise eines Raumplanes setzt die Existenz von rnindestens drei Referenzpunkten voraus . Je mehr Referenzpunkte angegeben werden, desto genauer kann verortet werden.
KapiJe].4: Fzfassung und.Allfbereitung de:r Positionsdaten
48
Um Aussagen i1ber die Aufenthaltsbereiche und Kolokation der Individuen treffen zu k6nnen,
mUSseD die Bt1rof1ichen anschlie&nd in rlIumliche Berc:iche untertcilt werden. DieseBereiche stellen nebea den verorteten Orundrissen und den PorIiJionen die dritte IDfonnatWnskompo-
nente dar. Auf der ersten Ebene wurden die Gnmdrissc tier Stockwerlre in "Raumbereiche" unterteil1. Bin Raumbereich etfasst in ADlehmmg an daB Vorgehen von Boutellier et al. (2008) Flllchen. denen cine iIlmliche Fanktion inncrhaIb der Bt1rorIbunlicbkeiten znzuaprechen tet. Es
wurden folgende Raumbereiche definiert: ,,Besprechungsraum", "Arbeitsplatz", .,Atbeitsplatzumfeld", ,,Aufenthaltsraum", "Gangbereich", ..Treppenaufgang", ,,Eingang", "Sonstige
Bereiche". Die cinze1nen. von einem Raumbereich erfasstlm FIJlchen wurden als ,,Raumzonen" ddinicrt. So subsumicrt zum Beispiel der Raumbereich .,Bcsprcchungaraum" die
Ranmzonen ,,Bespmchungsraw:n_l", ,.Besprechnngmmm_2" und so welter. Abbildung 4.2 ste1l1 die Raumbereiche am Beispiel del vierten StockweIkB schematisch dar.
Die architeboni&ch offenen Gro8raumbtlrofI sind farbles wiedergegeben. Die Linien in
d:iesen FUlchen .indizieren keine areliliektonischen Grenzen; vieImehr zeigen sie, wie die offenen Raumflllcbeu filr die vorlicgende Untersuchung in funktionalc BCIcichc untertcilt
sind. Architektonisch abgegrenzle FIllchen erscheinen in graner Schattierung. In den Aufztigen erfulgte aufgnmd fehlender WLAN-Abdecknug keine 0I1ung, die Positioosmeldnngen
im Sanitlirbereich worden
aWl
GrUnden dcr Sensibilitll1 unci Irrelevanz fUr die vm1iegende
Untersuchung im weiteren Verlauf von del' AnalYlle ausgesch1ollsen. Die Raumbereiche auf den t1brigenStockwerken sind ist in entsprechenden Abbildungen im Anhang dokwnentiert.
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oreiJ:b: I '" AmeirIplIlz, 1.= ArbeIap_unIeId 3 = lIeopeclIImgsra" = ~ $ = AIIfendWrIroam, (\ = TteppcmauCgang. 7 =I!lllgallg, B= 1JfIallla&Im, 9 = Sanl1llrberelch, 10 = SonsIlpBotelche. OlmeMaIlslIb.
Kapitel 4: Erfassung und Aufbereitung der Positionsdaten
49
Abschnitt 3.1 erliiuterte, dass die Raumlichkeiten des An-Instituts nach dem Konzept eines Vie1raumbiiros gestaltet sind . Ein wesentliches Charakteristikum sind demzufolge offene
Raumflachen, Bei der Unterteilung in Raumbereiche und Raumzonen konnte deshalb nur begrenzt auf architektonisch vorgegebene Strukturen zuriickgegriffen werden. Eine Herausforderung stellte hierbei die raumliche Abgrenzung der Arbeitsplatze der Untersuchungsteilnehmer dar, da diese aufgrund ihrer Lage im GroBraumbiirobereich nicht tiber die Grundrisse der Stockwerke zu bestimmen waren. So galt es im ersten Schritt, die Arbeitspliitze der Untersuchungsteilnehmer zurn Zeitpunkt der Datenerhebung tiber vorliegende Sitzplane und Gesprache vor Ort riickblickend zu ermitteln und ihre Lage auf den Raumplanen im Geographischen Informationssystem zu verzeichnen. Wiederholte Aufenthalte in den Raumlichkeiten der FuE-Einheit erwiesen sich hierfiir a1s unerlasslich, 1m zweiten Schritt wurde die Positionierung der Arbeitsplatze mit Hilfe der Positionsdaten
tiberpriift. Grundlage hierfur bildeten Rastergraphen zu den Positionen der Untersuchungsteilnehmer (Ormsby et al. 2004: 117 ff., lSI ff.). Bin Rastergraph errnittelt pro raumliche frei zu definierende Zelle die Anzahl der dort aufgezeichneten Positionsmeldungen und farbt den Raumbereich entsprechend dem Dichtewert ein . Je dunkler die Farbung einer Zellenflache, desto haufiger wurden dort Untersuchungsteilnehmer lokalisiert. Uber den Rastergraphen konnte fur jede Untersuchungsperson im Urnfeld ihres manuell verzeichneten Arbeitsplatzes der Bereich der griiBten Signaldichte ermittelt werden. Da davon auszugehen war, dass dieser Bereich die tatsachliche Position des Arbeitsplatzes widerspiegelte, war es moglich, die Lage der Arbeitsplatzzonen gegebenenfalls anzupassen. Abschnitt 5.2.2.1 geht auf das Rastermodell, das eine Visualisierungsform fur Positionsdaten darstellt, urnfassend ein . 1m dritten Schritt wurden schlieBlich unter der Annahme, dass Personen bei direkten
Gesprachen eine maximale Distanz von 1,5 Meter zueinander einnehmen (Sundstrom/Altman 1976), Zonengrenzen urn die markierten Arbeitsplatze gezogen. Hierbei mussten die Gegebenheiten vor Ort, d.h. die Ausrichtung der Schreibtische und die Lage von Raumteilern und Regalen, Beriicksichtigung finden. Soweit moglich, wurde jeder Untersuchungsperson eine Arbeitsplatzzone zugewiesen. Da sich aufgrund der begrenzten Genauigkeit des RTLS Signale von Personen mit benachbarten Arbeitsplatzen raumlich tiberlagerten, lieBen die Positionsdaten in diesen Fallen eine eindeutig Zuweisung zu einer personenindividuellen Arbeits-
Kapitel 4: Erfassung und Aufbereitung der Positionsdaten
50
platzzone nicht zu." Dies machte es erforderlich, 22 Untersuchungsteilnehmem insgesamt IO gemeinschaftliche Arbeitsplatzzonen zugewiesen. Insgesamt wurden fur die 48 Personen 36 Arbeitsplatzzonen definiert, deren Lage in den entsprechenden Abbildungen zu den Raumbereichen ersichtlich ist. Nach Definition der Raumbereiche und Raurnzonen wurden die Informationskomponenten
.Positionen" und .Raumzonen" mit Hilfe des Geographischen Informationssystems zusammengefuhrt, urn zu errnitteln, in welcher Raurnzone jede einzelne Positionsmeldung aufgenommen worden war. Der resultierende verortete Paneldatensatz umfasst insgesamt 884.741 Positionsrneldungen. Die deskriptive Analyse der raumlichen Verteilung der Positionsmeldungen ist Gegenstand des Abschnitts 5.2 .2. Der folgende Abschnitt befasst sich nun mit der Identifikation der Kommunikationsvariablen. Hierzu erlautert Abschnitt 4.3.1 die zugrundeliegende Argumentationsfolge. Abschnitt 4.3.3 geht dann auf den Analyseansatz ein.
4.3 4.3.1
Identif"Ikation der Kommunikationsvariablen Ausgangslage
Nach der Theorie der raumlichen Nahe steigt mit abnehmender raumlicher Distanz zwischen Personen ihre Kommunikationswahrscheinlichkeit. Sykes et al. (1976) fiihren aus, dass mit raumlicher Nahe eine sozial empfundene Obliegenheit verbunden ist, miteinander in Kontakt zu treten. MongeiKirste (1980) und FayardIWeeks (2007) argumentieren dariiber hinaus, dass die Ortlichkeit der zeitgleichen unrnittelbarer Prasenz sowohl die Moglichkeit zur Kommunikation als auch die sozial empfundene Obliegenheit zur Kommunikation determiniert. So definieren Monge et al. (1985: 1133) raumliche Nahe als "the extent to which people in an organization share the same physical locations at the same time providing opportunity and psychological obligation to engage in face-to-face communication." Urn tiber Kolokation auf eine erhohte Kommunikationswahrscheinlichkeit schlieBen zu konnen, ist deshalb nicht nur die Tatsache von zeitgleicher unrnittelbarer Prasenz, sondem auch die Ortlichkeit derselben zu beriicksichtigen.
31
Abschnitt 4.5 erlautert diesen Sachverhalt umfassend.
Kapitel 4: Erfassung und Aufbereitung der Positionsdaten
51
Arbeitspliitze sind laut der Literatur zum Kommunikationsverhalten ein bevorzugter Ort fur direkte personliche Kommunikation. In der Studie von Boute11ieret aI. (2008) zur Kommunikation in einer FuE-Abteilung fanden mit 40% der 2.355 beobachteten direkten Gespriiche die meisten Gesprache an den Arbeitsplatzen der Mitarbeiter statt, Besprechungsraume und eigens bereitgestellte Ortlichkeiten wie Sitzecken und Kaffeekiichen spie1ten hingegen eine untergeordnete Rolle. Auch in der Kommunikationsstudie von Stryker (2004) fand mit 54% aller Kommunikationsereignisse im Faile des ersten Untersuchungsortes und mit 75% im Falle des zweiten Untersuchungsortes die miindliche, direkte Kommunikation primar an Arbeitsplatzen stan." Arbeitsplatze erflillen auch die einleitend aufgeflihrten zentralen Kriterien der Moglichkeit zur Kommunikation und der sozialen Obliegenheit zur Kommunikation. Arbeitspliitze erscheinen daher a1s besonders geeignet, urn auf Grundlage von Echtzeit-Positionsdaten Kolokation zu identifizieren und hierliber niiherungsweise auf direkte Kommunikation zu schlieBen. Es muss jedoch auch den Fallen von Kolokation Rechnung getragen werden, die sich daraus ergeben, dass Untersuchungsteilnehmer zur gleichen Zeit an benachbarten Arbeitsplatzen beziehungsweise in gemeinschaftlichen Arbeitsplatzzonen arbeiteten. Dieser Thematik wird sich Abschnitt 4.4 zuwenden.
Bei der Identifikation von Kommunikation wird aus Plausibilitatsgrtinden angenommen, dass sich Untersuchungspersonen, die sich eine Minute oder liinger lang gemeinsam an einem Arbeitsplatz aufhielten, miteinander kommunizierten. Diese Annahme erscheint mit Blick auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse zurn Zusammenhang zwischen raumlicher Nahe, Moglichkeit zur Kommunikation und sozialer Obliegenheit zur Kommunikation plausibel. 33 Sie wird auch von den Ergebnissen einer explorativen Vorstudie gestiitzt, der sich Abschnitt 5.1 im Detail zuwendet. Zugleich stellt die Mindestdauer sicher, dass zufallige Kolokation, die durch technische Signalschwankungen verursacht werden kann, nicht als Kommunikation interpretiert wird. Abschnitt 3.2.1.1 erliiuterte in diesem Zusammenhang, dass die Genauigkeit der Positionsbestimmung bei jedem RTLS von den zum Zeitpunkt der Ortung herrschenden Umfeldbedingungen abhangt, Objekte zwischen dem WiFi-Tag und die Position des WiFiTags relativ zu den Access Points konnen zu einer ungenauen Ortung fuhren,
32
FUr Details zur Untersuchung von Stryker vgl. Abschnitt 2.1.4.1.
