Physica-Lehrbuch
Physica-Lehrbuch Bamiier, Christma H. Vertragsiheorle Eine Emfiilirung mit finaiizokonomischen Beispielen iind Aiiwendungen 2005, XVI, 218 S.
Kistner. Klaus-Peter Optimleruiigsmetliodeii Eiiifiilirmig in die Untemehmensforschung fiir Wirlschaftswissenschaftler 3. Autl 2003, XII, 293 S.
Duller, Christine Eiiifiihruiig iii die St^itlstik mit EXCEL mid SPSS Ein anwendungsorientiertes Lehr- iind Arbeilsbuch 2006, XII. 279 S.
Kistner, Klaus-Peter Steven, Marion Prodiiktio lisp killing 3. Aufl. 2001. Xin, 372 S.
Farmer, Karl • Wendner, Ronald Wachstum uiid Aulkiiliaiidel Eiiie EiiifiihiTing in die Gleichgewichlsttieorie der WachstLimsund AuBenliandelsdvnamik 2. Autl 1999, XVin","423 S. Finlc, Andreas Schjieidereit, Gabriele • VoB. Stefaii Grmidlageii der WirtschafSsiiiformatik 2.Aufl.2005,XVm,316S. Gocke, Matthias • Kohler, Thomas Aelleiiwlrlschaft F'Jn I,.eni- und IJbungsbuch 2002, XIII, 359 S. Cjraf, Cjerhard Grand kgen der Volkswirlschaftslelire 2. Autl 2002, XIV, 335 S. Graf, Gerhard Gruiidlageii der Fiiiaiizwsseiiscliaft 2.Aua2005,Xn",334S. Heiduk. Giinter S. AuBe iiwlr Ischaft llieorie, Empirie und Politik der inlerdependenten Weltwirlschafl 2005, XII. 429 S.
Kistner, Klaus-Peter Steven, Marion Betriebswirtschaftslehre im Gruedstudimii Band 1: Produktion, Absatz, Fiiianzieruna 4. Autl 2002;XIV, 510 S. Band 2: Buchfiihrung, KoslenrechnLmg, Bilanzen 1997, XVI. 451 S. Konig. Rolf Wosnitza, Michael Betrlebswirischaftlkhe Steuerplaimiigsimd Steijerwkkimgslehre 2004, XIV, 288 S. Kortmann, Walter Ml kroo ko iioiiiik /\nwendungsbezogene (jiundlagen 4. Aufl. 2006, XVill, 674 S. Marti, Kurt • Groger, t^etlef Einfiihriing in die lineare liiid nichtliiieare Optiniieriiiig 2000, VII, 206 S. Marti, Kurt • Groger, t^etlef Grimdkiirs Mathematik fiir Ingeiiieiire, Natiir2. Autl 2003, X, 267 S.
Rotliengatter Werner Schaffer. Axel Makro kompakt Grundziige der Makrookonomik 2006, X, 234 S. Schafer, Hemy Uiite rue hnie iisfiiianzeii Grundziige mllieorie und Management 2. Aufl. 2062, XVIII, 522 S. Schafer, Hemy Uiite rue hme iisliive sti lloiie 11 Grundziige in Theorie und Management 2. Autl 2005, XVI. 439 S. Schiller, Mirja Einfiihriing in das betriebliche Buchfiihrung fiir Induslrieund Handelsbetriebe 2006,Xn,2]6S. Sessclmeicr, Werner Blauermel, Gregor Arbcitsmarktthcoricii 2. Autl 1998, XIV, 308 S. Steven, Marion HierarcMsche Prodnktioiispkniing 2. Aufl. 1994, X, 262 S. Steven. Marion Kistner. Klaus-Peter Ubiingsbiich 7Mf Betrlebswirtscliaftslelire im Grundstiidliiiii 2000, XVIII, 423 S. Swoboda, Peler Betriebliche Fliiaezleree^ 3. Autl 1994, 305 S.
Michaelis, Peter Okonomlsche liistrumeiite in der Umweltpollllk Eine anwendungsorientierle F'JnfiihruTig 1996, XII, 190 S.
Tomann, Horst Volkswirtschaftslchrc Eine Einfiihrung in das okonomische Denken 2005. XII, 186 S.
Hofinanii, Ulrich Netzwerk" O ko iiomie 2001. X, 242 S.
Nissen, Hans-Peler Einfiihriing in die makrookonomlsche Theorie 1999, XVI, 341 S.
Weigand, Chrisloph Statistik iiiit mid ohne Zul'all Eine anwendmigsorientierle Einfiihrung 2006, X m , 421 S.
Much, Burkhard u. a. Recliiiuiigsweseii-or ten iie rte s Controlling Ein Leitfaden filr Studium und Praxis 4. Aufl. 2004, XX, 510 S.
Nissen, Hans-Peler Dsis Eiiropsiische System Volkswlrtscliaflliclier Gcsamtrcchiiimgen 5. Autl 2004, XVI. 362 S.
Weise, Peter u. a. Nene Mikrookoiiomie 5. Aufl. 2005. XI. 645 S.
Heno. Rudolf Jahresabschluss iiach liaiidelsrecht, Steuerrecht und mternatioiialeii Standards (lAS/IFRS) 5.Aua2006.XX,560S.
Kistner, Klaus-Peter ProdoktioiiS" ond Kostcntheorie 2. Autl 1993. XII, 293 S.
Rissc. Joachim BecM'iihrueg end Bllanz fisr Eiiistciger 2. Aufl. 2004. VIII, 296 S.
Zweifel, Peter Heller, Robert H. Intemationaler Handel llieorie und Empirie 3. Aufl. 1997, XXII. 418 S.
Rudolf Heno
Jahresabschluss nach Handelsrecht, Steuerrecht und internationalen Standards (IFRS) Funfte, aktualisierte Auflage
Physica-Verlag Ein Unternehmen von vSpringer
Professor Dr. Rudolf Heno Steuerberater Fachhochschule Oldenburg/OstfrieslandAVilhelmshaven Friedrich-Paffrath-StraBe 101 26389 Wilhelmshaven E-mail:
[email protected] ISBN-10 3-7908-1719-8 5. Auflage Physica-Verlag Heidelberg ISBN-13 978-3-7908-1719-5 5. Auflage Physica-Verlag Heidelberg ISBN 3-7908-0175-5 4. Auflage Physica-Verlag Heidelberg Bibliograflsche Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen NationalbibUografie; detaillierte bibliograflsche Daten sind im Internet Uber http://dnb.ddb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschiitzt. Die dadurch begriindeten Rechte, insbesondere die der Ubersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfaltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfaltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulassig. Sie ist grundsatzlich vergutungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Physica-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science-i-Business Media springer.de © Physica-Verlag Heidelberg 1994,1998,2003,2004,2006 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden diirften. Umschlaggestaltung: Erich Kirchner Herstellung: LE-TjjX, Jelonek, Schmidt & Vockler GbR, Leipzig Druck: Strauss Offsetdruck SPIN 11732846
42/3153 - 5 4 3 2 1 0 - Gedruckt auf saurefreiem Papier
Vorwort zur funften Auflage Zva vorliegenden Neuauflage wurde das Lehrbuch kritisch durchgesehen, an einigen Stellen verbessert und durchgangig aktualisiert. Die bewahrte Konzeption des Buches ist beibehalten worden. Anderungen wurden erforderlich aufgrund des Bilanzrechtsreformgesetzes (BilReG) und des Bilanzkontrollgesetzes (BilKoG). Die neu gestalteten, nach den zugehorigen Gesetzesparagraphen nummerierten Einkommensteuerrichtlinien (EStR 2005), die entsprechend umgestalteten neuen Hinweise zu den Richtlinien (EStH 2005) sowie neue relevante Verwaltungsanweisungen und Rechtsprechung wurden in das Lehrbuch eingearbeitet, so dass dieses nun wieder auf dem neuesten Rechtsstand ist. Die Darstellung der International Financial Reporting Standards (IFRS) bezieht sich auf deren Stand von Ende 2005. Griindlich iiberarbeitet, aktualisiert und erweitert wurde insbesondere das Kapitel „Finanzinstrumente nach IAS 39". Die IFRS werden allerdings stetig weiterentwickelt. Zur Zeit gibt es mehrere Forschungsprojekte (z.B. Lagebericht) und Befragungen (z.B. kleine und mittlere Untemehmen). Mehrere Standards befinden sich in der Bearbeitung (z.B. Geschafts- oder Firmenwert), die teilweise eine noch weitergehende Armaherung an die US-GAAP zum Ziel haben. Andererseits haben die amerikanischen Institutionen FASB, AICPA und SEC neuerdings den IFRS sogar eine Rolle innerhalb des Systems der US-GAAP zugewiesen: Im Falle einer Regelungslucke in den US-GAAP sind die IFRS heranzuziehen. Umfragen unter deutschen mittelstandischen Untemehmen haben ergeben, dass die Bereitschaft, sich mit der Problematik einer Umstellung der Rechnungslegung auf die komplexen IFRS zu befassen, deutlich gestiegen ist, seit das Projekt des lASB, vereinfachte mittelstandsspezifische IFRS-Regelungen zu entwickeln, in Angriff genommen wurde. Die weitere Entwicklung der Rechnungslegung bleibt also in der Diskussion. Auf Dauer ist es den Untemehmen kaum zumutbar, Einzelabschliisse nach HGB und Konzemabschlilsse nach IFRS aufzustellen. Wird es also ein Wahlrecht oder gar die Verpflichtung zur Aufstellung eines Einzelabschlusses nach IFRS (bzw. nach einem HGB, das inhaltlich den IFRS angepasst ist) geben? Tatsachlich geht es m.E. nur noch um die Frage „wann", nicht mehr um die Frage „ob" und schon gar nicht mehr um die Frage, welches Rechnungslegungssystem besser ist. Die Vielzahl der praktischen Probleme des extrem theoretisch orientierten IFRS-Konzepts (z.B. Fair Value-Ermittlimg, Eigenkapitaldefinition, GoodwillAbschreibung, Ausschiittungsbemessung) wird die Anwender in der Praxis noch lange beschaftigen.
Die Zitate und Verweise beziehen sich auf die folgenden aktuellen Auflagen der zum Studium empfohlenen Kommentare und Handbiicher: • Adler/Dilring/Schmaltz (ADS): Rechnungslegung und Prilfung der Untemehmen, bearb. von K.-H. Forster u.a., 6. Auflage, Stuttgart 1995. • Beck'scher Bilanz-Kommentar, hrsg. von H. Ellrott, G. Forschle, M. Hoyos, N. Winkeljohann, 6. Aufl., Mtinchen 2006. • Kilting, K./Weber, C.-P. (Hrsg.): Handbuch der Rechnungslegung Einzelabschluss, 5. Aufl., Stand: September 2005, Stuttgart.
VI
Vorwort
• Wirtschaftspriifer-Handbuch 2000, Band I, bearb. von G. Geib u.a., 12. Aufl., Dilsseldorf2000. • Schmidt, L. (Hrsg.:) Einkommensteuergesetz, 24. Aufl., Mtlnchen 2005. • Adler/During/Schmaltz (ADS International): Rechnungslegung nach Internationalen Standards, bearb. von Gelhausen/Pape/Schruff/Stolberg, Stand: Dezember 2005, Stuttgart. • Baetge, J., u.a. (Hrsg.): Rechnungslegung nach International Accounting Standards (IAS), 2. Aufl., Stuttgart 2002. Mein Dank gilt wieder Frau Keidel, Lektorin beim Physica-Verlag, ftlr ihre freundliche Unterstiitzung sowie Harm Dr. Werner A. Miiller, Verlagsleiter des Physica-Verlags, fiir die verstandnisvolle Zusammenarbeit.
Oldenburg, im Februar 2006 Rudolf Heno
Vorwort zur dritten Auflage Aufgrund der erfreulich guten Aufiiahme des vorliegenden Lehrbuches bei Studenten und Dozenten und gravierender Anderungen der relevanten Vorschriften im Handels-, Aktienund Steuerrecht sowie der Rechtsprechung ist nun die dritte Auflage notwendig geworden. So hat etwa das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 mit seinen weitreichenden Auswirkungen auf das Handelsrecht, insbesondere zu einer Umwalzung der handels- und steuerrechtlichen Bewertungskonzeption gefUhrt. Darilber hinaus sind die steuerrechtlichen Anderungen bei der Bilanzierung und Bewertung von unfertigen Erzeugnissen, steuerfreien Rilcklagen, Rilckstellungen und Verbindlichkeiten eingearbeitet worden. Alle zugehorigen Aufgaben und Losungen sind entsprechend iiberarbeitet und angepasst worden. SchlieBlich sind an verschiedenen Stellen Aktualisierungen, u.a. auch aufgrund der EuroUmstellung erforderlich gewesen. Insgesamt umfasst das Lehrbuch nun 73 Aufgaben mit umfangreichen Losungen. Wie die Anderung des Titels bereits zeigt, ist das Buch auf zusatzlichen ca. 100 Seiten um die Grundzilge der internationalen Rechnungslegungsstandards, zugehorige Aufgaben (im Zusammenhang mit dem lAS-Abschluss der „LowTech International GmbH") und Losungen erweitert worden. Da es sich um ein einfuhrendes Lehrbuch, wenn auch mit schwerpunktmaBigen Vertiefungen, handelt, habe ich auf die Darstellung der US-amerikanischen Standards US-GAAP (Generally Accepted Accounting Standards) ganz verzichtet und mich auf die weltweite Geltung anstrebenden IAS (International Accounting Standards), die zukiinftig in IFRS (International Financial Reporting Standards) umbenannt werden, beschrankt. Um die Unterschiede zum geltenden deutschen Bilanzrecht deutlich machen zu konnen, mussten auch in diesem Bereich Erweiterungen vorgenommen werden. Neu aufgenommen wurden beispielsweise die Bilanzierung langfristiger Auftrage, Grundzuge der Hedge-Bilanzierung, und die Grundstruktur der Kapitalflussrechnung. Die Erweiterung des Lehrbuches um die internationalen Rechnungslegungsstandards erschien mir deshalb als unumganglich, als eine sinnvolle zukunftsgerichtete Ausbildung im
Vorwort
VII
Bereich der Bilanzierung heute schon zumindest deren Grandzilge umfassen muss. Am Neuen Markt der Frankfurter Wertpapierborse notierte Untemehmen haben schon seit Grundung dieses Borsensegments ihren Konzemabschluss nach IAS oder US-GAAP aufzustellen. Ab 1.1.2005 bereits (Ubergangsfrist bis 1.1.2007 fur bereits nach US-GAAP bilanzierende Unternehmen) mussen alle Mutteruntemehmen in der europaischen Union, deren Aktien oder emittierten Glaubigerpapiere an einer Borse notiert werden, ihren Konzemabschluss nach den IAS aufstellen. Freiwillig ist dies aufgrund des Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetzes bereits seit 1998 (unter bestimmten Voraussetzungen) mit befreiender Wirkung, d.h. ohne Aufstellung eines weiteren Konzemabschlusses nach dem HGB, moglich (§ 292a HGB). Mit dieser Vorschrift reagierte der Gesetzgeber auf das stark gestiegene Interesse deutscher Untemehmen an einer intemationalen Rechnungslegung, derm aufgrund der Globalisierung der Markte und der damit verbundenen Intemationalisierung der Kapitalmarkte wird zur Wahrung der Wettbewerbsfahigkeit ein international vergleichbarer Jahresabschluss unumganglich. Das neu eingerichtete DRSC (Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee) hat u.a. die Aufgabe, Vorschlage zur Anpassung der deutschen Konzernrechnungslegungsvorschriften an die IAS zu erarbeiten. Diese Anpassung soil bis 31.12.2004 realisiert sein und danach fiir die Konzemabschliisse aller nichtkapitalmarktorientierten Mutteruntemehmen gelten. Da sich dieses Lehrbuch nur auf den Einzelabschluss bezieht, so werden auch nur diejenigen intemationalen Standards hier behandelt, die sowohl fiir den Einzel- als auch fiir den Konzemabschluss gelten, und die zahlenmafiig weitaus geringeren, aber komplexeren speziellen Vorschriften fiir Konzemabschlusse der entsprechenden Spezialliteratur iiberlassen. Dafur spricht, dass dieselbe Arbeitsteilung auch in Lehrbtichern zum deutschen Bilanzrecht besteht und somit reine Lehrbtlcher zum Konzemabschluss ebenfalls nur die konzemabschlussbezogenen lAS-Regelungen aufnehmen werden. Auch kormen Leser, die die entsprechenden lAS-Kapitel des vorliegenden Buches durchgearbeitet haben, die bald nur noch nach IAS aufgestellten Konzemabschlusse europaischer Mutteruntemehmen zu einem guten Teil verstehen und beurteilen. SchlieBlich ist zu erwarten, dass der letzte Schritt in der inzwischen vorgezeichneten Entwicklungslinie, namlich das Wahlrecht oder die Verpflichtung zur Aufstellung eines Einzelabschlusses nach IAS bzw. nach einem weitgehend an die IAS angepassten HGB, im Interesse einer Kompatibilitat von Einzel- und Konzemabschluss in absehbarer Zeit, vielleicht schon 2005, realisiert werden wird. Mein Dank gilt wiederum Frau Dipl.-Kffr. Gaby Pfeiffer, die die erforderlichen Anpassungen der Graphiken mit groBer Sorgfalt vorgenommen hat, Frau Keidel, Lektorin beim Physica-Verlag, fiir ihre verstandnisvolle Hilfe sowie Herrn Dr. Werner A. Miiller, dem Verlagsleiter des Physica-Verlags, fur seine entgegenkommende Unterstiitzung.
Oldenburg, im August 2002 Rudolf Heno
Vorwort zur ersten Auflage Mit dem vorliegenden Lehrbuch wird der Versuch untemommen, den sehr abstrakten und schwer iiberschaubaren Lemstoff des Jahresabschlusses leicht verstandlich aufzubereiten und systematisch darzustellen. Dabei werden beim Leser nur grundlegende Buchfuhmngskermtnisse vorausgesetzt. Lernziele zu Beginn jedes Kapitels, zahlreiche Ubersichten, Schaubilder und Tabellen sowie Merksatze sollen dem Leser das Verstandnis und das Ler-
VIII
Vorwort
nen erleichtern. Da das Buch auBerdem eine Vielzahl von Beispielen, Beispielsaufgaben und Ubungsaufgaben - jeweils mit Losungen - enthalt, eignet es sich auch besonders zum Selbststudium. Beispielsaufgaben sollen anhand konkreter Zahlen in direktem AnschluB an die abstrakte Erklarang des jeweiligen Problems fiir ein besseres Verstandnis beim Leser sorgen und das selbstandige Mitdenken fordem. Die Beispielsaufgaben sind also Bestandteil des Lemstoffes und werden sofort im AnschluB aufgelost. Die 60 meist langeren (Ubungs-) Aufgaben befinden sich dagegen jeweils am Ende eines Kapitels und dienen zur Festigung und Kontrolle des Lemerfolgs. Die Losungen zu den (Ubungs-)Aufgaben befinden sich am SchluB des Buches. Entsprechend den Verhaltnissen und Anforderungen in der Praxis werden generell sowohl die handels- als auch die steuerrechtlichen Aspekte des Jahresabschlusses behandelt. GroBter Wert wird auf das Verstandnis der Gemeinsamkeiten, Unterschiede und die gegenseitige Beeinflussung von Handels- und Steuerbilanz gelegt. Uber eine leicht verstandliche Einfuhrung in das Gebiet des Jahresabschlusses hinaus sollen dem Leser aber auch schwerpunktmaBig tiefergehende Kenntnisse vermittelt werden. Beim ersten Einstieg in die Materie konnen diese mit "Vertiefung" gekennzeichneten Absatze iibersprungen werden. Somit richtet sich das vorliegende Buch nicht nur an Studenten des Grundstudiums an Fachhochschulen, Universitaten und anderen Bildungseinrichtungen, sondern auch an Studenten und Praktiker mit bereits vorhandenen Grundkenntnissen der Bilanzierung, die aufgefrischt oder vertieft werden sollen. Das Buch eignet sich zum Selbststudium, es kann auch vorlesungsbegleitend sowie als Aufgaben-Ubungsbuch verwendet werden. Grundsatzlich ist es als systematisches Lembuch konzipiert, d.h. daB die Kapitel (teilweise) aufeinander aufbauen. Zur Auffrischung frilher erworbener Bilanzierungskenntnisse laBt es sich aber auch als Nachschlagewerk verwenden. Der Aufbau des Lehrbuches ist durch den Lemstoff weitgehend festgelegt. Es werden jeweils zuerst die Grundprinzipien und im AnschluB daran einzelne Posten von Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und Anhang behandelt. Im Gegensatz zu fast alien anderen Bilanzierungslehrbiichern sowie zum Aufbau des Handelsgesetzbuchs erfolgt keine gliederungsmaBige Trermung des Lemstoffes in Ansatzprobleme und in Bewertungsfragen bei den einzelnen Positionen. Jeder Posten wird in dem ihm gewidmeten Abschnitt auf beide Probleme hin untersucht. Der Aufbau des Buches wird dadurch iibersichtlicher, das Gedankengerust wird auf diese Weise leichter durchschaubar und erlembar. Am Ende eines jeden groBeren Kapitels ist speziell zu diesem Kapitel ausgewahlte "Weiterfuhrende Literatur" angegeben, um dem Leser einen Weg zur weiteren Vertiefung seiner Kenntnisse zu weisen. Grundsatzlich konnen zur Vertiefung des gesamten Stoffes handelsund steuerrechtliche Kommentare herangezogen werden. An manchen Stellen ist bereits auf bestimmte handelsrechtliche Kommentare verwiesen. Eine alphabetische geordnete Auswahl von Kommentaren sei an dieser Stelle angegeben: Mein besonderer Dank fur ihre Hilfe beim Zustandekommen dieses Buches gebuhrt Frau Dipl.-Kffr. Gaby Pfeiffer fiir das sorgfaltige Erstellen der Graphiken sowie dem Verlagsleiter des Physica-Verlags, Herrn Dr. Werner A. Milller, der mich mit vielfachem Rat verstandnisvoll unterstutzte.
Wilhelmshaven, im Juni 1994 Rudolf Heno
Inhaltsverzeichnis Seite Vorwort Abkiirzungsverzeichnis
V XVII
Teil A. Allgemeine Grundlagen des Jahresabschlusses I. Begriff und Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens 1. Begriff und Einteilimg des betrieblichen Rechnungswesens a) Begriff des betrieblichen Rechnungswesens b) Einteilung des betrieblichen Rechnungswesens 2. Grundbegriffe des betrieblichen Rechnungswesens 3. Adressaten des Rechnungswesens und deren Informationsinteressen a) Geschaftsleitung b) Anteilseigner c) Glaubiger d) Arbeitnehmer e) Offentlichkeit f) Fiskus 4. Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens 5. Aufgaben des Jahresabschlusses a) Dokumentation b) Rechenschaftslegung (1) Ertragslage (2) Vermogenslage (3) Finanzlage 6. Aufgaben und Adressaten des Jahresabschlusses nach IFRS II. Bilanztheorien im Uberbiick 1. Die statische Bilanztheorie von Wilhelm Rieger 2. Die Theorie der dynamischen Bilanz von Eugen Schmalenbach 3. Die Theorie der organischen Tageswertbilanz von Fritz Schmidt 4. Neuere Ansatze Weiterfuhrende Literatur
III. Rechnungslegungskonzepte und Institutionen 1. Das deutsche Handelsrecht a) Gesetzgeber b) Institut der Wirtschaftspriifer in Deutschland e.V. (IDW) c) Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) d) Deutsche Priifstelle fiir Rechnungslegung e.V. (DPR) 2. Die US-amerikanischen Rechnungslegungsnormen (US-GAAP) a) AUgemeines b) Financial Accounting Standards Board (FASB) c) Securities and Exchange Commission (SEC)
1 1 1 1 2 5 5 6 6 6 7 7 7 10 10 10 12 14 15 17 18 19 19 21 22 24
24 24 24 24 24 26 27 27 27 27
Inhaltsverzeichnis
3. Die Internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) a) AUgemeines b) International Accounting Standards Board (lASB) Weiterfuhrende Literatur
28 28 29 30
IV. Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
30
1. Komponenten des Jahresabschlusses (einschl. Steuerbilanz) a)Uberblick b) Bilanzarten c) Steuerbilanz d) Gewirin-und Verlustrechnung e) Anhang f) Lagebericht 2. Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses a) tjberblick b) Rechnungslegungspflichten fiir alle Kaufleute c) Besondere Rechnungslegungspflichten fiir Kapitalgesellschaften d) Schritte der Rechnungslegung von Kapitalgesellschaften e) Sanktionen bei Nichtbeachtung gesetzlicher Vorschriften 3. Anwendung der IFRS in Abschlussen deutscher Unternehmen 4. Komponenten des Abschlusses nach IFRS Weiterfuhrende Literatur
V. Grundsatze ordnungsmafiiger Buchfuhrung und Bilanzierung 1. Begriff und Quellen der Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfuhrung und Bilanzierung 2. Grundsatze ordungsmaBiger Bilanzierung (Rechenschaftsgrundsatze) a) Rahmengrundsatze (1) Richtigkeit und Willkurfreiheit (2) Bilanzklarheit (3) VoUstandigkeit (4) Bilanzidentitat (5) Wirtschaftlichkeit und Wesentlichkeit (Materiality) b) Abgrenzungsgrundsatze (1) Stichtagsprinzip (2) Abgrenzung der Zeit und der Sache nach (3) Vorsichtsprinzip (4) Realisationsprinzip (5) Imparitatsprinzip c) Erganzende Grundsatze (1) Going-Concem-Prinzip (2) Einzelbewertung (3) Formale Bilanzkontinuitat (4) Bewertungsstetigkeit
31 31 31 32 35 35 36 36 36 37 38 40 52 53 54 55
56
56 58 58 58 59 60 64 64 65 65 66 67 68 70 72 72 74 75 76
Inhaltsverzeichnis
3. Rechnungslegimgsgrandsatze nach IFRS a) Uberblick b) Grundlegende Annahmen („Underlying Assumptions") (1) Periodenabgrenzung („Accrual Basis") (2) Untemehmensfortfiiihrung („Going Concern Principle") c) Qualitative Rechnungslegungsgrundsatze („Principal Qualitative Characteristics of Financial Statements") (1) Verstandlichkeit („Understandability") (2) Relevanz („Relevance") (3) Verlasslichkeit („Reliability") (4) Vergleichbarkeit („Comparability") (5) Beschrankungen der Relevanz und Verlasslichkeit (6) Einzelerfassung/Einzelbewertung (7) Stichtagsprinzip Weiterfuhrende Literatur
VI. Die Inventur 1. Stichtagsinventur 2. Fuhrung eines laufenden Bestandsverzeichnisses beim Anlagevermogen 3. Permanente Inventur 4. Vor- oder nachverlegte Stichtagsinventur 5. Stichprobeninventur Weiterfuhrende Literatur
Teil B. Die Bilanz (Handels- und Steuerbilanz) I. Aufbau und Gliederung 1. Einzelunternehmen und Personenhandelsgesellschaften 2. Kapitalgesellschaften a) Gliederungsschema filr groBe Kapitalgesellschaften b) Gliederungsprinzipien c) Gliederungsschema for kleine Kapitalgesellschaften d) Gliederungsschema fur mittelgroBe Kapitalgesellschaften 3. Gliederungsschema nach IFRS II. Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung 1. Bilanzierungspflicht, Bilanzierungsverbot, Bilanzierungswahlrecht, Bilanzierungshilfe a) Bilanzierungspflicht b) Bilanzierungsverbote c) Bilanzierungswahlrechte d) B ilanzierungshilfen 2. Die MaBgeblichkeit der Handelsbilanz fiir die Steuerbilanz 3. Ansatzkriterien im lASB-Konzept Weiterfilhrende Literatur
XI
80 80 82 82 82 82 83 83 83 84 84 84 84 85
85 85 87 88 88 89 89
90 90 90 91 91 92 93 94 94 96 96 96 100 102 103 105 111 113
XII
Inhaltsverzeichnis
4. BewertungsmaBstabe in Handels- und Steuerrecht a) Anschaffungskosten (1) Allgemeines (2) Sonderprobleme (a) Kaufpreis in fremder Wahrimg (b) Unentgeltlicher Erwerb (c) Tauschgeschafte nach HGB, EStG und IFRS (d) Zuschilsse (e) Nominalkapitalerhaltung und Substanzerhaltung (3) Anschaffungskosten nach IFRS b) Herstellungskosten (1) Allgemeines (2) Sonderprobleme (a) Abschreibungen (b) Forschungs- und Entwicklungskosten (c) Steuern (d) Fremdkapitalzinsen (e) Leerkosten (3) Herstellungskosten nach IFRS (4) Bilanzpolitische Auswirkungen der Bestandsbewertung mit Herstellungskosten (5) Langfristige Fertigung nach HGB und nach IFRS c) Tageswert nach HGB d) Weitere WertmaBstabe nach IFRS (1) Allgemeine WertmaBstabe (2) Fortgefuhrte Anschaffiingskosten („Amortised Cost") (3) Der beizulegende Zeitwert („Fair Value") (4) Der erzielbare Betrag („Recoverable Amount") e) Teilwert nach EStG Weiterfuhrende Literatur
III. Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens 1. Die Bewertungskonzeption beim Anlagevermogen a) Die Bewertungskonzeption flir Einzeluntemehmen und Personenhandelsgesellschaften (Handelsrecht) b) Die Bewertungskonzeption beim Anlagevermogen (Steuerrecht) c) Die Bewertungskonzeption beim Anlagevermogen filr Kapitalgesellschaften (Handelsrecht) d) Die Bewertungskonzeption nach IFRS (1) Bewertungskonzeption bei Sachanlagen und immateriellen Vermogenswerten nach IFRS (2) Bewertung zahlungsmittel-generierender Einheiten nach IFRS
114 114 114 122 122 123 123 126 129 132 134 134 141 141 142 142 143 144 151 15 3 156 15 8 165 165 166 166 168 170 179
180 180 181 190 194 200 200 208
Inhaltsverzeichnis
2. Die Bilanzierang und Bewertimg der einzelnen Positioner! a) Aufwendungen fur die Ingangsetzung und Erweiterung des Gesciiaftsbetriebs (1) Regelung nach HGB (2) Regelung nach IFRS b) Immaterielle Vermogensgegenstande (1) Allgemeines (2) PlanmaBige Abschreibungen immaterieller Anlagegiiter (3) Software (4) Geschafts- oder Firmenwert (5) Immaterielle Vermogenswerte nach IFRS c) Sachanlagen (1) Grundstiicke, grundstilcksgleiche Rechte und Bauten einschlieBlich der Bauten auffi-emdenGrundstucken (2) Technische Anlagen und Maschinen (3) Andere Anlagen, Betriebs- und Geschaftsausstattung (4) Geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau (5) Begriff der Sachanlagen nach IFRS d) Finanzanlagen nach HGB (1) BeteiHgungen (2) Verbundene Untemehmen (3) Wertpapiere des Anlagevermogens (4) Ausleihungen e) Finanzanlagen nach IFRS (1) Finanzinstrumente nach IAS 39 (a) Definitionen (b) Zugangserfassung und Ausbuchung (c) Kategorisierung (d) Bewertung (2) Anteile an Tochteruntemehmen nach IAS 27 (3) Anteile an assoziierten Untemehmen nach IAS 28 (4) Anteile an Joint Ventures nach IAS 31 (5) Als Finanzinvestitionen gehaltene Immobilien nach IAS 40 f) Grundziige der Hedge-Bilanzierung nach HGB und IFRS (1) Problemstellung (2) Hedge-Bilanzierung nach HGB (3) Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen („Hedge Accounting") nach IFRS g) Der Anlagenspiegel (1) Der Anlagenspiegel nach HGB (2) Der Anlagenspiegel nach IFRS Weiterfuhrende Literatur 3. Abschreibungsmethoden und steuerliche Abschreibungen a) PlanmaBige Abschreibungen / AfA-Regelungen (1) Funktionender Abschreibung (2) Abschreibungsursachen und Abschreibungsarten in Handels- und Steuerrecht (3) Abschreibungsplan (4) Abschreibimgsmethoden
XIII
209 209 209 214 214 214 215 216 217 221 224 224 228 229 229 229 230 230 231 232 233 235 235 235 238 239 242 252 252 253 253 254 254 255 258 263 263 270 271 272 272 272 273 273 276
XIV
Inhaltsverzeichnis
(5) PlanmaBige Abschreibungen nach einer auBerplanmaBigen Abschreibving (6) Korrektur der Nutzungsdauer-Schatzung (7) Nachtragliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten (8) AUgemeine Abschreibungsregeln nach IFRS (9) Abschreibungen im Rahmen der Neubewertungsmethode b) Absetzungen fur auBergewohnliche Abnutzung/ Teilwertabschreibungen c) Steuerliche Sonderabschreibungen / Erhohte Absetzungen (1) Uberblick (2) Steuerliche Abschreibungen bei beweglichen Wirtschaftsgiitern (3) Steuerliche Abschreibungen bei Gebauden (4) Der Ausweis steuerlicher Mehrabschreibungen gemaB § 281 HGB Weiterfiihrende Literatur 4. Leasing a) AUgemeines b) Finanzierungs-Leasing: Vollamortisationsvertrage c) Finanzierungs-Leasing: Teilamortisationsvertrage (1) Vertrage mit Andienungsrecht des Leasing-Gebers (2) Vertrage mit Aufteilung des Mehrerloses (3) Vertrage mit Kiindigungsrecht des Leasing-Nehmers d) Die Bilanzierung von Leasingverhaltnissen nach IFRS (1) Die Klassifizierung von Leasingvertragen nach IFRS (2) Bilanzierung bei Operating-Leasing (3) Bilanzierung bei Finanzierungsleasing Weiterfiihrende Literatur
IV. Die Bilanzierung und Bewertung des Umlaufvermogens 1. Die Bewertungskonzeption beim Umlaufvermogen a) Die Bewertungskonzeption fur Einzeluntemehmen und Personenhandelsgesellschaften (Handelsrecht) b) Die Bewertungskonzeption beim Umlaufvermogen (Steuerrecht) c) Die Bewertungskonzeption beim Umlaufvermogen fur Kapitalgesellschaften (Handelsrecht) d) Die Bewertungskonzeption beim Umlaufvermogen nach IFRS 2. Die Bilanzierung der einzelnen Positionen a) Vorrate b) Forderungen und Sonstige Vermogensgegenstande (1) Wertberichtigungen auf Forderungen (2) Fremdwahrungsforderungen (3) Sonstige Vermogensgegenstande c) Wertpapiere d) Positionen des Umlaufvermogens nach IFRS e) Zur VerauBerung bestimmte langfristige Vermogenswerte (IFRS) 3. Die Bewertung im einzelnen a) Festwert b) Gruppenbewertung c) Retrograde Ermittlung der Anschaffungskosten
286 287 289 291 291 296 297 297 298 300 302 305 306 306 307 311 312 312 312 312 312 315 316 320
320 321 322 323 324 328 330 330 330 331 331 333 333 333 334 335 335 337 338
Inhaltsverzeichnis
d) Verfahren der Sammelbewertung (1) Durchschnittspreisverfahren (2) Verbrauchsfolgeverfahren e) Methoden der Vorratsbewertung nach IFRS Weiterfiihrende Literatur V. Rechnungsabgrenzungsposten 1. Rechnungsabgrenzungsposten nach HGB 2. Zeitliche Abgrenzung nach IFRS Weiterfiihrende Literatur VI. Die Bilanzierung des Eigenkapitals 1. Einzelunternehmen und Personenhandelsgesellschafiten 2. Kapitalgesellschaften a) Allgemeines b) Gezeichnetes Kapital c) Kapitalrticklage d) Gewinnriicklagen (1) Gesetzliche Rticklage (2) SatzungsmaBige Rticklage (3) Rticklage fiir eigene Anteile (4) Andere Gewinnrucklagen e) Jahresiiberschuss und Bilanzgewinn 3. Eigenkapitalausweis nach IFRS Weiterfiihrende Literatur VII. Sonderposten mit Riicklageanteil 1. Allgemeines 2. Rucklage fiir Ersatzbeschaffung 3. Rticklage fiir VerauBerungsgewinne gem. § 6b EStG 4. Ansparrticklage 5. Zuschussrucklage Weiterfiihrende Literatur VIII. Die Bilanzierung und Bewertung des Fremdkapitals 1. Riickstellungen a)Begriff und Arten b) Riickstellungen fiir ungewisse Verbindlichkeiten (1) Rtickstellungen fiir Patentrechtsverletzung (2) Ruckstellungen fiir Prozesskosten (3) Riickstellungen fiir Gewahrleistungen mit und ohne rechtliche Verpflichtung (4) Riickstellungen fiir Jahresabschlusskosten (5) Riickstellungen fiir Ausgleichsansprilche von Handelsvertretem nach § 89b HGB
XV
339 339 340 349 350 350 350 353 355 356 356 357 357 357 358 359 359 359 359 361 363 365 366 367 367 369 374 378 381 384 384 385 385 388 395 396 397 400 401
XVI
Inhaltsverzeichnis
(6) Riickstellimgen fur Wechselobligo und andere Haftungsrisiken (7) Pensionsriickstellungen (8) Steuerrilckstellungen (9) Latente Steuem nach HGB (10) Latente Steuem nach IFRS c) Riickstellimgen fur drohende Verluste aus schwebenden Geschaften (1) Schwebende Beschaffungsgeschafte (2) Schwebende Absatzgeschafle (3) Dauerschuldverhaltnisse d) Rilckstellungen fur unterlassene Aufwendungen fur Instandhaltung oder fur Abraumbeseitigung e) Riickstellungen fiir andere, genau umschriebene Aufwendungen (Aufwandsriickstellungen) 2. Bilanzierung und Bewertung von Riickstellungen nach IFRS a) Ruckstellungen gemaB IAS 37 b) Pensionsriickstellungen gemaB IAS 19 3. Verbindlichkeiten Weiterfiihrende Literatur
403 404 406 407 414 420 423 425 433 437 439 441 441 448 450 455
IX. Haftungsverhaltnisse
457
Teil C. Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang, Kapitalflussrechnung und Lagebericht
459
I. Die Gewinn- und Verlustrechnung 1. Allgemeines 2. Die Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung a) AUgemeiner Uberblick b) Die Positionen der Gewinn- und Verlustrechnung im Einzelnen 3. Gesamtkosten- und Umsatzkostenverfahren 4. Income Statement nach IFRS Weiterfiihrende Literatur
459 459 459 459 461 465 468 470
II. Der Anhang Weiterfiihrende Literatur
470 474
III. Die Kapitalflussrechnung nach HGB und IFRS Weiterfiihrende Literatur
475 478
IV. Der Lagebericht Weiterfiihrende Literatur
479 479
Teil D. Losungen zu den Aufgaben
480
Stichwortverzeichnis
553
Abkiirzungsverzeichnis a.A. a.F. a.a.O. ADS AfA AfaA AG AG AICPA AK AktG Anm. ARA ARB BaFin BB BBK BFH BFHE BFH/NV BFuP BGA BGBl, BGH BilRiL BMF BS bspw. BStBl. bzw. DB DBW d.h. DPR DRS DRSC DSF DSR DStR DStZ EFG EStDV EStG EStR etc. EU EuGH EUR e.V. F f.
anderer Ansicht alte Fassung an angegebenem Ort Adler/Diiring/Schmaltz (Kommentar zum Handelsrecht) Absetzungen fiir Abnutzung Absetzungen fiir auCergewohnliche Abnutzungen Aktiengesellschaft Application Guidance (Anleitungen zur Anwendung der Paragraphen eines IAS oder IFRS) American Institute of Certified Public Accountants Anschaffungslcosten Alitiengesetz Anmerlfung aktiver Rechnungsabgrenzungsposten Accounting Research Bulletins Bundesanstalt fiir Finanzdienstleistungsaufsicht Betriebsberater (Zeitschrift) Buchfiihrung, Bilanz, Kostenrechnung (Loseblattsammlung) Bundesfmanzhof Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Nicht amtlich veroffentlichte BFH-Urteile (Zeitschrift) Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Zeitschrift) Betriebs- und Geschaftsausstattung Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Bilanzrichtlinie Bundesministerium der Finanzen Buchungssatz beispielsweise Bundessteuerblatt beziehungsweise Der Betrieb (Zeitschrift) Die Betriebswirtschaft (Zeitschrift) das heiBt Deutsche Priifstelle flir Rechnungslegung Deutsche Rechnungslegungs Standards Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V. Diskontierungssummenfaktor Deutscher Standardisierungsrat Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsche Steuerzeitung Entscheidungen der Finanzgerichte Einkommensteuer-Durchfuhrungsverordnung Einkommensteuergesetz Einkommensteuer-Richtlinien et cetera Europaische Union Europaischer Gerichtshof Euro eingetragener Verein Framework folgende (Seite)
XVIII FASB ff. FG fifo FinDAG GAS ggfGmbH GmbHG GmbHR GoB grds. GrS GuV H HB HdB HFA HGB hifo HK h.M. Hrsg. IAS lASB lASC i.d.R. IDW i.e.S. IFRIC IFRS i.H.v, INF IOSCO i.S.d. i.S.v. JU KapAEG KapG KapG&Co KG kifo KoR lifo lofo L.u.L. m.a.W. m.E. Mio. Nr. NV NYSE OFD o.a. o.g. p.a. poc
Abkilrzungsverzeichnis Financial Accounting Standards Board fortfolgende (Seiten) Finanzgericht first in first out Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz German Accounting Standards gegebenenfalls Gesellschaft mit beschrankter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschrankter Haftung GmbH-Rundschau Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfiihrung (und Bilanzierung) Grundsatzlich GroBer Senat (des BFH) Gewinn- und Verlustrechnung Hinweis (zu EStR) Handelsbilanz Handbuch Hauptfachausschuss (des Instituts der Wirtschaftspriifer) Handelsgesetzbuch Highest in first out Herstellungskosten herrschende Meinung Herausgeber International Accounting Standards International Accounting Standards Board International Accounting Standards Committee in der Regel Institut der Wirtschaftspriifer in Deutschland e.V. im engeren Sinne International Financial Reporting Interpretations Committee International Financial Reporting Standards in Hohe von Die Information uber Steuer und Wirtschaft International Organization of Securities Commissions im Sinne des/der im Sinne von Jahresuberschuss Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz Kapitalgesellschaft Kapitalgesellschaft und Compagnon Kommanditgesellschaft Konzern in first out Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung (Zeitschrift) last in first out lowest in first out (aus) Lieferungen und Leistungen mit anderen Worten meines Erachtens Million Nummer Nicht amtlich veroffentlichte BFH-Urteile (Zeitschrift) New York Stock Exchange Oberfinanzdirektion oben angeflihrt oben genannt per annum (= pro Jahr) percentage of completion (Fertigstellungsgrad)
Abkilrzungsverzeichnis PubIG R RAP Rdvfg. rev. Rev. RFH RHB RIC rkr. RS Rz. s.
S. SAC SEC SFAS SIC s.o. s.u. sog. St. StB StuB TEUR Tz. u.a. UM US-GAAP usw. u.U. VersAufsG vgl.
WFA WP WPg WP-HdB WpHG z.B. ZfbF ZfB z.T.
XIX
Gesetz uber die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen (sog. Publizitatsgesetz) Richtlinie (in den EStR) Rechnungsabgrenzungsposten Rundverfugung einer Oberfmanzdirelttion an ihre Finanzamter englisch: revised oder deutsch: revidiert, verbessert Revision Reiciisfinanzhof Roh-, Hilfs- und Betriebs(stoffe) Rechnungslegungs Interpretations Committee Rechtslcraftig Stellungnahme zur Rechnungslegung Randziffer Siehe Seite Standards Advisory Council Securities and Exchange Commission Statement of Financial Accounting Standards Standing Interpretations Committee siehe oben siehe unten sogenannte(r) Stellungnahme Steuerbilanz Steuern und Bilanzen (Zeitschrift) tausend Euro Textziffer unter anderem, unter anderen Unternehmensbewertung & Management (Zeitschrift) United States - Generally Accepted Accounting Principles und so weiter unter Umstanden Versicherungsaufsichtsgesetz Vergleiche Wohnungswirtschaftlicher Fachausschufi des IdW Wirtschaftspriifer Die Wirtschaftspriifling Wirtschaftspriifer-Handbuch Wertpapierhandelsgesetz zum Beispiel Zeitschrift fur betriebswirtschaftliche Forschung Zeitschrift fur Betriebswirtschaft zum Teil
TEILA:
ALLGEMEINE GRUNDLAGEN DES JAHRESABSCHLUSSES
I. Begriff und Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens Lernziele: Der Leser soil den Inhalt des Begriffes Rechnungswesen und dessen Komponenten abgrenzen lernen einen Uberblick iiber die Adressaten des Rechnungswesens und deren Informationsinteressen erhalten sich mit den Aufgaben des Rechnungswesens als Gesamtheit sowie den spezifischen Aufgaben des Jahresabschlusses vertraut machen den Zusammenhang zwischen den Zielen der verschiedenen Interessengruppen und den dem Jahresabschluss allgemein zugewiesenen Aufgaben erkennen unterschiedliche Erfolgskomponenten und ihre Deflnitionen kennenlernen bestimmte Erfolgskomponenten den beiden Teilen des Rechnungswesens und anderen Bereichen der Betriebswirtschaftslehre zuordnen konnen.
1. Begriff und Einteilung des betrieblichen Rechnungswesens a) Begriff des betrieblichen Rechnungswesens Da der Jahresabschluss ein Teilgebiet des Rechnungswesens darsteUt, soil zxmachst kurz auf das Rechnungswesen allgemein eingegangen werden, auf die Definition, die Bestandteile und die Aufgaben des Rechnungswesens. Definition: Betriebliches Rechnungswesen = rechnerische Abbildung des betrieblichen Produktions- und Umsatzprozesses nach Mengen und Werten. Abgebildet werden also alle Einkaufe von Produktionsfaktoren und Verkaufe von Produkten, alle Kreditvorgange und Steuerzahlungen sowie der Transformationsprozess von Produktionsfaktoren in Produkte irmerhalb des Untemehmens. Dabei werden sowohl periodenbezogene StromgroBen (z.B. Umsatzerlose) als auch zeitpunktbezogene BestandsgroBen (z.B. Rohstoffbestande) erfasst.
b) Einteilung des betrieblichen Rechnungswesens Ublicherweise wird das betriebliche Rechnungswesen in zwei Bereiche aufgeteilt, die Finanzbuchhaltung (einschlieBlich des Jahresabschlusses) und die Kosten- und Leistungsrechnung. Sie unterscheiden sich durch folgende Merkmale:
Begriff und Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens
zesses, also auch der ~ustauschbezieh&~en~rodukti&~rozesses("innerer Wertekreiszur Umwelt des Betriebes ("iiderer Werte- lauf') kreislauf ') Abbildung von Geldstromen (pagatorisch) Abbildung von (bewerteten) Giiterstriimen Zeitraumrechnung Zeitraumrechnung und Stiickrechnung Erfassung von Aufwendungen und Ertriigen Erfassung von Kosten und Leistungen sowie von Ausgaben und Einnahmen Erfassung sowohl betriebsbedingter als auch Erfassung nur der betriebszielbezogenen betriebsfiemder Werteverbriiuche und Wert- Werteverzehre und Wertzuwachse im ublizuwiichse in der tatsbhlich entstandenen chen, normalen Umfang (2.B. kalkulatoriHohe (z.B. auch Lotteriegewinne, Katastro- sche Wagnisse, Verteilung von Urlaubslohphensch&den) sowie von fieditvorg&ngen ( nen auf aile Monate des ~ a h e s ) eesetzliche Vemflichtunsz zur Erstellune und I fieiwilliee Erstellune und fieie Gestaltun Htarke ~e~lemekierung lduch ~ a n d e l gund bei alleikger ~usric';tun~ auf die vom U; Steuerrecht (z.B. nominelle Kapitalerhaltung temehmen zugewiesenen Aufgaben (z.B. durch Berticksichtigung von historischen Substanzerhaltung durch Beriicksichtigung Anschaffungskosten) von Wiederbeschaffungskosten) Beide Teile des betrieblichen Rechnungswesens sind miteinander verflochten, es erfolgt ein Datenaustausch, um Daten-Doppelerfassungen zu vermeiden. So liefert die Finanzbuchhaltung beispielsweise die Lohn- und Gehaltsdaten an die Kosten- und Leistungsrechnung, die andererseits die ermitteltenVorratsbestandswerte zumindest als Ausgangswerte auch an die Finanzbuchhaltung weitergibt.
2. Grundbegriffe des betrieblichen Rechnungswesens In diesem Abschnitt sollen nur die wichtigsten Grundbegriffe des Rechnungswesens knapp angesprochen werden und diese auch nur soweit, wie es notig ist, urn Missverstandnisse aufgrund von Begriffsunklarheiten zu vermeiden. Wichtig ist dabei auch die Zuordnung der Begriffe in das passende Teilgebiet des Rechnungswesens bzw, der Betriebswirtschaftslehre.
- Auszahlungen ( Investitionsrechnung Einnahmeniiberschuss I langfristige - - Finanzplanung= Einnahmen - Ausgaben Jahresuberschuss (pagatorischer Gewinn) Finanzbuchhaltung, Jahresabschluss = Ertriige - Aufwendungen Betriebsergebnis Kosten- und Leistungsrechnung = Leistungen (Erlose) - Kosten = Einzahlungen
Die Definitionen der einzelnen Erfolgskomponenten sind in folgenden beiden nersichten zusammengefasst:
Begriff und Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens
Der Unterschied zwischen Kosten und Aufwendungen bzw. zwischen Erlosen (bewertete Betriebsleistungen) und Ertragen beleuchtet gleichzeitig auch wesentliche Unterschiede zwischen der Kosten- und Leistungsrechnung und der Finanzbuchhaltung. Die folgende ijbersicht b e s c h r w t sich auf die negativen Erfolgskomponenten, f i r den Bereich der Einzahlungen etc. gelten die oberlegungen entsprechend.
laufende Lohne und GeMter
( b m . Grundkosten m a r Aufwand. aber keine Kosten. I neutraler Aufwand Kursverluste bei von einem IndustrieunIda nicht zwe'cks Erstellunn " deil eigentlichen Betriebsleistung m a r Kosten, aber kein Aufwand,l Zusatzkosten (kalkulatorische da nicht mit Ausgaben verbunden Kosten) m a r sowohl Aufwand als auch Anderskosten Kosten, aber in unterschiedlicher (kalkulatorische Kosten) Hohe aufgrund unterschiedlicher Bewertung b m . Behandlung in Kostenrechnung und Finanzbuchhaltung
1
wand, da kein Werteverzehr erfolgt m a r Aufwand, aber keine Ausgabe
ternehmen gehaltenen Wertpapieren kalkulatorische Eigenkapitalzinsen, kalkulatorischer ~ntern&mehohn
I
kalkulatorische Abschreibungen auf Basis von Wiederbeschaffimgskosten iibersteigen die bilanziellen Abschreibungen auf Basis der Anschaffungskosten; lphlatorische Wagnisse werden unabhwgig vom tatsachlichen Werteverzehr (Brand, Diebstahl, Forderungsausfall) laufend beriicksichtigt Lohne: Einkauf von Rohstoffen. die sofort & Betrieb verbraucht werdeh Einkauf von Rohstoffen, die gelagerl werden; Miete im voraus gezahlt; Kaui einer Maschine, die noch nicht genutzl wird Verbrauch der in der Vorperiode eingekauften Rohstoffe; Nutzung gemietete~ Riiume im Falle der Vorausmiete; Einsatz einer in der Vorperiode erworbenen Maschine im Produktionsprozess
I_
4
Begriff und Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens
Frase: Warum wird in der Finanzbuchhaltung und im Jahresabschluss mit den Begriffen Ertrage und Aufwendungen gearbeitet? Antwort: Zwecks Objektivierung und Verhinderung von Manipulationen ist es weder handels- noch steuerrechtlich zulassig, mit Kosten und Erlosen zu arbeiten, da diese nicht an die tatsachlich erfolgten Einnahmen und Ausgaben gebunden sind. Bei den Ein- und Auszahlungen wird andererseits der giiterwirtschafitliche Aspekt aus den Augen verloren. Somit kamen Einnahmen und Ausgaben in Frage. Die Addition aller Einnahmentiberschtisse fiihrt in der Tat zu einem sirmvollen Wert, dem Totalgewinn des Unternehmens. Eine GewinngroBe am "Lebensende" des Betriebes reicht fur eine erfolgreiche Untemehmenssteuerung jedoch niclit aus, dazu muss eine GewinngroBe so oft wie wirtschaftlich vertretbar walrrend der Existenzdauer des Betriebes ermittelt werden. Diese Ermittlung eines Periodengewinnes erfolgt daher mindestens einmal pro Jahr ("Jahresiiberschuss"). Dabei ergibt sich jedoch die Schwierigkeit, die einzelnen Zahlungen den einzelnen Perioden zuzuordnen. Ist z.B. eine am 30.12.01 fur das Jahr 02 vorausgezahlte Miete dem Jahr 01 oder dem Jahr 02 zuzuordnen? Natiirlich dem Jahr 02, denn die Zahlung bezieht sich wirtschaftlich auf den Zeitraum 02. Genauso verhalt es sich mit im voraus erhaltenen Mietzahlungen (sog. zeitliche Abgrenzung). Was geschieht aber mit einer Ausgabe in Hohe von 25.000,- EUR am 30.12.01 ftir die Anschafflmg einer Maschine, die ab dem 1.1.02 schatzungsweise 5 Jahre lang genutzt werden wird? Eine Zuordnung zum Jahr 01 wird wahrscheinlich zu einem Verlust in diesem Jahr filhren, der aber keine Aussagekraft hat, well die Ausgabe von 25.000,- EUR sich wirtschaftlich auf den Gesamtzeitraum der Jahre 02 bis 06 bezieht. Betriebliche Entscheidungen auf der Gnmdlage dieses Verlustergebnisses gingen vollig fehl. Die Ausgabe wird in Kauf genommen, um durch den Verkauf der auf der Maschine produzierten Erzeugnisse Einnahmen zu erzielen. Somit erhalt man dann einen aussagefahigen Jahresiiberschuss, weim die Ausgaben anteilig entsprechend dem Erzeugnisverkauf, also nach MaBgabe der in der jeweiligen Periode erzielten Einnahmen, den einzelnen Perioden zugeordnet werden. Als Ergebnis der Periodenzuordnung nach der geschilderten sog. sachlichen Abgrenzung gelangt man zu den Aufwendungen ("periodisierte Ausgaben"). Die periodische Zuordnung der Eiimahmen und damit das Entstehen von Ertragen regelt das sog. Realisationsprinzip (vgl. Kapitel A.IV.2.b).
Merke: Die Finanzbuchhaltung und der Jahresabschluss enthalten Ertrage und Aufwendungen, well eine Bindung an Eiimahmen und Ausgaben zwecks Objektivierung gesetzlich vorgeschrieben ist und nur eine zeitliche und sachliche Zuordnung der Eirmahmen und Ausgaben zu einer Periode zu aussagefahigen Periodenerfolgen fiihrt.
Begriff und Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens
Adressaten des Rechnungswesens und deren Informationsinteressen
a) Geschaftsleitung Die Geschaftsleitung, ob (Mit-)Eigentiimer oder nicht, erwartet vom Rechnungswesen einen zahlenmMigen Uberblick uber die komplexen Zusammenhiinge im Unternehmen sowie die Austauschprozesse mit der Umwelt des Unternehmens (Lieferanten, Kunden, Banken). Diese Zahlen sollen zugleich die Grundlage betrieblicher Entscheidungen sein, mit denen das Unternehmen so gesteuert werden soll, dass es die gesetzten Ziele erreicht. Auf Basis der Informationen des Rechnungswesens mochte die Geschaftsleitung daher auch den Grad der Zielerreichung des Unternehmens feststellen konnen. Die Realisierung des Ziels Erhohung der Wirtschaftlichkeit lasst sich nur mit groljen Einschrankungen mit Hilfe des Jahresabschlusses uberpriifen, h i e r a ist die Kosten- und Leistungsrechnung besser geeignet (niiheres vgl. Kapitel A.I.4). Dennoch werden vor allem kleinere Unternehmen, die uber keine ausgebaute Kosten- und Leistungsrechnung verfiigen, auch den Jahresabschluss zu diesem Zwecke nutzen. Gleiches gilt auch Air die Beschaffung von Informationen uber die Notwendigkeit, die Art und den Umfang betrieblicher Steuerungsmdnahmen. Ein besonderes Ziel, das nur vom Jahresabschluss erftillt werden kann, ist die "positive Selbstdarstellung nach aul3en". Diese erfolgt bei den publizitiitspflichtigen Rechtsformen gegenuber den Anteilseignern, den Glaubigern, den Arbeitnehmem und der interessierten ~ffentlichkeit,bei den iibrigen Rechtsformen insbesondere gegenuber den Banken, die zwecks Kreditwiirdigkeitspriifung die Vorlage des Jahresabschlusses verlangen. In diesem Falle wird also das primiire Ziel sein, so zu wirtschaften und im Falle von Wahlmoglichkeiten bilanzpolitisch so zu agieren, dass die von den Banken als Norm vorgegebenen Bilanzrelationen, z.B. Eigenkapitalquote (= bilanzielles Eigenkapital : Bilanzsumme), Verschuldungsgrad (= Fremdkapital : Eigenkapital), Anlagenintensitat (Anlagevermogen : Gesamtvermogen), Anlagendeckungsgrad (z.B. Eigenkapital: Anlagevermogen), Rentabilitaten (vgl. Kapitel A.I.4.) etc. auch tatsachlich eingehalten werden, urn auch weiterhin kreditwiirdig zu bleiben. Mit Blick auf die Anteilseigner sollte die Vermogens-, Finanz- und Ertragslage so positiv erscheinen, dass diese weiterhin Vertrauen in die Geschaftsleitung haben, jedoch keine allzu grol3en Begehrlichkeiten auf Ausschuttungen geweckt werden, denn die durch Ausschuttungen entzogenen Finanzmittel miissen uber eine Kreditaufnahme unter Urnstanden teuer wieder ersetzt werden. Einer solchen bilanzpolitischen Gestaltung des Jahresabschlusses werden durch die bestehenden Rechnungslegungsvorschriften Grenzen gesetzt. In jiingster Zeit ist der ,,shareholder value" als Unternehmensziel stark in den Vordergrund geriickt. Teil der Konzeption ist, dass nicht nur von der Geschaftsleitung alles getan wird, um den Untemehmenswert und damit auch den Wert der Anteile s t i d i g zu erhohen, sondern dass dies auch an die ~ffentlichkeitdringt mit der Folge eines tatsachlichen Anstiegs der Aktienkurse. Hierzu und zur Pflege der guten Beziehungen zu den Eigenkapitalgebern (,,investor relations") eignen sich neben Pressekonferenzen u.a. besonders Darstellungen im Lagebericht, im Anhang und im allgemeinen Teil des Geschaftsberichts.
Begriff und Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens
b) Anteilseigner Die Anteilseigner verlangen - insbesondere im Rahmen des „Shareholder Value"-Konzepts - Rechenschafl: ilber den wirtschaftlichen Erfolg, der mit dem von ihnen tiberlassenen Eigenkapital erzielt wurde, und iiber die mogliche Hohe der Ausschilttung. Die Einsichtnahme des Jahresabschlusses schiltzt sie vor eventuellen Falschinformationen der Geschaftsleitung und lasst tendenziell erkennen, ob der ausschtittbare Bilanzgewinn der Ertragslage angemessen oder von der Geschaftsleitung mit alien zulassigen Mitteln gedrtickt worden ist. Diese tJberlegungen werden vor allem Kleinaktionare und GmbH-Gesellschafter mit geringem Geschaftsanteil anstellen, denn sie sind i.d.R. allein an einer moglichst hohen Ausschilttung (Dividende) interessiert. Gesellschafter mit groBerem Anteil und Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft werden demgegeniiber immer auch das langfristige Wohl und Uberleben des Untemehmens im Auge haben, also auch das Bilden stiller Reserven (Vermogensunterbewertungen) zu Lasten des Jahresuberschusses und die Einbehaltung (Thesaurierung) von Teilen des Jahresuberschusses zwecks Untemehmenswertsteigerung akzeptieren. Von den Anteilseignem sind nur die Kleinaktionare und die Klein-GmbH-Gesellschafter darauf angewiesen, dass das Unternehmen der Publizierungspflicht des Jahresabschlusses unterliegt. Alle anderen Gesellschafter haben entweder eine gesetzliche Legitimierung zur Einsichtnahme (vollhaftende Gesellschafter gemaB § 245 HGB, Kommanditisten gemaB § 166 HGB, die Aufsichtsratsmitglieder einer AG gemaB § 170 AktG) oder soviel Macht und Einfluss im Unternehmen, dass sie die gewiinschten Informationen auch ohne allgemeine Veroffentlichungspflicht erhalten.
c) Glaubiger Die Glaubiger sind daran interessiert, nachprufbare Informationen dariiber zu erhalten, ob die von ihnen an das Unternehmen gewahrten Kredite noch sicher sind, d.h. ob das Unternehmen weiterhin seine laufenden Zins- und Tilgungsverpflichtungen erfilllen konnen wird. Sollten aufgrund der Analyse des Jahresabschlusses gewichtige Zweifel daran aufkommen, so wird der Glaubiger, falls rechtlich moglich, seine Kredite zur Rtlckzahlung fallig stellen oder zusatzliche Sicherheiten verlangen. Ein potentieller Glaubiger, dem ein Kreditgesuch des Unternehmens vorliegt, wird bei seiner Kreditwiirdigkeitspriifung entsprechende Uberlegungen anstellen und bei Zweifeln an der Riickzahlungsfahigkeit den Kredit nicht gewahren. Auf die Veroffentlichungspflicht des Jahresabschlusses sind nur die Klein-Glaubiger angewiesen, d.h. vor allem die Lieferanten und die Inhaber von Industrieschuldverschreibungen. Die Banken verlangen dagegen bei Kreditantragen von Unternehmen in der Regel die Einreichung des Jahresabschlusses, um die Bonitat prufen zu konnen, auch wenn keine Publizitatspflicht besteht. Zusatzlich erhalten die Kreditinstitute auch Informationen iiber die wirtschaftliche Lage von Kapitalgesellschaften, wenn ihre Vertreter Mitglied im Aufsichtsrat dieser Unternehmen sind.
d) Arbeitnehmer Die Arbeitnehmer haben verstandlicherweise ein starkes Interesse am wirtschaftlichen Wohlergehen ihres Unternehmens, da ihre wirtschaftliche Lage eng an die des Untemehmens gekoppelt ist. Misserfolge des Untemehmens reduzieren nicht nur die Erfolgsbeteili-
Begriff und Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens
7
gimg der Arbeitnehmer, aufgrund von Kapazitatseinschrankungen oder gar einer Insolvenz sind ihre Arbeitsplatze in Gefahr. Dennoch sind die Arbeitnehmer darauf angewiesen, dass fur das Unternehmen eine Publizitatspflicht besteht. Sie haben keine vorrangige Moglichkeit der Einsichtnahme, sofem sie nicht im Aufsichtsrat eines mitbestimmten Untemehmens sitzen. Weder der Betriebsrat noch der WirtschaftsausschuB hat das Recht, den Jahresabschluss einzusehen.
e) Offentlichkeit Auch die Offentlichkeit, sofern sie nicht den bereits genannten Gruppen zuzuordnen ist, interessiert sich zum Teil fUr die wirtschaftliche Lage des Unternehmens. Zur interessierten OffentHclikeit zahlen Konkurrenten, Pohtiker, Gewerkschaften, Medien etc. Insbesondere darin, wenn es sich um sehr groBe Unternehmen handelt, die eine starke Machtstellung auf den Markten innehaben und die eine groBe Zahl von Arbeitsplatzen bereitstellen, oder bei Nahrungsmittelbetrieben, bei Versorgungsbetrieben (Wasser, Energie), bei die Umwelt gefalirdenden Betrieben etc. richtet sich das offentliche Interesse (auch) auf die wirtschaftliche Lage dieser Unternehmen. Die Veroffentlichungspflicht des Jahresabschlusses (vgl. dazu Kapitel A.IIL2.b) bei Kapitalgesellschaften und besonders groBen Personenhandelsgesellschaften kommt diesen Wtinschen entgegen.
f) Fiskus Der Staat als Steuerglaubiger hat ein sehr intensives Interesse daran, in den Jahresabschluss Einsicht nehmen zu konnen, derm er mochte die von den Unternehmen erklarten Besteuerungsgrundlagen (Gewinn, Vermogen, Schulden, Grundstilcke) nachpriifen konnen. Auf gesetzlichem Wage kann er diese Einsichtnalime leicht erzwingen (vgl. § 60 EStDV). Einzelheiten werden im Kapitel A.III. 1 .c) behandelt.
4. Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens 1. Dokumentation (Aufzeichnung, Beweissicherung) 2. Erfolgsermittlung pro Periode oder Mengeneinheit 3. Vermogens- und Kapitalermittlung (zeitpunktbezogen; Bestandsbewertung) 4. Kontrolle a) der Wirtschaftlichkeit b) der Rentabilitat 5. Entscheidungsgrundlage fur: a) Preisfestsetzung (Stuckkosten, Selbstkosten) b) Programmpolitik c) Eigenfertigung/Fremdbezug d) Leasing/Kauf e) Investitionsrechnung: Kostenvergleich
ad (1) Dokumentationsfunktion: Um den Uberblick iiber die komplexen Leistungserstellungs- und Lagerungs-Prozesse irmerhalb des Unternehmens und die Austauschprozesse des Unternehmens mit seiner Umwelt (Beschaffung, Absatz, Finanzierung) zu behalten und spater nachvollziehen zu konnen, sind moglichst alle Vorgange und Bestande aufzu-
Begriff und Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens
zeichnen. Diese Aufzeichnungen konnen als Nachweis gegenuber dem Finanzamt, Kunden, Lieferanten und Gesellschaftern dienen, gegebenenfalls auch als Beweis bei Gerichtsverfahren. ad (2) Erfolmermittlun~:Das Rechnungswesen sol1 anzeigen, ob in einem Geschisjahr gut oder schlecht gewirtschaftet wurde, welche Rentabiliat erzielt worden ist, ob die ubrigen gesteckten ZielgroBen erreicht worden sind. Dazu muss jedoch zuerst als Voraussetzung der Periodenerfolg in seiner absoluten GroBe ermittelt werden. Weiterhin ist es aufschlussreich, die Kosten und das Ergebnis pro Mengeneinheit der abgesetzten Leistungen (Stuckkosten, Stuckerfolg) zu erhalten. ad (3) Vermlipens- und Ka~italermittlunp: Auch den stichtagsbezogenen Wert des Vermogens (Mittelverwendung; Investition) der Unternehrnung und des Kapitals (Eigen- und Fremdkapital; Mittelherkunft; Finanzierung) hat das Rechnungswesen regelmaig zu ermitteln und bereitzustellen. Das Vermogen ist dabei nach Arten wie beispielsweise Grundstucke, Maschinen, Rohstoffvorrate, Erzeugnisvorrate, Bank etc. aufzugliedern. Durch Vergleich zweier aufeinanderfolgender BestandsgrijBen lassen sich die entsprechenden Verhderungen (StromgroBen) leicht berechnen. ad (4a) Kontrolle der Wirtschaftlichkeit: Eine wesentliche Aufgabe des Rechnungswesens ist es, Zahlenmaterial fiir die Ubenvachung und Steuerung der Wirtschaftlichkeit zu liefern. Definition:
Wirtschaftlichkeit = Grad (AusmaB) des Handelns nach dem sog. okonomischen Prinzip. Urn die Wirtschaftlichkeit messen zu konnen, wird eine quantifizierbare (operationale) Definition benotigt. Folgende Moglichkeiten bieten sich an:
Eine Kontrolle der Wirtschaftlichkeit lasst sich prinzipiell auf drei Arten durchfiihren: Zeitvergleich der Wirtschaftlichkeitskennziffer, Betriebsvergleich der Wirtschaftlichkeitskennziffer, Soll-1st-Vergleich der Wirtschaftlichkeitskennziffer. ad (4b) Kontrolle der Rentabilitat: Vor allem aus Sicht der Kapitalgeber hat das Rechnungswesen auch Zahlen uber die Kapitalrentabilitat des Unternehmens zu liefern. Definition:
Rentabilitat = Ergiebigkeit des im Unternehmen eingesetzten Kapitals oder des betrieblichen Umsatzes.
Begriff und Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens
9
Man unterscheidet zwei Arten von Rentabilitat, die Umsatzrentabilitat und die Kapitalrentabilitat. Erstere soli zeigen, in welciiem Verhaltnis das Umsatzvolumen in Gewinn umgemiinzt wird, letztere gibt an, wie ertragreich das Kapital im Untemehmen investiert ist. Umsatzrentabilitat = Erfolg : Jahresumsatz Kapitalrentabilitat = Erfolg : eingesetztes Kapital Je nachdem, ob die Ergiebigkeit des eingesetzten Eigen- oder des eingesetzten Gesamtkapitals ermittelt werden soli, unterscheidet man die beiden folgenden Varianten der Kapitalrentabilitat: Eigenkapitalrentabilitdt
=
Gesamtkapitalrentabilitdt =
Gewinn : eingesetztes Eigenkapital Gewinn + Fremdkapitalzinsen Eigenkapital + Fremdkapital
Dabei ist jeweils der "pagatorische" Gewinn, der an Zahlungsvorgangen anknupft und in der Finanzbuchhaltung ermittelt wird, gemeint. Da in der Finanzbuchhaltimg die Fremdkapitalzinsen gewinnmindernd als Aufwand gebucht werden, muss der iibrigbleibende Gewiim wieder um die Fremdkapitalzinsen erhoht werden, um den gesamten Ertrag zu erhalten, der durch den Einsatz von Eigen- und Fremdkapital erzielt wird ("Kapitalgewinn"). Der Abzug der Fremdkapitalzinsen als Aufwand wird also rtickgangig gemacht. Die beiden Definitionen legen den Schluss nahe, dass der Periodengewinn durch den Eigenkapitaleinsatz erzielt wird und die Fremdkapitalzinsen durch den Fremdkapitaleinsatz erwirtschaftet werden. Er ist jedoch im allgemeinen falsch, besteht doch gerade der Anreiz zur Kreditaufhahme darin, durch den Kapitaleinsatz im Untemehmen eine hohere Verzinsung zu erwirtschafiten als an den Glaubiger abgegeben werden muss und auf diese Weise die Eigenkapitalrentabilitat zu erhohen (sog. Leverage-Effekt). Abgesehen von der grundsatzlichen Schwierigkeit, einen aussagefahigen Periodenerfolg zu ermitteln, enthalten diese Kennzahlen grundsatzlich das Problem, dass eine StromgroBe ("Erfolg") zu einer BestandsgroBe ("Kapital") in Beziehung gesetzt wird. Ist der Periodenerfolg durch die Hohe des Kapitals am 31.12. des Jahres erwirtschaftet worden? Wohl kaum, da im Extremfall erst am 31.12. ein GroBkredit aufgenommen worden sein kann, der sicher noch nichts zur Erfolgserzielung beigetragen hat. Eine praktikable Losung ist es, den Erfolg auf das durchschnittlich in der Periode eingesetzte Kapital zu beziehen, also auf (Kapital am 1.1. des Jahres + Kapital am 31.12. des Jahres): 2. ad (5) Entscheidungssrundlase: Eine wesentliche Aufgabe des Rechnimgswesens ist es, zahlenmaBige Informationen als Grundlage fiir anstehende Entscheidungen zu liefem. Dabei handelt es sich in der Regel um PlangroBen, denen dann nach Realisierung der Entscheidung die entsprechenden IstgroBen gegentibergestellt werden. Durch den Soll-IstVergleich und eine sich anschlieBende Abweichungsanalyse lasst sich im Nachhinein feststellen, ob die getroffene Entscheidung richtig war oder ob sie gegebenenfalls zu revidieren ist. Inhaltlich wird es sich meist um Stiickkosten, variable Stiickkosten, Stiickerlose, Grenzkosten oder Deckungsbeitrage, eventuell auch um den Gesamtgewinn handeln. Beispielsweise ist es bei Preisentscheidungen wichtig zu wissen, wie weit der Preis des Artikels im Extremfall kurzfristig gesenkt werden kann. Dabei stellen die variablen Stiickkosten als kurzfristige Preisuntergrenze die gesuchte Information dar.
Begriff und Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens
10
5. Aufgaben des Jahresabschlusses Nach der Behandlung der Aufgaben des gesamten Rechnungswesens soil nun herausgefunden werden, fur welche der genannten Aufgaben (Zwecke) der Jahresabschluss (einschlieBlich Finanzbuchhaltung) besonders geeignet ist und flir welche Zwecke die Kostenund Leistungsrechnung besser eingesetzt werden kann. Aufgaben des Jahresabschlusses
Dokumentation
Rechenschaftslegung
-Aufzeichnung -Aufbewahrung
- Selbst-ZDrittinformation -Glaubigerschutz -Anteilseignerschutz
Ertragslage Vermogenslage Finanzlage
Ermittlung des ausschiittbaren Periodengewinns (Kapitalerhaltung)
Gewinnverwendung
Gewinnverteilung an Anteilseigner
Rijcklagen- Ertragsbesteuerung bildung
a) Dokumentation Nicht nur im Eigeninteresse der Geschaftsleitung werden alle Geschaftsvorfalle sowie die Vermogens- und Kapitalbestande aufgezeichnet. Die Nachweisfunktion (Beweisfiinktion) von Buchfuhrung und Jahresabschluss gilt insbesondere gegeniiber den Gesellschaftem und Glaubigern, dem Staat als Steuerglaubiger und den Gerichten in Rechtsstreitigkeiten. Aufgrund der starken gesetzlichen Reglementierung von Finanzbuchhaltung und Jahresabschluss eignet sich dieser Tell des Rechnungswesens besonders gut flir Dokumentationszwecke. Daher ist diese Aufgabe in der Form einer Aufstellungs- und Aufbewahrungspflicht sogar gesetzlich verankert ("kodifiziert") worden (vgl. Kapitel A.III.2.a).
b) Rechenschaftslegung Die Aufgaben Erfolgs-, Vermogens- und Kapitalermittlung werden tiblicherweise mit dem Bsgriff Rechenschaftslegung zusammengefasst. Dieser Begriff umfasst die beiden Aspekte Information und Rechtfertigung. Es soil Rechenschafit abgelegt werden tiber die Geschaftstatigkeit, die Verwendung des anvertrauten Kapitals und den wirtschaftlichen Erfolg in der abgelaufenen Periode. Ist es der Geschaftsleitung gelungen, das iiberlassene Kapital im Interesse der Anteilseigner und Glaubiger zu erhalten und zur Ertragserzielung einzu-
Begriff und Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens
11
setzen und, wenn ja, in welchem MaBe? Uber welche Vermogenswerte, Eigenkapital und Schulden verfiigt das Untemehmen am Jahresende? Diese und weitere Fragen sollen mit Hilfe des Rechnungswesens den daran interessierten Personengruppen beantwortet werden konnen. Die Rechenschaftslegung gegeniiber der Geschaftsleitung selbst und gegentlber den externen Interessentengruppen ist erklartermaBen der Hauptzweck von Buchfiihrung und Jahresabschluss. Fur die Kosten- und Leistungsrechnung besteht weder eine Aufstellungspflicht noch gibt es gesetzliche Vorschriften zu deren Gestaltung im einzelnen, so dass in jedem Unternehmen betriebsindividuell eine Kostenreclinung aufgebaut und rein interne Zwecke (Wirtschafitlichkeitskontrolle, Dispositionsgrundlage etc.) damit verfolgt werden konnen. Das externe Rechnungswesen soil jedoch Informationen liefern, die flir sachverstandige Dritte nachvoUziehbar sowie im Zeitablauf und mit anderen Unternehmen vergleichbar sind. Die gesetzlichen Vorschriften sollen dies sicherstellen. Da die Interessen der Adressatengruppen (vgl. Kapitel A.1.3.) teilweise gegenlaufig sind, hat der Gesetzgeber dem bilanzierenden Untemehmen einige Gestaltungsspielraume beim Jahresabschluss belassen, wodurch die Geschaftsleitung in die Lage versetzt wird, eigenstandig bestimmte bilanzpolitische Ziele zu verfolgen. Dadurch entsteht jedoch die Gefahr, dass die Informationen des Jahresabschlusses an Aussagekraft einbilBen. Die Aufgabe der Rechenschaftslegung ist im HGB verankert, und zwar heiBt es in § 238 Abs.l HGB', dass die Handelsgeschafte (Entstehung und Abwicklung) und die Lage des Vermogens ersichtlich zu machen sind. § 264 Abs. 2 HGB, der nur flir Kapitalgesellschaften verpflichtend ist, nennt zwar ebensowenig wie § 238 Abs. 1 HGB die Informationsempfanger, formuliert aber die Informationsaufgabe etwas konkreter: "Der Jahresabschluss der Kapitalgesellschaft hat unter Beachtung der Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfiihrung ein den tatsachlichen Verhaltnissen entsprechendes Bild der Vermogens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft zu vermitteln" (§ 264 Abs. 2 HGB). Diese Vorschrift wird "Generalnorm" oder "Generalklausel" genarmt, da sie das hochste allgemeine Ziel des Jahresabschlusses enthalt, an dem sich alle anderen, spezielleren Vorschriften auszurichten haben. Sie ist als lex generalis immer darm (subsidiar) zu beachten, wenn keine speziellere Vorschrift existiert oder Auslegungszweifel bestehen. Verglichen mit § 149 Abs.l Satz 2 AktG 1965, der die Formulierung "moglichst sicherer Einblick in die Verm5gens- und Ertragslage im Rahmen der Bewertungsvorschriften" enthielt, ist die Generalnorm des neuen Bilanzrechts, das seit 1986 giiltig ist, anspruchsvoUer. Sie ist im Zuge der Harmonisierungsbestrebungen des europaischen Bilanzrechts an den damals schon in den angelsachsischen Landern giiltigen Grundsatz des "true and fair view" angelehnt worden, der die Darstellung der "tatsachlichen Verbaltnisse" vor allem hinsichtlich der Vermogenswerte fordert. Die konsequente Anwendung dieses Grundsatzes hatte ftir das deutsche Bilanzrecht eine Revolution bedeutet, namlich die Bewertung der Vermogensgegenstande mit aktuellen, infolge der Geldentwertung oder der Nachfragesituation in der Regel gestiegenen Marktwerten und nicht wie tiblich mit den (niedrigeren) ursprtinglichen Anschaffungskosten, gegebenenfalls um Abschreibungen vermindert. Die Aufdeckungspflicht moglicher Vermogensunterbewertungen (sog. "stiller Reserven", vgl. Kapitel B.IlI.l.a) hatte zu einem von seiten der Unternehmen unerwtinschten hoheren Gewinnausweis gefuhrt.
' Vgt auBerdem z.B. §§ 242 Abs.l, 243 Abs. 2, 246 Abs. 1 HGB.
Begriff und Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens
Eine "kleine" Schwerpunktverschiebung bei der Auslegung der Generalnorm fiihrte dazu, dass in Deutschland trotz der hehren Ziele der Bilanzrechtsreform von 1986 keine Anderung in den wesentlichen Bilanzierungsgepflogenheiteneintrat, dass also vor allem weiterhin Unterbewertungen von Vermogensgegenstanden - wenn auch in durch einzelne Vorschriften eingeschrlinkter Weise - erfolgen konnen. Diese bei Wissenschaftlern, Kommentatoren und Bilanzfachleuten in der Praxis inzwischen ubliche, d.h. "herrschende", Meinung besagt, dass der Passus "unter Beachtung der Grundsatze ordnungsma8iger Buchfiihrung" in § 264 Abs. 2 HGB bedeutet, dass die "tatsachlichen Verhaltnisse" nur insoweit darzustellen sind, als es den gewohnten Grundsatzen ordnungsma8iger Buchfiihrung und den Vorschriften des HGB entspricht, also - konkret - nur im Rahmen des traditionellen Anschaffungskostenprinzips. (1) Ertragslage
Der envirtschaftete Periodenerfolg sol1 den tatsachlichen Verhaltnissen entsprechend gezeigt und aufgegliedert werden. Wie schon erwahnt ist dies nur im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften notwendig und moglich. Werden beispielsweise durch zulassige Abwertungen Vermogensunterbewertungen vorgenommen, so ist der Erfolg entsprechend gemindert. Die Hohe des ausgewiesenen Erfolges ist also nur unter Beachtung der Erfolgsermittlungsvorschriften und der Kenntnis der vom Unternehmen gewiihlten Bilanzierungs- bzw. Bewertungsalternative im Zeitvergleich und im Betriebs- oder Branchenvergleich richtig zu beurteilen. Die entsprechenden Angaben im Anhang f& den externen Bilanzleser sind nur sehr allgemein gehalten und erlauben in der Regel nur tendenzielle Schlusse auf die Auswirkungen bilanzpolitischer Mal3nahmen (vgl. 284 und 285 Nr. 1-6 HGB). In der Tabelle sind die Definitionen einiger Erfolgsbegriffe zusarnmengefasst: Ertrage - Aufwendungen in einer Periode envirtschafteter Gewinn negativer Jahresuberschuss Jahresiiberschuss/Jahresfehlbetrag Entnahmen aus den Rucklagen Zufiihrung zu den Gewinnriicklagen (Thesaurierung) durch Vorstand u. Aufsichtsrat Gewinnvortrag aus dem Vorjahr Verlustvortrag aus dem Vorjahr Die Rechenschaft erstreckt sich zum einen auf die Feststellung desjenigen Periodengewinns, der prinzipiell ausschiittbar ist, ohne die Leistungsfahigkeit des Unternehmens zu schmalern. Die Gewinnermittlung richtet sich nach den Grundsatzen ordnungsmiil3iger Buchfihung und Bilanzierung sowie nach den Vorschriften des HGB. Bei diesen Gewinnermittlungsvorschriften wird insbesondere der Zweck der Erhaltung des von den Kapitalgebern iiberlassenen Kapitals verfolgt. So ist z.B. der Ausweis und die sich daran anschlieDende Ausschuttung unrealisierter Gewinne verboten. Allerdings wird nur die Erhaltung des nominell investierten Geldkapitals gewiihrleistet. Alles, was dariiber hinaus in einer Periode envirtschaftet wurde, wird als ausschiittbarer Periodengewinn deklariertl. Ausnahmen sind spezielle Ausschiittungssperren (2.B. 8 269 HGB). Zu den Unterschieden zwischen Nominalkapitalerhaltung und Substanzerhaltung vgl. Kapitel B.II.3.a)(e). Zur alternativen Idee des entziehbaren sog. dkonomischen Gewinns vgl. Kapitel A.II.4.
Begriff und Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens
13
Hinsichtlich des Gewinnausweises und der Gewinnverwendung gibt es widerstreitende Interessen insbesondere bei den Gruppen Geschaftsleitung, Gesellschafter und Glaubiger. Die Geschaftsleitung ist einerseits daran interessiert, moglichst den ganzen Gewinn einzubehalten (zu thesaurieren) xmd daher am besten gar keinen Gewinn auszuweisen, um keine Begehrlichkeiten bei den Gesellschaftern zu wecken. Auf diese Weise stiinden ihr Finanzierungsmittel fur Investitionen zur Verfiiigung, ohne Kredite der Banken zu beanspruchen. Andererseits ist ein moglichst hoher Gewinnausweis ein Giitezeichen im Sirme des Shareholder Value-Konzepts und verbessert auch die Kreditwiirdigkeit des Untemehmens. Somit kann es schon innerhalb der Geschaftsfuhrung unterschiedliche Interessen geben. Die Glaubiger sind an einer guten Ertragslage des Untemehmens und der weitgehenden Thesaurierung der Gewinne interessiert, da auf diese Weise das Haftungskapital des Kreditnehmers gestarkt wird. Friiher wurde zudem die Meinung vertreten, dass Glaubigerschutz auch im moglichst geringen Gewinnausweis zu sehen sei, da dies entsprechend hohe Vermogensunterbewertungen ("stille Reserven") bedeute. Dagegen ist einzuwenden, dass die Glaubiger in diesem Falle die Hohe der stillen Reserven, die im Emstfall (Insolvenz des Untemehmens) durch VerauBerung der betreffenden Vermogensgegenstande als haftendes Kapital wieder aufgedeckt werden konnten, gar nicht kennen bzw. Angaben hieriiber nicht iiberprtifen konnen. AuBerdem lassen sich die stillen Reserven jederzeit wieder unbemerkt auflosen und ausschutten bzw. zur Verlustabdeckung verwenden, oder dies geschieht automatisch (vgl. Kapitel B.III.l.a). Die (Klein-) Aktionare sind naturgemaB an einem hohen Gewinnausweis und dessen vollstandiger Ausschiittung interessiert. Diesen widerstreitenden Interessen versucht der Gesetzgeber durch Kompromissregelungen und Wahlmoglichkeiten in einer Gratwanderung gerecht zu werden. Im Sinne des Gldubigerschutzes soil ein Mindest-Haftungskapital bei den Kapitalgesellschaften erhalten bleiben. Um dies zu erreichen, existieren Ausschtittungsbeschrankungen im Bereich der Gewinnverwendung und Bewertungsobergrenzen im Bereich der Gewinnentstehung. AuBerdem gibt es Ausschuttungssperren im Falle, dass Betrage aktiviert werden, deren Werthaltigkeit zweifelhaft ist. Zum Schutz der (kleinen) Anteilseigner ist ihr Ansprach auf Auszahlung ihres Anteils am Jahresiiberschuss in §§ 121 u. 122 HGB (OHG-Gesellschafter), in § 169 Abs. 1 HGB (Kommanditist) und in § 29 Abs. 1 GmbHG (GmbH-Gesellschafter) kodifiziert. Die Aktionare haben Ansprach auf ihren Anteil am Bilanzgewinn (§ 58 Abs. 4 AktG). AuBerdem legen gesetzliche Vorschriften und die Grundsatze ordnungsmaBiger BuchfUhrung und Bilanzierung umfassende Bilanzierungsgebote sowie Bewertungsuntergrenzen fest, so dass der ausgewiesene Gewirm von der Geschaftsleitung nicht unbegrenzt gemindert werden kann. Neben den im Interesse der Geschaftsleitung bilanzpolitisch nutzbaren Bilanzierungs- und Bewertungswahlmoglichkeiten, die das Handelsrecht bietet, gibt das Aktiengesetz in § 58 Abs. 2 AktG Vorstand und Aufsichtsrat die Moglichkeit, maximal 50% (oder einen laut Satzung davon abweichenden - bei borsennotierten Aktiengesellschaften nur hoheren Anteil) des erwirtschafteten Jahresilberschusses ohne Mitwirkung der Hauptversammlung einzubehalten und in die Gewinnriicklagen einzustellen. Andererseits lasst sich die Begrenzung auf maximal 50% auch als Regelung zugunsten der Gesellschafter verstehen (vgl. Kapitel B.VI.2.d).
Begriff und Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens
Glf ubimrschutz
* Aktivierungsverbote Beispiel: selbsterstellte irnmaterielle Anlagegiiter (9 248 Abs. 2 HGB)
* Wertobergrenzen fiir Vermiigensgegenstiinde Beispiel: Zuschreibungen hochstens bis zu den Anschaffungskosten
* Aktivierungsgebote gilt grundsiitzlich fiir alle Vermiigensgegenstbde
* Wertuntergrenzen fiir Vermdgensgegensthde Beispiel: Einzelkosten als Mindest-Herstellungskosten fiir Erzeugnisvorrate
* Beschriinkung der Anl&se zur Ruckstellungsbildung
einer nicht ausschii&&en gesetzlichen Rucklage aus dem JahresUberschuss, bis diese zusammen mit der Kapitalriicklage 10 % des Nennkapitals ausmacht (9 150 AktG)
* Hahngskapital darf grundsatzlich nicht zuriickgezahlt werden, hiichstens der Bilanzgewinn darf ausgeschiittet werden ($8 57 AktG, $930 ff. GmbHG, 9 169 Abs. 1 HGB)
der OHG in Hdhe voi 4 % des Kapitalanteils (9 122 HGB)
* Anspruch des Gesellschafters auf den Gewinnanteil(9 169 Abs. 1 HGB; 9 58 Abs.,4A m , 9 29 GmbHG)
* Beschriinkung der Gewinnthesaurierung durch die Geschiiftsleitung (Vorstand und Aufsichtsrat) bei der AG auf i.d.R. 50% des Jahresiiberschusses (9 58 Abs. 2 AktG)
(2) Vermogenslage Der Jahresabschluss soll zum Bilanzstichtag, also zeitpunktbezogen, ein den tatsachlichen Verhaltnissen entsprechendes Bild der Vermogenslage geben. Dabei geht es um die Aufnahme prinzipiell aller Vermogensgegenst&de und deren an den gesetzlichen Vorschriften und den Grundsatzen ordnungsmd3iger Buchfiihrung gemessen "richtige" Bewertung. Mit der Gegenuberstellung des Vermogens und der Schulden des Untemehmens (vgl. § 242 Abs. 1 HGB) soll Rechenschafl uber das Schuldendeckungspotential des Untemehmens abgelegt werden. Fiir die Schuldentilgungskraft ist aber auch die Ertragslage ein wichtiger Indikator. Der exteme Bilanzleser kann sich mit Hilfe der in der Bilanz dargestellten Vermiigenslage ein Bild von der Hohe des gebundenen Kapitals und ganz grob auch von der Kapitalbindungsdauer (sog. "Selbstliquidationsperiode") machen. Beim Anlagevermogen dauert es aufgrund der langen Nutzungsdauer wesentlich l h g e r als beim Umlaufvermogen, bis das investierte Kapital wieder freigesetzt, d.h. in Geld zuriickvenvandelt ist. Diese Wiedergeldwerdung (Selbstliquidation) erfolgt entweder durch Veraul3erung des Gegenstands oder kontinuierlich parallel zu der planmd3igen Abschreibung. Die anteiligen Abschreibungen werden im Rahmen der Kalkulation bei der Festsetzung der Erzeugnispreise beriicksichtigt. In den Umsatzerlosen fiir die auf den Anlagegiitern hergestellten Erzeugnisse stecken monettire Gegenwerte der anteiligen Abschreibungen, die nach zwischenzeitlich anderem
Begriff und Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens
15
Einsatz im Betrieb zur Ersatzbeschaffung der Anlagegiiter benotigt werden. Die schrittweise Geldfreisetzung ermoglicht es auch, Kredite zu tilgen bzw. die Aufnahme neuer Kredite zu verhindem oder hinauszuzogem. Weiterhin ist es fur die Geschaftsleitung sowie fur tatsachliche und potentielle Glaubiger interessant, die Werte moglicher dinglicher Sicherheiten zu kermeri. Der Anhang entiialt Angaben (iber die Gesamtsumme der bereits gewahrten Sicherheiten. Vor allem Banken werten alle diese Jahresabschlussinformationen bei der Priifung der Kreditwiirdigkeit des Untemehmens aus.
(3) Finanzlage Auch Informationen ilber die Finanzlage sind fur (potenzielle) Glaubiger im Rahmen der Kreditwiirdigkeitspriifung interessant. Daher muss die Geschaftsleitung bei bilanzpolitischen Entscheidungen immer die Wirkung auf die Adressaten, vor allem die Glaubiger, beachten. Die Aussagekraft des Jahresabschlusses im Hinblick auf die Finanzlage ist sehr beschrankt. So lasst sich die Hohe der Verbindlichkeiten am Bilanzstichtag zwar genau ersehen, wie der Stand 4 Wochen vorher oder nachher war bzw. sein wird, lasst sich jedoch nicht ablesen. Genauso ist die ausgewiesene bzw. leicht errechenbare Hohe der Eigenkapitalquote und des Verschuldungsgrades rein zeitpunktbezogen. Um irgendwelche Aussagen tiber die zukiinftige Finanz- und Liquiditatslage treffen zu kormen, ist zwingend die Kenntnis der Restlaufzeiten der Verbindlichkeiten genauso wie auch der Forderungen des Untemehmens erforderlich. Dies ist in der Tat in der Bilanz zumindest grob ablesbar, derm § 268 Abs. 4 und 5 HGB verlangen von Kapitalgesellschaften die Angabe der Forderungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr und der Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von weniger als einem Jahr, also der im Hinblick auf die Finanzlage kritischen Falle. Im Anhang sind zusatzlich noch die Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als 5 Jahren (§ 285 Nr. 1 a HGB) und die sonstigen fmanziellen Verpflichtungen (z.B. laufende Mietzahlungen- und Leasingraten), die die Liquiditatslage stark belasten konnen, aber in der Bilanz nicht auftauchen, anzugeben. Dabei bedeutet Liquiditdt Zahlungsfahigkeit, also die Fahigkeit eines Unternehmens, jederzeit seinen falligen Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu konnen. Der Begriff Finanzlage ist welter zu verstehen und umfasst alle finanzierungsrelevanten Aspekte, wie Eigen- und Fremdkapitalausstattung, Falligkeiten von Verbindlichkeiten und Forderungen, Sicherheiten, feste laufende Verpflichtungen, unausgeschopfte Kreditzusagen etc. Wesentlich bestimmt wird die Finanz- und Liquiditatslage dariiber hinaus von Hohe und Zeitpunkt der zukiinftigen Auszahlungen (z.B. Lohne, Material) und Einzahlungen (z.B. UmsatzerlQse), die am Bilanzstichtag noch nicht als Verbindlichkeiten oder Forderungen bestanden haben. Insgesamt sind die Informationen iiber die Finanzlage, insbesondere iiber die zukiinftige Entwicklung der Zahlungsfahigkeit, die jeden (potentiellen) Glaubiger sehr interessiert, undifferenziert, rein auf den Bilanzstichtag bezogen, unvollstandig und Falligkeiten sind nicht im geringsten zeitpunkt- und betragsgenau prognostizierbar, so dass der Jahresabschluss keinesfalls ausreicht, um ein Bild der Liquiditatsentwicklung zeichnen zu konnen. Banken werden immer auf der Vorlage eines genauen Finanzplanes (falls ein solcher vorhanden ist oder ohne Probleme erstellt werden kann) bestehen, bevor sie einem Kreditantrag des Unternehmens stattgeben.
16
Begriff und Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens
Einen wesentlichen Fortschritt bei der Rechenschaftslegung iiber die Finanzlage stellt die seit 1999 bestehende Verpflichtung von borsennotierten Konzem-Muttergesellschaften dar, im Anhang ihres Konzernabschlusses eine Kapitalflussrechnung zu veroffentlichen (§ 297 Abs. 1 HGB). Damit wird zwar nur die durch internationale Borsenzulassungvorschriften ausgeloste tatsachliche Entwicklimg zur Verpflichtung gemacht, die eigentliche Bedeutung der Vorschrift liegt jedoch in der Priifungspfliciit der Kapitalflussrechnung und damit der Sicherstellung einer einheitlichen und vergleichbaren Gestaltung als zahlungsstromorientierte Rechnungi.
AbschlieBend soil noch gepriift werden, ob die Aufgaben "Kontrolle" und "Dispositionsgrundlage" vom Jahresabschluss erfullt werden konnen. Grundsatzlich ist sowohl eine Wirtschaftlichkeits- als auch eine RentabilitatskontroUe mit Hilfe des Jahresabschlusses moglich. Ein Zeitvergleich ist problemlos durchzufiihren, indem zwei oder mehr Bilanzen bzw. Gewinn- und Verlustrechnungen miteinander verglichen werden. So kann die Umsatzentwicklung, die Entwicklung der Material- und Personalkosten, die Entwicklung der sonstigen betrieblichen Ertrage und Aufwendungen, die Entwicklung des Sachanlagevermogens, des Jahresiiberschusses und der Rentabilitatskennzifl^em leicht verfolgt und analysiert werden. Probleme ergeben sich aus folgenden Unzulanglichkeiten: •
die Veranderung der genannten GroBen beruht auf einer Vielzahl von EinflussgroBen (Konjunkturlage, Konkurrenzsituation, Gesetze) und deren Veranderungen, so dass sich die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit von ManagementmaBnahmen nicht herauskristallisieren lasst.
•
Die Jahresabschlusszahlen beziehen sich auf das gesamte Unternehmen, so dass auch deshalb keine Verantwortungszuweisung fiir Fehlentwicklungen moglich ist. Ublicherweise werden keine spartenbezogenen Bilanzen aufgestellt, die Aufdeckung einer Abteilung oder eines Arbeitsplatzes als "Herd" der Unwirtschaftlichkeiten ist ohne Zusatzinformationen voUig ausgeschlossen.
•
Jahresabschlusse beziehen sich auf einen zu langen Zeitraum und sind viel zu spat fertiggestellt, als dass auf dieser Grundlage bei Fehlentwicklungen noch GegenmaBnahmen eingeleitet werden konnten. So sind die Jahresabschlilsse erst 3 bis 6 Monate nach dem Bilanzstichtag fertiggestellt. Seit in den Unternehmen fast durchgangig EDV zur Jahresabschlusserstellung eingesetzt wird, ist dieses Argument nicht mehr ganz zutreffend. Es besteht dadurch die Moglichkeit, Quartals- und Monatsbilanzen zu erstellen und diese auch als vorlaufigen Abschluss relativ rasch fertigzustellen.
•
Der Jahresabschluss ist zu stark gesetzlich beeinflusst und verzerrt. So ist es z.B. nicht zulassig, bei starkeren Preissteigerungen die Bewertung von Vermogensgegenstanden und von verbrauchten Produktionsfaktoren (z. B. Materialaufwendungen) auf Wiederbeschaffungskosten zu begrilnden. Steuerliche Sonderabschreibungen und Subventionen verzerren zusatzlich die betreffenden Vermogenswerte und Aufwendungen, so dass diese kein Ansatzpunkt fiir betriebswirtschaftliche Uberlegungen sein kormen.
Betriebsvergleiche zwischen Unternehmen, die ihren Jahresabschluss veroffentlichen mtlssen, sind ebenfalls technisch leicht durchzufuhren. Die Aussagekraft ist wegen mangelnder ' Vgl. DRS 2 „Kapitamussrechnung" und Kapitel C.III.
Begriff und Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens
17
Vergleichbarkeit der Unternehmen hinsichtlich Branche, Beschaftigtenzahl, Umsatz, Produktpalette, Produktionstechnik, Anlagenintensitat etc. jedoch stark eingeschrankt. Ein gewisser Anhaltspunkt lasst sich gewinnen, wenn die eigenen Zahlen mit Branchendurchschnittswerten, die von den Verbanden und der Deutschen Bundesbank veroffentlicht werden, verglichen werden. Soll-Ist-Vergleiche sind moglich, wenn Planjahresabschliisse aufgestellt werden und den Planzahlen die Istzahlen gegeniibergestellt werden. Um rechtzeitig GegenmaBnahmen ergreifen zu konnen, sind Monatsabschlusse durclizufuliren. Aber aucii hier bleibt das unveranderliche Problem, dass die Zahlenangaben wegen der gesetzlichen Verzerrung nur ausnaiimsweise betriebwirtschaftlich aussagefahig sind, bestehen. In der Praxis werden solche Planabschliisse daher aucli eher unter dem Blickwinkel der optimalen Wirkung auf den Adressatenkreis, insbesondere auf die Banken, aufgestellt und gestaltet. Alle genannten Hinderungspunkte sind im Falle der Kosten- und Leistungsrechnung entweder gar nicht oder nur in weit geringerem MaBe vorhanden, so dass die Kontrollaufgabe der Kosten- und Leistungsrechnung zuzuordnen ist. Aus den bisherigen Ausfiihrungen zur Kontrollaufgabe folgt weiterhin, dass der Jahresabschluss als Informationsgrundlage fiir betriebswirtschaftliche Entscheidungen insbesondere aufgrund der Verzerrung durch handels- und steuerrechtliche Vorschriften grundsatzlich ungeeignet ist. Die Kosten- und Leistungsrechnung, die frei gestaltbar und an den anvisierten Aufgaben ausrichtbar ist, wird iiberhaupt nur aus diesem Grunde von den Unternehmen eingefiihrt.
6. Aufgaben und Adressaten des Jahresabschlusses nach IFRS Als vorrangige Aufgabe bzw. Zielsetzung der International Financial Reporting Standards (IFRS) wird die Gewinnimg und Weitergabe entscheidungsrelevanter Informationen an Anteilseigner, potentielle Investoren und auch das Management angesehen. Die Anleger sollen auf diese Weise vor Fehlinvestitionen und Vermogensverlusten geschiitzt werden. Zu diesem Zweck sollen „die Vermogens-, Finanz- und Ertragslage sowie die Cash flows eines Untemehmens den tatsachlichen Verhaltnissen entsprechend" dargestellt werden (IAS 1.13). Ebenfalls in IAS 1.13 wird postuliert, dass „die korrekte Anwendung der IFRS, gegebenenfalls erganzt um zusatzliche Angaben, in nahezu alien Fallen zu Abschliissen, die ein den tatsachlichen Verhaltnissen entsprechendes Bild vermitteln", fiihrt. Ebenso wie die Generalnorm des deutschen Handelsrechts (§ 264 Abs. 2 HGB) ist die in Paragraph 12 (F.12) des Rahmenwerks („Framework") des lASB'-Konzepts formulierte Generalnorm der „Fair Presentation" (auch „True and Fair View" genannt) grundsatzlich kein „Overriding Principle", das den Einzelregelungen vorgeht, sondem sie ist gegenilber den Standards subsidiar anzuwenden, d.h. falls fur den Einzelfall keine konkrete Regelung vorliegt. Der in IAS 1.17f. fixierte Ausnahmefall, in dem die Generalnorm gegenuber den Einzelstandards vorrangig ist, tritt in dem auBerst seltenen Fall ein, in dem das Management zu dem Ergebnis gelangt, dass die Befolgung einer Anforderung in einem Standard irrefilhrend ware und deshalb das Abweichen von dieser Vorschrift notwendig ist, um ein den tatsachlichen Verhaltnissen entsprechendes Bild zu vermitteln. Das Abweichen von einem IAS und die Auswirkungen sind im Anhang anzugeben. Die Anwendbarkeit dieses „True and Fair Override" ist sehr restriktiv zu sehen. Keinesfalls ist sie bereits gegeben. Zu den einzelnen Institutionen siehe Kapitel A.III.3.
18
Bilanztheorien im Uberblick
weiin im Anlagevermogen aufgrund des Anschaffungskostenprinzips stille Reserven entstehen. Der Glaubigerschutz als die im deutschen Bilanzrecht dominierende ZielgroBe ist im IFRS-System eiier von untergeordneter Bedeutung. Die im deutsclien Recht wichtige Aufgabe der Ausschuttungsbemessung ist weder fur den Einzelabschluss noch fiir den Konzemabscliluss vorgesehen. Zur bestmoglichen Erftillung der genaimten Aufgaben/Ziele des Jaliresabschlusses soil die Beachtung der qualitativen Rechnungslegungsgrundsatze (s. Kapitel A.V.3.) und der einzelnen Standards (IAS und IFRS) fiihren. Im Rahmenwerk („Framework F.9") der IFRS sind folgende Informationsadressaten mit ihren spezifischen Informationsbediirfnissen aufgefiihrt: • Investoren (Investitionsentscheidungen, Gewirmausschilttungsfahigkeit), • Beschaftigte (wirtschaftliche Stabilitat, Rentabilitat), • Kreditgeber (Kreditbedienungsfahigkeit, Zahlungsfahigkeit), • Lieferanten und andere Handelskreditgeber (Kreditbedienungs-, Zahlungsfahigkeit), • Kunden (wirtschaftliche Stabilitat), • Staatliche Institutionen (Informationen fur die Wirtschaftspolitik; nicht: Besteuerung), • Offentlichkeit (Beschaftigungswirkung, Bedeutung fiir die regionale Entwicklung). Faktisch sind die IAS und IFRS allerdings primar an den Informationsinteressen der Investoren ausgerichtet, wobei unterstellt wird, dass die Informationen, die den Investoren dienen, auch die Informationsbedtirfhisse aller anderen Adressatengruppen erftillen (F.IO). Beurteilung: Die Abgrenzung der Informationsadressaten und Informationsziele zeigt, dass an erster Stelle der Investor steht, der mit solchen Informationen versorgt werden soil, die ihm optimale Anlageentscheidungen ermoglichen. Kritiker wenden hier ein, dass in diesem Hauptadressaten der IFRS-Rechnungslegung eher der kurzfristig renditeorientiert entscheidende Investor zu sehen ist als der traditionelle Eigenkapitalgeber kontinentaleuropaischer Pragung mit langfristiger Untemehmensbindung. Dementsprechend steht eine moglichst aktuelle marktwertorientierte Bewertung im Vordergrund und nicht wie im deutschen Bilanzrecht eine auf dem Vorsichtsprinzip basierende, tendenziell niedrigere Bewertung.
II. Bilanztheorien im Uberblick Lernziele: Der Leser soil •
einen Uberblick ilber einige wesentliche im Laufe der letzten hundert Jahre entwickelte Bilanztheorien bekommen
•
den bisherigen pragmatisch abgeleiteten Aufgaben des Jahresabschlusses die theoretisch der Bilanz zugewiesenen Zwecke gegeniiberstellen konnen
» Grundiiberlegungen der Bilanztheoretiker, die unser heutiges Bilanzrecht noch beeinflussen, kennenlernen.
18
Bilanztheorien im Uberblick
weiin im Anlagevermogen aufgrund des Anschaffungskostenprinzips stille Reserven entstehen. Der Glaubigerschutz als die im deutschen Bilanzrecht dominierende ZielgroBe ist im IFRS-System eiier von untergeordneter Bedeutung. Die im deutsclien Recht wichtige Aufgabe der Ausschuttungsbemessung ist weder fur den Einzelabschluss noch fiir den Konzemabscliluss vorgesehen. Zur bestmoglichen Erftillung der genaimten Aufgaben/Ziele des Jaliresabschlusses soil die Beachtung der qualitativen Rechnungslegungsgrundsatze (s. Kapitel A.V.3.) und der einzelnen Standards (IAS und IFRS) fiihren. Im Rahmenwerk („Framework F.9") der IFRS sind folgende Informationsadressaten mit ihren spezifischen Informationsbediirfnissen aufgefiihrt: • Investoren (Investitionsentscheidungen, Gewirmausschilttungsfahigkeit), • Beschaftigte (wirtschaftliche Stabilitat, Rentabilitat), • Kreditgeber (Kreditbedienungsfahigkeit, Zahlungsfahigkeit), • Lieferanten und andere Handelskreditgeber (Kreditbedienungs-, Zahlungsfahigkeit), • Kunden (wirtschaftliche Stabilitat), • Staatliche Institutionen (Informationen fur die Wirtschaftspolitik; nicht: Besteuerung), • Offentlichkeit (Beschaftigungswirkung, Bedeutung fiir die regionale Entwicklung). Faktisch sind die IAS und IFRS allerdings primar an den Informationsinteressen der Investoren ausgerichtet, wobei unterstellt wird, dass die Informationen, die den Investoren dienen, auch die Informationsbedtirfhisse aller anderen Adressatengruppen erftillen (F.IO). Beurteilung: Die Abgrenzung der Informationsadressaten und Informationsziele zeigt, dass an erster Stelle der Investor steht, der mit solchen Informationen versorgt werden soil, die ihm optimale Anlageentscheidungen ermoglichen. Kritiker wenden hier ein, dass in diesem Hauptadressaten der IFRS-Rechnungslegung eher der kurzfristig renditeorientiert entscheidende Investor zu sehen ist als der traditionelle Eigenkapitalgeber kontinentaleuropaischer Pragung mit langfristiger Untemehmensbindung. Dementsprechend steht eine moglichst aktuelle marktwertorientierte Bewertung im Vordergrund und nicht wie im deutschen Bilanzrecht eine auf dem Vorsichtsprinzip basierende, tendenziell niedrigere Bewertung.
II. Bilanztheorien im Uberblick Lernziele: Der Leser soil •
einen Uberblick ilber einige wesentliche im Laufe der letzten hundert Jahre entwickelte Bilanztheorien bekommen
•
den bisherigen pragmatisch abgeleiteten Aufgaben des Jahresabschlusses die theoretisch der Bilanz zugewiesenen Zwecke gegeniiberstellen konnen
» Grundiiberlegungen der Bilanztheoretiker, die unser heutiges Bilanzrecht noch beeinflussen, kennenlernen.
Bilanztheorien im Uberblick
19
Bislang ist von den Aufgaben des Rechnungswesens und insbesondere des Jahresabschlusses die Rede gewesen, wie sie sich pragmatisch aus den Interessen und Anforderungen der Adressatengrappen ergeben. Nun soil in aller Kiirze geschildert werden, welche Zwecke von Theoretikem der Bilanzierung zugewiesen wurden. AuBerdem ergeben sich aus den Bilanztheorien gewisse Grundiiberlegungen und Prinzipien, die teilweise unser aktuelles Bilanzrecht stark beeinflussen. 1. Die statische Bilanztheorie von Wilhelm Rieger Die wichtigsten Vertreter der statischen Interpretation der Bilanz sind Nicklisch, Rieger und Le Coutre. Gemeinsamer Kern der statischen Bilanzauffassungen ist, dass die Bilanz im Mittelpunkt steht und ihr die Aufgabe zugewiesen wird, den Vermogensbestand des Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt zu ermitteln. Die Vermogensermittlung soli insbesondere dem Glaubigerschutz dienen. Der Periodenerfolg ergibt sich aus dem Reinvermogensvergleich zweier aufeinanderfolgender Bilanzen. Die Gewinn- und Verlustrechnung hat nur eine untergeordnete Bedeutung als Unterkonto des Eigenkapitalkontos. Einige grundlegende Uberlegungen Riegers bei seinem Versuch, den Inhalt der Bilanz zu erklaren, sollen kurz erwahnt werden. Danach besteht der abzubildende Betriebsprozess in der Umwandlung von Geld in Giiter und wieder in Geld, mit dem Ziel, einen Geldgewinn zu erzielen. Somit muss die Erfolgsermittlung auch in einer Geldrechnung (Eiimahmen minus Ausgaben) iiber die Totalperiode, also von der Griindung bis zum Erloschen der Untemehmung, erfolgen. Zur Steuerung des Unternehmens sind Zwischenabschliisse notwendig, wobei Giiter zu bewerten sind, well deren Umwandlungsprozess in Geld noch nicht abgeschlossen ist. Die richtige Bewertung der Giiter hat daher mit dem Barwert ihres spateren EinzelverauBerungswertes zu erfolgen. Die Ungewissheit der Zukunft und gegebenenfalls die Schwierigkeit, Erlosanteile einzelnen Giitem zuzuordnen, fiihren dazu, dass fiir die handelsrechtliche Praxis zweckmaBige Behelfsregelungen zu entwickeln sind. Die Betonung des Glaubigerschutzprinzips fiihrt dazu, dass nur Gegenstande, die selbstandig verkehrsfahig, d.h. einzeln verauBerbar sind, als Vermogensgegenstande aktiviert werden diirfen. Das Glaubigerschutzprinzip bestimmt sowohl die Bilanzierungs- als auch die Bewertungsregeln. Immaterielle Werte diirfen nicht bilanziert werden, zur Passivierung von Riickstellungen (fur ungewisse Verbindlichkeiten gegeniiber Dritten) besteht eine Pflicht. Das Anschaffungskostenprinzip (Realisationsprinzip) sowie das strenge Niederstwertprinzip im Umlaufvermogen sind bereits verankert. Die Gedanken der Vertreter der statischen Bilanztheorien dominieren bis heute im geltenden Bilanzrecht, insbesondere im Bilanzsteuerrecht.
2. Die Theorie der dynamischen Bilanz von Eugen Schmalenbach Hauptvertreter der Theorie der dynamischen Bilanz sind Schmalenbach und Walb. Nach Schmalenbach ist der Zweck des Jahresabschlusses die Ermittlung eines Periodenerfolgs (= Ertrage minus Aufwendungen), um auf Basis dieses MaBstabs der Wirtschaftlichkeit das Unternehmen steuem zu konnnen. Die Gewinn- und Verlustrechnung hat somit die Vorrangstellung inne.
Bilanztheorien im ~ b e r b l i c k
In der Gewinn- und Verlustrechnung werden alle Einnahmen und Ausgaben einander gegenubergestellt, die im Geschaftsjahr erfolgswirksam geworden sind. Alle Posten, die bislang noch erfolgsunwirksarn sind und erst in den Folgeperioden erfolgswirksam als Bestandteil eines Prozesses (,,schwebende Geschafte") f o r t g e m werden, z.B. der Buchwert einer weiterzunutzenden und abzuschreibenden Maschine, werden von der Bilanz aufgenommen. Gleiches gilt fiir alle noch nicht zahlungswirksamen Erfolge, die in den Folgeperioden zu Zahlungen W r e n , sowie fiir die erfolgsneutralen Posten. Die Bilanz ist also ein umfassendes Abgrenzungskonto. Bei den ,,schwebenden Geschajien " lassen sich drei Arten unterscheiden:
Wie ein ,,Kraftespeicher" enthalt die Bilanz vorhandene aktive Krafte (,,Nachleistungen"), nmlich kunftige Aufwendungen oder kiinftige Einnahmen sowie Geld, und passive Verpflichtungen (,,Vorleistungen"), nmlich kiinftige Ausgaben oder kiinftige Ertrage sowie das Kapital.
1. Liquide Mittel 2. Aus~abe.noch nicht Aufwand (traniitorkch) (z.B. Restbuchwert von Sachanlagen; Rohstofiorrate; im voraus gezahlte Miete) 3. Ausgabe, noch nicht Einnahme (erfoigsn&tral) (2.B. Ausleihungen, nicht abnutzbare Anlageguter 4. Ertrag, noch nicht Aufwand (transitorisch iiber mittelbaren Bezug zu Ausgaben)
(z.B. selbsterstellte Anlagen) 5. Ertrag, noch nicht Einnahme (antizipativ) (z.B. Kundenforderungen, nachtraglich erhaltene Miete)
1. Eigenkapital 2. Aufwand, noch nicht Ausgabe (antizipativ) (2.B. Riickstellungen, nachtraglich noch zu zahlende Mieten oder Lohne) 3. Einnahme, noch nicht Ausgabe (erfolgsneutral) (Passivdarlehen) 4. Aufwand, noch nicht Ertrag (antizipativ iiber mittelbaren. Bezug zu Ausgaben) (z.B. Riickstellungen fir unterlassene eigene Instandhaltung) 5. Einnahme, noch nicht Ertrag (transitorisch) (z.B. erhaltene Anzahlungen, im voraus erhaltene Miete)
Die Aufteilung der theoretisch allein richtigen Totalerfolgsrechnung (als reine Geldrechnung) in einzelne Periodenerfolgsrechnungen f f i r t zurn Problem, die Ausgaben und Einnahmen verursachungsgerecht den einzelnen Perioden zuzuordnen. Da dies nicht exakt und eindeutig moglich ist (insbesondere wegen der Schatzproblematik bei Abschreibungen und Riickstellungen), wird auch der Periodenerfolg letztlich nicht richtig ausgewiesen. Eine Unternehmenssteuerung lasst sich somit nur durchfiihren, wenn die Periodenerfolge immer in der gleichen Weise verzerrt sind und daher im Zeitvergleich die Entwicklung richtig
Bilanztheorien im Uberblick
21
wiedergeben. Eine wesentliche Forderimg der dynamischen Theorien ist daher die Vergleichbarkeit der Periodenerfolge. Dazu ist es notwendig, dass die Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden immer beibehalten werden (Bewertungsstetigkeit) sowie die Grundsatze einer Schatzimg gleich bleiben und nicht der Willkiir geopfert werden. Eine einheitliche Bewertungslehre wurde nicht entwickelt, da die wahren Werte der Aktiva und Passiva nicht ermittelbar sind. AIs Bewertungsregeln werden vor allem das Anschaffungskostenprinzip und das Vorsichtsprinzip (Imparitatsprinzip, Niederstwertprinzip), die Bewertungsstetigkeit im Interesse der Vergleichbarkeit der Periodenerfolge und die Sicherung des Unternehmens gegen Geldwertanderungen betont. Insbesondere in die handelsrechtlichen Vorschriften zum Jahresabschluss haben Gedanken der Vertreter der dynamischen Bilanztheorien Eingang gefunden (z.B. Aufwandsriickstellungen).
3. Die Theorie der organischen Tageswertbilanz von Fritz Schmidt Fritz Schmidt hat seine Bilanztheorie in den zwanziger Jahren, also in Zeiten temporarer Hyperinflation entwickelt, in denen die Bilanz kaum noch eine wirtschaftliche Aussagekraft als Steuerungsinstrument hatte. NaturgemaB steht daher das Problem des Schutzes gegen negative Auswirkungen der Inflation auf die Untemehmung, also das Ziel der gutermaBigen Substanzerhaltung, im Vordergrund. Der Begriff "organisch" soil anzeigen, dass die Untemehmung dariiber hinaus die Sicherung ihrer relativen Stellung im Organismus der Volkswirtschaft anzustreben hat. Rechnungsziele des Jahresabschlusses sind die Vermogenssubstanz- und die Erfolgsermittlung ("dualistische Theorie"). Das zentrale Bewertungsprinzip ist das Tageswertprinzip. Schmidt trennt Scheingewinne bzw. -verluste, die nur durch Wertanderungen der Sachguter aufgrund der Geldwertentwicklung entstehen, von Umsatzgewinnen bzw. -verlusten, die aus der Umsatztatigkeit hervorgehen. Umsatzgewirme entstehen erst dann, wenn die gtitermafiige Substanzerhaltung des Unternehmens gewahrleistet ist, also nur wenn die Einnahmen die Wiederbeschaffungspreise der verauBerten Gilter iibersteigen. Alle Giiterverbrauche werden mit Tagesbeschaffungspreisen bewertet. Auch die Abschreibungen des Anlagevermogens sind auf Basis von Wiederbeschaffungspreisen berechnet. Waren und Erzeugnisse werden mit Wiederbeschaffungspreisen bzw. mit Wiederherstellungskosten am Bilanzstichtag bewertet (vgl. die Beispiele im Kapitel B.II.S.a). Die Scheinerfolge (Differenz zwischen Tagesbeschaffiingspreis und bisherigem Wert/Anschaffungspreis) werden auf dem Konto "Wertanderungen am ruhenden Vermogen" erfasst, einem Unterkonto des Kapitalkontos. Das beschriebene Tageswertprinzip hat bei Nominalwertgiltern (Bargeld, Bankguthaben, Forderungen, Verbindlichkeiten) nicht die bei Realgiitern beschriebenen Auswirkungen, da ihr Wert durch die Geldentwertung nicht ansteigt. Nominalwertguter erfahren durch die Inflation eine reale (= durch den Gegenwert in Giitem gemessene) Wertminderung. Zur Vermeidung von Vermogensverlusten stellt Schmidt daher die Dispositionsregel der "Wertgleichheit der Bilanz" auf: Weisen aktive Nominalwertguter (Kasse, Bankguthaben, Forderungen) die gleiche Hohe auf wie die passiven Nominalwertguter (Geldverbindlichkeiten), so kompensieren sich die Inflationsauswirkungen auf beiden Seiten. Daraus folgt auch der Finanzierungsgrundsatz, dass Nominalwertguter mit Fremdkapital und Realgiiter mit Eigenkapital zu finanzieren sind und die Kapitalbindungsdauer der Aktiva mit der Laufzeit des Fremdkapitals tibereinstimmen muss. Am Markt verdiente Abschreibungsgegenwerte diirfen nicht in Geld bis zur Ersatzbeschaffung aufbewahrt werden, sondem sind
22
Bilanztheorien im Uberblick
sofort wieder in Realgtiter zu investieren, die im Wert mitsteigen. Nur auf diese Weise kann die Wiederbeschaffung der Sachgiiter gesichert werden. Im geltenden Bilanzrecht herrscht allerdings das Prinzip der Nominalkapitalerhaltung (Anschaffungskostenprinzip), die Bewertungsregeln der organischen Bilanztheorie dtirfen nicht angewandt werden. Die Grundgedanken Fritz Schmidts werden jedoch oft in Kostenrechnungssystemen beriicksichtigt.
4. Neuere Ansatze Die Ansatzpunkte der neueren Bilanztiieorien ergeben sich aus der Kritik an den traditionellen Bilanztheorien: 1. Die Ziele der Rectmungslegung seien zu eng gefasst. Es werden nur hochstens zwei Ziele beriicksichtigt, namlich die Vermogens- und die Erfolgsermittlung. Hier setzen Bilanztheorien an, die die Rechnungsziele aus der Vielfalt der Informationsbedilrfnisse der Bilanzadressatengruppen ableiten. 2. Es handelt sich iiberwiegend um eine vergangenheitsorientierte Rechnung, die damit als betriebliches Steuerungsinstrument sowie als Entscheidungsgrundlage fiir potenzielle Glaubiger und Anteilseigner ungeeignet sei. Dies ist der Ausgangspunkt fur zukunftsorientierte oder investitionstheoretisch/kapitaltheoretisch orientierte Bilanzkonzeptionen. 3. Da das Zuordnungsproblem der Einnahmen und Ausgaben zu bestimmten Perioden nicht vollstandig losbar ist (z.B. Maschinenanschaffiing und Abschreibungen), sind keine eindeutigen Periodenerfolge ermittelbar. AuBerdem lassen sich die zukunftsorientierten Informationsbedilrfnisse der Bilanzadressaten aufgrund des Prognoseproblems nicht erfullen. Demzufolge halten einige Autoren (Busse v. Colbe, Moxter, Riebel) bilanztheoretische Uberlegungen fiir vollig fruchtlos. Ansatzpunkt der informationstheoretisch orientierten Bilanzauffassungen sind die verschiedenen Informationsziele der Adressatengruppen (vgl. Kapitel A.1.3). Daraus wird z.B. von E. Heinen folgendes multiple System von Bilanzzwecken abgeleitet: I. Bilanzzwecke aus der Sicht des Gesetzgebers 1. Glaubigerschutz 2. Aktionarsschutz 3. Schutz der "Untemehmung an sich" 4. Besteuerungsgrundlage 5. Sicherung des Rechtsverkehrs II. Bilanzzwecke aus der Sicht des bilanzierenden Untemehmens A. Exteme Zwecke (Informationsmanipulation) 1. Anregende Information 2. Begrenzende Information B. Interne Zwecke (Bilanz als untemehmensintemes Entseheidungsinstrument) 1. Bilanzinformationen auf der Kontroll- bzw. Anregungsstufe des unternehmerischen Entscheidungsprozesses 2. Bilanzinformationen auf der Such- und Auswahlstufe des unternehmerischen Entscheidimgsprozesses.
Bilanztheorien imUberblick
23
Infolge der gesetzlichen Veroffentlichungspflichten ist es z.B. auch den (potenziellen) Anteilseignem moglich, die Jahresabschlussinformationen in ihr Kapitalanlagekalkul aufzunehmen. Auch die Glaubiger beriicksichtigen diese Informationen bei der Kreditwiirdigkeitsentscheidung. Der Bilanzierende karin daher die Bilanz als Instrument der Entscheidungsbeeinflussung (Informationsmanipulation) nutzen. So ist es z.B. durch gewinnsenkende bilanzpolitische MaBnahmen moglich, bei den Anteilseignern die Begehrlichkeit nach Ausschuttung zu vermindern. Zielkonflikte zwischen den einzelnen Bilanzzwecken konnen entweder dadurch gelost werden, dass fiir jeden Zweck eine in Inhalt und Aufbau auf diesen ausgerichtete gesonderte Bilanz erstellt wird, oder dass - wie E. Heinen es vorschlagt - eine Grundbilanz durch Nebenrechnungen erganzt wird ("erganzte Mehrzweckbilanz"). Als Grundbilanz schlagt er die Handelsbilanz vor, die grundsatzlich sowohl Bilanzzwecke aus Sicht des Bilanzierenden als auch solche, die der Gesetzgeber als wichtig erachtet, bertlcksichtigt. Die Handelsbilanz lasst sich durch Wahlrechtsaustibung, zusatzliche Bilanzposten, Bilanzvermerke und verbale Angaben in Anhang oder Geschaftsbericht auf einen anvisierten Bilanzzweck ausrichten, daruber hinaus kann sie durch zweckgerichtete Nebenrechnungen erganzt werden. Solche Nebenrechnungen sind z.B. die Bewegungsbilanz und die Kapitalflussrechnung (s. Kapitel C.III.), die genauere Informationen iiber die betrieblichen Zahlungsstrome, insbesondere iiber die Finanzierung von Investitionen, bereitstellen sollen, um in diesen Bereichen eine effizientere Kontrolle durchfuhren zu koimen. Auch konnte z.B. eine erganzende Plankostenrechnung aufgestellt werden. Die zukunftsorientierten/kapitaltheoretischen Bilanztheorien sind von skandinavischen Autoren (P. Hansen, J. Honko u.a.) zuerst entwickelt und u.a. von Seicht und D. Schneider aufgegriffen worden. Die Kernpunkte des theoretischen Ansatzes sind folgende: Aufgabe der Bilanz sei es, das zukunftsorientierte Erfolgskapital ("Zukunftserfolgswert") auszuweisen, das als Summe der mit Hilfe des KalkulationszinsfuBes abgezinsten zukilnftigen Einzahlungsiiberschtlsse der Unternehmung bis zum Planungshorizont defmiert wird. Die zukiinftigen Zahlungsstrome miissen vom Bilanzierenden (subjektiv) geschatzt werden. Der KalkulationszinsfuB ist ebenfalls eine subjektive GroBe, da er theoretisch als interne Verzinsung der (nachst-)besten Investitionsalternative des Entscheidenden zu bestimmen ist. tJblicherweise wird jedoch der (objektive) landesiibliche ZinsfuB als Effektivverzinsung risikoarmer langfristiger Anleihen als KalkulationszinsfuB verwendet. Als Rechnungsziel wird die Bestimmung der Einkommenszahlungen an die Eigenkapitalgeber angesehen, die maximal und dauerhaft jahrlich geleistet werden konnen, ohne die Ertragskraft der Unternehmung, ausgedriickt durch die Hohe des Zukunftserfolgswertes, zu beeintrachtigen. Dieser sog. "okonomische Gewinn" entspricht somit dem jahrlichen Anwachsen (= Verzinsung zum KalkulationszinsfiiB) des Erfolgskapitals (= Zukunftserfolgswerts). Da letzterer aus der Abzinsung und Summierung aller zukilnftig erwarteten Ein- und Auszahlungen hervorgegangen ist, stellt der okonomische Gewinn einen geglatteten, d.h. in eine Reihe gleich groBer Zahlungen umgewandelten kiinftigen Gesamtzahlungsstrom des Unternehmens dar. Der okonomische Gewinn ist eine auf einer Gesamtwertbetrachtung basierende subjektive und zukunftsbezogene GroBe. Da okonomischer Gewinn und handelsrechtlicher Periodengewinn i.d.R. voneinander abweichen, hat D. Schneider das auf dem Vorsichtsprinzip basierende "Prinzip des doppelten Minimums" fomuliert, nach dem in jeder Periode der niedrigere der beiden Periodengewinne auszuschiitten ist. Die Bilanz hat in ihrer Grobstruktur folgendes Aussehen:
24
Rechnungslegungskonzepte und Institutionen Zukunftsorientierte Bilanz Barwert kunftiger Ein- Barwert kunftiger zahlungen Auszahlungen Saldo: Erfolgskapital (=Zukunftserfolgswert)
Die zukunftsorientierten (kapitaltheoretischen) Bilanztheorien haben in das geltende deutsche Bilanzrecht insbesondere wegen des Prognoseproblems keinen Eingang gefunden.
