Thomas Tiefel (Hrsg.) Strategische Aktionsfelder des Patentmanagements
InterdisziplinaresPatentmanagement Herausgegeb...
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Thomas Tiefel (Hrsg.) Strategische Aktionsfelder des Patentmanagements
InterdisziplinaresPatentmanagement Herausgegeben von Prof. Dr. Andrea Klug, Prof. Dr. Thomas T\efe\, Prof. Dr. Ursula Versch Fachhochschule Amberg-Weiden
Die Schriftenreihe stellt Forschungsergebnisse aus dem Bereich des Patentmanagements und den damit verbundenen Problemfeldern Gewerblicher Rechtschutz, Recherchetechnik, FuE-, Technologie- und Innovationsmanagement sowie Unternehmensstrategie vor. Uber Einzeldarstellungen hinaus soil auch der Gesamtzusammenhang der Probleme und Losungsansatze vermittelt werden. Durch den ausdrucklichen Theorie- und Praxisbezug stehen neue wissenschaftliche Erkenntnisse mit dem Ziel der konkreten, praktischen Anwendbarkeit im Mittelpunkt.
Thomas Tlefel (Hrsg.)
Strategische Aktionsfelder des Patentmanagements
Deutscher Universitats-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet uber abrufbar.
I.Auflage August 2006 Alle Rechte vorbehalten (S) Deutscher Universitats-Verlag/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat Ute Wrasmann / Frauke Schindler Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschlieSlich aller seiner Telle ist urheberrechtlich geschiitzt Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulSssig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervieifaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in eiektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden durften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheBlitz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebieichtem Papier Printed in Germany ISBN-10 3-8244-0823-6 ISBN-13 978-3-8244-0823-8
Vorwort Seit den 1990er Jahren kann sowohl in Europa, als auch in den USA imd Japan, ein sehr starker Anstieg an Patentanmeldimgen beobachtet werden. Im gleichen Zeitraum haben jedoch die Forschungs- und Entwicklungsausgaben der Unternehmen nur moderat zugenommen. In Folge stieg der volkswirtschaftliche Indikator ,J^atentintensitat", welcher als Quotient der beiden GroBen definiert ist, deutlich an. Als Erklarungen fur dieses Phanomen wurden zuerst eine den Nenner reduzierende, gesteigerte Effizienz der FuE-Prozesse und eine den Zahler erhohende Ausdehnung der Patentaktivitat auf neue Technologiefelder (z.B. Biotechnologie oder EDV) diagnostiziert. Neuere Studien liefem einen dritten Begriindungsansatz: Die mit der Patentierung verbundenen Strategien haben sich verandert. Sie gehen mittlerweile deutlich iiber die Fokussierung auf die Nutzung der patentimmanenten Schutzfunktion hinaus und sind dadurch vielschichtiger bzw. umfangreicher geworden, was sich wiederum in einer erhohten Anmeldeaktivitat niederschlagt. Vor diesem Hintergrund entstehen fiir das Patentmanagement neue strategische Aktionsfelder, die es zukiinftig in der Untemehmenspraxis verstarkt zu beriicksichtigen gilt, und die daher im vorliegenden Band erortert werden. Der Einstiegsbeitrag „Technologie- und Erfindungsevaluierung in der Friihphase des Innovationsprozesses" richtet den Fokus auf den Zeitraum, in dem das Potenzial zur FuE-Eflfizenzsteigerung am groBten ist, und erlautert insbesondere die Komplexitat der in diesem Zusammenhang mit dem Patentschutz zu beantwortenden Fragen. Der darauf folgende Aufsatz , Ansatze der Patentportfolio-Analyse" gibt Hinweise, wie man mit der Wahl des richtigen strategischen Werkzeugs nicht nur die Effizienz, sondem auch die Eflfektivitat des FuE- und des Patentmanagements verbessem kann. Er liefert einen Uberblick iiber acht verschiedene Portfolio-Ansatze, wobei gezeigt wird, wie diese inhaltlich konzipiert sind und wo ihr jeweiliges Einsatzgebiet liegt. Im Kontext der Ausdehnung der Patentaktivitaten auf neue Felder und den daraus resultierenden Implikationen steht der mit dem Titel „Wettbewerbsstrategische Wirkungen der Patentierbarkeit von innovativen Geschaftsmethoden" iiberschriebene dritte Beitrag. Neben okonomisch-strategischen Aspekten wird in diesem auch die aktuelle patentrechtliche Situation auf dem Gebiet der Geschaftsmethoden in Deutschland bzw. Europa und den USA analysiert. Wie sich die Nutzungsschwerpunkte des strategischen Funktionsspektrums von technischen Schutzrechten deutlich verschieben konnen, veranschaulicht zuerst der Artikel „Kapitalmarktgestutzte Patentverwertung". Dort steht nicht die Schutz- sondem die finanzwirtschaftliche Funktion von Patenten im Vordergrund. Ein breiteres Bild zeichnet der daran anschlieBende Beitrag , J^atente als
VI WafFen?", der sich mit der jiingst wieder zu beobachtenden Adaption militarischer Strategieansatze in der Managementlehre auseinandersetzt imd in diesem Kontext auch auf die RoUe von gewerblichen Schutzrechten eingeht. Lenkt man den Blick auf die kommunikative AuBenwirkung von geistigen Eigentumsrechten so ist zu erkennen, dass deren marketingtechnische Nutzung mittlerweile eine grofie Bedeutung zukommt. In welchem rechtlichen Rahmen die (exteme) Reputations- bzw. DifFerenzieningsfunktion insbesondere von Patenten ihre Entfaltung finden kann, zeigt daher der Artikel, J)ie Werbung mit gewerblichen Schutzrechten und Urheberrechten". Aber auch untemehmensintem wirken Patente, da sie entscheidend zur Motivation der Mitarbeiter beitragen konnen. Den dazugehorigen gesetzlichen und praktischen Handlungsraum fiir monetare Konpensationen beschreibt der Aufsatz „Erfindervergutung in der Praxis". Da auch die Informationsfimktion von Patenten zukiinftig weiter an Bedeutung gewinnen wird, stellt diese die Klammer fiir die letzten beiden, technisch orientierten Artikel dar. Der Beitrag ,J^atentinformationen aus China und Korea" erlautert, wie und wo entsprechende Daten gewonnen werden konnen und der Aufsatz ,^ltemative Kraftstoflfe und Hybridfahrzeuge" beschaftigt sich mit der Patentsituation und dem Weiterentwicklungspotenzial von neuen Antriebskonzepten im Fahrzeugbereich. An dieser Stelle mochte ich auch meinen Dank aussprechen. Dieser gilt alien mitwirkenden Autoren, die sich, trotz ihrer auBerst Zeit konsumierenden Unternehmens-, Forschungs- und Lehraktivitaten, einem strengen Termindiktat unterwarfen undfristgerechtihre hochaktuellen Beitrage iibersandten. Zudem mochte ich mich fur die wie immer sehr gute imd vor allem imkonplizierte Zusammenarbeit mit dem Team des DUV bedanken.
Thomas Tiefel
Inhaltsverzeichnis Okonomische Aspekte Wolfgang Knappe Technologic- und Erfindungsevaluienmg in der Friihphase des Innovationsprozesses
1
Thomas Tiefel / Rainer Schuster Ansatze der Patentportfolio-Analyse - Eine vergleichende Ubersicht aus der Perspektive des strategischen Technologieund Innovationsmanagements
21
Thomas Tiefel / Philip Haas Wettbewerbsstrategische Wirkimgen der Patentierbarkeit von innovativen Geschaftsmethoden
55
Stephan Lipfert/ Dirk Loop Kapitalmarktgestiitzte Patentverwertimg - Ein Uberblick aus der Bewertimgspraxis
87
Thomas Tiefel Patente als Waffen? - Die Adaption militarischer Strategieansatze in der Managementlehre
105
Rechtliche Aspekte Andrea Klug Die Werbung mit gewerblichen Schutzrechten und Urheberrechten - Eine Bestandsaufhahme
133
Gerhard Hofrnann Erfindervergiitung in der Praxis - Die Richtlinien fur die Vergiitung von Arbeitnehmererfindungen im privaten Dienst
179
Technische Aspekte Ursula Versch Patentinformationen aus China und Korea
193
Peter Kurzweil Alternative Kraftstoffe und Hybridfahrzeuge Innovation im Fahrzeugbereich mit neuen Antriebskonzepten
251
Autoren und Herausgeber
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Technologie- und Erfindungsevaluierung in der Frtthphase des Innovationsprozesses Wolfgang Knappe 1
Die Motivation fiir Innovationen
, J'orschung ist die Transformation von Geld in Wissen - Innovation ist die Transformation von Wissen in Geld" - mit diesem Schlagwort lasst sich der komplexe Prozess vom Erkennen eines Defizits bzw. eines potenziellen Bedarfs, der Problemstrukturienmg, einer Losimgsidee bis zur ersten Umsetzung imd schlussendlich bis zur Inq)lementiening eines entsprechenden Produkts bzw. einer Dienstleistung im Marktgeschehen apostrophieren. Damit wird aber auch eine Vielzahl von Fragen erkennbar, die mit einer erfolgreichen Innovation untrennbar verbimden sind. Dies schon insbesondere deshalb, weil bei dieser Sichtweise keinerlei Beschrankungen, weder hinsichtlich der Auspragung (z. B. in Form einer Ware oder Dienstleistung)^ noch hinsichtlich der Technologie oder Branche einer Innovation verbunden ist. 1.1
Technologien und Erfindungen
Besondere Verhaltnisse liegen fur Aufgaben (,J^robleme") und Losungen („Ideen") auf dem groBen Gebiet der Technik vor. Zum einen findet auf diesem Gebiet ein hoher Anteil der Produktivitat und Wertschopfung (z. B. in Deutschland und Europa) statt, zum anderen gibt es gerade fur technische Losungen wirkungsvolle Moglichkeiten, sie durch gewerbliche Schutzrechte^ abzusichem, wenn die technische Losung gewisse Eigenschaften aufweist. Insbesondere das Patent und das Gebrauchsmuster erfreuen sich hierzu einer steigenden NachfraDie Anmeldezahlen von Patenten und Gebrauchsmustem spiegeln zwar das Erfindungspotenzial einer Volkswirtschaft wider, ein direktes MaB fiir realisierte Innovationen ist damit nicht verbunden. Auf Grund der Regelungen im Patentund Gebrauchsmustergesetz ist ein antizyklisches Anmeldeverhalten erforderlich, um insbesondere die Forderung nach Neuheit des Anmeldegegenstandes
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^
Waren und Dienstleistungen lassen sich durch Marken schutzen, s. a. § 3 MarkenG. Fiir eine systematisierte Ubersicht iiber die gewerbhchen Schutzrechte in Deutschland siehe Tiefel (2005), S. 43. Vgl. DPMA (2005), S. 8-17.
Wolfgang Knappe
zum Anmeldetag^ erfiillen zu konnen. Das bedeutet in sehr vielen Fallen, dass sich die technische Losung in Form des Anmeldegegenstandes noch weitgehend in der Ideenphase befindet und eine praktische Realisienmg bzw. Erprobung noch nicht erfolgt ist. Die weiteren Uberlegungen konzentrieren sich auf technische Erfindimgen, soweit sie in Deutschland (bzw. Europa) dem Patentschutz zuganglich sind. 1.2
„ Patentfahigkeit" und „ Patentwurdigkeit"
Patente werden fur Erfindimgen erteilt, die neu sind (§ 3 PatG), die auf einer erfinderischen Tatigkeit beruhen (§ 4 PatG) und gewerblich anwendbar sind (§ 5 PatG).^ Keine Erfindung und daher vom Patentschutz ausgeschlossen (auf den Gebrauchsmusterschutz wird nicht explizit abgehoben, es sei dann, eine besondere Eigenheit des Gebrauchsmusters ware betroffen) sind die als Ausschlussgriinde formulierten Sachverhalte,^ wie z. B. asthetische Formschopfungen oder Geschaftsideen, also Ergebnisse menschlicher Verstandestatigkeit bzw. Kreativitat, die ebenfalls geeignet sind, Innovationen hervorzubringen. Das Patentgesetz formuliert die Bedingungen fur die Patentfahigkeit einer Erfindung. Die Frage ob eine Patentanmeldung bzw. ein darauf erteiltes Patent den vom Anwender gewiinschten Zweck erfuUt bzw. iiberhaupt erfiillen kann bleibt offen. Das Kriterium der gewerblichen Anwendbarkeit (§ 5 PatG) hat insbesondere nichts mit einem zukunftigen wirtschaftlichen Erfolg des geschiitzten Gegenstandes zu tun und ist vor allem kein Garant hierfiir. Der Zweck dieser Rechtsvorschrift ist es „den Erfindergeist fiir das Gewerbe in nutzbringender Weise anzureizen und nicht die reine Theorie um eine neue Methode zu bereichem"l Die Motivation des Anmelders warum er ein Schutzrecht erlangen will, ist im Lichte des Patentgesetzes imerheblich. Dem Anmelder wird vielmehr eine in den Grenzen des Patentgesetzes autonome Position als , Jlerr des Verfahrens" zugewiesen, der eine erhebliche Gestaltungsfreiheit (z. B. bei der Formulienmg der Patentanspriiche) besitzt. Mit der Verfahrensherrschaft imtrennbar verbunden ist schon aus wirtschaftlichen Grunden ein Zwang, die gegebenen Moglichkeiten auch auszuschopfen. Anhand der wohl wichtigsten Eigenschafl eines erteilten Patentes, namlich seines Schutzbereichs zeigt sich beispielhaft die Tragweite der Verfahrensherrschaft: „Offenbart die Beschreibung eine iiber den Rahmen der Anspriiche hi-
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§ 3 PatG, Schulte, S. 203 ff. bzw. § 3 GebrMG, Mes, S. 725 ff. § 1 ( 1 ) PatG bzw. Art. 52 (1) EPU, Schulte, S. 87 ff. § 1 (2) PatG bzw. Art. 52 (2) EPU und § 2 PatG bzw. Art. 53 EPU, Schulte, S. 87 ff. § 5 PatG bzw. Art. 57 EPU, Schulte, S. 286 ff
Technologic- und Erfindungsevaluierung in der Friihphase des Innovationsprozesses
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nausgehende Erfindung, die durch den auszulegenden Patentanspruch nicht gedeckt ist, so gehort dieser Uberschuss nicht in den Schutzbereich des Patents. Wer es bei der Abfassung der Patentanspriiche vor der Erteilung versaumt, den Schutzbereich der Erfindung dem Umfang der Erfindung entsprechend zu definieren, der kann spater nicht mehr damit gehort werden, dass das erteilte Patent einen weitgehenden, aber eben nicht beantragten Schutz habe."* „Ein Erfindungsgedanke, der sich erst und nur aus dem Gesamtinhah der Patentschrift erschlieBt, aber in den Anspriichen keine konkrete Stiitze findet, ist nicht geschutzt"^ Die auf einen wirtschaftUchen Erfolg ausgerichtete Verfahrensherrschaft erfordert daher Kenntnisse und Informationen, die deutUch iiber das Patentrecht hinausgehen. Das Patentamt legt im Wechselspiel mit dem Anmelder (ggf. mit seinem Patentanwalt als zugelassenem Vertreter) ledighch fest, ob ein konkretes Schutzbegehren patentfahig ist. Der Anmelder dagegen muss aus seinem Umfeld heraus die Entscheidung treffen, ob der Anmeldegegenstand unter Zugrundelegung des verfugbaren Informationsstandes jeweils unter Zugrundelegung der spater von einem erteilten Patent gewiinschten Wirkungen nach seiner Einschatzung patentwurdig ist und das Patentierungsverfahren entsprechend lenken. Ein wesentliches Kriterium hierfur bieten die aufzuwendenden Kosten, zunachst fiir die Schutzrechtsanmeldimg, die Verfolgung des Erteilungsverfahrens und schliefilich die laufenden Gebiihren fur die Aufrechterhaltung iiber die Laufzeit. AUein die Jahresgebiihren fur ein deutsches Patent summieren sich iiber die maximal mogliche Laufzeit von 20 Jahren auf iiber 13.000 €.'® Die professionelle Ausarbeitung und Vertretung einer Patentanmeldimg bis zur Erteilung sowie die kalkulatorischen Kosten fiir die Verfahrensfuhrung und das Schutzrechtsmanagement in einem Untemehmen konnen zusammen durchaus nochmals in dieselbe GroBenordnung kommen. 1.3
Informationen als Entscheidungsgrundlage
Schon die mit einer Patentanmeldung verbundene Kostenbelastung erfordert eine fundierte Entscheidung iiber die Art und den Umfang von Schutzrechtsanmeldungen zu einer Erfindung. Gerade fiir kleine imd mittelstandische Unternehmen (KMU) bedeuten Schutzrechtskosten eine erhebliche Zusatzbelastung, da sie je nach UntemehmensgroBe bereits einen erheblichen Anteil am Rohgewinn aus der regularen Geschaftstatigkeit ausmachen konnen.
^ BGH, GRUR 1992, S. 305 (II sc), „Heliumeinspeisung". ^ BGH, GRUR 1987, S. 626 (III 1), „Rundfunkubertragungssystem". *® DPMA: P2795/7.04: Hinweise zu Gebuhren in Patentsachen.
Wolfgang Knappe
Patente miissen daher als mittel- bis langfristige Investitionen zur Zukimftssichenrng eines Untemehmens betrachtet werden, wobei die Rentabilitat dieser Investition unter einem erheblichen Risiko steht. Dieses Risiko ist strukturell bedingt iind kanii nur in einem begrenzten Umfang reduziert werden, da die bei Betrachtung des gesamten Innovationsprozesses in der Friihphase liegende Anmeldimg mit einem Informationsstand erfolgen muss, der viele wesentliche Aspekte (noch) offen lasst. /. 4
Patente als Investitionsschutz
Im Hinblick darauf, dass das Patent die Wirkung hat, dass allein der Patentinhaber befligt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu beniitzen und dies jedem Dritten ohne Zustimmimg des Patentinhabers verboten ist (§ 9 PatG) stellt sich die gnmdsatzliche Frage, ob das Patentsystem fur den technischen Forschritt und fiir die Innovationsaktivitaten im Untemehmen forderlich oder aber in Folge des Verbreitungsrechts womoglich hinderlich ist. Die Gesetze des freien Marktes zeigen, dass letzteres nicht der Fall ist, sondem die Chancen und Moglichkeiten, die im Patentsystem stecken dem „first mover" auf einem Technologiefeld Anreize bietet, fruhzeitig nach Weiterentwicklungsmoglichkeiten und Problemlosungen zu suchen. Derjenige, der hier Neues (und Erfinderisches) erarbeitet, kann iiber die Wirkungen eines Patents fur eine begrenzte Zeit eine bevorzugte Position im Marktgeschehen einnehmen. Insbesondere muss ein Technologie-Vorreiter nicht befurchteten, dass allein er die notwendigen Investitionen und Kosten fiir die Entwicklung bis zur Patentreife tragt, um nach erfolgreicher Markteinfuhrung mit Nachahmer-Produkten konfrontiert zu sein. Die bevorzugte Marktposition bietet dem „first mover" die Chance, auch alle diejenigen Investitionen und Kosten refinanzieren zu konnen, die bei einem Nachahmer nicht anfallen. Die Refinanzierungschance ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht die Motivation fiir technologieorientierte Untemehmen einen Innovationsprozess aktiv zu betreiben und insbesondere Risiken und Kosten zu iibemehmen. Besonders ausgepragt ist dieser Mechanismus im Pharmabereich bei der Entwicklung neuer WirkstofFe. Nur dann, wenn fiir eine potentielle neue Wirkstoffklasse ein umfangreicher und stabiler Patentschutz erzielbar ist, wird das Risiko der enormen Entwicklungskosten eingegangen. Uber alle Zulassungsphasen hinweg bis zur Markteinfiihrung kann iiber einen Zeitraum von ca. 10 bis 15 Jahren durchaus ein Aufwand in Hohe von ca. 500 Mio. € entstehen, fiir den intemational positionierte Patente als Investitionsschutz wirken.
Technologic- und Erfmdungsevaluierung in der FrOhphase des Innovationsprozesses
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Qualitative Evaluierung von Technologien und Erfindungen
Die Vorbereitimg der Investitionsentscheidung „Schutzrechtsanineldung" erfordert bereits in der Friihphase der Technologieentwicklung eine umfassende Evaluierung, wobei die Kriterien - auch im Hinblick auf den vorhandenen Informationsstand - iiberwiegend qualitativer Natur sind. 2.1
Schutzrechtliche Evaluierungskriterien
2.1.1
Positionierung der Technologie bzw. Erfindung gegeniiber dem Stand der Technik
Belastbare und wirtschaftlich attraktive Schutzrechte sind nur moglich, wenn der Kern der Erfindung einen hinreichend groBen Abstand zum Stand der Technik aufweist. In dem MaBe, wie Uberschneidungen mit dem Stand der Technik auftreten, ist der zu evaluierende Gegenstand nicht mehr neu (s. a. § 3 PatG). 1st der Abstand ziun Stand der Technik ,;zu gering", so ergeben sich Probleme hinsichtlich der erfinderischen Tatigkeit, d. h. der gegebene Stand der Technik fiihrt einen Fachmann - im Sinne des PatG - in nahe liegender Weise zu der zwar neuen, dann aber eben nicht erfinderischen Variante des Standes der Technik (s. a. Kommentar zu § 4 PatG)^^ Ziel dieser Positionsbestimmung ist die Klarung des noch moglichen Schutzumfangs eines zu erwartenden Patents dahingehend, ob beispielsweise noch ein grundlegender Erfindungsgedanke geschiitzt werden kann oder ob sich der Schutz auf die spezielle Merkmalskombination eines Funktionsmusters beschrankt, mit der Konsequenz, dass schon durch einfaches Weglassen eines Merkmals womoglich ein (aus Kunden- bzw. Produktsicht) weitgehend gleiches Ergebnis erzielt werden kann. Eine Umgehbarkeit wird immer einfacher, je mehr Merkmale notwendig sind, um eine Technologie bzw. eine Erfindung in verbaler Form eines rechtsbestandigen Patentanspruchs zu charakterisieren imd insbesondere gegeniiber dem Stand der Technik abzugrenzen. Die Ursache fur diesen Effekt liegt im Patentgesetz (s. a. Kommentar zu § 14 und § 34 PatG)*^. Ein Patent wird danach nur dann benutzt bzw. verletzt, wenn samtliche Merkmale des Haupt- bzw. eines Nebenanspruchs in der zu betrachtenden Realisierungsform aufgefunden werden konnen und zwar entweder identisch oder aber in aquivalenter, d. h. in technisch gleich wirkender Form. Somit bietet jedes einzelne Erfindungsmerkmal einen Ansatzpunkt fur Uberlegungen z. B. eines Entwicklers hinsichtlich Moglichkeiten des Weglassens oder des ^ * § 4 PatG, Schulte, Rz 240 ff, S. 258 ff. ^^ § 14 PatG, Schulte, Rz 10 ff., S. 377 ff. und § 34 PatG, Schulte, Rz 127 ff., S. 594 ff.
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Ersatzes mit technisch anderer Wirkung (im Siime der Erfindung bzw. ihrer Offenbarung). Trotz eines relativ umfangreichen Schutzumfangs kann ein Patent wirtschaftlich blockiert sein, well es in Schutzrechte Dritter eingreift. Derartige Patente beinhalten iiblicherweise Weiterentwicklungen des Standes der Technik dahingehend, dass mit der Benutzung der Lehre des (jiingeren) Patents imvermeidbar ein alteres Schutzrecht mitbenutzt wird: die beiden Schutzrechte sind abhangig. Wenn ein Dritter Inhaber des alteren Schutzrechts ist, so kann keiner der BeteiUgten die Weiterentwicklung nutzen bzw. vermarkten. Der Inhaber des alteren Schutzrechts verfugt zwar iiber die Basistechnologie, hat jedoch keine Rechte an der wirtschaftHch womogHch bedeutsamen Weiterentwicklung. Umgekehrt ist derjenige, der mit der Weiterentwicklung die Chancen auf einen Markteintritt in der Hand halt, nicht handlungsfahig, da ihm die Rechte an der Basistechnologie fehlen. Sollten sich die beiden Rechteinhaber nicht auf eine gemeinsame Vorgehensweise und insbesondere auf die gegenseitige Gewahrung von Nutzungsrechten einigen konnen, ist die Weiterentwicklung blockiert. 2.1.2
Wirtschaftliche ,JHebelwirkung" des Patentschutzes
Das Patent hat die Wirkung, dass es jedem Dritten verboten ist, den geschiitzten Gegenstand zu benutzen. Die Benutzungshandlungen ergeben sich aus § 9 PatG.^^ Es sind alle im Wirtschaftskreislauf wesentlichen Aktivitaten (neben der Herstellung des Gegenstandes insbesondere der Handel und die Werbung) die der Patentinhaber einem Dritten verbieten kann. Dieses Verbietungsrecht ist umfassend'^ und kann i. d. R. nicht durch einseitige Kompensationszahlungen eines Dritten beseitigt werden. Die wirtschaftliche Hebelwirkung eines Patents entsteht immer dann, wenn das Verbietungsrecht bei anderen Marktteilnehmem Handlungsbedarf auslost. Die Art und das AusmaB der durch ein vorhandenes Patent ausgelosten Reaktionen konnen hochst unterschiedlich ausfallen und hangt ganz wesentlich vom erreichten Reifegrad einer Problemlosung im Innovationsprozess ab. In der Friihphase stehen z. B. einem Wettbewerber eine Vielzahl von Handlungsmoglichkeiten offen, auf eine - moglicherweise iiberraschend - aufgefundene Schutzrechtsanmeldung (bzw. auf ein erteiltes Patent) zu reagieren. Durch Lenkung eigener Entwicklungsaktivitaten in eine Richtung, die keine Rechte Dritter tangiert, kann ein Wettbewerber seine Unabhangigkeit wahren und womoglich sogar als Ergebnis eines Stimulierungseffektes eine Problemlosung erarbeiten, die eigene Schutzrechtsanmeldungen ermoglicht. Gerade dieser ^^ § 9 PatG, Schulte, Rz 7 ff, S. 317ff., § 34 PatG, Schulte, Rz 127 ff., S. 594 ff. ^^ § 23 PatG, Schulte, Rz 9 ff., S. 491 ff. Mit der unwiderruflichen Abgabe einer Lizenzbereitschaflserklarung gegenuber dem DMPA verzichtet der Patentinhaber letztendlich auf das Verbreitungsrecht aus dem Patent.
Technologic- und Erfindungscvaluicrung in dcr Friihphasc dcs Innovationsprozcsscs
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Stimulienmgseffekt macht es erforderlich, im Falle von Firmengesprachen (z. B. im Rahmen von Technologietransfer- bzw. Lizenzvermittlimgsaktivitaten) auch nach einer wirksam hinterlegten Schutzrechtsanmeldung mit dem Gesprachspartner eine Geheimhaltungsvereinbanmg abzuschlieBen, die u. a. fiir beide Seiten regelt, dass auf der Basis der ausgetauschten vertraulichen Informationen die jeweils andere Seite keine Schutzrechtsanmeldungen vomehmen wird. Es ist also nicht iiberraschend, dass Erfindimgen und darauf basierende Schutzrechte zu Detaillosungen in der Friihphase des Innovationsprozesses bei Wettbewerbem haufig nur die Reaktion der Kenntnisnahme und des Ausweichens hervomifen, es sei denn, dass erkennbar ist bzw. vermittelt werden kann, dass nur mit den erfindungsgemaBen Losungsdetails ein attraktives Alleinstellungsmerkmal im spateren Wirtschaftsprozess verbunden sein wird. In der Endphase des Innovationsprozesses dagegen, nachdem z. B. die Produktentwicklung abgeschlossen ist, die Serienproduktion beginnt und insbesondere auch die Markteinfiihrung durch PR-MaBnahmen betrieben wird, bleiben einem Untemehmen auf technischer Ebene oftmals keine Handlungsaltemativen mehr, um auf eine benutzungsrelevante Patentsituation reagieren zu konnen. Konstruktive Andenmgen bei diesem Reifegrad sind problematisch (neue Fehler konnen sich einschleichen) und kostentrachtig, da durch gesetzte Randbedingungen viele an sich einfache Modifikationen (um z. B. eine bestimmte Merkmalsauspragung in der ReaUsierungsform zu vermeiden) nur noch mit einem sehr hohen Aufwand umsetzbar sind. Nachdem in einer solchen Situation das Verbietungsrecht aus einem relevanten Patent eines Dritten in voller Breite zu greifen droht, bleibt einem betroffenen Benutzer nur zu versuchen, iiber eine Lizenznahme gegen Entgeh Nutzungsrechte an relevanten Schutzrechten Dritter zu erlangen. Die Gewahrung derartiger Lizenzen ist aber von vomherein nicht selbstverstandhch. Die wirtschaftUche Position des Rechteinhabers wird dessen Entscheidimg bei der Vergabe von Nutzungsrechten wesentlich beeinflussen. Bei Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie bei Privatpersonen als Schutzrechtsinhaber kann davon ausgegangen werden, Nutzungsrechte zu erhalten, da dieser Kreis ein Patent in der Regel selbst nicht aktiv benutzen kann, sondem viehnehr ein groBes Interesse haben diirfle, Nutzungsrechte gegen Entgeh (Lizenzen) vergeben zu konnen. Wenn dies nicht schon in einer exklusiven Form mit einem anderen Partner geschehen ist, kann die skizzierte Schutzrechtssituation doch noch konstruktiv gestahet werden. Ganz anders wird die Situation zu beurteilen sein, wenn ein unmittelbarer Wettbewerber Inhaber des relevanten Schutzrechts ist. Dadurch dass er sein Schutzrecht selbst aktiv benutzen kann, hat er den groBten Vorteil dann, wenn es fur ihn erreichbar ist fur ein bestimmtes Produkt (ggf. auch fur eine bestimmte Losungsform) einen Mitbewerber vom Markt femzuhalten. Uber die Durchset-
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zung des Verbietimgsrechts aus dem relevanten Patent erlangt er selbst den groBtmoglichen Vorteil (Chance auf hohere Umsatze und hohere Marktanteile) iind erzeugt zugleich bei Mitbewerbem (und potenziellen Patentverletzem) die groBtmogliche Wirkung, indem alle getatigten Investitionen in die Produktentwicklung und Produktionsanlagen drohen verloren zu sein. Eine solche Konstellation fuhrt in vielen Fallen dazu, dass der Rechtsweg beschritten wird. Dazu sind nach deutschem Recht zwei unterschiedliche Verfahren vorgesehen, zwischen denen keine Wahlmoglichkeit besteht. Mit der Erteilung eines deutschen Patents (= Veroffentlichung der Patentschrift) beginnt die 3-monatige Einspruchsfrist. In dieser Zeit ist jeder Dritte aufgerufen, gegeniiber dem DPMA^^ als Erteilungsbehorde Griinde vorzutragen, die der vorliegenden Patenterteilung entgegenstehen. Die Einspmchsgriinde sind in § 21 PatG abschlieCend aufgefuhrt*^ und entsprechen (bis auf den Tatbestand der widerrechtlichen Entnahme) den Kriterien, die das DPMA bei der materiellrechtlichen Priifung der Anmeldung in den Erteilungsbeschluss hat einflieUen lassen. Lasst man denkbare Formfehler aufier Acht, die die Rechtsbestandigkeit eines erteilten Patents in Frage stellen konnen (z. B. imzureichende OfFenbarung), so bleibt einer einsprechenden Partei die Moglichkeit Material zum Stand der Technik am Anmeldtag vorzulegen, das einer Patentanmeldung (in der vorliegenden Fassung) entgegensteht. In der Tat gelingt es haufig durch aufwandige Recherchen Druckschriften zu ermitteln, die zumindest die erfinderische Tatigkeit in Frage stellen, wenn nicht sogar die Neuheit des Erfindungsgegenstandes widerlegt werden kann. Als Ergebnis des Einspruchverfahrens kann das erteilte Patent unbeschrankt aufrecht erhalten werden, in voUem Umfang widerrufen werden oder aber gegeniiber dem urspriinglich erteilten Umfang in begrenztem Umfang aufrecht erhalten werden. Erst nach Ablauf der Einspruchsfrist und nach Erledigung anhangiger Einspruchsverfahren kann der zivilrechtliche Weg der Nichtigkeitsklage beschritten werden, um ein storendes Patent zu beseitigen.^^ Im Hinblick auf die relativ langen Zeitraume in einem Innovationsprozess ist die Nichtigkeitsklage oft das einzige verbleibende Rechtsmittel, da die Einspruchsfrist (insbesondere bei Grundlagenentwicklungen) lange vor deren Markteinfuhrung ungenutzt abgelaufen ist. Die Nichtigkeitsklage ist zudem in vielen Fallen die prozessuale Antwort auf eine Verletzungsklage.
Die Zustandigkeit ftir das Einspruchsverfahren ist ab dem 01.01.2002 fiir eine Ubergangszeit (bis 01.07.2006) auf das Bundespatentgericht ubertragen worden. '^ § 21 PatG, Schulte, Rz 9 ff., S. 456 ff. ^^ § 81 PatG, Schulte, Rz 38 ff., S. 1124.
Technologic- und Erfindungsevaluierung in dcr Fnihphase dcs Innovationsprozcsscs
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Es zeigt sich also, dass es fur jeden Marktteilnehmer imumganglich ist, mit dem Eintritt in ein Entwicklungsprojekt den dafur relevanten Stand der Technik umfassend zu ermitteln iind insbesondere auch die dazu erkennbaren Rechte Dritter fruhzeitig hinsichtlich ihrer Auswirkung zu wiirdigen und geeignete MaBnahmen einzuleiten (von der Anderung des Losungsansatzes bis zu Verhandlungen iiber die Gewahnmg von Nutzungsrechten). 2.1.3
Nachweisbarkeit einer Patentbenutzung
Das wirtschaftlich wirkungsvoUe Verbietungsrecht aus einem erteilten Patent - obwohl kraft Gesetzes vorhanden - erweist sich in der Praxis in vielen Fallen als nicht durchsetzbar. Der Grund hierfiir liegt in bestimmten Merkmalen des geschutzten Gegenstandes, deren Vorhandensein z. B. an einem vermeintlichen Verletzungsgegenstand nicht schlussig nachgewiesen werden kann. Diese negative Eigenschaft haben iiblicherweise Verfahrenspatente (auf Herstellungs- bzw. Arbeitsverfahren), wobei einem extemen Dritten Informationen iiber die Eigenschaften des verwendeten Verfahrens nicht zuganglich sind. SoUte als Ergebnis des Verfahrens (also insbesondere eines Herstellungsverfahrens) ein Erzeugnis stehen, so ist dies zwar geschiitzt,^^ die Benutzung des geschutzten Verfahrens (in dem Sinne, dass alle Verfahrensmerkmale identisch oder technisch gleich wirkend zur Herstellung beigetragen haben) lasst sich am Endprodukt, das iiblicherweise auch fur Dritte zuganglich ist nicht mehr nach- bzw. beweisen. Ein derartiges Patent kann sich fur den Inhaber zimi Problem entwickeln. Einerseits ist - per definitionem - das geschiitzte Verfahren in einer Anmeldung bzw. in einem erteilten Patent umfassend beschrieben und somit der Allgemeinheit und insbesondere auch einem Mitbewerber fhihzeitig offenbart. Andererseits kann der Patentinhaber anhand der ihm iiblicherweise zuganglichen Information, beispielsweise anhand der nach einem derartigen Verfahren hergestellten Produkte nicht erkennen, ob das fiir ihn geschiitzte Verfahren zur Anwendung gekommen ist oder nicht Eine derartige Situation muss friihzeitig, d. h. bei der Entscheidung iiber eine Patentanmeldung erkannt werden. Sie kann zu dem Ergebnis fiihren, ein solches Verfahren nicht anzumelden sondem innerhalb des eigenen Untemehmens als geheimes Know-how zu halten. Die wirtschaftliche Hebelwirkung ist so noch am groBten, wobei immer die Gefahr besteht, dass das geheime Know-how das Untemehmen verlasst (z. B. durch Mitarbeiterfluktuation). Zur Lizenzvergabe eignen sich derartige Schutzrechte nur bedingt. Ein potenzieller Lizenzinteressent sieht sich vor der Situation, dass er als redlicher Lizenznehmer fiir die gewahrten Nutzungsrechte entgeltpflichtig ist, wogegen ein nicht redlicher Wettbewerber zwar illegal, aber weil in der Praxis nicht nach§ 9 PatG, Schulte, Rz 63 ff, S. 333.
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nachweisbar schlussendlich unentgeltlich zum geschiitzten Verfahren gelangt. Damit ist verstandlich, dass Lizenzvereinbarungen zu derartigen Schutzrechten dem Lizenzgeber nur relativ geringe Erlose bringen werden. Das Gesetz beriicksichtigt in § 139 PatG diese strukturelle Konstellation.^^ Danach muss grundsatzlich der Klager in einem Patentverletzungsprozess die von ihm behauptete Patentverletzung beweisen. Mit der Entscheidung ,31asenfreie Gummibahn 11" hat sich die Situation fiir einen Patentinhaber etwas gebessert. Nach dieser Entscheidung muss der Verletzungsbeklagte nach den Grundsatzen von Treu und Glauben die Beweisfuhrung erleichtem und soweit es ihm problemlos moglich und zumutbar ist dem Patentinhaber gewisse Informationen liefem, wenn diese fur ihn nicht oder nur schwer zuganglich sind.^° 2.2
Technologische Evaluierungskriterien
Viele Erfindungen (bzw. darauf erteilte Patente) beschreiben eine Losung zu einem bereits bekannten Problem. Daher kann mit einer hohen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass zum Stand der Technik bereits fnihere, als Altemativen anzusehende Losungen gehoren. Ein wesentliches Evaluienmgskriterium hinsichtlich der Patentwiirdigkeit wird daher die Beurteilung der technischen und wirtschaftlichen AUeinstellungsmerkmale gegeniiber den vermeintlichen Altemativlosungen darstellen. Die hierzu anzustellenden Betrachtungen gehen deutlich iiber eine Abgrenzung gegeniiber dem Stand der Technik im patentrechtlichen Sinn hinaus, da erfahrungsgemafi die bereits bekannten Altemativlosungen technisch grofie Unterschiede und insbesondere vollig andere Wirkungsmechanismen aufweisen werden. Daher muss auf die Vorziige der neuen Losung fiir das Untemehmen selbst und auf die Vorteile seiner Kunden aus der neuen Losung bzw. aus einem damit ausgestatteten Produkt abgestellt werden. 2.2.1
Produktnutzen und Kundennutzen
Die technischen und wirtschaftlichen Alleinstellungsmerkmale einer Erfindung miissen sich in einem konkreten und marktrelevanten ,J^roduktnutzen" niederschlagen. Dieser beschreibt die Vorteile, die ein Untemehmen dadurch erzielt, dass es ein bestimmtes Produkt auf der Basis einer neuen Losimg produziert, im Vergleich zu der (meist hypothetischen) Situation, wenn eine der bereits bekannten Altemativlosungen zum Einsatz kommen wiirde. Dieser Produktnutzen kann sich z. B. in einem geringeren Rohmaterialverbrauch, groBeren zulassigen Bauteiltoleranzen, geringeren Wartungsbedarf, etc. auBem und so letztendlich aus
^^ § 139 (3) PatG, Schulte, Rz 203 ff., S. 1410. ^° BGH, GRUR 2004, S. 268, ,31asenfreie Gummibahn 11"
Technologic- und Erfindungsevaluierung in der Friihphase des Innovationsprozesses
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betriebswirtschaftlicher Sicht zu geringeren Herstellkosten bzw. zu einer vorteilhaften Wettbewerbssituation fur das Untemehmen fiihren. Andererseits sind die Markte nachfragegetrieben, also von der Kimdenseite bestiirant. Daher muss eine neue Losung auch einen ausgepragten ,^undennutzen" besitzen bzw. erzeugen, um von den Endanwendem nachhaltig akzeptiert zu werden. Bei der Beurteilung des Kundennutzens treten z. B. technische Details aus dem Herstellungsprozess (Bereich , J^roduktnutzen") oft ganzlich in den Hintergrund. Gefragt sind zusatzliche Leistungsmerkmale, die die neue Losung gegeniiber den vermeintlichen Altemativlosungen fiir den Endkunden zuganglich macht. Solange es gelingt, zusatzliche Leistungsmerkmale als Resultat einer neuen Entwicklung und damit als Abgrenzung zu bekannten Altemativlosungen in ein marktfahiges Produkt zu integrieren, ohne dass dessen Verkaufspreis iiber den von altemativen auf dem Markt verfugbaren Produkten liegt, ist beispielsweise der Kundennutzen ,^ehr Leistung bei gleichem Preis" realisiert. Es kann mit einer relativ hohen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass ein derartig verbessertes Produkt einen Wettbewerbsvorteil aufweisen und von den Endkunden akzeptiert werden wird. Diese giinstige Situation wird sich aber nur in seltenen Fallen erreichen lassen. Typischerweise sind mit der Integration weiterer Leistungsmerkmale in ein Produkt auch hohere Herstellkosten imd damit ein hoherer Verkaufspreis verbunden. Es ist also abzuwagen, ob der Kimde bereit ist, fur das „Mehr an Kundennutzen" (z. B. in Form eines weiteren Leistungsmerkmals) einen - moglichst konkret zu benennenden - Mehrpreis zu bezahlen. Diese Fragestellimg ist sehr komplex und oft nicht geschlossen zu beantworten. Eine nach Markt- bzw. Kundensegmenten differenzierte Betrachtungsweise liefert hier Hinweise fur welche Produkt- bzw. Kundenkategorien ein Mehrpreis fiir ein konkretes Leistungsmerkmal akzeptiert wiirde bzw. wo eine solche Produktverbesserung in Folge des Mehrpreises keine Akzeptanz finden wird. Hierzu ein anschauliches Beispiel: Ein leiser PC am Arbeitsplatz ist sicher ein sinnvolles Leistungsmerkmal, das auf breite Akzeptanz stoBen soUte. Konventionelle PCs beinhalten typische Gerauschquellen (z. B. Liifter, Festplatten). Nachdem die Einzelkonponenten mit ihrer Gerauschentwicklimg so verbaut werden miissen wie sie am Markt verfugbar sind, bleibt als kurzfristige Eingriffsmoglichkeit fiir einen PC-Hersteller eine akustisch giinstigere Ausgestaltung des PC-Gehauses (Luftfiihrung, Vermeidung von Korperschalliibertragung, etc.), die jedoch nicht ohne Mehrkosten fiir jedes Gehause realisiert werden kann.
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Eine difFerenzierte Betrachtung des Gesamtmarktes fur PCs zeigt, dass die iiberwiegende Anzahl der PC-Kaufer diesen Mehrpreis nicht akzeptieren werden: - Der Lowcost-Massenmarkt lenkt die Kaufkraft u. a. auf CPU-Leistimg, Speicherausbau und Plattenkapazitat. Bei diesem Kimdenkreis ist keine Bereitschaft zu finden, in das an sich sinnvoUe Leistungsmerkmal „gerauscharm" zu investieren. - PCs die Serverfunktionen erfuUen, stehen in der Kegel abseits bzw. in gesonderten Raumen, wo Gerauschentwicklung kein Auswahlkriterium ist. - Als spezielles Einsatzfeld bzw. Marktsegment wird der Bereich der Business-Anwendimgen (z. B. in GroBraumbiiros) erkennbar, der jedoch bei weitem nicht mehr mit den hohen Stiickzahlen des Massenmarktes aufwarten kann. - Hier erscheinen moderate Mehrkosten fiir das Leistungsmerkmal „leiser PC" durchsetzbar, da die Vielzahl der in einem Raum befindlichen PCs keine Belastigung der Beschaftigten darstellen darf. 2.2.2
Realisierbarkeit der technischen Losung
Dieses Evaluienmgskriterium erscheint im Hinblick auf die Notwendigkeit der Ausfuhrbarkeit einer Erfindung gemaB den Vorschriften des Patentgesetzes iiberraschend. Tatsachlich ist man aber relativ haufig damit konfrontiert, dass bei einem erteilten Patent die Lehre zum technischen Handeln in sich schliissig und vollstandig ist, bei deren praktischer Realisienmg jedoch eine Reihe von Umsetzungsproblemen auftreten, die ein marktfahiges Produkt verhindem. Die Patenterteilung erfordert keinen realisierten Funktionsnachweis sondem eine „Lehre zum planmafiigen Handeln, unmittelbar, ohne Zwischenschaltung menschlicher Verstandestatigkeit, unter Einsatz beherrschbarer Naturkrafte zur Erreichimg eines kausal iibersehbaren E^folges"^^ Vereinfacht formuliert bedeutet dies, dass eine Erfindung insbesondere dann patentfahig ist, wenn die zu Gnmde liegende Lehre zum technischen Handeln nicht gegen die anerkannten Naturgesetze verstoBt. Eine praktische Realisierbarkeit ist damit noch lange nicht gewahrleistet. Ein anschauliches Beispiel: In der Patentliteratur findet sich eine Reihe von Dokumenten, die Systeme zur Ubertragung der Verbrauchsdaten von Heizkorpem in Warmwasserzentralheizungen zimi Gegenstand haben. Kemgedanke ist dabei jeweils, die abgegebene Warmemenge iiber Sensoren an jedem Heizkorper zu erfassen und in festen Zeitintervallen als digitalisierte Ultraschall-Signale iiber das Heizungsrohrleitungssystem in einem Gebaude (unter Vermeidung
BGH, GRUR 1969, S. 672 (IIA 1), „Rote Taube"
Technologic- und Erfindungscvaluicrung in dcr Friihphasc dcs Innovationsprozcsscs
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eines entsprechenden Verkabelimgsaufwands) an eine zentrale Stelle zu iibertragen, wo die weitere Auswertung erfolgt. Derartige Systeme haben sich am Markt jedoch nicht etabliert. Der Grund liegt darin, dass ein hinreichend zuverlassiges Datenubertragungssystem auf Ultraschallbasis bei dem beschriebenen Anwendungsprofil einen unverhaltnismaBig hohen technischen Realisieningsaufwand mit sich bringt, der die Wirtschaftlichkeit dieser Losung z.B. gegeniiber konventionellen Verdunstungszahlrohrchen verhindert. Die Griinde sind physikalischer Natur. Die Ultraschallausbreitung karni zum einen iiber das Metallrohr des Rohrleitimgssystems erfolgen. Biegimgen, Rohrschellen und Mauerdurchgange verursachen jedoch eine so hohe und im Hinblick auf die vielfaltigen Einsatzsituationen nicht quantifizierbare Dampfung der Ultraschallsignale, dass kein handhabbares Toleranzband fur die Empfangspegel erreichbar ist. Zum anderen besteht ein Ausbreitungsweg fiir die Ultraschallsignale iiber die Wassersaule im Rohrleitungssystem. Die physikalischen Formelsammlimgen weisen Wasser als gutes Medium zu Schalliibertragung aus, insbesondere was die Danq)fung betrifft.^^ AUerdings gelten diese giinstigen Daten nur fur reines Wasser, ohne darin geloste Gase. Diese Voraussetzungen sind in der Praxis in keiner Weise erfuUt. Das Warmeiibertragungsmediimi von Warmwasserzentralheizungen enthalt zahkeiche SchwebstofFe und geloste Substanzen, die insbesondere zu einer hohen Dampfung der Fliissigkeitssaule fur Ultraschallsignale fiihren. Diese Danqjfung ist iiber die Lange der Fliissigkeitssaule zur Zentrale hoch, aber gut quantifizierbar. Als Folge der hohen Dampfung waren unhandlich groBe, teure und energieintensive Ultraschallsender erforderlich. Derartige Uberlegungen hatten die Anmelder im Rahmen einer eingehenden Evaluienmg der Erfindung bereits vor der Schutzrechtsanmeldung anstellen imd dadurch moglicherweise betrachtliche Entwicklimgs- und Schutzrechtskosten vermeiden konnen. 2.2.3
BetrofFene Technologiefelder imd Entwicklungsszenario
Erfindungen sind meist an Schnittstellen von mehreren Technologiefeldem angesiedelt und erfordem daher interdisziplinar zusammengesetzte Entwicklungsressourcen, um einen Investitionsprozess vorantreiben und insbesondere - z. B. mit der Markteinfuhrung eines neuen Produkts - erfolgreich zum Abschluss bringen zu konnen. Ein wesentliches Evaluierungskriterium in diesem Zusammenhang ist also die Frage, welche Beitrage zum Innovationsprozess der Schutzrechtsinhaber aus eigener Kraft leisten kann und in wie weit auf Grund technologischer Liicken
Kohlrausch(1968),S.28.
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Partner benotigt werden, die iiber entsprechende Konpetenzen imd Ressourcen verfiigen. In diesem Fall ist die Motivation bzw. die Honorierung der Partner zu hinterfragen, die sich in den Innovationsprozess mit einbringen sollen. Nur in Ausnahmefallen diirfte der Initiator eines solchen Verbundprojekts iiber die finanziellen Mittel verfiigen, alle benotigten Technologie-Dienstleistungen in Form von Entwicklungsauftragen zukaufen zu konnen. Mit der Einbindimg weiterer Partner die auf komplementaren Technologiefeldem tatig sind, ist zu erwarten, dass auch dort Erfindungen zur Weiterentwicklung bzw. darauf basierenden Schutzrechten entstehen. Ebenfalls zu erwarten sind Erfindungen, die von Erfindem (Arbeitnehmem) mehrerer Partner gemacht werden, so dass Gemeinschaftsanmeldungen entstehen, an denen gemaB § 6 PatG jeder Anmelder von vom herein Nutzungsrechte besitzt.^^ Mit Voranschreiten des Innovationsprozesses entsteht ein „Technologiepool" mit unterschiedlichen Beitragen der Beteiligten, zu denen ggf. Schutzrechte der korrespondierenden Inhaber bestehen. In einer solchen Konstellation ist es wesentlich darauf zu achten, dass die Gewichtung der eigenen Anteile und Schutzrechte am Technologiepool wirtschaftlich attraktiv bleibt und insbesondere nicht durch die Kumulation von Beitragen anderer Partner in den Hintergrund gedrangt wird. Die Folge ware, dass die Wertschopfiing in Richtung der anderen Partner verlagert wird und diese im Falle eines wirtschaftlichen Erft)lgs den iiberwiegenden Teil daran beanspruchen wiirden. Dieser EfFekt ist haufig bei gnmdlegenden, aber sehr filihen Basiserfindungen aus dem Wissenschaftsbereich zu beobachten, die den Keim fiir einen technologischen Quantensprung legen. Eine praxisorientierte Umsetzung ist z. B. einer Hochschule oder Forschungseinrichtung mangels weiterer Partner (und mangels eigener Investitionskraft) oft nicht moglich. Derartige Entwicklungen und Schutzrechte konnen aber die Basis fiir eine Untemehmensgriindung bilden, so dann weitere Aspekte (Markt, Griinderteam, etc.) eine giinstige Erfolgs- und Beteiligungsprognose zulassen. 2.3
Marktorientierte Evaluierungskriterien
23. \
Position der Erfindung im Markt
Mit der Schutzrechtsanmeldung imd unter Beriicksichtigimg des aufgefimdenen Standes der Technik sollte geklart sein, welche Position der geschiitzte Gegenstand im Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Verwertung im Marktgeschehen voraussichtlich einnehmen wird.
