Steuerrecht Prüfungswissen, Multiple-Choice-Tests und Klausuraufgaben
Prof. Dr. Joachim S. Tanski 7. Auflage
2 Inhal...
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Steuerrecht Prüfungswissen, Multiple-Choice-Tests und Klausuraufgaben
Prof. Dr. Joachim S. Tanski 7. Auflage
2 Inhalt 4
Vorwort
5 5 7 8
1. Grundlagen des Steuerrechts
9 9 24 44 46 47 53 54
2. Einkommensteuer
55 57 64 68
73 73 76 82 84 85 89
3. Körperschaftsteuer
94 94 96 105 108 109
4. Gewerbesteuer
1.1 Begriffsabgrenzungen 1.2 Systematisierung der Steuern 1.3 Steuergerechtigkeit
2.1 Steuerpflicht 2.2 Ermittlung der einzelnen Einkünfte 2.3 Ermittlung der Summe der Einkünfte 2.4 Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte 2.5 Ermittlung des Einkommens 2.6 Ermittlung des zu versteuernden Einkommens 2.7 Gesamtberechnung des zu versteuernden Einkommens 2.8 Veranlagung 2.9 Ermittlung der tariflichen Einkommensteuer 2.10 Quellenabzugsverfahren MultipleChoiceTest zur Einkommensteuer
3.1 Steuerpflicht 3.2 Bemessungsgrundlage 3.3 Organschaft 3.4 Besteuerungsverfahren 3.5 Besteuerung der Ausschüttung an Anteilseigner MultipleChoiceTest zur Körperschaftsteuer
4.1 Grundlagen der Gewerbesteuer 4.2 Ermittlung der Gewerbesteuer 4.3 Berücksichtigung der Gewerbesteuer bei der Einkommensteuer 4.4 Gesamtschema der Gewerbesteuer MultipleChoiceTest zur Gewerbesteuer
3 5. Umsatzsteuer
114 114 117 126
127
131 134 136 138 139 143
6. Abgabenordnung
149 149 150 158 159 164 164 165 166 169
5.1 Historie und Wesen der Umsatzsteuer 5.2 Steuerbare Umsätze 5.3 Steuerbefreiung bei Lieferungen und sonstigen Leistungen 5.4 Ermittlung der Umsatzsteuer für Lieferungen und sonstige Leistungen 5.5 Rechnungserstellung 5.6 Besteuerungszeitraum und Besteuerungsverfahren 5.7 Aufzeichnungspflichten 5.8 Kleinunternehmer 5.9 Vorsteuerabzug MultipleChoiceTest zur Umsatzsteuer
6.1 Grundlagen der Abgabenordnung 6.2 Veranlagungsverfahren 6.3 Festsetzungs und Bekanntgabeverfahren 6.4 Erhebungsverfahren 6.5 Außenprüfung 6.6 Korrektur von Steuerverwaltungsakten 6.7 Rechtsbehelfe 6.8 Steuerstraf und Bußgeldverfahren MultipleChoiceTest zur Abgabenordnung
Klausuraufgaben Lösungen zu den Aufgaben
175 175 176 177 178 179 181 182 183
Stichwortverzeichnis
194
Aufgabe 1 zur Umsatzsteuer Aufgabe 2 zur Gewerbesteuer Aufgabe 3 zur Umsatzsteuer Aufgabe 4 zur Körperschaftsteuer Aufgabe 5 zur Einkommensteuer Aufgabe 6 zur Umsatzsteuer Aufgabe 7 zur Einkommensteuer
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Vorwort Das Steuerrecht ist einem extrem schnellen Wandel unterworfen mit mehrfachen Änderungen einer einzigen Steuerart in nur einem Jahr. Das Bedürfnis nach einer einfachen, leicht verständlichen Einfüh rung wächst deshalb gerade in diesem Rechtsgebiet rapide. Diesem Bedürfnis soll der vorliegende Taschenguide entsprechen und dem Leser einen sicheren Einstieg in die komplexe Materie der Besteue rung, einschließlich der Änderungen durch das Wachstumsbe schleunigungsgesetz erlauben. Die wichtigsten Steuerarten werden hier vorgestellt und mit Bei spielen und Graphiken erläutert. Der Fokus richtet sich dabei nicht auf die Diskussion von Ausnahmen und seltenen Gestaltungsfällen, sondern auf die zentralen Regeln, welche in Ausbildung und Praxis die Basis für das Verständnis des Steuerrechts bilden. Zu jedem Hauptkapitel gibt es einen Multiple Choice Test, mit dem der Leser sein Wissen überprüfen kann. Sieben ausführliche Klausuraufgaben am Ende des Buches dienen der Vertiefung des Wissens. Die Lö sungen sind jeweils im Anschluss an die Aufgaben abgedruckt. Besonderer Wert wurde bei der Konzeption dieses Bandes auf die Übersichtlichkeit und leichte Lesbarkeit gelegt, da dies die Auf nahme und Verständlichkeit des Stoffes fördert. Aus diesem Grund waren an der Erstellung dieses Buches mehrere Studentinnen und Studenten der FH Brandenburg intensiv beteiligt, um die Darstel lung für die Zielgruppen der Studenten an Universitäten und Fach hochschulen, Auszubildenden und Praktiker zu optimieren. Beson ders möchte ich Frau Daniela Scheffel danken, die sich intensiv um Änderungen, Korrekturen und Ergänzungen der 7. Auflage des Taschenguide Steuerrecht gekümmert hat. Berlin, im Juni 2010
Joachim S. Tanski
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1. Grundlagen des Steuerrechts 1.1 Begriffsabgrenzungen Steuern sind gemäß § 3 Abgabenordnung (AO) dem Bürger aufer legte Zwangsabgaben ohne Anspruch auf eine Gegenleistung. Sie dienen dem Fiskalzweck, also der Beschaffung des nötigen Geldes für die gemeinschaftlichen Aufgaben. Die Steuern dürfen aber auch Lenkungsaufgaben erfüllen (z. B. Vermeidung von Umweltbelas tungen durch sog. Ökosteuern), wodurch die Einnahmenerzielung zum Nebenzweck werden kann. Auch Gebühren und Beiträge sind wie Steuern öffentlich rechtliche Abgaben an den Staat, aber mit dem Unterschied, dass sie das Entgelt für eine Gegenleistung (z. B. Zulassungsgebühr beim Kfz) darstellen. Beiträge werden im Gegensatz zu Gebühren auch dann erhoben, wenn der zum Beitrag Verpflichtete die Leistung nicht in Anspruch nimmt. Steuerrecht ist die Gesamtheit der Rechtsnormen (Gesetze), die sich auf Steuern beziehen. Steuern werden in einem Rechtsstaat aufgrund von Steuergesetzen erhoben. Die Steuergesetzgebung hat ihre Grundlage in Art. 105 ff. GG. Sie umfasst Gesetze (AO, Be wertungsgesetz, div. Einzelsteuergesetze wie z. B. das EStG) und Rechtsverordnungen i. S. des Art. 80 GG (z. B. EStDV). Rechts verordnungen haben Gesetzeskraft und unterscheiden sich von Gesetzen nur dadurch, dass sie nicht von der Legislative, sondern von der Exekutive (hier insbes. Finanzminister) aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung erlassen werden, häufig jedoch der Zustimmung durch den Bundesrat unterliegen. Das Steuerrecht ist innerhalb der Rechtswissenschaften Teil des Verwaltungsrechts, jenes wiederum Teil des öffentlichen Rechts. Parallel dazu gibt es die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre als Teildisziplin der Wirtschaftswissenschaften, die sich mit der steuer lichen Optimierung der Entscheidungen von privaten Personen und in Unternehmen befasst.