Weiterfuhrende Egner, H.: Heinen, E.: Schneider, D.: Seicht, G.: Wegmann, W.:
Literatur: Bilanzen, Munchen 1974. Handelsbilanzen, 12. Aufl., Wiesbaden 1986. Ausschiittungsfahiger Gewinn und das Minimum an Selbstfmanzierung, ZfbF 1968, S.l ff. Die kapitaltheoretische Bilanz und die Entwicklung der Bilanztheorien, Berlin 1970. Der okonomische Gewinn, Wiesbaden 1970.
III. Rechnungslegungskonzepte und Institutionen 1. Das deutsche Handelsrecht a) Gesetzgeber Die deutsche Rechnungslegung fuBt auf der kontinental-europaischen, dem romischen Rechts-einfluss unterliegenden Tradition, nach der die Vorschriften der Rechnungslegung vom Gesetzgeber erlassen, d.h. kodifiziert, werden (sog. Code Law). Die Basis der deutschen Rechntmgslegung ist das vergleichsweise detaillierte HGB. Nur durch den Gesetzgeber konnen weitere Rechtsvorschriften erlassen oder bestehende geandert werden. Die handelsrechtlichen Vorschriften bedtlrfen im Einzelfall der Auslegung durch die hochstrichterliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) und des Bundesfmanzhofs (BFH).
b) Institut der Wirtschaftspriifer in Deutschland e.V. (IDW) Den Verlautbarungen bzw. Stellungnahmen des Hauptfachausschusses (HFA) sowie anderer spezialisierter Ausschiisse des Instituts der Wirtschaftspriifer (IDW) kommt in der Praxis die Stellung konkreter (unterer) Grundsatze ordnungsmaBiger Buchflihrung, mithin faktischer Normen zu. Daher ist das IDW in Deutschland ein Normen setzendes Gremium, also ein deutscher „Standardsetter".
c) Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) Mit Einfiigung des § 342 HGB wurde vom Gesetzgeber die Moglichkeit geschaffen, ein privates Rechnungslegungsgremium anzuerkennen. Zu dessen Hauptaufgaben sollte die
24
Rechnungslegungskonzepte und Institutionen Zukunftsorientierte Bilanz Barwert kunftiger Ein- Barwert kunftiger zahlungen Auszahlungen Saldo: Erfolgskapital (=Zukunftserfolgswert)
Die zukunftsorientierten (kapitaltheoretischen) Bilanztheorien haben in das geltende deutsche Bilanzrecht insbesondere wegen des Prognoseproblems keinen Eingang gefunden.
Weiterfuhrende Egner, H.: Heinen, E.: Schneider, D.: Seicht, G.: Wegmann, W.:
Literatur: Bilanzen, Munchen 1974. Handelsbilanzen, 12. Aufl., Wiesbaden 1986. Ausschiittungsfahiger Gewinn und das Minimum an Selbstfmanzierung, ZfbF 1968, S.l ff. Die kapitaltheoretische Bilanz und die Entwicklung der Bilanztheorien, Berlin 1970. Der okonomische Gewinn, Wiesbaden 1970.
III. Rechnungslegungskonzepte und Institutionen 1. Das deutsche Handelsrecht a) Gesetzgeber Die deutsche Rechnungslegung fuBt auf der kontinental-europaischen, dem romischen Rechts-einfluss unterliegenden Tradition, nach der die Vorschriften der Rechnungslegung vom Gesetzgeber erlassen, d.h. kodifiziert, werden (sog. Code Law). Die Basis der deutschen Rechntmgslegung ist das vergleichsweise detaillierte HGB. Nur durch den Gesetzgeber konnen weitere Rechtsvorschriften erlassen oder bestehende geandert werden. Die handelsrechtlichen Vorschriften bedtlrfen im Einzelfall der Auslegung durch die hochstrichterliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) und des Bundesfmanzhofs (BFH).
b) Institut der Wirtschaftspriifer in Deutschland e.V. (IDW) Den Verlautbarungen bzw. Stellungnahmen des Hauptfachausschusses (HFA) sowie anderer spezialisierter Ausschiisse des Instituts der Wirtschaftspriifer (IDW) kommt in der Praxis die Stellung konkreter (unterer) Grundsatze ordnungsmaBiger Buchflihrung, mithin faktischer Normen zu. Daher ist das IDW in Deutschland ein Normen setzendes Gremium, also ein deutscher „Standardsetter".
c) Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) Mit Einfiigung des § 342 HGB wurde vom Gesetzgeber die Moglichkeit geschaffen, ein privates Rechnungslegungsgremium anzuerkennen. Zu dessen Hauptaufgaben sollte die
Rechnungslegungskonzepte und Institutionen
25
Schliefiung von Regelungslucken und die Anpassung der deutschen Konzemrechnungslegungsvorschriften an die intemationalen Rechnungslegungsstandards bis spatestens zum Auslaufen der Ubergangsregelung nach § 292a HGB am 31.12.2004 gehoren'. Am 3.9.1998 hat das Bundesministerium der Justiz einen Standardisierungsvertrag mit dem Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) abgeschlossen. Dieses ist Trager des Deutschen Standardisierungsrates (DSR^), der damit als sog. „Standardsetter" anerkannt wurde. Das DRSC ist ein eingetragener, selbstlos tatiger Verein mit Sitz in Berlin, der international als „German Accounting Standards Committee (GASC)" auftritt. Gemafi § 342 HGB hat der DSR folgende Aufgaben: 1. Entwicklung von Empfehlungen zur Anwendung der Grundsatze tlber die Konzemrechnungslegung 2. Beratung des Bundesministeriums der Justiz bei Gesetzgebungsvorhaben und 3. Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in intemationalen Standardisierungsgremien. Der DSR hat bei der Entwicklung neuer Standards darauf zu achten, dass bestehende deutsche Rechnungslegungsvorschriften nicht verletzt werden. Er hat jedoch im Rahmen der Interpretation bestehender Grundsatze ordnungsmafiiger Buchfiihrung (GoB) fiir die Zwecke der Konzemrechnungslegung die Moglichkeit, bestehende Bewertungs- und Ansatzregeln einzuschranken und bestimmte Teilbereiche zu konkretisieren. Bei Anwendung eines durch das Bundesjustizministerium bekanntgemachten Deutschen Rechnungslegungs Standards (DRS) gilt die Vermutung, dass dadurch die GoB hinsichtlich der Konzemrechnungslegung beachtet werden. (§ 342 Abs. 2 HGB). Die veroffentlichten DRS sind somit grandsatzlich fur alle Konzemunternehmen verpflichtend, ihre analoge Anwendung fur den Einzelabschluss wird ausdriicklich vom DRSC empfohlen. Das privatwirtschaftlich organisierte DRSC wird allgemein als ein deutscher Standardsetter angesehen, obwohl es ihm an eigenstandiger Verbindlichkeit mangelt und die VerfassungsmaBigkeit der Standardisisierung durch das DRSC nach wie vor strittig ist. Zur Zeit gibt es 14 vom DRSC erarbeitete DRS, die sich mit Einzelfragen zur erforderlichen Gestaltung der Kapitalflussrechnung, der Segment-, der Lage- und der Risikoberichterstattung sowie mit Spezialproblemen der Konzemrechnungslegung befassen. DRS 1 und DRS la sind prinzipiell aufgehoben, gelten (ibergangsweise in 2005/06 aber noch als „Absegnungsvorschriften" fiir Konzernabschliisse von Untemehmen, die freiwillig nach USGAAP bilanzieren und damit von der Aufstellungspflicht nach HGB oder IFRS befreit sind. Als Ergebnis der gesetzlich fixierten zweiten Aufgabe des DRSC sollten die DRS in die HGB-Vorschriften zur Konzemrechnungslegung eingearbeitet werden, um einen behutsamen Ubergang zu einer an intemationalen Grandsatzen orientierten Konzemrechnungslegung zu ermoglichen. Beispielsweise muss seit 1.1.2004 gemaB § 285 Nr.l8b) HGB fur derivative Finanzinstrumente der beizulegende Zeitwert („Fair Value") im Anhang angegeben werden. Die HGB-Vorschriften sind jedoch nur an wenigen Stellen^ geandert worden, dafur sind weitere Standards entwickelt worden, die als GoB oder zumindest als Empfehlungen zusatzlich zu beachten. Dadurch konnen allerdings Konflikte entstehen, wie z.B. im Falle der sog. Buchwertmethode zur Kapitalkonsolidierung, die in DRS 4 nicht zugelas' Siehe auch Kapitel A.IV.3. ^ Der DRS tritt international als German Accounting Standards Board (GASB) auf. 3 So sind z.B. durch Streicliung des § 308 Abs. 3 HGB und Eliminierung der §§ 247 Abs. 3 und 273 HGB aus § 298 Abs. 1 HGB alle steuerlichen Einflusse auf den Konzemabschluss entfemt und dieser damit den intemationalen Standards angepasst worden.
26
Rechnungslegungskonzepte und Institutionen
sen ist (da auch nach IFRS nicht zulassig), in § 301 HGB aber weiterhin als Moglichkeit enthalten ist. Da seit dem 1.1.2005 alle kapitalmarktorientierten' deutschen Untemehmen verpflichtet sind, ihren Konzernabschluss nach IFRS aufzustellen, haben die DRS nur noch fur den Konzernabschluss nicht kapitalmarktorientierter Kapitalgesellschaften, die weiter nach HGB bilanzieren wollen (Wahlrecht), eine Bedeutung. Der DSR sieht daher seine zukiinftige Hauptaufgabe darin, die Belange der deutschen Konzemuntemehmen in den Prozess der Weiterentwicklung der IFRS einzubringen. Auch wurde das Rechnungslegungs Interpretations Committee (RIC) gegrilndet, das die Aufgabe hat, in Zusammenarbeit mit der intemationalen Schwester IFRIC Interpretationen geltender IFRS vor dem Hintergrund nationaler Gegebenheiten zu erarbeiten^.
d) Deutsche Priifstelle fiir Rechnungslegung e.V. (DPR) Durch das Bilanzkontrollgesetz vom 21.12.2004 wurde das sog. zweistufige „Enforcemenf'-Modell in das deutsche Handelsrecht aufgenommen. Damit ist die Uberwachung der RechtmaBigkeit konkreter Unternehmensabschliisse durch eine auBerhalb des Untemehmens stehende, nicht mit dem Abschlussprilfer identische, unabhangige Stelle gemeint. Durch die Schaffung einer neuen unparteiischen privatrechtlichen Instanz, der Deutschen Priifstelle fur Rechnungslegung (DPR) e.V. gemaB § 342b HGB, soil die Rechnungslegung borsennotierter Unternehmen ab 1.7.2005 zusatzlich tiberwacht werden. Dabei geht es um in- und auslandische Untemehmen, deren Wertpapiere im amtlichen oder geregelten Markt an einer inlandischen Borse gehandelt werden. Diese fmanzieren auch die Priifstelle durch Umlagen.3 Die Uberwachung besteht in Deutschland aus zwei Stufen: In der ersten Stufe priift die privatrechtliche Priifstelle, ob der zuletzt festgestellte Jahresabschluss und der Konzernabschluss'' sowie die zugehorigen Lageberichte des Unternehmens den maBgebenden Rechnungslegungsvorschriften entsprechen (§ 342b Abs. 2 HGB). Ausgelost wird die Uberpriifung bei konkreten Anhaltspunkten fiir einen VerstoB, sofem ein offentliches Interesse an der Priifung besteht, oder auf Verlangen der Bundesanstalt fiir Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) oder aufgrund routinemaBiger Stichproben. SoUten sich VerstoBe gegen die Rechnungslegungsvorschriften zeigen, wird dies mit Zustimmung des Unternehmens veroffentlicht mit der wahrscheinlichen Folge ungiinstiger Borsenkursreaktionen. Bei Verdacht auf Straftaten hat die Priifstelle die zustandigen Behorden, bei Verdacht auf Berufspflichtverletzung durch den Abschlusspriifer die Wirtschaftspriiferkammer zu informieren (§ 342b Abs. 7 HGB). Sofem ein Untemehmen sich weigert, an der Priifung mitzuwirken, oder mit dem Priifungsergebnis der Priifstelle nicht einverstanden ist, greift in der zweiten Stufe das BaFin ein und setzt mit hoheitlichen Mitteln (§ 370 WpHG) die Priifung sowie die Veroffentlichung der VerstoBe durch.
' ZumBegriffvgl. Kapitel A.IV.3. Furbereits nachUS-GAAP bilanzierende Untemehmen gilt der 1.1.2007 als Stichtag. ^ So konkretisiert die Interpretation RIC 1 (vom 19.7.2005) die Bilanzgliederungsregelungen in IAS 1 vor dem Hintergrund der deutschen Gliederungsgepflogenheiten, insbesondere hinsichtlich der Untergliederung nach Fristigkeit. 3 § 342d HGB i.V.m. § 17d FinDAG. '^ Erstmalig werden Abschltisse zum 31.12.2004 gepriift.
Rechnungslegungskonzepte und Institutionen
27
2. Die US-amerikanischen Rechnungslegungsnormen (US-GAAP) a) Allgemeines Im Gegensatz zur kontinental-europaischen Tradition der Kodifizierung der Rechnungslegungvorschriften („Code Law") bestehen die Regelimgen im vom Common Law beeinflussten anglo-amerikanischen System aus wenigen allgemein gehaltenen Rahmenvorschriften und einer Vielzahl von je nach Bedarf und Sachverhalt durch die Beteiligten und die Gerichte selbst getroffenen Einzelfallentscheidungen („Case Law"). Diese Regelungen und Normen („Standards") werden aufgrund neuer Erkenntnisse von Wissenschaft und Praxis stetig fortentwickelt. Sic lassen sich auch flexibler an geanderte wirtscliaftliche Erfordemisse anpassen als die gesetzlich fixierten Vorschriften des deutschen Handelsreclits. Letztere haben aber den Vorteil der groBeren Kontinuitat und Verlasslichkeit. Als privatwirtschaftlich organisierte Standardsetter sind hauptsachlich das „Financial Accounting Standard Board" (FASB) und die „Securites and Excliange Commission" (SEC) zu nen-
Die US-GAAP bilden in den USA das zentrale Regelsystem der Rechnungslegung und umfassen die Gesamtheit niedergelegter und durch Handelsbrauch anerkannter Bilanzierungsweisen, die „substantial authoritative support" besitzen. Zusammen mit alteren Accounting Research Bulletins (ARB) und ARB Opinions bilden die „Statements of Financial Accounting Standards (SFAS)" die formellen, offiziell von den entsprechenden Institutionen verlautbarten und schriftlich fixierten Rechnungslegungsrundsatze und Verfahrensnormen, die sog. „promulgated principles". AuBer diesen umfassen die US-GAAP noch die sog. „nonpromulgated principles". Dabei handelt es sich um informelle, nur durch praktische Ubung entstandene Prinzipien. Die US-GAAP sind also nicht in Gesetzen und Urteilen kodifiziert. Dennoch sind sie bei der Jahresabschlusserstellung zwingend zu beriicksichtigen, da der Wirtschaftspriifer andemfalls kein uneingeschranktes Testat erteilen darf
b) Financial Accounting Standards Board (FASB) Im Jahre 1973 delegierte die „Securities and Exchange Commission" (SEC) die ihr vom Bundesparlament iibertragene Kompetenz, verbindliche Rechnungslegungsvorschriften zu erlassen, an den „Financial Accounting Standards Board" (FASB), eine von der Bemfsorganisation der Wirtschaftspriifer (American Institute of Certified Public Accountants, AICPA) unabhangige Organisation. Seitdem ist der FASB der US-amerikanische Standardsetter und zustandig fur die Verbesserung bereits existierender Regelungen, die Entwicklung neuer Grundsatze und die Veroffentlichung der schriftlich fixierten Rechnungslegungsgrundsatze und Verfahrensnormen. Der FASB entwickelt die Basisgrundsatze der Rechnungslegung („Conceptual Framework") welter und erlasst die „Statements of Financial Accounting Standards" (SFAS) (bis heute etwa 140) sowie die Interpretations (= verbindliche Verlautbarungen zu Einzelproblemen).
c) Securities and Excliange Commission (SEC) Der 1934 gegriindeten unabhangigen Borsenaufsichtskommission „Securities and Exchange Commission" (SEC) wurde im Rahmen ihrer Aufgabe, die amerikanischen Borsenbestimmungen zum Schutz der Anleger zu tiberwachen, vom Bundesparlament die Kompetenz iibertragen, verbindliche Rechnungslegungsvorschriften filr borseimotierte
28
Rechnungslegungskonzepte und Institutionen
Unternehmen zu erlassen. Im Jahre 1973 delegierte die SEC diese Kompetenz weitgehend an den FASB und verlegte den Schwerpunkt ihrer Arbeit auf die Kontrolle des Wertpapiermarktes. Die SEC behielt sicii jedoch weiterhin das Recht vor, jederzeit selbst Regelungen zu erlassen oder direkt auf die Normsetzung des FASB Einfluss zu nehmen. Dies erfolgte z.B. durch die SEC-Regulations S-X und S-K, die die Form und den Aufbau des Jahresabschlusses vorschreiben. Obwohl die iibergeordnete „Intemational Organization of Securities Commissions" (IOSCO) bereits im Jahre 2000 ihren Mitgliedern, also den nationalen Borsenaufsichtsbehorden, empfohlen hat, einen nach IFRS aufgestellten Konzemabschluss (mit geringen Einsclirankungen) als ftir eine Borsenzulassung ausreichend anzuerkennen, verlangt die SEC bis heute als Voraussetzung fiir die Zulassung am USamerikanischen Kapitalmarkt einen den US-GAAP entsprechenden Konzemabschluss oder zumindest eine Uberleitungsrechnung auf die US-GAAP.
3. Die Internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) a) Allgemeines Das Gesamtkonzept der International Financial Reporting Standards (IFRS)' besteht zu einen aus einem Rahmenkonzept („Framework for the Preparation and Presentation of Financial Statement"), in dem die grundsatzlichen Ziele und allgemeinen Rechnungslegungsgrundsatze geregelt sind und das sich stark am Framework des amerikanischen FASB orientiert. Zum anderen wird das Framework durch bislang 31 International Accounting Standards (IAS 1 bis IAS 41), 5 International Financial Reporting Standards (IFRS 1 bis IFRS 5), 11 SIC-Interpretationen einzelner IAS und 1 IFRIC-Interpretation konkretisiert. Die IAS und IFRS regeln die Einzelfragen der Rechnungslegung. Dabei werden Teilbereiche der Rechnungslegung, einzelne Bilanzposten oder auch Branchenprobleme durch einzelne Standards abgedeckt. Ein 1997 neu geschaffenes Gremium, und zwar das „Standing Interpretations Committee" (SIC), das inzwischen durch das International Financial Reporting Committee (IFRIC) abgelost wurde, soil fur eine bindende Interpretation der Standards sorgen. Die Gestaltung der IFRS und IAS erfolgte anfanglich bewusst weniger detailliert als z.B. in der US-amerikanischen Rechnungslegung. Dies folgte aus dem Ziel der weltweiten Akzeptanz und Anwendung der Standards. Auf Verlangen der amerikanischen SEC wurden die Standards im Laufe der letzten 5-10 Jahre ausfuhrlicher, detaillierter formuliert und immer starker an die amerikanischen Standards US-GAAP angepasst. Damit sollte die uneingeschrankte Anerkennung der Abschliisse nach IFRS durch die SEC erreicht werden, die fiir den direkten Zugang von Unternehmen zum US-amerikanischen Kapitalmarkt notwendig ist, insbesondere ftir die Borsenzulassimg an der New York Stock Exchange (NYSE), ohne aufwendige Erstellung von Uberleitungsrechnungen nach US-amerikanischen Normen (US-GAAP). Die „Intemational Organisation of Securities Commission" (IOSCO) hat im Mai 2000 eine - wenn auch bedingte - Empfehlung zur weltweiten Anerkennung der IFRS als Bilanzregelwerk fiir grenztiberschreitende Borsengange gegeben. Um die Bedingungen zu erfiillen, wurde 2001 ein umfassendes „Improvement Project" begonnen, das die Uberarbeitung von 12 der bestehenden 34 IAS beinhaltet. Auf diese Weise besteht ein groBer Druck auf den „International Accounting Standards Board" (lASB), die lAS/IFRS an die US-amerikanischen Rechnungslegungsgepflogenheiten noch weiter anzupassen, als dies bisher schon geschehen ist. Denn erst nach der uneingeschrank' IFRS ist seit 2004 der Oberbegriff des gesamten Rechnungslegungskonzepts, dient aber gleichzeitig als Bezeichnung fiir bislang 5 neu entwickelte Einzelstandards, die Teil des Gesamtkonzepts sind.
Rechnungslegungskonzepte und Institutionen
29
ten Anerkennung durch die SEC wird das Ziel der internationalen Harmonisierung der Konzemabschltisse wirklich erreicht werden koimen.
b) International Accounting Standards Board (lASB) Das „International Accounting Standards Committee" (lASC), das 1973 durch eine Vereinbarung von sich mit der Rechnungslegung befassenden Berufsverbanden zahlreicher Staaten gegriindet wurde, ist eine privatwirtschaftliche Organisation und hat seinen Sitz in London. Das deutsche Institut der Wirtschaftspriifer e.V. und die deutsche Wirtschaftsprtiferkammer gehoren zu den Grtindungsmitgliedern. Die Zahl der Mitglieder des lASC ist stetig gestiegen, so dass ihm im Jahre 2000 bereits 143 Mitglieder aus 104 Landem angehorten. Inzwischen sind auch viele Entwicklungslander, seit 1997 auch China, nicht aber Russland vertreten. Sog. Treuhander („Trustees") haben die Aufgabe, die Mitglieder der normsetzenden Gremien zu wahlen, sie zu tiberwachen und die Finanzierung des lASB sicherzustellen. Der „Intemational Accounting Standards Board" (lASB) ist fur die Facharbeit zustandig, fiir die Entwicklung und Veroffentlichung von Entwurfen („Exposure Drafts") neuer Standards, fur die verbindliche Verabschiedung der Standards und der „Interpretations". Da samtliche Verlautbarungen des lASC der Verabschiedung bzw. Genehmigung durch den lASB bediirfen, war dieser schon immer der eigentliche intemationale Standardsetter. Seit 1.4.2001 ist eine Umstrukturierung des lASC in Krafit getreten, die auf eine Verbesserung der Beziehungen zu den bedeutendsten nationalen Standardsettem und den Adressaten des Jahresabschlusses ausgerichtet war und zu einer Aufwertung des lASB zum wichtigsten Gremium der Gesamtorganisation fuhrte, so dass als Bezeichnvmg fiir die Gesamtorganisation nicht mehr lASC, sondern lASB verwendet wird. Die Tatsache, dass im lASB in groBerem Umfang als bislang weltweit fuhrende Standardsetter vertreten sind, hat zu einer hoheren Akzeptanz der IFRS gefiihrt. Dariiber hinaus gibt es einen sogenaimten „Standards Advisory Council" (SAC), der dem Board und den Treuhandern beratend zu Seite steht. In dieser Kommission konnen Vertreter nationaler Gremien, wie z.B. das DRSC, ihren Einfluss auf das lASC ausilben. Das „Intemational Reporting Interpretations Committee" (IFRIC) hat wie sein Vorganger, das „Standing Interpretation Committee" (SIC), die Aufgabe, Kommentierungen und Anwendungshilfen sowie Anregungen zur Vervollstandigung bestehender bzw. zur Entwicklung neuer Standards zu geben und strittige Zweifelsfragen zu klaren (IFRIC- bzw. SICInterpretationen). Die Steering Committes haben die Uberarbeitung bestehender Standards und die Erarbeitung neuer Sachgebiete zur Aufgabe.
Ziele des lASB/IASC sind (h. lASC-Satzung vom 24.5.2000): 1. Entwicklung eines einzigen gtiltigen Satzes an hochwertigen, verstandlichen und durchsetzbaren globalen Rechnungslegungsstandards im offentlichen Interesse, die zur Entscheidungshilfe fiir die Teilnehmer an den Kapitalmarkten der Welt und andere Nutzer zu hochwertigen, transparenten und vergleichbaren Finanzinformationen fuhren; 2. FQrderung der weltweiten Anwendung und Anerkeimung dieser Standards; 3. Konvergenz der nationalen Rechnungslegungsstandards mit den IAS zu hochwertigen Losungen.
Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
30
Als privater Vereinigung fehlt es dem lASC an der Kompetenz, die erarbeiteten Standards auch durchzusetzen. Deren Anwendung ist somit freiwillig und die Umsetzung ist hauptsachlich von den nationalen Mitgliedsorganisationen abliangig. Die Mitglieder des lASC iiaben sicli zur Einhaltung und Anwendung der IFRS verpfliciitet. Gleichwohl besitzt das lASC/IASB Iceine Autoritat, das Befolgen der lAS/IFRS zu erzwingen. Demzufolge muss sich eine Priifung und eine Ubernahme zur Anwendung in der EU durch eine Verordnung der EU-Kommission („Endorsement") anschliefien. Dies ist i.d.R. problemlos geschehen, mitunter mit Verzogemngen, selten unter Ausklammerung bestimmter Vorschriften (z.B. bei IAS 39).
Weiterfuhrende
Literatur:
Baetge, J./ Thiele, S./Plock,M.: Baetge, J./ Krumnow, J./Noelle J.: Barckow, A./ Grafer, H.: Bolin, M.:
Die Restrukturierung des International Accounting Standards Committee das lASC auf dem Weg zum globalen Standardsetter? - DB 2000, S. 1036f. Das „Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee" (DRSC), in: Der Betrieb 2001, S. 769 ff, Aktuelle Entwicklungen und Tendenzen in der Arbeit des International Accounting Standards Committee (lASC), DB 1997, S. 1189 ff. Das International Accounting Standards Committee: Aufgaben, Organisation und Perspektiven, WPg 1990, S. 482 ff Fuchs,M./Stibi, B.: IOSCO - SEC - EU-Kommission: Entscheidende Schritte auf dem Weg zu einer international anerkarmten Rechnungslegung, KoR 2000, S. 1 -9. Pellens, B./Fulbier, Internationale Rechnungslegung, 5. Auflage, Stuttgart 2004. R.U./Gassen, J. WoUmert, P./ Konzeptionelle Grundlagen der lAS-Rechnungslegung (Teil I), WPg 1997, Achleitner, A.-K.: S. 209 ff WoUmert, P./ Konzeptionelle Grundlagen der lAS-Rechnungslegung (Teil II), WPg 1997, Achleitner, A.-K.: S. 245 ff.
IV. Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses Lernziele: Der Leser soil Die einzelnen Bestandteile des Jahresabschlusses im Uberblick kennenlernen Steuerbilanz und Handelsbilanz unterscheiden lernen die relevanten Rechtsquellen und speziell den Aufbau des Handelsgesetzbuchs kennenlernen die wichtigsten Vorschriften zu den Rechnungslegungspflichten einschliefilich der Sanktionen bei Nichtbeachtung der Vorschriften erfahren die verschiedenen Phasen der Rechnungslegung bei einer Kapitalgesellschaft unterscheiden lernen.
Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
30
Als privater Vereinigung fehlt es dem lASC an der Kompetenz, die erarbeiteten Standards auch durchzusetzen. Deren Anwendung ist somit freiwillig und die Umsetzung ist hauptsachlich von den nationalen Mitgliedsorganisationen abliangig. Die Mitglieder des lASC iiaben sicli zur Einhaltung und Anwendung der IFRS verpfliciitet. Gleichwohl besitzt das lASC/IASB Iceine Autoritat, das Befolgen der lAS/IFRS zu erzwingen. Demzufolge muss sich eine Priifung und eine Ubernahme zur Anwendung in der EU durch eine Verordnung der EU-Kommission („Endorsement") anschliefien. Dies ist i.d.R. problemlos geschehen, mitunter mit Verzogemngen, selten unter Ausklammerung bestimmter Vorschriften (z.B. bei IAS 39).
Weiterfuhrende
Literatur:
Baetge, J./ Thiele, S./Plock,M.: Baetge, J./ Krumnow, J./Noelle J.: Barckow, A./ Grafer, H.: Bolin, M.:
Die Restrukturierung des International Accounting Standards Committee das lASC auf dem Weg zum globalen Standardsetter? - DB 2000, S. 1036f. Das „Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee" (DRSC), in: Der Betrieb 2001, S. 769 ff, Aktuelle Entwicklungen und Tendenzen in der Arbeit des International Accounting Standards Committee (lASC), DB 1997, S. 1189 ff. Das International Accounting Standards Committee: Aufgaben, Organisation und Perspektiven, WPg 1990, S. 482 ff Fuchs,M./Stibi, B.: IOSCO - SEC - EU-Kommission: Entscheidende Schritte auf dem Weg zu einer international anerkarmten Rechnungslegung, KoR 2000, S. 1 -9. Pellens, B./Fulbier, Internationale Rechnungslegung, 5. Auflage, Stuttgart 2004. R.U./Gassen, J. WoUmert, P./ Konzeptionelle Grundlagen der lAS-Rechnungslegung (Teil I), WPg 1997, Achleitner, A.-K.: S. 209 ff WoUmert, P./ Konzeptionelle Grundlagen der lAS-Rechnungslegung (Teil II), WPg 1997, Achleitner, A.-K.: S. 245 ff.
IV. Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses Lernziele: Der Leser soil Die einzelnen Bestandteile des Jahresabschlusses im Uberblick kennenlernen Steuerbilanz und Handelsbilanz unterscheiden lernen die relevanten Rechtsquellen und speziell den Aufbau des Handelsgesetzbuchs kennenlernen die wichtigsten Vorschriften zu den Rechnungslegungspflichten einschliefilich der Sanktionen bei Nichtbeachtung der Vorschriften erfahren die verschiedenen Phasen der Rechnungslegung bei einer Kapitalgesellschaft unterscheiden lernen.
Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
1. Komponenten des Jahresabschlusses (einschl. Steuerbilanz)
Gemsi13 5 242 Abs. 3 HGB bilden die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) den Jahresabschluss. Dies gilt jedoch nur fiir Einzeluntemehrnen und Personenhandelsgesellschaften. Kapitalgesellschaften haben nach 5 264 Abs. 1 HGB den Jahresabschluss um den Anhang zu enveitern sowie - mit Ausnahme der kleinen Kapitalgesellschaften - einen Lagebericht aufzustellen, der jedoch nicht zum eigentlichen Jahresabschluss gehort.
Definition:
I Unter einer Bilanz ist die Gegeniiberstellung der Vermogensgegenst b d e des Unternehmens und der zur Finanzierung eingesetzten Mittel, getrennt nach Mitteln der Untemehmenseigentiirner (Eigenkapital) und der Glaubiger (Fremdkapital bzw. Schulden), zu verstehen. Der jeweilige Jahresuberschuss gehort zum Eigenkapital, solan-
Die Posten auf der linken und der rechten Seite der Bilanz lassen sich unterschiedlich bezeichnen bzw. interpretieren:
1 Aktiva
Bilanz zum 31.12.01
I
Passiva 1
oder: Vermogen oder:
1 Finanzrnittelverwendung
Kapital (Eigenkapital; Schulden)
I
Finanzmittelherkunft I
oder: Finanzierung (zeitpunktbezogen; BestandsgroSe)
Investition (zeitpunktbezogen; Bestandsgr6Se)
b) Bilanzarten
I Konzern als Gesamtheit 1 svezielle aesetzliche Vor- 1 von Fall zu Fall Sonderbilanz. 2.B. ~erschmelzuh~sbilanz,ihriften Liquidationsbilanz, Konkursbilanz
-
Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
c) Steuerbilanz
Eine Steuerbilanz ist eine nach steuerrechtlichen Vorschriften aufgestellte Bilanz ( 5 60 Abs. 2 EStDV) zum Zwecke der Ermittlung der AusgangsgroSen fiir die ertragsteuerlichen Bemessungsgrundlagen. Zu den Ertragsteuern ztihlen die Einkommensteuer, die Korperschaftsteuer und die Gewerbeertragsteuer. Eine Verpflichtung zur Aufstellung einer Steuerbilanz gibt es allerdings nicht. In 5 60 EStDV wird lediglich die Einreichung einer Kopie des Jahresabschlusses, eines eventuell vorhandenen Lageberichts und Priifimgsberichts verlangt sowie die Anpassung einzelner Jahresabschlussposten an die strengeren steuerlichen Vorschriften, wobei Zusatze oder Anmerkungen ausreichen. Mit Ausnahme verschiedener steuerlicher Vergiinstigungen aus wirtschaftspolitischen Griinden sind die steuerrechtlichen Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften strenger als die handelsrechtlichen. Dies resultiert aus den unterschiedlichen Zielsetzungen von handelsrechtlichem und steuerrechtlichem Jahresabschluss. Wtihrend der handelsrechtliche die bereits beschriebenen Informationsziele der verschiedenen Interessengruppen gleichzeitig erfiillen soll und daher zwangslaufig Ermessensspielraume eingeraumt werden mussen, ist der steuerrechtliche Jahresabschluss an den allgemeinen Besteuerungsprinzipien auszurichten. Nach der "GleichmaDigkeit der Besteuerung" sollen gleiche wirtschaftliche Sachverhalte auch gleich besteuert werden, nach dem Prinzip der "objektivierten Gewinnermittlung" soll es so wenig Ermessensspielraum und Manipulationsfreiheit wie moglich fir den Bilanzierenden geben. Dem Steuerpflichtigen soll es nicht moglich sein, durch eine bestimmte Wahlrechtsausubung den Zeitpunkt der Steuerbelastung frei verschieben zu konnen. Bewertungswahlrechte werden in der Steuerbilanz demnach nur sehr eingeschrat gewi4-u-t. Die Einschrtinkungen bewirken generell, dass in der Steuerbilanz der Gewinn hoher, genauer gesagt zeitlich fitiher, ausgewiesen wird als in der Handelsbilanz. Beispiel:
Die LowTech GmbH erwarb zu Beginn des Jahres eine Frasmaschine, die Anschaffungskosten betrugen 10.000,- EUR plus USt. Unter Beachtung des technischen Fortschritts wurden Nutzungsdauer und Restwert geschatzt und der zustandige Bilanzbuchhalter entschied sich ftir eine geometrisch-degressive Abschreibung in Hohe von 30 % jahrlich vom jeweiligen Restbuchwert. Ohne Beriicksichtigung dieser Abschreibung betrug der Jahresiiberschuss 100.000 EUR. Aufgrund der teilweise strengeren steuerrechtlichen Vorschriften sind fir Zwecke der Steuerbilanz gegebenenfalls die Bilanzposten der Handelsbilanz zu korrigieren. Im Beispiel lie@der gewtihlte Abschreibungssatz oberhalb der nach $ 7 Abs. 2 EStG zulassigen absoluten Obergrenze von 20 %. Demzufolge ist nach $ 60 Abs. 2 EStDV die Position "Technische Anlagen und Maschinen", die hier nur die FrLmaschine enthalt, zu korrigieren.
I Wertansatz . . - . - in der . . -
1
Handelsbilanz handelsrechtlicher Jahresiiberschuss
1-
1
IWertansatz in der 7.000 EUR Steuerbilanz
1
1steuerrechtlicher
( 97.000 EURJJahresiiberschuss steuerlicher Mehrgewinn
I
I
I 8.000 EUR
1 98.000 EUR 1O . OO EUR
Hatte der Buchhalter sich handelsrechtlich fir einen Abschreibungssatz von 20 % entschieden, so ware keine Korrektur notig gewesen, da dieser Satz auch steuerrechtlichzulassig kt'. Sofem die Nutzungsdauer maximal 10 Jahre betragt (vgl. 5 7 Abs. 2 EStG und Kapitel B.III.3.a).
Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses Das Verhaltnis von handels- und steuerrechtlichen Wertansatzen zueinander lasst sich demnach wie folgt darstellen:
Handelsrechtlicher Jahresabschluss
Steuerrechtlicher Jahresabschluss
vom Handelsre
/
nur handelsrechtlic steuerrechtlich zwingend gebotene Wertansatze
I
'
Das Majlgeblichkeitsprinzip (vgl. Kapitel B.II.2) besagt, dass die Wertanslitze in der Handelsbilanz, gleichgiiltig, ob sie verpflichtend sind oder ob sie auf einer Wahlrechtsausubung beruhen, fiir die Steuerbilanz maljgeblich sind, also auch dort angesetzt werden mussen. $ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG verweist allgemein auf die handelsrechtlichen Grundsiitze ordnungsmfliger Buchfiihrung. Dies hat zumindest den praktischen Vorzug, dass die HGB-Vorschriften nicht nochmals im EStG aufgefiihrt werden miissen und fiihrt zu Ubereinstimmung der meisten Handels- und Steuerbilanzposten. Sind die handelsrechtlichen WertansZitze aufgrund der strengeren steuerrechtlichen Vorschriften nicht zulassig, so gehen fiir die Steuerbilanz die steuerrechtlichen Vorschriften vor. Dieser sog. Bewertungsvorbehalt des $ 5 Abs. 6 EStG stellt eine Durchbrechung des Maljgeblichkeitsprinzips dar und fiihrt zu voneinander abweichenden Handels- und Steuerbilanzen. Die Handelsbilanz muss fiir steuerliche Zwecke nicht korrigiert werden, sofern alle Wertansatze den (strengeren) steuerrechtlichen Vorschriften entsprechen. Man spricht dam von einer "Einheitsbilanz", da die Steuerbilanz mit der Handelsbilanz vollig ubereinstimmt. Kleinere Unternehmen bevorzugen oft die Einheitsbilanz, um den teilweise hohen Aufwand einer doppelten Bewertung z.B. der Vorrtite zu sparen. Die Konsequenz ist, dass der Jahresuberschuss in der Handelsbilanz h6her als ndtig ausgewiesen wird, woraus sich nur dann ein Nachteil ergibt, wenn die Anteilseigner daraus aus Sicht der Geschlftsleitung iiberzogene Ausschiittungswiinscheableiten. Die Ermittlung des steuerlichen Gewinns erfolgt also auf der Basis des Handelsrechts und der handelsrechtlichen Grundsatze ordnungsmfliger Buchfiihrung. Zusatzlich sind die steuerrechtlichen Vorschriften der $$ 5 - 7k EStG zu beachten. Die eigentliche formale Gewinnermittlung erfolgt nach $ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG durch den sog. Betriebsvermogensvergleich.
I
Betriebsvermogen am Ende des Wirtschaftsiahres 01
- ~etriebsvermGenam Ende des ~irtschaft&hres00 = Tlnterschiedsbetra~ -. . ...- .. . ..-- - ..- . .
I + Entnahmen - Einlagen
= Gewinn
1 I
5.000 EURI 4.000 EUR 1.000 . .. . EUR 500 EUR I
1
1.500 EUR
1
-
-
--
----
34
Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
Im steuerlichen Sinn versteht man (i.d.R.) unter Betriebsvermogen nicht etwa die Summe aller eingesetzten Vermogensgiiter (Bilanzsumme), sondern das Reinvermogen (Eigenkapital) des Betriebes. Die Veranderung des Reinvermogens im Laufe eines Jahres entspriclit aber nur dann dem tatsachlich erwirtschafteten Gewinn, wenn weder Uberfuhrangen von Geld, Sachgtitern, Dienstleistungen oder Nutzungen aus der betrieblichen in die private Sphare der Gesellschafter (=Entnaiunen) noch umgekehrt (=Einlagen) vorgenommen wurden. Entnalunen liormen nur bei Einzeluntemehmem und Personenhandelsgesellscliafiten vorkommen. Entnimmt ein Einzeluntemelmier im Jahr 01 z.B. einen Sessel im Wert von 500 EUR aus seinem Mobelgeschaft und verwendet ihn von da an in seinem privaten Wohnzimmer als Fernsehsessel, so hat dies eine Abnahme des Warenvorratsbestandes und damit - isoliert gesehen - bei unverandertem Fremdkapital eine Verringerung des Eigenkapitals, also einen Verlust, zur Folge. Anders ausgedrilckt: Die Vorratsverminderung wird zunachst als Wareneinsatz (Aufwand) interpretiert, dem keine Umsatzerlose gegentlberstehen, so dass der Gewinn entsprechend sinkt. Da der Vorgang sich nicht im betrieblichen Bereich, sondern als Entnahme in den privaten Bereich abgespielt hat, darf er aber den steuerpflichtigen Gewinn nicht um 500 verringem, sondern muss prinzipiell erfolgsneutral bleiben'. Die Abnahme des Betriebsvermogens um 500 EUR muss daher bei der Betriebsvermogensvergleichsrechnung durch die Hinzurechnung der Entnahme in Hohe von 500 EUR ausgeglichen werden. Der Buchungssatz lautet: BS.:
Privatentnahme an Erloskonto „Entnahmen von Gegenstanden" (Oder Wareneinkauf) an Umsatzsteuer gem. § 3 Abs. lb Nr. 1 UStG
580 EUR 500 EUR 80 EUR.
Damit erfolgt einerseits eine Verringerung des Eigenkapitals, andererseits wird in der Gewinn- und Verlustrechnung der aufgrund der Warenbestandsabnahme zu hoch ausgewiesene Wareneinsatz entweder direkt auf dem Wareneinkaufskonto oder indirekt auf einem Erloskonto ("Entnahmen von Gegenstanden" oder „UnentgeItliche Wertabgaben") korrigiert. Bei Einlagen ist die Uberlegung spiegelbildlich. Das beschriebene Verhaltnis zwischen handels- und steuerrechtlichem Jahresabschluss ist fur Unternehmen im Sinne von Gewerbebetrieben verschiedener Rechtsform, die allein in diesem Buch beriicksichtigt werden sollen, der Normalfall. Gewerbetreibende, die keine Kaufleute sind (z.B. kleine Handwerksbetriebe), Betriebe der Land- und Forstwirtschaft sowie selbstandig Tatige (z.B. Freiberufler) sind nach Handelsrecht nicht verpflichtet, eine Buchfuhrung zu betreiben und einen Jahresabschluss zu machen. Da § 141 AO auch Kleingewerbetreibende (Nicht-Kaufleute), die eine gewisse GroBe (vgl. Kapitel A.III.2.a) iiberschreiten, zur Buchfuhrung und zum Abschluss verpflichtet, sind diese allein den steuerrechtlichen Vorschriften unterworfen und brauchen den Verweis auf das Handelsrecht in § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG nicht zu beachten. Die Gewinnermittlung erfolgt durch Betriebsvermogensvergleich gemaB § 4 Abs. 1 EStG. Alle ubrigen, die weder zur Buchfuhrung und zum Abschluss verpflichtet sind noch Btlcher freiwillig fuhren, mtissen zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer eine sog. Einnahme-Uberschussrechnung gemaB § 4 Abs. 3 EStG durchfiihren, die grundsatzlich auf dem Zufluss-ZAbflussprinzip des S 11 EStG basiert.
' Es entsteht nur dann eine Gewinnauswirkung, wenn sich der Einkaufspreis der entnommenen Ware zwisclien dem Einkaufstag und dem Tag der Entnahme verandert hat (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG).
Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
35
d) Gewinn- und Veriustrechnung Definition: In einer Gewinn- und Veriustrechnung (GuV) werden Ertrage und Aufwendungen des Untemehmens in einer Periode (Zeitraumrechnung) einander gegentibergestellt und damit die Quellen des Periodenerfolges ausgewiesen. Der Jahresuberschuss erscheint auf der Aufwandsseite und stimmt aufgrand des Prinzips der doppelten Buchflihrung mit dem in der Bilanz ausgewiesenen Jahresuberschuss iiberein. Gewinn- und Veriustrechnung fiir das Jahr 01 Aufwendungen Ertrage Jahresuberschuss (Saldo) Fiir Kapitalgesellschaften ist diese Kontoform der Gewinn- und Veriustrechnung nicht zulassig, nach § 275 Abs. 1 HGB miissen sie die GuV in Staffelform, d.h. alle Posten untereinander angeordnet, aufstellen (vgl. Kapitel C.I.2.)
e) Anhang Kapitalgesellschafiten sind nach § 264 Abs. 1 HGB verpflichtet, zusatzlich einen Anhang zu erstellen, der ebenfalls zum Jaliresabschluss gehort. Zweck des Anhangs ist es, soweit notig, die Erfiillung der Generalnorm zu verbessem (§ 264 Abs. 2 Satz 2 HGB). Sollten also die Einzelvorschriften nicht zu einem - unter Beachtung der Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfulirung - den tatsachlichen Verhaltnissen entsprechenden Bild der Unternehmenslage fuhren, so sind hier zusatzliche Angaben zu machen. Diese umfassen Erlauterungen zu Posten von Bilanz und Gewinn- und Veriustrechnung, aber auch zusatzliche Informationen. SchlieBlich besteht fiir eine Reihe von Angaben eine Wahlmoglichkeit des Ausweises in Bilanz bzw. Gewinn- und Veriustrechnung oder im Anhang. Beispiele zu Anhansvorschriften: • Gemafi § 284 Abs. 2 Nr. 1 HGB sind im Anhang die angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden anzugeben, um bei entsprechenden Wahlrechten dem extemen Bilanzleser eine tendenzielle Beurteilung der Darstellung der Ertrags- und Vermogenslage zu ermoglichen. • § 285 Nr. 3 HGB verlangt die Angabe des Gesaratbetrags der sonstigen finanziellen Verpflichtungen, die nicht aus der Bilanz hervorgehen, sofem diese Angabe zur Erfiillung der Generalnorm (Finanzlage) von Bedeutung ist. Neben den beiden Hauptvorschriften zum Anhang § 284 (Erlauterungen) und § 285 (erganzende Angaben) gibt es im dritten Buch des HGB an zahlreichen Stellen einzelne Anhangvorschriften, die spater im Zusammenhang mit den jeweiligen Bilanzposten erortert werden. Das Gesetz differenziert nach verschiedenen Arten von Anhang-Informationen: * Angabe * Aufgliederung * Darstellung * Erlauterung * Begrundung.
Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
Da diese Informationspflichten zum Teil nicht sehr konkret sind, kommt es auf die Informationsbereitschaft d& Unternehmens und die Auffassung und Durchsetzungskraft des Wirtschaftspriifers an, ob dem Bilanzleser informative oder nur verschwommene Informationen gegeben werden (vgl. Kapitel C.11.). f ) Lagebericht
Der Lagebericht gehort nicht zum Jahresabschluss. Er ist ein globales Informations- und Rechenschaftsinstrurnent iiber den tatsachlichen Geschaftsverlauf und die voraussichtliche Entwicklung des Unternehmens (5 289 HGB; vgl. Kapitel C.IV.). Er muss nur von mittelgroljen und groljen Kapitalgesellschaften ( 5 264 Abs. 1 Satz 3 HGB) und von Gesellschaften, die dem Publizitatsgesetz (§ 5 Abs. 2 PublG) unterliegen, aufgestellt werden.
2. Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
In der folgenden ~bersichtist der Aufbau des hier zu behandelnden dritten Buches "Handelsbiicher" des HGB gezeigt.
Vgl. Kapitel A.IV.3.
Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
Der folgende dritte Abschnitt des dritten Buches enthalt ergazende Vorschriften fiir eingetragene Genossenschaften ($§ 336-339), der vierte Abschnitt ergiinzende Vorschriften fiir Kreditinstitute ($9 340-3400) und Versicherungsunternehmen ($$341-341p), der fiinfte Abschnitt Vorschriften uber ein privates Rechnungslegungsgremiurn sowie einen Rechnungslegungsbeirat ($9 342 u. 342a) und der sechste Abschnitt Vorschriften uber eine privatrechtlich organisierte Priifstelle ftir Rechnungslegung. Der Schwerpunkt dieses Lehrbuches liegt auf der Behandlung der ersten beiden Abschnitte des HGB und der grundlegenden internationalen Standards (IFRS). Der erste Abschnitt des HGB hat Geltung fiir alle Kaufleute, also fiir Einzelkaufleute, Personenhandels- und Kapitalgesellschaften. Der zweite Abschnitt enthalt nur ftir Kapitalgesellschaften zus&tzliche, strengere Vorschriften zum Jahresabschluss und zum Lagebericht. Die strengeren Vorschriften sind dadurch begriindet, dass aufgrund des grol3eren Interesses der ~ffentlichkeit an den (meist groBen) Kapitalgesellschaften eine Veroffentlichungspflicht des Jahresabschlusses und des Lageberichts ftir alle Kapitalgesellschaften gesetzlich verankert ist. Damit der externe Bilanzleser sich in diesen Fallen auch ein Bild der tatslchlichen Verhaltnisse des Unternehmens (vgl. 264 Abs. 2 HGB) machen kann, miissen die Wahlmoglichkeiten bei der Bilanzierung und Bewertung entweder eingeschrhkt bzw. ganz aufgehoben werden oder die Wahlmoglichkeiten bleiben bestehen und die tatsachliche Wahlrechtsausiibung muss erlautert und begriindet werden. Andernfalls wiirde der Bilanzleser bei der Beurteilung der Unternehmenslage leicht in die Irre gefiihrt werden kbnnen. Die Jahresabschlussvorschriften des HGB sind in zwei Gruppen unterteilt, n h l i c h in die Ansatzvorschriften und in die Bewertungsvorschriften. Die Ansatzvorschriftn (auch Bilanzierungsvorschriften i.e.S. bezeichnet) regeln die Frage, ob ein bestimmter Tatbestand als Bilanzposten angesetzt werden muss, darf oder nicht darf. Dagegen geht es bei den Bewertungsvorschrqten um die Frage, in welcher Hohe ein Bilanzposten auszuweisen ist oder ausgewiesen werden kann.
Merke:
lam ausgewiesen werden muss oder darf regeln sie, mit welchem Wert dieser aGeoder nicht darf. setzt werden muss oder darf. Frage: Ja oder nein? Muss oder darf? Frage: In welcher Hohe? Wie?
b) Rechnungslegungspflichtenfur alle Kaufleute Buchfiihrungspflicht nach GOB 9 238 Abs. 1 HGB 6 240 Abs. 1 u. 2 HGB laufende Erstellung eines Inventars1
4 242 Abs. 1 HGB 242 Abs. 2 HGB $ 242 Abs. 3 HGB fj
laufende Erstellung von E r i S f h g s - und Schlussbilanzen laufende Erstellung einer Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) Die Bilanz und die G u y bilden den Jahresabschluss I
Ein Inventar ist ein Verzeichnis aller einzelnen Vem6gensgegenstilnde und Schulden des Unternehmens nach Mengen und Werten, wtlhrend die Bilanz nur die Werte bestimmter Gruppen von Vemogensgegenstilnden und Schulden enthtilt (vgl. Kapitel A.V.).
Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
4 243 Abs. 1 HGB 4 243 Abs. 3 HGB 6 140 A 0 6 141 A 0
Aufstellung des Jahresabschlusses nach den Grundsiitzen ordnungsmZiaiger Buchfiihrung (GOB) Der Jahresabschluss ist innerhalb der einem ordnungsmtd3igen Geschiftsgang entsprechenden Zeit aufmtellen. steuerlich relevante Buchfiihrungs- und AufzeichnunasvflichI ten nach anderen Gesetzen geltenauch steuerrechtlich- l steuerliche Buchfiihrunesuflicht fiir Kleingewerbetreibende 1 mit einem Umsatz von &hr als 350.000 EUEu.a. oder einem I Gewinn aus Gewerbebetrieb von mehr als 30.060 EUR p.a.
I
I
Dariiber hinaus enthalten die Vorschriften 5 257 HGB und § 147 A 0 zu Dokumentationszwecken weitgehend ubereinstimmende AuJbewahrungspjlichten und -fristen. Danach sind folgende Unterlagen aufzubewahren:
Jahresabschlusse, IFRS-Einzelabschlusse Lageberichte, Konzernabschliisse, Konzernlageberichte sowie die zu deren Verstiindnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen 2. Empfangene Handels- oder Geschiiftsbriefe 3. Wiedergaben der abgesandten Handels- oder Geschaftsbriefe 4. Buchungsbelege 5. Sonstige fiir die Besteuerung bedeutsame Unterlagen (nur nach 4 147 Abs. 1 AO)
10 Jahre 6 Jahre 6 Jahre 10 Jahre
6 Jahre
Gemafl 5 257 Abs. 3 HGB und 5 147 Abs. 2 A 0 ist es unter bestimmten Voraussetzungen zulassig, alle Unterlagen aul3er den Eroffnungsbilanzen, den Abschlussen und den Konzernjahresabschliissen auch als Mikrofilm, Mikrofiche oder auf anderen Datentragern aufzubewahren.
c) Besondere Rechnungslegungspflichten fur Kapitalgesellschaften Die zusMzlichen oder gegeniiber den allgemeinen Regelungen modifizierten bzw. verscharften Rechnungslegungspflichten ftir Kapitalgesellschaften sind in der folgenden Ubersicht zusammengefasst:
I4
abschlusses (Bilanz, GuV, Anhang) und einesp Lageberichts 264 Abs. 2 HGB Der Jahresabschluss hat unter Beachtung der GOB ein den tatsiichlichen Verhitltnissen entsprechendes Bild der Verm6~ens-.Finanz- und Ertranslage
Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
39
Nach jahrelangem Streit zwischen den EU-Partnern, insbesondere um die Offenlegungspflicht der GmbH&Co KG, wurde die sog. GmbH&Co-Richtlinie beschlossen und durch das Kapitalgesellschai^en und Co-Richtlinie-Gesetz (KapCoRiLiG) in nationales Recht transformiert. Seit 1.1.2000 haben nach § 264a HGB auch Untemehmen mit der Rechtsform einer „Kapitalgesellschaft und Co" die strengeren Rechnungslegungspflichten fiir Kapitalgesellschaften (unter Berucksichtigung der Besonderheiten des § 264c HGB) zu beachten, sofern keine natilrliche Person personlich haftender Gesellschafter ist. Obwohl diese Gesellschaften - am verbreitetesten ist die GmbH&Co KG - formal Personenhandelsgesellschaften sind, ist ihr Haftungskapital wie bei den Kapitalgesellschaften faktisch beschrankt, wenn die Kapitalgesellschaft imierhalb der Kap&Co der einzige Vollhafter ist. Da insbesondere die Rechtsform der GmbH&Co KG ganz uberwiegend nur von kleinen und mittleren Gesellschaften gefiihrt wird, sind in diesem Zusammenhang aber auch die Erleichterungen beziiglich der Aufstellung und Offenlegung des Jahresabschlusses fur kleine und mittelgroBe Kapitalgesellschaften und die erfolgte Anhebung der sog. Schwellenwerte (GroBenklassengrenzen nach § 267 HGB) zu wtirdigen. In § 264b HGB wird die Verscharfiing der Rechnungslegungsvorschriften durch § 264a HGB wieder zuriickgenommen, sofern eine solche Kap&Co in den Konzemabschluss eines in der EU ansassigen Mutterunternehmens einbezogen ist, d.h. es gelten dann fiir den Einzelabschluss der Kap&Co die Vorschriften fiir Personenhandelsgesellschaften. Ist eine Kapitalgesellschaft nach §§ 290-315 HGB in den Konzemabschluss eines Mutterunternehmens mit Sitz im Inland einbezogen, braucht sie ebenfalls ihren Einzelabschluss nur nach den Vorschriften fiir Einzeluntemehmen und Personenhandelsgesellschaften aufzustellen, sofern alle Gesellschafter dem zustimmen, die Muttergesellschaft zur Verlustiibernahme verpflichtet ist und entsprechende Anhangangaben und Veroffentlichungen erfolgen (§ 264 Abs. 3 HGB). Kapitalgesellschaften werden im HGB in drei Grofienklassen eingeteilt, in kleine, mittelgroBe und groBe Kapitalgesellschaften (§ 267 HGB). Die Einordnung eines Unternehmens in eine der drei GroBenklassen erfolgt anhand der drei Kriterien Bilanzsumme, Umsatzerlose und Zahl der Arbeitnehmer (vgl. die Ubersicht am Ende dieses Kapitels). Kapitalgesellschaften, deren Aktien oder andere von ihr ausgegebene Papiere an der Borse gehandelt werden, gelten stets als groBe Kapitalgesellschaften (§ 267 Abs. 3 HGB). Die GroBenklasse hat Bedeutung fur die Gliederung, die Priifungspflicht, die Veroffentlichungspflicht und die zu beachtenden Fristen. Das sog. Publizitdtsgesetz enthalt femer die Verpflichtung fiir Einzeluntemehmen, Personengesellschaften, Stiftungen u.a., die eine bestimmte erhebliche GroBe uberschreiten, den groBten Teil der Rechnungslegungs-, Priifungs- und Offenlegungspflichten groBer Kapitalgesellschaften zu beachten'. Damit soil der Wunsch der interessierten Offentlichkeit und anderer Grappen (vgl. Kapitel A.1.3) nach Veroffentlichung der Jahresabschlilsse groBer Gesellschaften erfiillt werden. Eine solche Publizitatspflicht ist nur sirmvoll, wenn auch die Rechnungslegung den strengen Vorschriften groBer Kapitalgesellschaften folgt und eine Abschlussprufung durchgefiihrt wird.
' § 3 des Gesetzes ilber die Rechnungslegung von bestimmten Untemehmen und Konzemen (sog. Publizitatsgesetz) regelt den genauen Gehungsbereich. Die GroBenicategorien gemali § 1 PublG enthalt die Ubersicht am Ende dieses Kapitels.
40
Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
d) Schritte der Rechnungslegung von Kapitalgesellschaften Die Rechnungslegung der Kapitalgesellschaften vollzieht sich in mehreren, genau festgelegten Schritten, die auch das Ablaufdiagramm auf den folgenden beiden Seiten deutlich machen soil. (1) Die Aufstelluns des Jahresabschlusses (§ 264 Abs. 1 HGB) erfolgt durch die Geschaftsfiihrung bzw. den Vorstand. Es gibt gewisse Erleichterungen fiir kleine und mittlere Kapitalgesellschaften. So brauchen kleine Kapitalgesellschaften gemaB § 266 Abs. 1 Satz 3 HGB nur eine verktirzte Bilanz aufzustellen, und konnen auf die Aufstellung des Anlagenspiegels, des Lageberichts und einer Reihe von Sonderausweise und Erlauterungen im Anhang verzichten (§§ 274a, 276 Satz 2 und 288 Satz 1 HGB). AuBerdem dtirfen kleine und mittelgroBe Kapitalgesellschaften die ersten 5 Positionen der Gewinn- und Verlustrechnung zu einem Posten "Rohergebnis" zusammenfassen (§ 276 HGB). Bel Personenhandelsgesellschaften sind die personlich haftenden Gesellschafter (Vollhafter) fur die Erstellung des Jahresabschlusses verantwortlich (§ 242 HGB i.V.m. § 125 ff. HGB), bei Einzelunternehmen der Einzelkaufmann selbst. (2 )Jahresabschlussvrufuns (siehe die Ausfuhrungen auf den folgenden Seiten). (3) Feststelluns des Jahresabschlusses bedeutet, dass der Jahresabschluss fiir rechtsverbindlich erklart wird. Bei einer Aktiengesellschaft geschieht dies regelmaBig durch den Vorstand und den Aufsichtsrat (§§ 171 und 172 AktG), im Ausnahmefall allein durch die Hauptversammlung (§ 173 AktG). Bei der GmbH erfolgt die Feststellung durch die Gesellschafter, ebenso wie auch bei alien anderen Rechtsformen. (4) Die Ersebnisverwenduns erfolgt bei Aktiengesellschaften zweistufig. Vorstand und Aufsichtsrat dtirfen, sofern sie den Jahresabschluss feststellen, bis zu 50 % (oder laut Satzung einen hoheren Anteil, bei nicht-borsermotierten AG's auch einen geringeren Anteil) des Jahresiiberschusses thesaurieren. Die Hauptversammlung beschlieBt tlber die Verwendung des verbleibenden Bilanzgewinnes (§ 58 Abs. 2 AktG; vgl. Kapitel B.VI.2.). Bei GmbH's haben die Gesellschafter Anspruch auf den Jahresiiberschuss, soweit laut Gesetz, Satzung oder Gesellschafterbeschluss nicht eine Einbehaltung vorgesehen ist (§ 29 GmbHG). Erganzend sei erwahnt, dass die Gewinnverteilung bei Personenhandelsgesellschaften gesetzlich in §§ 121 u. 168 HGB festgelegt ist, sie kann aber im Gesellschaftsvertrag davon abweichend geregelt sein. Die Entnahmemoglichkeiten betragen bei OHG-Gesellschaftem und Komplementaren 4 % des Kapitalanteils, ein dariiber hinausgehender Gewiimanteil karm nur darm entnommen werden, wenn "es nicht zum offenbaren Schaden der Gesellschaft gereicht" (§ 122 Abs. 1 HGB). Weitere Entnahmen sind nur mit Zustimmung der iibrigen Gesellschafter zulassig (§ 122 Abs. 2 HGB). Dagegen hat der Kommanditist nur Anspruch auf Auszahlung seines Gewinnanteils, und auch dies nur, weim sein Kapitalanteil nicht durch Verlustanteile unter seine geleistete Einlage gesunken ist (§ 169 Abs. 1 HGB). (5) Offenlesuns (siehe die Ausfilhrungen weiter unten).
Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
Ablauf der Rechnun slegung inzelabschluss) bei grollen Ahiengesegchrften
Lhrsssbschlussa nd Lagebmichtcr duroh&w Abrcblwpmfe, mii
-ci.sb
schr8nltan odor o h m Betlltigungsvolmuk
(5% 316-324HGB)
1
Der I.hrrubchluss Lit
(**G
1
Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
Ablauf der Rechnungslegun (Einzelabschluss) bei grolen ~ktienges&schaften
Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
Auf die Phasen "Jahresabs~hlusspriifung~~ und "Offenlegung" soll im Folgenden noch etwas naher eingegangen werden.
Jahresabschlussuriifuna: Priifimgspflichtig sind nur mittelgrolje und grolje Kapitalgesellschaften sowie diejenigen Einzelunternehmen und Personenhandelsgesellschaften, die dem PublizitMsgesetz unterliegen (4 6 i.V.m. 9 1 PublG), nicht jedoch kleine Kapitalgesellschaften (9 316 Abs. 1 HGB). Obiekte der Priifung sind gemi-8
5 316 Abs. 1 HGB sowie $9 5 und 6 PublG:
der Lagebericht die Buchfiihrung und, falls die Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses (9 290 HGB) besteht, gemalj § 3 16 Abs. 2 HGB und § 14 PublG:
I
der Konzemlagebericht
I
Zielsetzuna der Priifunp: Nach 8 3 17 Abs. 1 u. 2 HGB soll gepriift werden, "ob die gesetzlichen Vorschriften und sie erg&ende Bestimmungen des ~esellschaftsvertra~s oder der Satzung beachtet worden sind" und ob zudem der Lagebericht mit dem Jahresabschluss (ggf. auch mit dem Einzelabschluss nach IFRS gems 9 325 Abs. 2a HGB) in Einklang steht und ein zutreffendes Bild von der Unternehmenslage sowie von Chancen und Risiken der zukiinftigen Entwicklung zeichnet. Auljerdem ist bei Konzernabschlussen zu priifen, ob die Vorschriften zum Konzernabschluss beachtet sind. Die Priifung ist so anzulegen, dass bei gewissenhafter Berufsausubung auch Unrichtigkeiten und Verstolje gegen gesetzliche Bestimmungen, Satzung bzw. Gesellschaftsvertrag erkannt werden. Bei AGs, deren Aktien amtlich notiert werden, muss der Abschlusspriifer auljerdem beurteilen, ob der Vorstand das nach § 91 Abs. 2 AktG geforderte Risikomanagement zur Friiherkennung Existenz gefahrdender Entwicklungen in geeigneter Form getroffen hat und ob das danach einzurichtende ijberwachungssystem (,,interne Revision") seine Aufgaben efillen kann (6 317 Abs. 4 HGB). Wahl des Abschluss~riifers: Der Abschlusspriifer wird gemalj ilj 3 18 Abs. 1 HGB von den Gesellschaftern gewahlt, bei einer GmbH kann die Satzung eine andere Regelung vorsehen. Die Wahl soll vor Ablauf des zu priifenden Jahres erfolgen. Abschlusspriifer kann ein Wirtschaftspriifer (WP) oder eine Wirtschaftspriifimgsgesellschaftsein, im Falle mittelgroljer GmbH oder mittelgroljer Kap&Co i.S.d. 8 264a Abs. 1 HGB auch ein vereidigter Buchpriifer oder eine Buchprii-
44
Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
fongsgesellschaft (§319 Abs. 1 HGB). Der Abschlusspriifer ist grundsatzlich zur Teilnahme an der Qualitatskontrolle nach § 57a der Wirtschaftspriiferordnung verpflichtet. Liegen Grilnde vor, nach denen die Besorgnis der Befangenheit des Wirtschaftsprufers oder vereidigten Buchpriifers besteht, so darf dieser nicht Abschlusspriifer sein'. Dies ist i.d.R. aus der Sicht eines sachiiundigen und informierten Dritten zu beurteilen und ist bei Beziehungen geschaftlicher, fmanzieller oder personlicher Art der Fall (§ 319 Abs. 2 HGB). § 319 Abs. 3 HGB verbietet in bestimmten Fallen dem Wirtschaftspriifer die Prtifung einer bestimmten Gesellschaft, namlich u.a. wenn er oder ein Berufspartner oder ein Ehe- oder Lebenspartner (Satz 2) oder eine von ihm bei der Priifung beschaftigte Person (Nr. 4) direkt oder indirekt Anteile oder andere nicht nur unwesentliche finanzielle Interessen (z.B. Schuldverschreibungen, Optionen) an der zu priifenden Gesellschaft besitzt (Nr. 1) gesetzlicher Vertreter (Geschaftsfilhrer, Vorstand) oder Aufsichtsratsmitglied oder Arbeitnehmer der zu prufenden Gesellschaft ist oder eine dieser Funktionen in einem Unternehmen ausilbt, das mit dem zu prufenden verbunden ist oder mehr als 20 % der Anteile daran besitzt (Nr. 2) bei der Buchfuhrung oder der Aufstellung des Jahresabschlusses oder verantwortlich bei der intemen Revision mitgewirkt hat, Unternehmensleitungs-, Finanzdienstleistungen oder nicht nur unwesentliche versicherungsmathematische oder Bewertungsleistungen erbracht hat, Geschafltsflihrer, Vorstand, Aufsichtsratsmitglied, Gesellschafter (mit mehr als 20% der Stimmrechte) oder Arbeitnehmer einer Gesellschaft ist, die eine dieser Tatigkeiten ausubt (Nr. 3) in den letzten 5 Jahren jeweils mehr als 30 % der Gesamteinnahmen aus seiner beruflichen Tatigkeit von dieser Gesellschaft und von Untemehmen, an denen die Gesellschaft mehr als 20 % der Anteile besitzt, erzielt hat und dies fiir das laufende Geschaftsjahr wieder zu erwarten ist. Fiir die Priifung von Unternehmen, die einen organisierten Markt^ in Anspruch nehmen und daher von offentlichem Interesse sind, gelten zwecks Verbesserung des Anlegervertrauensschutzes zusatzlich die in § 319a HGB geregelten besonderen Ausschlussgrilnde. Danach ist ein Wirtschaftsprufer von der Abschlussprufung eines solchen „kapitalmarktorientierten" Unternehmens ausgeschlossen, wenn er oder sein Berufspartner in den letzten 5 Jahren jeweils mehr als 15 % der Gesamteinnahmen aus seiner beruflichen Tatigkeit von dieser Gesellschaft und von Unternehmen, an denen die Gesellschaft mehr als 20 % der Anteile besitzt, erzielt hat und dies flir das laufende Geschaftsjahr wieder zu erwarten ist (Nr. 1) in dem zu prufenden Geschaftsjahr Rechts- oder Steuerberatungsleistungen erbracht hat, die uber das Aufzeigen von Gestaltungsalternativen hinausgehen und die sich auf die Darstellung der Vermogens-, Finanz- und Ertragslage in dem zu prufenden Jahresabschluss unmittelbar und nicht nur unwesentlich auswirken (Nr. 2) in dem zu prufenden Geschaftsjahr an der Entwicklung, Einrichtung und Einfuhrung von Rechnungslegungsinformationssystemen nicht nur unwesentlich mitgewirkt hat (Nr. 3) den Bestatigungsvermerk (§ 322) bereits in 7 oder mehr Fallen gezeichnet hat, es sei denn, seit seiner letzten Beteiligung an der Priifung dieses Unternehmens sind mindestens 3 Jahre vergangen, Der Ausschluss gilt ggf fur die Wirtschaftspriifungsgesellschaft, die einen solchen Wirtschaftsprufer beschaftigt (Nr. 4). ' Die Ausschlussgrilnde wurden durch das Bilanzrechtsreformgesetz vom 10.12.2004 erweitert und verscharft. Die erstmalige Anwendung der Neuregelungen ist gestaffelt teils zum 1.1.2005, teils zum 1.1.2006 und zum 1.1.2007 (vgl. Art: 58 Abs. 4 EGHGB). ^ Ein organisierter Markt i.S.v. § 2 Abs. 5 des Wertpapierhandelsgesetzes liegt vor, wenn der Markt von staatlich anerkannten Stellen geregelt und uberwacht wird, regelmaBig stattfmdet und fur das Publikum unmittelbar oder mittelbar zuganglich ist.
Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
45
Die Abberufung eines bestellten Abschlusspriifers kann innerhalb von zwei Wochen nach seiner Wahl von den gesetzliclien Vertretern der Gesellscliaft, vom Aufsiclitsrat oder Aktionaren, die zusammen mindestens 5 % des Gmndkapitals oder mindestens Aktien im Borsenwert von 500.000 EUR besitzen, beantragt werden. Das Gericht bestellt einen anderen Abschlussprilfer, wenn z.B. die Gefahr einer Befangenlieit des gewahlten Priifers besteht (§318 Abs. 3HGB). Diese Auswahlvorschriften des Wirtschaftspriifers entbeliren nicht einer gewissen Brisanz. Sie zielen darauf ab, Abhangigkeiten zwischen Prilfer und Prilfling sowie Befangenheit durch Prtifung des vom Prufer selbst erstellten Jahresabschlusses zu vermeiden. Fraglich ist, ob die oben aufgefiihrten Vorschriften ausreichen bzw. ob sie eng genug ausgelegt werden. Ausgelost durch die spektakularen Unternehmenskrisen und Bilanzskandale der letzten Jahre sind die Ausschlussvorschriften schon mehrfach, zuletzt durch das Bilanzrechtsreformgesetz ab 1.1.2005, verscharft worden. Leider wurde die Rechts- oder Steuerberatung durch einen Mitarbeiter immer noch nicht als Ausschlussgrund fur die gesamte Wirtschaftsprufungs(schwester)gesellschaft gewertet. In der Praxis wird die Abgrenzung gegeniiber „dem Aufzeigen von Gestaltungsalternativen" Probleme bereiten. AuBerdem haben Wirtschaftspriifungsgesellschaften oftmals eine (eventuell rechtlich selbstandige) Steuerberatungsabteilung oder Wirtschaftspriifer in ihrer Sozietat auch Steuerberater, die die zu priifende Gesellschaft steuerlich beraten und somit auch an der Erstellung des Jahresabschlusses mitwirken'. Auch wenn der Steuerberater nicht an der Prilfung teilnimmt, so ist doch der Verdacht einer nicht objektiven Prufung nicht ganz abwegig. Die einnahmenbezogene Abhdngigkeitsgrenze ist ab 1998 von 50% auf 30% und ab 2005 auf 15% der Einnahmen des Wirtschaftspriifers herabgesetzt worden, was zu begrilBen ist. Die Herabsetzung auf 15% gilt allerdings nur bei zu priifenden Unternehmen von offentlichem Interesse. In den iibrigen Fallen wurde die 30%-Grenze beibehalten, die wirtschaftliche Existenz mittelstandischer Wirtschaftspriifer ist offenbar schtitzenswerter als die der Gesellschafter, Glaubiger und Mitarbeiter des Unternehmens. Auch bei einem Einnahmenanteil von 10-15 % (bzw. 25-30 %>) wird es einem Wirtschaftspriifer nicht leicht fallen, den seiner Uberzeugung nach handelsrechtlich unzulassigen bilanzpolitischen Wiinschen der ihn bezahlenden zu priifenden Gesellschaft zu widerstehen. Auch der seit 1998 geltende Zwang zum Wechsel des Wirtschaftspriifers nach 7 Jahren zur Vermeidung personlicher Befangenheit geht in die richtige Richtung. Allerdings ist es zulassig, dass eine Schwester-Wirtschaftspriifungsgesellschaft den Priifungsauftrag weiterfiihrt und nach mindestens 3 weiteren Jahren („Cooling-off-Period") die vorige Priifungsgesellschaft wieder beauftragt wird. Auch gentigt eine Rotation der verantwortlichen Priifungsleiter ohne Veranderung der iibrigen priifenden Personen derselben Wirtschaftspriifungsgesellschaft. Eine Anderung des Systems in dem Sirme, dass die priifungspflichtigen Gesellschaften Einzahlungen in einen bundesweiten Fonds leisten mussten und ein turnusmaBiger Wechsel zu einem wirtschaftlich vom bisherigen Priifer unabhangigen vmd Abschlusspriifer zwingend ware, ist sicherlich iiberlegenswert^.
Vgl. OLG Karlsruhe 23.11.1995 (Rev. eingelegt), DB 1995, S. 2514, das zwar nicht die reine steuerberatende Tatigkeit, aber jegliche darilber hinausgehende Einflussnahme auf den Jahresabschluss als Ausschlussgrund nach § 319 Abs. 2 Nr. 5 HGB ansieht. ^ Ein Schritt in diese Richtung ist seit 1.7.2005 als Deutsche Prilfstelle fur Rechnungslegung realisiert. Vgl. KapitelA.III.l.d).
46
Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
Priifunesbericht und Bestdtisunssvermerk: Die Priifungsergebnisse muss der Wirtschaftsprtifer gemafi § 321 HGB in einem Prufungsbericht zusammenstellen. Durch Erweiterung und Verscharfung der Priifung seit 1998' soil in Zukunft moglichst verhindert werden, dass - wie in der Vergangenheit nicht selten geschehen - gepriifte Unternehmen nach jahrelangen betriigerischen Manipulationen ("Luftgeschaften", Bilanzfalschungen, Subventionsbetrug etc.) insolvent werden. Im Priifungsbericht ist z.B. vorweg zum Lagebericht, insbesondere zur Beurteilung des Fortbestands und der kilnftigen Entwicklung des Unternehmens durch die gesetzlichen Vertreter vom Priifer Stellung zu nehmen. AuBerdem ist darzustellen, ob Unrichtigkeiten oder VerstoBe gegen gesetzliche Vorschriften oder den Gesellschaftsvertrag bzw. die Satzung festgestellt worden sind oder Tatsachen, die die Existenz des Unternehmens gefahrden bzw. seine Entwicklung wesentlich beeintrachtigen konnen. Im Hauptteil des Pmfungsberichts ist darzulegen, ob die Buchfiihrung sowie Einzel- und Konzernabschluss mit dem jeweiligen Lagebericht den gesetzlichen Vorschriften und den Satzungsbestimmungen entsprechen, ob der Abschluss unter Beachtung der GoB und „sonstiger maBgeblicher Rechnungslegungsgrundsatze" (wie DRS und/oder IFRS) der Generalnorm entspricht und ob die Gesellschaft die verlangten Nachweise und Aufklarungen erbracht hat. In der Praxis lauft dies so ab, dass vom Priifer ein "Management Letter" ("Meckerliste") erstellt wird, der alle festgestellten kleineren Mangel enthalt, auf deren Korrektur verzichtet wird. Diese beeinflussen das Priifungsergebnis insgesamt nicht negativ, sollen aber beim nachsten Abschluss vermieden werden. Gravierendere Differenzen werden bereits wahrend der Priifung mit den Geschaftsfiihrem bzw. dem Vorstand besprochen und miissen, sollte es keine iiberzeugende Begriindung dafiir geben, geandert werden. Wenn notig sind die einzelnen Posten des Jahresabschlusses aufzugliedern und zu erlautern. Das Ergebnis der Priifung des internen Frilhwarn- und Uberwachungssystems ist ggf unter Angabe von Verbesserungsvorschlagen darzulegen. Die bisherige gesetzlich festgelegte Formulierung des Bestdtigungsvermerks (sog. Formeltestat) hat sich nicht bewahrt, da die Moglichkeit der Erganzung und Einschrankung zu wenig wahrgenommen wurde, und wurde durch das KonTraG abgeschafft. Der Bestatigungsvermerk (§ 322 HGB) soil „allgemeinverstandlich und problemorientiert" Gegenstand, Art Umfang und Ergebnis der Prufung beschreiben und die angewandten Rechnungslegungs- (GoB/HGB, DRS, IFRS) und Priifungsgrundsatze anzugeben. Er hat ggf. die Erklarung zu umfassen, dass keine Einwendungen zu erheben sind, dass der Jahresbzw. Konzernabschluss unter Beachtung der GoB „oder sonstiger maBgeblicher Rechnungslegungsgrundsatze" (DRS und/oder IFRS) der Generalnorm entspricht und dass der jeweilige Lagebericht eine zutreffende Vorstellung der Untemehmenslage und der Chancen und Risiken der kiinftigen Entwicklung vermittelt. Auf Risiken fiir den Fortbestand des Unternehmens ist gesondert einzugehen. Sind vom Priifer Einwendungen zu erheben, so ist der Bestatigungsvermerk mit entsprechender Begriindung einzuschranken oder zu versagen. Die Ersatzpflicht bei fahrlassigem Handeln der Priifer ist 1998 auf 1 Mio. EUR bzw. bei AGs mit amtlich notierten Aktien auf 4 Mio. EUR angehoben worden (§ 323 Abs. 2 HGB). Der Prufungsbericht ist schlieBlich vom Wirtschaftsprufer zu unterzeichnen und den Geschaftsfiihrem bzw. dem Vorstand vorzulegen (§ 321 Abs. 5 HGB), die ihn gemaB § 170 AktG (§ 52 Abs. 1 GmbHG i.V.m. § 170 AktG) unverzuglich dem Aufsichtsrat zu ilbergeben haben. Hat der Aufsichtsrat den Prilfungsauftrag erteilt erhalt dieser direkt den Pril' Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) vom 27.4.1998, BGBl. 1998 I S. 786. Die Neuregelungen sind spatestens auf das nach dem 31.12.1998 beginnende Geschaftsjahr anzuwenden.
Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
47
fungsbericht, auch um eventuelle Manipulationen zu verhindem. Der Aufsichtsrat priift ihn (neben dem Jahresabschluss, dem Lagebericht und dem Gewinnverwendimgsvorschlag des Vorstands) und nimmt innerhalb eines Monats dazu in seinem Bericht Stellung (§ 171 Abs. 2 u. 3 AktG). Erhebt der Aufsichtsrat keine Einwendungen gegen den vom Vorstand aufgestellten Jahresabscliluss, sondern billigt ihn, so ist dieser festgestellt, sofem die Feststellung nicht an die Hauptversammlung iibertragen wurde (§ 172 AktG). Hat der Aufsichtsrat den Auftrag zur Priifung erteilt ist der Priifungsbericht im vorzulegen, zuvor ist aber dem Vorstand Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (§ 321 Abs. 5 Satz 2 HGB). Im Rahmen eines Insolvenzverfahrens oder bei Ablehnung des Antrags auf Eroffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse kann ein Glaubiger oder ein Gesellschafter oder Aktionare mit Anteilen von zusammen mindestens 1% des Grundkapitals oder mindestens einem Borsenwert von 100.000 EUR die Offenlegung der Priifungsberichte der letzten drei Geschaftsjahre verlangen (§ 321a HGB). Hat bei einer prtifungspflichtigen Gesellschaft keine Abschlusspriifung stattgefunden, so kann der Jahresabschluss nicht festgestellt werden (§316 Abs. 1 HGB). Wird der Jahresabschluss dennoch festgestellt, so ist er nichtig (§ 256 Abs. 1 Nr. 2 AktG; § 10 PublG). In diesem Falle ist auch der entsprechende Gewinnverwendungsbeschluss nichtig (§ 253 AktG). Wird vom Abschlussprufer kein uneingeschrankter Bestatigungsvermerk erteilt oder wird der Bestatigungsvermerk gar versagt, darm muss der Aufsichtsrat die Einwendungen tlberpriifen und in seinem Bericht dazu Stellung nehmen (§ 171 Abs. 2 AktG; § 52 Abs. 1 GmbHG). Eine Einschrankung des Bestatigungsvermerks koimte geboten sein, wenn die Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfuhrung gravierend verletzt sind, d.h. werm z.B. einzelne Bewertungsvorschriften mifiachtet worden sind und die Gesellschaft eine Korrektur verweigerte. Die Versagung des Bestatigungsvermerks wird nur in extremen Fallen erfolgen, also z.B. wenn die Buchfuhrung wegen fehlender Inventur nicht ordnungsmaBig ist. Billigt der Aufsichtsrat aufgrund dessen den Jahresabschluss nicht, so ist er nicht festgestellt, also nicht rechtsverbindlich. Mithin konnen auch keine rechtsverbindlichen Entscheidungen iiber am Jahresiiberschuss anknilpfende GroBen, wie z.B. Dividenden, Erfolgsbeteiligung der Arbeitnehmer, Tantiemen, Provisionen etc. getroffen werden. Konsequenzen bei der Frage der Entlastung des Vorstands konnten die Folge sein. SchlieBlich miisste der Jahresabschluss geandert werden.' Bei Versagung des Bestatigungsvermerks kaim der Aufsichtsrat den Jahresabschluss billigen und damit seine Feststellung herbeifuhren (§ 171 Abs. 2 AktG) oder aber die Feststellung an die Hauptversammlung iibertragen (§ 173 Abs. 1 AktG). Auch im Falle der Feststellung des Jahresabschlusses karm die Einschrankung oder Versagung des Bestatigungsvermerks zu Schwierigkeiten des Vorstands in der Hauptversammlung bzw. Gesellschafterversammlung fiihren bis hin zur Versagung der Entlastung des Vorstands bzw. der GeschaftsfUhrer, eventuell auch des Aufsichtsrats (§119 Abs. 1 Nr. 3, § 120 AktG, § 46 Nr. 5 GmbHG). Die Aktionare kormen unter den Voraussetzungen des § 258 AktG auch eine Sonderpriifung beantragen.
' Vgl. Stellungnahme des HFA des IDW 2/1991, „Anderung von Jahresabschliissen und Anpassung der Handelsbilanz an die Steuerbilanz, Abschn. II.B., WPg 1992, S. 89.
48
Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
Fazit: Mit Ausnahme der folgenden Falle • • •
Anderung des Jahresabschlusses einer AG durch die Hauptversammlung (§ 173 Abs. 3 AktG) Kapitalerhohung aus Gesellschaftsmitteln durch eine AG (§ 209 Abs. 1 AktG) Ausgabe von Belegschaftsaktien durch eine AG im Falle eines genehmigten Kapitals (§ 204 Abs. 3 AktG) bei Deckung der entsprechenden Einlage aus dem Jahrestiberschuss,
in denen die MaBnahmen dann nicht durchgefuhrt werden konnen, hat die Einschrankung Oder Versagung des Bestatigungsvermerks also meist keine direkten Auswirkungen, wohl aber solche indirekter, d.h. faktischer Art. So wird das Ansehen und der gute Ruf der Gesellschaft bei Lieferanten und Kunden leiden, die ihre Geschaftsbeziehungen unter Umstanden abbrechen, well sie Unzuverlassigkeit und Ubervorteilung durch die Gesellschaft furchten. Vor allem aber wird die Kreditwiirdigkeit sowohl aus Sicht der Kreditinstitute als auch der Lieferanten stark beeintrachtigt. Einschrankung der Kreditmoglichkeiten, verstarkte Forderung von Sicherheitsleistungen mit dem gleichen Ergebnis und Verteuerung von Krediten konnen die Folge sein. Um diese wirtschaftlichen Nachteile, die bis zur Existenzgefahrdung der Gesellschaft gehen konnen, zu vermeiden, werden Vorstand bzw. Geschaftsfiihrung alles tun, um Unklarheiten bereits wahrend der Priifung aufzuklaren und die Griinde fiir Bemangelungen des Abschlusspriifers zu beseitigen. Der Bestatigungsvermerk ist somit das wirksamste Druckmittel des Priifers zur Erreichung einer Gesetz und Satzung entsprechenden Rechnungslegung.
Offenlesunssyflichten: Gegenstand der Offenlegungspflichten von Kapitalgesellschaften sind gemaB §§ 325 und 328 HGB und §§ 9 und 15 PublG folgende Unterlagen: Jahresabschluss und Konzernabschluss sowie Datum der Feststellung Lagebericht und Konzernlagebericht Bericht des Aufsichtsrates gemaC § 171 Abs. 2 AktG Jahresergebnis und Ergebnisverwendung, soweit nicht aus dem eingereichten Jahresabschluss ersichtlich ggf. Wortlaut des Bestatigungsvermerks bzw. des Vermerks uber dessen Versagung. Fiir Geschaftsjahre ab 1.1.2005 kaim von groBen Kapitalgesellschaften an Stelle des Jahresabschlusses nach HGB auch ein (nach § 324a HGB gepriifter) Einzelabschluss nach IFRS veroffentlicht werden (§ 325 Abs. 2a i.V.m. § 315a HGB)'. Voraussetzung ist allerdings, dass der HGB-Jahresabschluss weiterhin zum Handelsregister eingereicht wird und die Einreichung im Bundesanzeiger bekannt gemacht wird. Fiir kleinere und mittlere Kapitalgesellschaften gibt es Offenlegungserleichterungen gegeniiber den groBen Kapitalgesellschaften, da sie durch zu weitgehende Einblicke von Konkurrenten und Abnehmern in ihre wirtschaftliche Lage unverhaltnismaBig groBe Wettbewerbsnachteile gegeniiber den Einzeluntemehmen und Personenhandelsgesellschaften gleicher GroBe, die nicht publizierungspflichtig sind, erleiden milssten.
' Vgl. Bilanzrechtsreformgesetz vom 10.12.2004.
Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
Zum einen brauchen die Unterlagen nur zum Handelsregister beim Amtsgericht ($ 8 HGB) eingereicht zu werden, wo sie jedermann einsehen kann ($ 9 HGB), aber erst einmal faktische Hurden uberspringen muss (z.B. langer Anfahrtsweg, oftmals fehlender Fotokopierer f& Mikrofiches etc.). Nur Ort und Nummer des Handelsregisters sind im Bundesanzeiger bekanntzumachen (sog. Registerpublizitat; $ 325 Abs. 1 HGB). Dagegen miissen grolje Kapitalgesellschaften zunachst die Unterlagen im Bundesanzeiger veroffentlichen und den Nachweis der Bekanntmachung im Bundesanzeiger sowie die Unterlagen selbst zum Handelsregister einreichen ($ 325 Abs. 2 HGB). Zum anderen brauchen kleine und mittlere Kapitalgesellschaften die oben angegebenen Unterlagen teilweise nur verkiirzt oder auch gar nicht zum Handelsregister einzureichen. Bei mittelgrol3en und grol3en GmbH's kann dariiber hinaus die Offenlegung von Angaben zur Ergebnisverwendung entfallen, sofern sich daraus die Gewinnanteile naturlicher Personen feststellen lassen, die Gesellschafter sind (Datenschutz).
ten ($327 HGB)-
Satz 3 HGB)
~algesellschaften,aber Bilanz
stark verkiirzter Anhang kein Lagebericht
Fiir mittelgrolje und grolje Kapitalgesellschaften wurden ebenfalls Publizitatshemmnisse beseitigt durch die Moglichkeit, auf die Angabe von Gesamtbezugen der Organmitglieder zu verzichten, sofern sich daraus die Bezuge eines einzelnen Organmitglieds feststellen lassen. Aul3erdem brauchen mittelgrolje und grol3e GmbHs Angaben zur Ergebnisvenvendung nicht mehr offenzulegen, sofern die Gewinnanteile natiirlicher Personen, die Gesellschafter sind, anhand dieser Angaben feststellbar sind. Ftir kleine Kapitalgesellschaften gelten beide Erleichterungen ohne die einschrankenden Bedingungen. Aufgrund des Interesses vor allem der ~ffentlichkeitan der wirtschaftlichen Lage von groBen Unternehmen haben auch sehr grolje Einzelunternehmen und Personenhandelsgesellschaftenl gem@ $5 1, 9 und 15 PublG diese Veroffentlichungspflichten groBer Kapitalgesellschaften in modifizierter Form zu erfiillen. Es genugt, die Bilanz mit globalem Ausweis des Postens ,,EigenkapitalUsowie einige Angaben aus der Gewinn- und Verlustrechnung zum Handelsregister einzureichen ($ 9 i.V.m. $ 5 Abs. 5 PublG). Die neue generell auf 12 Monate verltingerte Offenlegungsfrist steht zumindest f% grolje Kapitalgesellschaften im Missverhaltnis zur Aufstellungspflicht von nur 3 Monaten und lauft dem Interesse der Adressatengruppen an moglichst zeitnahen Informationen zuwider. Im Gegensatz zum europaischen Ausland, in dem das Abrufen okonomischer Unternehmensdaten aus Datenbanken eine vertraute Angelegenheit ist und die Veroffentlichungspflicht von den Unternehmen eher als Chance gesehen wird, sich einen Ruf der wirtschaftlichen Soliditiit oder gar des erfolgreichen Unternehmens zu geben und damit Image und Bonita zu verbessern, steht man der Offenlegungspflicht in Deutschland immer noch skeptisch und ablehnend gegenuber. In einer Untersuchung im Jahre 1989 stellte sich heraus,
Die GroBengrenzen nach PublG sind in der Ubersicht am Ende dieses Kapitels aufgefihrt.
50
Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
dass nur 7% der veroffentlichungspflichtigen GmbH tatsachlich ihrer Publizitatspflicht nachgekommen sind.' Seitdem dtirfite die Publizitatsrate nicht wesentlich gestiegen sein. Ein weiterer Grand fur die deutschen Verstofie gegen die Publizitdtspjlichten diirfte in den unzureichenden Sanktionsmoglichkeiten liegen. Das Registergericht selbst hat nur die Vollzahligkeit der eingereichten Unterlagen und, sofem vorgeschrieben, deren Bekanntmachung zu priifen. Es gibt allerdings fiir das Registergericht gemaB § 335 HGB die Moglichkeit, bei Nichterfullung dieser Pflicht ebenso wie bei Pflichtversaumnissen beziigUch der Aufstellung und Priifung ein Zwangsgeld bis zu 5.000 EUR zu erheben. Dies gait in der Vergangenheit jedoch nur dann, wenn ein Anteilseigner, ein Glaubiger oder der Betriebsrat dies beantragte. Dieser Gefahr konnte die GmbH leicht begegnen, indem sie diesen Personen die gewilnschten Unterlagen offenlegte. Auch die Festsetzung eines BuBgeldes bis zu 25.000 EUR gemaB § 334 Abs. 1 Nr. 5 HGB diirfte kaum wirksam sein, da nur derjenige eine Anzeige erstatten karm, der tiber die Untemelimenslage geniigend InsiderInformationen hat, um einen VerstoB gegen Inhalt und Form des Jaliresabschlusses bei der Veroffentlichung erkennen zu konnen. Mit dem EuGH-Urteil vom 22.4.1999 wurde Deutschland verurteilt, schdrfere Offenlegungssanktionen zu erlassen. Inzwischen gilt der sog. Jedermann-Antrag, d.h. die Mogliclikeit, einen Antrag auf Zwangsgelderhebung wegen Pflichtversaumnissen bei Aufstellung und Prtifung zu stellen, ist nicht mehr auf Anteilseigner, Glaubiger und Betriebsrat beschrankt. Prozesskostenhilfe steht aber weiterhin nur diesen Grappen zu. Ftir Pflichtverletzungen hinsichtlich der Offenlegung kann nach § 335a HGB nun ein Ordnungsgeld in Hohe von 2.500 bis 25.000 EUR vom Registergericht erhoben werden. Auch hier ist ein Jedermann-Antrag vorgesehen. Abgesehen davon, dass es durch die neuen Saktionsregelungen leicht zu einer Uberforderang der Registergerichte kommen kann, besteht nun ein krasses Missverhaltnis zwischen der verscharften Ahndung von Versaumnissen bei der Offenlegung und der schwacheren Ahndung einer Nichtaufstellung oder Prilfungsverhinderung des Jahresabschlusses. AuBerdem besteht immer noch eine Sanktionslticke, die darin besteht, dass bei der GmbH ein Jahresabschluss nur veroffentlicht werden darf, weim er zuvor durch die Gesellschafter festgestellt, also ordnungsgemaB gebilligt worden ist (Art. 47 Abs. 1 BilRiL). Fehlt nun diese Feststellung des Jahresabschlusses durch die GmbHGesellschafter, so gibt es keinen Offenlegungszwang und ein Ordnungsgeld kann nicht erhoben werden.
' Vgl. O.V., 93 Prozent aller GmbH pfeifen auf die Publizitatspflicht, Impulse 4/1989, S.166-169.
****)
*) **) ***)
2 der 3 an zwei aufeinanderfolgenden Stichtaged beim PublG: 3 aufeinanderfolgenden Stichtagen nach Abzug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrags; durchschnittlicheZahl am letzten Tag eines jeden Quartals Bilanz, GuV, Anhang, Lagebericht/ u.U. Ergebnisverwendunglu.U. Bericht des Aufsichtsrats (5 171 Abs. 2 AktG)
52
Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
e) Sanktionen bei Nichtbeachtung gesetzlicher Vorschriften 1. HandelsrechtUche Vorschriften Bei nicht prufimgs- und offenlegungspflichtigen Untemehmen gibt es keine Konsequenzen (nur im Insolvenzfalle Bestrafung nach § 283b StGB). In alien anderen Fallen gilt: • Geld- und Freiheitsstrafen. Bufigelder (§§ 331-334 HGB) bei unrichtigen Angaben durch vertretungsberechtigte Personen, Verletzung der Berichts- und Geheimhaltungspflicht des Abschlussprilfers, VerstoBen gegen Offenlegungspflichten, Gliederungs- und Bewertungsvorschriften. •
Zwangsgelder durch Registergericht (§ 335 HGB) auf Antrag, um zur ErfuUung der Aufstellungs- und Priifungspflichten anzuhalten. Jedermann ist antragsberechtigt.
•
Ordnungsgelder durch Registergericht f§ 335a HGB) auf Antrag bei pflichtwidrigem Unterlassen der rechtzeitigen Offenlegung. Jedermann ist antragsberechtigt.
•
Nichtigkeit des Jahresabschlusses (§§ 256 ff. AktG) bei schwerwiegenden Rechtsverletzungen, z.B. bei gravierenden VerstoBen gegen Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften, bei unterlassener Prtifung etc. Gilt filr AG's und andere Kapitalgesellschaften analog sowie fiur EU/PersG nach § 10 PublG. Die Nichtigkeit hat zur Folge, dass alle aufgrund des Jahresabschlusses getroffenen MaBnahmen (Ausschiittung, Rticklagenzufilhrung, erfolgsabhangige Vergiitungen) unwirksam sind. Auch diirften die negativen Auswirkungen auf Kreditwiirdigkeit und Ansehen des Unternehmens gravierend sein.
2. Strafrechtliche Vorschriften • •
Konkursdelikte: Verletzung der Buchfilhrungspflichten wird nach §§ 283, 283a, 283b StGB bestraft. Bilanzdelikte: a) Bilanzverschleierung: durch unrichtige Gliederung/Postenbezeichnung gegen Generalnorm § 264 Abs. 2 HGB verstoBen; Freiheits-ZGeldstrafe nach § 400 AktG und § 82 GmbHG. b) Bilanzfalschung: Jahresabschluss bewuBt unrichtig; Strafe wie unter a).
3. Steuerrechtliche Vorschriften • •
• •
Unschadliche erganzende Schatzung: bei unwesentlichen sachlichen und formellen Mangeln von Buchfuhrung und Jahresabschluss (R 5.2 EStR; § 162 AO). Schadliche Vollschatzung der Besteuerungsgrundlagen: bei erheblichen VerstoBen (z.B. fehlende Inventur) gegen GoB und die einschlagigen Gesetzesvorschriften ist die Buchfiihrung nicht mehr ordnungsmaBig (§§ 158, 162 AO; R 5.2 und R 4.1 Abs. 2 Satz 2 EStR). Zwangsgelder: um zur ErRlUung der Aufzeichnungspflichten anzuhalten (§ 328 AO). BuBgelder und Geld-/Freiheitsstrafen: bei Steuergefahrdung (§ 379 AO), bei Steuerverkiirzung (fahrlassig; § 378 AO), bei Steuerhinterziehxmg (vorsatzlich; § 370 AO).
Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
53
3. Anwendung der IFRS in Abschlussen deutscher Unternehmen Ab 1.1.2005 mtlssen nach der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 der EU-Kommission vom 19.7.2002 alle kapitalmarktorientierten^ Unternehmen in der Europaischen Union Konzernabschliisse nach IFRS aufstellen. Kapitalmarktorientierte Unternehmen sind solche, die (oder deren Tochtergesellschaft) einen organisierten Markt durch Emission von Aktien oder Schuldpapieren (z.B. Industrieobligationen, Genuss-Scheine) in Anspruch nimmt. Solche Schuldpapiere konnen auch von Unternehmen anderer Rechtsform als der AG emittiert werden. Ab 1.1.2007 gilt die Verpflichtung auch fur Unternehmen, die bisher schon ihren Konzernabschluss nach US-GAAP aufstellen oder werm lediglich Schuldtitel des Unternehmens an einer Borse notiert sind (Art. 58 Abs. 3 EGHGB). Um dem Ziel, durch Internationale Harmonisierung der Rechnungslegungsvorschriften eine hohere Transparenz und bessere Vergleichbarkeit der Untemehmensabschliisse und damit ein effizienteres Funktionieren der Kapitalmarkte zu erreichen, noch naher zu kommen, dilrfen gemaB § 315a Abs. 3 HGB ab 1.1.2005 auch nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen ihren Konzernabschluss nach IFRS aufstellen (Wahlrecht). SchlieBlich besteht ab 1.1.2005 sogar die Moglichkeit, zu Informationszwecken einen nach IFRS aufgestellten Einzelabschluss zu veroffentlichen (§ 325 Abs. 2a HGB). Dies befreit von der Veroffentlichung eines Einzelabschlusses nach HGB, der aber weiterhin aufgestellt werden muss, um die Aufgaben der Ausschuttungs- und Besteuerungsbemessung zu erfullen^. Nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen haben weiterhin ihren Konzernabschluss nach HGB und unter Beachtung der Deutschen Rechnungslegungs Standards (DRS), denen der Charakter von Grundsatzen ordnungsmaBiger Buchfiihrung zukommt (§ 342 Abs. 2 HGB), aufzustellen, es sei derm, sie machen vom Wahlrecht der freiwilligen Aufstellung eines IFRS-Abschlusses nach § 315a Abs. 3 HGB Gebrauch. Zwecks weiterer internationaler Harmonisierung sollen nach dem Willen der Bundesregierung die (Konzem-) Rechnungslegungsvorschriften des HGB auch durch Weiterentwicklung der DRS stetig an intemationale Standards angepasst werden^. Beispielsweise muss gemaB § 285 Nr.l8b) HGB seit dem 1.1.2004 fur derivative Finanzinstrumente der beizulegende Zeitwert („Fair Value") im Anhang angegeben werden. Die analoge Anwendung der DRS fiir den Einzelabschluss wird ausdriicklich vom DRSC empfohlen. Wird dieser Empfehlung weitgehend gefolgt, bedeutet dies, dass der Grundsatz der MaBgeblichkeit der Handels- fur die Steuerbilanz und dessen Umkehrung zumindest aufgeweicht wird. Wird der Empfehlung nicht gefolgt, so klaffen Bilanzierung und Bewertung im Einzelabschluss nach HGB einerseits und im Konzernabschluss nach (angepasstem) HGB und DRS oder gar nach IFRS andererseits weit auseinander. Dieses unbefriedigende Ergebnis kann durch die freiwillige Veroffentlichung eines IFRS-Einzelabschlusses nach § 325 Abs. 2a HGB durch die Unternehmen mit IFRS-Konzemabschluss verhindert werden. Der erhebliche Mehraufwand der Erstellung eines zusatzlichen HGB-Einzelabschlusses wird auf Dauer den Unternehmen nicht zumutbar sein. Der einzig sinnvoUe Weg kann nur in der stetigen Anpassungen der HGB-Vorschriften an die internationalen Standards und der Entwicklung weiterer DRS liegen, so dass mittelfristig alle Einzel- und Kon' Ein organisierter Markt i.S.v. § 2 Abs. 5 des Wertpapierhandelsgesetzes liegt vor, wenn der Markt von staatlich anerkannten Stellen geregelt und uberwacht wird, regelmaBig stattfindet und fur das Publikum unmittelbar oder mittelbar zuganglich ist. ^ Grundsatzlich bestehen fllr EU-Mitgliedstaaten nationale Wahlrechte, auch fljr Konzernabschlusse nicht kapitalmarktorientierter Mutteruntemehmen und fur Einzelabschlilsse die Anwendung der IFRS vorzuschreiben oder zu gestatten. 3 Vgl.Pressemitteilung 10/03 des BMJ und BIMF vom 25.2.2003, StuB 2003, S. 223. ''Vgl. dazuKapitelA.III.l.c).
54
Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
3. Anwendung der IFRS in Abschliissen deutscher Unternehmen Ab 1.1.2005 miissen nach der Verordnimg (EG) Nr. 1606/2002 der EU-Kommission vom 19.7.2002 alle kapitalmarktorientierten^ Unternehmen in der Europaischen Union Konzemabschltisse nach IFRS aufstellen. Kapitalmarktorientierte Unternehmen sind solche, die (oder deren Tochtergesellschaft) einen organisierten Markt durch Emission von Aktien Oder Schuldpapieren (z.B. Industrieobligationen, Genuss-Scheine) in Anspruch nimmt. Solche Schuldpapiere konnen auch von Unternehmen anderer Rechtsform als der AG emittiert werden. Ab 1.1.2007 gilt die Verpflichtung auch fur Unternehmen, die bisher schon ihren Konzemabschluss nach US-GAAP aufstellen oder wenn lediglich Schuldtitel des Untemehmens an einer Borse notiert sind (Art. 58 Abs. 3 EGHGB). Um dem Ziel, durch Internationale Harmonisierung der Rechnungslegungsvorschriften eine hohere Transparenz und bessere Vergleichbarkeit der Untemehmensabschliisse und damit ein effizienteres Funktionieren der Kapitalmarkte zu erreichen, noch naher zu kommen, diirfen gemaB § 315a Abs. 3 HGB ab 1.1.2005 auch nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen ihren Konzemabschluss nach IFRS aufstellen (Wahlrecht). SchlieBlich besteht ab 1.1.2005 sogar die Moglichkeit, zu Informationszwecken einen nach IFRS aufgestellten Einzelabschluss zu veroffentlichen (§ 325 Abs. 2a HGB). Dies befreit von der Veroffentlichung eines Einzelabschlusses nach HGB, der aber weiterhin aufgestellt werden muss, um die Aufgaben der Ausschtlttungs- imd Besteuerungsbemessung zu erfiillen^. Nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen haben weiterhin ihren Konzemabschluss nach HGB und unter Beachtung der Deutschen Rechnungslegungs Standards (DRS), denen der Charakter von Grundsatzen ordnungsmaBiger Buchfiihrung zukommt (§ 342 Abs. 2 HGB), aufzustellen, es sei derm, sie machen vom Wahlrecht der freiwilligen Aufstellung eines IFRS-Abschlusses nach § 315a Abs. 3 HGB Gebrauch. Zwecks weiterer internationaler Harmonisierung sollen nach dem Willen der Bundesregierung die (Konzem-) Rechnungslegungsvorschriften des HGB auch durch Weiterentwicklung der DRS stetig an intemationale Standards angepasst werden^. Beispielsweise muss gemaB § 285 Nr.lSb) HGB seit dem 1.1.2004 filr derivative Finanzinstrumente der beizulegende Zeitwert („Fair Value") im Anhang angegeben werden. Die analoge Anwendung der DRS fiir den Einzelabschluss wird ausdrtlcklich vom DRSC^ empfohlen. Wird dieser Empfehlung weitgehend gefolgt, bedeutet dies, dass der Grundsatz der MaBgeblichkeit der Handels- fur die Steuerbilanz und dessen Umkehrung zumindest aufgeweicht wird. Wird der Empfehlung nicht gefolgt, so klaffen Bilanzierung und Bewertung im Einzelabschluss nach HGB einerseits und im Konzemabschluss nach (angepasstem) HGB und DRS oder gar nach IFRS andererseits weit auseinander. Dieses unbefriedigende Ergebnis kann durch die freiwillige Veroffentlichung eines IFRS-Einzelabschlusses nach § 325 Abs. 2a HGB durch die Untemehmen mit IFRS-Konzemabschluss verhindert werden. Der erhebliche Mehraufwand der Erstellung eines zusatzlichen HGB-Einzelabschlusses wird auf Dauer den Untemehmen nicht zumutbar sein. Der einzig sirmvolle Weg kann nur in der stetigen Anpassungen der HGB-Vorschriften an die internationalen Standards und der Entwicklung weiterer DRS liegen, so dass mittelfristig alle Einzel- und Kon' Ein organisierter Markt i.S.v. § 2 Abs. 5 des Wertpapierhandelsgesetzes liegt vor, wenn der Markt von staatlich anerkannten Stellen geregelt und iiberwacht wird, regelmal3ig stattfindet und fur das Publikum unmittelbar oder mittelbar zuganglich ist. ^ Grundsatzlich bestelien fiir EU-Mitgliedstaaten nationale Wahlrechte, aucli fur Konzemabschliisse niclit kapitalmarktorientierter Mutteruntemehmen und fur Einzelabschlusse die Anwendung der IFRS vorzuschreiben oder zu gestatten. 3 Vgl.Pressemitteilung 10/03 des BMJ und BMF vom 25.2.2003, StuB 2003, S. 223. '^ Vgl. dazuKapitelA.III.l.c).
Komponenten und Rechtsgrundlagen des Jahresabschlusses
55
zernabschliisse faktisch oder auch formal den IFRS entsprechen. Das bedeutet aber auch das Ende des (umgekehrten) MaBgeblichkeitsprinzips. Nicht nur deutsche mittelstandische Unternehmen und Familienuntemehmen sehen die internationalen Rechnungslegungsstandards als zu stark auf kapitalmarktorientierte GroBuntemehmen zugeschnitten und als zu kompliziert an. In Reaktion auf solche Bedenken hat der lASB im Jahre 2005 einen Fragebogen zu Problemen der kleinen und mittelgrofien Unternehmen veroffentlicht und befasst sich zur Zeit mit der Erarbeitung einer vereinfachten IFRS-Version fur „nicht zur offentlichen Rechenschaft verpflichteten Unternehmen". Das Institut der Wirtschaftspriifer (IDW) hat gerade eigene Vorschlage fiir eine Anpassung des HGB an die IFRS vorgelegt, die die BedtJrfnisse der mittelstandischen Unternehmen berilcksichtigen.'
4. Komponenten des Abschlusses nach IFRS Die IFRS gelten grundsatzlich fur alle Rechtsformen, fur alle GroBen und Branchen sowie fiir den Einzel- als auch fiir den Konzemabschluss (IAS 1.2 und 1.3). Durch verschiedene Einzelregelungen wird dieser Grundsatz jedoch relativiert. Die IFRS sind vollig losgelost von (nationalen) steuerlichen Vorschriften anzuwenden. Fiir eine Ubemahme rein steuerrechtlich beeinflusster Werte in einen Abschluss gemaB IFRS ist mithin kein Raum. Entsprechend ist das Prinzip der MaBgeblichkeit der Handelsbilanz fiir die Steuerbilanz im System der IFRS ebensowenig bekaimt wie die Auswirkungen einer umgekehrten MaBgeblichkeit. Der Jahresabschluss ist spatestens sechs Monate nach Geschaftsjahresende zu veroffentlichen, es sei deim, nationale Vorschriften sehen kiirzere Fristen vor (IAS 1.52). Besondere Vorschriften zur Prufung und Offenlegung enthalten die IFRS nicht. Im Zweifel gelten die nationalen Vorschriften. Ein vollstandiger IFRS-Abschluss besteht aus folgenden Komponenten (IAS 1.8): • Bilanz („balance sheet") • Gewiim- und Verlustrechnung („income statement") • Eigenkapitalveranderungsrechnung („statement of changes in equity") • Kapitalflussrechnung („cash flow statement") • Anhangangaben („notes") zu den angewendeten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden und sonstige Erlauterungen. Ein Lagebericht ist nicht vorgeschrieben, wird aber in IAS 1.9 als sinnvolle Erganzung charakterisiert. Nach nationalem Recht ist auch bei einem IFRS-Konzemabschluss ein Konzernlagebericht aufzustellen (§ 315a i.V.m. § 315 HGB). Kapitalmarktorientierte Unternehmen, haben dariiber hinaus Zwischenberichte (IAS 34), die Kermzahl „Ergebnis je Aktie" (IAS 33.66) sowie eine Segmentberichterstattung (IAS 14.3) zu veroffentlichen. Bei der Eigenkapitalveranderungsrechnung („statement of changes in equity") (IAS 1.96) handelt es sich um eine Aufstellung, in der alle Veranderungen des Eigenkapitals gezeigt werden. Hier milssen der Gewinn bzw. der Verlust der Periode sowie solche Ertrags-, Aufwands-, Gewinn- oder Verlustposten aufgefuhrt werden, die in der betreffenden Periode - zum Beispiel im Rahmen der noch darzustellenden Neubewertungsmethode - ergebnisneutral direkt im Eigenkapital erfasst werden. AuBerdem sind die Konsequenzen der Anderung von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden auf das Eigenkapital hier an' 0. V. : Die deutsche Rechnungslegung stirbt - IDW fordert Anpassung an den internationalen Standard, FAZ vom 21.1.2006,8.20.
56
Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfuhrung und Bilanzierung
Weiterfuhrende Literatur (Forts.): Schildbach, Th.: Die Zukunft des Jahresabschlusses nach HGB angesichts neuer Trends bei der Regulierung der Rechnungslegung und der lAS-Strategien der EU, StuB 2003, S. 1071 ff. Schrader, C. Die Kapitalflussrechnung als Abbildung der Finanzlage, Frankfurt/Main 1999. Stahn, F.: Kapitalflussrechnung als dritte Konzern-Jahresrechnung, Bergisch Gladbach Koln 1996. Strobel, W.: Weiterfuhrung der EG-Bilanzreform mit der Priifungspflicht der GmbH&Co. KG,DStR1993, S. 1641 ff. Thummel, M.: Die unterschiedliche Bedeutung des Begriffs "Unabhangigkeit" im Rahmen prufender und beratender Tatigkeit, WPg 1986, S. 643 ff. V, Wysocki, K. (Hrsg.): Kapitalflussrechnungen, Stuttgart 1998.
V. Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfuhrung und Bilanzierung Lernziele: Der Leser soil •
Herkunft, Wesen und Bedeutung der Grundsatze ordnungsmdfiiger Buchfuhrung und Bilanzierung verstehen
•
den Inhalt der einzelnen Grundsatze ordnungsmdfiiger Buchfuhrung und Bilanzierung und ihre Konsequenzen fiir die gesetzlichen Bilanzierungsvorschriften kennenlernen.
1. Begriff und Quellen der Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfuhrung und Bilanzierung Definition: Unter Grundsatzen ordnungsmafiiger Buchfuhrung und Bilanzierung (GoB) sind diejenigen Gepflogenheiten und Prinzipien zu verstehen, die die ordentlichen und ehrbaren Kaufleute bei der Buchfillirang und beim Jaliresabschluss anwenden bzw. anwenden sollen.
Diese Ubungen (Usancen) der ordentlichen und ehrenwerten Kaufleute haben sich in Jahrhunderten der Buchfilhrungspraxis herausgebildet und sind zur Norm geworden, ohne daB sie kodifiziert, d.h. gesetzlich festgeschrieben, waren. Nur wenige Ausnahmen (z.B. Vollstandigkeit, Richtigkeit, § 39 HGB a.F.) waren im Gesetz sclirifitlich niedergelegt. Gleichwohl waren imd sind die GoB streng zu beachten. Die gesetzlichen Bilanzierungsvorschriften haben schon immer auf die Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfuhrung Bezug genommen (im geltenden Recht z.B. §§ 238 Abs. 1, 243 Abs. 1, 264 Abs. 2 HGB). Auch ist immer daim, weim es keine spezielle Vorschrift fur den Einzelfall gibt oder cine Gesetzesvorschrift der Auslegung bedarf, auf die GoB zuriickzugreifen. Uberdies sind alle kodifizierten Einzelvorschriften aus den GoB und den Zielen/Aufgaben des Jahresabschlusses abgeleitet. Die Nicht-Kodifizierung der GoB filhrt zwar einerseits zu Unklarheiten und eventuellen Meinungsverschiedenheiten im Detail, hat aber andererseits den Vorteil, dass eine leichtere
56
Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfuhrung und Bilanzierung
Weiterfuhrende Literatur (Forts.): Schildbach, Th.: Die Zukunft des Jahresabschlusses nach HGB angesichts neuer Trends bei der Regulierung der Rechnungslegung und der lAS-Strategien der EU, StuB 2003, S. 1071 ff. Schrader, C. Die Kapitalflussrechnung als Abbildung der Finanzlage, Frankfurt/Main 1999. Stahn, F.: Kapitalflussrechnung als dritte Konzern-Jahresrechnung, Bergisch Gladbach Koln 1996. Strobel, W.: Weiterfuhrung der EG-Bilanzreform mit der Priifungspflicht der GmbH&Co. KG,DStR1993, S. 1641 ff. Thummel, M.: Die unterschiedliche Bedeutung des Begriffs "Unabhangigkeit" im Rahmen prufender und beratender Tatigkeit, WPg 1986, S. 643 ff. V, Wysocki, K. (Hrsg.): Kapitalflussrechnungen, Stuttgart 1998.
V. Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfuhrung und Bilanzierung Lernziele: Der Leser soil •
Herkunft, Wesen und Bedeutung der Grundsatze ordnungsmdfiiger Buchfuhrung und Bilanzierung verstehen
•
den Inhalt der einzelnen Grundsatze ordnungsmdfiiger Buchfuhrung und Bilanzierung und ihre Konsequenzen fiir die gesetzlichen Bilanzierungsvorschriften kennenlernen.
1. Begriff und Quellen der Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfuhrung und Bilanzierung Definition: Unter Grundsatzen ordnungsmafiiger Buchfuhrung und Bilanzierung (GoB) sind diejenigen Gepflogenheiten und Prinzipien zu verstehen, die die ordentlichen und ehrbaren Kaufleute bei der Buchfillirang und beim Jaliresabschluss anwenden bzw. anwenden sollen.
Diese Ubungen (Usancen) der ordentlichen und ehrenwerten Kaufleute haben sich in Jahrhunderten der Buchfilhrungspraxis herausgebildet und sind zur Norm geworden, ohne daB sie kodifiziert, d.h. gesetzlich festgeschrieben, waren. Nur wenige Ausnahmen (z.B. Vollstandigkeit, Richtigkeit, § 39 HGB a.F.) waren im Gesetz sclirifitlich niedergelegt. Gleichwohl waren imd sind die GoB streng zu beachten. Die gesetzlichen Bilanzierungsvorschriften haben schon immer auf die Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfuhrung Bezug genommen (im geltenden Recht z.B. §§ 238 Abs. 1, 243 Abs. 1, 264 Abs. 2 HGB). Auch ist immer daim, weim es keine spezielle Vorschrift fur den Einzelfall gibt oder cine Gesetzesvorschrift der Auslegung bedarf, auf die GoB zuriickzugreifen. Uberdies sind alle kodifizierten Einzelvorschriften aus den GoB und den Zielen/Aufgaben des Jahresabschlusses abgeleitet. Die Nicht-Kodifizierung der GoB filhrt zwar einerseits zu Unklarheiten und eventuellen Meinungsverschiedenheiten im Detail, hat aber andererseits den Vorteil, dass eine leichtere
Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfuhrung und Bilanzierung
57
Anpassungsfahigkeit an Andeningen der Umwelt (z.B. EDV-BuchfUhrung) gegeben ist. Der Gesetzgeber hat den ersten Punkt fur gewichtiger gehalten und im Interesse einer einheitlichen Formulierung im neuen HGB 1985 die wichtigsten Grandsatze schriftlich fixiert. Dies darf aber nicht dahingehend missverstanden werden, dass seitdem Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfuhrung nur Geltung haben, wenn sie im HGB erwahnt sind. Die Feststellung, Auslegung und Erweiterung der GoB auf neue Fragestellungen erfolgt durch die Rechtsprechung sowie durch Bilanzierungsfachleute aus der Praxis der Unternehmen und der Wirtschaftsprtifung (z.B. Stellungnahmen des Instituts der Wirtschaftspriifer) und durch Publikationen von Wissenschaf1;lem. Einen anderen Weg der Feststellung hat der Bundesgerichtshof im Jahre 1961 beschritten. Durch eine Umfrage wollte er herausfmden, ob die ordentlichen Kaufleute entsprechend ihren Buchflihrungs- und Bilanzierungsgrundsatzen die Passivierung von Pensionsriickstellungen fur eine Verpflichtung oder fur ein Wahlrecht halten. Die Mehrheit sprach sich fur das Wahlrecht aus, sicherlich auch mit dem Ziel, sich moglichst viele Ermessensspielraume fiir die Bilanzierung offenzuhalten. Die BGH-Entscheidung fur das Wahlrecht hielt sich trotz der Einwendungen der Wirtschaftspriifer bis zum Jahre 1985, als endlich im Zuge der Bilanzreform die Passivierungspflicht festgeschrieben wurde. An diesem Fall wird deutlich, dass die Ermittlung der GoB nicht induktiv erfolgen darf, da es kaum moglich ist, empirisch a priori zwischen ordentlichen bzw. ehrenwerten und den iibrigen Kaufleuten zu unterscheiden. AuBerdem sind die Kaufleute nicht objektiv, sondern vertreten ihre eigenen Interessen. Merke: Eine sinnvoUe Feststellung und Auslegung von GoB muss deduktiv erfolgen, d.h. es mtissen aus den Aufgaben bzw. Oberzielen der Buchfuhrung und Bilanzierung konkretere GoB abgeleitet werden. Die richtige Fragestellung dabei ist: Wie wtirde (sollte) ein ordentlicher Kaufinann in diesem Falle bilanzieren, wenn er die Aufgaben von Buchfuhrung und Jahresabschluss berticksichtigt? Die deduktive Ableitung der GoB wird in folgender Ubersicht schematisch dargestellt. Auf diesem Wege gelangt man bei obiger Fragestellung zwingend zu einer Passivierungspflicht der Pensionsruckstellungen.
Aufgaben/Ziele der Buchfuhrung und des Jahresabschlusses
i daraus abgeleitete Obere Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfuhrung und Bilanzierung
i daraus abgeleitete Untere Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfuhrung und Bilanzierung
\^ Buchfuhrung
i i Inventur
^ Bilanzierung (Jahresabschluss)
Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfuhrung und Bilanzierung
58
Die speziellen Grundsatze ordnungsmaBiger Buclifulirung (von Leffson' Dokumentationsgrundsatze genannt) soUen hier nur aufgezahit, nicht aber erlautert werden, da sie sich allein auf die Budifiihrung beziehen, die in diesem Lehrbuch nicht behandelt wird. Sie lauten: 1) Systematischer Aufbau der Buchfuhrung 2) Vollstandigkeit und Richtigkeit 3) Belegprinzip 4) Chronologische und zeitnahe Buchung 5) Klarheit und Nachprtifbarkeit 6) Einhaltung der Aufbewahrungsfristen 7) Sicherung der Zuverlassigkeit und OrdnungsmaBigkeit der Buchfuhrung durch ein internes Kontrollsystem
2. Grundsatze ordnungsmaBiger Bilanzierung (Rechenschaftsgrundsatze) Die im folgenden zu behandelnden oberen Grundsatze gehen in Systematik und Auslegung ilberwiegend auf Leffson zuriick, der den unbestimmten Rechtsbegriff "Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfulirung" betriebswirtschaftlich sachgerecht zu klaren versucht. Inhaltlich ist zudem der Stand der Rechtsprechung berucksichtigt, die Systematik ist zwecks Anpassung an die Kodifizierung im HGB etwas verandert. Die Rahmengrundsatze enthalten Bedingungen jeder Vermittlung nutzlicher Informationen. Bei den Abgrenzungsgrundsatzen geht es um die Kriterien, nach denen Vorgange und Geschaftsvorfalle einander und/oder einer bestimmten Periode zuzuordnen sind. Die unteren GoB werden spater bei der Behandlung der einzelnen Jaliresabschlusspositionen angesprochen.
Rahmengrundsatze:
Abgrenzungsgrundsatze:
Ergdnzende Grundsatze:
1) Richtigkeit und Willkiirfreiheit 2) Bilanzklarheit 3) Vollstandigkeit 4) Bilanzidentitat 5) Wirtschaftlichkeit bzw. Wesentlichkeit 1) Stichtagsprinzip 2) Abgrenzung der Sache und der Zeit nach 3) Vorsichtsprinzip 4) Realisationsprinzip 5) Imparitatsprinzip 1) Going-concern-Prinzip 2) Einzelbewertung 3) Formale Bilanzkontinuitat 4) Bewertungsstetigkeit
§ 243 Abs. 2 HGB § 246 Abs. 1 HGB §252 Abs. INr.l HGB § 252 Abs. § 252 Abs. § 252 Abs. § 252 Abs. § 252 Abs. § 252 Abs. § 252 Abs. § 265 Abs. § 252 Abs.
1 1 1 1 1 1 1 1 1
Nr. 3 HGB Nr. 5 HGB Nr 4 HGB Nr. 4 HGB Nr. 4 HGB Nr. 2 HGB Nr. 3 HGB HGB Nr. 6 HGB
a) Rahmengrundsatze (1) Richtigkeit und Willkiirfreiheit Diese beiden Grundsatze werden oft zusammen als Bilanzwahrheit bezeichnet. Da aber die absolute Wahrheit sowie die zukilnftigen Werte fiir den Menschen nicht erkennbar sind, soUten besser relativierende Begriffe verwendet werden, die deutlich machen, dass es nur ' Vgl. Leffson, Ulrich: Die Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfulirung, 7. Aufl., Dusseldorf 1987.
Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfiihrung und Bilanzierung
59
um "wahre" Werte im Hinblick auf die Jahresabschlussvorschriften geht. Vnter Richtigkeit wird die sachbezogene Wahrlieit verstanden, namlich die objektive (intersubjektiv nachpriifbare) Ubereinstimmung zwischen den Aussagen von Buchfiihrung sowie Jahresabschluss und den zugmndeliegenden Sachverhalten. Ein Dritter muss also bei der Abbildung der tatsachhchen Gegebenheiten zu demselben Ergebnis kommen. Der Grundsatz der Richtigkeit umfasst einmal die formale und zum anderen die materiell-inhaltliche Seite des Jahresabschlusses. Inhaltlich richtig miissen die im Jaliresabschluss angegebenen Werte sein, d.h. diese miissen sowohl auf richtigen Berechnungen basieren als auch den ilbrigen GoB entsprechend ermittelt worden sein. Formal geht es darum, die Jahresabschlussposten ihrem Inhalt und den gesetzlichen Vorschriften entsprechend zu bezeichnen. Beisyiel: Gebaude diirfen nicht als maschinelle Anlagen bezeichnet werden, Riickstellungen nicht als Verbindlichkeiten. Der Grundsatz der Richtigkeit muss bei Schatzungen und Ermessensentscheidungen durch den Grundsatz der Willkurfreiheit, die die personenbezogene Wahrheit bezeichnet, erganzt werden. Ein Wertansatz im Jahresabschluss darf demnach nicht willkiirlich sein, er muss auf reiflichen Uberlegungen beruhen. Der Bilanzierende muss subjektiv von der Richtigkeit der Schatzung bzw. der zugrundeliegenden Annahmen tiberzeugt sein und darf nicht bevroBt von seiner Uberzeugung abweichen, um bilanzpolitische oder steuerliche Ziele zu erreichen. Beisyiel: Die Schatzung der Hohe einer Riickstellung fur die offentlich-rechtliche Verpflichtung zur Beseitigung von Altlasten (Dekontaminierungskosten) darf nicht von der Hohe des vorlaufigen Jahresiiberschusses abhangen, sondern muss zu dem Wert filhren, von dessen Richtigkeit der Bilanzierende bei Beriicksichtigung der anderen GoB, vor allem des Vorsichtsprinzips, iiberzeugt ist. Betragt dieser Wert z.B. 100.000,- EUR und wird dennoch bewuBt eine Ruckstellung in Hohe von 150.000,- EUR gebildet, so werden durch die Uberbewertung der Riickstellungen unzulassige sog. Willkilrreserven in Hohe von 50.000,- gebildet.' Es ist offensichtlich, dass der Grundsatz der Willkiirfreiheit, der die falsche Bewertung von Vermogensgegenstanden und von Schulden sowie Riickstellungen verhindem soil, ein sehr stumpfes Schwert ist. Da den Menschen die Introspektion nicht moglich ist, kann jeder Bilanzaufsteller behaupten und dem Wirtschaftspriifer gegeniiber meist auch plausibel begriinden, dass der angesetzte Wert der seiner Uberzeugung nach richtige ist, auch wenn es tatsachlich ein manipulierter Wert ist.
(2) Bilanzklarheit Dieser formale Grundsatz ist zusammen mit dem aussagekraftigeren Begriff der Ubersichtlichkeit in § 243 Abs. 2 HGB kodifiziert. Sowohl die Gliederung als auch die Postenbezeichnung im Jahresabschluss soil unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften so gestaltet sein, dass der Bilanzleser ein iibersichtliches Zahlenwerk vorfmdet. Beziiglich der Bilanzgliederung gibt es z.B. fiir Kapitalgesellschaften genaue Vorschriften im § 266 HGB, diese Mindestgliederung kann jedoch im Interesse der Bilanzklarheit noch erganzt werden (vgl. auch § 265 HGB). Im Einzelnen umfasst das Prinzip der Klarheit drei Teilaspekte:
' Willkilrreserven sind eine bestimmte Art von sog. stillen Reserven, vgl. dazu Kapitel B.III.l.a).
60
•
•
•
Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfuhrung und Bilanzierung
Angemessene Gliederungstiefe von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung. Eine zu tiefe Untergliederung der Posten kann allerdings wiederam zu Uniibersichtlichkeit fiihren. Eindeutige Postenbezeichnung in Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung. Dem Jahresabschluss-Leser miissen die inhaltlichen Unterschiede der einzelnen Posten deutlich werden. Beispielsweise sind Beteiligungen (Eigenttimerrechte) und Ausleihungen (Glaubigerrechte) in der Bezeichnung deutlich zu trennen. Verrechnungsverbot. § 246 Abs. 2 HGB verbietet die Verrechnung von Aktiva und Passiva, von Aufwendungen und Ertragen sowie von Grundstiicksrechten und Grundstilckslasten miteinander. Dieses Verrechnungsverbot (Saldierungsverbot, Bruttoprinzip) soil einen moglichst hohen Informationsgehalt des Jahresabschlusses im Interesse des Lesers garantieren.
Beisyiel: Der saldierte Ausweis des Netto-Geldvermogens (=Kasse + Bankguthaben + kurzfristige Forderungen - kurzfristige Verbindlichkeiten) ist nicht zulassig. Ebenso ware die Aufgabe der Gewinn- und Verlustrechnung, die Ursachen des Jahresergebnisses zu zeigen, nicht erfullt, wenn dort nur die Salden "Ergebnis der gewohnlichen Geschaftstatigkeit", "Finanzergebnis" und "auBerordentliches Ergebnis" sowie die Steuern auftauchen wurden. Das Verrechnungsverbot dient also auch den allgemeinen Jahresabschlusszielen. Dokumentation und Rechenschaftslegung sind nicht erfullt, wenn Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung nur aus wenigen saldierten Posten bestehen. Das Bruttoprinzip sollte nach herrschender Meinung generell auch in der Buchfuhrung Beachtung finden, fur Kapitalgesellschaften lasst sich diese Forderung auch aus der Generalnorm (§ 264 Abs. 2 HGB) ableiten.
(3) VoUstandigkeit Dieser Grundsatz ist recht ausfiihrlich im § 246 Abs. 1 HGB niedergelegt. Danach hat der Jahresabschluss samtliche Vermogensgegenstande, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten, Aufwendungen und Ertrage zu enthalten, sofem kein konkretes Bilanzierungsverbot besteht. Ohne Beachtung dieses Grundsatzes ist weder eine Dokumentation noch eine Rechenschaftslegung sinnvoll durchfuhrbar. Es darf nicht dem Bilanzierenden iiberlassen sein, welche Dinge er in den Jahresabschluss aufhimmt und welche nicht. Aus dem Grundsatz der VoUstandigkeit folgt auch die Verpflichtung, eine Inventur durchzufuhren.
• Juristisches oder wirtschaftliches
Eigentum?
Es stellt sich die Frage, ob auch diejenigen Vermogensgegenstande in die Bilanz aufzunehmen sind, die zwar im Unternehmen eingesetzt sind, jedoch nicht in dessen juristischem Eigentum stehen. Dieses Problem wird durch die Formulierung in § 240 Abs. 1 HGB, nach der der Kaufmann seine Grundstilcke, seine Forderungen und Schulden, den Betrag seines baren Geldes sowie seine sonstigen Vermogensgegenstande im Inventar (vgl. Kapitel A.V.) zu verzeichnen hat, nur scheinbar zugunsten des juristischen Eigentums gelost. Da der Jahresabschluss das Ergebnis der Geschaftstatigkeit und dessen Quellen angeben soil, ist es zweckmal3ig, die Gegenstande zu bilanzieren, mit deren Hilfe dieses Ergebnis erzielt wurde. Bei den Vermogensgegenstanden, deren juristischer Eigentiimer nicht gleichzeitig auch der Nutzende (Besitzer) ist, ergeben sich jedoch Abgrenzungsschwierigkeiten. Welcher von beiden soil den Gegenstand in seine Bilanz aufnehmen? Die
Grundsatze ordnungsmaiger Buchfiihrung und Bilanzierung
m klar zu der Losung, dass derjenige, der den Gewirtschaftliche Betrachtungsweise f genstand nutzt, ihn auch bilanzieren muss. Dies ist aber auch nur eine Scheinlosung des Problems, da 2.B. der Vermieter eines Biirogebaudes das Gebaude ja ebenfalls nutzt, n5imlich zur Einnahrnenerzielung aus Vermietung. Es ist also eine exaktere Abgrenzung notig, die durch den Begriff des wirtschaftlichen Eigentums erfolgt:
tatsiichliche Verfiigungsmacht/ Herrschaftsgewalt iiber einen Gegenstand (Substanz und Ertrag des Gegenstands vollstilndig) Moglichkeit, den juristischen Eigentiimer dauerhaft (i.d.R. uber die wirtschaftliche Nutzungsdauer) von der Nutzung des Gegenstands auszuschlieBen (BFH 26.1.1970, BStBl. 1970 II S. 244)
Eigentumsrechte an einem Gegenstand nach $$903,985 BGB und dauerhafte iiberlassung des Gegenstands an einen Dritten zur Nutzung ohne die Moglichkeit, kun- und mittelfristig wieder uber den Gegenstand zu verfiigen
Allein das wirtschaftliche Eigentum ist entscheidend, wenn es urn die Frage geht, wer einen Gegenstand zu bilanzieren hat (§ 246 Abs. 1 Satz 2 HGB). Dieser Grundsatz gilt auch steuerrechtlich: "Ubt ein anderer als der Eigentiimer die tatsachliche Herrschaft uber ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, dass er den Eigentiimer im Regelfall f~ die gewohnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschliel3en kann, so ist ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen " ($39 Abs. 2 Nr. 1 AO). In folgenden Fallen sind wirtschaftlicher und juristischer Eigentiimer verschiedene Personen oder Gesellschaften:
* Eigentumsvorbehalt Der Lieferant behalt sich das juristische Eigentum vor, bis der Abnehmer, in dessen Verfiigungsmacht sich die Gegenstide bereits befinden, den Rechnungsbetrag vollsttdig beglichen hat. * Sicherungsubereignung Zum Zwecke der Besicherung einer Verbindlichkeit wird das Eigentum, z.B. einer Maschine, an den Glaubiger ubertragen, wtihrend die Verftigungsmacht uber die Maschine weiterhin beim Kreditnehmer verbleibt (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO).
* Treuhandverhaltnisse Das "zu treuen Hiinden" ubertragene Treuhandvermijgen ist beim Treugeber als dem wirtschaftlichen Eigentiimer zu bilanzieren (8 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO). Handelsrechtlich sollte es auch vom Treuhiinder als Durchlaufposten bilanziert werden, und zwar in der Vorspalte als Treuhandvermogen und als Treuhandverpflichtung oder auf der Aktivseite "unter dem Strich" der Bilanzl. * Leasing Hier ist jedoch haufig der juristische auch der wirtschaftliche Eigentiimer. Zur bilanziellen Behandlung des Leasing vgl. Kapitel B.III.4.
Vgl. WirtschafisprUfer-Handbuch 2000, Bd. I, Teil E, Tz.39.
Grundsiitze ordnungsmiU3iger Buchfuhrung und Bilanzierung
0
Gesamtvermogen oder nur Betriebsvermogen?
Die bereits e r w h t e Vorschrift § 240 Abs. 1 HGB enthtilt die Verpflichtung des Kaufmanns, seine Vermogensgegenstlinde und seine Schulden in das Inventar aufzunehmen. Daraus konnte man schliel3en, dass das Vollstlindigkeitsgebot das Gesamtvermogen einschliel3lich des Privatvermogens umfasst. Dass diese Meinung handelsrechtlich flir Einzelunternehmen und Personenhandelsgesellschaftenl fiir vertretbar gehalten wird, geht aus 4 5 Abs. 4 PublG hervor, der die Bilanzierung von Privatvermogen nur f i r Unternehmen, die unter das Publizitatsgesetz fallen, verbietet. Nach herrschender Meinung darf in den handelsrechtlichen Jahresabschluss jedoch nur das Betriebsvermogen aufgenommen werden, da nur dieses zur Erwirtschaftung des betrieblichen Jahresergebnisses beigetragen hat. Im Steuerrecht darf ebenfalls nur Betriebsvermogen in der Bilanz erscheinen und nur die mit diesem zusarnmenhtgenden Ertrlge und ~ u f w e n d u n ~ ediirfen n in der Gewinn- und Verlustrechnung beriicksichtigt werden. Es sind drei Kategorien zu unterscheiden:
dadurch nicht zum Betriebsvermogen (H 4.2 Abs. 1 ,,Lebensversicherungen''
Eigentlich gibt es nur zwei Kategorien, das Betriebsvermogen und das Privatvermogen. Das gewillkiirte Betriebsvermogen stellt ohne Einschrsinkungen Betriebsvermogen dar. Die einzige Besonderheit ist, dass eine Entscheidung des Unternehmens getroffen werden muss, die Gegensttde dem Betriebsvermogen und nicht dem Privatvermogen zuzuordnen, was durch die Auhahme in Buchfiihrung und Bilanz nach auljen (insbesondere gegeniiber dem Finanzamt) kundgetan werden muss. Wurde notwendiges Betriebsvermogen nicht bilanziert, so ist die Bilanz falsch und muss berichtigt werden. Dies gilt genauso fiir den Fall, dass notwendiges Privatvermogen bilanziert wurde. Grundstiicke und PKW werden haufig sowohl betrieblich als auch privat genutzt. Bei gemischt genutzten bewedichen Wirtschaftsgutern kann eine Zuordnung zum Privat- oder Betriebsvermogen nur fiir den Gegenstand als ganzem vorgenommen werden, eine Zerteilung kommt nicht in Betracht. Die Zuordnung erfolgt nach folgendem Kriterium (R 4.2 Abs. 1 Satze 4-7 EStR):
Kapitalgesellschaftenhaben im Sinne des Handelsrechts kein Privatvermogen.
Grundsiitze ordnungsmaiger Buchfihrung und Bilanzierung
anteil> 50 % muss bilanziert werden
IlO%und50% Ianteil< 10% I Wahlfreiheit: BetriebsvermiS- I darf nicht bilanziert werden Igen oder PrivatvennOgen
1
Bei gernischt genutzten unbewedichen Gegenstanden, v.a. bei Grund und Boden oder Gebauden, erfolgt eine Aufteilung in verschiedene Wirtschaftsgiiter. Gemal3 R 4.2 Abs. 4, 7 u. 9 EStR kann ein Gebaude maximal aus vier verschiedenen Wirtschaftsgiitern bestehen:
Der zugehorige Grund und Boden gehort mit den gleichen Flachenanteilen wie das Gebaude zum Betriebs- und Privatvermogen (R 4.2 Abs. 7 Satz 2 u. Abs. 9 Satz 6 EStR; H 4.2 Abs. 7 ,,Anteilige Zugehorigkeit" EStH; zu Einzelheiten vgl. Kapitel B.III.2.c). Die Entscheidung, ob Gegensttinde dem (gewillkiirten) Betriebsvermogen oder dem Privatvermogen zugeordnet werden, wird in der Regel nach steuerlichen Kriterien getroffen. Hinsichtlich der laufenden Aufwendungen und Ertrage spielt es keine Rolle, ob ein Gegenstand dem Privat- oder dem Betriebsvermogen zugeordnet wird. Wird er im Betriebsvermogen gehalten, so sind alle diejenigen Aufwendungen (einschlieRlich der Abschreibungen), die auf die Privatnutzung anteilig entfallen, keine Betriebsausgaben, also ohne Auswirkungen auf den steuerlichen Gewinn. Sie sind dam durch Entnahrnebuchungen zu beriicksichtigen. Gehort umgekehrt ein Gegenstand zum Privatvermogen, so sind die anteilig auf die betriebliche Nutzung entfallenden Aufwendungen (einschlieDlich der Abschreibungen) Betriebsausgaben, mindern also den steuerlichen Gewinn (R 4.7 Abs. 1 EStR). Dies gilt sogar fi,ir den Vorsteuerabzug bei Gebauden und beweglichen Wirtschaftsgutern, wenn man von Pauschalierungen absiehtl. Ausschlaggebend fiir die Zuordnungsentscheidung ist jedoch die unterschiedliche steuerliche Behandlung eines eventuellen Veraderungsgewinnes. Wertsteigerungen im Betriebsvermogen unterliegen stets der Besteuerung, im Privatvermogen jedoch nur innerhalb der Spekulationsfrist von 10 Jahren (Grundstucke) bzw. 1 Jahr (andere Wirtschaftsgiiter, insbesondere Wertpapiere; 3 23 EStG). Werden also groDere Wertsteigerungen des Gegenstandes erwartet, so ist es giinstiger, ihn dem Privatvermogen zuzuordnen.
Vgl. 5 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG; 5 15 Abs. 4 UStG, 5 3 Abs. 9aNr. 1 UStG; Abschn. 192 Abs. 21 Nr 2a) UStR 2005
64
Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfuhrung und Bilanzierung
(4) Bilanzidentitat Der Gmndsatz der Bilanzidentitat folgt aus dem Vollstandigkeitsprinzip und besagt, dass die Eroffhungsbilanz eines Jahres mit der Schlussbilanz des Vorjahres iibereinstimmt. Zwischen beiden Bilanzen - meist per 31.12. und den folgenden 1.1. aufgestellt - diirfen keine Geschaftsvorfalle liegen und auch keine sonstigen Buchungen (z.B. Abschreibungen) durchgefuhrt werden. Die Folge der Bilanzidentitat ist die sogenannte Zweischneidigkeit der Bilanz. Definition: Zweischneidigkeit der Bilanz: Die aus der Bilanzidentitat folgende Tatsache, dass alle bilanzbezogenen Buchungen, insbesondere bilanzpolitische MaBnahmen und Anderungen von Bilanzposten, gegenlaufige Auswirkungen auf die Bilanz und den Gewinn des folgenden Jahres (oder auch mehrerer folgender Jahre) hat. Das Prinzip der Bilanzidentitat stellt somit auch einen Schutz gegen Bilanzmanipulationen dar, da diese, auch wenn sie nicht entdeckt werden, im Folgejahr in die gegenteilige Gewinnbeeinflussung umschlagen. Daher darf die Bilanzidentitat nur in seltenen Ausnahmefallen durchbrochen werden: Wahrungsumstellung am 26.6.1948, ausnahmsweise bei steuerlichen AuBenprtifungen. Beisoiele: • Wird der Warenendbestand am 31.12.01 bewuBt zu niedrig angesetzt, um den Gewinn im Jahre 01 zu senken, so ist der Ausgangswert der Warenvorrate in der Anfangsbilanz per 1.1.02 entsprechend zu niedrig und (bei unverandertem, richtigem Endbestand per 31.12.02) der Gewinn in 02 entsprechend zu hoch. • Eine gewinnmindernde Sonderabschreibung auf eine Maschine im Jahre 01 fiihrt dazu, dass der Anfangswert in 02 entsprechend niedriger, die Abschreibungsbasis der Folgejahre mithin entsprechend niedriger und der Gewinn entsprechend hoher ist.
(5) Wirtschaftlichkeit und Wesentlichkeit (Materiality) Sowohl bei der Buchfuhrung als auch bei der Aufstellung des Jahresabschlusses ist das Wirtschaftlichkeitsprinzip zu beachten. Bei jeder einzelnen MaBnahme in diesen Bereichen muss die VerhaltnismaBigkeit der Mittel gewahrleistet sein. Auf eine geringfilgige Verbesserung der Genauigkeit und damit des Informationsgehalts ftlr die Adressaten darf verzichtet werden, weim der Aufwand dazu unverhaltnismaBig hoch ist. Es ware z.B. okonomisch nicht vertretbar, in einem Baumarkt jede einzelne Schraube oder im Kaufhaus jedes Paar Socken einzeln zu bewerten. Das Wirtschaftlichkeitsprinzip stellt daher die Rechtfertigung aller gangigen Bewertungsvereinfachungsverfahren dar. Auch bei der Beurteilung, ob die Buchfuhrung ordnungsmaBig ist, spielt es eine RoUe, ob die Mangel im Hinblick auf die Generalnorm wesentlich sind oder nicht. Die Abgrenzung zwischen wesentlichen und unwesentlichen Einfltissen, Informationen oder Beeintrachtigungen kann nicht gesetzlich festgelegt werden, sondern bleibt der Beurteilung des Bilanzierenden und ggf des Abschlusspriifers iiberlassen. Ein weiteres Anwendungsbeispiel des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit, sind die sog. Geringwertigen Wirtschaftsgilter. Dabei handelt es sich handelsrechtlich gesehen um
Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfuhrung und Bilanzierung
65
Vermogensgegenstande, die selbstandig nutzbar sind und nur relativ geringe Anschaffungskosten verursacht haben, in der GroBenordnimg bis zu 1.000,- oder auch bis zu 2.000,- EUR. Die buchmaBige Erfassung des Gegenstandes und der Abschreibungen wahrend der gesamten Nutzungsdauer sowie die Meldung des Ausscheidens des Gegenstands aus dem Betrieb und dessen Ausbuchung kann dem Grundsatz der Wirtscliaftlichkeit ("materiality") widersprechen. Deswegen hat sich die handelsrechtliche Gepflogenheit der ehrbaren und ordentlichen Kaufleute herausgebildet, solche geringwertigen Gegenstande sofort voll abzuschreiben. Steuerrechtlich liegen sofort abschreibbare Geringwertige Wirtschaftsguter (GWG) vor, wenn es sich um abnutzbare bewegliche Gegenstande handelt, diese selbstandig nutzbar sind und die Anschafftingskostengrenze von 410 EUR (ohne die Umsatzsteuer) nicht iiberschritten wird (sog. Bewertungsfreiheit § 6 Abs. 2 EStG und R 6.13 EStR). Bei Anschaffungskosten bis zu 60 EUR (ohne USt) muss nicht einmal ein Zugang erfasst werden, die GWG-Anschaffung wird dann direkt als Sonstiger betrieblicher Aufwand gebucht (R 6.13 Abs. 2 EStR). Der steuerrechtliche Begriff des GWG ist also enger als der Anwendungsbereich der handelsrechtlichen Usance. Die Voraussetzung der selbstandigen Nutzbarkeit soil verhindem, dass jeder Gegenstand in seine kleinsten Einzelteile zerlegt wird und diese dann als GWG sofort abgeschrieben werden konnen. So ist z.B. ein Bucherregal nur als Ganzes nutzbar, nicht der Rahmen und die freischwebenden Boden getrennt voneinander. Analog sind die einzelnen Geriist- und Schalungsteile einer Baufirma keine Geringwertigen Wirtschaftsgtiter (H 6.13 „ABC der nicht selbstandig nutzungsfahigen Wirtschaftsguter" EStH). Eine getrennte Nutzbarkeit ist auch nicht bei einem nachtraglich eingebauten Autoradio gegeben, es wird zu einem Bestandteil des Autos und stellt nachtragliche Anschaffungskosten dar (BFH 24.10.1972, BStBl. 1973 II S. 78). Die selbstandige Bewertbarkeit und die selbstandige Nutzbarkeit sind wohl aber bei einem Autotelefon gegeben.'
b) Abgrenzungsgrundsatze (1) Stichtagsprinzip Die Bilanz ist als Zeitpunktrechnung stichtagsbezogen, meist auf den 31.12. eines jeden Jahres, aber es gibt auch vom Kalenderjahr abweichende Geschaftsjahre mit anderen Bilanzstichtagen (z.B. 30.9., 30.6.). Das Vermogen und auch die Finanzlage sind auf diesen Stichtag bezogen darzustellen (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB). Die Ertragslage wird in der Gewiim- und Verlustrechnung dagegen zeitraumbezogen dargestellt, der Bilanzstichtag stellt das Ende dieses Zeitraums dar. Das Stichtagsprinzip hat einen mengenmafiigen und einen wertmaBigen Aspekt. In der Bilanz dtlrfen nur und mtissen alle am Stichtag vorhandenen Vermogensgegenstande und Schulden berilcksichtigt werden, und sie sind mit den Werten anzusetzen, die ihnen zum Bilanzstichtag zukommen. Alle Erfolgswirkungen, die bis zum Stichtag verursacht worden sind, mtissen beriicksichtigt werden und alle spater eintretenden Ereignisse dtlrfen nicht mehr berilcksichtigt werden. Konsequenterweise milssen auch alle Informationen iiber die Verhaltnisse am Bilanzstichtag, die erst nach dem Bilanzstichtag den Bilanzierenden erreichen, noch berilcksichtigt werden, solange die Bilanz noch nicht fertig aufgestellt ist (zu den Aufstellungsfristen vgl. Kapitel A.III.a). Diese nennt man wertaufhellende Informationen bzw. Tatsachen. Dagegen durfen die sog. wertbeeinflussenden Tatsachen, die erst nach dem Bilanzstichtag eingetreten sind, wegen des Stichtagsprinzips nicht in den Jahresabschluss einbezogen werden (vgl. auch Abschnitt (5) dieses Kapitels). Vgl. BFH-Beschluss 20.2.1997, BStBl. 1997 II S. 360; BFH 28.9.1990, BStBl. 199111 S. 187.
66
Grundsatze ordnungsmSBiger Buchfuhrung und Bilanzierung
Vom Stichtagsprinzip gibt es nur eine einzige Ausnahme, die in § 253 Abs. 3 Satz 3 HGB geregelt ist, und zwar die Abschreibung des UmlaufVermogens auf den in nachster Zukunft zu erwartenden niedrigeren Wert (vgl. Kapitel B.IV.l.). Im Steuerrecht gibt es diese Ausnahmevorschrifil: vom Stichtagsprinzip nicht, so dass die Abschreibung auf den nahen Zukunftswert nicht zulassig ist.
(2) Abgrenzung der Zeit und der Sache nach • Abgrenzung
der Zeit nach (§ 252 Abs.l Nr. 5 HGB):
Um einen aussagefahigen Periodengewinn zu erhalten, ist es erforderlich, zeitraumbezogene Ausgaben und Einnahmen der Periode zuzuordnen, zu der sie wirtschaftlich gehoren, und sie gegebenenfalls "abzugrenzen", wenn die Zahlungsperiode eine andere ist. Im Ergebnis werden dadurch Ausgaben zu Aufwendungen und Einnahmen zu Ertragen transformiert. Beispiele: Mietausgaben in Hohe von 6.000,EURam 1.8.01 im voraus fiir die Raumnutzung bis zum 31.1.02 Mieteinnahmen in Hohe von 6.000,EURam 1.8.01 im voraus fur die Raumuberlassung bis zum 31.1.02 Mietausgaben in Hohe von 6.000,EURam 1.2.02 im nachhinein fiir die Raumnutzung seit dem 1.9.01 Mieteinnahmen in Hohe von 6.000,EURam 1.2.02 im nachhinein fur die RaumiJberlassung seit dem 1.9.01 Steuernachzahlung in 01 fiir vergangene Perioden Steuererstattung in 01 fiir vergangene Perioden
Mietaufwand in 01: 5.000,- EUR und Bildung eines (transitorischen) aktiven Rechnungsabgrenzungspostens (ARAP) in 01 in mittels transiHohe von 1.000,-EUR torischer RechnungsabgrenMietaufwand in 02 in Hohe von 1.000,- EUR zungsposten und Auflosung des ARAP (ARAP und Mietertrage in 01: 5.000,- EUR und Bildung PRAP) werden eines (transitorischen) passiven Rech- die Gewinnausnungsabgrenzungspostens (PRAP) in 01 in wirkungen in spatere Perioden Hohe von 1.000,-EUR ilbertragen Mietertrag in 02 in Hohe von 1.000,- EUR und Auflosung des PRAP Mietaufwand in 01: 4.000,- EUR und Bil- mittels antizidung einer Sonstigen Verbindlichkeit in Ho- pativer Posten he von 4.000,- EUR ("Sonstige Verbindlichkeit" Mietaufwand in 02 in Hohe von 2.000,- EUR und „Sonstige und Ausbuchung der Sonstigen Verbindlich- Forderung") keit im Zahlungszeitpunkt werden die GeMietertrage in 01: 4.000,- EUR und Einbu- winnauswirkunchung einer Sonstigen Forderung in Hohe gen im Vergleich zur Zahvon 4.000,- EUR lungsperiode Mietertrag in 02 in Hohe von 2.000,- EUR vorweggenomund Ausbuchung der Sonstigen Forderung bei Zahlungseingang (periodenfremder) Steueraufwand in 01, obwohl die Zahlung wirtschaftlich den vergangenen Perioden zuzuordnen ist; der Ausweis Ausnahme: in der zugehorigen Periode ist nicht mehr eine richtige moglich Periodenzuord(periodenfremder) Ertrag in 01, obwohl nung ist nicht die Zahlung wirtschaftlich den vergange- mehr moglich nen Perioden zuzuordnen ist; der Ausweis in der zugehorigen Periode ist nicht mehr moglich
Grundsatze ordnungsmSBiger Buchfiihrung und Bilanzierung
67
• Abgrenzung der Sache nach Die Ausgaben werden in der Periode zu Aufwand, in der die sachlich dazugehorigen Ertrage realisiert werden. Letzteres richtet sich nach dem sog. Realisationsprinzip (vgl. Kapitel A.IV.2.b). Insbesondere die Buchung von Abschreibungen (z.B. Leistungsabschreibung) berulit auf diesem Grundsatz, wenngleich eine lineare Absclireibiing auch durch den Gnmdsatz "Abgrenzung der Zeit nach" erklart werden kann. Beisyiel: Die Firma LowTech GmbH produziert im Jahr 01 Stuhle, die unter anderem an einer Drehmaschine bearbeitet werden. Aufgrund eines Konjunktureinbruchs konnen die Stuiile erst im Jahr 03 verauBert werden. Bis zum Anfallen der Ertrage in 03 diirfen keine Ausgaben, die diesen Stuhlen zuzurechnen sind (Abschreibungen, Material, Lohne etc.), aufwandswirksam werden. Erst im Jahr 03 werden die wirtschaftlich zusammengehorigen Ertrage und Aufwendungen einander gegeniibergestellt und ergeben einen sinnvollen Jahreserfolg. Das Problem liegt in diesem Falle in der Festlegung des Umfanges der den Erzeugnissen zurechenbaren Ausgaben.' (3) Vorsichtsprinzip Das Prinzip der vorsichtigen Bewertung (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) resultiert aus der alten Auffassung, dass sich ein Kaufmann moglichst arm bzw. "nicht reicher als er ist" darstellen soil. Dies darf aber nicht so ausgelegt werden, dass z.B. die Maschinen unabhangig von der tatsachlichen Wertminderung durch Anwendung der hochstmoglichen planmafiigen und auBerplanmaBigen Abschreibungen moglichst niedrig (nahe dem Erinnertmgswert) angesetzt oder auch ungerechtfertigt hohe Riickstellungen gebildet werden mit der Folge, dass z.B. bei Aktiengesellschaften aufgrund des entsprechend niedrigen Gewinnes nur geringe Dividenden an die Aktionare gezahlt werden. Eine solche Interpretation des Vorsichtsprinzips wilrde eindeutig gegen den Grundsatz der Richtigkeit und Willkurfreiheit verstoBen und einseitig die (Klein-)Aktionare benachteiligen. Die Jahresabschlusszwecke Dokumentation und Rechenschaftslegung konnen auf diese Weise nicht erfilllt werden, ebensowenig wie die Generalnorm fur Kapitalgesellschaften als eine etwas konkretere Formulierung dieser Zwecke. Ein den tatsachlichen Verhaltnissen entsprechendes Bild der Vermogens-, Finanz- tmd Ertragslage lasst sich nur zeichnen, wenn der Jahresabschluss (annahernd) realistische Werte enthalt. Auf diese Weise wird auch der Glaubigerschutz am besten gewahrleistet, da sich die Glaubiger auf die Zahlen des Jahresabschlusses verlassen konnen. Hohe stille Reserven^ durch massive Unterbewertung mogen zwar auch tendenziell die Glaubiger dadurch schiitzen, dass die spatere Auflosung der stillen Reserven Verluste abdeckt, doch kann deren Auflosimg auch unbemerkt tmd von den Glaubigem unkontrollierbar erfolgen. Allerdings muss eine Reihe von Werten, wie z.B. die Nutztmgsdauer von Maschinen und deren Entwertungsverlauf oder bereits bestehende, aber in ihrer Hohe unbekannte Schulden vom Bilanzierenden geschatzt werden. Die mit einer solchen Schatzung verbtindene Unsicherheit macht es notwendig, dass der zur Rechenschaft Verpflichtete vorsichtigen Wertansatzen den Vorzug vor optimistischen gibt. Die Gefahr, den betrieblichen Erfolg zu hoch auszuweisen und somit der Untemehmung finanzielle Mittel durch iiberhohte Ent' Auf die Buchungstechnik und die Zurechnungsproblematilc wird in Kapitel B.II.3.b) noch ausfllhrlich eingegangen. 2 Vgl.KapitelB.III.l.a).
Grundsiitze ordnungsmtd3iger BuchAihrung und Bilanzierung
nahmen bzw. Ausschuttungen und durch Besteuerung zu entziehen, wird durch Ansatz der wahrscheinlichsten Werte (Erwartungswert; statistischer Durchschnitt) oder gar pessimistischer Werte vermieden, also durch Korrektur des wahrscheinlichsten Wertes im Bereich der Vermogensposten tendenziell nach unten und im Bereich der Schuldposten tendenziell nach oben. Allein in diesem Sinne interpretiert ist das Vorsichtsprinzip nach Leffson ein peripherer erghzender Grundsatz und nur bei Schatzungen zukiinftiger GroBen, also im Falle der Unsicherheit der zu bewertenden GroBen, anzuwenden. Die Leffsonsche Systematik wurde im neuen HGB von 1985 nicht beriicksichtigt. Das Vorsichtsprinzip ist als Oberbegriff fiir das Realisations- und das Imparitlitsprinzip in 5 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB als zentraler Grundsatz verankert. Die Erkenntnisse Leffsons sollten dennoch nicht uber Bord geworfen werden, die HGB-Regelung daher nur als rein terminologische ~ n d e r u nohne ~ inhaltliche Folgen interpretiert werden.
I
IL
Glaubigerschutz
I
Jahresabschluss
I
tKonflikt+
r
Y
- Aktionarschutz
J,
J.
J,
J,
& J.
Vorsichtsprinzip (im weiteren Sinne) J,
I I
J,
1
Y
J.
(4) Realisationsprinzip Das Realisationsprinzip regelt die zeitliche Zuordnung von Einnahmen zu einer Periode, beantwortet also die Frage, in welchem Jahr die Ertrage (= periodisierte Einnahmen) anfallen, denen d a m die Ausgaben nach dem Prinzip der sachlichen Abgrenzung zugeordnet werden konnen (,,Aufwendungen" als periodisierte Ausgaben). Somit wird durch das Realisationsprinzip auch geregelt, in welchem Jahr der Gewinn aus einem Geschaft zu verbuchen ist. Merke:
Das Realisationsprinzip besagt, dass Gewinne erst dam ausgewiesen werden diirfen, wenn sie durch Umsatze verwirklicht worden sind ($252 Abs. 1 Nr. 4 HGB).
Grundsatze ordnungsmal3iger Buchflihrung und Bilanzierung
Daraus folgt im Umkehrschluss, dass Gewinne, die bis zum Abschlussstichtag noch nicht realisiert worden sind, im Jahresabschluss auch noch nicht ausgewiesen werden diirfenl. Grundsatzlich bieten sich mehrere Realisationszeitpunkte an, die mit unterschiedlichen Risiken hinsichtlich der tatsachlichen Gewinnvereinnahmung verbunden sind. Wiirde bereits bei der Bekundung eines Kaufinteresses durch den Kunden ein Umsatzerlos (Ertrag) und damit ein Gewinn in der Buchfiihrung verbucht, so konnte die tatsachliche Gewinnvenvirklichung aufgrund der folgenden potentiellen Ereignisse zunichte gemacht werden. Die Gewinnbuchung ware zu stornieren. Risiken hinsichtlich der Gewinnvereinnahmung:
Der Kunde schliel3t den angekiindigten Kaufvertrag doch nicht. Die Leistung kann nicht (rechtzeitig) erbracht werden (Zulieferer liefert nicht; Untergang des Gegenstands vor Gefahrenubergang). Der Kunde bezahlt aufgrund schlechter Liquidiatslage den Rechnungsbetrag nicht oder nur zum Teil. Der gelieferte Gegenstand ist mit Mangeln behaftet, der Kunde verlangt kostenlose Reparatur, Minderung oder Auflosung des Kaufvertrages. Rech- I Geldein- I Ablauf der I
Bekundung eines Kaufinteresses durch den Kunden
"
teilung
1
Risiken: (3), (4)
stungsfrist gesetzlich:
1
(4)
1
keine
Sollen jegliche Risiken ausgeschlossen werden, so musste das Ende des Gew&rleistungszeitraumes als Gewinnrealisierungszeitpunkt festgelegt werden. Die dann sehr langwierige Abwicklung von Geschaftsvorfallen spricht gegen diese Losung. Dies gilt genauso fir den Zeitpunkt des Geldeingangs. So sind im internationalen Anlagengeschaft Zahlungsziele von 18 Monaten durchaus ublich. Die h.M. sieht die Realisation des Gewinns bzw. das Entstehen der Forderung im Zeitpunkt der Lieferung oder Leistung, also im Zeitpunkt des Gefahrenubergangs, als gegeben an, der Zeitpunkt der Rechnungserteilung hat keine eigensttindige Bedeutung. Im Zeitpunkt der Lieferung entsteht fiir das Unternehmen der Anspruch auf den Kaufpreis. Die G e w h g des Zahlungsziels stellt ein selbstandiges Finanzierungsgeschaft dar. Die in diesem Falle noch vorliegenden Risiken werden durch andere Bilanzierungsinstnunente abgesichert, der Zahlungsausfall des Kunden durch Wertberichtigungen auf Forderungen und die Gew&hrleistungsanspriiche der Kunden durch entsprechende Ruckstellungen. Die friiher liegenden Zeitpunkte kommen wegen der wesentlich groaeren Unsicherheit nicht in Betracht. Vor dem Realisationszeitpunkt diirfen alle Gegensttinde, die von Dritten bezogen wurden, hochstens mit den Anschaffungskosten (gegebenenfalls minus Abschreibungen) und alle Gegenstande oder Leistungen, die das Unternehmen erstellt und noch auf Lager hat, ledig-
'
Zur Erweiterung des Realisationsprinzips auf ein grundlegendes Abgrenzungsprinzip, das auch die Realisierung und Periodisierung van Aufwendungen (und sornit von Riicksteliungen) regelt, siehe Kapitel B.VIII. 1.b).
70
Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfuhrung und Bilanzierung
lich mit den Kosten der Herstellung bewertet werden, auch wenn sie bald mit Gewinn verkauft werden sollen. Erst mit der tatsachlichen Veraufierung (genauer: der Lieferung) der Erzeugnisse an einen Kunden oder der Veraufierung eines Gebaudes (genauer: Eintragung des neuen Eigentumers im Grundbuch) erfolgt der Wertsprung von den Anschaffungs-/ Herstellungskosten zum Umsatzerlos und darf der erzielte Veraufierungsgewinn gebucht werden. Dieses sog. Anschaffungskostenprinzip ist in § 253 Abs. 1 HGB verankert und stellt eine wichtige Saule des Bilanzrechts dar. Mit dem Verkauf und der Auslieferung entsteht die Forderung aus Lieferungen und Leistungen in Hohe der Gegenleistung des Kunden. Vertiefuns: Die strikte Beachtung des Realisationsprinzips fuhrt bei langfristiger Fertigung zu Problemen. So erstreckt sich z.B. die Herstellung eines Kreuzfahrtschiffes uber mehrere Jahre. Bis zur Auslieferung des Schiffes durfen keinerlei Gewinne verbucht werden. In diesem Falle durfte die Generalnorm § 264 Abs. 2 HGB verletzt sein, derm die Ertragslage der Werft wird vollig verzerrt und falsch dargestellt. In den Jahren der Produktion ergeben sich Verluste, im Jahr der Auslieferung jedoch ein grofier Gewinn. Die Ertragslage wird demnach nie realistisch gezeigt. Nach h.M. kann (Wahlrecht) in diesem Falle ausnahmsweise bereits frilher ein anteiliger Gewirm berucksichtigt werden, wenn fiir die einzelnen Bauabschnitte echte Teilabrechnungen erstellt werden oder aus dem Produktionsablauf einzelne abgrenzbare und einzeln vom Kunden abgenommene Bauabschnitte existieren (vgl. Kapitel B.II.4.b)(5)).
(5) Imparitatsprinzip Das Imparitatsprinzip erganzt und modifiziert das Realisationsprinzip im Bereich der Bewertung von Vermogensgegenstanden und Schulden sowie schwebenden Geschafteni. Vom lateinischen Wort "impar" (= ungleich) abgeleitet besagt es, dass unrealisierte Verluste anders zu behandeln sind als unrealisierte Gewinne: Definition: Imparitatsprinzip: Bis zum Abschlussstichtag verursachte drohende Verluste sind bereits vor ihrem tatsachlichen Eintreten zu beriicksichtigen (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB). Das Imparitatsprinzip wird im Rahmen der Bewertung von Vermogensgegenstanden durch das sog. Niederstwertprinzip und hinsichtlich der Bewertung von Verbindlichkeiten durch das Hochstwertprinzip konkretisiert. Es fmdet insbesondere Anwendung bei den Rtickstellungen fur drohende Verluste aus schwebenden Geschaften. Beispiele zu diesen drei Auspragungen des Imparitatsprinzips enthalt die Ubersicht auf der nachsten Seite. Allen dort dargestellten Fallen ist gemeinsam, dass die Verluste noch nicht eingetreten sind, aber bereits am Bilanzstichtag absehbar bzw. verursacht sind. Das kann der Fall sein bei Geschaften, die durch den Kauf von Rohstoffen etc. oder den Abschluss von Vertragen eingeleitet, aber noch nicht abgewickelt sind. Das Imparitatsprinzip als zentraler Grundsatz einer vorsichtigen Bewertung gebietet eine Antizipation dieser erwarteten negativen Erfolgsbeitrage, d.h. dass die noch nicht realisierten Verluste bereits gewirmmindemd berilcksichtigt werden milssen. Beim spateren tatsachlichen Eintritt der Verluste spielt sich ' Schwebende Geschafte sind abgeschlossene Vertrage, bei denen bis zum Bilanzsticlitag die Sach- oder Dienstleistungsverpfliclitung noch nicht erfuUt ist; s. Kapitel B.VIII.l.c).
Grundsatze ordnungsmafiiger BuchfUhrung und Bilanzierung der Vorgang erfolgsneutral ab, sofern sich die Verhaltnisse seit dern letzten Bilanzstichtag nicht mehr getindert haben bzw. die ScKatzungen auch tatsachlich eintreffen. Durch diese Antizipation von Verlusten sol1 im Interesse der Unternehmenssicherung und des Glaubigerschutzes verhindert werden, dass zu hohe Gewinne ausgewiesen, besteuert und ausgeschiittet werden. Zur Ermittlung der Verluste darf bei absatzbestimmten Leistungen nur auf den VeraUnerungswert am Absatzmarkt abgestellt werden (sog. verlustfreie Bewertung, vgl. Kapitel B.II~.C).
Fall: ein Verlust droht bei Fall: ein Verlust
(in EUR) der spateren VerauiuRerung droht bei der svateren Til- spateren Erfillung eines abgedes Vermogensgegenstan- gung eines ~reLdwiihrun~s-schlossenen Kaufvertrages, da darlehens wegen eines ge- sich Preise oder Kosten inzwides junkenen Euro-Wechselkur- schen ungiinstig entwickelt haben bzw. entwickeln werden 3es Inhalt: Vermogensgegen- lnhalt: Schulden in fremder Inhalt: Ruckstellungen mussen stande mussen (diirfen) Wahrung mussen gewinn- in diesem Falle fiir absehbare gewinnmindernd auf eineb mindernd auf den am Bi- Verluste aus noch nicht erfiillten, niedrigeren Wert abge- lanzstichtag (in EUR ausge- aber am Bilanzstichtag bereits schrieben werden, der driickt) hoheren Wert aufge- rechtswirksam abgeschlossenen Vertragen (= schwebende Geihnen am Bilanzstichtag stockt werden schafte) gewinnrnindernd gebilbeizulegen ist det werden Beispiel: Eine Aktie (Um- Beispiel: Ein. zum Kurs 1 Beispiel: Ein Fernsehhandler hat laufvermogen) wurde bis- EUR: 1 SFR aufgenommener einen Kaufvertrag mit dern japaher mit den Anschaf- kurzfristiger ~urokredit in nischen Hersteller uber 10 Fernfungskosten von 350,- Hohe von 1 Mio Schweizer sehgerate zum Festpreis pro EUR bewertet; eine Ab- Franken ist mit 1,25 Mio Stiick von EUR 1.200,- EUR wertung auf 250,- EUR ist EUR in der Bilanz anzuset- abgeschlossen. Weder Lieferung zwingend, wenn dies der Zen, wenn am Bilanzstichtag noch Bezahlung sind bisher eraktuelle Borsenkurs (plus der Wechselkurs 1,25 EUR : folgt. Da der Verkaufspreis auf dern deutschen Markt bis zum Nebenkosten) am Bi- 1 SFR betragt Bilanzstichtag auf EUR 1.loo,lanzstichtag ist abgerutscht ist, droht je Gerat ein Verlust von 100,- EUR, so dass eine Ruckstellung von 1.000,EUR zu bilden ist. siehe Kapitel siehe Kapitel Ni4heres Niiheres siehe Kapitel N&eres B:VIII. 1.c). B.VIII.2. B.III.l. und B.N. 1.
Die Frage, ob aufgrund des Imparitatsprinzips auch Informationen und Ereignisse nach dern Bilanzstichtag zu beriicksichtigen sind, wird im Gesetz bereits beantwortet. In 5 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB wird verlangt, dass auch Risiken und Verluste, die nach dern Bilanzstichtag bekanntgeworden sind, beriicksichtigt werden miissen, sofern sie vor dern Abschlussstichtag wirtschafilich verursacht wurden. Dies kann allerdings nur geschehen, solange die Bilanz noch nicht fertig aufgestellt ist (zu den Aufstellungsfristen vgl. Kapitel A.II1.a). Informationen iiber die Verhaltnisse am Bilanzstichtag, die erst nach dern Bilanzstichtag den Bilanzierenden erreichen, nennt man wertauj&ellende Informationen bzw. Tatsachen. Die sog. wertbeeinflussenden Tatsachen, die erst nach dern Bilanzstichtag eingetreten sind, diirfen dagegen wegen des Stichtagsprinzips nicht in den Jahresabschluss einbezogen werden.
72
Grundsatze ordnungsmaBiger BuchfUhrung und Bilanzierung
Beisviel: Die LowTech GmbH hat eine groBere ungesicherte Forderung gegeniiber dem Kunden K. Am 28.12.01 erfahrt die GmbH, dass dieser Kunde am 2.12.01 Insolvenz angemeldet hat und dass die Masseglaubiger nichts zu erwarten haben. Die Forderung ist zum Bilanzstichtag (31.12.01) der LowTech GmbH als uneinbringlich abzuschreiben, sofern die GmbH keine Sonderrechte erhalten hat, was laut Angabe nicht der Fall ist. Variante 1: Die GmbH erfahrt erst kurz vor Beendigung der Bilanzaufstellung am 30.3.02 davon, dass der Kunde K am 2.12.01 Insolvenz angemeldet hat und dass die Masseglaubiger nichts zu erwarten haben. Die Forderung ist per 31.12.01 als uneinbringlich abzuschreiben. Es handeh sich um eine wertaufhellende Information, die zwar erst nach dem Stichtag eingetroffen ist, aber die Wertverhaltnisse am Bilanzstichtag klarstellt. Die Ursache ftir die Wertanderung liegt vor dem Stichtag. Variante 2: Die GmbH erfahrt erst kurz vor Beendigung der Bilanzaufstellung am 30.3.02 davon, dass der Kunde K am 2.1.02 Insolvenz angemeldet hat und dass die Masseglaubiger nichts zu erwarten haben. Auch in diesem Falle ist die Forderung per 31.12.01 als uneinbringlich abzuschreiben, da davon auszugehen ist, dass die wirtschaftliche Lage des Kunden bereits vor dem Bilanzstichtag (31.12.) extrem desolat und damit die Forderung der GmbH wertlos war ("wertaufhellende Tatsachen"). Variante 3: Die GmbH erfahrt erst kurz vor Beendigung der Bilanzaufstellung (am 30.3.02) davon, dass der Kunde K am 20.3.02 Insolvenz angemeldet hat und dass die Masseglaubiger nichts zu erwarten haben. War die wirtschaftliche Lage des Kunden bereits am 31.12.01 aussichtslos, so ist wiederum eine VoUabschreibung erforderlich. Es konnte aber auch sein, dass die Ursache fur den Konkurs des Kunden erst nach dem Bilanzstichtag eingetreten ist, z.B. ein unterversicherter Katastrophenschaden oder die Stornierung mehrerer fur K wichtiger GroBauftrage etc. In diesem Falle ist die Forderung in voUer Hohe in der Bilanz auszuweisen ("wertbeeinflussende Tatsachen"), denn die Wertanderung ist erst nach dem Stichtag verursacht worden.
c) Erganzende Grundsatze (1) Going-Concern-Prinzip Das Going-concern-Prinzip bzw. der sog. Fortfilhrungsgrundsatz ist ein gnmdlegendes Bewertungsprinzip, das eigentlich selbstverstandlich ist. Es besagt, dass normalerweise die Fortfiihrung der Geschaftstatigkeit in einem iibersehbaren kiinftigen Zeitraum von mindestens einem Jahr nach dem Bilanzstichtag anzunehmen ist, itnd daher bei der Bewertimg der Vermogensgegenstande eine mogliche VerauBerung des Gesamtunternehmens oder dessen Liquidation in Einzelteilen ("Zerschlagung") keine Beachtung fmdet (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 2 RGB). Dies bedeutet, dass von der planmaBigen Nutzung bzw. Verwertung der einzelnen Vermogensgegenstande im Rahmen des Untemehmens auszugehen ist und dass die allgemeinen Bewertungsvorschriften des RGB sowie die GoB maBgeblich sind, die auf mehrere Informationsziele bin ausgerichtet sind.
GrundsSitze ordnungsmSiaiger Buchflihrung und Bilanzierung
Das Abgehen vom Grundsatz der Fortfiihrungswerte ist nach 4 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB zulassig und sinnvoll, wenn "tatsbhliche und rechtliche Gegebenheiten (der Fortfiihrung des Unternehmens, d. Verf.) entgegenstehen". Solche rechtlichen Gegebenheiten konnen im Auslaufen einer Produktionsgenehmigung, in Umweltschutzauflagen, im Konkurs eines Unternehmens oder in der bevorstehenden Unternehmensaufgabe bestehen. Was tatsachliche Gegebenheiten sind, die der Unternehmensfortfiihrung entgegenstehen, ist jedoch sehr schwer abzugrenzen. Es konnte sich um unternehmensinterne Konditionen handeln, z.B. fehlende Nachfolger im Familienunternehmen, veraltete Produktpalette, Arbeitskrtiftemangel, Kostendruck, oder urn externe Faktoren, wie z.B. den Wegfall des Zugangs zu wichtigen Rohstoffmiirkten, um erschopfte Kreditlinien bei unabwendbarem Kreditbedarf, urn harten Verdrangungswettbewerb etc. Problematisch ist es vor allem abzugrenzen, wann die Schwelle iiberschritten ist, um vom Going-concern-Grundsatz abzuweichen. Diese Entscheidung liegt zum Teil im Ermessen des Bilanzierenden, theoretisch ist das Abweichen von der Fortfiihrungspriimisse sehr restriktiv auszulegen, da sonst u.U. mehrfach und dauerhaft stille Reserven (= unrealisierte Gewinne) aufgelost und das Ergebnis verbessert wiirde, dam aber doch keine Unternehmensbeendigung erfolgte. Beispiel:
Die LowTech konnte beschlienen, u.a. die Fahrzeuge des Fuhrparks mit Gebrauchtwagenpreisen zu bewerten, weil sie befirchtet, von einem neuen Konkurrenten verdriingt zu werden. Der Gebrauchtrnarktpreis fir z.B. einen Mercedes 220 Diesel betrggt 10.000,- EUR, wtihrend der Restbuchwert bei EUR 2.000,- liegt.
~efinition:
Definition:
Werte, die sich aus den handelsrechtli- Werte, die bei VerauRerung des einzelnen chen Vorschriften und den GOB erge- gebrauchten Vermogensgegenstands am Markt erzielbar sind (Verkehrswerte) ben Beisviel: 10.000,- EUR Beisviel:' 2.000,- EUR Die einzelnen Fahrzeuae des F h a r k s Die e k l n e n Fahrzeuge des Fuhrparks aus der aktuwerden grundsatzlich kit den ~nichaf-werden 2.B. mit den fungskosten abziiglich bis dahin aufge- ellen Schwacke-Liste bewertet laufener Abschreibungen bewertet
en
Erfolgt die Verdriingung durch den neuen Konkurrenten jedoch nicht, konnte sie immerhin im nachsten Folgejahr eintreten, so dass auch weiterhin mit VerauRerungspreisen bilanziert wiirde. Auf diese Weise konnten iiber einen liingeren Zeitraum die Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften des HGB umgangen werden. Bei Aufgabe der Fortfhgsprtimisse konnen an deren Stelle folgende Alternativen treten: 1. eine Geschaftspolitik des Auslaufenlassens ohne Vornahme von Ersatzinvestitionen 2.eine (Teil-)Betriebsveraderung 3.Einzelverad3erung der Vermogensgegenstbde (Zerschlagung). Fiir die Bewertung haben die Alternativen jeweils die in der Tabelle angegebenen Bewertungskonsequenzen:
Grundsatze ordnungsmSiBigerBuchfiihrung und Bilanzierung
-
-
(going concern)
den Jahresabschluss
gen zu entsprechenden Teilbetrieben und Bewertung mit
Eine Bindung an den Grundsatz der Bewertungsstetigkeit kann beim ~bergangzu einer anderen Venvertungsalternative naturgema nicht bestehen. In keinem der genannten Falle diirfen jedoch durch Aufdeckung der stillen Reserven vor dem Vollzug des Verkaufs die Anschaffungs- oder Herstellungskosten uberschritten werden, da dies gegen das weiterhin geltende Realisationsprinzip verstoBen wiirde. 1 (2) Einzelbewertung
Dieser nur auf den ersten Blick unproblematische Grundsatz ist kodifiziert in 5 240 Abs. 1 und Q 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB sowie in Q 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Er soll die Nachvollziehbarkeit der Bilanzierung und Bewertung durch Dritte gewihleisten und Bilanzmanipulationen erschweren. Die Forderung, jeden Vennogensgegenstand einzeln zu bewerten, heiRt nicht, alle Einzelteile eines zum Fuhrpark gehorigen LKW's oder jede Schraube innerhalb eines Erzeugnisbauteils, z.B. eines Motors, einzeln zu bewerten. Dies w&-e nicht nur unwirtschaftlich, sondern auch wenig sinnvoll, da diese Einzelteile nur mit anderen Teilen zusammen funktionsffiig sind und ihren Wert nur im Gesamtzusammenhang erhalten. Die kleinste Einheit, die prinzipiell einzeln zu bewerten ist (=Bewertungseinheit), besteht also aus mehreren Einzelteilen, die alle in einem sehr engen Funktions- und Nutzungszusammenhang zueinander stehen und somit eine Funktionseinheit bilden. Die Abgrenzung einer Bewertungseinheit kann mitunter schwierig sein. Die steuerliche Rechtsprechung hat sich im Zusammenhang mit Geringwertigen Wirtschaftsgutern mit der selbsttindigen Nutzbarkeit von Gutern auseinandergesetzt. Wenn dies auch nur eine mogliche Interpretation des allgemeineren Begriffs der Bewertungseinheit ist, so hat sich doch die handelsrechtliche Literatur den steuerrechtlichen Kriterien (enger Funktions- und Nutzungszusammenhang, nicht selbstidige Nutzbarkeit der Einzelteile) im Bereich der Sachguter angeschlossen. Beis~ielefur Bewertunpseinheiten:
Motor mit Einzelteilen, Motor und Gehause, Gebaude mit Personenfahrstuhl, Bestuhlung eines Kinos, genormte Stahlregalteile, Schalungs- und Geriistteile in der Bauwirtschaft, Hardware mit Festplatte, Devisenkassa- und absicherndes Devisentermingeschtift, Fremdwahrungsforderungen oder Fremdw~ungsverbindlichkeitenund kompensierendes Kurssicherungsgeschiift. Die Frage bei allen Finanzinnovationen, die der Absicherung von Waren- oder Finanzgeschaften dienen, ist, ob sie mit den abzusichernden Geschaften zu einer Bewertungseinheit zusammengefasst werden konnen oder ob nur das Einzelgeschafi mit negativem Erfolgsbeitrag g e m a dem Imparitiitsprinzip beriicksichtigt werden soll ohne Beachtung des Absi-
'
Vgl. ADS 5 252, Tz. 33; Selchert in: Kiiting~Weber5 252 Tz.58.
Grundsatze ordnungsmaUiger Buchfuhrung und Bilanzierung
75
cherungsgeschafts, das den Verlusteintritt ausschlieBen kann. Grundzuge der Bilanzierung von Sicherungsgeschaften („Hedge Accounting") werden in Kapitel B.III.2.f) behandelt. Bei der Abwagung der Frage, ob aus Grunden der richtigeren Darstellung der Vermogens-, Ertrags- und Finanzlage oder aus Wirtschaiitliclikeitsgrunden mehrere Vermogensgegenstande zu einer Bewertungseinheit zusammengefasst werden konnen, ist zu beachten, dass das Prinzip der Einzelbewertung vor allem verhindern soil, dass positive und negative Wertanderungen an verschiedenen Vermogensgegenstanden und Schulden miteinander verrechnet werden und so fur Dritte nicht sichtbar das Imparitatsprinzip umgangen wiirde. Beispiel: Der Wert von Gebaude A am Bilanzstichtag ist gegeniiber dam Buchwert wegen eines jetzt entdeckten Mangels in der Bausubstanz dauerhaft um 100.000,- EUR gesunken, der Wert des Gebaudes B im Zuge einer Stadtkernsanierung dagegen um 100.000,- EUR iiber den Buchwert (= Anschaffungskosten minus bisher aufgelaufene planmafiige Abschreibungen) gestiegen. Bei Einzelbewertung sind in Verbindung mit anderen Grundsatzen ordnungsmaBiger Buchfuhrung und Bilanzierung folgende Bewertungsanderungen vorzunehmen: • Grundstiick A: Abwertung um 100.000,- EUR (Imparitatsprinzip) • Grundstiick B: keine Anderung; keine Bewertung oberhalb der fortgefilhrten Anschaffungskosten (Realisationsprinzip) Bei Zusammenfassung der Werte und Beibehaltung des Gesamtwerts ware nur schwer aufzudecken, dass es sich um eine unzulassige Verrechnung der beiden Wertanderungen handelte. Folgende Durchbrechungen des Grundsatzes der Einzelbewertung sind dagegen (z.T. aus Wirtschaftlichkeitsgrilnden) ublich und unumstritten zulassig: 1. Festwert fur eine Gruppe von Gegenstanden 2. Gruppenbewertung bei Gegenstanden des UmlaufVermogens 3. Vorratsbewertung mit Hilfe eines Verbrauchsfolgeverfahrens 4. Pauschalwertberichtigungen zu Forderungen 5. Pauschale Garantieriickstellungen bei Herstellern von Massenprodukten Davon zu unterscheiden ist die Zusammenrechnung der Werte einzelner Vermogensgegenstande zu einer einzigen Bilanzposition. Diese Vorgehensweise widerspricht nicht dem Einzelbewertungsgrundsatz, die Einzelbewertung ist bereits im Schritt zuvor bei Ermittlung der Werte der einzelnen Gegenstande erfolgt.
(3) Formale Bilanzkontinuitat Um dem Bilanzleser den Vergleich zweier aufeinanderfolgender Jahresabschliisse eines Unternehmens zu erleichtern, mussen die Gliederungen von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung von Jahr zu Jahr unverandert bleiben. Die formale Bilanzkontinuitat, die sich aus den Grundsatzen der Klarheit und der Richtigkeit bzw. Willktirfreiheit ergibt, beinhaltet aber auch die Forderung, den Ausweis der einzelnen Bilanzposten oder GuV-Posten nicht zu andern (§ 265 Abs. 1 HGB). Unter besonderen Umstanden sind Abweichungen bei aufeinanderfolgenden Gliederungen moglich, die aber im Anhang anzugeben und zu begrilnden sind. Solchen Anderungen sind bei Untemehmenskaufen aus sehr unterschiedlichen Branchen denkbar. Kodifiziert wurde dieser Grundsatz nur iimerhalb der Spezialvorschriften fiir Kapitalgesellschaften, da auch nur fur diese eine bestimmte Mindestgliederung vorgeschrieben ist (vgl. Kapitel B.I.2), wahrend andere Rechtsformen in der Gestaltung ihrer Jahresab-
Grundsiitze ordnungsmiifliger Buchfuhrung und Bilanzierung
schlussgliederung Spielraurne haben. Auch wenn die formale Bilanzkontinuitat fur die zu veroffentlichenden Jahresabschlusse von Kapitalgesellschaften die grol3te Bedeutung hat, handelt es sich m.E. doch um einen allgemeinen Grundsatz ordnungsmaBiger Buchfihrung und Bilanzierung, der fk alle Rechtsformen giiltig ist. (4) Bewertungsstetigkeit
Der Grundsatz der Bewertungsstetigkeit wird oft auch als materielle Bilanzkontinuitiit oder als Methodenstetigkeit bezeichnet. Definition: Bewertungsstetigkeit: Einmal f~ den Jahresabschluss gewtihlte Bewertungsmethoden miissen beibehalten werden. Dabei sind unter Bewertungsmethoden planmaBig und systematisch vorgenommene BewertunnsmaBnahmen zu verstehen.
Die Beachtung dieses Grundsatzes soll die Vergleichbarkeit aufeinanderfolgender Jahresabschlusse gewithrleisten, denn die von Jahr zu Jahr unterschiedliche Ausnutzung von Ansatz- und Bewertungswahlrechten mit den entsprechenden Auswirkungen auf den Jahresuberschuss wiirde einen a u s s a g e f ~ g e nZeitvergleich der Jahresiiberschiisse unmoglich machen und die Erfiillung des Jahresabschlusszwecks "Rechenschaft" beeintrachtigen (vgl. Schrnalenbachs dynamische Bilanztheorie, Kapitel A.II.2). Der Grundsatz der Bewertungsstetigkeit ist kodifiziert in 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB. Im Vergleich fallt auf, dass es sich dort nicht um eine Muss-, sondern urn eine Sollvorschrift handelt. Aus den Bundestagsdrucksachen (BT-Dr. 1014268, S. 100) geht hervor, dass das Wort "soll" statt des richtigen Wortes "muss" deswegen gewiihlt wurde, um deutlich zu machen, dass z.B. Sonderabschreibungen und andere steuerliche Vergiinstigungen nicht zwingend in jedem Geschaftsjahr in Anspruch genommen werden mussen, wenn dies einmal getan wurde. Die irrefiihrende Formulierung ware jedoch nicht notwendig gewesen, da dieser Fall vom Stetigkeitsgrundsatz m. E. sowieso nicht erfasst wird.1 Der Grundsatz der Bewertungsstetigkeit bezieht sich ausschlieBlich auf Methodenwahlrechte, nicht aber auf Wertansatzwahlrechte und auch nicht auf Ansatzwahlrechte, die nur im Einzelfall, also nicht planmi#ig, ausgeiibt werden konnen.
Y
I Methodenwahlrechte Firmenwert; Riickstellungen gemal3 $249 Abs. 2 HGB
Anderer Ansicht in dieser Frage k t das WP-HdB Bd. I, 2000, Teil E, Tz. 222.
Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfiihrung und Bilanzierung
77
Anhand verschiedener Beispielsaufgaben soUen Anwendungsbereich und Konsequenzen des Bewertungsstetigkeitsprinzips verdeutlicht werden. Falll: GemaB 250 Abs. 3 HGB besteht ein Wahlrecht, ob ein Disagio auf einen aufgenommenes Bankdarlehen sofort als Zinsaufwand gebucht oder durch Bildung eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens iiber die Laufzeit abgegrenzt wird. Welche Bedeutung hat der Grundsatz der Bewertungsstetigkeit in diesem Falle? Diese Entscheidung muss zu Beginn der Laufzeit des Darlehens ftir den gesamten Zeitraum getroffen und in einem "Abschreibungs-" oder Abgrenzungsplan festgelegt werden. Eine spatere Revision dieses Planes ist nicht moglich. Bei der Aufnahme eines anderen Kredites besteht kein Grund, dieses Ansatzwahlrecht wieder genauso auszuuben wie beim vorigen Darlehen. Ansatzwahlrechte werden vom Grundsatz der Bewertungsstetigkeit nicht erfasst, obwohl auch sie die Hohe des JahresUberschusses deutlich beeinflussen konnen. Fall 2: Die LowTech GmbH hat bisher bei alien Maschinen die Moglichkeit der Sonderabschreibung gemaC 7g EStG genutzt. Muss wegen des Stetigkeitsgrundsatzes diese steuerliche Vergunstigung auch bei einer neu angeschafften Maschine in Anspruch genommen werden? Die Frage ist zu verneinen, da es sich bei dieser auBerpIanmafiigen Abschreibung nicht um eine Bewertungsmethode handelt und der Stetigkeitsgrundsatz daher in diesem Fall nicht zu beachten ist. Fall3: Maschine Nr. 4712 wurde im abgelaufenen Geschaftsjahr angeschafft und soil geometrisch-degressiv abgeschrieben werden. Welche Konsequenzen hat der Stetigkeitsgrundsatz? Die Abschreibungsmethode wird gemaB § 253 Abs. 2 HGB in einem Abschreibungsplan fiir die gesamte geschatzte Nutzungsdauer festgelegt. Ein Wechsel der Methode wiirde dem aus dem GoB der Willkurfreiheit abgeleiteten Grundsatz der PlanmaCigkeit der Abschreibungen widersprechen und ware m.E. aus diesem Grunde nicht zulassig, er lieBe sich aber auch als VerstoB gegen den Grundsatz der Bewertungsstetigkeit auffassen. Der in der Praxis iibliche Ubergang von der geometrisch-degressiven zur linearen Abschreibung gegen Ende der Nutzungsdauer widerspricht weder der PlanmaBigkeit, da der Ubergang von Anfang an im Abschreibungsplan festgelegt wird, noch der Methodenstetigkeit, da dies allgemein als eine einzige Bewertungsmethode interpretiert wird. Fall 4: Es wird eine neue Maschine angeschafft, die mit mehreren bereits im Betrieb eingesetzten Maschinen hinsichtlich Kapazitat, Funktionen, technischem Stand, Kosten etc. vollig identisch ist. Die bereits eingesetzten Maschinen werden alle linear abgeschrieben. Muss die neue gleichartige Maschine wegen des Stetigkeitsgrundsatzes auch linear abgeschrieben werden? Die friihere Entscheidung, die gleichartigen Maschinen linear abzuschreiben, beruht auf der Uberlegung, dass mit dieser Abschreibungsmethode die Wertminderung dieses Maschinentyps am exaktesten erfaBt werden kann. Wenn nun eine neue, vollig gleichartige Maschine nach einer anderen Methode abgeschrieben wiirde, dann ware diese Anderung willkurlich und somit nicht zulassig. Der Grundsatz der Bewertungsstetigkeit verlangt also, dass gleichartige Maschinen nach der gleichen Methode abzuschreiben sind. Unproblematisch ist die Anwendung des Stetigkeitsgrundsatzes bei der Vorratsbeweilung mit verschiedenen Sammelbewertungsverfahren oder bei Erzeugnissen mit bestimmten
78
Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfuhrung und Bilanzierung
Auspragungen der Herstellungskosten. Grundsatzlich sind die einmal angewandten Methoden weiterhin anzuwenden. In § 252 Abs. 2 HGB wird fur alle in Absatz 1 kodifizierten Grundsatze die Ausnahme in begriindeten Fallen zugelassen. Filr den Stetigkeitsgrundsatz heiBt dies, dass ein Wechsel der Bewertungsmethode zulassig ist, wenn dieser begriindet, also nicht willktirlich ist. Die Begrtindetheit kann sich nur an handelsrechtlichen Zielen bzw. Grundsatzen orientieren. Ein Wechsel kann erforderlich werden, weil die wirtschaftlichen Umweltbedingungen oder aber auch die technischen Gegebenheiten im Rechnungswesen sich geandert haben. Er ist also darm zulassig, wenn beispielsweise die Klarheit oder die Richtigkeit des Jahresabschlusses verbessert wird, dem Vorsichtsprinzip besser Rechnung getragen wird oder bei Kapitalgesellschaften die Generalnorm des § 264 Abs. 2 HGB besser erfilllt wird. Dies dilrfte zweifelsfrei der Fall sein, wenn nach Einfuhrung eines effizienten Kostenrechnungssystems eine Kostenauflosung in variable und fixe Kosten (Einzel- und Gemeinkosten) moglich ist und daher die Erzeugnisvorrate, die notgedrungen bisher zu Selbstkosten (ohne Vertriebsgemeinkosten) bewertet wurden, nun mit variablen Kosten (Einzelkosten) bewertet werden konnen. Vertritt man die betriebwirtschaftlich begriindete Auffassung, dass dem Erzeugnis verursachungsgerecht nur Teilkosten, nicht aber die Vollkosten zugerechnet werden kormen, so bedeutete die Bewertungsanderung eine verbesserte Abbildung der tatsachlichen Verhaltnisse der Vermogens- und Ertragslage und ware damit zulassig. Als begriindete Durchbrechungen des Stetigkeitsgrundsatzes kommen auBerdem z.B. die Anpassungen an Ergebnisse einer steuerlichen Betriebspriifung oder die Einbeziehung der Gesellschaft in einen Konzernverbund in Frage. Fall 5: Die LowTech GmbH schafft eine neue Maschine an, die sich von den bereits vorhandenen aufgrund des technischen Fortschritts, wegen unterschiedlicher Kapazitaten etc. unterscheidet. Muss auch diese Maschine wie die bereits eingesetzten Maschinen linear abgeschrieben werden? In diesem Falle konnte durchaus eine andere als die lineare Abschreibungsmethode die Wertminderungen der Maschine realitatsgetreuer abbilden. Eine Durchbrechung des Stetigkeitsgrundsatzes gemaB § 252 Abs. 2 HGB kann also begriindet und daher zulassig sein. Zumindest fiir Kapitalgesellschaften ware der Methodenwechsel aufgrund der Generalnorm (§ 264 Abs. 2 HGB) sogar geboten. Nach herrschender Meinung sind auch die Anderungen der Bewertungsmethoden begriindete Ausnahmefalle, die eine Wahmehmung steuerlicher Bewertungswahlrechte zum Ziel haben oder die durch eine neue unternehmerische Konzeption nach einem Managementwechsel, veranderte Ziele infolge einer wesentlichen Veranderung der Gesellschafterstruktur oder eine grundlegend andere Einschatzung der Unternehmensentwicklung ausgelost werden (z.B. ADS, § 252 Tz. 113). Bei welter Auslegung dieser Falle ist auch das Ziel, den Jahresiiberschuss zu beeinflussen, eine Begrundung fiir das Abweichen von der Bewertungsstetigkeit, allerdings nur, wenn eine grundsatzliche Anderung im Zielsystem des Managements und/oder der Gesellschafter eingetreten ist. Ob durch diese Klausel verhindert werden kaim, dass eine Anderung der Bewertungsmethoden mehrmals hintereinander nur zum Zwecke der Gewinnmanipulation vorgenommen werden kann, ist zumindest fraglich. Die Unmoglichkeit, die Lange des Karenzzeitraums bis zur nachsten zulassigen Veranderung der "unternehmerischen Konzeption" oder der "Einschatzung der Unternehmensentwicklung" festzulegen, ist offensichtlich. Eine effiziente Abwehr von missbrauchlichen
Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfuhrung und Bilanzierung
79
Gewinnbeeinflussiingen durch Andemngen der Bewertungsmethoden ist folglich kaum moglich'. GemaB § 284 HGB ist neben den angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden selbst (§ 284 Abs. 2 Nr. 1 HGB) im Anhang eine Anderung der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sowie die Begrtindung eines Methodenwechsels (§ 284 Abs. 2 Nr. 3 HGB) anzugeben. Der Einfluss einer Anderung auf die Vermogens-, Finanz- und Ertragslage ist gesondert darzustellen. Diese Vorschrift verlangt nach h.M. nur eine allgemeine verbale Tendenzaussage und nur bei betragsmaBig wesentlichen Abweichungen eine zahlenmaBige Abschatzung. Aufgrund des eingeschrankten Anwendungsbereichs des Stetigkeitsgrundsatzes und der vielfaltigen Begrilndungsmoglichkeiten fur Methodenanderungen kann die Sclunalenbachsche Forderang nach Vergleichbarkeit der Periodenerfolge nicht als vollstandig erfulh angesehen werden. Eine Zementierung gewahher Bewertungsmethoden kann andererseits nicht sinnvoll sein, wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse, neue bilanzrechtliche Entscheidungen oder veranderte innerbetriebliche Verhaltnisse eine verbesserte Rechenschaftslegung ermoglichen. Eine Schliisselrolle fur die richtige Einschatzung der Vermogens- und Ertragslage durch den extemen Bilanzleser spielen folglich Erlauterungen aller die Vergleichbarkeit storenden Bewertungsabweichungen im Anhang. Rein verbale Erlauterungen sind daher unzureichend.
Aufgabe 1: Grundsatze ordnungsmaRiger Buchfuhrung und Bilanzierung Buchhalter Armel der LowTech GmbH hat seine Schwierigkeiten mit den Grundsatzen ordnungsmaBiger Buchfuhrung und Bilanzierung. Gegen welche GoB verstoBen die folgenden von Armel vorgenommenen Buchungs- und BilanzierungsmaBnahmen? a) Die im Vorjahr unter "Riickstellungen" in der Bilanz ausgewiesenen ungewissen Verbindlichkeiten ordnet er ohne Begriindung und ohne im Anhang eine Eriauterung zu geben, in der aktuellen Bilanz dem Posten "Verbindlichkeiten" zu. b) Das Finanzamt verrechnet am 3.1.02 einen Einkommensteuer-Erstattungsanspruch des Einzelkaufmanns Klein mit einer Umsatzsteuerverbindlichkeit seines Unternehmens. Armel gibt seinem Freund Klein den Rat, am besten gar nichts zu buchen und auch nichts in der Bilanz zum 31.12,01 auszuweisen, daja alles verrechnet sei. c) Eine zu Beginn des abgelaufenen Geschaftsjahres angeschaffte Maschine wird linear abgeschrieben. Alle bisher vorhandenen Maschinen des gleichen Typs (art-, funktions- und kostengleich) wurden degressiv abgeschrieben. Eine Begriindung wird nicht gegeben. d) Die LowTech GmbH besitzt im Zentrum ihres Hauptsitzes Leer/Ostfriesland noch ein Lagergebaude, das zur Halfte abgeschrieben ist. Aufgrund der stark gestiegenen Grundstuckspreise liegt der Wert des Grundstiicks und des Lagergebaudes inzwischen weit oberhalb der friiheren Anschaffungskosten. Armel mochte in der Bilanz ein den tatsachlichen Verhaltnissen entsprechendes Bild der Vermogenslage zeichnen und bewertet Grundstuck und Gebaude mit den aktuellen Verkehrswerten. e) Die Miete fur das Biirogebaude zahlt die GmbH an den Vermieter jeweils halbjahrlich nachtraglich am 1. Februar und am 1. August jeden Jahres. Armel bucht den Mietaufwand jeweils direkt nach der Zahlung. Die Bilanz wird seiner Meinung nach davon nicht beruhrt. f) Buchhalter Armel glaubt, einen guten Weg zur Aufbesserung des Jahresuberschusses gefunden zu haben. Zwei Drehmaschinen im Fertigungsbereich sind im abgelaufenen Geschaftsjahr
1An anderer Stelle wird ein Metliodenweclisel zum Zwecke der Ertragsbeeinflussung sogar als begriindeter Ausnahmefall angesehen, vgl. ADS § 253 Tz. 435 f. und Kapitel B.III.S.a).
80
Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfuhrung und Bilanzierung kaum genutzt worden. Armel meint, ein einmaliger Verzicht auf die planmaBige Abschreibung der beiden Maschinen sei vertretbar. g) Unter Eigentumsvorbehalt bezogene Steuemngsbauteile gehen im Dezember 01 bei der LowTech ein. Da sowohl Rechnungseingang als auch die Zahlung nach dem Bilanzstichtag (31.12.01) erfolgen, glaubt Armel, den Zugang erst nach dem Stichtag buchen zu diirfen. ii) Eine Tochtergesellschaft der LowTech GmbH, die Techno Vertriebs-GmbH mit Sitz in Dinkelsbijhl, kundigt schriftlich an, wahrscheinlich Anfang des Jahres 02 etwa 200 Stuck elektrische Zahnbursten bei der Muttergesellschaft bestellen zu woUen. Armel halt das Geschaft und den Gewinn nach eigener fester Uberzeugung fur sehr sicher und bewertet am 31.12.01 die Gerate mit ihren Verkaufspreisen. i) Die LowTech hat vor zwei Jahren ein Patent erworben, das eine bestimmte Lottechnik zum Gegenstand hat und dessen Buchwert am 31.12.01 noch 80.000 EUR betragt. Kurz vor Ende der Aufstellung der Bilanz, am 25.3.02 erfahrt Armel, dass Anfang Marz 02 eine neue TurboLottechnik zum Patent angemeldet wurde. Er vermutet, dass die alte Lottechnik damit iiberhoh und das eigene Patent wertlos ist. In der Bilanz zum 31.12.02 schreibt er das Patent daher bis auf den Erinnerungswert ab. k) Die LowTech GmbH hat auch einen Geschaftsbereich "Fasern und Textilien". Dort liegt seit einigen Jahren ein groCerer Posten Midi-Rocke auf Lager. Die Rocke werden immer noch mit den damaligen hohen Anschaffungskosten bewertet, als die Midi-Mode en vogue war. Armel ist subjektiv fest davon uberzeugt, dass friiher oder spater diese Mode wieder kommen wird und sieht keinen Grund dafur, die Rocke mit einem niedrigeren Wert anzusetzen.
3. Rechnungslegungsgrundsatze nach IFRS a) Uberblick In diesem Kapitel werden verschiedene Grundsatze der Jahresabschlusserstellung erlautert, die der Erreichung des Ziels einer entscheidungsorienterten, auf die Interessenlage der Investoren abstellenden Informationsvermittlung („Fair presentation" bzw. „true and fair view") dienen sollen. Hierzu zahlen die im Rahmenkonzept („Framework") definierten Grundsatze der Periodenabgrenzung (F.22), der Untemehmensfortfiiihrung (F.23), der Verstandlichkeit (F.25), der Relevanz (F.26-28), der Verlasslichkeit (F.31-32), der Vergleichbarkeit (F.39-42) und der EinzelerfassungZ-bewertung (F.82-84). Die Anwendung der grundlegenden qualitativen Anforderungen sowie der Einzelvorschriften der IAS, der IFRS, der IFRIC- und der SIC-Interpretationen fuhrt im Regelfall zu einem Abschluss, der ein den tatsachlichen Verhaltnissen entsprechendes Bild der Vermogens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens vermittelt (F.46). Mit dem Rahmengrundsatzwerk („Framework for the Preparation and Presentation of Financial Statements") hat das lASC 1989 Rahmenbedingungen und Leitlinien fur die Entwicklung von Standards verabschiedet, das sich eng an das „Conceptional Framework" des FASB der USA anlehnt. Das Framework kaim als theoretischer Unterbau der lASCRechnungslegung betrachtet werden, dessen Inhalt vor allem die Informationsadressaten und ihre jeweiligen Informationsziele, die Ziele der Jahresabschlusserstellung, die allgemeinen qualitativen Anforderungen an die Rechnungslegimg sowie Fragen der Bilanzierungsfahigkeit und der Gewirmrealisierung in allgemeiner Form regelt. Diese Rechnungslegungsgrundsatze stellen keine IAS oder IFRS dar und sind diesen nachrangig. Sie dienen zur Losung von ungeklarten Bilanzierungsfragen oder als konzeptionelle Grundlage flir die Entwicklung neuer Standards.
Grundsiltze ordnungsmMiger Buchfilhrung und Bilanzierung
Die den IAS und IFRS zugrunde liegenden Rahmengrundsatze f~ die Jahresabschlusserstellung lassen sich nach dem IASB-Framework zwischen den grundlegenden Annahmen (,,Underlying Assumptions") und den qualitativen Kriterien der Rechnungslegung (,,Qualitative Characteristics of Financial Statements") unterscheiden. Zusammen mit den Nebenbedingungen (,,ConstraintsG')werden diese in der folgenden Abbildungl als das konzeptionelle System der Rechnungslegungsgrundsatze des IASB dargestellt. Die allgemeinen Bewertungsgrundsatze des IASB-Konzepts entsprechen zwar formal weitgehend den Bewertungsgrundsatzen nach HGB, doch die Bedeutung der einzelnen Grundsatze divergiert deutlich. Dies ist auf den unterschiedlichen Zweck der Rechnungslegung zuriickzufiihren, denn wtihrend die Rechnungslegung nach HGB stark an den Interessen der Glaubiger ausgerichtet und das Vorsichtsprinzip der dominierende Grundsatz ist, orientiert sich die Rechnungslegung nach IAS in erster Linie an den Interessen der Investoren. Die Grundsatze des Framework zielen primar auf eine investorbezogene Informationsvermittlung ab. Relevanz und Verlasslichkeit stellen die zentralen Rechnungslegungsgrundsatze dar. Hieraus resultiert auch die starke Betonung des Grundsatzes der Periodenabgrenzung (,,Accrual Basis") zu Lasten des Vorsichtsprinzips (,,Prudence6'), das nach dem IASB-Konzept ausschlieBlich eine Bewertungsregel bei Ermessensspielraumen ist und nicht die Bildung stiller Reserven rechtfertigt (F.37). UnternehmensfortfUhrung (Going Concern Principle) Realisation Principle Periodenabgrenzung Accrual Basis Verstiindlichkeit (Understandability)
levanz :Relevance)
a' Wesentlichkeit :Materiality)
(Reliability)
barkeit (Comparabi-
u - Richtigkeit (Faithful Presentation)
- wirtschaftliche Betrachtungsweise (substance over Form) - Willktirfreiheit (Neutrality) - Vorsicht (Prudence) - Vollstilndigkeit
- Zeitnahe Informationen (Timeliness) - Kosten-Nutzen-Abwilgung (Balance between Benefit and Cost)
- Abwtigung konkurrierender qualitativer Grundstitze (Balance between Qualitive Characteristics) "
n"
n
u
Erfilllung der Generalnorm (True and Fair View/ Fair Presentation) Vgl. Goebel, A./Fuchs, M.: Rechnungslegung nach den International Accounting Standards vor dem Hintergrund des deutschen Rechnungslegungsrechtsf i r Kapitalgesellschafien, DStR 1994, S. 876.
82
Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfuhrung und Bilanzierung
b) Grundlegende Annahmen („Underlying Assumptions") Wesentliche Grandlage der IFRS sind die unter dem Begriff „Underlying Assumptions" zusammengefassten Prinzipien der periodengerecliten Erfolgsabgrenzung und der Unternehmensfortfuhrung. (1) Periodenabgrenzung („Accrual Basis") Im Grundsatz der Periodenabgrenzung ist die periodengerechte und verursachungsgemaBe Zuordnung von Aufwendungen und Ertragen festgelegt. Die Ausgaben und Einnahmen sind in derjenigen Periode erfolgswirksam, also als Aufwendungen und Ertrage, zu erfassen, zu der sie wirtscliaftlich gehoren. Die Zeitpunkte des Zu- oder Abflusses sind niclit von Bedeutung (F. 22, IAS 1.25 f.; vgl. auch § 252 Abs. 1 Nr. 5 HOB). Sowohl das Realisationsprinzip („Realisation Principle") als auch der Grundsatz der sachlichen Abgrenzung („Matching Principle") stellen Konkretisierungen (Unterprinzipien) des Grundsatzes der Periodenabgrenzung dar, denn beide Grundsatze haben abgrenzende Wirkung. Der Grundsatz der sachlichen Abgrenzung besagt, dass die bestimmten Ertragen direkt zurechenbaren Aufwendungen in derjenigen Periode zu beriicksichtigen sind, in der die zugehorigen Ertrage realisiert werden. Das Realisationsprinzip regelt den Zeitpunkt der Ertragserfassung unter Berilcksichtigung der Bilanzierungsfahigkeitskriterien. Im Gegensatz zum deutschen Handelsrecht erfolgt im IFRS-System nicht nur die Erfassung der Aufwendungen, sondern in vielen Fallen auch der Ertrage bereits dann, wenn eine Realisierung wahrscheinlich oder sicher ist, und nicht erst, wenn sie bereits erfolgt ist. Altemativ zu den (historischen) Anschaffungskosten lasst das lASB-Konzept auch eine (Neu-) Bewertung der Vermogensgegenstande zum dariiber liegenden „Fair Value" (z.B. Marktwert) zu oder verlangt sie sogar zwingend. Das Anschaffungskostenprinzip hat keine generelle Giiltigkeit. Da somit in vielen Fallen nicht nur Verluste, sondern auch Gewinne bzw. Eigenkapitalerhohungen vor ihrer Realisierung antizipiert werden, fmdet das Imparitatsprinzip nur bei einem Teil der Bilanzpositionen Anwendung.
(2) Unternehmensfortfiihrung („Going Concern Principle") Nach dem Grundsatz der Untemehmensfortfuhrung ist bei der Aufstellung des Jahresabschlusses zu unterstellen, dass die Geschaftstatigkeit fortgesetzt wird und eine Liquidation in nachster Zukunft nicht beabsichtigt wird. Somit diirfen keine Liquidationswerte in der Bilanz angesetzt werden (IAS 1.23; F.23). Dieser Grundsatz besteht ebenfalls im deutschen Handelsrecht (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB).
c) Qualitative Recbnungslegungsgrundsatze („Principal Qualitative Characteristics of Financial Statements") Die Einhaltung der qualitativen Recbnungslegungsgrundsatze soil die Jahresabschlussinformationen filr die Informationsadressaten hochwertig und nutzlich machen (F.24). „Relevance" und „Reliability" stellen die zentralen Recbnungslegungsgrundsatze dar.
Grundsatze ordnungsmaBiger BuchfUhrung und Bilanzierung
83
(1) Verstandlichkeit („Understandability") Der Gmndsatz der Verstandlichkeit verlangt, dass sich ein sachverstandiger Informationsadressat in angemessener Zeit einen Uberblick tiber die Vermogens-, Finanz- und Ertragslage des Untemehmens verschaffen konnen muss. In diesem Zusammenhang ist zu beriicksichtigen, dass alle relevanten Bestands- und ErfolgsgroBen erkennbar sind und keine bedeutenden Informationen zugunsten einer besseren Verstandlichkeit ausgeklammert warden dtirfen (F.25).
(2) Relevanz („Relevance") Der Jahresabschluss hat nach dem Grundsatz der Relevanz (F.26-28) alle Informationen zu enthalten, die fur die Zwecke der Adressaten niltzlich sind. Die Relevanz wird durch die Art der Information sowie ihre Wesentlichkeit bestimmt. Als konkretisierender Grundsatz (Unterprinzip) wird also das Prinzip der Wesentlichkeit („materiality"; s. F.29 f.^ herangezogen. Wesentlich bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Abschluss ohne diese Angaben in Bezug auf die zukunftsorientierte Entscheidungsfmdung der Informationsadressaten unvollstandig ist. Wesentlich ist eine Information m.a.W. dann, wenn sie geeignet ist, getroffene oder zu treffende Entscheidungen oder Bewertungen sicherer zu machen, zu verbessern oder zu korrigieren.
(3) Verlasslichkeit („Reliability") Wenn die bereitgestellten Jahresabschlussinformationen frei von materiellen Fehlem und Verzerrungen sind und sich der Nutzer mithin darauf verlassen kann, dass sie getreu die Sachverhalte wiedergeben, die sie vorgeben darzustellen, wird die Verlasslichkeit der Informationen als gegeben betrachtet (F.31). Um dies sicherzustellen, wird eine Informationsvermittlung gefordert, die folgende konkretisierenden Unterprinzipien beachtet: • •
• •
•
Glaubwiirdige Darstellung bzw. Richtigkeit („Faithful Presentation") (F.33 f) Wirtschaftliche Betrachtungsweise („Substance over Form") (F.35), wonach Geschaftsvorfalle nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt und nicht nach ihrer rechtlichen Form zu behandeln sind. Neutralitat („Neutrality") (F. 3 6) Vorsicht ("Prudence") (F.37). In diesem Zusammenhang ist zu erwahnen, dass dem im HGB sehr stark ausgepragten Vorsichtsprinzip im Rahmen der Rechnungslegung nach IFRS weit weniger Bedeutung beigemessen wird, da die periodengerechte Erfolgsermittlung als Hauptaufgabe des IFRS-Abschlusses nicht beeintrachtigt werden darf Dennoch ist auch bei der Rechnungslegung nach IFRS das Vorsichtsprinzip zu beachten, und zwar derart, dass aufgrund der Ungewissheit notwendige Schatzungen imd Ermessensausiibungen bei der Bewertung der Vermogensgegenstande und Schulden mit der notwendigen Sorgfalt vorgenommen werden miissen. Die Bewertrmg muss den tatsachlichen Gegebenheiten entsprechen, Bildung stiller Reserven ist auch aufgrund der Vorsicht nicht gerechtfertigt, da der Abschluss dann nicht mehr neutral und somit nicht mehr zuverlassig ware. Das Prinzip der sachlichen Abgrenzung („Matching Principle") hat im Zweifel Vorrang vor dem Prinzip der Vorsicht. VoUstandigkeit („Completeness") in den Grenzen von Wesentlichkeit und Kosten (F.38).
84
Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfljhrung und Bilanzierung
(4) Vergleichbarkeit („Comparability") Zur Erhohung der Entscheidungsniitzlichkeit der Abschlussinformationen wird verlangt, dass Jahresabschliisse unterschiedlicher Geschaftsjahre desselben Untemehmens (Zeitvergleich) und Jahresabschliisse verschiedener Untemehmen (Betriebsvergleich) vergleichbar sein miissen. Dazu bedarf as zum einen der Beibehahung des Postenausweises und der Ghederung, sofem keine wesenthche Anderung im Tatigkeitsfeld des Untemehmens eine Anderung in der Darstellungsweise erforderlich macht (Darstellungsstetigkeit, IAS 1.27). Zum anderen ist im Falle von Wahlrechten eine stetige Anwendung einmal gewahlter Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden notwendig. Art- und flinktionsgleiche Wirtschaftsgtiter miissen daher grundsatzlich nach gleichen Methoden bewertet warden. Dies gih insbasondara auch bai der Wahlmoglichkeit zwischen der (jaweils ampfohlanan) BenchmarkMethode und der altemativ zulassigen Methode. Wird allerdings durch die Beibehaltung der Bewertungsmethoda der Varmogensausweis unzuraichend dargestellt, ist auf die Bawertungsstetigkeit zu verzichten. In diesem Fall ist eine Bawartung vorzunehmen, die ein zutreffenderes Bild der Vermogens-, Finanz- und Ertragslaga des Untemehmens liefert. Bei Abwaichungen von einmal gewahlten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden miissen nicht nur die neuen Mathodan, sondern auch die Auswirkungen auf die Vermogens-, Finanz- und Ertragslage im Anhang angegeben werden (F.39-42; IAS 1.27 f.).
(5) Beschrankungen der Relevanz und Verlasslichkeit Die Jahresabschlussinformationen sind zaitnah bereitzustellen (Zeitndhe, „TimeUness"), da sonst daren Entscheidungsrelevanz gemindert wird. Dadurch kann die Verlasslichkeit der Informationen beeintrachtigt werden (F.43). Bei dar Baachtimg der qualitativan Anforderungen an die Jahresabschlussinformationen ist die Kosten-Nutzen-Beziehung der einzalnan Informationen zu beriicksichtigen („Balanca between Benefit and Cost"). Die Kosten zur Erlangung einer einzelnen Information diirfen den Nutzen, der daraus zu ziehan ist, nicht iibersteigan (F.44). SchlieBlich soil insbesondere bei Vorliagan von Zielkonflikten mit Blick auf den Gesamtzweck dar Rechnungslagung aina ausgewogene Anwendung der varschiedanen qualitativan Anfordarungen arfolgan („Balance between Qualitative Characteristics"). Dazu muss eine Darstallung gewahlt werden, dia die Raalitat am ehesten widerspiegelt (F.45).
(6) Einzelerfassung/Einzelbewertung Im „Framawork" ist nur von Einzelerfassung dia Rada (F.82-84) Dar Grundsatz der Einzelbewertung ist nicht ausdrucklich geregelt. Jedoch ist er indirekt im Framework ersichtlich, da z.B. die Ausfiihrungen in F.82 im Singular formuliert sind und in F.83 auf die Bawartung Bezug genommen wird. AuBerdam ist z.B. in IAS 2.23 bai Vorratan grundsatzlich eine „Einzelzuordnung" der Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorgesehen. Allerdings gibt as - wia auch im HGB - eine Raiha von Ausnahmen von diasam Gmndsatz. So sind z.B. im Rahmen der Vorratsbewertung Bewertungsvereinfachungsverfahren (gewogener Durchschnitt, Fifo-Methode; IAS 2.21) zulassig.
(7) Stichtagsprinzip Das Stichtagsprinzip besagt, dass grandsatzlich die Verhaltnisse am Bilanzstichtag fur die Erstallung das Jahrasabschlussas von Bedeutung sind. Allerdings sind Tatsachen, die be-
Die Inventur
85
reits am Bilanzstichtag existent waren, jedoch erst zu einem spateren Zeitpunkt vor der Bilanzerstellung bekannt wurden (sog. „wertaufhellende Tatsachen"), ebenso wie im deutschen Handelsrecht zu beriicksichtigen.
Weiterfuhrende Benne, J.: Eckes, B Faller, E.: Groh, M.: Leffson, U.: Moxter, A: Schindler, J.: Selchert, F.W.: Streim, H.: Wollmert,P./ Achleitner, A.-K.:
Literatur: Einzelbewertung und Bewertungseinheit, DB 1991, S. 2601 ff. Bewertungsstetigkeit - Muss- oder Sollvorschrift, BB 1985, S. 1435 ff. Der Grundsatz der Einzelbewertung und die Notwendigkeit zu seiner Durchbreohung unter Beriicksichtigung des Bilanzrichtlinie-Gesetzentwurfs, BB 1985, S. 2017 ff. Zur Bilanzierung von Fremdwahrungsgeschaften, DB 1986, S. 869 ff. Die Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfilhrung, 7. Aufl., Dusseldorf 1987. Das Realisationsprinzip - 1884 und heute, BB 1984, S. 1780 ff. Die Probleme bei langfristiger Fertigung nach derzeitigem und zukiinftigem Handelsrecht, BB 1984, S. 1654 ff. Bewertungsstetigkeit nach dem Bilanzrichtlinie-Gesetz, DB 1984, S. 1889 ff. Die Vermittlung von entscheidungsniltzlichen Informationen durch Bilanz und GuV - Ein nicht einlosbares Versprechen der internationalen Standardsetter, BFuP2000, S. I l l ff. Konzeptionelle Grundlagen der lAS-Rechnungslegung (Teil I und II), WPg 1997, S. 209ff. und 245 ff
VI. Die Inventur Lernziele: Der Leser soil •
Inventor und Bilanz voneinander abgrenzen konnen
•
die verschiedenen Inventurarten unterscheiden und diesen ihre Anwendungsvoraussetzungen sowie Anwendungsbereiche zuordnen konnen.
1. Stichtagsinventur Jeder Kaufmann ist verpflichtet, bei der Grilndung seines Handelsgewerbes und am Ende jeden Geschaftsjahres "irmerhalb der einem ordnungsgemaBen Geschaftsgang entsprechenden Zeit" ein Inventar aufzustellen (§ 240 Abs. 1 u. 2 HGB). Steuerrechtlich wird auf diese Verpflichtung in § 140 AO Bezug genommen und der Kreis der zur "jahrlichen Bestandsaufnahme" Verpflichteten in § 141 AO auf Kleingewerbetreibende (NichtKaufleute), die festgelegte GroBengrenzen Uberschreiten, ausgeweitet. Definition: Das Inventar ist ein mengen- und wertmaBiges Verzeiclmis aller am Stichtag vorhandenen einzelnen Vermogensgegenstande und Schulden sowie des Eigenkapitals (§ 240 Abs. 1 HGB). Von einer Bilanz, die ebenfalls stichtagsbezogen ist und gemaB § 242 HGB ebenfalls zu Beginn des Handelsgewerbes und am Ende jeden Geschaftsjahres aufzustellen ist, unter-
Die Inventur
85
reits am Bilanzstichtag existent waren, jedoch erst zu einem spateren Zeitpunkt vor der Bilanzerstellung bekannt wurden (sog. „wertaufhellende Tatsachen"), ebenso wie im deutschen Handelsrecht zu beriicksichtigen.
Weiterfuhrende Benne, J.: Eckes, B Faller, E.: Groh, M.: Leffson, U.: Moxter, A: Schindler, J.: Selchert, F.W.: Streim, H.: Wollmert,P./ Achleitner, A.-K.:
Literatur: Einzelbewertung und Bewertungseinheit, DB 1991, S. 2601 ff. Bewertungsstetigkeit - Muss- oder Sollvorschrift, BB 1985, S. 1435 ff. Der Grundsatz der Einzelbewertung und die Notwendigkeit zu seiner Durchbreohung unter Beriicksichtigung des Bilanzrichtlinie-Gesetzentwurfs, BB 1985, S. 2017 ff. Zur Bilanzierung von Fremdwahrungsgeschaften, DB 1986, S. 869 ff. Die Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfilhrung, 7. Aufl., Dusseldorf 1987. Das Realisationsprinzip - 1884 und heute, BB 1984, S. 1780 ff. Die Probleme bei langfristiger Fertigung nach derzeitigem und zukiinftigem Handelsrecht, BB 1984, S. 1654 ff. Bewertungsstetigkeit nach dem Bilanzrichtlinie-Gesetz, DB 1984, S. 1889 ff. Die Vermittlung von entscheidungsniltzlichen Informationen durch Bilanz und GuV - Ein nicht einlosbares Versprechen der internationalen Standardsetter, BFuP2000, S. I l l ff. Konzeptionelle Grundlagen der lAS-Rechnungslegung (Teil I und II), WPg 1997, S. 209ff. und 245 ff
VI. Die Inventur Lernziele: Der Leser soil •
Inventor und Bilanz voneinander abgrenzen konnen
•
die verschiedenen Inventurarten unterscheiden und diesen ihre Anwendungsvoraussetzungen sowie Anwendungsbereiche zuordnen konnen.
1. Stichtagsinventur Jeder Kaufmann ist verpflichtet, bei der Grilndung seines Handelsgewerbes und am Ende jeden Geschaftsjahres "irmerhalb der einem ordnungsgemaBen Geschaftsgang entsprechenden Zeit" ein Inventar aufzustellen (§ 240 Abs. 1 u. 2 HGB). Steuerrechtlich wird auf diese Verpflichtung in § 140 AO Bezug genommen und der Kreis der zur "jahrlichen Bestandsaufnahme" Verpflichteten in § 141 AO auf Kleingewerbetreibende (NichtKaufleute), die festgelegte GroBengrenzen Uberschreiten, ausgeweitet. Definition: Das Inventar ist ein mengen- und wertmaBiges Verzeiclmis aller am Stichtag vorhandenen einzelnen Vermogensgegenstande und Schulden sowie des Eigenkapitals (§ 240 Abs. 1 HGB). Von einer Bilanz, die ebenfalls stichtagsbezogen ist und gemaB § 242 HGB ebenfalls zu Beginn des Handelsgewerbes und am Ende jeden Geschaftsjahres aufzustellen ist, unter-
86
Die Inventur
scheidet sich das Inventar dadurch, dass es die einzelnen Vermogensgegenstande enthalt, also die einzelnen Produktionsanlagen, Buromaschinen, Biiromobel etc., wahrend die Bilanz nur zusammengefasste Gruppen von Vermogensgegenstande beinhaltet. Aufierdem werden nur im Inventar die Mengen und Werte der einzelnen Vermogensgegenstande ausgewiesen, die Bilanz zeigt lediglich die Werte der Gegenstandsgruppen. Zudem konnen sich u.U. die Werte im Inventar und in der Bilanz voneinander unterscheiden, da bei den Inventarwerten noch keine Abschreibungen oder Zuschreibungen nach §§ 253 und 254 HOB erfolgen. Oftmals enthalt das Inventar die Bilanzwerte in einer zusatzlichen Spalte. Definition: Die Erfassung der einzelnen Vermogensgegenstande sowie der Schulden und deren Zusammenstellung zu einem Inventar bezeichnet man als Inventur (Tatigkeit). Die Grundform der Inventur, namlich die auf das Ende des Geschaftsjahres bezogene Erstellung des gesamten Inventars, ist die Stichtagsinventur. Sie erfordert das voUstandige korperliche Erfassen aller Vermogensgegenstande am Geschaftsjahresende und stellt daher erhebliche Anforderungen an Planung, Organisation und Durchfuhrung der Inventurarbeiten. Nach herrschender Meinung ist die Forderung des § 240 Abs. 2 HGB, das Inventar innerhalb der einem ordnungsmaBigen Geschaftsgang entsprechenden Zeit aufzustellen, erfiillt, wenn dies innerhalb einer Frist von zehn Tagen vor oder nach dem Inventurstichtag erfolgt (sog. "ausgeweitete Stichtagsinventur"). Die zwischenzeitlichen Bestandsveranderungen sind allerdings anhand von Belegen (Wareneingangsscheine, Materialentnahmescheine) oder Aufzeichnungen ordnungsgemaB zu beriicksichtigen (R 5.3 Abs. 1 EStR). Die Stichtagsinventur zur Feststellung der Bestande der einzelnen Vermogensgegenstande und Schulden am Ende jeden Geschaftsjahres ist erforderlich, um die Endbestande auf den Bestandskonten der Buchfuhrung ilberpriifen zu konnen. Nur auf diese Weise lassen sich Schwund, Verderben oder Diebstahl z.B. gelagerter Rohstoff-, Erzeugnis- oder Warenvorrate erkennen. Die Bestande auf den Bestandskonten, somit auch die Posten des Schlussbilanzkontos, sind durch entsprechende Materialaufwandsbuchungen oder Bestandsverminderungsbuchungen an die tatsachlichen Inventurbestande anzupassen. Die korrigierten Werte werden daim in die Bilanz iibernommen, um die tatsachlichen wirtschaftlichen Verhaltnisse wiedergeben zu konnen ("MaBgeblichkeit des Inventars fiir den Jahresabschluss"). Bei Fiihrung gemischter Warenkonten oder gemischter Wertpapierkonten ist der Abschluss dieser Konten (iberdies ohne inventurmaBige Feststellung des Endbestandes nicht moglich. Die ordungsgemaBe Durchfiihrung der Inventur sowie das Inventar als deren Ergebnis sind Priifimgsobjekte des Abschlusspriifers, sofern die Gesellschafl; prilfungspflichtig ist (vgl. Kapitel A.III.2.b). Daneben erfullen Inventur und Inventar fiir Gesellschafter und Glaubiger auch eine Schutzfunktion gegen Bilanzfalschungen, Diebstahle etc. durch das Management bzw. das Betriebspersonal. Aufdeckung und Nachweis dieser Delikte werden durch das Inventar erleichtert. Die Inventur der verschiedenen Vermogensgegenstande und Schulden muss naturgemaB auf unterschiedliche Weise erfolgen. Die materiellen Vermogensgegenstande werden durch korperliche Bestandsaufnahme, also durch Zahlen, Messen, Wiegen erfasst (sog. korperliche Inventur). Bei Giitern geringen Wertes, die sich schwer aufnehmen lassen (Schuttgiiter, z.B. Sand), sind auch Schatzungen zulassig. Forderungen, Bankguthaben, immaterielle Vermogensgegenstande und Schulden sind nur anhand von Buchfuhrungsunterlagen, Belegen und Aufzeichnungen (z.B. Rechnungen, Vertrage, Urkunden, Patent-
Die Inventur
dokumente) feststellbar. (sog. Buch- oder Beleginventur). Um die Beweiskraft der Beleginventur zu erhohen, werden haufig die entsprechenden Geschaftspartner angeschrieben und um die Angabe der Hohe ihrer spiegelbildlichen Forderung oder Verbindlichkeit gebeten (sog. Saldenbestatigung). Die Stichtagsinventur kann allerdings auch eine erhebliche Beeintrachtigung des Produktions- undloder Geschiiftsablaufs mit sich bringen. Aus diesem Grunde und zur Verminderung des Inventuraufwandes enthalt 5 241 HGB Inventurvereinfachungsverfahren,die weiter unten behandelt werden. Zur Vereinfachung der Bewertung im Rahmen der Stichtagsinventur dienen das Festwertverfahren (5 240 Abs. 3 HGB) und die Gruppenbewertung (5 240 Abs. 4 HGB), die beide in Kapitel B.IV.3. nilher erlautert werden. Im Sinne des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit wird bei diesen Verfahren ein Abweichen von der in 5 240 Abs. 1 HGB geforderten Einzelbewertung und damit eine Beeintrachtigung der Richtigkeit zugelassen.
2. Fiihrung eines laufenden Bestandsverzeichnisses beim Anlagevermogen Das nach 5 240 Abs. 2 HGB und 55 140, 141 A 0 aufzustellende Inventar hat auch das Sachanlagevermogen zu umfassen. Allerdings ist wegen der i.d.R. guten ~berschaubarkeit eine jiihrliche korperliche Erfassung nicht erforderlich, wenn der Bestand am Bilanzstichtag aufgrund laufender Beriicksichtigung aller Zu- und AbgSinge des Geschaftsjahres und einer Wertfortschreibung (Ab- und Zuschreibungen) aus einem Verzeichnis ennittelbar ist (sog. laufendes Bestandsverzeichnis). Unbewegliche Anlagegiiter konnen anhand von Anlagenkonten, Anlagenkarteien und Grundbuchauszugen erfasst und in das Bestandsverzeichnis aufgenommen werden (Buchinventur). Steuerrechtlich wird die Fiihrung eines laufenden Bestandsverzeichnisses oder einer Anlagenkartei lediglich fiir bewegliche Anlageguter verlangt (R 5.4 Abs. 1 EStR). In diesem Bestandsverzeichnis mussen folgende Angaben enthalten sein: genaue Bezeichnung des Gegenstands Bilanzwert des Gegenstands am Bilanzstichtag Tag der Anschaffung oder Herstellung Hohe der Anschaffungs- oder Herstellungskosten (AKIHK) Tag des Abgangs. Tag der Anschaffingl Herstellung
Bezeich- H6he der nung des AIU HK Gegenstands
Abschreibungsmethode und-satz
Abschrei- Bilanzwert am bungs31.12.01 betrag in01
Abschrei- Bilanzetc. wert am bungs31.12.02 betrag in 02
Datum des Abgangs
Im Bestandsverzeichnis mussen auch voll abgeschriebene, aber noch nicht aus dem Betriebsvennogen abgegangene Anlagegegenstiinde verzeichnet sein, es sei denn, es handelt sich um Geringwertige Wirtschaftsguter bis 60 EUR Anschaffungskosten oder ZugSinge zu einem Festwert gem. 5 240 Abs. 3 HGB. Fur zu einem Festwert gehorende Gegenstkinde ist alle drei Jahre eine korperliche Bestandsaufnahme vorzunehrnen (R 5.4 Abs. 4 EStR). Gleichartige bewegliche Anlagegiiter konnen im Bestandsverzeichnis unter Angabe der Menge zusammengefasst werden, wenn sie im selben Jahr angeschafft wurden, die gleiche Nutzungsdauer und die gleichen Anschaffungskosten aufweisen und auBerdem nach der gleichen Methode abgeschrieben werden (R 5.4 Abs. 2 Satz 3 EStR).
88
Die Inventur
Eine Anlagenkartei oder die Sachkonten der Anlagenbuchhaltung koimen als Bestandsverzeichnis gelten, wenn sie die obigen Angaben enthalten (R 5.4 Abs. 5 EStR). Bei Fehlen oder Unvollstandigkeit des Bestandsverzeichnisses kann die OrdnungsmaBigkeit der Buchfilhrung in Frage gestellt sein. Die Buchfuhrung ist nicht ordnungsgemaB, wenn wesentliche Mangel vorliegen, die eine Uberpriiflmg des sachliclien Buchfuhrungsergebnisses stark beeintrachtigen (R 5.3 Abs. 4 imd R 5.2 Abs. 2 EStR).
3. Permanente Inventur Die sich bei der Stichtagsinventur oftmals ergebende Beeintrachtigung des Geschaftsablaufs kann durch eine permanente Inventur des Anlage- und des Umlaufvermogens reduziert werden. Hierbei werden planmaBig bestimmte Gruppen von Vermogensgegenstanden zu versciiiedenen Zeitpunkten des Jahres korperlich erfasst. Im Regelfall wird durch die Lagerbuchfiihrung als Mengen- und Wertfortschreibungsverfahren sichergestellt, dass die Bestande am Bilanzstichtag nach Art, Menge und Wert auch ohne korperliche Bestandsaufnahme festgestellt werden konnen. Dadurch wird eine Verteilung der Inventurarbeiten uber das ganze Geschaftsjahr erreicht, jeder Gegenstand wird im Laufe des Geschaftsjahres einmal korperlich erfasst. Die Korrektur- und Anpassungsbuchungen an das Inventurergebnis erfolgen am jeweiligen Inventurtag. Diese sog. Permanente Inventur ist nach § 241 Abs. 2 HGB und H 5.3 „Permanente Inventur" EStH zulassig, sofern das Fortschreibungsverfahren von Art, Menge und Wert des korperlich erfassten Bestandes der Vermogensgegenstande den Grundsatzen ordnungsmaBiger Buchfuhrung, also insbesondere den Grundsatzen der Vollstandigkeit und Richtigkeit entspricht. Die Anwendung der Permanenten Inventur auf wertvolle Gegenstande, deren Bestand i.d.R. sehr gefahrdet ist (z.B. Edelmetalle), und auf Gegenstande mit unkontrollierbaren Abgangen (z.B. leicht verdunstende Flussigkeiten, leicht entweichende Gase, leicht verderbliche Giiter etc.) ist nicht mit den Grundsatzen ordnungsmaBiger Buchfuhrung vereinbar (vgl. R 5.3 Abs. 3 EStR). In diesen Fallen ist es sehr wahrscheinlich, dass durch die reine Fortschreibungsrechnung zu groBe Ungenauigkeiten auftreten und der eigentliche Zweck der Inventur nicht erreicht werden kann. Auch ist die Permanente Inventur auf Giiter, die zu einem Festwert gehoren nicht zulassig, da fur diese handels- und steuerrechtlich alle drei Jahre eine korperliche Bestandsaufnahme am Stichtag verlangt wird (R 5.4 Abs. 4 EStR).
4. Vor- oder nachverlegte Stichtagsinventur Als Erleichterung bei der Stichtagsinventur sehen § 241 Abs. 3 HGB als auch R 5.3 Abs. 2 EStR die Moglichkeit vor, die korperliche Erfassung der Vermogensgegenstande und die Aufstellung eines besonderen Inventarverzeichnisses an einem Tag innerhalb der letzten drei Monate vor dem Geschaftsjahresende ("vorverlegte Stichtagsinventur") oder innerhalb der ersten beiden Monate nach dem Bilanzstichtag (sog. "nachverlegte Stichtagsinventur") durchzufilhren. Eventuell erforderliche Korrekturbuchungen zur Anpassung der Buchbestande an die Inventurbestande erfolgen am jeweiligen Inventurtag. Voraussetzung ist, dass der am Bilanzstichtag vorhandene Bestand der entsprechenden Vermogensgegenstande ausgehend von diesem besonderen Inventar durch Anwendung eines den Grundsatzen ordnungsmaBiger Buchfuhrung entsprechenden wertmaBigen Fortschreibungs- oder Riickrechnungsverfahrens (Skontro) ordnungsgemaB bewertet werden kann. Ein solches Skontro muss luckenlos alle Zu- und Abgange erfassen. Ist dies der Fall, so brauchen diese Vermogensgegenstande im Inventar des Bilanzstichtags nicht verzeichnet zu werden. Eine
Die Inventur
89
mengenmaBige Fortschreibung oder Rtickrechnung der Bestande bis zu Bilanzstichtag ist ebenfalls nicht erforderlich. Eine Anwendung der vor- oder nachverlegten Stichtagsinventur bei leicht verderblichen oder sehr wertvollen Giitern oder solchen mit unkontrollierbarem Abgang ist mit den Gnmdsatzen der Richtigkeit und Vollstandigkeit nicht vereinbar. Unzulassig ist die verlegte Inventur aucli bei Festwerten (R 5.4 Abs. 4 EStR) und in den Fallen, in denen es zur Erlangung einer steuerlichen Vergilnstigung auf die mengenmaBige Zusammensetzung des Stichtagsbestandes ankommt (R 5.3 Abs. 2 Satz 10 EStR) und daher die Stichtagsinventur oder die Permanente Inventur erforderlich ist (z.B. bei der lifo-Methode gemaB § 6 Abs. I Nr. 2a EStG).
5. Stichprobeninventur Als Inventurvereinfachungsverfahren ist auch die Stichprobeninventur handelsrechtlich und steuerrechtlich zulassig (§ 241 Abs. 1 HOB), bei der die korperliche Erfassung aller vorhandenen Vermogensgegenstande (Grundgesamtheit) entfallt und stattdessen die korperliche Bestandsaufnahme auf eine zufallige Auswahl von Vermogensgegenstanden (Zufallsstichprobe) beschrankt wird (Teilerhebung), deren Ergebnisse auf den Gesamtbestand tibertragen werden. Bei einer Zufallsstichprobe lassen sich Wahrscheinlichkeitsaussagen ilber die Genauigkeit und Sicherheit dieses Schlusses auf die Grundgesamtheit angeben. Voraussetzung flir die Zulassigkeit dieser Vereinfachung ist, dass anerkaimte mathematisch-statistische Methoden angewandt werden, dass das Verfahren den Grundsatzen ordnungsmaBiger Buchfuhrung, insbesondere den Grundsatzen der Richtigkeit und Vollstandigkeit, entspricht und der Aussagewert des Inventars demjenigen bei vollstandiger korperlicher Bestandsaufnahme gleichkommt ("Aussageaquivalenz"; § 241 Abs. 1 HGB). Die Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfuhrung/Inventur kormen bei der Stichprobeninventur nur in modifizierter Form angewandt werden. So gelten die Grundsatze der Einzelerfassung und Einzelbewertung sowie der Richtigkeit nur filr die Elemente der Stichprobe. Vollstandigkeit ist so zu interpretieren, dass alle Elemente der Grundgesamtheit mit einer (bei Zufallsstichproben gleich hohen) Wahrscheinlichkeit von groBer als Null in die Stichprobe gelangen konnen und die Stichprobe vollstandig ausgewertet wird. Eine Anwendung der Stichprobeninventur bei leicht verderblichen oder sehr wertvollen Gtitern oder solchen mit unkontrollierbarem Abgang ist mit den Grundsatzen der Richtigkeit und Vollstandigkeit nicht vereinbar. Grundsatzlich gibt es zwei Moglichkeiten der Anwendung mathematisch-statistischer Methoden bei der Inventur. Zum einen karm mit Hilfe von Schatzverfahren vom Durchschnittswert der Gegenstande in der Stichprobe ausgehend eine Hochrechnung auf den Wert der Gegenstande in der Grundgesamtheit vorgenommen werden. Zum anderen konnen Testverfahren dazu dienen, die Buchwerte mit den Inventurwerten der Stichprobe zu vergleichen und dadurch AufschluB iiber die Zuverlassigkeit und Genauigkeit der Buchfuhrung zu erhalten. Gibt es keine signifikanten Abweichungen, so konnen die Werte der Buchfiihrung als Bilanzwerte akzeptiert werden. Weiterfuhrende Literatur: Romberg, Reinhold: Grundlagen und Organisation einer Stichprobeninventur nach § 39 Abs. 2a HGB, DB 1985, S. 2057-2061 und S. 2112-2116. HFA des IdW: St. 1/1990: Zur korperlichen Bestandsaufiiahme im Rahmen von Inventurverfahren, WPg 1990, S. 143 ff und St. 1/1981 i.d.F. 1990: Stichprobenverfahren flir die Vorratsinventur im Jahresabschluss, WPg 1990, S. 649 ff.
TEIL B. DIE BILANZ (HANDELS- UND STEUERBILANZ) I. Aufbau und Gliederung Lernziele: Der Leser soil •
Bilanz-Gliederungsvorschriftenfur Personenhandelsgesellschaften von denjenigenfur Kapitalgesellschaften abgrenzen konnen
•
die Grofienklassenabhdngigkeit der Gliederungsvorschriften erkennen.
1, Einzelunternehmen und Personenhandelsgesellschaften Fiir Einzelunternehmen und Personengesellschaften, gibt es keine detaillierte Gliederungsvorschrift zur Handelsbilanz. Selbst die Kontoform ist nur fiir Kapitalgesellschaften vorgeschrieben (§ 266 Abs. 1 HGB). In § 247 Abs. 1 HGB werden lediglich die elementaren Komponenten ohne Festlegung der Reihenfolge genannt. Danach hat die Bilanz (Kontenform und die (IbUche Reihenfolge seien angenommen) folgendes Aussehen: Aktiva Passiva Bilanz zum 31.12. 01 Anlagevermogen Eigenkapital Umlaufvermogen Schulden Rechnungsabgrenzungsposten Rechnungsabgrenzungsposten Allerdings wird diese Mindestgliederung mit der Forderung verbunden, eine hinreichende Aufgliederung vorzunehmen. Da tlber die Art und Weise der Aufgliederung nichts gesagt ist, sind die Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfuhmng und Bilanzierung heranzuziehen (vgl. § 243 Abs. 1 HGB). Nach dem Grundsatz der Klarheit und Ubersichtlichkeit miissen die einzelnen Unterposten exakt begrifflich voneinander abgegrenzt und Saldierungen vermieden werden. Die formale Bilanzkontinuitat verlangt der Beibehaltung der einmal gewahlten Gliederung. In einigen Spezialvorschriften wird diese Mindestgliederung noch erganzt, so dass diese dann wie folgt aussieht: Bilanz zum 31.12. 01 Eigenkapital Sonderposten mit Rilcklageanteil (§ 247 Abs. 3 HGB) Riickstellungen (§ 249 HGB) Umlaufvermogen Schulden Rechnungsabgrenzimgsposten Rechnungsabgrenzungsposten Eventualverbindlichkeiten (§251 HGB) Anlagevermogen
Eventualverbindlichkeiten (Haftungsverhaltnisse) sind gemaB § 251 HGB unter dem Bilanzstrich zu vermerken. Sie sind nicht eigentlicher Bestandteil der Bilanz (vgl. Kapitel B.IX.). Nur fur Kapitalgesellschaften ist festgelegt, dass die Sonderposten mit Rilcklageanteil vor den Riickstellungen ausgewiesen werden miissen (vgl. § 273 HGB).
Aufbau und Gliederung der Bilanz
91
In § 247 Abs. 2 HGB ist das Anlagevermogen vom Umlaufvermogen abgegrenzt: Definition: "Beim Anlagevermogen sind nur die Gegenstande auszuweisen, die bestimmt sind, dauernd dem Geschaftsbetrieb zu dienen". Die Frage der Zuordnung eines Gegenstands zum Aniage- oder Umlaufvermogen ist somit von der Zweckbestimmung abhangig. Soil der Gegenstand mehrmals im Rahmen der Leistungserstellung des Untemehmens genutzt werden, gehort er zum Anlagevermogen. Bei einmaliger Nutzung, die in einem Verbrauch (z.B. Heizol), einer Ver- oder Bearbeitung (z.B. Rohstoffe) oder einer absatzlichen Verwertung bestehen kann, gehort der Gegenstand zum Umlaufvermogen. Weitere Anhaltspunkte fur die Gliederung der Handelsbilanz von Einzeluntemehmen und Personenhandelsgesellschaften, die nicht unter das Publizitatsgesetz fallen, sollten nach h.M. die Gliederungsvorschriften fUr kleine Kapitalgesellschaften (§ 266 Abs. 1 HGB, vgl. Kapitel B.I.2.c) sein. Ftlr die Gliederung der Steuerbilanz gibt es keinerlei Vorschriften. Auch hier kormten die Gliederungsvorschriften fiir kleine Kapitalgesellschaften (§ 266 Abs. 1 HGB) eine Orientierungshilfe sein.
2. Kapitalgesellschaften a) Gliederungsschema fur groBe Kapitalgesellschaften Kapitalgesellschaften ist eine Mindestgliederung filr die Handelsbilanz in § 266 Abs. 2 und 3 HGB verbindlich vorgeschrieben. Die gleiche Regelung gilt auch fiir Einzeluntemehmen und Personenhandelsgesellschaften, die dem Publizitatsgesetz unterliegen (§ 5 Abs. 1 PublG). Erweiterungen der Mindestgliederung finden sich z.B. in § 268 Abs. 2 (Anlagenspiegel), § 268 Abs. 3 (Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag), § 268 Abs. 4 (Davon-Vermerk der Forderungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr), § 268 Abs. 5 (Davon-Vermerk der Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr), § 269 (Aufwendungen fur die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschaftsbetriebs), § 272 Abs. 1 (Ausstehende Einlagen) und § 274 (Steuerabgrenzung/latente Steuem). AUgemeine Gliederungsgrundsatze sind in § 265 HGB zusammengefasst: § 265 Abs. 1 § 265 Abs. 2 § 265 Abs. 3 § 265 Abs. 4 § 265 Abs. 5 § 265 Abs. 6 § 265 Abs. 7 § 265 Abs. 8
formale Bilanzkontinuitat/Darstellungsstetigkeit (vgl. Kapitel A.IV.c) Angabe des jeweiligen Vorjahresbetrags Angabe der Mitzugehorigkeit eines Vermogensgegenstands oder einer Schuld zu anderen Posten Erganzung der Gliederung bei Vorliegen mehrerer Geschaftszweige Weitere Untergliederung der Posten der Mindestgliederung und Aufnahme zusatzlicher Posten Abanderung der Gliederung und der Postenbezeichnung im Interesse der Klarheit und (jbersichtlichkeit Zusammenfassung von Posten im Interesse der Generalnorm oder der Darstellungsklarheit Ausweis von Leerposten
92
Aufbau und Gliederung der Bilanz
Filr die Steuerbilanz gibt es keine Gliederungsvorschriften, sie kann also auch anders als die Handelsbilanz gegliedert werden. In der Praxis wird jedoch meistens die Gliederung der Handelsbilanz ubernommen.
b) Gliederungsprinzipien Die fur Kapitalgesellschaften verbindliche Gliederung ist durch eine Kombination mehrerer Gliederungsprinzipien bestimmt. Das vorrangige Gliederungsprinzip ist das Liguiditdts- oder Fristiskeitsprinzip. So wird auf der Passivseite zuerst das langfristig gebundene Eigenkapital vor dem tendenziell kilrzerfristigen Fremdkapital genarmt. Bei den Riickstellungen sind als erste die (langfristigen) Pensionsruckstellungen anzugeben. Die Verbindlichkeitengruppen sind ebenfalls, beginnend mit Anleihen, nach ihrer normalen Laufzeit geordnet. AuBerdem sind bei den einzelnen Verbindlichkeitengruppen diejenigen mit einer Laufzeit bis zu einem Jahr gesondert auszuweisen (§ 268 Abs. 5 HGB), sowie im Anhang, den kleine Kapitalgesellschaften nicht veroffentlichen mfissen, zusatzlich die Verbindlichkeitenbetrage mit einer Laufzeit von tiber funf Jahren (§ 285 Nr. 1 HGB). In alien Fallen handelt es sich um die Restlaufzeiten, derm nur diese besitzen eine Aussagekraft, wenn es um die Beurteilung der Finanzlage des Unternehmens geht. Auf der Aktivseite ist Fristigkeit als Kapitalbindungsdauer zu verstehen, also als der Zeitraum, in dem sich die Vermogensgegenstande normalerweise in Geld zuriickverwandeln (sog. SelbstUquidationsperiode). Bei den Vermogensgegenstanden Schecks, Bankguthaben und Kasse ist dieser Zeitraum praktisch Null, sie sind daher auch ganz unten, fast am Ende der Aktivseite, zu finden. Bei Forderungen aus Lieferungen und Leistungen betragt die Kapitalbindungsdauer, je nach den ilblichen Zahlungszielen, etwa 3-6 Monate, die Waren- oder Erzeugnisvorrate haben eine meist dartiber hinausgehende ubliche Lagerdauer. Die nachst hohere Position auf der Aktivseite sind die Finanzanlagen, die definitionsgemaB langerfristig, z.B. als Aktien, im Unternehmen verbleiben sollen. Ahnlich lange, eventuell langer verbleiben die Sachanlagen im Unternehmen, sie sind selbst wiederum nach der Kapitalbindungsdauer geordnet. Die "Wiedergeldwerdung" von Maschinen vollzieht sich auf folgende Weise. Bei der Preiskalkulation der Erzeugnisse, die das Unternehmen herstellt, wird die anteilig auf eine Mengeneinheit entfallende kalkulatorische Abschreibung der Produktionsmaschinen beriicksichtigt (vgl. Kapitel B.II.b). Der Gegenwert dafilr flieBt im Erlos filr die abgesetzte Mengeneinheit des Erzeugnisses wieder zuriick in das Unternehmen und kaim fiir den Ersatz der Maschine (zumindest gedanklich) aufgespart werden. Werden alle geplanten Mengeneinheiten zum kalkulierten Preis abgesetzt, so flieBt dem Unternehmen pro Jahr der gesamte Maschinenabschreibungsbetrag in liquiden Mitteln wieder zu. Damit hat sich die Maschine in dieser Hohe selbst wieder in Geld verfliissigt. Die normale ("nattirliche") Kapitalbindungsdauer betragt somit bei (stetiger) linearer Abschreibung die Halfte der Nutzungsdauer. Umgekehrt ausgedrilckt ist die Halfte der Anschaffungskosten durchschnittlich wahrend der gesamten Nutzungsdauer in den Vermogensgegenstanden gebunden. Ganz oben auf der Aktivseite mussen also die Grundstucke stehen, da sie die langste Nutzungsdauer aufweisen.
