Mathias Kullmann StrategischesMehrmarkencontrolling
GABLER EDITION WISSENSCHAFT Innovatives Markenmanagement Herausgegeben von Professor Dr. Christoph Burmann, Universitat Bremen, Lehrstuhl fiir innovatives Markenmanagement (LiM®) Professor Dr. Manfred Kirchgeorg, HHL - Leipzig Graduate School of Management, Lehrstuhl fiir Marketingmanagement
HHL.
L f i m o CRADUATt SCHOOL o r M A M A O I M I N T
Marken sind in vielen Unternehmen mittlerweile zu wichtigen Vermogenswerten geworden, die zukiinftig immer haufiger auch in der Bilanz erfasst werden konnen. Insbesondere in reiferen Markten ist die Marke heute oft das einzig nachhaltige Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb. Vor diesem Hintergrund kommt der professionellen Fuhrung von Marken eine sehr hohe Bedeutung fiir den Unternehmenserfolg zu. Dabei miissen zukunftig innovative Wege beschritten werden. Die Schriftenreihe will durch die Veroffentlichung neuester Forschungserkenntnisse AnstoBe fur eine solche Neuausrichtung der Markenfuhrung liefern.
•
•
Mathias Kullmann
Strategisches Mehrmarkencontrolling Ein Beitrag zur integrierten und dynamischen Koordination von Markenportfolios
Miteinem Geleitwortvon Prof. Dr. Christoph Burmann
Deutscher Universitats-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Pubiikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet uber abrufbar.
Dissertation Universitat Bremen, 2006
1. Auflage Juli2006 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel / Stefanie Loyal Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. vwvw.duv.de Das Werk einschlieBlich alter seiner Telle ist urheberrechtlich geschijtzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden diirften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheBlitz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN-10 3-8350-0414-X ISBN-13 978-3-8350-0414-6
Meinem Vater (t) und meiner Mutter
Geleitwort
VII
Geleitwort
Obwohl die Marke und ihre Erforschung seit vielen Jahrzehnten zum festen Bestandteil der Betriebswirtschaftslehre und insbesondere der Marketingwissenschaft gehort, sind fundierte Publikationen zum Markencontroiiing bisher sehr selten zu finden. Dies mag daran liegen, dass in den langen Zeiten des „ungezugelten" Wachstums und der standigen Eroberung neuer Markte die Frage nach der ..Accountability" des Marketing und der Markenfuhrung obsolet erschien und nicht gestellt wurde. Angesichts nachlassender Wachstumsdynamik und eines zunehmenden Effizienzdruckes in vielen Markten hat sich diese Situation in den letzten Jahren dramatisch verandert. Auch bei Investitionen im Marketing und der Markenfuhrung wird heute immer ofter der Nachweis einer angemessenen Profitabilitat gefordert. Immer ofter wird in diesem Zusammenhang vom ..Marketing Rol" bzw. dem ..Brand Rol" gesprochen. Vor diesem Hintergrund hat Herr Dr. Mathias Kullmann ein theoretisch fundiertes Konzept fur ein identitatsbasiertes Controlling von Mehrmarkenstrategien erarbeitet und anhand einer umfassenden empirischen Studie einer anspruchsvollen 0berprufung unterzogen. Ihm ist es dabei auch gelungen. die praktische Relevanz seines Konzeptes anhand eines Simulationsmodells und konkreter Handlungsempfehlungen fur den Siifiwarenmarkt zu belegen. Diese Dissertation ist der funfte Band der Buchreihe zum „innovativen Markenmanagement" des Deutschen Unlversitats-Verlags (DUV). Diese Reihe dokumentiert die Forschungsarbeiten am deutschlandweit ersten und einzigen Lehrstuhl fur innovatives Markenmanagement (LIM®) an der Universitat Bremen und des Lehrstuhls fur Marketingmanagement (LMM) an der privaten Handelshochschule Leipzig. Gleichzeitig sollen dadurch weitere Forschungsbemuhungen zum innovatlven Markenmanagement motiviert und ein reger Erfahrungsaustausch angestofien werden. Als Grundungsherausgeber dieser Buchreihe freue ich mich uber jede Art von Feedback zu dieser Buchreihe und dem hier vorliegenden funften Band (Email:
[email protected]). Es ist geplant, mindestens drei Dissertationen pro Jahr in dieser Reihe zu veroffentlichen. um in kurzen Abstanden immer wieder mit neuen Ideen das wachsende Interesse am Thema ..innovatives Markenmanagement" zu beleben.
VIII
Geleitwort
Abschliefiend wunsche ich der Arbeit von Herm Dr. Mathias Kulimann aufgrund ihrer hervorragenden konzeptionellen und empirischen Qualitat eine weite Verbreitung in Wissenschaft und Praxis.
Univ.-Prof. Dr. Christoph Burmann
Vorwort
IX
Vorwort
Marken werden heute vielfach als eine der zentralen Wertschopfungsquellen im globalen Wettbewerb verstanden. Die Wahl der „richtigen" Markenstrategie zur Steuerung der Ressource Marke wird aus dieser Perspektive zu einem Kernthema der Unternehmensleitung. Vor dem Hintergrund einer fortschreitenden Fragmentierung der Markte und einem gleichzeitig steigendem Kostendruck der Markenanbieter gewinnen dabei Mehrmarkenstrategien zunehmend an Bedeutung. Den mit dieser Form der Marktbearbeitung verbundenen Chancen, z.B. Optimierung von Marktabdeckung und -durchdringung sowie der Realisierung von Synergiepotenzialen durch das Markenportfolio, stehen allerdings nicht unerhebliche Risiken gegenuber. Insbesondere droht die Kannibalisierung der Marken eines Portfolios durch gegenseitige Marktanteilssubstitution. Die Vermeidung konkurrierender Leistungsangebote bei gleichzeitiger Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit der Marktbearbeitung stellt somit die zentrale Herausforderung an das Management von Mehrmarkenstrategien dar. An dieser Fragestellung setzt die vorliegende Arbeit an. Ziel ist es, einen Beitrag zur integrierten und dynamischen Koordination von Marken portfolios im Sinne eines systematischen Mehrmarkencontrollings zu leisten. Zu diesem Zweck wird aufbauend auf den theoretischen Grundlagen und der Analyse der Determinanten, Ziele und Anforderungen an ein derartiges System, ein integriertes Analyse- und Steuerungsmodell konzeptionell entwickelt. Dieses Modell wird anschliefiend am Beispiel des Markenportfolios eines deutschen Suliwarenanbieters mittels realer Daten empirisch validiert. Die vorliegende Arbeit wurde im Marz 2006 von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultat der UniversitSt Bremen als Dissertationsschrift angenommen. Ihre Erstellung wurde durch die Unterstutzung zahlreicher Personen und Institutionen begleitet, denen ich an dieser Stelle meinen Dank aussprechen mochte. Mein besonderer Dank gilt zunachst meinem akademischen Lehrer und Doktorvater, Herrn Univ.-Prof. Dr. Christoph Burmann, der mich als externer Doktorand umfassend gefordert hat. Durch seine intensive und konstruktive Betreuung und seine wichtigen inhaltlichen Impulse hat er entscheidend zur erfolgreichen Fertigstellung dieser Arbeit beigetragen. Herrn Prof. Dr. Jochen Zimmermann gilt mein herzlicher Dank fur die Ubernahme des Zweitgutachtens.
Vorwort
Die Datenbasis des empirischen Teils dieser Arbeit stutzt sich auf eine Befragung von Liber 1.000 Konsumenten, deren Durchfuhrung ohne McKinsey & Company, Inc. nicht moglich gewesen ware. Stellvertretend nnochte ich hierfur meinem Berater-Kollegen Dr. Jesko Perrey danken, der sich in den letzten vier Jahren zudenn als wichtiger Mentor meiner beruflichen Entwicklung erwiesen hat. Meinem Freund und Kollegen Dr. Fabian Hieronimus danke ich sowohl fur die wertvollen inhaltlichen Diskussionen als auch fur seine Unterstutzung aufierhalb der wissenschaftlichen Arbeit. Schlieftlich mochte ich mich in meinem Kollegenkreis bei der "Fellowim-Leave-Communtty" des 19. Stockwerks des Frankfurter Euros bedanken. Insbesondere mein "Roommate" Dr. Markus Schuster erwies sich nicht nur als kompetenter Diskussionspartner sondern auch als Wegbegleiter aufierhalb wissenschaftlicher Themen und Burozeiten. Bedanken mochte ich mich auch bei meinen besten Freunden aus dem schonen Ruhrgebiet. Sie haben durch ihre Unterstutzung in schwierigeren Zeiten der Arbeit sowie durch den Spafi und die eriebnisreichen Tage abseits der Dissertation entscheidend zu ihrem erfolgreichen Gelingen beitragen. Auflerdem danke ich meinen Geschwistern Barbara und Victoria, insbesondere fur die unermudliche Unterstutzung beim Korrekturlesen der diversen Manuskriptversionen. Daruber hinaus mochte ich vor allem meiner Freundin Lorraine danken, die mir mit ihrer Llebe und Herzlichkelt wahrend der Dissertation zur Selte stand und so mein Leben entscheidend berelchert hat. Schllefillch und nicht zuletzt mochte Ich meinen Eltern zutlefst danken, die einen weitaus grofieren Antell am Gelingen dieser Arbeit haben, als sie viellelcht vermuten! Sie haben mich in alien Phasen meines Lebens liebevoll gefordert und unterstutzt und damit die Grundlage fur die erfolgrelche Erstellung dieser Arbeit geschaffen - ich welfi, dass diese Unterstutzung nicht Immer einfach war. Ihr steter Ruckhalt verbunden mIt der Frelhelt, elgene Entscheidungen zu treffen und meine Interessen zu verfolgen, gaben mir einerselts eine gesunde Gelassenheit und andererselts zugleich den notlgen Ansporn. Euch widme Ich diese Arbeit.
Mathias Kullmann
Inhaltsverzeichnis
X[
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
XV
Tabellenverzeichnis
XIX
Abkurzungsverzeichnis
XXI
A. 1. 2.
Das Controlling von Markenportfolios im Rahmen des strategischen Markenmanagements
1
Mehrmarkenmanagement als eine der zentralen Herausforderungen an das Top-Management
1
Notwendigkeit eines integrierten und dynamischen Ansatzes zum Mehrmarkencontrolling
17
3.
Zielsetzung und Gang der Untersuchung
29
B.
Identitatsorientiertes Markenportfoliomanagement als konzeptloneller Bezugsrahmen des Mehrmarkencontrollings
33
Grundlagen der Markenfuhrung
33
1.1
Gegenstand des Markenmanagements
33
1.2
Absatzmarktbezogene Ansatze der Markenfuhrung
37
1.3
Grundkonzept des identitatsorientierten Markenmanagements
41
1.
2.
Konzeption von Markenportfolios
48
2.1
Grundlagen der klassischen Portfoliotheohe
48
2.2
Konzeptualisierung von Markenportfolios und Mehrmarkenstrateglen
50
Ziele von Mehrmarkenstrateglen
57
2.3 3.
Das Management identitatsorientierter Mehrmarkenstrateglen
64
3.1
SItuationsanalyse zur marktstrateglschen Standortbestimmung
65
3.2
Strateglsches Mehrmarkenmanagement
68
3.3
Operatives Mehrmarkenmanagement
74
XII
Inhaltsverzeichnis
C.
Konzeption des identitStsorientierten Mehrmarkencontrollings
79
1.
Theoretische Grundlagen des Markencontrollings
79
1.1
Terminologische Abgrenzung des Markencontrollings
79
1.2
Gegenstand undZieledes Markencontrollings
80
2.
3.
Identifikation des spezifischen Controllingbedarfs im Rahmen von Mehrmarkenstrategien 2.1
Komplexitat als zentrale Determinante des Controllingbedarfs von Mehrmarkenstrategien 82
2.2
Marktseitlge Komplexitat als Determinante des Controllingbedarfs... 86
2.3
Unternehmenslnterne Komplexitat als Determinante des Controllingbedarfs
89
Charakteristika eines Mehrmarkencontrollingsystems
94
3.1
Anforderungen an das Mehrmarkencontrolling
94
3.2
Zielsystem des strategischen Mehrmarkencontrollings
96
3.3
Kennzahlensystem eines strategischen Mehrmarkencontrollings
99
3.31 3.32 3.33 4.
82
Steuerungsgrofien der MarkenstSrke bel internen Zielgruppen
99
Steuerungsgrofien der MarkenstSrke bei externen Zielgruppen
102
Steuerungsgrofien der okonomischen Markenbewertung .... 105
Instrumente des Mehrmarkencontrollings
108
4.1
Systematlsierung des Controllinginstrumentarlums
108
4.2
Okonomisch orientlerte Instrumente: Wanderungsanalysen
109
4.3
Psychographisch orientlerte Instrumente: Markenprofil- und Markenpositionierungsanalysen
114
Psychographisch und okonomisch orientlerte Instrumente: Integrative Mehrmarken-Controllingmodelle
120
4.41
Integrierte Markenbewertungsmodelle
120
4.42
Integrierte Customer-Equity Modelle
123
4.4
Inhaltsverzeichnis
4.43 4.5 5.
Xll[
Integrierte Marken-Scorecards
Fazit und kritische Wurdigung
127 137
Modellkonzeption als Beitrag zur integrierten und dynamischen Koordination von Mehrmarkenstrategien
138
5.1
Zielsetzung der Analyse
138
5.2
Ableitung der grundsatzlichen Modellstruktur
139
5.3
Methodische Grundlagen
143
5.4
Detaillierung der Modellkomponenten
146
5.41
Erweiterte statische Portfolioanalyse
146
5.42
Dynamische Portfolioanalyse
149
5.43
Ableitung der strategischen Stofirichtung
154
5.5
Ergebnis der theoretisch-konzeptionellen Analyse
157
D.
Empirische Untersuchung zur Modellvalidierung
159
1.
Grundlagen zu Studienkonzeption und -auswertung
159
2.
3.
1.1
Der Produktmarkt Tafelschokolade als situativer Analysekontext... 159
1.2
Datenerhebung und Datengrundlage
162
1.3
Programme der statistlschen Datenauswertung
167
Operationalisierung der Modellkomponenten
169
2.1
Methodische Grundlagen der Operationalisierung
169
2.2
Konkretisierung der Modellkomponenten
175
2.3
Ergebnis der Operationalisierung
178
Basisanalysen zum Portfolio Status quo
181
3.1
Zielsetzung
181
3.2
Deskriptive Analysen zu Markenbekanntheit und Kaufverhalten
182
3.3
Disaggregierte deskriptive Markenimageanalysen
185
3.4
Multivariate Positionierungsanalysen
188
XIV
4.
Inhaltsverzeichnis
Erweiterte statische Portfolioanalyse
193
4.1
Zielsetzung der Analysen
193
4.2
Wirkungsmodell zur Portfolioanalyse mittels DiskriminanzanaJyse.. 195
4.3
4.4
5.
4.21
Methodische Grundlagen
195
4.22
Spezifikation des Schatzmodells
198
4.23
Ergebnisse der Djskriminanzanalyse
201
Wirkungsmodell zur Portfolioanalyse mittels logistlscher Regression
208
4.31
Methodische Grundlage
208
4.32
Spezifikation des Schatzmodells
212
4.33
Ergebnisse der logistischen Regressionsanalyse
214
Fazit und Methodenvergleich von Diskriminanzanalyse und logistlscher Regression zur Portfolioanalyse
221
Dynamische Portfolioanalyse
223
5.1
Zielsetzung der Analyse
223
5.2
Spezifikation des Simulationsmodells
224
5.3
Ableitung potenzieller Wettbewerbsszenarien
228
5.4
Ergebnisse der Wettbewerbsszenarien
233
E.
Schlussbetrachtung und Ausblick
239
1.
Zusammenfassende Darstellung der Untersuchungsergebnisse
239
2.
Ansatzpunkte fur weiterfuhrende Forschungsarbeiten
246
3.
Implikationen fur die Unternehmenspraxis
249
Anhang
253
Literaturverzelchnis
287
Abbildungsverzeichnis
XV
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1
Wahrgenommene Markengleichheit in Deutschland 1987-2004
Abb. 2
Markenportfolios in unterschiedlichen Produktmarkten
11
Abb. 3
Bestimmung der optimalen Koordinationsintensitat
20
Abb. 4
Gang und Struktur der Untersuchung
32
Abb. 5
Entwicklung der Markenfuhrungsansatze im Zeitverlauf
37
Abb. 6
Grundidee des identitatsorientierten Markenmanagements: Beziehung zwischen Marke, Markenidentitat und Markenimage
45
Dreidimensionaler Strukturierungsraum fur Markenarchitekturtypen
55
Abb. 8:
Ziele von Mehrmarkenstrategien
58
Abb. 9:
Kundenbindung durch Wechselmoglichkeiten innerhalb des Markenportfolios am Beispiel des Volkswagen-Konzerns
61
Abb. 10
Planungsprozess von Mehrmarkenstrategien
65
Abb. 11
Ziele und Funktionen des Markencontrollings
81
Abb. 12
Markenubergreifende Interdependenzen In Mehrmarkenstrategien..85
Abb. 13
Portfoliointerne Kundenwanderungen im Markenportfolio der
Abb. 7:
6
FORD MC-EUROPE 1999
89
Produktionskonzepte im Spannungsfeld von Kostenvorteilen und Differenzierung
92
Abb. 15:
Zielsystem des Mehrmarkencontrollings
98
Abb. 16:
Ausschnitt eines Kennzahlensystems zum strategischen Mehrmarkencontrolling
107
Uberblick und Systematislerung ausgewahlter Kennzahlen der Wanderungsanalyse
112
Analyse des okonomischen Erfoigs der Mehrmarkenstrategie mittels Portfoliobilanz
113
Beispielhafte Imageprofilanalyse von drel Portfollomarken eines globalen Automobilherstellers
116
Abb. 14:
Abb. 17:
Abb. 18:
Abb. 19:
XVI
Abb. 20:
Abb. 21:
Abbildungsverzeichnis
Positionierungsanalyse auf Basis disaggregierter Markenimagedaten am Beispiel des globalen Automobilherstellers aus Abb. 19
118
Zielorientiertes hybrides Modell des Customer-Equity Managements
126
Abb. 22:
Scorecard Hierarchie von KOERS
130
Abb. 23:
Struktur der Marken-Scorecard eines intemationalen Konsumguterhersteliers
131
Abb. 24:
Grundstruktur der LIM®-MARKEN-SCORECARD
133
Abb. 25:
Modellkonzeption fur den Mehr-Marken-Fall mit einer Wettbewerbsmarke
147
Abb. 26:
Modellkonzeption zur Second-Choice-Sch^tzung
148
Abb. 27:
Konzeptionelle Darstellung der Wirkungszusammenhange bei der Simulation unterschiedlicher Positionierungsstrategien
154
Abb. 28:
Struktur des Suliwarenmarktes in Deutschland
159
Abb. 29:
Kaufprozessstufen der quantitativen Marktforschung
166
Abb. 30:
Bekanntheit und Vertrautheit der analysierten Marken
183
Abb. 31:
Verteilung der Kaufpraferenzen in der Stichprobe
184
Abb. 32:
Mehrdimensionale Imageanalyse der Portfoliomarken im Vergleich zu Marktfuhrer und -durchschnitt Mehrdimensionale Imageanalyse aller betrachteten Marken im Vergleich zum Marktdurchschnitt Markenpositionierung mit Eigenschaftsvektoren im
Abb. 33: Abb. 34:
186 187
Schokoladenmarkt
189
Abb. 35:
Dendrogramm der Clusterbildung nach Single-Linkage
191
Abb. 36:
Dendrogramm der Clusterbildung nach Ward
192
Abb. 37:
Clusterl6sung der betrachteten Marken im Positionierungsraum .... 193
Abb. 38:
Klassifikationslogik der Diskriminanzanalyse fur den ZweiGruppen-Fall Distanzen im k-dimensionalen Raum zur Schatzung des Markenwahlverhaltens
Abb. 39:
196 201
Abbildungsverzeichnis
Abb. 40:
XVII
Markenwahlschatzung mittels Distanzkonzept im Simulationsszenario
225
Abb. 41
Analyseoberflache des ExcEL-basierten Simulationsmodells
226
Abb. 42
PosJtionierungsstrategien in Szenario 1
230
Abb. 43
Positionierungsstrategien in den Szenarien 2 und 3
232
Tabellenverzeichnis
XIX
Tabellenverzeichnis
Tab. 1:
Ausgewahlte Markendefinitionen
34
Tab. 2:
Ausgewahlte Definitlonen des Terminus Markenportfolio
51
Tab. 3:
Ubersicht der Markenimagedimensionen innerhalb der Hauptuntersuchung
164
Tab. 4:
Anzahl der Bewertungen ]e Marke im Datensatz
167
Tab. 5:
Gutekriterien der ersten Generation zur Beurtellung des Messmodells
172
Tab. 6:
Gutekriterien derzweiten Generation
174
Tab. 7:
Item-Batterie zur Operatlonalislerung der Nutzendlmenslonen
177
Tab. 8:
Ergebnisse der Konstruktvalldierung auf Basis der Gutekriterien der ersten Generation Ergebnisse der Konstruktvalldierung auf Basis der Gutekriterien derzweiten Generation Performance der Portfoliomarken entlang der Markenimagedimensionen im Marktvergleich
Tab. 9: Tab. 10: Tab. 11: Tab. 12: Tab. 13: Tab. 14: Tab. 15:
179 181 185
Absolute und relative Wichtigkeiten der Markenimagedimensionen in der strateglschen Gruppe
203
Klasslfikationsmatrix der Diskriminanzanalyse
204
Klassifikatlonsmatrix der Second-Choice fur Kaufer der Marke PM-1 Markenerwagermatrix auf Basis der diskrimlnanzanalytlschen Untersuchungen
206 207
Akzeptable Werteberelche der Gutemalie der loglstlschen Regression
211
Tab. 16:
Klasslfikationsmatrix des loglstlschen Regresslonsmodells
214
Tab. 17:
Parameterschatzung der loglstlschen Regression Referenzmarke PM-1 Parameterschatzung der loglstlschen Regression Referenzmarke WM-8
216
Tab. 18:
219
XX
Tab. 19:
Tab. 20:
Tabellenverzeichnis
Klassifikationsmatrix der Second-Choice fur KSufer der Marke PM-1
220
Portfoliobilanz in Analyseszenario 1: Einzelmarkenstrategie fur Portfoliomarke PM-1
233
Tab. 21:
Portfoliobilanz in Analyseszenario 2: Integrierte Portfoliostrategie.. 234
Tab. 22:
Portfoliobilanz in Analyseszenario 3: Integrierte Portfoliostrategie bei Imitationsstrategie von Wettbewerbsmarke WM-8
235
Abkurzungsverzeichnis
XXI
Abkurzungsverzeichnis
a.a.O.
am angegebenen Ort
Abb.
Abbildung
AG
Aktiengesellschaft
akt.
aktualisiert
a.M.
am Main
Anm.
Anmerkung
asw
Absatzwirtschaft
Aufl.
Auflage
BCG
Boston Consulting Group
Bd.
Band
bez.
bezuglich
BSC
Balanced-Scorecard
bspw.
beispielswelse
bzw.
beziehungswelse
ca.
circa
CAPI
Computer Assisted Personal Interview
CATI
Computer Assisted Telephone Interview
CEO
Chief Executive Officer
c.p.
ceteris paribus
CRM
Customer Relationship Management
DAX
Deutscher Aktienindex
DBW
Die Betriebswirtschaft
d.h.
das heiflt
DPMA
deutsches Patent- und Markenamt
d. Verf.
der Verfasser, des Verfassers
en/v.
enA/eiterte
et al.
et alii, et alia, et alteri
etc.
et cetera
e.V.
eingetragener Verein
evti.
eventuell
XXII
f.
Abkurzungsverzeichnis
folgende
FAS
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
FAZ
Frankfurter Allgemeine Zeitung
FMCG
Fast Moving Consumer Goods
FTD
Financial Times Deutschland
F&E
Forschung und Entwicklung
gem.
gemSfi
GEM
Gesellschaft zur Erforschung des Markenwesens
ggf.
gegebenenfalls
HB
Handelsblatt
HBR
Harvard Business Review
hins.
hinsichtlich
Hrsg.
Herausgeber
i. Br.
im Breisgau
i.d.R.
in der Regel
i.e.S.
im engeren Sinne
insb.
insbesondere
i.S. (v.)
im Sinne (von)
IT
Informationstechnologie
i.w.S.
im weiteren Sinne
Jg.
Jahrgang
JoAR
Journal of Advertising Research
JoBR
Journal of Business Research
JoM
Journal of Marketing
JoMR
Journal of Marketing Research
KFA
Konfirmatorische Faktorenanalyse
Kap.
Kapltel
Lisrel
Linear Structural Relations
LiM
Lehrstuhl fur innovatives Markenmanagement
It.
laut
LZ
Lebensmittelzeitung
MBV
Market-Based-View
XXIII
Abkurzungsverzeichnis
MC
Motor Company
MDS
Multidimensionale Skalierung
Mio.
Millionen
Mrd.
Milliarden
MSI
Marketing Science Institute
o.V.
ohne Verfasser
RBV
Resource-Based-View
R-C-P
Resources-Conduct-Performance
s.
Seite
S-C-P
Structure-Conduct-Performance
SGE SGF
Strateglsche Geschaftseinheiten Strategische Geschaftsfelder
sog.
so genannte (n, r, s)
Sp.
Spalte
SPSS
Superior Performance Software System
Tab.
Tabelle
u.a.
unter anderem
uberarb.
uberarbeitete
VAG
Volkswagen AG
Verf.
Verfasser
vgl.
vergleiche
vollst.
vollstandig
Vol.
Volume
vs. VW
versus
WIST
Wirtschaftswissenschaftliches Studium
W&V
Werben & Verkaufen
z.B.
zum Beispiel
ZfB
Zeitschrift fur Betriebswirtschaft
ZfbF
Zeitschrlft fur betriebswirtschaftliche For
ZFB
Zeitschrift fur Forschung und Praxis
Volkswagen
Kapitel A
A.
1^
Das Controlling von Markenportfolios im Rahmen des strategischen Markenmanagements
1.
Mehrmarkenmanagement als eine der zentralen Herausforderungen an das Top-Management
nMarken sind omnipresent: Sie begegnen uns plakativ in der Offentiichkeit und verborgen in den intimsten Lebensbereichen. [...] Niemand kann sich ill rem Einfluss entziehen."^ Mit diesen Worten beschreiben RIESENBECK und PERREY in ihrem Buch MEGA-MACHT MARKE die Bedeutung von Marken in unserer heutigen Gesellschaft. Auch ESCH und WICKE konstatieren diesbezuglich: „Die Marke ist das Megathema schlectithin - zu Recht."^ Infolge dieser enormen Bedeutung, die Marken beigennessen wird, vermag es indes kaum zu ven/vundem, dass Marken und ihre Wirkung nicht durchweg positiv gesehen werden. Insbesondere Im Zusammenhang mit der Globalisierung der Markte wird das Konstrukt Marke auch zu einem Symbol der Uberflussgesellschaft, der Ausbeutung sog. Dritte-Welt-Lander und damit zur Zielscheibe der Sozialkritik an einer kapitalistisch gepragten Welt.^ Wenngleich die vorgebrachte Kritik in diesem Made nIcht legitim scheint und in der wissenschaftlichen Diskussion verhaltnismafiig wenig Anklang findet,"^ besteht doch weitestgehend Konsens daruber, dass Marken und damit Implizlt auch Markenportfolios einen bedeutenden Wert fur die betreffenden Unternehmen dar-
RiESENBECK, H./PERREY, J., Mega-Macht Marke - Erfolg messen, machen, managen, Frankfurt, Wien 2004, S. 14 f. ESCH, F.-R./WICKE, A., Herausforderungen und Aufgaben des Markenmanagements, in: Esch, F.-R. (Hrsg.): Moderne Markenfuhrung: Grundlagen - Innovative Ansatze - Praktische Umsetzung, 4. erw. und akt. Auflage, Wiesbaden 2005, S. 5. Bspw. nutzt NAOMI KLEIN in ihrem viel zitierten Buch No Loco die Marke ais Angriffsfiache fur ein Piadoyer gegen eine globalisierte, ausschlielilich kapitalistisch gepragte Wirtschaftswelt. Vgl. KLEIN, N., No Logo - Der Kampf der Global Players um Marktmacht, Munchen 2001. Kritik an den geSufterten Vorwurfen hinsichtlich der Rolle von Marken in einer globalisierten Wirtschaft wird beispielsweise vorgebracht bei SPRINGER, R., Kampf um globale Marken, in: W&V, Nr. 1, 2001, S. 18 f.; O.V., The Case for Brands, in: The Economist, 08. September 2001, S. 9. Allerdings findet sich auch in der wissenschaftlichen Diskussion Kritik an der beschriebenen ,Markeneuphorie'. Vgl. hierzu bspw. MICHAEL, B . M., Wenn die Wertsch6pfung weiter sinkt, stirbt die Marke, in: ZfB - Zeitschrift fiir Betriebswirtschaft, MarketingManagement, ErgSnzungsheft 1, 2002, 8. 35 f.
Kapitel A
stellen.^ Im Rahmen einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung als Beitrag zur Maximierung dieser Werte ist es zunachst notwendig, ein Grundverstandnis der aktuellen Herausforderungen an das (Mehr-)Markenmanagement zu entwickeln. Auf dieser Grundlage konnen anschlieRend die Werttreiber und Steuerungsmechanismen der Konstrukte Marke und Markenportfolio analysiert werden. OriginSr entstanden, urn Outer mit einer Herkunftsbezeichnung zu versehen, wird Marken heute eine hohe Bedeutung bei Kauf- und Auswahlentscheidungen der Nachfrager zugeschrieben. Das Markenmanagement stellt daher sowohl in der Unternehmenspraxis als auch in der betriebswirtschaftlichen Forschung mittlenA/eile ein Schlusselthema dar.^ Empirische Untersucliungen fuhren diese nachfragerseitige Relevanz - die allerdings in verschiedenen Kontextsituationen unterschiedlich hoch ausgeprSgt ist - auf drei Grundfunktionen zuruck, uber die profilierte Marken Wert fur den Nachfrager stiften/ •
Risikoreduktion: Marken kGnnen Sicherheit, KontinuitSt und Vertrauen vermitteln. Sie reduzieren so das Risiko der Nachfrager, beim Kauf Fehlentscheidungen zu treffen.
•
Informationseffizienz: Marken erieichtern die Prozesse der Informationssammlung, -verdichtung und -verarbeitung. Durch Herkunftsangaben und
Vgl. AAKER, D./JOACHIMSTHALER, E., Brand Leadership: The Next Level of the Brand Revolution, New York u.a. 2000, S. 19; MEFFERT, H., Marketing: Grundlagen marktorientierter Unternehmensfuhrung: Konzepte - Instrumente - Praxisbelspiele, 9. uberarb. und erw. Auflage, Wiesbaden 2000, S. 846 ff.; AAKER, D., Brand Portfolio Strategy - Creating Relevance, Differentiation, Energy, Leverage, Clarity, New York 2004, S. 1 ff. Stellvertretend fur die Vielzahl erschienener Publikationen zu den Themenkomplexen Marke und Markenmanagement sowie ihrer Bedeutung seien an dieser Stelle eine Publikation aus dem deutschsprachigen und eine aus dem angloamerikanischen Raum genannt: BURMANN, CH./MEFFERT, H./KOERS, M., Markenmanagement - Identitatsorientierte Markenfuhrung und praktische Umsetzung, 2. Auflage, Wiesbaden 2005a; AAKER/JOACHIMSTHALER, Brand Leadership: The Next Level of the Brand Revolution, a.a.O. Zu diesen Grundfunktionen der Marke und ihrer empirisch nachgewiesenen Relevanz in unterschiedlichen ProduktmSrkten vgl. HIERONIMUS, F./FISCHER, M./KRANZ, M., Markenrelevanz in der Unternehmensfuhrung - Messung, ErklSrung und empirische Befunde fur B2C-Markte, Arbeitspapier Nr. 1 des 1. Kooperationsprojekts zwischen dem Marketing Centrum Munster und McKinsey & Company, Inc., Meffert, H. et al. (Hrsg.), Munster 2002. Die Relevanz dieser Grundfunktionen der Marke konnte in einer weiteren Untersuchung auch fur B2B-Markte nachgewiesen werden. Vgl. CASPAR, M./HECKER, A./SABEL, T., Markenrelevanz in der Unternehmensfuhrung - Messung, Erkiarung und empirische Befunde fur B2B-Markte, Arbeitspapier Nr. 4 des 1. Kooperationsprojekts zwischen dem Marketing Centrum Munster und McKinsey & Company, Inc., Meffert, H. et al. (Hrsg.), Munster 2002.
Kapitel A
Wiedererkennungseffekte dienen sie dem Nachfrager als Orientierungshilfe in einem immer umfangreicheren Produktangebot. •
Ideeller Nutzen: Marken konnen ideellen Nutzen stiften. Dieser kann sich z.B. in Selbstverwirklichung, Selbstdarstellung und Identifikation der Konsumenten mit einer Marke manifestieren.
Auf Grund der Bedeutung fur den Nachfrager hat auch die Unternehmensfuhrung Marken als entscheidende Werttreiber identifizlert.^ Die Marke wird infolgedessen heute als Vermogensgegenstand erkannt, der verstanden, gesteuert und vor dem Hintergrund seines Erfolgsbeitrages bewertet werden muss. Die gestiegene Markenrelevanz^ wird auch in unterschiedlichen Umfragen unter Wirtschaftsvertretern deutlich.