^^ § 6 PatG, Schulte, Rz 20-22, S. 299 ff.
Technologic- und Erfmdungscvaluicrung in dcr Fruhphasc des Innovationsprozcsscs
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Sehr haufig liegt die Situation vor, dass der Schutzumfang kein eigenstandig marktfahiges Produkt umfasst, sondem lediglich Erganzimgen bzw. Weiterentwicklungen von Produktkomponenten, die fur sich nicht oder nur sehr eingeschrankt marktfahig sind. Dies ist die typische Situation in der z. B. ein ZulieferUntemehmen agiert: Herstellung von kundenspezifischen Spezialteilen, die nur einer ganz bestimmten Anwendung zugefuhrt werden konnen. Entfallt der Kunde bzw. die Anwendung, so lasst sich in der Kegel keine alternative Verwertungsform finden. Die Hauptaufgabe eines Patents ist in dieser Situation darin zu sehen, die eigene Marktposition gegeniiber altemativen Anbietem abzusichem und damit gewisse Vorsorge gegen Umsatzausfalle zu treffen. Eine Entwicklung bzw. ein Schutzrecht, das losgelost von einem konkreten Anwendungsprofil (Pflichtenheft) entstanden ist, wird in Form von Lizenzvergaben - wenn iiberhaupt - nur sehr schwer verwertbar sein, da zum einen beim Entwicklungsprozess nicht alle zu beachtenden Randbedingungen bekannt waren und zum anderen in der Friihphase einer Entwicklung eine Reihe von Altemativen vorhanden sind (s. a. 2.1.2). Die Wahrscheinlichkeit durch eine mit einem Systemhersteller unsynchronisierte Entwicklung die fehlende Losung fiir ein aktuell anstehendes Problem anbieten zu konnen, ist nach allgemeiner Erfahrung auBerst gering. In diesem Umfeld sind beispielsweise die zahlreich entstehenden Erfindungsvorschlage von Einzelerfindem zu sehen, die Verbesserungen am Automobil und insbesondere auch an Verbrennungsmotoren zum Gegenstand haben. Derartige Losungen kampfen - unterstellt man einmal deren Sinnhaftigkeit - mit dem Problem unvoUstandiger Information iiber das Gesamtsystem beim Erfindungsprozess und fehlender eigenstandiger Marktfahigkeit. Die potenziellen Verwertungspartner sind relativ leicht identifizierbar, sie verfiigen jedoch iiber einen Pool eigener Losimgen (Erfindungen), die wohlstrukturiert und meist strategisch und mit einem voUstandigen Informationsstand generiert wurden. Vor diesem Hintergrund ist es also nicht iiberraschend, dass extem an die Unternehmen dieser Branche herangetragene Erfindungen in den meisten Fallen nicht beriicksichtigt werden (konnen) und daher nicht zur Umsetzung gelangen. 2.3.2
Adressierbares Marktvolumen
Die Erlangung und Aufrechterhaltung von Schutzrechten zu Erfindungen ist mit erheblichen Kosten verbimden, denen nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten hinreichend groBe Ertrage gegeniiberstehen miissen, damit Schutzrechtsanmeldimgen und die spater daraus resultierenden Patente „rentabel" sind. Infolge der erheblichen Entwickhmgszeiten fiir neue Technologien imd darauf basierender Projekte besteht eine nicht unerhebliche Zeitspanne zwischen der Schutzrechtsanmeldung und den ersten darauf basierenden Umsatzen. Diese Zeitspanne kann im , Jligh-Tech-Sektor" durchaus sieben bis zehn Jahre betragen, bei Arzneimitteln mit neuen pharmazeutischen Wirkstoffen sind 15 Jahre
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keine Seltenheit. In dieser Vorlaufzeit tragt der Schutzrechtsinhaber das unternehmerische Risiko fur eine erfolgreiche Produktentwicklung und fur die dazu parallel laufende Patenterteilung. Ein erster wichtiger Evaluienmgsschritt ist die Abschatzimg der Zeitdauer bis zum Markteintritt iind die bis dahin auflaufenden Kosten fur die Entwicklung und fur die zugnmde liegenden Schutzrechte. Sowohl ein selbst nutzendes Untemehmen als auch ein potenzieller Lizenznehmer miissen objektiv in der Lage sein, diese Investitionen tatigen zu konnen, ohne den Bestand des Untemehmens zu gefahrden. Die Riickschau auf abgebrochene Innovationsprojekte zeigt haufig, dass bei der Ermittlung der Zeitdauer und des Finanzbedarfs zu optimistische Annahmen gemacht wurden und insbesondere intemationale Schutzrechtsverfahren aus Kostengriinden nicht weiter gefuhrt werden konnten. Die damit verbundenen verlorenen Kosten hatten in vielen Fallen ausgereicht, ein deutsches Patent iiber die maximal mogliche Laufzeit aufrecht zu erhalten. Die Schutzrechtskosten miissen zu den damit verbundenen Umsatzen (bzw. zu dem adressierbaren Marktvolumen) in einem angemessenen Verhaltnis stehen. Sind die einem Schutzrecht zugeordneten zu erwartenden Umsatze zu klein, dann ist das Marktsegment fur einen potenziellen Nachahmer nicht sonderlich attraktiv. Auch er erkennt das geringe zu erwartende Volumen und sieht sich zudem schon mit einem ersten Marktteibiehmer und damit Wettbewerber konfrontiert. Der Anreiz fur einen spateren Markteintritt eines weiteren Anbieters ist wenig ausgepragt, so dass - losgelost von anderen Uberlegungen - in diesem Zusammenhang ein Patentschutz wenig Sinn macht imd moglicherweise verzichtbar ist. Zur Abschatzung, der fiir eine ,Jlentabilitat" eines Patents notwendigen Umsatze (bzw. Marktvolumina) kann eine einfache Uberschlagsrechnung angestellt werden. Die zu erwartenden Schutzrechtskosten miissen sich durch einen kalkulierten Anteil an Lizenzgebiihren, die im Rahmen von Patentlizenzvertragen erfahrungsgemaB erzielt werden^"* amortisieren lassen. Orientiert man sich bei diesem Anteil an marktiiblichen Lizenzgebiihren, so gelangt man zu der Erkenntnis, dass bei einem angenommenen Lizenzsatz von 4% der Nettoverkaufspreise das 25-fache der Patentierungskosten an Umsatzvolumen erforderlich ist, um nach diesem - finanzmathematisch statischen - Ansatz die Schutzrechtskosten abzudecken. Nachdem in der Friihphase des Innovationsprozesses die Schutzrechtskosten entstehen und gemaB der anzustellenden Prognose bis zum Markteintritt eine bestimmte Hohe erreichen werden (z. B. 40.000 €), stellt sich die untemehmerische Aufgabe mit Produkten, die auf diesem Schutzrecht basieren, einen konkret bezifFerbaren Umsatz zu realisieren (z. B. 1 Mio. € bei 4 % kalkulatorischem Lizenzanteil).
Grofi (1995), S. 885 ff.
Technologic- und Erfindungscvaluicrung in dcr Frtihphasc dcs Innovationsprozcsscs
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Mit diesem Umsatzvolumen sind Fragen zu Stuckzahlen, Produktionskapazitaten, Vertriebswegen oder auch zur Nachhaltigkeit der Nachfrage und zum Bedarf verbunden, die hinsichtlich der Angemessenheit der Schutzrechtsstrategie (teure Auslandsanmeldungen im Hinblick auf die Moglichkeit eines Untemehmens Auslandsmarkte zu erreichen) zu klaren sind. Eine typische Situation aus dem Wissenschaftsbereich illustriert eine denkbare Verzichtbarkeit von Schutzrechtsanmeldungen in entsprechend gelagerten Fallen: Hochkomplexe wissenschaftliche Mess- oder Analysengerate, die ganz spezifische, nur im Wissenschaftsumfeld relevante Untersuchungsmoglichkeiten erschlieBen, treffen auf keine ausgepragte bzw. nachhaltige Nachfrage. Die Bedarfstrager sind weitgehend ausschlieUlich im Forschungsumfeld zu finden und einem Wissenschaftler durch seine Kenntnis der Szene weitgehend bekannt. Infolge der Komplexitat des Messgerats bestehen erfahrungsgemaC gute Chancen darauf ein Patent zu erhalten. Man wird aber beim Versuch der wirtschaftlichen Verwertung erkennen miissen, dass ein Markt im klassischen Sinn fiir derartige Gerate nicht besteht, sondem dass lediglich relativ wenige Bedarfstrager vorhanden sind. Nachdem der Bau eines solchen Gerates auch viel Spezial-Know-how erfordert, das bereits beim Erfinder (bzw. der wissenschaftlichen Arbeitsgruppe) vorhanden ist, bietet es sich an, in relativ kurzer Zeit den vorhandenen Bedarf durch Eigenbaugerate abzudecken imd so den „Markt" zu sattigen. Nachdem derartige Gerate eine relativ lange Lebensdauer haben, danach aber veraltet und technisch iiberholt sind, ist ein (moglicher) Patentschutz in einer solchen Konstellation durchaus verzichtbar. 2.3.3
Markteintrittsbarrieren
Erfindungen und darauf basierende Innovationen miissen sich von bereits etablierten Losungen nicht nur durch vorteilhafte AUeinstellungsmerkmale abheben, sondem sind haufig auch mit der Situation konfrontiert, auf bereits besetzte Markte zu stoBen. Die vorhandenen Anbieter haben ein massives Interesse die bereits erreichte Marktposition zu halten bzw. auszubauen und insbesondere zu verhindem, dass ein weiterer Anbieter aktiv wird und Marktanteile iibemimmt. Auch fur den Fall, dass eine neue Technologic fur einen bereits aktiven Marktteilnehmer unmittelbar verfugbar ist, wird dieser versuchen, seine bisherige Position so lange wie moglich zu verwerten. In diesem Kontext erscheinen Innovationen eher als Storquellen im Wertschopfungsprozess. Es ist daher nicht tiberraschend, bei der wirtschaftHchen Verwertung von Erfmdungen (d. h. durchaus schon in der Friihphase des Innovationsprozcsscs) auf Widerstand zu StoBen. Aber auch formale Hiirden, wie beispielsweise einzuhaltende Normen, Vorschriften, Zulassungsverfahren etc. konnen einen Markteintritt verzogem bzw.
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verhindem. Die genannten Hiirden haben technischen Charakter und sind daher im Rahmen der technischen Evaluiening (s. a. Ziffer 2.2) zu wiirdigen. Komplexer werden die Zusammenhange, wenn z. B. ein bestimmtes Marktsegment von wenigen groBen Playem besetzt ist (z. B. Mobilkommunikation). Diese Player sind hinsichtlich ihrer Entwicklung bzw. Schutzrechte oft durch umfangreiche Lizenzaustauschvereinbamngen miteinander verbimden, die alien Mitgliedem des gemeinsamen Technologiepools gegenseitig Nutzimgsrechte einraumen. Zudem sind die Mitglieder meist auch in Standardisienmgsgremien aktiv und versuchen sowohl eigene als auch gemeinschaftliche Interessen durchzusetzen, mit der Folge, dass eine auBen stehende Technologie nur einen verschwindend kleinen Beitrag zum Technologiepool bzw. zum Standard leisten kann und daher oftmals ausgegrenzt bleibt. Exteme haben mit erheblichen Schwierigkeiten zu kanpfen, diese Strukturen fiir ihre Erfindungen zu erschlieBen. Meist gelingt das nur iiber ein einzelnes Mitglied, das aus strategischen Uberlegungen heraus gewillt ist, seinen Technologie- bzw. Schutzrechtsbestand abzurunden. 3
Zusammenfassung
Der begrenzte Informationsstand, der zum Zeitpunkt einer Erfindung vorhanden ist, kann dennoch efFektiv genutzt werden um die Chancen fur einen erfolgreichen Innovationsprozess abzuschatzen. Die Ermittlung des Stands der Technik dient zur Klarung von Neuheit und Erfindungshohe und damit letztendlich der Patentfahigkeit. Dies ist aber nur eine wesentliche Saule, auf die sich eine erfolgreiche Innovation stiitzt. Mit einer ausgedehnten Recherche zum Stand der Technik finden sich auch technische Losungsaltemativen, die zwar nicht patentrechtlich, wohl aber wirtschaftlich relevant sind und daher in die weiteren Uberlegungen mit einbezogen werden miissen. Nur wenn die neue Losung iiberzeugende Alleinstellungsmerkmale in Form eines konkreten Produkt- und Kundennutzens besitzt, hat sie Chancen sich gegenuber bereits etablierten Altemativen durchzusetzen. SchlieBlich fiihren Betrachtungen zu Marktvolumina und Marktstrukturen zu einer Abschatzung hinsichtlich der Angemessenheit der relativ schnell und mit Sicherheit entstehenden Schutzrechtskosten im Vergleich zu den unter erheblichem Risiko stehenden Umsatzerwartungen. Aus all diesen vielfaltigen Einzelinformationen kann letztendlich fur eine Erfindung die Einschatzung des Anmelders abgeleitet werden ob sie „patentfahig und patentwurdig" ist. Mit zunehmendem Konkretisierungsgrad einer Erfindung in Richtung Produktreife steigt der Informationsstand nicht nur auf Grund eigener Aktivitaten, sondem auch durch aufinerksame Beobachtung der Schutzrechts- und Marktaktivitaten, insbesondere von Wettbewerbem. Daher ist es notwendig, die geschil-
Technologic- und Erfindungsevaluierung in dcr Friihphasc des Innovationsprozesscs
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derten Evaluienmgen fortlaufend durchzufuhren und insbesondere kritisch zu priifen, ob die urspriinglich gemachten Aimahmen weiterhin zutreffend sind. SoUten sich neue oder gnmdlegend veranderte Randbedingungen eingestellt haben, so ist der weitere Irmovationsprozess anzupassen, soweit das sinnvoU ist oder im Extremfall abzubrechen (z. B. kein Patent wegen Rechte Dritter). Durch die strategische Fiihrung des Innovationsprozesses unter Auswertung von Informationen aus dem Markt und aus dem Patentsystem lasst sich das Umsetzungsrisiko nennenswert reduzieren. Die aufgezeigten Strategien, Phasen und Kriterien der quantitativen Evaluierung von Erfindungen und Technologien, insbesondere in der Friihphase des Innovationsprozesses sind keineswegs abschlieBend, sondem als Hinweis darauf zu verstehen, dass jede Erfindung ein Unikat darstellt, das in einem ganz spezifischen technisch-wirtschaftlichen Umfeld angesiedelt ist. Diesen Spezifika miissen die anzuwendenden Evaluierungskriterien Rechnung tragen. Literaturverzeichnis Deutsches Patentund Markenamt: Jahresbericht 2004, MOnchen 2005, http://www.dpma.de/veroeffentlichungen/jahresbericht04/dpmajb_2004.pdf. GRUR: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Zeitschrift der deutschen Vereinigung filr gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, Mtinchen. Grofi, M: Aktuelle LizenzgebOhren in Patentlizenz-Know-how- und ComputerprogrammlizenzVertragen, in: Betriebsberater, 18/1995. Kohlrausch, F.: Praktische Physik, Band 3,22. Aufl. Stuttgart 1968. Mes, P.: Patentgesetz, Gebrauchsmustergesetz, Kommentar, 2. Aufl. Munchen 2005. Schulte, R.: Patentgesetz und EPU, 7. Aufl. MOnchen 2005. Tiefel, T. (Hrsg.): Patent- und Schutzrechtsmanagement in Zeiten des Hyperwettbewerbs, Wiesbaden 2005.
Ans^tze der Patentportfolio-Analyse Eine vergleichende Ubersicht aus der Perspektive des strategischen Technologic- und Innovationsmanagements Thomas Tiefel / Rainer Schuster
1 Einleitung Im Jahr 2004 wurden beim Deutschen Patent- und Markenamt mit 57.784 Erfindungen mnd 1.000 mehr als im Vorjahr zum Patent angemeldet.* Der Bestand der Patente mit Wirkung fiir die Bundesrepublik Deutschland stieg um 3,4 % von 384.497 im Jahr 2003 auf 397.738 im Jahr 2004.^ Dehnt man den zeitlichen Betrachtimgshorizont aus, so ist seit den 1980er Jahren ein stetiges und vor allem deutliches Wachstum der Patentanmeldeaktivitat zu erkennen.^ Dies hangt nicht zuletzt mit der Tatsache zusammen, dass Patente als multifunktionale strategische Waffen in einem seit diesem Zeitpunkt immer barter werdenden globalen Wettbewerb eingesetzt werden konnen.^ Beispielsweise gewann die exteme Verwertung technischer Schutzrechte signifikant an Bedeutung. So nahm das weltweite jahrliche Umsatzvolumen fiir die Nutzung extemen Wissens von 10 Mrd. USD im Jahr 1990 auf ca. 100 Mrd. USD im Jahr 1998 zu - fur das Jahr 2005 ging man von einem zwischen 150 und 200 Mrd. USD liegenden Wert aus.^ Da betrachtliche Kosten fur die Anmeldung, Aufrechterhaltung und Uberwachung von Patenten anfallen, bergen diese neben ihrer Bedeutung fiir die unternehmensspezifische Wettbewerbsfahigkeit auch ein hohes finanzielles Risiko. Dies gilt insbesondere, wenn Untemehmen eine drei- oder vierstellige Zahl an Patenten halten, was heute nicht nur in High-Tech-Branchen haufig der Fall ist. So betragen zum Beispiel die Kosten fiir die Aufrechterhaltung des 25.000 Pa-
Vgl. DPMA (2005), S. 2. Im Jahr 1991 zShlte das DPMA ungefShr 40.000 direkt bei ihm eingereichte Patentanmeldungen, vgl. DPMA (1999), S. 13. Vgl. DPMA (2005), S. 2. Zur Entwicklung der Patentanmeldungen beim DPMA und beim EPA zwischen 1970 und 1989 siehe TrSger (1989), S. 14. Die Zahl der europaischen Patentanmeldungen (Europaische Direktanmeldungen und eingereichte Euro-PCT-Anmeldungen) lag im Jahr 2004 bei ca. 178.600, vgl. EPA (2005c), S. 12; 1995 waren es nur ungefthr 80.000, vgl. EPA (1998), S. 12. Vgl. Tiefel/Haas (2005), S. 44 ff., 49 ff. Vgl. Lipfert et al. (2005), S. 160.
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Thomas Tiefel / Rainer Schuster
tente umfassenden Patentbestandes des Untemehmens Dow Chemical jahrlich uber 30 Mio. USD.^ Damit das Management vor dem beschriebenen Kosten-NutzenSpannungsverhaltnis die notwendigen Entscheidungen uber die Erweitemng, den Fortbestand oder die Elimination von Patenten treffen kann, ist deren vorherige betriebswirtschaftliche Bewertimg notwendig. Zu diesem Zweck konnen sowohl monetare als auch nicht-monetaren Methoden zum Einsatz kommen/ Den letztgenannten Verfahren wird vor allem bei der Klarimg iind Beantwortimg imternehmensstrategischer Fragestellungen eine wichtige Bedeutimg beigemessen. In diesem Kontext kann festgehalten werden, dass aktuell sowohl in wissenschaftlichen Veroffentlichimgen als auch in Fachzeitschriften immer haufiger die Patentportfolio-Analyse im Mittelpunkt der Betrachtung steht.^ Zielsetzung dieser Arbeit ist es daher zu klaren, inwieweit die der wissenschaftlichen Literatur zu entnehmenden Ansatze der Patentportfolio-Analyse geeignet sind, auf dem Gebiet des strategischen Technologie- imd Innovationsmanagement (TIM) Unterstutzung zu leisten. Zur Beantwortung dieser Frage wird folgende Vorgehensweise gewahlt: Um ein Referenzsystems zu entwickehi, werden im ersten Schritt die Aufgaben und der Prozess des strategischen TIM beschrieben. Danach werden die Keminhalte von acht verschiedenen Ansatzen der Patentportfolio-Analyse extrahiert, welche im letzten Schritt anhand der sich aus dem strategischen TIM ergebenden Anforderungen verglichen und kritisch beurteilt werden. 2
Strategisches Technologie- und Innovationsmanagement
Damit das Gebiet des strategischen Technologie- und Innovationsmanagement prazise beschrieben werden kann, gilt es zunachst zu klaren, was allgemein die Substanz des strategischen Managements ausmacht. Dies erscheint vor dem Hintergrund der Breite und Vielfalt der Literatur auf diesem Gebiet zunachst auBerst schwierig, denn je nach betriebswirtschaftlicher Ausgangsperspektive existieren die unterschiedlichsten Definitionen des Strategiebegriffs.^ Zugleich gehen aber alle Ansatze von einem die verschiedenen Konzepte verbindenden, gemeinsamen Grundverstandnis des strategischen Managements aus, das anhand
Vgl.Petrash (1996), S. 366. Einen kompakten Uberbhck uber die verschiedenen monetaren Bewertungsmethoden liefem Lipfert et al. (2005), S. 162 oder Rings (2000), S. 842 ff. Ausfuhrlich siehe Reitzig (2002), S. 67 ff. Weitere nicht-monetSre Methoden sind beispielsweise das Patentaudit oder die Patentlebenszyklusanalyse; vgl. Rings (2000), S. 845 f. Einen umfassenden Uberblick geben hier Mintzberg/Ahlstrand/Lampel (2003).
Ansatze der Patentportfolio-Analyse
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der folgenden fiinf Merkmale charakterisiert werden kaiin:^® Strategische Entscheidungen bestimmen die gnmdsatzliche Richtimg der Untemehmensentwicklung (1). Sie haben das Ziel durch die Identifikation, Schaffiing und Sichenmg von Erfolgspotenzialen (2) sowie durch die Bestimmimg der intemen und externen Ausrichtung des Untemehmens (3) dessen langfristiges Uberleben zu sichem (4). Dabei muss aus einer iibergreifenden, d. h. ganzheitlichen und interdisziplinaren, Perspektive (5) vorgegangen werden. Nachdem somit das Feld des strategischen Managements abgesteckt ist, bedarf als nachstes der Begriff des TIM einer genaueren Klarung. Obgleich auch hier eine gewisse Divergenz in Hinblick auf die exakte Abgrenzung des mit dem technologieorientierten Innovationsmanagements^ ^ verbundenen generellen Gegenstandsbereichs zu erkennen ist/^ kann folgende grundlegende Eingrenzung getroffen werden: TIM umfasst die Planung, Organisation, Fiihrung und KontroUe aller Aktivitaten im Untemehmen, bei denen es primar um die Bereitstellung von Technologien sowie deren Einsatz in Produkten oder Prozessen geht, so dass neue Technologie/Produkt- oder Technologie/ProzessKombinationen entstehen, welche intern oder extern erfolgreich verwertet werden konnen. Berucksichtigt man die Eingangsiiberlegimgen zum strategischen Management so steUt sich das Spektrum der Kemaufgaben des strategischen TIM wie folgtdar:^^ 1. Friiherkennung und Prognose von technologischen Entwicklungen innerund auBerhalb der eigenen Geschaftsfelder. Dabei gih es die Grenzen bekannter Technologien zu ermittehi, Weiterentwicklungspotenziale neuer Technologien abzuschatzen, Substitutionsbeziehungen zwischen Technologien zu erkennen und mogliche technologische Diskontinuitaten aufzuspiiren. 2. Technologieorientierte Konkurrenzanalyse. Diese umfasst die Beschaffimg, Speicherung und Auswertung von Informationen iiber technologische Innovationsaktivitaten von fur das eigene Untemehmen relevanten Wettbewerbem. 3. Technologieorientierte Zuliefereranalyse. In Aquivalenz zur vorher genannten Analyse beinhaltet sie die Beschaffimg, Speicherung und Auswertung von Informationen iiber technologische Innovationsaktivitaten von fur das eigene Untemehmen relevanten Lieferanten von Inputfaktoren.
Vgl. Hungenberg (2001), S. 3 ff.; Galweiler (2005), S. 55 ff.; Muller-Stewens/Lechner (2003), S. 15 ff.; Steinmann/Schreyegg (2002), S. 153 ff.; Welge/Al-Laham (2001), S. 12 ff. Als Synonym fiir TIM. Vgl. Gerpott (2005), S. 57 ff.; Gerybadze (2004), S. 6 ff.; Hauschildt (2004), S. 29 ff.; Perl (2003), S. 22; Vahs/Burmester (2005), S. 50 f. Vgl. Gelbmann/Vorbach (2003), S. 93 ff.; Gerpott (2005), S. 59 ff.
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Thomas Tiefel / Rainer Schuster
4. Kundenanalyse. Sie umfasst die Auswertimg von Informationen iiber die bei (potenziellen) Kunden zu losenden Problemfelder und die damit beim Abnehmer verbundene Bedurfhisstruktur. 5. Technologies und innovationsorientierte Untemehmensanalyse. Hierbei ist zum einen die eigene Technologieposition zu bestimmen und zum anderen mussen Kemkon:q)etenztechnologien identifiziert werden, welche als Erfolgspotenzial dazu beitragen, die gegenwartige Wettbewerbsposition zu sichem und zukiinftigen Erfolg zu ermoglichen. 6. Wahl der Technologiestrategien. Im Rahmen dieses Aufgabenkomplexes sind Entscheidungen in Hinblick auf die Auswahl der zu bearbeitenden Technologiefelder sowie die Technologiebeschaffiings- (make or buy) und die Technologieverwertungsstrategie (intern oder extern) zu trefFen. 7. Wahl der Marktstrategien. Dieser Aufgabenblock umfasst Entscheidungen beziiglich der Wahl der Geschaftsfeld-, Geschaftsmodell-, Markteintrittsund Marktbearbeitungsstrategie. 8. Wahl der Timingstrategie, Es ist eine iibergreifende Entscheidung in HinbUck auf die Entwicklung und Vermarktung technologischer Innovationen aus zeitHcher Perspektive (First oder Follower) zu treffen. 9. Entwicklung einer innovationsfordemden Untemehmensorganisation und -kultur. Die Umsetzung von technologischen Innovationen hangt zu einem wesentlichen Teil auch von der Implementierungsbereitschaft und -fahigkeit der daran beteiligten Mitarbeiter in einem Untemehmen ab. Da diese sich auf den unterschiedlichsten Hierarchieebenen und in getrennten Untemehmenseinheiten befinden konnen, ist dies strukturell und prozessual zu beriicksichtigen. 10. Innovationscontrolling. Als letzte strategische Kemaufgabe muss auch der Umfang und Erfolg technologischer Innovationsaktivitaten von Untemehmen gemessen und beurteilt werden. Um die obigen Aufgaben zu bewaltigen, kommen im strategischen TIM spezifische Instrumente, wie z.B. das S-Kurven-Konzept oder Technologie-Roadmaps, zum Einsatz. Da auch die Methode der Portfolio-Analyse zu diesen Werkzeugen zahlt und Patente im strategischen Kontext eine immer wichtigere Rolle einnehmen, werden im folgenden Kapitel verschiedene Patentportfolio-Ansatze untersucht.
Ansatze der Patentportfolio-Analyse
3
25
Ansatze der Patentportfolio-Analyse
Der BegrifF ,J^ortfolio" wurde zum ersten Mai im Jahr 1952 in der amerikanischen wirtschaftswissenschaftlichen Literatur verwendet. Markowitz stellte unter der Bezeichnung ,JPortfolio-Selection" ein Konzept vor, mit dessen Hilfe Kapitalanlagen nach den Kriterien ,Jlentabilitat" und ,^siko" optimiert werden soUten.*^ In der Folgezeit wurde dieses auf zwei Dimensionen basierende Modell nicht nur unter finanzwirtschaftlichen, sondem auch unter planungstechnischen Gesichtspunkten weiterentwickelt und verfeinert, wodurch sich das betriebswirtschaftliche Anwendungsgebiet stark erweiterte. Vor allem im Bereich der strategischen Untemehmensplanung, wo die ganzheitliche Beurteilung von Erfolgsobjekten im Mittelpunkt steht, konnte sich die Portfolio-Methode etablieren. Den hochsten Bekanntheitsgrad erreichten dabei das BCG- und das McKinsey-bzw. 9-Felder-Portfolio.^^ Da diese vorher genannten Produkt/Markt-Portfolios aber nicht in der Lage waren, adaquate Antworten auf technologie-strategische Fragestellungen zu geben, wurden Anfangs der 1980er Jahre TechnologieportfoHos modelliert.*^ Eine damit in enger Verbindung stehende, weitere Portfoliovariante folgte wenige Jahre spater. Mit dem Ziel, Entscheidungstragem eines Untemehmen einen relativ schnellen Uberblick iiber die Situation der eigenen Technologien aus der Patentperspektive zu ermoglichen und Strategien ftir die betriebliche Patentpolitik zu entwickeln, wurde Ende der Dekade erstmals in der deutschen betriebswirtschaftlichen Literatur von PfeifFer/Schafiher/Schneider/Schneider ein Patentportfolio vorgesteUt. Als strategisches Instrument dient dieses, wie auch alle anderen im Rahmen dieser Untersuchung betrachteten Patentportfolios, zur Beurteilung langerfristiger, gnmdsatzlicher untemehmenspolitischer Entscheidungen und nicht als Hilfsmittel zur Klarung detaillierter Einzelfragen. Als weitere zentrale Gemeinsamkeit konnen alle Patentportfolio-Analysen in die folgenden vier Schritte gegliedert werden: 1. Definition des Analyseobjekts (patentpolitisch relevante Einheit). 2. Bestimmung der zwei Achsdimensionen und deren Indikatoren. 3. Ermittlung der Indikatorenauspragungen und Erstellung eines Ist-Portfolios. 4. Auswertung des Portfolios und Ableitung der strategischen Optionen. Um auch erkennen zu konnen, worin wesentliche Unterschiede zwischen verschiedenen Patentportfolio-Ansatzen bestehen und inwieweit diese zur Bewaltigung der Aufgaben des stotegischen TIMs geeignet sind, werden in den ^^ Vgl. Markowitz (1952). ]l Vgl. Bea/Haas (2001), S. 133 ff.; MacharzinaAVolf (2005), S. 345 ff. ^^ Ein Uberblick uber verschiedene Techno Technologic-Portfolio-Ansatze findet sich bei Gerpott (2005), S. 159 f. und Gerybadze (2004), S. 130.
26
Thomas Tiefel / Rainer Schuster
nachfolgenden Unterkapiteln acht Ansatze auf der Gnmdlage der folgenden Fragen chronologisch dargestellt iind analysiert: - Welches Analyseobjekt steht im Mittelpunkt? - Wie sind die Portfolioachsen dimensioniert und welche Indikatoren werden zur Operationalisienmg gewaMt? - Welcher Experten bedarf die Bestimmung der Indikatorenauspragimgen? - Wie werden die Indikatorenauspragimgen ermittelt? " Sind die benotigten Inputdaten ganzlich offentlich zuganglich? - Was ist der intendierte Anwendungsbereich des Portfolios? - Werden Hinweise fur die interne Ressourcenzuteilung oder normstrategische Empfehlungen gegeben? - Wie hoch ist die Anpassungsfahigkeit an die unterspezifische Situation? - Inwieweit ist der Ansatz nachpriifbar empirisch getestet? 3.1
Die PatentportfoliO'Analyse nach Pfeiffer et al. (1989)
Als methodische Erganzung zu ihrem vorher entwickelten Technologieportfolio^^ wurde von Pfeiffer et al. 1989 ein Patentportfolio^^ konzipiert. Mit dessen Hilfe soUen die in Patenten gebundenen Informationen fiir die strategische Untemehmensplanung besser erschlossen werden. Als Endergebnis soil somit ein Portfolio entstehen, das die strategische Position eines Untemehmens auf einem Technologiegebiet aus der Patentperspektive transparent macht. Dabei konnen sowohl Produkt- als auch Prozesstechnologien, welche sich durch Patente beschreiben und abgrenzen lassen, das Analyseobjekt bilden.^^ Zur Dimensionierung der Achsen ihres Patentportfolios wahlen Pfeiffer et al. auf der Abszisse die ,^elative Schutzrechtsposition" und auf der Ordinate die , J^atentattraktivitat". Diese werden dann mittels der aus Tabelle 1 ersichtlichen Indikatoren operationalisiert, welche ihrerseits anhand von Sortierkriteren systematisiert sind.
^"^ Vgl. Pfeiffer etal. (1982). ^^ Vgl. Pfeiffer etal. (1989). ^^ Vgl. Pfeiffer et al. (1989), S. 77.
27
AnsStze der Patentportfolio-Analyse Acbsdlmensloneii
Relative Schutzrechtsposition (Abszisse)
PatentattraktivitSt (Ordinate)
Sortierkiiterieii
Indikatoren
QuantitSt
- Relativer Patentanteil
QualitSt
- Qualitative Patentstarke - FuE-Affmitat - Zugang Erganzungs-Know-how
Zeitbezug
- Verwertungsrestlaufzeit
Quantitat
- Anteil neuer Patente - (Anteil erloschener Patente)
Qualimt
-
Zeitbezug
Geschaftsfeldaffinitat Funktionaler Wert Geographischer Wert (Zitierungswert)
- Anmeldungslaufzeit - Anmeldungsbeschleunigung
Tabelle 1: Achsdimensionen und Indikatorenstruktur des Patentportfolios nach Pfeiffer et al^^
Eine nahere Betrachtung der von PfeifFer et al. gewahlten Indikatoren zeigt, dass zur Ermittlung ihrer Auspragungen nicht nur objektiv gemessen, sondem (insbesondere im qualitativen Bereich) auch subjektiv geschatzt bzw. bewertet werden muss. Bin Beispiel fiir den letztgenannten Fall ist die „Geschaftsfeldafiinitat", welche ausdriicken soil, in wie weit ein der Patentanalyse zugnmde liegendes Technologiegebiet zu den bestehenden Geschaftsfeldem eines Untemehmens passt.^^ Anhand dieses Beispiels wird zudem deutlich, dass zur Bestimmung der Werte der verwendeten Indikatoren neben Technologie- und Patent- auch Marketingexperten notwenig sind. Zwei weitere Aspekte sind in Kontext der Indikatorenwahl von Pfeiffer et al. noch von wesentlicher Bedeutung. Zum einen, dass ein GroBteil der Daten, die direkt oder indirekt zur Ermittlung der Indikatorenwerte fuhren, nicht offentlich zuganglich ist. Dadurch ist der Einsatz dieses Portfolios zur Analyse dritter Untemehmen kaum moglich und der Anwendimgsbereich bleibt auf das eigene Untemehmen beschrankt. Zum anderen, dass bei der Portfolio-Analyse unternehmensspezifische Faktoren Beriicksichtigung finden, da auch entsprechende Indikatoren wie z. B. der Zugang zu Erganzungs-Know-how oder die Verwertungsrestlaufzeit mit aufgenommen wurden.
Vgl. Pfeiffer et al. (1989), S. 87. Vgl. Pfeiffer et al. (1989), S. 93 f.
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Thomas Tiefel / Rainer Schuster
Zur abschlieBenden Auswertung des Patentportfolios wird dieses mit einem Technologieportfolio zusammengefiihrt. Dies hat seinen Griind darin, dass fur Pfeiffer et al. die Patentpolitik ein Teil der iibergeordneten allgemeinen FuEStrategie ist und somit die patentbezogenen Handlimgsempfehlungen immer von einer parallel durchzufuhrenden Teclmologieportfolio-Analyse abhangen.^^ Abbildung 1, in der die Kreise Tl bis T5 verschiedene Technologien reprasentieren, visualisiert die beiden genannten Portfolios und ihre gegenseitige Verkniipfung.^^
(T •»» Technologic) >
(T "»Technologiej^i niedrig
hoch
Ressourcenstflrke
Abbildung 1: Technologie- und Patentportfolio
niedrig
hoch
Rel. Schutzrechtsposition
nach Pfeiffer et al. (Eigene
Darstellung)
Um den maximalen Raum fur alle Falle darzustellen, die sich aus der Kombination der Position einer Technologie im Technologie- und im Patentportfolio ergeben konnen, greifen Pfeiffer et al. auf die Matrix in Abbildung 2 zurtick. Anhand der Lage einer Technologic in einem der dortigen 16 Felder, kann eine strategische Handlungsempfehlung abgeleitet werden.
22 23
Vgl. Pfeiffer et al. (1989), S. 78, 84. Vgl. Pfeiffer et al. (1989), S. 84.
29
Ansatze der Patentportfolio-Analyse
Technologieattraktivitat hcx:h Ressourcenstarke niedrig hoch
1
43
"Investieren und
"Spinn-OffPotentiale"
niedrig Ressourcenstarke niedrig hoch "Vorsprung patentmSBig sichem"
43 "Wcitere FuEAufwendungen "Lizenznahme bei Absicherung oderAusstieg" voriiandenen Know-Hows"
•-
1
1
43
1
"Investiercn und Absichem"
"Ausstieg*
"GemaBigte FuEAktivitaten patentmSfiig flankieren"
"Lizenzvergabe"
"FuE drosseln beiSchutzfiir bestehendes Wisscn"
"Ausstieg"
a-IS
*5 "Ausstieg"
'S
Abbildung 2: Matrixfiir integrierte FuE- und Patentstrategien
nach Pfeiffer et al.^^
Um die praktische Eignung und Leistungsfahigkeit ihres PatentportfolioAnsatzes zu priifen, unterzogen Pfeiffer et al. diesen einem empirischen Test.^^ In Zusammenarbeit mit einem Untemehmen wurde untersucht, ob die Produktion von Gaschromatographen eine sinnvoUe und aussichtsreiche Erganzung zu dessen bisherigen betrieblichen Aktivitaten darstellt. Dabei wurden Technologic- und Patentportfolio-Analysen bis auf Subsystem- bzw. Konponentenebene durchgefuhrt. Als Ergebnis wurde die grundsatzliche Praktikabilitat und Anwendungseffizienz des Instruments festgesteUt, aber auch auf Verbesserungspotenziale in Hinblick auf Indikatoren-, Branchen- und Strategiesicherheit hingewiesen.
24 25
Vgl. Pfeiffer et al. (1989), S. 125. Vgl. Pfeiffer et al. (1989), S. 129 ff.
30
3.2
Thomas Tiefel / Rainer Schuster
Die Patentportfolio-Analyse nach Brockhoff(1992)
Der 1992 von BrockhofiP^ verofFentlichte Patentportfolio-Ansatz stellt aus der Perspektive eines Untemehmens abgegrenzte Technologiefelder (als zu analysierendes Objekt) in den Mittelpunkt der Betrachtimg. Die technologische Abgrenzung kann dabei sowohl anhand der Intemationalen Patentklassifikation (Gruppienmgen artverwandter Technik) als auch iiber die bearbeiteten Geschaftsfelder erfolgen.^^ Zur zweidimensionalen Darstellimg dient als Abszisse die ,^elative Patentposition innerhalb eines Technologiefeldes" iind als Ordinate das „Wachstum des Technologiefeldes". Die den Achsdimensionen zugehorigen Indikatoren sind in Tabelle 2 beschrieben.
Ilf^iiilll^
'mSiSW':iMM^S-J/i::iW^
T:B:'mWm^^^
Relative Patentposition innerhalb eines Technologiefeldes (Abszisse)
Anzahl der angemeldeten/erteilten Patente eines Untemehmens im Verhaltnis zur Anzahl der angemeldeten/erteilten Patente des aktivsten Wettbewerbers in einem Technologiefeld
Wachstum des Technologiefeldes (Ordinate)
Das Verhaltnis der durchschnittlichen Wachstumsrate der Patentanmeldungen der letzten 4 Jahren zur durchschnittlichen Wachstumsrate der Patentanmeldungen der vorherigen 16 Jahren eines Technologiefeldes
Tabelle 2: Achsdimensionen und Indikatorenstruktur des Patentportfolios nach Brockhojf' Ein entscheidender Unterschied zu dem Pfeifferschen Ansatz ergibt sich aus den von BrockhofFverwendeten Indikatoren. Es werden ausschlieBlich solche herangezogen, die objektiver Natur sind, d.h. die keine subjektiven Schatzungen oder Bewertungen erfordem, und deren Auspragungen aus offentlich zuganglichen Datenbanken recherchierbar sind. Eine wichtige Konsequenz daraus ist, dass fiir die Beschaffiing der Portfolio-Inputdaten allein Patent(recherche)experten benotigt werden. Eine weitere Folge, die aus der vorher genannten Indikatorenspezifikation resultiert, ist die groBe Anwendungsbreite des Brockhoffschen Patentportfolios, denn mittels der frei zuganglichen Datenbanken konnen die erforderlichen Informationen nicht nur fur das eigene Untemehmen, sondem auch fur Wettbewerber, Lieferanten oder Kunden ermittelt werden. Es kann somit sowohl bei strategischen Untemehmens- als auch Umweltanalysen zum Einsatz kommen. Als dritte Konsequenz muss jedoch auch festgehalten werden, dass mit der beschriebenen Limitierung der zulassigen Indikatoren die Einbezie^^ Vgl.Brockhoff(1992). ^'^ Vgl. Brockhoff (1992), S. 45 f. ^^ Vgl. Brockhoff (1992), S. 47.
31
Ansatze der Patentportfolio-Analyse
hung von untemehmensspezifischen Merkmalen in die Portfolio-Analyse naturgemaB eingeschrankt und im Falle der Brockhoffschen Indikatorenwahl weitestgehend ausgeschlossen ist. Zur Visualisienmg der Analyseergebnisse werden die Technologiefelder (wie aus Abbildung 3 ersichtlich) in Form von Kreisen in die Matrix eingetragen, wobei die jeweilige DurchmessergroBe die Bedeutung des Technologiefeldes fur das Untemehmen widerspiegelt. Diese bestimmt sich durch den Anteil der Patentanmeldungen im betrachteten Technologiefeld an der Gesamtzahl der Patentanmeldimgen des Untemehmens.^^
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Relative Patentposition innerhalb eines Technologiefeldes Abbildung 3: Patentportfolio
nach Brockhoff (Eigene
Vgl. Brockhoff (1992), S. 47.
Darstellung)
10 ,00
32
Thomas Tiefel / Rainer Schuster
Da Brockhoff sein Portfolio eher als einen Mosaikstein bei der Beurteilung von imtemehmensbezogenen Technologie-ZPatentsituationen, deirn als eine liickenlose Losungsformel versteht, verzichtet er bewusst auf eine feste Segmenteinteilung einschlieBlich der dazugehorigen normativen Handlimgsempfehlung.^^ Auch eine enpirische Veranschaulichung bzw. Priifung wird nicht vorgenommen. 3.3
Die Patentportfolio-Analysen nach Ernst (1996)
Die 1996 von Emst^^ vorgestellten Patentportfolio-Ansatze bauen im Kem auf den Uberlegungen von Brockhoff auf Zum einen verwendet er ebenfalls ausschlieBlich Indikatoren, deren Auspragungen sich aus offentlich zuganglichen Datenbanken ermitteln lassen, und zum anderen spielen bei beiden die mit den Patenten verbundenen Technologiefelder eine entscheidende Rolle. 3.3.1
Die PatentportfoliO'Analyse I nach Ernst
In seinem ersten Patentportfolio-Ansatz stellt Ernst den Fokus auf die Ermittlung und Darstellung der Patentposition der innerhalb einer (technologisch abgegrenzten) Branche aktiven Untemehmen.^^ Ein signifikanter Unterschied zu Brockhoff besteht in der Wahl der Indikatoren. Dabei haben die im Laufe der 1990er Jahre durch die EDV-technischen Entwicklungen signifikant verbesserten Informationsrecherche- und Datenbankzugriffsmoglichkeiten einen starken Einfluss ausgeiibt. Ein Beispiel hierfur ist die Patentkennzahl ,^itierungsquote", deren Grundidee ist, dass je haufiger ein Schutzrecht von jiingeren zitiert wird, dies auf eine hohere Bedeutung und Qualitat schlieBen lasst. Dieser Indikator wurde bereits 1989 von Pfeiffer et al. angefiihrt, allerdings wegen des damals unbefriedigenden Ermittlungsaufwand/Nutzen-Verhaltnis nicht angewandt.^^ Die vier weiteren Indikatoren, welche Ernst neben der Zitierungsquote zur Ermittlung der Auspragung der Portfoliodimension ,J^atentqualitat" heranzieht, konnen Tabelle 3 entnommen werden. Aus dieser sind auch die Indikatoren fiir die zweite Achsdimension, der, J^atentaktivitat", ersichtlich.
30 31 32 33
Vgl. Brockhoff (1992), S. 47 f. Vgl. Ernst (1996). Vgl. Ernst (1996), S. 190 ff., 279 ff., 335 ff. Vgl. Pfeiffer et al. (1989), S. 39.
33
Ans&tze der Patentpottfolio-Analyse
Indikatoren
Achsdiiiieiisioiieii
Patentaktivitftt (Abszisse)
Patentanmeldungen der jeweiligen Untemehmen im VerhSltnis zur durchschnittlichen Anzahl der Patentanmeldungen aller im Sample betrachteten Untemehmen. altemativ: Um den Einfluss der UntemehmensgrdBe zu relativieren, k6nnen die Patentanmeldungen auch auf die Anzahl der Besch&ftigten bezogen werden. - Erteilungsquote - Giiltigkeitsquote
PatentqualitSt (Ordinate)
- Relative Europaische Patentaktivitat - US-Quote - Zitierungsquote
Tabelle 3: Achsdimensionen
und Indikatorenstruktur
des Patentportfolios
I nach Ernst^^
Der Hauptvorteil des Emstschen Ansatzes liegt in seiner Objektivitat, da subjektive Schatzimgen bzw. Beurteilungen entbehrlich bleiben. Zudem sind samtliche Indikatorenauspragungen allein von Patentexperten ermittelbar. Gleichzeitig ermoglicht die ausschliefiliche Verwendung von Informationen aus frei zuganglichen Datenbanken eine Analyse sowohl des eigenen Untemehmens als auch anderer Marktteilnehmer. So konnen Konkurrenten identifiziert werden und die Portfoliodarstellung (siehe Abbildung 4) kann Aufschluss uber die relativen Starken und Schwachen verschiedener Untemehmen (hier Ul bis U l l ) sowie deren Patentstrategien geben.^^ Beispielsweise sind Untemehmen in dem linken unteren Quadranten als aus Patentsicht eher passive Wettbewerber einzustufen, im Gegensatz zu Untemehmen, welche sich durch eine aktive Patentpolitik und einen hohen Qualitatswert ihrer Patente auszeichnen imd sich damit in der Matrix im rechten oberen Quadranten wieder finden.^^
Vgl. Ernst (1996), S. 206 ff., 271 f. Vgl. Ernst (1996), S. 273 ff., 345. Vgl. Ernst (1996), S. 274 f
34
Thomas Tiefel / Rainer Schuster
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Siii: niedrig
hoch Patentaktivitat
Abbildung 4: Patentportfolio I nach Ernst (Eigene Darstellung) Nachteilig ist die geringe Moglichkeit, die Patentportfolio-Analyse auf ein bestimmtes Untemehmen oder eine Branche individuell anzupassen. Die Gewichtiing der einzelnen Indikatoren bietet hierfur lediglich einen beschrankten Spielraum. Ernst priift seinen Patentportfolio-Ansatz mittels einer umfangreichen empirischen Untersuchimg, in deren Rahmen er 21 Untemehmen des Werkzeugmaschinenbaus analysiert.^^ Als Kemergebnis stellt er dabei fest, dass Untemehmen mit einer aktiven Patentpolitik signifikant erfolgreicher sind als Untemehmen mit einer passiven Patentpolitik.^^ Mit Hilfe des o. g. Samples wendet er auch seinen im nachsten Kapitel beschriebenen zweiten Portfolio-Ansatz praktisch an.^^ 37 38 39
Vgl. Ernst (1996), S. 334 ff. Vgl. Ernst (1996), S. 399. Vgl. Ernst (1996), S. 346 ff.
Ansatze der Patentportfolio-Analyse
3.3.2
35
Die Patentportfolio-Analyse II nach Ernst
Zwar erlaubt das vorher dargestellte Patentportfolio I Riickschlusse auf die Qualitat der von den untersuchten Untemehmen gehaltenen Patentposition, jedoch gibt die Betrachtung des Geamtpatentierverhaltens keinen Aufschluss iiber die jeweilige technologische Position der Untemehmen in fiir deren Branche typischen Technologiefeldem.^^ So kann beispielsweise ein Untemehmen mit einer gemaB dem Patentportfolio I (Kapitel 3.3.1.) insgesamt starken Schutzrechtsposition in einzelnen Technologiefeldem deutliche Defizite aufweisen. Um zeigen zu konnen, ob Untemehmen unterschiedliche technologische Schwerpunktsetzungen verfolgen nnd ob deren technologische Starke in Abhangigkeit von spezifischen Technologiefeldem variiert, konzipiert Ernst ein zweites Patentportfolio.^* Dieses Patentportfolio ist stark an den Ansatz von Brockhoff angelehnt, was schon durch die Achsdimensionen „Technologieattraktivitat" (die dem Wachstum eines Technologiefeldes entspricht) iind ,^elative Patentposition" deutlich wird. Eine detaillierte Beschreibung der zur Operationalisienmg herangezogenen Indikatoren kann Tabelle 4 entnommen werden. W^;fM^''M^^
• ^ • ! ; ; ' - ; ; : ' ' ' : - ' "
Relative Patentposition (Abszisse)
Anzahl der Patente des zu analysierenden Untemehmens im Technologiefeld X dividiert durch die Anzahl der Patente des Untemehmens mit den meisten Patenten im Technologiefeld X
Technologieattraktivitat (Ordinate)
Relative mittlere Patentwachstumsrate (RWA): Durchschnittliches Wachstum der Patentanmeldungen eines Technologiefeldes relativ zum durchschnittlichen Wachstum aller betrachteten Technologiefelder in einem bestimmten Zeitraum. altemativ: Relative Entwicklung der Patentwachstumsrate (REWA): Entwicklung des durchschnittliches Wachstum der Patentanmeldungen eines Technologiefeldes relativ zur Entwicklung des durchschnittlichen Wachstums aller betrachteten Technologiefelder jeweils bezogen auf bestimmte ZeitrSume.
Tabelle 4: Achsdimensionen und Indikatorenstruktur des Patentportfolios II nach Ernst'^^
40 41 42
Vgl. Ernst (1996), S. 345. Vgl. Ernst (1996), S. 345. Vgl. Ernst (1996), S. 351 ff.
36
Thomas Tiefel / Rainer Schuster
Im Mittelpunkt der Analyse steht somit die technologische Position von Unternehmen einer Branche in zuvor definierten Technologiefeldem/^ Entscheidende Voraussetzung fur die Erstellimg des Portfolios ist die Zuordnung von Patenten auf Technologiefelder, die im Vorfeld bestimmt werden miissen, wobei darauf zu achten ist, dass inhaltliche Uberschneidungen vermieden werden.^ Der zu untersuchende Patentbestand imd dessen Zuordnung zu entsprechenden Technologiefeldem einer Branche wird aus einer Patentrecherche mittels der IPC^^ (Haupt- und Nebenklassifikation) in Verbindung mit FuE-Experten, welche die Patentzusammenfassungen (Abstract) und deren Titel studieren, ermittelt.^ Bei ausschlieBlicher Verwendung der IPC bei der AnalyseobjektermittlungZ-zuordnung werden zu ca. 15 % Patente ermittelt, welche einem anderen oder keinem Technologiegebiet zuzuordnen sind/^ Folglich ist die Einbindung von Patent- und Technologieexperten zwingend erforderlich, da ein derart hoher Fehler nicht toleriert werden kann/^ Die auf dieser Grundlage ermittelten, objektiven Werte werden dann mit Hilfe der Portfoliodarstellung visualisiert, wobei die in Abbildung 5 verwendete Nomenklatur wie folgt zu lesen ist: Der Kreis mit der Bezeichnung U2/3 reprasentiert die Position des Untemehmens 2 im Technologiefeld 3. Die Kreisflache spiegelt die Bedeutung des Technologiefeldes fur das Untemehmen wider und bildet sich aus dem Verhaltnis der Patentanmeldungen im jeweiligen Technologiefeld zu den insgesamt vom Untemehmen getatigten Patentanmeldungen/^
43 44 45 46 47 48 49
Vgl. Ernst (1996), S. 346. Vgl. Emst (1996), S. 346. Intemational Patent Classification. Vgl. Emst (1996), S. 347 ff., Emst (1998), S. 290 f. Vgl. Emst (1998), S. 306. Vgl. Emst (1998), S. 306. Vgl. Emst (1996), S. 357.