Aufbau und Gliederung der Bilanz
Bei einem Blick in 8 266 Abs. 2 und 3 HGB wird deutlich, dass das Liquiditatsprinzip nicht durchgangig Gultigkeit hat. Dies gilt auch fiir das sog. Ablauf~liederunps~rinzi~, nach dem die Aktiva von oben nach unten entsprechend ihrer Stellung im Produktions- und Umsatzprozess angeordnet werden. Nach Bereitstellung der mehrere Perioden nutzbaren Betriebsmittel-Potentialfaktoren (Grund und Boden, Gebaude, Maschinen, Fuhrpark, etc.) sind die Rohstoffe zu beschaffen, die dann im Produktionsprozess in Erzeugnisse transformiert werden. Nach einer gewissen Lagerzeit werden diese abgesetzt und es entstehen Forderungen gegenuber den Kunden, die sich schlieljlich in Bankguthaben oder Kassenbestanden niederschlagen. Auf der Passivseite lasst sich das Ablaufgliederungsprinzip nicht anwenden, dagegen spring dort die Einteilunp nach rechtlichen Verhaltnissen ins Auge. Zuerst werden die von den Eigentiimern des Unternehmens zur Verfiigung gestellten Finanzmittel, danach die von Glaubigern uberlassenen Mittel aufgefiihrt. Aber auch auf der Aktivseite spielen Rechtsverhaltnisse eine Rolle. So wird grundsatzlich zwischen Sachen und Rechten getrennt, immaterielle GegenstSinde werden in einer eigenen Gruppe herausgehoben. Schlieljlich erscheint noch das Problempostenpliederungsprinzip erwhenswert, die Bilanzposten werden nach dem Grad ihrer Problematik gegliedert. So muss z.B. in der erweiterten Gliederung f&Kapitalgesellschaften, der problematische Posten "Aufwendungen fur die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschaftsbetriebes" auf der Aktivseite als erster oder zweiter Posten vor dem Anlagevermogen ausgewiesen werden ($ 269 HGB). An erster Stelle steht gegebenenfalls die Position "Ausstehende Einlagen", ein Korrekturposten zum ausgewiesenen Eigenkapital. Auch die Anordnung der Immateriellen Vermogensgegenstande vor den Sachanlagen lasst sich mit den hohen Wertrisiken von Patenten, Lizenzen, Firmenwerten etc. erkllen.
c) Gliederungsschema fiir kleine Kapitalgesellschaften Bei kleinen Kapitalgesellschaften geniigt es, eine Bilanz aufzustellen und zu veroffentlichen, die nur die in $ 266 Abs. 2 und 3 HGB mit Buchstaben und romischen Zahlen bezeichneten Posten enthalt ($ 266 Abs. 1 HGB). Wegen der starken Aggregation ist die Aussagekraft solcher Bilanzen jedoch sehr b e s c h r t t . Die Gliederungserleichterungen sollen die Wettbewerbsverzenungen durch strengere Rechnungslegungs- und Offenlegungspflichten der Kapitalgesellschaften im Vergleich zu Personenhandelsgesellschaften abmildern. Die erganzenden Einzelvorschriften gelten auch fur kleine Kapitalgesellschaften. AuRerdem konnen die Grundsatze Klarheit und ~bersichtlichkeitsowie die allgemeinen Gliede-
94
Aufbau und Gliederung der Bilanz
rungsgrundsatze des § 265 HGB eine weitere Untergliederung erforderlich machen. Auch groBe und mittelgroBe Kapitalgesellschaften konnen gemaB § 265 Abs. 7 HGB die verkiirzte Form der Bilanzdarstellung anwenden, sofern im Anhang alle iibrigen Positionen des § 266 Abs. 2 und 3 HGB gesondert angegeben sind. Diese Moglichkeit wird mitunter ergriffen, um auszunutzen, dass eine zusatzliche Hemmschwelle vom Bilanzleser iiberwunden werden muss, den Anhang einer genaueren Einsichtnahme zu unterwerfen.
d) Gliederungsschema fiir mittelgroBe Kapitalgesellschaften Die mittelgroBen Kapitalgesellschaften haben ihre Handelsbilanz in gleicher Weise wie groBe Kapitalgesellschaften zu erstellen. Was die Veroffentlichung anbelangt, so geniigt eine verkilrzte Bilanz wie bei kleinen Kapitalgesellschaften. Zusatzlich miissen aber noch bestimmte Posten gemaB § 327 HGB in der Bilanz oder im Anhang gesondert angegeben werden.
3. Gliederungsschema nach IFRS AUgemeine Gliederungsgrundsatze, die fiir alle Rechtsformen gelten, sind: • Grundsatz der Klarheit und Ubersichtlichkeit • Grundsatz der Darstellungsstetigkeit • Grundsatz „Substance over Form" • Grundsatz der Wesentlichkeit (s. auch Kapitel A.V.3.c). Die Bilanz karm in Staffel- oder in Kontoform aufgestellt werden. Nach dem Grundsatz „Substance over Form" besteht kein Zwang zu einem bestimmten Schema wie im deutschen Handelsrecht (fiir Kapitalgesellschaften nach § 266 HGB), sondem weitgehende Gestaltungsfreiheit. In IAS 1.68 sind lediglich die mindestens auszuweisenden Bilanzposten angegeben. Die Gliederung ist gestaltbar, sie kann sich am Prinzip der zu- oder abnehmenden Liquiditat orientieren (IAS 1.51 u. 55). Zum Zwecke der Vergleichbarkeit sind Vorjahreszahlen anzugeben (IAS 1.36). Auf der folgenden Seite ist eine entsprechende Mindestgliederung (Grundstruktur) angegeben, die lediglich zusatzlich nach Fristigkeiten geordnet ist'. Vermogensgegenstande („Assets") sind dann im langfristigen Vermogen auszuweisen, werm sie langer als ein Geschaftsjahr genutzt werden (IAS 1.51 u.57, IAS 16.8). Ansonsten sind sie im kurzfristigen Vermogen auszuweisen. Unter dem Begriff „Zahlungsmittelaquivalente" sind Vermogensgegenstande zu verstehen, die jederzeit in fliissige Mittel umgewandelt werden kormen und vorrangig dazu bestimmt sind, kurzfristige Zahlungsverpflichtungen zu erfiillen^, z.B. Wertpapiere des UV mit Restlaufzeit < 3 Monaten.
' Das DRSC hat mit der Interpretation RIC 1 (vom 19.7.2005) die Bilanzgliederungsregelungen in IAS I vor dem Hintergrund der deutschen Gliederungsgepflogenheiten, insbesondere hinsichtlich der Untergliederung nach Fristiglteit, Iconlcretisiert 2 Vgl. V. Wysocki, in: Baetge u.a. IAS 7 Tz. 22.
Aufbau und Gliederung der Bilanz
Langfristige Vermiigenswerte Geschafts- oder Firmenwert Immaterielle Vermogenswerte Sachanlagen Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien Sonstige finanzielle Vermogenswerte Latente Steueranspriiche Biologische Vermogenswerte Kurzfristige Vermogenswerte Vorrate Zur VerauRerung gehaltene langfristige Vermogenswerte(gruppen) gemtil3 IFRS 5 Forderungen aus Lieferungen u. Leistungen und sonstige Forderungen Steuererstattungsanspruche Zahlungsmittel und Zahlungsmittelaquivalente Summe Vermogenswerte -- . -, ~ i ~ e n k a ~ und i t a l~ c h u l d & Eigenkapital und Riicklagen Gezeichnetes Kapital Riicklagen Neubewertungsriicklage Langfristige Schulden Langfristige finanzielle Schulden Schulden aus Leistungen an Arbeitnehrner Langfristige Riickstellungen Verzinsliche Darlehen Latente Steuern Kurzfristige Schulden Verbindlichkeiten L.u.L. und sonstige Verbindlichkeiten Kurzfristige Ruckstellungen Schulden, die den zur VerauRerung gehaltenen Vermogenswertgruppen zugeordnet sind/IFRS 5 Kurzfristige Steuerschulden Latente Steuerschulden Sonstige kurzfristige finanzielle Schulden Summe Eigenkapital und Schulden '
Non-Current Assets (Fixed Assets) Goodwill Intangible Assets Property, Plant and Equipment Investment Property Other financial assets Deferred Tax Assets Biological Assets Current Assets Inventories Assets (Included in Disposal Groups) Classified as Held for Sale in Accordance with IFRS 5 Trade and other Receivables Assets for Current Tax Cash and Cash Eauivalents Total Assets b ,. - ,, Shareholder's Equity and Liabilities Shareholders Eauitv . " and Reserves Issued Capital Retained earnings Revaluation Sur~lus Non-Current Liabilities (Long-Term Debt) Non-Current Financial Liabilities Defined benefit liability Non-Current Provisions Bank Loans (Interest-BearingBorrowing) Deferred Tax Liabilities Current Liabilities Trade and other Payables Current Provisions Liabilities Included in Disposal Groups Classified as Held for Sale in Accordance with IFRS 5 Liabilities for Current Tax Deferred Tax Liabilities Other Current Financial Liabilities Total Shareholder's Equity and Liabilities
96
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
II. Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung Lernziele:
Der Leser soil
•
Bilanzierungsgebote und -verbote sowie Bilanzierungswahlrechte und Bilanzierungshilfen unterscheiden konnen
•
das Mafigeblichkeitsprinzip und den Grundsatz der umgekehrten Mafigeblichkeit kennenlernen und in ihrer Bedeutungfur einen zielgerichteten Jahresabschluss beurteilen konnen
•
die verschiedenen Bewertungsmafistdbe fur die Vermogensgegenstdnde allgemein unterscheiden sowie ihre Anwendungsvoraussetzungen und ihre Bemessung auch im Falle von Sonderfragen kennen
•
die Auswirkungen des Prinzips der Nominalkapitalerhaltung bei steigendem Preisniveau beurteilen konnen
•
die bilanzpolitischen Moglichkeiten eines Bewertungswahlrechts am Beispiel der Herstellungskosten ermessen konnen.
1. Bilanzierungspflicht, Bilanzierungsverbot, Bilanzierungswahlrecht, Bilanzierungshilfe a) Bilanzierungspflicht In Verbindung mit der Verpflichtung zur Aufstellung eines Jahresabschlusses gemaB § 242 Abs. 1 HGB verlangt der Grundsatz der VoUstandigkeit zwingend die Aufnahme aller zum Betriebsvermogen gehorenden und im wirtschaftlichen Eigentum des Untemehmens stehenden Vermogensgegenstande, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten in die Handelsbilanz, soweit nicht ein spezielles gesetzliches Verbot besteht (§ 246 Abs. 1 HGB). Dasselbe gilt auch fur Wirtschaftsgiiter, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten im Hinblick auf die Steuerbilanz, da die handelsrechtlichen Grundsatze ordnungsmaBiger Buchfuhrung auch steuerlich zu beachten sind (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG). Rechnungsabgrenzungposten (vgl. Kapitel A.IV.2.b und B.V.) miissen aktiviert bzw. passiviert werden, obwohl sic weder Vermogensgegenstande noch Wirtschaftsgiiter sind. Sie sind rein technische Positionen, die der richtigen Periodenzuordnung von Einnahmen und Ausgaben dienen, und stellen demnach keine eigenstandigen wirtschaftlichen Werte dar. Das Aktivierungskonzept nach HGB und EStG ist somit zweistufig: 1. Stufe: Liegt ein Vermogensgegenstand bzw. ein Wirtschaftsgut vor? Wenn ja, ist eine grundsatzliche (abstrakte) Bilanzierungsfdhigkeit bzw. (sprachlich besser) Bilanzierbarkeit gegeben, und es ist die zweite Stufe zu priifen. 2. Stufe: Liegt ein konkretes handelsrechtliches oder steuerrechtliches Bilanzierungsverbot oder -wahlrecht vor? Wenn nein, ist konkrete Bilanzierbarkeit im Einzelfall gegeben, die auf Grund des Vollstandigkeitsprinzips gleichzeitig Bilanzierungspflicht bedeutet. Merke: Bilanzierbarkeit heiBt Bilanzierungspflicht!
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
Zunachst sol1 untersucht werden, unter welchen Voraussetzungen ein Vermogensgegenstand bzw. ein Wirtschaftsgut vorliegt. Fiir beide zentralen Begriffe des Handels- und Steuerrechts gibt es keine gesetzliche Abgrenzung (Legaldefinition). Diese unbestimmten Rechtsbegriffe wurden und werden allein in der Rechtsprechung ausgelegt und konkretisiert.
(~achYen,Rechte, konkrete wirtschaftliche Vorteile, konkrete Moglichkeiten, tatsbhliche Zustiinde) 2) abgrenzbare, eindeutig zuordenbare nicht unbedeutende Aufwendungen 3) greifbarer Nutzen uber den Bilanzstichtag hinaus 4) selbstbdige Bewertbarkeit (Greifbarkeit) '
2) abgrenzbare, eindeutig zuordenbare Aufwendungen 3) Nutzen uber den Bilanzstichtaghinaus 4) selbstandige Verkehrsfahigkeit (EinzelveraulJerbarkeit)
Ein Vermogensgegenstand liegt nur vor, wenn durch die Zugehorigkeit der Sache oder des Rechts 0.a. zum Betriebsvermogen eine Vermogensmehrung eingetreten ist. Das Kriterium fiir eine Vermogensmehrung besteht allein in der Moglichkeit, die Sache oder das Recht wieder losgelost vom Unternehmen (im Konkwsfall) zu veradern. Diese Voraussetzung der selbstandigen Verkehrsfahigkeit entstammt dem statischen Gedankengut und ist streng am Glaubigerschutzprinzip ausgerichtet. Dagegen kniipft im Falle des Begriffs Wirtschaftsgut das Kriterium der selbstandigen Bewertbarkeit am Teilwertgedanken (vgl. Kapitel B.II.3.d) an, denn es kommt darauf an, ob ein gedachter Erwerber des ganzen Betriebes nach kaufmahnischer ijbung im Rahmen des Gesamtkaufpreises dafiir ein besonderes Entgelt ansetzen wiirde. Das Gut darf nicht mit einem anderen Wirtschaftsgut als dessen Teil derart verbunden sein, dass es nur in der Gesamtheit mit den anderen Wirtschaftsgutern bewertet werden kann (wie z.B. Personenfahrstuhl im Gebaude oder Rolltreppe im Kaufhaus). Ein Wirtschaftsgut muss bei einer gedachten Veraderung greifbar sein und weiterhin als einzelnes Wirtschaftsgut ins Gewicht fallen, es darf sich nicht als Firmenwert ins Allgemeine verfliichtigenl. Da die nahere Konkretisierung des Begriffs Wirtschaftsgut anhand der handelsrechtlichen GOB zu erfolgen hat ($ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG), musste eigentlich eine Identitat zwischen den Begriffen Vermogensgegenstand und Wirtschaftsgut bestehen. Beide Begriffe sind weit und nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten auszulegen. Wirtschaftsguter sind nicht nur Gegenstande (Sachen und Rechte), sondern auch tatsachliche Zustande, konkrete Moglichkeiten und Vorteile fiir den Betrieb, sofern diesen im Geschaftsverkehr ein selbstbdiger Wert beigelegt wird und sie - allein oder im Rahmen eines Unternehmenskaufs - verkehrsfihig sind (BFH 1992, BStBl. I1 S. 977f.). Dazu gehoren auch Nutzungen, wenn sie mit einer gesicherten Rechtsposition verbunden - also nicht jederzeit wieder entziehbar sind.
Vgl. BFH 28.8.1974, BStBI. 1975 I1 S. 56; BFH 18.6.1975, BStBI. I1 S. 809; BFH 28.5.1979, BStBI. I1 S. 734; BFH 25.8.1989, BStB1. 1990 I1 S. 79; BFH 28.9.1990, BStB1. 1991 I1 S. 187; BFH 8.4.1992, BStBI. I1 S. 893.
98
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
Der Begriff des Wirtschaftsguts kann nicht weiter reichen als der handelsrechtliche Begriff des Vermogensgegenstandes'. Selbstandige Verkehrsfahigkeit ist jedoch nach Auffassung des BFH keine Voraussetzung fur das Vorliegen eines Wirtschaftsgutes^ und somit auch nicht flir das Vorliegen eines Vermogensgegenstands. Als Beispiel sei das Warenzeichenrecht angeflihrt, das nicht ohne den Betrieb verauBert werden kann. Damit ist deutlich gemacht, worin der Kern des Streits um diese beiden zentralen Begriffe liegt. Halt man an der Voraussetzung der selbstandigen Verkehrsfahigkeit im Falle des Begriffs Vermogensgegenstand fest - und dafiir spricht m.E., dass die Handelsbilanz im Gegensatz zur Steuerbilanz deutlich u.a. dem Glaubigerschutzprinzip verpflichtet ist - so gibt es faktische Unterschiede zwischen den beiden Begriffen, die in der jilngeren BFH-Rechtsprechung durch eine wieder engere Auslegung des Begriffs Wirtschaftsgut im Hinblick auf das MaBgeblichkeitsprinzip allerdings verringert worden sind. In der Finanzrechtsprechung wurden wirtschaftliche Vorteile und tatsachliche Zustande, flir die Aufwendungen entstanden sind, als immaterielle Wirtschaftsgtlter anerkannt, die keine Vermogensgegenstande darstellen. Beispiele sind: Brauerei-Zuschusse an Gaststatten, die sich zum Bierbezug verpflichten Rechte aus Wettbewerbsverboten ZuschiJsse zum Ausbau einer StraBe, die den Verkehrsanschluss des Unternehmens verbessern soil Wohnungsbauzuschiisse an Arbeitnehmer Recht auf die Firma; Warenzeichenrecht (entgeltlich mit dem Betrieb erworben) Abschlussgebiihren, die eine Bank ftir sog. Bausparvorratsvertrage aufwendet Beispielsaufsabe: Die LowTech GmbH hatte haufig um die Mittagszeit, wenn gleichzeitig Tausende von Mikrowellen eingeschaltet werden, unter der Uberlastung des ortlichen Stromnetzes zu leiden. Stromausfall und Produktionsausfall waren regelmaBig die Folge. Um diese Storfalle in Zukunft zu verhindern, entschloss sich die GmbH im Januar des abgelaufenen Jahres den stadtischen Elektrizitatswerken einen Zuschuss in Hohe von 50.000,- EUR zu zahlen, um diese zum Bau eines zusatzlichen, nur fiir den Unternehmer bestimmten Transformatorenhauschens (Nutzungsdauer: 10 Jahre) in der Nahe des Produktionsbetriebs zu bewegen. Wie ist am Jahresende zu bilanzieren? Losung: Die LowTech GmbH ist weder juristischer noch wirtschaftlicher Eigentiimer des Transformatorenhauschens. Der GmbH wurden auch keinerlei Nutzungsrechte eingeraumt. Der zusatzliche Transformator hat lediglich den Effekt, den mittaglichen Stromausfall zu verhindern. Diese Wirkung stellt fur die GmbH einen bedeutenden wirtschaftlichen Vorteil dar, der allerdings nicht an einen Dritten einzeln, d.h. losgelost vom Unternehmen, verauBerbar ist. Nur ein Erwerber des gesamten Untemehmens wiirde im Rahmen des Gesamtkaufpreises dafiir etwas zahlen. Da es an der selbstandigen Verkehrsfahigkeit mangelt, liegt kein Vermogensgegenstand vor, so dass der Zuschuss von 50.000,- EUR zunachst einmal als Aufwand zu verbuchen ist. Ob ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden ist, hangt davon ab, oh der Nutzen sich auf eine abgrenzbare "bestimmte Zeit" nach dem Bilanzstichtag erstreckt oder nicht (vgl § 250 Abs. 1 Nr. 1 HGB). Besteht eine Vereinbarung, dass das Elektrizitatswerk sich verpflichtet, die Stromversorgung ilber die betriebsgewohnliche Nutzungsdauer des Transformatorenhauschens von 10 Jahren hinweg zu sichern oder wird das Transformatorenhauschen aufgrund der faktischen Ge^ Nach Auffassung des BFH entspricht der handelsrechtliche Begriff des Vermogensgegenstands dem steuerrechtlichen Begriff des Wirtschaftsguts, vgl. BFH 26.2.1975, BStBl. 1976 II S. 13; BFH 6.12.1978, BStBl. 1979 II S. 262; BFH-GrS 2/86 V. 26.10.1987, BStBl. 1988 II S. 348. 2 Es genilgt die Ubertragbarkeit zusammen mit dem Gesamtbetrieb, vgl. BFH 4.12.1991, BStBl. 1992 11 S. 383; BFH 22.1.1992, BStBl. IIS. 529.
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
99
gebenheiten nach Ablauf seiner Nutzungsdauer nur erneuert, wenn die GmbH einen emeuten Zuschuss leistet, so ist ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden und der Gesamtbetrag auf 10 Jahre gleichmaBig aufwandswirksam zu verteilen. Die EinzelverauBerbarkeit ist jedoch keine Voraussetzung fur das Vorliegen eines Wirtsctiaftsguts. Es genugt, wenn ein Erwerber des gesamten Untemehmens im Rahmen des Gesamtkauipreises fur den Vorteil etwas zalilen, also ihm einen besonderen selbstandigen Wert zumessen wurde (Teilwertbegriff, § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Da die Aufwendungen zur Erlangung dieses Vorteils bekannt sind, und bei fremden Vertragspartnern dem geschatzten Nutzen, der bis zum Ende der Nutzungsdauer des Transformatorenhauschens wahrt, entspricht, so ist eine Greifbarkeit und selbstandige Bewertbarkeit dieses wirtsciiaftliclien Vorteils gegeben. Durcii die Zahlung erwirbt die GmbH eine anspruchsahnliche Position, die die Annahme eines (entgeltlich erworbenen) immateriellen Wirtscliaftsguts "Siclierung der Stromversorgung" reclitfertigt. Zudem kann das Elektrizitatswerk nicht mehr frei fiber den Transformator verfiigen, da anderweitige Verwendungsmoglichkeiten auBer zugunsten der LowTech aussclieiden. Das immaterielle Wirtscliaftsgut ist wegen des Vollstandigkeitsprinzips in der Steuerbilanz zu aktivieren und fiber die Nutzungsdauer abzuschreiben (BFH 26.6.1969, BStBl. 1970 II S. 35). In der neueren Rechtsprechung hat der BFH anders entschieden, wenn das Untemehmen einen solchen Zuschuss ftir die Durchfilhrung von Anschlussarbeiten anlaBlich der Umstellung der Stromversorgung leistet. Als Gegenleistung erhalt das Untemehmen einen leistungsfahigeren Anschluss an das von einer Vielzahl von Personen genutzte Stromversorgungsnetz. Solche Aufwendungen fur die bloBe Mitbenutztmg einer Einrichtung sind nicht aktivierbar, da sie fur eine ursprtingliche Schaffung, nicht dagegen filr einen abgeleiteten Erwerb des Nutzungsvorteils entstanden sind (BFH 1985, BStBl. II S. 289).
Merke:
Mogliche bilanzielle Folgen einer A i ^ a b e
Ausgabe fur einm VG/ fiir ein WG
im rechtl. u/o . wirtschaftl. Eige ntum
erfolgsn eutraler Anschaffungsvorgang BS: VGAVG an Bank
Folgejahre: Abschreibungen auf VG/WG als Aufwand
es liegt kein VG/WG vor
nicht im wi. Eige ntum
Aufwand fiir bestimmte Zeit nach dem Bilanzstichtag?
Soft jrtiger Aufwand BS: Sonst. betriebl. Aufwand an Bank
ja
Bildung eines ARAP (Pflicht gem. § 250 Abs. 1 HGB) BS: ARAP an Bank BS: Sonst. betriebl. Aufwand an ARAP (zeitEmteilig)
nein
Sofortiger Aufwand BS: Sonst. betriebl. Aufwand an Bank
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
Auch f& das Vorliegen einer Verpflichtung (Verbindlichkeit oder Ruckstellung) bzw. (in der steuerlichen Terminologie) eines negativen Wirtschaftgutes wurden von der Rechtsprechung Kriterien entwickelt, die jedoch selbstverstandlich sind und bei denen weitgehende ~ b e r e i n s t i m m u nin~ Handels- und Steuerrecht besteht. Deshalb sollen sie hier ohne Erlauterung nur genannt werden:
am Bilanzstichtag bestehende oder verursachte, rechtliche oder wirtschaftliche Verpflichtung, die sicher oder zumindest so konkret vorhersehbar (greifbar) ist, dass mehr fiir als gegen die Verpflichtung spricht, wirtschaftliche Belastung, die zu einer zukiinftigen Vermogensminderung f w , nach der Verkehrsauffassung selbstandig bewertungsf&ig. Sind diese Voraussetzungen erfullt, so muss die Schuld wegen des Vollstandigkeitsgebotes grundsatzlich in der Bilanz passiviert werden, sofern nicht ein konkretes Bilanzierungsverbot dem entgegensteht bzw. ein konkretes Wahlrecht einen Ermessensspielraum schafft.
I 1) Belastungen, deren Hohe ungewiss ist und I Diese sind als Haftunamerhiiltnisse (Eventual- I verbindlichkeiten) "unier dem strich"' (= auBerhalb) der Bilanz zu vermerken (6 25 1 HGB) 2) Belastungen, deren Hohe ungewiss ist und Diese sind als Ruckstellungen zu passivieren deren Eintritt wahrscheinlich oder sicher ist ( 5 249 HGB) mit deren ~ k i tnicht t gerechnei wird
b) Bilanzierungsverbote Falls ein Vermogensgegenstand bzw. ein Wirtschaftsgut oder eine Schuld vorliegt, liegt die sog. abstrakte Bilanzierbarkeit (Bilanzierungsfahigkeit) vor. Die konkrete Bilanzierbarkeit (Bilanzierungsfahigkeit) ist nur dann gegeben, wenn der Gegenstand bzw. die Schuld dem Betriebsvermogen zuzurechnen ist (wirtschaftliches Eigentum ist mdgebend) und in diesem speziellen Fall kein konkretes Bilanzierungsverbot existiert.
I Beispiele: Notariatsgebiihren, Kosten der Eintra- 1 Griindung des Unternehmens gung in das Handelsregister, Aufwendungen f i r Griindungspriifer und Gutachter b) Aufwendungen fh die BeBeis~iele:Notariatsgebiihren, Kosten der Eintraschaffing des Eigenkapitals gung der Kapitalerhohung in das Handelsregister, Druckkosten fiir Aktien, Borsenprospekte
I a) Aufwendungen fiir die
In beiden Fallen handelt es sich nur um eine gesetzliche Klarstellung, da weder Vermogensgegensthde noch Wirtschaftsguter vorliegen. Dass die Wirkung dieser Aufwendungen nicht losgelost vom Unternehmen selbstiindig veraderbar ist, leuchtet unmittelbar ein. AuRerdem sei hier kein besonderer Vorteil, der uber den Griindungszeitpunkt hinaus fortwirkt, gegeben, so dass auch keine Wirtschaftsgiiter vorliegen. Das konkrete Aktivierungsverbot gem@ irj 248 Abs. 2 HGB betrifft dagegen Vermogensgegenst&nde/Wirtschaftsguter:
~ n l a ~ e v e r m o ~ e ndie s , nicht entwickeltes Know how, durch einen entgeltlich erworben wurden Werbefeldzug geschaffene Marke
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
101
Es geht also in erster Linie um im Betrieb selbst geschaffene Werte oder aber um imentgeltlich erworbene (geschenkte) Gegenstande, die dann im eigenen Untemehmen dauerliaft genutzt werden. Eine steuerrechtliche Vorschrifit gleichen Inhalts stellt § 5 Abs. 2 EStG dar. Werden diese Gegenstande dagegen entgeltlich, also durch Kauf, durch Tausch oder durch Ausgabe von Anteilsrechten) erworben, so mussen sie aktiviert werden, da es sich um Vermogensgegenstande sowie Wirtschaftsgiiter handelt. In § 5 Abs. 2 EStG geht dies auch prazise aus der Formulierung hervor. Begriindet wird das Aktivierungsverbot nicht entgeltlich erworbener immaterieller Gegenstande des Anlagevermogens mit der Fltichtigkeit des Wertes dieser immateriellen Gegenstande. Allerdings kann auch der Wert entgeltlich erworbener immaterieller sowie materieller Dinge sehr schnell schwinden, z.B. bei Maschinen wegen des technischen Fortschritts, bei borsennotierten Wertpapieren aufgrund eines Kurseinbruchs, bei entgeltlich erworbenen Patenten wegen einer patentierten besseren Erfindung. etc. Der eigentliche Grund fiir das Verbot liegt daher offenbar im weiten Bewertungsspielraum, in der Manipulierbarkeit des Wertes dieser Gegenstande. Da dieser nicht in KaufVerhandlungen zwischen Fremden als deren Preisvereinbarung konkretisiert und objektiviert wurde, hat es der Bilanzierende in der Hand, die Hohe des Wertes festzulegen. Wegen des Realisationsprinzips kann es sich nur um einen Kostenwert handeln, nie um einen Wert, der Gewinnbestandteile umfasst. Die Kosten eines selbst entwickelten Patentes oder ungeschiitzten neuen Verfahrens ("Know-how") lassen sich jedoch betriebswirtschaftlich nur sehr schwer und nicht ohne Willkiir abgrenzen'. Diese Kostenzuordnung konnte der Bilanzierende dann an seiner Ertragslage ausrichten. Die Gefahr einer solchen Willkurbewertung soil unterbunden werden. Dagegen mussen erst teilweise fertiggestellte immaterielle Auftragsarbeiten eines Software-Herstellers imter den Vorraten (Umlaufvermogen) ausgewiesen und mit den bis zum Bilanzstichtag angefallenen Programmierungskosten bewertet werden. Die imterschiedliche Behandlung lasst sich damit erklaren, dass eine (bewusst oder unbewusst) falsche Bewertung (Kostenzuordnungsproblem) von Gegenstanden des Anlagevermogens aufgrund der planmaBigen Abschreibungen iiber die gesamte Nutzungsdauer des Gegenstands hinweg Auswirkungen hat, wahrend eine falsche Bewertung von Gegenstanden des Umlaufvermogens, die ja zum alsbaldigen Verkauf bestimmt sind, sich von selbst dann korrigiert, werm ein zwischen Fremden ausgehandelter objektiver Verkaufspreis zum Tragen kommt. Wurden die Erzeugnisse zunachst niedrig bewertet, um den Gewinn nach unten zu driicken, so ergibt sich im Verkaufszeitpunkt als Differenz zwischen Preis und Buchwert ein um so hoherer Gewirm und umgekehrt. Der weitaus groBte Teil der Erzeugnisse eines Software-Hauses stellt jedoch Anlagevermogen dar und unterliegt dem Aktivierungsverbot (vgl. Kapitel B.III.2.b). Vertiefuns: Ein weiteres immaterielles Gut ist der selbst geschaffene, der origindre Firmenwert. Der originare Geschafts- oder Firmenwert ist ein Konglomerat aus verschiedenen Komponenten, z.B. guter Ruf des Unternehmens, Qualitat der Produkte und der Produktionsverfahren, Qualifikation des Managements und der Mitarbeiter, der Kundenstamm, die Bezugsquellen, die gute Organisation der betrieblichen Ablaufe, gut organisierte Vertriebskanale (vgl. Kapitel B.III.2.b). Er ist bisher noch nicht genarmt worden, well er eine Sonderstellung ' Besonders die Zuordnung von (Grundlagen-)Forschungs- und Entwicklungskosten zu einzelnen Produkten ist nur selten eindeutig moglich.
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
einnimmt. Es liegt kein Wirtschaftsgut vor, da der origintire Firmenwert ein Sammelsurium verschiedener Komponenten ist, die als Einzelheit nicht ins Gewicht fallen bzw. nicht ausgrenzbar, nicht konkretisierbar, nicht "greifbar" sind. Demnach ist auch der originare Firmenwert selbst nicht greifbar und nicht selbsthdig bewertbar. Aderdem fehlt es aufgrund des nicht konkretisierbaren Mischcharakters des Firmenwertes an eindeutig zuordenbaren Aufwendungen. Losgelost vom Gesamtunternehmen veraderbar sind hochstens einzelne Bestandteile (z.B. selbsterstellte Patente, Kundenstamm), nicht aber die eigentliche ResidualgroRe "Firmenwert", die fest an das Unternehmen gekettet ist. Da also auch kein Vermogensgegenstand vorliegt, darf der origintire Firmenwert weder handels- noch steuerrechtlich aktiviert werden, die Vorschrift des 5 248 Abs. 2 HGB ist weder notwendig noch greift sie in diesem Falle.
Passivierunasverbote: Liegt eine echte Schuld bzw. ein negatives Wirtschaftsgut vor, so besteht aufgrund des Vollstiindigkeitsprinzips eine Passivierungspflicht als Verbindlichkeit. 1st die Hohe der Schuld ungewiss, wird aber mit einer Inanspruchnahme gerechnet, so handelt es sich urn eine passivierungspflichtige Riickstellung fiir ungewisse Verbindlichkeiten (5 249 Abs. 1 Satz 1 HGB). Ein konkretes Passivierungsverbot existiert nur fiir Ruckstellungen zu anderen als den im Gesetz bezeichneten Zwecken ( 5 249 Abs. 3 HGB). Alle genannten Aktivierungs- und Passivierungsverbote gelten aufgrund des Mafigeblichkeitsprinzips auch ftir die Steuerbilanz.
c) Bilanzierungswahlrechte Bilanzierungswahlrechte sind Ermessensspielraume, die dem Bilanzierenden vom Gesetzgeber eingeraumt werden. Der Bilanzierende kann entsprechend seinem bilanzpolitischen Ziel, einen moglichst hohen oder moglichst niedrigen Gewinn auszuweisen, fiei w w e n , ob er einen bestimmten Bilanzposten ansetzt oder nicht. Die Griinde des Gesetzgebers, solche Wahlrechte zu schaffen, konnen darin liegen, widerstreitenden Zielen verschiedener Adressatengruppen Rechnung tragen zu wollen, aber es kann sich auch um problematische Posten handeln oder es sind steuerliche Vergiinstigungen, zu deren Inanspruchnahme kein Zwang besteht. Einen Uberblick uber die handelsrechflichen Bilanzierungswahlrechte gibt folgende Tabelle:
Aktiver Rechnungsabgrenzungsposten fiir ein DisagioiDamnum ($ 250 Abs. 3 HGB) (vgl. Kapitel B.V.) Derivativer Geschafts- oder Firmenwert (§ 255 Abs. 4HGB) . (siehe das nachfolgende Kapitel sowie Kapitel B.III.2.b) Zalle und Umsatzsteuer als aktive Rechnungsabgrenzungsposten (§ 250 Abs. 1 Satz 2 HGB) (siehe dam Kapitel B.V.)
Sonderposten mit Rucklageanteil (8s 247 Abs. 3 und 273 HGB) (siehe Kapitel B.VII.) Ruckstellungen fiir unterlassene Aufwendungen fiir Instandhaltung bei Nachholung innerhalb der letzten 9 Monate des Folgejahres ($ 249 Abs. 1 Satz 3 HGB) (siehe dam Kapitel B.VIII.1.d) Riickstelluneen fiir ihrer Eieenart nach eenau umschriebenle ~ufivendun~e;(§ 249 A ~ S 2. HGB) (siehe dam Kapitel B.VIII.1.e)
Beispielhaft sei hier nur das Disagio kurz erlautert, eine ausfiihrliche Behandlung des Disagios wie auch der iibrigen Positionen erfolgt in den angegebenen Kapiteln.
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
103
Unter einem Disagio oder Damnum versteht man den Unterschiedsbetrag zwischen dem Rtickzahlimgsbetrag einer aufgenommenen Verbindlichkeit und dem Auszahlungsbetrag durch den Glaubiger. Dieser Unterschiedsbetrag stellt einen Einmalzins dar, der zu Beginn der Kreditlaufzeit durch Verzicht auf eine hohere Auszahlung geleistet wird. Der aufgenommene Kredit ist darm mit einem entsprechend geringeren laufenden Zinssatz verbunden. Wirtschaftlich ist das Disagio der gesamten Laufzeit zugehorig und daher zweckmaBigerweise auf die gesamte Laufzeit zu verteilen. § 250 Abs. 3 HGB enthalt das (handelsrechtliche) Bilanzierungswahlrecht, das Disagio sofort voll als Zinsaufwand zu verbuchen oder mit Hilfe eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens zu verteilen. Im Falle der Aktivierung wird offen gelassen, in welcher Weise und tlber welchen Zeitraum das Disagio planmaBig verteilt wird. Beisyielsaufsabe: Die LowTech nimmt am 2.1.01 bei der Sparkasse Norden ein langfristiges Darlehen in Hohe von 100.000 EUR auf. Der laufende Zinssatz betragt 6 %, als Disagio werden 5 % vereinbart, die Laufzeit ist 10 Jahre. Welche handelsrechtlichen Bilanzierungsmoglichkeiten gibt es? Geben Sie die Buchungssatze an. Losuns: Generell ist eine Verbindlichkeit mit dem Rilckzahlungsbetrag zu passivieren (§ 253 Abs. 1 HGB). Die laufenden Zinsen stellen Zinsaufwand dar, jahrlich in Hohe von 6.000 EUR. Fiir die Behandlung des Disagios gibt es 2 Moglichkeiten: 1. Moslichkeit: Buchung des Disagios als Zinsaufwand bei Aufnahme des Darlehens. 5S
Bank Zinsaufwand an Verbindlichkeiten gegenuber Kreditinstituten
95.000 EUR 5.000 EUR 100.000 EUR.
2. Moslichkeit: Einstellung des Disagios in einen aktiven Rechungsabgrenzungsposten und planmaBige Verteilung. Verteilung soil hier linear Uber die Laufzeit des Darlehens erfolgen. BS:
Bank Aktiver Rechnungsabgrenzungsposten an Verbindlichkeiten gegenuber Kreditinstituten
95.000 EUR 5.000 EUR 100.000 EUR.
Am Ende des ersten Jahres der Laufzeit ist der Rechnungsabgrenzungsposten zu einem Zehntel aufzulosen. BS: Zinsaufwand 500 EUR an aktiven Rechnungsabgrenzungsposten 500 EUR.
d) Bilanzierungshilfen Bei Bilanzierungshilfen handelt es sich um handelsrechtliche Wahlrechte zur Aktivierung von nicht bilanzierungsfahigen Gtitern (Nicht-Vermogensgegenstanden). Diese Bilanzierungshilfen werden gewahrt, um Nachteile, die sich in Einzelfallen aus der Nichtaktivierbarkeit ergeben, vermeiden zu konnen. Da sich im Steuerrecht keine solchen Nachteile ergeben koimen, gibt es dort keine Bilanzierungshilfen, es bleibt bei der Nichtaktivierbarkeit von Nicht-Wirtschaftsgiitem. Im folgenden sollen die zulassigen Bilanzierungshilfen nur kurz aufgefiihrt werden, ihre ausflihrliche Erlauterung erfolgt spater bei der Behandlung des jeweiligen Bilanzpostens.
104
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
•
Auftvendungen fiir die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschaftsbetriebes (§ 269 HGB) Darunter sind Aufwendungen fiiir Personalschulungen, fiir die Errichtung einer betrieblichen Organisation, fur die Errichtung eines AuBendienstes, fur einen Einflihrungswerbefeldzug etc. zu verstehen. Dabei handelt es sich weder um Vermogensgegenstande (fehlende EinzelverauBerbarkeit) noch um Wirtschaftsgiiter (ein selbstandiger Wert lasst sich nicht zuverlassig bestimmen). Die handelsrechtliche Aktivierungsmoglichkeit fiir Kapitalgesellschaften wird allgemein begrundet mit der Aufgabe des Postens eine Uberschuldung kurz nach der Griindung der Gesellschaft zu verhindern, die bei Kapitalgesellschaften ein Konkursgrund ist. Naheres hierzu in Kapitel.B.III.2.a). • Aktive Abgrenzung latenter Steuern (§ 274 Abs. 2 HGB) Auch dieser Posten ist eine Besonderheit des handelsrechtlichen Jahresabschlusses von Kapitalgesellschaften und wird in Kapitel B.VIII.l.b(9) erortert. •
Entgeltlich erworbener (= derivativer) Geschafts- oder Firmenwert (§ 255 Abs. 4 HGB) Der derivative (= abgeleitete) Geschafts- oder Firmenwert umfasst genau dieselben Komponenten wie der originare (vgl. das vorhergehende Kapitel und Kapitel Bill.2b). Allerdings geht es nicht um den eigenen Firmenwert, sondern um denjenigen eines als Gauzes erworbenen Unternehmens, also um einen bezahlten Firmenwert. § 255 Abs. 4 HGB raumt ein Aktivierungswahlrecht fur den derivativen Firmenwert ein, der in der Literatur haufig den Bilanzierungswahlrechten und nicht den Bilanzierungshilfen zugeordnet wird. Die Einordnung hangt davon ab, ob es sich beim derivativen Firmenwert um einen Vermogensgegenstand handelt oder nicht. Da das Hauptkriterium, die vom Unternehmen losgeloste EinzelverauBerbarkeit, nicht erfllUt ist, handelt es sich m.E. nicht um einen Vermogensgegenstand und das Aktivierungswahlrecht stellt eine Bilanzierungshilfe fiir alle Rechtsformen dar. Tatsachlich einzeln verauBerbar sind nur einzelne abgrenzbare Bestandteile des Firmenwerts oder firmenwertahnliche Gegenstande, wie z.B. die Marke, Konzessionen. Know-how, Patente, Kundenstamm, Lieferantenkartei, nicht jedoch die eigentliche ResidualgroBe Firmenwert. Aus der Tatsache, dass es im Steuerrecht keine Bilanzierungshilfen gibt, milsste man eigentlich schlieBen, dass der derivative Firmenwert in der Steuerbilanz nicht aktiviert werden darf Tatsachlich besteht jedoch eine Aktivierungspflicht! Diese Losung ist zwingend, weim streng systematisch zuerst einmal gepriift wird, ob ein Wirtschaftsgut vorliegt. Dies ist beim origindren Firmenwert deshalb nicht der Fall, well keine eindeutig abgrenzbaren und zuordenbaren Aufwendungen vorliegen und eine selbstandige Bewertbarkeit aufgrund mangelnder Greifbarkeit des Sammelsuriums von Einzelkomponenten nicht moglich ist. Beides ist beim derivativen Firmenwert anders, well ein objektiver, zwischen Fremden ausgehandelter Kaufpreis existiert und somit ein in der Steuerbilanz aktivierungspflichtiges Wirtschaftsgut vorliegt (§ 5 Abs. 2 EStG). Aufgabe 2: Vermogensgegenstand - Wirtschaftsgut Die LowTech GmbH erwarb ein bebautes Grundstuck im Stadtzentrum, um das Ladenlokal zur Ausstellung und zum Vertrieb ihrer Produkte zu nutzen. Leider hatte man beim Kauf ubersehen, dass das Grundstuck verpachtet war und die Restlaufzeit des Pachtvertrags noch 4 Jahre betrug. Um das Grundstuck friiher nutzen zu konnen, bot die GmbH kurz nach dem Erwerb dem Pachter Paul Pach eine Abstandszahlung in Hohe von 48.000 EUR fiir die Raumung des Grundstiicks vor Ablauf der Pachtzeit an, die dieser akzeptierte. Der Buchhalter der LowTech GmbH, Herr Armel, ist unschliissig, wie die Zahlung handels- und steuerrechtlich zu behandeln ist. Wie ist zu bilanzieren?
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
2. Die Maflgeblichkeit der Handelsbilanz fiir die Steuerbilanz Das Maljgeblichkeitsprinzip regelt das grundsatzliche Verhaltnis zwischen Handels- und Steuerbilanz. Danach ist die Handelsbilanz mit ihren einzelnen Posten und WertansMzen f& die Steuerbilanz mdgeblich, d.h. die Positionen sind aus der Handelsbilanz zu iibernehrnen. Das Maljgeblichkeitsprinzip ist kodifiziert in 5 5 Abs. 1 Satz 1 EStG: "Bei Gewerbetreibenden, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Biicher zu fuhren und regelmaig Abschliisse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung Biicher fuhren und regelmafiig Abschliisse machen, ist f& den SchluR des Wirtschaftsjahrs das Betriebsvermogen anzusetzen (§ 4 Abs. 1 Satz l), das nach den handelsrechtlichen Grundsatzen ordnungsmafiiger Buchfuhrung auszuweisen ist." Diese sog. materielle Maflgeblichkeit beinhaltet also den Grundsatz, dass die handelsrechtlichen GOB auch im steuerrechtlichen Jahresabschluss zu beachten sind. Da die meisten GOB im HGB kodifiziert sind und die handelsrechtlichen Gesetzesvorschriften auf den GOB W e n , sind in einem weiteren Sinne die Vorschriften des HGB, soweit sie fiir alle Kaufleute gelten, und die nicht kodifizierten handelsrechtlichen GOBfiir den steuerrechtlichen Abschluss mdgebend. Wie bereits e n v h t (vgl. Kapitel A.II.l.c), machen die unterschiedlichen Zielsetzungen beider Bilanzarten jedoch Abweichungen erforderlich, die in der Regel darin bestehen, dass in der Steuerbilanz der Ermessensspielraurn des Bilanzierenden im Sinne einer Objektivierung stark eingeschrankt ist. Fall 1: Bilanzierungsgebotd-verbote(8 5 Abs. 1 Satz 1 EStG)
Handelsbilanz.113 =
Steuerbilanz
1
Die aus dem Vollsthdigkeitsgrundsatz resultierenden Bilanzierungsgebote und die Bilanzierungsverbote des Handelsrechts gelten gleichermden auch fir das Steuerrecht, also fiir alle Sachen und Rechte, die sowohl Vermogensgegenst%nde als auch Wirtschaftsgiiter sind (sog. ,,materielle Maflgeblichkeit"). Fall 2: Bilanzierungswahlrechte (Beschluss des BFH vom 3.2.1969)
HandelsbilanzII Aktivierungswahlrecht Passivierungswahlrecht
Steuerbilanz Aktivierungsgebot Passivierungsverbot
Wie im vorigen Kapitel bereits erortert, sind unter Bilanzierungswahlrechten Ansatzwahlrechte zu verstehen, nicht jedoch Bewertungswahlrechte. Bei Ansatzwahlrechten hat der Bilanzierende die freie Wahl, einen Bilanzposten anzusetzen oder nicht. Nach dem Beschluss des GroBen Senats des Bundesfinanzhofs vom 3.2.1969 (BStB1. 1969 11, S. 291) wird im Fall 2 die Mdgeblichkeit in der dargestellten Weise durchbrochen. Beisuiel:
DisagioIDamnum (§ 250 Abs. 3 HGB), Aufwandsriickstellungen($249 Abs. 2 HGB).
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
5 250 Abs. 3 HGB enthalt das handelsrechtliche Bilanzierungswahlrecht, das Disagio sofort voll als Zinsaufwand zu verbuchen oder mit Hilfe eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens zu verteilen. Im Falle der Aktivierung wird offen gelassen, in welcher Weise und uber welchen Zeitraum das Disagio planmal3ig verteilt wird. Steuerechtlich wird dem Bilanzierenden dieser weite Ermessensspielraum jedoch nicht gewiihrt, da es nicht im Belieben des Steuerpflichtigen stehen darf, seine Steuerschuld durch den Ansatz oder Nichtansatz von Wirtschaftsgutern, in groBerem Ausmal3 zu verschieben oder nicht. Durch den Beschluss des GroBen Senats des BFH vom 3.2.1969 wird daher die Mdgeblichkeit der Handelsbilanz in diesen Fallen durchbrochen, und zwar ergibt sich in der Steuerbilanz dadurch immer ein haherer Gewinn als in der Handelsbilanz. Auch wenn in der Handelsbilanz das gesamte Disagio sofort als Zinsaufwand gebucht wird, so ist in der Steuerbilanz eine Aktivierung des Rechnungsabgrenzungspostens und eine Verteilung des Einmalzinses auf die gesamte Laufzeit des Darlehens verpflichtend. Dies resultiert auch daraus, dass es keine spezielle Vorschrift im EStG f& das Disagio gibt und daher die Bildung eines Rechnungsabgrenzungspostens entsprechend dem Grundsatz der zeitlichen Abgrenzung verpflichtend ist ( 5 5 Abs. 5 EStG; H 6.10 ,,Darnnumu EStH). Wird handelsrechtlich vom Passivierungswahlrecht einer sog. Aufwandsruckstellung nach 5 249 Abs. 2 HGB Gebrauch gemacht, so ist dies steuerrechtlich nicht zulassig, so dass sich ein entsprechend hoherer steuerlicher Gewinns ergibt. Fall 3 : Bewertungsvorschriften
Bei handelsrechtlich fest vorgeschriebenen WertansSltzen gilt wieder das Mdgeblichkeitsprinzip, d.h. die Werte sind in die Steuerbilanz zu iibernehmen. Besteht ein handelsrechtliches Bewertungswahlrecht, so ist derjenige Wert fiir die Steuerbilanz grundsatzlich m d geblich, fiir den sich der Bilanzierende in der Handelsbilanz entschieden hat. Durchbrochen wird das Mal3geblichkeitsprinzip d m , wenn der Wert, f i r den sich der Bilanzierende in der Handelsbilanz entschieden hat, aufgrund der strengeren Bewertungsvorschriften steuerrechtlich nicht zulassig ist. Dann muss in der Steuerbilanz ein abweichender, steuerlich zulassiger Wert angesetzt werden. Differenzen zwischen Handels- und Steuerbilanz werden also auch durch diesen sog. steuerlichen Bewertungsvorbehalt begriindet, der den strengeren steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften in der Steuerbilanz Prioritiit einraumt. § 5 Abs. 6 EStG hat folgenden Wortlaut: Die Vorschriften iiber die Entnahmen und die Einlanen. iiber die Zulassigkeit der Bilanziinderung, iiber die Betriebsausgaben, iib; dik Bewertung und>ber die Absetzung f i r Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen."
Beis~iel: Buchhalter Armel der LowTech GmbH ist sich nicht sicher, wie in der Steuerbilanz eine bestimmte Maschine (Anschaffwngskosten: 10.000,- EUR, Nutzungsdauer: 10 Jahre; Anschaffung am 2.1.01) planmal3ig abzuschreiben ist.
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung Es kommt auf die Abschreibung in der Handelsbilanz an. Fur die planm5il3ige Abschreibung einer Maschine stehen mehrere Moglichkeiten zur Wahl: die lineare Methode, die geometrischdegressive Methode, die Leistungsabschreibung etc. Hat sich der Bilanzierende fiir die Handelsbilanz aufgrund des geschatzten Verlaufs der tatsachlichen Wertminderung 2.B. entschieden, die Maschine linear uber 10 Jahre abzuschreiben, so ist er nach dem Grundsatz der Mdgeblichkeit daran auch f i r die Steuerbilanz gebunden. Handels- und Steuerbilanzwert der Maschine stimmen uberein. Handelsbilanz (in EUR) 3 a I 3 3 Steuerbilanz (in EUR) 1 10.000 1 Anschaffunaskosten 1 - 1.000 - ~ b s c h r e i b u i ~ e n = Buchwert am 3 1.12.01 = 9.000 = Buchwert am 31.12.01
I Anschaffunaskosten - ~bschreibui~en
1
10.000 1 - 1.000 = 9.000
Beispiel: Bei einer anderen Maschine mit denselben Anschaffungskosten und einer geschatzten Nutzungsdauer von 4 Jahren glaubt Armel, jetzt endlich das Prinzip verstanden zu haben, und schreibt in Handels- und Steuerbilanz linear uber 4 Jahre ab. Falsch! In der Handelsbilanz ist dies zwar moglich, wenn es vernunftiger kaufmannischer Beurteilung entspricht und nicht willkurlich kt. Steuerrechtlich ist jedoch die sog. betriebsgewohnliche Nutzungsdauer mal3geblich ($ 7 Abs. 1 Satz 2 EStG), die in den AfA-Tabellen nach Erfahrungen der Finanzverwaltung fur einzelne Maschinenarten aufgefEhrt ist. Zwar stellen diese Angaben nur wichtige Anhaltspunkte dar, die Finanzverwaltung weicht jedoch nur in begrundeten Fallen, also bei Vorliegen besonderer betrieblicher Umstande, davon ab. Sind solche nicht gegeben und betragt die betriebsgewohnliche Nutzungsdauer laut AfA-Tabelle 8 Jahre, so ist die handelsrechtliche Abschreibung und auch der handelsrechtliche Wert der Maschine per 31.12.01 nicht maRgeblich fiir die Steuerbilanz. Die strengeren steuerrechtlichen Abschreibungsvorschriften sind in der Steuerbilanz vorrangig. Der Bewertungsvorbehalt ($ 5 Abs. 6 EStG) durchbricht hier also das Mdgeblichkeitsprinzip und fuhrt zu unterschiedlichen Wertansatzen in Handels- und Steuerbilanz. Handelsbilanz (in EUR) Anschaffunaskosten I - ~bschreibui~en = Buchwert am 3 1.12.01
Steuerbilanz (in EUR) 10.000 1 Anschaffungskosten - 2.500 - ~ b s c h r e i b u i ~ e n = 7.500 = Buchwert am 31.12.01
10.000
- 1.250 = 8.750
Streng genommen kommt es nur zu einer Abweichung zwischen Handels- und Steuerbilanz aufgrund des Bewertungsvorbehalts, wenn zwingende steuerliche Gesetzesvorschriften gegeniiber den handelsrechtlichen Vorschriften differieren. Die sog. AfA-Tabellen mit der betriebsgewohnlichen Nutzungsdauer haben jedoch nur den Charakter von Anweisungen an die Finanzverwaltung, faktisch ist deren Wirkung im Hinblick auf die abweichende Bilanzierung jedoch dieselbe wie bei gesetzlichen Vorschriften. Zwar steht gegen Venvaltungsanweisungen der Klageweg offen, der BFH hat jedoch i.d.R. langjiihrige Verfahrensweisen der Finanzverwaltung in seiner Rechtsprechung bestatigtl. Der Bewertungsvorbehalt k i e auch zum Tragen, wenn in der Handelsbilanz eine steuerrechtlich unzulassige Abschreibungsmethode (z.B. arithrnetisch-degressiv) gewahlt wiirde.
Vgl. z.B. zur Abgrenzung der Herstellungskosten in R 6.3 EStR das Urteil BFH 21.10.1993,BStBI. 1994 I1 S. 177 f.
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung Fall 4:
Umgekehrte Maflgeblichkeit (8 5 Abs. 1 Satz 2 EStG, 8 254 i.Em.
8 279 Abs. 2 HGB)
1nleiche
Bilanzierung bzw. Bewer- I Bilanzierungs- und Bewertungs- 1
(I Lng wie in der ~teierbilanz(damit wahlrechte a l s allein steuerreck- 1 die?ormelle MaBgeblichkeit (Fall 3) lich zulasige Vergiinstigungen erfillt ist)
Beispiel: Buchhalter Armel mochte bei einer Maschine mit ebenfalls Anschaffungskosten von 10.000 " EUR und einer betriebsgewohnlichen Nutzungsdauer von 5 Jahren eine steuerliche Sonderabschreibung zusatzlich vornehmen, um dadurch den steuerpflichtigen Jahresgewinn (in der Steuerbilanz) zu verringern. Solche steuerlichen Vergiinstigungen werden in vielfacher Form gewiihrt, um bestimmte wirtschaftspolitische Ziele (Regionalforderung, Mittelstandsfirderung, etc.) zu erreichen. Da alle Voraussetzungen erfillt sind, mochte Armel eine 20 %ige Sonderabschreibung zur Forderung kleiner und mittlerer Betriebe g e m u $ 7g EStG (genaueres s. Kap. B.III.3.c und B.VII.5.) in Anspruch nehmen. Im Handelsrecht gibt es keine entsprechende Vorschrift.
1 Anschaffungskosten
10.000 1 Anschaffunnskosten
- planmid3i& Abschreibungen
- 2.000 - p l a n m ~ i &Abschreibungen - Abschreibung gem.$ 7g EStG
= Buchwert am 31.12.01
=8.000 =Buchwertam31.12.01
u
10.000 1
- 2.000 - 2.000 = 6.000
l?
3 3
3
s
s
s
s??
formelle MaJgeblichkeit ?? Seine bisherigen Kenntnisse der MaBgeblichkeit bringen Armel fast zu Verzweiflung, denn er findet keinen Weg, in der Steuerbilanz den gewiinschten Wert von 6.000 EUR anzusetzen, da die Maschine in der Handelsbilanz nach handelsrechtlichen Vorschriften mit 8.000 EUR zu bewerten ist. Da die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung keine zwingende steuerliche Vorschrift, sondern ein Bewertungswahlrecht ist, kommt der Bewertungsvorbehalt nicht zum Tragen und in der Steuerbilanz muss immer der Handelsbilanzwert von 8.000 EUR angesetzt werden. Die Losung bringt $ 254 HGB, der in einem Rundumschlag alle nur steuerlich zulassigen Abschreibungen auch handelsrechtlich f i r zul&sig erklw. Auf diese Weise kann der Wert von 6.000 EUR in der Handelsbilanz und entsprechend dem formellen MaBgeblichkeitsprinzip ebenfalls in der Steuerbilanz angesetzt werden.
l Anschaffunnskosten
- planmiX%i&Abschreibungen - Abschreibung gem. $ 254 HGB
= Buchwert
am 31.12.01
10.000 1 Anschafingskosten
- 2.000 - planmt43i& Abschreibungen - 2.000 - Abschreibung gem.$7g EStG = 6.000 = Buchwert am 3 1.12.01
= 6.000
U
Fatit:
faktisch bestimmen die Werte der Steuerbilanz die Werte Lder Handelsbilanz
10.000 1
- 2.000 - 2.000
l? formelle MaJgeblichkeit erfullt
l? ~
I
=t t t
e
u
t e e
umgekehrte Makeblichkeit
Da in diesem Falle der Ausgangspunkt in der gewiinschten Inanspruchnahme der steuerlichen Sonderabschreibung in der Steuerbilanz liegt und die Abschreibung nach $ 254 HGB
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung in der Handelsbilanz die Folgewirkung kt, die Blickrichtung also umgekehrt ist, spricht man von umgekehrter Mdgeblichkeit (der Steuerbilanz fiir die Handelsbilanz). Im Kern ist sie, wie gezeigt wurde, jedoch nichts anderes als eine ,,Reflexbbder "normalen" formellen Mdgeblichkeit.
Fall 5:
Umgekehrte Maggeblichkeit
(8 5 Abs. 1 Satz 2 EStG)
Beisviel: Buchhalter Armel ist zwar der Uberzeugung, dass bei einer bestimmten Maschine (Anschaffungskosten: 10.000,- EUR; Nutzungsdauer: 10 Jahre; Anschaffung am 2.1.01) die lineare Abschreibungsmethode am besten dem tatsachlichen Wertminderungsverlauf entsprechen wiirde. Andererseits weil3 er, dass steuerrechtlich fir diese Maschine die geometrisch-degressive Abschreibungsmethode mit einem Hochstsatz von 20% zulassig ist, wodurch der steuerpflichtige Gewinn des Betriebes deutlich stiirker gemindert werden konnte als bei linearer Abschreibung. Diese Zinserspamis aufg~rundder Verschiebung der Ertragsteuerzahlungenmochte Armel gerne nutzen. Die steuerrechtlich gewiinschte Bewertung kann unter Beachtung des MaRgeblichkeitsgrundsatzes nur erreicht werden, wenn Herr Armel bei der handelsrechtlichenBewertung mit einem Auge auf die angestrebten Wertansatze in der Steuerbilanz schaut und diese dann zuvor in der Handelsbilanz realisiert. Uber die formelle MaRgeblichkeit werden diese Werte dann in die Steuerbilanziibemommen.
I Anschaffunmkosten
- geom.-de&. Abschreibung
,= Buchwert am 31.12.01
10.000 1 Anschaffun~skosten
10.000
- 2.000 - geom.-de&. Abschreibung
- 2.000
=@@@= Buchwert am 3 1.12.01
= 8;OOO
ll && faktisch bestimmen die Werte der Steuerbilanz die Werte der Handelsbilanz
formelle Majgeblichkeit erfiUIt
fl e e
e
e
e
u
e e e
umgekehrte Majgeblichkeit
Somit ist wie im Fall 4 die Blickrichtung umgekehrt: Die in der Steuerbilanz im Wege der Wahlrechtsausubung gewiinschten Werte bestimmen die Wertansatze in der Handelsbilam, damit diese anschlieBend aufgrund der ,,normalenb' formellen Mdgeblichkeit in die Steuerbilanz eingehen. Der Unterschied des Falles 5 zu Fall 4 besteht jedoch darin, dass die in der Steuerbilanz angestrebten Wertansatze keine nur steuerrechtlich zulassigen Werte sind, sondern den handelsrechtlichen GOB entsprechen. Somit ist 5 254 HGB hier nicht einschlagig und auch nicht erforderlich, er ist nur im Fall 4 heranzuziehen. Zur Beseitigung von bis dahin bestehenden Rechtsunsicherheiten uber die Geltung der urngekehrten Mdgeblichkeit wurde 1990 im Steuerrecht der Satz 2 in 5 5 Abs. 1 EStG eingefiigt und die umgekehrte Mdgeblichkeit damit umfassend gesetzlich geregelt:
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung "Steuerrechtliche Wahlrechte bei der Gewinnermittlung sind in Ubereinstimmung mit der handelsrechtlichen Jahresbilanz auszuiiben." Damit ist nach dem Wortlaut zunachst einmal die uneingeschrute formelle Maljgeblichkeit der konkreten HandelsbilanzansMze fiir die Steuerbilanz sowohl bei Bilanzierungsbzw. Ansatz-1 als auch bei Bewertungswahlrechten gesetzlich klargestellt. In umgekehrter Blickrichtung gilt auBerdem ganz allgemein die umgekehrte MaBgeblichkeit. Sie umfasst nicht nur den Fall 4, also nicht nur rein steuerrechtliche Wahlrechte fiir die Inanspruchnahme von Steuervergunstigungen (sog. GoB-fremde Wahlrechte; z.B. Sonderabschreibungen wie § 7g EStG, Bewertungsabschlage, steuerfreie Riicklagen, nur steuerrechtlich zulassige Teilwert-Abschreibungen). Die durch 5 5 Abs. 1 Satz 2 EStG kodifizierte umgekehrte Maljgeblichkeit umfasst aul3erdem steuerrechtliche Wahlrechte (siehe Fall 5), die mit den materiel1 maljgeblichen handelsrechtlichen Grundsatzen ordnungsmiil3iger Buchfiihrung und Bilanzierung iibereinstimmen und damit origin& dem Handelsrecht entstarnmen (sog. GOB-konforme Wahlre~hte)~. Auch in solchen Fallen erfolgt also - beeinflusst von steuerrechtlichen Vorteilhaftigkeitsuberlegungen - eine Vorverlagerung der Ausubung steuerrechtlicher Wahlrechte in die Handelsbilanz (z.B. Wahl der AfA-Methode, lifoBewertung, GWG-Sofortabschreibung). Merke: Der Grundsatz der umgekehrten MaRgeblichkeit ist zu beachten, wenn sowohl in der Handelsbilanz als auch in der Steuerbilanz ein Bewertungswahlrecht besteht. Er bewirkt, dass jeweils gleichzeitig auch die ,,normale" formelle MaRgeblichkeit erfullt ist. Merke: erbilanz (sog. spezielle oder kodijizierte umgekehrte MaBgeblichkeit Beisviele: Steue~ergiinstigungen wie z.B. § 7g EStG
~teuerbiianz (sog. faktische umgekehrte MaBgeblichkeit) Beispiele: Abschreibungsmethode, lifo-Bewertung, GWG-Sofortabschreibung
Das Prinzip der umgekehrten Maljgeblichkeit fuhrt dazu, dass steuerliche Vergiinstigungsvorschriften, die 2.B. bei Sonderabschreibungen temporar zu Unterbewertungen fiihren konnen, die Handelsbilanzansatze verzerren, obgleich mit der Handelsbilanz vollig andere Informations-Ziele angestrebt werden. Eine Abschaffung des Maljgeblichkeitsgrundsatzes wiirde dieses Problem leicht losen. Bilanzen, die vollig unterschiedliche Aufgaben erfiillen sollen, sollten sinnvollerweise, wie es im angelsachsischen Bereich ublich ist, vollig unabhiingig voneinander aufgestellt werden. Die Befiinvorter des MaBgeblichkeitsprinzips argumentieren, dass der Steuergesetzgeber nach einem eventuellen Wegfall der MaBgeblichkeit kein Halten und keine Skrupel mehr kennt, rein fiskalische (der staatl. Einnahmeerzielung dienende) Gesetze zu erlassen3. Zur Zeit sind keine Bestrebungen zu erkennen, das in 5 5 EStG und 4 254 HGB fest verankerte MaBgeblichkeitsprinzip (einschlieBlich der umgekehrten Maljgeblichkeit) in Zukunft wieder abzuschaffen. Die Ubernahme des gewtIhlten Wertes im Falle von handelsrechtlichen Ansatzwahlrechten wird durch den BFHBeschluss vom 3.2.1969 allerdings stark eingeschrhkt, siehe Fall 2. Vgl. Herzig, in: KUtingIWeber, Teil ,,Gmndlagen der Bilanzierung", Kapitel 3, Tz. 44, und Tietze, in: KiitingWeber 8 273 Tz.4 f. Wie wenig die Bindung an die handelsrecbtlichen GOB den Steuergesetzgeber beeindruckt, zeigt das steuerrechtliche Verbot der Riickstellungen fur drohende Verluste aus schwebenden GeschBften seit dem 1.1.1997 (8 5 Abs. 4a EStG).
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
Da solche Verzermngen zumindest in den Bilanzen der Kapitalgesellschaften unenviinscht sind, verbietet § 279 Abs. 2 HGB die Vornahme steuerlicher Abschreibungen in der Handelsbilanz, sofern dies nicht Voraussetzung ist, um die steuerlichen Vergiinstigungen in Anspruch nehmen zu konnen. Dies ist aber nur eine rein formale Einschrsinkung, die die Handelsbilanz nur in wenigen Sonderfallen vor einer Verzenung schiitztl. Dem Bilanzleser gibt nur § 285 Nr. 5 HGB eine Hilfe, wonach die Auswirkungen rein steuerlicher Vergiinstigungen auf das Handelsbilanzergebnis im Anhang anzugeben sind. Im IASB-Konzept gibt es keine Zusammenhange zwischen dem Abschluss nach IFRS und (nationalen) steuerlichen Vorschriften, das Prinzip der (umgekehrten) Mdgeblichkeit ist somit unbekannt. Steuerlich beeinflusste Werte finden sich somit generell nicht in einem Abschluss nach IFRS.
3. Ansatzkriterien im IASB-Konzept In verschiedenen IAS ist fiir einzelne Sachverhalte die Frage der Aktivierbarkeit oder Passivierbarkeit, des Bilanzierungsgebots, -verbots oder -wahlrechts gekltirt. Was ist aber zu tun, wenn ein Sachverhalt in keinem der Standards behandelt wird? In diesem Falle ist das ,,Framework" des IASB-Konzepts, also das System der Rahmengrundsatze, heranzuziehen und nach den dort verankerten allgemeinen Ansatzkriterien zu entscheiden, ob Bilanzierbarkeit vorliegt oder nicht. Die Regelungen des Framework sind subsidiiir, d.h. sie treten zuriick, wenn es in den einzelnen IFRS spezielle Regelungen gibt. Zur besseren Unterscheidung sol1 im Folgenden der Begriff ,,Vermogensgegenstand" dem deutschen Handelsrecht vorbehalten sein und im Zusammenhang mit IFRS nur noch von ,,Vermogenswert" gesprochen werden. Das Aktivierungskonzept nach IFRS ist zweistufig: 1. Stufe: Liegt ein Vermogenswert vor? Wenn ja, ist die zweite Stufe zu priifen. Vermogenswerte (,,Assetsb') sind gems Framework F.49(a) definiert als Ressource(n), iiber die ein Unternehmen aufgrund eines vergangenen Ereignisses verfugt und aus deren Nutzung ein zukiinftiger Nutzenzufluss an das Unternehmen envartet wird (IAS 38.8).
1. Verfiigungsmacht 2. Ressource aufgrund eines vergangenen Ereignisses
3. envarteter kiinftiger wirtschaftlicher Nutzenzufluss
Zu Ebenso wie im deutschen Handelsrecht das wirtschaftliche Eigentum mdgebend ist, wenn juristisches und wirtschaftliches Eigentum bei unterschiedlichen Personen oder Gesellschaften liegt, gilt im IASB-Konzept der Grundsatz ,,Substance over Form" (F.35), der die wirtschaftliche Betrachtungsweise bei der Abbildung von Geschaftsvorfallen im Jahresabschluss betont. Dies bedeutet, dass nicht allein die rechtlichen Verhaltnisse, sondern auch der wirtschaftliche Gehalt und die wirtschaftlichen Ergebnisse, in diesem Falle also alle Vermogenswerte, die sich unter der Kontrolle des Unternehmens befinden, abzubilden sind2. Beispielsweise, wenn die Gebtiudenutzungsdauer handelsrechtlich nach verniinltiger kaufmlinnischer Einschtitzung Ihger eingeschiitzt wird, als nach 8 7 Abs. 4 EStG fiir die Steuerbilanz zultissig ist. Vgl. IAS 38.13-16 fiir immaterielle Vermdgenswerte (Kapitel B.III.2.b(5)) und die Bilanzierung von Leasingverhaltnissen nach IFRS in Kapitel B.IIL4.d).
112
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
Zu 2.: Ein Vermogenswert kaim nicht als Ergebnis zukiinftiger Aktivitaten entstehen, sondern ist Ergebnis von Geschafitsvorfallen in der Vergangenheit. Zu 3.: Unter dem zuktinftigen wirtschaftlichen Nutzen eines Vermogensgegenstandes wird der mittelbare oder unmittelbare Beitrag zur Erhohung des Cash Flow (Zahlungsmittelzufluss) verstanden (F.53). Dieser kann durcli VerauBerung oder Tausch gegen einen anderen Vermogenswert oder durch den Einsatz als Produktionsfaktor entstehen (Erlose, Kostenminderung). Der Begriff des Vermogenswerts nach IFRS ist somit welter gefasst als der des Vermogensgegenstands nach HGB und kann, wenn die Voraussetzungen fur den Begriff und den Ansatz von Vermogenswerten erfiillt sind, auch Bilanzierungshilfen und Rechnungsabgrenzungsposten umfassen. 2. Stufe: Ein Vermogenswert ist aktivierbar und muss dann in der Kegel auch aktiviert werden, wenn er zusatzlich die beiden folgenden Ansatzkriterien („Recognition Criteria") erfiillt, anderenfalls besteht ein Aktivierungsverbot: a) Der mit dem Vermogenswert verbundene wirtschaftliche Nutzen muss mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit tatsa.chlich zuflieBen (F.89). b) Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten (Nutzenzufluss, Wert) mtlssen verldsslich bewertbar/schdtzbar sein (F.89). Zua): Eine Mindestwahrscheinlichkeit des Nutzenzuflusses ist im Framework nicht festgelegt, teils wird 50% gefordert, oft aber auch ein hoherer Prozentsatz. Zu b): Schatzungen miissen so logisch und begriindet abgeleitet werden, dass der Grundsatz der Verlasslichkeit dabei gewahrt wird. Auch nach HGB nicht bilanzierungsfahige Vermogensgegenstande kormen nach IFRS aktivierbare Vermogenswerte sein. Insbesondere sind gemaB IAS 38.9 u. 21 auch selbsterstellte immaterielle Vermogenswerte (z.B. Patente) im Gegensatz zum deutschen Handelsrecht zu aktivieren, sofern sie identifizierbar, also abgrenzbar sind'. Dieses Kriterium ist beim origindren Geschdfts- oder Firmenwert nicht erfiillt (IAS 38.48). Auch selbst geschaffene Marken diirfen nicht aktiviert werden, da deren Kosten nicht von denen fiir die Entwicklung des Unternehmens als Ganzes unterschieden werden kormen (IAS 38.63f.). Ein Aktivierungsverbot gilt auch fiir WerbemaBnahmen (IAS 38.69(c)). Aufwendungen fiir die Griindung eines Unternehmens, wie z.B. Rechtskosten oder Ausgaben fiir die Eroffnung eines neuen Geschafts, fuhren nicht zu einem aktivierbaren Vermogenswert, da es an der Identifizierbarkeit, also Abgrenzbarkeit vom Geschafts- oder Firmenwert mangelt. In IAS 38.69(a) besteht daflir ein ausdriickliches Aktivierungsverbot. Das Gleiche gilt fiir Aufwendungen fiir die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschaftsbetriebs („Anlaufkosten"). Ein derivativer Geschdfts- oder Firmenwert muss dagegen aktiviert werden (IFRS 3.51). Ansatzwahlrechte oder Bilanzierungshilfen gibt es somit in diesem Zusammenhang nicht. Die oben genannten Kriterien und zu durchlaufenden Stufen gelten auch fiir Schulden. 1. Stufe: Eine Schuld liegt vor, wenn • gegenwartig eine Verpflichtung des Unternehmens besteht, • dieser Verpflichtung vergangene Ereignisse zugrunde liegen und • diese Verpflichtung zukiinftig zu einem wahrscheinlichen Abfluss von Ressourcen, die wirtschaftlichen Nutzen enthalten, fiihren wird (F. 49(b)). F.91).
Siehe zu den immateriellen Vermogenswerten auch Kapitel B.III.2.b)(5).
Gmndlagen der Bilanzierung und Bewertung
2. Stufe: Voraussetzung f& die Passivierbarkeit der Schuld ist, dass a) eine gewisse Wahrscheinlichkeitbesteht, dass der mit der Erfiillung der Verbindlichkeit verbundene zukiinftige Nutzenabfluss erfolgt und b) die Hohe des Erfiillungsbetrags verlasslich ermittelbar ist ( F . 49(b) u.F. 91). Im Allgemeinen besteht ein Verbot des Ansatzes von Vermogenswerten, Schulden, Ertragen und Aufwendungen, wenn es an einer zuverlassigen SchSitzung des Wertes (Ansatzkriterium b der 2. Stufe) mangelt. In diesem Fall muss eine Information iiber das Vorhandensein eines solchen Postens im Anhang gegeben werden, wenn der Ansatz in der Bilanz bzw. in der GuV lediglich aufgrund der mangelnden Schatzbarkeit des Betrages unterbleibt. Bilanzierungshilfen gibt es nach IFRS nicht. Aufgabe 3: Aktivierungspflicht, Aktivierungswahlrecht oder Aktivierungsverbot? Entscheiden Sie, ob folgende Sachverhalte zu bilanzierungsfahigen a) Vermogensgegenstandennach HGB bzw. b) Vermogenswerten nach IFRS fiihren, und ob Aktivierungspflicht, Aktivierungswahlrecht oder Aktivierungsverbot vorliegt. Begriinden Sie jeweils Ihre Entscheidung.
Forschungsaufwand I Selbsterstellte Patente (neues Produktionsverfah-1 ren; neue Produkte) (Produkteinfiihrungs-)Werbefeldmg;Kosten: 1 Mio EUR: im Foleeiahr wird ein Umsatz von 1,2 Mio E U erwartz ~ " derivativer Gesch&- oder Firmenwert Mitarbeiterschulung bei neu gegriindetem Geschiiflsbereich
WeiterfuhrendeLiteratur: Der Grundsatz der umgekehrten Mdgeblichkeit in der Praxis, Stuttgart 1989. Das Verhaltnis zwischen Handels- und Steuerbilanz, Betrieb und WirtHerrmann, D.: schaft 1992, S. 209 ff. MaRgeblichkeitsgrundsatz (Verhaltnis Handels-/Steuerbilanz) in: KiiHerzig, N.: ting1Weber (Hrsg.): Handbuch der Rechnungslegung, Band Ia, 4. Aufl., Stuttgart 1995, I. Kapitel ,,Grundlagen", Tz. 194 ff. Lamers, A.: Aktivierungsfahigkeit und Aktivierungspflicht immaterieller Werte, Miinchen 198 1. Lause,B./Sievers,H.: MaRgeblichkeitsprinzip und Steuerreform 1990, BB 1990, S. 24 ff. Der Begriff "Wirtschaftsgut" und seine Bedeutung fir die Aktivierung, 2. Ley, U.: Aufl., Bergisch Gladbach 1987. Haeger, B.:
114
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
Weiterfuhrende Literatur (Forts.): Mathiak, W.: Moxter, A.: Tiedchen, S.: Watermeyer, H.J.: Wollmert,P./ Achleitner, A.-K.:
MaBgeblichkeit der tatsachlichen Handelsbilanzansatze fiir die Steuerbilanz und umgekehrte MaBgeblichkeit, Steuerberater-Jahrbucli 1986/87, S. 79 ff. Bilanzrechtsprechung, 2. Aufl., Tubingen 1985. Der Vermogensgegenstand im Handelsbilanzrecht, Koln 1991. Bilanzierungsliilfen in der Handels- und Steuerbilanz, Frankfurt a.M. u.a. 1991. Konzeptionelle Grundlagen der lAS-RechnungsIegung (Teil I und II), WPg 1997, S. 209ff. und 245 ff.
4. BewertungsmaBstabe in Handels- und Steuerrecht a) Anschaffungskosten (1) Allgemeines Die Bewertung in der Handelbilanz hat sich im Laufe der Jahrzehnte langsam in Richtimg eines Fixwertprinzips entwickelt, auch wenn dieses Prinzip, dass jeweils nur ein einziger, ganz bestimmter Wert fur ein Aktivum oder Passivum zulassig ist, bislang weder im Handels- noch im Steuerrecht Eingang gefunden hat. Dies ist zum Teil historisch bedingt, hangt auch mit dem Grundsatz der umgekehrten MaBgeblichkeit zusammen. Es resultiert aber vor allem daraus, dass mit der Handelsbilanz Rechenschaft an verschiedene Gruppen mit sehr unterschiedlichen Informationsinteressen gegeben werden soil, ein objektiver "wahrer" Wert in der Regel nicht ermittelbar ist und sogar Schatzwerte im Jahresabschluss enthalten sind. Der (Klein-) Aktionarsschutz wiirde eine vergleichsweise hohe Bewertung erfordem, wahrend der Glaubigerschutz einen moglichst niedrigen Wertansatz verlangte. ZweckmaBig ware also ein eindeutig nach oben und imten abgegrenzter Bewertungsspielraum. In der Tat sieht das Handelsrecht filr Kapitalgesellschaften eine solche Regelung vor, wenn man einmal von § 253 Abs. 3 Satz 3 HGB absieht, der im Bereich des Umlaufvermogens einen weiten Bewertungsspielraum nach unten offnet. Fiir die Handelsbilanz von Einzelkaufleuten und Personenhandelsgesellschaften kann man aufgrund der fur das Anlage- und Umlaufvermogen geltenden zusatzlichen Vorschrift des § 253 Abs. 4 HGB von einer eindeutigen Wertuntergrenze ilberhaupt nicht mehr sprechen. Theoretisch begrenzt zwar der Grundsatz der Willkilrfreiheit imd die Formulierung "nach verntlnftiger kaufmannischer Beurteilung" mogliche Abwertimgen, doch praktisch lassen sich fast beliebige Abwertungen als "kaufmarmisch verntinftig" imd vorsichtig begriinden (vgl. Kapitel B.III.l). Die Bewertimgsobergrenze liegt hingegen eindeutig fest, dies weist auf die Dominanz des Glaubigerschutzes im Handelsrecht hin. GemaB § 253 Abs. 1 HGB sind Vermogensgegenstande "hochstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um Abschreibungen" anzusetzen. Dieses sog. Anschaffungskostenprinzip folgt aus dem Realisationsprinzip, das die Bewertung der Vermogensgegenstande mit iiber den Anschaffungsoder Herstellimgskosten liegenden Verkaufspreisen verbietet, solange sie noch nicht verauBert und geliefert sind. Das alte Vorsichtsprinzip, dass der "Kaufmann sich nicht reicher machen darf, als er tatsachlich ist", steht hinter diesen tjberlegungen.
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
Die langfristige Sicherung des Unternehmens und der Glaubigerschutz sind die konkreten Zwecke, die mit dem Anschaffimgskostenprinzip erreicht werden sollen. Auf das erstere Ziel wird weiter unten noch eingegangen, dem Glaubigerschutzprinzip wird ganz offensichtlich mit diesem Bewertungsgrundsatz gedient. Im Konkursfall lasst sich namlich bei denjenigen Gutern, deren tatsachlicher Wert uber ihre Anschaffimgskosten hinaus angestiegen ist, ein hoherer Liquidationswert (= EinzelverauBerungspreis) erzielen, als die Handelsbilanz den Glaubigern ausgewiesen hat. Fraglich ist n u , ob der Glaubigerschutz bestmoglich erfillt ist, wenn aufgrund des § 253 Abs. 1 HGB Unterbewertungen von Vermogensgegensttinden gesetzlich erzwungen werden und den Glaubigern der Umfang dieser "stillen Reserven" nicht bekannt und zudem durch bilanzpolitische Manahmen leicht veriinderbar ist. Bezuglich der Steuerbilanz kann genauso wenig von einem Festwertprinzip gesprochen werden, obwohl von unterschiedlichen Informationsinteressen hier nicht die Rede sein kann. Die Wahlrechtsspielraume sind allerdings im Interesse einer objektiven Besteuerung stark eingeschrmt. Letztlich stehen die Notwendigkeit von Schatzwerten, die NichtFeststellbarkeit des "wahren" Wertes und das Maljgeblichkeitsprinzip einem Fixwertsystem entgegen. In 8 255 Abs. 1 Satz 1 HGB sind die Anschaffungskosten allgemein definiert:
"Anschaffungskosten sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermogensgegenstand zu enverben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetZen, soweit sie dem Vermogensgegenstand einzeln zugeordnet werden konnen." Damit ist klargestellt, dass es sich im Gegensatz zum allgemeinen Sprachgebrauch, der auch vom Gesetz ubernommen wird, gar nicht urn Kosten im strengen betriebswirtschaftlichen Sinne, sondern um Aufwendungen handeln darf. Dies gilt grundsatzlich immer, wenn im Handels- oder Steuerrecht von "Kosten" die Rede ist. Rein kalkulatorische Kosten (z.B. kalkulatorische Miete, Zinsen, Wagnisse etc.) diirfen nicht einbezogen werden. Im Unterschied zu diesen haben Aufwendungen, da sie mit Ausgaben verbunden sind, einen grol3eren Objektivittitsgrad. In obiger Definition erfolgt auBerdem eine Prkisierung des Zeitbezugs der Anschaffungskosten, die sich nicht nur auf den eigentlichen Anschafhngsakt beziehen, sondern sich bis zur tatsachlichen Betriebsbereitschaft (z.B. einer Maschine) erstrecken. SchlieBlich diirfen nur einzeln zuordenbare Aufwendungen, also die sog. Einzelkosten, nicht aber sog. Gemeinkosten, in die Anschaffungskosten einbezogen werden. Auf diese beiden Begriffe aus der Kostenrechnung sol1 kurz eingegangen werden. sind von einem einzigen Zweck verursacht konnen diesem einen Zweck (=Kostentrager, Vermogensgegenstand) einzeln direkt (anhand von Belegen) zugeordnet werden Beispiele: Akkordlohne, Rohstoffe
sind von mehreren Zwecken gemeinsam veranlasst konnen nicht logisch eindeutig anteilig den einzelnen Zwecken zugeordnet werden; dennoch wird eine solche Aufteilung in der Praxis oft mit Hilfe von Verrechnungsschliisseln vorgenommen (Vollkostemechnung) Beispiele: Geschaftsfuhrergehalter, Gebaudeabschreibung
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
In Satz 2 von 5 255 Abs. 1 HGB werden die Komponenten des Anschaffungskostenbegriffs prbisiert:
.-. - .-. . .-- .- -61-r-- - -
(2;j. .I. Anschaffungspreisminderungen (Skonti, Boni, Rabatte, Zuschiisse) (3.) + Anschaffungsnebenkosten (Frachten, Zolle, Montagekosten, Provisionen, Grunderwerbsteuer) (4.) + nachtriigliche Anschaffungskosten = Anschaffungskosten.
I
(1.) Der Anschaffungspreis entspricht dem reinen Listenpreis bzw. dem vertraglich festgelegten Grundpreis des envorbenen Vermogensgegenstands. (2.) Die Anschaffungspreisminderungen umfassen: Rabatte, Skonti, Boni, Zuschiisse. Rabatte schlagen sich nicht in der Buchfiihrung nieder, sofern sie von Anfang an gewiihrt worden sind. Von Lieferanten gewiihrte Skonti oder Boni stellen nachtragliche Preisminderungen dar, die aber in der Regel auf besonderen Konten gebucht werden, um eine bessere Wirtschaftlichkeitskontrolle zu haben. Je nach Kontenrahmen handelt es sich um ein Unterkonto des betreffenden Bestandskontos (Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, Waren, Er& Waren" oder ein Erfolgskonto "Skontoertrage". Diese bezeugnisse), z.B. "Nachlasse f sonderen Konten miissen zumindest im Rahmen der vorbereitenden Abschlussbuchungen iiber die zugehorigen Bestandskonten abgeschlossen werden, soweit die Nachlasse die vorhandenen Bestande betreffen. Auf den Bestandskonten werden erst danach die richtigen Anschaffungskosten ausgewiesen. Die Vorsteuer ist g e m 8 5 17 Abs. 1 UStG zu vermindern, da sich das Entgelt verringert hat.
Buchungsbeispiel: Wareneinkauf in Hohe von 10.000 EUR; Zahlung unter Abzug von 2 % Skonto.
BS. Wareneinkauf Vorsteuer an Verbindlichkeiten aus Lieferungen u. Leistungen
BS. Verbindlichkeiten aus Lieferungen u. Leistungen
10.000 EUR 1.600 EUR 11.600 EUR. 11.600 EUR
an Nachlasse fir WarenILieferantenskonti
200 EUR 11.368 EUR 32 EUR.
an Bank an Vorsteuer
Am Jahresende seien 40% der eingekauften Waren noch vorhanden, 60% seien bereits verkauft. Umbuchung:
BS.. Nachliisse fur WarenILieferantenskonti an Wareneinkauf GuV-Konto (Skontoertrage)
200 EUR 80 EUR 120 EUR.
(3.) Zu den AnschaSfungsnebenkoste gehoren: Verpackungskosten, Frachtkosten, Rollgelder, Speditionskosten, Abladekosten, Transportversicherung, Zolle, Lagergelder, Montagekosten, Fundamentierungskosten, Kosten fiir Probelaufe (falls unabdingbar zur Herstellung der Betriebsbereitschaft), Vermittlungsprovisionen, Spesen, Courtage, Kommissionskosten, Abstandszahlungen, Notarkosten, Grundbuchkosten, Grunderwerbsteuer, StraRenbaukostenbeitrage bei erstmaliger Grundstiickanbindung, Kosten der erstmaligen GrundstiickserschlieRung, Abbruchkosten.
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
117
(4.) Nachtrdgliche Anschaffungskosten fallen an, wenn auch langere Zeit nach der Anschaffung noch Aufwendungen erforderlich sind, um den Vermogensgegenstand in betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Haufiger ist as jedoch, dass nach langerer Zeit der Verwendungszweck des Gegenstands verandert werden soil und somit eine Veranderung der Betriebsbereitschaft erfolgt. Beisviele: • eine Maschine wird umgebaut, um geanderte Funktionen erfiillen zu konnen; • ein LKW-Pritschenwagen wird durch einen nachtraglichen Aufbau zu einem Tankwagen umfunktioniert; • durch Bebauungspiananderung wird ein unbebautes Grundstiick in Bauland umgewandelt, so dass erstmalige StraBenanlieger- und ErschlieBungsbeitrage entstehen; werterhohende StraCenanlieger- und ErschlieBungsbeitrage lange nach dem Erwerb des Grundstiicks (H 6.4 "ErschlieBungs-, StraBenanlieger- und andere Beitrage" EStH); • Kanalanschlussgebiihr, Anlagen zur Ableitung von Abwassern (H 6.4 „Hausanschlusskosten") • innerhalb von 3 Jahren nach dem Erwerb eines bebauten Grundstiicks wird das im Zeitpunkt des Erwerbs objektiv wertlose Gebaude abgebrochen. Im Regelfall wird (steuerrechtlich) von einem Erwerb mit Abbruchabsicht ausgegangen und der Buchwert des Gebaudes sowie die Abbruchkosten erhShen die Anschaffungskosten des Grund und Bodens (H 6.4 „Abbruchkosten" EStH). In Hohe der Abbruchkosten handelt es sich um nachtragliche Anschaffungskosten, der Gebauderestwert stellt eine Korrektur der urspriinglich falsch ermittelten Anschaffungskosten dar. Im AUgemeinen handelt es sich aber um Aufwendungen zur Erganzung, Erweiterung oder Verbesserung des frilher erworbenen Vermogensgegenstands.
Zu aktivierende Anschaffungskosten, nachtragliche Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten (bei Selbsterstellung; Bauherreneigenschaft) milssen genau gegentiber Reparaturaufwendungen abgegrenzt werden. Das Abgrenzungsproblem ist unter dem Schlagwort "Herstellungs- versus Erhaltungsaufwand" bekannt (s. Tabelle auf der nachsten Seite). Nachdem die steuerrechtliche BFH-Rechtsprechung die Praxis der Finanzverwaltung zum „anschaffungsnahen Aufwand" im Wesentlichen bestatigt', dabei aber vor einiger Zeit schon eine konsequentere Orientierung des Begriffes Herstellungsaufwand an der Definition in § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB vorgenommen hatte^, erfolgte in aktuellen Urteilen die Abkehr von der Rechtsfigur des anschaffungsnahen Aufwands^. Danach karm die Hohe der Kosten nicht alleiniges Kriterium zur Qualifizierung als Anschaffungs-/ Herstellungskosten einerseits oder Werbungskosten/Betriebsausgaben andererseits sein, sondem es ist primar auf das Kriterium „wesentliche Verbesserung" abzustellen. Zu aktivierende nachtragliche Anschaffungs-ZHerstellungskosten liegen immer darm vor, werm entweder EinzelmaBnahmen die Bewohnbarkeit des Gebaudes wieder herstellen, das Gebaude auf einen hoheren Standard bringen oder wenn Instandsetzungs- und ModemisierungsmaBnahmen in ihrer Gesamtheit iiber die zeitgemaBe substanzerhaltende Bestandteilserneuerung hinaus den Gebrauchswert des Gebaudes insgesamt deutlich erhohen. Den Gebrauchswert eines Gebaudes bestimmt der Zustand der Heizungs-, Sanitar- und Elektroinstallationen sowie der Fenster. Betreffen mehrere BaumaBnahmen, die in engem raumlichen, zeitlichen und
' Vgl. BFH 9.5.1995, BStBL 1996 II S. 628, 630, 632; BFH 10.5.1995, BStBl. 1996 II S. 639; BFH 16.7.1996, BStBl. 1996 II S. 649; BMF-Schreiben 16.12.1996, BStBl. 1996 I S. 1442; BFH 29.10.1991 BStBl. 1992 11 S. 285. 2 Vgl. BFH 16.12.1998, BFH/NV 1999, S. 776; BFH 4.7.1990, BStBl. 1990 II S. 830. 3 Vgl. BFH 12.9.2001 IX R 39/97 u. IX R 52/00, NWB, Fach 3, S. 12051, und BFH 22.1.2003, BFH/NV 2003 S. 758 und 763.
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
sachlichen Zusammenhang stehen und bautechnisch ineinandergreifen, mindestens drei dieser vier Bereiche, so liegt eine Erhohung des Gebaudegebrauchswerts vor. In diesem Falle werden auch einzelne TeilmaRnahmen, die isoliert gesehen Erhaltungsaufwand w b ren, im Rahmen der einheitlichen Gesamtmaljnahme als Herstellungsaufwand klassifiziert. Der zeitliche Zusammenhang ist auch d a m gewahrt, wenn die Einzelmaljnahmen planmaljiger Teil einer sich uber mehrere Jahre hinaus erstreckenden GesamtmaBnahme sind. Beispielsweise lagen nachtragliche Herstellungskosten vor, wenn im Rahmen einer Gesamtmafinahme eine technisch uberholte Heizungsanlage (Kohleofen) ersetzt, die Zahl und Leistungskapazitat der elektrischen Anschlusse erhoht und einfache Fenster durch Isolierverglasung ersetzt wiirden.
nicht verbdert l l ~ e s e nv e r b d e i das WG sol1 in ordnungsmaigem ~ustandlldasWG wird in seiner Substanz erweitert bzw. in seiner Nutmngsmoglichkeit erhal- oder uber seinen urspriinglichen Zustand ten oder wiederhergestellt werden (In- hinaus wesentlich verbessert ( 5 255 Abs. 2 die Aufwendungen kehren in ungefahr es wird etwas Neues geschaffen oder hinzugleicher H6he r e g e l m ~ i gwieder gefiigt Vereinfachungsregel: Aufwand (ohne USt) bis m 4.000 EUR fur eine einzelne BaumaBnahme (R 21.1 Abs. 2 Satz 2 EStR) Ausnahme: Innerhalb von 3 Jahren nach der Anschaffung eines Gebaudes lie@ stets aktivierungspflichtiger anschaffungsnaher Herstellungsaufwand vor, wenn die Instandsetzungs-/Modernisierungsaufwendungen(ohne Erweiterung und jtihrlich anfallende ~rhaltun~sarbeiten) in diesem Zeitraum insgesamt 15% der Anschaffungskosten (ohne USt) des Gebiiudes uberschreiten (5 6 Abs. 1 Nr. l a EStG, R 6.4 Abs. 1 EStR). Beispiele: Beisdele: Fenster- oder Heizungserneuerung Auswechseln des Personenfahrstuhls Autoreparatur Kauf neuer Autoreifen Beitrage fur die Zweit- oder ZusatzerschlieRung eines Grundstiicks durch eine weitere StraRe (BFH 12.1.1995, BStBl. 11 S. 632)
Umbau der Lagerhalle zu einem Kuhlhaus Neueinbau eines bisher nicht vorhandenen Personenfahrstuhls Anbau bei einem Gebaude oder Aufstockung; Ausbau des Dachgeschosses Tankaufbau auf einem Pritschen-LKW nachtraglicher Einbau eines Autoradios
Um die zur envartenden Abgrenzungsprobleme, z.B. bei der Frage nach dem Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Gesamtmaljnahrne (,,Sanierung in Raten"), in Grenzen zu halten, hat die Finanzvenvaltung inzwischen in einem BMF-Schreibenl auf die neue Rechtsprechung reagiert. Darin werden die Kernaussagen der neuen BFH-Rechtsprechung ubernommen, weiter konkretisiert und folgende Indizien fiir die erfolgte Hebung des Standards eines Wohngebaudes festgelegt, die im Zweifelsfall anzuwenden sind: ein Gebaude wird in zeitlicher Nahe zum Erwerb im Ganzen und von Grund auf modernisiert. fiir die Sanierung der zentralen Ausstattungsmerkmale werden hohe Aufwendungen getatigt, der Mietzins wird aufgrund dieser BaumaDnahmen erheblich erhoht. Vgl. BMF-Schreiben vom 18.7.2003, BStBl. 2003 I S. 386.
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
119
Wahrend das BMF-Schreiben die Anerkennung von Erhaltungsaufwand in den ersten drei Jahren nacli Anschaffung des Gebaudes ohne Uberpriifung' durch die Finanzverwaltung vorsieht, wenn die Aufwendungen iiur die Instandsetzung und Modemisierung des Gebaudes insgesamt 15% der Anschaffungskosten des Gebaudes nicht tlberschreiten, wird jedoch dariiber hinausgehend im Rahmen des Steueranderungsgesetzes 2003 im neuen § 6 Abs. 1 Nr. la EStG die vor Anderung der BFH-Rechtsprechung geltende typisierende Praxis der Finanzverwaltung zum „anschaffungsnahen Herstellungsaujwand" gesetzlich fixiert. Danach sind mit Gtiltigkeit fur einen Baubeginn ab 1.1.2004^ Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten an Gebauden innerhalb der ersten drei Jahre nach Anschaffung stets als Herstellungskosten anzusehen, wenn die Aufwendungen (ohne USt) 15% der Anschaffungskosten des Gebaudes tlbersteigen. Aufwendungen ftir die Erweiterung des Gebaudes i. S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sowie (iblicherweise jahrlich anfallende Erhaltungsaufwendungen bleiben davon unberilhrt. Dagegen sind Aufwendungen fur die Beseitigung versteckter Mangel einzubeziehen (R 6.4 Abs. 1 EStR). Der Inhalt der handelsrechtlichen IDW-Stellungnahme WFA 1/1996 entspricht weitgehend der neuen Rechtsprechung des BFH. Die IDW-Stellungnahme raumt allerdings einer deutlichen Verlangerung der tatsachlichen Gesamtnutzungsdauer des Gebaudes als Indiz fur eine wesentliche Verbesserung des Gebaudes einen hoheren Stellenwert ein^.
(5.) Nicht zu den Anschaffungskosten gehoren: • die Vorsteuer, sofern sie gemaB § 15 Abs. 1 UStG abzugsfahig ist. Falls das Unternehmen dagegen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, weil es etwa umsatzsteuerfreie Leistungen erbringt, so gehort die (nicht abzugsfahige) Vorsteuer zu den Anschaffungskosten (vgl. § 9 b Abs. 1 EStG); • Geldbeschaffungskosten (Zinsen, Gebtihren, Provisionen) auch dann nicht, wenn das Finanzierungsgeschaft dem Vermogensgegenstand wirtschaftlich eindeutig zurechenbar ist; • Kosten der allgemeinen Entscheidungsfindung vor der Anschaffung • Aufwendungen fur Testldufe, die nicht der Herstellung der Betriebsbereitschaft dienen; Aufwendungen fur Mitarbeiterschulungen zur Maschinenbedienung • Gemeinkosten (Lagerkosten, Frachtkosten, Montagekosten etc., die dem Vermogensgegenstand nicht einzeln zuordenbar sind). Beispielsaufsabe: Die LowTech GmbH benotigt Kunststoffgranulat als Rohstoff, das sie vom Lieferanten durch einen Spediteur und Frachtfuhrer abholen lasst. Der Spediteur stellt 600 EUR zzgl. USt in Rechnung. Gehoren die Frachtkosten zu den Anschaffungskosten? Losuns: Die Frachtkosten sind eindeutig dem Rohstoff zuordenbar und daher Anschaffungsnebenkosten in Hohe von 600 EUR. In der Praxis werden die Bezugskosten meist auf spezielle Konten gebucht, um eine bessere Kontrolle dieser Kosten zu erm5glichen. Dabei handelt es sich um Unterkonten der entspre-
' Es sei denn, dass der Standard fur einzelne Wohnungen eines Mehrfamilienhauses steigt oder der Beginn einer Sanierung in Raten vorliegen Iconnte. ^ MaBgebend ist der Zeitpunlst, an dem der Antrag auf Baugenehmigung gestellt wird bzw. die Bauunterlagen eingereiclit werden (§ 52 Abs. 16 und 23a EStG). Filr Falle mit Baubeginn vor dem 1.1.2004 gelten die Grundsatze des BIMFSclireibens vom 18.7.2003. 3 Stellungnahme WFA 1/1996 des IDW, WPg 1997, S. 103.
120
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
chenden Stoff- oder Waren-Bestandskonten, hier also "Bezugskosten fur Rohstoffe". Um der Vorschrift § 255 Abs. 1 HGB Geniige zu tun, ist es jedoch erforderlich, diese Konten monatlich oder vierteljahrlich oder zumindest als vorbereitende Abschlussbuchung auf das zugehorige Bestandskonto (anteilig, soweit sie auf die Bestande entfallen) umzubuchen bzw. abzuschlieBen, damit die Anscliaffiingskosten der Stoff- oder Warenbestande riclitig ausgewiesen werden. BS:
Rotistoffe an Bezugskosten fiir Rohstoffe.
Beispielsaufsabe: Die LowTech lasst das Kunststoffgranulat vom Lieferanten durch einen eigenen Fahrer mit dem eigenen LKW auf einer Faiirt zum Kunden abliolen. Gehoren die (anteiligen) Transportkosten zu den Anschaffungskosten? Losuns: Die anteiligen Fuhrparkkosten stellen Materialgemeinkosten dar, da sie nicht nur von der Rohstoffabliolung, sondern aucii durcii die Lieferung an einen Kunden gemeinsam verursacht wurden, und daher dem Rohstoff niclit direkt und einzeln zureclienbar sind. Sie sind demnach keine Anschaffungsnebenkosten, Dies gilt im vorliegenden Falle auch fur den Lohn des Fahrers. Variante: Wurde der eigene LKW zur Abholung des Rohstoffs eine eigene Tour fahren und nichts anderes transportieren, so waren die darauf entfallenden Benzinkosten Anschaffungsnebenkosten, gegebenenfalls auch die anteilige Leistungsabschreibung. Ebenso wird der zeitanteilige Lohn des Fahrers ublicherweise als Einzelkosten angesehen und gehort daher zu den Anschaffungskosten.
Beisyielsaufsabe: Die LowTech GmbH erwirbt eine Drehmaschine zum Anschaffungspreis von 10.000 EUR zzgl. USt. Die Maschine wird von einem Spediteur und Frachtfuhrer in einem Spezialfahrzeug eigens vom Hersteller zur GmbH transportiert (von der GmbH zu tragende Kosten: 1.500 EUR zzgl. USt). Die Firma Bau-Hart errichtet das fur die Drehmaschine notige Fundament (Kosten: 2.800 EUR zzgl. USt), die Firma Elektro-Pfeil besorgt den Anschluss an das Stromnetz (Rechnungsbetrag : 900 EUR zzgl. USt). Losuns: Zum Anschaffungspreis kommen noch die Anschaffungsnebenkosten hinzu, allerdings nur die Einzelkosten. Da hier alle Kosten von der Drehmaschine veranlaBt sind und ihr somit einzeln zurechenbar sind und die LowTech GmbH gemaB § 15 Abs. 1 UStG zum Abzug samtlicher Vorsteuern berechtigt ist, betragen die Anschaffungskosten in diesem Falle: Anschaffungspreis Frachtkosten Fundamentierung elektrischer Anschluss Anschaffungskosten
10.000 EUR + 1.500 EUR + 2.800 EUR + 900 EUR = 15.200 EUR
Beispielsaufsabe: Wie vorige Beispielsaufgabe, nur wird das Fundament jetzt von den eigenen Mitarbeitern der LowTech GmbH gebaut. Anhand von Lohnscheinen lasst sich ermitteln, welche Mitarbeiter wie lange an dem Fundament gearbeitet haben. Insgesamt wurden Bruttolohne in Hohe von 800 EUR erfasst. Der Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung betrage allgemein 9 % der Bruttolohne. Fiir die Kosten der Personalverwaltung wurde in der Kostenrechnung ein Zuschlagssatz von 25 % auf die Bruttolohne ermittelt.
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
121
Losuns: Bei den auf Lohnscheinen erfassten anteiligen Bruttolohnen und dem darauf entfallenden Arbeitgeberbeitrag zur Sozialversicherung handelt es sich nach ilblicher Ansicht um von der Drehmaschine verursachte und daher direkt zurechenbare Kosten, die Anschaffungsnebenkosten darstellen. Die anteiligen Verwaltungsgemeinkosten sind von der Fundamentierung der Drehmaschine nicht verursacht und daher nicht eindeutig und direkt zurechenbar. In der Kostenrechnung wird im Vollkostensystem dennoch eine Verrechnung der Verwaltungsgemeinkosten mit Hilfe von Schlusseln vorgenommen, deren Einbeziehung in die Anschaffungsnebenkosten durch § 255 Abs. 1 HGB jedoch ausgeschlossen wird. Anschaffungspreis Frachtkosten Fundamentierung elektrischer Anschluss Anschaffungskosten
10.000 EUR + 1.500 EUR + 872 EUR + 900 EUR = 13.272 EUR
Vertritt man hierzu die Meinung, es handele sich bei der Errichtung des Fundaments um Herstellungskosten, so dilrften gemafi § 255 Abs. 2 HGB anteilige Verwaltungsgemeinkosten einbezogen werden. Ein Vorliegen von Anschaffungs- imd Herstellungskosten nebeneinander ware m.E. nur moglich, wenn es sich um zwei unterschiedliche Vermogensgegenstande handelte. Andemfalls hat immer einer der beiden BewertimgsmaBstabe Vorrang und die zugehorigen Bewertungsvorschriften haben die Prioritat. Da das Fundament hier mit der Maschine eine Funktionseinheit bildet, handelt es sich um Anschaffungsnebenkosten der Maschine.
Aufgabe 4: Anschaffungskosten Die LowTech GmbH erwarb im Dezember 01 eine Blechschneidemaschine zum Preis von 44.080 EUR (einschl. 16% abzugsfahiger USt), fur die von der Bau OHG am 20.12.01 ein Fundament errichtet wurde (Kosten: 1.392 EUR einschl. 16% abzugsfahiger USt; Rechnungseingang und Bezahlung erfolgten erst im Januar des Folgejahres). Der Transport der Maschine im Dezember 01 wurde vom Frachtfuhrer Blitz ausgeflihrt, dessen Rechnung iiber 464 EUR (einschl. 16% abzugsfahiger USt) noch in demselben Monat bezahlt wurde. Mit welchem Wert ist die Maschine in der Bilanz zum 31.12.01 anzusetzen, wenn a) die Zahlung des Rechnungsbetrags flir die Maschine am 24.12.01 unter Abzug von 2% Skonto erfolgte, b) die Zahlung des Rechnungsbetrags fiir die Maschine am 2.1.02 unter Abzug von 2% Skonto erfolgte? Aufgabe 5: Anschaffungskosten Die LowTech GmbH erwarb auBerdem nach sechsmonatigen Auswahlaktivitaten der Beschaffungsabteilung (anteilige Kosten: 15.000 EUR) in Oldenburg ein bebautes Grundstiick als AuBenlager flir ihre Produkte zum Preis von 500.000 EUR. Davon entfielen auf den Grund und Boden 150.000 EUR. Die Maklerkosten betrugen 23.200 EUR (einschl. 16% abzugsfahiger USt), als Disagio wurden mit der Nordbank 25.000 EUR vereinbart, an Bankspesen berechnete die Nordbank 348 EUR (einschl. abzugsfahiger USt). Gerichtskosten fur die Eintragung ins Grundbuch fielen in Hohe von 1.500 EUR an (davon 1.000 EUR fur den Eigentumsiibergang und 500 EUR fiir die Hypothek), Notargebilhren (einschl. abziehbarer USt) in Hohe von 6.960 EUR (davon 4.640 EUR fur den Eigentumsiibergang und 2.320 EUR fur die Hypothek), sowie die Grunderwerbsteuer in Hohe von 3,5% auf den Kaufpreis. Um die Lastwagen besser be- und entladen zu konnen, wurde auCerdem ein fahrbares Forderband mit Anschaffungskosten von 58.000 EUR (einschl. abziehbarer USt) erworben und von auBen unterhalb eines Tores an das Lagergebaude festgeschraubt. Zur Sicherung wurde von der Herstellerfirma des Forderbands auBerdem ein spezielles, wieder entfernbares Haltegestell gebaut und installiert. Die Rechnung lautete uber 500 EUR fur das Gestell und 600 EUR fur die Installation jeweils plus 16% USt. Welcher Betrag ist in der Bilanz zu aktivieren?
122
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
(2) Sonderprobleme (a) Kaufpreis in fremder Wahrung 1st der Kaufpreis in fremder Wahrung zu entrichten, da der Vermogensgegenstand im Ausland beschafft wurde, entsprechen die Anschaffungskosten demjenigen Euro-Betrag, der im Zeitpunkt der Eriangung der Verfilgungsmacht (Ubergang von Besitz, Nutzungen und Lasten) hingegeben werden musste, um den erforderlichen Fremdwahrungsbetrag zu begleichen. Die Umrechnung erfolgt also mit dem an diesem Tag giiltigen Geldkurs' (= Devisenverkaufskurs aus Sicht der Bank). Es ist allerdings auch zulassig, die Umrechnung zum Mittelkurs (aus Geld- und Briefkurs) durchzufilhren. Eine spatere Veranderung des Wechselkurses hat keinen EinfluB mehr auf die Hohe der Anschaffungskosten (H 6.2 „Auslandische Wahrung" EStH). Der Wahrungskurs an einem davon abweichenden tatsachlichen Zahlungszeitpunkt (z.B. iimerhalb der Skontofrist oder aufgrund eines Zahlungsziels) spielt fur die Bemessung der Anschaffungskosten keine RoUe. Gtiter- und Geldgeschafte werden strikt getrennt, gegebenenfalls entstehen dann aus dem Geldgeschaft Wahrungskursgewirme oder -verluste^. Beisyielsaufsabe: Die LowTech erwirbt eine neue Zwirndrehmaschine in den USA. Der Kaufpreis ist in Dollar zu bezahlen und betragt 1.000 USD. Zum Zeitpunkt der Lieferung der Maschine (Ubergang der Verfiigungsmacht) betrug der Devisenkurs, zu dem die Bank Euros ankaufte, 1,25 USD (= Geldkurs) und der Kurs, zu dem die Bank Euros verkaufte, 1,3333 USD (= Briefkurs) pro 1 Euro. Zum Bilanzstichtag am 31.12.01 liegen die beiden Eurokurse bei 1,3333 USD (Geld) und 1,4284 USD (Brief). Mit welchem Wert ist die Maschine zum Bilanzstichtag anzusetzen (ohne Beriicksichtigung planmaBiger Abschreibungen)? Liisuns: Zu bilanzieren ist gemafi § 244 HGB in Euro. MaBgebend ist der Geldkurs am Tage der Lieferung, also 1,25 USD = 1 EUR bzw. 0,8 EUR = 1 USD. Der Kurs am Bilanzstichtag spieh fur die H5he der Anschaffungskosten keine RoUe mehr, da der Anschaffungsvorgang bereits abgeschlossen ist und daher durch Wechselkursanderungen kein Verlust droht, der aufgrund des Imparitatsprinzips vorwegzunehmen ware. Der Wertansatz der Maschine am Bilanzstichtag betragt (ohne Berucksichtigung planmaBiger Abschreibungen) 1.000 USD * 0,8 EUR/1 EUR = 800 EUR. Wurde der Vermogensgegenstand durch Aufnahme einer Fremdwahrungsverbindlichkeit finanziert, so ist jedoch an jedem Bilanzstichtag der Kreditlaufzeit zu priifen, ob aufgrund einer Wechselkursanderung der in Euro ausgedrilckte Tilgungsbetrag gestiegen ist. Dies ist bei einer Euro-Abwertung gegeniiber der betreffenden Fremdwahrung der Fall. Aufgrund des Imparitatsprinzips ist dann die Verbindlichkeit mit dem hoheren Wert anzusetzen (Hochstwertprinzip).
' Seit der Euro-Einftihmng (1.1.1999) haben sich die Begriffe umgekehrt, da die Wechselkursangabe nun in der sog. Mengennotierung mit dem Euro als Basiseinheit erfolgt, also z.B. 1 EUR = 0,95 USD (Geld) und 1 EUR = 0,97 USD (Brief). Der Briefkurs ist nun der Angebotskurs der Bank fiir Euro und nicht mehr der Angebotskurs fur US-Dollar. Dagegen ist der Geldkurs nun der Nachfragekurs nach Euro aus Sicht der Bank. Bezogen auf die auslandische Wahrung ist somit der reziproke Euro-Geldkurs der Devisenverkaufskurs der Bank und damit der fur Kaufe in Fremdwahrung relevante Kurs (hier: 1 USD = 1,0526 EUR). Wirtschafllich hat sich nichts geandert, da die Bank nach wie vor mehr Euro fiir I US-Dollar verlangt, als sie dafiir zahlt. ^ Eine ganz andere Bewertung ergibt sich bei Zahlung mit bereits vorhandenen Devisenbestanden, s. Langenbucher/Blaum, in: Kilting/Weber, Teil „Grundlagen der Bilanzierung", Kapitel 6, Tz. 535.
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
123
Aufgabe 6: Anschaffungskosten bei Kauf in Fremdwahrung Eine Einfadelmaschine wird von der LowTech GmbH in den USA zum Preis von 2.000 USD erworben. Bei Lieferung am 15.6.01 betrug der Wechselkurs 1 E U R - 1,3333 USD. Am Tag der Rechnungsausstellung (21.6.01) lag der Kurs bei 1 EUR - 1,4284 USD. Fall a): Am Bilanzstichtag 31.12.01 betragt der Kurs 1 E U R - 1 USD. Fall b): Am Bilanzstichtag 31.12.01 betragt der Kurs 1 EUR - 1,6666 USD. Wie hoch sind die Anschaffungskosten der Maschine und wie ist sie am Bilanzstichtag 31.12.01 zu bewerten? Das Zahlungsziel von 9 Monaten wird voU ausgenutzt. Wie ist diese Verbindlichkeit in den beiden Fallen a) und b) in der Bilanz zum 31.12.01 zu bewerten? (b) Unentgeltlicher Erwerb Unentgeltlich erworbene immaterielle Vermogensgegenstande bzw. Wirtschaftsgiiter des Anlagevermogens dilrfen weder in der Handelsbilanz noch in der Steuerbilanz aktiviert werden (§ 248 Abs. 2 HGB; § 5 Abs. 2 EStG). Handelsrechtlich besteht bei unentgeltlich erworbenen materiellen Vermogensgegenstanden nach herrschender Meinung ein Aktivierungswahlrecht. Im Falle der Aktivierung sind die Anschaffungskosten anhand von Marktwerten unter Beachtung des Vorsichtsprinzips zu schatzen. Maximal sei der iibliche Anschaffungswert (Zeitwert) fiir einen entsprechenden Gegenstand anzusetzen (vgl. WP-HdB 2000, Bd. I, Tell E, Tz. 249). Gegenargumente zu dieser Behandlung sind, dass es aufgrund fehlender Gegenleistung keine Anschaffltngskosten gibt und daher keine Aktivierung erfolgen kaiin. AuBerdem sei ein Anschaffungsvorgang immer erfolgsneutral, was in diesem Falle nur durch Nichtaktivierung zu erreichen sei. M.E. verlangt der Grundsatz der Vollstandigkeit nicht nur ein Aktivierungswahlrecht, sondern sogar eine Aktivierungspflicht. BS:
Aktives Bestandskonto an auBerordentliche Ertrage.
Steuerrechtlich besteht gemafi § 6 Abs. 4 EStG ein Aktivierungsgebot. Als Anschaffungskosten gilt der „gemeine Wert", also der allgemeine Marktpreis, der fur das Wirtschaftsgut im Zeitpunkt des Erwerbs (bei entgeltlichem Erwerb) hatte aufgewendet werden mtissen. Bei unentgeltlichem Erwerb eines Betriebes, eines Teilbetriebes oder eines Gesellschaftsanteils an einer Personengesellschaft (Mituntemehmerschaft) gelten die Buchwerte des bisherigen Betriebsinhabers als Anschaffungskosten ("Buchwertfortfuhrung"; § 6 Abs. 3 Satz 3 EStG).
(c) Tauschgeschafte nach HGB, EStG und IFRS Ein Sonderproblem ist die Ermittlimg der Anschaffungskosten bei einem Tauschgeschaft. Es kommt in der Praxis nicht haufig vor, dass Vermogensgegenstande zwischen verschiedenen Unternehmen getauscht werden, um beispielsweise die Effizienz des Maschineneinsatzes zu erhohen. Bei Wertpapieren, insbesondere Aktien, ist ein Tausch im Zusammenhang mit Akquisitionen, Verschmelzimgen und Eingliederungen dagegen haufiger. Anschaffungskosten entsprechen dem Verlust an Bargeld oder Bankguthaben bei der Bezahlung eines erworbenen Gegenstands. Ganz allgemein stellen sie also eine Vermogens-
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
einbuBe dar. Im Falle des Tausches entsprechen die Anschaffungskosten des eingetauschten (empfangenen) Gutes demnach dem Wert des eigenen Vermogensverlustes, also dem Wert des hingegebenen Gutes. Handelsrecht: Nach herrschender Meinung besteht f i r die Bestimmung der Anschaffungskosten des eingetauschten (empfangenen) Vermogensgegenstands aus der Sicht der LowTech ein Wahlrecht zwischen folgenden Werten: 1. Buchwert des hingegebenen Vermogensgegenstands, 2. Zeitwert des hingegebenen Vermogensgegenstands (Obergrenze: Zeitwert des empfangenen Vermogensgegenstands, 3. Ergebnisneutraler Wert.
Falls jedoch der Tausch in erster Linie durch bilanzpolitische Gesichtspunkte (insbesondere zur Erreichung einer Gewinnverbesserung) bestimmt ist, muss die Buchwertfortf~rung angewandt werden (vgl. ADS $ 255 Tz. 89-94). Diese Einschriinkung des Wahlrechts ist jedoch in der Praxis durch entsprechende Begriindungen leicht zu konterkarieren. Versteht man Anschaffungskosten als effektive VermogenseinbuRe zur Bezahlung eines Vermogensgegenstandes, so kann nur der Ansatz des Zeitwerts der hingegebenen Maschine richtig sein. Dies macht schon die fiktive Aufspaltung des Tauschvorgangs in zwei Schritte deutlich: 1) VerauRerung der eigenen Maschine gegen Bargeld (zum Zeitwert) und 2) Kauf der Maschine des Unternehrnens B gegen Hingabe des erzielten Geldbetrags. Die ergebnisneutrale Behandlung ist zwar auch begriindbar, jedoch mit einem m.E. weniger wichtigen Aspekt der Anschaffungskosten. Steuerrechf: Die Anschaffungskosten entsprechen dem ,,gemeinen Wert" (= allgemeiner Marktwert) des hingegebenen Wirtschaftsguts, d.h. es ist nur die Gewinnrealisierung zulassig (3 6 Abs. 6 Satz 1 EStG). Mit dieser eindeutigen gesetzlichen Regelung ist das sog. Tauschgutachtenl, nach dem im Ausnahmefall auch steuerrechtlich eine Buchwertfortfiihrung zulassig war, falls die getauschten Wirtschaftsgiiter wert-, art- und funktionsgleich waren (insbesondere bei Aktien), nicht mehr anwendbar. Beispiel:
Die LowTech GmbH hat sich mit der HighBlech GmbH auf den Tausch einer groBen Blechder beiden ~ a s c h i n e durch i exakbiegemaschine geeinigt, urn die ~erwendu~~smii~lichkeiten tere Anpassung an den spezifischen Produktionsprozess besser ausnutzen zu konnen.
-
Buchwert am Tag des Tausches Zeitwert am Tag des Tausches
1 1
18.000EUR 22.000EUR
(
1
16.000 EUR 22.000 EUR
Handelsrecht: Nach h.M. besteht fir die Bestimmung der Anschaffungskosten der eingetauschten (empfangenen) Maschine aus der Sicht der LowTech ein Wahlrecht zwischen folgenden Werten: 1. Buchwertfortfiihrung: Der Buchwert der hingegebenen Maschine entspricht den Anschaf-
fungskosten der empfangenen Maschine. Dennoch sind Zugangs- und Abgangsbuchungen notig sowie deren Ausweis im Anlagenspiegel.
BFH-Urteil vorn 16.12.1958, BStBl. 1959 111 S. 30, und BMF-Schreiben vom 9.2.1998, DB 1998, S. 394
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung BS:
Maschineneu an Maschine alt
125 18.000 EUR 18.000 EUR.
Gewinnrealisieruns: Der Zeitwert der hingegebenen Maschine wird als Anschaffungskosten der eingetauschten (empfangenen) Maschine angesehen. Wertobergrenze ist allerdings der Zeitwert der empfangenen Maschine (Niederstwerttest). BS: Maschine neu 22.000 EUR an Maschine alt 18.000 EUR an sonstige betriebliche Ertrage 4.000 EUR. Ergebnisneutrale Behandlung: Die Anschaffungskosten der empfangenen Maschine entsprechen dem Buchwert der hingegebenen Maschine plus der zusatzlichen Ertragsteuerbelastung auf die steuerlich vorgeschriebene Gewinnrealisierung i.H.v. 4.000 EUR (s. unten "Steuerrecht"). Damit soil insgesamt eine Erfolgsneutralitat wie bei normalen Anschaffungsvorgangen erreicht werden. Im Beispiel wird ein Ertragsteuersatz von 60 % unterstellt. BS:
Maschine neu an Maschine alt an sonstige betriebliche Ertrage
20.400 EUR 18.000 EUR 2.400 EUR.
Steuerrecht: Nur die Gewinnrealisierung ist zulassig, es miissen also alle stillen Reserven der hingegeben Maschine aufgelost und versteuert werden. BS:
Maschine neu an Maschine alt an sonstige betriebliche Ertrage
22.000 EUR 18.000 EUR 4.000 EUR.
lASB-Konzept: Beim Tausch von Sachanlagen, ist gemaB IAS 16.24-26 als erstes zu prilfen, ob das Tauschgeschaft wirtschaftliche Substanz hat. SoUte dies nicht der Fall sein, also der Tausch nur aus „kosmetischen" Grunden erfolgt sein, dann bemessen sich die Anschaffungskosten des empfangenen Vermogenswerts nach dem Buchwert des hingegebenen Vermogenswerts, d.h. auch in der Bilanz andert sich wertmaBig nichts. Sollte das Tauschgeschaft doch „wirtschaftliche Substanz" haben, dann soil sich dies auch in der Bilanz widerspiegeln, und es ist - der Logik entsprechend - der beizulegende Zeitwert („Fair Value") des hingegebenen Vermogenswerts als Anschaffimgskosten des empfangenen Vermogenswerts zu verwenden. Sollte der beizulegende Zeitwert des empfangenen Vermogenswerts aber besser schatzbar sein, ist dieser als Anschaffungskosten heranzuziehen. Sollten beide nicht verlasslich schatzbar sein, so ist zum „KosmetikfaU" zurilckzukehren und der Buchwert des hingegebenen Vermogenswerts anzusetzen. Bleibt nur noch zu klaren, warm ein Tauschgeschaft „wirtschaftliche Substanz" hat. Dies ist dann der Fall, weim sich durch den Tausch eine wesentliche Andenmg der „Spezifikationen (Risiko, Timing und Betrag) des Cash Flows" oder des „untemehmensspezifischen Werts des betreffenden Tells der Geschaftstatigkeiten" ergibt. Theoretisch einleuchtend, aber in der Praxis ist der Ermessensspielraum immens. SchlieBlich wird noch die wahrscheinlichkeitstheoretisch fundierte Kegel fur das Vorliegen einer verlasslichen Schatzung des beizulegenden Zeitwerts angegeben. Fazit: Es handelt sich um theoretisch-statistisch sehr liberzeugendes Konzept, das dem Anwender in der Praxis - noch weitergehend als im „einfach gestrickten" deutschen Handelsrecht - angenehmerweise alle Bewertungsmoglichkeiten offen lasst. Beim Tausch immaterieller Vermogenswerte gelten dieselben Grimdsatze (IAS 38.45-47).
126
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
Aufgabe 7: Anschaffungskosten bei Tausch Das von der LowTech GmbH zu Beginn des Jahres 01 erworbene Individual-Software-Paket wurde auf Vermittlung des EDV-Handlers am 11. Oktober 01 mit Software eines anderen Unternehmens getauscht. Von diesem Tausch versprechen sich beide Untemehmen Effizienzvorteile. Auch wenn der Zeitwert der hingegebenen Software hoher ist als derjenige der empfangenen, verspricht sich LowTech einen groBen Vorteil beim Einsatz im eigenen Unternehmen, geht also von einem hoheren (subjektiven) Ertragswert aus. Buchhalter Armel hat jedoch Schwierigkeiten mit der Buchung der Transaktion und der Bewertung der neu zugegangenen Software. Die angegebenen Werte beziehen sich alle auf den Zeitpunkt des Tausches: Buchwert der hingegebenen Software Zeitwert der hingegebenen Software Restnutzungsdauer der hingegebenen Software Buchwert der empfangenen Software Zeitwert der empfangenen Software Restnutzungsdauer der empfangenen Software
34.000 EUR 38.000 EUR 4 Jahre 35.000 EUR 36.000 EUR 4 Jahre.
Wie hoch sind die Anschaffungskosten a) handelsrechtlich und b) steuerrechtlich? Sollte es mehrere Moglichkeiten geben, sind alle Moglichkeiten aufzuzeigen und die dem Ziel eines moglichst niedrigen Gewinnausweises forderlichste auszuwahlen. Der Ertragsteuersatz sei der Einfachheit halber mit 50% angenommen. Die Software soli linear und zeitanteilig (voile und angefangene Monate) abgeschrieben werden Geben Sie bitte alle Buchungssatze und den Bilanzwert der Software per 31.12.01 an. Die Umsatzsteuer ist zu vernachlassigen. c) Wie hatte die LowTech International GmbH nach IFRS diesen Tausch zu bilanzieren?