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1. Grundlagen des Steuerrechts
Die Grundlagen des Steuerrechts finden sich nur in Gesetzen. Man kann zwischen Einzelsteuergesetzen und allgemeinen Steuergeset zen unterscheiden: Einzelsteuergesetze gelten immer für eine bestimmte Steuerart und beinhalten die Vorschriften über Steuersubjekt, Steuerob jekt, Bemessungsgrundlage und Tarif (z. B. GewStG, EStG, KStG, UStG). Allgemeine Steuergesetze (z. B. AO, BewG) beinhalten Vor schriften, die für alle oder mehrere Steuerarten gelten: – Die AO beinhaltet die Regelung von Rechten und Pflichten für Steuerpflichtige und allgemeine Verfahrensvorschriften. – Das Bewertungsgesetz beinhaltet Vorschriften zur Einheits bewertung und ist neben der AO ein wichtiges Steuergrund gesetz. Weitere Arbeitsgrundlagen finden sich in: Verwaltungsanweisungen (z. B. Richtlinien, Verfügungen, Erlas se) sind dagegen verwaltungsinterne Anweisungen, welche keine Grundlage des Steuerrechts darstellen. Sie dienen der einheitli chen Steueranwendung durch die Finanzverwaltung und der unverbindlichen Information des Steuerbürgers. Die besonders wichtigen BMF-Schreiben finden sich im Internet unter: www.bundesfinanzministerium.de/nn_82/DE/BMF__Startseite/ Aktuelles/BMF__Schreiben/node.html. Urteile der Steuergerichte (Finanzgericht (FG) und Bundesfi nanzhof (BFH) sowie ggf. Bundesverfassungsgericht) sind eben falls bedeutsam für die Rechtsentwicklung. Veröffentlichte BFH Urteile können abgerufen werden unter: www.bundesfinanzhof.de/entscheidungen/entscheidungen online
Gesetze Rechts verordnungen Richtlinien Urteile der Steuergerichte
erlassen von: Legislative (Bundes /Landtage) Exekutive (Regierung) Exekutive (Bundes /Landesregierung) Judikative (Finanzgerichte, Bundesfinanzhof)
bindend für: alle alle nur Finanzverwaltung nur Beteiligte am Gerichtsverfahren
1.2 Systemat isierungen der Steuern
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1.2 Systematisierungen der Steuern Man kann Steuern nach bestimmten Gesichtspunkten unterteilen: nach der Ertragshoheit gem. Art. 106 GG – Bundessteuern (z. B. Mineralölsteuer, Schaumweinsteuer). – Landessteuern (z. B. Kraftfahrzeugsteuer, Biersteuer). – Gemeindesteuern (z. B. GewSt, Grundsteuer, Hundesteuer). – Gemeinschaftssteuern (z. B. ESt, KSt, USt). nach dem Verhältnis von Steuerschuldner und Steuerträger – Direkte Steuern bei Identität von Steuerschuldner und (re gelmäßig) Steuerträger (z. B. ESt, KSt, Hundesteuer). – Sind Steuerschuldner und Steuerträger nicht dieselbe Person, handelt es sich um eine indirekte Steuer (z. B. USt, Vergnü gungssteuer). – Die Unterteilung in direkte und indirekte Steuern ist zwar sehr geläufig, gleichwohl jedoch häufig fragwürdig, da die Frage nach dem Steuerträger letztlich immer eine Frage der Steuerüberwälzbarkeit und damit der Marktmacht ist. nach dem Steuergegenstand – Zölle und Verbrauchsteuern werden von den Hauptzolläm tern verwaltet. – Die Verwaltung der Besitz- und Verkehrsteuern obliegt dem Finanzamt. Besitzsteuern können wiederum unterteilt werden in Personensteuern (z. B. ESt, KSt) und Realsteuern (z. B. GewSt). Die Umsatzsteuer ist eine Verkehrsteuer. nach dem Erhebungsverfahren – Die ESt, die KSt und die GewSt zählen zu den Veranlagungssteuern. – Abzugssteuern werden auch als Quellensteuern bezeichnet, da sie bereits an der „Quelle“ erhoben werden. Beispiele da für sind die Lohnsteuer, die der Arbeitgeber als Abzug vom Arbeitslohn einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen hat und die Kapitalertragsteuer (Zinsabschlagsteuer); beide Abzugssteuern sind Teil der Einkommensteuer. nach der Bemessungsgrundlage – Ertragsteuern knüpfen an Einkünfte (Vermögenszuflüsse) an (ESt, KSt, GewSt).
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1. Grundlagen des Steuerrechts
– Substanzsteuern belasten Vermögen (z. B. Grundsteuer), und zwar auch dann, wenn aus dem Vermögen kein Ertrag generiert wird, was zu einem Substanzverzehr führt. – Verkehrs- und Verbrauchssteuern werden bei der Verwen dung von Vermögen erhoben (z. B. USt, VersSt).