37
Ansatze der Patentportfolio-Analyse
1,14 1,12
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0,92 0
0,1
0,2
03
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
|
1,0
Relative Patentposition innerhalb eines Technologiefeldes
Abbildung 5: Patentportfolio II nach Ernst (Eigene Darstellung)
Die einem Technologiegebiet zugehorigen Kreise sind in einer horizontalen Linie angeordnet. Das fuhrende Untemehmen eines Technologiefeldes befindet sich immer am rechten Rand des Portfolios und besitzt (definitionsgemaB) fur die relative Patentposition den Wert 1.^^ Aus dem Patentportfolio in Abbildung 5 ist beispielsweise ersichtlich, dass das Untemehmen 2 (schwarze Kreise) in den Technologiefeldem 1 und 3 eine Starke und im Feld 4 eine Fiihrungsposition einnimmt. OfFensichtlich liegt der Schwerpunkt der FuE-Aktivitaten im leicht iiberdurchschnittlich attraktiven Technologiefeld 4, gleichzeitig werden nur geringe Ressourcen im wachstumsstagnierenden Technologiefeld 2 gebunden.
50
Vgl.Emst (1996), S. 358.
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Thomas Tiefel / Rainer Schuster
Diese Form der Patentportfolio-Analyse eignet sich, um im Vergleich verschiedener Untemehmen deren technologiespezifischen Charakteristika (z.B. Kemkompetenzen, Investitionsfelder) zu ermitteln.^^ Sie kann sowohl zu technologiebezogenen Starken/Schwachen-Analysen als auch bei der Ermittlung der Ausrichtung der FuE-Strategie einzelner Untemehmen eingesetzt werden.^^ Auch diesen Patentportfolio-Ansatz priift Ernst anhand eines Samples von Untemehmen aus der Werkzeugmaschinenbranche.^^ An spaterer Stelle erfolgt eine weiterer enqjirischer Test - diesmal in der chemischen Industrie anhand einer Stichprobe von 239 Patenten.^^ 3.4
Die Patentportfolio-Analyse nach Hofinger (1997)
Als Folgerung aus den Ergebnissen seiner Studie iiber die okonomischen Determinanten aktiver Patentpolitik,^^ ist fiir Hofinger streng produktorientiertes Denken eine wesentliche Grundvoraussetzimg fur erfolgreiche Patentpolitik. Fiir ihn haben bei der Beurteilung eines Patents produktspezifische Kennzahlen eine hohere Relevanz als solche, die sich auf das Untemehmen als Ganzes beziehen. Demzufolge konzentriert sich Hofinger^ bei seinem Patentportfolio-Ansatz auf den Produktbezug der Schutzrechte und ordnet diese einzelnen Produkten (als den patentpolitisch relevanten Einheiten) zu.^^ Die Matrixstruktur ergibt sich, wie in Tabelle 5 dargestellt, durch den in der Abszisse angetragenen „Untemehmens- und innovationsdefinierten Patentwert" sowie den in der Ordinate erfassten „Markt- und technologiedefinierten Patentwert". In die dazugehorigen Indikatoren flieBen iiberwiegend subjektive Expertenschatzungen aus dem Patent-, Technologic- sowie dem Marketingbereich ein. So zum Beispiel bei dem Indikator „Wettbewerbsinstrumente", mit dessen Hilfe beriicksichtigt werden soil, in wie weit sich fiir ein bestimmtes Produkt ein Patent iiberhaupt als Wettbewerbsinstrument eignet. Dazu werden in Form eines Rankingverfahrens die Wettbewerbsinstrumente Patente, Preisstellung, Werbung, Zeitvorsprung/Lemeffekte und Lieferbereitschafl/Service entsprechend ihrer Wirkung aufgelistet. Jeder Platzienmg wird ein Punktwert zugewiesen (1. Platz 100 Punkte, die nachfolgenden reduzieren sich jeweils um 20 Pimkte), 51 52
53 54 55 56 57
Vgl. Ernst (1998), S. 305. Vgl. Ernst (1996), S. 397. Wird mithilfe des oben erlSuterten Patentportfolios nur das eigene Untemehmen analysiert, deutet Emst (1996), S. 117 unter Verweis auf Brockhoff an, wie dieses in eine 9-Felder-Darstellung mit den Normstrategien „Investieren", „Deinvestieren" und „Selektieren" transformiert werden kann. Vgl. Emst (1996), S. 346 ff. Vgl. Emst (1999), S. 119 ff. Vgl. Hofinger (1996), S. 111 ff. Vgl. Hofinger (1997). Vgl. Hofinger (1997), S. 100 f
39
Ansatze der Patentportfolio-Analyse
wobei dairn die fur das Instrument ,J^atente" ermittelten Punkte in den Patentwert einflieBen.^^ Bei den anderen Indikatoren wird in gleicher Weise verfahren. Der vorher beschriebene Indikator zeigt auch den hohen Grad der untemehmensspezifischen Anpassungsfahigkeit des Patentportfolios nach Hofinger. Achsdimensiotieii Unternehmens- und innovationsdeflnierter Patentwert (Abszisse) Markt-und technolgiedefinierter Patentwert (Ordinate)
Indikatoren - QualitSt der Erfindungen (Kunden- cxier Herstellemutzen) - Distanz zu nichtschutzfShigen/fremdgeschQtzten LOsungen - Stellung des Produktes im Gesamtumsatz des Unternehmens -
Marktsituation (Anzahl der Marktteilnehmer) Wettbewerbsinstrumente Patentaktivitat der Konkurrenz Alternative Schutzmechanismen
Tabelle 5: Achsdimensionen und Indikatorenstruktur des Patentportfolios nach Hofinger^^
Nach der Gewichtung der Indikatoren und der Ermittlung ihrer Auspragungen fur jedes Produkt, erfolgt die Verortung in der 9-Felder-Matrix. Wie in Abbildung 5 dargestellt, werden dort die betrachteten Produkte (PRl bis PR6) als Kreise eingetragen. Der Kreisdurchmesser ist dabei proportional zu der Anzahl der Schutzrechte, die mit dem jeweiligen Produkt in Verbindung stehen.
^^ Vgl.Hofinger(1997),S101. ^^ Vgl. Hofinger (1997), S 102.
40
Thomas Tiefel / Rainer Schuster
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A^ ^
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hoch (67-100)
Unternehmens- und innovationsdefinierter Patentwert (nach Punkten)
1 |
Abbildung 6: Patentportfolio nach Hofinger (Eigene Darstellung)
Fiir die analysierten Produkte lassen sich anhand der Treimdiagonale zwei Normstrategien ableiten. Fiir Produkte oberhalb der Treimdiagonalen empfiehlt die Investitionsstrategie hohe Ausgaben fiir Patente, wie beispielsweise das Anmelden zahlreicher Schutzrechte imd/oder das kontinuierliche Zahlen der Aufrechterhaltungsgebiihren.^ Dagegen rat die Deinvestitionsstrategie fur Produkte unterhalb der Treimdiagonalen, moglichst keinen oder nur einen geringen Aufwand fiir den Patentschutz zu betreiben.^^ In Abbildung 6 fallen die Produktgruppen PRl, PR2 und PR3 unter die Investitionsstrategie und die Produktgruppen PR5 und PR6 unter die Deinvestitionsstrategie. Die Produktgruppe PR4 ^ Vgl. Hofinger (1997), S. 103. ^' Vgl. Hofinger (1997), S. 104.
AnsStze der Patentportfolio-Analyse
41
bedarf einer weiteren Analyse, da es sich hierbei sowohl um einen kiinftigen Hof!hungstrager als auch irni ein Auslaufitnodell handeln kann.^^ Die Patentportfolio-Analyse von Hofinger ermoglicht Untemehmen ihre eigene Patentposition zu visualisieren iind zu steuem. Eine Anwendimg der Patentportfolio-Analyse auf Wettbewerber ist wegen der groBtenteils nicht oflfentlich ermittelbaren Indikatorenwerte kaum moglich. Zwar veranschaulicht Hofinger sein Patentportfolio anhand einer (fiktiven) Beispielrechnung, eine enpirische Priifung seines Ansatzes fehlt allerdings. 3.5
Die Patentportfolio-Analyse nach Faix (2000)
Der Patentportfolio-Ansatz nach Faix^^ differenziert sich bereits deutlich in der Definition des Analyseobjektes von den bisher Betrachteten, denn fur ihn ist nach den konkreten Umstanden des Einzelfalls zu entscheiden, ob die zu betrachtenden Schutzrechte eine technologische, eine erfindungsbezogene, eine produktbezogene oder eine strategische Gemeinsamkeit eint. Letztgenannte ware beispielsweise bei einer Gruppe von Schutzrechten gegeben, welche in ihrer Gesamtheit einen Wettbewerber zu einer Lizenz drangen.^ Nach erfolgter Abgrenzung wird mittels der zwei Hauptkriterien „Starke von Patenten" und ,Attraktivitat von Patenten", welche die Achsdimensionen des Portfolios darstellen, eine Bewertung der Patentfelder vorgenommen. Die dazu herangezogenen Indikatoren werden, wie aus Tabelle 6 ersichtlich, vorher mit Hilfe von Sortierkriterien gegliedert.
^^ Vgl. Hofinger (1997), S. 104. ^^ Vgl. Faix (2000), Faix (2001). " Vgl. Faix (2001), S. 144.
42
Thomas Tiefel / Rainer Schuster
Achsdimensionen
StMrke der Patente (Abszisse)
Sortlerkriterieii
Indikatoren
Starke der Rechtssituation
- Phase des Patents im Patentlebenszyklus - Qualitat der Anspriiche - Qualitat des Patentsystems
Starke des Patentinhabers
- Finanzielle Ressourcen - Qualitat und Quantitat der Patentabteilung des Untemehmens bzw. der patentanwaltschaftlichen Unterstiitzung
Attraktivitat der Erfindung
Technische Bedeutung, z.B. - FuE-Aufwand - FuE-Personaleinsatz - Rechtsstand der Erfindung - Zitierungsquote Okonomische Bedeutung, z.B. - Schatzung des Ertragspotenzials - Anzahl der Auslandsanmeldungen bzw. -patente - Breite der Patentklassifikation
Attraktivitat des Schutzrechtes
- Anzahl der Anspriiche und Breite des Schutzbereiches - Nutzbarkeit als Marketinginstrument - Grad der hemmenden Wirkung gegeniiber Mitbewerbem bei wichtigen Entwicklungen
AttraktivitSt der Patente (Ordinate)
Tabelle 6: Achsdimensionen und Indikatorenstruktur des Patentportfolios nach Faix^^ Wie oben ersichtlich, verwendet Faix fur seine Bewertimg vomehmlich subjektive Indikatoren (z.B. Schatzung des Ertragspotenzials), wobei hierfur die Einbindung von Patentfachleuten, FuE-Mitarbeitem und auch Marketingexperten notwendig ist.^ Gnmdsatzlich kann nicht nur das eigene sondem auch ein anderes Unternehmen mit dem Faixschen Ansatz analysiert werden. Da allerdings im zweiten Fall die Ermittlung der Auspragungen vieler Indikatoren, wie z.B. des FuEAufwands, von auBen nur sehr schwer moglich ist, steht die erstgenannte Anwendung im Vordergrund. In diesem Zusammenhang gewahrleisten Indikatoren wie J^uE-Personaleinsatz" oder „Nutzbarkeit als Marketinginstrument" eine hohe Anpassung an untemehmensspezifische Gegebenheiten.
Vgl. Faix (2001), S. 145 ff. Vgl. Faix (2000), S. 47.
43
Ansatze der Patentportfolio-Analyse
Mit Hilfe der Indikatoren aus Tabelle 6 wird fur jedes Patent ein Punktwert zwischen 10 (starkes bzw. attraktives Patent) und 0 (schwaches bzw. unattraktives Patent) fur die beiden Hauptkriterien berechnet.^^ Die ermittelten Zahlenwerte der einzelnen Patente werden entsprechend der definierten Patentfelder kumuliert und in eine Matrix eingetragen. Ein beispielhaftes Ergebnis fiir die Patentfelder PFl bis PF6 ist in Abbildung 7 dargestellt. Die Analyseobjekte werden als Kreise, deren Durchmesser als Mafi fur die Anzahl der jeweils im Patentfeld enthaltenen Schutzrechte dient, eingetragen.^*
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Iarketing Warfare in the 1980s".^ Darin prognostiziert er, dass sich der normale Marketingwettbewerb zu einem Marketingkrieg entwickeln wird.^ In Bezug auf den Kriegsbegriff unterscheidet Kotler zwischen dem von v. Clausewitz, der seiner Meinung nach auf die totale Vemichtung des Feindes abstellt, und dem von Liddell Hart, der als Ziel des Krieges einen Zustand des Friedens sieht/ Kotler erachtet das letztgenannte Kriegsverstandnis als besser geeignet, um es auf den okonomischen Wettbewerb zu iibertragen, und versucht dies anhand verschiedener Einzelbeispiele amerikanischer (z.B. IBM, GE, Johnson & Johnson) und japanischer (z.B. Seiko, Toyota) GroBuntemehmen zu veranschaulichen.^ Fiir ihn verfolgen Untemehmen im Rahmen ihrer Wettbewerbsaktivitaten nicht das Ziel sich gegenseitig auszuloschen, sondem sie wollen das marktliche Territorium entsprechend ihrer spezifischen Fahigkeiten aufteilen und dann friedlich koexistieren.^ Zum Krieg kommt es nach seiner Auffassimg, wenn ein Untemehmen sein Marktsegment nicht mehr anforderungsgerecht genug bedient und ein Konkurrent daher in dieses einzudringen versucht oder sich durch Veranderungen in der Makroumwelt die Segmente verschieben.^® Bei den im Marketing-Kriegsfall zu wahlenden Strategien unterscheidet Kotler daher zwischen Offensiv- und Defensivstrategien. Stellt man sich den Konkurrenten, der ein bestimmtes Marktterritorium besetzt halt, als Feind vor, so konnen von dieser Denkweise ausgehend funf verschiedene Offensivstrategien gegen ihn zum Einsatz kommen.'^ Abbildung 1 visualisiert diese.
Kotler/Singh (1981). Die wettbewerbsstrategischen Grundprinzipien des ,>larketing Warfare"Ansatzes vertritt Kotler auch in der Folgezeit; siehe dazu Kotler/Achrol (1984) und Kotler/Bliemel (2001), S. 684 ff. Vgl. Kotler/Singh (1981), S. 30. Vgl. Kotler/Singh (1981), S. 31 f. Vgl. Kotler/Singh (1981), S. 32, 34 ff. Vgl. Kotler/Singh (1981), S. 32. Vgl. Kotler/Singh (1981), S. 32. Vgl. Kotler/Singh (1981), S. 33 ff.
Patente als Waffen? - Die Adaption militarischer Strategieansatze in der Managementlehre
107
4. Vorbeiangriff
3. Umzingelungsangriff
Abbildung I: Diefiinf Ojfensivstrategien nach Kotler^^
Beim Frontalangriff zielt der Angreifer mit seinen Aktionen direkt und in voller Breite auf die gegnerischen Verteidigimgslinien. Um dabei erfolgreich zu sein, muss er iiber eine bessere Ressourcenausstattung verfiigen. Das gleiche gilt nach Kotler fur den Wettbewerb, wobei hier der Angriff auf die Starken des Mitbewerbers das okonomische Aquivalent darstellt. Direkte Angriffe, also Produkt gegen Produkt, erfolgen fur ihn iiber den Faktor Qualitat, durch massive WerbemaBnahmen oder iiber deutliche Preissenkungen. Da der Gegner in der Regel dort am starksten ist, wo er eine Attacke erwartet, sind seine Flanken haufig wenig gesichert und bieten somit interessante Angriffspunkte. In diesem Fall agiert der Angreifer zuerst so, als wolle er den Feind an seiner starksten Stelle attackieren, um an dieser Stelle dessen Krafte zu binden, und richtet dann jedoch seine wirkliche Offensive auf dessen Flanke. Von dort aus stoBt er ins Zentrum des Feindes vor, um ihn im Kern zu vemichten. Diese Variante kann zimi Einsatz kommen, wenn der Angreifer iiber weniger Ressourcen als der Verteidiger verfugt und ihn daher nicht mittels geballter Starke, sondem nur durch iiberraschende geschickte VorstoBe besiegen kann. Ein okonomischer Flankenangriff kaitn nach Kotler geografisch oder segmentspezifisch erfolgen.
Vgl. Kotler/Singh (1981), S. 34
108
Thomas Tiefel
Beim Umzingelungsangriff'crfolgt eine GroBoffensive an mehreren Punkten, so dass sich das angegriffene Untemehmen gleichzeitig an seiner Front, an seinen Flanken imd nach Hinten verteidigen muss. Diese Variante ist nur zu wahlen, wenn der Angreifer iiber deutlich groBere Ressourcen als der Verteidiger verfugt. Das Ziel ist es, den Feind zur Kapitulation zu zwingen, falls er nicht die totale Vemichtung riskieren will. Im Marketing gestaltet sich ein Umzingelungsangriff fiir Kotler folgendermaBen: Die segmentspezifische (Produkt-) Differenzierung des Mitbewerbers ist zu verwassem, was zur Folge hat, dass eine schwachere Verteidigungslinie entsteht. In Folge kann diese an vielen Stellen leichter durchstoBen werden, so dass sie sich auflost und in ein neues Segment eingeschlossen wird. Die Hauptsaulen der Verteidigung in einem Stellungskrieg sind die Befestigungen oder Schutzwalle. Beim Vorbeiangriff v/erden die am starksten befestigten Gebiete gemieden und die Offensivtruppen an ihnen vorbeigefuhrt, imi leichter zu besetzendes Territorium einzunehmen, welches die Ausgangsbasis fiir weitere Angriffe starken soil. Der VorbeiangrifF ist somit eine indirekte AngrifFsstrategie. Auf den Wettbewerb iibertragen, werden am Konkurrenten vorbei Markte angegriffen, die leicht zu erobem sind. Dies kann nach Kotler iiber die Diversifizierung in nicht verwandte Produktfelder oder in neue geografische Markte erfolgen. Der Guerillaangriff stellt die letzte ofFensivstrategische Variante dar. Der Angreifer setzt dabei auf kleine, raumlich begrenzte aber immer wiederkehrende Attacken auf die unterschiedlichsten Zielobjekte des Gegners, um diesen dadurch zu demoralisieren und langfristig selbst die KontroUe iiber ein Gebiet zu gewinnen. Ubertragen auf die Geschaftswelt sieht Kotler hier den systematischen Einsatz von rechtlichen Schritten (wie z.B. Patentklagen) als besonders geeignet an. Betrachtet man sich die Verteidigerseite, so stehen auch dieser spezifische Defensivstrategien zur Verfiigung. Fiir Kotler sind dies die folgenden sechs, in Abbildung 2 veranschaulichten Strategieoptionen.^^
Vgl. Kotler/Singh (1981), S. 38 ff.
Patente als Waffen? - Die Adaption militSrischer StrategieansStze in der Managementlehre
109
4. Flankensicherung
6. Strategischer Rilckzug
Abbbildung 2: Die seeks Defensivstrategien nach Kotler^^
Die Defensive ist traditionell eng mit dem Begriff der Stellungssicherung verbunden. Es geht hierbei damm, Schutzwalle gegen Angriffe um die eigenen Stellungen herum zu errichten. Aus marketingstrategischer Sicht erachtet Kotler diese Verteidigungsvariante als ungeeignet. Sie ist statisch angelegt imd falls ein Untemehmen den GroBteil seiner Ressourcen dafiir einsetzt, eine Mauer um seinen gegenwartigen Produktmarkt zu ziehen, so verpasst es neue Entwicklungen und wird letztendlich iiberrannt. Im Rahmen der mobilen Verteidigung reagiert die Defensivpartei flexibel auf die feindlichen Angriffe und versucht ihren Einflussbereich auf neue Gebiete auszudehnen, die dann zum Zentrum fur zukiinftige Verteidigungs- oder AngriffsmaBnahmen werden konnen. Auf die Okonomie iibertragen, sieht Kotler in der Markverbreiterung und der Marktdiversifizienmg zwei innovationsbasierte Anwendungsmoglichkeiten dieser Verteidigungsform. Ein Praventivschlag wird untemommen, um einen vermuteten, unmittelbar bevorstehenden feindlichen Angriff zuvorzukommen und den Gegner dadurch handlungsunfahig zu machen. Dabei wird insbesondere auf den zeitlichen Vorteil sowie den Cberraschungseffekt abgestellt und zudem davon ausgegangen, dass es weniger aufwendig ist, einen eigenen Angriff zu fiihren, als eine massive
Vgl. Kotler/Singh (1981), S. 38.
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Thomas Tiefel
Verteidigungsstellimg aufzubauen. Zu diesem Zweck stehen alle bereits erlauterten strategischen Angriffsoptionen zur Verfugung. Entscheidet sich ein Verteidiger fur die Flankensicherung, so schiitzt er nicht nur sein angestammtes Kemgebiet, sondem errichtet Vorposten. Diese konnen dazu dienen, schwache Frontabschnitte zu iiberwachen bzw. durch vorgeschobene Stellungen zu sichem oder die gegnerische Offensive von den Flanken her aufzuroUen. Der Einsatz dieser Strategieoption kann nach Kotler sehr haufig in der Wirtschaft beobachtet werden, ohne jedoch konkrete instrumentale Aquivalente zu nennen. Wenn ein Verteidiger trotz Flankensichenmg und Praventivschlag angegriffen wird, kann er schlieBlich zur groB angelegten Gegenoffensive schreiten. Sie zielt darauf ab, dem Gegner die Initiative aus der Hand zu nehmen. Dabei kann es aber auch sinnvoU sein, erste feindliche AngrifFe auszusitzen und zu warten, bis sich die gegnerische Offensive klar abzeichnet, um dann den richtigen Zeitpunkt und Ort fiir einen Gegenschlag zu wahlen. Dabei besteht die Moglichkeit, der gegnerischen Angriffsspitze frontal entgegenzutreten oder diese in die Zange zu nehmen (um sie von ihrer Kommandobasis abzuschneiden) oder die Flanke des Gegners anzugreifen, Kotler verweist hier wiederum auf die bereits vorher erlauterten strategischen Angriffsoptionen. Die letzte Verteidigungsoption stellt der strategische Ruckzug dar. Dieser stellt darauf ab, iiber ein zu groBes Verteidigungsgebiet verstreute und daher wenig wirkungsvoUe Krafte an einem geeigneten Punkt zu sammeln und die dadurch konzentrierten Krafte von dort aus neu einzusetzen. Diese Strategic wird fiir Kotler von einer Vielzahl von Managem verfolgt, wenn sie ihre Ressourcen konzentrieren und Untemehmen bzw. Geschaftsbereiche entsprechend den Markterfordemissen neu ausrichten. 3
Der ,,Marketing Warfare^'-Ansatz von Duro und Sandstrom
Das 1985 im schwedischen Original und 1986 in deutscher Ubersetzimg erschienene Buch „Marketing-Kampf-Strategien" der beiden Autoren Robert Duro und Bjom Sandstrom kniipft an die Uberlegungen Kotlers an.'^ Der von ihnen dort entwickelte militarstrategische Rahmen basiert auf den Lehren einer Vielzahl von Autoren, insbesondere von Beaufre, v. Clausewitz, Liddell Hart und Sunzi.^^ Was die Ubertragung der militarischen Strategien auf den Marketingbereich anbelangt, so unterscheidet sich diese nur unwesentlich von der Kotlers. Im Kem verweisen Duro und Sandstrom auf die gleichen, bereits bekannten fiinf
Dur6/Sandstr5m (1986); im Original: Dur5/Sandstr6m (1985). Da der Titel der englischen Ausgabe „The Basic Principles of Marketing Warfare" lautet, wird aus Grunden der Einheitlichkeit auch der Ansatz entsprechend bezeichnet; Dur6/Sandstr6m (1987). Vgl. Duro/Sandstrom (1986), S. 9 ff.
Patente als Waffen? - Die Adaption militarischer Strategieansatze in der Managementlehre
111
Offensiv- und sechs Defensivstrategien.^^ Dabei reichem sie diese aber deutlich umfangreicher mit Hilfe von Fallbeispielen skandinavischer (z.B. Volvo, H&M), amerikanischer (z.B. IBM, Chrysler) und japanischer (z.B. Toyota, Matsushita) GroBuntemehmen an. Weiterfiihrend ist ihr Versuch, die insgesamt elf Strategien nach ihrer Art in direkte und indirekte Strategien zu differenzieren und sie dann mit dem BCGPortfolio, dem 9-Felder-Portfolio und dem Produktlebenszyklus zu verbinden.*^ Dabei gehen sie stark vereinfachend vor und versuchen jedem Portfolioquadranten bzw. Produktlebenszyklusabschnitt eine oder mehrere spezifische MarketingKampfstrategien zuzuordnen. Im Einzelnen gestaltet sich dies folgendermaflen: Das BCG-Portfolio wird von Duro und Sundstrom modifiziert und von einem 4Felder in ein 6-Felder-Portfolio umgewandelt. Die Zuordnung der Kanq)fstrategien zeigt Abbildung 3.
2
B
i
AngrifT (Direkte Strategie)
AngrifT (Indirekte Strategie)
Verteidigung (Indirekte/Direkte Strategie)
AngriffA^erteid^Rttckzug (Indirekte Strategie)
Verteidigung/RUckzug (Indirekte/Direkte Strategie)
Rttckzug
dominierend unterlegen relativer Marktanteil Abbildung 3: Die Einordnung der Kampfstrategien in das modifizierte BCG-Portfolio nach Duro und Sandstrom^^
Das 9-Felder-Portfolio stellt sich unter Berucksichtigung der Kampfstrategien dann wie folgt dar Vgl. Duro/Sandstrom (1986), S. 105 ff. Vgl. Dur6/Sandstr6m (1986), S. 184 ff. Vgl. Duro/Sandstrom (1986), S. 190
112
Thomas Tiefel
Angriff (Direkt)
s § •c c
AngrifT (Indirekt/Direkt)
AngrifT (Indirekt)
AngrifT AngrifT Verteidigung Verteidigung (Indirekt/Direkt) (Indirekt)
Angriff Verteidigung RQckzug (Indirekt)
Verteidigung Verteidigung (Indirekt/Direkt) Riickzug (Indirekt/Direkt)
Ruckzug
hoch
gleich
niedrig
Konkurrenzposition Abbildung 4: Die Einordnung der Kampfstrategien und Sandstrom^^
in das 9-Felder-Portfolio
nach Duro
Den einzelnen Phasen des Produktlebenszyklus weisen Duro und Sandstrom folgende Kampfstrategien zu:
^®'*rucken
AngrifT
Abbildung 5: Die Einordnung Duro und SandstronP"^
^«»'- Verteidigen Tolgen
der Kampfstrategien
Vgl. Durd/SandstrOm (1986), S. 197. Vgl. Dur6/Sandstr6m (1986), S. 199.
Ruckzug
Zeit
in den Produktlebenszyklus
nach
Patente als Waffen? - Die Adaption militSrischer Strategieansatze in der Managementlehre
4
113
Der ^Marketing Warfare"-Ansatz von Ries und Trout
Marketing ist Krieg, in dem der Konkurrent den Feind und der Kiinde das Schlachtfeld darstellt. Um erfolgreich zu sein, darf ein Untemehmen sich nicht mehr primar am Kunden orientieren, sondem muss Schwachstellen beim Mitbewerber aufspiiren und diese geschickt nutzen, um ihn zu besiegen. Daher ist es notwendig, Marketingaktionen wie militarische Feldziige zu planen. Diese Grundauffassung vertreten Al Ries und Jack Trout in ihrem 1986 sowohl im amerikanischen Original als auch in deutscher Ubersetzung erschienen Werk ,JV[arketing War"."' Fiir sie konnen daher Manager aus den groBen Schlachten der letzen 2500 Jahre und von v. Clausewitz, dem fur sie groBten Militarstrategen aller Zeiten, sehr viel lemen.^^ Zwei Grundsatze der Clausewitzschen Kriegstheorie erscheinen Ries und Trout besonders wichtig: Zum einen der Grundsatz der Starke und zum anderen die Uberlegenheit der Verteidigung.^"* Beide sind zu beriicksichtigen, wenn man das Marketing-Schlachtfeld betritt. Bei diesem handelt es sich nach ihrer Ansicht um keinen geografischen Ort, sondem um die Kopfe der tatsachlichen und potenziellen Kunden.^^ Um einen Marketingkrieg zu fuhren, muss ein Untemehmen nach Ries und Trout zuerst die eigene Marktposition ermitteln und dann eine passende der vier folgenden Strategieoptionen wahlen:^^ 1. Die defensive Kriegsfuhrung 2. Die offensive Kriegsfuhrung 3. Die Flankenkriegsfiihrung 4. Die Guerillakriegsfuhrung Die Strategic der defensiven Kriegsfuhrung^^ fuBt auf drei fundamentalen Grundsatzen. Erstens, nur der Marktfuhrer sollte in Erwagung Ziehen, diese zu wahlen. Wichtig ist in diesem Kontext, dass nur jenes Untemehmen als Marktfuhrer zu betrachten ist, das vom Kunden dafur gehalten wird. Zweitens, die beste Defensivstrategie besteht darin, sich selbst anzugreifen. Mit anderen Worten, ein Marktfuhrer starkt seine Position, indem er neue Produkte und Dienstleistungen einfiihrt, die das bisherige eigene Leistungsspektrum iibertreffen. Drittens, GroBangriffe der Konkurrenz sind zu verhindem. Wenn der Marktfuhrer eine Gelegenheit versaumt hat, sich selbst anzugreifen und die Konkurrenz diese Chance nutzt, ist die Imitation der Marketingaktivitaten des Angreifers ein probates Mittel um zu verhindem, dass dieser sich am Markt dauerhaft etabliert. 22 23 24 25 26 27
Vgl. Ries/Trout (1986a), S. 17 ff.; im Original: Ries/Trout (1986b), S. 1 ff. Vgl. Ries/Trout (1986a), S. 17, 26 ff. Vgl. Ries/Trout (1986a), S. 41 ff., 49 ff. Vgl. Ries/Trout (1986a), S. 60 ff. Vgl. Ries/Trout (1986a), S. 65 ff. Vgl. Ries/Trout (1986a), S. 72 ff.
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Fiir an zweiter oder dritter Marktposition rangierende Untemehmen ist die Strategic der offensiven Kriegsfuhrung^^ geeignet. Sie miissen allerdings stark genug sein, eine langer anhaltende Offensive gegen den Marktfiihrer aufrecht zu erhalten. Ist dies der Fall, sind abermals drei Gnmdsatze zu beachten. Erstens: Der Fokus der eigenen Uberlegungen muss auf den Starken des Marktfuhrers liegen. Ein Kemproblem liegt darin, dass sich viele Untemehmen in erster Linie mit ihren eigenen Starken beschaftigen, ohne diese an denen der Mitbewerber zu reflektieren. Zweitens: Es muss eine Schwache in der Starke des Marktfuhrers gefunden werden und genau dort ist anzugreifen. Also nicht in einem Bereich, wo der Marktfiihrer ohnehin Schwachen zeigt. Drittens: Der Angriff soUte engst moglich, d. h. in einem kleinen Gebiet und mit so wenig Produkten wie moglich (idealer weise mit nur einem einzigen), erfolgen. Die Strategic der FlankenkriegsfUhrun^^ ist eine weitere Angriffsoption fiir groBere Untemehmen. Allerdings handelt es sich dabei um keine direkte, sondem um eine indirekte Angriffsvariante. Auch sie basiert auf drei Grundsatzen. Erstens: Der Flankenangriff muss auf unumstrittenen Gebiet erfolgen. Hierzu benotigt man ein Produkt, das gegeniiber dem bereits existierenden Angebot am Markt einen signifikanten Neuheitsgrad aufweist, mit welchem als First-Mover ein noch fi-eies Marktsegment zu besetzen ist. Zweitens: Der Flankenangriff sollte ein iiberraschendes Element enthalten. Dies ist entscheidend, denn ansonsten kann der Marktfiihrer seine in der Kegel iiberlegenen Ressourcen sofort fiir einen direkten Gegenschlag einsetzen. Je groBer der Uberraschungseffekt ist, desto mehr Zeit wird der Marktfiihrer brauchen, um darauf zu reagieren und um so starker wird die Demoralisiemng ausfallen. Drittens: Der Verfolgungskampf ist genauso wichtig wie der Flankenangriff selbst. Viele Untemehmen horen auf zu kampfen, wenn sie erst einmal einen Sieg emmgen haben. Statt sich danach mit den weniger erfolgreichen Produkten zu beschaftigen, sollte das Management diese lieber fallen lassen und seine gebiindelte Energie darauf verwenden, mit den Top-Produkten weiter in den Markt vorzudringen. Fiir kleine Untemehmen, die nicht iiber die Mittel verfiigen, um eine Offensiv- oder Flankenkriegsfiihrung zu praktizieren, eignet sich die Strategic der Guerillakriegsfiihrung?^ Dabei miissen sie folgende Gnmdsatze beachten. Erstens: Es muss ein Marktsegment gefunden werde, das klein genug ist, um es verteidigen zu konnen. Dies kann in Bezug auf seine geografische Lage, sein Volumen oder ein anderes Kriterium so gering dimensioniert sein, dass ein groBes Untemehmen es schlecht angreifen kann oder gar nicht angreifen will. Zweitens: Egal wie erfolgreich ein kleineres Untemehmen wird, es darf nie wie ein groBer Marktfiihrer handeln. Der Kempunkt ist, dass genau das Gegenteil, was ^^ Vgl. Ries/Trout (1986a), S. 86 ff. ^^ Vgl. Ries/Trout (1986a), S. 103 ff. ^° Vgl. Ries/Trout (1986a), S. 122 ff.
Patente als Waffen? - Die Adaption militarischer Strategieansatze in der Managementlehre
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fur ein Grofiuntemehmen (insbesondere in Bezug auf seine Aufbau- iind Ablauforganisation) richtig ist, fiir ein kleines Guerillauntemehmen gilt. Drittens: Das Untemehmen muss darauf vorbereitet sein, jederzeit aus dem Markt aussteigen zu konnen. Wenn sich abzeichnet, dass auch auf einem kleinen Schlachtfeld kein Sieg erzielt werden kann, sollte nicht gezogert werden, sich aus diesem zuriickzuziehen und ein neues Territorium in Angriff zu nehmen. Ries und Trout verzichten darauf, den einzelnen Strategien jeweils spezifische Marketing-Instrumente zuzuordnen, sondem sehen immer das gesamte Spektrum des Marketing-Mix als einschlagig an. Sie veranschaulichen dies anhand von vier umfangreichen Fallstudien (dem Cola-, dem Bier-, dem Hamburger- und dem Computerkrieg) in deren Mittelpunkt vorwiegend amerikanische Grofiuntemehmen stehen und die durchgangig auf oligopolistisch gepragten Markten spielen. 5
Der „Business Wargames'^-Ansatz von James
Im Jahr 1986 wurde in Deutschland unter dem Titel „Kampfstrategien fur Untemehmen" das im Original zwei Jahre zuvor erschienene Werk ,3usiness Wargames" vom Barrie James publiziert.^* Nach seiner Auffassung haben die Gebiete okonomischer Wettbewerb und militarische Konflikte erstaunlich viel gemeinsam.^^ Die Ahnlichkeit kommt fiir ihn nicht von ungefahr, denn Unternehmen werden ebenso wie Armeen nur zu einem Zweck aufgestellt, namlich um im Kampf auf dem Markt oder auf dem Schlachtfeld erfolgreich zu sein.^^ Bei der Entwicklung seines militarstrategischen Rahmens zitiert er sowohl bekannte Klassiker wie zum Beispiel Sunzi, Liddell Hart, v. Clausewitz oder Moltke als auch verschiedene Generale und veranschaulicht seine Uberlegungen anhand von mehreren Zeichnungen historischer Schlachten.^"* Seine Grundiiberlegungen visualisiert James mit Hilfe seines in Abbildung 6 dargestellten Modells der Strategie-Pyramide.
31 32 33 34
James (1986); im Original: James (1984). Vgl. James (1986), S. 13. Vgl. James (1986), S. 13. Vgl. James (1986), S. 23 ff.
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Abbildung 6: Die Strategie-Pyramide nach James^^
Demnach wird sowohl im untemehmerischen als auch im militarischen Bereich auf drei Ebenen operiert. An der Spitze der Pyramide stehen die GroBmacht- iind die Untemehmensstrategie. Die GroBmachtstrategie soil den Einsatz aller zur Erreichimg der jeweiligen politischen Ziele notwendigen Mittel gewahrleisten. Das minimal angestrebte Ziel ist die Erhaltimg des politischen und gesellschaftlichen Status Quo. Das okonomische Aquivalent der GroBmachtstrategie ist die Untemehmensstrategie, die das Gesamtressourcenspektrum eines Betriebes zur Verfolgung der spezifischen Firmenziele bestimmt. Das Mindestziel ist die Erhaltung der Branchen- oder Marktposition. Auf der mittleren Ebene steht die Militarstrategie, die bestimmt, welche militarischen Mittel zum Erreichen der nationalen GroBmachtziele eingesetzt werden. Entsprechend stellt die Geschaftsstrategie einen Plan fiir den Einsatz der betrieblichen Ressourcen zur Erreichung der Untemehmensziele dar. Auf der untersten Ebene ist die Taktik angesiedelt. Im militarischen Bereich versteht man darunter den Einsatz der Streitkrafte auf dem Schlachtfeld, im wirtschaftlichen Bereich einen Aktionsplan zur Erreichung der Ziele der Geschaftsstrategie.
Vgl. James (1986), S. 24 ff.
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Im nachsten Schritt zeigt James, dass zur Bewaltigimg von militarischen und wirtschaftlichen Konfliktsituationen ahnliche Vorgehensweisen gewahlt werden.^^ Beispiele hierfiir sind: Zur Erreichung eines Endziels wird eine Reihe von aufeinander folgenden und genau abgestimmten Einzelschritten gewahlt. Scheinbar zufallige, aber in Wirklichkeit genau geplante Einzelaktionen, werden gezielt gebiindelt. Psychologische Druckmittel werden gewahlt, um den Feind unter Vermeidung direkter Gewaltanwendung zu schlagen. Fiir James konnen daher im militarischen wie im wirtschaftlichen Konfliktfall vier Grundstrategien angewandt werden:^^ 1. Abschreckungsstrategien 2. Offensivstrategien 3. Defensivstrategien und 4. Biindnisstrategien Damit erweitert er das strategische Spektrum um zwei weitere Grundstrategien und prazisiert zudem alle vier Grundstrategien durch die systematische Zuordnung von Unterstrategien. Das Ziel von Abschreckungsstrategien^^ ist es, einen Angriff zu vermeiden. Die Auseinandersetzimg ist nicht von physischer Gewalt, sondem von psychologischem Druck gepragt und findet im Kopf des Gegners statt. Abschreckungsstrategien fimktionieren nur, wenn die drohende Partei iiber die notwendige Glaubwiirdigkeit, Macht und Kommunikationsfahigkeit verfiigt. In der Wirtschaft sind fur James in diesem Kontext die wichtigsten Strategien die Abschreckung durch Marketing, durch Technologic sowie durch Geschafts- und Finanzpolitik. Was die Offensiv-^^ und Defensivstrategien^^ anbelangt, so unterteilt auch James diese in die von Kotler klassifizierten fiinf bzw. sechs strategischen Untergruppen. Er geht dabei allerdings sehr ausfiihrlich auf den Frontal-, Flankenund GuerillaangrifF sowie die Stellungs- und Flankensicherung, die Gegenoffensive und den strategischen Riickzug ein. Die Biindnisstrategien^^ dienen dazu, die vorher genannten drei Grundstrategien besser einsetzen zu konnen. Fur James werden in der Wirtschaft Biindnisse geschlossen, um gemeinsame Interessen (wie z.B. der Erhalt wirtschaftlicher Machtverhaltnisse oder bestehender Einflussspharen) besser verfolgen zu kon36 37 38 39 40 41
Vgl. James (1986), S. 28 ff. Vgl. James (1986), S. 39. Vgl. James (1986), S. 41 ff. Vgl. James (1986), S. 55 ff. Vgl. James (1986), S. 93 ff Vgl. James (1986), S. 143 ff
118
Thomas Tiefel
nen. Als so genannte Wirtschaftsbiindnisse fiihrt er Lizenzvertrage, Vertriebsvereinbamngen, Joint Ventures, Franchising, Gegengeschafte, Konsortien, Normungen sowie gemeinsame Forschimgs- iind Technologieaktivitaten an. AbschlieBend stellt James funf kampfunterstiitzende Systeme vor, die nach seiner Auffassimg sowohl fur militarische als auch wirtschaftliche Konflikte essenziell sind/^ Hierzu zahlen die Waffen, die Logistik, die Kommunikation, die Nachrichtendienste sowie die Organisation und Fiihrung. Untemehmen werden dann keinen Erfolg erzielen, wenn sie nur Teile der genannten Systeme in ihre Strategien mit einbeziehen oder versuchen, die unterstiitzenden Systeme der Strategie anzupassen, statt umgekehrt die Strategien so anzulegen, dass die eigenen Starken voll genutzt werden konnen. Seine Uberlegungen veranschaulicht James mittels einer Vielzahl an Beispielen amerikanischer (z.B. IBM, GM, McDonalds, Boeing, Caterpillar), europaischer (z.B. Philips, Michelin, Renault, Nestle, Heineken) und japanischer (z.B. Nissan, Honda, Toyota, Canon, Komatsu) GroBuntemehmen. 6
Der „CSI'*-Ansatz von MacMillan, Gunther McGrath und van Putten
In ihrem im Jahr 2003 erschienen Aufsatz vertreten Ian MacMillan, Rita Gunther McGrath und Alexander van Putten die Grundauffassung, dass „der Kampf zwischen Untemehmen ... heutzutage einer dreidimensionalen, weltweit ausgetragenen Schachpartie""*^ gleicht. Damit kniipfen sie an die bereits im 19. Jahrhundert von dem Militarstrategen Antoine Henri de Jomini vertretene Vorstellung an, dass ein Kriegsschauplatz durch ein groBes, kompliziertes Schachbrett dargestellt werden konne.'*'* Ihr „Competing under Strategic Interdependence"oder kurz „CSI"-Ansatz stellt darauf ab, dass der Erfolg einer jeden strategischen Entscheidung zu einem groBen Teil vom Verhalten des Gegners abhangig ist."^^ Sind Strategiekomponenten im gesteigerten MaBe voneinander abhangig, so sprengt die Komplexitat der daraus resultierenden Situation schnell den Rahmen herkommlicher Analysen. Da sich nach Ansicht von MacMillan et al. die meisten okonomischen Strategen nicht besonders gut darauf verstehen, die Folgen interdependenter Strategien vorauszusagen, geschweige denn, deren Wechselwirkungen aktiv zu ihrem Vorteil zu nutzen, stellen sie das folgende dreistufige Planungswerkzeug vor."*^ 42 43
45 46
Vgl. James (1986), S. 161 ff. MacMillan/Gunther McGrath/van Putten (2003b), S. 22; im Original: MacMillan/Gunther McGrath/van Putten (2003a). Siehe dazu auch grundlegend: Chen/MacMillan (1992); Chen/Smith/Grimm (1992); Chen/Miller (1994), Gunther McGrath/Chen/MacMillan (1998). Vgl. van Creveld (1998), S. 149. Siehe dazu auch Stahel (2004), S. 127 ff., Hahlweg (1960), S. 267 ff., Handel (2005), S. 3, 37 f. und Beer (1990), S." 117 f. Vgl. MacMillan/Gunther McGrath/van Putten (2003b), S. 23. Vgl. MacMillan/Gunther McGrath/van Putten (2003b), S. 23.
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Um die Beziehimgen zwischen dem eigenen Untemehmen und dem Hauptkonkurrenten sichtbar und nutzbar zu machen, miissen im ersten Schritt"*^ alle Produktgruppen und Regionen, in denen ein Untemehmen tatig ist, erfasst werden. Hierfiir ist eine Tabelle mit den Dimensionen „Sortiment" und „Wettbewerbsregionen" zu generieren, welche das globale strategische Wettbewerbsfeld abgrenzt und die einzelnen Wettbewerbsfelder visualisiert. Die Tabelle kann produkt- und regionenspezifisch weiter detailliert werden. Abbildung 7 veranschaulicht dies.
Das globale strategische Wettbewerbsfeld Region 1
Region 2
Region 3
Produktgruppe 1 Produktgruppe 2 Produktgruppe 3
Weitere Detaillierung fiir die Produktgruppe 2 Region 3
Region 1 1 Region 2 Produkt 2a Produkt 2b
1 1
Produkt 2c
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Produkt 2d Produkt 2e
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Abbildung 7: Die tabellarische Beschreibung der Wettbewerbsfelder nach MacMillan et al (Eigene Darstellung) Im zweiten Schritt"*^ muss analysiert werden, wo in jedem Wettbewerbsfeld das eigene Untemehmen im Vergleich zum Hauptkonkurrenten steht. Zu diesem Zweck werden drei Faktoren imtersucht: Erstens, die Reaktionsneigung - d. h. wie stark der Hauptkonkurrent auf erhohten Dmck in einem Feld reagiert. Seine Neigung, eine Aktion mit einer Gegenaktion zu beantworten, kann iiber die jeweils feldspezifischen Indikatoren Marktanteil, Profitabilitat und emotionale Verbundenheit bestimmt werden. Zweitens, die Attraktivitat eines Feldes fur das eigene Untemehmen. Hier konnen die gleichen Indikatoren wie bei der Ermitt47 48
Vgl. MacMillan/Gunther McGrath/van Putten (2003b), S. 23 f. Vgl. MacMillan/Gunther McGrath/van Putten (2003b), S. 24 f.
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lung der Reaktionsneigung herangezogen werden. Drittens, der relative Einfluss, welcher das Krafteverhaltnis in einem Wettbewerbsfeld misst. Dieser kann iiber den um die Vertriebsmacht oder die technologischen Vorteile korrigierten relativen Umsatz je Feld (Umsatz des Hauptkonkurrenten/Eigener Umsatz) bestimmt werden. Im dritten Schritt'*^ werden mittels einer Matrix die berechneten Werte visualisiert. Die Abszisse gibt den Grad der Reaktionsneigung und die Ordinate die Attraktivitat eines Feldes fur das eigene Untemehmen an. Die GroBe der die Produktgruppen reprasentierenden Kreise bildet den relativen Einfluss des Konkurrenten ab - je groBer er ist, desto hoher ist die Flache.^° Abbildung 8 zeigt dies beispielhaft.
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Abbildung 8: Die Matrix zur Visualisierung der Position je Wettbewerbsfeld nach MacMillan et al. (Eigene Darstellung) Ist die eigene Ausgangposition bestimmt, so stehen fur MacMillan et al. einem Untemehmen sechs CSI-Strategien fur den Einsatz im Wettbewerb zur Verfiigung:^^
Vgl. MacMillan/Gunther McGrath/van Putten (2003b), S. 25 f. Falls mehrere Konkurrenten berucksichtigt werden sollen, so kann in der Matrix fur jeden Mitbewerber eine andere Farbe verwendet werden. Vgl. MacMillan/Gunther McGrath/van Putten (2003b), S. 26 ff.
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1. Der Frontalangriff Ziel ist es, einen signifikanten Marktanteil in einem wichtigen Wettbewerbsfeld zu erobem imd den Konkurrenten dazu zu zwingen, sich zuriickzuziehen (z.B. durch radikale Preissenkimgen oder massive WerbemaBnahmen). 2. Der Wettstreit Dabei gilt es Felder zu finden, in denen die Konkurrenz iiber eine geringere Schlagkraft als man selbst verfugt iind diese zu besetzen (z.B. durch hochinnovative Produkte oder neue Geschaftsmodelle). 3. Der Guerillaangriff Dieser kann in Wettbewerbsfeldem zum Einsatz kommen, in denen der Mitbewerber mit einem hohen relativen Einfluss aufwartet. AngrifFen wird nur punktuell und zwar in weniger beachteten Bereichen in einem attraktiven Feld (z.B. Nischenbearbeitung), denn dort ist die Reaktionsneigung geringer als in dem Markt als Ganzem. Ziel ist es, erst einmal in dem Zielmarkt FuB zu fassen und ihn spater weiter zu erschliefien. 4. Die Finte Hierbei lenkt der Angreifer die Aufinerksamkeit und Ressourcen des Verteidigers vom eigentlichen Ziel ab, indem er an einer anderen Stelle einen AngrifFlanciert (z.B. regionale oder produktbezogene Scheinaktivitaten). 5. Das Gambit Ein unwichtiges Wettbewerbsfeld wird geopfert (z.B. indem Produkte vom Markt genommen oder Preise deutlich erhoht werden), um an einer anderen Stelle einen Vorteil zu erringen. Ziel ist es den Konkurrenten dazu zu bringen, seine Ressourcen freiwillig aus einem bestimmten Feld abzuziehen imd dieses weniger gesichert zu hinterlassen, so dass es in Folge leicht eingenommen werden kann. 6. Das Abschopfen Hier verlegen sich die Parteien darauf, gemeinsam Gewinne aus einem Wettbewerbsfeld zu ziehen und nicht gegeneinander, sondem miteinander zu agieren (z.B. durch Kooperationen oder Kreuzlizenzvergabe). Zur Veranschaulichung ihres CSI-Ansatzes hinterlegen MacMillan et al. diesen mit einem durchgangigen Fallbeispiel in dessen Mittelpunkt der Konkurrenzkampf zwischen den beiden Konsumgiiterkonzemen Unilever und Procter & Gamble steht. Ihre Ausfuhrungen zu den CSI-Strategien erganzen sie mit zusatzlich Beispielen aus verschiedensten Branchen, wobei es sich fast durchgangig um GroBuntemehmen handelt. Nach ihrer Auffassung ist der CSI-Ansatz aber auch fur mittelstandische Untemehmen geeignet.^^
Vgl. MacMillan/Gunther McGrath/van Putten (2003b), S. 32.