In einer vom INSTITUT FUR MARKETING der UNIVERSITAT
MONSTER durchgefuhrten Befragung unter 186 Top-Managern und 73 Marketingwissenschaftlern in Deutschland beispielsweise beurteilen mit 98,6 Prozent nahezu alle der Befragten die Markenpolitik als einen der zentralen zukunftigen Erfolgsfaktoren In der Unternehmensfuhrung.^°
So finden sich in nahezu alien Geschaftsberichten der DAX-30-Unternehmen auf den ersten Seiten Infornriationen iiber die Marken der betreffenden Unternehmen. Entscheidend fur das Interesse der Unternehmensfuhrung an der Marke ist insbesondere der immense Wert, der vielen Marken attestiert wird. Aufstellungen von Markenwerten finden sich bspw. bei AAKER/JOACHIMSTHALER, Brand Leadership: The Next Level of the Brand Revolution, a.a.O., S. 19; BuRMANN, CH./MEFFERT, H./KOERS, M., Stellenwert und Gegenstand des Markenmanagements, in: Burmann, Ch./Meffert, H./Koers, M. (Hrsg.): Markenmanagement - IdentitStsorientierte Markenfuhrung und praktische Umsetzung, 2. Auflage, Wiesbaden 2005b. Unter Markenrelevanz soil hier die relative Bedeutung der Markenpolitik im Vergleich zu anderen Marktbearbeitungsinstrumenten in einem spezifischen Produktmarkt verstanden werden. Empirische Untersuchungen hierzu zeigen, dass diese Markenrelevanz in verschiedenen Markten eine unterschiedliche AusprSgung besitzt. Vgl. HIERONIMUS/FISCHER/KRANZ, Markenrelevanz in der Unternehmensfuhrung - Messung, ErklSrung und empirische Befunde fur B2CMSrkte, Arbeitspapier Nr. 1 des 1. Kooperationsprojekts zwischen dem Marketing Centrum Munster und McKinsey & Company, Inc., a.a.O., S. 29 ff.; BURMANN, CH./KRANZ, M.AA^EERS, J.-P., Bewertung und Bilanzierung von Marken - Bestandsaufnahme und kritische Wurdigung, in: Burmann, Ch./Meffert, H./Koers, M. (Hrsg.): Markenmanagement - Identitcitsorientierte Markenfuhrung und praktische Umsetzung, 2. Auflage, Wiesbaden 2005. Vgl. MEFFERT, H./BONGARTZ, M., Marktorientierte Unternehmensfuhrung an der Jahrtausendwende aus Sicht der Wissenschaft und Unternehmenspraxis - eine empirische Untersuchung, in: Backhaus, K. (Hrsg.): Deutschsprachige Marketingforschung - Bestandsaufnahme und Perspektiven, Stuttgart 2000, S. 392 f. Eine Untersuchung von PRICEWATERHOUSECOOPERS und BATTLER unter Managern deutscher Unternehmen stutzt dieses hohe Ergebnis hinsichtlich der Markenrelevanz. 80 Prozent der Interviewten sind dabei der Meinung, dass der Wert von Marken zukunftig zunehmen werde. Vgl. SATTLER, H./PRICEWATERHOUSECOOPERS, Industriestudie: Praxis von Markenbewertung und Markenmanagement in deutschen Unternehmen, 2. Auflage, Frankfurt am Main 2001, S. 9.
Kapitel A
Der hohe Stellenwert von Marken kommt daruber hinaus durch die grofie Anzahl jahrlicher Markenneuanmeldungen zum Ausdruck. So wurden vom DEUTSCHEN PATENT- UND MARKENAMT allein in Deutschland von 1996 bis 2003 jahrlich mehr als 50.000 Neuanmeldungen - mit einem Rekordwert von 86.983 neuen Marken im Jahre 2000 - registriert.^^ Vor allem der Dienstleistungssektor hat in den letzten Jahren die Markierung von Leistungen fur sich entdeckt: Waren Markenprodukte in der Vergangenheit von/viegend eine DomSne der Konsumguterindustrie, reprasentieren Marken fur Dienstleistungen im Jahre 2003 nahezu 50 Prozent der insgesamt ca. 62.000 reglstrlerten Neuanmeldungen. Infolge des wachsenden Interesses an der Marke wird seit einigen Jahren in Wissenschaft und Praxis eine intensive Markenwertdiskussion gefuhrt. Im Rahmen dessen wurde eine Vielzahl von Markenbewertungsmodellen entwickelt. Sie attestieren den untersuchten Marken zum Teil immense monetare Werte.^^ So wird beispielsweise der finanzielle Wert der Marke COCA-COLA von der britischen Markenbewertungsagentur INTERBRAND aktuell mit knapp 70 Milliarden US-Dollar beziffert.^^ Die Unternehmensberatung MCKINSEY & COMPANY, INC. bescheinlgt mittels des von ihr entwickelten sog. BRAND EQUITY METER der Marke MERCEDES mit
8,6 Milliarden Euro den hochsten Wert einer deutschen Marke.^"^ Es bleibt mithin festzuhalten, dass trotz vereinzelter Kritik die hohe Bedeutung von Marken anhand unterschiedlichster Indikatoren deutlich zum Ausdruck kommt. Die Marke kann somit als ein zentraler Gestaltungsparameter von Marktpro-
Zu dlesen und den folgenden Ausfuhrungen hinsichtlich der Markenneuanmeldungen in Deutschland vgl. DPMA, Deutsches Patent- und Markenamt, Jahresbericht 2003, URL: http://www.dpma.de/veroeffentlichungen/jahresbericht03/jb2003.pdf [07.12.2004], S. 24 f. Die Markenwertdiskussion begann Anfang der 1980er-Jahre. Seitdem wurden sowohl von der Marketingwissenschaft als auch von Marktforschungsinstituten, Unternehmensberatungen und Werbeagenturen eine Fulle unterschiedlicher Ansatze vorgestellt. RIESENBECK und PERREY schatzen die Anzahl der existierenden Modelle auf nahezu 40, wobei trotz dieser umfassenden Bemuhungen auf diesem Gebiet bisher kein dominierender Ansatz existiert. Vgl. RIESENBECK/PERREY, Mega-Macht Marke - Erfolg messen, machen, managen, a.a.O., S. 297; BURMANN/KRANZA/VEERS, Bewertung und Bilanzierung von Marken - Bestandsaufnahme und kritische Wurdigung. Das britische Unternehmen INTERBRAND stellt eine der derzeit bekanntesten Markenbewertungsagenturen dar. Eine Aufstellung der von INTERBRAND bewerteten Marken findet sich bei INTERBRAND, Interbrand Annual Ranking of The World's Most Valuable Brands, URL: http://www.ourfishbowl.com/brand_val/best_brands_05/2005_rankings_dollars.pdf [02.08.2005]. Die PlausibilitSt der ausgewiesen Markenwerte soil hier nicht diskutiert werden. Vgl. RIESENBECK/PERREY, Mega-Macht Marke - Erfolg messen, machen, managen, a.a.O., S. 325.
Kapitel A
zessen angesehen werden; fur eine Vielzahl von Produktmarkten gilt ihre Relevanz fur eine effektive Marktbearbeitung als gesichert. Dabei wird die MarkenfOhrung durch sich dynamisch verandernde konsumenten- und anbieterbezogene Kontextfaktoren allerdings zunehmend erschwert. Anbieterseitig ist die Dynamik unter anderem durch eine steigende QualitStsnivellierung gekennzeichnet. Diese geht mit einer zunehmend wahrgenommenen Austauschbarkeit von Produkten auf Seiten der Nachfrager einherJ^ Die objektive Angleichung von Produkten und Dienstleistungen ist insbesondere auf die kosteninduzierten Standardisierungsbemuhungen auf Anbieterseite sowie die rasche Verbreitung von technologischem Know-how in vielen Markten zuruckzufuhren. Untersuchungen der STIFTUNG WARENTEST zufolge gibt es immer weniger Produkte, die den generellen physisch-technischen Anforderungen nicht entsprechen und demzufolge mit den Pradikaten .mangelhaft' oder .ungenugend' bewertet werden. Eine Analyse von 102 Tests der STIFTUNG WARENTEST im Jahre 1994 ergab, dass ca. 85 Prozent aller getesteten Produkte die Beurteilung ,gut' erhielten.^^ BestStigt werden diese Ergebnisse von einer von der VERBRAUCHERZENTRALE NORDRHEINWESTFALEN Anfang 2005 in zwolf Ketten des Lebensmitteleinzelhandels durchgefuhrten Studie: Die Untersuchung ergab, dass 50 Prozent der getesteten Artikel qualitativ quasi identisch sind; die anderen 50 Prozent wiesen nur sehr geringe Unterschiede auf.^^ Infolge dieser uberwiegend geringen Qualitatsunterschiede verringert sich auch das durch den Konsumenten wahrgenommene Kaufrisiko. Damit wird eine Funktion von Marken, namlich Sicherheit durch Qualitatsversprechen zu gewahrleisten, zunehmend verwassert. Diese
Produkthomogenisierung,
insbesondere
im
Bereich
physikalisch-
KROEBER-RIEL und WEINBERG stellen dieses Phanomen in einer empirischen Untersuchung insbesondere in fortgeschrittenen Industriegesellschaften mit zunehmend gesattigten Massenmarkten test, da die Produkte in diesen Markten haufig weitestgehend ausgereift seien. Das wahrgenommene Kaufrisiko sei daher geringer, was zu einem geringeren Involvement des Konsumenten beim Kauf fuhre. Vgl. KROEBER-RIEL, W./WEINBERG, P., Konsumentenverhalten, 8. Auflage, Munchen 2003, S. 128 f. Diese Untersuchung bezog sich schwerpunktmaflig auf die Analyse der Unterschiede zwischen Handels- und Herstellermarken. Vgl. MICHAEL, B. M., Herstellermarken und Handelsmarken ... wer setzt sich durch?, Grey Gruppe Deutschland, Dusseldorf 1994. Vgl. NORDRHEIN-WESTFALEN, VERBRAUCHERZENTRALE, Tendenz zum Einheitspreis, URL: http://www.vz-nrw.de/UNIQ111149288111505591/linkl94492A.html [23.03.2005].
Kapitel A
technischer Eigenschaften, fuhrt zu einer erschwerten Differenzierung einzelner Produkte und Marken vom Wettbewerb auf Basis des funktionalen Grundnutzens. Eine Studie der BBDO GROUP ergab, dass die wahrgenommene Markengleichheit auf einer Vielzahl unterschiedlicher Markte zu beobachten ist und seit fast 20 Jahren auf hohem Niveau nahezu stagniert. Im Rahmen der im Jahre 2004 zum vierten Mai durchgefuhrten Untersuchung aufierten im Durchschnitt 62 Prozent der Befragten in Deutschland, dass sie die Marken in unterschiedlichen Produktkategorien als austauschbar erlebenJ^ Abbildung 1 zeigt die Ergebnisse dieser Analysen im Zeitverlauf von 1987 bis 2004. • 2004 Papiertlicher
• 1999 ni993
Seife
D1987 Shampoo
Durchschnitt aller untertuchten Kategorlen:
Cola Chips Kreditkarten
I Suppen
67
72 , , 6 7
^^
iU
Femseher Kaffee Bier agaretten
1987
Airiines
'93
'99 2004
PC 0%
10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80%
90%
Abb. 1: Wahrgenommene Markengleichheit in Deutschland 1987-2004 Quelle: Eigene Darstellung in Aniehnung an BBDO-CONSULTING (2005).
Vgl. BBDO-CONSULTiNG, Brand Parity 2004, GmbH, BBDO Consulting (Hrsg.), Dusseldorf 2005, sowie BBDO, Brand Parity III - Die Austauschbarkeit von Marken stagniert auf hohem Niveau, Germany, BBDO Group (Hrsg.), Dusseldorf 1999. Eine Untersuchung der GESELLSCHAFT FOR KONSUMFORSCHUNG ( G F K ) aus dem Jahre 2001 relativiert allerdings die
Ergebnisse der BBDO. Die wahrgenommene Austauschbarkeit wird im Rahmen dieser Studie nur als durchschnittlich bewertet und es wird insbesondere darauf hingewiesen, dass diese Austauschbarkeit in unterschiedlichen Produktkategorien stark divergiere. Vgl. HUPP, O., Marken - austauschbar?, in: Markenartikel, Nr. 4, 2001, S. 33.
Kapitel A
Neben und auch auf Grund dieser wahrgenommenen Produkt- und Markenhomogenitdt ist in vielen Produktmarkten eine zunehmende Jnkonsistenz' im Kaufverhalten der Konsumenten zu beobachten. Dieses wird in vielen Branchen bereits durch eine Entwicklung vom sog. .hybriden' zum .multioptionalen' bzw. ,paradoxen' Konsumenten charakterisiert.^^ Als Folge dieser Polarisierungs- und Individualisierungstendenzen auf Konsumentenseite konnen eine weitere Fragmentierung der Markte^^ sowie eine sinkende Markentreue^^ beobachtet werden. Die sinkende Markentreue wird noch verstarkt durch das Phanomen des Variety Seeking Beliaviour. Dieses zeichnet sich dadurch aus, dass der Markenwechsel als solcher einen Nutzen fur den Abnehmer darstellt.^^ Die Aufgabe der Markenfuhrung, die elgenen Leistungen mit einem eigenstandigen Profil zu versehen, eine hinreichende Differenzierung vom Wettbewerb sicherzustellen und auf diese Weise die Zielkundensegmente effektiv und effizient anzusprechen, gestaltet sich somit zusehends komplexer.^^ Der beschriebenen Differenzierungsproblematik versuchte man in den 1990erJahren auf Anbieterseite vor allem durch intensivierte Kommunikationsaktivitaten entgegenzusteuern: So wurden von 1990 bis 2000 die Bruttowerbeausgaben aller Werbetreibenden in Deutschland jahrlich durchschnittlich um ca. neun Pro-
Zur Inkonsistenz des Konsumentenverhaltens vgl. etwa SCHUPPENHAUER, A., Multioptionales Konsumentenverhalten: ErklSrungen und Empfehlungen auf Basis der Autopoiesetheorie, Wiesbaden 1998, S. 5 ff. Unter Fragnrientierung wird in diesem Zusammenhang die .Zersplitterung' der Mcirke in immer mehr unterschiedliche Marktsegmente verstanden. Vgl. hierzu MEFFERT, Marketing: Grundlagen nnarktorientierter Unternehmensfuhrung: Konzepte - Instrunnente - Praxisbeispiele, a.a.O., S. 107. Beispielhaft sei an dieser Stelle der Automobilmarkt genannt: Hier stieg die Anzahl an MarkWProduktsegmenten von neun Segmenten im Jahr 1987 auf 30 im Jahre 2000. Vgl. KOERS, M., Steuerung von Markenportfolios - Ein Beitrag zum Mehrmarkencontroliing am Beispiel der Automobilindustrie, Frankfurt am Main 2001, S. 32. Zur sinkenden Markentreue in unterschiedlichen Industrien vgl. z.B. KALMBACH, R., Von der Technik zum Kunden, in: Gottschalk, B./Kalmbach, R. (Hrsg.): Markenmanagement in der Automobilindustrie, Wiesbaden 2003, S. 42; o.V., Markenbarometer - Gunstige Preise gefahrden die Treue, in: Horizont, 2004c. Zum Phanomen des Variety Seeking und seiner Bedeutung vgl. z.B. RIEPE, C , Variety Seeking bei der Auswahl von Lebensmittelprodukten, in: planung & analyse, 2003, S. 41 ff. HELMIG, B., Variety-seeking-behaviour im Konsumguterbereich, Wiesbaden 1997, S. 8 ff. ROHM, A./SWAMANITHAN, V., A typology of online shoppers based on shopping motivations, in Journal of Business Research, Nr. 7, 2004. Zur Dynamik im Kaufverhalten der Konsumenten vgl. auch ausfuhrlich MEFFERT, Marketing: Grundlagen marktorientierter Unternehmensfuhrung: Konzepte - Instrumente - Praxisbeispiele, a.a.O., S. 104 ff.
Kapitel A
zent erhoht. Damit stiegen sie uber den gesamten ZeJtraum von acht auf 18 Milliarden Euro, sanken dann allerdings bis zum Jahre 2004 wieder auf ca. 15 Milliarden Euro.^"^ Dieser Ruckgang spiegelt zum einen den konjunkturellen Abschwung in Deutschland und den damit verbundenen Kostendruck der Unternehmen wider. Zum anderen fuhrt eine absolute Erhohung der Werbeausgaben bei einer Nlveauanhebung der Wettbewerber in Shnlichem Ausmafi nicht notwendigen/veise zu einer Verbesserung der Marktieistung, da der sog. Share of Voice - der Anteil einer Marke am Werbevolumen einer Branche - konstant bleibt.^^ Die angestrebte aber mitunter ausbieibende deutlichere Differenzierung vom Wettbewerb geht dann zusatzlich mit einer sinkenden Effizienz der Markeninvestitionen einher.^^ Neben dieser Steigerung des Werbedrucks zur Markenprofilierung versuchen die Unternehmen, den beschriebenen nachfragerseitigen Markttendenzen durch eine Ausweitung des Angebots zu begegnen. Allein in Deutschland wurden in den Jahren 2000 und 2001 zusammen mehr als 100.000 neue Produkte eingefuhrt.^^ In einigen Branchen .explodierte' die Zahl der angebotenen Produkte und Dienstleistungen in den letzten Jahren formlich,^^ so dass Ende des Jahres 2002 mehr als 1,1 Milllonen markierter Waren und Dienstleistungen in Deutschland auf dem Markt angeboten wurden.^^ Damit hat sich die Zahl der registrierten Produkte in-
Die aufgefijhrten Zahlen beinhalten nur Ausgaben fur klassische Medien. Vgl. ACNIELSEN, Nielsen Media Research - Aktueller Werbetrend: Medienentwicklung, URL: http://www.nielsenmedia.de/pages/template.aspx?level=2&treeViewlD=3.53.0.0.0# [08.12.2004]. Der Anstieg der Werbeausgaben in den 1990er-Jahren ist allerdings auch auf die Deregulierung einiger Branchen, insbesondere im Energie- und Telekommunikationsbereich, zuruckzufuhren. Vgl. HiERONiMUS, F., PersOnlichkeltsorientiertes Markenmanagement - Eine empirlsche Untersuchung zur Messung, Wahrnehmung und Wirkung der MarkenpersGnlichkeit, Frankfurt am Main 2003, 8. 11. Der Effekt der sinkenden Werbeeffizienz kann genau genommen allerdings nur unter der PrSmisse gleicher KommunikationsqualitSt konstatiert werden, ansonsten kann eine Erfolgsbeurteilung der Kommunikationsaktivitaten nicht losgelGst von deren Effektivitat erfolgen. Vgl. ZiMMERMANN, R. ET. AL., Brand Equity Review, in: BBDO (Hrsg.): Brand Equity Excellence, Bd. 1: Brand Equity Review, Dusseldorf 2001. Beispielhaft soil hier der Berelch Asset-Management genannt werden. Von 1993 bis 2003 stieg die Zahl der vom BVI BUNDESVERBAND INVESTMENT UND ASSET MANAGEMENT E.V. erfass-
ten Investmentfonds um fast 260 Prozent, so dass der Anieger Ende 2003 aus einem Angebot von 7.317 verschiedenen, von diesem Verband erfassten Fonds wahlen konnte. Vgl. BVI, BUNDESVERBAND INVESTMENT UND MANAGEMENT E.V., Investment 2004 - Zahlen, Fakten, Entwicklungen, Frankfurt am Main 2004, S. 19. Vgl. GELBERT, A./GILOTH, M., Trend: Vom House of Brands zum Branded House, in: G6ttgens, O./Gelbert, A./B6ing, C. (Hrsg.): Profitables Markenmanagement: Strategien - Konzepte - Best Practices, Wiesbaden 2003, 8. 149.
Kapitel A
nerhalb von zehn Jahren mehr als verdoppelt.^° ESCH und WICKE sprechen in diesem Zusammenhang von einem regelrechten „Angebotschaos"^\ dem sich der Konsument ausgesetzt sehe. Die Angebotsvielfalt geht zusatzlich mit einer steigenden Informationsuberlastung des Nachfragers einher. Diese wird vor allem durch neue Informations- und Kommunikationswege sowie den beschriebenen Werbedruck hervorgerufen.^^ Infolgedessen steigt auf Anbieterseite auch die Gefahr von Fehlinvestitionen. So wurden von den 32.000 Produktinnovationen im Lebensmitteleinzelhandel im Jahre 2000 mit 64 Prozent weit mehr als die Halfte aller Einfuhrungen als .Flops' klassifiziert. Im Jahr 2002 lag die Quote mit 61 Prozent nahezu genauso hoch.^^ Anbieter von Markenartikein stehen somit vor der Herausforderung, den fragmentlerten Markten mit abnehmender Markentreue durch bedarfsgerechte und individualisierte Leistungen zu begegnen. Gleichzeitig ist aufgrund des wettbewerbsinduzierten Kostendrucks eine effiziente Marktbearbeitung sicherzustellen.^ Die in diesem Zusammenhang vielfach praktizierte und in der Marketingliteratur diskutierte Strategie der Markenausdehnung - sog. Brand Extension - stellt eine vergleichsweise effiziente Moglichkeit der markierten Angebotsausweitung dar.^^
Vgl. RIESENBECK/PERREY, Mega-Macht Marke - Erfolg messen, machen, managen, a.a.O., S. 23. EscH/WiCKE, Herausforderungen und Aufgaben des Markenmanagements, a.a.O., S. 13. Zum Phanomen der Informationsuberlastung vgl. z.B. KROEBER-RIEL, W., Informationsuberlastung durch Massenmedien und Werbung in Deutschland, in: DBW, 47. Jg., Heft 3, 1987, S. 257 ff.; O.V., Werbung wirkt - Hier spricht die Wissenschaft, in: W&V - Werben und Verkaufen, 05.03.2004; LEE, B.-K., The Effect of Information Overload on Consumer Choice Quality in an On-line Environment, in: Psychology & Marketing, Nr. 3, 2004. Unter Innovation wurden im Rahmen dieser Studie alle neu in den Verkauf genommenen EAN-codierten Artikel aus dem klassischen Foodbereich berucksichtigt. Als ,Flops' wurden dabei diejenigen Artikel klassifiziert, die in dem zugrunde gelegten Kontrollzeitraum von vier Kalenderwochen im Folgejahr ihrer Einfuhrung nicht in mindestens einem GeschSft der Stichprobe mindestens einmal wochentlich als verkauft gemeldet wurden. Vgl. MADAKOM, Madakom Innovationsreport 2002, Koln 2002, S. 5 ff.; MADAKOM, Madakom Innovationsreport 2001, K(!)ln2001,S. 17. Vgl. MEFFERT, H./PERREY, J., Mehrmarkenstrategien - Identitatsorientierte Fuhrung von Markenportfolios, in: Burmann, Ch./Meffert, H./Koers, M. (Hrsg.): Markenmanagement - Identitatsorientierte Markenfuhrung und praktische Umsetzung, 2. Auflage, Wiesbaden 2005, S. 214. Im Rahmen der Markenausdehnungsstrategie wird in der Literatur zwischen zwei Grundformen unterschieden: Handelt es sich bei der Nutzung vorhandener Marken um eine Markendehnung durch Produktlinienerweiterung, spricht man von Line Extension, wohingegen die Dehnung der Marke in neue Produktkategorien als Category Extension Oder auch Markentransferstrategie bezeichnet wird. Vgl. hierzu bspw. AAKER, D., Brand Extension: The Good,
10
Kapitel A
Dabei wird das Leistungsspektrum einer existierenden Marke urn ein neues Produkt aus einer bereits bearbeiteten, verwandten oder aber vollig neuen Warengruppe erganzt. Es wird das Ziel verfolgt, in neue l\/1arktsegmente vorzustoften und dabei die positiven Imagekomponenten der etablierten Marke auf das neue Angebot zu ubertragen.^^ Durch die relativ schnelle und kostengunstige Ubertragung von Bekanntheitsgrad und Image bietet diese Strategie insbesondere kurzbis mittelfristige okonomische Erfolgspotenziale. Diesen Potenzialen steht allerdings die langfristige Gefahr einer Markeniiberdehnung bzw. Markenerosion und damit die Deprofilierung vormals konturierter Marken gegenuber.'^^ Vor diesem Hintergrund gewinnt die Marktbearbeitung mit mehreren parallel auf den Absatzmarkt gerichteten Marken i.S. einer Mehrmarkenstrategie zusehends an Bedeutung.^^ Urn der steigenden Fragmentierung der Markte und Zielgruppen und dem damit verbundenen Diversifikationsdruck einerseits und der Notwendig-
the Bad, and the Ugly, in: Sloan Management Review, Nr. 31, 1990, S. 47-56; BURMANN, CH./MEFFERT, H./BLINDA, L., Markenevolutionsstrategien, in: Burmann, Ch./Meffert, H./Koers, M. (Hrsg.): Markenmanagement - Grundfragen der identitatsorientierten Markenfuhrung, 2. Auflage, Wiesbaden 2005a, S. 184 ff. So verfolgt die BEIERSDORF AG bspw. mit ihrer Marke NIVEA seit Anfang der 1980er-Jahre erfolgreich eine Markenerweiterungsstrategie, indem die Produktpalette unter dieser Marke sukzessive zunSchst urn Waren aus dem Kernsegment - Crdmeprodukte - und dann daruber hinaus um Pflege- und Kosmetikprodukte erweitert wurde. Vgl. BURMANN, CH./MEFFERT, H./BLINDA, L., Markenevolutionsstrategien, in: Burmann, Ch./Meffert, H./Koers, M. (Hrsg.): Markenmanagement - Identitatsorientlerte Markenfuhrung und praktische Umsetzung, 2. Auflage, Wiesbaden 2005b, a.a.O., S. 192 ff. Empirische Studien identifizieren insbesondere vier Erfolgsfaktoren fur das Gelingen bzw. Scheitern von Brand Extensions: den Fit des neuen Produkts mit der Muttermarke, die Marketingunterstutzung fur das neue Produkt, die Handelsakzeptanz des neuen Produkts sowie das Involvement der Nachfrager gegenuber der Muttermarke. Vgl. SATTLER, H., Beurteilung der Erfolgschancen von Markentransfers, in: Zeitschrift fur Betriebswirtschaft, 68. Jg., Heft 5, 1998, S. 475 ff.; VOLCKNER, F., Neuprodukterfolg bei kurzlebigen Konsumgutern: Eine empirische Analyse von Erfolgsfaktoren von Markentransfers, Wiesbaden 2003. Zur Problematik vgl. z.B. SATTLER, H./KAUFMANN, G., Markentransfers: Gefahr fur die Muttermarke, in: Absatzwirtschaft, Nr. 2, 2005, S. 52 ff. Unter einer Mehrmarkenstrategie soil hier mit MEFFERT, BURMANN und PERREY „die parallele Fuhrung mehrerer selbststSndiger Marken, die auf denselben Produktbereich ausgerichtet sind' verstanden werden. MEFFERT, H./BURMANN, CH., Identitatsorientierte Markenfuhrung Grundlagen fur das Management von Markenportfolios, Arbeitspapier Nr. 100 der Wissenschaftlichen Gesellschaft fur Marketing und Unternehmensfuhrung e.V., Meffert, H./Wagner, H./Backhaus, K. (Hrsg.), Munster 1996, S. 1; MEFFERT/PERREY, Mehrmarkenstrategien - Identitatsorientierte Fuhrung von Markenportfolios, a.a.O., S. 217. Zur generellen Bedeutung von Mehrmarkenstrategien vgl. z.B. AAKER, Brand Portfolio Strategy - Creating Relevance, Differentiation, Energy, Leverage, Clarity, a.a.O, S. 1-13.; KAPFERER, J.-N., Fuhrung von Markenportfolios, in: Esch, F.-R. (Hrsg.): Moderne Markenfuhrung: Grundlagen - innovative Anseltze praktische Umsetzung, Wiesbaden 2005, S. 797 ff.; MEFFERT/PERREY, Mehrmarkenstrategien - Identitatsorientierte Fuhrung von Markenportfolios, a.a.O., S. 215.
11
Kapitel A
keit der Realisierung von Synergien andererseits Rechnung zu tragen, wurden in vielen Produktmarkten hohe Investitionen in den Aufbau und Aufkauf von Marken getatigt.^^ Aktuellen Untersuchungen zufolge stellt der Markenerwerb bei 15 Prozent aller Untemehmensakquisitionen sogar das Hauptnnotiv der jeweiligen Transaktion dar.'^^ Infolgedessen entstanden in den unterschiediichsten Wirtschaftsbereichen breite Markenportfolios."^^
So fijhren etwa drei Viertel aller Konsumgu-
terunternehmen des Fortune 1.000 jeweils nnehr als 100 Marken.
Abbildung 2
zeigt Beispiele aus der Automobil- und Modebranche auf dem US-Markt. General Motors ftihrt 15 Hersteilermarken
Ralph Lauren hat allein in der Parfumsparte zwdlf unterschiedllche Marken im Portfolio
Abb. 2: Markenportfolios in unterschiedlichen Produktmarkten Quelle: Eigene Darstellung.
So stieg das weltweite Transaktionsvolumen im Rahnnen von Fusionen und Akquisitionen von 1990 bis zum Jahre 2000 urn ca. 740 Prozent auf nahezu 3.500 Milliarden US-Dollar, sank dann allerdings angesichts der weltweiten konjunkturellen Entwicklung bis zum Jahre 2002 wieder auf ca. 1.200 Milliarden US-Dollar. Vgl. LEBERT, R., Weniger Fusionen und Ubernahmen, in: FTD - Financial Times Deutschland, 10.01.2002, S. 19. Zu diesen Untersuchungen vgl. SCHOBINGER, H., Markenintegrationsmanagement bei Fusionen und Akquisitionen, in: Handelsblatt, 2002, S. b6; HAEDRICH, G./TOMCZAK, T./KAETZKE, P., Strategische Markenfuhrung, 3. Auflage, Bern, Stuttgart, Wien 2004, S. 182 f. Bspw. stieg zwischen 1997 und 2001 die Zahl der Marken in der Pharmaindustrie um 79 Prozent, in der Weiftwarenindustrie sowie in der Freizeit- und Tourismusbranche um 60 Prozent und in der Automobilindustrie um 46 Prozent. Vgl. CARLOTTI, S./COE, M.E./PERREY, J., Making brand portfolios work, in: The McKinseyQuarterly, Nr. 4, 2004, S. 26.
^2
Kapitel A
Der Konsumguterhersteller PROCTER & GAMBLE bspw. erweiterte im Januar 2005 sein ohnehin schon enorm grofies Markenportfolio weiter durch die Akquisition der GiLLETTE-Gruppe. So wurden funf zusatzliche Marken erworben, deren Jahresumsatz jeweils uber eine Milliarde US-Dollar betrSgt/^ Im Finanzdlenstleistungsbereich fuhrte die CITIGROUP nach dem Merger mit der TRAVELERS GROUP im Jahre 1998 in ihren drei Geschaftsbereichen elf Marken. Diese vertreiben ihrerseits wiederum eine Vielzahl elgenstandig markierter Produkte und Dienstleistungen."*^ Auch in der Automobilindustrie haben Markenportfolios mit der Fusions- und Akquisltlonswelle der 1990er-Jahre an Bedeutung gewonnen. Nahezu alle groflen Hersteller haben im Rahmen dessen ihre Markenportfolios sukzessive erweitert."^ Das Portfolio des amerikanischen Herstellers GENERAL MOTORS Z.B. erstreckt sich auf 15 FIrmenmarken mit insgesamt uber 70 einzelnen Produktmarken."*^ Die Fuhrung von Markenportfolios nimmt daher heute, insbesondere in stagnierenden Oder gesSttigten Markten des DIenstleistungs- und Konsumguterbereichs, bereits eine dominierende Stellung auf dem Feld der Markenstrategien ein."^^ Den damit verbundenen Chancen - z.B. Erschliefiung neuer geographischer MSrkte, bessere Marktabdeckung und -durchdringung, Realisierung markenubergreifender Synergiepotenzlale - stehen allerdings auch erhebliche RIslken gegenuber."*^ So verfugen viele Anbieter von Markenartikein in den unterschiedlichsten Branchen im Ergebnis uber ein Markenportfolio, welches zwar teuer aufgekauft wurde,
In seinem umfangreichen Portfolio verfugte PROCTER & GAMBLE bereits uber 16 Marken mit einem derartigen Umsatzvolumen. Vgl. BRAUNBERGER, G., Das Markenimperium rustet gegen den Einzelhandel, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 30.01.2005, S. 41. Vor dem beschriebenen Merger firmierte das Unternehmen unter dem Namen CITICORP. Vgl. AAKER, Brand Portfolio Strategy - Creating Relevance, Differentiation, Energy, Leverage, Clarity, a.a.O, S. 70 ff. Allerdings verfolgt das Unternehmen seit kurzem tendenziell wieder eher eine Dachmarkenstrategie und versucht im Rahmen dieser, alle akquirierten Marken zumindest mit einem Teil der Dachmarke, namlich dem Markenbestandteil ,ciTr zu versehen. Vgl. GLOGER, A., Fur das gute Gefuhl beim Geldabheben, in: FTD - Financial Times Deutschland, 30.03.2004, S. 34. Vgl. WECKER, F., Kundenbindung im Markenportfolio - Ein Beitrag zur Erhdhung der Kundenbindung unter besonderer Berucksichtigung der Automobilindustrie, Frankfurt am Main 2004, S.114. Vgl. GM, Shop by brand, URL: http://www.gmbuypower.com/homePage.bp [09.02.2005]. Als Pionier einer solchen Markenportfoliostrategie gilt der Konsumguterhersteller PROCTER & GAMBLE. Vgl. SCHILLER, Z., The Marketing Revolution at Procter and Gamble, in: Business Week, 1988, S. 72ff. Eine ausfuhrliche Darstellung der Chancen und Risiken von Markenportfoliostrategien erfolgt in Kapitel B-2.3 dieser Untersuchung.