33
Siehe die Ausflihrungen in Abschnitt 2.1.4.1 und am Beginn des Abschnitts 4.3.1.
52
Kapitel 4: Erfassung und Aufbereitung der Positionsdaten
Diese Vorgehensweise hat aber auch zur Folge, dass mogliche Kurzinteraktionen der Untersuehungsteilnehmer mit einer Dauer von weniger als eine Minute nicht erfasst werden konnen, Kommunikationsverbindungen zwischen Personen, die Kurzinteraktion langerem
Austausch vorziehen, bleiben somit unberiicksichtigt. Abbildung 4.3 stellt die Argumentationslinie des Forschungsansatzes zusammenfassend dar.
Abbildung 4.3:
Argumentationslinie des Forscbungsansatzes Bedingungen
Notwendige Bedingung: Kolokation ZeitgleichePrasenz von mindestens zwei Individuen aneinemOrt
• Ort bietet aufgrund seiner Beschaffenheit
¢
und Zweckbestimmung die Moglichkeit zur Kommnnikation.
• Ort veranlasst zur sozial empfundenen
GespriichsbasieI1e
Kommunikation
Obliegenheitzur Kommunikation. • Mindestdauer der Kolokation.
Que/Ie: Eigene Darstellung .
4.3.2
Analyseverfahren
Dieser Abschnitt wendet sich der Erfassung und Messung der Kommunikation zu. In einem ersten Schritt wird die Kolokation der Untersuchungsteilnehmer identifiziert. 1m Anschluss erfolgt die Berechnung der Kommunikationszeit auf Dyadenebene. Als Datengrundlage dienen Positionsmeldungen im Raumbereich ,,Arbeitsplatz". Die Umsetzung erfolgt, soweit nicht anderweitig gekennzeichnet, mit der Statistiksoftware STATA SE. Abbildung 4.4 stellt die Struktur des verorteten Paneldatensatzes mit den wesentlichen Variablen schematisch dar. Die Variablen "Datum", "Stunde", ,,Minute" und "Sekunden" erfassen als Zeit-Dimension den Tag und die Zeit, zu der die entsprechende Ortung stattfand. Die Variable "Person" indiziert tiber eine anonymisierte Identifikationsnummer den lokalisierten WiFi-Tag beziehungsweise den Untersuchungsteilnebmer; sie reprasentiert die AkteursDimension. Die Variable .Raumzone" dokumentiert die Raum-Dimension. Die Variable fiihrt pro Beobachtung die Bezeichnung des Arbeitsplatzes auf, an dem der jeweilige Akteur
Kapitel4: Erfassung und Autbereitung der Positionsdaten
53
lokalisiert wurde. Diese Information wurde durch die Verortung in Abschnitt 4 .2 gewonnen und ersetzt die ursprl1nglich Rauminformation uber die xyz-Koordinaten. Jede Beobachtung
ist iiber eine einmalige Kombination von Datum-StulJde..Minute-SekundfrPersonen_IDRaumzone eindeutig identifizi.erbar. Der Datensatzausschnitt in Abbildung 4.4 zeigt, dass sich
der Untersuchungsteilnehmer ID_I zu Beginn an seinem eigenen Arbeitsplatz aufhielt, bevor er dann am .A1beitsplatzdes Untersuchungsteilnehmers ID_6 geortet wurde.
AbbDdung 4A:
Datum 6/10/2007 6/10/2007 6/10f20ll7 6/10/2007 6/10f20ll7 6/10f20ll7 6/10/2007
Schematlsche Dantaillung de. verorteWl .... n.ldutm-tzeo
StuDde
9 9 9 9 9 9 9
Minute 17 17 18 18 19 19 20
Sekunde 00
30 00
30 00
30 00
Penonen ID 10 1 10 1 10 1 10 1 10 1 10_1 10 1
(
Raumzone
Arbeitsplatz 10 1 Arbeitspla1z 10 1 Arbeitsp~
1
Arbeitsplatz 10 6 Arbeitsplatz 10 6
Arbeil8p~_6
Arbeitspla1z 10 6
...)
... ...
...
... ... ...
...
... ... ... --_ ... _... ... ... ... ... _.. ................... .......................... ......... ................ ................ .............. A1uft
Wie in Abschnitt 4.3.1 erlllutert, wird cine Mindestaufenthaltsdauer von einer Minute zugrun-
de gelegt, bevor eine gemeinsame Prlisenz als Kommunikation gewertet wird. Daher wurden alIe Beobachtungen im verorteten Paneldatensatz, die eine kUrzere Aufenthaltsdauer indizierten, entfemt und anscblie8end der Datensatz auf cine Beobachtung pro Minute reduziert. Der Paneldatensatz auf Minutenebene umfasst scblieBlich 182.145 Beobachtungen; er bildet die Grundlage fUrdie ldentifikation der Kolokation der Untersuchungsteilnehmer. Kolokation und Kommunikation sind Relationen zwischen Akteuren. PUr die Identifikation und Quantifizierung dieser Relationen ist es daher angebracht, die Daten iiber eine Matrix daIzustellen. Zu diesem Zweck wurde der minutenbasierte Paneldatensatz in die Form einer zweidimensionalen, rechteckigen (m x n)-Matrix (Y) transformiert. Diese entspricht einer herkllmmlichen Datenmatrix mit n Beobachtungen in den Zeilen und m Attributen in den Spalten (Jansen 2006: 100). Die erste Matrix-Dimension, abgetragen auf der Horizontalen, ent1tll.1t die Zeit- und Raum-Dimension. Jede der n Beobachtungen ist Uber eine einmalige Kombination der Auspriigungen der Attribute Datum-Stunde-Minute-Raumzone eindeutig indiziert. Die zweite Matrix-Dimension reprasentiert die Akteure X. Die Akteure XJt wurden
54
Kapitel 4: Erfassung und Aufbereitung der Positionsdaten
tiber k Spalten mit k E(1;48) ebenfalls auf der Vertikalen abgebildet. Die Gesamtzahl der Spalten m betragt 52, mit 48 Spalten fur die Akteure und jeweils eine Spalte fur die Variablen
"Datum", "Stunde", "Minute" und .Raumzone". Ein Feld (xiiJ in der (m x n)-Matrix weist den Wert 1 auf, wenn der Akteur ~ tiber die Minute
i hinweg in der Arbeitsplatzzone i lokalisiert wurde. fin gegenteiligen Fall fiihrt das MatrixFeld den 0 auf. Da fur die Berechnung der Kommunikationszeit lediglich die Beobachtungen von Relevanz waren, die Kolokation indizierten, wurden abschlieBend alle Beobachtungen ohne Kolokation aus der zweidimensionalen Datenmatrix entfemt.
Der zweite Schritt urnfasst schlieBlich die Berechnung der Gesamtzahl der Kolokationsminuten beziehungsweise der Kommunikationsminuten pro Dyade. Zu diesem Zweck wurde die zweidimensionale (m x n)-Matrix tiber die Kreuzprodukt-Matrix Transformation in eine eindimensionale, symmetrische (n x n)-Matrix mit n E (1;48) urngewandelt (Jansen 2006: 100). Bei der Kreuz-Produkt-Matrix Transformation wird die (m x n)-Matrix mit ihrer inversen (m x n)' -Matrix multipliziert. Dies wurde fur jede Arbeitsplatzzone fur jedes Datum einzeln durchgefiihrt, urn die zeitgleiche Priisenz der Akteure pro Arbeitsplatz ermitteln zu konnen. Uber die Kreuzprodukt-Matrix Transformation wurde der Datensatz auf die AkteursDimension reduziert. Sie stellt die relevante Dimension fur die Analyse der Kommunikation dar. Die Raurn-Dirnension erfasst die Matrix dahingehend, dass sie die Kommunikation im Raurnbereich ,,Arbeitsplatz" abbildet. Die Zeit-Dimension wurde hinfallig, da die Matrix eine Querschnittsbetracbtung tiber die 31 Tage der Datenerhebung darstellt. Die in der Matrix abgebildete Kolokationszeit wird als Kommunikationszeit interpretiert, die Matrix entsprechend im weiteren Verlauf als .Kommunikationsmarrix" bezeichnet." Jedes Matrixfeld x(ij) bildet mit der Gesamtzahl der pro Dyade ermitteIten Kommunikationszeit die Starke der Relation .Kommumkation'' auf Dyadenebene abo Da es sich in der vorliegenden Untersuchung urn eine ungerichtete Relation handelt, sind die obere und untere Dreiecksmatrix identisch (x(i,j)
=x(j,i». Die Anzahl der Beobachtungen, d.h. die Anzahl der Dyaden,
ergibt sich gemiiB Gleichung (1) (Jansen 2006: 95).
N
34
VgL Abschnitt 4.3 .1.
(n
* n) - n 2
(1)
Kapitel 4: Erfassung und Aufbereitung der Positionsdaten Bei n=48
ergeben sich N=1.128
Dyaden. Diese
55 Beobachtungen sind aber nicht
voneinander unabhangig, ein Sachverhalt, der in der multivariaten Analyse in Abschnitt 5.3.4 berucksichtigt werden wird. Die zeitgleiche Anwesenheit der Untersuchungsteilnehmer in den Rliumlichkeiten des An-Instituts bildet die Voraussetzung fur direkte gesprlichsbasierte Kommunikation. Da die Anwesenheitszeiten der Untersuchungsteilnehmer nicht verfiigbar sind, wurden sie approximativ tiber die Positionsdaten selbst bestimmt." Dem Ansatz liegt zu Grunde, dass die Untersucbungsteilnehmer ihre WiFi-Tags vor Verlassen des Gebaudes auf einer der vier Ladestationen abstellten. Uber die Positionsmeldungen auBerbalb der Ladezonen wurde auf die Nutzung der WiFi-Tags und damit auf die Anwesenheit der Untersucbungsteilnehmer gescblossen. Die Berecbnung der Priisenzzeit erfolgte analog zum voran skizzierten Vorgeben bei der Ermittlung der Kommunikationszeit.
4.4
Berechnung der riiumlichen Distanz
Die Entfemung zwischen Individuen ist fUr die vorliegende Untersuchung aus drei Grunden von Bedeutung: Erstens wird tiber die Entfemung in Form der "riiumlicben Nahe" an Arbeitspliitzen auf direkte gespriicbsbasierte Kommunikation gescblossen. Zweitens findet die Entfemung tiber die ,,riiumliche Distanz" Eingang in die multivariate Auswertung zu den Determinanten der Kommunikationswahrscheinlichkeit. Die Distanz wird gemiiB dem gangigen Vorgehen in der Literatur tiber die Laufdistanz zwischen den Arbeitspliitzen der Untersuchungsteilnehmer operationalisiert." Drittens ist die Distanz auch fur die korrekte Interpretation der Kolokationswerte von Relevanz, da diese an den Arbeitsplatzen ermittelt wurde. Dies wird nach der Berecbnung der Distanz im weiteren Verlauf dieses Abschnitts naher ausgeftihrt. Die Literatur zum Informationsverhalten befasst sich mit der Frage, welche Informationsbediirfnisse Individuen tiber welcbe Kaniile bedienen und nach welchen Kriterien sie diese Inforrnationsquellen auswiihlen (Gerstberger/Allen 1968; Anderson et al. 2001; Xu et al. 2006). Demnach berucksichtigen Individuen neben der Qualitat von Informationen vor aHem
35
Siehe hierzu die Ansflihrungen in Abschnitt 3.2.2.