1.3 Steuergerechtigkeit Die Besteuerung wird immer mit der Forderung nach Steuergerech tigkeit verbunden. Als eine gerechte Besteuerung wird dabei die Einhaltung des Leistungsfähigkeitsprinzips angesehen. Die steuerli che Belastung eines Steuersubjektes soll sich nach dessen wirtschaftli cher Leistungsfähigkeit richten, also der Fähigkeit Steuern zu zahlen. Der Grundsatz der horizontalen Gerechtigkeit besagt, dass bei gleicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit Steuerpflichtige auch gleich hoch besteuert werden müssen (vgl. Gleichheitssatz des Art. 3 GG). Beispiel: Zwei Personen verdienen z. B. je 30.000 € im Jahr. Das bedeutet, dass beide auch gleich hoch besteuert werden müssen. In einem Sozialstaat werden zur Feststellung der steuerlichen Leistungsfähigkeit jedoch auch bestimmte persönliche Merkmale (Ehe, Kinder, usw.) berücksichtigt.
Nach dem Grundsatz der vertikalen Gerechtigkeit müssen besser verdienende Personen eine höhere bzw. weniger gut verdienende Personen eine niedrigere Steuerlast haben. Dieser Grundsatz sagt nichts über den Steuersatz bzw. den Steuertarif aus; auch ein konstan ter Steuersatz (sog. flat rate) verstößt nicht gegen diesen Grundsatz. Beispiel: Person A verdient 30.000 € und Person B 50.000 €. Bei einem linear konstanten Steuersatz von 30 % würde A 9.000 € und B 15.000 € Steuern zahlen.
Ein Teilaspekt der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ist die Freistellung eines Existenzminimums von der Besteuerung, welche für jede Person in einer Ehe bzw. Familie zu erfolgen hat (Art. 6 GG; BverfG vom 10.11.1998, BStBl II 1999, S. 174). Dieser im Einkommensteuerrecht als Grundfreibetrag bekannte Betrag kann mit jeder Form eines Steuertarifs kombiniert werden.
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2. Die Einkommensteuer Als sog. Personensteuer kommt der Einkommensteuer mit einem Anteil von etwa einem Drittel am Gesamtsteueraufkommen eine hohe Bedeutung in Deutschland zu. Der weitaus größte Teil entfällt dabei auf die Lohnsteuer. Das Einkommensteuergesetz (EStG), die Einkommensteuerdurch führungsverordnung (EStDV) und Lohnsteuerdurchführungsver ordnung (LStDV) bilden die Rechtsgrundlage der Einkommensteu er. Dazu sind ergänzend die Einkommensteuerrichtlinien (EStR) und Lohnsteuerrichtlinien (LStR) erlassen.
2.1 Steuerpflicht 2.1.1 Persönliche Steuerpflicht Die Steuerpflicht ist geregelt in § 1 EStG. Demnach ist jede natür liche Person im Sinne des § 1 BGB einkommensteuerpflichtig, wenn sie im Inland lebt. Sie wird auch als Steuersubjekt bezeich net. Grundsätzlich beginnt die Einkommensteuerpflicht mit der Geburt, dem Zuzug ins Inland im weiteren Sinn und endet mit dem Tod oder mit dem Wegzug aus dem Inland. Personengesellschaften, im allgemeinen GbR, OHG und KG, sind weder einkommen noch körperschaftsteuerpflichtig. Ihre Gesell schafter werden mit ihren durch die Gesellschaft erzielten Einkünf ten der Einkommensteuer unterworfen. Eine unbeschränkte Steuerpflicht besteht entsprechend § 1 Abs. 1 EStG, wenn die Person den Wohnsitz oder den gewöhnlichen Auf enthalt in Deutschland hat.
Wohnsitz: hat eine Person, wo sie eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass sie die Wohnung beibehalten und benutzen wird (§ 8 AO), eine Wohnung ist i. d. R. auf eine dauerhafte Nutzung ausgelegt. Gewöhnlicher Aufenthalt: hat eine Person, wo sie sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass sie an diesem Ort nicht nur vorübergehend verweilt, als nicht nur vorübergehend ist ein zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten anzusehen (§ 9 AO).
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2. Die Einkommensteuer
Im Falle der unbeschränkten Steuerpflicht werden alle erzielten Einkünfte (die inländischen und die ausländischen) nach dem sog. „Welteinkommensprinzip“ der Besteuerung unterworfen. Hierbei kann es zu einer Doppelbesteuerung kommen. Zum einen werden die ausländischen Einkünfte im entsprechenden Ausland (Quellen staat) der dortigen Einkommensteuer unterzogen, zum anderen in Deutschland noch einmal besteuert. Hierzu wurden die bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit vielen Staaten abgeschlossen. Sie sollen die gänzliche Vermeidung oder auch nur die Milderung einer solchen Doppelbe steuerung regeln, z. B. durch Verzicht der Besteuerung von auslän dischen Einkünften. Zu den unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Personen zählen auch deutsche Staatsangehörige, die Lohn aus einer deutschen öffentlichen Kasse beziehen, auch wenn der Wohnsitz oder ge wöhnliche Aufenthalt nicht im Inland liegt (§ 1 Abs. 2 EStG). Auf Antrag ist es für eine nicht in Deutschland den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt habende Person möglich, unbeschränkt steuerpflichtig zu sein. § 1 Abs. 3 EStG führt zwei Bedingungen, für diese Möglichkeit an: Werden vom Gesamteinkommen einer Person mindestens 90 % der deutschen Einkommensteuer unterworfen, so kann ein An trag eingereicht werden. Ein Antrag kann auch dann eingereicht werden, wenn das aus ländische Einkommen, welches nicht der deutschen Einkom mensteuer unterliegt, maximal 6.136 € beträgt. Neben dem Antrag muss dem zuständigen Finanzamt auch eine Bescheinigung der ausländischen Steuerbehörde vorgelegt werden, in der die entsprechenden ausländischen Einkünfte bestätigt sind. Beim § 1a EStG handelt es sich um eine Ergänzungsvorschrift für § 1 Abs. 1 3 EStG. Er ist nur anwendbar bei EU Bürgern und EWR Bürgern.
EWR-Bürger: Laut EWR-Vertrag zählen Norwegen, Liechtenstein und Island zum EW-Raum.