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Der ^Spheres of Influence"-Ansatz von D'Aveni
Zu Beginn des Jahres 2005 erschien in Deutschland (als gekiirzte Ubersetzung des Aufsatzes „Corporate Spheres of Influence"^^) der zweiteilige Artikel ,vAn vorderster Front"^"* von Richard D'Aveni. Als Ausgangspunkt seiner Uberlegungen dient ihm die folgende Frage, die sich das Management eines jeden Unternehmens stellen muss: Welchem strategischen Gesamtkonzept soil bei der Untemehmensfiihnmg gefolgt werden, um eine moglichst vorteilhafte Wettbewerbsposition zu erreichen oder zu sichem?^^ In der Managementpraxis wird diese fur D'Aveni auf zwei unterschiedliche Arten beantwortet. Als die eine Antwort betrachtet er synergieeffektorientierte und finanzwirtschaftliche Managementansatze.^^ Diese versuchen, verschiedene Untemehmen oder Sparten, die jeweils einen positiven Beitrag zur finanziellen Gesamtleistung liefem soUen, unter einem Konzemdach zu vereinen. Die zweite Antwort besteht nach seiner AufFassung darin, dass sich Untemehmen auf ihre Kemkompetenzen oder ihr Kemgeschaft konzentrieren und sich von alien wirklich oder vermeintlich unnotigen (bzw. nicht dazugehorigen) Produkt- und Untemehmensbereichen trennen.^^ Beide Antworten greifen D'Aveni allerdings zu kurz, denn nach seiner Ansicht ignorieren oder verkennen die mit ihnen verbundenen Modelle die Bedeutung der Konkurrenz.^^ Als Alternative empfiehlt er, dass sich Untemehmen besser an strategischen Einflussspharen orientieren und schlagt seinen „Spheres of Influence"-Ansatz vor, der auf dem strategischen Zweck und der Wettbewerbswirkung der Auswahl bestimmter Marktpositionen basiert.^^ Den Begriff der Einflussspharen entleiht D'Aveni aus der Geopolitik, wo dieser bereits seit Jahrhunderten eine wichtige Rolle bei der Beschreibung und Gestaltung der politischen oder militarischen Beziehungen zwischen Staaten spielt.^® Nach seiner Auffassung sollen Untemehmen wie konkurrierende Staaten agieren und sich mittels der Gestaltungsparameter „Konkurrenzwahl", „geografische Marktwahl" und ,J^roduktpositionierung" spezifische Machtbereiche schaffen.^' D'Aveni definiert ftinf Zonen, aus denen die Einflusssphare eines jeden Untemehmens besteht und auf die es sein Produkt/Markt-Portfolio strategisch ausD'Aveni (2004a). Siehe zudem grundlegend D'Aveni (2001) und erganzend D'Aveni (2002a, 2002b, 2003, 2004b). D'Aveni (2005a); D'Aveni (2005b). Vgl. D'Aveni (2005a), S. 68. Vgl. D'Aveni (2005a), S. 68. Vgl. D*Aveni (2005a), S. 68. Vgl. D'Aveni (2005a), S. 68. Vgl. D'Aveni (2005a), S. 68. Vgl. D'Aveni (2005a), S. 68; im Original verweist D'Aveni (2004a), S. 39, 46 auf H. J. Morgenthau (1985) und Z. Brzezinski (1997). Vgl. D'Aveni (2005a), S. 68 f.
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richten muss: Den Kern, die vitalen Interessen, die Pufferzonen, die Hauptschauplatze und die vorgeschobenen Posten.^^
Abbildung 9: Diefiinf Zonen der Einflusssphdre eines Unternehmens nach D'Aveni (Eigene Darstellung) Der Kern einer jeden Einflusssphare ist der Produkt- oder Landesmarkt, der die Machtbasis eines Unternehmens begriindet, da es dort den groBten Teil seiner Einnahmen und Gewinne erwirtschaftet. In diesem Bereich muss ein Untemehmen seine Kemkompetenzen konzentrieren, eine marktbeherrschende Stellung aufbauen und die Wertfuhrerschaft anstreben. Jeder Angriff auf den Kern ist zuriickzuschlagen. Die vitalen Interessen sind Produkt- und Landesmarkte, die dem Kern wichtige und oft erganzende Starken hinzufiigen. Sie sorgen fur GroBenvorteile oder eine bessere Integration und verstarken die im Kern angesiedelten Kompetenzen. Dabei kann es sich um Komplementarprodukte oder -untemehmen handeln, die Ressourcen wie z.B. Know-how, Kapital oder Schutzrechte beisteuem. Pufferzonen bieten Schutz vor den Angriffen von Konkurrenten, die in den eigenen Kern vordringen wollen. Dabei handelt es sich insbesondere um Marken und Produkte, die den Markteintritt eines Mitbewerbers blockieren konnen. Da die Pufferzonen nur einen kleinen Teil der Einnahmen eines Unternehmens Vgl. D'Aveni (2005a), S. 69 f.
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darstellen, koimeii sie ausgedehnt werden und falls eine Schlacht geschlagen werden muss, soUte dies besser dort als im Kern oder der Zone der vitalen Interessen erfolgen. Die Hauptschaupldtze (oder Dreh- und Angelpunkte) sind Markte, die langfristig das Machtgleichgewicht zwischen den konkurrierenden Untemehmen verschieben konnen. Wer in diesen oftmals stark risikobehafteten Markten investiert, versucht sich Zukunftspotenziale zu erschlieBen, ohne dabei jedoch schon einen bestimmten Konkurrenten im Auge zu haben. Die Hauptschauplatze sind die Orte, wohin sich langfristig der Kern verschiebt. Bei den vorgeschobenen Posten handelt es sich um offensive Stellungen an vorderster Front, die unweit von den vitalen Interessen oder dem Kern eines bekannten Konkurrenten angesiedelt sind. Sie konnen dreifach genutzt werden. Erstens, um den Kern eines Mitbewerbers zu schwachen. Zweitens, um eine stabile Lage herzustellen, bei der jeder Konkurrent einen vorgeschobenen Posten nahe des Kems des anderen besetzt, so dass ein Gleichgewicht der Abschreckung entsteht. Und drittens, um einen Rivalen abzulenken und seine Aufinerksamkeit bzw. seine Ressourcen auf fur ihn ungiinstige Ziele zu lenken. Erganzend, da im strengen Sinne nicht zu der Einflusssphare eines Unternehmens zahlend, sind noch die Machtvakuen zu nennen. Dabei handelt es sich um Gebiete des Wettbewerbsraumes, die von keinem der Anbieter kontrolliert werden. Sie sind noch keine Hauptschauplatze, aber ein Untemehmen muss sich ihrer Existenz bewusst sein und sie beobachten. Folgt das Management der obigen Sichtweise, so ist es gezwungen fiir jeden Teil des Untemehmens- bzw. Produkt-Portfolios die spezifische Funktion in den einzelnen Zonen zu bestimmen.^^ Das Ziel des Untemehmens muss es sein, die verschiedenen Zonen seiner Einflusssphare zu beherrschen, um aus dieser Position heraus gegen bereits existierende sowie potenzielle Konkurrenten vorgehen zu konnen.^ Wie die Zonen einer Einflusssphare aussehen konnen, zeigt D'Aveni fur die Untemehmen Microsoft, Nokia, Harley-Davidson, AnheuserBusch und Cemex.^^ 8
Ein kritischer Vergleich
Nach der Darstellung der einzelnen Ansatze erfolgt nun deren kritischer Vergleich. Dabei wird anhand von acht Kriterien untersucht, inwieweit die Ansatze innerer und auBerer Priifung standhalten. Die verschiedenen Kriterien und ihre jeweiligen ansatzspezifischen Auspragungen finden sich in Abbildung 10 zusammengefasst. ^^ Vgl. D'Aveni (2005a), S. 70. ^ Vgl. D'Aveni (2005b), S. 70. ^^ Vgl. D'Aveni (2005a), S. 69 f., D'Aveni (2005b), S. 70 ff.
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Als Ausgangspimkt fur die weiteren Analysen ist zuerst die Zielsetzung der Autoren zu untersuchen. Dabei kann zwischen den Autoren der ersten und denen der zweiten Generation ein deutlicher Unterschied ausgemacht werden. Fiir die der ersten Generation steht durchgangig das Bestreben im Mittelpimkt, moglichst umfassend Erkenntnisse aus dem militarstrategischen Bereich auf das Gebiet der Marketing- und Wettbewerbsstrategie zu iibertragen. Grundgedanke ist hierbei, dass bei militarischen Konflikten auf einen langeren Beobachtungszeitraum zuriickgegriffen werden kann und die in diesem Kontext ermittelten Erfolgsfaktoren auch auf Problemstellungen der okonomischen Konkurrenz Anwendung finden konnen. Die Autoren der zweiten Generation gehen zwar von der gleichen Pramisse aus, definieren ihren Zielfokus allerdings enger. Ihr Kemsziel ist es, mit Hilfe der militarstrategische Referenzierung die wesentliche Bedeutung der Aktions- und Reaktionsbeziehungen zwischen den beteiligten Parteien deutlich zu machen, und fur die Wettbewerbssituation eines Untemehmens einen daraus abgeleiteten, entsprechenden Analyserahmen samt Instrumente zu schaffen. Unabhangig von der spezifischen Ausgestaltung ihres jeweiligen Ansatzes haben alle Autoren folglich eine Grundidee gemein: Sie woUen theoretische und empirische Erkenntnisse von einem Untersuchungsgebiet auf ein anderes iibertragen. Aus dieser Logik heraus sind die Ansatze also zuerst in Hinblick auf ihre Ausfuhrungen zur militarischen Strategielehre und dann beziiglich ihrer Aussagen zum Gebiet der okonomischen Wettbewerbsstrategien zu vergleichen. Es stellt sich somit zuerst die Frage nach der jeweiligen militdr-strategischen Theoriebasis. Analysiert man die sechs Ansatze so zeigt sich, dass fast ausnahmslos auf klassische westliche Autoren der Militarstrategie des 18. bis 20. Jahrhunderts (insbesondere v. Clausewitz) verwiesen wird. Dabei werden zwei Punkte besonders deutlich: Erstens, dass eine Auseinandersetzung mit den Lehren dieser Militarstrategen im besten Fall bruchstiickhaft bleibt und in den meisten Fallen iiberhaupt nicht vorgenommen wird. Ergo ist die fur einen Erkenntnistransfer auf dieser Ebene notwendige Grundlage nicht vorhanden. Zweitens wird klar, dass nur Militarstrategen, deren Aussagen sich im Schwerpunkt auf die zu ihrer Zeit dominierenden symmetrischen Staatenkriege beziehen, herangezogen wurden. Unabhangig von der vorher geauBerten formalen Kritik behandeln alle Autoren also in Bezug auf den Kriegstypus den der „alten" und nicht den der „neuen" Kriege.^^ Dieser Aspekt ist aus folgendem Grund auBerst kritisch zu sehen. Sowohl das Phanomen der „neuen" Kriege als auch das des Hyperwettbewerbs kann immer haufiger beobachtet werden - dabei ist den beiden gemeinsam, dass sie vollig anderen GesetzmaBigkeiten als ihre „alten" Vorganger folgen, und dass zwischen ihnen sowohl auf konkreter als Zum Typus der „alten" und der ,^euen" Kriege siehe Kaldor (2000), Munkler (2004) und van Creveld(1998).
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auch auf abstrakter Ebene eine deutliche Annahenmg festgestellt werden kann.^^ Falls davon ausgegangen wird, dass ein oben beschriebener Erkenntnistransfer moglich sein konnte, miissten auf jeden Fall die aktuellen Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der ,^euen Kriege" und insbesondere zu asymmetrischen militarischen Konflikten Berucksichtigung finden.^^ Vergleicht man die in den ersten fiinf Ansatzen verwendeten militdrstrategischen Elemente, so wird der ihnen innewohnende Bezug auf „alte" Kriege noch deutlicher. Im Mittelpunkt stehen die klassischen offensiven und defensiven Kampfstrategien, die davon ausgehen, dass sich zwei (oder mehrere) genau identifizierbare Kriegsgegner einander gegeniiber stehen. Insbesondere Ries und Trout betonen in diesem Kontext die Erfolgswirkung der GroBe und die Uberlegenheit der Defensive. D'Aveni formuliert zwar anders, folgt aber dem gleichen vorher genannten Grundmuster. Statt Kriegsparteien rivalisieren bei ihm Staaten als definierte militarische Machtblocke um Einflussbereiche. Zwei weitere Kritikpunkte sind im Kontext der militarstrategischen Elemente noch wichtig. Erstens, dass einzelne Autoren zwar neben den Kriegsstrategien zusatzliche strategische Aspekte (wie z.B. die Notwendigkeit zu prognostizieren oder zu planen) mit aufhehmen, dabei aber dem Aspekt der Beschaflfimg und Nutzung von Feind-Informationen jedoch eine relativ geringe Bedeutung beimessen. Gerade diese sind aber im Rahmen ,^euer" Kriege entscheidend. Zweitens, dass sich in ,^euen" Kriegen die kleineren Opponenten nicht nur defensiv sondem auch offensiv verhalten und die dabei angewandten Strategien in den sechs Ansatzen iiberhaupt nicht berucksichtigt werden. Analysiert man neben der theoretischen auch die Ebene der empirischen militarstrategischen Anreicherung, so zeigt sich eine weitere durchgangige Schwache aller Ansatze. Militarische Beispiele werden nur vereinzelt und zudem willkiirlich genannt. Einzig Duro und Sandstrom veranschaulichen ihre Ausfiihrungen anhand einer Vielzahl von historischen Schlachten bis in die 1970er Jahre. Aber selbst in diesem Fall reicht das Dargestellte nicht aus, um das vorher nur in Teilen errichtete Theoriegebaude zu stutzen oder gar einen Empiric zu Empiric Erkenntnistransfer zu ermoglichen. Des Weiteren kann abermals konstatiert werden, dass soweit Beispiele genannt wurden, diese sich lediglich auf „alte" Kriege beziehen. Nachdem im ersten Schritt der Bereich der militarischen Strategielehre im Mittelpunkt stand, wird nun im zweiten Schritt das Augenmerk auf das Gebiet der okonomischen Wettbewerbsstrategien gelegt. Dabei ist wiederum zuerst die Frage nach den verwendeten theoretischen Grundlagen zu klaren. Ein Vergleich der Ansatze zeigt, dass in keinem explizit auf eine spezifische okonomische ^^ Vgl. Tiefel (2005), S. 7 f., 17 ff., 22 ff. In diesem Kontext ist insbesondere die Arbeit von Arreguin-Toft (2005), der 197 asymmetrische Kriege untersucht, hinzuweisen. Siehe zudem Fn. 62.
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Theoriebasis Bezug genoiranen wurde. Implizit lasst sich allerdings erkennen, dass die Autoren der ersten Generation fast durchweg das Konzept des Marketing-Managements als theoretischen Rahmen betrachten. Erganzt wird dieses zum Teil mit Porters wettbewerbsstrategischen Modellen. Die Autoren der zweiten Generation greifen dagegen auf die Spieltheorie und auf das Konzept des Hyperwettbewerbs zuriick. In beiden Fallen wird auf einem dynamischen Grundverstandnis des Wettbewerbs aufgebaut. Hier liegt der Ankniipfungspunkt zu dem der jeweiligen Theoriebasis inharenten Wettbewerbstyp. Bei D'Aveni und MacMillan et al. ist dies der Hyperwettbewerb, welcher durch sein hohes MaB an Dynamik, Instabilitat und aggressiver Rivalitat sowie die nur ten^orar erreichbaren Wettbewerbsvorteile gekennzeichnet ist. Die theoretischen Grundlagen der anderen Autoren sind mit einem traditionellen Wettbewerbsverstandnis verkniipft, fur das stabile Marktgleichgewichte, faire Koexistenz imd langfristige Wettbewerbsvorteile charakteristisch sind. Falls iiberhaupt eine ,JPassimg" zwischen Kriegs- und Wettbewerbstyp hergestellt werden kann, dann nur iiber die Kombinationen „alte Kriege" mit traditionellem Wettbewerb (da beide auf Stabilitat ausgerichtet sind) und ,4ieue Kriege" mit Hyperwettbewerb (da hier jeweils Instabilitat das Ziel ist). Dabei kann festgehalten werden, dass die Autoren der ersten Generation nur die erstgenannte Verkniipfimg vomehmen und die der zweiten Generation zwar den neuen Wettbewerbstyp in ihre Uberlegungen aufhehmen, ihn jedoch falschlicherweise mit dem Typ der „alten Kriege" verkniipfen. Unterzieht man die angefiihrten okonomischen Instrumente einer naheren Betrachtung, so ist sofort erkennbar, dass bei alien Autoren durchgangig die Instrumente des Marketing-Mix ziun Einsatz kommen. Sowohl Duro und Sandstrom als auch MacMillan et al. greifen zudem auf erganzende strategische Planungsinstrumente wie z.B. klassische Produkt/Markt-Portfolios oder Matrixdarstellungen zuriick. James vervollstandigt seinen absatzorientierten Werkzeugsatz mit Tools aus den Gebieten Technologic-, Produktions- und Finanzmanagement. D'Aveni geht noch einen Schritt weiter. Er entwickelt mit seiner zweidimensionalen Spharendarstellung ein vollkommen neues Werkzeug, um die eigene Wettbewerbsposition moglichst umfassend zu visualisieren. Als letzter Punkt muss noch die empirische okonomische Anreicherung verglichen werden. Hier ergibt sich nochmals ein einheitliches Bild. AUe Autoren fiihren (mehr oder weniger ausfuhrlich) Fallbeispiele von GroBuntemehmen an. Dabei variiert nur deren nationale Herkunft. Neben amerikanischen Konzemen, die immer genannt werden, wird zur Exemplifikation noch auf europaische und japanische Untemehmen zuruckgegriffen. Deutlich wird dabei dreierlei: Erstens, dass dies der aus dem unvollstandigen gedanklichen Grundkonstrukt aller Autoren resultierende Versuch ist, die Muster der alten Kriege (z.B. Konflikt zweier genau definierter Kriegsparteien) auf den aktuellen zu beobachtenden Wettbe-
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werb (GroBkonzem gegen GroBkonzem) zu ubertragen. Zweitens, dass aus herkunftsstaatlicher Perspektive ein groBer Teil der heute am Weltmarkt agierenden und aus anderen Regionen (z.B. China, Korea oder Indien) stammenden Unternehmen iiberhaupt nicht berucksichtigt werden. Und drittens, dass aus der Perspektive der UntemehmensgroBe die Besonderheiten von kleinen und mittleren Untemehmen vollig ausgeblendet werden. 9
Fazit
Um Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen aus der Kriegstheorie und -praxis auf das theoretische und praktische Feld der Untemehmensstrategie ubertragen zu konnen, miisste zuerst geklart werden, in wie weit in beiden Untersuchungsgebieten isomorphe soziale Phanomene beschrieben werden. Auf dieser Grundlage bediirfte es dann in jeder der beiden Disziplinen einer Theorie/Empirie-Prufting und danach eines interdisziplinaren Theorie/Theorie- sowie Empirie/Empirie-Vergleichs. Keiner der Autoren legt ein dergestaltiges, stringentes Konzept vor. Es bleibt durchgangig bei fragmentalen theoretischen wie empirischen Ausfuhrungen und eklektischen tJbertragungen von Strategieempfehlungen. In Folge bleiben ihre Ausarbeitungen relativ undifferenziert und stark simplifizierend. Da zudem weder Grenzen noch Bedingungen fur den Transfer von Aussagen aus dem Bereich militarischer Konflikte auf den okonomischen Wettbewerb angegeben werden, muss sowohl der wissenschaftliche Gehalt als auch der praktische Anwendungsnutzen der sechs Ansatze als begrenzt beurteilt werden. Aus den oben dargelegten Defiziten wird deutlich, dass auf diesem Gebiet der Strategielehre noch umfangreicher Forschungsbedarf besteht. Es miissen insbesondere die grundlegenden Faktoren, welche den interdisziplinaren Ubertragungsgrad determinieren, herausgearbeitet und die iibertragenen Strategien okonomisch prazisiert werden.
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Patente als Waffen? - Die Adaption militarischer Strategieansatze in der Managementlehre
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Rivette, K./Kline, D.: Wie sich aus Patenten mehr herausholen lasst, in: Harvard Business manager, 4/2000, S. 28-40. Stahel, A.: Klassiker der Strategie - eine Bewertung, 4. Auflage Zurich 2004. Tiefel, T.\ Der neue Wettbewerb und die neuen Kriege - Eine vergleichende Analyse, in: ders. (Hrsg.): Patent- und Schutzrechtsmanagement in Zeiten des Hyperwettbewerbs, Wiesbaden 2005,8.1-31. van Creveld, M.: Die Zukunft des Krieges, Miinchen 1998. Zentrum fur Gewerblichen Rechtsschutz: Patente als strategischen Waffen in der chemischen Industrie, Werkstattgesprache auf Mickeln am 23.06.2004.
Die Werbung mit gewerblichen Schutzrechten und Urheberrechten - Eine Bestandsaufnahme Andrea King
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Einleitung
Der Werbung mit geistigen Eigentumsrechten koirant fur den untemehmerischen Erfolg eine wichtige Bedeutimg zu. Der Grimd liegt darin, dass der Hinweis auf das Bestehen von Schutzrechten, die so genannte Schutzrechtsberiihmung, eine doppelte - eine werbende und zugleich warnende - Wirkung aufweist.^ Gegeniiber den Werbeadressaten hat der Einsatz von Schutzrechten einen anpreisenden, werbenden Effekt? Die Kennzeichnung mit einem Schutzrechtshinweis hebt die beworbene Ware aus der Masse der Vergleichsangebote hervor. Hinweise wie z.B. „patentiert", „Patentschutz" oder „patentierte Formel" begriinden bei einem erhebhchen Teil der angesprochenen Verkehrsteihiehmer die Vorstellung, das entsprechende Produkt biete mit einer Erfindung etwas volUg Neues und weise besondere QuaUtat und technische Vorteile gegeniiber nicht geschiitzten Konkurrenzprodukten auf.^ Diese Assoziation kann die Kaufentscheidung des Kunden fur ein Produkt wesentHch beeinflussen und auf diese Weise bestimmend fiir dessen Markterfolg sein. Gegeniiber Mitbewerbem steht die Warn- und Hinweisfunktion der Werbung mit Schutzrechten im Vordergrund.^ Die Schutzrechtsvermerke dienen dazu, die Konkurrenz auf die eigenen geistigen Eigentumsrechte aufmerksam zu machen und auf die rechthchen Konsequenzen einer unbefugten Nutzung hinzuweisen.
So BGH, GRUR 1966, S. 92 f. - Bleistiftabsatze; OLG Munchen, Mitt. 1998, S. 479, 480; Busse/Keukenschrijver (2003), § 146 PatG Rdnr. 6; Harte-Bavendamm/HenningBodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 663; Loth (2001), § 30 Rdnr. 1; Mes (2000), S. 538; Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 1; Schulte/KOhnen (2005), § 146 Rdnr. 12. Bogler (1992), S. 413; Loth (2001), § 30 Rdnr. 1. So BGH, GRUR 1984, S. 741, 742 - PATENTED; BGH, GRUR 1964, S. 144, 145 - Sintex; BGH, GRUR 1961, S. 24 - Socsil; OLG Munchen, Mitt. 1998, S. 479, 480; Emmerich (2004), S. 330; Sunner (1951), S. 188. Die warnende Funktion der Schutzrechtsberiihmung tritt neben die werbende Wirkung. So BGH, GRUR 1966, S. 92, 93 - Bleistiftabsatze; Bogler (1992), S. 413; Busse/Keukenschrijver (2003), § 146 PatG Rdnr. 6; Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.114; Loth (2001), § 30 Rdnr. 1; Mes (2000), S. 538; Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 1; Schulte/Kuhnen (2005), § 146 Rdnr. 12.
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Schutzrechtshinweise als Mittel der Werbung spielen mithin in der unternehmerischen Praxis eine wichtige Rolle.^ Die Werbung mit dem geistigen Eigentum unterliegt jedoch - wie Werbung allgemein - Grenzen, die sich insbesondere aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ergeben. Bei Verwendung von Angaben zu Schutzrechten - insbesondere zu behordlich gepriiften Schutzrechten - erwarten die angesprochenen Verkehrskreise groBte Korrektheit.^ Die Rechtsprechung gibt deshalb fiir die Priifung von Schutzrechtsbehauptungen strenge MaBstabe vor, um eine wettbewerbsrechtlich zu beanstandende Irrefuhrung der Abnehmer zu vermeiden. Der vorliegende Beitrag will einen Uberblick iiber die Kriterien zur Beurteilung der wettbewerbsrechtlichen Zulassigkeit von Schutzrechtshinweise geben und aufzeigen, welche den Anforderungen des Wettbewerbsrechts geniigenden Werbemoglichkeiten zur Verfligung stehen und welche Folgen sich an eine wettbewerbswidrige Werbung kniipfen. 2 2.1
Grundsatze Allgemeines
Die Frage, ob Hinweise auf Schutzrechte in der Werbung zulassig sind, ist in den einzelnen Schutzgesetzen nicht geregelt. Diese sehen zwar - z.B. in § 146 PatG oder § 30 GebrMG - spezielle Auskunftsanspniche bei Schutzrechtsberuhmungen vor. Ob die Beruhmung rechtmSBig ist, wird durch diese Vorschriften jedoch nicht bestimmt.
Die Zulassigkeit der Werbung mit Schutzrechten beurteilt sich vielmehr im Hinblick auf die wettbewerbsrechtliche Relevanz der Hinweise nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), insbesondere nach § 5 UWG ("= §§ 1, SUWGa.F).^
Eine gesetzHche Verpflichtung, Schutzvermerke anzubringen, besteht nach deutschem Recht (anders als z.B. in den USA) nicht. Schadensersatzanspriiche wegen Patentverletzung konnen beispielsweise auch dann geltend gemacht werden, wenn der geschutzte Gegenstand nicht besonders gekennzeichnet war. Vgl. Hubbuch (1958), S. 232. BGH, GRUR 1961, S. 541, 543 - Buschbohne; Nordemann (2004), Rdnr. 455. Hierzu naher Punkt 5. Benkard/Ullmann (1993), § 146 PatG Rdnr. 1; Buhring (2003), § 30 Rdnr. 1, 8; Busse/Keukenschrijver (2003), § 9 PatG Rdnr. 26; Loth (2001), § 30 Rdnr. 1; KraBer (2004), S. 936; Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 1; Schulte/Kuhnen (2005), § 146 Rdnr. 17 O'eweils zu § 3 UWG a.F.); Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.114 (zu § 5 UWG). In Betracht kommt auBerdem ein Eingreifen des Dehktsrechts iiber §§ 823 Abs. 1, 826 BGB; Busse/Keukenschrijver (2003), § 146 Rdnr. 6; Loth (2001), § 30 Rdnr. 1.
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Der Eindruck einer Vorzugsstellung gegeniiber Wettbewerbem und deren Produkten, den Schutzrechtshinweise bei den Verbrauchem regelmaBig hervorrufen, ist fiir sich gesehen noch kein Anlass zu einer wettbewerbsrechtlichen Beanstandung der Werbung.^ Der wahrheitgemaBe und zutreffend verstandene Verweis auf bestehende Schutzrechte liegt vielmehr sowohl im Interesse des Werbenden als auch des Werbeadressaten/^ Werbehinweise auf Schutzrechte sind deshalb grundsatzlich zuldssig. Jeder Schutzrechtsinhaber darf seine geistigen Eigentumsrechte zu Werbezwecken einsetzen und mit diesen oder mit den hierfur iibHchen verkehrsbekannten Abkiirzungen seine Waren oder Dienstleistungen bewerben. ^ ^ Der Hinweis muss jedoch stets so gehahen sein, dass eine wettbewerbsrechtHch relevante Irreflihrung vermieden wird; andemfalls Hegt ein VerstoB gegen §§3,5UWGvor.^' 2.2
Grundlagen des § 5 UWG
§ 5 UWG (= § 3 UWG a.F.)^' regeh i.V.m. § 3 UWG^^ das Verbot der irrejuhrenden Werbung. Verboten sind danach gemaB § 5 Abs. 2 UWG alle Angaben geschafflicher Art, die zu Werbezwecken im geschafthchen Verkehr gemacht werden und geeignet sind, einen nicht unerhebUchen Teil der betrofFenen Verkehrskreise iiber das Angebot irrezufuhren und Fehlvorstellungen von maBgebHcher Bedeutung fur den Kaufentschluss hervorzurufen.'^ Hierzu gehoren nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 UWG insbesondere irrefiihrende Angaben iiber die geschdftlichen Verhaltnisse.
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KraBer (2004), S. 936. Harte-Bavendamm/Henning-BodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 665. Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.115; Kohler/Piper (2002), § 3 Rdnr. 261; Matutis (2005), § 5 Rdnr. 57. Neben § 5 UWG kommen bei Schutzrechtsberuhmung Auskunftsanspriiche wie z.B. nach § 146 PatG, § 30 GebrMG in Betracht (hierzu unter Punkt 5.). Bei unberechtigter Schutzrechtsverwarnung kann ein Anspruch nach § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeubten Gewerbebetrieb oder aus § 3 i.V.m. § 4 Nr. 7, 8, 10 UWG (Herabsetzung von Mitbewerbem, Anschwarzung, Behinderung) oder § 5 UWG (Irreflihrung) begrundet sein. Vgl. zur irrefiihrenden Schutzrechtsverwamung HarteBavendamm/Henning-BodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 664; Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 4 Rdnr. 10.169 ff, § 5 Rdnr. 5129. Die in § 5 Abs. 1 und 2 UWG enthaltenen Regelungen entsprechen der „kleinen" Generalklausel des § 3 UWG a.F. und der hierzu ergangenen Rechtsprechung. Durch den Verweis in § 5 UWG auf § 3 UWG wird sichergestellt, dass das Irrefuhrungsverbot nur dann Anwendung findet, wenn gleichzeitig die ubrigen Voraussetzungen des § 3 UWG erfiillt sind; auf diese Weise wird insbesondere die Verfolgung von BagatellverstoBen ausgeschlossen; Matutis (2005), § 5 Rdnr. 8. Matutis (2005), § 5 Rdnr. 2.
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Angaben i.S.d. § 5 Abs. 2 S. 1 UWG sind alle Hinweise, die sich auf Tatsachen beziehen und inhaltlich auf ihre Richtigkeit bin nachpnifbar sind.^^
Ob eine Angabe irrefuhrend ist, entscheidet allein die Wirkimg auf die angesprochenen Verkehrskreise}^ Eine Angabe kann fur den allgemeinen Verkehr, nicht jedoch fur Fachkreise irrefuhrend sein.*^ Bei einer Werbung gegenuber dem allgemeinen Verkehr ist dabei nicht (mehr) auf den Eindruck des fluchtigen Betrachters abzustellen, sondem den eines verstandigen und durchschnittlich informierten Verbrauchers, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt.
Irrefuhrend ist eine Werbung, wenn sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen die Wirkung einer unzutreffenden Aussage ausiibt, also einen unrichtigen Eindruck vermittelt.^^ Unzweifelhaft irrefuhrend sind unwahre Angaben. Wettbewerbswidrig i.S.d. § 5 UWG kdnnen bei Irrefiihrungsgefahr aber auch objektiv richtige Angaben sein.
Ausreichend ist die Gefahr der Irrefuhrung?^ Diese ist gegeben, wenn die angesprochenen Verkehrskreise sich auf Grund der irrefuhrenden Angaben eingehender mit dem Angebot befassen^^ und aufgrund dessen veranlasst werden konnen, die beworbene Ware zu kaufen.^^ st die fragliche Aussage flir die Kaufentscheidung der Adressaten letztlich irrelevant, liegt keine unlautere Werbung vor.^^ Fiir das Vorliegen einer Irrefuhrung ist es nicht entscheidend, ob die Gesamtheit der angesprochenen Verkehrskreise getauscht wird.^^ Es kommt lediglich darauf an, dass bei einem nicht vollig unerheblichen Teil der Umworbenen 16 17 18
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Emmerich (2004), S. 270. Emmerich (2004), S. 273; Matutis (2005), § 5 Rdnr. 2; Nordemann (2004), Rdnr. 214. Die Bestimmung der durch die Werbung angesprochenen Verkehrskreise ist folglich fur die Beurteilung, ob eine irrefuhrende Werbung vorliegt, von groBer Bedeutung (Matutis (2005), § 5 Rdnr. 2). Bei Angaben zu Artikeln des tSglichen Bedarfs und zu Massenartikeln sind durch die Werbung regelmaBig alle Bev5lkerungskreise betroffen. Sind die Werbeaussagen ausschlieBlich an Fachkreise gerichtet und fur diese geeignet, sind nur diese Fachkreise die angesprochenen Verkehrskreise (Matutis (2005), § 5 Rdnr. 2). Richtet sich die Werbung sowohl an Fachkreise als auch an andere Verkehrskreise, ist die Auffassung sSmtlicher beteiligter Verkehrskreise zugrunde zu legen (Matutis (2005), § 5 Rdnr. 2). Emmerich (2004), S. 265 ff.; Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 1.57; Loth (2001), §30 Rdnr. 9. Matutis (2005), § 5 Rdnr. 8; Nordemann (2004), Rdnr. 212. Bogler(1992),S.413. Matutis (2005), § 5 Rdnr. 8. Matutis (2005), § 5 Rdnr. 8. Bogler (1992), S. 413; Nordemann (2004), Rdnr. 212. Nordemann (2004), Rdnr. 221. Bogler (1992), S. 413; Emmerich (2004), S. 274; Matutis (2005), § 5 Rdnr. 9.
Die Werbung mit gewerblichen Schutzrechten und Urheberrechten - Eine Bestandsaufhahme
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eine Irrefuhnmgsgefahr besteht.^^ Ab wann von einem nicht unerheblichen Teil des Verkehrs auszugehen ist, ist dabei nach den Umstanden des Einzelfalls, insbesondere nach der Art der Werbebehauptung zu beurteilen. RegelmSBig wird bei unklaren, missverstandlichen oder sachlich unzutreffenden Behauptungen eine Irrefiihrungsquote von 10 - 15% der angesprochenen Verkehrskreise anzunehmen sein, damit eine wettbewerbliche Relevanz vorliegt. Bei zutreffenden Angaben wird eine h6here Quote als 15% der Verbraucher als Eingriffsschwelle erforderlich sein.
2.3
Anwendung des § 5 UWG auf Werbung mit geistigen Eigentumsrechten
Werden im Zusammenhang mit geistigen Eigentumsrechten Angaben gemacht, die emsthaft geeignet sind, eine Irrefuhnmg nicht unbeachtUcher Verkehrskreise hervorzurufen, handeh es sich regelmafiig um eine irrefiihrende Werbung i.S.d. § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 UWG}^ Die Vorschrift betrifft die irrefuhrende Werbung mit Schutzrechtshinweisen alter Art, wie z.B. Hinweisen auf Patente, Gebrauchsmuster, Geschmacksmuster, Marken, Urheberrechte und verwandte Schutzrechte.^® Da die Voraussetzungen fur die Entstehung der einzehien Schutzrechte unterschiedhch sind, muss bei der Priifung der wettbewerbsrechtUchen Vereinbarkeit der Schutzrechtsbehauptungen mit § 5 UWG stets im Einzelfall zwischen denjeweiligen Schutzrechten unterschieden werden.^* MaBstab fur den irreflihrenden Charakter der Werbehinweise ist - wie allgemein bei § 5 UWG - die Verkehrsauffassung der durch die Angabe angesprochenen Verkehrskreise^^, wobei es wiederum ausreichend ist, dass ein nicht unerheblicher Teil der Adressaten der Werbung von der Irrefiihrung betroffen ist. Je nach Adressatenkreis sind abweichende Beurteilungen der Werbehinweise moghch, da zwischen dem Verstandnis von Laien als Endverbrauchem und im 27 28
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KraBer (2004), S. 937; Matutis (2005), § 5 Rdnr. 9. Emmerich (2004), S. 273 f.; Matutis (2005), § 5 Rdnr. 9 . Vgl. Hierzu auch Nordemann (2004), Rdnr. 243. Ekey (2005), § 5 Rdnr. 385; Emmerich (2004), S. 330; Harte-Bavendamm/HenningBodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 663; Nordemann (2004), Rdnr. 781. Bomkamm (Hefermehl/K6hler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.113) unterscheidet demgegeniiber bei irreflihrenden Angaben Qber geistige Eigentumsrechte zwischen den Anwendungsbereich des § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und dem des § 5 Abs. 2 Nr. 3 UWG. Bei der Angabe, ein bestimmtes Produkt sei durch ein Schutzrecht geschutzt (z.B. „gesetzlich geschutzt", „patentiert") bzw. es sei Schutz beantragt (z.B. Pat. angem., pat.pend.), soil eine produktbezogene Irrefiihrung nach § 5 Abs. 2 S. I Nr. I UWG (Beschaffenheitsangabe) in Betracht kommen. Eine unternehmensbezogene Irrefiihrung § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 UWG soil bei der werbenden Herausstellung von Schutzrechten zur Unterstreichung der Bedeutung des Untemehmens vorliegen. Harte-Bavendamm/Henning-BodewigAVeidert(2004), § 5 Rdnr. 661. Harte-Bavendamm/Henning-BodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 666. KraBer (2004), S. 937.
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Schutzrechtswesen geschulten gewerblichen Abnehmem Unterschiede besteDie Frage, wie Schutzrechtshinweise von den einschlagigen Verkehrskreisen verstanden werden, ist im Wesentlichen tatsachlicher Natur.^^ Fur die Beurteilung ist z.B. von Bedeutung, inwieweit bei den Adressaten mit Vorstellungen iiber einschlSgige Begriffe und rechtliche ZusammenhSnge gerechnet werden kann.^^ Nicht jede diesbezuglich denkbare Fehlvorstellung ist dabei als schutzwurdig anzusehen; der Umstand, dass im gewissen Umfang mit auf Unkenntnis beruhenden unrichtigen Vorstellungen zu rechnen ist, begrundet nicht ohne weiteres die Annahme eines irreftihrenden Charakters des Schutzrechtshinweises. Der Berechtigte braucht deshalb nicht schon wegen der potentiellen MGglichkeit irriger Annahmen bei den Adressaten auf die wahrheitsgemaBe Angabe seiner gesetzlich anerkannten Rechtsstellung zu verzichten.^^
Bereits die Eignung zur Irrefuhrung ist wiederum ausreichend, den irrefiihrenden Charakter der Angabe zu begriinden. Die Irrefiihnmg kann zum einen den Bestand des Schutzrechts betrefFen. Wenn mit einem gewerblichen Schutzrecht oder Urheberrecht geworben wird, miissen die zugnmde liegenden Tatsachen zutreffend und wahrheitsgemaB sein.^^ Ob ein Schutzrecht zu Recht erteilt wurde, ist fur die Frage der Irrefuhrung regelmafiig dann nicht relevant, wenn der Erteilung des Schutzrechts eine materielle Priifung zugnmde liegt, wie dies z.B. beim Patent der Fall ist. Etwas anderes gilt dagegen bei den inhaltlich nicht gepriiften Schutzrechten wie dem Gebrauchsmuster^^ oder dem Geschmacksmuster^^. Der Hinweis auf eingetragene Schutzrechte wie z.B. das Patent oder die eingetragene Marke, ist irrefuhrend, wenn die Eintragung noch nicht stattgefunden hat."*® Erfolgt keine gegenteilige Angabe, geht der Werbeadressat grundsatzlich davon aus, dass das (eintragungsfahige) Schutzrecht bereits eingetragen ist.'** Wurde ein Schutzrecht erst angemeldet, ist deshalb unmissverstandlich auf diesen Umstand hinzuweisen. Zu beachten ist, dass nicht jedes in Entstehung befindliche Schutzrecht bereits direkt nach Einreichung der Anmeldung in der Werbung eingesetzt werden kann; dies gilt insbesondere fiir Patente."*^ Nach Ablauf des Schutzrechts ist eine Be33 34 35
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Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert (2004), § 5 Rdnr. 666. BGH, GRUR 1964, S. 144 - Sintex. BGH GRUR 1985, S. 520, 521 - Konterhauben-Schrumpfsystem; Bogler (1992), S. 413 ff.; KraBer, S. 937. BGH GRUR 1985, 520, 521 - Konterhauben-Schrumpfsystem; Bogler (1992), 413 ff; KraBer, S.937. Hefermehl/K6hler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.116. Hierzu nSher 3.2.2. Hierzu nSher 3.3. Hierzu naher 3.1.2.3, 3.2.2, 3.3, 3.4.1. Benkard/Ullmann (1993), § 146 Rdnr. 16; Harte-Bavendamm/Henning-BodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 669. Hierzu naher 3.1.2.1.
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ruhmung mit diesem nicht mehr erlaubt, sofem nicht klar gestellt wird, dass die Schutzfrist abgelaufen ist/^ Eine Irrefiihrung kann weiter im Hinblick auf den sachlichen Umfang des Schutzrechts vorliegen. Das Schutzrecht muss sich auf die Ware beziehen, fiir die der Schutzrechtshinweis erfolgt. Eine Irrefiihrung kann insoweit insbesondere dann in Betracht kommen, wenn sich das Schutzrecht lediglich auf einzelne Teile eines komplexen Gegenstandes beschrankt."^ Die Irrefiihrung kann sich schlieBlich in Bezug auf den raumlichen Umfang des Schutzrechts ergeben."*^ Dies betrifft insbesondere die Falle, in denen mit auslandischen Schutzrechten geworben wird. Verwendet der Untemehmer im Inland Schutzrechtshinweise in einer Art, aus der geschlossen werden kann, es bestehe ein inlandischer Schutz, so kann dies irrefiihrend sein, wenn tatsachlich nur ein auslandisches Schutzrecht besteht. Diese Irrefiihrungsgefahr kann durch klarstellende Hinweise verringert bzw. ausgeschlossen werden."*^ Da fiir die Beurteilung der Zulassigkeit der Werbung mit Schutzrechten letztlich regelmaBig die Schutzrechtslage, die betroffenen Verkehrskreise imd deren Eindruck von der Werbung - mithin die Umstdnde des Einzelfalls - entscheidend sind, konnen die nachfolgenden Beispiele zu den einzelnen Schutzrechten lediglich allgemein feststehende Grundsatze aufzeigen und Anhaltspunkte fiir die rechtliche Wiirdigung darstellen. 3
Wettbewerbsrechtliche Bewertung der Werbung mit den einzelnen Schutzrechten
3.1
Werbung mit Patentschutz
3.1.1
Grundsatze
Der Hinweis auf den Patentschutz - die sog. Patentberiihmung - ist grundsatzlich zulassig."*^ Der Patentinhaber und auch der Lizenznehmer diirfen sich des bestehenden Patentschutzes oder des Vorliegens einer Patentanmeldung beriihmen, sofem sie dies in zulassiger Weise tun. Unrichtigkeiten bei der Werbung, die diese unzulassig machen, konnen sich in Bezug auf den Bestand des Patentschutzes, den sachlichen Umfang des Pa-
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Harte-Bavendamm/Henning-BodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 669. HierzunSher 3.1.3. Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.124. Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.125. Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 10; Schulte/Kuhnen (2005), § 146 Rdnr. 16.
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tents bzw. der Patentanmeldung sowie die territoriale Reichweite des Patentschutzes ergeben. 3.1.2
Bestand des Patents
Die wettbewerbsrechtliche Zulassigkeit von Patenthinweisen beurteilt sich - unter anderem - danach, in welchem Abschnitt sich das Patenterteilimgsverfahren im Zeitpunkt des Hinweises befindet. Im deutschen Erteilungsverfahren lassen sich \r\s%QS2imifunfAbschnitte unterscheiden. Der erste Abschnitt beginnt mit der Einreichung der Patentanmeldung, an die sich von Amts wegen die Priifung des Antrags auf offensichthche formelle und materielle Mangel (§ 42 PatG) anschlieUt, und die mit der Offenlegung der Patentanmeldung spatestens 18 Monate nach dem Anmeldetag (§§ 32, 31 Abs. 2 PatG) endet. Ab dem Zeitpunkt der Offenlegung kann der Anmelder des Patents von Benutzem, die schuldhaft vom Gegenstand der Erfindung Gebrauch machen, eine angemessene Entschadigung verlangen (§33 Abs. 1 PatG). Nach der VerOffentlichung folgt der zweite Abschnitt, der den Zeitraum von der Pnifung der Anmeldung auf Patentf^higkeit und Erfiillung der formellen Voraussetzungen (§§ 44 ff. PatG) bis zum Erlass des Erteilungsbeschlusses bei positivem Ergebnis der Priifung (§ 49 Abs. 1 PatG) umfasst. Mit dem Wirksamwerden des Erteilungsbeschlusses durch dessen Zustellung an den oder die Patentinhaber (§ 47 Abs. 1, § 94 Abs. 1 PatG) beginnt im dritten Abschnitt die Beschwerdefrist von 1 Monat zu laufen (§ 73 PatG); der dritte Abschnitt endet mit der Rechtskraft des Erteilungsbeschlusses. Der sich anschlieBende vierte Abschnitt, der ublicherweise zwischen drei bis sechs Monate in Anspruch nimmt, wird durch die Ver6ffentlichung der Patenterteilung im Patentblatt beendet. Mit der VerOffentlichung der Erteilung beginnt derfiinfteAbschnitt, in dem die gesetzlichen Wirkungen des Patents eingetreten sind (§ 58 Abs. 1 S. 3 PatG); die Verdffentlichung setzt zugleich die Fristfilrdie Erhebung von Einspriichen in Lauf (§ 59 Abs. 1 S. 1 PatO).^^ Das Erteilungsverfahren nach dem Europdischen PatentUbereinkommen (EPO), mit dem durch eine einzige Anmeldung in mehreren Vertragsstaaten^® Patentschutz erlangt werden kann, entspricht weitgehend dem nach dem PatG. Es wird durch eine Anmeldung in Gang gesetzt. AnschlieBend erfolgt die formale Priifung, die Verdffentlichung der Anmeldung und auf Antrag die materielle Priifung der Erfindung auf ihre Schutzf^higkeit. Das Verfahren endet mit der Entscheidung iiber die Anmeldung und die Bekanntmachung der Erteilung. Die sich abhangig vom Stand des Verfahrens aus der Anmeldung bzw. dem Patent ergebenden Anspriiche miissen fur die Werbeadressaten klar erkennbar sein. Beispielsweise muss dem Patenthinweis eindeutig entnehmbar sein, ob es sich um eine noch ungeprufte, offengelegte Anmeldung handelt oder bereits ein erteiltes Patent vorliegt. Geworben werden darf mit der Patentanmeldung grund-
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Die Priifung der Patentanmeldung erfolgt gemSB § 44 PatG lediglich auf Antrag, der innerhalb von 7 Jahren nach Einreichung der Anmeldung gestellt werden muss. Bis zum Inkrafttreten des heute geltenden PatG 1981 war statt der bzw. nach der Offenlegung die Bekanntmachung der Patentanmeldung (§ 30 PatG 1968) vor der Patenterteilung erforderlich. Die Bekanntmachung erfolgte erst nach einer ohne gesonderten Antrag eingeleiteten Priifung der formellen und materiellen Voraussetzungen der Patenterteilung (§ 26 PatG 1968). Hierzu nSher Bogler (1992), S. 413; Schulte/Kuhnen (2005), § 49 Rdnr. 2. Derzeit ist iiber das EPU Schutz in 31 Mitgliedsstaaten zu erlangen (Stand: Marz 2006).
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satzlich erst nach deren VerofFentlichung und mit dem Patent erst nach dessen fbrmlicher Erteilung.
3.1.2.1
Deutsche Patentanmeldungen
In der Praxis besteht im Hinblick auf die Werbewirkung des Patenthinweises das Bestreben, die Verbraucher so friih wie moglich auf das in Entstehung befindliche Schutzrecht auftnerksam zu machen. Hinzu kommt das Erfordemis, die Mitbewerber moglichst fnihzeitig auf die Anmeldimg hinzuweisen, um die Voraussetzungen fur den Entschadigungsanspruch nach § 33 Abs. 1 PatG wegen Benutzung der Erfindung zu schaffen, da dieser nur bei Kenntnis oder zumindest fahrlassiger Unkenntnis der offengelegten Anmeldung gegeben ist. Dem Wunsch nach einer fruhzeitigen Werbung mit der Patentanmeldung und dem Patent steht die Dauer des Patenterteilungsverfahrens gegeniiber. Das Verfahren ab der Einreichung der Anmeldung bis zur Erteilung des Patents beansprucht beim DPMA regelmSBig einen Zeitraum von 2 - 4 Jahren, da insbesondere die Priifung der Anmeldung mitunter lange Zeit in Anspruch nehmen kann.
3.1.2.1.1 Noch nicht eingereichte Patentanmeldungen Vor Einreichung der Patentanmeldung darf der Untemehmer diese nicht werbemaBig einsetzen. Die Verwendung der Bezeichnung „DP angem." ist deshalb beispielsweise irrefiihrend, wenn sie bereits vor der Patentanmeldung erfolgt. ^
3.1.2.1.2 Noch nicht offengelegte Patentanmeldungen Mit Hinweisen auf die beim Patentamt eingereichte Patentanmeldung darf sich der Untemehmer grundsatzlich beriihmen.^^ Geworben werden darf nach h.M. BGH, GRUR 1966, S. 92 - BleistiftabsStze (zu § 30 PatG a.F.); Busse/Keukenschrijver (2003), § 9 PatG Rdnr. 27. Vor Einfiihrung des heutigen Systems der aufgeschobenen Priifung war die Frage, ob Hinweise, die sich nur auf Anmeldungen beziehen, ohne weiteres als zulSssig anzusehen sind, umstritten (Naher hierzu mit weiteren Nachweise BGH, GRUR 1964, S. 144, 146 - Sintex; BGH, GRUR 1961, S. 241, 242 - Socsil; OLG Dusseldorf, GRUR 1958, S. 93 f. - „geschutzt"; LG Dusseldorf. Mitt. 1991, S. 93 - European Patent Pending; Bogler (1992), S. 413 ff.; Fritze (1968), S. 131; Hubbuch (1958), S. 232, 233 f.; ders. (1961), S. 226 f.; ders. (1975), S. 481 f.; KraBer (2004), S. 938; Schulte/Kuhnen (2005), § 146 Rdnr. 20, 21; Siinner (1951), S. 188 f.; Werner (1964), S. 370). Gegen einen Reihe von Stimmen in der Literatur und der Rechtsprechung hatte der BGH (BGH GRUR 1961, S. 241, 242 - Socil; BGH, GRUR 1964, S. 144, 145 - Sintex; BGH, GRUR 1966, S. 92 f. - BleistiftabsStze) unter der fruheren Rechtslage angenommen, dass Hinweise wie z.B. „DBP angem." „ Patent angemeldet", „DBPa" irrefiihrend seien, wenn sie vor (Priifung) und Bekanntmachung der Patentanmeldung werbemaBig verwendet werden, da ein nicht unbeachtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise - in der Regel Endverbrau-
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mit der Patentanmeldung jedoch nicht bereits immittelbar nach der Anmeldung, sondem erst nach deren Offenlegung. Vor der Offenlegung darf sich der Anmelder nicht auf die Patentanmeldung berufen, da diese in diesem Verfahrensstadium noch keinerlei Rechtswirkungen gegeniiber Dritten entfaltet, die einen wettbewerblichen Hinweis rechtfertigen wiirden/^ iind zudem die Nachpriifimg des Hinweises mangels Offenlegung auf praktische Schwierigkeiten stoBt. ^^ Die Beruhmung mit einer nicht bekannt gemachten Anmeldung, z.B. durch die Angaben „DPR „DPR^^angemeldet" an oder „Patent angemeldet", ist folglich - obwohl objektiv zutreffend - ir refiihrend.