36
Vgl. Allen (1977; 1991), KellerlHolland (1983), Keller (1986) und Zahn (1991) .
56
Kapitel 4: Erfassung und Aufbereitung der Positionsdaten
auch den mit ihrer Beschaffung verbundenen Aufwand. Vor diesem Hintergrund sind die minimalen Laufdistanzen zwischen den Arbeitspliitzen der Untersuchungsteilnehmer fur die Berechnung der Distanz relevant. Dariiber hinaus muss bedacht werden, dass Dyadenpartner mit Arbeitsplatzen auf unterschiedlichen Stockwerken nicht nur tiber die Horizontale, sondern auch tiber die Vertikale voneinander getrennt sind. Folglich fallen neben Strecken auf der Horizontalen zusatzliche Laufstrecken beim Uberwinden von Treppen an, die bei der Berechnung der Gesamtdistanz zu beriicksichtigen sind. Diese Vorgehensweise ist auch bei Verfugbarkeit von Aufziigen angebracht, da sie dem zusatzlichen Aufwand, der mit der Uberbruckung vertikaler Trennung verbunden ist, in angemessener Weise Rechnung tragt (Allen 1977: 242 ff.)." Das Gebaude des An-Instituts verfugt tiber zwei Treppenaufgange, die jeweils am schmalen Ende des rechteckigen Gebaudes angeordnet sind. Das zweite, dritte und vierte Stockwerk sind zusatzlich tiber einen mittleren Treppenaufgang miteinander verbunden." Urn im Falle vertikaler Trennung die minimale Laufdistanz pro Dyade zu erfassen, muss die Lage der Arbeitsplatze der Dyadenpartner relativ zu den Treppenaufgangen beachtet werden. Hierzu wurden die Laufdistanzen zwischen ihren Arbeitsplatzen tiber alle drei moglichen Laufwege ermittelt und anschlieBend die kiirzeste Distanz als die relevante minimale Distanz ausgewahlt, Die minimale Laufdistanz zwischen den Dyadenpartnem n, und nj berechnet sicb gemJiB Gleichung (2):
= Dis borizontal + Dis vertikal = min (Dis zu Treppe
37
38
(2)
I. Diszu Treppe 2,Dis zu Treppe 3) + DisTreppe .
Bin Interviewpartner im Rahmen der explorativen Vorsmdie (Abschnitt 5.1) ftihrte aus, dass bereits das Warten auf denAufzug eineBelastung bedeutet.
Siehe hierzu dieAusftihrungen zurGebiiudearchitektur in Abschnitt 3.1.
Kapitel 4: Erfassung und Aufbereitung der Positionsdaten
57
=Dyadenpartner AP
= Arbeitsplatz
T
=Laufdistanz in Meter =Treppe
SW
= Stoekwerk des Arbeitsplatzes
DH
= Deckenhohe"
Dis
Die einzelnen Laufdistanzen wurden auf Grundlage der verorteten Stoekwerkspliine mit Hilfe des Geographisehen Informationssystems ermittelt. Der folgende Abschnitt fiihrt nun aus, warum die Distanz bei der Interpretation der Kolokations- beziehungsweise Kommunikationswerte berlieksichtigt werden muss. Im Falle von 38 Dyaden (3,4%) betragt die Distanz weniger als 1 Meter." Hierbei handelt es
sieh urn Personenpaare mit gemeinsamen oder unmittelbar benachbarten Arbeitsplatzzonen." Diese raumlichen Gegebenheiten in Verbindung mit der teehniseh begrenzten Ortungsgenauigkeit des RTLS lasst eine korrekte Errnittlung der Kolokation bei diesen Dyaden nieht zu. Fiir die betroffenen Personenpaare wiirde stets Kolokation und in Folge Kommunikation ermittelt werden, wann immer sie sich zeitgleieh an ihren Arbeitspllitzen aufhielten. Diese 38 Dyaden finden deswegen keinen Eingang in die deskriptiven und die multivariate Auswertungen irn folgenden Kapitel.
39
Bei einer Treppensteigung von 45° und einer je Stockwerk zu iiberwindenden vertikalen Distanz von 3,5 Meter (Deckenhohe),
40
Abschnitt 5.3.2 .2 dokumentiert die Deskription der Variable .Distanz",
41
Siehe Abschnitt 4.2 zur Definition des Raumbereichs ,,Arbeilsplatz".
58
Kapitel 4: Erfassung und Aufbereitung der Positionsdaten
Die Anzahl der Dyadenkombinationen vor und nach der Datenbereinigung ist Tabelle 4.1 zu entnehmen. Der endgilltige Dyadendatensatz umfasst 1.090 Dyaden. Er bildet die Grundlage fur die deskriptive und multivariate Analyse auf der Ebene der Dyade.
TabeUe 4.1:
Hiufigkeit der Dyaden nach Penonengruppenzugehiirigkeit der Dyadenpartner
Dyaden
Hiufigkeit nach Bereinigung 762 765 (67,8%) (69,9%)
vor Bereinigung Personengruppentibergreifend Wissenschaftler - Wissenschaftler
Industrieexperte - Industrieexperte Manager - Manager
Support - Support IT -Administrator - IT-Administrator Gesamt
231 (20,5%) 120 (10,6%)
214 (19,6%) 104 (9,5%)
6
6
(0,5%)
(0,6%)
3 (0,3%)
(0,3%)
3
3
(0,3%)
1 (0,1%)
1.128 (100%)
1.090 (100%)
5
Determinanten der Kommunikationswahrscheinlichkeit
1m vorangegangenen Kapitel wurde ein Ansatz zur niiherungsweisen Identifikation und
Messung von direkter Kommunikation auf Basis der Echtzeit-Positionsdaten entwickelt. Gegenstand dieses Kapitels ist die inhaltliche Auswertung der Daten. Abschnitt 5.1 stellt die Ergebnisse einer explorativen Vorstudie vor. Die Strukturen des An-Instituts und die Tatigkeiten der Mitarbeiter sollen naher beleuchtet und erste Anhaltspunkte beziiglich der Hypothesen gewonnen werden. In Abschnitt 5.2 folgt die deskriptive Analyse auf der Ebene des Akteurs. Da die personenbezogenen Merkrnale auf Akteursebene die Grundlage fUr die Merkmalsauspragungen auf Dyadenebene darstellen, werden die Merkmale der Akteure eingehend erlautert, Des Weiteren befasst sich der Abschnitt mit der Visuaiisierung und der quantitativen Auswertung der raumlichen Verteilung der Positionen. AnschlieBend wendet sich Abschnitt 5.3 der Analyse auf Dyadenebene zu. 1m Mittelpunkt steht die multivariate Analyse der Determinanten der Kommunikationswahrscheinlichkeit. Zu Beginn erfolgt die Operationalisierung und Deskription der abhangigen und unabhangigen Variablen. AnscWieBend wird auf den Zusammenhang zwischen Distanz und der Kommunikationswahrscheinlichkeit nach Allen (1974) eingegangen. Daran scWieBen sich die Vorstellung des Schiitzverfahrens und die Diskussion der empirischen Ergebnisse an.
5.1
Qualitative Vorstudie
In der ersten Stufe der qualitativen Vorstudie gaben Fiihrungskriifte Einblicke in den Aufbau und die Prozesse des An-Instituts. Daran schlossen sich in einer zweiten Stufe 13 explorative, teilstrukturierte Experteninterviews mit sieben Wissenschaftlem und sechs Industrieexperten an. Grundlage fur diese halbstiindigen Interviews bildete ein Interviewleitfaden. Das Leitfadeninterview ist die haufigste Form der qualitativen Befragung (Bortz/Doring 1995: 289). Es erlaubt, je nach Verlauf des Interviews spontan auf die Gesprachssituation zu reagieren und zusatzliche Fragen zu stellen. Die Interviews wurden elektronisch aufgezeichnet, transkribiert und anscWieBend von den Gesprachspartnern abgezeichnet. Die Interviews erfassten im Einzelnen Fragen zu der Aufbau- und Prozessorganisation, der Projektarbeit, den Tatigkeiten der Mitarbeiter, der Raumarchitektur und der Kommunikation. Die folgenden Ausfiihrungen stellen wesentliche Erkenntnisse vor. Zur Veranschaulichung
60
Kapitel 5: Detenninanten der Kornmunikationswahrscheinlichkeit
der Interviewergebnisse werden in Anlehnung an das Vorgehen von Bouty (2000) Aussagen der Interviewpartner stellenweise wortlich wiedergegeben.
Die Interviewpartner betonten die groBe Bedeutung der personlichen Kommunikation fur den Informationsaustausch. Eine wichtige Rolle kornrnt hierbei der informellen Kommunikation zu. Die gemeinsamen Buroraumlichkeiten und die offene Raumarchitektur befordern die Kornrnunikation. Bin Industrieexperte rnerkte an:
.Das [der Austausch; Anm. d. VerfJ liiuft aber eher informell ab, das wiirde man nicht in einem Organigramm oder so finden. Man sieht sich ab und an in der Cafeteria oder bei ihm am Schreibtisch und er zeigt mir was. " "Wir sind noch von einer uberschaubaren Gro,Pe und haben nur eine Cafeteria fur alle. Irgendwie ist man gezwungen jedem einmal tiber den Weg zu laufen. "
Die Trennung durch Stockwerke stellt jedoch eine Kommunikationsbarriere dar. Ein Wissenschaftler fIihrte aus:
"So for me the best interaction is face-to-face and being physically together. Because now some of us are going to move to floor (oo) and some of us get moved down to (oo). So just because you have to take a lift up, it changes everything, now you have to wait for a lift. So now I can feel that some people become completely disjoint unless there is anything serious. ..
Die
Wissenschaftler gestalten ibre
Forschungstiitigkeit im
Rahmen der
fachlichen
Schwerpunkte des An-Instituts eigenstiindig. Sie arbeiten selbststiindig an ibren Forschungsprojekten und bringen sich je nach Interesse und fachlichen Schnittpunkten in Entwicklungsprojekte ein.
Ein
wesentlicher Beitrag fur FuE-Projekte liegt
nach
Aussage der
Interviewpartner in dem spezifischen Fachwissen und den Kontakten der Wissenschaftler in die Wissenschaftsgerneinschaft. Ein Industrieexperte merkte hierzu an:
"Auf der anderen Seite hat der SR [Wissenschaftler. Anm. d. VerfJ eine deutlich bessere Yemetzung in die Research Community, die sind auch viel mit ihren Papers auf Konferenzen unterwegs. Da ist naturltcb ein Zugang, den wir [Industrieexperten, Anm . d. VerfJ nicht haben, den konnen wir auch nicht haben, weil wir keine Zeit daftir haben. "
Kapitel 5: Determinanten der Kommunikationswahrscheinlichkeit
61
Ein steter Austausch zwischen den Wissenschaftlem und den Industrieexperten ist erwtinscht und solI durch regelmliBige Inforrnationsveranstaltungen gefordert werden. Laut den Interviewpartnern beruht die Zusammenarbeit wesentlich auf dem personlichen Engagement der Mitarbeiter. Das Bemiihen und die Selbstorganisation der Individuen sind entscheidend fur die Kommunikation, so die Gesprachspartner,
Die Interviewpartner hoben wiederholt die Wichtigkeit ihrer untemebmensintemen Kontaktnetzwerke fur den Informationszugriff hervor. Sie nutzen diese, urn sich tiber aktuelle Entwicklungen zu informieren und urn zu erfahren, an welchen Fragestellungen welche Kollegen interessiert sind. Inforrnelle Kommunikation spielt hierbei cine wichtige Rolle. Ein Industrieexperte merkte in diesem Zusarnmenhang an:
.Es ist ein people business: Wen kennt man gut, mit denen arbeitet man dann letziendltcb
zusammen. H Ein Wissenschaftler auBerte sich wie folgt: "J guess people tend to form their clusters and J think that's very... For example, there are
some guys that you are very comfortable with and at night you have some questions to score, so you type some MSN ... so it gets very quickly. But when you keep strictly professional then you have to wait till tomorrow."