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2.1 Steuerpflicht
nein
Natürliche Person ja Wohnsitz im Inland? (§ 8 AO)
ja
nein Gewöhnlicher Aufenthalt im Inland? (§ 9 AO)
ja
nein
Inländische Einkünfte i. S. v. § 49 EStG? nein keine Steuerpflicht
Ausnahme § 1 Abs. 2 + 3 EStG
ja beschränkte Steuerpflicht
unbeschränkte Steuerpflicht
§ 1a EStG bezieht sich auf beschränkt steuerpflichtige Ehegatten und Kinder und deutsche Diplomaten ohne unbeschränkte Steuerpflicht. Sind diese Voraussetzungen gegeben, so regelt § 1a EStG die Be steuerung bei Unterhaltsleistungen und die Zusammenveranlagung bzw. den Splittingtarif. Bei der beschränkten Steuerpflicht hat die natürliche Person im Inland keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, sie bezieht aber in Deutschland Einkünfte gemäß § 49 EStG. Beispiel (Steuerpflicht): Die ledige Monika Rosen, die in Salzburg (Österreich) ihren Wohnsitz hat und dort hauptberuflich beschäftigt ist, arbeitet xx01 in einer Pension in Bad Reichenhall (Deutschland) zum Zwecke des Nebenerwerbs. In Ihrer Wohnung in Salzburg ist auch ihre 12 jährige Tochter gemeldet.
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2. Die Einkommensteuer
Monika Rosen hat weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland (Deutschland), so dass sie nicht nach § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist. Da auch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 nicht erfüllt sind, ist sie beschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 Abs. 4 EStG). Auf Antrag ist sie für xx01 als unbeschränkt Steuerpflichtige zu behandeln (§ 1 Abs. 3 EStG). Da sie EUStaatsbürgerin ist, kann sie die Vergünstigung nach § 1 a Abs. 1 EStG in Anspruch nehmen. Zu prüfen sind jedoch noch die Bestimmungen des DBA DeutschlandÖsterreich.
2.1.2 Sachliche Steuerpflicht Die sachliche Steuerpflicht bezieht sich auf die Einkünfte als Steuerobjekt. Das aus den Einkünften abgeleitete Einkommen einer Person in einem bestimmten Zeitraum dient als Bemessungs grundlage für die Besteuerung. § 2 Abs. 4 EStG erläutert den Einkommensbegriff. Danach ist Einkommen der „[...] Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen [...]“. Voraussetzung für die Besteuerung des Einkommens ist das Vor handensein von Einkünften. § 2 Abs. 1 EStG nennt sieben Einkunftsarten, in den §§ 13 24 EStG werden diese dann näher erläutert. Einnahmen bleiben steuerfrei, wenn und soweit diese unter eine der Vorschriften zur Steuerbefreiung in den §§ 3 und 3b EStG fallen. Im Zusammenhang mit steuerbefreiten Einnahmen stehende Auf wendungen dürfen nicht bzw. nur nach Maßgabe des § 3c EStG abgezogen werden. Die sieben Einkunftsarten (§§ 13-24 EStG) Mit diesen sieben Einkunftsarten hat der Gesetzgeber alle am Markt erzielbaren Einkünfte berücksichtigt und genauer charakterisiert. Zu den nicht am Markt erzielbaren Einkünften zählen beispielsweise Gewinne aus einer Lotterie, auf der Straße gefundenes Bargeld oder ein Erbe (hierauf wird aber die Erbschaftsteuer fällig).
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4. Einkünfte aus nichtselbst ständiger Arbeit (§ 19 EStG) 5. Einkünfte aus Kapitalver mögen (§ 20 EStG) 6. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) 7. Sonstige Einkünfte (§ 22 EStG)
Überschusseinkünfte
3. Einkünfte aus selbstständi ger Arbeit (§ 18 EStG)
Nebeneinkünfte
2. Einkünfte aus Gewerbe betrieb (§ 15 EStG)
Haupteinkunftsarten
1. Einkünfte aus Land und Forstwirtschaft (§13 EStG)
Gewinneinkünfte
2.1 Steuerpflicht
Die einzelnen Einkunftsarten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§§ 13 – 14a EStG) Einkünfte aus Land und Forstwirtschaft sind gem. § 13 Abs. 1 und Abs. 2 EStG Einkünfte, die aus der planmäßigen Nutzung der Kräfte des Bodens zur Erzeugung von Pflanzen und zur Haltung von Tieren entstehen. Gleichzeitig wird von einer Verwertung der dadurch gewon nenen Erzeugnisse ausgegangen oder von einem eigenen Verbrauch. Die Erzeugung von Pflanzen bezieht sich nicht nur auf die Landwirtschaft, sondern auch auf dem Weinbau, Gartenbau, Obst , Gemüseanbau und Baumschulen. Tierzucht und Tierhaltung sollte grundsätzlich nur mit den selbst produzierten Produkten aus der eigenen Landwirtschaft erfolgen.
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2. Die Einkommensteuer
So wird in § 13 Abs. 1 Nr. 1 EStG vorgeschrieben, wie viel Viehein heiten auf der bewirtschafteten Fläche zu halten sind. Werden mehr Vieheinheiten gehalten, wird davon ausgegangen, dass Fremdproduk te zur Tierzucht und Tierhaltung dazu gekauft werden. Das führt zu einer Tätigkeit mit gewerblichen Einkünften, der Land bzw. Forst wirt hat dann Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG. Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 15-17 EStG) Ein Gewerbebetrieb wird in § 15 Abs. 2 EStG zwar nicht definiert, jedoch aber die Art der Tätigkeit, die diesen ausmacht: Es muss sich um eine selbstständige Betätigung handeln. Das bedeutet, dass die Person Geschäfte auf eigenes Risiko und auch auf eigene Verantwortung betreibt (H 134 EStH). Beispiel: Inhaber einer Baufirma führt Geschäfte auf eigene Rechnung und Risiko – im Gegensatz zum angestellten Facharbeiter in einer Baufirma
Die Tätigkeit soll nachhaltig, also auf längerfristige Sicht (Wie derholungsabsicht), angelegt sein (H 134a EStR). Beispiel: Inhaber einer Baufirma hat die Absicht mit der Firma seinen Le bensunterhalt zu sichern – im Gegensatz zur einmaligen Veräußerung von Erbstücken durch Zeitungsannoncen
Ein Gewerbebetrieb setzt eine Gewinnerzielungsabsicht voraus (H 134b EStH), es darf sich nicht um eine Liebhaberei handeln (vgl. unten). Beispiel: in einem Unternehmen wird ein Gewinn angestrebt – im Gegensatz zum gemeinnützigen Verein ohne Gewinnerzielungsabsicht
Der Gewerbebetrieb nimmt am wirtschaftlichen Verkehr teil (H 134c EStH). Beispiel: Inhaber einer Baufirma bietet erkennbar entgeltliche Leistungen an (z. B. durch Werbung, durch Ladengeschäft)
Eine Zuordnung der Einkünfte des Gewerbebetriebes zu den ande ren Einkunftsarten darf nicht erfolgen. Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören: Einkünfte aus einer gewerblichen Unternehmung (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG), wie zum Beispiel Handwerksbetriebe und Einzel handelsbetriebe.
