Hans Domininghaus† · Peter Elsner (Hrsg.) · Peter Eyerer (Hrsg.) · Thomas Hirth (Hrsg.)
Kunststoffe
Hans Domininghaus† · Peter Elsner (Hrsg.) Peter Eyerer (Hrsg.) · Thomas Hirth (Hrsg.)
Kunststoffe Eigenschaften und Anwendungen
7., neu bearbeitete und erweiterte Auflage Mit 817 Abbildungen und 240 Tabellen
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Dipl.-Ing. Hans Domininghaus† Professor Dr.-Ing. Peter Elsner
[email protected] Professor Dr.-Ing. Peter Eyerer
[email protected] Professor Dr. Thomas Hirth
[email protected] Fraunhofer-Institut f¨ ur Chemische Technologie (ICT) Joseph-von-Fraunhofer-Straße 7 76327 Pfinztal Germany
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ISBN 978-3-540-72400-1 7. Auflage Springer Berlin Heidelberg New York ISBN 978-3-540-21410-3 6. Auflage Springer Berlin Heidelberg New York Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2004, 2008 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Buch berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Sollte in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze, Vorschriften oder Richtlinien (z. B. DIN, VDI, VDE) Bezug genommen oder aus ihnen zitiert worden sein, so kann der Verlag keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität übernehmen. Es empfiehlt sich, gegebenenfalls für die eigenen Arbeiten die vollständigen Vorschriften oder Richtlinien in der jeweils gültigen Fassung hinzuzuziehen. Satz: Fotosatz-Service K¨ ohler GmbH, W¨ urzburg Herstellung: LE-TEX Jelonek, Schmidt & Vöckler GbR, Leipzig Einbandgestaltung: WMXDesign, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier
68/3180/YL – 5 4 3 2 1 0
Vorwort zur 7. Auflage
Mit großer Trauer haben wir kurz vor Erscheinen des „Domininghaus“ in 7. Auflage die Nachricht vom Tode unseres verehrten und hoch geschätzten Hauptautors aufgenommen. Hans Domininghaus war ein unvergessener, über Jahrzehnte höchst aktiver und erfolgreicher Fachkollege. Er hat den Bereich der Polymere entscheidend mitgeprägt. Einer von uns hat ihn als Student und später als Kollege persönlich gut gekannt und ihn als Vorbild betrachtet. Wir widmen diesen Band seiner Person und seinem Lebenswerk mit größter Wertschätzung. Mit der Überarbeitung der 5. Auflage des „Domininghaus“ sahen wir uns einer schwierigen Entscheidung gegenüber. Der Domininghaus genoss große Wertschätzung und diente bereits einigen Generationen von Ingenieuren, Chemikern und Physikern, Studierenden, Anwendungstechnikern und Fachkaufleuten als wertvolles Nachschlagewerk und geschätzte Hilfe bei der Aus- und Weiterbildung. Die Zeit zur Überarbeitung war knapp und wir konnten nur etwa die Hälfte der 6. Auflage neu gestalten und überarbeiten. Die Gesamtüberarbeitung und Neustrukturierung wollten wir dann in den folgenden drei Jahren bis zum Erscheinen der 7. Auflage realisieren. Die vergangenen drei Jahre haben aber gezeigt, dass eine vollständige Überarbeitung aller Kapitel und eine Neustrukturierung mit der Unterteilung in Thermoplaste, Duroplaste, Elastomere und thermoplastische Elastomere nicht vollständig machbar erschien. Die 7. Auflage ist also notgedrungen, insbesondere aus Zeitgründen, eine Mischung aus „altem und neuem Domininghaus“. Erst die 8. Auflage wird dann durchgängig die neue Konzeption des „Elsner, Eyerer, Hirth“ darstellen. In der vorliegenden Version haben wir das Kapitel 1 stark gekürzt, um so den Kunststoffen mehr Platz einzuräumen. Das bisherige Kapitel 1 erscheint nun in erweiterter Form und mit dem Titel „Polymer Engineering“ als separates Buch ebenfalls beim Springer-Verlag. Die 7. Auflage enthält erstmals ein umfangreiches Kapitel zu den Elastomeren.Vollständig überarbeitet wurden insbesondere die Kapitel Polycarbonat, Polystyrol, Polybutylenterephthalat, Phenolharze und Silicone. Wir haben uns auch bemüht die fachlichen Anregungen von Lesern und Kollegen zu berücksichtigen, aktuelle Entwicklungen aufzugreifen und neue Werkstoffdaten sowie Anwendungen zu integrieren.Wir würden uns freuen, wenn die
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Vorwort zur 7. Auflage
aktuell vorliegende Auflage ihr Interesse findet und für sie zu einem guten Wegbegleiter bei der Lösung kunststoffspezifischer Fragen wird. Bitte helfen Sie mit, die 8. Auflage zur K 2010 so zu gestalten, dass wir Ihren Wünschen und Bedarfen möglichst umfangreich gerecht werden. Schreiben Sie uns Ihre Meinung. Sie erreichen uns per e-mail:
[email protected] [email protected] [email protected] Unser besonderer Dank gilt den Autoren für die fachliche Ausarbeitung der Kapitel sowie Katharina Wörsing und Alexandra Wolf für die Erstellung und Korrektur des Manuskripts. Dem Springer Verlag, insbesondere Herrn Lehnert, danken wir für die Unterstützung bei der Umsetzung unseres Konzepts. Die Herausgeber
Peter Elsner Peter Eyerer Thomas Hirth
Inhalt
Kunststoffübersicht (synthetische Kunststoffe) . . . . . . . . . . . . . . . . XXV 1
Einführung in Polymer Engineering . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1.1
Einteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Einteilung der Werkstoffe . . . . . . . . . . . . 1.1.2 Einteilung der Kunststoffe . . . . . . . . . . . . 1.1.3 Einteilung der Verbundwerkstoffe . . . . . . . . 1.1.4 Hauptmerkmale von Kunststoffen (in Anlehnung an DIN 7724) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.5 Wirtschaftliche Bedeutung der Kunststoffe . . . 1.1.5.1 Wirtschaftsdaten zu Thermoplasten . . . . . . . 1.1.5.2 Wirtschaftsdaten zu Duroplasten . . . . . . . . 1.1.5.3 Wirtschaftsdaten zu Elastomeren . . . . . . . . 1.1.5.4 Preisspanne für Kunststoffe . . . . . . . . . . . Literatur – Kapitel 1.1 . . . . . . . . . . . . . . .
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1.2 Synthese (Herstellung, Erzeugung) von Kunststoffen . . . . . . 1.2.1 Übersicht Polymerisation . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Zuordnung von Kunststoffen zu Polymerisationsarten 1.2.3 Polymerisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.3.1 Additionspolymerisation . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.3.1.1 Kettenreaktion (im deutschen Sprachraum früher: Polymerisation) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.4 Einflüsse der Polymerisation auf die Werkstoffeigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.5 Duroplaste (technische Harze) . . . . . . . . . . . . . 1.2.6 Abgewandelte Naturstoffe . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.6.1 Kunststoffe auf Cellulosebasis . . . . . . . . . . . . . 1.2.6.2 Kunststoffe auf Proteinbasis . . . . . . . . . . . . . . 1.2.6.3 Kunststoffe auf Ligninbasis . . . . . . . . . . . . . . 1.2.7 Kunststofferzeugung (verfahrenstechnische Prozesse) Literatur – Kapitel 1.2 . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Aufbau der Kunststoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1.1 Chemische Ordnungszustände . . . . . . . . . . . . . . .
34 35 37
VIII
Inhalt
1.3.1.2 1.3.2 1.3.2.1 1.3.2.2 1.3.2.3 1.3.2.4 1.3.2.5 1.3.3 1.3.4 1.3.4.1 1.3.4.2 1.3.4.3 1.3.5
Physikalische Ordnungszustände . . . . . . . . Mechanische Eigenschaften . . . . . . . . . . . Temperaturabhängigkeit der mechanischen Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verformungsverhalten von Kunststoffen . . . . . Verhalten bei Zugbelastung . . . . . . . . . . . Mechanische Dämpfung . . . . . . . . . . . . . Zeitabhängigkeit der mechanischen Eigenschaften Weitere physikalische Eigenschaften . . . . . . . Chemische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . Beständigkeit gegen Chemikalien/Medien . . . . Alterung und Beständigkeit von Kunststoffen . . Schutzmaßnahmen gegen Alterungsvorgänge . . Zusatzstoffe für Kunststoffe . . . . . . . . . . . Literatur – Kapitel 1.3 . . . . . . . . . . . . . . .
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen 1.4.1 1.4.2 1.4.2.1 1.4.2.2 1.4.3 1.4.3.1 1.4.3.2 1.4.3.3
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52 57
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57 61 63 66 67 70 74 74 78 81 81 82
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1.5 Kunststoffe und Bauteile – Umwelt und Recycling . . . . . . . . . .
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1.4.4 1.4.5 1.4.5.1 1.4.6 1.4.6.1 1.4.6.2 1.4.6.3 1.4.7 1.4.7.1 1.4.7.2 1.4.7.2.1
1.5.1 1.5.1.1 1.5.1.2
Aufbereitung und Zusatzstoffe (Additive) . . . . . . Verarbeitung von Kunststoffschmelzen . . . . . . . Fließeigenschaften von Schmelzen . . . . . . . . . . Verformungsverhalten von Schmelzen . . . . . . . . Verarbeitung von Thermoplasten . . . . . . . . . . Spritzgießen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Extrudieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitungstechniken thermoplastischer Faserverbundwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung von thermoplastischen Elastomeren . . Verarbeitung von Elastomeren . . . . . . . . . . . . Formgebung (Rohlingsverarbeitung) und Vernetzung (Vulkanisation) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung von Duroplasten . . . . . . . . . . . . Verarbeitungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . Typisierung von Duroplasten (härtbare Formmassen) Einteilung der Verarbeitungsverfahren . . . . . . . . Verarbeitungseinflüsse auf Bauteileigenschaften . . . Bauteileigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . Einflüsse des Verfahrens und des Kunststoffes auf die Bauteileigenschaften . . . . . . . . . . . . . Thermoplaste und thermoplastische Elastomere: Molekül-Orientierungen . . . . . . . . . . . . . . . Literatur – Kapitel 1.4 . . . . . . . . . . . . . . . . .
Kreislaufwirtschaft und Recycling . . . . . . . . . . . Bauteil-Wiederverwendung . . . . . . . . . . . . . . Möglichkeiten der werkstofflichen Kreislaufführung .
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IX
Inhalt
1.5.3.1 1.5.3.2 1.5.1.4.1 1.5.1.4.2 1.5.1.4.3 1.5.1.5 1.5.2 1.5.2.1
Rohstoffliche Kreislaufführung . . . . . . . . . . . . Verbrennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbrennungskonzepte und -aggregate . . . . . . . . Verbrennung in Kraftwerken . . . . . . . . . . . . . . Verbrennung in Müllverbrennungsanlagen . . . . . . Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umweltbewertung und -bilanzierung von Kunststoffen Ganzheitliche Bilanzierung . . . . . . . . . . . . . . . Literatur Kapitel 1.5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.6 Ausblick zu Polymer Engineering . . . . . . . . . 1.6.1 Werkstoffherstellung, Synthese . . . . 1.6.2 Werkstoffeigenschaften . . . . . . . . 1.6.3 Verarbeitung, Verfahrenstechnik . . . 1.6.4 Werkzeugtechnik . . . . . . . . . . . 1.6.5 Konstruktion, Berechnung . . . . . . 1.6.6 Oberflächentechnik . . . . . . . . . . 1.6.7 Qualitätsmanagement . . . . . . . . 1.6.8 Serienfertigung . . . . . . . . . . . . 1.6.9 Umweltaspekte, Recycling, Entsorgung 1.6.10 Ausbildung . . . . . . . . . . . . . . Literatur – Kapitel 1.6 . . . . . . . . .
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156 156 157 157 158 158 159 159 160 160 161 161
Synthetische Kunststoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2.1 Thermoplastische Polymere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Polyolefine (PO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1.1 Polyethylen (PE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1.1.1 PE-LD und PE-HD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1.1.2 PE-LLD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1.1.3 PE-UHMW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1.1.4 Polyethylen-Modifikationen . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1.1.4.1 Vernetztes Polyethylen (PEX) . . . . . . . . . . . . . 2.1.1.1.4.2 Chlorierte Polyolefine . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1.1.4.2.1 Chloriertes Polyethylen (PE-C) (thermoplastisches Elastomer) . . . . . . . . . . . . . 2.1.1.1.4.2.2 Vernetzte chlorierte Polyolefine (PE-CX) . . . . . . . 2.1.1.1.4.3 Sulfochloriertes Polyethylen . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1.1.4.4 Phosphorylierung, Sulfophosphorylierung, Sulfierung, Oxidation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1.1.4.5 Copolymere des Ethylens . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1.1.4.5.1 Ethylen/Vinylacetat-Copolymere (EVAC) . . . . . . . 2.1.1.1.4.5.2 Ethylen/Vinylalkohol-Copolymere (EVOH) . . . . . . 2.1.1.1.4.5.3 Ethylen/Ethylacrylat-Copolymere (EEAK) . . . . . . . 2.1.1.1.4.5.4 Ethylen/Methacrylat-Copolymere (EMA) . . . . . . . 2.1.1.1.4.5.5 Ethylen/Acrylsäure-Copolymere (EAA) . . . . . . . .
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228 232 233 233 234 234 239 240 242 243
X
Inhalt
2.1.1.1.4.5.6 2.1.1.1.4.6 2.1.1.1.5 2.1.1.2 2.1.1.2.1 2.1.1.2.1.1 2.1.1.2.1.2 2.1.1.2.1.3 2.1.1.2.2 2.1.1.2.2.1 2.1.1.2.2.2 2.1.1.2.2.3 2.1.1.2.3 2.1.1.2.3.1 2.1.1.2.3.2 2.1.1.2.3.3 2.1.1.2.3.4 2.1.1.2.4 2.1.1.2.5 2.1.1.2.6 2.1.1.3 2.1.1.4 2.1.1.5 2.1.1.6 2.1.1.7 2.1.1.8 2.1.1.9 2.1.2 2.1.2.1 2.1.2.1.1 2.1.2.1.1.1 2.1.2.1.1.2 2.1.2.1.1.3 2.1.2.1.1.4 2.1.2.1.1.5 2.1.2.1.2 2.1.2.1.2.1 2.1.2.1.2.2 2.1.2.1.2.3 2.1.2.1.2.4 2.1.2.1.3 2.1.2.1.3.1 2.1.2.1.3.2 2.1.2.1.3.3 2.1.2.1.3.4 2.1.2.1.3.5
Ethylen/Butylarcrylat-Copolymere (EBA) . . . . . Abbaubare Polyethylene und andere Kunststoffe . . Literatur – Kapitel 2.1.1.1 . . . . . . . . . . . . . . Polypropylen (PP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Synthese und Compoundierung . . . . . . . . . . Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Struktur und Morphologie . . . . . . . . . . . . . Compound und Blend . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thermo-Mechanische Eigenschaften . . . . . . . . Beständigkeit und Sperrfähigkeit . . . . . . . . . Elektrische, optische, akustische Eigenschaften . . Verarbeitung und Anwendung . . . . . . . . . . . Urformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Veredelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesundheit und Umwelt . . . . . . . . . . . . . . Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur – Kapitel 2.1.1.2 . . . . . . . . . . . . . . Polybuten-1 (PB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polyisobutylen (PIB) . . . . . . . . . . . . . . . . Poly-4-methylpenten-1 (PMP) . . . . . . . . . . . Andere aliphatische Polyolefine . . . . . . . . . . Ionomere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cycloolefinpolymere (COC) . . . . . . . . . . . . Verbundwerkstoffe auf Basis Kohlenstoff-Poyolefine Literatur – Kapitel 2.1.1.3–2.1.1.9 . . . . . . . . . . Vinylpolymere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polyvinylchlorid (PVC) . . . . . . . . . . . . . . . Synthese und Compoundierung . . . . . . . . . . Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rohstoffeigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . Additive und Zuschlagstoffe . . . . . . . . . . . . Compound und Blend . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thermo-Mechanische Eigenschaften . . . . . . . . Beständigkeiten und Sperrfähigkeit . . . . . . . . Elektrische und optische Eigenschaften . . . . . . Sonstige Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung und Anwendung . . . . . . . . . . . Urformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pastenverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . Schäumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bearbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhalt
2.1.2.1.3.6 2.1.2.1.3.7 2.1.2.1.4 2.1.2.1.4.1 2.1.2.1.4.2 2.1.2.1.5 2.1.2.1.5.1 2.1.2.1.5.2 2.1.2.1.5.3 2.1.2.1.6 2.1.2.2 2.1.2.2.1 2.1.2.2.2 2.1.2.2.3 2.1.2.2.3.1 2.1.2.2.3.2 2.1.2.2.3.3 2.1.2.2.3.4
Veredelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . Sicherheit, Umwelt und Recycling . . . . . . . . . . . Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Recycling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sortiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lieferformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Typisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur – Kapitel 2.1.2.1 . . . . . . . . . . . . . . . . Polyvinylchlorid-Modifikationen . . . . . . . . . . . . Erhöhung der Schlagzähigkeit . . . . . . . . . . . . . Höhere Wärmeformbeständigkeit . . . . . . . . . . . Modifikationen mit speziellen PVC-Typen . . . . . . . PVC-Modifikationen mit VC-VAc-Copolymeren . . . . PVC-Modifikationen mit speziellen E-PVC-Typen . . . Oberflächenmodifizierung mit „hochmolekularem PVC“ PVC-Modifikation mit kautschukreichen PVC-Pfropfpolymeren . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2.2.4 Barriereeigenschaftsänderungen mit Mehrschichtfolien 2.1.2.2.5 PVC-Naturfaser-Verbunde . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3 Styrolpolymere (PS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3.1 Styrol-Homopolymere (PS) . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3.2 Styrol-Copolymere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3.2.1 Schlagzähmodifizierte Polystyrole . . . . . . . . . . . 2.1.3.2.1.1 Styrol/Butadien-Pfropfcopolymere (SB) . . . . . . . . 2.1.3.2.1.2 Styrol/Butadien/Styrol-Blockcopolymere (SBS) . . . . 2.1.3.2.1.3 Thermoplastische Styrol/Butadien-Elastomere (SBS-TE) 2.1.3.2.1.4 Styrol/a-Methylstyrolcopolymere (S/MS) . . . . . . . 2.1.3.2.2 Styrol/Acrylnitrilcopolymere (SAN) . . . . . . . . . . 2.1.3.2.2.1 SAN-Modifikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3.2.2.1.1 Acrylnitril/Polybutadien/Styrolpfropfpolymere (ABS) 2.1.3.2.2.1.2 Propfcopolymere aus MMA, SB und ABS (MABS) . . . 2.1.3.2.3.1 Polymerblends aus (ABS + PC) . . . . . . . . . . . . . 2.1.3.2.3.2 Acrylnitril/Styrol/Acrylester-Pfropfcopolymere (ASA) 2.1.3.2.3.3 Polymerblends aus ASA und Polycarbonat (ASA + PC) 2.1.3.3 Literatur – Kapitel 2.1.3 . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.4 Polyacrylate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.4.1 Polyacrylnitril (PAN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.4.1.1 Synthese und Compoundierung . . . . . . . . . . . . 2.1.4.1.1.1 Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.4.1.1.2 Struktur und Morphologie . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.4.1.2 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.4.2 Acrylnitril-Copolymere mit geringer Gasdurchlässigkeit (Barriere-Kunststoffe) . . . . . . . . . . . . 2.1.4.2.1 Styrol/Acrylnitrilcopolymer SAN . . . . . . . . . . . 2.1.4.2.2 Acrylnitril-Methyl-Acrylat-Copolymerisate . . . . . .
XI 356 356 358 358 359 363 363 363 363 364 365 367 375 378 379 381 383 384 387 397 405 407 424 426 429 438 449 455 456 469 469 479 484 491 504 509 511 512 512 512 513 513 514 514 515
XII
Inhalt
2.1.4.2.2.1 2.1.4.2.2.2 2.1.4.2.2.3 2.1.4.3 2.1.4.3.1 2.1.4.3.2 2.1.4.3.2.1 2.1.4.3.2.2 2.1.4.3.2.3 2.1.4.3.3 2.1.4.4 2.1.4.5 2.1.4.6 2.1.4.7 2.1.4.7.1 2.1.4.7.1.1 2.1.4.7.2 2.1.4.8 2.1.5
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
515 517 517 518 518 520 521 528 531 533 536 537 537 537 537 538 538 539 541 574 575 576
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
597 606 612 617 620 628 629
2.2 Polykondensate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Thermoplastische Polykondensate . . . . . . . . . . 2.2.1.1 Polyamide (PA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1.1.1 Allgemeine Stoffbeschreibung . . . . . . . . . . . . 2.2.1.1.1.1 Nomenklatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1.1.2 Aliphatische Polyamide . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1.1.2.1 Struktur und allgemeine Eigenschaften . . . . . . . 2.2.1.1.2.2 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1.1.2.3 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1.1.2.4 Sicherheit, Umwelt und Recycling . . . . . . . . . . 2.2.1.1.3 Partiell aromatische Polyamide . . . . . . . . . . . 2.2.1.1.3.1 Polyarylamide: Arylamid PA MXD 6 . . . . . . . . . 2.2.1.1.3.1.1 Allgemeine Stoffbeschreibung, Synthese und Struktur 2.2.1.1.3.1.2 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1.1.3.1.3 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1.1.3.2 Polyamid 6/6T . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . .
631 633 638 638 639 641 643 650 682 689 689 689 689 690 694 694
2.1.6 2.1.6.1 2.1.6.2 2.1.6.3 2.1.6.4 2.1.6.5 2.1.6.6 2.1.6.7 2.1.6.8
Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . Polymethylmethacrylat (PMMA) . . . . . . . . Synthese und Compoundierung . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thermo-mechanische Eigenschaften . . . . . Beständigkeit und Sperrfähigkeit . . . . . . . Elektrische, optische, akustische Eigenschaften Verarbeitung und Anwendung . . . . . . . . . PMMA/ABS Blends . . . . . . . . . . . . . . . Polymethylmethacrylimid (PMMI) . . . . . . MBS-Polymerisat . . . . . . . . . . . . . . . . Polymethacryl/Imid (PM/I) . . . . . . . . . . Synthese und Compoundierung . . . . . . . . Die Herstellung von ROHACELL® . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur – Kapitel 2.1.4 . . . . . . . . . . . . . Polyacetal (POM) . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur – Kapitel 2.1.5 . . . . . . . . . . . . . Fluorkunststoffe . . . . . . . . . . . . . . . . Polytetrafluorethylen (PTFE) . . . . . . . . . . Tetrafluorethylen/Hexafluorpropylencopolymer (FEP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tetrafluorethylen/Ethylencopolymer (E/TFE) . Polytrifluorchlorethylen (PCTFE) . . . . . . . Polyvinlyfluorid (PVF) . . . . . . . . . . . . . Polyvinylidenfluorid (PVDF) . . . . . . . . . . Thermoplastische Fluorelastomere . . . . . . . Literatur – Kapitel 2.1.6 . . . . . . . . . . . . .
XIII
Inhalt
2.2.1.1.3.2.1 2.2.1.1.3.2.2 2.2.1.1.3.2.3 2.2.1.1.3.2.4 2.2.1.1.3.2.5 2.2.1.1.3.3 2.2.1.1.3.3.1 2.2.1.1.3.3.2 2.2.1.1.3.3.3 2.2.1.1.3.3.4 2.2.1.1.3.4 2.2.1.1.3.4.1 2.2.1.1.4 2.2.1.1.4.1 2.2.1.1.4.1.1 2.2.1.1.4.1.2 2.2.1.1.4.2 2.2.1.1.4.2.1 2.2.1.1.5 2.2.1.1.5.1 2.2.1.1.5.1.1 2.2.1.1.5.1.2 2.2.1.1.5.1.3 2.2.1.1.5.2 2.2.1.1.5.2.1 2.2.1.1.6 2.2.1.1.6.1 2.2.1.1.6.1.1 2.2.1.1.6.1.2 2.2.1.1.6.2 2.2.1.1.6.2.1 2.2.1.1.6.2.2 2.2.1.1.6.3 2.2.1.1.6.3.1 2.2.1.1.6.4 2.2.1.1.6.4.1 2.2.1.1.6.4.2 2.2.1.1.6.4.3 2.2.1.1.6.5 2.2.1.1.6.5.1 2.2.1.1.6.5.2 2.2.1.1.7 2.2.1.1.7.1 2.2.1.1.7.2 2.2.1.1.8
Allgemeine Stoffbeschreibung, Struktur und allgemeine Eigenschaften . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elektrische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polyphthalamid PPA . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Stoffbeschreibung, Struktur und allgemeine Eigenschaften . . . . . . . . . . . . Thermo-Mechanische Eigenschaften . . . . . . . . . Beständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere partiell aromatische Polyamide . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Modifizierte Polyamide . . . . . . . . . . . . . . . . Flexible Polyamide . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . Co-Polyamide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thermoplastische Polyamid-Elastomere . . . . . . . PA 12-Elastomere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Stoffbeschreibung, Synthese und Struktur Thermo-Mechanische Eigenschaften . . . . . . . . . Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . PA 11-Elastomer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Stoffbeschreibung, Synthese und Struktur Guss-Polyamide und Polyamid-RIM-Systeme . . . . Allgemeine Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Stoffbeschreibung, Synthese und Struktur Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gusspolyamid 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Stoffbeschreibung . . . . . . . . . . . . Verarbeitung von e-Carpolactam zu PA G-6 . . . . . Gusspolyamid 6/12 (Copolymerisation) . . . . . . . Allgemeine Stoffbeschreibung . . . . . . . . . . . . Elastomermodifiziertes Gusspolyamid 6 (Nyrim™) . Allgemeine Stoffbeschreibung . . . . . . . . . . . . Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . Gusspolyamid 12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Stoffbeschreibung . . . . . . . . . . . . Verarbeitung von Laurinlactam zu PA 12-G . . . . . Polymermodifizierte Polyamide . . . . . . . . . . . Allgemeine Stoffbeschreibung . . . . . . . . . . . . Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sortiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . .
694 696 706 706 707 711
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
711 712 720 721 723 723 723 725 726 726 726 726 727 728 728 729 729 730 730 731 731 731 733 736 736 736 737 737 737 737 738 738 738 738 740 740 740 743 744
XIV
Inhalt
2.2.1.1.9 2.2.1.2 2.2.1.2.1 2.2.1.2.1.1 2.2.1.2.1.2 2.2.1.2.1.2.1 2.2.1.2.1.2.2 2.2.1.2.1.3 2.2.1.2.1.3.1 2.2.1.2.1.3.2 2.2.1.2.1.3.3 2.2.1.2.1.3.4 2.2.1.2.1.4 2.2.1.2.1.5 2.2.1.2.1.6 2.2.1.2.1.7 2.2.1.2.2 2.2.1.2.2.1 2.2.1.2.2.1.1 2.2.1.2.2.1.2 2.2.1.2.2.1.2.1 2.2.1.2.2.1.2.2 2.2.1.2.2.1.2.3 2.2.1.2.2.1.2.4 2.2.1.2.2.1.2.5 2.2.1.2.2.1.3 2.2.1.2.2.1.3.1 2.2.1.2.2.1.3.2 2.2.1.2.2.1.4 2.2.1.2.2.1.4.1 2.2.1.2.2.1.4.2 2.2.1.2.2.1.4.3 2.2.1.2.2.1.4.4 2.2.1.2.2.1.4.5 2.2.1.2.2.1.4.6 2.2.1.2.2.1.4.7 2.2.1.2.2.1.4.8 2.2.1.2.2.1.4.9 2.2.1.2.2.1.4.10 2.2.1.2.2.1.5 2.2.1.2.2.1.5.1
Literatur – Kapitel 2.2.1.1 bis 2.2.1.1.4.2 . . . . . . . Thermoplastische Polyester . . . . . . . . . . . . Polycarbonat (PC) . . . . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung und Anwendung . . . . . . . . . . . Urformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spritzgießen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . PC-Cokondensate . . . . . . . . . . . . . . . . . Bisphenol A-Copolycarbonate . . . . . . . . . . . Blockpolymeristion . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklungstrends bei aromatischen Polycarbonaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polycarbonate für laseroptische Datenspeicherung Polycarbonate für Lichtwellenleiter . . . . . . . . Erhöht wärmebeständige PC-Cokondensate (PEC) Erhöht schlagzähe PC-Cokondensate . . . . . . . Polycarbonatblends . . . . . . . . . . . . . . . . Polycarbonat + Styrolcopolymerblends (PC + ABS)-, (PC + ASA)- und (PC + SEBS)-Blends . Polycarbonat+Polybutylenterephthalat-Blends (PC+PBT) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur – Kapitel 2.2.1.2–2.2.1.2.1.5 . . . . . . . . Polyalkylenterephthalate . . . . . . . . . . . . . . Polyethylenterephthalat (PET) . . . . . . . . . . . Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Struktur und Morphologie . . . . . . . . . . . . . Merkmale von teilkristallinem PET . . . . . . . . Thermische und Mechanische Eigenschaften . . . Beständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elektrische, optische und akustische Eigenschaften Verarbeitung und Compounding . . . . . . . . . Additive und Zuschlagstoffe . . . . . . . . . . . . Verarbeitungsbedingte Polymer-Abbaumechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung und Anwendung . . . . . . . . . . . Bestimmung der intrinsischen Viskosität . . . . . Feuchtegehaltmessung . . . . . . . . . . . . . . . Trocknung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thermoplastische Verarbeitung von PET . . . . . Urformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umformen, Fügen und Trennen . . . . . . . . . . Spanende Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . Veredelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verschäumen von PET . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . Sicherheit, Umwelt und Recycling . . . . . . . . . Verarbeitung, Arbeitsplatz . . . . . . . . . . . . .
748 748 749 770 771 771 796 796 797 797 798 799 800 801 801 802 814 817 818 819 821 821 821 822 823 831 835 836 836 840 841 841 841 842 843 843 846 847 847 847 848 849 849
XV
Inhalt
2.2.1.2.2.1.5.2 2.2.1.2.2.1.5.3 2.2.1.2.2.1.5.4 2.2.1.2.2.1.5.4.1 2.2.1.2.2.1.5.4.2 2.2.1.2.2.1.5.4.3 2.2.1.2.2.1.6 2.2.1.2.2.1.7 2.2.1.2.2.1.8 2.2.1.2.2.2 2.2.1.2.2.2.1 2.2.1.2.2.2.1.1 2.2.1.2.2.2.1.2 2.2.1.2.2.2.1.3 2.2.1.2.2.2.2 2.2.1.2.2.2.2.1 2.2.1.2.2.2.2.1.1 2.2.1.2.2.2.2.1.2 2.2.1.2.2.2.2.1.3 2.2.1.2.2.2.2.1.4 2.2.1.2.2.2.2.1.5 2.2.1.2.2.2.2.2 2.2.1.2.2.2.2.2.1 2.2.1.2.2.2.2.3 2.2.1.2.2.2.2.3.1 2.2.1.2.2.2.2.3.2 2.2.1.2.2.2.2.3.3 2.2.1.2.2.2.2.3.4 2.2.1.2.2.2.3 2.2.1.2.2.2.3.1 2.2.1.2.2.2.3.1.1 2.2.1.2.2.2.3.1.2 2.2.1.2.2.2.3.2 2.2.1.2.2.2.3.2.1 2.2.1.2.2.2.3.2.2 2.2.1.2.2.2.3.2.3 2.2.1.2.2.2.3.3 2.2.1.2.2.2.3.3.1 2.2.1.2.2.2.4 2.2.1.2.2.2.4.1 2.2.1.2.2.2.4.2 2.2.1.2.2.2.4.3 2.2.1.2.2.2.4.4 2.2.1.2.2.2.4.5 2.2.1.2.2.2.4.6
Brandverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Produkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Recycling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werkstoffliches Recycling . . . . . . . . . . . . . Rohstoffliches Recycling . . . . . . . . . . . . . . Energetisches Recycling . . . . . . . . . . . . . . Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lieferformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur – Kapitel 2.2.1.2.2.1 . . . . . . . . . . . . Polybutylentherephthalat (PBT) . . . . . . . . . . Synthese und Compoundierung . . . . . . . . . Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Struktur und Morphologie . . . . . . . . . . . . . Compound und Blend . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thermo-Mechanische Eigenschaften . . . . . . . Verhalten bei langzeitiger statischer Beanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhalten bei schwingender Beanspruchung, Biegewechselfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . Reibungs- und Verschleißverhalten . . . . . . . . Thermische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . Verhalten bei kurzzeitiger Temperatureinwirkung Beständigkeit und Sperrfähigkeit . . . . . . . . . Wärmealterungsbeständigkeit . . . . . . . . . . . Elektrische, optische und akustische Eigenschaften Brennverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhalten gegenüber Chemikalien . . . . . . . . . Verhalten bei Bewitterung . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung und Anwendung . . . . . . . . . . . Urformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spritzguss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Extrusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kleben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schweißen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spanende Bearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . Veredelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lackieren, Metallisieren, Beschriften . . . . . . . . Gesundheit und Umwelt . . . . . . . . . . . . . . Sicherheitsvorkehrungen bei der Verarbeitung . . Angaben zur Toxikologie, Vorschriften . . . . . . Lebensmittelrechtliche Bestimmungen . . . . . . Lagerung und Transport . . . . . . . . . . . . . . Entsorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Recycling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
849 849 850 850 852 852 852 854 854 855 856 856 856 856 857 859 862 862 863 863 864 865 865 865 866 867 867 868 868 869 869 872 873 873 873 874 874 874 874 874 875 875 875 876 876
XVI
Inhalt
2.2.1.2.2.2.5 2.2.1.2.2.2.6 2.2.1.2.2.3 2.2.1.2.2.4 2.2.1.2.3 2.2.1.2.4 2.2.1.2.4.1 2.2.1.2.5 2.2.1.2.5.1 2.2.1.2.5.2 2.2.1.2.6 2.2.1.2.6.1 2.2.1.2.6.1.1 2.2.1.2.6.1.1.1 2.2.1.2.6.1.1.2 2.2.1.2.6.1.1.3 2.2.1.2.6.1.2 2.2.1.2.6.1.2.1 2.2.1.2.6.1.2.1.1 2.2.1.2.6.1.2.1.2 2.2.1.2.6.1.2.2 2.2.1.2.6.1.2.3 2.2.1.2.6.1.2.3.1 2.2.1.2.6.1.2.3.2 2.2.1.2.6.1.3 2.2.1.2.6.1.3.1 2.2.1.2.6.1.3.2 2.2.1.2.6.1.3.3 2.2.1.2.6.1.3.3.1 2.2.1.2.6.1.3.3.2 2.2.1.2.6.1.3.3.3 2.2.1.2.6.1.3.4 2.2.1.2.6.1.4 2.2.1.2.6.1.5 2.2.1.2.6.2 2.2.1.2.6.2.1 2.2.1.2.6.2.1 .1 2.2.1.2.6.2.1 .2 2.2.1.2.6.2.1.3 2.2.1.2.6.2.2 2.2.1.2.6.2.2.1 2.2.1.2.6.2.2.1.1 2.2.1.2.6.2.2.1.1 2.2.1.2.6.2.2.2 2.2.1.2.6.2.2.3
Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thermoplastische Polyesterelastomere (TPE-E) . . Polyethylenterephthalat als Barrierekunststoff . . . Polyarylate (Polyarylester) . . . . . . . . . . . . . Eigenverstärkende teilkristalline Polymere (LCP) . LCP und Technische Kunststoffe – ein Vergleich . . Polyarylether . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polyphenylenether (PPEmod) (substituiert, modifiziert) = Polyphenylenetherblends . . . . . . Blend aus Polyamid und Polyphenylenether (mod.) (PA + PPEmod) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polyarylsulfon und -sulfid . . . . . . . . . . . . . Polysulfon (PSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Synthese und Compoundierung . . . . . . . . . . Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Struktur und Morphologie . . . . . . . . . . . . . Compound und Blend . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thermo-Mechanische Eigenschaften . . . . . . . Thermische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . Mechanische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . Beständigkeit und Sperrfähigkeit . . . . . . . . . Elektrische, optische Eigenschaften . . . . . . . . Elektrische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . Optische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung und Anwendung . . . . . . . . . . . Urformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schweißen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kleben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lösbare Verbindungen . . . . . . . . . . . . . . . Veredelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesundheit und Umwelt . . . . . . . . . . . . . . Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polyethersulfon (PESU) . . . . . . . . . . . . . . Synthese und Compoundierung . . . . . . . . . . Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Struktur und Morphologie . . . . . . . . . . . . . Compound und Blend . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thermo-Mechanische Eigenschaften . . . . . . . Thermische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . Mechanische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . Beständigkeit und Sperrfähigkeit . . . . . . . . . Elektrische, optische Eigenschaften . . . . . . . .
876 876 877 882 886 893 910 913 914 923 925 927 927 927 927 927 928 928 928 930 935 938 938 939 939 940 941 941 941 941 942 942 942 943 943 943 943 943 944 944 945 945 946 953 956
Inhalt
2.2.1.2.6.2.2.3.1 2.2.1.2.6.2.2.3.2 2.2.1.2.6.2.3 2.2.1.2.6.2.3.1 2.2.1.2.6.2.3.2 2.2.1.2.6.2.3.3 2.2.1.2.6.2.3.4 2.2.1.2.6.2.4 2.2.1.2.6.2.5 2.2.1.2.6.3 2.2.1.2.6.3.1 2.2.1.2.6.3.1.1 2.2.1.2.6.3.1.2 2.2.1.2.6.3.1.3 2.2.1.2.6.3.2 2.2.1.2.6.3.2.1 2.2.1.2.6.3.2.1.1 2.2.1.2.6.3.2.1.2 2.2.1.2.6.3.2.2 2.2.1.2.6.3.2.2.1 2.2.1.2.6.3.2.2.2 2.2.1.2.6.3.2.2.3 2.2.1.2.6.3.2.2.4 2.2.1.2.6.3.2.3 2.2.1.2.6.3.2.3.1 2.2.1.2.6.3.3 2.2.1.2.6.3.3.1 2.2.1.2.6.3.3.2 2.2.1.2.6.3.3.2.1 2.2.1.2.6.3.3.2.2 2.2.1.2.6.3.3.3 2.2.1.2.6.3.3.3.1 2.2.1.2.6.3.3.3.2 2.2.1.2.6.3.3.4 2.2.1.2.6.3.3.4.1 2.2.1.2.6.3.3.4.2 2.2.1.2.6.3.3.4.3 2.2.1.2.6.3.3.5 2.2.1.2.6.3.3.5.1 2.2.1.2.6.3.3.5.2 2.2.1.2.6.3.3.5.3 2.2.1.2.6.3.3.5.4 2.2.1.2.6.3.4 2.2.1.2.6.3.5 2.2.1.2.7 2.2.1.2.7.1 2.2.1.2.7.2
XVII Elektrische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . 956 Optische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . 956 Verarbeitung und Anwendung . . . . . . . . . . . 956 Urformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 958 Umformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 959 Fügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 959 Veredelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 960 Gesundheit und Umwelt . . . . . . . . . . . . . . 960 Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 960 Polyphenylensulfid (PPS) . . . . . . . . . . . . . 961 Synthese und Compoundierung . . . . . . . . . . 961 Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 961 Struktur und Morphologie . . . . . . . . . . . . . 961 Compound und Blend . . . . . . . . . . . . . . . 961 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 962 Thermo-Mechanische Eigenschaften . . . . . . . 962 Thermisches Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . 962 Mechanisches Verhalten . . . . . . . . . . . . . . 967 Beständigkeit und Sperrfähigkeit . . . . . . . . . 973 Chemikalienbeständigkeit . . . . . . . . . . . . . 973 Witterungsbeständigkeit . . . . . . . . . . . . . . 974 Brennbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 974 Wasseraufnahme und Hydrolysebeständigkeit . . 975 Elektrische, optische und akustische Eigenschaften 975 Elektrische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . 975 Verarbeitung und Anwendung . . . . . . . . . . . 975 Beispiele für Anwendungen von PPS . . . . . . . . 975 Urformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 976 Spritzgießen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 977 Extrusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 977 Umformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 980 Thermoformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 980 Spanende Bearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . 980 Fügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 981 Schweißen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 981 Kleben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 981 Schnapp- und Schraubverbindungen . . . . . . . 981 Veredeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 982 Lackieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 982 Bedrucken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 982 Metallisieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 982 Beschriften mittels Laserstrahlen . . . . . . . . . 982 Gesundheit und Umwelt . . . . . . . . . . . . . . 982 Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 983 Polyetherketone . . . . . . . . . . . . . . . . . . 983 Aromatische Polyetherketone (PEK, PEEK) . . . . 983 Aliphatische Polyetherketone (PEK) . . . . . . . . 1002
XVIII 2.2.1.2.8 2.2.1.2.8.1 2.2.1.2.8.1.1 2.2.1.2.8.1.2 2.2.1.2.8.1.2.1 2.2.1.2.8.1.2.2 2.2.1.2.8.1.3 2.2.1.2.8.1.3.1 2.2.1.2.8.1.3.2 2.2.1.2.8.1.3.3 2.2.1.2.8.1.3.4 2.2.1.2.8.2 2.2.2 2.2.2.1 2.2.2.1.1 2.2.2.1.1.1 2.2.2.1.1.1.1 2.2.2.1.1.2 2.2.2.1.1.3 2.2.2.1.1.4 2.2.2.1.1.5 2.2.2.1.1.5.1 2.2.2.1.1.5.2 2.2.2.1.2 2.2.2.1.2.1 2.2.2.1.2.1.1 2.2.2.1.2.1.2 2.2.2.1.2.1.3 2.2.2.1.2.2 2.2.2.1.2.3 2.2.2.1.2.4 2.2.2.1.2.4.1 2.2.2.1.2.4.2 2.2.2.1.2.5 2.2.2.1.2.6 2.2.2.1.2.7 2.2.2.1.2.8 2.2.2.1.2.9 2.2.2.1.2.10 2.2.2.1.2.11 2.2.2.1.2.12 2.2.2.1.2.13 2.2.2.1.2.14 2.2.2.2 2.2.2.2.1
Inhalt
Hochwärmebeständige duro- und thermoplastische Polykondensate und Polyaddukte . . . . . . . . . Polyimide (PI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klassisches Polyimid (PI) . . . . . . . . . . . . . Copolyimide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Poly-oxadiazo-benzimidazol . . . . . . . . . . . . Polybenzimidazol (PBI) . . . . . . . . . . . . . . Gemischt ein- und zweibindige Polymere . . . . . Polybismaleinimid . . . . . . . . . . . . . . . . . Polyamidimid (PAI) . . . . . . . . . . . . . . . . Polyetherimid (PEI) . . . . . . . . . . . . . . . . Polyesterimid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur – Kapitel 2.2.1.2.8 . . . . . . . . . . . . . Duroplastische Polykondensate . . . . . . . . . . Phenolharze (Phenoplaste, PF-Harze) . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Historie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Novolake . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Resole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rohstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Recycling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungen von Phenolharzen . . . . . . . . . Härtbare PF-Formmassen . . . . . . . . . . . . . Struktur und allgemeine Eigenschaften . . . . . . Aufbereitung / Compoundierung . . . . . . . . . Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Holzwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Laminate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dämmstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mineralwolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Phenolharzschäume . . . . . . . . . . . . . . . . Schleifmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reibbeläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Feuerfestmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . Kohlenstoffbauteile . . . . . . . . . . . . . . . . . Textilvlies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Coatings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gummi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gießerei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Harnstoff/Formaldehyd-Kunststoffe (Aminoplaste) (UF) . . . . . . . . . . . . . . . . Härtbare UF-Formmassen . . . . . . . . . . . . .
1012 1016 1017 1030 1030 1031 1034 1034 1043 1053 1064 1065 1067 1069 1069 1069 1070 1070 1073 1074 1075 1075 1075 1076 1076 1078 1085 1085 1087 1089 1089 1089 1090 1090 1091 1092 1092 1093 1093 1094 1094 1094 1095 1096 1097
XIX
Inhalt
2.2.2.2.2 2.2.2.3 2.2.2.3.1 2.2.2.3.2 2.2.2.3.2.1 2.2.2.3.2.2 2.2.2.4 2.2.2.4.1 2.2.2.4.1.1 2.2.2.4.1.2 2.2.2.4.1.3 2.2.2.4.2 2.2.2.4.2.1 2.2.2.4.2.2 2.2.2.4.2.3 2.2.2.4.3 2.2.2.4.3.1 2.2.2.4.3.2 2.2.2.4.3.3 2.2.2.4.3.4 2.2.2.4.3.5 2.2.2.4.3.6 2.2.2.4.4 2.2.2.4.5 2.2.2.4.6 2.2.2.5 2.2.2.5.1 2.2.2.5.2 2.2.2.6 2.2.2.6.1 2.2.2.6.1.1 2.2.2.6.2 2.2.2.6.3 2.2.2.6.4 2.2.2.6.5 2.2.2.6.6 2.2.2.6.7 2.2.2.6.8 2.2.2.6.9 2.2.2.6.10 2.2.2.6.11 2.2.2.6.12 2.2.3 2.2.3.1 2.2.3.1.1 2.2.3.1.2
Technische Harnstoffharze . . . . . . . . . . . . Melamin/Formaldehyd-Kunststoffe (MF) . . . . Härtbare MF-Formmassen . . . . . . . . . . . . Modifizierte MF-Formmassen . . . . . . . . . . Härtbare Melamin/Phenol/FormaldehydFormmassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Technische Melaminharze . . . . . . . . . . . . Ungesättigte Polyesterharze (UP) . . . . . . . . Synthese und Compoundierung . . . . . . . . . Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Struktur und Morphologie . . . . . . . . . . . . Compound und Blend . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thermo-Mechanische Eigenschaften . . . . . . Beständigkeit und Sperrfähigkeit . . . . . . . . Elektrische, optische, akustische Eigenschaften . Verarbeitung und Anwendung . . . . . . . . . . Urformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bearbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Veredeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . Sicherheit, Umwelt und Recycling . . . . . . . . Sortiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur – Kapitel 2.2.2.4 . . . . . . . . . . . . . Verwandte Reaktionsharz-Formmassen . . . . . Alkydharz-Formmassen . . . . . . . . . . . . . Polydiallylphthalat-Formmassen (PDAP) . . . . Silicone (SI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Müller-Rochow-Synthese . . . . . . . . . . . . Siliconöle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Siliconharze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . RTV-2 Siliconkautschuke . . . . . . . . . . . . . RTV-1 Siliconkautschuke . . . . . . . . . . . . . HTV-Siliconkautschuke . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung der Eigenschaften der Silicone Markt und Anwendungen für Silicone . . . . . . Literatur – Kapitel 2.2.2.6.1 – 2.2.2.6.9 . . . . . . Härtbare Siliconharz-Formmassen . . . . . . . Literatur – Kapitel 2.2.2.6.11 . . . . . . . . . . . Polyaddukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Duroplastische Polyaddukte . . . . . . . . . . . Epoxidharze (EP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Technische Epoxidharze . . . . . . . . . . . . .
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1102 1103 1104 1107
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1107 1109 1110 1116 1116 1117 1118 1122 1122 1133 1135 1138 1143 1145 1146 1146 1146 1147 1147 1149 1151 1151 1151 1154 1156 1156 1156 1157 1159 1161 1161 1163 1165 1167 1168 1169 1169 1173 1175 1175 1176 1176
. . . . . . . .
XX
Inhalt
2.2.3.1.3 2.2.3.2
Prepregs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Duroplaste als Hochleistungswerkstoffe mit günstigem Preis/Leistungsverhältnis . . . . . . 2.2.3.2.1 Vernetzte Polyurethane (PUR) . . . . . . . . . . . 2.2.3.2.1.1 Isocyanatharze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3.2.1.2 Polyurethan-Gießharz . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3.2.1.3 PUR-Integralschaumstoffe . . . . . . . . . . . . . 2.2.3.2.2 Thermoplastische Polyurethan-Elastomere (TPE-U) 2.2.3.2.2.1 Thermoplastische Polyaddukte . . . . . . . . . . . 2.2.3.2.2.1.1 Lineare Polyurethane . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3.3 Literatur – Kapitel 2.2.3 . . . . . . . . . . . . . . . 3
. . 1197 . . . . . . . . .
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1198 1200 1201 1208 1212 1219 1228 1228 1230
Elastomere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1231
3.1 Marktwirtschaftliche Betrachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1231 3.2 Compounding . . . . . . . . . . 3.2.1 Füllstoffe . . . . . . 3.2.2 Alterungsschutz . . 3.2.3 Weichmacher . . . . 3.2.4 Vernetzungssysteme 3.2.4.1 Schwefelvernetzung 3.2.4.2 Peroxidvernetzung .
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1233 1233 1234 1236 1238 1240 1242
3.3 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1243 3.4 Elastomere Werkstoffeigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . 1243 3.4.1 Medieneinfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1244 3.4.2 Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1246 3.5 Umwelt und Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1249 3.6 Polymere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.1 Naturkautschuk (NR) . . . . . . . . . 3.6.1.1 Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.1.2 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . 3.6.1.3 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . 3.6.1.4 Anwendung . . . . . . . . . . . . . . 3.6.1.5 Handelsnamen . . . . . . . . . . . . 3.6.2 Butadien-Kautschuk (BR) . . . . . . 3.6.2.1 Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.2.2 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . 3.6.2.3 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . 3.6.2.4 Anwendung . . . . . . . . . . . . . . 3.6.2.5 Handelsnamen . . . . . . . . . . . . 3.6.3 Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR) . . 3.6.3.1 Struktur . . . . . . . . . . . . . . . .
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1251 1251 1251 1252 1252 1253 1253 1254 1254 1255 1255 1256 1256 1257 1257
XXI
Inhalt
3.6.3.2 3.6.3.3 3.6.3.4 3.6.3.5 3.6.4 3.6.4.1 3.6.4.2 3.6.4.3 3.6.4.4 3.6.4.5 3.6.5 3.6.5.1 3.6.5.2 3.6.5.3 3.6.5.4 3.6.5.5 3.6.6 3.6.6.1 3.6.6.2 3.6.6.3 3.6.6.4 3.6.6.5 3.6.7 3.6.7.1 3.6.7.2 3.6.7.3 3.6.7.4 3.6.7.5 3.6.8 3.6.8.1 3.6.8.2 3.6.8.3 3.6.8.4 3.6.8.5 3.6.9 3.6.9.1 3.6.9.2 3.6.9.3 3.6.9.4 3.6.9.5 3.6.10 3.6.10.1 3.6.10.2 3.6.10.3 3.6.10.4 3.6.10.5
Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chlorbutadien-Kautschuk (CR) . . . . . . . . . . Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Acrylnitril-Butadien-Kautschuk (NBR) . . . . . . Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hydrierter Acrylnitril-Butadien-Kautschuk (HNBR) Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk (EPDM) . . . . Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Butyl-Kautschuk (IIR) und halogenierter Butyl-Kautschuk (XIIR) . . . . . . . . . . . . . . Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ethylenoxid-Epichlorhydrin-Kautschuk (ECO) . . Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Acrylat-Kautschuk (ACM) . . . . . . . . . . . . . Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1258 1258 1259 1259 1259 1259 1260 1260 1261 1261 1261 1261 1263 1263 1264 1264 1265 1265 1265 1265 1266 1266 1266 1266 1267 1268 1269 1269
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1269 1269 1270 1271 1271 1271 1272 1272 1272 1273 1273 1273 1274 1274 1274 1275 1275 1276
XXII 3.6.11 3.6.11.1 3.6.11.2 3.6.11.3 3.6.11.4 3.6.11.5 3.6.12 3.6.12.1 3.6.12.2 3.6.12.3 3.6.12.4 3.6.12.5 3.6.13 3.6.13.1 3.6.13.2 3.6.13.3 3.6.13.4 3.6.13.5 3.6.14 3.6.14.1 3.6.14.2 3.6.14.3 3.6.14.4 3.6.14.5 3.6.15 3.6.15.1 3.6.15.2 3.6.15.3 3.6.15.4 3.6.15.5
Inhalt
Ethylen-Acrylat-Kautschuk (AEM) Struktur . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . Verarbeitung . . . . . . . . . . . Anwendung . . . . . . . . . . . . Handelsnamen . . . . . . . . . . Fluor-Kautschuk (FKM) . . . . . Struktur . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . Verarbeitung . . . . . . . . . . . Anwendung . . . . . . . . . . . . Handelsnamen . . . . . . . . . . Perfluor-Kautschuk (FFKM) . . . Struktur . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . Verarbeitung . . . . . . . . . . . Anwendung . . . . . . . . . . . . Handelsnamen . . . . . . . . . . Silikonkautschuke . . . . . . . . Struktur . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . Verarbeitung . . . . . . . . . . . Anwendung . . . . . . . . . . . . Handelsnamen . . . . . . . . . . Polyurethan (AU, EU) . . . . . . . Struktur . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . Verarbeitung . . . . . . . . . . . Anwendung . . . . . . . . . . . . Handelsnamen . . . . . . . . . .
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1276 1276 1276 1277 1277 1277 1277 1277 1279 1279 1280 1280 1281 1281 1281 1282 1282 1282 1282 1282 1283 1284 1285 1285 1286 1286 1287 1287 1288 1288
3.7 Chemikalienbeständigkeit der Polymere . . . . . . . . . . . . . . . 1288 3.8 Literatur 4
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1298
Spezialkunststoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1299
4.1 Abgewandelte Naturstoffe 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4 4.1.4.1
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1299
Stärke und Derivate . . . . . . Literatur – Kapitel 4.1.1 . . . . Polymilchsäure (PLA) . . . . Literatur – Kapitel 4.1.2 . . . . Polyhydroxyfettsäuren (PHF) Literatur – Kapitel 4.1.3 . . . . Cellulose und Cellulosederivate Vulkanfiber (VF) . . . . . . .
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1300 1304 1305 1307 1308 1311 1311 1312
XXIII
Inhalt
4.1.4.2 4.1.4.2.1 4.1.4.2.1.1 4.1.4.2.2 4.1.4.2.2.1 4.1.4.2.2.2 4.1.4.2.2.3
Kunststoffe aus abgewandelter Cellulose . . . . . Celluloseester aus anorganischen Säuren . . . . Cellulosenitrat (CN) . . . . . . . . . . . . . . . Celluloseester aus aliphatischen Carbonsäuren . Celluloseacetat (CA) . . . . . . . . . . . . . . . Cellulosepropionat (CP) . . . . . . . . . . . . . Celluloseacetobutyrat (CAB) . . . . . . . . . . . Literatur – Kapitel 4.1.4 . . . . . . . . . . . . . . Thermoplaste auf Ligninbasis . . . . . . . . . . Literatur – Kapitel 4.1.5 . . . . . . . . . . . . . . Duroplaste auf Basis nachwachsender Rohstoffe . Polyurethane (mit Polyolen auf Basis natürlicher Öle/Fette) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Epoxyacrylate auf Basis nachwachsender Rohstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Duroplaste und Duroplastanteile auf Basis pflanzlicher Fette und Öle . . . . . . . . . . . . Literatur – Kapitel 4.1.6 . . . . . . . . . . . . . .
4.1.5 4.1.6 4.1.6.1 4.1.6.2 4.1.6.3
4.2 Elektrisch leitfähige Polymere . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Intrinsisch leitfähige Polymere . . . . . . . 4.2.2 Elektrisch leitfähige gefüllte Polymere . . . 4.2.2.1 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3 Elektrisch leitfähige beschichtete Polymere 4.2.4 Literatur – Kapitel 4.2 . . . . . . . . . . . 5
Anhang
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1314 1314 1314 1317 1319 1325 1330 1333 1333 1336 1336
. . . 1336 . . . 1337 . . . 1338 . . . 1338 . . . . . .
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1338 1339 1341 1341 1347 1349
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1351
5.1 Kurzzeichen für Kunststoffe, Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . 1352 5.2 Kunststoffkennwerte, Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . 1379 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1405
6
Datenbanken
7
Handelsnamenverzeichnis
8
Kunststoffverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1419
9
Sachverzeichnis
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1407
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1421
Autorenverzeichnis
Altmann, Otto, Dipl.-Ing. ASK-Altmann, Rosenheim: Abschnitt 1.6 Bräuning, Rüdiger, Dipl.-Ing. Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 2.2.2.4 Diemert, Jan, Dr.-Ing. Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitte 1.4.3.5, 2.1.2.1, 2.2.1.2.2.1 Eckl, Wilhelm, Dipl.-Phys. Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 3.1 Elsner, Peter, Dr. Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 2.2.1.1 Emmerich, Rudolf, Dr. Fraunhofer-Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitte 1.4.8, 3.2 Eschl, Johannes, Dr.-Ing. Universität Stuttgart, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde: Abschnitt 2.1.1.2 Eyerer, Peter, Prof. Dr.-Ing. Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Kapitel 1 Fehrenbacher, Ulrich, Dr. Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 3.1 Geiger, Oliver, Dipl.-Ing. Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 2.2.2.4 Gettwert, Volker, Dr. Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 1.3.5 Gittel, Dieter, Dipl.-Ing. Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitte 1.4.3.5, 2.2.1.1 Hähnsen, Heinrich, Bayer MaterialScience AG, BMS-PCS-GIPM-TPM, Uerdingen, R 79, e-mail:
[email protected] Hauk, Jürgen, Dr. Baerlocher GmbH, Unterschleißheim: Abschnitt 2.1.2.1
XXVI
Autorenverzeichnis
Hegemann, Bernhard, Dipl.-Ing. Universität Stuttgart, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde: Abschnitt 1.5 Henning, Frank, Dr.-Ing. Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT): Abschnitt 2.2.1.2.2.1 Hirth, Thomas, Prof. Dr. Fraunhofer Institut für Chemische Technologie, Joseph-von-Fraunhofer-Str. 7, 76327 Pfinztal, e-mail:
[email protected] Bearbeitung der Beiträge und Koordination Kaiser, Mathias, Dr. Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 1.4.8 Inone-Kauffmann, Emilia, Dipl.-Chem. Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 3.1 Kauffmann, Axel, Dipl.-Ing. Fraunhofer-Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitte 1.4.3.3, 3.2 Keuerleber, Martin, Dipl.-Ing. Universität Stuttgart, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde: Abschnitt 2.1.1.2 Knoblauch-Xander, Marc, Dipl.-Ing. Fraunhofer-Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 1.4.3.4 Lutz, Wolfgang, Dipl.-Ing. Universität Stuttgart, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde: Abschnitt 2.1.1.2 Nägele, Helmut Tecnaro GmbH, Eisenach: Abschnitt 3.1 Pfitzer, Jürgen Tecnaro GmbH, Eisenach: Abschnitt 3.1 Pinkwart, Karsten, Dr. Fraunhofer-Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 3.2 Pöllet, Peter, Dipl.-Ing. Sugenheim (vorm. IKP): Tabelle 4-35 Rodriguez, Ana, Seyfferstr. 12, 70197 Stuttgart, e-mail:
[email protected] Rüb, Guntmar, Dipl.-Ing. Universität Stuttgart, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde: Abschnitt 2.1.1.2 Sandoz, Benjamin Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 2.2.1.2.2.1 Schrader, Christoph, Dipl.-Ing. Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 3.1
Autorenverzeichnis
XXVII
Schweppe, Rainer, Dipl.-Chem. Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 3.1 Stieneker, Axel, Dr. VESTOLIT GmbH & Co. KG, Marl: Abschnitt 2.1.2.1 Stolzenberg, Andreas, Dipl.-Ing. Stolzenberg projectmanagement plastics, Schwanewede, Abschnitt 2.1.1.2 Tröster, Stefan, Dr.-Ing. Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitt 1.4.3.7 Twardon, Gabriele Reutlingen: Abschnitt 1.3.4.2 Ulrich, Christian, Dipl.-Chem. Universität Stuttgart, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde: Abschnitt 2.1.1.2 Völkle, Dietmar, Dr.-Ing. Airbus Aircabin, Laupheim: Abschnitt 1.4.3.2 Wagner, Thomas, Dr. rer. nat. Universität Stuttgart, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde: Abschnitt 1.3.4.2 Woicke, Nina, Dipl.-Ing. Universität Stuttgart, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde: Abschnitt 2.1.1.2 Woidasky, Jörg, Dipl.-Ing. Fraunhofer Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal: Abschnitte 2.1.1.2, 2.1.2.1, 2.2.2.4 Wolf, Marc-Andree, Dipl.-Geoökol. Universität Stuttgart, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde: Abschnitt 1.7.2 Wörsing, Katharina, Dipl.-Phys. Fraunhofer Institut für Chemische Technologie, Joseph-von-Fraunhofer-Str. 7, 76327 Pfinztal, e-mail:
[email protected] Bearbeitung der Beiträge und Zusammenstellung der Verzeichnisse
Styrol-Homopolymere (PS), Styrol-Copolymere, Schlagzähmodifizierte Polystyrole, Styrol/Butadien-Pfropfcopolymere (SB), Styrol/Butadien/Styrol-Blockcopolymere (SBS), Styrol/a-Methylstyrolcopolymere (S/MS), Styrol/Acrylnitrilcopolymere (SAN), SAN-Modifikationen, Acrylnitril/Polybutadien/Styrolpfropfpolymere (ABS), Pfropfcopolymere aus MMA, SB, ABS (MABS), Polymerblends aus (ABS+PC), Acrylnitril/Styrol/Acrylester, Pfropfcopolymere (ASA), Polymerblends aus ASA und Polycarbonat (ASA+PC), Thermoplastische Styrol/ButadienElastomere (SBS-TE), Nicht auf Olefinen basierende verträglich und schlagzähmachende Copolymere und Polymerblends
Polyacrylnitril (PAN), Acrylnitril-Copolymere mit geringer Gasdurchlässigkeit (Barrierekunststoffe), Polymethylmethacrylat (PMMA), Polymethacryl/Imid (PM/I)
Polyolefine (PO) Vinylpolymere Styrolpolymere (PS)
Polyvinylchlorid (PVC), Polyvinylchlorid-Modifikationen, Blends aus PVC und chloriertem PE-HD (PE-HD-C), Blends aus PVC und EVA Copolymeren bzw. EVA/VC-Pfropfcopolymeren, Blends aus PVC und Acrylpolymeren, Copolymere aus Vinylchlorid und Vinylidenchlorid/Acrylnitril-Copolymer,Vinylchlorid/Maleinimid-Copolymere, Vinylchlorid/Acrylimid-Copolymere
Polyacrylate
Polyethylen (PE), PE-LD und PE-HD, PE-LLD, PE-HD-UHMW, Polyethylen-Modifikationen: Vernetztes Polyethylen (PEX), Chlorierte Polyolefine, Chloriertes Polyethylen (PE-C), Sulfochloriertes Polyethylen, Copolymere des Ethylens, Abbaubare Polyethylene und andere Kunststoffe, Polypropylen (PP), Polypropylen-Modifikationen, Teilkristalline Blockcopolymere, Ethylen/Propylen, (Dien)-Copolymere (EPDM), Polybuten-1 (PB), Polyisobutylen (PIB), Poly-4-methylpenten-1 (PMP), Andere aliphatische Polyolefine, Ionomere, Cycloolefinpolymere (COC), Verbundwerkstoffe auf Basis Kohlenstoff-Polyolefine
Phenol/Formaldehyd-Kunststoffe (PF), Härtbare PF-Formmassen, Technische Phenolharze, Harnstoff/Formaldehyd-Kunststoffe (Aminoplaste) (UF), Härtbare UF-Formmassen, Technische Harnstoffharze, Melamin/Formaldehyd-Kunststoffe (MF), Härtbare MF-Formmassen, Modifizierte MF-Formmassen, Härtbare Melamin/Phenol/ Formaldehyd-Formmassen, Technische Melaminharze, Ungesättigte Polyesterharze (UP), UP-Reaktions-Gießharze, Verstärkte UP-Formmassen, Verwandte Reaktionsharz-Formmassen, Alkydharz-Formmassen, Polydiallylphthalat-Formmassen (PDAP), Silicone (SI), Härtbare Siliconharz-Formmassen
Duroplastische Polyaddukte, Epoxidharze (EP), Technische Epoxidharze, Prepregs, Duroplaste als Hochleistungswerkstoffe mit günstigem Preis/Leistungsverhältnis, Vernetzte Polyurethane (PUR), Isocyanatharze, PolyurethanGießharz, PUR-Integralschaumstoffe, Thermoplastische Polyurethan-Elastomere (TPE-U), Thermoplastische Polyaddukte, Lineare Polyurethane
Fluorkunststoffe Thermoplastische Polykondensate Duroplastische Polykondensate
Polyamide (PA), Aliphatische Polyamide, Partiell aromatische Amide, Modifizierte Polyamide, Thermoplastische Polyamidelastomere (PA-TE), Guss-Polyamide und Polyamid RIM-Systeme, Polymermodifizierte Polyamide, Thermoplastische Polyester, Polycarbonat (PC), PC-Cokondensate, Bisphenol A-Copolycarbonate, Blockpolymerisation, Entwicklungstrends bei aromatischen Polycarbonaten, Polycarbonate für laseroptische Datenspeicherung, Polycarbonate für Lichtwellenleiter, Erhöht wärmebeständige PC-Cokondensate (PEC), Erhöht schlagzähe PC-Cokondensate, Polycarbonatblends, Polycarbonat + Styrolcopolymerblends (PC+ABS)-, (PC+ASA)- und (PC+SEBS)-Blends, Polycarbonat + Polybutylenterephthalat-Blends (PC + PBT),Polyalkylenterephthalate,Polyethylenterephthalat (PET), Polybutylenterephthalat (PBT), Thermoplastische Polyesterelastomere (TPE-E), Polyethylenterephthalat als Barrierekunststoff, Polyarylate (Polyarylester), Eigenverstärkende teilkristalline Polymere (LCP), LCP’s und Technische Kunststoffe – ein Vergleich, (Polyarylether, Polyphenylenether (PPmod) (substituiert, modifiziert), (PPmod+Polymer)Blends, Polyarylsulfon und -sulfid, Polysulfon (PSU), Polyarylethersulfon (PES), Polyphenylensulfid (PPS), Polyetherketone, Aromatische Polyaryletherketone (PEK, PEEK), Aliphatische Polyetherketone (PEK), Hoch wärmebeständige duro- und thermoplastische Polykondensate und Polyaddukte, Polyimide (PI), Klassisches Polyimid (PI), Copolyimide, Poly-oxydiazo-benzimidazol, Polybenzimidazol (PBI), Gemischt ein- und zweibindige Polymere, Polybismaleinimid, Polyamidimid (PAI), Polyetherimid (PEI), Polyesterimid
Polyaddukte
Polytetrafluorethylen (PTFE), Tetrafluorethylen/Hexafluorpropylen Copolymere (FEP), Tetrafluorethylen/Ethylencopolymer (E/TFE), Polytrifluorchlorethylen (PCTFE), Polyvinylfluorid (PVF), Polyvinylidenfluorid (PVDF), Thermoplastische Fluorelastomere
Polyacetal (POM)
Polyacetal (POM)
KAPITEL 1
Einführung in Polymer Engineering Peter Eyerer
Definition Polymer Engineering Kunststoffe sind hoch molekulare organische Verbindungen, die entweder durch Abwandeln hochmolekularer Naturstoffe oder durch chemische Aneinanderlagerungen niedermolekularer Grundbausteine, sog. Monomere, durch verschiedenartige chemische Reaktionen entstehen. Die Vielfalt erklärt sich aus der großen Zahl von Möglichkeiten bei der Auswahl monomerer Bausteine und den verschiedenen Arten ihrer Aneinanderlagerung zu hochmolekularen Ketten (linear, verzweigt, vernetzt). Forschung und Technik erschließen vereinzelt noch neue synthetische Kunststoffe, die Zahl der chemischen Modifikationen bestehender Kunststoffe durch Copolymerisationen oder Mischen (blending) überwiegt jedoch zwischenzeitlich bei weitem. Kunststoffe (Polymere) sind Werkstoffe; die Kunststoffkunde ist somit ein Teil der Werkstoffkunde. Werkstoffe sind für die Konstruktion nützliche feste Stoffe, die sich technisch, wirtschaftlich, umweltlich und physiologisch gut verarbeiten, anwenden und zurückgewinnen lassen. Kunststoffe sind Werkstoffe mit allen Chancen und Risiken aus dieser Anpassungsfähigkeit.
Umweltgerechtes Polymer Engineering Die Entwicklung von Bauteilen, Komponenten, Systemen – allgemein von Produkten – erfordert eine ganzheitliche Betrachtung. Polymer Engineering schließt somit Synthese, Verarbeitung, Konstruktion, Werkzeugtechnik, Anlagentechnik, Fertigung, Oberflächenbehandlung sowie Wiederverwertung bis hin zur Entsorgung und die Aus- und Weiterbildung ein. Kunststoffe oder Polymere entstehen über eine chemische Reaktion vom Monomer zum Polymer, der so genannten Polymerisation. Je nach Art der Additive und Verstärkungsstoffe, Fasern (kurz, lang), Kugeln, Plättchen oder Fasergewebe/-gestricke, lassen sich Eigenschaften in weiten Grenzen verändern. Der Umgang mit Kunststoffen und Verbundwerkstoffen setzt die Kenntnis der temperatur- und zeitabhängigen Eigenschaften dieser Werkstoffgruppe voraus. Je höher der chemische Vernetzungsgrad der Makromoleküle, der Grundbausteine eines jeden Kunststoffes, ist, um so höher ist er thermisch und mechanisch belastbar, um so weniger kriecht er unter Last, um so beständiger ist er gegen Medieneinflüsse.
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1 Einführung in Polymer Engineering
Kunststoffe und Verbundwerkstoffe sind Werkstoffe nach Maß. Eingeschränkt wurde diese nahezu grenzenlose Freiheit in den vergangenen 25 Jahren durch die Notwendigkeit der Verwertung und manchen Schwierigkeiten beim Entsorgen. Zwischenzeitlich werden verstärkt Gradientenwerkstoffe und Funktionswerkstoffe entwickelt und eingesetzt. Sie sind – da nicht sortenrein – wirtschaftlich kaum noch materiell wiederzuverwerten. Vorteile während der Nutzung überwiegen jedoch den Recyclingaspekt. Weitere wichtige Vorteile der Kunststoffe sind die vielen wirtschaftlichen Verarbeitungsmöglichkeiten verbunden mit Gestaltungsfreiräumen und der Integration verschiedenster Funktionen. Das Inventions- und Innovationspotential beim Verarbeiten von Polymeren und Verbundwerkstoffen ist ungebrochen groß. Die Kombination von Verfahren eröffnet dabei neue Dimensionen. Besonders attraktiv wird zukünftig das Pressen von gradierten Faserverbundwerkstoffen sein. Ein Durchbruch in der Automobiltechnik, also der Großserienanwendung dieser Werkstoffgruppe, ist erfolgt. Die Wettbewerbsfähigkeit von Werkstoffen wird stark bestimmt vom Zeitbedarf bei der Prototypenherstellung (rapid prototyping) und durch die Werkzeugtechnik (rapid tooling). Die Verzahnung von rapid engineering mit simultaneous engineering (CAD, CAE, CIM, TQM …) ist zwischenzeitlich Stand der Technik. Eine Chance für den Standort Deutschland ist in der konsequenten Entwicklung werkzeugfallender Produkte zu sehen. Sobald wirtschaftliche Verarbeitungsverfahren für großflächige Bauteile mit verzahnter in-line zerstörungsfreier Prüftechnik verfügbar sind, werden polymere Faserverbundwerkstoffe in der Großserie, beispielsweise im Automobilbau, in der Außen- und Innenanwendung oder im Bauwesen, auch in tragende Strukturen einziehen. Im Bereich des Maschinenbaus, der Medizintechnik, der Elektrotechnik, der Luft- und Raumfahrt und des Bauwesens sind schon heute Verbundwerkstoffe unverzichtbar. Die Oberflächentechnik ist für die Anwendung von Kunststoffen und Verbundwerkstoffen eine Schlüsseltechnologie. Die Verbraucher fordern höchste Qualität ohne oft die Bedeutung für die Umwelt zu erkennen. Die Produkthersteller sollten im Rahmen einer konzertierten Aktion zukünftig überzogene Oberflächengüten abbauen und damit wichtige Beiträge zur Ressourcenschonung einschließlich Kosten liefern. Wasserlacke, Einschichtlacke, Oversprayreduktionen, Lösemittelrückgewinnung, Lackschlammrecycling sowie eingefärbte Grundwerkstoffe sind Stichworte, mit denen sich Umweltprobleme bis hin zum Recycling von Kunststoffen reduzieren lassen. Fast alle Kunststoffe sind stofflich wiederzuverwerten. Je sortenreiner, umso besser. Verbundwerkstoffe auf Basis unterschiedlichster Matrices sind deutlich teurer. Wirtschaftliche und logistische Aspekte stehen dem Stoffrecycling heute oft immer noch entgegen. Die Demontagekosten sind beim Produktpreis weitgehend unberücksichtigt. Die Verbrennung von Kunststoffen ist derzeit häufig die wirtschaftlichste Lösung für vermischte Fraktionen. Eine isolierte Betrachtung des Kunststoff-Recyclings ist nicht zielführend.
1.1 Einteilungen
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Die Ganzheitliche Bilanzierung ist eine Entscheidungshilfe für die Werkstoff- und Verfahrensauswahl bei der Produktentwicklung nunmehr seit fast 3 Jahrzehnten. Erst wenn die Herstellung, die Verarbeitung, der Gebrauch und die Wiederverwertung bzw. Entsorgung in Form eines geschlossenen Kreislaufes bilanziert wird, vollständig und objektiv, mit transparenten Randbedingungen, sind qualifizierte Aussagen möglich. Hierzu bedarf es interaktiver Datenbanken und standardisierter Bewertungsmethoden. Werkstoffe der Zukunft sind erfolgreich nur im Gesamtrahmen eines Produkt-Engineerings ganzheitlich zu betrachten. Für Kunststoffe und Verbundwerkstoffe ist dies das Polymer Engineering. Dies gilt auch für Polymere aus nachwachsenden Rohstoffen (Matrix, Fasern und Additive). Neben fachlichen Aspekten ist die Aus- und Weiterbildung in das ProduktEngineering zu integrieren. Frontale Wissensvermittlung ist hierbei durch eine verbesserte Lehr- und Lernkultur zu ergänzen. Die Ausbildungsmethode TheoPrax beispielsweise verzahnt Schüler, Studenten, Lehrer und Unternehmer über industrielle Projektarbeit mit Ernstcharakter.
1.1 Einteilungen Der Name Kunststoffe stammt aus den 1940er Jahren und bedeutet Ersatzstoff für damalig knapp werdende Naturrohstoffe für Dichtungen, Reifen, Isolierstoffe, oder Bindemittel. Nach dem 2. Weltkrieg spalteten sich die Polymere, das ist der wissenschaftliche Überbegriff griechischen Ursprungs (poly – viel, meros – das Teil, also vielteilig), in Kunststoffe (Thermoplaste, Duroplaste) und Elastomere (Gummi). Der heute angeführte Grund, Natur- und Synthesegummi seien chemisch völlig anders und was die Naturbasis betrifft einmalig, ist falsch. Lignin, das Biopolymer beispielsweise, das die holzbildenden Pflanzen aufbaut und deren Cellulosefasern räumlich fixiert, ist mengenmäßig weit häufiger vertreten und kann sowohl thermo- also auch duroplastisch verarbeitet werden. Aus diesem Grund werden gegen den landläufigen Trend in diesem Buch die Begriffe Kunststoffe und Polymere gleichgesetzt und zwar übergeordnet.
1.1.1 Einteilung der Werkstoffe Die Einteilung der Werkstoffe kann in Metalle und Nichtmetalle erfolgen. Eingerahmt wird diese Einteilung von den Verbundwerkstoffen. Die Kunststoffe finden sich unter den organischen Werkstoffen, entweder bei den natürlichen Werkstoffen wie beispielsweise Lignin (Holz) oder Latex, oder bei den synthetischen Werkstoffen einschließlich deren Modifikation aus natürlichen Ausgangsrohstoffen.
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1 Einführung in Polymer Engineering
1.1.2 Einteilung der Kunststoffe Kunststoffe lassen sich nach Bild 1-1 in Thermoplaste, Elastomere und Duroplaste einteilen. Die jeweiligen Unterteilungen erfolgen in der Praxis nach unterschiedlichen Gesichtspunkten. In Bild 1-1 werden die Thermoplaste physikalisch (nach ihrer Struktur), die Elastomere chemisch (nach dem Merkmal Doppelbindung) und die Duroplaste nach dem Verfahrensparameter Druck eingeteilt. Thermoelaste (mehr als Sonderfall) und die bedeutende Gruppe der thermoplastischen Elastomere (TPE) lassen sich in Bild 1-1 über die Thermoplaste mit chemisch oder physikalisch in die Molekülketten eingebauten Kautschukelementen einzeichnen.
1.1.3 Einteilung der Verbundwerkstoffe Verbundwerkstoffe lassen sich wie folgt definieren: sie bestehen aus zwei oder mehreren Komponenten (Phasen), die nicht ineinander löslich sind, mit optimal gezüchteten Eigenschaften für spezifische Anwendungen; sie sind makroskopisch quasihomogen.
• • • •
Voraussetzungen für ein Verbundkonzept sind:
• •
die Eigenschaften der Phasen sind um den Faktor > 3 unterschiedlich und der Anteil einer Phase ist größer 10 Masseprozent. Bei Partikeln mit großer spezifischer Oberfläche (Nanoteilchen) wirken auch 1 bis 3 Masseprozent verstärkend.
Bild 1-1. Einteilung der Kunststoffe [1]
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1.1 Einteilungen Tabelle 1-1. Gliederung: Verbundwerkstoffe und Anwendungen [1] Geometrie
Teilchenverbunde
Faserverbunde
Werkstoffverbunde Schichtverbunde
Verstärkungsstoffe Matrixwerkstoffe
Glaskugeln, Talkum, Quarzmehl, Ruße
Glasfaser Whisker, C-Faser, Aramidfaser
Sandwich aus – hochfesten Blechen/ Folien – Fasergelegen u.a.
Metalle
Femur-Kopf (Blockbarbide)
Kolbenboden Kolbenmuldenrand
Brennraumeinfassung (ZKD) Flachdichtung
Drahtglas
Sicherheitsglas
Zement
gesintertes Schaumglas Schutzplatten für Raumgleiter Beton
Kohlenstoff
–
Ventile, Turbinenschaufeln Stahl-, C-Faserbeton Bremsbeläge
Kolbenboden Piezoaktoren CFK schichtsanierte Brücken Flachdichtungen
Thermoplaste
Pumpengehäuse
Surfbrett, Verpackung Instrumententafel
Duroplaste
Schleifscheiben SchiffsmotorFundamente Autoreifen (Lauffläche)
Lüfterräder, Frontend, Unterboden Stoßfänger, Implantate, Flugzeugstrukturen Gummischlauch
anorg. Werkstoffe
Glas Keramik
Polymere
Elastomere
Scheinwerferreflektor, Sperrholz Membranen, GummiMetall-Verbindungen
Abgrenzung: Makroskopisch inhomogene Phasenverbunde sind Werkstoffverbunde (Verbundwerkstücke) z. B. Zylinderkopfdichtung (ZKD), Gummi-Metall-Verbindungen Tabelle 1-1 verdeutlicht eine mögliche und übliche Einteilung der Verbundwerkstoffe und nennt dazu Anwendungsbeispiele.
1.1.4 Hauptmerkmale von Kunststoffen (in Anlehnung an DIN 7724) [2] Thermoplaste sind bis zur Zersetzungstemperatur nicht vernetzte Kunststoffe. Oberhalb der Erweichung der amorphen Struktur bei amorphen Thermoplasten bzw. oberhalb der Schmelztemperatur bei teilkristallinen Thermoplasten tritt Fließen bzw. Schmelzen ein, Bild 1-2. Bild 1-2 zeigt nur das Beispiel eines amorphen Thermoplasten. Den Kurvenverlauf für einen teilkristallinen Thermoplasten siehe Bild 1-28 und Bild 1-49. Im Fließ- oder Schmelzzustand kann die
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1 Einführung in Polymer Engineering
viskose Flüssigkeit verarbeitet werden. Durch Abkühlung wird Gestaltfestigkeit erreicht. Das Aufschmelzen und Erstarren bzw. Kristallisieren ist beliebig oft wiederholbar. Thermoplastische Elastomere sind mehrphasige Kunststoffe mit gummielastisch verformbaren Molekülbereichen, in die Bereiche schmelzbarer amorpher Thermoplaste eingebaut sind. Sie können damit thermoplastisch urgeformt werden. Thermoelaste sind chemisch oder physikalisch weitmaschig verschlaufte (damit quasi vernetzte) Kunststoffe, die oberhalb der Erweichungstemperatur (Glastemperatur) bzw. oberhalb der Schmelztemperatur zwar gummielastisch werden, aber, aufgrund der hohen Molmasse, bis zur Zersetzungstemperatur nicht viskos fließen und damit nicht thermoplastisch urformbar sind. Unterhalb der Erweichungstemperatur verhalten sie sich thermoplastisch. Elastomere sind weitmaschig chemisch vernetzte Kunststoffe, die von tiefen Temperaturen (unter 0 °C, aber oberhalb der Glastemperatur) bis zur Zersetzungstemperatur gummielastisch sind, Bild 1-2. Infolge der weitmaschigen Vernetzung sind Mikro-Brownsche Bewegungen (Abgleiten von Molekülketten) bei
HEB… Tg … Tf…
Haupterweichungsbereich Glas(übergangs)temperatur Fließtemperatur
/////// \\\\\\\
Anwendungsbereich Anwendungsbereich
Bild 1-2. Temperaturabhängigkeit des Elastizitätsmoduls (E-Moduls) von Kunststoffen (Schema). Statt des E-Moduls kann man auch die Spannung s bei konstanter Dehnung e oder die Viskosität u oder andere Eigenschaften auftragen [1]
1.1 Einteilungen
Bild 1-3. Strukturschema verschiedener Kunststoffgruppen [1]
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1 Einführung in Polymer Engineering
keiner Temperatur möglich. Oberhalb der Erweichungstemperatur (Glastemperatur) – über - 80 °C bis + 20 °C je nach Kunststoff – sind Bewegungen von Kettensegmenten und damit je nach Höhe der Temperatur und äußeren Belastungen größere Verformungen möglich. Fließvorgänge (Verarbeitung) sind nach der Vernetzung (Vulkanisation) kaum mehr möglich, Bild 1-2. Duroplaste sind chemisch engmaschig vernetzte, in der Regel amorphe Kunststoffe. Infolge der Vernetzung führen die Makromoleküle auch keine Mikro-Brownschen Bewegungen (Rotationen von Kettensegmenten) mehr aus. Lediglich oberhalb der Erweichungstemperatur (Glastemperatur) – über 50 °C – sind – bevorzugt bei schwach vernetzten Duroplasten – eingeschränkt Bewegungen von Kettensegmenten zwischen den Vernetzungsstellen möglich, die zu begrenzten Kriechvorgängen führen. Fließvorgänge (Verarbeitung durch Urformen oder Recycling durch Wiederaufschmelzen) sind nach der Vernetzung nicht mehr möglich. Thermoplaste und thermoplastische Elastomere sind schmelzbar; Thermoelaste, Elastomere und Duroplaste sind nicht schmelzbar. Alle Kunststoffe sind mehr oder weniger erweichbar bzw. einfrierbar. Wenn man die Eigenschaften über der Temperatur betrachtet, so ergeben sich prinzipiell folgende Kurven (tatsächlich sind es je Kunststoffgruppe ganze Kurvenscharen), siehe Bild 1-2. Bild 1-3 fasst einige Aussagen zu den drei Hauptgruppen von Kunststoffen zusammen und erweitert sie um qualitative Eigenschaften. Die folgenden Darstellungen und Aussagen vertiefen die Hauptmerkmale von Kunststoffen. Thermoplaste lassen sich nach Bild 1-4 einteilen. Die Ordnung der Makromoleküle wird schematisch gezeigt. Elastomere lassen sich nach Bild 1-5 einteilen. Das Strukturmodell für Elastomere gibt Bild 1-6 wieder. Die Einteilung und Verwendung von Elastomeren erläutert Tabelle 1-2. Thermoplastische Elastomere lassen sich nach Bild 1-7 einteilen. Thermoplastische Elastomere (TPE) sind Zwei- oder Mehrphasenkunststoffe (Block-Copolymere) mit ähnlichen elastischen Eigenschaften wie Elastomere, jedoch mit einer Schmelztemperatur, so dass sie wie Thermoplaste verarbeitet werden können. Tabelle 1-3 beschreibt am Beispiel Polyolefinblends deren Vorteile gegenüber Thermoplasten und Elastomeren. Duroplaste lassen sich nach Bild 1-8 einteilen. Die chemische Vernetzungsreaktion findet im (in der Regel beheizten) Werkzeug statt. Am Strukturmodell, Bild 1-9, erkennt man die engmaschige Vernetzung der Makromoleküle infolge hoher Dichte der chemischen Vernetzungsstellen. Tabelle 1-4 gibt Auskunft über die wichtigsten Kurzzeichen für Kunststoffe.
1.1 Einteilungen
Bild 1-4. Unterteilung der Thermoplaste nach Strukturmerkmalen [1]
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1 Einführung in Polymer Engineering
Bild 1-5. Einteilung der Elastomere [1]
Bild 1-6. Modell der Struktur eines räumlich weitmaschig, chemisch vernetzten Elastomers mit Vernetzungsstellen
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1.1 Einteilungen
Tabelle 1-2. Zusammenstellung der bedeutendsten Elastomertypen mit ihren hauptsächlichen Anwendungsbereichen [3]
Physikalisch „vernetzte“ Elastomere (TPE)
Chemisch vernetzte Elastomere (Vulkanisate)
Elastomere
Kurzbezeichnung
Typische Anwendungsbereiche
Naturgummi
NR
Styrol-ButadienGummi Butadiengummi
SBR
Auskleidung im Apparatebau, Schuhsohlen, Gummistiefel, Handschuhe, Klebstoffe Fahrzeugreifen technische Artikel
BR
Isoprengummi Chloroprengummi
IR CR
Acrylnitril-Butadien-Gummi (Nitrilgummi)
NBR
Polyurethan
PUR
Ethylen-PropylenTerpolymere (Dien)
EPDM
Butylgummi
IIR
Silicongummi
VQM
Fluorelastomere
FKM
Thermoplastische Polyolefin-Elastomere (EthylenPropylen-Blockcopolymere) Styrol-ButadienBlockpolymere Thermoplastische Polyurethane Thermoplastische Polyetherester Thermoplastische Polyamid-Elastomere
EPR (EPM)
Energieabsorbierende Automobilaußenteile wie Spoiler oder Stoßfänger
SBS
Sohlen für Schuhe, Mischkomponente für Thermoplaste Skischuhe, Verschleißschutz, Dämpfungselemente Hydraulik, Pneumatik (öl- und temperaturbeständig)
TPE-U TPE-E TPE-A
Schuhsohlen technische Artikel dünne Gummiartikel Technische Gummiwaren wie z.B. Transportbänder, Dichtungen, Schläuche Walzenüberzüge, Behälterauskleidungen Standard Gummi für technische Anwendungen: O-Ringe, Nut-Ringe, Dichtmanschetten, Wellendichtringe, Faltenbeläge, Membranen, Schläuche, Öl- und kraftstoffbeständige Dichtungen verschleißfeste, dämpfende Maschinenteile, Auskleidungen, Schuhe Energieabsorbierende Außenteile von Fahrzeugen wie Front- und Heckspoiler, Stoßfänger, Kabelisolierungen, Mischkomponenten für Thermoplaste (PP), Profildichtungen Schläuche für Reifen, Dichtungen, Membranen, Dämpfungselemente, Auskleidungen im Apparatebau bis 140 °C (abriebfest), Elektrische Isolierungen in der Kabelindustrie Formdichtungen und Dichtungsmassen hoher Wärmebeständigkeit und Kälteflexibilität Dichtungen mit hoher Beständigkeit gegen Wärme und Chemikalien
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1 Einführung in Polymer Engineering
Bild 1-7. Klassifizierung thermoplastischer Elastomere [4]
Erläuterungen zu den Abkürzungen: BMC bulk molding compound SMC sheet molding compound RTM resin transfer molding RIM reaction injection molding
SRIM structural RIM CFK kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe Prepreg vorimprägnierte, flächige oder linienförmige Verstärkungsstoffe (z. B. UP-GF)
Bild 1-8. Einteilung der Duroplaste nach dem Verarbeitungsverfahren [1]
1.1 Einteilungen Tabelle 1-3. Thermoplastische Elastomere (am Beispiel TPO); Eigenschaften [1]
Bild 1-9. Räumlich engmaschig, chemisch vernetztes Strukturmodell für Duroplaste [1]
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1 Einführung in Polymer Engineering
Tabelle 1-4. Kurzzeichen für Kunststoffe (Auswahl) [5] ABS ASA EP EPDM LCP PA11 PA12 PA4.6 PA6 PA6.6 PA6.10 PA6.6/6T PAEK PBT PC PE PEI PEEK PES PET PEK PMMA
Acrylnitril – Butadien – Styrol Acrylnitril – Styrol – Acrylat Epoxid, Epoxyharz Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk Flüssig-Kristalliner Kunststoff Polyamid 11 Polyamid 12 Polyamid 4.6 Polyamid 6 Polyamid 6.6 Polyamid 6.10 Copolyamide 6.6/6T Polyaryletherketon Polybutylenterephthalat Polycarbonat Polyethylen Polyetherimid Polyetheretherketon Polyethersulfon Polyethylenterephthalat Polyetherketon Polymethylmethacrylat
POM PF PP PPA PPE PPS PPSU PS PSU PTFE PUR PVC PVDF SAN SB TPO TPU UP
Polyoxymethylen Polyformaldehyd; Phenolharz Polypropylen Polyphthalamid Polyphenylenether Polyphenylensulfid Polyphenylensulfon Polystyrol Polysulfon Polytetrafluorethylen Polyurethan Polyvinylchlorid Polyvinylidenfluorid Styrol – Acryl – Nitril Styrol – Butadien Thermoplastisches Elastomer auf Polyolefinbasis Thermoplastisches Elastomer auf Polyurethanbasis Ungesättigter Polyester
1.1.5 Wirtschaftliche Bedeutung der Kunststoffe 1.1.5.1 Wirtschaftsdaten zu Thermoplasten [6] Die Bilder 1-10 bis 1-12 geben Auskunft über neuere Wirtschaftsdaten zu Thermoplasten.
1.1.5.2 Wirtschaftsdaten zu Duroplasten [7] Aktuelle Wirtschaftsdaten zu Duroplasten und weitere Zahlen und Informationen findet man unter www.avk-tv.de.
1.1.5.3 Wirtschaftsdaten zu Elastomeren [6] Aktuelle Wirtschaftsdaten zu Elastomeren und weitere Zahlen und Informationen findet man unter www.kunststoffe.de/marktbericht; www.klebstoffe.de; www.huethig.de.
1.1 Einteilungen
Bild 1-10. Erdölverbrauch bei der Herstellung von Kunststoffen (Quelle: www.kunststoffe.fcio.at/publikationen/allg8.htm)
Bild 1-11. Einsatzgebiete von Kunststoffen in Deutschland [6]
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1 Einführung in Polymer Engineering
Bild 1-12. Volkswirtschaftliche Bedeutung der Kunststoff-Industrie in Deutschland [6] Tabelle 1-5. Preisspanne pro Kilogramm Granulat Kunststoff (Auswahl) in € für das Frühjahr 2007 (Größenordnung, stark mengenabhängig und rohölkostenbestimmt) (Quelle: KI, Bad Homburg, www.kiweb.de) Kunststoffe/Metalle
Euro €
Kunststoffe/Metalle
Euro €
PE-HD1 PP1 PS1 PVC1
0,50–1,75 0,50–2,50 0,85 –1,30 0,55–1,40
ABS2 PC2 PMMA2 PEI SAN SB PSU
2,05–4,75 6,00–9,50 2,25–6,25 10,00–17,00 1,50–2,50 0,90–1,50 13,50
PA11 PA12 PA62 PA6GF2 PA6.62 PBT2 POM2 PET PPS PTFE LCP PEEK
7,50–11,50 7,50–11,50 2,50–6,00 2,83–2,98 3,00–3,41 2,94–3,26 2,45–2,97 3,00–10,00 3,00 –10,50 ca. 12,50 ca. 50,00 ca. 60,00
zum Vergleich St 37 Al Mg Ti C-Gewebe
0,30–0,50 0,70–1,00 1,50–2,00 4,00–5,00 80,00–120,00
TPO TPU UP PF (vorvernetzt) EP
2,50–5,00 3,75–6,25 2,60–5,00 1,00–3,00 4,00–10,00
1
20 t Ladungsbezug; 2 Einzelabnahmen zwischen 3 bis 10 t
1.1.5.4 Preisspanne für Kunststoffe Tabelle 1-5 nennt für ein ausgewähltes Spektrum an Kunststoffen und Metallen Preisspannen.
1.2 Synthese (Herstellung, Erzeugung) von Kunststoffen
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Literatur Kapitel 1.1 [1] Eyerer P (2007) Kunststoffkunde.Vorlesungsmanuskript WS 07/08, 14.Aufl, Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT, Pfinztal [2] DIN 7724 (1993) Polymere Werkstoffe – Gruppierung polymerer Werkstoffe aufgrund ihres mechanischen Verhaltens. Beuth, Berlin [3] Erhard G (1993)Vorlesungsmanuskript. Universität Karlsruhe, Karlsruhe [4] Osen E, Sckuhr M (1999) Thermoplastische Elastomere (TPE). Kunststoffe 89 (1999)10, S 176-179 [5] Franck A (2000) Kunststoff-Kompendium. 5. Aufl, Vogel Verlag, Würzburg, [6] plastics europe, Frankfurt: www.plasticseurope.org [7] Brinkmann PHP, Kraemer M, Kürten C (2001) Duroplastische Formmassen. Kunststoffe 91 (2001)10, S 347-349
1.2 Synthese (Herstellung, Erzeugung) von Kunststoffen 1.2.1 Übersicht Polymerisation Das Kapitel 1.2 ist für den Ingenieur-Gebrauch dieses Buches bewusst sehr knapp gehalten. Es wurde weitgehend der Foliensammlung von plastics europe, zum Teil stark gekürzt, entnommen [1]. Je nach Bildungsreaktion unterscheidet man folgende Polymerisate
• •
synthetische Kunststoffe – Additionspolymerisate + Kettenreaktion (im deutschen Sprachraum früher Polymerisation) + Stufenreaktion (im deutschen Sprachraum früher Polyaddition) – Kondensationspolymerisate abgewandelte Naturstoffe oder jüngst: Kunststoffe auf Basis nachwachsender Rohstoffe, wie Stärke, Cellulose, Zucker, Lignin, Chitin oder Terpenen [6]
Jede dieser Gruppen umfasst sowohl lineare, d. h. thermoplastische als auch vernetzte Kunststoffe. Je nach Vernetzungsgrad können
•
hochdehnfähige Kunststoffe (Elastomere)
oder
•
hochsteife Kunststoffe (Duroplaste)
entstehen. Bild 1-13 ordnet ausgewählte Beispiele den einzelnen Polymerisationsarten zu und fügt wichtige Merkmale, die Bezug zu späteren Eigenschaften haben können, an.
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Bild 1-13. Bildungsmechanismen von Kunststoffen [2]
1 Einführung in Polymer Engineering
1.2 Synthese (Herstellung, Erzeugung) von Kunststoffen
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1.2.2 Zuordnung von Kunststoffen zu Polymerisationsarten Bild 1-14 ordnet verschiedene Kunststoffe den Bildungsmechanismen (Polymerisationsarten) und Kunststoffgruppen zu. Diese chemische Unterscheidung verliert sich beim Verarbeiter. Für ihn ist es ausschließlich entscheidend, ob die Polymerisation beim Rohstoffhersteller abläuft, was heute noch bei nahezu allen Thermoplasten der Fall ist, oder ob die Vernetzung oder Polymerisation im Bauteil-Werkzeug stattfindet (siehe Tabelle 1-6). Tabelle 1-6 gibt beispielhaft Auskunft über Polymerisationsreaktionen bei Rohstoffherstellern bzw. bei Verarbeitern des Kunststoffes zu Bauteilen. Tabelle 1-7 nennt Beispiele für Kunststoffe, die während der Verarbeitung im Bauteil-Werkzeug vernetzen. In diesen Fällen ist, sofern es sich nicht um kalthärtende Duroplaste handelt, das Werkzeug beheizt (i. d. R. ca. 150 bis 200 °C). Im Gegensatz dazu muss es bei der Verarbeitung (Urformen) von Thermoplasten i. d. R. gekühlt werden.
Bild 1-14. Zuordnung von Kunststoffen zu Polymerisationsarten [2], ausgehend vom Mittelpunkt in Pfeilrichtung radial
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1 Einführung in Polymer Engineering
Tabelle 1-6. Polymerisation bei Rohstoffhersteller und Verarbeiter [2] Polymerisation beim Rohstoffhersteller
Polymerisation beim Verarbeiter von Bauteilen
• • • • • •
Thermoplaste, wie Polyethylen (PE), Polyamid (PA), Polycarbonat (PC), Polystyrol (PS), Polyurethan (TPU) zu Granulaten und Pulver Duroplaste, wie Phenolharz (PF), Epoxidharz (EP), Polysiloxan (SI) oder Polyurethan (PUR) als Vorprodukte Elastomere, wie Nitril- (NBR), Silicon- (VMQ), Acrylgummi (ACM) oder Polyurethan (PUR) als Vorprodukte Thermoplaste im RIM-Verfahren, wie Polyurethan (TPU), Guss-Polyamid (PA) Duroplaste durch Vernetzung, wie Epoxide (EP), ungesättigte Polyester (UP, beispielsweise SMC), Polyurethan (PUR) und im RIM-Verfahren z.B. Polyurethan (PUR) Elastomere durch Vulkanisation, wie Butylkautschuk (IIR), Chlorbutadien (CIIR)
Tabelle 1-7. Vernetzung während der Verarbeitung (Auswahl) [2] Duroplaste
Verfahren
Phenolharze (PF)
Pressen, Ziehen, Laminieren, Imprägnieren
Melaminharze (MF)
Epoxidharze (EP)
Silikonharze (SI) ungesättigter Polyester (UP)
Triazinharze
Polyimide (PI) Methacrylate Polyurethane (PUR)
Anwendungen
Press- + Spanplatten, E-Technik, Dämmstoffe, Formmassen, Papiere, Brandschutz Spritzgießen, Pressen, GieDekorpapiere, Holzwerkst., ßen, Wickeln, RTM, SRIM, Formmassen, E-Technik, Schäumen Schall- + Brandschutz Imprägnieren, Laminieren, Luft- + Raumfahrt, Medizin Ziehen, Pressen E-Technik, Fundamente Tiefbau, Sportgeräte, Klebstoffe SMC, BMC, ZMC, Wickeln, E-Technik, Dichtungen Laminieren, Ziehen, Gießen Bauwesen Pressen, Imprägnieren Fahrzeuge (Karosserie, Motor), Behälter, Gehäuse, Polymerbeton Träufeln, Laminieren, Gießen, Medizin, Elektronik, Lager, Schäumen, Pressen, Flugmotoren Spritzgießen Spritzgießen, Gießen, E-Technik, Elektronik Imprägnieren, Pressen Spritzgießen, Gießen, Polymerbeton, E-Technik, Imprägnieren, Pressen Sanitär Gießen, Schäumen, Fahrzeuge, Bauwesen Reaktionsspritzgießen (RIM, (Dämmstoffe), Gehäuse, RRIM, SRIM) Maschinenelemente, E-Technik
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1.2.3 Polymerisationen 1.2.3.1 Additionspolymerisation 1.2.3.1.1 Kettenreaktion (im deutschen Sprachraum früher: Polymerisation) Die Grundlage der Polymerisationsverfahren bilden Doppelbindungen. Die Kraft, die die meisten Makromoleküle zusammenhält, ist das Bindungsvermögen des Kohlenstoffs, d. h. die Fähigkeit, Bindungen miteinander und mit anderen Atomen einzugehen. Für die Anzahl der möglichen Bindungen ist die sog. Wertigkeit, die Valenz, maßgebend. Der Kohlenstoff ist vierwertig, anders gesagt, das C-Atom hat vier Bindungsarme. Beispiel: Im Methan kommen auf 1 C-Atom 4 Wasserstoffatome, was durch die Summenformel CH4 wiedergegeben wird. Deutlicher werden diese vier Bindungen in der Strukturformel des Methan oder der nächst höheren Verbindung dieser Reihe sowie in anderen verwandten Kohlenwasserstoffen (KW). Die Strukturformeln des Methan und des Ethan zeigen, dass jede Bindung des C-Atoms mit einem Wasserstoff (H)-Atom besetzt ist. Man spricht von gesättigten Verbindungen. In der Strukturformel des Ethylen sind die beiden C-Atome im Unterschied zum Ethan durch eine Doppelbindung miteinander verbunden. Eine derartige Bindung ist ungesättigt, beispielsweise die Monomere der Olefine (Ethylen) und die Vinylmonomere. Sie kann durch eine Reaktion wieder in eine Einfachbindung überführt werden. Dabei weist jedoch an jedem der beiden C-Atome je eine Bindung nach außen, die eine Sättigung anstrebt, solange ist sie ungesättigt. Freie Bindungen sind nicht beständig. Im Falle des Ethylen wird bei Einwirkung von Wärme, energiereicher Strahlung (z. B. UV- und Röntgenstrahlung) oder in Anwesenheit von Initiatoren bzw. Katalysatoren die Doppelbindung getrennt. Die Ethylen-Bausteine verbinden sich zum Polyethylen.
Dabei gibt der Index n (Polymerisationsgrad) am Fuß der eckigen Klammer an, wie viel monomere Bausteine jeweils zum Makromolekül vereinigt wurden. Der Polymerisationsgrad von Kunststoffen liegt im Bereich 100 bis 5 Millionen. Naturgemäß weisen die einzelnen Makromoleküle eine unterschiedliche Anzahl Bausteine auf, so dass man nur von einem mittleren (durchschnittlichen) Polymerisationsgrad sprechen kann.
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1 Einführung in Polymer Engineering
Polymerisationen sind exotherme Reaktionen, weil das Polymerisat energieärmer ist als das ungesättigte Monomer. Sehr hoch ist beispielsweise die Polymerisationswärme des Ethylens. Diese Wärme muss bei der Synthese (Herstellung) abgeführt werden, da sonst Explosionen die Folge sind. Bei der Polymerisation tritt infolge chemischer Reaktion zwischen dem Monomer und dem Polymerisat eine Volumenverkleinerung (Schwindung) und damit eine Dichtezunahme ein. Sie beträgt beispielsweise bei Vinylchlorid 34,4 % und bei Styrol 14,7 %. Aus der Dichteänderung wird der jeweilige Umsatz ermittelt. Die Ziegler’schen Arbeiten regten im Jahre 1953 Giulio Natta, Mailand, dazu an, diese Erkenntnisse auf die stereoregulierte Polymerisation von Propylen auszudehnen. Dabei wurde das isotaktische, syndiotaktische und ataktische PP entdeckt und in den strukturbedingten Eigenschaftsunterschieden erforscht. Die CH3-Gruppen können in unterschiedlicher Reihenfolge an der Kohlenstoffkette angeordnet sein. Man spricht von der Taktizität. Bei der stereoregulierten Polymerisation von Propylen wird unterschieden nach: isotaktisches Polypropylen, wenn alle CH3-Gruppen auf derselben Seite der Kohlenstoffkette sind bzw. entsprechend ihrer wendelförmigen Anordnung nach außen weisen.
Ataktisches Polypropylen, wenn die CH3-Gruppen regellos angeordnet sind.
Syndiotaktisches Polypropylen, wenn sich die CH3-Gruppen in regelmäßiger Folge abwechselnd auf verschiedenen Seiten der Kohlenstoffkette befinden.
Der zurzeit technisch bedeutendste Materialtyp ist das nach dem Eingangsverfahren mit stereospezifischen Katalysatoren nach Ziegler/Natta gewonnene
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isotaktische Polypropylen. Es ist hochkristallin, weil sich die regelmäßig gebauten Ketten leicht ordnen können. Infolgedessen beträgt der Erweichungspunkt 165 °C (Kristallitschmelzpunkt) gegenüber 128 °C bei ataktischem Polypropylen. Eine entscheidende Verbesserung der Polymereigenschaften und eine wesentlich vielseitigere Anwendbarkeit brachten erst die, seit den 1980er Jahren bekannten, Metallocen-Katalysatoren. Durch Metallocen-Katalysatoren, wie beispielsweise Dicyclopentadienylzirkoniumdichlorid in Verbindung mit Methylalumoxan als Cokatalysator, wurde ein Weg zu einem steuerbaren Eigenschaftsbild gefunden, und Molmasse, Molmassenverteilung, Taktizität, Wärmebeständigkeit, Steifigkeit, Härte, Kälteschlagzähigkeit und Transparenz konnten gleichsam maßgeschneidert werden. ■ Copolymerisation Bei den bisher betrachteten Polymeren handelte es sich stets um die Aneinanderreihung gleichartiger Monomere. Voraussetzung für die Polymerisation war das Vorhandensein von mindestens zwei Verknüpfungsstellen. Je tiefer die Wissenschaft in den Feinbau der Hochpolymere eindringt, desto zielsicherer handhabt sie die Mittel, die Eigenschaften der Homopolymere durch Copolymerisation mit einem oder mehreren Monomeren in gewünschter Weise zu beeinflussen.
Die Copolymerisation ist keineswegs auf zwei monomere Komponenten beschränkt. Eine Copolymerisation liegt auch dann vor, wenn lineare Polymerisate oder Polykondensate, die noch über eine reaktionsfähige Komponente verfügen (trifunktionelle Monomere), mit einem polymerisationsfähigen (bifunktionellen) Monomer vereinigt werden. Das Ergebnis ist ein vernetzter Kunststoff, z. B.: Ungesättigter Polyester und Styrol ergibt vernetztes Polyesterharz. ■ Monomere für Additionspolymerisationen (Polyadditionen) als Kettenreaktion [1] besitzen zusammengefasst meist eine C=C Doppelbindung. Die beiden C-Atome an der Doppelbindung können Wasserstoff, andere Atome oder auch ganze Atomgruppen tragen. Technisch werden fast ausschließlich Monomere verwendet, bei denen nur ein H-Atom durch ein anderes Atom oder eine meist recht kleine Seitengruppe substituiert ist. Bild 1-15 zeigt Vertreter von Monomeren für Polymerisationsreaktionen, z. B. Polystyrol.
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1 Einführung in Polymer Engineering
Es gibt verschiedene Polymerisationsreaktionen (radikalisch, ionisch, stereoreguliert), um innerhalb der Additionspolymerisation als Kettenreaktion vom Monomer zum Polymer zu gelangen. Grundlegende Details sind in [1] zu finden. Epoxidharze [1] gehören zu den Duroplasten. Die Stufenreaktion (Polyaddition, s. Bild 1-16) liefert zunächst ein im Wesentlichen lineares Makromolekül, das noch zahlreiche OH-Gruppen besitzt. Dieses Additionsprodukt wird in eine Form gebracht oder in flüssiger Form auf Oberflächen aufgetragen. Danach wird chemisch gehärtet, häufig unter Erwärmen. Wegen ihrer guten Haftfähigkeit auf metallischem Untergrund sind Epoxidharze ausgezeichnete Grundierungen für Autolacke oder sie dienen als Metall-Klebstoffe. Ein weiteres wichtiges Einsatzgebiet ist die Elektronik, wo sie als Träger für Halbleiterplatinen dienen. Mit
(s. a. Kap. 2.1.1.1)
(s. a. Kap. 2.1.1.2)
(s. a. Kap. 2.1.4.1)
(s. a. Kap. 2.1.2.1)
(s. a. Kap. 2.1.3.1)
(s. a. Kap. 2.1.4.2)
Bild 1-15. Monomere für Additionspolymerisationen [1]
1.2 Synthese (Herstellung, Erzeugung) von Kunststoffen
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Bild 1-16. Monomere für Stufenreaktionen (Polyaddition) [1] Strukturen in Bild 1-16: 1 = Dihydroxyverbindung (Bisphenol A) 2 = Epichlorhydrin 3 = mehrfunktionelles Isocyanat 4 = mehrfunktionelle Hydroxyverbindung
Glas- oder Kunstfasern verstärkt werden Epoxidharze beispielsweise im Bootsund Flugzeugbau oder bei Sportgeräten eingesetzt. Polyurethane können sowohl linear (thermoplastisch) als auch vernetzt (duroplastisch) hergestellt werden. Im letzteren Fall werden neben Dialkoholen noch Trialkohole eingesetzt, was zur Vernetzung der Polymerketten führt. Polyurethan kann durch Zusatz von Treibmittel geschäumt werden. Heute wird beim Schäumen das Treibmittel überwiegend aus dem Reaktionsgemisch erzeugt. Durch Zusatz geringer Mengen von Wasser wird aus lsocyanatgruppen CO2 abgespalten, das rasch Blasen bildet. Geschäumtes Polyurethan dient unter anderem für Polsterungen von Wohnmöbeln und Autositzen (Weichschaum) sowie für Wärmeisolierungen, z. B. an Kühlschränken oder Wohncontainern (Hartschaum). Außerdem lassen sich alle Arten von Schuhsohlen aus Polyurethan herstellen, angefangen beim bequemen und robusten Wanderschuh bis zum Hochleistungs-Sportschuh für die Leichtathletik. ■ Kondensationspolymerisation Zwei gleich- oder verschiedenartige reaktionsfähige Gruppen von Verbindungen reagieren miteinander, siehe auch Bild 1-13. Dabei entstehen niedermolekulare Nebenprodukte wie Wasser,Ammoniak, Chlorwasserstoff,Alkohole und andere. Weisen die miteinander reagierenden Reaktionspartner einer Kondensation nur eine reaktionsfähige Gruppe auf, dann entstehen niedermolekulare Verbindungen und die entsprechenden niedermolekularen Molekülteile.
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1 Einführung in Polymer Engineering
Beispiel: Esterbildung aus Säure + Alkohol unter Wasserspaltung.
Aus bifunktionellen Reaktionspartnern entstehen die bekannten linearen Kettenmoleküle (Thermoplast). Beispiel: Terephthalsäuredimethylester + Glykol ergibt Polyethylenterephthalat + Methylalkohol (Umesterung).
PET (Polyester: Polyethylenterephthalat), das Polykondensat von Ethandiol (Glykol) und Terephthalsäure, ist in zweien seiner Einsatzgebiete auch bei Nichtfachleuten bekannt geworden. Immer häufiger werden alkoholfreie Erfrischungsgetränke in Flaschen aus PET abgefüllt, die in Mehrwegsystemen leicht mehr als 30 Umläufe durchmachen können.Wie andere Polyester dient PET aber auch als Faserrohstoff, der unter Markennamen wie Trevira, Diolen, Terylen und anderen zu Textilien von hoher Knitterfestigkeit verarbeitet wird. Das eröffnet auch noch Möglichkeiten zur Verwertung unbrauchbar gewordener Flaschen. Nach ihrer Ausmusterung werden Fasern aus den Flaschen hergestellt und zu Wattierungen für warme Anoraks verarbeitet. Durch Polyesterfasern wird der Airbag im Auto zu einem extrem reißfesten Beutel. Beim Unfall strömt explosionsartig Gas in den Airbag, was ihn in Sekundenbruchteilen zu einem Polster werden lässt, das Verletzungen bei Verkehrsunfällen verhindert oder reduziert. Aus tri- oder polyfunktionellen Reaktionspartnern entstehen engmaschige Raumnetzmoleküle (Duroplaste). Beispiel: Phenol + Formaldehyd ergibt Phenolharz + Wasser Die Kondensationspolymerisation ist ein Beispiel für eine Stufenreaktion, die aus einzelnen voneinander unabhängigen Schritten besteht. Sie ist in ihrer Wärmetönung endotherm, d. h. Energie wird zugeführt. Die dabei gebildeten Zwischenprodukte können also isoliert und während einer bestimmten Zeitdauer gelagert werden. Unter geeigneten Arbeitsbedingungen kann die unterbrochene
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Reaktion fortgeführt werden. Diese Möglichkeit nutzt die Kunststoffindustrie zur Herstellung von Formmassen durch Mischen mit Füllstoffen oder Mischen verschiedener Vorkondensate. Dadurch lassen sich Zykluszeiten beim Verarbeiten reduzieren.
1.2.4 Einflüsse der Polymerisation auf die Werkstoffeigenschaften Tabelle 1-8 stellt, getrennt für unvernetzte (Thermoplaste) und vernetzte (Elastomere/Duroplaste) Kunststoffe, einige wichtige Einflussfaktoren stichwortartig zusammen. ■ Thermoplaste Die Molmasse beeinflusst zum einen die Schmelzeviskosität, also die Verarbeitbarkeit. Eine niedrige Molmasse bedingt eine niedrige Schmelztemperatur und eine niedrige Schmelzeviskosität; erfordert also geringere Verarbeitungsdrücke und damit niedrigere Werkzeugzuhaltedrücke. Die Formfüllung geschieht tendenziell schneller und vollständiger. Andererseits verstärkt sich Austrieb und Nacharbeit, so dass doch wieder höhere Zuhaltekräfte gewählt werden müssen. Die Eigenschaften von niedermolekularen Thermoplasten sind wiederum tendenziell eine
• geringere Festig- und Steifigkeit, • geringere Arbeitsaufnahme, • größere Kriechneigung bei Langzeitbelastung. Ketten-Verzweigungen können diese Aussagen in die eine oder andere Richtung, beispielsweise je nach Kristallisationsneigung, verändern. Durch eine sehr hohe Molmasse, beispielsweise beim ultrahochmolekularen Polyethylen, steigt die
• Verschleißfestigkeit, • Schlagzähigkeit, • Formstabilität signifikant. Die Molmassenverteilung hat bei breiter Verteilung (Dispersität) prinzipiell eine ähnliche Auswirkung: hohe niedermolekulare Anteile wirken weich machend und gleiten bei höheren Temperaturen gut aneinander ab, d. h. gute Verarbeitbarkeit, dafür aber schlechtere Langzeiteigenschaften. Eine enge Verteilung mit hohen langkettigen Anteilen dagegen hat eine schlechtere Verarbeitung bei besseren mechanischen Langzeiteigenschaften zur Folge. Der Verzweigungsgrad hat großen Einfluss auf die Kristallinität von Molekülstrukturen und verändert die mechanischen und transportbedingten (Permeation) Eigenschaften von Kunststoffen stark. Hohe Schlagzähigkeit bei großem Verzweigungsgrad kann eine Folge sein. Dagegen sinkt die Schmelztemperatur und die Glastemperatur (dadurch erhöhte Kältezähigkeit) deutlich.
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1 Einführung in Polymer Engineering
Tabelle 1-8. Beeinflussung der Werkstoffeigenschaften durch die Polymerisation [2] Thermoplaste
Elastomere/Duroplaste
쐌 Molmasse Molmassenverteilung 쐌 Verzweigungsgrad 쐌 Taktizität 쐌 Restmonomere z. B.: Styrol, VC 쐌 Rückstände, z. B.: Emulgatoren, Löse- und Fällmittel (bei UHMW PE1 Dieselöl)
쐌 Vernetzungsgrad beeinflusst z. B. Steifigkeit, Festigkeit, chemische Beständigkeit, Erweichungstemperatur, … 쐌 Copolymerisation (Sequenzlänge etc.) 쐌 niedermolekulare Bestandteile, z. B.: Isocyanate, Amine, Phenole, Formaldehyde
1
ultra high molecular weight polyethylene
Der Einfluss der Taktizität insbesondere beim Polypropylen ist in Tabelle 1-8 erwähnt. 95 Prozent isotaktisches Polypropylen über Metallocen-Katalysatoren synthetisiert, hebt viele Eigenschaften auf gewünschte technische Anwendungsniveaus. Restmonomere, auch Rückstände aus der Polymerisation, können gesundheitsschädlich sein (Vinylchlorid beim PVC) oder können technische Eigenschaften verändern, wie beispielsweise Rückstände von Emulgatoren, die die Isolierfestigkeit von PVC-Kabel erniedrigen. Rückstände von Lösungsmitteln (Dieselöl, Toluol u. a.) aus der Fällungspolymerisation gelangen, wenn auch im Mikrogrammbereich, von Gelenkendoprothesen, wie Hüftpfannen, über die Jahre der Implantation in den menschlichen Körper. ■ Elastomere/Duroplaste Der Vernetzungsgrad beeinflusst wesentlich die Lage der Glastemperatur und den Abfall der Eigenschaften im Haupterweichungsbereich. Festigkeit und Steifigkeit nehmen dabei mit steigendem Vernetzungsgrad zu, während die Dehnungsfähigkeit abnimmt. So werden beispielsweise Scheibenbrems- oder Kupplungsbeläge mit Phenolharz und elastomerem Binder in aufwendigen Aushärteprozessen über ca. 20 Stunden schrittweise bis zu Temperaturen von 300 °C vernetzt. Die Weite der molekularen Netzwerkmaschen (Sequenzlänge) spielt bei der Copolymerisation (Thermoplaste und Elastomere/Duroplaste) eine zentrale Rolle und bestimmt die Eigenschaften bei der gummielastischen Deformation. Niedermolekulare Bestandteile sind vor allem bei Langzeitanwendungen in Innenräumen (Automobile, Wohnungen) kritisch, da sie i. d. R. emittieren. Schwindung/Schrumpfung (siehe auch Kapitel 1.3.1.2 und 1.4.7.2.1) In der Praxis ist meistens von Schrumpf die Rede. Gemeint ist jedoch die Schwindung. Unter Schwindung versteht man die Verkleinerung des Volumens durch beispielsweise höhere Packungsdichte der Makromoleküle infolge Kristallisation oder Vernetzung. Bei der Schwindung verkleinert sich also das Volumen eines Bauteiles, die Maßhaltigkeit verändert sich ebenfalls, die Gestalt bleibt erhalten (V ≠ const).
1.2 Synthese (Herstellung, Erzeugung) von Kunststoffen
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Unter Schrumpfen versteht man die Zurückknäuelung orientierter Makromoleküle meist bei erhöhten Temperaturen. Dadurch vermindert sich die Länge, der Querschnitt wächst (V = const). Beispiel: Stellt man einen tiefgezogenen Becher aus Polystyrol oder Polypropylen in einen Ofen, so schrumpft der Becher (PS bei ca. 120 °C, PP bei ca. 160 °C) zu der Platte zurück, aus der er ehemals geformt wurde. Dabei bleibt das Volumen des Kunststoffes unverändert, Gestalt und Abmessungen dagegen verändern sich vollkommen. Bei der Schwindung ist zu unterscheiden zwischen
• Syntheseschwindung, • Verarbeitungsschwindung und • Nachschwindung. Das Polymerisat hat stets eine größere Dichte als das Monomer, d. h. das Volumen schwindet während der Polymerisation. Die Schwindung wird in der Praxis oft als Maß für den erreichten Reaktionsumsatz benutzt. Schwindungsarme bis -freie LS (low shrink)- und LP (low profile)-Systeme entwickelte man in den vergangenen 20 Jahren für großflächige Bauteile im KfzKarosseriebau wie beispielsweise Stoßfänger, Heckklappen, Türen, Kotflügel u. a. Schwundarme LS- und LP-Systeme erhält man, wenn man geeignete Thermoplaste im UP1-Ausgangsharz löst. Während der Härtungsreaktion fallen sie feinverteilt aus, da die zugegebenen Thermoplaste sich wohl im Styrolmonomer, nicht aber im entstehenden Polystyrol lösen. Die ausgefallenen Thermoplastpartikel enthalten monomeres Styrol, das mit Verzögerung reagiert und vorher durch Verdampfung infolge der Reaktionstemperatur feine Blasen erzeugt. Diese Blasen kompensieren die Schwindung und pressen die Oberfläche des entstehenden Formteils an die Werkzeugwandung. Das LP-System enthält soviel Thermoplast, dass es nicht mehr in der Masse gleichmäßig einzufärben ist. Jedoch kann man es (z. B. bei der Autokarosserie) lackieren.
1.2.5 Duroplaste (technische Harze) [2] Die chargenweise technische Kondensation von Phenol, Kresol und Xylenol bzw. deren Gemische mit Formaldehyd (H2CO) führt je nach dem molaren Verhältnis der Komponenten, den angewandten Katalysatoren und der Art der Abscheidung von niedermolekularen Zwischenprodukten (Entwässerung) zu einer Vielzahl von hochmolekularen Produkten, so genannten „technischen Harzen“ (siehe auch Kapitel 1.4.6). Deren Hauptgruppen lassen sich unterscheiden in:
1
ungesättigter Polyester
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1 Einführung in Polymer Engineering
Beim Aushärten durchlaufen Resole und Novolak-Hexagemische den 2. Resitol (B-Zustand) gummiartiges Reaktionsprodukt, fast unlöslich aber noch quellbar, schwer schmelzbar, mittlerer Vernetzungsgrad zum 3. Resit (C-Zustand) technisch ausgehärtetes, unlösliches, nicht schmelzbares Phenolharz (hoher Vernetzungsgrad) Zwischen A- und B-Zustand überwiegt die Molekülvergrößerung unter Abspaltung von Wasser, Formaldehyd oder Ammoniak, im C-Zustand erfolgt die räumliche Vernetzung. Überwiegend wird warm gehärtet (140 – 180 °C), aber auch kalthärtende Systeme (z. B. Montageleime) sind verfügbar. Anwendungen
1.2 Synthese (Herstellung, Erzeugung) von Kunststoffen
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In der Regel ist die Kondensationsreaktion endotherm, d. h. durch Abstellen der Wärmezufuhr kann die Reaktion insbesondere bei Resolen beliebig angehalten werden. Technisch wird dies wirtschaftlich ausgenützt, indem man beispielsweise Glasmatten, Papier, textiles Gewebe imprägniert und vorkondensiert, d. h. so genannte Prepregs2 hergestellt und nach fertigungsbedingten Zwischenlagerungen durch Druck und Hitze beispielsweise 100 bar und 160 - 170 °C für Phenolharz in die endgültige Form bringt, z. B. SMC-Harzmatten3. Während lineare (thermoplastische) Kondensationspolymerisate als Gleichgewichtsreaktion (reversible Kondensationsreaktionen) hydrolyseempfindlich4 sind, liegt bei chemisch vernetzten Systemen (z. B. Duroplaste oder Elastomere) meist eine irreversible Kondensationsreaktion vor. Die Vernetzungsstellen sind nicht mehr durch Wasser spaltbar.
1.2.6 Abgewandelte Naturstoffe Naturstoffe wie Holz, Kautschuk, Wolle und Zellstoff, veredelte bzw. abgewandelte Naturstoffe wie Celluloseester und Celluloseether sowie synthetische Werkstoffe wie Polyethylen, Phenolharz, Polyester, Silicone, Butylkautschuk und viele andere organische Hochpolymere sind entweder aus fadenförmigen mehr oder weniger verzweigten sowie aus räumlich vernetzten Makromolekülen aufgebaut. Gleichartige Grundbausteine werden durch Hauptvalenzen – auch atomare oder primäre Bindungen genannt – verbunden [2]. Zahlreiche organische Naturstoffe wie Cellulose, Stärke, Eiweiß und Naturkautschuk sind ebenfalls aus Makromolekülen aufgebaut. Die Grundbausteine sind zwar meistens von komplexerer Gestalt als viele synthetische Polymere, wie aus dem Vergleich des Cellulose- und des Polyethylen-Bausteines hervorgeht, dennoch war es nahe liegend, dass die Chemie der Kunststoffe mit der Herstellung abgewandelter Naturstoffe begann. Als Ausgangsstoffe boten sich die in der Natur reichlich vorkommende Cellulose und das Eiweiß (Casein) an.
1.2.6.1 Kunststoffe auf Cellulosebasis Die Cellulose bildet als Gerüstsubstanz den Hauptbestandteil der pflanzlichen Zellwände. Sie ist das am häufigsten vorkommende Kohlehydrat. Pflanzenfasern wie Baumwolle, Jute, Flachs und Hanf sind nahezu reine Cellulose. Das Holz der Nadel- und Laubbäume besteht zu 40 bis 50 % aus Cellulose neben Hemicellulose und Lignin. Das Stroh enthält etwa 30 % Cellulose.
2 3 4
Prepreg: Abkürzung für preimpregnated = vorimprägniert. SMC: sheet molding compound. Durch Einwirken von heißem Wasser erfolgt ein Abbau der polymeren Einheiten in umgekehrter Richtung der Reaktionsgleichung; erhöhter Druck wirkt beschleunigend.
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1 Einführung in Polymer Engineering
Die Cellulose bildet durch die wechselnde räumliche Anordnung der Sauerstoffbrücken lange Ketten, die zu Bündeln vereinigt sind. Cellulose ist eine farblose, in Wasser und den meisten organischen Lösemitteln unlösliche Substanz. Der „Zellstoff“ wird vorwiegend aus Holz oder Stroh gewonnen. Reine Cellulose wird aus entfetteter Baumwolle hergestellt. Die Cellulose wird zunächst in sauren oder alkalischen Verfahren zu Zellstoff aufgeschlossen und dann zu Papier, Schießbaumwolle, Celluloid, Nitrolacken, halbsynthetischen Fasern (Viscose-Reyon), Kupfer-Reyon, Acetat-Reyon (Zellwolle), Vulkanfiber, Cellophan, Alkylcellulose, Celluloseacetat und CelluloseMischestern verarbeitet. Als formbare Kunststoffe interessieren die Celluloseester und die Cellulose-Mischester. Die Cellulose ist aus linearen Molekülen aufgebaut, die Kristallite bilden. Die Kristallitbildung wird durch die starken zwischenmolekularen Kräfte der Wasserstoffbrücken (OH-Gruppen) hervorgerufen. Diese Sekundärkräfte sind so groß, dass die Cellulose nicht in der Wärme formbar ist. Die chemische Abwandlung der Cellulose ist mit einem Abbau der Makromoleküllänge verbunden. Die technologischen Eigenschaften der CelluloseDerivate hängen nicht nur von der Art der Substituenten, sondern auch vom Grad der Umsetzung der OH-Gruppen ab. Optimale Eigenschaften ergeben sich nur dann, wenn ein bestimmter – für jeden Typ jedoch verschiedener – Bruchteil der Hydroxylgruppen substituiert wird.
1.2.6.2 Kunststoffe auf Proteinbasis Von den technisch genutzten tierischen Eiweißkörpern – Milcheiweiß, Fischeiweiß und Seidenfibroin – wird das Milcheiweiß (Casein) bevorzugt. Den Grundbaustein der Eiweißstoffe (Proteine) bilden die a-Aminosäuren. Das Casein gehört zu den konjugierten Proteinen, die außer dem Eiweißanteil noch eine so genannte prosthetische Gruppe enthalten. Hierzu zählen z. B. Phosphorsäure, Farbstoffe oder Kohlenhydrate. Das Casein gehört zu den Phosphorproteinen. Die Phosphorsäure wird durch das Labferment des Kälbermagens abgespalten. Es verbleibt das Milcheiweiß. Die Proteine werden durch die Vernetzungsreaktion in ein Polymer umgewandelt. Die freie Aminogruppe reagiert bevorzugt mit dem sehr reaktionsfähigen Formaldehyd CH2O. In der Wasserabspaltung liegt der Vernetzung der Proteinketten der gleiche Reaktionsmechanismus zugrunde wie bei der Polykondensation.
1.2.6.3 Kunststoffe auf Ligninbasis Ausgangspunkt für eine neue thermoplastische Werkstoffgruppe aus ausschließlich nachwachsenden Rohstoffen ist das Naturpolymer Lignin, welches zu bis zu 30 % in jedem Baum und jeder verholzenden Pflanze durch die Photo-
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synthese gebildet wird. Lignin ist nach der Cellulose das am häufigsten vorkommende Naturpolymer und bildet z. B. im Baumstamm aus Monomeren eine dreidimensional vernetzte Gerüststruktur um die Cellulosefasern. Lignin bzw. Ligninderivate fallen bei der Papierherstellung weltweit jährlich zu etwa 60 Mio. Tonnen an. Nur ein kleiner Teil des daraus gewonnenen Lignins von etwa 5 % findet eine stoffliche Verwendung. 95 % des aus dem Holz herausgelösten Lignins ist Abfall und wird zum Teil direkt in den Zellstoffwerken zur Energiegewinnung verbrannt. Durch die stoffliche Nutzung des durch die Photosynthese gebildeten Holzinhaltsstoffs Lignin als Matrixwerkstoff und Naturfasern als Verstärkung können Werkstoffrezepturen erstellt werden, die keinen Zusatz von synthetisch hergestellten Kunststoffen für deren Verarbeitung benötigen. Dies bedeutet, dass der CO2-Kreislauf dieser Werkstoffe nahezu geschlossen ist.
1.2.7 Kunststofferzeugung (verfahrenstechnische Prozesse) [1] Allgemeines zur Erzeugung von Kunststoffen Kunststofferzeugung ist immer ein industrieller Prozess. Bei Massenkunststoffen wie Polyethylen, Polypropylen, Polystyrol oder Polyvinylchlorid findet sie in Anlagen mit Jahreskapazitäten von mehreren zigtausend Tonnen statt. Innerhalb einer Produktionsstätte stehen oft mehrere solcher Anlagen nebeneinander, so dass die Jahreskapazität einer Produktionsstätte mehr als 500.000 Tonnen betragen kann. Allein in Deutschland wurden 2005 rund 11,5 Millionen Tonnen Kunststoffe erzeugt. Große Anlagen zur Kunststofferzeugung werden kontinuierlich betrieben. Der erzeugte Kunststoff wird also laufend aus dem Reaktor entfernt und neues Monomer wird zudosiert. Nicht umgesetztes Monomer, Katalysator, Radikalbildner (Initiatoren) und eventuell Lösemittel werden vom Kunststoff abgetrennt und in den Prozess zurückgeführt.
Literatur Kapitel 1.2 [1] VKE (2003) Foliensammlung Kunststoffe. VKE Verbund Kunststofferzeugende Industrie e.V., Frankfurt [2] Eyerer P (2007) Kunststoffkunde.Vorlesungsmanuskript WS 07/08, 14.Aufl, Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT, Pfinztal [3] Quadbeck-Seeger H-J (1993) Kunststoff-Forschung: Von der Empirie zur Strategie. In: BASF AG (Hrsg) Trends in der Kunststoff-Forschung, S 10–17 [4] Horn D (1995) Angewandte Polymerforschung – ein Kapitel der Supramolekularen Chemie. In: BASF AG (Hrsg) Polymere, S 20–33 [5] Franck A (2000) Kunststoff-Kompendium. 5. Aufl, Vogel Verlag, Würzburg [6] Kamm B, Gruber PR, Kamm M (2005) Biorefineries – Industrial Processes and Products. Wiley-VCH, Weinheim
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1 Einführung in Polymer Engineering
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen Wie bei allen Werkstoffen interessieren den Anwender meist die Eigenschaften eines Werkstoffes im nutzbaren Bauteil. Neben den werkstofflichen Faktoren wie chemischer, physikalischer und technischer Aufbau sowie den Faktoren aus der Erzeugung (bei Kunststoffen die Synthese), verändern die Art der Verarbeitung einschließlich der Werkzeugtechnik und der Gestaltung die im Bauteil resultierenden Eigenschaften oft ganz wesentlich und richtungsabhängig. Bei den Auswahlbetrachtungen für vorwiegend mechanisch beanspruchte Teile muss man also stets in Rechnung stellen, dass eine als Auswahlkriterium dienende mechanische Eigenschaft, etwa die für die Bauteildimensionierung maßgebliche Bruchfestigkeit sB , von einer Reihe wichtiger Faktoren [1] abhängen kann. So etwa von a) der Beanspruchungsdauer, der Beanspruchungsfrequenz, der zeitlichen Dauer von Belastungs- und Entlastungsphasen, b) der Beanspruchungshöhe und Beanspruchungsart (Zug-, Druck-, Biege-, Scherbeanspruchung; mehrachsige Beanspruchung), c) der Betriebstemperatur, d) den Umwelteinflüssen: Einwirkung der Witterung (Sonnenlicht,Wind, Regen, Feuchtigkeit, Temperaturschwankungen); Einwirkung flüssiger, gasförmiger, dampfförmiger Chemikalien; Einwirkung energiereicher Strahlung oder Einwirkung von Mikroorganismen, e) der Verarbeitung: dem thermischen oder mechanischen Abbau, etwa beim Spritzgießen und Strangpressen; chemischen Reaktionen wie Oxidation oder HCl-Abspaltung; Orientierung der Makromoleküle beim Spritzgießen, Strangpressen, Blasformen; Schädigung bei mechanischer Bearbeitung (Sägen, Fräsen, Bohren), bis hin zur eingesetzten Oberflächentechnik, f) der Morphologie: Größe, Verteilung, Anteil der kristallinen Bereiche; unterschiedliches spezifisches oder freies Volumen aufgrund der thermischen Vorgeschichte der Werkstoffe; unterschiedliche Molekülorientierungen in verschiedenen Bereichen des Werkstoffes bzw. Formteiles; Molmasse, Molmassenverteilung, chemische Einheitlichkeit (Taktizität), g) der Formgebung: Kerbwirkung durch Formgebung oder Bearbeitung, h) den dem Kunststoff-Werkstoff beigegebenen Zusätzen: Additive wie Farbstoffe, Pigmente, Stabilisatoren, verstärkende Stoffe, Haftvermittler, Formtrennmittel oder Flammschutzmittel u.v.a. Diese Überlegungen gelten grundsätzlich für alle Werkstoffe. Im Folgenden sei jedoch auf Kunststoffe fokussiert, wobei Metalle vergleichsweise öfter mit beschrieben werden.
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen
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1.3.1 Aufbau der Kunststoffe Der Ingenieur oder Kunststoffanwender hat meistens im Umgang mit Metallen ein fundiertes Wissen. Daher sind im Folgenden vereinzelt Metalle und Kunststoffe zur Veranschaulichung der Unterschiede gegenüber gestellt. Während das Gefüge bei den Metallen aus Atomen aufgebaut ist, sind es bei Kunststoffen Moleküle. Das Metallgitter besteht aus positiven Ionen, während die Valenzelektronen, ähnlich einem Gas („Elektronengas“), frei darin beweglich sind. Die dadurch erzeugte negative Raumladung führt zu einer Kraft (Metallische Bindung), die größer ist als die Abstoßung zwischen den Ionen. Die Bindungsenergie beispielsweise zwischen Eisenatomen liegt bei 395 kJ/mol. Im Gegensatz zur Metallischen Bindung zwischen Atomen (man spricht vom Metallgitter oder Metallkristall) bestimmen bei Kunststoffen die kovalente Bindung (oder primäre Bindung oder Hauptvalenzbindung) und die Zwischenmolekulare Bindung (oder sekundäre Bindung oder Nebenvalenzbindung (veraltet)) die Eigenschaften. Die kovalente Atombindung wird durch Elektronenpaarbildung erreicht, d. h. für bestimmte Elektronen besteht die gleiche Aufenthaltswahrscheinlichkeit bei mehreren Atomen. Der Kohlenstoff C, auch das Silizium Si, können über gemeinsame Valenzelektronen Kristallgitter aufbauen. Diamant oder Quarz sind Beispiele. Durch Absättigung zwei der vier Valenzarme von Kohlenstoff und Silizium können aber auch Molekülketten entstehen, die das Grundgerüst der Kunststoffe bilden. Dies kann kettenförmig (aliphatisch) oder auch ringförmig (aromatisch) geschehen.
Tabelle 1-9 listet einige für Kunststoffe wichtige Bindungspartner, -abstände und -energien auf, aus denen sich qualitativ durchaus Festkörpereigenschaften ableiten lassen. So ist beispielsweise der Bindungsabstand zweier Kohlenstoffatome im Ring kleiner, die Bindungsenergie dadurch deutlich höher als in der Kette. Folglich sind Ringverbindungen beispielsweise thermisch stabiler als lineare Molekülketten. Hier spielt allerdings die sterische Behinderung auch eine große Rolle. Ein weiteres Beispiel ist die C-F-Bindung im Vergleich zur C-C-Bindung. Die höhere Bindungsenergie bei C-F bewirkt die hohe thermische Beständigkeit von Polytetrafluorethylen (PTFE). Neben den primären Bindekräften, die in der Molekülkette zwischen C- oder Si- oder eingelagerten Atomen (Heteroatome) wirken, sind die zwischenmolekularen Bindekräfte für die Eigenschaften von Kunststoffen von großer Bedeutung. Zwischen den kovalent gebundenen Molekülketten wirken im Allgemei-
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1 Einführung in Polymer Engineering
Tabelle 1-9. Bindungsenergien und Bindungsabstände kovalent gebundener Atome [1]
Kristallitbildung/Gefüge
Bild 1-17. Eigenschaftsbildende Faktoren bei Kunststoffen (nach G. Menges)
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen
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nen nur schwache Anziehungskräfte, hervorgerufen durch die Polarisation von Molekülen. Die zwischenmolekularen Bindekräfte sind stark temperatur- und abstandsabhängig und in der Regel kleiner 12 kJ/mol. Das Verhältnis von Sekundärbindekraft BS zu Primärbindekraft BP beträgt etwa BS:BP ≈ 1/20 bis 1/100 Aus diesem geschilderten Sachverhalt resultieren bei Kunststoffen
• • • •
stark richtungsabhängige Eigenschaften, wenn die Makromoleküle orientiert sind, starke Temperaturabhängigkeit, starke Zeitabhängigkeit, große Belastungsabhängigkeit
der Eigenschaften. Bild 1-17 fasst chemische und physikalische eigenschaftsbildende Faktoren bei Kunststoffen zusammen, auf die im Folgenden näher eingegangen wird.
1.3.1.1 Chemische Ordnungszustände Die chemische und physikalische Struktur der Kunststoffe und daraus resultierend ihre Eigenschaften kann mit den Begriffen Konstitution, Konformation und Konfiguration beschrieben werden. Das chemische Aufbauprinzip eines Moleküls aus den Atomen (Konstitution) kann durch folgende Arten beschrieben werden:
• den Typus und die Verknüpfungsart der Atome der Grundmolekülkette
• die Art der Endgruppen und Substituenten
hier z. B. Phenylrest oder OH-Gruppe
• die Art und Länge der Verzweigungen • die Molmasse und deren Verteilung • den Einbau von Fremdatomen bzw. -molekülen
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1 Einführung in Polymer Engineering
Als Konfiguration bezeichnet man die räumliche Anordnung der Atome und Atomgruppen im Molekül bei gleicher Konstitution, beispielsweise die Taktizität der CH3-Gruppe beim Polypropylen. In der Synthese gelingt es, wie oben beschrieben, die CH3-Gruppen regelmäßig wechselseitig nach vorne und hinten anzuordnen und dadurch einen höheren Ordnungsgrad der Makromolekülketten (Kristallinität) zu erreichen, mit der Folge von höherer Festig- und Steifigkeit bei verbesserter Temperaturbeständigkeit. Als Konformation bezeichnet man die räumliche Gestalt, die Makromoleküle gleicher Konfiguration durch Drehen um Bindungsachsen einnehmen. Die Grafik hierzu verdeutlicht dies durch eine jeweilige Seiten- und Frontansicht zweier Makromolekülketten.