Neben Altersunterschieden wirken sich nach Aussage der Interviewpartner fachliche und kulturelle Unterschiede zwischen den Mitarbeitem negativ auf die Kommunikation aus. Ein Interviewpartner ging in diesem Zusammenhang auf unterschiedliche Arbeitsweisen von Wissenschaftlem und Industrieexperten ein. Er stellte ein zielorientiertes Vorgehen der Industrieexperten einer im Vergleich geringer strukturierten und stattdessen kreativeren Herangehensweise der Wissenschaftler gegentiber. Ein Wissenschaft1er wies darauf hin, dass Wissenschaftler und Industrieexperten unterschied1iche fachliche Schwerpunkte in ihrer Kommunikation setzen und sich jeweils spezifischer Fachsprachen bedienen. Er auBerte sich wiefolgt:
"The terminology they [Industrieexperten, Anm. d. Verf] use (00') their way of working is different and therefore even if they send information sometimes it is not easy to infer meaningful part from that information. Therefore unless you really try your best to understand these
62
Kapitel 5: Detenninanten der Kornmunikationswahrscheinlichkeit
e-mails and these presentations it is not easy to keep in touch with everything that is going on in (..) [der industrieorientierten Entwicklung, Anm. d. Yerf.]."
Die Interviewpartner brachten zum Ausdruck, dass das Interesse an wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Fragestellungen sowohl innerhalb als auch zwischen den Gruppen der Wissenschaftler und der Industrieexperten unterschiedlich stark ausgepragt ist. So haben sich einige Wissenschaftler noch nicht fur eine wissenschaftliche Karriere entschieden, wahrend andere diesen Weg bereits einsch1ugen. Letztere richten ihre Tatigkeit vomehmlich an dem Ziel aus, neue Erkenntnisse zu publizieren. Ein Wissenschaftler fiihrte aus:
"So papers that are cited, that is the mast important thing in research, even mare important than product oriented research. .. Ein Industrieexperte merkte an:
"Naturlicb ist fur einen Wissenschaftler etwas innovativ, was wesentlich weiter in der Feme liegt, wo man sich seiber mit Publikationen einen Namen machen kann. Ein Innovation Developer [lndustrieexperte, Anm. d. Verfl wiederum sagt, dass es so dicht dran sein muss, dass es (... ) transferiert werden kann. "
Die Interviewpartner wiesen auf den groBen Umfang an Tatigkeiten hin, denen sie in ihrer Arbeit nachgehen. Dies hat nach Aussage eines Interviewpartners auch Konsequenzen fur den Zusarnmenhang zwischen gemeinsamer Prasenz an einem Ort und der darnit verbundenen
Aktivitat, Der Interviewpartner formulierte dies wie folgt:
" Wenn man longer mit Leuten an einem Ort sitn, dann typischerweise um sensiblere thematische Diskussionen zu fuhren. " Insgesamt kommen die Experteninterviews zu dem Ergebnis, dass die personliche direkte Kommunikation eine wichtige Rolle fur den Wissensaustausch und die Schaffung neuen Wissens im vorliegenden Untersuchungsumfeld spielt. Sie liefem erste Hinweise, dass sich raumbezogene und personenbezogene Faktoren auf das Kommunikationsverhalten auswirken. Dariiber hinaus stiitzen sie den Forschungsansatz, tiber die Kolokation von Individuen auf direkte gesprachsbasierte Kommunikation zu schliellen,
Kapitel 5: Determinanten der Kommunikationswahrscheinlichkeit
5.2
63
Analyse auf Akteursebene
5.2.1 Variablen 5.2.1.1 Personen- und raumbezogene Merkmale Die Untersuchungsteilnehmer werden anhand einer Reihe von biografischen und organisationsbedingten Merkmalen charakterisiert. Bei den biografischen Merkmalen handelt es sich urn Alter, Geschlecht, Nationalitat, Ausbildungsrichtung und Ausbildungsniveau. Die organisationsbedingten Charakteristika umfassen Personengruppenzugehfuigkeit, Hierarchiestufe, Projektteammitgliedschaft und Tatigkeitsbereich.
Geschlecht und Alter 79,2% (38) der Untersuchungsteilnehmer sind rnannlichen Geschlechts. Abbildung 5.1 stellt das Alter der Untersuchungsteilnehmer in Intervallen dar. Das rnittlere Alter betragt 35 Jahre. 27,1 % (13) der Personen waren zum Zeitpunkt der Datenerhebung junger als 30 Jahre. Mit 33,3% (16) kann die Mehrheit der Altersgruppe 30 bis 34 Jahre zugerechnet werden. Lediglich 10,4% (5) sind alter a1s 45 Jahre.
Abbildung 5.1:
Alter auf Akteursebene (N = 48 Akteure)
40% 33,3%
35%
~
30%
a: ;l
25%
j
,... Gl ~
~
20% 15% 10% 5% 0% 25-29
30-34
35-39 Alter IJahre]
40-44
>45
64
Kapitel 5: Detenninanten der Kornmunikationswahrscheinlichkeit
Das niedrige Durchschnittsalter ist dadurch zu erklaren, dass es sich bei der FuE-Einheit urn ein An-Institut handelt . Zurn Zei1punkt der Untersuchung waren 16,7% (8) der Untersuchungsteilnehmer als Doktoranden und 47,9% (23) als Post-Doktoranden tatig. Dies sind Ausbildungs- beziehungsweise Berufsabschnitte, die tiblicherweise in einem jungeren Alter durchlaufen werden.
Ausbildungsrichtung
Hinsichtlich der Ausbildungsrichtung wird zwischen sechs Fachrichtungen unterschieden (Abbildung 5.2). Mehr als die Halfte der Untersuchungsteilnehmer verfligt tiber eine ingenieurwissenschaftliche Ausbildung (52,1 % (25)). Darunter werden Disziplinen wie Elektrotechnik, Maschinenbau und Informatik subsumiert. Darauf folgen Wirtschaftswissenschaften mit 16,7% (8), Naturwissenschaften wie Physik millO,4% (5) und Sozialwissenschaften mit 8,3% (4). Drei Akteure (6,3%) weisen mit Wirtschaftsingenieurwesen oder einer betriebswirtschaftlichen Zusatzausbildung sowohl wirtschaftswissenschaftliche als auch technische Qualifikationen auf. Die restlichen drei Beobachtungen sind unter ..Sonstige Ausbildungsrichtung" zusarnmengefasst (6,3%). Abbildung 5.2:
f .
Ausbildungsrichtung auf Akteursebene (N = 48 Aktenre)
;;;;l
Ingenieurwissenschaften* • • • • • • • • • • • • • • •52,1% Wirtschaftswissenschaften _
..
Naturwissenschaften
s !
Sozialwissenschaften
j
• • 16,7%
Wirtschaftsingenieurwesen** Sonstige Anshildungsrichtung
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
Relative Hiiufigkeit [% I Anmerkungen: • mit Infmmatik. • • Wirtschaftsingeniewwesen und Ingeniewwissenschafien mit wirtschaftswissenschaftli-
cher Zusatzausbildung.
Kapitel 5: Determinanten der Kommunikationswahrscheinlichkeit
65
Da die vorliegende Untersuchung im Umfeld von FuE durchgefiihrt wird, ist der hohe Anteil an technischen und naturwissenschaftlichen Studiengiingen nicht tiberraschend. 1m Gesamtbild zeigt sich dennoch ein vielfaltiges Flicherspektrum. Laut Gibbons et al. (1997) ist es gerade die Interdisziplinaritlit, die die Kornrnunikation und die Wissensproduktion an der Schnittstelle zwischen Grundlagenforschung und anwendungsorientierter FuE auszeichnet. Der Austausch zwischen Personen mit unterschiedlichen fachlichen Hintergriinden fordert die Kreativitlit und die Entwicklung unkonventioneller Problemlosungsansatze (Burt 2003; FlemingIMarx 2006; Gloor 2006; Perry-Smith 2006).
Ausbildungsniveau
Die Schaffung neuen Wissens und die Losung komplexer Problemstellungen sind inhlirente Ziele von FuE. FuE-Mitarbeiter verfiigen deswegen generell tiber ein hohes forrnales Ausbildungsniveau (Kossbiel et al. 1987). Dies findet auch in der vorliegenden Untersuchung Bestlitigung. So sind 27 (56,3%) der Teilnehmer promoviert. 1m Fall der Wissenschaftler betrligt der Anteil sogar 90,9% (20). In der Gruppe der Industrieexperten verfugen 37,5% (6), in der Gruppe der Manager 25% (1) tiber eine Promotion. Abbildung 5.3 stellt den Anteil der Promovierten unterteilt in die Personengruppen mit Promotion dar: Von den insgesamt 27 (56,3%) Untersuchungsteilnehmer mit Promotion entfallen 2,1% (1) auf die Personengruppe der Manager , 12,5% (6) auf die der Industrieexperten und 41,7% (20) auf die Gruppe der Wissenschaftler.
Abbildung 5.3:
Promotion nach Personengruppen anf Ak1enrsebene (N = 48)
2,1% 12,5% 43,8%
41,7%
L; Nicht promoviert -Manager -1ndustrieexperten C Wissenschaftler
Kapitel 5: Detenninanten der Kornmunikationswahrscheinlichkeit
66
Das hohe Qualifikationsniveau ist zu allererst durch FuE als Untersuchungsumfeld zu erkliiren . Dariiber hinaus sind auch die personelle Verkntipfung des An-Instituts mit der Universitat und der darnit einhergehende hohe Anspruch an die formalen Qualifikationen der Mitarbeiter als Griinde anzufiihren.
Nationalitiit 34 (70,8%) Untersuchungsteilnehrner stammen aus Deutschland beziehungsweise den deutschsprachigen Nachbarliindern Osterreich und Schweiz. Jeweils 7 Untersuchungsteilnehrner (jeweils 14,6%) sind dem europiiischen und dem nicht-europaischen Ausland zuzuordnen. Letzteres umfasst unter anderem Indien, China und Kanada. Die Zahlen verdeutlichen die internationale Zusammensetzung der Gruppe der Untersuchungsteilnehrner. Wie die Interdisziplinaritiit ist auch ein internationales Umfeld fur die Wissensproduktion forderlich, Die Personen bringen unterschiedliche kulturelle Pragungen und Sichtweisen in die FuE ein und verfugen tiber landerspezifische und landerubergreifende Kontaktnetzwerke (Moenaert et al. 2003). Der Zugang zu Netzwerken in der Wissenschaftsgemeinschaft ist einer der zentralen Griinde fur Unternehrnen, den engen Kontakt zu universitiiren beziehungsweise wissenschaftlichen Einrichtungen zu suchen (Lam 2007; Brostrom et al. 2009).