Kapitel A
13
dessen Management allerdings haufig auf Grund von Umfang und Struktur einen sehr hohen KomplexitStsgrad aufweist. Bei Konsumguterunternehmen wie HENKEL Oder UNILEVER gehorten zu Spitzenzeiten mehr als 1.000 Marken zum Portfolio. In vielen Fallen bereitet bereits die sinnvolle Integration der akquirierten Marken in das vorhandene Portfolio erhebliche Schwierlgkeiten."^® Uberschneidungen zwischen den Marken in Positionierung Oder Zielgruppen fuhren nicht selten zu einer Substitution des Angebots unterschiedlicher Marken innerhalb desselben Portfolios und damit zu ungewollter interner Konkurrenz. Der Konsumguteranbieter NESTLE beisplelsweise steht nach der Akquisition der Marken HAAGEN-DAZS und SCHOLLER-EISKREM vor der Herausforderung, zwei mlteinander konkurrierende Marken desselben Produktbereichs in das Konzernportfolio zu integrieren und auf dem Markt differenziert zu positionieren."^^ Im Jahre 2003 wurden auf dem gleichen Produktmarkt von der ebenfalls zum NESTL£Portfolio gehorenden Marke MOVENPICK drel neue Geschmacksrichtungen eingefuhrt. Allein fur diese drei neuen Produktvarianten wurden die Mediabudgets verdoppelt, um verlorene Marktanteile zuruckzugewinnen. Zeitgleich warb NESTLE auch fur seine Marke MANHATTAN mit zwei neuen und ebenfalls eigenstandig markierten Geschmacksvarianten in einer breit angelegten TV-Kampagne.^° Die Komplexitat des Markenportfoliomanagements zeigt sich aber nicht nur im Konsumguterbereich: Die DEUTSCHE BANK AG restrukturierte ihr Markenportfolio im Geschaftsberelch Privatkunden selt 1995 mit der Einfuhrung der Marken BANK 24 und BROKERAGE 24. Ihr Ziel war es, eine fokussiertere Positionierung der verschiedenen Leistungsangebote in den unterschiedlichen Privatkundensegmenten zu erreichen. Nach nur mafiiger Akzeptanz dieser Maflnahmen beim Nachfrager erfolgte dann im Jahr 1999 die Zusammenlegung dieser beiden Marken unter der neuen Marke DEUTSCHE BANK 24.^^ Zusatzlich wurde ein Jahr spater mit immensem Kommunikationsaufwand im Privatkundenbereich ein Internet-Portal fur Fi-
Zu diesen Integrationsschwierigkeiten vgl. bspw. BARWISE, P./ROBERTSON, T., Brand Portfolio, in: European Management Journal, Nr. 3, 1992, S. 280 ff. Vgl. O.V., Wie die Mutter, so manchmal auch die Tochter, in: Horizont, Nr. 41, 2002b, S. 8. Zur Situation von NESTL^ auf dem deutschen Markt fur Speiseeis vgl. z.B. DIEKHOFF, R., Kampf um die Spitze des Eisbergs, In: W&V - Werben und Verkaufen, 27.06.2003. Vgl. WiTTKOWSKi, B., Bankdienstleistungen wie Coca-Cola verkaufen, in: BGrsen-Zeitung, 21.08.1999,3.7.
14
Kapitel A
nanzprodukte mit der Markierung MONEYSHELF.COM eingefuhrt. Dieses wurde dann wiederum im Jahre 2001 im Rahmen ejner Bundelung der Online-Aktivltaten in die neue Portfollomarke MAXBLUE integriert. Ein Jahr spSter schliefilich erfolgte die neuerliche Repositionierung und Wiedereingliederung der Marke DEUTSCHE BANK 24 unter der Dachmarke DEUTSCHE BANK AG.^^
Auf dem Automobilmarkt sieht sich bspw. die VOLKSWAGEN AG mit dem Problem hoher Kannibalisierung vor allem innerhalb ihrer vier wichtigsten Marken AUDI, VW, SEAT und SKODA konfrontiert.^^ Nicht selten kommt es zu internem Konkurrenzdenken zwischen unterschiedlichen organisationalen Einheiten eines Markenportfoiios. Diese Tatsache verdeutlicht neben der Notwendigkeit einer inhaltlichmethodischen Koordination aller Portfoliomarken auch den Bedarf einer institutionellen Koordination. So bewarb SEAT im August 2003 die Einfuhrung eines neuen Fahrzeugs mit dem Slogan: „Was haben Seat und Audi gemeinsam? - Ein neues Auto"^. Damit wurde implizit auf die .Verwandtschaft' der Fahrzeuge beider Marken venA/iesen und die Differenzierungsbemuhungen der VOLKSWAGEN AG tendenziell untergraben. Die Beispiele aus der Unternehmenspraxis verdeutlichen, dass Mehrmarkenstrategien zu einem der Kernthemen der Unternehmensleitung avanciert sind.^^ Vor dem Hintergrund der hohen Komplexitat und den damit verbundenen skizzierten Herausforderungen werden in Literatur und Praxis auch die Grenzen solcher Markenportfoliokonzepte intensiv diskutiert.^^ Um Komplexitat und Kosten zu
Zu den hier beschriebenen Markierungsaktivitaten und den damit verbundenen Schwierigkeiten vgl. bspw. GEFFKEN, M., Portfolio: Wenn Marken sterben, in: Wirtschaftwoche, 13.06.2002, S. 90; BURMANN, CH./WENSKE, V . , Markenidentitat und MarkenpersOnlichkeit - Wachstumschance Oder Wachstumsbremse? - Arbeitspapier Nr. 16 des Lehrstuhls fur innovatives Markenmanagement (LiM), Universitat Bremen, Bremen 2005, S. 15 ff. Zur Kannibalisierung im Volkswagen-Konzern vgl. z.B. ESCH, F.-R., Die Marke als WertschOpfer, in: FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.03.2002; O.V., Piechs Sundenbock, in: Wirtschaftwoche, Nr. 23, 2000, S. 12 f. Vgl. O.V., Was haben Audi und Seat gemeinsam?, in: FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung, Sonderbeilage lAA, 11.09.2003, S. 12. KOERS, Steuerung von Markenportfolios - Ein Beitrag zum Mehrmarkencontrolling am Beispiel der Automobilindustrie, a.a.O., S. 1. So in der Literatur z.B. bei MEFFERT, H., Mehrmarkenstrategie - immer die beste Option?, in: asw - Absatzwirtschaft, Sonderausgabe Oktober, 1999, S. 82 ff. RIESENBECK und PERREYfuhren diesbezuglich an, dass immer mehr Konzerne ihre Markenportfolios nach dem plakativen Motto ,Markenklasse statt Markenmasse' radikal nach den wirklich tragfahigen durchforsten. RIESENBECK/PERREY, Mega-Macht Marke - Erfolg messen, machen, managen, a.a.O., S. 23.
Kapitel A
15
verringem, begann der Konsumguterhersteller UNILEVER bspw. im Rahmen des auf funf Jahre angelegten Projekts .Path to Growth' im Jahre 2000, sein Markenportfolio zu restrukturieren. Infolgedessen wurde bis Anfang des Jahres 2005 die Anzahl der Marken von ehemals uber 1.600 auf etwa 400 reduziert. Man wollte sich in Zukunft nur noch auf die umsatzstarken Kernmarken konzentrieren, die ca. 90 Prozent des Umsatzes ausmachten.^^ Ziel dieser mehrere Milliarden Euro teuren Umstrukturierung war es, ein j^hrliches Umsatzwachstunn von ca. sechs Prozent und ein Gewinnwachstum mindestens in gleicher Hohe zu realisieren. Die okonomischen Ziele wurden allerdings trotz der erheblichen Verschlankung des Markenportfolios deutlich verfehlt. So musste das britisch-niederlandischen Unternehmen fur die ersten drei Quartale 2004 einen Umsatzrijckgang urn zwei und einen Ruckgang des operativen Gewinns um drei Prozent ausweisen. Der Konzern befindet sich damit wieder auf ahnlichem Niveau wie im Jahre 2000 und somit zu Beginn der Implementierung des Portfoliorestrukturierungsprogramms. Die beiden wichtigsten Wettbewerber hingegen konnten ihren Gewinn in den letzten funf Jahren signifikant steigern: NESTLE um 38 Prozent und PROCTER & GAMBLE gar um 50 Prozent.^®
Offenkundig stellen Markenportfoliostrategien - trotz ihrer unstrittig immensen Bedeutung in den unterschiedlichsten Industrien - auf Grund ihrer Komplexitat nicht notwendigerweise ein Erfolgsrezept sine qua non dar. Vielmehr setzt die wirkungsvolle wie gleichermafien wirtschaftliche Ausubung von Mehrmarkenstrategien einen dezidierten und dynamischen Planungsprozess voraus. Im Rahmen dessen fungiert ein systematisches Mehrmarkencontrolling als Koordinationsinstrument^^ entlang des gesamten Markenfuhrungsprozesses.^°
Vgl. UNILEVER, Progress of Path to Growth - Fourth Quarter and Full Year 2003, URL: http://www.unilever.com/jnvestorcentre/aboutunilever/strategy/lmplementationProgess.asp [09.12.2004]. Zum Erfolg des .Path to Growth' Programms vgl. auch RICKENS, CH., Unilever: Fett weg, Lack ab., in: Manager Magazin, 18.02.2005; CHWALLEK, A., Hohe Erwartungen an Unilever, in: Lebensmittelzeitung, 11.02.2005. Auch NESTLE plante, die Anzahl seiner Marken in seinem Portfolio in den kommenden Jahren um ca. 15 bis 20 Prozent zu reduzieren. Vgl. O.V., Henkel will auch beim Markenportfolio straffen, in: Lebensmittelzeitung, Nr. 28, 2001b, S. 16.; WIEKING, K., Marken-Doping ohne Wirkung, in: W&V, Nr. 15, 2005, S. 18 ff. Unter Koordination wird generell die Abstimmung von Teilaktivitaten im Hinblick auf ein ubergeordnetes Ziel verstanden. Im Zusammenhang mit betriebswirtschaftlichen Fragestellungen wird Koordination auch praziser als Steuerung gekoppelter Teilentscheidungsfelder definiert.
16
Kapitel A
Es lasst sich somit zusammenzufassen, dass Marken in der heutigen Zeit bedeutende und nicht zuletzt auch monetar wertvolle VermogensgegenstSnde der Unternehmen darstellen. Das Markenmanagement als Prozess, den Wert dieser Vermogensgegenstande im Sinne der Unternehmensoberziele zu maximieren, muss folglich Methoden und Strategien bereitstellen, Marken wertorientiert zu steuern. Dabei wird die Markenfuhrung durch verschiedenste, sich dynamisch verandernde Kontextfaktoren auf Anbieter- und Nachfragerseite zusehends komplexer: Zum einen fuhren insbesondere ein Mangel an Differenzierung sowie eine Produktanglelchung in physisch-technischer Hinsicht nicht selten zur Anglelchung von Markenwahmehmungen. Individualisierungs- und Polarisierungstendenzen auf Nachfragerseite erhohen zudem die Fragmentierung der Markte und die Markenwechselbereitschaft der Konsumenten. Reine Angebotsausweitungen sowie Markenausdehnungsstrategien als potenzielle Anbieterreaktionen sind darijber hinaus haufig mit erheblichen Risiken verbunden. Im Zusammenhang mit dieser Problematik gewinnt die Verfolgung einer Mehrmarkenstrategie in jungster Zeit in den verschiedensten Industrien zunehmend an Bedeutung.^^ Im Sinne der Maximierung des Gesamtportfoliowertes stehen die Unternehmen dabei vor der Herausforderung, einerseits mogllche Synergien z.B. durch Modul- und Gleichteilestrategien optimal auszuschopfen, um so eine effiziente Marktbearbeitung sicherzustellen. Andererseits gilt es, die einzelnen Marken so klar voneinander abzugrenzen, dass sowohl Kanniballsierungseffekte innerhalb des Portfolios moglichst gering sind als auch eine bestm5gliche Marktabdeckung gewahrleistet wird. Steigende Markenfuhrungskosten, vor allem steigende Werbeausgaben, verscharfen diese Problematik zusStzlich. Effektives und effizientes Markenportfoliomanagement wird damit zur Aufgabe der
Hier und in den folgenden Ausfuhrungen soil daher dieser spezifischen Definition gefolgt werden, wobei es sich bei den Teilaktivitaten hier um die Fuhrung der Einzelmarken handelt. Vgl. zum Begriff der Koordination z.B. ADAM, D., Investitionscontrolling, Munchen 1993, S. 11 ff.; BACKHAUS, K. et al., Koordination betriebiicher Entscheidungen - Die Fallstudie Peter Pollmann, 2. Auflage, Berlin, Heidelberg 1998, S. 10. Nach MEFFERT und PERREY muss ein solches Mehrmarkencontrolling dabei diesen gesamten Planungsprozess mit vernetzten und messbaren Grdfien abbilden. Vgl. MEFFERT, H./PERREY, J., Mehrmarkenstrategien - Ein Beitrag zum Management von Markenportfolios, Arbeitspapier Nr. 121 der Wissenschaftlichen Gesellschaft fur Marketing und Unternehmensfuhrung e.V., Meffert, H./Backhaus, K. (Hrsg.), Munster 1998, S. 31 ff. Vgl. KOERS, Steuerung von Markenportfolios - Ein Beitrag zum Mehrmarkencontrolling am Beispiel der Automobilindustrie, a.a.O., S. 7.
Kapitel A
17
obersten Untemehmensebene, vor allem auf Grund der erheblichen Chancen aber auch komplexer Herausforderungen und der mit ihnen direkt einhergehenden Implikationen fur die Gesamtstrategie eines Unternehmens. Insofern ist AAKER ZUzustimmen, wenn er anfuhrt: „Brand management simply cannot cope with the complexities of the marketplace with the reality of multiple products, segments, geographies, and distribution channels. In one sense, brand portfolio strategy is part of the problem, because the explosion of brands, sub-brands, and endorsed brands in organizations spanning a variety of product-markets has inhibited the ability of firms to articulate coherent strategies, much less implement them. It is also part of the solution, though, because a reasoned, articulate brand structure can support a business strategy by replacing waste with synergy, confusion with clarity, and missed opportunities with leveraged assets."^^
2.
Notwendigkeit eines integrierten und dynamischen Ansatzes zum Mehrmarkencontrolling
Angesichts der aufgezeigten Chancen und Risiken von Mehrmarkenstrategien setzt die wirksame Ausubung einer solchen Strategie einen systematischen und dynamischen Planungsprozess voraus. Ausgangspunkt dieses Prozesses bildet eine unnfassende Analyse des externen und internen Unternehmensumfeldes zur Beurteilung der unternehnnens- und marktbezogenen Starken und SchwSchen.^^ Auf der Ebene der strategischen Rahmenplanung sind dann die ubergeordneten Portfolioziele zu formulieren sowie die Markenidentitaten und die damit verbundenen Markenleitbilder und Positionlerungen zu definieren. Schliefllich gilt es Im Rahmen der marktstrategischen Instrumenteausgestaltung, den abgestlmmten EInsatz der absatzpolitischen Marketing-Mix Instrumente zu planen. In alien Entscheidungsbereichen dieses Prozesses von der Planung und Gestaltung einer Mehrnnarkenstrategie bis hin zur operatlven Umsetzung lasst sich
AAKER, Brand Portfolio Strategy - Creating Relevance, Differentiation, Energy, Leverage, Clarity, a.a.O., 8. XIV. Zu diesem Planungsprozess von Mehrmarkenstrategien vgl. MEFFERT/PERREY, Mehrmarkenstrategien - Identitatsohentierte Fiihrung von Markenportfolios, a.a.O. sowie Kapitel B-3 dieser Arbeit.
18
Kapitel A
ein spezifischer Informationsbedarf identifizieren.^'^ Dementsprechend bedarf es zur Sicherstellung dieser systemubergreifenden Informationsversorgung verstarkt auch analytisch gepragter Controllingsysteme.^^ Versteht man das Controlling als „Fuhrungskonzept vom Ergebnis"^^ her und demgegenuber Marketing als „Fuhrungskonzept vom Markt^^ her, so kommt dem Markencontrolling die komplexe Aufgabe zu, diese beiden Sichtweisen zu vereinen. Hierbei sind die unterschiedlichen Zielsysteme zu integrieren, urn auf diese Weise die ubergeordnete Koordinationsfunktion zur Unterstutzung der markenspezifischen Planungs-, Steuerungs- und Kontrollprozesse zu erfullen.^® Diesen Anforderungen kann demzufolge nur durch umfangreiche Analysen, die sowohl qualitative als auch quantitative Daten berucksichtigen, Rechnung getragen werden. Hierzu ist auf diverse unterschiedliche Quellen, wie z.B. dem internen Rechnungswesen und der Marktforschung, zuruckzugreifen. Die Notwendigkeit einer solchen umfassenden Informationsversorgung stellt indes noch kein markenportfoliospezifisches Problem dar. Ein derartiger Bedarf besteht grundsatzlich auch im Rahmen der Einzelmarkenfuhrung. Zur Rechfertigung einer separaten Untersuchung des Markenportfoliocontrollings bedarf es dartiber hinaus der Identifikation spezifischer Problemstellungen, die den Mehrmarkenfall determinieren. In diesem Zusammenhang wird in der Literatur auch von originaren Problemen der Mehrmarkenstrategie gesprochen.^^ Eine eigenstandige wis-
Vgl. BuRMANN, CH./MEFFERT, H., Managementkonzept der identitatsorientierten Markenfuhrung, in: Burmann, Ch./Meffert, H./Koers, M. (Hrsg.): Markenmanagement - Identitatsorientierte Markenfijhrung und praktische Umsetzung, 2. Auflage, Wiesbaden 2005b, S. 77. KOERS, Steuerung von Markenportfolios - Ein Beitrag zum Mehrmarkencontrolling am Beispiel der Automobilindustrie, a.a.O., S. 9. MEFFERT, Marketing: Grundlagen marktorientierter Unternehmensfuhrung: Konzepte - Instrumente - Praxisbeispiele, a.a.O., S. 1123. Ebenda. Zur notwendigen Integration dieser beiden Disziplinen vgl. z.B. KOERS, Steuerung von Markenportfolios - Ein Beitrag zum Mehrmarkencontrolling am Beispiel der Automobilindustrie, a.a.O., S. 15 ff. WIEDMANN auliert in diesem Zusammenhang: „Dort, wo etwa die Markenfijhrung in praxi bereits stark mystizistisctie Zuge angenommen hat, muss Controliing mittels rationaler Planung, Steuerung und Kontrolle ein Stuck weit zur Entzauberung der magischen Markenwelt beitragen." WIEDMANN, K.-P., Strategisches Markencontrolling, in: Bruhn, M. (Hrsg.): Handbuch Markenartikel - Anforderungen an die Markenfuhrung aus Sicht von Wissenschaft und Praxis, Bd. II: Markentechnik, Markenintegration, Markenkontrolle, Stuttgart 1994, S. 1307. Vgl. KOERS, Steuerung von Markenportfolios - Ein Beitrag zum Mehrmarkencontrolling am Beispiel der Automobilindustrie, a.a.O., S. 9.
Kapitel A
19
senschaftliche Auseinandersetzung mit einem Mehrmarkencontrolling wird Insofern erst dann notwendig, wenn es sich dabei um eine vom Markencontrolling abweichende oder diese erganzende Problematik handelt. EIn solches zentrales, dem Spezifikum Markenportfolio inharentes Charakteristikum besteht darin, dass sich Mehrmarkenstrategien dadurch auszeichnen, dass die fur eine Marke getroffenen Entscheidungen Auswirkungen auf die Entscheidungen haben, die fur andere Marken getroffen werden. Es liegen somit interdependente Entscheidungsfelder^^ vor. So konnen beispieisweise fur eine Marke durcligefuhrte Werbemafinahmen den Absatz dieser Marke zu Lasten einer anderen Marke des Portfolios beeinflussen aber unter Umstanden auch begunstlgen. Zum anderen konnen in vielen Funktionsbereiclien entlang der Wertschopfungskette, wie z.B. durch die Verfolgung von Gleichteilestrategien in der Produktion, markenubergreifende Synergien realisiert werden/^ Diese ressourcen- und marktseitigen Interdependenzen fuhren zu einer erhohten Komplexitat beim Management von Markenportfolios. Komplexitat wird dabei als die Gesamtheit aller Merkmale eines Zustandes, Objektes oder Systems im Sinne von Vieischiclitigkeit definiert/^ Die durch Interdependenzen hervorgerufene Komplexitat im Rahmen von Mehrmarkenstrategien determiniert einen grofleren Koordinationsbedarf als bei Einzelmarkenstrategien. Eine solche intensivere Abstimmung verursacht Koordinationskosten, generiert in der Regel aber auch Koordinationserlose. Die Kosten umfassen neben den erhohten Kontroll- und Anpassungskosten auch etwaige Gewinneinbufien der Einzelmarken, die aus der Koordination resultieren. Demgegenuber konnen zusatzliche Gesamtportfoliogewinne als Ergebnis einer abgestimmten Vorgehensweise im Sinne von Koordinationserlosen erzielt werden.
Hier soil mit ADAM von Interdependenzen gesprochen werden, wenn das zielsetzungsgerechte Niveau einer Variablen eines Entscheidungsbereiches vom Niveau der Variablen eines anderen Entscheidungsbereiches abhangt. Vgl. ADAM, D., Planung und Entscheidung: Modelle Ziele - Methoden; Fallstudien und Losungen, 4. Auflage, Wiesbaden 1996, S. 166 ff. Zu den potenziellen Synergien in den unterschiedlichen Funktionsbereichen vgl. bspw. KELLER, K.L., Strategic Brand Management, 2. Auflage, Upper Saddle River 2003, S. 406. Insofem ist Komplexitat ein mehrdimensionales PhSnomen. Vgl. ADAM, D./JOHANNWILLE, U., Die Komplexitatsfalle, in: Adam, D. (Hrsg.): Komplexitatsmanagement, SzU, Bd. 61, Wiesbaden 1998, S. 6 f. Komplexitatstheoretiker definieren den Terminus Komplexitat auch als Lange der kurzesten Beschreibung aller RegelmSfligkeiten eines Systems, welches aus einer Vielzahl einzelner Elemente besteht.
20
Kapitel A
Diese gingen bel einer autonomen Fuhrung der Einzelmarken verloren. Sie werden daher auch als Autonomiekosten bezeichnet/^ Die optimale Koordinationsintensitat bestimmt sich somit durch das Minimum der Gesamtkosten, die sich aus Koordinations- und Autonomiekosten zusammensetzen (vgl. Abbildung 3). Kosten r
\ \
1
, 1
Gesamt% kosten
11
X * Autonomieko8ten\ **
t
1 1 /
// X.
'
*' * .
^* /
Koordinationskosten
i KoordinationsintensiUit
^^^—^^
Vollstandige Abstimmung
Abb. 3: Bestimmung der optimalen KoordinationsintensitSt Quelle: Eigene Darstellung in enger Aniehnung an MEFFERT. H. (2000). 8. 1030.
Unabhangig von der exakten Lage des Koordinationsoptimums in einer spezifischen Untemehmenssituation lasst die Ausrichtung aller PortfoiioaktivitSten auf ein gemeinsames Ziel im Sinne einer ubergeordneten Koordination hohere Zielerreichungsgrade vermuten, als eine vollstSndig autonome Fuhrung der Einzelmarken/"^ Beispielsweise konnen Effektivitat und Effizienz durch die Realisierung markenubergreifender Synergien und durch die Vermeidung einer gleichzeitigen Bearbeitung eines Kundensegmentes durch mehrere Portfoliomarken durch markenubergreifende Abstimmung gesteigert werden. In dieser Welse argumentiert auch AAKER, wenn er anfuhrt: „Looking at brands as stand-alone silos is a recipe
Vgl. MEFFERT, Marketing: Grundlagen marktorientierter Unternehmensfuhrung: Konzepte Instmmente - Praxisbeispiele, a.a.O., S. 1029 ff. Zur Vorteilhaftigkeit einer koordinierten Markenportfoliofijhrung vgl. z.B. AAKER, D., Building Strong Brands, New York 1996, 8. 200; CARLOTTI/COE/PERREY, Making brand portfolios work, a.a.O. 8 25 ff.
Kapitel A
21
for suboptimization and inefficiency."^^ Als Koordinationsinstrument aller markenubergreifenden Planungs-, Steuerungs- und Kontrollaktivitaten fungiert das Mehrmarkencontrolling. So kommt diesem eine Schlusselfunktion zur ErreJchung der ubergeordneten Zielsetzungen und damit zur Sicherstellung von EffektivitSt und Effizienz des Gesamtsystems zu/^ Auf Grund der Notwendigkeit eines eigenstSndigen Mehrmarkencontrollingsystems sind die Anforderungen an die Instrumente des (Einzel-)Markencontrollings urn die originaren Probleme des Mehrmarkenmanagements zu erweitern: Vor dam Hintergrund seiner Zielausrichtungsfunktion sind vor allem auch spezifische psychographische und dkonomische Kennzahlen des Gesamtportfolios zu integrieren. Zudem muss ein Mehrmarkencontrollingsystem die in Markenportfolios existierenden Interdependenzen berucksichtigen und bestmoglich abbilden. Trotz der dargestellten Relevanz eines leistungsfahigen und umfassenden Controllingsystems zum Markenmanagement mangelt es bisher an solchen konzeptionellen Ansatzen/^ Die Mehrzahl der existierenden Konzepte konzentriert sich bisher auf die Kontrollfunktion des Markencontrollings. Diese Ansatze stellen die Messung bestinnmter einzelner Konstrukte und Kennzahlen in den Vordergrund. Daruber hinaus sind die Konzepte zwar haufig durch eine enge Verzahnung mit dem Rechnungswesen gekennzeichnet, vorokonomischen Daten aus der Markenfuhrung wird allerdings weniger Beachtung geschenkt/^
AAKER, Brand Portfolio Strategy - Creating Relevance, Differentiation, Energy, Leverage, Clarity, a.a.O., S. 10. MEFFERT/PERREY, Mehrmarkenstrategien - Ein Beitrag zum Management von Markenportfolios, Arbeitspapier Nr. 121 der Wissenschaftlichen Gesellschaft fiir Marketing und Unternehmensfuhrung e.V., a.a.O., S. 32. Eine detaillierte Darstellung der Ziele, Funktionen und Determinanten des Mehrmarkencontrollings und eine darauf basierende Abieitung der Anforderungen an ein solches System erfolgt in Kapitel C dieser Untersuchung. Vgl. KRIEGBAUM, C , Markencontrolling, Munchen 2001, S. 9 ff. Zu diesen Defiziten vgl. MEFFERT, H./KOERS, M., Identitatsorientiertes Markencontrolling Grundlagen und konzeptioneile Ausgestaltung, in: Burmann, Ch./Meffert, H./Koers, M. (Hrsg.): Markenmanagement - Identitatsorientierte Markenfijhrung und praktische Umsetzung, 2. Auflage, Wiesbaden 2005a, S. 274 f.; KRIEGBAUM, Markencontrolling, a.a.O., 8. 9 ff. REINECKE, ToMCZAK und GEIS konstatieren allerdings, dass sich das Marketingcontrolling als klassische Schnittstellenfunktion in den letzten Jahren Suderst dynamisch entwickelt habe und sich die .Schwesterfunktionen' Marketing und Controlling schon deutlich aufeinander zu bewegt hStten. Vgl. TOMCZAK, T./REINECKE, S./GEIS, G., Handbuch Marketingcontrolling: Marketing als Motor fur Wachstum und Erfolg, Frankfurt, Wien 2001, S. I.
22
Kapitel A
in der Literatur wird daher das Fehlen eines integrierten Markencontrollingsystems zur ganzheitlichen Markensteuerung bemangelt. So konstatieren MEFFERT und KoERs: ,7.yNar wird aufdie Notwendigkeit von Controllingsystemen im Rahmen der Markenfuhrung sowohl in der wissenschaftlichen Literatur als aucfi in der Unternetimenspraxis immer wieder hingewiesen. Bislierige Ansatze des Markencontrollings beschranken sicli jedocti vieifach noch auf Insel- bzw. BereictislOsungen [...]"7^ FolglJch sind auch die Marken- und Marketingcontrollingsysteme in der Unternehmenspraxis haufig nicht ausreichend entwickelt. KOTLER und BLIEMEL stellen in einer Untersuchung von 75 Untemehmen verschiedener Gr6fte aus unterschiedlichen Branchen fest, dass die Notwendigkeit eines leistungsfahigen Marketingcontrollingsystems zur Unternehmensfuhrung zwar erkannt werde, viele Untemehmen aber nicht uber ausreichende Systeme und Prozesse verfugten.®° Neben diesem aufgezeigten Mangel an integrierten Controllingsystemen^^ zur (Einzel-)Markenfuhrung wird in der Literatur auch das Fehlen von leistungsfahigen Ansatzen zum Management von Markenportfolios angefuhrt.^^ Dabei wird einerseits wiederum die Integration unterschiedlicher Partialansatze zu einem Gesamtssystem vermisst. Andererseits wird die unzureichende empirische Validierung der einzelnen Konzepte kritisiert.®^ Vor dem Hintergrund des Mangels an generellen Markencontrollingsystemen und dem gleichzeitigen Mangel an Ansatzen des Markenportfoliomanagements vermag es kaum zu verwundem, dass
MEFFERT/KOERS, Identitatsorientiertes Markencontrolling - Grundlagen und konzeptionelle Ausgestaltung, a.a.O., S. 274. So sei bspw. mehr als die Haifte der untersuchten Untemehmen nicht in der Lage, den Gewinnbeitrag einzelner Produktiinien zu bestimmen. Die zentralen Ergebnisse dieser unverdffentlichten Studie finden sich bei KOTLER, PH./BLIEMEL, F., Marketing-Management - Analyse, Planung und Verwirklichung, 10. uberarb. und akt. Auflage, Stuttgart 2001, S. 1274 f. Unter Integration soil hier die gemeinsame Abbildung und Verknupfung unterschiedlicher Partialansatze, namlich insbesondere psychographisch und Gkonomisch orientierter Analyseinstrumente im Rahmen des Markencontrollings zu einem Gesamtsystem verstanden werden. Zum Begriff der Integration auf dem Gebiet der Okonomie vgl. z.B. HADELER, T . et al., Gabler Wirtschaftlexikon, 16. vollst. uberarb. und akt. Auflage, Wiesbaden 2004. Vgl. FRETER, H.A/VECKER, F./BAUMGARTH, C , Markenportfolio, in: Bohler, H. (Hrsg.): MarketingManagement und Unternehmensfuhrung, Stuttgart 2002. S. 391; BURMANN, CH./MEFFERT, H., Gestaltung von Markenarchitekturen, in: Burmann, Ch./Meffert, H./Koers, M. (Hrsg.): Markenmanagement - Identitatsorientierte Markenfuhrung und praktische Umsetzung, 2. Auflage, Wiesbaden 2005a. FRETER, WECKER und BAUMGARTH fuhren diesbezuglich an, dass empirische Arbeiten zum Markenportfoliomanagement zum einen bisher relativ selten zu finden seien und es „sich dabei uberwiegend urn deskriptive Arbeiten handelt. FRETERA/VECKER/BAUMGARTH, Markenportfolio, a.a.O., S. 397.
Kapitel A
23
auch dem Controlling komplexer Markenportfolios sowie der Analyse der vielfaltigen Interdependenzen zwischen den Portfoliomarken in der wissenschaftlichen Diskussion bislang zu wenig Aufmerksamkeit zukam.®"^ Existierende Ansatze konnen dabei nach ihren primaren Zielgrofien unterschieden werden. Einerseits stellen diese Konzepte auf die Analyse psychographischer und vorokonomischer Grofien und damit primar auf klassische Marketingzielgrofien ab. Andererseits stehen okonomisch-finanzwirtschaftliche und somit originare Controlllng-Grdflen im Vordergrund. Daruber hinaus finden sich einige Konzepte zum Mehrmarkencontrolling, die eine Integration beider DImensionen vornehmen. Hier sind vor allem Marken-Scorecard Konzepte, Customer-Equity Modelle sowie integrierte Markenbewertungsmodelle zu nennen. Zentraler Untersuchungsgegenstand der mit vorokonomlschen Zielgrofien operierenden Konzepte sind sog. psychographische Konstrukte®^, wie z.B. Markenimage oder Markensympathie. Im Rahmen von Markenwahrnehmungsanalysen werden die Marken eines Portfolios auf Basis von Marktforschungsdaten (z.B. bezijglich des Markenimages) anhand dieser Indikatoren bewertet. So kann ein Fremdbild der Marken generiert werden. Auf diese Weise soil die angestrebte Differenzierung der einzelnen Marken gegenuber den anderen Marken des Portfolios sowie den Wettbewerbsmarken uberpruft werden.®^ Der Grad der Differenzierung der einzelnen Marken voneinander soil dann im Rahmen der Mehrmarkenanalyse Aufschluss uber mogliche Ursachen etwaiger Wechselbeziehungen - wie bspw. Kannibalisierung - zwischen den Marken geben. Positionierungsanalysen bauen auf diesen Untersuchungen zur Markenwahrnehmung auf.®^ Mit Hilfe statistischer Verfahren werden die einzelnen Marken im Wahrnehmungsraum der Konsumenten gemeinsam angeordnet. Dieser Raum
Vgl. FRETERMECKER/BAUMGARTH, Markenportfolio, a.a.O., S. 396. Zum Begriff Konstrukt in der Marketingforschung vgl. HOMBURG, C./GIERING, A., Konzeptualisierung und Operationalisierung komplexer Konstrukte - Ein Leitfaden fur die Marketingforschung, in: Hildebrandt, L./Homburg, C. (Hrsg.): Die Kausalanalyse: ein Instrument der empirischen betriebswirtschaftlichen Forschung, Stuttgart 1998, S. 114 f. Vgl. KOERS, Steuerung von Markenportfolios - Ein Beitrag zum Mehrmarkencontrolling am Beispiel der Automobilindustrie, a.a.O., S. I l l ff. Ein Uberblick uber unterschiedliche Positionierungsmodelle findet sich z.B. bei TROMMSDORFF, v., Produktpositionierung, in: Albers, S./Herrmann, A. (Hrsg.): Handbuch Produktmanagement, 2., uberarb. und ervj. Auflage, Wiesbaden 2002, 8. 370 ff.