Einfluss der Verknüpfungsarten innerhalb der Grundmolekülketten auf Eigenschaften Tabelle 1-10 zeigt Beispiele für verschiedene Verknüpfungsarten (Einbau von Heteroatomen) in der Grundmolekülkette von Kunststoffen. Am Beispiel des Aufbaus der Polyamide wird der Zusammenhang zwischen veränderter Grundmolekülkette und makroskopischen Eigenschaften erläutert. Tabelle 1-10. Verknüpfungsart der Atome in der Grundmolekülkette [1]
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen
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Polyamide sind stickstoffhaltige Thermoplaste, deren Grundbausteine (CH2) durch Carbonsäureamidgruppen (oder kurz: Amidgruppen) miteinander verknüpft sind.
Die Herstellung erfolgt durch Kondensationspolymerisation (Polykondensate). Man unterscheidet zwei Gruppen: a) Gruppe der Aminosäuretypen, auch Lactame genannt (1 Grundbaustein) b) Polyamide vom Typ aliphatischer Diamin-Dicarbonsäuren (2 Grundbausteine). Im Folgenden verdeutlicht die chemische Strukturformel verschiedener Polyamide (PA 6 und PA 11 als Beispiele für Typ a) 1 Grundbaustein; PA 6.6 als Beispiel für Typ b) 2 Grundbausteine) deren Aufbau aus unterschiedlich langen CH2-Gruppen mit zwischengeschalteten NHCO-Gruppen. Die Systematik der Benennung bezieht sich auf die Zahl der C-Atome zwischen den N-Atomen. Die NHCO-Gruppen benachbarter Polyamid-Moleküle bilden über das Wasserstoffatom am Stickstoff mit nahe liegenden Sauerstoffatomen am C so genannte Wasserstoffbrücken. Diese besitzen doppelt bis dreifach so hohe Bindekräfte wie die üblichen zwischenmolekularen Kräfte. Die Folge für die Eigenschaften zeigt Tabelle 1-11. Je mehr NHCO-Gruppen je CH2-Gruppen (oder umgekehrt je weniger CH2Gruppen je NHCO-Gruppe) im Polyamidmolekül enthalten sind, desto höher ist bei den Lactamen (1 Grundbaustein) die Schmelztemperatur (z. B. 220 °C bei Tabelle 1-11. Systematik der Bennennung aliphatischer Polyamide [1]
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1 Einführung in Polymer Engineering
PA 6), aber umso höher ist auch die maximale Wasseraufnahme, weil NHCO eine sehr hohe Affinität zu H2O besitzt. Ähnlich verhält es sich bei den Diamin-Dicarbonsäuretypen (2 Grundbausteine). Warum ist nun die Schmelztemperatur vom PA 6.6 deutlich höher als von PA 6? Das Makromolekül des PA 6.6 ist punktsymmetrisch, wenn man den Symmetrie-Punkt in die Mitte einer Monomereinheit legt. Mit hoher „Trefferquote“ können sich bereits in der Schmelze die Wasserstoffbrücken als Nahordnung bilden, weil die Abstände immer stimmen. Beim Kristallisieren werden sie dann als Fernordnung fixiert. Das Makromolekül des PA 6 ist nicht symmetrisch. Nur wenn benachbarte Makromoleküle die entgegengesetzte Laufrichtung einnehmen, passen die Abstände zur Ausbildung von Wasserstoffbrücken. Das ist weniger häufig der Fall als beim punktsymmetrischen PA 6.6, deshalb zeigt PA 6 einen niedrigeren Kristallisationsgrad und geringeren E-Modul als PA 6.6. Als weiteres Beispiel für den Einfluss der Molekülkettenstruktur (Konfirmation) auf die Kunststoff-Eigenschaften gilt das Polyamid PA 4.6. Als Polymer hat es einen unregelmäßigeren Aufbau als beispielsweise PA 6. Diese „inhomogeneren“ Molekülketten ergeben einen niedrigeren Kristallisationsgrad, damit aber eine höhere Schlagzähigkeit. Ähnlich wirkt auch die Molmasse: Je höher die Molmasse, umso besser die Schlagzähigkeit ak. z. B.:
= 65 kJ/m2 PA 6 normal ak PA 6 höhermolekular ak = 100 kJ/m2
Tabelle 1-12. Struktureller Aufbau von „aromatischen“ Polyamiden (Handelsname z. B. Aramide) [1]
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen
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Den Einfluss des Aufbaus der Makromolekülkette veranschaulicht die folgende Darstellung (Tabelle 1-12) anhand aromatischer Polyamide, Kohlenstofffasern und Graphit. Je mehr Ringstrukturen in die Molekülkette eingebaut werden, beim Graphit ist es nur noch die Ringstruktur, umso höher liegt die Glasübergangstemperatur Tg. Oder mit anderen Worten: Je unbeweglicher (sperriger) die Molekülketten werden, umso hochtemperaturbeständiger wird der Werkstoff. Eine sehr ähnliche Struktur wie Polyamide haben die linearen Polyurethane (TPU), siehe auch Kapitel 1.2.3.1.1.
Wie bei Polyoxymethylen (POM), siehe Tabelle 1-13, und Polyethylenterephthalat (PET) kommt dem Sauerstoffatom (Heteroatom) in der Molekülkette eine Art Scharnierwirkung zu; allgemein gilt, dass ein Sauerstoffatom in der Kette den Glaspunkt Tg erniedrigt, andererseits aber infolge hoher Drehbarkeit je nach Konstitution die Kristallisationsneigung verstärkt, was zu höherem Schmelzpunkt führt.
■ Art der Substituenten und Endgruppen Neben dem chemischen Aufbau der Grundmolekülkette haben die Anordnung (Konfiguration) und die Gestalt (Konformation) von Substituenten (auch von Endgruppen) einen wesentlichen Einfluss auf die Eigenschaften von Kunststoffen. Tabelle 1-13 unterteilt die Thermoplaste in Gruppen und gibt Beispiele für Atome oder Atomgruppen als Substituenten. Substituenten beeinflussen maßgeblich die Polarität (Dipolmomente) und die Beweglichkeit (sterische Hinderung) von Makromolekülketten. Die Polarität beeinflusst beispielsweise die chemische Beständigkeit (Chloratom im Polyvinylchlorid), sperrige Seitengruppen (Phenylrest im Polystyrol) verschieben beispielsweise die Glasübergangstemperatur zu höheren Werten hin und erzeugen spröde, steife Kunststoffe. Die Abstände und der Valenzwinkel zwischen den Kohlenstoffatomen lassen sich kaum deformieren; die hohe Beweglichkeit einer Molekülkette folgt aus einer nahezu freien Drehbarkeit (Rotation) um die C-C-Achse (Kegelmantel). Die Energieschwelle zu einer Drehung ist mit beispielsweise 11 kJ/mol für das Ethan-Molekül und 16,7 kJ/mol für das Polyethylenmolekül ziemlich niedrig. Diese Segmentrotation wird durch die an der Hauptkette angelagerten Substituenten (Atome oder Atomgruppen) oder durch Verzweigungen mehr oder weniger behindert (sterische Hinderung), z. B. bei Polyethylen weniger, bei Polystyrol infolge Phenylrest mehr. Die Drehbarkeit der Grundmolekülkette ist für die Steifigkeit eines Kunststoffes entscheidend.
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1 Einführung in Polymer Engineering
Tabelle 1-13. Beispiele für Atome oder Atomgruppen als Substituenten [1]
■ Art und Länge der Verzweigungen Trotz gleicher atomarer Bausteine sind die Eigenschaften von Kunststoffen meist sehr unterschiedlich, weil der chemische Aufbau erzwungen oder beeinflusst von den Polymerisationsbedingungen entscheidenden Einfluss auf die Struktur der Polymere hat. Der Abstand der Kettenmoleküle beeinflusst die zwischenmolekularen Bindungskräfte. Die Regelmäßigkeit des Kettenaufbaus ist für die Eigenschaften des Kunststoffes entscheidend. Verzweigungen (Konstitutionen) Je nach Polymerisationsverfahren entstehen bei linearen Kettenmolekülen, beispielsweise Polyethylen, mehr oder weniger Verzweigungen (Seitenäste) unterschiedlicher Länge an der Hauptkette. Durch die Ausbildung von Verzweigungen an der Hauptkette wird der strukturelle Aufbau des Polyethylens verändert.Verzweigungen wirken wie Abstands-
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen
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halter zwischen den Makromolekülketten und bedingen mehr Fehlstellen im Molekülverbund. Der Kristallisationsgrad wird geringer, viele Eigenschaften verändern sich. Eigenschaften lassen sich somit qualitativ wenigstens in der Richtung der zu erwartenden Änderung abschätzen, wenn diese einfachen kunststoffkundlichen molekularen Zusammenhänge bekannt sind.
■ Molmasse und Molmassenverteilung Die Eigenschaften von Kunststoffen werden neben der Art und Größe der Bindungskräfte, den Verzweigungen und Isomerien entscheidend mitbestimmt durch die Molmasse (Konstitution). Die Größe eines Makromoleküls wird durch die Molmasse ausgedrückt (normalerweise durch den Masse-Mittelwert Mw (w: weight) der Molmasse bzw. durch den mittleren Polymerisationsgrad n): MW, Polymer n= = Zahl der Grundbausteine in einem Makromolekül MW, Polymer Die Molmasse einer Monomereinheit eines Kunststoffes errechnet sich aus der Summe der Einzel-Atommassen, multipliziert mit dem Polymerisationsgrad n.
Ursachen für viele Eigenschaftsänderungen bei steigender Molmasse sind Zunahme der Anzahl der Primär-Bindungen bezogen auf eine Volumeneinheit verminderte Nah- und Fernordnung Zunahme der Anzahl von Verschlaufungen und Verhakungen zweier oder mehrerer Molekülketten (physikalische Vernetzung)
• • •
Demzufolge werden im Wesentlichen die Fließeigenschaften der Kunststoffe im weitesten Sinne von der mittleren Molmasse beeinflusst. Dazu gehören Schmelzeviskosität, Elastizitäts- und Schubmodul oberhalb des Glasumwandlungsbereiches, Zeitstandverhalten, Spannungsrissbeständigkeit, Reißdehnung, mechanische Festigkeit sowie Lösungs- und Quellverhalten.
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1 Einführung in Polymer Engineering
Bild 1-18. Einfluss der Molmasse auf Eigenschaften von Polyethylen (jeweils bei 23 °C gemessen)
— Den quantitativen Einfluss der Molmasse Mw auf einige technologische und physikalische Eigenschaften bei einem teilkristallinen Thermoplasten zeigt Bild 1-18. Mit zunehmender Molmasse (wachsende Kettenlänge) nimmt die Zahl an Kettenverschlaufungen („physikalische Vernetzungsstellen“) der einzelnen Makromoleküle zu. Die Viskosität der Schmelze steigt, die Beweglichkeit der Makromoleküle in der Schmelze (Abgleitprozesse) sinkt. Dadurch wird einerseits die Spritzgussverarbeitung erschwert, andererseits verringert sich beim Erstarren ab sehr hohen Molmassen das Kristallisationsvermögen, was wiederum eine abnehmende Dichte (Packungsdichte) zur Folge hat. Entsprechend lässt sich der Verlauf des E-Moduls über der Molmasse, Bild 1-18, mit zunächst vermehrt wirksamen zwischenmolekularen Kräften infolge zunehmender Kristallisation, und ab einer bestimmten Kettenlänge mit einem geringeren Ordnungsgrad, erklären. Mit steigender Kettenlänge können über die Sekundärbindungen höhere Kräfte in die Ketten eingeleitet werden, wodurch die Festigkeit der einzelnen Ketten besser genutzt werden kann. Das Abgleiten der Ketten aneinander wird behindert. Sind die wirksamen zwischenmolekularen Kräfte so groß, um den Bruch einer Primärbindung innerhalb einer Kette herbeizuführen, kann eine größere Kettenlänge keine Festigkeitssteigerung mehr — erzeugen. Die verminderte Zunahme der Zugfestigkeit oberhalb von Mw = 105 macht deutlich, dass trotz zunehmenden Anteils verschlaufter langer Ketten eine Festigkeitssteigerung durch Erhöhung der Kettenlänge nicht mehr möglich ist. Die Abnahme der Reißdehnung bei PE mit steigender Molmasse in Bild 1-18 ist ebenfalls auf eine Zunahme „physikalischer Vernetzungsstellen“ zurückzuführen. Aufgrund der um zwei Zehnerpotenzen geringeren Reißdehnung beispielsweise des PMMA wirkt sich dies dort nicht aus. Molmassenverteilung Synthetische Polymerisate sind polydispers, d. h. es liegt eine kontinuierliche Verteilung an Molekülketten mit verschiedenen Molmassen vor. Ein bekanntes
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen
45
Beispiel für ein „monodisperses Polymerisat“ ist das in der Natur vorkommende Insulin. Der Kurvenverlauf und/oder die Definition verschiedener mittlerer Molmassen charakterisieren die Fließeigenschaften von (thermoplastischen) Kunststoffschmelzen oder auch das Verhalten (z. B. die Langzeiteigenschaften) der festen Kunststoffe. Beispielsweise erhöht ein hochmolekularer Anteil bei einem relativ niedrigen Polymerisationsgrad die Viskosität der Schmelze und verbessert die mechanischen Eigenschaften des Fertigteils. Umgekehrt kann ein niedermolekularer Anteil die Verarbeitbarkeit einer Schmelze erleichtern, wobei sich dadurch die mechanischen Eigenschaften verschlechtern können. Unpolare Kunststoffe haben meist eine relativ hohe Molmasse. Damit gleicht man geringere zwischenmolekulare Kräfte (keine Dipolkräfte) aus (hohe Kristallisationsneigung, Kettenverhakungen). Polare Kunststoffe haben dagegen häufig eine relativ niedrige Molmasse. Bei den vernetzenden Kunststoffen ist die Angabe einer mittleren Molmasse nicht sinnvoll, da die Makromoleküle zu einem einzigen Molekül sehr großer Molmasse zusammengeschlossen sind. Bei Duroplasten und Elastomeren ist es daher zweckmäßiger, die mittlere Vernetzungsdichte – sozusagen die Maschenweite – oder den Gehalt an Vernetzungsmitteln (z. B. Schwefelgehalt bei Gummi) anzugeben.
Bild 1-19. Typische differentielle Molmassen-Verteilungskurve, beispielsweise Polystyrol ————— Verteilung -------------- enge Verteilung [3] Mn … Zahlenmittel Mh … Viskositätsmittel Mw … Massenmittel
der Molmasse
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1 Einführung in Polymer Engineering
Zusammengefasst gilt Folgendes:
• • • •
•
Die mittlere Molmasse beeinflusst die Fließeigenschaften von Kunststoffen bevorzugt im Schmelz- bzw. Fließbereich. Infolge molekularer Abgleitprozesse der Molekülketten hängen auch Festkörpereigenschaften mehr oder weniger (je nach Konstitution und Konfiguration) stark von der mittleren Molmasse ab. Langkettige amorphe Kunststoffe sind meist mechanisch steifer sowie chemisch beständiger (Kettenverhakungen verhindern Abgleiten), dagegen lassen sich kurzkettige Kunststoffe leichter urformen. Sinngemäß wirkt sich die Molmassenverteilung innerhalb einer mittleren Molmasse auf die Eigenschaften und die Verarbeitung von Kunststoffen aus. Hochmolekulare Anteile erhöhen die Schmelzeviskosität und verbessern die mechanischen und chemischen Langzeiteigenschaften. Niedermolekulare Anteile erleichtern die Abgleitprozesse sowohl in der Schmelze als auch im Festkörper (geringere Zeitstandfestigkeit). Zur Charakterisierung der Kunststoff-Formmassen werden Zahlenmittel, Massenmittel und Viskositätsmittel definiert.
Für polydisperse Kunststoffe gilt: — — — MW > Mη > Mn
■ Der Einbau von Fremdatomen bzw. -molekülen (Homo- und Copolymere, Polymermischungen, Weichmachung) Die Abwandlung von Eigenschaften durch chemische und/oder physikalische Einlagerungen von Fremdatomen oder -molekülen hat heute größte Bedeutung, da prinzipiell neue Kunststoffe kaum noch entwickelt werden können. Wird ein Kunststoff aus einer Monomerart aufgebaut, spricht man von einem Homopolymer, dagegen besteht ein Misch- oder Copolymer aus zwei oder mehreren Monomerarten. Je nach Anzahl der in die Kette eingebauten Grundbausteine spricht man von Co-, Ter-, Quaterpolymeren usw. Die verschiedenen Monomerarten können regelmäßig oder statistisch unregelmäßig verteilt sein. Kunststoffe mit längeren Folgen (Sequenzen) einer Monomerart in der Kette nennt man Block- (oder Segment-) Copolymere. Das Anpolymerisieren von Seitenketten aus andersartigen Monomeren an die Hauptkette (Gerüstkette) nennt man eine Pfropf-Copolymerisation (siehe auch Kapitel 1.2.3.1.1). Physikalische Mischungen von Kunststoffen bezeichnet man als Polyblend. Durch die Copolymerisation können die Eigenschaften der Kunststoffe (Beständigkeit gegenüber Medien, Formbeständigkeit in der Wärme, mechanisches Verhalten insbesondere bei schlagartiger Beanspruchung usw.) entscheidend verändert werden. So erfolgt beispielsweise die Erhöhung der Schlagzähigkeit5 5
Schlagzähigkeit an (Kerbschlagzähigkeit ak) ist die vom ungekerbten (gekerbten) Probekörper verbrauchte Schlagarbeit, bezogen auf den kleinsten Querschnitt des Probekörpers vor dem Versuch.
47
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen
(Arbeitsaufnahmevermögen) von Polystyrol durch die Modifizierung (in diesem Fall: Pfropf-Copolymerisation) mit Kautschukteilchen. Bild 1-20 [1] demonstriert am Beispiel des Spannungs-Dehnungs-Verhaltens, wie stark durch Copolymerisation Eigenschaften von Kunststoffen veränderbar sind und damit maßgeschneidert werden können.
Bild 1-20. Spannungs-DehnungsDiagramm eines normalen (a) und eines schlagfest (b) modifizierten Polystyrols σB Zugfestigkeit = max. Festigkeit σS Streckspannung σR Reißfestigkeit
Bild 1-21. Temperaturabhängigkeit des E-Moduls bei Butadien-Styrol-Copolymeren [4]
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1 Einführung in Polymer Engineering
Erläuterungen und Vertiefungen Statistische Copolymere Den Einfluss der statistischen Copolymerisation auf den Verlauf des E-Moduls über der Temperatur zeigt am Beispiel eines Butadien-Styrol-Copolymerisats Bild 1-21. Durch die statistische Copolymerisation von Kunststoff A mit B (A-co-B), in unserem Beispiel von Butadien mit Polystyrol, wird die Glastemperatur verschoben. Diesen Vorgang nennt man auch innere Weichmachung. Im Gegensatz dazu bleiben bei der Block-Copolymerisation, der Pfropf-Copolymerisation und bei Polymermischungen (Polyblends) zweier Kunststoffe C und D deren Glastemperaturen im Wesentlichen erhalten. Block-Copolymere (thermoplastische Elastomere, TPE) (siehe auch Kapitel 1.1.4) Die Haupteigenschaften werden von der Matrix (kohärente Weichphase) bestimmt; die disperse Hartphase ergibt die Abwandlung. TPE besitzen ein Zweiphasensystem in Form einer elastischen Weich- und einer thermoplastischen Hartphase. Sie existieren als Block-Copolymere oder als Polymerblends. Die Morphologie bestimmt die Werkstoffeigenschaften. Die Hartphase als reversible physikalische Vernetzungsstelle verursacht Festigkeit und Wärmeformbeständigkeit, die Weich- oder disperse Elastomerphase bestimmt die elastischen Eigenschaften und das Kälteverhalten (Schlagzähigkeit). Bei den Block-Copolymeren haben die Styroltypen (TPE-S), die Polyetherester (TPE-E), die Polyurethane (TPE-U) und die Polyetheramide (TPE-A) eine Bedeutung.
Bild 1-22. Schematischer E-Modul-Verlauf über der Temperatur für TPE [1] A amorpher Thermoplast B Kautschuk C thermoplastische Elastomere (TPE) z. B. Polyurethan PUR Polyisocyanat A Polyol B PUR C
49
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen Tabelle 1-14. Eigenschaften von TPE-Klassen im Vergleich [5] Eigenschaften
TPE-O
TPE-V
TPE-S
TPE-U
TPE-E
TPE-A
Dichte g/cm3 Härte untere Temperaturgrenze °C obere Temperaturgrenze °C Druckverformungsrest, bei 100 °C % Beständigkeit gegenüber KW Beständigkeit gegenüber wässrigen Medien Preisniveau €/kg
0,89-1,0 0,9-1,0 0,9-1,0 1,1-1,34 1,05-1,34 1,01-1,2 50 A-75 D 40 A-50 D 10 A-75 D 70 A-90 D 35 D-75 D 65 A-72 D –60 –60 –70 –50 –65 –40 120
135
100
135
150
170
–
+/++
– [+/++]
O/+
O
O/+
–
O/++
–
O/++
+/++
+/++
+/++
+/++
+/++
O/+
–/–
O/+
5–6,50
6,5–12,50
1,50–3,50 3,50–7,50 1,50–6,50 5–6,50
++: sehr gut; +: gut; O: mittelmäßig; –: schlecht.
Bei den Polymerblends oder kurz Polyblends bilden Blends mit einer dispersen EPDM-Phase in einer PP-Matrix den Schwerpunkt. Dabei sind die dispergierten Elastomerpartikel unvernetzt (TPE-O oder TPO). Sie können aber auch vernetzt sein (TPE-V). Die Vernetzung (Vulkanisation) erfolgt während des Compoundierens mittels Innenmischer (batchweise) oder mit Zweischneckenextruder (kontinuierlich). Der Vorteil von thermoplastischen Elastomeren liegt, wie der E-Modul-Verlauf in Bild 1-22 zeigt, vor allem in der besseren Verarbeitbarkeit im Vergleich zu den vernetzenden Elastomeren (z. B. unmittelbares Anspritzen von Schuhsohlen an den Schuh). Die Eigenschaften von TPE-Klassen im Vergleich zeigt Tabelle 1-14 [5]. Erklärung der Abkürzungen siehe Kapitel 1.1.4, Bild 1-7. Pfropf-Copolymer und Polyblend (Polymermischung) Zwischen beiden besteht im E-Modul-Verlauf kein grundsätzlicher Unterschied, Bild 1-23. Im Temperaturbereich zwischen TgB und TgF ist die Steifigkeit entsprechend dem Mischungsverhältnis der Komponenten B und F vermindert. Der Verlauf des E-Moduls ist dem von teilkristallinen Thermoplasten ähnlich. Dies ist verständlich, da diese auch Zwei-Phasen-Werkstoffe sind (amorphe und kristalline Phase). Während unverträgliche Partner bei Polymermischungen meist zu heterogenen Morphologien (z. B. Styrolbutadien SB) mit häufig hoch schlagzähen Kunststoffen führen, ergeben verträgliche Partner Kunststoffe mit mittleren Eigenschaftsprofilen entsprechend der Mischungsanteile (z. B. PC/PBT). Im Gegensatz zu Copolymeren können Polyblends während der Verarbeitung entmischen. Dagegen ist die Herstellung der Blends oft kostengünstiger und
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1 Einführung in Polymer Engineering
Bild 1-23. Temperaturabhängigkeit des E-Moduls bei einer Polymermischung (Polyblend) aus PS und 30/70 Butadien-Styrol-Copolymer [4]
kann direkt beim Verarbeiter erfolgen. Häufig sind die Langzeiteigenschaften (Kriechen) bei Polyblends ungünstiger (Abgleiten von Makromolekülen) als bei Copolymeren. Weichmachung Der Elastizitätsmodul E von ungefüllten Thermoplasten und Duroplasten liegt etwa zwischen 600 und 4000 N/mm2, von Elastomeren etwa zwischen 50 und 600 N/mm2. Da Elastomere wegen der bei der Verarbeitung ablaufenden chemischen Reaktionen eine aufwendigere Verarbeitungstechnik erfordern, veränderte man die Eigenschaften von Thermoplasten in Richtung der Elastomere, in der Absicht, die wirtschaftliche Verarbeitung der Thermoplaste auszunützen. Durch „Weichmacher“ wird die Zähigkeit und die Verformbarkeit eines Kunststoffes erhöht, während beispielsweise die Festigkeit, der E-Modul oder die Schmelzeviskosität erniedrigt werden. Man unterscheidet zwischen innerer und äußerer Weichmachung. Die innere Weichmachung erfolgt durch das Einpolymerisieren (statistische Copolymerisation) einer zweiten „weichmachenden“ Komponente. Dadurch kann man einerseits die Beweglichkeit von Molekülketten und andererseits die zwischen den Ketten wirkenden Bindekräfte beeinflussen. Während Polymethylacrylat (PMA) dank der größeren Beweglichkeit der Molekülketten bei Raumtemperatur schon im Haupterweichungsbereich ist (Tg bei 5 °C) befindet sich Polymethylmethacrylat (PMMA) dort noch im Glaszu-
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen
51
stand (Tg bei 105 °C). Durch die statistische Copolymerisation von MMA mit MA verschiebt sich die Glastemperatur mit zunehmendem MA-Gehalt zu tieferen Temperaturen, das PMMA wird „innerlich weichgemacht“, d. h. MA wird über Primär-Bindungen in die PMMA-Kette eingebaut. Äußere Weichmachung Ähnlich wie bei der Herstellung von Polymermischungen (Polyblends) werden auch bei der äußeren Weichmachung die Makromoleküle mit einem anderen Stoff physikalisch vermischt. Im Gegensatz zu Polymermischungen verwendet man bei der äußeren Weichmachung niedermolekulare Stoffe (Monomerweichmacher mit Molmassen 350 bis 600 g/mol) oder auch Oligomere (sog. PolymerWeichmacher mit Molmassen 2000 bis 4000 g/mol). Je kleiner die Weichmachermoleküle sind, umso besser ist die weichmachende Wirkung; allerdings neigen diese kurzkettigen Weichmacher infolge ihres höheren Dampfdrucks zu größerer Flüchtigkeit (Weichmacherwanderung oder Migration). Der Hauptvorteil der oligomeren oder polymeren Weichmacher liegt in ihrer geringeren Neigung zum Ausschwitzen. Als Polymer-Weichmacher werden zunehmend Polyester, Nitril-Butadien-Elastomere oder beispielsweise Ethylen-Vinylacetat-Terpolymere (EVA) mit Molmassen bis 150 000 g/mol verwendet. Am häufigsten wird Polyvinylchlorid (PVC) äußerlich weich gemacht. Durch Einlagerung von Weichmachermolekülen (aromatische Weichmacher, z. B. Trikresylphosphat (TKP) und aliphatische Weichmacher, z. B. Dioctylphthalat (DOP) oder Dioctylsebazat (DOS)) wird der Abstand zwischen den Makromolekülen des Kunststoffs vergrößert, die Sekundär-Bindekräfte nehmen ab, und die Beweglichkeit von Kettensegmenten nimmt zu. Ähnlich wie Weichmacher können auch Lösungsmittel (auch Wasser in Polyamiden) durch Eindiffundieren wirken. Polyamid (PA) mit unterschiedlicher Menge an Wasser. Wasser wirkt im PA als Weichmacher. Der Wassergehalt des PA hängt u. a. von der Umgebungsfeuchte ab. Trockenes PA ist bei Raumtemperatur spröde. Bei höheren Temperaturen trocknet PA aus, ebenso in wasserfreier Atmosphäre (T< 0 °C) oder in wasserfreien Flüssigkeiten (Öle und dergl.). Damit bei länger dauerndem Einsatz von PA-Teilen in kalter trockener Atmosphäre kein Verspröden eintritt, werden derartige Teile manchmal aus monomerhaltigem PA 6 hergestellt. Monomere wirken als Weichmacher. Sie diffundieren wesentlich langsamer als die Wassermoleküle. Ein ähnlich weichmachender Einfluss des Wassers ist auch bei Polyvinylalkohol (PVAL) und linearem Polyurethan (TPU) gegeben. Dies gilt allgemein für Quellen von Kunststoffen in Lösungsmitteln. Der Einbau von Fremdatomen bzw. -molekülen in bestehende Grundmolekülketten kann, wie dargestellt, innerlich über chemische Bindungen (Copolymerisation) oder äußerlich durch physikalisches Mischen verschiedener Molekülpartner (Polyblends, äußere Weichmachung) erfolgen. Eigenschaften von Kunststoffen lassen sich dadurch züchten. Unerwünschte Nebenerscheinungen sind jeweils zu berücksichtigen, beispielsweise Emissionen bei niedermolekularen Weichmachern.
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1 Einführung in Polymer Engineering
1.3.1.2 Physikalische Ordnungszustände ■ Amorpher Zustand bei Thermoplasten Sind die Makromoleküle ohne regelmäßige Anordnung und Orientierung, d. h. ohne gleich bleibenden Abstand, völlig statistisch angeordnet, so nennt man diesen Zustand amorph. Es fehlt jede Art von Fernordnung6. Die gültige Modellvorstellung ist das statistische Knäuel. Es ist bei den synthetischen Polymeren und bei Polymerlösungen die dominierende Sekundärstruktur. Seine bestimmende Kenngröße ist die Knäueldichte. Diese räumliche Knäuelstruktur ist entropisch betrachtet der günstigste Zustand; stets will ihn das Makromolekül einnehmen, sofern es die äußeren Bedingungen (Beweglichkeit) zulassen. Mit steigender Temperatur oder bei der Eindiffusion von Lösungsmitteln nimmt die Beweglichkeit von Kettensegmenten und Seitenketten zu; Rotationen und Umlagerungen finden vermehrt statt (Mikro-Brown’sche Molekularbewegung). Dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik folgend wird ein Makromolekül den Zustand größter Entropie anstreben und sich daher verknäueln. Ursachen für die amorphe Struktur:
• •
Kettenaufbau, Seitengruppen Abkühlgeschwindigkeit
Homogene, amorphe Kunststoffe ohne Farb- und Füllstoffe sind durchsichtig. Auf strukturelle Abmessungen bezogen bedeutet dies, dass keine Fernordnung in der Größenordnung der sichtbaren Lichtwellen (Wellenlänge 0,4 bis 0,75 µm) vorliegt. Ein einfallender Lichtstrahl wird daher nicht gebeugt, da der Brechungsindex im amorphen Kunststoff unverändert bleibt. Im Gegensatz dazu ändert sich der Brechungsindex für einen einfallenden Lichtstrahl in teilkristallinen Kunststoffen in den ungeordneten, amorphen und geordneten, kristallinen Bereichen laufend, so dass hier an den Grenzflächen diffuse Streuung auftritt, was zu Undurchsichtigkeit führt. Theoretische Überlegungen führten bei Zugrundelegen einer Filzstruktur für den vollständig amorphen Zustand zu einer Dichte von ca. 65 % der Dichte im kristallinen Zustand. Gemessen wurden aber 83 bis 95 %. Daraus schließt man, dass amorphe Kunststoffe innerhalb der unregelmäßigen Filz- oder Knäuelstruktur nahgeordnete Bereiche6 aufweisen.
6
Unter Fernordnung versteht man eine über die nächsten Nachbarn hinausgehende Ordnung der Makromoleküle bezüglich ihres Abstandes voneinander, ihrer Anordnung und Orientierung. Der Begriff Nahordnung bezeichnet derartige Ordnungszustände, wenn sie sich nur auf die unmittelbaren Nachbarn erstrecken, wobei man davon ausgeht, dass diese Ordnungszustände durch die Wärmebewegung ständig abgebaut und wieder erneuert werden.
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen
53
■ Teilkristalliner Zustand bei Thermoplasten Neben dem Zustand größter Unordnung sind insbesondere bei teilkristallinen Thermoplasten auch geordnete Zustände innerhalb eines Makromoleküls möglich. Diese im amorphen Zustand vermuteten Nahordnungen treten bei teilkristallinen Thermoplasten bereits in der Schmelze auf und leiten bei der weiteren Abkühlung als Keime die Kristallisation ein. Lineare Makromoleküle ohne oder mit regelmäßig angeordneten, nicht zu großen Substituenten können sich in mikroskopischen Bereichen gleichmäßig parallel zueinander lagern und Kristalle bilden. Kunststoffe mit kristallinen Bereichen enthalten immer – mehr oder weniger – auch amorphe, ungeordnete Bereiche, weshalb man sie teilkristallin nennt. Diese Anordnung der Makromoleküle kann nun durch eine Reihe von Einflüssen verändert werden. Kristalline Strukturen ergeben sich, wenn die Makromoleküle
• • • • • •
einen gleichmäßigen chemischen Aufbau (Konstitution) haben und eine regelmäßige Anordnung der Substituenten (Konfiguration) besitzen. Zeit zum Ordnen beim Abkühlen haben oder beispielsweise die Makromoleküle bei der Verarbeitung (starke Scherung in der Schmelze oder zu hohe Schmelzetemperatur) oder während des Gebrauches gekürzt (abgebaut, degradiert) werden, unter hohem Druck erstarren, ordnende Flächen (Keimbildner) angeboten bekommen.
Am Beispiel des Polypropylen zeigt Bild 1-24 den strukturellen Aufbau vom Atom über die Molekülkette bis zum Formteil. Die in der Ebene zickzackförmigen PE-Ketten ordnen sich so, dass jede beliebige Kette von vier gleich weit entfernten Ketten umgeben ist, die ihrerseits um die Längsachse um 82° gegen die zentrale Kette gedreht sind. Die Größe der Kristallblöcke hängt stark von der Abkühlgeschwindigkeit der Schmelze ab. In teilkristallinen Thermoplasten können diese Kristallblöcke geordnete Überstrukturen wie Sphärolithe bilden. Die Eigenschaften der Kunststoffe hän-
Bild 1-24. Spritzgegossene teilkristalline Thermoplaste – hierarchische Struktur [17]
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1 Einführung in Polymer Engineering
gen meist stärker vom Gesamtverhalten, der Größe und dem Anteil dieser Überstrukturen ab, als von dem der Kristallblöcke. Der Zusammenhalt der amorphen Grenzschichten verschiedener Kristallblöcke wird durch die Anzahl der durchlaufenden Ketten (tie-molecules) und die wechselseitigen Kettenverschlaufungen bestimmt, Bild 1-25. Die tie-Moleküle erstrecken sich über bis zu 15 Blöcke und bestimmen daher die Eigenschaften mit, Bild 1-24. Häufig gilt die amorphe Grenzschicht als Schwachstelle hinsichtlich Festigkeit und Steifigkeit. Ohne amorphe Grenzschichten wären teilkristalline Thermoplaste allerdings spröde und unbrauchbar. Kristallisationsgrad Der zeitliche Verlauf der Kristallisation lässt sich schematisch wie folgt darstellen, Bild 1-26: Die Kristallisation ist mit Abschluss der Fertigung eines Formteils in der Regel nicht abgeschlossen. Es erfolgt eine wochen- und monatelange Nachkristallisation. In der Praxis werden daher Formteile, von denen eine hohe Maßhaltigkeit gefordert wird, in Werkzeugen mit erhöhter Temperatur gespritzt, um den Ketten die Möglichkeit zur schnellen und möglichst vollständigen Kristallisation zu geben. Bei erhöhter Masse- und Werkzeugtemperatur und größerer Entfernung von der Werkzeugoberfläche sind die Umordnungsmöglichkeiten der Moleküle über einen längeren Zeitraum gegeben (siehe auch Kapitel 1.4.7.2.1). Der Kristallisationsgrad hängt stark von der Kristallisationsgeschwindigkeit ab. Man erhält daher bei spritzgegossenen Formteilen zwangsläufig eine ortsabhängige Kristallinität im Wandquerschnitt. Die nahe an der Formwand liegenden Schichten erstarren rasch. Die Zeit zur Kristallisation ist kurz. Bei Polyamiden beispielsweise verläuft die Keimbildung langsam. Daher kann die Kristalli-
Bild 1-25. Modellzeichnung des Querschnittes durch eine Lamellenstruktur. Die kristallinen Lamellen sind durch amorphe Bereiche voneinander getrennt, in denen die Moleküle teils enden, teils zurückfallen und teils von der Lamelle in die darüber oder darunter liegende Lamelle übergehen (tie-molecules) [3]
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen
55
sation an der Werkzeugwand bei schneller Abkühlung (kaltes Werkzeug) vollkommen unterdrückt werden. Die Mitte des Formteil-Wandquerschnittes kühlt langsamer ab, dies führt zu einem höheren Kristallisationsgrad. Aufgrund dieser über der Wanddicke ortsabhängigen unterschiedlichen Schwindungsvorgänge kommt es in Spritzgussbauteilen zu Eigenspannungen. Meist herrschen außen Druckeigenspannungen und innen Zugeigenspannungen. Dies kommt den Auswirkungen von Spannungsrissbildungen zugute, da die Druckeigenspannungen außen den für Spannungsrissbildung erforderlichen Zugspannungen entgegen wirken. Die mit zunehmender Kristallisation verbundene Dichteerhöhung bewirkt, dass innerhalb des Kunststoffs, von den Sphärolithzentren ausgehend, Schwindungsvorgänge stattfinden. Schwindung im Zusammenhang mit der Kristallisation Die Gesamtschwindung eines Formteils setzt sich aus Verarbeitungsschwindung und Nachschwindung zusammen, Bild 1-27 (Schwindung allgemein siehe auch Kapitel 1.2.4 und 1.4.7.2.1). Neben der Nachschwindung beeinflussen noch folgende Größen die Maßhaltigkeit eines Formteils im Gebrauch:
• •
Temperaturschwankungen Feuchtigkeitsschwankungen
Nennenswerte Nachschwindung tritt hauptsächlich bei teilkristallinen Kunststoffen infolge Nachkristallisation auf. Sie kann durch die Wahl von Werkzeugtemperaturen vermindert werden. Schwindungsvorgänge ergeben zwischen den Sphärolithen Zugspannungen. Je größer die Sphärolithe, umso größer die Schwindung entlang der Sphärolithgrenzen und somit umso größere Spannungen. Da nur relativ wenig Kettenmoleküle von einem Sphärolith zum anderen laufen, können diese Zugspannungen zu Rissen führen.
Bild 1-26. Kristallisationsgrad a als Funktion der Kristallisationszeit während einer isothermen Kristallisation. Schwindung V ≠ const. / Schrumpfung V = const.
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1 Einführung in Polymer Engineering
Bild 1-27. Schematischer Verlauf von Verarbeitungsund Nachschwindung bei hoher und niedriger Werkzeugtemperatur [1]
Risse und hohe Zugspannungen an den Sphärolithgrenzen setzen besonders die Schlagzähigkeit und die Bruchdehnung herab und begünstigen die Spannungsrissbildung. Aus dem bisher Gesagten wird deutlich, dass bei der Kristallisation zwei Parameter die Eigenschaften eines Fertigteiles ganz wesentlich mitbestimmen:
• •
Kristallisationsgrad und Größe und Verteilung der Sphärolithe,
wobei der Kristallisationsgrad die bedeutendere Einflussgröße ist, auch im Hinblick auf Eigenspannungen.
■ Schwach vernetzter Zustand (Elastomere) Charakteristisch für Elastomere ist eine weitmaschige dreidimensionale Vernetzung von linearen Makromolekülen. Schwefelbrücken sind ein verbreitetes Beispiel für Vernetzungsreaktionen. Ausgangsstoffe sind langkettige Kautschuke. Fachausdrücke und Definitionen zu „Kautschuk und Elastomere“ sind in DIN 53001 genormt. Thermoplastische Elastomere, wie beispielsweise bestimmte Styrol-Butadien-Copolymere (siehe Abschnitt 1.3.1.1, Einbau von Fremdatomen bzw. -molekülen), enthalten so genannte „Hart- und Weichsegmente“, die bei niedrigen bis mittleren Temperaturen wie „Vernetzungsstellen“ reagieren, bei hohen Temperaturen jedoch thermoplastisch aufschmelzen, also keine chemischen Vernetzungsstellen darstellen. Eingelagerte Elastomerpartikel (Mikro- und Nanobereich) können aber auch chemisch vernetzt sein.
■ Stark vernetzter Zustand (Duroplaste) Ausgehend von Präpolymeren (Reaktionsharzen) entstehen Duroplaste durch eine irreversible chemische Vernetzung, mit i. d. R. hoher Vernetzungsdichte. Die
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen
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kleinen Segmentlängen zwischen den Vernetzungsstellen führen zu geringen Segmentbeweglichkeiten. Die Folge davon sind geringes Kriechen und hohe Formbeständigkeit bei erhöhter Temperatur.
1.3.2 Mechanische Eigenschaften Hochpolymere zeigen bei mechanischer Beanspruchung im normalen Gebrauch ein im Vergleich zu den meisten anderen Werkstoffen besonders stark ausgeprägtes viskoelastisches und viskoses (plastisches) Verhalten, das heißt, die auftretenden Deformationen sind teils elastischer (reversibler), teils viskoser und damit plastischer (irreversibler) Natur. Dies hat zur Folge, dass Werkstoff-Kenngrößen wie E-Modul, Schubmodul und damit andere wichtige mechanische Eigenschaften von Hochpolymeren nicht nur von der Temperatur, sondern – unter anderem – auch von der Beanspruchungszeit und der -geschwindigkeit abhängen.
1.3.2.1 Temperaturabhängigkeit der mechanischen Eigenschaften Zur Untersuchung des viskoelastischen Verhaltens in Abhängigkeit von der Temperatur dient der Torsionsschwingungsversuch nach DIN 53445. Dabei handelt es sich um einen Kurzzeitversuch. Der Zeitstandversuch nach DIN 53444 erfasst den Einfluss der Beanspruchungsdauer, der Beanspruchungsart und der Temperatur. Der Torsionschwingungsversuch gibt zusätzlich Aufschluss über das Dämpfungsverhalten des untersuchten Kunststoffs (mechanischer Verlustoder Dämpfungsfaktor d), Bild 1-28. Den Schlüssel zum Verständnis der mechanischen Eigenschaften der Kunststoffe bei verschiedenen Temperaturen bildet die Kenntnis der Vorgänge im Übergangsbereich zwischen den definierten Zuständen: Glasübergangstemperatur Tg und Schmelzbereich Ts oder Tm. Unterhalb der Glastemperatur liegt der energieelastische (hartelastische) Zustand, der meist durch hohe Sprödigkeit gekennzeichnet ist. Die bis zur Glastemperatur noch mögliche so genannte Mikro-Brown’sche Bewegung – von höheren Temperaturen kommend – ist zur Ruhe gekommen. Die Lage des Einfrierbereichs wird von der Stärke der Sekundärbindungen beeinflusst, das heißt, je wirksamer diese Kräfte sind, desto höher liegt die Glastemperatur. Durch Mischen von Kunststoffen mit höherer Glastemperatur mit solchen von niedrigerer Glastemperatur kann die Schlagzähigkeit angehoben werden. Das gleiche gilt für die Polymerisation mit geeigneten Comonomeren, siehe Kapitel 1.3.1.1. Auf den energieelastischen Bereich und die Glastemperatur folgt bei weiterer Erwärmung der entropieelastische (weich- oder zähelastische) Bereich, das ist bei den teilkristallinen Polyolefinen der Anwendungsbereich.
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1 Einführung in Polymer Engineering
Bild 1-28. Temperaturabhängigkeit des dynamischen Schubmoduls G’ und des mechanischen Verlustfaktors d von verschiedenen Kunststoffgruppen
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen
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Wie bei vielen Feststoffen werden auch Kunststoffe mit steigender Temperatur bei gleicher Dehnung immer weniger in Spannung versetzt. Anders ausgedrückt können sie mit immer geringerem Kraftaufwand gedehnt werden, Bild 1-29. Diese Abnahme der Elastizität verläuft jedoch nicht gleichmäßig. Andererseits zeigen sich auch keine sprunghaften Zustandsänderungen, die mit dem Wechsel niedermolekularer Stoffe zwischen verschiedenen Aggregatzuständen vergleichbar wären. Nur spröde Kunststoffe zeigen alle Stufen in der Temperatur-ElastizitätsKurve. Einige Zustände bei Kunststoffen werden durch die Kristallite verursacht, andere durch die amorphen Bereiche. Die Eigenschaften der beiden Phasen addieren sich. In den Bildern 1-29 und 1-36 sind Charakteristiken des Zusammenhangs zwischen Dehnung und Spannung für die verschiedenen Temperaturbereiche dargestellt. Im spröden Zustand verhalten Kunststoffe sich ähnlich wie Metalle. Sie lassen sich nur wenig dehnen bevor sie brechen. Elastische Dehnungen sind reversibel. Zähe Kunststoffe zeigen einen Bereich, in dem sie sich wie spröde Kunststoffe reversibel dehnen lassen. Dazu ist etwas weniger Kraft erforderlich als bei den spröden Kunststoffen. Oberhalb der Streckdehnung (vergleiche Bild 1-34) folgt bei zähen Kunststoffen ein Bereich, in dem sie plastisch verformbar sind. Elastische und noch ausgeprägter gummielastische Kunststoffe lassen sich schon bei sehr geringen Spannungen stark dehnen und kehren, so lange die Streckdehnung nicht überschritten wird, wieder in ihren Ausgangszustand zurück. Wie bei allen anderen Stoffen sind auch bei den Polymeren die physikalischen Eigenschaften abhängig von der Temperatur. Werden Eigenschaften von Polymeren (z. B. der Elastizitätsmodul) gegen die Temperatur aufgetragen, so ergeben sich im Allgemeinen keine linearen oder einfach gekrümmten Kurven wie dies bei niedermolekularen Stoffen der Fall ist. Bei niedermolekularen Stoffen zeigen sprunghafte Veränderungen Übergänge zwischen den Aggregatzuständen auf. Bei Kunststoffen ergeben sich bemerkenswerte Eigenarten im Temperaturverhalten. Sprunghafte Übergänge zwischen verschiedenen Aggregatzuständen können nicht beobachtet werden. Zustandsänderungen erfolgen über einen mehr oder weniger breiten Temperaturbereich. Neben dem Übergang vom Feststoff zur Flüssigkeit treten weitere Zustandsänderungen auf. Bild 1-28 zeigt dies sehr deutlich für den Schubmodul. Dabei ist z. B. der Übergang vom zähen in den elastischen Zustand gleichbedeutend mit dem „Schmelzen“ der kristallinen Bereiche. Bei höherer Temperatur liegen alle Polymere nur noch in geknäuelter Form vor. Im gummielastischen Zustand lassen diese Knäuel sich bei relativ geringen Kräften mehr und mehr strecken. Entspannung führt dann zum Zusammenziehen des Werkstücks. Bei großer Dehnung verschieben sich die Moleküle gegeneinander. Das Werkstück kehrt nicht mehr in seine Ausgangsform zurück. Ein Übergang in den gasförmigen Zustand existiert bei Kunststoffen erst im Bereich der Zersetzung. Den Einfluss der Belastungsgeschwindigkeit beim Zugversuch zeigt qualitativ Bild 1-30. Ausführlich wird die Zeitabhängigkeit der Eigenschaften im Kapitel 1.3.2.5 beschrieben.
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1 Einführung in Polymer Engineering
Bild 1-29. Einfluss der Temperatur ϑ auf σn = f (εt) (qualitativ) [1]
Bild 1-30. Einfluss der Belastungsgeschwindigkeit v auf σn = f (εt) (qualitativ) [1]
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1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen
1.3.2.2 Verformungsverhalten von Kunststoffen Das Verformungsverhalten der Kunststoffe ist, wie oben beschrieben, viskoelastisch und viskos. Die Temperatur-Zeit-Abhängigkeiten der Eigenschaften für Kunststoffe lassen sich hinsichtlich des Zeiteinflusses durch folgende vereinfachte Modelle beschreiben:
■ Voigt-Kelvin-Modell Feder und Dämpfer sind parallel geschaltet, siehe Bild 1-31.
Bild 1-31. Vereinfachtes Modell mit Dehnungs-Zeit-Verhalten (Zwei-ParameterVoigt-Kelvin-Modell) [1]
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1 Einführung in Polymer Engineering
Bild 1-32. Vereinfachtes Modell mit Dehnungs-Zeit-Verhalten (Maxwell-Modell) [1]
Bild 1-33. Erweitertes, realeres Modell (Vier-Parameter- oder Burger-Modell) und sein Dehnungs-Zeit-Verhalten [1]
Aus der parallelgeschalteten Überlagerung von Feder- und Dämpferverformung folgt die viskoelastische Deformation: die Dehnung stellt sich zeitverzögert ein, ist aber bei Entlastung voll reversibel. Man spricht hier von Entropieoder Gummielastizität.
■ Maxwell-Modell Feder und Dämpfer sind hintereinander geschaltet, siehe Bild 1-32.
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen
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Aus der hintereinander geschalteten Überlagerung von Feder- und Dämpferverformung folgen spontanelastische Verformungen bei Be- und Entlastung und infolge des Dämpfers eine bleibende Verformung.
■ Vier-Parameter- oder Burger-Modell Hintereinanderschaltung von Voigt-Kelvin mit Maxwell-Modell, siehe Bild 1-33. Das Burger-Modell beschreibt das Dehnungs-Zeit-Verhalten der meisten Kunststoffe in erster Näherung gut verwendbar. Die Feder 1 hat spontane elastische Be- und Entlastungsdehnung zur Folge, 1 + 2 als Parallelschaltung verursachen Kriechen während der Belastung und Rückkriechen (viskoelastische zeitverzögerte Rückdeformation) nach Entlastung, Dämpfer 2 hat eine bleibende Dehnung zur Folge.
1.3.2.3 Verhalten bei Zugbelastung Technisch spielt das Verhalten eines Werkstoffs bei Zugbelastung eine herausragende Rolle. Daher wurde es schon früh experimentell und theoretisch eingehend untersucht. Besondere Bedeutung kommt dabei der Untersuchung des Spannungs-Dehnungsverhaltens zu. Es wird in Zugversuchen untersucht, in denen ein Prüfkörper mit einer bestimmten Geschwindigkeit bis zum Bruch (oder Abreißen) gedehnt wird. Die maximal erreichbare Spannung ist die Zugfestigkeit. Bild 1-34 zeigt den Verlauf der Spannung als Funktion der Verformung für Metalle und Kunststoffe prinzipiell im Vergleich. Schubmodul G und Elastizitätsmodul E sind über die Querkontraktionszahl n verknüpft: E = 2G (1 + n ) Elastomere n ≤ 0,5 Kunststoffe n @ 0,3 Metalle n ~ 0,25 – 0,40
s(e) Außerhalb des linearelastischen Bereiches wählt man ES = 6 e als Sekantend(s) modul oder Et = 6 als Tangentenmodul. de Da beim Spannungs-Dehnungs-Diagramm bei Kunststoffen der linearelastische Hooke’sche Bereich weitgehend fehlt, werden Tangenten an bestimmte Punkte der Spannungs-Dehnungs-Kurve definiert, wie Ursprung (also Dehnung 0) oder bei einer bestimmten Dehnung εT bzw. die Steigung einer Sekante zwischen Ursprung und Dehnung εS, Bild 1-35. Bei faserverstärkten Kunststoffen und Duroplasten ist ein Hooke’scher Bereich noch annähernd ausgeprägt – bei tiefen Temperaturen mehr als bei hohen – bei Thermoplasten weniger, bei Elastomeren fehlt jeglicher linearelastische Bereich in Form einer Ursprungsgeraden im σ-ε-Diagramm. Bild 1-36 zeigt einige Spannungs-Dehnungskurven bei Raumtemperatur für verschiedene Werkstoffe im Vergleich. Unter dem Blickwinkel der Deformation folgen vereinfachte Erklärungen zu den Begriffen.
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1 Einführung in Polymer Engineering
Energieelastizität Rein energieelastische Körper verformen sich unter Einwirkung einer Kraft ohne jede zeitliche Verzögerung um einen bestimmten Betrag, der unabhängig von der Einwirkungsdauer der Kraft ist. Bei Entlastung ist diese Verformung vollständig reversibel. Die Verformungsarbeit wird dergestalt als potentielle Energie gespeichert, indem die Abstände der Atome und die Bindungswinkel durch die Verformung verändert werden. Der Zusammenhang zwischen Kraft (bzw. Spannung) und Verformung (bzw. Dehnung) lässt sich bei kleinen Dehnungen bei vielen Stoffen in guter Näherung durch das Hooke’sche Gesetz beschreiben. Entropieelastizität Unter der Einwirkung einer Kraft nimmt die Verformung rein entropieelastischer Körper zeitverzögert zu. Diese Zeitverzögerung kann jedoch verschwindend klein sein (im µs-Bereich). Auch diese Verformung ist vollständig reversibel. Durch die Einwirkung der Kraft werden die Moleküle (bzw. Atome) aus ihrer Gleichgewichtslage entfernt (wofür eine gewisse Zeit benötigt wird) und in Kraftrichtung ausgerichtet. Hierdurch entsteht eine größere Ordnung der Mole-
Bild 1-34. Definition des Elastizitätsmoduls E (Ursprungsmodul) (ε nahe 0 % entspricht der Steigung der Tangente an die Kurve im Ursprung) [1]
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen
65
Bild 1-35. Elastizitätsmodul, Sekantenmodul und Tangentenmodul [2]
küle (was gleichbedeutend ist mit einer geringeren Entropie). Wegen ihrer Wärmebewegung sind aber die Moleküle immer bestrebt, einen Zustand größter Unordnung (Knäuelform) und damit größte Entropie zu erreichen, da diese statistisch die größte Wahrscheinlichkeit besitzt. Hierdurch entsteht eine Rückstellkraft (Elastizität), die nur aus der Entropieänderung während der Verformung resultiert. Die Verformungsarbeit wird in diesem Fall als Wärmeenergie gespeichert. Im Vergleich zur Energieelastizität werden wesentlich höhere Dehnungen ohne Schaden vertragen, aber der E-Modul liegt um Größenordnungen tiefer. Bei geringen Dehnungen kann das Hooke´sche Gesetz ebenfalls in guter Näherung erfüllt werden. Hyperelastizität Zur Beschreibung des Deformationsverhaltens von Elastomeren bestehen verschiedene Werkstoffmodelle, wie beispielsweise Neo-Hooke, Mooney-Rivlin u. a. Bei all diesen Werkstoffmodellen handelt es sich um so genannte „Hyperelastizitätsmodelle“. Die Spannung im Werkstoff ist eine eindeutige Funktion der Dehnung, d. h. zu jedem Verformungszustand in einem Bauteil gehört exakt ein Beanspruchungszustand [7]. Im Zugversuch an Elastomeren weicht das Spannungs-Dehnungs-Verhalten zwischen nachfolgenden Belastungszyklen vom ersten Belastungszyklus (nach Vorkonditionierung) ab.
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1 Einführung in Polymer Engineering
Bild 1-36. Spannungs-Dehnungs-Diagramm verschiedener Werkstoffe bei Raumtemperatur
Dieser Effekt der Spannungserweichung wird als Mullins-Effekt [8] bezeichnet, der insbesondere bei aktiv gefüllten Elastomeren zu beobachten ist. Der Elastomer-Füllstoff-Verbund wird bei Verformung teilweise aufgebrochen und anteilig neu formiert. Dies führt zu einer Veränderung der SpannungsDehnungs-Kurve und ist von der Höhe der Vorbelastung abhängig. Bei Entlastung besteht eine bleibende Verformung. Bei dynamischen Belastungen ist der Schubmodul von der Belastungsamplitude abhängig [9], [10]. Dabei ist zu beachten, dass das Arbeitsaufnahmevermögen der Kunststoffe – aber auch das der Metalle – im Laufe der Zeit infolge Alterung und Versprödung kleiner wird.
1.3.2.4 Mechanische Dämpfung Werden viskoelastische Stoffe durch erzwungene Schwingungen dynamisch beansprucht, tritt zwischen Spannung σ und Dehnung ε eine Phasenverschiebung um den Phasenwinkel δ auf, der Tangens von δ wird als mechanischer Verlustfaktor d oder als mechanische Dämpfung bezeichnet. Die Dämpfung ist somit ein Maß für die bei dynamischer Beanspruchung infolge „innerer Reibung“ (Dissipation) erzeugte Wärme.
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen
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Die gedankliche Überlagerung der beiden „ideal“-Dämpfungskurven zu der realen Kurve bei einem teilkristallinen Kunststoff zeigt anschaulich die Zweiphasigkeit teilkristalliner Thermoplaste. Je höher die amorphen Anteile, umso größer ist der Dämpfungspeak bei der Glasübergangstemperatur Tgtk und analog für die kristallinen Anteile bei der Schmelztemperatur Tm.
1.3.2.5 Zeitabhängigkeit der mechanischen Eigenschaften Alle thermoplastischen Kunststoffe fließen bereits bei Raumtemperatur bei Beanspruchungen, die weit unterhalb der Streckgrenze liegen, vernetzte Kunststoffe bei höheren Temperaturen. Daraus erkennt man, dass die Zug- und Reißfestigkeiten sowie die Moduln für Zug-, Biege-, Druck- oder Schubbeanspruchung im Sinne von Einpunktwerten, die häufig in Werkstofftabellen enthalten sind, für das Berechnen von Bauteilen nach den Formeln der Festigkeitslehre nicht benutzt werden dürfen. Vielmehr muss jede Beschreibung der Werkstoffeigenschaften auch die Zeit als Parameter enthalten. Der Kurzzeitzerreißversuch genügt dafür nicht. An die Stelle der bei den metallischen Werkstoffen üblichen Tabelleneinzelwerte muss bei den Thermoplasten die Darstellung der kontinuierlichen Abhängigkeit der mechanischen Eigenschaften von der Zeit (unter Berücksichtigung der Temperatur) treten. Das Langzeitverhalten der Kunststoffe muss untersucht werden. Das bekannteste Verfahren ist der Zeitstand- oder Kriechversuch. Dabei wird eine Probe zur Zeit t = 0 einer Spannung σ0 unterworfen, die während der ganzen Versuchsdauer konstant gehalten wird. Man misst die zeitabhängige Deformation, Bild 1-38. Hält man die Dehnung konstant, nimmt die Spannung über der Zeit bei
Bild 1-37. Mechanischer Verlustfaktor d in Abhängigkeit von der Temperatur [1] a … amorph; tk … teilkristallin; k … kristallin
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1 Einführung in Polymer Engineering
Bild 1-38. Einfluss der Zeit auf Dehnung und Spannung bei Metallen und Thermoplasten [1]
Kunststoffen ab. Das nennt man Relaxation. Anwendungsbeispiele hierfür sind Schraubenverbindungen (Kunststoffschraube und/oder Kunststoffdichtung) oder Radialwellendichtringe, bei denen die Dichtkraft im Gummi über der Zeit nachlässt (weshalb man häufig Federringe einsetzt). Kriechkurven oder Zeitdehnlinien werden im so genannten Zeitstand-Zugversuch bei großen Verformungen, das heißt weit über den Bereich der Linearität hinaus, durchgeführt. An die Stelle der konstant gehaltenen Spannung tritt im Versuch meist die einfacher realisierbare Belastung, nämlich eine konstant gehaltene Anfangsspannung. Die aus einem derartigen Versuch beispielsweise mit Probestäben aus PE-HD bei verschiedenen Belastungen und gleich bleibender Temperatur resultierenden Zeitdehnlinien zeigt Bild 1-39. Die Durchführung des Zeitstand-Zugversuchs für Kunststoffe ist in DIN 53444 beschrieben. Als Probekörper verwendet man dieselben, wie sie für den Zugversuch nach DIN 53455 üblich sind. Die Zugproben werden stoßfrei mit Massen belastet und die Dehnungen in bestimmten Zeitabständen gemessen. Man erhält eine sog. Zeitdehnlinie, auch Kriechkurve genannt. In den Versuch gehen also drei Veränderliche ein: Die durch Belastungsmasse und Probekörperquerschnitt definierte Spannung, die Dehnung und die Beanspruchungsdauer. Je nach Kombination dieser Größen als Veränderliche in zweidimensionaler Darstellung mit einem Kurvenparameter erhält man die in Bild 1-40 schematisch dargestellten Kurvenscharen. Aufschlussreicher sind für den Konstrukteur Schaubilder mit konstanter Dehnung, so genannten Dehngrenzlinien als Parameter. Sie können durch Horizontalschnitte aus Diagrammen gemäß Bild 1-40 für eine bestimmte Ver-
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen
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Bild 1-39. Zeitdehnlinien von PE-HD bei einer Temperatur von 20 °C
suchstemperatur ermittelt werden. Die obere Begrenzung dieser Diagramme bildet die Bruchlinie. Anstelle des Zeitspannungslinien-Diagramms schätzt der Konstrukteur das Diagramm der sog. isochronen Spannungsdehnungslinien mit der Beanspruchungsdauer als Parameter, der Dehnung als Abszisse und der Spannung als Ordinate. Aus einer Schar von Zeitdehnlinien mit der Spannung als Parameter erhält man durch Umrechnung (für die jeweilige Prüftemperatur) den Kriechmodul Ec(t), der als Funktion der Zeit aufgetragen wird.
s Ec (t) = 6 e (t) Diesen Dehngrenzlinien-Diagrammen können für jedes Material zum Beispiel die (bei der den Berechnungen häufig zugrunde gelegten Dehnung von 1 %) theoretisch zulässigen Spannungen entnommen werden. Die bei der Dimensionierung tatsächlich einsetzbare zulässige Spannung ergibt sich durch Division mit dem Sicherheitsfaktor. Will man jedoch die bei einer ausgeführten Konstruktion zu erwartende Deformation berechnen, dann legt man das Kurvenmaterial unmittelbar zugrunde. Von gleicher Bedeutung wie die an Probestäben im einachsigen Spannungszustand ermittelten Dehngrenzlinien ist für den Konstrukteur zylindrischer Apparateteile das Zeitstandverhalten von Rohren. Bei diesen herrscht bekanntlich ein dreiachsiger Spannungszustand vor (Axial-, Radial- und Tangentialspannungen). Beim Spannungsrelaxationsversuch wird die Probe zur Zeit t = 0 einer Verformung unterworfen, die anschließend konstant gehalten wird. Gemessen wird das zeitliche Abklingen der Spannung, die so genannte Spannungsrelaxation σ(t). Den zeitlichen Verlauf von s und e beim Spannungsrelaxationsversuch zeigt Bild 1-41 쎻 A.
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1 Einführung in Polymer Engineering
Bild 1-40. Herleitung der Dehngrenzlinien und Isochronen aus den im Zeitstandzugversuch gewonnenen Zeitdehnlinien
Auch bei der Durchführung des Spannungsrelaxationsversuchs, die in DIN 53441 beschrieben ist, wählt man als Beanspruchungsart die einachsige Zugbeanspruchung. Es werden vorzugsweise Probekörper verwendet, die über die Einspannlänge einen konstanten Querschnitt aufweisen. Die mit ε als Parameter ermittelten Spannungswerte σ(t) werden in Form von Zeitspannungslinien aufgetragen (Bild 1-41 쎻 B ), aus denen man analog dem Kriechversuch einen zweiten zeitabhängigen Modul, den Relaxationsmodul, entnehmen kann.
s (t) Er (t) = 7 e Nur bei kleinen Werten von σ0 und ε0 und nach einer nicht zu langen Beanspruchungsdauer ist der Relaxationsmodul Er dem Kriechmodul Ec gleich. Nach längerer Dauer und höherer Beanspruchung kehrt sich das Verhältnis um.
1.3.3 Weitere physikalische Eigenschaften Neben den mechanischen Eigenschaften und ihrer Temperatur- und Zeitabhängigkeit spielen thermische Eigenschaften (Isolierschäume für Kühlschränke, Gebäude, Fensterrahmen, Schutzschilder in der Raumfahrt, Schutzanzüge für Feuerwehrleute usw.), nicht zu vergessen der thermische Längenausdehnungskoeffizient, optische Eigenschaften (Schweinwerferspiegel und -gläser, Autoscheiben, Schutzhelmklappen, Linsen, Gewächshäuser, Verpackungen, Oberflächen-Effektfolien usw.), elektrische Eigenschaften (Kabelisolierun-
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen
71
Bild 1-41. A Zeitlicher Verlauf von σ und ε beim Spannungsrelaxationsversuch (Entspannungsversuch). B Zeitspannungslinien (Relaxationskurven) von glasfaserverstärktem Polycarbonat
gen, Leiterplatten, Abschirmgehäuse, Sicherheitsbauteile im Bergbau, Bipolarplatten und Membranen in Brennstoffzellen usw.), akustische Eigenschaften (Klangkörper für Musikinstrumente, Lautsprecherboxen, Motorraumisolierungen, Schallschutzwände, Schwingungsdämpfer usw.), Stofftransport Eigenschaften (Diffusion, Permeation, Barriereeigenschaften bei Verpackungen, Kraftstofftanks, Deponiedichtfolien, medizinische Membranen, atmungsaktive Bekleidungen usw.) je nach Anwendung eine entscheidende Rolle. Tabelle 1-15 vergleicht für einige der beschriebenen Eigenschaften Richtwerte für Metalle und Kunststoffe. Kunststoffe dehnen sich bei Erwärmung deutlich stärker aus als andere Materialien. Dies liegt daran, dass sich die Gebrauchstemperatur von Kunststoffen nicht weit unterhalb der Schmelztemperatur befindet. Um diesen Nachteil von Kunststoffen auszugleichen, können sie mit z. B. Fasern o. a. gefüllt werden. Die Wärmeausdehnung wird charakterisiert durch den Wärmeausdehnungskoeffizienten α. Wie alle Isolatoren, so leiten auch Kunststoffe die Wärme nur schlecht. Bei Metallen sorgen die frei beweglichen Elektronen nicht nur für eine hohe elektrische Leitfähigkeit des Materials, sondern auch für eine gute Wärmeleitfähigkeit λ. Bei Kunststoffen, die zu den elektrischen Nichtleitern oder Isolatoren gehören, fehlen jedoch diese frei beweglichen Elektronen im Material. Vorteile: Kunststoffe besitzen gute Isolationseigenschaften (gegen Elektrizität und Wärme).
72
1 Einführung in Polymer Engineering
Tabelle 1-15. Richtwerte-Vergleich einiger Eigenschaften von Metallen und Kunststoffen (T: Thermoplaste, D: Duroplaste, E: Elastomere, K: Kunststoffe allgem.) [1] Metalle (Leiter)
Kunststoffe (Nichtleiter)
therm. Längenausdehnungskoeffizient a [10–6/K] St: 10 Wärmeleitfähigkeit l [W/mK] Cu: 380; Fe: 76; St: 50; Al: 230 Dichte r [g/cm3] Fe: 7,8; Al: 2,7 Schwer- + Edelmetalle 10 bis 18 Lichtundurchlässig Elektr. Durchgangswiderstand [Wcm] Fe: 10–5 Geringe mechanische Dämpfung
T: ≈ 100 D: ≈ 30 E: ≈ 200
a [¥10–6/K]
T: 0,2 D: 0,3 E: 0,1 Glas 0,7 λ [W/mK] Schaumstoffe: 0,015 bis 0,9 Kunststoffe 0,9 bis 1,8 ungefüllt ρ [g/cm3] Silikate: 2,7 PTFE: 2,3 durchsichtig/durchscheinend/lichtundurchlässig Kunststoffe: 1010 bis 1018 [Wcm] K mit Metallpulver: ca. 1 hohe mechanische Dämpfung
Nachteile: Die Wärme wird beim Verarbeitungsprozess nur mühsam eingebracht (Mikrowellen haben hier gegenüber Infrarot deutliche Vorteile), bzw. bei der thermoplastischen Verarbeitung wieder herausgeholt. Je nach chemischem Aufbau der Makromoleküle erstarren Thermoplaste amorph oder teilkristallin (s. o.). Optisch unterscheiden sich amorphe und teilkristalline Thermoplaste ganz charakteristisch voneinander (solange sie uneingefärbt sind):
• •
teilkristalline Thermoplaste ⇒ opak oder milchig amorphe Thermoplaste ⇒ transparent oder glasklar
Amorphe Thermoplaste werden wegen ihrer Transparenz auch als organische Gläser bezeichnet und unterscheiden sich optisch nur wenig von den anorganischen Gläsern. Somit gilt auch das Brechungsgesetz.
■ Elektrisches Verhalten [12]
• •
Elektrische Leitfähigkeit Kunststoffe sind Isolatoren (z. B. Einsatz als Kabelummantelung). Trotzdem zeigen sie eine gewisse Leitfähigkeit, wobei zwischen Durchgangs- und Oberflächenwiderstand unterschieden wird. Durch Füllstoffe (Ruß, Metallpulver) können Kunststoffe leitfähiger gemacht werden. Dielektrisches Verhalten In einem elektrischen Feld können sich Elektronen im Kunststoff oder ganze Kettensegmente entsprechend der Feldrichtung ausrichten („Dielektrizität“). In einem elektrischen Wechselfeld kann dies zu einer Erwärmung des Kunststoffes führen. Diesen Effekt macht man sich z. B. beim Schweißen von Kunststoffen zunutze (Hochfrequenzschweißen).
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen
•
73
Durchschlagfestigkeit Hohe Spannungen können ein Zerstören des Kunststoffs bewirken. Die Fähigkeit, hohen elektrischen Spannungen zu widerstehen, wird dabei durch die Durchschlagfestigkeit beschrieben.
■ Akustisches Verhalten [12] Das akustische Verhalten der Kunststoffe hängt eng mit dem dynamisch-elastischen Verhalten zusammen. Es bestehen jedoch charakteristische Unterschiede zwischen den kompakten und den geschäumten Kunststoffen. Die gebräuchlichsten Kenngrößen, um das akustische Verhalten eines Kunststoffes zu charakterisieren, sind:
• •
Elastizitätsmodul E, „Verlustfaktor“ tan δ
In der technischen Akustik wird unterschieden zwischen:
• • •
Schallreflexion Schallausbreitung Schallabsorption
Zur Schallreflexion ist eine hohe Masse erforderlich. Will man die Schallausbreitung in einem festen Körper vermeiden, so sind weiche Zwischenlager erforderlich. So genannte Schallabsorber sind offenporige Schaumstoffe, die nicht als starr angesehen werden können. Die Welle dringt in die Poren ein und verliert ihre Energie durch Reibung zwischen den Molekülen der Luft und durch die Deformation der Wände.
■ Diffusion von Gasen und Dämpfen Kunststoffe sind – im Unterschied zu den Metallen – mehr oder weniger durchlässig für Flüssigkeiten, Dämpfe und Gase. Die Kunststoffoberfläche absorbiert zunächst die angrenzenden Moleküle, danach diffundieren sie in den Werkstoff, wandern (migrieren) hindurch, treten wieder aus (Desorption) und vollenden so die Permeation. Die Frage nach der Wasserdampfdurchlässigkeit kann nach der Regel: „Ähnliches löst Ähnliches“ beantwortet werden [13]. Wasser und Wasserdampf wandern als polare Medien beispielsweise leicht durch Wandungen aus polaren Kunststoffen, beispielsweise aus PA und EVOH oder EVAC, während PE und PP als unpolare Medien nur wenig durchlässig sind. Das sorgfältige Abstimmen auf die von Packgut zu Packgut unterschiedlichen Anforderungen an die Gas- und Wasserdampfpermeabilität ist häufig nur mit Hilfe von Mehrlagenfolien oder -behältern möglich. Hierüber liegen in der einschlägigen Industrie bereits große Erfahrungen vor. Bild 1-42 ordnet einige physikalische Eigenschaften von Kunststoffen und Metallen zueinander ein und bezieht sie auf Stahl (Stahl = 1).
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1 Einführung in Polymer Engineering
Bild 1-42. Einordnung der Eigenschaften von Kunststoffen [12]
1.3.4 Chemische Eigenschaften 1.3.4.1 Beständigkeit gegen Chemikalien / Medien Werden die physikalischen Eigenschaften der Kunststoffe vor allem von ihrem morphologischen Aufbau bestimmt, so hängt das chemische Verhalten wesentlich von der chemischen Struktur der Makromoleküle ab. Die Thermoplaste sind überwiegend gegen Säuren und Laugen beständig, die Duroplaste vor allem gegen organische Lösemittel. Die Beständigkeit gegen Chemikalien entscheidet bei allen Anwendungen z. B. in der Verpackungsindustrie, der Medizin und im Automobilbau über die allgemeine Verwendbarkeit. Eine erste Abschätzung kann häufig anhand der Regel „Ähnliches greift Ähnliches chemisch an“ getroffen werden. Oder kürzer: . Polare Kunststoffe werden von polaren wässrigen Lösungen und von polaren organischen Flüssigkeiten angegriffen. Zu den polaren Thermoplasten gehören beispielsweise PMMA, PC und PA. Unpolare Kunststoffe werden dagegen von unpolaren Flüssigkeiten angegriffen. So wird beispielsweise das unpolare PE von Benzin angequollen, während PS von Benzol und Toluol sogar völlig aufgelöst wird. Übersichtlich lassen sich Metalle und Kunststoffe gemäß der Beständigkeitstabelle 1-16 vergleichen.
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen
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Tabelle 1-16. Beständigkeiten von Metallen und Polymeren im Vergleich [1]
Transportmechanismen bei Chemikalieneinwirkung (Permeation) Wenn niedermolekulare Substanzen bzw. Lösungsmittelmoleküle durch feste Kunststoffe wandern, so spricht man vom Vorgang der Permeation. Grundlegend erfolgt der Stofftransport bei der Permeation in den drei Schritten Adsorption, Diffusion und Desorption des wandernden Moleküls [13] [14]. Das niedermolekulare Molekül lagert sich zunächst an die Oberfläche des Kunststoffs an (Schritt 1: Adsorption). Wenn das angelagerte Molekül nicht in den Kunststoff eindringen kann, so findet neben der rein physikalischen Anlagerung an die Oberfläche kein weiterer Stofftransport statt und die Materialkennwerte des Kunststoffs bleiben nahezu unverändert [13]. Findet jedoch eine nachfolgende Diffusion durch das Polymer statt (Schritt 2: Diffusion), so ist mit deutlichen Änderungen der Kunststoffeigenschaften zu rechnen. Die Diffusionsgeschwindigkeit kann hierbei als der entscheidende Faktor betrachtet werden und hängt von der Temperatur, der Polymerstruktur und der Größe des diffundierenden Moleküls ab. Nachdem der Kunststoff vollständig durchwandert wurde, gelangt das Molekül wiederum an eine, i.d.R. die gegenüberliegende, Oberfläche des Kunststoffbauteils und löst sich letztendlich wieder von diesem ab (Schritt 3: Desorption). Einfluss aggressiver Medien auf die mechanischen Eigenschaften Die Chemikalienbeständigkeit von Kunststoffen ist häufig in sogenannten Beständigkeitstabellen qualitativ dargestellt (z. B. durch die Klassifizierung „beständig“, „durchschnittlich beständig“ oder „unbeständig“) [11][14][15]. Hierbei ist das Beurteilungskriterium die Massenveränderung durch Quellen (Zunahme) oder Lösen (Abnahme). Betrachtet man nun mechanische Beanspruchungen, die neben dem angreifenden Medium auf den Kunststoff einwirken, so ist davon auszugehen, dass die
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1 Einführung in Polymer Engineering
schädigende Wirkung noch verstärkt wird. So kann die praktische Chemikalienbeständigkeit von Kunststoffen, die insbesondere für Rohrleitungen bekannt sein muss, in Zeitstandversuchen ermittelt werden. So quellen stark vernetzte Kunststoffe (Duroplaste) je nach Vernetzungsdichte wenig bis gar nicht. Weitmaschig vernetzte Kunststoffe (Elastomere) unterliegen der Quellung, da ihre Vernetzungsbrücken eine vollständige Auflösung verhindern. Die Quellbarkeit sinkt dabei mit zunehmendem Vernetzungsgrad. Unvernetzte Kunststoffe (Thermoplaste, thermoplastische Elastomere) können entweder quellen oder sich im Medium lösen. Im gequollenen Zustand verändern sich die physikalischen Eigenschaften des Polymers. So wird beispielsweise das Volumen größer, die Abkühlgeschwindigkeit erhöht sich, die Einfrierbereiche sinken (Weichmachung) und E-Modul sowie Torsionsmodul verändern sich. Einwirkung von Wasser (Hydrolyse) Bei Polymeren, die Ester-, Amid- oder ähnliche funktionelle Gruppen in der Hauptkette enthalten, besteht prinzipiell die Möglichkeit einer Kettenspaltung durch die Reaktion mit Wasser (Hydrolyse). Säuren und Laugen können hierbei als Katalysatoren wirken und speziell in heißem Wasser die Kettenspaltung begünstigen, was somit die Umkehrreaktion der Polymersynthese darstellt. Für die Stoffklasse der Polyester lautet die zugrunde liegende Reaktionsgleichung hierbei wie folgt:
Die Reaktionsgleichung verdeutlicht, dass es sich grundlegend um eine Gleichgewichtsreaktion handelt. Um die Hinreaktion (Polymer-Synthese) aufrecht zu erhalten, muss die niedermolekulare Komponente der Reaktionsprodukte (H2O) aus dem Gleichgewicht entfernt werden. Wird ein solcher Kunststoff nun wässrigen Säuren oder Laugen ausgesetzt, besteht immer die Möglichkeit, dass die Rückreaktion einsetzt, die letztendlich zum Molmassenabbau führt. Aromatische Polyester nehmen aufgrund ihrer hydrophoben Phenylgruppen nur sehr wenig wässrige Lösungsmittel auf, so dass Hydrolyse erst bei erhöhter Temperatur beobachtet wird und im Allgemeinen eine gute Kaltwasserbeständigkeit vorliegt. Physikalisch-chemische Vorgänge in Verbindung mit der Hydrolyse können beispielsweise die (örtliche) Änderung der Kristallinität, die Herauslösung von Additiven oder die Erweichung bei Wasseraufnahme sein. Typische mechanische Vorgänge sind beispielsweise die Entstehung von Eigenspannungen infolge örtlich unterschiedlicher Quellvorgänge oder die abrasive Schädigung von Kunststoffoberflächen beim Auftreffen von wässrigen Lösungen mit hoher Geschwindigkeit (z. B. bei der natürlichen Bewitterung).
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen Tabelle 1-17. Beständigkeit von Kunststoffen [11]
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1 Einführung in Polymer Engineering
Beständigkeit gegen die Bildung von Spannungsrissen (siehe auch Tabelle 1-23, Kapitel 1.4.7.2) Diese bei Metallen (Spannungsrisskorrosion) wie auch bei Kunststoffen (Bildung von Spannungsrissen) beobachtbare Erscheinung stellt einen physikalisch-chemischen Angriff dar, der für bestimmte Kunststoff/Medium-Paarungen beobachtbar ist. Als angreifendes chemisches Agenz genügt in vielen Fällen bereits Feuchtigkeit, die mit der Oberfläche des Polymers in Kontakt kommt. Voraussetzung ist das Vorhandensein von Zugspannungen, seien es herstellungsbedingte Eigenspannungen oder Fremdspannungen, die mehr oder weniger unterhalb der üblichen Zugfestigkeit liegen. Die Rissbildung erfolgt üblicherweise senkrecht zur wirkenden Zugspannungsrichtung. Spannungsrisse treten bei vielen Kunststoffen vor allem dann auf, wenn das angreifende Medium oberflächenaktiv ist. Die Wirkung dieser Medien beruht vermutlich darauf, dass durch das Herauslösen von niedermolekularen Bestandteilen oder von Verunreinigungen aus dem Kunststoff, sowie durch Quellen Gleitvorgänge in den unter Spannung stehenden Zonen auftreten, deren Folge die Rissbildung ist. Die Spannungsrissbildung wird durch eine Temperaturerhöhung wesentlich beschleunigt. Die durch Diffusion eingedrungenen Agenzien verursachen zunächst feine Haarrisse, die an den Weißbruch von Kunststoffen erinnern. Bei längerer Einwirkung einer oberflächenaktiven Substanz ggf. in Verbindung mit inneren oder äußeren Zugspannungen durchdringen die Haarrisse die ganze Wandung und führen zum Bruch des Formteils. Zum Vermeiden von Spannungsrissen können folgende Maßnahmen beitragen:
• • •
Stoff- und artikelgerechte Formgebung. Wahl der beständigsten Kunststoffsorte und des richtigen Kunststofftyps (möglichst hochmolekular). Wahl optimaler Verarbeitungsbedingungen (bei Spritzgussteilen z. B. die Angussart und -lage). Zugeigenspannungen im oberflächennahen Bereich von Formteilen können evtl. durch Tempern abgebaut werden.
1.3.4.2 Alterung und Beständigkeit von Kunststoffen Allgemein wird der Begriff der Alterung gemäß DIN 50035 wie folgt definiert: "Gesamtheit aller im Laufe der Zeit in einem Material irreversibel ablaufenden chemischen und physikalischen Vorgänge." Alterungsvorgänge verändern allgemein die Eigenschaften und das Aussehen von Polymeren während einer bestimmten Zeitspanne. Meist tritt hierbei eine Verschlechterung der Materialkennwerte auf. Typische Beispiele für solche Alterungsvorgänge sind die Versprödung von PP und PVC bei Anwendungen im Freien (z. B. Gartenmöbel, Getränkekisten und Rohre), die Alterung von Fahrradreifen bei regelmäßiger Beanspruchung, die Entstehung von Undichtigkeiten bei Dichtringen, die nachlassende Isolierwirkung von gasgefüllten Schäumen, die Versprödung von Oberflächenfolien in
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen
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Fahrzeuginnenräumen oder die Alterung (Degradation) von Polyethylen-Gelenkendoprothesen. Nachfolgend sollen nun die Begriffe „Alterungsursache“,„Alterungsvorgang“ und „Alterungserscheinung“ in Anlehnung an DIN 50035 im Detail erläutert werden. Zunächst erfolgt eine Untergliederung in innere und äußere Alterungsursachen [6]. Zu den inneren Alterungsursachen, die auf thermodynamisch instabilen Zuständen des Materials beruhen, zählen:
• • • •
Unvollständige Polymersynthese Eigenspannungen Orientierungsspannungen Begrenzte Mischbarkeit von Zusätzen und Polymermaterial
Dagegen beruhen die äußeren Alterungsursachen auf chemischen und physikalischen Einwirkungen der Umgebung auf das Material:
• • • • •
Energiezufuhr durch Wärme oder Strahlung Temperaturwechsel Chemische Einflüsse Mechanische Beanspruchung Kombinierte Belastung (Energiezufuhr, chemische Einflüsse) bei Bewitterung
Die hier aufgezählten Alterungsursachen führen zu Alterungsvorgängen, die in chemische und physikalische Vorgänge unterteilt werden können. In der Praxis laufen diese häufig gemeinsam ab. Bei den chemischen Alterungsvorgängen findet prinzipiell eine Veränderung der Zusammensetzung oder der Molekülstruktur des Polymers statt. Zu diesen Vorgängen gehören:
• • • • •
Korrosion Nachpolykondensation Nachpolymerisation Abbaureaktionen oder Cyclisierung Autooxidation
Physikalische Alterungsvorgänge basieren auf der Veränderung des Gefüges bzw. des molekularen Ordnungszustands:
• • • • • • •
Relaxation, Spannungsabbau Nachkristallisation Entmischung Weichmacherverlust Weichmacherwanderung Weichmacherextraktion Agglomeration
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1 Einführung in Polymer Engineering
Folglich sind Alterungserscheinungen als sichtbare oder messbare Wirkungen von Alterungsursachen aufzufassen. Hierzu gehören:
• • • • • • • • •
Verwerfung, Rissbildung (z. B. Spannungsrissbildung) Quellung Nachschwindung Ab- oder Ausscheidungen Bruchbildung (lokale Versprödung, Ermüdung) Verfärbung Veränderung des Oberflächenglanzes Messbare Veränderung der Materialeigenschaften (z. B. mechanisch) Veränderung des chemischen Verhaltens
Alterung durch mechanische Belastung Die bekannteste Auswirkung einer mechanischen Langzeitbelastung ist das Kriechen. Hierbei wird zwischen dem Relaxieren (Abnahme der Spannung bei konstanter Dehnung) und dem Retardieren (Zunahme der Dehnung bei konstanter Spannung) unterschieden [6]. Es handelt sich dabei um Vorgänge, die in der Regel ohne chemische Reaktion ablaufen. Durch die mechanische Belastung gleiten im Laufe der Zeit die Molekülketten voneinander ab. Das Altern unter mechanischer Belastung wird mitunter auch als Ermüden bezeichnet. Alterung durch thermische Belastung Eine Temperaturerhöhung führt allgemein zur Steigerung der Beweglichkeit von Molekülen und Molekülgruppen in Polymeren. Mit zunehmender Temperatur und Dauer der Einwirkung können dabei neben reversiblen auch irreversible Veränderungen des Polymers auftreten. Hierzu zählen beispielsweise die Verflüchtigung niedermolekularer Bestandteile (z. B. Additive), die Abspaltung spezifischer Atome und Molekülsegmente, Kettenbrüche, Nachvernetzungsreaktionen oder der beschleunigte chemische Abbau durch Oxidation. Chemische Veränderungen basieren hierbei auf dem Aufbrechen von chemischen Bindungen, wodurch die Irreversibilität bedingt wird. Alterung durch energiereiche Strahlung (Photodegradation) Folgende Formen energiereicher Strahlung, die Schädigungen an Kunststoffen hervorrufen, können unterschieden werden: α-Strahlung: Strahl bestehend aus Heliumkernen β-Strahlung: Elektronenstrahlung γ-Strahlung: Kurzwellige elektromagnetische Wellen Prinzipiell führt energiereiche Strahlung zur Alterung, wenn das Polymer die Energie aufnehmen kann und die aufgenommene Energie zur Bindungsspaltung ausreicht (strahleninduzierter Abbau) [11]. Einwirkung von Sauerstoff (Oxidation) Beim sog. thermooxidativen Abbau entstehen unter Anwesenheit von Sauerstoff Primärradikale durch Einwirkung von Wärme und evtl. gleichzeitiger mechanischer Beanspruchung auf den Kunststoff. Bestimmte Substanzen wie z. B. ste-
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen
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risch gehinderte Phenole oder Amine besitzen die Eigenschaft, diese Radikale abzufangen. So wirken Di-tert.-Butylphenole beispielsweise als Radikalfänger (Antioxidantien). Kennzeichnend für den thermooxidativen Abbau ist die kombinierte Einwirkung von Wärme und Sauerstoff, die zur Veränderung der chemischen Zusammensetzung des Polymers führt. Meist tritt hierbei eine Reaktionsbeschleunigung bei Temperaturerhöhung auf [6]. Metallische Verunreinigungen oder Zusatzstoffe (z. B. Kupfer) können den thermooxidativen Abbau katalytisch beschleunigen. Die nach dem thermooxidativen Abbau beobachtbaren Oxidationsphänomene äußern sich beispielsweise in Veränderungen der Viskosität, Dehnbarkeit, Schlag- und Zugfestigkeit sowie durch Oberflächenrissbildung.
1.3.4.3 Schutzmaßnahmen gegen Alterungsvorgänge Geeignete Alterungsschutzmittel (Stabilisatoren) werden zum Schutz von Kunststoffen gegen die Einwirkung von Luftsauerstoff, Wärme und Sonnenlicht eingesetzt. Die Stabilisatoren greifen dabei hemmend in den Alterungsprozess ein [6]. Dadurch wird die Gebrauchstauglichkeit des Werkstoffs bzw. Bauteils wesentlich verbessert und eine Verlängerung der Produktlebensdauer erzielt. Stabilisatoren gehören zur Gruppe der Additive, die den Polymeren bei der Herstellung bzw. bei der Bauteilproduktion zugesetzt werden, um die Verarbeitungs- bzw. Gebrauchseigenschaften einzustellen.
1.3.5 Zusatzstoffe für Kunststoffe Nur wenige Polymere (Thermoplaste, Duroplaste, Elastomere, abgewandelte Naturprodukte) sind, so wie die Synthese sie liefert, verarbeit- und verwendbar. Wärme- und Sauerstoffeinwirkung würden sie bereits bei der Verarbeitung schädigen. Dazu kommen die Umweltbedingungen bei Lagerung und Einsatz der Halbzeuge und Fertigprodukte, zu denen unter den umgebenden flüssigen und gasförmigen Medien vor allem der Luftsauerstoff – häufig im Zusammenwirken mit dem UV-Anteil in der Sonnenstrahlung – und erhöhte Temperatur gehören. Außer dem unerlässlichen Schutz gegen diese schädigenden Einwirkungen erfordert die jeweilige Anwendung dieser Werkstoffe eine mehr oder weniger große Anzahl von Zusatzstoffen, die das Eigenschaftsbild, die Verarbeitbarkeit oder das Aussehen beeinflussen. Daraus resultiert eine Vielzahl unentbehrlicher Additive, die aus den Ausgangsprodukten erst praxistauglich verarbeitbare Harze, Formmassen und hochwertige Formstoffe, d. h. Werkstoffe, machen. Um über die außerordentliche Vielfalt an Zusatzstoffen einen Überblick zu gewinnen, bedarf es eines ordnenden Prinzips. Grundsätzlich können drei Arten unterschieden werden.
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• • •
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Funktions-Zusatzstoffe (Verarbeitungshilfsmittel, Eigenschaftsverbesserer, Modifikatoren) Füllstoffe und Pigmente (Performance Additive) Verstärkungsstoffe (Eigenschaftsverbesserer)
Allen Additiven gemeinsam ist, dass ihre Wirkung von der Löslichkeit im betreffenden Polymer abhängt. Parameter dabei sind ihre chemische Struktur, die Temperatur, die Kristallinität der Matrix. So können sich die Additive nur in der amorphen Phase von beispielsweise teilkristallinen Thermoplasten lösen. In dieser erhöht sich die Additivkonzentration beim Abkühlen aus der Schmelze. Für die Stabilisierung ist dies vorteilhaft, da Sauerstoff- und Lösemittelatome nur im erhöhten Leerstellenvolumen der (fehlstellenreichen) amorphen Phase permeieren. Wird die Löslichkeitsgrenze eines Additivs im Kunststoff bei gegebener Temperatur überschritten, kommt es zum Ausblühen (Blooming). Oberflächenbeläge sind die Folge mit Problemen beim Beschichten, Lackieren, Kleben und Bedrucken. Beim Spritzgießen sind es typischerweise die Formtrennmittel, die bei Überdosierung Oberflächenfehler und Haftungsprobleme bei Folgeprozessen verursachen. Flaschenverschlüsse sind ein sensibles Beispiel für exakt eingestellte Dosierung der Gleitmittel. Unterdosierung führt zu erhöhtem Drehmoment beim Schließen und zu undichten Verschlüssen. Überdosierung ergibt die geschilderten Bedruckungsprobleme und viel gravierender: Additivwanderungen in das Gut. Eine ausführliche Darstellung der Zusatzstoffe findet sich in [16].
Literatur Kapitel 1.3 [1] Eyerer P (2007) Kunststoffkunde. Vorlesungsmanuskript WS 07/08, 14. Aufl, FraunhoferInstitut für Chemische Technologie ICT, Pfinztal [2] Delpy U (1994) Kunststoffe als Konstruktionswerkstoffe. Vorlesungsmanuskript, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde, Universität Stuttgart [3] BASF (1975) Kunststoff-Physik im Gespräch; Gespräche über Eigenschaften der Kunststoffe. BASF, Ludwigshafen [4] Tobolsky A V (1967) Mechanische Eigenschaften und Struktur von Polymeren. Berliner Union, Stuttgart, 371 S. [5] Osen E, Sckuhr M (1999) Thermoplastische Elastomere (TPE). Kunststoffe 89 (1999)10, S 176-179 [6] Ehrenstein G W (1999) Polymer-Werkstoffe: Struktur, Eigenschaften, Anwendung. 2. Aufl, Carl Hanser Verlag, München Wien [7] Häusler O, Hohmann G, Weiß R (2004) Erweiterte Materialmodelle zur Beschreibung von nichtelastischen Effekten polymerer Werkstoffe. FFD im Dialog, Spezial Ausgabe 1/2004, S 4-12 [8] Mullins L (1947) Effect of Stretching on the Properties of Rubber. J. Rubber Research 16, S 275-289 [9] Gohl W, Spies KH (2003) Elastomere – Dicht- und Konstruktionswerkstoffe. 5. Aufl, expert Verlag, Renningen [10] Hempel J (2001) Elastomere Werkstoffe. Freudenberg, Weinheim [11] Franck A (2000) Kunststoff-Kompendium. 5. Aufl, Vogel-Verlag, Würzburg [12] Michaeli W (2003) Kunststoffkunde Vorlesungsunterlagen. Institut für Kunststoffverarbeitung IKV, RWTH Aachen, Aachen und WAK, Erlangen
1.3 Eigenschaften von Kunststoffen in Bauteilen
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[13] Krebs C, Avondet M-A, Leu K(1998) Langzeitverhalten von Thermoplasten. Carl Hanser Verlag, München, 282 S. [14] Dolezel B (1978) Die Beständigkeit von Kunststoffen und Gummi. Carl Hanser Verlag, München Wien [15] Affolter S Langzeitverhalten von Thermoplasten. Internet-Veröffentlichung, Interstaatliche Hochschule für Technik NTB, Buchs, Schweiz; www.ntb.ch, S. 1-20 [16] Eyerer P, Hirth Th, Elsner P (Hrsg) (2007) Polymer-Engineering. Springer Verlag, Berlin [17] Lutz W (2007) Einfluss von Morphologie und struktureller Anisotropie auf die thermomechanischen Eigenschaften spritzgegossener PP- und PA6-Werkstoffe. Dissertation, Universität Stuttgart
Weiterführende Literatur zu Kapitel 1.3 Batzer H (1985) Polymere Werkstoffe. Bd II, Georg Thieme Verlag, Stuttgart Chatain M (1958) Ind. Plastiques Modernes. Bd 10, 45 (Mai 1958), Bd 10, 37 (Juni 1958) Clemens W (2003) Polymerelektronik – Integrated Plastic Circuits (IPC).Vortrag und Tagungsband “WING”-Konferenz, Weimar, S 184-191 Dobmaier A (2004) Produktherstellung mit Rezyklat. Abschlußpräsentation des BMBF-Vorhabens „Kreislaufführung flüssigkeitstragender Polymerbauteile“, Ottendorf-Okrilla Elias H-G (2003) Makromoleküle. 1. Aufl (1971), Hüthig & Wepf, Basel/Heidelberg, 856 S, 6. Aufl (2003), Wiley-VHC, Weinheim Franck A (1981) Vortrag auf dem 7. Stuttgarter Kunststoff-Kolloquium Gächter R, Müller H (1989) Kunststoffadditive. 3. Aufl, Carl Hanser Verlag, München Wien Grassis N (1977) Developments in Polymer Degradation. Applied Science Publishers LTD Grellmann W, Seidler S (1998) Deformation und Bruchverhalten von Kunststoffen. VDI Buch, 495 S Guy AG (1970) Metallkunde für Ingenieure. Akademische Verlagsgesellschaft, Frankfurt, 528 S Sommer W (1959) Elastisches Verhalten von Polyvinylchlorid bei statischer und dynamischer Beanspruchung. Kolloid-Zeitschrift 167 (1959) 2, S 97-131 Hennig J Wie beeinflusst das Molekulargewicht die Eigenschaften von PMMA. Röhm & Haas, Darmstadt Kaiser M, Reichert T, Herrmann W (2000) Studie zur UV-Stabilität von Kunststoffen in Photovoltaik Modulen (im Auftrag der TÜV Immissionsschutz und Energiesysteme GmbH). Fraunhofer ICT, Pfinztal Menges G, Haberstroh E, Michaeli W, Schmachtenberg E (2002) Werkstoffkunde Kunststoffe. 5. Aufl, Carl Hanser Verlag, München, ISBN 3-446-21257-4 Rabek JF (1996) Photodegradation of Polymers. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York Saechtling H (1992) Kunststofftaschenbuch. 25. Aufl, Carl Hanser Verlag, München Wien Twardon G (2003) Alterung und Beständigkeit von Kunststoffen. In: Eyerer P (2003) Kunststoffkunde. 11. Aufl, Vorlesungsmanuskript, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde, Universität Stuttgart, Stuttgart Wilke K (1997) Photokatalyse an Titandioxid: Grundlagen und Anwendungen. Dissertation Universität des Saarlandes, Saarbrücken Woebcken W (1981) Natürliche und künstliche Alterung von Kunststoffen. Carl Hanser Verlag, München Wien, S 199ff
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1 Einführung in Polymer Engineering
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen Für die meisten Kunststoffe folgt der Synthese bei den Rohstoffherstellern die davon völlig getrennte Verarbeitung. Dies bedeutet, dass Abkühlung und erneute Aufheizung sowie Transport, manchmal mehrfach, dazwischen liegen. Ausnahmen bilden bisher Polyurethan RIM, RRIM und SRIM und Nischenanwendungen wie die Caprolactam-Synthese im Verarbeitungswerkzeug zu Polyamid, sog. Guss-PA. Dagegen ist die Halbzeugherstellung bei glasmattenverstärkten Thermoplasten (GMT) meist mit PP-Matrix, Stäbchengranulate mit Langglasfasern oder SMC heute noch Stand der Technik. Für die Zukunft zeichnet sich allerdings ein Wandel für manche Verarbeitungstechnologien ab. Aufwendige Zwischenschritte werden entfallen, der Verarbeiter wird mehr zum WerkstoffDesigner (Compoundeur), Rohstoffhersteller liefern ihm Vorprodukte. Für Standard-Spritzgieß- oder Extrusionsprozesse werden sich allerdings in absehbarer Zeit keine grundsätzlichen Änderungen im Verfahrensablauf ergeben. Tabelle 1-18 zeigt anhand von Prinzipskizzen einige gängige Verarbeitungsverfahren auf, ordnet sie den Kunststoffhauptgruppen Thermoplaste, Duroplaste, Elastomere zu und deutet die Prozessschrittfolge von der Synthese zum Bauteil an. Tabelle 1-19 gibt eine Übersicht mit Prinzipskizzen zu den häufig angewandten Kunststoff-Verarbeitungsverfahren.
1.4.1 Aufbereitung und Zusatzstoffe (Additive) Unter Aufbereitung versteht man in der Kunststofftechnik diejenigen Verfahren, durch die ein Kunststoffrohstoff zu einer verarbeitbaren Kunststoff-Formmasse wird. In der Regel sind verschiedenste Zusatzstoffe nötig [4], um einen Kunststoff nach der Synthese verarbeiten (urformen) zu können, z. B.: Weichmacher Haftvermittler Verdünner Gleitmittel Verstärkungsstoffe Thixotropierungsmittel (z. B. Farbe streichfähig, jedoch kein Laufen: Eine Flüssigkeit verhält sich thixotrop, wenn ihre Viskosität bei abnehmender Schergeschwindigkeit größer wird). Durch die Aufbereitung [5], [6], [7] sollen diese Zusatzstoffe (in Massenanteilen von 0,01 bis 60 %) in der Masse homogen verteilt werden.
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen Tabelle 1-18. Verarbeitung von Kunststoffen [1]
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86 Tabelle 1-18. (Fortsetzung)
1 Einführung in Polymer Engineering
Tabelle 1-19. Übersicht zu Kunststoffverarbeitungsverfahren [1] (unter Verwendung von [2], [3]) 1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
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Tabelle 1-19. (Fortsetzung)
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1 Einführung in Polymer Engineering
Tabelle 1-19. (Fortsetzung)
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
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Tabelle 1-19. (Fortsetzung)
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1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
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Dies erfolgt durch: Zerkleinern mittels Walzenbrecher, Hammermühle, Schneidmühle, Stiftmühle usw. Mischen über Rührwerk, Trommel-, Schaufel-, Wirbelmischer, Schneckenkneter usw. Plastifizieren über Kneter,Walzwerke, Doppelschneckenextruder. Zum Plastifizieren wird die trocken vorgemischte Kunststoffformmasse aufgeschmolzen und weiter homogenisiert. Das Plastifizieren ist somit ein Mischen im plastischen Zustand. Granulieren entspricht grob einem „Fleischwolf“ (Extruder), bei dem die austretenden Schmelzestränge zu Granulatkörnern abgeschlagen werden. Feuchtigkeitseinfluss und Trocknung Aufgrund der hohen Bedeutung des Feuchtegrades für die Verarbeitung von Kunststoffen wird dieser Parameter innerhalb der Aufbereitung betont. Für die Trocknung von Granulaten stehen dem Verarbeiter verschiedene Systeme zur Wahl. Dabei sind die Trockner oftmals in die Materialversorgung integriert. Einen Übersichtsbeitrag liefern T. Schroer und J. Wortberg [9]. Bei der Verarbeitung von technisch hochwertigen Kunststoffen hat die Rohstofffeuchte einen bedeutenden Einfluss auf die Prozesssicherheit und die Produktqualität. Eine zu hohe Verarbeitungsfeuchte kann in der Verarbeitung zu Schaumbildung, Entformungsproblemen und streuenden Prozessparametern in Folge von Viskositätsschwankungen führen. Die Qualität der Produkte kann durch das Auftreten von z. B. Blasen, Schlieren, Lunkern und Bindenähten beeinflusst werden. Auch Eigenschaften wie mechanische Festigkeit oder elektrische Durchschlagfestigkeit können sich durch die Feuchte verschlechtern. Bei der Weiterverarbeitung kann es durch eine unzureichende Vortrocknung des Granulats z. B. zu Problemen beim Galvanisieren oder Lackieren kommen. Der nicht ausreichenden Trocknung steht das Übertrocknen des Materials gegenüber, diese kann zu Verfärbungen, Viskositätserhöhung und zur Verschlechterung der physikalischen Eigenschaften führen. Weiterführende Literatur siehe bei [9].
1.4.2 Verarbeitung von Kunststoffschmelzen Das Urformen von Kunststoffen erfolgt ganz allgemein durch einen Fließprozess. Die einzelnen Makromoleküle von Thermoplasten, Duroplasten und Elastomeren müssen dazu beweglich sein und aneinander abgleiten können. Die Duroplaste und Elastomere vernetzen bzw. vulkanisieren erst nach der Formgebung. Damit besitzen Duroplaste und Elastomere im Gegensatz zu Thermoplasten auch bei hohen Temperaturen (oberhalb des Haupterweichungsbereiches) eine zur Entformung ausreichende Eigensteifigkeit. Amorphe Thermoplaste können hingegen erst unterhalb des Haupterweichungsbereiches entformt werden, teilkristalline Thermoplaste je nach Kunststoff ca. 50 bis 100 °C unterhalb der Kris-
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Bild 1-43. Schema des Urformens von Kunststoffen (T, D, E) [1]
tallit-Schmelztemperatur. Schematisch lässt sich das Urformen aller Kunststoffe mit Einschränkungen beim Walzen und Pressen durch folgende Darstellung charakterisieren (Bild 1-43): Durch Energiezufuhr wird die Kunststoffmasse plastifiziert und unter Druck in die gewünschte Form gepresst (Spritzgießen, Extrudieren usw.). Die Scherkräfte verformen die Makromoleküle, d. h. sie werden orientiert. Der im Formteil erreichte Orientierungsgrad hängt von der Größe der bei der Formgebung wirkenden Scherkräfte ab. Diese werden durch die Schergeschwindigkeit beeinflusst.
1.4.2.1 Fließeigenschaften von Schmelzen Die Fließfähigkeit einer Kunststoffschmelze hängt im Wesentlichen von der Beweglichkeit von Molekülsegmenten ab und damit von der Temperatur, von ihrer Gestalt, vom Verhakungs- und Verzweigungsgrad, von der Molmasse bzw. von deren Verteilung.
Rheologie der Kunststoffschmelze (IKV, Aachen) [10] Das Beschreiben, Erklären und Messen der Fließeigenschaften von Stoffen (z. B. von Kunststoffen) ist zentraler Gegenstand der „Wissenschaft von der Deformation und dem Fließen der Körper“, die man „Rheologie“ nennt.
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
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Bei der Kunststoffverarbeitung müssen die zu verarbeitenden Werkstoffe meistens in einem fließfähigen Zustand vorliegen. Dieses wird z. B. bei thermoplastischen Kunststoffen erreicht durch das Aufschmelzen. Die Viskosität ist ein Maß für den inneren Widerstand des Werkstoffes gegen eine während des Fließens stetig wirkende Kraft. Beim Fließprozess, wie er in Kunststoffverarbeitungsmaschinen auftritt, wird die Schmelze hauptsächlich geschert [10]. Man unterscheidet: Scherströmung (Scherfließen) (Durchfließen einer Düse – Urformprozesse) und Dehnströmung (Streckfließen) (Querschnittsveränderungen, z. B. beim Verstrecken), wobei real meist eine Überlagerung auftritt. Während bei der Scherströmung sich die Fließfront nur in eine Richtung beA , tritt bei einer zweidimensionalen Fließfrontänderung ein zuwegt, Bild 1-44 쎻 B , siehe auch Kapitel sätzlicher Orientierungseffekt durch Dehnströmung auf 쎻 B , wie ein 1.4.7.2.1. An einer Viertelkreisscheibe lässt sich zeigen, Bild 1-44 쎻 konzentrisch um den Angussbereich liegendes Volumenelement beim Fortschreiten der Fließfront immer stärker in Querrichtung gedehnt wird. Durch die Dehnkräfte ordnen sich die Makromoleküle und auch die Glasfasern in Richtung der Dehnströmung und damit senkrecht zur Fließrichtung. Dies gilt auch für beispielsweise zentral angespritzte Platten und für die meisten spritzgegossenen Formteile, siehe auch Bild 1-65 in Kapitel 1.4.7.2.1. Im Folgenden werden einige Grundlagen der Fließeigenschaften von Schmelzen vereinfachend dargestellt.
Bild 1-44. Schematische Darstellung von Scherströmung und Dehnströmung [11]
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1 Einführung in Polymer Engineering
Bild 1-45. Schematische Darstellung des Scherfließens einer laminaren Strömung (Geschwindigkeitsverteilung im Zweiplattenmodell bei Wandhaftung) [12]
Bild 1-46. Erklärung von Schubspannung und Schergeschwindigkeit an einem Teilchen in der Flüssigkeit [12]
Am Beispiel des Newton’schen Zweiplattenmodells kann das Scherfließen einer Flüssigkeit erklärt werden, Bild 1-45 und Bild 1-46. Die Flüssigkeitsschichten zwischen den sich gegeneinander bewegenden Platten gleiten aufeinander ab – die Flüssigkeit wird geschert. Die Scherspannung verformt den Quader mit der Schergeschwindigkeit g˙ (oder auch Schergradient genannt). Die Schergeschwindigkeit ist das Verhältnis der Geschwindigkeitsdifferenz Dv zweier aneinander vorbei fließender Schichten zu deren Abstand y (senkrecht zur Strömungsrichtung).
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
95
Sie drückt damit aus, wie schnell ein zwischen verschiedenen Schichten liegendes Teilchen seine Gestalt verändert, während sich die Schichten mit der Fließgeschwindigkeit fortbewegen. Beim so genannten Newton’schen Fließverhalten (z. B. bei Wasser und Öl) sind Scherspannung t und Verformungsgeschwindigkeit (Schergeschwindigkeit) g˙ proportional.
t = h · g˙ Der Koeffizient h heißt Viskosität7 (oder Zähigkeit). Die meisten Flüssigkeiten, Kunststoffschmelzen eingeschlossen, gehorchen bei mittleren und hohen Schergeschwindigkeiten nicht dem Newton’schen Fließgesetz. Für die Charakterisierung solcher Flüssigkeiten genügt daher nicht mehr eine einfache Viskositätsangabe, sondern das Fließverhalten wird durch die Fließkurve angegeben (Kunststoffschmelzen fließen viskos8). Diese nicht-Newton’sche Fließeigenschaft der Schmelzen bezeichnet man bei Kunststoffen als Strukturviskosität. Real werden sich unterschiedliche Geschwindigkeitsprofile über den Querschnitt gemäß Bild 1-47 je nach fortschreitender Erstarrung an der Werkzeugwand einstellen. Aus Bild 1-48 wird deutlich, dass bei Kunststoffschmelzen die Scherspannung bei höheren Schergeschwindigkeiten degressiv verläuft (strukturviskos), d. h. mit zunehmender Schergeschwindigkeit braucht man weniger Kraft, was für die Verarbeitung sehr vorteilhaft ist. Tabelle 1-20 gibt qualitativ die Auswirkung verschiedener Einflüsse auf das Fließverhalten von Kunststoffschmelzen wieder. Abschließend werden zum Schmelzeverhalten einige Begriffe erläuternd zusammengefasst [14]: 1. Die Viskosität h ändert sich mit der Scherbeanspruchung, also der Schubspannung τ oder der Schergeschwindigkeit γ a) η nimmt mit τ zu: Dilatanz, b) η nimmt mit zunehmendem τ ab: Strukturviskosität (im englischen Schrifttum als „pseudoplasticity“ bezeichnet). 2. Die Viskosität η ändert sich bei konstanter Scherbeanspruchung im Laufe der Versuchszeit t: a) η nimmt mit t zu: Rheopexie, b) η nimmt mit t ab: Thixotropie.
7
8
genauer: dynamische Viskosität h; Einheit ist Nsm2 B 1 Pascal Sekunde (Pa s), alte Dimension: 1 Poise (P) B 0,1 Pa s; 1 Centipoise (cP) B 1 Millipascal Sekunde (mPa s); weiter: kinematische Viskosität h u = 3 : u · cm2 s–1 B Stokes (st) r unter plastischem Fließen versteht man die bleibende Verformung, die sich bei Festkörpern einstellt, wenn eine bestimmte Mindestspannung (Fließgrenze) überschritten wird; dagegen ist das viskose Fließen die bleibende Verformung im entropieelastischen Bereich sowie im Schmelz- bzw. Fließbereich von Kunststoffen.
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1 Einführung in Polymer Engineering
3. Mit dem viskosen Fließen sind gummielasische Verformungen gekoppelt (die beim Aufhören des Fließens eine elastische Rückdeformation anstreben): Elastische Flüssigkeit. Als Folge der Elastizität treten beim Fließen neben Schubspannungen auch noch Normalspannungen auf: Normalspannungs- oder Weißenberg-Effekt.
1.4.2.2 Verformungsverhalten von Schmelzen Deformationsverhalten – Viskoelastizität Verformt man eine Kunststoffschmelze9, so nimmt sie nach Wegnahme der die Verformung auslösenden Kraft ihre Ausgangslage zeitlich verzögert und nicht mehr vollständig ein.
Bild 1-47. Schema der Bewegungsvorgänge beim Füllvorgang [13] a Schmelzefront b1 Randschichten beginnen zu erstarren b2 Randschichten sind bereits erstarrt c Geschwindigkeitsprofil in "plastischer Seele"
Bild 1-48. Fließverhalten Newton’scher, strukturviskoser und dilatanter Flüssigkeiten bzw. Schmelzen [12]
97
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
Tabelle 1-20. Qualitative Auswirkungen verschiedener Einflüsse auf die Viskosität h von Kunststoffschmelzen [1] Einflüsse auf die Viskosität
h
größere Molmasse mehr langkettige Verzweigungen steigender Verarbeitungsdruck höherer Füllstoffanteil höhere Temperatur Zugabe von Weichmachern (Gleitmittel, Treibmittel u.a.) größere Schergeschwindigkeit Alterung (Kettenbrüche = kleinere Molmasse)
≠ ≠ ≠ ≠ Ø Ø Ø Ø
Die Schmelze bleibt teilweise irreversibel verformt. Es wirken demnach gleichzeitig zeitunabhängige elastische und zeitabhängige viskose Eigenschaften zusammen. Durch verschiedene Verknüpfungen der Grundgleichungen für das elastische und viskose Verhalten der Werkstoffe lassen sich vereinfachend eine Reihe von Erscheinungen beschreiben. Die Bilder 1-31, 1-32, 1-33 und [1] geben eine Übersicht über solche Grundgleichungen zum Verformungsverhalten von Werkstoffen, Schmelzen eingeschlossen. Durch die Verwendung von Feder- und Dämpfer-Elementen lässt sich das Verformungsverhalten von Kunststoffschmelzen und damit von Kunststoffen bzw. Werkstoffen allgemein vereinfachend, aber anschaulich beschreiben. Ein praxisrelevantes beispielhaftes Phänomen, bei dem das viskoelastische Verhalten von Kunststoffschmelzen innerhalb der Rheologie eine Rolle spielt, ist die Strangaufweitung beim freien Ausströmen der Schmelze aus einer Düse (Profilwerkzeug eines Extruders). Molekülorientierungen, Scherkräfte, Düsenlänge, Relaxation, Massetemperatur, Viskosität, Molekülgestalt (Konstitution) spielen dabei eine Rolle. Im Kapitel 1.4.7.2 wird die Strangaufweitung als Beispiel für Molekülorientierungen beim Extrudieren erörtert.
1.4.3 Verarbeitung von Thermoplasten Das Urformen von amorphen und teilkristallinen Thermoplasten erfolgt im Fließ- bzw. Schmelzbereich. Bild 1-49 zeigt erneut, dass die einzelnen Zustände keine festen Temperaturgrenzen haben. Weiter wird für Thermoplaste die Verarbeitbarkeit in Abhängigkeit von der Temperatur deutlich. 9
im weitesten Sinne ist ein amorpher Thermoplast bei jeder Temperatur eine Schmelze. Unterhalb der Fließtemperatur ist diese Schmelze mehr oder weniger eingefroren. Bei teilkristallinen Thermoplasten betrifft dies die amorphen Bereiche, sodass die obigen Überlegungen allgemein für Thermoplaste gelten.
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1 Einführung in Polymer Engineering
Bild 1-49. Zustandsform und Verarbeitbarkeit von Thermoplasten in Abhängigkeit von der Temperatur (in Anlehnung an Schreyer) [15]
Eine zusammenfassende Übersicht der wichtigsten Verarbeitungsverfahren von Thermoplastschmelzen gibt Tabelle 1-19. Zur Vertiefung siehe auch [2], [6], [16], [1]. Die beiden wichtigsten Urformverfahren, das Spritzgießen und das Extrudieren, werden etwas ausführlicher dargestellt. Zusammenstellung von Verarbeitungsvarianten Die folgende Zusammenstellung [1] informiert über die große Zahl von Verarbeitungsvarianten innerhalb der Haupt-Technologien Ur- und Umformen. Auffallend ist dabei die riesige Zahl von Unterverfahren beim Spritzgießen. Beachtlich ist auch, dass die Hälfte der Spritzgießvarianten in den vergangenen 15 Jahren entwickelt wurde.
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
99
Spritzgießen Spritzpräge-Technik (SPT) einschließlich dünnwandiger Formteile .o Hinterprägetechnik (HPT) .o Gegentakt-Spritzgießen (GTS) Hinterspritz-Technik (HST) Schmelzkerntechnik (SKT), Lösekerntechnik (LKT) o Zwei-Schalen-Technik (2-ST) Spritzgieß-Pressrecken Thermoplast-Schaumguss (TSG) Mehrkomponenten-Spritzgießtechnik (MKT) Mehrfarben-Spritzgießtechnik (MF-SGT) .o Advanced Composite Casting (ACC) (Umspritzen von FV-Vorformlingen) o Gasinnendruck-Spritzgießtechnik (GIT), Wasserinjektionstechnik (WIT) Spritzblasen o Langfaser-Spritzgießen Liquid Crystal Polymer (LCP)-Spritzgießen Inmold Decorating (IMD) Inmold Coating (IMC) Pulvermetallspritzgießen (PM-SG) oder Metal Injection Molding (MIM) .o Keramikspritzgießen (KSG) oder Ceramic Injection Molding (CIM) oder Cermet Ceramic Injection Molding (CCIM) Fließgießtechnik (FGT)
• • • • • • • • • • • • •
Extrudieren Extrusionsblasen Streckblasen 3D-Blasformen (hart-weich-Kombination) Thermoplast-Schaumextrusion (TSE) Mehrschichtiges/ -farbiges Extrudieren (Coextrusion) mit überkritischem CO2 als Lösemittel/Schäummittel .o mikrowellenunterstützt
• •.o • •.o
Hohlkörper-Technologien Schalenguss (slush molding) Rotationsformen Schleudergießen
• • •
Fließpressen Glasmattenverstärkte Thermoplaste (GMT) Basis PP GMT mit höherwertigen Matrices (PA, PA/PPE, PBT, PET, PC, PPS) Langfaserverstärkte Thermoplaste im Direktverfahren (LFT-D)
• •.o
Zeichenerklärung: Stand der Technik Neuere Verfahren (aus den vergangenen 10 – 20 Jahren)
•.o
Umformen Prägen Schrumpfen
• •
100
• • • • •
1 Einführung in Polymer Engineering
Mechanisches Tiefziehen (Kaltumformen) Warmumformung Rotations-Tiefziehen Pultrusion, Pulforming Tiefziehpressen (TZP) von Faserverbundhalbzeugen
Kalandrieren Pulvertechnologie Sintern Lasersintern (LS) Wirbelsintern (Beschichten) Rotationssintern Ram-Extrusion Elektrostatisches Pulverbeschichten Coatingtechnologie
• • • • • • •
Zeichenerklärung: Stand der Technik Neuere Verfahren (aus den vergangenen 10–20 Jahren, zum Teil auch aktuell)
•.o
1.4.3.1 Spritzgießen Das Spritzgießverfahren erzeugt komplexe Formteile (Bauteilmassen von Milligramm bis 100 Kilogramm) in höchster Qualität und größten Stückzahlen. Vorteilhafte Merkmale des Spritzgießens sind
• • • • • •
kurzer Weg vom Rohstoff zum Endprodukt keine oder nur geringe Nacharbeit integrierbares und vollautomatisierbares (diskontinuierliches) Verfahren hohe Reproduzierbarkeit der Fertigung niedriger Energieverbrauch bei der Formgebung aufgrund (im Vergleich mit Metallen) niedriger Verarbeitungstemperaturen Integration von Prozessfolgeschritten in das Urformwerkzeug bis hin zu werkzeugfallenden endmontierten Bauteilen.
Um jedoch eine höchste Qualität bei der Produktion zu gewährleisten, bedarf es einer Know-how-Bündelung, da die Zahl der Einflussgrößen auf die Spritzgießproduktion sehr groß ist. Standard-Spritzgießen (Stückprozess, diskontinuierlicher Prozess) Bild 1-50 zeigt schematisch die Hauptteile einer Spritzgießmaschine. Besser wäre es bei Kunststoffschmelzen anstelle von Spritzgießen von „Fließgießen“ zu sprechen, da sich die Form über eine Fließfront füllt und nicht wie beim metallischen Druckguss (besser eigentlich: Spritzguss) über einen Flüssigkeitsstrahl.
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
101
Bild 1-50. Schematische Darstellung einer Spritzgießmaschine [1]
Bild 1-50 unterteilt verfahrenstechnisch eine Spritzgießmaschine in Plastifizierung und Formgebung. Unter Beibehaltung dieser Aufteilung stellt Bild 1-51 schematisch den Verfahrensablauf beim Spritzgießen dar. Typische Werte der Verfahrensparameter beim Spritzgießen:
• Werkzeugtemperatur: 10–120 °C, üblich 50–80 °C • Massetemperatur: 200–320 °C • Staudruck: 0–50 bar • Spritzdruck: 200–2000 bar • Nachdruck: 50–70 % vom Spritzdruck
Verfahrensablauf beim Spritzgießen (Bild 1-51) Das Kunststoffgranulat oder -pulver wird im Plastifizieraggregat durch Rotation der Schnecke plastifiziert, durch Friktion und durch äußere Heizung zusätzlich erhitzt. Nach Schließen des Werkzeuges drückt die Schnecke über einen axialen Vorschub (Schnecke wirkt als Kolben) die Kunststoffschmelze in die Kavität (Schritt 1 Einspritzen). Zum Ausgleich der Materialschwindung wird Schmelze über den Anguss nachgedrückt. Thermoplaste kühlen im „kalten“ (50 bis 80 °C) Werkzeug ab, Elastomere und Duroplaste vulkanisieren/vernetzen im beheizten (150 bis 200 °C) Werkzeug (Schritt 2 Nachdrücken und Kühlen). Während der Kühl- bzw. Vernetzungszeit dosiert die Schnecke neues Material nach, die Plastifizierung beginnt von neuem, während das Werkzeug sich öffnet und Auswerferstifte das erstarrte bzw. vernetzte Formteil auswerfen (Schritt 3).
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1 Einführung in Polymer Engineering
Bild 1-51. Schematische Darstellung des Verfahrensablaufs (Demag) beim Spritzgießen
Zusammen ergeben diese zum Teil überlappend ablaufenden Teilschritte den Spritzzyklus. Aus Wirtschaftlichkeitsgründen ist es ein stetes Bestreben, die Zykluszeit im Sinne einer hohen Ausstoßleistung zu reduzieren. Gegenläufige Verfahrensparameter stehen dem bei geforderter höchster Qualität jedoch oft entgegen. So ergibt beispielsweise eine hohe Massetemperatur zwar kurze Formfüllzeiten und eine gute Formfüllung, die Abkühlzeit nimmt aber zu.Also wird man das Werkzeug gut kühlen und die Wanddicke reduzieren. Hohe Kühlraten über dem Wandungsquerschnitt führen leicht zu EigenspanBild 1-52. Druck-, Temperatur- und Viskositätsverlauf für einen amorphen Thermoplasten im Spritzgusswerkzeug – angussnah – in Anlehnung an [17] und erweiterrt Erläuterungen zu Bild 1-52: 햲 bis 햳 Einspritzvorgang; 햳 Werkzeug ist volumetrisch gefüllt; 햳 bis 햴 Aufbau des Spritzdruckes; 햵 Umschalten auf niedrigeren Nachdruck; 햵 bis 햶 Druckabfall; 햶 Nachdruckniveau ist erreicht; 햷 Anguss friert ein (Siegelpunkt); 햸 Atmosphärendruck ist erreicht, jedoch Eigensteifigkeit des Formteils noch gering, da Glastemperatur noch nicht durchschritten ist. 햹 Glastemperatur Tg mit Haupterweichungsbereich; 햺 entformen möglich, da Steifigkeit groß genug. Formteiltemperatur liegt unter Tg .
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
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104
1 Einführung in Polymer Engineering
nungen mit späterer Neigung zur Spannungsrissbildung. Je nach verwendetem Kunststoff hat eine hohe Massetemperatur auch molekularen Abbau zur Folge, beispielsweise mit Einbußen der Schlagzähigkeit beim späteren Bauteil. Mit den vielen anderen Verfahrensparametern, wie sie eingangs zu Kapitel 1.4.3 aufgezählt sind, lassen sich ähnliche Verkettungen darstellen. Bild 1-52 zeigt die Verläufe Werkzeuginnendruck, Massetemperatur und Viskosität über der Zykluszeit. Bei 10 Sekunden ist Einspritzbeginn. Bis dahin erhitzt sich die Massetemperatur auf Schmelz- bzw. Fließtemperaturniveau, die Viskosität nimmt auf fließfähig ab. Bei teilkristallinen Thermoplasten ist wegen der Abführung der Kristallisationswärme ein länger dauernder Nachdruck erforderlich. Der Nachdruck gleicht den Volumenschwund beim Abkühlen durch Nachführen von Schmelze aus. Seine Lage ist damit für die Maßhaltigkeit entscheidend. Der Druckverlauf über der Zeit an verschiedenen Orten im Spritzgießsystem ändert sich stark. Je weiter der Messort von der Düse entfernt ist, desto geringer ist die Wirkung des von der antreibenden Pumpe erzeugten Druckes. Dieses Beispiel zeigt, dass die Formmasse örtlich unter sehr unterschiedlichen Druckbedingungen erstarrt. Eine weitere Inhomogenität wird durch die Masse- und Werkzeugtemperatur bewirkt. Die Formmasse verlässt die Düse im Allgemeinen mit einem zeitlich und örtlich schwankenden Temperaturprofil. Bei der Verarbeitung von Thermoplasten ist die Kenntnis über Druck- und Temperaturunterschiede maßgeblich, um Begriffe wie Homogenität, Temperaturkonstanz, Reproduzierbarkeit, Maßkonstanz u. a. m. richtig beurteilen zu können. Kurven wie der Verlauf des spezifischen Volumens (siehe Bild 1-66 in Kapitel 1.4.7.2.1) über der Massetemperatur mit dem Parameter Druck in der Schmelze eines amorphen Thermoplasten bei freier Schwindung sind für den Kunststoffverarbeiter und den Werkzeugbauer von entscheidender Bedeutung. Geben sie ihnen doch Auskunft über die beim Bau eines Werkzeuges zu berücksichtigenden Übermaße, um später ein maßhaltiges Formteil zu erzeugen [43] und [31].
Verfahrensvarianten beim Spritzgießen Die Kunststoffverarbeitung allgemein, insbesondere das Spritzgießen, zeichnet sich durch vielfältige Verfahrenskombinationen und durch Integrierbarkeit von Prozessfolgeschritten aus (siehe Zusammenstellung von Verarbeitungsvarianten zu Beginn von Kapitel 1.4.3 und [18]). Im Folgenden werden einige Varianten des Spritzgießens genannt und kurz beschrieben (in Anlehnung an W. Michaeli [6]).
Mehrkomponenten-Spritzgießen Beim Mehrkomponenten-Spritzgießen gibt es eine verwirrende Vielzahl von Bezeichnungen. Neuere Entwicklung zur Mehrkomponententechnik beschreiben Michaeli, W. und Lettowsky, Ch. [18] und Jaroschek, C. [19]. Beim Zwei- oder Mehrfarben-SG will man vor allem optische Effekte erzielen, wie beispielsweise bei Heckleuchten und Bedienelementen für Automobile.
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
105
Das Sandwich- oder 2K-Spritzgießen erlaubt Hart-Weich-Kombinationen, wie beispielsweise angespritzte Dichtlippen an Karosserieteilen oder schlagabsorbierende Außenschichten bei steifem Kern für Türverkleidungen. Recyclingkern mit Außenhaut-Neuware ist eine weitere Anwendungsvariante.
Merkmale des Zwei-Komponenten-Spritzgießens (2K - SG) Vorteile:
• • •
wirtschaftliche Herstellung (ein Arbeitsgang) von Verbund-Bauteilen mit z. B. hartem Kern und weicher Oberfläche (Dichtfunktion, Haptik, Stoß) Kern aus Recyclingmaterial möglich Formteile mit hoher Oberflächenqualität
offene Punkte, Nachteile:
• • • • • • •
Grundlagen des Formfüllvorganges Durchbrüche, Aussparungen, Versteifungsrippen Anguss nicht sortenrein, daher nicht direkt wieder verwertbar Schmelztemperatur- und Schwindungsdifferenz der eingesetzten Kunststoffe Verträglichkeit der Kunststoffe 1,5fache Investitionskosten gegen 1K – SG Stoffrecycling (Verbundwerkstoff)
Mit dem GIT-Spritzgießen lassen sich wirtschaftlich Hohlkörper mit definierter glatter Außenhaut herstellen.Anwendungsbeispiele sind Koffergriffe, Kfz-Haltegriffe im Innenraum, Gartentische, Rippenfüße mit Hohlnaht (vermeiden Einfallstellen), Sanitärarmaturen, Haltegriffe für Kindersitze, kleinere Behälter u. a. m. Bild 1-53 zeigt schematisch den Formfüllvorgang, der dem des 2-Komponenten-Spritzgießens prinzipiell entspricht. Als zweite Komponente wird anstelle einer Kunststoffschmelze ein Gas (Stickstoff) mit ca. 100–200 bar verwendet. Bedient man sich des Wassers als zweiter Komponente spricht man von der Wasserinjektionstechnik (WIT) [20]. Die „plastische Seele“ (Schmelze im Mittelteil der Kavität) erstarrt langsamer als die Außenschichten und kann daher mit dem injizierten Gas (in Bild 1-53 Mitte mit Pfeilen) oder Wasser (WIT) [20] verschoben werden. Ausführlich ist das GIT-Verfahren bei Eyerer et al. „Gasinjektionstechnik“ [21] zusammengefasst.
Formfüllvorgang beim Zweirohstoff-Spritzgießen Beim Zweirohstoff-SG lassen sich bei geeigneter Wahl der Schmelztemperaturen und Schwindungswerte Bauteile mit beweglichen Gelenken werkzeugfallend herstellen. Beispiele sind Scharniere, Spielzeugfiguren mit beweglichen Extremitäten und Lüftungsklappen für PKW [19].
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1 Einführung in Polymer Engineering
Bild 1-53. Formfüllgang beim GIT-Spritzgießen [1]
Spritzprägetechnik (SPT) Das Spritzprägen ist, ähnlich wie die Gasinjektionstechnik (GIT) oder der Thermoplastschaumguss (TSG), besonders für verzugsfreie, einfallstellenarme dickwandige Formteile geeignet.Aber auch dünnwandige Teile mit langen Fließwegen lassen sich mittels Spritzprägen vorteilhaft herstellen. Beim Spritzprägen folgt dem Einspritzen das Prägen. Dazu wird eine exakt vordosierte Kunststoffschmelze während der Einspritzphase in das um einen Prägespalt geöffnete Werkzeug injiziert. Der Schmelzekuchen wird durch Zufahren der schließseitigen TauchkantenWerkzeughälfte (Prägephase) im Formhohlraum verteilt und die dann geschlossene Kavität bei geschlossenem Anguss ausgefüllt. Die Werkzeuginnendrücke sind beim Spritzprägen niedriger (etwa halb so groß) als beim Spritzgießen. Hauptanwendungen des Spritzprägens liegen in der Duroplast- und Elastomerverarbeitung.Aber auch Formteile (dick- und dünnwandig) mit hoher Maßhaltigkeit, z. B. optische Linsen oder Membranen für Mikrophone aus Thermoplasten, werden im Spritzprägeverfahren erzeugt.
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
107
Hinterspritztechnik (HST) Die Kombination aus Dekorfolien (einschl. Textilien), eingelegt in ein Spritzgießwerkzeug und von der Rückseite das Formteil angespritzt, nennt man Hinterspritztechnik. Das Dekormaterial wird dabei in der Werkzeugtrennebene fixiert. Beim rückseitigen Einspritzen müssen Schmelzetemperatur, Einspritzdruck, Formfüllung, Schmelzeviskosität so gewählt werden, dass die Kavität gefüllt wird, die Folie faltenfrei an die Werkzeugwand gedrückt wird und nicht von Schmelze durchdrungen wird. Eine delaminationsfreie Verbindung Folie-Kunststoff ist Bedingung. Anwendungen für hinterspritzte Formteile liegen hauptsächlich im Automobil-Innenbereich: Türseitenverkleidungen, A-, B-, C-Säulenverkleidungen, Kofferraumabdeckungen, Dachhimmel, Hutablagen, Instrumententafel, Vorderwandverkleidungen, u. a. Aus Gründen der schonenderen Verarbeitung (niedrigere Drücke) findet für lange Fließwege auch die Hinterprägetechnik (HPT) Anwendung, in Analogie zum Spritzprägen.
Pressverfahren Das Heiß-Pressen wird überwiegend bei duroplastischen Pressmassen und als Spritzpressen (Transfer-Molding) bei Elastomeren angewendet (siehe 1.4.5 und 1.4.6). In jüngerer Zeit findet das Heiß-Pressen bei der Verarbeitung thermoplastischer Langfaser-Verbundwerkstoffe (siehe 1.4.3.4 und [31]) zunehmende Anwendung.
Thermoplastschaumguss (TSG) Der Thermoplast-Schaumspritzguss, eines der ältesten Sonderverfahren des Spritzgießens, erzeugt dickwandige, steife Großteile mit dichter Außenhaut über einem geschäumten Kern. Gehäuse, Behälter, Paletten, Sportgeräte meist aus schlagfestem Polystyrol oder aus Polyethylen sind beispielhafte Anwendungen. Im „Niederdruck“-TSG wird mit Treibgas gefüllte Masse im Freistrahl an der dicksten Stelle des Formwerkzeuges eingeschossen, so dass dieses zu 60–80 % gefüllt ist. Das Werkzeug muss nur den Schäumdruck der expandierenden Masse von 10 – 20 bar aufnehmen und kann dementsprechend leicht gebaut werden. Die Kühlzeiten von TSG-Teilen sind wesentlich länger als die üblicher Kompakt-Spritzgussteile. Deshalb verwendet man häufig Mehrstationenmaschinen mit im Wechsel angesteuerten Schließeinheiten [22].
1.4.3.2 Extrudieren (unter Mitarbeit von Dietmar Völkle und Jan Diemert) Der Extruder, Bild 1-54, besteht aus ähnlichen Bauteilen wie die Plastifiziereinheit einer Schneckenspritzgießmaschine, Bild 1-50. Die Schnecke wirkt jedoch nicht als axialer Kolben, sie rotiert beim Extruder nur. Die Bedeutung des
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1 Einführung in Polymer Engineering
Bild 1-54. Schnittbild Einschneckenextruder mit Funktionszonen [15]
Extrudierens liegt in der kontinuierlichen Arbeitsweise. Hergestellt werden Tafeln, Rohre, Profile, Folien usw. Der Prozessablauf in einem Extruder lässt sich wie folgt unterteilen:
• • •
Fördern und Verdichten Aufschmelzen, Mischen und Homogenisieren im Extrusionswerkzeug formen danach kommen Kalibrierung/Abkühlung, Abzug und Absägen.
Die Bereiche im Extruder, die für die einzelnen Arbeitsprozesse vorgesehen sind, werden mit Feststoffzone – Einzugszone, Umwandlungs- oder Plastifizierzone, Ausstoß-, Pump- oder Meteringzone und Formwerkzeug bezeichnet. Die Förderung in der Feststoffzone bestimmt weitgehend den Ausstoß der Maschine. Die Schmelzenergie wird teilweise über die Zylinderwand und teilweise durch die Friktion der Schnecke eingeleitet. Ebenso wie bei den Schneckenspritzaggregaten unterscheidet man zwischen polytroper und adiabatischer Arbeitsweise. Der Extruder ist das Kernstück jeder Extrusionsanlage. Man unterscheidet folgende Bauarten bei Extrudern (Schneckenmaschinen):
• • •
Einschnecke (Plastifizier- und Schmelzeextruder) Doppelschnecke (gleichlaufend, gegenläufig) Sonderbauarten (Ramextruder, Planetenwalzen-, Kaskaden-, Weissenbergextruder).
Eine Extrusionsanlage besteht aus Materialzufuhr, Extruder, Düse, Kalibrierung, Wasserkühlung, Kühlstrecke, Raupenabzug und Säge. In der Polymertechnik werden Extruder in erster Linie zum Fördern, Mischen, Einfärben und Entgasen von Polymerschmelzen eingesetzt. Hierzu nutzt man überwiegend die Wirkung rotierender Schnecken, wobei die konstruktiv
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
109
einfachen Maschinen mit nur einer Schnecke der Zahl nach für anspruchslosere Prozesse überwiegen. Das an den Extruder angeflanschte Werkzeug formt die Polymerschmelze zu Halbzeugen, Ummantelungen oder Beschichtungen aus. Für den erweiterten Einsatz des Extruders zur Polymermodifikation und im Speziellen zur reaktiven Extrusion bedarf es der technischen Voraussetzung, dass die Verweilzeit des Polymers im Extruder gezielt eingestellt werden kann. Daher ist für die Polymermodifikation eine spezielle Maschinentechnik erforderlich. So wird dabei von einem Extruder vor allem
• • • •
die sichere Förderung von Materialien stark unterschiedlicher Viskosität, die Möglichkeit zur flexiblen Eindosierung der Komponenten, eine schnelle Durchmischung der Komponenten (Homogenisierung) sowie die effiziente Entgasung von flüchtigen Reaktionsprodukten erwartet.
Maschinentechnik (D. Völkle [23]) Die Einteilung der Extruder erfolgt aufgrund ihrer konstruktiven Ausführung. Ein Einschneckenextruder zeichnet sich hierbei durch seine einfache Bauweise und den nahezu ausschließlichen Einsatz als Plastifizierextruder aus. Dies resultiert aus der schlechten Mischwirkung und dem schlechten Selbstreinigungseffekt, bedingt durch die fehlende Zwangsförderung der Polymerschmelze im Extruder. Mit der Fortentwicklung der Extrudertechnik haben Mehrschneckenextruder, insbesondere Doppelschneckenextruder mit kämmenden Schnecken, zunehmend an Bedeutung gewonnen. Diese Entwicklung ist auf die vielfältigen Anforderungen zurückzuführen, die von Einschneckenextrudern nicht mehr erfüllt werden können. Was beim Spritzgießen der Spritzdruck ist, bedeutet beim Extrudieren das Verhältnis von Schneckenlänge l zu Schneckendurchmesser D. Doppelschneckenextruder mit gleichlaufenden kämmenden Schnecken bilden keine geschlossenen Förderkammern. Vielmehr strömt darin die Schmelze aufgrund von Schleppförderung in einer achtförmigen Bewegung um beide Schnecken. Im Zwickelbereich beider Schnecken findet eine Umlagerung und Durchmischung der Schmelze statt. An den Schnecken haftende Schmelze wird dort abgestreift. Gleichzeitig entsteht durch die Verdrängerströmung im Zwickelbereich eine Zwangsförderung, die auch die Förderung niederviskoser Medien ermöglicht. Der flexible Einsatz von Doppelschneckenextrudern wird durch den baukastenartigen Aufbau ermöglicht. Dabei sind sowohl Zylinder- als auch Förder-, Knet- oder Mischelemente in beliebiger Kombination austauschbar. Insgesamt lässt sich somit auf einfache Weise die Extrudertechnik auf die Anforderungen der Polymermodifikation abstimmen. In erster Linie wird der Aufbau eines Extruderzylinders durch den Anbau unterschiedlicher Peripherie-Geräte bestimmt. Die einzelnen Zylinderelemente weisen dabei insbesondere spezielle Öffnungen z. B. für den Anbau einer Seitendosierung, einer Injektionsdüse oder eines Vakuumstutzens auf. Die Zylinderbohrung weicht jedoch nur in wenigen Sonderfällen von der Grundform eines achtförmigen Querschnitts ab. Die Zusammensetzung der Schnecken aus einzelnen Schneckenelementen, auch Konfiguration genannt, orientiert sich an der
110
1 Einführung in Polymer Engineering
geforderten Verweilzeit der Schmelze. Diese wiederum wird maßgeblich durch die jeweilige Förderwirkung der Schneckenelemente bestimmt. Erschwerend kommt hinzu, dass die komplexen Strömungsvorgänge im Zusammenhang mit dem Druckaufbauverhalten einzelner Schneckenelemente stehen. Elemente mit positiver Förderwirkung, deren maximale Schleppförderleistung größer als die Summe der Leckströmung und des tatsächlichen Durchsatzes ist, können einen Druck aufbauen. Wird der Polymerdurchsatz erhöht, aber die Förderwirkung eines nachfolgenden Elements ist aufgrund einer geringeren Steigung kleiner, so können Elemente mit positiver Förderwirkung auch als Druckverbraucher wirken. Diese müssen dann, ebenso wie rückfördernde Elemente, von Elementen mit einer höheren Schleppförderleistung überströmt werden. Im Allgemeinen erfordert die Kunststoffmodifizierung neben der Feststoffdosierung häufig die Dosierung von Flüssigkeiten in den Extruder. Die für die Auswahl der geeigneten Dosierpumpe relevanten Stoffdaten sind die Dichte, die Viskosität, die Kompressibilität und der Siedepunkt. Ebenso entscheidend kann sein, ob die Flüssigkeiten brennbar oder aggressiv sind und ob sie Feststoffteilchen enthalten. In der Kunststoffmodifizierung sind somit nahezu alle aus der Verfahrenstechnik bekannten Pumpen, wie Kolben-, Membran-, Zahnradund Schraubenpumpen wieder zu finden. In der Regel werden die Flüssigkeiten von den Pumpen über Rohre oder Kapillaren durch eine Düse hindurch in den Zwickelbereich der Doppelschneckenextruder eingebracht. Die Düsenkonstruktion wiederum wird von der Flüssigkeit und den Druckverhältnissen im Extruder bestimmt. Polymerschmelzen enthalten nach ihrer Imprägnierung und Modifizierung zumeist niedermolekulare oder andere flüchtige Anteile.Die Entgasung solcher Polymerschmelzen dient, neben der Rückgewinnung von Lösemitteln, der Entfernung von Monomeren sowie anderer flüchtiger Verbindungen. Bei der Ausführung der Entgasungszonen ist neben der Auswahl der Schneckenkonfiguration die Gestaltung der Entgasungsöffnungen von großer Bedeutung. Je nach Verhalten der Polymerschmelze sind nur Teile des Schneckenkanals nach oben geöffnet.