1m Folgenden werden die organisationsbedingten Charakteristika der Untersuchungsteilneh-
mer erlautert, Personengruppe Die 48 Untersuchungsteilnehrner reprasentieren unterschiedliche Personengruppen, die in dem An-Institut tatig sind." 22 Mitarbeiter (45,8%) sind als Wissenschaftler primar in der Forschung aktiv. Zudem agieren sie als Experten fur technische, wissenschaftliche Fragen und bringen sich bei Bedarf und Verfugbarkeit in Entwicklungsprojekte ein. Die Perspektive der Industrie vertreten 16 (33%) Industrieexperten. Ihre Aufgaben umfassen die Leitung von Entwicklungsprojekten, die inhaltliche Projektrnitarbeit und projekttibergreifende Tatigkeiten, 4 Mitarbeiter (8,3%) konnen als Fiihrungskrlifte der Gruppe der Manager zugeordnet werden.
42
Vgl. die AusfUhrungen zum Untersuchungsumfeld in Abschnitt 3.1.
67
Kapitel 5: Determinanten der Kommunikationswahrscheinlichkeit
3 Personen (6,3%) sind als IT-Administratoren fur die Instandhaltung und den Ausbau der IT-Infrastruktur zustandig. Weitere 3 (6,3%) Untersuchungsteilnehmer haben unterstiitzende beziehungsweise funktionstibergreifende Tatigkeiten inne. Die relativen Haufigkeiten der Personengruppen sind Abbildung 5.4 zu entnehmen.
AbbDdung 5.4:
Personengruppe auf Aktenrsebene (N
=48)
Wissenschaftler • • • • • • • • • • • • • • • • • 45,8%
8-
Industrieexperte
...'"e
Manager
r 2'
Il.
33,3% 8,3%
Support
6,3%
IT-Administrator
6,3% 0%
10%
20%
30%
40%
50%
Relative Hiiuligkeit [% 1
Die nachfolgende Tabel1e zeigt die Verteilung der Ausbildungsrichtungen fiir die Personengruppen der Wissenschaftler und der Industrieexperten. Mit 81,8% (18) verfiigt die deutliche Mehrheit der Wissenschaftler tiber eine ingenieurwissenschaftliche Ausbildung. Bei den Industrieexperten Iiegt der Anteil bei 18,8% (3), hingegen verfiigen 31,3% (5) tiber eine wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung.
Kapitel 5: Detenninanten der Kornmunikationswahrscheinlichkeit
68 TabeUeS.l:
Ausbildungsricbtung nacb Wissenscbaftlem nnd lndustrieexperten (N =38 Akteure)
Ausbildungsrichtung Ingenieurwissenschaften* Wirtschaftswissenschaften Naturwissenschaften SoziaIwissenschaften Wirtschaftsingenieurwesen** Sonstige Ausbildungsrichtung Gesamt
Personengruppe Wissenschaftler
Industrieexperten
18 (81,8%) 0 (0%) 1 (4,5%) 0 (0%) 0 (0%) 3 (13,6%) 22 (100%)
3 (18,8%) 5 (31,3%) 3 (18,8%) 3 (18,8%) 2 (12,5%) 0 (0%) 16 (100%)
Gesamt 21 (55,3%) 5 (13,2%) 4 (10,5%) 3 0,9%)
2 (5,3%) 3
0,9%)
38 (100%)
Anmerkungen: * mit Infonnatik . ** Winschaftsingenieurwesen und Ingenienrwissenschaften mit wirtschaftswissenschaftlicher Zusatzausbildung.
Hierarchiestufe
Die Untersuchungsteilnehmer werden drei Hierarchiestufen zugeordnet. Die hochste Hierarchiestufe umfasst Personen mit funktionsiibergreifenden oder funktionsspezifischen Fiihrungsaufgaben (Hierarchiestufe 3). Dieser Gruppe sind 6 Personen (12,5%) zuzuordnen. 31 (64,6%) Untersuchungsteilnehmer, die Projekte verantworten, entfallen auf die mittlere Ebene (Hierarchiestufe 2). Die iibrigen 11 (22,9%) Personen, wie zum Beispiel Doktoranden ohne formale Projektverantwortung, sind der Hierarchiestufe 1 zugewiesen. Der hobe Anteil der mittleren Hierarchieebene spiegelt die flache Hierarchie des An-Instituts wider.
Projektteammitgliedschaft Im Zeitraum der Positionsbestimmung waren die Untersuchungspersonen durchschnittlich in
1,1 Entwicklungsprojekten tatig (Median: 0; Standardabweichung: 1,6). In der Gruppe der Wissenschaftler und Industrieexperten liegt die durchschnittliche Projekttearnmitgliedschaft bei 1,4 Projekten. Die Wissenschaftler und Entwickler sind laut den Ergebnissen der Experteninterviews die wesentlicben Trager der Entwicldungsprojekte.
Kapitel 5: Determinanten der Kommunikationswahrscheinlichkeit
69
Tatigkeitsbereicb Die Untersuchungsteilnehmer sind in unterschiedlichen Fachbereichen tatig, Diese orientieren sich zum einen an den sechs Projektfeldern, die an den fachlichen Schwerpunkten der FuETatigkeit des An- Instituts ausgerichtet sind. 35 (72,9%) Wissenschaftler und Industrieexperten arbeiten jeweils in einern der sechs Projektfelder. 3 (6,6%) Industrieexperten befassen sich mit fachiibergreifenden Fragestellungen. Urn einen Riickschluss auf den Praxispartner auszuschlieBen, wird von einer Nennung der Projektfelder abgesehen. Die iibrigen 10 (20,8%) UntersuchungsteiInehmer sind sieben weiteren Tatigkeitsbereichen zuzuordnen. Diese Bereiche umfassen unter anderern die Verantwortlichkeiten fur Finanzen, Personal, Marketing und generelle Leitungsfunktion.
Arbeitspldtze AbschlieBend wird auf die Verteilung der Arbeitsplatze iiber die Stockwerke eingegangen. Sie dienten in Abschnitt 4.4 dazu, die Distanzen zwischen den Untersuchungsteilnehmem zu ermitteln." Des Weiteren werden sie in Abschnitt 5.3.1.1 fur die Operationalisierung der vertikalen Trennung auf Ebene des Personenpaares herangezogen. Tabelle 5.2 dokumentiert die Verteilung der Personengruppen nach den Stockwerken der Arbeitsplatze.
TabeUe5.2:
Verteilung der Personengruppen nach Stockwerke (N =48 Akteure)
Personengruppe
1 Wissenschaftler Industrieexperten Manager IT -Administratoren Support Gesamt
43
Vgl. hierzu Abschnitt 4.4.
8 (36,4%) 0 (0%) 0 (0%) 0 (0%) 0 (0%) 8 (16,7%)
2 1 (4,5%) 3 (18,8%) 0 (0%) 3 (100%) 0 (0%) 8 (16,7%)
Stockwerk 3 12 (54,5%) 0 (0%) 3 (75%) 0 (0%) 3 (75%) 17 (35,4%)
4 1 (4,5%) 13 (81,2% 1 (25%) 0 (0%) 1 (25%) 15 (31,3%)
Gesamt 22 (100%) 16 (100%) 4 (100%) 3 (100%) 4 (100%) 48 (100%)
Kapitel 5: Detenninanten der Kornmunikationswahrscheinlichkeit
70 Die
Mehrheit
der
Untersuchungsteilnehrner
belegt
Arbeitspliitze
auf
dem
dritten Stockwerk (35,4% (17». 31,3% (IS) arbeiten auf dem vierten Stockwerk. Auf den beiden unteren Stockwerken sind jeweils 8 Personen (jeweils 16,7%) tatig. Wie sich zeigt, sind die Untersuchungsteilnehmer gemaB ihrer Personengruppenzugehorigkeit tiber die Stockwerke verteilt. 81,3% (13) der lndustrieexperten arbeiten auf dem vierten Stockwerk. 36,4% (8) der Wissenschaftler belegen Arbeitspllitze im ersten und 54,5% (12) im dritten Stock. Drei der vier Manager sitzen gemeinsam auf einem Stockwerk. Abschnitt 5.3.4.1 wird darauf eingehen, welche hnplikationen sich aus der moglichen Endogenitat der Distanzen zwischen den Untersuchungsteilnehmem fur die multivariate Analyse ergeben.
Tabelle 5.3 stellt die deskriptiven Statistiken zu den biografischen und organisationsbedingten Merkmalen zusammenfassend dar. Tabelle B.I im Anhang dokumentiert diese Statistiken differenziert nach den Personengruppen der Wissenschaftler und der lndustrieexperten. Von einer Nennung der Tatigkeitsbereiche wird aus genanntem Grund in beiden Fallen abgesehen.
Kapitel 5: Determinanten der Kommunikationswahrscheinlichkeit
71
Deskriptive Statistiken auf Aktenrsebene (N =48 Akteure)
TabeUeS.3:
Mittelwert
SD
Min.
Max.
Demographika Alter (in Jahren) Geschlecht miinnlich (D) Herkunft deutschsprachige ED (0)
34,6 0,79 0,71
7,7
25 0 0
61 I 1
Ausbildungsrichtung Ingenieurwissenschaften* (0) Wirtschaftswissenschaften (0) Naturwissenschaften (0) Sozialwissenschaften (0) Wirtschaftsingenieurwesen** (0) Sonstige Ausbildungsrichtung (D)
0,52 0,17 0,1 0,08 0,06 0,06
0 0 0 0 0 0
0,56 0,42 0,Q2
0 0 0
IT-Adrninistratoren (D) Support (0)
0,46 0,33 0,08 0,06 0,06
0 0 0 0 0
Hierarchiestufe Hierarchiestufe 2 (0) Hierarchiestufe I (0) Hierarchiestufe 3 (0)
0,65 0,23 0,13
0 0 0
Anzahl Projektteammitgliedschaften
1,13
Variablen
Ausbildungsniveau Promotion (0) DiplomlMaster (0) Sonstiges Aushildungsniveau (0) Personengruppe Wissenschaftler (0) Industrieexperten (0) Manager (0)
=
1,62
0
7
Dummy-Variable. SD = Standardabweichung. • mil Infonnatik. • • Wirtschaftsingenieurwesen und Ingenieurwissenschaften mil wirtschaftswissenschaftlicher Zusalzallsbildung.
AnmeTkungen: D
Kapitel 5: Detenninanten der Kornmunikationswahrscheinlichkeit
72
5.2.1.2 Kommunikationsvariablen Zur Beschreibung des Kommunikationsverhaltens wurden die Variablen .Prasenzzeir", .Kommunikarionszeit" und "Kommunikationswahrscheinlichkeit" berechnet. Die Variable "Kommunikationswahrscheinlichkeit" ist der Quotient der beiden erst genannten Variablen. Sie gibt an, welchen Anteil seiner Anwesenheitszeit ein Akteur mit direkter gesprachsbasierter Kommunikation an Arbeitsplatzen verbrachte. FUr die Priisenzzeit und die Kommunikationszeit auf Akteursebene wurden diese auf Dyadenebene berechnet und anscWieBend pro Akteur aggregiert. Tabelle 5.4 dokumentiert die deskriptiven Statistiken auf Akteursebene.