(d) Zuschusse Hier soUen nur echte verlorene Investitionszuschtisse (Kapitalzuschtisse) behandelt werden, da diese allein Auswirkungen auf die Anschafflmgskosten haben konnen. Definition: Echte verlorene Investitionszuschtisse sind einmalige oder wiederkehrende Zahlungen ohne Rtickzahlungsverpflichtung und ohne unmittelbaren Zusammenhang mit einer Leistung des Zuschussempfangers. Sie werden als Anreiz und als Finanzierungshilfe fur bestimmte Investitionen geleistet. Im Gegensatz zu Investitionszuschilssen werden Ertragszuschusse zur Verbessenmg der Ertragslage eines Untemehmens gewahrt. Unechte Zuschtlsse sind solche, die mit einer Gegenleistung verbunden sind. Beispielsweise stehen Zuschtissen eines Mieters an den Vermieter meist als Gegenleistung die Renovierung und weitere Uberlassung seiner Mietwohnimg ohne Mieterhohung gegeniiber, so dass es sich bei diesem Zuschuss tmi eine als Einmalbetrag im voraus bezahlte Miete handelt, die vom Vermieter iiber einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten zu verteilen ist, sofern ein bestimmter Zeitraum fiir den Mieterhohungsverzicht vereinbart wurde. Nicht verlorene Zuschusse sind mit einer Riickzahlungsverpflichtung verbunden. Investitionszulagen in unterschiedlicher Hohe (5% bis 27,5%) auf die Anschaffimgkosten werden in den neuen Bundeslandem einschlieBlich Berlin nach dem Investitionszulagengesetz (1999) bis zum Ende des Jahres 2004 fur betriebliche Mobilien- tmd ImmobilienInvestitionen gewahrt. Sie sind steuerfrei (H 3 „Steuerbefreiungen nach anderen Gesetzen...Nr.2" EStH) und werden tiblicherweise handels- und steuerrechtlich zunachst als sonstige betriebliche Ertrage gebucht, um auBerhalb der Steuerbilanz in der Steuererklarung
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
wieder abgezogen und somit steuerfi-ei gestellt zu werden (H 6.5 ,,Investitionszulagen sind keine Zuschiisse" ESW; 5 9 InvZulG 1999). Die hier zu behandelnden Znvestitionszuschiisse kijnnen von staatlicher (z.B. Werftenhilfen, Regionalprogramme) oder von privater Seite (z.B. Zuschiisse fiir die Errichtung eines Gleisanschlusses durch einen Lieferanten) gew5ihrt werden.
Steuerrecht: Richtlinie 6.5 EStR regelt die steuerliche Behandlung von echten verlorenen Investitionszuschiissen: IL
sofortige erfolgswirksame Vereinnahmung (R 6.5 Abs 2 Satz 2 EStR)
des Zuschusses
Y
1. "erfolgsneutrale" Behandlung, d.h. Abseizung von den Anschaffunes-/Herstellungskosten (R6.5 A ~ S2. Satz 3 E&R) 2. Bildung einer "steuerfieien" ~uschu~sriickla~e, die im Folgejahr "erfolgsneutral" von den Anschahgs- l Herstellungskosten abgesetzt wird (R 6.5 Abs. 4 EStR) Folae: Versteuerung des Zuschusses iiber die Nutzungsdauer verteilt (aufgrund geringerer Abschreibungsbetrage)
Die Moglichkeit der sofortigen erfolgwirksamen Vereinnahmung fiihrt nu sofortigen Versteuerung des Zuschusses, so dass sich die Frage stellt, wann diese Alternative zweckmMigenveise gewtihlt werden sollte. Friiher waren die Verlustvortragsmoglichkeiten bei den Ertragsteuern zeitlich begrenzt, so dass im letzten Jahr vor dem Verfallen der Verlustvortrage eine solche erfolgswirksame Vereinnahmung sinnvoll war, urn Ertrag zu schaffen, der durch Verrechnung mit dem Verlustvortrag steuerfiei bleibt. Seitdem die Verlustvortragsmoglichkeiten zeitlich unbegrenzt sind, ist dieser Grund entfallen. Es bleibt nur der Fall ubrig, dass eine deutliche Steuersatzerhohung erwartet wird und die sofortige Versteuerung giinstiger ist.
Bank an sonstige betriebliche Ertrage. Die "erfolgsneutrale" Behandlung ist demzufolge die ubliche und soll hier fiir zwei verschiedene Falle vorgestellt werden. Zu anderen Fallen siehe Kapitel B.VII.6. ("Zuschussriicklage"). Beisviel: Zur Anschaffung einer Maschine mit Anschaffungskosten i.H.v. 3.000 EUR wird ein staatlicher
Zuschuss von 1.000 EUR gew;ihrt. Die Maschine wird jeweils im Januar angeschafft, hat eine Nutzungsdauer von 10 Jahren und soll linear abgeschrieben werden. Fall I: "Maschine heute, Zuschuss heute" Die Maschine wird also in demselben Jahr angeschafft, in dem der Zuschuss gezahlt wird.
BS: Maschinen Vorsteuer an Bank
3.000 EUR 450 EUR 3.450 EUR.
128 BS: BS:
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung Bank anMaschinen Abschreibungen auf Sachanlagen an Maschinen
1.000 EUR 1.000 EUR. 200 EUR 200 EUR.
Der Zuschussbetrag kann direkt von den Anschaffungskosten der Maschine abgesetzt werden (R 6.5 Abs. 2 Satz 3 EStR). Da die Behandlung des Zuschusses als Minderung der Anschaffungskosten der Maschine eine handelsrechtliche kaufmannische Gepflogenheit ist, auch wenn es keine Kodifizierung im HGB gibt, gilt hier das Prinzip der sog faktischen umgekehrten MaBgeblichkeit (GoB-konformes Wahlrecht; R 6.5 Abs. 2 Satz 4 EStR) Die planmaBige Abschreibung bemisst sich nach den um den Zuschussbetrag geminderten Anschaffungskosten (R 7.3 Abs. 4 Satz 1 EStR). Der Abschreibungsbetrag ist daher in jedem Jahr der Nutzungsdauer um 100 EUR niedriger, der steuerpflichtige Gewinn um 100 EUR hoher (* 10 Jahre Nutzungsdauer = Zuschussbetrag = 1.000 EUR), als bei sofortiger erfolgswirksamer Vereinnahmung und sofortiger Versteuerung des Zuschusses. Bei der sog. "erfolgsneutralen" Behandlung entfallt die Versteuerung des Zuschusses also nicht, sie wird nur uber die Nutzungsdauer des bezuschussten Vermogensgegenstands verteilt.
Fall 2: "Maschine heute. Zuschuss morgen" Die Maschine wird im Januar 01 angeschafft, der Zuschuss erst im Folgejahr 02 gezahlt. Es handelt sich also um eine nachtragliche Minderung der Anschaffungskosten (R 6.5 Abs. 3 EStR). Die nachfolgende planmaBige Abschreibung der Maschine bemisst sich nach dem um den Zuschussbetrag geminderten Restbuchwert der Maschine (R 7.3 Abs. 4 Satz 2 EStR). Bei Gebauden stellen dagegen die um den Zuschussbetrag geminderten Anschaffungskosten die Abschreibungsbasis dar. Buchungssatze im Jahr 01: BS: Maschinen Vorsteuer an Bank BS:
PlanmaBige Abschreibungen auf Sachanlagen an Maschinen
Buchungssatze im Jahr 02: BS: Bank an Maschinen BS:
PlanmaBige Abschreibungen auf Sachanlagen an Maschinen
3.000 EUR 450 EUR 3.450 EUR. 300 EUR 300 EUR.
1.000 EUR 1.000 EUR. 188 EUR 188 EUR.
Nach Abzug des Zuschussbetrages vom Restbuchwert am 31.12.01 (= 2.700 EUR) bleibt ein Restwert von 1.700 EUR, der auf die Restnutzungsdauer von 9 Jahren gleichmaBig verteilt wird.
Handelsrecht: In der Stellungnahme 1/1984 (WPg 1984, S. 612; 1990 neu gefasst) empfiehlt der HFA des IdW die Verteilung der Erfolgswirksamkeit von Investitionszuschussen tlber die Nutzungsdauer des Vermogensgegenstands, fur den sie gewahrt werden. Eine sofortige erfolgswirksame Vereinnahmung wiirde die Periodenergebnisse verzerren. Technisch solle keine Absetzung des Zuschussbetrags von den Anschaffungskosten vorgenommen, sondern dessen Einstellung in einen gesonderten Passivposten mit der Bezeichnung "Sonderposten fur Investitionszuschiisse zum Anlagevermogen" vorgezogen werden (siehe Kapitel B.VII.6.).
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
129
Aufgabe 8: Anschaffungskosten bei Zuschiissen Die LowTech GmbH erhalt von einem ihrer Lieferanten einen Investitionszuschuss in Hohe von 20.000 EUR zur Anschaffung einer Container-Ladebrucke (=bewegliches Wirtschaftsgut; Anschaffung am 10.7.01, Anschaffungskosten: 120.000 EUR, betriebsgewohnliche Nutzungsdauer: 10 Jahre). Konkrete Verpflichtungen der LowTech sind mil der Annahme des Zuschusses nicht verbunden. Wie ist der Zuschuss von der LowTech GmbH zu behandeln, wenn diese einen moglichst niedrigen handels- und steuerrechtlichen Gewinn anstrebt und der Zuschuss a) am 20.7.01, b) am 20.1.02 geleistet wird? Mit welchem Wert ist die Container-Ladebrucke in der Bilanz am 31.12.01 und im Falle b) auch am 31.12.02 anzusetzen? Geben Sie alle Buchungssatze an.
(e) Nominalkapitalerhaltung und Substanzerhaltung Die nominelle Kapitalerhaltung und die Substanzerhaltung sind zwei der moglichen Konkretisierungen des allgemeinen Untemehmensziels "langfristige Sicherung des Untemehmens". Bei der nominellen Kapitalerhaltung soil das investierte Geldkapital erhalten bleiben. Die Leistungsfahigkeit eines Betriebes gilt als gewahit, wenn das nominelle Geldkapital ziffernmaBig von Periode zu Periode gleichbleibt. Jegliche Erhohung des Geldkapitals wird als Gewinn deklariert und ist demzufolge ausschiittbar. Es gilt der Grundsatz "Mark gleich Mark" bzw. „Euro gleich Euro". Geldwertschwankungen in der Volkswirtschaft und daraus resultierende Anderungen der Wiederbeschaffungskosten werden nicht berucksichtigt. Aus diesem Grunde ist die „nominelle Kapitalerhaltung" nur in Zeiten stabiler wirtschaftlicher Verhaltnisse eine geeignete Zielsetzung, wenn langfristig die Erhaltimg der Leistungsfahigkeit des Untemehmens erreicht werden soil. In Handels- und Steuerrecht gilt grundsatzlich das Prinzip der nominellen Kapitalerhaltung, auch in Zeiten, in denen infolge von extremen Preissteigerungen die Leistungsfahigkeit des Betriebes durch den Einsatz der gleichen investierten Geldsumme nicht aufrechterhalten werden kann. Bei der Substanzerhaltung geht es hingegen um die gtitermaBige Kapitalerhaltung. MaBstab filr die Untemehmenserhaltung ist nach dieser Konzeption nicht eine bestimmte Geldsumme, sondern es sind die hinter den Geldbetragen stehenden Giitermengen. Ob ein Periodengewinn erzielt worden ist, bestimmt sich nicht danach, ob das Geldkapital irmerhalb der Periode gestiegen ist, sondern ob der mengenmaBige Bestand der Vermogensgegenstande am Ende der Periode denjenigen zu Beginn der Periode ilbersteigt. Die Substanzerhaltung ist m.a.W. dann erreicht, weim die Umsatzerlose groBer sind als die Wiederbeschaffungskosten aller im Leistungsprozess der abgelaufenen Periode verbrauchten und in den abgesetzten Erzeugnissen enthaltenen Produktionsfaktoren. Dementsprechend muss die Bewertung der am Periodenende vorhandenen Vermogensgegenstande in der Bilanz zu Wiederbeschaffungspreisen erfolgen. Die von Fritz Schmidt entwickelte Theorie der organischen Tageswertbilanz ist am Ziel der Substanzerhaltung ausgerichtet (vgl. Kapitel Bilanztheorien). 1. Beispiel Warenhandel: Die LowTech GmbH kauft Waren ein und verauBert diese wieder. Die Anschaffungskosten betragen insgesamt 100.000 EUR, die Wiederbeschaffungskosten am Bilanzstichtag 120.000 EUR und der Verkaufspreis 150.000 EUR. Es wird angenommen, dass der erste Wareneinkauf durch Eigenkapitaleinlagen finanziert wird. Im Fall a) soil dieser Eigenkapitalbetrag von 100.000
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
130
EUR nominell, im Fall b) die Mengen der damit eingekauften Waren giitermaBig auf Dauer im Unternehmen erhalten bleiben bzw. jeweils ersetzt werden.
Fall a) Nominelle Kapitalerhaltuns Umsatzerlos 150.000 EUR
(Anschaffungskostenprinzip;
./. Wareneinsatz (zu Anschaffungskosten bewertet) ./. 100,000 EUR
seltendes Recht)
= Rohgewinn
= 50.000 EUR 1^ davon ^ 25.000 EUR Der vom Erlos verbleibende 25.000 EUR Betrag von 100.000 EUR wurde als Aufwand deklariert Ertragsteuern Ausschiittung und somit an das Unternehmen gebunden = INNENFINANZIERUNG
Somit stehen fiir den neuen Wareneinkauf im Folgejahr nur noch 100.000 EUR zur Verfiigung. Die gleiche Warenmenge kostet inzwischen aber aufgrund des gestiegenen Preises 120.000 EUR. Es ergibt sich somit ein Fehlbetrag von 20.000 EUR. Die giitermaCige Substanz des Unternehmens kann nicht erhalten bleiben, es wird ein aufgeblahter Gewinn ausgewiesen, der zur Halfte versteuert und zur anderen Halfte ausgeschuttet wird. Fazit: wenn die Substanz des Unternehmens erhalten werden soil, diirfen nur 5.000 EUR ausgeschuttet werden und 20.000 EUR miissen den Gewinnrucklagen zugefiihrt werden.
Fall b) Substanzerhaltuns (Wiederbeschaffunsskostenprinzip) (vgl. "Organische Tageswertbilanz" von Fritz Schmidt, Kapitel A.II.3) Umsatzerlos 150.000 EUR
./. Wareneinsatz (zu Wiederbeschaffungskosten bewertet) ./. 120.000 EUR
= Rohgewinn
= 30.000 EUR 1^ davon ^ Der vom Erlos verbleibende 15.000 EUR 15.000 EUR Betrag von 120.000 EUR wurde als Aufwand deklariert Ertragsteuern Ausschiittung und somit an das Unternehmen gebunden = INNENFINANZIERUNG
Fiir den neuen Wareneinkauf im Folgejahr stehen mithin 120.000 EUR zur Verfiigung, so dass zu den inzwischen gestiegenen Preisen dieselbe Warenmenge wie im Vorjahr eingekauft werden kann. Die Unternehmenssubstanz kann (in diesem Teilbereich) erhahen werden. Steueranderungen durch die geanderte Ausschiittungshohe werden dabei vereinfachend auBer Acht gelassen. Versleich der Fdlle a) und b): a) Rohgewinn • b) Rohgewinn = Scheingewinn (Preissteigerungsgewinn)
50.000 EUR • 30.000 EUR = 20.000 EUR 1^ davon ^ 10.000 EUR 10.000 EUR Ertragsteuern
Ausschiittung
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
131
Merke: Ein Scheingewinn entsteht dadurch, dass die Umsatzerlose zu aktuellen hoheren Preisen, der entsprechende Wareneinsatz (allgemein: der Aufwand) dagegen mit historischen niedrigeren Preisen bewertet ist.
2. Beispiel: Abschreibunsen auf Sachanlagen Anschaffungskosten einer Maschine = 100.000 EUR Wiederbeschaffungskosten nach 5 Jahren = 120.000 EUR Nutzungsdauer = 5 Jahre. (in EUR) Jahr 1 2 3 4 5 Summe: Fehlbetrag:
a) Anschaffungskosten als Basis der Abschreibungen 20.000 20.000 20.000 20.000 20.000 100.000 20.000
b) Wiederbeschaffungskosten als Basis der Abschreibungen 24.000 24.000 24.000 24.000 24.000 120.000 0
Der Fehlbetrag zeigt an, dass die Finanzierung der Ersatzinvestition aus Abschreibungsgegenwerten in Hohe dieses Betrags nicht gedeckt ist. Im Falle der Abschreibungen auf Basis der ursprtlnglichen Anschaffungskosten ist aufgrund gestiegener Wiederbeschaffungspreise eine Ersatzbeschaffung der Maschine allein aus Abschreibungsgegenwerten nicht moglich. Die Finanzierung der Ersatzproduktionsanlage allein aus Abschreibungsgegenwerten ist ein theoretisches Modell, das nur unter einer Reihe von Annahmen Gultigkeit besitzt. Insbesondere muss die Finanzierung der gerade im Betrieb laufenden Produktionsanlage bereits erfolgt sein. Wird daim bei der Kalkulation der Verkaufspreise der auf der Anlage erstellten Erzeugnisse ein anteiliger Betrag fur die Anlagenabschreibung berucksichtigt und lasst sich dieser kalkulierte Preis am Markt durchsetzen imd konnen auch alle geplanten Mengeneinheiten produziert und abgesetzt werden, so flieBen dem Untemehmen iiber die Umsatzerlose bis zum Ende der Nutzungsdauer der Anlage genugend liquide Mittel zur Finanzierung der Ersatzanlage zu. Das Anschaffungskostenprinzip im Handels- und Steuerrecht, das zwingend eine Bemessung der Abschreibungen nach den Anschaffungskosten verlangt, fuhrt in der Regel zu einem Finanzierungsfehlbetrag, well der Beschaffimgspreis der Ersatzanlage wahrend der Nutzungsdauer gestiegen ist. Zwar ist es in den Kostenrechnungssystemen der Praxis, die keiner gesetzlichen Reglementierung unterliegen, ilblich, auf Basis geschatzter Wiederbeschaffungskosten abzuschreiben. Da die kostenrechnerischen (kalkulatorischen) Abschreibimgen in die Kalkulation einbezogen werden, flieBen iiber die Umsatzerlose genugend hohe Mittel zur Finanzierung der Ersatzinvestition in das Unternehmen. Aufgrund des bilanziellen Nominalwertprinzips werden diese jedoch zimi Teil als Gewinn deklariert und somit besteuert sowie zur Ausschiittung freigegeben.
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
Fazit: Irn geltenden Handels- und Steuerrecht ist das auf dem Realisationsprinzip fid3ende Anschaffungskostenprinzip ($ 253 Abs. 1 HGB) verankert, wodurch lediglich eine nominale Kapitalerhaltung gewihleistet wird. Bei steigenden Wiederbeschaffungspreisen, kommt es daher zu einer Substanzverringerung im Unternehmen, wenn nicht Teile des envirtschafteten Gewinns einbehalten werden oder die Fremdfinanzierung verstikt wird. Die Abschaffung des geltenden Anschaffungskostenprinzips zugunsten der Substanzerhaltung wird abgelehnt wegen: uniibersehbarer Auswirkung auf die Steuereinnahmen, da das Tageswertprinzip wegen des Grundsatzes der GleichmSiBigkeit der Besteuerung auch auf andere Einkunftsarten ausgedehnt werden musste, preistreibender Wirkung (umstritten), Ermittlungsschwierigkeitenbei den Wiederbeschaffungskosten. In Zeiten stark steigender Preise gibt es i.d.R. parzielle steuerliche Erleichterungen, um die Scheingewinnbesteuerung abzumildern, z.B. bis 1989 die Preissteigerungs-Rucklage. Die Lifo-Bewertung der VorrMe ist seit 1990 auch steuerlich generell zuliissig (g 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG; vgl. Kapitel B.IV.3.d).
(3) Anschaffungskosten nach IFRS Zu den Anschaffungskosten von Vorraten gehoren alle Kosten des Erwerbs sowie sonstige Kosten, ,,die angefallen sind, um die Vorrate an ihren derzeitigen Ort und in ihren derzeitigen Zustand zu versetzen" (IAS 2.10). Dabei muss es sich um Kosten handeln, die dem Erwerb der Vorrate unmittelbar zugerechnet werden konnen (IAS 2.1 1). Die Anschaffungskosten entsprechen also weitgehend den Anschaffungskosten nach § 255 Abs. 1 HGB. Eine Besonderheit besteht allerdings beim Erwerb von Sachanlagen. In deren Anschaffungskosten ist zusatzlich der Barwert der geschMzten Kosten des Abbruchs oder des AbrSiumens der Sachanlage und die Kosten fir die Wiederherstellung des Standortes nach Ablauf der Nutzungsdauer einzubeziehen. In gleicher Hohe ist nach IAS 37 eine Riickstellung fk Entsorgungsverpflichtungen zu bilden (IAS 16.18). Auf diese Weise erfolgt die Bildung der Ruckstellung erfolgsneutral und durch entsprechend hohere Abschreibungen wird der Barwert der Entsorgungskosten auf die Laufzeit der Sachanlage verteilt. h d e r t sich spater die Hohe des geschatzten Ressourcenabflusses oder die Hohe des Diskontierungs-Zinssatzes, so ist die Ruckstellungshtihe anzupassen und auch (in begrenztem Umfang) die fortgefiihrten Anschaffungskosten der Sachanlage bzw. die Neubewertungsriicklage bei Anwendung der Neubewertungsmethode (IFRIC 1.4-6). Allgemein umfassen die Anschaffungskosten bei Sachanlagen alle ,,direkt zurechenbaren Kosten, die anfallen, um den Vermogenswert zu dem Standort und in den erforderlichen, vom Management beabsichtigten, betriebsbereiten Zustand zu bringen" (IAS 16.16).
sonstige anteilige Gemeinkosten (Beschaffung, Lager, Transport) (+ Fremdka~italzinsen(soweit dem Erwerb direkt zurechenbar)
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
133
Ein weiterer wichtiger Unterschied zum Anschaffungskostenbegriff nach deutschem Handelsrecht ist die Behandlung der Fremdkapitahinsen, die direkt dem Erwerb des Vermogenswerts zugeordnet werden konnen. Dabei handelt es sich um Sollzinsen, die fiir einen aufgenommenen Bankkredit, mit dem die Anschaffung des Vermogenswerts finanziert wird, in der Periode des Zugangs zu zahlen sind oder um Skonti. Zur Berechnung der Sollzinsen darf auch der durchschnittliche Fremdkapitalkostensatz dieser Periode verwendet werden (IAS 23.17). Bei der empfohlenen Benchmark-Methode (IAS 23.7) sind keinerlei Fremdkapitalzinsen in die Anschaffungskosten einzubeziehen, d.h. Skonti mindem auch dann die Anschaffungskosten und sind als Zinsaufwand zu buchen, wenn sie nicht „gezogen" wurden, d.h. wenn erst am Ende des Zahlungsziels gezahlt wurde' (IAS 2.18, IAS 16.23). Nach der alternativ zulassigen Methode (IAS 23.11) sind Fremdkapitalzinsen im Rahmen der Anschaffungskosten von H^Mfl/Z/Zz/erteK" Vermogenswerten („Qualifying Assets") zu aktivieren, „wenn wahrscheinlich ist, dass dem Unternehmen hieraus kiinftiger wirtschaftlicher Nutzen erwachst und die Kosten verlasslich bewertet werden konnen" (IAS 23.12). Solche „qualifizierten" Vermogenswerte sind Vermogenswerte, deren Versetzung in einen gebrauchsfahigen (oder verkaufsfahigen) Zustand einen langeren Zeitraum beansprucht (IAS 23.4), wie z.B. eine neue Produktionsanlage. Diese Voraussetzung ist jedenfalls nicht erfiillt, wenn es sich um die Anschaffung von tiblichen Rohstoffen handelt oder wenn die Vermogenswerte bereits im Erwerbszeitpunkt in gebrauchs- oder verkaufsfahigem Zustand sind. In diesem Falle bleibt es beim Aktivierimgsverbot von Fremdkapitalzinsen. (vgl. auch Kapitel B.II.4.b) (3)).
Aufgabe 9: Anschaffungskosten nach IFRS Die LowTech International GmbH benotigt 100 kg Kunststoffgranulat als Rohstoff, das sie vom Lieferanten durch einen eigenen Fahrer mit dem betriebseigenen LKW abholen lasst. Der Anschaffungspreis fiir 100 kg Granulat betragt 1.000 EUR zzgl. USt. Zahlungsziel ist 3 Monate, ein Skontoabzug in Hohe von 2 % bei Zahlung innerhalb von 2 Wochen wird genutzt. Aufgrund der Entfemungs- und Zeitbedarfs-Aufzeichnungen des Fahrers werden in der Abteilung Kostenrechnung die auf den Transport des Granulats entfallenden Kosten in folgender Hohe ermittelt: • anteilige Benzinkosten: 40 EUR zzgl. USt, • anteilige LKW-Leistungs-Abschreibungen: 60 EUR, • anteiliger Bruttolohn des Fahrers: 50 EUR, • anteilige Personalverwaltungsgemeinkosten: 5 EUR, • anteilige Verwaltungsgemeinkosten der Einkaufsabteilung: 20 EUR. Zur Finanzierung des Kunststoffgranulats nimmt die GmbH zum Zinssatz von 12% einen Kontokorrentkredit auf Es wird geschatzt, dass die Kapitalbindungsdauer (bis zum Eingang der Umsatzerlose aus dem Verkauf der Fertigerzeugnisse) durchschnittlich 3 Monate betragt. Wie hoch sind die Anschaffungskosten der 100 kg Kunststoffgranulat a) bei der LowTech International GmbH nach IFRS, b) bei der LowTech GmbH nach HGB?
' Mit der Formulierung „normales Zahlungsziel" (IAS 2.18, IAS 16.23) ist m.E. die Skontofrist gemeint, innerhalb derer Skonti abgezogen werden durfen. Die Anschaffungskosten entsprechen also dem sog. „Barpreisaquivalent", d.h. dem abgezinsten Rechnungsbetrag. Dies gilt auch nach deutschem Handels- und Steuerrecht, wird hier aber bei kurzen Fristen nur berilcksichtigt, wenn wirklich ein Skontoabzug erfolgt. Vgl. Hoyos/M. Ring, in: Beck Bil.-Komm. § 253 Tz. 66.
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
134
b) Herstellungskosten (1) Allgemeines Die Herstellungskosten dienen der Bewertung von selbst erstellten Erzeugnissen im Vorratsvermogen (Umlaufvermogen) eines Industriebetriebes. In der Kegel werden die Erzeugnisse zum Absatz bestimmt sein, bei einem Maschinenbaubetrieb z.B. kann das Produkt jedoch auch im eigenen Produktionsprozess, also als sog. aktivierte Eigenleistungen im Anlagevermogen, eingesetzt werden. In beiden Fallen ist eine Bewertung mit Kosten zwingend, eine Einbeziehung von Gewinnbestandteilen wurde gegen das Realisationsprinzip verstoBen.
Merke: Stellt ein Unternehmen Gegenstande des Anlagevermogens oder des UmlaufVermogens selbst her, so treten an die Stelle der Anschaffungskosten die Herstellungskosten als Ausgangswerte fiir die Bewertung. Bevor die Herstellungskosten im einzelnen erortert werden, ist es notig, noch einige grundlegende Kostenbegriffe abzugrenzen. Definition: Einzelkosten sind Kosten, die von nur einem Zweck, z.B. einem einzeln zu bewertenden Vermogensgegenstand, veranlaBt und daher diesem unmittelbar (logisch eindeutig und ohne Schltisselung) zurechenbar sind. Definition: Sondereinzelkosten sind ebenfalls direkt zuordenbar, fallen jedoch nicht regelmafiig an, sondem meist nur auf einen bestimmten Auftrag bezogen. Definition: Gemeinkosten sind dagegen von mehreren Zwecken gleichzeitig veranlaBt und daher diesen nur gemeinsam logisch eindeutig zurechenbar. Zur Zuordnung auf einen einzigen Zweck, z.B. einen einzeln zu bewertenden Vermogensgegenstand, ist eine Schltisselung bzw. Umlage notwendig.
Der Umfang der Einzel- und der Gemeinkosten ist abhangig vom ins Auge gefaBten Zweck, d.h. von ihrer BezugsgroBe. In der Regel wird eine Produktart als BezugsgroBe betrachtet, strenggenommen lautet die Frage jedoch: Welche Kosten sind von einer einzigen Erzeugnismengeneinheit verursacht und ihr daher direkt zurechenbar? Im anderen Extremfall wird das Gesamtunternehmen als BezugsgroBe angesehen und mithin werden alle Kostenarten zu Einzelkosten des Gesamtuntemehmens. Ein weiteres Begriffspaar in diesem Zusammenhang sind die variablen und fixen Kosten. Definition: Variable Kosten verandem sich aufgrund einer Anderung der Produktionsmenge, sind also beschaftigungsabhangig.
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
Definition: Fixe Kosten sind vollig unabhangig von der Erzeugnismenge, sie sind meistens zeitabhkgig, wie z.B. die zu zahlende Monatsmiete.
Die folgende ~bersichtkombiniert beide Begriffspaare:
~arbe,Material, Strom fiir Maschinen, Akkordliihne, Zeitlohne (IdW: HFA 51 1991, WPg 1992, s. 95)
~eleuchtun~ der Fabrikhalle, Farbpinsel, MaschinenLeistungsabschreibung, Kosten der Kuppelproduktion
.gibtks nur, wenn es sich urn eine aggregierte BezugsgrB13e (Fertigungsbereich, Werk, Gesamtunternehmen) handelt: GehZilter der Meister, Betriebsleiter, Vorstiinde, Pfdrtner
~ e u t eder r Vorstiinde bzw. Geschiiftsflihrer, des Pfortners, der Putzkolonne, Betriebsleiter, Meister, Mitarbeiter in der Verwaltung; Gebaudeabschreibung
Die nersicht enthdt problematische Diskussionspunkte, die jedoch Lehrbuchern der Kosten- und Leistungsrechnung vorbehalten bleiben sollen. Hier ist nur anzumerken, dass Zeitldhne in der Regel aus Praktikabilitiitsgriinden sowohl in der Kostenrechnung wie auch bilanziell als Einzelkosten, die sie strenggenommen nicht sind, behandelt werden, indem der unrnittelbare Zusammenhang zum einzelnen Vermogensgegenstand durch eine Umrechnung z.B. nach Minuten konstruiert wird. Einzelkosten, die aus Wirtschaftlichkeitsgriinden tatsachlich wie Gemeinkosten erfasst und venechnet werden (sog. unechte Gemeinkosten, z.B. Stromkosten), sind bilanziell als Einzelkosten einzuordnen. Da die Unterschiede zwischen Einzelkosten und variablen Kosten und zwischen Gemeinkosten und fixen Kosten in der Praxis wenig Bedeutung haben, andererseits die Bilanzierungsuberlegungen stark verkomplizieren, sollen die Begriffspaare im folgenden synonym venvendet werden: Vereinfach ung:
Einzelkosten = variable Kosten Gemeinkosten =$xe Kosten Eine der wesentlichen Aufgaben der Kosten- und Leistungsrechnung ist die Ermittlung der Kosten pro Stuck der erstellten Erzeugnisse im Rahmen der Kostentragerrechnung. In der Praxis weit verbreitet und zur Ermittlung der Stiickkosten bei vielen Produktionsverfahren anwendbar ist die Zuschlagskalkulation. In der Kosten- und Leistungsrechnung werden zunachst die Voraussetzungen fi die Anwendung der Zuschlagskalkulation mit Hilfe eines sog. Betriebsabrechnungsbogens geschaffen. Dabei werden alle Gemeinkosten auf mehr oder minder grol3en Umwegen zweckmtil3ig abgegrenzten Kostenbereichen (sog. Kostenstellen) zugeordnet und dort zu Einzelkostenarten, die in einem engen Zusammenhang zu den Gemeinkostenarten stehen, in Form von sog. Zuschlagssatzen in Beziehung gesetzt. Dabei wird unterstellt, dass ein proportionaler Zusammenhang zwischen den Einzelkosten- und den Gemeinkostenarten besteht, der auf gemeinsamen Kostenverursachungsgr6Den beruht. Die so ermittelten Zuschlagss5itze fiir das gesamte Unternehmen werden dam bei der Stiickkostenermittlung (Kalkulation) einer einzelnen Erzeugnismengeneinheit oder eines einzelnen Auftrags ebenfalls angewandt.
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung Beisrriel: Die LowTech stellt innerhalb ihres sehr breiten Produktionsprogrammsauch Zahnbiirsten her. Nur fir die Zahnbiirstenproduktionsol1 ein ~etriebsabrechnungsbogenin stark vereinfachter Form dargestellt werden, der eine Technik darstellt, kostenstellenweise Zuschlagssatze fir die Kalkulation zu ermitteln. Die Einzelkosten lassen sich erfassen und jeder Zahnbiirste zuordnen (Kunststoff, Farbe, Borsten). Die Gemeinkosten werden mit demselben Prozentsatz auf die Einzelkosten einer Zahnburste aufgeschlagen, wie er f i r die die gesamte Zahnburstenproduktion in der Gesamtperiode ermittelt wurde.
Bestimmung des Angebotspreises einer Zahnbiirste mit Hive der Zuschlagskalkulation:
I Fertigungseinzelkosten
+ ~e&g&~s~emeinkosten (300% der FEK)
I O,~OEURI
Materialeinzelkosten + Materialgemeinkosten (33 113 % der MEK)
+ Verwaltungsgemeinkosten(10 % der HK) + Vertriebsgemeinkosten (15 % der HK)
Im Schema der Zuschlagskalkulation kommt der Begriff Herstellkosten als Summe der Fertigungseinzel- und -gemeinkosten sowie der Materialeinzel- und -gemeinkosten und der Sondereinzelkosten der Fertigung vor. Dieser genau festgelegte Begriff aus der Kostenrechnung darf nicht mit dem Herstellungskostenbegriff aus der Bilanzierung verwechselt werden.
erbilanz fiir selbst hergestellte Gegen- teGechnung zur Bestimmung des Angebotsstfinde des Adage- und Umlaufvermiigens preises. unterschiedlicher Umfang, da Bewer- festgelegter Umfang tungsspielraum I enthiilt i.d.R. kalkulatorische Kosten keine kalkulatorischen Kosten
'
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
Die Rechtsgrundlagen fiir die Ermittlung der Herstellungskosten sind tj 255 Abs. 2 und 3 HGB sowie R 6.3 EStR. Die allgemeine Definition der Herstellungskosten stimmt in Handels- und Steuerrecht iiberein:
Definition: "Herstellungskostensind die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Giitern und die Inanspruchnahme von Diensten fur die Herstellung eines Vermogensgegenstands, seine Erweiterung oder fiir eine iiber seinen urspriinglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen." ( 5 255 Abs. 2 Satz 1 HGB).
Wesentlicher Bestandteil dieser Definition ist die widerspriichlich klingende Festlegung, dass Herstellungskosten Aufwendungen sind. Darnit ist gemeint, dass trotz des venvendeten Begriffs Herstellungskosten der Grundsatz, dass in Finanzbuchhaltung und Jahresabschluss immer nur Aufwendungen und Ertrage Eingang finden, unangetastet bleibt. Anders ausgedriickt diirfen in die Herstellungskosten nur aufwandsgleiche Kosten einbezogen werden (sog. Grundkosten bzw. Zweckaufwand). Neutrale Aufiendungen sind sowieso nicht relevant, da es hier gerade um die Bewertung der Betriebsleistung geht. Die kalkulatorischen Kosten (vgl. Kapitel A.I.2) haben nur in der Kosten- und Leistungsrechnung, die anderen Zwecken dient, Platz. Problematisch ist, dass der Betriebsabrechungsbogen im Bereich der Kostenrechnung erstellt wird und daher in der Regel kalkulatorische Kosten enthalt. Am besten ware es, einen zweiten Betriebsabrechnungsbogen ohne kalkulatorische Kosten zu erstellen. Da in der Praxis der Aufwand jedoch gescheut wird, miissen die notwendigen GroBen entsprechend umgerechnet werden.
Fertigungseinzelkosten 0,lO EUR Materialeinzelkosten 1 0,30 EUR Sondereinzel- I Ilkosten der I -- EUR
Pflicht
I
Pflicht
I
Pflicht
Fertigungseinzelkosten
zelkosten
Pflicht
1 0,30 EUR I
Materialgemeinkosten 0,lO EUR Sondereinzel-- EUR kosten der
Fertigungsgemeinkosten Materialgemeinkosten anteilige Verwaltunis-
1
0,30 EUR
Wahlrecht
I 0,lO EUR ( I 1 0,08 EUR I
Wahlrecht
Il anteilige Ver- 1
Pflicht
Pflicht Pflicht
Wahlrecht anteilige Ver- 1
I
I Verbot
Verbot kosten kosten des
Verbot
kosten des
Verbot
1
138
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
Fiir die Bewertung der Erzeugnisvorrate und der aktivierten Eigenleistungen hat der Bilanzierende ein Wahlrecht, d.h. er kann den Umfang der Herstellungskosten in gewissen Grenzen, die im Steuerrecht enger gesteckt sind, frei wahlen. Frei heiBt hier aber auch frei von Willkur, es kann also entscliieden werden, welche Kostenkomponenten im zulassigen Bereich einbezogen werden sollen und welche nicht. Der Ansatz eines beliebigen Wertes widerspricht m.E. dem Grundsatz der Willkiirfreiheit. Die Pflicht- und Wahlbestandteile sowie die Einbeziehungsverbote sind in den genannten Vorschriften fur die Handels- und die Steuerbilanz detailliert geregelt. Bevor darauf eingegangen wird, sollen die Bewertungsmoglichkeiten sowie das Problem der MaBgeblichkeit unter Verwendung der Begriffe des Zuschlagskalkulationsschemas geklart werden. Auf den alten Streit der Betriebswirte, ob einem Kostentrager (z.B. einer Produkt-Mengeneinheit) die gesamten Kosten anteilig oder nur die direkt von ihm verursachten variablen (Einzelkosten) zugerechnet werden sollen, ist an dieser Stelle hinzuweisen. Im Bereich der kurzfristigen Entscheidungen, die bei unveranderlichen Kapazitaten zu fallen sind, gibt es keinen Zweifel, dass es nur auf die Kosten ankommt, die vom Kostentrager direkt verursacht werden. Nur diese konnen dem Produkt in einer kurzfristigen Erfolgsrechnung zugerechnet werden (Kausalitdtsprinzip). Dagegen ist langfristig bei betriebswirtschaftlichen Entscheidungen zu beriicksichtigen, dass die gesamten Kosten pro Mengeneinheit vom Produktpreis abgedeckt werden miissen. Mit der Uberlegung, dass auch die (fixen) Kosten der Betriebsbereitschaft (z.B. Gebaudekosten, Pfortner) unumganglich sind, dass sie dazu bestimmt sind, die Herstellung der Produkte zu ermoglichen, lasst sich eine Zuordnung der variablen und der anteiligen fixen Kosten (mit Ausnahme der Leerkosten, vgl. Abschnitt 2)(e) dieses Kapitels) zu den Produkteinheiten rechtfertigen (Finalitatsprinzip). Im Rahmen der bilanziellen Bewertung scheint die herrschende Meinung der Autoren eher dem Finalitatsprinzip zuzuneigen. Je umfangreicher die Herstellungskosten gewahlt werden, desto hoher ist der Wert der Erzeugnisvorrate und damit auch der ausgewiesene Gewinn. Dies lasst sich sehr einfach plausibel machen: Bei hoherem Wert des Aktivpostens Vorrate muss die Passivseite der Bilanz ebenfalls entsprechend hoher sein. Da die Schulden unverandert geblieben sind, kann nur das Eigenkapital entsprechend hoher sein und damit auch der Gewinn (als Veranderung des Eigenkapitals). Eine tiefergehende Erklarung folgt am Ende dieses Abschnitts.
Zum Maligeblichkeitssrundsatz im Falle der Herstellungskosten: Anhand des obigen Zahlenbeispiels soil das Prinzip der MaBgeblichkeit der Handelsbilanz fur die Steuerbilanz bei der Bewertung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) und der Bewertungsvorbehalt (§ 5 Abs. 6 EStG) verdeutlicht werden:
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung Handelsbilanz 0,88 EUR
0,80 EUR 0,78 EUR 0,70 EUR 0,58 EUR 0,50 EUR 0,48 EUR 0,40 EUR
(1) Bewertung in der Handelsbilanz mit EUR 0,88 (Wertobergrenze) Gem. $ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG muss in der Steuerbilanz der gleiche Wertansatz wie zuvor in der Handelsbilanz gewi4hlt werden (formelle Mdgeblichkeit) bzw, gem. $ 5 Abs. 1 Satz 2 EStG ist das steuerrechtliche Wahlrecht im Einklang mit der Handelsbilanz auszuiiben (umgekehrte Mdgeblichkeit). (2) Bewertung in der Handelsbilanz mit EUR 0,80 (Steuerbilanz-Wertuntergrenze) (Umgekehrte) Mdgeblichkeit wie unter (1). (3) Bewertung in der Handelsbilanz mit EUR 0,70 Gemal3 $ 5 Abs. 6 EStG (Bewertungsvorbehalt) sind in der Steuerbilanz EUR 0,80 anzusetzen. (4) Bewertung in der Handelsbilanz mit EUR 0,50 G e m a $ 5 Abs. 6 EStG (Bewertungsvorbehalt) sind in der Steuerbilanz EUR 0,80 anzusetzen. (5) Bewertung in der Handelsbilanz mit EUR 0,40 (Handelsbilanz-Wertuntergrenze) Gemal3 $ 5 Abs. 6 EStG (Bewertungsvorbehalt) sind in der Steuerbilanz EUR 0,80 anzusetzen.
Da es sich bei der Entscheidung f& einen bestimmten Umfang der Herstellungskosten urn eine Bewertungsmethode handelt, ist der Umfang gemM 5 284 Abs. 2 Nr. 1 HGB im Anhang anzugeben. AuBerdem ist der Grundsatz der Bewertungsstetigkeit zu beachten (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB). Bei einer Anderung der in die Herstellungskosten einbezogenen Komponenten in begrtindeten Ausnahrnefallen ist diese im Anhang anzugeben, zu begriinden und der EinfluB auf die Vermogens-, Finanz- und Ertragslage gesondert darzustellen ($ 284 Abs. 2 Nr. 3 HGB).
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
Ein florierendes Untemehmen wird daher immer die Vorrate in Hohe der Untergrenze der Herstellungkosten (in Handels- und Steuerbilanz unterschiedlich) bewerten, urn den Gewinn moglichst niedrig auszuweisen. Scheut es den doppelten Bewertungsaufwand, so muss an der steuerlichen Untergrenze bewertet werden (Einheitsbilanz).
bilnnz
(t
Materialeinzelkosten ( Verbrauch an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie an Zukaufteilen; WarenumschlieBung (z.B. Milch in Flaschen) direkt zurechenbare Fertigungsl6hne und dazu proportiFertigungseinzelkosten 1 onale gesetzlicheltarifliche Sozialaufwendungen Modelle, Spezialwerkzeuge, Lizenzgebllhren, direkt Sondereinzelkosten zurechenbare Forschungs-, Entwicklungs- und Konder Fertigung struktionskosten Materialgemeinkosten Materiallagerkosten. innerbetriebl. Materiahans~ort, . . ~ a t e r i a l p k i m gund Materialverwaltung IKosten der Fertigungsvorbereitung und -kontrolle, FerFertigungsgemeintigungsraumkosten, Gehalter der Fertigungsleitung und kosten dam proportionale gesetzliche oder tarifliche Sozialaufwendungen, Versicherungen, Unfallverhiitung in der Fertigung, Werkzeuglager, Kosten des Lohnbllros (soweit f i r Mitarbeiter im Fertigungsbereich Wig) Werteverzehr des Anlagevermogens, soweit planmtil3ige Abschreibungen im Fertigungsbereich er durch die Fertigung veranldt ist Kosten der allgemei- Gehalter der Geschiiftsleitung, Personalbiiro, Ausbildungswesen, Betriebsrat, Rechnungswesen, Werknen Verwaltung schutz, Feuerwehr, Telefon, Porto, Betriebskrankenkasse, Einkauf, Wareneingang, 1 Gewerbeertragsteuer Aufwendungen Air IKantine, Betriebskindergarten und Betriebssportanlagen soziale ~ i n i c h t u n ~ e n Aufwendungen for Weihnachtszuwendungen, Jubiltiumsgeschenke fieiwillige soziale Leistungen Aufwendungen Air die Zuflihrungen zu PensionsrUckstellungen, Zuwendungen betriebliche Altersan Pensions- und UntersMtzungskassen, Direktverversorgung sicherungen VertriebsgemeinVertriebsinnen- und -a&endienst, Versand, VertriebslC kosten Iger, allgemeine Werbekosten (Public Relations) Sondereinzelkosten 1 Verpackungsmaterial, Frachten, Verkaufsprovisionen, des Vertriebs ~ra&ortv&.icherung, auftragsbezogene ~Lrbekosten
I
-
I
I
Pflicht
1
Pflicht
I
Pflicht Pflicht
Pflicht
Wahlrecht
Pflicht
Wahlrecht
Wahlrecht
Wahlrecht
--I I Pflicht
Pflicht
-I
Wahlrecht
Verbot Wahlrecht Wahlrecht
Wahlrecht
Verbot Verbot
Handelsrechtlich gehdren Materialabfalle, die bei der normalen Fertigung anfallen, zu den Materialeinzelkosten, gleichgiiltig, ob sie wieder im Produktionsprozess eingesetzt werden oder nicht. Ausschuss im entsprechenden Fall stellt Materialgemeinkosten dar. Werden Ausschuss oder Abfalle vor ihrer Wiedervenvendung in der Fertigung iiber den Bilanzstichtag hinweg gelagert, so sind sie als Unfertige Erzeugnisse bzw. - falls eine Veraul3erung moglich und beabsichtigt ist - als Fertige Erzeugnisse zu klassifizieren. Dagegen ist
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
141
Materialschwund und -diebstahl nicht bestimmten Erzeugnissen zuzuordnen, sondern als Sonstiger betrieblicher Aufwand zu buchen.' Einige Kostenpositionen lassen sich nicht eindeutig zuordnen, da es sich um Mischposten handelt. Bei Wareneingang und Einkauf fallen nicht nur die eigentlichen Materialgemeinkosten, sondern auch Kosten der kaufmannischen Verwaltung an. In R 6.3 Abs. 4 EStR werden diese Mischposten den Verwaltungsgemeinkosten zugerechnet und somit dem Bilanzierenden auch steuerlich fur diese Kosten anstelle eines Einbeziehungsgebots ein Wahlrecht zugestanden. Diese Zuordnung wird auch handelsrechtlich fur zweckmaBig erachtet (Knop/Kiiting in: Kuting/Weber § 255 Tz. 280). Nach ADS (§ 255 Tz. 172) allerdings gehoren diese Kosten aus betriebswirtschaftlichen Grunden zu den Materialgemeinkosten. Ob Verwaltungs- oder Materialgemeinkosten, in beiden Fallen handelt es sich um handelsrechtliche Wahlbestandteile der Herstellungskosten. Andere Kostenmischpositionen, beispielweise die Kosten des Lohnbtiros, sind aufzuteilen und - je nach Verursachung - dem Fertigungs-, dem Material- und dem allgemeinen Verwaltungsbereich zuzuordnen. Die Einbeziehung der Vertriebsgemeinkosten sowie der Sondereinzelkosten des Vertriebs in die Herstellungskosten ist sowohl handels- als auch steuerrechtlich verboten. Die Begrundimg liegt darin, dass der Vetriebskosten nichts mit dem eigentlichen Herstellungsvorgang des Vermogensgegenstands zu tun haben. Entweder fallen sie vor dem Produktionsbeginn an (z.B. Akquisitionskosten bei Investitionsgiitem) oder erst nach dem Zeitraum der Fertigung, wie etwa die Kosten des Transports oder der Aufienverpackungen (z.B. Transportverpackung, Faltschachtel um die Zahnpastatube). Die Kosten der Innenverpackung, also der inneren Warenumhtillung, die die Ware uberhaupt marktfahig machen soil (z.B. die Zahnpastatube selbst), gehoren zu den Materialeinzelkosten.
(2) Sonderprobleme (a) Abschreibungen Die Abschreibungen im Fertigungsbereich gehoren eigentlich zu den Fertigungsgemeinkosten, werden aber wegen ihrer groBen Bedeutung gesondert noch einmal erwahnt. Die Einschrankung "soweit durch die Fertigung veranlaBt" heiBt zum einen, dass hier nur Maschinen, Anlagen und Gebaude im Fertigungsbereich einzuordnen sind, und zum anderen, dass es sich nicht um die Beriicksichtigung auBergewohnlicher Wertminderungen handeln darf, also nicht um auBerplanmaBige Abschreibungen (Teilwertabschreibungen) wegen Veralterung oder wegen Unterauslastung oder Stillegung. SchlieBlich ist daraus zu folgem, dass rein steuerrechtliche Abschreibungen nicht dazu gehoren (ADS § 255 Tz. 191). Steuerrechtlich dtlrfen Sonderabschreibungen, erhohte Absetzungen oder Bewertungsfreiheiten jedoch nach R 6.3 Abs. 3 EStR einbezogen werden, was jedoch zu einer teilweisen Stornierung fuhrte. Verzichtet man auf eine Einbeziehimg, darf jedoch nicht statt der bei der Bewertung des Anlagevermogens beriicksichtigten linearen Abschreibung etwa die geometrisch-degressive in die Herstellungskosten einbezogen werden. Allerdings ist es steuerlich zulassig, die linearen Abschreibungsbetrage in die Herstellungskosten einzubeziehen, auch wenn bilanziell geometrisch-degressiv abgeschrieben wurde. Diese Regelung, die auch die Stellungnahme HFA 5/1991 des IdW (WPg 1992, S. 95) zulasst, dient der einfacheren Ubernahme der KostengroBen aus der Kosten- und Leistungsrechnung, denn dort wird in der Regel linear abgeschrieben.
1 Vgl. Knop/Kiiting, in; Kuting/Weber § 255 Tz. 171.
142
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
(b) Forschungs- und Entwicklungskosten Bei den F&E-Kosten muss in Gmndlagenforschung/Neuentwicklung und Produktverbesserang unterschieden werden. Die Kosten der Grundlagenforschung und Neuentwicklung sind in der Kegel keinem bestimmten Produkt zurechenbar. Mitunter resultieren aus derselben Forschung mehrere Neuprodukte, mitunter verlauft die Forschung ergebnislos. Oftmals scheitert eine Einbeziehung in die Herstellungskosten einfach deshalb, weil sich das Neuprodukt darm noch nicht im Verkaufslager befmdet, wenn es um die Frage der Bilanzierung der Forschungsaufwendungen geht. Sollten die Aufwendungen genau abgrenzbar und einem entwickelten Verfahren zuordenbar sein, so scheitert die Aktivierung dieses (nicht zum Verkauf bestimmten) Know how daran, dass es sich um ein selbst erstelltes immaterielles Anlagegut handeh (§ 248 Abs. 2 HGB, § 5 Abs. 2 EStG). Wegen der Unbestimmtheit des Zeitraumes, in dem dieses Know how in der Zukunft genutzt werden kann, kommt auch ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten nicht in Frage. Es bleibt somit bei der sofortigen Aufwandsverbuchung, Im Falle von Entwicklungskosten, die der Verbesserung bestimmter, bereits im Produktionsprogramm befmdlicher Erzeugnisse dienen, handelt es sich um Sonderkosten der Fertigung, die in die Herstellungskosten einzubeziehen sind. Oft sind solche Konstruktionskosten auch auf einen ganz bestimmten Auftrag bezogen.
(c) Steuern Die Behandlung der Steuern im Rahmen der Herstellungskosten ist umstritten und in Handels- und Steuerbilanz teilweise unterschiedlich. Fur alle gewirmabhangigen Aufwendungen besteht ein Verbot der Einbeziehung, entstehen sie doch erst nach Ende des Geschaftsjahres, also nach dem Zeitraum der Fertigung, bzw. stellen sie doch streng genommen gar keine Kosten dar. Dazu gehoren die Einkommen-, die Korperschaft- und die Gewerbeertragsteuer. GemaB R 6.3 Abs. 5 EStR durfen entsprechend die bei der Gewinnermittlung nicht abzugsfahige Steuern, also die Einkommen- und die Korperschaftsteuer auch nicht in die steuerlichen Herstellungskosten einbezogen werden (§ 12 Nr. 3 EStG; § 10 Nr. 2 KStG). Da die Gewerbeertragsteuer eine Objektsteuer auf den Gewerbebetrieb, teilweise nicht gewinnabhangig und als Betriebsausgabe abziehbar ist, besteht in der Steuerbilanz ein (umstrittenes) Einbeziehungswahlrecht, handelsrechtlich besteht nach h.M. ein Einbeziehungsverbot. Die Umsatzsteuer hat keinen Kostencharakter und ist zudem dem Vertriebsbereich zuzuordnen. Nicht abzugsfahige Vorsteuer ist in der Kegel den Materialkosten (Einzel- oder Gemeinkosten) zuzuordnen (vgl. § 9b Abs. 1 EStG). Verbrauchsteuern, deren Schuldner der Inhaber des Herstellungsbetriebs ist, stellen den Produkten im Vorratsvermogen direkt zurechenbare Kosten, und zwar Sondereinzelkosten der Fertigung, dar. Zu diesen Verbrauchsteuern gehoren u.a. die Biersteuer, die Mineralolsteuer, die Schaumweinsteuer und die Tabaksteuer. In der Steuerbilanz ist dafiir ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden (§ 5 Abs. 5 Satz 2 EStG). Diese Moglichkeit ist den Untemehmen im neuen Bilanzrecht auch fur die Handelsbilanz eingeraumt worden (§ 250 Abs. 1 HGB). Im Falle der Aktivierung koimen sie also als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten oder unter den Herstellungskosten ausgewiesen werden (vgl Stellungnahme HFA 5/1991, WPg 1992, S. 94/96). Die iiberzeugendere Alternative ist die Behandlung als Sondereinzelkosten der Fertigung.
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
Umsatzsteuer auf Eigenverbrauch I Verbot 1 Verbot nicht abziehbare Vorsteuer (= Materi- I Pflicht bzw. I Pflicht aleinzel- oder -gemeinkosten) I Wahlrecht I I Wahlrecht (oder 1 Pflicht (bzw. Zolle und Verbrauchsteuern ( a l s ~ R A ) 1 d) Grundsteuer (Fertigungsbereich) I Wahlrecht I Pflicht (d) Fremdkapitalzinsen Genauso wenig wie zu den Anschaffungskosten gehoren die Fremdkapitalzinsen zu den Herstellungskosten von Erzeugnissen, da bilanziell eine Trennung zwischen der giitenvirtschaftlichen Produktion und dem Finanzierungsgeschaft vorgenommen wird ($255 Abs. 3 Satz 1 HGB). Andererseits kann nicht bestritten werden, dass die Fremdkapitalzinsen in der Praxis einen bedeutenden Aufwands- und Kostenfaktor darstellen, und die bilanzrechtliche Behandlung der Fremdkapitalzinsen vor allem fiir Unternehmen mit langfiistiger Fertigung (Anlagenbau, Kraftwerksbau, Schiffbau, Flugzeugbau etc.) gravierende Folgen hat. Unter bestimmten Voraussetzungen (vgl. Kapitel "Realisationsprinzip") ist es diesen Unternehmen moglich, Teilgewinne zu bilanzieren, bevor z.B. das Schiff abgeliefert und der Gewinn eigentlich erst realisiert wird. Diese Bilanzierungsweise dient zweifellos der Generalnorm ($ 264 Abs. 2 HGB), da durch Ausweis von hohen Verlusten in den Produktionsjahren und eines riesigen Gewinnes im Jahr der Ablieferung des Schiffes die Ertragslage beharrlich falsch dargestellt wiirde. Wegen der gravierenden Bedeutung der Fremdfinanzierungskosten in diesen Branchen, die in den Produktionsjahren trotz der Moglichkeit der Teilgewinnrealisierung haufig zum Verlustausweis fiihren wiirden, sehen Handelsrecht und Steuerrecht eine sog. Bewertungshilfe vor ($ 255 Abs. 3 Satz 2 HGB; R 6.3 Abs. 4 Satz 1 EStR). Unter bestimmten Bedingungen diirfen danach Fremdkapitalzinsen in den Herstellungskosten aktiviert werden. Diese Voraussetzungen sind: 1. Das Fremdkapital muss zur Finanzierung der Herstellung eines Vermogensgegenstands bzw. Wirtschaftsguts verwendet werden.
Nach Meinung des IDW ist ,,flir die Aktivierung ... die Zurechenbarkeit des aufgenommenen Fremdkapitals in sachlicher und zeitlicher Hinsicht auf den jeweiligen Herstellungsvorgang (erforderlich)'". Ein sachlicher Zusammenhang sei etwa bei einer objekt- oder auftragsbezogene Finanzierung gegeben. Wenn keine direkte Zuordnung von Krediten aufgrund kreditvertraglicher Vereinbarung (ggf. auch Zweckbindung) vorgenommen werden konne, so konnten im Ausnahmefall andere Indizien fiir eine sachliche und zeitliche Zurechenbarkeit sprechen. Derartige Zusarnrnenh5nge diirften bei grofleren Projekten wie Flugzeugen, Schiffen, Bauten, Kraftwerken, also vor allem bei Werften und im Anlagenbau, herleitbar sein. Eine weniger restriktive Auffassung wird im Kommentar KiitingIWeber vertreten. Danach ist z.B, die Vereinfachungsannahme zulassig, dass die Finanzierung des einzelnen Gegenstands der Fremdkapitalquote (= Fremdkapital : Gesamtkapital) des Gesamtunternehmens entspricht (vgl. KnopIKiiting in: KutinglWeber $ 255 Tz. 326; ebenso ADS $ 255 Tz. 204). Stellungnahrne HFA 511991, WPg 1992, S. 95.
144
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
Fiir diese Auffassung spricht, dass ein so enger Zusammenhang zwischen Finanzierung und Objekt, wie ihn das IdW fordert, in der Praxis meist niclit gegeben ist und der Anwendungsbereich daher sehr eingesclirankt ware, obwohl Fremdkapitalzinsen nach dem Finalitatsprinzip genauso behandelt werden miissten wie z.B. Abschreibungen der Fertigungsanlagen. Dagegen spricht, dass sich durch diese Verfaiirensweise ein zusatzlicher Manipulationsspielraum eroffnet. 2. Es darf sich nur um Fremdkapitalzinsen handeln, die auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. Hierdurch soil ausgeschlossen werden, dass Zinsen, die im AnschluB an die Produktionszeit, etwa wahrend der Absatzlagerzeit entstehen und damit dem Vertriebsbereich zuzuordnen sind, aktiviert werden konnen. Inhaltlich sind unter dem Begriff „Fremdkapitalzinsen" nach Meinung des IdW alle Ausgaben zu verstehen, die unter den GuV-Posten „Zinsen und ahnliche Aufwendungen" (vgl. Teil C. Kapitel 1.2.b) fallen, also z.B. auch der zeitbezogene Verteilungsbetrag eines zuvor gemaB § 250 Abs. 3 HGB aktivierten Disagios, nicht aber Kapitalbeschaffungskosten (z.B. Bereitstellungszinsen; umstritten). Bei Einbeziehung von Fremdkapitalzinsen in die Herstellungskosten verlangt § 284 Abs. 2 Nr. 5 HGB, dies im Interesse der Vergleichbarkeit der Jahresabschltisse im Anhang anzugeben. Da nach dem Gesetzeswortlaut (§ 255 Abs. 3 HGB) die Fremdkapitalzinsen als Herstellungskosten gelten, wetm von dem Einbeziehungswahlrecht Gebrauch gemacht wird, xmd da in den steuerlichen Verwaltungsanweisungen (R 6.3 Abs. 4 Satz 1 EStR; H 6.3 „Zinsen ftlr Fremdkapital" EStH) eine inhaltliche Anpassung an das Handelsrecht vorgenommen worden ist, gilt hier der Grundsatz der umgekehrten Mafigeblichkeit (§ 5 Abs. 1 Satz 2 EStG). In R 6.3 Abs. 4 Satz 1 EStR ist fur die Beriicksichtigung von Fremdkapitalzinsen in der Steuerbilanz ausdriicklich als Voraussetzung genarmt, dass in der Handelsbilanz entsprechend verfahren wird. Insbesondere im Hinblick auf die Beriicksichtigung von Leerkosten (vgl. das folgende Kapitel) stellt sich die Frage, ob es sich bei den aktivierten Fremdkapitalzinsen um Einzeloder Gemeinkosten handelt. Grundsatzlich werden es Fertigungsgemeinkosten sein. Wenn aber nach den restriktiven Bedingungen der sachlichen imd zeitlichen Zurechenbarkeit der Stellungnahme HFA 5/1991 verfahren wird, kaim es sich auch um Einzelkosten handeln, namlich dann, wenn es sich um die Finanzierung der Herstellung einer einzigen GroBanlage oder eines einzigen Schiffes im Kundenauftrag handelt.
(e) Leerkosten In § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB wird die Einbeziehungsmoglichkeit der Material- und Fertigungsgemeinkosten sowie der Abschreibungen auf die "notwendigen" Kosten und davon auch nur auf "angemessene Telle" beschrankt. AuBerdem diirfen nur die auf den Zeitraum der Fertigung entfallenden Aufwendungen beriicksichtigt werden (§ 255 Abs. 2 Satz 5 HGB). Mit der Einschrankung auf "angemessene Telle" und auf Aufwendungen im "Zeitraum der Herstellung" ist die in der Kosten- und Leistungsrechnung vorzunehmende anteilige Zuordnung ("Schliisselung") der Gemeinkosten auf die einzelnen Erzeugnismengeneinheiten (Kostentrager) nach dem Finalitatsprinzip gemeint. Der heute herrschenden Meinung in der Betriebswirtschaftslehre, dass nur variable Kosten oder nur Einzelkosten von den Produkten verursacht werden und demnach nur diese Kosten den Erzeugnissen zuor-
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
145
denbar sind (Kausalitatsprinzip), wird handelsrechtlich durch die Moglichkeit, die Vorrate nur mit Einzelkosten zu bewerten, Rechnung getragen. Der Begriff "notwendig" kann im Siirne von "betriebsnotwendig" zu verstehen sein, was auf den Kostencharakter ("kostengleicher Aufwand") hinweist und alle auBerordentlichen und nicht betriebszweckbezogenen, d.h. alle nicht auf die Erstellung der Erzeugnisse ausgerichteten Aufwendungen ausschlieBt'. Nicht notwendig zur Erstellung der Erzeugnisse sind auBerplanmaBige Abschreibungen sowie Gemeinkosten (= Fixkosten), die wahrend des Stillstandes^ der Maschinen angefallen sind oder die auf eine Unterauslastung^ der Maschinen entfallen und als Leerkosten bezeichnet werden. Auch in diesen Fallen bleiben die Fixkosten, wie Zeitabschreibungen, Wartung etc., in vollem Umfange bestehen. Definition: Unter Leerkosten sind die auf die Kapazitatsunterauslastung entfallenden Fixkosten zu verstehen. Werden die gesamten Fixkosten auf die Anzahl der produzierten Erzeugnisse gleichmaBig verteilt, so sind die Fixkosten pro Stilck um so hoher, je niedriger die tatsachliche Ausbringungsmenge ist. Folge: Bei starker Unterauslastung in Rezessionszeiten werden die Erzeugnisvorrate sehr hoch bewertet, obwohl die Preise wegen der Absatzstockungen in den Keller rutschen. Deutlicher konnte man nicht dem Vorsichtsprinzip/Imparitatsprinzip widersprechen. Die Leerkosten diirfen deshalb in Handels- und Steuerbilanz nicht in die Herstellungskosten der Vorrate einbezogen werden, sondem allein die sog. Nutzkosten (vgl. R 6.3 Abs. 6 EStR). Die Herausrechnung der Leerkosten kann mit Hilfe der folgenden Formeln leicht vorgenommen werden: Nutzkosten KN = (Kfix : XKapaz) * Xist oder: Nutzkosten K^ = (xist: XKapaz) * Kfe = KAG * Kfi^ Nutzkosten und Leerkosten sind komplementar, d.h. sie erganzen sich zur Gesamthohe der Fixkosten und ihre Anteile an den Fixkosten erganzen sich zu Eins. Nutzkosten K]vj + Leerkosten KL = Fixkosten Kfj^ Leerkosten KL = Kflx - K^ = Kfix - KAG * Kfix = (1 - KAG) * K^x Symbole: Kfjx = ''Kapaz ^ xjgj = KAG =
Fixkosten Produktionsmenge bei KapazitatsvoUauslastung tatsachliche Produktionsmenge (xjs^: X]^gpj2) ~ Kapazitatsausnutzungsgrad
' Nach h.M. beinhalten die Begriffe "angemessen" und "notwendig" denselben Saciiverhalt, vgl. z.B. Knop/Kuting in: Kuting/Weber § 255 Tz. 243 f.; IDW: HFA 5/1991, WPg 1992, S. 95. Andere SchluBfolgerungen ergeben sich daraus jedoch nicht. ^ Grilnde dafilr konnen Produktionsstorungen oder Kurzarbeit u.a. sein. Diese Aufwendungen entfallen auch nicht auf den Zeitraum der Herstellung. •' Eine Zuordnung von Leerkosten wird in diesem Falle auch als VerstoB gegen das „Angemessenheitsprinzip" angesehen, vgl. IdW: HFA 5/1991, WPg 1992, S. 95.
Grundlagen der Bilanziemng und Bewertung Beispielsaufpabe: Berechnen Sie die Leerkosten aus einem Fixkostenblock in Hohe von 10.000 EUR bei einer tatsachlichen Ausbringungsmenge xist = 6.000 Mengeneinheiten (ME). Bei Vollauslastung der Anlagen konnten x~~~~ = 10.000ME erzeugt werden.
0
X ist
X ~apaz.
= 6000 ME
= 10.000
ME
Das untere Dreieck (unterhalb der Diagonalen) stellt allgemein die Nutzkosten (KN), das obere Dreieck die Leerkosten (KL) dar. Losune: Fixkosten pro ME bei Vollauslastung: Kfix : x~~~~ = 10.000 EUR : 10.000 ME = 1,- EURIME.
Fixkosten pro ME bei tatsbhlicher Auslastung von 60 %: Kfix : xist = 10.000 EUR : 6.000 ME = 1,67 EURIME. Nutzkosten = Kfix : x~~~~
* xist = 1 EURIME * 6.000 ME = 6.000 EUR.
oder: ~ *Kfix ~ =~6.000 &ME : 10.000 ME * 10.000 EUR * Kfix = 0,60 * 10.000EUR = 6.000 EUR.
Nutzkosten = (xist : x = KAG
Leerkosten = (1 - KAG) *Kfix = 0,4 * 10.000 EUR = 4.000 EUR.
Den Erzeugnissen diirfen also nur insgesamt 6.000 EUR Fixkosten bei der bilanziellen Bewertung (neben den variablen Kosten) zugerechnet werden, also 1,- EUR pro ME. Die Leerkosten von insgesamt 4.000 EUR (= 0,67 EUR pro ME) stellen Aufwand der Periode dar. Eine Bewertung der Erzeugnisse mit Fixkosten von 1,67 EUR pro ME (neben den variablen Kosten) ist weder in der Handels- noch in der Steuerbilanz zulassig. Der BFH hat in seinem in H 6.3 ,,Ausnutzung von Produktionsanlagenc' EStH aufgefiihrten Urteil vom 15.2.1966 (BStB1. 1966 111, S. 468) zwischen der Stillegung eines Teilbetriebs oder einzelner Produktionsguter, bei der sich die Einbeziehung der auf diese Wirtschaftsguter entfallenden nicht produktionsnotwendigen Fertigungsgemeinkosten (z.B. weiterlaufende Abschreibungen) verbietet, einerseits und der Unterauslastung von Produktionsanlagen andererseits unterschieden. Im letzteren Fall durfen die Leerkosten nur unter besonderen Voraussetzungen aus den Fertigungsgemeinkosten ausgeschieden werden. Diese Voraussetzungen seien bei einer Auslastungsverringerung, die sich aus der Art der Produktion ergibt, z.B, wenn die Auslastungsschwankungen auf natiirlichen Gegebenheiten beruhen (Nahrungsmittelindustrie) nicht gegeben. Verallgemeinert heil3t dies, dass steuerrechtlich
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
eine Eliminierung von Leerkosten bei ublichen (z.B, saisonalen) Schwankungen um die Normalauslastung der Kapazitat nicht zulassig ist. Das Ausmafl der ublichen Schwankungen wird branchenabhhgig sehr verschieden sein. Nach KnopIKuting in: Kutingl Weber ,,diirfte i.d.R, eine Eliminierungspflicht von Leerkosten dam nicht vorliegen, wenn die tatdchliche Beschaftigung 70% der normalenveise erreichbaren Kapazitat ubersteigt" ($ 255 Tz. 309). Diese handelsrechtliche Kommentarmeinung raumt dem Bilanzierenden einen groRen Ermessensspielraum ein, wobei in Kauf genommen wird, dass die Ertragslage, aber auch die Vermogenslage, im Vergleich zur wirtschaftlichen Lage u.U. zu giinstig dargestellt und die zeitliche Vergleichbarkeit der Jahresabschlusse beeintrachtigt wird. Letztlich sind die konkreten Marktverhaltnisse und die Verhaltnisse des betrieblichen Produktionsprozesses im Einzelfall zu wiirdigen, um zu entscheiden, ab wann die Unterauslastung eine Leerkosteneliminierung aus den Herstellungskosten auslosen muss. Eine sachgerechte, den Grundsatz der Vorsicht, den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und auch den der Gleichrnafligkeit der Besteuerung beachtende und somit auch steuerlich anzuerkennende Grenze d u d e m.E. bei 10% der Normalauslastung liegen, falls es sich um ein Unternehmen handelt, dessen Produktion nicht saisonabhangig regelmaflig, sondern z.B. konjunkture11 bedingt undloder zufallsbedingt, schwankt. Wird diese Grenze der Unterauslastung uberschritten, so sind die Leerkosten, die auf die gesamte Unterauslastung (= Differenz zwischen tatsachlicher Auslastung und Normalauslastung) entfallen, zu eliminieren und nicht nur auf den die Grenze uberschreitenden Teil. Darnit ergibt sich folgender Zusammenhang:
%
100-
maximale Kapuittit
96 -92 -88 -
+ 10% &I Nomalauslastung
\1 ip I
I
, I I
Die normale Kapazittitsauslastung liegt in diesem Beispiel bei 80%. Schwankt die tatsachliche Kapazittitsauslastung bis zur Grenze von 72 %, dann brauchen keine Leerkosten herausgerechnet zu werden. Liegt die Kapazitatsauslastung jedoch bei 48 %, so betragt der Auslastungsgrad bezogen auf die Normalkapazittit (48 : 80 ) * 100 = 60 % , so dass Leerkosten in Hohe von 40 % der Fixkosten herauszurechnen sind. Es bleibt noch zu kltiren, aus welchen Fixkosten die Leerkosten herauszuziehen sind. Da der Venvaltungsbereich von Unterauslastungen kaurn beriihrt wird, muss es sich in erster Linie urn alle Fixkosten, die mit dem Produktionsbereich verbunden sind, also die fixen Fertigungsgemeinkosten, handeln. Da als Folgewirkung aber auch der Beschaffungs- und Lagerhaltungsbereich betroffen sein wird, kommen auch die fixen Materialgemeinkosten in Frage. In die Herstellungskosten einbezogen werden diirfen nach § 255 Abs. 2 HGB die notwendigen Fertigungs- und die notwendigen Materialgemeinkosten, so dass handelsrechtlich auch aus beiden Kostengruppen eine Herausrechnung zu erfolgen hat. Die Tatsa-
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung che, dass das Wort "notwendig" beim Wertverzehr des Anlagevermogens fehlt, darf nicht zu dem Schluss verleiten, dass aus den Abschreibungen, die den wichtigsten Teil der Fertigungsgemeinkosten darstellen, die Leerkosten nicht zu eliminieren sind. Steuerrechtlich muss dasselbe gelten, auch wenn im oben genannten BFH-Urteil und in H 6.3 ,,Ausnutzung von Produktionsanlagen" EStH beispielhaft nur von einer Elimination aus den Fertigungsgemeinkosten die Rede ist.
Merke:
pflicht
1 pflicht I
2. Kosten der Kapazitatsunterauslastungl (Leerkosten) a) Saisonale Schwankungen (aufgrund von ,,natiirlichen Gegebenheiten") b) unregelm~igeSchwankungen ba) bis zu 10% unter die Normalauslastung wahlrecht
verbot
bb) mehr als 10% unter die Normalauslastung
Aufgabe 10: Herstellungskosten Die LowTech GmbH hat in ihrem Produktionsprogramm einen formschonen und leistungsstarken Haarfon Model1 "Turbo". Bei der Produktion einer Mengeneinheit des Haarfons fallen folgende Kosten an: a) Arbeitslohn (Akkordlohn): 40 EUR b) Anteilige Mietkosten fur Fertigungsgebaude 20 EUR, fur das Verwaltungsgebaude 10 EUR und f i r die Vertriebsstellen 20 EUR (davon jeweils die Halfte an Fremde gezahlt und die Halfte kalkulatorisch f i r eigene Gebaude) c) Kunststoffgranulat 10 EUR d) Anteilige Gehaltskosten von AuBendienstmitarbeitern: 10 EUR e) Anteilige Stromkosten der Produktionsanlagen: 5 EUR f) Anteilige Lagerkosten f&das Kunststoffgranulat: 15 EUR g) Anteilige Reparaturkosten der Haarfon-Fertigungsmaschinen: 10 EUR h) Kosten f i r eine stoBabsichernde, isolierende und wasserabweisende Spezial-Transportverpackung der Fertigerzeugnisse: 5 EUR i) Anteilige zeitabhangige Abschreibungen der Haarfon-Fertigungsmaschinen: 35 EUR (berechnet auf Basis der Wiederbeschaffungskosten; auf Basis der Anschaffungskosten wiirden die Abschreibungen 20 EUR betragen. j) Anteiliges Gehalt des Meisters f i r die Beaufsichtigung der Produktion: 10 EUR k) Anteilige zeitabhangige Abschreibungen des Biirogebaudes und der Computer im Personalbiiro sowie im Rechnungs- und Finanzwesen: 15 EUR 1) Anteilige Kosten einer Werbekampagne f i r den Verkauf des Haarfons "Turbo": 20 EUR m) Spezialwerkzeuge, die ausschlieRlich fur die Fertigung des Haarfdns angeschafft wurden (anteilig): 5 EUR n) Anteilige Kosten der allgemeinen Grundlagenforschung zwecks Suche nach LowTech-Produkten der Zukunft: 15 EUR o) Anteilige Personalkosten des Personalbiiros und des Rechnungswesens: 15 EUR p) Anteilige Kapitalkosten: 25 EUR (davon 10 EUR anteilige Fremdkapitalzinsen, die auf den Fertigungsbereich und den Fertigungszeitraum entfallen und nachweislich in unmittelbarem Zusammenhang mit der Fertigung des Haarfons stehen; sowie 15 EUR anteilige kalkulatorische Eigenkapitalzinsen) q) Gewinnaufschlag: 25 EUR r) Anteilige Steuern: Korperschaftsteuer 5 EUR, Gewerbesteuer 3 EUR, Umsatzsteuer 22,50 EUR. Bei dieser Ubersicht wird van der erw2hnten Ansicht van
KnopKiiting in: KiitingIWeber, 8 255, Tz 309, abgesehen.
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
149
Geben Sie an, zu welcher Kostenkategorie der Zuschlagskalkulation jede der aufgefuhrten Kostenarten gehort und ob handelsrechtlich bzw. steuerrechtlich eine Pflicht, ein Wahlrecht oder ein Verbot der Einbeziehung in die Herstellungskosten besteht. Ermitteln Sie auCerdem die Herstellungskosten-Untergrenze und -Obergrenze in Handelsbilanz und Steuerbilanz. Aufgabe 11: Herstellungskosten Um die Kapazitaten besser auszulasten, ubernahm die LowTecii einen Auftrag iiber 100 vergoldete Tiefkiihltruhen (Sonderanfertigung) fur den Palast von Scheich Ibn Ben Fahd von SaudiArabien. Die Auslieferung soil erst im Januar 02 erfolgen. Buchhalter Armel hat die Aufgabe, mit Hilfe der Kosteninformationen aus der Kostenreclinungsabteilung die Fertigproduktbestande am 31.12.01 zu bewerten. EUR Material-Einzelkosten 16.000 + Fertigungs-Einzelkosten 8.000 + freiwillige soziale Kosten (Fertigung) 500 + Aufwendungen fiir Einkauf 300 + Aufwendungen fiir Wareneingang 200 + Marktforschung 700 + Raumkosten des Materiallagers 200 + Fertigungslizenzgebiihr 1.000 + anteilige Kosten des Rechnungswesens 500 + kalkulatorischer Eigenkapitalzins 800 + sonstige Material-Gemeinkosten 3.800 + sonstige Fertigungs-Gemeinkosten 9.000 ( kalkulatorisciie Absciireibungen) (5.000) ( bilanzielle planmafiige Abschreibungen) (4.000) + sonstige Sonder-Einzelkosten der Fertigung 3.000 + sonstige Verwaltungs-Gemeinkosten 2.500 + sonstige Vertriebs-Gemeinkosten 5.300 = Herstellungskosten-Untergrenze in der Handelsbilanz = Herstellungskosten-Untergrenze in der Steuerbilanz = Herstellungskosten-Obergrenze in Handels- und Steuerbilanz In den Fertigungsgemeinkosten sind die (in Klammern angegebenen) kalkulatorischen Abschreibungen enthalten, die bilanziellen Abschreibungen jedoch nicht, sie sind nur informationshalber (ebenfalls in Klammern) angegeben. Unterstiitzen Sie Buchhalter Armel bei der Berechnung der handelsrechtlichen und der steuerrechtlichen Bewertungsunter- und Bewertungsobergrenzen der Herstellungskosten. Aufgabe 12: Herstellungskosten Im Absatzlager der LowTech GmbH befinden sich am 31.12.01 Fertigerzeugnisse, fiir die in der Kostenrechnungsabteilung folgende angefallene Kosten ermittelt wurden: EUR Materialeinzelkosten 122.000,Materialgemeinkosten (20 %) Fertigungseinzelkosten 65.000.Fertigungsgemeinkosten (250 %) Sondereinzelkosten der Fertigung 8.100.Verwaltungsgemeinkosten (10 % der Herstellkosten) Fremdkapitalzinsen in Hohe von 6.000 EUR sind nicht wie allgemein ilblich in den Fertigungsgemeinkosten, sondern als Sondereinzelkosten der Fertigung erfasst worden, da sie aufgrund einer im Darlehensvertrag mit der Bank vereinbarten Zweckbindung auf die Herstellung der Erzeugnisse sachlich und zeitlich direkt zurechenbar sind. In den Fertigungsgemeinkosten sind 12.000 EUR gesetzliche Sozialkosten (in Verbindung mit den Gehaltern) enthalten. Im ubrigen sind von den Materialgemeinkosten 60% auf Lagerung und Materialpriifung, 40% auf den Einkauf zuriickzufuhren.
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
150
a) Berechnen Sie jeweils die handels- und die steuerrechtliche Unter- und Obergrenze der Herstellungskosten. b) Was andert sich an der Losung zu a), wenn durch Anwendung der kostenrechnerischen Zuschlagssatze in den Fertigungsgemeinkosten 3.000 EUR anteilige kalkulatorische Eigenkapitalzinsen und 110.000 EUR anteilige kalkulatorische Abschreibungen enthalten sind? Nach den Angaben der Buchhaltung betragen die entsprechenden bilanziellen Abschreibungen 92.000 EUR. Die Verwaltungsgemeinkosten enthalten lediglich auf Grund der durch kalkulatorische Kosten erhohten Bezugsbasis (= Herstellkosten) ebenfalls kalkulatorische Kosten. Aufgabe 13: Herstellungskosten Die Herstellungskosten einer fertiggestellten Kartoffelschalmaschine warden von Buchhalter Armel der LowTech GmbH folgendermaBen ermittelt: Materialeinzelkosten (einschl. 16 % abziehbarer USt) + Materialgemeinkosten (25 %) + Fertigungseinzelkosten + Fertigungsgemeinkosten (350 %) = Herstellkosten + Verwaltungsgemeinkosten (12 % der Herstellkosten) + Vertriebsgemeinkosten (16 % der Herstellkosten) = Herstellungskosten in Handels- und Steuerbilanz
64.960 EUR 16.240 EUR 40.500 EUR 141.750 EUR 263.450 EUR 31.614 EUR 45.152 EUR 340.216 EUR
Die Gemeinkostenzuschlagssatze wurden in der Kostenrechnungsabteilung unter Einbeziehung kalkulatorischer Zusatz- und Anderskosten ermittelt. In einem gesondert erstellten Betriebsabrechnungsbogen auf der Basis von Aufwendungen ergaben sich folgende Zuschlagssatze: Materialgemeinkosten 20 %, Fertigungsgemeinkosten 280 %, Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten jeweils 10 %. Fiir die Erstellung der Konstruktionsplane dieser speziellen Schalmaschine musste ein Ingenieur eingeschaltet werden. Der Rechnungsbetrag von EUR 10.000 (ohne USt) wurde als allgemeiner Forschungs- und Entwicklungsaufwand gebucht. Berechnen Sie jeweils die handelsrechtliche und die steuerrechtliche Unter- und Obergrenze der Herstellungskosten. Aufgabe 14: Herstellungskosten/Leerkosten Variante zu Aufgabe 13: Die dort angegebenen Werte beziehen sich auf eine Kapazitatsauslastung von 40% der Normalauslastung (m.a.W. die tatsachliche Auslastung unterschreitet die Normalauslastung um 60%). Zusatzliche Angaben: Die Materialgemeinkosten sind zu 60% fix, die Fertigungsgemeinkosten zu 50% fix und die Verwaltungsgemeinkosten sind zu 100% fix. Aufgabe 15: Herstellungskosten Am 31.12.01 befindet sich am Lager der LowTech GmbH eine groBere Menge von fertigen Zahnpasta-Tuben, fiir die die Abteilung Kostenrechnung folgende Kosten ermittelt hat (EUR): Materialeinzelkosten Kosten des Materiallagers Kosten der Einkaufsabteilung Akkordlohne (Fertigung) zugehorige gesetzl. Sozialkosten kalkulatorische Abschreibungen (ilbersteigen die bilanziellen Abschreibungen um EUR 20.000,-) kalkulatorische Eigenkapitalzinsen Gehalter der AuBendienstmitarbeiter Fremdkapitalzinsen Kosten der Innenverpackung (Zahnpasta-Tuben) (AuBen-) Verpackungskosten Kosten des Rechnungswesens
100.000 80.000 70.000 250.000 150.000 80.000 30.000 200.000 80.000 20.000 30.000 120.000
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
151
a) Bestimmen Sie fiir die gelagerten Fertigprodukte die Wertunter- und Wertobergrenzen der Herstellungskosten in Handels- und Steuerbilanz. Beachten Sie dabei, dass die Fremdlcapitalzinsen fur einen groBeren Betriebsmittellcredit zu zalilen sind, der zur Deckung des Kapitalbedarfs des gesamten Gescliaftsbereichs „Mundhygiene" verwendet wird, insbesondere zur Finanzierung der Einkaufe von Roll-, Hilfs- und Betriebsstoffen, der Lohn-, Energie- und Reparaturzahlungen und von kleineren Ersatzinvestitionen. Der oben angegebene, auf die Herstellung der Zalincreme-Tuben entfallende Betrag stellt eine Schatzung dar. Die Fremdkapitalquote des Gesamtunternehmens (= Verbindliclikeiten : Bilanzsumme) liegt bei 75%. b) Variante: Die oben angegebenen Werte beziehen sich auf einen Auslastungsgrad von 60% (im Verhaltnis zur Normalauslastung). Walirend die Einzelkosten ausschlieBlich variabel sind, entlialten die Gemeinkosten folgende Fixkostenanteile; Material 50%, Fertigung 80%, Verwaltung 100%, Vertrieb 75%, Kosten der Einkaufsabteilung 50%, Fremdkapitalzinsen 100%. Diese Anteile gelten sowohl fur die gesamten Gemeinkosten als auch fur die kalkulatorischen Zusatzkosten. Bestimmen Sie auch fiir diesen Fall die Wertunter- und Wertobergrenzen der Herstellungskosten in Handels- und Steuerbilanz.
(3) Herstellungskosten nach IFRS GemaB IAS 2.10 sind bei der Bewertung von selbst erstellten Vorraten und nach IAS 16.18 bei der Bewertung von selbst erstellten Sachanlagen die produktionsbezogenen Vollkosten anzusetzen. Diese umfassen nach IAS 2.12 • die direkt zurechenbaren Kosten, z.B. Material- und Fertigungseinzelkosten, Registrierungsgebiihren eines Rechtsanspruchs bei immateriellen Vermogenswerten (IAS38.66) • alle variablen und fixen Produktionsgemeinkosten, also z.B. Materialgemeinkosten, Fertigungsgemeinkosten, Abschreibungen, Instandhaltungskosten, Kosten des Managements und der Verwaltung. Samtliche Prodtiktionsgemeinkosten sind auf Basis der Normalkapazitat der Anlagen, also ohne Leerkosten, einzubeziehen (IAS 2.13). • Dartiber hinaus mtlssen „sonstige Kosten" einbezogen werden, sofem sie angefallen sind, um die Erzeugnisse an ihren derzeitigen Ort und in ihren derzeitigen Zustand zu versetzen. Dazu gehoren produktionsbezogene sonstige Gemeinkosten, sofem sie nicht schon in den Fertigungs- und Materialgemeinkosten erfasst sind, wie z.B. Kosten des innerbetrieblichen Transports oder Kosten der Zwischenlagerung im Produktionsbereich einschliefilich der Lagerung von Rohstoffen sowie die anteiligen transport- tmd fertigungsbezogenen Verwaltungsgemeinkosten. Auch die freiwilligen Sozialkosten, also z.B. Kosten der Aus- tmd Weiterbildung sowie Aufwendtmgen der betrieblichen Altersversorgung, sind nur insoweit zu aktivieren, als sie die im Produktionsbereich beschaftigten Arbeitnehmer betreffen. SchlieBlich kann auch sachgerecht sein, „nicht produktionsbezogene Gemeinkosten oder die Kosten der Produktentwicklung fur bestimmte Kunden" (IAS 2.15) in die HerstelItmgskosten einzubeziehen. Fiir folgende Kosten besteht ein Aktivierungsverbot (IAS 2.16): • iibrige Verwaltungskosten • Vertriebskosten • Lagerkosten von Fertigerzeugnissen („Absatzlager") • Anormal hohe Betrage fur Materialabfalle, Fertigungslohne oder andere Produktionskosten (tlber Standardkosten hinausgehend) Bei den Verwaltungsgemeinkosten tmd den freiwilligen Sozialkosten ist somit eine AufteiItmg nach den Fimktionsbereichen, fiir die sie angefallen sind, notwendig. Eine Einteilung
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
in die Hauptfunktionsbereiche Produktion, MarketingNertrieb und allgemeine Venvaltung wird als ausreichend angesehen. Wahlrechte gibt es, abgesehen von der Wahl der alternativ zulbsigen Methode mit verpflichtender zusatzlicher Einbeziehung von Fremdkapitalzinsen, nicht. Fremdkapitalzinsen diirfen nach der empfohlenen sog. Benchmark-Methode (IAS 23.7) nicht aktiviert werden, sondern sind als Aufwand der Periode zu buchen. Nach der auch wahlbaren alternativ zulassigen Methode (IAS 23.1 1) sind Fremdkapitalzinsen, die der Herstellung direkt zugeordnet werden konnen, im Rahmen der Herstellungskosten von ,,qualzjiziertenU Vermogenswerten (,,Qualifying Assets'y zu aktivieren, ,,wenn wahrscheinlich ist, dass dem Unternehmen hieraus kunftiger wirtschaftlicher Nutzen envachst, und die Kosten verlasslich ermittelt werden konnen" (IAS 23.12). Solche qualifizierten Vermogenswerte sind Vermogenswerte, fiir die ein langerer Zeitraum erforderlich ist, um sie im Produktionsprozess gebrauchs- oder verkaufsfhig zu machen (IAS 23.4). Massenprodukte gehoren somit nicht zu den qualifizierten Vermogenswerten, Produkte von Unternehmen des Maschinenbaus u.a. Branchen (grol3e Maschinen und technische Anlagen, Briicken, Schiffe, Flugzeuge) sind ,,Qualifying Assets". Dazwischen liegt das Feld der Abgrenzungs- und Auslegungsprobleme, wann ein Produktionszeitraum ,,betrachtlich" ist und wann nicht. Nach ADS International (Abschnitt 15, Tz. 84) sind hierbei ,,sachverhalts- und branchenspezifische Gegebenheiten zu beriicksichtigen" und grundsiitzlich ist einem Zeitraum uber 12 Monate hinaus ,,betrachtlich". Danach diirften Vorrate mit langer Gar- und Reifezeit, wie Spirituosen, Kase und Tabak ,,qualifiziertCC sein. Die Aktivierung der Fremdkapitalkosten ist dariiber hinaus nur zulassig, wenn das Fremdkapital speziell fiir die Herstellung des qualifizierten Vermogenswerts aufgenommen wurde, also bei direkter Zurechenbarkeit. Diese ist gegeben, wenn die Fremdkapitalkosten ohne die Herstellung des Vermogenswerts nicht entstanden wiiren. Wenn die finanziellen Mittel nicht speziell zur Herstellung des entsprechenden Vermogenswerts aufgenommen worden sind, aber teilweise fiir die Finanzierung der Herstellung venvendet werden, darf zur Berechnung der Sollzinsen auch der durchschnittliche Fremdkapitalkostensatz dieser Periode herangezogen werden (IAS 23.17). Die Fremdfinanzierungskosten konnen friihestens ab dem Zeitpunkt, an dem mit den notwendigen Arbeiten ftir die Herstellung des Vermogenswerts (z.B. Beschaffung der Produktionsgenehmigung, Venvaltungs-, Konstruktionsarbeiten) begonnen wurde und Ausgaben entstanden sind, aktiviert werden. Bei Unterbrechung des Projekts uber einen langeren Zeitraum ist die Aktivierung auszusetzen. Der Aktivierungszeitraum endet, wenn die Arbeiten im Wesentlichen abgeschlossen sind, um den qualifizierten Vermogenswert fur seine beabsichtigte Nutzung oder VerauBerung herzurichten (IAS 23.20-28). Ermittlungsschema ftir die Herstellungskosten nach IFRS: ~aterialeinzelkosten
Pflicht
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
153
Kosten aufgrund eines Betriebsstillstands und Leerkosten aufgrund eines die Normalkapazitat unterschreitenden Produktionsvolumens diirfen nicht die Herstellungskosten der Produktionseinheiten erhohen, sondern sind als Aufwand der Periode zu erfassen (IAS 2.13). Da der Begriff fixen Produktionsgemeinkosten in IAS 2 im weiten Sinne gebraucht wird, gelioren hierzu niclit nur die fixen Fertigungs- sondern auch die fixen Materialgemeinkosten. Die Regelung entspriclit also den Vorschriften des deutschen Handelsrechts. Die Grundsatze zur Ermittlung der Herstellungskosten zur Bewertung der Vorrate sind auch anzuwenden fur selbsterstellte Vermogenswerte, die im eigenen Anlagevermogen eingesetzt werden (IAS 16.22). Aufgabe 16: Herstellungskosten Am 31.12.01 befmdet sich am Lager der LowTech International GmbH eine grofiere Menge von fertigen sprachgesteuerten Mikrowellen, fiir die die Abteilung Kostenrechnung folgende Kosten ermittelt hat:
Materialeinzelkosten anteilige Gemeinkosten des Rohstofflagers Akkordlohne (Fertigung) anteilige Materialgemeinkosten (Einkauf; Materialannahme; ohne Lagerkosten) anteilige kalkulatorische Abschreibungen der Fertigungsanlagen (ubersteigen die bilanziellen Abschreibungen um EUR 20.000,-) anteilige Gehalter der Meister im Bereich Produktion Kosten der Zwischenlagerung im Produktionsprozess kalkulatorische Eigenkapitalzinsen Kosten des innerbetrieblichen Transports Fertigungsgemeinkosten (Betriebsstoffe, Werkzeuge u.a.; ohne Abschreibungen) anteilige Gehalter der Aul3endienstmitarbeiter anteilige Aufwendungen in der Grundlagenforschung den Erzeugnissen direkt zurechenbare Verwaltungskosten, die notig waren, um Transport, Entwicklung, Konstruktion und Produktion zu gewahrleisten auf den Zeitraum der Fertigung entfallende Fremdkapitalzinsen (ftir einen der Fertigung der Erzeugnisse sachlich zurechenbaren zweckgebundenen Bankkredit) anteilige Kosten des Absatzlagers Kosten fur freiwillige soziale Leistungen einschl. betrieblicher Altersversorgung fiir Beschaftigte im Produktionsbereich Abfallkosten, iiber den normalen Umfang hinausgehend Ausschusskosten, uber den normalen Umfang hinausgehend Verpackungskosten anteilige verbrauchsbedingte Reparaturkosten der Fertigungsmaschinen anteilige Kosten der allgemeinen Verwaltung (ohne Kosten der Verwaltung des Produktionsbereichs, die den Fertigungsgemeinkosten zugeordnet werden)
EUR 100.000 20.000 150.000 25.000 80.000 15.000 3.000 30.000 5.000 20.000 70.000 35.000 30.000 40.000 10.000 35.000 4.000 6.000 30.000 15.000 50.000
a) Bestimmen Sie fur die gelagerten Fertigprodukte die Wertunter- und Wertobergrenzen der Herstellungskosten nach IFRS und nach HGB. b) Was wiirde sich an Ihrer Losung andern, wenn sich die oben angegebenen Werte nicht auf Mikrowellen, sondern auf 2 fertige Maschinen eines Maschinenbauunternehmens beziehen wurden? (4) Bilanzpolitische Auswirkungen der Bestandsbewertung mit Herstellungskosten Die bilanzpolitischen Auswirkungen unterschiedlicher Ausilbung des Bewertungswahlrechts bei der Bestandsbewertung mit Herstellungskosten sollen anhand eines einfachen Zahlenbeispiels gezeigt werden.
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
154 Jahr 01: Produktion von Fertiserzeusnissen auf Lager
Dabei sind Aufwendungen (Material, Lohne, Abschreibungen) in Hohe von 1.000 EUR entstanden, die im Einzelnen verbucht worden sind. Am Jahresende wird der Endbestand im Rahmen der Inventur mengenmaCig erfasst und mit den gesamten angefallenen Aufwendungen (= Herstellungskostenobergrenze) bewertet. Buchungssdtze: (1) Fertige Erzeugnisse an Bestandsveranderungen
1.000 EUR
(2)
Schlussbilanzkonto an Fertige Erzeugnisse
1.000 EUR
Bestandsveranderungen an GuV-Konto
1.000 EUR
(3)
1.000 EUR.
1.000 EUR.
1.000 EUR.
Ergebnis: erfolgsneutraler Vorgang
Bilanz 31.12.01 (EUR) Erhohung der Fertigerzeugnisse (zu HK) + 1.000 Verminderung des Finanzkontos -1.000
GuV-Konto Jahr 01 (EUR) Verschiedene Auf- Ertrage aus Bestandswendungen erhohung (= FIK) 1.000 1.000
Jahr 02: Verkaufder gelaserten Fertigerzeugnisse zu 1.200 EUR Buc Buchungssdtze: Schlussbilanzkonto (1) an Fertige Erzeugnisse (2) (3)
(4)
0,- EUR 0,- EUR.
Finanzkonto an Umsatzerlose
1.200 EUR
Bestandsveranderungen an Fertige Erzeugnisse
1.000 EUR
GuV-Konto an Bestandsveranderungen
1.000 EUR
1.200 EUR.
1.000 EUR.
1.000 EUR.
Ergebnis: Jahresiiberschuss = 200 EUR.
Bilanz 31.12.02 (EUR) Verminderung der Erhohung des EiFertigerzeugnisse genkapitals -1.000 (Saldo) + 200 Erhohung des Finanzkontos + 1.200
GuV-Konto Jahr 02 (EUR) Aufwendungen aus Umsatzerlose Bestandsvermin1,200 derung 1.000 Jahresiiberschuss 200
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
155
Aufgrund des Wahlrechts bei der Bestandsbewertung mit Herstellungskosten ist eine bilanzpolitische Gewinnbeeinflussung moglich. Die handelsrechtliche Untergrenze der Herstellungskosten umfasst lediglich die Einzelkosten, Obergrenze sind die Vollkosten abzuglich der Vertriebskosten. Die betriebswirtschaftlich herrschende Meinung besagt, dass nur die variablen Kosten/ Einzelkosten von der Fertigimg der Erzeugnisse verursacht werden und somit nur diese den Erzeugnissen zugerechnet werden konnen. Alle anderen Kosten sind Kosten der Betriebsbereitschaft und damit in der jeweiligen Periode aufwandswirksam. Bei Vollkostenbewertung werden auch diese Periodenfixkosten, soweit sie den Lagerbestanden zugeschlusselt werden, in kiinftige Perioden verlagert. Die altere betriebswirtschaftliche Gegenmeinung sieht den Nutzkostenanteil der Fixkosten als zweckgerichtet notwendig an, um die Herstellung der Erzeugnisse zu ermoglichen und folgert daraus eine Zurechenbarkeit (Finalitatsprinzip). Im Bereich der Bilanzierung wird das Finalitdtsprinzip von der herrschenden Meinung vertreten'. Als Vorteil der Zurechnung von Nutzkosten auf die Erzeugnisse wird darauf hingewiesen, dass sowohl die Generalnorm (§ 264 Abs. 2 HOB) durch eine Glattung der Gewinne iiber die Perioden hinweg als auch der Grundsatz der sachlichen Abgrenzung besser erfiillt wird.
Das obige Beispiel soil nun filr den Fall der Teilkostenbewertung den:
der Vorrate variiert wer-
Jahr 01: Produktion von Fertigerzeusnissen auf Laser Dabei sind Material- und Fertigungseinzelkosten in Hohe von 400 EUR entstanden, weiterhin fielen 600 EUR Gemeinkosten an. Am Jahresende wird der Endbestand im Rahmen der Inventur mengenmaBig erfasst und mit den angefallenen Einzelkosten (= Herstellungskostenuntergrenze) bewertet. Ergebnis: Jahresfehlbetrag = 600 EUR. Bilanz 31.12.01 Erhohung der Fertig- Verminderung des erzeugnisse (zu HK) Eigenkapitals + 400 (Saldo) - 600 Verminderung des Finanzkontos -1.000
GuV-Konto Jahr 01 Verschiedene Ertrage aus BestandsAufwendungen erhohung (= HK) 1.000 400 Jahresfehlbetrag 600
Jahr 02: Verkaufder gelagerten Fertigerzeusnisse zu 1.200 EUR Ergebnis: Jahresuberschuss = 800 EUR. Bilanz 31.12.02 (EUR) Verminderung der Erhohung des Fertigerzeugnisse Eigenkapitals -400 (Saldo) + 800 Erhohung des Finanzkontos + 1.200
GuV-Konto Jahr 02 (EUR) Aufwendungen Umsatzerlose 1.200 aus Bestandsverminderung 400 Jahresuberschuss 800
Vgl. z.B. Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S., Bilanzen, 6. Aufl., Dilsseldorf 2002, S. 175 f.
156
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
Es wird deutlich, dass der Gesamtgewinn tiber zwei Jahre hinweg gesehen in beiden Fallen identisch ist. Im Falle der VoUkostenbewertung (Obergrenze der Herstellungskosten) ist das Jahresergebnis im Jahr des Lageraufbaus hoher als bei Teilkostenrechnung (z.B. Untergrenze der Herstellungskosten in der Handelsbilanz). In den Jahren des Lagerabbaus kehrt sich die Gewinnsituation urn.
(5) Langfristige Fertigung nach HGB und nach IFRS Die nach HGB und auch nach dem Steuerrecht grundsatzlich anzuwendende Methode, bei der dem Realisationsprinzip entsprechend die Gewinnrealisierung erst nach voUstandig erbrachter Lieferung bzw. Leistung des Gesamtauftrags verbunden mit der Endabrechnung vorliegt, wird „Completed-Contract"-Methode genannt. Die strikte Beachtung des Realisationsprinzips fuhrt bei langfristiger Fertigung zu Problemen. So erstreckt sich z.B. die Herstellung eines Kreuzfahrtschiffes tiber mehrere Jahre. Bis zur Auslieferung des Schiffes dilrfen keinerlei Gewinne verbucht werden. Aufgrund der Bewertungsvorschriften fur Unfertige Erzeugnisse nach § 255 Abs. 2 HGB bzw. R 33 EStR konnen sich sogar bei profitablen Auftragen sog. Auftrags-Zwischenverluste ergeben, falls Selbstkosten in den Fertigungsperioden anfallen, die aufgrund von Wahlrechten nicht aktiviert werden oder aufgrund von Verboten nicht aktiviert werden dilrfen. In diesen Fallen diirfte die Generalnorm des § 264 Abs. 2 HGB verletzt sein, derm die Ertragslage der Werft wird vollig verzerrt und falsch dargestellt. In den Jahren der Produktion ergeben sich Verluste, im Jahr der Ausliefenmg jedoch ein um die vorher nicht aktivierten Selbstkostenbestandteile iiberdimensionierter Gewirm. Die Ertragslage wird demnach nie realistisch gezeigt. In Literatur und Praxis wird vertreten, dass unter Umstanden als begrtlndete Ausnahme vom Realisationsprinzip gemaB § 252 Abs. 2 HGB bereits friiher ein anteiliger Gewinn berticksichtigt werden kann (Wahlrecht), sofem andemfalls ein unzutreffendes Bild von der Ertragslage gezeichnet wiirde und die langfristige Fertigung einen wesentlichen Teil der Untemehmenstatigkeit ausmacht. Als spezielle Voraussetzungen werden z.B. genannt 1; • der erwartete Gewinn muss sicher zu ermitteln sein, und es dilrfen keine Risiken absehbar sein • fllr unvorhersehbare Garantieleistungen und Nachbesserungen milssen vorsichtig bemessene Betrage berticksichtigt sein • die Gesamtleistung muss in kalkulatorisch abgrenzbare Teilleistungen zerlegt werden konnen. Die Folge der Teilgewinnrealisierung ist eine Verstetigung des Gewinnausweises wahrend der Produktionsperioden bis zu Periode der Gesamtabrechnung. Eventuelle Ausschuttungen in den Produktionsperioden kormen eine Ausschiittung von Substanz (Haftungskapital) darstellen, falls die ausgewiesenen Teilgewinne z.B. durch Schlechterfilllung des Gesamtauftrags am Ende doch nicht in voller Hohe realisiert werden konnen. Daher milssen solche Risiken im Rahmen der Teilgewinnschatzung berticksichtigt werden. Aufgrund der Verletzung des Realisationsprinzips und der moglichen Beeintrachtigung des Kapitalerhaltungsziels wird hier dieser Meinung nicht gefolgt. Eine Erweiterung (und nicht Durchbrechung) des Realisationsprinzips und daher nach h.M. handelsrechtlich zulassig ist der Fall der Teilgewinnrealisierung nach dem Teilabnahme' Vgl. ADS § 252 Tz. 88. Die Zulassigkeit der Teilgewinnrealisierung ohne besondere Voraussetzungen aufgrund der „Weiterentwicklung" des Realisationsprinzips vertritt Selchert, in; Kilting/Weber § 252 Tz. 113 ff.
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
157
prinzip. Bei diesem miissen fur einzelne vom Kunden jeweils abzunehmende Bauabschnitte (Teilauftrage) endgiiltige Teilabrechnungen vertraglich vereinbart sein. Dazu ist der Gesamtauftrag in Teilleistungen („Milestones"), die technisch in sich geschlossen und auch wirtschaftlich abgrenzbar sind, zu zerlegen. Daruber hinaus ist Voraussetzung, dass die Vertragsgegenstande ihrer Art nacli auch rechtlich und wirtschaftlich iibergehen, an diesen zeitlich gestaffelten ReaUsierungszeitpunkten Forderungen entstehen mit verbindlicher Abnahme der Teilleistung und Gefahreniibergang. Die Umsatzerlose werden also anteilig vereinnahmt und der Bilanzwert des Unfertigen Auftrags urn den Wertanteil des abgenommenen Teilauftrags reduziert. AuBerdem dtirfen in den Folgeperioden keine Verluste drohen'. Ein Gefahreniibergang beziiglich der Teilleistungen und damit die Anwendung dieser Methode durfte im Anlagenbau allerdings eher selten moglich sein. Ublich ist namlich, dass der Auftragnehmer das Gesamtftinktionsrisiko ubemimmt, also nach Erfullung aller Teilauftrage die Gesamtfianktionsfahigkeit der Anlage garantiert. Nur im Falle des Teilabnahmeprinzips lasst tibrigens die BFH-Rechtsprechung eine Teilgewinnrealisierung auch im Bilanzsteuerrecht zu^. Die oftmals hohen Kosten der Auftragsanbahnung im Anlagenbau (Angebots- und Vorlaufkosten) konnen bei entsprechender Zurechnungsmoglichkeit als Sondereinzelkosten der Fertigung - und nicht als Vertriebskosten - klassifiziert werden und sind dann im Rahmen der Herstellungkostenuntergrenze zu aktivieren. Weitere Voraussetzung ist, dass ihre Deckung durch entsprechende vereinbarte Entgelte aufgrund von Vertragen und Kalkulationsunterlagen nachgewiesen wird. Auf diese Weise konnen immerhin Auftragszwischenverluste verringert werden. Im lASB-Konzept ist bei langfristiger Auftragsfertigung (iber ein oder mehrere Bilanzstichtage hinweg die „Percentage-of-Completion"-Methode (IAS 11.22) zwingend anzuwenden, bei der in den einzelnen Perioden der Fertigung Teilgewinne realisiert werden. Diese Teilgewinne werden nach dem Leistungsft)rtschritt aus dem kalkulierten Gesamtgewinn berechnet, z.B. entsprechend dem Anteil der bis zum Bilanzstichtag angefallenen an den gesamten kalkulierten Selbstkosten. Betragt in der Fertigungsperiode z.B. der Anteil der angefallenen Kosten an den Gesamtkosten 25%, so wird unterstellt, dass auch 25% des Gesamtgewinns realisiert sind. Es erfolgt eine erfolgswirksame Vereinnahmung der anteiligen Umsatzerlose und der Wertansatz des Unfertigen Erzeugnisses wird um diesen Betrag jeweils erhoht. Im Jahr der Fertigstellung und Endabrechnung wird die Forderung aus Lieferung und Leistungen wie iiblich eingebucht und der Wert des Fertigen Erzeugnisses in Hohe der Herstellungskosten plus bisher realisierter Teilgewinne iiber „Bestandsverminderungen" ausgebucht. Im Vordergrund steht hier die Ermittlung eines periodengerechten Erfolgs und damit die Erfullung der Informationsfiinktion des Jahresabschlusses, nicht das Ziel der Kapitalerhaltung, das durch diese Methode gefahrdet wird. Handelsrechtlich ist diese Methode nach h.M. nicht zulassig. Voraussetzung fiir die Anwendung der „Percentage-of-Completion"-Methode ist, dass der Produktionsstand und der weitere Produktionsfortschritt in den einzelnen Perioden zuverlassig ermittelt werden karm. Dazu stehen mehrere Messverfahren zur Verfugung. In der Regel wird auf die oben beschriebene „Cost-to-Cost"-Methode zurtickgegriffen. Ausnahmen von der Percentage-of-Completion-Methode nach IFRS sind folgende: Ist das Gesamtergebnis nicht berechenbar, wird aber ein positives Gesamtergebnis erwartet, so werden die Ertrage in der Hohe der Aufwendungen verrechnet (IAS 11.33). Ist das Ge' Vgt Ellrott/Schmidt-Wendt, in Beck Bil.-Komm. § 255 Tz. 461. 2 Vgl. z.B. BFH 5.5.1975, BStBl. Ill 1976, S. 541; BFH 8.12.1982, BStBl. 1983, S.369.
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung samtergebnis nicht berechenbar, wird jedoch ein negatives Gesamtergebnis erwartet, so ist der Verlust vonvegzunehmen, ansonsten erfolgt keine Verrechnung von Aufwendungen und Ertragen (IAS 11.34). Grundsatzlich besteht eine Antizipationspflicht fiir Verluste (IAS 11.36). Aufgabe 17: Langfristige Fertigung Die LowTech (International) GmbH hat am 1.10.01 einen Auftrag uber den Bau eines Luxusdampfers und dreier baugleicher kleiner Schlepper hereingenommen und bereits im Jahre 01 mit dem Bau begonnen. Die Auslieferung und Ubergabe an den Reeder aus Hongkong ist Wr Ende des Jahres 04 vereinbart. Der Festpreis betragt 39 Mio EUR, die kalkulierten Selbstkosten 30 Mio EUR (davon 5,5 Mio EUR Gemeinkosten). Die Selbstkosten enthalten keine kalkulatorischen Kosten und keine Vertriebsgemeinkosten. Das jeweilige Gesamtfunktionsrisiko Wr die 4 Schiffe liegt vertragsgemafi bei der LowTech (International) GmbH. Umsatzsteuer fallt aufgrund der Ausfuhrlieferung in ein Drittland nicht an. Schmier- und Bestechungsgelder sollen vernachlassigt werden.
angefallene Selbstkosten
1
1
1 Mio EUR, 7 Mio EUR, davon davon 0,2 Mio 0,s Mio EUR GeEUR Gemein- meinkosten &UXUSkosten &npfer) 2 Mio EUR, davon angefallene 0,5 Mio EUR GeSelbstkosten meinkosten (3 Schlepper)
6 Mio EUR, davon 10 Mio EUR, da4 Mio EUR Ge- von 1 Mio EUR Gemeinkosten meinkosten
2 Mio EUR, davon 2 Mio EUR, davon 0,5 Mio EUR Ge- 0,5 Mio EUR Gemeinkosten meinkosten
Fall A) Bei Vertragsschluss sind 20 % der Auftragssumme zu zahlen, der Rest bei iibergabe der fertigen Schiffe. Weitere Vereinbarungen wurden nicht getroffen. Fall B) Folgende Einzelheiten wurden vertraglich vereinbart: Zum Luxusdampfer: Kaufpreis 30 Mio. EUR. Bei Vertragsabschluss sind 20 % der Auftragssumme zu zahlen. Weitere 30% der Kaufsumme sind fallig bei Abnahme des Rohbaus durch den Auftraggeber (Ende 02), weitere 30% bei Abnahme der Antriebsaggregate und der sonstigen technischen Anlagen des Schiffes durch den Auftraggeber (Ende 03) und der restliche Kaufpreis bei ijbergabe des fertigen Schiffes. Zu den 3 Schleppern: Kaufpreis 9 Mio. EUR. Bei Vertragsabschluss sind 10 % der Auftragssumme zu zahlen. Weitere 30% des Gesamtkaufpreises sind fallig bei Lieferung und Abnahme des 1. Schleppers (Ende Ol), weitere 30% bei Lieferung und Abnahme des 2. Schleppers (Ende 02) und die restlichen 30% bei Lieferung und Abnahme des 3. Schleppers (Ende 03). Fur alle vereinbarten Teilleistungen erstellt die LowTech eine gesonderte Rechnung. Wie ist in den beiden Fallen der unfertige Auftrag an den drei Bilanzstichtagen zu bewerten und wie hoch ist der jeweils auszuweisendeGewinn? (I) bei der LowTech GmbH nach HGB und (2) bei der LowTech International nach IFRS? Dabei sollen zusatzlich die bilanzpolitischen Ziele moglichst hoher Gewinnausweis (Ziel I) und moglichst niedriger Gewinnausweis (Ziel 11) alternativ beriicksichtigt werden.
c) Tageswert nach HGB Der Tageswert oder Zeitwert ist der handelsrechtliche Wert, der einem Vermogensgegenstand am Bilanzstichtag tatsachlich zukommt. Sofern es einen Borsen- oder Marktpreis gibt, handelt es sich dabei urn einen aus diesen Preisen abgeleiteten Wert. Ganz allgemein wird im HGB in § 253 Abs. 2 und 3 auch vom "beizulegenden Wert" gesprochen. Dieser handelsrechtliche Tageswert (steuerrechtlich: Teilwert, vgl. Kapitel B.II.4.e)) ist der Ver-
Gmndlagen der Bilanzierung und Bewertung
gleichswert zu den urspriinglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. zum letzten Buchwert. Ob der niedrigere Wert davon angesetzt werden darf oder muss, h h g t davon ab, ob das strenge oder das gemilderte Niederstwertprinzip gilt (vgl. Kapitel B.III.l und B.IV.l). Falls ein Borsen- oder Marktpreis existiert, so stellt sich die Frage, ob es sich dabei um den Preis auf dern Beschaffungs- oder dern Absatzmarktpreis handelt. Die Antwort hangt nach handelsrechtlich herrschender Meinung von der Zweckbestimmung des Gegenstands ab. 1st ein Vermogensgegenstand zur Veraderung bestimmt, so kommt nur ein Vergleich zwischen den Anschaffungs-/Herstellungskosten (bzw. dern letzten Buchwert) und dern aus dern Absatzmarktpreis abgeleiteten Wert in Frage. In allen anderen Fallen ist der aus dern Beschaffungsmarktpreis hergeleitete Wert als Vergleichswert heranzuziehen,
ngs-/ Herstellungskosten b m . abweichender letzter Buchwert aus dern Borsen- oder Marktpreis abzuleitender Wert (Umlaufvermogen) oder beizulegender Wert (Anlage- und ggf. Umlaufiermogen) IL
BESCHAFFUNGSMARKT
Y
ABSATZMARKT
Wie der aus dern Marktpreis abgeleitete bzw. der beizulegende Wert im einzelnen zu bestimmen ist, h h g t wiederum von der Zweckbestimmung bzw. von der Art des in Frage kommenden Marktes ab. 1st der Vermogensgegenstand @ zum alsbaldigen Verkauf bestimmt, ist folglich der Beschaffungsmarkt zur Bestimmung des Vergleichswerts ma13gebend, so stellt sich die Frage: "Wie hoch sind die Wiederbeschaffungskosten Wr einen vergleichbaren Vermogensgegenstand am Bilanzstichtag einschlieRlich aller Nebenkosten und abziiglich von Anschaffungskostenminderungen?" Sol1 der Vermogensgegenstand dagegen in absehbarer Zeit veradert werden, so verlangt das Zmparitatsprinzip, ihn mit dern voraussichtlichen Nettoerlos nach Abzug von Erlosschrnalerungen, wie Rabatte und Skonti, von VerauSerungskosten und ggf. nach dern Stichtag noch anfallenden Vertriebs- und Verwaltungskosten zu bewerten und einen eventuell drohenden Verlust durch eine Abschreibung vonvegzunehmen. Falls es keinen Marktpreis fiir unfertige Erzeugnisse gibt, ist der voraussichtliche modzpzierte Nettoerlos aus dern Nettoerlos fiir das Fertigprodukt abzuleiten, indem von diesem noch anfallende Herstellungs-, Verwaltungs- und Vertriebskosten subtrahiert werden. Die Fragestellung lautet hier also: "Wieviel wiirde das Unternehmen bei VerauBerung des Vermogensgegenstands am Bilanzstichtag nach Abzug von Erlosschmalerungen und aller nach dern Stichtag noch anfallenden Kosten netto noch iibrig behalten?
Grundlagen der Bilanziemng und Bewertung
I
voraussichtlicher Verkaufspreis
I
- bis zur VeriiuLuRerune nach dem Stichtae noch anfallende Aufwenduneen
I
Da die Zuordnung der einzelnen Bilanzpositionen zum "relevanten" Markt mitunter Schwierigkeiten bereitet, sollen hier die wesentlichen Positionen des Anlage- und Umlaufvermogens kurz erortert werden. Anlagevermogen:
GebaudeAWaschinenBGA:Da in diesen Fallen regelmaig keine VerauRerungs-, sondern nur eine Wiederbeschaffungsabsicht besteht, ist der Vergleichswert vom Beschafbgsmarkt her zu bestirnmen (WiederbeschaffUngskostenam Bilanzstichtag). Nur im Ausnahmefall wird stattdessen der Absatzmarkt (NettoverauRerungserlos) heranzuziehen sein, wenn niimlich etwa eine gebrauchte Maschine veraul3ert werden soll, weil sie veraltet ist oder weil sie aufgrund einer ~ n d e r u n gdes Produktionsprogramm oder eines Beschaftigungsriickgangs nicht mehr benotigt wird. Beteili~unpenl:Grundsatzlich ist der Ertragswert am Bilanzstichtag der heranzuziehende Vergleichswert. Der (innere) Wert einer Beteiligung llisst sich mithin als Barwert einer Rente in Hohe der nachhaltigen (als dauerhaft erwarteten) zukiinftigen Ertrage aus der Beteiligung ermitteln (vgl. Formel (1)). Als Ertrage kommen die Ausschiithmgen in Frage, aber auch der schwer quantifizierbare Nutzen aus Synergieeffekten der Beteiligung fiir den Anteilseigner. Bei Mehrheitsbeteiligungen diirfte eher der von der Beteiligungsgesellschaft erzielte Gewinn als die Ausschiittung die wertbestimmende Grorje sein, da es bei einem auf lange Dauer angelegten Engagement mit EinfluRnahme auf die Geschaftsfiihrung mehr auf das allgemeine Florieren der Tochtergesellschaft ankommt (vgl. Formel (2)). Die Berechnung des Ertragswerts erfolgt zunachst fiir die ganze Beteiligungsgesellschaft,das Ergebnis wird anschlierjend mit der Beteiligungsquote multipliziert.
Ertragswert = Dividende :
(1)
Ertragswert = Gewinn der Beteiligungsgesellschaft: ikalk
(2)
Bei beiden Formeln ist der Einfachheit halber die Kapitalisierungsformel f& eine unendliche Rente herangezogen worden, es wird also eine zeitlich unbegrenzte Beteiligungsabsicht unterstellt (ik& = KalkulationszinsfuB). Ob bei auslandischen Beteiligungen eine voraussichtlich dauerhafte Verschlechterung des Kurses der ausliindischen W h g der alleinige Grund (unabhiingig von der Entwicklung des inneren Wertes und damit der Ertragssituation der Tochtergesellschaft) fiir ein Sinken des Ertragswertes sein kann, ist in der handels- und steuerrechtlichen Literatur umstritten (vgl. "Weiterfiihrende Literatur" am Schluss dieses Kapitels). Die steuerliche Rechtsprechung (RFH, RStB1. 1943, S. 710) verneint diese Frage. Als herrschende Meinung in der handels- und steuerrechtlichen Literatur gilt, dass eine Abschreibung auch dann erforderlich ist, wenn aufgrund der Wechselkurslinderung die in inlhdischer W h g nachhaltig erwarteten Einzahlungsiiberschiisse gesunken sind und somit auch der in Euro umgerechnete Ertragswert der Beteiligung (WP-HdB 2000 Bd. I Teil E, Tz. 403). DauerhaEte Gel Zurn Begriff der Beteiligung ( 5 271 Abs.
1 HGB) vgl. Kapitel B.III.2.d)
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
161
winntransferbeschrankungen und besondere wirtschaftliche oder politische Risiken (z.B. drohende Enteignungen) konnen dagegen unbestritten zu einer Verringerung des beizulegenden Wertes fuhren. Die Zweckbestimmung entscheidet iiber die Art der Beriicksichtigung von Nebenkosten. In der Kegel wird bei Beteiligungen eine VerauBerungsabsiclit nicht vorhanden sein, so dass der Beschaffungsmarkt maBgebend ist und somit zum Ertragswert noch eventuelle Anschaffungsnebenkosten (Bankspesen, Maklerprovisionen etc.) hinzuzurechnen sind. Ist im Ausnahmefall eine VerauBerung beabsichtigt, so sind entsprechende VerauBerungskosten vom Ertragswert abzuziehen (Absatzmarkt). Wertpapiere des Anlasevermosens: Bei "Wertpapieren des Anlagevermogens" wird meistens ein Borsenkurs existieren, andemfalls ware wie bei den Beteiligungen der Ertragswert heranzuziehen. Da diese Papiere nicht zum Verkauf bestimmt sind, ist auf den Beschaffungsmarkt abzustellen und der Vergleichswert als Borsenkurs plus Anschaffungsnebenkosten (Bankspesen, Courtage) zu bestimmen.
Umlaufvermogen: Wertpapiere des Umlaufvermosens: Bei den "Wertpapieren des UmlaufVermogens" handelt es sich um solche, die nicht auf Dauer dem Unternehmen dienen sollen, so dass hier in der Kegel VerauBerungsabsicht besteht und der NettoverauBerungserlos (Borsenkurs minus VerauBerungskosten im Sinne von Bankspesen und Makler-Courtage) heranzuziehen ist. In der Literatur wird mit Kilcksicht auf die gangige Bilanzierungspraxis eine Vemachlassigung der Nebenkosten als moglich angesehen (vgl. ADS § 253 Tz. 502). Dieses Vorgehen uberstrapaziert jedoch m. E. den Grundsatz der Wesentlichkeit. RHB-Stoffe: Diese werden im Normalfalle nach ihrem Einsatz imd Verbrauch in der Produktion wiederbeschafft. Mit den Anschaffungskosten sind also die Wiederbeschaffungskosten am Bilanzstichtag einschliefilich der Nebenkosten zu vergleichen. Sollten sich ausnahmsweise durch Fehldispositionen beim Einkauf viel zu hohe Bestande gebildet haben oder aufgrund einer Produktionsprogrammanderung ein bestimmter Kohstoff nicht mehr benotigt werden, so wird man versuchen, diese sog. Uberbestande zu verkaufen. Die geanderte Zweckbestimmung fuhrt zu einem geanderten Vergleichswert, dem NettoverauBerungserlos. Fertise und Unfertiee Erzeusnisse: Fertigerzeugnisse sind zur VerauBerung bestimmt, der Tageswert ist somit vom Absatzmarkt her abzuleiten. Der BruttoverauBerungserlos ist hierbei nicht nur um die Erlosschmalerungen, sondem auch um die noch anfallenden Verwaltungs- und Vertriebsaufwendungen zu kilrzen (retrograde Ermittlung des Tageswerts). Durch eine Abwertung auf den so ermittelten Tageswert (= modifizierter NettoverauBerungserlos) wird das Fertigerzeugnis mit einem Wert angesetzt, der bei der spateren VerauBerung voraussichtlich zu keinem Verlust mehr fuhrt (Imparitatsprinzip), aber auch zu keinem Gewinn. Beispielsaufsabe: Handrasenmaher mit Herstellungskosten pro Stuck von EUR 140,- erzielen am Bilanzstichtag noch einen Verkaufspreis von 153,- EUR pro Stiick. Die Erlosschmalerungen (3,- EUR Rabatt und 3 % Skonto) betragen insgesamt 7,50 EUR. Bis zur VerauBerung fallen noch folgende Kosten an: zurechenbare Lagerkosten von EUR 8,50 und Verpackungs- und Transportkosten in Hohe von 10,- EUR. Der Tageswert ist vom Verkaufspreis ausgehend retrograd zu ermitteln:
162
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
Losuns: Tageswert = 153,00 - 7,50 - 8,50 - 10,00 = 127,00 EUR. Aufgrund des strengen Niederstwertprinzips (vgl. Kapitel B.IV.l.) ist der Rasenmaher nicht mit den Herstellungskosten von 140 EUR, sondern mit dem niedrigeren Tageswert von 127,00 EUR zu bewerten. Dabei spielt es keine RoUe, in welcher Weise das Wahlrecht bei der Bestimmung der Herstellungskosten ausgeubt wurde. BS:
Bestandsminderungen an Fertigerzeugnisse
13 EUR 13 EUR.
Treten die erwarteten GroBen alle unverandert ein, so ergibt sich beim spateren Verkauf eines Rasenmahers ein Gewirin von Null. Der gesamte erwartete Verlust ist aufgrund des Imparitatsprinzips vollstandig vorweggenommen. Ein (modifizierter) NettoverauBerungserlos flir Unfertige Erzeugnisse ist mangels VerauBerungsmoglichkeit meist nicht direkt bestimmbar, er muss aus dem Verkaufspreis des entsprechenden Fertigprodukts abgeleitet werden. Unterstellt man, dass alle nach dem Bilanzstichtag noch zu tatigenden Aufwendungen vom Verkaufspreis des Fertigerzeugnisses abgedeckt werden und somit der Verlust dem Imparitatsprinzip entsprechend moglichst frilh antizipiert wird, sind vom NettoverauBerungserlos des Fertigerzeugnisses die noch ausstehenden Herstellungsaufwendimgen zu subtrahieren, um zum beizulegenden Wert am Bilanzstichtag zu gelangen. Beispielsaufsabe: Die LowTech GmbH hat am Bilanzstichtag 100 Stiick unfertige Handrasenmaher auf Lager liegen. Diese sind grundsatzlich mit den bis zum Stichtag angefallenen Herstellungskosten pro Stiick zu bewerten, die 60 EUR betragen. Fiir die fertigen Handrasenmaher lasst sich am Bilanzstichtag noch einen Verkaufspreis von 153 EUR pro Stiick erzielen. Die Erlosschmalerungen (3 EUR Rabatt und 3 % Skonto) betragen insgesamt 7,50 EUR. Bis zur VerauCerung fallen noch folgende Kosten an: Materialeinzelkosten: 20,00 EUR Materialgemeinkosten: 10,00 EUR Fertigungseinzelkosten: 20,00 EUR Fertigungsgemeinkosten: 25,00 EUR zurechenbare Absatzlagerkosten: 8,50 EUR Verpackungs- und Transportkosten: 10,00 EUR Summe 93,50 EUR Ermitteln Sie den Tageswert eines unfertigen Handrasenmahers.