Coextrusion Um mehrschichtige und mehrfarbige Extrudate für beispielsweise Ummantelung von Kabeln, Verpackungsfolien mit Barriereschichten und/oder Recyclinglagen herzustellen, können 2 bis 7 Extruder über Mehrschicht-Blasfolienwerkzeuge mit ebenso vielen ineinander sitzenden Wendelverteilern zur Verteilung der Schmelzeströme eingesetzt werden. Die Herstellung permeationsdichter Kunststoff-Kraftstoffbehälter kann über Coextrusion mit Ringdüsensystemen und nachfolgendem Hohlkörperblasformen erfolgen. Über Breitschlitzdüsensysteme lassen sich mehrschichtige, ebene Folien oder Tafeln herstellen, die dann tiefgezogen werden können. Bei Schmelzezusammenführung vor der Düse kann in den Luftstrom oxidierendes Gas zur Haftvermittlung eingeblasen werden oder aber eigene Haftvermittlerschichten per Coextrusion einextrudiert werden. Mit rotierendem Massevertei-
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
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ler können spiralig gemusterte Ummantelungen von Schaltdrähten, Schläuchen und marmorierte Profile hergestellt werden.
Extrusionsblasformen Das Produkt (Flaschen, Kanister, Fässer, Lüftungskanäle, Surfbretter, Kofferhalbschalen, Dachgepäckträger, Heizöltanks, Kfz-Kraftstofftanks u. a.) entsteht beim Extrusionsblasformen aus zwei parallel ablaufenden Prozessen
• •
der kontinuierlichen Vorformlingsextrusion (Urformen) und der zyklischen Vorformlingübernahme und Formgebung mittels Blasluft im Werkzeug (Umformen).
Beim Streckblasen verstreckt ein Längsdorn noch zusätzlich die Makromoleküle in Längsrichtung. Dies führt zu zusätzlichen hohen Längsorientierungen und entsprechenden Festigkeitssteigerungen in den Streckrichtungen (i. Allg. lassen sich nur rotationssymmetrische Hohlkörper mit ovalem Querschnitt herstellen). Der Extrusionsblasform-Prozess läuft wie folgt ab: Ein Schlauch wird in das geöffnete Werkzeug extrudiert, ein Blasdorn in den Schlauch eingeführt. Das Formwerkzeug ist geschlossen, der Schlauch beidseitig abgequetscht und dicht. Die Innenseite der Flascheneinfüllöffnung der Flasche ist um den Blasdorn geformt worden, an der Außenseite das Gewinde für den im Gebrauch benutzten Schraubverschluss. Der Schlauchabschnitt ist durch Druckluft an die wassergekühlte Wandung des Formwerkzeugs gedrückt und geformt worden. Der überstehende Teil des Schlauches, der Butzen, muss anschließend entfernt werden, ebenso der Butzen neben der Einfüllöffnung. Nach der Erstarrung wird die Flasche ausgeworfen.
1.4.3.3 Verarbeitungstechniken thermoplastischer Faserverbundwerkstoffe Stefan Tröster [24]
Glasmattenverstärkte Thermoplaste (GMT) Glasmattenverstärkte Thermoplaste (GMT) werden großserientechnisch zur Herstellung flächiger, funktionsintegrierender Bauteile verwendet. Ausgangsmaterial für den Formteil-Pressprozess sind Zuschnitte aus vorimprägnierten Platten. Man unterscheidet zwischen Matten-GMT und Kurzfaser-GMT. Matten-GMT wird durch Vernadelung von Glasfaserrovings hergestellt. Die Gestaltung des Nadelbetts bestimmt in hohem Maße die Güte der Vernadelung und beeinflusst die späteren Fließeigenschaften signifikant. Die Imprägnierung mit PP erfolgt auf einer Doppelbandpresse, die unter Druck und Temperatur die Fasern mit PP konsolidiert. Nach Abkühlung des Verbundwerkstoffs erhält man das fertige GMT-Halbzeug, das nachfolgend auf die anwendungsspezifischen Zuschnitte konfektioniert wird.
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1 Einführung in Polymer Engineering
Bild 1-55. Herstellung von GMT-Halbzeugen (Henning, F. [25])
Kurzfaser-GMT wird im Radlite®-Verfahren hergestellt, indem Glasfasern mit einer Länge von 10 bis 30 mm mit PP-Pulver und wässrigem Schaum vermischt, auf Bändern abgelegt und getrocknet werden. Die konfektionierten Halbzeuge werden im Umluftofen auf die Verarbeitungstemperatur von ca. 230 °C erhitzt und dann mittels einer Übergabevorrichtung in das Presswerkzeug eingelegt. Durch Fließpressen bei Werkzeuginnendrücken von bis zu 25 MPa wird das Halbzeug zum Bauteil geformt. Je nach Werkzeugqualität muss das Bauteil anschließend entgratet und mittels einer Stanze gemäß der Endkontur geschnitten werden. Die Stanzabfälle können im Halbzeugherstellungsprozess über einen Einschneckenplastifizierer dem PP-Schmelzestrom zugegeben werden. Der Verarbeitungsprozess von GMT-Halbzeugen zu Fertigteilen erfolgt durch Pressen. Eine erfolgreiche neue Anwendung mit Verfahrenskombinationen GMT/ Schäumen (PP/PMI Polymethacrylimid) stellen Sommer et al. [26] vor.
Sheet Thermoplastic Composites (STC) Ein neues Verfahren zur Herstellung langfaserverstärkter thermoplastischer Halbzeuge ist die „Sheet-Thermoplastic-Composites“ (STC) Technologie. Bei diesem Verfahren werden kontinuierliche Fasern mit Hilfe eines Doppelschneckenextruders in die Polymerschmelze eingearbeitet und ein plattenförmiges Halbzeug (HZ) über ein spezielles Austragswerkzeug extrudiert. Die Faserrovings werden vollständig durch die Polymerschmelze benetzt, bevor sie in den Doppelschneckenextruder eingezogen werden. Die Benetzungseinheit besteht aus zwei gegenläufig rotierenden Walzen, von denen eine über einen internen Bypass mit Schmelze beschickt wird. Im Walzenspalt baut sich die Schmelze leicht auf, wodurch die Benetzung der Fasern verbessert wird. Die Glasfaserrovings werden dem Walzenspalt von oben parallel zugeführt. Vor Eintritt in den gleichlaufenden Doppelschneckenextruder werden sie schonend und vollständig mit Schmelze getränkt. Ein separater Antrieb der Walzen der Benetzungseinheit sorgt für eine kontinuierliche Zuführung der benetzten Rovings zum Extruder.
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
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Im Vergleich zu GMT zeigt das STC-Verfahren etwas niedrigere Materialkennwerte hinsichtlich der Steifigkeit und Festigkeit, die Schlagzähigkeit liegt bei ca. 60 % zu GMT. Vorteile des Verfahrens sind vor allem die Vermeidung der Halbzeugherstellungskosten sowie die Möglichkeit des einfachen Start-/StopBetriebs. Zwei Verfahrensvarianten des STC-Verfahrens sind in der Produktion umgesetzt. In einer Anlage ist ein Zweischneckenextruder mit einem Schneckendurchmesser von 60 mm und einer Verfahrenslänge von 42 D im Einsatz. Polymer und Additive werden in den Extruder dosiert. Die Plastifizier- und Compoundierzone dient dem Aufschmelzen und optionalen Entgasen des Materials. Über einen Bypass wird ein Teilstrom der Schmelze auf die Walzen der Imprägniereinheit geleitet. Die Glasfasern werden in der Imprägniereinheit zugeführt und durch die Thermoplastschmelze benetzt. Eine Breitschlitzdüse trägt das mittels Vakuum entgaste Material flächig aus. Diese speziell optimierte Austragsdüse erzielt eine minimierte Faserorientierung. Die zweite Anlage wird bereits mit einer mittels Zweischneckenextruder aufbereiteten, dispergierten und entgasten Schmelze beschickt.
Stäbchengranulate (LFT-G) Eine Alternative zu GMT beziehungsweise STC stellen die Stäbchengranulate LFT-G dar. Die Stäbchengranulate werden als mit Kunststoffschmelze vorimprägnierte Faserbündel zur faserschonenden Verarbeitung in einem Einwellenextruder bereitgestellt. Die erzeugte Pressmasse wird im Fließpressprozess zum Bauteil geformt. Die Herstellung von Stäbchengranulaten erfolgt durch Pultrusion. Bei einer Variante des Pultrudierens werden Endlosfasern durch eine Thermoplastschmelze gezogen, mittels eines Werkzeugs imprägniert und je nach Herstellungsverfahren teilweise oder vollständig imprägniert. Eine andere Variante setzt in der Pultrusion bereits Mischungen aus Glasfilamenten mit Polymerfilamenten, sogenannte Hybridfasern, ein. Die Verarbeitung von LFT-Granulaten erfordert eine präzise Einhaltung der Verarbeitungsparameter, um die Schädigung der Fasern möglichst gering zu halten und damit die Langfasereigenschaften der LFT-Granulate zu erhalten. Die auf ein Maß von 12 bzw. 25 mm abgelängten Stäbchen werden bei der Verarbeitung, d. h. bei der Herstellung von Bauteilen, in einem Einschneckenextruder plastifiziert, als Schmelzekuchen in ein Presswerkzeug abgelegt und zum Bauteil geformt. Ein wesentlicher Fortschritt gegenüber GMT besteht darin, dass der Verarbeitungsmaschine anstelle anwendungsspezifischer Zuschnitte ein Schüttgut mittels Rüttelrinne zugeführt wird. Somit können zerkleinerte Ausschnittteile oder Altbauteile direkt dem Fertigungsprozess zugeführt werden. Bei den Verarbeitungsprozessen von Stäbchengranulaten unterscheidet man die diskontinuierliche Verarbeitung im sogenannten Strangablegeverfahren und die kontinuierliche Verarbeitung.
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1 Einführung in Polymer Engineering
Beim Strangablegeverfahren wird das Stäbchengranulat im Einschneckenplastifizierer aufgeschmolzen und gegen eine geschlossene Schneideinheit aufgestaut. Wie beim Spritzgießprozess wandert die Schnecke während des Plastifiziervorgangs zurück. Ist die der Ausstoßmasse entsprechende Masse plastifiziert, öffnet die Schneideinheit, die Schnecke verriegelt und stößt durch eine Transversalbewegung das Plastifikat durch die Düse aus. Das Schließen der Schneideinheit trennt den Strang durch ein Messer ab. Der Strang wird entweder durch eine Fahrbewegung der gesamten Einheit direkt im Presswerkzeug abgelegt, oder durch einen mit Nadelgreifern bestückten Handhabungsroboter in das Werkzeug (WZ) eingelegt. Bei der kontinuierlichen Betriebsweise rotiert eine transversal feststehende Schnecke vergleichbar der Extrusion und trägt kontinuierlich einen Plastifikatstrang auf ein beheiztes Austragsband aus. Eine Weiterentwicklung der LFT-G-Verarbeitung beruht auf dem sogenannten „Abmischen“ hochgefüllter Stäbchengranulate mit bis zu 75 Masse-% Glasfaseranteil. Durch Zugabe von Polymergranulaten werden diese Stäbchen während der Verarbeitung auf den Bauteilglasfasergehalt abgemischt. Dabei ist es möglich, durch Zugabe eines z. B. schlagzäh modifizierten PP die Produkteigenschaften gezielt anzupassen. Allerdings sind hierbei verfahrenstechnisch Grenzen hinsichtlich Durchsatz und Mischgüte vorhanden. Das „Abmischen“ bietet ein signifikantes Kosteneinsparpotential im Vergleich zur Verarbeitung konventioneller Stäbchengranulate.
Langfaser-Thermoplast-Direktverfahren (LFT-D) (Übersicht) Bei der direkten Verarbeitung von langfaserverstärkten Kunststoffen entstehen Werkstoff und Bauteil erst während des Fertigungsprozesses. Daher hat die Verarbeitung maßgeblichen Einfluss auf die Bauteileigenschaften. Der Nachteil der Verfahren, welche ein platten- oder stäbchenförmiges Halbzeug verwenden, ist aufgrund des Verarbeitungsverfahrens mit zweimaligem Aufwärmen und Abkühlen der Materialien verbunden. Um für beide Verarbeitungsschritte sowie für den Gebrauch die ausreichende Stabilisierung zu gewährleisten, müssen teuere Additive zur Verhinderung des thermischen und des thermisch-oxidativen Abbaus des Matrixpolymers in größeren Anteilen zugesetzt werden. Weiterhin ist die Flexibilität in Bezug auf unterschiedliche Materialzusammensetzung von Bauteilen durch die Vorgabe von Halbzeugen sehr eingeschränkt. Um eine wirtschaftliche Produktion bei der Fertigung von Halbzeugen zu gewährleisten, werden große Mengen gleicher Materialzusammensetzung hergestellt. Eine anwendungsspezifische Modifizierung oder Stabilisierung des Materials sowie die gezielte Einstellung des durch die mechanischen Anforderungen des Bauteils erforderlichen Glasfasergehalts werden nicht realisiert. Aus diesem Grund sind Halbzeuge in nur wenigen Materialvarianten erhältlich. Erhöhter Kostendruck hat zu den Entwicklungen der sogenannten Direktverfahren geführt. Direktverfahren sind im Allgemeinen durch die Zusammenfassung mindestens zweier Verfahrensschritte gekennzeichnet.
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
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Hier werden Verfahren vorgestellt, welche die Halbzeugherstellung und die Verarbeitung der Halbzeuge zum Bauteil zur Direktverarbeitung kombinieren. Dabei wird aus den Rohstoffen, z. B. Glasfasern und PP, in einem Schritt ein Faserverbundwerkstoff und nachfolgend ein Bauteil hergestellt. Diese Verfahren bieten gegenüber den halbzeugverarbeitenden Verfahren die im Folgenden aufgeführten Vorteile:
• • • •
Vermeidung des teuren Halbzeugherstellungsschritts, Verringerung des thermischen und thermisch-oxidativen Abbaus der Polymermatrix, größere Flexibilität hinsichtlich Materialauswahl, Materialanpassung und Logistik beim Verarbeiter, mehr Wettbewerb und geringere Abhängigkeit von Rohstoffherstellern.
So lassen sich z. B. unterschiedliche Glasfasergehalte einstellen, die Viskosität des Matrixpolymers in bestimmten Bereichen variieren, Zusätze zur Modifizierung (Schlagzähigkeit), zur Stabilisierung und Faser-Matrix-Kopplung sowie zur Einfärbung des Materials sind zudem spezifisch einsetzbar. Da das Material direkt bei der Verarbeitung erzeugt wird, ist die Lagerhaltung unterschiedlicher, in einem vorhergehenden Schritt aufbereiteter Materialien nicht erforderlich, woraus sich auch hinsichtlich der Materiallogistik ein Vorteil ergibt.
LFT-D-Pressverfahren (LFT-D process) Seit 1997 ist die ursprüngliche Variante eines Direktverfahrens für langfaserverstärkte Thermoplaste (LFT-D) im großserientechnischen Einsatz. Diese Technologie wird als sogenannte Einmaschinentechnologie bezeichnet, da die Materialaufschmelzung und die Verarbeitung zum Verbundwerkstoff in demselben Zweischneckenextruder vorgenommen werden. Das Polymercompound wird aufgeschmolzen und die Fasern über ein Imprägnierwerkzeug in den Zweischneckenextruder eingezogen, Bild 1-56. Die Fasern werden zu Langfasern zerteilt, die Formmasse wird homogenisiert und über eine Düse als Plastifikatstrang ausgetragen. Dieser Strang wird über ein Austragsband abgezogen und mittels Schneideinheit auf die Bauteilmasse abgelängt. Ein mit Nadelgreifern versehener Handhabungsroboter legt das zugeschnittene Plastifikat in das Presswerkzeug ab, wo es durch einen Fließpressvorgang zum Bauteil geformt wird.
Bild 1-56. LFT-D-Anlagenschema (Fraunhofer ICT)
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1 Einführung in Polymer Engineering
Die Endkontur des Pressteils wird durch Stanzen, durch Wasserstrahlschneiden oder durch eine Kombination dieser Verfahren erzeugt. Der entstehende Randbeschnitt kann dem Prozess direkt als Rezyklatware zugeführt werden. Der durch den Hersteller freigegebene Rezyklatanteil bei der Fertigung des ersten Serienteils, dem Frontend-Montageträger für den Passat B5, betrug 30 %. Die Freigabe von Rezyklatzusätzen führt zu weiteren Kosteneinsparungen gegenüber der konkurrierenden GMT-Verarbeitung. Der Nachteil der Einmaschinentechnologie des LFT-D-Verfahrens liegt an der Notwendigkeit Polymercompounds einzusetzen, welche für zwei Verarbeitungsschritte sowie die Gebrauchsphase stabilisiert werden müssen. Weiterhin werden geringe Drehzahlen der Verarbeitungsmaschine eingestellt, um möglichst lange Fasern im Prozess zu erhalten. Dies wirkt sich nachteilig auf die Durchsatzleistung aus. Eine Erhöhung der Durchsatzleistung führt zu Faserlängenverkürzung oder zu mangelnden Homogenisierungsqualitäten.
In-Line-Compoundieren im Spritzgießverfahren Neben den beschriebenen Verfahren, bei welchen die Formgebung des Faserverbundwerkstoffs im Pressverfahren erfolgt, bilden Direktverfahren nach dem Prinzip des Spritzgießverfahrens eine bedeutende Alternative. Sie bieten die Vorteile eines geschlossenen Spritzgießprozesses, welcher Bauteile komplexer Geometrie ohne Nachbearbeitungsschritte erzeugt. Die Faserlänge ist jedoch durch den Prozess limitiert und die Zykluszeit ist je nach Bauteilgeometrie deutlich höher als bei den Pressverfahren. Bei den bekannten Verfahren handelt es sich um eine Kombination aus einem Compoundier- und einem Spritzgießprozess. Dabei wird auf eine Spritzgießmaschine ein gleichsinnig drehender Zweischneckenextruder als Compoundiereinheit aufgebaut. Zur Vertiefung von Kapitel 1.4.3.3 dienen [27] bis [38].
1.4.4 Verarbeitung von thermoplastischen Elastomeren (gekürzt in Anlehnung an [39]) Die Verarbeitung von unvernetzten Kunststoffen (Thermoplasten, thermoplastischen Elastomeren) und vernetzten Kunststoffen (Elastomeren, Duroplasten) unterscheidet sich in zwei wesentlichen Punkten: 1. Kautschuk- oder Harzmischungen als gefüllte (compoundierte) unvernetzte Polymere (Präpolymere) werden zur Vermeidung einer vorzeitigen Vernetzung in einem Temperaturbereich von 70 bis 120 °C (max. 150 °C) verarbeitet. 2. Kautschuke und Harze vulkanisieren bzw. vernetzen i. d. R. in beheizten Werkzeugen bei 150 bis 220 °C. Die Zykluszeiten sind meist deutlich länger als bei unvernetzten Kunststoffen. Tabelle 1-21 vergleicht einige wesentliche Verarbeitungsparameter von Thermoplasten und Elastomeren.
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1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen Tabelle 1-21. Eckpunkte der Verarbeitungsparameter bei Thermoplasten und Elastomeren Verarbeitungsparameter Verarbeitungstemperatur Schmelztemperatur Viskosität (bei je 330 s–1) Werkzeugtemperatur Einspritzdruck Werkzeuginnendruck Zykluszeit Bauteilentstehung
°C °C Pas °C bar bar s
Thermoplaste (unvernetzt)
Elastomere (vernetzt)
200–390 130–330 200–800 50–120 300–2000 200–1500 3–60 (300)
70–150 50–120 (unvernetzt) 800–2500 150–220 200–400 10–40 (bis 500) 30 s bis 30 min (Stunden) Gestalt durch chem. Vernetzen
Gestalt durch phys. Abkühlen
Aus den Viskositätsunterschieden folgt beispielsweise ein robuster und schwerer Maschinenbau für die Elastomerverarbeitung. Die Verfahrensteile sind i. d. R. flüssigkeitstemperiert, um die hohe Friktionswärme abzuführen. Daher sind die leichteren, mit geringerer Antriebsleistung und oft mit Luftkühlung ausgestatteten Maschinen für die Thermoplastverarbeitung hinsichtlich Investitions- und Energieaufwand günstiger. Der Maschinenstundensatz ist bei der Verarbeitung von Thermoplasten niedriger. Weitere, in Tabelle 1-21 erkennbare Unterschiede, vor allem die Zykluszeit, erklären, warum seit 20 Jahren die Thermoplastischen Elastomere (TPE) voranschreiten. TPE verhalten sich bei Temperaturen von – 20 bis + 120 °C (bei nicht zu großen Verformungen) gummielastisch, im Schmelzebereich (160 bis 180 °C) jedoch wie Thermoplaste. TPE lassen sich also wie Thermoplaste verarbeiten, zeigen aber bei gemäßigten Randbedingungen die typischen Eigenschaften der Elastomere, siehe Kapitel 1.3.1. Die Verarbeitung von TPE erfolgt mit den gleichen Verfahren, mit denen auch Thermoplaste verarbeitet werden. Kapitel 1.4.3 hat demnach grundsätzlich auch für TPE Gültigkeit. Zwei Besonderheiten weisen die vernetzenden Elastomere in den TPE auf: 1. Die disperse vernetzte Elastomerphase verhält sich ähnlich einem polymeren Füllstoff. Die Abhängigkeit der Viskosität von der Schergeschwindigkeit [39] ist hoch, von der Temperatur gering [39]. Der Fließexponent liegt zwischen 3 und 5. 2. Die Strangaufweitung (nach [39]: Spritzquellung) ist mit zunehmender Volumenkonzentration der vernetzten dispersen Elastomerphase erwartungsgemäß geringer als die des Matrixmaterials. Dies kann beim Extrudieren vorteilhaft sein.
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1 Einführung in Polymer Engineering
1.4.5 Verarbeitung von Elastomeren (gekürzt nach H. Bille [50]) Bei der Gummiverarbeitung finden viele Stoffe Verwendung. Dem Kautschuk werden Füllstoffe, Weichmacher und Verarbeitungshilfen beigemischt. Je nach geforderter Spezifikation des Gummis ist eine Vielzahl unterschiedlicher Chemikalien bei einem modernen Industrieunternehmen im Einsatz (Bild 1-57). Die Bestandteile der Kautschukmischung (Bild 1-57) können in unterschiedlichen Lieferformen vorliegen:
• •
als Feststoff in Form von Ballen, Krümeln, Granulen, Chips, Pulver als Paste oder Flüssigkeit.
Die Elastomerverarbeitung umfasst die drei (wesentlichen) Verfahrensschritte
• • •
Wiegen und Mischen Formgebung (Rohlingsverarbeitung) und Vernetzung (Vulkanisation).
Bild 1-58 zeigt den detaillierten Ablauf am Beispiel der RadialwellendichtringHerstellung.
Bild 1-57. Aufbau einer Kautschukmischung [40]
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
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Bild 1-58. Gummiverarbeitung [41]
1.4.5.1 Formgebung (Rohlingsverarbeitung) und Vernetzung (Vulkanisation) Vor der Vulkanisation muss die Kautschukmischung in die gewünschte Form gebracht werden. Die Formen sind in der Regel beheizt, um im gleichen Schritt die Vulkanisation durchzuführen. Hierbei gibt es eine Vielfalt von Methoden, u. a.:
•
Pressverfahren (Kompressionsverfahren) Der mit Volumenüberschuss hergestellte Rohling wird in eine Form mit Klappdeckel eingelegt und zwischen zwei Heizplatten verpresst.
•
Transferpressverfahren Die Mischung wird in einer oberen Kammer des Presswerkzeuges wie durch einen Presskolben durch ein Angusssystem in den unteren Teil des Werkzeuges (Kavität) transferiert.
•
Spritzgießverfahren Die Mischung wird durch einen Kolben in eine auf Vulkanisationstemperatur geheizte Form eingespritzt. Die Form muss dann bis zur Erreichung des gewünschten Vulkanisationsgrades geschlossen gehalten werden. Um die Maschinen optimal auszunutzen, werden hierbei extrem schnelle Vulkanisationssysteme eingesetzt.
•
Kontinuierliche Vulkanisation Ein Extruder erzeugt einen Profilstrang, der mit einem Förderband durch einen Temperierkanal geführt wird. Zur schnellen Aufheizung kann die
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1 Einführung in Polymer Engineering
Mikrowellenerwärmung, ein Heißluftkanal, Dampfkanal oder Salzschmelzebad eingesetzt werden. Nach der erforderlichen Haltezeit wird der Strang in der Regel durch ein Wasserbad abgekühlt und aufgewickelt oder abgelängt. Neben den genannten Verfahrensgruppen für die Herstellung von Elastomerformteilen, Bild 1-59, seien weitere Herstellungsarten wenigstens aufgezählt. Sie können bei Röthemeyer/Sommer [39] vertieft werden.
• • • •
Verfahren zur Herstellung von Gummilösungen Kalandrieren von Bahnen und gummierten Geweben Verfahren zur Herstellung von Gummihalbzeugen durch Streichen Verfahren zur Herstellung von Gummi-Verbundkörpern wie Festigkeitsträger (Garne, Cord, Fasern, Fäden) und Gummi-Metall-Verbunde
Bild 1-59 [39] gibt eine Übersicht und Grobbewertung der verschiedenen Verfahren zur Herstellung von Elastomerformteilen. Ausführliche Vertiefungen bieten Röthemeyer und Sommer [39].
1.4.6 Verarbeitung von Duroplasten 1.4.6.1 Verarbeitungsprinzip Duroplastische Formmassen bestehen aus einem Reaktionsharz (beispielsweise Phenolharz, Harnstoff-Formaldehydharz, Melaminharz, Polyesterharz, Epoxidharz), einem Reaktionsmittel (Härter), Füll- bzw. Verstärkungsstoffen sowie einer Vielzahl weiterer Zusatzstoffe. In der Regel sind die Harze vorpolymerisiert, bestehen also bereits aus Makromolekülen mittlerer Molmasse, der Vernetzungsgrad ist aber noch sehr gering. Die Harze sind urformbar. Das Urformen erfolgt im meist heißen Formwerkzeug über Pressen, Spritzpressen oder Spritzgießen. Die Formmasse polymerisiert im Werkzeug, sie vernetzt zum unschmelzbaren und unlöslichen Duroplast. Wegen der hohen Eigensteifigkeit von endvernetzten Duroplasten wird aus der meist um 150 bis 180 °C heißen Form ohne Abkühlen entformt. Es gibt auch kalthärtende, exotherm vernetzende Duroplaste, wie z. B. manche Zwei-Komponenten-Klebstoffe (meist Epoxidharze). Aus Bild 1-60 geht hervor, dass nur eine beschränkte Zeit zur Verarbeitung zur Verfügung steht, die durch die Viskositätssenkung infolge Erwärmung einerseits und die Viskositätssteigerung infolge Vernetzung andererseits bestimmt wird. Ab einem bestimmten Vernetzungsgrad lässt sich der Werkstoff nicht mehr verformen. Je nach dem Grad der Vorkondensation lässt sich eine Formmasse mehr oder weniger schnell härtend einstellen. Dies kann aber auch chemisch über die Art bzw. Menge des Härters erfolgen. Den Einfluss des Vernetzungsgrades auf die Eigenschaften, Bild 1-61 zeigt dies für den Schubmodul, verdeutlicht prinzipiell für die A-, B- und C-Zustände Bild 1-61, siehe auch Kapitel 1.2.5. Die Lage der Glastemperatur verschiebt sich für höhere Vernetzungsgrade zu höheren Temperaturen. Der Abfall der Eigenschaf-
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
Bild 1-59. Verfahren zur Herstellung von Elastomerformteilen (nach Röthemeyer und Sommer [39]) o neutrale Aussage; + Hauptvorteile; – Hauptnachteile
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Bild 1-60. Viskositätsverlauf einer Pressmasse, die kalt in ein heißes Werkzeug eingefüllt wird; a Einfluss der Erwärmung; b Einfluss der Vernetzung; c sich ergebender Viskositätsverlauf in Abhängigkeit von der Zeit als Überlagerung der Effekte von a und b [6]
Bild 1-61. Schubmodul (qualitativ) für einen Duroplasten in verschiedenen Kondensationsstufen [1]
ten im Haupterweichungsbereich nimmt mit steigender Vernetzung deutlich ab, Bild 1-61. Die Viskosität der härtbaren Formmassen (vor der Aushärtung) ist meist sehr niedrig (bei 70 bis 120 °C). Sie liegt im Bereich von 1 bis 50 Pa s. Thermoplastschmelzen liegen zwischen 200 und 800 Pa s (siehe Tabelle 1-21, Kapitel 1.4.4). Daher bilden sich im Gegensatz zum Spritzgießen von Thermoplasten bei Duroplasten häufig Grate und Häute, die nachträglich kostenintensiv zu entfernen sind.
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
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Werkzeugspalte sind durch höhere Schließkräfte und Tauchkanten zu minimieren, wo infolge Verschleiß bei hohen Stückzahlen und langen Laufzeiten verstärkt Nacharbeiten an den Werkzeugen einzuplanen sind. Weiter ist beim Entformen ein Säubern des Werkzeuges im Vergleich zur Thermoplastverarbeitung verstärkt erforderlich. Das Gleiche gilt in der Regel auch für die Anwendung von Formtrennmittel. Nach dem Entformen ist ein Entgraten z. B. durch Trommeln (Mischungen aus Nuss- und Aprikosenkernen) oder Bestrahlen (mit weichem Granulat) meist notwendig. Da aufgrund der Aushärtung eine längere Zykluszeit, besonderes bei dünnwandigen Teilen, benötigt wird, ist eine automatisierte Fertigung aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit von großer Bedeutung [22]. Duroplaste werden fast ausschließlich gefüllt bzw. verstärkt angewendet (Ausnahme: viele Klebstoffe). Ohne Füll- bzw.Verstärkungsstoffe sind sie häufig spröd (Phenolharz, Melaminharz), haben eine zu große Schwindung (Polyesterharz), sind zu teuer (Phenolharz, Epoxidharz) oder haben eine zu geringe Festigkeit. Entsprechend den unterschiedlichsten Anwendungsfällen werden die Füll- bzw. Verstärkungsstoffe ausgewählt. Füllstoffe sollen im Wesentlichen verbilligen. Verstärkungsstoffe erhöhen bevorzugt die Festigkeit, siehe auch Kapitel 1.3.5. Beispiele für Füllstoffe:
• • • • •
Quarzmehl Kreide Kalziumkarbonat Holzmehl Zellstoff
Beispiele für Verstärkungsstoffe:
• • • • • •
Glasfasern Kohlenstofffasern Ruß aromatische Polyamidfasern Gewebeschnitzel Naturfasern (Cellulose u. a.)
1.4.6.2 Typisierung von Duroplasten (härtbare Formmassen) Die wichtigsten zur Herstellung härtbarer Formmassen verwendeten Harzarten sind Phenol-, Harnstoff-, Melamin-, ungesättigte Polyester-, Epoxid- und Diallylphthalat-Harze. Härtbare Formmassen, die mit diesen Bindemitteln aufgebaut sind, beschreiben DIN 7708 (Phenoplaste und Aminoplaste) sowie DIN EN ISO 14527 (rieselfähige Harnstoff-Formaldehyd und Harnstoff/Melamin-Formaldehyd-Formmassen, Teil 1, 2, 3), DIN EN ISO 14530 (rieselfähige ungesättigte Polyester-Formmassen, Teil 1, 2, 3) und DIN EN ISO 15252 (rieselfähige EpoxidharzFormmassen, Teil 1, 2, 3). Für Diallylphthalat-Massen besteht noch keine Norm, Prüfmethode siehe ISO 1385 – 1.02.1977.
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1 Einführung in Polymer Engineering
Die Normung bestimmter härtbarer Formmassen hat den Zweck, in die Vielfalt Ordnung zu bringen und dem Verarbeiter den Bezug definierter Materialien zu ermöglichen. Dazu werden in den Typentabellen Mindestanforderungen für einige typische Eigenschaften festgelegt, die an definierten Probekörpern und ebenfalls nach Normen ermittelt werden. Erfüllt die Formmasse die geforderten Typeneigenschaften, ist der Hersteller nach Beachtung weiterer Formalien berechtigt, für seine Formmasse das Gütezeichen der privaten Gütegemeinschaft AVK-TV (www.avk-tv.de/guetezeichen) zu benutzen.
1.4.6.3 Einteilung der Verarbeitungsverfahren Tabelle 1-22 zeigt eine mögliche Einteilung der Verarbeitungsverfahren für Duroplaste auf.
1.4.7 Verarbeitungseinflüsse auf Bauteileigenschaften Jede Art von Be- und Verarbeitung von Werkstoffen beeinflusst die Eigenschaften des entstandenen Produktes.
Tabelle 1-22. Einteilung der Duroplastverarbeitung [1]
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
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Bild 1-62. Einflüsse auf Bauteileigenschaften (Auswahl) [1]
Bei Kunststoffen ist der Einfluss der Verarbeitung auf die Fertigteileigenschaften besonders groß. Daher muss der Konstrukteur eines Bauteiles die in Bild 1-62 [1] aufgeführten Faktoren für die Bauteildimensionierung beachten. Angesichts der Vielfalt und vielschichtigen Verflechtungen kann dieses Kapitel nur eine Kurzfassung sein und nur die wesentlichen Zusammenhänge ansprechen. Ausführlicher wird das Thema u. a. in [31] behandelt.
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1 Einführung in Polymer Engineering
1.4.7.1 Bauteileigenschaften Einige allgemeine Bauteileigenschaften sind in Bild 1-62 genannt. Jedes Bauteil hat spezifische Eigenschaften, so dass es praktisch unmöglich ist, Eigenschaften für alle Bauteile umfassend zu beschreiben. Sie lassen sich in Gruppen zusammenfassen, wie beispielsweise Karosserieaußenteile, Dichtungen, Spielsachen oder Elektronikteile. Aber auch innerhalb der Gruppe hat beispielsweise ein Schukostecker im Hausgebrauch völlig andere Eigenschaften zu erfüllen als eine Steckverbindung im Motorraum eines LKW. Jedes Bauteil ist also separat zu betrachten und zwar entlang der gesamten Produkt-Engineering-Kette. Meistens erfolgt der Produkt-Entwicklungs- und -Herstellprozess verzahnt, um am Ende das richtige Produkt für den Markt zum richtigen Zeitpunkt bereitstellen zu können. An den folgenden drei Bauteilen und beispielhaft deren Bauteileigenschaften wird das Gesagte exemplarisch vertieft:
• • •
Bohrmaschinengehäuse (BMG) Radialwellendichtring (RWDR) Scheibenbremsbelag (SBB).
Die Aktionen und Reaktionen zu diesen drei Beispielen sollen die Breite und Tiefe der geforderten Eigenschaften von technischen Produkten des täglichen Lebens zeigen. Die Bauteileigenschaften eines jeden Produktes richten sich nach den Anforderungen aus seiner Einbauumgebung. Die Beispiele unterteilen sich daher in die Umgebung (Aktionen), die auf das Produkt (Bauteil) wirken und seine Reaktionen, die die Bauteileigenschaften ausmachen. Beispiel 1 Bauteileigenschaften eines Bohrmaschinengehäuses (BMG) (Beispiel: Handwerker-Ausführung) a Umgebung (Aktionen) Temperatur: - 30 bis + 90 °C Bestrahlung: UV, IR, Ozon Medien: Wasser, Reinigungsmittel, Lösemittel, Öle, Staub, Schmutz Schläge: Kurz- und langzeitige hohe Belastungen, z. B. 6 m Fallhöhe Betrieb: Schwingungen, Schlagbohren, Betriebsstunden, Stillstandszeiten, Überlastungen (elektrisch, mechanisch, thermisch), Verschmutzung Missbrauch: z. B. als Hammer oder Spaltgerät mit entsprechendem Einsatz
• • • • • •
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
Bild 1-63. Photo eines Bohrmaschinengehäuses (Bosch)
b Eigenschaften des BMG (Reaktionen) teilkristalliner Thermoplast kurzglasfaserverstärktes Polyamid (PA 6-GF35) – Schlagzähigkeit – Thermische, elektrische und mechanische Festigkeit sowie Steifigkeit – Wasseraufnahme/-abgabe – Dämpfungsvermögen – Morphologie (Kristallisation) – Schwindung/Schrumpfung – Verzug – Kratzfestigkeit Konstruktion – Ergonomie – Rippen-Wanddicken-Verhältnis – Lage Bindenähte – Radien – Lage Anguss – Lage Orientierungen – Gebrauchssicherheit – Kreislauffähigkeit (Recycling) – Integration von Zusatzfunktionen – Füllsimulation
•
•
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Verarbeitung durch Spritzgießen – Werkzeugtechnik – Integrierte Oberflächentechnik – Nacharbeit – Herstelltoleranzen – Recycling von Produktionsreststoffen – Eigenspannungen – Molekül-/Glasfaserorientierungen – Morphologie – Herstellkosten
Beispiel 2 Bauteileigenschaften eines Radialwellendichtringes (RWDR) (Beispiel: Antriebsstrang und Nebenaggregate) a Umgebung (Aktionen) Öl auf der Innenseite Temperatur – 40 bis + 150 °C; Druck 0 bis 0,3 (max. 6) MPa; Ölart (Viskosität); Additive im Öl; Abbauprodukte im Öl/feste Verkokungen, Späne aus der Aggregatefertigung Welle: Durchmesser; Drehzahl ≈ 0 bis 12000 min-1; Oberflächenbeschaffenheit; Exzentrizität; Wellenschlag (zul. 0,1 bis 0,3 mm); Polygoneffekt; Versatz (zul. 0,2 bis 0,5 mm); axiale Bewegung; Werkstoff (z. B. Korrosion, Verschleiß); Gehäuse: Oberflächenbeschaffenheit; Exzentrizität; Toleranzabweichungen; Werkstoff; Betrieb: Schwingungen/Dynamik; Laufperioden; Betriebsstunden; Stillstandszeiten; Belastungen von der Außenseite: Ozon, UV, Infrarot; verschiedene Medien; Staub und Schmutz;
• • • • •
b Eigenschaften des RWDR (Reaktionen) (in Anlehnung an Brinck [4]) Elastomer-Werkstoff – Ölquellung – Relaxation – Kriechen – Thermische Wirkung – Ausdehnung – Schwindung – Elastizität, Dehnungsverhalten – viskoelastische Schwingung und Dämpfung, Hysterese – Kristallisation/Morphologie – Montagefähigkeit (Weiterreißfestigkeit) – Reibungsverhalten – Vernetzung – Härte – Verschleißfestigkeit
•
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
•
•
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– Alterungsverhalten – Emissionen – chemische Beständigkeit – Kosten – Großserienfähige Herstellbarkeit Konstruktion – Radialkraft – Federkraft – RK Dichtlippe ohne Feder – Anlagefläche – Gestaltung der Dichtlippe – Abstand Feder-Dichtkante – Anzahl der Dichtlippen – Querschnitt Federnut-Dichtkante – Füllsimulation – Dichtlippenwinkel < Rückförderdrall – Elastomervolumen – Lippenlänge – Versteifungsblech: Abmessungen u. Werkstoff – Kosten Verarbeitung durch Injection-Molding oder Transfer-Pressen – Herstellungstoleranzen – Vernetzungsgrad – Oberflächenbeschaffenheit – Werkzeugtechnik – Morphologie – Kosten – Qualitätsmerkmale
Beispiel 3: Bauteileigenschaften eines PKW-Scheibenbremsbelages (SBB) (Beispiel: Golf-Klasse) a Umgebung (Aktionen) Temperatur: Betrieb bis 800 °C; Umgebung – 40 bis + 80 °C Bremsdruck: 90 bar Medien: Wasser, Bremsflüssigkeit, Öle, Fette, Reinigungsmittel, Staub, Schmutz Bremsscheibe: Werkstoff, Oberflächenbeschaffenheit Fahrweise/Betrieb: Stadt (Taxi, Polizei), Autobahn, Gebirge, mit Anhänger, Betriebsstunden; Stillstandszeiten; Befestigung auf Träger: Niet, Kleben, Formschluss
• • • • • •
b Eigenschaften des SBB Werkstoff: z. B. Gemisch aus 10 bis 20 Bestandteilen mit Dominanz von Phenolharz (z. B. Novolak-Hexa-Pulverharz), beigefügt NBR und/oder SBR sowie Füllstoffe, Metallpulver, Schmierstoffe, Reibstützer, Fasern
•
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•
•
•
1 Einführung in Polymer Engineering
– niederer Verschleiß von Belag und Scheibe – konstanter Reibwert in allen Situationen – geringste Emissionen – geringe Masse – chemische Beständigkeit – Dämpfung – ausreichende Abscherfestigkeit – Härte – Vernetzung – Morphologie – Kosten – Wärmeleitfähigkeit Konstruktion – Verbindung Belag-Trägerplatte – Geometrie der Reibfläche – Trennnute für Wasserfilm – Geräuschverhalten (Rattern, Quietschen) – Anzeige für Funktionsende – geringe Betätigungskraft der Bremse (Komfort) Verarbeitung durch Heißpressen – Rezepturgestaltung – Vormischen (Pulver, Granulat) – Verpressen mit Zwischenlüften – Vernetzung zu 97 % durch Härtezyklen – Fertigbearbeitung (Sandstrahlen, Seitenschleifen, Stärkeschleifen, Nuten, Lackieren, Stempeln, Kontrolle, Verpacken) – Qualitätsmerkmale – Werkzeugtechnik – Toleranzen – Kosten Umwelt – gesundheitlich unkritische Bremsstäube (Straße, Werkstatt) – keine Lärm- und Geruchsbelästigung
1.4.7.2 Einflüsse des Verfahrens und des Kunststoffes auf die Bauteileigenschaften Die Prozessparameter der verschiedenen Verfahren und die Materialkenngrößen bestimmen entscheidend die Eigenschaften von Bauteilen mit. Die verarbeitungstechnischen Materialeigenschaften sind
• • •
Fließen (Orientierungen, Formfüllung) Erstarren Schwinden
冧
(Kristallisation, Eigenspannungen, Maßhaltigkeit, Verzug …)
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
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Die wesentlichen Prozessparameter für die Formteilbildung am Beispiel Spritzgießen sind
• • • • • • •
Massetemperatur Werkzeugoberflächentemperatur Einspritzgeschwindigkeit Nachdruck (bzw. Werkzeuginnendruck) Nachdruckzeit Kühlzeit (Zykluszeit) Angusssystem, Angusslage.
Für andere Verfahren wie Extrudieren, Pressen, Umformen gelten die Parameter analog bzw. verändert. z. B. Pressen von unvernetzten oder vernetzenden Kunststoffen
• • • • •
Temperatur Vorformling bzw. Formmasse Werkzeugoberflächentemperatur Fließgeschwindigkeit Werkzeuginnendruck Kühl- bzw. Vernetzungszeit
Viele der im Folgenden meist für das Spritzgießen von Thermoplasten angesprochenen Zusammenhänge zwischen den Verfahrensparametern und den Bauteileigenschaften lassen sich modifiziert auch auf andere Verarbeitungsverfahren übertragen.
1.4.7.2.1 Thermoplaste und thermoplastische Elastomere: Molekül-Orientierungen Spritzgießen ■ Entstehung der Molekül-Orientierungen beim Urformen Besonders beim Spritzgießen, wo hohe Schergeschwindigkeiten auftreten, ergeben sich Molekülorientierungen, die durch schnelles Abkühlen an der kalten Formwand eingefroren werden. Orientierungszustände beim Extrudieren und Kalandrieren sind weniger stark ausgeprägt. Beim Spritzgießen von Thermoplasten benetzt die Schmelze bei richtigem Anschnitt die Wand und bleibt an der Formwand in dünner Schicht haften. Die nachfließende Schmelze strömt über diese Schicht hinweg. Die Form wird in der Regel nicht wie beim Metallguss durch Freistrahl, sondern durch Quellfluss gefüllt, d. h. die Strömungsfront in geometrisch einfachen Teilen lässt sich in jedem Zeitpunkt der Formfüllung durch Kreisbogen beschreiben, deren Mittelpunkt bzw. Mittelpunkte im Anschnitt liegen.
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1 Einführung in Polymer Engineering
Die in einem Spritzgussteil auftretende Orientierung ist abhängig von Konstitution der Makromoleküle beeinflussen Viskosität und Molmasse Elastizität der Schmelze Verschlaufungsgrad Verarbeitungsparameter, wie Temperatur von Masse und Werkzeug, Dicke des Teiles, Formfüllgeschwindigkeit, Nachdruckhöhe und -zeit.
• • • •
冧
Durch die Scherung – insbesondere an der Formwand – werden die Makromoleküle ausgerichtet und beim Erstarren eingefroren, Bild 1-64, siehe auch Kapitel 1.4.2.1. Aus der Darstellung Bild 1-65 wird deutlich, dass Orientierungseffekte in zwei zueinander senkrechten Richtungen auftreten können:
• •
in Fließrichtung infolge Scherströmung (führen zu Normalspannungen) senkrecht dazu infolge Dehnströmung (führen zu Schubspannungen).
Werden beide eingefroren, lassen sich biaxiale Orientierungszustände und entsprechende Verfestigungen des Werkstoffes erreichen (siehe auch Bild 1-44 in Kapitel 1.4.2). In Fließrichtung wird in der Regel das Orientierungsmaximum nahe an der Oberfläche des Formteiles liegen, in der Wandmitte ein Minimum. Über dem Querschnitt der Bauteilwand herrscht also ein unterschiedlicher Orientierungsgrad. Bedingt durch verschiedene Fließzustände und Abkühlgeschwindigkeiten über der Bauteildicke lassen sich verschieden orientierte Schichten unterscheiden. Vereinfachend sind am erkalteten Formteil drei Schichten nachzuweisen [43], [44], [45]:
Bild 1-64. Verzerrung eines kreisförmigen Flächenelementes in der Scherströmung nach einer Darstellung von M. Chatain. Die Ausrichtung der Molekülstruktur ist durch ein einzelnes Fadenmolekül angedeutet t = Fließzeit t0 < t1 < t2 < t3 < t4
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
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Bild 1-65. Deformation von Volumenelementen im Massestrom [42]
• • •
eine verstreckte Außenhaut (in Angussnähe infolge Nachdruck oft biaxial verstreckt) eine hochorientierte Schicht, die durch Scherung bei gleichzeitiger schneller Abkühlung entstanden ist eine Mittelschicht geringerer Orientierung (langsamere Abkühlung und geringere Scherung).
Für den Bauteilkonstrukteur und den Verarbeiter ist zur Beurteilung des Fließens von Kunststoffschmelzen in Werkzeugen die Viskositätsfunktion [43] wichtig. Sie beschreibt für die Kunststoffschmelze die Abhängigkeit des Fließverhaltens von der Schergeschwindigkeit (Schmelzebelastung).
■ Auswirkung der Molekül-Orientierung Durch die Orientierung der Makromoleküle in einer Vorzugsrichtung werden mehr Hauptvalenzbindungen in dieser Richtung wirksam und ersetzen teilweise die um knapp eine 10er Potenz niedrigeren Nebenvalenz-Bindungen. Somit ergeben sich unterschiedliche physikalische Eigenschaften in Orientierungsrichtung und senkrecht dazu. In der Literatur [45] kann man weitere Korrelationen z. B. der Festigkeit zum Orientierungsgrad finden. Ergebnisse hierzu sind für Polypropylen und Polystyrol in [46] dargestellt. Sofern möglich, sollte man die Richtung der größten Orientierung mit der Hauptbeanspruchungsrichtung zusammenfallen lassen. So kann der Formstoff (Werkstoff) im Bauteil bezüglich der Steifigkeit optimal genutzt werden.
■ Beseitigung von Molekülorientierungen Gleichzeitig mit dem Entstehen der Orientierungen laufen Reorientierungsvorgänge ab, d. h. die Moleküle haben das Bestreben, ihre entropisch günstigere Lage – statistisch regellose Knäuelform – wieder einzunehmen und so die Rückstellung eingebrachter Orientierungen zu bewirken [43]. In Formteilen vorhandene Orientierungen können gezielt verringert oder annähernd auch völlig beseitigt werden durch:
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1 Einführung in Polymer Engineering
Warmlagern bei T > Tg bei amorphen oder T @ Tm bei teilkristallinen Thermoplasten. Hierdurch tritt eine Rückknäuelung der Makromoleküle auf (Memory-Effekt). Die Geschwindigkeit der Rückknäuelung ist stark temperaturabhängig. Soll die Gestalt des Teiles dabei erhalten bleiben, so muss unter Formzwang gelagert werden. Andernfalls tritt eine Gestaltänderung auf, die als „Schrumpf“, „Rückschrumpf“ oder „Schrumpfung“ bezeichnet wird (siehe auch Kapitel 1.2.4). Aus Kostengründen kann in der Praxis nur in Sonderfällen unter Formzwang gelagert werden. De facto gibt es also keine (bezahlbare) Möglichkeit der Beseitigung von Molekülorientierungen. Allein schon deren Verringerung „kostet“ Zykluszeit, indem beispielsweise die Werkzeugtemperatur deutlich erhöht wird und dadurch eine erhöhte Relaxation (Rückknäuelung) der Makromoleküle erreicht wird. Dies ist praktisch ein Formzwang unter erhöhter Temperatur. Teilerfolge lassen sich mit geringeren Schergeschwindigkeiten beim Formfüllen erzielen, wie beheizte Düsen, größere Anschnittquerschnitte, höhere Schmelzetemperatur. Mit jeder dieser Maßnahmen erkauft sich der Verarbeiter jedoch Nachteile wie beispielsweise Teilfüllung oder Molmassenabbau u. a.
■ Extrudieren Wie oben schon erwähnt (Kap. 1.4.3.2), sind die Orientierungen beim Extrudieren infolge geringerer Scherkräfte auf die Thermoplastschmelze geringer, aber vorhanden. Die Strangaufweitung beim Extrudieren oder das Schwellenverhalten beim Extrusionsblasformen sowie beim Textilfadenspinnen aus der Schmelze steht mit den Molekülorientierungen, die sich infolge Scherkräfte beim Düsendurchtritt bilden, in Verbindung. Beim freien Ausströmen einer viskoelastischen Kunststoffschmelze aus einer Düse wird der Strang dicker als der Düsendurchmesser. Diese Erscheinung ist umso ausgeprägter, je kürzer die Düse ist. Die Beschreibung der Entstehung, der Auswirkungen und der Beseitigung von Molekülorientierungen gilt analog auch für die Orientierungen von Fasern (nicht für deren Beseitigung). Glasfasern, beispielsweise, richten sich infolge Scherkräfte in der Kunststoffschmelze in Fließrichtung aus. Bei Scher- und Dehnströmung gibt es somit auch über der Wanddicke eines Formteiles senkrecht zueinander stehende Molekül- und Faserorientierungen beim Spritzgießen oder beim Aufeinandertreffen von Schmelzeströmen (Bindenähte), senkrecht zu den Fließrichtungen stehende Molekül- und Faserorientierungen. Dies wird umso ausgeprägter sein, je kälter die Schmelzetemperatur ist (viskositätsbedingte höhere Scherkräfte). Die Bindenaht wird zur Schwachstelle. Die Anisotropie eines mit 30 % Glasfasern gefüllten Materials beschreibt Hoven-Nievelstein [47] anhand der Schwindung. Solche Schwindungsunterschiede führen verständlicherweise am fertigen Bauteil zu starken Verzugserscheinungen (siehe in diesem Kapitel weiter hinten). Für den Konstrukteur bedeutet dies, er muss Strömungsrichtungen während der Füllphase entweder aus Erfahrung kennen oder Simulationsprogramme zur Beschreibung des Füllbildes heranziehen.
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
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Orientierungen von Molekülen und von Fasern sind also, wie oben beschrieben, Verstärkungen in Richtung der wirkenden Kräfte. Sie sind aber wegen der geringeren Sekundär-Bindekräfte zwischen Molekülen Schwachstellen senkrecht zu den Kraftrichtungen.
■ Einfluss von Molekülorientierungen auf Eigenschaften 1. Warum bricht ein Kunststoffbecher (PS leichter als PP) in Längsrichtung, warum nicht quer dazu? Weil die Makromoleküle beim Umformen (ca. 120 °C) durch Scherung orientiert werden und diese Orientierung beim schnellen Abkühlen eingefroren wird. Und weil die Bindekräfte innerhalb eines Makromoleküls ca. um den Faktor 20 höher sind als zwischen den Makromolekülen. 2. Wie kann man diese Schwachstelle vermindern? Durch andere Werkstoffwahl kann das Problem reduziert werden oder man kann andere Spritzbedingungen bzw. Tiefziehbedingungen wählen. Problem vermindert – Kosten erhöht: Beispiel Spritzgießen: Schmelzetemperatur erhöhen, Formwerkzeugtemperatur erhöhen – vermindert die Anisotropie, verlängert aber die Zykluszeit. 3. Was passiert, wenn man den Becher über Tg erwärmt? Im Fall des tiefgezogenen Bechers warmgeformt aus der Halbzeug-Platte: Erinnerungsvermögen an die ebene Form der Halbzeug-Platte Æ orientierte Makromoleküle nehmen die entropisch günstige Gestalt wieder an, sobald die Beweglichkeit der Makromolekülketten (Ketten gleiten aneinander ab) dies zulässt (T >> über Tg) (besonders gut bei Polystyrol zu beobachten). Molekülorientierungen, als Folge der Scherkräfte beim Verarbeiten, sind verfahrensspezifisch stark unterschiedlich. Beim Spritzgießen von Thermoplasten und thermoplastischen Elastomeren haben Molekül- und Faserorientierungen einen dominierenden Einfluss auf die Bauteileigenschaften.Wie der Versuch mit dem Kunststoffbecher zeigt, sind auch beim Warmumformen die Orientierungen sehr ausgeprägt. Dies ist, wie schon erwähnt, beim Extrudieren geringer und, je niedriger die Viskosität oder je geringer die Schergeschwindigkeit und je kürzer die Fließwege sind, umso weniger ausgeprägt.
Eigenspannungen in Formteilen und Bauteilen Spannungen, die in Körpern (Formteile, Bauteile) ohne Einwirken äußerer Kräfte vorhanden sind, werden als Eigenspannungen oder innere Spannungen bezeichnet. Die aus Eigenspannungen resultierenden Kräfte F und Momente M sind gleich Null; d. h. es existiert statisches Gleichgewicht (∑F = 0; ∑M = 0). Eigenspannungen entstehen durch behinderte Volumenänderung in festen Körpern (E-Modul > 0).
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1 Einführung in Polymer Engineering
■ Wirkung auf Makromoleküle In Kunststoffen führen Spannungen zu Abweichungen der Atomabstände und der Valenzwinkel von der jeweiligen statistischen Gleichgewichtslage.
■ Ursachen der Behinderung von Volumenänderungen Die Behinderung entsteht durch örtlich unterschiedliche Volumenänderung infolge örtlich und/oder zeitlich unterschiedlicher Vorgänge. Nach Bild 1-66 ergeben beispielsweise örtlich unterschiedliche Temperaturen Änderungen des spezifischen Volumens. Beispiele für solche in der Kunststofftechnik häufig auftretenden örtlich unterschiedlichen Vorgänge sind: Abkühlung * einschl. kalte Einlegteile Nachdruck (beim Spritzguss) Quellung Krisallisation* strukturelle Änderungen Polyreaktion bzw. Polymerisation einschl. Vernetzen
冧
* gilt beispielsweise auch für Metalle und Keramiken Für den Konstrukteur (Bauteil und Werkzeug) und vor allem für den Verarbeiter sind derartige Zusammenhänge für die Bauteileigenschaften von grundlegender Bedeutung. Das p, v, T-Diagramm [43] verdeutlicht die thermodynamischen Zusammenhänge zwischen Druck (p), spezifischem Volumen (v) und der Temperatur (T). Kompressibilität und Schwindung einer Kunststoffschmelze und eines Bauteils lassen sich damit vorhersagen. Das spezifische Volumen und damit die Schwindung des Kunststoffes – hieraus entnimmt der Werkzeugmacher die erforderlichen Übermaße für seine Konstruktion, um die geforderten Bauteilabmessungen zu erreichen – sind den
Bild 1-66. Spezifisches Volumen eines amorphen Polymers und eines teilkristallinen Polymers in Abhängigkeit von der Temperatur
1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
137
Werkzeuginnendrücken und den entsprechenden Massetemperaturen zuzuordnen. Aus örtlich schwankenden Prozessparametern ergeben sich örtlich unterschiedliche Schwindungen. Die verschiedenen Arten von Eigenspannungen können durchaus gleichzeitig auftreten, beispielsweise durch Abkühlung, Nachdruck und Kristallisation beim Spritzgießen teilkristalliner Thermoplaste. Ebenso existieren keine scharfen Grenzen zwischen den Eigenspannungen verschiedener Art.
Abkühlung Beispiel für Abkühleigenspannungen: Während des beidseitigen Abkühlens einer warmen Tafel aus amorphem Kunststoff ergeben sich parabelförmige Temperaturprofile über der Tafeldicke. Sofern die Ausgangstemperatur oberhalb der Glastemperatur liegt und die Abkühlung sehr rasch erfolgt (Abschrecken), bildet sich näherungsweise eine parabelförmige Eigenspannungsverteilung über den Querschnitt aus. Überlagert werden die abkühlbedingten Spannungen durch strömungsbedingte Spannungseffekte. Beim Füllvorgang wird die Fließfront biaxial gedehnt; diese Dehnungen werden bei Kontakt mit der in Relation zur Massetemperatur „kalten“ Wand eingefroren, im Formteilkern herrschen Druckspannungen vor [44]. Bei der Entformung des Teils können diesem Spannungszustand weitere Effekte überlagert werden. Steht ein Spritzgussteil bei der Entformung noch unter „Restdruck“, so werden die äußeren Schichten des Teils gedehnt [44]. Im Extremfall können sich in den Randbereichen Zugeigenspannungen ausbilden. Ähnlich wie beim Abschrecken einer Tafel stellt sich ein Temperaturgradient im Formwerkzeug beim Abkühlen aus der Schmelze ein. Die Vorgänge sind aber insbesondere beim Spritzgießen komplizierter, da bereits die Formfüllung nicht isotherm verläuft. Dies ändert jedoch nichts an der Form des Spannungsverlaufs: Druckspannungen an der Oberfläche, Zugspannungen im Werkstoffinneren, sofern nicht durch überhöhten Nachdruck das Werkzeug „überladen“ wurde.
■ Gegenmaßnahmen Die Größe der Eigenspannungen beim Formungsprozess kann durch Verminderung der Temperaturunterschiede verkleinert werden, d. h. die Schmelzetemperatur sollte möglichst niedrig sein und die Formwandtemperatur möglichst hoch. Es werden eine geringe Abkühlgeschwindigkeit und damit geringe Temperaturgradienten im Wandquerschnitt angestrebt. Die genannten Maßnahmen können nur bis zu bestimmten Grenzen verwirklicht werden, die durch andere Formteileigenschaften und die Wirtschaftlichkeit des Herstellungsverfahrens gegeben sind. Eine andere Maßnahme wäre das frühzeitige Entformen, bevor die Temperaturunterschiede im Wandquerschnitt ausgeglichen sind. Der Temperaturgradient und damit die Spannungshöhe werden verringert. Die noch heiße Werkstoff-Seele kann die Oberfläche sogar nochmals aufwärmen, insbe-
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sondere bei der Nachkristallisation. Diese Methode ist jedoch häufig durch die mangelnde Stabilität in diesem Zustand nicht durchführbar.
• • •
Langsamer abkühlen (Werkzeug + Einlegeteil heizen) Masse des Einlegeteiles verringern Kunststoff-Wanddicke um Einlegeteil größer wählen
■ Auswirkungen der Eigenspannungen Eigenspannungen im Formteil können beeinflussen:
• •
Belastbarkeit Maßhaltigkeit
Druckeigenspannungen in der Oberfläche erhöhen die Festigkeit bei Biegung. Zugeigenspannungen an der Oberfläche können ohne Einwirkung äußerer Kräfte zu Spannungsrissen führen, insbesondere bei zusätzlicher Einwirkung von Medien ergibt sich Spannungsrissbildung! (Selbstverständlich führen auch äußere Zugspannungen bei Medieneinwirkung zu Spannungsrissbildung, siehe auch Kapitel 1.3.4.1). Besonders empfindlich hierfür sind die in Tabelle 1-23 dargestellten Beispiele. Insbesondere sind amorphe Thermoplaste, aber nicht nur diese, spannungsrissempfindlich, Tabelle 1-23. Daher vor Anwendung beim Rohstoffhersteller anfragen oder betriebsnahe Versuche durchführen.
Kristallisation Spritzgießen Bei teilkristallinen Thermoplasten ergeben örtlich unterschiedliche Temperaturen beim Abkühlen Kristallisationsgrad-Unterschiede über der Wanddicke eines Bauteiles (siehe Kapitel 1.3.1).An den Bauteiloberflächen herrscht infolge schneller Abkühlung an der „kalten“ Werkzeugwand, beispielsweise beim Spritzgießen, ein niedriger Kristallisationsgrad (bis hin zu amorphen Schichten), im Innern der Bauteilwandung liegt, insbesondere bei größeren Wanddicken, ein hoher Kristallinitätsgrad. Tabelle 1-23. Spannungsrissbildung bei Kunststoffen Kunststoff Beispiele für Spannungsrisse auslösende Medien PS PE PP PVC PA PMMA
n-Heptan (dampfförmig oder flüssig) Benzin, Ether, Methanol, Ölsäure, Pflanzenöle Tenside, Alkohole, Ether, Siliconöle, Ketone, Ester ähnlich wie PE Methanol bei Feuchtegleichgewicht mit Umgebung keine Rissbildung durch die meisten Medien 20%ige Natronlauge, Paraffinöl, Glycerin, Wasser, Hexan, Heptan, versch. Alkohole, MMA, Benzol, Aceton
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Dieses Gefüge beeinflusst die makroskopischen Eigenschaften. Man kann folgendes zusammenfassen [45]: Außenhaut: Starke Unterkühlung der Schmelze, kaum Ausbildung eines kristallinen Gefüges Scherzone: Stark orientierte Schicht mit Entstehung eines kristallinen Gefüges mit feiner Kornverteilung Kernschicht: Kristallisation erfolgt dort nach Ablauf der Füllphase bei wesentlich geringeren Abkühlgeschwindigkeiten als in Wandnähe. Es entsteht ein grobes Gefüge mit großen Sphärolithen (kristalline Bereiche). Neben der Verteilung des Gefüges im Bauteil hat der Kristallisationsgrad, also der Anteil an kristallisierten Molekülen, Einfluss auf die Eigenschaften. Streckgrenze, Zugmodul, Schlagzähigkeit und Härte nehmen mit wachsendem Kristallisationsgrad zu. Für den Bereich des Spritzgießens sind jedoch die im normalen Verarbeitungsbereich möglichen Kristallisationsgradänderungen sehr gering. Dies hat zur Folge, dass die auf diese Weise entstehenden Änderungen der makroskopischen Eigenschaften ebenfalls gering sind [43], [45]. Bei Maschinenelementen wie Gleitlager mit tribologischer Funktion sind derartige verfahrensbedingte Einflüsse höchst unerwünscht. Beheizte Werkzeuge, auch beim Spritzgießen, sind eine Lösung. Bei teilkristallinen Thermoplasten beeinflusst die Kristallisation aus der Schmelze (Bild 1-66) das spezifische Volumen sprunghaft. Die Bedeutung des Nachdruckes wird ersichtlich. Extrudieren Am Beispiel der Rohrextrusion zeigt Bild 1-67 den Einfluss der Abkühlung auf den Dichteverlauf über der Rohrwanddicke. Man erkennt, dass es sich um eine außen mit Wasser gekühlte und innen mit Druckluft gefüllte Rohrfertigung handelt. Dies ergibt außen eine geringe Dichte (niedriger Kristallisationsgrad), in der mittleren Wanddicke, zum Innendurchmesser etwas verschoben ein Dichtemaximum (höchster Kristallisationsgrad) und an der Rohrinnenseite eine ab-
Bild 1-67. Dichte (Kristallinität) als Funktion der Wanddicke bei Rohren aus PE-HD (nach P. Stockmayer in [1])
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Bild 1-68. Einflussgrößen auf Formteil-Maßabweichungen [48]
sinkende Dichte, die jedoch aufgrund der gegenüber Wasser geringeren Wärmeleitung der Luft deutlich höher liegt als an der Rohraußenseite. Dichte und Kristallisationsgrad hängen direkt proportional (linear) miteinander zusammen. Maßhaltigkeit Die Maßhaltigkeit von Kunststoffbauteilen, vor allem im Zusammenbau mit anderen Teilen zu Komponenten oder Systemen, insbesondere bei der Kombination mit verschiedenen Werkstoffen (Stahl,Aluminium, Magnesium, Keramik, Faserverbundwerkstoffen) spielt bei technischen Anwendungen oft eine zentrale Rolle. Einflussgrößen auf die Maßhaltigkeit von Kunststoffteilen sind (Auswahl): Masseanhäufungen, Gefügestruktur, Verstärkungsstoffe, Verarbeitungsbedingungen, Feuchtigkeitsgehalt (Quellung), Temperaturschwankungen im Betrieb. Qualitativ zeigt Bild 1-68 die Vielzahl an Einflussgrößen auf die Maßabweichungen von spritzgegossenen Formteilen auf.
Schwindung (siehe auch Kapitel 1.2.4 und 1.3.1.2) „Die genaue Vorherbestimmung der Schwindung ist bis heute nicht möglich, der Konstrukteur muss auf Basis der verschiedensten Quellen (Rohstoffhersteller, Erfahrungswerte, Vergleichsmessungen) den Maßunterschied zwischen Werk-
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zeug und Formteil abschätzen. Da die so ermittelten Werte häufig von den realen Zuständen abweichen, versucht man, die Schwindung noch in relativ weiten Bereichen über den Prozessverlauf zu beeinflussen“ [43]. Zusätzlich ist die Schwindung noch stark von der Lage,Art und Größe des Anschnittes abhängig. Scherkräfte bewirken bei zu kleinen Anschnitten hohe Längsorientierung der Makromoleküle und damit eine ausgeprägte Längsschwindung im Vergleich zur Querschwindung: Die Folge ist Verzug des Bauteiles. „Amorphe Materialien liegen im Schwindungsniveau bei ca. 0,3 – 0,9 %, die Beeinflussungsmöglichkeit durch die Prozessbedingungen ist dementsprechend gering. Für ABS z. B. sinkt mit einem Anstieg der Massetemperatur von 10 °C die Schwindung um 0,01 %. Die Werkzeugoberflächentemperatur hat kaum Einfluss. Über den Nachdruck kann die Schwindung um 0,01 % je 10 bar reduziert werden (ABS). Wesentlich größer ist die Bandbreite der Schwindungswerte bei teilkristallinen Kunststoffen (0,4 – 3 %). Dadurch können auch die verschiedenen Prozessbedingungen stärkeren Einfluss auf das Schwindungsniveau nehmen“ [43]. „Bei glasfaserverstärkten Materialien werden die Schwindungswerte stärker durch die Orientierungsrichtung als durch die Prozessbedingungen verändert. Die Schwindung senkrecht zur Glasfaserorientierung ist im Gegensatz zur Schwindung in Orientierungsrichtung zwar beeinflussbar, die Variationsmöglichkeiten sind jedoch geringer als beim unverstärkten Material. Interpretiert werden kann dies mit dem Füllgrad des Matrixwerkstoffes durch die Fasern selbst. Diese Zusammenhänge gelten für amorphe und teilkristalline Materialien gleichermaßen“ [43]. Zur Vertiefung sei hier auch auf [49] verwiesen.
■ Nachschwindung Besonders bei teilkristallinen Thermoplasten kommt es vor allem bei höheren Lager- oder Anwendungstemperaturen oder bei Wasseraufnahme (Erhöhung der Beweglichkeit der Makromoleküle) zu einer Nachschwindung. Folge: Maßänderungen und Verzug. Die Nachschwindung wird durch die Abkühlgeschwindigkeit, Werkzeugtemperatur und Wanddicke bestimmt. Mit Werkzeugtemperaturen von über 90 °C (lange Zykluszeiten) kann die Nachschwindung sehr gering gehalten werden. Außerdem verringert sie sich mit steigender Wanddicke (geringere Abkühlgeschwindigkeit).
Verzug Die maßlichen Abweichungen, die bei Kunststoffteilen auftreten, resultieren meist nicht aus einer falschen Werkzeugauslegung oder Schwindungsfestlegung, sondern beruhen auf der Tatsache, dass sich die Spritzgussteile verbiegen und verformen. Um maßlich korrekte Teile zu erhalten, muss nun das Verzugsverhalten abgeschätzt und durch konstruktive Gestaltung, Werkstoffwahl und Verarbeitung versucht werden, die Verzugserscheinungen so gering wie möglich zu halten.
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Als Einflussfaktoren gelten: Asymmetrische Materialanhäufungen, unterschiedliche Wanddicken, Angusslage, örtlich unterschiedliche Kristallisationsgrade, Füllstoffe, Verstärkungsfasern, örtliche Werkzeugtemperatur, Zykluszeit, Nachdruck, Massetemperatur und Einspritzgeschwindigkeit.
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1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
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144
1 Einführung in Polymer Engineering
[48] WEKA Kunststoffpraxis Newsletter 26/2002, Augsburg [49] Woebcken W (1988) Duroplaste. Kunststoff-Handbuch Bd 10, 2. Aufl, Hanser, München [50] Bille H (2007) Verarbeitung von Elastomeren. In: Eyerer P Kunststoffkunde. Vorlesungsmanuskript WS 2007/08, 14. Aufl, Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT, Pfinztal
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1.4 Verarbeitung (Urformen) von Kunststoffen zu Bauteilen
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Weiterführende Literatur zu Kapitel 1.4.7 Bayer AG (Hrsg) Verarbeitungsdaten für den Spritzgießer. Technische Thermoplaste von Bayer, GB Kunststoffe. Bayer AG, Leverkusen Bayer AG (Hrsg) (1993) Expertensystem zur Diagnose von Fehlern beim Spritzgießen. Bayer AG, Leverkusen, ATI 897 7/1993 Bayer AG (Hrsg) (1991) Praxisinformation Erkennen und Vermeiden von Verarbeitungsfehlern. Bayer AG, Leverkusen, P/047 12/91 Bayer AG (Hrsg) (200 und 2001) Spritzgießen von Qualitätsformteilen. Bayer AG, Leverkusen Broer E Verarbeitungsfehler und ihre Beseitigung / Fehleranalyse. Lüdenscheid K.I.M.W. Delpy U (1994) Kunststoffe als Konstruktionswerkstoffe. Vorlesungsmanuskript, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde, Universität Stuttgart Demag Ergotech GmbH (Hrsg) (1999) Spritzgießen – kurz und bündig. 4. Aufl, Demag, Schwaig Elias H-G (2003) Makromoleküle. 1. Aufl, Hüthig & Wepf, 1971, 856 S, Basel/Heidelberg, 6. Aufl Wiley-VHC, Weinheim GE Plastics (Hrsg) Injection Moulding – mini guide. GE Plastics 4/1995 Bergen op Zoom Henning F (2001) Verfahrensentwicklung für lang- und endlosfaserverstärkte thermoplastische Sandwich – Bauteile mit geschlossenem Werkstoff-Kreislauf. Dissertation, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde, Universität Stuttgart Jahn J (1983) Der Einfluss der Formteilgestaltung auf die Formteileigenschaften thermoplastischer Spritzgussteile. Dissertation, RWTH Aachen Johannaber F (1992) Kunststoffmaschinenführer. 3. Aufl, Hanser Verlag, München Johannaber F, Michaeli W (2002) Handbuch Spritzgießen. Hanser Verlag, München Kehr, G (1989) Die Beeinflussung der Bauteileigenschaften durch Bindenähte. BASF, Ludwigshafen K.I.M.W. (Hrsg) Störungsratgeber für Oberflächenfehler an thermoplastischen Spritzgussfehlern. Kunststoff-Institut für die mittelständische Wirtschaft NRW mbH, Lüdenscheid Menges G, Haberstroh E, Michaeli W, Schmachtenberg E (2002) Werkstoffkunde Kunststoffe. 5. Aufl, Carl Hanser Verlag, München, ISBN 3-446-21257-4 Mennig G (1988) Die Bindenaht in der Kunststoffverarbeitung. Mat.wiss. u. Werkstofftech. 19(1988), S 383–390 Oberbach K, Saechtling J (2001) Kunststofftaschenbuch. 28. Aufl, Hanser Verlag, München Spies KH (2004) Persönliche Mitteilung. 7.1.2004 Poppe EA, Leidig K, Schirmer K (1995) Technische Kunststoffe: Die Top Ten der Spritzgießprobleme. Plastverarbeiter 46(1995), Hefte 6 (S 48-50), 7 (S 20-21), 8 (S 18/21) Röthemeyer F, Sommer F (2001) Kautschuktechnologie. Hanser Verlag, München Thienel P, Broer E (1989) Analyse von Oberflächenfehlern bei Spritzgussteilen.VDI-Verlag, Düsseldorf Tröster S (2003) Materialentwicklung und –charakterisierung für thermoplastische Faserverbundwerkstoffe im Direktverfahren. Dissertation, Universität Stuttgart Wallhäuser H (1964) Kunststoffe 54(1964), S 313 ff Woebcken W (1961) Kunststoffe 51(1961), S 547 ff
146
1 Einführung in Polymer Engineering
1.5 Kunststoffe und Bauteile – Umwelt und Recycling 1.5.1 Kreislaufwirtschaft und Recycling Jörg Woidasky Die Forderung nach „nachhaltigen Wirtschaftsformen“ umfasst wirtschaftliche, technische, soziale und ökologische Anforderungen, die eine ausgewogene "dauerhaft durchhaltbare Entwicklung" ermöglichen sollen. Der Grundgedanke dabei ist, die Entwicklungsmöglichkeiten der kommenden Generationen mindestens auf dem Niveau der heutigen zu erhalten. Ein Teilaspekt der ökologischen Nachhaltigkeit ist die Kreislaufschließung von Stoffen und Produkten. Die Kreislauffähigkeit von Werkstoffen lässt sich dabei nicht abstrakt definieren, sondern muss die jeweiligen Rahmenbedingungen mit einbeziehen. Hierzu zählt u. a. der Einsatzzweck, die möglichen Werkstoffalternativen, aber auch das Nutzerverhalten und die vorhandenen Strukturen zur Kreislaufführung oder Entsorgung der Altprodukte: Während etwa um 1980 Kunststoffe oft als nicht recyclingfähig galten, wurden in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Verfahren entwickelt und zum Teil großtechnisch umgesetzt, die die Verwertung von Kunststoffen aus den Bereichen Ver-
Bild 1-69. Grundprinzip der Kreislaufwirtschaft [1]
1.5 Kunststoffe und Bauteile – Umwelt und Recycling
147
packung, elektrische und elektronische Produkte oder Altfahrzeug ermöglichen. Ein maßgeblicher Treiber hierbei waren und sind rechtliche Rahmenbedingungen, die zunehmend das Prinzip der Produktverantwortung festschreiben, so dass Herstellern oder Inverkehrbringern von Produkten auch die Verantwortung für deren Entsorgung übertragen wird. Diese Produktverantwortung erfordert dann die Information der Nutzer über Entsorgungsmöglichkeiten sowie den Aufbau von Strukturen zur Sammlung, ggf. Demontage, Sortierung und Verwertung von Produkten (unter dem Begriff „Restwertbestimmung“ in Bild 1-69 zusammengefasst). Ziel der Kreislaufschließung war und ist die Schonung natürlicher Ressourcen durch verminderten Werkstoffverbrauch und geringeren Bedarf an Entsorgungskapazitäten. Neben dieser Betrachtung der Nachnutzungsphase sind auch im Sinne der Nachhaltigkeit die Phasen der Produktkonzeption, der Herstellung und der Nutzung relevant. Während bei der Produktkonzeption die Möglichkeiten für nachhaltige Nutzungs- und Entsorgungsformen festgelegt werden, ist bei der Herstellung u. a. die Frage nach den Arbeitsbedingungen von Relevanz. Bei der Nutzung wiederum sind Auswirkungen auf (Mit)Mensch und Umwelt von Bedeutung für die Nachhaltigkeit des Produkts. Umfassend können diese Fragen kaum beantwortet werden. Für die detaillierte Untersuchung der umweltlichen Auswirkungen steht das standardisierte Verfahren der Ökobilanzierung/Life Cycle Assessment nach der Normenreihe DIN ISO 14040ff bereit (siehe auch 1.5.2).
1.5.1.1 Bauteil-Wiederverwendung Die erneute Verwendung von Bauteilen schließt einen kleinen Kreislauf, bei dem im Vergleich zur Herstellung neuer Bauteile wenige Prozessschritte durchlaufen werden. Somit liegt die Bauteil-Verwendung auf einer hohen Stufe in der ökologischen Rangfolge der Kreislaufverfahren. Kunststoff-Bauteile werden jedoch oft als Gehäuse- oder Außenbauteile verschiedener Produkte eingesetzt und tragen durch ihre Variationsmöglichkeiten maßgeblich zur stilistischen Differenzierung der Produktgenerationen bei, so dass sie in den seltensten Fällen für andere Generationen eingesetzt werden können. Eine Wiederverwendung von Kunststoffbauteilen kann jedoch bei solchen Produkten sinnvoll sein, für die eine Endbevorratung von Ersatzteilen durchgeführt wird, deren Umfang durch Wiederverwendung von Produkt-Rückläufern ergänzt werden kann. Dennoch bleibt der Umfang der Wiederverwendung begrenzt, betrachtet man das Beispiel Alt-Pkw: Bei 10-20 % der abgemeldeten Fahrzeuge wird derzeit eine Altteileverwertung durchgeführt, die Demontagehäufigkeit von Kunststoffteilen liegt in der gleichen Größenordnung, jedoch nur etwa knapp 3 Masse-% der Alt-Pkw werden im Teilekreislauf rezykliert.
148
1 Einführung in Polymer Engineering
1.5.1.2 Möglichkeiten der werkstofflichen Kreislaufführung Die Möglichkeiten der werkstofflichen Kreislaufführung von Polymeren werden in Tabelle 1-24 dargestellt. Die Wiederverwertung von Produktionsabfällen (Angüsse, Butzen) ist Stand der Technik, um den Werkstoffverbrauch zu minimieren. Hierfür werden Mühlen verschiedenster Größe eingesetzt und das Mahlgut direkt in den Produktionsprozess zurückgeführt. Für die werkstoffliche Kreislaufführung von Altteilen wird eine möglichst hohe und gleichbleibende Rezyklatqualität angestrebt. Eine wichtige Einflussgröße bei Altteilen mit thermoplastischer Polymermatrix ist dabei die Kettenlänge. Durch Alterungs- und Verarbeitungsprozesse wird die Kettenlänge der Polymere beeinflusst, so dass bei mehrfach verarbeiteten und gealterten thermoplastischen Polymeren eine Verschlechterung der Werkstoff-Kennwerte eintritt. Der Einfluss der Alterung von duroplastischen Matrixwerkstoffen auf die Rezyklatqualität scheint dagegen vernachlässigbar zu sein. In den wenigsten Fällen werden gebrauchte Materialien ohne Modifikation wieder verarbeitet. Der Regelfall ist zum einen die Zumischung von Neuware, Tabelle 1-24. Werkstoffliche Optionen der Kunststoffverwertung Polymersystem
Werkstoffliche Verwertungsmöglichkeit
Thermoplaste und thermoplastische Elastomere
1. Regranulieren (ausschließlicher Einsatz von Rezyklat) 2. Compoundieren (Mischen mit Neuware)
Glasfaserverstärkte Thermoplaste
1. Regranulieren (ausschließlicher Einsatz von Rezyklat) 2. Compoundieren (Mischen mit Neuware) 3. Bei glasmattenverstärkten Thermoplasten (GMT) Fließpressen (Umformung des Bauteils)
Duroplaste
Partikelrecycling: 1. Einsatz der feingemahlenen Masse als Füllstoff 2. Einsatz der Glasfasern bei verstärkten Massen (SMC/BMC) in Neuware
thermoplastische 1. Weiterverarbeitung wie Thermoplaste oder duroplastische 2. Fließpressen Polyurethane1) 3. Vermahlung und Einsatz als PUR-Füllstoff 4. Partikelverbund (PUR zerkleinern und mit Bindemittel verpressen, bei Weichschaum als Flockenverbund, bei Hartschaum durch Klebpressen) Elastomere
Verarbeitung von Altreifen zu Stücken, Granulat oder Mehl durch Mahlverfahren. Produkte für Unterbau-, Schalldämmplatten, Isolierungen, Mehl für Reifen, Förderbänder, Matten, Sohlen
Anmerkung 1) Die gesonderte Berücksichtigung geht auf die in der Automobilindustrie gebräuchliche Einteilung zurück
1.5 Kunststoffe und Bauteile – Umwelt und Recycling
149
zum anderen die gezielte Eigenschaftseinstellung durch Additivierung/Compoundierung. Bewährt haben sich dort, wo neuwaregleiche Werte für rezyklathaltige Polymere angestrebt werden, Rezyklatanteile von etwa bis 30 Masse-%. Ein wichtiges Element des Thermoplastrecyclings ist die Schmelzefiltration, die der Abtrennung ungeschmolzener oder nicht aufschmelzbarer Partikel in der Polymerschmelze dient. Diese Partikel werden von Metallgeweben oder Lochplatten zurückgehalten und mit einem Teilstrom der Polymerschmelze ausgetragen. Der Massenverlust der Polymerschmelze liegt hier bei etwa 3 bis 5 % zuzüglich der Masse der abgetrennten Partikel. Die äußeren Alterungsursachen für Außenbauteile aus Kunststoffen sind z. B. Bewitterung (UV-Strahlung, Wasseraufnahme, Gaszutritt, Temperaturwechsel) oder ständige dynamische Beanspruchung. Bei pigmentierten Bauteilen beschränkt sich die Schädigung durch UV-Strahlung auf eine ca. 300 µm tiefe Schicht, unter der der Werkstoff weitgehend unverändert bleibt. Eine Lackierung verändert z. B. die Feuchtigkeits- oder Sauerstoffaufnahme, Strahlungsabsorption oder mechanische Beanspruchung. Kunststoffe werden darüber hinaus z. B. durch hohe Temperatur, Öl, Kraftstoff und Säure angegriffen. Daneben führt eine erneute Verarbeitung des Werkstoffs zur Polymerschädigung. Außer durch diese chemischen Alterungserscheinungen wird die Rezyklatqualität durch Verunreinigungen wie unverträgliche Polymere, Lackierungen, Klebstoffe oder Verschmutzungen (wie z. B. Staub, Aufkleber) negativ beeinflusst. Insbesondere die Lackierung ist dabei relevant, da sich in thermoplastischen Recycling-Bauteilen durch Lackpartikel Fehlstellen bilden, die z. B. die Schlagzähigkeit deutlich herabsetzen. Die Altstoffverträglichkeit ist daher eine wichtige Voraussetzung für die werkstoffliche Kreislaufführung. Verunreinigungen oder sortenfremdes Material können bereits in geringen Mengen die Qualität von Rezyklaten oder rezyklathaltigen Bauteilen deutlich mindern und so die Kreislaufführung erschweren oder verhindern. Hinweise zur recyclinggerechten Konstruktion gibt u. a. die VDI-Richtlinie 2243 [2].
1.5.3.1 Rohstoffliche Kreislaufführung Die rohstoffliche Kreislaufführung führt die Polymere auf chemische Grundbausteine zurück, die dann erneut z. B. zur Polymersynthese, für die Herstellung von anderen Chemieprodukten wie Farben oder Klebstoffe oder zur Substitution von Erdöl oder seinen Derivaten genutzt werden können.
1.5.3.2 Verbrennung Bei der Verbrennung geht der stoffliche Charakter des eingesetzten Materials verloren. Daher kann sie nicht zum Recycling im Sinne der stofflichen Kreislaufführung gezählt werden.
150
1 Einführung in Polymer Engineering
Der Verbrennungsvorgang kann in die Teilprozesse Trocknung, Entgasung, Vergasung und vollständige Oxidation aufgeteilt werden (Bild 1-70) [3]. Diese idealisierten Prozesse können sich zeitlich und räumlich überlagern und wechselseitig beeinflussen. Pyrolyse- und Vergasungsverfahren nutzen die Möglichkeit, durch Einstellung von Randbedingungen nur einen Teil der Prozesse zu begünstigen.
1.5.1.4.1 Verbrennungskonzepte und -aggregate Als Verbrennungskonzepte kommen in Frage
• •
Mono-Verbrennungssysteme ausschließlich für Kunststoffe Co-Verbrennungssysteme mit einer gemeinsamen Verbrennung von mindestens einer weiteren Fraktion außer Kunststoff [4].
Bild 1-70. Idealisierte chemische Teilprozesse der Verbrennung
1.5 Kunststoffe und Bauteile – Umwelt und Recycling
151
Die Mono-Verbrennung von Kunststoffen in Spezialfeuerungen ist derzeit noch nicht Stand der Technik. Die relevanten Verbrennungsaggregate für Feststoffe sind Roste (vor allem Stab- und Walzenroste), Drehrohre (mit Gleich- oder Gegenstrom-Luftführung), Wirbelschichten (mit stationärem, rotierendem oder zirkulierendem Wirbelbett) Staubfeuerungen.
• • • •
1.5.1.4.2 Verbrennung in Kraftwerken Bei der Verbrennung heizwertreicher Fraktionen in Kraftwerken kommen Wirbelschichtfeuerungen oder Staubfeuerungen zum Einsatz [5]. Bei der Staubfeuerung wird das Ausgangsmaterial aufgemahlen und durch einen Brenner staubförmig in den Brennraum eingetragen, wo es in der Schwebe verbrennt. Für die Vorbehandlung der Kunststoffe zum Zerstäuben in den Brennraum ist entweder das Aufschmelzen oder das Aufmahlen zu Partikeln für den pneumatischen Brennraum-Eintrag nötig. Kohle wird vor der Verbrennung in Staubfeuerungen auf Korngrößen unter 100 µm aufgemahlen, um den vollständigen Ausbrand sicherzustellen. Insbesondere bei Thermoplasten ist eine solche Feinzerkleinerung wegen der Erwärmung der Polymere durch mechanische Beanspruchungen problematisch. Beim Einsatz von Zyklonbrennkammern sind größere Korngrößen bis zu mehreren Millimetern möglich, da durch die Brennkammergeometrie eine erheblich längere Verweilzeit erzwungen wird [6].
1.5.1.4.3 Verbrennung in Müllverbrennungsanlagen Ungefüllte und unverstärkte Kunststoffe weisen einen hohen Heizwert und geringe Feuchtegehalte auf, so dass sie bei geringen Temperaturen vergasen, schnell zünden und verbrennen [4]. Der Heizwert der verstärkten Kunststoffe ist neben der chemischen Zusammensetzung vom Anteil der mineralischen Füllund Verstärkungsstoffe abhängig. Eine Übersicht der Heizwerte verschiedener Materialien gibt Tabelle 1-25. Für die selbstgängige Verbrennung in Müllverbrennungsanlagen (MVA) ist neben dem Heizwert der Feuchte- und Aschegehalt eines Materials maßgeblich, so dass ab ca. 3,4 MJ/kg, einem Wassergehalt unter 50 % und einem Aschegehalt unter 60 % mit selbstgängiger Brennbarkeit gerechnet werden kann [3].
1.5.1.5 Ausblick Für die Kreislaufführung von Kunststoffen und kunststoffhaltigen Produkten stehen eine Vielzahl technischer Optionen zur Verfügung, von denen jedoch ver-
152
1 Einführung in Polymer Engineering
Tabelle 1-25. Heizwerte verschiedener Materialien Material
Heizwert Hu [MJ/kg]
PP (unverstärkt) PE (unverstärkt) PS PVC glasmattenverstärkte Thermoplaste Duroplaste (allgemein) SMC/BMC (UP-GF) Erd-/Heizöl Steinkohle Holz Papier Hausmüll
44 43,3 40 18–26 30 20 10–12 42 29–30 15–17 13–15 8,5
gleichsweise wenige in Pilot- bzw. Produktionsanlagen umgesetzt wurden. Neben der technischen Eignung von Verfahren sind vor allem die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen entscheidend für den Aufbau und Betrieb eines Verfahrens der Kreislaufwirtschaft. In Bereichen, die von vorneherein direkte (vor allem wirtschaftliche) Vorteile generieren, wie dies z. B. beim werkstofflichen Produktionsabfallrecycling meist der Fall ist, wurden und werden solche Verfahren schnell umgesetzt und dauerhaft betrieben. Zusätzliche Schritte zur Kreislaufschließung wurden lange Zeit unter Betonung der ökologischen Dimension der Nachhaltigkeit politisch gefördert. Hier zeichnet sich derzeit ab, dass eine Neubewertung der Aspekte der Nachhaltigkeit stattfinden könnte: Insbesondere der ökonomische Nachhaltigkeitsaspekt gewinnt in der politischen Diskussion zunehmend an Bedeutung. Es kann erwartet werden, dass „Insellösungen“ für kleine Materialströme aus einzelnen Anwendungen zukünftig kaum noch realisiert werden, sofern kein ausreichendes gesellschaftliches Interesse daran besteht. Stattdessen werden große, gleichartige Materialströme aus verschiedensten Anwendungsbereichen zusammengefasst und durch kostengünstige Verfahren (z. B. Hochöfen, Vergasungs- oder Verbrennungsanlagen) mit hinreichender Kapazität und unter Einhaltung ökologischer Rahmenbedingungen verwertet oder beseitigt werden.
1.5.2 Umweltbewertung und -bilanzierung von Kunststoffen Marc-Andree Wolf Im Zusammenhang mit dem Begriff „Bilanz“ wird man zuerst an die Betriebswirtschaftslehre und z. B. der Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben, Soll und Ist oder von Kosten und Nutzen denken. Bilanzen dienen so als Entscheidungsgrundlage und Steuerungsinstrument und sind in der Regel aufwands- bzw. kostenorientiert. Werkstoff-, Prozess- und Produkt-Entschei-
1.5 Kunststoffe und Bauteile – Umwelt und Recycling
153
dungen wurden in der Vergangenheit vornehmlich unter technischen und wirtschaftlichen Aspekten getroffen. Die ökologischen Gesichtspunkte konnten nur punktuell integriert werden. In dem Instrument der Ökobilanzierung (auch Lebenswegbilanzierung; engl. Life Cycle Assessment (LCA)) und ihrer Erweiterung zur Ganzheitlichen Bilanzierung (engl. Life Cycle Engineering (LCE)) liegen inzwischen leistungsstarke und praxiserprobte sowie in der ISO 14040 ff normierte Werkzeuge für diese Aufgabe vor. Ein weiterer Vorteil ist, dass diese Methode unabhängig von bestimmten Werkstoffen oder Produkten angewendet werden kann und damit Vergleiche und Produktverbesserungen auch konkurrierender Werkstoffe (z. B. Kunststoffe vs. Metalle; nachwachsende Rohstoffe vs. fossile usw.) oder Technologien erlaubt. Professionelle SoftwareWerkzeuge mit umfangreichen Hintergrunddatenbanken sind in den letzten 15 Jahren immer weiter entwickelt worden und erlauben die effiziente Durchführung von Studien auch in der Produkt- und Verfahrensentwicklung im industriellen Kontext ebenso wie Detailanalysen in der wissenschaftlichen Forschung.
1.5.2.1 Ganzheitliche Bilanzierung Für ein nachhaltiges Wirtschaften (sustainable development) ist es wichtig, u. a. auch ökologische Entscheidungen zu treffen, ohne dabei die Wertschöpfung oder die Anforderungen an das Erwirtschaftete zu vernachlässigen. Die Anforderungen an das erwirtschaftete Gut können dabei technischer oder auch sozioökonomischer Natur sein. Ein ganzheitlicher Ansatz hat demnach das Ziel, Entscheidungen zu unterstützen bzw. Lösungswege aufzuzeigen, die technisch realisierbar, ökologisch
Bild 1-71. Systematik der Ganzheitlichen Bilanzierung
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1 Einführung in Polymer Engineering
und gesellschaftlich vertretbar und ökonomisch sinnvoll sind. Bei der Identifikation eines Gesamt-Optimums muss man sich der Wechselwirkungen zwischen Ökologie, Ökonomie und Technik ständig bewusst sein. Eine ökologische Optimierung darf beispielsweise nicht dazu führen, dass technische Mindestanforderungen nicht eingehalten werden oder das Gesamtobjekt nicht mehr finanzierbar ist. Die Ganzheitliche Bilanzierung (GaBi) ist als Verknüpfung der drei Dimensionen Technik, Wirtschaft und Umwelt zu sehen, Bild 1-71. Sie ist eine Methode zur Erhebung, Dokumentation und Aufbereitung umweltlicher Parameter von Produkten,Verfahren, Systemen oder Dienstleistungen auf der Basis technischer und wirtschaftlicher Pflichtenhefte [7]. Die ökologischen Betrachtungen innerhalb dieses Spannungsfeldes entsprechen der Ökobilanz, die daher als Teilbereich der Ganzheitlichen Bilanzierung betrachtet werden kann. Prinzipiell beruht das Konzept einer Ökobilanz auf folgenden Grundgedanken:
• • •
Betrachtung des gesamten Lebenszyklus von der Rohstoffgewinnung und Aufarbeitung, der Herstellung und Nutzung bis hin zu Recycling und Entsorgung. Erfassung aller mit dem Lebenszyklus verbundenen Beeinflussungen der Umwelt wie Emissionen in Luft, Wasser und Boden, Abfälle, Rohstoffverbrauch, Naturrauminanspruchnahme. Zusammenfassung der Umweltbelastungen hinsichtlich möglicher Wirkungen und Bewertung mit dem Ziel, umweltorientierte Entscheidungen zu treffen.
Einige Vorgehensweisen bei der Erstellung von Ökobilanzen sind international in der Normenreihe DIN/ISO 14040 ff. festgelegt. Näher spezifizierte, empfohlene Vorgehensweisen sowie Referenzdaten werden durch die Europäische Kommission in ihrer „European Platform on Life Cycle Assessment“ erarbeitet [8].
Literatur Kapitel 1.5 [1] Braunmiller U, Eyerer P, Hirth Th, Woidasky J (Hrsg) (1998) Kreislaufgerechte Verbundwerkstoffbauteile. ICT, Pfinztal, S 1 [2] VDI-Gesellschaft Entwicklung Konstruktion Vertrieb (Hrsg) (2000) Konstruieren recyclinggerechter technischer Produkte, Grundlagen und Gestaltungsregeln. VDI-Richtlinie 2243, Düsseldorf [3] Thomé-Kozmiensky KJ (Hrsg) (1994) Thermische Abfallbehandlung. EF-Verlag, Berlin [4] Christmann A, Keldenich K Verbrennung. In: Tiltmann KO (Hrsg) Recyclingpraxis Kunststoffe. Loseblattsammlung, Verlag TÜV Rheinland, Köln [5] Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie NRW, Initiativkreis Ruhrgebiet (Hrsg) (1994) ARiV III: Automobil-Recycling im Verbund. Bericht, Vertrieb durch Fa. OrgConsult, Essen [6] Geiger T, Knopf H, Leistner G, Römer R, Seifert H (1993) Rohstoff-Recycling und EnergieGewinnung von Kunststoffabfällen. In: Chem.-Ing.-Tech. 65, Nr. 6, S 703–709 [7] Eyerer P (Hrsg) (1996) Ganzheitliche Bilanzierung. Springer Verlag, Berlin [8] Internetseite der ,,European Platform on Life Cycle Assessment“ der europäischen Kommission, DG Joint Research Centre, http://lca.eu.europa.eu
1.5 Kunststoffe und Bauteile – Umwelt und Recycling
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Weiterführende Literatur zu Kapitel 1.5 Association of Plastic Manufacturers in Europe APME (Hrsg) (2001) Biodegradable Plastics – Position. Brüssel Baitz M (2002) Die Bedeutung der funktionsbasierten Charakterisierung von Flächen-Inanspruchnahmen in industriellen Prozesskettenanalysen – ein Beitrag zur Ganzheitlichen Bilanzierung. Dissertation, Universität Stuttgart, Shaker Verlag Bandrup J, Bittner M, Michaeli W (2001) Die Wiederverwertung von Kunststoffen. Hanser Fachbuch, 973 S Bledzki AK, Goracy K (1993) Verwertung von Duroplasten. In: Sutter H (Hrsg) Erfassung und Verwertung von Kunststoff. EF-Verlag, Berlin, S 177–185 Bledzki AK, Kurek K, Barth C(1992) Eigenschaften von SMC mit Regenerat. Kunststoffe 82(1992)11, S 1093–1096 Dekorsy T (1993) Ganzheitliche Bilanzierung als Instrument zur bauteilspezifischen Werkstoffund Verfahrensauswahl. Dissertation, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde, Universität Stuttgart Bohnacker J (1998) Einfluß von Recyclingverfahren auf die umweltliche Produktbilanz. Shaker Verlag Eyerer P, Hirth Th, Elsner P (Hrsg) (2007) Polymer-Engineering. Springer Verlag, Berlin Eyerer P, Reinhardt HW (Hrsg) (2000) Ökologische Bilanzierung von Baustoffen und Gebäuden. Birkhäuser, Basel Faltenbacher M (2006) Modell zur ökologisch-technischen Lebenszyklusanalyse von Nahverkehrsbussystemen. Dissertation, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde, Universität Stuttgart Müller H, Haberstroh E (1986) Verwendung von Kunststoff im Automobil und Wiederverwertungsmöglichkeiten. In: Forschungsvereinigung Automobiltechnik (FAT), Umweltbundesamt (UBA), Verband kunststofferzeugende Industrie (VKE) (Hrsg) FAT-Schriftenreihe Nr. 52, Frankfurt/Main Franzeck J (1997) Methodik der Lebenszyklusanalyse und –planung (Life Cycle Costing) für die Entwicklung technischer Produktsysteme unter Berücksichtigung umweltlicher Effekte. Dissertation, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde, Universität Stuttgart Gabriel R (2003) Optimierung der Metallzerspanung am Beispiel unterschiedlicher Schmierkonzepte – ein Beitrag zur Ganzheitlichen Bilanzierung. Dissertation, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde, Universität Stuttgart Gediga J (2001) Methode der standort-spezifischen Wirkungsanalyse anhand von SO2-Emmissionen – ein Beitrag zur Ganzheitlichen Bilanzierung. Dissertation, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde, Universität Stuttgart, Shaker Verlag Harsch M (1998) Modellierung und Optimierung verfahrenstechnischer Prozesse in der Lackiertechnik. Dissertation, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde, Universität Stuttgart, Shaker Verlag Herrmann C (2004) Ökologische und ökonomische Bewertung des Materialrecyclings komplexer Abfallströme am Beispiel von Elektronikschrott – eine Erweiterung zur Ganzheitlichen Bilanzierung. Dissertation, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde, Universität Stuttgart, Shaker Verlag Kaminsky W, Sinn H (1990) Verwertung von polymeren Abfallstoffen durch Pyrolyse. In: Nachr. Chem. Tech. Lab. 38(1990)3, S 333 - 338 Kaminsky W (1993) Pyrolyse von Kunststoffen in der Wirbelschicht. In: Sutter H (Hrsg) Erfassung und Verwertung von Kunststoffen. EF-Verlag, Berlin, S 187–201 Käufer H, Thiele A(1993) Geschlossene Materialkreisläufe für Kunststoffe durch Wiederverwertung von Abfall. In: Spektrum der Wissenschaft, 12/1993, S 102–106 Korff J, Keim KH (1989) Hydrierung von synthetisch organischen Abfällen. In: Erdöl Erdgas Kohle 105(1989)5, S 223–226
156
1 Einführung in Polymer Engineering
Kupfer T (2005) Prognose von Umweltauswirkungen bei der Entwicklung chemischer Anlagen – Ein Beitrag zur Ganzheitlichen Bilanzierung, Dissertation, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde, Universität Stuttgart Nickel W (Hrsg) (1996) Recycling-Handbuch: Strategien - Technologien - Produkte.VDI Verlag GmbH, Düsseldorf Pfleiderer I (1998) Modellbildung zur computergestützten Ganzheitlichen Bilanzierung und Bewertung von Produktlebenswegen. Dissertation, Universität Stuttgart, Shaker Verlag Pickering S, Benson M (1993) Recovery of Material and Energy from Thermosetting Plastics. In: Neitzel M, Lambert JC, Menges G, Kelly A (Hrsg): ECCM Recycling Concepts and Procedures. Tagungsband, European Association for Composite Materials, September 22. – 23. 1993, Bordeaux/France, Cambridge, 1993, S 41–46 Schuckert M (1996) Ganzheiltiche Bilanzierung – vom Bauteil zum System am Beispiel von Verkehrsträgern. Dissertation, Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde, Universität Stuttgart Thiele A (1994) Materialrecycling von Thermoplasten über Lösen. Schriftenreihe Kunststoff + Recycling, Käufer H (Hrsg), Band 10, Berlin Wanjek H, Stabel U (1994) Rohstoffrecycling – die Verfahrenstechnik. In: Kunststoffe 84(1994)2, S 109–112 Volz T (1999) Integration systematischer Analyse und Prognose in die Ganzheitliche Bilanzierung – Instrumentarium zur rechnergestützten Modellierung. Dissertation, Universität Stuttgart, Shaker Verlag
1.6 Ausblick zu Polymer Engineering (ausführliche Version siehe [1])
1.6.1 Werkstoffherstellung, Synthese Die Tendenz der vergangenen Jahrzehnte setzt sich angesichts der Auflösungserscheinungen der Kunststoffchemie in Zukunft fort: Neue Kunststoffe werden kaum noch synthetisiert. Sofern große Absatzmengen locken, wird es höchstens Mischungen aus bekannten Polymeren (Copolymerisationen, Blending) geben. Neue Katalysatorsysteme, wie etwa die Metallocen-Technologie, auch deren Weiterentwicklung, sind zu erwarten. Mittelfristig wird es mehr Polymerisationen in Wasser und in Masse oder längerfristig auch in supercritical fluids (SCF) anstelle in Lösemittel geben. Eine Reduktion von Rückständen des Monomers, Lösemittels und Zusätzen wie Emulgatoren wird das Ziel sein, sofern die Synthesekosten dabei auch gesenkt werden. Dies geschieht ohnehin permanent durch Verfahrensanalysen. Insgesamt wird die Reduktion von Nebenprodukten (100 Prozent Umsatz) oder deren Verwertung ein Entwicklungsthema sein. So werden Rezepturen für Polymere angestrebt, die migrationsfreie, halogenfreie und wieder verwertbare Produkte (schwermetallfreie Additive) liefern. Ein absehbarer großer Schritt in Richtung der Synthese von biobasierten Polymeren – weg vom Erdöl hin zu Zucker, Cellulose, Stärke, Ölen und Fetten oder Lignin als Rohstoff – wird die Polymerchemie verändern.
1.6 Ausblick zu Polymer Engineering
157
Langfaser-, gewebe-, gestrickverstärkte oder örtlich hybridfaserverstärkte Thermoplaste werden in Richtung Großserie und Strukturbauteile Boden gewinnen. Nanocomposites und Nanopartikel ergänzen hier in Richtung höhere Festigkeit, Steifigkeit, Leitfähigkeit u. a. auch bei transparenten Kunststoffen.
1.6.2 Werkstoffeigenschaften Die Vision der variabel, im Betrieb über Sensoren einstellbaren Eigenschaften von Kunststoffen wird mittel- bis langfristig immer mehr Realität werden. Funktions-, Struktur- und Gradientenwerkstoffe im Polymer Engineering verbreitern ihre Anwendungen. Weitere Entwicklungen, insbesondere im automobilen Umfeld, zielen auf
• • • • • • • • • • • • •
biobasierten Kunststoffalternativen zur petrobasierten Kunststoff-Gegenwart höhere Energieaufnahmevermögen in der Kälte schadenstolerante Werkstoffe verbessertes Brandverhalten (Toxizität, Rauchgase) umweltgerechtere Schäumsysteme Kombination von Werkstoffen (Hybridsysteme) hohe örtliche elektrische Leitfähigkeit emissionsfreie Kunststoffe kratzfest beschichtete Kunststoffscheiben polymere LED flächige Leuchtdioden zur Illumination Flüssigkristall-Bildschirm-Anwendungen Eigenschaftsverbesserungen durch Nanopartikel und Nanocomposites, die gesundheitlich unbedenklich sind
1.6.3 Verarbeitung, Verfahrenstechnik Der Trend zur Kombination von verschiedenen Verarbeitungstechniken mit Integration von Funktionen in Kunststoff- oder Hybridbauteile wird sich dynamisch aus Kostengründen fortsetzen. Die großserienfähige Verarbeitung von thermoplastischen langfaserverstärkten Verbundwerkstoffen mit örtlicher Gewebe- oder Kohlenstofffaserverstärkung wird sich kurzfristig auch in laufende Serien eindrängen. Eine kostengünstigere, qualitätssicherere Duroplastverarbeitung (SMC) ist in drei Jahren zu erwarten. Andere reaktive Verarbeitungen wie Polyamid aus Caprolactam, PUR-RIM/RRIM und SRIM10, RTM und TRTM11 sowie Extrusion lassen deutliche Fortschritte erwarten. 10 11
PUR-RIM/RRIM…Polyurethan-Reaction Injection Molding/Reinforced RIM SRIM…Polyurethan-Reaction Injection Molding/Structural RIM RTM…Resin Transfer Molding (mit Duroplasten) TRTM…Thermoplastic RTM
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1 Einführung in Polymer Engineering
Darüber hinaus werden integrierte Prozesse (Reaktion+Compoundierung+Formgebung), die auf der Kombination verschiedener Verfahrensschritte basieren, zunehmend an Bedeutung gewinnen, beispielsweise [2], da dadurch ein mehrfaches Erwärmen und Abkühlen von Kunststoffen wegfällt. Die Bedeutung der Mikrowellentechnik beim Trocknen, Schweißen, Kleben, Erwärmen/Schmelzen, einschließlich der Plasmatechnik zum Reinigen und Beschichten wird stark ansteigen, weil Vorteile in Funktionen, Kosten und Umwelt erkannt werden.
1.6.4 Werkzeugtechnik Werkzeugfallende Produkte und Komponenten (Integration von Produktionsfolgeschritten in das Ur- oder Umformwerkzeug) wie Instrumententafel, Scheinwerfer, Türkonzepte, Stoßfänger u. a. werden von der Vision zur Kleinserie und später zur Großserie gelangen. Dazu gehören nacharbeitsfreie Werkzeugsysteme einschließlich der praxisnahen Vorhersage des Formfüllvorganges für neu entwickelte (kombinierte) Verarbeitungstechniken.
1.6.5 Konstruktion, Berechnung Dimensionier- und Konstruktionsmethoden innerhalb des Simultaneous Engineering werden weiter verfeinert. Beispielsweise wird die Berechnung von Schwindung und Verzug bei (lang)faserverstärkten Kunststoffen erarbeitet und dem Verarbeiter und den Bauteilentwicklern angeboten werden. Das Gleiche gilt für die bessere Berücksichtigung des anisotropen und viskoelastischen Werkstoffverhaltens. Die Erstellung und Erweiterung von FE-Modellen für die Berechnung (mit rationellem Übergang von CAD zu FE-Modellen) werden die Folge sein, einschließlich computerunterstützter Suche nach masseoptimierten Konstruktionen bei Vorgabe von Konstruktionsvariablen. Die Miniaturisierung und Modulbauweise von Komponenten schreitet voran bei Wanddickenreduktion, Geräuschdämmung und lösbaren Verbindungen. Die Vorausberechnung des akustischen Verhaltens von Formteilen und Komponenten wird Standard werden. Kostengünstige Montage und Verbindungstechnik bleibt eine Dauerforderung. Rapid Prototyping (seriengleich Funktionsteile) und Rapid Tooling gewinnen weiter an Bedeutung. Folgende Forderungen des Kunden bestimmen beim Automobil die kommenden Jahre:
•
Leichtbau (Verbrauch geht in Richtung 3 l/100 km) dadurch – mehr Kunststoffanwendungen im Motorbereich, Antriebsstrang, Fahrwerk – Dachmodule – Unterbodenmodule mit thermischem Schutz – Kabelbäume durch Bordnetze ersetzen (drive by wire)
1.6 Ausblick zu Polymer Engineering
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159
– modularisierte Komponenten bei Aggregaten im Motor und Reduktion von Schnittstellen – Hybridbauweisen aus Metallen und Kunststoffen/Faserverbundwerkstoffen verbesserte Crash-Sicherheit (wie bei Formel 1) bessere Rundumsicht Rundumverglasung aus Polymeren integrierte Nutzungsvariationen z. B. Cabrio im Sommer, Limousine im Winter Schutz vor Vandalismus Kunststoff-Brennstoffzelle Ganzheitliches Kostenbewußtsein bei Entwicklern, Fertigung, Logistikern und Einkäufern führt verstärkt zu nicht mehr demontierbaren Aggregaten, z. B. Ölwanne, Hinterachsgetriebe u. a. Fügetechniken zwischen Kunststoff und Metall gewinnen enorm an Bedeutung
1.6.6 Oberflächentechnik Wirtschaftlichere und umweltgerechtere Oberflächentechniken wie beispielsweise durchgefärbte Produkte, hinterspritzte bzw. -prägte Folien (polierbar im Außenbereich) werden in die Großserie einziehen. Die überzogenen Ansprüche an Class-A-Oberflächen wird der Kunde nicht mehr bezahlen wollen. Die Integration des Lackierprozesses in das Werkzeugsystem trifft das Kostenbewusstsein vieler Verbraucher. Visionen bleiben:
• • • • •
Folien ersetzen lackierte Flächen selbst reinigende Oberflächen über Sensoren gesteuerte variable Farbanpassung der Außenhaut an die Umgebung (helle Farben in der Dämmerung, reflektierende Folien in der Nacht, grelle Elemente bei drohendem Unfall) selbst heilende Oberflächen Integration von Solarzellen in die Außenhaut, bevorzugt von Bussen, Lkw (Windabweiser, Anhänger-Dach u. ä.)
1.6.7 Qualitätsmanagement In-line-Prüftechniken (bevorzugt zerstörungsfrei) während der Synthese und vor allem der Verarbeitung werden eine Null-Fehler-Qualität garantieren und Serienstreuungen extrem einengen (durch noch intelligentere Steuer- und Regelsysteme während des Verarbeitungs- und Montageprozesses). Vor allem werden dadurch teuere Rückrufaktionen deutlich minimiert und Reparaturkosten gedrückt. Die Lebensdauer von Produkten wird besser vorhersagbar.
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1 Einführung in Polymer Engineering
Der Einsatz von Faserverbundstrukturen in der tragenden Struktur von Automobilen (Leichtbau) bedingt einfache, praxistaugliche zerstörungsfreie Prüfmethodiken für Reparaturbetriebe. Hier besteht noch großer Forschungsbedarf. Reduzierte Demontierbarkeit von Aggregaten verschärft die Forderung nach Null-Fehler-Qualität.
1.6.8 Serienfertigung Serienanläufe sind seit Jahrzehnten schon immer die Stunde der Wahrheit. Zeit und Kosten sind jedoch in jüngster Vergangenheit wettbewerbsentscheidene Faktoren geworden. Daher ist Simultaneous Engineering zur Verkürzung der Entwicklungszeiten und für reduzierte Anlaufkosten immer wichtiger. Selbststeuernde Gruppen sind und bleiben ein wichtiges Führungs- und Organisationsprinzip. Vorgeben von Zielen und weitgehende Delegation des Zielweges bei strikter Selbstkontrolle sind Eckpunkte darin. Die Erkenntnis, wonach alle möglichen Fehler in der Serienmontage von Werkern auch real gemacht werden, erfordert Produktionsabläufe, die fehlerlos zu bewältigen sind. Produktionsintegrierter Umweltschutz bei höchster Prozesssicherheit im Hinblick auf Produkt und Mensch bleibt höchstes Niveau in Deutschland. Die Rationalisierung neuer und alter Techniken war und bleibt im globalen Wettbewerb überlebensnotwendig.
1.6.9 Umweltaspekte, Recycling, Entsorgung Als Schwachstellenanalyse während der Produktentwicklung hat sich die Ganzheitliche Bilanzierung (technisch, wirtschaftlich, umweltlich) in vielen Konzernen durchgesetzt. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind noch zu gewinnen. Kosten und Handhabbarkeit des Instrumentariums Ganzheitliche Bilanzierung sind dazu weiter zu senken und zu verbessern. Risikomanagement, wirtschaftliche Fragestellungen, vor allem Kosten, sowie soziale Aspekte werden integriert. Produktentwicklung muss sich noch mehr um die Reduktion von Logistik und damit von Mengenströmen kümmern. Ein wirtschaftliches Stoff-Recycling ist bei hohem Rohölpreis vorstellbar. Die Beherrschung kritischer Schadstoffe insbesondere bei der energetischen Verwertung und Beseitigung (Additive, Stäube, Emissionen) ist weiter zu optimieren. Werkstoffe und Verfahren sind zukünftig stärker im Zusammenhang mit einer weltweiten nachhaltigen Entwicklung zu sehen.
1.6 Ausblick zu Polymer Engineering
161
1.6.10 Ausbildung Ein Ausblick über Polymer Engineering wäre ohne Reflexionen zur Ausbildung höchst unvollständig. Daher hierzu einige knappe Informationen. Eine Studie der Technischen Akademie Baden-Württemberg [3] [4] ergab verkürzt bei einer Umfrage unter Ingenieuren im Beruf als Antworten auf die Frage „Wie beurteilen Sie rückblickend die Qualität Ihrer Ausbildung?“:
Um diesen Nachteilen entgegenzuwirken integriert TheoPrax ® [5] [6] seit 1996 Projekte aus der Wirtschaft in die Lehre an Schulen und Hochschulen und betreibt Lehrerfortbildungen [7].
Literatur – Kapitel 1.6 [1] Eyerer P, Hirth Th, Elsner P (Hrsg) (2007) Polymer-Engineering. Springer Verlag, Berlin [2] Anderl J (2007) Integrierte Stanz-, Umform- und Umspritztechnik bei hybriden Bauteilen – vom Blechstreifen und Granulathorn in einem Schritt zum fertigen Bauteil.Vortrag 14./15. 2. 2007, Spritzgießen 2007, VDI Kunststofftechnik, Baden-Baden [3] Pfenning U, Renn O (2001) Berufserfahrungen von Ingenieuren. Kurzbericht zu den Ergebnissen der Umfrage. Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg, Stuttgart [4] Renn O, Pfenning U et al. (2002) Strategien zur Vermeidung eines Mangels an Naturwissenschaftlern und Ingenieuren. Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg, Stuttgart [5] Eyerer P (2000) TheoPrax – Bausteine für Lernende Organisationen. Projektarbeit in Ausund Weiterbildung. Klett-Cotta, Stuttgart [6] www.theo-prax.de [7] Krause D (2002) Lehreraus- und -weiterbildung – Projektarbeit lernen durch Selbsterleben. Vortrag 5. TheoPrax-Tag am Fraunhofer ICT, Pfinztal
Weiterführende Literatur zu Kapitel 1.6 Delphi II (1996) Umfrage zur Entwicklung von Wissenschaft und Technik. Fraunhofer ISI, Karlsruhe Lande S (2003) Trends in hybrid metallic, polymer and composite automotive structures. Faraday Advance, Yarnton, UK Feldmann J (2003) Kunststoff: Werkstoff und Wirtschaft im Wandel. Vortrag in Freiburg, BASF, Ludwigshafen Kunststoffe Automotive 3/2004. Hanser, München Reinecke (2003) Automobilanwendungen von übermorgen. Kunststoffe 93(2003)8, S 64–66 Schirrmeister E,Warneke P,Wengel J (2003) Techniken im Trend – Stand und Dynamik der Einführung innovative Produktionstechniken. Fraunhofer ISI Mitteilungen 31, Karlsruhe Wagner G (2004) Polymere als Objekt der Materialwissenschaft und Grundlage neuer Technologien. In: Festschrift zur Ehrenpromotion von G. Wagner. Friedrich-Alexander-Universität, Erlangen
Synthetische Kunststoffe
Nach dem einleitenden Überblick über das Sortiment der anwendungstechnisch und wirtschaftlich wichtigen Kunststoffe, ihrer Ausgangsprodukte, typischen Eigenschaften und Verarbeitung, werden in den folgenden Kapiteln die einzelnen Kunststoffsorten anhand der jeweils charakteristischen Typen vorgestellt. Wie Bild 1-4 zeigt, steht von diesen – gemessen an seiner Produktionsmenge – als bedeutendster, synthetisch hergestellter Thermoplast, das zu den Polyolefinen zählende Polyethylen an erster Stelle.
2.1 Thermoplastische Polymere
Polyolefine (PO)
KAPITEL 2
Polyolefine (PO)
2.1.1 Polyolefine (PO)
2.1.1.1 2.1.1.1.1 2.1.1.1.2 2.1.1.1.3 2.1.1.1.4 2.1.1.1.4.1 2.1.1.1.4.2 2.1.1.1.4.2.1 2.1.1.1.4.2.2 2.1.1.1.4.3 2.1.1.1.4.4 2.1.1.1.4.5 2.1.1.1.4.5.1 2.1.1.1.4.5.2 2.1.1.1.4.5.3 2.1.1.1.4.5.4 2.1.1.1.4.5.5 2.1.1.1.4.5.6 2.1.1.1.4.6 2.1.1.1.5
Polyethylen (PE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . PE-LD und PE-HD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . PE-LLD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . PE-UHMW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polyethylen-Modifikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vernetztes Polyethylen (PEX) . . . . . . . . . . . . . . . . . Chlorierte Polyolefine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chloriertes Polyethylen (PE-C) (thermoplastisches Elastomer) Vernetzte chlorierte Polyolefine (PE-CX) . . . . . . . . . . . Sulfochloriertes Polyethylen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Phosphorylierung, Sulfophosphorylierung, Sulfierung, Oxidation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Copolymere des Ethylens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ethylen/Vinylacetat-Copolymere (EVAC) . . . . . . . . . . . Ethylen/Vinylalkohol-Copolymere (EVOH) . . . . . . . . . . Ethylen/Ethylacrylat-Copolymere (EEAK) . . . . . . . . . . . Ethylen/Methacrylat-Copolymere (EMA) . . . . . . . . . . . Ethylen/Acrylsäure-Copolymere (EAA) . . . . . . . . . . . . Ethylen/Butylarcrylat-Copolymere (EBA) . . . . . . . . . . . Abbaubare Polyethylene und andere Kunststoffe . . . . . . . Literatur – Kapitel 2.1.1.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
233 234 234 239 240 242 243 244 245 246
2.1.1.2 2.1.1.2.1 2.1.1.2.1.1 2.1.1.2.1.2 2.1.1.2.1.3 2.1.1.2.2 2.1.1.2.2.1 2.1.1.2.2.2 2.1.1.2.2.3 2.1.1.2.3 2.1.1.2.3.1 2.1.1.2.3.2 2.1.1.2.3.3 2.1.1.2.3.4
Polypropylen (PP) . . . . . . . . . . . . . . . Synthese und Compoundierung . . . . . . . . Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Struktur und Morphologie . . . . . . . . . . . Compound und Blend . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . Thermo-Mechanische Eigenschaften . . . . . Beständigkeit und Sperrfähigkeit . . . . . . . Elektrische, optische, akustische Eigenschaften Verarbeitung und Anwendung . . . . . . . . . Urformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Veredelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
247 248 248 250 256 261 261 272 273 274 275 278 278 279
. . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . .
167 173 209 218 224 224 228 228 232 233
Polyolefine (PO)
166
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
2.1.1.2.4 2.1.1.2.5 2.1.1.2.6
Gesundheit und Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 Literatur – Kapitel 2.1.1.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286
2.1.1.3
Polybuten-1 (PB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289
2.1.1.4
Polyisobutylen (PIB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296
2.1.1.5
Poly-4-methylpenten-1 (PMP) . . . . . . . . . . . . . . . . . 299
2.1.1.6
Andere aliphatische Polyolefine . . . . . . . . . . . . . . . . 303
2.1.1.7
Ionomere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304
2.1.1.8
Cycloolefinpolymere (COC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308
2.1.1.9
Verbundwerkstoffe auf Basis Kohlenstoff-Poyolefine Literatur – Kapitel 2.1.1.3–2.1.1.9
. . . . . 314
. . . . . . . . . . . . . . . . 315
Die Geschichte der Polyolefine begann am 27. März 1933 in den Laboratorien der ICI, als R. O. Gibson bei einer mit Ethylen und Benzaldehyd durchgeführten Reaktion (170 °C, 1400 bar) auf der Innenwandung des Autoklaven einen weißen, wachsartigen Belag entdeckte, der sich als Polyethylen erwies. Nach vielen Fehlschlägen führte erst im Dezember 1935 ein Versuch – und zwar nur dank eines undicht gewordenen Autoklaven – zur Gewinnung von 8 g Polyethylen. Die entwichene Ethylenmenge wurde durch frisches Ethylen ersetzt, das zufällig die zur Auslösung der Polymerisation richtige Sauerstoffmenge enthielt. Am 3. September 1939 lief eine 200-t/a-Anlage zur Herstellung von Hochdruckpolyethylen (PE-HD) an. Die ersten Anwendungen fand dieses PE als Isolationswerkstoff in der Radartechnik. Wenige Jahre danach erzielte die inzwischen weltweit betriebene Polyolefinchemie neue bahnbrechende Erfolge. Der Phillips Petroleum Comp., der Standard Oil of Indiana und K. Ziegler vom Max-Planck-Institut für Kohleforschung in Essen-Mühlheim gelang 1953 in kurzem zeitlichen Abstand die Niederdruckpolymerisation von Ethylen. G. Natta, Mailand, fand auf der Grundlage der Zieglerschen Arbeiten Wege, auch die höheren a-Olefine zu polymerisieren und durch die Wahl spezifisch wirkender Katalysatoren und entsprechender Prozessführung die sog. stereoregulierte Polymerisation von Propylen und Buten-1 durchzuführen. ICI ergänzte im Jahre 1967 das Sortiment durch das transparente Poly-4-methylpenten-1 (PMP), das heute nur noch in Japan hergestellt wird. Im Jahre 1977 berichtete die Union Carbide Corp. (UCC), dass es ihr gelungen sei, nach ihrem für PE-HD entwickelten Gasphasen-Verfahren auch ein lineares Niederdruckpolyethylen (PE-LLD) niedriger Dichte herstellen zu können. Damit gewann eine bereits seit Mitte der 60er-Jahre – Du Pont Canada (Sclair) und 1970 (Phillips) – bekannte, jedoch wenig beachtete neue PE-Familie weltweit das Interesse von Forschung und Entwicklung.
167
2.1.1.1 Polyethylen (PE) Wie gezeigt, ist bei den Polyolefinen, insbesondere bei Polyethylen, die Vielfalt der Typen, je nach Herstellverfahren, strukturellem Aufbau und den dadurch bedingten Eigenschaften so groß, dass vor der eingehenden Behandlung zunächst ein Gesamtüberblick die Orientierung erleichtern möge. Bild 2-1 zeigt die wichtigsten Gruppen der Polyethylenreihe. Sie unterscheiden sich u. a. durch Anzahl und Länge ihrer Seitenverzweigungen. Diese wirken sich auf den möglichen Abstand der einzelnen Makromolekülketten voneinander und damit auf Kristallinität und Dichte des PE-Typs aus, Bild 2-2. Nicht alle Makromoleküle ordnen sich beim Erkalten aus der Schmelze streng linear. Zwischen den kristallinen Bereichen befinden sich „gestaltlose“ amorphe Zonen, wie Bild 2-3 zeigt [1].
■ Herstellverfahren: PE-LD Das PE niederer Dichte (PE-LD) wird nach zwei Verfahren, dem Autoklaven (ICI)und dem Röhrenreaktorverfahren (BASF) hergestellt. Diese Hochdruckverfahren arbeiten mit Drücken von 1000 bis 3000 bar und Temperaturen von 80 bis 300 °C. Als Katalysator dienen Sauerstoff oder Peroxid. Unter den gegebenen Reaktionsbedingungen entstehen verzweigte Polyethylenmoleküle mit Seitenketten unterschiedlicher Länge. Daraus resultieren Kristallinitätsgrade von 40 bis 50 % und Dichten von 0,915 bis 0,935 g/cm3.
Bild 2-1. Schematische Darstellung der unterschiedlichen Strukturen und Verzweigungen bei Polyethylen (s. a. Kapitel 1.3.1) mit Angaben zur Dichte und Schmelztemperatur (Fp)
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE)
Polyolefine (PO)
168
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-2. Kristallinität und Dichte bei Polyethylen (s. a. Kapitel 1.3.1.2)
Bild 2-3. Schematische Darstellung der Kristall-Lamellen und der amorphen Bereiche. Einzelmolekülknäuel im lamellaren Verband. Die Punkte kennzeichnen Anfang und Ende des Makromoleküls (s. a. Kapitel 1.3.1.2)
PE-LLD Zur Herstellung von PE-LLD haben sich vier Verfahren durchgesetzt [2].
• • • •
Gasphasenverfahren (z. B. Unipol der UCC) Lösungsverfahren (z. B. Dow, Du Pont) Emulsionsverfahren (slurry, z. B. Phillips, vornehmlich für PE-MD geeignet) Hochdruckverfahren (z. B. Orkem, Norsolor)
Nach allen Verfahren kann bei entsprechendem Rezept der gesamte Bereich von PE-LD, PE-LLD, PE-MD und PE-HD abgedeckt werden (Swingreaktoren), was eine optimale Anpassung an die Marktverhältnisse ermöglicht. Dabei spielen halogenfreie, trägerfixierte oder in Kohlenwasserstoffen lösliche Metallkomplexe mit einer bis zu 100fach gesteigerten Polymerisationsaktivität eine wichtige Rolle [3].
169
Um Produkte im Dichtebereich des PE-LD und PE-MD (0,917 bis 0,939 g/cm3) herzustellen, sind höhere a-Olefine als Comonomere erforderlich. Bevorzugt werden a-Olefine von C4 bis C8 bzw. deren Isomere (z. B. 4-Methylpenten-1) sowie Mischungen davon verwendet. Die Anteile betragen 5 bis 10 %. PE-HD Im Hinblick auf das Katalysatorsystem wird PE-HD bis heute vorwiegend nach zwei Verfahren hergestellt:
• •
Beim Ziegler-Verfahren dienen Titanhalogenide, Titanester und Aluminiumalkyle als Katalysator (z. B. Titantetrachlorid mit Aluminiumtriethyl als Cokatalysator). Das Phillips-Verfahren arbeitet mit einem Chromoxidkatalysator.
In allen Fällen wird – verglichen mit dem Hochdruckverfahren – bei niedrigen Drücken gearbeitet. Das Ziegler-Verfahren arbeitet bei Drücken von 1 bis 50 bar und Temperaturen von 20 bis 150 °C, das Phillips-Verfahren bei Drücken von 30 bis 40 bar und Temperaturen von 85 bis 180 °C. Verfahrenstechnisch wird nach dem Suspensions-, Lösungs-, Gasphasen- und Masseverfahren mit jeweils unterschiedlichen Drücken und Temperaturen gearbeitet. Unter diesen Bedingungen werden die Ethylenmoleküle in einer anionischen Polymerisation zu weitgehend linearen, d. h. wenig verzweigten Makromolekülen verbunden. Der niedrige Verzweigungsgrad des PE-HD führt zu einem höheren Kristallinitätsgrad (60 bis 80 %) und demgemäß zur höheren Dichte von 0,942 bis 0,965 g/cm3. PE-MD Das PE mittlerer Dichte (0,925 – 0,935 g/cm3) kann durch Mischen von PE-LD und PE-HD oder unmittelbar als ein copolymeres PE-LLD hergestellt werden (siehe oben). PE-HMW Das Niederdruckpolyethylen hoher Dichte und hoher molarer Masse wird nach dem Ziegler-, Phillips- oder dem Gasphasenverfahren hergestellt. Bei den Typen hoher Dichte handelt es sich um Homopolymere, bei mittlerer Dichte (0,942 – 0,954 g/cm3) um Copolymere mit Buten, Hexen oder Octen. PE-UHMW Dieses mit modifizierten Ziegler-Katalysatoren hergestellte PE-HD weist im Unterschied zum PE-HMW (MW 200 000 bis 500 000) eine molare Masse von 3 · 106 bis 6 · 106 (g/mol) auf (Dichte 0,93 – 0,94 g/cm3). Das bisher nur durch Preßsintern verarbeitbare Material wurde 1986 durch einen spritzgießbaren Typ (Hostalen GUR 812) ergänzt. Fortschrittliche Katalysator- und Verfahrenstechnologie Die vorgestellten Typreihen des Polyethylensortiments bilden trotz ihrer Vielfalt und Vielseitigkeit nicht den Abschluss der Polyethylenentwicklung. Die erstreb-
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE)
Polyolefine (PO)
170
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
ten Ziele sind: Weitere Verbesserungen des Eigenschaftsbildes sowie Steigerung der Produktivität und damit der Wirtschaftlichkeit. Für den Verarbeiter und Anwender der verschiedenen Polyethylene ist die Verteilung der Molmasse wichtig, Bild 2-4. PE-LD weist eine breite Verteilung auf, PE-LLD hingegen eine wesentlich engere. Die daraus resultierenden Anwen-
Bild 2-4. Schema der Molmasseverteilung bei PE-HD (s. a. Kapitel 1.3.1.2)
Bild 2-5. Viskositätsfunktionen von PE-LD und PE-LLD (s. a. Kapitel 1.4.2.1)
171
dungsgebiete sind in Bild 2-4 hervorgehoben. Die enge Verteilung und die fehlenden Langkettenverzweigungen bei PE-LLD erschweren die Verarbeitbarkeit, wie die Viskositätsfunktionen in Bild 2-5 zeigen. Während sich die Entwicklung bei PE-LD vorwiegend auf das Optimieren der Wirtschaftlichkeit der Herstellung, das Anheben der Dichte sowie das Erhöhen der Kälteschlagzähigkeit durch Copolymerisieren mit Vinylacetat (EVA) erstreckt, wird bei PE-LLD, wie im Übrigen auch bei PE-HD, die Herstellung sogenannter bimodaler Typen, d. h. PESpecies mit zwei gegeneinander versetzten Molmasseverteilungskurven, aktuell, Bild 2-6. Diese Produkte führten bei PE-LLD zu gut verarbeitbaren, hochzähen Folien und bei PE-HD zu Rohren mit entsprechendem thermo-mechanischem Verhalten [4, 5]. Inzwischen eröffnen die in langjähriger Forschungsarbeit entwickelten Metallocen-Katalysatoren neue Perspektiven für Polyethylen (und nicht minder auch für Polypropylen). Die neuen Produkte können in vorhandenen Anlagen hergestellt werden. Die wichtigsten Metallocen-Katalysatoren für Polyolefine sind in Bild 2-7 zusammengestellt. Sie besitzen nur ein einziges aktives Zentrum – ein wesentlicher Unterschied zu den Ziegler-Natta (Z/N)-Katalysatoren, Bild 2-8. Der gebräuchlichste Katalysator für Ethylen besteht aus einem zwischen zwei Cyclopentadienylringen gelagerten Zirkon-Atom,das zunächst zwei Chloratome als Liganden bindet.Durch Reaktion mit dem Cokatalysator Methylalumoxan (MAO) entstehen hocheffiziente, stereoselektive Katalysatorsysteme. Die verbrückten Systeme (Mitte) werden für die stereoselektive Polymerisation von Propen eingesetzt. Das System rechts mit dem unteren Katalysator führt zur „Insite“ Technologie der Dow Chemical [6]. Die Wirkungsweise der Z/N- und der Metallocen-Katalysatoren zeigt Bild 2-9 am Beispiel zweier PE-LLD (Hexen-)-Copolymere. Der Einsatz dieser Katalysatoren geht einher mit großen Veränderungen auf dem Polyolefinmarkt [7].
Bild 2-6. Bimodale Molmassenverteilung spezieller PE-HD-Produkte (steif und zäh)
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE)
Polyolefine (PO)
172
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-7. Struktur der wichtigsten Metallocen-Katalysatoren (s. a. Kapitel 1.2.3.1.1)
Bild 2-8. Eigenschaften von Einzentren- und Mehrzentren-Katalysatoren
Bild 2-9. Verteilung von Molmasse und Verzweigungsgrad mit Z/N- bzw. Metallocen-Katalysatoren hergestellter PE-LLD-Typen (s. a. Kapitel 1.3.1.1)
173
2.1.1.1.1 PE-LD und PE-HD ■ Allgemeine Stoffbeschreibung Die nach den genannten Verfahren als Homo- und Copolymere niederer (LD), mittlerer (MD) und höherer (HD) Dichte mit niederer, mittlerer, hoher (HMW) oder sehr hoher (UHMW) molarer Masse (MW), einer engen oder breiten Verteilung der molaren Masse herstellbaren Polyethylene beschränken sich keineswegs auf diese Typen allein. Es kommen hinzu die Polymermischungen (Polymerblends), die gefüllten, verstärkten, vernetzten, UV-beständigen, schäumbaren, antistatisch, flammwidrig, mit Antiblock- und Gleitmittel versehenen, die elektrisch leitfähigen sowie nicht zuletzt die eingefärbten Typen. Das ergibt eine nahezu unüberschaubare Vielfalt, die näher zu beschreiben ist. Zur Orientierung seien die kennzeichnenden Eigenschaften eines Standardpolyethylens vorangeschickt:
• • • • • • • •
niedrige Dichte im Vergleich mit anderen Kunststoffen, hohe Zähigkeit und Reißdehnung, sehr gute elektrische und dielektrische Eigenschaften, sehr geringe Wasseraufnahme, geringe Wasserdampfdurchlässigkeit, hohe Chemikalienbeständigkeit, die Beständigkeit gegen Spannungsrissbildung nimmt mit der molaren Masse zu, Copolymere sind beständiger als Homopolymere, gute Ver- und Bearbeitbarkeit.
■ Struktur und allgemeine Eigenschaften Wie bereits aus der Aufzählung der Herstellverfahren hervorgeht, werden die Grundeigenschaften des Polyethylens, d. h. ohne die Wirkung der möglichen Zusatzstoffe, maßgebend vom molekularen Aufbau bestimmt, und zwar von:
• • • •
Verzweigungsgrad Polymerisationsgrad – – mittlerer molarer Masse (Mw = Massemittel, Mn = Zahlenmittel) und Molmassenverteilung
Die Polyethylene sind zwar linear aufgebaut, jedoch mehr oder weniger verzweigt. Verzweigte Makromoleküle entstehen vor allem beim Hochdruck-Polymerisationsverfahren. Dabei können seitenständige Methylgruppen (etwa 20 bis 40 CH3Gruppen und 0,5 bis 5 Langkettenverzweigungen je 1000 C-Atome) auftreten. Diese Langkettenverzweigungen erreichen die Länge der Hauptkette.
■ Demgegenüber weist das PE-HD (härter als PE-LD) nach Ziegler oder Phillips nur 3 bis 5 Verzweigungen je 1000 C-Atome auf. Das PE-LLD (lineares Polyethylen niederer Dichte) ist dagegen ohne Verzweigungen. Der Verzweigungsgrad (und damit die Dichte) der Polyethylene kann gesteuert werden. Beim PE-LD geschieht dieses durch Variation der Reaktionsbedin-
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE)
Polyolefine (PO)
174
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
PE-LD (verzweigtes PE, weich)
gungen. Beim PE-HD werden Verzweigungen durch Zufügen geringer Anteile von Comonomeren, beispielsweise C4 bis C8-Olefinen bewirkt. Einen zusammenfassenden Überblick über die Abhängigkeit der kennzeichnenden Eigenschaften vom molekularen Aufbau vermittelt Tabelle 2-1 [3].
■ Zusatzstoffe Funktions-Zusatzstoffe: Antioxidantien, UV-Stabilisatoren, Antiblockmittel, Antislipmittel, Antistatika, Brandschutzmittel, Farbmittel, Treibmittel. Füllstoffe: Kreide, Talkum, Glimmer, Kaolin, Kieselsäure, Wollastonit, Aluminiumtrihydrat, Holzmehl, Schwermetallpulver, Bariumferrit. Verstärkungsstoffe: Glasfasern, Wollastonit (Tabelle 2-2. Tabelle 2-2 vermittelt einen Überblick über den Einfluss des Füllens und Verstärkens von Polyethylen niedriger und hoher Dichte sowie von Polypropylen [8]).
■ Sortiment Für die vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten dieses bedeutendsten Standardkunststoffs steht ein reichhaltiges Sortiment zur Verfügung, dessen Typen sich nach Eigenschaften und Verarbeitbarkeit voneinander unterscheiden. Dabei führt die konsequente Nutzung der erwähnten Zusatzstoffe, das Copolymerisieren von Ethylen mit anderen Monomeren oder das Mischen von Polyethylen mit meist bedingt verträglichen anderen Polymeren zu sog. Polymerblends und nicht zuletzt das Kombinieren mit anderen Werkstoffen zu leistungsfähigen Werkstoffverbunden, häufig zu neuen, bis dahin nicht genutzten oder sogar gänzlich neuen Anwendungen (Polymergemische nach DIN 16780, T. 1 (01.88)).
■ Lieferformen Polyethylen wird vorwiegend in Form von naturfarbenem oder farbigem Granulat, PE-HD seit Ende der sechziger Jahre auch als Pulver für das ExtrusionsBlasformen und das Spritzgießen geliefert. Für das Pulverschmelzen werden gemahlene PE-LD- und Copolymer-Typen angeboten.
■ Kennzeichnung Die PE-Formmassen werden – wie die meisten Standard- und technischen Kunststoffsorten – international nach dem Datenblocksystem gekennzeichnet. Als Hauptmerkmal gelten dabei für Polyethylen die „Dichte“ und die „SchmelzeFließrate MFR“, die im Fließprüfgerät bei einer Schmelzetemperatur von 190 °C und einer Gewichtsbelastung von 2,16 kg ermittelt wird (MFR 190/2,16; nach ISO 1872).