24
Kapitel A
wird durch Vektoren auf Basis der abgefragten DimensJonen aufgespannt.^® Auf diese Weise ISsst sich visualisieren und damit analysieren, inwieweit die einzelnen Marken differenziert im betrachteten Markt positioniert sind. Im Rahmen dessen konnen wiederum mogliche Erklarungsansatze bezuglich der Wettbewerbsstarke der Marken sowie hinsichtlich einer Substitution zwischen Portfoliomarken auf Grund der wahrgenommenen Ahnlichkeit der Marken abgeleitet werden.®^ Positionierungs- und Wahrnehmungsanalysen werden hSufig mit der GapAnalyse erweitert. Der Grundgedanke dieser Analyse besteht darin, zu beurteilen, inwieweit eine angestrebte Zielgrofie zu einem bestimmten Zeltpunkt erreicht wurde oder ob zwischen dem tatsSchlich erreichten und dem angestrebten Zielausmafi eine Lucke besteht.®° Bei der Analyse von Markenportfollos geht es folglich darum, Wahrnehmungs- und damit verbundene Positionierungsdefizite zu identifizieren, zu analysieren und auf dieser Grundlage Optimierungsstrategien abzuleiten. Hierzu werden die Realpositionen der Marken und definierte Idealpositlonen, z.B. aus Sicht der Nachfrager oder der Portfolloleitung, verglichen. Hinsichtlich dieser Verfahren muss kritisch angemerkt werden, dass zwar die Marken gemeinsam abgebildet, die Interdependenzen zwischen den einzelnen Marken aber nur unzureichend berucksichtigt werden.^^ Daruber hinaus konnen zwar grobe Schlusse auf etwaige okonomische Kennzahlen, wie bspw. Absatzzahlen Oder Substitutionsgr6(len, gezogen werden, an einem direkten kausalquantitativen Bezug mangelt es indes. Eine solche Integration klassischer Marketing- und finanzwirtschaftlicher Zielgroflen wurde infolgedessen auch vom MARKETING SCIENCE INSTITUTE (MSI) im Rahmen des Forschungsgebiets Asses-
Als solche statistischen Verfahren sind hier insbesondere die Faktoren-, die Diskriminanzanalyse und die Multidimensionale Skalierung (MDS) zu nennen. Vgl. BACKHAUS, K. et al., Multivariate Analysemethoden - Eine anwendungsorientierte Einfuhrung, 9. uberarb. und erw. Auflage, Berlin, Heidelberg, New York u.a. 2000, S. 252 ff. und S. 499 ff. Vgl. BAUMGARTH, C , Markenpolitik, 4. Auflage, Wiesbaden 2004, 8. 257 ff. Zur Gap-Analyse vgl. z.B. ENGELHARDT, W.H./KLEINALTENKAMP, M., Analyse der Erfolgspotentiale, in: Engelhardt, W.H./Kleinaltenkamp, M./Plinke, W. (Hrsg.): Technischer Vertrieb, Berlin u.a. 1995, 8.255 f. Vgl. FRETER/WECKER/BAUMGARTH, Markenportfolio, a.a.O., S. 409.
Kapitel A
25
sing Marketing Productivity and Marl<eting Metrics als eine der Hauptprioritaten der Marketingforschung der Jahre 2002 bis 2004 identifiziert.^^ Einen auf okonomische Zielgroften absteilenden Ansatz biidet die Markenwertanalyse.^^ Finanzwirtschaftliche Ansatze der Markenbewertung bezeichnen den Markenwert als Barwert aller zukunftigen Einzahlungsuberschijsse, die der Eigentumer aus der Marke erwirtschaften kann.^"^ Der Markenwert soli die langfristige finanzielle Wertsteigerung und damit die Leistungsfahigkeit der Marke in einer Kennzahl verdichtet abbiiden.^^ Diese finanzielle Perspektive reprasentiert daher die hochste Zielebene eines ganzheitlichen Markencontrollingsystems. An ihr spiegein sich die Ergebnisse unterer Ebenen, z.B. die Kundenperspektive, die sich im Markenimage auflert, wider. Diese rein finanzwirtschaftliche Markenbewertung ist allerdings als alleinlge Analysedimension als unzureichend zu bezeichnen. Im Rahmen des Mehrmarkencontrollings dienen die Markenwertansatze dazu, alle Marken des Portfolios nach einheltlichen Kriterien zu bewerten. So konnen sie in eine Prioritatenrangfolge gebracht werden.^^ Auf diese Weise kann der Beitrag jeder Marke zum Gesamtportfolio quantifiziert werden. Letztendlich wird bei derartigen Verfahren aber jede Marke isoliert beurteilt, so dass die existlerenden Interdependenzen zwischen den Marken nicht ausreichend abgebildet werden. Der Ansatz liefert bspw. keine Erkenntnisse daruber, ob etwaige Marktanteilsgewlnne einer Marke, die sich in deren Markenwert niederschlagen, zu Lasten einer anderen Marke des Portfolios erzielt wurden. Diese Gewlnne waren zwar aus Sicht der Einzelmarke positiv, aus Gesamtportfoliosicht allerdings als suboptimal zu bewerten. Insofern besteht die Gefahr, Fehlinterpretationen aus der vergleichenden Markenwertanalyse abzuleiten. Dementsprechend ist das Steuerungspotenzial dieser Ansatze eingeschrankt: Zwar lassen sich die Marken eines Portfolios auf
Vgl. MSI, 2002-2004 Research Priorities: A Guide to MSI Research Programms and Procedures, URL: http://www.msi.org/msi/rp0204.cfm [02.11.2004]. Allerdings existieren auch MarkenbewertungsansStze, die sowohl finanzwirtschaftliche als auch psychographische Parameter in die Analyse einbeziehen. Vgl. BURMANN/KRANZ/WEERS, Bewertung und Bilanzierung von Marken - Bestandsaufnahme und kritische Wurdigung, a.a.O. KAAS, K.P., Langfristige Werbewirkung und Brand Equity, In: Werbeforschung & Praxis, Nr. 3,
1990,8.48. Vgl. BuRMANN, CH./BLINDA, L./NITSCHKE, A., Konzeptionelle Grundlagen des identitatsbasierten Markenmanagements - Arbeitspapier Nr. 1 des Lehrstuhls fur innovatives Markenmanagement (LiM), Universitat Bremen, Bremen 2003, S. 49. Vgl. FRETER/WECKER/BAUMGARTH, Markenportfolio, a.a.O., S. 407.
26
Kapitel A
der gleichen Basis miteinander vergleichen, die Ableitung von Implikationen im Sinne strategischer Stoftrichtungen zur Portfoliooptimierung erweist sich allerdings als problematisch. Mit Hilfe von Wanderungsanalysen wird versucht, die wert- und/oder mengenmafiigen Interdependenzen zwischen den Marken eines Portfolios quantltativ abzubilden. Dabei werden externe Wanderungen (Partizipation, also Wanderungen zwischen Portfoliomarken und Wettbewerb) und interne Wanderungen (Substitution, also Wanderungen innerhalb des Portfolios) gegenubergestellt. Im Rahmen der Substitutionsanalyse kann durch zusatzliche Einbeziehung von sog. ,SecondChoice-DaXen' zwischen ,Loylitatsgewinnen' und echter ,Kannibalisierung' unterschieden werden.^^ Die generierten Kennzahlen werden in einer Wanderungsoder auch Portfoliobilanz zusammengefasst und konnen zu einem Gesamtportfolloeffekt verdichtet werden. Auf diese Weise konnen sowohl das Gesamtportfolioergebnis als auch die Beitrage der Einzelmarken sowie die okonomischen Interdependenzen zwischen den Marken in die Analyse einbezogen werden. Kritisch angemerkt wird in der Literatur zum einen die Vergangenheitsorientierung dieses Ansatzes. Es wird zudem bemangelt, dass zwar die okonomischen Ergebnisse und Interdependenzen berucksichtigt, die Ursachen fur diese aber nicht analysiert werden.^^ Demzufolge ist das Steuerungspotenzial bei alleiniger Nutzung eines solchen Ansatzes eingeschrankt, da auch die Ableitung konkreter Handlungsempfehlungen nur unzureichend moglich ist.
Second-Choice-DaXen bezeichnen die Altemativerwagungen der Nachfrager, d.h. welche Marke Oder welches Produkt von ihnen gekauft worden wSre, wenn das tatsachlich gekaufte Produkt nicht verfugbar gewesen ware oder nicht existierte. Bei der Analyse von internen Kundenwanderungen im Markenportfolio dienen sie zur Unterscheidung zwischen Loyalist und Kannibalisierung. Ist ein Kunde von einer Portfoliomarke zu einer anderen gewandert {Substitution), seine AlternativerwSgung wcire aber eine Wettbewerbsmarke gewesen, wird von Loyalitst gesprochen. Hatte dieser Kunde aber als Second-Choice eine andere Portfoliomarke gewahlt, wird diese Kundenwanderung als Kannibalisierung bezeichnet. Zur Analyse von Wanderungsbewegungen im Markenportfolio vgl. ausfuhrlich MEFFERT, H./KOERS, M., Markenkannibalisierung in Markenportfolios, in: Burmann, Ch./Meffert, H./Koers, M. (Hrsg.): Markenmanagement - Grundfragen der identitatsorientierten Markenfuhrung, 2. Auflage, Wiesbaden 2005b; KOERS, Steuerung von Markenportfolios - Ein Beitrag zum Mehrmarkencontrolling am Beispiel der Automobilindustrie, a.a.O., S. 157 ff.; MEFFERT/PERREY, Mehrmarkenstrategien Ein Beitrag zum Management von Markenportfolios, Arbeitspapier Nr. 121 der Wissenschaftlichen Gesellschaft fur Marketing und Unternehmensfuhrung e.V., a.a.O., S. 35. Vgl. FRETER/WECKER/BAUMGARTH, Markenportfolio, a.a.O., S. 410.
Kapitel A
27
Integrative Ansatze schliefilich verfolgen das Ziel, sowohl die psychographische als auch die okonomische Analyseebene zu berucksichtigen. Einen derartigen Ansatz wahit die Portfolio-Analyse. In Aniehnung an die Grundidee des Portfolio-Konzeptes, welches originar der Optimierung von Investitionen am Kapitalmarkt diente, wird versucht, die Analyse auf zwei zentrale Dimensionen zu verdichten.^® In der Regel werden in Abhangigkeit der Unternehmensziele eine interne Unternehmensdimension und eine externe Umweltdimension gewahlt. Die zu analysierenden Objekte werden anhand dieser Dimensionen bewertet und gemeinsam In einem zweldimenslonalen Raum angeordnet. Die Positionierung der Objekte im aufgespannten Raum ermoglicht dann die gemeinsame Bewertung der Marken und die Ableltung von Normstrateglen.^°° Im Rahmen der Analyse von Markenportfollos wahlen AHLERT, KENNING und SCHNEIDER Z.B. den Marktanteil als interne, okonomische Grofle und das Vertrauen als externes, psychographlsches Konstrukt.^^^ Als problematisch wird im Zusammenhang mit diesem Verfahren indes die Verdichtung der Vielzahl von Faktoren auf lediglich zwei Analysegroden angemerkt.^°^ Zudem wird wiederum die mangelnde Berucksichtigung von Verbundbeziehungen zwischen den einzelnen Marken kritisiert. Eine erste umfassende Integration der unterschledlichen Analysedimensionen unternimmt KOERS. Er adaptiert den Ansatz der Balanced-Scorecard (BSC)^°^ in Richtung des Mehrmarkencontrollings.^^"^ Bei diesem Konzept wird von systema-
Eine detailliertere Darstellung der Portfolioanalyse im Rahmen der Kapitalmarkttheorie erfolgt in Kapitel B-2.1 dieser Arbeit. Vgl. dazu auch ausfuhrlich MARKOWITZ, H.M., Portfolio Selection. Efficient Diversification of Investments, New York u.a. 1959, 8. 77 ff.; PERRIDON, L./STEINER, M., Finanzwirtschaft in der Unternehmung, 10. Auflage, Miinchen 1999, S. 252 ff. Vgl. FRETER/WECKER/BAUMGARTH, Markenportfolio, a.a.O., S. 407 f. Gegenstand der Untersuchung von AHLERT, KENNING und SCHNEIDER sind Portfolios von Betriebstypenmarken und Handelsmarken im Rahmen des Markenportfoliomanagements im Einzelhandel. Vgl. AHLERT, D./KENNING, P./SCHNEIDER, D., Markenmanagement im Handel, Wiesbaden 2000, S. 143 ff. Vgl. FRETER/WECKER/BAUMGARTH, Markenportfolio, a.a.O., S. 408. Das BSC-Konzept geht auf KAPLAN und NORTON zuruck. Vgl. KAPLAN, R.S./NORTON, D.P.,
Balanced Scorecard: Strategien erfolgreich umsetzen, Stuttgart 1997a; WEBER, J./SCHAFFER, U., Balanced Scorecard & Controlling: Implementierung - Nutzen fur Manager und Controller Erfahrungen in deutschen Unternehmen, 3. Auflage, Wiesbaden 2000 Zu den folgenden Ausfuhrungen hinsichtlich des Balanced-Scorecard Konzepts im Rahmen des Mehrmarkencontrollings vgl. KOERS, Steuerung von Markenportfollos - Ein Beitrag zum Mehrmarkencontrolling am Beispiel der Automobilindustrie, a.a.O. sowie Kapitel C-4.43.
28
Kapitel A
tischen Wirkungszusammenhangen zwischen den Leistungstrelbem und Ergebnisgroflen und damit von einer Jnneren Logik' zwischen den Kennzahlen ausgegangen. Die unterschiedlichen Zielgrofien des Mehrmarkencontrollings, also insbesondere psychographische und okonomische, werden dementsprechend in einem System integriert. Psychographische Zielgr5flen werden dabei als Lelstungstreiber und damit als Fruhindlkatoren definiert. Sie determinieren die Ergebnisgrofien (Spatindikatoren). Basierend auf diesem Grundzusammenhang konnen auf verschiedenen Ebenen Ansatzpunkte zur Beeinflussung der Zielgroflen identifiziert werden. Als Kernergebnissystem dient in diesem Konzept die skizzierte Wanderungsbllanz. Wahrnehmungs- und Positionierungsanalysen fungieren als Erklarungsgroden fur diese Ergebnisvariablen. Beim Einsatz der BalancedScorecard ist es nun notwendig, die unterschiedlichen Wirkungszusammenhange der Kennzahlen zu reflektieren und entsprechende strategische und operative Mafinahmen abzulelten. Als problematisch erwelst sich in diesem Zusammenhang allerdings eben diese Ableitung konkreter strategischer Stofirichtungen. So liefern Positlonierungsmodelle und Gap-Analyse zwar einen tragfahigen Strukturlerungsrahmen mogllcher Positlonierungsmangel, offen bleibt allerdings eine Analyse der quantitatlven und damit letztendllch auch okonomlschen WIrkung mogllcher zukunftiger strategischer Optlonen, also eine dynamische Analysedimension. Daruber hinaus beruhen die Erkenntnisse und zugrunde gelegten Wirkungszusammenhange auf literaturgestutzten Plausibilitatsuberlegungen. So stellt KOERS selbst test: „D/e Ergebnisse der Untersuchung sind deshalb im Rahmen empirischer Studien zu validieren. [...] Daneben gilt es, die angedeuteten kausalen ZusammenhSnge innerhalb des Controlling-lnstrumentariums dezidiert zu uberprufen."^^^ Zusammenfassend lasst sich damit festhalten, dass vor dem Hintergrund spezifischer Probleme, vielfaltiger Interdependenzen und einer damit einhergehenden erhohten Komplexitat des Markenportfoliomanagements ein separates, integriertes und dynamisches Mehrmarkencontrollingsystem notwendig ist. Diesem kommt die Aufgabe der Koordinatlon aller markenubergreifenden Planungs-, Steuerungs- und Kontrollprozesse und somit die Ausrichtung aller Portfolioaktivitaten im Hinblick auf die Gesamtunternehmensziele zu. Der kurze Uberblick
^°^ KOERS, Steuerung von Markenportfolios - Ein Beitrag zum Mehrmarkencontrolling am Beispiel der Automobilindustrie, a.a.O., S. 256.
Kapitel A
29
uber existierende Konzepte hat in verschiedenen Richtungen Forschungsbedarf im Rahmen des Mehrmarkencontrollings offenbart: •
Es existieren Partialansatze zum Mehrmarkencontrolling, die unterschiedliche Dimensionen des Objektes Markenportfolio analysieren. Dabei wind einerseits auf psychographische Konstrukte abgestellt, andererseits stehen okonomischfinanzwirtschaftliche Grofien im Vordergrund. Eine Integration zu einem Gesamtsystem wird in diesem Zusammenhang allerdings meist vermisst.
•
Integrative klasslsche Portfollo-Konzepte verdichten die KomplexitSt i.d.R. auf zwei Dinnensionen. Sie konnen so fur wenige, stark vereinfachte Fragestellungen einen geeigneten Strukturierungsrahmen liefern. Die Konzepte operieren damit aber auf sehr hoher Aggregationsebene. Zudem ist zu bemangein, dass die vielschichtigen Interdependenzen in Markenportfolios nicht explizit beriJcksichtigt warden.
•
Das BSC-Konzept stellt eine detaillierte Integration der unterschiedlichen Instrumente zu einem Gesamtkonzept dar. Die unterstellten Zusammenhange beruhen indes auf qualitativen Plausibiltatsuberlegungen und bedurfen einer empirischen Uberprufung. Daruber hinaus ist die Integration einer dynamischen Perspektive zur Erhohung des Steuerungspotenzials des Ansatzes notwendig.
3.
Zielsetzung und Gang der Untersuchung
Vor dem Hintergrund der identifizierten Forschungsdefizite verfolgt die vorliegende Arbeit die generelle Zielsetzung, einen Beitrag zum integrierten und dynamischen Controlling von Mehrmarkenstrategien zu leisten. Die wesentlichen, aufeinander aufbauenden Forschungsschwerpunkte lassen sich unmittelbar aus dieser allgemeinen Zielsetzung ableiten: •
Erstes Teilziel der Untersuchung stellt die konzeptionelle Analyse des Objektes Markenportfolio vor dem Hintergrund unterschiedlicher Markenfuhrungsansatze dar. Dm die Mehrmarkenstrategie als komplexes Untersuchungsobjekt verstehen und einordnen zu konnen, sind hier zunachst die planerischen und organisatorischen Grundlagen und Kontextfaktoren einer solchen zu identifizieren. Darauf aufbauend soil der identitatsorientierte Markenfuhrungs-
30
Kapitel A
ansatz als gut geeignetes Konzept zur Verfolgung von Mehrmarkenstrategien prSzise erarbeitet und theoretisch begrundet werden. •
Ein weiteres Ziel der Arbeit besteht in der detaillierten Analyse der Mehrmarkenstrategie als Objekt des Controllings. Hierbei sind die Determinanten und Spannungsfelder im Rahmen des Mehrmarkencontrollings zu identifizieren und zu prSzisieren. Darauf aufbauend konnen die Funktionen und Anforderungen eines solchen Controllingsystems definiert werden. Schliefilich soil auf dieser Grundlage ein stringentes Ziel- und Kennzahlensystem zum Mehrmarkencontrolling abgeleitet werden.
•
Den folgenden Forschungsschwerpunkt der Untersuchung bildet die konzeptionelle Entwicklung eines mehrstufigen Analyse- und Steuerungsmodells als Beitrag zu einem integrierten und dynamischen Control I ingsystem von Mehrmarkenstrategien. In dem Zusammenhang sollen wesentliche PartialansStze des Einzel- und Mehrmarkencontrollings in einem Konzept integriert werden. Dieses Modell soil einerseits zum besseren Verstandnis der WirkungszusammenhSnge der Analysedimensionen des Mehrmarkencontrollings beitragen. Andererseits soil es auch eine Simulation und Evaluierung unterschiedlicher Portfoliostrategieoptionen unter Berucksichtigung verschiedener Wettbewerbsszenarien ermoglichen.
•
Im Rahmen des nachsten Teilziels soil das modelltheoretlsch formulierte Konzept auf Basis einer empirischen Studie validiert werden. Hierzu wird auf eine representative quantitative Marktforschung aus dem Bereich kurzlebiger Konsumguter (Suftwarenbranche) zuruckgegriffen. Methodische Schwerpunkte bilden hier sowohl die Operationalislerung der einzelnen Modellkomponenten als auch die Uberprufung des Zusammenhangs zwischen psychographischen Marketingzielgrofien und zentralen okonomischen Grofien der Markenportfolioanalyse. Auf diese Weise sollen effektive Hebel zur Optimierung von Mehrmarkenstrategien identifiziert werden konnen.
•
Schliefilich ist es ein letztes Aniiegen der Untersuchung, einen Beitrag zum Praxistransfer des abgeleiteten IVIodelis zu ieisten. Die auf der Grundlage der spezifischen Marktsituation bei Sufiwaren gewonnenen Erkenntnisse soilten insoweit generalisierbar sein, als dass sie auf Markte oder Branchen mit vergleichbaren Bedingungskonstellationen ubertragen werden konnen.
Mit der dargestellten Ziel- und Schwerpunktsetzung ist der weitere Gang der Untersuchung implizit bereits vorgezeichnet: In Kapitel B erfolgt zunachst die theoretische Fundierung des Untersuchungsrahmens. Ausgangspunkt bildet hier eine
Kapitel A
31
Betrachtung der zentralen Paradigmen und Ansatze der Markenfuhrung.
Darauf
aufbauend werden im Folgenden Ziele, Charakteristika und Ausgestaltungsformen von Markenportfolios vorgestellt. So soil das zentrale Untersuchungsobjekt Mehrmarkenstrategien auf dieser Basis eingeordnet und abgegrenzt werden konnen. Schliefilich werden der ganzheitllche Planungsprozess derartiger Mehrmarkenstrategien und die Rolle des Mehrmarkencontrollings in diesem Zusammenhang zum einen als konzeptioneller Bezugsrahmen und zum anderen zur zweckmafiigen Eingrenzung der weiteren Analyse der vorllegenden Untersuchung erarbeitet. Im Anschluss daran folgt In Kapitel C zunachst die Analyse der spezifischen Determinanten des Controllings von Mehrmarkenstrateglen und des damit verbundenen konkreten Controllingbedarfs. Auf Basis des identifizierten Controllingbedarfs kbnnen dann konkrete Ziele, Funktionen und Anforderungen an ein System zum Mehrmarkencontrolling abgeleitet werden. Anknupfend an die im Rahmen dieser Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse erfolgt die Diskussion existierender Instrumente zum Mehrmarkencontrolling.
Dabei nehmen einerseits Markenwahr-
nehmungs- und Positionierungsanalysen und andererseits Wanderungsanalysen zur Abbildung der okonomischen Interdependenzen im Rahmen von Mehrmarkenstrateglen einen besonderen Stellenwert ein, da sie die Basis der anschliefienden Modellierung darstellen.
In der Ableltung dieses konzeptionellen Grundmodells
liegt der Schwerpunkt dieses Kapitels. Kapitel D stellt die Ergebnisse der empirlschen Untersuchung dieser Arbeit dar. Eine derartige Analyse kann nicht losgelost von ihrem situativen Hintergrund und der sich daraus fur das Unternehmen ergebenen Umfeldsituationen erfolgen. Es werden daher zunachst die relevanten markt- und unternehmensseitigen Kontextfaktoren untersucht. Nach einem Uberblick uber Erhebungsmethodik und Struktur des zugrunde liegenden Datenmaterials erfolgt daran anschliefiend die Entwicklung eines geeigneten Messmodells zur Operationalisierung der in Kapitel C abgeleiteten Modellkomponenten. Dies dient als methodische Basis der quantitativen Untersuchungen. Den letzten Teilbereich des Kapitels bildet die Darstellung der mittels uni-, bi- und multivariater Analysemethoden generierten empirlschen Befunde. Gegenstand von Kapitel E schlieftllch ist zum einen die Zusammenfassung und ganzheitllche kritlsche Wurdlgung der Untersuchungsergebnisse.
Zum anderen
werden Empfehlungen fur etwaige weiterfuhrende Forschungsarbeiten aufgezeigt, bevor abschliefiend Implikationen fur die Unternehmenspraxis abgeleitet werden.
32
Kapitel A
Abbildung 4 stellt Struktur und Gang der Untersuchung graphisch dar.
Kapitel C: Konzeptionelle Analyse Kapltei B: Grundtagen Ausgangspunkt: Ansatze der Markenfuhrung
Konzeption von Markenportfolios
' Determinanten und Anforderungen an das Mehrmarkencontrolling ' Analyse existierender Konzepte ' Ableitung eines integrierten und dynamischen Modells
Zusammenfassung und kritische Wurdigung der Untersuchungsergebnisse
Mehrmarkencontrolling Kapltei D: Empirische Analyse
Management von Mehrmarkenstrategien
Kapltei E: Fazit
' Untersuchung der situativen Kontextfaktoren • Operatlonalisierung der Modellkomponenten ' Empirische Modellvalidierung
Abb. 4: Gang und Struktur der Untersuchung Quelle: Eigene Darstellung.
' Implikationen fur die Unternehmenspraxis • Ansatzpunkte fur weiterfuhrende Forschungsarbeiten
Kapitel B
B.
33
Identitatsorientiertes Markenportfoliomanagement als konzeptioneller Bezugsrahmen des Mehrmarkencontrollings
1.
Grundlagen der Markenfuhrung
1.1
Gegenstand des Markenmanagements
Trotz der praktjschen Relevanz der Markenfuhrung zelgt sich in der wissenschaftlichen Diskussion zum Markenmanagement ein heterogenes Bild. Dieses manifestiert sich u.a. in einer Vielzahl unterschiedlicher Markendefinitionen und Markenfuhrungsansatze.^^^ Die Heterogenitat infi wissenschaftlichen Markenverstandnis macht es notwendig, zunachst ein klares Verstandnis des Markenbegriffes und der (Einzel-)Markenfuhrungsansatze als Fundament der weiteren Analyse zu entwickeln. Erst dann konnen das Spezifikum Markenportfolio und seine Charakteristika theoretisch begrundet detaillierter untersucht werden. Die Anfange der Markenbildung inn neuzeitlichen Sinne sind auf den Beginn der Industrialisierung Ende des 18. Jahrhunderts zuruckzufuhren.^°^ Ursachlich dafur ist das im Zuge der Massenproduktion einsetzende Interesse, der Anonymisierung des Kaufaktes entgegenzuwirken. Mittels Marken soil eine Vertrauensstruktur zwi-
BuRMANN, MEFFERT und KOERS sprechen diesbezuglich von einem „ausufemden Begriffsverstcindnis und hOchst heterogenen Fuhrungskonzepten" in der Marketingliteratur und einem „regelrechten Beg riffsdsch unger. Marken werden teilweise als Personen, Mythos, Kennzeichen, Logo, Wertesystem, imaginSres Bild oder lediglich als Herkunftsbezeichnung dargestellt. Auch werden imnner neue Markenarten, z.B. Oko- und Kultmarken, Online-Marken, digitals Marken, in die wissenschaftliche Diskussion eingebracht. Vgl. BURMANN/MEFFERT/KOERS, Stellenwert und Gegenstand des Markenmanagements, a.a.O., S. 15. Die Entstehungsgeschichte der Marke i.w.S. reicht bis ins Altertum zuruck, in dem TGpfer ihre Tonkruge kennzeichneten, urn deren Herkunft zu signalisieren. Als Ursache fur diese ursprungllche Entstehung von Marken als Herkunftsbezeichnung kann die zunehmende rSumliche und semantische Trennung zwischen Hersteller und Abnehmer gesehen werden, die man durch das symbolische Informationssystem Marke zu uberkommen versuchte. Eine Vielzahl noch heute existierender Marken wie bspw. OETKER, LEVER und HENKEL allerdings finden ihren Anfang erst um die Jahrhundertwende (19./20. Jh.). Vgl. DICHTL, E., Grundidee, Entwicklungsepochen und heutige wirtschaftliche Bedeutung des Markenartikels, in: Dichtl, E. et al. (Hrsg.): Markenartikel heute - Marke, Markt und Marketing, Wiesbaden 1978, a.a.O., S. 4 f.
Kapitel B
34
schen Hersteller und Abnehmer aufgebaut werden.''°® Mit zunehmendem Erfolg des Markenartikelkonzeptes wuchs folglich auch das Bestreben, ein tieferes VerstSndnis von dem was eine Marke ausmacht, zu entwickeln. Dabei hat sich das VerstSndnis des Konstruktes Marke infolge verschiedener Verwendungssituatlonen mit derZeit erheblich gewandelt^°^ (vgl. Tabelle 1). Autor
Definition
DOMI2LAFF(1939)
Ein Marke/ein iVIarkenartikei ist eine Fertigware, die mittels eines Zeichens markiert ist und die dem Konsumenten mit konstantem Auftritt und Preis in einem grftHeren Verbreitungsraum dargeboten wird.
MELLEROWICZ
Marken(artikel) sind „[...] fOr den privaten Bedarf geschaffene Fertigwaren, die in einem grdderen Absatzraum unter einem besonderen, die Herkunft kennzeichnenden Merkmal (Marke) in einlieitlictier Aufmachung, gleicher Menge sowie in gleicti bleibender und verbesserter GOte ertiSiltlicli sind und sich dadurcfi sowie durch die fur sie betriebene Werbung die Anerkennung der beteiligten Wirtschaftskreise (Verbraucher, Handler und Hersteller) erworben haben (Verkehrsgeltung)".
(1964)
AAKER(1992)
Eine i\^arke ist „ein charakteristischer Name und/oder ein Symbot'.
MEFFERT(1998)
Ein Marke ist „ein in der Psyche des Konsumenten verankertes, unverwechselbares Vorstellungsbild von einem Produkt oder einer Dienstleistung. [...] Die zugrunde liegende markierte Leistung wird dabei in einem mdglichst groHen Absatzraum uber einen ISngeren Zeitraum in gleichartigem Auftritt und in gleich bleibender oder verbesserter QualitSt angeboten".
KELLER (2003)
„A brand isl..]a product, but one that adds other dimensions that differentiate it in some way from other products designed to satisfy the same needs."
AMERICAN
A brand is „a name, tenv, design, symbol, or any other feature that identifies one seller's good or service as distinct from those of other sellers. The legal tenv for brand is trademark. A brand may identify one item a family of items, or all items of that seller".
MARKETING ASSOCIATION
(2004)
Tab. 1: AusgewShlte Markendefmitionen Quelle: BuRMANN, CH./MEFFERT, H./KOERS, M. (2005b). S. 2 f.; MEFFERT, H. (1998b), S. 785.
Die Entwicklung des Markenbegriffs von einer blofien Herkunftsbezeichnung zu einem komplexen, in unterschiedlichste Richtungen interpretierten Konstrukt
Vgl. BERNDT, R./SANDER, M , Der Wert von Marken - Begriffliche Grundlagen und AnsStze zur Markenbewertung, in: Bruhn, M. (Hrsg.): Handbuch Markenartikel - Anforderungen an die Markenfuhrung aus Sicht von Wissenschaft und Praxis, Stuttgart 1994, S. 1354. Vgl. MEFFERT, Marketing: Grundlagen marktorientierter Unternehmensfuhrung: Konzepte Instrumente - Praxisbeispiele, a.a.O., S. 846 f.
Kapitel B
35
macht die Notwendigkeit eines moglichst ganzheitlichen Markenverstandnisses deutlich. Im Rahmen dieser Arbeit soil daher unter einer Marke mit BURMANN, BLINDA und NITSCHKE in Aniehnung an KELLER „ein Nutzenbundel mit spezifi-
schen Merkmalen, die dafur sorgen, dass sich dieses gegenuber anderen Nutzenbundein, welche dieselben BasisbedOrfnisse erfUlien, aus Sicht relevanterZielgruppen nachhaltig differenziert'^^^ verstanden werden. Eine Marke ist somit das Resultat einer Vielzahl unterschiedlicher und uber einen langeren Zeltraum durchgefuhrter Maftnahmen und den hierauf baslerenden Erfahrungen der Marktteilnehmer. Die Gesamtheit dieser mit der Markierung von Produkten und DIenstleistungen zusammenhSngenden Entscheidungen und Mafinahmen eines Unternehmens kann unter dem Begriff Markenpolitik subsumiert werden.""^^ Der systematische Prozess der Planung, Steuerung und Kontrolle dieser Maflnahmengesamtheit i.S. eines betriebswirtschaftlichen Managementkonzeptes schliefilich wird als Markenfuhrung oder -management bezeichnet.''^^ Die Markenfuhrung soil durch eIne absatzfordernde Wirkung zu einer Wertsteigerung des Unternehmens beitragen. Das Wertsteigerungspotenzial basiert auf dem vom Nachfrager wahrgenommenen Nutzenvorteil gegenuber einem nicht markierten Wettbewerbsangebot - und damit auf dem Markenwert aus Kundensicht.^^^ Dieser wird auch als psychographischer Markenwert bezeichnet. Er hat direkten Einfluss auf die Kaufbereitschaft der Nachfrager. Ziel des Markenmanagements ist somit die Maximierung dieser beiden Markenwertdlmensionen: dem psychographischen Markenwert beim Nachfrager als notwendige Bedingung zur Steigerung des okonomlschen Markenwertes aus Markeneignersicht.