Zweifelhaft ist, ob in dem Fall, dass ein Produkt mit einer Bezeichnung wie "DBPangemeldet" bereits fertig gestellt ist, die Werbung auch dann einen VerstoB gegen § 5 UWG darstellt, wenn der Anmelder ausdriicklich die Zustimmung zur Akteneinsicht gewahrt und so jeder interessierte Dritten Auskunft iiber die komplette Anmeldung beispielsweise durch Ermoglichung einer Akteneinsicht im konkreten Einzelfall erhalten kann. Die Zulassung eines Werbehinweises vor Veroffentlichung der Anmeldung ist selbst bei Zustimmung der Betroffenen ist aus den genannten Griinden des fehlenden Schutzes und der durch den Hinweis damit bedingten Irrefuhrungsgefahr jedoch abzulehnen.^^
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cher - mit dem Patenterteilungsverfahren nicht vertraut sei, und deshalb nicht wisse, dass viele Patentanmeldungen uberhaupt nicht zur Erteilung ftihren, und folglich irrig einen wenigstens vorlaufigen Patentschutz annehme. Zu bekannt gemachten Anmeldungen nach § 30 PatG a.F. wurde als zulSssig angesehen, wenn mit Hinweisen geworben wird, aus denen einwandfrei erkennbar ist, dass noch kein rechtskraftiger Patenterteilungsbeschluss vorliegt, z.B. durch Angaben wie „patentangemeldet" oder „DBP angem.". Dagegen wurden Abkurzungen wie „DPA" oder „DPang" in der Regel, solange kein erteiltes Patent vorliegt, wegen Unklarheit als unzulSssig angesehen. Dem Anmelder steht erst nach der Offenlegung der Anmeldung gemSB § 33 PatG fur die unbefugte Benutzung des Gegenstands der Erfindung ein Anspruch auf angemessene Entschadigung zu. Siehe 3.1.2. OLG Hamburg, GRUR 1974, S. 398, 399 - Stammelemente; OLG Frankfurt, WRP 1974, S. 159, 162; OLG Dusseldorf, NJWE 1997, S. 5, 6 f - Pasofast; LG Dusseldorf, GRUR 1967, S. 525; Bogler (1992), S. 413, 416; Harte-Bavendamm/Henning-BodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 669; Hefermehl/K6hler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.120; Kohler/Piper (2002), § 3 Rdnr. 264; KraBer (2004), S. 938; Matutis (2005), § 5 Rdnr. 13; Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 12; Nordemann (2004), Rdnr. 455; Pitz (2005), 1.5.1; Rebel (2003), S. 133; Schulte/KOhnen (2005), § 146 Rdnr. 21. A.A. Umbsdorff/Skora (1978), Rdnr. 64 f. fur die Zulassigkeit eines Hinweises auf eine noch nicht offengelegte Anmeldung. DRP = Deutsches Reichspatent. A.A. Rebel (2003), S. 133.
Die Werbung mit gewerblichen Schutzrechten und Urhebeirechten - Eine Bestandsaufhahme
143
Um mit der Anmeldung friihzeitig werben zu kSnnen, kann der Anmelder eine vorzeitige Offenlegung nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 PatG herbeifiihren^^ und die Markteinflihrung des Produkts vomehmen, sobald diese erfolgt ist.
3.1.2.1.3
Offengelegte Patentanmeldungen
Nach Offenlegung der Anmeldung^^ sind Werbehinweise gnmdsatzlich erlaubt, da ab diesem Zeitpunkt (regelmaBig)^® bereits feststeht, dass die Anmeldung jedenfalls keine offensichtlichen Mangel aufweist und auch ein Anspruch auf angemessene Entschadigung nach § 33 PatG bei Benutzung der Erfindung gegeben ist, der die mit dem Hinweis verbundene Wamung an die Wettbewerber rechtfertigt.^^ Bei Hinweisen auf (nur) offengelegte Patentanmeldungen muss stets darauf geachtet werden, dass der Eindruck vermieden wird, es sei bereits ein Patent erteilt^^ Zulassige Angaben in Bezug auf offengelegte Anmeldimgen sind z.B. „ Patent angemeldet"^^, „Zum Patent angemeldet"^, „Patentanmeldung", „DBP angemeldet"^^, „DBP angem."^; „Patentanmeldung offen gelegt**^"^ „ Patent offen gelegt"^^, da bei diesen, mit den einschrankenden Zusatzen „angemeldet",
Voraussetzung ftir die vorzeitige Offenlegung der Anmeldung ist nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 PatG die Anhangigkeit der Anmeldung im Zeitpunkt der VerGffentlichung des Offenlegungshinweises, das EinverstSndnis des Anmelders mit der Akteneinsicht, das gegenuber dem DPMA ohne Vorbehalt und Bedingungen erklart werden muss, die wirksame Benennung des Erfinders bzw. der Erfinder sowie der Offenlegungshinweis im Patentblatt gem^B § 32 Abs. 5 PatG. Die vorzeitige Offenlegung erfolgt regelmSBig in etwa 9 Monaten ab dem Antrag. So Rebel (2003), S. 133. Hierzu nSher Busse/Schwendy (2005), § 31 Rdnr. 26. Die Regeloffenlegung nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 PatG erfolgt nach Ablauf von 18 Monaten nach dem Anmelde- oder PrioritStstag auch dann, wenn die OffensichtlichkeitsprQfung nach § 42 PatG noch nicht abgeschlossen ist. Vgl. Schulte/Kuhnen (2005) § 31 Rdnr. 34. BGH, GRUR 1975, S. 315, 316 - Metacolor; OLG Karlsruhe, WRP 1974, S. 215; OLG Hamburg, Mitt. 1973, S. 114; Harte-Bavendamm/Henning-BodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 669; Pitz (2005), I.5.I.; Schulte/Kuhnen (2005), § 146 Rdnr. 22. a.A. LG Dusseldorf, GRUR 1973, S. 148,149 - Trockenapparate. Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.120; KraBer (2004), S. 938. Harte-Bavendamm/Henning-BodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 671; Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.120; Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 2; Pitz (2005), 1.5.1; Rebel (2003), S. 133. Kohler/Piper (2002), § 3 Rdnr. 264; Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 2. Fritze (1%8), S. 131 f.; Nordemann (2004), Rdnr. 781; Rebel (2003), S. 133. Nordemann (2004), Rdnr. 781; Rebel (2003), S. 133. Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.120; KraBer (2004), S. 938; Rebel (2003), S. 133. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert (2004), § 5 Rdnr. 671; K6hler/Piper (2002), § 3 Rdnr. 264; Rebel (2003), S. 133.
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„angem.", „offen gelegt" versehenen Hinweisen klar erkennbar ist, dass ein Patent erst angemeldet iind ofFen gelegt, aber noch nicht erteilt ist. Dagegen darf das angemeldete, aber noch nicht erteilte Patent nicht mit den „D.PM/''^ Abkurzungen „DBPa"^^, „DBP.a"'', „DPa'''\ „B.PM."''' oder beworben werden, sofem sich die Werbimg an patentrechtlich unerfahrene Laien wendet, da der unaufFallige und unverstandliche Buchstaben „a" von diesen leicht iibersehen oder missverstanden wird, so dass der Eindruck eines bereits erteilten Patents entsteht. Auch die Kiirzel „DBPang''^^ oder „DPang"'^^ sind aus diesen Griinden selbst nach Bekanntmachnng der Anmeldung als irrefiihrend anzusehen, da die Einschrankung durch die Buchstabenkombinationen „ang." unklar ist und als Hinweise auf ein gepriiftes Patent missverstanden werden kann, sofem sich die Werbung an ein allgemeines Publikum und nicht ausschlieBlich an patentrechtlich geschulte Adressaten richtet/^ Die Abkiirzung „DP und DGM angem. " Ist bei einem (noch) nicht erteilten Patent ebenfalls als unzulassig zu beurteilen, da die Platzierung des Wortes „angemeldet" die Gefahr mit sich bringt, dass nicht unerhebliche Verkehrskreise dieses lediglich auf das vorangestellte Gebrauchsmuster beziehen und die Abkiirzung in dem (im entschiedenen Fall unrichtigen) Sinne verstehen, dass das Patent bereits erteilt ist/^ Ob die Bezeichnung „Patent-pending" und deren Abkiirzimgen „Pat. Pend. ", „Patpend." fur angemeldete Patente nach Offenlegung benutzt werden konnen, ist imistritten. Ein Teil der Vertreter des Schrifttums bejaht dies/^ Nach iiberwiegender Auffassung ist dagegen die Werbung mit derartigen Hinweisen
Harte-Bavendamm/Henning-BodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 671; KraBer (2004), S. 938; Nordemann (2004), Rdnr. 781. BGH, GRUR 1966, S. 92, 93 - Bleistiftabs^tze; Krieger (1966), S. 95. BGH, GRUR 1961, S. 241 - Soscil; Busse/Keukenschrijver (2003), § 9 PatG Rdnr. 27; Hefermehl/KOhler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.120; Harte-Bavendamm/HenningBodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 671; KraBer (2004), S. 938; Rebel (2003), S. 133. BGH, GRUR 1966, S. 92, 93 - Bleistiftabsatze; Harte-Bavendamm/Henning-BodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 671; Hefermehl/Kdhler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.120; Krieger (1966), S. 95; Rebel (2003), S. 133. Hefermehl/Kdhler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.120; Rebel (2003), S. 133. Nordemann (2004), Rdnr. 455. Rebel (2003), S. 133. Siehe hierzu bereits die Ausfiihrungen unter 3.2.1.1. BGH, GRUR 1964, S. 144 f. - Sintex; BGH, GRUR 1964, S. 741, 742; Busse/Keukenschrijver (2003), § 9 PatG Rdnr. 27; KraBer (2004), S. 938 So Nordemann (2004), Rdnr. 781 unter Hinweis auf die Englischkenntnisse der Gewerbetreibenden, fur die allein der patentrechtliche Status eines Produkts relevant sei. Bomkamm (Hefermehl/KOhler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.120) differenziert zwischen der Abkiirzung „pat. pend", die gegenuber einem allgemeinem, patentrechtlich nicht vorgebildeten Publikum verwandt irrefiihrend sei, und der ausgeschriebenen Angabe „Patent Pending", die vom Durchschnittsverbraucher verstanden werde.
Die Werbung mit gewerblichen Schutzrechten und Urheberrechten - Eine Bestandsaufhahme
145
irrefuhrend, solange kein inlandisches Patent erteilt ist7^ Begrundet wird diese Auffassung zutreffend damit, dass ,J^atent-Pending" (bzw. die entsprechenden Abkiirzungen) kein Begriff sei, der im Inland iiblicherweise verwendet wird. Deijenige Teil der angesprochenen deutschen Verkehrskreise, der die englische Sprache nicht (ausreichend) beherrsche, wisse mit dem Vermerk ,J^atentPending" und insbesondere dessen Abkiirzungen wie „Pend." nichts anzufangen und konne diese dahin missverstehen, dass es sich um ein bereits erteiltes Patent handle.'" Als unzulassig ist schlieBlich ein Hinweis auf eine offen gelegte Anmeldung in dem Fall anzusehen, dass die Erfindung offensichtlich nicht patentfahig ist Oder zweifelsfrei nicht benutzt wird}^
3.1.2.2
Deutsche Patente
Das Patent, auf das sich der Inhaber in der Werbung beruft, muss tatsdchlich erteilt sein und formal bestehen}^ Erst nach der Jbrmlichen Erteilung des Patents darf auf eine Patentierung hingewiesen werden. Allein das Vorliegen der materiellen Schutzvoraussetzungen berechtigt fur sich alleine nicht zur Patentberuhmung.'^ Besteht (noch) kein fbrmlicher Patentschutz, darf ein solcher Schutz nicht vorgetauscht werden; dies gilt selbst dann, wenn der Werbende andere Schutzrechte wie z.B. ein Markenrecht'"* Oder ein Geschmacksmuster'^ besitzt. Ein fbrmlicher Patenschutz ist gegeben, wenn nach Erlass imd Zustellung des Erteilungsbeschlusses an den Anmelder und Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses die Erteilung des Patents im Patentblatt veroffentlicht ist und damit nach § 58 Abs. 1 S. 3 PatG die gesetzlichen Wirkungen des Patents eintreten. Ab diesem Zeitpunkt erlangt der Patentinhaber das Recht, anderen die Benutzung der Erfindung zu verbieten und kann entsprechend auf sein Schutzrecht hinweisen. Inwieweit bereits im Zeitraum nach Zustellung des ErteilungsbeLG Dusseldorf, Mitt. 1996, S. 355, 357; OLG DOsseldorf, Mitt. 1991, S. 93 f. - European Patent Pending; Busse/Keukenschrijver (2003), § 9 PatG Rdnr. 27; HarteBavendamm/Henning-Bodewig/Weidert (2004), § 5 Rdnr. 671 (fiir Pat.Pend.); KraBer (2004), S. 938; Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 2, 12 (fiir patent-pending, pat.pend.); Rebel (2003), S. 133 (fur Patent-pending); Schulte/Kuhnen (2005), § 146 Rdnr. 19 (fur Patpend.). BGH, NJWE-WettbR 1997, S. 5, 7; OLG Dusseldorf, NJWE 1997, S. 5, 7 - Pasofast; HarteBavendanini/Henning-Bodewig/Weidert(2004), § 5 Rdnr. 671. Schulte/Kuhnen (2005), § 146 Rdnr. 22. Hefermehl/Kdhler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.116; Kohler/Piper (2002), § 3 Rdnr. 261; KraBer (2004), S. 937. Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.116; Kohler/Piper (2002), § 3 Rdnr. 261. Kohler/Piper (2002), § 3 Rdnr. 261. Pitz (2005), 1.5.1.
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Andrea Klug
schlusses bis zur Veroffentlichimg der Patenterteilimg im Patentblatt eine Werbung mit einem auf Patentschutz hindeutenden Zusatz zulassig ist, ist hochstrichterlich bislang nicht geklart. Die Moglichkeit eines Hinweises auf Patentschutz in diesem Zeitraum ist abzulehnen. Selbst wenn die Veroffentlichung der Patenterteilung erfolgt ist, hat diese keine Riickwirkung; fur die Zeit vor ihrer Veroffenthchung kann nur Entschadigung nach MaBgabe des § 33 PatG, nicht aber Schadensersatz verlangt werden.^^ Ein Patentvermerk vor Veroffentlichung der Erteilung und dem Beginn der vollen Schutzwirkung ist deshalb im Hinblick auf dessen wamende Wirkung nicht zulassig. Ist ein Patent nach inhaltlicher Priiflmg durch das Patentamt erteilt, ist im Hinblick auf diese Priiflmg fiir die Zulassigkeit der Werbung nicht mehr entscheidend, ob die Erteilung zu Recht erfolgt isf^ und das Patent rechtsbestandig ist.«« Auf ein erteiltes Patent kann unter diesen Voraussetzungen bspw. mit den Bezeichnungen „Deutsches Patent "^^, „Deutsches Bundespatent"^, „ Patentschutz", „patentamtlich geschiitzt"^^ oder „gesetzlich geschiitzt"^^ hingewiesen werden.^^ Es konnen auch gebrauchliche Abkiirzungen wie „DBP" (Deutsches Bundespatent/\ „DRP"^\ „DE" oder „ges. gesch."^ verwandt werden. Wer ein Patent auf eine Ware hat, darf die Bezeichnung „Patentware" oder „patentiert" benutzen.^^ Es kann der beworbenen Ware zudem der Zusatz „Patent... " vorangestellt werdea^^ Empfohlen wird fiir ein patentiertes Erzeugnis auch generell die Verwendung der Abkiirzung „P'\ wobei hinter den Buchstaben die Nummer des Patents als zusStzliche Angabe gesetzt werden sollte.^^
86 87 88 89 90 91
92 93 94
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KraBer (2004), S. 547. Harte-Bavendamm/Henning-BodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 665; Pitz (2005), 1.5.1. KraBer (2004), S. 937. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert (2004), § 5 Rdnr. 671 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert (2004), § 5 Rdnr. 671 Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.118; Harte-Bavendamm/HenningBodewig/Weidert (2004), § 5 Rdnr. 671; Rebel (2003), S. 133. Rebel (2003), S. 133. Schulte/Kuhnen (2005), § 146 Rdnr. 18. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert (2004), § 5 Rdnr. 671; Kohler/Piper (2002), § 3 Rdnr. 261; Rebel (2003), S. 133. DRP = Deutsches Reichspatent (fur die vor dem 01.05.1945 vom Reichspatentamt erteilten Patente). Rebel (2003), S. 133. Hefermehl/K5hler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.118; Rebel (2003), S. 133. Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.118. Cohausz (1992), S. 296 f.; Rebel (2003), S. 133.
Die Werbung mit gewerblichen Schutzrechten und Urheberrechten - Eine Bestandsaufhahme
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Unzulassig ist ein auf ein bestehendes Patent hindeutender Hinweis, wenn die Erteilung noch nicht erfolgt ist und patentrechtlich unerfahrene Kreise angesprochen werden.*^ Dies gilt insb. fur die Formulierungen „DPa'\ „DBPa'\ „D.P.a.", „DBP.a. '\ „B,P.a. '\ die als Hinweis auf ein gepriiftes Patent missverstanden werden konnen und deshalb imklar sind.^°^ Ebenso ist eine Formulierung wie „DP" nicht zu empfehlen.^^^ Auch als Hinweis auf den bestehenden Patentschutz grundsatzlich zulassige Angaben wie „im Inland geschiitzt'', „gesetzlich geschiitzt" oder „geschutzt" sind als irrefuhrend anzusehen, wenn ein Patent noch nicht besteht und sich die Werbung nicht ausschlieBlich an Fachkreise richtet. Dies gilt selbst dann, wenn fur den beworbenen Gegenstand bereits ein (der Patentanmeldung inhaltlich entsprechendes) Gebrauchsmuster registriert ist'^^, da die Offentlichkeit diese Hinweise regelmaBig mit einem technischen Schutzrecht und zwar iiberwiegend mit einem nach Priifung erteilten Patent verbindet.*^^ Unzulassig ist dahei' auch der Hinweis „Doppelpackung ges gesch " Musterschutz vorliegt.
, wenn kein Patent- oder
Besteht z.B. infolge Zeitablaufs, Vemichtung, Erloschens wegen Nichtzahlung der Jahresgebiihren ein Patent nicht bzw. nicht mehr, darf regelmaBig nicht weiter auf den Patentschutz hingewiesen werden, da die zulassige Behauptung einer Patentierung stets voraussetzt, dass das deutsche Patent noch in Kraft ist. ^^^ Nur in Einzelf^llen soil nach Entfallen des Patentschutzes fiir eine angemessene Ubergangsfrist der Abverkauf von schon im Verkehr befindlichen Waren weiter moglich sein, wenn diese zuvor im ordentlichen Geschaftsbetrieb mit einem nicht leicht entfembaren Patenthinweis versehen wurden.
^^ ^°^ *^^ ^^^
Rebel (2003), S. 133. Siehehierzu bereits 3.1.2.1.3. Rebel (2003), S. 133. OLG Diisseldorf, GRUR 1978, S. 437 - Im Inland geschutzt; Schulte/Kuhnen (2005), § 146 Rdnr. 18. ^^ Ekey (2005), § 5 Rdnr. 386 („gesetzlich geschutzt"); Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.117 („gesetzlich geschutzt", „im Inland geschutzt", „geschutzt"); Kohler/Piper (2002), § 3 Rdnr. 263 („gesetzlich geschutzt"); Schulte/Kuhnen (2005), § 146 Rdnr. 18. ^^^ FurZellstofftucher. 106 Hefermehl/Kahler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.117. 107 Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.116; Kohler/Piper (2002), § 3 Rdnr. 261; Rebel (2003), S. 133. Hefermehl/Kehler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.128; Harte-Bavendamm/HenningBodewig/Weidert (2004), § 5 Rdnr. 669; Sunner (1951), S. 188,189.
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3.1.2.3
Andrea Klug
EuTopaische Patentanmeldungen und Patente
Sofem sich eine europaische Anmeldung oder ein europaisches Patent auf die Bundesrepublik Deutschland bezieht, darf auf diese Anmeldung bzw. dieses Patent unter denselben Voraussetzungen wie auf ein nationales Patent oder eine nationale Anmeldung hingewiesen werden'^^, d.h. die Werbung ist nur zulassig, wenn die behauptete Anmeldung tatsachlich vorgenommen wurde und das Schutzrecht tatsachlich besteht. Beworben werden diirfen europaische Patentanmeldungen und Patente wie deutsche Anmeldungen und Patente nach ihrer Veroffentlichung (Art. 93 EPtJ) bzw. ihrer Erteilung}^^ Die Schutzhinweise miissen dabei stets so formuliert sein, dass nicht der Eindruck eines „deutschen" oder ,3undes-Patents" bzw. einer hierauf gerichteten, beim DPMA eingereichten Anmeldung entsteht."^ Zulassige Bezeichnungen fiir europaische Patente oder Anmeldungen sind z.B. ,^um europaischen Patent angemeldet"^^^, „Europaisches Patent"^ ^^, „EPU-Patent"'''*, „EPU" femer „EP" oder„EU"^'^
Angaben, die vor Erteilung des europaischen Patents den Eindruck eines bereits erteilten Schutzrechts erwecken, sind unzulassig. Dies gilt insbesondere fiir Bezeichnungen wie „EuroPat a.", ..EuroPat ang." oder „EGPata."'''
3.1.3
Sachlicher Umfang des Patents
Wild fur einen Gegenstand uneingeschrankter Patentschutz behauptet, muss sich dieser gnmdsatzlich auf den ganzen Gegenstand heziehen.^^^ Es verstoBt deshalb gegen § 5 UWG, wenn sich ein Untemehmer eines umfassenden Patentschutzes an einem Gegenstand beriihmt, obwohl ihm dieser nur teilweise zusteht.^'^ Betrifft das Patent nur einen Teil des Produkts, muss dies folglich fur die angespro-
109 110 111 112 113
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Benkard/Ullmann (1993), § 146 Rdnr. 29; Bogler (1992), S. 413,416; KralJer (2004), S. 938. Benkard/UUmann (1993), § 146 Rdnr. 28; Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 12. KraBer (2004), S. 938. Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 2. Benkard/Ullmann (1993), § 146 Rdnr. 29; Harte-Bavendamm/Henning-BodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 671. A.A. Bogler (1992), S. 413,416. Benkard/Ullmann (1993), § 146 Rdnr. 29; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert (2004), § 5 Rdnr. 671. Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 2. Benkard/Ullmann (1993), § 146 Rdnr. 29. KraBer (2004), S. 937. Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.124.
Die Werbung mit gewerblichen Schutzrechten und Urheberrechten - Eine Bestandsaufiiahme
149
chenen Verkehrskreise erkennbar sein^'^, indem beispielsweise die Bezeichnung nur auf dem patentierten Teil angebracht wird.^^° Der Hinweis auf eine „patentierte Technik" ist deshalb wettbewerbswidrig, wenn er von den angesprochenen Verkehrskreises nach der Gesamtgestaltung der Werbung auf einen besonders hervorgehobenen Teil bezogen werden kann, der selbst keine Patentschutz genieBt.^^^
Der gesamte Gegenstand darf - in dem Fall, dass nur ein Teil eines Gegenstandes patentiert ist - nur unter der Voraussetzung als „patentiert" bezeichnet werden, dass der Patentschutz die prdgenden Telle des Gesamtgegenstandes betrifft'^^, die diesem das eigentiimliche kennzeichnende Geprage geben und seinen Verkehrswert maBgeblich bestimmen.^^^ Die Werbung mit einem „patentierten System" ist demnach zulSssig, wenn das Schutzrecht zwar nicht das ganze System, jedoch einen wesentlichen Teil desselben umfasst. Betrifft das Patent dagegen ausschlieBlich einen untergeordneten Teil oder eine unerhebliche Verbesserung, ist die Kennzeichnung des ganzen Gegenstandes unzulassig.*^^
Werten die beteiligten Verkehrskreise Hinweise - wie z.B. „1 DRP" oder „2 DRP" - demgegeniiber (irrtiimlich) in dem Sinne, dass nicht der ganze Gegenstand, sondern nur Teile patentiert sind, so ist es - anders als in dem (vorherigen) Fall, in dem der ganze Gegenstand als patentiert bezeichnet oder der Hinweis entsprechend aufgefasst wird'^^ - nicht erforderlich, dass der patentierte Teil dem Hauptgegenstand ein „eigentumliches Geprage" verleiht. Es geniigt insoweit, wenn es sich um Patente handelt, die die Brauchbarkeit wesentlicher Teile im Sinne der Zweckbestimmung des Gegenstandes in nicht unwesentlichem Umfang erhohen oder verbessem.^^^
^^^ ^^° ^^^ ^^^ ^^^
*^^ '^^ ^^^ ^^^
BGH, GRUR 1957, S. 372, 373 - 2 DPR; Nordemann (2004), Rdnr. 781. Rebel (2003), S. 133. Busse/Keukenschrijver (2003), § 9 PatG Rdnr. 28. Hefermehl/K6hler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.124. OLG Frankfurt WRP 1974, S. 159; OLG Karlsruhe, GRUR 1980, S. 118, 119 f - BalkongelSnder; Busse/Keukenschrijver (2003), § 9 PatG Rdnr. 28; Harte-Bavendamm/HenningBodewig/Weidert (2004), § 5 Rdnr. 670; KraBer (2004), S. 937; Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 13; Sunner (1951), S. 188,189. OLG Karlsruhe, GRUR 1980, S. 118, 119 f - Balkongeiander; Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.124; Nordemann (2004), Rdnr. 781; Sunner (1951), S. 188,189. Busse/Keukenschrijver (2003), § 9 PatG Rdnr. 28. RG GRUR 1934, S. 192,193 - Saneuron. BGH, GRUR 1957, S. 372, 373 - 2 DPR; Hefermehl/Kdhler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.124; Busse/Keukenschrijver (2003), § 9 PatG Rdnr. 28; Harte-Bavendamm/HenningBodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 670.
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Andrea Klug
Ausreichend ist die Erhdhung oder Verbesserung der Brauchbarkeit; auf die PatentfShigkeit der Erfindung und das AusmaB des technischen Fortschritts gegenuber dem Stand der Technik 128
kommt es nicht an.
Die mit dem Patentvermerk versehenen Gegenstande sowie Telle dieser miissen durch den tatsdchlich bestehenden Schutzbereich des Patents abgedeckt sein^^^. Der Patentinhaber ist befugt, auf alle innerhalb des Schutzbereichs liegenden konkreten Ausfuhningsformen hinzuweisen, selbst wenn diese in den Patentanspruchen nicht wortlich beschrieben sind.^^® Die uneingeschrankte Berufung auf die Schutzwirkungen des Patents wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass bei einem Teil der Umworbenen irrige Vorstellungen uber das Verhaltnis des Schutzbereichs zu den Patentanspruchen bestehen.
Keine Irrefiihrung i.S.d. § 5 UWG ist deshalb z.B. gegeben, wenn das als patentgeschiitzt bezeichnete Verfahren dem Schutzumfang des angefiihrten Patents imter dem Blickwinkel der Aquivalenz imterfallt'^^. Weicht die beworbene Ware jedoch so stark vom erteilten Patent ab, dass sie nicht mehr in den patentrechthch geschutzten Bereich fSllt, wird der Verkehr irregefiihrt.
Unzulassig ist es, eine Vorrichtung mit einem Patentvermerk zu bewerben, ohne erkennbar darauf hinzuweisen, dass lediglich ein Verfahrenspatent hestehV^^ In dem Fall, dass ein Verfahrenspatent besteht, sich die Patentberiihmung aber auf das durch das Verfahren hergestellte Erzeugnis bezieht, verstoBt die Bezeichnung dieses Erzeugnisses als patentiert gegen § 5 UWG, da den Verkehrskreisen besondere Vorteile bzw. Eigenschaften des Erzeugnisses suggeriert werden.'^^ Das Erzeugnis darf aber dann als patentiert bezeichnet werden, wenn es das unmittelbare Erzeugnis eines patentierten Verfahrens darstelltJ^^
128
BGH, GRUR 1957, S. 372 - 2 DRP; Busse/Keukenschrijver (2003), § 9 PatG Rdnr. 28. OLG Miinchen, GRUR 1996, S. 144 (Werbung fur eine Vorrichtung mit einem Verfahrenspatent); Rebel (2003), S. 133; Schulte/Kuhnen (2005), § 146 Rdnr. 18. BGH, GRUR 1985, S. 520, 521 Konterhauben-Schrumpfsystem; Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.118; KraBer (2004), S. 937; Schulte/Kuhnen (2005), § 146 Rdnr. 16. BGH, GRUR 1985, S. 520, 521 Konturhauben-Schrumpfsystem; Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.118. 132 BGH, GRUR 1985, S. 520 - Konturhauben-Schrumpfsystem; Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 13. BGH, GRUR 1985, S. 520, 521 f - Konturhauben-Schrumpfsystem, Speckmann (2000), Rdnr. 1057. 134 OLG Munchen, GRUR 1996, S. 144; Hefermehl/Kdhler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.124. 135 Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 13. 136 KraBer (2004), S. 937. 129
Die Werbung mit gewerblichen Schutzrechten und Urheberrechten - Eine Bestandsaufnahme
151
Die Bezeichnung „durchpatentiertes Verfahren hergestellt" verlangt, dass das Verfahren nicht nur einen unselbststandigen Bestandteil wie Rohstoffe oder Halbfabrikate betrifft.
3.1.4
Raumlicher Umfang des Patents
3.1.4.1
Gmndsatz
Die Verwendimg von werblichen Hinweisen auf auslandische Patente im deutschen Geschaftsverkehr wirft verschiedene Fragen nach deren Zulassigkeit auf. MaBgebend fur die Bewertung derartiger Patentvermerke sind - wie allgemein - die bestehende Patentschutzlage, der Inhalt des einzelnen Hinweises sowie die Vorstellung, die dieser bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorruft. Welche Vorstellung der Verkehr von der territorialen Reichweite eines Patents hat, hangt dabei vom jeweiligen Einzelfall ab.^^^ Sofem fur eine Ware nur Auslandspatente vorliegen, besteht grundsatzlich die Gefahr, dass die angesprochenen Verkehrskreise von dem auslandischen auf einen (zusatzlichen) inlandischen Schutz schlieBen.^^^ Die Rechtsprechung geht davon aus, dass der durchschnittliche Werbeadressat bei Fehlen zusatzlicher Angaben einen Schutzrechtshinweis regelmaBig in der Weise versteht, dass Schutz (auch) in Deutschland besteht.^"^^ Sofem dieser Schutz tatsachlich nicht gegeben ist und nicht uniibersehbar klargestellt wird, dass die Werbung sich nur auf Auslandspatente stiitzt, ist diese nach der Rechtsprechung irrefuhrend.'"*^ Die Irrefiihrungsgefahr kann deshalb bei Bestehen ausschlieBlich auslandischen Patentschutzes nur durch Beifiigung aufkldrender Zusdtze verringert bzw. vermieden werden.''*^ Diese ZusStze bestehen regelmSBig in der Angabe des Landes, in dem der Patentschutz vorliegt (z.B. US-Patent, franzosisches Patent). Denkbar sind aber auch andere Arten von klarstel144
lenden Hinweisen.
137 138 139 140 141 142 143
Rebel (2003), S. 133. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert (2004), § 5 Rdnr. 668. Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.125. BGH, GRUR 1984, S. 741, 742 - PATENTED; OLG Hamburg, GRUR 1999, S. 373; HarteBavendamm/Henning-BodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 668. KraBer (2004), S. 937. Speckmann (2000), Rdnr. 1057. Hefermehl/K6hler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.125; Kohler/Piper (2002), § 3 Rdnr. 263; Matutis (2005), § 5 Rdnr. 57. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert (2004), § 5 Rdnr. 668.
152
3.1.4.2
Andrea Klug
Auslandische Patente und Patentanmeldimgen
Der Hinweis auf auslandische Patente ist in Deutschland grundsdtzlich zuldssig, sofem nicht der Eindruck eines nicht bestehenden deutschen Schutzrechts hervorgerufen wird.^"*^ Patentvermerke wie „engl Patent", „ US-Patent", franzosisches Patent" sind - obwohl sie in deutscher Sprache abgefasst sind - unbedenklich, da sie aufgnmd der beigefugten aufklarenden Landerzusatze nicht den Eindruck eines zusatzHchen Schutzes in Deutschland hervorrufen.^'*^ Dagegen liegt bei einer Patentberiihmung durch deutschsprachige Bezeichnungen wie „patentiert", „unter Patentschutz", „patentamtlich geschiitzt" „gesetzlich geschiitzt" regelmaBig unlauterer Wettbewerb vor, sofem fur eine Erfindung kein inlandischer sondem nur Patentschutz im Ausland besteht,^"*^ da die genannten Hinweise von den beteiligten deutschen Verkehrskreisen als Hinweis auf einen deutschen Patentschutz verstanden werden.^^^ Als irrefiihrend wurde auch die Angabe „ international patentiert" fiir den Fall einer Vorrich149
tung gewertet, die nur durch auslandische, nicht jedoch durch deutsche Patente geschutzt ist.
Eine Irrefuhrung kommt regelmaBig auch bei Verwendung ein fremdsprachlicher Hinweise in Betracht. Als wettbewerbswidrig ist z.B. nach h.M. der Schutzrechtshinweis durch die englische Bezeichnung „patented" anzusehen sein, sofem nur im Ausland Patentschutz besteht, die Bezeichnung aber durch den Adressatenkreis auf das Inland bezogen wird.'^® So hat der BGH die Werbung mit der Angabe „patented" ftir ein nur in den USA patentiertes Produkt in dem Fall, dass diese sich neben gewerblichen Abnehmem auch an Letztverbraucher richtet, als irrefiihrend eingestuft, weil das allgemeine Publikum die fremdsprachige Angabe als Behauptung eines Patentschutzes nicht im (englischsprachigen) Ausland, sondem auch im Inland verstehen kOnne.
146 147 148 149
BGH, GRUR 1984, S. 741, 742 - PATENTED; OLG Celle, BB 1969, S. 106; OLG Munchen, WRP 1969, S. 122; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert (2004), § 5 Rdnr. 668; Lambsdorff/Skora (1978), Rdnr. 183; Nordemann (2004), Rdnr. 781. Lambsdorff/Hamm, GRUR 1985, S. 244. Busse/Keukenschrijver (2003), § 9 PatG Rdnr. 26; Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 11; Rebel (2003), S. 133. Sunner(1951),S. 188, 192. OLG Stuttgart, NJW 1990, S. 3097; Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 11; Schulte/Kuhnen (2005), §146 Rdnr. 19. BGH, GRUR 1984, S. 741, 742 - PATENTED; Emmerich (2004), S. 330 f.; Lambsdorff/Skora (1978), Rdnr. 109 ff.; Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.125; KraBer (2004), S. 937; Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 2, 11; Rebel (2003), S. 133; Schulte/Kuhnen (2005), § 146 Rdnr. 18; Speckmann (2000), Rdnr. 1057. BGH, GRUR 1984, S. 741, 742 - PATENTED.
Die Werbung mit gewerblichen Schutzrechten und Urheberrechten - Eine Bestandsaufhahme
153
Fiir diese Auffassung spricht gnmdsatzlich, dass die Begriffe „patentiert" iind „patented" bereits vom Wortklang und von der Schreibweise ahnlich sind, weshalb das allgemeine Publikum die Begriffe gleichsetzen und insoweit bei Nichtbestehen eines deutschen Schutzes irregefiihrt werden kann. Zudem werden vielfach deutschsprachige Begriffe anglisiert, so dass die Verwendung der Fremdsprache nicht notwendig auf ein auslandisches Patent hinweisen muss, weshalb der bloBe Vermerk „patented" letztlich als nicht ausreichend anzusehen ist. Eine pauschale Schlussfolgerung, dass fremdsprachige Bezeichnungen bei Nichtbestehen eines deutschen Patentschutzes generell als wettbewerbswidrig einzustufen sind, kann jedoch aus diesen Feststellungen nicht getroffen werden. Fiir die rechtliche Bewertung ist stets die Vomahme einer differenzierten Betrachtung bezogen auf die Umstande des Einzelfalls erforderlich. Hierbei sind mafigebhche Kriterien fiir die wettbewerbsrechtHche Bewertung z.B. die Produktaufmachung, die Werbesprache sowie das Vorhandensein klarender Zusatze.^^2 1st beispielsweise nicht nur der Schutzrechtshinweis, sondem die gesamte Beschriftung in derselben Fremdsprache verfasst ist, liegt selbst fiir den durchschnitthch informierten und verstSndigen Verbrauchers der Schluss nahe, dass es sich um die Originalbeschriftung handelt, die auf Schutzrechte im ursprunglichen Herkunftsland hinweist.' ^ Ist hingegen auBer dem englischsprachigen Hinweis die gesamte Etikettierung auf Deutsch abgefasst und findet sich auch sonst kein Hinweis darauf, dass das Produkt in einem anderen Land hergestellt wurde bzw. sich der Schutzrechtshinweis auf ein fremdes Land bezieht, kann der Hinweis nur auf Deutschland bezogen werden. Bei Nichtbestehen eines deutschen Patentschutzes ist folghch in diesen Fallen von einer Irrefuhrung auszugehen.
Auch die Verwendung der Aufschrift „Patent pending" ist als irrefiihrend anzusehen, wenn ein Patentschutz im auslandischen Herstellungsland, nicht aber im Inland besteht bzw. beantragt ist.'^"* Dagegen sind Patenthinweise in anderen Sprachen als Deutsch und Englisch wie z.B. in Franzosisch („brevete) oder Italienisch („brevetatto")^^^ zulassig, da der Verkehr diese nicht gelaufigen Bezeichnungen regelmafiig nicht mit einem inlandischen Schutzrecht in Verbindung bringt und damit Fehlvorstellimg der Verbraucher in Bezug auf das Bestehen eines inlandischen Schutzes ausgeschlossensind.*^^
155 156
Hefermehl/K6hler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.125; Harte-Bavendamm/HenningBodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 668. Harte-Bavendamm/Henning-BodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 668; a.A. noch BGH, GRUR 1984, S. 741, 742 - PATENTED. BGH, GRUR 1984, S. 741; OLG Hamburg, GRUR 1999, S. 373; Busse/Keukenschrijver (2003), § 9 PatG Rdnr. 27. Brevettato = geschutzt, patentiert. Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.125.
154
Andrea KJug
Der pauschale Hinweis auf „ausldndische Patente" ist demgegeniiber bei Bestehens eines Patentschutz lediglich fur zwei Staaten als imzulassig anzusehen, da der durchschnittlich informierte und verstandige Verbraucher den Hinweis im Sinne eines Schutzes in mindestens zwei Landem auBerhalb von Deutschland wertet.'^^ Auch die Bezeichnimgen „Weltpatent", „internationale Patente" oder „intemationaler Patentschutz" sind wettbewerbsrechtlich zu beanstanden, sofem nur Anmeldungen und Patente in einzelnen Landem, nicht jedoch in samtlichen Industrienationen der Welt vorliegen.^^*
3.1.4.3
Europaische Patentanmeldungen und Patente
Sofem sich die europaische Patentanmeldung oder das europaische Patent auf die Bundesrepublik Deutschland bezieht, diirfen diese nach den unter 3.1.2.3 dargestellten Gmndsatzen beworben werden. Ist in der europaischen Patentanmeldung die Bundesrepublik Deutschland nicht benannt oder das Patent nicht fur diese erteilt, ist darauf zu achten, dass der behauptete Schutz nicht (auch) auf Deutschland bezogen wird. Zusatze wie „europaisch", „Europa-", „EPU" oder „EPA" sind insoweit nicht ausreichend, um die irrtiimliche Annahme einer Wirkung fiir Deutschland auszuschlieBen.^^^ Der Werbeadressat legt den Hinweis bei Fehlen zusatzlicher Angaben vielmehr so aus, dass Schutz (auch) in Deutschland besteht.'^ Um Fehlvorstellungen bei den angesprochenen Verkehrskreisen zu vermeiden, sind deshalb klarstellende Hinweise, wie z.B. die Aufzahlung derbenannten Vertragsstaaten erforderlich.
Fremdsprachige Bezeichnungen konnen bei europaischen Schutzrechten ebenfalls Fehlvorstellung der angesprochenen Verkehrskreise hervormfen. Die Angaben „European Patent-Pending "^^^ bzw. „European-Patent-Pending"^^^ werden fur eine EPU-Patentanmeldung als irrefiihrend beurteilt, wenn bei dem Adressatenkreis hinreichende Englischkenntnisse nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden konnen und folglich aus dem Begriffsteil „European Patent" auf ein bereits erteiltes Patent geschlossen wird bzw. der Fachausdmck „pending" im Sinne von „noch anhangig" missverstanden wird.
158 159 160 161 162
OLG Dusseldorf, Mitt. 1992, S. 150; Busse/Keukenschrijver (2003), § 9 PatG Rdnr. 27; HarteBavendamm/Henning-BodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 668; Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 12; Schulte/Kuhnen (2005), § 146 Rdnr. 19. OLG Stuttgart NJW 1990, S. 3097; Bogler (1992), S. 413,416; Emmerich (2004), S. 330. Benkard/Ullmann (1993), § 146 Rdnr. 29; KraBer (2004), S. 938. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert (2004), § 5 Rdnr. 668. Rebel (2003), S. 133. LG Dusseldorf, Mitt. 1991, S. 93 f. - European Patent Pending; Schulte/Kuhnen (2005), § 146 Rdnr. 19.
Die Werbung mit gewerblichen Schutzrechten und Urheberrechten - Eine Bestandsaufhahme
155
Wettbewerbsrechtlich unzulassig ist es auch, ein nach dem EPU erteiltes Patent mit Hinweisen wie „geschutzt in Europa'\ „als Patent in Europe geschUtzt", „Europa-Patent", „in Europa ges. gesch." oder „alleiniges Herstellungsrecht in Europa " zu bewerben, da diese Hinweise den Eindruck eines fur samtliche Staaten des Kontinents erteilten, supranationalen Patents hervorrufen, nach dem EPU aber lediglich in den europaischen Staaten Schutz erlangt werden kann, die sich dem EPU angeschlossen haben.^^^ Die Werbung mit einem „europaweitem Patentschutz" wird jedenfalls dann als irrefuhrend angesehen, wenn der Patentschutz nicht fiir alle Mitgliedsstaaten des EPU besteht.^^ Eine Irrefiihrung kann in diesen Fallen ebenfalls nur durch die Angabe der Vertragsstaaten vermieden werden, fiir die die Anmeldung oder das Patent gelten.^^^
3.2
Werbung mit Gebrauchsmusterschutz
3.2.1
Grundsatze
Die Werbung mit dem Gebrauchsmusterschutz ist ebenso wie die mit dem Patentschutz gnmdsatzlich zulassig, sofem sie nicht aufgrund sonstiger Umstande gegen das Irrefiihrungsverbot des § 5 UWG verstoBt.^^ Der Umstand, dass es sich bei dem Gebrauchsmuster um ein ungepriiftes, lediglich registriertes Schutzrecht handelt, bedingt nicht die UnzulSssigkeit der Werbung mit dem Gebrauchsmusterschutz. Es besteht kein Grundsatz, wonach eine Gebrauchsmusterberiihmung im Hinblick auf die fehlende patentamtliche Prufung stets unzulassig wSre oder den Werbenden eine Pflicht zur weiteren Aufklarung der Verkehrskreise uber das Schutzrecht treffe.*^^ Die objektiv zutreffende Werbung mit dem ungeprtiften Schutzrecht kann auch nicht mit der Begriindung fur unerlaubt erklSrt werden, der Verkehr stelle sich unter einem Gebrauchsmuster ein vom DPMA gepriiftes Schutzrecht vor.'^^
Entscheidend fiir die Beurteilung der wettbewerbsrechtlichen Zulassigkeit des Hinweises auf den Gebrauchsmusterschutz sind regelmafiig die Art der bezeichneten Ware und die angesprochenen Verkehrskreisen}^^ Bei einer Werbung gegeniiber dem allgemeinen Verkehr ist - wie allgemein bei § 5 UWG^^° - auf den Eindruck des verstdndigen, durchschnittlich infor-
164 165 166 167 168 169 170
Benkard/Ullmann (1993), § 146 Rdnr. 29; Bogler (1992), S. 413, 416; Benkard/Ullmann (1993), § 146 Rdnr. 29; Lambsdorff/Hamm (1985), S. 244, 246; Lambsdorf/Skora (1977), Rdnr. 196 ff.; Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 11. Busse/Keukenschrijver (2003), § 9 PatG Rdnr. 27; Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 12. KraBer (2004), S. 939. Hefermehl/K6hler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.121; Loth (2001), § 30 Rdnr. 9. Hefermehl/K6hler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.121. Hefermehl/K6hler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.121. Loth (2001), §30 Rdnr. 9. Hierzu 2.2.
156
Andrea Klug
mierten und aufinerksamen Durchschnittsverbraucher abzustellen.^^^ Zu beriicksichtigen ist allerdings, dass diesem Durchschnittsverbraucher die tatsachHchen und rechtlichen Besonderheiten des Gebrauchsmusters und die zum Patent bestehenden Unterschiede insbesondere in Bezug auf die Erlangung des Schutzes und den Priifungsumfang im Einzehien nicht ohne weiteres als bekannt vorausgesetzt werden konnen.^^^ Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass das Vertrauen des allgemeinen Verkehrs in den Bestand des im Vergleich zum Patent leichter zu erlangenden und weniger weit reichenden Gebrauchsmusters geringer als in den eines Patents ist. Die gegenteilige Ansicht'^^ iiberzeugt insoweit nicht. ^^"^ Mit welchen Hinweisen im Einzelnen fur das Bestehen eines Gebrauchsmusters geworben werden darf, ist in Rechtsprechung und Literatur zum Teil umstritten. 3.2.2
Bestand des Gebrauchsmusterschutzes
Geworben werden darf mit dem Gebrauchsmusterschutz erst ab dem Tag der Eintragung des Musters in das Gebrauchsmusterregister.^^^ Die vorherige Berufung auf eine nicht eingetragene Musteranmeldung ist irrefiihrend, da diese keine Schutzwirkungen entfaltet und damit keinen Hinweis rechtfertigt.^^^ Dies betrifft insbesondere die Werbung unter Verwendung von Abkiirzungen wie z.B. „DBGM angem. " oder „DGBM a. '\ da hierdurch neben der Irrefuhnmg iiber die fehlende Schutzwirkung einer Gebrauchsmusteranmeldung zusatzlich der irrefuhrende Eindruck eines bestehenden Gebrauchsmusterschutzes erweckt wird, weil vom Verkehr die die Anmeldeeigenschaft andeutenden Zusatze („angem.", „a.") regelmaBig iibersehen werden und folglich von einem bestehenden Gebrauchsmuster ausgegangen wird.^^^ 171 172 173
174 175
177
Loth(2001),§30Rdnr.9. Lx)th(2001),§30Rdnr.9.
Das OLG DOsseldorf (GRUR 1984, S. 883 - Gebrauchsmusterberuhmung) geht davon aus, der Verkehr wisse, dass das Gebrauchsmuster ein leichter zu erlangendes, weniger weit reichendes Schutzrecht als ein Patent ist, auch wenn ihm die Einzelheiten der Erlangung beider Schutzrechtsarten nicht bekannt seien; das Vertrauen des Verkehrs in den Bestand eines Gebrauchsmusters sei deshalb geringer, so dass er folglich in der Behauptung, ein von ihm erworbenes Produkt sei als Gebrauchsmuster „gesetzlich geschiitzt", anders als bei einem Hinweis auf einen Patentschutz nicht den Hinweis auf einen unzweifelhafte technische Vorzugsstellung sehe. So auch Buhring (2003), § 30 Rdnr. 9; Loth (2001) § 30 Rdnr. 9. Die Eintragung des Gebrauchsmusters und 6\t Veroffentlichung der Gebrauehsmusterschrift finden, sofem das Anmeldeverfahren, in dem nur eine formelle PrQfung erfolgt (§ 8 Abs. 1 S. 2 GebrMG), nicht verz6gert wird, 2- 3 Monaten nach dem Anmeldetag statt. Hefermehl/K5hler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.121; Busse/Keukenschrijver (2003), § 11 GebrMG Rdnr. 5; KraBer (2004), S. 938; Loth (2001), § 30 Rdnr. 18; Pitz (2005), 1.5.1. Buhring (2003), § 30 Rdnr. 11; Loth (2001), § 30 Rdnr. 18.
Die Werbung mit gewerblichen Schutzrechten und Urheberrechten - Eine Bestandsaufnahme
157
Die Werbeaussagen sind stets so zu fassen, dass sie keinesfalls den Eindruck erwecken, es bestehe Patentschutz und das behauptete Schutzrecht beruhe auf eincr patentamtlichen PrufungP^ Zulassige Hinweise nach Eintragung sind beispielsweise "Gebrauchsmusterschutz "^^^, „ Gebrauchsmuster "^^^, „ Gebrauchsmusterschutz "^^\ „Musterschutz"^^^, „geschutztes Muster"^^^, „gebrauchsmustergeschutzt"^^^ oder Abkiirzungen wie „DE'Gbm", „DBGM" (Deutsches Bundesgebrauchsmuster)^^^, „DGBM" (Deutsches Gebrauchsmuster)^^^ oder „DGM''^^\ Vorgeschlagen wird fiir ein gebrauchsmustergeschutztes Erzeugnis auch die generelle Verwendung der Abkurzung „U" mit angefiigter Angabe der Nummer des Gebrauchsmusters.^^^
Unzulassig sind bei einem Gebrauchsmusterschutz wegen Irrefuhrungsgefahr dagegen Zusatze wie „patentamtlich geschiitzt"^^^, „patentrechtlich geschiitzt"^^, „Patent-"^^^ „patentiert"^^^, da diese auf das geprufte Schutzrecht Patent und nicht auf das ungepriifte Gebrauchsmuster hinweisen^^^ imd damit die Vorstellung des Verkehrs iiber das Bestehen eines Patentschutzes enttauschen. Zwar ist das Patentamt neben der Erteilung der Patente auch fur die Eintragimg von Gebrauchsmustem zustandig; dieser Umstand ist aber dem GroBteil der angesprochenen Verkehrsteihiehmer nicht bekannt, weshalb diese die genannten 178 179 180 181 182 183 184 185
191 192 193
Busse/Keukenschrijver (2003), § 11 GebrMG Rdnr. 5. Pitz (2005), 1.5.1. Loth (2001), § 30 Rdnr. 12 ; Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 2. Pitz (2005), 1.5.1. Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 2. Pitz (2005), 1.5.1. Rebel (2003), S. 133 Loth (2001), § 30 Rdnr. 13; Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 2; Pitz (2005), 1.5.1; Rebel (2003), S. 133; Sunner (1951), S. 188, 192. Harte-Bavendamm/Henning-BodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 671; Loth (2001), § 30 Rdnr. 13. Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 2. Cohausz (1992), S. 296,297; Rebel (2003), S. 398. OLG Munchen, Mitt. 1998, S. 479, 480; BOhring (2003), § 30 Rdnr. 10; Ekey (2005), § 5 Rdnr. 387; Hefermehl/K5hler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.117; KraBer (2004), S. 939; Nordemann (2004), Rdnr. 781. OLG Munchen, Mitt. 1998, S. 479, 480 = NJWE-WettR 1997, S. 37 f.; Buhring (2003), § 30 Rdnr. 10; Ekey (2005), § 5 Rdnr. 387; Loth (2001), § 30 Rdnr. 19; KraBer (2004), S. 939; Nordemann (2004), Rdnr. 781. Speckmann (2000), Rdnr. 1056. Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.117. OLG Munchen, Mitt. 1998, S. 479, 480 = NJWE-WettR 1997, S. 37, 38; Busse/Keukenschrijver (2003), § 11 GebrMG Rdnr. 5; Hefermehl/Kehler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.117; Loth (2001), § 30 Rdnr. 19, 23; Nordemann (2004), Rdnr. 455; Schulte/Kuhnen (2005), § 146 Rdnr. 19; Speckmann (2000), Rdnr. 1056.