+ –: hohe bzw. niedrige Werte;
Transparenz
Chemikalien- und Lösemittel-Beständigkeit Dampf- und GasDiffusionswiderstand
Kristallit-Schmelzbereich u. Wärmeformbeständigkeit Kältebruch-Temperatur
Zug- und Biegefestigkeit Bruchdehnung Steifigkeit und Härte Schockfestigkeit Spannungsrissbeständigkeit
–/+
Kristallisationsgrad Schmelzindex Verarbeitbarkeit
쏔 –
++
0,97
+
––
stark und vielfach verzweigt 쏔 –
++
linear, ohne oder kurze Seitenketten
Gestalt der Makromoleküle
쏔
쏔
쏔 쏔
–
쏔
+
–
– – Mw / Mn
– – Mw / Mn +
weit
eng
Molmasseverteilung – – MWD = Mw / Mn
쏔
쏔
+ –– –
200000–400000
20000–60000 – ++ +
hoch
niedrig
mittlere Molmasse – Mw
in Pfeilrichtung zunehmender günstiger Einfluss; 쏔 ohne wesentlichen Einfluss.
+
0,915
Dichte g/cm3
Grenzwerte
Molekularer Aufbau
Tabelle 2-1. Molekularer Aufbau und Eigenschaften von PE [3]
2.1.1.1 Polyethylen (PE)
Polyolefine (PO)
175
– 30 75 30 40
– 30 40 30 40 40 40
Polyethylen hoher Dichte Glasfasern Kreide Holzmehl Kaolin
Polypropylen normal Kurzglasfasern Talkum Glimmer Kreide Holzmehl Wollastonit
31 49 30 30 25 20 23
27 60 20 28 26
10 16 24 16 13 10 12
620 5 11 – 180 8 7
>550 2 2,5 6 11
500 220 65 40 46 73 77
%
N/mm2
Masse-%
– 40 30 30 30 30 30
Dehnung
Zugfestigkeit
Füllstoffgehalt
Polyethylen niedriger Dichte Kreide Glasfasern Talkum Glimmer Glaskugeln < 50 µm Quarzpulver
Werkstoff
Tabelle 2-2. Einfluss von Füll- und Verstärkungsstoffen auf Polyolefine
1600 7500 3100 6900 3400 2200 7000
1400 7800 1200 2100 2000
210 900 1200 600 440 290 400
N/mm2
E-Modul
1,0 6,0 3,0 – 2,5 – –
22 6 15 – 2,5
1,7 0,2 1,6 1,1 1,2 2,6 2,5
g/10 min
Schmelzindex 190/5
62 120 95 – 73 – 85
50 108 – – –
35 – – – – – –
Wärmeformbeständigkeit (n. ISO/R75A 1,85 N/mm2) °C
75 100 83 – 63 – 88
46 68 51 – –
16 – 33 30 27 19 23
N/mm2
Kugeldruckhärte
0,90 1,20 1,21 – 1,23 – 1,24
0,95 1,16 1,31 – 1,24
0,92 1,26 1,11 1,14 1,16 1,11 1,14
g/cm3
Dichte
Polyolefine (PO) 176 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
177
■ Physikalische Eigenschaften Die Wertebereiche kennzeichnender physikalischer Eigenschaften von Polyethylen-Homo- und Copolymeren einschließlich einiger Sonderausrüstungen gibt die Tabelle 2-3 wieder, s. a. Tabelle 5-28 im Anhang (s. a. Kapitel 1.3.1.2, 1.3.3). ■ Mechanische Eigenschaften: Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit (s. a. Kapitel 1.3.2) Die Ergebnisse der mit verschiedenen Werkstoffen durchgeführten Zugversuche bei einachsiger Beanspruchung zeigt das Spannungsdehnungs-Diagramm, Bild 2-10. Daraus ergibt sich für PE-HD sowie andere zähe Werkstoffe, dass mit zunehmender Dehnung die Zugkraft ansteigt, bis die Streck- oder Fließgrenze erreicht ist. Danach nimmt die Kraft wieder ab. Der Werkstoff kann mit geringer Kraft weiter gedehnt werden. Wenn die dabei beginnende Einschnürung des Probekörpers die ganze Prüfstrecke erfasst hat, steigt die Zugkraft an, bis die Bruchdehnung erreicht ist. Beim zweiten Anstieg werden vor allem die Makromoleküle in den amorphen Bereichen des Werkstoffs orientiert (verstreckt), was zur Verfestigung führt. Dieses Verhalten wird beim monoaxialen Verstrecken von Monofilen und Folienstreifen sowie beim mono- und biaxialen Verstrecken von Folien genutzt. Je nach Reckverhältnis nimmt die Reißfestigkeit des Werkstoffs zu und die Reißdehnung ab. Die Recktemperatur liegt dicht unterhalb der Kristallit-Schmelztemperatur. Wie Bild 2-10 zeigt, beruht der Vorteil der metallischen Werkstoffe in der hohen Festigkeit und der der Kunststoffe in der hohen Reißdehnung. Wie alle Thermoplaste, so sind auch die Polyethylene viskoelastische Werkstoffe. Daraus resultiert das als Kriechen bezeichnete Verhalten, welches bereits bei Raumtemperatur und verhältnismäßig geringer Beanspruchung beginnt
Bild 2-10. Zugfestigkeitsschaubild einiger Werkstoffe (s. a. Kapitel 1.3.2.3) (Prüftemperatur 23 °C) a Stahl e PE-HD b Kupfer f Gummi c Polycarbonat g PE-LD d Polymethylmethacrylat h PVC-P
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE)
Polyolefine (PO)
Tabelle 2-3. Eigenschaftsrichtwerte für Formmassen aus Polyethylen-Homo- und Copolymeren Eigenschaften
Einheit
Polyethylen- und Ethylen-Copolymere PE-LD
PE-LLD
PE-HD
Dichte bei 23 °C Schmelzindex 190/2,16 190/5 190/21,6 Kristallit-Schmelzbereich
g/cm3 g/10 min g/10 min g/10 min °C
0,920 25–0,5 88–0,4 – 105–110
0,918–0,935 25–0,5 – – 122–124
0,954 17–0,35 60–< 0,1 – 130–135
mechanische Streckspannung bei 23 °C Dehnung bei Streckspannung Reißdehnung 3,5-%-Biegespannung Torsionssteifheit Schubmodul bei 23 °C bei 50 °C bei 100 °C Kugeldruckhärte, 30-s-Wert
N/mm2 % % N/mm2 N/mm2 N/mm2 N/mm2 N/mm2 N/mm2
8–15 20 ≈ 600 7–10 60–90 100–200 30–100 < 10 ≈ 15
10–30 – 100–900 – – – – – –
20–30 12 400–800 30–40 ≈ 400 700–> 1000 400–900 80–200 ≈ 50
kJ/m2 kJ/m2 kJ/m2 kJ/m2 ft/lb 042 inch o.n.
o.Br. o.Br. o.Br. o.Br.
o.Br. ≈4 o.Br. ≈4
– ≈5 6–o.Br. >5
o.Br.
1,09–9,0
0,4–4,0
°C °C
80–90 60–75
90–115 70–95
90–120 70–80
°C °C °C
40 ≈ 35 ≈ 45
115 (A) – –
60–65 50 75
K–1 W/mK
1,7 · 10–4 ≈ 0,35
2 · 10–4 –
2 · 10–4 ≈ 0,43
W cm W
>1016 1013 2,3
>1016 1013 2,4
>1016 1013 2,4
kV/mm CTI
2 · 104 20–40 600
3 · 104 20 600
3 · 10–4 20–60 600
mg
800 16–28 230–240 – – – 36–40
22 – >600 14 250 ≈ 300 ≈ 150 – 38
o.Br. 45 6 –
– – 18–o.Br. 15–o.Br.
o.Br. – o.Br. o.Br.
16–28 – 300–750 – – 40 – – Shore D 17–45 – – o.Br. o.Br.
11–15 – 700–750 – – 35 – – Shore D 27–38 – – o.Br. o.Br.
– – 10–440 – – – – – Shore D 55–80 – – – –
– – 180–600 – – – – – Shore D 33–57 – – – –
–
3,2–4,5
o.Br.
1013 2,4
>1016 >1013 2,4
>1016 >1013 1,6 (106 Hz)
>1016 >1013 2,7 (106 Hz)
>1016 >1013 –
>1016 >1013 –
30–3 · 10–4 50 600
3 · 10–4 50 600
3 · 10-4 50 600
1,5 · 10–2 (106 Hz) 2 · 10-2 40 – – –
– – –
– – –
–
5 N/mm2 erforderlich. Kleben Bei den Polyolefinen ist das Kleben von PE am schwierigsten. In jedem Fall ist eine Oberflächenbehandlung erforderlich.Weil das Diffusionskleben nicht möglich ist, verbleibt nur das Adhäsionskleben. Es eignen sich Haft- und Schmelzklebstoffe, Polychlorbutadien mit Vernetzer, Siliconharz, Polysulfid/Epoxidharz, Nitrilkautschuk/Phenolharz und PUR-Klebstoffe mit Vernetzer. Die Langzeitfestigkeit und die dynamische Festigkeit der Klebungen sind gering. Das Vorbehandeln der Fügeflächen mit Chromschwefelsäure bringt zwar die günstigsten Festigkeitswerte, erfordert jedoch ein umsichtiges Arbeiten. Die übrigen Verfahren gleichen den bei der Druckvorbehandlung erwähnten (elektrische Entladung, Gasflamme). Wenn sie dem Herstellprozess unmittelbar nachgeschaltet werden, ergeben sich die günstigsten Effekte für das Kleben [näheres siehe VDI-Richtlinie 3821 Kunststoffkleben (09.78)].
■ Umformverfahren: Pressformen Das Pressformen geschieht mit Hilfe von Werkzeugen, die aus Gesenk und Kern bestehen. Die dabei auftretenden Drücke betragen bis zu 2 N/mm2. Es ist deshalb möglich, eine Werkzeughälfte durch ein strapazierfähiges Tuch zu ersetzen, mit dem die warme Kunststofftafel auf den Kern gedrückt werden kann. Die Temperatur der zu formenden Tafeln beträgt gemäß Tabelle 2-5: PE-HD 125 bis 140 °C und PE-LD 105 bis 115 °C. Warmformen Tabelle 2-5 enthält die Bedingungen für das Warmformen von PE-Halbzeug [siehe auch die VDI-Richtlinie 3008, Bl. 3, (07.67)]. Die Umformtemperatur der Zuschnitte liegt etwa 30 K über der Kristallitschmelztemperatur. Beheizt wird meist von beiden Seiten, um kurze Anwärmzeiten zu erreichen und das störende Durchhängen der Tafel zu vermeiden. Kaltformen Auch das Kaltformen von PE-Halbzeug bei Umgebungstemperatur oder einer Temperatur unterhalb des Schmelzpunktes ist möglich. Anwendungen Polyethylen weist von allen Thermoplasten den breitesten Anwendungsbereich auf. Nach nahezu allen für das Ur- und Umformen von Kunststoffen entwickelten Verfahren werden zahllose Produkte als Fertigteile oder als Halbzeug hergestellt. Hier einige Beispiele: PE-LD Das wichtigste Anwendungsgebiet sind mit einem Anteil von 73 % in Westeuropa die Folien. Je nach Verwendungszweck wird unterschieden in: Verpackungs-, Schwergutsack-, Schrumpf-, Tragtaschen-, Landwirtschafts-
140 bis 210 200 – 150 – 230 350 140 140 105 bis 115
Schwindung
PE-LD % 1,5 bis 3
Blasfolien-Extrusion Flachfolien-Extrusion Tafeln Rohre Monofile Drahtummantelung Beschichten Hohlkörperblasen Warmformen Pressformen
Nachdruck pN
PE-LD
1/3 bis 1/1 psp
PE-HD
160 bis 260
PE-HD % 1,5 bis 5,0
180 bis 250 220 170 180 bis 200 290 bis 300 250 – 160 bis 190 170 125 bis 140
200 bis 300 180 bis 250 220 170 180 bis 200 290 bis 300 250 – 160 bis 190 – –
10 bis 90
PE-LD % 1,5
PE-HD % 2,0
Nachschwindung
140 200 – 150 – 230 350 140 – –
30 bis 70
PE-HD je nach Typ °C
PE-LD je nach Typ °C
PE-LD je nach Typ °C
PE-HD je nach Typ °C
Werkzeugtemperatur
Massetemperatur
Spritzgießen
Verarbeitungsart
Tabelle 2-5. Verarbeitungsbedingungen von PE-LD und PE-HD
100 bis 200 100 bis 250 – 100 bis 150 – 250 bis 350 250 bis 300 100 bis 150 – –
400 bis 800
PE-LD je nach Typ bar
Spritzdruck psp
150 bis 200 150 bis 250 100 bis 200 150 bis 250 250 bis 400 250 bis 400 – 100 bis 200 – –
600 bis 1200
PE-HD je nach Typ bar
2.1.1.1 Polyethylen (PE)
Polyolefine (PO)
203
bis 3000
bis 3000
50 bis 100
200 bis 500
bis 1000
Bandsäge
Bohren
Hobeln Drehen
Fräsen
Schnittgeschwindigkeit m/min
Kreissäge
Sägen
Bearbeitungsverfahren
0,3
0,1 bis 0,5
0,1 bis 0,3
0,1 bis 0,3
0,1 bis 0,3
Vorschub mm/Zahn mm/Umdr.
0 bis 15
0 bis 15
25 bis 30 Drallwinkel g 2 an den Schneidenecken
0 bis 5
5 bis 15
5 bis 15
um 16 Hinterschliffwinkel, gemessen an den Schneidenecken Spitzenwinkel j etwa 110°
30 bis 40
10 bis 15
Grad
Grad
0 bis 15
Freiwinkel a
Spanwinkel g Schneidenformen
Tabelle 2-6. Richtwerte für Schnittbedingungen und Schneidenformen für das spanende Bearbeiten von Kunststoffen
Polyolefine (PO) 204 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Tabelle 2-7. Richtwerte für das Trennen einiger Thermoplaste mit Hilfe von CO2-Laser Laser-Leistung Werkstoff
250 W
1000 W
mm
Trenngeschw. mm/min
Trennfugenbreite mm
Trenngeschw. mm/min
Trenngeschw. mm/min
4 5 20 30 4 42
1050 1000 150 100 1000 80
0,4 0,7 1,0 1,4 0,3 2,0
– 200 300 – – –
– 4000 550 – – –
4 10 15 20 4 4 4 4
2000 450 250 120 1300 1100 1250 950
0,4 0,5 1,0 1,2 0,4 0,3 0,3 0,3
– – – – – – – –
– – – – 3000 2500 2500 2000
PE-LD
4
1200
0,4
–
–
POM
3,2 4 4 4
3300 2200 1000 2100
0,2 0,2 0,2 0,2
– – – –
– 5000 5000 2000
3 5 10 16 4 17
3300 2050 1090 550 3000 250
0,3 0,4 0,5 1,0 0,3 0,6
– – – – – –
– – – – – –
4 4
1600 1700
0,5 0,5
– –
– –
PE-HD
PE-HD-GF 20 PE-UHMW PP
PP-TV 20 PP-TV 40 PP-GF 20 PP-GF 30
POM-GF 30 POM + PTFE PVC-P PVC-U PVC + PE-C PS PS + EPDM
Dicke
500 W
und Dünnfolien (Automatenfolie). Bei Mehrschichtfolien (Kaschier- und Coextrusionsfolien) dient PE im Verbund als Siegelschicht und Wasserdampfsperre. Einige PE-LD-Copolymere (EVA, EAA, EEA) und Ionomere dienen als Haftvermittler zwischen den Lagen der Verbundfolie. Das Spritzgießen und das Beschichten halten seit Jahren ihren Anteil von je 7 %. Bei Nachrichtenkabeln ist PE-LD geschäumt oder ungeschäumt unverändert das wichtigste Produkt. Bei der Isolierung von Energiekabeln setzt sich vernetzbares PE-LD immer mehr durch. PE-LD spielt auch für
Polyolefine (PO)
205
2.1.1.1 Polyethylen (PE)
Polyolefine (PO)
206
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Tabelle 2-8. Richtwerte für das Warmgasschweißen einiger Thermoplaste Werkstoff
PE-HD PP PVC-U PVC-PE-C POM PS
Warmgastemperatur
Schweißgeschwindigkeit
mit Runddüse °C
mit Ziehschweißdüse °C
mit Runddüse cm/min
mit Ziehschweißdüse cm/min
320 ± 10 340 ± 10 300 ± 10 330 ± 10 360 ± 10 320 ± 10
340 ± 10 350 ± 10 350 ± 10 350 ± 10 380 ± 10 340 ± 10
12 bis 20 15 bis 25 15 bis 25 15 bis 25 15 bis 25 15 bis 25
50 bis 70 50 bis 70 50 bis 70 50 bis 70 40 bis 60 40 bis 60
Tabelle 2-9. Richtwerte für das Heizelement-Stumpfschweißen einiger Thermoplaste Werkstoff
PE-HD PE-UHMW PE-LD PP PVC + PE-C PVC PS PS + EPDM POM
Oberflächentemperatur des Heizelementes °C
Anwärmzeit
Fügedruck
sec
Anpressdruck beim Angleichen bzw. Anwärmen N/mm2
210 ± 10 210 ± 10 180 ± 10 200 ± 10 230 ± 5 230 ± 5 230 ± 10 230 ± 10 220 ± 10
30 bis 60 60 bis 90 20 bis 60 30 bis 120 20 bis 60 20 bis 60 20 bis 60 20 bis 60 10 bis 30
0,05 bis 0,1 0,1 bis 0,15 0,05 0,05 bis 0,1 0,075 bis 0,1 0,075 bis 0,1 0,05 bis 0,1 0,05 bis 0,1 0,03 bis 0,05
0,1 bis 0,15 1,0 bis 2,0 0,05 bis 0,1 0,05 bis 0,1 0,2 bis 0,4 0,2 bis 0,4 0,1 bis 0,15 0,1 bis 0,15 0,02 bis 0,05
N/mm2
das Beschichten von Stahlrohren eine wichtige Rolle. Der Verbrauchsanteil für flexible Hohlkörper beträgt etwa 3 %. Für das Rotationsgießen wird mit einem Vordringen von PE-LLD gerechnet. PE-HD Seit dem Beginn der Produktion Mitte der fünfziger Jahre ist PE-HD unverändert der bevorzugte Werkstoff für das Spritzgießen von Haushaltswaren sowie Lager- und Transportbehältern. Bekannte Anwendungen wurden weiterentwickelt. Müllgroßbehälter mit einem Volumen von 660 bis 1100 l sowie Flaschentransportkästen besitzen einen hohen Marktanteil. Unter den extrusionsgeblasenen Behältern haben vor allem die 220-LRingfässer weltweit große Bedeutung erlangt. Der Kraftstofftank (KKB) aus PE-HD hat eine breite Anwendung gefunden, wird jedoch mit einer separaten Barriereschicht versehen. Ein beachtenswertes Anwendungsbeispiel von PE-HMW sind die Surfbretter mit Schlauchlängen von 5 m.
Seit vielen Jahren bewähren sich Monofile für das Herstellen von Netzen, Seilerwaren und Gewebe ebenso wie verstreckte Folienstreifen (Bändchen) bei Raschelsäcken und anderen Wirkwaren. Die Entwicklung führt zu Bändchendicken von 17 µm und Breiten von 0,6 mm bei leichten Verpackungsnetzen für landwirtschaftliche Produkte. Von allen Anwendungsbereichen weist die Herstellung von Verpackungsfolien aus PE-HMW die größte Steigerung auf. Dieses hochfeste und zähe Material ermöglichte das Reduzieren der Foliendicke von 20 µm auf 7 bis 10 µm bei Haushaltsmüllbeuteln oder von 80 bis 120 µm auf 20 bis 35 µm für Papiersack-Inliner. Im Apparatebau der chemischen Industrie ist tafelförmiges Halbzeug dank seiner hohen Beständigkeit gegenüber Chemikalien ein bevorzugter Werkstoff. Dazu kommt eine unübersehbare Fülle von Fittings, Armaturen und sonstigem Zubehör aus PE-HD. Mit Glasfasermatten verstärktes TafelHalbzeug ist auch im Maschinenbau ein geschätzter Werkstoff. Ein bekanntes Beispiel sind die unteren Motorraumabdeckungen der neuen DB-Modelle. PE-HD ist seit mehr als 40 Jahren der unumstrittene Werkstoff für Trinkwasser-Druckrohre oder Abwasserrohre. Die Durchmesser extrudierter Rohre erreichen 1600 mm, noch größere Rohre können nach dem Bandwickelverfahren hergestellt werden. Heute werden auch die neuangelegten Ortsgasverteilungsleitungen aus PE-HD ausgeführt. Bei Fußbodenheizungsrohren spielt strahlenvernetztes PE-X die führende Rolle.
Handelsnamen PE-HD Aarolene Alathon Alcudia Borstar PE Daelim Poly HDPE DOW HDPE Eraclene Exxonmobil HDPE HDPE HDPE HDPE Hi-Zex Hostalen Huntsman Hypel Indothene Liten Lutene
Aaron Industries/US Equistar Chemicals LP/US Repsol YPF/ES Borealis A/S/DK Daelim Industrial/KR Dow Chemical Company/US Polimeri Europa/IT ExxonMobil Chemical Company/US Braskem S.A./BR Ipiranga Petroquimica S.A./BR Qenos/AU Total Petrochemicals/FR Mitsui Chemicals/JP Basell Polyolefins NV/NL Huntsman/US Entec Engineering Resins/US Indian Petrochemicals Corp./IN Chemopetrol/CZ LG Chemical/KR
Polyolefine (PO)
207
2.1.1.1 Polyethylen (PE)
Polyolefine (PO)
208
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
MarFlex Marlex Nipolon Hard Novapol Paxon Sabic HDPE Suntec Tipelin Titanex Titanzex Zemid
Chevron Phillips Chemical Co./US Chevron Phillips Chemical Co./US TOSOH Corporation/JP Nova Chemicals Corp./CA ExxonMobil Chemical Company/US Saudi Basic Industries Corp. (Sabic)/SA Asahi Kasei Chemicals Corporation/US TVK Vegyi Kombinát Rt./HU Titan Group /MY Titan Group/MY DuPont Engineering Polymers/CA
PE-LD Aarolene Alcudia Alkathene AT LDPE Borstar PE Cosmothene Dinalen DOW LDPE Eastman PE Exxonmobil Huntsman Hypel Indothene Ipethene LDPE LDPE LDPE Liten Lupolen Lutene MarFlex Marlex Mirason Nipolon Novapol Okiten Petrothene Riblene Ropoten Sabic LDPE Sumikathene Suntec Tipolen Titanlene
Aaron Industries/US Repsol YPF/ES Qenos/AU AT Plastics Inc./CA Borealis A/S/DK TPC, The Polyolefin Company/SG Dioki/HR Dow Chemical Company/US Eastman Chemical Company/US ExxonMobil Chemical Company/US Huntsman/US Entec Engineering Resins/US Indian Petrochemicals Corp./IN Carmel Olefins/IL Braskem S.A./BR Sasol Polymers/ZA Total Petrochemicals/FR Chemopetrol/CZ Basell Polyolefins NV/NL LG Chemical/KR Chevron Phillips Chemical Co./US Chevron Phillips Chemical Co./US Mitsui Chemicals/JP TOSOH Corporation/JP Nova Chemicals Corp./CA Dioki/HR Equistar Chemicals LP/US Polimeri Europa/IT Lukoil Bulgaria/BG Saudi Basic Industries Corp. (Sabic)/SA Sumitomo Chemical/JP Asahi Kasei Chemicals Corporation/US TVK Vegyi Kombinát Rt./HU Titan Group/MY
209
2.1.1.1.2 PE-LLD Bereits bei der kurzen Vorstellung des breiten Sortiments der heute verfügbaren Polyethylene wurden die Wege aufgezeigt, um das seit den dreißiger Jahren bekannte – und produzierte – PE-LD sowie das Mitte der fünfziger Jahre am Weltmarkt vordringende PE-HD durch Copolymerisation mit höheren C4 - und C8-Olefinen in seinen anwendungstechnischen Eigenschaften zu verbessern. Das Ergebnis waren die Typen des heutigen PE-LLD-Sortimentes. Wie Bild 2-40 zeigt, nimmt die Dichte mit steigendem Anteil von C4 - bis C8-Olefinen bei 0 bis 8 Masse-% von 0,96 auf 0,92 g/cm3 ab. Die Abhängigkeit der Schmelztemperatur von der jeweiligen Dichte zeigt Bild 2-41. Auch die Molmasseverteilung verändert sich wesentlich, Bild 2-42. Auf die sich daraus für Verarbeitung und Anwendung ergebenden Vor- und Nachteile sei nachstehend hingewiesen:
• • • • • •
höhere Steifigkeit und Zugfestigkeit bei gleicher Dichte, höhere Zähigkeit (Durchstoßfestigkeit, Dart-drop Schlagzugzähigkeit in der Kälte, Bild 2-43, 2-44, 2-45), bei der Folienextrusion keine Abrisse durch Stippen, Ausziehfähigkeit bis 5 µm, vorteilhafte Siegelfähigkeit (Feuchtigkeit stört nicht), höhere Beständigkeit gegen Spannungsrißbildung, Bild 2-46.
Die nachteiligen Eigenschaften sind in Verbindung mit der schwierigeren Verarbeitbarkeit im Vergleich mit PE-LD zu sehen:
• • • •
ungünstige Schrumpfeigenschaften, Lappigkeit der Folie trotz des höheren Sekantenmoduls [13], zu hohes Dehnvermögen (begrenzte Anwendungsmöglichkeit für Schwergutsäcke, Tragtaschen u. a.), geringere Transparenz,
Bild 2-40. Abhängigkeit der Dichte von PE-LLD vom Comonomeranteil
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE)
Polyolefine (PO)
210
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-41. Abhängigkeit der Schmelztemperatur von der Dichte am Beispiel von PE-LD und zwei PE-LLD-Typen
Bild 2-42. Molmasseverteilung von PE-LD und PE-LLD (s. a. Kapitel 1.3.1)
• • • • • •
etwa 30 % geringerer Ausstoß, höhere Antriebsleistung der Schnecke, Instabilität der Folienblase, Abkühlprobleme, Wicklerprobleme, erhöhter Verschleiß.
In Tabelle 2-10 werden kennzeichnende Eigenschaften von PE- bzw. PE-LLDFolienmaterial miteinander verglichen.
■ Verarbeitung (s. a. Kapitel 1.4.3) Auf dem verarbeitungstechnischen Gebiet konnten beachtliche Erfolge erzielt werden, sodass die Überlegenheit auf bestimmten Anwendungsgebieten (z. B. als Streckfolien) zum Tragen kommt.
Bild 2-43. Stoßenergieverhältnis (bei – 40 °C) von PE-LD, C4-PE-LLD und C8-PE-LLD in Abhängigkeit vom MFI-Wert
Bild 2-44. Zähigkeit bei Raumtemperatur (Dartdrop-Test, 50 % Bruch) von PE-LD sowie C4-PE-LLD und C8-PE-LLD in Abhängigkeit vom MFI-Wert
Bild 2-45. Prinzipielle Abhängigkeit der Zähigkeit von der Art des Comonomers
Bild 2-46. Spannungsrissbeständigkeit von PE-LD, C4-LLD und C8-PE-LLD in Abhängigkeit vom MFI-Wert
Polyolefine (PO)
211
2.1.1.1 Polyethylen (PE)
Polyolefine (PO)
212
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Extrudieren (s. a. Kapitel 1.4.3.2) Schwierigkeiten zeigten sich vor allem beim Extrudieren von PE-LLD im Vergleich mit PE-LD. Auf PE-LD-Anlagen ergab sich zunächst ein um 20 bis 30 % verminderter Durchsatz. Die höhere Viskosität erfordert ein um 30 % höheres Drehmoment. Zur Überwindung dieser Nachteile wurden die Schnecken von 30 D auf 25 bis 20 D gekürzt, die Gangtiefen erhöht, um ein zu intensives Scheren des Materials zu vermeiden. Größere Spaltweiten in den Scherteilen waren erforderlich. Die Drehzahl der Schnecken wurde um etwa 50 % reduziert. Zum Ausgleich der Durchsatzminderung mussten Schnecken größeren Durchmessers gewählt werden. Die optimale Temperatur der Schmelze ergab sich zu 210 bis 235 °C. Bei höheren Temperaturen ergaben sich Schwierigkeiten beim Abkühlen des Folienschlauchs. Wegen der engen Molmasseverteilung neigt PE-LLD zum Schmelzbruch. Abhilfe brachte das Erweitern des Düsenspaltes auf 1,5 bis 2,7 mm, was gleichzeitig zu einer Durchsatzsteigerung um 25 % führte. Die geringere Schmelzenfestigkeit des Folienschlauches konnte u. a. durch die Zugabe von 30 % PE-LD ausgeglichen werden. Inzwischen entwickelte Fließverbesserer, z. B. das ein Fluorpolymer enthaltende PPA Dynamar der 3M, konnten die verarbeitungstechnische Unterlegenheit gegenüber PE-LD ausgleichen [14]. Breitschlitzfolien können wegen der geringen Dehnviskosität des PE-LLD bei Massetemperaturen von 250 bis 285 °C ohne Schwierigkeiten hergestellt werden. Flachfolien zeichnen sich durch gute optische Eigenschaften, hohe Zähigkeit und vorzügliche Durchdrückfestigkeit (puncture resistance) aus. Deshalb sind sie in besonderer Weise als Stretchfolien verwendbar. Derartiges Material ist nach Zusatz von PE-LD jedoch auch auf Blasfolienanlagen herstellbar. Nach beiden Verfahren werden auch Verbundfolien mit maßgeschneiderten Eigenschaften extrudiert. Die in Kapitel 1.2.3.1 erwähnte Metallocene-Technologie brachte auch dem Markt der PE-LLD-Folien neue Impulse. Die von Exxon bereits im Jahre 1979 angekündigte Errichtung einer auf Metallocene-Basis arbeitenden Produktionsanlage brachte drei Jahre später die sog. Exact-Plastomere auf den Markt. Im Jahre 1995 folgte die Umstellung auf das Exceed Gasphasenverfahren [15]. Bereits anlässlich der K ’95 stellte die BASF mit Luflexen ebenfalls ein mPE-LLD vor, das mit steigender Dichte (0,903 bis 0,917 g/cm3) für die Herstellung von Schlauchfolien, Breitschlitzfolien und Spritzgussartikeln sowie für das Extrudieren vernetzbarer Kabelummantelungen dient. Bild 2-47 zeigt die enge Molmasseverteilung des mPE-LLD Exact der Exxon im Vergleich zum Ziegler-Natta (Z/N)-Copolymer mit Hexen (beide Produkte mit MFR 190/10 min). Die mPELLD-Polymere weisen im Unterschied zu Z/N-Polymeren kurze hoch- und niedermolekulare Kurvenenden auf, was zu geringer richtungsabhängiger Orientierung und zäheren Folien führt. Wie gleichmäßig das Comonomer Hexen (Dichte = 0,918 g/cm3) in der Polymerkette verteilt ist, verdeutlicht Bild 2-48. Die homogene Verteilung führt zu hoher Transparenz, Klarheit, Siegelfähigkeit und FDA-organoleptischer Güte. Eingekreiste Bereiche der Verteilungskurve wie bei Z/N-Polymer sind bei mPE-LLD nicht vorhanden, Bild 2-48 a. Je höher die Kennzahl im Balkendiagramm, Bild 2-48 b, desto enger ist die Verteilung und damit die Homogenität des Copolymers.
1800
140 bis 175 295 – – – –
mJ 82 mm
µm
g
cmg 8 µm
g g
kg · cm 0223 cm
Schlagzugzähigkeit
Foliendicke
Dart-drop
Durchdrückfestigkeit
Elmendorf-Test längs quer
Falzkantenfestigkeit
40 bis 50
–
200 300
10
50
–
–
111
°C
0,28 3 0,918
KristallitSchmelztemperatur (DTA)
0,24 4,6 0,918
g/10 min – g/cm3
MFR (190/2, 16) MFR (190/5): MFI (190/2, 16) Dichte
PE-LD
Einheit
Eigenschaften
50
–
–
0,9 – 0,919
–
580 840
19
–
– –
–
240 bis 300 190
40 bis 50
3200
125
1 – 0,920
PE-LLD
–
240 680
17
180
50
–
–
1 – 0,918
1800
– –
9,6 kg/cm
15
150
–
–
0,3 – 0,922
PE-LD
2600
– –
11,4 kg/cm
14
125
–
–
0,919 (PE-LLD)
1 (PE-LLD)
213 Polyolefine (PO)
70% PE-LD, MFR = 0,3 30% PE-LLD, MFR = 0,9
PE-LD/PE-LLD-Polymerblend
Tabelle 2-10. Vergleich einiger Folieneigenschaften verschiedener PE-LD- und PE-LLD-Typen sowie eines (PE-LD + PE-LLD)-Blends
2.1.1.1 Polyethylen (PE)
Polyolefine (PO)
214
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-47. Molmasseverteilung bei Z/N- und mPE-LLD (Hexen-Copolymer, MFR = 10/10 min) a Molmasseverteilung b Molmasseverteilungen Mw/Mn und Mz/Mn
Die nahezu isotrope Natur der mPE-LLD-Folien zeigt sich vor allem in der im Fallversuch ermittelten Schlagzähigkeit (dart impact g/µm) an 25-µm-Folien (Fallhöhe 112 cm). Die mit den beiden Folientypen ermittelten Werte zeigt Bild 2-49 in Abhängigkeit vom jeweiligen Mittelwert des Moduls aus Längs- und Querrichtung der Folien. Die hohen Werte über einen breiten Molmassebereich sind auf die sphärolithische Feinkristallinität der mPE-LLD-Folien zurückzuführen. Auch die Reißfestigkeit der 25-µm-mPE-LLD-Folie ist der Z/N-Folie insofern überlegen, als sie in Längs- und Querrichtung annähernd gleiche Werte erreicht, Bild 2-50. Ebenso zeigt sich im sog. passiven Fallversuch die Überlegenheit der mPE-LLD-Folie, Bild 2-51. Über Trübung sowie das Blockverhalten der mit 5000 ppm Talkum (als Antiblockmittel) versehenen 25-µm-/Z/N-Folien im Ver-
Bild 2-48. Verteilungsspektrum des Comonomeranteils im Z/N- und mPE-LLD-Polymeren a Comonomerverteilung b Verteilungsbreite des Comonomers
215
gleich zur füllstofffreien, balancierten mPE-LLD-Folie informieren die Bilder 2-52. Die m-Folie verhält sich wesentlich günstiger, weil im Polymer der niedermolekulare Anteil gering ist (siehe Bild 2-47). Der Antiblockmittelzusatz kann reduziert werden. Dank der Homogenität des Copolymers ist auch die Heißsiegelfähigkeit günstiger, Bild 2-53. Wie Bild 2-54 zeigt, ist die scheinbare Viskosität von mPE-LLD noch höher als die des Z/N-PE-LLD, sodass hier die gleichen verfahrenstechnischen Voraussetzungen gelten wie beim Z/N-PE-LLD. Anwendungen Die wichtigsten Erzeugnisse des mPE-LLD sind extrudierte Schlauch- und Breitschlitzfolien für viele Anwendungsbereiche. Dazu gehören auch Mehrlagenfolien, bei denen mPE-LLD die zähigkeitserhöhende Schicht oder auch die Siegelschicht bildet, sowie verzugfreie Spritzgußteile, Ampullen und Katheder für die Medizintechnik. Die leichte Vernetzbarkeit begünstigt die Verwendung für das Extrudieren von vernetzbaren Kabelmänteln.
Bild 2-49. 1-%-Sekantenmodul (Mittelwert längs/quer)
Bild 2-50. Ausgewogene Zugfestigkeit der Exeed-Folien (Dichte = 0,918 g/cm3, Foliendicke: 25 mm)
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE)
Polyolefine (PO)
216
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-51. Verhalten der 25-mm-Folie (mPE-LLD und Z/N) im Durchstoßversuch
Bild 2-52. Hohe Transparenz und günstiges Antiblockverhalten der mPE-LLD-Folien
Die Verarbeiter von PE-LD werden die zähigkeitsverbessernde Eigenschaft von mPE-LLD durch Zumischen nutzen, um die Anwendungsbereiche dieser Folien zu vergrößern. Handelsnamen PE-LLD Alkatuff Dowlex Exxonmobil Flexirene Hifor Huntsman Hypel Indothene LLDPE LLDPE LLDPE
Qenos/AU Dow Chemical Company/US ExxonMobil Chemical Company/US Polimeri Europa/IT Eastman Chemical Company/US Huntsman/US Entec Engineering Resins/US Indian Petrochemicals Corp./IN Braskem S.A./BR Ipiranga Petroquimica S.A./BR Sasol Polymers/ZA
Bild 2-53. Vergleich der Siegelfähigkeit von mPE-LLD mit Z/N-PE-LLD
Bild 2-54. Scheinbare Viskosität ha der besprochenen PE-LLD-Sorten in Abhängigkeit von der Schergeschwindigkeit g·
Lupolex MarFlex Marlex Nipolon-L Novapol Petrothene Sabic LLDPE Sumikathene-L Titanex Ultzex
Basell Polyolefins NV/NL Chevron Phillips Chemical Co./US Chevron Phillips Chemical Co./US TOSOH Corporation/JP Nova Chemicals Corp./CA Equistar Chemicals LP/US Saudi Basic Industries Corp. (Sabic)/SA Sumitomo Chemical/JP Titan Group/MY Mitsui Chemicals/JP
Polyolefine (PO)
217
2.1.1.1 Polyethylen (PE)
Polyolefine (PO)
218
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
2.1.1.1.3 PE-UHMW Ulrich Göschel, Simon Geier Das ultra-hochmolekulare Polyethylen ist unverzweigt und wird mit Hilfe modifizierter Ziegler-Katalysatoren hergestellt. Die auf das Massenmittel bezogene 3 w erreicht Werte von 3 bis 12 Mio. g/mol im Unterschied zum molare Masse M normalen PE-HD mit 200.000 bis 500.000 g/mol. Die Werkstoffe im dazwischen liegenden Molmassenbereich werden als hochmolekulares Polyethylen (PE-HMW) bezeichnet und liegen in ihren Eigenschaften zwischen denen des PE-HD und des PE-UHMW. Obwohl die meisten physikalischen und chemischen Eigenschaften mit denen des PE-HD übereinstimmen, unterscheidet sich PE-UHMW grundlegend von diesen durch eine für Kunststoffe ungewöhnlich hohe Schlag- und Kerbschlagzähigkeit sowie durch ein sehr günstiges Reibungsund Verschleißverhalten – auch bei tiefen Temperaturen, eine hohe Beständigkeit gegen Spannungskorrosion sowie eine sehr geringe Wasseraufnahme. Der größte Teil des Materials wird „tel quel“, d. h. wie es bei der Polymerisation anfällt, verarbeitet. Einige Typen enthalten Antioxidantien und UV-Stabilisatoren, Leitfähigkeitsruß, Glasfasern und Glaskugeln oder C-Fasern, um das Reibungs- und Verschleißverhalten nach Maß zu verändern. Mineralische Füllstoffe sind hingegen unüblich. Durch den Zusatz von organischen Peroxiden (0,2 bis 0,5 M.-%) wird das Material vollständig vernetzt. Reibwert, Längenausdehnungskoeffizient und Transparenz dünner Folien werden hierdurch günstig beeinflusst.
■ Lieferform PE-UHMW wird als pulverförmiger Rohstoff sowie in Form von Blöcken, Tafeln, Rundstangen, Folien, Profilen und Rohren als Halbzeug geliefert.
■ Eigenschaften Das Eigenschaftsbild von unvorbehandeltem Material gibt Tabelle 2-3 wieder. In Tabelle 2-11 wird das nach der „sand-slurry“-Methode ermittelte Verschleißverhalten von PE-UHMW (hier am Beispiel des GUR) mit demjenigen anderer Polyolefine und anderer Werkstoffe verglichen. Der Verschleiß von GUR wird darin gleich 100 gesetzt. Aus den Angaben in Bild 2-55 wird die hervorragende Verschleißfestigkeit von GUR/GHR gegenüber anderen Werkstoffen deutlich [16]. Zum besseren Verständnis seien einige Verschleißarten kurz beschrieben:
• • •
Reibungsverschleiß herrscht vor beim Gleiten von Kunststoff gegen andere Werkstoffe, z. B. gegen Metall, Strahlverschleiß tritt auf beim Blasen von körnigem Material auf KunststoffFlächen, z. B. bei der pneumatischen oder hydraulischen Förderung von Feststoffen in Kunststoff-Rohrleitungen, Verschleiß durch körniges Gut, z. B. auf Rutschen und in Silos,
•
Verschleiß bei Stoßbeanspruchung durch Flüssigkeitstropfen von hoher Geschwindigkeit, z. B. Radarnasen an Flugzeugen, die sog. Regenerosion.
Aufgrund der guten Oberflächeneigenschaften wird PE-UHMW als Lagerwerkstoff eingesetzt. Neben geringem Verschleiß spielen hierbei Abriebs- und Gleiteigenschaften eine besondere Rolle. Im Vergleich zu anderen Kunststoffen besitzt PE-UHMW bei gleitender Trockenreibung mit Metallen als Reibpartner (Stahl, Messing oder Kupfer) sehr gute selbstschmierende Eigenschaften. Als wichtiger Parameter für die Berechnung des Lagerspiels ist der Längenausdehnungskoeffizient zu berücksichtigen, welcher bei einer Temperaturvariation die zu erwartenden Änderungen in den Abmessungen wiedergibt, Bild 2-56. Grundlegend für ein betriebssicheres Laufverhalten ist zudem die Wärmeabfuhr, welche sich in der Wärmekapazität widerspiegelt, Bild 2-57. Bild 2-58 und Bild 2-59 zeigen für den Werkstoff GUR die Abhängigkeit der dynamischen Reibungszahl µ von der Flächenpressung sowie von der Gleitgeschwindigkeit. Die Werte wurden an ringförmigen Probekörpern ermittelt, in denen eine Welle aus gehärtetem und geschliffenem Stahl mit einer gemittelten Rauhtiefe RZ von 2 bis 2,5 µm lief. Die Abhängigkeit der Steifigkeit (Speicherschubmodul G’) dieses hochmolekularen Polymers in Abhängigkeit von der Temperatur ist in Bild 2-60 dargestellt. Im Temperaturbereich von 30 bis 130 °C zeigt sich eine deutliche Abnahme
Tabelle 2-11. Relative volumetrische Verschleißwerte verschiedener Werkstoffe Werkstoff
Dichte g/cm3
rel. volumetrischer Verschleißwert
GUR GUR glaskugelgefüllt GUR flammwidrig GUR antistatisch Acetal-Copolymer PE-HD PE-HD Pertinax PMMA PVC-U PP PTFE PTFE-GF 25 PTFE + 25% Ruß PTFE-GF 25 + Metallverbindungen PET Buchenholz EP + 50% Quarzmehl PA 66 PA 12 Gusspolyamid Stahl St 37
0,94 1,14 0,99 1,02 1,42 0,95 0,92 1,4 1,31 1,33 0,90 1,26 2,55 2,04 2,33 1,4 0,83 1,53 1,13 1,02 1,14 7,45
100 165 150 150 700 330 600 2500 1800 920 440 530 570 960 750 610 2700 3400 160 260 150 160
Polyolefine (PO)
219
2.1.1.1 Polyethylen (PE)
Polyolefine (PO)
220
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
der Materialsteifigkeit mit Zunahme der Temperatur, erkennbar am Verlauf des G’-Moduls. Oberhalb von 105 °C verstärkt sich dieser Abfall. Der mechanische Verlustfaktor d = tan δ mit dem Phasenwinkel d kennzeichnet die Änderungen in der molekularen Beweglichkeit mit der Temperatur. Aufgrund der niedrigen Glasübergangstemperatur liegt selbst bei – 120 °C eine ausreichende Schlagzähigkeit vor. Die Dauergebrauchstemperatur beträgt maximal 80 °C.
■ Verarbeitungsverfahren (s. a. Kapitel 1.4.3 und 1.4.7.2.1) Die extrem hohe molare Masse des PE-UHMW resultiert in einer sehr hohen Schmelzviskosität und weist somit keinen messbaren MFR auf. Bei PE-HMW ist bei 190 °C / 21,6 kg ein geringer MFR messbar. Die Verarbeitungstechniken wurden deshalb der Pulvermetall-Technologie entlehnt. Beim Pressen von Tafeln wird das im formgebenden Rahmen gleichmäßig verteilte Pulver einige Minuten bei einem Druck von 7 bis 10 N/mm2 entlüftet, danach bei einem Druck von 3 bis 6 N/mm2 und einer Temperatur von 180 bis 220 °C plastifiziert. Nach Beendigung des Schmelzvorgangs wird der Druck auf 10 N/mm2 erhöht. Dabei erreicht die Rohdichte einen Wert von 0,93 g/cm3. Das Gefüge weist demnach noch Poren und Zellen auf. Erst bei einem Druck von 70 N/mm2 kann die Dichte auf 0,955 bis 0,957 g/cm3 erhöht werden. Das periodisch, mit kurzem Hub und Drücken von 100 bis 500 bar arbeitende Kolbenstrangpressen (Ram-Extruder) ermöglicht die Herstellung von Profilen und Stäben. Schneckenextrusion und Spritzguss ist nur mit PE-HMW und einigen Spezialtypen aus dem unteren MW-Bereich der PE-UHMW möglich. Dabei sind die Auslegung der Maschinen sowie die Auswahl der Prozessparameter wegen der sehr hohen Schmelzviskositäten von besonderer Bedeutung.
Bild 2-55. Relativer volumetrischer Verschleiß verschiedener Werkstoffe, GUR 4120 = 100 (gemessen nach dem Sand-Wasser-Aufschlämm-Verfahren) [16]
221
Bild 2-56. Thermischer Längenausdehnungskoeffizient von GUR 4120 als Funktion der Temperatur, gemessen nach DIN 53 752 Verfahren A, Probekörper ungetempert [16]
Bild 2-57. Spezifische Wärme von GUR in Abhängigkeit von der Temperatur [16]
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE)
Polyolefine (PO)
222
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-58. Abhängigkeit der dynamischen Reibungszahl µ von GUR von der mittleren Flächenpressung pm (bei konstanter Gleitgeschwindigkeit v = 10 m/min) [16]
Bild 2-59. Abhängigkeit der dynamischen Reibungszahl µ von GUR von der Gleitgeschwindigkeit (bei mittleren Flächenpressungen pm = 0,26 und 1,24 N/mm2) [16]
Mit Hilfe des „Lam-N-Hard“-Verfahrens können kontinuierlich Tafeln gefertigt werden. Durch Pressen werden Fertigteile unmittelbar aus dem Pulver hergestellt [17]. GUR 4120 kann durch spezielle Sinterprozesse zu porösen Formteilen wie Rohren und Platten verarbeitet werden. Die Pulverkörner sintern bei Temperaturen von 180 bis 230 °C unter niedrigem Druck (< 0,1 N/mm). Porosität, Durchlässigkeit und Steifigkeit der Formteile können innerhalb bestimmter Grenzen durch die Parameter Zeit, Druck und Temperatur variiert werden [16]. Der pulverförmige Rohstoff eignet sich vorzüglich zur Herstellung von porösem Halbzeug bei einer Schmelztemperatur von 135 bis 138 °C.
Bild 2-60. Temperaturabhängigkeit von Speicherschubmodul (G’) und Verlustfaktor (tan δ) von sintergepresstem GUR 1050 unter Verwendung eines Scherrheometers RMS-800/RDSII bei einer Frequenz von 1 Hz (IKT, Universität Stuttgart)
Anwendungen PE-UHMW wird vor allem in Anlagen für die Handhabung von Massengütern verwendet. Die hohe Verschleißfestigkeit bewährt sich bei Auskleidungen von Trichtern, Rutschen für Kohle, Erz, Getreide, Papier und vieles andere. Extrudierte Profile und Formteile werden im Textil- und im allgemeinen Maschinenbau verwendet. Die Verfahrenstechnik der Chemischen Industrie schätzt das Material für die Herstellung von Pumpenteilen, Dichtungen, Filtern, Membranen, Separatoren für Bleibatterien, Fasern, Speiseschnecken, Gleitschienen, Rollen, Lagern und Buchsen. Es wird ferner für chirurgische Implantate, Prothesen und Stützapparate, Skibeläge, Schneepflugkanten, Kegelbahnen und Kegel sowie Hackblöcke in Fleischereien verwendet. Handelsnamen Handelsname Hersteller GUR Ticona GmbH/DE GHR Ticona GmbH/DE Stamylan UH DSM Engineering Plastics B.V./NL Tivar Poly Hi Solidur Inc./US Utec Braskem/BR
Typ Art PE-UHMW Pulver, Granulat PE-HMW Pulver, Granulat PE-UHMW Pulver PE-UHMW Halbzeug PE-UHMW Pulver
Polyolefine (PO)
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2.1.1.1 Polyethylen (PE)
Polyolefine (PO)
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2.1.1.1.4 Polyethylen-Modifikationen Je umfassender die wissenschaftlichen Erkenntnisse auf dem Gebiet der Polyolefine wurden, desto mehr Möglichkeiten eröffneten sich, die Eigenschaften der Polymere im gewünschten Sinne zu verbessern oder gar zu neuartigen Produkten zu gelangen. Die Wege sind physikalischer (Füllen, Verstärken, Verstrecken,Verschäumen) oder chemischer (Nukleieren,Vernetzen,Verschäumen, Substituieren, Copolymerisieren) Natur. Dabei können einige Eigenschaftsänderungen sowohl in physikalischer als auch in chemischer Hinsicht bewirkt werden. Substituiert wird bevorzugt an Verzweigungsstellen, d. h. das am tertiären CAtom vorhandene Wasserstoffatom wird substituiert. Dabei beeinflussen polare Atome oder Atomgruppen die zwischenmolekularen Kräfte und die Kristallinität. Der amorphe Anteil wird erhöht, die kautschukelastischen Eigenschaften werden verbessert. Es können auch vernetzungsfähige Substituenten eingeführt werden. Über einige physikalische Modifikationsmöglichkeiten bei PE wurde bereits berichtet, es verbleiben noch das Vernetzen, Substituieren und das Copolymerisieren.
2.1.1.1.4.1 Vernetztes Polyethylen (PEX) Der lineare Aufbau der thermoplastischen Polyethylene (PE-LD, PE-LLD, PEHD) kann durch räumliches Vernetzen (z. B. 5 Vernetzungen auf 1000 C-Atome) verändert werden [3]. Die Zeitstandfestigkeit, die Schlagzähigkeit in der Kälte, die Abriebfestigkeit und die Beständigkeit gegen Spannungsrissbildung werden wesentlich erhöht. PEX schmilzt nicht mehr, sondern erweicht ähnlich wie ein Elastomer. Deshalb kann es thermisch kurzzeitig bis 200 °C und dauernd hoch beansprucht werden. Das Vernetzen kann auf verschiedene Weise geschehen [18]. Große Bedeutung hat bis heute das Vernetzen mit Hilfe von Peroxiden (z. B. Dicumylperoxid). Beim Engel-Verfahren wird das mit Peroxid und Stabilisatoren gemischte PE-HD mit Hilfe eines unter hohem Druck arbeitenden Kolbenextruders zum Rohr geformt und bereits im Werkzeug vernetzt. Die französische Firma Pont-à Mousson modifizierte das Engel-Verfahren. Dabei wird das aus PEX herzustellende Rohr mit größerem Durchmesser und größerer Wanddicke nach Verlassen der Düse auf das verlangte Maß gezogen und anschließend in einem Salzbad vernetzt und kalibriert. Beim Labonyl-Verfahren dienen Azoverbindungen als Netzmittel in Verbindung mit Stabilisatoren, die bereits vor der Materialaufgabe zugemischt wurden. Das Vernetzen geschieht im Anschluss an die Extrusion in einem Salzbad. Beim Silan-Verfahren werden in einer oder mehreren Stufen Silanverbindungen, Peroxid, Katalysator und Stabilisator zunächst als reaktionsfähige Gruppen auf die PE-Moleküle aufgepfropft. Das extrudierte Rohr wird zum Abschluss in einem Wasserbad bei erhöhter Temperatur vernetzt.
225
Das Vernetzen kann auch mit Hilfe einer nachgeschalteten Strahlenquelle (Elektronenbeschleuniger) oder mit Hilfe von Isotopen durchgeführt werden. Vernetzt werden Isolationen aus PE-Schaumstoff, Isolierschläuche und Schrumpffolien. Die regulierbare Eindringtiefe der b-Strahlung (bis 10 mm) und der g-Strahlung (bis 100 mm) bietet bei dickwandigen Isolationen die Möglichkeit, die inneren Wandungsschichten unvernetzt zu belassen, sodass beispielsweise bei Isolierschläuchen die Innenwand direkt auf den Leiter aufschrumpfen kann. Das physikalische Vernetzen tritt jedoch wegen hoher Anlage- und Betriebskosten noch immer hinter dem peroxidischen Vernetzen zurück. Wie Bild 2-61 am Beispiel der Temperaturabhängigkeit des Schubmoduls zeigt, führen die bei den genannten Verfahren jeweils üblichen Vernetzungstemperaturen zu Werkstoffen mit unterschiedlichem Verhalten in der Wärme, das gilt besonders im Bereich oberhalb der Schmelztemperatur, der für silan- und strahlenvernetztes PE-HDX zutrifft. Der resultierende Schubmodul ist bei hoher Vernetzungsdichte höher als bei geringerer. Aus der Lage der parallel zur Abszisse verlaufenden Geraden kann auf die Vernetzungsdichte geschlossen werden. Formstoffe aus PE-HD können bei hohen Temperaturen umgeformt werden und behalten diese Gestalt beim Abkühlen bei. Bei Erwärmung oberhalb des Schmelzbereichs stellt sich die ursprüngliche Gestalt wieder ein. Diese Eigenschaft des „plastic memory“ wird bei Schrumpfmuffen für Rohrleitungen genutzt [18].
Bild 2-61. Schubmodul in Abhängigkeit von der Temperatur für unvernetztes und unterschiedlich vernetztes PE-HD
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE)
Polyolefine (PO)
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Bild 2-62. Zeitstandverhalten (Mindestwerte) im Zeitstandinnendruckversuch an Rohren aus nicht vernetztem Polyethylen hoher Dichte (PE-HD) nach DIN 8075
Bild 2-62 gibt das Zeitstandverhalten von Rohren aus unvernetztem PE-HD und Bild 2-63 die Ergebnisse aus Zeitstandinnendruckversuchen an Rohren aus vernetztem PEX hoher Dichte wieder. Der zu erwartende extrapolierbare lineare Verlauf der Zeitstandfestigkeit dieser Rohre über eine Beanspruchungsdauer von 50 Jahren hinaus – selbst bei Dauertemperaturen von mehr als 50 °C – macht dieses Material zu einem wertvollen Technischen Werkstoff. PE-HDX wird durch Spritzgießen bei Temperaturen bis 160 °C verarbeitet und im Werkzeug bei Temperaturen bis 230 °C vernetzt. Die Formteile werden in der Elektrotechnik, dem Automobilbau und in der Verfahrenstechnik eingesetzt. PE-LDX wird vorwiegend durch Extrudieren zu Mittel- und Hochspannungskabeln (10 kV – 110 kV) verarbeitet. Das Vernetzen geschieht kontinuierlich unmittelbar im Anschluss an das Extrudieren. Handelsnamen ACS Alveolit, Alvecolux Elapor FF-therm Friatherm Nucrel
(Showa Denko K.K./JP) (Alveo GmbH/DE) (EMW Betrieb/DE) (Fränkische Rohrwerke GmbH/DE) (Friatec AG/DE) (Du Pont Deutschland GmbH/DE)
Bild 2-63. Zeitstandverhalten (Mindestwerte) im Zeitstandinnendruckversuch an Rohren aus vernetztem Polyethylen hoher Dichte (PE-HDX) nach DIN 16 892
Pexgol Softlon Superohm Trocellen
(Golan Plastics Products/IL) (Sebisui Chemical Co. Ltd./JP) (H. Schulmann GmbH/DE) (HT Troplast AG/DE)
Thermoplastische PE-Elastomere (TPE) Handelsnamen Alathon Dutralene Dutral Scona Statoil TPE Sumica Flex Tafmer
(Oxychem Vanyls Div./US) (Montell Polyolefins/BE) (Montell Polyolefins/BE) (Buna AG/DE) (Statoil Den norske stats/NO) (Sumitono Chemical Co./JP) (Mitsui Chemical Europe/DE)
Polyolefine (PO)
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2.1.1.1 Polyethylen (PE)
Polyolefine (PO)
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2.1.1.1.4.2 Chlorierte Polyolefine 2.1.1.1.4.2.1 Chloriertes Polyethylen (PE-C) (thermoplastisches Elastomer)
Unter den chemischen Verfahren für das Modifizieren von Polyethylen durch Substitution hatte das Chlorieren große Bedeutung. Die Arbeiten begannen 1934 bei Polyisobutylen und wurden bereits 1936 durch die ICI bei Polyethylen fortgesetzt. Im Zuge dieser Arbeiten entstand – wenn auch erst in den fünfziger Jahren – das chlorsulfonierte PE (Hypalon). Das Chlorieren der Polyolefine geschieht in Lösemitteln, Dispersionen oder durch unmittelbares Einwirken von gasförmigem Chlor. Hoechst brachte im Jahre 1957 ein chloriertes Niederdruckpolyethylen auf den Markt, das seitdem als Schlagzähkomponente in Mischungen mit PVC-U als (PVC + PE-C)-Blend für die Herstellung von Fensterprofilen, Dachrinnen und Rohrleitungen große Bedeutung erlangte (Handelsname Hostalit Z). Hohe Witterungsbeständigkeit und im Vergleich zu PVC-U erhöhte Schlagzähigkeit in der Kälte zeichnen die aus diesen Blends hergestellten Formstoffe aus (siehe Kapitel 2.1.2.1.1). In den vergangenen Jahren wurden weitere Eigenschaften des Chlorpolyethylens verbessert bzw. optimiert:
• •
Die Verarbeitbarkeit der für das Kalandrieren von weichmacherfreien Weichfolien und das Extrudieren von Weichfolien und -profilen, Blends Das Eigenschaftsbild als thermoplastisches (vernetzbares) Elastomer.
Molare Masse und Verteilung der molaren Masse unterschiedlicher Polyethylentypen hoher Dichte bestimmen das Fließverhalten und die mechanischen Eigenschaften des jeweiligen PE-C-Typs. Reaktionstemperatur, Reaktionszeit und Chlorumsatz beeinflussen Restkristallinität und amorphe Bereiche. Der Chlorgehalt wird zwischen 34 und 44 % variiert. Durch Variation der Prozessparameter ist es ferner möglich, bei Einsatz von PE-Typen mit einem Kristallinitätsgrad von 70 % bis 80 % eine Reihe von Produkten mit alternierenden Sequenzen aus weichen amorphen und harten Kristallitsegmenten (typisch für thermoplastische Elastomere) bis hin zu völlig amorphen, weichen Polymeren hoher Elastizität, geringer Härte und verhältnismäßig tiefer Glasumwandlungstemperatur (– 15 °C) herzustellen. Eine schematische Darstellung dieser Strukturen ist sehr aufschlußreich. Bedingt durch die ausgeprägte Kautschukelastizität, kombiniert mit der geringen Oberflächenhärte, können vor allem die PE-C-Typen in den Anwendungsgebieten:
• • •
Schlagzähmodifizierung, migrationsfreie Weichfolien und Weichprofile und Elastomere
eingesetzt werden.
229
■ Schlagzähmodifizierung PE-C ist einer der gebräuchlichsten Schlagzäh-Modifikatoren für PVC, mit über 35jähriger Bewährung im Außeneinsatz. Der Schlagzähmechanismus beruht darauf, dass während der Verarbeitung das weiche, kautschukartige Chlorpolyethylen innerhalb der PVC-Matrix ein schlagzähes Netzwerk bildet. Die Schlagzähigkeit steigt gegenüber Normal-PC mit zunehmendem Modifikatorgehalt an und nähert sich ab etwa 8 phr einem Maximum. Bei niedriger Modifizierkonzentration lässt sich durch Kombination mit Kreide die Schlagzähigkeit des Fertigartikels noch verbessern. Bei alleiniger Verwendung von Kreide werden diese Zähigkeitswerte nicht erreicht. Bei der Herstellung von Halbzeug wie Profilen, Platten, Rohren, Dränrohren, Folien u. a. werden geringe Modifizierermengen von 3 bis 6 Teilen eingesetzt, um die Nacharbeit durch z. B. Sägen, Schneiden, Nageln, Bohren u. ä. zu verbessern, wobei die Sprödbruchempfindlichkeit von Normal-PVC weitgehend ausgeschaltet wird. PE-C ist ein hochwirksamer Schlagzähmacher von ausgesprochener Wirtschaftlichkeit (siehe auch Kapitel 2.1.2.1.2).
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE)
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■ Verwendung bei Weichfolien und Weichprofilen Außer als Schlagzähmodifizierer eignet sich PE-C als thermoplastischer Kautschuk auch für die Herstellung von migrationsfreien Weichfolien und Weichprofilen. Bisher bewährte Anwendungen sind:
• • • •
Dachfolien, Auskleidungsfolien für Behälter (z. B. Silos, Tanks), Wasser- und Klärbecken, Deponien, künstliche Seen usw., Abdichtfolien im Tief- und Hochbau, Weichprofile/Dichtprofile, besonders im Bausektor.
Die Flexibilität der Endprodukte bzw. deren Shore-Härte ist in weiten Grenzen durch das Abmischverhältnis (PE-C + PVC) einstellbar. Hierbei ist die Verwendung eines PVC-Typs im K-Wert-Bereich 55 bis 70 möglich. Dachfolien zeichnen sich durch eine Reihe günstiger Eigenschaften aus:
• • • • • • • • • • • •
bitumenbeständig (im Gegensatz zu PVC-U), kein Weichmacher-Ausschwitzen oder -Wandern, alterungs- und witterungsbeständig, gute mechanische Festigkeitseigenschaften und hohe Zähigkeit (auch bei tiefen Temperaturen), beständig gegen übliche Einflüsse aus atmosphärischen Verunreinigungen, wasserdicht, aber wasserdampfdurchlässig, quell- und verrottungsfest, beständig gegen zahlreiche Chemikalien, verträglich mit Polystyrol, Polyurethan, Polyethylen, PVC-U, jedoch nicht verträglich mit PVC-P, wurzelfest in Anlehnung an DIN 4062 Blatt 1, widerstandsfähig gegen Flugfeuer und strahlende Wärme nach DIN 4102 Teil 7, normalentflammbar (B 2) nach DIN 4102 Teil 1, leicht verschweißbar mit Lösemittel (THF) sowie HF und Heißgas.
Die UV-Beständigkeit wird durch langjährige Bewitterungsversuche (z. B. in Frankfurt und Bombay) bestätigt. Die mechanische Festigkeit und die Dehnfähigkeit der Folien bleibt über viele Jahre Außenbewitterung nahezu unverändert. Für Weichprofile aus (PE-C + PVC) werden überwiegend 70 bis 90 Masseanteile PE-C entsprechend 30 bis 10 Masseanteile PVC-U gewählt. Die Härten betragen Shore A 60 bis 75. Dazu kommen Stabilisatoren, Gleitmittel, Kreide (10 bis 20 phr) und TiO2 (3 und 4 phr).
■ Elastomerbereich PE-C kann nach verschiedenen Methoden – bevorzugt peroxidisch – vernetzt werden. Das sehr günstige Preis/Leistungsverhältnis erschließt zunehmend breite Anwendungsbereiche in der Kabel- und Gummiindustrie. Die Eigenschaften dieses Kautschuks überschneiden sich teilweise mit CSM (chlorsulfoniertes Polyethylen), CR (Polychloropren), EPDM (Ethylen-PropylenDien-Terpolymer) sowie NBR (Acrylnitril-Butadien-Kautschuk).
Vergleich des Eigenschaftsbildes von Hostapren mit anderen Kautschuken: Hieraus geht hervor, dass PE-C im Vergleich zu den aufgeführten Kautschuken ein vorzügliches Eigenschaftsbild aufweist. Die Vorteile von PE-C als Spezialkautschuk ergeben sich aus nachfolgender Zusammenstellung:
• • • • • • • •
hervorragende Alterungsbeständigkeit, ausgezeichnete Witterungs- und Ozonbeständigkeit, günstiges Brandschutzverhalten, gute Beständigkeit gegen Öle, auch bei hohen Öl-Temperaturen, gute mechanische Eigenschaften und hohe Abriebfestigkeit, niedrige Versprödungstemperatur, niedriger Druckverformungsrest bis 150 °C, gute Verarbeitbarkeit auf den üblichen Maschinen der Gummi-Industrie.
Die Vulkanisierung wird mit Peroxiden durchgeführt. Prinzipiell ist auch eine Vernetzung durch Bestrahlen oder peroxidfreie Systeme möglich (z. B. Thiodiaziol-Derivate). Die peroxidische Vernetzung hat gegenüber der Schwefelvernetzung den Vorteil hoher Bindungskraft, was zu besserer Wärmeformbeständigkeit infolge der stabileren –C–C-Bindung führt. PE-C kann leicht mit anderen Kautschuken zur Erzielung bzw. Veränderung charakteristischer Eigenschaften abgemischt werden. Durch Abmischen mit EPDM kann u. a. die Flexibilität bei tiefen Temperaturen verbessert werden, mit NBR wird eine höhere Benzin- und Ölbeständigkeit erreicht. Die zur Zeit verbreitetste Anwendung von Hostapren ist der Einsatz als Mantelwerkstoff für Kabel. Im Automobilbau ist die Verwendung für kompakte und geschäumte Weichprofile erfolgversprechend. Darüber hinaus ist PE-C für die Herstellung der verschiedenartigsten Schläuche und technischen Formartikel (Dichtungsbälge, Manschetten, Förderbänder u. ä.) geeignet. Handelsnamen ACS Daisolac Elaslen Fortiflex Haloflex Hypalon Kelrinal Solarflex
(Showa Denko K.K./JP) (Osaka Soda Co. Ltd./JP) (Showa Denko K.K./JP) (Solvay Deutschland/DE) (ICI PLC/GB) (Du Pont Deutschland GmbH/DE) (DSM Polymers & Hydrocarbon/NL) (Pantasote Inc./US)
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2.1.1.1 Polyethylen (PE)
Polyolefine (PO)
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
2.1.1.1.4.2.2 Vernetzte chlorierte Polyolefine (PE-CX)
Speziell für die Herstellung technischer Gummi-Formstoffe entwickelte Du Pont eine Produktfamilie mit dem Handelsnamen Alcryn®. Dabei handelt es sich – die Zusammensetzung des jeweiligen Typs wird in den Werkstoffblättern nicht genannt – vermutlich um ein Elastomer auf der Basis eines vernetzten chlorierten Polyolefins, und zwar ein Blend aus in-situ vernetztem Ethylen/Vinylacetat und Polyvinylidenchlorid in Verbindung mit Füllstoffen, Stabilisatoren und Weichmachern. Für die Verarbeitung werden mehrere gebrauchsfertige Typen im Härtebereich zwischen 60 bis 80 Shore A angeboten. Die verschiedenen Typen sind miteinander mischbar, ebenso mit PVC [19, 20]. Die Alcryn-Produktfamilie weist charakteristische Merkmale von Elastomeren mittlerer Leistungsfähigkeit auf. Im Druckverformungstest bei 100 °C weist Alcryn für diese Stoffklasse sehr gute Werte auf. Mit einer Versprödungstemperatur zwischen – 42 und – 46 °C erfüllt es die Forderungen der Automobilhersteller nach ausreichender Zähigkeit in der Kälte bis – 40 °C. Bei dieser Temperatur wird der Biegetest bestanden. In der Wärme- und Ölbeständigkeit (DIN 78 078) übertrifft dieses Material Nitrilkautschuk und Polychloropren. Im Gebrauchstemperaturbereich von –40 bis 120 °C ist die Wärmealterung gering. Die Ozon- und Witterungsbeständigkeit kommt derjenigen von EPDM gleich. Die Gebrauchstemperatur beträgt 100 °C, kurzzeitig 120 °C. Alcryn erweicht langsam bei Temperaturen von mehr als 135 °C. Das Material ist wie ein Thermoplast von allen üblichen Methoden verarbeitbar: Spritzgießen, Extrudieren, Blasformen, Kalandrieren und Warmformen. Das Fließweg/Wanddickenverhältnis zeigt für den Typ Alcryn 2070 BK Bild 2-64. Formstoffe aus Alcryn werden bevorzugt eingesetzt als Bauteile im Automobil, für Folien, Dichtungen, Manschetten, Schläuche, Draht- und Kabelisolationen, Schuhteile, beschichtete Textilien und Förderbänder, d. h. für statisch bean-
Bild 2-64. Fließweg/Wanddickenverhältnis von Alcryn 2070 BK (DuPont)
spruchte technische Teile. Für dynamische Beanspruchungen, beispielsweise Autoreifen, ist Alcryn nicht geeignet.
2.1.1.1.4.3 Sulfochloriertes Polyethylen Bei der Sulfochlorierung werden sowohl vernetzungsfähige SO2-Cl-Gruppen als auch in unvermeidbaren Nebenreaktionen Chloratome in die Polymerkette eingeführt. Die am häufigsten angewandte Methode ist das gleichzeitige Einwirken von SO2 und Chlor auf die Polyolefinlösung in einem Chlor-KW unter gleichzeitiger Einwirkung und UV-Strahlung oder 60Co-Strahlung.
冤
冷
冷
冥
––––CH2––CH––––CH2––CH2––––CH––CH2–––– n | | Cl ClSO2 Chlorethylen
Ethylen
Chlorsulfonylethylen
Sulfochlorierte Polyolefine dienen vorwiegend zur Herstellung von Elastomeren (CSM).Von den Polyolefinen wird vorwiegend PE-LD sulfochloriert. Die Elastomereigenschaften von Ethylen/Propylen-Copolymeren sind jedoch wesentlich besser. Als Vulkanisationsmittel dienen vor allem MgO und PBO plus-Beschleuniger. Anwendungsbeispiele Sulfochlorierte Polyolefine mit einem Chlor-Massegehalt bis zu 30 % dienen als Auskleidungsmaterial für Transportbehälter sowie im Apparatebau der chemischen Industrie. Die hohe Ozon- und Oxidationsbeständigkeit führte zur Verwendung für Kabelisolationen. Verschnitte mit anderen Kautschuken dienen als Beschichtungsmaterial. Handelsnamen Hypalon (Du Pont/US)
2.1.1.1.4.4 Phosphorylierung, Sulfophosphorylierung, Sulfierung, Oxidation Die Beständigkeit phosphorylierter Ethylen-Propylen-Copolymere gegen die Einwirkung von Ozon und Wärme ist höher als die von Hypalon. Sie werden deshalb als Isolationsmaterial für Drähte und Kabel verwendet. Sulfiertes PE-Öl dient als Schmiermittelzusatz. Oxidierte Polyolefine mit 3 bis 7 % O2 werden zu stabilen Emulsionen verarbeitet. Sie dienen zur Herstellung von rutschfesten Selbstglanzemulsionen für die Fußbodenpflege.
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2.1.1.1 Polyethylen (PE)
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
2.1.1.1.4.5 Copolymere des Ethylens (s. a. Kapitel 1.3.1) Das Copolymerisieren des Ethylens mit Propylen, Buten-1, Vinylacetat, Acrylsäureester, Kohlenmonoxid u. a. stört die Methylenkettenstruktur des PE und führt zu Segmenten begrenzter Kristallinität. Daraus folgt eine niedrigere Schmelztemperatur. Art und Polarität des Comonomers beeinflussen die intermolekularen Kräfte und die Glasübergangstemperatur. Zwar üben kleine Seitengruppen darauf nur eine geringe Wirkung aus, Carbonylgruppen führen jedoch wegen ihrer Polarität zu verringerter Kettenbewegung und damit zu einer höheren Glasübergangstemperatur. Methylgruppen und Chloratome vergrößern den Abstand und verringern so die Dispersionskräfte sowie die Kristallinität. Härte, Steifheit und Zähigkeit sind durch Kristallinitätsgrad, Schmelzpunkt und Glasübergangstemperatur gegeben. Das dielektrische Verhalten und die Chemikalienbeständigkeit werden jedoch durch das Comonomer mitbestimmt. Durch die statistische Copolymerisation von Ethylen mit geringen Mengen Propylen oder Buten-1 werden dem PE ähnliche Produkte gewonnen. Die Eigenschaften gleichen in mancher Hinsicht denen von verzweigtem PE, d. h. PE-LD. 2.1.1.1.4.5.1 Ethylen/Vinylacetat-Copolymere (EVAC)
Allgemeine Stoffbeschreibung Einen stärkeren Einfluss auf das Eigenschaftsbild von PE – vor allem PE-HD – als das Zumischen von Polyisobutylen und Kautschuk oder auch von PE-LD sowie das Copolymerisieren mit geringen Mengen von Buten-1 gewinnt die Copolymerisation mit Vinylacetat.
Ethylen
Vinylacetat
Ethylen/Vinylacetat-Copolymer (EVA)
Mit zunehmendem Anteil des polaren Comonomers VAC wandeln sich die entstehenden Produkte vom modifizierten PE über wachsverträgliche Schmelzklebstoffe oder kautschukartige Produkte bis hin zu den plastifizierten Produkten des Comonomers, die beispielsweise als Dispersionen technische Bedeutung erlangten.
■ Struktur und Eigenschaften Während bei PE-LD außer dem Schmelzindex (MFR) die Dichte das wichtigste Charakteristikum ist, müssen Copolymere außerdem durch den Gehalt an Comonomeren gekennzeichnet werden. EVA-Copolymer wird mit steigendem VAC-Gehalt infolge abnehmender Kristallinität weicher. Die Dichte nimmt bis zu
einem VAC-Anteil von 10 % wegen des gestörten kristallinen Aufbaus ab. Bei höheren Gehalten strebt sie der des Polyvinylacetats von 1,17 g/cm3 zu. Bei konstantem Schmelzindex ergibt sich mit zunehmendem VAC-Gehalt folgender Zusammenhang: es steigen:
es fallen:
Zähigkeit in der Kälte Schockfestigkeit Flexibilität Spannungsrissbeständigkeit Transparenz Dichte Witterungsstabilität Klebrigkeit Füllstoffaufnahmevermögen Heißsiegelfähigkeit Schweißbarkeit Strahlenvernetzbarkeit Wechselbiegefestigkeit
Härte Steifheit Schmelztemperatur Chemikalienbeständigkeit Streckspannung Sperreigenschaften Formbeständigkeit in der Wärme
Während üblicherweise höhere Dichten höhere Steifheit und eine höhere Glasübergangtemperatur bewirken, ist im Falle der EVA-Copolymere das Gegenteil der Fall. Bis zu einem Methylengehalt von 30 % enthalten diese Copolymere noch kristallin geordnete Methylensegmente. Mit steigendem VAC-Gehalt nimmt dementsprechend die Transparenz zu. Das Produkt wird gummielastisch. Auch die Reißfestigkeit durchläuft ein Maximum. Produkte bis zu 10 Masse-% VAC-Anteil sind im Vergleich mit PE-LD transparenter, flexibler und zäher, was bei Schwersackfolien und Tiefkühlverpackungen erwünscht ist. Sie sind leichter siegelbar, eine Eigenschaft, die bei Beuteln und Verbundfolien geschätzt wird. Die hohe Beständigkeit gegen die Bildung von Spannungsrissen wird vor allem bei Kabelummantelungen geschätzt. Schrumpffolien weisen bei niedriger Temperatur einen hohen Schrumpf auf und Streckfolien relaxieren weniger. Masseanteile von 15 bis 30 % sind dem PVC-P vergleichbar. Sie sind sehr weich und flexibel. Aus dem noch thermoplastisch verarbeitbaren Material werden Verschlüsse, Dichtungen, Keder und rußgefüllte Kabelisolationen hergestellt. Compounds mit VAC-Anteilen von 30 bis 40 % sind elastisch dehnbar, weich und hoch füllbar. Festigkeit und Haftfähigkeit sind hoch, schätzenswerte Eigenschaften von Beschichtungen und Klebstoffen. Bei Anteilen von 40 bis 50 Masse-% treten die Kautschuk-Eigenschaften hervor. Diese Produkte sind bei Kabelisolationen peroxidisch oder strahlentechnisch vernetzbar. Durch Propfreaktion kann hochschlagfestes PVC mit guter Witterungsbeständigkeit erzeugt werden (siehe auch Kap. 2.1.2 PVC). Hydrolyse-Polymere eignen sich für die Herstellung von Beschichtungsmaterial, Schmelzklebstoffen sowie zur Herstellung von Formteilen und Folien hoher Festigkeit und Zähigkeit. Copolymere mit VAC-Anteilen von 70 bis 95 % dienen zur Herstellung von Emulsionsfarben, Klebstoffen und Folienbeschichtungen.
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■ Sortiment, Lieferformen Naturfarbene, d. h. glasklare sowie gefärbte und gefüllte Formmassen sind als Granulat und als rotationsformbares Pulver lieferbar. Bei einem Kreideanteil von 50 % entstehen lederähnliche Erzeugnisse mit trockenem Griff. Eine Rußfüllung von 30 % ergibt halbleitende Erzeugnisse (10 bis 101 W cm). Ein Bariumferritgehalt bis zu 90 % wird für magnetisierbare flexible Produkte wie Dichtleisten von Kühlschränken verwendet. Mischungen mit Kollophonium und Füllstoffen sind als Schmelzklebstoffe bekannt. Mischungen mit Paraffinen dienen als Schmelzbeschichtungen in der Papierveredelung. ■ Physikalische Eigenschaften Die wichtigsten Eigenschaften von Copolymerisaten im Dichtebereich 0,934 bis 0,936 (VAC-Gehalt 13 bis 16 %) sind in Tabelle 2-3 wiedergegeben. Bild 2-65 zeigt die kennzeichnenden mechanischen Eigenschaften in Abhängigkeit vom VACGehalt. Der Zusammenhang zwischen mechanischen Eigenschaften, Fließverhalten, Spannungsrissbeständigkeit und Schmelzindex gleicht dem der EthylenHomopolymere. ■ Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase Die Abhängigkeit der Gas- und Dampfdurchlässigkeit vom VAC-Gehalt zeigt Bild 2-66. ■ Chemikalienbeständigkeit beständig gegen:
Verdünnte Mineralsäuren, Laugen, Alkohole, Fette, Öle, Detergenzien nicht beständig gegen: Konzentrierte Mineralsäuren, Ketone, aromatische und chlorierte KW
Bild 2-65. Abhängigkeit kennzeichnender Eigenschaften der EVA-Copolymere vom VACGehalt
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Bild 2-66. Abhängigkeit der Durchlässigkeit von EVA für Wasserdampf und Gase in Abhängigkeit vom VAC-Gehalt
Die geringe Kristallinität (hoher Verzweigungsgrad) und die polaren Eigenschaften der EVA-Copolymere bedingen die im Vergleich zu PE-LD geringere Beständigkeit, die sich mit steigendem VAC-Gehalt noch verschlechtert. Außer dem Gehalt an VAC hat auch die Temperatur einen entscheidenden Einfluss auf die Chemikalienbeständigkeit.
■ Spannungsrissbildung (s. a. Kapitel 1.3.4) Die Beständigkeit steigt mit dem VAC-Gehalt und fallendem Schmelzindex. Sie ist bei den EVA-Copolymeren grundsätzlich höher als bei vergleichbarem PE-LD.
■ Brennbarkeit EVA-Copolymere entzünden sich bei Flammeneinwirkung, brennen mit schwach leuchtender Flamme auch außerhalb der Zündquelle weiter und tropfen brennend ab.
■ Witterungsbeständigkeit Bei Lagerung im Freien werden Polyethylen und Copolymere des Ethylens (wie die meisten Natur- oder Kunststoffe) unter der Einwirkung von Witterungseinflüssen, insbesondere durch UV-Anteile des Sonnenlichts unter Beteiligung des Luftsauerstoffs, geschädigt. Durch den Abfall verschiedener Eigenschaftswerte, beispielsweise Zähigkeit und Reißdehnung, und mögliche Verfärbungen wird ihr Gebrauchswert beeinträchtigt. Bei gleitmittelhaltigen Typen kann es darüber
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
hinaus durch Wärmeeinwirkung zu einer Veränderung des Gleitmittels kommen, die sich durch gelbliche Verfärbung und durch Geruchsbildung bemerkbar macht. Ein höherer VAC-Gehalt führt zu einer höheren Witterungsbeständigkeit, als sie das homopolymere PE-LD aufweist. Durch Zusatz von UV-Stabilisatoren kann die Witterungsbeständigkeit erheblich erhöht werden. Den besten Schutz bietet der Zusatz spezieller Ruße.
■ Gesundheitliche Beurteilung Copolymere des Ethylens mit einem Vinylacetatgehalt > 10 % fallen unter die BGA-Empfehlung XXXV, betreffend „Mischpolymerisate aus Ethylen, Vinylester ... etc. Gegen ihre Verwendung von Bedarfsgegenständen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 des LMBG bestehen keine Bedenken (Stand vom 01.04.1990 des BGA (1985. Mitteilung Bundesgesundheitsblatt 33 (1990), S. 269). Das gleiche gilt auch für § 5 Abs. 1, Nr. 5 (Spielwaren). Der Kontakt mit Lebensmitteln ist zulässig, ausgenommen sind Fette, fetthaltige Lebensmittel und Öle. Diese Ausnahme gilt auch bei Verschnitten mit PE (und anderen Stoffen), bei denen der Gesamtgehalt wieder unter 10 % liegt.“ ■ Verarbeitung (s. a. Kapitel 1.4) EVA ist unter den für PE-LD üblichen Bedingungen ohne Schwierigkeit verarbeitbar, wenn auch die Parameter im einzelnen vom VAC-Gehalt abhängig sind. Es empfiehlt sich, die Verweilzeit der Schmelze kurz zu halten und Temperaturen um 230 °C nicht zu überschreiten, um thermischen Abbau und das Abspalten von Essigsäure zu vermeiden. Bei Produktionsunterbrechungen sollte die Anlage mit PE-LD durchgespült werden (siehe auch die Sicherheitsvorkehrungen bei PE (Kapitel 2.1.1)). Richtwerte für die verschiedenen Verarbeitungsverfahren sind folgende:
Spritzgießen Profilextrusion Tafelextrusion Schlauchfolien Flachfolien Extrusions-Blasformen
Einzugzone °C
Austragzone °C
100 bis 140 100 bis 120 100 bis 125 110 bis 130 140 bis 160 100 bis 120
175 bis 220 160 bis 180 160 bis 200 150 bis 185 180 bis 225 140 bis 175
Die Werkzeugtemperaturen betragen 20 bis 40 °C beim Spritzgießen und 40 °C beim Blasformen. Übrige Verarbeitungsverfahren Die übrigen für EVA in Betracht kommenden Verarbeitungsverfahren gleichen denen des PE-LD. Wegen seiner polaren Struktur ist EVA besser bedruck- und lackierbar, obwohl es in den meisten Fällen, beispielsweise durch Coronaentladung, vorbehandelt wird. Auch das Kleben wird günstig beeinflusst.
Anwendungsgebiete Flexible Extrudate wie Schläuche, Folienbeutel, Profile, Draht- und Kabelummantelungen. Dazu kommen Verschlüsse, Dichtungen, Staub- und Narkosemasken, Wegwerfhandschuhe, Kistenauskleidungen, Verpackungs(Schrumpf-, Skin-, Stretch-) und Gewächshausfolien, Eiswürfelbehälter, Skistockteller, Faltenbälge, aufblasbares Spielzeug, Quietschtiere mit Stimme, Beschichtungen auf Aluminium, Stahl, Glas, Papier, Karton, Verbundflaschen für Kosmetika, Pharmazeutika, Chemikalien und die Nahrungsmittelindustrie, Verbundfolien für Lebensmittelverpackungen (PA, EVA, PE-LD) und Skinfolien, Basismaterial für Compounds, beispielsweise Schalldämmmassen. Handelsnamen Aclyn Araldon Cabalec Capolene Elvax Evaflex Evatane Levapren Levasint Nipoflex Nucrel Plexar Roxene Soarblen Soarlex Softlex Sumikathene Ultrathene Vinnapas Visqueen Vistalon Zimek
(Allied Color Ind./US) (Bayer AG/DE) (Cabot Corp./US) (Asahi Chemical Ind./JP) (Du Pont Deutschland GmbH/DE) (Du Pont-Mitsui Polychemical Comp./JP) (Elf Atochem Deutschland GmbH/DE) (Bayer AG/DE) (Bayer AG/DE) (Toyo Soda Mfg. Co./JP) (Du Pont Deutschland GmbH/DE) (Quantum Chemical Corp./US) (Roxene Products Co./US) (Nippon Gohsei Chemical Ind./JP) (Nippon Gohsei Chemical Ind./JP) (Nippon Petrochemical Co./JP) (Sumitomo Chemical Co./JP) (Quantum Chemical Corp./US) (Wacker Chemie GmbH/DE) (ICI PLC/GB) (Advanced Elastomer Systems/US) (Du Pont Deutschland GmbH/DE)
2.1.1.1.4.5.2 Ethylen/Vinylalkohol-Copolymere (EVOH)
Während im EVA der Ethylenanteil überwiegt, basieren die EVOH-Copolymere auf einem höheren Gehalt an VAC. EVOH wird durch Teilverseifen von VAC hergestellt. Dieses Copolymer weist starke polare und unpolare Segmente auf, was nahelegt, dieses Material auch als Faserrohstoff zu verwenden. Die bereits im Jahre 1945 von Du Pont durchgeführten Entwicklungsarbeiten verloren jedoch mit dem Erscheinen neuer Rohstoffe für synthetische Fasern an Bedeutung.
Polyolefine (PO)
239
2.1.1.1 Polyethylen (PE)
Polyolefine (PO)
240
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Ethylen/Vinylalkohol-Copolymere
EVOH-Folien sind hydrophil. Die Durchlässigkeit hängt somit von der Temperatur und vom Feuchtigkeitsgehalt ab. Diese Folien bedürfen keiner besonderen antistatischen Ausrüstung. Sie sind glasklar und glänzend. Während gewöhnliche EVOH-Folien für die Verpackung von Textilien verwendet werden, weisen Verbundfolien mit PE-LD, PP, PA und PET besonders günstige Sperreigenschaften für Gase und Aromastoffe auf. Dabei bildet die EVOH-Folie die Kernschicht. Seit mehr als 15 Jahren liegen gute Erfahrungen mit einem EVOH-Wirbelsinterpulver in den Bereichen: Anlagen der chemischen Industrie, Hoch- und Stahlbau, Straßen und Offshorebau sowie im Verkehrswesen vor. Die Überzüge sind porenfrei, chemikalien- und witterungsbeständig, flexibel, gut haftend und schwerentflammbar. Die zähelastischen Überzüge sind abrasionsbeständig, glatt und inkrustationshemmend. Sie schützen gegen die Wirkung vagabundierender Ströme. Der Einsatztemperaturbereich beträgt + 70 °C bis – 40 °C. Diese Beschichtungen werden durch Wirbel-, Schütt- oder Rotationssintern sowie durch Pulversprühen oder Flammspritzen aufgebraucht. Die Schichtdicke beträgt 300 bis 800 µm. Handelsnamen Clarene Eval Levasint Selar Soarnol
(Deutsche Solvay Werke/DE) (Eval Corp. of America/US) (Bayer/DE) (Du Pont de Nemours/US) (Nippon Gohsei Chem./JP)
2.1.1.1.4.5.3 Ethylen/Ethylacrylat-Copolymere (EEAK)
■ Allgemeine Stoffbeschreibung EEAK-Copolymere ähneln dem PE-LD in ihrem Aussehen. Sie sind flexibel wie PVC-P, ohne jedoch die thermische Instabilität und die Weichmacherwanderung desselben aufzuweisen. Die Herstellung dieses Copolymers geschieht nach dem Hochdruckverfahren. Der Ethylenacrylat-Anteil und die molare Masse der einzelnen Typen sind unterschiedlich. Durch Einführen der Ethylacrylatgruppe in die PE-Kette wird der Kristallinitätsgrad verringert, was zu größerer Flexibilität und niedrigerer Schmelztemperatur führt. Mit dem Acrylatgehalt nimmt auch die Polarität des Polymers zu, die größere intermolekulare Kräfte bewirkt. Durch Erhöhen der molaren Masse können einige physikalische Eigenschaften verbessert werden, während die Verarbeitbarkeit abnimmt.
Ethylen
Ethylacrylat
Ethylen/Ethylacrylat-Copolymer (EEA)
■ Sortiment, Lieferformen, Typisierung Die große Typenreihe reicht von kautschukartigen, bei niedriger Temperatur schmelzenden Produkten, die als Schmelzklebstoff verwendet werden, bis zu polyethylenähnlichen Typen von ungewöhnlicher Zähigkeit und Flexibilität. Auf dem Markt überwiegen die höhermolekularen Produkte für das Spritzgießen und Extrudieren. Für das Rotationsformen sind pulverförmige Typen lieferbar. EEA-Formmassen sind nicht typisiert.
■ Physikalische Eigenschaften Die wichtigsten physikalischen Eigenschaften gibt Tabelle 2-3 wieder. Das Material ist durchscheinend. Die Wasseraufnahme beträgt weniger als 0,1 %. Die Sauerstoffdurchlässigkeit ist geringer als bei PE-LD, die Wasserdampfpermeabilität dagegen höher.
■ Chemikalienbeständigkeit Beständig gegen: Schwache Säuren, Laugen, Alkohole, Fette, Öle, Detergenzien; nicht beständig gegen: Oxidierende Säuren, Ketone, aromatische und chlorierte KW, (EEA ist beständiger gegen Spannungsrissbildung als EVA) und Witterungseinflüsse (nicht stabilisiertes Material vergilbt).
■ Brennbarkeit Brennt langsam mit leuchtender Flamme, fruchtartiger Geruch.
■ Gesundheitliche Beurteilung Gemäß FDA-Beurteilung sind nur Produkte mit einem Ethylacrylatgehalt bis 8 % lebensmittelrechtlich unbedenklich [21].
■ Verarbeitung Wie PE-LD und EVA, jedoch mit etwas höherer Temperatur als EVA. Spritztemperatur: Spritzdruck: Verarbeitungsschwindung:
120 bis 300 °C 560 bis 1400 bar 1,5 bis 3,5 %
Polyolefine (PO)
241
2.1.1.1 Polyethylen (PE)
Polyolefine (PO)
242
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Anwendungsbeispiele Saugschläuche für Staubsauger und Schwimmbeckensauger, Dichtungen, Absaugleitungen, Laufrollen, Stoßleisten, Rohrkappen, Keder, Einweghandschuhe, Krankenhausfolien. Leitfähige Folien und Rohre dienen zur Herstellung von Folienbeuteln für den Transport von Sprengstoff oder von Hospitalbedarf für Anwendungen, bei denen aus Sicherheitsgründen keine elektrostatische Aufladung erfolgen darf. Handelsname Primacor (Dow Chemical/US)
2.1.1.1.4.5.4 Ethylen/Methylacrylat-Copolymere (EMA)
■ Allgemeine Stoffbeschreibung Ethylen/Methylacrylat ist eines der thermostabilsten Olefin-Copolymere. Es wird für die Herstellung von Folien und Tafeln, für das Spritzgießen, das Extrusionsbeschichten und das Coextrudieren verwendet. Bei der Herstellung von Masterbatch dient es als Basismaterial. Es ist bis zu mehr als 60 % füllbar, ohne dass seine elastomerischen Eigenschaften beeinträchtigt werden [22]. Polymerisiert wird nach dem üblichen Hochdruckverfahren. Dem Reaktor wird Ethylen und Methylacrylat zugeführt. Der Acrylatanteil beträgt meistens 20 %. ■ Eigenschaften Einige der nachhaltigsten Wirkungen bei der Zugabe von EMA bestehen in der Erniedrigung der Vicat-Temperatur, beispielsweise von 90 °C auf 58 °C, der Reduktion des Biege-E-Moduls, einer wesentlichen Verbesserung der Beständigkeit gegen Spannungskorrosion und einer Verbesserung der dielektrischen Eigenschaften. Die Thermostabilität des Materials ist so hoch, dass beim Extrusionsbeschichten Temperaturen von 315 °C bis 330 °C gewählt werden können. ■ Verarbeitung Bei einer Schmelztemperatur von 150 °C kann EMA auf normalen PE-LD-Anlagen zu Schlauchfolien verarbeitet werden. Die dart-drop-Festigkeit ist hoch. Es kann bei niedriger Temperatur, niedrigerem Anpressdruck und kürzerer Anpresszeit heißgesiegelt werden. Die optischen Eigenschaften sind nicht so gut wie die des PE-LD. EMA eignet sich vorzüglich für das Extrusionsbeschichten. Die Haftung auf gereckten Folien ist vorzüglich, wenn diese mit PVDC-Lösung vorbehandelt werden. Aluminiumfolien müssen mit einem Primer versehen werden. EMA dient bei Verbundfolien als siegelfähige Schicht oder als Haftschicht zwischen den Lagen coextrudierter Folien, beispielsweise bei Polyolefinen, Ionomeren, PET, EVA und EEA.
243
Quetschflaschen und Quietschtiere, flexible Schläuche und Profile sind spannungsrissbeständig und kälteschlagzäh. Geschäumte Folien werden zum Verpacken von Fleisch verwendet. EMA kann auch als Legierungskomponente für PE-LD verwendet werden, um dessen Schlagzähigkeit und Heißsiegelfähigkeit zu verbessern sowie den Oberflächen-Reibwert zu erhöhen. Handelsnamen Paxon (Allied Corp./US) Zetafin (Dow Chemical/US)
2.1.1.1.4.5.5 Ethylen/Acrylsäure-Copolymere (EAA)
Die Copolymere aus Ethylen, Acrylsäure und/oder Derivaten der Acrylsäure zeichnen sich aus durch:
• • •
gute Haftfestigkeit auf unterschiedlichen Trägerwerkstoffen, hohe Beständigkeit gegen die Bildung von Spannungsrissen, hohe Flexibilität.
Die BASF AG verfügt in ihrem Lucalen® Sortiment über ein vielseitig einsetzbares Sortiment von Typen, die sich durch unterschiedliche Anteile von Butylacrylat (BA) und/oder Acrylsäure (AA) unterscheiden. Ein hoher BA-Anteil ohne AA-Gehalt führt zu einem Produkt mit niedrigem E-Modul, hoher Reißdehnung, niedriger Vicattemperatur, höherer Wasserdampf- und Sauerstoffdurchlässigkeit. Die Vicattemperatur gibt eine orientierende Aussage über den Beginn der Erweichung sowie des Schweiß- und Siegelbereichs. Die Lucalen-Marken sind miteinander, mit anderen Ethylen-Copolymeren sowie mit PE-LD, -HD und -LLD in jedem Verhältnis mischbar. Dabei sollte auf eine vergleichbare Viskosität der Komponenten geachtet werden (homogene Mischbarkeit). Bei der Extrusion wird eine hohe Verbundfestigkeit zwischen Lucalen und PE-LD, -LLD, -HD, EVA und PA erreicht. Der Bereich der Verarbeitungstemperatur beträgt je nach Erzeugnis, Verarbeitungsverfahren und Materialtyp 110 – 130 °C bei Profilen und Schläuchen, 180 – 290 °C beim Kaschieren bzw. 160 – 220°C z. B. beim Beschichten von Rohren. Alle mit heißer Schmelze in Berührung kommenden Maschinen- und Werkzeugoberflächen sind korrosionsgefährdet. Einen Schutz bietet das Verchromen oder der Einsatz von Chrom-Nickel-Stahl. Die zur Herstellung der Lucalen-Marken verwendeten Monomere und sonstigen Ausgangsstoffe sind in der Bedarfsgegenständeverordnung vom 10. April 1992 (Bundesgesetzblatt 1992, Teil I S. 866, Anlage 3, Abschnitt A) aufgeführt. alle übrigen verwendeten Stoffe enthält die BGA-Empfehlung XXV. Mischpolymerisate aus Ethylen, Stand vom 10. 04. 1991 des Bundesgesundheitsamtes (187. Mitteilung Bundesgesundheitsblatt 34 (1991), S. 296).
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE)
Polyolefine (PO)
244
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Eine Berührung der Erzeugnisse aus Lucalen mit Fetten, Ölen und fetthaltigen Lebensmitteln ist nicht zulässig. Mit Rücksicht auf die Permeabilität von Lucalen-Verpackungen für Gase, Dämpfe und Geruchsstoffe sind vor der Verwendung Lagerungsversuche unter Praxisbedingungen durchzuführen.
■ Anwendungen Die Anwesenheit polarer Gruppen in allen Lucalen-Typen gewährleistet eine vorzügliche Haftung auf Papier, Karton, Metall, Glas und Kunststoffen. Stahlrohre für den Transport von Erdöl, Gas, Wasser und andere Medien werden durch Beschichten mit Polyethylen geschützt. Die Haftung von PE auf Stahl bzw. dem EP-Primer gewährleistet Lucalen. Pulverbeschichtungen von Glas bieten einen wirksamen Oberflächen- und Splitterschutz. Aluminiumfolien verhindern als Diffusionssperre das Eindringen von Feuchtigkeit. Lucalen verbindet die Folie mit dem Kabelmantel; ebenso Verbundblechlaminate aus Stahl, Aluminium und Polyethylen im Bauwesen und Apparatebau sowie die Sperrschicht aus Aluminium mit Polyethylen auf Papier. Bei Polyolefinen und Polymerblends sowie bei Füllstoffen sorgt Lucalen als Phasenvermittler für eine sichere Anbindung. Profile aus EAA sind auch bei tiefen Temperaturen elastisch, Anwendungsbeispiele sind Abdichtungen bei Kühlschränken, Schutz- und Zierleisten im Automobilbau sowie Verbundprofile. Das Verbinden von Aluminium, Stahl, Holz und Kunststoff ermöglicht es, das Produkt beispielsweise bei Wohnwagen und Tischtennisplatten zu verwenden. Spritzgegossen werden Verschlüsse für Hohlkörper, Dichtungen und Kleinteile. Handelsnamen Lucalen A (BASF AG/DE) Nucrel (Du Pont Deutschland GmbH/DE) 2.1.1.1.4.5.6 Ethylen/Butylacrylat-Copolymere (EBA)
ECB, das Lucobit® der BASF AG, unterscheidet sich von zahlreichen PE-Copolymerisaten, die vorwiegend mit Paraffinen zu Poliermitteln, Schmelzklebstoffen, Beschichtungsmassen und Wachsen verarbeitet und teilweise vernetzt werden, dadurch, dass es thermoplastisch verarbeitet ist. Die anwendungstechnisch wichtigsten Produkte sind extrudierte Folienbahnen vorwiegend für Flachdachabdeckungen, den Tiefbau zum Schutz gegen das Eindringen von Feuchtigkeit oder das Versickern von Gewässern in Gräben, Kanälen, Böschungen, Wasserrückhaltebecken und Teichen [25]. Diese vielseitigen Anwendungen erfordern eine Stabilisierung gegen die Einwirkung von Wärme und den UV-Anteil der Sonnenstrahlung als Alterungsschutz. Alle Lucobit-Typen sind unempfindlich gegen Spannungsrissbildung und Kerbwirkung.
245
Bild 2-67. Kennzeichnende Eigenschaften einiger Lucobit-Typen der BASF AG
Wie Bild 2-67 zeigt, unterscheiden sich die drei Typen des Lucobit-Sortimentes durch ihre Reißfestigkeit, -dehnung, Steifigkeit, Kälteschlagzähigkeit und Formbeständigkeit in der Wärme. Die als schwarzes Granulat gelieferten Spritzguss-Formmassen werden auf Schneckenkolbenmaschinen bei Massetemperaturen zwischen 160 und 220 °C, je nach Typ, verarbeitet. Lucobit ist beständig gegen Wasser und wässrige Lösungen, Salze, verdünnte Säuren und Laugen. Aliphatische, aromatische und halogen substituierte Kohlenwasserstoffe quellen ECB an bzw. lösen es. Das Material wird im geschmolzenen Zustand selbst bei 260 °C nach mehrstündiger Dauer nicht geschädigt. Handelsname Lucobit (BASF AG/DE)
2.1.1.1.4.6 Abbaubare Polyethylene und andere Kunststoffe (s. a. Kapitel 1.2.6) Umweltdiskussionen über den Verbleib von Kunststoffen nach ihrem Gebrauch beschäftigen seit Anfang der siebziger Jahre die Rohstoffhersteller. Dabei wurden und werden anstelle des Deponierens zwei Wege eingeschlagen, und zwar das Recycling in Form stofflicher bzw. energetischer Zweitnutzung oder als Alternative die Entwicklung abbaubarer Polymere, die nur während einer vorgebbaren Zeit bei gezielter Anwendung ihren eigentlichen Zweck erfüllen,
Polyolefine (PO)
2.1.1.1 Polyethylen (PE)
Polyolefine (PO)
246
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
danach abgebaut werden und zerbröseln, um die Umwelt nicht länger zu belasten. Der Abbau kann ebenfalls auf zwei Wegen vor sich gehen [24]. Beim biologischen Abbau werden die Polymere durch Enzyme zersetzt, die von Mikroorganismen ausgeschieden werden, vorausgesetzt, dass das Polymer mikrobenfreundlich ist. Beim photochemischen Abbau wird das entsprechend sensibilisierte Polymer bei Einwirkung des UV-Anteils der Sonnenstrahlung abgebaut, d. h. die Kettenmoleküle werden gespalten, der Formstoff zerfällt in kleine Partikel. Selbstverständlich dürfen die Abbaureaktionen nicht beim vorgesehenen Gebrauch der Kunststofferzeugnisse ausgelöst werden. Zu den Einsatzgebieten, bei denen ein gezielter Abbau erwartet wird, gehören in der Medizintechnik beispielsweise Nahtmaterial und resorbierbare Implantate. Ein biologischer bzw. photochemischer Abbau wird auch bei Abdeck- und Frühbeetfolien in der Landwirtschaft erwartet. Dort sollen sie nur das Wachstum fördern, ohne später bei der Ernte zu behindern. Der Gartenbau schätzt diese Entsorgungsmöglichkeit bei Folien und Blumentöpfen.Auf dem vielseitigen Gebiet der Verpackungen geht es um Folien, Flaschen, Schaumstoffen, Boxen und vieles mehr. Auf Initiative der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) gründeten am 10. 09. 1991 in Braunschweig Vertreter einer Reihe deutscher Werkstoffprüfinstitute eine „Nationale Initiative zur Erstellung von Testverfahren“. Im Oktober 1992 wurde unter Beteiligung dieser Initiative vom FNK im DIN der Arbeitskreis „Bioabbaubare Kunststoffe“ gegründet, der inzwischen Vorschläge auf europäischer Basis erarbeitete [25]. Der biologische Abbau von Kunststoffen ist auf drei Wegen zugänglich:
• • •
durch Biosynthese (Stärke und Cellulose), durch biotechnische Verfahren (z. B. Polyhydroxyfettsäuren), durch chemische Synthese (z. B. Polyester, Polyamide, Polvinylalkohol).
Stärke und Cellulose liefert die Syntheseleistung der Natur. Polymerblends aus PE und ca. 6 % Masseanteil Stärke verarbeiten Pf. Lawrence Starch Comp.,Areter Daniels Midland Co. und Epron Ind. Ltd. vor allem für Verpackungen. Ein spezielles Verfahren erarbeitete Monteshell mit ihrem „Mater-Bi“, das bis zu 80 % Masseanteil Stärke und einen nichtolefinischen Thermoplasten enthält [26]. L. J. L. Griffin erreicht die biologische Abbaubarkeit von Mulchfolien durch Zugabe von 30 % Masseanteil vorbehandelter Stärke als Füllstoff von aliphatischen Polyestern, die durch Bodenenzyme abgebaut werden. Hydroxycarbonsäurebutyrat und -valeriat (z. B. beim Biopol der ICI), Polymilchsäuren und Polycaprolakton bilden spezielle Bakterienstämme. In wässriger Lösung sind Verpackungen aus PVAL (z. B. Aicello der Aquafilm Ltd.) vor allem für das Verpacken von Hospitalwäsche abbaubar.
2.1.1.1.5 Literatur – Kapitel 2.1.1.1 [1] Lupolen PE-HD, PE-MD, Stoffbroschüre 578 d 1.93 [2] Bork S (1984) Lineares Polyethylen niedriger Dichte (PE-LLD), Eigenschaften, Verarbeitung und Anwendung, Kunststoffe 74, S 474–486
247
[3] Saechtling HJ (1995) Polyethylen,„Kunststoff-Taschenbuch“, 26. Ausgabe, S 345–366, München, Hanser Verlag [4] Dominik M (1995) Standard Kunststoffe, Kunststoffe 85, S 2168 [5] NN (1996) Borealis erwartet viel von der „Borstar“-Technologie, K-Plastic & KautschukZeitung, Nr 7, S 17 und 18 [6] Fleißner M (1996) „Polyethylene“, Tagungshandbuch Kunststoffe ’96 des SKZ Würzburg am 17. und 18. April 1996 [7] Gersch B (1996) „New era in polyolefins rewrites supply map for global processors“, Modern Plastics International, S 112 [8] Bosshard AW u. HP Schlumpf (1989) „Füllstoffe und Verstärkungsmittel“ in R Gächter und R Müller: Kunststoff-Additive 3. Ausgabe, S 549–615, Hanser Verlag, München [9] Richard K, Gaube E und G Diedrich (1959) „Langzeitverhalten von Rohren aus PE-HD“, Kunststoffe 49, S 516–522 [10] Gaube E u.a. (1985) „Zeitstandfestigkeit und Alterung von Rohren aus PE-HD“, Kunststoffe 75, S 412–415 [11] Lücker H, Schulte U (1995) „PE-Rohre – Kunststoffe mit verbessertem Leistungsniveau“, Kunststoffe 85, S 1127–1128 [12] Hachmann H (1973) Das Reibungs- und Verschleißverhalten der Kunststoffe, VDI BW 857 [13] Glaser R (1984) „Polyethylen niedriger Dichte“, Kunststoffe 74, S 543–545 [14] Kneer, J (1996) „Verarbeitungshilfsmittel für PE-LLD“, Kunststoffe 86, S 80–81 [15] Bailey PN u. DC Varrall (1996) Exeed® PE-LLD:„ A New Generation of Linear Polymers for the European Film Market“ (siehe [7] in Schrifttum Kap. 1 bis 1.3.6) [16] Ticona GmbH: Stoffbroschüre Ultrahochmolekulares Polyethylen (PE-UHMW) GUR®, April 2004 [17] Prout OE (1983/84) „UHMW-Polyethylene“, Mod. Plast. Encyclopedia, S 55–60 [18] BASF AG (1993) Stoffbroschüre „Lupolen“ B578d 1.93 [19] Khairi, Nagdi (1993) Rubber as an Engineering Material“, Hanser Verlag, München [20] Hofmann W (1989) „Rubber Technology Handbook“, München, Hanser Verlag, München [21] Bonotto S (1983/84) „Ethylene-ethylacrylate in [17], S 63–64 [22] Baker G (1983/84) „Ethylene-methylacrylate in [17], S 64 [23] BASF AG (1989) Stoffmerkblatt Lucobit® KPL 8900 d 12.89 [24] SKZ Würzburg: Druckschrift „Kunststoffe und Umwelt“ [25] Pantke M (1994) „Biologisch Abbaubare Kunststoffe“, Kunststoffe 84, S 1090 [26] Oberbach K (1995) in [3], S 365
2.1.1.2 Polypropylen Nina Woicke Mit einer weltweiten Produktion von ca. 40 Mio. t/a im Jahr 2003 [1] hat sich Polypropylen (PP) unter den Kunststoffen hinter Polyethylen (PE) auf den zweiten Platz vorgeschoben. Mittelfristig wird mit einer Zuwachsrate von 6 % pro Jahr gerechnet [2]. Die Haupteinsatzgebiete vom Polypropylen liegen im Verpackungsbereich sowie im Faserbereich. Neben diesen Hauptanwendungsgebieten wird PP zunehmend im Automobil- und Konsumerbereich eingesetzt. Neue Trends bei PP sind der Einsatz von Co-Polymeren, PP-Schäumen und mineralischen Compounds, die die Grenzen der klassischen Eigenschaften von PP verschieben können. So hat sich das Marktvolumen von langfaserverstärktem PP von 2002 bis 2006 mehr als verdoppelt.
Polyolefine (PO)
2.1.1.2 Polypropylen (PP)
Polyolefine (PO)
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• • • • • • •
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
PP ist durch folgende Eigenschaften geprägt: Niedrige Dichte Hoher Schmelzpunkt Niedrige Neigung zur Spannungsrissbildung Vielseitige Möglichkeiten, mechanische Eigenschaften einzustellen Gute Verarbeitbarkeit Lebensmittelechtheit Sterilisierbarkeit
2.1.1.2.1 Synthese und Compoundierung 2.1.1.2.1.1 Synthese Christian Ulrich Polymere des Propylens sind bereits mehr als hundert Jahre bekannt. Dabei handelt es sich um amorphe, ölige und wachsartige Substanzen. Im Jahre 1953 erhielt G. NATTA, Mailand, über die Firma Montecatini Kenntnis von den metallorganischen Mischkatalysatoren, die K. ZIEGLER und Mitarbeiter im Max-PlanckInstitut für Kohleforschung in Essen-Mühlheim zur Darstellung von sehr hochmolekularem, linearen PE gefunden hatten. Natta gelang die Herstellung stereospezifisch wirkender Mischkatalysatoren, mit denen es möglich war, PP von sehr regelmäßiger Struktur, das sog. isotaktische PP (iPP), zu erzeugen. Dieses Polymer weist einen hohen Ordnungsgrad und damit eine hohe Kristallinität auf. Seit den fünfziger Jahren wurden die Ziegler/Natta-Katalysatorsysteme (Z/NKatalysatorsysteme) und die Herstellverfahren (Gas- und/oder Flüssigphase) im Hinblick auf qualitativ höherwertige Produkte und höhere Wirtschaftlichkeit wesentlich verbessert. Das Ergebnis dieser Entwicklungsarbeiten sind hochisotaktische Polymere, die nur geringe ataktische Anteile innerhalb einer hochkristallinen Matrix aufweisen. Z/N–Katalysatoren der vierten Generation, die derzeit in den meisten industriellen Verfahren verwendet werden [3], ermöglichen die Kontrolle der Polymermorphologie. Die kugelförmigen Katalysatoren produzieren kugelförmige Polymerpartikel, die durch Abdampfen der Monomere leicht abgetrennt werden können. Die Einsparung von Extrusion und Granulierung macht diese Art der Herstellung zu einem äußerst umweltfreundlichen Verfahren [4]. Die in den letzten Jahren weltweit für die Olefinpolymerisation entwickelten Metallocen-Katalysatorsysteme führen bei Ethylen (s. Kap. 2.1.1.1) zu Produkten mit sehr günstigen Eigenschaften und wirtschaftlichen Polymerisationsverfahren. Die dabei gesammelten Erfahrungen wurden folgerichtig auch auf PP übertragen. Die Metallocen-Katalysatoren bieten dank ihrer katalytisch einheitlich wirksamen Zentren (single-site Katalysatoren) durch Variation ihrer Strukturen die Möglichkeit, zahlreiche kennzeichnende Eigenschaften der Polymere gleichsam nach Maß vorgeben zu können, s. Bild 2-68 [5].
249
Bild 2-68. Korrelation von Polymermikrostrukturen mit Metallocenstrukturen (s. a. Kapitel 1.2.3.1.1)
Die Produkte zeichnen sich durch eine einheitliche, enge Molmassenverteilung aus. Betrug das Verhältnis Mw/Mn bei Z/N-Polymeren zwischen 3 und 50, so überschreitet es bei den Metallocen-Produkten kaum den Wert 2. MetallocenStrukturen ermöglichen es ebenso, die Molmasse, d. h. die Kettenlänge vorzugeben. Eine breite Molmassenverteilung kann gezielt von Metallocen-Mischungen oder bei Kaskaden-Reaktoren – ähnlich wie bei dem bimodalen PE – erreicht werden. Mit Hilfe der Metallocene ist auch der stereochemische Aufbau der Polymere steuerbar. Bild 2-68 [5] gibt einen Überblick über die herstellbaren isotaktischen, ataktischen, syndiotaktischen, Stereoblock- und hemiisotaktischen Polyolefine. Kurz- und Langkettenverzweigungen werden durch den kontrollierten Einbau von Comonomeren beherrscht. Dabei eröffnet sich auch die Möglichkeit, neuartige Produkte wie Ethylen/Styrol oder Ethylen/Cycloolefin-Copolymere zu erzeugen. Es sei auch auf die hohe Katalysatoraktivität hingewiesen. Sie führt zu so geringen Rückständen (< 1 ppm), dass sich das Abtrennen erübrigt. Dank der von Hoechst entwickelten „Dropin“-Technologie können die Metallocen-Katalysatorsysteme in existierende Produktionsverfahren eingeführt werden, was ihren weltweiten Einsatz fördert [6]. Trotz dieser Vorzüge und intensiver Forschung auf dem Gebiet der Metallocen-Katalysatorsysteme konnten diese die in sie gesetzten Erwartungen bisher nicht erfüllen, der Marktanteil der mit Metallocenen produzierten Homo- und Copolymere liegt derzeit noch unter 10 %. Die aktuellen Z/N-Katalysatoren der fünften Generation erlauben inzwischen ebenfalls die Molmasse und die Molmassenverteilung in engen Grenzen zu
Polyolefine (PO)
2.1.1.2 Polypropylen (PP)
Polyolefine (PO)
250
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
bestimmen. Es gibt zwei unterschiedliche Typen. Der Diether-Typ führt zu PPHomo- und Copolymeren mit enger Molmassenverteilung, der Succinat-Typ zu solchen mit breiter Molmassenverteilung. Polypropylen-Modifikationen Mit Glasübergangstemperaturen Tg um 0 °C verspröden alle PP-Homopolymere in der Kälte. Durch Einführung einer elastomeren Phase kann dieser Nachteil kompensiert werden [7]. Als Comonomere zum Propylen kommen Ethylen, Buten-1 und höhere a-Olefine in Betracht. Sie wirken wie bei PE als Störelement in der Molekülkette. Durch Copolymerisation zweier oder dreier Monomertypen können Produkte vom reinen Thermoplasten über thermoplastische Elastomere bis zu chemisch vernetzten Elastomeren hergestellt werden. Zur Synthese werden sowohl Z/NKatalysatoren als auch Metallocene verwendet. Konventionelle Z/N-Katalysatoren sind „multi-site“-Katalysatoren, bei denen verschiedenartige katalytische Zentren vorliegen, welche sehr uneinheitliche Polymere bilden können. Der Einbau von Comonomeren erfolgt unterschiedlich. Neben Copolymeren mit relativ hohem Comonomergehalt und niedriger Molmasse werden solche mit deutlich höherer Molmasse, aber geringem Comonomergehalt gebildet. Mit Metallocenen, deren katalytische Zentren sehr einheitlich sind, lassen sich eine relativ enge Molmassenverteilung und ein statistischer Comonomereinbau erreichen [8]. Das führt zu Produkten mit deutlich homogeneren und reproduzierbareren Eigenschaften. Statistische (Random) und Blockcopolymere gehören heute ohne Ausnahme zum Sortiment aller PP-Hersteller (ohne dass hierfür noch spezielle Handelsnamen gebräuchlich sind). Das Mengenverhältnis von Homo- zu Copolymeren verschiebt sich ständig zugunsten der Copolymere. Diese Entwicklung ist in Japan am weitesten fortgeschritten; dort beträgt das Verhältnis bereits 1:1 [9].
2.1.1.2.1.2 Struktur und Morphologie Wolfgang Lutz Die Eigenschaften von PP hängen stark von der molekularen Struktur, der Vorgeschichte des Polymers und der Herstellung ab. Unter Vorgeschichte versteht man die thermischen und mechanischen Beanspruchungen, denen das PP ausgesetzt war. Die Struktur wird durch Katalysatoren, Polymerisation und Compoundierung beeinflusst. Vielfältige Anwendungen zeigen die Eigenschaftsbreite von PP auf. Die Brücke zwischen Polymerstruktur, Verarbeitung, thermo-mechanischer Vorgeschichte und Produkteigenschaften bildet die Morphologie (s. a. Kapitel 1.3.1). PP ist ein teilkristalliner Werkstoff, dessen Kristallisationsfähigkeit und Kristallinitätsgrad wesentlich durch die Taktizität der molekularen Kette bestimmt wird. Die Methyl-Gruppen (CH3) des Makromoleküls können bei gleicher Konstitution relativ zum Rückgrat der Polymerkette unterschiedlich angeordnet sein
251
(Konfiguration). Bei regelmäßiger Anordnung spricht man von isotaktischem PP (iPP). Sind die Methyl-Gruppen alternierend angeordnet, so nennt man diese Polypropylene syndiotaktisch, bei unregelmäßiger Anordnung ataktisch. Die Taktizität kann bei PP in weitem Maße variiert werden. Ein hoher Kristallinitätsgrad kann bei hohem isotaktischem Anteil erreicht werden. Bauteile aus isotaktischem PP, die in typischen industriell eingesetzten Verfahren produziert werden, weisen Kristallinitätsgrade zwischen 30 und 60 % auf. Bei Einsatz von syndiotaktischem PP liegen die Werte des Kristallinitätsgrades etwas niedriger. Ataktisches PP ist weitgehend amorph und kristallisiert nicht [10].
■ Isotaktisches Polypropylen (iPP) Technisch bedeutsam ist das teilkristalline, isotaktische PP (iPP), dessen Strukturformel unten abgebildet ist. Je höher der isotaktische Anteil, desto höher sind Kristallinitätsgrad, Schmelzbereich, Zugfestigkeit, Steifigkeit und Härte [10]. Die Kristallinität korreliert sehr stark mit der Taktizität, Schmelztemperatur Tm und Kristallisationstemperatur Tc [11, 12].
isotaktisches PP (iPP)
Der morphologische Aufbau von PP ist komplex. So kann iPP in den kristallinen Bereichen in verschiedenen kristallinen Modifikationen vorliegen. Diese unterscheiden sich durch Ausbildung des Kristallgitters und Anordnung der molekularen Ketten. Bei iPP treten je nach Verarbeitungsbedingungen Kristallmodifikationen der a-, b- und g-Modifikation sowie mesomorphe (smectic) Formen auf [13]:
a -Modifikation Die a-Form stellt für iPP die vorherrschende Kristallmodifikation dar. Generell bilden sich bei der Kristallisation von teilkristallinen Homopolymeren aus ruhender Schmelze die Lamellen in Form gefalteter Ketten. iPP in der a-Modifikation zeigt das einzigartige Phänomen, dass sich Lamellen in einer sogenannten „cross-hatched“-Struktur anordnen [14]. Tangentiale Lamellen wachsen nahezu senkrecht („cross-hatched“) auf den hauptsächlich vorkommenden radialen Lamellen auf, s. Bild 2-69. Bei isothermer Kristallisation treten crosshatched-Lamellen bevorzugt bei niedrigen Kristallisationstemperaturen auf. Die lamellare Morphologie wird zur optischen Klassifizierung von Sphärolithen verwendet, was die starken Zusammenhänge zwischen lamellarer und sphärolithischer Morphologie aufzeigt. Eingeteilt werden die Sphärolithe der aModifikation in Typ aI, Typ aII und gemischte Formen. Die Einteilung erfolgt nach dem optischen Erscheinen der Sphärolithe im Polarisationsmikroskop, s. Bild 2-70. Sphärolithe, die in polarisiertem Licht ein deutlich sichtbares „Malteserkreuz“ und eine positive Doppelbrechung aufweisen, werden als Typ aI bezeichnet. Sphärolithe des Typs aII zeigen ebenfalls ein Malteserkreuz, aller-
Polyolefine (PO)
2.1.1.2 Polypropylen (PP)
Polyolefine (PO)
252
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-69. Cross-hatched-Struktur von PP, Transmissions-Elektronenmikroskopie-Aufnahme (TEM) [15]
dings mit negativer Doppelbrechung. Gemischte Formen lassen kein klares Malteserkreuz erkennen. Das unterschiedliche optische Erscheinen der Sphärolithe wird auf die lamellare Morphologie zurückgeführt. Sphärolithe des Typs aII werden bei höheren (> 138 °C) und die des Typs aI bei niedrigeren Temperaturen (< 136 °C) gebildet [16]. Der jeweilige Temperaturbereich in der Praxis ist stark von der thermischen Vorgeschichte und dem eingesetzten PP abhängig. Die Größe der Sphärolithe beträgt 1 – 50 µm (unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 1000 µm) je nach thermischer Vorgeschichte, Verarbeitungsverfahren und eingesetztem PP [17]. Wie die Kristallinität ist der Schmelzpunkt der a-Modifikation von iPP stark von der Taktizität [11, 12, 18, 19] und der thermischen Vorgeschichte abhängig [19 – 21]. Der jeweils ermittelte Schmelzpunkt kann stark von angegebenen Werten abweichen, abhängig u. a. von molarer Masse, Orientierungen und verschiedenen morphologischen Effekten (z. B. Defekte im kristallinen Gitter). Der theoretische Schmelzpunkt der kristallinen Bereiche liegt bei in der Literatur veröffentlichten Werten zwischen 185 °C [22, 23] und 220 °C [22, 24]. Die Dichte der a-Modifikation von iPP variiert zwischen 0,850 g/cm3 (100 % amorph) und 0,936 g/cm3 – 0,946 g/cm3 (100 % kristallin) [17, 25, 26].
b -Modifikation Die b-Modifikation weist im kristallinen Zustand einen niedrigeren Ordnungsgrad im Vergleich zur a-Modifikation auf, was sich u. a. in einer höheren Kristallisationsrate [27, 28] und einem niedrigerem Schmelzpunkt [24, 29] zeigt. Der theoretische kristalline Schmelzpunkt der b-Modifikation wird in der Literatur zwischen 170 und 200 °C angegeben [22, 29, 30]. Gemeinhin wird für die kristallinen Bereiche der b-Modifikation ein etwas niedrigerer theoretischer Schmelzpunkt im Vergleich zur a-Modifikation (185 – 220 °C) ermittelt. Dies spielt für den industriellen Formgebungsprozess eine wichtige Rolle. Die Bildung der kristallinen Bereiche der b-Modifikation kann durch Zugabe von
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Bild 2-70. Sphärolithstruktur von PP, unterschiedliche Sphärolithtypen (Typ aI, Typ bIII), Lichtmikroskopieaufnahme: IKP [14]
Nukleierungsmitteln, Kristallisation bei entsprechenden thermischen Bedingungen sowie Scherbeanspruchung gefördert werden [28, 31]. Durch Zugabe von speziellen Nukleierungsmitteln kann die Bildung von Kristalliten der b-Modifikation auch unterbunden werden. Thermische Untersuchungen zeigten, dass sich Kristallite der b-Modifikation bevorzugt bei niedrigen Wachstumsraten, hohen Temperaturgradienten und starker Überhitzung der Schmelze bilden [32]. Die Sphärolithe der b-Modifikation bestehen aus radialen Lamellenstapeln [16, 31]. Die lamellare Mikrostruktur der b-Modifikation ähnelt damit sehr viel stärker der bekannten Mikrostruktur von teilkristallinen Homopolymeren, als die der a-Modifikation („cross-hatched“-Struktur). Die Einteilung der Sphärolithe erfolgt ebenso wie bei der a-Modifikation nach dem optischen Erscheinungsbild. Padden und Keith klassifizierten die beiden Sphärolithtypen der bModifikation als bIII und bIV [33]. Beide Typen zeichnen sich durch eine negative Doppelbrechung aus, die stärker ausgeprägt ist als die der a-Modifikation. bIIISphärolithe weisen eine einheitliche radiale Doppelbrechung, bIV-Typen konzentrische Bänder auf. Die Bildung von b-Sphärolithen tritt bei Temperaturen < 142 °C (bIII) bzw. im Bereich von 126 – 132 °C (bIV) auf [16]. Im Polarisationsmikroskop erscheinen Sphärolithe der b-Modifikation aufgrund ihrer höheren Doppelbrechung heller als die der a-Modifikation und weisen wegen der höheren linearen Wachstumsrate konkave Ränder zu den Sphärolithen der a-Modifikation auf.
g -Modifikation Die Bildung von Kristalliten der g-Modifikation tritt bei industriell hergestellten Bauteilen relativ selten und in geringen Anteilen auf. Kristallite, lamellare Morphologie, Schmelzverhalten und Kristallisationskinetik sind bisher noch wenig untersucht worden, da die Bildung kristalliner Bereiche der g-Modifikation nur unter speziellen Voraussetzungen auftritt.
Polyolefine (PO)
2.1.1.2 Polypropylen (PP)
Polyolefine (PO)
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Mesomorphe (smectic) Modifikation In industriellen Verarbeitungsverfahren werden meist hohe Abkühlraten angewendet. Unter diesen Bedingungen wird die Kristallisation von iPP in einer mesomorphen (smectic) Form beobachtet. Die mesomorphe Phase stellt einen Ordnungszustand zwischen dem amorphen und kristallinen Zustand dar. Untersuchungen weisen auf eine vergleichsweise niedrige Dichte (0,916 g/cm3) hin [34]. Vermutlich liegt die mesomorphe Form im Vergleich zu den übrigen Modifikationen in einem ungeordneteren Zustand vor [35]. Dieser kann durch schnelle Abkühlung aus der Schmelze oder unter bestimmten Bedingungen durch die Störung von bereits bestehenden Kristalliten durch Deformationskräfte erreicht werden. Die lamellare Morphologie der mesomorphen Modifikation wurde bisher noch nicht vollständig untersucht. Die kleinen strukturellen Einheiten, der niedrige Ordnungsgrad und die geringe Dichte werden als Gründe für die Transparenz von abgeschreckten Filmen angesehen.
■ Syndiotaktisches Polypropylen (sPP) Erst in jüngster Zeit wurde die Polymerisation von syndiotaktischem PP (sPP) hoher Taktizität durch den Einsatz von Metallocen-Katalysatoren möglich. Der Einsatz von sPP befindet sich zurzeit noch in der Entwicklungsphase. In frühen Arbeiten von Corradini und Natta wurde die Struktur und teilkristalline Morphologie von sPP charakterisiert [36]. Bei isothermer Kristallisation aus der Schmelze von sPP bilden sich radial angeordnete Lamellen [37]. Die Wahrscheinlichkeit der Bildung einer cross-hatched-Struktur ist gering. Bei hohen Kristallisationstemperaturen wachsen große rechtwinklige Einzelkristalle. Diese Kristallite liegen oft in Bruchfragmenten vor, was auf die sehr große Anisotropie des thermischen Ausdehnungskoeffizienten zurückgeführt wird. Bei Reduzierung der Kristallisationstemperatur bildet sich ausgehend von einer axialen zunehmend eine sphärolithische Morphologie. Bei niedrigen Kristallisationstemperaturen von sPP zeigt sich im Polarisationsmikroskop ein klar erkennbares Malteserkreuz [37]. Die Morphologie zeigt mit radialen Lamellen Ähnlichkeiten zu den bekannten teilkristallinen Polymeren. Die Bildung von großen Sphärolithen in sPP bleibt die Ausnahme [38].
syndiotaktisches PP (sPP)
Die Gleichgewichts-Schmelztemperatur von sPP ist stark von der Taktizität abhängig. In der Literatur werden Werte zwischen 161 °C und 186 °C angegeben [37, 39]. Durch Extrapolation werden für 100 % syndiotaktisches sPP eine theoretische Schmelztemperatur von 208 bis 220 °C ermittelt [40, 41]. Der in der Praxis beobachtete Schmelzpunkt von sPP bei vergleichbarem Taktizitätsniveau ist im Allgemeinen niedriger als der von iPP.
255
■ Ataktisches Polypropylen (aPP) Amorphes bzw. ataktisches PP (aPP) wird durch eine zufällige sterische Orientierung der Methyl-Seitengruppen an den Kohlenstoffatomen entlang der molekularen Kette charakterisiert.Aufgrund seiner amorphen Natur kann aPP im Vergleich zu iPP auch bei gemäßigten Temperaturen leicht in einer Reihe von Lösungsmitteln wie z.B. aliphatischen und aromatischen Kohlenwasserstoffen gelöst werden. Bis in unsere Zeit wurde aPP als ein Nebenprodukt der iPP-Polymerisation erhalten. Heutzutage ermöglichen Metallocen-Katalysatoren die Herstellung von höhermolekularem aPP (einige Hundert kg/mol). Im Gegensatz dazu ist aPP als Nebenprodukt wesentlich niedermolekularer (einige Dutzend kg/mol).
ataktisches PP (aPP)
Bei Raumtemperatur liegt aPP als weißer oder gelblicher wachsartiger und leicht klebriger Festkörper vor und wird als Elastomerkomponente eingesetzt [10]. Die Qualität von aPP als Nebenprodukt von iPP streute in der Vergangenheit stark, da die Herstellungsprozesse an den Eigenschaften von iPP ausgerichtet waren. aPP ist nicht völlig amorph, da abhängig von der Polymerisation und aPP/iPP-Trenntechniken der kristalline Anteil 15 Gew.-% erreichen kann. Neben der Kristallinität beeinflussen Verunreinigungen wie z. B. Reste von Lösungsmitteln oder Katalysatoren sowie Zusatzstoffe wie z. B. Additive die thermomechanischen und optischen Eigenschaften von aPP. Die Schmelzviskosität nimmt bei steigender Molmasse zu und hängt stark von der jeweiligen Scherrate ab. Der Erweichungspunkt ist je nach kristallinem Anteil stark unterschiedlich. Die Zugfestigkeit (0,2 – 0,7 N/mm2) wird von Molmasse und Kristallinität beeinflusst.
■ Beziehungen zwischen Morphologie, Struktur und thermo-mechanischen Eigenschaften (s. a. Kapitel 1.3.1.2 und 1.3.2) Die thermo-mechanischen Eigenschaften sind insbesondere von Größe und Art der Kristallstrukturen abhängig. Diese wiederum können durch Abkühlgeschwindigkeit und Nukleierung (Zusatz von Keimbildern wie Alkali- oder Aluminiumsalze) von aromatischen oder alizyklischen Carbonsäuren (z. B. Al-Dibenzoat, Butylbenzoat) beeinflusst werden. Wie bei allen Thermoplasten, werden auch bei PP viele Eigenschaften durch die molare Masse bestimmt. Höhermolekulare Produkte sind flexibel und zäh, niedermolekulare hart, steif und schlagempfindlich. Das Massenmittel Mw isotaktischer Polypropylene liegt zwischen 200.000 und 600.000 g/mol. Die größte Wirkung auf die rheologischen Eigenschaften zeigen die molare Masse und die Verteilung dieser Masse (Polydispersität). Hohe molare Masse führt zu hoher Schmelzefestigkeit (wichtig für das Extrusions-Blasformen von Hohlkörpern sowie das Extrudieren von Rohren, Profilen und Tafeln). Produkttypen mit niedriger molarer Masse eignen sich für das Extrudieren von Monofilen und das Spritzgießen dünnwandiger Formteile.
Polyolefine (PO)
2.1.1.2 Polypropylen (PP)
Polyolefine (PO)
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Untersuchungen des Fließverhaltens zeigen, dass PP stärker vom newtonschen Verhalten abweicht als z. B. PE, d. h. der Einfluss der Schergeschwindigkeit auf die Viskosität der Schmelze ist bei PP größer. Eine nachteilige Eigenschaft von PP ist die bei Temperaturen um 0 °C eintretende Versprödung. Die Glasübergangstemperatur kann jedoch durch Block-Copolymerisation mit Ethylen bzw. Elastifizieren mit thermoplastischen Elastomeren (z. B. EPDM) zu tieferen Temperaturen verschoben werden. Die aus PP-Typen mit enger Verteilung der molaren Masse hergestellten Spritzgussteile schwinden weniger und nahezu richtungsunabhängig. Daraus resultieren geringere Eigenspannungen und Verzug, weniger Weißbruch und höhere Transparenz.
2.1.1.2.1.3 Compound und Blend Wolfgang Lutz, Johannes Eschl Zusatzstoffe Als inaktive Füllstoffe werden bei PP, EPDM und PP-EPDM-Compounds häufig Mineralien wie Kreide oder Talkum eingesetzt, um den Materialpreis zu senken. Zur Erhöhung der Steifigkeit, der Festigkeit und der Kriechfestigkeit von Polypropylen werden Mineralien, Glasfasern, Glaskugeln sowie für großflächige Bauteile auch Glasmatten eingesetzt. Während in Westeuropa die glasfaserverstärkten Polyamide an erster Stelle stehen, nimmt in den USA das glasfaserverstärkte PP den führenden Platz ein. Aufgrund des geringeren Preises werden für die gleichen Zwecke auch Naturfasern eingesetzt. Dies gilt insbesondere bei der Herstellung von großen Bauteilen mittels der Verfahren GMT (Glasmattenverstärkte Thermoplaste: Verpressung von mit Kunststoffen imprägnierten Matten), SMC (Sheet Moulding Compound), BMC (Bulk Moulding Compound), s. Kap. 1.4.6. Die Polyolefine sind als unpolare Polymere nur wenig mischbar und durch ein geringes Haftvermögen gekennzeichnet. Mit Hilfe von polaren und/oder reaktiven Gruppen wie Estern und Säuren können sie jedoch modifiziert werden. Dieses Ziel wird auf zwei Wegen erreicht: Zum Einen durch die Copolymerisation mit Monomeren, die polare, reaktive oder verträgliche (kompatible) Gruppen enthalten. Beispiele sind Ethylen/Ester- und Ethylen/Säure-Copolymere mit polaren Gruppen sowie z. B. Ethlyen/Ester/Maleinsäureanhydrid-Terpolymere mit polaren und reaktiven Gruppen, s. Tabelle 2-12. Ein zweiter Weg zu Verträglichmachern und Modifikatoren zu gelangen, besteht darin, PP mit Säure- oder Maleinsäureanhydrid (MAH) im Schmelzzustand zu pfropfen [42]. Mit Acryl- oder Itaconsäure gepfropftes PP dient als Kuppelagenz zwischen Füllstoffen (Glimmer und Glasfasern) auf der einen und PP auf der anderen Seite. Die polaren und reaktiven Funktionen des gepfropften PP verbessern die Haftfähigkeit auf Füll- und anderen Zusatzstoffen.
Tabelle 2-12. Olefin-Co- und Terpolymere, die für das Modifizieren von Polymeren, als Verträglichmacher und Kuppelagenzien verwendet werden [10] (s. a. Kapitel 1.3.5.1) Olefin-Co- und Terpolymere
Funktionalität Typ
Freiradikalisch initiierte Hochdruckpolymerisation von Cound Terpolymeren Ethylen/Ester-Copolymere polar: MA, EA, BA
Anwendungen Mengenanteil mol-%
20–30
Ethylen/Säure-Copolymere und Ionomere
polar: AA, MAH, Zn
6–9
Ethylen/Ester/SäureTerpolymere
polar: BA + AA
10–14
Ethylen/Säure/Maleinsäureanhydrid-Terpolymere
polar: AA reaktiv: MAH
25 1016 >1013 2,25
>1016 >1013 2,25
>1016 >1013 2,25
kV/mm KA
2,4 · 10–4 2,6 · 10–4 3,1 · 10–4 3,8 · 10–4 140 3c
2,4 · 10–4 2,6 · 10–4 3,1 · 10–4 3,8 · 10–4 140 3c
2,4 · 10–4 2,6 · 10–4 3,1 · 10–4 3,8 · 10–4 140 3c
2,4 · 10–4 2,6 · 10–4 3,1 · 10–4 3,8 · 10–4 140 3c
CTI
>600
>600
>600
>600
mg mg
5 · 1013 2,57
>1016 >5 · 1013 2,64
>1016 >5 · 1013 –
2,4 · 10–4 2,6 · 10–4 3,1 · 10–4 3,8 · 10–4 140 3c
2,4 · 10–4 2,6 · 10–4 3,1 · 10–4 3,8 · 10–4 140 3c
65 · 10–4 26 · 10–4 24 · 10–4 23 · 10–4 160 3c
20 · 10–4 10 · 10–4 10 · 10–4 15 · 10–4 80 3c
13 · 10–4 8 · 10–4 9 · 10–4 23 · 10–4 90 3c
20 · 10–4 9 · 10–4 9 · 10–4 9 · 10–4 – 3c
>600
>600
>600
>600
>600
>600
600
– – –
– – –
mg
0,5
0,5
0,5
mechanische Reißfestigkeit Reißdehnung thermische Gebrauchstemperatur ohne mech. Beanspruchung in Luft kurzzeitig dauernd Glasübergangstemperatur linearer Ausdehnungskoeffizient Wärmeleitfähigkeit elektrische spezifischer Durchgangswiderstand Dielektrizitätszahl (103 Hz) dielektrischer Verlustfaktor tan d Durchschlagfestigkeit Kriechstromfestigkeit (Stufe) vergleichende Kriechwegbildung Wasseraufnahme (96 h)
■ Brennbarkeit PIB brennt ähnlich wie Kautschuk.
■ Gesundheitliche Beurteilung Die lebensmittelrechtliche Unbedenklichkeit hängt vom jeweiligen Materialrezept ab. PIB ist grundsätzlich gesundheitlich unbedenklich und physiologisch inert, vgl. Empfehlung XX.„Polyisobutylen und Isobutylen-Copolymere“, Stand 1. 1. 72 (86. Mitt. Bundesgesundheitsblatt 14, 392 (1972)). Für Mischungen mit Paraffin oder mikrokristallinen Wachsen ist die Empfehlung XXV „Hartparaffin, mikrokristalline Wachse und deren Mischungen“, Stand 1. 2. 1970 (57. Mitt. Bundesgesundheitsblatt 13, 85 (1970)) zu beachten.
■ Verarbeitung (s. a. Kapitel 1.4) Halbfeste Polyisobutylene (MW 8000 bis 20 000) werden in Rühr- und Knetmaschinen zu teigartigen Substanzen verarbeitet. Die festen, kautschukartigen PIB-Typen werden wie Kautschuk in Knetern, auf Walzwerken, Kalandern, Pressen, Extrudern oder Spritzgießmaschinen ver-
Polyolefine (PO)
297
2.1.1.4 Polyisobutylen (PIB)
Polyolefine (PO)
298
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-94. Schubmodul von hochmolekularem Polyisobutylen in Abhängigkeit von der Temperatur
arbeitet. Bei tiefen Verarbeitungstemperaturen wird die Formmasse mechanisch abgebaut. Üblich sind folgende Verarbeitungstemperaturbereiche:
• • • •
Walzen: 160 bis 170 °C Pressen: 150 bis 190 °C Extrudieren: 150 bis 200 °C Spritzgießen: 150 bis 200 °C
PIB kann außerdem in Lösungen und Dispersionen für das Beschichten von Substraten verarbeitet werden. Auch PIB-Schaumstoffe sind herstellbar. Anwendungsbeispiele Hier die Reihe der wichtigsten Anwendungsgebiete: Haftvermittler beim Trocknen, Einfärben von Kunststoffgranulat, Dichtungsmassen, Wachsabmischungen zum Kaschieren und Beschichten, Abmischungen mit Polyolefinen zum Verbessern der Verarbeitbarkeit, Folien für das Abdichten und Auskleiden von Behältern.