Losune: Der Tageswert ist vom Verkaufspreis des Fertigerzeugnisses ausgehend retrograd zu ermitteln, da es keinen Marktpreis flir unfertige Rasenmaher gibt. Alle nach dem Bilanzstichtag noch anfallenden Kosten sind von diesem Verkaufspreis zu subtrahieren. Dabei gelten nicht die Vorschriften zur Ermittlung von Herstellungskosten, sondern es ist derjenige aus dem Marktpreis abgeleitete Tageswert der unfertigen Handrasenmaher zu ermitteln, bei dessen Ansatz alle absehbaren Verluste entsprechend dem Imparitatsprinzip bereits am Bilanzstichtag beriicksichtigt werden. Tageswert = 153,00 - 7,50 - 93,50 = 52,00 EUR. Da der Tageswert unter den bisher angefallenen Herstellungskosten liegt, ist er gemaB dem strengenNiederstwertprinzip (vgl. Kapitel B.IV.l.) anzusetzen. BS:
Bestandsminderungen an Unfertige Erzeugnisse
8 EUR 8 EUR.
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
163
Damit ist erreicht, dass bei der VerauCerung des fertigen Rasenmahers im Folgejahr weder ein Verlust noch ein Gewinn entsteht, sofern die erwarteten Kostenbetrage und der Verkaufspreis tatsaciilichi auch eintreten. Sollten ausnahmsweise Fertige und Unfertige Erzeugnisse gleicher Art, Funktion und Giite auch von Dritten, also von Konkurrenzanbietem, beziehbar sein, so ist dies fOr die Ermittlung des (handelsrechtlichen) Tageswerts unbeachtlich. Da Erzeugnisse zum Absatz bestimmt sind, ist nur der vom Absatzmarlst her abgeleitete Wert als Vergleichswert zu den Herstellungskosten heranzuziehen. Dies folgt aus dem Prinzip der verlustfreien Bewertung, das weiter unten (bei den Handelswaren) erlautert wird. Handelswaren: Da Handelswaren naturgemaB sowohl eingekauft als auch verkauft werden, kommen hierbei zur Bestimmung des Tageswertes grundsatzlich sowohl die Wiederbeschaffungskosten am Beschaffungsmarkt als auch die (modifizierten) NettoverauBerungserlose am Absatzmarkt in Frage. Beachtet man das im UmlaufVermogen geltende strenge Niederstwertprinzip formal, so ist es klar, dass der niedrigste der drei Vergleichswerte anzusetzen ist. Beisviel: Die LowTech GmbH handelt auch mit Rasierapparaten, fiir die folgende Wertekonstellation gilt: Anschaffungskosten (Einstandspreis) bzw. Buchwert = 100 EUR; Wiederbeschaffungskosten am Bilanzstichtag = 75 EUR; Verkaufspreis am Bilanzstichtag = 1 0 0 EUR; Rabatt und Skonto = 5 EUR; noch anfallende Vertriebskosten =10 EUR. Anschaffungskosten (Einstandspreis) = 100 EUR
Modifizierter Nettoverkaufserlos = 85 EUR
Wiederbeschaffungskosten = 75 EUR
Da der modifizierte NettoverauBerungserlos 85 EUR betragt, musste der Wert der Wiederbeschaffungskosten in Hohe von 75 EUR angesetzt werden. Dieses sog. "Doppelte Niederstwertprinzip", wird zwar noch im Steuerrecht angewandt (vgl. das nachfolgende Kapitel), im Handelsrecht wird es jedoch von der herrschenden Meinung abgelehnt. Diese Ablehnung sttitzt sich auf die strikte Einhaltung des Imparitatsprinzips. Danach sind drohende Verluste durch eine Abwertung vorwegzunehmen, nicht aber ein "drohender Gewinnentgang". Beisviel: Angenommen die im vorigen Beispiel angegebenen Daten blieben bis zur tatsachlichen VerauBerung der Ware unverandert und die Abwertung ("Aufwendungen fur bezogene Waren") sei bis auf die Wiederbeschaffiingskosten von 75 EUR erfolgt, so wiirde (ohne Beriicksichtigung der USt) ein Netto-Umsatzerl5s von 85 EUR entstehen, und die verkaufte Ware wurde den Wareneinsatz (=Aufwand) um EUR 75 erhohen. Das Ergebnis ware ein Rohgewinn von 10 EUR aus dem Warenverkauf der als Folge der drastischen Abwertung von 100 EUR auf 75 EUR am Bilanzstichtag entstanden ist. Durch das Imparitatsprinzip wird jedoch nur eine Abwertung von 100 EUR auf den NettoverauBerungserlos von 85 EUR gedeckt, da nur diese Differenz der Verlust ist, der tatsachlich dem Unternehmen droht. Die Ware ist also am Bilanzstichtag mit 85 EUR zu bewerten, so dass sich bei der spateren WarenverauBerung die Werte von Nettoumsatzerlos (= 85 EUR) und Wareneinsatz (= 85 EUR) genau entsprechen und weder ein Gewinn noch ein Verlust entsteht. Dieses sog. "Prinzip der verlustfreien Bewertung", das von der handelsrechtlich herrschenden Meinung vertreten wird, beachtet also die Preisentwicklung auf dem Beschaffungsmarkt tiberhaupt nicht, sondem stellt nur auf einen Vergleich zwischen Anschaffiingskosten (Buchwert) und NettoverauBerungserlos am Bilanzstichtag ab. Niedrigere Wiederbeschaffungskosten bedeuten ja lediglich, dass man die Waren oder ggf die Er-
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
zeugnisse, die bereits auf Lager liegen, am Bilanzstichtag entsprechend billiger hatte einkaufen konnen, die zukiinftige Verad3erungsgewinn also hoher hiitte ausfallen konnen. Hierbei handelt es sich also nicht um einen drohenden Verlust, sondern nur um einen drohenden entgangenen Gewinn, dessen Vorwegnahme das Imparittitsprinzip nicht verlangt.
Merke: Bei Waren, Fertigerzeugnissen und unfertigen Erzeugnissen gilt nach handelsrechtlich herrschender Meinung das Prinzip der verlustfeien Bewertung:
Zusammenfassende ~ b e r s i c hzur t Ermittlung des Tageswerts:
= aus dem Borsen- oder Marktpreis abgeleiteter We$
bzw. beizulegender Wert
(8 253 Abs. 2 und 3 HGB), ermittelt am:
(ggf. eines vergleichbaren
- Erlosschmiilerungen undenskonti etc. Anschaffungskostenminderungen (Lieferantenskonti etc.)
Inlaaevermiipen: . Sachanlagen !. Beteiligungen (Ertragswert) Wertpapiere I.
Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe @rim&)
- noch bis zur VerauBerung anfallende Aufwendungen (Herstellkosten, Verwaltungs- und
Anlapevermijpen: 1 . Sachanlagen nur bei konkreter Veriiuaerungsabsicht 2. Finanzanlagen nur bei konkreter VerauBerungsabsicht Umlaufiermdpen: 1. Roh-, H i l f ~ und Betriebsstoffe: nur Uberbestiinde bzw. nicht mehr in der Produktion verwertbare Stoffe 2. fertige und unfertige Erzeugpisse 3. Handelswaren 4. Wertpapiere
I
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
165
Aufgabe 18: Tageswert Die LowTech GmbH produziert auch Spezialpumpen zur Entwasserung von iiberfluteten Kellern bei Uberschwemmungen. Am Bilanzstichtag liegen 50 Pumpen auf Lager, die allerdings erst zur Halfte fertiggestellt sind. Sie soUen mit den bereits angefallenen Herstellungskosten an der steuerrechtlich zulassigen Untergrenze bewertet werden.
Materialeinzellcosten Materialgemeinkosten Fertigungseinzelkosten Fertigungsgemeinkosten Verwaltungsgemeinkosten Vertriebsgemeinkosten Summe
bis zum Sticlitag angefallene Kosten 700 EUR 200 EUR 1.800 EUR 1.800 EUR 600 EUR 400 EUR 5.500 EUR
bis zur Fertigstellung Summe noch anfallende Kosten 700 EUR 1.400 EUR 200 EUR 400 EUR 1.800 EUR 3.600 EUR 1.800 EUR 3,600 EUR 600 EUR 1.200 EUR 400 EUR 800 EUR 5.500 EUR 11.000 EUR
Aufgrund der in Ostfriesland inzwischen erhohten Deiche ist die Nachfrage nach den Pumpen zurijckgegangen und der Marktpreis fur die fertige Pumpe betragt nur noch 9.000 EUR. Wie hoch sind die Herstellungskosten der halbfertigen Pumpen, und wie hoch ist deren Tageswert zum 31.12.01?
d) Weitere WertmaBstabe nach IFRS (1) AUgemeine WertmaBstabe Fiir die Bewertung der Positionen in Bilanz und GuV werden im „Framework" des lASBKonzepts grundsatzliche MaBstabe vorgegeben und allgemein definiert (F.lOOa-d). a) Historische Anschaffungsoder Herstellungskosten („Historical Costs") b) Tageswert (Wiederbeschaffungskosten)
•
c) VerauBerungswert (Erfullungsbetrag) („Realisable Value")
•
d) Barwert (Gegenwartswert) („Present Value") (Nutzungswert)
•
•
• •
•
•
Vermogenswerte: entrichtete Zahlungsmittel oder beizulegender Zeitwert der Gegenleistung (Tausch) Schulden: Betrag des bei Entstehen der Verpflichtung erhaltenen Erioses oder erwartungsgemaB im normalen Geschaftsverlauf zur Tilgung zu zahlender Zahlungsmittelbetrag Vermogenswerte: Zahlungsmittelbetrag, der zum gegenwartigen Zeitpunkt fur den Erwerb gezahlt werden miisste Schulden: (nicht diskontierter) Zahlungsmittelbetrag, der zum gegenwartigen Zeitpunkt fiir die Begleichung der Verpflichtung erforderlich ware Vermogenswerte: Zahlungsmittelbetrag, der zum gegenwartigen Zeitpunkt durch VerauBerung des Vermogenswerts im normalen Geschaftsverlauf erzielt werden konnte Schulden: (nicht diskontierter) Zahlungsmittelbetrag, der erwartungsgemaB gezahlt werden muss, um die Schuld im normalen Geschaftsverlauf zu begleichen (Ruckzahlungsbetrag) Vermogenswerte: Barwert des kiinftigen Nettomittelzufiusses, den dieser Posten erwartungsgemaB im normalen Geschaftsverlauf erzielen wird Schulden: Barwert des kiinftigen Nettomittelabflusses, der erwartungsgemaB im normalen Geschaftsverlauf zur Erfilllung der Schuld erforderlich ist
Der Passus „im normalen Geschaftsverkehr" soli auBergewohnliche Verhaltnisse ausschlieBen, also z.B. Liquidations- oder Konkursverkaufe, da in diesen Fallen u.U. geringere Werte erzielt werden konnten. Die genaue Bewertung der einzelnen Bilanzpositionen ist in den IAS und IFRS vorgeschrieben, so dass die Regelung des „Framework" lediglich anzuwenden ist, wenn es an einer speziellen Bewertungsvorschrift mangelt.
166
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
(2) Fortgefiihrte Anschaffungskosten („Amortised Cost") Die Bewertung mit fortgefiihrten Anschaffungskosten stellt die empfolilene BenchmarkMethode bei Sachanlagen dar. Sie sind zu ermitteln durcli Abzug der kumulierten Abschreibungen und der kumulierten Wertminderungsaufwendungen von den urspriinglichen Anschaffungskosten (IAS 16.30). Die fortgefiihrten Anschaffungskosten („Amortised Cost") ergeben sich nach IAS 39.9 im Falle von finanziellen Vermogenswerten und finanziellen Schulden als Betrag der Zugangsbewertung (= Fair Value plus Transaktionskosten) - Tilgungen +/- kumulierte Amortisierung eines Unterschiedsbetrags zwischen erstmaliger Bewertung und Tilgungsbetrag bei Endfalligkeit (Disagio, Agio, Transaktionskosten) gemafi Effektivzinsmethode - aufierplanmaBige Wertminderung (nur beiVermogenswerten') = fortgefiihrte Anschaffungskosten Die urspriinglichen Anschaffungskosten entsprechen dem beizulegenden Zeitwert der gegebenen (im Falle eines Vermogenswertes) oder erhaltenen (im Falle einer Schuld) Gegenleistung entsprechen. Bei der erstmaligen Bewertung sind Transaktionskosten einzubeziehen Unter kumulierter Amortisierung eines Disagios/Agios ist die Summe der bis zum aktuellen Bilanzstichtag erfolgswirksam beriicksichtigten Disagio-(Agio-)Teilbetrage gemeint. Die erfolgswirksame Verteilung der Differenz zwischen Anschaffungskosten und Nominalwert (Agio, Disagio) hat nach der Effektivzinsmethode (zum intemen ZinsfuB der Finanzinvestition) zu erfolgen (IAS 39.9, IAS 39.46f). Mit Hilfe dieses Zinssatzes erfolgt eine Aufzinsung des Ausgabebetrages. Der Aufzinsungsbetrag stellt beim Bmittenten zusatzlichen Zinsaufwand und beim Glaubiger zusatzlichen Zinsertrag dar'.
(3) Der beizulegende Zeitwert („Fair Value") Der beizulegende Zeitwert („Fair Value") wird als der Betrag defmiert, „zu dem zwischen sachverstandigen, vertragswilligen und voneinander unabhangigen Geschaftspartnem ein Vermogenswert getauscht oder eine Schuld beglichen werden konnte" (IAS 16.6., IAS 32.11., IAS 36.6 und IAS 39.9). Der beizulegende Zeitwert dient etwa bei Sachanlagen der Neubewertung nach der alternativ zulassigen Methode (IAS 16.31). Im Rahmen dieser fakultativen Neubewertungsmethode entspricht der beizulegende Zeitwert bei Grundstilcken und Gebauden i.d.R. dem von einem hauptamtlichen Gutachter ermittelten Marktwert (IAS 16.32). Bei technischen Anlagen und der Betriebs- und Geschaftsausstattung ist der beizulegende Zeitwert i.d.R. der geschatzte Marktwert. Fiir den Fall, dass ein Marktwert aufgrund fehlender Markttransaktionen nicht festgestellt werden kann, z.B. bei speziell fiir den Betrieb angefertigten Maschinen, muss der Fair Value durch den Ertragswert (= Summe der abgezinsten erwarteten zukiinftigen Einzahlungsiiberschiisse) oder die fortgefiihrten Wiederbeschaffungskosten geschatzt werden (IAS 16.33).
' Vgl. Kapitel B.m.2.e(l) und B.V.2.
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
Bestimmte Kategorien von Finanzinstrumenten (z.B. spekulativ gehaltene Wertpapiere)' sind mit dem Fair Value zu bewerten. Fur diese Falle gibt es eine Ermittlungsartenhierarchie f%r den Fair Value. Der Marktwert im Sinne eines an einem ,,&then Markt" notierten und veroffentlichten Kurses ist die bestmogliche Konkretisierung des Fair Value. Fiir immaterielle Vermogenswerte wird die Neubewertungsmethode als alternativ mogliche Bewertungsmethode nur zugelassen, wenn ein solcher Marktwert ermittelbar ist (IAS 38.72). Ein aktiver Markt ist ein liquider Markt (d.h. mit genugend vertragswilligen Kaufern und Verkaufern) mit homogenen Produkten und der Offentlichkeit zugiinglichen Preisen (IAS 36.6). Fiir Finanzinstrumente wird der aktive Markt noch konkreter als ein Markt definiert, an dem notierte Preise leicht und regelmal3ig an einer Borse, von Htindlern, Brokern u.a. erhaltlich sind, und diese Preise aktuelle und regelmlinig auftretende Markttransaktionen widerspiegeln (IAS 39.AG71). Wird ein Finanzinstrument nicht an einem aktiven Markt gehandelt, dies ist der Fall bei Markten mit geringem Umsatz oder bei illiquiden Miirkten, so mussen Bewertungsverfahren zur Ermittlung des Fair Value eingesetzt werden. Angemessene Bewertungsverfahren, die zu einer verlasslichen Schatzung des Fair Value fiihren, sind (IAS 39.AG74-82): Vergleich und Anpassung an den aktuellen Marktwert eines anderen Finanzinstruments, das hinsichtlich der Charakteristika im Wesentlichen identisch mit dem zu bewertenden Finanzinstrument ist Ermittlung des Barwerts der erwarteten zukiinftig zufliel3enden Cash Flows (,,Discounted Cash Flow-Methode") und Optionspreismodelle auf Basis von Daten aus einem aktiven Markt (z.B. Black and Scholes-Modell). Transaktionskosten sind weder bei der erstmaligen Bewertung (Zugangsbewertung) zum Fair Value hinzuzurechnen noch bei Folgebewertungen vom Fair Value (als VerauBerungskosten) abzuziehen. (Grundsatz der Wesentlichkeit; IAS 39.43 u.46). Der beizulegende Wert (,,Fair Value") ist somit ein Oberbegriff ftir verschiedene marktnahe Werte, deren Anwendungsbereiche in folgender ~bersichtzusammengefasst werden2:
Marktwert
(falls erforderlich auf einem Markt fir vergleichbaren Posten) Sachanlagen bei Neubewertungsmethode (IAS 16.31)
I hilfsweise Emittlung:
Mark (,market value '3
(falls erforderlich auf einem Markt fur vergleichbaren Posten) Finanzinstrumente (IAS 39.AG71) Immaterielle Vermogenswerte (IAS 38.72)
diskontierte Cash flows
-
I
fortgefuhrte Wiederbeschaffungskosten
modelle
te, sofern kein Marktwert verfiigbar (IAS 39.AG74-82)
Sachanlagen, sofern kein Marktpreis ermittelbar (IAS 16.33)
Genaueres d a m vgl. Kapitel B.III.2.e(l). Vgl. Mujkanovic, R.: Fair Value irn Financial Statement nach International Accounting Standards, Stuttgart 2002, S.186.
168
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
Zur Bestimmung des beizulegenden Zeitwertes bei Sachanlagen wird vorausgesetzt, dass das Sachanlagegut in der gleichen Form weitergenutzt wird wie bislier. Dazu bedarf es der Schatzungen extemer Gutacliter, die den beizulegenden Wert fiir Gmndstucke und Gebaude festlegen. Fur teclinische Anlagen und Maschinen wird der beizulegende Zeitwert vom Unternehmen selbst aufgrund von Schatzungen, die sich am Marktwert ahnlicher Anlagen orientieren, ermittelt. 1st kein Marktpreis vorhanden, ist es notwendig, die Sachanlagegtiter mit den fortgefilhrten Wiederbeschaffungskosten zu bewerten. Diese errechnen sich, indem von den i.d.R. preisindexbasiert geschatzten Wiederbeschaffungskosten fur eine fabrikneue Anlage die bis zum Zeitpunkt der Neubewertung angefallenen kumulierten Absclireibungen, berechnet auf Basis der Wiederbeschaffungskosten, abgezogen werden (sog. Bruttomethode; IAS 16.35)i. Beisvielsaufsabe: Die LowTech International GmbH hat am l.I.Ol eine Maschine erworben: Anschaffungskosten: 40.000 EUR; Nutzungsdauer: 10 Jahre; lineare Abschreibung; Wiederbeschaffungskosten fiir fabrikneue Maschine heute (31.12.03): 50.000 EUR. Wie hoch sind Restbuchwert und und beizulegender Wert (= fortgefiihrte Wiederbeschaffungskosten) per 31.12.03? Losung: Lineare Abschreibung per annum: 4.000 EUR. Restbuchwert zum 31.12.03 = 40.000 E U R - 3 * 4.000 EUR = 28.000 EUR. Lineare Abschreibung auf Basis der Wiederbeschaffungskosten p.a.: 5.000 EUR. Beizulegender Wert (=fortgefiihrte Wiederbeschaffungskosten) per 31.12.03 = = 50.000 EUR - 3 * 5.000 EUR = 35.000 EUR. Liegt nun der Zeitwert ilber dem Buchwert, so ist im Rahmen der Neubewertungsmethode eine Erhohung des Buchwertes erforderlich. Diese Zuschreibung wird erfolgsneutral durchgefiihrt, d.h. sie erhoht nicht ilber die Buchung von Zuschreibungsertragen den Jahresuberschuss, sondem erhoht ohne Beriihrung der GuV direkt das Eigenkapital. Dafur wird eine eigene Unterposition des Eigenkapitals, die sog. Neubewertungsrticklage, reserviert. Beisvielsaufsabe (Forts.): Wie lautet der Buchungssatz in der vorigen Beispielsaufgabe? Losuns: BS: Maschine an Neubewertungsrucklage
7.000 EUR 7.000 EUR.
(4) Der erzielbare Betrag („Recoverable Amount") Fiir die Bewertung von Sachanlagen (auBer Immobilien, die als Finanzinvestition gehalten werden), immateriellen Anlagewerten spielt auBerdem der sog. erzielbare Betrag („Recoverable Amount") eine Rolle. GemaB IAS 36.9f. haben die Unternehmen fur die meisten Vermogenswerte jahrlich am Bilanzstichtag zu priifen, ob Anzeichen fiir eine (unvorhergesehene) Wertminderung vorliegen. Hierbei sind sowohl externe Indizien, wie z.B. rapides Sinken des Marktwertes, als auch interne Indizien, wie z.B. physische Schadhaftigkeit, zu beriicksichtigen Ist dies der Fall, so ist ein Niederstwerttest („Impairment Test") vorzunehmen. Ergibt sich dabei, dass der erzielbare Betrag eines Vermogenswerts unter seinem Siehe auch Kapitel B.III.3.a)(9).
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
Buchwert (,,Carrying Amount") liegt, so ist eine auBerplanmiiBige Abschreibung auf den erzielbaren Betrag vorzunehmen. Der Abwertungsverlust (,,Impairment Loss") ist als Aufwand zu erfassen, es sei denn, der entsprechende Vermogenswert wird nach der Neubewertungsmethode' bewertet.
Unter dern Nutzungswert (,,Value in Use") ist der Barwert der geschatzten kiinftigen Cash Flows aus dern betreffenden Vermijgenswert zu verstehen (IAS 36.6, IAS 36.30). Der Begriff riihrt daher, dass sich diese Cash Flows normalenveise aus der fortgesetzten Nutzung eines Vermogenswertes und seinem Abgang am Ende der Nutzungsdauer ergeben. Bei Finaminstrumenten, die nach IAS 39 zu bewerten sind, ist in bestimmten Kategorien dern Buchwert allein der Barwert der kiinftigen Cash Flows gegenuberzustellen, der dort allerdings nicht Nutzungswert genannt wird. In anderen Kategorien von Finaminstnunenten wird allein der aktuelle Fair Value ohne Abzug der Verkaufskosten mit dern bisherigen Buchwert verglichen. Im deutschen Bilanzrecht findet der Barwert als theoretisch richtiger Vergleichswert nur bei Beteiligungen Venvendung. Aufgrund der Manipulationsgefahr bei der Schatzung der unsicheren zukiinftigen Cash Flows und bei der Festlegung des Diskontierungszinssatzes wurde die Venvendbarkeit von Barwerten von deutschen Bilanztheoretikern immer sehr kritisch beurteilt und im deutschen Bilanzrecht nur ausnahrnsweise zugelassen. Um so erstaunlicher ist, welch relativ grolje Bedeutung Barwerte im IASBKonzept haben. Zur Ermittlung der alternativen Auspragung des erzielbaren Betrags, n h l i c h des Fair Value minus Verkaufskostenkann auf den vorigen Abschnitt venviesen werden. Die beste Konkretisierung des Fair Value ist der notierte Kurs an einem aktiven Markt. Zu den Ermittlungsmoglichkeiten siehe IAS 36.18-57). Haufig wird dieser Wert mit dern NettoverauJ3erungswert (,,Net Realisable Value'? ubereinstimmen, der als Absatzmarktwert auch im deutschen Bilanzrecht die ubliche Konkretisierung des Tageswerts ftir alle zur VerauBerung bestimmten Vermogensgegenstlinde darstellt. Der NettoverauBerungswert stellt bei Vorraten den alleinigen Vergleichswert zum Buchwert dar (IAS 2.9). Er entspricht dern Veraderungswert (,,Realisable Value" (F.100~))nach Abzug eventueller VerauBerungskosten undloder der bis zur Fertigstellung noch anfallenden Kosten bei unfertigen Erzeugnissen. geschiitzter Verkaufserlijs - geschiitzten Kosten bis zu Fertigstellung
Allerdings ist der Fair Value minus Verkaufskosten (als Bestandteil des erzielbaren Betrags) nicht immer mit dern NettoverauBerungswert gleichzusetzen. Zu Differenzen zwiVgl. Kapitel B.III.1.d) und B.III.3.a)(9).
170
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
schen den beiden Werten kann es deshalb kommen, weil der NettoverauBerungswert ein im Rahmen der gewohnlichen Geschaftstatigkeit des Untemehmens zu erwartender Wert und damit unternehmensbezogen ist, wahrend der Fair Value einen objektiven, untemehmensunabhangigen, gesamtmarktbezogenen Wert darstellt (IAS 2.7). Somit ist die Bewertung streng absatzmarktbezogen, auch fiir Rohstoffe z.B., deren Wert retrograd aus dem Verkaufserlos des Fertigerzeugnisses abzuleiten ist. Bei Roh-, Hilfsund Betriebsstoffen kann nach IAS 2.32 im Ausnahmefall aber eine beschaffungsmarktorientierte Wertermittlung angebracht sein. Sollten namlich die gesunkenen Wiederbeschaffungskosten fur RHB-Stoffe darauf hindeuten, dass auch die NettoverauBerungspreise der Fertigprodukte gesunken sind und zwar unter deren Herstellungskosten, so sind die RHBStoffe auf den NettoverauBerungswert abzuwerten. Die Wiederbeschaffungskosten der RHB-Stoffe konnen in diesem Falle als beste Schatzung heranzuziehen sein.
Nicht selten kommt es vor, dass kilnftige Einzahlungsiiberschiisse einem einzelnen Vermogenswert, z.B. einer einzelnen Maschine, nicht isoliert zugeordnet werden konnen. Nur durch eine Gesamtheit von Maschinen (z.B. eine Produktionsinsel mit mehreren zusammenwirkenden Maschinen oder eine gesamte Fertigungsstrafie) kann ein verkaufsfahiges Produkt hergestellt werden und nur diese Gesamtheit erzeugt demnach Zahlungsmittelzuflilsse („Cash flows"), die unabhangig von denen anderer Vermogenswerte sind. Dies ist aber Voraussetzung dafur, den Nutzungswert und somit den erzielbaren Betrag bestimmen zu konnen. In einem solchen Fall hat das Untemehmen eine sog. zahlungsmittelgenerierende Einheit („Cash-Generating Unit") zu bilden, die die Buchwerte samtlicher Vermogenswerte, die dieser Gruppe in zuverlassig stetiger Weise direkt zugerechnet werden konnen, umfasst. Sie ist defmiert als kleinste identifizierbare Gruppe von Vermogenswerten, die Cash Flows erzeugen, die weitgehend unabhangig von den Cash Flows anderer Vermogenswerte sind (IAS 36.6, IAS 36.65-108). Dabei handelt es sich nicht um eine Durchbrechung des Grundsatzes der Einzelbewertung, denn jeder Vermogenswert innerhalb der Gruppe behalt seinen eigenen Buchwert.
e) Teilwert nach EStG Der Teilwert ist der zentrale BewertungsmaBstab in der Steuerbilanz. Die Teilwertdefmition enthalt § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG: Definition: "Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises fur das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen wilrde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortfuhrt." Mit dieser Abgrenzung sind die charakteristischen Elemente des Teilwerts klar umrissen: • gedachter Verkauf des Gesamtunternehmens, • objektiver Wert, • Einzelwert unter Beachtung des funktionalen Zusammenhangs mit dem Gesamtbetrieb, • Fortfuhrungshypothese ("going-concern-Prinzip"). Damit wird deutlich, dass der Teilwert i.d.R. kein EinzelverauBerungspreis (Liquidationswert, Zerschlagungswert) eines Wirtschaftsgutes ist, sondem auch dessen Bedeutung im Rahmen des funktionalen Zusammenhangs mit den iibrigen Teilen des Gesamtbetriebes bei
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
der Bewertung zu beriicksichtigen ist. Es ist also der auf das betreffende Wirtschaftsgut entfallende "Teil" des Gesamtwertes der Unternehmung zu ermitteln. Dies schlieljt beispielsweise auch die Qualitlit der Innenorganisation ein, so dass theoretisch dem Wirtschaftsgut auch ein Anteil am Geschaftswert zuzurechnen ist ("Das Ganze ist mehr wert als die Summe der Werte der Einzelteile"). Die Ermittlung des Teilwertes in der Praxis bereitet allerdings erhebliche Schwierigkeiten. Eine Aufteilung des Firmenwertes auf die einzelnen Wirtschaftsgiiter ("Zurechnungsmethode") ist logisch nicht eindeutig moglich; genauso wenig hilft die rein theoretische Vorstellung weiter, das Unternehmen als Ganzes zweimal zu bewerten, einmal mit und einmal ohne das betreffende Wirtschaftsgut, und die Differenz der beiden Gesamtwerte als Teilwert zu betrachten ("Differenzmethode"). Somit ist die Teilwertdefinition nicht praktikabel. Zum Zwecke der Schatzung des Teilwerts lassen sich aber auf logischem Wege eine Unter- und eine Obergrenze bestimmen (H 6.7 ,,Schatzung" EStH):
Unterprenze: EinzelveraUDerungspreis(evtl. Schrottwert) Im Falle, dass der fiktive Erwerber ein bestimmtes Wirtschaftsgut nicht mehr im Unternehmen benotigt, wird er (mindestens) den Betrag dafiir bezahlen, den er bei sofortiger Veraderung des Wirtschaftsguts erhalten wiirde. Oberprenze: Wiederbeschaffungskosten Mehr als er f i r den Kauf eines gleichartigen, in die betrieblichen Prozessablaufe hineinpassenden Wirtschaftsgutes im gleichen Abnutzungszustand aufbringen miisste (= Wiederbeschaffungskosten), wird der potentielle Erwerber daf& im Rahmen des Gesamtkaufpreises nicht ansetzen. Dazwischen liegt ein weiter Bereich, der im tatsachlichen VerauBerungsfalle als Verhandlungsspielraum anzusehen wiire. Fiir die konkrete Frage der Bewertung in der Steuerbilanz ist die Fixierung von Unter- und Obergrenzen nicht ausreichend, soll nicht ein weiter Manipulationsspielraum offengelassen werden. Um den Begriff "Teilwert" praktikabel zu machen, hat daher der BFH in seiner Rechtsprechung sog. Teilwertvermutungen entwickelt (H 6.7 ,,Teilwertvermutungen" EStH). Im Ergebnis stimmen diese Wertansatze der Steuerbilanz grundsatzlich mit den handelsrechtlichen Vorschriften uberein. Die Teilwertvermutungen mussen vom Bilanzierenden widerlegt werden, wenn von diesem Wert abgewichen werden soll (R 6.7 EStR).
I
Zeitpunkt der spater Zeitpunkt der Bewertung Anmhaffung Art des Wirtschaftsgutes nicht-abnutzbares Anschaffungs- bm. Her- Anschaffungs- bzw. HerAnlagevermogen stellungskosten stellungskosten I
abnutzbares Anlage- Anschaffungs- bzw. Her- I Anschaffungs-1 Hervermogen stellungskosten I stellungskos6snminus I ~bschreibun~enl Umlaufvermogen Anschaffungs- bzw. Her- I Wiederbeschaffungs-
Grundsiltzlich ist dabei von der linearen AfA auszugehen (BFH 30.1 1.1988, BStBl 1989 I1 S. 183)
I I
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung Die eigentliche Teilwertdefinition erhalt erst d a m wieder Bedeutung, wenn es urn die Widerlegung der Teilwertvermutungen geht. Liegt n h l i c h der tatsachliche Teilwert unter dem vermuteten, s o darf gemliR ilj 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG eine aul3erplanmliRige Abschreibung ("Teilwert-Abschreibung") auf den niedrigeren tatsachlichen Teilwert vorgenommen werden.
Beimiel: Die LowTech GmbH griindet zu Beginn des Jahres 01 mit einem Aufwand von 2 Mio EUR (=Anschaffungskosten) eine Tochtergesellschaft, die handgestrickte Kleidungsstiicke herstellen und vertreiben soll. Nach guter Geschaftsentwicklung in den ersten Jahren envirtschaftet die Tochtergesellschaft im Jahre 09 einen Verlust i.H.v. 500.000 EUR. Es stellt sich die Frage, wie die Beteiligung bei der LowTech am 3 1.12.09 zu bewerten ist.
Der Teilwert lLst sich genauso wie der handelsrechtlich beizulegende Wert als Ertragswert der 100%igen Beteiligung ermitteln, der dem Ertragswert der Tochtergesellschaft insgesamt entspricht. Dabei konnte der realisierte Verlust als nachhaltig angesehen werden, so dass sich bei einem Kalkulationszinsful3 von 10% ein (vereinfacht durch Kapitalisierung einer unendlichen Rente berechneter) Ertragswert in Hahe von - 500.000 : 0,10 = - 5 Mio. EUR ergibt. Handelsrechtlich muss die Beteiligung in diesem Fall auf den niedrigeren beizulegenden Wert von Null abgeschrieben werden, sofern es keine kompensierenden Synergievorteile gibt. Auch der (steuerliche) Teilwert betragt Null bzw. 1,- EUR (Erinnerungswert), so dass Identiat von Handels- und Steuerbilanz besteht:
Beispiel: Wie voriges Beispiel, nur erfolgte die Griindung der Tochtergesellschafi erst im Jahre 07, liegt also erst zwei Jahre zuriick, in denen jeweils Verluste erzielt wurden.
Handelsrechtlich ist der Fall genauso zu behandeln wie der vorige, sofern es keine Anhaltspunkte dafiir gibt, dass es sich urn einen einmaligen Verlust handelt. Steuerrechtlich wird dieser Sachverhalt aufgrund des BFH-Urteils vom 27.7.1988 (BStBI 1989 11, S. 274) als Widerlegung der Teilwertvermutung "Anschaffungs- oder Herstellungskosten" nicht anerkannt. Es sei iiblich, dass ein neu gegriindetes Unternehmen in den ersten 3 Jahren (mit Sitz im aul3ereuropaischen Ausland in den ersten 5 Jahren) sog. Anlaufverluste erleidet, weil das Produkt noch nicht marktreif oder noch zu unbekannt ist. Der potentielle Erwerber wiirde beriicksichtigen, dass ihm
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
im Falle einer Neugrundung die gleichen Anlaufverluste entstunden, und daher die gesamten Anschaffungs- oder Herstellungskosten zahlen. Anlaufverluste rechtfertigen also keine Teilwertabs~hreibun~. Aufgrund dei Bewertungsvorbehalts gemtil3 9 5 Abs. 6 EStG ergeben sich unterschiedliche Werte in Handels- und Steuerbilanz(Durchbrechungder Mal3geblichkeit):
lp%iligungen: 1 .-EUR
I
Beteiligungen: 2 Mio. EUR
Der Teilwert f i r Wirtschaftsguter des Vorratsvermogens entspricht nach der Rechtsprechung des BFH p r i m a den Wiederbeschaffungskosten (Waren) bzw. den Wiederherstellungskosten (Erzeugnisse). Dies gilt auch dann, wenn es sich urn absatzbestimmte Wirtschaftsgiiter handelt und der voraussichtliche Nettoverkaufserlos einen Gewinn envarten lasst (R 6.8 Abs. 2 Satz 1 EStR). Die Wiederherstellungskosten entsprechen den fiktiven Selbstkosten der Erzeugnisse am Bilanzstichtag.
Anschaffungspreis am Bilanzstichtag (ggf. eines vergleichbaren Vermogensgegenstands)
+ Anschaffungsnebenkosten (Frachten etc.)
I
[I - Anschaffungskostenminderungen (Lieferantenskontietc.) )I Beispiel:
Die LowTech GmbH handelt auch mit Rasierapparaten. Vereinfachend sei angenommen, dass der durchschnittlichkalkulierte Unternehmergewinn = 0 ist. Folgende Wertekonstellation gilt: Anschaffungskosten (Einstandspreis) bzw. Buchwert = 100 EUR, Wiederbeschaffungskosten am Bilanzstichtag = 75 EUR, Verkaufspreis am Bilanzstichtag = 100 EUR, Rabatt und Skonto = 5 EUR.
I
Anschaffungskosten I (~instandi~reis) = 100 EUR
Nettoverkaufserlos = 95 EUR
I
Wiederbeschaffungskosten = 75 EUR
I
GemaI3 R 6.8 Abs. 2 Satz 1 EStR entspricht der Teilwert (s. Teilwert-Definition, $ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG) in diesem Falle den Wiederbeschaffungskosten i.H.v. 75 EUR, also dem niedrigsten der drei Werte. Dies gilt auch dam, wenn der Nettoverkaufserlos z.B. 120 EUR betragt und somit ein Gewinn aus dem Verkauf der Waren zu envarten kt. Fiir die Abwertung auf die Wiederbeschaffungskosten gabe es d a m nur die Rechtfertigung, dass der Gewinn noch hoher ausfallen wiirde, hatte man die Waren nicht im Laufe des Geschaftsjahres zu 100 EUR, sondern am Bilanzstichtag zu 75 EUR eingekauft. Dieser hypothetisch hohere Gewinn wird durch die Abschreibung auf die Wiederbeschaffungskosten bei der Warenverau13erung d a m tatsachlich ausgewiesen. Die eigentliche Ursache dieser dem handelsrechtlichen Prinzip der verlustfreien Bewertung (vgl. Kapitel "Tageswert") widersprechenden Bewertungsweise liegt in der alleinigen Betrachtung des isolierten Beschaffungsgeschafts, ohne den Zusammenhang zum Absatzgeschaft (mit ggf. bereits fest
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung vereinbarten Verkaufspreisen) zu beachten'. Zweifel an dieser Betrachtungsweise im Hinblick auf das Imparitatsprinzip hat auch der BFH2 geadert. Nach dern BFH-Urteil vom 29.4.1999 (BStBI. I1 1999 S. 681) hangt der Teilwert von zum Absatz bestimmten Waren nicht nur von ihren Wiederbeschaffungskosten, sondern auch von ihrem voraussichtlichen Veraul3erungserlos ab.
voraussichtlicher Verkaufspreis
- Erlosschmalerungen(Kundenskonti etc.)
I --
noch anfallende Produktionskosten bei Unfertigen Erzeugnissen nach dern Bilanzstichtag anfallende betriebliche Aufwendungen (fir Verwaltung und Vertrieb)
1
- durchschnittlicher Unternehmergewinn Beispiel:
Fiir die Rasierapparate gelte nun eine leicht veranderte Wertekonstellation: Anschaffungskosten (Einstandspreis) bzw. Buchwert = 100 EUR, Wiederbeschaffungskosten am Bilanzstichtag = 75 EUR; Verkaufspreis am Bilanzstichtag = 90 E m , Rabatt und Skonto = 5 EUR, nach dern Stichtag noch anfallende Aufwendungen = 10 E m , durchschnittlicher Unternehmergewinn = 20 EUR.
I
Anschaffungskosten I Nettoverkaufserlos 85 EUR (~instandi~reis) - noch anfallende Aufivendungen 10 EUR - Unternehmergewinn 20 EUR = 100 EUR = 55 EUR
I Wicderbeschaffungs- I kosten EUR
= 75
In diesem Falle entspricht der Teilwert von absatzbestimmten Wirtschaftsgutern des Vorratsvermogens dern Nettoverkaufserlos abzuglich des durchschnittlichen Unternehmergewinns und abzuglich betrieblicher Aufwendungen, die nach dern Bilanzstichtag noch anfallen werden (R 6.8 Abs. 2 Satz 3 EStR). Da zur Teilwertermittlung zwei Werte mit den Anschaffungskosten (bzw. dern Buchwert) verglichen werden miissen, m.a.W. zweimal der Niederstwerttest durchzuflihren ist, wird die steuerrechtliche Bewertungsregel auch als "doppeltes Niederstwertprinzip" bezeichnet. Der Abzug des durchschnittlichen Unternehmergewinns hat zur Folge, dass bei der spateren Veraderung dieser mit dern Teilwert bewerteten Waren der Gewinn dern urspriinglich kalkulierten Gewinn entspricht, falls alle Daten bis dahin unveriindert bleiben. Dieses Vorgehen ist durch das Imparititsprinzip nicht gedeckt, da hiernach nur Verluste vorweggenommen werden mussen, nicht aber daruber hinausgehende Abwertungen vorzunehmen sind, infolge derer der urspriinglich kalkulierte Gewinn spater auch tatsachlich ausgewiesen wird. Vgl. BFH 29.7.1965, BStBI. 111 S. 648. Die Zweifel wurden vom BFH im Zusammenhang mit Riickstellungen fdr drohende Verluste aus schwebenden GeBFH 16.12.1987, BStBI. 1988 I1 S. 338.
schaften geaubert, vgl.
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
175
Sofem die nach dem Bilanzstichtag bei den einzelnen Kostenarten noch jeweils anfallenden Kosten aus der Betriebsabrechnung ersichtlich sind, erlaubt R 6.8 Abs. 2 Satz 4 EStR die Anwendung der sog. Subtraktionsmethode, d.li., die Kurzung des erzielbaren Verkaufserloses um den nach dem Bilanzstichtag noch anfallenden Teil des durchschnittlichen Rohgewinnaufschlags.^ ZweckmaBig ist sie insbesondere bei Handelsbetrieben.
Beisyielsaufeabe: Anschaffungskosten (Wareneinstandspreise) der Rasierapparate pro Stiick =100 EUR; Wiederbeschaffungskosten am Bilanzstichtag = 75 EUR; Verkaufspreis am Bilanzstichtag = 90 EUR; Rabatt und Skonto = 5 EUR; Rohgewinnaufschlagssatz = 100% (bezogen auf den Wareneinsatz /die Anschaffungskosten); darin enthahencr durchschnittlicher Unternehmergewinnaufschlagssatz = 20%; durchschnittlicher Untemehmergewinn = 20% von 100 EUR = 20 EUR; It. Betriebsabrechnung fallen 30% der betrieblichen Kosten nach dem Bilanzstichtag an; Wie hoch ist der Teilwert der Waren pro Stiick? Losuns: voraussichtlicher Verkaufspreis - Erlosschmalerungen (Kundenskonti etc.) = NettoverauBerungserlos - noch anfallende betriebliche Aufwendungen - durchschnittlicher Untemehmergewinn (10%) = Teilwert der Waren pro Stiick
90 EUR -5 EUR = 85 EUR - 24 EUR - 8,50 EUR = 52,50 EUR
Durch Anwendung des Rohgewinnaufschlags (100%) auf die Anschaffungskosten von 100 EUR ergibt sich der geplante Nettoverkaufserlos von 200 EUR, auf den die zu erwartenden Preisnachlasse noch aufgeschlagen werden. Der durchschnittliche Untemehmergewinn lasst sich als Aufschlag (20%) auf die Anschaffungskosten (100 EUR) oder als sog. Handelsspanne (= Rohgewinnsatz = 10%) bezogen auf den NettoverauBerungserlos (200 EUR) ausdriicken und betragt 20 EUR. Der Abzug des durchschnittlichen Unternehmergewinns zwecks Ermittlung des Teilwerts erfolgt in Hohe von 10% vom (gesunkenen) NettoverauBerungserlos (85 EUR). Die betrieblichen Kosten (v.a. Personalkosten, Raumkosten), von denen 30% nach dem Bilanzstichtag anfallen, ergeben sich aus folgender Rechnung: geplanter NettoverauBerungserlos (= BezugsgroBe) - durchschnittlicher Untemehmergewinn (10%) - Wareneinsatz (Anschaffungskosten) (50%) = betriebliche Aufwendungen
200 EUR - 20 EUR -100 EUR = 80 EUR
Probe: = Rohgewinnaufschlagssatz (100%)
Wareneinsatz (AK) (=Bezugsgr6Be) + Reingewinnaufschlagssatz (20%) + Aufschlagssatz ftir betriebl. Aufwand (80 %) = geplanter NettoverauBerungserlos (200%)
100 EUR + 20 EUR + 80 EUR = 200 EUR
Der durchschnittlich kalkulierte Untemehmergewinn betragt, bezogen auf den NettoverauBerungserlos, 10% und damit am Bilanzstichtag absolut 8,50 EUR. Die noch anfallenden betrieblichen Aufwendungen betragen 80 EUR. Sie sind nicht zu proportionalisieren, da sie sich nicht andem, wenn der NettoverauBerungserlos sinkt.
' Vgl. H 6.8 „Beispiele fur die Bewertung von Wirtschaftsgiltem des Vorratsvermogens...; Subtraktionsmethode" EStH.
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
Ursvriinaliche Kalkulation 10% des NVE =
+
betriebl. ~ u f w h d 80% des WES = 80 €
Wareneinsatz (WES) (zu AK) = 100 €
1
Ermittlung des Teilwerts am Bilanzstichtag
= 40% des NVE
= 50%
- noch anfallender Aufwand = 8W * O,3 = 24 €
des NVE
L a t sich der nach dern Bilanzstichtag noch anfallenden Teil des durchschnittlichen Rohgewinnaufschlags nicht ermitteln, weil z.B. kein entsprechend ausgestaltetes Warenwirtschaftssystem im Betrieb vorhanden ist, so kann der Teilwert der Waren auch nach folgender Rechnung ermittelt werden (sog. Formelmethode; vgl. R 6.8 Abs. 2 Satze 5-6 EStR und H 6.8 ,,Beispiele fiir die Bewertung von Wirtschaftsgutern des Vorratsvermogens.. .; Formelmethode" EStH): Verkaufserlos
1 + modifizierter Rohgewinnaufschlagssatz Dabei setzt sich der modifizierte Rohgewinnaufschlagssatz aus einem Prozentsatz fiir den durchschnittlichen Unternehmergewinn und dern Anteil des restlichen Rohgewinnaufschlagssatzes zusammen, der erst nach dern Bilanzstichtag anfallen wird. Diese Modifikation der Teilwertberechnung in R 6.8 Abs. 2 EStR 2005 (genauso R 36 Abs. 2 EStR 2003) gegenuber R 36 Abs. 2 EStR 2001 ist vor dern Hintergrund der Teilwertdefinition durchaus einleuchtend, fiihrt aber zu einem wesentlich hoheren Teilwert als nach der alten Berechnungsweise ohne diese Modifikation des Rohgewinnaufschlagssatzes. Beis~ielsaufpabe: Gesucht ist wieder der Teilwert der Waren pro Stiick. Es gelten dieselben Angaben wie in der vorigen Beispielsaufgabe mit dern Unterschied, dass die nach dern Bilanzstichtag noch anfallendkn betrieblichen ~ u f w e n d u n ~ e(v.a. n Personal- und Mietaufwand) geschatzt werden miissen, und zwar als Prozentsatz des im urspriinglichen Rohgewinnaufschlagssatz steckenden Kostenanteils. Der Prozentsatz wird auf durchschnittlich 30% geschatzt. Auaerdem sei der exakte Rohgewinnaufschlag fiir die Rasierapparate nicht bekannt und muss aus der GuV jahresbezogen und somit als Durchschnitt entnommen werden. Angaben aus der GuV: Warenverkaufserlose = 20.000 EUR, Wareneinsatz = 10.000 EUR; betrieblicher Aufwand = 8.000 EUR, Reingewinn = 2.000 EUR; Losunp: Rohgewinn = Reingewinn + betrieblicher Aufwand = 10.000 EUR, Rohgewinnaufschlagssatz = Rohgewinn : Wareneinsatz = = 10.000EUR : 10.000 EUR = 1,O bzw. 100%; durchschnittlicherReingewinnaufschlagssatz= Reingewinn : Wareneinsatz = = 2.000 EUR : 10.000 EUR = 0,2 bzw. 20%; Rohgewinnaufschlagsrest fir betriebliche Aufwendungen (nach Abzug des Reingewinnaufschlagssatzes) = 1,O - 0,2 = 0,8.
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
177
Der Teilwert der Waren betragt gemaB R 6.8 Abs. 2 Satze 5-6 EStR nach der Formelmethode bei entsprechenden Nachweisen = 85 : (1 + 0,2 + 0,8 * 0,3) = 59,03 EUR. Bei vergleichbaren Zahlen ergibt sich ein deutlich hoherer Teilwert als bei der Subtraktionsmethode. Nach der friiheren Berechnungsweise nach R 36 Abs. 2 EStR 2001 hatte sich ein wesentlich geringerer Teilwert von 85 : (1 + 1,0) = 42,50 EUR mit entsprechend hoheren Abschreibungsmoglichkeiten ergeben.
Sollten ausnahmsweise Fertige und Unfertige Erzeugnisse gleicher Art, Funktion und Gtlte auch von Dritten, also etwa von Konkurrenzanbietem, beziehbar sein, so gelten fiiir die Ermittlimg des Teilwerts dieselben Uberlegungen wie bei Handelswaren ("doppeltes Niederstwertprinzip ") • Bei der Bewertung der Unfertigen Erzeugnisse ist vom Bundesfinanzministerium im Jahre 2001 das Imparitatsprinzip aus dem Bilanzsteuerrecht noch ein Stiickchen mehr herausgestrichen worden. Nach Meinimg des BMP diirfen daher Verluste nur noch insoweit durch eine Teilwertabschreibung vorweggenommen werden, als sie anteilig dem Produktionsstand des einzelnen Wirtschafltsguts entsprechen.^ Der gedachte Erwerber wiirde namlich im Rahmen des Gesamtkaufpreises nur den anteiligen Erios abziiglich des durchschnittlichen Unternehmergewinns fur das einzelne Erzeugnis bezahlen. Somit sei der durch zukiinftig noch erfolgende Aufwendungen zur Fertigstellung des Unfertigen Erzeugnisses verursachte Verlust strikt von der Bewertung der Erzeugnisse zu trennen, da er zum (negativen) Ergebnis des gesamten schwebenden Geschafts gehort, das gemaB § 5 Abs. 4a EStG unter Missachtung des Niederstwertprinzips steuerrechtlich nicht vor seiner Realisierung beriicksichtigt werden darf.^ Diese Argumentation hat der BFH in seinem Urteil vom 7.9.2005^ verworfen und eine Teilwertabschreibung bei unfertigen Bauten in Hohe des gesamten Verlustes aus dem noch nicht abgewickelten Bauauftrag zugelassen. Nach Meinung des BFH hat namlich die Bewertung von Vorraten nichts mit dem Ansatz und der Bewertung von schwebenden Geschaften und daher auch nichts mit dem steuerrechtlichen Verbot zur Bildung von Drohverlustriickstellungen zu tun. Bei der Bewertung unfertiger Erzeugnisse sei allein der Teilwertgedanke maBgebend. Ein gedachter Erwerber des gesamten Unternehmens wird selbstverstandlich die unfertigen Erzeugnisse nur verlustfrei kalkuliert iibemehmen. M.a.W. er wird die in den „gekauften", aber noch nicht fertiggestellten Auftragen enthaltenen Verluste preismindernd beriicksichtigen. Damit sind die BMF-Schreiben vom 27.4.2001 und vom 14.11.2000 nur noch Makulatur.
Bei Wertpapieren des Anlage- oder des Umlaufvermogens entspricht der Teilwert immer den Wiederbeschaffungskosten am Bilanzstichtag, auch wenn eine VerauBerung der Wertpapiere beabsichtigt ist. Die bei der Anschaffung angefallenen Anschaffungsnebenkosten (Bankenprovision, Maklercourtage) sind entsprechend dem Kursrilckgang zu proportionalisieren'' Die Tatsache, dass der gedachte Erwerber des Betriebs die Nebenkosten nicht entgelten wird, wenn er die Wertpapiere im Betrieb nicht benotigt, da er sie bei Veraufierung noch einmal bezahlen miisste, wird vom BFH ignoriert mit der Begriindung, dass z.B. ein zum Bilanzstichtag erworbenes Wertpapier auch keinen niedrigeren Teilwert haben konne als die Anschaffungskosten.
' Vgl. BMF-Schreiben vom 27.4.2001 zu halbfertigen Erzeugnissen, DB 2001, S. 2018 f. Genauso BMF-Schreiben vom 14.11.2000 zu halbfertigen Bauten auf fremdem Grund und Boden, DStR 2000, S. 2043, und FG Rheinland-Pfalz 18.11.2002 (Rev. eingelegt), EFG 2003, S. 289 ff. 2Vgl. KapitelB.Vm.l.c). 3 BFH 7.9.2005, Vlll R 1/03, DStR 2005, S. 1975 ff. ^ BFH 15.7.1966, BStBI. 1966 III S. 643.
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung Beis~ielsaufpabe: Am 30.12.01 erwirbt die LowTech GmbH 100 Stiick Aktien der Kuckucks-Uhr AG zum Borsenkurs von 500 EUR plus insgesamt 550 EUR Nebenkosten. Da eine alsbaldige VerauSerung geplant ist, werden die Aktien im Umlaufvermogen bilanziert. Mit welchem Wert sind die Wertpapiere einen Tag spater am Bilanzstichtag (3 1.12.01) in Handels- und Steuerbilanz anzusetzen? Beachten Sie, dass die Borse am 31.12. geschlossen ist und der Borsenkurs somit unverandert kt.
lo sun^: Da VerauSerungsabsicht besteht, ist handelsrechtlich der Tageswert vom Absatzmarkt herzuleiten. Der NettoverauSerungserlos ergibt sich aus dem Borsenkurs abziiglich der Verhherungskosten, betragt also 50.000 EUR - 550 EUR = 49.450 EUR. Steuerrechtlich entspricht laut Rechtsprechung der Teilwert von Wertpapieren immer den Wiederbeschaffungskosten, so dass die Wertpapiere mit den Anschaffungskosten plus Anschaffungsnebenkosten = 50.000 EUR + 550 EUR = 50.550 EUR anzusetzen sind (Bewertungsvorbehalt gemal3 5 5 Abs. 6 EStG).
11 Wemaviere des Umlauf- I Wemaviere des Umlauf- II
1
vek&ns:
49.450 EUR
I
vemkiens: 50.550 EUR
1
Beispielsaufeabe: Am 15.3.01 erwirbt die LowTech GmbH 100 Stuck Aktien der Kuckucks-Uhr AG zum Borsenkurs von 500 EUR plus insgesamt 550 EUR Nebenkosten. Da eine alsbaldige Veraul3erung geplant ist, werden die Aktien im Umlaufvermogen bilanziert. Mit welchem Wert sind die Wertpapiere am Bilanzstichtag (31.12.01) in Handels- und Steuerbilanz anzusetzen, wenn der Borsenkurs dann 300 EUR betragt? Losune: Auch in diesem Falle ist der NettoverauSerungserlos handelsrechtlich mdgebend. Die Nebenkosten sind entsprechend dem Borsenkursruckgang zu vermindern. Da der Borsenkurs um 215 zuruckgegangen ist, ergeben sich verringerte VerauSerungskosten i.H.v. 315 * 550 EUR = 330 EUR. Der Bilanzwert der Aktien betragt also 30.000 EUR - 330 EUR = 29.670 EUR. Steuerrechtlich sind die Wiederbeschaffungskosten einschliel3lich proportionalisierter Anschaffungsnebenkosten anzusetzen. Eine alternative Berechnungsweise der verringerten Nebenkosten besteht darin, diese als Prozentsatz des Borsenwerts der Papiere auszudriicken: 550 EURl50.000 EUR = 1,1%. Steuerbilanzwert der Aktien: 30.000 EUR + 1,1% von 30.000 EUR = 30.330 EUR (Bewertungsvorbehalt gemiiB 5 5 Abs. 6 EStG).
1
verrkiens: 29.670 EUR
I
vemkiens: 30.330 EUR
1
Aufgabe 19: Teilwert Da die LowTech GmbH fur das Jahr 02 einen Boom beim Absatz von Heimstrickmaschinen erwartete, bestellte sie Mitte des Jahres 01 noch 2 vollautomatische Fertigungsanlagen ftir die Herstellung von Heimstrickmaschinen zum Preis von jeweils 200.000 EUR. Bei Lieferung der Fertigungsanlagen im Dezember 01 war die Heimstrick-Modewelle bereits voruber, so dass die Kapazitat vollig uberdimensioniert war und beide Anlagen nicht mehr benotigt wurden. Die immer hervorragende Gewinnsituation der LowTech erfuhr aufgrund der starken Diversifikation des Produktionsprogramms durch diesen Flop keine nennenswerte Beeintrachtigung, die Rentabilitat blieb weiterhin uber dem Branchendurchschnitt. 1st der Teilwert der beiden gerade gelieferten Fertigungsanlagen unter die Anschaffungskosten gesunken, so dass eine Teilwertabschreibung moglich wird?
Grundlagen der Bilanzierung und Bewertung
179
Aufgabe 20: Tageswert und Teilwert von Wertpapleren Zu Beginn des Jahres 01 erwarb die LowTech GmbH 200 Stilck Aktien der Papenburger Kammgarnspinnerei AG zum Borsenkurs von 220 EUR pro Aktie mit Nebenkosten von insgesamt 660 EUR. Aufgrund der stark verschlechterten Ertragslage der AG sank der Borsenkurs bis zum Bilanzstichtag 31.12.01 auf 88 EUR pro Aktie. Wie hoch ist der (handelsrechtliche) Tageswert und wie hoch der Teilwert des gesamten Aktienbestandes, wenn die Aktien a) als Wertpapiere des Anlagevermogens einer dauernden Kapitalanlage dienen sollen, b) nur zu spekulativen Zwecken mit tsaldiger VerauBerungsabsicht im UmlaufVermogen gehalten werden sollen?
Weiterfuhrende
Literatur:
Euler, R:
Zur Verlustantizipation mittels des niedrigeren beizulegenden Wertes und des Teilwertes, ZfbF 1991, S. 191. Bewertung von Auslandsbeteiligungen, Koln 1992.
Herzig, N. (Hrsg.): Freidank, C.-C:
Die Behandlung von Leerkosten im handels- und steuerrechtlichen Jahresabschluss, in: Otte, H.-H. (Hrsg.): Praxis der GmbH-Rechnungslegung, Herne/Berlinl992, S. 304ff. Erfolgsrealisierung bei langlristigen Fertigungsprozessen, DB 1989, S. 1197 ff. Der Teilwert, Bochum 1984.
Freidank, C.-C: Jaeger, W.: Liidenbach, N./Hoffmann, Imparitatische Wahrscheinlichkeit - Zukunfitswerte im lAS-Regelwert, KoR W.-D.: 2003,8.5-14. Muller-Dott, J.P.: Teilwertabschreibungen auf Auslandsbeteiligungen, FR 1987 S. 489 ff. und Steuerberaterjahrbuch 1988/89, S. 163 ff Mujkanovic, R.: Fair Value im Financial Statement nach International Accounting Standards, Stuttgart 2002. Sandig, C: Die Bilanzierung von Beteiligungen an Unternehmungen im Ausland, in: Worner/Krone (Hrsg.): Aktuelle Datenverarbeitung und Bilanzierung, Taylorix Fachverlagl971,S. 167 ff. Schafer.K.: Herstellungskosten und Einbeziehung der Gemeinkosten, DStZ 1991, S. 430 ff Schildbach, T.: Niedriger Zeitwert versus Teilwert und das Verhaltnis von Handels- und Steuerbilanz, in: Steuerberaterjahrbuch 1990/91, S. 31 ff. Schmidt, A.: Kostenrechnung - Grundlagen der VoUkosten-, Deckungsbeitrags- und Plankostenrechnung sowie des Kostenmanagements, 4. Aufl., Stuttgart 2005. Schneeloch, D.: Herstellungskosten in Handels- und Steuerbilanz, DB 1989, S. 285 ff Schulze zur Wie- Teilwertabschreibungen auf Auslandsbeteiligungen, FR 1987, S. 385 ff und sche, D.: 609 ff. Fremdkapitalzinsen in der Kalkulation der bilanziellen Herstellungskosten, DB Selchert, F.W.: 1985, S. 2413 ff. Selchert, F.W.: Probleme der Unter- und Obergrenze von Herstellungskosten, BB 1986, S. 2298 ff Selchert, F.W.: Das Realisationsprinzip - Teilgewinnrealisierung bei langfristiger Auftragsfertigung, DB 1990, S. 797 ff Stewing, C: Bilanzierung bei langfristiger Auftragsfertigung, BB 1990, S. 100 ff Streim, H./ Esser, Rechnungslegung nach lAS/IFRS - Ein geeignetes Instrument zur ZahlungsbeM.: messung?: Bewertungsfragen, StuB 2003, S. 781 ff. Vater, H.: Grundlagen und Probleme des Fair Value Accounting, UM 2003, S. 141 ff. Wohlgemut, M.: Die Anschaffungskosten, in: Handbuch des Jahresabschlusses in Einzeldarstellungen, hrsg. von Wysocki, K. von, Schulze-Osterloh, J.; Koln 1984/90, Abt. 1/9, 2. Aufl., 1988. Wohlgemut, M.: Die Herstellungskosten in der Handels- und Steuerbilanz, ebenda, Koln 1991. Wohlgemut, M.I Der BewertungsmaBstab „Anschaffungskosten" nach HGB und IAS - DarstelRadde, J.: lung der Besonderheiten und kritische Gegeniiberstellung, WPg 2000, S. 903 ff
180
Bilanzierung und Bewertung des Aniagevermogens
III. Bilanzierung und Bewertung des Aniagevermogens Lernziele:
Der Laser soil
•
Pflicht- und Wahlmoglichkeiten in der Bewertung des Aniagevermogens unterscheiden und die bjlanzpolitischen Wirkungen der Bewertungswahlrechte ermessen lernen
•
Unterschiede in der Bewertungskonzeption des Aniagevermogens je nach Rechtsform erfahren
•
planmdfiige von aufierplanmafiigen Wertminderungen unterscheiden lernen
•
die Inhalte der Bilanzposten des Aniagevermogens, ihre Abgrenzungen, Aussagekraft und Problematik erfassen
•
die Aussagefdhigkeit des Anlagespiegels beurteilen lernen
•
mit den verschiedenen Methoden der planmdfiigen Abschreibung und deren Anwendungsvoraussetzungen sowie deren Kombination mit der aufierplanmafiigen Abschreibung vertraut werden
•
die Arten steuerlicher Abschreibungen, deren Ausweisalternativen und deren Auswirkungen aufdie Handelsbilanz kennenlernen
»
sick mit den Grundsdtzen der Bilanzierung bei Leasing beschdftigen.
1. Die Bewertungskonzeption beim Anlagevermogen Das Anlagevermogen stellt - abgesehen von bereits erwahnten Problempositionen - den ersten groBen Block auf der Aktivseite der Bilanz dar. Fiir das Anlagevermogen und im UmkehrschluB auch fur das Umlaufvermogen besteht eine Legaldefinition im HGB: Definition: "Beim Anlagevermogen sind nur die Gegenstande auszuweisen, die bestimmt sind, dauemd dem Geschaftsbetrieb zu dienen." (§ 247 Abs. 2 HGB) Die Zuordnung eines Vermogensgegenstands ist also abhangig von seiner Zweckbestimmung am Bilanzstichtag, wobei diese auch von einem Bilanzstichtag zum nachsten wechseln kann. Welchen Zeitraum der Begriff "dauemd" umfasst, ist handelsrechtlich nicht bestimmt und auch nicht maBgeblich. Wichtig ist, dass es sich nicht um Verbrauchsgtiter und nicht um zum Absatz bestimmte Gtiter und Leistungen handelt, sondem um Gebrauchsguter, die der ErfilUung der betrieblichen Teilfunktionen (Beschaffung, Produktion, Absatz, Verwaltung) dienen sollen. Beispiele: • Der von einem Autohandler als Vorfilhrwagen genutzte PKW gehort zum Anlagevermogen, da er mehrere Monate lang "dauernd" dem Geschaftsbetrieb dient. Sobald sich die Zweckbestimmung andert, der PKW also als Gebrauchtwagen verauBert werden soil, gehort er genauso wie alle Neuwagen zum Umlaufvermogen. Ebenso verhah es sich z.B. mit Musterkuchen und Musterhausern einer (Fertighaus-) Baufirma. Umgekehrt findet eine Umbuchung vom Umlaufvermogen ins Anlagevermogen statt, wenn ein zum Verkauf bestimmter PKW in seiner Zweckbestimmung umgewidmet und als Leasing-Fahrzeug verwendet wird.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
181
• Wertpapiere gehoren dann zum Umlaufvermogen, wenn am Bilanzstichtag beabsichtigt ist, die Papiere bei gunstiger Gelegenheit wieder zu verauCern, sie also spekulativen Zwecken oder als zwischenzeitliche Anlage vorubergehend freigesetzter Mittel dienen. Wenn sie dagegen als langfristige Kapitalanlage gehalten werden sollen, sind die Wertpapiere dem Anlagevermogen zuzuordnen. Probleme bei der Einordnung zum Anlage- oder zum Umlaufvermogen ergeben sich haufig bei Zusatzteilen zum Anlagevermogen. Die Beispiele sind vielfaltig, sie reichen vom kleinen Bohrer als VerschleiBwerkzeug bis hin zum Dilsentriebwerk eines Verkehrsflugzeuges. In der Praxis hat sich als kaufmannische Ubung herausgebildet, die Erstausstattung solcher Erganztmgsteile (also beim Neukauf der Gesamtanlage) als Anlagevermogen imd die spater zugekauften Ersatz-Erganzungsteile als Vorrate im Umlaufvermogen auszuweisen.
a) Die Bewertungskonzeption fiir Einzelunternehmen und Personenhandelsgesellschaften (Handelsrecht) Die Gegenstande des Anlagevermogens werden in solche mit zeitlich begrenzter und solche mit zeitlich nicht begrenzter Nutzimg unterschieden. Die Gegenstande der ersten Gruppe nutzen sich also im Gegensatz zu denen der zweiten Gruppe auch bei planmaBigem Gebrauch im Laufe der Zeit stetig ab. Diese laufende Abnutzung imd Wertminderung wird durch die sog. planmaBigen Abschreibungen (§ 253 Abs. 2 Satz 1 HGB) beriicksichtigt. Die Vornahme planmaBiger Abschreibimgen ist aufgrund des Grundsatzes der zeitlichen und sachlichen Abgrenzung verpflichtend. Da der Wertminderungsverlauf imterschiedlich sein karm, steht eine Reihe von Abschreibungsverfahren (vgl. Kapitel B.III.3.a) zur Verfiigung, um die tatsachliche laufende Wertminderung moglichst exakt abbilden zu kormen. AuBerordentliche Wertminderungen konnen bei beiden genannten Gegenstandsgruppen durch die sog. auBerplanmaBigen Abschreibungen beriicksichtigt werden. Auf diese Weise konnen bzw. mtissen die Vermogensgegenstande auf ihren Tageswert (vgl. Kapitel B.II.3.C) abgeschrieben werden. Ausgangspimkt ist das sog. Anschaffunsskostenprinziv (§ 253 Abs. 1 Satz 1 HGB). Danach sind die Gegenstande mit zeitlich unbegrenzter Nutzimg hochstens mit ihren Anschaffungs- oder (im Falle der Selbsterstellimg) Herstellungskosten und die Gegenstande mit zeitlich begrenzter Nutzung mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzuglich der bis zum Bilanzstichtag aufgelaufenen planmaBigen Abschreibungen (sog. '"fortgefuhrte Anschaffungs- oder Herstellungskosten"') anzusetzen. Eine hohere Bewertung verbietet das Realisationsprinzip (vgl. Kapitel A.IV.2.b). Dagegen ist ein niedrigerer Wert aufgrund einer den handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften entsprechenden aufierplaimiaBigen Abschreibung moglich oder zwingend. Einen Uberblick tiber die gesamte Bewertungskonzeption gibt obiges Schaubild.
' Dieser Begriff kann auch als AusgangsgroBe einen an die Stella der Anschaflxings- oder Herstellungskosten tretenden Wert, z.B. einen Einlagewert, beinhalten und neben den planmaBigen Abschreibungen zusatzlich Minderungen wie Sonderabschreibungen, erhohte Absetzungen, Bewertungsabschlage nach § 6b EStG und ahnliche Abztlge umfassen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG).
Bilanzierung und Bewertung des AnlagevermGgens
Anlagevermogen
hindems (5 253 Abs. 2 Satz 3 HGB)
I
Wertminderung (g 253 Abs. 2 Satz 3 HGB) (2) Ausnutzung einer nur steuerrechtlich zulbsigen Abschreibung (5 254 HGB) (3) weiteren Abschreibungen im Rahmen verniinftiger kaufmhnischer Beurteilung (§ 253 Abs. 4 HGB)
Zu (1): Die fiir Einzelkaufleute und Personenhandelsgesellschafien,die nicht dem Publizitatsgesetz unterliegen, giiltige Bewertungskonzeption des Anlagevermogens lasst sich mit dem Begriff "gemildertes Niederstwertprinzip" umschreiben. Definition:
I
Gemildertes Niederstwertprinzip: Es besteht die Pflicht, eine aul3erplanrntiJ3ige Abschreibung auf einen niedrigeren Tageswert vorzunehmen, wenn es sich urn eine voraussichtlich dauerhafte Wertminderung handelt;- lie& - ledialich eine voraussichtlich voriiberaehende we-&ninderung vor, so bekeht ein Wahlrecht zur Abwertung.
I
Das gemilderte Niederstwertprinzip stellt eine Konkretisierung des Imparittitsprinzips dar, nach dem bereits verursachte und absehbare, aber noch nicht eingetretene Verluste zu antizipieren sind. Dieser strenge, immer als Verpflichtung anzusehende Grundsatz wurde im Anlagevermogen jedoch nur im Falle einer als dauerhafi erwarteten Wertminderung in die gesetzliche Bewertungskonzeption aufgenommen. Die Abmilderung des strengen Imparitatsprinzips im Falle einer voraussichtlich voriibergehenden Wertminderung lasst sich vor dem Hintergrund verstehen, dass Gegenstkinde des Anlagevermogens im allgemeinen wtihrend ihrer gesamten Nutzungsdauer im Unternehmen verbleiben. Eine temporiire Wertmin-
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermirgens derung muss in diesem Falle nicht zu einer aufierplanmafiigen Abschreibung fihren, da eine spatere Verlustrealisierung unwahrscheinlich ist. Die Griinde f i r eine aul3erplanmiil3ige Abschreibung sind vielfaltig und wurden in den Kapiteln "Tageswert" und "Teilwert" ausfiihrlich behandelt. Daher geniigt hier eine Zusammenstellung der wichtigsten Griinde in Tabellenform:
Absinken des Beschaffungsmarktpreises(Hersteller senkt Listenpreis, Borsenkurs sinkt) Absinken des Ertragswertes (bei Beteiligungen) Stilllegung oder Unterauslastung von technischen Anlagen aufgrund von Ungangigkeiten (Modewechsel, Nachfrageverschiebungen) Absinken des Wertes infolge wirtschaftlicher Uberholung durch technisch weiterentwickelte und kostengiinstigere Anlagen (alte Anlage ist nicht mehr am Markt bzw. deren Angebotspreis wurde gesenkt) Extreme Beanspruchung und Abnutzung der Anlagen (atzende Chemikalien, Mehrschichtbetrieb)
Beis~ielsaufgabe(Handelsbilanz): Im Dezember 01 wurden von der LowTech GmbH Aktien der Braunkohle AG zum Stuckkurs von 300,- EUR, der gleichzeitig der Kurs am Abschlussstichtag 3 1.12.01 war, zwecks langfristiger Kapitalanlage envorben. Von Anschaffungs- oder Veraufierungsnebenkosten werde der Einfachheit halber abgesehen. Am 17.10.02 ereignete sich an der Borse ein Crash, der den Stuckkurs der Braunkohle-Aktie bis auf 150,- EUR herabdriickte. Am nachsten Bilanzstichtag, dem 3 1.12.02, betrug der Borsenkurs pro Aktie 225,- EUR. Fur den Borsenkurs am Tag der Bilanzaufstellung, dem 3 1.3.03, seien zwei Falle unterschieden: a) 300,- EUR b) 75,- EUR. Wie lautet der Handelsbilanzansatz f i r diese Wertpapiere des Anlagevermogens pro Stuck ? Kurs (EUR) 375
31. Dez 01
17. Okt 02
31. Dez 02
31. Mar 03
Losung: Nach dem Stichtagsprinzip kommt als Wertansatz neben dem Buchwert in der vorigen Bilanz von EUR 300,- (hier = Anschaffungskosten) nur der Borsenkurs am 3 1.12.02, also 225,- EUR in Frage, keinesfalls aber der Wert am 31.3.03. Das gemilderte Niederstwertprinzip sieht eine Pflicht zur Abwertung auf 225,- EUR nur bei einer voraussichtlich dauerhaften Wertminderung vor, andernfalls besteht ein Wahlrecht. Diese Zukunftserwartung darf nicht willkurlich sein, sondern muss begrundbar und von einem Dritten rational nachvollziehbar sein. Dabei hilft die Kursentwicklung nach dem Bilanzstichtag bis zum Tag der Bilanzaufstellung (3 1.3.03). Im Fall a) ist offenbar eine steigende Kurstendenz zu erkennen, so dass von einer vorubergehenden Wertminderung ausgegangen werden kann. Somit besteht ein Wahlrecht zwischen den Werten 300,- EUR und 225,- EUR. Im Falle b) spricht die Kursentwicklung f i r eine dauerhafte Wert-
184
Bilanzierung und Bewertung des Aniagevermogens
minderung, so dass eine Abschreibung auf 225,- EUR verpflichtend ist (§ 253 Abs. 2 Satz 3 HGB). BS:
Abschreibungen auf Finanzanlagen an Wertpapiere des Aniagevermogens
75 EUR 75 EUR.
Aufgabe 21: Bewertungskonzeptlon beim Anlagevermogen fiir alle Kaufleute (nur Handelsrecht) Der Einzelunternehmer Klaus Stortebeker erwirbt im Jahre 01 Aktien der Ramschhaus AG, des groBten Abnehmers seiner Importartikel, im Borsenwert von 150.000 EUR (ohne Beriicksichtigung von Nebenkosten), mit dem die Papiere auch in der Bilanz zum 31.12.01 bewertet wurden. Die Wertpapiere sollen dauernd dem Geschaftsbetrieb dienen. Am Bilanzstichtag 31.12.02 ist der Borsenwert der Aktien auf 90.000 EUR gesunken. Mitte Juni 03, kurz vor Bilanzaufstellung, liegt der Borsenwert bei a) 120.000 EUR, b) 75.000 EUR. Mit welchem Wert sind die Aktien in den beiden Fallen jeweils in der Handelsbilanz des Einzelunternehmens anzusetzen?
Zu (2): Weiterhin besteht das Wahlrecht, auf einen niedrigeren Wert auBerplanmaBig abzuschreiben, wenn dieser nur steuerlich moglich ist (§ 254 HGB). Hier liegt also der Fall der umsekehrten MalSseblichkeit {GoB-fremde Wahlrechte in der Steuerbilanz; sog. spezielle umgekehrte MaBgeblichkeit) vor. Gabe es diese Vorschrift nicht, so ware es nicht moglich, steuerrechtliche Sonderabschreibungen oder andere nur steuerrechtlich zulassige Vergunstigungen in Anspruch zu nehmen, da aufgrund des steuerlichen Wahlrechts der Wert in der Handelsbilanz in die Steuerbilanz zu tibemehmen ist (Mafigeblichkeitsprinzip, vgl. Kapitel B.II.2). Sonderabschreibungen und Bewertungsabschlage' konnen zusatzlich zur normalen Abschreibung vorgenommen werden, erhohte Absetzungen treten an die Stelle der normalen Abschreibungen. Einen Uberblick iiber steuerliche Abschreibimgen gibt die Tabelle in Kapitel B.III.3.c). Nach Auffassimg des Instituts der Wirtschaftsprilfer ist die Sofortabschreibung (sog. Bewertungsfreiheit) geringwertiger Wirtschaftsguter gemaB § 6 Abs. 2 EStG keine speziell steuerliche Abschreibung. Obwohl es keine handelsrechtliche Kodifizierung gibt, ist diese Sofortabschreibung bereits handelsrechtlich moglich, da sie der handelsrechtlichen Gepflogenheit und dem Grundsatz der Wirtschafllichkeit entspricht. Zwar gilt hier das Prinzip der umgekehrten Mafigeblichkeit gemaB § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG, die Anwendung des § 254 HGB ist jedoch nicht erforderlich {GoB-konforme Wahlrechte in der Steuerbilanz; sog. faktische umgekehrte MaBgeblichkeit).
Beispielsaufsabe (Wiederholuns): Die Anschaffungskosten einer Maschine betragen 10.000,- EUR. Die Maschine wird iiber die Nutzungsdauer von 5 Jahren linear abgeschrieben. Zusatzlich soil friihestmoglich die Sonderabschreibung gemaB § 7g EStG genutzt werden, alle Voraussetzungen dafiir seien gegeben.
' Der BGH hat zum Schutze der Kommanditisten steuerliche Abschreibungen nach § 254 HGB in der Handelsbilanz, soweit sie iiber die handelsrechtlich zuliissigen Abschreibungen hinausgehen, inhaltlich dem Bereich der Ergebnisverwendung zugewiesen, der grds. alle Gesellschafter zustimmen mlissen (BGH 29.3.1996, NJW 1996, S. 1678).
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermbgens
Losung: Gem. 5 7g EStG sind bis zu 20% der Anschafings- oder Herstellungskosten neben der planmlRig& Abschreibung (linear oder geometrisch-degressiv) absetzbai. Da die ~ornahmeder Sonderabschreibung in der Steuerbilanz ein Wahlrecht ist, lasst sich der entsprechend niedrigere Wert der Maschine in der Steuerbilanz nur realisieren, wenn er auch in der Handelsbilanz angesetzt wird. (einfaches bzw. formales MaRgeblichkeitsprinzip) Diese Moglichkeit wird durch $ 254 HGB generell eingeraumt, so dass auf diese Weise steuerliche Vergiinstigungsregelungen die Handelsbilanz beeinflussen ("umgekehrte MaJgeblichkeit/GoB-fremde Wahlrechte'y. Unzulassige Durchbrechung des MaBgeblichkeitsprinzips:
Ein niedrigerer Wert als in der Handelsbilanz kann in der Steuerbilanz nicht angesetzt werden. Die Sonderabschreibung (Wahlrecht) kann somit ohne $ 254 HGB nicht in Anspruch genommen werden. Umgekehrte MaBgeblichkeit ($254 HGB): Maschine per 31.12.01 Maschine per 31.12.02
6.000
6.000
4.000
4.000
Die steuerliche Sonderabschreibung erfolgt gems $ 254 HGB zunachst in der Handelsbilanz und wird dann aufgmnd des steuerlichen Wahlrechts in Verbindung mit der MaBgeblichkeit in die Steuerbilanz ubernommen. Aufgabe 22: Steuerliche Abschreibungen beim Anlagevermogen Anfang Januar 01 wurde vom Einzelunternehmer Klaus Stortebeker ein Handelsschiff zur logistischen Nutzung des Jade-Ems-Kanals fiir 200.000 EUR erworben, das handels- und steuerrechtlich linear uber eine Nutzungsdauer von 10 Jahren abgeschrieben werden soll. Zusatzlich will der Kaufmann die steuerliche Bewertungsfieiheit gemafi $ 82f EStDV in der Weise in Anspruch nehmen, dass der steuerrechtliche Gewinn in 01 so niedrig wie moglich ausgewiesen wird. Welche Werte sind fir das Schiff in Handels- und Steuerbilanz zum 31.12.01 auszuweisen? Geben Sie bitte alle Buchungssatze an.
Zu (3): Aul3er den genannten Abschreibungen sind gemtiJ3 ilj 253 Abs. 4 HGB weitere Abschreibungen ,,im Rahmen verniinftiger kaufmannischer Beurteilung" zulassig. Diese Vorschrift scheint alle bisher dargestellten Bewertungsvorschriften in Frage zu stellen. Allerdings enthalt die Vorschrift ausdriicklich einen Hinweis auf den Grundsatz der Willkiirfreiheit. Wie bereits envahnt, geniigt es daher nicht, einen niedrigeren Wert ,,im Gef ~ l zu " haben. Die Abschreibung muss begriindbar und von einem sachverstbdigen Dritten nachvollziehbar sein. Gegen bewusste Manipulationen ist der Grundsatz der Willkiirfreiheit jedoch ein stumpfes Schwert, da rationale Begriindungen leicht vorgeschoben werden konnen. Da dem Vorsichtsprinzip bereits durch Beachtung des Niederstwertprinzips 5 253 Abs. 2 HGB Geniige getan ist, werden durch weitere Abschreibungen stille Reserven (siehe weiter unten ,,Exkurs") gebildet, die leicht in die Kategorie der verbotenen Willkiir-
186
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
reserven mtschen konnen. Oft wird als Begriindimg vorgebracht, dass ein Risikopolster flir konjunkturelle Riickschlage, fur den barter werdenden Wettbewerb, fur Schwierigkeiten im Exportgeschaft aufgrund von Wahrungsturbulenzen und Transferbeschrankungen, dass Eigenkapitalreserven filr die Finanzierung von GroBinvestitionen oder zur Substanzerhaltung bei Inflation etc. gebildet werden soil. Dagegen ist einzuwenden, dass fur das allgemeine Untemehmerrisiko keine bilanzielle Vorsorge auBer der offenen Einbehaltung von ausgewiesenen und versteuerten Gewinnen gebildet werden darf und bei konkretem Anlass fur spezielle Risiken (z.B. im AuBenhandel) Riickstellungen zu bilden sind. Mit der Vorschrift § 253 Abs. 4 HGB wollte der Gesetzgeber auf die friihere Bilanzierungspraxis der Einzelkaufleute und Personenhandelsgesellschaften Riicksicht nehmen, in der als Bilanzierungsvorschrifiten im wesentlichen nur die Grundsatze ordnungsmaBiger BuchfQhrung und Bilanzierung existierten einschlieBlich einiger als GoB interpretierter Vorschriften des Aktiengesetzes. Dieser Freiraum sollte den Bilanzierenden durch das neue Bilanzrecht 1986 nicht genommen werden.' Zwar ist in diesem Zusammenhang zu sehen, dass die Jahresabschlusse der (nicht dem Publizitatsgesetz unterliegenden) Einzelkaufleute und Personenhandelsgesellschaften weder gepriift noch veroffentlicht werden und auch nicht von irgendeinem Interesse fiir die breite Offentlichkeit sind. Das unkontrollierte Legen und Auflosen stiller Reserven wirkt sich jedoch auf die Gewinnausschiittungen aus und kann z.B. Kommanditisten, die nur mit begrenzten Informations- und Kontrollrechten ausgestattet sind, benachteiligen.2 AuBerdem wird den Glaubigem (z.B. Hausbanken), die aufgrund ihrer faktischen Machtstelltmg Einblick in den Jahresabschluss nehmen koimen, die Beurteilung der Bonitat des Untemehmens erschwert'. Die gesamte bisherige Argumentation fiele in sich zusammen, wenn § 253 Abs. 4 HGB auch fiir Kapitalgesellschaften anwendbar ware. Dies ist durch § 279 Abs. 1 Satz 1 HGB ausgeschlossen. § 253 Abs. 4 HGB ist mit der Generalnorm § 264 Abs. 2 HGB vollig unvereinbar. Obwohl Einzeluntemehmen und Personenhandelsgesellschaften, die dem Publizitatsgesetz unterliegen, i. d. R. wie Kapitalgesellschaften behandelt werden, ist ihnen die Anwendung der Abschreibungen „im Rahmen vemtinftiger kaufmannischer Beurteilung" unverstandlicherweise nicht verwehrt (§ 5 Abs. 1 PublG). Im Steuerrecht ist eine so gravierende Gewinnbeeinflussungsmoglichkeit selbstverstandlich fiir keine Rechtsform vorgesehen.
Beispiel: Der Einzelunternehmer Klaus Stortebeker sehe sich hinsichtlich seiner Wertpapiere des Anlagevermogens derselben Datenkonstellation wie in der Beispielsaufgabe zu (1) gegeniiber. Das gemilderte Niederstwertprinzip fiihrt zu einer verpflichtenden oder wahlweisen Abschreibung auf 225,- EUR je Aktie. Eine begriindbare, von Dritten nachvollziehbare Abschreibung "„m Rahmen vernunftiger kaufmannischer Beurteilung" konnte auf einen Wert von 150,- EUR erfolgen, da dieser Borsenkurs im Jahre 02 bereits einmal realisiert wurde. Sollte etwa der Kurs in den letzten Jahren schon einmal auf 100,- EUR abgestiirzt sein, so ware auch eine Abschreibung auf diesen Wert zulassig, nicht aber noch niedrigere Werte. Entgegen herrschender Auffassung ist es m.E. nicht zulassig, beliebige (Zwischen-)Werte anzusetzen; lediglich Entwicklungstiefpunk' Diese Begrilndung ist jedoch nicht ilberzeugend, wenn man bedenlit, dass in § 40 HGB a. F. nur Abschreibungen auf den "beizulegenden Wert" moglich waren. ^ Der BGH hat zum Schutze der Kommanditisten die Abschreibungen nach § 253 Abs. 4 HGB als Bildung stiller Reserven inhahlich dem Bereich der Ergebnisverwendung zugewiesen, der grds. alle Gesellschafter zustimmen mtlssen. Dabei seien „.. die Ausschiittungsinteressen der einzelnen Gesellschafter gegeniiber den Bediirfnissen der Selbstfinanzierung und Zukunftssicherung der Gesellschaft abzuwagen." (BGH 29.3.1996, NJW 1996, S.1678). Die Zweifel an Sinn und Zweck des § 253 Abs. 4 HGB werden durch dieses Urteil welter verstarkt. ^ Nach uberholter Auffassung wurde hingegen das Legen stiller Reserven als dem Glaubigerschutz tbrderlich angesehen.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
187
te (relative Minima) oder ahnliche, z.B. mit Methoden der technischen Aktienanalyse begrundbare Werte sind mit dem Prinzip der Willkurfreiheit vereinbar. Im Beispiel ist somit nur im Fall b) ein Wert von 75,- EUR ansetzbar. Aufgabe 23: Bewertungskonzeption helm Anlagevermogen fur alle Kaufleute (nur Handelsrecht) Was andert sich an der Losung zu Aufgabe 21 in der Handelsbilanz, wenn § 253 Abs. 4 HGB beriicksichtigt wird? Zu (4): Die Grunde filr eine auBerplanmaBige Abschreibung konnen in der Zukunft auch wieder wegfallen, so dass sich die Abschreibung eriibrigt. Beispielsweise konnen die Beschaffungspreise fur Rohstoffe oder Maschinen wieder ansteigen, eine am Markt aufgetauchte modemere Maschine sich als Fehlentwicklung erweisen, der Borsenkurs fur Wertpapiere wieder ansteigen etc. GemaB § 253 Abs. 5 HGB darf nach einer auBerplanmaBigen Abschreibung ein niedrigerer Wertansatz an spateren Bilanzstichtagen beibehalten werden, auch wenn die Grilnde dafllr inzwischen ganz oder teilweise weggefallen sind {Beibehaltungs- oder Zuschreibungswahlrechf). Eine Zuschreibiing auf den gestiegenen Wert ist zwar moglich, aber nicht zwingend geboten. Allerdings ist eine Zuschreibting ilber die (fortgefuhrten) Anschaffungskosten hinaus wegen des Realisationsprinzips (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) bzw. des Anschaffungskostenprinzips (§ 253 Abs. 1 HGB) nicht zulassig. Eine Zuschreibiing bis zu den (fortgefuhrten) Anschaffungskosten konnte allerdings auch als erfolgswirksame Beriicksichtigung eines unrealisierten Gewinns angesehen werden. Nach herrschender Meinung ist diese Deutung hier nicht anwendbar, da es sich urn die Ruckgangigmachung auBerplanmaBiger Abschreibungen, nicht aber um „echte Nettoertrage""handelt. Zwischenwerte unterhalb des (fortgefuhrten) frtiheren Buchwertes, deren Zulassigkeit aus der Auswahlmoglichkeit aus zwei Werten gefolgert wird, sind m.E. nur ansetzbar, wenn sie besonders begrtlndbar sind. Eine Zuschreibung auf einen beliebigen Zwischenwert verstoBt m.E. gegen das Prinzip der Willkurfreiheit.
Beispielsaufsabe (Handelsbilanz, Fortsetzuns): Die Abschreibung der Aktie der Braunkohle AG auf 225 EUR pro Stuck sei per 31.12.02 erfolgt. Am nachsten Bilanzstichtag (31.12,03) ist der Borsenkurs auf 375 EUR pro Stiick angestiegen. Welche Bewertungsmoglichkeiten gibt es fijr die Aktie in der Handelsbilanz? Losuns: Der wieder angestiegene Borsenkurs bedeutet, dass die aufierplanmaBige Abschreibung der Aktie nicht mehr begriindet ist. Der tatsachliche Wert der Aktie liegt sogar oberhalb der Anschaffungskosten. Aufgrund des Beibehaltungswahlrechts darf der Wert von 225 EUR unverandert fortgefuhrt werden. Es darf aber auch eine Zuschreibung bis zum Wert von 300,- EUR vorgenommen werden, iiber den Anschaffungskosten liegende Werte verbietet das Realisationsprinzip/ Anschaffungskostenprinzip, Die Folge ist in jedem Falle eine gesetzliche Zwangsreserve in Hohe von 375 - 300 = 75 EUR. Der Ansatz von Zwischenwerten ist zwar auch erlaubt, sie miissen jedoch begrilndbar und diirfen nicht willkiirlich sein (z.B. ein relatives Maximum bei starken Kursschwankungen). Ein Ansatz bzw. die Beibehaltung von 150 EUR oder 75 EUR (bei Entwicklung b)) konnte hier nur nach § 253 Abs. 4 HGB (je nach Auslegung des Vorsichtsprinzips) in Frage kommen.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermtigens
Kurs (EUR)
31. Dez 01
17. Okt 02
31. Dez 02
31. Mar 03
31. Dez 03
Im Falle einer Zuschreibung auf 300,- EUR ist zu buchen: Wertpapiere des Anlagevermogens
75 EUR
an Ertrage aus Werterhohungen von Gegenstanden des
Anlagenvermogens (Zuschreibungsertrage)
75 EUR.
Bei Maschinen wiirde das Konto ,,Ertrage aus Werterhohungen von Gegenstitnden des Anlagevermogens", bei Rohstoffen das Konto ,,Aufwendungen ftir Rohstoffe" (Korrekturbuchung) und bei Erzeugnisvorraten das Konto ,,Bestandsveranderungenc'im Haben beriihrt. Das Beibehaltungswahlrecht eines niedrigeren Wertansatzes gemtiJ3 ilj 253 Abs. 5 HGB fiihrt dazu, dass der Bilanzierende gezielt stille Reserven legen kann. Wird eine auBerplanmtiJ3ige Abschreibung bei einer voraussichtlich voriibergehenden Wertminderung vorgenommen und steigt der Wert - wie envartet - wieder an, so konnen durch Beibehaltung des niedrigeren Wertes auf Dauer stille Reserven gebildet werden, die sich nur bei Gegensttinden mit zeitlich begrenzter Nutzungsdauer stetig verringern, bei Wertpapieren oder unbebauten Grundstiicken jedoch bis zu deren Ausscheiden aus dem Betriebsvermogen (VerauBerung, Entnahme, Brand etc.) bestehen bleiben. Auf diese Weise konnen den Gesellschaftern Gewinnanteile vorenthalten werden, und auch den Glaubigern werden die tatsachlichen Werte verschleiert. Vor diesem Hintergrund ist das gemilderte Niederstwertprinzip eher kritisch zu beurteilen, eine Abschreibungsmoglichkeit bei voriibergehender Wertminderung von Gegenstiinden des Anlagevermogens ist uberflussig. Die Anwendbarkeit des Beibehaltungswahlrechts auch im Anschluss an eine Abschreibung ,,im Rahmen verniinftiger kaufinhnischer Beurteilung" gemtiJ3 ilj 253 Abs. 4 HGB fiihrt dazu, dass vollig verzerrte Werte in der Bilanz ausgewiesen sein konnen. Aufgabe 24: Bewertungskonzeption beim Anlagevermogen fiir alle Kaufleute (nur Handelsrecht) Angaben wie bei Aufgabe 23. Im Jahre 03 ergibt sich aufgrund einer Turn-around-Situation der
Ramschhaus AG ein drastischer Kursanstieg des Borsenwerts auf 180.000 EUR am Bilanzstichtag. Welche Konsequenzen hat diese Entwicklung auf die Bewertung der Aktien bei der Einzelunternehmungper 3 1.12.03?
Exkurs: Stille Reserven Stille Reserven oder stille Riicklagen stellen nicht in der Bilanz ausgewiesenes (verstecktes) Eigenkapital dar. Bei der Bildung stiller Reserven wird namlich der Gewinn zu niedrig ausgewiesen, so dass eine Erhohung der ,,offenen'' Gewinnriicklagen umgangen wird. Stille Reserven entstehen durch:
Bilanzierung und Bewertung des Aniagevermogens
189
1. Unterbewertung von Aktiva (ilberhohte Abschreibungen, steuerliche Abschreibungen, Vorratsbewertungsverfahren, Unterlassung von Zuschreibungen, Nichtaktivierung von immateriellen Vermogensgegenstanden und wirtschaftlichen Vorteilen) 2. Uberbewertung von Passiva (z.B. ilberhohte Ruckstellungen) Motive zur Bildung stiller Reserven sind die Verschiebung von Steuerzahlungen in die Zukunft, Vorsorge fiir schlechtere Jahre (Dividendenkontinuitat ermoglichen), Abwehr zu hoher Gewinnausschiittungswunsche der Gesellschafter etc. Dem Glaubigerschutz wird durch Bildung stiller Reserven allerdings nicht gedient, da fur die Glaubiger die Hohe der stillen Reserven nicht erkennbar ist und auch eine spatere automatische oder gesteuerte Auflosung der Reserven von den Glaubigern unbemerkt vonstatten gehen kann. Die Darstellung der Vermogenslage wird durch stille Reserven verfalscht und die Vergleichbarkeit von Jahresabschlilssen im Zeit- und Betriebsvergleich zumindest erschwert. Die IAS versuchen die Bildung stiller Reserven weitgehend zu verhindern, da diese einer „fair presentation" des Untemehmens entgegenstehen. Stille Reserven werden aufgelost durch: • VerauBerung der unterbewerteten Vermogensgegenstande • planmaBige Abschreibungen von einem zu niedrigen Restbuchwert • VerauBerung nicht aktivierter Vermogensgegenstande, z.B. von selbsterstellten immateriellen Vermogensgegenstanden • spatere Nachholung der unterlassenen Zuschreibung • Liquidation des Unternehmens • Auflosung der (Iberhohten Rilckstellungen. Man unterscheidet zwischen Zwangsreserven, Ermessensreserven und Willkilrreserven. Zwangsreserven sind gesetzlich erzwungen, d.h. sie ergeben sich aus der Beachtung gesetzlicher Vorschriften. So diirfen z.B. Grundstilcke wegen des Anschaffungswertprinzips (§ 253 Abs. 1 HGB) trotz ggf. hoher Wertsteigerungen nicht iiber die fortgefuhrten Anschaffungs- oder Herstellungskosten hinaus aufgewertet werden. Fiir selbstgeschaffene immaterielle Vermogensgegenstande besteht nach § 248 Abs. 2 HGB ein Aktivierungsverbot. Ermessensreserven sind gesetzlich zulassig und kormen bei der Nutzung von Wahlrechten entstehen, z.B. wenn ein Zuschreibungswahlrecht nicht genutzt wurde oder eine Abschreibung gemaO § 253 Abs. 4 HGB vorgenommen wurde. Sie entstehen darilber hinaus bei notwendigen Schatzungen zukilnftiger Werte, z.B. bei vorsichtig geschatzter Nutzungsdauer oder iiberdimensionierter Riickstellungshohe. Willkilrreserven sind nicht zulassig, da sie dem Grundsatz der Willkilrfreiheit widersprechen und auch nicht durch das Vorsichtsprinzip zu rechtfertigen sind. Willkilrreserven werden vom Bilanzierenden bewusst oder leichtfertig durch willkilrliche, einer vemilnftigen kaufmannischen Beurteilung widersprechende Bilanzierungs- und BewertungsmaBnahmen gelegt. So kann z.B. die Nutzungsdauer bewusst zu niedrig angesetzt werden, Rilckstellungen konnen bewusst zu hoch angesetzt werden, die Abschreibung gemaB § 253 Abs. 4 HGB kann auf einen willkilrlichen Wert vorgenommen werden. Aus dem letzten Beispiel wird deutlich, dass eine Trennung zwischen Ermessens- und Willkilrreserven oftmals nur schwer moglich ist. Ob eine steuerliche Abschreibung zu Ermessensreserven filhrt oder zu Willkurreserven, ist fraglich. M.E. handelt es sich dem Wesen nach um ein Beispiel fiir Willkilrreserven, wegen der gesetzlichen Zulassigkeit steuerlicher Abschreibungen ist eine Einordnung bei den Ermessensreserven jedoch systematisch sinnvoller. Ende des Exkurses
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
b) Die Bewertungskonzeption beim Anlagevermogen (Steuerrecht) Die steuerrechtliche Bewertungskonzeption flir das Anlagevermogen gilt gleichermaljen fiir alle Rechtsformen. An die Stelle der aul3erplanmMigen Abschreibung auf den beizulegenden Wert am Bilanzstichtag im handelsrechtlichen Jahresabschluss tritt steuerlich die sog. Teilwertabschreibung. Der Einfachheit halber sol1 an dieser Stelle von einer ber reinstimmung beider ausgegangen werden, auf Unterschiede wurde bereits hingewiesen (vgl. Kavitel B.II.3.d) und auch Kapitel B.III.3.b). Einen ~berblickuber die gesamte Bewertun-gskonzeption gibt das folgende ~chaubildl
u Anschaffungskosten ($255 Abs. 1 HGB i.V.m. $ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG, H 6.2 EStH) oder Herstellungskosten (R 6.3 EStR)
u
abziigl. planmiil3iger Abschreibungen ( $ 7 EStG)
(1) (nachgewiesener) voraussichtlich dauernder Wertminderung => wird zur Pflicht wegen MaRgeblichkeit der Handelsbilanz;
(2) voraussichtlich voriiberge-
hender Wertrninderung
Zu (1): Wie im Handelsrecht wird unterschieden zwischen voraussichtlich vorubergehender und voraussichtlich dauernder Wertminderung, die Folgen im Steuerrecht sind jedoch andere. (8 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG). Bei nachgewiesener dauernder Wertminderung besteht steuerrechtlich ein Wahlrecht zur Teilwertabschreibung. Dieses steuerliche Bewertungswahlrecht wird aufgrund des Maljgeblichkeitsprinzips gewissermaBen bereits in der Handelsbilanz fiir die Steuerbilanz mitausgeiibt, der handelsrechtliche Wert muss also in die Steuerbilanz ubernommen werden, sofern er steuerrechtlich zulassig ist (sog. formelle MaBgeblichkeit gemaB 4 5 Abs. 1 Satz 1 EStG und urngekehrte MaBgeblichkeit (GoBIn dieselbe Kategorie gehoren auch Wirtschafisgiiter des Urnlaufverrn6gens.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
191
konformes Wahlrecht) gemaB § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG). Wenn nun handelsrechtlich bei voraussichtlich dauerhafiter Wertminderung eine Pflicht zur auBerplanmaBigen Abschreibung besteht, so wird diese handelsrechtliche Verpflichtung im Wege der MaBgeblichkeit in das Steuerrecht „exportiert" und tiberlagert generell das steuerrechtliche Wahlrecht. Zu (2): Bei voraussichtlich voriibergehender Wertminderung ist in der Steuerbilanz keine Teilwertabschreibung zulassig. Dies gilt fur alle Rechtsformen. Da handelsrechtlich in diesem Falle ein Wahlrecht zur auBerplanmaBigen Abschreibung besteht (Ausnahme: Verbot fur Kapitalgesellschaften bei Sachanlagevermogen und immateriellen Anlagegiltern, vgl. das folgende Kapitel III.l.c)), kommt es hier aufgrund des Bewertungsvorbehalts (§ 5 Abs. 6 EStG) zu einer Bewertungsdifferenz zwischen Handels- und Steuerbilanz, sofern das handelsrechtliche Abschreibungswahlrecht genutzt wird. Beisvielsaufsabe (Steuerbilanz, Fortsetzuns): Im Dezember 01 wurden von der LowTech GmbH Aktien der Braunkohle AG zum Stuckkurs von 300,- EUR, der gleichzeitig der Kurs am Abschlussstichtag 31.12.01 war, zwecks langfristiger Kapitalanlage erworben. Von Anschaffungs- oder VerauBerungsnebenkosten werde der Einfachheit halber abgesehen. Am 17.10.02 ereignete sich an der Borse ein Crash, der den Stiickkurs der Braunkohle-Aktie bis auf 150,- EUR herabdriickte. Am nachsten Bilanzstichtag, dem 31.12.02, betrug der Borsenkurs pro Aktie 225,- EUR. Fur den Borsenkurs am Tag der Bilanzaufstellung, dem 31.3.03, seien zwei Falle unterschieden: a) 300,-EUR b) 75,- EUR. Wie lautet der Steuerbilanzansatz fur diese Wertpapiere des Anlagevermogens pro Stiick ? Losuns: Die Kursentwicklung nach dem Bilanzstichtag bis zur Bilanzaufstellung kann auch im Steuerrecht als Indiz dafur herangezogen werden, ob es sich um eine voraussichtlich dauernde oder voriibergehende Wertminderung handelt. Im Fall a) ist demzufolge eine steuerrechtliche Teilwertabschreibung verboten (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG), auch wenn in der Handelsbilanz das Wahlrecht zur auBerplanmaBigen Abschreibung genutzt wird (Bewertungsvorbehah § 5 Abs. 6 EStG). Die Wertpapiere sind in der Steuerbilanz daher mit den Anschaffungskosten von 300 EUR zu bewerten, handelsrechtlich besteht ein Wahlrecht zwischen 300 EUR und 225 EUR. Im Fall b) besteht in der Steuerbilanz aufgrund der voraussichtlich dauernden Wertminderung ein Wahlrecht zur Teilwertabschreibung (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG), das von der handelsrechtlichen Pflicht zur auBerplanmaBigen Abschreibung tiberlagert wird. In Handels- und Steuerbilanz ist der Wertansatz in Hohe von 225 EUR (Stichtagsprinzip § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB und § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) daher verpflichtend. In einem BMF-Schreiben' werden von der Finanzverwaltung Anhaltspunkte fiir das Vorliegen einer voraussichtlich dauernden oder einer voraussichtlich vortibergehenden Wertminderung in einzelnen beispielhaften Fallen geliefert. Danach ist bei Wertpapieren folgendes Schema zur Unterscheidung anzuwenden: Borsenkurs
vorilbergehend
1 Zeitablauf
BMF-Schreiben vom 25. 2. 2000, BStBl. 2000 Teil I, S. 372 ff.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
Bei Wertpapieren des Anlagevermogens muss dabei ein langerer Zeitraum der Vergangenheit beriicksichtigt werden und es miissen besondere Griinde f i r nachhaltig niedrigere Borsenkurse vorliegen, wie z.B. ein drohendes Insolvenzverfahren bei der betreffenden Aktiengesellschaft oder eine nachhaltige Erhohung des Marktzinsniveaus bei festverzinslichen Wertpapieren. Im letzteren Fall kann eine Teilwertabschreibungjedoch hochstens bis zum Nennwert vorgenommen werden, da die Papiere am Ende ihrer Laufzeit i.d.R. zum Nennwert getilgt werden und im Anlagevermogen eine langfristige Betrachtungsweise vorzunehmen ist. ,,Normale" Borsenkursschwankungen stellen grundsatzlich nur vorubergehende Wertminderungen dar. Bei abnutzbarem Anlagevermogen liegt nach Auffassung des Bundesfinanzministeriums eine voraussichtlich dauerhafte Wertminderung vor, wenn die Wertminderung so stark ist, dass sie wiihrend mindestens der Halfte der Restnutzungsdauer unter der normalen Entwicklung der f o r t g e m e n Anschaffungs-Merstellungskosten liegt. In der folgenden Abbildung wird bei einer linear abgeschriebenen Maschine am Ende des ersten Nutzungsjahres eine Teilwertabschreibung von 4.000 EUR auf 1.000 EUR vorgenommen. Da es drei Jahre dauert, also mehr als die Halfte der Restnutzungsdauer von vier Jahren, bis der Wert der Maschine bei planmafliger Abschreibung diesen niedrigeren Teilwert erreicht hat, handelt es sich urn eine voraussichtlich dauernde Wertminderung.
Zu (3): Seit 1999 k t im Steuerrecht in den Folgejahren nach einer Teilwertabschreibung eine andere gedankliche Vorgehensweise einzuhalten als im Handelsrecht. Es wird nicht mehr die Frage der Zuschreibung gestellt, sondern an jedem folgenden Bilanzstichtag ist zu priifen, ob - ausgehend von den (fortgefiihrten) Anschaffungs- oder Herstellungskosten - eine erneute Teilwertabschreibung zulassig ist, und wenn ja, auf welchen Wert. Das auf der nachsten Seite folgende Schema gibt die gedankliche Abfolge im Einzelnen wieder ( 8 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und Nr. 2 Satz 3 EStG) Aus umgekehrter Blickrichtung (von unten nach oben gesehen), wie dies im Handelsrecht ublich ist, lasst sich dieses Ergebnis auch als faktisches Zuschreibungsgebot auf den gestiegenen Teilwert bzw. auf die ( f o r t g e m e n ) Anschaffungs- oder Herstellungskosten interpretieren. Der Zusatz ,,faktisch" sol1 dabei anzeigen, dass es sich im Steuerrecht formal nicht um eine direkte Zuschreibung auf den gestiegenen Teilwert, sondern um das Problem einer erneuten Abschreibung - ausgehend von den automatisch immer wieder anzusetzenden (fortgefiihrten) Anschaffungs-Merstellungskosten - handelt. Dass an jedem Bilanzstichtag erneut von den (fortgefiihrten) Anschafhngs-Merstellungskosten auszugehen ist, stellt kein steuerliches Zuschreibungsgebotl dar, sondern ist nur Teil der Gesamtvorgehensweise nach 5 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 bzw. Nr. 2 Satz 3 EStG, kann aber m.E. auch als formales generelles Zuschreibungsgebot interpretiert werden. Vgl. Hoyos/Schramm/M.Ring in: Beck Bi1.-Komm.6 253 Tz. 15.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
193
Die gmndsatzliche Anderung der Denkweise bezweckt offensichtlich, auch in den Folgejahren eine bestehende Wertminderung immer wieder darauf zu uberprilfen, ob diese voraussichtlich dauemd geblieben oder sich in eine voraussichtlich voriibergehende verandert hat. Im letzteren Fall muss in der Steuerbilanz die Bewertung mit (fortgefilhrten) Anschaffungs- oder Herstellungskosten erfolgen. Beim handelsrechtlichen Zuschreibungsproblem werden dagegen nur Anderungen in der Hohe des Wertes beriicksichtigt, eine Anderung bei der voraussichtlichen Dauerhaftigkeit der Wertminderung hat dagegen keine Auswirkungen.
Schritt 1: Am folgenden Bilanzstichtag nach einer Teilwertabschreibung ist das Wirtschaftsgut grundsatzlich mit den (fortgefiihrten) Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten. Schritt 2: Liegt am Stichtag eine voraussichtlich dauernde Wertminderung unter diesen Betrag vor und kann dies auch nachgewiesen werden? 1^
falls ja: Ersebnis: Eine erneute Abschreibung auf den bisherigen oder veranderten niedrigeren Teilwert ist zulassig (Wahlrecht). In der Regel wird der handelsrechtliche Tageswert dem Teilwert entsprechen oder niedriger liegen, so dass infolgedessen die erneute Teilwertabschreibung in der Steuerbilanz vorgenommen werden muss (MaBgeblichkeit § 5 Abs. 1 Satze 1 und 2 EStG).
^
falls nein: Ersebnis: Eine erneute Teilwertabschreibung ist steuerrechtlich nicht zulassig (Verbot). Die Bewertung erfolgt zwingend mit (fortgefiihrten) Anschaffungs-ZHerstellungskosten. Dies gilt unabhangig von der Bewertung in der Handelsbilanz (Bewertungsvorbehalt § 5 Abs. 6 EStG).
Beispielsaufsabe (Fortsetiune Steuerbilanz): Die Abschreibung der Aktie der Braunkohle AG auf 225 EUR pro Stuck sei per 31.12.02 erfolgt. Am nachsten Bilanzstichtag (31.12.03) ist der Borsenkurs auf 375 EUR pro Stuck angestiegen. Welche Bewertungsmoglichkeiten gibt es fur die Aktie in der Steuerbilanz? Losuns: Am 31.12.03 ist die Aktie steuerrechtlich grundsatzlich erst einmal mit den Anschaffungskosten zu bewerten. AnschlieBend ist zu prilfen, ob eine erneute Teilwertabschreibung zulassig ist. Dies ist nicht der Fall, da der aktuelle Bijrsenkurs sogar noch iiber den Anschaffungskosten liegt. Eine Bewertung oberhalb der Anschaffungskosten widerspricht dem Realisationsprinzip und ist daher nicht zulassig. Die Bewertung der Aktie in der Steuerbilanz hat mithin zwingend zu den Anschaffungskosten in Hohe von 300 EUR zu erfolgen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG). Bei Ab- und Zuschreibungen, fur die ein Wahlrecht besteht, sind steuerrechtlich auch „beliebige" Zwischenwerte ansetzbar'. Dies gilt jedoch fur bilanzierende Kaufleute nur fur die Falle, in denen der Teilwert niedriger ist als der Tageswert. In alien anderen Fallen wird das Wahlrecht in der Steuerbilanz durch den Zwang zur Ubemahme des maBgeblichen handelsrechtlichen Wertansatzes zu einer Pflicht umgewandelt.
' Vgl. Verfllgung der OFD Koln vom 10.1.91, DStR 1991, S. 513.
Bilanzierung und Bewertung des Anlageverm6gens
Merke:
der Wertminderung bei voraussichtlich dauernder Wertrninderung E
Pflicht
Wahlrecht, das durch die haw delsrechtliche F'flicht iiberlagert d( M a R g ~ r i n z i p )
Aufgabe 25: Bewertungskonzeption beim Anlagevermiigen fiir alle Kaufleute (Handelsrecht und Steuerrecht) Die Aufgaben 21,23 und 24 sollen nun zusatzlich steuerrechtlichgelost werden. Fall I (Aufgabe 21): Der Einzelunternehmer Klaus Stortebeker envirbt im Jahre 01 Aktien der Rarnschhaus AG, des gro13ten Abnehmers seiner Importartikel, im Borsenwert von 150.000 EUR (ohne Beriicksichtigung von Nebenkosten), mit dem die Papiere auch in der Bilanz zum 3 1.12.01 bewertet wurden. Die Wertpapiere sollen dauernd dem Geschaftsbetrieb dienen. Am Bilanzstichtag 3 1.12.02 ist der Borsenwert der Aktien auf 90.000 EUR gesunken. Mitte Juni 03, kurz vor Bilanzaufstellung, liegt der Borsenwert bei a) 120.000 EUR, b) 75.000 EUR. Mit welchem Wert sind die Aktien in den beiden Fallen jeweils in der Handelsbilanz und in der Steuerbilanz des Einzelunternehmens anzusetzen? Fall I1 (Aufgabe 23): Was andert sich an der Losung, wenn 5 253 Abs. 4 HGB beriicksichtigt wird? Fall I11 (Aufgabe 24): Im Jahre 03 ergibt sich aufgrund einer Turn-around-Situation der Ramschhaus AG ein drastischer Kursanstieg des Borsenwerts auf 180.000 EUR am Bilanzstichtag. Welche Konsequenzen hat diese Entwicklung auf die Bewertung der Aktien in Handels- und Steuerbilanz bei der Einzelunternehmung Stortebeker per 3 1.12.03?
c) Die Bewertungskonzeption beim Anlagevermogen fur Kapitalgesellschaften (Handelsrecht) Die grundlegenden Bewertungsvorschriften f i r Kapitalgesellschaften sind in einigen Punkten sch%rfer als die in Kapitel B.III.1.a) bereits erijrterte Bewertungskonzeption "fiir alle Kaufleute", die somit uneingeschrtinkt nur fiir Einzelkaufleute und Personengesellschaften (die nicht dem PublizitMsgesetz unterliegen) Giiltigkeit hat. Die Tabelle auf der nachsten Seite zeigt die vollstindige Bewertungskonzeption fiir Kapitalgesellschaften, die anschlieBenden Erlauterungen beziehen sich nur auf die Unterschiede zu den grundlegenden Bewertungsvorschriften fiir alle Kaufleute. Zu (1): Fiir Kapitalgesellschaften gilt das gemilderte Niederstwertprinzip nur eingeschrankt. Die Formulierung des 8 279 Abs. 1 Satz 2 HGB ist ein Musterbeispiel fiir einen zwar prazisen, aber nur schwer versttindlichen Gesetzestext: "8 253 Abs. 2 Satz 3 darf, wenn es sich nicht urn eine voraussichtlich dauernde Wertminderung handelt, nur auf Vermogensgegenstkinde, die Finanzanlagen sind, angewendet werden."
Bilanzierung und Bewertung des Anlageverm6gens
Danach diirfen Sachanlagen und immaterielle Anlagegiiter bei voriibergehender Wertminderung nicht auljerplanmiil3ig abgeschrieben werden, sie mussen dagegen auljerplanmliljig abgeschrieben werden, wenn die Wertminderung voraussichtlich dauerhaft ist. Fiir Finanzanlagen gilt das gemilderte Niederstwertprinzip uneingeschriinkt. Hier besteht ein Wahlrecht zu einer aul3emlanmSirji~enAbschreibuna bei voraussichtlich voriibergehender, eine Pflicht bei voraussichtlich dauirnder ~ertmind;erun~.
Anschaffimgskosten ($ 255 Abs. 1 HGB) oder Herstellungskosten ($255 Abs. 2 HGB)
u Anschaffungskosten ($ 255 Abs. 1 HGB) oder Herstellungskosten ($255 Abs. 2 HGB)
a
gen ($253 Abs. 2 Satz 1 HGB)
(1) voraussichtlich voriibeygedl hender Wertminderung im ~allc des Finanzanlagevermogens (§ 253 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. $ 279 Abs. 1 Satz 2 HGB) f2) Ausnutzung einer nur steuerrechtlich zuPsigen Abschreibung ($ 254 HGB); nur zulilssig be] Geltuna der umgekehrten Mab bei Wegfall der Grunde fur auI3erplanmaI3ige Abschr R GrundsatzlichesAh.:Wertauj7tolurtgsgebot HGRI. hungen I S 280
1
Relativierune in 6 280 Ahc: 7 FIGR vvf Wrrtnii~nlrinvswalilrprht
Mit dieser Einschrankung sollte offenbar der fiir Kapitalgesellschaften giiltigen Generalnorm (!$ 264 Abs. 2 HGB) Rechnung getragen, also verhindert werden, dass eine lhgerfristig wirksame Unterbewertung (stille Reserven) von Anlagegiitern durch eine auljerplanmiil3ige Abschreibung bei lediglich voriibergehender Wertminderung entstehen kann. Mithin ist es logischenveise zu envarten, dass das Verbot der Abschreibung bei voraussichtlich voriibergehender Wertminderung insbesondere fiir VermogensgegenstSindeausgesprochen wird, bei denen eine solche Wertminderung haufig vorkommt und die Folgen einer Unterbewertung dauerhaft sind, sich also nicht durch verminderte Abschreibungen automatisch auflosen. Dies wliren ohne Zweifel die Finanzanlagen, fiir die die Einschrhkung des gemilderten Niederstwertprinzips eben gerade nicht gilt! Bei Sachanlagen diirfte dagegen eine voriibergehende Wertminderung nur selten vorkommen, etwa eine Funktionsstorung an einer Maschine oder einem Gebaude am Bilanzstichtag (z.B. durch eine ijberschwemmung im Dezember), die im Folgejahr wieder durch Reparatur behoben wird.
196
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
Andere Beispiel sind eine Gebaudewertminderung durch eine temporare GroBbaustelle in der Nachbarschaft sowie die vortibergehende Preissenkung einer Maschine durch den Hersteller. Das Abschreibungsverbot ist in diesem Falle also von geringster Relevanz und dient hochstens der Arbeitserleichterung mit der Begriindung, dass der gesunkene Wert durch planmaBige Abschreibungen sowieso in nachster Zeit erreicht wird. Zu (2): Die zweite Verscharfung in der Bewertungskonzeption fur Kapitalgesellschaften gegeniiber den ubrigen Kaufleuten ist in § 279 Abs. 2 HGB enthalten. Etwas klarer als im Gesetz formuliert, lasst diese Vorsclirift eine auBerplanmaBige Abschreibung in der Handelsbilanz auf den niedrigeren, allein steuerrechtlich zulassigen Wert nur darm zu, wenn diese zwingend notwendig ist, um auch in der Steuerbilanz die gewilnschte steuerrechtliche Abschreibung durchfuhren zu konnen, d.h. m.a.W., wenn die umgekehrte MaBgeblichkeit Giiltigkeit hat. Unter "Bilanz" in einer Vorschrift des Handelsrechts ist selbstverstandlich die Handelsbilanz zu verstehen. Wenn im Steuerrecht von "Bilanz" die Rede ist, ist die Steuerbilanz gemeint. Bezweckt werden soil mit dieser Vorschrift, dass der handelsrechtliche Jahresabschluss so wenig wie moglich durch wirtschaftspolitisch motivierte, als Wahlrecht konzipierte steuerliche Vergunstigungen verzerrt werden soil. Eine aus strukturpolitischen Griinden (Mittelstands-. Regional-, Branchenforderung etc.) gewahrte Sonderabschreibung einer Maschine fuhrt dazu, dass der bilanzierte Wert des Vermogens unter dem tatsachlichen liegt, also stille Reserven gebildet werden. Der Jahresilberschuss unterzeichnet entsprechend die tatsachliche Ertragslage, die Generalnorm des § 264 Abs. 2 HGB wird eklatant verletzt. Die umgekehrte MaBgeblichkeit stellt daher m.E. aus handelsrechtlicher Sicht eine standige Verletzung des "true and fair view" dar' und ist daher prinzipiell negativ zu beurteilen. § 279 Abs. 2 HGB verfolgt somit das Ziel, den Schaden auf die unbedingt notwendigen Falle vorgeschriebener umgekehrter MaBgeblichkeit zu begrenzen. Gerade in diesem Punkt gab es kurz nach Inkrafttreten des neuen Bilanzrechts (HGB) groBe Unsicherheiten, ob die umgekehrte MaBgeblichkeit in den Fallen steuerlicher Vergunstigungen, in denen sic weder im Gesetz noch in den Richtlinien erwahnt ist, automatisch Gultigkeit hat oder eben nicht zu beachten ist. Eine ausdrilckliche Regelung gab es nur fur den Fall der sog. Preissteigerungsriicklage^: "Es ist nicht erforderlich, dass die Rucklage fiir Preissteigerung in der Handelsbilanz berilcksichtigt wird. Die Rucklage braucht nur in der Steuerbilanz ausgewiesen zu werden." (Abschn. 228 Abs. 5 EStR 1990). Somit lag hier eindeutig eine Ausnahme vom Prinzip der umgekehrten MaBgeblichkeit vor. Die Steuerbilanz ist in diesem Punkt voUig von der Handelsbilanz losgelost. Eine Bildimg der Preissteigerungsriicklage in der Handelsbilanz war daher nicht erforderlich, um die steuerliche Vergtinstigung in Anspruch nehmen zu konnen, und somit fur Kapitalgesellschaften verboten^. Das Ergebnis der damaligen Diskussion war allerdings der eindeutige
' Durch entsprechende Interpretation des Passus' "unter Beachtung der Grundsatze ordnungmaBiger Buchtuhrung" in § 264 Abs. 2 HGB kann man hinsichtlich der Generalnorm zu einem anderen Ergebnis Icommen. ^ Mit Hilfe der Preissteigerungsriicjflage Ifonnte die Besteuerung eines Teils der allein durch inflationare Tendenzen entstandenen "Scheingewinne" um hochstens 6 Jahre verschoben werden, ihre Bildung war letztmalig im Jahre 1989 zulassig, die spateste Auflosung somit im Jahr 1995 (§ 74 EStDV, Abschn. 228 EStR 1990). ^ Strenggenommen geht es hier um die Vorschrift § 273 HGB, nach der derselbe Inhalt wie in § 279 Abs. 2 HGB auf Sonderposten mit Rucklageanteil angewendet wird.
Bilanzierung und Bewertung des Aniagevermogens
197
Sieg der umgekehrten MaBgeblichkeit, der durch die Einfligung des Satzes 2 in den § 5 Abs. 1 EStG dokumentiert ist (vgl. Kapitel B.II.2.): "Steuerrechtliche Wahlrechte bei der Gewinnermittlung sind in Ubereinstimmung mit der handelsrechtlichen Jahresbilanz auszuuben". Bei den wichtigsten steuerlichen Vergiinstigungen wurde der Grundsatz daruber hinaus ausdriicklich in die Einkommensteuerrichtlinien aufgenommen, beispielsweise fur Bewertungsabschlage in R 35 Abs. 1 Nr. 3 oder in R 41 b Abs. 2 Satz 1 EStR. Die Befurworter der umgekehrten MaBgebliclikeit sehen in der Bindung der Steuerbilanz an die Handelsbilanz ein wiclitiges Instrument, um dem Steuergesetzgeber die Kandare der handelsrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften anzulegen und ihn dadurch von fiskalisch motivierten Gesetzeseskapaden zuriickzuhalten. Aus handelsrechtlicher Sicht spricht dagegen m.E. alles fur eine Abschaffung der MaBgeblichkeit und der Aufstellung zweier voneinander unabhangiger Bilanzen, die genau auf ihre vollig unterschiedlichen Aufgaben hin ausgerichtet sind, wie es im Ausland teilweise (z. B USA, England) ilblich ist. Dies wird automatisch geschehen, weim - wie zu vermuten ist - mittelfristig auch die Einzelabschliisse nach lAS/IFRS aufgestellt werden miissen. Ergebnis: Das hehre Ziel des § 279 Abs. 2 HGB, die Handelsbilanz von unnotigen Verzerrungen durch steuerrechtliche Vergiinstigungsvorschriften zu schtitzen, ist Makulatur, well es nur noch notwendige Verzerrungen gibt, m.a.W., well die umgekehrte MaBgeblichkeit generell gilt. Die in § 279 Abs. 2 HGB enthaltene Einschrankung hat (fast) keine praktische Bedeutung. Die durch Ausnutzung steuerlicher Vergiinstigungsvorschriften entstandenen Verzerrungen in der Handelsbilanz sollen dem Bilanzleser durch eine freiwillige aufdeckende Darstellungsweise gemaB § 281 HGB oder durch Anhangangaben (§ 285 Nr. 5 HGB) verdeutlicht werden (vgl. Kapitel B.III.S.c) und D.I.).