Tabelle 5.4:
Deskriptive Statistiken zu Kommunikationsvariablen auf Akteursebene (N =48 Akteure)
Variable Prasenzzeit (in Stunden) Kommunikationszeit (in Stunden) Kommunikationswahrscheinlichkeit
Mittelwert
SD
156,95 15,22 0,10
78,36 12,58 0,06
Median
Min.
Max.
141,40 12,04 0,08
3,28 0,18 0,01
322,83 57,50 0,28
Anmerkungen: SD = Staadardabweichung. Erfasster Zeitraum: 31 Tage.
Priisenzzeit
Abbildung 5.5 auf nachfolgender Seite dokumentiert die Verteilung der aggregierten Prasenzzeit. Die aggregierte Prasenzzeit eines Akteurs ist als die maximale Zeit zu interpretieren, die dieser theoretisch fur direkte gesprachsbasierte Kommunikation hatte aufbringen konnen, 1m Durchschnitt verbrachten die Untersuchungsteilnehmer insgesamt 157 Stunden in den Raumlichkeiten des An-Instituts (Median: 141,4; Standardabweichung: 78,4). Dies entspricht bei 31 Tagen der Datenerhebung, d.h. inkIusive der Wochenenden, einer durchschnittlichen Prasenzzeit von 5,1 Stunden pro Tag. Kommunikationszeu
Die aggregierte Kommunikationszeit auf Akteursebene ist die Zeitmenge, die ein Akteur innerhalb der 31 Tage mit personlicher Kommunikation verbrachte. Die Kommunikationszeit pro Akteur entspricht dem jeweiligen Diagonalwert in der Kommunikationsmatrix des Abschnitts 4.3.3. Hierbei muss berticksichtigt werden, dass 38 Dyaden von der Analyse ausgeschlossen wurden, da die raumliche Signaliiberlagerung eine Identifikation von Kolokation nicht zulieB (vgl. Abschnitt 4.4). Entsprechend miissen die Diagonalwerte bei den Akteuren, die an diesen Dyaden beteiligt sind., urn die Kommunikationszeiten der betroffenen Dyaden
Kapitel 5: Determinanten der Kommunikationswahrscheinlichkeit
73
reduziert werden . Abbildung 5.6 stellt die Verteilung der aggregierten Kommunikationszeit in Intervallen dar. Durchschnittlich verbrachten die Untersuchungsteilnebrner 15,2 Stunden mit direkter gesprachsbasierter Kornmunikation (Median: 12; Standardabweichung: 12,0). Abbildung 5.5:
Aggregierte Priisenzzeit auf Akteursebene (N
35%
=48 Akteure)
31,3%
30%
.
~
]
'§ ~
.
..
25% 20% 15%
~
'l:l
&l
10% 5% 0% 50- 100
>100- 150
>150- 200
>200- 250
>250
Priisenzzeitinnerbalb von 31 Tagen [Sbmden]
Abbildung 5.6:
=
Aggregierte Kommunikationszeit auf Akteursebene (N 48)
30%
~
25%
:5
20%
.
15%
i;l
~
'l:l
~
22,9%
10% 5% 0% 5-10
>10-15
>15-20
>20-30
>30-40
>40
Kommnniklltionszeit innerbalb von 31 Tagen [StuDden]
Tabelle 5.5 dokumentiert die absoluten und relativen Kommunikationszeiten tiber die Personengruppen in einer Matrix. Die Absolutwerte sind in Minuten angegeben. Die Diagonale fiihrt den Anteil der personengruppeninternen Kommunikation an der Gesamtkommunikation
74
Kapitel 5: Detenninanten der Kornmunikationswahrscheinlichkeit
pro Personengruppe auf. Da es sich bei der Kommunikation in der vorliegenden Untersucbung urn eine ungerichtete Relation handelt, sind die Absolutwerte tiber die Personengruppen symmetrisch. Die Gesamtkornmunikationszeit in der Tabelle entspricht somit nicht der Gesamtkommunikationszeit tiber aile Dyaden, da die Komrnunikationszeit einer Dyade bei der Akteursbetrachtung in der Tabelle jeweils beiden Dyadenpartnern zuzuweisen ist.
TabeUeS.S:
Aggregierte Kommonlkationszeit nach Personengrnppen (N
Personengrnppe (1) lndustrieexperten (2) IT -Administratoren
(1)
(2)
(3) 3.437 26,8% 290 9%
(3) Manager
~ 13,3%
(4) Wissenscbaftler (S) Support
1.362 7,4%
555 18,5%
=48 Aktenre)
(4)
(5)
Gesamt
5.290
1.030
12.815
41,3%
8%
100%
2.141 66,7%
266
3.212
8,3%
100%
1.362 20,9%
555 8,5%
6.508 100%
1.128 6,2%
18.300
45,8%
re 1.128
37.6%
~ 0,6%
100% 2.997 100%
Anmerkungen: Absolutwcrte in Minuten . Erfasster Zeitraum: 31 Tage . Da ungerichtete Relationen sind Absolutwcrte symmetrisch .• Bel der Interpretation des Diagonalwertes .,IT-AdministratorlIT-Administrator" ist zn berticksichligen, dass der Dyadenda1ensatz lediglich eine Beobachtung dieser Art auffiihrt . Siebe die Ausflihrungen zur Dalenbeneinigung in Abschnilt 4.4 .
Die Industrieexperten verbrachten 19,9% ihrer Kommunikationszeit mit personengruppeninterner Kommunikation. 41,3% der Zeit wendeten sie fur den personlichen Austausch mit Wissenschaftlern auf. Bei den Wissenschaftlern entfielen 45,8% auf Kommunikation mit Wissenschaftlern, 28,9% ihrer Kommunikationszeit verbrachten sie mit Industrieexperten. Manager wendeten hingegen mit 52,8% mehr als die Halfte ihrer Kommunikationszeit mit Industrieexperten. Dem Austausch mit Wissenschaftlem widmeten sie 20,9% ihrer Kommunikationszeit. Diese Unterschiede im Kommunikationsverhalten konnen dadurch erkliirt werden, dass die Tatigkeiten der Manager und der Industrieexperten grobere inhaltliche Schnittstellen aufweisen a1s die Tiltigkeiten der Manager und der Wissenschaftler. Zudem zeigt Tabelle 5.2 in Abschnilt 5.2.1.1, dass die Arbeitspliltze der Manager und der Industrieexperten auf den gleichen Stockwerken liegen. Die damit verbundene raumliche Nilhe fordert ihre Sichtbarkeit und nach Stryker (2004) in Folge ihre Kommunikation.
Kapitel 5: Determinanten der Kommunikationswahrscheinlichkeit
75
Kommunikationswahrscheinlichkeit Die Kommunikationswahrscheinlichkeit wurde als Quotient der Kommunikations- und der Prasenzzeit operationalisiert. Die Verteilung der Variable auf Akteursebene ist Abbildung 5.7 zu entnehmen. Im Mittel verbrachten die Untersuchungsteilnehmer im Zeitraum der Datenerhebung 10% ihrer Prasenzzeit mit direkter gesprachsbasierter Kommunikation (Median: 8%; Standardabweichung: 6%). Im Falle einer durchschnittlichen taglichen Prasenzzeit von 5,1 Stunden" entspricht dies im Mittel einer Kommunikationszeit von 30 Minuten pro Tag und Akteur. Dieses Ergebnis weist auf eine hohe Kornmunikationsaktivitat in dem An-Institut hin.
Kommunikationswahrscheinllchkeit auf Akteorsebene (N = 48 Aktenre)
AbbDdung 5.7: 30%
~
. i ]
. ,...
~ ~
.! ~
25,0%
25% 20% 15% 10% 5% 0% 0,025 0,05
>0,05 0,D75
>0,075 0,1
>0,10,125
>0,125 0,15
>0,15
Kommunikationswahrscheinlichkeit
Nach der deskriptiven Auswertung der Variablen auf Akteursebene wendet sich der folgende Abschnitt der Visualisierung und der Analyse der riiurnlichen Verteilung der Positionen zu. Als Datengrundlage dienen die verorteten Raumplane und der verortete Paneldatensatz des Abschnitts 4.2.
44
Siehe Deskription der Prasenzzeit auf Akteursebene in Abschnitt 5.2.1.2.
76
Kapitel
s: Determinanten der Kommunikationswahrscheinlichkcit
5.2..2 Ainmtirbe Verteibmg del' PositioDeD
5.2..2.1 VisuaIiIierwq; der PositioneD
Das "Pixe1mode11" in Anlehnung an Skogstu et
at. (2008) zeigt, in
wekhen Berei.chen der
Btlrorlumlichkciten licb die Untcrsuchungstcilnchmcr auftrle1tcn. FUr dicsc DarsteUung wird
die !..age jedes xy-Koordinatcnpaares dcr vemrtcten Positionsdal:en t1.ber cine Positionsmarke auf dem.GnmdrislI des entsprcchcmden Stockwcrks tcDntlich gcmacht. Die Umsctzung erl'olg-
te mit Hilfe des Geographischen InfurmationsSystems.45
Abbildq 5.8 doknmenti.ert exemplarisch die Lage del" Positionen auf dcm vicIten Stock-
wert. Sie erfaIst den Gelamtzcitraum. der Datenerhebung. Bine denutige Darstellung lIlast sich jedoch fUr beliebige zeitausscbnitte generieren. Die Pixe1mode1le del' iibrigen Stockwelke sind dem.Anhang zu entnehmen.
1liB-Danldhmg. ErfuIter Zeiilnum: 31 Tap. RllIImIiI:h affeaI> Bllru1IIk:hl:afarbla.. IIIrhi"'khmi,rb ohgdramtc B=icbc in GralLLege dr:rRaumhcR:ic:be: SidIc Ahbildluli 4.2..0hDc MaBilIb.
~
Deut1ich zei.chnen sich die Positionsansammlungen in den Besprechungsriiumen und an den Arbcitspllltzcn
ab,OlI
Ie nach Fragcstellung ist
C8
dicnlich, auch Mcrkmale der
afassten
Individuen in das Pixe1modell aufzunehmen. ZU diesem Zweck k6nnen die relevantenMerkmaluusprllgungen iiber faIbliche und symbolischc Gestaltung dec PositionSIIUUbm keDntlich
45 Vgl AbIcImia 4.2. 7m ImpJeml:llfil:fllllg im. Geographilcllen IlIforlllaUclDlIIyatem. ArcGIS sielIe 0mIsby et 111. (2004: 469 ff.). 4Ii
Da. Lagc diescz: Raumbc:RiA:hc auf clemvierIeDStockwcIII; ill in del:CII1IpRdieDdc:B AbbilduDg ill Ab!dmi1t 4.2 enidiIlidl.
Kapitcl
s: Determi.nantcn der KonununfkatiOIlllwahnchcinlichkdt
77
gemachtwerden.Abbildung5.9 verdeutli.cht diese Darstellungsform exemplarisch anhaDd der PDlitiODlDlC1dungen von zwci Untersuchungateilnehmem auf clem viertcn Stockwcrk.
~ Ill&-~ I!rfNIItrZeiIrIium:
31 TJp.1UurIlld>
~ IS1ltol'lllcQa brblot, ...........
abJdnaDl-BonidoIiaOnu.~ ~Quald"_..s-~-'-"'P...m.-.
r..di'riduca.
amc Mdnb.