299
Handelsnamen Crestomer (Scott Bader Ltd./GB) Hyvis (BP Chemicals Intern./GB) Oppanol-B (BASF AG/DE) Rhepanol (Braas Flachdrucksysteme/DE) Vistanex (Advanced Elastomer Systems L.P./US)
2.1.1.5 Poly-4-methylpenten-1 (PMP) ■ Allgemeine Stoffbeschreibung Von den zahlreichen verzweigten aliphatischen Polyolefinen, höher als Polybuten-1, die seit Mitte der fünfziger Jahre in den Forschungslaboratorien entwickelt wurden, hat außer dem im Jahre 1965 von der ICI (England) eingeführten Poly-4methylpenten-1 kein Produkt Marktbedeutung erlangt. Als Rohstoffbasis dient in zunehmendem Maße Propylen, das zu 4-Methylpenten-1 dimerisiert wird.
Propylen
Propylen
Poly-4-methylpenten-1
Kennzeichnende Eigenschaften sind:
• • • • •
sehr niedrige Dichte, hohe Formbeständigkeit in der Wärme, sehr gute elektrische Eigenschaften, hohe Transparenz, hohe Chemikalienbeständigkeit.
■ Struktur und Eigenschaften Bei der Polymerisation entsteht ein Material mit einem Kristallinitätsgrad von etwa 65 %. Eine kennzeichnende Eigenschaft bildet die dennoch glasklare Transparenz. Diese beruht auf dem annähernd gleichen Brechungsindex der amorphen und kristallinen Bereiche. Spritzgegossene Formteile aus Homopolymerisat sind meist trüb. Dieses Phänomen beruht auf der Hohlraumbildung zwischen amorphen und kristallinen Bereichen als Folge der unterschiedlichen linearen Wärmeausdehnungskoeffizienten. Bei einer Temperatur von 60 °C ist die Dichte beider Bereiche gleich, bei Raumtemperatur sind die amorphen Zonen etwas dichter. Die Dichte ist mit 0,83 g/cm3 ungewöhnlich niedrig. Die sperrigen Seitengruppen führen zu der hohen Schmelztemperatur von 245 °C.
Polyolefine (PO)
2.1.1.5 Poly-4-methylpenten-1 (PMP)
Polyolefine (PO)
300
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Die Glasübergangstemperatur beträgt 50 bis 60 °C. Copolymerisation mit Hexen-1, Octen-1, Decen-1 oder Octadecen-1 erniedrigt die Schmelztemperatur und verringert die Neigung zur Hohlraumbildung – Hexen-1 führt zu höherer Transparenz. Die im PMP enthaltenen tertiären C-Atome beeinträchtigen naturgemäß die Thermostabilität.
■ Sortiment Das in den letzten Jahren reichhaltiger gewordene Sortiment umfasst Typen für das Spritzgießen, Extrudieren, Blasformen und Papierbeschichten. ■ Lieferformen Vorzugsweise glasklares und opakes Granulat. Halbzeug ist in Form von Rohren, Profilen, Stäben, Tafeln und Folien am Markt. ■ Typisierung Formmassen aus PMP sind nicht typisiert. ■ Physikalische Eigenschaften Die wichtigsten Eigenschaften enthält Tabelle 2-22, sowie Tabelle 5-28 im Anhang. ■ Mechanische Eigenschaften Die Abhängigkeit der Streckspannung von der Temperatur zeigt Bild 2-95. In Bild 2-96 wird das Kriechverhalten von PMP mit dem einiger anderer Polyolefine verglichen. Das Zeitstandverhalten PMP ist an Hand des Zug-Kriech-Moduls in Tabelle 5-29 im Anhang wiedergegeben. ■ Optische Eigenschaften Die Abhängigkeit des Brechungsindex’ von der Wellenlänge zeigt Bild 2-97.
Bild 2-95. Streckspannung von Poly4-methylpenten-1 in Abhängigkeit von der Temperatur
301
Bild 2-96. Zeitdehnungsdiagramm einiger Polyolefine (Prüftemperatur 20 °C, Zugbeanspruchung 5 N/mm2) a PE-HD b Propylen-Copolymer c Poly-4-methylpenten-1
■ Elektrische Eigenschaften Die dielektrischen Eigenschaften von PMP entsprechen denen von PE-LD oder PTFE. Bild 2-98 und 2-99 geben darüber Aufschluss.
■ Chemikalienbeständigkeit Beständig gegen Mineralsäuren (schwacher Angriff bei oxidierenden Säuren), Laugen, Alkohole, Detergenzien, Öle, Fette, kochendes Wasser; nicht beständig gegen Ketone, aromatische und chlorierte KW.
Bild 2-97. Brechungsindex von Poly-4-methylpenten-1 in Abhängigkeit von der Wellenlänge (Prüftemperatur 20 °C)
Bild 2-98. Verlustwinkel tand einiger Thermoplaste in Abhängigkeit von der Frequenz (Prüftemperatur 20 °C) a PTFE b PMP c PE-LD (Kabeltyp)
Polyolefine (PO)
2.1.1.5 Poly-4-methylpenten-1 (PMP)
Polyolefine (PO)
302
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-99. Verlustwinkel tand von Poly-4-methylpenten-1 in Abhängigkeit von Temperatur und Frequenz
■ Spannungsrissbildung Neigt zur Bildung von Spannungsrissen. ■ Witterungsbeständigkeit Wegen tertiärer C-Atome nur bei entsprechender Stabilisierung bedingt witterungsbeständig. Das Material vergilbt und verliert seine guten mechanischen Eigenschaften. ■ Durchlässigkeit q für Gase und Dämpfe (25-µm-Folie, 25 °C) O2
cm3/m2d bar
1650
N2
H2O g/m2d
1100
100
■ Brennbarkeit Brennt langsam mit leuchtender Flamme auch im Tropfen weiter, Geruch paraffinartig stechend. ■ Gesundheitliche Beurteilung Die Berührung mit Lebensmitteln ist zulässig; sterilisierbar, physiologisch inert. ■ Verarbeitung (s. a. Kapitel 1.4) PMP ist durch Spritzgießen, Extrudieren und Blasformen verarbeitbar. Die hohe Enthalpie bewirkt, dass die Plastifizierleistung der Maschinen nur 65 % derjenigen von Polystyrol beträgt: Verarbeitungstemperatur 280 bis 310 °C, Werkzeugtemperatur 70 °C, Schwindung 1,5 bis 3,0 %. Die geringe Schmelzenfestigkeit begrenzt die Größe der durch Extrusionsblasen herstellbaren Hohlkörper.
303
Umformen Tafelförmiges Halbzeug bis zu Dicken von 1 bis 6 mm kann in der üblichen Weise warmgeformt werden. Bei größeren Wanddicken ist ein Vorwärmen im Umluftofen bei 200 °C während einer Dauer von 2 bis 3 min erforderlich. Fügen PMP ist schweißbar und wie alle Polyolefine bedingt klebbar. Die zu klebenden Flächen sollten vorher mit Glaspapier aufgerauht, jedoch besser im Chromschwefelsäurebad geätzt werden. Als Klebestoffe eignen sich die bei Polyethylen genannten Produkte. Anwendungsbeispiele Transparente Gehäuse, Abdeckungen, Lampenabdeckungen, medizinische Geräte, Folien für kochfeste Gerichte, Speisetabletts, Geschirr, durchsichtige Rohre.
Handelsnamen TPX (Mitsui Petrochem. Ind. Ltd./JP)
2.1.1.6 Andere aliphatische Polyolefine Polymere aus höheren a-Olefinen sind bereits seit Anfang der dreißiger Jahre bekannt, beispielsweise das Polyisobutylen. In Bild 2-100 ist die Wirkung der wachsenden Länge der Seitengruppen von Polyolefinen (–CHR–CH2–)n mit R als gerader Seitenkette wiedergegeben. Daraus geht hervor, dass die Schmelztemperatur von PP höher ist als diejenige von PE-HD. Dieser Effekt wird noch sichtbarer bei Polybuten-1 und Polypenten-1. Der Tiefpunkt ist bei Polyocten-1 und Polynonen-1 erreicht. Danach beginnen die Seitenketten zu kristallisieren,
Bild 2-100. Einfluss der Anzahl der C-Atome in den Seitengruppen auf die Glasübergangstemperatur und den Schmelzpunkt von Polyolefinen
Polyolefine (PO)
2.1.1.6 Andere aliphatische Polyolefine
Polyolefine (PO)
304
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
was wieder zu höheren Schmelztemperaturen führt. Man kann davon ausgehen, dass ein Polyolefin mit n C-Atomen in der Seitenkette einen ähnlichen Schmelzpunkt aufweist wie ein Paraffin mit 2n Kohlenstoffatomen. Von den Polymeren aus unverzweigten Polyolefinen hat außer PE und PP bis jetzt keines große Bedeutung erlangt. Einige dienen als Klebstoffe oder Trennmittel. Zu den Polyolefinen mit verzweigter Seitenkette gehört z. B. das Poly-4methylpenten-1. Die höhere Kettenfestigkeit führt zu hohen Schmelztemperaturen. Von 4,4-Dimethylpenten-1 wird eine Schmelztemperatur zwischen 300 und 350 °C angegeben.
Poly-3-methylbuten-1
Polyvinylcyclohexan
Poly-4,4-Dimethylpenten-1
Poly-4-methylpenten-1
2.1.1.7 Ionomere ■ Allgemeine Stoffbeschreibung Zu den bemerkenswerten Entwicklungen auf dem Gebiet ethylenhaltiger Copolymerisate gehören die im September 1964 von Du Pont auf den Markt gebrachten Ionomere. Im Unterschied zu den herkömmlichen Thermoplasten sind in diesen Stoffen als Sekundärkräfte sowohl Nebenvalenzen als auch Ionenbindungen wirksam. Die starken ionischen, d.h. elektrostatischen Kräfte, die zwischen den Kettenmolekülen wirken, sind für das einzigartige Eigenschaftsbild verantwortlich, das insbesondere bei den aus diesem Material hergestellten Folien zum Ausdruck kommt:
• • • • • • • •
hohe Schlagzähigkeit bei tiefen Temperaturen, Durchstoß- und Abriebfestigkeit, hohe Schmelzenfestigkeit, gutes Tiefziehverhalten, Haften ohne Vorbehandlung auf Aluminiumfolie und Papier beim Extrusionsbeschichten, im Verbund mit Folien aus PA und anderen Polymeren bei der Coextrusion, niedrige Siegeltemperaturen, hohe Siegelnahtfestigkeit und außergewöhnliche Heißklebefestigkeit, Fett-, Öl- und Lösemittelbeständigkeit, Transparenz mit geringer Schleierbildung.
305
■ Struktur und Eigenschaften Der wesentliche Grundstoff der bisher bekannten Ionomere ist das Ethylen. Durch Copolymerisation (z. B. mit Acrylsäure) werden Carboxylgruppen entlang der Hauptkette angelagert. Sie bilden den anionischen Teil der Ionenbindung. Als Kationen werden Metallabkömmlinge wie Natriummethoxid, Kaliummethoxid oder Magnesiumacetat verwendet. Die polaren Bindungen drängen die Kristallisation zurück, sie führen zu einer physikalischen Vernetzung. Die auf dem Markt befindlichen Ionomere enthalten entweder Zink- oder Natriumionen. Im Allgemeinen weisen Typen mit Natriumionen bessere optische Eigenschaften, bessere Ölbeständigkeit und höhere Heißklebefestigkeit auf. Ionomere mit Zinkionen zeichnen sich durch bessere Hafteigenschaften, beispielsweise bei Polyamid, und beim Extrusionsbeschichten von Aluminiumfolie aus. Die Haftfestigkeit auf Trägermaterialien ist grundsätzlich der aller anderen Thermoplaste überlegen. Diese Folien werden auch verwendet, wenn Packgüter mit hohem Wasser- oder Alkoholgehalt zu verpacken sind oder bei Verbundfolien, wenn es auf höchste Heißklebefestigkeit ankommt. Trotz der Ionenbindung weisen diese Stoffe alle Kennzeichen echter Thermoplaste auf. Dadurch unterscheiden sie sich wesentlich von den Duroplasten. Ionomere haben eine außergewöhnlich hohe Transparenz, weil die Bildung sichtbarer Sphärolithe völlig unterbunden ist. Die Ionenbindung bewirkt ferner eine hohe Festigkeit der Schmelze und verbessert die Tiefziehfähigkeit von Folien und Tafeln im plastischen Bereich. Ionomere werden dort verwendet, wo es auf hohe Zähigkeit, Transparenz und Flexibilität ankommt. Folien von nur 12 µm Dicke können porenfrei extrudiert werden.
■ Sortiment, Lieferformen, Typisierung Das Sortiment der von Du Pont (US) angebotenen Surlyn Ionomere enthält z. Zt. sieben Typen mit Zn-Ionen und vier Typen mit Na-Ionen, die teils für das Extrudieren von Folien, von Haftschichten, Tafeln, Rohren, Profilen, Draht- und Kabelummantelungen sowie geblasenen Hohlkörpern, teils für das Spritzgießen geeignet sind. Für das Warmformen stehen Tafeln und Folien aus Halbzeug zur Verfügung. Die Lieferform bildet das glasklare Granulat. Die Ionomere sind nicht typisiert.
■ Physikalische Eigenschaften Die kennzeichnenden physikalischen Eigenschaften von Surlyn sind in Tabelle 5-28 im Anhang zusammengestellt (siehe auch Tabelle 2-22).
■ Mechanische Eigenschaften Unter den mechanischen Eigenschaften ist vor allem die hohe Schlag- und Kerbschlagzähigkeit zu erwähnen. Folien sind so zäh, dass man z. B. einen Zuschnitt über einer senkrecht stehenden Stricknadel warmformen kann, ohne dass die Folie durchstoßen wird.
Polyolefine (PO)
2.1.1.7 Ionomere
W cm kv/mm – – %/24 h
elektrische spezifischer Durchgangswiderstand Durchschlagfestigkeit Dielektrizitätszahl dielektrischer Verlustfaktor tan d
Wasseraufnahme
0,5–0,3
5 · 1015 –10–18 40 2,4 (106 Hz) ≈ 0,003 (50 · 106 Hz)
– 38–50 57–72 0,24
°C °C °C W/mk
– 20–35 – 350–520 140–420 – 260–380 320–800 D 56–68 110 · 10-6
N/mm2 N/mm2 % % N/mm2 N/mm2 N/mm2 J/m –
mechanische Streckspannung Reißfestigkeit Streckdehnung Reißdehnung Zugmodul Grenzbiegespannung Biege-E-Modul Izod-Kerbschlagzähigkeit Shore-Härte
0,94–0,96 14–1,0 85–99
K–1
g/cm3 g/10 min °C
Dichte Schmelzindex MFR Schmelztemperatur
0,5–0,3
5 · 1015 44 2,4 –
– 38 71 0,24
110 · 10–6
35,2 längs 27–38 längs 350 längs – – – 160–370 – D 56–68
0,940 1,3 –
1016 18–40 2,52 (106 Hz) 0,002–0,005 (106Hz)
54–60 91–112 108–113 0,22
130 · 10–6
12–17 37–31 24 300–380 210–260 14–16 310–350 o.Br. D 55–65
0,91–0,915 1,0–0,4 126
Folien/Rohrtypen
Spritzguss/Extrusion
Folien
Polybuten-1
Inomere
thermische linearer Ausdehnungskoeffizient Formbeständigkeit i.d. Wärme 1,8 N/mm2 0,45 N/mm2 Vicat-Erweichungstemperatur Wärmeleitfähigkeit
Einheit
Eigenschaften
Tabelle 2-22. Physikalische Eigenschaften einiger PO-Sondersorten
0,01
>1016 – 2,12 0,0015 (107Hz)
41 100 179 0,17
120 · 10–6
– 25–28 – 10–50 1100–2000 28–42 770–1800 16–64 Rockwell L 67–74
0,83–0,84 – 230–240
Spritzguss/Blasformen
Poly-4-methylpenten-1
Polyolefine (PO) 306 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
■ Chemikalienbeständigkeit Beständig gegen: schwache Säuren, Laugen, Fette, Öle, Lösemittel; nichtbeständig gegen: oxidierende Säuren, Alkohole, Ketone, aromatische und chlorierte KW.
■ Spannungsrissbildung Surlyn neigt kaum zu Spannungsrissbildung.
■ Witterungsbeständigkeit Die Witterungsbeständigkeit gleicht derjenigen der Polyolefine. Durch Stabilisieren ist eine graduelle Verbesserung erzielbar.
■ Durchlässigkeit q für Gas und Dämpfe (25-µm-Folie, 25 °C) O2 cm3/m2d bar
H2O g/m2d
9300
25
■ Brennbarkeit Surlyn brennt langsam mit leuchtender Flamme.
■ Gesundheitliche Beurteilung Entsprechende Typen sind zugelassen für dauernde Berührung mit Lebensmitteln und physiologisch inert.
■ Verarbeitung (s. a. Kapitel 1.4) Durch Spritzgießen, Extrudieren, Blasformen, Warmformen; Verarbeitungstemperatur: 150 bis 260 °C, Werkzeugtemperatur: – 5 bis + 20 °C, Verarbeitungsgeschwindung: 0,5 bis 1,0 %. Folienförmiges Halbzeug ist zu Formteilen mit sehr großem Tiefen/Durchmesserverhältnis warmformbar. Wegen seiner chemischen Struktur absorbiert Surlyn Infrarotenergie doppelt so schnell wie PE-LD, Bild 2-101, was beim Warmformen und Skinverpacken wegen der kürzeren Aufheiz- und Abkühlzeiten zu höheren Durchsatzleistungen führt.
Bild 2-101. Aufheizzeiten verschiedener Foliensorten für das Skinverpacken (Foliendicke 100 mm)
Polyolefine (PO)
307
2.1.1.7 Ionomere
Polyolefine (PO)
308
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Anwendungsbeispiele Glasklare Getränkeleitungen, Wein- und Fruchtsaftverpackungen, Klarsichtfolien für fetthaltige Lebensmittel, Laborzubehör und medizinisches Zubehör, beschichtetes Trägermaterial, Haftschicht bei koextrudierten Mehrlagenfolien, Flaschen für Pflanzenöle, Hautpackungen, Fleischverpackungen, Schuhsohlen, -absätze, Einlagen, Werkzeugstiele, Hammerköpfe. Es handelt sich somit vor allem um Anwendungsgebiete, bei denen bisher PVC-P – mit allen seinen Nachteilen – vorherrscht. Handelsnamen Aclyn (Allied Color Ind. Inc./US) Coathylen (Alast Labor SA/CH) Capolene (Asahi Chemical Ind./JP) Escor (Deutsche Exxon Chemical GmbH/DE) Himiran (Du Pont-Mitsui Polychemical Co./JP) Surlyn A (Du Pont Deutschland GmbH/DE)
2.1.1.8 Cycloolefincopolymere (COC) Die schon einige Male bei den Polymerisationsverfahren für Polyethylen und Polypropylen sowie deren Copolymeren erwähnten Metallocen-Katalysatoren ermöglichen auch Polymere herzustellen, die nicht nur C-Atome in der Hauptkette enthalten, sondern auch heterocyclische Seitengruppen, wie die Strukturformel zeigt [2].
Baustein eines Cycloolefin-Copolymers (COC)
Die Ausgangsstoffe dieser Polymere bilden, wie die Formel zeigt, Ethylen, Norbornen und Tetracyclododecen. Diese Polymere sind unpolar. Das von Hoechst angewandte Polymerisationsverfahren führt zu einem amorphen und mithin transparenten Kunststoff.Dieser Tatsache trägt der gewählte Handelsname Topas® (Thermoplastic Olefin Polymers of Amorphous Structure) Rechnung.Topas ist ein technischer Kunststoff mit folgenden kennzeichnenden Eigenschaften:
• • •
in weiten Grenzen einstellbare Formbeständigkeit in der Wärme (0 bis 170 °C), wertvolle optische und elektrische Eigenschaften, geringe Durchlässigkeit von Wasserdampf und Wasser.
ISO 1133 ISO 1183 ISO 62 DIN 53122
ml/10 min
g/cm3 %
g · mm m2 · d %
Volumen-Fließindex (bei HDT + 115 °C) Dichte Wasseraufnahme (24 h Wasserlagerung bei 23 °C) Wasserdampfdurchlässigkeit (23 °C, 85% rel. Feuchte) Verarbeitungsschwindung
Thermische Eigenschaften Wärmeformbeständigkeit HDT/B (0,46 N/mm2) Linearer Ausdehnungskoeffizient ISO 75 Teil 1 und 2 DIN 53 752
°C
K–1
Mechanische Eigenschaften, gemessen im Normklima bei 23 °C, 50 % rel. Feuchte Zugfestigkeit N/mm2 ISO 527 Teil 1 und 2 Bruchdehnung % ISO 527 Teil 1 und 2 Zug-E-Modul N/mm2 ISO 527 Teil 1 und 2 Schlagzähigkeit (Charpy) kJ/m2 ISO 179/1eU Kerbschlagzähigkeit (Charpy) kJ/m2 ISO 179/1eA Kugeldruckhärte, 30-s-Wert N/mm2 DIN ISO 2039 Teil 1, Prüfkraft 961 N
Prüfmethode
Eigenschaften
Tabelle 2-23. Physikalische Eigenschaften des verfügbaren Topas-Sortimentes
0,7 · 10–4
75
0,6 · 10–4
130
66 3 3100 13 1,7 184
0,6 bis 0,7
0,6 bis 0.7 66 10 2600 20 2,6 130
0,030
1,02 < 0,01
71
5013
0,023
1,02 < 0,01
4,5
8007
Typen
0,6 · 10–4
150
66 4 3200 15 2,0 184
0,6 bis 0,7
0,035
1,02 < 0,01
16
6015
0,6 · 10–4
170
66 4 3200 15 2,0 190
0,6 bis 0,7
0,045
1,02 < 0.01
12
6017
2.1.1.8 Cycloolefincopolymere (COC)
Polyolefine (PO)
309
IEC 250 DIN IEC 112 DIN IEC 93
– – W · cm
Klasse
% – –
Elektrische Eigenschaften Dielektrizitätszahl bei 1 bis 10 kHz Vergleichende Kriechwegbildung CTI Spezifischer Durchgangswiderstand
Brandverhalten Brennbarkeit
Optische Eigenschaften Lichttransmissionsgrad Brechzahl Abbé-Zahl ASTM D 1003
UL94
Prüfmethode
Eigenschaften
Tabelle 2-23 (Fortsetzung)
92 – –
HB (1,6 mm)
2,35 > 600 > 1016
8007
Typen
93 1,53 58
HB (1,6 mm)
2,35 > 600 > 1016
5013
92 – –
HB (1,6 mm)
2,35 > 600 > 1016
6015
–
92
HB (1,6 mm)
2,35 > 600 > 1016
6017
Polyolefine (PO) 310 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
311
Kennzeichnende physikalische Eigenschaften enthält Tabelle 2-23. Die letzten beiden Ziffern geben einen Hinweis auf die Formbeständigkeit in der Wärme. Auffallend ist die niedrige Dichte von 1,02 g/cm3. Über die mechanischen Eigenschaften informiert die Übersicht in Bild 2-102. Die Metallocen-Katalyse ermöglicht es, die Wärmeformbeständigkeit mit Hilfe des Cycloolefinanteils zwischen 70 und 170 °C einzustellen. Bild 2-103 zeigt dieses Phänomen anhand der vier Typen des Topas-Sortimentes.
Bild 2-102. Mechanische Eigenschaften von COC A Spannungsdehungs-Diagramm für einige Topas-Typen B Verlauf von Zugfestigkeit und Elastizitätsmodul über der Temperatur im Vergleich mit einigen anderen technischen Kunststoffen
Polyolefine (PO)
2.1.1.8 Cycloolefincopolymere (COC)
Polyolefine (PO)
312
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-103. Wärmeformbeständigkeit von COC A Temperaturverlauf des Schubmoduls der COCTypen B Wärmeformbeständigkeit der Topastypen im Vergleich zu Polycarbonat
Die betont amorphe Struktur der COC führt zu vorzüglichen optischen Eigenschaften. Die Transparenz reicht über einen breiten Bereich des sichtbaren Lichtes (von 800 bis 400 nm). Die Transmission einer 50-µm-Folie erreicht 92 %. Für UV-Strahlung (< 300 nm) sind die Folien undurchlässig. Die Abbé-Zahl (58) und der Brechungsindex von 1,53 gewährleisten eine vielversprechende Eignung für optische Bauteile. COC ist beständig gegen hydroleptischen Abbau, Säuren, Laugen und polare Lösemittel. Unpolare Lösemittel wie Benzin und Toluol wirken quellend oder gar lösend (Gleiches löst Gleiches). Die Wasseraufnahme ist mit 0,01 % (bei Raumtemperatur) sehr gering. Wie bei den meisten amorphen Thermoplasten besteht auch bei den COC eine Anfälligkeit für Spannungsrissbildung. Es kommt also sehr auf spannungsarmes Verarbeiten an. Dabei hilft die Beachtung der Verarbeitungstemperaturen gemäß Tabelle 2-24.
Tabelle 2-24. Richtwerte für die Schmelze- und Werkzeugtemperaturen beim Spritzgießen von Topas Typ Massetemperatur Werkzeugwandtemperatur
°C °C
8007 190 bis 250 20 bis 60
5013 240 bis 300 20 bis 110
6015 260 bis 310 20 bis 110
6017 270 bis 320 50 bis 110
Die geringe Bruchdehnung erfordert das Vermeiden von Hinterschneidungen bei Formteilen. Spannungsarme Spritzgussteile werden erreicht, wenn mit abgestufter Einspritzgeschwindigkeit und niedrigem Nachdruck gearbeitet wird. Die Formteilschwindung beträgt 0,6 bis 0,7%, Nachschwindung tritt nicht ein. Die Wahl des geeignetsten Typs für die Herstellung von Formteilen, optischen Speichermedien, Kondensatorfolien oder mehrfach verwendbaren Formteilen für die Medizintechnik sollte anhand Tabelle 2-25 getroffen werden. Die vorzüglichen elektrischen und dielektrischen Eigenschaften von COC begünstigen die Verwendung für Kondensatorfolien. Die hierfür erforderliche Dehnfähigkeit erhalten die extrudierten Folien jedoch erst durch biaxiales Recken, wie Tabelle 2-26 zeigt. Über die gezielte Entwicklung von mPE berichtet Fina Research/BE [3]. Die im Suspensionsvefahren hergestellten Metallocen-Produkte mit wahlweise enger oder breiter Molmasseverteilung umfassten den Dichtebereich 0,931– 0,946 g/cm3 (eng) und 0,92 – 0,96 g/cm3 (breit). Das Scher- und das DehnTabelle 2-25. Übersicht über charakteristische Eigenschaften und typische Anwendungen der verfügbaren Topas-Typen Typ
Eigenschaften
Anwendung
8007
Glasklarer Grundtyp, Wärmeformbeständigkeit 75 °C geringe Wasseraufnahme und sehr gute Wasserdampfbarriere, erhöhte Dehnung bei verringertem E-Modul glasklarer Grundtyp, Wärmeformbeständigkeit 130 °C hohe Fließfähigkeit, exzellente optische Eigenschaften (geringe Doppelbrechung, sehr gute Abformgenauigkeit) Glasklarer Grundtyp, Wärmeformbeständigkeit 150 °C, hohe Reinheit, Transparenz und chemische Beständigkeit
Verpackungen für feuchtigkeitsempfindliche Güter
5013
6015
6017
Glasklarer Grundtyp, Wärmeformbeständigkeit 170 °C
optische Speichermedien, z.B. Compact Discs, CD-ROM
Kondensatorfolie, mehrfach verwendbare Teile für die Medizintechnik, mit Heißdampf oder Gammastrahlung sterilisierbar Formteile, die kurzzeitig hohen Temperaturbelastungen ausgesetzt sind
Tabelle 2-26. Eigenschaften von COC-Folien Eigenschaft Verstreckungsfaktor Elastizititätsmodul Zugfestigkeit Bruchdehnung Schrumpf (bis 20 K unter Tg)
N/mm2 N/mm2 % %
nicht orientiert
biaxial orientiert
– 2100 bis 2200 60 bis 70 3 bis 4 –
3¥3 2700 bis 3500 90 bis 140 50 bis 90 50 10 bis 50 10 bis 20 > 40 70 bis 100 80 bis 110 – 2 bis 3 2 bis 3 >3 100 bis 120 110 bis 130 – 83 bis 84 83 bis 84 – ohne Bruch ohne Bruch – 2 bis 5 2 bis 4 >2 2 bis 3 2 bis 3 2
1,38 bis 1,39 1,39 bis 1,40 1,40
E-PVC b
75 65 80 70 bis 80 > 75 0 bis – 5 0,17
°C °C °C °C
N/mm2 % N/mm2 kN/mm2 N/mm2 – kJ/m2 kJ/m2 kJ/m2
mechanische Zugfestigkeit Reißdehnung Grenzbiegespannung E-Modul Kugeldruckhärte 10-s-Wert Shore-Härte D Schlagzähigkeit Kerbschlagzähigkeit bei 20 °C 0 °C
thermische Gebrauchstemperatur ohne mech. Beanspruchung in Luft kurzzeitig dauernd Glasübergangstemperatur Formbeständigkeit in der Wärme nach Vicat B Kältebruchtemperatur g Wärmeleitfähigkeit linearer Wärmeausdehnungskoeffizient spezifische Wärmekapazität
g/cm3
Einheit
Dichte
Eigenschaften
Polymerisate
Tabelle 2-32. Physikalische Eigenschaften von weichmacherfreiem PVC (PVC-U)
60 0,85
– 0,14
100 85 110 100
75 10 120 3,4 150 – 20 2 –
1,55
HT-PVC e PVC-C e
≈ 70 0,85
– 0,17
65 55 80 60 bis 75 f
50 bis 60 15 bis 50 < 100 3 < 130 – – 3 –
1,35
Copolymere a
70 bis 80 0,90
< – 40 0,17
70 60 80 80
55 bis 45 20 bis 70 ≈ 80 2,6 bis 2,2 ≈ 100 81 ohne Bruch 5 bis 10 3 bis 7
80 0,90
< – 40 0,14
70 60 80 80 bis 75
50 bis 35 30 bis 100 80 bis 55 2,4 bis 1,9 100 bis 75 81 bis 75 ohne Bruch 30 bis 50 7 bis 16
1,38 bis 1,36 1,38 bis 1,34
erhöht hoch schlagzäh c aK 5 bis 10 aK 30 bis 50
Vinylpolymere 330 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
S-PVC b
PVC 100 c
g
f
e
d
c
b
a
4
2
Richtwerte, außer c an gepressten Probekörpern nach DIN-Vorschriften ermittelt. Werkstoffe für Tafeln nach DIN 16927. am Rohr, Typ PVC 100 nach DIN 8061 T.2 gemessen. 3 mm dicke Rohrwand. PVC nachcholoriert, Chlorgehalt rd. 64%. mit 10 bis 13% VAC niedriger, mit 20% Maleinsäureester höhere Vicat-Werte. nach Schulz-Mehnert.
14
2
10
mg
Wasseraufnahme
> 1015 20
opak zwischen 0,003 und 0,02 transparent 0,015 und 0,013 > 600 > 600 > 600 > 600 > 600
> 1015 12
1,35
Copolymere a
CTI
> 1015 115 d
zwischen 3,5 und 2,7
> 1015 20 bis 40
1,55
HT-PVC e PVC-C e
> 1015 20 bis 40
1,38 bis 1,39 1,39 bis 1,40 1,40
E-PVC b
W cm kV/mm
g/cm3
Einheit
elektrische spezif. Durchgangswiderstand Durchschlagfestigkeit Dielektrizitätszahl 800 bis 106 Hz dielektr. Verlustfaktor tand 800 bis 106 Hz Kriechwegbildung
Dichte
Eigenschaften
Polymerisate
Tabelle 2-32 (Fortsetzung)
< 20
> 600
> 1015 40
Vinylpolymere
< 20
> 600
> 1015 40
1,38 bis 1,36 1,38 bis 1,34
erhöht hoch schlagzäh c aK 5 bis 10 aK 30 bis 50
2.1.2 Vinylpolymere
331
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Vinylpolymere
332
Bild 2-107. Streckspannung und Reißdehnung von PVC-U in Abhängigkeit von der Temperatur (ermittelt im Zugversuch (5 mm/ min) an 4 mm dicken Platten aus zinnstabilisiertem S-PVC nach DIN EN ISO 527)
Bild 2-108. 3,5 %-Biegespannung von PVC-U in Abhängigkeit von der Temperatur (gemessen nach DIN EN ISO 178 an 4 mm dicken Platten aus zinnstabilisiertem S-PVC)
Bild 2-109. Elastizitätsmodul von PVC-U in Abhängigkeit von der Temperatur (ermittelt nach DIN EN ISO 527 aus dem Zugversuch an 4 mm dicken Platten aus zinnstabilisiertem S-PVC)
333
werden jedoch höhere Anforderungen an die Zähigkeit von PVC-U gestellt, denn nur dann können die insgesamt sehr guten mechanischen Eigenschaften dieses Werkstoffes genutzt werden. Die Kerbschlagzähigkeit von PVC-U kann durch Zugabe von Acrylat-Elastomeren, Ethylen/Vinylacetat-Co-polymeren, MBSoder ABS-Elastomeren und nicht zuletzt mit Hilfe von chloriertem Polyethylen (CPE) wesentlich verbessert werden. Diese Komponenten werden je nach Typ entweder im Compoundierprozess zugemischt oder aber bereits in das PVC einpolymerisiert (siehe auch Kapitel 2.1.2.2). Verhalten bei dynamischer Beanspruchung Die Abhängigkeit des aus dem Torsionsschwingungsversuch (nach DIN EN ISO 6721) ermittelten dynamischen Elastizitätsmoduls E sowie des mechanischen Verlustfaktors d von der Temperatur gibt Bild 2-110 für ein hartes PVC-U und ein weichgemachtes PVC-P wieder. Zeitstandverhalten bei mehrachsigem Spannungszustand (s. a. Kapitel 1.3.2.5) Das Bild 2-111 gibt das Zeitstandverhalten von PVC-U am Beispiel durch Innendruck beanspruchter Rohre wieder. Die Zeitstandfestigkeit beträgt nach 105 h bei 20 °C mindestens 25 N/mm2. Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand (s. a. Kapitel 1.3.2.5) In Anwendungsfällen, bei denen länger dauernde mechanische Beanspruchungen auftreten, bewährt sich das günstige Zeitstandverhalten von PVC-U, wie Bild 2-112 anhand sehr anschaulicher isochroner Spannungs-/Dehnungslinien für verschiedene Temperaturen zeigt (siehe auch Tabelle 5-29 im Anhang).
Bild 2-110. Dynamischer E-Modul und mechanischer Verlustfaktor d verschiedener PVC-Einstellungen
Vinylpolymere
2.1.2 Vinylpolymere
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Vinylpolymere
334
Bild 2-111. Zeitstandfestigkeit von Rohren aus bleistabilisiertem S-PVC (K-Wert 68) nach DIN EN ISO 899-1
Bild 2-112. Isochrone Spannungsdehnungslinien von S-PVC-U bei verschiedenen Temperaturen
Einfluss der Weichmachung auf die mechanischen Eigenschaften Die mechanischen Eigenschaften von PVC-P-Mischungen sind nicht nur von der Art und Menge der zugegebenen Weichmacher abhängig, sondern werden in großem Maße auch von der Materialrezeptur beeinflusst. Bild 2-106 (Reißdehnung), Bild 2-113 (Shore-Härte), Bild 2-114 (Festigkeit), Bild 2-115 (Kältebruchtemperatur), Bild 2-116 (spez. Durchgangswiderstand, siehe Tabelle 2-33), Bild 2-117 (Einfluss des K-Wertes), Bild 2-118 (Wärmedruckbeständigkeit) und Bild 2-119 (Schlagzähigkeit) zeigen daher nur Richtwerte.
335
Vinylpolymere
2.1.2 Vinylpolymere
Bild 2-113. Abhängigkeit der Shore-Härte A und D nach DIN EN ISO 868 von der Weichmachermenge für verschiedene Weichmacher. Basis: S-PVC, K-Wert = 71
Bild 2-114. Einfluss der Weichmachermenge und der Weichmacherart auf die Reißfestigkeit sR und Reißdehnung eR, gemessen nach DIN EN ISO 527
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Vinylpolymere
336
Bild 2-115. Kältebruchtemperatur nach DIN EN 53372 von Weich-PVC bei Einsatz verschiedener Weichmacher
Bild 2-116. Zusammenhang zwischen spez. Durchgangswiderstand und Weichmacherart, gemessen nach DIN IEC 60093
Für weichmacherhaltige PVC-P-Mischungen ergibt sich der in Abbildung 2-113 dargestellte Verlauf der Shore-Härte A und Shore-Härte D. Einen Überblick über den Einfluss der Weichmachung auf wichtige mechanische Eigenschaften im Vergleich zu unmodifiziertem PVC gibt auch Tabelle 2-33.
337
2.1.2 Vinylpolymere
PVC Weichmacher DOP (Palatinol® AH) Weichmacher DOA (Plastomol® DOA) Shore-Härte A (DIN EN ISO 868) Kältebruchtemperatur °C (DIN EN 1876-2) Reißfestigkeit MPa (DIN EN ISO 527) Reißdehnung % (DIN EN ISO 527) spez. Durchgangswiderstand 1012 · W · cm (DIN ICE 60093)
Vinoflex S 6815
Vinoflex S 7114
100 – – 100 + 80* 60 30 10000
75 25 – 94 – 10 26 280 500
75 – 25 92 – 43 23 270 2
60 40 – 74 – 37 16 370 1
60 – 40 70 – 69 13 350 0,02
DOP = Di-2-ethylhexylphthalat. DOA = Di-2-ethylhexyladipat. * Einfriertemperatur.
Bild 2-117. Einfluss des K-Wertes von PVC auf Zugfestigkeit und Reißdehnung bei Weich-PVC (PVC/DOP = 100:60) im Zugversuch nach DIN EN ISO 527
■ Thermische Eigenschaften (s. a. Kapitel 1.3.1.2) Umwandlungstemperaturen und Dauergebrauchstemperatur Die Glasübergangstemperatur von Hart-PVC (PVC-U) beträgt ca. 75 – 80 °C. Sie kann durch Mischen mit einem wärmeformbeständigeren Material erhöht oder durch die Zugabe von Weichmachern, Bild 2-120, gesenkt werden. PVC-U ist überwiegend amorph mit einem geringen kristallinen Anteil. Daraus ergibt sich ein breiter Aufschmelzbereich. Die Dauergebrauchstemperatur beträgt etwa 65 °C in Anwendungen, in denen die Dimensionsstabilität wie beispielsweise bei Fensterprofilen gewahrt werden muss. Sie kann jedoch durch
Vinylpolymere
Tabelle 2-33. Eigenschaften von PVC-P (auf Basis von Vinoflex S 7114) im Vergleich zu PVC-U (Vinoflex S 6815)
Vinylpolymere
338
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-118. Wärmedruckbeständigkeit für verschiedene K-Werte der PVC-Komponente. Weich-PVC (PVC/DOP = 100:60), Prüfmethode in Anlehnung an VDE 0472, jedoch mit Pressplättchen als Prüfkörper (Länge 30 mm, Breite 10 mm, Dicke 3 mm), Leiterdurchmesser 10 mm, Metalldorn 0,7 mm, Gewicht 750 g
Bild 2-119. Doppel-V-Schlagzähigkeit an transparenten Platten aus S-PVC, schlagzäh modifiziert mit 10 Teilen MBS- bzw. Acrylat/Styrol-basiertem Modifier vor und nach Belichtung im Xenotestgerät 450 (Kerbradius 0,5 mm)
Modifizieren mit wärmeformbeständigeren Komponenten in Grenzen angehoben werden. Höhere Belastungen bei Weich-PVC treten in Kabelanwendungen (speziell im Automobilbau) auf, wo Dauergebrauchstemperaturen von 70 °C bis über 100 °C gefordert werden. Spezifische Wärmekapazität Bild 2-121 gibt die Temperaturabhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität und der Enthalpie von PVC-U wieder. Die Abhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität vom Weichmachergehalt zeigt Bild 2-122 [7].
339
Vinylpolymere
2.1.2 Vinylpolymere
Bild 2-120. Abhängigkeit der Glasübergangstemperatur (Einfriertemperaturbereich) vom Weichmacher (DOP)-Gehalt
Bild 2-121. Spezifische Wärmekapazität und Enthalpie von PVC-U in Abhängigkeit von der Temperatur
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
kg · K
Spezifische Wärmekapazität
Vinylpolymere
340
Bild 2-122. Abhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität von PVC in Abhängigkeit vom Weichmachergehalt (DPO) und der Materialtemperatur [7]
Wärmeleitfähigkeit Eine wichtige Kenngröße für die Berechnung des zeitlichen Ablaufs auf Wärmeleitung beruhender Austauschvorgänge ist die Temperaturleitfähigkeit a. Sie wird gebildet als Quotient aus Wärmeleitfähigkeit und Wärmekapazität je Raumeinheit. Die Änderung der Wärmeleitfähigkeit und der Dichte mit der Temperatur ist gering im Vergleich zu der spezifischen Wärme. Die Temperaturleitfähigkeit von PVC im Vergleich zu anderen wichtigen Kunststoffen ist in Tabelle 2-34 dargestellt. Die Temperaturleitfähigkeit von Stahl beträgt mehr als das Hundertfache dieser Werte. Tabelle 2-34. Temperaturleitfähigkeit einiger Kunststoffe Materialtyp
Temperaturleitfähigkeit a
PVC-U PVC-P PE-HD PP PS POM
1,22 · 10–3 cm2/s 1,45 · 10–3 cm2/s 2,27 · 10–3 cm2/s 1,45 · 10–3 cm2/s 1,15 · 10–3 cm2/s 1,61 · 10–3 cm2/s
pVT-Diagramm (s. a. Kapitel 1.4.2) Die für die Berechnung von Plastifizieraggregaten und die Prozessregelung von Spritzgießmaschinen wichtigen pVT-Diagramme zeigen die Bilder 2-123 und 2-124. Weitere Daten für thermische Stoffgrößen von PVC enthält Tabelle 2-32.
2.1.2.1.2.2 Beständigkeiten und Sperrfähigkeit (s. a. Kapitel 1.3.4) Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien Bei Temperaturen bis 60 °C ist PVC-U beständig gegen die meisten anorganischen Säuren, Laugen und Salzlösungen, Gase und viele organische Verbindungen wie Fette, Öle, aliphatische Kohlenwasserstoffe (KW), Benzin (nur PVC-U) oder Waschmittel. PVC-U ist nicht beständig gegen aromatische KW, chlorierte KW, Ketone, Ester oder Fleckenreinigungsmittel. Die Chemikalienbeständigkeit von PVC-P hängt sehr von der Weichmacherart und dem Gehalt ab. Spezialweichmacher können die Beständigkeit gegenüber einzelnen chemischen Verbindungen sogar erhöhen.
Bild 2-123. pvT-Diagramm von PVC-U
Vinylpolymere
341
2.1.2 Vinylpolymere
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Vinylpolymere
342
Bild 2-124. pvT-Diagramm von PVC-P (30 % DOP)
Angaben zur Beständigkeit von PVC finden sich auch in DIN 8061 „Rohre aus weichmacherfreiem PVC – Allgemeine Qualitätsanforderungen“. Die Chemikalienbeständigkeit von PVC und anderen Kunststoffen ist auch in Tabelle 5-32 im Anhang dargestellt. Spannungsrissbildung PVC ist weitgehend beständig gegen die Bildung von Spannungsrissen. Witterungsbeständigkeit, Wetterechtheit Bei sachgemäßer Stabilisierung und Additivierung weisen Formteile aus PVC-U eine vergleichsweise gute Witterungsbeständigkeit auf. Das gute Alterungsverhalten begünstigt die Verwendung für Fensterprofile, Dachrinnen, Fassadentafeln und viele andere Anwendungen im Außenbereich. PVC-P ist weniger witterungsbeständig als PVC-U. Der Einfluss der Sonnenstrahlung und der Witterung verstärken eine eventuelle Flüchtigkeit und Migration der Weichmacher. Gasdurchlässigkeit Die Durchlässigkeit q, ermittelt an 40 mm dicken PVC-Folien verschiedener Einstellung (bei 20 °C), ist in Tabelle 5-30 im Anhang wiedergegeben. Bild 2-125 und 2-126 geben zusätzliche Informationen über die Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase in Abhängigkeit von der Foliendicke.
343
Vinylpolymere
2.1.2 Vinylpolymere
Bild 2-125. Wasserdampfdurchlässigkeit verschiedener PVC-Sorten in Abhängigkeit von der Foliendicke für (a) E-PVC-U, (b) M-PVCU, (c) S-PVC-U
Bild 2-126. Gasdurchlässigkeit von Folien aus E-PVC-U in Abhängigkeit von der Foliendicke gegenüber (a) CO2, (b) O2, (c) Luft, (d) N2
Vinylpolymere
344
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Strahlenbeständigkeit: Beständigkeit gegen energiereiche Strahlung PVC weist, verglichen mit anderen Kunststoffen, eine verhältnismäßig hohe Strahlenbeständigkeit auf. Bei der Einwirkung von energiereichen Strahlen (b-, g- oder Röntgenstrahlen) unter Sauerstoffausschluss bleibt die Reißfestigkeit des Materials bis zu Dosen von über 107 J/kg unverändert; die Reißdehnung ist bei dieser Strahlenbelastung jedoch bereits auf 30 % ihres Ausgangswertes gesunken. In Gegenwart von Luft wirkt sich die energiereiche Strahlung wesentlich nachteiliger aus. Schon bei 105 J/kg beträgt die Reißfestigkeit nur noch 30 % des Ausgangswertes. PVC-Rohre und Formteile, die eine nennenswerte Schlagzähigkeit aufweisen sollen, können in Luft bis zu Dosen von 105 bis 2 · 105 J/kg verwendet werden. Dabei ist zu beachten, dass sich PVC schon bei der Einwirkung von 105 J/kg zu verfärben beginnt und merklich Chlorwasserstoff abspaltet. Für Formteile, die mit Strahlen sterilisiert werden sollen (2,5 · 104 J/kg), ist das Material daher nicht ohne weiteres verwendbar. PVC-P ist erheblich strahlenbeständiger als PVC-U. Die Beständigkeit gegen energiereiche Strahlung von PVC auch im Vergleich zu anderen Kunststoffen ist auch in Tabelle 5-31 und Tabelle 5-33 im Anhang dargestellt.
2.1.2.1.2.3 Elektrische und optische Eigenschaften (s. a. Kapitel 1.3.3) Elektrische Eigenschaften Isolationseigenschaften Mit geeigneten Stabilisatoren und Hilfsstoffen sind PVC-Formmassen mit sehr guten elektrischen Eigenschaften herstellbar. PVC-Isolierstoffe werden im Niederfrequenzbereich bis etwa 10 kV eingesetzt. Bei höheren Frequenzen wirkt sich der verhältnismäßig hohe dielektrische Verlustfaktor tan d nachteilig aus. Die Abhängigkeit des spezifischen Durchgangswiderstandes vom Weichmachergehalt zeigt Bild 2-127. Den Einfluss von leitfähigem Ruß auf den spezifischen Durchgangswiderstand und den Oberflächenwiderstand zeigt Bild 2-128. Prüfnormen für die elektrischen Eigenschaften von PVC enthält Tabelle 2-31.
Bild 2-127. Abhängigkeit des spezifischen Durchgangswiderstandes von S-PVCFolien vom Gehalt an DOPWeichmacher
345
Vinylpolymere
2.1.2 Vinylpolymere
Bild 2-128. Elektrische Eigenschaften von PVC-P in Abhängigkeit vom Gehalt an leitfähigem Ruß
Dielektrisches Verhalten von PVC PVC gehört aufgrund seiner chemischen Struktur zu den polaren Kunststoffen. Die im Makromolekül vorhandenen polaren Gruppen resultieren in einer elektrischen Polarisierbarkeit des Materials und führen in einem elektrischen Wechselfeld zu dielektrischen Verlusten, die mit dem Verlustwinkel tan d charakterisiert werden können. Die Verluste nehmen mit steigender Temperatur, insbe-
Bild 2-129. Dielektrischer Verlust von Hart-PVC nach [17, 18] in Abhängigkeit von Frequenz und Temperatur
Vinylpolymere
346
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
sondere nach Überschreiten der Glasübergangstemperatur TG, stark zu (siehe Bild 2-129) [17, 18]. Wie Bild 2-130 entnommen werden kann, steigert die Zugabe von Weichmacher den dielektrischen Verlust deutlich. Den dielektrischen Verlustfaktor tan d einer PVC-P-Kabelmischung als Funktion der Temperatur zeigt das Bild 2-131. Der hohe dielektrische Verlust von PVC begrenzt die Anwendbarkeit dieses Materials in Hochfrequenzanwendungen, macht aber umgekehrt die HF-Verschweißbarkeit möglich.
Bild 2-130. Dielektrischer Verlust von Weich-PVC nach [17, 18] in Abhängigkeit von Frequenz und Temperatur
Bild 2-131. Dielektrischer Verlustfaktor tand einer Mantel- (a) und einer Isolationsmischung (b) von PVC-P in Abhängigkeit von der Temperatur
347
Vinylpolymere
2.1.2 Vinylpolymere
Bild 2-132. Lichtdurchlässigkeit (Gesamtlicht) von Folien aus M-PVC-U in Abhängigkeit von der Wellenlänge (gemessen im Beckmann-Spektralphotometer); Bezeichnungen: a weiß b braun c grün d gelb e natur
Bild 2-133. Qualitativer Vergleich der Transparenz verschiedener transparenter Thermoplaste
Vinylpolymere
348
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Optische Eigenschaften Der Brechungsindex beträgt n20 D = 1,52 bis 1,55. Die Lichtdurchlässigkeit von 600 mm-Folien aus hartem Masse-PVC in Abhängigkeit von der Wellenlänge geht aus Bild 2-132 hervor. PVC ist neben einer Vielzahl anderer ein- und mehrphasiger transparenter Thermoplaste vielseitig für Packmittel aller Art verwendbar. Die Transparenz von PVC im Vergleich zu anderen thermoplastischen Kunststoffen zeigt das Balkendiagramm Bild 2-133.
2.1.2.1.2.4 Sonstige Eigenschaften PVC wird häufig in Form von Weich-PVC für die Herstellung von medizintechnischen Artikeln wie beispielsweise Kathetern oder Blutbeuteln eingesetzt. Speziell formulierte Weich-PVC-Mischungen zeigen eine hohe Biokompatibilität und sind mit Heißdampf (121 bis 134 °C), Gammastrahlung und Ethylenoxid-Gas sterilisierbar. Die hohe Knick- und Walkfestigkeit von Schlauchsystemen aus Weich-PVC sind wie die hohe Elastizität weitere für medizintechnische Anwendungen wichtige Eigenschaften von Weich-PVC.
2.1.2.1.3 Verarbeitung und Anwendung (s. a. Kapitel 1.4) Die bekannten Verarbeitungs-, Füge- und Weiterverarbeitungsverfahren von thermoplastischen Kunststoffen sind in Kapitel 1 dargestellt. Für PVC kommen diese
Bild 2-134. Verarbeitungsverfahren für PVC-U
Bild 2-135. Verarbeitungsverfahren für PVC-P
Vinylpolymere
2.1.2 Vinylpolymere
349
b
a
Hochtemperaturverfahren 160 bis 210°C Niedertemperaturverfahren 145 bis 175°C
Kalandrieren Walzentemperatur
Die Schwindung beträgt bei PVC-U ≈ 0,5%. Die Schwindung beträgt bei PVC-P < 0,5%.
160 – 160 160 160 190 – 160 – 160
185 185 – 185 185 – 185 185 – –
160 – 160 160 160 190 – 160 – 160
185 175–205 – 185 185 – 185 180–210 185 180
180 175–195 – 180 180 – 180 175–200 180 175
> 30
180–210 170–200 170–200 165–195 180 185 – 180 180 – 180 180 80–160 –
50 160 – 160 160 160 190 – 160 – –
>15 160 – 160 160 160 190 – 160 – –
50
PVC-P Granulat Pulver
PVC-U Granulat Pulver
PVC-U Granulat Pulver
PVC-P Granulat Pulver
Werkzeugtemperatur °C
Massetemperatur °C
Spritzgießen a, b Extrudieren Rohre, Schläuche Schlauchfolien Flachfolien Tafeln Rohre und Profile Drahtummantelungen Borsten und Monofile Hohlkörperblasen Spritzblasen a Pressen a, b
Verarbeitungsart
Tabelle 2-35. Verarbeitungsbedingungen für PVC
100 100 160 160 160 100 100 160 – 100
200 200 200 200 200 – bis 200 bis 200 1500 bis 100
bis bis bis bis bis
1000 bis 800
PVC-U Granulat Pulver
Spritzdruck psp bar
75 – 100 75 75 150 – 75 – 50
150 200 150 150 250 150 50
bis bis bis bis bis bis bis
400 bis 1200
PVC-P Granulat Pulver
Vinylpolymere 350 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
351
Verarbeitungsverfahren meist stark modifiziert zum Einsatz, sodass im vorliegenden Kapitel auf die speziellen Verarbeitungstechniken von PVC eingegangen wird. Die wichtigsten Verfahren zur thermoplastischen Verarbeitung von PVC sind das Extrudieren und das Kalandrieren. Eine mengenmäßig von Land zu Land unterschiedliche Bedeutung haben das Spritzgießen, das Blasformen, das StreckBlasformen, das Pressen und das Sintern. Eine Übersicht über die für PVC-U bzw. PVC-P gebräuchlichen Verarbeitungsverfahren geben die Bilder 2-134 bzw. 2-135 [8]. Richtwerte für die bei der Verarbeitung einzustellenden Verarbeitungsparameter sind in Tabelle 2-35 für die gängigsten Verarbeitungsverfahren getrennt für PVC-U und PVC-P dargestellt.
2.1.2.1.3.1 Urformen (s. a. Kapitel 1.4.3.1) Spritzgießen Für die Verarbeitung von PVC im Spritzgießverfahren werden spezielle korrosionsgeschützte Plastifizieraggregate mit geringer Kompression und meist ohne Rückstromsperre eingesetzt. Typische Produkte sind Rohrleitungs-Fittings, Gehäuse, WC-Spülkästen und Gartenmöbel. Extrusion (s. a. Kapitel 1.4.3.2) Die größten Mengen PVC werden im Extrusionsverfahren verarbeitet. Die als Dryblend vorliegende Materialvormischung oder das bereits compoundierte PVC-Granulat wird in einem speziell auf die Verarbeitung von PVC ausgerüsteten Extruder aufgeschmolzen und zum Produkt ausgeformt. Anlagentechnik Mengenmäßig wird der überwiegende Teil des PVC als pulverförmiges Dryblend in gegenläufigen Doppelschneckenextrudern verarbeitet. Die kammerartige Förderung dieser Extruderbauform führt zu einem engen Verweilzeitspektrum, wie es für die Verarbeitung des thermisch empfindlichen PVC erforderlich ist, und erlaubt einen hohen Druckaufbau von mehreren 100 bar. Der weit überwiegende Anteil der zur Plastifizierung notwendigen Energie wird dabei über den mechanischen Antrieb in das Produkt eingebracht. Die Entgasung ist ein wesentlicher Bestandteil in der Produktion hochwertiger lunkerfreier Extrudate. Vorcompoundierte PVC-Granulate werden häufig auch auf Einschneckenextrudern verarbeitet. Coextrusion PVC wird auch coextrudiert. Typische Produkte sind hier Profile oder Rohre mit Rezyklatkern, anextrudierte Dichtlippen an Profilen, PVC-Schaumkernrohre und PVC-Profile mit coextrudierter PMMA-Deckschicht. Blasformen Der Herstellungsprozess entspricht weitgehend dem von anderen Thermoplasten her bekannten Prozess. Allerdings kommen bei der Material-Plastifzierung ebenfalls spezielle an PVC angepasste Extruder zum Einsatz.
Vinylpolymere
2.1.2 Vinylpolymere
Vinylpolymere
352
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Kalandrieren Kalandrieren hat bei PVC eine hohe Bedeutung. Typische Produkte sind Schwerfolien, Platten, Fußböden und Kunstleder.
2.1.2.1.3.2 Pastenverarbeitung PVC-Pasten, auch Plastisole genannt, sind Dispersionen von feinteiligen PVCPartikeln in flüssigen Weichmachern. Sie nehmen im Bereich der Verarbeitung von PVC eine Sonderstellung ein. Ihre Formgebung erfolgt in flüssiger bzw. pastöser Phase und nicht im thermoplastischen Zustandsbereich wie bei herkömmlichen Verarbeitungsverfahren (Extrusion, Kalandrieren, Spritzgießen). Die Verfestigung, das sogenannte Gelieren, wird erst im Anschluss an die Formgebung durch Wärmebehandlung im Bereich von 120–200°C vorgenommen. Die Verarbeitung der Pasten kann durch zahlreiche Methoden wie Rakeln, Drucken, Tauchen und Gießen erfolgen. Die Hauptanwendungen sind kontinuierliche Beschichtungsverfahren, wie sie bei der Herstellung von Fußbodenbelägen, Kunstledern und Gewebebeschichtungen angewendet werden. Bei der Verarbeitung kommen dem Fließverhalten und der Rheologie große Bedeutung zu. PVC-Pasten weisen in der Regel nicht newtonsches Fließverhalten auf, d.h. die Viskosität ist von der Schergeschwindigkeit und -dauer abhängig. Die Viskosität ist dabei u.a.abhängig von der Teilchenverteilung in dem System. Durch Einsatz zwickelfüllender kleiner Partikel kann die Viskosität einer Paste mit gleichgroßen Teilchen reduziert werden. Durch Verwendung von Füller-Polymeren (Extender-/Blend-PVC) kann die Viskosität bei gleich bleibendem Weichmacheranteil deutlich reduziert werden. Diese durch Suspensions-Polymerisation erzeugten PVC-Typen haben eine Teilchengröße von 20–35 µm und absorbieren durch ihre möglichst runde Struktur nur äußerst wenig Weichmacher. Verarbeitungsverfahren für Plastisole sind im Folgenden dargestellt. Tabelle 2-31 enthält Prüfnormen für wichtige Rohstoffeigenschaften von Pasten-PVC. Rotationsformen Beim Rotationsformen wird das Plastisol in eine zu diesem Zweck geöffnete Hohlform dosiert. Die Hohlform wird hierauf verschlossen, auf die Geliertemperatur erhitzt und anschließend wieder abgekühlt. Hieran anschließend wird die Form wieder geöffnet. Die relativ weiche Materialbeschaffenheit erlaubt auch die Entformung starker Hinterschnitte. Produkte sind beispielsweise Bälle, Puppen und große Dämpfungselemente. Sprühauftrag Das zähflüssige Plastisol lässt sich im Sprühverfahren verarbeiten. Eine Anwendung ist beispielsweise der PVC-Unterbodenschutz für PKW.
353
Tauchverfahren Das Tauchverfahren wird überwiegend in der Beschichtung eingesetzt. Hierbei wird der zu beschichtende Artikel kurzzeitig in das Plastisol getaucht und anschließend ausgeliert. Streichverarbeitung Hierbei wird über ein Rakelsystem eine dünne Plastisolschicht auf eine kontinuierlich unter dem Rakelsystem durchgezogene Bahn aufgetragen. So können beispielsweise Tischdecken oder andere beschichtete Stoffe hergestellt werden.
2.1.2.1.3.3 Schäumen PVC wird überwiegend durch den Zusatz von chemischen Treibmitteln, d. h. Treibmitteln, die sich bei den hohen Temperaturen der Verarbeitungsprozesse unter Gasbildung chemisch zersetzen, verschäumt. Die Eigenschaften von Hart-Schaumstoffen aus PVC-U und anderen Polymeren gibt Tabelle 2-36 wieder. Einen Überblick über die Eigenschaften weicher und halbharter Schaumstoffe gibt Tabelle 2-37.
2.1.2.1.3.4 Bearbeiten Spanende Bearbeitung Hinweise für das Bearbeiten von PVC-Formstoffen geben die Tabelle 2-6 und 2-7. Trennen Hinweise für das Trennen von PVC-Formstoffen gibt Tabelle 2-7.
2.1.2.1.3.5 Fügen Fügeverfahren Die Tabellen 2-8 und 2-9 in Kapitel 2.1.1 geben Hinweise über mögliche Fügeverfahren. Kleben Diffusionsklebung ist besonders geeignet für das Verkleben von PVC. Dazu dienen Lösungen von nachchloriertem PVC in Chlor oder Kohlenwasserstoffen (PC-Klebstoff) oder von PVC-Copolymerisaten in Tetrahydrofuran (THF-Klebstoffe). Mit THF-Klebstoffen können Fügeteilabstände von 0,6 bis 1,2 mm (je nach Anforderungen an die Dichtheit) überbrückt werden. Die Klebeflächen werden mit chlorierten Kohlenwasserstoffen vorbehandelt. Einen anderen Weg zur Vorbehandlung von Fügeflächen, beispielsweise bei Fensterprofilen, bietet die Koronabehandlung [19]. Dabei werden Verarbeitungshilfsmittel entfernt und die Oberfläche modifiziert; außer Fensterrahmen eignen sich Rohre großen
Vinylpolymere
2.1.2 Vinylpolymere
°C °C W/mK
Gebrauchstemperaturbereich kurzzeitig dauernd Wärmeleitfähigkeit
WasserdampfdiffusionsWiderstandszahl m – nach DIN V 4108-4 Wasseraufnahme (Lagerung 7 Tage Vol. % in Wasser)
kg/m3 N/mm2 N/mm2 N/mm2 N/mm2 N/mm2
Rohdichtebereich Druckfestigkeit Zugfestigkeit Scherfestigkeit Biegefestigkeit Biege-E-Modul
100–130 2
2–3
100 80–85 0,03–0,035
30–35 > 0,15 0,5 0,9 0,4 –
1,5
150–300
100 80–85 0,03–0,035
40–(60) 0,5 0,5 1,2 0,6 > 15
Extrudieren ohne mit Schäumhaut
30–70
100 70–80 0,03–0,035
15–30 0,06–0,25 0,1–0,5 0,4–1,2 0,2–0,5 –
Partikelschäumen
Herstellverfahren
Einheit
Polystyrol
Kunststoffsorte
Eigenschaften
zäh-hart
Struktur des Schaumstoffs
Tabelle 2-36. Eigenschaften von Hart-Schaumstoffen
30–130 1–4
1
> 150 80 0,018– 0,024
20–100 0,1–0,9 0,2–1,1 0,1– > 1 0,2–1,5 2–20
PU
200–300
80 60 0,036–0,04
50–130 0,3–1,1 0,7–1,6 0,5–1,2 0,6–1,4 16–35
Hochdruckschäumen
PVC-U
Harnstoffharz
7–10
30–300
> 250 130 0,02–0,03
40–100 0,2–0,9 0,1–0,4 0,1–0,5 0,2–1,0 6–27
> 20
4–10
> 100 90 0,03
5–15 0,01–0,05 – – 0,03–0,09 –
Blockschäumen Spritzschäumen
Phenolharz
spröd-hart
Vinylpolymere 354 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
1,1 0,01
Polyethylen Partikelschäumen
25–40 0,1–0,2 30–50 0,03–0,06 – 40–50 bis 100 0,036 400–4000 1–2 1,05 0,004
Einheit
kg/m3 N/mm2 % N/mm2
% N/mm2
°C W/mK
–
Vo.-%
–
Kunststoffsorte
Herstellverfahren Eigenschaften
Rohdichtebereich Zugfestigkeit Bruchdehnung Stauchhärte (40%) Druckverformungswert (70 °C, 50%) Stoßelastizität Gebrauchstemperaturbereich Wärmeleitfähigkeit WasserdampfdiffusionsWiderstandszahl mm (n. DIN V 4108-4) Wasseraufnahme (Lagerung 7 Tage in Wasser) Dielektrizitätszahl (50 Hz) Dielektrischer Verlustfaktor tand, 50 Hz 3 –
100–200 0,8–2,0 130–200 0,25–0,8 35–33 –
50–70 0,3 80 0,02–0,04
Hochdruckschäumen
0,5
3500–5000
0,01
1,1
0,4
15000–22000
0,06
1,31
1–4
50–100
20–4 20–30
20–45 ≈ 0,2 200–300 0,002–0,006
Typen
0,05
1,45
3
–
0,008
1,45
–
–
Vinylpolymere
0,003
1,38
–
–
– 40 bis 100 0,04–0,05
≈4 40–50
20–45 ≈ 0,1 200–270 0,002–0,004
Blockschäumen Polyester Polyether
Polyurethan
offene Zellen
– 60 bis 50 – 40 bis 100 0,041 0,04–0,05
32 ≈ 50
100 0,5 170 0,05
Polyvinylchlorid
– 70 bis + 85 – 70 bis + 110 – 60 bis 50 0,04–0,05 0,05 0,036
10–4 45
30–70 0,3–0,6 90–100 0,07–0,16
Extrudieren und Vernetzen
Vorwiegend geschlossene Zellen
Struktur des Schaumstoffs
Tabelle 2-37. Eigenschaften von weichen und halbharten Schaumstoffen
2.1.2 Vinylpolymere
355
Vinylpolymere
356
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Durchmessers aus PVC für diese Behandlung. Für Profile mit gekrümmter Oberfläche sind Formelektroden erforderlich. PVC-P lässt wegen der Anteile an unterschiedlichen Weichmachern keine einheitliche Behandlung zu. PVC-P mit Weichmacher-Anteilen bis zu 40 % ist gut klebbar. Adhäsionsklebung ist mit Klebstoffen auf der Basis von PUR, Nitrilkautschuk und Polychlorbutadien möglich. Das Diffusionkleben entspricht demjenigen bei PVC-U. Die Oberflächen werden mit Leichtbenzin oder Wasser vorbereitet. Bei PVC-U ist Adhäsionsklebung möglich. Dazu dienen ZweikomponentenReaktions-Klebstoffe auf der Basis von EP, PUR und PMMA. Für das Kleben von PVC-U bestehen bereits folgende Richtlinien und Normen:
• • • • •
Richtlinie R 1.1.7 der Gütegemeinschaft Kunststoffrohre; Verkleben von Rohren und Fittings aus PVC-U nach dem KRV-Passungssystem. DIN 16928 PVC-U (Hart-PVC)-Rohre. DIN 16970 Klebstoffe zum Verbinden von Rohren und Rohrleitungen aus PVC-U, allgemeine Güteanforderungen, Prüfung. Richtlinie VDI 3821 Kunststoffkleben.
2.1.2.1.3.6 Veredelung Lackierung Das Veredeln der Oberfläche von PVC-U- und PVC-P-Formstoffen erfordert keine Vorbehandlung. Lackiert wird mit Speziallacken. Die Druckfarben enthalten ein anquellendes Lösemittel. Das Siebdruck- und das Tiefdruckverfahren werden bevorzugt. Folierung Insbesondere in der Herstellung von Fensterprofilen wird PVC mit farbgebenden und/oder bedruckten Folien überzogen.
2.1.2.1.3.7 Anwendungsbeispiele PVC verfügt über ein sehr großes Eigenschaftsspektrum, sodass es für eine Vielzahl von verschiedenen Anwendungen als Material in Frage kommt. Im Folgenden sind daher nur repräsentative Anwendungen von Hart-PVC (PVC-U) und Weich-PVC (PVC-P) dargestellt. Marktverteilung Die Aufteilung des PVC-Verbrauchs auf die verschiedenen Anwendungsgebiete enthält Tabelle 2-38.
357
2.1.2 Vinylpolymere
Anwendungsbereich
Anteil in Westeuropa 2003 in Prozent
Rohre Profile Fußbodenbeläge Kabel und Drähte Andere Hart-PVC-Anwendungen Hartfolien Plastisole Beschichtungen Schläuche und Profile Weichfolien Andere Weich-PVC-Anwendungen
21,9 18,5 10,1 10,7 5,4 7,0 4,9 5,2 4,1 7 5,2
Anwendungsbeispiele von Hart-PVC, PVC-U Hart-PVC wird typischerweise zu folgenden Produkten verarbeitet: Rohrleitungen, Armaturen, Fittings, Dränagerohre, Apparate für die chemische Industrie, Fassadenverkleidungen, Rolladenleisten, Fenster- und Türrahmen, Dachrinnen, Schallplatten (Copolymer), Separatorplatten für Akkus, Tonbandträger, Verpackungsfolien, Verpackungshohlkörper, weichmacherfreie Weichfolien (VC/EVA), Fasern, Fäden, Vliesstoffe, Netze, Schaumstoffe. Die Anwendungsentwicklung der Extrusionserzeugnisse verläuft in Westeuropa mengenmäßig parallel zur PVC-Konjunktur. Besonders zu erwähnen sind Fensterprofile [20, 21]. Daran sind zunehmend die acrylatmodifizierten Pfropf-Copolymere beteiligt. Weichmacherhaltiges PVC-TSE (extrudierte Schaumstoffe) wird in großen Mengen für Fahrzeug-Kantenschutzprofile verwendet. Die steigenden Rohstoffkosten für Hohlkörper können durch Streckblasen aufgefangen werden. Anwendungsbeispiele von PVC-P und PVC-Pasten Typische Anwendungsbeispiele für Weich-PVC sind: Griffe, Stecker, Kabelummantelungen und Drahtisolationen, Schutzkappen, Schläuche, Pendeltüren, Dämpfungselemente, Dichtungen, Bodenbeläge, Handläufe, Fußleisten, Isolierfolien, Tischdecken, Vorhänge, Schutzanzüge, Regenkleidung, Schuhsohlen, Stiefel, Sandalen, Dekorfolien, Bezugstoffe, Förderbänder, Fugenbänder, Puppen, Bälle, Tuben, Flaschen, Schaumstoffe, Kunstleder. Beschichtete Textilien, Papier, Glas- und Mineralien, Bleche, Boden- und Wandbeläge, Täschnerfolien, Schuhe, Handschuhe, Tapeten, Oberflächenschutz, Faltenbälge, Kappen, Unterbodenschutz für Kraftfahrzeuge [22].
Vinylpolymere
Tabelle 2-38. Anwendungen für PVC [32]
Vinylpolymere
358
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
2.1.2.1.4 Sicherheit, Umwelt und Recycling (s. a. Kapitel 1.5) 2.1.2.1.4.1 Sicherheit Verarbeitung Bei sachgemäßer Verarbeitung von PVC und ausreichender Belüftung der Betriebsräume wurden bisher keine nachteiligen Auswirkungen auf die Gesundheit des Personals festgestellt. Dazu kommt, dass PVC-Polymere mit hohem Reinheitsgrad hergestellt werden. Die Konzentration des Restmonomers Vinylchlorid ist meist kleiner 1 ppm. Die Technische Richtkonzentration (TRK) für das monomere Vinylchlorid wird in der PVC-verarbeitenden Industrie so weit unterschritten, dass in der Regel auf Konzentrationsmessungen verzichtet werden kann. Die biologische/toxikologische Wirkung von Hilfsstoffen muss allerdings beachtet werden. So können Stäube bei unsachgemäßer Verarbeitung von schwermetallhaltigen Dryblends zu erhöhten Blutwerten führen. PVC-Produkte Die PVC-U-Mischungen erfüllen in der Regel in ihrer Zusammensetzung die Empfehlung II „Weichmacherfreies PVC“, Stand 01.06.94 des Bundesgesundheitsamtes (190. Mitteilung: Bundesgesundheitsblatt 37 (1994), Seite 363). Diese Empfehlungen des Bundesgesundheitsamtes geben dem Verarbeiter Hinweise für die Einhaltung der Bestimmungen des § 31 Abs. 1 des neuen Lebensmittelgesetzes, das verbietet, „Gegenstände als Bedarfsgegenstände im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 des neuen Lebensmittelgesetzes gewerbsmäßig so zu verwenden oder für solche Verwendungszwecke in den Verkehr zu bringen, dass von ihnen Stoffe auf Lebensmittel oder deren Oberfläche übergehen, ausgenommen gesundheitlich, geruchlich und geschmacklich unbedenkliche Anteile, die technisch unvermeidbar sind“. Bei sachgemäßer Verarbeitung können aus PVC Bedarfsgegenstände hergestellt werden, die die Anforderungen der Vinylchlorid-Bedarfsgegenstände-Verordnung von 10.04.92 (BGBl. 1992, Teil 1 Seite 866) erfüllen. Die gesundheitliche Beurteilung von Kunststoffen in der Lebensmittelgesetzgebung außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ist selbstverständlich je nach Land unterschiedlich, wenn auch ähnliche Prinzipien gelten. Weichmacher sind chemisch niedermolekulare Verbindungen, die unter ungünstigen Bedingungen unter Verwendung eines Lösungsmittels aus einem Weich-PVC-Produkt extrahiert werden können. In Bezug auf den Einsatz von Stabilisatoren hat sich die PVC-verarbeitende Industrie in Europa in einer freiwilligen Selbstverpflichtung zum Verzicht auf Cadmium-Stabilisatoren bis 2001 und zum Verzicht auf Bleistabilisatoren bis 2015 ausgesprochen.
2.1.2.1.4.2 Recycling (s. a. Kapitel 1.5.1) Für die Kreislaufführung von PVC stehen sowohl werkstoffliche, rohstoffliche als auch energetische Optionen zur Verfügung. Hochwertige sortenreine, vorsortierte Sekundärrohstoffe sind vorrangig für ein werkstoffliches Recycling geeignet, wie es bei Produktionsabfällen Stand der Technik ist. Daneben existieren Löseverfahren, die robuster gegenüber den Ausgangsmaterialien als das einfache Regranulieren oder Recompoundieren sind. Materialverbunde, verunreinigte Produkte oder Produktgemische können außer durch Löseverfahren auch durch rohstoffliche oder energetische Verfahren verwertet werden. Bei den rohstofflichen Verfahren kommen Pyrolyse- oder Vergasungsverfahren zum Einsatz [23]. Entsprechend den Anwendungsfeldern für PVC (siehe Tabelle 2-38) existieren seit einigen Jahren branchenspezifische Lösungen für die werkstoffliche Verwertung von Rohren, Fensterprofilen, Dachbahnen und Bodenbelägen in technischem Maßstab. Daneben sind Löse- und Pyrolyseanlagen für PVC in Betrieb. Generell schwierig stellt sich neben der Wirtschaftlichkeit die Getrennterfassung bzw. die Getrennthaltung von PVC-Altprodukten dar, sodass in Westeuropa von den verbrauchten 5,8 Mio Tonnen PVC (2002; [24]) nur etwa 100.000 bis 200.000 Tonnen nach der Nutzung („Post-consumer-Material“) rezykliert wurden. Dabei muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass etwa zwei Drittel der PVC-Produkte sehr langlebig sind, da sie z. B. im Baubereich eingesetzt werden. Für PVC-Rohre, PVC-Fensterprofile, PVC-Bodenbeläge, PVC-Dachbahnen und andere typische PVC-Produkte wie Kabel oder Kreditkarten, die in größeren Mengen oder sortenrein als Sekundärrohstoff anfallen, existieren Recyclingverfahren und Rücknahmewege, die für Altprodukte meist von den jeweiligen Branchenverbänden eingerichtet wurden und heute bereits die Wiederverwertung ermöglichen [25]. Werkstoffliche Verfahren (s. a. Kapitel 1.5.1.2) Werkstoffliche Verfahren zur Kreislaufführung von PVC-Altprodukten verwenden eine trockenmechanische Aufbereitung. Dabei werden die Produkte zweistufig (zum Teil kryogen) zerkleinert und in mehreren Schritten durch Siebung, Sortierung wie z. B. Metallabtrennung oder Windsichtung aufbereitet. Die ProTabelle 2-39. Materialkennwerte bzw. Garantiewerte für Rezyklate aus Bahnenwaren Rezyklate aus
Korngröße
Weitere Eigenschaften
Dachbahnen [26] Bodenbeläge [27]
£ 0,5 mm < 0,4 mm
Reinheitsgrad von 97 bis 99 % grau-schwarzes Mahlgut, ggf. mit RestSchäumungsmittelmengen. Durchschnittswerte: Shore-Härte A 91, Shore-Härte D 48 Durchschnittszusammensetzung: 70 Teile PVC, 30 Teile Weichmacher, 20 bis 80 Teile Füllstoff
Vinylpolymere
359
2.1.2 Vinylpolymere
360
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Vinylpolymere
Tabelle 2-40. Hart-PVC-Rezyklat aus bzw. für Fensterprofilanwendungen [28] Kennwert/Material
Granulat weiß
Granulat bunt
Mahlgut bunt
Mahlgut weiß
Farbwerte [L/a/b] (CIE-LAB) Thermostabilität [min] (DIN 53381, N2) Vicat-Erweichungstemperatur [°C] (DIN ISO 306, Verfahren B/50) Zug-E-Modul [N/mm2] (DIN EN ISO 527-1) Kerbschlagzähigkeit [kJ/m2] (DIN ISO 179/1eA) K-Wert (DIN 53726) Schüttgewicht [g/cm2] (DIN 53466) Verunreinigungen [%] Korngröße
90,8 +/– 0,4 / k. A./ < 3,9 ~ 78
k. A.
k. A.
~ 48
~ 79
> 89,5/k. A./ < 4,5 ~ 79
~ 82
~ 80
~ 82
~ 82
~ 2400
~ 2400
~ 2300
~ 2300
~ 20,5
~23
~ 23
~ 23
~ 64 ~ 0,85
~ 64 ~ 0,82
~ 63 ~ 0,65
~ 63 ~ 0,65
< 0,02 k. A.
< 0,05 k. A.
0 k. A.
0 < 8 mm
dukte sind Mahlgüter oder seltener Regranulate. Die mechanischen Werkstoffeigenschaften der Rezyklate sind abhängig von den eingesetzten Altprodukten und einzelnen Chargen (Tabelle 2-39, Tabelle 2-40), so dass bei rezyklathaltigen Compounds eine chargenspezifische Additivierung eingesetzt werden muss. Bis zu einem Rezyklatgehalt von 10 % sind beispielsweise in Dachbahnen keine Eigenschaftsverluste zu befürchten. Löseverfahren Das erste großtechnisch umgesetzte Löseverfahren wurde von Fa. Delphi und Fa. Wietek in Nohfelden zur Entfernung von PVC-Kabelummantelungen aus KfzKabelbäumen eingesetzt, fand jedoch keine weitere Anwendung. Daneben existieren verschiedene andere Lösungsverfahren, die mit Tetrahydrofuran, Methylethylketon (MEK) oder Dichlormethan arbeiten, in der Regel aber noch nicht großtechnisch umgesetzt wurden [23]. Ausnahmen bilden das Poly-Tec-Verfahren [29], das mit einem organischen Quellmittel v. a. PVC-Kabelummantelungen am Standort Eppingen bei Heilbronn rezykliert, sowie das Vinyloop-Verfahren. In Ferrara (Italien) wurde eine bestehende Anlage so modifiziert, dass dort etwa 10.000 t/a Alt-PVC mit dem „Vinyloop“-Prozess verwertet werden können. Bei diesem Prozess (siehe Bild 2-136) handelt es sich um einen Batch-Löseprozess, der unter Druck vorzerkleinerte PVC-Produkte in MEK oder MEKMischungen innerhalb von 10 Minuten löst. Zum Einsatz kommt hier ein 27-m3Lösereaktor. Nach der Abtrennung von Feststoffen (Verunreinigungen, Metallreste, Verstärkungsfasern) aus der PVC-Lösung durch Filtration oder Zentrifugation wird in einem Fällungsreaktor Dampf zugeführt, so dass das PVC aus der Lösung durch Bildung von im Mittel 0,4 mm großen Partikeln ausfällt. Dabei
361
Vinylpolymere
2.1.2 Vinylpolymere
Bild 2-136. Verfahrensschema des Vinyloop-Löseprozesses [23]
werden feinverteilte unlösliche Füllstoffe oder Additive im Größenbereich um 10 µm mitgefällt, da sie durch Zentrifugation/Filtrierung nicht separiert werden. Das Lösemittel bildet mit dem Wasser ein azeotropes Gemisch und kann nach Abtrennung des Wassers erneut eingesetzt werden. In einem letzten Schritt wird das PVC-Produkt kontinuierlich getrocknet. Sehr positive Betriebserfahrungen liegen mit diesem Verfahren u. a. mit PVC aus Kabeln vor. Der Einsatz für Planen und Bodenbeläge ist vorgesehen. Eine Übersicht über die Eigenschaften der Produkte aus diesem Prozess enthält Tabelle 2-41. Pyrolyse und Vergasung Bei Pyrolyse- und Vergasungsprozessen wird die Polymerkette in kleinere Moleküle aufgetrennt. Dies erfolgt im Falle der Pyrolyse ohne und bei der Vergasung mit unterstöchiometrischem Zusatz eines Vergasungsmittels wie z. B. Sauerstoff. Diese Prozesse sind nicht materialspezifisch, so dass sie sich insbesondere für verschmutzte oder vermischte Polymerabfälle verschiedenster Zusammensetzung eignen. So wurden PVC-haltige Abfälle wie z. B. Shredderabfälle oder Mischkunststoffe erfolgreich in den Anlagen der Festbettdruckvergasung in der Anlage „Schwarze Pumpe“ bei bis etwa 1300 °C und 25 bar zu Synthesegas umgesetzt, das z. B. zur Methanolsynthese verwendet werden kann [31]. Speziell zur Verwertung von PVC wurde in Stigsnæs (Dänemark) eine bestehende Hydrolyseanlage für etwa 40.000 t modifiziert, sodass nun in einem zweistufigen Prozess zunächst durch Zugabe von Natronlauge bei 250°C eine Entchlorung auf < 0,1 Gew.-% Cl durchgeführt und anschließend der entchlorte feste Rückstand durch Pyrolyse bei bis zu 600°C verwertet werden kann [32]. Die Produkte sind Salze, die erneut für die PVC-Produktion eingesetzt werden können, eine Ölfraktion, die zur Rohölsubstitution verwendet werden kann, sowie feste Rückstände, die nach der Entfernung von Schwermetallen verwertet werden sollen [33].
362
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Vinylpolymere
Tabelle 2-41. Kennwerte von PVC-Rezyklaten aus Löse-/Quellverfahren Kennwert/ Material
Vinyloop FC004 [30]
Vinyloop FC005 [30]
Vinyloop FC006 [30]
Poly-Tec Kabelrezyklat [29]
typische Anwendungsfelder
Membranen, flexible Schläuche
76
Membranen, flexible Schläuche, Kabelummantelung 84
Kabelummantelungen
Shore-Härte A (ISO 868) Zugfestigkeit [N/mm2] (DIN EN ISO 527-2) Bruchdehnung [%] (DIN EN ISO 527-2) Dichte [g/cm2] (ISO 1183) Schüttgewicht [g/cm2] (ISO 60) Weitere Angaben
Membranen, flexible Schläuche, Kabelummantelung 81
12
13
15
12,9
> 300
275
272
271
1,4
1,42
1,44
k. A.
0,65
0,65
0,65
k. A.
schwarze Mikropellets, Stabilisator: Blei
schwarze Mikropellets, Stabilisator: Blei
schwarze Mikropellets, Stabilisator: Blei
Spez. Oberflächenwiderstand 23,6 · 1012 Ohm, Spez. Durchgangswiderstand bei 23 °C 7,4 · 1011 Ohm, bei 70 °C 0,7 · 1010 Ohm, Durchschlagfestigkeit 27 kV/mm
91 (Shore D: 37)
Verbrennung (s. a. Kapitel 1.5.1.4) Eine Anlage zur Verbrennung von ca. 45.000 t/a chlorhaltiger Abfälle bzw. von PVC wird von DOW am Standort Leuna betrieben, mit dem Ziel, die dabei freiwerdende Energie sowie den Chlorwasserstoff aus den gasförmigen Verbrennungsprodukten zu nutzen. Die Abfälle werden dazu in einem Drehrohrofen bei > 1100 °C so weit wie möglich oxidiert. Der Chlorwasserstoff wird durch die Rauchgaswäsche abgetrennt und die nach der Reinigung gewonnene zwanzigprozentige Salzsäure in der Chlorelektrolyse verwendet [31]. Auch bei Prozessen, die geringere Chlorfrachten aufweisen, wie z. B. die Verbrennung von Siedlungsabfällen, die auch PVC oder andere chlorhaltige Anteile enthalten, kann der Chlorwasserstoff durch Rauchgaswäsche abgetrennt und die so gewonnene Salzsäure oder das aus der Neutralisation stammende Natriumchlorid industriell verwertet werden. Dies wurde u. a. mit einer Untersuchung in der Müllverbrennungsanlage Rugenberger Damm in Hamburg, bei der 500 t PVC verbrannt wurden, bestätigt. Bei dieser Untersuchung wurden weder er-
2.1.2 Vinylpolymere
363
2.1.2.1.5 Sortiment 2.1.2.1.5.1 Lieferformen PVC-Rohmaterialien PVC wird überwiegend als pulverförmiges Dryblend verarbeitet. Diese Mischungen werden meist erst beim Verarbeiter kurz vor der Verarbeitung aufbereitet. Für die Herstellung der Mischungen steht ein überaus reichhaltiges Sortiment an Rohstofftypen, Additiven und Füllstoffen zur Verfügung. Darüber hinaus können auch verarbeitungsfertige Dryblends am Markt ebenso bezogen werden wie granulatförmige Compounds. Über die Vorteile der einen oder anderen Bezugsform entscheiden von Fall zu Fall wirtschaftliche und technische Überlegungen. PVC-Halbzeuge PVC-U-Halbzeuge werden u. a. in Form von Rohren, Profilen, Blöcken, Folien und Tafeln angeboten. Sie sind Ausgangsmaterialien für die Weiterverarbeitung durch mechanische, trennende oder fügende Fertigungsverfahren. PVC-P-Halbzeug liegt vorwiegend in Form von Schläuchen, Folien und Bodenbelägen vor.
2.1.2.1.5.2 Typisierung Die Typisierung von PVC-Polymerisaten ist in DIN EN ISO 1060-1/2 geregelt. Die Typisierung von PVC-U-Formassen ist in DIN EN ISO 1163 1/2, von PVCP-Formmassen in DIN EN ISO 2898-1/2 geregelt.
2.1.2.1.5.3 Handelsnamen Etinox (Aiscondel) Evipol (Ineos) Lacovyl (Arkema) Marvylan (LVM) Neralit (Spolana A.S.) Norvinyl (Hydro Polymers) Oltvil (Oltchim S.A.) Ongrovyl (BorsodChem Rt.) Pevikon (Hydro Polymers)
Vinylpolymere
höhte Emissionswerte noch ein erhöhter Anlagenverschleiß bzw. stärkere Korrosion als im Normalbetrieb beobachtet [34].
Vinylpolymere
364
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Polanvil (Anwil S.A.) Shin Etsu (Shin Etsu PCV B.V.) Slovinyl (NCHZ) SolVin (SolVin GmbH) Tarvinyl (Zaklady Azotowe) Vestolit (Vestolit GmbH) Vicir (Cires) Vinnolit (Vinnolit GmbH+Co.KG)
2.1.2.1.6 Literatur – Kapitel 2.1.2.1 [1] [2] [4] [3] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11] [12] [13] [14] [15] [16] [17] [18] [19] [20] [21] [22] [23] [24]
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[25] [26] [27] [28] [29] [30] [31] [32] [33] [34]
365
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2.1.2.2 Polyvinylchlorid-Modifikationen Das vielfältige Typensortiment und die Möglichkeiten der Rezeptgestaltung mit Hilfe zahlreicher Zusatzstoffe erschöpfen nicht alle Möglichkeiten, die Eigenschaften von PVC-Erzeugnissen gleichsam nach Maß zu schneidern. Es kommen noch andere hinzu. Zur Verbesserung der Schlagzähigkeit in der Kälte dienen:
• • • •
Mischungen von PVC mit bestimmten Kautschuksorten, Mischungen mit weichelastischen Copolymeren aus VC und Butadien oder aus VC und Ethylen oder Acrylester, Mischungen von PVC mit Pfropfpolymeren von VC auf Ethylen/VinylacetatCopolymeren, Mischungen von PVC mit chloriertem Polyethylen.
Zur Verbesserung der Verarbeitbarkeit und zur gezielten Beeinflussung bestimmter Eigenschaften dienen:
• • •
Copolymerisation mit geringen Mengen Propylen oder Vinylethern (ergibt glasklare, gut verarbeitbare Produkte), Zumischen von modifizierten Acrylaten oder Methylmethacrylat/Butadien/ Styrol-Copolymeren für die Herstellung stoßfester PVC-U-Kalanderfolien, Mischungen von PVC mit ABS-Copolymeren für die Herstellung warm- oder kaltformbarer Teile für die Automobilindustrie.
Verbessern der Verarbeitbarkeit bei niedrigen Temperaturen ist möglich durch:
•
Copolymerisation mit geringen Anteilen (5 bis 20 %) an Vinylacetat oder Maleinsäure für die Herstellung warmformbarer Tafeln und das Pressformen von Schallplatten.
Erhöhen der Formbeständigkeit in der Wärme und der Wärmestandfestigkeit ist durch folgendes zu erreichen:
•
Copolymerisation mit Vinylidenchlorid und Acrylnitril, was außerdem zu Formstoffen mit sehr geringer Durchlässigkeit führt (Saran-Folien, Diofan-
Vinylpolymere
2.1.2 Vinylpolymere
Vinylpolymere
366
• • •
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Dispersionen). Diese Formmassen sind wegen erhöhter Neigung zur Cl-Abspaltung schwierig verarbeitbar, Nachchlorieren von PVC bis zu Chlorgehalten von 65 %. Die Formbeständigkeit in der Wärme wird bis zu 30 K erhöht. Es werden Glasübergangstemperaturen bis zu 130 °C erreicht (z. B. Lucalor der ATOchem mit Dauergebrauchstemperaturen bis 100 °C), Copolymerisation mit Maleinimiden, was zu gut verarbeitbaren, transparenten Formmassen mit einer Vicat-Erweichungstemperatur von 87 °C und einer Glasübergangstemperatur von 90 °C führt, Tieftemperatur-Polymerisation von VC, um den syndiotaktischen bwz. teilkristallinen Anteil im Molekülverband zu erhöhen. Es werden Glasübergangstemperaturen von 120 bis 130 °C erreicht.
Außer den genannten, inzwischen zu den klassischen Schlagzähigkeitsverbesserern zählenden polymeren Zusatzstoffen haben einige Rohstoffhersteller, häufig nach Maßgabe ihres übrigen Produktsortiments, eine Vielfalt von neuen Zusatzkomponenten entwickelt, die alle dem Ziel dienen, für möglichst jeden Anwendungszweck und jede Verarbeitungsart den günstigsten Weg zu finden. Als Tabelle 2-42a. Das Vinuran® Sortiment der BASF AG Vinuran® Modifier für PVC Eigenschaften
Einheit
Komponenten
Dichte Schüttdichte Körngröße Flüchtige Anteile optische Eigenschaft
g/cm3 g/cm3 mm % –
Anwendungsgebiete und übliche Zusatzmengen
Erhöhen der Zähigkeit Außenanwendung
Verarbeitungshilfe
Prüfvorschriften
Typ 3821
Typ 3826 (Vers. prod.)
Typ KR3831
Typ 3833
ISO
DIN
Acrylat Styrol
Acrylat
Styrol Styrolnitril Acrylat
Methylmethacrylat
1183 60 4610 ISO/ DIN –
53479 53466 53734 1269
1,03 0,53 < 500 0,5
1,03 0,55 < 500 0,5
1,08 0,55 < 250 0,5
1,16 0,55 < 250 0,5
–
hochtrans- opak parent
glasklar
glasklar
Hochtrans- Opake parente Profile, Platten, Rohre, Stegdop- Platten, pelplatten, Folien u. Profile, SpritzFolien, gussteile Spritzguss- 5–15% teile 5 –15%
Extrusion, Blasformen, Kalandrieren, Spritzgießen 0,5–3%
Extrusion, Blasformen, Kalandrieren, Spritzgießen 0,5–3% PVC-Hartschaum 5–10%
367
Beispiel dieser Bemühungen sei das derzeitige Sortiment der PVC-Modifier Vinuran der BASF AG mit seinen kennzeichnenden Merkmalen vorgestellt. Dabei handelt es sich um ein Sortiment pulverförmiger Polymerer, die als Modifiziermittel für PVC-U verwendet werden, um die Schlagzähigkeit und das Verarbeitungsverhalten zu verbessern. Die Vinuran-Typen werden durch Cooder Pfropfpolymerisation verschiedener Monomere wie Acrylate, Acrylnitril und Styrol in wässriger Emulsion gewonnen. Die Copolymere zur Erhöhung der Schlagzähigkeit basieren auf Acrylaten. Sie sind vor allem für den Außeneinsatz bestimmt. Es können opake bzw. transparente Fertigteile daraus hergestellt werden. Zum Verbessern der Verarbeitbarkeit dienen Copolymerisate auf Basis MMA oder S/SAN/Acrylat. Das Vinuran Sortiment zeigt Tabelle 2-42a. Von den zahlreichen aufgezeigten und großtechnisch genutzten Möglichkeiten sollen einige näher behandelt werden:
• • • • • •
Mischungen von PVC mit chloriertem PE-HD (PE-HD-C), Mischungen von PVC mit EVA-Copolymeren bzw. EVA/VC-Pfropfpolymeren, Mischungen mit Acryl-Polymeren, Copolymere mit Vinylidenchlorid/Acrylnitril, Mehrschichtfolien, PVC-Naturfaser-Verbunde.
2.1.2.2.1 Erhöhung der Schlagzähigkeit Ingo Fischer Die Schlagzähigkeit eines Werkstoffs ist für viele Anwendungsgebiete von besonderer Bedeutung. Das Eigenschaftsbild von Polyvinylchlorid zeigt im Verhalten bei Schlageinwirkung, insbesondere bei tieferen Temperaturen, nur ungenügende Werte. Durch Zusatz von HI-(high impact)Modifikatoren kann diese Eigenschaft wesentlich verbessert werden, wie Bild 2-137 am Beispiel vom Polybutylacrylat als Modifierbasis zeigt [1]. Erste Schlagzähmodifikatoren basierten auf Ethylen-Vinylacetat-Copolymeren (EVA) und chloriertem Polyethylen (CPE) für Außenanwendungen bzw. Methylmethacrylat-Butadien-StyrolTerpolymerisaten für Innenanwendungen. Die EVA-Modifier wurden später von Polymerblends aus PVC und Polybutylacrylat sowie Vinylchlorid-ButylacrylatPfropfpolymerisaten weitgehend verdrängt.
■ Schlagzähigkeitsverbesserung – theoretische Betrachtungen Dem Aufbau der schlagfesten Polymerblends bzw. des modifizierten PVC liegt der einfache Gedanke zugrunde, verschiedene hochpolymere Stoffe mit unterschiedlichen, sich gegenseitig ergänzenden Eigenschaften so miteinander zu kombinieren, dass daraus neue Kunststoffe mit einem breiten Spektrum ausgewogener Eigenschaften resultieren. Wesentliches morphologisches Merkmal und zugleich grundlegende Voraussetzung für die spezifischen Eigenschaften schlagfester Polymerisate ist der
Vinylpolymere
2.1.2 Vinylpolymere
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Vinylpolymere
368
Bild 2-137. Kerbschlagzähigkeit ak bei 23 °C in Abhängigkeit vom Modifier-Anteil
mehrphasige Aufbau. Das bedeutet, dass in der kontinuierlichen PVC-Matrix eine diskrete elastische Phase vorhanden sein muss. Bei Stoß- und Schlagbeanspruchung von Fertigteilen aus schlagfest modifizierten Polymerisaten wird die einwirkende mechanische Energie zuerst von der kohärenten Matrix, der Hartphase, aufgenommen. Soll ein Sprödbruch verhindert werden, dann muss die Energie umgehend auf die eingelagerte Elastomerphase übertragen werden. Ist die Übertragung auf die Elastomerphase nicht möglich, verbleibt die aufgenommene Energie in der kontinuierlichen Hartphase und kann dazu führen, dass an ungünstigen Stellen Spannungsspitzen aufgebaut werden, die einen Bruch auslösen. Die Aufgabe des Schlagzähmodifikators ist also, das Versagen der Matrix zu verhindern, indem die eingebrachte Schlagenergie durch den Modifikator über ein großes Volumen dissipiert wird. Zudem werden die Bildung von Mikrorissen und plastische Verformungen der Polymermatrix initiiert. Der Modifikator kann dabei sowohl als Spannungskonzentrator wie auch als Fehlstelle in der Matrix gesehen werden. Durch Deformation des Modifier-Partikels wird eine Spannungskonzentration verursacht. Bei der Kompression der sphärischen elastischen Partikel bilden sich an seinem Äquator Spannungsspitzen aus, die dann zu Mikrorissen senkrecht zur ursprünglichen Schlagrichtung führen. Die Gegenwart eines Fremdkörpers in der Matrix, hier das Modifier-Partikel, begünstigt dabei die Ausbildung von Rissen. Das Wachstum der Mikrorisse (Craze-Bildung) kommt durch Energieverbrauch zum Stillstand. Weitere Energie wird verbraucht, wenn die Haftung zwischen Modifier und Matrix gelöst wird. Bei sehr starker Haftung kann sich im Zentrum des Modifier-Partikels eine Höhle bilden (Kavitation) [2].
■ Schlagzäh modifiziertes PVC (PVC-HI) PVC ist ein größtenteils amorpher Thermoplast mit syndiotaktischer Molekülstruktur im kristallinen Bereich. Das ohnehin schon vielfältige Einsatzspektrum des Werkstoffs wird durch die Möglichkeit der Schlagzähmodifizierung noch deutlich erweitert. Unter weitestgehendem Erhalt von Steifheit, Oberflächen-
369
härte,Wärmeformbeständigkeit und ggf. der Transparenz wird so nicht nur eine hoch schlagzähe Formmasse erzielt. Auch rheologische Eigenschaften werden durch den Zusatz entsprechender Modifiziermittel positiv beeinflusst [3].
■ Schlagzähigkeitsverbesserer für PVC Als Modifiziermittel werden die in Tabelle 2-42 aufgeführten Elastomere verwendet. Die Herstellung schlagzäher Formmassen erfolgt heute vornehmlich nach folgenden Verfahren:
• •
Pulver-Compoundierung (Dryblend): Die Elastomer-Komponente wird als externer Modifier dem PVC zugesetzt und üblicherweise in einer Heiz-/Kühlmischer-Kombination zu einem Polyblend aufbereitet. Pfropfcopolymerisation: Die Elastomer-Komponente wird zunächst in monomerem Vinylchlorid gelöst. Anschließend erfolgt die Umsetzung zu einem PVC-Elastomer-Pfropfcopolymerisat. Hierdurch wird eine schon im Rohstoff vorliegende optimale Dispersion und eine gute Anbindung des Modifiers an die PVC-Matrix sichergestellt [4].
■ Polyacrylate Polyacrylate haben als Schlagzähmodifiziermittel für PVC große Bedeutung erlangt. Sie werden heute sowohl als externer Modifier während der Dryblenderstellung zugegeben oder auch bereits während der Polymerisation von PVC als Polyacrylester-Vinylchlorid-Pfropfcopolymerisat direkt in die PVC-Matrix eingebunden. Acrylsäureester-Methylmethacrylat-Pfropfcopolymerisate für PVC-Blends Für die externe Zugabe von Polyacrylaten werden die verwendeten Modifiziermittel durch Pfropfcopolymeriation von Acrylmonomeren wie Butylacrylat (BA) oder mit Methacrylsäuremethylester (MMA) gewonnen. Durch dieses Verfahren werden rieselfähige Produkte erhalten, die sich gut in PVC einarbeiten lassen. Die Herstellung erfolgt im Emulsionspolymerisationsverfahren, wobei ein Zweiphasen-Aufbau des Modifiers entsteht (Kern-Schale-Polymer). Zunächst wird aus Butylacrylat der Kern polymerisiert. Das so gewonnene Polybutylacrylat weist mit einer Glasübergangstemperatur Tg von ca. – 56 °C bei Raumtemperatur eine kautschukartige Konzistenz auf und wäre alleine nicht zu verwenden. Erst durch die in einem zweiten Schritt aufgepfropfte Hülle aus Polymethylmethacrylat (PMMA, Tg ca. 115 °C) ermöglicht das Sprühtrocknen der Emulsion zu einem rieselfähigen Produkt. Zudem verbessert die PMMA-Hülle die Anbindung der elastischen Komponente an die PVC-Matrix. Bild 2-138 zeigt den schematischen Aufbau eines Kern-Schale-Modifiers. Die so erhaltenen Partikel bestehen aus Primärpartikeln mit einer durchschnittlichen Teilchengröße von 0,2 µm, welche sich zu einem „himbeerartig“ aufgebauten Sekundärteilchen zusammensetzen [5], wie Bild 2-139 zeigt. Diese Sekundärpartikel zerfallen während der thermoplastischen Verarbeitung wieder in die Primärpartikel. Hierdurch wird eine gute Verteilung der elastischen Komponente in der PVC-
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Tabelle 2-42. Schlagzähmodifier und Elastomer/VC-Propfcopolymerisate ProduktKurzbezeichnung
Elastomerkomponente/VC-Pfropfgrundlage
für Außenanwendungen PAE/VC Polyacrylsäureester/ Vinylchlorid-Pfropfcopolymerisat EVA/VC Ethylen-Vinylacetat/ Vinylchlorid-Pfropfcopolymerisat ACE Acrylsäureester/MethylmethacrylatPfropfcopolymerisat für Polymerblends
CPE
Chloriertes Polyethylen für Polymerblends
EVA Ethylen-Vinylacetat-Copolymerisat nur für Innenanwendungen MBS Methylmethacrylat-Butadien-StyrolTerpolymerisat ABS
Acrylnitril-Butadien-Styrol-Terpolymerisat
Hersteller
VESTOLIT Vinnolit Vinnolit Akdeniz Kimya Arkema BASF Degussa Kaneka LG Chemicals Rohm and Haas Dupont Dow Elastomers Daiso Bayer Arkema Kaneka Rohm and Haas Bayer GE Speciality Chemicals
Bild 2-138. Schlagzähmodifier auf Polyacrylatbasis im Kern-Schale-Aufbau, Kern = vernetztes Polybutylacrylat, Schale = gepfropftes Polymethylmethacrylat
Matrix erzielt, welche die einwirkende Schlagenergie in der oben beschriebenen Weise ableitet und so Sprödbrüche vermieden werden können.
■ Pfropfcopolymere von Vinylchlorid auf Polyacrylsäureester Das Pfropfen von Vinylchlorid auf eine elastomere Basis erwirkt eine Kombination der guten Gebrauchseigenschaften von PVC mit der Elastizität der Pfropfgrundlage und damit eine Verbesserung der Schlagzähigkeit. Bis Ende der 80er Jahre waren schlagzähmachende Pfropfcopolymere von Vinylchlorid auf Ethylen-Vinylacetat-Basis verbreitet. Dieser Modifier-Typ ist noch als hoch elastomerhaltiges Additiv verfügbar (siehe Tabelle 2-42) und wird in Kapitel 2.1.2.2.3 näher behandelt. Für die Herstellung von schlagzäh modifiziertem PVC-Pfropf-
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Bild 2-139. Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme eines Modifiziermittels auf Basis Polyacrylat
copolymerisat als Hauptkomponente von Dryblends dient heute vor allem Polyacrylsäureester, aber auch vernetztes EVA. Die Pfropfung von Vinylchlorid wird auf die vorgelegte Polyacrylat-Dispersion unter Zugabe eines Suspensionsmittels durchgeführt.Als Basis für das Elastomer dienen in der Regel 2-Ethylhexylacrylate und Butylacrylat. Die Einbindung der elastischen Komponente in den Werkstoff PVC gewährleistet eine ausgezeichnete Verteilung innerhalb der Matrix und vermeidet auch sicher ein eventuelles durch Transport oder Fördern provoziertes Entmischen der hieraus erstellten verarbeitungsfertigen Dryblends. Ein besonderer Vorteil von VC-ACEPfropfcopolymerisaten liegt in der großen Verarbeitungsbreite. Während der Verarbeitung bildet sich eine als „Inselstruktur“ bezeichnete Morphologie aus (Bild 2-140), welche sich auch unter Temperaturbelastung und Scherung als sehr dispersionsstabil erweist. Dies findet seine Ursache in der Vernetzung der PAEMolekülketten. Die PAE-Partikel verhalten sich deshalb gegenüber Scherung wie elastische Kugeln, die zwar agglomerieren können, sich aber nur durch hohen Energieeintrag unter eine effiziente Teilchengröße zerteilen lassen [7]. Als Folge stellt sich ein bei vorausgegangenen unterschiedlichen Belastungen der Schmelze gleichbleibend hohes Schlagzähigkeitsniveau ein. Zu ähnlichen Ergebnissen kann man auch mit den oben angesprochenen vernetzten EVA-Pfropfcopolymeren kommen. Pfropfcopolymerisate auf Basis von Polyvinylchlorid und Polyacrylaten werden heute mit K-Werten von 63 bis 65 und einem Elastomergehalt von 6 –7 % angeboten. Ihr Einsatzbereich ist hauptsächlich die Fertigung von hochschlagzähen und witterungsstabilen Fensterprofilen. Daneben existieren Spezialprodukte mit einem Elastomer-Gehalt von bis zu 50 %, welche einem PVC-U-Dryblend als Modifiziermittel zur Erhöhung der Schlagzähigkeit zugesetzt werden.
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Bild 2-140. Transmissionselektronenmikroskopische Aufnahme eines Pfropfcopolymers von Vinylchlorid auf Polyacrylsäureester; PVC-Matrix = grau, PAE-Teilchen = hell
■ Polyacrylate als Modifiziermittel für transparente PVC-Artikel Für Anwendungsbereiche, in denen Transparenz der witterungsbeständigen PVC-Erzeugnisse gefordert ist, wie zum Beispiel Kompaktplatten oder Multistegplatten für Seitenwände, kommen spezielle Acrylat-Polymere zum Einsatz. Die bisher beschriebenen Produkte führen allenfalls zu transluzenten bis opaken Halbzeugen. Dies findet seine Ursache in dem zum PVC unterschiedlichen Brechungsindex. Durch die über Pfropfcopolymerisation gelingende Einbindung von Styrol als weitere Komponenente im Modifier können die Brechungsindizes soweit angeglichen werden, dass sich hinreichende bis sehr gute Transparenz einstellt. Mit entsprechenden Modifiern ausgerüstete PVC-Polyblends sind für die Erzeugung von hochtransparenten, witterungsstabilen und schlagzähen PVC-Artikeln hervorragend geeignet [6].
■ Chloriertes Polyethylen (CPE) Chloriertes Niederdruckpolyethylen (CPE) wurde im Jahre 1957 auf den Markt gebracht. Abmischungen von PVC-U mit chloriertem Polyethylen dienen vor allem dazu, einen speziell für die Verwendung im Freien ausgerüsteten Werkstoff herzustellen. Demnach muss dieser folgende Anforderungen erfüllen:
• •
schlagzäh im gesamten, am jeweiligen Verwendungsort herrschenden Temperaturbereich, alterungs-, UV- und witterungsbeständig während der voraussehbaren Verwendungsdauer.
Der Vergleich der Strukturformeln zeigt die große Ähnlichkeit von PVC mit chloriertem Niederdruckpolyethylen. Beim PVC-Makromolekül bewirkt die regelmäßige syndiotaktische Anordnung der Chloratome eine hohe Steifheit und Starrheit. Die Chloratome in der Hauptkette stoßen wegen des gleichen Ladungszustandes einander ab und strecken deshalb die Kohlenstoffkette. Hinzu kommen die intermolekular wirkenden Dipolkräfte, die den Zusammenhalt unterstützen und ebenfalls versteifend wirken.
Polyvinylchlorid (PVC) Cl-Atom an jedem zweiten C-Atom Cl-Massegehalt 56,7 %
Summenformel
chloriertes Linearpolyethylen (PE-HD-C) Summenformel Cl-Atome statistisch verteilt Cl-Gehalt variabel
Bei chloriertem Polyethylen kann der Chlorgehalt nach Bedarf eingestellt werden. Er ist in jedem Falle kleiner als der des PVC. Wegen der unterschiedlichen Besetzung der C-Atome mit Chlor verbleibt den chlorierten PE-Ketten in vielen Segmenten noch die ursprüngliche Beweglichkeit und mithin auch die Zähigkeit des Polyethylens.Werden beide Polymere miteinander gemischt, so erhält man ein Polymerblend, dessen Zähigkeit je nach Mischungsverhältnis der des PVC oder des chlorierten PE nahe kommt. Die verwandte chemische Natur der Mischungsbestandteile führt dazu, dass
• • • • •
die Wärmestandfestigkeit nahezu unverändert bleibt, das Verhalten gegenüber Außenbewitterung ähnlich und durch entsprechende Stabilisierung beherrschbar ist, die Stabilisierung gegen thermischen Abbau bei der Verarbeitung möglich ist, Chemikalienbeständigkeit und elektrische Eigenschaften denjenigen von PVC-U gleichen und das Brandverhalten dem des von Hause aus flammwidrigen PVC-U ähnelt.
■ Ethylen-Vinylacetat-Copolymerisate (EVA) Ethylen-Vinylacetat-Copolymere für die Schlagzähmodifizierung von PVC-U werden seit den 70er Jahren produziert, finden aber heute nur noch in deutlich geringerem Maße Anwendung. Die erreichbare Schlagzähigkeit ist vom Vinylacetat-Gehalt und von der Molmasse abhängig. Die höchsten Kerbschlagzähigkeitswerte werden mit VA-Anteilen von 45 % erzielt. Mit steigendem VinylacetatAnteil nimmt die Veträglichkeit mit PVC weiter zu, der Modifier verhält sich dann zunehmend wie ein Primärweichmacher. Die Licht- und Wetterbeständigkeit von EVA-modifiziertem PVC kann als sehr gut bezeichnet werden. Ganz im Gegensatz zu den Acrylat-basierten Produkten, bei welchen das Elastomer in Form von feinst verteilten Partikeln vorliegt, bildet sich bei den unvernetzten EVA-Modifiern während der Verarbeitung ein wabenartiges Netzwerk aus, welches sich nur innerhalb eines vergleichsweise engen Verarbeitungsfensters (in Abhängigkeit von Schmelzetemperatur und Scherung) optimal einstellt. Nicht zuletzt dieser Umstand hat den Acrylat-basierten Schlagzähmodifiern, ob als Acrylsäureester-Methylmethacrylat-Pfropfcopolymerisat oder als Pfropfcopolymer von Vinylchlorid auf Polyacrylsäureester, zum Erfolg verholfen.
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An dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben sollen jedoch EVA-Pfropfcopolymerisate, welche aufgrund einer Vernetzung eine den Acrylat-basierten Produkten adäquate Verteilung in der PVC-Matrix ausbilden. Sie sind so ebenfalls unempfindlicher gegen Scherung und damit durchaus mit den heutigen PAE-Schlagzähmodifiern vergleichbar. Vernetzte EVA-Modifier sind mit einem ElastomerGehalt von 50 % verfügbar und können im Bereich der PVC-hart-Verarbeitung als schlagzähmachende Komponente zugesetzt werden. Ihr Haupteinsatzgebiet ist aber die Herstellung weicher Formteile ohne Zusatz monomerer Weichmacher (siehe Kapitel 2.1.2.2.3).
■ Methylmethacrylat-Butadien-Styrol-Terpolymerisate (MBS) MBS als Pfropfcopolymerisate werden hauptsächlich zur Fertigung von hochtransparenten Artikeln wie Hohlkörper (Flaschen) und Verpackungsfolien (Boxfolien, Blister usw.) eingesetzt. Dabei überwiegt je nach Zusammensetzung entweder die Eignung für hochtransparente oder für hochschlagzähe Formmassen. Die Einsatzmengen liegen zwischen 4 und 12 %. Aufgrund des Anteils an Butadien mit den hierin vorhandenen Doppelbindungen ist die Verwendung im Außenbereich nicht zu empfehlen. Hier ist auf geeignetere Modifier wie oben beschrieben zu verweisen.
■ Acrylnitril-Butadien-Styrol-Terpolymerisate (ABS) ABS-Polymere werden sowohl zur Erhöhung der Schlagzähigkeit als auch zur Verbesserung der Wärmeformbeständigkeit von PVC eingesetzt, wobei opake wie auch transparente Einstellungen möglich sind. Je nachdem, ob mechanische oder thermische Eigenschaften verbessert werden sollen, sind entsprechend maßgeschneiderte Produkte auf dem Markt. Dabei ergeben die mehr schlagzähverbessernden Typen opake PVC-Erzeugnisse. Zur Herstellung von ABS werden die Monomere Acrynitril und Styrol auf einen vorgelegten Polybutadienkautschuk aufgepfropft. Durch diesen Verfahrensschritt soll der Verbund der elastischen Komponente in der PVC-Matrix verbessert werden. Dabei sind ABS-Polymere im Prinzip Styrol-Acrylnitril-Copolymere (SAN), welche durch den Einbau einer Kautschukkomponente schlagzäh modifiziert worden sind. Je höher dieser Kautschuk-Anteil, um so besser die Eignung zur Schlagzähverbesserung. Wie für MBS gibt es auch für ABS eine gewisse Problematik bei Verwendung der hieraus erstellten Artikel im Außenbereich aufgrund der Empfindlichkeit gegen energiereiche Strahlung (UV). Bei geeigneter Ausrüstung, z. B. durch die Zugabe von Farbrußen, kann aber eine deutliche Verbesserung erzielt werden.
Typisierung schlagzäher Formmassen Die Kennzeichnung der Eigenschaften von weichmacherfreien Polyvinylchlorid (PVC-U)-Formmassen enthält DIN EN ISO 1163-1 von Oktober 1999. In ihr wird ein Bezeichnungssystem für thermoplastische PVC-U-Formmassen festgelegt, das als Grundlage für Spezifikationen dienen kann. Dabei werden mit Hilfe eines Einteilungssystems Formmasse-Typen unterschieden, das auf geeigneten Wertebereichen der kennzeichnenden Eigenschaften
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Vicat-Erweichungstemperatur Schlagzähigkeit Bereiche Bereich in °C Bereiche Bereich in kJ/m2
Elastizitätsmodul Bereiche Bereich in MPa
058 062
18 23 28
≤ 2000 > 2000 bis ≤ 2500 > 2500 bis ≤ 3000
33
> 3000
. . . 118 122
• • •
≤ 60 > 60 bis ≤ 64 > 64 bis ≤ 68 . . . > 116 bis ≤ 120 > 120
05 25 50
≤ 10 > 10 bis ≤ 40 > 40
Vicat-Erweichungstemperatur; Schlagzähigkeit (Charpy, gekerbt); Zug-E-Modul
sowie weiteren Informationen über grundlegende Polymer-Parameter, vorgesehene Anwendung und/oder Verarbeitungsverfahren, wichtige Eigenschaften, Additive usw. beruht.Als Beispiel für die Einteilung siehe Tabelle 2-43, in welcher die Bereiche 05 für normal schlagzähe, 25 für erhöht schlagzähe und 50 für hoch schlagzähe Formassen aufgeführt sind.
Literatur – Kapitel 2.1.2.2.1 [1] Becker/Braun (1986) Kunststoffhandbuch PVC. Hanser, München, S 712 [2] Gerlach (2005) „Ein neuartiges Konzept zur Schlagzähmodifizierung von PVC-Fensterprofilen“, 5. Internationaler Kunststoff-Fensterkongress, Würzburg [3] Becker/Braun (1986) Kunststoffhandbuch PVC. Hanser, München, S 714 [4] Becker/Braun (1986) Kunststoffhandbuch PVC. Hanser, München, S 714 [5] Gächter/Müller (1990) Kunststoffadditive. Hanser, München, S 532 [6] Gächter/Müller (1990) Kunststoffadditive. Hanser, München, S 538 [7] Becker/Braun (1986) Kunststoffhandbuch PVC. Hanser, München, S 719
2.1.2.2.2 Höhere Wärmeformbeständigkeit Karsten Kretschmer Eine wesentliche Hürde für den Einsatz von PVC stellt dessen relativ geringe Wärmeformbeständigkeit dar. Für Anwendungen, bei denen die Einsatztemperaturen über der Erweichungstemperatur liegen, sind daher Modifikationen erforderlich. In den letzten Jahren wurden folgende Ansätze zur Erhöhung der Erweichungstemperatur diskutiert:
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Tabelle 2-43. Typisierung von weichmacherfreien Polyvinylchlorid (PVC-U)-Formmassen
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• • • • • •
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Copolymerisation mit Vinylidenchlorid und Acrylnitril, was gleichzeitig zu Formstoffen mit sehr geringer Gasdurchlässigkeit führt (Saran-Folien, Diofan-Dispersionen). Diese Formmassen sind wegen erhöhter Neigung zur ClAbspaltung aber schwierig zu verarbeiten, Copolymerisation mit Maleinimiden, was zu gut verarbeitbaren, transparenten Formmassen mit einer Glasübergangstemperatur von 90 °C führt, Tieftemperatur-Polymerisation von Vinylchlorid, um den syndiotaktischen bzw. teilkristallinen Anteil im Molekülverband zu erhöhen. Es werden Glasübergangstemperaturen von 120 bis 130 °C erreicht, Zugabe von Füllstoffen, Herstellung von Blends aus PVC und anderen Polymeren, z. B. PMMA [1], AMSAN [2, 3], ABS [3] und SAN [3, 5], (Teil-)Substitution des PVC durch chloriertes PVC [4].
Beiden zuletzt genannten Ansätzen liegt die gleiche Idee zugrunde: Bei Mischungen von Kunststoffen mit geringem kristallinem Anteil korreliert die Wärmeformbeständigkeit gut mit der Glasübergangstemperatur (GordonTaylor-Beziehung). Mischt man ein Polymer (mit geringem kristallinen Anteil) mit einer hohen Glasübergangstemperatur in PVC, so erhöht sich die Glasübergangstemperatur der Mischung.Vorteil beider Varianten ist die einfache Einstellung der Wärmeformbeständigkeit anhand der Zugabemengen der Blendpartner.
■ C-PVC Mit Hilfe eines Nachchlorierungsprozesses kann der Chloranteil im PVC von 56,8 % auf 65 % – 67 % erhöht werden. Als Folge davon erhält man einen Werkstoff, der höhere Festigkeit und höhere thermische Stabilität aufweist.
a) PVC-U
b) C-PVC
Aufgrund des ähnlichen Aufbaus ist C-PVC gut mit PVC mischbar. Bei der Verarbeitung kann C-PVC jedoch Auswirkungen auf den Herstellungsprozess der Dryblends und ggf. den nachfolgenden Herstellungsprozess haben. Durch die Zugabe von C-PVC werden neben den Wärmeformbeständigkeiten (s. Bild 2141) auch andere Eigenschaften, wie E-Modul, Flammwidrigkeit und Schrumpf positiv beeinflusst. Handelsnamen Lucalor (Arkema) TempRite (Noveon)
■ Polymerblends Die Herstellung von Blends aus PVC und Kunststoffen mit einer höheren Glasübergangstemperatur wird schon länger diskutiert. In der Literatur finden sich
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Bild 2-141. Einfluss von C-PVC auf die Wärmeformbeständigkeit, in Anlehnung an [4]
Bild 2-142. Einfluss von AMSAN (Luran KR2556, BASF) auf die Wärmeformbeständigkeit [3]
einzelne Ansätze mit PMMA [1] und diversen Styrolpolymeren [3] als Blendpartner. Styrolpolymere zeichnen sich durch eine gute Mischbarkeit mit PVC aus [2]. Untersuchungen in [3] zeigten, dass es durch Zugabe von AMSAN (α-Methylstyrol-Acrylnitril-Copolymerisat) möglich ist, die Wärmeformbeständigkeit beachtlich zu steigern (vgl. Bild 2-142). Der in Bild 2-142 gezeigte Zusammenhang gilt für das in den Untersuchungen [3] verwendete AMSAN. Typen mit einer höheren Glasübergangstemperatur führen zu einer stärkeren Steigung, Typen mit einer niedrigeren Glasübergangstemperatur dementsprechend zu einer niedrigeren Zunahme der Wärmeformbeständigkeit. In einigen Fällen konnte die Zugabe von ASA oder ABS die
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Schlagzähigkeit der Blends deutlich verbessern, die Zugabe von AMSAN führte hingegen zu einer leichten Einbuße der Schlagfestigkeiten, die aber durch geeignete Rezepturänderungen ausgeglichen werden konnte. Zu beachten ist bei der Herstellung von Blends aus PVC und Styrolcopolymeren mit Acrylnitril, dass die Nitrilgruppen den Abbau des PVC beschleunigen [5]. Diesem Effekt kann jedoch durch eine geeignete Stabilisierung des Blends entgegen gewirkt werden. Handelsnamen Luran KR (BASF AG/DE) Tyril (Dow) Geloy (GE Plastics) Lustran (Lanxess/DE)
■ Füllstoffe Neben der Herstellung von Blends kann die Wärmeformbeständigkeit durch Zugabe von Füllstoffen gesteigert werden. In [5] wurde gezeigt, dass die Vicat-Erweichungstemperatur einer PVC-U-Mischung durch Zugabe anorganischer Füllstoffe (11 phr Calziumcarbonat bzw. 11 phr Silica) die Vicat Erweichungstemperaturen um 19 °C bzw. 18 °C erhöht werden konnte.
Literatur [1] Chan N, Carran G, Pagé DJYS, Cunningham N (2006) in Tagungsumdruck ANTEC ’06, Charlotte, NC, USA, S 153–157 [2] Zerafati S, (1998) Poly (a-methylstyrene-styrene-acrylonitrile) as a heat deflection additive for PVC: Physical and rheological properties, Journal of Vinyl and Additive Technology 4, 35–38 [3] Gottschalk A, Breulmann, M, Fetter E, Kretschmer K, Bastian M, (2006) PVC noch „heißer“ gemacht, Kunststoffe, 7, 48–50 [4] NN (2005) Lucalor® CPVC for High Performance PVC, Firmenschrift Arkema [5] Kuzelová K, Vymazal Z, (1999) Contribution to the study of the thermal stabilization of PVC/SAN blends, European Polymer Journal, 35, 361–264 [6] Underwood WS, Bohm L, (1979) Polyvinyl chloride containing a filler, Patent USP 4301060
2.1.2.2.3 Modifikation mit speziellen PVC-Typen Ludwig Ober Thermoplastisch verarbeitbare Formmassen basieren im Regelfall auf Suspensions-PVC (S-PVC), wobei die im Folgenden dargestellten Modifikationen auch für Masse-PVC gleich wirken. Es geht in diesem Kapitel um spezielle PVC-Modifikatoren, die manchmal allein, meist aber in Abmischung mit S-PVC verwendet werden. Der PVC-Anteil dieser Modifikatoren, der mindestens 50 % beträgt, sorgt in Abmischungen mit S-PVC für eine optimale Verträglichkeit. Die Eigenschaften, die sich damit gezielt verbessern oder erreichen lassen, sind im Wesentlichen [1]:
• • • •
Verringerte Schmelzeviskosität verknüpft mit besseren Tiefzieheigenschaften auch bei niedrigen Temperaturen, höhere Transparenz der Fertigteile (s. Abschnitt 2.1.2.2.3.1) Antistatische Eigenschaften, verbesserte Plastiziereigenschaften und höhere Schmelzehomogenität verknüpft mit hervorragenden Oberflächeneigenschaften der Fertigteile, Verbesserung mechanischer Eigenschaften (s. Abschnitt 2.1.2.2.3.2) Modifizierung der Produktoberfläche, mit Effekten wie Anti-Blockverhalten oder optischen Effekten von Mattigkeit bis zu strukturierten Oberflächen (s. Abschnitt 2.1.2.2.3.3) Verbesserte Migrationseigenschaften in weichen Fertigteilen, erhöhte Elastizität auch bei tiefen Temperaturen (s. Abschnitt 2.1.2.2.3.4)
Im Folgenden wird in größerem Detail gezeigt, wie man die Eigenschaften von S-PVC mit speziellen PVC-Polymerisaten modifizieren kann. Der Vollständigkeit halber werden auch kurz andere Modifikatoren erwähnt, die für die gewünschten Eigenschaftsänderungen ebenfalls verwendet werden.
2.1.2.2.3.1 PVC-Modifikationen mit VC-VAc-Copolymeren [2] VC-VAc-Copolymere werden im Suspensionsverfahren hergestellt. Für das Hauptanwendungsgebiet „Hartfolien“ werden Typen mit einem Vinylacetatgehalt von ca. 7 bis 11 % und K-Werten von ca. 57 bis 60, für Schallplatten und Fußböden bis 15 % und K-Werten von ca. 45 bis 50 verwendet. Im Vergleich zu den entsprechenden Homo-Polymeren sind sie deutlich niedrigviskoser (siehe Bild 2-143) und haben eine höhere Schmelzendehnbarkeit (Bild 2-144). Die her-
Bild 2-143. Schmelzeviskosität (Kapillarviskosimeter, 190 °C) VAc-haltiger PVC-Modifikationen mit ca. 3.3 und 10 % VAc-Gehalt im Vergleich zu einem Homopolymer in Abhängigkeit von der Schergeschwindigkeit.
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Bild 2-144. Reißdehnung im Heißzugversuch (DIN EN 527 1-3) verschiedener VAc-haltiger PVC-Modifikationen in Abhängigkeit von der Prüftemperatur. Zusammensetzung wie in Bild 2-143.
vorragende Verträglichkeit mit der S-PVC-Basis ist bei den üblichen thermoplastischen Verarbeitungsbedingungen natürlich gegeben. PVC-Modifikationen mit VC-VAc Copolymeren haben wichtige Eigenschaften, die auf die oben angeführten Eigenschaften der VC-VAc-Copolymerisate zurückgeführt werden können: Damit hergestellte PVC-Hart-Folien sind im Vergleich zu nicht-modifizierten PVC-Hart-Folien: transparenter (wegen des Fehlens der PVC-typischen Primärpartikelstruktur bei VAc-Gehalten höher als ca. 5 %), besser bedruckbar, leichter laminierbar, verschweißbar, verklebbar oder in mehreren Lagen verpressbar (Viskosität).
• • •
Somit sind Copolymere unentbehrliche Rohstoffe z. B. beim Herstellen von Kreditkarten. Die verbesserte Schmelzendehnbarkeit ermöglicht große Verformungswege bereits bei relativ niedrigen Temperaturen, z. B. eine verbesserte Tiefziehfähigkeit, vorteilhaft für Zykluszeit und Energieverbrauch. Neben der bedeutenden Anwendung „Hartfolie“ werden VC-VAc-Copolymere als Haupt- oder Verschnittkomponente zur Herstellung kalandrierter Bodenbeläge und auch heute noch für Schallplatten eingesetzt. Hersteller von VC-VAc-Copolymeren: Arkema SolVin Vinnolit
381
2.1.2.2.3.2 PVC-Modifikationen mit speziellen E-PVC-Typen [3] In diesem Kapitel werden nicht E-PVC-Produkte für die Pastenverarbeitung, sondern rieselfähige E-Polymerisate als Verschnittkomponente in thermoplastisch verarbeitbaren Formmassen diskutiert. E-PVC hat herstellungsbedingt einige morphologische Besonderheiten, die sich beim Rohstoff, beim Verarbeiten und auch im Fertigartikel auswirken: EPVC besteht aus Primärpartikeln (Größe 0,1 – 1,5 µm, bei S-PVC ca. 1 µm), die von einer dünnen Emulgatorschicht umgeben sind. Beim Trocknungsvorgang (gleichgültig ob durch Walzen- oder Sprühtrocknung) werden diese Primärpartikel zu größeren rieselfähigen Agglomeraten gesintert, den eigentlichen Pulverkörnern; bei S-PVC werden die Pulverkörner schon in der Polymerisation gebildet. Diese gesinterten Agglomerate zerscheren bei der thermoplastischen Verarbeitung sehr leicht wieder in die Primärpartikel, d. h. solche Formmassen plastizieren schnell und sind dadurch leicht homogenisierbar. Dies ist auch, unterstützt durch den Emulgator, der Grund, warum E-PVC die Herstellung optisch hochwertiger, fließlinien- und stippenarmer Artikel erleichtert. Die hervorragende Verträglichkeit mit der S-PVC-Basis ist bei den üblichen thermoplastischen Verarbeitungsbedingungen natürlich gegeben. PVC-Modifikationen mit speziellen E-PVC-Typen haben wichtige Eigenschaften, die auf die oben angeführten Eigenschaften der Emulsionspolymerisate zurückgeführt werden können:
■ Verarbeitungshilfe Bezüglich leichter Gelierung wirkt sich E-PVC wie eine Verarbeitungshilfe aus. Beim Einsatz als Homogenisier- und Plastizierhilfe genügt oftmals bereits ein Anteil von 5 – 10 % (siehe Bild 2-145). Die hervorragenden Plastiziereigenschaften von E-PVC ermöglichen in den S/E-PVC-Verschnitten:
Bild 2-145. Brabendergelierkurven (160 °C) von Vinnolit S 3160 ohne und mit Zugabe von 15 % Vinnolit E 2059.
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Tabelle 2-44. Oberflächenwiderstand, elektrostatische Entladung und Lichttransmission für eine Hart-PVC-Folie mit unterschiedlichen Modifikatormengen. Variante
Referenz +10 phr K 301 +15 phr K 301 +10 phr K 301 +15 phr K 301
• • • •
Oberflächenwiderstand
elektrostatische Entladung
Licht-Transmission
VDE 0303 T3
VDE 0303 T8
(0)
50 % rel. Feuchte
30 % rel. Feuchte
In Anlehnung an DIN 5036, Teil 3 TransWeitwinkelmission (%) streuung(%)
3.1013 1.1012 1.1011 2.1010
> 30 min 30 min 10 sec 1 sec
> 30 min > 30 min 1 min 10 sec
93.4 93.0 92.5 92.1
4.4 4.4 5.9 8.2
Niedrigere Verarbeitungstemperaturen und/oder höhere Ausstöße, was die Produktivität verbessert. Erhöhung der Dryblend-Schüttdichte. Verbesserung der Schmelzehomogenität, mit geringeren Plate-out-Tendenzen. Probleme bei komplizierten Profilgeometrien werden verringert, die Profile werden glatter, glänzender.
Schwer dispergierbare Additive, etwa Pigmente oder Füllstoffe, lassen sich in EPVC-haltigen Modifikationen viel leichter einarbeiten und homogenisieren.
■ Antistatik Die im E-PVC enthaltenen Emulgatoren sind hygroskopisch und unterstützen damit antistatische Eigenschaften. Zur Vermeidung der Staubanziehung empfiehlt sich eine Menge an E-PVC von 10 – 25 %. Eine Besonderheit ist z. B. das Produkt Vinnolit K301, ein E-PVC mit 15% einer speziellen Kombination von Emulgatoren. Es genügen hier Anteile von 5 – 10% für antistatische Hartfolien. Tabelle 2-44 zeigt für drei Modifizierungen Messwerte zum deutlich verbesserten elektrostatischen Verhalten und zur weitgehend erhaltenen Transparenz. Zusätzliche Eigenschaften: schnelle Gelierung (siehe oben) gute Bedruckbarkeit
• •
Hinweis: Hier wurden ausschließlich PVC-Modifikatoren behandelt, die in größeren Anteilen eingesetzt werden. Übliche Verarbeitungshilfsmittel, wie die Polymere auf Grundlage von Polymethylmethacrylat (PMMA) etc., sind hier nicht näher beschrieben, siehe dazu Gächter/Müller [4]. Ebenso sind hier Antistatika auf anderer als PVC-Basis nicht beschrieben, siehe dazu ebenfalls Gächter/Müller [5]. Hersteller thermoplastisch verarbeitbarer Emulsionspolymerisate: SolVin VESTOLIT Vinnolit
2.1.2.2.3.3 Oberflächenmodifizierung mit „hochmolekularem PVC“ [6] Unter „hochmolekularem PVC“ werden PVC-Typen verstanden, die als Modifikator thermoplastisch verarbeitetem PVC zugegeben werden, selbst aber normalerweise wegen des hohen Molekulargewichtes ohne Weichmacher in Reinform kaum thermoplastisch verarbeitbar sind. Interessanterweise kann aber z. B. S-PVC mit K-Wert um 100 (z. B. Vinnolit S4099) mit Weichmachern zu Weich-PVC-Produkten bis ca. Shore A 30 verarbeitet werden. Üblich ist eine maximale Weichheit von ca. Shore A 50. Gleichzeitig erhält man deutlich verbesserte mechanische und elastische Eigenschaften. Dies ist aber in Kapitel 2.1.2.1 zu behandeln. Bei den Modifikatoren in diesem Kapitel handelt es sich i. A. um S- oder EPVC mit K-Werten von ca. 80 bis 100 und höher, teilweise mit hohen vernetzten Anteilen; diese Modifikatoren werden dem Basis-PVC zugesetzt. Das nötige Molekulargewicht muss relativ zum Basispolymer hoch genug sein, um nicht aufzuschmelzen. Die Teilchengröße spielt eine wichtige Rolle, sie bewegt sich je nach den gewünschten Effekten von ca. 2 µm bis 50 µm Durchmesser und höher. Die hervorragende Verträglichkeit mit der S-PVC-Basis ist bei den üblichen thermoplastischen Verarbeitungsbedingungen natürlich gegeben. Da diese PVC-Modifikatoren nicht bzw. nur unvollständig plastizieren, bringt man mit ihnen gezielt kleinste Unebenheiten in die Oberfläche der Endprodukte ein. Diese ermöglichen je nach Größe und Anzahl unterschiedliche optische und physikalische Effekte: Zumischung von ca. 0,3 bis 1 % bewirkt Anti-Block-Effekte, die bei eng gewickelten Folien das Verkleben einzelner Folienschichten miteinander verringern und das Auf- und Abwickeln sowie die Entstapelbarkeit erleichtern. In größerer Menge ergeben sich unterschiedliche optische Effekte: Teilchengrößen im Bereich von ca. 2 – 5 µm führen zu matten Oberflächen, Teilchengrößen von ≥ 20 µm werden als strukturierte Oberflächen (Frosteffekt) wahrgenommen (siehe Bild 2-146). Die unplastizierten Teilchen dürfen gleichzeitig die notwendigen mechanischen Eigenschaften nicht zu stark beeinflussen. Diese Oberflächeneffekte bleiben im Allgemeinen auch bei nachfolgenden Ver-
Bild 2-146. Erhebungen in der Oberfläche einer Hartfolie mit ca. 10% Vinnolit K 221. Die Erhebungen sind durch einzelne PVC-Körner mit ca. 30 µm Durchmesser verursacht.
Vinylpolymere
383
2.1.2 Vinylpolymere
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Vinylpolymere
384
Bild 2-147. Verringerung des Oberflächenglanzes (DIN 67 530) durch Zugabe von Vinnolit K240 zu Vinnolit S3160.
Bild 2-148. Einfluss von Vinnolit C100V in Abhängigkeit vom Anteil. Verarbeitungsbedingungen: Gelierung 10 min bei 180 °C, 50 phr DINP, Filmdicke 1 mm.
arbeitungsarten erhalten, wie beim Warmformen oder Tiefziehen, bzw. werden sogar verstärkt. Ein weiteres Beispiel zeigt Bild 2-147, bei dem der Oberflächenglanz durch Zugabe von Vinnolit K240 zu S-PVC deutlich verringert wird, verursacht durch Oberflächenerhebungen mit etwa 2 µm Durchmesser. Diese optischen Effekte lassen sich auch in PVC-Pasten erzielen, wie Messungen mit dem Reflektometer zeigen, siehe Bild 2-148. Die Reflexion unter 60° wird durch Vinnolit C100V extrem reduziert, ein sehr matter Eindruck resultiert. Hier konkurrieren die hochmolekularen PVC-Typen u. a. mit Produkten auf Basis Kieselsäure, Polymeren auf Acrylat-Basis (Hersteller z. B. Degussa (ACEMATT)), mechanische Oberflächenprägung (geprägte Walzen, etc.). Hersteller von hochmolekularem PVC zur Oberflächenmodifizierung: VESTOLIT Vinnolit
2.1.2.2.3.4 PVC-Modifikation mit kautschukreichen PVC-Pfropfpolymeren [7] In Kapitel 2.1.2.2.1 wird die Erhöhung der Schlagzähigkeit diskutiert, die durch geringe Mengen von Kautschuk (ca. 5 %) erzielt wird. In diesem Kapitel geht es um den Einsatz von hohen Mengen an Kautschuk (bis ca. 50 %), mit denen halbharte bis weiche Produkte erzeugt werden.
385
Klassisches Weich-PVC, also PVC mit monomeren Weichmachern, hat aufgrund seiner guten Verarbeitungseigenschaften große Verbreitung gefunden. Je nach Weichmachertyp, Menge und Anwendungsfall kann aber die Weichmacherwanderung (Migration) eine wichtige Rolle spielen. Versprödung bei Langzeitbeanspruchung,Ausschwemmung von Pigmenten, klebrige und verschmutzte Oberflächen, mangelnde Extraktionsbeständigkeiten oder Aufweichen von Kleberschichten sind typische Migrationsprobleme. Mit höhermolekularen Weichmachern (z. B. Polyesterweichmacher) lassen sich diese Probleme verringern oder völlig vermeiden. Migrationsfeste Weich-PVC-Produkte lassen sich auch durch Legieren von PVC mit weichen Polymeren (Ethylen-Vinylacetat-Co- und Ter-Polymere, Polybutylacrylat, chloriertes Polyethylen, Nitrilkautschuk oder thermoplastische Polyurethane) erreichen. Neben der Migration kann mit den Kautschukkonzentraten abhängig vom jeweiligen Typ auch die Wärmestandfestigkeit, Abriebfestigkeit, Elastizität und Kälteflexibilität verbessert und die Bewitterungsstabilität erhalten werden. Genauere Informationen liefern die Hersteller dieser Modifikatoren. Kautschukhaltige PVC-Modifikatoren für diesen Einsatzzweck liegen als Soder E-Polymerisate vor, haben Kautschukgehalte von ca. 50 %, z. B. EthylenVinyl-acetat- (EVA, z. B. Vinnolit VK801) oder Polybutylacrylat-Kautschuke (PBuA, z. B.Vinnolit K707E oder VK 710). Diese PVC-Modifikationen können allein oder in Abmischung mit S-PVC eingesetzt werden; es lassen sich halbharte bis weiche Endprodukte herstellen. Die gute Verträglichkeit mit der S-PVC-Basis ist bei den üblichen thermoplastischen Verarbeitungsbedingungen natürlich wegen des hohen (ca. 50 %) PVC-Anteils gegeben und stellt einen Vorteil gegenüber den oben beschriebenen Kautschuken dar. Mit den hier gewählten PVCKautschuk-Kombinationen sind alle oben aufgezählten Eigenschaftsverbesserungen realisierbar. Der migrationsmindernde Effekt kommt auch bei vergleichsweise hohen Mengen an Monomerweichmacher zum Tragen, siehe Bild 2-149, mittlere Kurve. Die Verbesserung der Kälteeigenschaft durch Vinnolit VK 801 vor allem in halbharten Formulierungen zeigt Tabelle 2-45. Migrationsfeste, flexible Folien oder Gewebebeschichtungen werden gefordert, z. B. bei Dichtungsbahnen. Als Beispiel (siehe Tabelle 2-46) ist hier das Ei-
Bild 2-149. Gewichtsverlust von drei weichen, Ba/Zn-stabilisierten PVC-Folien gleicher Shore-Härte gegenüber PS bei 70 °C. Variiert ist der Anteil von VK801.