BURMANN/BLINDA/NITSCHKE, Konzeptionelle Grundlagen des identitdtsbasierten Markenmanagements - Arbeitspapier Nr. 1 des Lehrstuhls fur innovatives Markenmanagement (LiM), a.a.O., S. 3. Vgl. hierzu auch KELLER, Strategic Brand Management, a.a.O., S. 3 f. Das zugrunde liegende Nutzenbundel setzt sich dabei immer sowohl aus materiellen (hier physikalisch-funktionale Komponenten genannt) als auch aus immateriellen Komponenten (hier symbolische) zusammen. Vgl. hierzu auch BURMANN/MEFFERT/KOERS, Stellenwert und Gegenstand des Markenmanagements, a.a.O., S. 7. Zu dieser Definition des Begriffes Markenpolitik vgl. MEFFERT, Marketing: Grundlagen marktorientierter Unternehmensfuhrung: Konzepte - Instrumente - Praxisbelspiele, a.a.O., S. 848. Vgl. BURMANN/MEFFERT/KOERS, Stellenwert und Gegenstand des Markenmanagements, a.a.O., S. 9. Auf Grund ihrer semantischen Ahnlichkeit werden die Begriffe Markenpolitik, Markenmanagement und Markenfuhrung in dieser Arbeit synonym verwendet. Der Nutzenvorteil manifestiert sich insbesondere uber die bereits dargelegten Markenfunktionen Risikoreduktion, Informatlonseffizienz und ideeller Nutzen.
36
Kapitel B
Zur Operationalisierung dieser generellen Zielsetzung des Markenmanagements werden in der Literatur eine Vielzahl von Konstrukten, Kennzahlen und Subzielen diskutiert. BURMANN, MEFFERT und KOERS bspw. fuhren in einem kaskadischen Zielsystem die MarkenstSrke als Basis des okonomischen Markenwertes an. Diese wird ihrerseits durch Markentreue und Eroberungsrate determiniert, wodurch sich ihre direkte Kaufverhaltensrelevanz SuBert. Markenloyalitat ist das Resultat von Einstellungen des Nachfragers gegenuber einer Marke (Markenimage). Die Maximierung der Markenwertdimensionen im Sinne einer obersten Zielebene kann so auf okonomische, verhaltenswissenschaftllche und psychographische Subziele heruntergebrochen und steuerbar gemacht werden.^^"^ Die tief greifenden Veranderungen der Markt- und Umfeldbedingungen seit Entstehung des klassischen Markenartikelkonzeptes haben nicht nur zu verschiedenen Markenbegriffsdefinitionen gefuhrt. Es wurde ferner eine Vielzahl unterschiedlicher Ansatze der Markenfuhrung zur Erreichung der Markenziele entwickelt. Alteren Konzepten ist dabei gemein, dass sie sich auf eine absatzmarktbezogene Perspektive beschranken.^^^ Demgegenuber erweitert der Theorieansatz der identitatsorientierten Markenfuhrung diesen marktbezogenen Fokus explizit und umfassend urn eine innengerichtete Ressourcen- und Kompetenzperspektive^^^ (vgl. Abbildung 5).
Vgl. BURMANN/MEFFERT/KOERS, Stellenwert und Gegenstand des Markenmanagements, a.a.O., S. 8 ff.; MEFFERT, H./BURMANN, CH., Wandel in der Markenfuhrung - vom instrumentellen zum identitatsorientierten MarkenverstSndnis, in: Burmann, Ch./Meffert, H./Koers, M. (Hrsg.): Markenmanagement - Identitatsorientierte Markenfuhrung und praktische Umsetzung, 2. Auflage, Wiesbaden 2005. Als erster Markenfuhrungsansatz wird der insbesondere von MELLEROWICZ gepragte sog. instrumentelle Ansatz der Markenfuhrung angefuhrt. Vgl. MELLEROWICZ, K., Markenartikel - Die akonomischen Gesetze ihrer Preisblldung und Prelsblndung, 2. Auflage, Munchen u.a. 1963. Die Mehrzahl der Autoren vertritt allerdings die Auffassung, dass diesem Ansatz heute vor dem Hintergrund der komplexen Herausforderungen an die Markenfuhrung nur noch historische Bedeutung zukomme. Vgl. z.B. MEFFERT/BURMANN, Wandel in der Markenfuhrung - vom instrumentellen zum identitatsorientierten MarkenverstSndnis, a.a.O., S. 22 ff.; BRUHN, M., Begriffsabgrenzungen und Erscheinungsformen von Marken, in: Bruhn, M. (Hrsg.): Handbuch Markenartikel: Anforderungen an die Markenpolitik aus Sicht von Wissenschaft und Praxis, Stuttgart1994, S. 9. MEFFERT/BURMANN, Wandel in der Markenfuhrung - vom instrumentellen zum identitatsorientierten Markenverstandnis, a.a.O., S. 30 ff.
Kapitel B
37
\ Anfang 20. Jh\ Mitte 1960«r- \ Mitte 1970erMitte 19. Jh. bis ) bis Mitte ) bis Mitte ) bis Ende y 1990er-Jahre Anfang 20. Jh. / 1960er-Jahre / 1970er-Jahre / 1980er^ahre > Umfeldftiktoren
Markenverstflndnis
-^
• Industrialisierung und Masssenproduktion • Qualitatsschwankungen
• Nachfragesog • Vielzahl techischer Innovationen
• Rezession/ 1. Oikrise • Aufhebung Preisbindung
• Verkaufermarkte • KSufermarkte
• Marke als Herkunftsbezejchnung
• Warenfokus
• Kein Ansatz im Sinne betriebswirtschafllicher Managementkonzepte
• Instrumenteller Ansatz: „Markentechnik"
• Marke als Merkmalskatalog
tionsUberlastung • Qualltatsangleichung
• Produktions- und • Deutlicher Vertriebsnnethode Nachfragefokus
• Markenparitat • Positlonierungsenge • Marke als NutzenbQndel
" Marke als Vermarktungsform/ ^bsatzsystem"
" Subjektive Mar• Markenidentitat als Selbstbild und kenwahrnehmung image ats Fremddes Konsumenten bild
• Funktionsorienttierter bzw. funktionaler Ansatz
• Verhaltens- und imageorientierter Ansatz
• Identitatsorientiertes Markenmanagement
• Technokratischstrategieorientierter Ansatz
• Fraktales Markenmanagement
^
MarkenfUhrungsansfltte
" Gesattigte Markte • Informationsgesellschaft • Beginn Informa-
Abb. 5: Entwicklung der Markenfuhrungsansatze im Zeitverlauf Quelle: Eigene Darstellung in enger Aniehnung an MEFFERT, H./BURMANN, CH. (2005).
1.2
Absatzmarktbezogene Ansatze der Markenfuhrung
Mitte der 1960er-Jahre bildete sich der funktionsorientierte Ansatz der Markenfuhrung heraus. Herrschte fruher die Meinung vor, eine Marke lasse sich durch das Vorliegen bestimmter konstitutiver Merkmale definieren und primare Aufgabe der Markenfuhrung sei es, diese uber Markierung, Aussehen und Verpackung zu bedienen, ruckt nun der Absatzbereich in den Betrachtungsfokus.^^^ Vor dem Hintergrund eines stark wachsenden Warenangebotes und einer zunehmenden Kaufernnarktsituation wird der Absatzbereich der Unternehmen zum zentralen Engpass. Der Markenartikel wird daher mit dem Ziel, einen direkten Kontakt zum Abnehmer herzustellen, als ein in sich geschlossenes Absatzsystem definiert.^^^ Im Mittelpunkt der Markenfuhrung steht deshalb die Frage, wie die betrieblichen Funktionen bestmoglich auszugestalten sind, um diese Kundennahe zu erreichen.
Vgl. MEFFERT, H., Marketing Management - Analyse-Strategie-lmplementierung, Wiesbaden 1994, S. 3 f. Vgl. DiCHTL, Grundidee, Entwicklungsepochen und heutige wirtschaftliche Bedeutung des Markenartikels, a.a.O., S. 64; MEFFERT/BURMANN, Wandel in der Markenfuhrung - vom instrumentellen zum identitcltsorientierten MarkenverstSndnis, a.a.O., S. 25.
38
Kapitel B
Standen vorher lediglich Markierungs- und Verpackungsgestaltung im Fokus, so wird Marketing nun „vor allem als eine operative Beeinflussungstechnik gesehen"^'^^. Dementsprechend werden alle Instrumente des Marketing-Mix und damit auch Marktforschung, Produktentwicklung sowie Preis- und Distributionspolitik definitorisch in das Aufgabenfeld des Markenmanagements integriert.^^° Die effektive Ausgestaltung dieser en/veiterten Marketingfunktionen wird als zentraler Wettbewerbsvorteil beim funktionsorientierten Ansatz betrachtet.^^^ Dabei werden Vertrieb und Distributionspolitik eine besondere Bedeutung zugemessen.^^^ Mit zunehmenden Sattlgungstendenzen auf vielen Markten, kritischer und preissensibler werdenden Nachfragern, sich schnell verbreitenden technischen Innovatlonen sowie einer zunehmenden wahrgenommenen Qualitats- und Markenparitat wird Mitte der 1970er-Jahre die konsequente Ausrichtung an den Konsumentenbedijrfnissen mehr und mehr zum zentralen Erfolgsfaktor der Markenartikelhersteller. Die fortschreitende Konzentration und damit verbundene zunehmende Marktmacht des Handels in seiner Rolle als Gate-keeper - also als zentrales Element entlang des Absatzweges des Markenartikels zwischen Hersteller und Endverbraucher - verstarken diese Entwicklung zusatzlichJ^^ Die Marke wird infolgedessen immer starker aus der Perspektive des Verbrauchers definiert. Man spricht vom nachfrageorientierten Markenverstandnis. Der Erfolg einer Marke beim Konsumenten ruckt als zentrales charakterisierendes Kriterium in den Vordergrund.^^"* Als Marke wird folglich nur bezeichnet, was eine entsprechende
MEFFERT, Marketing Management - Analyse-Strategie-lmplementierung, a.a.O., S. 4. Vgl. HARTMANN, V . , Markentechnik in der Konsumguterindustrie, in: Mellerowicz, K. (Hrsg.): Schriftenreihe des Forschungsinstitutes fur Markenwesen, Bd. 10, Freiburg i. Br. 1966, S. 13. MEFFERT/BURMANN, Wandel in der Markenfuhrung - vom instrumentellen zum identitatsorientierten Markenverstandnis, a.a.O., S. 25. MEFFERT, Marketing Management - Analyse-Strategie-lmplementierung, a.a.O., S. 4. Vgl. LEWIN, K., Feldtheorien in Sozialwissenschaften. AusgewShlte theoretische Schriften, Bern, Stuttgart 1963, S. 206 f. Vgl. DOMIZLAFF, H., Die Gewinnung des dffentlichen Vertrauens, Hamburg 1982; BEREKOVEN, L., Zum VerstSndnis und Selbstverst^ndnis des Markenwesens, in: Dichtl, E. (Hrsg.): Der Markenartikel heute - Marke, Markt und Marketing, Wiesbaden 1978, S. 35 ff. Einige Autoren sprechen in diesem Zusammenhang auch vom sog. wirkungsorientiertem Markenverstandnis, da der Erfolg und damit die Wirkung einer Marke beim Konsumenten in den Vordergrund der Betrachtung rucken. In diesem Sinne erlSutert BEREKOVEN: „/\m Anfang steht die Feststellung, dass alles, was die Konsumenten als einen Markenartikel bezeichnen oder - besser - empfinden, tatsSchlich ein solcherist." Ebenda, S. 43.
Kapitel B
39
WertschStzung beim Konsumenten besitzt.^^^ Diese singulare, auf die subjektive Konsumentenwahmehmung ausgerichtete Wesensbestimmung der Marke fuhrt allerdings nicht zu einer Vereinfachung des Markenverstandnisses und der Markenfijhrung. Vielmehr wird die Operationalisierung des Markenerfoigs, bspw. die Messung zentraler ZielgroRen des Markenmanagements, zusehends komplexer. Basierend auf diesem nachfragefokussierten Markenverstandnis findet in den 1980er-Jahren der verhaltens- bzw. imageorientierte Ansatz der Markenfuhrung welte Verbreitung.^^® Zentrale AnalysegegenstSnde sind nun Aspekte wie die Bedeutung und Entstehung eines Markenimages und seine Operationalisierung. Damit ruckt die Untersuchung der unterschiedlichen Imagekomponenten und -determinanten, ihrer Einflussstarke, sowie die Ableitung von Handlungsempfehlungen zur zielgericliteten Beeinflussung des Markenimages bei relevanten Zielgruppen in den Fokus. Im Rahmen dessen wird auch das Nutzenkonstrukt vermehrt zur Analyse von Auswahlentscheidungen der Verbraucher herangezogen. Der Nutzen bezeichnet den Grad der Bedurfnisbefriedigung, den ein Objekt - z.B. ein Produkt Oder eine Marke - in der Gesamtheit seiner Merkmale fur den Nachfrager erbringt.^^^ Demnach ist es der Nutzenzuwachs, den der Konsument
THURMANN argumentiert i.S. dieses Paradigmenwechsels: „Wirtschaftlich wirksam wird die Marke erst durch die Annerkennung des Verbrauchers. Damit wird die Anerkennung oder Verkehrsgeltung der Marke zu dem artbestimmenden Merkmal, das den Markenartikel letztlich von der markierten Ware unterscheidet." THURMANN, P., Grundformen des Markenartikels: Versuch einer Typologie, Berlin 1961, S.I6. Vgl. hierzu auch SANDER, M., Die Bestimmung und Steuerung des Wertes von Marken: Eine Analyse aus Sicht des Markeninhabers, Heidelberg 1994, S. 39. Problematisch ist allerdings die Einordnung junger Marken, die auf Grund einer nicht ausreichend eriangten Verkehrsgeltung nach diesem Verstcindnis nicht als Marken gelten. Eine gegenteilige Auffassung vertritt VON MATT, der junge Marken miteinbezieht, wenn deren Aufbau vom Markeninhaber geplant und finanziell durchfuhrbar ist. Vgl. MATT, D. VON, Markenpolitik in der schweizerischen Markenartikelindustrie, Stuttgart 1988, 8. 28 ff. Beim Markenimage handelt es sich um ein mehrdimensionales Einstellungskonstrukt, welches das in der Psyche relevanter externer Zielgruppen verankerte Vorstellungsbild einer Marke reflektiert. Vgl. TROMMSDORFF, V., Konsumentenverhalten, 5. Auflage, Stuttgart 2003, S. 150 f.; KROEBER-RIEL/WEINBERG, Konsumentenverhalten, a.a.O., S. 168 ff. Der imageorientierte Ansatz basiert auf den Ergebnissen umfangreicher Forschungsbemuhungen zur Bedeutung, Entstehung, den Komponenten sowie der Beeinflussbarkeit des Markenimages. Stellvertretend fur die Vielzahl erschienener Publikationen im Rahmen dieser Forschungsrichtung seien an dieser Stelle wiederum eine Untersuchung aus dem deutschsprachigen und eine aus dem angloamerikanischen Raum genannt: TROMMSDORFF, V., Wettbewerbsorientierte Imagepositionierung, in: Markenartikel, Heft 10, 1992, S. 458 ff.; AAKER, D./KELLER, K.L., Consumer Evaluations of Brand Extensions, in: Journal of Marketing, Januar 1990, S. 27 f. Vgl. PERREY, J., Nutzenorientierte Marktsegmentierung: ein integrativer Ansatz zum Zielgruppenmarketing im Verkehrsdienstleistungsbereich, Wiesbaden 1998, S. 12. Der Nutzen bringt dabei ein „nach subjektiven Maflstaben bewertbares und deshalb intersubjektiv nur schwer
40
Kapitel B
durch die Marke erfahrt, der den Markenerfolg bestimmt und somit fur die Klassifikation als Marke maflgeblich ist. Wertvolle Hinweise liefert in diesem Zusammenhang der personlichkeitsorientierte Markenbegriff. Er stellt soziologische und psychologische Aspekte ins Zentrum der Markenfuhrung und versucht so einen Beitrag zur Erklarung ideeller und emotionaler Nutzendimensionen zu liefern.^^® Kritisch angemerkt bezuglich dieser Markenfuhrungsansatze wird in der Literatur eine zu starke Fokussierung auf methodische Uberlegungen und einzelne Komponenten der Problemlosung und damit die Vernachlassigung einer hoiistischen Perspektive. So bemerken MEFFERT und BURMANN bezuglich der zahlreichen Forschungsbemuhungen auf dem Gebiet der imageorientierten Markenfuhrung: „D/e spezifischen St^rken und Schwachen des Markenunternehmens und die funktionsubergreifende Abstimmung und Vernetzung einzelner MaHnahmen zur Imagegestaltung blieben als Folge der zumeist partialanalytisch-methodischen Vorgehensweise unberucksichtigt." ^ ^^ Urn diese Integrationsmangel zu uberkommen, entwickelte sich etwa zeitgleich zum verhaltens- bzw. imageorientierten Konzept der sog. technokratischstrategieorientierte Markenfuhrungsansatz/'^° Im Rahmen dessen wird eine deutlich prozessualere Perspektive auf das Markenmanagement eingenommen.
ijberprufbares Mall an Bedurfnisbefriedigung zum AusdrucK'. FEUERHAKE, C , Konzepte des Produktnutzens und verwandte Konstrukte in der Marketingtheorie: Lehr- und Forschungsbericht Nr. 22, Universitat Hannover, Hannover 1991, S. 16 ff. Das hier zugrunde gelegte Nutzenverstandnis hat seinen Ursprung in der mikroGkonomischen Nutzentheorie, in der es in der Gestalt des HOMO OECONOMICUS personifiziert wird. Die Fiktion des HOMO OECONOMICUS, der sich ausschliefllich rational verhait, urn seinen materiellen Nutzen zu befriedigen, ist nnittlerweile aber in zahlreichen verhaltenswissenschaftlichen Studien widerlegt worden. Vgl. PRIDDAT, B.P., Moral Based Rational Man, in: Brieskorn, N.AA/allacher, J. (Hrsg.): Homo Oeconomicus: Der Mensch der Zukunft?, Stuttgart 1998, S. 1 ff. Im Vordergrund steht insb. die Frage, warum sich Nachfrager in ihrer Produktwahl mitunter .objektiv irrational' verhalten. Zum persGnlichkeitsorientierten Markenmanagements vgl. ausfuhrlich HIERONIMUS, PersGnlichkeitsorientiertes Markenmanagement - Eine empirische Untersuchung zur Messung, Wahrnehmung und Wirkung der MarkenpersOnlichkeit, a.a.O. MEFFERT/BURMANN, Wandel in der Markenfuhrung - vom instrumentellen zum identitatsorientierten MarkenverstSndnis, a.a.O., 8. 27. Vgl. Voss, W.D., Modellgestutzte Markenpolitlk. Planung und Kontrolle markenpolitischer Entscheidungen auf der Grundlage computergestutzter Informationssysteme, in: Meffert, H./Steffenhagen, H./Freter, H. (Hrsg.): Schriftenreihe Unternehmensfuhrung und Marketing, Bd. 16, Wiesbaden 1983, S. 17 f.; MEFFERT, H., Strategische Unternehmensfuhrung und Marketing, Wiesbaden 1988, S. 115 ff.; HAEDRICH, G./TOMCZAK, T., Strategische Markenfuhrung: Planung und Realisierung von Marketingstrategien fur eingefuhrte Produkte, Bern, Stuttgart 2003.
Kapitel B
^
41
Ziele und Aufgaben der Markenfuhrung i.S.v. Planung, Steuerung und Kontrolle aller marktorientierten Entscheidungstatbestande rCicken jn den Vordergrund. So wird versucht, Marketing und Markenmanagement als Fuhrungskonzept auf der Ebene der Unternehmensleitung anzusiedeln.^^^ Allerdings wjrd bei dieser stark formalisierten und mechanischen Betrachtungsweise die Vernachlassigung emotionaler Aspekte der Markenfuhrung bemangelt.^^^ Solche ,weichen' Faktoren werden im identitatsorientierten Markenfuhrungsansatz wieder starker betont.
1.3
Grundkonzept des identitatsorientierten Markenmanagements
Die Entwicklung der Theorie der identitatsorientierten Markenfuhrung begann etwa Anfang der 1990er-Jahre. Im Sinne eines ganzheitlichen Konzeptes wird eine umfassende Integration der angebots- und nachfrageorientierten Perspektiven und damit der Inside-Out- und der Outside-ln-Perspektive unternommenJ^^ Ihr betriebswirtschaftlich-theoretisches Fundament findet die identitatsorientierte Markenfuhrung im Bereich der strategischen Managementforschung. Der marktorientierte Ansatz dieser Forschungsrichtung - der sog. Market-BasedView (IVIBV) - geht von der Annahme aus, dass nachhaltiger Unternehmenserfolg (Performance) einerseits durch die Struktur (Structure) der Produktmarkte, auf denen das Unternehmen tatig ist, und andererseits durch das strategische Verhalten des Unternehmens (Conduct) in diesen Markten bestimmt wird.^^ Er leitet sich
MEFFERT spricht hier auch vom Marketing und damit indirekt auch von der Markenfuhrung als „Leitkonzept des Managements". MEFFERT, Marketing Management - Analyse-StrategieImplementierung, a.a.O., S. 4 f. Vgl. MEFFERT/BURMANN, Wandel in der Markenfuhrung - vom instrumentellen zum identitatsorientierten Markenverstandnis, a.a.O., S. 27. Etwa zeitgleich mit diesem Konzept entwickelte sich auch der sog. fraktale Ansatz der Markenfuhrung. Vgl. hierzu bspw. GERKEN, G., Abschied vom Marketing. Interfusion statt Marketing, Dusseldorf 1990, S. 46; GERKEN, G., Die fraktale Marke, Dusseldorf 1994. Da dieser Ansatz nach herrschender Meinung allenfalls die bestehenden MarkenfuhrungsansStze sehr begrenzt en^/eitert, sich aber eigenstSndig als kaum tragfShig erweisen durfte, wird im auf eine weitere Eriauterung verzichtet. Zur Kritik vgl. z.B. MEFFERT/BURMANN, Wandel in der Markenfuhrung - vom instrumentellen zum identitatsorientierten Markenverstandnis, a.a.O., S. 29 f. Vgl. BuRMANN, CH./MEFFERT, H., Theoretisches Grundkonzept der identitatsorientierten Markenfuhrung, in: Burmann, Ch./Meffert, H./Koers, M. (Hrsg.): Markenmanagement - Identitatsorientierte Markenfuhrung und praktische Umsetzung, 2. Auflage, Wiesbaden 2005c, S. 39 f.
42
Kapitel B
somit aus dem sog. Structur-Conduct-Performance (S-C-P)-Paradigma ab.^^^ Nach PORTER hangt dauerhafter individueller Untemehmenserfolg demzufolge vor allem davon ab, inwieweit ein Unternehmen in der Lage ist, eine geeignete und verteidigungsfahige Positionierung in einem attraktiven Produkt-Markt-Segment zu erreichen.^^^ Kritisch angemerkt im Rahmen des MBV wird allerdings die ausschliefllich marktorientierte Sichtweise zur Erklarung des Unternehmenserfoigs und somit die Vemachlassigung untemehmensintemer Parameter.^^^ Diese innengerichtete Perspektive nimmt der Resource-Based-View (RBV) ein.^^® Vertreter dieses Ansatzes gehen davon aus, dass individueller Untemehmenserfolg mafigeblich durch die unternehmensspezifische Ressourcen- und Kompetenzausstattung determiniert wird. Man spricht daher in Analogie zum S-CP-Paradigma auch vom Resources-Conduct-Performace (R-C-P)-Paradigma. Unter Ressourcen konnen nach BAMBERGER und WRONA in Aniehnung an BARNEY
samtliche unternehmensinternen materiellen und immateriellen Outer, Systeme und Prozesse zusammengefasst werden.^^^ Dabei sind vor allem die organisationalen Fahigkeiten eine bedeutende Teilmenge dieser Ressourcenausstattung. Ziel des RBV ist es, nachhaltiges profitables Wachstum durch ein adaquates Management von Kernkompetenzen zu generieren. Sind die geeigneten Ressourcen
Das S-C-P-Paradigma stellt eine Erweiterung der Perspektive der Industrial Organization (10)Theorie von BAIN dar. Vgl. BAIN, J., Industrial Organization, 2. Auflage, New York 1968. Vgl. PORTER, M.E., What is strategy?, in: Harvard Business Review, Heft 6, 1996, S. 61 ff. Zur Beurteilung der Attraktivitat hat PORTER das Modell der funf WettbewerbskrSfte (.Five Forces') entwickelt. Vgl. PORTER, M.E., Wettbewerbsvorteile: Spitzenlelstungen erreichen und behaupten, 5. Auflage, Frankfurt a.M., New York 1999, 8. 32. Zu dieser Kritik vgl. bspw. BURMANN/MEFFERT, Theoretisches Grundkonzept der identitatsorientlerten Markenfuhrung, a.a.O., S. 40. Ein umfassendere Darstellung zum RBV und seiner Vertreter findet sich bspw. bei RASCHE, OH., Wettbewerbsvorteile durch Kernkonnpetenzen - Ein ressourcenorientierter Ansatz, Wiesbaden 1994. Aktuelle Kritik am Stand der Forschung zum RBV und eine Weiterentwicklung des Ansatzes zur sog. Competence-based Theory of the Firm findet sich bei FREILING, J./GERSCH, M./GOECKE, C , Grundlagen einer „Competence-based Theory of the Firm, Arbeitsbericht Nr. 100 des Instituts fur Unternehmensfuhrung der Ruhr-Universitat Bochum, Bochum 2005. Vgl. BAMBERGER, I.A/VRONA, TH., Der Ressourcenansatz und seine Bedeutung fiir die strategische Unternehmensfuhrung, in: ZfbF, Nr. 48, 1996, S. 132 ff.; BARNEY, J.B., Firm Resources and Sustained Competitive Advantage, in: Journal of Management, 1991, S. 101. Diese relativ weite Interpretation des Ressourcenbegriffs wird in der Literatur teilweise durch die Termini .Kompetenzen' und .Kernkompetenzen' spezifiziert. Vgl. z.B. FREILING, J., Resource-based View und Okonomische Theorie - Grundlagen und Positionierung des Ressourcenansatzes, Wiesbaden 2001,3. 19.
Kapitel B
43
vorhanden, ist es nach dem RBV vorrangige Aufgabe der Untemehmensfuhrung, diese den Anforderungen der Markte entsprechend einzusetzen und zu allozieren.^'^^ Ms zentrale Kritik am RBV wird vor allem der Mangel einer dynamischen Perspektive im Sinne einer aktiven Anpassung von Ressourcen und Fahigkeiten an sich dynamisch wandelnde Marktbedingungen angefuhrt.^"^^ Eine derartige Perspektive schjiefilich wahit der Dynamic-Capability-Ansatz. Im Rahmen dessen wird die dynamische Entwicklung und Anpassung notwendiger spezifischer Fahigkeiten im Zeitverlauf net>en der statischen Ressourcenausstattung in die Untersuchung integriert.^"^^ Es wird nachgewiesen, dass Unternehmen mit der Fahigkeit zur schnellen Multiplikation vorhandener und Aneignung neuer Ressourcen^"^^ dauerhaft uberdurchschnittliche Kapitalrenditen erwirtschaften. Vor dem Hintergrund dieser Integration der markt- und ressourcenorlentierten Sichtweise im Rahmen des strategischen Managements wird die Notwendigkeit eines synthetisierten Ansatzes auch auf dem Gebiet der Markenfuhrung deutlich. In diesem Sinne argumentiert auch MEFFERT, wenn er bemerkt: Jn Zukunft werden die Unternehmen somit die Inside-Out- und die Outside-ln-Perspektive starker dialogisch verbinden mussen"^'^'^ Der in ^Iteren Markenfuhrungsansatzen dominante marktorientierte Outside-ln-Fokus wird daher im Rahmen des identitsitsorientierten Markenmanagements urn eine innengerichtete Perspektive erweitert. Kerngedanke des Konzeptes ist es, dass zwischen dem Fremdbild einer Marke, dem Markenimage aus Sicht externer Anspruchsgruppen wie z.B. Kunden, Lieferanten, Handel etc. und dem Markenselbstbild, der sog. Markenidentitat aus Sicht interner Anspruchsgruppen, d.h. Elgentumer, Fuhrungskrafte, Mitarbeiter etc., unterschieden wird.""^^ BURMANN, BLINDA und NITSCHKE definieren die Markenidenti-
Vgl. BURMANN/MEFFERT, Theoretisches Grundkonzept der identitatsorientierten Markenfuhrung, a.a.O., S. 40 f. Zu dieser Kritik vgl. z.B. BURMANN, CH., Strategische Flexibilitat und Strategiewechsel als Determinanten des Unternehmenswertes, Wiesbaden 2002, S. 170 ff. Zum Dynamic Capability Ansatz vgl. TEECE, D.J./PISANO, G./SHUEN, A., Dynamic Capabilities and Strategic Management, in: Strategic Management Journal, Vol. 18, 1997, S. 509 ff. BURMANN/MEFFERT, Theoretisches Grundkonzept der identitatsorientierten Markenfuhrung, a.a.O., 8.42. MEFFERT, H., Herausforderungen an die Betriebswirtschaftslehre - Die Perspektive der Wissenschaft, in: DBW, 58. Jg., Heft 6, 1998a, 8. 709 f. Die hier erlSuterten theoretischen GrundJagen zum identitatsorientierten Markenmanagement finden sich insbesondere bei BURMANN/MEFFERT, Theoretisches Grundkonzept der identitats-
44
Kapitel B
tat daher als „diejenigen raum-zeitlich gleichartigen Merkmale der Marke, die aus Sicht der internen Zielgruppen in naciitialtiger Weise den Cliarakter der li/farkeprSgen'"'^^. Die Markenidentitat konstituiert sich als Folge eines wechselseitigen ISngeren Prozesses zwischen der Reflektion des eigenen Handels der internen Anspruchsgruppen, ihrer Interaktion mit markenexternen Personen und Anspruchsgruppen sowie deren Wahrnehmung der eigenen und anderer iVIarken.^"^^ Es handelt sich bei der Markenidentitat somit urn ein Aussagenkonzept. Es bringt die wesentlichen Charakteristlka, fur die die Marke zunSchst innengerichtet und sp^ter nach aufien steht bzw. stehen soil, zum Ausdruck.^"^^ Demgegenuber entwickelt sich das Markenimage als Fremdbild der Marke uber einen langeren Zeitraum bei externen Zielgruppen auf Basis ihrer Beurteilung der Marke. Das Markenimage wird im Rahmen des identitatsorientierten Ansatzes daher auch als Akzeptanzkonzept externer Zielgruppen bezeichnet.^"^^ Abbildung 6 stellt dieses Wechselspiel zwischen Markenidentitat und Markenimage als Grundidee des identitatsorientierten Markenmanagements graphisch dar.
orientierten Markenfuhrung, a.a.O. Die Gkonomische Relevanz des Identitatskonstruktes, welches umfassend in der sozialwissenschaftlichen IdentitStsforschung analysiert wurde, kann auf der Grundlage der Neuen InstitutionenCkonomie und der damit einhergehenden Abkehr vom Paradigma des HOMO Oeconomicus belegt werden. Vgl. z.B. ERLEI, M./LESCHKE, M./SAUERLAND, D., Neue Institutionendkonomik, Stuttgart 1999. BURMANN/BLINDA/NITSCHKE, Konzeptionelle Grundiagen des identitatsbasierten Markenmanagements - Arbeitspapier Nr. 1 des Lehrstuhls fur innovatives Markenmanagement (LiM), a.a.O., S. 16. Vgl. BURMANN/MEFFERT, Theoretisches Grundkonzept der identitatsorientierten Markenfuhrung, a.a.O., S. 49. Vgl. KAPFERER, J.-N., Die Marke - Kapital des Unternehmens, Landsberg/Lech 1992, 8. 44 f. Vgl. BURMANN/MEFFERT, Theoretisches Grundkonzept der identitatsorientierten Markenfuhrung, a.a.O., S. 52; KAPFERER, Die Marke - Kapital des Unternehmens, a.a.O., S. 45.
Kapitel B
45
Abb. 6: Grundidee des identitatsorientierten Markenmanagements: Beziehung zwischen Marke, Markenidentitat und Markenimage Quelle: Eigene Darstellung in enger Aniehnung an BURMANN, CH./BLINDA, L./NITSCHKE, A. (2003), S. 6.
BuRMANN und MEFFERT zufolge setzt sich das Markenimage in Aniehnung an VERSHOFEN und KELLER aus drei wesentlichen Komponenten zusannmen: den Markenattributen, dem aus diesen Atthbuten abgeleiteten funktionalen Nutzen der Marke fur den Nachfrager sowie dem symbolischen Nutzen der Marke. Die Kaufverhaltensrelevanz dieser drei DImensionen ninnmt von den Attrlbuten bis zum synnbolischen Nutzen in der Regel zu.^^° Die Markenattribute umfassen samtliche vom Konsumenten wahrgenommenen rationalen und emotionalen Merkmale einer Marke. Der Nachfrager bewertet und verdichtet diese Merkmalsgesamtheit. Daraus resultieren der funktionale und symbolische Markennutzen fur
BURMANN/MEFFERT, Theoretisches Grundkonzept der identitStsorientierten Markenfuhrung, a.a.O., S. 54; KELLER, K.L., Conceptualizing, Measuring, and Managing Customer-Based Brand Equity, in: Journal of Marketing, Vol. 57, Januar, 1993, S. 17; VERSHOFEN, W . , Handbuch der Verbraucherforschung, Bd. 1, Berlin 1940. Der hier unterstellten steigenden Relevanz symbolischer und emotionaler Nutzendimensionen wurde von VERSHOFEN bereits 1959 mit der sog. VERSHOFEN'SCHEN Nutzenleiter ein ubergeordneter Erkiarungsrahmen geschaffen. Sein Aniiegen war es, alle wesentlichen Bereiche menschlichen Denkens und Empfindens, die beim Kauf eines Gutes eine Rolle spielen, zu identifizleren und abzubilden. Daraus leitete er eine Heuristik zur Beschreibung des Kaufverhaltens von Individuen ab. Vgl. VERSHOFEN, W . , Die Marktentnahme als Kernstuck der Wirtschaftsforschung, Berlin 1959.