",......pwiri~
Die Darstelluugzeigt. dass licb beide PersOlleD jeweilJ auch an den ArbeiupWzen aufhieltcn, die lich 1m umnittdb~ Umfeld ihres
~
AJbcitlplatzel brl'indm Del: Weitam deutc:t
die Oberlageruna: der Positionsmarteu in den DesprecInmgsrlumen UDd ID den AJbdllplllzea.
BU! Kolobtigu de:r beideD bc:r11cD:icldigcu, das. es licb
~ UBI
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ID~
des PixeJmndeDs i&t zu
cine zeillaumbczogenc Damdhmg hIodelt. Sic lint dahc:t
kr:incn umnil1dbBfnl RUcbch1\181 IWf KokWdio:o zu, da nicht Penmmn 7.CItJlelcb odcI' zeitvenctzt
In
~
ilt. ob Iicb die
c:iDc:m Ort NltieIten. Da Piulmodcl1 gibt jedocb.
cme HiIlw~ auf die Bltislelu WJd die
Ort1ichkeit
YOO
KoIobtiw beziehuopweile
von mlIglidlr:r direktr:r ~uicrter Xorrmumibtioo. Obwohl do pu:cImodcn luhclat. 1Ir"Ckhe Bereicbt del Gcb¥udcl gnmdllUzlich von den UD!I:nuclnm&IperlDIIe:D.
IIlfpud:d- Wllrdel1. ill die ..J)id:Il:c" da' ~unceu. d.h. die
tlblichlkhe Anzahl m PoIiliorwncldunscn .auf riner FlIlchenctnhc:it, tricht cmchdich. Die
r;ro8c ZIhJ. dc:r POIiitiOOlmrkbmp:a bld zur Pulp. dasI Iicb ibR
PDIi~ bei
der
VmWiIicnmg Ubc:rl.agezn urd die CZIbprcchmdco RAllmflk:ben III eiDheitlich eingefIrbte
Flkben abgebildct wmic:a. £me viRicIle EdulWlg der tmlchlkbea PoaitioD8dichte ilt tiber
du Pixelroodc:lJ daM' Itidll ft4Iicb.
Kapitel5: Determinanten der Kommunikalionswahrscbeinlichkeit
78
Eine alternative DlIIIltdlUllgllfonn ist das.,RastennodclJ." (Onnsby et al, 2004: 117, 151 fr.).
FUr daa RastermodeU wild die RaumfliIche in cine Matrix von rechteckigen oder quadrati.
echea Zellen identischer OriS&, einem Raster, unterteilt lode Zelle ist mit einer Information belegt, zum Beispiel ciner Zah1, die AufschluSlI tiber die AusprtIgung cines Objcktcs gibt. 1m. vorliegenden Fall hande1t ell sich um die Anzahl der in der jeweiligen Zelle anfgenommenen
PositionsmclduDgen. Das Rastemwde11 CIID6g1icht meldungen pro Zelle
ZII
ell,
die tumuliertc Anzahl von Positions-
berechnen unci jede Zelle bei der anschlie&nden Visualiaiernng
mtsprechend ihIes Di£htewertes einzufirben. Die FlIIbschaUienmg gibt dann AufschJ.uss tiber die Besuchsinten&itilt der Raumfllk:hen. Abbildung 5.10 zeigt exemplarisch daB Rastermodell
des vierten Stockwerks. Je du:Dkler die Scl1aUienmg, desto GrOBer die zahl der in der zelle prtctcn Positioncn. Dcutlich zeichncn sich die AIbcitsp1lltzc der UntccsuchungstcilnchmcJ:
abo Auch der Aufenthaltsraum und die Bespreebungsrlinme sind hliufig frequentiert.41
...
-.~ ..... l(
v....,. ~··.-.-.
@B; " . ....Q>.. '
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...,
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;. .
4 -6
>6 - 8 >8 -10 >10 -12 >12 - 14 >14 -16 >16 - 18 >18 - 20 >20 - 22 >22 - 24 >24 - 26 >26 - 28 >28 - 30 >30 - 32 >32 - 34 >34 - 36 >36 - 38 >40-42 >42 -44 >44-46 >46 -48 >48 - 50
>50 - 52 >52 - 54 >54 - 56 >56 - 58 >58 - 60 >60 - 62 >62 - 64 Gesamt
Anzahl der Kommunikatlonsbeziehungen pro Distanzintervall potenziell realisiert
9 5 14 20 32 25 17 16 22
33 64 79 111
100 73 72 61 59 53 44 30 28 27 26 17 14 14 10 3 7 4 1.090
8 5 14 17 27 20 13 16 16 22
46 50 72 43 36 34 36 34 31 23 14 16 19 13 6 9 6 5 1 2 2 656
Kommunikationswabrscheinlichkeit* 88,9% 100% 100% 85% 84,4% 80% 76,5% 100% 72,7% 66,7% 71,9% 63,3% 64,9% 43% 49,3% 7,2% 59% 57,6% 58,5% 52,3% 46,7% 57,1% 70,4% 50% 35,3% 64,3% 42,9% 50% 33,3% 28,6% 50%
AnmeTkungen: N = 1.090. Annahme: keine Mindestkommunikationshaufigkeit, • Kommnnikationswahrscheinlichkeit pro
Distanzintervall = Relative HiIllfigkeit realisierter Kommunikationsbeziehnngen pro Distanzintervall x 100 = (Anzah1 realisierter Kommunikationsbeziehungen pro Distanzintervall I Anzahl potenzieller Kommunikationsbeziehungen pro Distanzintervall) x 100.
103
Kapitel 5: Determinanten dec Kommunikationswahrscheinlichkeit Tabene 5.15:
Distanzintervallspezifische Kommunikationswabrscheinliebkeit in AnIehnung an Anen (1974) - Wlichentliche Kommunikatlon (N = 1.090)
Distanz in Meter (lntervaIIe)
Anzahl der Kommnnikationsbeziehungen pro DistanzintervaII potenziell realisiert
2 -4
9
8
5
4
>4 -6
14 20 32 25 17 16 22 33 64 79 111 100 73 72 61 59 53 44 30 28 27 26 17 14 14 10 3 7
13 11 22 15 6 10 8 14 25 23 29 20 15 13 20 17 13 12 6 11 11 7 4
4
0
1.090
346
>6 - 8 >8 -10 >10 -12 >12 - 14 >14 -16 >16 - 18 >18 - 20 >20 - 22 >22 - 24 >24 - 26 >26 - 28 >28 - 30 >30 - 32 >32 - 34 >34 - 36 >36 - 38 >40-42 >42 -44 >44-46 >46 -48
>48 - 50
>50 - 52 >52 - 54 >54 - 56 >56 - 58 >58 - 60 >60 - 62 >62 - 64 Gesamt
5 2
2 0 0
Kommunikationswahrscheinlichkeit* 88,9% 80% 92,9% 55% 68,8% 60% 35,3% 62,5% 36,4% 42,4% 39,1% 29,1% 26,1% 20% 20,5% 18,1% 32,8% 28,8% 24,5% 27,3% 20% 39,3% 40,7% 26,9% 23,5% 35,7% 14,3% 20% 0% 0% 0%
AnmeTkungen: N = 1.090. Annahme: wochentliche Kommunikation . • Kommunikationswahrscheinlichkeit pro Distanz-
intervall = Relative Hanfigke it realisierter Kommnnikalionsbeziehungen pro Distanzintervall x 100 = (Anzah1 realisierter Kommunikationsbeziehungen pro Distanzintervall I Anzahl potenzieller Kommunikationsbeziehungen pro Distanzintervall) x 100.
104 5.3.4
5.3.4.1
Kapitel 5: Determinanten der Kommunikationswahrscheinlichkeit
Multivariate Analyse
Schiitzverfahren
Fiir die multivariate Schatzung wurde aufgrund des Wertebereichs und der Verteilung der abhiingigen Variable .Kommunikarionewahrscheinlichkeit" cine Intervallregression gewiihlt (Stewart 1983; ChaylPowell 2001). 1m Foigenden werden die Auswahlentscheidung und das Schatzverfahren naher erliiutert. Die abhangige Variable misst auf Dyadenebene den relativen Anteil der Kommunikationszeit an der zeitgleichen Priisenzzeit der Dyadenpartner. Der Wertebereich der Variable ist infolgedessen auf 0% bis 100% begrenzt. Zudem ist die abhangige Variable stark rechtsschief verteilt,
da bei 434 (39,8%) Dyaden keine
Kommunikation vorliegt. Ein lineares
Regressionsmodell ist nicht geeignet, da der Wertebereich der endogenen Variablen beschriinkt ist. Ein multivariates Schatzverfahren fur eine im Wertebereich eingeschriinkte abhangige Variable ist die Tobit-Regression (Tobin 1958; Amemiya 1984). Die Tobit-Regression ist eine Weiterentwicklung der Probit-Regression, bei der die abhiingige Variable sowohl diskret a1s auch kontinuierlich skaliert sein kann. Auch sind Werte von Null zulassig, Ein weiterer Aspekt ist die Korrelation der Beobachtungen. Dies wird mit Blick auf die Matrixstruktur des Dyadendatensatzes deutlich. Zur Erkliirung sei von einer eindimensionalen Matrix mit vier Akteuren ausgegangen. Jedes Akteurspaar beziehungsweise jede Dyade stellt eine Beobachtung dar. Die Felder der Matrix enthalten pro Beobachtung den jeweiligen Wert der Beziehung, tiber die die Akteure miteinander in Verbindung stehen. In der vorliegenden Untersuchung handelt es sich urn die Kommunikationswahrscheinlichkeit. Die Matrixfelder in der Reihe des Akteurs A enthalten den Wert der Relation zwischen dem Reihenakteur A und den Spaltenakteuren B, C und D. Diese Matrixfelder beziehungsweise die darin aufgeftihrten Werte sind offensichtlich miteinander korreliert, da der Akteur A in jede dieser Beobachtungen involviert ist. In Foige sind auch die Fehlerterme der Beobachtungen nicht voneinander unabhiingig. Spiegelbildlich verhiilt es sich mit den Beobachtungen in den Spalten der Matrix. Eine Schiitzung, die von unabhiingigen Beobachtungen ausgeht, wiirde zu niedrige Standardfehler und in Foige zu niedrige Signifikanzwerte (p-Werte) errnitteln (Krackhardt 1988; Simpson 2001). Ein Verfahren, das sowohl die Korrelationen in den Spalten- als auch den Zeilenbeobachtungen beriicksichtigt, ist die QAP-Matrixregression (Quadratic Assignment
Kapitel 5: Determinanten der Kommunikationswahrscheinlichkeit
105
Procedure) nach Krackhardt (1987; 1988). Die QAP-Regression ist ein Permutationstest, der die
Starke
des
Zusammenhangs
und
die
statistische
Signifikanz
zwischen
Matrizen berechnet. Das Verfahren benotigt als Datengrundlage entweder die Beobachtungen der Vollmatrix oder, im Falle symmetrischer Beziehungen, die Beobachtungen der oberen beziehungsweise der unteren Dreiecksmatrix. Diese liegt aber aufgrund der notwendigen Datenbereinigung, die in Abschnitt 4.4 umfassend erlautert wurde, nicht vollstiindig vor. Die begrenzte Genauigkeit des RTLS in Verbindung mit den riiumlichen Gegebenheiten erforderte es, 38 Dyaden von der Berechnung der Kommunikationswerte auszuscWieBen. FUrdie vorliegende Analyse wurde schlieBlich die Intervallregression gewlihlt. Die Intervallregression ist eine generalisierte Form des Tobit fur zensierte Daten (Stewart 1983). Sie ist geeignet, urn Punktdaten und Intervalldaten zugleich zu schatzen, Deswegen konnen auch Beobachtungen, bei denen die abhangige Variable den Wert 0 annimmt, in die Schatzung aufgenommen werden. Sie gehen in die Intervallregression als linkszensierte Werte ein. Die
Intervallregression
erlaubt
auch
eine
robuste
Schatzung
der
Standardfehler
(Cameronffrivedi 2009: 82 ff.). Wie die Tobit-Regression beruht die Intervallregression auf einer Maximum-Likelihood-Schatzung. Hierbei wird von folgender Annabme ausgegangen:
y = X{J
+ E, wobei E -
N(O, 0" 2 1).