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Andrea Klug
Hinweise - insbesondere den Zusatz „patentamtlich geschiitzt" - als Behauptung eines Patents iind damit eines gepriiften Schutzrechts verstehen.^^"* Eine derartige Irrefiihnmg ist auch relevant, da ein erheblicher Teil des allgemeinen Verkehrs den Patentschutz mit dem Vorliegen einer Erfindnng und damit einer besonderen, vom Patentamt gepriiften und festgestellten Qualitat der beworbenen Ware verbindet. Derartige Vorstellungen sind fiir die Kaufentscheidimg von erheblicher Bedeutimg.^^^ Als irrefuhrend ist ebenso die Abkiirzung „ GM" zu werten, da erheblichen Teilen der Verkehrskreise diese Abkiirzung unbekannt ist und sie zudem auf einen Geschmacksmusterschutz hinweisen kann, weshalb von vomeherein Fehlvorstellungen iiber die Art des Schutzes in Betracht kommen.^^^ Strittig ist, ob Bezeichnungen wie „gesetzlich geschiitzt", „im Inland geschiitzt", „geschiitzt" oder „gesch" in Bezug auf einen Gebrauchsmusterschutz irrefuhrend sind. Die h.M/^^ lehnt dies zutreffend ab, da auch diese Hinweise beim Verkehr den Eindruck des Bestehens eines gepriiften Schutzrechts erwecken und auf einen Patentschutz bezogen werden. Von einem zulassigen Hinweis ist lediglich in dem Fall auszugehen, dass die Angabe „gesetzlich geschiitzt" mit einem eindeutigen Hinweis versehen wird, dass es sich um ein Gebrauchsmuster handelt, dessen materielle Schutzvoraussetzungen vorliegen. ^^^ Abzulehnen ist ebenso die Zulassigkeit von Angaben wie „alleiniges Herstellungsrecht"^^ oder „Nachahmung verboten"^^, da auch diesen allgemeine Angaben den Eindruck hervorrufen konnen, es handle sich um ein Patent oder eine Patentanmeldung. Die Beriihmung mit einem Gebrauchsmusterschutz kann schlieBlich selbst dann irrefiihrend sein, wenn zwar formell ein Gebrauchsmuster eingetragen wurde, das in Anspruch genommenen Musters mangels Vorliegens der materiellen Schutzvoraussetzungen aber offenkundig nicht schutzjahig ist, z.B. weil offensichtlich ist, dass neuheitsschadlicher Stand der Technik entgegensteht oder
195 196 197
199 200
OLG Munchen, NJWE-WettR 1997, S. 31 f.; Ekey (2005), § 5 Rdnr. 387; Loth (2001), § 30 Rdnr. 20. So OLG Munchen, Mitt. 1998, S. 479, 480 = NJWE-WettbR 1997, 37 f. So Loth (2001), § 30 Rdnr. 21; a.A. Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 2. So OLG DOsseldorf, GRUR 1978, S. 473 („Im Inland geschOtzt); Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.117 („geschutzt", „im Inland geschOtzt"); Buhring (2003), § 30 Rdnr. 10 („Im Inland geschOtzt, „gesetzlich geschOtzt"); Busse/Keukenschrijver (2003), § 11 GebrMG Rdnr. 5 („gesetzlich geschOtzt"); KraBer (2004), S. 939 („gesetzlicher Schutz"); Roth, § 30 Rdnr. 22, 24 (im Inland geschOtzt, gesetzlich geschOtzt); Rebel (2003), S. 398 („gesetzlich geschOtzt", „geschOtzt", „im Inland geschOtzt"); Speckmann (2000), Rdnr. 1056. A.A. Nordemann (2004), Rdnr. 781 („gesetzlich geschOtzt", „geschOtzt"). So Loth (2001), § 30 Rdnr. 14. Im Ergebnis ebenso BenkardAJllmann (1993), § 146 PatG Rdnr. 17, der eine relevante Irrefiihrung vemeint. Loth (2001), § 30 Rdnr. 15; KraBer (2004), S. 939. Loth (2001), §30 Rdnr. 16.
Die Werbung mit gewerblichen Schutzrechten und Urheberrechten - Eine Bestandsaufhahme
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ein gebrauchsmusterschutzfahiger erfinderischer Schritt nicht gegeben ist.^°* Die Irrefuhnmg liegt in diesem Fall darin begriindet, dass durch die Beriihmung der Eindruck hervorgerufen wird, die Schutzfahigkeit des Gebrauchsmustergegenstandes sei bereits amtlich gepriift und anerkannt^^^, was beim Gebrauchsmuster mangels inhaltlicher Priifung jedoch nicht der Fall ist. Es fehlt damit an der Vorrangstellimg, die der Verkehr mit dem Schutzrechtshinweis verbindet.^®^ Vor einer Werbung mit einem Gebrauchsmusterschutz muss der Werbende sich deshalb stets - z.B. durch eine Recherche oder durch Einholung fachkundiger Beratung - sorgfaltig vergewissem, dass ein Gebrauchsmusterschutz wahrscheinlich ist; er darf seine Werbebehauptung nicht leichtfertig - „ins Blaue hinein" - aufstellen^^; er verkennt ansonsten schuldhaft die Unwirksamkeit des Gebrauchsmusters.^^^ Ist die Schutzunfahigkeit dagegen nicht offenkundig, darf mit dem Gebrauchsmuster, solange es besteht, nach den obigen Grundsatzen geworben werden.^^ Der Verkehr soil nSmlich darin - anders als bei Werbehinweisen mit einem Patentschutz - nicht die Behauptung sehen, die gekennzeichnet Ware enthalte in bestimmter Beziehung Neues und gegenuber dem Stand der Technik Erfinderisches.
3.2.3
Sachlicher Umfang des Gebrauchsmusterschutzes
Hinweise auf eingetragene Gebrauchsmuster sind zulassig, wenn die mit dem Hinweis versehene Ware in den Schutzbereich des bestehenden Gebrauchsmusters fallt. Die Werbung darf auf den tatsachlich bestehenden Schutzbereich des Gebrauchsmusters hinweisen; dies gilt selbst dann, wenn dieser vom Wortlaut der Gebrauchsmusteranspriiche abweicht.^®^ Bezieht sich die Gebrauchsmusterberiihmung auf eine Gesamtvorrichtung, obwohl Gebrauchsmusterschutz nur fur einen Teil dieser Vorrichtung besteht, so ist diese Werbung zulassig, wenn der gebrauchsmusterrechtlich geschiitzte Teil
202 203 204 205 206 207 208
BGH, GRUR 1957, S. 372, 374 - 2 DPR; OLG Dusseldorf, GRUR 1984, S. 883 f. = WRP 1984, S. 609, 611- Irrefiihrende Gebrauchsmusterberiihmung; OLG Dusseldorf, NJWE 2000, S. 131 - Schaukelpferd; OLG DOsseldorf, WRP 1999, S. 218, 220 f.; Buhring (2003), § 30 Rdnr. 10; Busse/Keukenschrijver (2003), § 11 GebrMG Rdnr. 5; K6hler/Piper (2002), § 3 Rdnr. 262; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert (2004), § 5 Rdnr. 665; Loth (2001), § 30 Rdnr. 9, 10, 17; Mes (2005), § 30 GebrMG Rdnr. 10; Nordemann (2004), Rdnr. 781; Pitz (2005), 1.5.2. KraBer (2004), S. 939. Harte-Bavendamm/Henning-BodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 665. Pitz (2005), 1.5.2. KraBer (2004), S. 939. Ekey (2005), § 5 Rdnr. 386. OLG Dusseldorf, WRP 1999, S. 218, 222; Ekey (2005), § 5 Rdnr. 386. BGH, GRUR 1985, S. 520 - Konterhauben-Schrumpfsystem; Buhring (2003), § 30 Rdnr. 10; Loth (2001), §30 Rdnr. 10.
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der Gesamtvorrichtimg das eigentliche Geprdge und den eigentlichen Verkehrswert verleiht.^^ Unrichtig und irrefuhrend ist die Aussage dagegen dann, wenn der Gegenstand als Ganzer als gebrauchsmustergeschiitzt beworben wird, das Gebrauchsmuster aber nur imwesentliche Telle der Ware betrifft.^^® 3.3
Werbung mit Geschmacksmusterschutz
Ebenso wie mit dem Gebrauchsmuster darf mit dem ungepriiften Geschmacksmuster geworben werden. Entscheidend fiir die Frage der wettbewerblichen Zulassigkeit des Geschmacksmustervermerk ist, ob der Verkehr den objektiv zutreffenden werblichen Vermerk falsch verstehen kann.^'^ Hinweise auf Geschmacksmusterschutz begriinden dann die Gefahr der Irrefuhrung nach § 5 UWG, wenn kein Schutz besteht oder der Eindruck eines umfassenderen Schutzes erweckt wird.^'^ Da es sich beim Geschmacksmuster um ein ungepriiftes Schutzrecht handelt, sind nur wenige Vermerke vollig frei von einer Irrefuhnmgsgefahr.^^^ Zulassige und iibliche Formulierungen sind beispielsweise „unter Geschmacksmusterschutz*'^^^, „als Geschmacksmuster geschiitzt",^^^ Geschm.Muster"^^^, „Geschm.M."^^^, „Designschutz"^^^ „Design geschiitzt"^^^, wobei die Nummer des Geschmacksmusters oft hinter diese Worte gesetzt wird. Empfohlen wird auBerdem fiir einen Geschmacksmusterhinweis die Abkiirzung .,D" mit Angabe der Geschmacksmustemummer.^^^
Angaben wie z.B. ^Geschiitztes Muster"^^\ „Musterschutz"^^^, „Muster gesetzlich geschiitzt'^^^, „Muster hinterlegt"^^^ sind ebenfalls als zulassige Hin-
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OLG Karlsruhe, GRUR 1980, S. 118 - BalkongelSnder; BOhring (2003), Rdnr. 10; Loth (2001), §30Rdnr. 10. OLG Dusseldorf, GRUR 1984, S. 883 - GebrauchsmusterberUhmung; Buhring (2003), Rdnr. 10. Hefermehl/K6hler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.120. Eichmann/v. Falckenstein (2005), § 59 Rdnr. 6. Eichmann/v. Falckenstein (2005), § 59 Rdnr. 6. Rebel (2003), S. 435; SOnner (1951), S. 188,195. Sanner(1951),S. 188,195. Rebel (2003), S. 435. Rebel (2003), S. 435. Harte-Bavendamm/Henning-BodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 671. Harte-Bavendamm/Henning-BodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 671; Rebel (2003), S. 435. Cohausz (1992), S. 296 f. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert (2004), § 5 Rdnr. 671; Rebel (2003), S. 435; Sunner(1951),S. 188,195. Eichmann/v. Falckenstein (2005), § 59 Rdnr. 6; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert (2004), §5 Rdnr. 671. Eichmann/v. Falckenstein (2005), § 59 Rdnr. 6.
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weise auf Geschmacksmuster anzusehen. Zwar sind diese Zusatze im Hinblick darauf, dass die Verkehrskreise mit ihnen imter Umstanden einen Gebrauchsmusterschutz in Verbindung bringen konnen, nicht eindeutig; da jedoch der Begriff des Geschmacksmusters nicht allgemein bekannt ist, geht das berechtigte Interesse des Schutzrechtsinhabers und das Interesse der Allgemeinheit an Informationen vor, so dass imzutreffende Vorstellungen bei einem Teil der Adressaten der Werbung hingenommen werden konnen.^^^ Eine abweichende Wertung kann sich aus den Umstanden des Einzelfalls ergeben. So ist die Angabe ,^uster gesetzlich geschutzt" fiir Erzeugnisse mit technischen Merkmalen als irrefiihrend zu bewerten, da der Hinweis im Hinblick auf die technischen Merkmale zwangslSufig auf einen Gebrauchsmusterschutz bezogen werden kann?^^
Irrefuhrend als Hinweis auf ein Geschmacksmuster sind Angaben wie „ gesetzlich geschutzt "^^^ Oder ,^es. gesch "^^^, „gesch "^'^^, „patentamtlich geschutzt''^^^, „im Inland geschutzt"^^\ da diese mehrdeutig sind und beim Verkehr die Vorstellung hervorrufen, das behauptete Schutzrecht beruhe auf einer (patent)amtliche Priifung und weise besondere Vorziige auf.^^^ Es muss deshalb zur Vermeidung einer TSuschung ausdrucklich darauf hingewiesen werden, dass sich die Behauptung auf einen Geschmacksmusterschutz bezieht.
Fiir Geschmacksmuster, die international geschutzt sind, ist z.B. „ Internationally Registered Design" ^^^ oder „registered international Design"^^^ als Geschmacksmuster-Hinweis zulassig. Bei mehreren nationalen Geschmacksmustem ist es ist es empfehlenswert, die LSnder, in denen Schutz besteht, zu nennen.
Wenn Geschmacksmusterschutz nur im Ausland besteht, ist eine Geschmacksmusterberuhmung im Inland i.d.R. irrefuhrend.^^^ 224 225 226 227 228 229 230 231 232
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Eichmann/v. Falckenstein (2005), § 59 Rdnr. 6. Eichmann/v. Falckenstein (2005), § 59 Rdnr. 6. Eichmann/v. Falckenstein (2005), § 59 Rdnr. 6. Eichmann/v. Falckenstein (2005), § 59 Rdnr. 6. Rebel (2003), S. 435; Speckmann (2000), Rdnr. 1056. Speckmann (2000), Rdnr. 1056. Eichmann/v. Falckenstein (2005), § 59 Rdnr. 6; Rebel (2003), S. 435. Speckmann (2000), Rdnr. 1056. OLG Munchen, Mitt. 1998, S. 479, 480; Eichmann/v. Falckenstein (2005), § 59 Rdnr. 6; Rebel (2003), S. 435; Speckmann (2000), Rdnr. 1056; Sunner (1951), S. 188, 195. OLG Diisseldorf, GRUR 1978, S. 437; Kohler/Piper (2002), § 3 Rdnr. 262; Sunner (1951), S. 188,195. Rebel (2003), S. 435. Rebel (2003), S. 435. Rebel (2003), S. 435. Eichmann/v. Falckenstein (2005), § 59 Rdnr. 6.
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Bei einem international gebrauchlichen Symbol kann es jedoch ausreichen, dass die Angabe zumindest fiir einen Mitgliedsstaat der EU zutrifft?^^ Dasselbe gilt fiir wdrtliche Angaben.^^^
Eingesetzt werden diirfen die Hinweise auf den Geschmacksmusterschutz in der Werbung erst ab Eintragung des Geschmacksmusters in das Register. Eine Werbimg mit einer Anmeldimg ist irrefuhrend;^'*^ dies gilt auch fiir den Fall, dass die Eintragung alsbald erfolgt.^"*^ Ist ein Geschmacksmuster zwar eingetragen, aber offensichtlich nicht schutzfahig, ist die Werbung mit dem Geschmacksmusterschutz irrefuhrend.^^^ Werbung mit Markenschutz
3.4 3.4.1
Grundsatze
Die Werbung mit dem Markenschutz ist wettbewerbsrechtlich zulassig, sofem dieser Schutz tatsdchlich besteht?^^ Auf den Markenschutz kann mit Ausdrucken wie „Marke''^^, „Warenzei' chen"^^^ Oder „Schutzmarke"^^^ hingewiesen werden. Erlaubt und allgemein iiblich ist auBerdem die Abkiirzung „ TM*' C^) fiir „(Registered) Trademark".^"*^ Fiir die Werbung mit einer eingetragenen Marke hat sich die Abkiirzung R im Kreis - ® - oder in Klammern in der Praxis durchgesetzt.^"*^ Die Abkurzung setzt nicht das Bestehen einer international registrierten Marke voraus; es genugt ein in der Bundesrepublik Deutschland eingetragenes Zeichen.^"*^
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EuGH, GRUR Int. 1991, S. 215, 216 - Pall/Dahlhausen; Eichmann/v. Falckenstein (2005), § 59 Rdnr. 6. Eichmann/v. Falckenstein (2005), § 59 Rdnr. 6. Hefermehl/KOhler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.120; Rehmann (2004), Rdnr. 273. A.A. OLG Munchen, NJWE-WettbR 1997, S. 107 - Symbol „R im Kreis";; Eichmann/v. Falckenstein (2005), § 59 Rdnr. 6. OLG Dusseldorf, GRUR 1984, S. 883; Eichmann/v. Falckenstein (2005), § 59 Rdnr. 6. BGH, GRUR 1990, S. 364, 366 - Baelz; Hefermehl/Kdhler/Bomkamm (2006), § 5 UWG Rdnr. 5.122. OLG Hamburg, WRP 1986, S. 290; Kohler/Piper (2002), § 3 Rdnr. 262; Matutis (2005), § 5 Rdnr. 9. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert (2004), § 5 Rdnr. 671. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert (2004), § 5 Rdnr. 671. OLG Hamburg, WRP 1986, S. 290; OLG Stuttgart, WRP 1994, S. 126; OLG Dusseldorf, NJWE-WettbR 1997, S. 5 ff; Cohausz (1992), S. 296, 297; Harte-Bavendamm/HenningBodewig/Weidert (2004), § 5 Rdnr. 671; Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 UWG Rdnr. 5.122; Rebel (2003), S. 524. BGH, NJWE-WettbR 1997, S. 5, 6; BPatG, GRUR 1992, S. 704, 706 - Royals®; OLG Hamburg, WRP 1986, S. 290; Cohausz (1992), S. 296, 297; Ekey (2005), § 5 Rdnr. 388; Kohler/Piper (2002), § 3 Rdnr. 262; Rebel (2003), S. 524; Strobele (2003), § 8 Rdnr. 588.
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1st eine Marke nicht eingetragen, ist die Benutzung des Sonderzeichens ® als irrefuhrend anzusehen, da der Verkehr bei dem Symbol gnmdsatzlich von einer bereits eingetragenen Marke ausgeht.^^^ Teilweise wird vertreten, dass die Verwendung des Zeichens ausnahmsweise dann zulassig sei, wenn die angemeldete Marke zwar noch nicht eingetragen sei, mit der Eintragung aber zeitnah zu rechnen sei und diese dann auch so erfolge?^^ Dem kann - ohne dass dem Symbol ein unmissverstandlicher Hinweis auf die noch nicht erfolgte Eintragung beigefugt wird - im Hinblick auf die Vorstellung, die die Verkehrsteilnehmer mit dem Zeichen verbinden, nicht zugestimmt werden. Die Verkehrskreise entnehmen der Beifugung des Symbols ® regelmaBig, dass eine entsprechend eingetragene Marke vorliegt.^^^ Irrefuhrend ist die Kennzeichnung mit dem Symbol (D auch in dem Fall, dass ein Markenschutz nicht in der Form existiert, wie er behauptet wird z.B. weil nicht die gesamte Marke, sondem nur ein Teil von dieser wiedergegeben und mit dem Sonderzeichen gekennzeichnet wird.^^^ Ebenso wenig zulassig ist es, bei Bestehen lediglich eines Markenschutz mit Ausdriicken wie „patentamtlich geschiitzt"^^^, „patentiert*\ „gesetzlich geschiltzt "^^^, „ im Inland geschiitzt '\ „geschiitzt "^^, „gesch. '^^^ oder „ges.gesch. "^^^ zu werben, da durch diese Bezeichnungen beim Verkehr der Eindruck eines bestehenden Patentschutzes erweckt wird und damit letztlich
BPatG, GRUR 1992, S. 704, 706 - Royals®; OLG Dusseldorf, NJWE 1997, S. 5 f. - Pasofast; OLG Munchen, NJWE 1997, S. 107; OLG Hamburg, WRP 1997, S. 101 f.; Nordemann (2004), Rdnr. 781. 250 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert (2004), § 5 Rdnr. 670. 251 OLG Munchen, NJWE-WettbR 1997, 107 - Symbol „R im Kreis"; Nordemann (2004), Rdnr. 781; Rebel (2003), S. 524; Sack (1998), S. 871, 877; Strobele (2003), § 8 Rdnr. 588. A.A. OLG Dusseldorf, Mitt. 1996, S. 355, 357; OLG Stuttgart WRP 1994, S. 136; OLG Hamburg, WRP 1997, S. 101, 102 - Selenium-ACE; OLG Hamburg, WRP 1986, S. 290, 291; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert (2004), § 5 Rdnr. 669; 252 BGH, GRUR 1990, S. 364, 366 - Baelz. 253 BGH, GRUR 1990, S. 364, 366 - Baelz; BPatG, GRUR 1992, S. 704, 706 - Royals®' OLG Hamburg, WRP 1997, S. 101, 102 - Selenium-ACE; OLG Hamburg, GRUR 1999, S. 373; Harte-Bavendamm/Henning-BodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 670. 254 Sunner(1951),S. 188,192. 255 BGH, GRUR 1957, S. 358, 360 - Kolnisch Eis; Ekey (2005), § 5 Rdnr. 388; Emmerich (2004), S. 330; Nordemann (2004), Rdnr. 781; Kohler/Piper (2002), § 3 Rdnr. 262; Matutis (2005), § 5 Rdnr. 57; Rebel (2003), S. 524; Sunner (1951), S. 188,189. 256 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert (2004), § 5 Rdnr. 671; Kohler/Piper (2002), § 3 Rdnr. 262; Nordemann (2004), Rdnr. 455. 257 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert (2004), § 5 Rdnr. 671. 258 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert (2004), § 5 Rdnr. 671.
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mehr Rechte vorgetauscht werden, als tatsachlich vorhanden sind.^^^ Unerheblich ist insoweit der Umstand, dass die Eintragung der Marke ebenfalls durch das Patentamt erfolgt. Auf Marken, die (als nicht eingetragene Marken) nur kraft Verkehrsgeltung nach § 4 Nr. 2 MarkenG geschiitzt sind, darf nicht in einer Weise hingewiesen werden, die der Verkehr als Hinweis auf ein Schutzrecht versteht, dass in einem formellen Verfahren erteilt wird.^^ Worte wie „gesch. " oder „ges. gesch. " sind deshalb (auch) aus diesem Grund irrefuhrend. Der Hinweis auf eine Marke^^^ die nur im Ausland, nicht jedoch im Inland registriert ist, ist zulassig.^^^ § 5 UWG rechtfertigt kein Verbot, well die Irrefuhrung uber die inlSndische Eintragung der Marke keine schutzwiirdigen Interessen beruhrt.
3.4.2
Exkurs: Begriff der ,>larkenware"
Die Zulassigkeit des Verwendens des Begriffs der ,>Iarkenware" in der Produktwerbung beurteilt sich ebenfalls nach § 5 UWG. Unter einer Markenware ist im wettbewerbsrechtlichen Sinne^^ eine mit einer Marke (Waren- oder Firmenkennzeichnung) versehene Ware za verstehen, die im Verkehr bekannt ist und wegen ihrer gleich bleibenden oder sich verbessemden Qualitat eine beachtliche Verkehrsanerkennung erworben hat.^^^ Die bloBe Kennzeichnung der Ware mit einer Marke reicht demnach nicht aus, um ein Produkt als Markenware zu bezeichnen,^^ da fur den Verkehr Markenware mehr ist als nur ein Artikel, der unter einer Marke in den Handel ge-
BGH, GRUR 1957, S. 358, 360 - KGlnisch Eis; Busse/Keukenschrijver (2003), § 11 GebrMG Rdnr. 5; K6hler/Piper (2002), § 3 Rdnr. 262; Matutis (2005), § 5 Rdnr. 57; Rebel (2003), S. 524. 260 Harte-Bavendamm/Henning-BodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 670, 671. 261 Z.B. durch den Aufdruck ®. 262 Ekey (2005), § 5 Rdnr. 389; Schulte/Kuhnen (2005), § 146 Rdnr. 23. 263 So Ekey (2005), § 5 Rdnr. 386; Sack (1998), S. 871, 877 (fur § 3 UWG a.F.). 264 Der Begriff der Markenware im wettbewerbsrechtlichen Sinne ist mit dem kartellrechtlichen Begriff der Markenware (§ 23 Abs. 2 GWB a.F.) nicht identisch. Im Kartellrecht bedeutet der Begriff, dass unverbindliche Preisempfehlungen zulassig sind. So Hefermehl/K5hler/Bomkamm (2006), § 5 UWG Rdnr. 4.79; Kohler/Piper (2002), § 3 UWG Rdnr. 256; Rebel (2003), S. 524. Fur § 5 UWG ist nicht der kartellrechtliche, sondem der wettbewerbsrechtliche Begriff der Markenware maBgebend, Kohler/Piper (2002), § 3 UWG Rdnr. 256. 265 Hefermehl/KOhler/Bomkamm (2006), § 5 UWG Rdnr. 4.79; KOhler/Piper (2002), § 3 UWG Rdnr. 256; Matutis (2005), § 5 Rdnr. 19. OLG Dusseldorf, WRP 1986, S. 337; Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 UWG Rdnr. 4.79; Kohler/Piper (2002), § 3 UWG Rdnr. 257; Matutis (2005), § 5 Rdnr. 19; Rebel (2003), S. 524.
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bracht wird.^^^ Hinzutreten miissen die Verkehrsbekanntheit und die Verkehrsanerkennung aufgnmd von Qualitat, auf der das Vertrauen des Publikums zur Markenware beruht.^^^ Unzulassig - weil irrefuhrend - ist es ebenso, fur Waren mit der Bezeichnung „Markenware" zu werben, wenn diese nicht mit einer Marke gekennzeichnet sind.^^^ Die Verwendung des auf Markenware hinweisenden Begriffs ,>Iarkenqualitat" fur in Wirklichkeit markenlose (anonyme) Waren verstoBt ebenfalls gegen § 5 UWG. ^^° Dies gilt selbst dann, wenn die Waren tatsachlich aus der Produktion von Markenartikeln stammen oder mit solchen Artikeln qualitativ gleichwertig sind.^^^ Grund ist, dass die Werbekraft des Begriffs Markenware bei Fehlen einer Kennzeichnung mit einer Marke in wettbewerbswidriger Weise in Anspruch genommen wird, weil der Verkehr mit dem Begriff der Markenware nicht nur eine bestimmte Qualitatsvorstellung verbindet, sondem aufgnmd der Kennzeichnung mit einer Marke anders als bei Erzeugnissen ohne Herkunftshinweis auch die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Untemehmen erwartet.^^^ Wettbewerbswidrig ist es daher, markenlosen Kraftstoff als ,3enzin in Markenqualitat" oder ,>Iarkenbenzin" anzubieten, selbst wenn dieser vom Hersteller eines Markenbenzins stammt und die gleiche Qualitat wie dieses aufweist.^^^
3.5
Werbung mit Urheberrechten und verwandten Schutzrechten
Dass der Berechtigte auf ein bestehendes Urheber- oder Leistungsschutzrecht hinweisen darf, ist imstreitig.^^"*
267
K6hler/Piper (2002), § 3 UWG Rdnr. 257. Kdhler/Piper (2002), § 3 UWG Rdnr. 257; Matutis (2005), § 5 Rdnr. 19. Hefermehl/Kehler/Bomkamm (2006), § 5 UWG Rdnr. 4.80. 270 BGH, GRUR 1989, S. 754, 755 f. - Markenqualitat; OLG Karlsruhe, WRP 1985, S. 437 Westdeutsche Markenqualitat; Harte-Bavendamm/Henning-BodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 667; Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 UWG Rdnr. 4.80; Kohler/Piper (2002), § 3 Rdnr. 258; Matutis (2005), § 5 Rdnr. 19; Rebel (2003), S. 524. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert (2004), § 5 Rdnr. 667; Hefermehl/K6hler/Bomkamm (2006), § 5 UWG Rdnr. 4.80. 272 BGH, GRUR 1989, S. 754, 755 f. - Markenqualitat; BGH, NJW-RR 2001, S. 32, 34; OLG Hamburg, GRUR 1968, S. 318, 319; Hefermehl/K6hler/Bomkamm (2006), § 5 UWG Rdnr. 4.80; Kohler/Piper (2002), § 3 Rdnr. 258. BGH, GRUR 1966, S. 45,46 - Markenbenzin; Hefermehl/KOhler/Bomkamm (2006), § 5 UWG Rdnr. 4.80; Kdhler/Piper (2002), § 3 Rdnr. 258; Rebel (2003), S. 524; vgl. ebenso OLG Hamm, GRUR 1968, S. 318, 319 - Markenqualitat; OLG Karlsruhe, WRP 1985, S. 437 - Westdeutsche Markenqualitat. 274 Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.123. 268 269
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Als zulassige Abkiirzung fur den Schutzvermerk bei Urheberrechten hat sich das Sonderzeichen „C" im Kreis" (©)^^^ imd die Angabe der Jahreszahl des ersten Erscheinens national und international durchgesetzt.^^^ Der sog. Copyrightvermerk dient i.d.R. gleichzeitig als Hinweis darauf, dass das Werk in den USA registriert worden ist.^''^
Auch der Ausdruck „gesetzlich erlaubt" ist nicht zu beanstanden, sofem er nicht von einem erheblichen Teil der durchschnittlich informierten und verstandigen Verbraucher als Hinweis auf ein technisches Schutzrecht verstanden wird.^^^ Auf das Leistungsschutzrecht der ausiibenden Kiinstler imd/oder der Tontragerhersteller wird regelmafiig durch ein „P" im Kreis hingewiesen.^^^ Unzulassig wegen Irrefuhnmg sind Schutzrechtshinweise, wenn das Urheberoder Leistungsschutzrecht in Wirklichkeit nicht besteht, z.B. weil es sich um ein gemeinfreies Werk handelt.^*^ Die Relevanz dieser Irrefiihrung kann jedoch im Einzelfall zweifelsfrei sein, da nicht ohne weiteres ersichtlich ist, inwieweit die Kaufentscheidung der Abnehmer durch einen derartigen Urheberrechtsvermerk beeinflusst wird.
4
Rechtsfolgen der unzulassigen Werbung mit Schutzrechten
4. J
Zivilrechtliche Folgen
Die gegen das Irrefuhnmgsverbot des § 5 UWG verstoBende Werbung mit Schutzrechten lost zivilrechtliche Anspriiche nach der UWG sowie dem BOB aus. 4.1.1
Unterlassungsanspruch
Die wichtigste zivilrechtliche Folge des VerstoBes gegen § 5 UWG durch Werbung mit Schutzrechten stellt der Unterlassungsanspruch der betroffenen Mitbewerber nach §§ 5, 3, 8 Abs. 1, 3 Nr. I UWG (= § 3 UWG a.F.) sowie der sonstigen in § 8 Abs. 3 Nr. 2 - 4 UWG genannten Klageberechtigten dar.
275 276 277 278 279 280
Harte-Bavendamm/Henning-BodewigAVeidert (2004), § 5 Rdnr. 671. Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.123; Rebel (2003), S. 52, 524. Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.123. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert (2004), § 5 Rdnr. 667. Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.123. Hefermehl/Kdhler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.123; Eichmann/v. Falckenstein (2005), § 59 Rdnr. 6. Naher hierzu Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.123.
Die Werbung mit gewerblichen Schutzrechten und Urheberrechten - Eine Bestandsaufnahme
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1st durch die unzulassige Handlimg ein fortlaufender Stonmgszustand geschaffen worden, tritt nach § 8 Abs. 1 S. 1 UWG ein Beseitigungsanspruch der Betroffenen neben den Unterlassungsanspruch. 4.1.2
Schadensersatzanspruch, Gewinnabschopflmg
Die irrefiihrende Schutzrechtsbehauptung begriindet nach §§ 5, 3, 9 S. 1 UWG (= §§ 1,3, 13 UWG a.F.) bei Verschulden auBerdem Schadensersatzanspriiche der Mitbewerber gegen den Tater. ^^^ Nach § 9 S. 1 UWG muss die Zuwiderhandlung vorsdtzlich oder fahrldssig erfolgt sein. Die Schadensersatzpflicht trifft damit in erster Linie denjenigen, der wusste oder wissen musste, dass die von ihm gemachten Angaben irrefuhrend sind.^^^ In der Kegel geniigt fiir die Begriindung von Schadensersatzanspriichen einfache Fahrlassigkeit des Taters.^^"* Die Hohe des Schadensersatzes richtet sich nach §§ 249 - 252 BGB. Bei der Berechnung ist davon auszugehen, dass ein Schutzrechtshinweis den beworbenen Gegenstand vor anderen Produkten hervorheben und besonderes Interesse der potentiellen Abnehmer an diesem Gegenstand wecken kann, was zwangslaufig zu Lasten der Konkurrenten geht.^*^ Wird ein aufklarender Zusatz unterlassen, ist der Schaden deshalb nach dem Zustand zu berechnen, der bei ordnungsgemaBer Anbringung des Zusatzes bestehen wiirde.^^^ Bei der Ermittlung des Schadens, der beispielsweise durch eine Irrefiihrung in Bezug auf eine Patentanmeldung entstanden ist (z.B. durch den Hinweis „B Pa"), kann der KlSger verlangen, so gestellt zu werden, wie er gestanden hatte, wenn der Beklagte nicht den Eindruck eines bereits erteilten Patent hervorgerufen, sondem lediglich auf die bekannt gemachte Patentanmeldung C.DBP angemeldet") hingewiesen hatte. Nicht maBgebend ist der Zustand, der gegeben ware, wenn der Beklagte (iberhaupt nicht geworben hatte.
Zu dem ersatzfahigen Schaden der Konkurrenten zahlt auch der Ersatz der Kosten der Rechtsverfolgung insbesondere der Rechtsanwaltskosten, die dem Klager entstanden sind, um die irrefiihrende Werbung zu unterbinden.^^^ Ist aufgrund der irrefuhrenden Werbung eine Marktverwirrung^^^ eingetreten, so ist auBerdem der Marktverwirrungsschaden bei der Schadensberechnung zu
283 284 2S5 286 287
288 289
Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.128; Buhring (2003), § 30 Rdnr. 12; Loth (2001), § 30 Rdnr. 26; Pitz (2005), 1.5.1. Emmerich (2004), S. 294; Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 9 Rdnr. 1.17. Zum sog. Zeitungsprivileg nach § 9 S. 2 UWG vgl. Emmerich (2004), S. 261, 294. Loth (2001), §30 Rdnr. 26. Buhring (2003), § 30 Rdnr. 12. BGH, GRUR 1966, S. 92, 95 - Bleistiftabsatze; Hefermehl/K5hler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.127; Kohler/Piper (2002), § 3 Rdnr. 265. Kohler/Piper (2002), § 3 Rdnr. 265. Emmerich (2004), S. 294; Loth (2001), § 30 Rdnr. 26.
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beriicksichtigen, d.h. die Kosten der Beseitigung der Marktverwimmg durch erhohte Werbeanstrengungen sowie durch etwaige EinbuBe an geschaftlichem Ansehen.^^^ Nach § 9 S. 1 UWG steht der Schadensersatzanspmch nur den durch die Irrefiihrung betrofFenen Mitbewerbem za?^^ Die Vorschrift ist nicht - auch nicht analog - auf Verbraucher anzuwenden.^^^ Ein Schadensersatzanspmch zu deren Gunsten lasst sich auch nicht aus § 823 Abs. 2 BOB herleiten, da § 3 UWG kein Schutzgesetz im Sinne der Vorschrift darstellt. Damit der KlSger in die Lage versetzt wird, den ihm zustehenden Schadensersatzanspmch zu beziffem, ist der Werbende zur Auskunft gem. § 242 BGB verpflichtet.^^"* Mit einem Unterlassungsanspruch kann in der Regel auch die Feststellung der Schadensersatzpflicht gem. § 256 ZPO begehrt werden.^^^
Aus § 10 UWG ergibt sich neben dem Schadensersatzanspmch unter den in der Vorschrift genannten Voraussetzungen zudem ein Anspruch auf Gewinnabschopfung. Der Anspmch ist auf die Herausgabe des (verbliebenen) Gewinns an den Bundeshaushalt gerichtet, den der vorsatzlich handelnde Tater auf Grund der unwahren Werbung zu Lasten des Abnehmers erwirtschaftet hat. Anspruchsberechtigt sind nach § 10 Abs. 1 UWG die gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 - 4 UWG zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten. Die vom dem WettbewerbsverstoB betroffenen Mitbewerber i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG sind nicht zur Geltendmachung des Anspruchs legitimiert.
4.2
Strafrechtliche Folgen
Gegen irrefiihrende Werbehinweise auf Schutzrechte kann nach § 16 Abs. 1 UWG (= § 4 UWG a.F.) auch strafrechtlich vorgegangen werden. Die Straftat ist ein Vergehen. Angedroht wird durch § 16 Abs. 1 UWG eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe. Die Tat wird von Amts wegen verfolgt. Offenthche Klage wird nach § 374 Abs. 1 Nr. 7, § 376 StPO nur dann erhoben, wenn die Strafverfolgung im dffenth296
chen Interesse liegt.
§ 16 Abs. 1 UWG verlangt zusatzlich zum Verbot der irrefiihrenden Werbung nach § 5 Abs. 1 UWG, dass die fraglichen Angaben gerade in offentlichen BeNaher zum Begriff der Marktverwirrung und des Marktverwirrungsschadens Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 9 Rdnr. 1.30 ff.; 5.128; Harte-Bavendamm/HennigBodewig/Goldmann (2004), § 9 Rdnr. 112 f. ^^^ BGH, GRUR 1966, S. 92, 95 - Bleistiftabsatze; Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 5.128; Biihring (2003), § 30 Rdnr. 12; Emmerich (2004), S. 295. 292 Zum Begriff des Mitbewerbers vgl. Hefermehl/KOhler/Bomkamm (2006), § 9 Rdnr. 1.9. 293 Hefermehl/Kdhler/Bomkamm (2006), § 9 Rdnr. 1.10. 294 Loth (2001), §30 Rdnr. 26. 295 Loth (2001), §30 Rdnr. 26. 296 Hierzu naher Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 16 Rdnr. 24.
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kanntmachungen oder in Mitteilungen gemacht werden, die fur einen groBeren Kreis von Personen bestimmt sind, d.h. die sich wie z.B. Werbeanzeigen, Prospekte, Postwurfsendimgen an die Allgemeinheit oder eine unbegrenzte Offentlichkeit wenden.^^^ Strafbar ist nur die Irrefiihnmg durch unwahre und irrefiihrende, d.h. zur Irrefuhnmg geeignete Angaben. Die Vorschrift greift deshalb nicht schon ein, wenn ein nicht volHg unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise irregefuhrt wird, sondem erst, wenn die Tatsache tatsachlich objektiv iinwahr ist und auBerdem i.S.d. § 5 UWG zur Irrefuhnmg der angesprochenen Verkehrskreise geeignet ist.^^^ In subjektiver Hinsicht setzt die Vorschrift voraus, dass die Angaben in der Absicht gemacht werden, den Anschein eines besonders giinstigen Angebots hervorzurufen sowie dass der Tater wissentlich gehandeh hat, so dass er die Unrichtigkeit seiner Angaben sowie deren Eignimg zur Irrefuhnmg kennen musste.^^ Da § 16 Abs. 1 UWG ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BOB darstellt, konnen Verbraucher, denen unmittelbar keine Anspriiche aus dem UWG zustehen, im Falle einer strafbaren Irrefuhnmg nach § 16 Abs. 1 UWG selbst Anspriiche auf Unterlassung und Schadensersatz nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 16 Abs. 1 UWG geltend machen.^^ 5
Auskunftsanspruch wegen Schutzrechtsberiihmung
Neben dem gewohnlichen, sich aus § 242 BGB ergebenden wettbewerbsrechtlichen Auskunftsanspruch^®^ sehen die verschiedenen Schutzgesetze bei offentlichen Hinweisen auf Schutzrechte im Hinblick auf deren Warn- und Werbewirkung zur Vermeidung von Missbrauchen^®^ einen speziellen Auskunftsanspruch gegen denjenigen vor, der sich des besonderen Rechtsschutzes beriihmt. Der zivilrechtliche Auskunftsanspruch dient der Vorbereitung einer wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzung und soil das Risiko deijenigen verringem, die sich durch den Schutzrechtshinweis beeintrachtigt fuhlen.
297 Emmerich (2004), S. 297; Hefermehl/KGhler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 1.69, § 16
299 300 301 302
Rdnr. 14 f. Emmerich (2004), S. 297; Hefermehl/Kohler/Bomkamm (2006), § 5 Rdnr. 1.69, § 16 Rdnr. lOff. Emmerich (2004), S. 297; Hefermehl/K6hler/Bomkamm (2006), § 16 Rdnr. 16 ff. Emmerich (2004), S. 297; Hefermehl/Kdhler/Bomkamm (2006), § 16 Rdnr. 29. Hierzu nSher Lambsdorff/Skora (1978), Rdnr. 217 ff. Hierzu nSher BGH, GRUR 1985, S. 520, 521 - Konterhauben-Schrumpfsystem; Benkard/Ullmann (1993), § 146 PatG Rdnr. 1; Mes (2005), § 146 PatO Rdnr. 1; Loth (2001), § 30 Rdnr. 1.
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Diese sollen sich vor BekSmpfung der Schutzrechtsberiihrnung iiber die Grundlage des Schutzrechtsvermerks Aufklarung verschaffen konnen und so nicht gezwungen sein, ein Verfahren auf die Gefahr bin einzuleiten, dass der Gegner in diesem einen dem Hinweis entsprechenden Schutz nachweisen kann."'^^
Ob die in dem offentlichen Hinweis begriindete Schutzxechtsberiihmimg rechtmaBig ist, wird in den entsprechenden Vorschriften nicht geregelt.^^"* Hier greifen - wie unter 3. dargesteUt - §§ 3, 5 UWG, §§ 823 Abs. 1 und 826 BGB erganzend ein.^®^ 5.1
Auskunftsanspruch wegen Patent- oder Gebrauchsmusterberuhmung
Die Verwendung von Bezeichnungen, die den Eindruck erwecken konnen, dass bestimmte Gegenstande durch ein Patent, eine Patentanmeldimg oder durch ein Gebrauchsmuster geschiitzt seien, verpflichten unter den in § 146 PatG, § 30 GebrMG^^ bestimmten Voraussetzungen zur Auskunft dariiber, auf welches Patent oder welche Patentanmeldung bzw. welches Gebrauchsmuster sie sich stiitzen. Voraussetzung fiir den Auskunftsanspruch ist mithin eine Patent- oder Gebrauchsmusterberuhmung, d.h. eine offentliche Kundgabe, die auf den Schutz nach dem PatG oder GebrMG („nach diesem Gesetz") hinweist. Diese Kundgabe kann durch Bezeichnungen erfolgen, die auf einen Schutz aus einem deutschen Patent oder einer Patentanmeldung, einem erstreckten DDR-Patent, einem erganzenden Schutzzertifikat oder einem Gebrauchsmuster schlieBen lassen. Dies ist z.B. bei Vermerken wie „Deutsches Bundespatent", „patentiert", .J'atent angemeldet", „Gebrauchsmuster", „Deutsches Gebrauchsmuster", „gesetzlich geschutzt", „patentamtlich geschutzt" Oder Abkurzungen wie „Pat.", „DBP", „GM", „DGM" der Fall.^^^
Auch Angaben, die die Art des Schutzes nicht erkennen lassen, fallen unter § 146 PatG, § 30 GebrMG.'"'
304 305
So fur § 146 PatG: Benkard/Ullmann (1993), § 146 PatG Rdnr. 1; Busse/Keukenschrijver (2003), § 146 PatG Rdnr. 3, 5; KraBer (2004), S. 933; Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 1; Schulte/Kuhnen (2005), § 146 Rdnr. 5; fur § 30 GebrMG: Buhring (2003), § 30 Rdnr. 1 ; Loth (2001), § 30 Rdnr. 1; fur § 59 GeschmMG: Rehmann (2004), Rdnr. 269. Loth (2001), §30 Rdnr. 1 Benkard/Ullmann (1993), § 146 PatG Rdnr. 1; Buhring (2003), § 30 Rdnr. 1; Mes (2005), § 46 PatG Rdnr. 1. Die Vorschriften wurden 1936 in das PatG und GebrMG eingefuhrt. Naher zur Entstehungsgeschichte Benkard/Ullmann (1993), § 146 PatG Vorbemerkung; Busse/Keukenschrijver (2003), § 146 PatG Rdnr. 1 - 4; Hubbuch (1958), S. 232; KraBer (2004), S. 933; Lambsdorff/Skora (1978), Rdnr. 329. Buhring (2003), § 30 Rdnr. 3; Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 1; Schulte/Kuhnen (2005), § 146 Rdnr. 7.
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Beispiele sind ZusStze wie „gesetzlich geschutzt", „patentamtlich geschutzt", ,Anmeldung samtlicher Schutzrechte".
Bei Hinweisen auf europaische Patente oder Anmeldungen ist § 146 PatG entsprechend anwendbar, soweit sich diese auf den Bereich der Bimdesrepublik Deutschland erstrecken.^^ Der Hinweis auf auslandischen Patentschutz wird dagegen grundsatzlich nicht von § 146 PatG, § 30 GebrMG erfasst, sofem nicht der Eindruck erweckt wird, dass die Gegenstande „nach diesem Gesetz" geschutzt sind.^^® Umstritten ist, ob und wieweit eine Auskunftspflicht nach § 146 PatG bei dem offentlichen Hinweis auf eine noch nicht offengelegte Patentanmeldung besteht. Teile der Literatur lehnen in diesem Fall einen Auskunftsanspruch nach dem Wortlaut der Vorschrift ab, da bei nicht offengelegten Patentanmeldungen noch kein patentrechtlicher „Schutz" im Sinne der Vorschrift vorliege.^^^ Auch die iiberwiegende Meinung in der Rechtsprechung vemeinte nach dem fiuher geltenden Recht fur nicht bekannt gemachte Patentanmeldungen einen Anspruch aus § 146 PatG.^^^ Nach anderer Ansicht begriindet dagegen die Beriihmimg mit einer noch nicht offengelegten Patentanmeldung einen Auskunftsanspruch in entsprechender Anwendung des § 146 PatG.^^^ Fiir diese Auffassung spricht, dass die nicht offengelegte Anmeldung nach dem PatG zwar keinen Schutz vermittelt, in dem Schutzrechtshinweis aber dennoch eine Beriihmung mit einen Patentschutz zimi Ausdruck kommt. Da § 146 PatG gerade darauf abzielt, Missbrauche bei der Werbung zu vermeiden, erscheint eine analoge Anwendung der Vorschrift gerechtfertigt. Gleiches muss gelten, wenn ein Hinweis auf eine bloBe Gebrauchsmusteranmeldung erfolgt, da auch mit diesem der Eindruck des Bestehens eines tatsachlich nicht vorhandenen Gebrauchsmusterschutzes hervorgerufen wird.^^"* Begriindet wird dies damit, dass sich aus dem Hinweis nicht eindeutig ergeben muss, in welcher Form und fiir welchen territorialen Bereich Schutz besteht oder beantragt ist; es genugt, dass nach der Verkehrsauffassung bei einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Kreise der Eindruck eines Patents, einer Patentanmeldung oder eines Gebrauchsmusters mit Wirkung fur die Bundesrepubhk Deutschland entstehen kann. So KraBer (2004), S. 933, ^^^ So Benkard/Ullmann (1993), § 146 PatG Rdnr. 27; Busse/Keukenschrijver (2003), § 146 PatG Rdnr. 9; KraBer (2004), S. 933; Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 1. ^'° Buhring (2003), § 30 Rdnr. 3; Loth (2001), § 30 Rdnr. 2; Schulte/Kuhnen (2005), § 146 Rdnr. 23. 311 Schulte/Kuhnen (2005), § 146 Rdnr. 8. 312 Der BGH und das LG Munchen I kamen in diesen Fallen aber iiber einen quasideliktischen Beseitigungsanspruch nach § § 1 , 3 UWG (a.F.), §§ 823, 1004 BGB zu einem Auskunftsanspruch. Naher hierzu mit Nachweisen Benkard/Ullmann (1993), § 146 PatG Rdnr. 8; Busse/Keukenschrijver (2003), § 146 PatG Rdnr. 10; Schulte/Kuhnen (2005), § 146 Rdnr. 15. So Benkard/Ullmann (1993), § 146 PatG Rdnr. 8; Busse/Keukenschrijver (2003), § 146 PatG Rdnr. 10; KraBer (2004), S. 935. A.A. Loth (2001), § 30 Rdnr. 2.
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Kein Auskimftsanspruch nach § 146 PatG oder § 30 GebrMG ist gegeben, wenn die verwendete Bezeichnimg eindeutig nicht auf einen Patent- oder Gebrauchsmusterschutz in Deutschland, sondem auf einen Schutz anderer Art wie z.B. einen Geschmacksmuster- oder Markenschutz, oder nur auf einen nicht in Deutschland wirkenden Schutz hinweist.^'^ Die offentliche Kundgabe des Schutzrechtshinweises kann nach der beispielhaften Aufzahlung in § 146 PatG, § 30 GebrMG auf den Gegenstanden selbst oder ihrer Verpackung^'^, in offentlichen Anzeigen, auf Aushangeschildem, auf Empfehlungsschreiben oder in ahnlichen Kundgebungen erfolgen.^'^ Offentlich ist die Kundgabe dabei, wenn sie sich an einen grCBeren, nicht von vomherein bestimmten Personenkreisrichtet;^^^nicht dffenthch ist die BerOhmung bei einer Angabe gegenuber einem nur begrenzten Personenkreis.
Der Auskunftsanspruch, auf welches Patent bzw. welche Patentanmeldung oder welches Gebrauchsmuster sich die Beriihmung bezieht, steht jedem zu, der ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der Rechtslage hat. Ein berechtigtes Interesse kann sich insbesondere zur Auskunft dariiber ergeben, ob die Benihmung irrefiihrend ist. Auskunftsberechtigt ist daher, wer durch eine irrefuhrende Beriihmung beeintrachtigt sein kann. Ein nur privates Interesse geniigt fur die Annahme eines berechtigten Interesses nicht.^^® Auskunftsberechtigt kOnnen insbesondere (unmittelbare oder mittelbar tatige) Mitbewerber sein, da die 6ffenthche Patentberiihmung ihnen gegeniiber eine wamende Wirkung aufweist.