2.1 Steuerpflicht
15
Einkünfte aus einer Mitunternehmerschaft, d. h. die Gewinne oder Verluste, die aus der Beteiligung an einer Personengesell schaft (GbR, OHG, KG u. a.) erzielt werden. Hierzu zählen auch Tätigkeitsvergütungen an die Gesellschafter (Mitunternehmer). Diese Einkünfte werden nicht der Personengesellschaft an sich zugerechnet, sondern den einzelnen Gesellschaftern. Diese ha ben ihre Einkünfte aus diesem Gewerbebetrieb zu versteuern (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Gewinnanteile des Komplementärs (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG). Beispiel (Gewerbebetrieb): Die Tätigkeit der Kochmann & Hof OHG bezieht sich auf die Renovierung von Häuserfassaden. Herr Kochmann und Herr Hof arbeiten i. d. R. persönlich bei einer Renovierung mit. Sie betreiben ihr Unter nehmen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern und nehmen mit der OHG ein deutig auch am wirtschaftlichen Verkehr teil. Nach § 15 Abs. 2 und Abs. 3 EStG handelt es sich um ein Gewerbebetrieb und die erzielten Einkünfte von Herrn Kochmann und Herrn Hof sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb ergeben sich meist aus dem gewöhnlichen Geschäftsbetrieb. Aber auch der erzielte Gewinn aus der Veräußerung des Betriebes oder Betriebsteilen (§ 16 EStG), zählt zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Hält eine Person innerhalb der letzten fünf Jahre Anteile zu mindes tens 1 % einer Kapitalgesellschaft (GmbH, AG) und veräußert diese, wird auch hier der Gewinn den Einkünften aus Gewerbebe trieb zugeordnet (§ 17 Abs. 1 EStG). Einkünfte aus Gewerbebetrieb werden auch in den beiden folgenden Abgrenzungsfällen angenommen: Sind Steuerpflichtige einer Personengesellschaft teils freiberuf lich teils gewerblich tätig, so gilt die Tätigkeit nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in vollem Umfang als gewerbliche Tätigkeit. Nicht gewerbliche Tätigkeiten werden in gewerbliche Tätigkeiten um qualifiziert. Die gewerblichen Einkünfte haben sozusagen eine Abfärbewirkung und die Gewerbesteuer wird fällig (BFH v. 19.09.2001, Haufe Index, 662202). Bei einem Anteil gewerbli cher Tätigkeit von 1,25 % kommt es allerdings nicht zu einer Umqualifizierung. Ebenso führt die Beteiligung an einer gewerb
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2. Die Einkommensteuer
lich geprägten Untergesellschaft auf der Ebene der Obergesell schaft immer in vollem Umfang zur Gewerblichkeit. Die Geprägetheorie (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) besagt, dass eine Gesellschaft, auch wenn sie selbst nicht gewerblich tätig ist, als Gewerbebetrieb gilt (gewerblich geprägte Personengesellschaft), wenn persönlich haftende Gesellschafter und Geschäftsführungs berechtigte Kapitalgesellschaften sind (BFH v. 08.06.2000, BFH/NV 2001, S. 230). Fehlt bei Tätigkeiten die Gewinnerzielungsabsicht, handelt es sich um steuerlich irrelevante Liebhaberei. Dabei sind Verluste nicht ausgleichsfähig mit anderen positiven Einkünften des gleichen Veranlagungszeitraums. Auf die möglicherweise doch erzielten Gewinne bzw. Überschüsse braucht keine Einkommensteuer ge zahlt zu werden (BFH v. 15.05.2002, BFH/NV 2002, S. 1428). Durch die Annahme einer Liebhaberei soll verhindert werden, dass der Steuerpflichtige Verluste aus seinem Hobby steuermindernd geltend machen kann. Folgende Bereiche prüfen die Finanzämter besonders kritisch, da hier häufig die Befriedigung persönlicher Bedürfnisse und nicht die Erzielung von Gewinn im Vordergrund steht: Pferdezucht (BFH v. 30.12.2002, BFH/NV 2003, S. 896) Vermietung von Wohnmobilen Vermietung von Ferienwohnungen Sofern mit privaten Gegenständen gehandelt wird, fällt dieser Han del regelmäßig in die nicht steuerbare Privatsphäre, da es sich nicht um eine Erzielung von Markteinkünften mit Wiederholungs absicht handelt.
Im Einzelfall kann die Abgrenzung zwischen einer privaten Veräußerung und einem gewerblichen (und damit steuerbaren) Handel jedoch schwierig sein. So wird durch die Finanzverwaltung gerne geprüft, ob aus einer gelegentlichen privaten Veräußerung z. B. über Ebay bereits ein gewerblicher Handel (beispielsweise durch Verkauf der von Freunden überlassenen Gegenstände oder durch Hinzukauf weiterer Gegenstände) entstanden ist.
2.1 Steuerpflicht
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Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (§ 18 EStG) Bei einer selbstständigen Arbeit gelten hinsichtlich der Tätigkeit, die gleichen Merkmale wie bei einem Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 2 EStG). Die Arbeit einer selbstständigen Person zeichnet sich zusätz lich dadurch aus, dass sie die Tätigkeit ganz persönlich sowie unabhängig und mit ihrem Wissen oder ihrer schöpferischen Begabung und eigenverantwortlich handelnd ausführt. Eine große Bedeutung in dieser Einkunftsart haben die Freiberufler. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zählt die sog. Katalogberufe auf, die zu einer freiberuflichen Tätigkeit gehören. Freiberufler sind zum Bei spiel: Ärzte, Tierärzte, Zahnärzte Architekten, Ingenieure Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer Neben den Einkünften der Freiberufler, gelten die Einkünfte der Lotterieeinnehmer (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 EStG) und die Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG) zu den Einkünften aus selbstständiger Arbeit. § 18 Abs. 1 Nr. 2 EStG impliziert aber, dass die Tätigkeit der Lotte rieeinnehmer nur selbstständige Arbeit ist, wenn sie nicht ein Ge werbebetrieb ist. In der Praxis zählt aber der Großteil der staatlichen Lotterieeinnehmer zum Gewerbebetrieb. Beispiel (freiberufliche Tätigkeit): Architektin Rita Bertz hat ein Architektenbüro. Außerdem ist sie Mitunternehmerin in einem Baugeschäft ihres Bruders. Aus ihrem Architektenbüro ergeben sich freiberufliche Einkünfte nach § 18 Abs. 1 Nr. 1EStG. Für die Mitunternehmerschaft fallen Einkünfte aus Gewerbebetrieb an (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG).