46
Kapitel B
ihn. Ein symbolischer Nutzen entsteht immer dann, wenn die Marke fur den Nachfrager uber ihre sachlich-funktjonalen Nutzenstiftung hinaus einen Zusatznutzen stiftet. Auch die MarkenidentitSt als Aussagenkonzept der Marke setzt sich aus einer Kombination verschiedener Elemente zusammen. BURMANN und MEFFERT identifizieren auf der Grundlage der sozialwissenschaftlichen und psychologischen Identitatsforschung sechs konstitutive Komponenten der MarkenidentitSt:^^^ •
Markenherkunft: Sie bildet im Sinne einer Ursprungsorientierung fur die unterschiedlichen Zielgruppen die Basis der MarkenidentitSt.
•
Markenkompetenz: Sie beruht in Aniehnung an das R-C-P-Paradigma auf der Ressourcenausstattung eines Unternehmens und determiniert so den spezifischen Wettbewerbsvorteil der Marke.
•
Die Art der Markenleistungen basiert direkt auf der Markenkompetenz und bestimmt die Art und Weise, wie und uber welche funktionalen Komponenten eine Marke Nutzen fur den Konsumenten stiften soli.
•
Markenvision: Sie soil die Markenidentitat im Sinne der Vorgabe einer Entwicklungsrichtung langfristig leiten und insbesondere internen Zielgruppen als Orientierung und Motivation dienen.
•
Die Markenwerte reprSsentieren das .Uberzeugungsfundament' der internen Anspruchsgruppen (,woran die Marke glaubt') und beinhalten dementsprechend vorrangig grundsatzliche emotionale Komponenten.
•
Die Markenpersonlichkeit bestimmt den verbalen und non-verbalen Kommunikationshabltus der Marke, der sowohl vom Kommunikationsstil der Markenreprasentanten als auch von der Markenherkunft gepragt wird.
Das Gesamtkonstrukt Markenidentitat wird dementsprechend durch die spezlfische Auspragung ausgewahlter oder all dieser Komponenten [...] fur den Nachfrager wahrnehmbar und erlebbar.^^^ Nur eine langfristig konsistente Markenidentitat kann Glaubwurdigkeit und Verlasslichkeit und auf dieser Basis eine subjektiv wahrgenommene Sicherheit und damit Vertrauen beim Nachfrager entstehen las-
Vgl. BURMANN/MEFFERT, Theoretisches Grundkonzept der identitatsorientierten Markenfuhrung, a.a.O., S. 56 ff. Ebenda.
Kapitel B
47
sen. Dieses Vertrauen ist vor dem Hintergrund einer zunehmenden Produkt- und Markenvielfalt und dem stelgenden ,Information Overload' der Nachfrager fur Kaufentscheidungen wichtiger denn je. Die Starke der Markenidentitat als Basis des notwendigen Vertrauens wird dabei vorrangig vom Grad der Ubereinstimmung von Selbstbild und Fremdbild der Marke bestimmt.^^^ Hauptaufgabe der Markenfijhrung nach diesem Konzept ist es daher, durch systematische und konsistente Gestaltung der einzelnen Komponenten eine eigenstandige und widerspruchsfreie Markenidentitat zu konzipieren und diese in der Wahrnehmung aller internen und externen Zlelgruppen zu etablleren. Es bleibt festzuhalten, dass das identitStsorientierte Markenverstandnis vor dem Hintergrund der aktuellen markt- und unternehmensseitigen Kontextfaktoren und insbesondere auch auf Grund seines integrativen Ansatzes das geeignete Konzept fur ein systematisches Markenmanagement darstellt. Um dem Anspruch einer modernen Markenfuhrung auch im Rahmen von Mehrmarkenstrategien gerecht zu werden, ist es zur Etablierung konturierter Markenidentitaten im Markenportfolio zweckmafiig, auch im Rahmen des Mehrmarkenmanagements nicht ausschliefllich auf die Kundenwahrnehmung und damit das Markenimage abzustellen. Der Betrachtungshorlzont ist vielmehr um eine innengerichtete ressourcen- und kompetenzorientierte Perspektive zu erweitern. Insofern erwelst sich der identitatsorientierte Markenmanagementansatz auch fur den Mehrmarkenfall als der geeignete ubergeordnete Bezugsrahmen. Bevor auf den Planungsprozess von Mehrmarkenstrategien als Spezifikum des identitatsorientlerten Markenmanagements und die Analyse des strategischen Mehrmarkencontrollings eingegangen werden kann, mussen die Grundlagen von (Marken-)Portfollotheorie und Mehrmarkenstrategien als zweite wesentliche Saule des theoretischen Fundaments der folgenden Untersuchung erarbeitet werden.
Vgl. BURMANN/BLINDA/NITSCHKE, Konzeptionelle Grundlagen des identitatsbasierten Markenmanagements - Arbeitspapier Nr. 1 des Lehrstuhls fur innovatives Markenmanagement (LiM), a.a.O., S. 24f.
48
Kapitel B
2.
Konzeption von Markenportfolios
2.1
Grundlagen der klassischen Portfoliotheorie
Die Portfoliotheorie geht auf den amerikanischen Nobelpreistrager HARRY M. MARKOWITZ zuruck. Sie basiert originar auf Uberlegungen zur Optimierung von Aniagestrategien am Kapitalmarkt.^^ MARKOWITZ versuchte im Rahmen seiner als Portfolio Selection Theory bekannten Uberlegungen, eine Planungsmethode zur Bestlmmung eines optimalen Wertpaplerdepots an der AktienbGrse zu entwickeln. Zwei Fragen standen hier im Vordergrund: Wie lasst sich das zu beobachtende Verhalten der Anieger erklaren, i.d.R. mehrere Wertpapiere In Ihr Portfolio (synonym auch als .Portefeuille'^^^ bezeichnet) aufzunehmen? Wie sollte diese DIversifikation eines Portfolios rational gestaltet werden, d.h. welche und wie viele unterschiedliche Wertpapiere sollten in ein Portfolio aufgenommen werden? Untersucht wird die Entscheidungssituation eines Aniegers, einen bestimmten Kapitalbetrag in Wertpapiere zu investieren, wobei dem Investor grundsatzlich Risikoaversion unterstellt wird. Grundlegend ist aufierdem die Annahme, dass zwischen alien Vermogensobjekten Austauschbeziehungen bestehen. Die Portfoliotheorie geht nun davon aus, dass Wirtschaftsubjekte eine optimale Struktur ihres Kapitals im Sinne einer Balance anstreben. Die Aniagealternativen werden daher nach den Kriterien erwartete Kapitalrendite (ermittelt nach dem Erwartungswertkonzept) sowie dem potenziellen Risiko (ausgedruckt als Varianz zwischen tatsachllcher Kapitalverzinsung und Erwartungswert) bewertet.^^^
Vgl. MARKOWITZ, H.M., Portfolio Selection, in: Journal of Finance, Vol. 7, 1952, S. 77 ff.; MARKOWITZ, Portfolio Selection. Efficient Diversification of Investments, a.a.O. Der Terminus .Portefeuille' stammt aus dem Franz6sischen und bedeutet wfirtllch ins Deutsche ijbersetzt (1) Aktenmappe (veraltet) und (2) Wertpapierbestand einer Bank oder eines Aniegers. Vgl. DUDEN, Das Fremdworterbuch, Bd. 5, Mannheim 1990. Die Portfoliotheorie bedient sich zur Operationalisierung dieser Entscheidungssituation des u 0 -Prinzips. Die Handlungskonsequenzen werden durch den Erwartungswert der Rendite \\ und die Standardabweichung o eindeutig festgelegt. Das in diesem Zusammenhang unterstellte risikoscheue Verhalten scheint in der Realitat tatsachlich vorzuherrschen. Ein solches risikoaverses Verhalten liegt vor, wenn der Anieger bereit ist, auf Ertragsteile zugunsten von Risikominderung zu verzichten. Weiterentwickelt wurde die Portfolio Selection Theory durch das .Modell der Kapitalmarktiinie' (,CAPM - Capital Asset Pricing Model'). Zur Portfolio Selection Theory sowie dem Capital Asset Pricing Model vgl. ausfuhrlich PERRIDON/STEINER, Finanzwirtschaft in der Unternehmung, a.a.O., S. 252 ff. Zum EnA/artungswertkonzept, \i o Prinzip sowie anderen Mdglichkeiten zur Abbildung von Risiko im Rahmen der Entscheidungs-
Kapitel B
49
Das Gesamtverm6gen soil so auf unterschiedliche Aniageoptionen verteilt werden, dass solche mit hoher erwarteter Rendite und hohem Risiko eine Balance mit Anlagen mit geringerem Risiko aber damit auch geringer Renditeerwartung halten.^^^ Die Vertellung des Gesamtvermogens auf unterschiedliche Aniageobjekte dient somit der Risikostreuung. Ziel ist es, jene Wertpapiermischung zu bestinnmen, bei der das Aniagerisiko bei gegebener Gesamtrendite des Wertpapierbundels minimal ist oder bei gegebenem Risiko der Ertrag maximiert wird. Diese Idee, Im Rahmen der Beurteitung der Gesamtvorteilhaftigkeit eines BOndels (Portfolio) von Aniageobjekten die einzelnen Objekte nicht isoliert nach den Kriterien Rendite und Risiko zu beurteilen, sondern auch ihre wechselseitigen Beziehungen zu beruckslchtigen, wurde analog auf diversifizierte Unternehmen ubertragen.^^® In Aniehnung an das Wertpapierportfolio wird ein Unternehmen als eine Gesamtheit von Organisatlonseinheiten, Tatigkeitsfeldern oder Produkten betrachtet. Sle tragen gemeinsam zum Gesamtunternehmenserfolg bei und konnen folglich nicht volllg unabhangig beurteilt und gesteuert werden. Haufig wird das analysierte Unternehmen in strategische Geschaftseinheiten (SGE) elngeteilt.^^^ Grundgedanke solcher Portfollo-Modelle ist die vergleichende Beurtellung dieser verschiedenen Objekte innerhalb eines Unternehmens anhand bestimmter Erfolgsfaktoren, wie z.B. okonomische bzw. finanzwirtschaftllche Kennzahlen. Das Leistungsangebot wird i.d.R. auf zwei Erfolgsfaktoren verdichtet. Anhand dieser wird ein Raum aufgespannt in dem die SGE eines Unternehmens positioniert und somit analysiert werden. Ziel ist es, Maflnahmen in RIchtung eines ausgeglichenen Unternehmensportfollos ableiten zu konnen. Letztendlich stellen derartige Portfoliokonzepte Strukturierungsmodelle dar, mittels derer ein interdependen-
theorie vgl. z.B. ADAM, Planung und Entscheidung: Modelle - Ziele - Methoden; Fallstudien und LGsungen, a.a.O., S. 238 ff.; ADAM, Investitionscontrolling, a.a.O., S. 327 ff. Diese Balance kann als Gleichgewicht zwischen den Aniageoptionen bezeichnet werden, welches erst beim Verzinsungsoptimum unter der Nebenbedingung des festgelegten Risikogrades oder vice versa erreicht ist. Vgl. VOLLMER, T., Kritische Analyse und Weiterentwicklung ausgewahlter Portfoliokonzepte im Rahmen der strategischen Planung, Frankfurt am Main u.a. 1993, S. 31ff. Vgl. FRETERA^ECKER/BAUMGARTH, Markenportfolio, a.a.O., S. 2. Bei diesen SGE handelt es sich urn Geschaftseinheiten eines Unternehmens, die sich dadurch auszeichnen, dass sie eine eigenstSndige Marktaufgabe erfullen, damit als vollwertiger Konkurrent am Markt auftreten und dementsprechend entlang eines eigenen strategischen Plans einen Beitrag zur Steigerung des Gesamtunternehmenserfoigs liefern sollen. Vgl. MEFFERT, Marketing Management - Analyse-Strategie-lmplementierung, a.a.O., S. 41 ff.
50
Kapitel B
tes Objektbundel auf hoher Aggregationsebene anhand bestimmter Kriterien angeordnet und bewertet werden kann. Dieses Grundprinzip wird im Rahmen aller Portfoliokonzepte im Sinne einer strategischen AnaJysemetliode verwendet. Basierend auf dieser Grundidee eines Strukturierungsmodells wurde eine Vielzahl unterschiediiclner Portfoliokonzepte entwickelt, die sich nach unterschiedlichen Kriterien systematisieren lassen. Nach den zugrunde gelegten Erfolgsfaktoren lassen sich bspw. das Markanteils-Marktwachstums-Portfolio, das MarktattraktivitSts-Wettbewerbspositions-Portfolio und das GeschaftsfeldstSrken-RessourcenPortfolio unterscheiden.''^° Nach dem Kriterium Analyseobjekt sind neben dem Wertpapier- und dem SGE-Portfolio bspw. das Produkt-, das Kunden-, das Wettbewerber- und auch das Markenportfolio entwickelt worden.^®^
2.2
Konzeptuallsierung von Markenportfolios und Mehrmarkenstrategien
Ahnllch dem Konstrukt Marke erweist sich die theoretische Durchdringung des Objektes Markenportfolio schon deshalb als komplex, da sowohl in der wissenschaftllchen Fachliteratur als auch in der Marketingpraxis unterschiedliche Begriffsauffassungen bezuglich des Terminus Markenportfolio existieren. Daruber hinaus findet sich eine ganze Reihe von Begriffen wie bspw. Brand Portfolio^^^, Markenstruktur^^^, Markenarchitektur^^ und Markenhierarchie^^^, die haufig
Das sog. Marktwachstums-Marktanteils-Portfolio der BOSTON CONSULTING GROUP ( B C G ) stellt
wohl eines der bekanntesten Portfoliomodelle dar. Es verfolgt das Ziel, strategische Mafinahmen derart zu planen, dass ein mGglichst ausgeglichener Cash-Flow fur das Unternehmen erreicht wird. Die SGE eines Unternehmens werden entlang der Dimensionen Marktanteil und Marktwachstum in einem zweidimensionalen Raum angeordnet. Diese Matrix wird in vier Felder unterteilt, fur die jeweils unterschiedliche Normstrategien definiert werden. Die Finanzmittel fur expansive SGE sollen dabei vollst^ndig durch Uberschusse aus ruckiaufigen SGE generiert werden. Vgl. hierzu ausfiihrlich BACKHAUS et al., Koordination betrieblicher Entscheidungen - Die Fallstudle Peter Pollmann, a.a.O., S. 117 ff. Zu den unterschiedlichen Portfoliokonzepten, insbesondere dem Kundenportfolio, vgl. bspw. FRETER, H., Kunden-Portfolio-Analyse, Arbeitspapier des Lehrstuhls fur Marketing der University Siegen, Siegen 1992, S. 1-24. Zu finden z.B. bei KELLER, Strategic Brand Management, a.a.O., S. 534 ff. AAKER/JOACHIMSTHALER, Brand Leadership: The Next Level of the Brand Revolution, a.a.O., 8. 112ff. So etwa bei ESCH, F.-R./BRAUTIGAM, S., Corporate Brands versus Product Brands? Zum Management von Markenarchitekturen, in: Thexis, 18. Jg., Heft 4, 2001, 8. 27 ff.
51
Kapitel B
synonym zum Terminus Markenportfolio verwendet werden, wenngleich einige davon bei prSziser Betrachtung einen anderen inhaltlichen Sachverhalt beschreiben.
Es gilt also zunSchst, ein Wares Verstandnis des Begriffs Markenportfolio zu
entwickeln. Tabelle 2 verdeutlicht hierfur die angesprochene Begriffsvielfalt.
Autor
Definition
DACIN/SMITH(1994)
•
„[...] number of different products [...]."
•
„[...] quality variance across products affiliated with a brand [...]."
•
„[• • •] degree of relatedness among products affiliated with a brand."
KELLER(1998)
„ The brand portfolio is a set of all brands and brand lines that a particular firm offers for sales to buyers in a particular category"
ARBER(1999)
„Gesamtfieit der Marken(-kombinationen), Unternehmung eingesetzt werden."
AAKER/JOACHIMSTHALER
„The brand portfolio includes all the brands and subbrands attached to product market offerings, including co-brands with other firms."
(2000)
die von einer
FRETER/WECKER/ BAUMGARTH (2002)
Unter Markenportfolio i.e.S. „versteht man die Fuhrung von mindestens zwei Marken in einem Leistungsbereich. [...] Markenportfolio i.w.S hebt die Bedingung auf, dass die Marken eines Untemehmens in einem einzigen Leistungsbereich t^tig sind\
AAKER(2004)
„ The brand portfolio includes all of the brands managed by the organization, including the master brands, endorsers, subbrands, branded differentiators, brand energizers, and corporate brands."
Tab. 2: AusgewShlte Definitionen des Terminus Markenportfolio Quelle: Eigene Darstellung in Aniehnung an FRETER, H.A/VECKER, F./BAUMGARTH, C. (2002), S. 393. Mit Ausnahme der Interpretation von DACIN und SMITH, die von einem Markenportfolio sprechen, wenn unter einer Marke verschiedene Leistungen angeboten werdenj®^ lassen sich zwei Stromungen identifizieren: Einerseits wird unter einem Markenportfolio die Fuhrung mindestens zweier Marken in einem Leistungsbereich verstanden (z.B. bei KELLER^^^).
FRETER, WECKER und BAUMGARTH bezeichnen
Vgl. BRAUTIGAM, S., Management von Markenarchitekturen - Ein verhaltenswlssenschaftliches Model! zur Analyse und Gestaltung von Markenportfolios, Gleften 2004, S. 10 ff. Zu diesem Begriffsverstandnis vgl. DACIN, P.A./SMITH, D . C , The Effect of Brand Portfolio Characteristics on Consumer Evaluations of Brand Extensions, in: Journal of Marketing Research, 31. Jg., Heft 2, 1994, S. 229 f. KELLER, K.L., Strategic Brand Management, Upper Saddle River 1998, a.a.O, S. 401.
52
Kapitel B
diese Definition als Markenportfolio im engeren Sinne.^^® Andererseits findet sich eine weiter gefasste Begriffsinterpretation, die die Bedingung desselben Leistungsbereiches aufhebt, wie bspw. bei ARBER.''^® Der Grundgedanke von Portfoliokonzepten besteht darin, Uberlegungen hinsichtlich der optimalen Struktur eines Objektbundels anzustellen, wobei die einzelnen Objekte dabei nicht vollig unabhSngig voneinander sind, sondern vielmehr interdependente Entscheidungsfelder vorliegen. Diesem Ursprungsgedanken folgend, ist das Kriterium unterschiedlicher Marken eines Leistungsbereiches im Sinne KELLERS als wesensbestimmendes Merkmal eines Markenportfoiios zu eng gefasst. Auch bei Marken eines Unternehmens, die nicht im gleichen Leistungsbereich tStig sind, bestehen Interdependenzen, bspw. bei der Allokation knapper Ressourcen im Rahmen der Budgetplanung. Infolgedessen soli im Rahmen dieser Arbeit mit BURMANN und MEFFERT und in Aniehnung an AAKER unter einem
Markenportfolio „die Gesamtheit der von einem Unternehmen gefuhrten Marken"^^^ verstanden werden. Darauf aufbauend kann unter dem Begriff Markenportfolio-Management der ganzheitliche Prozess der Planung, Steuerung, Koordination und Kontrolie von Markenportfoiios verstanden werden.^^^ Der Terminus Markenarchitektur schliefilich bezeichnet den Aufbau und die Struktur eines Markenportfoiios und damit seine innere Logik. Demzufolge kann man unter einer Markenarchitektur die Anordnung aller Marken eines Unternehmens verstehen.^^^ Gegenstand der Gestaltung der Markenarchitektur ist die
Vgl. FRETER/WECKER/BAUMGARTH, Markenportfolio, a.a.O., S. 393. Vgl. ARBER, D., Markensysteme, Berlin 1999, S. 22. BURMANN/MEFFERT, Gestaltung von Markenarchitekturen, a.a.O., S. 164; AAKER, Brand Portfolio Strategy - Creating Relevance, Differentiation, Energy, Leverage, Clarity, a.a.O., S. 16. Unter dem Begriff Markenportfolio-Management wird in der Literatur haufig auch die Markenausdehnung diskutiert. Vgl. LAFORET, S./SAUNDERS, J., Managing Brand Portfolios: How The Leaders Do It, in: Journal of Advertising Research, Nr. 5, 1994. S. 64 ff. Letztlich handelt es sich hierbei jedoch lediglich urn Produktportfolios unter einer Marke im Sinne einer Dach- oder Familienmarkenstrategie, Shnlich wie es in der Markenportfoliodefinition von DACIN und Smith zum Ausdruck kommt. Vgl. DACIN/SMITH, The Effect of Brand Portfolio Characteristics on Consumer Evaluations of Brand Extensions, a.a.O., S. 229 f. Vgl. BRAUTIGAM, Management von Markenarchitekturen - Ein verhaltenswissenschaftliches Modell zur Analyse und Gestaltung von Markenportfoiios, a.a.O., S. 14 in Aniehnung an AAKER/JOACHIMSTHALER, Brand Leadership: The Next Level of the Brand Revolution, a.a.O., S. 102, sowie ESCH, F.-R./BRAUTIGAM, S., Analyse und Gestaltung komplexer Markenarchitekturen, in: Esch, F.-R. (Hrsg.): Moderne Markenfuhrung: Grundlagen - innovative AnsStze praktische Umsetzungen, 4. erw. und akt. Auflage, Wiesbaden 2005, S. 841.
Kapitel B
53
Definition der auf den verschiedenen Hierarchieebenen des Unternehmens verwendeten Marken, ihrer unterschiedlichen strategischen Rollen^^^ sowie der zwischen ihnen gewunschten Beziehungen.^^"^ In der Literatur existiert eine Reihe verschiedener Konzepte zur Systematisierung und Analyse von Markenarchitekturoptlonen.^^^ Die Mehrzahl dieser Konzepte stellt allein auf das Differenzierungskriterium vertlkaler Integrationsgrad ab. BuRMANN, BLINDA und NiTSCHKE sind allerdings der Auffassung, dass diese Eindimensionalitat der In der Praxis vorherrschenden Koniplexltat nicht gerecht werde.^^^ Sie schlagen daher zur Erfassung und Analyse von Markenarchitekturen einen dreidimensionalen Strukturierungsraum vor. Dieser wird durch eine vertikale, eine handelsgerichtete und eine horizontale Dimension aufgespannt.''^^ In der vertikalen Dimension werden die Architekturoptionen nach dem Integrationsgrad klasslfiziert. Er bezeichnet die Intensitat der Verknupfung der Marken auf den unterschiedlichen organisatorischen Ebenen eines Unternehmens. In Anlehnung an AAKER und JOACHIMSTHALER werden dabei vier Grundtypen von Markenarchitekturen entlang eines Integrationskontinuums unterschieden.^''^ Beim sog. Branded House liegt ein maximaler Integrationsgrad vor; alle Leistungen des Unternehmens werden unter der Corporate Brand gefuhrt. Demgegenuber treten beim House of Brands (minimaler Integrationsgrad) nur Unternehmensberelchsoder Produktmarken gegenuber den Nachfragern in Erscheinung. Durch Kombi-
Unter der Rolle einer Marke - auch als strategische Rolle bezeichnet - wird die Aufgabe und Funktion einer einzelnen Marke im Rahmen der Gesamtportfoliostrategie des Unternehmens verstanden. Vgl. hierzu AAKER, Brand Portfolio Strategy - Creating Relevance, Differentiation, Energy, Leverage, Clarity, a.a.C, 8. 23 ff. Vgl. BURMANN/MEFFERT, Gestaltung von Markenarchitekturen, a.a.C, S. 165; AAKER/JOACHIMSTHALER, Brand Leadership. The Next Level of the Brand Revolution, a.a.O., S. 135. Eine Zusammenstellung und kritische Wurdigung der unterschiedlichen Strukturierungskonzepte findet sich bspw. bei BRAUTIGAM, Managennent von Markenarchitekturen - Ein verhaltenswissenschaftliches Modell zur Analyse und Gestaltung von Markenportfolios, a.a.O. Zur hier angesprochenen Kritik an den bestehenden AnsStzen vgl. BURMANN/MEFFERT, Gestaltung von Markenarchitekturen, a.a.O., S. 172. Vgl. BURMANN/BLINDA/NITSCHKE, Konzeptionelle Grundlagen des identltatsbasierten Markenmanagements - Arbeltspapler Nr. 1 des Lehrstuhls fur innovatives Markenmanagement (LiM), a.a.O., S. 26 ff. AAKER und JOACHIMSTHALER sprechen bei diesem Kontinuum vom sog. Brand Relationship Spectrum. Vgl. AAKER/JOACHIMSTHALER, Brand Leadership: The Next Level of the Brand Revolution, a.a.O., 8. 105.
54
Kapitel B
nation dieser beider Maxima des Kontinuums ergeben sich zwei weitere Basisoptionen: Subbrands und Endorsed Brands. Auf der handelsgerichteten Dimension werden die verschiedenen Architekturoptionen danach unterschieden, ob ein Untemehmen seine Produkte lediglich als klassischer Markenhersteller anbietet Oder die Absatzmittler stattdessen bzw. zusatzlich mit Handelsmarken bedient werden. Neben der Option des klassischen Markenherstellers wird hier, abhangig von der Qualitat der angebotenen Handelsmarken, zwischen drei weiteren Optionen differenziert: Premium-Eigenmarken, klassischen Eigenmarken und Gattungsmarken.^^® Innerhalb der horizontalen Dimension der Markenarchitektur wird schlielilich zwischen der Einzelmarken- und der Mehrmarkenstrategie differenziert. Bei der Einzelmarltenstrategie bietet ein Unternehmen jedes seiner Produkte unter der gleichen Marke an.^^° Werden mindestens zwei Marken eines Unternehmens parallel im selben Produktbereich gefuhrt, wird demgegenuber von einer IVIehrmarkenstrategie gesprochen.^^^ Abbildung 7 stellt diesen dreidimensionalen Systematisierungsraum graphisch dar.
Eine detaillierte Ableitung und ErklSrung dieser Dimensionen, insbesondere der handelsgerichteten, findet sich auch bei BURMANN/MEFFERT, Gestaltung von Markenarchitekturen, a.a.O.; MEFFERT, Marketing: Grundlagen marktorientierter Unternehmensfiihrung: Konzepte Instrumente - Praxisbeispiele, a.a.O., S. 873 ff. Die hier verwendete Definition geht auf MEFFERT zurtick. MEFFERT, H., Strategische Optionen der Markenfuhrung, in: Meffert, H./Burmann, Ch./Koers, M. (Hrsg.): Markenmanagement Grundfragen der identitatsorientierten Markenfuhrung, Wiesbaden 2002, S. 138 ff. Letztlich handelt es sich dementsprechend - dieser Strukturierung folgend - bei der von KELLER formulierten Markenportfoliodefinition und dem von FRETER, WECKER und BAUMGARTH
als Markenportfolio i.e.S. bezeichneten Konstruktes urn eine Mehrmarkenstrategie, da zusStzlich zum Kriterium des Vorhandenseins von mindestens zwei Marken innerhalb eines Unternehmens auch die zweite Bedlngung - Tatigkeit innerhalb derselben Kategorie - erfullt ist.
Kapitel B
55
Vertikale Dimension: Integrationsgrad der Marken auf den unterschiedlichen Untemehmensebenen Handelsgerichtete Dimension: Art der Auftragsproduktion fur den Handel
A
Branded House
Gattungs-"Marken" Klassische Eigenmarken des Handefs Premium-Ejgenmarken des Handels House of Brands Einzelmarkenstrategie
•
Horizontale Dimension: Anzahl Marken in einer Leistungskategorie
Abb. 7: Dreidimensionaler Strukturierungsraum fur Markenarchitekturtypen Quelle: Eigene Darstellung in enger Aniehnung an BURMANN, CH./BLINDA, L./NITSCHKE, A. (2003), S. 26.
Bei einer Mehrmarkenstrategie handelt es sich im Gegensatz zum Management eines Produktportfolios, wie z.B. bei einer Dach- oder Familienmarkenstrategie, um ein Instrument zur Profilierung von Marken portfolios im horizontalen Wettbewerb. Es findet eine Marktbearbeitung mit mehreren, innerhalb desselben Produktbereiches parallel auf den Absatzmarkt ausgerichteten Marken statt.^^^ Dieses Begriffsverstandnis ist allerdings in der Literatur nicht unumstritten. Einigkeit besteht daruber, dass eine Mehrmarkenstrategie die parallele Fuhrung von mindestens zwei Marken belnhaltet. Uneins ist man indes bei der Frage, auf welchen relevanten Markt sie ausgerichtet sind. So bezieht sich KELLER auf eine „Waren- bzw. Produktkategorie"^^^, KOTLER und BLIEMEL sprechen von einer „Produktlinie"^^ und Meffert - auf dessen Definition hier abgestellt werden soil - be-
Vgl. MEFFERT, H., Strategien zur Profilierung von Marken, in: Dichtl, E./Eggers, W. (Hrsg.): Marke und Markenartikel als Instrumente des Wettbewerbs, Munchen 1992b, S. 137. KELLER, Strategic Brand Management, a.a.O., S. 404. KOTLER, PH./BLIEMEL, F., Marketing-Management: Analyse, Planung, Umsetzung und Steuerung, 9. Auflage, Stuttgart 1999, 8. 710 f.
56
Kapitel B
zieht sich auf einen „Produlrfstisch«| Kompomnto / Kompon«nt«
Okonomischer Markenw«rt
Abb. 15: Zielsystem des Mehrmarkencontrollings Quelle: Eigene Darstellung.
Vgl. KoERS, Steuerung von Markenportfolios - Ein Beitrag zum Mehrmarkencontrolling am Beispiel der Automobilindustrie, a.a.O., 8.111.
Kapitel C
99
Die einzelnen Konstrukte dieses Zielsystems sind durch adequate Kennzahlen und Indikatoren zu operationalisieren. Nur auf dieser Grundlage kann das System einer Messung und damit einer systematischen Steuerung i.S. des Mehrmarkencontrollings zuganglich gemacht werden. In diesem Sinne argumentiert auch MEFFERT, wenn er die Auswahl geeigneter Kennzahlen und Kontrollgrofien als eines der Zentralprobleme des Marketing-Controllings bezeichnet.^^"^ Die folgende Ableitung der Kennzahlen soil entlang der Wirkungszusammenhange des entwickelten Zielsystems erfolgen: Zunachst werden die Indikatoren der Markenstarke bei internen Anspruchsgruppen erarbeitet. Innerhalb dessen ist zwischen psychographischen und behavioristischen Kennzahlen zu unterscheiden. Gleiches gilt im zweiten Schritt fur die Markenstarke bei externen Zielgruppen. Schliefilich werden als Resultante dieser Dimensionen die zentralen okonomischen Steuerungsgro(ien herausgearbeitet.
3.3
Kennzahlensystem eines strategischen Mehrmarkencontrollings
3.31
SteuerungsgroRen der Markenstarke bei internen Zielgruppen
Das zentrale Konstrukt der Markenstarke bei internen Zielgruppen stellt die Markenidentitat dar. Eine konsistente und starke Markenidentitat kann letztlich erst durch die Entscheidungen und Handlungen der Mitarbeiter entstehen; die Marke wird erst dadurch ,zum Leben erweckt'.^^^ Seitens der psychographischen Analysedimension kann die Markenidentitat durch das Einstellungskonstrukt Brand Commitment (BC) erfasst werden.^^® Es bezeichnet den Grad der psychologischen Bindung der Mitarbeiter und Fuhrungskrafte an die Marke.
Vgl. MEFFERT, Marketing: Grundlagen marktorientierter Untemehmensfuhrung: Konzepte Instrumente - Praxisbeispiele, a.a.O., S. 1141. Dies gilt nicht nur fur die Mitarbeiter in Marketing und Vertrieb, sondern auch fur andere Unternehmensbereiche, da diese bspw. fiir die Qualitat der angebotenen Produkte und Dienstleistungen verantwortlich sind, weshalb diese indirekt an der Markenbildung beteiligten Mitarbeiter von GUMMESSON z.B. als ,Part-Time- Marketer' bezeichnet werden. Vgl. GUMMESSON, E., The New Marketing - Developing Long-Term Interactive Relationships, in: Long Range Planning, 79. Jg., 1987,8. 128 ff. Vgl. BURMANN, CH./ZEPLIN, S., Innengerichtetes identitatsbasiertes Markenmanagement, in: Burmann, Ch./Meffert, H./Koers, M. (Hrsg.): Markenmanagement - IdentitStsorientierte Markenfuhrung und praktische Umsetzung, 2. Auflage, Wiesbaden 2005, S. 117 ff.