Zu (3): Die dritte Verscharfung der Bewertungskonzeption fur Kapitalgesellschaften gegeniiber derjenigen bei Einzeluntemehmen und Personenhandelsgesellschaften besteht in der grundsatzlichen Pflicht zur Wertaufholung (Zuschreibung) gemaB § 280 Abs. 1 HGB, wenn die Griinde fiiir eine fruhere auBerplanmaBige Abschreibung entfallen sind. Eine Beibehaltung des geminderten Buchwerts und der Aufbau stiller Reserven ist somit getreu dem Grundsatz des "true and fair view"grundsatzlich nicht moglich. Die groBte Bedeutung des Wertaufholungsgebots filr Kapitalgesellschaften durfte in der Verhinderung stiller Reserven im Finanzanlagevermogen nach vortlbergehender Wertminderung liegen. In Verbindung mit § 280 Abs. 1 HGB wird auch die Abmilderung des Niederstwertprinzips fur das Anlagevermogen den Aufgaben des Jahresabschlusses gerecht. Diese aus Sicht eines extemen Jahresabschlussadressaten erfreuliche Zuschreibungsregelung greift auch bei Wegfall der Griinde fur eine rein steuerrechtliche Abschreibung nach § 254 i.V.m. § 279 Abs. 2 HGB. Bis Ende des Jahres 1998 wurde das Zuschreibungsgebot filr Kapitalgesellschaften allerdings durch § 280 Abs. 2 HGB in den allermeisten Fallen in ein Zuschreibungswahlrecht verwandelt. Die Vorschrift § 280 Abs. 2 HGB soUte namlich sicherstellen, dass die Bilanzrechtsreform 1986 steuerneutral erfolgte und die Kapitalgesellschaften nicht aufgrund der damaligen handelsrechtlichen Anderung des Zuschreibungswahlrechts zum Zuschreibungsgebot (§ 280 Abs. 1 HGB) mehr Ertragsteuern zahlen miissten. Da bis Ende 1998 steuerrechtlich ein Zuschreibungswahlrecht bestand, hatte das handelsrechtliche Wertaufholungsgebot iiber die MaBgeblichkeit i.d.R. auf das Steuerrecht durchgeschlagen, zu einer
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermdgens Gewinnerhohung in Handels- und Steuerbilanz und somit zwangsweise zu einer hoheren Ertragsteuerschuld gefiihrt. Genau in diesen Fallen waren die Voraussetzungen des 5 280 Abs. 2 HGB erfiillt und die Zuschreibung in der Handelsbilanz konnte unterlassen werden. Der recht komplizierte Wortlaut des 5 280 Abs. 2 HGB lautet: "Von der Zuschreibung nach Absatz 1 kann abgesehen werden, wenn der niedrigere Wertansatz bei der steuerrechtlichen Gewinnermittlung beibehalten werden kann und wenn Voraussetzung fur die Beibehaltung ist, dass der niedrigere Wertansatz auch in der Bilanz beibehalten wird." Immer dam, wenn steuerrechtlich ein Zuschreibungswahlrecht besteht, kann der niedrigere Wert in der Steuerbilanz bei Wegfall der Abschreibungsgriinde nur beibehalten werden, wenn er auch in der Handelsbilanz beibehalten wird. Andernfalls wiirde das MaBgeblichkeitsprinzip auch in der Steuerbilanz einen hoheren Wert erzwingen. Um diesen Zwang zu verhindern, wird die Zuschreibung in der Handelsbilanz zum Wahlrecht. Aufgrund des Steuerentlastungsgesetzes gilt seit dem 1.1.1999 in der Steuerbilanz ein faktisches Zuschreibungsgebot, so dass es jetzt handelsrechtlich beim Wertaufholungsgebot nach 8 280 Abs. 1 HGB bleibt, da Absatz 2 i.d.R. nicht mehr anwendbar ist und ins Leere lauft. Ein Zuschreibungswahlrecht in der Steuerbilanz und darnit die Anwendung des 5 280 Abs. 2 HGB ist nur noch denkbar, wenn handelsrechtlicher Tageswert und steuerrechtlicher Teilwert auseinanderfallen. Im Anlagevermogen ist dies eventuell bei den Beteiligungen denkbar. Da dieser Fall im Umlaufiermogen eher praktische Relevanz erhalten konnte, ist dort ein Beispielsfall angefiihrt (vgl. Kapitel B.IV.l.). Unterlassene Zuschreibungen miissen gems ilj 280 Abs. 3 HGB im Anhang angegeben und begriindet werden.
I
Wegfall der Grunde fur eine fruhere au~erplanma~i~e Abschreibung
a
a&erplanmaRige Abschreibung
a
Wertaufiolungsgebot fir
Ka~ital~esellschaften rremal3
der niedrigere Wertansatz kann nicht beibehalten werden faktisches Zuschreibungsgebot
gemiiR 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG
a a
die Voraussetzungen des @ erfillt
$ 280 Abs. 2 HGB sind
a
Erhohung des Gewinnes
@
Erhohung des Gewinnes
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
199
Sonderfall: Das Entfallen steuerlicher Abschreibungen Die Durchfuhrung einer Sonderabschreibung fur kleine und mittlere Betriebe z.B. setzt u. a. voraus, dass das neu angeschaffte bewegliche Wirtschaftsgut "mindestens ein Jahr nach seiner Anschaffung oder Herstellung in einer inlandischen Betriebsstatte dieses Betriebs verbleibt" (§ 7g Abs. 2 Nr. 2a EStG). Stellt sich also im Folgejahr nacli Vomahme der Sonderabsclireibung heraus, dass diese Verbleibensvoraussetzung entgegen den Planungen nicht eingehalten wurde, so wird das bilanzierende Untemehmen oder auch das Finanzamt bzw. spatestens die steuerliche AuBenprilfung die Sonderabschreibung im folgenden steuerrechtlichen Jahresabschluss wieder riickgangig machen. Ftir den handelsrechtlichen Jahresabschluss bedeutet dies, dass die Griinde fur die im Vorjahr vorgenommene auBerplanmaBige Abschreibung nach § 254 i.V.m. § 279 Abs. 2 HOB entfallen sind. Der Grund filr die handelsrechtliche auBerplanmaBige Abschreibung war nun einmal die Vomahme der Sonderabschreibung in der Steuerbilanz, die jetzt riickgangig gemacht wurde (vgl. § 254 Satz 2 HGB). GemaB § 280 Abs. 1 HGB ist die entsprechende Zuschreibung in der Handelsbilanz verpflichtend. Dieses Wertaufholungsgebot wird nicht durch Absatz 2 zu einem Wahlrecht relativiert, da in der Handelsbilanz nur die Zuschreibung in der Steuerbilanz nachvollzogen wird, die steuerlichen Nachteile also bereits vor der handelsrechtlichen Zuschreibung eingetreten sind und nicht erst durch diese ausgelost werden. M.a.W., in der Handelsbilanz bleibt es beim Wertaufholungsgebot, weil der niedrigere Wertansatz bei der steuerrechtlichen Gewinnermittlung gar nicht beibehalten werden kann. Merke: In aller Regel gilt das Wertaufholungsgebot fur Kapitalgesellschaften (§ 280 Abs. 1 HGB), das Zuschreibungswahlrecht (§ 280 Abs. 2 HGB) greift nur in wenigen Sonderfallen. Wird eine Zuschreibung in der Handelsbilanz vorgenommen, so besteht fur Kapitalgesellschaften die Moglichkeit, den Eigenkapitalanteil solcher Zuschreibungsertrage als "Wertaufholungsrilcklage" in die Gewirmriicklagen einzustellen. Diese Einstellung wird bei der Beschrankung der Riicklagendotierung durch den Vorstand/die Geschaftsfuhrung auf 50 % (oder einen anderen Teil laut Satzung) des Jahresilberschusses nicht beriicksichtigt (§ 58 Abs. 2a AktG, § 29 Abs. 4 GmbHG). Diese Moglichkeit ist aus Sicht der Aktionare deswegen negativ zu beurteilen, da es keinen Zwang gibt, nach einer bestimmten Zeit die Riicklage aufzulosen. Der Betrag wird also grundsatzlich dem Ausschiittungspotenzial entzogen. Somit ist vorstellbar, dass der Vorstand einer Kapitalgesellschaft durch haufige auBerplanmaBige Abschreibungen auf Finanzanlagevermogen bei voraussichtlich voriibergehender Wertminderung und anschlieBender Zuschreibung die Gewinnverwendungskompetenz insoweit an sich reiBt und den Nettozuschreibungsertrag (nach Abzug der Ertragsteuern) den Aktionaren auf Dauer vorenthalt.
Aufgabe 26: Bewertungskonzeption belm Anlagevermogen fiir Kapitalgesellschaften (Handelsrecht und Steuerrecht) Am 15.10.00 kauft die LowTech GmbH zwecks langfristiger Kapitalanlage 1000 Stiick Aktien der Schnur und Sell AG zum Borsenkurs von 140 EUR pro Stiick plus Nebenkosten von insgesamt 1.750 EUR. Der B5rsenkurs besteht am Bilanzstichtag 31.12.00 unverandert. Am Bilanzstichtag 31.12.01 betragt der Tagesborsenkurs 84 EUR pro Aktie, bis zum Tag der Bilanzaufstellung, am 31.3.02, ist er wieder auf 110 EUR gestiegen. Am folgenden Bilanzstichtag (31.12.02) betragt der Kurs sogar 170 EUR pro Aktie.
200
Bilanzierung und Bewertung des Anlageverm5gens
Wie sind die Aktien zum 31.12.01 und zum 31.12.02 in Handels- und Steuerbilanz zu bewerten und wie lauten die notigen Buchungen, wenn altemativ als bilanzpolitisches Ziel angestrebt wird: I. moglichst niedriger Gewinnausweis 11. moglichst hoher Gewinnausweis ? Aufgabe 27: Bewertungskonzeption beim Anlagevermogen fur Kapitalgesellschaften (Handelsrecht und Steuerrecht) Am 2.1.01 erwarb die LowTech GmbH eine Stanzmaschine mit einer voraussichtlichen Nutzungsdauer von 5 Jahren (lineare Abschreibung) zu Anschaffungskosten von 20.000 EUR. Im Jahre 02 gelangt infolge technischen Fortschritts eine gleichartige Maschine auf den Markt, deren Anschaffungskosten nur 10.000 EUR betragen. Am Ende des Folgejahrs erweist sich diese neue Maschine als Fehlkonstruktion und verschwindet wieder vom Markt. Die Anschaffungskosten der vorhandenen Anlage sind gleichzeitig auf 25.000 EUR angestiegen. Wie ist die Stanzmaschine zum 31.12.02 und zum 31.12.03 in Handels- und Steuerbilanz zu bewerten und wie lauten die notigen Buchungen, wenn als bilanzpolitisches Ziel ein moglichst niedriger Gewinnausweis angestrebt wird: Aufgabe 28: Anlaufverluste Im Jahre 01 griindet die LowTech GmbH in Aurich /Ostfriesland die SlowFood GmbH als 100%ige Tochtergesellschaft (Anschaffungskosten: 2 Mio. EUR). Da von der Slow Food in den beiden ersten Jahre Verluste in Hohe von jeweils 100.000 EUR erwirtschaftet wurden und weitere Verluste in der Zukunft erwartet werden, ist Buchhalter Armel fest entschlossen, die Beteiligung zum 31.12.02 in Handels- und Steuerbilanz auf den Erinnerungswert abzuschreiben. Im Jahr 03 wird wider Erwarten jedoch ein ausgeglichenes Ergebnis erzielt und im Jahre 04 macht die SlowFood GmbH einen Gewinn in Hohe von 250.000 EUR, der auch fur die folgenden Jahre in gleicher Hohe erwartet wird. Wie hat Buchhalter Armel an den Bilanzstichtagen 31.12.02 und 31.12.04 die Beteiligung in Handels- und Steuerbilanz zu bewerten, wenn die LowTech GmbH ihren Gewinn in Handelsund Steuerbilanz so niedrig wie moglich ausweisen mochte? Aufgabe 29: Bewertungskonzeption beim Anlagevermogen: Zuschreibungen Es gelten die Angaben aus Aufgabe 22, die auCerplanmaCige Abschreibung auf das Handelsschiff sei in Handels- und Steuerbilanz durchgefiihrt worden (vgl. Losung zu Aufgabe 22). Zu Beginn des Jahres 02 erscheint bei Stortebeker ein AuBenpriifer des Finanzamts und stellt bei der Uberpriifung der Steuererklarungen und Bilanzen der vergangenen drei Jahre fest, dass die Sonderabschreibung gemafi § 82f EStDV auf das angeschaffte Handelsschiff nicht zulassig gewesen ist. Die Vorschrift gilt namlich bei Anschaffung vor dem 1.1.1996 nur fiir den Erwerb von Handelsschiffen in ungebrauchtem Zustand vom Hersteller, was hier nicht der Fall war. Der AuBenpriifer macht daher die Sonderabschreibung in der Steuerbilanz zum 31.12.01 wieder riickgangig. a) Welche Folgen ergeben sich filr die Handelsbilanz zum 31.12.01 ? b) Wie lautete die Antwort auf Frage b), wenn nicht der Einzeluntemehmer Stortebeker, sondern die LowTech GmbH in Aufgabe 22 das Handelsschiff erworben und die Sonderabschreibung durchgefuhrt hatte?
d) Die Bewertungskonzeption nach IFRS (1) Bewertungskonzeption bei Saclianlagen und immateriellen Vermogenswerten nacli IFRS Die Bewertungskonzeption nach IFRS wird oft mit dem Schlagwort „Fair ValueAccounting" beschrieben. Danach sollen die Vermogenswerte und Schulden weitgehend mit zeitnahen Marktwerten bewertet werden, da auf diese Weise das Ziel der lASBRechnungslegung, den Adressaten entscheidungsrelevante Informationen zu liefern, weit besser erflillt wird als durch das in der kontinentaleuropaischen Rechnungslegung herr-
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
201
schende Anschaffungskostenprinzip, das vom Glaubigerschutzgedanken gepragt ist. Wie gezeigt wird, ist die IFRS-Rechnungslegung noch kein reines „Fair Value Accounting", doch die Weichen dorthin sind gestellt. Die erstmalige Bewertung von (abnutzbaren) Sachanlagen und immateriellen Vennogenswerten hat mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu erfolgen (IAS 16.14). An den folgenden Bilanzstichtagen (Folgebewertung) besteht ein Wahlrecht zwischen der empfohlenen Benchmark-Methode („Benchmark treatment") einer Fortfiihrung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten und der altemativ zulassigen Methode („Allowed Alternative Treatment") einer Neubewertung. Bei immateriellen Anlagegiitern ist Voraussetzung fur die Anwendung der Neubewertungsmethode, dass sie zuvor ilberhaupt mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten aktiviert worden sind und dass ein sog. aktiver Markt existiert, an dem der beizulegende Zeitwert („Fair Value") ermittelt werden kann (IAS 38.75 u. 78). Ein aktiver Markt ist dadurch charakterisiert, dass nur homogene Produkte gehandelt werden, die Preise offentlich bekarmt sind und jederzeit vertragswillige Kaufer und Verkaufer gefunden werden konnen (IAS 38.8). Fiir immaterielle Vermogenswerte diirfte ein aktiver Markt eher selten existieren (z.B. bei Taxilizenzen, Fischereilizenzen). weil die Produkte i.d.R. nicht homogen, sondern Unikate sind (z.B. bei Markennamen, Urheberrechte, Patente), und weil die Preise daher i.d.R. individuell ausgehandelt und nicht offentlich zuganglich sind. Demzufolge wird die Neubewertungsmethode bei immateriellen Vermogenswerten nur eine geringe Bedeutung haben. Eine Ubersicht iiber die Bewertungskonzeption nach lAS/IFRS befmdet sich auf der nachsten Seite. Zu (1): Benchmark-Methode: Fortgeflihrte Anschaffungs-ZHerstellungskosten Bei der Folgebewertung kann sich das Untemehmen fur die empfohlene BenchmarkMethode, die eine Bewertung mit fortgefuhrten, d.h. um die jeweils kumulierten Abschreibungen geminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorsieht, entscheiden (IAS 16.30; IAS 38.74). Zu (2): (Aufierplanmafiige) Wertminderungen (AuBerplanmaBige) Wertminderungen werden in IAS 36 geregelt. Am Bilanzstichtag ist jeweils zu prilfen, ob es exteme oder interne Indizien gibt, dass eine solche Wertminderung bei einem Vermogenswert stattgefunden hat. Ist dies der Fall, so ist der Niederstwerttest durchzuflihren. Dabei ist der bisherige Buchwert („Carrying Amount") mit dem erzielbaren Betrag („Recoverable Amount") zu vergleichen. Der erzielbare Betrag ist der jeweils hohere der beiden Werte Nutzungswert („Value in Use") oder Fair Value minus Verkaufskosten. Letzterer kann seine Konkretisierung haufig durch den NettoverauBerungwert („Net Realisable Value") des Vermogenswerts erfahren'. Liegt der bisherige Buchwert hoher als der erzielbare Betrag, so hat eine auBerplanmaBige Abschreibung auf den erzielbaren Betrag zu erfolgen. Diese wirkt sich als Aufwand erfolgsmindernd aus. Im Anschluss an die auBerplanmaBige Abschreibung hat eine Anpassung der planmaBigen Abschreibung an die neue Abschreibungsbasis zu erfolgen (IAS 36.63). Abschreibrmgswahlrechte wie im deutschen Handelsrecht kennt das lASB-Konzept in diesem Zusammenhang nicht.
' Vgl. Kapitel B.II.4.d)(4).
Bilanzierung und Bewertung des AnlagevermBgens
(1) Anschaffungskosten(IAS 16.15-23) oder Herstellungskosten (IAS 16.15-23; IAS 38.24-32; IAS 38.62-67)
(4) Neubewertung zum beizulegenden Zeitwert (,,Fair Value"): Zuschreibung oder a u l l e r p l d i g t Abschreibung
bungen auf Basis der historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten
bungen auf Basis des beizulegende~ Wertes (,,Fair Value")
a
a
I 1 (2,auDerplanmUiger . , Pflicht zur Abschreibuna bei 3 wertmind&ung "
auf den am Abschlussstichtag erzielbaren Betrag (,,Recoverable Amount") (IAS 36.59 f.) Auswirkung: Minderung des Periodenergebnisses(Aufwand)
) ( 5 ) Pflicht zur Abschreibung be
&13e$anmU3iger ~ertmind&q auf den am Abschlussstichtag er zielbaren Betrag (,,Recoverabl~ Amount") (IAS 36.59 f.) Auswirkung: wie bei niedrigeren beizulegenden Zeitwert zum Neube wertungszeitpunkt 11
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
203
Zu (3): Wertaufholung GemaB IAS 36.110 muss nach einer auBerplanmaBigen Abschreibung jahrlich {iberprilfl: werden, ob es Indizien gibt, dass die friihere auBerplanmaBige Wertminderang sich vermindert hat oder gar nicht mehr besteht. Gibt es solche Anzeichen, so ist der erzielbare Betrag des Vermogenswertes am Bilanzstichtag zu schatzen. Liegt nun der erzielbare Betrag iiber dem Buchwert, dann hat gemaB IAS 36.114-119 eine als Ertrag ergebniswirksame Wertaufholung auf den erzielbaren Betrag zu erfolgen. Dabei bilden die fortgefiihrten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten die Obergrenze. Zu (4): Altemativ zulassige Methode: Neubewertungsmethode' Das Unternehmen kann fur die Folgebewertung aber auch die altemativ zulassige Methode, nach der der Vermogenswert mit seinem Neubewertungswert („Revalued Amount") anzusetzen ist, wahlen (IAS 16.29 u. 31; IAS 38.72 u. 75). Bei immateriellen Anlagewerten ist dies jedoch nur unter den oben bereits genannten Voraussetzungen moglich. Der jeweilige Neubewertungsbetrag entspricht im Neubewertungszeitpunkt dem beizulegenden Zeitwert („Fair Value"), an spateren Zeitpunkten dem um die nachfolgenden kumulierten Abschreibungsbetrage geminderten beizulegenden Zeitwert. Der beizulegende Zeitwert entspricht i.d.R. dem (geschatzten) Marktwert oder - wenn ein solcher nicht ermittelbar ist - den Wiederbeschaffungskosten. Da beide Werte hoher sein konnen als die historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten stellt diese Regelung die gravierendste Abweichung des lASB-Konzepts vom deutschen Handelsrecht mit dem dort verankerten Anschaffungskostenprinzip dar. Die planmaBigen Abschreibungen sind nach einer Neubewertung auf der Basis des beizulegenden Wertes zu bemessen^. Bei der Neubewertungsmethode soil also verhindert werden, dass stille Reserven im Anlagevermogen entstehen. Dies entspricht eher dem Ziel der „Fair Presentation" als die Fortfiihrung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei der Benchmark-Methode. Die Aufwertung im Zeitpunkt der Neubewertung beeinflusst allerdings das Jahresergebnis i.d.R. nicht. Problematisch ist dennoch, dass der beizulegende Wert („Fair Value"), der eine marktorientierte GroBe darstellt, nicht durch eine tatsachliche Veraufierung realisiert ist und somit Risiken fur die Realisierung dieses Wertes bei einem spateren tatsachlichen Verkauf bestehen. Eine (faktische) Ausschiittungssperre in Hohe der Neubewertungsriicklage kann jedoch verhindern, dass durch Ausschuttung der offen gelegten stillen Reserven, soweit sic nicht als „realisiert" gelten, die Untemehmenssubstanz verringert wird. Eine Neubewertung muss sich immer auf eine gesamte Gmppe von Sachanlagen (z.B. alle Maschinen und technischen Anlagen, alle Kraftfahrzeuge, die gesamte Geschaftsausstattung) oder immaterieller Vermogenswerte beziehen, die Neubewertung einzelner Sachanlagegtiter ist nicht gestattet. Diese gruppenweise durchzufiihrende Neubewertung soil gewahrleisten, dass alle Sachanlagegiiter einer Kategorie der Neubewertung unterzogen werden und nicht z.B. nur jene, die im Wert gestiegen sind (IAS 16.36; IAS 38.72). GemaB IAS 16.31 ist die Neubewertung emeut durchzufiihren, wenn beizulegender Zeitwert und Buchwert eines Vermogenswerts, der nach der Neubewertungsmethode bewertet wird, wiederum wesentlich voneinander abweichen. Bei nur geringen Zeitwertanderungen gilt es fur das Sachanlagevermogen als ausreichend, wenn die Neubewertung alle drei bis flinf Jahre durchgeftlhrt wird (IAS 16.34).
^ Latente Steuem werden hier vemachlassigt. Zur Berilcksichtigung von latenten Steuem bei der Neubewertungsmethode sieheKapitelB.VIII.l.b)(10). 2 Zur Technik der Abschreibungen in der Folge einer Neubewertung siehe Kapitel B.ni.3.a)(9).
204
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
• Erstmalise Neubewertuns 1st bei der erstmaligen Neubewertung der beizulegende Zeitwert („Fair Value") geringer als die fortgefuhrten Anschafflings- bzw. Herstellungskosten (Buchwert), so muss eine Wertminderung des Vermogenswert gemaB IAS 16.40 und IAS 38.86 erfolgswirksam auf den niedrigeren beizulegenden Wert abgeschrieben werden. 1st der beizulegende Zeitwert jedoch hoher als der Buchwert, so muss gemaB IAS 16.39 und IAS 38.85 eine Zuschreibung auf den beizulegenden Wert erfolgen. Der Zuschreibungsbetrag ist (zum Teil') erfolgsneutral in eine Neubewertungsriicklage (die irmerhalb des Eigenkapitals ausgewiesen wird) einzustellen. Dies ist in der Eigenkapitalveranderungsrechnung nach IAS 1.8 bzw. 1.96 darzustellen^. Im Falle der Neubewertung mit einem hoheren beizulegenden Zeitwert ergeben sich aufgrund der gestiegenen Abschreibungsbasis nun hohere jahrliche Abschreibungsbetrage. Gemafi IAS 16.41 und IAS 38.87 gilt die Neubewertungsriicklage in den Folgejahren in Hohe des Differenzbetrages zwischen Abschreibungsbetrag auf der Basis des hoheren beizulegenden Zeitwertes und Abschreibungsbetrag auf der Basis historischer Anschaffungsbzw. Herstellungskosten als „realisiert" und ist daher insoweit aufzulosen. Die Auflosung erfolgt erfolgsneutral tiber die Gewiimrtlcklage, die sich entsprechend erhoht (Umbuchung). Dieser Umbuchungsbetrag kann in weiterer Interpretation als zur Ausschilttung freigegeben angesehen werden, obwohl dies in den IFRS explizit nicht in dieser Weise interpretiert wird und die Ausschilttungsbemessung nicht als Aufgabe des Abschlusses angesehen wird. Dennoch muss dieses Problem zumindest in einer Nebenrechnung gelost werden. Bei der erfolgsneutralen Umbuchung handelt es sich dem Wortlaut der beiden Standards entsprechend um ein Wahlrecht. Auch in IAS 12.64 wird ausdrlicklich darauf hingewiesen, dass hier ein Wahlrecht besteht. Die Alternativen sind zum einen das unveranderte Stehenlassen der Neubewertungsriicklage und zum anderen die erfolgserhohende schrittweise Auflosung iiber die GuV. Letzteres wiirde dazu fiihren, dass per Saldo dem Prinzip der Nominalkapitalerhaltung entsprechend nur die Abschreibungen auf Basis der historischen Anschaffungs-/ Herstellungskosten aufwandswirksam waren. Nach der h.M in der Literature ist diese Alternative durch IAS 16.41 nicht gestattet. Ein Wahlrecht besteht somit nur zwischen dem Stehenlassen der Neubewertungsriicklage und ihrer sukzessiven erfolgsneutralen Umbuchung in die Gewinnrucklagen. Im Folgenden soil wegen ihrer Besonderheit hier nur die Umbuchung weiter behandelt werden''. Generell hat die Umbuchung den Effekt, dass die Gewinnrtlcklage dieselbe Hohe aufweist wie bei Wahl der BenchmarkMethode, sofern das Unternehmen den Gewinn voll thesauriert. Beim Verkauf oder bei Stillegung des Vermogenswerts kann die Neubewertungsriicklage unverandert stehengelassen oder in vollem Umfang realisiert und erfolgsneutral iiber die Gewinnrucklagen aufgelost werden (IAS 16.41; IAS 38.87). • Neubewertuns in den Folsejahren Ist in den Folgejahren bei einer erneuten Neubewertung der Buchwert des neubewerteten Vermogenswerts groBer als der beizulegende Zeitwert, so ist gemaB IAS 16.40 und IAS 38.86 eine Wertminderung erforderlich. Diese Wertberichtigung wirkt sich allerdings in' Die Zuschreibung ist zum anderen Teil, der der zukunftigen Ertragssteuerbelastung entspricht, gemafi IAS 12.61 f. unter den latenten Steuern auszuweisen; siehe Kapitel B.VIII.l.b) (10). 2 Vgl. Kapitel B.VI.3. •* Vgl. Mujkanovic, R.: Fair Value im Financial Statement nach International Accounting Standards, Stuttgart 2002, S. 145. '* Siehe ein ausfiihrliches Beispiel zu den Folgeabschreibungen in Kapitel B.in.3.a)(9).
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
205
soweit ergebnisneutral aus, als noch eine Neubewertungsriicklage existiert, die zunachst riickgangig zu machen ist. Ein eventuell uberschieBender Restbetrag der Wertminderung ist als gewinnmindemder Aufwand zu erfassen. Die Neubewertungsmethode im Uberblick':
falls beizulegender Zeitwert („fair value")
und vorher keine Neubewertung bzw. keine Neubewertungsriicklage gebildet
groBer als: Buchwert (= fortgefiihrte AK/HK oder fortgefuhrte Neubewertung)
falls beizulegender Zeitwert oder erzielbarer Betrag
und vorher Neubewertungsriicklage gebildet
dann Pflicht zur Zuschreibung auf den hoheren beizuleg. Wert (erfolgsneutrale Bildung einer Neubewertungsriicklage) (IAS 16.39) (Bilanzverlangerung)
Folgejahre: erfoigsneutrale Umbuchung der Neubewertungsriicklage in Gewinnriicklagen in Hohe der Differenz der jetzt hoheren planmaBigen Abschreibung zur bisherigen (IAS 16.41)
und vorher keine erfolgswirksame (auBerplanmaBige) Wertberichtigung
dann: Zuschreibung (erfolgsneutral) und Aufstockung der Neubewertungsriicklage
und vorher erfolgswirksame Abschreibung (Aufwand) zwecks Neubewertung oder wegen (auCerplanmaBiger) Wertminderung
dann: insoweit erfolgswirksame Zuschreibung (Ertrag) (IAS 16.39)
und vorher keine Neubewertung bzw. keine Neubewertungsrucklage gebildet
Pflicht zur Wertberichtigung auf den niedrigeren beizulegenden Zeitwert oder erzielbaren Betrag (ergebniswirksam) (IAS 36.60; IAS 16.40)
und vorher Neubewertung erfolgt und Neubewertungsriicklage gebildet
Pflicht zur Wertberichtigung ergebnisneutral durch Auflosung der Neubewertungsriicklage, dariiber hinaus ergebnismindernd (IAS 36.60; IAS 16.40)
kleiner als:
fortgefiihrte AK/HK bzw. bisheriger Neubewertungswert
' Latente Steuem werden hier vernachlassigt. Zur Berilcksichtigung von latenten Steuem bei der Neubewertungsmethode siehe Kapitel B.VIII.l.b) (10).
206
Bilanzierung und Bewertung des Aniagevermdgens
1st in den Folgejahren der beizulegende Zeitwert groBer als der Buchwert des neubewerteten Vermogenswerts, muss der Aufwertiingsbetrag gemaB IAS 16.39 und IAS 38.85 erfolgswirksam als Ertrag verbucht werden, insoweit als dadurch ein im Rahmen einer friiheren Neubewertung gebuchter erfolgswirksamer Abschreibungsaufwand rilckgangig gemacht wird. Der dartiber hinausgehende Aufwertungsbetrag ist erfolgsneutral in die Neubewertungsrticklage einzustellen.
Zu (5): (AuBerplanmafiige') Wertminderung und Neubewertungsmethode Eine (auBerplanmaBige) Wertminderung liegt immer dann vor, wenn der Buchwert eines Vermogenswerts den erzielbaren Betrag iibersteigt. Sie muss durch eine Wertberichtigung erfasst werden, die den Periodengewirm mindert. Im Rahmen der Neubewertungsmethode ist die Wertminderung jedoch wie eine Veringerung des Fair Value zum Neubewertungszeitpunkt zu behandeln (IAS 36.60).
Zu (6): Wertaufholung und Neubewertungsmethode GemaB IAS 36.110 muss nach einer Wertberichtigung jahrlich daraufhin iiberpriift werden, ob es Indizien gibt, dass die in friiheren Jahren erfasste Wertminderung sich verringert hat oder gar nicht mehr besteht. Ist dies der Fall, so muss der erzielbare Betrag geschatzt werden. Liegt dieser uber dem Buchwert des Vermogenswerts, so ist die Vornahme einer als Ertrag erfolgswirksamen Wertaufholung verpflichtend (36.114). Bei neubewerteten Vermogenswerten wird eine solche Wertaufholung wie die Aufwertung eines Vermogensgegenstands im Rahmen der Neubewertung behandelt (IAS 36.119). Somit wirkt eine Wertaufholung (Zuschreibung) nur insoweit gewinnerhohend, als sie einem erfolgswirksamen Abwertungsaufwand bei diesem Vermogenswert in friiheren Jahren entspricht. Darilber hinaus wird erfolgsneutral die Neubewertungsrilcklage gebildet bzw. aufgestockt (IAS 36.120). Im Rahmen der Neubewertungsmethode hat eine Wertaufholung bis zum erzielbaren Betrag und - da eine Wertaufholung mit einer Neubewertung gleichgesetzt wird - bis zum beizulegenden Zeitwert (Fair Value") zu erfolgen, also ohne Begrenzimg durch die fortgefiihrten Anschaffung- oder Herstellungskosten.
Beispielsaufsabe: Die LowTech International GmbH bewertet ihre bebauten und unbebauten Grundstiicke nach der alternativ zulassigen Neubewertungsmethode. Der Einfachheit halber soil hier nur ein unbebautes Grundstiick betrachtet werden. Das unbebaute Grundstiick in Rastede wird am 18.7.01 zu Anschaffungskosten in Hohe von 400.000 EUR erworben. Es soil als Lagerplatz flir Container genutzt und spater mit einem Burogebaude bebaut werden. Der durch einen Gutachter ermittelte Marktwert des Grundstiicks zum 31.12.01 betragt 420.000 EUR. Eine Neubewertung der Grundstiicke hat jahrlich zu erfolgen, da generell die Grundstiickspreise in Rastede sehr flexibel auf Anderungen der Marktverhaltnisse reagieren. Zum 31.12.02 betragt der Marktwert laut Gutachten nur noch 360.000 EUR, da die Nachfrage nach Grundstilcken sich konjunkturbedingt abgeschwacht hat. Ira Jahre 03 zieht die Konjunktur wieder an und wegen eines neuen Burgermeisters entwickelt sich speziell die Gemeinde Rastede wirtschaftlich in atemberaubendem Tempo. Entsprechend ermittelt der Gutachter zum 31.12.03 einen Grundstucksmarktwert von 800.000 EUR. Zum 31.12.04 betragt der erzielbare Betrag (= Fair Value = NettoverauCerungswert)) des Grundstiicks allerdings nur noch 280.000 EUR, da inzwischen in der Nachbarschaft eine Miilldeponie errichtet wurde. Da im Laufe des Folgejahres die zahlreichen Klagen gegen die Errichtung der Miilldeponie in einem Wohngebiet Erfolg zeitigen, beschlieBt die Gemeinde die Miilldeponie an diesem Ort wieder zu schlieBen. Der Wert des Grundstiicks im Sinne des erzielbaren Betrags wird zum 31.12,05 mit 660.000 EUR festgestellt.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermtigens Wie ist das unbebaute Grundstiick in den Bilanzen der Jahre 01 bis 05 zu bewerten, welchen Wert hat jeweils die Neubewertungsriicklage und welche Erfolgsauswirkungen haben die einzelnen Umbewertungen? Geben Sie auch alle Buchungssatze an.
31.12.04 31.12.05
1 1
280.000 1 660.000 1
01 260.000 1
--- 1
120.000 1
120.000 1 IAS 36.59 i.V.m. IAS 16.38 --- 1 IAS 36.104 i.V.m. 16.37
Handelt es sich an den Stichtagen 3 1.12.01 bis 3 1.12.03 um verhderte beizulegende Zeitwerte (,,Fair Value"), so ist der Wert des Grundstiicks zum 3 1.12.04 durch auBergewohnliche Griinde reduziert worden. IAS 36 behandelt solche (auBerplanm&l3igen)Wertminderungen von Vermogenswerten, die gegeben sind, wenn der erzielbare Betrag (,,Recoverable Amount") den bisherigen Buchwert unterschreitet und eine auRerplannd3ige Abschreibung erfordern. Im Rahmen der Neubewertungsmethode ist dieser Fall gems IAS 36.60 wie eine Abnahme des Neuwerts zu behandeln. Die anschliefiende Wertaufholung aufgrund eines wieder angestiegenen erzielbaren Betrags ist verpflichtend und im Rahmen der Neubewertungsmethode wie eine Neubewertung zu einem gestiegenen beizulegenden Wert zu behandeln ( U S 36.1 19). Die Buchungssatze lauten chronologisch: Grund und Boden an Bank
400.000 EUR 400.000 EUR.
Grund und Boden an Neubewertungsriicklage
20.000 EUR
Neubewertungsriicklage und auRerplanmiiJ3ige Abschreibung (Aufwand) an Grund und Boden
20.000 EUR 40.000 EUR
20.000 EUR.
60.000 EUR.
Grund und Boden an Zuschreibungsertrtige Neubewertungsriicklage
440.000 EUR
Neubewertungsriicklage und auBerplanmiiJ3ige Abschreibung (Aufwand) an Grund und Boden
400.000 EUR 120.000 EUR
Grund und Boden an Zuschreibungsertrage Neubewertungsriicklage
380.000 EUR
40.000 EUR 400.000 EUR.
520.000 EUR. 120.000 EUR 260.000 EUR.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens Die Buchung von Neubewertungen in IFRS-Abschliissen kann auch auf folgende Weise veranschaulicht werdenl:
NeuEiia tung
Neu-
bewertung
Neu-
bewertung
Aufgabe 30: Bewertungskonzeption nach IASIIFRS Die LowTech ~nternkional~ m bewertet b ~ ihre bebauten und unbebauten Grundstiicke nach der alternativ zulassigen Neubewertungsmethode. Aufgrund der starken Preisschwankungen ist eine jahrliche Neubewertung erforderlich. Der Einfachheit halber soll hier ein Gebaude ohne den zugehorigen Grund und Boden betrachtet werden, das iiber eine geschatzte Nutzungsdauer von 20 Jahren linear abgeschrieben wird. Von einem Restwert und Abbruchkosten werde abgesehen. Das Gebaude wird am 1.1.01 zu Anschaffungskosten in Hohe von 2 Mio EUR erworben und dient als Lagerhalle im AuDenlager der GmbH in Neustadt. Der durch einen Gutachter ermittelte Marktwert des Gebaudes zum 3 1.12.01 betragt 2,09 Mio EUR. Zum 3 1.12.02 betragt der erzielbare Betrag (=Nettoveraufierungserlbs) nur noch 1,26 Mio EUR, da im Mauerwerk der Lagerhalle Feuchtigkeit festgestellt wurde. Im Folgejahr wurden die Schaden beseitigt und das Mauerwerk dauerhaft durch ein Beluftungssystem trockengelegt. Der erzielbare Betrag ist daher wieder angestiegen, und zwar per 31.12.03 auf 1,7 Mio EUR. Im Jahre 04 ziehen die Grundstiickspreise in Neustadt stark an, da eine neue EU-Behorde zur Behordenverwaltung in Neustadt angesiedelt werden soll. Entsprechend ermittelt der Gutachter zum 3 1.12.04 einen Marktwert fur das Gebaude von 2,56 EUR. Wie ist das Gebaude in den Bilanzen der Jahre 01 bis 04 zu bewerten, welchen Wert hat jeweils die Neubewertungsriicklage und welche Erfolgsauswirkungen haben die einzelnen Umbewertungen? Zur Vereinfachung soll die Neubewertungsriicklage nicht in die Gewinnriicklage umgebucht werden IAS 16.39 (Wahlrecht). Geben Sie auch alle Buchungssatze auljer denjenigen zur planmafiigen Abschreibung an.
(2) Bewertung zahlungsmittel-generierenderEinheiten nach IFRS Nicht selten kommt es vor, dass kiinftige Einzahlungsiiberschiisse einem einzelnen Vermogenswert, z.B. einer einzelnen Maschine, nicht isoliert zugeordnet werden konnen. Nur durch eine Gesamtheit von Maschinen (z.B. eine Produktionsinsel mit mehreren zusammenwirkenden Maschinen oder eine gesamte Fertigungsstrde) kann ein verkaufsf&iges Produkt hergestellt werden und nur diese Gesamtheit erzeugt demnach Zahlungsmittelzufliisse (,,Cash flows"), die unabhiingig von denen anderer Vermogenswerte sind. Dies ist aber Voraussetzung dafiir, den Nutzungswert und somit den erzielbaren Betrag bestimmen zu konnen. In einem solchen Fall hat das Unternehmen eine sog. zahlungsmittelgenerierende Einheit (,,Cash-Generating UnitL') zu bilden, die die Buchwerte siimtlicher Vermogenswerte, die dieser Gruppe in zuverlassig stetiger Weise direkt zugerechnet werQuelle: Steiner, M.: IAS 25, Tz.59, in: Baetge u.a. (Hrsg.): Rechnungslegung nach International Accounting Standards (IAS), 1. Aufl., Stuttgart 1997.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
209
den konnen, umfasst. Sie ist defmiert als kleinste identifizierbare Gruppe von Vermogenswerten, die Cash Flows erzeugen, die weitgehend unabhangig von den Cash Flows anderer Vermogenswerte sind (IAS 36.6, IAS 36.65-108). Ermessensspielraume bei der Abgrenzung entstehen unweigerlich durch die Formulierung „weitgehend unabhangig", die aber imabdingbar ist, wenn zahlungsmittel-generierende Einheiten nicht generell mit Gesamtbetrieben oder Geschaftsbereichen gleichgesetzt werden soUen. Bei der Bildung von zahlungsmittel-generierenden Einheiten handelt es sich aber nicht um eine Durchbrechung des Grundsatzes der Einzelbewertung, denn jeder Vermogenswert innerhalb der Gruppe behalt seinen eigenen Buchwert. Kann bei vorliegenden Indizien filr eine auBerplanmaBige Wertminderung fur den einzelnen Vermogenswert, der zugehorige erzielbare Betrag (etwa im Sinne des Nutzungswerts) nicht geschatzt werden, so ist der erzielbare Betrag fur die gesamte zahlungsmittelgenerierende Einheit zu ermitteln, zu der der Vermogensgegenstand gehort (IAS 36.66). So kann z.B. der erzielbare Betrag fur eine private Eisenbahn eines Bergbauuntemehmens deshalb nicht bestimmt werden, well zum einen der Schrottwert (= Nettoverkaufspreis) gravierend unter dem Nutzungswert der Eisenbahn liegt und zum anderen die Eisenbahn aus ihrer fortgesetzten Nutzung keine Mittelzufliisse erzeugt, die weitestgehend unabhangig von den Mittelzuflilssen anderer Vermogenswerte sind. Bin Nutzungswert und somit ein erzielbarer Betrag kann in diesem Falle nur fur die zahlungsmittel-generierende Einheit, also das Bergwerk als Ganzes, bestimmt werden (IAS 36.67). Ein bei einem Untemehmenserwerb bezahlter Geschafts- oder Firmenwert, der selbst keine von anderen Vermogenswerten unabhangigen Cash flows erzeugen kaim, kann Bestandteil einer solchen Einheit sein. Die fiir die gesamte Einheit festgestellte Wertminderung ist in einem solchen Falle zunachst dem Geschafts- oder Firmenwert zuzuordnen und die Ubrige Wertminderung anschliefiend nach MaBgabe der Buchwerte den einzelnen Vermogenswerten. Die Untergrenze eines Vermogenswerts, bis zu der abgewertet werden kann, entspricht dem hoheren Wert von NettoverauBerungserlos und Nutzungswert (IAS 36.88 f). Eine spatere Wertaufholung der zahlungsmittel-generierenden Einheit ist nach MaBgabe der Buchwerte anteilig den einzelnen Vermogenswerten (bis auf den Geschafts- oder Firmenwert) zuzuordnen und zuzuschreiben (IAS 36.122). Diese Zuschreibung ist maximal moglich bis zum niedrigeren Wert von erzielbarem Betrag und fortgefiihrtem Buchwert ohne die frilhere auBerplanmaBige Abschreibung. Der zugeordnete Zuschreibungsbetrag darijber hinaus ist darm anderen Vermogenswerten der Einheit zuzuordnen (mit Ausnahme des Geschafts- oder Firmenwerts, der ggf der Einheit zugeordnet wurde) (IAS 36.123). Eine Wertaufholung ist beim Geschafts- oder Firmenwert generell unzulassig (IAS 36.124).
2. Die Bilanzierung und Bewertung der einzelnen Positionen a) Aufwendungen fur die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschaftsbetriebs (1) Regelung nach HGB Aufwendungen filr die Ingangsetzung des Geschaftsbetriebs fallen in der Zeit wahrend und kurz nach der Grtindung des Untemehmens an und dienen dazu, den Betrieb organisatorisch zum Laufen zu bringen. Dies betrifft vorrangig also die Ablauforganisation, und zwar im Innenbereich des Betriebs, also im Bereich der Fertigung, Lagerhaltung und Ver-
210
Bilanzierung und Bewertung des AnlagevermSgens
waltung, als auch im AuBendienst, also im Bereich der Vermarktung und des Vertriebs der Erzeugnisse. Die Aufwendungen der Griindung selbst (z.B. Notar-, Gerichtskosten) gehoren nicht dazu, fur diese ist bereits in § 248 Abs. 1 HGB ein Aktivierungsverbot geregelt (vgl.KapitelB.II.l.b). Die Aufwendungen fur die Erweiterung des Geschaftsbetriebs sind inhaltlich identisch mit den Aufwendungen fur die Ingangsetzung. Es geht hierbei um den Fall einer spateren Neueinrichtung eines Teilbetriebs bzw. neuen Geschaftszweigs, der mit einer Untemehmensgriindung vergleichbar ist. Es genilgt also nicht, wenn eine neue Produktart eingefuhrt wird, die auf den bereits vorhandenen Produktionsanlagen hergestellt wird, schon gar nicht, wenn dadurch eine bisher produzierte Erzeugnisart durch ein modifiziertes Produkt ersetzt wird (sog. Produktvariation). Es muss sich also um eine Ausweitung des Produktionsprogramms handeln, die mit einer Kapazitatserweiterung verbunden ist und von groBerer Bedeutung fur das Untemehmen ist. Einbeziehbar ist auch die Erweiterung der Vertriebskanale in neuen Regionen, sofern dies im Zusammenhang mit dem Aufbau einer neuen Geschaftssparte erfolgt. Im Einzelnen geht es um folgende Aufwendungen: Aufwendungen flir die Anwerbung von neuen Mitarbeitern Schulungsaufwendungen von Mitarbeitern (z.B. in Anwendungssoftware) Planungsaufwendungen, Aufwendungen fiir Marktstudien Aufwendungen fur den Aufbau der Organisation der Verwaltung Aufwendungen fur den Aufbau der Organisation des Fertigungsablaufs Aufwendungen ftir Probeiaufe neuer Maschinen zur Fertigung neuer Produkte Aufwendungen fiir den Aufbau der Vertriebsorganisation Aufwendungen fur einen Einfiihrungswerbefeldzug Grundsatzlich handelt es sich nur um Aufwendungen, die in keiner anderen Bilanzposition aktiviert werden durfen. So ist es z.B. nicht moglich, die Kosten fiir Probeiaufe in den Herstellungskosten der Erzeugnisse zu aktivieren, da gar keine absatzbestimmten Leistungen erstellt worden sind, sondern nur einige Prototypen. Eine allgemeine Schulung des neu eingestellten Personals ist darilber hinaus deshalb nicht in den Herstellungskosten der Erzeugnisse aktivierbar, well diese Aufwendungen nicht zur Fertigung gehorig sind. SchlieBlich durfen auch keinerlei Vertriebskosten in die Herstellungskosten einbezogen werden. Und gerade fiir diese Aufwendungen sieht § 269 HGB ein Aktivierungswahlrecht vor. Ein solches Aktivum kann jedoch zweifelsohne nicht losgelost vom Untemehmen verauBert werden, es mangelt also an der Eigenschaft der selbstandigen Verkehrsfahigkeit. Aktivierungswahlrechte, die Nicht-Vermogensgegenstande betreffen, nermt man Bilanzierungshilfen. Die Aktivierung von Nicht-Vermogensgegenstanden verstoBt strenggenommen gegen das Glaubigerschutzprinzip. Um daher die Glaubiger dennoch vor falschen Beurteilungen bzw. vor Vermogensschaden zu schutzen, ist gemaB § 269 HGB dieser Posten mit der alarmierenden Bezeichnung "Aufwendungen fiir die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschaftsbetriebs" an exponierter Stelle vor dem Anlagevermogen (und evtl. hinter dem Posten "Ausstehende Einlagen") auszuweisen, um das Augenmerk der Glaubiger auf diese
Bilanziemng und Bewertung des Anlagevermtigens Problemposition zu lenken. Im Anhang wird uberdies eine Erlauterung verlangt. Letzteres gilt jedoch nicht fGr kleine Kapitalgesellschaften (9 274a Nr. 5 HGB), damit nicht ggf. wettbewerbsverzerrend die Veranderung der strategischen Ausrichtung der Geschaftstatigkeit den Konkurrenten (in der Rechtsform einer nicht publizitfspflichtigen Personenhandelsgesellschaft) offengelegt werden muss. AuRerdem ist dieser Posten mit einer sog. Ausschiittungssperre verbunden. Diese sol1 bewirken, dass der als "Ingangsetzung" aktivierte Betrag nicht ausgeschiittet werden kann, weil hier kein im Konkursfalle venvertbarer Vermogensgegenstand geschaffen worden ist. Beispiel: Angenommen, fur den Fall der Nichtaktivierung der Ingangsetzungsaufwendungen (TEUR 150) ergabe sich ein Jahresiiberschuss von Null.
BS:
Verschiedene Aufwendungen (Personal-, Materialaufwand) an Kasse
150 TEUR 150 TEUR.
Eine Aktivierung fihrt dagegen zu einem Jahresiiberschuss von 150 TEUR.
BS:
BA
Verschiedene Aufwendungen (Personal-, Materialaufwand) an Kasse
150 TEUR
Bestandskonto "Aufwendungen fir die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschaftsbetriebs" an Andere aktivierte Eigenleistungen
150 TEUR
1 50 TEUR.
150 TEUR.
Da die Ausschuttung dieses Betrages eine nicht erkennbare Verringerung der Unternehmenssubstanz bedeutete und somit dem Glaubigerschutz widersprache, enthdt 5 269 Satz 2 HGB folgende Ausschiittungssperre: Gewinne diirfen "nur ausgeschiittet werden, wenn die nach der Ausschiittung verbleibenden jederzeit aufliisbaren Gewinnriicklagen zuziiglich eines Gewinnvortrags und abziiglich eines Verlustvortrags dem angesetzten Betrag mindestens entsprechen" ( 5 269 Satz 2 HGB). Beisviel: Rilnnz fin TRTJR\
Aufwendungen fiir die 1ngangsetzGg verschiedene Aktiva
I Gezeichnetes Kapital 1 150 1.000 Gesetzliche Gewinnriicklagen Andere Gewinnriicklagen Gewinnvortrag Jahresiiberschuss IVerschiedene Passiva 1 1.150 1
3001
300
30 20 10 50 740 1 1.1501
30 20 85 50 665 1.150
Erlauterunaen:
Fall 1: Es ist keine Ausschiittung moglich, da die Summe der jederzeit auflosbaren Gewinnriicklagen (20)+ Gewinnvortrag (10)+ Jahresiiberschuss (50)= 80 betragt und damit die Hohe des Aktivums Ingangsetzungsaufwendungenunterschreitet.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermisgens
Fall 2:
Gewinnriicklagen (20) + Gewinnvortrag (85) + Jahresiiberschuss (50) = 155 und damit ist eine Ausschiittung in Hohe von 5 moglich (Ingangsetzungsaufwendungen= 150).
Gemid3 5 282 HGB muss das Aktivum "Aufwendungen fiir die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschaftsbetriebs" ab dem Folgejahr zu mindestens einem Viertel abgeschrieben werden, d.h., der Bilanzierungshilfe-Zeitraum betragt 4 Jahre plus die Monate im Zugangsjahr (Jahr der Erstaktivierung). Die Abschreibung soll in diesem Falle nicht eine Wertrninderung moglichst genau widerspiegeln, sondern ist pauschaler Natur und soll den ~bergangscharakterder Bilanzierungshilfe unterstreichen. Als alternative Abschreibungsp l h e kommen in Frage (Abschreibungssatze in Prozent):
Frane: Aus welchen Griinden g e w w der Gesetzgeber eine solche Bilanzierungshilfe fiir Kapitalgesellschaften? Antwort: In der Tat stellt sich die Frage nach dem Zweck dieser Vorschrift, werden doch Glaubigerinteressen durch die ~ktivie~run~smb~lichkeit eines ~ i c h t - ~ e r m 8 ~ e n s ~ e ~ e n svt ea rnldks. iiblicherweise wird angefiihrt, dass durch diese Bilanzierungshilfe verhindert werden soll, dass das Unternehmen kurz nach seiner Griindung bereits einen Insolvenzantrag wegen iiberschuldung stellen muss, fallen doch im ersten "Lebensjahr" die genannten Aufwendungen in gr6Berem Umfange an, Ertrage bleiben jedoch weitgehend aus. Dadurch erklart sich auch die Beschrankung der Bilanzierungshilfe auf Kapitalgesellschaften, denn nur fiir diese ist die Uberschuldung ein Insolvenzgrund ($ 92 Abs. 2 AktG; 5 63 GmbHG). Eine ~berschuldungliegt vor, wenn die kumulierten Verluste das Haftungskapital (Eigenkapital) iibersteigen, das Eigenkapital also negativ wird und aktivisch als "nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag" (5 268 Abs. 3 HGB) ausgewiesen wird. Sie konnte verhindert werden, wenn - wie in den beiden folgenden Bilanzen gezeigt wird - die angefallenen Aufwendungen ftir die Ingangsetzung des Geschaftsbetriebs in Hohe von 150 TEUR aktiviert werden.
I Gemeint ist das erste bzw. zweite etc. auf das Zugangsjahr (Jahr der Erstaktivierung) folgende Jahr.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
Bilanz (in TEUR) Anlagevermogen 400 Verbindlichkeiten Umlaufvermogen 300 nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag 100 800
213
800
800
Bilanz (in TEUR)
Aufwendungen fur die Ingangsetzung Anlagevermogen Umlaufvermogen
Eigenkapital 150 400 Verbindlichkeiten 300 850
50 800 850
Zu beachten ist jedoch, dass die Geschaftsfuhrung bzw. der Vorstand erst dann nach § 64 Abs. 1 GmbHG bzw. § 92 Abs. 2 AktG das Insolvenzverfahren beantragen mussen, wenn eine Uberschuldung im sog. Uberschuldungsstatus gegeben ist. Dabei handelt es sich um eine Bilanz, in der das going-concern-Prinzip keine Giiltigkeit mehr hat, sondem die Vermogensgegenstande mit EinzelverauBerungserlosen bewertet, also stille Reserven offengelegt werden, sofem nur noch die Zerschlagung moglich ist. Dies gilt zumindest dann, wenn der Vorstand aufgrund einer betriebswirtschaftlichen Analyse zum Ergebnis gekommen ist, dass die Gesellschaft nicht mehr existenzfahig ist. In der Kegel ist deshalb noch kein Insolvenzgrund gegeben, wenn die laufende Bilanz eine Uberschuldung anzeigt, weil der Uberschuldungsstatus noch positives Eigenkapital aufweisen kann. Neu gegrtindeten Unternehmen ist es andererseits kaum moglich, in der kurzen Zeit nennenswerte stille Reserven zu bilden. Tatsachlich hilft auch die Bilanzierungshilfe hier nicht welter, da fiir sie im Insolvenzfalle kein EinzelverauBemngserlos erzielbar ist und sie im Uberschuldungsstatus mithin nicht auftaucht. Fallt die betriebswirtschaftliche Fortbestehensprognose positiv aus, ist die rechnerische Uberschuldung anhand von going-concern-Werten zu prtifen (sog. alternative zweistu/ige Uberschuldungsprufung'). Nur in diesem Falle tritt also der oben gezeigte Effekt ein, dass durch Nutzung der Bilanzierungshilfe die rechnerische tjberschuldung verhindert werden kann. Wichtig fur der Praxis ist auch, dass durch die Inanspruchnahme der Bilanzierungshilfe moglicherweise vermieden werden kann, dass der Vorstand einer AG eine auBerordentliche Hauptversammlung (§ 92 Abs. 1 AktG) bzw. die Geschaftsfuhrung der GmbH eine auBerordentliche Gesellschafterversammlung einberufen muss, um den Aktionaren bzw. Gesellschaftem mitzuteilen, dass die Halfte des Nennkapitals durch Verluste aufgezehrt worden ist. Dies ist bei Aktiengesellschaften mit einem zu publizierenden Aufruf an die Aktionare und damit mit negativer Offentlichkeitswirkung verbunden. Im Steuerrecht gibt es grundsatzlich keine Bilanzierungshilfen. Der Nutzen der Ingangsetzungsaufwendungen ist - ahnlich wie beim originaren Geschaftswert - nicht konkretisierbar, da die einzelnen Komponenten nicht abgrenzbar bzw. nicht greifbar sind. Somit liegt mangels selbstandiger Bewertbarkeit kein Wirtschaftsgut vor, und eine Aktivierung in der Steuerbilanz ist ausgeschlossen, unabhangig von der Behandlung in der Handelsbilanz. Die Frage der MaBgeblichkeit stellt sich bei einer solchen Grundsatzfrage nicht, sondem hat nur bei konkreten Bilanzierungsvorschriften Bedeutung. ' Diese ist ab 1.1.1999 nach § 19 Abs. 2 InsO anzuwenden, Dagegen hatte sich der BGH flir die sog. modifizierte zweistufige Methode entschieden, die immer von Liquidationswerten ausgeht, BGH 13.7.1992, DB 1992, S. 2022; vgl. auch WP-HdB. 2000 Bd 1, Teil V, Tz. 14 ff.
214
Bilanzierung und Bewertung des AnlagevermOgens
Aufgabe 31:
Aufwendungen fiir die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschaftsbetriebs Seit Juni 01 betreibt die LowTech GmbH die vollig neue Geschaftssparte "Teemasciiinen", da einem in der Lupen-Fertigung beschaftigten Mitarbeiter zufalligerweise die Erfindung einer Solar-Teemaschine gegluclct ist, fiir die von Experten ein groBer Markterfolg propiiezeit wurde. Bislier sind jedocli in einem neuen gemieteten Werlcsgebaude nur 2 Prototypen der Teemaschine erstellt worden, die nocli waiter getestet werden miissen. Fiir die Anwerbung und Schulung neuer Mitarbeiter sind bereits Aufwendungen in Hoiie von 20.000 EUR entstanden, die Kosten der erforderliclien Kapitalerhohung (Registereintragung, Provisionen fiir Banlcen etc.) betrugen 5.000 EUR und der Einfiihrungswerbefeldzug hat bereits 40.000 EUR verschlungen. Die LowTech mochte von diesen Aufwendungen so viel wie moglich aiitivieren.
(2) Regelung nach IFRS Gmndsatzlich miissen auch selbst erstellte immaterielle Vermogenswerte, die die Aktivierungsvoraussetzungen erfiillen, aktiviert werden (IAS 38.21). Ausgaben fiir die Ingangsetzung des Geschaftsbetriebs bzw. Anlaufkosten fiihren jedoch auch nach den Ansatzkriterien des lASB-Konzepts nicht zu einem aktiviertmgspflichtigen Vermogenswert, da es an der Identifizierbarkeit, also der Abgrenzbarkeit vom Geschafts- oder Firmenwert mangelt^. Zur Klarstellung ist eine Aktivierung von Ausgaben fllr die Griindung und den Anlauf eines Geschaftsbetriebes (Griindungs- und Anlaufkosten) gemaB IAS 38.69 ausdrticklich verboten, sofern sie nicht in den Anschaffungs- oder Herstellungskosten einer Sachanlage aktiviert werden diirfen. Zu den Anlaufkosten gehoren die Kosten fur die Aufnahme neuer Tatigkeitsbereiche oder die Einfiihrung neuer Produkte oder Verfahren. Auch Ausgaben fiir Aus- und Weiterbildungsaktivitaten sowie fiir Werbekampagnen, die im Zusammenhang mit der Ingangsetzung oder Erweiterung des Geschaftsbetriebs ebenfalls anfallen konnen, diirfen nicht aktiviert werden.
b) Immaterielle Vermogensgegenstande (1) AUgemeines Immaterielle Vermogensgegenstande sind Rechte, rechtsahnliche Werte und sonstige Vorteile. Im Gegensatz zu den materiellen Giitern fehlt es den immateriellen Gegenstanden an der korperlichen Gestalt (z.B. Rechte) oder die korperliche Gestalt ist nur von untergeordneter Bedeutung und der Wert wird allein durch den geistigen Gehalt bestimmt (z.B. Buchmanuskript, Patentschrift). Die Erscheinungsformen der immateriellen Vermogensgegenstande sind vielfaltig. Die in der Bilanzgliederungsvorschrift fiir Kapitalgesellschaften (§ 266 Abs. 2 HGB) aufgefiihrten Gruppen von immateriellen Vermogensgegenstanden des AnlagevermOgens sollen im folgenden erlautert werden. Geleistete Anzahlungen sind solche, die im Zusammenhang mit dem Erwerb eines immateriellen Vermogensgegenstands geleistet wurden. Sie haben Forderungscharakter. Bei ijbergang des immateriellen Gegenstands in das Vermogen des Unternehmens erfolgt eine entsprechende Umbuchung. Nach h.M. ist auch eine Anzahlung zu bilanzieren, wenn diese sich auf Leistungen bezieht, die selbst nicht aktivierbar sind (z.B. Anzahlung an ein Marktforschungsinstitut fur eine Marktbeobachttmg).
Siehe Kapitel B.II.3 und B.III.2.b)(5).
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermilgens Immaterielle Vermogensgegenstande des Anlagevermogens, die nicht entgeltlich erworben worden sind, diirfen gem33 5 248 Abs. 2 HGB nicht aktiviert werden. Dies gilt also fiir alle selbst bzw. durch eigene Arbeitnehmer entwickelten und im eigenen Geschaftsbetrieb genutzten Patente, Modelle, Muster, Software und Know how. Entgeltlich envorbene Vermogensgegenstande des Anlagevermogens, wozu auch Erfindungen eigener Arbeitnehmer, an die eine Erfindervergiitung gezahlt wurde, gehoren, miissen hingegen aktiviert werden. Dies ergibt sich aus dem Umkehrschluss aus § 248 Abs. 2 HGB und dem Vollstandigkeitsgrundsatz. Steuerrechtlich sind beide Falle in § 5 Abs. 2 EStG in derselben Weise wie im Handelsrecht ausdriicklich geregelt.
1 Konzessionen sind behordliche Betriebserlaubnisse oder Erlaubnisse zur Nutzung von offentlichen 1 I Sachen fir ein Unternehmen; z.B.: Schankerlaubnis im Gaststattengewerbe, Apothekenkonzessio- I
nen, Guterfernverkehrskonzessionen, Mineralgewinnungsrechte. Gewerbliche Schutzrechte sind 2.B.: Patente, Warenzeichen, Urheberrechte, Geschmacksmuster, Gebrauchsmuster, Film- und Fernsehrechte I Patente: technisches Schutzrecht hinsichtlich der Ausgestaltung eines Gegenstands oder des " " Ablaufs eines Prozesses aufgrund einer Erfindung Warenzeichen: geschutaer Hinweis (einschliefllich der hinweisenden Ausstattung der Ware) auf die ~erkunffeinerWare aus einem bestimmten Unternehmen (z.B. ~ a ~ ~ i - ~ u ~ p e n ) . Urheberrechte: Schutzrecht fiir den schopferischen Gehalt eines Werks (z.B. Biicher, Musikstiicke etc. Geschmacknuster: urheberrechtliches Schutzrecht eines Musters oder Modells (Design von Mobeln, Teeservicen; Form und Farbe von Teigwaren, Bonbons etc.). Gebrauchsmuster: technisches Schutzrecht hinsichtlich der Gestaltunn. - und/oder Funitionsweise eines Gebrauchsgegenstandes kjrnliche Rechte sind z.B.: Nutzungsrechte, Bezugsrechte, Belieferungsrechte, Brenn- und Braurechte, Rezepturen, Wettbewerbsrechte, Optionsrechte zum ~ktienerwerb,EDV-Software etc. kjrnliche Werte: Know how (= ungeschiitzte Erfindungen), Archive, Kundenkarteien etc. Lizenzen an solchen Rechten und Werten: vertragliche befristete Nutzungsiiberlassung eines Rechts oder Wertes u
I I I I I I I II
1 /
(2) PlanmaRige Abschreibungen immaterieller Anlagegiiter Die Nutzungsdauer der immateriellen Anlagegegensthde wird von der vertraglichen Uberlassungsdauer (z.B. bei Lizenzen) oder der rechtlichen Schutzdauer (2.B. bei Patenten 20 Jahre) bestimmt. Die rechtlichen Fristen konnen jedoch nicht garantieren, dass die Gegensttinde iiber diese Zeitraume hinweg werthaltig sind. Wird ein Patent z.B. sofort nach seiner Anmeldung beim Patentamt envorben, so kann die wirtschaftliche Nutzungsdauer ein Jahr spiiter schon beendet sein, wenn namlich eine neue und bessere Erfindung am Markt erscheint, die das erworbene Patent wirtschaftlich wertlos macht. Da die wirtschaftliche Nutzungsdauer jedoch nicht vorhersehbar ist, werden in der Praxis Erfahrungswerte herangezogen, die z.T. auch von der Finanzverwaltung anerkannt werden.
Marken-, Urheber-, Musterrechte u.a. Lizenzen Wettbewerbsverbote Software, betriebswirtschaftlicheSysteme OFD Chemnitz, 28.7.2005, S 2172-1418 St 21
3-5 1-5 2-5 3
15 3-8 2-5 5'
216
Bilanzierung und Bewertung des Aniagevermogens
Lizenzen werden nur abgeschrieben, weim eine sog. Einmalzahlung zu Beginn der Laufzeit geleistet wird. Erfolgen dagegen periodische z.B. umsatzabhangige Zahlungen, so erfolgt in der Praxis meist keine Aktivierung, sondern eine laufende Aufwandsbuchung der Lizenzzahlung. Handelsrechtlich sind alle den Grundsatzen ordnimgsmaBiger Buchfuhrung entsprechenden Abschreibungsverfahren zulassig. Steuerrechtlich hingegen nur die lineare Abschreibungi, da es sich bei den immateriellen Wirtschaftsgiitem nicht um bewegliche Giiter handelt (R 7.1 Abs. 1 u. 2 EStR und H 7.1 "Bewegliche Wirtschaftsgiiter" EStH). Im Jahr des Zugangs muss generell monatsgenau zeitanteilig („pro rata temporis") abgeschrieben werden (§ 7 Abs. 1 Satz 4 EStG).
(3) Software Frage: Handelt es sich bei Software um materielle oder immaterielle Wirtschaftsguter? Antwort: Nach der Rechtsprechung des BFH^ handeh es sich bei Software immer um immaterielle Wirtschaftsguter, da der geistig-schopferische Gehalt des Programms im Vordergrund steht und die (materielle) Diskette nur dazu dient, das Programm unverlierbar, transportierbar und handelbar zu machen. Dies lasst sich aus dem Wertverhaltnis von Programminhalt und Datentrager ableiten. Software ohne Befehlsstruktur allerdings, die nur jedermann zugangliche Datenbestande enthalt, gehort gemafi Rechtsprechung zu den abnutzbaren beweglichen materiellen Wirtschaftsgiitem (H 5.5 "Keine immateriellen Wirtschaftsgiiter" EStH). Die Finanzverwaltung zahlt dazu auch Trivialprogramme, das sind einfachste Programme, bei denen der geistige Gehalt gegeniiber dem Datentrager Diskette nicht von hervorragender Bedeutung ist. Dies wird generell von Computerprogrammen, die Anschafftmgskosten bis zu 410 EUR haben, angenommen (R 5.5 Abs. 1 EStR). Somit wird in diesen Fallen eine Sofortabschreibung als geringwertiges Wirtschaftsgut gemaB § 6 Abs. 2 EStG moglich. Frase: Diirfen Software-Hersteller Erzeugnisbestande in ihrer Bilanz ausweisen? Antwori: Entwickelt das Software-Haus Programme zum dauernden Gebrauch im eigenen Betrieb, so fallen diese unter das Aktivierungsverbot nicht entgeltlich erworbener immaterieller Gegenstande des Aniagevermogens (§ 248 Abs. 2 HGB; § 5 Abs. 2 EStG). Der groBte Teil der selbsterstellten Software soil jedoch durch Lizenzvergabe oder sonstige Uberlassungsvertrage an Dritte vermarktet werden. Dazu erstellt das Software-Haus i.d.R. eine "Master-Diskette", von der immer wieder neue "Abdriicke" auf Disketten zwecks Veraufierung gemacht werden. Die Master-Diskette, der samtliche Programmierungskosten zuzurechnen sind, gehort somit zum Anlagevermogen und ist nicht aktivierbar. Daraus ergibt sich eine starke Schwankung des Periodengewinnes: Wahrend der Entwicklungsphase fallen nur Aufwendungen an, in den Perioden der Veraufierung werden die zugehorigen Erlose erzielt. Ein sinnvolle Gegenilberstellung sachlich zusammengehoriger Ertrage und Aufwendungen und der Ausweis eines aussagefahigen Periodengewinnes wird nicht erreicht. Dagegen sind teilweise fertiggestellte, noch nicht abgerechnete Auftragsarbeiten des Software-Herstellers den Vorraten (Umlaufvermogen) zuzuordnen und mit den bis zum Bi' Die geometrisch-degressive AfA ist steuerrechtlich nur bei beweglichen Wirtschaftsgiitem zulassig (§ 7 Abs. 2 EStG). 2 Vgl. BFH-Urteile vom 3.7.1987, BStBl. 1987 II, S. 728 und S. 787.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
217
lanzstichtag angefallenen Programmiemngskosten oder dem niedrigeren Tageswert zu bewerten. Dies ist durch die zeitnahe Korrektur einer (bewuBt oder unbewuBt) falschen Bewertung (Kostenzuordnungsproblem) durch einen zwischen Fremden ausgehandelten objektiven Verkaufspreis bei absatzbestimmten Leistungen zu rechtfertigen. Die Gewinnrealisierung findet erst bei Fertigstellung bzw. Ablieferung des Auftrags statt. Da es hierbei auf die Abnahme dxirch den Auftraggeber nicht ankommt, sind i.d.R. Riickstellungen fur kostenlose Naclibesserungsarbeiten zu bilden. Aufgabe 32: Immaterielle Vermogensgegenstande Am 14.4.01 erwarb die LowTech GmbH das Standard-Software-Paket "Lohn- und Gehaltsabrechnung" zum Preis von 3.900 EUR (zuziigl. 16% abziehbarer USt). Die Nutzungsdauer wird auf 3 Jahre geschatzt, zulassig in Handels- und Steuerbilanz. Am Bilanzstichtag betragen die (fortgefuhrten) Wiederbeschaffungskosten fur die Software 2.500 EUR, im Marz 02 - kurz vor Aufstellung der Bilanz - nur noch 2.000 EUR. a) Unter welcher Bilanzposition ist die Software auszuweisen? b) Welche Hohe hat die planmaCige Abschreibung? In der Handelsbilanz soli die hochstmogliche steuerhche Abschreibung iibernommen werden. c) Mit welchem Wert muss/darf die Software zum 31.12.01 in Handels- und Steuerbilanz angesetzt werden? (4) Geschafts- oder Firmenwert Als Geschafts- oder Firmenwert wird die Quelle aller Gewinnchancen eines Untemehmens bezeichnet, soweit diese nicht in einzelnen Vermogensgegenstanden verkorpert ist. Der Geschaftswert ist also eine ResidualgroBe, ein Sammelsurium nicht als Einzelheit ins Gewicht fallender (nicht "greifbarer") geschaftswertbildender Faktoren. Diese sind: der gute Ruf, die Zuverlassigkeit des Untemehmens, die hohe Qualifikation des Managements und der Mitarbeiter, die hohe Qualitat der Produkte, ein gut abgestimmtes Produktionsprogramm, selbstgeschaffenes Know how, selbst entwickelte Patente, der Kundenstamm, die gute Organisation des Produktions-, Verwaltungs- und Vetriebsbereichs, etc. Wie bereits erwahnt (vgl. Kapitel B.II.l.b), handelt es sich beim origindren Geschaftsoder Firmenwert weder um einen Vermogensgegenstand noch um ein Wirtschaftsgut, so dass er weder in der Handels- noch in der Steuerbilanz aktiviert werden darf Die Vorschrift § 248 Abs. 2 HGB, die fur die Handelsbilanz zu demselben Ergebnis filhrt, ist hier nicht anwendbar, da sie nur fllr Vermogensgegenstande gilt. Der sog. derivative (= abgeleitete) Firmenwert hingegen ist selbstandig bewertbar, derm unabhangige Vertragsparteien haben beim Kauf eines Untemehmens als Ganzes einen Preis filr dessen Firmenwert ausgehandelt. In der Steuerbilanz des Unternehmenserwerbers muss das Wirtschaftsgut Firmenwert also aktiviert werden. Beispiel fiir die Berechnungsweise des Firmenwertes (§ 255 Abs. 4 HGB): Bilanz der Cash & Carry GmbH 31.12.01(in TEUR) Aktiva Eigenkapital 500 (Zeitwerte) 1.500 Verbindlichkeiten 1.000 1.500 1.500 Kaufpreis - Wert der einzelnen Vermogensgegenstande im Zeitpunkt der Ubernahme + ubemommene Schulden = Derivativer Firmenwert
900 TEUR 1.500 TEUR 1.000 TEUR 400 TEUR
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
Ob die Schulden ubernommen werden oder nicht, ist also ein gravierender Unterschied, da die Schuldenubernahrne als Erhohung des Kaufpreises anzusehen ist. M.a.W. sol1 der Kaufpreis den aktuellen Wert (nach Auflosung der stillen Reserven in den Vermogensgegensthden) des Eigenkapitals abdecken. Alles was dariiber hinaus gezahlt wird, ist Entgelt fiir den Firmenwert. Die hier betrachtete Art des Unternehmenskaufs richtet sich auf die ~bereignungaller zum Unternehmen gehorenden Sachen, Rechte und Verbindlichkeiten (sog. ,,asset deal"). Alternativ kann ein Unternehmen durch Erwerb des UnternehmenstrC gers ubernommen werden, also durch Kauf aller Gesellschaftsanteile (sog. ,,share deal"). Ob es sich beim derivativen Firmenwert urn einen Vermogensgegenstand handelt, ist in der Literatur umstritten. Eine vom Unternehmen losgeloste EinzelverSiuRerbarkeit ist m.E. keinesfalls gegeben. Die gegenteilige Literaturmeinung kann nur davon heniihren, dass bestimmte geschaftswertbildende Faktoren, wie z.B. der Kundenstamm, befristete Wettbewerbsverbote oder selbsterstellte Patente, einzeln veradert werden konnen. Dann hat der Erwerber immaterielle Einzelverm6gensgegenst~dezu aktivieren und uber deren geschatzte Nutzungsdauer abzuschreiben. Wird dagegen der Betrieb als Ganzes ubernommen und keine isolierende Abgrenzung mit speziellem Kaufpreis fiir diese wirtschaftlichen Vorteile vorgenommen (=Regelfall), so bleiben sie unselbstandige geschaftswertbildende Faktorenl. Der derivative Firmenwert als eigentliche RestgroRe, als Summe aller nicht greifbaren immateriellen Vorteile ist nicht selbsthdig verkehrsf&ig und daher kein Vermogensgegenstand. Handelsrechtlich besteht gemid3 ilj 255 Abs. 4 HGB ein Aktivierungswahlrecht fiir den derivativen Firmenwert. Verneint man das Vorliegen eines Vermogensgegenstandes, so handelt es sich um eine Bilanzierungshilfe, bei der auf eine Ausschuttungssperre verzichtet wurde.
(= Bilanzierungshilfe, falls nicht als gem% 5 5 Abs. 2 EStG bzw. Vermbgensgegenstand angesehen) BFH-Beschluss von 1969
Steuerrechtlich darf der Firmenwert als (nicht bewegliches) immaterielles Wirtschaftsgut nur linear uber die in § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG generell festgelegte Nutzungsdauer von 15 Jahren abgeschrieben werden. Dies gilt auch dann, wenn es sich um den Kauf personenbezogener Betriebe handelt, d.h. wenn der Wert des ubernommenen Betriebs eng an die Person des bisherigen Betriebsinhabers gekniipft ist und sich darnit relativ schnell verfluchtigt (BMF-Erlass 20.11.1986, BStBl 1986 I, S. 532). Eine Teilwert-Abschreibung des Firmenwerts ist dariiber hinaus zwar moglich, aber der entsprechende Nachweis diirfte nur schwer zu fiihren sein. Handelsrechtlich werden in § 255 Abs. 4 HGB zwei Abschreibungsarten zur Auswahl gestellt, wenn sich der Bilanzierende ftir eine Aktivierung des Firmenwerts entschieden hat: die pauschale Abschreibung von mindestens 25 % pro Jahr (ab dem Folgejahr), also beispielsweise
Vgl. BFH 16.9.1970, BStB1. 1971 11, S.175; FG Kdln 23.1.1985 (rkr.), EFG 1985, S. 439.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
die planmaJige Abschreibung entsprechend der geschatzten Nutzungsdauer (zeitanteiligl ab dem Zugangsjahr). Die planmiIl3ige Abschreibung des Firmenwerts grundet auf sehr unsicheren GroDen, da weder Anhaltspunkte fiir die Wahl des Abschreibungsverfahrens noch fur die Schatzung der Nutzungsdauer gegeben sind. Da die Gefahr der willkiirlichen Festlegung besteht, ist die planmiIl3ige Abschreibung in der handelsrechtlichen Literatur umstritten. Sie sol1 insbesondere ermoglichen, in der Handelsbilanz genauso zu verfahren wie in der Steuerbilanz. Der Fall der umgekehrten Maljgeblichkeit liegt hier allerdings nicht vor, da es sich nicht urn ein steuerrechtliches Wahlrecht handelt. Kapitalgesellschaften mussen bei Wahl der planmaigen Abschreibung dies mit Begriindung im Anhang gemaD § 285 Nr. 13 HGB angeben. Die pauschale Art der Abschreibung ist eine praktikable Losung und dient insbesondere dem Glaubigerschutz. Es ist auch ein ~ b e r g a n gvon einer zur anderen Abschreibungsart moglich, bei Kapitalgesellschaften aber nur bei entsprechender Angabe und Begriindung im Anhang (vgl. § 285 Nr. 13 HGB). Einige Moglichkeiten der Abschreibung des Firmenwerts in Handels- und Steuerbilanz anhand eines Zahlenbeispiels zeigt folgende Tabelle. Das Unternehmen wird als Ganzes am 1.7.01 envorben, f i r den Firmenwert wurde ein Betrag von 15.000 EUR -gezahlt. Die Tabelle enthiilt die alternativen Restwerte im Zugangs- undim Folgejahr:
~~~A~SIHGBI
I
nicht ausgeiibt
b) $ 255 Abs. 4 Satz 2 HGB: pauschale Abschreibung 114 C) S 255 Abs. 4 1 &ti 2 HGB pauschale Abschreibung 112 d) 4 255 Abs. 4 1
1
Satz 3 HGB: (ND= 15 Jahre)
15.000
15.000
I 11.250
1
7.500
I Zugangs.jahr I Folgejahrg 6 7 Abs. 1 Satz 3: 1 ~ewertun~svorbe. halt gemaB $ 5 14.500 13.500 Abs. 6 EStG 5 7 Abs. 1 Satz 3; Bewertungsvorbe14.500 13.500 halt gemiil3 5 5 Abs. 6 EStG $ 7 Abs. 1 Satz 3; Bewertungsvorbe14.500 13.500 halt gem@ $ 5 Abs. 6 EStG 4 7 Abs. 1 Satz 3; ~ewertun~svorbe13.500 EStG;
14.500
13.500
MaBgeb13.500
Eine Ausnahmebehandlung e r f i weiterhin der Praxiswert eines Freiberuflers, z.B. eines Steuerberaters, Arztes oder Anwalts. Wegen der starken Bindung an die Person des Inhabers, der mit der Verauflerung gewechselt hat, ist der Praxiswert nur begrenzt iibertragbar, Auch wenn es steuerrechtlich nicht zulassig ist, kann handelsrechtlich nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit durchaus eine Vereinfachungsregel f i r die planm%l3igeAbschreibung im Zugangsjahr angewendet werden. In diesem Fall ergibt sich die Notwendigkeit, in der Handelsbilanz eine Riickstellung fir latente Steuern zu bilden (5 274 Abs. 1 HGB). Dagegen besteht in den Fallen a) bis c) gems 5 274 Abs. 2 HGB fiir Kapitalgesellschaften die Milglichkeit der Bildung eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens f i r latente Steuern (vgl. Kapitel B.VIII.1 .b)(9)).
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
220
verfliichtigt sich schnell bzw. wird durch einen vom Erwerber der Praxis neu gebildeten Wert ersetzt. Er kann daher steuerlich innerhalb einer im Einzelfall zu schatzenden Nutzungsdauer von zumeist 3 bis 5 Jahren abgeschrieben werden, bei einer Sozietat iiber 6 bis lOJahre.i
Firmenwertdhnliche Wirtschaftssiiter sind z.B. Verkehrsgenehmigungen (Omnibus, Gtlterfemverkehr) oder Verlagswerte. Wahrend Verlagswerte steuerrechtlich genauso wie der Firmenwert zu behandeln sind, sieht die steuerliche Rechtsprechung Verkehrsgenehmigungen als nicht abnutzbare immaterielle Wirtschaftsgtlter an. Nach Auffassung des BFH kann der Erwerber der Verkehrsgenehmigung nach der Verfahrenstibung der Genehmigungsbehorden mit einer Verlangerung oder Emeuerung der Genehmigung rechnen, solange der Betrieb besteht. PlanmaBige Abschreibungen sind deshalb nicht zulassig^. Handelsrechtlich gelten die gleichen tjberlegungen, abgesehen von Spezialfallen ist cine planmaBige Abschreibung nicht zulassig^. Infolge des EG-Binneimiarktes und des erleichterten Zugangs zu einer Konzession wird aufgrund des Werteverfalls haufiger eine TeilwertAbschreibung in Frage kommen''.
Aufgabe 33: Geschafts- oder Firmenwert Erstellen Sie auf der Grundlage der angegebenen Bilanzen die Bilanz des Kaufers unmittelbar nach dem Kauf („asset deal"), der auch die Ubernahme der Schulden mit einschheBt. Bin eventueller Firmenwert soil aktiviert werden. Der Kaufpreis betragt 1.000 TEUR und soil, soweit wie moglich, aus der Kasse des Kaufers bezahlt werden, der Rest wird fremdfinanziert. Bilanz des Kaufers (vor Kauf) (in TEUR) Gebaude 1.000 Eigenkapital Maschinen 600 Vorrate 400 Ford. LuL. 700 Verbindlichkeiten Kasse 300 3.000
1.500
1.500 3.000
Bilanz des Verkaufers (nach Auflijsung stiller Reserven) (in TEUR) Gebaude 800 Eigenkapital 750 Maschinen 400 Vorrate 200 Verbindlichkeiten 1.000 Ford. LuL 300 Kasse 50 1.750
Bilanz des VerkSufers (vor Kauf) (in TEUR) Gebaude 500 Eigenkapital 250 Maschinen 300 Vorrate 100 Ford. LuL 300 Verbindlichkeiten 1.000 Kasse 50 1.250 1.250
Bilanz des Kaufers (nach Kauf) (in TEUR) Firmenwert Eigenkapital Gebaude Maschinen Verbindlichkeiten Vorrate Ford. LuL. Kasse
1.750
1 Vgl. BMF-Schreiben vom 15.L1995, BStBl. 1995 I S. 14, und BFH 24.2.1994, BStBl. 1994 II S. 590. 2 BFH 22.L1992, BStBl. 1992 II S. 529 und BFH 4.12.1991, BStBl. 1992 II S. 383. 3 Stellungnahme 1/1992 HFA des IdW, WPg 1992, S. 609. *• BMF-Schreiben vom 28.4.1993, DB 1993, S. 1263.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
Aufgabe 34: Geschafts- oder Firmenwert
Am 1.3.01 erwarb die LowTech Gmbh einen Zulieferbetrieb, die Bolzen-GmbH in Rhauderfehn/OstFriesland,zum Kaufpreis von 5,O Mio EUR. Der Buchwert des iibernommenen Anlagevermogens betrug 6,O Mio EUR (Zeitwert zum 1.3.01: 9 Mio EUR), der Buchwert der Gegenstande des Umlaufvermogens 4,O Mio EUR (Zeitwert: 5,l Mio EUR). AuRerdem wurden Verbindlichkeiten von insgesamt 10 Mio EUR iibernommen. Wie hoch ist der Firmenwert und mit welchem Wert ist er in Handelsbilanz und Steuerbilanz am 3 1.12.01 anzusetzen, wenn sowohl der handels- als auch der steuerrechtliche Gewinn moglichst niedrig ausgewiesen werden soll? (5) Immaterielle Vermogenswerte nach IFRS
Nach 38.8 IAS ist ein immaterieller Vermogenswert (,,Intangible Asset") definiert als ,,ein identifizierbarer, nicht monetiirer Vermogenswert ohne physische Substanz". Beispiele d a f t sind in den beiden vorangegangenen Kapiteln enthalten. Der bilanzielle Ansatz eines Vermogenswerts setzt in der 1. Stufe voraus, dass ein Vermogenswert vorliegt und somit folgende Kriterien erfiillt sind (vgl. Kapitel B.II.3.): 1. Verfiigungsmacht 2. Ressource aufgrund eines vergangenen Ereignisses (IAS 38.13-16)
3. envarteter kiinftiger wirtschaftlicher Nutzenzufluss
Zusatzliche Ansatzkriterien der 2. Stufe, bei deren Erfiillung Aktivierbarkeit und i.d.R. auch Aktivierungspflicht des Vermogenswerts gegeben ist gewisse Wahrscheinlichkeit des wirtschaftlichen Nutzenzuflusses (F.89), die das Untemehmen anhand vemiinftiger und begriindeter Annahmen zu beurteilen hat, und verlassliche Bewertbarkeit/Schatzbarkeit der hschaffungs- oder Herstellungskosten (Nutzenzufluss, Wert) (F.89). Aus dem letzten Ansatzkriterium der 2. Stufe ergibt sich konkret die in der obigen Definition enthaltene Voraussetzung der Identzpzierbarkeit, was in diesem Zusammenhang Unterscheidbarkeit von der allgemeinen ResidualgroBe ,,Geschafts- oder Firmenwert" bedeutet. Die Identifizierbarkeit ist gegeben (IAS 38.1 1 f.), wenn der Vermogenswert separierbar, also vom Gesamtuntemehmen getrennt iibertragbar, vermietbar, lizenzierbar ist oder wenn der Vermogenswert aus vertraglichen oder anderen gesetzlichen Rechten entsteht und somit der kiinftige wirtschaftliche Nutzen aus dem betrachteten immateriellen Vermogenswert aufgrund der Rechtsanspriiche bestimmbar ist. 1st eine der genannten Voraussetzungen nicht erfullt, besteht ein Aktivierungsverbot (IAS 38.21). Die Zugangsbewertung eines immateriellen Vermogenswerts hat zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu erfolgen (IAS 38.24), je nachdem, ob er als einzelner Vermogenswert angeschafft (IAS 38.25-32), im Rahrnen eines Untemehmenszusammenschlusses (IAS 38.33-41), durch eine Zuwendung der offentlichen Hand (IAS 38.44) oder durch Tauschl von Vermogenswerten (IAS 38.45-47) envorben wurde oder durch das Unternehmen selbst erstellt wurde. Bei Selbsterstellung, z.B, eines Patents, gelten - anders als im deutschen Handelsrecht (Verbot gemiiJ3 § 248 Abs. 2 HGB) - dieselben Aktivierungsvoraussetzungen wie bei entgeltlichem Enverb. Allerdings wird darauf hingewiesen, dass es in
' Vgl. Kapitel B.II.4.a(2)
222
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
diesem Falle oft schwierig sei, die Aktivierbarkeit zu beurteilen, da insbesondere die Herstellungskosten des selbst geschaffenen immateriellen Vermogenswerts nicht abgrenzbar von solchen zur Erhohung des allgemeinen selbst geschaffenen Geschafts- oder Firmenwerts und damit nicht zuverlassig bestimmbar seien (IAS 38.51). Fur den Sonderfall der Forschungs- und Entwicklungskosten, bei dem sich dieses Problem am haufigsten stellt, werden daher genaue Aktivierungsregeln angegeben. Forschungskosten bzw. Kosten der Forschungsphase eines intemen Projekts sind generell nicht aktivierbar, sondern sofort als Aufwand zu erfassen, da in dieser Phase das Entstehen eines immateriellen Vermogenswerts, der einen kilnftigen wirtschaftlichen Nutzen erzeugen wird, nicht nachweisbar sein durfte (IAS 38.54 f). Das Aktivierungsverbot gilt sogar fijr alle Forschung- und Entwicklungskosten eines intemen Projekts, sofem die Entwicklungsphase nicht von der Forschungsphase unterscheidbar ist (IAS 38.53). AUgemein ist unter Forschung im Sirme dieses Standards die eigenstandige und planmaBige Suche nach neuen wissenschaftlichen oder technischen Erkeimtnissen zu verstehen (IAS 38.8). Dagegen umfasst der Begriff „Entwicklung" die Anwendung von Forschungsergebnissen oder von anderem Wissen auf die Planung der Produktion von neuen oder betrachtlich verbesserten Giitern und Dienstleistungen vor Aufnahme der kommerziellen Produktion oder Nutzung (IAS 38.8). Ein Beispiel ist etwa der Entwurf, die Konstruktion und das Testen von Prototypen und Modellen vor Aufnahme der eigentlichen Produktion oder Nutzung (IAS 38.59). Fur einen aus der Entwicklung oder der Entwicklungsphase eines internen Projekts entstehenden immateriellen Vermogenswert besteht eine Aktivierungspflicht, sofem die ErfilUung folgender Voraussetzungen nachgewiesen werden kann, andernfalls ein Aktivierungsverbot (IAS 38.57): • die Fertigstellung bis zur Marktreife oder intemen Nutzung muss technisch realisierbar und beabsichtigt sein, • zur Nutzung oder zum Verkauf des immateriellen Vermogenswert muss das Unternehmen fahig sein, • ein Markt filr die Produkte des immateriellen Vermogenswerts oder fur ihn selbst muss existieren oder die interne Nutzbarkeit des immateriellen Vermogenswerts im Unternehmen. Es muss also nachgewiesen werden, wie der voraussichtliche kiinftige wirtschaftliche Nutzen erzielt werden wird, • adaquate technische, finanzielle und sonstige Ressourcen zum Abschluss der Entwicklung und zur Nutzung oder zum Verkauf des immateriellen Vermogenswerts miissen verfilgbar sein, • die dem immateriellen Vermogenswert wahrend seiner Entwicklung zurechenbaren Ausgaben miissen zuverlassig bewertbar sein (z.B. durch ein funktionsfahiges Kostenrechnungssystem). Ftir Software gelten die allgemeinen Aktivierungsvoraussetzungen ftlr immaterielle Vermogenswerte (IAS 38.21). Bereiten Beratungs- und Implementiemngsleistungen die Software auf ihre beabsichtigte Nutzung vor, so sind sie bei direkter Zurechenbarkeit aktivierungspflichtig, andemfalls sind sie als Periodenaufwand zu buchen. Kosten der Modifikation von Software sind i.d.R. als Aufwand der Periode zu erfassen. Die Kosten der spateren Weiterentwicklung einer erworbenen Software sind nur dann aktivierungspflichtig, wenn die o.g. Kriterien ftir die Aktivierung von Entwicklungskosten It. IAS 38.57 erfiillt sind und es wahrscheinlich ist, dass die Software durch diese direkt zurechenbaren und verlasslich ermittelbaren Kosten einen gesondert zurechenbaren zukiinftigen wirtschaftlichen Nutzen fiber ihre ursprtlnglich bemessene Ertragskraft hinaus erzeugt.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermiigens
Fiir einen selbst geschaffenen Geschafis- oder Firmenwert besteht ein Aktivierungsverbot (IAS 38.48). Er stellt keinen aktivierbaren Vermogenswert dar, ,,da es sich hierbei nicht urn eine durch das Unternehmen kontrollierte identifizierbare Ressource (d.h. er ist weder separierbar noch aus vertraglichen oder gesetzlichen Rechten entstanden) handelt, deren Herstellungskosten zuverlassig ermittelt werden konnen" (IAS 38.49). Ein derivativer Gemuss dagegen aktiviert werden (IAS 38.33, IAS schayts- oder Firmenwert (,,Goodwil16~ 38.40 f., IFRS 3.51). Ansatzwahlrechte gibt es somit in diesem Zusammenhang nicht. Die Anschaffungskosten entsprechen dem beizulegenden Zeitwert zum Erwerbszeitpunkt. PlanrniiI3ige Abschreibungen auf den Goodwill sind nicht zulassig (IFRS 3.55). Er ist stattdessen mindestens jahdich (immer zur gleichen Zeit) auf Wertminderung gemal3 IAS 36.80-99 zu uberprufenl, unabhhgig davon, ob Indizien auf eine Wertminderung vorliegen oder nicht (IAS 36.10(b), IAS 36.96, IFRS 3.55). Liegt der erzielbare Betrag unter dem Buchwert (,,impairment test"), so ist die Wertminderung des Geschafts- oder Firmenwerts gemal3 IAS 36.59 u.104 erfolgswirksam zu beriicksichtigen (sog. ,,Impairment OnlyAnsatz"). Spatere Wertaufholungen sind nicht zulassig, da es sich bei der Erhohung des erzielbaren Betrages eher um einen neu geschaffenen originaren Geschafts- oder Firmenwert handeln diirfte (IAS 36.124 f.). Die Aktivierungsverbote in IAS 38 seien in folgender Tabelle zusammengefasst:
Drucktitel, Verlagsrechte Kundenlisten ahnliche Sachverhalte
Aus- und Weiterbildungskosten Werbekampagnen, VerkaufsfdrderungsmaRnahmen
Kosten der Verlegung oder Reorganisation von Unternehmensteilen oder des gesamten Unternehmens Forschungskosten Beaiindunp des Verbots: deren Kosten Begriindung des Verbots: es wird kein konnen nicht von den Kosten fiir die (immaterieller) Vermogenswert geschafEntwicklung des Unternehmens als Gan- fen, der angesetzt werden kann zes unterschieden werden (IAS 38.64) Allgemein ist ein immaterieller Vermogenswert beim Zugang zum Betriebsvermogen mit seinen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten (IAS 38.24). Wie bei Sachanlagen besteht bei der Folgebewertung ein Wahlrecht zwischen der empfohlenen Benchmark-Methode einer Fortfiihrung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten und der alternativ zulassigen Methode einer Neubewertung (IAS 38.72). Bei immateriellen Anlagegiitern ist allerdings zusMzliche Voraussetzung fiir die Anwendung der Neubewertungsmethode (IAS 38.75-87), dass sie zuvor uberhaupt mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten aktiviert worden sind und dass ein sog. aktiver Markt existiert, an dem der beizulegende Zeitwert (,,Fair Value") ermittelt werden kann (IAS 38.76). Ein aktiver Markt ist dadurch charakterisiert, dass nur homogene Produkte gehandelt werden, die Preise offentlich bekannt sind und jederzeit vertragswillige Kaufer und Verkaufer gefunden werden konnen (IAS 38.8). Diese Voraussetzung der Existenz eines aktiven Marktes sol1 auf die zuverlassige Bewertung der immateriellen Vermogenswerte zielen. Da die BedinDies hat ggf. im Zusammenhang mit der zugehorigen zahlungsmittel-generierendenEinheit zu geschehen, vgl. IAS 36.104 f.)
224
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
gung aufgmnd der Einzigartigkeit der Werte meist nicht erfullt sein diirfte, wird mit Ausnahme etwa bei Taxilizenzen oder Fischereilizenzen, eine Neubewertung i.d.R. nicht moglich sein (IAS 38.78). Eine hilfsweise Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts durch Diskontierung von Cash Flows ist wohl wegen der betrachtlichen Manipulationsgefahr nicht zulassig. Aktivierte immaterielle Vermogenswerte mit unbegrenzter Nutzungsdauer diirfen nicht abgeschrieben warden (IAS 38.107), solche mit begrenzter Nutzungsdauer sind planmaBig iiber ihre geschatzte Nutzungsdauer abzuschreiben (IAS 38.88). Bei der Schatzung der Nutzungsdauer sind technologische, wirtschaftliche und rechtliche Gesichtspunkte zu bertlcksichtigen (IAS 38.90-96). Als Abschreibungsmethode ist diejenige zu wahlen, die den wirtschaftlichen Nutzenverbrauch des Vermogenswerts am besten widerspiegelt. Kann der Verlauf der Verringerung des Nutzenpotenzials nicht zuverlassig bestimmt werden, ist die lineare Abschreibung anzuwenden (IAS 38.97 f.). (AufierplarmiaBige) Wertminderungen mtissen durch eine Wertberichtigung gemaB IAS 36 berilcksichtigt werden. Verscharfend gegeniiber anderen Vermogenswerten gilt, dass bei immateriellen Vermogenswerten, die noch nicht genutzt werden, und bei solchen mit einer unbestimmten Nutzungsdauer an jedem Bilanzstichtag ein Niederstwerttest („Impairment Test") durchzufiihren ist, auch wenn keine Indizien fur eine Wertminderung vorliegen (IAS 36.10(a)).
c) Sachanlagen Bei Sachanlagen handelt es sich um materielle, also korperliche Vermogensgegenstande, die in der Grundgliederung fur Kapitalgesellschaften wie folgt unterteilt werden (§ 266 Abs. 2 Position A.II. HGB): 1. Grundstijcke, grundstiicksgleiche Rechte und Bauten einschlieClich der Bauten auf fremden Grundstucken 2. technische Anlagen und Maschinen 3. andere Anlagen, Betriebs- und Geschaftsausstattung 4.
geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau
(1) Grundstiicke, grundstiicksgleiche Rechte und Bauten einschliefiUch der Bauten auf fremden Grundstiicken In dieser Bilanzposition sind verschiedenartige Vermogensgegenstande zusammengefasst, die in der Buchfuhrung zweckmaBigerweise auf verschiedenen Konten gefuhrt werden. Unter Grundstiicken ist Grund und Boden zu verstehen, der bebaut oder unbebaut sein karm. Grundstiicke gehoren zu den Vermogensgegenstanden, deren Nutzung nicht zeitlich begrenzt ist und werden daher nicht plarmiaBig abgeschrieben. Aufstehende Gebaude sind mit dem Grund und Boden i.d.R. fest verankert und bilden mit diesem als dessen wesentliche Bestandteile eine rechtliche Einheit (§ 94 BGB). Der Eigentumer des Grund und Bodens ist somit gleichzeitig Eigenttimer des Gebaudes, es sei derm, es handelt sich um einen Scheinbestandteil (§ 95 BGB), z.B. eine Baracke (Biiro-Container), die nur am Boden festgeschraubt ist und jederzeit wieder losgelost und entfemt werden kann.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
225
Der bilanziell bedeutsame Unterschied zwischen Gebauden und Grundstiicken besteht darin, dass Gebdude Vermogensgegenstande mit zeitlich begrenzter Nutzung sind und daher planmafiig abgeschrieben werden miissen. Zu den Gebauden gehoren Geschafitsgebaude, Wohngebaude, Fabrikgebaude, Lagergebaude etc. Zusammen mit den Gebauden werden alle Einrichtungen und Gebdudeteile bilanziert, die mit den Gebauden in einem engen Funktions- und Nutzungszusammenhang stelien, also mit diesen eine wirtschaftliche Einheit bilden (vgl. Kapitel "Grundsatz der Einzelbewertung"). Dazu gehoren: Beleuchtung, Heizung, Installation, Lilftung, Rolltreppen, Personenaufzuge etc. Grundstucksgleiche Rechte sind Rechte, die biirgerlich-rechtlich wie Grundstiicke behandelt werden, die aber der Abnutzung durch Fristablauf unterliegen, wie z.B. Erbbaurechte, Dauerwohnrechte, Abbaurechte von Bodenscliatzen etc. Definition: Unter einem Erbbaurecht ist das dingliclie, grundstilcksahnliche, vererbbare und verauBerbare Recht zur Errichtung oder Unterhaltung eines Gebaudes auf einem Grundstiick zu verstehen. Als Laufzeit werden meistens 99 Jahre vereinbart. Dafur hat der Erbbauberechtigte einen Erbbauzins an den Erbbauverpflichteten, in dessen rechtlichem Eigentum das Grundstiick bleibt, zu zahlen. Die Besonderheit des Erbbaurechts ist, dass ein vom Erbbauberechtigten errichtetes Gebaude nicht wesentlicher Bestandteil des Grundstiicks und damit Eigentum des Erbbauverpflichteten wird, sondem als wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts im Eigentum des Erbbauberechtigten bleibt. Dieser hat das Gebaude als „Bauten auf fremden Grundstiicken" zu aktivieren, falls es sich um Betriebsvermogen handelt. Ftir das Ende der Erbbaurechtsdauer wird vertraglich der AbriB des Gebaudes oder eine vom Erbbauverpflichteten und Grundsttickseigentumer zu zahlende Abfindung vereinbart. Beim Erbbaurechtsvertrag handelt es sich um ein schwebendes Dauerrechtsverhaltnis, das grundsatzlich nicht bilanziert wird. Die laufenden Erbbauzinszahlungen sind beim Erbbauberechtigten als sonstiger betrieblicher Aufwand und beim Erbbauverpflichteten als sonstiger betrieblicher Ertrag zu verbuchen. Wird dagegen ein Erbbaurecht gegen eine groBere einmalige Zahlung gewahrt, so bestehen zwei Moglichkeiten der Bilanzierung beim Erbbauberechtigten: 1. Aktivierung des Erbbaurechts und Abschreibxmg ilber die vereinbarte Vertragsdauer (H 6.2 "Erbbaurecht" EStH) 2. Bildung eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens und Auflosung tiber die Laufzeit des Erbbaurechts. Anders als bei Erbbaurechten geht ein Gebaude, das auf einem gepachteten oder "geleasten" Grundstiick errichtet wird, als fest verbundener wesentlicher Bestandteil (§ 94 BGB) des Grundstucks in das Eigentum des Verpachters ilber (Ausnahme: Gebaude als Scheinbestandteil (§ 95 BGB), z.B. festgeschraubtes Fertighaus/Biirocontainer). Da der Pachter die Verfugungsmacht tiber das Gebaude besitzt und der wirtschaftliche Eigentiimer des Gebaudes ist, hat es unter der Position "Bauten auf fremden Grundstiicken" zu aktivieren. Wie nach Ablauf des Pachtvertrages mit dem vom Pachter errichteten Gebaude verfahren wird, sollte vertraglich vereinbart werden. Entweder hat der Pachter das Grundstiick unbebaut zurilckzugeben, das Gebaude also abzubrechen, oder er hat einen Anspruch auf Entschadigung fiir das an den Verpachter fallende Gebaude. Letzteres gilt auch bei fehlender Vereinbarung (§ 951 BGB).
226
Bilanzierung und Bewertung des AnIagevermOgens
Fall 1: Die Anschaffungskosten des vom Pachter aktivierten Gebaudes betragen 350.000 EUR. Der Ruckzahlungsanspruch betragt 150.000 EUR. Dies entspricht dem geschatzten Restwert des Gebaudes nach Vertragsablauf. Die Differenz von 200.000 EUR ist wahrend der Pachtlaufzeit abzuschreiben, d.h. die Pachtlaufzeit und nicht die langere Nutzungsdauer des Gebaudes ist hier entscheidend. Fall 2: Das Gebaude soil am Ende der Pachtlaufzeit abgerissen werden. Der Verpachter zahlt keine Entschadigung. Der geschatzte Abbruchwert des Gebaudes betragt 40.000 EUR, die geschatzten Abbruchkosten 10.000 EUR. Der Pachter hat die Differenz zwischen den Anschaffungskosten und dem Abbruchwert (350.000 - 40.000 = 310.000 EUR) uber die Laufzeit des Pachtvertrages abzuschreiben. Zusatzlich ist eine Riickstellung fur Abbruchkosten in Hohe von 10.000 EUR zu bilden. Fall 3: Das Gebaude soil am Ende der Pachtlaufzeit abgerissen werden. Der Verpachter zahlt keine Entschadigung. Der geschatzte Abbruchwert entspricht den geschatzten Abbruchkosten. Das Gebaude wird uber die Dauer des Pachtvertrags (< Nutzungsdauer des Gebaudes) voll abgeschrieben (Erinnerungswert =1,- EUR)
Definition: Betriebsvorrichtungen dienen der Fertigung, der Lagerung und dem innerbetrieblichen Transport, sind also Vorrichtungen, mit denen das Gewerbe unmittelbar betrieben wird. Betriebsvorrichtungen stehen nicht in einem einheitlichen Nutzungs- und Fimktionszusammenhang mit einem Gebaude und sind deshalb selbstandige Wirtschaftsgtiter (R 7.1 Abs. 3 EStR). Sie gehoren zu den beweglichen Wirtschaftsgiitem (Position "Technische Anlagen") selbst dann, wenn sie mit einem Gebaude fest verbunden imd rechtlich dessen wesentlicher Bestandteil (§ 94 BGB) sind. Beispiele: Kuhleinrichtungen, Silos, Tanks, Abladevorrichtungen, Hebebtihnen, Forderbander, Gleisanlagen, Laufkrananlagen, Rohrleitimgen, Lastenaufztige Definition: "Ein Gebaude ist ... ein Bauwerk auf eigenem oder fremdem Grund und Boden, das Menschen oder Sachen durch raumliche UmschlieBung Schutz gegen auBere Einfliisse gewahrt, den Aufenthalt von Menschen gestattet, fest mit dem Grund und Boden verbunden, von einiger Bestandigkeit und standfest ist" (R 7.1 Abs. 5 Satz 2 EStR). Hinsichtlich der Abgrenzung von Gebduden und Betriebsvorrichtungen verweist H 7.1 „Betriebsvorrichtungen" EStH auf die Landererlasse vom 31.3.1992, BStBl. I, S. 342. Im konkreten Falle lasst sich oft schon anhand obiger Definition eine Zuordnimg treffen. Z.B. bietet die tJberdachung der Zapfsaulen einer Tankstelle keinen tatsachlichen Schutz gegen widrige Witterungseinfliisse wie Wind und Regen, so dass es sich hierbei lun kein Gebaude oder Gebaudeteil, sondem um eine Betriebsvorrichtung handelt. In anderen Abgrenzungsfallen muss geprilft werden, ob der fragliche Gegenstand in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Gebaude (Aufenthalt, Schutz, Wohnung) steht oder mit dem Betrieb. Bei einem Personenaufzug ist ersteres gegeben, da er der eigentlichen Gebaudenutzung dient (H 4.2 Abs. 5 „Unselbstandige Gebaudeteile" EStH). Er ist ein unselbstcindiger Gebaudeteil, also Bestandteil der Bewertungseinheit "Gebaude". Ein Lastenaufzug ist jedoch nicht zur eigentlichen Gebaudenutzung, sondern zur Ermogli-
Bilanzierung und Bewertung des Anlageverm6gens
chung von Lagerung und Produktion in verschiedenen Etagen erforderlich, steht also in einem Funktionszusammenhang mit dern Betrieb. Er ist ein selbstlindiges bewegliches Wirtschaftsgut, eine Betriebsvorrichtung. Die Klassifizierung als Gebaudeteil oder als Betriebsvorrichtung ist deshalb wichtig und in der Praxis haufig ein Streitobjekt zwischen Unternehmen und Finanzamt, weil Betriebsvorrichtungen als bewegliche Anlagegiiter nach $ 7 Abs. 1 oder 2 EStG uber eine betriebsgewohnliche Nutzungsdauer von 5-12 Jahren abgeschrieben werden konnen, wSihrend die Nutzungsdauer von Gebauden gems ilj 7 Abs. 4 EStG i.d.R. mindestens 33 113 Jahre betragt.
Ladeneinbauten, Gaststattentheken, Schaufensteranlagen Schalterhallen von Kreditinstituten etc. sind ebenfalls keine unselbsthdigen Gebaudeteile, da sie nicht dern eigentlichen Gebaudezweck, sondern primar dern Gewerbe dienen'. Sie stellen selbstlindige Gebaudeteile dar, sind unbewegliche Wirtschaftsgiiter, und nach $ 7 Abs. 5a i.V.m. $ 7 Abs. 4 oder 5 EStG uber ihre tatsachliche Nutzungsdauer (5-10 Jahre; $ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG) abzuschreiben. Sie werden meist als "Betriebs- und Geschaftsausstattung" ausgewiesen. Scheinbestandteile sind Gegenstlinde, die meist vom Mieter oder Pachter nur zu einem vortibergehenden Zweck in das Gebaude eingefugt sind ($ 95 Abs. 2 BGB), wie z.B. Raumteiler, nach ihrem Entfernen aus dern Gebaude noch weiterverwendet werden konnen und somit einen Wert haben, der wesentlich uber dern Schrottwert liegt. Sie sind bewegliche Wirtschaftsgiiter, die unter der Position "Betriebs- und Geschaftsausstattungtl ausgewiesen werden und nach 8 7 Abs. 1 oder 2 EStG uber ihre betriebsgewohnliche Nutzungsdauer abzuschreiben sind (R 7.1 Abs. 4 EStR, H 7.1 "Scheinbestandteile" EStH). Einbauten des Mieters in die gemieteten Raume sind grundsatzlich auch einer der erlauterten Kategorien zuzuordnen (R 7.1 Abs. 6 EStR). Das BMF-Schreiben vom 15.1.1976 (BStB1. I S. 66) regelt Einzelheiten hierzu. Ein Gebaude kann maximal aus vier verschiedenen Wirtschaftsgutern ("Sonstige selbstiindige Gebaudeteile") bestehen, die unabhhgig voneinander dern Betriebs- oder dern Privatvermogen zugeordnet werden (R 4.2 Abs. 4 EStR):
eigenen Wohnzwecken genutzt
otwendigen Privatvermogen
Die Zuordnung zum gewillkiirten Betriebsvermogen ist jedoch nur moglich, wenn "die Grundstucksteile in einem gewissen Zusammenhang mit dern Betrieb stehen und ihn zu fordern bestimmt und geeignet sind" (R 4.2 Abs. 9 EStR). An eigene Arbeitnehmer vermietete Wohnungen sind notwendiges Betriebsvermogen, sofern fiir die Vermietung betriebliche Griinde mal3gebend waren (R 4.2 Abs. 4 Satz 2 EStR). Der Grund und Boden ge-
l R 7. l Abs. 6 EStR; R 4.2 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 EStR; H 7.1 ,,Geb%udeteile" EStH.
228
Bilanziemng und Bewertung des Aniagevermogens
hort zu denselben Anteilen zum Betriebs- und Privatvermogen wie die zugehorigen sonstigen selbstandigen Gebaudeteile (R 4.2 Abs. 7 Satz 2 und Abs. 9 Satz 7 EStR). Fiir die Zuordnung der sonstigen selbstandigen Gebaudeteile zum Betriebs- und Privatvemiogen lasst die Finanzverwaltung folgende Vereinfachungsregelung zu: Ein Gebaude kann zu 100 % als Privatvermogen behandelt warden, falls der eigenbetrieblich genutzte Teil von untergeordneter Bedeutung ist. Dies ist gegeben, werm der Wert des eigenbetrieblich genutzten Gebaudeteils einschlieBlich des anteiligen Grund und Bodens hochstens 20% des gemeinen Werts (Verkehrswerts) des gesamten Grundstucks, hochstens aber 20.500 EUR (§ 8 EStDV; R 4.2 Abs. 8 EStR) betragt. Dabei wird der prozentuale Wert i.d.R. entsprechend dem Anteil der Teilnutzflache an der Gesamtnutzflache ermittelt. Die Einhaltung dieser Grenzen ist fur jeden Bilanzstichtag neu zu prilfen, ist eine davon ilberschritten, muss eine Einlage des eigenbetrieblich genutzten Teils in das Betriebsvermogen erfolgen. Die auf den eigenbetrieblich genutzten Teil entfallenden Gebaudeaufwendungen (z.B. direkt zuordenbare Fensterreparaturen; eine flachenanteilig zugerechnete Dachreparatur; anteilige Abschreibungen) sind trotz der Behandlung des Gebaudeteils als Privatvermogen Betriebsausgaben und mindem den betrieblichen Gewinn (R 4.7 Abs. 2 Satz 4 EStR). Die Einschrankung auf einen so geringen absoluten Wert des eigenbetrieblich genutzten Gebaudeteils, der wohl nur ein angebauter Lagerschuppen sein kann, liegt darin begrilndet, dass VerauBerungsgewinne fiir Gegenstande des Privatvermogens (Ausnahme: Gewinne aus privaten VerauBerungsgeschaften gemaB § 23 EStG) im Gegensatz zu solchen des Betriebsvermogens steuerfrei sind und dies hier auch fur den eigenbetrieblich genutzten Teil gilt. Aufgabe 35: Gebaude Das Wohn- und Geschaftshaus des Herrn Pfennigmeier wird in den einzelnen Stockwerken unterschiedlich genutzt. Wie sind die Gebaudeteile dem Betriebs- und dem Privatvermogen zuzuordnen und wie sind die aufgefuhrten Gegenstande bilanziell zu behandeln? 3. Obergeschoss: vermietete Wohnungen an frerade Privatleute und an Angestellte des Pfennigmeier (250 qm, davon 150 qm an Angestellte) 2. Obergeschoss: Steuerberaterpraxis des Mieters Pfiffig, der Pfennigmeier steuerlich berat (250 qm) 1. Obergeschoss: Kaufhaus; Personenaufzug; wieder entfernbare und weiter nutzbare Zwischenwande; Entliiftung; Heizung (250 qm) Erdgeschoss: Kaufhaus, das vom Hauseigentiimer Pfennigmeier betrieben wird; Schaufensteranlage; Rolltreppe, Personenaufzug und Lastenaufzug in das 1. Obergeschoss; Heizung (250 qm) Keller: Wohnung des Hauseigentumers Pfennigmeier (100 qm)
(2) Technische Anlagen und Maschinen Zu den groBer dimensionierten technischen Anlagen gehoren z.B. Hochofen, GieBereien, FertigungsstraBen, Transportanlagen, Kraftwerke. Beispiele fur Maschinen sind Drehmaschinen, Frasmaschinen, Stanzmaschinen, Werkzeugmaschinen, Abfullmaschinen. Hierzu gehoren auch fest mit einem Gebaude verbundene Betriebsvorrichtungen wie z.B. Laufkrane, Rohrleitungen, Hebebiihnen. Ersatz- und Reserveteile sind, sofem sie speziell zu bestimmten Maschinen gehoren, mit diesen zu aktivieren und abzuschreiben. Universell verwendbare Ersatz- und Reserveteile
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
229
(z.B. Luftfilter, Olfilter, Leitungen) sind im Vorratsvermogen auszuweisen. In der Praxis wird jedoch oft nur die Erstausstattung mit der Anlage selbst aktiviert, wahrend spater nachgekaufte Teile generell im Vorratsvermogen gefllhrt warden.
(3) Andere Anlagen, Betriebs- und Geschaftsausstattung Unter dieser Position sind alle anderen beweglichen Sachanlagegtiter auszuweisen, die nicht zu "Technischen Anlagen und Maschinen" gehoren. Beispiele: Werkzeuge, Biiroeinrichtungen, Fuhrpark, Ladeneinbauten, Femsprechanlagen. (4) Geleistete Anzahlungen und Anlagen im Ban In dieser Bilanzposition werden Anzahlungen von Unternehmen zum Erwerb von Sachanlagen sowie am Bilanzstichtag noch nicht fertiggestellte Vermogensgegenstande des Sachanlagevermogens ausgewiesen. Anzahlungen haben Fordenmgscharakter vmd sind mit den tatsachlich geleisteten Betragen anzusetzen. Anlagen im Bau sind mit den bis zum Bilanzstichtag angefallenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten. In beiden Fallen, die oft nur schwer trennbar sind, erfolgt spater, namlich bei Lieferung der angezahlten Anlage oder bei Fertigstellung der Anlagen im Bau, eine Umbuchung auf das entsprechende Sachanlagenkonto. Erst dann beginnt die planmaBige Abschreibung.
(5) Begriff der Sachanlagen nach IFRS Zum Sachanlagevermogen („Property, Plant and Equipment") zahlen solche materiellen Vermogenswerte („Tangible Assets"), „(a) die fiir Zwecke der Herstellung oder der Lieferung von Giitem oder Dienstleistungen, zur Vermietung an Dritte oder for Verwaltungszwecke gehalten werden, und die (b) erwartungsgemaB langer als eine Periode genutzt werden" (IAS 16.6). Die zweite Bedingung, wird in der Literatur nicht einheitlich interpretiert. Zum einen wird aus dem Wortlaut die Voraussetzung einer mehr als zwolfinonatigen Nutzung', zum anderen einer Nutzung iiber das Geschaftsjahr hinaus, gegebenenfalls nur wahrend weniger Monate^, geschlossen. M.E. ist aus dem Wortlaut und dem Gesamtregelungsgegenstand des IAS 16 zu schlieBen, dass die Vermogenswerte erwartungsgemaB langer als 12 Monate genutzt werden miissen. Die bevorzugte Bewertungsmethode („Benchmark Treatment") fiir Sachanlagen ist die Bewertung mit fortgefilhrten Anschaffungskosten. Die urspriinglichen Anschaffungskosten bei abnutzbaren Sachanlagen sind nach Abzug eines eventuellen Restwerts planmaBig durch Abschreibungen iiber die Nutzungsdauer zu verteilen. Bei der Wahl der Abschreibungsmethode ist darauf zu achten, dass diese den Nutzenverlauf widerspiegelt. Als alternativ zulassige Methode karm auch das NeubewertungsmodelP mit einer Bewertung zum jeweils am Bilanzstichtag beizulegenden Zeitwert („Fair Value"), der durchaus die urspriinglichen Anschaffungskosten ilberschreiten kann, gewahlt werden. Die Neubewertung ist in regelmaBigen Zeitabstanden durchzufuhren. Fiir das Sachanlagevermogen gilt es ' Vgl. Hayn, S.: Die International Accounting Standards (Teil II), WPg 1994, S. 750. ^ Vgl. Ballwieser, in: Baetge u.a. IAS 16, Tz. 3. 3 Siehe dazu im Einzelnen die Kapitel B.III.l.d)(l) und B.ffl.3.a)(9).
230
Bilanzierung und Bewertung des Aniagevermogens
i.d.R. als ausreichend, wenn die Neubewertung alle drei bis flinf Jahre durchgefilhrt wird. Dabei ist diese gruppenweise fiir alle Sachanlagegtiter durchzuflihren, d.h. eine Neubewertung einzelner Sachanlageguter einer Gruppe ist nicht gestattet.
d) Finanzanlagen nach HGB Der gesonderte Ausweis von Finanzanlagen ist dadurch begrundet, dass es sich um eine nicht adaquate Verwendung der von den Anteilseignem zur Verfugung gestellten Mittel handelt, die gesondert zu rechtfertigen ist. Die adaquate Verwendung ist zweifellos die Investition im eigenen Unternehmen. In § 266 Abs. 2 HGB werden die Finanzanlagen (Position A.Ill) folgendermaBen untergliedert: 1. Anteile an verbundenen Unternehmen 2. Ausleihungen an verbundene Unternehmen 3. Beteiligungen 4. Ausleihungen an Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhaltnis besteht 5. Wertpapiere des Aniagevermogens 6. Sonstige Ausleihungen Das Finanzanlagevermogen lasst sich in zwei grofie Gruppen unterteilen. Erstens in Anlagen, bei denen die Gesellschaft Anteilseigner ist, also aufgrund einer gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung Eigenkapital hingegeben hat. Dies ist der Fall bei Anteilen, Beteiligungen und Wertpapieren. Zweitens handelt es sich um Finanzanlagen, die auf einem schuldrechtlichen Vertrag basieren, bei denen die Gesellschaft also Gldubiger (Fremdkapitalgeber) ist (Ausleihungen, Wertpapiere, gewahrte Darlehen). Allen Finanzanlagen ist gemeinsam, dass es sich um eine Investition handelt, die dauemd dem Geschaftsbetrieb zu dienen bestimmt ist (§ 247 Abs. 2 HGB). Eine exakte Bestimmung, ab welchem Zeitraum diese Zweckbestimmung gegeben ist, gibt es jedoch nicht. Unter Ausleihungen sind jedenfalls keine Forderungen auszuweisen, die im Zusammenhang mit dem laufenden Geschaftsverkehr stehen. Hauptgliederungskriterium ist die Art der Untemehmensbeziehung. Es wird zwischen verbundenen Unternehmen, Unternehmen, mit denen ein Beteiligimgsverhaltnis besteht und ubrigen unterschieden.
(1) Beteiligungen Als Beteiligungen sind gemafi § 271 Abs. 1 HGB "Anteile an anderen Unternehmungen, die bestimmt sind, dem eigenen Geschaftsbetrieb durch Herstellung einer dauernden Verbindung zu jenen Unternehmen zu dienen" auszuweisen. Voraussetzung ist also, dass mit dem Erwerb der Anteile eine langfristige Investition beabsichtigt ist und das Interesse ilber eine reine Kapitalanlage hinausgeht. Motiv fiir die Schaffung einer solchen dauerhaften Verbindung karm die Sicherung einer Bezugsquelle fiir Rohstoffe (z.B. in der Chemieindustrie) sein oder die Festigung der Beziehungen zu einer Einzelhandelskette als wichtigem Vertriebskanal. Auf die Hohe des Anteils kommt es dabei nicht an. Aufierdem muss weder die Absicht noch die tatsachliche Realisierung der Absicht vorliegen, auf die Geschaftsfuhrung gesellschaftsrechtlich EinfluB zu nehmen. Ist es zweifelhaft, ob eine Beteiligung vorliegt oder Wertpapiere des Aniagevermogens, so wird das Vorliegen einer Beteiligung daim unterstellt, weim es sich um Anteile an einer
Bilanzierung und Bewertung des Aniagevermogens
231
Kapitalgesellschaft handelt, die 20 % des gezeichneten Kapitals ilbersteigen. Diese Beteiligungsvermutung ist also bei entsprechender Begriindung widerlegbar. Bei der Berechnung des Anteils am gezeichneten Kapital sind auch Anteile, die einem vom Anteilseigner abhangigen Unternehmen oder einem flir Rechnung des Anteilseigner tatigen Unternehmen gehoren, hinzuzuaddieren (§ 16 Abs. 4 AktG). AuBerdem sind eigene Anteile der Kapitalgesellschaft, an der die Beteiligimg besteht, als Korrekturposten von deren Nennkapital abzuziehen (§ 16 Abs. 2 AktG). Anteile an Personenhandelsgesellschaften gelten stets als Beteiligungen, da hier aufgrund der mangelnden Fimgibilitat (=Handelbarkeit) der Anteile und der besonderen Stellung eines Gesellschafters einer Personenhandelsgesellschaft i.d.R. eine dauernde Verbindung zum Wohle des eigenen Geschaftsbetriebs beabsichtigt sein wird. Ob diese immer gilltige Beteiligungsfiktion im Falle eines kleinen Kommanditanteils an einer Publikums-KG mit vielen hundert Kommanditisten ihre Berechtigung hat, ist zumindest zweifelhaft. Hier dtlrfte die langfristige Kapitalanlage eher das Motiv sein. Eine andere Zuordnung ist allerdings, abgesehen von der Bildung eines speziellen Postens, nicht moglich. Das Gesetz formuliert die Voraussetzung auch weniger streng, da es nur auf die Absicht, nicht auf das Erreichen dieses Ziels ankommt. Auch beim Besitz weniger Aktien einer groBen Aktiengesellschaft mit entsprechender Zweckbestimmung ist fraglich, ob tatsachlich eine Verbindung durch die Anteile geschaffen wird oder nicht. Genossenschaftsanteile werden nicht als Beteiligungen angesehen (§ 271 Abs. 1 Satz 5). Diese Vorschrift soil verhindem, dass Kontokorrentkredite bei Kreditgenossenschaften (Volks- und Raiffeisenbanken) als "Verbindlichkeiten gegeniiber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhaltnis besteht" statt als "Bankverbindlichkeiten" ausgewiesen werden milssen. Heutzutage ist es jedoch allgemein nicht mehr erforderlich, Genossenschaftsanteile zu erwerben, um bei einer Kreditgenossenschaft einen Kontokorrentkredit aufiiehmen zu konnen.
(2) Verbundene Unternehmen Als verbundene Unternehmen im Sinne des HGB werden gemaB § 271 Abs. 2 HGB Mutter- und Tochtergesellschaften, die nach § 290 HGB in einen Konzernabschluss einzubeziehen sind, verstanden. In folgenden Fallen muss ein Konzernabschluss von einer inlandischen Kapitalgesellschaft als Muttergesellschaft aufgestellt werden: • es besteht zwischen den Gesellschaften eine Beteiligung i.S.v. § 271 Abs. 1 HGB, und die Gesellschaften stehen unter einer einheitlichen Leitung der Muttergesellschaft, d.h. die Muttergesellschaft setzt tatsachlich in diesen rechtlich zwar selbstandigen Gesellschaften eine ihr genehme Geschaftspolitik durch (§ 290 Abs. 1 HGB), • es besteht eine Beteiligung i.H. der Mehrheit der Stimmrechte (§ 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB), • die Muttergesellschaft ist Gesellschafter mit beliebig hohem Anteil und hat das Recht zur Bestellung oder Abberuftmg der Organe (§ 290 Abs. 2 Nr. 2 HGB), • die Muttergesellschaft kann aufgrund eines abgeschlossenen Beherrschungsvertrags oder aufgrund von Satzungsbestimmungen einen beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaften ausiiben (§ 290 Abs. 2 Nr. 3 HGB). In den Fallen, in denen sowohl ein verbundenes Unternehmen als auch eine Beteiligung i.S.v. § 271 Abs. 1 HGB vorliegt, hat die besondere Klassifizierung als verbundenes Un-
232
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
temehmen Vorrang. Im Ausnahmefall kann bei wechselseitiger Beteiligung auch eine Tochtergesellschaft Anteile an verbundenen Unternehmen ausweisen. Eine Darlehensgewahrang der Tochter- an die Muttergesellschaft ("Ausleihungen an verbundene Unternehmen") kommt dagegen haufiger vor.