Vinylpolymere
2.1.2 Vinylpolymere
386
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Vinylpolymere
Tabelle 2-45. Shore D und Kältebruch für zwei gleichharte Weich-PVC-Folien. Rezeptur Eigenschaft Shore D Kältebruch
Vinnolit S 4170 Vinnolit VK 801 DINP Prüfmethode/Einheiten DIN 53505 / – DIN 1876-2 / °C
82 – 18
75 10 15
73 –5
73 – 22
Tabelle 2-46. Migrationsarme Dichtungsbahnen auf Basis des Pfropfpolymers Vinnolit K 707 E. Eigenschaft
Prüfung
Dimension
Shore-Härte Reißfestigkeit Reißdehnung Weiterreißwiderstand Kältebruchtemperatur Wasserdampfdurchlässigkeit
DIN 53505 DIN EN ISO 527 1-3 DIN EN ISO 527 1-3 DIN ISO 34 1 DIN EN 1876 2 DIN 53122
– A 74 / D 23 N/mm 15 % 305 N/mm 20 °C < -60 g/d * m 2,1
Tabelle 2-47. Eigenschaften einer hochelastischen, migrationsarmen Dichtung auf Basis 100 phr Vinnolit VK 710 und 27 phr DIDP, Ca/Zn-stabilisiert. Eigenschaft
Methode
Einheit
spezifische Dichte Shore Härte A Reißfestigkeit 23°C Bruchdehnung 23°C Druckverformungsrest 23°C/24 h Druckverformungsrest 70°C/24 h Druckverformungsrest 100°C/24 h Kältebruchtemperatur Migration in PMMA 50°C/32 Tage Migration in PS 50°C/32 Tage
DIN EN ISO 1183 DIN 53505 DIN EN ISO 527 Typ 5 DIN EN ISO 527 Typ 5 DIN ISO 815 DIN ISO 815 DIN ISO 815 DIN EN 1876 2 DIN EN ISO 177 DIN EN ISO 177
g/cm3 – MPa % % % % °C % %
Ergebnis 1,18 60 9,3 280 16 41 42 < -60 0,38 0,23
genschaftsbild einer unverstärkten, bitumenverträglichen Dachfolie auf Basis Vinnolit K 707 E vorgestellt, die in einer Dicke von 1,2 mm in einem Arbeitsgang kalandriert wurde. Migrationsarme hochelastische Dichtungsprofile z. B. für Fensterdichtungen lassen sich mit Rezepturen auf Basis Vinnolit VK 710 erzielen (siehe Tabelle 2-47). Nicht im Detail besprochen sind hier PVC-freie Kautschuk-artige Modifier z. B. auf Basis von EVA-Co- und Terpolymeren, CPE und NBR. Dazu wird auf Kapitel 3 Elastomere verwiesen. Hersteller von kautschukartigen, mit PVC gepfropften Modifiern: VESTOLIT (PBuA-PVC) Vinnolit (EVA-, PBuA-PVC)
2.1.2 Vinylpolymere
387
[1] A. Winter,„PVC für Hartfolien“, Fachtagung PVC-Folien, SKZ, 12./18. 4. 2002 [2] Technische Information: „Copolymers for improved thermoforming properties“, in PVC Grades for Manufacturing of Film, Vinnolit, 2003 [3] Technische Information: „Properties and applications of emulsion PVC“, in PVC Grades for Manufacturing of Film, Vinnolit, 2003 [4] Gächter/Müller: Kunststoffadditive, Kapitel „Hochpolymere PVC-Verarbeitungshilfsmittel“, Hanser Verlag. [5] Gächter/Müller: Kunststoffadditive, Kapitel „Antistatika“, Hanser Verlag. [6] Technische Information: „Additive zur Oberflächenmodifizierung“, Vinnolit, 2003. [7] Technische Information zu Vinnolit K 707 E, VK801, VK710.
2.1.2.2.4 Barriereeigenschaftsänderungen mit Mehrschichtfolien Christian Kohlert Die meisten pharmazeutischen Produkte und Nahrungsmittel, besonders frische Lebensmittelprodukte, stellen eine ganze Reihe von Anforderungen an die Verpackung, die in der Regel durch eine Monofolie nur teilweise abgedeckt werden können. So sind der Schutz vor Feuchtigkeit besonders bei Tablettenblistern der Pharmaindustrie, der Schutz vor Sauerstoff und Licht besonders bei empfindlichen Lebensmittelprodukten, aber auch der Aromaschutz des verpackten Gutes wichtige Zielgrößen für die Verpackungsmittelindustrie. Kontinuierliche Weiterentwicklungen und Produktoptimierungen gemeinsam mit den Rohstoffproduzenten und den Herstellern von Verpackungsmaschinen gestatten es, dem Kunden oft maßgeschneiderte Lösungen für alle gewünschten Anforderungen bezüglich Barriere, Festigkeit, Bedruckbarkeit, Siegelbarkeit und Verarbeitbarkeit anzubieten. Trotzdem reicht in vielen Fällen das Eigenschaftsprofil einer Monofolie nicht aus. Die Kombination verschiedener Folien und Materialien durch Laminieren oder Beschichten kommen den geforderten Eigenschaften wesentlich näher. Dadurch kann oft die Addition von sich zum Teil ausschließenden Eigenschaften erreicht werden. Diese Mehrschichtfolien müssen noch nicht einmal teurer sein, da die notwendigen Folienmerkmale optimal genutzt werden können. Hergestellt werden oben genannte Mehrschichtfolien durch Kalandrieren oder Extrudieren (Cast- oder Blasfolienextrusion) mit nachfolgender Inlineoder Offline-Kaschierung (oft auch Laminierung genannt) oder durch die CoExtrusion von unterschiedlichen Polymerschichten. Bestimmte Barriereschichten, wie zum Beispiel PVdC, können auch als wässrige Dispersion auf die Trägerfolie aufgetragen werden und bilden nach einem geeigneten Trocknungsvorgang einen geschlossenen Polymerfilm. Über die Qualität der Beschichtung oder Kaschierung entscheidet nicht selten die Benetzbarkeit der Trägerfolie mit dem Beschichtungsstoff. Zur Optimierung derselben wird häufig eine Vorbehandlung mit Corona, Niederdruckplasma
Vinylpolymere
Literatur – Kapitel 2.1.2.2.3
Vinylpolymere
388
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
oder Beflammung durchgeführt. Neueste Methoden koppeln die Oberflächenaktivierung mit einer chemischen Behandlung der freigewordenen Radikale. Grundlage der Barrierewirkung der einzelnen Polymerschichten ist der konzentrationsbedingte Stofftransport durch den Festkörper. Dieser wird auch Permeation bzw. Durchlässigkeit genannt. Dabei lässt sich der Permeationskoeffizient P als Produkt des Diffusionskoeffizienten D und des Löslichkeitskoeffizienten S beschreiben: P=D*S Dabei wird der Diffusionskoeffizient D durch die Teilchengröße und die Polymerkettenmobilität bestimmt, während der Löslichkeitskoeffizient S von den chemischen Permeant/Polymer-Wechselwirkungen abhängt [1]. Bei Mehrschichtfolien, die aus n Schichten bestehen, ergibt sich der Gesamtpermeationskoeffizient P ähnlich wie bei einer Reihenschaltung von Widerständen: 1/Pges = 1/P1 + 1/P2 + … + 1/Pn wobei P1 , … Pn die Permeationskoeffizienten der einzelnen Schichten darstellen. In Bild 2-150 sind die Permeationskoeffizienten je µm Foliendicke bezüglich Wasserdampf und Sauerstoff von unterschiedlichen Polymeren dargestellt. Der genaue Wert wird von der polymeren Struktur und den Verarbeitungsbedingungen beeinflusst. Genauere Werte werden in [2] angegeben, beziehen sich dort aber auf Folien mit einer Dicke von 20 µm.
Bild 2-150. Permeationskoeffizienten von Polymeren für Wasserdampf und Sauerstoff (größenordnungsmäßig) [1]
389
2.1.2 Vinylpolymere
Kunststoff
EVOH (PE 32 Mol-%) EVOH (PE 44 Mol-%) PVdC (extrudiert) PVdC (Dispersion) PAN PET PA 6 PVC PEHD PP PELD EVA
Sauerstoffdurchlässigkeit bei 65 % rel. Feuchte 80 % rel. Feuchte cm3/(m2 d bar) cm3/(m2 d bar) 0,5 1 4 10 8 50 35 240 2500 3000 10000 18000
1,2 2,3 4 10 10 50 50 240 2500 3000 10000 18000
Bild 2-151. Eigenschaftsvergleich verschiedener Verpackungsfolien [3]
In Bild 2-151 sind die Eigenschaften von Monofolien aus unterschiedlichen Polymeren bezüglich Verarbeitbarkeit und Einsatz in der Verpackung dargestellt. Dabei werden (im Uhrzeigersinn) die Dichte, die Flächenausbeute, die Transparenz, die Streckgrenze, die Formbarkeit, die Schneidbarkeit, die Verklebbar-
Vinylpolymere
Tabelle 2-48. Sauerstoffdurchlässigkeiten von Barrierekunststoffen bei 20 °C Folien mit einer Dicke von 20 µm
Vinylpolymere
390
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
keit, die Bedruckbarkeit, die Steifigkeit, die Entstapelbarkeit, die Wasserdampfbarriere, die Aromabarriere und die Sauerstoffbarriere verglichen. Je weiter außen der jeweilige Wert zu finden ist, desto besser ist es. Der Werkstoff PVC verbindet sowohl gute Barriere- als auch Verarbeitungseigenschaften. Zur Herstellung eines Materials mit Hochbarrierewirkung genügt jedoch häufig eine Monofolie nicht. Diese müsste in größeren Dicken hergestellt werden, was aus Kostengründen und aufgrund der schlechteren Verarbeitbarkeit nicht sinnvoll ist. Deshalb muss eine Kombination mit anderen Polymerschichten hergestellt werden, welche summiert eine bessere spezifische Barriere aufweist als die Basisfolie. Hierbei können folgende Materialien zum Einsatz kommen:
• • • • • • • •
PVC (Polyvinylchlorid); bahnförmige Folie PVdC (Polyvinylidenchlorid); bahnförmige Folie oder wässrige Dispersion PE (Polyethylen), bahnförmige Folie ACLAR®, bahnförmige Folie COC (Cyclo Olefine Copolymere), bahnförmige Folie PP (Polypropylen), bahnförmige Folie PET (Polyethylenterephtalat), bahnförmige Folie EVOH (Ethylenvinylalkohol), Beschichtung in der Regel auf PE-Folienbahn
Bild 2-152 zeigt für unterschiedliche Konsumgüter von der Säuglingsnahrung bis zu Pharmaprodukten und Ketchup deren Barriereanforderungen an Verpackungsmaterialien.
Bild 2-152. Barriereanforderungen verschiedener Konsumgüter an Verpackungsmaterialien [4]
391
Vinylpolymere
2.1.2 Vinylpolymere
Bild 2-153. Barriereeigenschaften von marktüblichen Mehrschichtfolien [4]
Bild 2-154. Barrierefolien von Klöckner Pentaplast GmbH & Co. KG
Durch die Kombination unterschiedlicher Polymerschichten zu einer Mehrschichtfolie können Barriereeigenschaften erzielt werden, die auf das Packgut abgestimmt sind (siehe Bild 2-153). Bild 2-154 zeigt eine Auswahl von Mehrschichtfolien mit Barrierewirkung. In Abhängigkeit von der verwendeten Barriereschicht können Mehrschichtfolien in vier unterschiedliche Gruppen aufgeteilt werden.
■ Barrierefolien mit PVdC Das Polymer Polyvinylidenchlorid (PVdC) besitzt sehr gute Barriereeigenschaften gegen Wasserdampf sowie eine gute Sauerstoffbarriere. Die Unabhängigkeit der Sauerstoffbarriere von der relativen Feuchte des Materials ist eine zusätzliche positive Eigenschaft dieses Polymers [1]. Die Produktnamen dieser Foliengruppe lauten z. B. bei Klöckner Pentaplast alfoil®P, alfoil®T, alfoil®FS und alfoil®TS (Aufbau siehe Bild 2-154). Hauptbestandteile dieser Mehrschichtfolien sind die Polymere PVC, PVdC und teilweise
Vinylpolymere
392
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
PE. Bei den Mehrschichtfolien handelt es sich um einen Zwei- bis Fünfschichtaufbau (exklusive Primer- und Kleberschichten). Die einzelnen Polymere werden in den Schichtdicken resp. Flächengewichten von 100 – 400 µm PVC, 30 – 40 µm PE und 40 – 180 g/m PVdC verarbeitet. PVC/PVdC- und PVC/PE/PVdC-Folien zeichnen sich durch eine sehr gute Thermoverformbarkeit aus. Deshalb sind diese Folien ohne weiteres auf gewöhnlichen PVC-Blister-Maschinen verarbeitbar. Die Mehrschichtfolien sind gegen die herkömmlichen PVC- siegelnden Aluminium- und Polymerdeckelfolien siegelbar. Sie erfüllen alle derzeitigen Anforderungen der Pharmaindustrie.
■ Barrierefolien mit ACLAR® Bei den ACLAR®-Barrierefolien handelt es sich üblicherweise um Folien mit einem zweischichtigen Aufbau aus einer PVC- und einer ACLAR®-Folie, beziehungsweise um eine Dreischichtfolie, falls eine zusätzliche PE-Schicht zum Einsatz kommt. ACLAR® ist der Handelsname der Firma Honeywell Inc. für das Polymer Polychlortrifluorethylen (PCTFE). Der Molekularaufbau stellt sich wie folgt dar:
Die ACLAR®-Schicht wird, wie auch andere bahnförmige Barriereschichten, durch einen Kaschierprozess mit der Trägerfolie verbunden. Weitere positive Eigenschaftsmerkmale von PVC/ACLAR®-Folien sind neben dem Hoch-Barriere-Verhalten gegen Wasserdampf die UV-Stabilität und Transparenz sowie die ausgezeichnete Thermoverformbarkeit und die Siegelfähigkeit. Aclar selbst ist sehr schlecht siegelbar und benötigt spezielle Trägerfolien. Aclar besitzt eine schlechtere Sauerstoffbarriere als PVdC.
■ Barrierefolien mit COC Mit dem Einsatz des Co-Polymers COC sind für die Pharmaindustrie weitere Alternativen für den Hochbarrierebereich auf PVC-Basis (PVC/COC/PVdC) oder auf Polyolefinbasis (PP/COC/PP) verfügbar. Die Firma TICONA hat seit 2000 eine Anlage in Oberhausen zur Herstellung von Cyclo Olefine Copolymere (COC) mit dem Handelsnamen TOPAS® in Betrieb. Dieses Co-Polymer wird auf Extrusionsmaschinen zu Flachfolien verarbeitet und bildet die Grundlage für innovative Hoch-Barrierefolien. COC-Monofolie wird immer beidseitig mit anderen Polymeren wegen seiner Fettempfindlichkeit abgedeckt. Diese Aussenschichten siegeln dann gegen die geeigneten Aluminiumfolien, PVDC und PVC. Die exzellente Thermoverformbarkeit sowie das breite Verarbeitungsfenster ermöglichen die Verarbeitung von COC-Barrierefolien auf allen bestehenden Blister-Maschinen.
2.1.2 Vinylpolymere
393
Ethylen-Vinylalkohol (EVOH) ist ein statistisches Co-Polymer aus Ethylen und Vinylalkohol mit kristallinen und amorphen Bereichen, die nebeneinander angeordnet sind. Dadurch ist das Material flexibel und besitzt eine hohe Sauerstoffbarriere. Die Sauerstoffbarriere wird vor allem durch die Polymer-GasWechselwirkung erzeugt. Da die Sauerstoffbarriere des Polymers mit zunehmender relativer Feuchte stark abnimmt, ist EVOH nur für den Einsatz in trockener Umgebung geeignet oder es muss mit geeigneten Wasserdampfbarriereschichten „abgedeckt“ werden. Bild 2-155 zeigt eine Mehrschichtfolie mit EVOH-Schicht. Bild 2-156 zeigt die Barrierewirkung unterschiedlicher Barrierepolymere in Abhängigkeit von der relativen Feuchtigkeit.
Bild 2-155. PVC/EVOH/PE-Verbundfolie mit EVOH-Barriereschicht
Bild 2-156. Barrierewirkung unterschiedlicher Polymere in Abhängigkeit von der relativen Feuchte [1]
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■ Barrierefolien mit EVOH
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Vinylpolymere
394
Bild 2-157. Wasserdampfdurchlässigkeit unterschiedlicher Verbundfolien von Klöckner Pentaplast GmbH & Co.KG
Es ist erkennbar, dass das Barriereverhalten der Polymere PVdC und LCP nicht von der relativen Feuchte beeinflusst wird, während sich die Barrierewirkung von EVOH bei einer höheren relativen Feuchte verschlechtert. Durch die Einbindung der EVOH-Schicht in zwei PE-Schichten (PE/EVOH/PE) kann diesem Effekt entgegengewirkt werden. PVC/PE bzw. PVC/EVOH/PE sind in der Regel lösemittelfreie Folienverbunde für das Verpacken unterschiedlicher Lebensmittel wie Fleisch, Fisch, Käse und Backwaren. Der Verbund ist eine Kombination aus einer weichmacherfreien, kalandrierten PVC-Folie mit einer PE-Folie bzw. PE/EVOH/PE-Folie. Die hervorragenden Sperreigenschaften gegen O2, N2 und CO2 garantieren den langen Erhalt der Schutzgasatmosphäre innerhalb der Verpackung. In Abhängigkeit der eingesetzten PE-Siegelschicht können entweder Verpackungen mit Festverbund, die nur unter Zerstörung des Packstoffes geöffnet werden können, oder mit Peel-Verbund, bei denen die Deckelfolie abgezogen werden kann und die häufig sogar wiederverschließbar sind, hergestellt werden. Vergleicht man die Polymere EVOH und PVdC bezüglich ihrer Eigenschaften, so hat EVOH Vorteile bezüglich der Verarbeitbarkeit und der Abfallverwertung sowie bezüglich der thermischen und UV-Stabilität. Die Beeinträchtigung der Barrierewirkung von EVOH durch den Einfluss von Feuchtigkeit wirkt sich jedoch ungünstig im Vergleich zu dem Polymer PVdC aus. Für beide Barriere-Polymere ist eine FDA-Konformität erreichbar. Diese ist natürlich abhängig von der Zusammensetzung der jeweiligen Rezeptur und muss von jedem Hersteller geprüft werden. Weitere Barrierepolymere sind unter anderem das semiaromatische Polyamid (z. B. MXD6), das über eine deutlich bessere und feuchtigkeitsunabhängige Barriere als PA 6 und PA 66 verfügt, sowie das Liquid Crystal Polymer (LCP) mit einer ebenfalls guten feuchtigkeitsunabhängigen Gas- und Wasserdampfbar-
395
2.1.2 Vinylpolymere
Eigenschaft
Norm
Gasdurchlässigkeit DIN 53380 – Sauerstoff – Stickstoff – Kohlendioxid WasserdampfDIN 53122 durchlässigkeit
Wert PVC/PE (PE 60µm)
Einheit Bemerkung / Bedingungen PVC/EVOH/PE (PE 60µm)
≤ 20 ≤ 5 ≤ 55 ≤ 0,5
cm3/m2 · d · bar ≤ 0,45 ≤ 0,20 ≤ 4,20 ≤ 0,3
Prüfklima: 23 °C, 0 % rel. Luftfeuchte, Foliendicke: 250/60 µm g/m · d Prüfklima: 23 °C, 85 % rel. Luftfeuchte, Foliendicke: 250/60 µm
Tabelle 2-50. Barriereeigenschaften unterschiedlicher bedampfter Folien bei 23 °C und 85 % relativer Feuchtigkeit [5] O2-Barriere (cm3/(m2 d bar)) Beschichtung OPA (15 µm) PET (12 µm) OPP (20 µm)
ohne 30 110 1500
Al 1–2 3 · 1016 >2 · 1014 88
59 72 51 76 48 60 6–9
1300 22 2.2/>50 NB 30 64
693 D
Styrolpolymere (PS)
2.5 0.0003 >1016 >1014 140
67 77 58 87 65 60 6–9
1800 35 2.4/40 30 30 72
656 C
1.57 89
90
>1013 1015 85
2.5
81 51 60 6-9
67 35 60 6–9 2.5 0.0003 >1013 1015 80
58 75
65
58 51 62
1550 27 2/180 NB
3G46
900 15 2/>300 NB
3G55
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
441
Styrolpolymere (PS)
442
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-190. Durchstoßversuch nach DIN 53 443 mit elektronischer Aufzeichnung der Kraft/Weg-Kurven von Rundscheiben 50 mm Dmr., 1 mm dick für Styrolux® 684 D im Vergleich zu Polystyrol 476 L
Bild 2-191. Kraft-Verformungsdiagramm einiger Kunststoff-Verpackungsfolien
ständigkeit ist mit derjenigen von schlagfestem Polystyrol mittlerer Beständigkeit vergleichbar, d. h. ohne äußere Beanspruchung kurzzeitig zwischen 70 °C und 80 °C. Die elektrischen und dielektrischen Eigenschaften gleichen denjenigen von Standard-Polystyrol. Die Lichtdurchlässigkeit beträgt in dem Bereich des sichtbaren Lichts (400 – 800 nm) etwa 90 %. Der Glanzgrad liegt höher als bei allen anderen Styrol-Pfropf- und Copolymerisaten. Styrolux® weist ein gutes Fließverhalten auf. Die Verarbeitungsdaten müssen jedoch genau eingehalten werden, weil bei Überschreiten Vernetzung und damit
443
Styrolpolymere (PS)
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
Bild 2-192. Zeit-Dehnungslinien (Kriechkurven) von Styrolux® 684 D bei 23 °C, 50 % r. F.
Bild 2-193. Zeit-Spannungslinien von Styrolux® 684 D bei 23 °C, 50% r. F.
eine Trübung eintritt. Bei Folien kommt es zu Streifenbildung und im weiteren Verlauf zu Gelpartikeln. Als Anhaltspunkt für eine beginnende Vernetzung gilt die Erhöhung des Extrusionsdruckes um 10 bar. Einen ersten Hinweis gibt Bild 2-196. Die Abhängigkeit der Schmelzeviskosität von der Schergeschwindigkeit geben für einige Materialtypen die Bilder 2-197 und 2-198 wieder. Styrolux® ist chemisch beständig gegen Wasser, Alkalien, verdünnte Mineralsäuren, wässrige Lösungen der meisten Salze.
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere (PS)
444
Bild 2-194. Isochrone Spannungsdehnungslinien von Styrolux® 684 D bei 23°C, 50 % r. F.
Bild 2-195. Schubmodul und logarithmisches Dekrement der mechanischen Dämpfung (Torsionsschwingungsversuch nach ISO 6721-2) von Styrolux® 656 C und 684 D
Nichtbeständig gegen: konzentrierte Schwefelsäure, oxidierende Agenzien wie Salpetersäure, Bromwasser, Bleichlauge. Bei jedem anderen Medium sind Beständigkeitsversuche ratsam. Das günstigste Verhalten bei spannungsrissfördernden Medien weist der Typ Styrolux® 692 DS auf. Auch eine coextrudierte Schicht bietet Schutz geben Öle und Fette, wie die Prüfung nach dem Stifteindruckverfahren ISO 4600 ergab. Die Wasserdampf- und Gasdurchlässigkeit von Styrolux geben die Bilder 2-199 und 2-200 im Vergleich mit anderen Thermoplasten wieder.
445
Styrolpolymere (PS)
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
Bild 2-196. Stabilitätsverhalten von Styrolux® 684 D
Bild 2-197. Viskosität von Styrolux® in Abhängigkeit von der Schergeschwindigkeit bei 200 °C
Spannungsrissbeständigkeit, Globalmigration, Aromasperre sowie die Gasund Wasserdampfpermeabilität generell werden durch Coextrusion mit einer 20-mm-Folie aus dem Copolyester PETG meist ausreichend vermindert. Die Transparenz einer Folie aus Styrolux® PS hängt entscheidend von den jeweiligen Materialtypen, dem Mischungsverhältnis der beiden Komponenten und der Homogenität des Blends ab. Grundsätzlich sollten schmiermittelfreie PS-Typen gewählt werden. Die Auswirkung der jeweiligen Anteile der Komponenten auf die Transparenz zeigt Bild 2-201. Durch Zumischen von PS wird die
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere (PS)
446
Bild 2-198. Viskosität von Styrolux® in Abhängigkeit von der Schergeschwindigkeit bei 240 °C
Bild 2-199. H2O-Permeabilität verschiedener Kunststoffe
Zähigkeit von Styrolux® vermindert, wie Bild 2-202 anhand der im Zugversuch ermittelten Brucharbeit zeigt. Bild 2-203 zeigt das Fließverhalten von Styrolux® in Abhängigkeit von der Massetemperatur bei Wanddicken der Fließspirale von 1 mm bzw. 2 mm. Die Abhängigkeit ist nahezu linear. Bei Temperaturen > 250 °C nimmt die Fließfähigkeit wieder ab. Beginnende Vernetzung wird durch Trübung angezeigt. Richtwerte zur Verarbeitung und das Brandverhalten von Styrolux® enthält Tabelle 2-59.
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Styrolpolymere (PS)
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
Bild 2-200. Sauerstoff-Permeabilität verschiedener Kunststoffe
Bild 2-201. Lichtdurchlässigkeit in Abhängigkeit vom PS-Anteil in Styrolux®
448
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere (PS)
Tabelle 2-59. Produktmerkmale, Verarbeitungskennwerte und Brennverhalten von Styrolux® Richtwerte für ungefärbte Produkte bei 23 °C
Einheit
Prüfvorschrift DIN/VDE* ISO/IEC*
Probekörper (mm)
Produktmerkmale Kurzzeichen Dichte Wasseraufnahme, Sättigung in Wasser bei 23°C
– g/cm3 %
7728 53479 53495/1L
1043 1183 –
–
– ml/10 min °C °C % °C °C °C
– 1133 – – – – – –
– 1133 – – – – – –
– Formmasse – – 110 · 110 · 2 – – –
Klasse Klasse
– –
UL94 UL94
127 · 12.7 · d 127 · 12.7 · d
Verarbeitung Verarbeitungsverfahren: Spritzgießen (M), Folienextrusion (F), Blasformen (B), Kalandrieren (K) Schmelze-Volumenrate MVR 200/5 Massetemperaturbereich, Spritzgießen Werkzeugtemperaturbereich Verarbeitungsschwindung, frei Massetemperaturbereich, Platten-Extrusion Massetemperaturbereich, Flachfolien-Extrusion Massetemperaturbereich, Schlauchfolien-Extrusion Werkstoffkennwerte zum Brennverhalten Prüfung nach UL-Standard bei d = 0.4 mm Dicke bei d = 1.6 mm Dicke
80 ∆ · 1
Anwendungsbeispiele Spritzguss: Verschlüsse, Schraubkappe, Schnappdeckel, Kosmetikdosen, Becher, Behälter mit Filmscharnier, Gehäuseabdeckungen, Lampenbefestigungen, Kühlschrankinnenteile, Sichtscheiben, Kabelvergussgehäuse, Aquarienfilter, Wasserstandanzeiger, Ultrafilter, Mundstücke, Messgefäße, Lineale, Zeichenschablonen, Sortier- und Lagerkästen, Schilder, Lampenschirme, Blumentöpfe, Etuis, Koffereinsätze, Verkaufsständer, Badezimmersets, Fenster für Spielfahrzeuge. Extrusion: Breitschlitzfolien für Snap-Packs, Salat- und Fleischverpackungen, Lunchboxen, Mehrschicht-Coextrusionsverbunde mit Sperreigenschaften für Lebensmittelverpackungen. Tafeln für Duschkabinen, Schlauchfolien als Schrumpf- und Etikettierfolien. Blasformartikel sind vorwiegend Flaschen mit guter Standfestigkeit.
449
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
656C
684D
683D
692DS
S/B/S 1.02 0.07
S/B/S 1.01 0.07
S/B/S 1.01 0.07
S/B/S 0.07
M 16 180–250 30–50 0.3–1
F, M, B, K 11 180–250 30–50 0.3–1 190–230 190–230 180–210
F, M, B, K 14 180–250
F, M 12 180–250
0.3–1 190–230 190–230 180–210
0.3–1
94HB 94HB
94HB 94HB
94HB 94HB
94HB 94HB
Leichtfließendes Produkt, bevorzugt für die Verarbeitung durch Spritzgießen zu steifen Formteilen mit guter Zähigkeit
Hochschlagzähe Marke, bevorzugt für die Verarbeitung zu Breitschlitzfolien; in Mischung mit Standard-Polystyrol für Tiefziehteile; Spritzgießen von Formteilen mit erhöhter Zähigkeit sowie Extrusion von Hohlkörpern
Hochschlagzähes Produkt, bevorzugt für die Verarbeitung zu Breitschlitz- und Schlauchfolien in Mischung mit Standard-Polystyrol
Hochschlagzähes Produkt für die Verarbeitung durch Spritzgießen sowie für die BreitschlitzdüsenExtrusion; hohe Spannungsrissbeständigkeit gegenüber Fetten und Ölen
190–230 180–210
Handelsnamen Styrolux® (BASF AG/DE)
2.1.3.2.1.3 Thermoplastische Styrol/Butadien-Elastomere (SBS-TE) ■ Allgemeine Stoffbeschreibung Die thermoplastischen Elastomere (TPE) weisen im Festzustand die Eigenschaften von Elastomeren auf. In der Wärme sind sie jedoch schmelzbar wie Thermoplaste und nach allen für diese gebräuchlichen Methoden formbar. Dazu kommt der Vorteil, dass ihre Produktionsrückstände – im Unterschied zum Gummi – wieder verwendbar sind. Die TPE erfordern keine Vernetzungszeit,
Styrolpolymere (PS)
Tabelle 2-59 (Fortsetzung)
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere (PS)
450
Bild 2-202. Brucharbeit (im Zugversuch) in Abhängigkeit vom PS-Anteil in Styrolux®
Bild 2-203. Fließfähigkeit von Styrolux® im Spiraltest
451
deshalb sind die Verarbeitungszyklen wesentlich kürzer. Der Energieaufwand ist geringer, Bild 2-204. Als Elastomere sind sie durch Flexibilität, elastische Erholung, Rückfederung und Dehnfähigkeit gekennzeichnet. Zur hohen Zähigkeit in der Kälte kommt die hohe Abriebfestigkeit. Die Witterungsbeständigkeit ist bei entsprechender Stabilisierung hoch. Die aus TPE hergestellten Formteile können lackiert werden; sie sind bunt einfärbbar. Durch Mischen mit Thermoplasten können bestimmte Zähigkeitseigenschaften gezielt eingestellt werden. Die am Markt befindlichen TPE unterscheiden sich voneinander durch ihren strukturellen Aufbau. Die wesentliche Grundlage bildet dabei die Blockpolymerisationstechnik. Die Block-Copolymeren bestehen aus Blöcken bzw. Segmenten von Thermoplasten und Kautschuken. Der thermoplastische Anteil kann kristalliner oder amorpher Natur sein. Die thermoplastischen Bereiche bilden eine reversible „physikalische Vernetzung“, d. h. sie erweichen nach Überschreiten der Glasübergangstemperatur. Damit werden auch die Kautschukblöcke formbar, sodass die Formmasse wie ein Thermoplast verarbeitet werden kann. Sobald beim Abkühlen die Glasübergangstemperatur unterschritten wird, bildet sich das Elastomere (ohne Vulkanisation) wieder zurück.Von den vier technisch wichtigen TPE wurden die polyolefinischen Elastomere bereits im Abschnitt 2.1.1.2.1 vorgestellt. Dazu kommen die Polyester-, Polyurethan-, Polyamid- und die nun zu beschreibenden TPE auf Basis Styrol/Butadien.
■ Herstellung Die Styrol/Butadien-Coplymeren besitzen Polystyrol-Endblöcke, über die die physikalische Vernetzung der Polymere erfolgt. Die Polybutadiene können dabei linear in sog. Dreiblock-Copolymeren des Typs A-B-A oder in einer Radialstruktur verzweigt vorkommen. Bei den Dreiblock-Copolymeren weisen die äußeren Blöcke (A) der Polymerkette miteinander identische Polystryolsegmente glasartiger, thermoplastischer Beschaffenheit auf, deren Glasübergangstemperatur beträchtlich über der Raumtemperatur liegt. Der kautschukartige
Bild 2-204. Vergleich der Verarbeitungsschritte bei vulkanisierbaren und thermoplastischen Kautschuken
Styrolpolymere (PS)
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
Styrolpolymere (PS)
452
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Mittelblock (B) ist elastisch und besteht meistens aus Polybutadien (seltener aus Polyisopren), deren Glasumwandlungstemperatur in beiden Fällen beträchtlich unter der Raumtemperatur liegt. Bei den radialen Dreierketten gehen drei, bei den Tetraketten vier Ketten von einem gemeinsamen Verknüpfungspunkt aus, Bild 2-205. Diese Dreiblock-Copolymeren bestehen aus zwei grundsätzlich miteinander unverträglichen Phasen. Die Natur dieses Zweiphasensystems geht deutlich aus dem im Torsionschwingungsversuch ermittelbaren Verlauf des Schubmoduls und des mechanischen Verlustfaktors in Abhängigkeit von der Temperatur hervor, Bild 2-206. Ein statistisch copolymerisiertes Elastomer, das aus denselben
Bild 2-205. Struktur der Styrol/ButadienCopolymeren A Polystyrol B Polybutadien a Linearstruktur b Radialstruktur, Dreierkette c Radialstruktur, Tetrakette
Bild 2-206. Glasübergangstemperaturen statistischer (SBR) und Styrol/Butadien-DreiblockCopolymeren
453
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
Kautschuk
Vernetzungszustand
Zugfestigkeit N/mm2
Polybutadien, ungemischt Polbutadien + Schwefel Polybutadien + Schwefel + Ruß Thermoplastischer Kautschuk (SBS)
nicht vulkanisiert vulkanisiert vulkanisiert nicht vulkanisiert
3 bis 5 30 bis 50 150 bis 200 300 bis 305
Tabelle 2-61. Verbessern von schlagfestem Polystyrol durch Zumischen von SBS Polystyrolanteil SBS-Kautschukanteil Schmelzindex Izod-Schlagfestigkeit bei 23 °C Fallgewichtschlagfestigkeit bei 23 °C BS-Erweichungspunkt
dg/min kJ/m2 J °C
100
90 10
80 20
6,8 6,0 0,3 87
6,2 13 4,7 92
4 24 9,1 93
beiden Monomeren aufgebaut ist, beispielsweise Styrol/Butadien-Kautschuk (SBR), weist nur ein Dämpfungsmaximum auf. Getrennt vorkommende Maxima in Blockpolymeren zeigen, dass die segmentäre Bewegung in den Blöcken etwa genau so stattfindet wie in den Homopolymeren, was im übrigen mit der Unverträglichkeit der Komponenten übereinstimmt. Ein wirklich elastisches Verhalten von Polybutadien in diesen Copolymeren kann nur erreicht werden, wenn der Polystyrolanteil unter 40 % liegt. Die Polystyrolphase ist dann getrennt und besteht aus kleinen Aggregaten, den sogenannten Domänen, Bild 2-207 (A). Diese Polystyroldomänen, die in der kontinuierlichen Polybutadienmatrix eingebettet sind, sind fein verteilt und so klein (30 nm), dass es zu keiner Streuung des sichtbaren Lichtes kommt. Daraus folgert die Transparenz des SBS. Bei dem Styrol-Butadien-Blockpolymeren sind die festen Bereiche, die durch die Verbindung von Polystyrolsegmenten aus mehreren Molekülen gebildet werden, untereinander durch Polybutadienketten verbunden und bilden sowohl bei der Linear- als auch bei der Radialstruktur der Colpolymeren, Bild 2-207 (B), ein Netzwerk ohne Vulkanisation. Das Vorhandensein einer derartigen endlosen Netzstruktur lässt auf eine kautschukartige Elas-tizität schließen. Außerdem üben die Domänen die Funktion eines verstärkenden Füllstoffs aus und führen zu hoher Festigkeit, Tabelle 2-60, während die kontinuierliche Butadienkautschukphase hohe Elastizität, einen niedrigen Modul und günstiges Verhalten des SBS in der Kälte bewirkt, Tabelle 2-61. Das TPE ist im Temperaturbereich von 140 bis 220 °C durch Spritzgießen und Extrudieren verarbeitbar (s. a. Kapitel 1.4.4 und 1.4.7.2.1). Durch Erhöhen der molaren Masse der Komponenten in den Dreierblöcken können die TPE auf den jeweiligen Anwendungszweck zugeschnitten werden. Auch durch den Zusatz von Füllstoffen, die vor allem von der Kautschukphase mit hohen Anteilen aufgenommen werden, ist ein breites Eigenschaftsbild einstellbar.
Styrolpolymere (PS)
Tabelle 2-60. Vergleich der Zugfestigkeit von SBS und Polybutadien
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere (PS)
454
Bild 2-207. Struktur der thermoplastischen Styrol/Butadien-Elastomere A bei Linearstruktur der Copolymeren B bei Radialstruktur der Copolymeren
Der Nachteil leichter Vernetzbarkeit der Polybutadienphase kann durch Hydrierung (SEBS) oder Copolymerisation mit Styrol ausgeglichen werden (Styroflex®, Kap. 2.1.3.2.1.2). Anwendungsbereiche Die wirtschaftlich bedeutenden Einsatzgebiete: Heißschmelz-, Lösungsund Kontaktklebstoffe, Schuhwerk und Bitumenmischungen sind für den Kunststoffverarbeiter nicht von unmittelbarer Bedeutung.Wichtiger ist die Möglichkeit, mit Hilfe von SBS Thermoplaste wie Polystyrol und Polyethylen modifizieren zu können. Als TPE eignet sich am besten ein ungestreckter SBS-Typ von hoher molarer Masse, Tabelle 2-60 und 2-61.
Das Hinzufügen von SBS zu Polystyrol hoher Schlagfestigkeit führt zu einem superschlagfesten Produkt mit immer noch guten Verarbeitungsmerkmalen, das jedoch an die Schlagfestigkeit von ABS herankommt. Ein weiteres Beispiel ist die Verwendung von SBS in flammwidrig ausgerüstetem Polystyrol zum Beibehalten der Schlagfestigkeit bei gleichzeitiger Flammwidrigkeit mit Hilfe feuerhemmender Additive. Das Einarbeiten von SBS in Polystyrol ist einfach. Außer zur Modifizierung von PS kann SBS auch zum Elastifizieren dienen. Der Zusatz kleiner Mengen von SBS zu PE-LD verbessert beispielsweise bei Schwersackfolien die Beständigkeit gegen Spannungsrissbildung sowie die Stoßfestigkeit und die Flexibilität bei Raumtemperatur und in der Kälte. Folien und geblasene Hohlkörper werden schlagfester und zäher bei Raumtemperatur und in der Kälte. Selbst geringe Zusatzmengen um 10 % verbessern bei Polypropylen die Schlagzähigkeit bis in den Bereich tiefer Temperaturen. Bei PP-Verpackungsbändern wird die Spleißneigung wesentlich verringert. Die SBS-Blockpolymeren werden als ungerecktes Material mit hoher und mit niedriger molarer Masse geliefert. Ungereckt sind ferner die SISTypen. Die leicht verarbeitbaren Typen sind gestreckt. Bei den jüngsten Entwicklungen wird das Polybutadien durch den POKautschuk EPDM ersetzt und damit ein UV-beständiges TPE geschaffen. Handelsnamen Calprene (Dynasol Elastomeros Gajano/ES) Europrene (Polimeri Europa SpA/IT) Finaprene (Total Petrochemicals BV/BE) Kraton (Kraton Polymers N. V./NL) Styroflex® (BASF Aktiengesellschaft/DE) Thermolast (Gummiwerk Kraiburg/DE) Vitacom TPE (British Vita Co. Ltd./GB)
2.1.3.2.1.4 Styrol/ a -Methylstyrolcopolymere (S/MS) Der am häufigsten eingeschlagene Weg, die Wärmeformbeständigkeit von Normal-Polystyrol zu erhöhen, besteht im teilweisen Austausch von Styrol durch a-Methylstyrol.
a-Methylstyrol
Mit steigendem Anteil nimmt die Glasübergangstemperatur zu. Bei 50 % a-Methylstyrol-Massegehalt steigt die Glasübergangstemperatur von 101 °C beim Homopolymeren auf 145 °C beim Copolymeren an. Thermostabilität und Verarbeitbarkeit verschlechtern sich jedoch.
Styrolpolymere (PS)
455
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
456
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
In den anwendungstechnischen Eigenschaften der Styrol-Homopolymeren und der Styrol/a-Methylcopolymeren besteht so weitgehende Ähnlichkeit, dass diese Copolymeren nicht besonders ausgewiesen werden. In den Typsortimenten erscheinen sie als Normal-Polystyrol mit erhöhter Formbeständigkeit in der Wärme.
Styrolpolymere (PS)
2.1.3.2.2 Styrol/Acrylnitrilcopolymere (SAN) ■ Herstellung SAN-Formmassen werden analog zu Polystyrol in Lösungspolymerisation hergestellt. Styrol und Acrylnitril und ein geringer Anteil eines Lösungsmittels werden typischerweise in einem kontinuierlichen Verfahren polymerisiert. Das überschüssige Monomer und Solvens werden entfernt und in den Polymerisationsprozess zurückgeführt, das Polymer granuliert. Die SAN-Formmassen weisen üblicherweise einen Acrylnitrilgehalt von etwa 15–45 % auf. Eine geringe Bedeutung haben Produkte mit einem Acrylnitrilgehalt von > 50 %, die als Barrierekunststoffe Verwendung finden. Die Zusammensetzung mit einem Acrylnitrilgehalt von 24 % wird bevorzugt, weil das Verhältnis 76/24 von Styrol/Acrylnitril ein azeotropes Gemisch bildet, bei dem die Konzentrationen in der Lösungsphase und im Copolymeren gleich sind. Dabei sind 38,3 Mol-% Acrylnitril statistisch über die Molekülkette verteilt. Anders gesagt, von fünf Styrol-Bausteinen werden zwei durch Acrylnitril ersetzt.
Styrol/Acrylnitrilcopolymer
Bei 33,7 % Acrylnitril-Massegehalt beträgt das Molverhältnis der beiden Monomeren 1 : 1.
■ Allgemeine Stoffbeschreibung Statistische Copolymere aus Styrol und Acrylnitril zeichnen sich im Vergleich zu Normal-Polystyrol durch folgende Eigenschaften aus:
• • • • • • • •
höhere Steifheit, Härte und Kratzfestigkeit, höhere Temperaturwechselbeständigkeit, höhere Zähigkeit, höhere Beständigkeit gegen Öle, Fette und Aromastoffe, höhere Beständigkeit gegen Spannungsrissbildung, in den elektrischen Eigenschaften ist SAN unterlegen, die Wasseraufnahme ist höher, der Gelbstich der Produkte wird durch Zusatz blauer Farbmittel geschönt.
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
457
Funktionszusatzstoffe Im Unterschied zu PS vergilbt SAN bereits beim Erhitzen unter Inertbedingungen. Bei mehrmaliger Verarbeitung schreitet der Abbau fort. Dabei handelt es sich teils um Reaktionen nicht oxidativer Natur. Das erklärt die begrenzte Wirksamkeit von Antioxidantien. Als solche kommen Phosphite ggf. in Verbindung mit phenolischen Antioxidantien in Betracht. Gegen das Vergilben von Formstoffen, die einer UV-Einwirkung ausgesetzt sind (z. B. Leuchtenabdeckungen), erweisen sich sterisch gehinderte Amine wirksamer als die Systeme aus phenolischem Antioxidans und UV-Absorber.Als
Bild 2-208. Spannungsdehnungsdiagramme von SAN bei verschiedenen Prüftemperaturen (Versuche bei 10 % Dehnung abgebrochen)
Bild 2-209. Abhängigkeit der Streckspannung von SAN von der Temperatur
Styrolpolymere (PS)
■ Zusatzstoffe Ähnlich wie bei Normal-Polystyrol spielen auch bei SAN die Funktionszusatzstoffe die wichtigste Rolle.
458
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
innere und äußere Gleitmittel dienen für alle Styrolpolymeren (PS, SAN, SB, ABS) die bereits bei PS erwähnten inneren und äußeren Gleitmittel. Als innere Antistatika bewähren sich anionaktive Verbindungen, z. B. Natriumalkylsulfonate. Die verwendeten Farbmittel entsprechen den für Polystyrol empfohlenen. Das gleiche gilt für die Verwendung optischer Aufheller zur Kompensation des Gelbstichs [12].
Styrolpolymere (PS)
■ Füllstoffe Die mit Hilfe von Elastomeren schlagzäh ausgerüsteten Polystyrole oder ABS eignen sich als Matrixmaterial eher für eine Füll- und Verstärkungsstoffzugabe.
■ Verstärkungsstoffe SAN-Copolymere werden mit Glasfaserverstärkung angeboten. Hin und wieder kommen Glaskugeln als Hybridverstärkungsmaterial hinzu. Mit Hilfe dieser Zusatzstoffe werden die Kurz- und Langzeitfestigkeit erhöht. Die Bruchdehnung nimmt naturgemäß ab (siehe auch Tabelle 2-53).
■ Sortiment Das SAN-Sortiment enthält außer den Typen aus einem azeotropen Gemisch der Comonomeren Typen mit 45 % AN-Massengehalt vorwiegend für technische Formteile, mit 15 % Massegehalt für Werbeteile und Packmittel sowie mit 20 % Massegehalt für Konsumwaren und vielfältige andere Anwendungen. Verstärkte Typen enthalten meistens 35 Masse-% Glasfasern.
■ Lieferformen SAN-Formmassen stehen als geschöntes naturfarbenes, d. h. blaustichig, glasklares, transparent und opak eingefärbtes sowie als verstärktes Granulat – vorwiegend für die Spritzgussverarbeitung – zur Verfügung.
■ Physikalische Eigenschaften Die wichtigsten mechanischen und thermischen Eigenschaften sind in Tabelle 2-52, die elektrischen in Tabelle 2-54 zusammengestellt.
■ Mechanische Eigenschaften Bei der Beurteilung von Tabellenwerten ist stets zu beachten, dass sie von Prüftemperatur, Beanspruchungsart und -geschwindigkeit sowie der Gestalt und der Vorgeschichte der Probekörper abhängen.
■ Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit Das Spannungdehnungs-Diagramm von SAN für verschiedene Temperaturen zeigt Bild 2-208. Die Temperaturabhängigkeit der Streckspannung ist im Bild 2-209 wiedergegeben. Zu den besonderen Eigenschaften glasfaserverstärkter SAN-Typen (wie auch von anderen GF-verstärkten Thermoplasten) gehören beispielsweise bei 35 Masse-% ein um 200 % höherer E-Modul, eine um 30 % höhere Zug- und Zeitstandfestigkeit, eine um 5 bis 15 K höhere Formbeständigkeit in der Wärme, ein um 70 % niedrigerer Längenausdehnungskoeffizient und eine um 60 % gerin-
459
Bild 2-210. E-Modul von SAN-GF (a) und SAN (b) in Abhängigkeit von der Temperatur (gemessen nach DIN 53 457) a Luran® 378 P G 7 b Luran® 378 P (Quelle: BASF Aktiengesellschaft)
Bild 2-211. Zeitstandfestigkeit von SAN-GF 35 (a) und SAN-(b) bei 20 °C und 60 °C a Luran® 378 P G 7 b Luran® 378 P
gere Verarbeitungsschwindung. Die Bilder 2-210 und 2-211 zeigen anschaulich den Vergleich zwischen SAN und SAN-GF 35 am Beispiel des E-Moduls und der Zeitstandfestigkeit.
■ Umwandlungstemperaturen Das im Vergleich zu PS verbesserte Verhalten von SAN in der Wärme geht aus dem Übersichts-Schaubild für den Schubmodul einiger Thermoplaste hervor, Bild 2-212. Die Glasübergangstemperatur nimmt mit steigendem Acrylnitrilanteil von etwa 101 auf 107 °C zu. Der Abstand zum Polystyrol beträgt nahezu 10 K. ■ Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand Die Zeitstandzugfestigkeit einiger SAN-Typen ist im Bild 2-213 wiedergegeben. Das Kriechverhalten geht noch anschaulicher aus dem vom Konstrukteur geschätzten Schaubild der isochronen Spannungsdehnungslinien hervor, Bild 2-214.
Styrolpolymere (PS)
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere (PS)
460
Bild 2-212. Schubmodul einiger Thermoplaste in Abhängigkeit von der Temperatur
■ Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit Zur Beschreibung des Verhaltens eines Werkstoffs bei dynamischer Beanspruchung wird meistens die Biegewechselfestigkeit nach DIN 53 442 herangezogen. Das Wöhler-Diagramm eines SAN-Typs ist im Bild 2-215 wiedergegeben. ■ Härte Angaben über die Härte von SAN enthält die Tabelle 5-28 im Anhang. ■ Thermische Eigenschaften Die Abhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität ist im Bild 2-216 wiedergeben. Bei manchen Anwendungen ist nicht nur die Temperaturbeständigkeit, sondern auch die Temperaturwechselbeständigkeit zu beachten. Bei häufigen und schroffen Temperaturwechseln können an den Fertigteilen zunächst winzige Haarrisse entstehen, die sich mit der Zeit ausweiten und das Teil unbrauchbar machen. SAN ist gegen solche Temperaturwechsel erheblich beständiger als Normal-Polystyrol; deshalb wird es auch für hochwertige Haushaltwaren verwendet. SAN mit hohem Acrylnitrilanteil und großer molarer Masse weist eine besonders gute Temperaturwechselbeständigkeit auf. ■ Elektrische Eigenschaften Die größten Unterschiede zwischen PS und SAN ergeben sich beim dielektrischen Verlustfaktor tan d. Er ist je nach Frequenz bzw. Temperatur bei SAN um
461
Styrolpolymere (PS)
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
Bild 2-213. Zeitstandzugfestigkeit einiger SAN-Typen a SAN (MFI 200/10 = 5,5g/10 min) erhöhte Festigkeit und Chemikalienbeständigkeit b SAN (MFI 200/10 = 20g/10 min) leichtfließend, chemikalienbeständig c SAN (MFI 200/10 = 9g/10 min) Standardtyp d SAN (MFI 200/10 = 22g/10 min) sehr leichtfließend (Quelle: BASF AG)
Bild 2-214. Isochrone Spannungsdehnungslinien für SAN (Werkstoff: Luran® 388 S der BASF AG)
zwei Größenordnungen höher als bei PS. Auch die Dielektritätszahl ist höher. Die Bilder 2-217 und 2-218 zeigen diese Zusammenhänge für PS und seine technisch wichtigsten Modifikationen [13].
■ Optische Eigenschaften SAN erreicht eine Lichtdurchlässigkeit von mehr als 90 %. Es absorbiert im UVBereich. Wegen der etwas helleren Eigenfarbe fällt die Lichtdurchlässigkeit der der Kurve a zugrundeliegenden Typen etwas später ab.
Styrolpolymere (PS)
462
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-215. Biege-Wechselfestigkeit von SAN (Werkstoff: Luran® 368 R der BASF AG)
Bild 2-216. Spezifische Wärmekapazität einiger SANTypen (gemessen nach der DSC-Methode, Aufheizgeschwindigkeit 20 K/min) a Luran® 358 N, 368 R, 678 P, 388 S b Luran® KR 2556
An dieser Stelle sei der Transparenz amorpher thermoplastischer Kunststoffe eine nachträgliche Betrachtung gewidmet, auch deshalb, weil die Transparenz – ebenso wie bei zahlreichen noch vorzustellenden Kunststoffen – eine anwendungstechnisch wichtige Rolle spielt [14]. Einphasige Thermoplaste wie PS, SAN und PMMA sind steif bei einer Schlagzähigkeit (nach Charpy) im Bereich von 7 bis 28 kJ/m2 (bei Raumtemperatur). Zweiphasige zähmodifizierte Thermoplaste: MBS, MABS, SBS und schlagzäh modifiziertes PMMA erreichen bei Raumtemperatur dagegen Charpy Kerbschlagzähigkeiten von 45 bis 103 kJ/m2. Außerdem weist das Sortiment einphasi-
463
Styrolpolymere (PS)
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
Bild 2-217. Dielektrischer Verlustfaktor tan d von PS1 , PS2 , SB, SAN, ABS und AXS in Abhängigkeit von der Frequenz (A) bei 30 °C und der Temperatur (B) bei 106 Hz PS1 = Polystyrol wärmebeständig; PS2 = Polystyrol leichtfließend
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere (PS)
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Bild 2-218. Dielektrizitätszahl von PS1 , PS2 , SB, SAN,ABS und AXS in Abhängigkeit von der Frequenz (A) bei 30 °C und der Temperatur (B) bei 106 Hz PS1 = Polystyrol wärmebeständig; PS2 = Polystyrol leichtfließend
ger intrinsisch zäher Thermoplaste wie PC, aPET, gPET, PVC und PP-Randomcopolymere Charpy-Kerbschlagzähigkeiten von 2 bis 30 (PC) kJ/m2 auf. Einen Überblick über kennzeichnende physikalische Eigenschaften der genannten Reihe vermitteln die Bilder 2-219 bis 2-221 [14].
465
Bild 2-219. Optische Eigenschaften transparenter Werkstoffe
Bild 2-220. Steifigkeit (Ez-Modul) transparenter Werkstoffe)
■ Chemikalienbeständigkeit (s. a. Kapitel 1.3.4) SAN-Copolymere weisen eine höhere Chemikalienbeständigkeit auf als Normal-Polystyrol. Die Beständigkeit nimmt mit dem Acrylnitrilanteil zu. SAN ist bei Raumtemperatur beständig gegen: gesättigte KW, aromatenarme Vergaserkraftstoffe und Mineralöle, pflanzliche und tierische Fette und Öle, Wasser, wässrige Salzlösungen, verdünnte Säuren und Laugen. Nicht beständig gegen: konzentrierte Mineralsäuren, aromatische KW (z. B. Benzol, Toluol), chlorierte KW, Ester und Ketone.
Styrolpolymere (PS)
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere (PS)
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Bild 2-221. Wärmeformbeständigkeit (Vicat-Erweichungstemperatur VST/B) transparenter Werkstoffe
■ Spannungsrissverhalten (s. a. Kapitel 1.3.4) Außer der Chemikalienbeständigkeit spielt die Beständigkeit gegen die Bildung von Spannungsrissen eine große Rolle. Der höhere Acrylnitrilgehalt und die höhere molare Masse wirken sich günstig aus. Die Messergebnisse einer Langzeitprüfung zeigt Bild 2-222.
■ Witterungsbeständigkeit Das mechanische Niveau von SAN-Probekörpern fällt nach ein bis zwei Jahren Freibewitterung ab. Als wesentlich beständiger erweisen sich speziell UV-stabilisierte SAN-Typen, wie Bild 2-223 zeigt.
Bild 2-222. Spannungsrissbeständigkeit einiger SANTypen in Olivenöl/Ölsäure 1 : 1 (Quelle: BASF Aktiengesellschaft) a Luran® 388 S b Luran® 378 P c Luran® 368 R d Luran® 358 N
Bild 2-223. Bewitterung von Normkleinstäben aus SAN in einem Xenotestgerät Typ 1200 (Biegefestigkeit nach DIN 53 452) a Luran® 378 P Q 42 (UV-stabilisiert) b Luran® 378 P
■ Strahlenbeständigkeit Über die Beständigkeit von SAN gegen die Einwirkung energiereicher Strahlung gibt das Bild 2-179 Auskunft. ■ Brennbarkeit Formstoffe aus SAN brennen mit leuchtender, rußender Flamme; sie tropfen nicht, süßlicher Geruch. ■ Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase SAN ist undurchlässiger als PS für Wasser; 100-mm-Folien weisen bei 23 °C für Wasserdampf eine Durchlässigkeit von 20 bis 25 g/m2d auf. Die Durchlässigkeit für Sauerstoff beträgt 200 bis 500 cm3/m2d bar, die Durchlässigkeit für CO2 den fünffachen und für N2 ein Fünftel des Wertes für O2 . ■ Verarbeitung (s. a. Kapitel 1.4.3 und 1.4.7) SAN wird durch Spritzgießen, Extrudieren und Blasformen sowie durch Thermoformen verarbeitet.
■ Verarbeitungsbedingungen Spritzgießen Vortrocknen des Granulates Werkzeugtemperatur Schwindung Extrudieren
180 bis 270 °C 70 bis 80 °C 65 bis 75 °C 0,5 bis 0,7 % 180 bis 230 °C
Bild 2-224 zeigt das Fließverhalten von zwei Luran® Spritzgusstypen in Abhängigkeit von der Massetemperatur. Obwohl dieser Test nicht genormt ist, wird er in sehr vielen Verarbeitungsbetrieben und Produktionsstätten seit vielen Jahrzehnten mit Erfolg praktiziert. Er erlaubt vor allem einen Vergleich zwischen Produkten gleichen Typs. Halbzeuge und Formteile können geklebt und geschweißt werden, s. Polystyrol. Bedrucken und Prägen ist einwandfrei durchführbar wie bei PS.
Styrolpolymere (PS)
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2.1.3 Styrolpolymere (PS)
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Luran® 358 N
Luran® 388 N
Styrolpolymere (PS)
Bild 2-224. Fließfähigkeit in Abhängigkeit von der Massetemperatur. Werkzeug: Testspirale 10 mm · 2 mm, Spritzdruck 1000 bar, Werkzeugoberflächentemperatur 60 °C
Anwendungsbereiche In der Elektrotechnik im umfassenden Sinne dient SAN zur Herstellung von: Klarsichtteilen, wie Behälter, Rührschüsseln und Mixbecher für Küchengeräte, Gehäuseteile für Kühlschränke, Phono-Abdeckhauben, Abdeckungen für Drucker, Skalen, Batteriegefäße, Chassis, z. B. für Phonound Fernsehgeräte, Kassetten und Kassettenschachteln, Wickelkerne, Telefonwählscheiben, Lampenabdeckungen, Zähler- und Instrumentenabdeckungen, Mosaikbausteine. Im Fahrzeug-, Maschinen- und Apparatebau ist SAN ein geschätzter Werkstoff für: Scheinwerfergehäuse, Rückleuchtenabdeckungen, Abdeckungen, Gehäuse und Träger für Uhren. Im Haushalt sind: Isolierkannengehäuse, Geschirr, Bestecke, Kaffeefilter, Dosen, Becher, Einwegfeuerzeuge; im Sanitärbereich: Badezimmergarnituren, Bürstenkörper, Toilettensitze und Kosmetikdosen; in der medizinischen Technik: die Gehäuse für Dialysegeräte und im Spielzeugauto die unzerbrechlichen Fensterscheiben zu unentbehrlichen Gegenständen des täglichen Bedarfs geworden. Handelsnamen Kibisan (Chi Mei/TW) Kostil (Polimeri/IT) LG (LG Chemicals/KR) Luran® (BASF Aktiengesellschaft/DE) Starex (Cheil/KR) Tyril (Dow/US)
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
469
Ähnlich wie beim Styrol-Homopolymeren ein teilweiser Austausch von Styrol durch a-Methylstyrol zu Produkten mit höherer Formbeständigkeit in der Wärme führt, so können auch die SAN-Copolymere in gleicher Weise abgewandelt werden. Diese modifizierten Produkte haben vor allem als kohärente Phase in hochwärmebeständigen ABS-Polymeren Bedeutung erlangt. Formteile mit einer Vicat-Erweichungstemperatur von 110 °C sind kochfest. Auch Copolymere mit Vinylcarbazol führen zu sehr wärmestandfesten Formstoffen. Diese Produkte sind jedoch wegen der Giftigkeit des Vinylcarbazols gesundheitlich nicht unbedenklich.
Vinylcarbazol
Verbesserte Formbeständigkeit in der Wärme sowie eine höhere Chemikalienund UV-Beständigkeit weisen auch die Copolymeren mit Itaconsäuredimethylester auf.
Itaconsäuredimethylester
Wenn es in erster Linie auf eine verbesserte UV-Beständigkeit der SAN-Copolymeren, d. h. die Aufrechterhaltung eines hohen Niveaus der mechanischen Eigenschaften über längere Zeit ankommt und dabei die wasserhelle Transparenz des Styrol-Homopolymeren erreicht werden soll, dann ist die Copolymerisation von Styrol mit Methacrylsäuremethylester angezeigt. Styrol bewirkt Steifheit und thermische Beständigkeit, MMA die wasserhelle Klarheit in Verbindung mit einer erhöhten Beständigkeit gegen einige Chemikalien, z. B. Vergaserkraftstoffe. Die bekanntesten Formmassen enthalten mehr als 60 % Massegehalt MMA und gehören deshalb eigentlich zu den modifizierten Polyacrylaten. Die Ähnlichkeit mit den SAN-Formmassen im Hinblick auf Verarbeitung und Anwendung hat jedoch dazu geführt, dass sie häufig in Verbindung mit den Polystyrol-Modifikationen genannt werden. Die StyrolMethylmethacrylat-Copolymere werden bei den elastifizierten PolystyrolModifikationen beschrieben. 2.1.3.2.2.1.1 Acrylnitril/Polybutadien/Styrolpfropfpolymere (ABS)
■ Herstellung ABS wird als sogenanntes Lösungs-ABS oder als Emulsions-ABS hergestellt. Beim Lösungs-ABS wird analog zum schlagzähen Polystyrol ein Kautschuk in Styrol,Acrylnitril und einem Lösungsmittel gelöst und kontinuierlich polymerisiert. Man erhält Produkte, deren Mikrostruktur derjenigen des schlagzähen Po-
Styrolpolymere (PS)
2.1.3.2.2.1 SAN-Modifikationen
470
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
lystyrols sehr ähnlich ist. Beim Emulsions-ABS wird dagegen ein Kautschuk in wässriger Emulsion hergestellt und mit einem getrennt hergestellten SAN abgemischt. Die beiden wichtigsten Herstellverfahren für Emulsions-ABS sind die folgenden [5]:
Styrolpolymere (PS)
• •
Pfropfpolymerisation von Styrol und Acrylnitril auf einen vorgelegten Polybutadienlatex; das erhaltene Pfropfpolymerisat wird mit einem getrennt hergestellten SAN-Latex abgemischt, koaguliert und getrocknet. Pfropfpolymer und SAN werden getrennt hergestellt, isoliert und getrocknet, schließlich nach dem Abmischen granuliert.
■ Allgemeine Stoffbeschreibung Copolymere des Styrols mit Acrylnitril oder anderen Vinylverbindungen unterscheiden sich so vorteilhaft von Styrol-Homopolymeren, dass es nahe lag, diese Produkte durch schlagfestes Modifizieren in ähnlicher Weise abzuwandeln wie das Homopolymere. Unter den zahlreichen Modifikationen haben die ABSPfropfpolymere die größte technische Bedeutung erlangt. Wie beim SB sind durch die Wahl des Kautschuks, Tabelle 2-52,Abwandlungen der Glasübergangstemperatur und damit der Schlagzähigkeit in der Kälte oder durch teilweisen Austausch von Styrol durch a-Methylstyrol und damit der Formbeständigkeit in der Wärme möglich. Bei ABS darf allerdings nur ein Butadien-Kautschuk verwandt werden, um der Kurzbezeichnung gerecht zu werden. Unter den Copolymeren des Butadiens wird Nitrilkautschuk bevorzugt. Nicht mit Butadienkautschuken elastifizierte Produkte werden als AXS-Produkte bezeichnet. Dabei steht X als Symbol für die Elastomerkomponente, die im Einzelfall näher zu beschreiben ist. Kennzeichnende Eigenschaften von ABS-Kunststoffen sind je nach Typ:
• • • • • • • • • •
hohe mechanische Festigkeit und Steifigkeit, hohe Härte und Kratzfestigkeit, hohe Schlagzähigkeit in der Kälte, hohe Formbeständigkeit in der Wärme, hohe Temperaturwechselfestigkeit, verhältnismäßig geringe Wasseraufnahme, hohe Maßbeständigkeit, hohe Chemikalienbeständigkeit, etwas höhere Beständigkeit gegen Spannungsrissbildung als PS, nicht witterungsbeständig (wegen des Gehaltes an Polybutadien).
■ Struktur und allgemeine Eigenschaften Während bei SB-Poylmeren die kohärente Phase aus Polymeren des Styrols und/oder Alkylstyrolen besteht, kann die zusammenhängende Styrol/Acrylnitrilphase in einem weiten Bereich unterschiedlich sein. Daraus folgt:
•
Produkte mit niedrigem Acrylnitrilgehalt in der Gerüstphase ähneln den schlagfesten Polystyrolen (SB). Dies ist bei Beurteilung der Chemiekalienbeständigkeit von ABS zu beachten. Bereits Polymere mit nur 4 % AN-Gehalt sind fettbeständiger als SB.
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
•
471
Um eine klare Eigenschaftstrennung von SB zu gewährleisten, enthält die Gerüstphase üblicherweise 20 bis 35 % Acrylnitril-Massegehalt.
■ Sortiment Die Sortimente der meisten Rohstoffhersteller enthalten in der Kälte schlagzähe und andererseits Typen mit hoher Formbeständigkeit in der Wärme. Sondertypen sind antistatisch ausgerüstet, galvanisch metallisierbar, glasfaserverstärkt, mit Flammschutzmittel oder mit Treibmittel für das Spritzgießen von Formteilen aus Strukturschaumstoffen versehen. Das Sortiment enthält ferner für das Extrudieren, Extrusionsblasen und das Kalandrieren geeignete Typen; dazu kommen Abmischungen mit PVC, PC und PUR. ■ Lieferformen Naturfarbenes (gelblich opakes) und in vielen Farbtönen eingestelltes Granulat; Halbzeug ist in Form von Rohren, Profilen, Folien, Tafeln und Blöcken lieferbar. Bei längerem Lagern kann bei empfindlichen Farbmitteln eine gewisse Änderung des Farbtons auftreten. Unter ungünstigen Bedingungen gelagertes Material nimmt Feuchtigkeit auf, die vor dem Verarbeiten durch Trocknen (2 bis 4 Std. bei 85 °C) wieder entfernt werden muss. ■ Physikalische Eigenschaften Die wichtigsten Eigenschaften von ABS-Pfropfpolymeren und Polymerblends sind in Tabelle 2-52 (mechanische und thermische) sowie Tabelle 2-54 (elektrische) zusammengestellt. ■ Mechanische Eigenschaften: Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit In Bild 2-225 ist das Kraft-Verformungs-Verhalten eines normalen ABS-Spritzgusstyps wiedergegeben. Bild 2-226 zeigt den Elastizitätsmodul zweier Formmassen in Abhängigkeit von der Temperatur. ■ Umwandlungstemperaturen Die Kurven des Schubmoduls (G) und des logarithmischen Dämpfungsdekrementes (l) gewähren einen Einblick in das mechanische Verhalten von Formstoffen bei verschiedenen Temperaturen, Bild 2-227. Die Kurve a zeigt wegen der höheren Einfriertemperatur der Elastomerphase ein Dämpfungsmaximum bei – 50 °C, bei Kurve b liegt dieses Maximum noch etwa 30 K niedriger. Die Wirksamkeit der Elastomerkomponente hängt außer von der Temperatur noch von der Beanspruchungsgeschwindigkeit ab. Bei sehr schnellen, schockartigen Belastungen verschiebt sich das Dämpfungsmaximum zu höheren und bei langsamen Beanspruchungen zu tieferen Temperaturen. Mit steigender Temperatur bewirken die Dämpfungsmechanismen der Elastomerphase eine zunächst stetig zunehmende Zähigkeit.
Styrolpolymere (PS)
■ Zusatzstoffe Siehe Tabelle 2-53.
Styrolpolymere (PS)
472
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-225. Spannungsdehnungs-Diagramm eines normalen ABSSpritzgusstyps bei verschiedenen Temperaturen
Bild 2-226. Zug-E-Modul zweier ABS-Typen mittlerer Fließfähigkeit in Abhängigkeit von der Temperatur a Terluran® 877 T b Terluran® 967 K (Quelle: BASF Aktiengesellschaft)
Der Schubmodul fällt im Temperaturbereich des ersten Dämpfungsmaximums geringfügig ab und bleibt dann mit steigender Temperatur bis zum zweiten Dämpfungsmaximum, dem Erweichungspunkt der Hartkomponente, fast konstant.
■ Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand Das Zeitstandverhalten bei verschiedenen Temperaturen gibt Bild 2-228 am Beispiel der isochronen Spannungsdehnungslinien wieder. Diese Schaubilder ermöglichen es, das Langzeitverhalten eines Bauteils bei statischer Beanspruchung abzuschätzen (siehe auch Tabelle 5-29 im Anhang). Aus dem Proportionalitätsbereich der einzelnen Isochronen können die Kriechmodule für diese Beanspruchungsdauer in einfacher Weise ermittelt werden. Die punktiert eingezeichnete Kurve des Kurzzeitversuchs dient zum Vergleich.
473
Bild 2-227. Schubmodul (G) und logarithmisches Dämpfungsdekrement (l) a Terluran® 877 T b Terluran® 967 K
Bild 2-228. Isochrone Spannungsdehnungslinien eines ABS-Spritzgusstyps (Werkstoff: Novodur® PH-AT der Bayer AG)
Styrolpolymere (PS)
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
Styrolpolymere (PS)
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-229. Zeitstandschaubild für ABS-Rohre bei 20 °C und 80 °C (strichpunktierte Linien sind Bruchlinien)
Zeitstandverhalten bei mehrachsigem Spannungszustand Zeitstandfestigkeiten von ABS-Formstoffen bei mehrachsiger Beanspruchung gibt Bild 2-229 wieder. Für zwei Versuchstemperaturen sind die 1,0-, 1,5- bzw. die 1,0- und 2-%-Dehnungsgrenzen und die Bruchlinien dargestellt. Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit Es ist eine bekannte Tatsache, dass die mechanischen Eigenschaften, insbesondere die Schlag- und Kerbschlagzähigkeit, bei kautschukmodifizierten Polystyrolen betont von der Verarbeitung (Spritzgießen), d. h. von der Orientierung abhängen. Diese Zusammenhänge veranschaulicht Bild 2-230 am Beispiel eines SB- und eines ABS-Formstoffes etwa gleicher Steifheit und Grenzbiegespannung s bG . Aus Bild 2-230 geht hervor, dass ABS-Formstoffe hinsichtlich ihrer Schlagzähigkeit den schlagfesten Polystyrolen überlegen sind. Ähnlich verhält es sich mit der Kerbschlagzähigkeit und dem Arbeitsaufnahmevermögen, stets jedoch bei Temperaturen von mehr als – 30 °C. Bei tieferen Werten sind die SB-Formstoffe überlegen. In fast allen Fällen ergibt sich für die orientierungsarmen gepressten Probekörper das höhere Wertniveau. Verhalten bei schwingender Beanspruchung Bei sich häufig wiederholenden, wechselnden Beanspruchungen muss mit wesentlich geringeren Festigkeiten gerechnet werden. Die Wöhler-Kurve bietet die Möglichkeit, unterschiedliche Werkstoffe (bei gleichen Randbedingungen) zu vergleichen, Bild 2-231. Bei dynamisch beanspruchten Bauteilen überlagern sich häufig Spannungen verschiedener Art. Deshalb sind für eine Eignungsprüfung Modellversuche zu empfehlen.
■ Sicherheitsbeiwerte Bei der Verwendung der an Norm-Probekörpern ermittelten Daten für das Konstruieren von Bauteilen ist zu beachten, dass die für das Bemessen zulässi-
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Styrolpolymere (PS)
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
Bild 2-230. Zähigkeit kautschukmodifizierter Styrol-Copolymeren in Abhängigkeit von Temperatur und Herstellverfahren A Schlagzähigkeit S Spritzgegossener Probekörper B Kerbschlagzähigkeit P pressgeformter Probekörper C Brucharbeit im Fallbolzentest (1) ABS-Formstoff (E-Modul = 2400 N/mm2 s bG = 70 N/mm2) (2) SB-Formstoff (E-Modul = 2400 N/mm2 s bG = 70 N/mm2)
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere (PS)
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Bild 2-231. Wechselfestigkeit einiger ABS-Typen bei Zug-Schwellbeanspruchung (Prüftemperatur 23 °C, 50 % rel. Feuchtigkeit) a Novodur® PH-GV s Sch = 22,4 N/mm2 b Novodur® PH-AT s Sch = 15,0 N/mm2 c Novodur® PMT sSch = 13,4 N/mm2 (Quelle: Bayer AG)
gen Werte auch durch eine Reihe nicht werkstoffspezifischer Faktoren beeinflusst werden. Dazu gehört z. B. die Wirkung von Querschnittsübergängen, Kerben, Bindenähten und nicht zuletzt das gesamte Technoklima, das das Formteil beim Einsatz umgibt.
■ Thermische und elektrische Eigenschaften Siehe Tabellen 2-52 und 2-54 sowie Tabelle 5-28 im Anhang. Die elektrischen Eigenschaften von ABS sind denen von PS und SB wegen des Acrylnitrilanteils etwas unterlegen, sie reichen jedoch in den meisten Fällen für die Anwendungen in der Schwach- und Niederspannungstechnik aus. Eine elektrostatische Aufladung kann auf dem elektrisch isolierenden ABS lange erhalten bleiben. Die Sortimente der Rohstoffhersteller enthalten jedoch Typen mit einer dauerhaften antielektrostatischen Ausrüstung.
■ Chemikalienbeständigkeit Beständig gegen: schwache Säuren, Laugen, Alkohole, Fette, Öle, Wasser. Nicht beständig gegen: konzentrierte Säuren, Ketone, Ester, Ether, aromatische und chlorierte KW.
■ Spannungsrissverhalten (s. a. Kapitel 1.3.4.1) ABS ist verhältnismäßig beständig gegen die Bildung von Spannungsrissen. Einige Typen zeichnen sich dabei besonders aus. Eignungsprüfungen sind jedoch zu empfehlen.
■ Strahlenbeständigkeit Siehe Ausführungen für SB in „Strahlenbeständigkeit“.
477
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
■ Brennbarkeit ABS-Kunststoffe brennen mit leuchtender Flamme unter Rußentwicklung. Verbrennungsprodukte riechen süßlich und nach verbranntem Gummi. Mit Flammschutzmittel versehene Typen sind verfügbar. Als Flammschutzmittel dienen vor allem aromatische Bromverbindungen in Kombination mit Antimontrioxid. Bei diesen dürfen jedoch bei der Verarbeitung bestimmte Höchstgrenzen der Massetemperatur und der Verweilzeit im Plastifizierzylinder nicht überschritten werden [8]. ■ Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase Die an 100-mm-Folien ermittelten Richtwerte betragen: für Wasserdampf 27 – 33 g/m2d, für Sauerstoff 400 – 900, für Stickstoff 100 – 200 und für CO2 1500 – 3500 cm3/m2d bar (je nach Typ). ■ Verarbeiten: Verarbeitungsbedingungen (s. a. Kapitel 1.4.3 und 1.4.7) ABS-Formmassen können durch Spritzgießen, Extrudieren, Kalandrieren und Blasformen verarbeitet werden. Folien- und tafelförmiges Halbzeug werden warmgeformt. Beim Spritzgießen beträgt die Massetemperatur der Normaltypen hochwärmebeständigen Typen
210 bis 270 °C 240 bis 275 °C.
Als Werkzeugtemperaturen sind 40 bis 90 °C zu empfehlen, die Schwindung beträgt 0,4 bis 0,7 %. Galvanisierbare Typen werden bei Massetemperaturen von 240 bis 270 °C mit langsamer Geschwindigkeit spritzgegossen. Es kommt darauf an, Orientierungen und Eigenspannungen zu vermeiden, die die Haftung der galvanisch aufgetragenen Deckschicht beeinträchtigen. Treibmittelhaltige ABS-Formmassen werden zu Strukturschaumstoff-Formteilen spritzgegossen. Die Massetemperatur beträgt 230 bis 260 °C, die Werkzeugtemperatur 50 bis 70 °C. Man wählt Massetemperaturen von: 190 bis 210 °C beim Extrudieren, 200 bis 215 °C beim Blasformen, 160 bis 180 °C beim Warmformen von Halbzeug. Auch bei Raumtemperatur kann ABS-Folienhalbzeug geformt werden. Diese Materialtypen müssen steif und zäh sein. Als Schmiermittel werden Öl- und Wachsemulsionen, Seifenwasser oder Mineralöl verwandt. Beim Verarbeiten von
Styrolpolymere (PS)
■ Witterungsbeständigkeit Die aus Butadienkautschuk bestehende Elastomerphase ist empfindlich gegen Sauerstoff und UV-Strahlung. Im Freien verwendete Formstoffe vergilben und verspröden. Einen Schutz bieten Lackieren, Galvanisieren und Beschichten mit wetterbeständigen Folien oder spezielle Stabilisierungssysteme.
Styrolpolymere (PS)
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-232. Sättigungsgehalt von Wasser in ABS in Abhängigkeit von der relativen Luftfeuchtigkeit (Quelle: Borg Warner Chemicals)
ABS ist zu beachten, dass es sich dabei um ein hygroskopisches Material handelt, d. h. es muss vor dem Spritzgießen, Extrudieren oder Blasformen vorgetrocknet werden. Über den Gleichgewichts-Feuchtigkeitsgehalt in Abhängigkeit von der jeweiligen Luftfeuchtigkeit informiert Bild 2-232. Die Restfeuchtigkeit sollte etwa 0,1 %, in kritischen Fällen jedoch weniger betragen. Fügen Schweißen mit Zusatzdraht und mit Hilfe des Heizelementes ist möglich, ebenso Reib-, Ultraschall- und HF-Schweißen. Für das Kleben gelten die Hinweise für Polystyrol, s. „Fügen“ Seite 423.
■ Oberflächenveredelung Formteile aus ABS können ohne Vorbehandlung lackiert, bemalt, bedruckt und im Hochvakuum metallisiert werden. Sondertypen sind galvanisch metallisierbar. Grundsätzlich sind die meisten ABS-Typen galvanisierbar. Voraussetzung für ein gutes Ergebnis sind spannungs- und orientierungsarme Formteile, d. h. ein galvanogerechtes Spritzgießen. Anwendungsbeispiele Spritzgegossen werden Transportbehälter, Textilspulen, Formteile für Büro- und Haushaltmaschinen, Gehäuse von Fernseh-, Rundfunk- und Phonogeräten, Tür- und Koffergriffe, Haartrockenhauben, Sicherheitshelme, Ausstattungsteile für Automobile und Flugzeuge sowie Spielzeug. Aus extrudierten Folien und Tafeln werden Transportbehälter, Kofferschalen, Verkleidungen, Abdeckungen, Portionsteller u. a. hergestellt. Kalandriertes Folienmaterial wird warm und kalt umgeformt. Galvanisierte Formteile dienen als Möbel- und Baubeschläge, Bedienungsknöpfe für Rundfunk- und Fernsehgeräte, als Armaturen, Brillengestelle, Spielzeug und Schreibmaschinentasten, Telefonkarten. Aus schäumfähigen ABS-Formmassen werden Wandplatten, Bilderrahmen, Schirmgriffe, Schuhleisten, Handgriffe, Eiskübel, Schubladen, Tischplatten und Sitzmöbelgestelle spritzgegossen.
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Handelsnamen Cycolac (GE Plastics Europe B.V./NL) Forsan (Kaucuk/CS) Lustran (Lanxess/DE) Magnum (Dow Europe/CH) Novodur (Lanxess/DE) Polylac (ChiMei/Taiwan) Sinkral (Polimeri/IT) Terluran® (BASF Aktiengesellschaft/DE) 2.1.3.2.2.1.2 Pfropfcopolymere aus MMA, SB und ABS (MABS)
ABS-Kunststoffe können wegen ihres Butadiengehaltes nicht transparent hergestellt werden. Bemühungen um eine Lösung dieser Aufgabe, bei der die vorzüglichen mechanischen Eigenschaften der ABS-Kunststoffe mit der Transparenz
Bild 2-233. Wirkung der verschiedenen Komponenten in einem transparenten MABS-Pfropfpolymer
Styrolpolymere (PS)
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
Styrolpolymere (PS)
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
verbunden sein sollten, führen zur partiellen Substitution von Acrylnitril und Styrol durch Methylmethacrylat (M). Das Ergebnis sind Zweiphasensysteme aus vier Komponenten, MABS. Die Wirkungsweise der verschiedenen Komponenten zeigt Bild 2-233. Auf ähnliche Weise werden auch SB-Polymere transparent eingestellt und als MBS bezeichnet. Der unterschiedliche Brechungsindex zwischen der kohärenten und der dispergierten Phase ist die Ursache der Opazität. In den bisher bekannt gewordenen Formmassen dieser Art sind wichtige Bausteine wie Styrol, Acryl-, bzw. Methacrylsäuremethylester, Acrylnitril und Butadien enthalten. Acrylnitril fehlt zuweilen ganz. Sofern zur Elastifizierung ein Butadienkautschuk verwendet wird, kann an die Lichtbeständigkeit der Mehrphasensysteme nicht der für Acrylate gültige Maßstab angelegt werden.
■ Allgemeine Stoffbeschreibung MABS-Polymere vereinigen:
• • • • •
glasklare Transparenz mit hoher Schlagzähigkeit, hoher Festigkeit und Steifigkeit, hoher Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien und leichter Verarbeitbarkeit.
■ Sortiment und Lieferform Das Terlux® Sortiment der BASF umfasst einen Typ mit hoher Transparenz und Zähigkeit für hochwertige Fertigteile und einen leichtfließenden Spritzgusstyp zur Herstellung dünnwandiger Formteile mit ungünstigem Fließweg/Wanddickenverhältnis. Diese Typen sind als glasklares, naturfarbenes Granulat sowie in vielen transparenten und gedeckten Einfärbungen lieferbar. Die gedeckt dunkel eingefärbten Typen zeichnen sich durch hohe Brillanz aus, wie sie mit ABS nicht erreicht werden kann (Klavierlackeffekt).
■ Physikalische Eigenschaften Die wichtigsten physikalischen Eigenschaften enthält Tabelle 2-62.
■ Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit Bild 2-234 kennzeichnet MABS als zähen Werkstoff mittlerer Festigkeit. Die hohe Schlagzähigkeit gewährleistet auch bei multiaxialer Beanspruchung eine hohe Durchstoßarbeit, wie Bild 2-235 als Funktion der Verarbeitungstemperatur zeigt. Mit einer Schlagzähigkeit von 100-160 kJ/m2 überragt MABS die ebenfalls transparenten Thermoplaste PS mit 14 kJ/m2, SAN mit 18 kJ/m2 und PMMA mit nur 11 kJ/m2 bei weitem. Tabelle 2-62 weist selbst bei tiefen Temperaturen noch eine hohe Kerbschlagzähigkeit aus. Der aus dem Zugversuch ermittelte Zug-E-Modul liegt in Abhängigkeit von der Prüftemperatur gemäß Bild 2-236 über einen breiten Bereich auf einem hohen Niveau. Diese Feststellung gilt ebenso für den Schubmodul G, Bild 2-237.
Bild 2-234. Spannungsdehnungs-Diagramm von Terlux® 2802TR nach DIN 53 455 (Zugversuch) bei 23 °C
Bild 2-235. Durchstoßarbeit (Gesamtarbeit) von Terlux® 2802 TR nach DIN 53 443 (Durchstoßversuch an 2 mm Rundscheiben in Abhängigkeit von der Verarbeitungstemperatur)
Bild 2-236. E-Modul (aus ZugVersuch nach DIN 53547) von Terlux® 2802 TR in Abhängigkeit von der Prüftemperatur
Styrolpolymere (PS)
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2.1.3 Styrolpolymere (PS)
°C °C °C °C °C 10-5/K W(m · K) – – W · cm W kV/mm – –
Thermische Eigenschaften Biegetemp. unter Last 1.8 Mpa (HDT A) Biegetemp. unter Last 0.45 Mpa (HDT B) Vicat-Erweichungstemperatur VST/A/50 Vicat-Erweichungstemperatur VST/B/50 Max. Gebrauchstemperatur, bis zu einigen Stunden Therm. Längenausdehnungskoeff., längs (23–80) °C Wärmeleitfähigkeit
Elektrische Eigenschaften Dielektrizitätszahl bei 100 Hz/1 MHz Dielektr. Verlustfaktor bei 100 Hz/1 MHz Spez. Durchgangswiderstand Oberflächenwiderstand Elektr. Durchschlagfestigkeit K20/P50 Vergleichszahl der Kriechwegbildung CTI, Prüflösung A Vergleichszahl der Kriechwegbildung CTI M, Prüflösung B
b
Prüfvorschrift nach ASTM. Prüfvorschrift nach DIN/ISO.
MPa MPa % MPa MPa MPa kJ/m2 kJ/m2 kJ/m2 kJ/m2 J/m MPa
Mechanische Eigenschaften Zug-E-Modul Streckspannung (v = 50 mm/min) Streckdehnung/Bruchdehnung (v = 50 mm/min) Zug-Kriechmodul, 100 h, Dehnung ≤0.5%, +23°C Biegespannung bei Höchstkraft Schubmodul Charpy-Schlagzähigkeit + 23 °C Charpy-Schlagzähigkeit – 30 °C Charpy-Kerbschlagzähigkeit + 23 °C Charpy-Kerbschlagzähigkeit – 30 °C Izod-Kerbschlagzähigkeit, Methode Aa + 23 °C Kugeldruckhärte H 358/30
a
Einheit
Richtwerte
Tabelle 2-62. Richtwerte für ungefärbte Terlux®-Typen bei 23 °C
0303-4 0303-4 0303-30 0303-30 0303-21 0303-1 0303-1
75 b 75 b 306 b 306 b – 53752 52612
53547 53455 53455 53444 53452 53445 – – – – – 2039-1a
250 250 93 93 243/1 112/A 112/A
75 75 306 306 – – –
527 527 527 899 178 537 179/1eU 179/1eU 179/1eA 179/1eA D 256 ≥ 10 · ≥ 10 · 4
Prüfvorschrift DIN/VDE ISO/IEC
80 · 80 · 1 80 · 80 · 1 80 · 80 · 1 80 · 80 · 1 d = (0.6–0.8) ≥ 15 · ≥ 15 · 4 ≥ 15 · ≥ 15 · 4
110 · 10 · 4 110 · 10 · 4 ≥ 10 · ≥ 10 · ≥ 10 · ≥ 10 · 4 Formteile ≥ 10 · ≥ 10 · 4 260 · 260 · 10
nach ISO 3167 nach ISO 3167 nach ISO 3167 nach ISO 3167 80 · 10 · 4 60 · 10 · 1 80 · 10 · 4 80 · 10 · 4 80 · 10 · 4 80 · 10 · 4 63.5 · 12.7 · 3.2 70
Probekörper (min)
Styrolpolymere (PS)
2.9/2.8 0.016/0.014 1015 1013 85 CTI 600 CTI 600 M
90 94 105 91 75 8–11 0.17
2000 48 4/12 1250 70 800 150 80 5 2 100 75
2802TR
3/2.8 0.016/0.013 1016 1014 77 CTI 600 CTI 600 M
87 75 8–11 0.17
87 93
60 800 90 55 6 2 60
1900 42 4/20
2812TR
482 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-237. Schubmodul (G) und mechanischer Verlustfaktor (d) (Torsionsschwingungsversuch DIN 53 445) von Terlux® 2802 TR in Abhängigkeit von der Prüftemperatur
Die Transparenz von MABS nimmt im Bereich des sichtbaren Lichtes (400 bis 700 nm) von 80 auf 90 % zu; Berührung mit heißem Wasser führt jedoch zu einer irreversiblen Eintrübung. Gebrauchstemperatur ohne mechanische Beanspruchung in Luft: dauernd kurzzeitig Zersetzungstemperatur
60 bis 70 °C 70 bis 80 °C 240 °C
■ Gesundheitliche Beurteilung Für medizinische Anwendungen stehen die Produkte 2802HD und 2812HD zur Verfügung.
Bild 2-238. Fließfähigkeit in Abhängigkeit von der Massetemperatur und dem Spritzdruck im Werkzeug, Testspirale 2 mm · 10 mm, Werkzeugoberflächentemperatur 60 °C
Styrolpolymere (PS)
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2.1.3 Styrolpolymere (PS)
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
■ Verarbeitung Um bei der Spritzgussverarbeitung ein durch Feuchtigkeit bedingtes Eintrüben zu vermeiden, ist Vortrocknen ratsam (2 Std. bei 70 °C). Trübung tritt auch ein, wenn andere – auch transparente – Thermoplaste zugemischt werden. Die Massetemperatur beträgt 230 °C bis 260 °C, die Verarbeitungsschwindung 0,4 bis 0,8 %. Die Abhängigkeit der Fließweglänge in Abhängigkeit von Massetemperatur und Spritzdruck zeigt Bild 2-238. Styrolpolymere (PS)
Anwendungsbeispiele Die Medizintechnik schätzt MABS für Dialysegerätegehäuse, Teile für Infusionsgeräte wie Tropfkammern, Schlauchverbinder und Konnektoren, Mundrohr für Inhalationsflaschen und Behälter für Wundgarn. Gehäuse für Armbanduhren und transparente Teile für Spielzeuge sind weitere Beispiele. In der Kosmetik sind es: Etuis, Zahnbürsten, Kosmetikkoffereinsätze, Lippenstiftgehäuse; im Haushalt: Gemüseschalen für Kühlschränke und Sanitärpapierspender. Im Büro sind: Zeichen- und Schreibgeräte begehrt, Abdeckungen und Führungen für Büromaschinen und Tonerbehälter für Kopiergeräte zu finden. Handelsname Terlux® (BASF AG/DE)
2.1.3.2.3.1 Polymerblends aus (ABS + PC) ■ Allgemeine Stoffbeschreibung Diese Stoffklasse hat in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen, weil sie in ihren Eigenschaften zwischen ABS und PC liegt. Durch Variieren des Typs der jeweiligen Komponenten, d. h. in ihrer Zusammensetzung sowie im Mengenverhältnis im Blend, ist es möglich, die Produkte gezielt den Anforderungen des Marktes anzupassen.
■ Struktur und allgemeine Eigenschaften (ABS + PC)-Polymerblends sind amorphe Thermoplaste. Sie zeigen die für diese Werkstoffgruppe typischen Eigenschaften auf:
• • • •
hohe Maßgenauigkeit, geringe Verzugsneigung, geringe Gesamtschwindung, geringe Feuchtigkeitsaufnahme.
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2.1.3 Styrolpolymere (PS)
Dazu kommen im Besonderen: hohe Formbeständigkeit in der Wärme (nach Vicat B 112 °C bis 134 °C, mit dem PC-Anteil zunehmend) – hohe Steifigkeit und Härte (vergleichbar mit PC), hohe Kerbschlagzähigkeit bis – 50 °C, gute elektrische Eigenschaften im Schwachstrom- und Niederspannungsbereich, verringertes Brandverhalten.
Wegen des ABS-Anteils sind nur gedeckte Einfärbungen möglich. Die Oberfläche der aus diesen Blends hergestellten Formstoffe ist hochglänzend.
■ Zusatzstoffe Im Sortiment dieser Blends befinden sich flammwidrig ausgerüstete und glasfaserverstärkte Typen. Durch den Zusatz von Glaskugeln und mineralischen Füllstoffen bieten sich zahlreiche Möglichkeiten zur Modifikation. ■ Sortiment Das Sortiment enthält Typen, die außer den genannten Ausrüstungen auch die Möglichkeit des chemogalvanischen Metallisierens bieten. ■ Lieferform Die Blends werden als Granulat geliefert. ■ Physikalische Eigenschaften Richtwerte der physikalischen Eigenschaften enthält Tabelle 2-63. ■ Mechanische Eigenschaften Kurz- und Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand. Über diese Eigenschaften geben die Bilder 2-239 bis 2-241 Auskunft. Umwandlungstemperaturen Wie der Verlauf der Schubmodulkurven, Bild 2-242, zeigt, ist die Steifigkeit der Blends über einen weiten Bereich nahezu unabhängig von der Temperatur.
Bild 2-239. Spannungsdehnungs-Diagramm einiger (ABS + PC)-Blends a Bayblend T 85 MN b Bayblend T 65 MN c Bayblend T 45 MN (Quelle: Bayer AG)
Styrolpolymere (PS)
• • • •
schwache Säuren starke Säuren schwache Laugen starke Laugen
– – – –
V/25 mm – – –
elektrisch Durchschlagfestigkeit Dielektrizitätszahl (103 Hz) dielektrischer Verlustfaktor (103 Hz) Brennbarkeit
Sonneneinwirkung
°C °C °C
g/cm3 N/mm2 % N/mm2 N/mm2 ft.lb inch of notch –
Einheit
thermische Formbeständigkeit in der Wärme 1,85 N/mm2 0,46 N/mm2 Dauergebrauchstemperatur
Härte
Kerbschlagzähigkeit
mechanische Rohdichte Zugfestigkeit Reißdehnung Zug-E-Modul Biege-E-Modul
Eigenschaften
600 – – selbsterlösch. vergilbt versprödet beständig beständig beständig beständig
68 – 77 77 – 82 –
R102 – 113
3 – 15
1,35 38 – 49 5 – 20 2100 – 2700 2100 – 2500
hart
(ABS + PVC)
Tabelle 2-63. Vergleich kennzeichnender Eigenschaften einiger ABS-Polymerblends
– – – brennbar vergilbt versprödet beständig beständig beständig beständig
– – –
75 – 95
–
1,35 18 – 23 250 – –
flexibel
350 – 500 2,4 – 4,5 0,003 – 0,006 brennbar vergilbt versprödet beständig – bei oxid. s. beständig leicht unbest.
104 – 127 112 – 130 105 – 120
R106 – 120
8 – 13
1,1 – 1,2 53 – 58 10 – 150 2100 – 2700 2100 – 3000
(ABS + PC)
Styrolpolymere (PS)
beständig – oxid s. beständig beständig
beständig
350 – 500 3,0 – 3,8 0,2 – 0,4 brennbar
102 – 108 108 – 110 71 – 93
R102 – 108
6–8
1,07 42 – 56 20 – 60 2300 – 2900 2300 – 2600
ASA
486 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Einheit
–
– °C °C % – – %-Masseanteil
Eigenschaften
Lösemittel, unbeständig in
Verarbeitbarkeit Pressform-Temperatur Spritzgießtemperatur Schwindung (gesamt) Klarheit Brechungsindex n 23 D Wasseraufnahme 24 h
Tabelle 2-63 (Fortsetzung)
gut 150 – 177 190 0,4 – 0,6 opak – 0,2
Ketonen, Aromaten
hart
(ABS + PVC)
gut 150 – 177 190 0,4 – 0,6 – – –
Estern, Chlor-KW
flexibel
Styrolpolymere (PS)
Ketonen, Estern, Aromaten und Chlor-KW gut – 255 – 280 0,5 – 0,7 – – 0,20 – 0,35
(ABS + PC)
Ketonen, Estern, Aromaten und Chlor-KW gut 200 – 260 230 – 260 0,4 – 0,8 opak – 0,5
ASA
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
487
488
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere (PS)
Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit Die (ABS + PC)-Blends zeigen über einen weiten Temperaturbereich eine hohe Schlag- und Kerbschlagzähigkeit, Bild 2-243, eine Voraussetzung für ihre Verwendung bei mechanisch hochbeanspruchten Formteilen. Thermische und elektrische Eigenschaften Siehe Bild 2-242 sowie Tabelle 2-63, Wärmeleitfähigkeit: 0,2 W/mK. Vergleichszahl der Kriechwegbildung CTI: 250 bis 500 (je nach Typ),spezifischer Durchgangswiderstand: > 1016 W, spezifischer Durchgangswiderstand: 1016 Wcm.
Bild 2-240. Zug-Kriechmodul zweier (ABS + PC)-Blends
Bild 2-241. Isochrone Spannungsdehnungslinien von Bayblend T 85 MN (Prüftemperatur 23 °C)
489
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
Styrolpolymere (PS)
■ Chemikalienbeständigkeit (s. a. Kapitel 1.3.4) Siehe Tabelle 2-63. (ABS + PC)-Blend ist wegen seines Gehaltes an PC nur bedingt hydrolysebeständig. Eine längere Berührung mit Wasser und wäßrigen Medien bei Temperaturen > 50 °C ist zu vermeiden.
Bild 2-242. Schubmodul G und mechanischer Verlustfaktor d einiger (ABS + PC)-Blends a Bayblend T 85 MN b Bayblend T 45 MN (Quelle: Bayer AG)
Bild 2-243. Kerbschlagzähigkeit einiger (ABS + PC)-Blends in Abhängigkeit von der Temperatur a Bayblend 85 MN b Bayblend 65 MN c Bayblend 45 MN (Quelle: Bayer AG)
490
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere (PS)
■ Witterungsbeständigkeit (ABS + PC)-Blends weisen bei Bewitterung einen Abfall der Zähigkeit auf. Die Ergebnisse von künstlicher und Freibewitterung zeigt Bild 2-244. Die Lichtechtheit ist mit derjenigen von ABS vergleichbar. Höhere Ansprüche an das Witterungsverhalten sind mit Hilfe spezieller Stabilisierungssysteme oder zusätzlicher Lackierung bzw. Metallisierung erfüllbar. Angesichts der vorzüglichen Witterungsbeständigkeit des mit Hilfe von Acrylesterelastomeren modifizierten SAN liegt es nahe, auch dieses Pfropfpolymere zur Modifizierung von PC zu verwenden (siehe Abschnitt AXS).
■ Verarbeitung: Verarbeitungsbedingungen (s. a. Kapitel 1.4.3 und 1.4.7) Spritzgießen, Extrudieren sowie das Warmformen von tafelförmigem Halbzeug sind die üblichen Verarbeitungsmethoden. Die Formmasse muss vor dem Plastifizieren bis zu einer Restfeuchtigkeit < 0,1 % vorgetrocknet werden. Die Trocknungstemperaturen betragen je nach Typ 100 bis 120 °C, die Zeitdauer 3 bis 4 Stunden im Umluft- und 2 bis 3 Stunden im Schnelltrockner. Die Massetemperaturen betragen beim Spritzgießen 230 °C bis 250 °C (je nach Typ), die Werkzeugtemperaturen 80 °C bis 100 °C. Extrudiert wird mit Massetemperaturen von 220 bis 250 °C. Die Temperaturführung muss in jedem Falle so gewählt werden, dass die Maximaltemperatur 280 °C nicht überschritten wird. Tafelförmiges Halbzeug wird bei Temperaturen von 180 bis 210 °C warmgeformt. Um eine hohe Oberflächengüte zu erreichen, müssen die Tafelzuschnitte mindestens 2 Std. bei 100 °C vorgetrocknet werden. Die Temperatur der Werkzeuge beträgt 80 bis 100 °C.
Bild 2-244. Schlagzugzähigkeit von (ABS + PC)-Blends nach Bewitterung a Bayblend T 85 MN b Bayblend T 45 MN (Quelle: Bayer AG)
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
491
Anwendungsbeispiele Kraftfahrzeugindustrie, Elektroindustrie, Hausinstallationen, Lichttechnik, Haushaltgeräte, Sport- und Freizeitgeräte sind die bevorzugten Anwendungsbereiche. Hier einige Beispiele: Armaturentafeln, Außenspiegel, Belüftungssysteme, Dachhimmel, Embleme, Profilleisten, Flankenschutz, Grills, Handschuhkastenklappen, Hutablagen, Innenspiegel, Instrumentenrahmen, Lautsprecherabdeckungen, Mittelkonsolen, Naben- und Radkappen, Säulenverkleidungen, Spoiler, Verbandskästen, Schreibmaschinenabdeckungen, Stromverteilungskästen, Sicherungsschaltergehäuse, Stecker, Wandsteckdosen, Unterputzdosen, Schalter, Schaltuhrengehäuse, Büroleuchten, Industrieleuchten, Staubsauger, Thermokannen, Thermostatventile, Bügeleisengriffe, Raumbefeuchter. Handelsnamen Bayblend (Bayer AG/DE) Cycoloy (General Electric Platics/US) Lastilac (Lati Industria Thermoplastici Deutschland GmbH/DE) Pulse (Dow Europe/CH) Ryulex (Dainippon Ink & Chemicals Inc./JP)
2.1.3.2.3.2 Acrylnitril/Styrol/Acrylester-Pfropfcopolymere (ASA) ■ Herstellung Die ASA-Pfropfcopolymere werden durch Copolymerisieren von Styrol und Acrylnitril unter Beifügung einer gepfropften Elastomerkomponente auf Acrylesterbasis hergestellt. Die Elastomerkomponente ist in Form sehr kleiner Partikel gleichmäßig im SAN-Gerüst verteilt und durch aufgepfropfte SANKetten damit verbunden.
Styrolpolymere (PS)
■ Bearbeitung Formteile und Halbzeug aus (ABS + PC)-Blends sind handwerklich und maschinell gut bearbeitbar. Das Fügen kann duch Ultraschall-, Vibrations- Reibund Heizelementschweißen oder durch Kleben mit 1- oder 2-KomponentenKlebstoffen geschehen. Für das Bedrucken und Lackieren werden geeignete Produkte angeboten. Das Galvanisieren ist nach den für ABS bekannten Verfahren möglich. Dabei liefern naturgemäß die Typen mit hohem ABS-Anteil die besten Ergebnisse.
492
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Styrolpolymere (PS)
Die ASA-Pfropfpolymere werden wegen ihrer butadienfreien Elastomerkomponente vor allem zur Herstellung von Funktions- und Fertigteilen für Außenanwendungen verwendet. Ihre hervorragenden Eigenschaften sind:
• • • • • • •
hohe Zähigkeit und Steifheit, hohe Thermostabilität, hoher Glanz, günstiges antielektrostatisches Verhalten, hohe Beständigkeit gegen Witterungseinflüsse, Alterung und Vergilben, hohe Chemikalienresistenz, problemlos verarbeitbar in einem breiten Temperaturbereich.
Bild 2-245. Spannungsdehnungs-Diagramme verschiedener ASA-Typen (Prüftemperatur 23 °C) a Luran® S 757 R b Luran® S 776 S (Quelle: BASF Aktiengesellschaft)
Bild 2-246. SpannngsdehnungsDiagramme von Luran® S 776 S für verschiedene Temperaturen (die Versuche wurden bei 10 % Dehnung abgebrochen)
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
493
■ Zusatzstoffe Die Funktions-Zusatzstoffe entsprechen grundsätzlich den bei SB und ABS gebräuchlichen.
■ Lieferform Naturfarbenes (gelblich-weißes) und farbiges Granulat. Unter ungünstigen Bedingungen aufgenommene Feuchtigkeit muss durch Vortrocknen entfernt werden. ■ Physikalische Eigenschaften (siehe Tabellen 2-64 und 2-65 [16]) ■ Mechanische Eigenschaften: Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit Entsprechend dem unterschiedlichen Anteil an Acrylesterelastomeren zeigen sich bei der Streckspannung deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Typen, Bild 2-245. Der Verlauf der Kraft/Verformungs-Diagramme hängt naturgemäß auch von der Dehngeschwindigkeit und der Prüftemperatur, Bild 2-246 ab. Umwandlungstemperaturen Einen weiteren Einblick in das mechanische Verhalten der ASA-Pfropfpolymere gewährt der Verlauf des Schubmoduls G und des mechanischen Verlustfaktors d in Abhängigkeit von der Temperatur, Bild 2-247. Das der Elastomerkomponente zuzuschreibende Dämpfungsmaximum tritt bei – 40 °C auf. Der Schubmodul fällt im Bereich des ersten Dämpfungsmaximums geringfügig ab und bleibt bis zum zweiten Dämpfungsmaximum, der Glasübergangstemperatur der Hartkomponente (SAN), nahezu konstant. Der Verlauf dieser Kurven zeigt, dass ASA über einen weiten Temperaturbereich eine hohe Steifheit und eine hohe Zähigkeit aufweist.
■ Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand Das mechanische Verhalten bei statischer Beanspruchung geht aus den isochronen Spannungsdehnungs-Linien hervor, Bild 2-248. Die statische Belastbarkeit ist betont temperaturabhängig, wie Bild 2-249 zeigt. ■ Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigeit Die ASA Pfropfcopolymere sind Werkstoffe, die Steifheit, Härte und Maßhaltigkeit mit hoher Zähigkeit verbinden. Diese vorteilhaften Eigenschaften bleiben bei statischer und bei dynamischer Beanspruchung erhalten. Bei den nach DIN, ISO oder ASTM an genormten Probestäben durchgeführten Prüfungen der Schlag- und Kerbschlagzähigkeit werden die Messungen bei einer Schlaggeschwindigkeit von etwa 3 m/s durchgeführt. Ein praxisnahes Zähigkeitsmaß stellt die im Fallbolzentest (DIN 53 443 Bl. 1) an Rundscheiben (60 mm Dmr,
Styrolpolymere (PS)
■ Sortiment Das heutige Luran® S-Sortiment enthält fünf Typen für das Spritzgießen und drei für das Extrudieren.
Einheit
MPa MPa % MPa MPa MPa kJ/m2 kJ/m2 kJ/m2 kJ/m2 kJ/m2 kJ/m2 kJ/m2 kJ/m2 mJ/m2 J/m MPa °C °C °C °C °C 10–5/K W/(m · K)
Richtwerte
Mechanische Eigenschaften Zug-E-Modul Streckspannung (V = 50 mm/min) Streckdehnung/Bruchdehnung Zug-Kriechmodul, 100 h, Dehnung ≤ 0,5%, + 23 °C Biegespannung bei Höchstkraft Schubmodul Charpy-Schlagzähigkeit a + 23 °C Charpy-Schlagzähigkeit + 30 °C Izod-Schlagzähigkeit 1C a + 23 °C Izod-Schlagzähigkeit 1C – 30 °C + 23 °C Charpy-Kebschlagzähigkeit a Charpy-Kerbschlagzähigkeit – 30 °C + 23 °C Izod-Kerbschlagzähigkeit 1Aa Izod-Kerbschlagzähigkeit 1A – 30 °C Charpy-Kerbschlagzähigkeit a + 23 °C Izod-Kerbschlagzähigkeit, Methode Aa + 23 °C Kugeldruckhärte H 358/30
Thermische Eigenschaften Biegetemp. unter Last 1,8 Mpa (HDT A) Biegetemp. unter Last 0,45 Mpa (HDT B) Vicat-Erweichungstemperatur VST/A/50 Vicat-Erweichungstemperatur VST/B/50 Max. Gebrauchstemperatur, bis zu einigen Stunden b Therm. Längenausdehnungskoeff., längs (23–80) °C Wärmeleitfähigkeit 75 75 306 306 – 53752 52612
53457 53455 53455 53444 53452 53445 – – 53453 – – – – – 53453 – 2039-1 75 75 306 306 – – –
527 527 527 899 178 537 179/1eU 179/1eU – 180/1C 179/1eA 179/1eA 180/1A 180/1A – D 256 a 2039-1
Prüfvorschrift DIN/VDE ISO/IEC
Tabelle 2-64. Physikalische Eigenschaften ausgewählter ungefärbter Luran®-S-Typen
97 101 105 98 85 8–11 0,17
2600 56 3,1/15 1400 80 900 180 60 NB 30 11 3 10 3 6 110 100
757 R/RE
96 101 104 92 80 8–11 0,17
2200 47 3,3/20 1200 65 800 270 125 NB 80 25 3 30 4 12 450 70
776 S/SE
103 106 113 104 90 8–11 0,17
2400 53 3,2/20 1250 80 900 280 125 NB 65 22 4 20 4 14 320 85
77 BT
Styrolpolymere (PS)
95 100 104 92 80 8–11 0,17
2000 40 4,3/25 1100 60 730 NB 185 NB 120 45 9 45 10 20 600 65
797 S/SE
104 108 114 106 95 8–11 0,17
2500 54 3,2/15 1350 80 1000 230 110 NB 60 14 5 15 4 8 180 100
3.0
114
5 5
22 17 22
140
/2,5
6600
KR KR 2853/1 2858 G3
494 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
b
a
Prüfvorschrift ASTM. Erfahrungswerte.
W · cm W kV/mm –
– –
Elektrische Eigenschaften Dielektrizitätszahl bei 100 Hz/1 MH Dielektr. Verlustfaktor bei 100 Hz/1 MHz
Spez. Durchgangswiderstand Oberflächenwiderstand Elektr. Durchschlagfestigkeit K20/P50 Vergleichszahl der Kriechwegbildung CTI, Prüflösung A
Einheit
Richtwerte
Tabelle 2-64 (Fortsetzung)
0303-30 0303-30 0303-21 0303-1
0303-4 0303-4 93 93 243/1 112/A
250 250
Prüfvorschrift DIN/VDE ISO/IEC 3,7/3,4 0,009/ 0,025 1014 1013 90 CTI 600
757 R/RE 3,9/3,5 0,009/ 0,033 1014 1013 105 CTI 600
77 BT
Styrolpolymere (PS)
3,8/3,4 0,009/ 0,034 1014 1013 95 CTI 600
776 S/SE 3,8/3.3 0,009/ 0,026 1014 1013 100 CTI 600
797 S/SE 3,9/3,6 0,009/ 0,033 1014 1013 105 CTI 600
KR KR 2853/1 2858 G3
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
495
496
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Tabelle 2-65. Produktmerkmale, Verarbeitungskennwerte und Brennverhalten ausgewählter Luran®-S-Typen
Styrolpolymere (PS)
Richtwerte für ungefärbte Produkte bei 23 °C
Produktmerkmale Kurzzeichen Dichte Einfärbung: natur (n), gefärbt (c), schwarz (bk), Sonderfarben (sp) Wasseraufnahme, Sättigung in Wasser bei 23 °C Wasseraufnahme, 24 h bei 23 °C Feuchtigkeitsaufnahme, Sättigung bei Normalklima 23 °C/50% r.F. Verarbeitung Verarbeitungsverfahren: Spritzgießen (M), Extrusion (E), Blasformen (F) Schmelze-Volumenrate MVR 200/21,6 Schmelze-Volumenrate MVR 220/10 Vortrocknung: Temperatur/Zeit Massetemperaturbereich, Spritzgießen Werkzeugtemperaturbereich Verarbeitungsschwindung, frei Massetemperaturbereich, Rohr-Extrusion Massetemperaturbereich, Platten-Extrusion Massetemperaturbereich, Blasformen Werkzeugtemperatur, Blasformen Werkstoffkennwerte zum Brennverhalten Prüfung nach UL-Standard bei d = 1,6 mm Dicke Prüfung von Elektro-Isolierstoffen Verfahren BH Verfahren FH Anwendungen
Einheit
Prüfvorschrift DIN/ ISO/ VDE IEC
757 R/RE
– g/cm3 –
7728 53479 –
ASA 1,07 n, c, bk, sp
%
53495/1L –
1,65
% %
53495/1 –
– –
0,45 0,35
–
–
–
M/E
ml/10 min ml/10 min °C/h °C °C % °C °C °C °C
11335 11335 – – – – – – – –
1133 1133 – – – – – – – –
8 14 80/2-4 240–280 40–80 0,4–0,7 200–240 230–270
Klasse
–
UL94
94HB
Stufe Stufe
– –
707 707
BH3–20 mm/min FH3–30 mm/min
1043 1183 –
Gutfließender Standard-Spritzguss- und Extrusionstyp mit hoher Steifigkeit, Härte und Wärmeformbeständigkeit, z. B. für Gartenmöbel und Haushaltsgeräte
776 S/SE
778 T
797 S/SE
KR 2853/1
KR 2858 3
ASA 1,07 n, c, bk, sp
ASA 1,07 n, c, bk, sp
ASA 1,07 n, c, bk, sp
ASA 1,07 n, c, bk
ASA-GF15
1,65
1,65
1,65
1,65
0,45 0,35
0,45 0,35
0,45 0,35
0,45 0,35
0,45 0,35
M/E, B
M
M/E, B
E
M
4 8 80/2-4 240–280 40–80 0,4–0,7 200–240 230–270 210–230 < 60
4 6 80/2-4 240–280 40–80 0,4–0,7
4 7 80/2-4 240–280 40–80 0,4–0,7 200–270 230–270 210–230 < 60
5 7 80/2-4 240–280 40–80 0.4–0.7 230–270 230–270
4 80/2-4 240–280 80–95 0,4
94HB
94HB
94HB
94HB
94HB
BH3–20 mm/min FH3–30 mm/min
BH3–20 mm/min FH3–30 mm/min
BH3–32 mm/min FH3–30 mm/min
BH3–30 mm/min FH3–30 mm/min
Standard-Spritzguss- und Extrusionstyp mit guter Zähigkeit und Steifigkeit, z.B. für Gartengeräteteile, Teile von Bürostühlen, Schilder und Antennenteile sowie zur Herstellung von Platten, z.B. für Türpaneele und Surfbrettschalen
Spritzgusstyp mit erhöhter Wärmeformbeständigkeit und Zähigkeit. Geringe Neigung zum Vergrauen, Besonders geeignet für Kfz-Außenteile z.B. Kühlergrills, Heckblenden und Spiegelgehäuse
Typ mit besonders hoher Kerbschlagzähigkeit für Spritzgussund Extrusionsverarbeitung, z.B. für Skibindungsteile, Leuchtenabdeckungen und Rasenmähergehäuse sowie zur Herstellung von Platten, z.B. für Türpaneele und Surfbrettschalen
Typ mit hoher Wärmeformbeständigkeit, besonders für die Extrusionsverarbeitung
n, c, bk, sp
Glasfaserverstärkter Typ mit hoher Steifigkeit und Wärmeformbeständigkeit
Styrolpolymere (PS)
497
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
498
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere (PS)
Bild 2-247. Schubmodul G und mechanischer Verlustfaktor d verschiedener ASATypen in Abhängigkeit von der Temperatur a Luran® S 368 R b Luran® S 757 R c Luran® S 776 R (Quelle: BASF Aktiengesellschaft)
2 mm dick) ermittelte Schädigungsarbeit in Abhängigkeit von der Temperatur dar. Wie Bild 2-250 zeigt, wird der Kurvenverlauf bei Temperaturen ab 0 °C flacher, d. h., dass im Bereich der üblichen Gebrauchstemperaturen keine größeren Änderungen mehr auftreten. Die Schlagzähigkeit der ASA-Pfropfpolymere sei im Zusammenhang mit der Witterungsbeständigkeit im Vergleich mit ABS nach Bewitterung im Weather-OMeter und im Xenotest-Gerät wiedergegeben, Bild 2-251. ABS versprödet und vergilbt bereits nach kurzer Bewitterungsdauer. Der Widerstand der ASAPfropfpolymere ist wesentlich höher. Bei der Prüfung differenziert ein Schlag auf die unbelichtete Seite wesentlich stärker als ein Schlag auf die versprödete belichtete Seite. Sie würde erst nach längerer Bewitterungsdauer einen Zähigkeitsabfall anzeigen. Bei eingefärbten Produkten vermindert sich die Zähigkeit in der Regel später als bei uneingefärbten. Besonders günstig verhalten sich schwarze Einfärbungen. Bei Schlagzähigkeitswerten von mehr als 60 kJ/m2 reißen die Probekörper meistens nur noch an. Die günstige Wirkung der UV-Ausrüstung auf die Schlagzähigkeit zeigt Bild 2-251B.
■ Verhalten bei schwingender Beanspruchung Zur Beschreibung dieses Verhaltens wird meistens die Biegewechselfestigkeit nach DIN 53 442 herangezogen. Die entsprechenden Wöhler-Kurven zeigt Bild 2-252.
499
Styrolpolymere (PS)
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
Bild 2-248. Isochrone Spannungsdehnungslinien von Luran® S 776 bei 23 °C (A) und 70 °C (B) (Quelle: BASF Aktiengesellschaft)
■ Thermische und elektrische Eigenschaften Siehe Tabelle 2-63 sowie Tabelle 5-28 im Anhang. Auf Fertigteilen aus ASAPfropfpolymeren bilden sich bei durchschnittlicher Luftfeuchtigkeit keine Staubfiguren. ■ Chemikalienbeständigkeit (s. a. Kapitel 1.3.4) Siehe Tabelle 2-63. ASA Thermoplaste sind bei Raumtemperatur beständig gegen den Angriff von gesättigten Kohlenwasserstoffen, aromatenarme Vergaserkraftstoffe und Mineralöle, pflanzliche und tierische Fette und Öle, Wasser, wässrige Salzlösungen sowie verdünnte Säuren und Laugen. Konzentrierte Mineralsäuren, aromatische Kohlenwasserstoffe und Chlorkohlenwasserstoffe, Ester, Ether und Ketone greifen an. Die Beständigkeit wird durch das Einwirken von Wärme und mechanische Beanspruchungen beeinträchtigt.
Styrolpolymere (PS)
500
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-249. Zeitstandfestigkeit von Luran® S 776 S und Luran® S 757 R bei verschiedenen Temperaturen (gemessen nach DIN 53 444)
Bild 2-250. Schädigungsarbeit in Abhängigkeit von der Prüftemperatur (nach DIN 53 443) gemessen an spritzgegossenen Rundscheiben (∆ 60 mm · 2 mm)
Luran® S hat ebenso wie Terluran® eine gute Spannungsrissbeständigkeit, wobei wegen des Acrylesterkautschuks die Luran®-S-Werte besser sind als die der polybutadienhaltigen ABS-Typen, Bild 2-253. Die Beständigkeit gegen die Bildung von Spannungsrissen ist höher als diejenige von ABS, wie Bild 2-254 zeigt.
■ Brennbarkeit Die thermische Zersetzung der Formmasse beginnt bei Temperaturen > 350 °C, deren Selbstentzündung bei Temperaturen > 450 °C. Die ASA-Formmassen und Formstoffe sind nach DIN EC 707/VDE 0304 in die Stufen FH3 und BH3 einzuordnen (siehe auch Tabelle 2-65).
501
Styrolpolymere (PS)
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
Bild 2-251. Schlagzähigkeit von ABS- und ASA-Pfropfpolymeren nach Bewitterung im Weather-O-Meter (A) und im Xenotest-Gerät Typ 1200 (B) a ABS d Luran® S 797 SE b ABS-UV e Luran® S 776 UV c Luran® S 776 S f Luran® S 797 SE UV (Quelle: BASF Aktiengesellschaft)
■ Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase Die an Schlauchfolien von 100 mm Dicke bei einer Temperatur von 20 °C gemessenen Durchlässigkeiten sind folgende: Wasserdampf 30 – 34 g/m2d (n. DIN 53 122, T.2, ISO 1195) 50 cm3/m2d bar H2 60 – 70 cm3/m2d bar N2
Styrolpolymere (PS)
502
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-252. Biegewechselfestigkeit von ASA Pfropfpolymeren (Lastwechselfrequenz 19 Hz) a Luran® S 776 S b Luran® S 757 R (Quelle: BASF Aktiengesellschaft)
Bild 2-253. Spannungsrissverhalten von Luran® S und ABS gegenüber Isopropanol gemessen nach dem Kugeleindruckverfahren nach DIN 53 449
Bild 2-254. Beständigkeit gegen Witterungseinflüsse: Schädigungsarbeit an 2 mm dicken Rundscheiben aus (ASA + PC)-Blend in Abhängigkeit von der Bewitterungsdauer im Limburgerhof a (ABS + PC) natur b (ASA + PC) natur c (ASA + PC) elfenbein d (ASA + PC) schwarz (Quelle: BASF Aktiengesellschaft)
503
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
O2 150 – 180 cm3/m2d bar CO2 6000 – 8000 cm3/m2d bar 100 – 110 cm3/m2d bar CH4
(n. DIN 53 380) ISO 2556
■ Verarbeitung: Verarbeitungsbedingungen (s. a. Kapitel 1.4.3 und 1.4.7)
Vortrocknen Spritzgießen Werkzeugtemperatur Schwindung Extrudieren Wasserbadtemperatur Warmformen Blasformen
3 bis 4 Stunden bei etwa 85 °C 230 bis 280 °C 40 bis 80 °C 0,4 bis 0,7 % 230 °C 70 bis 80 °C 140 bis 170 °C 220 bis 230 °C
Trennen und Fügen Geeignet sind das Heizelement- und das Rotationsschweißverfahren, weniger das US- und HF-Verfahren. Mit Hilfe von US können Verbindungen mit SAN, ABS und PVC sowie PMMA hergestellt werden. Zum Kleben eignen sich Lösemittel wie Methylethylketon (MEK), Dichlorethylen und Cyclohexan. Anwendungsbeispiele Die UV-beständig elastifizierten Pfropfcopolymere werden überall dort angewandt, wo es auf das mechanische Niveau eines SAN- bzw. SB-Materials ankommt, jedoch darüber hinaus erhöhte UV- und Thermostabilität verlangt werden. Beispiele sind: In der Elektrotechnik: Telefonapparate, Schalterprogramme; Schalterprogramme für die Elektroinstallation; Gehäuse für Nähmaschinen, Dampfbügeleisen, Sprechfunkgeräte, Ventilatorverkleidungen, Abdeckhauben für Straßenbeleuchtungen, Wandhalter für Außenleuchten, Teile von Dachantennen. In der Haustechnik: Hinweisschilder für Gas,Wasser,Abwasser; Briefkästen, Lattenroste von Überlaufrinnen in Hallenbädern; heißwasserbeständige Abflussrohre und Fittings; Toilettenspülkästen, Küchenspülen, Lüftungsgitter für Mauerwerk; Abdeckungen von Unterflurheizungen, Kellerlichtschächte, Walzenhalterungen und Seitenteile für Rolladenkästen. Für Sport und Freizeit: Stühle, Sitzschalen, Stuhlverkleidungen; Bootsschalen, Segelsurfer, Segelsurferschwertkästen, Spielgeräte, Spielzeugeisenbahnen. Im Garten: Gartenstühle und -tische, Schlauchhalterungen, Systeme für Gartenbewässerungen, Teile für Gartengeräte, Rasenmähergehäuse, Gehäuse für Rasenkantenschneider, Blumenkästen. Im Fahrzeugbau [17]: Kühlergitter, Lufteinlaßgitter, Heckblenden, Rückleuchtengehäuse, Lkw-Außenspiegel, Windabweiser, Fensterrahmen für Wohnwagen.
Styrolpolymere (PS)
Formstoffe aus ASA können ohne Vorbehandlung bedruckt und lackiert werden. Das Metallisieren ist nach den üblichen Bedampfungsverfahren im Hochvakuum möglich.
504
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Handelsnamen Centrex® (Monsanto Chem. Plast, Div./US) Luran® S (BASF AG/DE) Rhodapas® (Rhône Poulenc S.A./FR)
Styrolpolymere (PS)
2.1.3.2.3.3 Polymerblends aus ASA und Polycarbonat (ASA + PC) Eine im Vergleich mit ABS erhöhte Formbeständigkeit in der Wärme, hohe Zähigkeit und Festigkeit, vorzügliche Witterungs- und Alterungsbeständigkeit sowie eine hohe Farbstabilität kennzeichnen die ASA-Blends. Dieses technisch geschätzte Eigenschaftsbild gewährleistet die Substitution der ABS-Komponente durch das witterungsbeständige ASA. Der im ASA enthaltene Polyacrylatkautschuk weist zwar eine gegenüber ABS höhere Glasübergangstemperatur auf, er besitzt jedoch keine C=C-Doppelbindung in der Hauptkette. Die höhere Glasübergangstemperatur bewirkt eine etwas geringere Zähigkeit in der Kälte; die fehlenden Doppelbindungen erhöhen jedoch den Widerstand gegen den photooxidativen Abbau. Die Beständigkeit gegen Witterungseinflüsse ist an der Schädigungsarbeit an 2 mm dicken Rundscheiben aus einigen ASA- und ABSBlends zu erkennen, Bild 2-259.
■ Sortiment Zum Luran® SC-Sortiment der BASF gehören beispielsweise Standard- und leichtfließende Typen für die Spritzgussverarbeitung, Typen mit Brandschutzausrüstung und hoher Formbeständigkeit in der Wärme sowie leichtfließende Typen mit chlor- und bromfreier Brandschutzausrüstung.
■ Physikalische Eigenschaften Tabelle 2-66 [18] ermöglicht einen Vergleich der physikalischen Eigenschaften von (ASA + PC) Blends mit (ABS + PC) Blends sowie den ursprünglichen Terpolymeren.
Luran®SC KR 2861/1
Bild 2-255. E-Modul nach ISO 527 (Zugversuch) von Luran®SC KR 2861/1 in Abhängigkeit von der Prüftemperatur
* Auch als V-2 bis V-0 verfügbar.
g/cm3 MPa MPa % % MPa MPa % °C °C 10–5/K Klasse – · 10–4 Ohm · m Ohm kV/mm
Dichte Zug-E-Modul Streckspannung Streckdehnung Nominelle Bruchdehnung Spannung bei 50% Dehnung Bruchspannung Bruchdehnung Schmelztemperatur Formbeständigkeitstemperatur HDT/A 1,8 Mpa Längenausdehnungskoeffizient, längs (23–55 °C) Brennbarkeit UL 94 bei 1,6 0 mm Dicke Dielektrizitätszahl bei 100 Hz Dielektrischer Verlustfaktor bei 100 Hz Spezifischer Durchgangswiderstand Oberflächenwiderstand Elektrische Durchschlagfestigkeit Vergleichszahl der Kriechwegbildung CTI/A Aufnahme von Wasser bei 23 °C, Sättigung Feuchteaufnahme bei 23 °C/50% r.F., Sättigung % %
Einheit
Eigenschaft
1.03–1.07 2200–3000 45–65 2,5–3 15–20 – – – – 95–105 8,5–10 HB* 2,8–3,1 90–160 1012–1013 > 1013 30–40 550–600 0,8–1,6 0,3–0,5
ABS 1.03–1.07 1900–2500 30–45 2,5–3,5 20–30 – – – – 90–100 8–11 HB* 2,8–3,1 90–160 1012–1013 > 1013 30–40 550–600 0,8–1,6 0,3–0,5
ABS-HI 1.18–1.19 6000 – – – – 65–80 2 – 1100–110 3–5 HB* 2,9–3,6 50–90 1012–1013 > 1013 35–45 600 0,6 0,3
ABSGF 20
Styrolpolymere (PS)
1,08–1,17 2000–2600 40–60 3–3,5 > 50 – – – – 90–110 7–8,5 HB* 3 30–60 > 1014 1014 24 250–600 0,6–0,7 0,2
(ABS + PC)
Acrylnitril-Styrol-Copolymerisate und Blends
Tabelle 2-66. Eigenschaftsvergleich der Acrylnitril/Styrol-Copolymerisate und deren Blends mit Polycarbonat (PC)
1,15 2300–2600 53–63 4,6–5 > 50 – – – – 105–115 7–9 HB* 3–3,5 20–160 1011–1013 1013–1014 200–225 1 0,3
600 1,65 0,35
(ASA + PC)
1,07 2300–2900 40–55 3,1–4,3 10–30 – – – – 95–104 9,5 HB* 3,4–4 90–100 1012–1014 1013
ASA
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
505
Styrolpolymere (PS)
506
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-256. Isochrone Spannungsdehnungslinien für Luran®SC KR 2861/1 bei 23 °C (gemessen nach ISO 899)
Bild 2-257. Isochrone Spannungsdehnungslinien für Luran®SC KR 2861/1 bei 80 °C (gemessen nach ISO 899)
Luran®SC KR 2861/1
Bild 2-258. Schubmodul und mechanischer Verlustfaktor von Luran®SC KR 2861/1 in Abhängigkeit von der Prüftemperatur (Torsionsschwingungsversuch nach ISO 537)
In Bild 2-255 ist der im Kurzzeit-Zugversuch ermittelte E-Modul in Abhängigkeit von der Prüftemperatur wiedergeben, während die Bilder 2-256 und 2-257 das Langzeitverhalten eines Blendtyps bei Temperaturen von 23 °C bzw. 80 °C zeigen. Über die Umwandlungstemperaturen gibt Bild 2-258 Auskunft. Das Verhalten der Zähigkeit einiger (ABS + PC)- und (ASA + PC)-Blends und der Vergilbung nach Wärmelagerung bei 90 °C und 110 °C zeigen die Bilder 2-259 bzw. 2-260 [19].
Styrolpolymere (PS)
507
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
Luran®SC
Luran®SC
Bild 2-259. Zähigkeitsabfall von Luran®SC und (ABS + PC)-Blend nach Wärmelagerung bei 90 °C und 110 °C
Luran®SC
Luran®SC
Bild 2-260. Vergilbung von Luran® SC und (ABS + PC)-Blend nach Wärmelagerung bei 90 °C und 110°C
■ Chemikalienbeständigkeit (ASA + PC)-Blends sind bei Raumtemperatur beständig gegen Wasser, wässrige Salzlösungen, verdünnte Säuren, gesättigte Kohlenwasserstoffe, Alkohole, Glycole, Öle und Fette. Dagegen greifen aromatische Kohlenwasserstoffe, Ester, Ether und Ketone an. Sie quellen oder lösen. Konzentrierte Säuren, Amine, Ammoniaklösungen, Ammoniakgas und Laugen wirken zerstörend [20].
508
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Styrolpolymere (PS)
Bild 2-261. Fließfähigkeit von Luran® SC KR 2861/1, KR 2863 und KR 2864 in Abhängigkeit von der Massetemperatur (Spiraltest) Werkzeug: Testspirale 2 mm · 10 mm, Spritzdruck 1100 bar, Werkzeugoberflächentemperatur 80 °C
■ Brennverhalten Durch Brandschutzausrüstung können Entzündbarkeit und Flammenausbreitungsgeschwindigkeit verringert werden. Die für den Fahrzeugbau geltende Norm FMVSS 302 bzw. DIN 75 200 wird im Allgemeinen von Formteilen mit Wanddicken > 1 mm erfüllt.
■ Verarbeitung (s. a. Kapitel 1.4.3 und 1.4.7) (ASA + PC)-Blends können bei nicht trockener Lagerung geringe Mengen Feuchtigkeit aufnehmen. Dadurch bedingte Schlieren, Streifen oder Bläschen sind durch Vortrocknen vermeidbar. Die Trocknungsbedingungen betragen: 2 bis 4 Stunden bei Temperaturen von 100 °C bis 110 °C. Bei Maschinen mit entgasenden Plastifizieraggregaten kann auf das Vortrocknen verzichtet werden. Das Spritzgießen ist das wichtigste Verarbeitungsverfahren. Die Massetemperatur beträgt 280 °C bis 290 °C, die Werkzeugtemperatur 40 °C bis 90 °C. Über die Fließfähigkeit der bevorzugten Luran®SC-Typen informiert Bild 2-261. Anwendungsbeispiele Typische Anwendungen im Automobilbau sind: Außenspiegel, Rückleuchtengehäuse, Instrumentenrahmen, Lautsprecherabdeckungen, Armaturentafeln, Luftverteilersysteme, Ausströmergehäuse, Kühlergrills, Radkappen, Säulenverkleidungen und Spoiler [17]. Die Elektrotechnik bevorzugt (ASA + PC)-Blends bei Schalterabdeckungen, Leuchtenteilen, Bedienungsknöpfen und Konsolen von Elektroherden, Dunstabzügen, Haartrocknern, Bügeleisen-, Staubsauger- und Messgerätegehäusen, bei Kaffeemaschinenzubehör, Mobiltelefonen, Computer-, Bildschirm-, PC-Monitor- und Druckergehäusen, Ladestationen für schnurlose Telefone. Handelsnamen Bayblend® A (Bayer AG/DE) Luran®SC (BASF AG/DE) Geloy® (General Electric Polymers B.U./NL)
2.1.3 Styrolpolymere (PS)
509
[1] Yamato H (1993) „Properties and Applications of Syndiotactic Polystyrene“ in „Styrenics ’93“, Tagung in Zürich vom 6. bis 8. Dezember 1993, Session 1, Speaker 1 [2] Dietzen, F-J (1994) „CO2 – ein Treibmittel auch für Folien aus Polystyrolschaum“; Kunststoffe 84, S 365 – 568 [3] BASF AG (1995) „Polystyrol, Styroblend“ Druckschrift: B 564 d, o. 9. 95, S 38 [4] Saechtling HJ (1995) „Kunststoff-Taschenbuch“, 26. Ausgabe, S 386, C. Hanser Verlag, München [5] Zahn E (1969) „Kunststoff-Handbuch“ Bd. V, Polystyrol, C. Hanser Verlag, München, S 338 – 477 [6] Gugumus F (1989) „Lichtschutzmittel“ in: Gächter, R u. H Müller: „Taschenbuch für Additive“, C Hanser Verlag, München, S 133 – 273 [7] Riedel T (1989) „Gleitmittel und verwandte Hilfsstoffe in [6], S 443 – 503 [8] Troitzsch JH 1989) „Flammenschutzmittel“ in [6], S 737 – 776 [9] BASF AG (1995) „Druckschrift B 583 d, 09. 95 Styrolux® (Richtwerte [10] BASF AG (1995) „Druckschrift B 583 d, 09. 95 Styrolux® (Eigenschaften) [10a]Nießner N et al. (1997) SBS-Copolymere für Folienextrusion, Kunststoffe 87, S 66 – 70 [11] Walter HM (1996) „Polystyrol“, Beitrag D in Tagungs-Handbuch Kunststoffe ’96, Internationaler Kongreß vom 17.-18. April 1996 in Würzburg [12] Berger K (1989) „Optische Aufheller“ in [6], S 807 – 821 [13] Krause A (1969) „Vergleich von Polystyrol-Formmassen mit anderen Werkstoffen“, Kunststoff-Handbuch Bd V Polystyrol, S 531 – 560, C Hanser Verlag, München [14] Lindenschmidt G und N Nießler (1995) „Klarer Durchblick“, Kunststoffe 85, S 1066 – 1074 [15] BASF AG (1995) „Polystyrolmarken mit Brandschutzausrüstung“ in [3] S 18 [16] BASF AG (1995) Luran® S, Acrylnitril/Styrol/Acrylesterpolymer (ASA) Sortimentsübersicht [17] Winter W (1996) „Winter Auto, Kunststoffbauteile“ Verlag Winter GmbH Heusenstamm [18] Saechtling JH (1995) „Kunststoff-Taschenbuch“ 26. Ausgabe (Herausgeber: K Oberbach), Seite 392 [19] Rosenau B (1995) „ASA-Kunststoffe: Eigenschaften und Anwendungen“, Kunststoffe 85, S 804 – 807 [20] BASF AG (1995) Terblend® S (ASA + PC)-Blend.
Styrolpolymere (PS)
2.1.3.3 Literatur – Kapitel 2.1.3
511
2.1.4 Polyacrylate
2.1.4 Polyacrylate
2.1.4.1 2.1.4.1.1 2.1.4.1.1.1 2.1.4.1.1.2 2.1.4.1.2 2.1.4.2 2.1.4.2.1 2.1.4.2.2 2.1.4.2.2.1 2.1.4.2.2.2 2.1.4.2.2.3 2.1.4.3 2.1.4.3.1 2.1.4.3.2 2.1.4.3.2.1 2.1.4.3.2.2 2.1.4.3.2.3 2.1.4.3.3 2.1.4.4 2.1.4.5 2.1.4.6 2.1.4.7 2.1.4.7.1 2.1.4.7.1.1 2.1.4.7.2 2.1.4.8
Polyacrylnitril (PAN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Synthese und Compoundierung . . . . . . . . . . . . . Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Struktur und Morphologie . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Acrylnitril-Copolymere mit geringer Gasdurchlässigkeit (Barriere-Kunststoffe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Styrol/Acrylnitrilcopolymer SAN . . . . . . . . . . . . Acrylnitril-Methyl-Acrylat-Copolymerisate . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polymethylmethacrylat (PMMA) . . . . . . . . . . . . Synthese und Compoundierung . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thermo-mechanische Eigenschaften . . . . . . . . . . Beständigkeit und Sperrfähigkeit . . . . . . . . . . . . Elektrische, optische, akustische Eigenschaften . . . . . Verarbeitung und Anwendung . . . . . . . . . . . . . . PMMA/ABS Blends . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polymethylmethacrylimid (PMMI) . . . . . . . . . . . MBS-Polymerisat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polymethacryl/Imid (PM/I) . . . . . . . . . . . . . . . Synthese und Compoundierung . . . . . . . . . . . . . Die Herstellung von ROHACELL® . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur – Kapitel 2.1.4 . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . .
. . . . .
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512 512 512 513 513
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514 514 515 515 517 517 518 518 520 521 528 531 533 536 537 537 537 537 538 538 539
Polyacrylate
Helmut Schüle
512
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Polyacrylate
Unter der Bezeichnung Acrylate fasst man üblicherweise die Polymere auf der Grundlage von Acrylsäure und Methacrylsäure sowie vor allem deren Ester zusammen. Für feste organische Gläser hat sich die Bezeichnung Acrylglas und für synthetische Fasern die Bezeichnung Acrylfasern eingebürgert.
2.1.4.1 Polyacrylnitril (PAN) 2.1.4.1.1 Synthese und Compoundierung 2.1.4.1.1.1 Synthese Polyacrylnitril ist vornehmlich ein Rohstoff für die Herstellung synthetischer Fasern. H. Rein schuf im Jahre 1942 im damaligen IG-Werk Bitterfeld die Voraussetzungen für die großtechnische Herstellung von Spinnfasern. Der Zweite Weltkrieg verhinderte damals eine industrielle Nutzung dieses Verfahrens in Deutschland. Du Pont/USA brachte hingegen bereits Anfang der vierziger Jahre mit Orlon® die erste großtechnisch hergestellte PAN-Faser auf den Markt. In den fünfziger Jahren wurden die grundlegenden Arbeiten von Rein weiterentwickelt. Derzeit sind verschiedene Anbieter am Markt tätig. Wird die Polymerisation in wässriger Lösung des Monomers durchgeführt, entsteht ein weißes, pulverförmiges Polymer, welches in Wasser und den meisten organischen Lösungsmitteln unlöslich ist. Bei einer radikalischen Aufbaureaktion unter Verwendung des sehr polaren Dimethylformamids als wirksames Lösungsmittels erhält man hingegen als Reaktionsprodukt eine weiterverarbeitbare Polymerlösung, welche insbesondere zur Faserherstellung herangezogen wird. Anzumerken ist, dass PAN einen Schmelzpunkt oberhalb der Zersetzungstemperatur besitzt und somit eine Verarbeitung im Schmelzezustand nicht erfolgen kann. Da das reine PAN nur schlecht eingefärbt werden kann, werden in der Praxis bis zu 5 % eines sauren, basischen oder weichmachenden Monomeren (z. B. Acrylsäure, Vinylacetat) mit einpolymerisiert.