100
Kapitel C
ZEPLIN stellt in einer umfassenden empirischen Untersuchung fest, dass es sich beim BC um ein eindimensionales Konstrukt handelt, dass auf den psychologischen Grundlagen der Internalisierung und Identifikation beruht.^^'' Die Internalisierung bezeichnet die Integration der Markenidentitat in das personliche Selbstkonzept der Mitarbeiter. In seiner extremsten AusprSgung bedeutet eine solche Internalisierung eine vollstandige Ubereinstimmung der personlichen Identitat und der Markenidentitat. Die Kernwerte der Markenidentitat werden in diesem Fall unbewusst zum standlgen Leitprinzip des Handels der Mitarbeiter. Identifikation mit der Markenidentitat bezieht sich auf das ZugehOrigkeitsgefQhl zu der die Markenidentitat pragenden Gruppe. D.h., eine starke Markenidentifikation fuhrt zu einer personlichen Verpflichtung gegenuber Kollegen, Mitarbeitern und Vorgesetzten. In einem zweiten Schritt der Untersuchung gelingt es, das BC mit seinen Facetten Internalisierung und Identifikation auf der Mafinahmenebene zu konkretisieren. ZEPLIN identifiziert hier kausalanalytisch drei Determinanten, die einen positiven Einfluss auf das Brand Commitment haben: (1) den Grad der Markenorientierung der HR-AktlvitSten, (2) die QualitSt der innengerichteten Markenkommunikation und (3) den Grad der Markenorientierung in der Mitarbeiterfuhrung. Das Personalmanagement (HR) kann zu einenn starken BC beitragen, indem es einen hohen Mitarbeiter-Markenidentitats-Fit sicherstellt. Das bedeutet, dass das MarkenidentitStskonzept Grundlage der Personalprozesse sein soUte. Dies kann bspw. das Arbeitgebermarketing, die Personalselektion, die Integration neuer Mitarbeiter sowie die Beurteilungs- und Beforderungskriterien umfassen. Die zweite Deternninante stellt die Qualitat der internen Markenkommunikation dar. Voraussetzung ist zunachst das Bewusstsein der Mitarbeiter fur die Relevanz der Marke. Entscheldend ist die Erkenntnis, dass samtliche Mitarbeiter direkt Oder indirekt an der Markenbildung beteiligt sind und diese Aufgabe nicht allein der Marketingabtellung Im Unternehmen zukommt. Darauf aufbauend ist den internen Anspruchsgruppen ein Verstandnis der Markenidentitat zu vermltteln. DIese Aufgabe kann bspw. mit Hilfe eines Markenleitblldes oder Markenhandbuches unterstutzt werden. Als dritter Hebel zur Starkung des BC wird die markenorientierte Fuhrung identifiziert. Die Markenidentitat Ist den Mitarbeitern von ihren Fuhrungskraften auf alien Hierarchieebenen glaubwurdig und konsistent vorzuleben.
^^^ Hierzu sowie zu den folgenden ErlSuterungen zum BC vgl. ausfuhrlich ZEPLIN, S., Innengerichtetes identitStsbasiertes Markenmanagement, Wiesbaden 2005.
Kapitel C
101
Ein derart operationalisiertes Brand Commitment determiniert die verhaltenswissenschaftliche Ebene der intemen Markenstarke. Als zentrales mehrdimensionales latentes Konstrukt identifizieren BURMANN und ZEPLIN hier das Brand Citizenship Behavior (BCB).^^® Es setzt sich aus bestimmten Mitarbeiterverhaltensweisen zusammen und reprasentiert die behavioristische Komponente der Markenidentitat. ZEPLIN stellt im Rahmen ihrer empirischen Untersuchung fest, dass es sich beim BCB um ein dreidimensionales Konstrukt liandelt: Brand Citizen Behavior kann anhand der Dimensionen Hilfsbereitschaft, Markenenthusiasmus und Entwicklungsbereitschaft operationalisiert und somit gesteuert werden.^^® Ein ausgepragtes BCB aufiert sich zum einen in der Verhaltensdimension Hilfsbereitschaft. Hierunter sind eine generell positive Einstellung der Mitarbeiter, Freundlichkeit, Unterstijtzung und Empathie gegenuber intemen und externen Nachfragem sowie die Bereitschaft zur Ubernahme von Verantwortung zu verstehen.^^° Die zweite Dimension IVIarkenenthusiasmus bezeichnet ein besonderes Engagement der Mitarbeiter bei markenbezogenen Tatigkeiten, das uber das von internen und externen Nachfragern geforderte Anspruchsniveau hinausgeht. Ein solcher Markenenthusiasmus schlagt sich z.B. in freiwilligen, unbezahlten Uberstunden zur Fertigstellung eines Kundenauftrags nieder. Als dritte Dimension des BCB wird die Entwicklungsbereitschaft kausalanalytisch identifiziert. Sie umfasst zum einen die Dimensionen der Selbstentwicklung. Dies bezeichnet die Bereitschaft, kontinuierlich markenbezogene Kenntnisse und Fahigkeiten weiter zu entwickeln. Zum anderen beinhaltet die Entwicklungsbereitschaft die Markenentwicklung. Sie umfasst die Bereitschaft der Mitarbeiter, Beitrage zur Weiterentwicklung der Komponenten der Markenidentitat zu leisten. Im Ergebnis lasst sich festhalten: Das Brand Commitment als zentrales psychographisches Konstrukt determiniert das Brand Citizen Behavior als Kernkonstrukt der verhaltenswissenschaftlichen Komponente der internen Markenstarke. Diese beiden Konstrukte konnen durch verschiedene Determinanten beeinflusst werden.
Vgl. BURMANN/ZEPLIN, Innengerichtetes identitatsbasiertes Markenmanagement, a.a.O., S. 117ff. Zu den folgenden Ausfuhrungen zum BCB vgl. ZEPLIN, Innengerichtetes identitStsbasiertes Markenmanagement, a.a.O. Zur inhaltlichen Interpretation und Konkretisierung der Dimensionen vgl. auch BURMANN/ZEPLIN, Innengerichtetes identitatsbasiertes Markenmanagement, a.a.O., S. 118 f.
102
Kapitel C
Auf diese Weise werden sie einer systematischen Steuerung im Rahmen des (Mehr-)Markencontrollingszuganglich.
3.32
Steuerungsgroften der Markenstarke bei externen Zielgruppen
Voraussetzung fur den Aufbau von Markenstarke im Sinne von interner und externer Verhaltensrelevanz ist eine moglichst hohe Ubereinstimmung von Markenidentitat und Markeninnage.^^^ Seitens der externen Zielgruppen im Markencontrolling stellt somit das Markenimages als Akzeptanzkonzept der Marken das zentrale psychographisclie Analysekonstrukt dar. Dies trifft in besonderem Mafie auch fur das Mehrmarkencontrolling zu. Schliefilich gilt es hier, nicht nur die Differenzierung vom externen Wettbewerb sondern insbesondere auch die angestrebte interne Differenzierung im Vergleich zu anderen Portfoliomarken zu analysieren.^^^ Grundvoraussetzung fur die Existenz eines Markeimages ist die Bekanntheit der Marke bei externen Anspruchsgruppen. Die kontinuierliche Messung der Markenbekanntheiten der Portfoliomarken stellt daher eine Basisgrofie auf Seiten der psychographischen Kennzahlen der Markenstarke bei externen Zielgruppen dar.^^^ Daruber hinaus kann die Markenstarke mittels einer Vielzahl weiterer Konstrukte indirekt spezifiziert werden. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die Markenvertrautheit und die Markensympathie zu nennen. Die Markenvertrautheit bezeichnet einen uber die Markenbekanntheit hinausgehenden Grad der Kunde-Marke-Beziehung.^^ Die Nachfrager kennen bspw. nicht nur den Marken-
Vgl. BURMANN/MEFFERT, Managementkonzept der identitatsorientierten Markenfuhrung, a.a.O.,S. 105 f. MEFFERT und KOERS stellen fest, dass das Markenimage bzw. sein Einfluss auf die MarkenstSrke umso gr6(ier sei, je eigenstandiger, also differenzierter das jeweilige Image im Vergleich zu anderen Marken sei. MEFFERT/KOERS, Identitatsorientiertes Markencontrolling Grundlagen und konzeptionelle Ausgestaltung, a.a.O., S. 280 f. In dieser Weise argumentiert auch KOHLER, der die Eigenst^ndigkeit einer Marke sowohl bezogen auf ihre Produkteigenschaften als auch auf ihre emotional wahrnehmbare Originalitat als wesentliche Bedingung fur den Markenerfolg bezeichnet. Vgl. KOHLER, R., Marke und Verbraucher - Zu den Grundlagen lebenslanger Bindungen, in: Markenartikel, Heft 7, 1993, S. 342. So wachsen AAKER zufolge bspw. mit zunehmender Markenbekanntheit Vertrauen und Zuneigung des Nachfragers zur Marke. Vgl. AAKER, D., Managing Brand Equity, Capitalizing on the Value of a Brand Name, New York 1991a, S. 56 ff. BAUMGARTH definiert die Markenvertrautheit, als Umfang des bereits gespeicherten Wissens des Nachfragers uber eine Marke. Vgl. BAUMGARTH, Markenpolitik, a.a.O., S. 6 1 . Zur Nutzung der Kennzahlen Markenvertrautheit und -sympathie vgl. auch MEFFERT/KOERS, Markenkanni-
Kapitel C
103
namen, sondern konnen die Marke auch einer bestimmten Produktkategorie zuordnen. Diese Vertrautheit resultiert aus haufigeren Kontakten der Nachfrager mit der Marke.^^^ Die Markensympathie schliefilich druckt eine gewisse positive Assoziation der Nachfrager mit einer Marke aus.
ESCH, LANGNER und BRUNNER
schreiben ihr eine wichtige Zwischenrolle zwischen Markenbekanntheit und Markenimage zu.^^^ Das Markenimage verkorpert ein in der Psyche externer Zielgruppen fest verankertes, verdichtendes, wertendes Vorstellungsbild einer Marke. Es handelt sich dabei urn ein komplexes, mehrdimensionales Konstrukt. MEFFERT und KOERS empfehlen daher im Rahnnen des Markencontrollings eine Messung und Analyse auf disaggregierter Ebene.^^^ Diese Analyse sollte die drei Komponenten des Markenimages explizit berucksichtigen: die Markenmerkmale, den funktionalen Markenutzen sowie den symbolischen Markennutzen.^^^ Ferner stellt die Markenzufriedenheit ein zentrales psychographisches Konstrukt seitens der externen Zielgruppen dar. Die Zufriedenheit der Kunden einer Marke resultiert aus dem Ergebnis eines Soll-lst-Vergleichs zwischen subjektiven Erwartungen und tatsachlich erfahrenen Markenleistungen. Sie bedingt also eine Kauferfahrung mit der Marke. Insofern ist eine hohe Markenzufriedenheit Voraussetzung fur den Wiederkauf und damit fur Markentreue.^^^ Die derart operationallsierte psychographische Markenstarke determiniert direkt Oder indirekt die Praferenzbildung beim Konsumenten und damit die verhaltenswissenschaftlichen Ziel- und Steuerungsgroflen. Hier sind insbesondere die generelle Kaufabsicht sowie der eriauterte Wiederkauf zu nennen. Eine beson-
balislerung in Markenportfolios, a.a.O., S. 280. Zu den Konstrukten insbesondere im Kontext des identitatsorientierten Markenmanagement vgl. auch BURMANN, CH., Interne und externe Kommunikation in Ad-hoc Krisen, in: Burmann, Ch./Freiling, J./Hulsmann, M. (Hrsg.): Management von Ad-hoc Krisen, Wiesbaden 2005b. Zu diesen Ausfuhrungen zu Markenvertrautheit und Sympathie vgl. z.B. ESCH/LANGNER/ BRUNNER, Kundenbezogene AnsStze des Markencontrolling, a.a.O., S. 1236. Ebenda. Vgl. MEFFERT/KOERS, Identitatsorientiertes Markencontrolling - Grundlagen und konzeptionelle Ausgestaltung, a.a.O., 8. 281. Zu diesen Komponenten vgl. ausfuhrlich BURMANN/BLINDA/NITSCHKE, Konzeptionelle Grundlagen des identitatsbasierten Markenmanagements - Arbeitspapier Nr. 1 des Lehrstuhls fiir innovatives Markenmanagement (LiM), a.a.O., 8. 7. Vgl. MEFFERT/KOERS, Identitatsorientiertes Markencontrolling - Grundlagen und konzeptionelle Ausgestaltung, a.a.O., 8. 281.
104
Kapitel C
ders ausgepragte Markentreue mundet langfristig in Markenloyalitat.^^^ Zu diesen Erfolgsgrofien der Einzelmarkenanalyse tritt bei Mehrmarkenstrategien die Portfolioloyalitat. Sie erfasst Markenwechsler, die sicli im Zuge eines Praferenzveranderungsprozesses fur eine andere Marke des Portfolios entscheiden.^^^ Die Zielgrofie Markenloyalitat wird daher im Zusamnnenliang des Mehrmarkencontrollings in Richtung der Maximierung der Portfolioloyalitat en^/eitert.^^^ Zudem stellt die Verbrauchsintensitat (Share of Wallet) eine zentrale verhaltenswissenschaftliche Grolie dar. Sie bezeichnet den Anteil einer bestimmten Marke an den insgesamt fur Produkte der betreffenden Produktkategorie aufgewendeten Mittein der Nachfrager bzw. einer relevanten Zielgruppe.^^^ Eine hundertprozentige Verbrauchsintensitat einer Marke in einer Zielgruppe z.B. bedeutet, dass diese Nachfrager, sofern sie ein Produkt aus der betrachteten Kategorie kaufen, ausschiiefihch das Produkt dieser Marke wahlen. Ferner stellt die Markenweiterempfehlung eine wichtige verhaltenswissenschaftliche Grofie dar. Die Zufriedenheit der Nachfrager mit einer Marke fuhrt hierbei dazu, dass die Markenkaufer die Marke an andere potenzielle Kunden weiterempfehlen. Schliefilich soUen zwei weitere relevante Zielgrofien auf dieser Ebene genannt werden: die Eroberungsrate sowie die Ruckstromerrate. Die Eroberungsrate gibt den prozentualen Anteil der Neukaufer einer Marke an der gesamten Kauferzahl an.^^"^ Bei dieser Eroberungsrate kann zusatzlich zwischen K^ufern, die vorher im Besitz einer Wettbewerbsmarke, und solchen, die erstmals im Markt kaufen (Erstkaufer), unterschieden werden. Die Ruckstromerrate bezeichnet den Grad der Bestandsaktivierung, d.h. den prozentualen Anteil der Kunden (bspw. Besitzer
Vgl. MEFFERT, Marketing Management - Analyse-Strategie-lmplementierung, a.a.O., S. 98. Eine aus Nachfragersicht .rationale' Portfolioloyalitat im Sinne einer bewussten Entscheidung eine andere Marke des Portfolios zu wShlen, well diese zum betreffenden Gesamtunternehmen gehdrt, kann allerdings nur vorliegen, wenn der Nachfrager um die ,Ven/vandtschaft' der beiden Marken, also die Zugeh6rigkeit beider zum selben Konzern, weifi. Im Falle des Konsumguterherstellers PROCTER & GAMBLE bspw., der nur mit seinen Produktmarken am Markt auftritt, ohne dass die Corporate-Brand fur den Konsumenten in Erscheinung tritt, stellt diese Portfolioloyalitat eine zufSllige GrOfle dar. Vgl. KOERS, Steuerung von Markenportfolios - Ein Beitrag zum Mehrmarkencontrolling am Belspiel der Automobilindustrie, a.a.O. S. 117. Zum Share of Wallet vgl. BURMANN/WENSKE, Markenidentitat und Markenpersonlichkeit Wachstumschance oder Wachstumsbremse? - Arbeitspapier Nr. 16 des Lehrstuhls fur innovatives Markenmanagement (LiM), a.a.O., 8. 5. Vgl. z.B. MEFFERT/KOERS, Markenkannibalisierung in Markenportfolios, a.a.O., S. 316.
Kapitel C
105
eines GOLF IV), der sich bei einer neuen Produktgeneratjon (im Beispiel GOLF V) wiederum fur den Kauf eines Produktes derselben Marke entscheidet. Bezugsobjekt konnen dabei Marken auf verschiedenen organisatorischen Ebenen sein, wie z.B. Produkt-, Dach- oder Corporate-Marken.
3.33
Steuerungsgroften der okonomischen Markenbewertung
Die Zielerreichungsgrade der verhaltenswissenschaftlichen Groften bestimmen schliefiiich direkt die okonomischen Zielgroflen und Kennzahlen.^^^ Hier sind insbesondere die klassischen Groflen von Rechnungswesen und Controlling in ein Kennzahlensystem einzubezielien: Absatz, Umsatz, Marktanteil, Deckungsbeitrag, Gewinn etc.^^® Neben dem monetaren Brand-Equity als Spitzenkennzahl in diesem Bereich wird in jungster Zeit haufig auch der Customer-Equity als geeignete ubergeordnete Steuerungsgrofie des Markenmanagements diskutiert.^^^ Der Customer-Equity umfasst den diskontierten Einzahlungsuberschuss, den die Gesamtheit aller aktuellen und zukunftigen Kunden im gesamten Verlauf ihrer Kundenbeziehung fur ein Unternehmen erzeugt.^^^ Er beinhaltet so auch eine zukunftorientierte, dynamische Perspektive. Im Zuge dessen rijckt auch eine detailliertere Analyse der Kosten des Beziehungsmarketings^^^ starker in den Vordergrund der Betrachtungen. Eine wichtige Grofie stellen in diesem Zusammen-
Dieser Wirkungszusammenhang konnte in einer Vielzahl empirischer Studien nachgewiesen werden. Vgl. ESCH/LANGNER/BRUNNER, Kundenbezogene AnsStze des Markencontrolling, a.a.O..S. 1238. Generell kGnnen innerhalb der okonomischen Dimension samtliche Groflen des Rechnungswesens herangezogen werden. Viele dieser Parameter konnen mittlerweile als klassische 6konomische Controilinggrofien bezeichnet werden, so dass auf ihre Eriauterung daher verzichtet wird. Hierzu vgl. bspw. BURMANN, CH., Customer Equity als Steuerungsgrbfie fur die Unternehmensfuhrung, in: ZfB, 73. Jg. (2), 2003. Zur Eignung von Brand-Equity und Customer-Equity zur marktorientierten Unternehmenssteuerung vgl. auch umfassend BURMANN, CH./JOSTBENZ, M., Brand Equity Management vs. Customer Equity Management? Zur Integration zweier Managementkonzepte - Arbeitspapier Nr. 19 des Lehrstuhls fiir innovatlves Markenmanagement (LiM), Universitat Bremen, Bremen 2005. Eine ausfuhrlichere ErlSuterung des Customer-Equity erfolgt im Kapitel C-4.3 dieser Arbeit. Gegenstand der Forschungsrichtung des Beziehungsmarketings ist die Analyse und Ausrlchtung des Marketings am Beziehungslebenszyklus des Kunden. Vgl. BRUHN, M, Controlling von Kundenbezlehungen, in: Bohler, H. (Hrsg.): Marketing-Management und Unternehmensfuhrung - Festschrift fur Prof. Dr. Richard Kbhier, Stuttgart 2002, S. 187.
106
Kapitel C
hang bspw. die Akquisitionskosten dar. Sje umfassen samtliche Kosten, die zur Akquisition eines neuen Kunden aufgebraclit werden mussen. Analog konnen z.B. auch die Kosten der Kundenbindung bzw. -sicherung einbezogen werden.^®° Im Rahmen des Mehrmarkencontrollings ist schliefilich von entscheidender Bedeutung, die diversen okonomischen Einzelmarkenkennzahlen urn die Portfolioperspektive zu erweitem. Insofem sind zusatzlich z.B. IVIarktanteil, Absatz und Umsatz des Gesamtportfolios zu berucksichtigen. Ferner sind portfoliospezifische okonomische Groften zu berucksichtigen, insbesondere Partizipation und Substitution. Die Partizipation erfasst die Kundenwanderungen zwischen den Portfoliomarken und dem externen Wettbewerb. Die Substitution demgegenuber bildet Kundenwanderungen innerhalb des Portfolios ab.^^^ Anhand dieser Grofien konnen markenubergreifende okonomische Interdependenzen erfasst werden. Zusammenfassend lasst sich folgendes Ergebnis festhalten: Das Zielsystem einer Mehrmarkenstrategie zeichnet sich durch ein komplexes, sich uber unterschiedliche Aggregationsebenen erstreckendes Kausaiitatengeflecht aus. Dieses Systenn gipfelt im Konstrukt Portfoliowert, welches allerdings bislang nur unzureichend Operationalisiert ist. Die psychographischen Erfolgsgrolien determinieren mittelbar ijber verhaltenswissenschaftliche Grofien die rein okonomischen Portfolioziele und Steuerungsgrofien. Abbildung 16 stellt das System dieser Kennzahlen und Steuerungsgrofien zum Mehrmarkencontrolling dar.
^®° Vgl. HuNDACKER, S., Customer Equity Management bei kontinuierlichen Dienstleistungen, Wiesbaden 2005, 8. 152f. ^^^ Eine ausfiihrliche ErlSuterung dieser Grofien erfolgt in den folgenden Kapiteln.
Kapitel C
107
•••••• IMHIIII
Marke N
||||
'
:
• H
Markenwert
1 H B H
^^
Marke A
• • •
r Mirk«mrtiff(«
Verhaitensr^evanz der Mdr1(d
i ^^
I
Ifltamt Zlalgruppen Exteme Zlafgruppan dm9^s0fm0mbti^dStbm^mMm!nB iir^MMhiii^!^^ nmmmmn / HammiMtm 1 • Markenidentitat • Brand Citizenchip • Brand CommitBehavior (BCB) ment (BC): Identifikation und - HilfsbereitInternalisJerung schaft • Markenorien- Markenentierung der HRthusiasmus Aktivitaten - Entwicklungs• Qualitat der intemen Markenkommunikation
bereitschaft
• Markenorientierte FQhrung
• Markenbekanntheit " Qualit£it der Marke-Kunde-Beziehung, z.B. Markenvertrautheit und -sympathie • Markenimage
" Kaufabsicht • Wiederkauf (Marken- und Portfolioloyalitat) • Steigerung Share of Wallet (Verbrauchsintensitat)
- Markenmerkmale
• Weiterempfehlung
- Funtionaler Markennutzen
• Eroberungsrate (Erstkaufer)
- Symbolischer Markennutzen
Ofconomisoliar
1 i
MMIHHIWMII
1 J
m 7
Klitiltrht"fthffintrmltrht 1 H liiitrtaliiiiiibiyiiiLiiiifiylin 1 ; • Customer Equity (Spitzenkennzahl in diesem Bereich)
1 || i j
• Umsatz, Absatz
i
" Marktanteil (national und international)
J i
• Deckungsbeitrag
,
• Gewinn
'
" Akquisitionskosten/Kunde
i
• Kundenbindungskosten
J
• RtickstriJmerrate
• Partizipation • Substitution
' •
• Etc.
• Etc.
]
• Zufriedenheit • Etc.
Abb. 16: Ausschnitt eines Kennzahlensystems zum strategischen Mehrmarkencontrolling Quelle: Eigene Darstellung.
Zur Systematisierung der Analysedimensionen sprechen BURMANN und MEFFERT
daher bezuglich der Untersuchung der okonomischen Ergebnisse von der evaluatorischen Markenerfolgsmessung. Im Gegensatz dazu bezeichnen sie die Analyse der dahinter stehenden Ursachen als diagnostischen Markenerfolgsmessung.^®^ Ihr kommt i.S. einer Fruhwarnung und Ursachenanalyse eine besondere Bedeutung zur Mehrnnarkensteuerung zu. In den folgenden Ausfuhrungen ist zu klaren, welche Instrumente zur Verfijgung stehen, das aufgezeigte Kennzahlensystem zu analysieren, unn auf dieser Basis den markenubergreifenden Informations- und Koordinationsaufgaben eines Mehrmarkencontrollings Genuge zu tun.
Vgl.
BURMANN/MEFFERT,
a.a.O., S. 105 f.
Managementkonzept der identitatsorientierten Markenfuhrung,
108
Kapitel C
4.
Instrumente des Mehrmarkencontrollings
4.1
Systematisierung des Controllinginstrumentariums
Eine Systematisierung der verschiedenen Analyseinstrumente des Mehrmarkencontrollings kann anhand verschiedener Kriterien erfolgen. Entsprechend der im vorherigen Kapitel aufgezeigten Wirkungsbeziehungen und auf Grund der Funktion des (Mehr-)Markencontrollings als Schnittstelle von Markenfuhrung und Controlling bietet sich eine Klassiflzierung anhand der zentralen ZlelgrORen dieser beiden Bereiche an. Demzufolge lassen sich die unterschiedlichen Instrumente in sich auf psychographisch, verhaltenswissenschaftliche Grofien beziehende Konzepte einerseits und okonomisch orientierte Verfahren andererseits systematisieren. Ansatze, die beide Arten von Zielgrofien einbeziehen, bilden eine dritte Verfahrensklasse: integrative Instrumente. Zu den psychographisch orientierten Instrumenten zahlen insbesondere Markenprofil- und Markenpositionierungsanalysen. Beide Instrumente konnen mit Hilfe von Gap-Analysen erweitert werden. Auf Seiten der okonomisch orientierten Ansatze sind im Rahmen des Mehrmarkencontrollings vor allem Wanderungsanalysen^®^ zu nennen. Zu den integrativen Instrumenten schliefilich zahlen .klassische' Portfolio-Analysen^®"^ sowie Customer-Equity Modelle. Daruber hinaus vollziehen einige Markenbewertungsmodelle eine Integration der psychographischen und der okonomischen Dimension.^^^ Schliedlich ist in dieser Verfahrensgruppe die Marken-Scorecard zu nennen.
Wanderungsanalysen enthalten teilweise auch verhaltenswissenschaftliche BezugsgrGflen, wie z.B. Loyalitatsraten, stellen aber im Kern auf 6konomische Zielgrfiflen ab. Vgl. KOERS, Steuerung von Markenportfolios - Ein Beitrag zum Mehrmarkencontrolling am Beispiel der Automobilindustrie, a.a.O., S. 112. Zu den Grundlagen derartiger Portfoliokonzepte vgl. auch Kapitel B-2.1 dieser Untersuchung. Neben diesen integrativen Markenbewertungsverfahren existieren Partialans^tze, die auf monetare Oder verhaltenswissenschaftliche Grdden abstellen. Da die integrativen Modelle aber in der Literatur im Zusammenhang mit dem Markencontrolling als leistungsfShiger eingestuft werden, soil an dieser Stelle nur auf diese integrativen Modelle eingegangen werden. Vgl. z.B. BURMANN/KRANZ/WEERS, Bewertung und Bilanzierung von Marken - Bestandsaufnahme und kritische Wurdigung, a.a.O. Im Rahmen der folgenden detaillierteren Ausfuhrungen zum existierenden Instrumentarium des Mehrmarkencontrollings sollen die Markenbewertungsmodelle daher innerhalb der Gruppe der integrativen Instrumente diskutiert werden.
Kapitel C
4.2
109
Okonomisch orientierte Instrumente: Wanderungsanalysen
Die okonomischen Unternehmens- und Markenziele lessen sich vorrangig anhand von Markttransaktionen messen. Wie aufgezeigt bedarf es im Rahmen des Mehrmarkencontrollings neben der Untersuchung klassischer okonomischer Schlusselgroften des Controllings, wie Umsatz, Marktanteil, Gewinn etc., aber auch besonderer Analyseansatze, die den Spezifika von Markenportfolios Rechnung tragen. Im Kontext von Mehrmarkenstrategien stellt die Wanderungsanalyse das zentrale Modell zur Erfassung der spezifischen okonomischen Zielgrofien und Interdependenzen dar. MEFFERT und PERREY bezeichnen die Wanderungsanalyse als quantitatives „Herzstuck' des Mehrmarkencontrollings.^^® Die Grundidee von Wanderungsanalysen besteht in der mengen- und/oder wertmafligen^®^ Gegenuberstellung von Kundenwanderungen innerhalb des Portfolios mit Wanderungen zwischen Portfoliomarken und dem externen Wettbewerb.^^® Wanderungen zwischen Portfoliomarken und dem externen Wettbewerb werden als Partizipationseffekte bezeichnet. Portfoliointerne Kundenwanderungen, also von einer Portfoliomarke zu einer anderen, demgegenuber werden Substitutionseffekte genannt.^^^ Partlzipations- und Substitutionseffekte konnen in einer Wanderungs- oder Portfoliobilanz gemeinsam abgebildet und verdichtet werden.^^° Die Partizipationsanalyse dient folglich der Identifikation externer Kundenmigra-
MEFFERT/PERREY, Mehrmarkenstrategien - Ein Beitrag zum Management von Markenportfolios, Arbeitspapier Nr. 121 der Wissenschaftlichen Gesellschaft fur Marketing und Unternehmensfuhrung e.V., a.a.O., S. 35. Wird im Rahmen derartiger Analysen nur auf den Absatz abgestellt, so handelt es sich um rein mengenmafllge Betrachtungen. Wird die Analyse allerdings z.B. um Umsatze, Kosten oder Deckungsbeitrage erweitert, kann von wertmSfligen Untersuchungen gesprochen werden. Vgl. MEFFERT/KOERS, Markenkannibalisierung in Markenportfolios, a.a.O., S. 299. Diese Termini sowie die Basiskonzeption von Wanderungsanalysen gehen auf MASON und MILNE zuruck. In ihren Grunduberlegungen betrachten sie einen Markt mit drei Marken, wobei zwei dieser Marken zum gleichen Unternehmen gehdren und daher ein Markenportfolio darstellen. Zur Strukturierung moglicher Kundenwanderungen zwischen diesen Marken aus Sicht einer Portfoliomarke werden dann vier Szenarien unterschieden: vollstclndige und teilweise Partizipation bzw. Substitution. Vgl. MASON, OH. H./MILNE, G.R., An Approach for Identifying Cannibalization within Product Line Extensions and Multi-Brand-Strategies, in: JoBR, 1994. Zu den Begriffen vgl. auch TRAYLOR, Cannibalism in Multibrand Firms, a.a.O. Detaillierte Erl^uterungen der Wanderungsanalysen als Instrument des Mehrmarkencontrollings finden sich auch bei MEFFERT/KOERS, Markenkannibalisierung in Markenportfolios, a.a.O., S. 303 ff.; KOERS, Steuerung von Markenportfolios - Ein Beitrag zum Mehrmarkencontrolling am Beispiel der Automobilindustrie, a.a.O., S. 142 ff.
110
Kapitel C
tionen. Dabei wird zwjschen positiven und negativen Effekten unterschieden: Wandern Kunden einer Portfoliomarke zu einer Wettbewerbsmarke, spricht man von negativer Partizipation. Die umgekehrte Migration, bei der Nachfrager von Konkurrenzmarken zum Portfolio wandern, wird folglich als positive Partizipation bezelchnet. Durch Saldlerung der Partlzipatlonseffekte Qber alle Marken des Portfolios bestimmt sich schlieflllch die Gesamtpartizlpation. DIese kann als Indikator fur die WettbewerbsstSrke des Markenportfolios herangezogen werden. Zur weiteren Aggregation der Ergebnisse der Partlzipatlonsanalyse definieren MEFFERT und KOERS den Partlzlpatlonslndex. Er stellt das Verhaltnis aus positlver Partizipation und Gesamtabsatz des betrachteten Marktes dar.^^'' Der Partlzlpatlonslndex soil im SInne einer ubergeordneten Kennzahl die Performance des Portfolios im externen Wettbewerb verdichtet abbilden. Letztllch handelt es sIch bei diesem Quotlenten um die Eroberungsrate^^^ von FolgekSufern im betrachteten Markt aus der Perspektive des Gesamtportfollos und damit um eine Im Berelch der EInzelmarkenfuhrung .klasslsche' Kennzahl.^^^ Mittels einer solchen Analyse der Starken und SchwSchen der Portfoliomarken im externen Wettbewerb sollen Handlungsempfehlungen zur Optimlerung des Gesamtportfolioergebnisses abgeleltet werden. ^^"^ Fur die Analyse von Mehrmarkenstrateglen sind neben der Betrachtung der Partlzipatlonseffekte zusatzlich die Internen Wanderungen Innerhalb des Portfolios von Bedeutung. Derartige Migratlonen zwischen den Portfoliomarken werden als Indikator fur eIne unzurelchende DIfferenzlerung und damIt .Interne Konkurrenz' der Marken Innerhalb des Portfolios herangezogen. Zur Untersuchung dieser internen Wanderung dient die Substitutionsanalyse. Wandern Kaufer einer Portfoliomarke zu einer anderen ab, wird folglich von Substitution gesprochen. Durch Summlerung dieser Substitutionseffekte uber alle Marken errechnet sich analog zur
Vgl. MEFFERT/KOERS, Markenkannibalisierung in Markenportfolios, a.a.O., S. 311 f. Die Eroberungsrate stellt das Verhaltnis zwischen der Anzahl von Neukunden und Gesamtkundenanzahl dar. Vgl. MEFFERT, Marketing: Grundlagen marktorientierter Unternehmensfuhrung: Konzepte - Instrumente - Praxisbeispiele, a.a.O., S. 1143. Wie aufgezeigt ist diese Eroberungsrate von FolgekSufern allerdings von der Eroberungsrate von Neukunden, die erstmalig im Markt kaufen, zu unterscheiden. WECKER etwa versucht dies an den Beispielen der Markenportfolios der BMW GROUP, der FORD M C - E U R O P E und der VOLKSWAGEN AG. Vgl. WECKER, Kundenbindung im Markenportfolio
- Ein Beitrag zur Erhohung der Kundenbindung unter besonderer Berucksichtigung der Automobilindustrie, a.a.O.
Kapitel C
111
Partizipation der Gesamtsubstitutionseffekt der Mehrmarkenstrategie. Dieser Gesamtsubstitutionseffekt ist allerdings bei rein mengenmafiiger Betrachtung und ohne die Unterscheidung zwischen Kannibalisierung und Loyalitat per definitionem immer Null. Zur differenzierten Analyse ist daher zwischen Kannibalisierung und Loyalitatsgewlnnen zu trennen. Von Kannibalisierung kann im Rahmen der Substitutionsanalyse gesprochen werden, wenn Kaufer einer Portfoliomarke zu einer anderen Portfoliomarke wechseln, Ihre erste Alternative (Second-Choice) aber auch eine Portfoliomarke war. Ist dies nicht der Fall, ware der Kaufer im Falle einer EInzelmarkenstrategle zum Wettbewerb gewechselt.