Der Auskunftsanspruch richtet sich gegen denjenigen, der sich des Patent- oder Gebrauchsmusterschutzes beruhmt, d.h. der den entsprechenden Hinweis auf Gegenstanden oder ihrer Verpackung anbringt oder in offentlichen Kundgebungen verwendet.^^^ Der Handler, der ledigHch die mit dem Schutzrechtsvermerk versehene Ware weiter vertreibt, 323
unterhegt nicht der Auskunftspflicht; 315 316 317 318 319
321 322 323
auskunftspflichtig ist der Handler aber in dem Fall,
KraBer (2004), S. 934. Als Verpackung kommen z.B. Flaschen, Schachteln, Tiiten, Tuben in Betracht. KraBer (2004), S. 934. Buhring (2003), § 30 Rdnr. 3; Busse/Keukenschrijver (2003), § 146 PatG Rdnr. 13. Nicht dffentlich ist die BerOhmung deshalb z.B. bei einem Hinweis gegeniiber den Benutzem einer schon gelieferten Maschine oder in Form eines Hinweisschreibens oder einer Abmahnung bei Patentverletzung. So Buhring (2003), § 30 Rdnr. 3; Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 4. Buhring (2003), § 30 Rdnr. 6; Busse/Keukenschrijver (2003), § 146 PatG Rdnr. 14; Loth (2001), § 30 Rdnr. 5; Schulte/Kuhnen (2005), § 146 Rdnr. 12. Hierzu nSher unter 1. mit entsprechenden Nachweisen. Benkard/Ullmann (1993), § 146 PatG Rdnr. 4; Loth (2001), § 30 Rdnr. 6. UnabhSngig von dem Bestehen eines Auskunftsanspruchs kann gegen den Handler ein wettbewerbsrechtlicher Anspruch wegen irrefiihrender Werbung bestehen, Benkard/Ullmann (1993), § 146 PatG Rdnr. 4.
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dass er die Handlungen selbst vorgenommen hat oder an ihnen beteiligt war."'^^ Gegen den Lizenznehmer besteht nach den gleichen Gesichtspunkten ein Auskunftsanspruch.^^^
Der Umfang des Auskunftsanspruchs ist inhaltlich begrenzt.^^^ Zu nennen sind lediglich das oder die Schutzrechte bzw. Anmeldimg(en), auf das oder die sich die Beruhmung bezieht.^^^ Die Bestirranimg dieses bzw. dieser trifft der Auskimftsverpflichtete.^^^ Ein Anspruch auf Nennung samtlicher tatsachlich bestehendener Schutzrechte, die die Beruhmung stiitzen konnten, besteht nicht.^^^ Zur Erfullung des Auskunftsanspruchs hat der Verpflichtete die Nummer der in Frage kommenden Patente, Patentanmeldungen oder Gebrauchsmuster zu nennen.^^^ Bei noch nicht offengelegten Anmeldungen sind neben der Angabe iiber das Aktenzeichen auch Angaben zum Datum der Anmeldimg bzw. der beanspruchten Prioritat erforderiich.^^^ Einen weitergehenden Anspruch, z.B. auf Uberlassung eines Exemplars der Patentschrift oder Offenlegungsschrift, auf Mitteilung ihres Inhahs, Einsicht in die Akten der betreffenden Anmeldung usw. gibt es nicht. Wegen des Inhalts der Patente, Patentanmeldungen oder Gebrauchsmuster ist der Anspruchssteller darauf angewiesen, die Verdffentlichungen und sonstigen InformationsmOglichkeiten des DPMA zu nutzen. Der Auskunftsverpflichtete hat ledighch die Nummer der Patent- oder Offenlegungsschriften oder Gebrauchsmusterschriften zu nennen, deren er sich zur Begriindung seiner Beruhmung bedienen will.
Benkard/Ullmann (1993), § 146 PatG Rdnr. 4; Busse/Keukenschrijver (2003), § 146 PatG Rdnr. 15; Loth (2001), § 30 Rdnr. 6; Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 6, § 30 GebrMG Rdnr. 6. Benkard/Ullmann (1993), § 146 PatG Rdnr. 4; Busse/Keukenschrijver (2003), § 146 PatG Rdnr. 15; Loth (2001), § 30 Rdnr. 6. Benkard/Ullmann (1993), § 146 PatG Rdnr. 6; Busse/Keukenschrijver (2003), § 146 PatG Rdnr. 17; Loth (2001), § 30 Rdnr. 7. Busse/Keukenschrijver (2003), § 146 PatG Rdnr. 17; Loth (2001), § 30 Rdnr. 7; Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 8, § 30 Rdnr. 8. BGH, GRUR 1954, S. 391 - Prallmuhle; OLG Karlsruhe, GRUR 1984, S. 106, 107; Benkard/Ullmann (1993), § 146 PatG Rdnr. 6; Busse/Keukenschrijver (2003), § 146 PatG Rdnr. 17; Loth (2001), § 30 Rdnr. 7. A.A. Hubbuch (1958), S. 232, 233. Benkard/Ullmann (1993), § 146 PatG Rdnr. 6; Busse/Keukenschrijver (2003), § 146 PatG Rdnr. 17; Loth (2001), § 30 Rdnr. 7; Mes (2005), § 30 GebrMG Rdnr. 8. A.A. Hubbuch (1958), S. 232, 233. Buhring (2003), § 30 Rdnr. 7; Busse/Keukenschrijver (2003), § 146 PatG Rdnr. 18; KraBer (2004), S. 934; Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 8, § 30 GebrMG Rdnr. 8, Schulte/Kuhnen (2005), § 146 Rdnr. 13. So Benkard/Ullmann (1993), § 146 PatG Rdnr. 9. Nach Auffassung von Keukenschrijver (Busse/Keukenschrijver (2003), § 146 PatG Rdnr. 18) genugt dagegen die Auskunft dahin, dass es sich um eine noch nicht offengelegte Anmeldung handelt; diese ist nach Offenlegung jedoch ohne weiteres Verlangen durch die Angabe des Aktenzeichens zu ergSnzen.
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Keine Auskunft ist zu erteilen, wenn die relevanten Daten in der Beruhmung vollstandig enthalten sind, da der gesetzliche Auskimftsanspruch in diesem Fall bereits erfullt ist.^^^ Die gerichtliche Geltendmachung des Auskimftsanspruchs ist eine Patentbzw. Gebrauchsmusterstreitigkeit i.S.d. § 146 PatG, § 27 GebrMG.^^^ 5.2
Auskunftsanspruch wegen Geschmacksmusterberuhmung
Nach § 59 GeschmMG ist derjenige, der eine Bezeichnung verwendet, die geeignet ist, den Eindruck eines bestehenden Geschmacksmusterschutzes zu erwecken, verpflichtet, jedem Dritten anzugeben, auf welches Geschmacksmuster sich diese Bezeichnung stiitzt.^^^ Die seit 01.06.2004 in Kraft befindliche Vorschrift wurde durch das Geschmacksmusterreformgesetz^^^ neu in das GeschmMG eingefiigt worden. Sie entspricht den Regelungen im PatG und GebrMG."^ Der Eindruck des Geschmacksmusterschutze kann sich auf ein deutsches Geschmacksmuster, auf ein eingetragenes oder nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster oder auf eine intemationale Hinterlegung beziehen.^^^ Auch die Bekanntgabe einer Registriemummer und die Verwendung von mehrdeutigen Angaben wie z.B. ,>Iusterschutz" oder „gesetzlich geschiitzt" konnen als Beruhmung wirken.^^^
337 338
BenkardAJllmann (1993), § 146 PatG Rdnr. 6; Busse/Keukenschrijver (2003), § 146 PatG Rdnr. 16; Hubbuch (1958), S. 232, 233; Loth (2001), § 30 Rdnr. 6; Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 7, § 30 GebrMG Rdnr. 7; Schulte/Kuhnen (2005), § 146 Rdnr. 13. Busse/Keukenschrijver (2003), § 146 PatG Rdnr. 20; Loth (2001), § 27 Rdnr. 13, § 30 Rdnr. 8; Mes (2005), § 30 GebrMG Rdnr. 9; Schulte/Kuhnen (2005), § 139 Rdnr. 10. Unerheblich fur die Einordnung als Patent- bzw. Gebrauchsmusterstreitsache ist es, dass die Anspnichen wegen unzulassiger Beruhmung regelmaBig auf das BGB oder UWG gestutzt sind. Entscheidend fiir die Einordnung als Patent- bzw. Gebrauchsmusterstreitsache ist es vielmehr, dass mit der Klage Ansprilche geltend gemacht werden, die mit einer behaupteten Erfindung eng verkniipft sind. Wie bei § 146 PatG, § 30 GebrMG soil der Anspruchsberechtigte durch den Auskunftsanspruch in die Lage versetzt werden, zu uberprufen, ob ein Geschmacksmuster tatsSchlich besteht und im Einzelfall seinem Vorhaben entgegensteht. So Braitmayer (2004), S. 60. Gesetz zur Reform des Geschmacksmusterrechts (Geschmacksmusterreformgesetz), veroffentlicht im BGBl I vom 18.03.2004, 390 ff Vor Einftihrung des § 59 GeschmMG wurden die Regelungen der § 146 PatG, § 30 GebrMG ftir offentliche Geschmacksmusterberuhmungen analog angewendet; OLG Dusseldorf, GRUR 1976, 34 - Becherhalter; Mes (2005), § 146 PatG Rdnr. 1; Benkard/Ullmann (1993), § 146 PatG Rdnr. 1; Buhring (2003), § 30 Rdnr. 1; Eichmann/v. Falckenstein (2005), § 59 Rdnr. 1; Loth (2001), § 30 Rdnr. 1; Rehmann (2004), Rdnr. 269. Eichmann/v. Falckenstein (2005), § 59 Rdnr. 2. Eichmann/v. Falckenstein (2005), § 59 Rdnr. 2.
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Die Auskunft muss wie bei § 146 PatG, § 30 GebrMG nur demjenigen erteilt werden, der ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis iiber das in Frage stehende Geschmacksmuster hat. Auskunftsberechtigt sind danach insbesondere die in der gleichen Branche tatigen Wettbewerber.^^^ Ein berechtigtes Auskunftsinteresse kann sich auch fiir Designer und Untemehmen ergeben, die als Entwerfer, Hersteller oder Anbieter von Erzeugnissen in Betracht kommen, die in den Schutzumfang des der Benihmung zugrunde liegenden Geschmacksmusters fallen k6n« « ^ 340
nen.
Gegenstand der Auskunft ist die Bekanntmachimg des Geschmacksmusters, auf das sich die Benihmung bezieht. Nach Eintragung des Musters geniigt die Bekanntgabe der Eintragungsnummer.^"*^ Vor Eintragung und bei aufgeschobener Bekanntmachung muss nur das Geschmacksmuster identifiziert, nicht jedoch dessen Inhalt offen gelegt werden.^"*^ 5.3
Auskunftsanspruch bei Markenberuhmung
Ein spezieller Auskunftsanspruch bei Markenberuhmung besteht nicht. Eine entsprechende Anwendung der § 146 PatG, § 30 GebrMG auf Warenzeichenvermerke ist abzulehnen, da der bloBen Warenkennzeichnung die fiir die Werbung mit technischen Schutzrechten typische wettbewerbliche Anpreisung der besonderen Qualitat der Ware fehh.^"*^ 6
Ergebnis
Der Werbung mit Schutzrechten kommt im Hinblick auf deren dargestellte werbende und wamende Wirkung in der Praxis eine erhebliche Relevanz zu. Da die Werbung den aufgezeigten rechtlichen Grenzen unterliegt, hat vor der Verwendung von Schutzrechtshinweise stets eine Klarung der Frage zu erfolgen, in welchen Formen und in welchem Unfang Hinweise auf Schutzrechte zulassig sind. Einzelne Punkte in diesem Zusammenhang sind wie dargestellt umstritten und derzeit hochstrichterlich teilweise noch nicht abschliefiend geklart. Es lassen sich jedoch - wie aufgezeigt - fur die Zulassigkeit der Werbung mit Schutzrechtshinweisen allgemeine Grundaussagen treffen, die auf die betreffenden Einzelfalle iibertragen werden konnen und Anhaltspunkte zu deren wettbewerbsrechtlicher Bewertung bieten.
339 340 341 342 343
Eichmann/v. Falckenstein Eichmann/v. Falckenstein Eichmann/v. Falckenstein Eichmann/v. Falckenstein Benkard/Ullmann (1993),
(2005), § 59 Rdnr. 3. (2005), § 59 Rdnr. 3. (2005), § 59 Rdnr. 4. (2005), § 59 Rdnr. 4. § 146 PatG Rdnr. 1; a.A Lambsdorff/Skora (1978), Rdnr. 377.
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Andrea Klug
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Erfindervergiitung in der Praxis Die Richtlinien fiir die Vergiitung von Arbeitnehmererfindungen im privaten Dienst Gerhard Hofmann
1
Einleitung
Bin Blick auf die Historic und die jiingste politische Entwicklimg zeigt, dass das Arbeitnehmererfindergesetz (ArbErfG) seit seiner Einfuhrung 1957 - mit Ausnahme des § 42 ArbErfG betreffend die Hochschullehrer-Regelung - nahezu unverdndert geblieben ist. Dies gilt auch fur die Richtlinien fur die Vergiitung von Arbeitnehmererfindungen im privaten Dienst (RL). In den letztcn Jahren, etwa ab 1999, wurde das Gesetz, nicht jedoch die Richtlinien, sehr kontrovers diskutiert. Eine geplante und in der Formulierung beinahe fertige Reform des Gesetzes hatte zum Ziel, eine administrative Vereinfachung der als zu arbeitsaufwendig empfundenen Anwendung des Gesetzes zu erreichen. Die Reform ist in der vergangenen Legislaturperiode im letzten Moment gescheitert. Geplant waren Abkaufregelungen zur vereinfachten administrativen Behandlimg von Erfindungen und eine Pauschalierung von Vergiitungen mit geringen Betragen. Fiir Vergiitungen mit Betragen ab etwa 1.000 bis 2.000 Euro war weiterhin eine Berechnimg nach den RL vorgesehen. Hieran wird sich durch eine etwaige Novellierung des Gesetzes auch in der Zukunft sehr wahrscheinlich nichts andem, so dass man wohl noch lange mit den bestehenden RL wird leben miissen. Die RL sind normiert m § II ArbErfG. Dort heiBt es: ,J)er Bundesminister fur Arbeit erlasst nach Anhorung der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer (§ 10 a des Tarifvertragsgesetzes) Richtlinien fiir die Bemessung der Vergiitung." An dieser Regelung und ihrer Umsetzung ist zweierlei bemerkenswert: Die TarifVertragsparteien sind beteiligt und der Erlass der RL erfolgt im Vergleich zum ArbErfG zu einem spateren Zeitpunkt. Tatsachlich sind die RL 2 Jahre spater als das Gesetz, namlich erst im Juli 1959 erlassen worden. Es war somit
Der Aufsatz basiert auf einem Vortrag des Verfassers am 02.12.2005 an der FH Amberg Weiden und stiitzt sich auf dessen langjahrige Erfahrungen als Leiter einer Patentabteilung in der Industrie.
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Gerhard Hofmann
geniigend Zeit, die RL griindlich zu beraten - was in der Riickschau betrachtet wohl auch geschehen ist. In § 9 ArbErfG gibt es einen Hinweis auf die Vergiitung von Erfindungen bei unbeschrankter Inanspruchnahme; § 10 ArbErfG regelt die Vergiitung von Erfindungen bei beschrankter Inanspruchnahme. In beiden Fallen ist die Rede von einer angemessenen Vergiitung. Wie eine solche auszusehen hat, versuchen die RL aufzuzeigen. Die Hinweise in den RL konnen aufgrund der Vielgestaltigkeit der Materie jedoch nur wenig konkret sein. Die RL haben keine Gesetzeskraft, sondem stellen nur eine Empfehlung dar. Jeder Arbeitgeber kann eine eigene Regelung anwenden. Diese Regelung steht aber immer unter dem Vorbehalt der Angemessenheit gemaB § 23 Abs. 1 bzw. der Unbilligkeit nach § 12 Abs. 6 ArbErfG. Wenn eine Vergiitung nicht angemessen ist, ist sie hinfallig und macht eine Nachberechnung erforderlich. Bei sachgerechter Anwendung der RL wird hingegen eine Angemessenheit der Vergiitung unterstellt.
2
Erster Teil der Richtlinien: Ermittlung des Erfindungswertes
2.1
Patentfahige Erfindungen
2.1.1
Betrieblich benutzte Erfindungen
2.1.1.1
AUgemeines
Die RL gliedem sich in drei Teile. Der erste Teil befasst sich mit der Ermittlung des Erfindungswertes, der zweite mit der Ermittlung des dem Erfinder zuzuordnenden Anteilsfaktors und der dritte mit der Berechnung der Vergiitung. Fiir die Bemessung der Vergiitung sind drei Kriterien von Bedeutung: 1. Die wirtschaftliche Verwertbarkeit. Dies ist der Erfindimgswert. 2. Aufgabe und Stellung des Arbeitnehmers (ArbN) im Betrieb. 3. Der Anteil des Betriebes am Zustandekommen der Erfindimg. Die RL gehen von patentfahigen oder gebrauchsmusterfahigen Erfindungen bzw. qualifizierten technischen Verbesserungsvorschldgen aus. Es muss durch die Erfindung oder den Vorschlag fiir den Arbeitgeber eine Vorzugsstellung gegeniiber Wettbewerbem entstehen. Man spricht daher vom Monopolprinzip, das dem Gesetz imd den RL innewohnt. Den allergroBten Anteil der zu vergiitenden Erfindungen machen die betrieblich genutzten aus. Diese sollen daher am Anfang der Betrachtung stehen.
Erfindervergutung in der Praxis
181
Die Berechnung der Vergiitimg kann nach drei verschiedenen Methoden erfolgen: 1. Die wichtigste, in etwa 80% bis 90% der Falle zur Anwendimg kommende Methode, ist die Berechnung nach der Lizenzanalogie 2. Die nachste Methode, wenn 1. nicht anwendbar ist, stellt die Berechnung nach dem erfassbaren betrieblichen Nutzen, 3. Wenn die Methoden nach 1. iind 2. nicht in Betracht kommen, verbleibt als dritte Methode nur die der freien Schdtzung. 2.1.1.2
Die Ermittlung des Erfindimgswertes nach der Lizenzanalogie
Die Lizenzanalogie wird bei betrieblich benutzten Erfindimgen angewandt und zwar bei solchen, bei denen Umsatze erzielt, die also verkauft werden. Es sind dabei die Umsatze zu beriicksichtigen, die mit dem vom Schutzbegehren umfassten Teil gemacht werden. Dies kann ein ganzes Gerat oder Erzeugnis, es kann aber auch nur ein Teil davon sein. In dem letzteren Fall gestaltet sich die Ermittlung des Erfindungswertes schwierig. Wenn irgend moglich, sollte ein in sich abgeschlossenes oder funktionsfahiges oder handelbares Teil als Basis fiir die Vergiitung verwendet werden. Wenn dies nicht moglich ist, sind nur die vom Schutzbegehren erfassten Teile selbst zur Umsatzermittlung heranzuziehen. Da nach der Systematik der RL immer Verkaufspreise zu vergiiten sind, solche fur die vorerwahnten Teile in aller Kegel aber nicht vorliegen, ist die nachfolgende Vorgehensweise hilfreich. Entweder man erfahrt im Untemehmen die reinen Herstellkosten (HK I) eines Produkts und kann dann den Faktor zu dessen Verkaufspreis ohne weiteres errechnen, (er betragt in vielen Fallen etwa 1,5 oder 1,6) oder man ermittelt den Faktor (auch Gemeinkostenfaktor genannt) direkt. In diesem Fall kann man von den HK I des betroffenen Teils mittels des Faktors unmittelbar den fiktiven Verkaufspreis des Teils feststellen und diesen fur die Berechnung des Erfindungswertes verwenden. Dies fuhrt zu der Formel: Verkaufspreis des Teils = Herstellkosten (HK I) x Gemeinkostenfaktor Mit dem Umsatz wird bei der Lizenzanalogie nim ein Lizenzsatz multipliziert, der fur vergleichbare Gerate und/oder Branchen iiblich ist. Giinstig ist es, wenn im Untemehmen bereits vergleichbare Lizenzsatze aus abgeschlossenen Lizenzvertragen vorliegen. Oftmals jedoch liegen solche Werte aber nicht vor. Der Ansatz eines Wertes von 2% bis 3% bei einem erteilten Patent ist in diesen Fallen im Allgemeinen gut brauchbar. Allerdings miissen die Gepflogenheiten in der betreffenden Branche beriicksichtigt werden, wo es im Einzelfall deutliche Abweichungen nach oben oder unten geben kann. Ist das Patent noch nicht erteilt, ist ein Abschlag von 30% bis 50% ratsam, je nachdem.
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Gerhard Hofmann
wie das Erteilimgsrisiko einzuschatzen ist, da spater zuviel bezahlte Betrage nicht zuriickgefordert werden konnen. Hingegen sind bei spaterer Erteilung des Patentes die abgeschlagenen Betrage nachzuzahlen. Die Lizenzsatze, die in den RL erwahnt sind, sind nicht mehr zeitgemaB; sie sind fur heutige Verhaltnisse zu hoch bemessen. Hier sind die von Hellebrand und Kaube veroffentlichten „Lizenzsatze fur technische Erfindungen" hilfreich, die aufgnmd einer Umfrage in der Industrie festgestellt worden sind. Als Lizenzsatze sind dabei nur die fiir exklusive Lizenzen unmittelbar vergleichbar. Der ermittelte Umsatz und der angenommene Lizenzsatz fiihren zu der Formel: Umsatz (des Produkts) x Lizenzsatz = Erfindungswert Dieser Erfindungswert ist fiir die weitere Berechnung der Vergiitung auBerst wichtig. Fiir den Fall, dass die Umsatze deutlich steigen und damit die Vergiitungswerte mit der Zeit sehr hohe Dimensionen annehmen, hat der RL-Geber bei Umsatzen von mehr als 1,5 Mio Euro (fhiher 3 Mio DM) eine Staffel eingefiihrt, die in den RL in Nr. 11 im Einzelnen dargestellt ist. Die Staffel ist derzeit noch in DM angegeben, da die RL bis dato nicht geandert worden sind. Die aufgeftihrten Umsatzwerte sind daher zu halbieren, um Euro-Werte zu erhalten. Das Prinzip der Staffel ist, ab Umsatzen von 3 Mio DM in Schritten von zunachst 2, dann 5 und schlieBlich 10 Mio DM eine Abstaffelung um jeweils zusatzlich 10% vorzunehmen, bis zu einem Gesamtumsatz von 100 Mio DM. Ab diesem Umsatz, mit einer ErmaBigung des Lizenzsatzes um 80%, findet keine weitere Abstaffelung mehr statt. Als Begrundung fiir die Staffel wird angegeben, dass bei hoher werdenden Umsatzen die eigentliche Erfindung regelmaBig immer mehr hinter anderen Faktoren wie z.B. den Ruf des Untemehmens, die Giite und Qualitat seiner Produktpalette, die aufgewandte Werbung, die Vertriebsorganisation und den Kundendienst zuriicktritt. 2.1.1.3
Die Ermittlimg der Vergiitung nach dem erfassbaren betrieblichen Nutzen
Die Ermittlung der Vergiitung nach dem erfassbaren betrieblichen Nutzen kommt zum Einsatz, wenn die Berechnung mit der Methode nach der Lizenzanalogie nicht moglich ist, weil keine unmittelbaren Umsatze mit der Erfindung erzielt werden. Als Nutzen ist in diesem Zusammenhang die Differenz zwischen Kosten und Ertragen zu verstehen. Bei der Ermittlung dieser Kriterien sind betriebswirtschaftliche Grundsatze und Verfahren anzuwenden. Dies kann, schon wegen der fehlenden Informationen, die Patentabteilung eines Untemehmens (und noch weniger der freie Anwalt) nicht selbst tun. Hier ist der verantwortliche Bearbeiter auf die Zuarbeit
Erfindervergutung in der Praxis
183
der Finanzabteilung oder der Kalkulationsabteilimg im Untemehmen angewiesen. Bei dieser Ermittlung sind u. a. auch Einzelwagnisse, kalkulatorische Zinsen und ein kalkulatorischer Untemehmerlohn mit einzubeziehen. Bei dem festzustellenden Nutzen ist dariiber hinaus auch der Stand der Technik zu beriicksichtigen. Wenn der interne Stand der Technik hoher ist als der im Patent angegebene, die Differenz zur Erfindung also geringer ist als im Patent festgestellt, ist der durch die Erfindung erbrachte betriebliche Nutzen geringer als zunachst berechnet; dies fuhrt daher zu einer Verminderung der Vergiitung. Der festgestellte Nutzen gilt als BezugsgroBe fiir die weitere Berechnung; sie wird nicht mit einem Lizenzsatz sondem mit einem Umrechnungsfaktor von etwa 0,2 bis 0,3 multipliziert. Dieser Umrechnungsfaktor soil beriicksichtigen welchen Betrag der Arbeitgeber einem freien Erfinder bezahlen wiirde, dem er auch nicht - schon im Hinblick auf die bei ihm verbleibenden Risiken - den vollen betrieblichen Nutzen ausschiitten wiirde. Bei hoheren Werten des betrieblichen Nutzens ist ebenfalls eine Staffel anwendbar, wobei jedoch die DM-Werte aus der schon erwahnten Staffel auf Jewells 20% zu reduzieren sind. 2.1.1.4
Die Ermittlung der Vergiitung durch Schatzung
Die Ermittlung der Vergiitung durch Schatzimg kommt als letzter Ausweg zum Tragen, wenn die beiden vorgenannten Methoden - aus welchem Grund auch immer - nicht anwendbar sind. Diese Methode kommt in Frage z.B. bei Qualitats- und Giitepriifungen bei Verfahren oder Produkten, bei Analyse-, Priif- und Messeinrichtungen, allgemein bei Betriebsgeraten oder bei immateriellen Verbesserungen und Erleichterungen. Grundsatz bei der Schatzung ist die Beantwortung der Frage, was das Unternehmen einem freien Erfinder fiir eine solche Erfindung bezahlen wiirde. Eine Moglichkeit diesen Wert herauszufinden ist, die leitende Personen aus der Entwicklung, der Fertigung oder dem Vertrieb des Untemehmens hierzu zu befragen. Aus dem Vorstehenden ergibt sich klar, dass die Berechnungsmethode der freien Schatzung mit groBer Unsicherheit behaftet ist und nach Moglichkeit vermieden werden sollte.
184
Gerhard Hofmann
2.1.2
Lizenz-, Kauf- iind Austauschvertrage
2.1.2.1
Lizenzvertrage
Bei Lizenzvertragen ist die Lizenzgebuhreneinnahme - iind zwar die Nettolizenzeinnahme - die Basis fur die Vergiitung. Diese ergibt sich aus der Bruttolizenzeiimahme abziiglich der Kosten fur die Betriebsreifinachung der Erfindung, fiir die Patent- und Lizenzverwaltung, fiir die Jahresgebiihren, die Kosten fur die Verhandlungen, sowie abziiglich eines Gemeinkostensatzes, der auch den Unternehmerlohn mit beinhaltet. Sofem der Lizenzvertrag eine Know-howUbertragimg mit vorsieht, sind auch diese Kosten von der Bruttolizenzeinnahme abzuziehen. Falls die Nettolizenzeinnahme auf diesem Wege nicht oder nur sehr schwierig ermittelbar ist, kann die Bruttolizenzeinnahme mit einem Abschlagsfaktor multipliziert werden, ahnlich dem bei der Berechnung des betrieblichen Nutzens. Dieser Faktor betragt ~ aus Erfahning - etwa 0,2, kann in sehr seltenen Fallen auch auf 0,4 steigen. Diese Methode ist wegen ihres viel geringeren Aufwands der vorstehend dargestellten vorzuziehen. Man muss sich jedoch dariiber klar sein, dass im Streitfall mit dem Erfinder dieser Wert auch nachgewiesen werden muss. Die sich aus den obigen Berechnungen ergebende RechengroBe stellt den Erfindungswert dar. Eine Abstaffelung des Erfmdungswertes kommt nur in Betracht, wenn eine solche fiir hohe Umsatze auch im Lizenzvertrag vorgesehen ist. 2.1.2.2
Verkauf der Erfindung
Bei einem Verkauf der Erfindung ist ebenfalls der Bruttoertrag auf den Nettoertrag herunter zu rechnen. Dazu wird im Regelfall ein Abschlagsfaktor herangezogen, der wegen des geringeren zukiinftigen Risikos des Arbeitgebers gegeniiber dem Fall der Lizenzvergabe mit etwa 0,4 bei patentfahigen Erfindungen angesetzt wird. Bei gebrauchsmusterfahigen Erfindungen sollte, wie auch im Falle der Lizenzvergabe, etwa die Halfte (also 0,2) als Faktor angesetzt werden. Bei Schutzrechtskomplexen ist nach Errechnung des Nettoverkaufspreises jede Erfindung gesondert mit ihrem Anteil am Gesamtkomplex zu bewerten. Bei Ubertragung der Erfindung innerhalb eines Konzerns, auch wenn diese kostenlos erfolgt, ist der Erfinder trotzdem so zu stellen, als ware ein marktgerechter Preis gezahlt worden. Gegebenenfalls ist ein fiktiver KauQjreis zu ermitteln, oder es ist der fiktive zukunftige Umsatz des Konzembereichs mit dem fi-aglichen Produkt zur Ermittlung eines fiktiven Verkaufspreises heranzuziehen. Nachdem die tatsachlichen Gegebenheiten bei Konzemen aber auBerst vielfaltig
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sind, konnen hier kaum allgemein giiltige Methoden der Berechnimg angegeben werden. Bei Kooperationen gelten folgende Gnmdsatze. Wenn zwar nicht der Arbeitgeber jedoch der Partner die Erfindung benutzt, hat der Erfinder keinen Anspruch auf Vergiitimg gegen den Partner iind wiirde zimachst leer ausgehen. Weil dies als imbefriedigend empfunden wird, wird heute oft - aber nicht immer - vereinbart, dass der Partner aufgrimd seiner Benutzung die Vergiitimg berechnet iind dem Arbeitgeber zur Weiterleitimg an den Erfinder zur Verfiigung stellt. Bei Untemehmensverkdufen fehlt haufig ein Ansatz, welcher Anteil fur die Erfindung an dem Verkaufspreis anzusetzen ist. In einem solchen Fall hat die Schiedsstelle fur Arbeitnehmerfragen am Patentamt den Vorschlag gemacht, 10% des Verkaufspreises fiir die mit iibertragenen Schutzrechte anzusetzen. Aus der Erfahrung des Verfassers, der bei einer groBen Zahl von Untemehmenskaufen Oder -verkaufen involviert war, ist dieser Wert deutlich zu hoch gegriffen, als dass dieser als allgemein giiltigen MaBstab anlegt werden konnte. Das mag daran liegen, dass Schutzrechte bisher in den Bilanzen oft nur mit 1 DM oder 1 Euro bewertet waren und man sich iiber ihren Wert entweder nur wenig Gedanken gemacht hat oder die Schutzrechte als stille Reserve betrachtete. Das mag in Zukunft bei den jetzt aufkommenden Portft)lio-Bewertungen anders werden. Trotzdem werden, von einzelnen, besonderen Ausnahmen abgesehen, die Werte fur die technischen Schutzrechte im Allgemeinen nur im Bereich von etwa 1% oder 2% des Verkaufspreises liegen. Ein moglicher Weg bei der Berechnung des Wertes der Erfindung bei einem Untemehmensverkauf ist die fiktive Annahme des zukiinftigen Umsatzes, den der Arbeitgeber mit dem durch die Erfindung geschiitzten Produkt gemacht hatte, wenn er die Erfindung nicht abgegeben hatte. Aus diesem Wert ware dann nach der Lizenzanalogie der Erfindungswert zu berechnen. 2.1.2.3
Die Nutzung der Erfindung bei Austauschvertragen
Bei einem Austauschvertrag werden zwischen zwei oder mehreren Partnem kostenlose Lizenzen, meist an vielen Schutzrechtskomplexen, seltener an einzelnen Schutzrechten, ausgetauscht. Hier gilt es, wenn moglich, den Gesamtnutzen des Arbeitgebers (ArbG) aus dem Vertrag zu ermitteln und auf die einzelnen Schutzrechte aufzuteilen. Sein Nutzen liegt iiblicherweise bei dem eigenen Umsatz, den er durch Nutzung der fremden Schutzrechte erzielt. Da eine solche Nutzung aber nicht immer vorliegt, ist die Behandlung dieses Themas schwierig. Solche Austauschvertrage iiber die Schutzrechte ganzer Geschaftsfelder kommen heute selten und in erster Linie nur unter GroBfirmen vor, die hier spezifische Erfahrungen und Vorgehensweisen haben.
186
2.1.3
Gerhard Hofmann
Spenpatente
Spenpatente sind unbenutzte Schutzrechte, welche nur deshalb angemeldet wurden, um eine Umgehung eines wichtigen, benutzten Schutzrechts zu verhindem, die eine geplante oder laufende Produktion beeintrachtigen wiirde. Das Spenpatent wird in der Regel niedriger bewertet als das benutzte Patent. Beide sind bei der Vergiitung als Komplex zu betrachten, bei dem das benutzte Schutzrecht in der Regel mit 60% bis 70% des Wertes des Komplexes bewertet wird. Der Wert des Komplexes soUte im Allgemeinen hoher liegen als der Wert des benutzten Schutzrechts allein. Das Spenpatent ist mit dem restlichen Wert des Komplexes zu vergiiten. 2.1.4
Schutzrechtskonqjlexe
Werden mehrere Erfindungen bei einem Erzeugnis oder einem Verfahren benutzt, so spricht man von einem Schutzrechtskon^lex. Bei diesem wird zunachst der Wert des Gesamtkomplexes ermittelt, insbesondere unter Beachtung der noch tragbaren Gesamtlizenzbelastung fur das Erzeugnis oder das Verfahren. Etwaige Spenpatente werden in den Gesamtkomplex mit einbezogen. AnschlieBend werden die einzelnen Erfindungen mit ihrem Wert innerhalb des Gesamtkomplexes ermittelt und vorzugsweise durch einen prozentualen Anteil an diesem ausgedriickt. 2.1.5
Nicht verwertete Erfindungen
Nicht verwertbare Erfindungen werden weder betrieblich benutzt, noch durch Vergabe von Lizenzen, Verkauf oder Austausch verwertet. Die Frage nach ihrem Wert hangt von dem Grund der Nichtverwertung ab. 2.1.5.1
Vorrats- und Ausbaupatente
Vorratspatente sind Patente, die im Zeitpunkt ihrer Erteilung noch nicht benutzt sind, deren Benutzung jedoch erwartet wird. Ausbaupatente sind solche, die einen bestehenden Patentschutz verbessem sollen. In beiden Fallen muss man den Wert frei schatzen und bei Benutzungsaufhahme unter Anrechnung des schon bezahlten Betrages Vergiitung zahlen. 2.1.5.2
Nicht verwertbare Erfindungen
Nicht verwertbare Erfindungen haben auch bei einer Patenterteilung keinen vergiitbaren Wert. Sie soUten dem Erfinder tunlichst zur Ubemahme angeboten werden.
Erfindervergiitung in der Praxis
2.1.5.3
187
Erfindimgen, deren Verwertbarkeit noch nicht feststeht
Diese Erfindungen sind ahnlich wie Vorratsschutzrechte zu behandeln. Nach etwa 3 bis 5 Jahren nach Erteilimg sollte sich der ArbG entscheiden, ob eine Verwertimg nicht doch moglich ist oder ob das Patent als Vorratspatent behandeh werden soil. 2.1.5.4
Erfindungen, deren Verwertbarkeit nicht, oder nicht voU, ausgenutzt wird
Gnmdsatzlich gilt die Vermutung, dass der Arbeitgeber die Erfindimg bestmoglich verwertet. Dies liegt naturgemaB auch in seinem Interesse. Der Erfinder hat das Schicksal des Patentes und seiner Verwertimg gnmdsatzlich ebenso wie der ArbG zu tragen. Der ArbG muss keine MaBnahmen zum Zwecke der Maximierung der Erfindervergiitung treffen. Liegen die Verhaltnisse doch einmal anders und bestehen Anhaltspunkte fiir eine schlechte Verwertung, die der ArbG nicht begriinden kann, so miissen ArbG und ArbN iiber eine Anderung der Vergiitung verhandeln.
2.1.6
Besonderheiten
2.1.6.1
Beschrankte Inanspruchnahme
Der ArbG erwirbt bei der beschrankten Inanspruchnahme ein nichtausschlieBliches Benutzimgsrecht. Es ist in diesem Fall nur die tatsachliche Benutzung zu vergiiten, ebenso wie bei einer unbeschrankten Inanspruchnahme, jedoch mit dem Unterschied, dass nur Lizenzsdtze fur nichUausschlieJiliche Lizenzvergaben zu verwenden sind. Diese sind in der Kegel etwas niedriger als die fur ausschlieBliche Lizenzen. 2.1.6.2
Absatz im Ausland und Auslandsschutzrechte
Der Verkauf vom Inland ins Ausland ist wegen der Inlandsbenutzung zu vergiiten wie Inlandsumsatz. Sind Auslandsschutzrechte vorhanden, so ist bei einer Benutzung in diesem Land durch Herstellung oder Vertrieb (ohne Belieferung aus dem Inland) eine Vergiitung wie in Deutschland zu bezahlen, da Arbeitnehmer (ArbN) und ArbG deutschem Recht imterliegen. Im patentfreien Ausland entfallt eine Vergiitung, wenn dorthin keine Belieferung aus einem patentgeschiitzten Land erfolgt. Prinzip: Wenn im Ausland ein Schutzrecht besteht und benutzt wird, muss Vergiitung bezahlt werden, sofem Erfinder und ArbG im Inland logiert sind.
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Gerhard Hofmann
Wenn eine auslandische Muttergesellschaft beteiligt ist, erfordert dies eine genaue Priifimg. Es sind insoweit ganz verschiedene Fallgestaltimgen denkbar. 2.1.6.3
Betriebsgeheime Erfindungen
Bei betriebsgeheimen Erfindungen ist die Schutzfahigkeit zu imterstellen, es sei denn, es ergabe sich etwas anderes aus einer Entscheidung einer Behorde oder eines Gerichts. Die Vergiitung erfolgt in gleicher Weise wie bei einem angemeldeten Schutzrecht.
2.2
Gebrauchsmusterfahige Erfindungen
Gnmdsatzlich gelten fiir die Errechnung des Erfindungswertes bei gebrauchsmusterfahigen Erfindungen die gleichen Grundsatze wie bei patentfahigen Erfindungen. Die Lizenzsatze und die Umrechnungsfaktoren sind hier jedoch in der Regel etwas niedriger. Dies schon allein aus dem Grund der kiirzeren Laufdauer und der Priifung erst im Verletzungsfall.
2.3
Qualifizierte technische Verbesserungsvorschldge
Qualifizierte technische Verbessenmgsvorschlage sind gnmdsatzlich vergiitungspflichtig, wenn der ArbG eine ahnliche, faktische Vorzugsstellung erhalt, wie im Fall eines technischen Schutzrechtes. In diesem Fall besteht viel Ahnlichkeit mit der betriebsgeheimen Erfindung, jedoch mit dem Unterschied, dass die Qualitat einer schutzfahigen Erfindung durch den Vorschlag nicht erreicht ist. Die Vergiitung muss daher geringer ausfallen. In der Praxis ergeben sich ofit Probleme, da die normalen Verbessenmgsvorschlage in einem Untemehmen an anderer Stelle und nach anderen Kriterien vergiitet und oftmals hoher pramiert werden als patent- oder gebrauchsmusterfahige Erfindungen.
3
Zweiter Teil der RL: Ermittlung des Anteilsfaktors
Von dem im vorhergehenden Teil ermittelten Erfindungswert ist bei Arbeitnehmerfindungen ein Abschlag vorzunehmen, der so genannte Anteilsfaktor, der beriicksichtigt, dass dem ArbN nicht die voile Vergiitung zusteht wie einem freien Erfinder, da er nicht dessen Risiken und Investitionen tragt. Der Anteilsfaktor wird in Prozent ausgedriickt und hat in einer Vielzahl der Falle einen Wert zwischen 13% und 20%.
ErfmdervergQtung in der Praxis
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Der Anteilsfaktor, der fur eine bestimmte Erfindung dem ArbN zuzubilligen ist, wird bestimmt durch: a, die Stellung der Aufgabe b, die Losung der Aufgabe c, die Aufgaben und Stellung des ArbN im Betrieb Zu a,: In den RL, dort Nr. 31, sind sechs Kriterien aufgefuhrt, die fiir die Bewertimg der Aufgabenstellung der Erfindung mafigebend sind. Diese sind mit den Wertzahlen 1 bis 6 versehen. Die Wertzahl 1 gilt, wenn der Betrieb dem ArbN eine Aufgabe ohne unmittelbare Angabe des beschrittenen Losungsweges gestellt hat, die Wertzahl 6 gilt, wenn sich der ArbN auBerhalb seines Aufgabenbereiches eine Aufgabe gestellt hat. Fiir einen durchschnittlichen Entwicklungsingenieur ist eine Wertzahl von 2 normal, fiir die Entwicklungschefs oftmals 3 Oder 4. Zu b,: Fiir die Losung der Aufgabe sehen die RL in Nr. 32 drei Kriterien vor: 1. Die Losung wird mit Hilfe der dem Erfinder beruflich gelaufigen Uberlegungen gefimden; 2. Sie wird aufgrund betrieblicher Arbeiten oder Kenntnisse gefunden; 3. Der Betrieb unterstiitzt den Erfinder mit technischen Hilfsmitteln. Liegen bei einer Erfindung alle drei Merkmale vor, so gibt es die Wertzahl 1, liegt keines der Merkmale vor, gibt es die Wertzahl 6. Sind die drei Merkmale nur zum Teil verwirklicht, so gibt es eine Wertzahl zwischen 1 und 6, oftmals 2. Zu c,: Der Anteilsfaktor des ArbN vermindert sich umso mehr, je groBer die ihm durch seine Stellimg ermoglichten Einblicke im Betrieb sind und je mehr ihm aufgrund seiner Stellung zur Zeit der Erfindungsmeldung bezahlt wird. Im Allgemeinen ist davon auszugehen, dass die hohere Stellung auch durch das hohere Gehalt gekennzeichnet ist, im Zweifelsfall sind jedoch immer die Kriterien fur die Stellung mafigebend und nicht das Gehalt. Die RL sehen in Nr. 33 insgesamt acht Kriterien vor, mit denen die Stellung des ArbN im Betrieb bewertet wird. Die Wertzahl ist umso hoher, je geringer die Leistungserwartung beim ArbN ist. Sie beginnt bei ungelemten Arbeitem und Lehrlingen mit der Wertzahl 8 und endet bei den Leitem der Forschung eines Untemehmens mit der Wertzahl 1. Normale Entwicklungsingenieure sind iiblicherweise in der Gruppe mit Wertzahl 4 zu finden.
190
4 4.1
Gerhard Hofmann
Dritter Teil der RL: Berechnung der Vergiitung Die Formel
In RL Nr. 37 ist eine Umrechnungstabelle fur die Summe der irnter 3. dargestellten Wertzahlen a+b+c dargestellt, aus der sich der Anteilsfaktor A ergibt, der dem einzelnen Erfinder fiir seine Erfindung zuzuordnen ist. Den Summenzahlen 3 bis 20 sind zugeordnet Anteilsfaktoren von 2% bis 100%. Der Anteilsfaktor A, multipliziert mit dem Erfindungswert E, ergibt die zu zahlende Vergiitung V. Es besteht die Formel:
V = ExA Diese Formel bildet somit die Grundlage fur die Vergiitung und hat damit zentrale Bedeutung fiir deren Berechnung. Die Formel wird ggf. erganzt durch Faktoren wie den Anteil des Erfinders an der Erfindung (bei mehreren Erfindem), die Erteilungswahrscheinlichkeit (bei noch nicht erteilten Schutzrechten) und den Anteil der Erfindung an einem zu vergiitenden Gesamtkomplex.
4.2
Die Zahlung der Vergiitung
Die Zahlung soil 3 Monate nach Aufiiahme der Benutzung, spatestens 3 Monate nach Erteilung des Patentes erfolgen und wird bei einer laufenden Nutzung des Schutzrechts sinnvoUerweise jahrlich oder auch zweijdhrlich vorgenommen. Denkbar sind auch jdhrliche Abschlagszahlungen und Nachberechnung immer nach einigen Jahren. Bei Lizenzeinnahmen wird die Zahlung in Anlehnung an den Eingang der Gebiihren vorgenommen. Bei geringen Vergiitungen empfiehlt sich eine Einmalzahlung. Bei aus dem Betrieb des ArbG ausscheidenden Erfindem ist wegen der Gefahr spaterer Streitigkeiten eine Abfindungsregelung auBerst empfehlenswert. Es hat sich statistisch als sinnvoU erwiesen, bei in der Zukunft noch andauemder Benutzung den Jahresumsatz auf 3 bis 4 Jahre in die Zukunft zu projizieren und diesen - fiktiven - Umsatz als Basis fur die Abfindungsregelung anzusetzen.
4.3
Die fiir die Vergiitung mafigebende Zeit
Grundsatzlich ist eine Vergiitung wahrend der ganzen Zeit der Benutzung der Erfindung oder des Vorschlages zu bezahlen. Spatestens mit dem Ablauf des Schutzrechts endet jedoch die Vergiitungspflicht.
191
Erfindervergutung in der Praxis
5
Berechnungsbeispiel
Nachstehend wird ein Berechnungsbeispiel dargestellt, fur das die folgenden Annahmen getroffen werden sollen: Patent angemeldet: Patent erteilt: Einsprucherhoben:
01.02.2000 05.06.2004 05.10.2004 (gutes Material)
Erfinder sind: Hr. Meyer Dipl.-Ing. Hr. Dr. Huber Dr.-Ing. Hr. Giinter Techniker
Entwicklung Entwicklimgsleiter in Entwicklung
AnteilanErf.50%(AE) AnteilanErf.30%(AE) Anteil an Erf. 20% (AE)
UnisatzmitdemGeratseit2003: U = 5MioEuro = lOMioDM Der Schutz des Patentes umfasst das ganze Gerat Angenommener Lizenzsatz: L = 2% Erteilungswahrscheinlichkeit: Ew = 50% Anteil der Erfindung (unter mehreren) am Gerat: 60% (Ant/Erf) Erfindungswert (E) mitStaffel: AbstafFelung 0 - 3 Mio DM 3 Mio x 2,0% 3 - 5 Mio DM 2 Mio X 1,8% 5 -10 Mio DM 5 Mio x 1,6%
Erfindungswert 60 000.- DM 36 000.- DM 80 000.- DM 176 000.-DM
iteilsfakto'r(A): •. Meyer:
'. Dr. Huber
a= 2 b=2 c == 4
A=15%(lt.Tabelle)
a == 3 b= 1 c == 2
A =13%
192
Hr. Giinter
Gerhard Hofmann
a=1 b=2 c=6
A =18%
V = E x A x A E x E w x Ant/Erf (DM) V (Hr. Meyer) = 176 000 x 15% x 50% x 50% x 60% = 3960.- DM V (Hr. Huber) =176 000 x 13% x 30% x 50% x 60% = 2059.- DM V (Hr. Giinter) = 176 000 x 18% x 20% x 50% x 60% = 1900.- DM Zuriickgestellt fiir den Fall der Erteilimg des Patentes: Hr. Meyer: 2640.- DM (40% aus der Erteilungswahrscheinlichkeit) Hr. Huber: 1373.-DM Hr. Giinter: 1267.- DM
Literaturhinweise Amtliche Richtlinien fur die Vergiitung von Arbeitnehmererfindungen imprivaten Dienst. Bartenbach, Kurt/Volz, Franz-Eugen: Arbeitnehmererfindervergutung - Kommentar zu den Amtlichen Richtlinien, Carl Heymannsverlag KG, K6ln, Berlin, Bonn, Miinchen, 2. Auflage 1999. Bartenbach, Kurt/Volz, Franz-Eugen: Arbeitnehmererfindergesetz - Kommentar, Carl Heymanns Verlag KG, K6ln, Berlin, Bonn, Munchen, 4. Auflage 2002. Bartenbach Kurt/Volz, Franz-Eugen: Arbeitnehmererfindungen - Praxisleitfaden mit Mustertexten, Carl Heymanns Verlag KG, K5ln, Berlin, Bonn, Munchen, 3. Auflage 2004. Reimer, Eduard/Schade, Hans/Schippel, Helmut: Das Recht der Arbeitnehmererfindung - Kommentar zum Gesetz iiber Arbeitnehmererfindungen und deren Vergiitungsrichtlinien, Erich Schmidt Verlag, Berlin, 7. Auflage 2000.
Patentinformationen aus China und Korea Ursula Versch
1
Einleitung "If we don't know what we are searching, we don 7 know what we are missing!" Stephen Adams
Die Lander China und Korea spielen im Bereich gewerblicher Rechtsschutz eine immer groBere Rolle. Vergleicht man die Anmeldezahlen der letzten Jahre, wird es klar ersichtlich. In China sind die Zahlen inlandischer Anmeldungen fiir Erfindimgspatente um das Fiinffache gestiegen. 12.713 Anmeldungen im Jahr 1997 zu 65.768 Anmeldungen im Jahr 2004. Im Jahr 2005 sind die Anmeldezahlen aller Patente, Erfindimgspatente, Gebrauchsmuster und Geschmacksmuster in China um 34 % gegeniiber 2004 gestiegen, insgesamt auf fast eine halbe Million. 80 % entfielen davon auf inlandische Anmeldungen, hauptsachlich Gebrauchsund Geschmacksmuster. Die Zahl der inlandischen Anmeldungen fur Erfindungspatente liegt 2005 bei 93.000.^ Korea lag 1998 bei 50.596. Im Jahr 2004 waren es 105.198 inlandischen Patentanmeldungen. Nimmt man die Anmeldezahlen fur EP-Anmeldungen aus China, so liegt das Anmeldeverhaltnis fur die Jahre 1998 und 2004 bei 49 zu 405, also bei einem achtfachen Anstieg. Koreanische^ EP-Anmeldungen erhohten sich von 493 auf 2.871, rund das Sechsfache. Japanische Anmeldungen in Europa liegen im Jahr 2004 bei 20.584 zu 13.813 im Jahr 1998, eine Zunahme um knapp 30 Prozent. Im Vergleich zu Japan liegen China und Korea naturlich mit ihren Anmeldezahlen noch weit zuriick, aber die Tendenz ist unverkennbar. Chinesische und koreanische Patentinformationen werden in Zukunft immer mehr Hinweise auf technologische Trends geben konnen. Ab 2007 werden auch koreanische Patentschriften im PCT-Mindestpriifstoff enthalten sein. Koreanische Firmen wie Samsung und LG Electronics"* finden sich bereits unter den zehn groBten ^ ^ ^ "*
Adams (2005). o. V. (2006). Mit Korea (KR) wird Sudkorea bezeichnet. Nordkorea hat die Kurzel KP. Vgl. Schellner (28.03.2006).