Werden im Unternehmen eines Freiberuflers in überwiegendem Maß Leistungen durch Mitarbeiter selbstständig erbracht, so kann von einem Gewerbe ausgegangen werden (BFH v. 19.10.1995, BFH/NV 1996, S. 463). Eine sog. gemischte Tätigkeit besteht, wenn freiberufliche und gewerbliche Tätigkeit eng aneinander gebunden sind und eine Trennung nicht möglich ist. Freiberuflich ist die Tätigkeit dennoch,
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2. Die Einkommensteuer
wenn aus der gewerblichen Tätigkeit nur ein geringer Gewinn fließt, andernfalls werden alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewer bebetrieb behandelt. Beispiel (gemischte Tätigkeit): Der Arzt Heinrich Sommer betreibt ein Pflegeheim. Die Patienten werden von ihm mit Naturheilmethoden behandelt. Ein Gewinn wird durch die Beherbergung der Patienten nicht erzielt. Es liegen hier zwei eng aneinander gebundene Tätigkeiten vor. Die als freiberuf lich anzusehende ärztliche Tätigkeit und die als gewerblich zu sehende Betrei bung des Pflegeheims. Eine Trennung ist jedoch nicht möglich. Das Pflegeheim ist ein erforderliches Hilfsmittel für Herrn Sommer, um die ärztliche Tätigkeit ausführen zu können. Herr Heinrich Sommer erzielt somit nur Einkünfte aus selbstständiger Arbeit.
Schließen sich mehrere Personen zu einer freiberuflichen Personengesellschaft (z. B. BGB Gesellschaft) zusammen, so müssen sämtliche Gesellschafter die Merkmale eines Freiberuflers erfüllen (BFH vom 4.7.2007, VIII R 77/05, BFH/NV 2008, S. 53); andern falls erzielt die Gesellschaft Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Denk bar ist jedoch eine Personengesellschaft mit Angehörigen verschie dener Berufe, wenn die Personen nur in ihrem Fach tätig werden; eine gemeinsame Bearbeitung von Aufträgen (z. B. Erstellung eines Gutachtens) wird dadurch nicht ausgeschlossen. Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 EStG) Diese Einkunftsart, die erste der Überschusseinkunftsarten, ist bedeutungsvoll, weil etwa 82 % der Erwerbstätigen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit beziehen. Im sog. Quellenabzugsverfahren (siehe Kap. 2.10) wird die Lohnsteuer, die der Arbeitgeber vom Arbeitslohn einbehält, an das Finanzamt abgeführt (§§ 38 ff EStG). Die Lohnsteuer ist als Vor auszahlung auf die Jahreseinkommensteuer zu sehen. Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit beziehen Arbeitnehmer. Zu den typischen Arbeitnehmern gehören Arbeiter, Angestellte und auch Beamte. Die Definition des steuerlichen Arbeitnehmerbegriffes ist im § 1 Abs. 1 LStDV gegeben, welche nicht grundsätzlich, wenn auch meistens, mit der Definition im Arbeitsrecht identisch ist: Ein Arbeitnehmer befindet sich in einem Dienstverhältnis.
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2.1 Steuerpflicht
Er ist an Weisungen seines Arbeitgebers gebunden. Er hat einen Anspruch auf Urlaub. Er bezieht Arbeitslohn (in Form von z. B. Gehältern, Löhnen, Tantiemen, Ruhegeldern und Witwengeldern). Es ist in vielen Fällen strittig, ob ein Erwerbstätiger als lohnsteuer pflichtiger Arbeitnehmer (Einbehalt der Steuer durch den Arbeitge ber) oder als Selbstständiger nach § 18 EStG (Steuerabführung durch den Steuerpflichtigen selbst) anzusehen ist. So hat der BFH beispielsweise entschieden, dass die Mitglieder des allgemeinen Studentenausschusses (AStA) als Arbeitnehmer zu behandeln sind (BFH vom 22.7.2008 VI R 51/05); auch gezahlte Aufwands entschädigungen unterliegen somit der Lohnsteuer. Auch Sachbezüge, wie Waren oder Benzingutscheine, die ein Arbeitnehmer zusätzlich erhalten kann, fallen unter die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 8 EStG). Beispiel (nichtselbstständige Tätigkeit): Herr Dr. Andreas Wolf ist als Arzt ange stellt in einem Krankenhaus und nebenbei schreibt er in einer Ärztefachzeitschrift. Als angestellter Arzt im Krankenhaus hat er Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 EStG). Das Schreiben in der Ärztefachzeitschrift wird dagegen als freiberufliche Tätigkeit angesehen. Herr Dr. Wolf führt diese Tätigkeit mit seiner eigenen Fachkenntnis aus. Er ist auch nicht an eine Weisung vom Arbeit geber gebunden und befindet sich daher in keinem Dienstverhältnis. Die Tätigkeit wird:
selbstständig ausgeübt und persönlich, leitend und mit eigenem Fachwissen und eigenverantwortlich ausgeübt trifft nicht zu Χ trifft zu
nichtselbstständige gewerbliche Tätigkeit Tätigkeit § 19 EStG § 15 EStG Χ
freiberufliche Tätigkeit § 18 EStG Χ Χ Χ Χ
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2. Die Einkommensteuer
Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) Der Unterschied dieser Einkunftsart zu den bisher genannten Arten besteht darin, dass es sich bei den hier erzielten Einkünften nicht um Erwerbseinkünfte, sondern um Vermögenseinkünfte handelt. Sie entstehen bei der Überlassung von Kapitalvermögen, der daraus entstehende Gewinn ist der sog. Kapitalertrag. Bedeutsame Kapitalerträge sind z. B.: Gewinnanteile an Kapitalgesellschaften (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) Zinserträge aus Hypotheken, Schulden oder anderen Kapitalfor derungen (§ 20 Abs. 1 Nr. 5 7 EStG), hierzu zählen auch Zinsen aus Sparbüchern etc. Einkünfte aus einer typisch stillen Beteiligung an einem Han delsgewerbe (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG) § 20 EStG führt noch weitere Einkünfte aus Kapitalvermögen auf. Bei der Ermittlung der zu versteuernden Einkünfte dürfen Freibe träge nach § 20 Abs. 9 EStG (Sparer Pauschbeträge) berücksichtigt werden. Die Spekulation mit Wertpapieren und der sich daraus eventuell ergebende Ertrag, werden nicht den Einkünften aus Kapitalvermö gen zugerechnet und damit hier auch nicht besteuert. Es ist jedoch zu prüfen, ob in diesem Fall eine Besteuerung nach § 22 Nr. 2 EStG (Spekulationsgeschäft) in Betracht kommt.