2.1.4 Polyacrylate
513
Erwähnenswert ist, dass Arcylnitril eine bei 77 °C siedende farblose, giftige Flüssigkeit ist, welche nur nach Zugabe von Polymerisationsinhibitoren gelagert werden kann. Acrylnitril findet sich auch als Komponente in wichtigen Copolymeren (ABS, ASA, SAN und Nitrilkautschuk, siehe auch Kapitel 2.1.3). PAN-Fasern dürfen nicht über 150 °C erwärmt werden, da sich sonst über die Nitrilgruppen intramolekure Cyclisierungen vollziehen, welche zu einer Gelbfärbung führen.
Polyacylnitrile sind teilkristalline Polymere mit einer Glasübergangstemperatur, welche bei ca. 100 °C vorliegt. Der eigentliche Schmelzpunkt ist bei 317 °C anzutreffen. Durch die polaren Nitril-Gruppen und den daraus resultierenden, ausgeprägten intramolekularen Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Molekülketten ergeben sich charakteristische Eigenschaften.
2.1.4.1.2 Eigenschaften PAN zeichnet sich durch seine Härte und Steifigkeit aus.Auch ist die ausgeprägte Chemikalienbeständigkeit gegenüber den meisten Lösungsmitteln sowie eine signifikante Beständigkeit gegenüber Sonnenstrahlung und Mikroorganismen zu nennen. Beim Verbrennen von PAN tritt Blausäure auf. Polyacrylnitril wird hauptsächlich in der Bekleidungsindustrie verwendet, um synthetische, wollähnliche Fasern zu erhalten. Die Fasern zeichnen sich durch hohe Bauschbarkeit und Mottenechtheit auf. Sie sind pflegeleicht, weich und trocknen schnell. Die Fasern sind jedoch hitzempfindlich, sollten nicht über 40 °C gewaschen werden. Eine Chlorbleiche ist nicht möglich. Fasern, welche weniger als 80 % PAN (mit PVC) enthalten, werden „Modacry-Fasern (PAM bzw. MAC)“ genannt. Auch lassen sich aus Polyacrylnitril Kohlenstoff-Fasern herstellen, die aufgrund ihrer Temperatur- und Korrosionsbeständigkeit und ihres geringen Gewichtes z. B. im Fahrzeugbau, als Hitzeschilde, in Sportgeräten und in medizinischen Implantaten Verwendung finden. Sigrafil® von der Fa. SGL Croup Carbon [1], eine teilweise carbonisierte Polyacrylnitrilfaser, weist z. B. eine hohe chemische und hydrolytische Beständigkeit, hohe thermische Stabilität, minimale elektrische Leitfähigkeit und eine physiologische Unbedenklichkeit auf. Darüber hinaus weist die Faser ein ausgezeichnetes Misch- und insbesondere gutes textiles Verarbeitungsverhalten auf. Als Anwendungsbeispiele sind die asbestfreie Alternative für Flachdichtungen sowie geflochtene Packungsschnüre zu nennen. Acrylnitril ist gemäß Anhang 1 zu der Richtlinie 67/548/EWG (Stand 1996) eingestuft als krebserzeugend Kategorie II (Stoffe, die als krebserzeugend für
Polyacrylate
2.1.4.1.1.2 Struktur und Morphologie
514
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
den Menschen angesehen werden sollten). Bei sachgerechter Verarbeitung und ausreichenden lüftungstechnischen Maßnahmen werden die vorgegebenen MAK- bzw. TRK- Grenzwerte deutlich unterschritten. Gemäß den Anforderungen der Richtlinie 2002/72/EG vom 06. August 2002 über Materialien und Gegenstände aus Kunststoff, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmittel in Berührung zu kommen, ist ein spezifischer Migrationsgrenzwert in Lebensmittel (SML) für Acrylnitril mit „nicht nachweisbar“ – bei einer Nachweisgrenze von 0,02 mg/kg – einzuhalten.
Polyacrylate
2.1.4.2 Acrylnitril-Copolymere mit geringer Gasdurchlässigkeit (Barriere-Kunststoffe) Seit Anfang der siebziger Jahre gewinnen Copolymere mit hohem Acrylnitrilgehalt und 10 bis 25 % Acrylat oder Styrol wegen ihrer hohen Gas- und Aromadichtheit sowie den guten Sperreigenschaften für Geschmackstoffe als Rohstoffe für die Herstellung extrusions- oder spritzgeblasener Verpackungshohlkörper an Bedeutung. Lopac® der Monsanto und Barex® der Vistron Corp. machten in den USA den Anfang. Es folgte das Cycopac® der Borg Warner. Alle diese Polymere sind glasklar, obwohl einige zur Verbesserung der Zähigkeit 10 bis 15 % Latex-Kautschuk als Zweitphase im Mehrphasensystem enthalten. Hierbei sind die submikroskopischen Kautschukpartikel im Brechungsindex an den der Matrix angepasst. Anzumerken ist, dass bei hohen Temperaturen der Transmissionsgrad erheblich abfallen kann.
2.1.4.2.1 Styrol/Acrylnitrilcopolymer SAN (siehe auch Kap. 2.1.3.2.2) Die Eigenschaften dieser Formmassengruppe werden insbesondere vom Gehalt an Acrylnitril und vom Molekulargewicht bzw. der Molekulargewichtsverteilung bestimmt. Als auffallend positive Eigenschaften sind neben einer ausgezeichneten Chemikalienbeständigkeit und verhältnismäßig hohen mechanischen Festigkeitswerten eine ausgezeichnete Dimensionsstabilität, die Lichtdurchlässigkeit (> 90 %) sowie die Oberflächenbrillianz anzuführen. Hervorzuheben ist bei diesen Formmassen die Undurchlässigkeit für Wasser; Wasserdampf und Gase können hingegen in bestimmtem Maße diffundieren. Die Durchlässigkeit für Kohlenstoffdioxid liegt etwa fünfmal höher, die für Stickstoff etwa fünfmal niedriger als für Sauerstoff. Abhängig sind diese angesprochenen Werte in hohem Maße von den Herstellungsbedingungen und den daraus resultierenden Molekülorientierungen der Folie bzw. des Bauteils. Durch Zugabe von bis zu 35 % Glasfasern wird eine deutliche betragsmäßige Erhöhung der Stoffwerte hinsichtlich Steifigkeit bzw. Wärmeformbeständigkeit bzw. deutliche Verringerung der Wärmeausdehnungskoeffizienten erreicht.
2.1.4 Polyacrylate
515
Diese Formmassen sind schlagzähmodifizierte Acrylnitril-Methyl-Acrylat-Copolymerisate. Barex® 218 enthält einen betragsmäßig höheren Anteil Schlagzähmodifikator und bietet somit eine erhöhte Festigkeit und Flexibilität [2]. Bei Lebensmittelanwendungen verhelfen die hohen Gasbarriereeigenschaften der Barex®-Formmassen zu langer Haltbarkeit und Lagerfähigkeit sowie zur Konservierung des natürlichen Geruches und Geschmackes. Schutzgase wie Stickstoff und Kohlenstoffdioxid verbleiben in der Verpackung, während das Füllgut vor dem Eindringen von Sauerstoff geschützt wird. Beim Einsatz von Barex können aufgrund der Toxität, Entflammbarkeit oder anderen Kriterien Vorsichtsmaßnahmen in bezug auf Handbarkeit und den Einsatz notwendig sein. Barex® Kunststoffe bieten die einzigartige Möglichkeit der Verwendung eines monolithischen Aufbaus für eine Barriereverpackung und haben dabei die höchsten Barrierewerte im Vergleich zu sämtlichen in Monostrukturen eingesetzten Kunststoffen. Des Weiteren übertreffen sie sogar mehrschichtige Strukturen, die EVOH oder PVDC enthalten und dies bei geringeren Kosten. Zusätzlich können die Barriereeigenschaften durch Orientierung weiter verbessert werden, wie z. B. beim Extrusions- oder Spritzstreckblasverfahren für die Herstellung von Flaschen (Bild 2-262, Bild 2-263).
2.1.4.2.2.1 Eigenschaften Nitril-Kunststoffe sind ähnlich wie PVC aufgebaut. Beide bestehen aus der Vinylgruppe CH2-CHR, bei denen R polare Gruppen mit Cl oder CN enthält. Molare Massen von 75.000 bis 100.000 g/mol führen in beiden Fällen zu anwendungsinteressanten Produkteigenschaften bei gleichzeitig guter Verarbeitbarkeit.
■ Thermische Eigenschaften Gebrauchstemperatur ohne mechanische Beanspruchung (Außenanwendung): dauernd 65 °C bis 75 °C kurzzeitig 75 °C bis 85 °C
■ Witterungsbeständigkeit Im Freien liegende Kunststoffbauteile können bereits nach wenigen Monaten signifikant verspröden. ■ Brennbarkeit Die Formmassen brennen mit leuchtender Flamme ohne Tropfenbildung.
Polyacrylate
2.1.4.2.2 Acrylnitril-Methyl-Acrylat-Copolymerisate
516
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Tabelle 2-67. Vergleich der Gasdurchlässigkeit von ausgewählten Formmassen
Polyacrylate
Polymer
SAN-(Styrol/Acrylnitril) ABS (Acrylnitril/Butadien/Styrol) Nitril-Kunststoff (Barex 210) Polystyrol Polymethylmethacrylat Stellung von Nitrilkunststoffen unter den Polymeren mit guten Sperreigenschaften Polyvinylidenchlorid Barex 210 Saran (PVDC/PVC) Polyamid 66 Polyethylenterephthalat PVC-U Polyacetal
ANGehalt %
O2
27 30 72 – –
1100 1100 13 235 270
– 72 2 – – – –
CO2
cm3/m2 d bar
g/m2 d 4500 3200 17 800 650
1,5 12 12 80 80/110 90 50
H 2O
5,0 17 80 140 200/340 160 96
5,0 4,0 1,6 2,5 4,0
0,03 1,6 0,2 20 0,6 7 2,5
■ Permeabilität Gegenüber PVC und PE-HD liegen wesentlich günstigere Sperreigenschaften vor. Die Permeabilität von ausgewählten Formmassen mit bzw. ohne Nitrilanteilen ist aus Tabelle 2-67 zu entnehmen.
Bild 2-262. Die Sauerstoffstoffdurchlässigkeit verschiedener Formmassen nach ASTM 1434 [2]
517
Bild 2-263. Die Wasserdampfdurchlässigkeit verschiedener Formmassen nach ASTM 1434 [2]
2.1.4.2.2.2 Verarbeitung Der breite Temperaturverarbeitungsbereich sowie eine gleichzeitig vorliegende hohe Schmelzefestigkeit begünstigen eine Verarbeitung vorzugsweise nach dem Blasform- bzw. dem Umformverfahren. Das sog. Kaltschlauchverfahren, d. h. das Blasformen vorgefertigter Rohrabschnitte, ist möglich. Die Schmelzetemperatur soll bei Barex® sowohl beim Extrudieren als auch beim Spritzgießen 230 °C aufgrund einer einsetzenden thermischen Degradation nicht deutlich überschreiten. Einer prozessschädigenden Feuchtigkeitsaufnahme des Granulats begegnet man durch Vortrocknen (4 h bei 75 °C). Ein zu hoher Feuchtigkeitsgehalt im Granulat führt im Allgemeinen zu einer Trübung (Haze-Erhöhung) bei den herzustellenden Formteilen; eine auffällige molekulare Schädigung ist hingegen nicht zu beobachten.
2.1.4.2.2.3 Handelsnamen ■ Sortiment, Lieferform Die Rohstoffhersteller liefern modifizierte Formmassentypen, welche sich insbesondere hinsichtlich Steifheit und Zähigkeit voneinander unterscheiden. Sofern diese Copolymere signifikante, günstige Sperreigenschaften aufweisen, werden diese auch als „nitrile barrier resins“ bezeichnet. Grundsätzlich können
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2.1.4 Polyacrylate
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
die Formmassen transparent, transluzent oder opak/eingefärbt bezogen werden. Handelsnamen Barex BP Chemicals International Ltd./GB Dralon Dralon GmbH Orlon Du Pont/US Dolan Dolan GmbH
2.1.4.3 Polymethylmethacrylat (PMMA)
Polyacrylate
2.1.4.3.1 Synthese und Compoundierung In 2005 betrug die Weltproduktion von PMMA-Formmassen- und Halbzeugen über 1 Million Tonnen [3]. Rund 40 % des Verbrauchs liegen in Asien, ca. 30 % in Europa und in den USA. Weltweit wird dieser Markt mit nahezu 50 % von Altuglas International, Degussa AG und Lucite International dominiert.
■ Herstellungsverfahren Caspary und Tollens polymerisierten 1873 Acrylsäureallylester zu einem glasklaren festen Körper, RÖHM untersuchte 1901 die Acrylsäureester. Zu den ersten Kunststoffprodukten, die von der 1907 gegründeten Fa. Röhm & Haas, Darmstadt, industriell hergestellt wurden, gehören klebrige Filme für Sicherheitsgläser, die später von Polyvinylbutyral verdrängt wurden. Das Interesse galt bald vorwiegend den Methylestern der Methacrylsäure, die zu harten, glasartigen Blöcken polymerisiert werden konnten und seit 1933 unter dem Handelsnamen Plexiglas® weltbekannt wurden. Später griff auch die ICI das Methacrylgebiet auf. Ausgangsprodukte sind heute das aus Erdöl über Propylen gewonnene Aceton und die durch Verbrennen eines Gemisches aus Erdgas und Ammoniak am Platinkontakt hergestellte Blausäure. Dieses Verfahren wurde 1932 von Crawford (ICI) entwickelt und hat auch heute noch weltweite Bedeutung. Das süßlich riechende Monomer hat eine Dichte von 0,936 bis 0,940 g/cm3, einen Siedepunkt von 100,5 °C und einen Brechungsindex von n20 D = 1,413 bis 1,416. Die Methacrylsäuren können nach allen Methoden, die bei der radikalischen Polymerisation angewandt werden (Masse-, Emulsions- und Suspensionspolymerisation), zu hochmolekularen Produkten umgesetzt werden. Die Massepolymerisation führt zum sog. gegossenen Halbzeug (Tafeln, Profile und in rotierenden Röhren sogar zu Rohren). Das Gusspolymer zeichnet sich wegen des dabei erreichbaren höheren Polymerisationsgrades durch bessere mechanische Eigenschaften und hohe Oberflächengüte aus. Die Formmassen werden – ausgehend von der entsprechenden Polymerlösung – in speziellen wasser- und monomerundurchlässigen Kunststoff-Folien, die in einem Rahmen zu großen flachen Taschen gefaltet werden, bei Tempera-
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turen > 50 °C in Wasserbädern anpolymerisiert. Danach wird die Polymerisation durch Temperaturen in Wärmeschränken bei etwa 115 °C zu Ende geführt. Die entstandenen, bis zu 50 mm dicken Blöcke werden meistens auf Hammermühlen zu Splittergranulat von 1 bis 4 mm Korngröße zerkleinert und als Mahlgut verarbeitet, oder es wird daraus durch Extrudieren ein Gleichkorngranulat mit einer Schüttdichte von 0,7 g/cm3 hergestellt. PMMA-Halbzeug wird sowohl durch diskontinuierliche Kammerpolymerisation als auch durch Extrudieren aus Formmasse hergestellt. Die Kammerpolymerisation arbeitet vorwiegend nach dem Masseverfahren. Dabei wird anpolymerisiertes Material bzw. eine Lösung von Polymeren in Monomeren zwischen Spiegelglasscheiben oder in entsprechenden Werkzeugen auspolymerisiert. Es entsteht ein Halbzeug hoher optischer Qualität und Oberflächengüte. Das Material kann unvernetzt oder vernetzt hergestellt werden [4]. Nach dem inzwischen zum wichtigsten Herstellverfahren für Halbzeug gewordenen Extrudieren hat das früher übliche kontinuierliche Verfahren mit Bandanlagen an Bedeutung verloren. Dabei läuft ein aus niedermolekularem PMMA und Monomeren bestehender Sirup zwischen Stahlbändern durch einen Heizkanal, in dem die Polymerisation zu Ende geführt wird. Die optische Qualität und die Oberflächengüte dieser glasklaren Tafeln ist geringer als die der nach dem Kammerverfahren hergestellten. Homopolymeres PMMA ist spröde. Durch Misch- oder Pfropfpolymerisation mit Polybutadien oder anderen Elastomeren mit tiefer Glasübergangstemperatur können hochschlagzähe Formmassen hergestellt werden. Diese Polymerblends bzw. Pfropfpolymerisate sind opak. Glasklare Copolymere werden mit Styrol oder a-Styrol gewonnen. Es sind auch Mischungen mit Melaminharzen bekannt. Bei PMMA-Tafeln können durch biaxiales Recken die mechanischen Eigenschaften der Halbzeuge signifikant (bis 70 %) beeinflusst werden. Gereckte Tafeln sind hochschlagzäh, berstdruck- und reißfest sowie flammhemmend ausrüstbar. Man verwendet sie dort für Verglasungen, wo erhöhte Sicherheit verlangt wird oder leichte Warmformbarkeit und hohe Steifigkeit angebracht sind. Teilvernetztes Material ist nur begrenzt warmformbar.
■ Zusatzstoffe Unter der Vielzahl möglicher Zusatzstoffe spielen die Funktionsstoffe die wichtigste Rolle. PMMA weist eine hohe UV-Transparenz auf und ist deshalb wesentlich lichtstabiler als andere Thermoplaste. Lichtschutzmittel werden eingesetzt, um erforderliche Filterwirkungen zu erzielen. Hierbei handelt es sich u. a. um UV-Absorber auf Basis von Benzophenonderivaten oder um IR-Lichtschutz auf Basis von Aminen bzw. Antimonsalzen. Flammhemmende Additive kommen ebenso zum Einsatz wie Antistatika. Wie bei zahlreichen anderen Thermoplasten bewähren sich auch bei PMMA sterisch gehinderte Amine (HALS) als vorzügliche UV-Stabilisatoren. Im Unterschied zu den Sonnenschutzverglasungen muss das zum Abdecken von Solarienliegen verwendete Halbzeug eine besonders hohe Durchlässigkeit im UV-A(315 bis 318 nm) und im UV-B- (285 bis 315 nm) Bereich aufweisen. Diese Gläser müssen gegen die kurzwellige und besonders intensive Strahlung der Solarien-
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
lampen beständig sein; eine hohe Chemikalienbeständigkeit (-> Spannungsrisse) gegen Hautöle und Hautcreme kommt hinzu. Für weniger hohe Ansprüche eignet sich statt des hochwertigen gegossenen auch extrudiertes Acrylglas. Das Einfärben von PMMA ist mit handelsüblichen Pigmenten oder organischen Farbstoffen üblicherweise unproblematisch möglich. Bei Formmassen, welche beim Spritzgießprozess verwendet werden, sind in aller Regel Entformungshilfsstoffe (< 0,05 %) anzutreffen.
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■ Füll- und Verstärkungsstoffe Füll- und Verstärkungsstoffe werden eingesetzt, um bestimmte Funktionen zu erreichen. Mineralische Füllstoffe erhöhen in bekannter Weise Dichte, Härte, EModul und die Formbeständigkeit in der Wärme, schränken aber die Formbarkeit ein. Kreide wird in opak eingefärbten Lichtreklametafeln verwendet. Auch kann PMMA mit Hilfe von Glasfasern grundsätzlich verstärkt werden, so dass auch bei Temperaturen um 100 °C noch eine hohe mechanische Festigkeit gewährleistet ist.
■ Oberflächenvergütungen und -modifikationen PMMA-Tafeln lassen sich auf vielfältige Weise lackieren und strukturieren. Strukturen können auch durch Coextrusion aufgetragen werden. Mit oberflächenmodifizierten PMMA-Platten können z. B. hydrophobe, wasserspreitzende, schmutzabweisende, antistatische oder Antifoggingeigenschaften als besonderes Qualitätsmerkmal eingebracht werden.
2.1.4.3.2 Eigenschaften Kennzeichnende Eigenschaften der Polymethylmethacrylate sind folgende:
• • • • • • • • • • •
hohe Härte, Steifheit und Festigkeit, Homopolymere sind spröde, Copolymere schlagzäh, kratzfeste, hochglänzende, polierfähige Oberfläche, wasserhelle Transparenz; Copolymere können je nach Zusammensetzung gelbliche Eigenfarbe aufweisen, hohe Formbeständigkeit in der Wärme (je nach Copolymeren abgesenkt oder auch erhöht gegenüber reinem PMMA), gute elektrische und dielektrische Eigenschaften, beständig gegen schwache Säuren und Laugen sowie unpolare Lösemittel, Fette, Öle und Wasser, hohe Witterungsbeständigkeit, kein Vergilben, keine Oberflächenerosionen, im Gegensatz zu Schlagzäh-Varianten ist unmodifiziertes PMMA spannungsrissgefährdet (abhängig vom Medium), normal entflammbar, brennt nahezu ohne Qualm, entwickelt im Brandfall keine akut toxischen oder korrosiven Gase, gut ver- und bearbeitbar, laserschneidbar.
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2.1.4 Polyacrylate
2.1.4.3.2.1 Thermo-mechanische Eigenschaften ■ Physikalische Eigenschaften (s. a. Kapitel 1.3.3) Richtwerte der physikalischen Eigenschaften von PMMA verschiedener Herstellung enthalten die Tabellen 2-68 und 2-69, siehe auch Tabelle 5-28 im Anhang. ■ Mechanische Eigenschaften: Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungs-
Tabelle 2-68. Physikalische Eigenschaften von PMMA-Typen verschiedener Herstellung Eigenschaften
Einheit
PMMA SpritzgussTypen
PMMA Halbzeug zäh/glasklar PMMA extrudiert
PMMA gegossen
Dichte Schmelzindex MFI 230/3,8
g/cm3 1,18 g/10 min 11–0,8
1,12–1,17 0,1–1,4
1,18 21–0,8
1,18 –
mechanische Zugfestigkeit Reißdehnung Zug-E-Modul Quetschspannung Biegefestigkeit Schlagfestigkeit (NKS) Kerbschlagzähigkeit (NKS) Kugeldruckhärte 30-s-Wert Rockwellhärte
N/mm2 % N/mm2 N/mm2 N/mm2 kJ/m2 kJ/m2 N/mm2 Skala R
68–75 4,5–3,0 3300 100–107 110–130 11 2 180–200 M89–M97
20–54 50–20 600–2400 – 45–105 o.B.–30 7–2 40–125 –
62–73 4,5–2,5 3300 97–107 75–115 11 2 170–200 M84–M97
80 5,5 3300 110 140 12 2 200 –
°C °C °C
92–108 82–98 106
76–102 68–94 –
84–108 74–98 106
90–100 80–90 115
°C °C °C
92–108 82–98 87–103
76–102 68–94 –
84–108 74–98 79–103
112–115 102–107 110–115
K–1 J/gK W/mK
70 · 10–6 1,5 0,19
90 · 10–6 1,5 0,10
70 · 10–6 1,5 0,19
70 · 10–6 1,47 0,19
thermische Gebrauchstemperatur ohne mech. Beanspruchung in Luft kurzzeitig dauernd Glasübergangstemperatur (vernetzt) Formbeständigkeit i.d. Wärme nach Vicat, Methode B nach ISO R 75, Methode A Methode B linearer Ausdehnungskoeffizient zwischen 0 und 50 °C spezifische Wärmekapazität Wärmeleitfähigkeit
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geschwindigkeit Die Abhängigkeit der Zugfestigkeit von PMMA von der Temperatur wird mit derjenigen anderer Werkstoffe in Bild 2-264 verglichen.
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Tabelle 2-68 (Fortsetzung)
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Eigenschaften
Einheit
PMMA SpritzgussTypen
PMMA zäh/glasklar
W cm W
> 1015 5 · 1013 2,8–2,7
Halbzeug PMMA extrudiert
PMMA gegossen
2 · 1014 > 1014 –
> 1015 > 1013 2,0–2,7
1015 5 · 1013 2,7
elektrische spezif. Durchgangswiderstand Oberflächenwiderstand Dielektrizitätszahl (0,1 MHz) dielektr. Verlustfaktor dan d 50 Hz 0,1 MHz Durchschlagfestigkeit Vergleichszahl der Kriechwegbildung
– – kV/mm
0,06 0,03 30
0,06 0,03 > 30
0,06 0,03 30
0,06 0,02 30
CTI/A
600
600
600
600
Wasseraufnahme nach 24 h
mg
30
42–30
30
30
– –
1,491 59
1,492 –
1,491 59
1,492 44,8
%
92
85–91
92
92
Optische Eigenschaften Brechzahl n20D Abbésche Zahl g Transmissionsgrad (Mittelwert im sichtbaren Bereich 380 bis 780 nm)
Bild 2-264. Zugfestigkeit verschiedener Formmassen in Abhängigkeit von der Temperatur
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Tabelle 2-69. Mechanische Eigenschaften von ausgewählten PMMA-Typen nach Röhm-Degussa
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Umwandlungstemperaturen (Wärmeformbeständigkeit) Wie Bild 2-265 anhand des Schubmoduls zeigt, ändert sich das mechanische Verhalten im Temperaturbereich von –40 bis +80 °C nur wenig.
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Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit Die Schlag- und Kerbschlagzähigkeit von PMMA im Vergleich zu anderen Thermoplasten ist in Bild 2-266 dargestellt. Auffallend hierbei ist die Konstanz des Stoffwerts für PMMA über einen breiten Temperaturbereich.
Bild 2-265. Schubmodul in Abhängigkeit von der Temperatur, Prüffrequenz 10 Hz (a) PMMA, (b) AMMA
Bild 2-266. Schlag- und Kerbschlagzähigkeit von PMMA und ausgewählten Thermoplasten
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Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand (s. a. .Kapitel 1.3.2.5) Die Bilder 2-267 und 2-268 sind Zeitstandschaubilder. Die Schadenslinien in diesen Diagrammen geben an, nach welcher Beanspruchungshöhe und -dauer die ersten Haarrisse (engl. crazes) auftreten. Die feinen Haarrisse bewirken noch keine Minderung der Festigkeit. Sie sind jedoch Ausgangspunkt des bei Erreichen der Zeitbruchlinie eintretenden Bruches (engl. crack). Die Schadenslinie stellt einen sinnvollen Grenzwert für die Zugbeanspruchung von Bauteilen dar, insbesondere von solchen, an die optische Anforderungen gestellt werden. Unterhalb der Schadenslinie liegt der Bereich der Rissfreiheit. Eine sehr übersichtliche Darstellungsart des Langzeitverhaltens vermitteln die sog. isochronen Spannungsdehnungslinien (Bild 2-269). An die Stelle der normalerweise für jede Prüftemperatur zu zeichnenden Kurvenscharen treten in dieser Darstellung die für jede Temperatur getrennt bezifferten Zugspannungs-Ordinaten.
Bild 2-267. Zeitstandschaubild einer PMMASpritzgussformmasse
Bild 2-268. Zeitstandschaubild eines PMMAHalbzeugs
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-269. Isochrone Spannungsdehnungslinien eines PMMA-Extrusionstyps für ausgewählte Temperaturen
Zeitstandverhalten bei mehrachsigem Spannungszustand Für die Vergleichsspannung σv kann mit guter Näherung die Mohr’sche Spannungshypothese angenommen werden, die besagt, dass sich die Vergleichsspannung aus der Addition der Absolutbeträge der maximal auftretenden Zug- und Druckspannungen ergibt. Verhalten bei schwingender Beanspruchung Das Verhalten von PMMA bei Wechselbeanspruchung ist anhand von Bild 2-270 wiedergegeben. Die Abhängigkeit der Biege-Wechselspannung von der Lastspielzahl zeigt am Beispiel von PMMA das Bild 2-271. Härte Die Kugeldruckhärte kann der Tabelle 2-68 entnommen werden.
Bild 2-270. Biege-Wechselfestigkeit von PMMA (extrudierter Probekörper)
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Reibungs- und Verschleißverhalten Die Reibungszahlen von PMMA sind verhältnismäßig hoch. Sie betragen für PMMA auf PMMA 0,8, für PMMA auf Stahl 0,5 und umgekehrt Stahl auf PMMA 0,45.
■ Thermische Eigenschaften: Spezifische Wärmekapazität (s. a. Kapitel 1.3.3) Eine Übersicht über wichtige, weitergehende thermische Eigenschaften gibt Tabelle 2-70. Bild 2-272 gibt die Temperaturabhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität einiger PMMA-Extrusions-Formmassen wieder. Mit zunehmender Formbeständigkeit in der Wärme verschiebt sich der Übergang in den Schmelzzustand zu höheren Temperaturen.
Bild 2-272. Spezifische Wärmekapazität von PMMA in Abhängigkeit von der Temperatur und der Abkühlgeschwindigkeit
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Bild 2-271. Biegewechselspannung von PMMA in Abhängigkeit von der Lastspielzahl
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
2.1.4.3.2.2 Beständigkeit und Sperrfähigkeit ■ Chemikalienbeständigkeit PMMA ist bei Raumtemperatur beständig gegen: schwache Säuren, schwache Laugen, Salzlösungen, aliphatische KW, unpolare Lösemittel, Fette, Öle, Wasser und Detergenzien. Unbeständig gegen: starke Säuren und Laugen, Benzol, polare Lösemittel, Ketone, Ester, Ether, aromatische und chlorierte KW.
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■ Spannungsrissverhalten (s. a. Kapitel 1.3.4.1) Herstellungsbedingt weisen Formteile mehr oder weniger hohe Eigenspannungen auf. Kommen diese Formteile im späteren Gebrauch mit Quell- oder Lösemitteln in Berührung oder werden sie geklebt bzw. lackiert, dann ist unter allen Umständen eine Temperung vorzusehen. Die Warmlagerungstemperaturen betragen je nach Materialtyp 60 bis 90 °C. Die Temperdauer richtet sich nach der Wanddicke des Formteils, sie kann bis zu einigen Stunden betragen. Die einfachste Methode, Eigenspannungen zu detektieren, ist der Alkoholtest. Das Formteil wird etwa 15 min in 90%igem Alkohol gelagert, mit Wasser abgespült und dann eine halbe Stunde bei Raumtemperatur getrocknet. Sind danach keine Risse erkennbar, dann ist das Teil spannungsarm. Zu lackierende oder zu klebende Formteile sollten jedoch in keinem Fall vor der Nachbehandlung warmgelagert werden, denn Lack und Klebstoff enthalten ihrerseits Lösemittel.
■ Witterungsbeständigkeit Die Witterungsbeständigkeit ist im Vergleich zu anderen Kunststoffen signifikant besser. Lange Bewitterungszeiten führen im Allgemeinen nicht zum Vergil-
Bild 2-273. Abbau der mechanischen Eigenschaften bei ABS, ASA und PMMA-Formmassen in Abhängigkeit von der Bewitterungsdauer
2.1.4 Polyacrylate
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ben oder zu Trübung, zu matter Oberfläche oder zum raschen Abbau der mechanischen Eigenschaften. In Bild 2-273 ist zu erkennen, dass der Abbau der mechanischen Eigenschaften bei ABS bzw. ASA im Vergleich zu PMMA-Formmassen schneller stattfindet. Die Bewitterungsbeständigkeit von PMMA ist überragend. Bild 2-274 zeigt, dass der Lichttransmissionsgrad auch nach vielen Jahren nahezu unverändert vorliegt.
■ Strahlenbeständigkeit
■ Brennbarkeit (s. a. Tabelle 2-70) PMMA ist normal entflammbar und brennt nahezu ohne Qualmbildung. Es entstehen keine akut toxischen oder korrosiven Gase. PMMA brennt leuchtend auch nach Entfernen der Zündquelle mit knisternder Flamme, die Verbrennungsprodukte riechen fruchtartig süßlich. Die Zündtemperatur beträgt für PMMA 425 °C. Für das Bauwesen wurden flammwidrig ausgerüstete Typen entwickelt.
Tabelle 2-70. Übersicht über wichtige, weitergehende thermische Eigenschaften (DegussaRöhm)
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Bereits kleine Dosen von 1 · 10–2 J/kg führen zu Gelbfärbung. Die mechanischen und elektrischen Eigenschaften ändern sich dabei jedoch nicht. Dosen von 105 J/kg führen zum Abbau. Die Gelbfärbung ist jedoch umkehrbar.
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
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Tabelle 2-71. Wasseraufnahme und Wasserdampfdurchlässigkeit von PMMA (Degussa-Röhm)
Bild 2-274. Lichtdurchlässigkeit bei PMMA in Abhängigkeit von der Bewitterungsdauer (Degussa-Röhm)
■ Wasseraufnahme und Wasserdampfdurchlässigkeit Wasseraufnahme und Wasserdampfdurchlässigkeit sind in Tabelle 2-71 aufgelistet. ■ Sterilisieren Wegen ungenügender Formbeständigkeit in der Wärme und zu großer Wasseraufnahme bei 100 °C können Formteile aus PMMA nicht im Dampf, beispielsweise bei 120 °C, sterilisiert werden, jedoch ist das Sterilisieren mit verschiedenen handelsüblichen Mitteln möglich.
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Bild 2-275. Temperatur- und Frequenzabhängigkeit der Dielektrizitätszahl von PMMA
2.1.4.3.2.3 Elektrische, optische, akustische Eigenschaften ■ Elektrische Eigenschaften PMMA weist im Bereich niedriger Frequenzen gute dielektrische Eigenschaften auf. Die Abhängigkeit der Dielektrizitätszahl von der Temperatur und der Frequenz zeigt Bild 2-275. Die hohe Durchschlagfestigkeit und alle anderen elektrischen Eigenschaften werden durch die Aufnahme von Feuchtigkeit nur unwesentlich beeinflusst. Die Kriechstromfestigkeit ist hoch. Wegen des hohen Oberflächenwiderstandes fließen elektrische Ladungen nur zögernd ab. Sie können jedoch mit Hilfe äußerlich anwendbarer Antielektrostatika abgeleitet werden. Derartige Antielektrostatika sollten unmittelbar nach dem Entformen der Formteile durch Tauchen aufgetragen werden, um die Berührung mit Staub auszuschließen. Derartige Filme bewahren ihre Eigenschaft bis zum Abwaschen oder Abspülen. Eine weitergehende Zusammenstellung elektrischer Eigenschaften von PMMA ist der Tabelle 2-72 zu entnehmen.
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Bild 2-276. Spektraler Transmissionsgrad von glasklarem (a) und IR-durchlässig schwarz eingefärbtem (b) PMMA (Probendicke: 3 mm)
Tabelle 2-72. Zusammenstellung elektrischer Eigenschaften von PMMA (Degussa-Röhm)
■ Optische Eigenschaften (s. a. Kapitel 1.3.3) PMMA ist ohne Trübung und Eigenfarbe. Die Absorptionsverluste sind selbst bei großen Wanddicken – größer 50 mm – vernachlässigbar. Die Lichtdurchlässigkeit (Transmission) beträgt 92 % (Bild 2-276). Tabelle 2-73 veranschaulicht das optische Verhalten einiger speziell ausgerüsteter PMMA-Typen. Der Oberflächenglanz von PMMA-Formstoffen ist hoch, der Brechungsindex sehr gleichmäßig und zeitunabhängig. Die hohe Oberflächenhärte begünstigt die Verwendung von PMMA in der Optik. Durch Auftragen spezieller Beschichtungssysteme auf Siloxanbasis ist es möglich, die Kratzfestigkeit der Oberflächen wesentlich zu erhöhen.
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2.1.4.3.3 Verarbeitung und Anwendung ■ Verarbeitung: Verarbeitungsbedingungen (s. a. Kapitel 1.4.3 und 1.4.7) PMMA-Formmassen können durch Spritzgießen und Extrudieren verarbeitet werden. Formstoffe sind warmformbar. Die Verarbeitungsbedingungen sind in Tabelle 2-74 aufgelistet.
■ Bearbeitung: Spanendes Bearbeiten Siehe Tabelle 2-6 und Tabelle 2-7. Warmformen, Pressformen Siehe Verarbeitungsbedingungen (Tabelle 2-74).
■ Fügeverfahren Formteile aus PMMA können durch Nieten, Schrauben, Warmluft-, Hochfrequenz- und Ultraschallschweißen oder durch Spritzgießen miteinander verbunden werden. Bei diesen Verfahren kommt es stets zur Bildung mehr oder weniger hoher Eigenspannungen. Falls nicht warmgelagert werden kann oder soll, muss das Einwirken von Lösemitteln vermieden werden. Schweißen Tafeln bis 2 mm Wanddicke können mit Hilfe von HF, Ultraschall- oder durch Heißluftschweißen mit Draht aus PVC oder PMMA verbunden werden. Bei einem Durchmesser des Zusatzdrahtes von 2 bis 4 mm beträgt die Schweißtemperatur 170 bis 180 °C (PVC-Draht) bzw. 170 bis 200 °C (PMMA-Draht). Kleben Die Fügeflächen werden mit netzmittelhaltigem, warmem Wasser oder Wasser/Isopropanolgemischen vorbehandelt. Vernetztes PMMA wird mit Hilfe von Schleifpapier K 240 aufgerauht. Adhäsionskleben ist möglich mit Polymerisations-Klebstoffen auf Basis Methacrylat.
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Tabelle 2-73. Zusammenstellung optischer Eigenschaften von PMMA (Degussa-Röhm)
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
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Tabelle 2-74. Verarbeitungsparameter für PMMA für ausgewählte Verarbeitungsverfahren Vearbeitungsart
Massetemperatur [°C]
Werkzeugtemperatur [°C]
Spritzdruck Psp [bar]
Schwindung [%]
Spritzgießen Extrudieren Pressformen Warmformen
210 bis 240 200 bis 230 160 bis 180 150 bis 170 140 bis 160
50 bis 70
500 bis 1200
0,1 bis 0,8
50 bis 100 bei Guss-PMMA bei extrudierten Tafeln
Es gibt Ein- und Zweikomponenten-Klebstoffe unterschiedlicher Viskosität und Härtungszeit. Die Schrumpfung ist gering. Die Klebnahtfestigkeit erreicht bis zu 80 % der Festigkeit des Grundwerkstoffs. Stumpfkleben ist möglich. Besonders schnelle Verklebungen erreicht man mit UV-härtenden Systemen. Diffusionskleben gelingt nur bei unvernetztem PMMA. Heutzutage werden ausschließlich methylenchloridfreie Lösungsmittelklebstoffe eingesetzt.
■ Veredeln der Oberfläche Formteile aus PMMA können nach dem Siebdruckverfahren unter Verwendung von speziellen Acrylglas-Siebdruckfarben bedruckt werden. Die zu bedruckenden Teile müssen von Eigenspannungen frei sein, um die Bildung von Spannungsrissen zu vermeiden, gleiches gilt auch für das Lackieren mit den besonders geeigneten benzin- oder toluollöslichen Lacken. Das Warmprägen wird zum Aufbringen von Schriftzügen, Emblemen und anderen Dekorationen häufig angewendet. Beim Metallisieren im Hochvakuum wird die empfindliche Metallschicht auf die Rückseite des Formteils aufgetragen, um sie vor Beschädigung zu schützen. Das Metallisieren ist mit und ohne vorheriges Lackieren möglich. Prinzipiell ist es möglich auch hochglänzende oder fein strukturierte bzw. samtmatte Oberflächen zu erzeugen. Kratzfestbeschichtungen bzw. mit einem Nanokomposit (Si-O-Netzwerkbasis) versehenen Auftragsfilm sind ebenso möglich wie mit „Mottenstrukturen“ bearbeitete, die Transmission auf nahezu 98 % steigernde Oberflächen.
■ Typisierung Die glasklaren Formmassen erfüllen die Anforderungen der FDA Regulation CFR 21 $ 177.1010 (1.04.1998) der europäischen Richtlinie 90/128 EWG ink 1999/91 EG und der deutschen Empfehlung XXII des BgVV ( 1.12.1996) ehemals BGA sowie die Forderung des LMBG Lebensmittel- und Bedarfgegenständegesetzes (17.06.2000).
■ Sortiment Die Sortimente der Rohstoffhersteller umfassen eine große Vielfalt an Typen, die sich nach Homo- und Copolymeren, Polymerisationsart, Fließfähigkeit, Einfärbung, Lichtdurchlässigkeit und Brandverhalten unterscheiden. Auch
2.1.4 Polyacrylate
535
gefüllte und glasfaserverstärkte Typen sind bekannt. Ferner gibt es Varianten mit Partikeln z. B. zur Erzielung von Lichtstreuung oder einer strukturierten Oberfläche. Glasklares und in vielen Farbtönen eingestelltes transparentes, transluzentes und opakes Granulat oder Mahlkorn. In aller Regel liegen die am Markt erhältlichen PMMA-Formmasssen üblicherweise granulatförmig, aber auch in Pulverform vor. Neben der klassischen PMMA-Grundkonfiguration, welche durch die vorliegende Molekulargewichtsverteilung hinsichtlich einer optimalen Verarbeitbarkeit bei der Extrusion bzw. beim Spritzgießen ausgerichtet sind, haben sich in den letzten Jahren weitere PMMA-Varianten bzw. Copolymere durchgesetzt. So wurden Formmassen entwickelt mit einer deutlich erhöhten Wärmeformbeständigkeit – ein Copolymerisat auf Basis von Methacrylsäuremethylester (MMA) mit comonomeren Bestandteilen.Weitere Stoffmodifikationen führen zu Produkten mit einer deutlich erhöhten Spannungsrissbeständigkeit; hochreine PMMA-Typen kommen z. B. für optische Datenspeicherträger zum Einsatz. Optimierte Formmassen sind auch erhältlich mit sehr guter Lichtstreuung bei gleichzeitig geringstem Transmissionsverlust; auch können beim Extrudieren bzw. Spritzgießen gezielt strukturierte Oberflächen erzeugt werden. Halbzeug steht in Form von Blöcken, Tafeln, Stegplatten, Wellplatten, Rohren und Profilen zur Verfügung; biaxial gerecktes tafelförmiges Halbzeug zeichnet sich gegenüber dem ungereckten durch eine wesentlich verbesserte Zähigkeit aus. Auch Folien mit Dicken bis herunter zu 50 µm werden hergestellt. Anwendungsbeispiele für PMMA finden sich heute in vielen Bereichen des täglichen Lebens. In vielen Fällen kommen dabei gezielt für die jeweilige Anwendung entwickelte Spezialitäten zum Einsatz. In der Automobilindustrie und dem Transportwesen werden PMMA Formmassen verwendet für Heckleuchten- und Blinkerabdeckungen, Innenraumleuchten, Kosmetikspiegel, Instrumentenabdeckungen und Lichtleiter. In modernen KfZ-Kennzeichen übernehmen Halbzeuge die Funktion der Lichtleitung. Flugzeugverglasungen und Schutzscheiben in Sonderfahrzeugen ergänzen das Anwendungsspektrum für Halbzeuge. Im Bauwesen greift man auf PMMA Formmassen zurück, wenn es sich beispielsweise um oberflächenveredelte Sanitärelemente oder Kunststoffprofile handelt: z. B. coextrudierte Fensterprofile, Regenrinnen und Fallrohre mit einer Deckschicht aus PMMA Formmasse, aber auch für hochwertige und robuste Möbelkanten sind beispielsweise schlagzäh-modifizierte PMMA Formmassen hervorragend geeignet. Gegossene und extrudierte Platten, Stegplatten und Wellplatten sind bevorzugte Produkte, wenn es um langlebige und widerstandsfähige Dach- und Wandverglasungen (Industriehallen, Erwerbsgewächshäuser, Terrassendächer) oder Objektverglasungen aus Kunststoffen geht. PMMA-Lärmschutzwandverglasungen an Verkehrswegen und Windschutz auf Brücken aus speziell für diese Anwendungen entwickelten Spezialitäten sind heute in allen Kontinenten verbreitet. In Unterwasseraquarien findet man
Polyacrylate
■ Lieferformen
Polyacrylate
536
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
PMMA Blockmaterial in Dicken über 100 mm und riesigen Abmessungen bis zu 6 mal 6 Metern pro Scheibe. Ein bedeutendes Segment für Halbzeuge ist der Markt für Designprodukte, vom Möbel über Innenausstattungen und Messebau bis hin zu Bildverglasungen, Leuchtschilder und Lichtdesign, insbesondere wegen der lichttechnischen Eigenschaften und Farbigkeit von PMMA. PMMA-Formmassen bieten Designern und Konstrukteuren einen hohen kreativen Freiraum: z. B. für hochwertige Haushalts- und Gebrauchsartikel, moderne und funktionale Leuchten im Innenund Außenbereich, sowie für Schreibgeräte und optische und optoelektronische Anwendungen sind eine Domäne für PMMA Formmassen. Ob als Linsen für Lese- und Sonnenbrillen sowie für Kameras und Ferngläser, als Lupen, Prismen, Fresnelstrukturen, oder als Lichtleiter in Flachbildschirmen: die hohe optische Reinheit und die hohe Transmission von PMMA Formmassen überzeugen in diesem Anwendungssegment. Darüber hinaus gibt es viele weitere Einsatzfelder, die sich unter dem Begriff „Lifestyle“ zusammenfassen lassen. Dazu gehören Solarienverglasungen (UVdurchlässige PMMA Platten), gefülltes PMMA für die Küchen- und Badgestaltung (Arbeitsplatten und Ablageflächen). Auf dem Gebiet der Lichtleitfasern aus PMMA sind in Japan und in den USA umfangreiche Anwendungen insbesondere im Automobilbereich anzutreffen. Suspensions- und Emulsionspolymere (Basis PMMA) werden in geringen Mengen PVC-U zugesetzt. Durch diese Vorgehensweise wird das Plastifizierverhalten sowie die rheologischen Eigenschaften dieser Formmasse – auch bei der Schaumextrusion – begünstigt. PMMA-Granulat – vorzugsweise gegossene Typen – bildet eine wirksame Hilfe beim Reinigen von Plastifizierzylindern bei Farb- und Materialwechsel. Handelsnamen Acrylite Acryrex Acryrex Altuglas Degalan Diakon Lucryl/Diakon Oroglas/Altuglas Plexiglas Acrystex
Cyro Chi Mei Chi Mei Atoglas Degussa-Röhm Lucite Lucite Arkema (Atoglas) Degussa-Röhm Chi Mei
2.1.4.4 PMMA/ABS Blends PMMA/ABS Blends weisen gegenüber ABS eine deutlich höhere Oberflächenhärte und Witterungsbeständigkeit auf. Eingesetzt werden diese Formmassen für Heckleuchten und für die Unterhaltungselektronik.
537
2.1.4 Polyacrylate
Handelsnamen Plexalloy Zylar Cyrex
Degussa-Röhm PMMA/ABS PMMA/MBS Cyro PMMA/PC
2.1.4.5 Polymethylmethacrylimid (PMMI) Diese Formmassengruppe zeichnet sich durch eine sehr hohe Wärmeformbeständigkeit und Steifigkeit aus und wird insbesondere für das Spritzgießen von Formteilen für Anwendungen mit höchster thermischer Beanspruchung eingesetzt.
Degussa-Röhm
2.1.4.6 MBS-Polymerisat Bei dieser Formmasse handelt es sich um eine schlagzähe thermoplastische Formmasse auf der Grundlage von Methylmethacrylat, Butadien und Styrol, also ein reines MBS-Polymerisat ohne Acrylnitril. Als besondere Eigenschaften ist für diesen Mehrphasenkunststoff eine bemerkenswerte Klarheit und Lichtdurchlässigkeit anzuführen. Darüber hinaus ist dieses Polymerisat mit Gammastrahlen und ETO-Gas sterilisierbar und gegenüber Isopropanol sehr gut beständig. Bei sehr tiefen Temperaturen liegt eine gute Schlagzähigkeit vor. Die Verarbeitung mittels Extrusion oder Spritzgießen ist unproblematisch. Handelsname Cyrolite
Degussa-Röhm
2.1.4.7 Polymethacryl/Imid (PM/I) 2.1.4.7.1 Synthese und Compoundierung Bei PM/I handelt es sich um ein während des Schäumvorgangs aus Metharcylsäure und Methacrylnitril umgesetztes Copolymerisat mit geschlossenzelliger Struktur.
Polyacrylate
Handelsname Pleximid
538
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
2.1.4.7.1.1 Herstellung von ROHACELL® Die Schaumtemperatur liegt je nach Dichte und Typ oberhalb 170 °C. Nach dem Schaumprozess wird der Block auf Raumtemperatur abgekühlt. Bedingt durch die niedrige Wärmeleitung des Schaumstoffes stellt sich hierbei ein Temperaturgradient ein, der eingefrorene Spannungen zur Folge hat. Wird dieser Block zu Platten aufgetrennt, so werden die eingefrorenen Spannungen frei und die Platten können leichten Verzug aufweisen. Diese Spannungen sind jedoch so gering, dass selbst bei dünnen Deckschichten ebene Sandwichteile hergestellt werden können.
Polyacrylate
2.1.4.7.2 Eigenschaften Diese Formmassenfamilie besitzt ausgezeichnete mechanische Eigenschaften wie niedrige Dichte bei hoher Stauchdruckhärte, hohe Wärme- und Lösungsmittelbeständigkeit und besonders bei tiefen Temperaturen eine niedrige Wärmeleitfähigkeit. Die natürliche Farbe des Schaums, welcher insbesondere im Konstruktionsleichtbau zum Einsatz kommt, ist weiß. Darüber hinaus brennt PMI mit geringer Rauchentwicklung; die Rauchgase enthalten keine korrodierenden Zersetzungsprodukte. PMI – z. B. die Typen Rohacell 31, 51 und 71 – sind ab 10 mm Materialdicke „normal entflammbar“ (Klasse B 2) im Sinne der DIN 4102 und gelten als nicht brennend abtropfend. Nach ASTM D-1692-59 T erhalten sie die Klassifizierung „Burning by this Test“. Die Abbrandgeschwindigkeit ist bei den einzelnen Typen unterschiedlich und von der Materialdicke abhängig. Für Rohacell 51, 10 mm dick, beträgt diese z. B. 2,4 cm/min. Mit entsprechenden Deckschichten versehen, erfüllen die an den Kanten nicht abgedeckten Sandwichteile die Bedingungen der FAR § 25.853 (a) und (b). Ebenso werden die Bedingungen der AirbusIndustrie bezüglich Rauchgasdichte und Toxizität der Rauchgase erfüllt. Tabelle 2-75. Eigenschaften von PMI ROHACELL® IG (Degussa-Röhm) Eigenschaften*
Dimension
31IG
51IG
71IG
110IG
DIN-Norm
Rohdichte Druckfestigkeit Zugfestigkeit Biegefestigkeit Schubfestigkeit E-Modul Schubmodul Reißdehnung Wärmeformbeständigkeit Stärken
kg/m3 N/mm2 N/mm2 N/mm2 N/mm2 N/mm2 N/mm2 % °C
32 0,4 1,0 0,8 0,4 36 13 3,5 180
52 0,9 1,9 1,6 0,8 70 19 4,0 180
75 1,5 2,8 2,5 1,3 92 29 4,5 180
110 3,0 3,5 4,5 2,4 160 50 4,5 180
53420 53421 53455 53423 53294 53457 53294 53455 53424
mm
4-85
1-70
4-60
4-45
2.1.4 Polyacrylate
539
Nach VDE 0471-3 (Glühdrahtmethode) beträgt die Zündtemperatur für Rohacell 51 bei einer Probendicke von 5 mm 710 °C. Nach DIN 51 794 beträgt die Zündtemperatur für alle Rohacell-Typen ohne Flamme ca. 600 °C und mit Flamme ca. 350 °C. Der Heizwert für PM/I gemessen nach DIN 51708 liegt bei 26.000 We/g. Der LOI-Wert von Rohacell 31, 51 und 71 liegt zwischen 19 und 20. Zu den hervorragenden Eigenschaften von PMI ROHACELL® IG zählt die Beständigkeit gegen organische Lösungsmittel. Das gilt für Benzol, Xylol und Monostyrol genauso wie für die gebräuchlichen Lack- und Klebstofflösungsmittel, Treibstoffbestandteile und die meisten sonstigen technischen Lösungsmittel (Tabelle 2-75).
2.1.4.8 Literatur – Kapitel 2.1.4 [1] NN, SigrafilTM, Firmenbroschüre, Fa. SGL Carbon Group Internet 2007 [2] NN Barex – Barriereeigenschaften, Firmenbroschüre, Fa. INEOS 2006 [3] M Träxler et al, MMA erobert immer mehr Einsatzfelder: Polymethylmethacrylat, Kunststoffe 95 (2005) 10, S 114-119 [4] Saechtling HJ (1995) „Polymethacrylate, Acrylglas“, in Kunststoff-Taschenbuch 26. Ausgabe, C Hanser, München, S 422–429 und: Schuber MTH u. a. (1973) „Permeabilität von Nitril-Kunststoffen“ Kunststoff-Plastics 21, Nr 3, S 15–18
Polyacrylate
Handelsnamen Rohacell® Degussa-Röhm PMI Pleximid Degussa-Röhm PMI
541
2.1.5 Polyacetal (POM)
2.1.5 Polyacetal (POM)
■ Märkte und Anwendungen Der Weltverbrauch von Polyacetalen lag im Jahr 2004 bei ca. 730.000 t. Dieser teilt sich wie folgt in die Regionen auf: Asien Pacific: 50 %, Europa 30 % und Nordamerika 20 %. Hauptabnehmerbranche ist in Europa und Nordamerika mit ca. 40 % der Automobilbereich. In Asien liegt die E/E Branche mit 35 % knapp vor der Autobranche mit 32 %. Die Anwendungen von Polyacetalen sind sehr vielfältig. Typische Anwendungen im Automobilbau sind Kraftstoffpumpen, Tankflansche, Clipse, Scheibenwischerabdeckkappen und Lautsprechergitter. In der E/E Branche wird vor allem das gute Gleitverhalten ausgenutzt und POM als Zahnradwerkstoff in Stirn-, Kegel- oder Schneckenrädern und als Lagerbuchsen verwendet. Weitere Anwendungsgebiete finden sich in der Gas und Wasserinstallation, in Haushaltsgeräten, Medizintechnik, Skibindungen bis hin zu Teilen der Spielzeug- und Uhrenindustrie. ■ Herstellung Die Entwicklung des Polyacetals reicht zurück bis in die zwanziger Jahre. Der Durchbruch zur Herstellung eines hochmolekularen, thermisch stabilen und thermoplastisch verarbeitbaren Polymers gelang erst den Chemikern von Du Pont de Nemours im Jahre 1956 in den USA. Seit 1959 ist das homopolymere Delrin® auf dem Markt. Die einzigen Bausteine dieses Polymers sind beispielsweise Formaldehyd oder Trioxan [1].
Formaldehyd
Trioxan
Die Celanese Corp. und die Hoechst AG entwickelten in USA und Europa aus Trioxan und geringen Mengen von cyclischen Ethern oder Formalen [1] Copolymere, die auch bei thermischer Beanspruchung eine hohe Kettenstabilität bei allerdings etwas niedrigerer Kristallinität und damit eine um 10 K niedrigere Schmelztemperatur aufweisen. Dieses Copolymer ist seit 1964 unter dem Handelsnamen Hostaform® am Markt.
Polyacetal (POM)
Klaus Kurz, Kai Uwe Tönnes
542
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Trioxan
Dioxolan
In den folgenden Jahren nahmen die BASF Aktiengesellschaft mit dem Copolymeren Ultraform® und mehrere japanische Firmen die Produktion auf.
■ Allgemeine Stoffbeschreibung
Polyacetal (POM)
Der lineare Aufbau und der hohe Kristallinitätsgrad bestimmen das Eigenschaftsbild dieses Thermoplasten. Die Polyacetale zeichnen sich aus durch: hohe Zähigkeit (bis – 40 °C), hohe Härte und Steifheit, hohe Formbeständigkeit in der Wärme und Wärmestandfestigkeit, geringe Wasseraufnahme, hohe Maßbeständigkeit, günstige elektrische und dielektrische Eigenschaften, hohe Beständigkeit gegen Lösemittel, Beständigkeit gegen die Bildung von Spannungsrissen, günstiges Gleit- und Verschleißverhalten, leichte Verarbeitbarkeit.
• • • • • • • • • •
Dieses günstige Gesamtbild der Eigenschaften macht die Polyacetale vor allem zum bevorzugten Konstruktionskunststoff in der Feinwerktechnik im weitesten Sinne.
■ Struktur und allgemeine Eigenschaften Beim Betrachten der strukturbedingten Eigenschaften der Polyacetale drängt sich ein Vergleich mit Polyethylen auf.
Polyethylen
Polyacetal (Polyoxymethylen, POM)
Bild 2-277. Wirkung der Nachbehandlung in der Wärme auf den Kristallinitätsgrad von AcetalHomopolymer
2.1.5 Polyacetal (POM)
543
■ Zusatzstoffe Bei den Polyacetalen spielen die Funktionszusatzstoffe eine wichtige Rolle. Das Füllen und Verstärken erstreckt sich meist auf gezielte Eigenschaften, beispielsweise das Verbessern des Gleit- und Verschleißverhaltens durch spezielle Füllstoffe, bzw. auf das Verstärken mit Glasfasern. ■ Funktionszusatzstoffe Polyacetale neigen zur Depolymerisation unter Abspaltung von Formaldehyd. Strukturelles Modifizieren des Polymers ist die wichtigste Stabilisierungsmöglichkeit. Zu diesen Maßnamen gehören das Copolymerisieren mit cyclischen Ethern und das Blockieren der Endgruppen. Die beim Abspalten von Formaldehyd durch Oxidation entstehende Ameisensäure katalysiert die Depolymerisa-
Bild 2-278. Optimale Zykluszeit von normalem und nukleiertem Acetal-Copolymer a nicht nukleiert b nukleiert
Polyacetal (POM)
Beide Polymere sind linear aufgebaut. Da kein Taktizitätsproblem vorliegt, sind beide kristallisationsfähig. Die Kristallisation kann bei Polyethylen durch den Verzweigungsgrad etwas beeinträchtigt werden. Bei den Polyacetalen sind es die Comonomere. Trotz der dichten Packung führt die hohe Beweglichkeit der Kette zu der verhältnismäßig tiefen Glasübergangstemperatur von – 73 °C. Der Kristallinitätsgrad hängt sehr von der Abkühltemperatur ab. Er beträgt 77 % bei 0 °C und 80 % bei 150 °C. In der Wärme nachbehandelte Formstoffe weisen erhöhte Kristallinität auf, Bild 2-277. Das Erhöhen der Abkühltemperatur kann andererseits zur Bildung größerer Sphärolithe führen. Dadurch wird die Schlagzähigkeit beeinträchtigt. Sorgt man jedoch durch die Zugabe von Nukleierungsmittel dafür, dass sich beim Abkühlen noch zahlreiche feine Überstrukturen bilden, dann bleibt die Zähigkeit erhalten. Dieser Effekt kann bei Spritzguss-Formmassen zum Erzielen kürzerer Zykluszeiten genutzt werden, Bild 2-278. Bei allmählicher Verlängerung der Nachdruckzeit zeigt sich, dass normales Acetal-Copolymer das optimale Formteilgewicht nach 17 s erreicht, während der modifizierte Produkttyp bereits nach 11 s zum gleichen optimalen Formteilgewicht führt, d. h. schneller erstarrt.
544
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
tion. Stabilisiert wird durch Kombinieren eines sterisch gehinderten Phenols mit einem Costabilisator. Als solche kommen Stickstoffverbindungen und Salze von Carbonsäuren (z. B. Calciumstearat) in Betracht [2]. Die Polyacetale sind nicht UV-stabil. Wellenlängen bis zu 365 nm initiieren den Abbau. Die bei der Depolymerisation entstehende Ameisensäure katalysiert den hydrolytischen Abbau [3]. POM neigt ohne UV-Stabilisierung im Freien nach kurzer Bewitterungsdauer zur Bildung von Oberflächenrissen und zum Kreiden. Falls ein schwarzer Farbton nicht stört, ist mit Hilfe von Ruß eine vorzügliche UV-Stabilisierung erreichbar. Für helle Farbtöne bewährt sich die Kombination aus sterisch gehinderten Aminen (HALS) und UV-Absorber, beispielsweise 2-(2¢Hydroxy-5¢-methylphenyl)benzotriazol.
■ Farbmittel Bei der Selbstherstellung von farbigen Formstoffen aus naturfarbenem POM dürfen nur Pigmente verwendet werden, die den Verarbeitungstemperaturen ohne Zersetzung oder Farbumschlag standhalten können. Außerdem dürfen sie die Thermostabilität von POM nicht beeinträchtigen. Es ist jedoch zu empfehlen, die Auskunft der Farbmittelhersteller einzuholen. Farbkonzentrate werden als Granulat geliefert.
Polyacetal (POM)
■ Füllstoffe Die Verwendung von Füllstoffen zielt bei POM weniger darauf ab, die mechanischen Eigenschaften wie Steifigkeit und Oberflächenhärte zu beeinflussen, sondern bestimmte Anwendungsmöglichkeiten zu erschließen. Durch den Zusatz von Kreide wird die Abriebfestigkeit bei Trockenlauf verbessert, eine Eigenschaft, die auf eine Eignung für Zahnräder, Lager und Gleitelemente hinweist.Außerdem wird die Biegewechselfestigkeit wesentlich erhöht. Durch den Zusatz von PTFE werden die guten Gleiteigenschaften dieses Materials mit der hohen mechanischen Festigkeit von POM vereinigt. Wartungsfreie Lager ohne Ruckgleiten sind die bevorzugten Anwendungsbereiche. Das Gleitverhalten normaler POM-Typen kann durch den Zusatz von Ölkonzentraten verbessert werden. Abgemischt wird im Verhältnis 1 : 10. Mit Hilfe von Metallpulvern (Aluminium, Bronze) kann die Formbeständigkeit in der Wärme und die elektrische Leitfähigkeit erhöht werden. Eine weitere Möglichkeit das Gleitverhalten von POM zu verbessern ist der Zusatz von PE. Dabei kommt sowohl PE-UHMW als auch PE Wachse zum Einsatz. Neben den bisher aufgeführten Möglichkeiten gibt es inzwischen eine Vielzahl von Produkten auf dem Markt, die aus Kombinationen der oben aufgeführten Füllstoffe bestehen.
■ Verstärkungsstoffe Die durch Verstärkungsstoffe erreichbare hohe Formbeständigkeit in der Wärme kann bei POM nur für kurze Zeit ausgenutzt werden. Die maximale Gebrauchstemperatur liegt auch bei glasfaserverstärkten Typen nur knapp über 100 °C. Es werden Lang- und Kurzfasern mit Masseanteilen von 20 bis 30 % verwendet. Dadurch kann die Zugfestigkeit verdoppelt und der Biege-
2.1.5 Polyacetal (POM)
545
E-Modul verdreifacht werden, auch das Kriechverhalten bei höheren Temperaturen wird günstig beeinflusst. Eine niedrigere Kerbschlagzähigkeit und ein höherer Volumenpreis müssen allerdings in Kauf genommen werden. Glaskugeln können bis zu 30 % Masseanteil zugesetzt werden, ohne dass sich die Verarbeitungsbedingungen gegenüber ungefülltem Material wesentlich ändern.
■ Sortiment In dem Maße, in dem sich die Polyacetale wegen ihres ungewöhnlich vielseitigen Eigenschaftsbildes bei zahlreichen Anwendungen als der ideale Technische Werkstoff erwiesen, wuchsen bei allen Herstellern die Typensortimente; so weist beispielsweise die Hostaform-Palette allein über 40 Grundtypen auf. Die angebotenen POM-Typen unterscheiden sich vor allem durch ihre molare Masse, d. h. durch ihre Fließfähigkeit. Hochmolekulare Typen, d. h. schwerfließende, werden vorwiegend extrudiert oder für das Spritzgießen dickwandiger Formteile verwendet. Dadurch wird die Lunkerbildung verringert. Leichter fließende Typen kommen generell für das Spritzgießen in Betracht. Das Sortiment enthält ferner mit Glasfasern verstärkte sowie mit PTFE, MoS2 und mit Mineralien gefüllte Typen für das Spritzgießen.
Polyacetal (POM)
■ Lieferformen POM wird als opakweißes, naturfarbenes oder als Farbgranulat von etwa 3 mm Korngröße geliefert, Halbzeug in Form von Blöcken, Tafeln, Stäben oder Rohren.
Bild 2-279. Spannungsdehnungsdiagramme verschiedener Werkstoffe (Prüftemperatur 20 °C) a Baustahl St 37 b Zink-Druckguss ZnAl c Kupfer, weichgeglüht d Aluminium, weichgeglüht e Acetal-Copolymer
546
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Polyacetal (POM)
Tabelle 2-76. Eigenschaften von Acetal-Homo- und Copolymeren Eigenschaften
Einheit
Homopolymer
Copolymer unverstärkt
30 % GF verstärkt
Rohdichte
g/cm3
1,42
1,41
1,6
mechanisch Streckspannung Reißdehnung E-Modul (Zug) Grenzbiegespannung Biegekriechmodul (1-min-Wert) Biegekriechmodul (6-Tage-Wert) Kugeldruckhärte (30-s-Wert) Kerbschlagzähigkeit bei 23 °C Kerbschlagzähigkeit bei – 40 °C
N/mm2 % N/mm2 N/mm2 N/mm2 N/mm2 N/mm2 mJ/mm2 mJ/mm2
67 bis 72 25 bis 70 3200 120 – – 160 7-15 6-12
65 bis 70 25 bis 70 2800 120 3300 1800 145 6-12 5-9
140 3 10000 180 9000 7000 180 30 –
Gebrauchstemperatur ohne mechanische Beanspruchung in Luft kurzzeitig dauernd
°C °C
110 bis 140 90 bis 110
110 bis 140 90 bis 110
110 bis 150 90 bis 110
°C °C
175 173
164 bis 167 150 bis 158
164 bis 167 160
°C
100-115
100 bis 105
160
K–1 W/mK
90 · 10–6 0,8
110 · 10–6 1,1
40 · 10–6 1,5
W cm W –
1015 1013 3,7
1015 1013 3,7
1015 1013 4,8
thermische Kristallit-Schmelzbereich Vicat-Erweichungspunkt VSP/B Wärmeformbeständigkeit ISO R 75/A linearer Ausdehnungskoeffizient zwischen 20 und 100 °C Wärmeleitfähigkeit bei 20 °C elektrisch spezifischer Durchgangswiderstand Oberflächenwiderstand Dielektrizitätszahl (1 MHz) dielektrischer Verlustfaktor tan d (1 MHz) Durchschlagfestigkeit Vergleichszahl der Kriechwegbildung
– kV/cm
0,0055 700
0,0055 700
0,0050 650
CTI/A
660
660
660
Wasseraufnahme 20 °C/96 h
mg
20 bis 30
30
40
■ Typisierung ISO 9988-1 (2005).
■ Physikalische Eigenschaften Richtwerte der physikalischen Eigenschaften der Acetal-Homo- und Copolymere sowie eines glasfaserverstärkten Typs enthält Tabelle 2-76. Siehe auch Richtlinie VDI/VDE 2477 (Nov. 74).
2.1.5 Polyacetal (POM)
547
Polyacetal (POM)
Bild 2-280. Spannungsdehnungsdiagramme verschiedener Thermoplaste (Prüftemperatur 20 °C, Prüfgeschwindigkeit 60 mm/min) a Polymethylmethacrylat b Acetal-Copolymer c Polycarbonat d Polyamid 6 e PVC-U f Polypropylen
Bild 2-281. Streckspannung verschiedener Thermoplaste in Abhängigkeit von der Temperatur (Prüfgeschwindigkeit 50 mm/min) a Acetal-Copolymer b Polyamid 6 c Polypropylen d Niederdruck-Polyethylen
548
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-282. Biege-E-Modul einiger technischer Thermoplaste in Abhängigkeit von der Temperatur a Polyacetal b Polysulfon c Polyphenylenether d Polycarbonat e ABS, hochwärmebeständig
Polyacetal (POM)
Bild 2-283. Schubmodul G und mechanischer Verlustfaktor d von Acetal-Copolymer in Abhängigkeit von der Temperatur (Frequenzen 15 bis 0,3 Hz, Werkstoff: Hostaform C 9021 der TICONA)
■ Mechanische Eigenschaften: Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit In Bild 2-279 wird das Spannungsdehnungs-Verhalten von Polyacetal mit demjenigen einiger metallischer Werkstoffe verglichen, an deren Stelle es bei zahlreichen Anwendungen im Bereich der Feinwerktechnik tritt. Bild 2-280 zeigt, dass die mechanische Festigkeit von POM derjenigen zahlreicher anderer Thermoplaste überlegen ist. Auch die Streckspannung von Polyacetal verläuft günstig, Bild 2-281. Die Temperaturabhängigkeit des im Kurzzeitversuchs ermittelten Biege-E-Moduls zeigt Bild 2-282. Man erkennt, wie sehr sich die bei Raumtemperatur noch nahezu steifen Kunststoffe mit zunehmender Temperatur voneinander unterscheiden.
■ Umwandlungstemperaturen In Bild 2-283 erkennt man innerhalb des Temperaturbereiches von – 150 °C bis zum Schmelzbereich von etwa 164 bis 167 °C drei kennzeichnende Umwandlungsgebiete – auch Relaxationsgebiete genannt – die technische Bedeutung haben. Der Bereich um – 60 °C stellt die bei abnehmender Temperatur wichtige Versprödungsgrenze bei Schlagbeanspruchung dar, sie wird als Einfrier- oder Glasübergangstemperatur bezeichnet. Das Relaxationsgebiet im Bereich –20 °C wird
2.1.5 Polyacetal (POM)
549
Langzeitverhalten: Zeitstandsverhalten bei einachsigem Spannungszustand Die Ergebnisse der unter verschiedenen Bedingungen durchgeführten Langzeitversuche dienen dem Konstrukteur als Berechnungsgrundlage beim Entwurf dauernd beanspruchter Bauteile. Das Langzeitverhalten wird in zwei Grundversuchen geprüft: Zeitstand-, Kriech- oder Retardationsversuch nach ISO 899-1 (Deformationszunahme bei konstanter Spannung) und im Spannungsrelaxationsversuch nach DIN 53 441 (Spannungsabbau bei konstanter Dehnung). Zeitstandfestigkeit ist die Spannung, bei der ein belasteter Probestab unter bestimmten Umgebungsbedingungen nach einer bestimmten Zeit bricht. Die Untersuchungen werden an Schulterstäben (einachsiger Spannungszustand) oder an Rohren (mehrachsiger Spannungszustand) in Luft oder einem anderen Medium durchgeführt.
Bild 2-284. Zeitdehnungslinien von Acetal-Copolymer (Prüftemperatur 20 °C, gemessen in der Luft, Werkstoff: Hostaform C 9021 der TICONA)
Polyacetal (POM)
als b-Relaxation bezeichnet und Kettenbewegungen in den amorphen Bereichen als auch an den Phasengrenzen zwischen amorphen und kristallinen Bereichen zugeordnet. Das dritte Nebenmaximum oberhalb 100 °C ist auf molekulare Bewegung im kristallinen Bereich zurückzuführen. Dieses Verhalten ist für die Formbeständigkeit in der Wärme von Bedeutung. In jedem Umwandlungsgebiet, ausgehend von 0 °C, wird die molekulare Beweglichkeit durch thermische Aktivierung größer. Dies hat zur Folge, dass Härte und Sprödigkeit des Materials abnehmen. Die Kerbschlagzähigkeit kann sich dabei wesentlich ändern. Häufig beobachtet man Übergänge vom Sprödbruch zum Zähbruch. Bei höheren Verformungsgeschwindigkeiten wandern die Schwerpunkte der Umwandlungsgebiete zu höheren Temperaturen. Der Kunststoff verhält sich somit wie ein steiferes Material.
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Polyacetal (POM)
Bild 2-285. Zeit/Spannungsdiagramm von Acetal-Copolymer (nach DIN 53 444, Prüftemperatur 20 °C, Werkstoff: Hostaform C 9021 der TICONA)
Aus den bei verschiedenen Beanspruchungshöhen ermittelten Kriechkurven (Zeitdehnlinien), Bild 2-284, findet man durch Horizontal-Schnitte bei gleicher Dehnung die Zeitspannungs-Linien, die im sog. Zeitstandschaubild, Bild 2-285, wiedergegeben werden. Aus Vertikalschnitten erhält man die isochronen Spannungsdehnungs-Diagramme gemäß ISO 899-1, Bild 2-286. Die im Kriechversuch bei Zugbeanspruchung ermittelten Dehnungen und Kriechmoduln können in guter Näherung auch für Biege- und Druckbeanspruchung verwendet werden. Damit eine gewisse Sicherheit gegen Bruch gegeben ist, wird üblicherweise bei Konstruktionen mit Dehnungen von 0,5 bis 1,0 % gerechnet. Den im Zeitstandversuch bei einer Randfaserspannung von 10 N/mm2 ermittelten Biege-Kriechmodul von unverstärktem und glasfaserverstärktem AcetalCopolymer gibt Bild 2-287 für Prüftemperaturen von 20 bis 80 °C wieder. Tabelle 5-29 im Anhang enthält Daten über den Biege-Kriechmodul von unverstärktem und verstärktem Acetal-Homo- und Copolymer für verschiedene Beanspruchungen und Temperaturen. Die Ergebnisse der Spannungsrelaxationsversuche nach DIN 53 441 zeigt Bild 2-288. Danach liegen die Relaxationsmoduln von glasfaserverstärktem Hostaform C 9021 CV 1/30 deutlich über denen von unverstärktem Hostaform C 9021; sie zeigen außerdem einen wesentlich flacheren Verlauf. Das glasfaserverstärkte Produkt weist demnach nicht nur eine geringere Kriechneigung als das unverstärkte auf (vgl. Biege-Kriechmodul, Bild 2-287), sondern relaxiert auch langsamer.
551
Bild 2-286. Isochrone Spannungsdehnungslinien von Acetal-Copolymer für verschiedene Temperaturen (Werkstoff: Hostaform C 9021 der TICONA)
Bild 2-287. Biege-Kriechmodul von unverstärktem und glasfaserverstärktem Acetal-Copolymer bei verschiedenen Temperaturen a Polyacetal + 26 Masse-% Glasfasern b Polyacetal unverstärkt (Werkstoff: Hostaform C 9021 der TICONA)
Polyacetal (POM)
2.1.5 Polyacetal (POM)
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Polyacetal (POM)
Bild 2-288. Relaxationsmodul Er von Hostaform C 9021 GV 1/30 (a) und Hostaform C 9021 (b) in Abhängigkeit von der Beanspruchungsdauer bei Raumtemperatur
Bild 2-289. Druckzeitstandfestigkeit von Acetal-Copolymer (Prüftemperatur 20 °C) (Werkstoff: Hostaform C 9021 der TICONA)
Das Ergebnis von Druck-Zeitstandversuchen gibt Bild 2-289 wieder. Der für die Berechnung eines Formteils bei Torsionsbeanspruchung benötigte Schubmodul ergibt sich aus der Beziehung: E G = 85 2 (l + n) Darin ist n die Poisson-Zahl (n ≈ 0,35 für harte Thermoplaste). Der in Bild 2-283 wiedergegebene Schubmodul wird im Kurzzeitversuch ermittelt und kommt deshalb für das Berechnen langzeitig beanspruchter Bauteile nicht in Betracht. Zeitstandverhalten bei mehrachsigem Spannungszustand Die Ergebnisse aus Zeitstandversuchen im einachsigen Spannungszustand können nur bedingt auf den mehrachsigen Spannungszustand übertragen werden.
553
2.1.5 Polyacetal (POM)
Der mehrachsige Spannungszustand liegt zum Beispiel bei unter Innendruck stehenden Rohren vor. Die Vergleichsspannung s v (Umfangsspannung) für den mehrachsigen Spannungszustand wird wie folgt berechnet: dm s v = p · 5 N/mm2 2s mit p = Innendruck dm = mittlerer Durchmesser s = Wanddicke
N/mm2 mm mm
Das Ergebnis der sich über eine Dauer von mehr als 30 Jahren erstreckenden Zeitstandversuche mit Rohren aus Acetal-Copolymer ist in Bild 2-290 wiedergegeben. Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit Das Zähigkeitsverhalten von Formteilen aus viskoelastischen Werkstoffen ist – abgesehen von Einflüssen wie Temperatur, Gestalt und Herstellbedingungen – abhängig von der Verformungsgeschwindigkeit. Ein im herkömmlichen Zugversuch sich zäh verhaltender Werkstoff kann im Schlagzugversuch ohne Bruchdehnung zerreißen und somit als spröder Werkstoff erscheinen. Die Einfriertemperatur von Polyacetal liegt im Bereich von – 60 bis – 65 °C. Das ist im Vergleich zu anderen Kunststoffen tief. Daraus erklärt sich die selbst bei tiefen Temperaturen noch bemerkenswert hohe Schlag- und Kerbschlagzähigkeit, Bilder 2-291 und 2-292.
Polyacetal (POM)
Bild 2-290. Zeitstandfestigkeit von Rohren aus Acetal-Copolymer (Prüftemperatur 20 °C bis 60 °C, innen und außen Wasser) (Werkstoff: Hostaform C 9021 der TICONA)
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Polyacetal (POM)
Bild 2-291. Schlagzähigkeit von Acetal-Copolymer in Abhängigkeit von der Temperatur (Werkstoff: Hostaform C 9021 der TICONA)
Bild 2-292. Kerbschlagzähigkeit von Acetal-Copolymer in Abhängigkeit von der Temperatur (Werkstoff: Hostaform C 9021 der TICONA)
Bild 2-293. Kerbschlagzähigkeit (Charpy) nach ISO 179 1eA von Hostaform S im Vergleich zu Hostaform C in Abhängigkeit von der Temperatur
2.1.5 Polyacetal (POM)
555
Polyacetal (POM)
Bild 2-294. Kerbschlagzähigkeit (Charpy) nach ISO 179 1eA von Hostaform S in Abhängigkeit von der Temperatur
Bild 2-295. Kombination von Steifigkeit und Zähigkeit: DELRIN im Vergleich zu Acetal-Copolymer 왏 Standard Acetal-Copolymere 앩 Schlagzäh-modifizierte Acetal-Copolymere 쐍 Standard DELRIN 앫 Schlagzäh-modifiziertes DELRIN
556
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Der Einfluss einer elastifizierenden Komponente auf die Kerbschlagzähigkeit der S-Typen des Hostaform-Sortimentes im Vergleich mit dem normalen Hostaform Typ C 9021 geht aus den Bildern 2-293 und 2-294 hervor. Die Spannweite der Zähigkeit (Bruchdehnung), die bei der jeweiligen Steifigkeit (E-Modul) mit den heute verfügbaren POM-Sortimenten überbrückbar ist, zeigt eindrucksvoll das Bild 2-295. Die Kerbempfindlichkeit wird – wie bei allen Kunststoffen – u. a. von der Kerbform, den Beanspruchungsbedingungen und der Temperatur beeinflusst. Querschnittübergänge, scharfkantige Ecken und Kerben müssen vermieden werden. Alle Übergänge werden abgerundet, Rippen erhalten Hohlkehlen von 0,2 mm, um bei Stoß- und Schlagbeanspruchung örtliche Spannungsspitzen zu vermeiden.
Polyacetal (POM)
Verhalten bei schwingender Beanspruchung Für das Berechnen periodisch beanspruchter Konstruktionsteile ist die Zeitschwingfestigkeit maßgebend. Darunter versteht man den im Schwingversuch ermittelten Spannungsausschlag s a – bei gegebener Mittelspannung s m –, den eine Probe für eine bestimmte Anzahl von Lastspielen, z. B. 107 Lastwechsel, ohne Bruch aushält („Wöhler-Kurve“).
Bild 2-296. Beanspruchungsbereiche im Dauerschwingversuch
Bild 2-297. Wöhler-Kurve für Hostaform C 9021, ermittelt im ZugDruckwechselbereich (Probekörper nach ISO 3167; gilt mit guter Näherung auch für die übrigen, nichtmodifizierten Hostaform-Typen)
557
Bild 2-298. Wöhler-Kurve für Hostaform C 9021, ermittelt im ZugSchwellbereich (Probekörper nach ISO 3167, gilt mit guter Näherung auch für die übrigen, nicht modifizierten Hostaform-Typen)
Bild 2-299. Wöhler-Kurven für Hostaform C 9021 GV 1/30 (a), C 9021 (b), S 9244 (c) und S 9064 (d), ermittelt im Biege-Wechselbereich (Kurve b gilt mit guter Näherung auch für die übrigen, nicht modifizierten Hostaform-Typen)
Bild 2-300. Wöhler-Kurven für Hostaform C 9021 (b) sowie Hostaform C 9021 GV 1/30 (a), ermittelt im Biege-Schwellbereich (Kurve b gilt mit guter Näherung auch für die übrigen, nicht modifizierten Hostaform-Typen)
Polyacetal (POM)
2.1.5 Polyacetal (POM)
558
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Die verschiedenen Beanspruchungsbereiche, in denen derartige Versuche durchgeführt werden, gehen aus Bild 2-296 hervor. Es wird unterschieden nach Schwell- und Wechselbereichen. Für die meisten Kunststoffe beträgt die Zeitschwingfestigkeit 20 bis 30 % der im Kurzzeitversuch ermittelten Reißfestigkeit. Sie sinkt mit steigender Temperatur und Lastwechselfrequenz sowie an Kerbstellen auftretenden Spannungsspitzen. Um den Fehler durch Temperaturerhöhung im Probenkörper infolge der inneren Reibung möglichst gering zu halten, sollten Lastwechselfrequenzen von maximal 10 Hz gewählt werden. Die Ergebnisse einiger mit einem Acetal-Copolymer-Spritzgusstyp durchgeführten Schwingversuche geben die Bilder 2-297 bis 2-300 wieder. Aus der Biegewechselfestigkeit s bw, der Biegeschwellfestigkeit s bSch und der Biege-Zeitstandfestigkeit kann das Zeitfestigkeits-Schaubild nach Smith konstruiert werden. Das vorliegende Diagramm basiert auf einer Prüffrequenz von 10 Hz, Bild 2-301. Zur Ermittlung der zulässigen Spannungen müssen auch in diesem Falle auf Erfahrungswerten basierende Sicherheitszahlen berücksichtigt werden.
■ Sicherheitsbeiwerte
Polyacetal (POM)
Für die Berechnung von Konstruktionsteilen müssen die – vorwiegend in mechanischen Langzeitprüfungen zu ermittelnden – Werkstoffkennwerte noch durch einen Sicherheitsbeiwert dividiert werden. Gründe für die Berücksichtigung von Sicherheitsbeiwerten sind beispielsweise:
• • • •
verarbeitungsbedingte Anisotropie der mechanischen Eigenschaften, versuchsbedingte Streuung der Einzelwerte bei der Ermittlung der Werkstoffkennwerte, Abweichung der Praxisbeanspruchung von der angenommenen Beanspruchung, Abweichung der wirklichen Spannungen von den berechneten.
Die nachstehende Übersicht enthält für verschiedene Beanspruchungen empfohlene Sicherheitsbeiwerte. Art des Versagens
Bruch Unzulässige Formänderung Instabilität
Sicherheitsbeiwerte S Ruhende Beanspruchung
Intermittierende Beanspruchung
Schwingende Beanspruchung
2 bis 3
2 bis 3
1,5 bis 2
1,2 >3
1,2 >3
1,2 >3
Die zulässige Spannung errechnet sich damit – auch unter Berücksichtigung von Spannungskonzentrationszahlen – zu: K szul = 9 N/mm2 S · aK
2.1.5 Polyacetal (POM)
559
K Beanspruchungshöhe N/mm2 S Sicherheitsbeiwert aK Formziffer Die Formziffer aK berücksichtigt die an einem beanspruchten Bauteil u. U. auftretende Kerbwirkung. Unter Kerben versteht man mehr oder minder schroffe Querschnittsänderungen oder solche Stellen, an denen Richtungsänderungen des Kraftflusses infolge der geometrischen Gestalt des Bauteils vorliegen. Die Formziffer aK ist definiert als:
s max aK = 8 sS smax max. Spannung N/mm2 ss Nennspannung N/mm2 Die Formziffer wird wesentlich von der Schärfe der Kerbe beeinflusst, d. h. je spitzer die Kerbe, desto größer a K . Härte Die Härte von Polyacetal wird unter den Kunststoffen nur von wenigen Thermoplasten und duroplastischen Formstoffen übertroffen. Nachfolgend sind einige Zahlenwerte für einen Polyacetal-Spritzgusstyp aufgeführt. Die unterschiedlichen Werte für Vickers-, Brinell- und Kugeldruckhärte ergeben sich aus den grundsätzlich verschiedenen Prüfverfahren.
Polyacetal (POM)
Bild 2-301. Zeitfestigkeitsschaubild nach Smith für Biege-Wechselbeanspruchung (N = 107, f = 10 Hz, Prüftemperatur 20 °C)
560
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-302. Kugeldruckhärte eines Acetal-CopolymerSpritzgusstyps in Abhängigkeit von der Temperatur (nach ISO 2039 Part 1, 30-sWert) (Werkstoff: Hostaform C 9021 der TICONA)
Polyacetal (POM)
Kugeldruckhärte (nach ISO 2039 Part 1, Prüfkraft 358 N) KH (30-s-Wert 150 N/mm2) Brinell-Härte (DIN 50351) HB 2,5 205 N/mm2 Vickers-Härte (nach DIN 50 133) HV 0,1 185 N/mm2 Rockwell-Härte (ASTM D 785-62) HRR 117
Bild 2-303. Dynamische Reibungszahl m von Acetal-Copolymeren in Abhängigkeit von der Flächenpressung (Gleitgeschwindigkeit v = 10 m/min) beim Gleiten gegen Stahl mit einer Rautiefe von 2,5 mm a Acetal-Copolymer, glasfaserverstärkt (30 Masse-%) b Acetal-Copolymer, Spritzguss- und Extrusionstypen, sowie mit MoS2 und Kreide modifizierte Typen c Mit PTFE modifizierter Spritzgusstyp (Quelle: TICONA)
561
2.1.5 Polyacetal (POM)
Bild 2-304. Empfehlenswerte Beanspruchungsgrenzen für ungeschmierte Lager aus Acetal-Copolymer
Reibungs- und Verschleißverhalten Die hohe Oberflächenhärte und die glatte Oberfläche der Formteile aus Polyacetal begünstigen das Gleit- und Verschleißverhalten. Durch Versuche im Temperaturbereich von 20 bis 90 °C mit Polyacetal auf Polyacetal ergab sich für die statische Reibungszahl ein Mittelwert von 0,25. Bild 2-303 zeigt die Gegenüberstellung von nicht modifiziertem Acetal-Copolymer und modifizierten Typen beim Gleiten gegen gehärteten und geschliffenen Stahl (Rautiefe 2,5 mm) in Abhängigkeit von der Flächenpressung p bei einer konstanten Gleitgeschwindigkeit von v = 10 m/min. Die Messanordnung bestand aus Stahlwelle und Kunststofflager. Bei Umfangsgeschwindigkeiten bis etwa 30 m/min kann man aufgrund bisheriger Untersuchungsergebnisse gemäß Bild 2-304 für ungeschmierte Gleitlager den Wert: N · m pv = 8 9 min mm2 7
annehmen.
Bei höheren pv-Werten müssen die Lager üblicherweise geschmiert werden. Wegen der im Voraus meist nicht vorhersehbaren Lagererwärmung seien in jedem Einzelfalle Versuche unter Betriebsbedingungen empfohlen. Ein sicherer Dauerbetrieb wurde zum Beispiel mit einem geschmierten Lager von 25 mm Bohrungsdurchmesser bei einer Umfangsgeschwindigkeit von 60 m/min und einem pv-Wert von 30 N/mm2 · m/min erzielt. Zu beachten ist, dass die Kurve in Bild 2-304 keine allgemeingültige Kennfunktion darstellt, sondern dass die angegebenen pv-Werte als Richtwerte aufzufassen sind. Die im Einzelfall erreichbaren pv-Werte sind von einer Vielzahl konstruktions- und umweltbedingter Faktoren abhängig; sie können daher tiefer, jedoch auch höher als die angegebenen Werte liegen. Bei Umgebungstemperaturen oberhalb 20 °C sind die angegebenen pv-Richtwerte mit Sicherheitsbeiwerten zu versehen. Bei Temperaturen oberhalb 80 bis
Polyacetal (POM)
Die Änderung der Kugeldruckhärte eines Spritzgussmaterials in Abhängigkeit von der Temperatur zeigt Bild 2-302.
562
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-305. Betriebsspiel von Lagerbuchsen aus thermoplastischen Kunststoffen als Funktion des Lagerdurchmessers [6]
100 °C in der Gleitzone der Lager ist mit einer starken Zunahme des Verschleißes zu rechnen. Die Umgebungstemperaturen sollen daher 50 bis 60 °C möglichst nicht überschreiten. Der Bemessung des Lagerspiels:
Polyacetal (POM)
s = die – dwe mm mit die effektiver Innendurchmesser der Lagerschale in mm. dwe effektiver Durchmesser der Welle in mm, das wegen des hohen linearen Ausdehnungskoeffizienten größer als bei Metalllagern zu wählen ist, kann das in Bild 2-305 angegebene Diagramm zugrunde gelegt werden, das auf eine mittlere Lagertemperatur von 60 °C bezogen ist. Die obere Begrenzungslinie gilt für ein Durchmesserverhältnis da a = 4 ≈ 1,5 d1 mit da Außendurchmesser der Lagerschale mm. Bei kleineren Durchmesserverhältnissen und zu erwartender niedriger Lagertemperatur kann das Spiel entsprechend des angegebenen Bereichs verringert werden. Bei kleinerem Spiel besteht die Gefahr des Klemmens der Lager. Lagerschalen aus Polyacetal sollten mit Rücksicht auf die Wärmeabführung als Kurzgleitlager mit l/d = 1 und möglichst geringer Wanddicke ausgeführt werden. Die Lagerschalen können in der Gehäusebohrung durch Einpressen fixiert werden. Dabei hat sich ein Einpressübermaß von b = 0,8 bis 1 % bewährt. Die durch das Einpressen bedingte Lagerspaltverringerung ist durch eine etwa dem Einpressübermaß entsprechende Vergrößerung des Lagerspiels zu kompensieren. Der Lagerzapfen sollte vorzugsweise aus Stahl (mit einer Oberflächenhärte HRc > 40) bestehen. Obwohl Gleitelemente aus Polyacetal für den Trockenlauf
563
2.1.5 Polyacetal (POM)
Polyacetal (POM)
Bild 2-306. Enthalpie eines Acetal-Copolymer-Spritzgusstyps, bezogen auf 20 °C (Werkstoff: Hostaform C 9021 der TICONA)
Bild 2-307. Längenausdehnungskoeffizient von Acetal-Copolymeren in Abhängigkeit von der Temperatur a Acetal-Copolymer, unverstärkt b Acetal-Copolymer, 20 % Massegehalt Glasfasern (quer) c Acetal-Copolymer, 30 % Massegehalt Glasfasern (längs)
Bild 2-308. Relative Volumenänderung V/V25 °C von Acetal-Copolymer in Abhängigkeit von Druck und Temperatur
564
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
geeignet sind, ist dennoch Schmierung vorteilhaft. Tempern in Öl verbessert das Gleitverhalten. Dauerschmierung bewährt sich am besten. Der Verschleiß von Polyacetallagern wird durch Modifizieren (unter vergleichbaren Laufbedingungen) auf etwa ein Drittel verringert. Durch Pigmentieren kann das Verschleißverhalten beeinflusst werden.
■ Thermische Eigenschaften Die aus der spezifischen Wärmekapazität berechnete Enthalpie eines PolyacetalSpritzgusstyps ist in Bild 2-306 wiedergegeben. Den Längenausdehnungskoeffizient von unverstärktem und glasfaserverstärktem Acetal-Copolymer zeigt Bild 2-307. An Stelle des üblichen pvt-Diagrammes ist in Bild 2-308 die relative Volumenänderung in Abhängigkeit vom Druck bei verschiedenen Temperaturen wiedergegeben.
Polyacetal (POM)
■ Elektrische Eigenschaften Die elektrischen Eigenschaften der Polyacetale sind gut, wenn auch nicht überragend. In dieser Hinsicht gibt es preiswertere Alternativen. Kommt es jedoch auf das Gesamtbild der mechanischen und elektrischen Eigenschaften an, dann leisten die Polyacetale vorzügliche Dienste. Die Abhängigkeit der Dielektrizitätszahl einiger Thermoplaste von Temperatur (A) und Frequenz (B) gibt Bild 2-309 wieder. Die Abhängigkeit des dielektrischen Verlustfaktors verschiedener Thermoplaste von der Temperatur ist in Bild 2-310 wiedergegeben. Die Abhängigkeit des tan d verschiedener Thermoplaste von der Frequenz zeigt Bild 2-311.
Bild 2-309. Dielektrizitätszahl einiger Thermoplaste in Abhängigkeit von der Temperatur (A) und der Frequenz (B) (A) gemessen bei 105 Hz a Polyamid b Acetal-Copolymer c schlagfestes Polystyrol d Polycarbonat e Niederdruckpolyethylen (B) gemessen bei 25 °C Kurvenbezeichnungen wie bei (A)
2.1.5 Polyacetal (POM)
565
Polyacetal (POM)
Bild 2-310. Dielektrischer Verlustfaktor tan d einiger Thermoplaste in Abhängigkeit von der Temperatur (A) und der Frequenz (B) (A) gemessen bei 105 Hz a Polyamid b Acetal-Copolymer c schlagfestes Polystyrol d Polycarbonat e Niederdruckpolyethylen (B) gemessen bei 25°C Kurvenbezeichnungen wie bei (A)
Bild 2-311. Abhängigkeit des dielektrischen Verlustfaktors tan d verschiedener Thermoplaste von der Frequenz (gemessen bei 25 °C)
Die Neigung von Polyacetal zu elektrostatischer Aufladung ist gering. Wenn ein Verstauben ausgeschlossen werden soll, dann ist die Formmasse antistatisch auszurüsten. Dadurch wird beispielsweise der Oberflächenwiderstand von 1014 W auf 1013 W und die Halbwertzeit der Entladung von etwa 60 s auf 10 bis 25 s gesenkt, d. h. die Feldstärke eines Kondensators mit dem Probekörper als Dielektrikum sinkt nach dem Aufladen mit 1000 Volt auf 50 % des Anfangswertes.
566
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Polyacetal (POM)
Bild 2-312. Wasseraufnahme von Polyacetal (A) und dadurch bedingte Maßänderungen (B)
■ Optische Eigenschaften Formteile aus Polyacetal sind durchscheinend bis weiß. Die Lichtdurchlässigkeit von 2 mm dicken spritzgegossenen Platten beträgt 50 %, der Brechungsindex n20 D = 1,48. Der Glanz der Formteile hängt von der Oberflächengüte der Werkzeugwandungen ab.
■ Chemikalienbeständigkeit Beständig gegen: schwache Laugen (starke Laugen nur bei Copolymeren), Benzin, Benzol, Alkohole, Öle, Fette, halogenierte KW, Wasser, Detergenzien; nicht beständig gegen: Säuren, Oxidationsmittel.
■ Wasseraufnahme Die Wasseraufnahme von Polyacetal ist gering. Sie beträgt nach ISO 62 bei 20 °C nach 24 Std. 15 mg und nach 96 Std. 30 mg. In Bild 2-312 (A) ist die Zeitabhängigkeit der Wasseraufnahme eines Acetal-Copolymer-Spritzgusstyps im Temperaturbereich von 20 bis 60 °C wiedergegeben. Die dadurch verursachte Längenänderung gibt Bild 2-312 (B) wieder. Die relative Änderung der Zugfestigkeit bei Lagerung in heißem Wasser zeigt Bild 2-313.
■ Spannungsrissverhalten Die Polyacetale neigen grundsätzlich nicht zur Bildung von Spannungsrissen (Richtlinie VDI/VDE 2477).
567
2.1.5 Polyacetal (POM)
■ Witterungsbeständigkeit Polyacetale werden insbesondere durch UV-Strahlung geschädigt. Dadurch hervorgerufene Eigenschaftsänderungen treten um so schneller ein, je geringer die Wanddicke ist. Durch Zusatz von Lichtstabilisatoren lässt sich der Abbau verzögern. Als wirksamster Stabilisator erweist sich Aktivruß. Eine geringere Wirksamkeit haben organische Lichtstabilisatoren, die für naturfarbenes oder farbiges Material verwendet werden können. Außerdem haben einige pigmentierte Typen ohne UV-Absorber-Zusatz eine gute Witterungsbeständigkeit.
Tabelle 2-77. Dampf- und Gasdurchlässigkeit von Polyacetal (Werte gemessen an 80 mm dicken Folien) Medium
Durchlässigkeit g/m2d
Wasserdampf Sauerstoff Stickstoff Wasserstoff Kohlendioxid Kohlenmonoxid Luft Leuchtgas Ethylen Methan Propan Butan Fluor-KW R 12 Fluor-KW R 114 Fluor-KW R 11
cm3/dm2 · d · bar
0,15 3,6 · 10–2 0,7 · 10–2 32 · 10–2 72 · 10–2 2 · 10–2 1,2 · 10–2 2,1 · 10–2 2,9 · 10–2 1,8 · 10–2 undurchlässig undurchlässig 9,9 · 10–2 14 · 10–2 0,73
Polyacetal (POM)
Bild 2-313. Relative Zugfestigkeit von Hostaform C 9021 in Abhängigkeit von der Lagerungsdauer in heißem Wasser
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
■ Strahlenbeständigkeit Formteile aus Polyacetal sollten nicht an Stellen verwendet werden, an denen die Gesamt-Strahlungsdosis etwa 3 · 104 J/kg überschreitet. Bei höherer Dosis verfärben sich die Teile und verspröden.
■ Brennbarkeit Polyacetale sind als Polymerisationsprodukte des Formaldehyds brennbar. Sie brennen mit schwach bläulicher Flamme und tropfen ab. Nach dem Verlöschen bzw. bei unvollständiger Verbrennung tritt stechend riechender Formaldehyd auf. Gemäß der Brennbarkeitsprüfung UL 94 wird Polyacetal als HB eingestuft. Die Klassifizierung V-O ist nicht möglich.
■ Durchlässigkeit für Gase und Dämpfe Die Durchlässigkeit von Behältern aus Polyacetal ist, verglichen mit anderen Thermoplasten, sehr niedrig. Diese Feststellung gilt auch für aliphatische und halogenierte KW. Eine Übersicht gibt Tabelle 2-77. Polyacetal ist gegen Brenngase beständig und eignet sich deshalb für die Verwendung in Gasarmaturen und Aerosolbehältern.
Polyacetal (POM)
■ Verhalten gegenüber Kraftstoffen Die Prüfung auf Benzindurchlässigkeit, Bild 2-314, ergab für die nicht modifizierten Typen im Vergleich mit PA 6 und PE-HD sehr niedrige Werte. Die Versuche wurden an 1-mm-Platten bei 40 °C durchgeführt. Die Durchlässigkeit von Benzindampf zeigt Bild 2-315. Die Grundtypen von Polyacetal sind gegen Kraftstoffe – auch mit 15 bis 30 % Methanolgehalt – für Otto-Motoren und Dieselkraftstoff beständig.
Bild 2-314. Benzindurchlässigkeit von Hostaform C und anderer Thermoplaste als Funktion der Lagerungsdauer (Prüfkraftstoff M 15, Prüftemperatur 40 °C)
2.1.5 Polyacetal (POM)
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Polyacetal (POM)
Bild 2-315. Benzindampfdurchlässigkeit von Hostaform C 27 021 als Funktion der Temperatur (Prüfkraftstoff: Super, bleifrei; Wanddicke: 1,22 mm)
Bild 2-316. Kraftstoffaufnahme der Hostaform-Grundtypen in Abhängigkeit von der Lagerungsdauer bei Raumtemperatur
Außer der chemischen Beständigkeit ist auch die Kraftstoffaufnahme, d. h. das Ausmaß der Quellung zu beachten. Im Sättigungszustand beträgt die Gewichtszunahme bei Super-Benzin annähernd 2 %, bei Super/Methanolgemisch (85/15) etwa 2,3 %, Bild 2-316. Bei glasfaserverstärkten Typen ist die Quellung geringer. Nachteilig wirkt sich jedoch die Beeinträchtigung der Grenzflächenhaftung auf die Reißfestigkeit des Werkstoffes aus.
■ Gesundheitliche Beurteilung Die nationalen Regelungen für Kunststoffe, die für den Kontakt mit Lebensmitteln bestimmt sind, werden zurzeit von den Mitgliedsländern der Europäischen Gemeinschaft harmonisiert. Grundlage für die Regelung von Lebensmittel-Bedarfsgegenständen bildet dabei die Rahmenverordnung der EU 2004/1935/EG (früher: EU-Richtlinie 89/109/EG). Kunststoffe werden durch die EG-Richtlinie 2002/72/EG (früher:
570
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
90/128/EG) und deren Änderungsverordnungen (2004/1/EG, 2004/19/EG und 2005/79/EG) geregelt, die jeweils mit der Bedarfsgegenständeverordnung (BGVO) in deutsches Recht umgesetzt werden. Danach bestehen für die Verwendung von Kunststoffen für Bedarfsgegenstände im Sinne des deutschen Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes keine Bedenken, wenn – die verwendeten Monomere/Ausgangsstoffe in der BGVO aufgeführt sind, – der Übergang (Migration) von Stoffen aus dem Bedarfsgegenstand in das Lebensmittel die in der BGVO festgelegten Grenzen nicht überschreitet, – sich die Bedarfsgegenstände für die vorgesehene Verwendung eignen und – die Fertigerzeugnisse die Lebensmittel weder geruchlich noch geschmacklich beeinflussen. Für alle Additive/Zuschlagstoffe gelten bis zu deren Listung in entsprechenden EU-Richtlinien weiterhin die nationalen Regelungen. Dies sind in Deutschland die Empfehlungen des BfR (= Bundesinstitut für Risikobewertung, früher BgVV, davor BGA), z. B. Empfehlung XXXIII „Acetalharze“, gegebenenfalls IX „Farbmittel zum Einfärben von Kunststoffen und anderen Polymeren für Bedarfsgegenstände“ und LII „Füllstoffe“. Die gesundheitliche Beurteilung von Kunststoffen in der Lebensmittelgesetzgebung außerhalb von Deutschland ist bis zur vollständigen EU Harmonisierung je nach Land unterschiedlich.
Polyacetal (POM)
■ Sterilisieren Polyacetal ist für die Sterilisation mit Ethylenoxid und Heißdampf geeignet. Beim Einsatz in der Strahlensterilisation mit Dosen über 25 kGy tritt ein gewisser Abbau und damit einhergehend eine Verminderung der Zähigkeitseigenschaften als auch Verfärbungen auf [5].
■ Verarbeitung Das wichtigste Verarbeitungsverfahren ist das Spritzgießen, höhermolekulare Typen werden extrudiert, schwach vernetzte durch Blasformen zu Hohlkörpern verarbeitet. Vortrocknen ist empfehlenswert. Die Verarbeitungstemperaturen sind: Verarbeitungsbedingungen VerarbeiMassetungsart temp.
Werkzeugtemp. °C
Spritzdruck psp
Nachdruck PN
Schwindung
bar
bar
%
200 – 210 180 – 190
> 90
800 – 1200 100 – 200
800 – 1200
1,9 – 2,3
180 180
90 – 100
°C Spritzgießen Extrudieren Hohlkörperblasen Pressformen
25 – 50
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Bild 2-317. Toleranzklassen für formgebundene Maße bei Formteilen aus Polyacetal (IT 8 bis IT 13 entsprechen den ISAGrundtoleranzen)
Polyacetal (POM)
2.1.5 Polyacetal (POM)
Bild 2-318. Fertigungstoleranz bei Präzisions-Spritzgussteilen aus Polyacetal mit kleinen Nennmaßen
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
■ Toleranzen Im Hinblick auf die vielseitige Verwendung von Polyacetal für spritzgegossene technische Präszions-Formteile sei an dieser Stelle eine Bemerkung über Toleranzen eingefügt: Toleranzen sind zugestandene Maßabweichungen. Aussagen über Toleranzen setzen jedoch absolute Klarheit hinsichtlich der verwendeten Begriffe voraus. — Die Betriebstoleranz lässt sich mit der Gleichung TB = TF + Dx B beschreiben, wonach sich die Betriebstoleranz (= Funktionstoleranz) TB aus der Fertix B aufgrund gungstoleranz TF und einer Schwankung des Betriebsnennmaßes — der während des Betriebes herrschenden Bedingungen zusammensetzt. Die Fertigungstoleranz TF nimmt die Streuungen eines Qualitätsmerkmals bei der Herstellung von Spritzguss-Formteilen auf. Wichtigste Qualitätsmerkmale sind die Maße der Formteile. Die fertigungsbedingten Maßstreuungen ± 3 s (bzw. ± 3 v) müssen kleiner sein als die geforderte Fertigungstoleranz TF. Je nach technischem Aufwand unterscheidet man zwischen drei Toleranzen:
Polyacetal (POM)
A Normaler Spritzguss B Technischer Spritzguss C Präzisionsspritzguss
TF < 1 % TF < 0,6 % TF < 0,3 %
Diese Angaben gelten für Nennmaße > 100 mm, Bild 2-317. Bei Nennmaßen < 10 mm gilt die lineare Abhängigkeit der Toleranz vom Nennwert nicht mehr. Die prozentuale Toleranz nimmt deshalb sehr schnell zu, Bild 2-318.
■ Veredelung der Oberfläche: Heißprägen Das Heißprägen von Formteilen aus POM gewinnt an Bedeutung, z. B. bei der Herstellung von Zahlenrollen. Vorbehandlung erübrigt sich. Die zu prägende Oberfläche muss sauber sein. Zu achten ist auf gleichmäßige Auflage des Prägestempels. Geprägt wird im Temperaturbereich von 100 bis 165 °C. Metallisieren Durch Metallisieren im Hochvakuum kann den Formteilen aus Polyacetal eine spiegelnde Metalloberfläche verliehen werden. Bedrucken, Lackieren, Bemalen Für das haft- und witterungsfeste Bedrucken von POM-Formstoffen wurden spezielle Druckfarben entwickelt, die nach dem Offset- oder Tampondruckverfahren aufgetragen werden. Die einzige Vorbehandlung der zu bedruckenden Oberfläche besteht in der Reinigung derselben. Die Einbrennzeiten betragen zwischen 5 und 50 Minuten. Das Dekorieren der Oberfläche kann auch mit Hilfe des Thermofixierverfahrens, d. h. im Anfärben mit wasseremulgierbaren Farben in der Wärme erfolgen. Der Farbton der Kunststoffoberfläche geht in die Nuance ein. Deshalb können nur naturfarbene Formteile auf diesem Wege dekoriert werden. Das Fixieren erfolgt bei Einwirkzeiten von 3 bis 5 min im Umluft-Trockenschrank bei einer
573
Oberflächentemperatur von 140 °C. Bei dieser Wärmebehandlung dringt das Farbmittel in die Oberfläche ein und ist somit wischfest. Es ist zu beachten, dass es jedoch beim Gebrauch der Gegenstände in Kontakt mit heißen Medien tiefer in die Wandung eindringt. Ein neues Verfahren zum Auftragen von Beschriftungen und Zeichen ist das berührungslose Markieren und Beschriften mit Hilfe von Laserstrahlen. Es arbeitet ohne Farb- und Lösemittel. Zum Behandeln eignen sich zwei Verfahren: die Maskenpulsiertechnik und die Laserstrahlablenkung. Die Wahl hängt ab von der jeweiligen Aufgabe und dem gewünschten Ergebnis [4]. Bei der Masken-Pulsiertechnik löst der Laserstrahl eine photochemische Reaktion der Pigmente oder Additive an der Kunststoffoberfläche aus. Dabei ergibt sich je nach Grundfarbe eine dunkle oder helle Markierung. Jede Markierung hat ihre eigene Schablone. Mit Hilfe des CO2- oder des sog. Excimer Lasers (351 nm) ergibt sich auf rotem Grund eine weiße, auf gelb eine graue, auf elfenbein und weiß eine schwarze Markierung. Die Vektortechnik arbeitet mit Hilfe des Nd : YAG (1064 nm) Laser. Die Markierung entsteht durch Aufschäumen oder Verbrennen einer sehr dünnen Schicht bzw. durch Ausbleichen von Pigmenten. Dabei wird der Laserstrahl über ein Spiegelsystem entsprechend der Markierung geführt. Der Vorteil dieses Verfahrens besteht in der großen Flexibilität. Die Vorgaben werden von einem angeschlossenen PC übertragen. Folgende Farbtöne der Markierungen sind mit diesem System erzielbar: Auf schwarzem Grund erscheint weiß, ebenso auf dunkelblau und grau. Auf blauem Grund ergibt sich hellblau, auf violett hellviolett, auf dunkelbraun weiß, auf purpurrot rosa und auf grün hellgrün.
■ Bearbeitung Spanendes und spanloses Trennen siehe Tabelle 2-6 und 2-7. Fügeverfahren Alle Fügeverfahren – bis auf das Hochfrequenzschweißen – eignen sich für das Verbinden von Formteilen aus POM. Es sind dies Schweißen: Heizelement-, Reib- und Ultraschallschweißen. Kleben: Haft- und Lösemittelklebstoffe. Die Schälfestigkeit von Klebverbindungen ist selbst bei nicht vorbehandelten Flächen überraschend hoch, z. B. bei Schmelzklebstoffen, auf Basis Vinyl-Copolymeren, Cyanacrylat-Einkomponenten-Polymerisations-Klebstoffe, EP-Harze, PUR-Klebstoffe. Seit einigen Jahren steht auch Hexafluoraceton-Sesquihydrat als Klebstoff zur Verfügung. Schrauben: selbstschneidende, Gewindeeinsätze. Nieten: Kalt- und Warmnieten. Ferner: Schnapp- und Pressverbindungen.
Polyacetal (POM)
2.1.5 Polyacetal (POM)
574
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
■ Recycling Polyacetale lassen sich nach unterschiedlichen Verfahren wiederverwerten. Beim werkstofflichen Recycling werden Angüsse,Ausschussteile etc. mit Neuware vermischt und wiederverarbeitet. Gebräuchlich ist vor allem das direkte Einarbeiten der Angüsse an der Spritzgießmaschine. Auch das Wiederaufschmelzen und Regranulieren von Altteilen ist eine Möglichkeit des werkstofflichen Recyclings, jedoch muss hier besonders auf Sortenreinheit geachtet werden. Auch ein eventueller chemischer Abbau der Teile während der Verwendung der Teile schränkt dieses Verfahren ein. Beim rohstofflichen Recycling wird das Monomer Trioxan aus den Altteilen zurückgewonnen, gereinigt und erneut polymerisiert. Die technische Machbarkeit dieses Verfahrens wurde in einer Pilotanlage der Ticona GmbH erfolgreich demonstriert.
Polyacetal (POM)
Anwendungsbeispiele Beschläge, Kraftfahrzeugteile, Büro- und Haushaltmaschinen, Zahnräder, Federelemente, Reißverschlüsse, Lager, Schrauben, Leitungshalter, Klipse, Bauteile der Feinwerktechnik, Spulenkörper, Gehäuse, Pumpen, Armaturen, Teile für Textilmaschinen, Telefonapparate, Radio-, Phono- und Fernsehgeräte, Aerosolbehälter, Outsert-Technik. Handelsnamen Homopolymere Delrin (Du Pont Deutschland GmbH/DE) Tenac (Asahi Chemical In./JP) Copolymere Celcon (Ticona/US) Duracon (Polyplastic Co./JP) Hostaform (Ticona/DE) Jupital (Mitsubishi Gas Chemical Comp./JP) Ultraform (BASF Aktiengesellschaft/DE)
Literatur – Kapitel 2.1.5 [1] Schlaf H (1992) Chemische Struktur der Polyacetale in Kunststoff-Handbuch 3/1 „Polycarbonate, Polyacetale, Polyester, Celluloseester“, S 302 – 303, C Hanser, München [2] Schwarzenbach K (1989) Antioxidantien in R Gächter u. H Müller (Herausgeber) Taschenbuch der Kunststoffadditive, 3. Ausgabe, S 3 – 103, C Hanser, München [3] Gugumus F (1989) Lichtschutzmittel für thermoplastische Kunststoffe (2), S 133 – 272 [4] Hoechst AG (1995) Hostaform®, Ausgabe April 1995, S 73 [5] Wolters E, Rösinger S, Kunststoffe, 63, 1973, 605–608 [6] VDI-Richtlinie 2451 (1975) Gleitlager aus thermoplastischen Kunststoffen
575
2.1.6 Fluorkunststoffe
2.1.6 Fluorkunststoffe
Polytetrafluorethylen (PTFE) . . . . . . . . . . . . . Tetrafluorethylen/Hexafluorpropylencopolymer (FEP) Tetrafluorethylen/Ethylencopolymer (E/TFE) . . . . Polytrifluorchlorethylen (PCTFE) . . . . . . . . . . . Polyvinlyfluorid (PVF) . . . . . . . . . . . . . . . . Polyvinylidenfluorid (PVDF) . . . . . . . . . . . . . Thermoplastische Fluorelastomere . . . . . . . . . . Literatur – Kapitel 2.1.6 . . . . . . . . . . . . . . . .
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576 597 606 612 617 620 628 629
Der französische Chemiker H. Moissan isolierte im Jahre 1886 Fluor zum ersten Mal. Er stellte auch den gasförmigen Tetrafluorkohlenstoff her, der ähnlich aufgebaut ist wie das Heizgas Methan oder der als Fleckenreinigungsmittel bekannte Tetrachlorkohlenstoff. In den dreißiger Jahren wurden vor allem in den USA zahlreiche gasförmige Fluorverbindungen auf der Basis von Methan oder Ethylen hergestellt. Sie dienten als Sicherheits-Kältemittel für Kühlkompressoren oder als Treibgas für Sprühdosen. Die IG-Farbenindustrie nahm im Jahre 1934 ein Patent auf Polytrifluorchlorethylen (PCTFE). Die technische Herstellung wurde jedoch erst 1950 von einem der Nachfolgewerke, der Hoechst AG, aufgenommen.* Die Fluorkunststoffe sind Werkstoffe mit außergewöhnlichen Eigenschaften. Bis zu ihrer Entwicklung gab es keine hochpolymere Substanz, die sowohl Wasser als auch Öl widerstand. Sobald sich das reaktionsfreudige Fluor mit einem anderen Atom verbunden hat, ist es nahezu außerstande, neue Verbindungen einzugehen. Zur überragenden Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien kommen die guten elektrischen Eigenschaften, die Unbrennbarkeit sowie vor allem bei Polytetrafluorethylen (PTFE) die vorzüglichen tribologischen Eigenschaften, d. h. das günstige Gleit- und Verschleißverhalten. Das im Laufe der vergan* In den letzten Jahrzehnten ist der Verbrauch an fluorhaltigen synthetischen Produkten – gemeint sind die als Kältemittel oder Treibgas dienenden – weltweit so stark angestiegen, dass durch die in die Erdatmosphäre entweichenden flüchtigen Fluorkohlenwasserstoffe (FCKW) die den Menschen vor einer schädigenden Wirkung des in der Sonnenstrahlung enthaltenden UV-Anteils schützende Ozonschicht zerstört wird. Daraus folgt weltweit eine nur noch befristete Verwendung flüchtiger FCKW. Demgegenüber sind die fluorhaltigen Kunststoffe naturgemäß physiologisch unbedenklich.
Fluorkunststoffe
2.1.6.1 2.1.6.2 2.1.6.3 2.1.6.4 2.1.6.5 2.1.6.6 2.1.6.7 2.1.6.8
576
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
genen fünfzig Jahre immer reichhaltiger gewordene Sortiment an Fluorpolymeren umfasst das hochmolekulare, nicht schmelzbare Polytetrafluorethylen (PTFE) sowie eine Vielzahl von spritzgieß- und extrudierbaren fluorhaltigen Copolymeren: Tetrafluorethylen/Hexafluorpropylen-Copolymer (FEP), Tetrafluorethylen/Perfluoralkoxy/Vinylether-Copolymer (PFA), Ethylen/Tetrafluorethylen-Copolymer (E/TFE) sowie die Homopolymere Polytrifluorchlorethylen (PCTFE), Polyvinylidenfluorid (PVDF) und Polyvinylfluorid (PVF). Dazu kommt als jüngster Fluorkunststoff das Copolymerisat aus Tetrafluorethylen + fluoriertem cyclischen Ether [1].
Fluorkunststoffe
2.1.6.1 Polytetrafluorethylen (PTFE) Mit fluorhaltigen Substanzen arbeitete R. J. Plunkett in einer Forschungsgruppe von Du Pont de Nemours (Wilmington/Del.). Bei einer Versuchsreihe füllte er an einem Tag des Jahres 1941 mehrere kleine Gefäße mit Tetrafluorethylen, verschloss sie und ließ sie über Nacht stehen. Am nächsten Morgen zeigten die Druckmessgeräte keinen Überdruck mehr an. Demnach hätte der Inhalt entwichen sein müssen. Eine Wägung zeigte jedoch noch das gleiche Gewicht wie am Vortage. Plunkett öffnete die Autoklaven und fand ein wachsartiges, weißes Pulver, das Polytetrafluorethylen. PTFE ist wesentlich reaktionsträger als das ihm verwandte Polyethylen. Die Fluoratome sind größer als die Wasserstoffatome. Sie umgeben die Kohlenstoffkette des Makromoleküls wie eine schützende Hülle. Die Bindung zum Kohlenstoff ist so fest, dass sie fast nicht gelöst werden kann. Daraus resultieren hohe Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien sowie hohe physikalische und chemische Beständigkeit in der Wärme. Dieser Kunststoff wurde zum ersten Male im Zweiten Weltkrieg verwendet. Kurz nach der Entdeckung wurde er zu einem entscheidenden Werkstoff im sog. Manhattan-Projekt, das zur Entwicklung der ersten Atombombe führte. Es ging darum, ein Dichtungsmaterial zu finden, das gasförmigem Fluor widerstand, das zur Trennung des spaltbaren Uranisotopes 235 von seinem unter gleichen Bedingungen nicht spaltbaren Gegenstück, dem Uran 238, verwendet wurde. PTFE wurde außerdem als Leiterisolation bei Radargeräten und in Kampfflugzeugen verwendet. Auch Kraftstofftanks wurden damit ausgekleidet. Nach dem Kriege wurde PTFE zu einem begehrten Werkstoff im Apparatebau der Chemischen Industrie und im Maschinenbau. Zahlreiche andere FluorKunststoffe kamen hinzu.
■ Herstellung Das monomere Tetrafluorethylen (CF2=CF2) wird durch thermische Spaltung des Kältemittels R22 (Difluorchlormethan CHClF2) bei Temperaturen von 800 bis 1000 °C gewonnen. Das Rohgas wird nach dem Waschen und Trocknen bei – 35 °C verflüssigt und durch Destillation von den verunreinigenden Pyrolyseprodukten befreit. Der Siedepunkt des gereinigten Monomers beträgt – 76,3 °C. Die gefahrlose Lagerung verlangt einen Sauerstoffgehalt von weniger als 20 ppm. O2-Absorber wie Dipenten, Benzaldehyd oder Methylmethacrylat werden als Stabilisator zugegeben.
2.1.6 Fluorkunststoffe
577
Die von Plunkett entdeckte Druckpolymerisation von Tetrafluorethylen (die zweite nach der Druckpolymerisation von Ethylen großtechnisch genutzte) verläuft, wenn sie nicht durch Zusätze inhibiert wird, unter hoher Wärmeentwicklung. Dieser Umstand führte in nahezu allen Werken, die sich mit der Herstellung von PTFE beschäftigten, in den ersten Jahren zu Explosionsschäden. Um die Polymerisationswärme zu beherrschen und vor allen Dingen gut abführen zu können, wird nach dem Suspensions- oder dem Emulsionsverfahren gearbeitet. Die Produktion von PTFE macht etwa 40 % der Erzeugung von Fluor-Kunststoffen aus.
■ Allgemeine Stoffbeschreibung Die Vorzüge dieses hochwertigen Produktes liegen – abgesehen von dem günstigen Gleit- und Verschleißverhalten – weniger in den mechanischen als vielmehr in den thermischen, elektrischen und chemischen Eigenschaften. Kennzeichnend sind:
• • • • • • •
nahezu universelle Chemikalienbeständigkeit, Unlöslichkeit in allen bekannten Lösemitteln unterhalb 300 °C, hohe Thermostabilität, dauernd verwendbar im Bereich von – 270 bis +260 °C, geringes Adhäsionsvermögen, niedrige Reibungszahl, vorzügliche elektrische und dielektrische Eigenschaften, Beständigkeit gegen Spannungsrissbildung und Witterungseinflüsse, wegen des niedrigen E-Moduls nur bedingt für tragende Teile einsetzbar.
Dieses Eigenschaftsbild kann durch Compoundieren mit Zusatzstoffen verstärkender oder verschleißmindernder Art noch vielfältig modifiziert werden.
Polytetrafluorethylen
Während das Polyethylen-Makromolekül in den kristallinen Bereichen eine ebene Zickzackformation zeigt, ist dies bei PTFE nicht möglich. Die größeren Fluoratome behindern sich räumlich so, dass sie nur in wendelförmiger Anordnung entlang dem C–C-Rückgrat Platz finden können. Eine Gangsteigung umfasst bei Temperaturen unter 19 °C 26 C-Atome, darüber 30. Dieser Übergang bewirkt eine Volumenänderung von 1 %. Der kompakte Aufbau führt zu der ungewöhnlich hohen chemischen und thermischen Beständigkeit. Die zwischenmolekularen Kräfte von PTFE sind nicht groß, der Löslichkeitsparameter beträgt 6,2. Daraus folgt eine im Vergleich zu anderen Polymeren hohe Schmelztemperatur, geringe mechanische Festigkeit und Steifheit. Die Fluor-Kohlenstoffbindung ist mit 504 kJ/mol sehr stark. Die hohe Kristallinität und die geringen intermolekularen Kräfte machen PTFE beständig gegen alle Lösemittel. Erst in der Nähe des Kristallitschmelzbereichs (Geltemperatur)
Fluorkunststoffe
■ Struktur und allgemeine Eigenschaften Polytetrafluorethylen ist ein nahezu unverzweigtes, linear aufgebautes Polymer.
578
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
von 327 °C wirken einige fluorhaltige Flüssigkeiten, wie perfluoriertes Kerosin, lösend. Die Eigenschaften von PTFE-Formteilen werden von den Verarbeitungsbedingungen wesentlich beeinflusst. Auch der Polymertyp wirkt sich aus. Teilchenform und -größe sind maßgebend für die Verarbeitbarkeit und vor allem für die Anzahl der Hohlräume im Formteil. Die molare Masse beeinflusst die Kristallinität und mithin die physikalischen Eigenschaften. Kristallinität und Porenanteil werden allerdings auch von den Verarbeitungsbedingungen beeinflusst. Die mittlere molare Masse marktgängiger PTFE-Typen beträgt 400 000 bis 9 000 000. Der Kristallitätsgrad der Polymere erreicht 94 %. Nach der Verarbeitung entscheiden vor allem die Abkühlbedingungen über die Kristallinität des Formteils. Langsames Abkühlen führt zu hoher Kristallität, Bild 2-319. Eine höhere Kristallinität wirkt sich naturgemäß auf die physikalischen Eigenschaften – insbesondere die mechanischen – aus, wie Bild 2-320 am Beispiel des Elastizitätsmodul zeigt.
■ Zusatzstoffe Im Unterschied zu allen anderen Kunststoffen erfordert PTFE keine Funktionszusatzstoffe nach Art von Stabilisatoren jeglicher Art. Anders verhält es sich jedoch mit jenen Substanzen, die den aus diesem Werkstoff hergestellten Formteilen gezielt bestimmte Eigenschaften, beispielsweise die Wartungsfreiheit bei Lagern, verleihen sollen. Die Rohstoffhersteller bieten ein reichhaltiges Sortiment, sog. Compounds, an. Aus der Vielzahl der Möglichkeiten haben sich folgende anorganische Füll- und Verstärkungsstoffe als besonders geeignet erwiesen:
Fluorkunststoffe
Graphit
in Form von unregelmäßig geformten Plättchen bis 60 mm Teilchengröße. Graphit erhöht den Abriebwiderstand und bewährt sich vor allem dort, wo bei Wassereinwirkung die Selbstschmiereigenschaften erhalten werden sollen, beispielsweise bei PTFEGleitlagern.
Bild 2-319. Rohdichte von PTFE in Abhängigkeit von der Kristallinität
2.1.6 Fluorkunststoffe
579
Kohle/Koks Bronze
MoS2
Glasfasern Stahl
sichern einen niedrigen Anfangsverschleiß, den z. B. PTFE-Kolbenringe aufweisen sollen. Die Teilchengröße beträgt 5 bis 150 mm. 90/10 Cu/Sn weist eine unregelmäßige Teilchenform auf, die Korngröße beträgt maximal 60 mm. Bronze verbessert vor allem die Zeitstandfestigkeit, die Wärmeleitfähigkeit und auch die Verschleißfestigkeit der daraus hergestellten Formteile. Das Molybdändisulfid-Pulver, in Teilchengrößen von 0,1 bis 40 mm, ist eines der bekanntesten Trockenschmiermittel. Der strukturelle Aufbau zeigt eine Molybdänebene zwischen zwei Schwefelmolekülen. Diese Schichten sind leicht gegeneinander verschiebbar. Sie haften jedoch fest auf dem Trägermaterial. MoS2 wird häufig in Verbindung mit synergistisch wirkenden Kombinationen fester Schmierstoffe verwendet. dienen in Form gemahlener Kurzfasern vor allem zum Verbessern der Zeitstandfestigkeit. Die 10-mm-Fasern weisen Längen von 50 bis 100 mm auf. wird aus 18/10 Cr/Ni-Stahl in Form unregelmäßiger Teilchen unter 60 mm verwendet. Auch dabei kommt es wie bei Bronze auf das Verbessern der mechanischen, thermischen und Verschleißeigenschaften an.
Der Anteil der Zusatzstoffe kann je nach Verwendungszweck der Formstoffe 5 bis 40 Vol.-% betragen. Auf ein Hochleistungs-Polymerlagercompound, bestehend aus PTFE und Polyimid (PI) weist M. Schobesberger hin [2] (siehe Kapitel 2.2.1.2.8.1 „Polyimide“). Für das Einfärben von PTFE-Pulver stehen im Temperaturbereich von 270 bis 380 °C stabile Pigmente in den Farbtönen gelb, orange, rot, blau, grün, weiß und grau zur Verfügung. Dazu kommt naturgemäß der Ruß für schwarze Einfärbungen.
Fluorkunststoffe
Bild 2-320. Temperaturabhängigkeit des Elastizitätsmoduls von PTFE bei verschiedenen Kristallinitätsgraden
580
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
■ Sortiment Die Rohstoffhersteller bieten – wie bereits eingangs gesagt wurde – ein reichhaltiges Sortiment von Fluor-Homo- und -Copolymeren an. Dabei weist wiederum jede Sorte eine mehr oder weniger große Vielfalt an Typen auf, die vor allem bei technischen Anwendungen zum Erfolg führen. Gemeint sind die Unterschiede beispielsweise nach Korngröße und Rieselfähigkeit entsprechend der jeweiligen Verarbeitungsart, wie Pressformen, Stangpressen oder Pastenextrusion. Ferner stehen zahlreiche Sondercompounds zur Verfügung, die als Zusatzstoffe Graphit, Bronze, Blei, MoS2 , Glasfasern u. a. enthalten. Für das Beschichten sind Dispersionen lieferbar.
■ Lieferformen Pulverförmige Formmassen für die Press- und Stangpressverarbeitung, Dispersionen für die Herstellung abweisender Überzüge auf Substraten aller Art, Halbzeug in Form von Blöcken, Stäben, Profilen, Rohren, Schläuchen und Folien.
■ Typisierung Eine Zusammenfassung und Beschreibung der TFE-Polymere im Sinne der neuen DIN-Bearbeitung wurde bisher noch nicht in Angriff genommen. Wertvolle Hinweise zum Eigenschaftsbild und zur Verarbeitung gibt die Richtlinie VDI/VDE 2480 Bl. 1 (12. 73) Polytetrafluorethylen [3].
■ Physikalische Eigenschaften Tabelle 2-78 enthält eine Übersicht über die wichtigsten physikalischen Eigenschaften von TFE- und CTFE-Homo- und Copolymeren.
Fluorkunststoffe
■ Mechanische Eigenschaften: Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit PTFE ist ein zähelastischer Werkstoff. Die am Fertigteil ermittelten Festigkeitswerte können sich von den an Prüfkörpern ermittelten unterscheiden (Kristallinitätsgrad, Eigenspannungen, Orientierungen). Das im Kurzzeit-Zugversuch ermittelte Spannungsdehnungsverhalten zeigt Bild 2-321. Wie sehr die Form und die Dicke des Probekörpers die Messergebnisse des nach DIN 53 455 und nach ASTM-D 1457 durchgeführten Zugversuchs beeinflussen und wie wenig sie miteinander vergleichbar sind, zeigt in eindrucksvoller Weise Bild 2-322. Umwandlungstemperaturen Ein für die bekannten Kunststoffe ungewohntes Phänomen ist die Phasenumwandlung, d. h. die räumliche Anordnung der Molekülketten in Abhängigkeit von der Temperatur. Eine verwandte, jedoch zeitabhängige Umwandlung zeigt der polyolefinische Kunststoff Polybuten-1. Bild 2-323 gibt einen Überblick über die Umwandlungstemperaturen. Es wurde bereits auf die für die Verarbeitung wichtige Umwandlung des kristallinen Gefüges bei 19 °C hingewiesen. Hierbei geht die Trikline in eine weniger geordnete hexagonale Packung über. Das Volumen der Kristallite vergrößert sich dabei um 0,0058 cm3/g bzw. etwa 1,2 Volumen-%. Mit steigendem Druck nimmt die Übergangstemperatur um etwa
thermische Gebrauchstemperatur ohne mechanische Beanspruchung, in Luft kurzzeitig dauernd Glasübergangstemperatur Kristallitschmelztemperatur HDT (1,85 N/mm2) (0,46 N/mm2) linearer Ausdehnungskoeffizient Wärmeleitfähigkeit spezifische Wärmekapazität
Izod Kerbschlagzähigkeit 23 °C
mechanische Dichte Zugfestigkeit Reißdehnung Zug-E-Modul Biege-E-Modul Biegefestigkeit Druckfestigkeit Härte Rockwell Härte Shore
Eigenschaften
100 0,25 1,0
K–1 · 106 W/mK kJ/kgK
Fluorkunststoffe
300 250 127 327 – 121
3,0
2,15 bis 2,20 25 bis 36 350 bis 550 408 – – 12 – D 50 bis 65
PTFE
°C °C °C °C °C °C
g/cm3 N/mm2 % N/mm2 N/mm2 N/mm2 N/mm2 – – ft.lb. in.o.n.
Einheiten
Tabelle 2-78. Physikalische Eigenschaften von Fluor-Kunststoffen
80 0,25 0,12
250 205 – 290 – 70
kein Bruch
2,12 bis 2,17 22 bis 28 250 bis 330 350 – – 16 – D 55
FEP
40 0,23 0,9
200 155 – 270 71 104
kein Bruch
1,7 30 bis 54 400 bis 500 1100 1410 – – – D 75
ETFE
25 0,21 1,95
220 200 – 270 265 210
9,0
1,86 83 8 8250 6520 – 69 R74 –
ETFE-GF25
60 0,22 0,9
180 150 45 216 – 126
2,5 bis 2,7
2,10 bis 2,12 32 bis 40 128 bis 175 1050 bis 2110 – – 32 bis 52 R 75 bis R 95 D 76 bis 80
PCTFE
80 0,15 1,0
170 140 – 190 77 116
kein Bruch
1,68 bis 1,70 49 150 bis 450 1690 1690 1690 – R 95 –
ECTFE
2.1.6 Fluorkunststoffe
581
Verarbeitbarkeit
Wasseraufnahme (24 h, 3,2 mm Dicke) Brennbarkeit (ASTM D 635) Klarheit
elektrische Spezif. Durchgangswiderstand Oberflächenwiderstand Durchschlagfestigkeit Durchschlagfestigkeit (stufenweise 3,2 mm Dicke) (kurzzeitig, 3,2 mm Dicke) Dielektrizitätszahl (103 Hz) dielektrischer Verlustfaktor tan d (103 Hz) Vergleichszahl der Kriechwegbildung
Eigenschaften
Tabelle 2-78 (Fortsetzung)
0,0002 600
–
CTI/A
sehr gut
0,00 brennt nicht opak
430 480 < 2,1
V/25 mm V/25 mm –
%-Massegehalt
> 1018 1017 600 bis 800
PTFE
W cm W kV/cm
Einheiten
Fluorkunststoffe
0,01 brennt nicht transparent bis transluzent sehr gut
600
0,0002
– 500 bis 600 2,1
> 2 · 1018 1017 800
FEP
0,1 brennt nicht transparent (dünn) sehr gut
600
0,0008
– 400 2,6
> 1016 1013 800
ETFE
sehr gut
0,08 brennt nicht opak
600
0,002
– – 3,4
1016 1015 –
ETFE-GF25
– 490 2,3
> 1015 1012 –
ECTFE
0,00 brennt nicht transluzent bis opak sehr gut
600
0,01 brennt nicht transparent bis transluzent sehr gut
600
0,023 bis 0,027 0,0015
450 bis 550 500 bis 600 2,3 bis 2,7
> 1,2 · 1018 1016 –
PCTFE
582 2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
2.1.6 Fluorkunststoffe
583
Bild 2-321. Spannungsdehnungsdiagramm von PTFE bei verschiedenen Prüftemperaturen
Fluorkunststoffe
Bild 2-322. Reißfestigkeit s R und Reißdehnung e R von PTFE in Abhängigkeit von Probekörperdicke und Prüfnorm a Prüfnorm DIN 53 455 b Prüfnorm ASTM D 1457-62 T Probekörper: Breite 10 mm, Länge 150 mm Probekörper: Breite 0,187≤, Länge 1,5≤ Prüftemperatur 23 °C Prüftemperatur 23 °C Prüfgeschwindigkeit 100 mm/min Prüfgeschwindigkeit 50 mm/min
Bild 2-323. Umwandlungstemperaturen von PTFE in Abhängigkeit vom Druck
584
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Fluorkunststoffe
0,013 K/bar zu; die Umwandlungswärme liegt bei 13,4 kJ/kg. Weil die 19-°C-Umwandlung nur die kristallinen Bereiche umfasst und die hier genannten Daten sich nur auf letztere beziehen, verändern sich die angegebenen Volumenzunahmen und die Umwandlungswärme nach Maßgabe des amorphen Anteils. Eine zweite Umwandlung der kristallinen Struktur geschieht bei 30 °C, jedoch beträgt die dabei zu beobachtende Volumenänderung nur etwa den zehnten Teil derjenigen bei 19 °C. Bei genügend hohen Drücken kann schließlich eine dritte Kristallphase mit einem Tripelpunkt bei 70 °C und 4500 bar entstehen. Außer den bisher erwähnten Kristallumwandlungen gibt es bei PTFE noch Übergänge, die unstetigen Beweglichkeitsänderungen von Molekülsegmenten in den amorphen Bereichen zugeschrieben werden. Hierbei sind die auftretenden Effekte um so größer, je niedriger der Kristallinitätsgrad der Probekörper ist. Amorphes PTFE weist oberhalb – 269 °C Umwandlungspunkte bei – 97 °C (Glasübergangstemperatur des amorphen Anteils) und + 127 °C (Übergang des amorphen Festkörpers in eine unterkühlte Flüssigkeit) auf. Zur Untersuchung des temperaturabhängigen viskoelastischen Verhaltens von PTFE dient der Torsionsschwingungsversuch nach DIN 53 445. Dabei wird der Bereich kurzer Relaxationszeiten bei Meßfrequenzen von 0,1 bis 20 Hz erfasst. Der Biegeschwingungsversuch nach DIN 53 440 dient zur Messung des komplexen Elastizitätsmoduls E sowie seiner Komponenten E¢ (dynamischer Elastizitätsmodul), E≤ (Verlustmodul) und d (Verlustfaktor d = E≤/E¢), Bild 2-324. Man erkennt deutlich die erwähnten Umwandlungstemperaturen an den Maxima der Kurve des mechanischen Verlustfaktors bei – 97 °C, + 19 °C und + 127 °C. Langzeitverhalten PTFE verformt sich bei länger dauernder mechanischer Beanspruchung wie andere Thermoplaste. Als maßgebende Parameter kommen dabei Temperatur, Beanspruchungsdauer sowie Art und Höhe der Beanspruchung in Betracht. Der Grad der Verformung kann durch Compoundieren des Grundwerkstoffes mit Füll- und/oder Verstärkungsstoffen wesentlich beeinflusst werden. Tritt die Verformung bereits bei Raumtemperatur ein, dann spricht man vom „kalten Fluss“. Mit dem Kriechen ist eine fortschreitende Orientierung des Gefüges verbunden.
Bild 2-324. Dynamischer Elastizitätsmodul E¢ und mechanischer Verlustfaktor d von PTFE in Abhängigkeit von der Temperatur
2.1.6 Fluorkunststoffe
585
Die damit einhergehende Verfestigung bewirkt, dass die Deformationsgeschwindigkeit mit der Zeit abnimmt.
Fluorkunststoffe
Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand: Zugbeanspruchung Die Zeitdehnungsspannungen für ein PTFE-Suspensionspolymer sind für Prüftemperaturen von 20, 100 und 200 °C (in Luft) in Bild 2-325 wiedergegeben. Daraus können durch Vertikalschnitte die zu den Kurvenscheren der Isochronen gehörenden Spannungen und Dehnungen bei den jeweiligen Temperaturen ermittelt werden, Bild 2-326.
Bild 2-325. Zeitdehnungspannungen von PTFE bei verschiedenen Temperaturen
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Fluorkunststoffe
Bild 2-326. Isochrone Spannungsdehnungslinien von PTFE bei verschiedenen Temperaturen
Druckbeanspruchung Bild 2-327 vermittelt einen Einblick in das Verhalten von PTFE bei länger anhaltender Druckbeanspruchung und anschließender Entlastung. Eine digitale Auswertung von Zug- und Druck-Zeitstandversuchen mit unverstärkten und verstärkten Fluor-Kunststoffen bringt Tabelle 5-29 im Anhang. Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit Formstoffe aus PTFE weisen hohe Zähigkeit auf, dies gilt selbst bis zu Temperaturen von – 200 °C, wie Bild 2-328 zeigt. Verhalten bei schwingender Beanspruchung Die Werte der dynamischen Festigkeit sind niedriger als die der statischen. Die Dauerschwingfestigkeit sinkt mit der Temperatur, der Lastwechselfrequenz und bei auftretenden Spannungsspitzen. PTFE eignet sich jedoch für Bauteile, die beispielsweise im Zug-Schwellbereich beansprucht werden, wie Bild 2-329 am Beispiel von spanend hergestellten Faltenbälgen zeigt. Härte PTFE ist verhältnismäßig weich. Die Härte kann durch die Zugabe von Füllstoffen wesentlich erhöht werden.Auch die Verarbeitungsbedingungen beeinflussen die Härte.