194
Ursula Versch
Patentanmeldem in den USA wie Europa. In Korea sind mit Anmeldungen aus dem Ausland im Jahr 2004 die Lander Japan, USA iind Deutschland iinter den ersten drei, in China sind es Japan, USA imd Korea - Deutschland folgt hier erst an vierter Stelle.^ Auch als Wettbewerber treten diese beiden Lander immer mehr auf dem intemationalen Markt in Erscheinimg. China steht 2005 in Deutschland bei der Einfuhr nach Frankreich, Niederlande und USA an vierter Stelle. Gleichzeitig ist China fur Deutschland der elftgroBte Kunde.^ Dieser Beitrag legt den Schwerpunkt auf China und Korea. In den folgenden Ausfuhrungen werden die jeweiligen Patentsysteme und Patentinformationsquellen der beiden Lander erortert, wobei Gebrauchsmuster als gewerbliches Schutzrecht mit eingebunden sind. Die Daten der beschriebenen Quellen beziehen sich auf den Stand April 2006. Als primare Informationsgrundlage dienen die Unterlagen und Veranstaltungen des Europaischen Patentamtes - gestaltet und organisiert iiber die Dienststelle Wien.^ 2 2.1
Patentsysteme China
Das chinesische Patentgesetz wurde 1984 publiziert und trat 1985 in Kraft. Es unterscheidet sich im Wesentlichen nicht von den Patentgesetzen anderer Lander. Der Schwerpunkt liegt in der Verbreitung der neuesten Technologie und nicht darauf, die Rechte des Erfinders zu schiitzen.^ „Es gab einige Zweifel, ob China iiberhaupt ein Patentgesetz braucht, und ob ein Patentgesetz wirklich Erfindungsschopftmgen anregt, deren Verbreitung und Anwendung begiinstigt, und die Entwicklung von Wissenschaft und Technik zu fbrdem vermag, um den Erfordemissen des Aufbaus der sozialistischen Modernisierung Rechnung zu tragen. Diese Auffassung kann im Wesentlichen in zwei Punkten zusammengefasst werden. Einerseits gehoren die meisten Untemehmen, Gesellschaften, wissenschaftliche Institute und andere Organisationen dem Staate bzw. dem ganzen Volk; ein ausschlieBliches Patentrecht passt daher nicht zum sozialistischen Charakter Chinas und steht damit nicht im Einklang. Andererseits ist China ein Entwicklungsland^ und weist eine technologische Liicke gegeniiber den entwickelten Landem auf; ein Patentgesetz wurde demgemaB im WesentliSIPO (2004), iaPO (2004). Statistisches Bundesamt (2006). Die Kontaktadressen fmden sich im Quellenverzeichnis. Vgl. Sun, Yifei (2005), S. 27. Trotz 240.000 Dollarmillionaren ist China mit einem durchschnittHchen Pro-Kopf-Einkommen von 1.276 Dollar noch immer ein Entwicklungsland, vgl. Hesse (2005), S. 3.
Patentinformation aus China und Korea
195
chen die Patentrechte von Auslandem schiitzen, so dass auslandische Patente den Markt in China besetzen oder sogar dominieren werden.^^" „Man stimmte dem Gesetz letztendlich zu, da ein Patentsystem und ein Patentgesetz hilfreich und notwendig zur Stimulierung der Initiative der sozialistischen Untemehmen und anderer volkseigener Einheiten sind. Zum anderen heiBt China die Einfuhr auslandischer Technik in Ubereinstimmung mit der Politik der Offhung nach auBen willkommen und furchtet sich nicht davor." So gih fur China wie auch fiir die meisten anderen Lander, wie z. B. England, USA, Frankreich, Deutschland und der Schweiz, dass kein Patentgesetz eine leichte Geburt hatte.^^ Das Chinesische Patentamt wurde 1980 als Vorgangerin des State Intellectual Property Office of P.R. China (SIPO)^^ gegnindet. Das SIPO, die oberste Patentverwaltungsbehorde, besteht aus dem Patentamt, der informationstechnischen Abteilung, reformiert im Jahr 2005 und Unterabteilungen wie z.B. das IPPH (Intellectual Property Publishing House) und das CPIC (China Patentinformation Center). Eine Aufgabe des IPPHs ist es, Patentinformation fiir die Offentlichkeit zu liefem.^^ Eine Revision des Patentgesetzes erfolgte 1992 und 2000. China stimmte den folgenden Abkommen und Vertragen zu: dem Pariser Patentiibereinkommen, dem Patentkooperationsvertrag (PCT), und der Ubereinkunft fiir die handelsrelevanten Aspekte des Geistigen Eigentums (WTO). 2001 wurde China offizielles Mitglied der WIPO, World Intellectual Property Organization. Chinas Patentsystem geht konform mit TRIPS.^"^ *^ Das Patentgesetz kennt drei Arten von Patenten, namlich Erfindungspatente, Gebrauchsmusterpatente und Geschmacksmusterpatente. Marken werden iiber das Trademark Office, State Administration for Industry and Commerce P. R. China (CTMO), angemeldet. Das Erfindungspatent durchlauft eine Sachpriifung nach Anmeldung innerhalb von drei Jahren nach Neuheit, erfinderischer Tatigkeit und gewerblicher Anwendbarkeit. Anmeldungen konnen auch vorzeitig offen gelegt werden. Die Laufzeit betragt 20 Jahre ab Anmeldung. Laufzeitverlangerungen sind nicht moglich. Seit 1993 wird das erteilte Patent als C-Schrift veroffentlicht. Vor 1993 wurde nur die gepriifte Offenlegimgsschrift vor Erteilung als B-Schrift publiziert, die ungepriifte Schrift als A-Schrift. Seit 2001 wurde auf die Moglichkeit des Einspruchs verzichtet. Jetzt kann nur noch auf Nichtigkeit geklagt werden. Beschwerde wird beim Patentpriifungsausschuss (SIPO) erhoben. Die hochste richterliche Instanz ist das Oberste Volksgericht.
10 11 12 13 14
Vgl.Guo(1988),S.45. Vgl.Guo(1988),S.45. www.sipo.gov.cn. Vgl. Sun,Yangling (2003). TRIPS = Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights = Das Ubereinkommen uber handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum. Vgl. Que (2005).
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Ursula Versch
Fiir die Anmeldung eines Patents wird eine chinesische, autorisierte Patentanwaltskanzlei^^ beauftragt. Mittlerweile gibt es iiber 20 dieser KanzleienJ^ Das Gebrauchsmusterpatent (Y-Schrift) wird formal gepruft; die Laufzeit betragt 10 Jahre ab Anmeldung seit 1993. Einspruch ist nicht moglich. Bei Nichtigkeitsprozessen wird sehr wohl auf Neuheit, erfinderischen Schritt imd gewerbliche Anwendbarkeit gepruft. Bis 1993 gab es eine Gebrauchsmusterveroffentlichung (U-Schrift) die vor Eintragung erschien. Einspruch war moglich. Bei Geschmacksmusterpatenten, reine Formalpnifung, betragt die Laufzeit 10 Jahre. Es gibt keine Verlangerungsmoglichkeit (siehe Tabelle 1).*^ Da China ein sozialistisches Entwicklungsland ist, war es sinnvoll das Gebrauchsmusterpatent in das Patentgesetz aufzunehmen. Viele Erfindungen der breiten Masse des Volkes und kleiner und mittlerer Untemehmen, die gewohnlich ein geringeres technisches Niveau erreichen, diirften beziiglich der Steigerung der Effizienz der Wirtschaft und der technologischen Reform in China eine groBe Rolle spielen. Zum anderen zeigen die Erfahrungen anderer Lander, insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland und Japan, dass das Gebrauchsmuster zur Entwicklung der Wirtschaft einen bedeutsamen positiven Beitrag leisten kann.'^ Das ergaben auch die Untersuchungen der Anmeldungen der Jahre 1985 bis 1999. Die auslandischen Firmen meldeten vor allem Erfindungspatente an, wohingegen die inlandischen Anmeldungen hauptsachlich Gebrauchsmuster und Geschmacksmuster betrafen. Die inlandischen Anmelder waren hauptsachlich Privatanmelder, die auslandischen hingegen Organisationen.^« Im chinesischen Patentamt sind rund 2.000 Mitarbeiter beschaftigt. Davon waren 2005 uber 1.200 Prufer. Im Jahr 2001 lag die Zahl bei 129 Prufern. 2003 hatten 125 Lander in China angemeldet. Insgesamt wurden in diesem Jahr 182.226 Patente erteilt. Die Bearbeitungszeit fiir die Erteilung reduzierte sich von 50 Monaten auf 30. AuBerdem hielt das CHINA Intellectual Property Training Center, eine Abteilung des SIPO, Trainingskurse in ganz China ab, um den Patentgedanken und das sehr junge Patentsystem in der chinesischen Gesellschaft zu verankem.^^
www.sipo.gov.cn/sipo_English/zlsq/rhsqzl/t20020418_34053. Zusatzliche Infotmationen unter All-China Patent Agents Association (ACPAA) (www.acpaa.cn/e_default.htm): englische Information zu Gesetzen und Regulierungen, Namen, Adressen chinesischer Patentkanzleien und Einsicht in deren GebOhrenkatalog. Vgl. FAQ. Vgl.Schellner (28.3.2006). Vgl. Quo (1988), S. 47. Vgl. Sun, Yifei (2003), S. 27. Vgl. Que (2005).
197
Patentinformation aus China und Korea Erflndungspatent
Gebrauchsmusterpatent
Laufzeit
20 Jahre
10 Jahre
Schriftenart
A,C,vorl993Bals gepriifle Offenlegung
Y,U bis 1993 als Gebrauchsmusterveroffentlichung
Priifung
Beantragung der Sachprufung innerhalb von drei Jahren
Formalpriifung
Einspruch
nicht moglich
Geschmacksmusterpatent 10 Jahre keine VerlSngerung
Tabelle 1: Vergleich der drei Patentarten in China Die Dokumenteimummem bauen sich wie aus Tabelle 2 ersichtlich auf: Anmeldenummer YYTNNNNN.NN YY
zwei Stellen fur das Jahr T eine Stelle fiir den Schutzrechtstyp NNNNN runf Stellen fur die Nummer seit Oktober 2003" YYYYTNNNNNNN.N Bsp:CN 200410049329
Verttffentlichungsnummer TNNNNNN
Schutzrechtstypen
-
1 = Erfindung,
T
eine Stelle fiir den Schutzrechtstyp NNNNNN sechs Stellen fUr die Nummer
2 = Gebrauchsmuster
Bsp:CN 1553477
8 = PCT (Patent)
3 = Geschmacksmuster
9 = PCT (Gebrauchsmuster) Tabelle 2: Dokumentnummernsystematikjur chinesische Patentschriften^^ Chinesische Patente verweisen auf die Internationale Patentklassifikation. Es gibt nicht wie bei japanischen Patentschriften eine zusatzliche feinere Einteilung der Klassifikation.^"* Im System CNIPR (China Intellectual Property Net), wo Recherchen nur in Chinesisch moglich sind, kann der nicht geiibte Nutzer eine sehr grobe Klassifikation, die „Industrial Classification" verwenden. Diese Klas-
Die Nummem wurden jetzt auf sieben Stellen erhdht, da im Jahr 2005 das erste Mai die Anmeldezahlen uber 100.000 lagen, und somit die Anzahl der Stellen nicht mehr ausreichte. Vgl.Schellner (28.3.2006). Vgl. FAQ.
198
Ursula Versch
sifikation ist anwendungsbezogen 19 Klassen zugeordnet.^^ Die Titelseite der Schrift CN 1553477 A ist im Original und in Englisch im Anhang unter Abbildung 2 und 3 mit Erlauterungen zu finden. 2.2
Korea
Das koreanische Patentamt (KJPO) steht heute weltweit bei den Schutzrechtseinreichimgen nach China, Japan und USA an vierter Stelle.^^ Das koreanische Patentrecht sich bereits bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zuriickverfolgen. Das Patentgesetz im heutigen, modemen Sinne wurde 1946 erlassen. Gleichzeitig wurde auch das Patentbiiro (Patent Bureau) gegriindet. Man orientierte sich stark am japanischen, spater am US- und am chinesischem System. 1961 wurde dem Patent- und Geschmacksmustergesetz Geltung verschafft. Das Patentbiiro wurde 1977 unabhangig - Office of Patent Administration. Im Jahr 1979 trat Korea der WIPO bei, 1984 dem Patentiibereinkommensvertrag (PCX) und 1988 wurde das Patentverwaltungsbiiro in Korean Industrial Property Office (KIPO) umbenannt. Das KIPRIC (Korean Industrial Property Rights Information Center) etablierte sich 1995 und benannte sich 2001 zu KIPI (Korean Institute of Patent Information), da jetzt unabhangig, um. Bereits 1996 erhielt das Patentamt die ersten Anmeldungen auf Disketten. Der KIPRIS (Korea Industrial Property Rights Information Service) wurde 1998 ins Leben gerufen und ist seit 2001 als kostenfreier Service verfiigbar. Knapp ein Jahr spater wurde das KIPOnet installiert, das etwa der epoline des Europaischen Patentamtes entspricht, und somit sehr fhih elektronische Anmeldungen ermoglichte. Seit 2002 gibt es das CyberKIPO, d.h. alle Kontakte zum KIPO wie Anmeldungen, Eintragungen und Verhandlungen konnen via Internet durchgeftihrt werden.^^ Das Amt publizierte 2001 als erstes Amt das koreanische Patentblatt nur noch Online iiber das Internet. Rund 94,6 % aller Patente in Korea wurden 2003 elektronisch angemeldet.^^ Seit Januar 2006 ist das KIPO als offiziell intemationale Recherchebehorde (ISA) und als mit der Priifung beauftragte Behorde (IPEA) fur das amerikanische US-Patentamt (USPTO) tatig. Das USPTO hofft damit seine Riickstande abbauen zu konnen.^^ Die gewerblichen Schutzrechte, die iiber das KIPO angemeldet werden konnen, sind Patente, Gebrauchsmuster, Geschmacksmuster und Marken. Patentanmeldungen werden auf Antrag nach spatestens funf Jahren gepriift. Auslandische Anmelder konnen koreanische Patentanwalte zur Vertretung iiber die KPAA
25 26 27 28 29
Vgl. Chen (2005). Vgl. FAQ. Vgl. Schellner (2004). Stand Dezember 2003, vgl. FAQ. Vgl. o. V. (2006).
Patentinformation aus China und Korea
199
ermitteln.^^ Es werden Neuheit, erfinderische Tatigkeit und gewerbliche Anwendbarkeit gepriifit. Der Priifungszeitraum liegt bei ca. 22 Monaten. Das koreanische Patentamt mochte bis zum Jahr 2007 den Zeitraum auf 12 Monate verkiirzen.^^ Das Amt beschaftigt zur Zeit 1.000 Priifer. 2005 wurden fast 300 neue Prtifer eingestellt. Ein groBer Teil der Recherchearbeit wird vom KIPI erledigt, auch die Klassifizienmgen. Laut KIPO sollen bis zum Jahr 2007 70 % aller Stand der Technik Recherchen (Prior Art Searches) ausgelagert werden. ^^ Eine vorzeitige Offenlegung (A-Schrift) der Anmeldung ist erlaubt. Die Laufzeit betragt 20 Jahre ab Anmeldung. Eine Laufzeitverlangerung um funf Jahre ist im pharmazeutischen wie landwirtschaftlichen Bereich moglich.^^ Patente und Gebrauchsmuster konnen parallel angemeldet werden. Seit 1997 werden die erteilten Patente (B-Schriften) publiziert. Vorher wurden die gepriiften Patentveroffentlichungen als B-Schrift veroffentlicht. Die Einspruchsfrist betragt drei Monate nach Erteilung. 2005 wurde eine Gesetzesanderung beantragt, um, wie beim chinesischen Patent, die Moglichkeit des Einspruchs abzuschaffen. Diese Anderung sollte 2007 in Kraft treten. Gebrauchsmuster (U-Schrift) werden formal gepriift, es ist aber eine Gesetzesanderung in Richtung „Einfuhrung der Sachpriifimg fur Gebrauchsmuster" 2005 eingebracht worden. Diese Anderung soil 2007 in Kraft treten. Der Code Y ftir Schriftenart wird fur gepriifte wie erteilte Gebrauchsmuster verwendet. Nach einer fhiheren Gesetzgebung gab es bereits Gebrauchsmusterveroffentlichungen. Die Laufzeit betragt zehn Jahre ab Anmeldung (siehe Tabelle 3, Nummemsystematik Tabelle 4). Auch die koreanischen Schriften verwenden die Internationale Patentklassifikation. NutzvoUe Informationen zum koreanischen Patentsystem und der verfligbaren Patentinformation findet man bei KIPI unter www.kipo.go.kr/eng/. Die Jahresberichte sind in Englisch verfiigbar ebenso wie das koreanische Patentgesetz. Die Titelseite der Schrift 1020050028360 A, Anmelder LG Electronics, ist im Original und aus KPA, Korean Patent Abstracts, im Anhang unter Abbildung 4 und 5 mit Erlauterungen zu finden.
30 31 32 33
KPAA: www.kpaa.or.kr/english/about/frame.asp - Namen und Adressen (Stand: 24.4.2006). Vgl. FAQ. Vgl. Schellner (26.4.2006). Vgl. FAQ.
200
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Patent
Gebrauchsmuster
Laufzeit
20 Jahre
10 Jahre
Schriftenart
A,B,vorl997Bals geprufte Offenlegung
U, Y fiir geprufte wie erteilte Gebrauchsmuster
Prfifung
Beantragung der Sachpriifung innerhalb von fiinf Jahren
Formalpriifting, Gesetzesanderung mit Einfuhrung der Sachprufung - Termin 2007
Einspruch
drei Monate nach Erteilung, Gesetzesdnderung beantragt mit Abschaffung des Einspruchs -Termin 2007
Geschmacksmuster 10 Jahre, keine VerlSngerung
Tabelle 3: Vergleich der drei Patentarten in Korea
Nummer
Erlftutening
Anmeldenummer TT YYYY NNNNNNN Bsp: 1020050004284 Veroffentlichungsnummer TT YYYY NNNNNNN Bsp:1020050028360 A
Schutzrechtstypen TT 10 = Erfmdung 20 = Gebrauchsmuster
YYYY = vier Stellen fur das Jahr
30 = Geschmacksmuster TT = zwei Stellen fiir den Schutz40 = Marke rechtstyp NNNNNNN = sieben Stellen fiir die Nummer
Erteilungsnummer TT NNNNNNN Bsp: 100222609 Bl Tabelle 4: Dokumentnummernsystematikjur koreanische Patentschriften
Patentinformation aus China und Korea
3
201
Patentinformationsquellen
3.1
China
3.1.1
Amtsdatenbanken
Patentinformation wird im SIPO vom Intellectual Property Publishing House (IPPH) produziert. Das IPPH wurde bereits 1980 durch das chinesische Patentamt, dem Vorganger des SIPO gegriindet. Es ist die einzige bevollmachtigte Publikationsstelle fiir chinesische Patentdokumentation. Es gibt gedruckte Dokumentation, CD/DVD- und Intemetprodukte seit 2000. So den Zugang iiber www.cnpir.com (China Intellectual Property Net). Uber die SIPO, www.sipo.gov.cn, seit 2002 in Chinesisch, seit 2003 in Englisch. Die Daten sind iiber jedes der Medien seit 1985 bis heute verfugbar. Seit 1985 gibt es folgende gedruckte Informationen: Chinesisches Patentblatt - Erfindungspatentblatt, Gebrauchsmusterpatentblatt und Geschmacksmusterpatentblatt. Seit 1992 auch als CDs wie DVDs, naturlich in Chinesisch. Bei den CDs gibt es zwei Serien: CPAS und CNPAT. Die CPAS Familie enthah zum Beispiel: - China Patent Database (chin.) - bibliographische Daten, Zusammenfassungen, Anspriiche, Rechtsstand der veroffentlichten Erfindungen, der erteilten Gebrauchsmuster und der Geschmacksmuster. Eine englische Version der China Patent Database existiert mittlerweile als DVD. - China Patent Applications (chin.) - die Volltexte der publizierten Erfindungen und der gepriiften Gebrauchsmuster seit 1985, Abbildungen der Geschmacksmuster seit 2004. - China Patent Gazette (chin.) - die gescannten offiziellen Patentblatter seit 1985. Die CNPAT Familie liefert Informationen zu Erfindungen und Gebrauchsmustem. Einige davon werden auch in Englisch mit zweimonatlicher Aktualisierung herausgebracht. Sie enthalten Titel, Zusammenfassungen zu Erfindungspatenten, bibliographische Informationen zu Gebrauchsmustem mit dem jeweiligen chinesischen Volltext. Diese Daten sind auch iiber das Internet recherchierbar.^^ Die chinesischen Patentinformationen sind iiber die SIPO Homepage (Anhang Abb. 6-7) zuganglich. Die englische Version enthalt die bibliographischen Daten und die Zusammenfassungen der veroffentlichten und erteilten Erfindungspatente. Fiir PCT-Anmeldungen mit Emennungsland China existieren keine Zusammenfassungen. Aufierdem sind die bibliographischen Informationen zu Gebrauchsmuster seit 1985 verfugbar. Zusammenfassungen fiir GebrauchsVgl. Chen (2004).
202
Ursula Versch
muster sind laut SIPO nicht geplant. Die Datenbank wird vierteljahrlich aktualisiert. Bei der englischen Version ist mit einem Zeitverzug bis zu sechs Monaten zu rechnen, da die Ubersetzungen vom Chinesischen ins Englische natiirlich Zeit brauchen. Die aktuellsten Daten sind von Februar 2006. Es ist leider kein Link zu den chinesischen Volhexten vorhanden. Diese nur im TIF-Format verfiigbaren Volltexte finden sich iiber die chinesische Schnittstelle, iiber AhemaTIFFViewer, der kostenlos zu beziehen ist. Bin PDF-Format der Originalschrift ist nicht in Planung. Die Recherche bei SIPO ist in Quick und Expression Search aufgeteilt. Die SuchmogHchkeiten werden in der Online-Hilfestellung genau beschrieben (Anhang Abb. 8-9). Die englische Version der C!NPAT (China Patent Abstract) ist iiber die Homepage www.cnpat.com.cn des CPIC (China Patent Information Center) zuganghch. Sie enthah die gleichen Daten wie der Zugang iiber die SIPO. Man hat die MogHchkeit, iiber elf Felder (z.B. Titel, IPC, Anmelder, Erfinder) zu suchen. Boolsche Operatoren sind verfiigbar und es gibt einen Link zu den chinesischen A- und B-Dokumenten (Anhang Abb. 10-14). Der Zugang iiber die SIPO und die Datenbank CNPAT imterscheidet sich nicht in den verfiigbaren Daten und den Rechercheergebnissen. CNPAT erganzt mit der MogHchkeit des Links zu den chinesischen Volltexten. Die Datenbank iiber Traditionelle Chinesische Medizin, China Traditional Chinese Medicine (TCM) Patent Database© verfiigt iiber eine englische Demoversion (211.157.104.69/englishversion/login). Die Dokumente in dieser Datenbank sind sehr gut indexiert. ^^ ^^ Die chinesische Version enthalt fur den Zeitraum von 1985 bis 2001 insgesamt 12.124 Dokumente mit 32.603 Formeln. Die englische Demoversion hat 1.761 Dokumente mit 4.269 Formeln fiir den Zeitraimi 1993 bis 1994 geladen. Die Recherchemoglichkeiten sind sehr gut (Anhang Abb. 15-18). Neben diesen Datenbanken existiert eine rein chinesische Datenbank, die China Intellectual Property Net (CNIPR) Database (www.cnipr.com). Ein Gastzugang ist kostenfrei. Rechtsstandsdaten sind in Chinesisch verfiigbar. Es ist nicht geplant, Rechtsstandsinformationen in Englisch zur Verfugung zu stellen. Das EPA hat unter FAQ auf seiner Homepage zu Asien, Tipps und Tricks, die Moglichkeiten aufgezeigt, wie man auf Rechtsstandsinformation in Chinesisch zugreifen kann.^^ Eine automatische Ubersetzung von chinesischen Patentanmeldungen ins Englische kann noch nicht angeboten werden, obwohl das SIPO iiber das CPIC (Chinese Patent Information Center)^^, daran arbeitet.^^ Einen LFberbUck gibt Tabelle 5. 35 36 37 38
Vgl. Chen (2005). Vgl. Chen (2004). Vgl. FAQ. Vgl. Sun, Yangling (2005).
203
Patentinformation aus China und Korea
Datenbank/ Internetzugang
Abdeckung
Patentinformation
1985-Sept.
(www.sipo.gov.cn)
2005
englisch
Inhalte
Bibl. Felder, Erfindungspatente: erteik
Besonderheit
Vierteljahr. Aktuali-
u. verdff.: engl. Abstracts; Gebrauchs-
sierung; Zeitverzug
muster nur bibl. Angaben;
bis zu sechs Monate
Originaldokument KeinLink
PCT/Emennungsland China keine Abstracts CNPAT
1985-Sept.
Bibl. Felder, Erfindungspatente - erteilt
11 Felder, Boolsche
Link zu den
(www.cnpat.com.cn)
2005
u. ver5ffentlicht: engl. Abstracts;
Operatoren; Viertel-
chin. A- und B-
Gebrauchsmuster nur bibl. Angaben;
jahr. Aktualisierung;
Dokumenten
PCT mit Emennungsland China keine
Zeitverzug bis zu
Abstracts
sechs Monate
Titel, Abstract in Englisch; Patentnum-
Demoversion;
mer, IPC; Formel, etc.
Synonyme, sehr gut
englisch
China Trad. Chinese
1993-1994
Medicine (TCM) Patent Database®
-
indexiert
englisch (211.157.104.69/cngli shversion/login)
Tabelle 5: Englische Patentquellen bei SIPO. Technische Voraussetzungen: 7,0; Asian Font Pack, AlternaTIFF
3.1.2
Acrobat
Sonstige Quellen
INPADOC^® und esp@cenet^' enthalten annahrend die gleichen Daten, da beide Datenbanken als Quelle die interne Datenbank des EPA, also DOCDB, nutzen. Die gleichen Daten gehen auch zu den kommerziellen Datenbankanbietem wie STN (Datenbank Koreapat), DIALOG (Datenbank Chinese Patent Abstracts) Oder Questel-Orbit. Die Daten aus KPA werden zu INPADOC geliefert. Die Unterschiede zwischen INPADOC und esp@cenet bestehen bei bestimmten Feldem, die zu jedem Dokument geliefert werden. Die Transliteration der Namen, Erfinder wie Anmelder, werden von den jeweiligen Amtem geliefert. Das EPA hat auf die Qualitat der Ubersetzung keinen Einfluss. Fehler konnen also sowohl bei den Eigennamen wie bei den Ubersetzungen der Titel auftreten. Englische Zusammenfassungen sind in INPADOC/esp@cenet nur fiir nationale CN-Anmeldungen verfugbar, also Dokumente ohne auslandische Prioritat. Zum 20.4.2006 waren es 1.446.106 Dokumente: A-, B- (bis Ende 1992), C39 40
Vgl. Chen (2005). Integriert im esp@cenet oder zugSnglich iiber die kommerziellen Anbieter wie z. B. DIALOG, (www.dialog.com) oder STN (www.stn-intemational.com). Zugang: ep.espacenet.com.
204
Ursula Versch
Schriften (ab 1993) und U-Schriften, Y-Schriften ab 1993/^ Seit 1985 sind ca. 274.318 englische Zusammenfassimgen und ca. 63.785 Faksimiles in der Datenbank (Stand 12.10.2005). Es fehlen einige englische Zusammenfassimgen. Bei der Nummemsuche im esp@cenet ist kein Buchstabe notig. Bei der fortgeschrittenen Suche soUte, da verschiedene CN-Aktenzeichenserien fiir verschiedene Schutzrechtsarten verwendet werden, jeweils die Schriftenart A, B, C, U oder Y mit angegeben werden. AuBerdem soUte bei der Nummemsuche nach chinesischen Patenten im esp@cenet die Schriftenart mit angegeben werden, da sonst keine Familiendaten gefunden werden konnen. In der erweiterten Suche ist die Schriftart also auf jedem Fall erforderlich.^^ A-Dokumente als CN85102862 Oder CN1093468 suchen. B-Dokumente als CN85102862B oder CN1006751B; also mit Jahr oder ohne Jahr; C-Dokumente als CN1035082C - also ohne Jahr; U-Dokumente als CN85205576U und Y-Dokumente als CN2177199Y suchen; Anmeldenummem fur Gebrauchsmuster AP: CN19920214938U. Wichtig: CN1217173A entspricht nicht CN1217173C; bzw- CN1167309A nicht CNl 167309C. Die fast konq)letten Dokumentzahlen aus 2004 und 2005: CN-A: 13 936 (Nummem 1465632-1559165); CN-C: 38 894 (Nummem 11333601212756); CN-Y:10 814 (Nummem 2648775-2713781).^ Im esp@cenet liegt die chinesische Originalschrift als PDF-Dokument vor. Die Daten gehen bis Januar 2006. Im esp@cenet liegen Abstracts fiir die chinesischen Anmeldungen ohne auslandische Prioritat vorhanden, ansonsten sind oft Zusammenfassimgen von Familienmitgliedem vorhanden. Gebrauchsmuster haben keine Zusammenfassung und oft auch keinen Anmeldemachweis. DEPATISnet^^, die Datenbank vom DPMA enthalt keine chinesische Patentinformation. Momentaner Stand: zwei chinesische Dokumente. Die Datenbank Derwent World Patents Index^^ (Anhang Abb. 33), enthalt A-Dokumente ab 10.9.1985, C-Dokumente seit 5.01.1994. Die aktuellsten Daten sind ADokumente vom 23.11.2005 und C-Dokumente vom 26. 1.2005.^^ Die Datenbank Chinese Patent Abstracts, Zugang iiber den Anbieter DIALOG, erfasst chinesische Erfindungspatente seit 1985 mit englischen Titeln, Zusammenfassimgen und bibliographischen Angaben inklusive Familieninformationen. Die Daten, auBer den Familieninformationen, die von INPADOC stammen, werden vom SIPO geliefert. Gebrauchsmuster werden nicht erfasst. Es handelt sich um Anmeldungen, die sich nicht auf eine auslandische Prioritat
42 43 44 45 46 47
Vgl. Detailed Coverage (2006). Lingua/Paris (2005). Lingua/Paris (2005). www.depatisnet.de. Zugang iiber Vertrag mit Derwent (www.derwent.com) oder anderen kommerziellen Anbietem. Die Zahlen gelten sowohl fiir den EPI wie CPI Bereich.
Patentinformation aus China und Korea
205
beziehen, Anmelder koimen sowohl inlandisch w i e auslandisch ein. D i e letzten Daten sind v o n August/September 2 0 0 5 . 3.2
3.2.1
Korea
Amtsdatenbanken
Uber das KIPOnet gelangen die elektronischen Anmeldimgen z u m KIPO ( A n hang Abb. 19). Dort werden sie iiber die Internet Gazette veroffentlicht und gleichzeitig auch in ein Patentmapping ( P M ) und Patentanalysesystem (PIAS) eingespeist. D i e Daten werden weiter z u KIPI (Korea Institute o f Patent Information) gereicht und dort iiber KIPRIS in der Datenbank K P A (Korean Patent Abstracts) verfugbar gemacht. D i e Daten werden auBerdem an Privatfirmen verkauft, die sie aufbereitet der Offentlichkeit zur Verfugung stellen (siehe A b b . 1). KIPO
KIPI
Pnvate Corr?)anies
Internet Gazette
KIPRIS
Private Services
Piii^IAS
KPA
value aided hfomation
KIPOnet
^
V
^ •^ Patent Information User
Abbildung 1: Patendokumentation
bei KIPO
Das KIPRIS (Korean Intellectual Property Rights Information Service)"*^ liefert Online koreanische Patentinformation.'*^ D i e Datenbank wird v o m Koreanischen Institut fur Patentinformation (KIPI) unterhalten (Anhang A b b . 2 0 ) . Bereits 2003 erfasste das koreanische Patentamt 87 % aller Anmeldungen elektronisch. Der Rest wurde digitalisiert und somit auch elektronisch verfugbar gemacht. Es ist eine der vollstandigsten kostenfreien Quellen fiir Schutzrechtsinformationen in Korea. Gleichzeitig werden die koreanischen Schriften auch iiber C D - R o m verteilt. Uber 4 0 private Untemehmen verarbeiten die Informationen aus den koreanischen Schriften und erganzen sie mit weiteren Informationen, also mit
www.kipris.or.kr. ^^ V g l . II G y u ( 2 0 0 4 ) .
206
Ursula Versch
dem so genannten Mehrwert. Die Daten werden z.B. in Analyse- oder Patentmappingtools eingespeist bzw. iibersetzt. Seit 2005 gibt es fur englischsprachige Nutzer eine Rechercheschnittstelle, also eine englische Suchmaske/® fur Patente und Gebrauchsmuster sowie Patent/Utility Model (Anhang Abb. 21).^' Diese Homepage ist nur tenporar bis Juni 2006 bis zur Offhimg einer neuen Webpage zuganglich. Die Abdeckung der Datenbank ist unter dem Link „Statistical Information" auf dem Recherchebildschirm einsehbar. Ungepriifte Patentdokumente sowie Gebrauchsmuster sind bis ins Jahr 1983 und veroffentlichte erteilte Patente und Gebrauchsmuster bis zuriick ins Jahr 1948 erfasst (Anhang Abb. 22-26). Hier kann man z. B. iiber Dokumentnummer oder IPC oder Publikationsdaten Recherchen durchfuhren, also iiber die rein numerischen Felder. Die englische Sucheingabe im Anmelderfeld liefert zwar Ergebnisse (Beispiel Siemens) aber man kann nicht davon ausgehen, dass diese Textfelder prinzipiell iiber englische Eingaben voUstandige Ergebnisse liefem. Das Rechercheergebnis verweist auf die Originaldokumente. Diese lassen sich mit der entsprechenden Software, Asian Font Pack und Acrobat Reader 7.0, anzeigen. Fiir die Zeichnungen ist AltemaTIFF notig. Die Zeichnungen sind auch im Originaldokument vorhanden und ohne die Verwendung von AltemaTIFF anzeigbar. Aktuell sind die Daten innerhalb von 4 Tagen in der Datenbank. Mit dieser englischen Suchmaske stehen dem Nutzer die gleichen Daten wie dem koreanischen Nutzer zur Verfiigung. Es ist sogar Stichwortsuche in den koreanischen VoUtextdokumenten moglich, da in den Dokumenten oft technische Begriffe in Englisch in Klammem direkt neben den koreanischen Begriffen auftauchen. Natiirlich handelt es sich hier nur um eine limitierte Suche. Anmelder werden auch angehalten ihre Namen und den Titel der Anmeldung sowohl koreanisch als auch englisch anzugeben. Dadurch wird sich in naher Zukunft die Moglichkeit ergeben, die Anmeldemamen tatsachlich in Englisch suchen zu konnen. Die erweiterte Suchmaske bietet dem Nutzer die Moglichkeit, Felder aufzunehmen, die am meisten angefragt wurden. Suchprofile konnen abgespeichert werden, die Profile anderer Nutzer konnen eingesehen werden^^, ein Synonymverzeichnis kann angelegt werden, und auch die am haufigsten genutzten Stichworter der letzten Wochen sind noch verfiigbar. Durch diese angepassten Funktionen, muss sich der Nutzer bei KIPRIS anmelden. Dieser Service ist kostenlos. Die recherchierten Daten konnen in ein Excel Sheet iibemommen werden. Das Herunterladen der Rechercheergebnisse inklusive der bibliographischen Daten, 50 51 52
Zugang: eng.kipris.or.kr/Search/intro.html. Vgl. Choi/Ryoo (2005). Diese Moglichkeit wurde vor allem als Hilfsmdglichkeit fur ungeiibte Nutzer des Systems angelegt, nicht fur professionelle Patentrecherchen.
Patentinformation aus China und Korea
207
Zusammenfassungen und Rechtsstand ist in unterschiedlichsten Dateiformaten, moglich. Drucken oder Abspeichem von Volltexten voUzieht sich in einem Arbeitsgang. Das Abspeichem der Suchprofile gibt Diskussionsstoff zum Thema Geheimhaltimg und inwieweit es empfehlenswert ist, das KIPRIS-System zu wahlen, wenn Suchprofile gespeichert und fur andere Nutzer einsehbar sind. Neben der Patent- und Gebrauchsmusterrecherche ist auBerdem eine englische Suchoberflache fiir Marken und Geschmacksmusterrecherchen vorhanden. Der altere, bekanntere Englisch-Service von KIPRIS ist die KPA-Search, verfugbar unter der gleichen Schnittstelle (Anhang Abb. 27-32). Sie bietet nicht so viele Moghchkeiten wie die Patent- und Gebrauchsmusterrecherche, aber sie erlaubt, engUsche Stichwortsuche in den engUschen Zusammenfassungen der koreanischen Patentdokumente. Fiir prazisere Suchergebnisse kann man Boolsche Operatoren verwenden. Folgende Daten sind abrufbar: Bibliographische Daten wie Patentnummem, Datum, Anmelder, Erfinder, IPC, Titel, usw. Dann die Zusammenfassung mit Aufgabe imd Losung der Erfindung, representative Zeichnungen, Rechtsstand, und letztendUch ist der Link zum koreanischen Volltextdokument zu nutzen. Die Zeichnungen sind im TIFF-Format. In der KPADatenbank betragt der Zeitverzug normalerweise aufgrund der tJbersetzungsarbeit etwa 4 Monate.^^ Bl-Dokumente Hegen zwischen 1.1.1979 und 22.4.2005 vor, A-Dokumente zwischen 15.1.2000 und 14.4.2005. KIPO ist hier im Moment stark im Zeitverzug. Die Zahl der Nutzer hat sich, seit der Link zum VoUtext und der Rechtsstand verfugbar ist, stark erhoht. Beim Rechtsstand erhalt man folgende Informationen: Datum der Priifungsantragsstellung, Datum der Zuriickweisung, Eintragung mit Erteilungsdatum, Zahl der Einspriiche, Zahl der Gerichtsverfahren gegen Zuriickweisung, Patentaktenzeichen, mit den jeweiligen Datumsnennungen. Einen Uberblick gibt Tabelle 6. KIPRIS plant bis Juni 2006 eine neue KIPRIS Webseite, die freie Recherchen ohne Registrierung erlaubt. Wenn Nutzer jedoch die angepassten Suchmoglichkeiten in KIPRIS nutzen mochten, soUten sie sich registrieren lassen (Anhang Abb. 21). Der Service KIPRIS kiimmert sich auch um die elektronische Maschineniibersetzung ins Englische, die stark vom koreanischen Patentamt KIPO forciert wird, um koreanische Patentinformation international zu verbreiten. Uber die Eingabe der Anmeldenummer erhalt man die Prufungsresultate imd die Informationen aus dem Patentblatt in Englisch. Die Entwicklung der maschinengesteuerten Ubersetzung schafft eine Grundlage fiir die Patentamter, imi Priifungsergebnisse auszutauschen, koreanische Patentinformation anderen Landem zur Verfugung zu stellen und die Stabilitat von Patentrechten in anderen Landem zu gewahrleisten. Dieses System K-PION steht bis jetzt nur koreanischen und auslandischen Patentpriifem zur Verfugung.^"* Es wird diskutiert, ob ^^ Vgl. o. V. (2005). ^^ Vgl. K-PION (2006).
208
Ursula Versch
die Maschineniibersetzung nicht doch fiir die Offentlichkeit freigegeben werden kann." Datenbank/ Internetzugang
Abdeckung
Inhalte
Besonderheit
Originaldokument
Bibl. Felder
Nach 4 Tagen in der
Link*
Patent/Utility Models
A-Dok., U-Gebrauchs-
(eng.kipris.or.kr/
muster ab 1983; B-Dok.,
Datenbank; Nutzerregist-
Search /intro.html)
U-Gebrauchsmuster ab
rierung; Suchprofilspeiche-
1948 bis 20.4.2006,
rung; engl. Stichwortsuche
aktuell am 24.4.06
limitiert m&glich
KPA Korean Patent
Bl-Dok. 1.1.1979-
Bibl. Daten wie
Rechtsstand in Englisch;
Abstracts
22.04.2005; ADok.
Patentnummem,
2^itverzug bis zu 4
(eng.kipris.or.kr/
15.01.2000-4.04.2005
Search /intro.html)
Datum, Anmelder,
Monaten; keine Ge-
Erfinder, IPC; Titel
brauchsmuster
Link*
und Abstract in Englisch; Trademark
siehe Webpage
siehe Webpage
siehe Webpage
siehe Webpage
siehe Webpage
siehe Webpage
siehe Webpage
siehe Webpage
(eng.kipris.or.kr/ Search /intro.html) Design (eng.kipris.or.kr/ Search/intro.html)
Tabelle 6: Englische Patentquellen bei KIPO; technische Voraussetzungen: Acrobat 7,0 Asian Font Pack, AlternaTIFF
Die Prtifer des KIPO nutzen nicht das KIPRIS System. Sie nutzen ihr eigenes elektronisches Verwaltimgs- und Recherchesystem namens KJPONet.^^ Neben der Moglichkeit der Online-Recherche wurde KIPOnet vor allem in den 1990er Jahren entwickeh, um Patentanmeldimgen schnell elektronisch zu verarbeiten und den Verwaltungsaufwand so gering wie moglich zu gestahen. Mit KIPOnet nimmt das KIPO weltweit eine Spitzenstellung beziighch der elektronischen Aktenverwaltung ein. 3.2.2
Sonstige Quellen
esp@cenet enthah die gleichen Daten zu Korea wie INPADOC. Im Moment erfasst INPADOC die Daten bis 31.12.2003, esp@cenet in Einzelfallen Daten bis Marz 2005. Koreanische Dokumente sind seit 197S bis Dezember 2003 in INPADOC enthalten. 10 % der Dokumente enthalten englische Zusammenfas55 56
Vgl. Schellner (24.04.2006). Vgl. II Gyu (2004).
Patentinformation aus China und Korea
209
simgen. Die neuen Daten sind bereits geliefert worden. Aber aufgnmd von Formatproblemen verzogert sich die Aktualisienmg. In der Zwischenzeit ist es notwendig die aktuellen Daten iiber kommerzielle Hosts zu suchen. Es sind 755.212 Dokumente ab 1978 mit 75.654 englischen Zusammenfassimgen und 425.077 Faksimilies in der Datenbank; Letzte Liefenmg vom 31.12.2003. Bl- und YlSchriften nur bis Dez. 2000. Die Nummemsuche ist wie folgt im esp@cenet durchzufiihren: A-Dokumente als KR2003077025, B-Dokumente als KR462248, U-Dokumente als KR9814477U, Y-Dokumente als KR9107713Y, Anmeldenummem fiir Gebrauchsmuster (AP) als KR19980003976U. Die Schriftenart ist also iiberall auBer bei B-Dokumenten bei der Eingabe zu erganzen. Der Schrifttyp, z.B. 10 fiir Patente, wird nicht mit angegeben. Die englischen tJbersetzungen werden von dem jeweiligen nationalen Amt geliefert; Erfindemamen konnen sich von Chen zu Kom oder McLeod zu McLiode andem, Buchstaben von Raman zu Laman, Ubersetzungsfehler sind moglich, z.B. von ,^ode dispersion" zu ,^ould dispersion".^^ DEPATISnet erfasst koreanische A- und B-Schriften von 1979 bis Januar 2005. Gebrauchsmuster sind nicht enthalten.^^ Zimi GroBteil mit Titel, Zusammenfassung und Faksimile aus der Datenbank KPA. Vor einem Jahr enthielt DEPATISnet nur sieben Dokumente aus Korea. Die Suche iiber die Nummemeingabe ist im DEPATISnet ganz nach der Nummemsystematik moglich, also auch mit Schrifttyp. Die Datenbank Derwent World Patents Index (Anhang Abb. 33) enthalt ADokumente ab 21.1.1997 bis 14.4.2005, B-Dokumente seit 30.1.1986 bis 13.4.2005, unvoUstandig zwischen 1991-1993, jedoch keine Gebrauchsmuster. KOREAPAT, produziert vom Korean Institute of Patent Information, entspricht der Korean Patent Abstract (KPA) und ist iiber STN zuganglich. Die Datenbank enthah B-Dokumente von 1979-2001 und A-Dokumente ab 2000 bis heute. Die letzten Daten stammen vom September 2005 (rund 3.000 Datensatze mit 2.713 A-Dokumenten und 655 Bl Dokumenten). Sie enthalt Titel, Zusammenfassung in Englisch, Anmelder, Erfinder, Publikationsdaten und eine representative Zeichnung.
^^ Vgl. Lingua/Paris (2005). ^^ CD-Lieferung vom KIPO.
210
4
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Zusammenfassung
Liest man in Zeitimgsmeldungen^^, dass die Vereinigten Staaten Diplomaten in Europa abziehen und vermehrt in Asien einsetzen mochten, so zeigt sich die intemationale politische, aber auch wirtschaftliche Bedeutung dieser Region. Der Anstieg der Patentanmeldezahlen in China und Siidkorea der letzten Jahre verstarkt das Bild. Ostasien ist ein international bedeutsamer Wirtschaftsraum mit wachsenden Auswirkimgen auf Europa und USA. Informationen aus diesem Raum, auf englisch verfugbar, sind fiir Europa und USA essentiell. Die chinesische und koreanische Schrift wie auch die Sprache sind fiir den Informationsfluss eine Herausfordenmg. China etablierte den Gedanken des gewerblichen Rechtsschutzes erst in den 1980er Jahren. Das chinesische Patent umfasst das Erfindungspatent, das Gebrauchsmuster und das Geschmacksmuster. Schwerpunkt der inlandischen Anmeldungen liegt beim Gebrauchsmuster, was dem Bild des Entwicklungslandes China entspricht. Die Anzahl der Priifer hat sich in den letzten Jahren stark erhoht. Hier spiegelt sich die Bedeutung des gewerblichen Rechtsschutzes fur China wider. Elektronische Patentinformation steht dem chinesischen Nutzer gut zur Verfugung. Auslandischen Rechercheuren bieten sich seit 2003 Online englische Suchoberflachen mit englischen Patentdaten wie Bibliographic, Titel und Zusammenfassung, aber nur fiir Erfindungspatente, an. AuBerdem kann man sofort auf das chinesische Originaldokument zugreifen. Der Zeitverzug liegt bei ca. 6 Monaten. Englische Rechtsstandsinformationen stehen nicht zur Verfiigung und sind auch nicht geplant. Eine automatische Maschineniibersetzung der Texte ins Englische, wie seit einigen Jahren iiber das Japanische Patentamt verfiigbar, ist in Arbeit, aber noch nicht zuganglich. Die Jahre 1985 bis September 2005 sind recherchierbar. Uber INPADOC/esp@cenet und Derwent WPI bis Januar 2006. Die Datenbank Chinese Patent Abstract liefert Daten bis September 2005. DEPATISnet enthalt noch keine Daten zu China. Ein Uberblick findet sich in Tabelle 7. Das modeme Patentgesetz in Korea stammt aus dem Jahr 1946. Das KIPO verwaltet Patente, Gebrauchsmuster, Geschmacksmuster und Marken. Mit KIPOnet steht den koreanischen Priifem eines der modemsten, elektronischen Patentverwaltungssysteme zur Verfiigung. Koreanische Dokumente werden ab 2007 zum PCT-Mindestpriifstoff zahlen. Fiir englischsprachige Nutzer stellt KIPO mit KIPRIS eine sehr gute Oberflache zur Verfiigung. Alle vier Schutzrechte sind iiber englische und numerische Eingaben suchbar. Im Patent/Utility Modell kann nach koreanischen Originaldokumenten numerisch recherchiert werden. Sie stehen nach 4 Tagen Zeitverzug in der Datenbank, mit Link zu Originaldokument und Zeichnung. Die Suche nach Anmelder, Erfinder und Titel Vgl. o. V. (2006).
Patentinformation aus China und Korea
211
der Anmeldimg sollte in naher Zukunft moglich sein. Uber KPA ist die englische Stichwortsuche in Titel und Zusammenfassung moglich. Die aktuellsten Dokumente sind bis April 2005 geladen. Im INPADOC sind die Daten im Moment nur bis 2003 zuganglich. esp@cenet deckt die Daten bis Marz 2005 ab. Im DEPATISnet finden sich die Dokumente bis Januar 2005. Derwent WPI enthalt die Daten bis April 2005, KOREApat uber STN bis September 2005. Einen Uberblick zu den Daten gibt Tabelle 8. Somit sind die neuesten verfugbaren Daten aus beiden Landem iiber ein halbes Jahr alt. Hier ist fur Korea iiber KIPRIS die Schnittstelle Patent/Utility Modell eine wertvolle Hilfe, da die Daten, zimiindest numerisch suchbar, aktuell vorliegen. Der Aufsatz gibt einen LFberblick zu den bis April 2006 verfugbaren Daten Chinas und Koreas. Die Aktualitat der Daten, der Erfassungszeitraum, die Feldverfugbarkeit, ob in Englisch suchbar oder zumindest in Englisch anzeigbar oder auch in der Originalsprache, sind aufgefuhrt. Die wichtigsten Grundlagen zum Patentsystem, Dokumentnummemsystematik und einigen politischen Hintergriinden wurden integriert. Fiir den Rechercheur ist es wichtig den Hintergrund, das Patentsystem des jeweiligen Landes, zu verstehen, um Patentrecherchen detailliert und genau durchftihren zu konnen. Dazu nochmal Stephen Adams: „I would like to point out one major difference between the work of the attorney and the information specialist. By and large, when a national patent law or procedure changes, the legal community will concentrate on implementing the new practice, and quickly forget the older, irrelevant methods. The information community, on the other hand, will continue to see the output from the outdated law - in the form of records of patents granted under the old system - for many years to come, and we need to maintain an awareness of the legal context of both old and new patentsystems"^^
Mein Dank geht an Frau Irene Schellner vom EPA, die durch ihre lebendigen, informationsreichen Vortrage, Workshops und Diskussionen, mein Interesse an Asien verstdrkt hat.
Adams (2005).
212
Ursula Versch
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Patentinformation
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Patentinformation aus China und Korea
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7 Treffer CPIC China Patent Abstract Database - Trefferiiste CPIC China Patent Abstract Database - Biblio. Anzeige mit Link zu Originaldokument CPIC: aus China Patent Abstract Database - Originaldokument TCM: 211.157.104.69/englishversion/login TCM: Suche TCM: Trefferiiste TCM: Dokumentanzeige KIPO - Homepage: www.kipo.go.kr/eng/ KIPI - Homepage: eng.kipi.or.kr KIPRIS - Homepage mit Registrierung: eng.kipris.or.kr KIPRIS - Anleitung fiir Acrobat Reader 7.0 und Asian Font Pack und Recherchemoglichkeiten: eng.kipris.or.kr/search /intro.html KIPRIS - Patent/Utility Model: Suchmaske Advanced Search - Nummemsuche
Patentinformation aus China und Korea
Abbildung 24: Abbildung 25: Abbildung 26: Abbildung 27: Abbildung 28: Abbildung 29: Abbildung 30: Abbildung 31: Abbildung 32: Abbildung 33:
215
KIPRIS - Patent/Utility Model: Abdeckung KIPRIS - Patent/Utility Model: Trefferanzeige - Nur nummerische Felder lesbar; Link zu VoUdokument; KIPRIS - Patent/Utility Model: VoUdokument KIPRIS - KPA: Suchmaske Advanced Search - Anmeldersuche KIPRIS - KPA: Suchmaske Advanced search - Trefferliste; Link zu VoUdokument KIPRIS - KPA: Suchmaske Advanced search - biblio. Angaben mit Abstract KIPRIS - KPA: Suchmaske Advanced search - KPA Dokument KIPRIS - KPA: Suchmaske Advanced search - KPA Dokument mit Rechtsstand KIPRIS - KPA: Suchmaske Advanced search - Link zu VoUdokument - VoUdokument Scientific.Thomson.com: WPI Abdeckung
216
Ursula Versch
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F r a q u a n t i y I.Knd TCM Kntna
Ust Radix Isabdis
RadiK Paeoniae Alba Cortex Eucommiaa Radix Scutellariae Radix Achyranthis Bidentatae Rhizoma Gastrodiae
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