Steuerliche Spekulation: Veräußerung von beweglichen Wirtschaftsgütern, z. B. Kauf und Verkauf bei Wertpapieren, innerhalb eines Jahres
Ab 2009 änderte sich aufgrund der Unternehmenssteuerreform 2008 die Besteuerung der meisten Einkünfte aus Kapitalvermögen dahin gehend, dass diese Einkünfte einer Zinsabschlagssteuer von 25 % unterliegen, die als Abgeltungssteuer konzipiert ist (siehe ergän zend Kap. 2.2.2 → Besonderheiten bei Einkünften aus Kapitalver mögen). Dies bedeutet, dass mit dem Abzug dieser Zinsab schlagsteuer die Besteuerung endgültig ist. Für Personen mit einem individuellen Spitzensteuersatz über 25 % führt dies in vielen Fällen zu einer steuerlichen Entlastung. Liegt der individuelle Spitzensteu ersatz unter 25 %, so kann auf Antrag des Steuerpflichtigen die
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2.1 Steuerpflicht
Zinsabschlagssteuer im Rahmen einer Veranlagung als Vorauszah lung auf die individuelle Steuerschuld berücksichtigt werden; der Charakter einer Abgeltungssteuer entfällt dann. Beispiel (Zinseinnahmen): Zwei Personen haben jeweils Zinseinnahmen von 100.000 €. Person A hat einen Spitzensteuersatz von 45 %, Person B einen solchen von 20 %. Person A Zinseinnahmen Indiv. Spitzensteuersatz 45 % Abgeltungssteuer 25 % Korrektur durch Veranlagung NachSteuerEinnahme Verbesserung
bis 2008 100.000 – 45.000 –
Person B Zinseinnahmen Indiv. Spitzensteuersatz 20 % Abgeltungssteuer 25 % Korrektur durch Veranlagung NachSteuerEinnahme Verbesserung
bis 2008 100.000 – 20.000 –
55.000
80.000
ab 2009 100.000 – – 25.000 unsinnig 75.000 20.000 ab 2009 100.000 – – 25.000 + 5.000 80.000 0
Annahme eines individuellen Spitzensteuersatzes, der auf weiteren positiven oder negativen Einkünften beruht. Keine Berücksichtigung des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer.
Die Ausschüttung von Gewinnen einer Kapitalgesellschaft an ihre Anteilseigner, führt zu einem Doppelbesteuerungsproblem. Die Gewinne werden gem. dem KStG bei der Kapitalgesellschaft be steuert und gem. dem EStG bei den Anteilseignern. Durch das Halbeinkünfteverfahren nach den §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG werden Erträge aus Beteiligungen bis 2008 nur zur Hälfte steuer pflichtig. Werbungskosten, die damit in Verbindung stehen sind ebenfalls nur zur Hälfte abziehbar (siehe Kap. 3.5). Bei Dividendeneinkünften ist seit 2009 (mit Einführung der Abgel tungssteuer) das Halbeinkünfteverfahren abgeschafft, was zunächst zu einer geringen Mehrbelastung führt. Allerdings gibt es für ab 2009 angeschaffte Wertpapiere keine Steuerfreiheit für Kursgewin
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2. Die Einkommensteuer
ne nach einer Haltedauer von einem Jahr, so dass dann auch alle Kursgewinne der Abgeltungssteuer unterworfen werden, was insbe sondere bei Dividendeneinkünften zu einer deutlichen Steuermehr belastung führen kann. Beispiel (Dividendeneinnahmen): Wie im obigen Beispiel wird von einer Einnahme von 100.000 € ausgegangen. Person A Dividendeneinnahmen davon steuerpflichtig Indiv. Spitzensteuersatz 45 % Abgeltungssteuer 25 % Korrektur durch Veranlagung NachSteuerEinnahme Belastung
bis 2008 100.000 50.000 – 22.500 – – 77.500 22,5 %
ab 2009 100.000 alles – – 25.000 unsinnig 75.000 25,0 %
Person B Dividendeneinnahmen davon steuerpflichtig Indiv. Spitzensteuersatz 20 % Abgeltungssteuer 25 % Korrektur durch Veranlagung NachSteuerEinnahme Belastung
bis 2008 100.000 50.000 – 10.000 –
ab 2009 100.000 alles – – 25.000 + 5.000 80.000 20 %
90.000 10 %
Können Einkünfte aus Kapitalvermögen auch Einkünften aus Land und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieben, aus selbstständiger Arbeit oder aus Vermietung und Verpachtung angehören, so werden sie entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip (§ 20 Abs. 3 EStG, ab 1.1.2009: § 20 Abs. 8 EStG) den entsprechenden Einkünften zuge zählt. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung entstehen durch das Vermieten und Verpachten von Grundstücken, Gebäuden und ande ren Wirtschaftsgütern, welche dem Privatvermögen zugerechnet werden (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Im weiteren wird unterschieden,
2.1 Steuerpflicht
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ob das Grundstück im vollen Umfang vermietet oder verpachtet, im vollen Umfang selbst bewohnt oder gemischt genutzt wird. Auch Einkünfte von der Vermietung und Verpachtung von Sachin begriffen und die befristete Überlassung an Rechten an Dritte sind Einkünfte nach § 21 EStG.