(5)
Die zu schatzende Log-Likelihood Gleichung lautet:"
InL=-
1 2:L
Wj
JEe
'"
{(Yo - X~)2 + log21t~J ~
+ L. Wj log 111 jEL
57
0' -X~) L _J--
o
Vgl. STATA 10 Reference Volume I-P (STATA 2007 : IOf.).
(6)
106
Kapitel 5: Determinanten der Kommunikationswahrscheinlichkeit
+
I
jS
{ (Y2j-XP)
(Yl j-XP)} •
wjlog - - - - - - -
cr
cr
Die Beobachtungen konnen in drei Fonnen vorliegen.
•
Yj liegt als Punktwert vor, wenn fur die Beobachtungen j E C die genauen Werte vorliegen.
•
Die Beobacbtungen j E L sind linkszensiert, wenn lediglich bekannt ist, dass der
•
Entsprecbend sind die Beobachtungen j E R rechtszensiert, wenn der unbeobachtete
unbeobachtete Wert Yj kleiner oder gleich dem Zensierungswert yLj ist. Wert Yj groBer oder gleicb dem Zensierungswert yRj ist. •
Im FaIle der Beobacbtungen j E ] sind die Intervalle der unbeobacbteten Werte bekannt. So liegt Yj im Intervall (Ylj.Y2j), wobei Ylj die untere und Y2j die obere Grenze des Intervalls darstellen.
Eine Intervallregression verlauft in zwei Stufen (Stewart 1983). Die erste Stufe schatzt das Nullmodell, urn den geschatzten Durchschnittswert der abhangigen Variable zu berechnen. Das Nullmodell enthalt lediglich die abhangige Variable und die Regressionskonstante. Da die Werte jedoch nicht exakt sondern als Intervalle vorliegen, kann die Schatzung in der Intervallregression nicbt tiber die Schatzung des Durchschnittswerts der abhangigen Variable erfolgen. Vielmebr wird der durcbschnittlicbe erwartete Wert tiber die iterative Maximierung des Log-Likelihood berechnet. In der zweiten Stufe folgt die Schatzung des Vollmodells. Fiir die Intervallregression wurden die Werte der Variable .Kommunikarionewahrscheinlich-
keit" mit einem Wert von groBer Null in etwa gleiche groBe Intervalle mit durchschnittlich 21,6 Beobachtungen pro Intervall unterteilt," Die 434 Beobachtungen mit einer Kommunikationswahrscheinlichkeit von Null gehen als linkszensierte Werte in die Regressionen ein. Diese sind Gegenstand des folgenden Abschnitts.
58
Median: 21; Standardabweicbung: 7,7.
Kapitel 5: Determinanten der Kommunikationswahrscheinlichkeit
107
5.3.4.2 Analyse Tabelle 5.16 dokumentiert die geschatzten Koeffizienten, die Standardfehler und die zusammenfassenden Statistiken." Die Vergleichsgruppen sind bei den entsprechenden Variablen vermerkt. 10 der Intervallregression gibt der Koeffizient einer Variable unter der ceteris paribus Annabme den marginalen Effekt der Variable auf die abhangige Variable wieder (Stewart 1983). Die Standardfehler sind fur die Akteure robust geschiitzt (White 1980; Rogers 1993). Das BasismodeU 1.1 enthalt mit der Distanz und den Dummy-Variablen fur die vertikale Trennung die raumhezogenen Variahlen. Das Basismode1l wurde fur die Spezifikationen 1.2 bis 1.6 anschlieBend stufenweise urn die Variablen fur die hiografischen Merkmale, die organisationsbedingten Merkmale und die Kontrollvariablen ergiinzt. Die F-Tests auf gemeinsame Signifikanz der unabhiingigen Variablen zeigen, dass die Koeffizienten der unabhiingigen Variablen in jeder Spezifikation jeweils gemeinsam hochsignifikant sind (P=O,OOO). Das Gesamtrnodell 1.6 erklart 11,4% der Varianz dec abhangigen Variable (R2=0, I 14). Van de BulteJMoenaert (1998) und Allen (2008) fiihren aus, dass die Arbeitsplatzverteilung in Untemebmen zurneist nicht zufallig erfolgt. Vielmehr werden die Mitarbeiter vor dem Hintergrund einer erwarteten Notwendigkeit zur Kommunikation auf die Biiroriiumlichkeiten verteilt. Die riiurnliche Trennung der Mitarbeiter ware in Folge nicht exogen. Die Exogenitiit der erkliirenden Variablen ist jedoch eine wesentliche Annabme in der Regressionsanalyse (Wooldridge 2003: 85 f.), 1st diese nicht gegeben, Iiegt eine Form der Endogenitat vor. Sie
fiihrt in einer multivariaten Schatzung zu verzerrten Schatzern (Wooldridge 2003: 85 f., 289 ff.; Proppe 2007: 231 ff.) . Maisonneuve et al. (1952) bedienen sich in ihrer Untersuchung von Freundschaftsbeziehungen eines experimentelles Forschungsdesigns, urn die Distanz zwischen den Untersuchungsteilnehmern exogen zu halten. Hierzu wurden die Teilnehmer zufallig auf Sitzpliitze in ihren Unterrichtsraumen verteilt. 10 den Studien von van de BulteJMoenaert (1998) und Allen (1977 : 255 ff.) dient der Umzug der Untersuchungsteilnebmer in neue Biiroriiumlichkeiten a1s Quasiexperiment." Die Verwendung von Instrumentvariablen ist ein Ansatz, urn ein Modell mit endogenen erklarenden Variablen zu schiitzen. Eine Instrumentvariable korreliert mit der
S9
FUr eine bessere Lesbarlreit wurden die Koeffizienten und StBndardfehier mit dem Wert 1.000 multipliziert,
60
Vgl. KapiteI2.1.4.1.
108
Kapitel 5: Determinanten der Kommunikationswahrscheinlichkeit
endogenen erkliirenden Variable, jedoch nicht mit dem Storterm beziehungsweise nicht mit der abhangigen Variable (HamiltonINickerson 2003; Wooldridge 2003: 488; Bascle 2008). In der vorliegenden Untersuchung war weder ein experirnentelles Forschungsdesign moglich, noch eine geeignete Instrumentvariable fur die Variable "Distanz" verfiigbar. Urn einer moglichen Endogenitat ansatzweise Rechnung zu tragen, wurde eine weitere Schatzung als Robustheitstest durchgefiihrt. Hierzu wird argumentiert, dass Untersuchungspersonen, die innerhalb eines halben Jahres vor Beginn der Datenerhebung in das Unternehmen eintraten, ihre Arbeitspliitze nicht primar unter dern Gesichtspunkt der Kommunikationsoptimierung erhielten. Die Tatsache, dass das Unternehrnen eine Phase starken Wachstums erfuhr und neue Mitarbeiter noch frei verfiigbare Arbeitsplatze zugewiesen wurden, stlitzt diese Annalune. Tabelle 5.17 weist die Schatzergebnisse aus. In Modell 2.1 gehen die Dyaden ein, in denen mindestens einer der Dyadenpartner innerhalb des letzten halben Jahres vor der Datenerhebung eintrat (N=117). Die iibrigen Dyaden dienen a1s Grundlage fur die Schatzung in Modell 2.2 (N=973).61 Zudem wird eine mogliche Endogenitat der Variable .Distanz" in der Schatzung des Gesamtmodells 1.6 auch durch die Variable "Gerneinsarne Projekttearnmitgliedschaft" aufgefangen. So besteht laut der Korrelationsanalyse in Abschnitt 5.3.2.2 eine negative Korrelation zwischen der gerneinsamen Projektteammitgliedschaft zweier Untersuchungsteilnehrner und ihrer Distanz (Korr. -0 ,075). Der folgende Abschnitt wendet sich den Ergebnissen der multivariaten Schatzung zu.
61
Das Subsample in Modell 2.1 weist keine Beobachtungen auf, in denen die Dummy-Variablen "Gemeinsame Projektteammitgliedschaft" und "Beide Wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung" den Wert 1 annahmen.
-7.08···
-9,40···
-6.84···
-8.81·....
-1241·"
-6,89···
-8.78"·
-12,52"·
VertikaleTrennung, 2 Stockworke (0)
VcrtikaJe Trennnng, 3 Stockwclkc (0)
1.090 0.000 -3335 0,100 93,43141
1.090 0,000 -3334 0,103 102,5161
(2,17)
11,00·"
0,75 (1,17) 1,59 0.94)
(i58)
(1,86)
(1,15)
(2.rm 1.090 0.000 -3331 0,105 102,9181
9,61"··
2,29* (1,22) 1,03 (1,41)
2,29* (1,23) 1.10 (1,39)
1.090 0,000 -3329 0,108 104,71101
(2,25)
8,41"·
1,21 (0,93) 2,14 (1,64)
-0,50 (1,18) 1,94 0,961
(2,42)
-13,06"·
(1,84)
-9,fJ7""··
-6,88···
(1,12)
0,37 (1,14) 1,85 0.90)
(2,54)
-13,06···
(1,87)
(1,09)
(0.07)
-0,14"
Modell 1.4
5,84··
1.090 0.000 -3327 0,112 117.2(11)
(2~1
847···
(2,38)
1,14 (0,93) 1,45 (1 .68)
2,18* (1,23) 1.06 (1,41)
-0 ,80 (1,19) 1,96 0.951
(2,38)
-12,86·"
(1,84)
-8,99···
-6,80···
(1,12)
(0,07)
-0,14"
Modell 15
Anmerkungen: N = 1.090. D = Dummy-Variable. VO = VergJeichsgruppe. Robuste Standardfebler in Klammem. Koeffizienten und Standardfebler jeweils x 1.000. R' = McKelvey-zavoina Pseudo-R'. Signifikanzniveaus:' Signifikant auf 10% Niveau, •• Signifikant auf 5% Niveau, ••• Signifikant auf 1% Niveau.
Log Likelihood PseudoR1 Cbi'ldfl
Beobacimmgcn Prob > Chi'
(1,96)
11,69"·
Konstante
A1Ictsunterschicd (in Jahtcn)
KontroDVBriablen Gcschlccht glcicb (0)
Gemeinsame Projckttcammitglicdschaft (0)
Tatigkeitsbereich glcich (0)
OrgaDisalionsbediDgle Merkmal. Hi=hicstufe gleich (0)
Beide wirtscba.ftlichc Au.biJdnng (0)
AusbildWlgsrldrJung (VG: Beide U1IJ