Frage: Warum ist ein gesonderter Ausweis der Eigen- oder Fremdkapitalhingabe an verbundene Unternehmen gefordert? Antwort: Zum einen werden auf diese Weise den Anteilseignern, Glaubigern und der interessierten Offentlichkeit mehr Informationen iiber Verflechtungen und Machtbeziehungen zwischen Unternehmen zuganglich gemacht. Fiir einen (potenziellen) Glaubiger oder einen Anteilseigner ist es wichtig zu wissen, ob Forderungen groBeren Volumens an ein fremdes Unternehmen oder an ein Mutter- oder Tochteruntemehmen bestehen. Diese Informationen spielen eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit einer Kreditwurdigkeitspriifung durch eine Bank oder einen Lieferanten. Eine Forderung gegen die Tochtergesellschaft wird in schlechter wirtschaftlicher Lage der Muttergesellschaft besonders skeptisch beurteilt werden, deim es ist zu erwarten, dass die Muttergesellschaft Liquiditat und Kapital aus den Tochtergesellschaften bereits herausgezogen hat, bevor ihre eigene Schieflage an die Offentlichkeit gedrungen ist. Somit wird die Tochter wohl kaum ihre Verpflichtung termingerecht oder gar vorzeitig erfullen konnen. Eine Ausleihung der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft konnte ebenfalls mit Vorsicht zu beurteilen sein, da die Muttergesellschaft sich moglicherweise bei der Tochter verschuldet hat, well keine Bank sie noch als kreditwiirdig einstufen wilrde. Die Forderung konnte daher bereits wertlos sein. Auch die Verbindlichkeiten gegeniiber verbundenen Unternehmen sind getrermt auszuweisen (§ 266 Abs. 3 Position C.6. HGB). Im Falle einer groBeren Verbindlichkeit der Tochtergesellschaft gegeniiber der Muttergesellschaft konnte die Verbundbeziehung einen (potenziellen) Glaubiger durchaus auch zu einer positiveren Beurteilung veranlassen als Kreditbeziehungen in gleicher Hohe zu einem fremden Dritten. Zumindest solange die Muttergesellschaft wirtschaftlich gesund ist, wird sie der Tochtergesllschaft z.B. bei einem Liquiditatsengpass problemlos Zins- und Tilgungsstundung gewahren.
(3) Wertpapiere des Anlagevermogens Da es sich um Anlagevermogen handelt, sind diese Wertpapiere bestimmt, "dauernd dem Geschaftsbetrieb zu dienen" (§ 247 Abs. 2 HGB). Andererseits sind sie nicht der Bilanzposition "Beteiligungen" zuzuordnen, so dass sie daher nicht dazu bestimmt sein diirfen, "dem eigenen Geschaftsbetrieb durch Herstellung einer dauernden Verbindung zu jenen Unternehmen zu dienen" (§ 271 Abs. 1 HGB). Mit anderen Worten darf es sich somit nur um eine reine langfristige Kapitalanlage ohne die Absicht zu einer wirtschaftlichen Geschaftsverbindung mit dieser Kapitalgesellschaft handeln. Liegt dagegen die Absicht vor, kurzfristig Liquiditatsiiberschilsse zinsbringend anzulegen, so handelt es sich um Wertpapiere des Umlaufvermogens. In diesem Bilanzposten sind also Wertpapiere, die Eigenttimerrechte oder Glaubigerrechte verbriefen und eine unbegrenzte oder eine lange Laufzeit haben, auszuweisen: Aktien, Ge-
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
233
nussscheine, Optionsanleihen, Wandelschuldverschreibungen, Gewinnschuldverschreibungen, Obligationen, Pfandbriefe etc. Die zu diesen Wertpapieren gehorenden Zins- und Dividendenscheine sind als Wertpapiere des Umlaufvermogens auszuweisen. Problematisch ist die Einordnung von GmbH-Anteilen, bei denen die Beteiligimgsabsicht fehlt und die deshalb nicht als Beteiligungen ausgewiesen werden diirfen. Da diese Anteile nicht verbrieft sind, handelt es sich nicht um Wertpapiere des Anlagevermogens. In der Literatur wird u.a. vertreten, sie unter § 266 Abs. 2 Position A.III.6 "Sonstige Ausleihungen" HGB mit angepasster Uberschrift einzuordnen (vgl. ADS § 266, Tz. 92) oder generell als Beteiligungen auszuweisen. M.E. sind beide Ausweisformen sachlich unzutreffend, so dass nur die Bildung einer Sonderposition gemaB § 265 Abs. 5 HGB in Frage kommt.
(4) Ausleihungen Ausleihungen sind mit Daueranlageabsicht gewahrte Darlehen an andere Untemehmen oder an Arbeitnehmer. Nach h.M. muss die Gesamtlaufzeit der Darlehen mindestens 1 Jahr betragen. Hier auszuweisen sind aber nur langfristige Finanzierungsgeschafte, dagegen gehoren Forderungen aus Lieferungen und Leistungen bei Zahlvmgszielen von mehr als 12 Monaten ins Umlaufvermogen, well die Daueranlageabsicht fehlt. Unter "Sonstige Ausleihungen" sind alle langfristigen Forderungen auszuweisen, die weder gegenilber verbundenen Untemehmen noch gegenuber Beteiligungsgesellschaften bestehen. Im Anhang sind die Ausleihungen an Mitglieder des Vorstands, der Geschaftsfiihrung, des Aufsichtsrats oder eines Beirats unter Angabe der wesentlichen Konditionen anzugeben (§ 285 Nr. 9c HGB). Dadurch sollen gegebenenfalls nicht marktgerechte Bedingungen bei solchen Krediten den Anteilseignem, Glaubigern etc. vor Augen geflihrt werden. Fremdwdhrungsforderungen werden in Kapitel "Forderungen und Sonstige Vermogensgegenstande" im Umlaufvermogen behandelt. Unverzinsliche oder niedrig verzinsliche Ausleihungen kommen in der Praxis haufig in der Form von Darlehen des Arbeitgebers an Arbeitnehmer ("Arbeitnehmer-Darlehen") zur Unterstiitzung bei der privaten Baufinanzierung oder bei Ausleihungen zwischen Mutter-, Tochter- und Schwestergesellschaften vor. Im ersteren Falle ergeben sich lohnsteuerliche Fragen, im zweiten Falle korperschaftsteuerliche Probleme (verdeckte Gewinnausschiittungen, verdeckte Einlagen), hinsichtlich derer auf die einschlagige steuerlichen Fachliteratur verwiesen werden muss. Handelsrechtlich sind zinslose langfristige Darlehen mit dem Marktzins (= landesiiblicher Zinssatz filr Papiere mit der gleichen Laufzeit) und niedrig verzinsliche mit der Differenz zwischen dem vereinbarten Zinssatz und dem Marktzins abzuzinsen, um eine Vergleichbarkeit zu den zum Marktniveau verzinslichen Ausleihungen herzustellen. Der Zinsnachteil mindert also, sofem er nicht durch andere Gegenleistungen des Schuldners (z.B. durch Bierabnahmeverpflichtung von der kreditgebenden Brauerei) ausgeglichen wird, den Wert der Forderung. Der Barwert ist demnach als beizulegender Wert der Forderung anzusehen und die Abzinsung als "Abschreibungen auf Finanzanlagen" nach § 253 Abs. 2 i.V.m. § 279 Abs. 1 HGB. Vertritt man die Auffassung, dass der Zinsverlust den Wert der Forderung dauerhaft mindert, auch wenn dieser wieder stetig ansteigt und am Tag der Falligkeit dem Nominalwert entspricht, besteht ein Abschreibungspflicht. Die spateren, auf die Gesamtlaufzeit des Darlehens verteilten Aufzinsungen sind entsprechend als Zuschreibungs-
234
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
ertrage auszuweisen'. Allerdings besteht nach § 253 Abs. 5 HGB fur Nicht-Kapitalgesellschaften nur ein Wahlrecht zur spateren Zuschreibung. Bei lang- und mittelfristigen Forderangen aus Lieferungen und Leistungen ist davon auszugehen, dass im Forderungsbetrag ein Zinsanteil enthalten ist. Diese Forderung aus einem Kreditgeschafl: ist zu Beginn der Laufzeit noch nicht realisiert, so dass deren Aktivierung gegen das Realisationsprinzip verstoBen wiirde. Der Barwert der Kaufpreisforderung ist dann als deren Anschaffungskosten anzusehen und muss angesetzt werden. Die abgezinsten Forderungen werden sclirittweise wieder aufgezinst („Zinsertrage"), bis sie am Ende der Laufzeit den Neimwert (einschlieBlich der Zinsforderung aus dem Kreditgeschaft) erreicht haben. Die Abzinsung (und auch die Aufzinsung) wird als Pflicht bei lang- und mittelfristigen Forderungen angesehen, bei kurzen Restlaufzeiten und kleinen Forderungsbetragen jedoch als Wahlrecht (Grundsatz der Wirtschaftlichkeit). Steuerrechtlich wird der Nennbetrag einer Darlehensforderung als deren Anschaffungskosten angesehen. Bei Unverzinslichkeit oder Unterverzinslichkeit entspricht der Teilwert der Darlehensforderung ihrem Barwert, sofem nicht abgrenzbare andersartige Gegenleistungen des Schuldners (z.B. Bierlieferungsrechte; Bindung von Mitarbeitem an den Betrieb, s.u.) den Zinsnachteil ausgleichen^. MaBgebender Vergleichszins ist der steuerlich ubliche Zinssatz von 5,5 % (BMF-Schreiben vom 28.3.1980, DB 1980, S. 663). Der Teilwert steigt jedoch wahrend der Darlehenslaufzeit sukzessiv bis zum Nennwert bei Falligkeit an. Je nachdem, ob man dies als dauerhafte (s.o. und FuBnote 1) oder voriibergehende Wertminderung interpretiert, ergibt sich ein Wahlrecht oder Verbot der Teilwertabschreibung. Nach den Grundsatzen des BMF-Schreibens vom 25.2.2000 (BStBl. 2000 I, S. 372) musste es als eine vorubergehende Wertminderung angesehen werden, so dass gemaB § 6 Abs. 1 Nr.2 Satz 2 EStG unabhangig von der handelsrechtlichen Regelung (§ 5 Abs. 6 EStG) ein Abschreibungsverbot gilt. Seit dem Urteil des BFH vom 30.11.1988 (BStBl. 1990 II S. 117) diirfen allerdings Arbeitnehmer-Darlehen steuerlich nicht abgezinst werden. In diesem Urteil stellte der BFH fest, dass der Teilwert von unverzinslichen langfristigen Forderungen nicht unter dem Nominalwert liegt, da zwar keine konkrete Gegenleistung der Darlehensempfanger gegeben sei, wohl aber eine Auswirkung auf das Betriebsklima und die soziale Zufriedenheit der Darlehensnehmer und damit auf deren Arbeitsleistung und Arbeitseinsatz. Diese Rechtsprechung hat eine Bewertungsdifferenz zwischen Handels- und Steuerbilanz zur Folge, da die handelsrechtliche h.M. diese Wirkungen zwar als angestrebt, nicht aber als rechtswirksam gesichert und daher nicht als zinsersetzenden Vorteil ansieht.^ Enthalt dagegen die Forderung (versteckt) einen Zinsbetrag, z.B. aufgrund einer Lieferung in das Ausland sein, bei der der Kaufpreis langerfristig gestundet wird, so geht es nicht um die Vornahme einer Teilwertabschreibung. In diesem Falle wird die Forderung zum Nennwert angesetzt, der Barwert entspricht dann dem eigentlichen Umsatzerlos. Die Differenz zwischen dem Nennwert und dem Barwert der Forderung ist mit Hilfe eines passiven RAP ilber die Laufzeit zu verteilen (sog. Bruttomethode).'' Altemativ ist auch die sog. Net-
Vgl. Knobbe-Keuk, B.: Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., 1993, S. 227 f. M.E. lasst sich der Sachverhalt auch als vorubergehende Wertminderung mit der Konsequenz eines Wahlrechts zu Abschreibung interpretieren. Ebenso offenbar Karrenbauer/Doring/Buchholz, in: Kilting/Weber § 253 Tz. 42, 47 u. 49. 2 Vgl. BFH 30.11.1988, BStBl. 1990 11, S. 117, S. 639; BFH, BStBl 1981 II, S. 160; BFH 26.2.1975, BStBl. 1976 11, S.13. 3 Vgl. z.B. Hoyos/Gutilte, in: Beck Bil.-Komm. § 253 Tz. 410. '' Vgl. BFH, BStBl. 1987 II, S. 556.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
235
tomethode anwendbar, bei der die Forderung mit dem Barwert angesetzt wird und schrittweise eine Aufzinsung erfolgt. Aufgabe 36: Unverzinsllche Forderungen Buchhalter Armel der LowTech GmbH hat Schwierigkeiten bei der bilanziellen Behandlung einer zinslosen Darlehensforderung gegeniiber einem Lieferanten. Nennwert des Darlehens: 300.000 EUR, Laufzeit: 5 Jahre, marktublicher Zinssatz: 10 %. a) Wie ist das Darlehen in Handels- und Steuerbilanz am 31.12.01 und am 31.12.02 zu bewerten? Geben Sie auch alle Buchungssatze an. b) Wie andert sich die Beantwortung der Frage a), wenn es sich um ein zinsloses Darlehen an einen Arbeitnehmer der LowTech handelte? c) Wie andert sich die Beantwortung der Frage a), wenn in der Forderung, die aus einem Exportgeschaft stammt, ein Zinsbetrag als Entgelt fur die Stundung des Kaufpreises enthalten ist? Die Umsatzsteuer soil nicht beriicksichtigt werden.
(e) Finanzanlagen nach IFRS Finanzanlagen („Long-Term Investments") sind Vermogenswerte, die der Erzielung von Einnahmen oder Wertsteigenmgen oder sonstigen Vorteilen voraussichtlich fur mehr als eine Periode dienen. Die Regelungen fiir die einzelnen Kategorien finden sich in: IAS 27: Anteile an Tochterunternehmen („Investment in Subsidiaries"), IAS 28: Anteile an assoziierten Untemehmen („Investments in Associates"), IAS 31: Anteile an Joint Ventures („Interests in Joint Ventures"), IAS 40: Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien („Investment Property"), IFRS 5: Zur VerauBerung gehaltene langfristige Vermogenswerte und aufgegebene Geschaftsbereiche („Non-Current Assets Held for Sale and Discontinued Operations"), die obige Definition nicht mehr erfilUen und daher in das UmlaufVermogen umzugliedern sind. Alle nicht in den vorstehenden Standards geregelten Finanzanlagen fallen unter die Regelung des IAS 39, der auch fur die Bewertung der kurzixistigen Finanzinstrumente und der finanziellen Verbindlichkeiten maBgeblich ist.
(1) Finanzinstrumente nach IAS 39 Der IAS 39 ist gemaB IAS 39.2 auf samtliche Finanzinstrumente anzuwenden mit Ausnahme von Anteilen an Konzemtochtenmtemehmen (IAS 27), Anteilen an assoziierten Unternehmen (IAS 28), Joint Ventures (IAS 31), von Rechten und Verpflichtimgen aus Leasingverhaltnissen (IAS 17), von Vermogenswerten und Schulden eines Arbeitgebers aus Altersversorgungsplanen (IAS 19), von Eigenkapitalinstrumenten des bilanzierenden Unternehmens, von Rechten und Verpflichtungen aus einem Versicherungsvertrag (IFRS 4), bestimmten Vertragen im Rahmen eines Untemehmenszusammenschlusses (IFRS 3), bestimmten Kreditzusagen und Finanzinstrumenten, Vertragen und Verpflichtungen im Rahmen aktienbasierter Vergtitungstransaktionen.
(a) Definitionen Ansatz und Bewertung von Finanzinstrumenten werden im IAS 39 (rev. 2003), Angaben imd Darstellung (Ausweis) im IAS 32 (rev. 2003) und die Offenlegung von Finanzinstrumenten im neuen IFRS 7 (2005), der IAS 30 ersetzt und fur alle Branchen giiltig ist, gere-
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermtigens
gelt. Dwch diese drei Standards sollen Bilanzierung, Bewertung und Berichterstattung von Finanzinstrumenten flir Banken, Versicherungen und Industrieunternehmen adaquat geregelt werden. Insbesondere die Globalisierung der Kapitalmiirkte und die Zunahme des Einsatzes von derivativenl Instrumenten zur Aufspaltung, Restrukturierung und zum Transfer von Finanzierungsrisiken haben zu gestiegenen Anforderungen an die Qualitat der Rechnungslegung und der Risikoberichterstattung gefihrt.2
1
t?
Finanzielle Vermiigenswerte Financial Assets"
U
b
1 Finanzielle Verbindlichkeiten 1 Eigenkapitalinstrumente inancial Liabilities"
Ein Finanzinstrument ist ein Vertrag, der gleichzeitig zu einem finanziellen Vermogenswert (,,Financial Asset") bei einem Unternehmen und zu einer finanziellen Verbindlichkeit (,,Financial Liability") oder einem Eigenkapitalinstrument (,,Equity Instrument") bei einem anderen Unternehmen ftihrt (IAS 32.1 1). Somit ist ein Warenverkauf auf Ziel an ein anderes Unternehmen ein Finanzinstrument, da es sich urn einen Vertrag handelt, der beim verkaufenden Unternehmen zu einer Forderung und beim kaufenden Unternehmen zu einer Verbindlichkeit fiihrt. Keine Finanzinstrumente stellen Steuererstattungsanspriiche oder Steuerschulden dar. Zu denfinanziellen Vermogenswerten gehoren (IAS 39.8 i.V.m. IAS 32.1 1): Kassenbestiinde, vertragliche Rechte auf den Erhalt von Zahlungsmitteln oder anderen finanziellen Vermogenswerten (z.B. Forderungen), vertragliche Rechte auf Austausch von Finanzinstrumenten mit einem anderen Unternehmen unter potenziell vorteilhaften Bedingungen (z.B. Kauf einer Aktienkaufoption, Devisentermingeschaft3,Zinsswap4), als Aktivum gehaltene Eigenkapitalinstnunente eines anderen Unternehmens (z.B. Aktien, GmbH-Anteile), Vertrage, die in Eigenkapitalinstrumenten des eigenen Unternehmens abgewickelt werden (konnen).
Ein derivatives Finanzinstmment oder Derivat (lateinisch: derivare = ableiten) ist ein Finanzinstrument, dessen Preis vom Wert einer BasisgrORe (2.B. Wertpapier, Zinssatz, Marktindex, Wechselkurs), auf die das Derivat bezogen ist, abgeleitet wird. Mit Derivaten konnen zukunftige Geschafte bereits fixiert werden, ohne die Geschafte selbst abzuschlieDen. Ein wichtiges Ergebnis des Verbesserungs-Projektes des IASB von 2001 war die Neufassung des IAS 39 ,,Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung" und des IAS 32 ,,Finanzinstrumente: Angaben und Darstellung", die am 17.12.2003 veroffentlicbt wurde. Ziel der Uberarbeitung war, die Regelungen fir Finanzinstrumente klarer, verstilndlicher und uberschaubarer zu gestalten und so die Akzeptanz bei Anwendem und Anlegern zu verbessern. AuRerdem erfolgte eine Angleichung an die US-GAAP-Regelungen. IAS 39 revised 2003 wurde in 2004 und 2005 noch weiteren Anderungen untenvorfen, und zwar vor allem im Bereich des Macro Hedging und durch Berucksichtigung der sog. Fair Value Option und wird ebenso wie IAS 32 revised 2003 fortlaufend noch uberarbeitet. Ein neuer Entwurf des IDW zu RS HFA 9 zu IAS 39 liegt vor. Die EU-Kommission hat im November 2005 alle Anderungen gebilligt, die Fair Value Option allerdings nur mit Einschrilnkungen. Nicht ubernommen wurde die Einbeziehung von Sichteinlagen bei Banken in Sichemngsgeschafte des IAS 33.AG118b i.d.F. des IASB. Devisentermingescbafte beinhalten den Kauf oder Verkauf von Fremdwahmngsguthaben zu einem bereits festgelegten Wechselkurs, wobei die Erfillung des Geschafts fir einen in der Zukunft liegenden Zeitpunkt vereinbart ist. Unter einem Zinsswap versteht man den vertraglichen Austausch von in der Regel festen und variablen Zinsverpflicbtungen auf einen bestimmten Kapitalbetrag zwiscben zwei Parteien.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
237
Offensichtlich wird bei dem Begriff Finanzinstrumente keine Unterscheidung zwischen Anlage- und Umlaufvermogen getroffen. Die folgenden Ausflihrungen gelten also ebenso fur Finanzinstrumente des UmlaufVermogens. Fallt die Restlaufzeit von zunachst langfristigen fmanziellen Vermogenswerten unter ein Jahr, sind diese in das Umlaufvermogen umzugliedern. Finanzielle Verbindlichkeiten sind nach IAS 39.8 i.V.m. IAS 32.11 gegeben, wenn eine vertragliche Verpflichtung vorliegt, • Zahlungsmittel oder einen anderen finanziellen Vermogenswert an ein anderes Unternehmen zu liefem (z.B. Verbindlichkeiten, Devisentermingeschaft), • Finanzinstrumente mit einem anderen Untemehmen zu moglicherweise nachteiligen Bedingungen auszutauschen (Verkauf einer Aktienkaufoption, Devisentermingeschaft), • die in eigenen Eigenkapitalinstrumenten des Untemehmens erfiillt wird (werden kann). Unter einem Eigenkapitalinstrument versteht man einen Vertrag, der einen Residualanspruch an den Vermogenswerten eines Unternehmens nach Abzug aller Schulden begriindet (IAS 39.8 i.V.m. IAS 32.11). Es darf gemafi IAS 32.16 keine vertragliche Verpflichtung auf Abgabe von Zahlungsmitteln oder anderen fmanziellen Vermogenswerten an ein anderes Unternehmen (feste Verzinsung; Kapitalriickzahlung) oder zum Austausch fmanzieller Vermogenswerte oder Verbindlichkeiten mit einem anderen Unternehmen unter potenziell nachteiligen Bedingungen bestehen. Beispiele fur Eigenkapitalinstrumente sind Aktien, GmbH-Anteile. Nicht dazu gehoren z.B. Genussrechte mit fester Verzinsung und dem Recht auf auBerordentliche Kiindigung fur den Inhaber. AuBerdem sind z.B. Gesellschaftereinlagen bei Personenhandelsgesellschaften und Genossenschaftsanteile aufgrund der Kiindigungsmoglichkeiten durch die Gesellschafter (§§ 132, 161 Abs. 2 HGB, § 65 GenG) prinzipiell als Fremdkapital auszuweisen. Zu den Finanzinstrumenten gehoren auch die sog. derivativen Finanzinstrumente. GemaB IAS 39.9 liegt unter folgenden drei relativ allgemeinen Bedingungen ein Derivat vor: • Der Wert des Finanzinstruments verandert sich infolge einer Anderung eines Zinssatzes, eines Wertpapierkurses, eines Rohstoffpreises, eines Wechselkurses, eines Preis- oder Zinsindexes, eines Bonitatsratings, eines Kreditindexes oder eines ahnlichen Basisobjektes. • Es ist keine oder nur eine geringe anfangliche Netto-Investition erforderlich. • Die Erfiillung erfolgt zu einem spateren Zeitpunkt. Zu den Derivaten gehoren somit Devisentermingeschafte, Optionen, Futures', Zinsswaps und ahnliche Instrumente. In IAS 39.2 werden bestimmte Vertrage, die die Definition eines Finanzinstruments erfiillen, jedoch vom Anwendungsbereich des IAS 39 ausgenommen und in anderen spezielleren Standards geregelt, beispielsweise Anteile an Tochterunternehmen (IAS 27), Rechte und Verpflichtungen aus Leasingverhaltnissen (IAS 17), emittierte Eigenkapitalinstrumente des Unternehmens, Finanzinstrumente im Zusammenhang mit aktienbasierten Vergiitungstransaktionen (IFRS 2). Andererseits fmdet IAS 39 unter bestimmten Umstanden Anwendung auf Warenkontrakte, die keine Finanzinstrumente sind (IAS 39.5 i.V.m. 39.6). ' Unter Futures sind bOrsenmaBig institutionalisierte Vertrage zu verstehen, standardisierte Finanzinstrumente oder Waren zu kaufen oder zu verlcaufen, deren Preis heute bereits festgelegt wird, deren Erfiillung jedoch erst zu einem (standardisierten) zukiinftigen Zeitpunkt vereinbart ist.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
(b) Zugangserfassung und Ausbuchung Ein Unternehmen hat einen finanziellen Vermogenswert oder eine finanzielle Verbindlichkeit einschliel3lich aller Derivate - anders als nach deutschem Handelsrecht - erstmalig d a m in der Bilanz als Zugang (,,Recognitionu) zu erfassen, wenn es Vertragspartei der Regelungen des Finanzinstruments wird, also bei Vertragsabschluss (IAS 39.14). Somit sind auch alle Termingeschaftel die vertragliche Rechte und Pflichten reprasentieren, in der Bilanz zu erfassen, obwohl oftmals noch keine Zahlung erfolgt ist und der Wert daher Null ist. Allerdings ist das Unternehmen bereits einem Preisrisiko ausgesetzt. Geplante oder wahrscheinliche finanzielle Transaktionen sind nicht zu bilanzieren. Da bei Kassageschaften (,,marktublicher KauF) zwischen Verpflichtungs- und Erfillungsgeschaft i.d.R nur 2 Tage liegen, besteht hinsichtlich des Erfassungstermins ein Wahlrecht. Diese konnen zurn Verpflichtungstermin (Vertragsschluss, Handelstag, ,,Trade Date") oder zum Erfullungstermin (Lieferung, Abnahme, ,,Settlement Date") erfasst werden. Das Wahlrecht muss stetig und einheitlich innerhalb jeder Kategorie von Finanzinstrumenten ausgeubt werden (IAS 39.38). Im HGB erfolgt die Erfassung immer am Erfiillungstermin (valutagerecht).
~er~flichtun~s~eschi% (Kaufiertrag, Vertrag) abgeschlossen wird (Handelstag; ,,Trade Date")
lungsgesLhgft ( ~ i ~ e n ~ m s v e r s c h a fLiehn~, ferung, ijbertragung) stattfindet (Erfillungstag; ,,Settlement Date")
Werden Finanzinstrurnente envorben, die mit dem beizulegenden Zeitwert (,,Fair Value") zu bewerten sind, so sind bei Anwendung des ,,Settlement Date Accounting" (genauso wie im Falle des ,,Trade Date Accounting") ~nderungendes beizulegenden Zeitwerts zwischen dem Handelstag (2.B. 29.12.01.) und dem Erfillungstag (z.B. 3.1.02) zu erfassen, auch wenn die Vermogenswerte selbst noch gar nicht erfasst worden sind (IAS 39.AG56). Hinsichtlich der Erfolgsauswirkungen gibt es also keinen Unterschied zwischen den beiden Erfassungsmethoden. Maljgebend ist die in Abschnitt (d) dargestellte Bewertung in den einzelnen Kategorien von Finanzinstrumenten. Bei Bewertung der Finanzinstrumente zu (fortgefiihrten) Anschaffungskosten werden die 0.g. Marktwertiinderungen in keinem Falle erfasst. Beis~iel:
Es handele sich um ,,Zur VerauiuBerung verfugbare Vermogenswerte" (,,Available-for-SaleAssets"), bei denen die Anderungen des beizulegenden Zeitwerts erfolgsneutral im Eigenkapital zu erfassen sind. 29.12.01: Vertragsabschluss zum Kauf eines finanziellen Vermogenswerts fur 1.000 EUR (einschlieBlich Transaktionskosten) 3 1.12.01:der beizulegende Zeitwert (,,Fair Value") des finanziellen Vermogenswerts steigt auf 1.007 EUR 3.1.02: der finanzielle Vermogenswert hat jetzt einen beizulegenden Zeitwert (,,Fair Value") von 1.010 EUR und wird gegen die vereinbarte Zahlung von 1.000 EUR iibertragen.
Termingeschlfie sind dadurch charakterisiert, dass im vertraglichen Verpflichtungsgeschaft alle Konditionen festgelegt werden und die Ausfihmng (Erfillungsgeschlfi) fir einen mitunter weit in der Zukunfi liegenden Zeitpunkt vereinbart wird. Die Erfillung kann fir den Klufer ein Wahlrecht (z.B. Optionen) oder - wie fir den Verklufer immer - eine Pflicht sein (z.B. Devisentermingeschlfie, Financial Futures). Kassageschlfie mussen sofort (d.h. 2-3 Tage nach Vertragsschluss) erfillt werden.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermirgens
Finanzieller Finanzieller I Vermogenswert 1.000 Verrnogenswert: 1.000 1 an Verbindlichkeit 1.000 Finanzieller 1.007 Vermogenswert 7 genswert: an Eigenkapital 7 Verbindlichkeit: 1.000 Finanzieller 3 Vermogenswert: 1.010 Vermogenswert an Eigenkapital 3 Eigenkapital: Sonst. Forderung: Verbindlichkeit 1.000 Kasse: - 1.000 an Kasse 1.000
finanzieller Vermogenswert: 0 Verbindlichkeit: 0 Sonst. Forderung 7 Sonst. Ford.: 7 an Eigenkapital 7 Eigenkapital: 7 Finanzieller Vermogenswert 1.010 an Eigenkapital 3 an Sonst. Ford. 7 an Kasse 1.000
Finanzieller Vermogenswert: 1,010 Eigenkapital: 10 Sonst. Ford.: 0 Kasse: - 1.000
Im deutschen Handelsrecht (und Steuerrecht) werden die Geschaftsvorfalle erst am Tag der Erfiillung erfasst. Vorher liegt ein schwebendes Geschaft vor, das nur bei absehbaren Verlusten am Bilanzstichtag zu bilanziellen Konsequenzen in Form einer Ruckstellungsbildung ftir drohende Verluste fiihrt.Im obigen Beispiel erfolgte nach HGB erst am 2.1.02 die Buchung ,,Finanzieller Vermogenswert 1.000 an Kasse 1.OOOL' (Bewertung zu Anschaffungskosten). Ein finanzieller Vermogenswert ist auszubuchen (,,Derecognition"; IAS 39.1 5-42), wenn das Unternehmen die Verfugungsmacht iiber den Vermogenswert verliert, und zwar durch Realisierung der Nutzungsrecht, Verfall der Rechte aus dem Vertrag oder bei ubertragung an Dritte, wobei der ~ b e r n e h m e rdas Recht zur VerauDerung und Verpfandung des Vermogenswerts erhalt. Besteht das Engagement teilweise weiter, so ist der Vermogenswert insoweit nicht auszubuchen. Bei Kassageschaften (,,marktiiblichen Verkaufen") besteht hinsichtlich des Erfassungstermins dasselbe Wahlrecht wie beim Zugang. Diese konnen zum Verpflichtungstermin (,,Trade Date") oder zum Erfullungstermin (,,Settlement Date") ausgebucht werden. Das Wahlrecht muss stetig und einheitlich innerhalb jeder Kategorie von Finanzinstrumenten ausgeubt werden (IAS 39.38 und IAS 39.AG53-56).
(c) Kategorisierung Finanzielle Vermogenswerte sind in folgende 4 Kategorien einzustufen, die mit unterschiedlichen Bewertungsvorschriften verbunden sind.
P Zu Handelszwecken gehaltene Vermogenswerte
I
Q
Bis zur Endfir'ig-
I
a Kredite und
I
a Zur VeriiuJerung verfiig-
(,,Held for Tradingc'); Derivate (falls nicht Siche-
!
Ein finanzieller Vermogenswert wird als ,,Zu Handelszwecken gehalten" (,,Held-forTrading", IAS 39.9) eingestuft, wenn er - insbesondere im Rahmen eines Portfoliomana-
240
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
gements - zu kurzfristigen Spekulationszwecken erworben wurde, also mit der Absicht, ihn in naher Zukunft wieder zu verkaufen, oder ein Derivat (mit positivem Marktwert) ist. Derivative Finanzinstrumente, die als (effektive) Sicherungsinstrumente dienen, sind jedoch nicht dem Handelsbestand zuzuordnen, flir diese gelten besondere Bewertungsregeln („Hedge Accounting").^ Die Kategorie „Bis zur Endfdlligkeit gehaltene Finanzinvestitionen" („Held-toMaturity", IAS 39.9) setzt voraus, • dass es sich um Finanzinstrumente mit festen oder im Voraus bestimmbaren Zahlungen handelt, • die Finanzinstrumente eine feste Laufzeit haben, • dass es sich nicht um Derivate und nicht um „Kredite und Forderungen" handelt, • die Absicht und die Fahigkeit des Untemehmens, das Finanzinstrument bis zur Endfalligkeit zu halten (IAS 39.AG16-25). Hier sind also beispielsweise Anleihen oder Commercial Paper einzuordnen. Eine ausgekliigelte Strafregel tritt in Kraft, falls das Finanzinstrument doch vorzeitig verkauft wird. Grundsatzlich darf das Untemehmen im laufenden und in den beiden Folgejahren dieser Kategorie keine Finanzinstrumente mehr zuordnen (IAS 39.9). Aus diesem Grund wird auf diese Kategorie haufig verzichtet. Vom Unternehmen ausgereichte „Kredite und Forderungen" („Loans and Receivables", IAS 39.9) sind fmanzielle Vermogenswerte • die mit festen oder bestimmbaren Zahlungen verbunden sind, • die nicht an einem aktiven Markt^ (Borse) notiert sind, • die keine Derivate sind, • die das Unternehmen nicht kurzfristig zu verkaufen beabsichtigt, • die nicht der Kategorie „Zur VerauBerung verfilgbar" einzustufen sind, well der Investor seine ursprilngliche Investition aus anderen Griinden als einer Bonitatsverschlechterung des Schuldners nur noch teilweise zuriickerlangen kann. Die Kategorie „Zur Verdufierung verfugbare Jinanzielle Vermogenswerte" („Availablefor-Sale Financial Assets", IAS 39.9) ist weitgehend eine RestgroBe. Hier sind die fmanziellen Vermogenswerte einzuordnen, die als zur VerauBerung verfilgbar klassifiziert sind und nicht einer der anderen Kategorien zugeordnet werden (z.B. Aktien). AuBerdem sind hier Kredite und Forderungen einzustufen, die der Glaubiger aus anderen Griinden als einer Bonitatsverschlechterung des Schuldners nur noch teilweise zuriickerlangen kann. AuBerdem werden Anteile an Investmentfonds, deren Vermogenswerte keine Kredite und Forderungen sind, hier erfasst. Grundsatzlich ist das lASB der Auffassung, dass der Marktwert („Fair Value") der beste Wertansatz fur Finanzinstrumente ist und dass Marktwertanderungen erfolgswirksam auszuweisen sind. Nur darm, wenn diese Bewertung nicht fiir den erwarteten Cash Flow reprasentativ ist, soil von diesem Grundsatz abgewichen werden. Dies ist zumindest im Kreditgeschaft der Banken der Fall und bei fmanziellen Vermogenswerten mit festen oder bestimmbaren Zahlungen und fester Laufzeit, die der Investor von der Emission bis zur Tilgung (zum Nominalwert) bei Endfalligkeit ununterbrochen halt. Bei solchen Anleihen waren dauemde Bewertungsanderungen wahrend der Laufzeit irrefiihrend, werm sowieso am ' Siehe dazu Kapitel B.III.5. ^ Ein aktiver Markt ist ein IVIarkt, an dem notierte Preise leiclit und regelmaBig an einer BOrse, von Handlem, Brolcem u.a. erlialtlicli sind, und diese Preise alctuelle und regelmaBig auftretende Marlittransalctionen widerspiegein (IAS 39.AG71). AG („Application Guidance") sind Anieitungen zur Anwendung der Paragraplien eines Standards (Anliang).
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermdgens
Ende der Laufzeit eine Tilgung zu 100 % erfolgt. Nur aus solchen ijberlegungen heraus wurden die obigen Kategorien mit den unterschiedlichen Bewertungsfolgen geschaffen. Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Fair Value miissen zwangslauf~gjedoch auch zur Abweichung vom Grundsatz der Fair Value-Bewertung f ~ e nSo . sind Anlagen in Eigenkapitalinstrumenten, fiir die kein auf einem aktiven Markt notierter Marktpreis existiert oder fiir die der beizulegende Zeitwert nicht verlasslich bestimmt werden kann (z.B. Kommanditanteile) - sowie Derivate darauf - zu (fortgefiihrten) Anschaffungskosten zu bewerten (IAS 39.9 und IAS 39.46 i.V.m. IAS 39.AG80 f.). Aus dem geschilderten Marktwertgrundsatz envachsen ist die Neuerung der sog. Fair Value-Option. Diese ermoglicht dem Unternehmen, grundsatzlich jeden finanziellen Vermogenswertl beim erstmaligen Ansatz ,,freiwilligc' der Kategorie ,,Erfolgswirksame Bewertung zum beizulegenden Zeitwert" (,,Financial Assets at Fair Value through Profit or Loss", IAS 39.9) zuzuordnen (,,zu designieren"). Das geschilderte Designationswahlrecht ist aber It. EU-Kommission2 nur zulassig, wenn eine der beiden folgenden Bedingungen erfiillt ist: 1. durch die Nutzung der Fair Value-Option werden Unzulhglichkeiten des Rechnungswesens bei der Abbildung von Sicherungsgeschaften (,,Accounting Mismatch") wesentlich reduziert oder 2. das Management und Controlling der Finanzinstrumente erfolgt auf Fair-ValueBasis (z.B. bei Banken, Investmentgesellschaften, Venture Capital Gesellschaften). Solche Unzulhglichkeiten in der Abbildung durch das Rechnungswesen treten dam ein, wenn ein risikobehaftetes Grundgeschkift und das zur Risikokompensation abgeschlossene SicherungsgeschSift nach unterschiedlichen Regeln zu bewerten sind und dadurch Gewinnverzermngen eintreten. Dies kann durch generelle Fair-Value-Bewertung, also der Nutzung der Fair Value-Option, oder - bei Erfiillung der Effektivitiitsbedingungen - durch ,,Hedge A~counting"~) weitgehend vermieden werden. Umwidrnungen, d. h. ~nderungender bei Erwerb getroffenen Kategorienzuordnung eines Finanzinstruments, sind moglich von der Kategorie ,,Bis zur Endfalligkeit gehaltene Finanzinvestitionen" in die Kategorie ,,Zur VerauJkrung verf~gbarefinanzielle Vermogenswerte", wenn die Absicht oder Fahigkeit zur Daueranlage nicht mehr gegeben ist, ansonsten nur in seltenen Ausnahrnefdlen (IAS 39.50-54).
Mit Ausnahme der im vorigen Absatz genannten Anlagen in Eigenkapitalinstrumenten, die st& zu (fortgeAlhrten) Anschaffingskosten zu bewerten sind. Dieses Wahlrecht wurde von der EU-Kommission erst mit Verztigemng (17.11.2005) und nur mit den genannten Einschrmkungen gebilligt (,,endorsed"). Vgl. Kapitel B.III.5.
Bilanzierung und Bewertung des AnlagevermGgens
Finanzielle Verbindlichkeiten werden in die beiden Kategorien ,,Zu Handelszwecken gehaltene Schulden" und ,,Sonstige finanzielle VerbindlichkeitencLeingeteilt. Zur ersteren Kategorie gehoren finanzielle Verbindlichkeiten, die in der Absicht eingegangen wurden, das Finanzinstrument kurzfiistig zuriickzukaufen (Spekulationszwecke). Derivative Finanzinstrumente, die nicht zu Sicherungszwecken (effizient) eingesetzt werden und einen negativen Marktwert haben, sind ebenfalls der Kategorie ,,Zu Handelszwecken gehaltene finanzielle Verbindlichkeiten'' zuzuordnen. Auch im Bereich der Passiva gibt es die ,,Fair Value-Option". Das heifit, eine ,,freiwilligeUDesignierung von finanziellen Verbindlichkeiten zur Kategorie ,,Erfolgswirksame Bewertung zum beizulegenden Zeitwert"(,,Financial Liabilities at Fair Value through Profit or Loss'7 ist ebenfalls unter den oben genannten Bedingungen moglich.
(d) Bewertung
Bis zur Endfallig- Finanzinvestifikeif gehaltene onen in EigenFinanzinvestitionen kapitalinstrumente,ohne verlissliclr enniitelKredife und baren beizuleForderungen genden Zeitwert sowie Derivate darauf Fortgefiihrte AnAnschaffungsbeizulegender Zeitwert &Fair Value'9 schaffimgskosten kosten (,,Amortised Cost"); (1.4s39.46 ohne Abzug von Anwendung der Transaktionskosten i.V.m. IAS Effektivzinsmethode 39.AG80 f.) bei der VerthRerung
erfolgswirksame Verteilung der Differenz zwischen Anschaffimgskosten und Nominalwert (Agio,Disagio) @AS39.56)
erfolgsneutraI; die mittels Effektivzinsmethode berechneten Zinsen sind dagegen erfolgswirkSam zu erfassen
Bei der erstmaligen Bewertung (Zugangsbewertung) sind sowohl finanzielle Verm6genswerte als auch finanzielle Verbindlichkeiten zu ihrem beizulegenden Zeitwert (,,Fair Value") zu bewerten. Dieser ergibt sich als Barwert aller zukiinftigen Zins- und Tilgungszahlungen, abgezinst mit einem adaquaten herrschenden Marktzinssatz. Sollte eine Differenz zu den Anschaffimgskosten bestehen, so ist diese sofort als Aufwand zu erfassen (IAS 39.AG64), sofern es sich nicht urn einen selbstidigen Vermogenswert handelt. Mit Ausnahme der finanziellen VermOgenswerte, die als Grundgeschtlft im Rahmen des ,,Hedge Accounting" designiert wurden. Zu deren Bewertung vgl. Kapitel B.III.5.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
Beisuielsaufgabe: Eine Bank gewiihrt einen Kredit in Hohe von 100.000 EUR an einen Kunden zum Nominalzins (Kupon) von 5% und einer Laufzeit von 5 Jahren. Ausgezahlt wird der Kredit zu 96 % vom Nominalbetrag. Die Zuordnung erfolgt zur Kategorie ,,Kredite und Forderungen". Ermitteln Sie den Barwert als Fair Value fiir die Zugangsbewertung:
Losung: Wenn der diesem Kredit in Laufzeit, Volumen, Tilgungsvereinbarung, Bonitat des Kreditnehmers adaquate herrschende Marktzins 5,94958 % betragt, so sind der Zahlungen der folgenden Zahlungsreihe mit diesem Zinssatz abzuzinsen, um den Fair Value zu erhalten. Er entspricht hier genau den Anschaffungskosten, da der Effektivzins des Kredits dem herrschenden Marktzins entspricht. Die Barwertberechnung erfolgt nach folgender Formel (r = Diskontierungszinssatz):
Lediglich bei Finanzinstrumenten, die nicht zur Kategorie der erfolgswirksamen ZeitwertBewertung (,,At Fair Value Through Profit or Loss") gehoren, sind direkt zurechenbare Transaktionskosten (Nebenkosten) in die Zugangsbewertung einzubeziehen (IAS 39.43). In der Regel entspricht die Bewertung d a m den gesamten Anschaffimgskosten. Zu den Transaktionskosten gehoren Maklergebiihren, Handlerprovisionen, Borsenspesen, Steuern und ~hnliches.Die Nichtaktivierung (sofortige Aufwandsbuchung) der Transaktionskosten bei Finanzinstrumenten mit erfolgswirksamer Fair Value-Bewertung e r k l w sich daraus, dass diese Betrage am folgenden Bilanzstichtag sowieso wieder erfolgswirksam abgeschrieben wiirden. Nicht zu den Transaktionskosten gehoren Finanzierungskosten, Agio und Disagio ftir Schuldinstrumente, interne Venvaltungskosten (IAS 39.AG13). Ein Disagio ist ein Einmalzins, der zu Beginn der Kreditlaufzeit zu zahlen ist, so dass der laufende Zinssatz dieses Kredits (oder der Anleihe) unter dem herrschenden Marktzins liegt. Die Zugangsbewertung erfolgt zum beizulegenden Zeitwert dieses Kredits (oder der Anleihe), also nach Abzug des Disagios. Dieses wird unter Anwendung der Effektivzinsmethode erfolgswirksam iiber die Laufzeit zugeschrieben (IAS 39.AG 64 f.).' Die Folgebewertung von finanziellen Vermogenswerten (IAS 39.46) ist grundsatzlich zum Fair Value (ohne Abzug von VerauBerungskosten) vorzunehrnen. ~ n d e r u n g e ndes beizulegenden Zeitwerts sind in der Gewinn- und Verlustrechnung erfolgswirksam zu erfassen (IAS 39.55(a)). Eine Besonderheit der Folgebewertung der Kategorie ,,Zur VerauBerung verftigbare finanzielle Vermogenswerte" ist, dass Fair Value-Anderungen erfolgsneutral direkt im Eigenkapital z.B. als ,,NeubewertungsriicklageUoder ,,Riicklage fiir Finanzinstrumente" (mit Ausweis in der Eigenkapitalvertinderungsrechnung)zu beriicksichtigen sind. Wird der finanzielle Vermogenswert veradert, so ist der zuvor im Eigenkapital erfasste kumulierte Gewinn oder Verlust iiber die Gewinn- und Verlustrechnung erfolgswirksam auszubuchen (IAS 39.55(b)). Vgl. Kapitel B.V.2
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens Ausnahmen von der Fair Value-Bewertung sind die Kategorien ,,Kredite und Forderungen" sowie ,,Bis zur Endfalligkeit gehaltene Finanzinvestitionen", die zu f o r t g e m e n Anschaffungskosten (,,Amortised Cost") zu bewerten sind. Eine Differenz zwischen Anschaffungskosten und Nominalwert (Agio, Disagio) bei diesen Kategorien ist gegebenenfalls erfolgswirksam nach der Effektivzinsmethode zu verteilenl. Eine weitere Ausnahme sind Finanzinvestitionen in Eigenkapitalinstrumente,fiir die es keinen auf einem aktiven Markt notierten Preis gibt und deren beizulegender Zeitwert nicht verlasslich ermittelbar ist, sowie Derivate darauf, die nur durch Andienung erfillt werden konnen. Diese sind zu Anschaffungskosten zu bewerten (IAS 39.46 i.V.m. IAS 39.AG80 f.). Die fortgefiihrten Anschaffungskosten (,,mortised cost") ergeben sich nach IAS 39.9 im Falle von finanziellen Vermogenswerten und finanziellen Schulden alsl Betrag der Zugangsbewertung (= Fair Value plus Transaktionskosten)
- Tilgungen +I-kumulierte Amortisierung eines Unterschiedsbetrags zwischen
erstmaliger Bewertung und Tilgungsbetrag bei Endfalligkeit (Disagio, Agio, Transaktionskosten) gemal3 Effektivzinsmethode - au~erdlanm&igeWertminderung (nu; beiVerm6genswerten) = fortgefuhrte Anschaffungskosten
Beis~ielsaufgabe(Forts.):
Ermitteln Sie die fortgefiihrten Anschaffungskostendes Kredits im vorangegangenen Beispiel.
Der Kredit weist eine Differenz zwischen Ausgabe- und Riickzahlungsbetrag, ein sog. Disagio auf. Dieses stellt eine einmalige Zinszahlung des Kreditnehmers an die Bank dar, die wirtschaftlich als Zinsertrag auf die Jahre der Laufzeit zu verteilen ist. Diese Verteilung hat im Gegensatz zum deutschen Handelsrecht nach der Effektivzinsmethode zu erfolgen. Amortisation nennt man den jarlichen Teilbetrag. Der Kreditauszahlungsbetrag ist iiber die Laufzeit mit Hilfe des urspriinglichen Effektivzinssatzes von 5,94958 % aufzuzinsen. Subtrahiert man von diesem Gesamtverzinsungsbetrag den Nominalzinsbetrag, so erhalt man die Amortisation des Jahres 01, also den auf das Jahr 01 finanzmathematisch entfallenden Teil des Disagios2. 96.000 EUR * 1,0594958= 101.71l,6O EUR 101.711,60EUR-5.000 EUR=96.711,60EUR
Im Anhang ist auch bei Finanzinstrumenten, die mit den fortgefiihrten Anschaffungskosten bilanziert werden, zur Information der beizulegende Zeitwert (,,Fair Value") anzugeben. Dieser ware in diesem Falle als Barwert der zukiinftigen Cash Flows zu ermitteln, da ein Marktpreis auf einem aktiven Markt nicht vorliegt:
Vgl. Kapitel B.IIL4.d). Vgl. Kapitel B.V.2.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
Angenommen, der herrschende adaquate Marktzinssatz sei inzwischen auf 7% gestiegen, so ergibt sich durch Diskontierung mit 7%
Finanzielle Verbindlichkeiten sind bei der erstmaligen Bewertung (Zugangsbewertung) wie finanzielle Vermogenswerte zu ihrem beizulegenden Zeitwert (,,Fair Value") zu bewerten (vgl. oben).
Sonstigeflnanzielle Verbindlichkeiten (,,Other Financial Liabilities")
fortgeftihrteAnschafhgskosten (&mortised Cost"); Anwendung der Effektivzinsmethode erfolgswirksame Verteilung der Differenz zwischen Anschafhgskosten und Nominalwert (Agi0,Disagia) (IAS 39.56) Die Folgebewertung hat grundsiitzlich zu fortgefiihrten Anschaffungskosten unter Anwendung der Effektivzinsmethode zu erfolgen (IAS 39.47). Dabei ist die Verteilung der Differenz zwischen Anschaffungskosten und Nominalwert (Agio, Disagio) erfolgswirksam zu buchen (IAS 39.56). Zum beizulegenden Zeitwert (,,Fair Valuec') zu bewertende Ausnahmen sind die ,,Zu Handelszwecken gehaltenen finanziellen Verbindlichkeiten" einschliek lich derivativer Finanzinstrumente mit negativem Marktwert sowie die zur erfolgswirksamen Fair Value-Bewertung designierten finanziellen Verbindlichkeiten. Alle Fair Valuekde-rungen sind erfolgswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen (IAS 39.55(a)). Die Beriicksichtigung von Wertminderungen bei finanziellen Vermogenswerten im IASBKonzept veranschaulicht die folgende Tabelle.
Mit Ausnahme der finanziellen Verbindlichkeiten, die als Grundgeschafc im Rahmen des ,,Hedge Accounting" designiert wurden. Zu deren Bewertung vgl. Kapitel B.III.5. Ausnahme: Derivative Verbindlichkeiten auf ein nicht notiertes Eigenkapitalinstrument, dessen beizulegender Zeitwert nicht verllsslich ermittelt werden kann, und das nur durch Andienung erfillt werden kann, sind mit den Anschaffungskosten zu bewerten (IAS 39.47(a)). Eine weitere Ausnahme enthalt IAS 39.47(b).
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermrjgens
Y
(I) PJZicht zur Wertberichtigung auf den Barwert der kiinftigen Cash Flows, diskontiert mit dem beim erstmaligen Ansatz ermittelten Effektivzinssatz (IAS 39.63) (direkt oder indiiekt iiber einen Wertberichtigungsposten)
(2) Pfricht , den zuvor direkt in Eigenkapital (erfolgsneutral) ange setzten kumulierten Verlust au dem Eigenkapital zu entfemen un~ in der GuV erfolgswirksam n erfassen (IAS 39.67); anzusetze~ kt der aktuelle beizulegende Zeit wert abziigl. etwaiger, bereits frii her ergebniswirksam erfasste Wertberichtigungen (IAS 39.68)
Auswirkung: Minderung des Jahresiiberschusses (Aufwand)
Answirkung: Minderung des Jah resiiberschusses (AufWand) IL
Eine (auJerplanmaJige) Wertminderung (,impairment6? eines finanziellen Vennogenswerts oder einer Gruppe von finanziellen Venndgenswerten liegt vor, wenn nach deren erstmaligem Ansatz Schadensfalle eintraten, ein objektiver Hinweis auf eine Wertminderung vorliegt und eine verliissliche Schatzung der Auswirkungen auf die erwarteten zu-
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
247
kiinftigen Cash Flows moglich ist (IAS 39.59). An jedem Bilanzstichtag ist gemaB IAS 39.58 zu prilfen, ob es objektive Hinweise auf eine solche Wertminderung gibt, und dann gegebenenfalls der erzielbare Betrag zu ermitteln („Impairment-Test"). Verluste aus kilnftig erwarteten Ereignissen diirfen nicht beriicksichtigt werden. Objektive Hinweise auf Wertminderung oder Uneinbringlichkeit sind u.a. erhebliche finanzielle Schwierigkeiten des Emittenten oder des Schuldners, Vertragsbruch (Ausfall oder Verzug von Zins- und Tilgungszahlungen), erhohte Wahrscheinlichkeit fur ein Insolvenz- oder sonstiges Sanierungsverfahren, beobachtete nachteilige Veranderungen im Zahlungsverhalten von Kreditnehmem, die auf eine messbare Verringerung der erwarteten kunftigen Cash Flows aus einer Gruppe von fmanziellen Vermogenswerten hinweisen, obwohl die Verringerung noch nicht einzelnen finanziellen Vermogenswerten der Gruppe zugeordnet werden kann (IAS 39.59). Die Gruppenbildung kann nach Kreditrisikomerkmalen (Art des Vermogenswerts, Region, Branche, Besicherung u.a.) erfolgen. In diesem Fall kann die Wertminderung gruppenweise unter Berticksichtigung historischer Ausfallquoten erfasst werden (IAS 39.AG87-92). Bei gehaltenen Eigenkapitalinstrumenten (z.B. Aktien) gibt es darilber hinaus weitere objektive Hinweise auf eine Wertminderung wie z.B. Informationen uber fur den Emittenten nachteilige signifikante Anderungen in seinem technologischen, marktbezogenen, wirtschaftlichen oder rechtlichen Umfeld oder eine signifikante (etwa ab - 20%) bzw. langere Zeit (etwa 6 Monate) anhaltende Verringerung des beizulegenden Zeitwertes des entsprechenden Eigenkapitalinstruments unter die Anschaffungskosten (IAS 39.61). Die (aufierplamnaBige) Wertminderung beriicksichtigt somit die vollstandige oder teilweise Uneinbringlichkeit, d.h. das Bonitatsrisiko, aber nicht marktpreisbedingte Risiken des finanziellen Vermogenswerts oder auch eines gesamten Portfolios. Dagegen sind beide Risikogruppen ursachlich fur Anderungen des Marktwertes (Fair Value). Zu (1) der obigen Tabelle: In diesem Falle ist der geminderte Wert des Finanzinstruments als Barwert der erwarteten zukiinftigen Cash Flows, abgezinst mit dem ursprunglichen, d.h. dem beim erstmaligen Ansatz berechneten, effektiven Zinssatz des finanziellen Vermogenswerts zu ermitteln (IAS 39.63). Eine Diskontierung mit dem aktuellen Marktzinssatz wurde zu einer Bewertung zum beizulegenden Zeitwert fiihren, wohingegen hier eine Bewertung zu fortgefilhrten Anschaffungskosten erfolgen soli. M.E. ware jedoch die Abzinsung zu einem der veranderten Bonitat entsprechenden Zinssatz sachgerecht, was aber nicht zulassig ist. Eine Wertberichtigung ist somit nur dann moglich, wenn der Schuldner voraussichtlich nicht mehr alle Zins- und Tilgungsleistungen erbringen kann. Die Anpassung an geanderte Erwartungen hinsichtlich der kiinftigen Cash Flows erfolgt durch ergebniswirksame Veranderung des Buchwerts, nicht aber in einer Anderung des Effektivzinssatzes (IAS 39.AGS). Kurzfristige Forderungen milssen nur abgezinst werden, wenn sich aus dem Abzinstmgseffekt wesentliche Einfliisse ergeben (IAS 39.AG84).
Beispielsaufsabe: (Forts) Durch nochmalige Aufzinsung der fortgefuhrten Anschaffungskosten des obigen Kredits per 31.12.01 ergeben sich die fortgefuhrten Anschaffungskosten zum 31.12.02 als 96.711,60 EUR* 1,0594958 = 102.465,53 EUR 102.465,53 EUR-5.000 EUR = 97.465,53 EUR
Bilanzierung und Bewertung des Anlageverm6gens
Am 31.12.02 gibt es objektive Hinweise, dass der Kreditnehmer aufgrund eines mit groBer Wahrscheinlichkeit kurz bevorstehenden Insolvenzverfahrens, die Zinsen nur noch im Jahr 03 wird zahlen konnen und am Ende der Laufzeit (mit Beendigung des Insolvenzverfahrens) wahrscheinlich nur 40% getilgt werden. Wie hoch ist der als Wertberichtigung zu erfassende Verlust? Losung: Der Barwert des Kredits ergibt sich aus der Diskontierung folgenden Zahlungsstroms mit dem urspriinglichen Effektivzinssatz (5,94958%).
Wertberichtigung (erfolgswirksam) = 97.465,53 EUR- 46.760,15 EUR = 50.705,38 EUR. Zu (2): Finanzinstrumente der Kategorie ,,Zur VerauJerung verfugbarefinanzielle Vermogenswerte (,,Available-for-Sale") sind erfolgsneutral zurn beizulegenden Zeitwert (,,Fair Valuec') zu bewerten. Wurde ein Sinken des Fair Value direkt irn Eigenkapital (erfolgsneutral) erfasst, und bestehen Hinweise, dass eine Wertrninderung vorliegt, z.B. bei erhohter Insolvenzwahrscheinlichkeit des Kreditnehrners oder Ernittenten (IAS 39.59), so ist der zuvor irn Eigenkapital erfasste kurnulierte Nettoverlust erfolgswirksam in die GuV zu iibernehmen (IAS 39.67). Der aufwandswirksam zu erfassende Verlust ergibt sich aus folgender Rechnung: Anschaffungskosten Tilgungen +/- Arnortisationen - aktueller beizulegender Zeitwert (,,Fair Value")
-
Bek~ielsaufgabe: Ein Unternehmen envirbt zum Emissionszeitvunkt 1.1.01 eine nicht an der Borse notierte Industrieanleihe eines anderen Untemehmens in Hohe von 100.000 EUR. Konditionen: Nominalzins (Kupon) 5%, Laufzeit 5 Jahre, Auszahlungsbetrag 96 %, Ruckzahlungsbetrag 100 %. Die Zuordnung erfolgt zur Kategorie ,,Zur VerauSerung verftigbare finanzielle Vermogenswerte". Wie hoch ist der Wertminderungsaufwand am 31.12.02, wenn es objektive Hinweise gibt, dass der Kreditnehmer aufgrund eines mit grofier Wahrscheinlichkeit kurz bevorstehenden Insolvenzverfahrens, die Zinsen nur noch im Jahr 03 wird zahlen konnen und am Ende der Laufzeit (mit Beendigung des Insolvenzverfahrens) wahrscheinlich nur 40% getilgt werden? Am 31.12.02 betrage der adaquate Marktzinssatz 10% einschlieSlich eines erhohten Risikoaufschlags aufgrund der gesunkenen Bonitat des Emittenten. Am 1.1 .O1 habe der adaquate Marktzinssatz 5,94958 % und am 3 1.12.01 7 % betragen. Losung: Die Zugangsbewertung der Anleihe erfolgt zu 96.000 EUR, da dieser Betrag der Fair Value zum 1.1.01 ist, berechnet als Barwert der kunftigen Zins- und Tilgungszahlungen mit 5,94958 % als
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens Diskontierungssatz. Am 31.12.01 ergibt sich ein Fair Value in Hohe von 93.225,56 EUR (vgl. die Berechnungen aus der vorigen Beispielsaufgabe). Am 31.12.02 ist die Barwertberechnung der noch erwarteten Restzahlungen mit Hilfe des risikoadaquaten aktuellen Marktzinssatzes 10% durchzuftihren.
Wertberichtigung = 93.225,56 EUR- 42.1 11,21 EUR = 51.114,36 EUR. Da im Vorjahr bereits die Verringerung des Fair Value in Hohe von 93.225,56 EUR -96.000 EUR = - 2.774,44 EUR erfolgsneutral direkt im Eigenkapital (Neubewertungsriicklage) beriicksichtigt wurde, sind nun beide Verlustbetrage kumuliert (51.114,36 EUR + 2.774,44 = 53.888,80 EUR) im Zuge der Wertberichtigung in der GuV gewinnmindernd zu erfassen. Zu (3): Steigt der beizulegende Zeitwert (,,Fair Value") in einer nachfolgenden Periode, so ist zu unterscheiden, ob es sich urn ein Schuldinstrument (mit Forderungscharakter) oder ein Eigenkapitalinstrument (Eigentiimerrechte)handelt. a) Im Falle des Schuldinstruments, muss die Wertberichtigung erfolgswirksam (durch Ertragsbuchung) riickghgig gemacht werden, wenn das Ansteigen des Fair Value objektiv durch ein Ereignis nach der ergebniswirksamen friiheren Wertminderung verursacht worden ist (IAS 39.70). Dies gilt jedoch nur so lange, bis die urspriinglichen Anschaffungskosten wieder erreicht sind, dariiber hinaus miissen Wertsteigerungen dem Eigenkapital wieder erfolgsneutral zugefiihrt werden. b) Im Falle eines gehaltenen Eigenkapitalinstruments diirfen keine ergebniswirksamen Wertaufholungen durchgefiihrt werden (IAS 39.69). Erhohungen des Fair Value sind erfolgsneutral zu beriicksichtigen. Der folgende Sonderfall ist in der obigen Tabelle nicht beriicksichtigt:
Dabei handelt es sich urn Eigenkapitalinstrumente, die nicht an einem aktiven Markt notiert werden und deren beizulegender Zeitwert (,,Fair Valuec') nicht verlasslich geschatzt (IAS 39.46(c) i.V.m. IAS 39.AG80 f.) werden kann, sowie darauf bezogene derivative Vermogenswerte, die nur durch Andienung erfiillt werden konnen. Die vorzunehmende Wertberichtigung besteht in der Differenz zwischen dem Buchwert und dem Barwert der geschatzten zukiinftigen Cash Flows, die jedoch hier mit der aktuellen Marktrendite eines vergleichbaren finanziellen Vermogenswerts diskontiert werden. Eine Zuschreibung ist nicht zulassig, auch wenn die Wertrninderung sich in den Folgejahren vermindern sollte (IAS 39.66). Die Regelung beinhaltet ein extrem ausgelegtes Vorsichtsprinzip, das offenbar abschreckende Wirkung haben soll, m.a.W. den Bilanzierenden dam veranlassen soll, auch bei nicht an der Borse notierten Anteilen eine verlbsliche Schatzung des Fair Value zu erreichenl. Zur Sch1tzmethodevergleiche IAS 39.AG82.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens Beisvielsaufpabe: Ein Unternehmen erwirbt am 22.7.01 Aktien zum Borsenwert von 5 1.000 EUR (zuziiglich Maklercourtage und Bankprovisionen in Hohe von 500 EUR) und ordnet sie der Kategorie ,,Available-for-Sale" zu. Die erfolgsneutral zu behandelnden Wertbderungen sollen in einer Neubewertungsriicklage im Rahmen des Eigenkapitals ausgewiesen werden. Am 31.12.01 liegt der Borsenwert (,,Fair Value") bei 56.000 EUR, zum 3 1.12.02 ist er auf 50.000 EUR gesunken. Im Jahr 03 wird publik, dass der Emittent der gehaltenen Aktien in ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten steckt und eine Sanierung des Untemehmens notwendig ist. Darauf hin sind am 31.12.03 die Wertpapiere nochmals um 6.000 EUR im Wert gesunken. Ihr Borsenwert betragt nur noch 44.000 EUR. Aufgrund des im Jahre 2004 eingeleiteten erfolgreichen Sanierungsverfahrens ergibt sich in den folgenden beiden Jahren wieder eine steigende Kursentwicklung. Der Borsenwert zum 3 1.12.04 betragt 49.000 EUR und zum 3 1.12.05 betragt er 54.000 EUR. Am 1.6.06 werden die Aktien zum Borsenwert von a) 56.000 EUR, b) 50.000 EUR veraunert. a) Stellen Sie die bilanzielle Wertentwicklung der Wertpapiere, die Entwicklung der Neubewertungsriicklage und die Erfolgsauswirkungen tabellarisch dar. Dividendenzahlungen sollen vernachlassigt werden. b) Wie sahe die bilanzielle Wertentwicklung aus, wenn es sich nicht urn Aktien, sondern um eine Anleihe desselben Emittenten handelte, die ebenfalls der Kategorie ,,Zur VerauRerung verfiigbare finanzielle Vermogenswerte" zugeordnet wurde? Zinszahlungen sollen vernachlassigt werden.
Aktiea (,,Available for Sale") 22.7.01 51.500 31.12.01 56.000
(in EUR)
Neubewertuugsriicklage (Eigenkapital)
Ertrag (GuV)
Aufwand (GuV)
-----
---
---
---
4.500
Da die Aktien der Kategorie ,,Zur VerauRerung verfiigbar" (,,Available-for-Sale", IAS 39.9) zugeordnet werden, sind sie erfolgsneutral mit dem beizulegenden Zeitwert (,,Fair Value") zu bewerten. Die Zugangsbewertung hat zum Fair Value zuziiglich Transaktionskosten zu erfolgen in Hohe von 51.500 EUR (IAS 39.43). Bei Folgebewertungen ist der Fair Value ohne Abzug von VerauDerungskosten anzusetzen (IAS 39.46). Marktwertanderungen sind erfolgsneutral in einer Neubewertungsriicklage im Rahrnen des Eigenkapitals auszuweisen (IAS 39.55(b)). Im Jahr 03 gibt es objektive Hinweise auf eine Wertminderung und somit ist gemaR IAS 39.58 i.V.m. 67 der zuvor im Eigenkapital ausgewiesene Verlust aus dem Eigenkapital zu entfemen und im Periodenergebnis zu erfassen. Die Wertaufholungen in den Jahren 04 und 05 diirfen gemSi13 IAS 39.69 nicht erfolgswirksam, sondern nur erfolgsneutral vorgenommen werden. Bei der VerauBerung ist der zuvor im Eigenkapital (Neubewertungsriicklage) erfasste kumulierte Gewinn im Periodenergebnis zu erfassen.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermirgens
Anderungen gegeniiber Fall a) ergeben sich nur bei der Wertaufholung. Gem8 IAS 39.70 ist die Wertberichtigung zwingend erfolgswirksam riickghgig zu machen, bis die urspriinglichen Anschaffungskosten wieder erreicht sind. Daruber hinaus konnen Wertsteigerungen wieder erfolgsneutral der Neubewertungsriicklage zugefiihrt werden. Beim Abgang ist der in der Neubewertungsriicklage erfasste Gewinn als Ertrag uber die GuV auszubuchen, da sonst nicht der richtige Veraul3erungsgewinn (als Differenz zwischen dem Veraufierungspreis und den urspriinglichen Anschaffungskosten) erfolgswirksam beriicksichtigt wiirde. Bei den sog. strukturierten (zusammengesetzten) Finanzinstrumenten handelt es sich urn eine Kombination aus einem Basisvertrag (,,Host Contractc') und einem eingebetteten Derivat (,,Embedded Derivativec'). Beispielsweise setzt sich eine Wandelschuldverschreibung aus einer Anleihe und einer Aktienoption zusammen. Die Folge ist, dass sich das strukturierte Finanzinstrument in seiner Wertentwicklung ganz M i c h verhalt wie das eingebettete Derivat. Die bilanzierungsrelevante Frage besteht nun darin, ob beide Bestandteile getrennt zu bilanzieren sind oder das Finanzinstrument als Gesamtheit wie ein Derivat der erfolgswirksamen Fair Value-Bewertung unterliegt. Wegen der Komplexitat dieses Problems kann es in einem Grundlagenwerk leider nicht behandelt werden. Es muss auf die Spezialliteratur venviesen werden.
Aufgabe 37): Bewertungskonzeption bei Finanzinstrumenten nach IFRS Die LowTech International GmbH erwirbt am 1.7.01 folgende fmanziellen Vermogenswerte (im Anlage- und UmlaufvermSgen) und geht gleichzeitigfolgende fmanziellen Schulden eL:
gsmecken); zusiitzliche Makler- i d B
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermtigens
stehendes Sanierungsverfahrenpublik wurden. lm 3 1.12.01erflihrt die LowTech International GmbH, dass der Kunde in Portugal in lungsschwierigkeitenstecke und urn Verhgenmg des Zahlungsziels bitte. Man erwartet daher, Am
Zah-
dass rnit gr6Dter Wahrscheinlichkeitnur die H&te der Forderungen realisiert werden konnen. Am 3 1.12.02iiberweist der Kunde unerwartet den vollen Betrag. Ordnen Sie die Finanzinstrumente den verschiedenen Kategorien zu. Wie sind die Finanzinstrumente beim Zugang und wie an den drei Bilanzstichtagen nach IAS 39 zu bewerten und welche Erfolgsauswirkungen ergeben sich jeweils? Erfolgsneutrale Wertiinderungen sind in eine Neubewertungsriicklage (als Teil des Eigenkapitals) einzustellen. (2) Anteile an Tochterunternehmen nach IAS 27
Ein Tochterunternehmen ist ein Unternehmen, das von einem anderen Unternehmen, dem sog. Mutterunternehmen, beherrscht wird, d.h., dass das Mutterunternehmen die Moglichkeit hat, die Finanz- und Geschaftspolitik des Tochterunternehmens zu bestimmen, urn aus dessen TMigkeiten Nutzen zu ziehen (IAS 27.4). Eine Beherrschung ist z.B. dann gegeben, wenn das Mutterunternehmen direkt oder indirekt (uber andere Tochterunternehmen) uber mehr als 50% der Stimmrechte verfugt oder aufgrund der Satzung oder anderer Vereinbarungen die Finanz- oder Geschaftspolitik bestimmen kann (IAS 27.13). In der Regel ist ein solches Tochterunternehmen in den Konzernabschluss des Mutterunternehmens einzubeziehen (IAS 27.12). Im separaten Einzelabschluss eines Mutterunternehmens sind solche Anteile, sofern sie nicht gems IFRS 5 als zur Veraderung gehalten klassifiziert werden', nach IAS 27.37 und IAS 27.39 wahlweise mit ihren Anschaffungskosten, ggf. abzuglich Wertminderungen gemiil3 IAS 36, oder in ~bereinstimmun~ mit IAS 392 zu bilanzieren und zu bewerten. Dasselbe Wahlrecht gilt fiir Anteile an assoziierten Unternehmen (IAS 28.35) und fiir Anteile an gemeinschaftlich g e f i e n Unternehmen ("Joint Ventures", IAS 3 1.46). (3) Anteile an assoziierten Unternehmen nach IAS 28 Ein Unternehmen wird als assoziiertes Unternehmen bezeichnet, wenn der Anteilseigner auf dieses Unternehmen einen maBgeblichen Einfluss ausuben kann, es jedoch weder ein Tochterunternehmen noch ein Joint Venture des Anteilseigners ist (IAS 28.2). Der Anteilseigner kann dann einen mal3geblichen Einfluss auf das Beteiligungsunternehmen ausuben, wenn er die Moglichkeit hat, an dessen finanz- und geschaftspolitischen Entscheidungsprozessen mitzuwirken, ohne diese Entscheidungsprozesse beherrschen zu konnen (IAS 28.3). Ein maBgeblicher Einfluss wird widerlegbar vermutet, wenn der Anteilseigner direkt oder indirekt mindestens 20% der Stimmrechte des assoziierten Unternehmens halt. AnzeiDiese sind zum niedrigeren Wert aus Buchwert und beizulegendem Zeitwert abzilglich Verauiuaerungskosten anzusetzen (IFRS 5.15). Siehe auch Kapitel B.IV.2.e). Siehe Kapitel B.IIL2.e(l).
Bilanzierung und Bewertung des AnlagevermOgens
253
chen fiir das Vorliegen eines maBgebenden Einflusses des Anteilseigners sind z.B. seine Zugehorigkeit zum Geschaftsfiihrungs- oder Aufsichtsorgan des assoziierten Unternehmens (IAS 28.4 f.). Im Einzelabschluss sind die Anteile an assoziierten Untemehmen wie die Anteile an Tochterunternehmen zu bewerten (s. oben; IAS 28.35, IAS 27.37 u. 39).
(4) Anteile an Joint Ventures nach IAS 31 Nach dem Standard IAS 31 sind Anteile an Joint Ventures im Abschluss der Partnerunternehmen und Gesellschafter zu bilanzieren und zu bewerten, wenn es sich bei diesen nicht um Wagniskapitalgesellschaften oder Investmentfonds u.a. handelt. Unter einem Joint Venture ist eine vertragliche Vereinbarung zu verstehen, in der zwei oder mehr Partner eine wirtschaftliche Tatigkeit durchfiihren, die einer gemeinschaftlichen Fiihrung unterliegt (IAS 31.3). Im Einzelabschluss sind die Anteile an Joint Ventures wie die Anteile an Tochterunternehmen zu bewerten (s. oben; IAS 31.46, IAS 27.37 u. 39).
(5) Als Finanzinvestitionen gehaltene Immobilien nach IAS 40 Nicht nach IAS 16, sondem nach IAS 40 sind „Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien" („Investment Properties") zu bilanzieren und bewerten. Darunter sind Grundstticke und Gebaude und/oder Telle von Gebauden zu verstehen, die zur Erzielung von Mieteinnahmen und/oder zum Zwecke der Wertsteigerung und nicht zur Unterstutzung der gewohnlichen Geschaftstatigkeit eines Industrie-, Handels- oder Dienstleistungsunternehmens oder zum Verkauf im Rahmen der gewohnlichen Geschaftstatigkeit des Unternehmens gehalten werden (IAS 40.5). Darunter fallen also beispielsweise Gebaude, die im Rahmen eines oder mehrerer Operating-Leasingverhaltnisse vermietet werden. Dabei kann es sich auch um Immobilien handeln, die vom Leasingnehmer (als wirtschaftlichem Eigentumer) im Rahmen eines Finanzierungs-Leasingverhaltnisses' gehalten und weitervermietet werden (IAS 40.8). Nicht unter diesen Standard fallen alle zur VerauBerung gehaltenen langfristigen Vermogenswerte und -gruppen sowie aufgegebene Geschaftsbereiche, die nach IFRS 5 zu behandeln sind.^ Die erstmalige Bewertung der als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien hat zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten einschlieBlich Transaktionskosten zu erfolgen (IAS 40.20). Fur die Bilanzierung und Bewertung dieser als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien besteht ein Wahlrecht, das fur alle Immobilien dieser Kategorie einheitlich auszuuben ist (IAS 40.30). Entweder entscheidet sich das Unternehmen fiir das Modell des beizulegenden Zeitwerts (IAS 40.33-55) oder fiir das Anschaffungskostenmodell (IAS 40.56). Das Modell des beizulegenden Zeitwerts sieht die Folgebewertung aller als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien mit dem beizulegenden Zeitwert („Fair Value") vor. Dabei sind die Anderungen des Fair Value ergebniswirksam in der Periode des Entstehens zu erfassen (IAS 40.35). Nur dann, wenn fur eine im Rahmen eines Operating-Leasingverhaltnisses vom Leasingnehmer gehaltene Immobilie, die alle Voraussetzungen dieses Standards erfiillt, das Modell des beizulegenden Zeitwerts gewahlt wird, kann diese Immobilie wie im Falle des Finanzierungs-Leasing vom Leasing-Nehmer bilanziert und bewertet werden
' Zum Leasing und zu den Begriffen siehe Kapitel B.C.4. 2 Siehe Kapitel B.IV.2.e).
254
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
(IAS 40.6, IAS 40.34). Dazu gehort auch, dass eine entsprechende Schuld nach den Regeln des IAS 17 „Leasingverhaltnisse" passiviert wird. Das Anschaffungskostenmodell beinhaltet die Folgebewertung aller als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien zu den fortgeffihrten Anschaffungskosten, also nach der empfohlenen Benchmark-Methode fur Sachanlagen nach IAS 16. Auch bei Wahl des Anschaffungskostenmodells miissen im Anhang die beizulegenden Zeitwerte der als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien angegeben warden (IAS 40.79). Das eirmial gewahlte Bewertungsmodell darf nur dann freiwillig geandert werden, wenn die Anderung zu einer sachgerechteren Darstellung der Geschaftsvorfalle im Abschluss des Untemehmens fuhrt. Dies ist unwahrscheinlich im Falle eines Wechsels vom Zeitwert- zum Anschaffungskostenmodell (IAS 40.31, IAS 8.14).
f) Grundziige der Hedge-Bilanzierung nach HGB und IFRS (1) Problemstellung' Unter Hedging (ubersetzt: SicherungsmaBnahmen) versteht man die Absicherung einer sog. offenen Risikoposition, also eines speziellen Marktrisikos (Preis-, Zins-, Wechselkursrisiko) oder Ausfallrisikos, das ein Unternehmen bei seiner wirtschaftlichen Aktivitat eingegangen ist, durch ein geeignetes Sicherungsgeschaft, das mit entsprechend kompensierenden Preis-, Zins- oder Wechselkurs-Chancen ausgestattet ist. Durch den Abschluss dieses gegenlaufigen Sicherungsgeschafts soil erreicht werden, dass eventuelle Verluste aus dem Grundgeschaft durch in der gleichen Zukunftssituation erwartete Gewinne aus dem Sicherungsgeschaft moglichst exakt ausgeglichen werden. Bei alien Transaktionen, bei denen Waren- oder Finanzgeschafte durch Finanzinnovationen^ gegen Preis- oder Ausfallrisiken abgesichert werden sollen, stellt sich bilanziell gesehen folgende Frage: Kann das Grundgeschaft mit dem Sicherungsgeschaft zu einer Bewertungseinheit zusammengefasst werden oder miissen die Geschafte getrermt bilanziert werden? Im letzteren Fall kann z.B. das Grundgeschaft mit einem dem Imparitatsprinzip entsprechenden negativen Erfolgsbeitrag (Abschreibung; Riickstellung) zu berucksichtigen sein, obwohl keinerlei Verluste drohen, derm diese werden durch das Absicherungsgeschaft (weitgehend) kompensiert. Die Gewinne aus dem Sicherungsgeschaft dilrfen aber nach dem handelsrechtlichen Realisationsprinzip erst in einer spateren Periode beriicksichtigt werden. Es wiirde sich dann zunachst ein hoher Verlust und in einer Folgeperiode ein gleich hoher Gewinn ergeben, die Periodengewinne schwankten sehr stark und wtlrden in keiner der beiden Perioden die Ertragslage richtig widerspiegeln. Die Diskussion iiber diese Problematik ist noch langst nicht abgeschlossen, an dieser Stelle muss auf die angegebene weiterfuhrende Literatur verwiesen werden. Der Grundsatz der Einzelbewertung (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB) verlangt, dass jeder Vermogensgegenstand und jeder Schuldposten einzeln zu bewerten ist, dass also keine Verrechnung von Wertsteigerungen und Wertminderungen verschiedener Gegenstande mitein' Hedge-Bilanziemng betrifft sowohl das Anlage- als auch das Umlaufvermogen. Da in diesem Lehrbuch das Anlagevermogen zuerst behandelt wird, ist dieses Kapitel hier eingeordnet. ^ Termingeschafte sind dadurch charakterisiert, dass im vertraglichen Verpfliciitungsgesciiaft alle Konditionen festgelegt werden und die Ausfulirung (Erfiillungsgescliaft) fiir einen mitunter weit in der Zukunft liegenden Zeitpunkt vereinbart wird. Die Erfullung kann fiir den Kaufer ein Wahlrectit (z.B. Optionen) oder - wie fUr den Verkaufer immer - eine Pflicht sein (z.B. Devisentermingeschafte, Financial Futures). Kassageschafte miissen sofort (d.h. 2-3 Tage nacii Vertragsschluss) erfullt werden.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
255
ander erfolgen darf. Die Risiken eines jeden Vermogensgegenstands sind filr sich zu beurteilen und in dessen Bewertung zu berilcksichtigen.
b) Hedge-Bilanzierung nach HGB Unter bestimmten restriktiven Bedingungen ist die Bildung von sog. Bewertungseinheiten, d. li. die Zusammenfassung mehrerer Vermogensgegenstande bzw. Schuldposten und die Saldierung der zugehorigen Ertrage und Aufwendungen, zugelassen. Dies ist bei sog. geschlossenen Positionen liinsichtlich Zins-, Wahrungs- oder sonstigen Preisrisiken der Fall. Beisyiel: Ein Unternehmen hat eine Forderung L.u.L. gegeniiber einem US-amerikanischen Kunden in Hohe von 20.000 US-$, gleichzeitig gegenuber einem chinesischen Lieferanten eine Verbindlichkeit L.u.L. mit derselben Laufzeit ebenfalls in Hohe von 20.000 US-$. Offensichtlich gleichen sich Anspruche und Verpflichtungen derselben Wahrung hinsichtlich ihres Betrages und der Falligkeitsfristen aus und es liegt daher eine sog. geschlossene Position vor. Ein Wahrungsrisiko besteht nicht mehr, denn bei Ansteigen des US-Dollarkurses ist zwar ein hoherer EuroBetrag zu Tilgung der Fremdwahrungsverbindlichkeit aufzuwenden, jedoch steigt auch der Euro-Gegenwert der Fremdwahrungsforderung in gleichem Umfang an. In diesem Falle konnen diese Betrage als Einheit bewertet werden'. Die Bildung einer Bewertungseinheit ist ebenfalls moglich, wenn die Laufzeiten unterschiedlich sind, aber fiir die langer laufende Position eine Anschlussdeckung des Wahrungsrisikos gesichert ist. Dient ein einzelnes Sicherungsgeschaft der Absicherung eines bestimmten Risikos eines einzelnen direkt zugeordneten Grundgeschafts (sog. Micro-Hedge) gilt nach h.M.^, dass beide Geschafte als Bewertungseinheit behandelt werden konnen. In diesem Falle werden sie hinsichtlich ihrer Ertrags- und Aufwandswirkungen als ausgeglichen angesehen, so dass insgesamt gesehen hinsichtlich dieser Bewertungseinheit kein ktinftiger Verlust droht. Ohne diese kompensierende Bewertung wiirde nach dem Imparitatsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) fiir das risikobehaftete Grundgeschaft eine aufwandswirksame Riickstellung fiir drohende Verluste aus schwebenden Geschaften zu bilden sein, wohingegen der diesen drohenden Verlust abdeckende „drohende Gewiim" aus dem speziell zu diesem Zweck eingegangenen Sicherungsgeschaft wegen des Realisationsprinzips bilanziell keinen Niederschlag findet. Die Ertragslage des Unternehmens wiirde somit verschlechtert ausgewiesen aufgrund eines drohenden Verlustes, der mit Sicherheit nicht eintreten wird, well er durch den entsprechenden Gewinn beim Sicherungsgeschaft kompensiert wird. Die Bildung von Bewertungseinheiten wird daher trotz der Durchbrechung des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB weitgehend als sachgerecht und als eine mit den gesetzlichen Vorschriften zu vereinbarende Ausnahme im Sinne des § 252 Abs. 2 HGB angesehen'. Umstrittener ist im Falle von Industrie- und Handelsuntemehmen die Frage, ob die geschilderte kompensatorische Bilanzierung mit Hilfe von Bewertungseinheiten auch dann zulassig ist, wenn auf die Zuordnung einzelner Grand- und Sicherangsgeschafte verzichtet wird (bei sog. MacroHedges) oder wenn aus mehreren Grundgeschaften, die in ihrer Risikostraktur ahnlich sind ein Portfolio gebildet und dieses Portfolio insgesamt abgesichert wird. Filr Kreditinstitute wird diese Frage bejaht''.
' Vgl. HFA, WPg 1986, S. 664 ff. 2 Vgl. ADS § 246 Tz. 363. 3 Vgl. HFA, WPg 1986, S. 664 ff. "* Vgl. IDW Stellungnahme des BFA 2/1995: Bilanzierung von Optionsgeschaften, WPg 1995, S 421 ff.
256
Bilanzierung und Bewertung des Aniagevermogens
Die Zusammenfassung von Grund- und Sicherungsgeschaften zu Bewertungseinheiten ist nach h.M. zulassig , wenn folgende Voraussetzungen erfiillt sind': • Grund- und Sicherangsgeschafte stehen objektiv in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang. Ein solcher liegt vor, wenn Risiken durch Grund- und Sicherungsgescliai^e eliminiert bzw. gezielt verandert werden konnen. • Der Nutzungs- und Funktionszusammenhang ist vom Bilanzierenden iiber den Bewertungsstichtag liinaus gewollt (Durchhalteabsicht). • Der Wille des Bilanzierenden kommt durch cine vor dem Bilanzstichtag durchgefiihrte Zuordnung nachpriifbar zum Ausdruck (Dokumentation) Die Bildung geschlossener Positionen und deren kompensatorische Bewertung im Falle der Wahrungsabsicherung setzt konkret voraus, dass es sich um die gleiche Wahrung, die gleichen Betrage und um (sicher herstellbare) Fristenkongruenz der Einnahmen und Ausgaben handelt. Dann brauchen Valutaverbindlichkeiten bei einer Kurserhohung am Abschlussstichtag nicht mit dem hoheren Stichtagskurs angesetzt zu werden, weim iimen entsprechende Ansprilche gegenilberstehen, deren Einbuchungskurs (=Bilanzkurs) niedriger oder gleich dem Einbuchungskurs der Verbindlichkeiten ist. Wenn der Einbuchungskurs der Fremdwahrungsforderungen jedoch ilber dem Einbuchungskurs der Valutaverbindhclikeiten liegt, sind die Valutaverbindlichkeiten bei einer Kurserhohung auf diesen Kurs, hochstens jedoch auf den insoweit angesetzten Bilanzkurs, heraufzusetzen^.
Beisyielsaufsabe: Die LowTech GmbH hat aus Einfuhr- und Ausfuhrgeschaften mit US-amerikanischen Geschaftspartnern eine $-Forderung L.u.L. in Hohe von 10.000 US-$ sowie eine US-$Verbindlichkeit in gleicher Hohe. Beide Positionen haben dieselbe Laufzeit von 9 Monaten und sind an demselben Tag fallig. Zum Zeitpunkt des Entstehens von Forderung und Verbindlichkeit bestanden folgende Devisenkurse: Geld: 1 EUR = 1,3333 USD bzw. 0,75 EUR = 1 USD Brief: 1 EUR = 1,4284 USD bzw. 0,70 EUR = 1 USD Mittel: 1 EUR= 1,3809 USD bzw. 0,7242 EUR= 1 USD. Am Bilanzstichtag 31.12.01 gelten folgende Kurse: Geld: 1 EUR = 1,25 USD bzw. 0,8 EUR = 1 USD Brief: 1 EUR= 1,3333 USD bzw. 0,75 EUR= 1 USD Mittel: 1 EUR= 1,2917 USD bzw. 0,7742 EUR= 1 USD. a) Wie sind die Forderung und die Verbindlichkeit nach dem Grundsatz der Einzelbewertung im Zeitpunkt des Entstehens und am Bilanzstichtag zu bewerten? b) Wie sind die Forderung und die Verbindlichkeit bei kompensatorischer Bilanzierung zu bewerten? c) Falls die Forderung schon fruher entstanden, aber das Ende der Laufzeit dennoch identisch mit dem Tilgungszeitpunkt der Verbindlichkeit ist, ist dennoch eine kompensatorische Bilanzierung moglich. Allerdings wird der Umrechnungskurs im Zeitpunkt des Entstehens der Forderung nun von dem der Verbindlichkeit abweichen. Er soil 1 EUR = 1,299 USD bzw. 0,77 EUR = 1 USD (Briefkurs) bzw. lEUR = 1,3437 USD bzw. 0,7442 EUR = 1 USD (Mittelkurs). Welche Anderung ergibt sich dadurch gegeniiber Aufgabe b)?
' Vgl. Arbeitskreis „Externe Unternehmensrechnung" der Schmalenbach-Gesellschaft: Gmndsatze der Bilanzierung von Finanzinstrumenten im Watirungs- und Zinsbereicli auf der Grundlage des HGB, DB 1997, S. 638 f. 2 Vgl. ADS § 253 Tz. 105 ff.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
257
Losuns: a) Die Verbindlichkeit ist mit dem zum Geldkurs, die Forderung mit dem zum Briefkurs umgerechneten DoUarbetrag im Zeitpunkt ihres Entstehens zu bewerten: Forderung: 7.000 EUR; Verbindlichkeit: 7.500 EUR. Es ist aber auch eine Umrechnung zum Mittelkurs moglicli: Forderung: 7.242 EUR; Verbindlichkeit: 7.242 EUR. Am Bilanzstichtag muss die Verbindlichkeit nach dem Imparitatsprinzip, nach dem drohende Verluste vorwegzunehmen sind, erfolgswirksam auf den hoheren Wert aufgestockt werden, da eine Tilgung zu den Kursverhaltnissen am Bilanzstichtag einen hoheren Euro-Betrag, als bisher bilanziert, erfordern wiirde (Hochstwertprinzip). Eine entsprechende Zuschreibung zur Forderung darf dagegen nicht erfolgen, da das Realisationsprinzip die Beriicksichtigung unrealisierter Gewinne verbietet. 31.12.01: Forderung: 7.000 EUR; Verbindlichkeit: 8.000 EUR bzw. bei Umrechnung zum Mittelkurs: Forderung: 7.242 EUR; Verbindlichkeit: 7.742 EUR. Die Aufstockung der Verbindlichkeit fuhrt zu einem Aufwand aus Wahrungskursverlusten in Hohe von 500 EUR. b) Die Verbindlichkeit ist mit dem zum Geldkurs, die Forderung mit dem zum Briefkurs umgerechneten DoUarbetrag im Zeitpunkt ihres Entstehens zu bewerten: Forderung: 7.000 EUR; Verbindlichkeit: 7.500 EUR. Es ist aber auch eine Umrechnung zum Mittelkurs moglich: Forderung: 7.242 EUR; Verbindlichkeit: 7.242 EUR. Da die Bedingungen fiir eine geschlossene Wahrungsposition erfujlt sind, kann aus der Forderung und der Verbindlichkeit eine Bewertungseinheit gebildet werden. Da die aus der Forderung eingehenden Dollars zur Tilgung der Verbindlichkeit verwendet werden konnen, besteht keinerlei Wahrungsrisiko und es kann auf die Aufwertung der Verbindlichkeit verzichtet und diese wie auch die Forderung weiterhin zu ihren Anschaffungskosten bewertet werden. 31.12.01: Forderung: 7.000 EUR; Verbindlichkeit: 7.500 EUR. bzw. bei Umrechnung zum Mittelkurs: Forderung: 7.242 EUR; Verbindlichkeit: 7.242 EUR. c) Die Forderung ist nun bei Entstehen mit „Anschaffungskosten" in Hohe von 7.700 EUR (Briefkurs) bzw. i.H.v. 7.442 EUR (Mittelkurs) einzubuchen. Am Bilanzstichtag muss die Verbindlichkeit bei kompensatorischer Bilanzierung nicht nach MaCgabe des gestiegenen Geldkurses aufgestockt werden. AUerdings ist eine partielle Verlustantizipation bis zur Angleichung an den Wert der Forderung vorzunehmen. Der zu beriicksichtigende Aufwand betragt also 200 EUR.
Beispiehaufsabe: Ein Unternehmen erwirbt am 22.7.01 festverzinsliche Wertpapiere zu 51.000 EUR (= 102%). Am 31.12.01 liegt der Borsenwert bei 56.000 EUR (= 112%), zum 31.12.02 ist er auf 50.000 EUR (100%) gesunken. In Erwartung weiterer Kursrilckschlage aufgrund weiterer Marktzinssteigerungen sichert das Unternehmen zu Beginn des Jahres 03 diesen Kurs durch Kauf einer ausreichenden Anzahl von Verkaufsoptionen („long put") zum Basispreis von 100% zu einem Preis (Optionspramie) von 1.500 EUR ab (Annahme: perfekte Absicherung). Zum 31.12.03 sind die Wertpapiere tatsachlich um 6.000 EUR im Wert gesunken. Ihr Borsenwert betragt nur noch 44.000 EUR (= 88%). Der Marktwert (Borsenwert) des Sicherungsinstruments (Verkaufsoption) hat sich gegenlaufig in gleichem Umfang verandert und betragt jetzt 7.500 EUR.
Bilanzierung und Bewertung des AnlagevermGgens
(Gu;
zinsliche (Verkaufs-
I;: I T II I 1 Wert: a iere
(Verkaufso tion
( G U Y wan:-(Guv)
Bei isolierter Einzelbewertung sind die festverzinslichen Wertpapiere zum 3 1.12.02 auf den gesunkenen Borsenkurs (es sei eine dauerhafte Wertminderung angenommen) auRerplanmii8ig abzuschreiben. Die Verkaufsoption ist mit den Anschaffungskosten (Optionspriimie) zu aktivieren. Zum 3 1.12.03 sind die Wertpapiere auf den weiter gesunkenen Bijrsenkurs abzuschreiben. Die Ertragslage ist zu schlecht dargestellt, da iiber den Einsatz der Optionspriimie hinaus kein Verlust droht, weil der Basispreis von 50.000 EUR fir die Wertpapiere durch Ausiibung der Verkaufsoption immer erzielt werden kann. Eine Aufwertung der Verkaufsoption iiber ihre Anschaffungskosten hinaus auf den Borsenkurs ist aufgrund des Realisationsprinzips nicht zulassig. Bei kompensierender Betrachtungsweise (Bildung einer Bewertungseinheit) wird beriicksichtigt, dass der Basispreis fiir die Wertpapiere mit Sicherheit erzielt werden kann, so dass dieser die Bewertungsuntergrenze darstellt. Da aber der ,,Einsatz" in Form der gezahlten Optionspramie bei Ausiibung der Verkaufsoption nicht entgolten wird, m.a.W. die Option unter Annahme der Ausiibung ihren eigenstiindigen Wert verliert, wird die Option voll abgeschrieben. Dasselbe Ergebnis wurde sich einstellen, wenn man die Werhmtergrenze der Wertpapiere mit (50.000 Optionspriimie) = 48.500 EUR annehmen wiirde und die Verkaufsoption mit 1.500 EUR aktiviert lienel. Die Ertragslage ist somit sachgerecht dargestellt.
c) Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen (,,Hedge Accounting") nach IFRS Im IFRS-System besteht bei SicherungsmaRnahmen dasselbe einleitend schon beschriebene Problem. Ziel des ,,Hedge Accounting" ist es daher, Verzerrung und Volatilitat der bilanziellen Jahresergebnisse durch Synchronisation und Ausgleich der Ergebniseffekte aus dem Grund- und dem Sicherungsgeschaft moglichst zu verhindern. Die gegenlaufigen Wertentwicklungen eines risikobehafteten Grundgeschafts (,,Hedged Item") und eines Sicherungsgeschafts (,,Hedge Instrument") sollen in der Buchfiihrung kompensatorisch abgebildet werden. 1st die Absicherung vollstidig (,,Perfect Hedgec'), so fiihrt diese Vorgehensweise sachgerecht zu einem Ergebnissaldo in der Gewinn- und Verlustrechnung von Null. Zu bedenken ist dabei auch, dass das ,,Hedge Accounting" im IASB-Konzept eine Art Hilfskonstruktion ist. Elegant liel3e sich das Problem bei Marktwertrisiken durch eine generelle Pflicht zur erfolgswirksamen Fair Value-Bewertung aller Finanzinstrumente 16sen, die aus anderen Grunden (noch) nicht realisierbar erscheint. In diesem Falle wiirden Marktwert des Grundgeschafts und Marktwert des Sicherungsgeschafts sich gegenlaufig entwickeln und die entsprechenden Erfolgsauswirkungen sich in derselben Periode ausgleichen, sofern es sich um ein effizientes Sicherungsinstrurnent handelte. Soweit bisher schon bei Grund- und Sicherungsgeschaft eine erfolgswirksame Fair Value-Bewertung
Scharpf, P./Luz, G.: Risikomanagment, 428.
Bilanzierung und Aufsicht von Finanzderivaten, 2. Aufl., Stuttgart 2000, S
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
259
realisiert ist', ist somit ein „Hedge Accounting" iiberflussig. In alien anderen Fallen soil das „Hedge Accounting" zu demselben geschilderten Ergebnis fiihren. Dabei werden die Ergebniswirkungen von Grund- und Sicherungsgeschaft in dieselbe Periode verlagert. Ein Grundgeschdft („HedgedItem") ist • ein bereits bilanziell erfasster Vermogenswert (z.B. ein festverzinsliches Wertpapier) oder eine Verbindlichkeit (GGl) (z.B. variabel verzinsliche Anleihe; Fremdwahrungsverbindlichkeit), • eine (noch) nicht bilanziell erfasste („schwebende") feste Verpflichtung (GG2) (z.B. ein abgeschlossener Rohstoffbezugsvertrag zu fest vereinbartem Preis, ggf. auch in Fremdwahrung; ein noch nicht erfiillter Vertrag im Rahmen der Auftragsfertigung), • eine mit hoher Wahrscheinlichkeit eintretende ktinftige Transaktion (GG3) (z.B. eine geplante Emission einer Anleihe; geplante Umsatze in Fremdwahrung) oder • eine Nettoinvestition in einen auslandischen Geschaftsbetrieb (GG4) (z.B. Errichtung eines weiteren Werks in der US-amerikanischen Tochtergesellschaft), sofem damit Risiken bezuglich des beizulegenden Zeitwerts („Fair Value") oder beztiglich der kiinftigen Cash Flows verbunden sind und das Geschaft als „gesichert" designiert ist (IAS 39.9). Dabei kann es sich um Einzelgeschafte oder eine Gruppe mit vergleichbarem Risikoprofil oder den Teil eines Portfolios handeln (IAS 39.78). Unerheblich ist es auch, ob die Gesamtheit oder nur ein Teil der Cash Flows oder des beizulegenden Zeitwerts des Grundgeschafts Risiken unterliegt, sofern das Teilrisiko identifizierbar und gesondert bewertbar (prozentualer Anteil am Gesamtrisiko, Referenzzins LIBORS) ist (IAS 39.81). NaturgemaB kann ein Wertpapier der Kategorie^ „Bis zur Endfalligkeit gehaltene Finanzinvestition" nur ein gesichertes Grundgeschaft hinsichtlich Wahrungs- und Ausfallrisiken, nicht aber hinsichtlich Zinsrisiken sein, da letztere entsprechend der Absicht, das Papier bis zur Tilgung zum Nominalwert zu halten, unbeachtlich sind (IAS 39.79). Ein Sicherungsinstrument („Hedge Instrument") ist ein als seiches designiertes derivatives Finanzinstrument oder - nur bei Absicherung von Wahrungsrisiken - ein nichtderivativer fmanzieller Vermogenswert (oder Verbindlichkeit) mit im Vergleich zum Grundgeschaft gegenlaufiger Entwicklung des beizulegenden Zeitwerts („Fair Value") bzw. Cash Flows (IAS 39.9). Allerdings sind Optionen, fur die das Untemehmer Stillhalter ist, i.d.R. zur Absicherung unwirksam und werden dann nicht als Sicherungsinstrumente anerkannt (IAS 39.72 i.V.m. IAS 39.AG94). Ein Derivat kann zur Absicherung verschiedener Risiken eingesetzt werden, sofern die abzusichernden Risiken eindeutig ermittelbar sind, die Wirksamkeit nachweisbar und eine exakte Zuordnung zu den verschiedenen Risikopositionen (z. B. Zinsanderungs- und Wahrungsrisiken) moglich ist (IAS 39.74 u. 76). Grundsatzlich wird ein Sicherungsinstrument als Gesamtheit zur Sicherung designiert und bewertet. Die einzigen Ausnahmen stellen Devisentermingeschafte und Optionen dar. Bei Optionen z.B. stellt der sog. innere Wert, der genau dem Betrag der unerwiinschten Preisanderung des Grundgeschafts entspricht (= tatsachlicher Kurs des Grundgeschafts minus Basispreis), logischerweise das eigentliche Sicherungsinstrument dar, Anderungen des sog. Zeitwerts, der zukiinftige Gewinnchancen widerspiegelt, dagegen werden getrennt davon erfolgswirksam erfasst.
1 Vgl. KapitelB.m.l.d(3). ^ LIBOR (=London Interbank Offered Rate) ist ein zwischen Banlcen gezahlter Euro-Geldmarkt-Basiszins, auf den bei mittel- und iangfristigen Schuldpapieren mit variablem Zins oft Bezug genommen wird. Der vom emittierenden Unternehmen zu zahlende Gesamtzins ist aber um einen Aufschlag (Spread) hoher, durch den der Bonitatsnachteil (RatingAbstand) gegeniiber erstklassigen Banken berucksichtigt wird. •* Zu den Kategorien von Finanzinstrumenten und den Bewertungsfolgen vgl. Kapitel B.III.l.d(3).
260
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
Voraussetzungen fur die Anwendung des „Hedge Accounting" ist die Beachtung der Dokumentations-, Zuordnungs- und Wirksamkeitsvoraussetzungen, die IAS 39.88 enthalt: • Dokumentation der Ziele und Strategien des Risikomanagements, des Sicherungsinstruments, des Grundgeschafts und der Art des abzusichemden Risikos sowie der Art der Effektivitatsmessung der Sicherungsbeziehung. • Die Absichemng wird als in holiem MaBe effektiv eingeschatzt. • Hohe Eintrittswahrscheinliciikeit der abzusichemden erwarteten kilnftigen Transaktion beim Cash Flow-Hedge. • Fair Value des Sicherungsinstruments und Fair Value bzw. Cash Flows des Grundgeschafts, die auf das abgesicherte Risiko zuriickzufuhren sind, konnen verlasslich bestimmt werden , mithin auch die Wirksamkeit der Sicherungsbeziehung. • Die Sicherungsbeziehung wird iiber die gesamte Sicherungsperiode als hoch wirksam eingeschatzt und fortlaufend beurteilt. Eine Sicherungsbeziehung kann grundsatzlich drei Formen annehmen: a) Einzelabsicherung („one to one"; Micro-Hedge): Zwischen einem einzelnen Vermogenswert, einer einzelnen Verbindlichkeit, einem einzelnen noch nicht bilanziell erfassten Geschaft, einer einzelnen erwarteten Transaktion auf der einen Seite und einem einzelnen Sicherungsinstrument auf der anderen Seite wird eine voUstandige oder eine teilweise (nicht der gesamte Betrag oder nicht alle Risiken) Sicherungsbeziehung designiert (IAS 39.78). b) Absicherung eines homogenen Portfolios: Erlaubt ist eine Absicherung eines Portfolios von Vermogenswerten, Verbindlichkeiten (keine Saldierung mit Vermogenswerten) oder geplanten Transaktionen mit ahnlicher Risikostruktur (IAS 39.78, 39.83; 39.AG101): Dabei darf die Fair Value-Anderung eines Wertpapiers hochstens um 10% von der Wertanderung des Gesamtportfolios abweichen. Diese Homogenitatsanforderung ist z.B. im Falle der Absicherung eines Aktienportfolios durch ein Index-Derivat (Dax-Future-Kontrakt) i.d.R. nicht erftillt, ein „Hedge Accounting" somit nicht zulassig. c) Pauschale Absicherung der Gesamtrisikoposition (Macro-Hedge): Dies ist nur hinsichtlich des Zinsrisikos zulassig (IAS 39.81A). Dabei werden verschiedene Grundgeschafte (Vermogenswerte und Verbindlichkeiten) nach den erwarteten Zinsanpassungsterminen bzw. Laufzeiten einander zugeordnet und saldiert (IAS 39.78). Der abstrakte Saldobetrag („Nettoposition") wird z.B. durch ein Derivat (Zinsswap) oder ein Portfolio von Derivaten abgesichert. Die Fair Value-Anderung des abstrakten Saldobetrags wird durch eine kiinstlich konstruierte Anleihe modellhaft ermittelt und ein einem gesonderten Bilanzposten erfasst. Besteht zwischen einem Sicherungsinstrument und einem Grundgeschafl: eine designierte Sicherungsbeziehung und sind alle genannten Voraussetzungen des IAS 39.88 erfilllt, so wird durch Anwendung des „Hedge Accounting" die Kompensation der Periodenergebniseffekte des Sicherungsinstruments und des Grundgeschafts in derselben Periode beriicksichtigt („Synchronisation"). Um dies zu erreichen, sind drei Arten von Sicherungsbeziehungen zu unterscheiden (IAS 39.86): 1. Absicherung des beizulegenden Zeitwerts („Fair Value-Hedge") (IAS 39.89): Absicherung der Grundgeschafte GGl und GG2 oder abgrenzbarer Teile davon gegen das Risiko einer Anderung des beizulegenden Zeitwerts, das Auswirkungen auf das Periodenergebnis haben konnte.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
261
2. Absicherung von Zahlungsstromen („Cash Flow-Hedge") (IAS 39.95): Absicherung der Gmndgeschafte GGl und GG3 gegen das Risiko schwankender Zahlungsstrome, das Auswirkungen auf das Periodenergebnis haben konnte. Bilanziell ist in diesem Fall der Gewinn oder Verlust aus einem Sicherungsinstrument in zwei Telle aufzuspalten: Der Teil, der als effektive Absicherung ermittelt wird, ist erfolgsneutral direkt im Eigenkapital (z.B. als Cash Flow Hedge-Rucklage) zu erfassen, der (geringere) ineffektive Teil ist erfolgswirksam im Periodenergebnis zu beriicksichtigen. Auf diese Weise wird der Erfolgsbeitrag des Sicherungsinstruments in die Periode der Erfolgswirksamkeit des Grundgeschafts verlagert. Der Vorteil der Ergebniskompensation wird durch den Nachteil schwankenden Eigenkapitals erkauft. 3. Absicherung einer Nettoinvestition in einen auslandischen Geschqftsbetrieb („Hedge of a Net Investment in a Foreign Entity") (IAS 39.89): Absicherung des Grundgeschafts GG4. An dieser Stelle soil lediglich in die Bilanzierung im Falle der Absicherung des beizulegenden Zeitwerts („Fair Value-Hedge") (IAS 39.89) eingefiihrt werden, dartiber hinaus ist auf die Spezialliteratur zu verweisen. Bilanziell sind beim Fair Value-Hedge zwei Schritte vorzunehmen. Erster Schritt: Die Veranderungen des Fair Value des Sicherungsinstruments (z.B. einer Aktienoption, eines Zinsswaps, einer Devisenoption) in der Gewinn- und Verlustrechnung werden erfolgswirksam beriicksichtigt. Bei gestiegenem Marktwert ware zu buchen: BS: Sicherungsinstrument an Sonstige betriebliche Ertrage (Ertrag aus Fair Value Hedges). Zweiter Schritt: Das Grundgeschaft kann z.B. eine Forderung L.u.L. oder eine festverzinsliche Geldanlage sein, die zu der Kategorie „Kredite und Forderungen („Loans and Receivables") gehort und zu fortgefuhrten Anschaffiingskosten zu bewerten ist. Dieses wird im Rahmen des Hedge Accounting in seiner Bewertung an die spiegelbildliche Wertanderung des Sicherungsinstruments angepasst. Gewinne oder Verluste, die durch das abgesicherte Risiko verursacht sind, gehen erfolgswirksam in die Gewinn- und Verlustrechnung ein und fuhren zu einer entsprechenden Buchwertanderung des Grundgeschafts in der Bilanz. Damit wird erreicht, dass z.B. die Wertsteigerung beim Grundgeschaft und die spiegelbildliche Wertminderung beim Sicherungsgeschaft durch eine erfolgswirksame symmetrische Erfassung in der Gewinn- und Verlustrechnung zum Ausgleich gebracht werden. Ohne Hedge Accounting ware das Grundgeschaft mit fortgefuhrten Anschaffungskosten zu bewerten und ein Gewinn aus dem abgesicherten Risiko wiirde die Bewertung des Grundgeschafts gar nicht berilhren. Das Ergebnis ware unbefriedigend, da sowohl die Vermogensals auch die Ertragslage zu schlecht dargestellt wiirden. Im Verlustfalle ware allerdings eine Wertberichtigung beim Grundgeschaft gemaB IAS 39.63-70 durchzuftlhren, deren Hohe mit dem Gewinn aus dem Sicherungsinstruments jedoch nicht zwangslaufig iibereinstimmen muss. Falls das Grundgeschaft zur Kategorie „Zur VerauBerung verfligbare fmanzielle Vermogenswerte" gehort, so ist damit eine erfolgsneutrale Fair Value-Bewertung verbunden. Im zweiten Schritt des „Hedge Accounting" ist somit nur noch die Erfolgswirksamkeit der Fair Value-Anderung herzustellen, eine Buchwertanpassung ist nicht erforderlich. Im ersteren Falle, also bei „Krediten und Forderungen", ware zu buchen (gesunkener Marktwert):
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermijgens
BS:
Sonstige betriebliche Aufivendungen (Aufwand aus Fair Value Hedges) an G r u n d g e s c h t (z.B. Kredite und Forderungen)
Bei abgesicherten ,,Sonstigen finanziellen Verbindlichkeiten" ergaben sich die gleichen Buchungen fiir den Fall, dass der Marktwert des Grundgeschafts gestiegen ist. Handelt es sich urn ,,Zur Veraderung verfigbare finanzielle Vermogenswerte'', so ist der auf das abgesicherte Risiko zuriickzuftihrende Gewinn, der erfolgsneutral in die NeubewertungsRiicklage eingestellt wurde, erfolgswirksam in die Gewinn- und Verlustrechnung urnzubuchen. Somit lautet die Buchung im Zusammenhang mit dem Grundgeschaft:
BS:
Sonstige betriebliche Aufwendungen (Aufwand aus Fair Value Hedges). an Neubewertungsriicklage
Beisuielsauf~abe:
Ein Untemehmen erwirbt am 22.7.01 festverzinsliche Wertpapiere zu 51.000 EUR (= 102%) und ordnet sie der Kategorie ,,Available-for-Sale" zu. Darnit sind die Wertpapiere mit dem beizulegenden Zeitwert (,,Fair Value") zu bewerten und Werttinderungen werden erfolgsneutral in einer Neubewertungsriicklage im Rahmen des Eigenkapitals ausgewiesen. Am 3 1.12.01 liegt der Borsenwert (,,Fair Value") bei 58.000 EUR (= 116%). In Erwartung von Kursriickschllgen aufgrund einer Marktzinserhohung sichert das Untemehmen zu Beginn des Jahres 02 diesen Kurs durch Kauf einer ausreichenden Anzahl von Verkaufsoptionen (,,Long Put") zum Basispreis von 58.000 EUR (1 16%) zu einem Preis von 2.500 EUR ab (Annahme: perfekte Absicherung). Zum 31.12.02 sind die Wertpapiere tatsachlich um 6.000 EUR im Wert gesunken. Ihr Borsenwert betragt nur noch 52.000 EUR (104%). Der Marktwert des Sicherungsinstruments hat sich gegenlaufig in gleichem Umfang verandert und betragt jetzt 8.500 EUR.
Der Wert der Verkaufsoption am 1.1.02 entspricht dem sog. Zeitwert der Option, der fiir die Chance auf Steigerung des inneren Werts der Option wiihrend der Laufzeit gezahlt wird. Der sog. innere Wert der Option, die Differenz zwischen Basiswert (58.000 EUR) und Marktwert der Wertpapiere, betragt zum 1.1.02 somit 0,- EUR. Einbuchung des Kaufs der Verkaufsoption (Optionspramie):
BS: Optionsprhie (Aktiva)
2.500 EUR
an Bank
2.500 EUR.
Per 3 1.12.02 erfolgt zunbhst die erfolgsneutrale Anpassung auf den aktuellen ,,Fair Value" der festverzinslichen Wertpapiere: BS: Neubewertungs-Riicklage 6.000 EUR an Wertpapiere (,,Zur VerauRerung vefigb. fin. Vermogenswerte") 6.000 EUR.
Die Werterhohung der Verkaufsoption (Derivat) von 2.500,- auf 8.500,- EUR, also um den inneren Wert der Option, der den effektiven Teil der Sicherungsbeziehung darstellt, ist erfolgswirksam zu buchen.
BS: Optionsprhie (Aktiva) an Ertrag (Ergebnis des Sicherungsgeschafts)
6.000 EUR. 6.000 EUR.
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermagens Der effektive Teil der Sicherungsbeziehung sol1 die Abwertung der festverzinslichenWertpapiere kompensieren, soweit die Abwertung den Basispreis (58.000,-) unterschreitet. Da dieser Teil der ~ b k e r t u nder ~ X-AG Aktien bislGg erfolgsne&al gegen die Neubewertungs-Riicklage gebucht wurde, muss eine entsprechende Umbuchung erfolgen, die die Erfolgswirksamkeit und damit die gewiinschte Kompensation herstellt.
BS: Aufwand (Ergebnis des SicherungsgeschXfts) an Neubewertungs-Rucklage
6.000 EUR 6.000 EUR.
Ohne Hedge-Accounting, also bei separater (Markt-)Bewertung, ware der Verlust bei den festverzinslichen Wertpapieren per 31.12.02 erfolgsneutral als Verminderung der Neubewertungsriicklage verrechnet worden. Somit ware im Jahre 02 ein Gewinn von 6.000 EUR (aus der Marktwertentwicklung des Finanzderivats) ausgewiesen worden. Die Ertragslage wZire zu positiv dargestellt worden. Hinsichtlich der Bewertung der Wertpapiere hatte sich allerdings kein Unterschied ergeben. Bei Beendigung der Sicherungsbeziehung durch VeriiuBerung, Ausubung oder Auslaufen des Sicherungsinstruments, durch Zuriickziehen der Designation als Sicherungsinstrument oder wenn die Voraussetzungen insbesondere hinsichtlich der Effektivitiit nicht mehr erfillt sind, ist vom ,,Hedge Accounting" nach IAS 39.89 wieder zur ,,normalen'' Bilanzierung der Finanzinstrumente nach IAS 39.43 ff. uberzugehen (IAS 39.91 f.). Aufgabe 38: Fair Value-Hedge Kauf einer X-AG Aktien-Verkaufsoption (10 Kontrakte) am 30.6.01 durch das Unternehmen. Die GeschXftsleitung stellt fest und dokumentiert, dass es sich um ein effektives Mittel zur Absicherung des Kursrisikos des Aktienbestands von 1.000 X-AG Aktien handelt. Die Sicherungsbeziehung ist auf den inneren Wert der Option beschrankt, der das Verlustrisiko des Grundgeschiifts ausgleicht, umfasst aber nicht den Zeitwert der Option, der die Wertsteigerungschancen der Option w ~ e n der d Restlaufzeit widerspiegelt. Die 1.000 Aktien gehoren zur Kategorie ,,Zur VerauiuBerung verfugbare finanzielle Vermogenswerte" und sind daher erfolgswirksam zurn beizulegenden Zeitwert (,,Fair Value") zu bewerten. Die Verkaufsoption gibt dem Unternehmen das Recht, die 1.000 Aktien wiihrend der Laufzeit bis zum 30.06.02 zum festgelegten Basispreis (,,Strike Price") von 30 EUR pro Aktie zu veradem.
Geben Sie diesen Fall des effektiven Fair Value-Hedge die Buchungen zum 30.6., zum 30.9. und zum 3 1.12.01 fiir das Grundgeschtift und fiir das Sicherungsgeschafi an.
g) Der Anlagenspiegel (1) Der Anlagenspiegel nach HGB Die Aufgabe des Anlagenspiegels lie@ in der Erweiterung der Aussagekraft der zeitpunktbezogenen Bilanz durch die Darstellung der Veriinderungen der einzelnen Posten des Anlagevennogens wiihrend des Geschaftsjahres. Die zeitraumbezogene Darstellung der Entwicklung des Anlagevennogens wird zuweilen auch als "horizontale Gliederung" des Anlagevermogens bezeichnet. Die Erstellung des Anlagenspiegels ist fiir Kapitalgesellschaften gem. 5 268 Abs. 2 HGB (ausgenommen kleine Kapitalgesellschaften gem. § 274a Nr. 1
Bilanzierung und Bewertung des AnlagevermOgens
HGB) vorgeschrieben. Er kann entweder innerhalb der Bilanz oder im Anhang wiedergegeben werden. Grundsatzlich kann die Entwicklung des Anlagevermogens auf drei verschiedene Arten dargestellt werden, die am Beispiel des Bilanzpostens "Maschinen und technische Anlagen" gezeigt werden sollen: direkte Nettomethode:
I Restbuchwert I abaglich Ab-
I = Restbuchwert I
1 zu Beginn des 1 schreibungen des 1 am Ende des I 1 ~eschaftsjahres 1 Geschaftsjahres ~ahresI = 80.000 100.000 1 - 20.000
Maschinen - -~-
~
--------
1
I
Die obige Darstellungsweise wurde im alten Recht angewandt und hat den Nachteil, dass ein Bilanzleser keine Vorstellung von der Grolje des Maschinenparks erhalt, da der Restbuchwert eines groRen, aber relativ alten Maschinenbestandes eine iihnliche Groljenordnung aufweist wie der eines kleinen, aber relativ neuen Maschinenparks. Maschinen, die bereits voll abgeschrieben sind, aber noch im Betrieb genutzt werden, sind iiberdies im ausgewiesenen Wert nicht enthalten. indirekte Bruttomethode: Bilanz (in EUR)
Urspriingliche Anschaffungsoder Herstellungskosten 200.000
abziiglich Wertberichtigungen (=Summe aller bisherigen AbI schreibungen) 1 - 120.000
= Restbuchwert
am Ende des GeschIElsjahres
I 1
Maschinen
IWertberich-
tigungen zu 200.000 Maschinen
= 80.000
Die indirekte Bruttomethode war im alten Recht wahlweise auch mCiglich, wurde jedoch nur in bestimmten Branchen, z.B. in der Energiewirtschaft oder in der Luftfahrt, angewandt. Der Vorteil dieser Darstellungsweise kt, dass der Bilanzleser sich einen tendenziellen Eindruck von der GroBe und dem ungefhen durchschnittlichen Alter des Maschinenparks verschaffen kann und dass noch genutzte, aber voll abgeschriebene Maschinen im bilanziellen Wert noch enthalten sind (sowie in gleicher Hohe in der Position "Wertberichtigungen zu Maschinen") und erst beim Abgang aus beiden Posten eliminiert werden. Auch lasst sich die Abschreibungspolitik tendenziell abschatzen. Nachteilig ist die AufblSihung der Bilanz infolge des Bruttoausweises. direkte Bruttomethode: Bilanz (in EUR)
I Ursuriinaliche l abziinlich kumu- 1 = Restbuchwert 1
Maschinen I
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
265
Die direkte Bruttomethode ist im neuen Bilanzrecht verbindlich vorgeschrieben. Sie enthalt alle Vorteile der indirekten Bruttomethode, ohne eine Aufblahung der Bilanz zu bewirken, da in die Bilanz nur der Restbuchwert am Jahresende Eingang fmdet. Um die Neugestaltung des Aniagenspiegels hervorzuheben, wurde in der Literatur fur den Anlagenspiegel neuen Bilanzrechts der Begriff "Anlagegitter" gewahlt, der m.E. nur in der Ubergangszeit besondere Bedeutung liatte, jetzt aber synonym zum Begriff "Anlagenspiegel" zu verwenden ist. § 268 Abs. 2 HGB schreibt ein Schema mit mindestens acht Spalten vor, die Abschreibungen des Geschaftsjahrs konnen innerhalb des Anlagespiegels, aber auch gesondert in Bilanz oder Anhang angegeben werden. Eine Angabe muss aber zwingend erfolgen, da die Abschreibungen des Geschaftsjahres die Briicke zwischen Anlagenspiegel und Gewinn- und Verlustrechung darstellen. In der Regel werden die Geschaftsjahresabschreibungen in der letzten Spalte im Anlagenspiegel angegeben (9-Spalten-Schema).
Im Folgenden soUen die einzelnen Spalten des Aniagenspiegels erlautert werden: Historische Anschaffungs- oder Herstellungskosten: In der ersten Spalte sind die ursprilnglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten ungekiirzt anzugeben, auch wenn der Vermogensgegenstand bereits veil abgeschrieben ist. Erst wenn der Gegenstand mengermiaBig aus dem Betriebsvermogen ausscheidet, werden die ursprilnglichen Anschaffungs-ZHerstellungskosten aus dieser Spalte eliminiert. Zugdnge: Unter Zugangen sind mengenmaBige Ausweitungen des Anlagevermogens durch Kauf, Tausch oder Schenkung zu verstehen, die allerdings nur wertmaBig angegeben werden. Bei immateriellen Gegenstanden einschlieBlich der Bilanzierungshilfe "Aufwendungen fiir die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschaftsbetriebs" wird mit der Buchung der gleichzeitige Zugang angenommen. Ausnahmsweise konnen Vermogensgegenstande, deren Anschaffungs-ZHerstellungskosten hochstens 60 EUR betragen, sofort als Aufwand behandelt werden, der Ausweis eines Zugangs kann also entfallen (vgl. R 31 Abs. 3 EStR). In alien anderen Fallen muss auch dann ein Zugang ausgewiesen werden, werm der Gegenstand im Jahr des Zugangs vollstandig abgeschrieben wird (z.B. bei Geringwertigen Wirtschaftsgiltern). Abgdnge: Als Abgange bezeichnet man das mengenmaBige (korperliche) Ausscheiden von Anlagegegenstanden aus dem Betriebsvermogen, z.B. durch Verkauf, Entnahme, Untergang, Verschrottung oder Tausch. Die Abgangsspalte ist eine Korrekturspalte zur ersten Spalte der historischen Anschaffungs-ZHerstellungskosten, so dass abgehende Gegenstande hier ebenfalls mit den historischen Anschaffungs-ZHerstellungskosten ausgewiesen werden miissen. Umbuchungen: Hierbei handelt es sich um reine Ausweisanderungen aufgrund von Vermogensumschichtungen innerhalb des Aniagenspiegels. Grundsatzlich sind die historischen Anschaffungs/Herstellungskosten in der Umbuchungsspalte zu beriicksichtigen. Im Folgejahr ist dann die erste Spalte der beiden Anlagepositionen mit umgekehrten Vorzeichen zu korrigieren ebenso wie die kumulierten Abschreibungen unter Beriicksichtigung der dort subtrahierten Zuschreibungen (vgl. unten unter "Zuschreibungen").
Bilanzierung und Bewertung des AnlagevermiSgens
Beisuiel: Ein in der Position "Gebaude im Bau" bilanziertes Gebaude wird fertiggestellt.
I
I
Gebaude im Bau I - 1 Mio. EUR Beisuiel: Ein Vorfuhrwagen eines PKW-HZindlers sol1 verkaufl werden. Es handelt sich hierbei urn eine Verschiebung des Vermogensgegenstandes in das Umlaufvermogen. Es findet somit keine Umschichtung innerhalb des Anlagevermogens statt. Somit ist dieser Vorgang auch nicht unter Umbuchungen, sondern unter AbgZingen zu erfassen. -
Zuschreibungen: Hierunter werden die reinen Werterhohungen bei Anlagegegenstiinden erfasst. Es handelt sich um eine Ruckghgigmachung friiherer aul3erplanrntil3iger Abschreibungen. Zuschreibungen werden nicht kumuliert ausgewiesen, sondern immer nur fiir das laufende Geschaftsjahr. Dies stellt einen Systembruch dar, der damit begriindet wurde, dass andernfalls die kumulierten Abschreibungen die historischen Anschaffungs-Merstellungskosten uberschreiten konnten, da die kumulierten Abschreibungen dam noch die kumulierten Zuschreibungen umfassen wiirden. Um dennoch den Anlagenspiegel von der ersten Spalte bis zum Restbuchwert am Ende des Geschaftsjahres durchrechenbar zu machen, ist es erforderlich, die Zuschreibungen im Folgejahr von den kumulierten Abschreibungen zu subtrahieren. Damit wird erreicht, dass die aufsummierten Zuschreibungswirkungen uber die Verminderung der kumulativen Abschreibung beriicksichtigt werden und daher die kurnulierten Abschreibungen die historischen Anschaffungs-Merstellungskosten nicht ubersteigen konnen. SchlieBlich wird verdeutlicht, dass mit den Zuschreibungen Abschreibungen riickghgig gemacht werden. Kumulierte Abschreibungen: In dieser Spalte sind samtliche in den vorausgegangenen und im gerade abgelaufenen Geschaftsjahr angefallenen Abschreibungen auf die Vermogensgegenstiinde, die sich am Ende des Geschaftsjahres noch im Betriebsvermogen befinden, zu beriicksichtigen. Erst beim Abgang des Gegenstands aus dem Anlagevermogen werden die entsprechenden kumulierten Abschreibungen eliminiert. Abschreibungen des laufenden Geschaiftsjahres: Gem. § 268 Abs. 2 Satz 3 HGB besteht ein Wahlrecht, die Abschreibungen des Geschaftsjahres in der Bilanz oder im Anhang anzugeben. Sie sind jedoch nicht zwingend Bestandteil des Anlagenspiegels. Dennoch ist es zweckmUig und erhoht die Aussagekraft des Anlagenspiegels, ihn um eine neunte Spalte "Abschreibungen des Geschaftsjahres" zu e r g b e n . Diese stellen n b l i c h das Bindeglied zwischen Anlagespiegel und Gewinn- und Verlustrechnung dar, da die Spalte "Abschreibungen des Geschaftsjahres" alle in der GuV ausgewiesenen Abschreibungen enthalt. Die Spalte "Kumulierte Abschreibungen" unterscheidet sich dagegen von beiden nicht nur dadurch, dass auch die Abschreibungen der Vorjahre enthalten sind, sondern auch dadurch, dass die kumulierten Abschreibungen im Laufe des Geschaftsjahres abgegangener Vermogensgegenstiinde nicht mehr enthalten sind. Die auf Abgbge vorgenommenen Abschreibungen sind fiir externe Bilanzleser nicht erkennbar, weder die kumulierten noch die Abschreibungen des Geschaftsjahres. Eine Nachvollziehbarkeit des Anlagenspiegels durch den Bilanzanalytiker ist daher nicht unmittelbar gegeben.
267
Bilanzierung und Bewertung des Anlagevermogens
§ i £ ^ 0 -5
:=> s
^
CS
S?9 "
"C
00 "S
N pa
^
W
g
g" g ^ ^
QJ
S J S C c S . 2
§ S