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Bild 2-327. Zeitstanddruckversuch von PTFE in Abhängigkeit von der Belastungsdauer und nachfolgender Entlastungsdauer bei 20, 100 und 150 °C
Bild 2-328. Kerbschlagzähigkeit von PTFE in Abhängigkeit von der Temperatur
Bild 2-329. Dauerschwingversuch im Zugschwellbereich an Faltenbälgen aus PTFE-Suspensionspolymer (Prüftemperatur 20 °C, Prüffrequenz 6,66 Hz) (Werkstoff: Hostaflon TF der Hoechst AG) a Rundprofil-Faltenbälge b Spitzprofil-Faltenbälge
Fluorkunststoffe
2.1.6 Fluorkunststoffe
588
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Fluorkunststoffe
Adhäsions-, Reibungs- und Verschleißverhalten PTFE weist wegen der hohen Bindungsenergie zwischen Kohlenstoff und Fluor und der geringen Polarisierbarkeit der Fluoratome wesentlich kleinere zwischenmolekulare Kräfte auf als andere Polymere. Darauf beruht das antiadhäsive Verhalten. Die Benetzbarkeit mit Wasser wird durch den hohen Kontaktwinkel von 128 °C erschwert. Antiadhäsiv verhalten sich auch die Compounds, weil der Zusatzstoffanteil 40 Masse-% nicht übersteigt. PTFE weist von allen festen Werkstoffen die niedrigste Reibungszahl auf – auch eine Folge der niedrigen zwischenmolekularen Kräfte. Die gemessenen Reibungszahlen sind von vielen Faktoren abhängig: Flächenpressung, Gleitgeschwindigkeit, Gegenlaufpartner, Technoklima und Zusatzschmierung. Allgemein gilt: Bei PTFE sind die dynamische und die statische Reibungszahl gleich, d. h. es tritt kein Ruckgleiten (stick-slip) auf. Mit steigender Flächenpressung nimmt die Reibungszahl erst schnell, dann langsam ab, wie Bild 2-330A zeigt. Mit zunehmender Gleitgeschwindigkeit nimmt die Reibungszahl bis etwa 50 m/min zunächst rasch zu. Bei höheren Geschwindigkeiten hängt sie kaum noch von der Geschwindigkeit ab, Bild 2-330B, sofern nicht durch örtliche Überhitzung der Kristallit-Schmelzbereich von 325 °C bis 340 °C überschritten wird. Wegen der Phasenumwandlung im Bereich von 20 °C nimmt die Reibungszahl etwas zu, bleibt jedoch bis 327 °C nahezu konstant. Die günstigen Gleiteigenschaften bleiben auch bei Temperaturen unter 0 °C erhalten. Die Reibungszahlen der gefüllten Compounds sind meist niedriger als die von ungefülltem PTFE. Im Allgemeinen kann mit Reibungswerten von 0,1 bis 0,25 gerechnet werden. Eine Übersicht über die dynamischen Reibungszahlen
Bild 2-330. Dynamische Reibungszahl von PTFE unverstärkt (a) und glasfaserverstärkt (b) in Abhängigkeit von der Flächenpressung (A) und der Gleitgeschwindigkeit (B) (Werkstoff: Hostaflon TF der Hoechst AG) A Flächenpressung (spez. Belastung) a unverstärkt, v = 0,6 m/min b 25 Masse-% GF, v = 3,0 m/min B Gleitgeschwindigkeit a unverstärkt, F = 220 bis 340 N b 25 Masse-% GF, F = 180 N
2.1.6 Fluorkunststoffe
589
von PTFE bei verschiedenen Werkstoffpaarungen gibt das Bild 2-331 mit den dazugehörenden Erläuterungen [3]. Die Abriebfestigkeit von PTFE wird von einigen anderen Werkstoffen übertroffen. Dies erklärt sich aus den schwachen intermolekularen Kräften und dem durch Sintern und nicht durch Schmelzen hergestellten Formstoff. Der Verschleiß ist jedoch bei gefüllten Compounds wesentlich geringer. Bei Verschleißversuchen mit verschiedenen PTFE-Typen ergab sich mit v = 2 m/s und p = 1 N/mm2 bei St. 50 bzw. Perlitguss als Gegenlaufpartner folgende Staffelung des Verschleißes (in Pfeilrichtung günstiger werdend).
■ Thermische Eigenschaften: Thermostabilität PTFE wird in seiner thermischen Beständigkeit von keinem anderen handelsüblichen Kunststoff übertroffen – auch nicht von anderen Fluor-Polymeren. Ein merklicher Abbau tritt erst bei Temperaturen > 350 °C ein. Das Stabilisieren gegen thermo- und photooxidativen Abbau ist nicht erforderlich. Andererseits versprödet PTFE auch in flüssigem Helium (– 269 °C) nicht. Die obere Dauergebrauchstemperatur beträgt + 250 °C, d. h. PTFE überspannt einen Anwendungsbereich von mehr als 500 K.
Enthalpie, Längenausdehnungskoeffizient An weiteren wichtigen thermischen Eigenschaften ist außer den Angaben in Tabelle 2-78 in den Bildern 2-332 und 2-333 die Enthalpie und der Längenausdehnungskoeffizient von PTFE wiedergegeben.
■ Elektrische Eigenschaften: Spezifischer Durchgangs- und Oberflächenwiderstand Der spezifische Durchgangswiderstand von 1018 W cm ist bis 150 °C nahezu temperaturunabhängig. Er nimmt auch bei längerer Wasserlagerung nicht merklich ab. Der hohe Oberflächenwiderstand von 1017 W, der auch in Luft mit 100 % rel. Feuchtigkeit noch > 1012 W ist, führt zur elektrostatischen Aufladung. Deshalb muss beim Verarbeiten des Rohstoffs auf größte Sauberkeit geachtet werden. Schmutzpartikel verursachen Fehlstellen. Dielektrische Eigenschaften PTFE hat die niedrigste Dielektrizitätszahl und den niedrigsten dielektrischen Verlustfaktor aller Kunststoffe. Das ist eine Folge der symmetrischen Struktur dieses Polymers. Die Bilder 2-334 und 2-335 vermitteln einen Einblick in die Temperatur- und Frequenzabhängigkeit dieser für die Hochfrequenztechnik wichtigen Eigenschaften.
Fluorkunststoffe
Schmelzverhalten Bei Temperaturen von 325 bis 340 °C verwandelt sich das weiß-kristalline PTFE in eine amorphe transparente Substanz. Dabei geht eine reversible Volumenvergrößerung von 30% vor sich. Formteile behalten bei dieser Temperatur ihre Form, wenn auch bei wesentlich geringerer Festigkeit. Wegen dieses Verhaltens scheiden die üblichen Verfahren für das Urformen von PTFE aus. Es musste eine den Methoden der Sintermetallurgie ähnliche Verarbeitungstechnik entwickelt werden.
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Fluorkunststoffe
Bild 2-331. Dynamische Reibungszahl in Abhängigkeit von der Lagerbelastung bei verschiedenen Werkstoffpaarungen
Die in den Kurven in Bild 2-331 entsprechenden Werkstoffpaarungen sind: Scheibe von 150 mm Dmr. Platte 250 mm · 175 mm reines PTFE a1 reines PTFE Hartchrom a2 reines PTFE Stahl St. 37 a3 reines PTFE a4 reines PTFE Stahl St. 37 mit Molybdändisulfid-Schmierung PTFE mit Graphit gefüllt b1 PTFE mit Graphit gefüllt Hartchrom b2 PTFE mit Graphit gefüllt Stahl St. 37 b3 PTFE mit Graphit gefüllt Hartchrom c1 PTFE mit Molybdändisulfid gefüllt Polyamid c2 PTFE mit Molybdändisulfid Scheibe von 75 mm Dmr. d1 reines PTFE d2 reines PTFE St. 50Perlitguß PTFE ungefüllt PTFE mit 15 % Graphit 1 5% Glasfasern 25 % Glasfasern 20 % Glasfasern + 5 % Graphit 25 % E-Kohle 60 % Bronze
Platte 250 mm · 175 mm Hartchrom Polyamid PTFE ungefüllt PTFE mit 15 % Graphit 25 % Glasfasern oder 25 % E-Kohle 33 % Kohle/Graphit 15 % Glasfasern 20 % Glasfasern 5 % Graphit 60 % Bronze
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Bild 2-332. Enthalpie von PTFE in Abhängigkeit von der Temperatur (Enthalpie bei 20 °C gleich Null gesetzt)
Bild 2-333. Längenausdehnungskoeffizient von PTFE in Abhängigkeit von der Temperatur
Fluorkunststoffe
2.1.6 Fluorkunststoffe
Bild 2-334. Dielektrizitätszahl von PTFE in Abhängigkeit von Frequenz (A) und Temperatur (B)
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Fluorkunststoffe
Bild 2-335. Dielektrischer Verlustfaktor tan d von PTFE in Abhängigkeit von Frequenz (A) und Temperatur (B)
Optische Eigenschaften Brechungsindex für sichtbares Licht n20 D = 1,35. Ungefülltes, naturfarbenes PTFE ist in dünnen Schichten durchscheinend, dicke sind opak weiß und undurchsichtig. PTFE-Folien, 100 mm dick, lassen im Wellenbereich von 300 bis 350 nm 80 % des einfallenden Lichtes durch. Im Infrarotbereich von 8 bis 8.7 mm werden nahezu 100 % der einfallenden Strahlung absorbiert, Bild 2-336.
Bild 2-336. Infrarotspektrum einer 50 mm dicken PTFEFolie
2.1.6 Fluorkunststoffe
593
■ Chemikalienbeständigkeit Die Stärke der Fluor/Kohlenstoffbindung sowie die nahezu völlige Abschirmung der Kohlenstoffketten durch Fluoratome führen zu einer universellen Chemikalienresistenz von PTFE. Beständig gegen: fast alle Chemikalien; nicht beständig gegen: elementares Fluor, Chlortrifluorid, geschmolzene Alkalimetalle. Bisher ist noch keine Verbindung bekannt geworden, die PTFE bei Temperaturen < 300 °C löst. Bei Raumtemperatur quellen chemisch verwandte fluorhaltige KW PTFE in reversibler Weise an. ■ Witterungsbeständigkeit PTFE zeichnet sich durch hohe UV- und Witterungsbeständigkeit aus und kann ohne Vorbehalt für die Verwendung im Freien empfohlen werden, dies gilt auch für mehrjährige Bewitterung unter extremen klimatischen Bedingungen. PTFE erfordert keine stabilisierenden Zusatzstoffe. ■ Strahlenbeständigkeit PTFE zählt nicht zu den strahlenbeständigen Kunststoffen. Die Strahlenbeständigkeit nimmt in folgender Reihenfolge zu: Im Gegensatz zu denjenigen Kunststoffen, die bei Einwirkung ionisierender Strahlen zunächst vernetzen, herrscht bei PTFE, besonders in Gegenwart von Sauerstoff, der Kettenabbau vor. Der Abbau wird durch die Anwesenheit von Sauerstoff wesentlich beschleunigt. Als Spaltprodukt entsteht bei der strahlenbedingten Zersetzung von PTFE Tetrafluorethylen. Unter bestimmten Bedingungen (höhere Strahlendosis) bilden sich wachsartige Substanzen mit einem Erweichungspunkt von etwa 200 °C. Untersuchungen verschiedener Forscher haben gezeigt, dass bei der Zersetzung kein elementares Fluor entsteht, jedoch u. U. mit der Bildung korrodierend wirkender Folgeprodukte gerechnet werden muss. Erreicht die aufgenommene Strahlendosis 102 J/kg, so beginnen sich die Polymereigenschaften zu verändern. In welchem Maße PTFE beeinflusst wird, hängt davon ab, ob im Vakuum oder unter Luftzutritt gearbeitet wird. Bei Gegenwart von Sauerstoff vermindern sich z. B. Festigkeit und Dehnung schon nach einer Strahlendosis von weniger als 104 J/kg spürbar, während unter Vakuum eine bedeutend höhere Dosis nicht schadet. Die Erniedrigung der molaren Masse macht sich in einer verringerten Schmelzviskosität sowie einer Erhöhung der Dichte bemerkbar. Eine weitere Folge ist das Ansteigen der elektrischen Leitfähigkeit. Die dielektrischen Eigenschaften werden dagegen kaum beeinträchtigt. Für die PTFE-Verarbeitung ist bemerkenswert, dass die Oberfläche des Kunststoffs durch Bestrahlen kleb- und druckbar wird. Außerdem können mit Hilfe energiereicher Strahlen Comonomere auf das Polymer gepfropft werden.
Fluorkunststoffe
Butylkautschuk, Polymethylmethacrylat, PTFE, Cellulose, Polyamid, Polystyrol.
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
■ Brennbarkeit PTFE ist selbsterlöschend, es wird nach UL 94 in die Stufe SE-0 eingereiht. Der Sauerstoffindex LOI beträgt 95 %.
■ Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase Die Durchlässigkeit für Gase und Dämpfe ist bei PTFE infolge der verhältnismäßig lockeren Gefügestruktur etwas größer als beispielsweise bei PVC-U oder Polytrifluorchlorethylen (PCTFE). Sie hängt sehr von den Verarbeitungsbedingungen ab. So wurde in einem Fall festgestellt, dass die CO2-Durchlässigkeit durch Erhöhen des Kristallinitätsgrades auf den dreißigsten Teil gesenkt werden konnte. Bei sehr hohem Porengehalt dagegen kann sie auf das Tausendfache des Wertes von porenfreien Folien ansteigen. Medium
Durchlässigkeit cm3/m2d · bar
Luft O2 N2 CO2 He Wasserdampf
g/m2d
80 – 100 160 – 250 60 – 80 450 – 700 1700 – 2100 0,03
Fluorkunststoffe
Dickwandige Formstoffe können als undurchlässig angesehen werden. Durch Beschichten mit PTFE-Dispersionen können Metalle gegen Korrosion nicht geschützt werden.
■ Gesundheitliche Beurteilung Gegen die Verwendung von PTFE bestehen im Sinne des Lebensmittelgesetzes keine Bedenken. Der thermische Abbau beginnt bei Temperaturen über 200 °C. Beispielsweise ist bei PTFE-beschichtetem Küchengeschirr beim Gebrauch keine gesundheitliche Schädigung zu befürchten. Noch vor Erreichen der Zersetzungstemperatur von PTFE verkohlen die Speisen und sondern selbst in größerem Umfang toxische Dämpfe (Acrolein) ab. Werden PTFE-beschichtete Küchengeräte im leeren Zustand überhitzt, so kann zwar örtlich ein thermischer Zerfall des Kunststoffs stattfinden, die zersetzte Polymermenge ist jedoch so klein, dass in der Umgebung keine bedenkliche Konzentration schädlicher Spaltprodukte entstehen kann (die übliche Dicke von Beschichtungen beträgt nur 20 bis 40 mm). Um einer unsachgemäßen Behandlung vorzubeugen, werden in der Bundesrepublik PTFE-beschichtete Küchengeräte nach einer Empfehlung des Bundesgesundheitsamtes mit entsprechenden Gebrauchshinweisen versehen (Bundesgesundheitsbl. Nr. 21 v. 13. 10. 1967, S. 331 bis 333). Während der Sinterverarbeitung von PTFE wird mit größeren Polymermengen gearbeitet. Hier sollte für ausreichende Belüftung gesorgt werden. Dasselbe gilt auch für alle anderen Ver-
2.1.6 Fluorkunststoffe
595
arbeitungsverfahren, bei denen mit einer Erhitzung der PTFE-Teile zu rechnen ist (z. B. beim Schweißen). Zur Vermeidung gesundheitlicher Schäden sollte beim Arbeiten mit PTFE nicht geraucht werden; Tabakwaren sind nicht mitzuführen. Die in brennenden Zigaretten herrschenden Temperaturen von ca. 600 bis 800 °C würden ggf. anhaftende PFTE-Teilchen weitgehend zersetzen. Die Spaltprodukte würden größtenteils inhaliert werden. PTFE ist physiologisch inert. Es verursacht keinerlei Hautreizungen und wurde bei Fütterungsversuchen vom tierischen Organismus monatelang ohne irgendwelche Nebenwirkungen vertragen. Bei Implantationen ins lebende Gewebe, die heutzutage in der Chirurgie bereits routinemäßig durchgeführt werden (künstlichen Venen und Arterien, Herzklappen und Herzschrittmacherteilen), konnte ebenfalls keine Schädigung festgestellt werden. Bei medizinischen Instrumenten und Ausrüstungen dient PTFE zur Herstellung von Kathedern, Kanülen, Filtermembranen und Kathederschläuchen [4].
■ Verarbeitung Wegen seiner physikalischen Eigenschaften ist PTFE nur nach speziellen Methoden verarbeitbar: Pressverarbeitung mit anschließendem Freiform- oder Drucksintern, Ramextrusion (Kolbenstrangpressen), Pastenextrusion (Kolbenstrangpressen), Beschichten mit anschließendem Sintern, Tränken.
Bei der Verarbeitung durch Pressen und Extrudieren sind drei Phasen zu unterscheiden: Verdichten, Sintern, Abkühlen. Die verschiedenen PTFE-Typen sind auf die genannten Verarbeitungsmethoden abgestimmt. Als Press- und Ramextrusionspulver eignen sich nur die Suspensionspolymere, denn sie sind grobkörnig. Die Pastenextrusion ist hingegen nur mit Pulvern möglich, die durch Koagulieren von PTFE-Dispersionen gewonnen werden (Emulsionspolymere). In Form wässriger Dispersionen wird PTFE beim Beschichten und Tränken verschiedener Substrate eingesetzt. PTFE unterscheidet sich im Schmelzverhalten wesentlich von anderen Thermoplasten (mit Ausnahme des sehr hochmolekularen Ziegler-Polyethylens PE-UHMW, Abschnitt 2.1.1.1). Die Schmelzviskosität bei Temperaturen oberhalb 330 °C ± 15 °C beträgt 104 Pa · s. Deshalb bewahren gepresste Formteile auch bei Sintertemperaturen von 400 °C ihre Form (bei verminderter Festigkeit). Leichtrieselnde Formmassen werden bei schwierig zu füllenden Werkzeugen und automatischen Pressen, weniger gut rieselnde zur Herstellung hochwertiger Formteile verwendet. Das Pressen der Formkörper geschieht bei Raumtemperatur mit Drücken von 10 bis 35 bar. Bei Compounds wird mit Drücken von 30 bis 100 bar gearbeitet (je nach Füllstoffmenge und -art). Die Formteile werden anschließend durch langsames Erwärmen von 300°C ± 15 °C auf 370 bis 400 °C gesintert. Freigesinterte Formteile sind nicht porenfrei.
Fluorkunststoffe
• • • • •
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Beim Drucksintern bzw. beim Sintern mit Nachdruck kühlt das Werkstück im Werkzeug unter Druck ab. Es ist auch üblich, vorgesinterte Rohlinge durch Schlagpressen zu formen. Die unter Druck abkühlenden Formteile sind porenfrei und erreichen die höchste Dichte und Festigkeit. Die Ramextrusion dient zur Herstellung von Stäben und dickwandigen Rohren. Das im Eingangsteil des Kolbenextruders diskontinuierlich tablettierte Material wird in dem auf 380 °C geheizten anschließenden Werkzeugteil unter Gegendruck gesintert. Dünnwandige Schläuche bis 250 mm Dmr. und Wanddicken von 0,1 bis 4 mm sowie Draht- und Kabelummantelungen werden aus Emulsionspolymer im „Pasten“-Extrusionsverfahren hergestellt. Das Material wird mit 18 bis 25 % Testbenzin zu einer knetbaren Masse angeteigt dem Kolbenextruder zugeführt. Im auf 380 °C geheizten Sinterabschnitt verdampft zunächst das Gleitmittel. Porös bleibende Gewinde-Dichtbänder werden nicht gesintert, sondern nur gewalzt und getrocknet. PTFE-Folien werden entweder vom gesinterten Rundblock geschält oder aus Dispersionen gegossen. PTFE-Dispersionen dienen ebenfalls zum Imprägnieren von Asbest- oder Glasfasergewebe. Halbzeug kann bei Temperaturen um den Kristallit-Schmelzpunkt (330 °C ± 15 K) unter Druck umgeformt werden.
■ Bearbeiten
Fluorkunststoffe
Spanende Bearbeitung siehe Tabelle 2-6. Fügeverfahren: Schweißen PTFE kann nicht im klassischen Sinne durch Aufschmelzen der Fügeflächen ohne oder mit Zusatz von Schweißdraht verbunden werden, denn im Verarbeitungsbereich bildet sich keine Schmelze. Schälfolien können jedoch nach Erwärmen auf 380 – 390 °C unter Druck (2 bis 3 bar) verschweißt werden. Mit Hilfe dünner Folien aus Hostaflon® TFA in Dicken von 50 bis 100 mm ist es jedoch möglich, bei niedrigen Drücken von 0,02 bis 0,03 bar und Temperaturen von 360 bis 380 °C geschweißte Verbindungen mit einem Gütefaktor von 0,1 bis 1,0 ohne Vorbehandlung herzustellen. Kleben Die einzige Möglichkeit, Fluor-Kunststoffe durch Kleben zu verbinden, ist das Adhäsionskleben. Geeignet sind Zweikomponenten-Reaktionsklebstoffe auf Epoxidharzbasis und Cyanacrylat-Klebstoffe. Die Fügeflächen müssen jedoch vorbehandelt werden mit Natrium in flüssigem Ammoniak oder Naphthylnatrium in Tetrahydrofuran. Klebverbindungen mit Elastomeren müssen in der gleichen Weise vorbehandelt werden. Der anschließend auf die PTFE-Fügefläche aufzutragende Haftvermittler richtet sich nach dem jeweiligen Elastomer, mit dem das PTFE verbunden werden soll. Dekorieren Das Dekorieren mit fluorhaltigen Druckfarben ist üblich.
2.1.6 Fluorkunststoffe
597
Anwendungsbeispiele Packungen, statische und dynamische Dichtungen, Dehnungselemente, Faltenbälge, Kolbenringe, plattenförmige Auflager, Rohre, Schläuche, Armaturen, Drahtisolationen, Isolierfolien, Tiegel, wartungsfreie Lager (Folien-, Mehrschichtverbund- und Gewebelager sowie Wälzlagerkäfige), Beschichtungen mit abweisender Oberfläche, ferner Substrate für gedruckte Schaltungen und imprägnierte Gewebe aus Asbest, Glas- oder Aramidfasern.
2.1.6.2 Tetrafluorethylen/Hexafluorpropylencopolymer (FEP) Das Copolymer FEP wurde bereits im Jahre 1960 von Du Pont auf den Markt gebracht. Der anwendungstechnische Erfolg dieses Produktes war zunächst nicht so groß wie man erwartet hatte. Der Grund bestand darin, dass die Verarbeiter von PTFE über spezielle Technologien und Maschinen verfügten und keine Spritzgießmaschinen betrieben. Die mit Spritzgießmaschinen ausgerüsteten Betriebe waren mit den Fluorpolymeren nicht vertraut und zögerten mit dem Umrüsten. Dennoch ist inzwischen ein ständig zunehmender Verbrauch zu beobachten.
■ Allgemeine Stoffbeschreibung Die hohe molare Masse von PTFE, die damit verbundene hohe Schmelzviskosität und spezielle Verarbeitungstechnik legten es nahe, Fluor-Kunststoffe zu entwickeln, die wie gewöhnliche Thermoplaste, d. h. im Schmelzzustand durch Spritzgießen und Extrudieren verarbeitet werden können. Zu diesen Copolyme-
Fluorkunststoffe
Handelsnamen Algoflon (Ausimont (Deutschland) GmbH/DE) Dyneon PTFE (Dyneon GmbH/DE) Ferrotron (Polymer Cor./US) Fluon (ICI PLC/GB) Fluoroloy (Fluorocarbon/US) Fluorosint (Polypenco GmbH/DE) Foraflon (ATOCHEM/FR) Gaflon (Plastic Omnium/FR) Halon (Ausimont (Deutschland) GmbH/DE) Neoflon (Daikin Ind./JP) Pamflon (Norton Pampus/DE) Polyflon (Daikin Kogyo Co./JP) Rulon (Dixon Ind. Corp./US) Teflon (Du Pont Deutschland GmbH/DE) Tygaflor (American Cyanamid Aerospace/US) Xylan (Whitford Corp./US)
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
ren gehört FEP. Trotz der nahen Verwandtschaft zu PTFE ist es diesem gegenüber durch folgende Eigenschaften gekennzeichnet:
• • • •
thermoplastisch ur- und umformbar, schlagzäher als PTFE, niedrigere Gebrauchstemperatur als PTFE, elektrische Eigenschaften, Chemikalienbeständigkeit und Witterungsbeständigkeit sind mit denjenigen von PTFE vergleichbar.
■ Struktur und allgemeine Eigenschaften Die mittlere molare Masse dieser Copolymere beträgt 50 000 bis 500 000. Entsprechend dem Masseanteil von 50 bis 90 % Hexafluorpropylen erreicht die Rohdichte 2,14 bis 2,17 g/cm3.
Hexafluorpropylen Tetrafluorethylen Copolymer
Der Kristallinitätsgrad beträgt in ungetempertem Zustand 40 bis 50 %, nachbehandelt in der Wärme, 16 h bei 245 °C 50 bis 57 %, nachbehandelt in der Wärme, 1 Monat bei 210 °C 50 bis 67 %.
Fluorkunststoffe
■ Zusatzstoffe Entsprechend dem strukturellen Aufbau dieses Copolymers aus perfluoriertem Propylen und Ethylen spielen unter den Zusatzstoffen vor allem die Füll- und Verstärkungsstoffe eine wichtige Rolle. Als Funktions-Zusatzstoffe werden den Dispersionen außer Farbmittel bevorzugt nichtionische Benetzungsmittel zugegeben.Als Füllstoff dient vor allem Graphit und als Verstärkungsstoff gemahlene Glasfasern. Art und Menge der Füllstoffe sind in erster Linie durch die Verarbeitbarkeit begrenzt.
■ Sortiment Das heutige FEP-Sortiment umfasst drei Typen, die sich für das Spritzgießen und das Extrudieren eignen, sowie eine wässrige Dispersion für das Aufbringen von Schutzschichten mit schmierenden oder haftabweisenden Eigenschaften für das Imprägnieren von Garnen und Filzen sowie als Schmelzklebstoff.
■ Lieferformen FEP wird als Granulat, als Pulver für das Beschichten im Fließbett und das elektrostatische Beschichten sowie als Dispersion geliefert; Halbzeug in Form von Folien, Rohren, Profilen und Folien.
■ Typisierung Die Bearbeitung von FEP im Sinne der seit 1982 vom DIN eingeführten technischen Regeln wurde noch nicht in Angriff genommen.
599
2.1.6 Fluorkunststoffe
Hingewiesen sei auf die Richtlinie VDI/VDE 2480 Bl. 2 (03. 80) Werkstoffe der Feinwerktechnik, Perfluorethylenpropylen-Formstoffe.
■ Physikalische Eigenschaften Richtwerte der wichtigsten physikalischen Eigenschaften enthält Tabelle 2-78. ■ Mechanische Eigenschaften: Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit Das Kraft-Verformungsverhalten zeigt Bild 2-337. Das Ergebnis von Stauchungsversuchen zeigt Bild 2-338. Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand Das Zeitstandverhalten ist in Bild 2-339 anhand der Zeit/Dehnlinien für verschiedene Zugbeanspruchungen und Temperaturen dargestellt. Im Unterschied zur zeitlich konstanten Beanspruchung ist der Spannungsabbau bei zeitlich konstanter Verformung im Bereich von 0,5 bis 2 % bei 23 °C während einer Zeitdauer von 10 Std. nahezu vernachlässigbar. Das gleiche gilt für eine gleichbleibende Dehnung von 0,5 % selbst bei – 100 °C. Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit Formstoffe aus FEP zeigen sowohl beim Schlagbiegeversuch nach DIN 53 453 als auch bei der Schlagzähigkeitsprüfung nach ISO R 180-Methode A ein zähes Verhalten. Das gilt bis zu Temperaturen von – 200 °C. Kerbschlagzähigkeit nach DIN 53 453 nach ISO R 180 J/m kJ/m2 25 o. B.
158 o. B. Fluorkunststoffe
– 52 °C 23 °C
Härte Angaben über die Härte enthält die Tabelle 2-78.
Bild 2-337. Spannungsdehnungsdiagramm von FEP bei verschiedenen Prüftemperaturen
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
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Bild 2-338. Stauchungsversuche mit FEP bei verschiedenen Temperaturen
Reibungs- und Verschleißverhalten FEP weist gute Gleiteigenschaften auf. Weil die Haftreibungszahlen kleiner sind als die Gleittreibungszahlen, tritt der stick-slip-Effekt und das damit verbundene Ruckgleiten nicht auf. Mit steigender Belastung nimmt die Haftreibungszahl erst schnell, dann langsam ab, Bild 2-340 A. Mit steigender Gleitgeschwindigkeit bis etwa 200 m/min ist ein schnelles Ansteigen der Gleitreibungszahl zu beobachten, Bild 2-340 B. Bei Gleitgeschwindigkeiten > 20 m/min ist die Gleitreibungszahl nur noch in geringem Maße von der Gleitgeschwindigkeit abhängig. FEP eignet sich für Gleitflächen bei niedrigen Flächenpressungen und niedrigen Gleitgeschwindigkeiten.
■ Thermische Eigenschaften Die relative Längenänderung (bezogen auf 23 °C) ist in Bild 2-341 wiedergegeben. Man erkennt, dass FEP die sprunghafte Volumenänderung von PTFE im Bereich von 19 °C nicht aufweist. Weitere Werte thermischer Eigenschaften enthält Tabelle 2-78.
■ Elektrische Eigenschaften Die elektrischen Eigenschaften von FEP sind nahezu identisch mit denen von PTFE: niedrigste Dielektrizitätszahl und niedrigster Verlustfaktor aller Kunststoffe sowie ein hoher spezifischer Durchgangswiderstand und hoher Oberflächenwiderstand. Diese Eigenschaften sind von Temperatur und Frequenz weitgehend unabhängig.
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Bild 2-339. Zeitdehnlinien von FEP bei verschiedenen Beanspruchungshöhen und Temperaturen
2.1.6 Fluorkunststoffe
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Bild 2-340. Haft (A)- und Gleitreibungszahl (B) von FEP gegen Kohlenstoffstahl mit einer Oberflächenrauigkeit von 13 bis 25 mm (Prüftemperatur 23 °C)
Weil FEP nahezu kein Wasser aufnimmt, bleibt der spezifische Widerstand auch nach längerer Wasserlagerung unverändert. Die Dielektrizitätszahl von FEP ist niedrig und ändert sich nur wenig über einen großen Frequenzbereich, Bild 2-342. Sie bleibt nahezu konstant von 102 bis 109 Hz. Mit zunehmender Temperatur fällt sie leicht ab. Bei 200 °C und 8,5 · 109 Hz beträgt die Dielektrizitätszahl für FEP 1,95. An während sechs Monaten bei 200 °C gealterten Mustern wurde keine Veränderung der Dielektrizitätszahl beobachtet. Die Bilder 2-342 (A) und (B) zeigen den dielektrischen Verlustfaktor tan d in Abhängigkeit von Temperatur und Frequenz. Er bleibt bis 104 Hz unter 1,9 · 10–4, nimmt dann zu und erreicht bei Raumtemperatur sein Maximum bei 3 · 109 Hz. Der Verlustfaktor wird von der relativen Luftfeuchte nicht beeinflusst.
2.1.6 Fluorkunststoffe
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Bild 2-341. Relative Längenänderung von FEP-Formstoffen (bezogen auf 23 °C)
Die Dielektrizitätszahl in Abhängigkeit von der Frequenz ist in Bild 2-342 (C) wiedergegeben.
■ Chemikalienbeständigkeit Beständig gegen: Säuren, Laugen, alle Lösemittel, Detergenzien, Fette, Öle, Wasser. ■ Spannungsrissverhalten Die Beständigkeit gegen Spannungsrissbildung ist grundsätzlich hoch. Sie ist bei Formmassen hoher molarer Masse am besten, z. B. Teflon FEP 160 N für Auskleidungen, Ausdehnungsmanschetten und Ventile im Apparatebau der chemischen Industrie. ■ Witterungsbeständigkeit FEP hat eine sehr gute Licht- und Witterungsbeständigkeit. Bewitterungsversuche an der Küste von Florida (USA) lassen für FEP eine Lebensdauer von über 20 Jahren ohne messbare Veränderung der ursprünglichen Eigenschaften erwarten. ■ Strahlenbeständigkeit Die Beständigkeit von FEP gegenüber ionisierender Strahlung in Gegenwart von Sauerstoff ist gering. Der Grenzwert der Schädigung beträgt 4 · 103 bis
Fluorkunststoffe
■ Optische Eigenschaften Brechungsindex n20 D = 1,338. Dünnwandige Formteile aus ungefülltem und ungefärbtem FEP sind durchscheinend und haben einen bläulichen Schimmer. FEP-Folien (0,05 mm dick) sind im Wellenlängenbereich von 8 bis 9 mm (Infrarotbereich) nahezu strahlungsundurchlässig, d. h. dort absorbieren sie die eingestrahlte Energie. Die Lichtdurchlässigkeit nimmt im UV-Bereich von 200 bis 400 nm rasch von 0 auf 90 % zu.
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Bild 2-342. Dielektrischer Verlustfaktor tan d von FEP in Abhängigkeit von Temperatur (A) und Frequenz (B); Dielektrizitätszahl in Abhängigkeit von der Frequenz (C)
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2.1.6 Fluorkunststoffe
6,5 · 103 J/kg. Die Änderung der Dielektrizitätszahl und des Verlustfaktors ist bis 103 J/kg vernachlässigbar. Die Strahlenbeständigkeit ist im Vakuum und in inerter Atmosphäre etwas besser (siehe auch PTFE Abschn. 2.1.6.1).
■ Verhalten im Vakuum Beim Evakuieren nicht auf 10–5 bar tritt keine Depolymerisation und kein Ausgasen des FEP ein. Der bei 10–5 bar und 100 °C auftretende Gewichtsverlust beträgt 0,08 %. ■ Brennbarkeit FEP brennt sich gemäß VDE 0303, Teil 3. Nach UL 94 gehört es zur Stufe SE-O. Der Sauerstoffindex des ungefüllten Materials beträgt 95 %. ■ Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase Siehe Tabelle 5-30 im Anhang.
■ Verarbeitungshinweise Spritzgießen Massetemperatur Spritzdruck Werkzeugtemperaturen Schwindung Extrudieren Massetemperatur Ausrüstung der Plastifizierzylinder:
320 bis 360 °C 350 bis 1000 bar 200 bis 230 °C 3,5 bis 6,0 % 315 bis 410°C (gilt auch für die Kabelei) eisenfreie Legierungen (Hastelloy, Xaloy, Reiloy, Monel)
FEP kann durch Extrusionsblasen zu Hohlkörpern verarbeitet werden. Das Umformen von Halbzeug geschieht bei Temperaturen oberhalb 280 °C. Im thermoelastischen Bereich geformte Teile nehmen bei Erwärmung die ursprüngliche Form wieder an (plastic memory). Halbzeug und Formteile können leicht spanend bearbeitet werden. Kleben ist nach Vorbehandlung der Fügeflächen mit Ätzmitteln möglich (EP- und SI-HarzKlebstoffe), Reibungsschweißen ist möglich, US-Schweißen dagegen nicht (siehe auch PTFE Abschn. 2.1.6.1).
Fluorkunststoffe
■ Gesundheitliche Beurteilung FEP (alle Typen) entspricht den Anforderungen der Food and Drug Administration (FDA)-Verordnung 21. CFR 121.2555 und kann deshalb gemäß dieser Verordnung ohne gesundheitliche Bedenken zur Herstellung von Bedarfsgegenständen oder Teilen von Bedarfsgegenständen, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen (Verarbeitung, Verpackung, Transport und Aufbewahrung von Lebensmitteln), angewendet werden.
606
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Anwendungsbeispiele Drahtisolationen (elektrische Bodenheizung), Beschichtungen, Behälterauskleidungen, flexible, gedruckte Schaltungen, Spritzgussteile für den elektrischen, elektronischen und chemischen Einsatz, Verpackungsfolien, Imprägnieren von Stoffen, Garnen, Filzen, Schmelzklebstoff. Handelsnamen Dyneon FEP (Dyneon GmbH/DE) Teflon FEP (Du Pont Deutschland GmbH/DE) Neoflon (Daiki Industries/JP)
2.1.6.3 Tetrafluorethylen/Ethylencopolymer (E/TFE) ■ Allgemeine Stoffbeschreibung Dieser wärmebeständige Thermoplast wurde im Jahre 1972 erstmals von Du Pont de Nemours unter dem Handelsnamen Tefzel® auf den Markt gebracht. Die Hoechst AG folgte zwei Jahre später mit Hostaflon® ET. Kennzeichnende Eigenschaften sind:
• • • • •
breiter Gebrauchstemperaturbereich (– 190 bis + 150 °C), gute mechanische und elektrische Eigenschaften, hohe Chemikalienbeständigkeit, Unbrennbarkeit, hohe Alterungs- und Wetterbeständigkeit.
Fluorkunststoffe
■ Struktur und allgemeine Eigenschaften Der Tetrafluorethylenanteil beträgt 75 %. Deshalb nähern sich die physikalischen und chemischen Eigenschaften denen von PTFE. Hervorzuheben ist, dass es sich bei E/TFE um den ersten Fluorkunststoff handelt, der glasfaserverstärkt und nicht nur gefüllt werden konnte.
Tetrafluorethylen/Ethylen-Copolymer
■ Zusatzstoffe: Funktionszusatzstoffe Bekanntlich erfordert PTFE keine stabilisierenden Zusatzstoffe. Es kommen nur Farbmittel in Betracht. Das Copolymer enthält jedoch einen Ethylenanteil von 25 %, der auf übliche Weise gegen den thermischen und photochemischen Abbau geschützt werden muss. An weiteren Zusätzen kommen in der Regel nur gemahlene Glasfasern als Verstärkungsstoff in Betracht (siehe Tabelle 2-78).
■ Sortiment, Lieferformen, Typisierungen E/TFE wird als durchscheinendes opakes cremeweißes Granulat geliefert; glasfaserverstärkte Typen sind ebenfalls verfügbar, außerdem Halbzeug in Form von
2.1.6 Fluorkunststoffe
607
Profilen, Rohren, Blöcken und Folien, Spritzguss- und Extrusionstypen sind unter ASTM-D 3159-72 genormt.
■ Physikalische Eigenschaften Die wichtigsten physikalischen Eigenschaften sind in Tabelle 2-78 zusammengestellt. ■ Mechanische Eigenschaften: Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit E/TFE ist weniger dicht, steifer und schlagzähiger als PTFE und FEP. Es weist jedoch eine vergleichbare Dehnfähigkeit auf und zeigt das für duktile Werkstoffe typische nicht lineare Kraft/Verformungsverhalten, Bild 2-343. Die Bilder 2-344 bis 2-348 zeigen Zug- und Biegefestigkeit, den Zug-E-Modul, die Scherfestigkeit von E/TFE unverstärkt (Tefzel 200) und mit 25 % Masseanteil glasfaserverstärkt (Tefzel 70 G-25), den Biege-E-Modul und die Bruchdehnung in Abhängigkeit von der Temperatur. Das Kraft/Verformungsverhalten dieser Werkstoffe bei Biegebeanspruchung ist in Bild 2-349 dargestellt.
Fluorkunststoffe
Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand Auch E/TFE kriecht bei Dauerbeanspruchung mit einer im Laufe der Zeit abnehmenden Geschwindigkeit. Bild 2-350 zeigt den Biege-Kriechmodul des glasfaserverstärkten Tefzel 70 G-25 bei 23 und 100 °C in Abhängigkeit von der Temperatur.
Bild 2-343. Kraft/Verformungsverhalten von E/TFE im Zug/Druckbereich (Prüftemperatur 23 °C, Probekörper: Zugversuch n. ASTM D 638, Probe Nr. 5; Druckversuch: Zylinder 12 mm Dmr., 25 mm lang) a Tefzel 200 Du Pont Deutschland GmbH b Tefzel 70 G-25 Du Pont Deutschland GmbH
608
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-345. Zug-E-Modul von E/TFE in Abhängigkeit von der Temperatur
Bild 2-346. Scherfestigkeit von E/TFE in Abhängigkeit von Temperatur
Bild 2-347. Biege-E-Modul von E/TFE in Abhängigkeit von der Temperatur. Kennzeichnung der Kurven: siehe Bild 2-343
Fluorkunststoffe
Bild 2-344. Biegefestigkeit von E/TFE in Abhängigkeit von der Temperatur. Kennzeichnung der Kurven: siehe Bild 2-343
Bild 2-348. Bruchdehnung von Tefzel 200 in Abhängigkeit von der Temperatur (Probekörper: gepresste Folie 250 mm dick)
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Bild 2-349. Kraft/Verformungsverhalten von E/TFE bei Biegebeanspruchung (Prüftemperatur: 23 °C)
Bild 2-350. Biegekriechmodul von Tefzel 70 G-25 bei 23 °C und 100 °C
Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit Daten über das Schlagzähigkeitsverhalten enthält Tabelle 2-78. Tefzel 200 und 280 weisen hohe Schlagzähigkeit über einen breiten Temperaturbereich auf. Sie stehen darin an der Spitze aller Kunststoffe. Die Versprödungstemperatur ist niedriger als – 100 °C. Verhalten bei schwingender Beanspruchung Das Ergebnis von Biegewechsel-Versuchen zeigt das Bild 2-351. Der glasfaserverstärkte Typ weist eine etwa doppelt so hohe Biegedauerfestigkeit auf wie das unverstärkte Material. Härte Härteangaben enthält Tabelle 2-78.
Fluorkunststoffe
2.1.6 Fluorkunststoffe
610
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-351. Biegewechselfestigkeit von E/TFE (Prüftemperatur 23 °C, f = 30 Hz, 50 % rel. F.) a E/TFE b E/TFE-GF 25
Reibungs- und Verschleißverhalten Im Unterschied zu vielen anderen Polymeren verbessert eine Glasfaserverstärkung die Reibungs- und Verschleißeigenschaften von E/TFE. Beträgt die dynamische Reibungszahl bei 0,7 N/mm2 · 3 m/min für Tefzel 200 0,4, so fällt sie bei Tefzel 70 G-25 unter den gleichen Bedingungen auf 0,3 ab. Der Verschleißfaktor nimmt von 6,6 · 10–6 auf 0,018 · 10–6 cm3 min/kg mh ab. Auch auf den Gegenflächen wird der Verschleiß überraschenderweise geringer. Die statische Reibungszahl hängt vom Lagerdruck ab. Für Tefzel 70 G-25 ergeben sich folgende Werte:
Fluorkunststoffe
Flächenpressung N/mm2 0,07 0,35 0,7 3,5
Reibungszahl 0,51 0,38 0,31 0,34
Der Verschleißfaktor gegenüber Stahl beträgt etwa 1/10 desjenigen von PA 66GF33. Bild 2-352 zeigt die Abhängigkeit der Reibungszahl von pv-Wert. Die Wärmeentwicklung beginnt bei einem pv-Wert von etwa 36 N/ms. Ein starker Tempe-
Bild 2-352. Reibungsverhalten von E/TFE-GF 25 gegenüber Stahl (ohne Schmiermittel)
2.1.6 Fluorkunststoffe
611
raturanstieg setzt bei pv-Werten um 70 N/ms ein. Die sich einstellenden Lagertemperaturen sind in Bild 2-352 als Funktion von pv in der oberen Hälfte rechts dargestellt. Eine hohe Abnutzungsgeschwindigkeit beginnt bei einem pv-Wert von 53 N/ms. Schmierung, harte Oberflächen der Welle und geringe Rautiefe verzögern die Abnutzung. Für Gleitlager wird ein Spiel von mindestens 0,3 bis 0,5 % des Durchmessers empfohlen.
■ Thermische und elektrische Eigenschaften Siehe Tabelle 2-78. ■ Optische Eigenschaften Der Brechungsindex n20 D beträgt 1,40; transparent in dünnen Schichten. Die Durchlässigkeit von 25-mm-Folien beträgt im UV-Bereich (200 bis 400 nm) 50 bis 90 %, im sichtbaren Bereich (400 bis 700 nm) 90 bis 98 % und im nahen Infrarot-Bereich (800 bis 2400 nm) 95 bis 91 % (abnehmend). ■ Chemikalienbeständigkeit Beständig gegen: Säuren, Laugen, Lösemittel, hydrolysebeständig; bedingt beständig gegen: Öle, Fette, oxidierende Säuren. ■ Witterungs- und Strahlenbeständigkeit Im Freien verwendbar; die Beständigkeit gegen energiereiche Strahlung hingegen ist begrenzt.
■ Verarbeitung: Verarbeitungsbedingungen Das wichtigste Verarbeitungsverfahren ist das Spritzgießen. Es wird mit Massetemperaturen von 300 bis 340 °C gearbeitet. Alle von Schmelze berührten Teile der Plastifiziereinheit müssen aus korrosionsbeständigen Werkstoffen hergestellt sein. ■ Veredelung der Oberfläche: Einfärben Das Einfärben in der Masse kann mit Pigmenten vorgenommen werden, die bei der Verarbeitungstemperatur des E/TFE thermisch stabil sind (siehe PTFE). Es sind auch Farbkonzentrate erhältlich. Bedrucken Das Bedrucken der Oberfläche kann durch Heißprägen geschehen. Die Prägestempel werden auf 320 °C erwärmt. Der Anpressdruck beträgt etwa 0,2 N/mm2 (während 0,25 s). Die Streifenmusterung von elektrischen Leitungen wird mit Hilfe von Druckrädern kontinuierlich aufgetragen und getrocknet. Spanendes Bearbeiten Siehe Tabelle 2-6.
Fluorkunststoffe
■ Brennbarkeit E/TFE brennt nicht.
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Fügeverfahren Zu den lösbaren Verbindungen gehören das Schrauben, zu den bedingt lösbaren die Schnapp- und Pressverbindung. Nicht lösbare Verbindungen werden durch Schweißen (Reibschweißen, Heizelementschweißen) und Kleben hergestellt. Anwendungsgebiete Zahnräder, Befestigungsklemmen, Pumpenteile, Füllkörper, Automobilteile, Packungen, Laborbedarf, Armaturenauskleidungen, Verbindungsklemmen, Spulenkörper, Drahtisolationen für Lokomotiven, Automobile, Stahlwerke, Militärbedarf. In den letzten Jahren gelang es, Schlauchfolien in Dicken von 25 bis 150 mm und Breiten bis zu 1200 mm (doppelt flach) herzustellen. Diese Folien eignen sich für das Herstellen transparenter Überdachungen (Gewächshäuser, Sportzentren). Die Lichtdurchlässigkeit beträgt 96 %. Diese Folien weisen nach zehnjähriger Freibewitterung keine optischen und mechanischen Veränderungen auf (Hostaflon ET). Handelsnamen Dyneon ETFE (Dyneon GmbH/DE) Tefzel (Du Pont Deutschland GmbH/DE)
2.1.6.4 Polytrifluorchlorethylen (PCTFE)
Fluorkunststoffe
■ Herstellung In den Anfängen der Markomolekularchemie herrschte die Meinung vor, dass fluorhaltige Vinylverbindungen aus stereochemischen Gründen nicht polymerisierbar seien. Überraschenderweise gelang es im Jahre 1934 O. Scherer und F. Schloffer (Hoechst AG) das bereits länger bekannte Trifluorchlorethylen zu polymerisieren (PCTFE). Damit war zum erstenmal ein fluorhaltiger Kunststoff im Labor hergestellt worden. Er zeichnete sich durch einmalige Eigenschaften, vor allem thermische und chemische Beständigkeit, aus, die jedoch in jener Zeit noch kein anwendungstechnisches Interesse fanden. Die technische Herstellung von PCTFE begann Hoechst Anfang der fünfziger Jahre. Hostaflon C2 wurde bald in ganz Europa bekannt. Die Produktion wurde jedoch gegen Ende der fünfziger Jahre zugunsten der neu aufgenommenen PTFE-Produktion eingestellt.
■ Allgemeine Stoffbeschreibung Kennzeichnende Eigenschaften sind:
• • • •
hart, steif, kratzfest, unzerbrechlich, transparent bis opak, geruch- und geschmacklos, witterungsbeständig,
2.1.6 Fluorkunststoffe
• • •
613
gesundheitlich unbedenklich, thermoplastisch verarbeitbar, auch in dünnen Schichten porenfrei, schweiß- und klebbar, leicht spanbar.
■ Struktur und Eigenschaften Der wesentliche Unterschied zwischen dem Eigenschaftsbild von PTFE und PCTFE ergibt sich aus dem chemischen Aufbau. Das Chloratom ist wesentlich größer als das Fluoratom. Dadurch wird der streng symmetrische Aufbau der PTFE-Kette gestört und der Kettenabstand vergrößert. Die Kettensegmente können zwar noch kristallisieren, jedoch wesentlich behinderter und damit geringer als bei PTFE. Die Kettenbeweglichkeit wird zwar etwas erhöht und damit die Erweichungstemperatur erniedrigt, die Polarität der Chloratome führt jedoch zu größeren intermolekularen Kräften und mithin zu höherer Festigkeit und Steifheit des Polymers. Die Polarität beeinflusst vor allem die dielektrischen Eigenschaften dieses Kunststoffs und schränkt die Verwendung auf dem Hochfrequenzgebiet ein.
Polytrifluormonochlorethylen
■ Sortiment PCTFE ist ein thermoplastischer Kunststoff. Es wird vorwiegend als Homopolymer für die Spritzguss- und die Extrusionsverarbeitung geliefert. Die Sortimente der Hersteller enthalten jedoch auch Copolymere mit Vinylidenfluorid und anderen Monomeren. Für die Herstellung von Dispersionen werden Pulvertypen geliefert. ■ Lieferformen PCTFE wird als Granulat oder Pulver geliefert. Es ist mit temperaturbeständigen Pigmenten einfärbbar. Halbzeug ist in Form von Profilen, Rohren, Stäben, Blöcken und Folien verfügbar. ■ Physikalische Eigenschaften Eine Übersicht über die wichtigsten physikalischen Eigenschaften enthält Tabelle 2-78. ■ Mechanische Eigenschaften: Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit Die wesentlichen Unterschiede zwischen dem wachsartigen PTFE und dem harten PCTFE wurden bereits hervorgehoben.
Fluorkunststoffe
Die geringere Kristallinität ermöglicht die Herstellung transparenter dünner Folien. Die Beständigkeit von PCTFE gegen den Angriff durch Chemikalien ist gut, jedoch nicht so gut wie die des PTFE.
614
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-353. Schlagzähigkeit von PCTFE im Bereich tiefer Temperaturen
Verhalten bei hoher Verformungsgeschwindigkeit Die hohe Schlagzähigkeit von PCTFE bei tiefen Temperaturen veranschaulicht Bild 2-353.
■ Thermische Eigenschaften
Fluorkunststoffe
Die obere Grenze der Gebrauchstemperatur von 150 °C ist nicht nur durch die nachlassende mechanische Festigkeit, sondern auch durch das Verspröden bei längerer Einwirkung von Wärme bedingt. Das Polymer schmilzt bei 216 °C. Die Glasübergangstemperatur beträgt + 45 °C.
■ Elektrische Eigenschaften Das Isolationsvermögen von PCTFE ist sehr gut, denn es nimmt kein Wasser auf. Es ist wegen seines thermoplastischen Charakters im Gegensatz zu PTFE auch in dünnen Schichten porenfrei. Die dielektrischen Eigenschaften werden durch das mit den Chloratomen eingebrachte Dipolmoment negativ beeinflusst, wie Bild 2-354 am Beispiel der Dielektrizitätszahl und des dielektrischen Verlustfaktors tan d zeigt. Im Übrigen sind die elektrischen Eigenschaften mit denen der perfluorierten Polymere vergleichbar.
■ Optische Eigenschaften
Brechungsindex n20 D = 1,425. Schnelles Abschrecken von Folien und Formteilen führt bei geringen Wanddicken zu glasklarer Transparenz.
■ Chemikalienbeständigkeit Beständig gegen: Säuren, Laugen, viele Lösemittel bei Raumtemperatur, aromatische und chlorierte KW, Ester, Ether und Ketone quellen PCTFE bei höherer Temperatur reversibel an; nicht beständig gegen: Chlorsulfonsäure, geschmolzene Alkalimetalle.
615
Fluorkunststoffe
2.1.6 Fluorkunststoffe
Bild 2-354. Dielektrizitätszahl (A) von PCTFE in Abhängigkeit von der Temperatur (a) und der Frequenz (b) sowie dielektrischer Verlustfaktor tan d (B) in Abhängigkeit von der Temperatur (a) und der Frequenz (b)
616
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
■ Witterungsbeständigkeit PCTFE ist witterungsbeständig.
■ Strahlenbeständigkeit Energiereiche Strahlen schädigen PCTFE bereits in kleinen Dosen, ähnlich wie PTFE. Wegen der Abspaltung von Chlor besteht bei längerer Einwirkung der Strahlung für benachbarte Metallteile Korrosionsgefahr.
■ Brennbarkeit PCTFE brennt nicht.
■ Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase PCTFE weist gegenüber Gasen günstige Sperreigenschaften auf (siehe Tabelle 5-30 im Anhang). Von allen transparenten Kunststoff-Folien ist bei PCTFE die Wasserdampfdurchlässigkeit am niedrigsten.
■ Gesundheitliche Beurteilung PCTFE ist in Berührung mit Lebensmitteln unbedenklich.Physiologisch ist es inert. Diese Eigenschaft führte zu verbreiteter Anwendung in der medizinischen Technik.
■ Verarbeitung Bevorzugte Verarbeitungsverfahren sind Pressformen, Extrudieren und Spritzgießen. Dazu kommt das Beschichten der Oberfläche metallischer Substrate mit Hilfe von Dispersionen.
Fluorkunststoffe
■ Verarbeitungsbedingungen Spritzgießen Massetemperatur Werkzeugtemperatur Schwindung Extrudieren Massetemperatur auch für Drahtummantelung Pressformen Massetemperatur
270 bis 280 °C 80 bis 130 °C 1 bis 2 % 290 bis 300 °C 270 bis 280 °C
Kupferdrähte müssen vor dem Ummanteln vernickelt oder versilbert werden, weil Cu- und Fe-haltige Legierungen den Abbau von PCTFE katalysieren. Hochfrequenz- und US-Schweißen ist möglich. Kleben nach Vorbehandlung. Folien können laminiert, warmgeformt, heißgesiegelt, bedruckt und im Hochvakuum mit Metall bedampft werden. Anwendungsbeispiele Tiegel, Fittings, Armaturen, Rohre, Schaugläser, Membranen, Drahtisolationen, gedruckte Schaltungen, Spulenkörper, Röhrensockel, Isolationsfolien und Verpackungen für Pharmazeutika. Die Verwendung in der Hochfrequenztechnik ist nur bedingt möglich.
2.1.6 Fluorkunststoffe
617
Handelsnamen Aclon (Allied Signal Engng. Plastics/US) Bytac (Norton Chemplast/US) Daiflon (Daikin Kogyo Co./JP) Kel-F (3 M Co./US) Voltalef (Elf Atochem Deutschland/DE)
2.1.6.5 Polyvinylfluorid (PVF) Polyvinylfluorid wurde Anfang der sechziger Jahre von Du Pont de Nemours als Tedlar-Folie auf dem Markt eingeführt. Ein gebräuchlicher Weg für die Herstellung des Monomers führt über die Anlagerung von Fluorwasserstoff an Acetylen. Die Kristallitschmelztemperatur beträgt 198 °C, die molare Masse 50 000 bis 200 000.
Polyvinylfluorid
■ Sortiment, Lieferformen PVF wird bisher ausschließlich als folienförmiges Halbzeug geliefert. Es sind schwach orientierte und biaxial gereckte Folien verfügbar. ■ Physikalische Eigenschaften Die wichtigsten Eigenschaften dieser Folien-Formstoffe sind in Tabelle 2-79 wiedergegeben. Umwandlungstemperaturen Die Glasübergangstemperatur beträgt – 20 °C, die Kristallit-Schmelztemperatur 200 °C.
■ Elektrische Eigenschaften In Bild 2-355 sind Frequenz- und Temperaturabhängigkeit von Dielektrizitätszahl und dielektrischem Verlustfaktor tan d wiedergegeben. Der Verlustfaktor weist bei 80 °C ein Minimum auf.
Fluorkunststoffe
Viele Eigenschaften von PVF ähneln denjenigen von PVC (geringe Wasseraufnahme, Hydrolysebeständigkeit, Abspaltung von HF bei höherer Temperatur). Die kleineren F-Atome bewirken jedoch im Gegensatz zu den großen Cl-Atomen einen höheren Kristallinitätsgrad. Die Flammwidrigkeit ist ungünstiger als die von PVC; es brennt nach dem Entzünden langsam weiter.
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Fluorkunststoffe
618
Bild 2-355. Dielektrische Eigenschaften von PVF-Folien A Abhängigkeit der Dielektrizitätszahl von der Frequenz (Prüftemperatur 25 °C, Tedlar 40) B Abhängigkeit der Dielektrizitätszahl von der Temperatur (Prüffrequenz 105 Hz, Tedlar 40) C Abhängigkeit des dielektrischen Verlustfaktors tan d von der Frequenz (Prüftemperatur 25 °C, Tedlar 40) D Abhängigkeit des dielektrischen Verlustfaktors tan d von der Temperatur (Prüffrequenz 105 Hz, Tedlar 40)
2.1.6 Fluorkunststoffe
619
■ Optische Eigenschaften PVF-Folien sind für sichtbares Licht und UV-Strahlung durchlässig. Im Infrarotbereich wird die Strahlung vor allem bei Wellenlängen von 7 bis 12 mm absorbiert. Der Brechungsindex beträgt n20 D = 1,45. Für orientierte Folien müssen drei optische Achsen unterschieden werden. ■ Chemikalienbeständigkeit Beständig gegen: Säuren, Laugen, viele Lösemittel bei Raumtemperatur; Kochen in Tetrachlorkohlenstoff, Benzol, Aceton und MEK schädigt nicht. Die Beständigkeit liegt zwischen derjenigen von PTFE und PCTFE. ■ Brennbarkeit Langsam brennend, d. h. Brandverhalten etwas ungünstiger als PVC-U. ■ Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase Siehe Tabelle 5-30 im Anhang.
■ Verarbeitungshinweise Vom Hersteller wird bisher nur folienförmiges Halbzeug geliefert. PVF kann gepresst werden. Einfacher ist die Herstellung von Gießfolien aus einem Gemisch von 25 bis 40 % PVF mit 75 bis 60 % Dimethylsulfoxid auf einer Platte und kurzzeitiges Erhitzen auf 130 °C. Das breiartige Gemisch kann auch in heißes Öl von 160 °C extrudiert werden. Auch Organosole (g-Butyrolacton) können in ein Wasserbad extrudiert werden. Hochtransparente Folien entstehen durch kurzzeitiges Erhitzen der Folien auf 250 °C und schnelles Abschrecken. Biaxial gereckt wird in warmen Lösemitteln (g-Butyrolacton, Dimethylacetamid). PVF-Folien sind wärmeimpuls- und hochfrequenzschweißbar. Anwendungsbeispiele Die hohe Witterungsbeständigkeit von PVF drängt zur Außenanwendung im Bauwesen als Dachbelag, Verkleidungen, Rohrisolierungen, Gewächshäuser, Solarkollektoren (UV-durchlässig); Korrosionsschutz von Metalltafeln, Sperrholz und Isolierpappe, Straßenschilder, Verpackungsfolien, Schrumpfschläuche. Handelsnamen Kel-F (3 M Co./US) KF Piezo Film (Kureha Chem. Ind./JP) Tedlar (Du Pont Deutschland GmbH/DE)
Fluorkunststoffe
■ Gesundheitliche Beurteilung Lebensmittelrechtlich und physiologisch unbedenklich.
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
2.1.6.6 Polyvinylidenfluorid (PVDF) ■ Allgemeine Stoffbeschreibung Das von der Pennwalt Corp. im Jahre 1961 unter dem Handelsnamen Kynar auf den Markt gebrachte (PVF2 oder PVDF) ist ein hochmolekulares Homopolymerisat. Das Monomer kann aus Trichlorethylen durch Umsetzen mit Flusssäure und Einwirken von metallischem Zink auf das dabei gebildete Difluordichlorethan gebildet werden [5]. Das partiell kristalline Polymer enthält über 57 % Fluor-Massegehalt. Als besondere Vorteile werden herausgestellt:
• • • •
hohe mechanische Festigkeit, Steifigkeit und Zähigkeit, verhältnismäßig hohe Temperaturbeständigkeit, auch bei tiefen Temperaturen zäh, hohe Chemikalienbeständigkeit.
■ Struktur und allgemeine Eigenschaften Der Kristallinitätsgrad hängt von der thermischen Vorgeschichte der Formteile ab. Schnelles Abkühlen dünnwandiger Formteile und Folien führt zu transparenten Erzeugnissen; langsames Abkühlen oder eine Wärmenachbehandlung bei 135 °C führen zu hochkristallinen Produkten von höherer Steifheit und Druckstandfestigkeit.
Fluorkunststoffe
■ Sortiment, Lieferformen Granulat für die Spritzguss- und Extrusionsverarbeitung, als Pulver sowie als 45 bis 50-prozentige Dispersion in organischen Lösemitteln (Dimethylphthalat und Disobutylketon). Der Hersteller bietet die oben beschriebenen Typen für die verschiedenen Verarbeitungsverfahren und Anwendungsfälle an.
■ Physikalische Eigenschaften Die wichtigsten Eigenschaften von PVDF-Formstoffen sind in Tabelle 2-79 zusammengestellt.
■ Mechanische Eigenschaften: Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit In Bild 2-356 ist die Streckspannung von PVDF in Abhängigkeit von der Temperatur wiedergegeben. Über das Verhalten bei Druckbeanspruchung mit anschließender Entlastung (bei verschiedenen Temperaturen) gibt Bild 2-357 Auskunft. Umwandlungstemperaturen Wie Bild 2-358 zeigt, weist PVDF eine Glasübergangstemperatur Tg von –40 °C und eine Kristallisationstemperatur von 140 °C sowie eine Schmelztemperatur von 171 °C auf.
621
2.1.6 Fluorkunststoffe
Bild 2-356. Streckspannung von PVDF in Abhängigkeit von der Temperatur (Quelle: Hüls AG)
Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand Die Ergebnisse von Zeitstand-Biegeversuchen sind im Zeit/Dehnungsdiagramm, Bild 2-359 wiedergegeben. Den Biege-Kriechmodul zeigt Bild 2-360. Zeitstandverhalten bei mehrachsigem Spannungszustand Das Ergebnis von Zeitstandversuchen mit Rohren aus PVDF zeigt das Bild 2-361.
150 °C über ein Jahr, 260 °C bis zu 12 h, 340 °C bis zu 30 min, (480 °C Zersetzung in wenigen Minuten). Kupfer, Aluminium und Eisen katalysieren die Zersetzung.
Bild 2-357. Druckverformung von PVDF bei verschiedenen Temperaturen (Beanspruchung 5 N/mm2, gemessen nach 1 h Belastung bzw. 1 h nach Entlastung) (Quelle: Hüls AG)
Fluorkunststoffe
■ Thermische Eigenschaften (siehe Tabelle 2-79). PVDF kann im Bereich von – 60 bis + 150 °C angewandt werden. Ohne nennenswerten Abbau werden folgende Temperaturen überdauert:
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Fluorkunststoffe
Bild 2-358. Schubmodul G und mechanischer Verlustfaktor d von PVDF in Abhängigkeit von der Temperatur (Quelle: Hüls AG)
Bild 2-359. Zeitdehnungsdiagramm von PVDF (Prüftemperatur 23 °C) a amorph b teilkristallin
Bild 2-360. Biegekriechmodul von PVDF bei verschiedenen Temperaturen a Biegespannung: 2 bis 10 N/mm2, Prüftemperatur 23 °C b Biegespannung: 1 bis 5 N/mm2, Prüftemperatur 60 °C c Biegespannung: 1 bis 5 N/mm2, Prüftemperatur 80 °C (Quelle: Hüls AG)
623
2.1.6 Fluorkunststoffe
Eigenschaften
Einheit
Polyvinylidenfluorid
Polyvinylfluorid
mechanische Dichte Zugfestigkeit Reißdehnung Zug-E-Modul Biege-E-Modul Härte Kerbschlagzähigkeit
g/cm3 N/mm2 % N/mm2 N/mm2 – ft.lb/in. of notch
1,7 46 100 bis 400 840 1400 D75 o.Br.
1,38 bis 1,57 49 bis 127 115 bis 250 1800 – – –
thermische obere Dauergebrauchstemperatur Längenausdehnungskoeffizient
°C 106 K–1
150 85
100 bis 120 20
Brechungsindex Klarheit
– –
1,42 transparent bis transluzent
1,45 transparent bis transluzent
W cm V/25 mm
2 · 1014 260
3 · 1013 3500
8,40 7,72 6,43
– 8,5 7,4
0,049 0,018 0,17
0,008 0,015 0,08 0,5 beständig
– – – – – – –
0,04 bedingt beständig beständig rauch. H2SO4 beständig beständig meist beständig selbsterlöschend sehr gut
beständig beständig beständig beständig beständig langs. brennend sehr gut
°C °C °C °C %
205 bis 290 2130 bis 270 60 bis 90 230 bis 270 2 bis > 3
– – – – –
elektrische spezifischer Durchgangswiderstand Durchschlagfestigkeit Dielektrizitätszahl 60 Hz 103 Hz 106 Hz dielektrischer Verlustfaktor tan d 60 Hz 103 Hz 106 Hz Wasseraufnahme (23 °C, 24 h) Witterungsbeständigkeit Chemikalienbeständigkeit schwache Säuren starke Säuren schwache Laugen starke Laugen organische Lösemittel Brennbarkeit Verarbeitbarkeit Massetemperaturen Pressformen Spritzgießen Werkzeugtemperatur Extrudieren Schwindung
%-Massegehalt –
Fluorkunststoffe
Tabelle 2-79. Kennzeichnende Eigenschaften einiger Fluor-Kunststoffe
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-361. Zeitstandfestigkeit von Rohren aus PVDF (Innendruck) bei verschiedenen Temperaturen (Prüfmedium: Wasser innen und außen) (Quelle: Hüls AG)
Fluorkunststoffe
■ Elektrische Eigenschafen PVDF ist wie PVF wegen seiner polaren Natur – im Übrigen wie auch PVC und PVDC – nicht für den Einsatz in der Hochfrequenztechnik geeignet, Bilder 2-362 und 2-363. Dagegen lässt der spezifische Durchgangswiderstand > 1015 W cm bei einer Temperatur von 30 °C, Bild 2-364, auf eine vorzügliche Verwendbarkeit im Netzfrequenzbereich schließen. Die Durchschlagfestigkeit (1-mm-Folie) beträgt 22 kV/mm, der Oberflächenwiderstand > 1013 W und die Kriechstromfestigkeit Stufe C 300 bis 350.
■ Chemikalienbeständigkeit Beständig gegen: Säuren (außer rauchende Salpetersäure), Laugen, Lösemittel, aromatische, aliphatische, chlorierte KW, Öle, Fette, Kühlmittel; nicht beständig gegen: primäre Amine bei höherer Temperatur, heißes Aceton (dünne Folien), starke polare organische Verbindungen, z. B. Dimethylformamid, Diethylacetamid, Cyclohexanon, Ketone, Ester.
■ Witterungsbeständigkeit PVDF wird im Freien geringfügig geschädigt.
■ Strahlenbeständigkeit UV-Beständigkeit: geringer Abbau im Bereich 200 bis 400 nm, energiereiche Strahlung: anderen Fluorkunststoffen überlegen.
625
Bild 2-362. Dielektrizitätszahl (A) und dielektrischer Verlustfaktor (B) von PVDF in Abhängigkeit von der Frequenz (Quelle: Hüls AG)
Fluorkunststoffe
2.1.6 Fluorkunststoffe
Bild 2-363. Dielektrizitätszahl (eR) und dielektrischer Verlustfaktor (tan d) von PVDF in Abhängigkeit von der Temperatur (Quelle: Hüls AG)
626
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Bild 2-364. Spezifischer Durchgangswiderstand von PVDF in Abhängigkeit von der Temperatur
■ Brennbarkeit PVDF wird gemäß UL 94 nach V-O eingestuft.Der Sauerstoffindex LOI beträgt 44%.
■ Durchlässigkeit für Wasserdampf und Gase Als Durchlässigkeit von 60-mm-Folien für Gase und von 90-mm-Folien für Wasserdampf wurden folgende Werte ermittelt: Gase
Fluorkunststoffe
Sauerstoff Stickstoff Wasserstoff Helium Ammoniak Chlor
cm3/m2 · d · bar 94 28 345 975 83 28
Wasserdampf 2,4 g/m2 d
■ Gesundheitliche Beurteilung Gegen die Verwendung in Kontakt mit Lebensmitteln bestehen keine Bedenken. PVDF ist physiologisch nicht toxisch. Während der Verarbeitung müssen die freiwerdenden Gase abgesaugt werden.
■ Verarbeitung Spritzgießen, Extrudieren und Beschichten sind die wichtigsten Urformverfahren für PVDF. Verarbeitungsbedingungen Spritzgießen Werkzeugtemperatur Schwindung Spritzdruck Extrudieren Warmformen bei Überdruck Warmformen bei Vakuum
230 bis 270 °C 60 bis 90 °C 2 bis > 3 % (Nachschwinden kann durch Tempern beschleunigt werden) 1000 bis 1500 bar 230 bis 270 °C 175 °C 180 bis 190 °C
627
2.1.6 Fluorkunststoffe
Die Einbrenntemperatur durch Spritzen, Tauchen oder Gießen hergestellter Dispersionsüberzüge beträgt 190 bis 215 °C. Bei den Plastifizierschnecken in Spritzgießmaschinen und Extrudern muss unbedingt darauf geachtet werden, dass die Oberflächen kein Bor enthalten. Auch borhaltige Produkte wie verschiedene Glasfasertypen oder auch MoS2 sind mit PVDF unverträglich und führen bei der thermoplastischen Verarbeitung zu spontaner Zersetzung des Produktes (Brand/Verpuffung). Diese kann auch bei nicht vom Hersteller freigegebenen Farbmitteln, Füll- und Verstärkungstoffen eintreten. Geeignete Farbkonzentrate sind lieferbar. Spanendes Bearbeiten Siehe Tabelle 2-6 sowie VDI-Richtlinie 2003 (01. 76). Fügeverfahren Schweißen mit Runddüse 345 ± 10 K Schweißen mit Schnellschweißdüse 350 ± 10 K Heizelementschweißen 230 °C Anschmelzdruck 0,5 bar Schweißdruck 2 0bar HF-Schweißen bis zu Wanddicken von 2 mm Ultraschallschweißen: Nah- und Fernfeldverfahren. Lösemittel-Klebstoff wie bei PVC-U Zweikomponenten-Klebstoff auf Basis EP-Harz Schmirgelleinen 240.
Anwendungsbeispiele Dichtungen, Ventil- und Pumpenteile, Membranen, transparente, steife Rohre (für HF und HCl), Fittings, Auskleidungen für Rohre, Behälter und Autoklaven, Folien für das Verpacken von Pharmazeutika, medizinische Instrumente, Schrumpfschläuche; Kaschierungen von Holz, Metall zum Schutz gegen Witterungseinflüsse und Korrosion; Draht- und Kabelummantelungen, Monofile für die Filtertuchherstellung sowie die vielseitig einsetzbaren piezo- und pyroelektrischen Folien für die Herstellung von Hydrophonen, Infrarotdetektoren,Atemmonitoren, Muskelbewegungssensoren, Sicherheitselementen und quantitativen Sensoren. Es gelang, das verhältnismäßig steife Homopolymer PVDF durch Modifizieren flexibler einzustellen und damit neue Einsatzgebiete, beispielsweise das Ummanteln von Drähten und Kabeln, zu erschließen. Der Schmelzbereich des modifizierten Materials beträgt 162 bis 165 °C. Handelsnamen Chemfluor (Norton Performance Plastics/US) Dyflor (Hüls AG/DE)
Fluorkunststoffe
Kleben PVDF mit PVDF: PVDF mit PVDF oder anderen Werkstoffen: Klebeflächen aufrauhen mit:
628
2 Synthetische Kunststoffe: 2.1 Thermoplastische Polymere
Foraflon (Elf Atochem Deutschland GmbH/DE) Hylar (Ausimont (Deutschland) GmbH/DE) KF Blymer (Kureha Chemical Ind. Co. Ltd./JP) Kynar (Elf Atochem Deutschland GmbH/DE) Solef (Solvay Deutschland GmbH/DE) Xylan (Whitford Cor./US)
2.1.6.7 Thermoplastische Fluorelastomere Zu den in den letzten Jahren auf dem Gebiet der vernetzten Fluorelastomere erzielten Fortschritten kommt eine vielversprechende Neuentwicklung. Daikin Industrie Ltd., Osaka/Japan, brachte unter dem Handelsnamen Dai-EL Thermoplastics thermoplastisch verarbeitbare, physikalisch vernetzte Fluorelastomere auf den Markt, die mit Schmelztemperaturen von 160 °C bzw. 220 °C anwendungstechnisch wertvolle Produkte werden können.
■ Entwicklungstrends Ein Überblick über die Vielzahl an Fluor-Homo- und Copolymeren zeigt, dass ihr struktureller Aufbau folgendes bewirkt: Die die Polyolefine kennzeichnenden Kohlenstoff- und Wasserstoffatome begrenzen durch die verhältnismäßig schwachen Bindungskräfte die thermische Beanspruchbarkeit; anders gesagt, die Schmelztemperaturen liegen zwischen 110 und 150 °C und erreichen nur im Falle des sehr sperrig aufgebauten Poly-4-methyl-penten-1 die Grenze von 245 °C.
Fluorkunststoffe
•
Bild 2-365. Einfluss thermostabiler C–F-Bindungen auf Schmelzbereich und Dauergebrauchstemperatur
2.1.6 Fluorkunststoffe
•
629
Die wesentlich stärkeren Bindungskräfte der Fluorpolymere bewirken höhere Schmelzbereiche und höhere Dauergebrauchstemperaturen, wie Bild 2-365 zeigt [5]. Dazu kommen inhärente Flammwidrigkeit, sehr gute elektrische Eigenschaften und hohe Beständigkeit gegen den Angriff durch Chemikalien. Sie erfüllen somit – ausgenommen mechanische Festigkeit, Härte und Steifheit – charakteristische Anforderungen an Hochleistungskunststoffe.
Eine zweite Möglichkeit, die thermischen Eigenschaften nicht nur graduell (wie durch höhere Kristallinität, Copolymerisieren, Blenden, Vernetzen, Füllen und Verstärken), sondern wesentlich zu steigern besteht darin, durch hohe Bindungskräfte ausgezeichnete aromatische Bausteine in das Makromolekül einzufügen. Dabei werden die labilen CH- oder aliphatischen C–C-Bindungen durch stabile homogene aromatische C–C-Bindungen oder heterogene beispielsweise C–N-Bindungen ersetzt. Diese Polymere werden in den Kapiteln 2.2.1.3 und 2.2.1.4 im Einzelnen behandelt.
2.1.6.8 Literatur – Kapitel 2.1.6
Fluorkunststoffe
[1] Nieratschker J (1995) Fluorkunststoffe, Kunststoffe 85, S 1590 – 1600 [2] Schobesberger M (1994) High Tech für High Performance. Kunststoffe 84, S 759 – 761 [3] VDI/VDE-Richtlinie 2480 Bl. 1 Werkstoffe der Feinwerktechnik: „Polytetrafluorethylen“ (12. 93) [4] Jonas F u. a. (1995) Polymere übernehmen Funktionen. Kunststoffe 85, S 1079 – 1086 [5] Fleischer (1991) Entwicklungstendenzen polymerer Werkstoffe. 5. Fachtagung „Polymere Hochleistungswerkstoffe in der technischen Anwendung“ des SKZ Würzburg am 4. und 5. Juni 1991, S 7 – 23
2.2 Polykondensate
Die Herstellung von Makromolekülen aus monomeren Bausteinen, die eine Doppelbindung enthalten, geschieht durch Aneinanderreihen auf dem Wege der Polymerisation. Diese so hergestellten Polymere werden im vorangehenden Kapitel beschrieben. Thermoplaste können auch durch Polykondensation bifunktioneller Verbindungen hergestellt werden. Zur Herstellung von Kunststoffen werden technisch nur die folgenden Kondensationsreaktionen genutzt:
• • • •
Esterbildung aus Säuren und Alkoholen unter Wasserabspaltung, Säureamidbildung aus Säuren und Aminoverbindungen unter Abspaltung von Wasser, Säureamidbildung aus Formaldehyd und Harnstoff bzw. Melamin, Methylenbrückenbildung aus Formaldehyd und Phenolen unter Abspaltung von Wasser.
Thermoplastische Polykondensate
Bei den genannten Polykondensationsreaktionen führen bifunktionelle Grundmoleküle zu linearen, d. h. thermoplastischen Polykondensaten, tri- und multifunktionelle zu Duroplasten. Zu den thermoplastischen Polykondensaten gehören als bekannteste und wichtigste die Polyamide.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate
633
2.2.1.1 2.2.1.1.1 2.2.1.1.1.1 2.2.1.1.2 2.2.1.1.2.1 2.2.1.1.2.2 2.2.1.1.2.3 2.2.1.1.2.4 2.2.1.1.3 2.2.1.1.3.1 2.2.1.1.3.1.1 2.2.1.1.3.1.2 2.2.1.1.3.1.3 2.2.1.1.3.2 2.2.1.1.3.2.1 2.2.1.1.3.2.2 2.2.1.1.3.2.3 2.2.1.1.3.2.4 2.2.1.1.3.2.5 2.2.1.1.3.3 2.2.1.1.3.3.1 2.2.1.1.3.3.2 2.2.1.1.3.3.3 2.2.1.1.3.3.4 2.2.1.1.3.4 2.2.1.1.3.4.1 2.2.1.1.4 2.2.1.1.4.1 2.2.1.1.4.1.1 2.2.1.1.4.1.2 2.2.1.1.4.2 2.2.1.1.4.2.1 2.2.1.1.5 2.2.1.1.5.1 2.2.1.1.5.1.1
Polyamide (PA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 638 Allgemeine Stoffbeschreibung . . . . . . . . . . . . . 638 Nomenklatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639 Aliphatische Polyamide . . . . . . . . . . . . . . . . . 641 Struktur und allgemeine Eigenschaften . . . . . . . . . 643 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 650 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 682 Sicherheit, Umwelt und Recycling . . . . . . . . . . . . 689 Partiell aromatische Polyamide . . . . . . . . . . . . . 689 Polyarylamide: Arylamid PA MXD 6 . . . . . . . . . . 689 Allgemeine Stoffbeschreibung, Synthese und Struktur . 689 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 690 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 694 Polyamid 6/6T . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 694 Allgemeine Stoffbeschreibung, Struktur und allgemeine Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 694 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 696 Beständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 706 Elektrische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . 706 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 707 Polyphthalamid PPA . . . . . . . . . . . . . . . . . . 711 Allgemeine Stoffbeschreibung, Struktur und allgemeine Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 711 Thermo-Mechanische Eigenschaften . . . . . . . . . . 712 Beständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 720 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 721 Weitere partiell aromatische Polyamide . . . . . . . . 723 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 723 Modifizierte Polyamide . . . . . . . . . . . . . . . . . 723 Flexible Polyamide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 725 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 726 Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . 726 Co-Polyamide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 726 Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 726 Thermoplastische Polyamid-Elastomere . . . . . . . . 727 PA 12-Elastomere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 728 Allgemeine Stoffbeschreibung, Synthese und Struktur . 728
Thermoplastische Polykondensate
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate
634
Thermoplastische Polykondensate
2.2.1.1.5.1.2 2.2.1.1.5.1.3 2.2.1.1.5.2 2.2.1.1.5.2.1 2.2.1.1.6 2.2.1.1.6.1 2.2.1.1.6.1.1 2.2.1.1.6.1.2 2.2.1.1.6.2 2.2.1.1.6.2.1 2.2.1.1.6.2.2 2.2.1.1.6.3 2.2.1.1.6.3.1 2.2.1.1.6.4 2.2.1.1.6.4.1 2.2.1.1.6.4.2 2.2.1.1.6.4.3 2.2.1.1.6.5 2.2.1.1.6.5.1 2.2.1.1.6.5.2 2.2.1.1.7 2.2.1.1.7.1 2.2.1.1.7.2 2.2.1.1.8 2.2.1.1.9 2.2.1.2 2.2.1.2.1 2.2.1.2.1.1 2.2.1.2.1.2 2.2.1.2.1.2.1 2.2.1.2.1.2.2 2.2.1.2.1.3 2.2.1.2.1.3.1 2.2.1.2.1.3.2 2.2.1.2.1.3.3 2.2.1.2.1.3.4 2.2.1.2.1.4 2.2.1.2.1.5 2.2.1.2.1.6 2.2.1.2.1.7 2.2.1.2.2 2.2.1.2.2.1 2.2.1.2.2.1.1 2.2.1.2.2.1.2 2.2.1.2.2.1.2.1
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
Thermo-Mechanische Eigenschaften . . . . . . . . . . Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . PA 11-Elastomer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Stoffbeschreibung, Synthese und Struktur . Guss-Polyamide und Polyamid-RIM-Systeme . . . . . Allgemeine Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Stoffbeschreibung, Synthese und Struktur . Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gusspolyamid 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Stoffbeschreibung . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung von e-Carpolactam zu PA G-6 . . . . . . Gusspolyamid 6/12 (Copolymerisation) . . . . . . . . . Allgemeine Stoffbeschreibung . . . . . . . . . . . . . Elastomermodifiziertes Gusspolyamid 6 (Nyrim™) . . Allgemeine Stoffbeschreibung . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gusspolyamid 12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Stoffbeschreibung . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung von Laurinlactam zu PA 12-G . . . . . . . Polymermodifizierte Polyamide . . . . . . . . . . . . Allgemeine Stoffbeschreibung . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sortiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur – Kapitel 2.2.1.1 bis 2.2.1.1.4.2 . . . . . . . . . Thermoplastische Polyester . . . . . . . . . . . . . . . Polycarbonat (PC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung und Anwendung . . . . . . . . . . . . . Urformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spritzgießen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . PC-Cokondensate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bisphenol A-Copolycarbonate . . . . . . . . . . . . . . Blockpolymeristion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklungstrends bei aromatischen Polycarbonaten . Polycarbonate für laseroptische Datenspeicherung . . . Polycarbonate für Lichtwellenleiter . . . . . . . . . . . Erhöht wärmebeständige PC-Cokondensate (PEC) . . . Erhöht schlagzähe PC-Cokondensate . . . . . . . . . . Polycarbonatblends . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polycarbonat + Styrolcopolymerblends (PC + ABS)-, (PC + ASA)- und (PC + SEBS)-Blends . . . . . . . . . Polycarbonat+Polybutylenterephthalat-Blends (PC+PBT) Literatur – Kapitel 2.2.1.2–2.2.1.2.1.5 . . . . . . . . . . . Polyalkylenterephthalate . . . . . . . . . . . . . . . . Polyethylenterephthalat (PET) . . . . . . . . . . . . . Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Struktur und Morphologie . . . . . . . . . . . . . . .
729 729 730 730 731 731 731 733 736 736 736 737 737 737 737 738 738 738 738 740 740 740 743 744 748 748 749 770 771 771 796 796 797 797 798 799 800 801 801 802 814 817 818 819 821 821 821
2.2.1.2.2.1.2.2 2.2.1.2.2.1.2.3 2.2.1.2.2.1.2.4 2.2.1.2.2.1.2.5 2.2.1.2.2.1.3 2.2.1.2.2.1.3.1 2.2.1.2.2.1.3.2 2.2.1.2.2.1.4 2.2.1.2.2.1.4.1 2.2.1.2.2.1.4.2 2.2.1.2.2.1.4.3 2.2.1.2.2.1.4.4 2.2.1.2.2.1.4.5 2.2.1.2.2.1.4.6 2.2.1.2.2.1.4.7 2.2.1.2.2.1.4.8 2.2.1.2.2.1.4.9 2.2.1.2.2.1.4.10 2.2.1.2.2.1.5 2.2.1.2.2.1.5.1 2.2.1.2.2.1.5.2 2.2.1.2.2.1.5.3 2.2.1.2.2.1.5.4 2.2.1.2.2.1.5.4.1 2.2.1.2.2.1.5.4.2 2.2.1.2.2.1.5.4.3 2.2.1.2.2.1.6 2.2.1.2.2.1.7 2.2.1.2.2.1.8 2.2.1.2.2.2 2.2.1.2.2.2.1 2.2.1.2.2.2.1.1 2.2.1.2.2.2.1.2 2.2.1.2.2.2.1.3 2.2.1.2.2.2.2 2.2.1.2.2.2.2.1 2.2.1.2.2.2.2.1.1 2.2.1.2.2.2.2.1.2 2.2.1.2.2.2.2.1.3 2.2.1.2.2.2.2.1.4 2.2.1.2.2.2.2.1.5 2.2.1.2.2.2.2.2 2.2.1.2.2.2.2.2.1 2.2.1.2.2.2.2.3 2.2.1.2.2.2.2.3.1 2.2.1.2.2.2.2.3.2 2.2.1.2.2.2.2.3.3
Merkmale von teilkristallinem PET . . . . . . . . . . Thermische und Mechanische Eigenschaften . . . . . Beständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elektrische, optische und akustische Eigenschaften . Verarbeitung und Compounding . . . . . . . . . . . Additive und Zuschlagstoffe . . . . . . . . . . . . . Verarbeitungsbedingte Polymer-Abbaumechanismen Verarbeitung und Anwendung . . . . . . . . . . . . Bestimmung der intrinsischen Viskosität . . . . . . . Feuchtegehaltmessung . . . . . . . . . . . . . . . . Trocknung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thermoplastische Verarbeitung von PET . . . . . . . Urformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umformen, Fügen und Trennen . . . . . . . . . . . . Spanende Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . Veredelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verschäumen von PET . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . Sicherheit, Umwelt und Recycling . . . . . . . . . . . Verarbeitung, Arbeitsplatz . . . . . . . . . . . . . . Brandverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Produkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Recycling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werkstoffliches Recycling . . . . . . . . . . . . . . . Rohstoffliches Recycling . . . . . . . . . . . . . . . Energetisches Recycling . . . . . . . . . . . . . . . . Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lieferformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur – Kapitel 2.2.1.2.2.1 . . . . . . . . . . . . . . Polybutylentherephthalat (PBT) . . . . . . . . . . . Synthese und Compoundierung . . . . . . . . . . . Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Struktur und Morphologie . . . . . . . . . . . . . . Compound und Blend . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thermo-Mechanische Eigenschaften . . . . . . . . . Verhalten bei langzeitiger statischer Beanspruchung . Verhalten bei schwingender Beanspruchung, Biegewechselfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . Reibungs- und Verschleißverhalten . . . . . . . . . . Thermische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . Verhalten bei kurzzeitiger Temperatureinwirkung . . Beständigkeit und Sperrfähigkeit . . . . . . . . . . . Wärmealterungsbeständigkeit . . . . . . . . . . . . Elektrische, optische und akustische Eigenschaften . Brennverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhalten gegenüber Chemikalien . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
822 823 831 835 836 836 840 841 841 841 842 843 843 846 847 847 847 848 849 849 849 849 850 850 852 852 852 854 854 855 856 856 856 856 857 859 862
. . . . . . . . . .
862 863 863 864 865 865 865 866 867 867
Thermoplastische Polykondensate
635
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate
636 2.2.1.2.2.2.2.3.4 2.2.1.2.2.2.3 2.2.1.2.2.2.3.1 2.2.1.2.2.2.3.1.1 2.2.1.2.2.2.3.1.2 2.2.1.2.2.2.3.2 2.2.1.2.2.2.3.2.1 2.2.1.2.2.2.3.2.2 2.2.1.2.2.2.3.2.3 2.2.1.2.2.2.3.3 2.2.1.2.2.2.3.3.1 2.2.1.2.2.2.4 2.2.1.2.2.2.4.1 2.2.1.2.2.2.4.2 2.2.1.2.2.2.4.3 2.2.1.2.2.2.4.4 2.2.1.2.2.2.4.5 2.2.1.2.2.2.4.6 2.2.1.2.2.2.5 2.2.1.2.2.2.6 2.2.1.2.2.3 2.2.1.2.2.4 2.2.1.2.3 2.2.1.2.4 2.2.1.2.4.1 2.2.1.2.5 2.2.1.2.5.1
Thermoplastische Polykondensate
2.2.1.2.5.2 2.2.1.2.6 2.2.1.2.6.1 2.2.1.2.6.1.1 2.2.1.2.6.1.1.1 2.2.1.2.6.1.1.2 2.2.1.2.6.1.1.3 2.2.1.2.6.1.2 2.2.1.2.6.1.2.1 2.2.1.2.6.1.2.1.1 2.2.1.2.6.1.2.1.2 2.2.1.2.6.1.2.2 2.2.1.2.6.1.2.3 2.2.1.2.6.1.2.3.1 2.2.1.2.6.1.2.3.2 2.2.1.2.6.1.3 2.2.1.2.6.1.3.1 2.2.1.2.6.1.3.2 2.2.1.2.6.1.3.3
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
Verhalten bei Bewitterung . . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung und Anwendung . . . . . . . . . . . . . Urformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spritzguss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Extrusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kleben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schweißen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spanende Bearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . Veredelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lackieren, Metallisieren, Beschriften . . . . . . . . . . Gesundheit und Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . Sicherheitsvorkehrungen bei der Verarbeitung . . . . . Angaben zur Toxikologie, Vorschriften . . . . . . . . . Lebensmittelrechtliche Bestimmungen . . . . . . . . . Lagerung und Transport . . . . . . . . . . . . . . . . Entsorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Recycling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thermoplastische Polyesterelastomere (TPE-E) . . . . Polyethylenterephthalat als Barrierekunststoff . . . . . Polyarylate (Polyarylester) . . . . . . . . . . . . . . . Eigenverstärkende teilkristalline Polymere (LCP) . . . LCP und Technische Kunststoffe – ein Vergleich . . . . Polyarylether . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polyphenylenether (PPEmod) (substituiert, modifiziert) = Polyphenylenetherblends . . . . . . . . . . . . . . . . Blend aus Polyamid und Polyphenylenether (mod.) (PA + PPEmod) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polyarylsulfon und -sulfid . . . . . . . . . . . . . . . . Polysulfon (PSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Synthese und Compoundierung . . . . . . . . . . . . Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Struktur und Morphologie . . . . . . . . . . . . . . . Compound und Blend . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thermo-Mechanische Eigenschaften . . . . . . . . . . Thermische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . Mechanische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . Beständigkeit und Sperrfähigkeit . . . . . . . . . . . . Elektrische, optische Eigenschaften . . . . . . . . . . . Elektrische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . Optische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung und Anwendung . . . . . . . . . . . . . Urformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
868 868 869 869 872 873 873 873 874 874 874 874 874 875 875 875 876 876 876 876 877 882 886 893 910 913 914 923 925 927 927 927 927 927 928 928 928 930 935 938 938 939 939 940 941 941
2.2.1.2.6.1.3.3.1 2.2.1.2.6.1.3.3.2 2.2.1.2.6.1.3.3.3 2.2.1.2.6.1.3.4 2.2.1.2.6.1.4 2.2.1.2.6.1.5 2.2.1.2.6.2 2.2.1.2.6.2.1 2.2.1.2.6.2.1 .1 2.2.1.2.6.2.1 .2 2.2.1.2.6.2.1.3 2.2.1.2.6.2.2 2.2.1.2.6.2.2.1 2.2.1.2.6.2.2.1.1 2.2.1.2.6.2.2.1.1 2.2.1.2.6.2.2.2 2.2.1.2.6.2.2.3 2.2.1.2.6.2.2.3.1 2.2.1.2.6.2.2.3.2 2.2.1.2.6.2.3 2.2.1.2.6.2.3.1 2.2.1.2.6.2.3.2 2.2.1.2.6.2.3.3 2.2.1.2.6.2.3.4 2.2.1.2.6.2.4 2.2.1.2.6.2.5 2.2.1.2.6.3 2.2.1.2.6.3.1 2.2.1.2.6.3.1.1 2.2.1.2.6.3.1.2 2.2.1.2.6.3.1.3 2.2.1.2.6.3.2 2.2.1.2.6.3.2.1 2.2.1.2.6.3.2.1.1 2.2.1.2.6.3.2.1.2 2.2.1.2.6.3.2.2 2.2.1.2.6.3.2.2.1 2.2.1.2.6.3.2.2.2 2.2.1.2.6.3.2.2.3 2.2.1.2.6.3.2.2.4 2.2.1.2.6.3.2.3 2.2.1.2.6.3.2.3.1 2.2.1.2.6.3.3 2.2.1.2.6.3.3.1 2.2.1.2.6.3.3.2 2.2.1.2.6.3.3.2.1 2.2.1.2.6.3.3.2.2 2.2.1.2.6.3.3.3
Schweißen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kleben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lösbare Verbindungen . . . . . . . . . . . . . . Veredelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesundheit und Umwelt . . . . . . . . . . . . . . Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polyethersulfon (PESU) . . . . . . . . . . . . . . Synthese und Compoundierung . . . . . . . . . Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Struktur und Morphologie . . . . . . . . . . . . Compound und Blend . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thermo-Mechanische Eigenschaften . . . . . . . Thermische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . Mechanische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . Beständigkeit und Sperrfähigkeit . . . . . . . . . Elektrische, optische Eigenschaften . . . . . . . . Elektrische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . Optische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung und Anwendung . . . . . . . . . . Urformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Veredelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesundheit und Umwelt . . . . . . . . . . . . . . Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polyphenylensulfid (PPS) . . . . . . . . . . . . . Synthese und Compoundierung . . . . . . . . . Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Struktur und Morphologie . . . . . . . . . . . . Compound und Blend . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thermo-Mechanische Eigenschaften . . . . . . . Thermisches Verhalten . . . . . . . . . . . . . . Mechanisches Verhalten . . . . . . . . . . . . . . Beständigkeit und Sperrfähigkeit . . . . . . . . . Chemikalienbeständigkeit . . . . . . . . . . . . Witterungsbeständigkeit . . . . . . . . . . . . . Brennbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wasseraufnahme und Hydrolysebeständigkeit . . Elektrische, optische und akustische Eigenschaften Elektrische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . Verarbeitung und Anwendung . . . . . . . . . . Beispiele für Anwendungen von PPS . . . . . . . Urformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spritzgießen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Extrusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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941 941 942 942 942 943 943 943 943 943 944 944 945 945 946 953 956 956 956 956 958 959 959 960 960 960 961 961 961 961 961 962 962 962 967 973 973 974 974 975 975 975 975 975 976 977 977 980
Thermoplastische Polykondensate
637
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate
638 2.2.1.2.6.3.3.3.1 2.2.1.2.6.3.3.3.2 2.2.1.2.6.3.3.4 2.2.1.2.6.3.3.4.1 2.2.1.2.6.3.3.4.2 2.2.1.2.6.3.3.4.3 2.2.1.2.6.3.3.5 2.2.1.2.6.3.3.5.1 2.2.1.2.6.3.3.5.2 2.2.1.2.6.3.3.5.3 2.2.1.2.6.3.3.5.4 2.2.1.2.6.3.4 2.2.1.2.6.3.5 2.2.1.2.7 2.2.1.2.7.1 2.2.1.2.7.2 2.2.1.2.8 2.2.1.2.8.1 2.2.1.2.8.1.1 2.2.1.2.8.1.2 2.2.1.2.8.1.2.1 2.2.1.2.8.1.2.2 2.2.1.2.8.1.3 2.2.1.2.8.1.3.1 2.2.1.2.8.1.3.2 2.2.1.2.8.1.3.3 2.2.1.2.8.1.3.4 2.2.1.2.8.2
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
Thermoformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spanende Bearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . Fügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schweißen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kleben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schnapp- und Schraubverbindungen . . . . . . . . Veredeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lackieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bedrucken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Metallisieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschriften mittels Laserstrahlen . . . . . . . . . . Gesundheit und Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . Handelsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polyetherketone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aromatische Polyetherketone (PEK, PEEK) . . . . . Aliphatische Polyetherketone (PEK) . . . . . . . . Hochwärmebeständige duro- und thermoplastische Polykondensate und Polyaddukte . . . . . . . . . . Polyimide (PI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klassisches Polyimid (PI) . . . . . . . . . . . . . . Copolyimide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Poly-oxadiazo-benzimidazol . . . . . . . . . . . . Polybenzimidazol (PBI) . . . . . . . . . . . . . . . Gemischt ein- und zweibindige Polymere . . . . . . Polybismaleinimid . . . . . . . . . . . . . . . . . Polyamidimid (PAI) . . . . . . . . . . . . . . . . . Polyetherimid (PEI) . . . . . . . . . . . . . . . . . Polyesterimid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur – Kapitel 2.2.1.2.8 . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . .
. 980 . 980 . 981 . 981 . 981 . 981 . 982 . 982 . 982 . 982 . 982 . 982 . 983 . 983 . 983 . 1002
. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
1012 1016 1017 1030 1030 1031 1034 1034 1043 1053 1064 1065
2.2.1.1 Polyamide (PA)
Thermoplastische Polykondensate
Peter Elsner
2.2.1.1.1 Allgemeine Stoffbeschreibung Unabhängig von ihrem strukturellen Aufbau sind die Polyamide durch folgende Eigenschaften gekennzeichnet:
• • • • • •
hohe Festigkeit, Steifheit und Härte, hohe Formbeständigkeit in der Wärme, sehr gutes elektrisches Isoliervermögen, hoher Verschleißwiderstand, gute Gleit- und Notlaufeigenschaften, hohes Dämpfungsvermögen, hohe Beständigkeit gegen Lösemittel, Kraftstoffe und Schmiermittel,
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate
• • • • • •
639
gesundheitliche Unbedenklichkeit, wirtschaftliche Verarbeitbarkeit, aromatische Polyamide sind von wasserheller Transparenz, aliphatische Polyamide sind teilkristallin und deshalb opak, zu den negativen Eigenschaften zählt, dass vor allem die mechanischen Eigenschaften vom jeweiligen Feuchtigkeitsgehalt des Formteils abhängen und die Abmessungen des Formteils beeinflusst werden, reichhaltige Typenauswahl lässt jedoch eine weitgehende Anpassung an die jeweiligen Anforderungen zu.
2.2.1.1.1.1 Nomenklatur Um sich in diesem großen und noch immer zunehmenden Sortiment der Polyamid-Typen zurechtzufinden, sei zunächst ein Überblick über die Nomenklatur gegeben. Generell wird der Definition aller Polyamidsorten die Abkürzung PA vorangestellt. Ihr folgt eine Zahlenangabe über die Anzahl der Kohlenstoffatome des oder der jeweiligen Monomere. Bei zwei Zahlen steht die erste Ziffer für die C-Atomanzahl des Diamins und die zweite für die Anzahl der Kohlenstoffatome aus der Dicarbonsäure. Somit besteht beispielsweise PA 66 aus Hexamethylendiamin und Adipinsäure. Diese Nomenklatur gilt nur für aliphatische Polyamide, d. h. keine Monomerkomponente enthält ringförmige Gruppen im Molekül. Werden dagegen cyclische Monomere eingesetzt, dann werden spezifische Kurzzeichen zur Kennzeichnung verwendet. Tabelle 2-80 gibt die Symbole für die wichtigsten polyamidbildenden Monomere wieder [1].
Symbol
Chemische Bezeichnung der Monomere
PA 6 PA 11 PA 12 PA 46 PA 66 PA 69 PA 610 PA 612 T I IND IPD N ND MXD MACM PBGD
Epsilon-Caprolactam Aminoundecansäure Laurinlactam 1,4-Diaminobutan/Adipinsäure Hexamethylendiamin/Adipinsäure Hexamethylendiamin/Azelainsäure Hexamethylendiamin/Sebazinsäure Hexamethylendiamin/Dodecandisäure Terephthalsäure Isophthalsäure 1,6-Diamino-2,4,4-trimethylhexan (Isononyldiamin) Isophorondiamin 2,6-Naphthalindicarbonsäure 1,6-Diamino-2,2,4-trimethylhexan(Nonyldiamin) (A) m-Xylylendiamin 3,3¢-Dimethyl-4,4¢-diaminocyclohexylmethan Polybutylenglycoldiamin
Thermoplastische Polykondensate
Tabelle 2-80. Symbole wichtiger polyamidbildender Monomere (nach ISO 1874-1)
640
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
Bei den aromatischen Molekülen handelt es sich um Modifikationen des Benzols. Wenn sowohl aliphatische als auch aromatische Monomere zur Polyamidbildung eingesetzt werden, dann sind das Ergebnis die sog. partiell aromatischen Polyamide. Ein Beispiel ist das aus Hexamethylendiamin und Isophthalsäure hergestellte PA 6 I oder das auf Meta-Xylylendiamin und Adipinsäure basierende PA MXD 6. Flexible thermoplastisch verarbeitbare PA-Elastomere beruhen auf flexibilisierten Polyether- oder Polyesterblöcken zwischen Hartblockdomänen aus Polyamidsequenzen. Copolyamide werden aus mehreren polyamidbildenden Monomeren synthetisiert. Die Symbole werden durch Schrägstrich getrennt, z. B. PA 6/12 aus Caprolactam und Laurinlactam oder PA 6 I/6 T aus Hexamethylendiamin, Isophthal- und Terephthalsäure. Grilamid® 55 ist ein Copolyamid aus PA 12/MACMI. Die für die Polyamide allgemein kennzeichnenden Eigenschaften sind: PA 66
Polyamid mit großer Härte, Steifheit, Abriebfestigkeit und Formbeständigkeit in der Wärme.
PA 6
Sehr zäh (auch in der Kälte), hart. Einige Typen dieser Gruppe sind gut geeignet für die Folienherstellung.
PA 69
Zähhart und abriebfest, geringe Feuchtigkeitsaufnahme, daher maßhaltige Formteile, geeignet zur Folienherstellung.
PA 610, 612
Geringere Wasseraufnahme, daher geeignet für Formteile, bei denen auf größere Maßbeständigkeit Wert gelegt wird.
PA 11
Sehr geringe Wasseraufnahme, daher sehr maßbeständig im Vergleich zu anderen Polyamiden (mit Ausnahme von PA 12), geringere Härte und Steifheit als die PA 6-Reihe, PA 11 weist das beste Schlagverhalten aller Polyamide auf. Noch etwas geringere Wasseraufnahme als PA 11. Besseres Schlagverhalten als die PA 6-Reihe, aber nicht so gut wie PA 11. Beständiger gegen Spannungskorrosion als andere Polyamide.
Thermoplastische Polykondensate
PA 12
Gusspolyamid
Monomeres Caprolactam wird in Werkzeugen durch „aktivierte anionische Polymerisation“ zu einfach geformten Teilen polymerisiert. Eigenschaften ähnlich wie PA 6.
Copolyamide
Entstehen aus mehreren PA-bildenden Monomeren, z. B. PA 6/12 (Grilon® C), andere Copolyamide sind löslich in Alkohol-WasserGemischen, Verarbeitung über die Lösung (Folien, Drahtlackierung).
PA-6-3-T
Amorph, glasklar hergestellt durch Kondensation von Terephthalsäure und alkylsubstituiertes Hexamethylendiamin. Maßbeständig und zäh bei hoher Härte; geringe Schwindung [2].
PA 6 I
Hergestellt aus Isophthalsäure und alkylsubstituiertem Hexamethylendiamin; amorph, glasklar, maßbeständig, zäh, geringe Schwindung.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate
641
PA 46
Ist ein Cokondensat aus 1,4-Diaminobutan und Adipinsäure. Es ist steif, wärmeformbeständig, schlagzäh, abriebfest und weist ein günstiges Langzeitverhalten auf. PA MXD 6 Ein Cokondensat aus m-Xylylendiamin und Adipinsäure, d. h. ein Poly-m-Xylylenadipamid. Die mechanischen, thermischen und elektrischen Eigenschaften sind vorzüglich. Dazu trägt vor allem das im Baustein vorhandene aromatische Glied bei. PA 6/6 T Ist ein teilkristallines Copolymerisat mit 0,3 Aromatbaustein auf eine Methylengruppe. Daraus resultieren sehr gute physikalische Eigenschaften. Die Schmelztemperatur beträgt 298 °C bei hoher Verarbeitungsstabilität. PPA Das teilkristalline, teilaromatische Polyphthalamid zeichnet sich aus durch hohe Formbeständigkeit in der Wärme, hohe Festigkeit, chemische Beständigkeit und geringe Feuchtigkeitsaufnahme. PA 12- und Das erste thermoplastische PA-Elastomer wurde als Vestamid® von andere der Hüls AG anlässlich der K ’79 vorgestellt. Dieses Block-CopolyElastomere mer enthält PA 12 als Hart- und den Polyether Polytetrahydrofuran (PTHF) als kälteschlagzähe Komponente. Dieser Werkstoff ist sehr maßbeständig, steif, schlagzäh, abriebfest, sehr chemikalienbeständig und gut verarbeitbar. Vergleichbare Produkte liefert auch die Ems Chemie AG: (Grilamid® ELY 60 und Grilon ELX). Das Pebax® (Atofina, US) ist ein Polyetherblockamid und Nyrim® (DSM RIM Nylon/NL) ein kälteschlagzähes, wärmeformbeständiges, UVund chemikalienbeständiges (wie PA) sowie gut verarbeitbares Produkt. Man kann festhalten, dass sich die am Markt angebotenen PA-Typen eher durch die jeweiligen Ausgangsprodukte als im grundsätzlichen Eigenschaftsbild voneinander unterscheiden.
■ Synthese Kurz nachdem sich die ehemalige IG-Farbenindustrie im Jahre 1927 entschlossen hatte, auf dem Gebiet der Hochpolymere die Grundlagenforschung aufzunehmen, stellte Du Pont de Nemours – der größte Chemiekonzern der USA – eine ähnliche Forschergruppe zusammen. Ihr Leiter war Wallace H. Carothers. Das erste Ziel der Arbeitsgruppe bestand darin, die Zusammenhänge verschiedener Polymerisationsreaktionen zu untersuchen. Während J. Hill, ein Mitarbeiter Carothers, an einem Tage des Jahres 1930 in einem Becherglas eine Kondensationsreaktion beobachtete, entstand ein dicker Sirup. Am gläsernen Rührstab haftete beim Herausziehen Schmelze als langer Faden. Dieser Faden war die erste synthetische Faser im Unterschied zu der aus Cellulose hergestellten Kunstseide und dem Reyon.
Thermoplastische Polykondensate
2.2.1.1.2 Aliphatische Polyamide
Thermoplastische Polykondensate
642
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
Es dauerte fünf Jahre, bis Carothers aus Hexamethylendiamin und Adipinsäure die ersten verwendbaren PA 66-Fäden erhielt. Die Patente wurden im Jahre 1937 erteilt, in diesem auch die technische Produktion auf eine Menge zur Herstellung von vier Millionen Paar Nylon®-Strümpfe angehoben. Sie wurden binnen vier Tagen verkauft. Die vorzüglichen Eigenschaften dieses Fasermaterials trugen wesentlich dazu bei, dass vor allem die Hausfrau in den Kunststoffen wertvolle Werkstoffe erkannte. Die Bemühungen, auf anderen Wegen zu spinnfähigen Polyamiden und technischen Formmassen zu gelangen, waren besonders in Deutschland erfolgreich. P. Schlack gelang im Jahre 1938 die hydrolytische Polymerisation von e-Caprolactam zum PA 6, das als Perlon® große Bedeutung erlangte. O. Bayer kam zur gleichen Zeit durch Polyaddition von Diisocyanat und Dialkoholen (Diolen) zu den verwandten linearen Polyurethanen. Die IG-Farbenindustrie schloss 1939 mit Du Pont einen Lizenzvertrag über die Technologie des Nylon-Spinnens. Bald danach kamen in Deutschland die ersten Perlon-Borsten in den Handel. Im Werk Ludwigshafen der IG-Farbenindustrie waren in der Zwischenzeit auch höhermolekulare PA 6- und PA 66Typen entwickelt worden. Sie eigneten sich vorzüglich als Formmassen für das Spritzgießen und Extrudieren technischer Formteile. Gusspolyamid ist ein sehr hochmolekulares PA 6. Seine Eigenschaften können je nach Polymerisationsbedingungen zwischen zähelastisch und zähhart modifiziert werden. PA 6 und PA 66 besitzen die Summenformel (C6H11ON)n. Sie unterscheiden sich jedoch in ihrem strukturellen Aufbau, wie Bild 2-366 zeigt [3]. Bei PA 66 liegen die Carbonamidgruppen stets so gegenüber, dass jede funktionelle Gruppe ohne Deformation der Moleküle eine Wasserstoffbrücke bilden kann. Bei PA 6 lässt nur jede zweite Carbonamidgruppe eine Brückenbildung zu. Aus diesem Aufbau erklärt sich die höhere Schmelztemperatur von PA 66 (255 °C) und die geringere Wasseraufnahme. Zu den vorwiegend als Spinnfaserrohstoff dienenden Polyamiden gehören auch das PA 7 (Enanth) und das PA 9 (Pelargone) aus der ehemaligen Sowjetunion. Von den übrigen PA-Typen haben PA 11, PA 12, PA 46, PA 69, PA 610 und die Copolyamide PA 66/610/6 als technische Formmassen Bedeutung erlangt. Zu den Copolyamiden gehören auch die in Alkohol-Wassergemischen löslichen PA-Typen, die über die Lösung zu Folien gegossen werden oder als Drahtlack dienen. Von den zahlreichen Herstellverfahren für lineare Polyamide sind drei von technischer und wirtschaftlicher Bedeutung, nämlich:
• • •
Polykondensation von Dicarbonsäuren und Diaminen auf dem Wege über ein sog. AH-Salz im wässrigen Medium, Polykondensation von w-Aminosäuren, Ringöffnung und Polymerisation (bzw. Polyaddition) ihrer Lactame bei Anwesenheit von Wasser oder bei Abwesenheit von Wasser durch anionische bzw. kationische Schnellpolymerisation.
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate
643
2.2.1.1.2.1 Struktur und allgemeine Eigenschaften Nach den Ausführungen zum grundsätzlichen Aufbau der Polyamide seien in Tabelle 2-81 die Kenndaten einiger teilkristalliner Polyamidsorten wiedergegeben. Wie bereits eingangs hervorgehoben, wird das Eigenschaftsbild der Polyamide wesentlich durch die Carbonamidgruppe CO–NH bestimmt.
Thermoplastische Polykondensate
Bild 2-366. Molekulare Struktur von PA 6 und PA 66
644
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
Carbonamidgruppe
Man findet sie in der Strukturformel aller Polyamide wieder. Sie verbindet die Reste der beiden Komponenten bzw. Anfang und Ende eines aufgesprengten Ringes.
•
Der Abstand der Carbonamidgruppen wirkt sich auf die intermolekularen Kräfte aus. Wie Tabelle 2-81 zeigt, ist er bei PA 11 doppelt so groß wie bei PA 6. Deshalb sind bei PA 11 wesentlich geringere Kohäsionskräfte wirksam. Es ist
Tabelle 2-81. Kenndaten einiger teilkristalliner PA-Typen PA-Sorte Summenformel
VerDichte hältnis g/cm3 CH2: CONH
Schmelztemperatur °C
Was- Ausgangsprodukt seraufnahme %
PA 6… PA 11… PA 12… PA 46…
5 10 11 4
1,12–1,15 1,03–1,05 1,01–1,04 1,18-1,21
230 180 175 295
9,5 – 1,8 13
5
1,13–1,16
255
8,5
6,5
1,06–1,08
–
–
7
1,07–1,09
215
3,3
8
1,06–1,07
–
–
PA 66… PA 69… PA 610…
e-Caprolactam Aminoundecansäure Laurinlactam 1,4-Diaminobutan Adipinsäure Hexamethylendiamin Adipinsäure Hexamethylendiamin Azelainsäure Hexamethylendiamin Sebacinsäure Hexamethylendiamin Dodecandisäure
Thermoplastische Polykondensate
PA 612…
[-NH(CH2)5CO-]… [-NH(CH2)10CO-]… [-NH(CH2)11CO-]… [-NH(CH2)4NH-CO(CH2)4CO-]… [-NH(CH2)6NH-CO(CH2)4CO-]… [-NH(CH2)6NH-CO(CH2)7CO-]… [-NH(CH2)6NH-CO(CH2)8CO-]… [-NH(CH2)6NH-CO(CH2)10CO-]…
Bild 2-367. Struktureller Aufbau und Wasseraufnahme aliphatischer Polyamide
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate
• •
weicher, die Schmelztemperatur ist niedriger. Die Wasseraufnahme ist jedoch wegen des „polyethylenähnlichen“ Aufbaus geringer, wie Bild 2-367 zeigt. Die Anzahl der Methylengruppen zwischen den Carbonamidgruppen wirkt sich ebenfalls auf die Schmelztemperatur aus. Polymere mit gerader Anzahl von CH2-Gruppen schmelzen bei höherer Temperatur als die mit ungerader Anzahl. Zum Beispiel schmilzt PA 11 bei 180 °C, PA 12 bei 175 °C. Die Ursache bilden die sich jeweils gegenüberliegenden Molekülgruppen. Zwischen NHund CO-Gruppen bilden sich Wasserstoffbrücken von sehr kurzer Länge. Die molare Masse beeinflusst vor allem die Viskosität der Schmelze. Der Kristallinitätsgrad beeinflusst die physikalischen und chemischen Eigenschaften der Polyamide nachhaltig.
Während bei vielen teilkristallinen Thermoplasten die Kristallinität nur geringfügig durch die Verarbeitungsbedingungen beeinflusst wird (z. B. POM und PCTFE), kann sie bei PA bis zu 40 % variieren. Schnell abgekühltes PA 6 kann einen Kristallinitätsgrad von nur 10 % aufweisen, langsam abgekühltes erreicht Werte von 50 bis 60 %. Mit steigendem Kristallinitätsgrad nimmt die Wasseraufnahme ab, die elektrischen und die mechanischen Eigenschaften werden besser, ebenso die Abriebfestigkeit. Rasch abgekühlte Schmelzen bilden feine Aggregate, langsam abgekühlte Sphärolithe. Über eine nachhaltige Beeinflussung der Morphologie von Polyamiden durch den Zusatz stark polarer Salze, beispielsweise LiCl, berichten G. Schmack et al. [4]. Kristallisationsgeschwindigkeit, Kristallinitätsgrad und Schmelztemperatur werden durch Lithiumchlorid reduziert, während die Glasübergangstemperatur sich erhöht. Im trockenen – man sagt spritzfrischen – Zustand sind alle PA-Typen hart und mehr oder weniger spröde. Im konditionierten Zustand sind sie zäh und verschleißfest. Mit der reversiblen Wasseraufnahme ist eine Volumen- und damit eine Maßänderung verbunden. Variationen der molaren Masse, Weichmachen, Schmieren, Nukleieren, Stabilisieren und Verstärken durch pulver- und faserförmige Zusatzstoffe sind bekannte Maßnahmen, das Eigenschaftsbild der Polyamide in bestimmter Richtung zu beeinflussen. Dazu kommt die bekannte chemische Modifikationsmöglichkeit durch Cokondensation, Copolymerisation sowie Block-Copolymerisation. Allein der vorstehende grobe Sortenüberblick lässt eine ungewohnte Vielfalt an Produkttypen erahnen. Davon entfallen im Jahr 2001 jedoch ca. 97 % auf PA 6 bzw. PA 66 Typen (Bild 2-368), wobei wiederum der Anteil der Synthese-Fasern etwa 60 % ausmacht. Außer diesen Produkten werden noch Polymerblends hergestellt, bei denen z. B. die Komponenten in Gegenwart von Verträglichmachern intensiv in der Schmelze geknetet, anschließend extrudiert und granuliert werden. Das Angebot an Polymerblends aus verschiedenen Polyamiden wird durch folgende Kombinationen ergänzt: Polyamid + Polyethylen, Polyamid + Polyacetal, Polyamid + Epoxidharz, Polyamid + PPEmod und Polyamid + Polyethylenterephthalat.
Thermoplastische Polykondensate
•
645
646
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
Bild 2-368. Polyamid-Produktion weltweit für 2001 [5]
■ Zusatzstoffe Für die Polyamide als dem im Verbrauch und in seiner nahezu unbegrenzten Vielfalt von Anwendungsmöglichkeiten bedeutendsten technischen Kunststoff – ohne jedoch dabei an den Verbrauch der Standard-Kunststoffe heranzureichen – sind die Zusatzstoffe von großer Bedeutung. Diese Festlegung trifft für alle drei Gruppen von Zusatzstoffen zu: Funktions-, Füll- und Verstärkungsstoffe.
Thermoplastische Polykondensate
■ Funktions-Zusatzstoffe Wie die meisten synthetischen Polymere sind auch die Polyamide gegen die Einwirkung des Luftsauerstoffs zu schützen. Bei den Polyamiden geht die Oxidation, d. h. der Abbau sowohl unter dem Einfluss von Wärme als auch unter dem Einfluss des UV-Anteils der Sonnenstrahlung vor sich. Mit Phosphiten kann das mit der Oxidation fortschreitende Vergilben bis zu einem gewissen Grad unterdrückt werden. Zum Verfärben neigen die Kupfersalze. Von größter technischer Bedeutung sind die aromatischen Amine. Sie sind sehr wirksam, verfärben jedoch das Material. Deshalb ist ihre Verwendung vorwiegend auf technische Artikel beschränkt, bei denen das Verfärben nicht stört. Ohne diesen Nachteil sind die gehinderten Phenole. Sie gewährleisten Oxidations- und Farbstabilität, auch sind sie lebensmittelrechtlich unbedenklich. Zu dieser Gruppe gehört das BHT (2,6-Ditertiärbutyl-p-cresol). Mit Hilfe wirksamer Wärmestabilisatoren gelingt es, glasfaserverstärktes PA 6 und PA 66 gegen bis zu 100 °C heiße Wasser/Glycolgemische zu stabilisieren. Ein Beispiel bilden die Wasserkästen für Automobilkühler. Die Photooxidation von Polyamiden wird durch Einwirken von Feuchtigkeit sowie der Verunreinigung der Luft durch Ozon und Stickstoffdioxid beschleunigt. Auch bei den Polyamiden beweisen heute die sterisch gehinderten Amine (HALS) bei einigen PA-Sorten ihre Überlegenheit gegenüber phenolischen Antioxidantien, kombiniert mit Phosphiten. Durch Stabilisieren mit Ruß wird auch bei den Polyamiden eine hohe Lebensdauer bei Freibewitterung erzielt. Die Polyamide sind hydrophil. Das setzt ein Vortrocknen bzw. den trockenen Zustand – auch aller Zusatzstoffe, beispielsweise der Farbmittel – voraus. Für Polyamide sind alle anorganischen Pigmente mit einer Temperaturbeständigkeit > 300 °C geeignet. Die Auswahl an organischen Pigmenten ist wegen des reduzierenden Einflusses der PA-Schmelzen eingeschränkt. Auch Cad-
647
mium-Pigmente eignen sich nicht für das Einfärben von PA 6, weil sie mit sauren Füllgütern reagieren und diese anfärben. Daraus ergibt sich, dass in jedem Fall eine gezielte Rückfrage beim Farbmittelhersteller angeraten ist. Als Brandschutzausrüstung für PA eignen sich vor allem bromhaltige, cycloaliphatische Verbindungen in Kombination mit Antimontrioxid. Die Halogenträger mit Synergisten weisen den Nachteil auf, dass sie die elektrischen Eigenschaften beeinträchtigen und bei Überhitzung bzw. im Brandfall korrodierend wirken. Der rote Phosphor führt in Verbindung mit Schwermetall zu dunklen Farbtönen. Gesucht werden halogen- und phosphorfreie Einstellungen. Zur Zeit werden derartige Produkte auf Basis Melamin- und Melamincyanurat hergestellt [6]. Nachteilig sind dabei die Belagbildung bzw. die begrenzte Thermostabilität. Diese Nachteile überwindet die BASF Aktiengesellschaft mit dem neuentwickelten Typ Ultramid® KR 4205. Dabei handelt es sich um ein mit einem Melamin-Derivat ausgerüstetes flammgeschütztes unverstärktes Copolyamid 66/6. Der Schmelzpunkt dieses Produktes ist mit 240 °C naturgemäß niedriger als der der Komponente PA 66 allein mit 255 °C. Deshalb kann dieses Produkt bei Temperaturen von 260 °C bis 280 °C verarbeitet werden, wodurch die Problematik des Formbelags behoben wird. Die V-O Einstufung ist bis zu Wanddicken von 0,4 mm gewährleistet [7]. Der Zusatz spezieller Melamin-Derivate versagt bei verstärkten Polyamiden. Mit Hilfe speziell vorbehandeltem Magnesiumhydroxid, das im Brandfall Wasser abspaltet und dabei große Wärmemengen verbraucht, gelang es, hell einfärbbare Polyamide mit halogenfreiem Brandschutz zu entwickeln. Außerdem sind die Rauchgasdichte und die -toxizität sehr gering. Die Vergleichszahl der Kriechwegbildung CTI A ist mit einem Wert von 600 hoch. Trotz des hohen Füllgrades ist die Fließfähigkeit gut, die Verfärbungsneigung gering, die Wasseraufnahme gegenüber PA 6 um ca. 60 % niedriger und die Wärmeleitfähigkeit um den Faktor 4 höher [6]. Die Kristallisation von Polymeren setzt voraus, dass der Molekülaufbau die Beweglichkeit der Hauptkette nicht behindert, die Kristallisationstemperatur unter dem Schmelzpunkt des Polymers liegt, Kristallisationskeime vorhanden sind, die Kristallite und deren Überstruktur, die Sphärolithe, zu bilden ermöglichen und die Kristallisationsgeschwindigkeit im Rahmen der üblichen Taktzeiten hoch genug ist. Die Kristallisationsgeschwindigkeit ergibt sich aus der Keimdichte und der Wachstumsgeschwindigkeit der Sphärolithe. Das Nukleieren der Polyamide führt zu einer höheren Kristallisationsgeschwindigkeit, höherer Härte, Dehnungsspannung, Formbeständigkeit in der Wärme, Abriebfestigkeit und höherem E-Modul. Reißdehnung, Schlagzähigkeit und Wasseraufnahme nehmen ab. Aus nukleiertem Material können keine Formteile mit größeren Wanddicken hergestellt werden (Sphärolith-Dmr. > 5 µm). Der Spritzzyklus kann um 3 bis 30 % verkürzt werden. Für PA eignen sich als Keimbildner hochdisperse Kieselsäure, MoS2, TiO2, Talkum, Eisensulfid und Natrium-Phenylphosphinat. Bei PA 6 werden auch PA 66 oder PET als Keimbildner zugesetzt. Ein neues Produkt der Fa. BrüggemannChemical BRÜGGOLEN® P22 ist chemisch gesehen ein PA 22 und kann für alle Polyamide eingesetzt werden [8].
Thermoplastische Polykondensate
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate
648
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
Die hochkristallinen Produkte wie PA 6 und PA 66 sind nicht sehr flexibel. Bei PA 6 wirken jedoch Anteile des Restmonomeren (Caprolactam) als wirkungsvoller Weichmacher. Bei Polymeren mit geringerem Kristallisationsgrad (PA 11 und PA 12) sowie den Copolyamiden wirken 10 % bis 20 % aliphatische Glykole oder aromatische Sulfonamide als vorzügliche Weichmacher. Durch Schmieren der PA-Rohstoffe mit Calcium- oder Aluminiumstearaten, die in der Schmelze unlöslich sind, kann das Einzugs- und Entformungsverhalten der Polyamide verbessert werden. Als Verbesserer der Schlagzähigkeit von PA eignen sich vor allem Zusätze von Elastomeren, z. B. EPDM, EVA und ein mit MAH gepfropftes SEBS; die auch zu trocken hoch-schlagzähen Polymerblends führen. Der Zäh/Spröd-Übergang liegt beispielsweise für ein Blend mit 20 Masse-% gepfropftem SEBS bei – 5 °C bis –10 °C.
Thermoplastische Polykondensate
■ Füllstoffe PA 6 ist zäh, PA 66 hart, steif, abriebfest und formbeständig in der Wärme. PA 69 und 610 nehmen wenig Wasser auf und sind deshalb maßbeständig. PA 11 ist die schlagzäheste PA-Sorte; sie ist schlagzäher als PA 12. Das Gusspolyamid auf Basis PA 6 ist zäh und hart. Die genannten Eigenschaften können durch Zusatz von Füll- und Verstärkungsstoffen noch verbessert werden. Als Füllstoffe eignen sich, wie Tabelle 2-82 zeigt: Siliciumoxid (höhere Reißfestigkeit, besser extrudierbar, glatte Oberfläche). Silikate werden vorwiegend in Form plättchenförmiger Mineralien in Zusatzmengen bis 40 Masse-% verwendet. Glimmer und Talkum erhöhen Steifigkeit, Festigkeit, Härte, Formbeständigkeit in der Wärme, Maßhaltigkeit und Oberflächengüte. Talkum dient außerdem als Nukleierungsmittel. Eine ähnliche Funktion erfüllt auch das Calciumcarbonat (Kreide), auch die Beständigkeit gegen den Angriff durch Öle, Fette, Kraftstoffe und Lösemittel wird erhöht. Durch Verbessern der Verbundhaftung zwischen mineralischem Füllstoff und Matrix können Steifigkeit und Härte der Formstoffe wesentlich erhöht werden. Die dabei eingebüßte Schlagzähigkeit kompensiert das Modifizieren mit Elastomeren [9]. Ein Beispiel bildet das Minlon® im PA-Sortiment von Du Pont, sodass dabei nicht mehr von Füllstoff, sondern von Verstärkungsstoff die Rede ist. Metalle (Aluminium, Bronze, Stahl, Blei, Zink, Kupfer, Nickel) in Form von Pulver erhöhen die Wärmeformbeständigkeit, jedoch vor allem die elektrische Leitfähigkeit. Bariumferrit dient in Zusatzmengen bis zu 80 Masse-% zur Herstellung von Kleinmagneten. In den letzten Jahren gelang es, durch den Austausch von Bariumferrit gegen seltene Erden wie Samarium und Neodynium wesentlich stärkere und damit miniaturisierbarere Magnete zu entwickeln.Als Matrixwerkstoff dienen beispielsweise amorphe, teilaromatische PA-Typen [10]. PTFE dient wie PE-HD, MoS2 und Graphit vor allem in glasfaserverstärkten Polyamiden zum Verbessern des Gleit- und Verschleißverhaltens.
PA 6 GF-Kurzfaser Glaskugeln C-Faser Siliciumoxid Kreide PA 66 GF-Kurzfaser Glaskugeln C-Faser Glimmer PA 610 GF-Kurzfaser Talkum PA 11 Glasfasern Bronzepulver PA 12 Glasfasern Glaskugeln
Werkstoff
Thermoplastische Polykondensate
64 148 65 100 57 50 63 153 81 197 39 60 128 60 58 93 34 60 83 45
220 3,5 20 – 140 30 60 bis 300 3,0 5,0 4 – 85 bis 300 3,0 5,0 325 4,0 4,0 270 6,0 25
%
N/mm2
Masse-%
– 30 30 20 10 30 – 30 30 20 30 – 30 20 – 30 90 – 30 30
Dehnung
Zugfestigkeit
Füllstoffgehalt
Tabelle 2-82. Eigenschaften gefüllter und verstärkter Polyamide
1200 5500 3000 8000 1000 3000 1500 7200 3700 16900 6900 1900 7800 4000 1200 6200 5500 1200 3500 2500
N/mm2
E-Modul
25 16 14 – – 6 16 15 11 – – 11 12 – 27 11 – 20 9 8
kJ/m2
Kerbschlagzähigkeit
80 208 – – – 60 66 bis 85 204 bis 249 74 257 – – 204 – 58 173 100 – 147 120
R 111 E 55 R 120 – – – R 113 E 60 bis 70 R 120 – – R 111 E 30 bis 40 – R 107 R 115 R 106 R 108 R 113 R 113
Wärmeform- Rockwellbeständigkeit Härte (n. ISO/R75A, 1,85 N/mm2 °C 1,13 1,37 1,35 – 1,19 1,35 1,14 1,37 1,35 1,23 – 1,19 1,30 1,25 1,04 1,26 4,00 1,02 1,23 1,23
g/cm3
Dichte
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate
649
650
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
■ Verstärkungsstoffe An der Spitze der bei PA verwendeten Verstärkungsstoffe rangieren die Glasfasern. Es werden bei PA 6, PA 66 und PA 46 bis zu 50 % Massenanteil zugesetzt. Bei PA 69, 610, 11 und 12 sind es bis zu 30 % Masseanteil. Verbessert werden Zugfestigkeit, Steifigkeit, Härte, Wärmeformbeständigkeit, Kriechstromfestigkeit, Chemikalien- und Hydrolysebeständigkeit [11]. Die Wärmekapazität (kürzere Zykluszeiten), die Wasseraufnahme und der Längenausdehnungskoeffizient werden geringer. Den als Hybridverstärkungsstoff zusätzlich hinzuzugebenden Glaskugeln fällt die Aufgabe zu, das anisotrope Schwinden zu verringern. Im Übrigen üben sie eine ähnliche – wenn auch geringere – Verstärkungswirkung aus wie Glasfasern. Die durch Glasfasern und Glaskugeln beeinträchtigte Schlagzähigkeit kann – wie bei den mineralischen Füllstoffen – durch die Zugabe von Elastomeren kompensiert werden [9]. C-Fasern erhöhen den E-Modul wesentlich stärker als Glasfasern; sie verbessern die Gleiteigenschaft sowie die Wärme- und elektrische Leitfähigkeit.
2.2.1.1.2.2 Eigenschaften ■ Thermo-Mechanische Eigenschaften Die mechanischen Eigenschaften der Polyamide hängen ab von molarer Masse, Kristallinitätsgrad und Feuchtigkeitsgehalt. Der Einfluss der Formteilauslegung und der Verarbeitung kann beträchtlich sein.
■ Kurzzeitverhalten bei geringer Verformungsgeschwindigkeit Das Verhalten von PA 6, PA 66, PA 12 und PA 6-3-T im Kurzzeit-Zugversuch zeigen die Bilder 2-369 bis 2-372. In diesen Darstellungen wurde Wert darauf gelegt, das Kraft-Verformungsverhalten dieser Werkstoffe im Bereich geringer Dehnungen bei niedriger Verformungsgeschwindigkeit zu erfassen. Die übliche Darstellungsweise des gesamten Spannungs/Dehnungsverlaufs bei einer Prüfgeschwindigkeit von beispielsweise 100 mm/min vermittelt einen völlig anderen Eindruck, wie Bild 2-371 b vergleichsweise am Beispiel von PA 12 zeigt.
Thermoplastische Polykondensate
■ Umwandlungstemperaturen Das dynamisch-mechanische Verhalten unter oszillierenden Spannungen und Verformungen vermittelt der Torsionsschwingungsversuch nach DIN 53445. In den Bildern 2-373 und 2-374 sind der Schubmodul bzw. der mechanische Verlustfaktor der bisher erwähnten Polyamide wiedergegeben. Daraus ergeben sich als Temperaturen für das Dämpfungsmaximum bzw. die Glastemperatur folgende Werte bei trockenen Probekörpern [12]. PA 6: PA 66: PA 610 u. PA 612:
60 °C 70 °C 55 – 65 °C
PA 11: PA 12: PA 6-3-T:
49 °C 49 °C 150 °C
Je höher der Feuchtigkeitsgehalt der Polyamide, desto mehr verschiebt sich die Glasübergangstemperatur in den Bereich tieferer Temperaturen, beispielsweise
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate
651
Bild 2-369. Spannungsdehnungsdiagramm von PA 6 (trocken) bei verschiedenen Temperaturen
bei PA 6 mit 3,5 % H2O von 60 °C (trocken) nach 5 °C und bei 10 % H2O sogar nach –15 °C, d. h. der Formstoff wird weicher.
■ Langzeitverhalten: Zeitstandverhalten bei einachsigem Spannungszustand Zeitlich konstante Beanspruchung Die Bilder 2-375 bis 2-379 geben die Kriechmodule von PA 6, PA 66, PA 612, PA 12 und dem glasklaren PA 6-3-T wieder. Bild 2-380 zeigt den Biegekriechmodul von verschiedenen Polyamidtypen und einiger anderer unverstärkter und GF-verstärkter technischer Kunststoffe. Die isochronen Spannungsdehnungslinien von PA 6, PA 66, PA 66 (feinkristallin), PA 612, PA 12 und PA 6-3-T geben die Bilder 2-381 bis 2-385 wieder.
Thermoplastische Polykondensate
Bild 2-370. Spannungsdehnungsdiagramm von PA 66 (trocken) bei verschiedenen Temperaturen
652
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
a
b
Thermoplastische Polykondensate
Bild 2-371a, b. a Spannungsdehnungsdiagramm von PA 12 bei verschiedenen Temperaturen; b Spannungsdehnungsdiagramm (Mittelwerte) von PA 12 (Vestamid)Basistypen (Prüfgeschwindigkeit 100 mm/min)
In der bisherigen Zusammenstellung der Diagramme über das Kriechverhalten verschiedener Polyamidsorten fehlte das PA 11. In den Bildern 2-386 und 2-387 ist die Kriechfestigkeit eines steifen (Rilsan BMNO) und eines flexiblen (Rilsan BMNO P 40) Typs wiedergegeben. Wie sehr die verschiedenen klimatischen Bedingungen die mechanischen Eigenschaften von Polyamid-Formstoffen beeinflussen können, sei am Beispiel der Basistypen des PA 12 in Bild 2-388 gezeigt. Bei jeweils gleicher Temperatur führt ein höherer Feuchtigkeits-Gleichgewichtsgehalt bei gleicher Zugbeanspruchung zu einer höheren Dehnung bzw. bei gleicher Dehnung zu einer entsprechend geringeren Belastbarkeit. In Bild 2-389 ist die Wärmeformbeständigkeit von unverstärkten und glasfaserverstärkten technischen Thermoplasten, in Bild 2-390 die Dauergebrauchs-
653
Bild 2-372. Spannungsdehnungsdiagramm von PA 6-3-T bei verschiedenen Temperaturen
Bild 2-373. Schubmodul von Polyamiden (trocken) in Abhängigkeit von der Temperatur
Thermoplastische Polykondensate
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate
Bild 2-374. Mechanischer Verlustfaktor d von Polyamiden (trocken) in Abhängigkeit von der Temperatur
654
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
Bild 2-375. Zugkriechmodul von PA 6 bei verschiedenen Beanspruchungen und Temperaturen ____ Normklima 23/50 – – – 100 °C
Thermoplastische Polykondensate
Bild 2-376. Zugkriechmodul von PA 66 bei verschiedenen Beanspruchungen und Temperaturen ____ Normklima 23/50 – – – 120 °C
temperatur (10.000 h) einiger technischer Thermoplaste mit 30 %-iger Glasfaserverstärkung im Vergleich zu verschiedenen Polyamidtypen dargestellt. Zeitlich konstante Dehnung Bild 2-391 zeigt, wie eine durch plötzlich auftretende Dehnung entstehende einachsige Spannung infolge molekularer Relaxation im Laufe der Zeit abklingt, wenn die Dehnung langzeitig konstant bleibt. Die Relaxation nimmt mit der Temperatur und dem Feuchtigkeitsgehalt rasch zu.
■ Langzeitverhalten bei schwingender Beanspruchung Zur Beurteilung des Langzeitverhaltens bei dynamischer Wechselbeanspruchung dient der Biegewechselversuch. Die Ergebnisse werden im Wöhler-Dia-
655
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate
Bild 2-378. Zugkriechmodul von PA 12 bei verschiedenen Beanspruchungen und Temperaturen
Thermoplastische Polykondensate
Bild 2-377. Zugkriechmodul von PA 612 bei verschiedenen Beanspruchungen, Normklima
656
2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
Bild 2-379. Zugkriechmodul von PA 6-3-T bei verschiedenen Beanspruchungen und Temperaturen
Thermoplastische Polykondensate
Bild 2-380. Biegekriechmodul unverstärkter und glasfaserverstärkter technischer Kunststoffe (Prüftemperatur: 120 °C) (Quelle: DSM/NL)
gramm dargestellt, Bild 2-392. Einen Überblick über die Wechselfestigkeit von PA 66 bei Druck-, Zug- und Zug/Druckbeanspruchung vermittelt Bild 2-393. Bild 2-394 gibt die Ergebnisse für PA 610 wieder. Beide Bilder zeigen, dass die Ergebnisse von Schwingungsversuchen wesentlich durch die Versuchsparameter bestimmt werden. Deshalb ist beim Vergleich stets auf die identische Wechselbeanspruchung zu achten. Im Falle glasfaserverstärkter Formstoffe kommt die beim Spritzgießen nahezu unvermeidliche Orientierung der Glasfasern hinzu, wie Bild 2-395 am Beispiel von PA 66-GF zeigt. Bei der Übertragung der Prüfergebnisse auf den Betriebsfall ist zu berücksichtigen, dass sich die Werkstücke wegen innerer Reibung stark erwärmen können. In diesen Fällen ist ebenso wie bei höherer Gebrauchstemperatur mit niedrigeren Werten für die jeweilige Wechselfestigkeit zu rechnen.
657
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate
Bild 2-381. Isochrone Spannungsdehnungslinien von PA 6 ____ Normklima 23/50 – – – 100 °C
Thermoplastische Polykondensate
Bild 2-382. Isochrone Spannungsdehnungslinien von PA 6 (feinkristallin) ____ Normklima 23/50 – – – 100 °C
Bild 2-383. Isochrone Spannungsdehnungslinien von PA 612, Normklima 23/50
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
Bild 2-384. Isochrone Spannungsdehnungslinien von PA 66 bei verschiedenen Temperaturen ____ Normklima 23/50 – – – 100 °C
Thermoplastische Polykondensate
Bild 2-385. Isochrone Spannungsdehnungslinien von PA 6-3-T bei verschiedenen Temperaturen
Bild 2-386. Zeitspannungslinien von PA 11 (steifer Typ) (Quelle: ATOfina/US)
659
2.2.1 Thermoplastische Polykondensate
Bild 2-388. Zeitdehngrenzen von PA 12 in verschiedenen Klimata: bei Normklima 23/50 DIN 50014 und Klima 23/100 DIN 50015 60/16 DIN 50015 100/8 DIN 50015 (Werkstoff: Vestamid-Basis-Typen der Hüls AG)
Thermoplastische Polykondensate
Bild 2-387. Zeitspannungslinien von PA 11 (flexibler Typ) (Quelle: ATOfina/US)
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2 Synthetische Kunststoffe: 2.2 Polykondensate
Bild 2-389. Wärmeformbeständigkeit von unverstärkten und glasfaserverstärkten technischen Thermoplasten (Quelle: DSM, Polymers & Hydrocarbons/NL)