Sachinbegriff: Mehrheit beweglicher Sachen, welche durch den gemeinsamen wirtschaftlichen Zweck zu einer Einheit verbunden wird, Beispiele: Wohnungseinrichtung, landwirtschaftliches Inventar, Praxiseinrichtung eines Freiberuflers
Nach § 21 Abs. 2 EStG ist die Nutzungsüberlassung aufzuteilen in einen entgeltlichen Teil und unentgeltlichen Teil, wenn die Miete weniger als 56 % der ortsüblichen Marktmiete beträgt. Werden von einer Person einzelne bewegliche Gegenstände vermie tet, zählt dies nicht zu den Einkünften aus Vermietung und Ver pachtung, sondern zu sonstigen Einkünften (§ 22 Nr. 3 EStG). Entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip sind die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung den anderen Einkunftsarten zuzuord nen, wenn sie zu diesen gehören (§ 21 Abs. 3 EStG). Sonstige Einkünfte (§ 22 EStG) Im § 22 EStG wird eine Reihe von sonstigen Einkünften aufgezählt, die nicht in § 2 Abs. 1 Nr. 1 6 EStG eingeordnet werden können. Es muss auch hier das Prinzip der Subsidiarität eingehalten werden. Es wird unterschieden zwischen: wiederkehrenden Einkünften (§ 22 Nr. 1 EStG); dazu zählen Altersrente aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, Berufs und Erwerbsunfähigkeitsrente. Unterhaltsleistungen (§ 22 Nr. 1a EStG) Einkünfte aus Versorgungsleistungen (§ 22 Nr. 1b EStG) und aus schuldrechtlichem Versorgungsausgleich (§ 22 Nr. 1c EStG), soweit diese beim Leistenden als Sonderausgaben abgezogen werden. Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 EStG (§ 22 Nr. 2 EStG), sog. Spekulationsgeschäfte. Dies ist insbesondere die Veräußerung von beweglichen Wirtschafts gütern (z. B. PKW) innerhalb eines Jahres oder die Veräußerung
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von unbeweglichen Wirtschaftsgütern (z. B. Grundstücke) in nerhalb von 10 Jahren. gelegentliche Leistungen (§ 22 Nr. 3 EStG), zum Beispiel gele gentliche Vermittlungen aus der Vermietung einzelner bewegli cher Gegenstände oder gewerbsmäßige Unzucht (wobei letzteres nach Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes auch zu den Ein künften aus Gewerbe gerechnet wird). Weiterhin können hier Fernseh Preisgelder erfasst werden, wenn der Auftritt des Kan didaten und das gewonnene Preisgeld in einem gegenseitigen Leistungsverhältnis stehen (BMF vom 30.5.2008, IV C 3 S 2257/08/10001). Bestimmte Entschädigungen etc. (§ 22 Nr. 4 EStG). Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen, Pensionsfonds, Pensi onskassen und Direktversicherungen (§ 22. Nr. 5 EStG).
2.2 Ermittlung der einzelnen Einkünfte Einkünfte aus Land und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb und aus selbstständiger Arbeit werden den Gewinneinkünften zugeord net. Die anderen vier Einkunftsarten (nichtselbstständige Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung, sonstige Einkünf te) sind die Überschusseinkünfte.
2.2.1 Gewinneinkünfte In den Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Nr. 1 3 EStG werden die Einkünfte als Gewinn bezeichnet. Die Ermittlung dieses Gewinnes ist in den §§ 4 7k EStG geregelt. Der Gewinn wird gem. § 4 Abs. 1 EStG als Differenz des Betriebs vermögens am Ende eines Wirtschaftsjahres und des Betriebsver mögens am Ende des vorhergehenden Wirtschaftsjahres erklärt und stellt damit den Betrag der Vermögensvermehrung da. Diesem Unterschiedsbetrag müssen die getätigten Entnahmen hinzugerech net und die Einlagen abgerechnet werden, damit durch erfolgsneut rale Kapitalbewegungen keine Gewinnverzerrung eintritt.
Einlagen: Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb (als Kapitalerhöhung) zugeführt werden, § 4 Abs. 1 Satz 7 EStG
2.2 Ermit tlung der einzelnen Einkünf te
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Entnahmen: Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb für private oder andere betriebsfremde Zwecke entnommen werden, § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG
Anstelle eines positiven Differenzbetrages (Gewinn), kann sich auch ein negativer Betrag (Verlust), ergeben. Im Einkommensteuerrecht wird zwischen folgenden Gewinnermittlungsarten unterschieden: Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG und § 5 EStG, Gewinnermittlung durch Einnahme Überschuss Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG (vgl. auch R 4.5 EStR) und den Sonderfällen, Gewinnermittlung über Durchschnittsätze (für bestimmte Land und Forstwirte) nach § 13a EStG, Gewinnermittlung durch Schätzung im Sinne des § 162 AO. Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (BVV) BVV nach § 4 Abs. 1 EStG Bei Land und Forstwirten und Selbstständigen, die freiwillig Bü cher führen oder nach § 141 AO zur Buchführung verpflichtet sind, ermittelt sich der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG (entspricht einer rechnerischen Umsetzung der Gewinndefinition): Betriebsvermögen am Ende des Wirtschaftsjahres Betriebsvermögen am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres + Entnahmen Einlagen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG
Das Betriebsvermögen umfasst alle Wirtschaftsgüter, welche der Betrieb zu seinem Zweck benötigt und nutzt.
Wirtschaftsgüter: auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesene positive Güter (Anlage-, Umlaufvermögen) und auf der Passivseite der Bilanz ausgewiesene negative Güter (Schulden)
Da bei einer Betriebsvermögensrechnung die positiven und negati ven Wirtschaftsgüter saldiert werden, wird das Ergebnis häufig auch als ettobetriebsvermögen oder Reinvermögen bezeichnet und
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2. Die Einkommensteuer
entspricht dem in der Bilanz ausgewiesenen Eigenkapital. Das Betriebsvermögen wird wie folgt gegliedert: notwendiges Betriebsvermögen Es handelt sich um Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb unmittelbar dienen und erkennbar zum Einsatz kommen, z. B. Roh und Be triebsstoffe, Maschinen. Bei einer betrieblichen Nutzung von mehr als 50 %, gehören bewegliche Wirtschaftsgüter zum notwendigen Betriebsvermögen. Sie müssen in die Bilanz aufgenommen werden. Beispiel: Nutzung eines PKWs zu 60 % betrieblich und 40 % privat. Der PKW gehört zum notwendigen Betriebsvermögen
gewillkürtes Betriebsvermögen Wirtschaftsgüter, die bestimmt und geeignet sind, dem Betrieb zu fördern und auch erkennbar eingesetzt werden (betriebliche Nutzung von 10 % bis 50 %); können aber auch Teil des Privatvermögens sein. Sie können in die Bilanz aufgenommen werden. Beispiel: Nutzung eines PKWs zu 30 % betrieblich und 70 % privat. Der PKW darf zum gewillkürten Betriebsvermögen gezählt werden.
notwendiges Privatvermögen Wirtschaftsgüter, die ganz oder zu mehr als 90 % privat genutzt werden. Sie dürfen nicht in die Bilanz aufgenommen werden. Beispiel: Nutzung eines PKWs zu mehr als 90 % im privaten Bereich und nur gelegentliche (