Die Mehrmarkenstrategie erwiese sich in diesem Fall
also als erfolgreich. MEFFERT und KOERS sprechen in diesem Zusammenhang aus Gesamtportfollosicht von LoyalitStsgewinnen bzw. .erwunschter' oder ,positiver Markensubstitution'.^^^
Hatte der Kaufer allerdings anstelle der einen Portfolio-
marke eine andere Portfoliomarke gewahit, kann demgegenuber als Kannibalisierung bzw. .unerwunschter' oder .negativer Substitution' bezeichnet werden. Insofern Ist bei der Mehrmarkenanalyse auch die erste Alternative eines KSufers in die Untersuchung elnzubezlehen.^^^ Der Begriff der Kannibalisierung kann in weiteren Schritten modifiziert werden. Hierbel wird nIcht nur auf den Absatz als Zielgrofte der einzelnen Marken abgestellt und damit eine rein mengenmafiige Gegenuberstellung vorgenommen, sondern es erfolgt eine wertmaflige Analyse. So kann z.B. durch die Analyse von Deckungsbeitragen anstelle des Absatzes zwischen positiver und negativer Kannibalisierung unterschleden werden, je nachdem, ob der betrachtete Kaufer zu einer Marke mit hoherem oder niedrlgerem Deckungsbeitrag wandert.^^^ Abbildung 17 fasst die zentralen Kennzahlen der Wanderungsanalyse und ihren
Vgl. KOERS, Steuerung von Marken portfolios - Bin Beitrag zum Mehrmarkencontrolling am Beispiel der Automobilindustrie, a.a.O., S. 148 ff.; MEFFERT/PERREY, Mehrmarkenstrategien Bin Beitrag zum Management von Markenportfoiios, Arbeitspapier Nr. 121 der Wissenschaftlichen Geselischaft fOr Marketing und Unternehmensfuhrung e.V., a.a.O., S. 35. Neben dieser Substitutionsanalyse wird in der Praxis - insbesondere in der Automobilindustrie - zur Untersuchung interner Kundenwanderungen mitunter auch die sog. Riickstrdmerrate herangezogen, die bereits im vorherigen Kapitel eriautert wurde. Bin diesbezugliches detailliertes und anschauliches Beispiel findet sich etwa bei KOERS, Steuerung von Markenportfoiios - Bin Beitrag zum Mehrmarkencontrolling am Beispiel der Automobilindustrie, a.a.O., S. 149 ff.
Kapitel C
112
Effekt auf das Gesamtportfolio systematisiert nach externen und internen Wanderungen nochmals zusammen. • Portfolioeffekt (ti-to) Kerndimensionen der Wanderungsanalyse
Zugrunde liegendes Kauf-/Wahlverhalten der Nachfrager
Kennzahlen Potttlva : Partizlpatlon
Bei mengenmS&iger Betrachtung
Bei wertma&iger Betrachtung
• Marke in to: Wettbewerb • Marke in ti: Portfolio
Externe KundenPartizipatloii
I • Marke in to: Portfolio • Marke in ti: Wettbewerb
• Marke in to: Portfolio Potltlvo Subttltiitlon: • Marke in ti: Portfolio Loyalltitsaawinn* • Second-Choice ti: Wettbewerb nterne Kunden /vanderungen
• Marke in to: Portfolio ^ Nagativa Substitution: • Marke in ti: Portfolio Kannibalitiarung • Second-Choice ti: Portfolio
o o/o
• Positiv, bei Kauf einer internen Marke mit hdherem DB als vorherige Marke • Negativ, bei Wanderung zu einer Marke mit geringerem DB
Abb. 17: Uberblick und Systematisierung ausgewahlter Kennzahlen der Wanderungsanalyse Quelle: Eigene Darstellung.
Die Integration der Ergebnisse von Partizipations- und Substitutionsanalysen durch Wanderungs- oder Portfoliobilanzen eriaubt schliefilich sine verdichtete Beurteilung der Mehrmarkenstrategie hinsichtlich der ubergeordneten okonomischen Ziele.^^^ Durch Saldierung von Gesamtpartizipation und -substitution errechnet sich der (okonomische) Gesamteffekt der Mehrmarkenstrategie. Mittels Differenzierung zwischen Loyalitatsgewinnen und Kannibalisierung kann bei diesem verdichteten Gesamtwert auch zwischen Bruttosaldo (ohne differenzierte Substitutionsanalyse) und Nettosaldo der Mehrmarkenstrategie (bei Unterscheidung zwischen Loyalitatsgewinnen und Kannibalisierung) unterschieden werden.^^^ Auf diese Weise lassen sich - insbesondere bei einem mehrperiodischen Vergleich - mittels Wanderungsbilanzen sowohl die Gesamtvorteilhaftigkeit als auch die einzelnen okonomischen Komponenten der Mehrmarkenstrategie analysieren. Die Einbeziehung von Partizipations- und Substitutionsanalyse eriaubt eine Beur-
Vgl. FRETERA/VECKER/BAUMGARTH, Markenportfolio, a.a.O.
Zu dieser Unterscheidung vgl. auch MEFFERT/KOERS, Markenkannibalisierung in Markenportfolios, a.a.O., S. 312 f.
Kapitel C
113
teilung der Performance der Portfoliomarken im externern Wettbewerb sowie der okonomischen Interdependenzen zwjschen ihnen. Vor allem die systematische Identifikation von Kannibalisierungseffekten stellt einen wertvollen Erkenntnisbeitrag im Rahmen des Mehrmarkenmanagements dar. In diesem Sinne argumentiert auch TRAYLOR, wenn er feststellt: „The real task of management, then, is not to avoid cannibalism, but to know when and where it happens, be aware of its likely competitive and profitability effects and take the appropriate marketing action that serves the best strategic interests of the enterprise.""^^^ Abbildung 18 zeigt beisplelhaft eine mengenmaflige Portfoliobilanz auf Basis fiktiver Absatzdaten.
•••••i
Jewells In tausend EInhelten
Negative Partizipation Positive Partizipation t^iJMlillitlMlifiM^,.^".
11 11 ' '1
^^_^^_^^_^^__^^.^.^^^_^^^__^___ Davon Loyalitatsqewinne von Marke A von Marke B von Marke C von Marke D Davon Kannibalisierung von Marke A von Marke B von Marke C von Marke D
-28.8 9.5
-6.4 11.1
\
ns
u
1
M
-tW
ttJ»
1,8
2,4
11 1 1 1 1 1 1 1 1 \
7,1
i|BBB| 2,1
1,2
V
^1,1
-19.1 4.1
M
1
^QQQ^^m
-5.9| 1 4.71 1
-3J|1 1,1| 1
-6,1
4^
••••L_^l^ 5,4 A.o\ IBBBI M i,3\ 6,2 ^fi^eiHBBL^^^^ 1
1 PlUttimidNi iMMflMMlHMMrtFliMrf^ 1 1 tfMW gi g ''B'Sl[j'.'!rS*3K!JZ
L
.-7,2 «J
MM
M
m
-60,2 29,4
Ad t '. liyi
O.QIIIHHI
11,4
1
•
12,4 -6,1 12 -3,7 10,2 -12,4 -2,7 -10,1 -6,9
-2,4^^2JW^KKM
AJt
4J|
y
M 1"" m
.„_
Abb. 18: Analyse des okonomischen Erfoigs der Mehrmarkenstrategie mittels Portfoliobilanz Quelle: BURMANN, CH./KULLMANN, M . (2004), S. 22.
Derartige Wanderungsanalysen konnen insofern als geeignete Konzeption zur systematischen Analyse der okonomischen Zieldimension von Mehrmarkenstrategien bezeichnet werden. Als problematisch erweist sich jedoch die unzureichende Untersuchung der ursachlich hinter diesen okonomischen Grofien stehenden Leistungstreiber. Im Sinne einer ganzheitlichen Untersuchung sind Wanderungsanalysen daher mit auf psychographische Grofien abstellenden Ansatzen quantitativ zu vernetzen. Zudem werden in der Literatur die Vergangenheitsorientlerung bel
TRAYLOR, Cannibalisnn in Multibrand Firms, a.a.O., S. 74.
114
Kapitel C
Wanderungsanalysen sowie die mangelnde Integration einer dynamischen Untersuchungsperspektive kritisiert.'^^'' Es lasst sich somit festhalten, dass Wanderungsanalysen i.S. der Grundfunktion des Controllings zur informationellen Sicherung der Ergebnisorientierung im Zusammenhang mit Mehrmarkenstrategien eine systematlsche Untersuchung der okonomlschen Dimension eriauben. Eine dezidierte Ursachenanalyse der hinter diesen Gkonomischen Symptomen stehenden Treiber ist bei alleiniger Nutzung dieses Konzeptes allerdings problematisch.
4.3
Psychographisch orientierte Instrumente: Markenprofil- und Markenpositionierungsanalysen
Mittels Analyse der psychographischen Leistungstreiber sollen im Mehrmarkencontrolling Erkenntnisse beziiglich der Ursache der okonomischen Zielerreichungsgrade generiert werden. Dementsprechend sind existierende psychographische AnsStze im Hinblick auf ihre FShigkeit zu beurteilen, einen solchen Erkenntnisbeitrag bezuglich der markenportfoliospezifischen okonomischen Zielgro(ien zu liefern. Grundvoraussetzung zur Erreichung jeder psychographischen Zielgrofie ist die Markenbekanntheit. Daruber hinaus stellen die Untersuchungen der Markenimages als Fremdbild und der MarkenidentitSten als Selbstbild zentrale Analysegegenstande auf Seiten der psychographischen Dimension dar.'^^^ Zunachst empfiehit sich hierbei eine Analyse auf disaggregierter Ebene, da es sich bei Markenimage und -identitat um komplexe, mehrdimensionale Konstrukte handelt. Die gangigsten Methoden zur Imagemessung stellen sog. Multiattributmodelle dar, die auf dem Semantischen Differential aufbauen.'*^^ Im Rahmen sol-
Vgl. hierzu bspw. FRETER/WECKER/BAUMGARTH, Markenportfolio, a.a.O., S. 410. Erste Untersuchungen zum Markenimage in der deutschen marktpsychologischen Literatur stammen bereits aus den fruhen 1960er-Jahren. Vgl. etwa SPIEGEL, B., Die Struktur der Meinungsverteilung im freien Feld, Bern u.a. 1961; BERGLER, R., Psychologie des Marken- und Firmenbildes, Gdttingen 1963. Das Semantische Differential wurde von OSGOOD zur Messung von Wortbedeutungen entwickelt und spater fur seine Anwendung im Marketing durch Multiattributmolle modifiziert und erweitert. Vgl. OSGOOD, C.E., Eine Entdeckungsreise in die Welt der Begriffe und Bedeutungen, in: Schramm, W. (Hrsg.): Grundfragen der Kommunikationsforschung, 5. Auflage, Munchen 1973, S. 39 ff. Zu den erwShnten Modifikationen vgl. z.B. TROMMSDORFF, V., Die Messung von Produktimages fiir das Marketing, Kdin u.a. 1975.
Kapitel C
115
Cher Modelle beurteilen Konsumenten die Auspragungen von Markeneigenschaften, sog. Imageitems,'*^'^ auf Basis ihrer subjektiven Wahrnehmung auf vorgegebenen Ratingskalen.'^^^ Diese wahrgenommenen Auspragungen der Merkmale konnen dann durch Mittelwertbildung uber alle Befragten der Stichprobe - Oder z.B. auch separat nach Kundensegmenten - verdichtet werden. So kann ein externes Markenimageprofil abgeleitet werden. Auf die gleiche Weise konnen durch unternehmensinterne Marktforschungsdaten das Selbstbild der Marke und damit Markenidentitatsprofile ermittelt werden.'^^^ Der Vergleich von disaggregierten Selbst- und Fremdbildern einer Marke liefert dann erste wertvolle Hinweise auf Maflnahmen, die zur Etablierung des notwendigen Fits von Markenimage und -identitat ergriffen werden konnten. Die zweite relevante Dimension einer solchen Gap-Analyse beinhaltet den Vergleich des von den Nachfragern wahrgenommenen realen Markenimages mit deren idealen Markenimage. Dieses externe Idealbild wird als Ziel-lmage oder Soil-Image bezeichnet. Durch Abgleich von Real- und Ziel-lmage konnen Profilierungsdefizite der externen Markenimages ermittelt werden.'*^^ In Mehrmarkenstrategien besteht die Herausforderung allerdings nicht nur darin, die Gaps zwischen Soil- und Istbild von Identitat und Image einer Marke zu uber-
Als .Items' werden Eigenschaftswdrter verstanden, deren Auspragungen mittels Marktforschung durch Frage und Antwort erhoben werden. Vgl. BORG, I./STAUFENBIEHL, T., Theorien und Methoden der Skalierung, 2. Auflage, Bern u.a. 1993, S. 30. Die dabei verwendeten Imageitems sollten drei Anforderungen erfiillen: Sie sollten relevant bezuglich des Kaufverhaltens sein (Verhaltensrelevanz), durch Marketinginstrumente beeinflussbar sein (Instrumentalbezug) und die betrachteten Marken unterscheidbar machen (Diskriminanzfahigkeit). Vgl. TROMMSDORFF, V./PAULSSEN, M., Messung und Gestaltung der Markenpositionierung, in: Esch, F.-R. (Hrsg.): Moderne Markenfuhrung: Grundlagen - innovative Ansatze - praktische Umsetzungen, 4. Auflage, Wiesbaden 2005, S. 1368. Vgl. hierzu auch BURMANN/MEFFERT, Managementkonzept der identitatsorientierten Markenfuhrung, a.a.O., S. 77. BuRMANN, BLINDA und NiTSCHKE identifizieren auf Basis der Konstrukte Markenidentitat und Markenimage einerseits sowie Soil- und Ist-Bild dieser beiden andererseits insgesamt vier potenzielle Gaps, die es zu analysieren gilt: Gap 1 beschreibt die Abweichungen zwischen SollIdentitat und Soil-Image und wird als Wahrnehmungslucke bezeichnet. Gap 2, die Leistungslucke, kann in Form von Differenzen zwischen Soil- und Ist-ldentitat auftreten. Abweichungen zwischen Soil- und Ist-Markenimage werden als Identifikationslucke bezeichnet. Schliefilich definieren die Forscher Differenzen zwischen Ist-Markenidentitat und Ist-Markenimage und damit ein viertes mogliches Gap als Kommunikationslucke. Vgl. BURMANN/BLINDA/NITSCHKE, Konzeptionelle Grundlagen des identitatsbasierten Markenmanagements - Arbeitspapier Nr. 1 des Lehrstuhls fur innovatives Markenmanagement (LiM), a.a.O., S. 51 ff.
Kapitel C
116
brucken. Zusatzlich sind die verschiedenen Markenidentitaten und -images im Portfolio untereinander abzustimmen. MIt Hilfe eines solchen IntraportfolioVergleichs ist die angestrebte DIfferenzlerung der Portfollomarken untereinander zu uberprufen. So konnen etwaige Uberschneldungen In bestimmten Imagedimenslonen aufgedeckt und Hinweise auf strateglsche Optimlerungen hinsichtlich der DIfferenzlerung der Portfollomarken untereinander abgeleitet werden. Abbildung 19 zelgt beispielhaft einen Ist-lmageprofilvergleich auf Basis anonymlslerter Daten von drel Marken eines global tatigen Automobllherstellers.'^^® Performance -4
+4
0
• Aktuell
^ ' ^ ^ P -
Agil Offensiv Fortschrittlich
iT^"""-^
Kontaktfreudig •*r^[""-»—^
Engagiert Auftergewdhnlich Souverlln Elegant Exklusiv Verantwortungsbewusst Kontrolliert
^
••
1
1
""
*B^Ki
M6gliche Interpretation:
1
• Die Marken A und B zeigen teilweise einen sehr ahnlichen Profilverlauf
1 i
• Sie sind folglich in der Wahrnehmung der Befragten nicht ausreichend differenziert • Diese unzureichende Differenzierung ist eine m6gliche ErklSrung fur eine ausgeprdgte Substitution zwischen den Marken A und B
1 1
J
Solide
Abb. 19: Beispielhafte Imageprofilanalyse von drei Portfoliomarken eines globalen Automobilherstellers Quelle: Eigene Darstellung.
Wahrend sich Portfoliomarke C hier relativ differenziert darstellt, werden die Marken A und B In einigen DImenslonen, wie bspw. Auflergewdhnlich, Elegant, Exklusiv, ahnlich (In diesem Fall unterdurchschnlttllch) wahrgenommen. Durch Abgleich mit dem Profll der zentralen Wettbewerber sowie mit dem Sollprofil jeder Marke konnen nun Hinweise bezugllch der Frage herausgearbeitet werden, bel welchen Marken u.U. Handlungsbedarf I.S. von DIfferenzierungskorrekturen besteht.
Da es sich fur den betreffenden AutomobilherstelJer um wettbewerbsrelevante Informationen handelt, kdnnen die Daten in dieser Untersuchung nur anonymisiert dargestellt werden.
Kapitel C
117
Zur systematischen Ableitung erster Handlungsempfehlungen zur Optimierung der Mehrmarkenstrategie ist eine Synthese der Ergebnisse der unterschiedlichen Profilvergleiche notwendig. Hierbei sind die Teilergebnisse sinnvoll zusammenzufassen und im Hinblick auf ihre potenziellen Implikationen fur die okonomischen Ergebnisgrolien zu interpretieren. Fur das oben dargestellte Portfolio Ist z.B. nun zu uberprijfen, Inwieweit die einzelnen Marken von ihren Soll-Fremdbildern abweichen. In diesem Zusammenhang soUten bspw. unterschiedliche identifizierte Gaps in den einzelnen Analysen gegenubergestellt und priorisiert werden. Im Hinblick auf die Ergebnisgroflen, Insbesondere die Wanderungseffekte, Ist zu kISren, Ob sich die Marken A und B moglicherweise deutllch substituieren bzw. kannlballsieren. Die wahrgenommene Ahnlichkelt der belden Markenimages konnte dann ein moglicher Grund dieser Kannibalisierung sein. Darijber hinaus sind die Selbstbilder der Markenidentitaten diesen Ergebnissen kritisch gegenuberzustellen. Nur auf dieser Grundlage konnen interne und externe Ansatzpunkte zur Optimierung der Markenidentitaten und -Images und damit moglicherweise auch der okonomischen Ergebnisse Identifiziert werden. Werden Wettbewerber, Zlel-lmageprofile und Profile der Internen Selbstbilder In derartlge Profilvergleiche integrlert, wird deren Ubersichtllchkeit allerdings schnell eingeschrankt. Dadurch wird eIne systematlsche Analyse und Interpretation der Ergebnisse deutllch schwleriger.'^^^ Zur Erhohung der Aussagefahigkelt der Markenprofile kann die Analyse durch Positlonlerungsmodelle erweltert werden.'^^^ Durch eine Verdlchtung der abgefragten Eigenschaften (Merkmale) auf zentrale Imagedlmensionen"^^^ ISsst sich mittels statistlscher Verfahren ein zwei- oder dreidlmenslonaler Wahrnehmungsraum erzeugen. So konnen die betrachteten Marken als Positlonen Im Raum relativ zuelnander gemelnsam dargestellt werden."^^^ Zlel solcher Modelle Ist es, die betrachteten Marken derart In einem gemelnsamen
Vgl. WEBER, G., Strategische Marktforschung, Munchen 1996, S. 52. Ein Uberblick ijber unterschiedliche Positionierungsmodelle findet TROMMSDORFF, Produktpositionierung, a.a.O., S. 370 ff.
sich
bspw.
bei
Eine derartige Verdichtung der Items kann bspw. mittels einer faktoranalytischen Untersuchung erfolgen. Vgl. BACKHAUS et a!., Multivariate Analysemethoden - Eine anwendungsorientierte Einfuhrung, a.a.O., S. 252 ff. Hier sind insbesondere die Faktoren-, die Diskriminanzanalyse und die Muitidimensionale Skalierung zu nennen. Zu den unterschiedlichen statistischen Verfahren zur Erzeugung eines derartigen Raumes vgl. etwa BACKHAUS et al., Multivariate Analysemethoden - Eine anwendungsorientierte Einfuhrung, a.a.O.
118
Kapitel C
Raum anzuordnen, dass ihre geometrische Nahe (Distanzen) die von den Befragten wahrgenommene Ahnlichkeit wiedergibt.'^''^ Abbildung 20 zeigt die relative Positionierung der drei Portfoliomarken (PM) des AutomobilhersteJJers aus Abbildung 19 und drei fiktiver Wettbewerbsmarken (WM).'*^'^ Mod«m/ TrMidy
""
[
Dynamiach/ ifinovativ V*
"'™™"""""""""^ WM-Z V"""'
*g|g^
^
Rational/ Schllcht
v
'"""""""""""''"•'""""'""
^ ^ ^ ^
Auadnicka-
WM-1 J
\
Tradltlonall/ \ Praatloatrichtia
Abb. 20: Positionierungsanalyse auf Basis disaggregierter Markenimagedaten am Beispiel des globalen Automobilherstellers aus Abb. 19 Quelle: Eigene Darstellung.
Mit Hilfe einer solchen mehrdimensionalen Konfiguration lasst sich visualisieren und analysieren, wie die einzelnen Marken im untersuchten Markt in der Wahrnehmung der Nachfrager positioniert sind. "^^^ Durch eine gemeinsame Anordnung von Portfolio- und Wettbewerbsmarken Im selben Analyseraum konnen sowohl Erkenntnisse hinsichtlich der externen Wettbewerbsstarke als auch bezuglich der portfoliointernen Differenzierung herausgearbeitet werden."*^® Auf diese Weise sollen bei der Analyse von Mehrmarkenstrategien insbesondere mogliche Erklarungsansatze fur okonomische Wirkungsbeziehungen zwischen den Marken
Vgl. DiCHTL, E./SCHOBERT, R., Mehrdimensionale Skalierung - Methodische Grundlagen und betriebswirtschaftliche Anwendung, Munchen 1979b. Ein solcher Positionierungsraum wird von den Vektoren der einzelnen Imagedimensionen aufgespannt, die in dieser Abbildung als Pfeile dargestellt sind. TROMMSDORFF stellt diesbezuglich fest, dass eine derartige Komprimierung ein ubersichtlicheres, weil redundanzSrmeres Bild als die hSufig bei Analyse mehrerer Marken diffusen Imageprofilvergleiche erzeuge. Vgl. TROMMSDORFF, Produktpositionierung, a.a.O. S. 367. In gleicher Weise kfinnen auch Selbst- und Fremdbilder sowie 1st- und Zielimages in einer derartigen Konfiguration dargestellt und analysiert werden.
Kapitel C
m
eines Portfolios, die aus der wahrgenommenen ,Nahe' bzw. Distanz zwischen den Marken resultieren, in verdichteter Form erklart und antizipiert werden.'^''^ Zu bemangein ist allerdings, dass die komplexen Wirkungsbeziehungen zwischen den Markenimages untereinander sowie zwischen den Images und Ihren vermuteten Implikationen fur das Nachfragerverhalten nicht ausreichend abgebildet werden. Dies gilt insbesondere fur Mehrmarkenstrategien, da sie sich durch eine Vielzahl solcher markeniibergreifender Interdependenzen auszeichnen. Zwar konnen etwalge Ruckschlusse auf bestimmte 6konomische Kennzahlen gezogen werden, diese basieren aber lediglich auf einer qualitativen Reflektion und Interpretation der Analyseergebnisse. An einer quantitativ-analytischen Integration der Wirkungsbeziehungen jedoch mangelt es. Diese qualitativ-sachlogischen Uberlegungen liefern daher auch keine Erkenntnisse darijber, ob und in welchem AusmaR einzelne Imageitems tatsachlich verhaltensrelevant sind. KROEBER-RIEL stellt daher kritisch fest, dass „derartige Analyser) keine Aussagen daruber eriauben, inwieweit eine Eigenschaft den Kauf Oder Nichtkauf einer Marke tatsachlich beeinflussf"^^^. Folglich konnen aus den einzelnen Items auch nicht die strategisch relevanten identifiziert werden. Die fehlenden Kenntnisse uber die quantitativen Zusammenhange zwischen Imageitems und okonomischen Ergebnisgrofien verhindern damit auch eine systematische quantitative Analyse strategischer Handlungsoptionen."^^^ Insofern ist die fehlende dynamische Perspektive dieser psychographisch-diagnostischen Analyseansatze und damit das eingeschrankte Steuerungspotenzial zu kritisieren. Offen bleibt auch die Frage, wie marktseitig wunschenswerte Re-Positlonierungen uberhaupt durchgefuhrt werden konnten. Dabei ist zu klaren, mit welchen Marketing-Mix-
Vgl. KOERS, Steuerung von Markenportfolios - Ein Beitrag zum Mehrmarkencontrolling am Beispiel der Automobilindustrie, a.a.O., S. 184. KROEBER-RIELTWEINBERG, Konsumentenverhalten, a.a.O., S. 222. Auch WEBER konstatiert, dass „die extrahieiien Imagedimensionen keine Aussage daruber eriauben, inwieweit sie den Kauf Oder Nichtkauf einer Marke tatscichlich beeinflussen. Damit fehit derartigen Positionierungsmodellen die Integration einer strategisch relevanten GrOlie wie z.B. der Kaufabsicht oder dem Marktanteil" WEBER, Strategische Marktforschung, a.a.O., S. 54. Vgl. diesbezuglich auch TROMMSDORFF, v., Positionierung, in: KGhier, R./Tietz, B./Zentes, J. (Hrsg.): HandwGrterbuch des Marketing, 2. Auflage, Stuttgart 1995, Sp. 2055 ff. In diesem Sinne argumentiert wiederum WEBER, wenn er diesbezuglich kritisch bilanziert: „D/e mit Hilfe von Positionierungsmodellen ermittelten Ergebnisse kOnnen folglich nur in beschrSnktem Umfang zur Grundlage von Positionierungsstrategien herangezogen werden." WEBER, Strategische Marktforschung, a.a.O., 8. 54.
120
Kapitel C
Instrumenten die strategischen Optionen effektiv realisiert werden konnen. Zudem muss untersucht werden, welche zeitlichen, finanziellen und mitarbeiterseitigen Ressourcen zur Umsetzung der Strategien notwendig sind. Es mangelt somit einerseits an einer inhaltlichen Verbindung zur unternehmensinternen Kompetenzund Ressourcenperspektive und andererseits an einer VerknCipfung zur operativen Markensteuerungsebene.
4.4
Psychographisch und okonomisch orientierte Instrumente: Integrative Mehrmarken-Controllingmodelle
4.41
Integrierte Markenbewertungsmodelle
Die Diskussion der unterschiedlichen Partialansatze hat gezeigt, dass im Rahmen des Mehrmarkencontrollings eine Integration zu einem ganzheitlichen Konzept notwendig ist. Eine solche (zumindest partielle) Vernetzung wird von einigen Markenbewertungsmodellen vollzogen. Die Ermittlung des Wertes einer Marke Brand-Equity - stellt einen Hauptgegenstand der jungeren Marketingforschung dar. Trotz intensiver Forschungsbemuhungen existiert allerdings bis heute kein dominierender Ansatz.'^^^ Diese Uneinigkeit resultiert insbesondere aus den verschiedenen Aniassen zur Markenbewertung und fuhrt schliefilich auch zu einer Vielzahl heterogener Messansatze."^^^ Die existierenden Ansatze zur Markenbewertung lassen sich danach unterscheiden, ob sie sich primar auf finanzwirtschaftliche Messgroflen, auf verhaltenswissenschaftliche Grofien oder auf eine Kombination beider beziehen."^^^ Auf Grund der Notwendigkeit fur das Mehrmarkencontrolling, die okonomische und psychographisch-verhaltenswissenschaftliche Dimension gemeinsam zu berucksichtigen,
RiESENBECK und PERREY schStzen die Anzahl der existierenden Modelle auf nahezu 40. Vgl. RIESENBECK/PERREY, Mega-Macht Marke - Erfoig messen, machen, managen, a.a.O., S. 297. Als Foige dieser unterschiedlichen MessansStze werden derselben Marke mitunter stark differierende Werte attestiert. Eine Simulationsstudie, bei der die fiktive TANK AG auf Basis von sieben verschiedenen Modellen bewertet wurde, fuhrte bspw. zu Markenwerten zwischen 173 Mio. und 985 Mio. Euro. Vgl. SEIWERT, M., Fuhrende Markenbewertungsverfahren im Vergleich, in: Absatzwirtschaft, 47. Jg., 2004, S. 34 ff. Ein Uberblick uber die unterschiedlichen AnsStze entlang dieser Systematisierung findet sich bspw. bei BAUMGARTH, Markenpolitik, a.a.O., S. 287 ff.
Kapitel C
121
sollen an dieser Stelle nur integrative Ansatze diskutiert werden. Aus dieser Verfahrensgruppe sollen der Ansatz der Markenbewertungsagentur INTERBRAND sowie der sog. BRAND RATING ANSATZ der Unternehmensberatung ICON ADDED VALUE
kurz eriautert werden."*^^ Sie zahlen wohl zu den bekanntesten und in Wissenschaft und Praxis am haufigsten zitierten Markenbewertungsmodellen.'^^'^ Das INTERBRAND-Modell zur Markenbewertung basiert auf einem kompositionellen, zwei-stufigen Verfahren. Zunachst wird mit Hilfe eines Scoring-Modells die sog. MarkenstSrke ermittelt; hierzu wird die Marke entiang von sieben Metakriterien bewertet: Marktposition, Markenstabilitat, Markt, Internationalitat, Trend der Marke, Marketing-Unterstutzung sowie Rechtlicher Schutz der Marke. Die Hauptkategorien setzen sich wiederum aus einer Vielzahl von Indikatoren zusammen."^^^ Die Punktwerte der sieben Hauptkategorlen fliefien mit unterschiedlichen Gewichten in die Gesamtbewertung ein. Auf dieser Basis wird eine Gesamtpunktzahl zwischen Null und 100 fur die Markenstarke ermittelt. Einziges konsumentenorientiertes, psychographisches Metakriterium stellt die Markenstabilitat dar. Sie wird u.a. vom Indikator Markenbekanntheit determiniert und fliefit mit einer Gewichtung von 15 Prozent In das Bewertungsverfahren ein. Diese Operationalisierung des Konstruktes Markenstarke ist allerdings als deutlich verkijrzt zu bezeichnen."*^® Im zweiten Schritt wird die ermittelte Markenstarke durch eine S-formige Markenindexfunktion in den sog. MarAcenwertfa/ctor transformiert. Diese S-Kurve basiert im Grunde auf dem Gesetz des abnehmenden Grenznutzens: Steigerungen bei Marken mit geringer Markenstarke verursachen einen uberproportional hohen Markenwertfaktor; bei hoher Markenstarke hingegen fuhrt ihre Verbesserung nur
Trotz der Vielzahl und Heterogenitat der Ansatze ist die Nutzung der Markenbewertungsmodelle im Rahmen des Mehrmarkencontrollings bei alien AnsStzen mit sehr ahnlichen Problemen verbunden, weshalb auf eine detaillierte Analyse einer grolieren Anzahl von Modellen im Rahmen dieser Arbeit verzichtet wird. RiESENBECK und PERREY vermuten, dass das INTERBRAND Modell „sicherHch den in der Offentlichkeit bekanntesten, damit aber keineswegs unumstrittenen Ansatz" darstellt. RIESENBECK/PERREY, Mega-Macht Marke - Erfolg messen, machen, managen, a.a.O., S. 298. Eine Ubersicht der Haupt- und Einzelkriterien sowie deren Gewichtung findet sich bei HAMMANN, P., Der Wert einer Marke aus betriebswirtschaftlicher und rechtlicher Sicht, in: Dichtl, E./Eggers, W. (Hrsg.): Marke und Markenartikel als Instrumente des Wettbewerbs, Munchen 1992, 3.226 f. Zu dieser Kritik vgl. auch BURMANN/KRANZ/WEERS, Bewertung und Bilanzierung von Marken Bestandsaufnahme und kritische Wurdigung, a.a.O., S. 331.
122
Kapitel C
noch zu unterproportionalen Zuwachsen des Markenwertfaktors."^^^ Der derart ermittelte Markenwertfaktor wird schlielilich mit dem gewichteten, marktbezogenen Durchschnittsgewinn der letzten drei GeschSftsjahre zum monetSren Markenwert multjpliziert.'*^® Auch der BRAND RATING Ansatz von ICON setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen: dem Icon-Markeneisberg, dem diskontierten Preisabstand und dem Brand-Future-Score.^^^ Er beinhaltet ebenfalls finanzorientierte und verhaltenswissenschaftlich-psychographische GroHen. Die Grundlage bildet das sog. Markeneisbergmodell. In Analogie zu einem Eisberg wird zwischen einem sichtbaren Teil (Markenbild) und einem unsichtbaren Tell (Markenguthaben) des Marken wertes unterschieden.'*^^ Das sichtbare Markenbild zeichnet sich durch eine kurzfristige Veranderlichkeit aus. Es wird von Faktoren wie der Markenbekanntheit, dem Werbedruck, der Markenuniqueness etc. determiniert. Durch Beeinflussung des Markenbildes kann das Markenguthaben aufgebaut werden, dem folglich eine langerfristige Perspektive zugrunde liegt. Das IVlarkenguthaben wird uber Indikatoren wie Markensympathie, -vertrauen und -loyalitat bestimmt. Die zweite Modellkomponente stellt das Preispremlum der Marke dar. Es wird durch das Produkt von diskontierten Preisabstanden der Marke und der jeweiligen Absatzmenge bestimmt. Der zugrunde gelegte Abzinsungsfud wird dabei mit einem Risikofaktor korrigiert. Dieser Faktor wird auf Basis einer Branchenstrukturanalyse ermittelt. Die dritte Komponente schliefilich, der Brand-Future-Score, soli das zukunftige Potenzial einer Marke quantifizieren. Der Wert wird wiederum uber drei Indikatoren erfasst: Entwicklungspotenzial der Marke im Kerngeschaft,
Vgl. BAUMGARTH, Markenpolitik, a.a.O., 8. 291. Auf die generellen Vorteile und Probleme dieses Ansatzes soli an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden. Vielmehr soil die Verfahrensart im Folgenden auf ihre Eignung in Richtung des Mehrmarkencontrollings untersucht werden. Eine umfassende kritische Diskussion der Ansatze findet sich bspw. bei BURMANN/KRANZ/WEERS, Bewertung und Bilanzierung von Marken - Bestandsaufnahme und kritische Wurdigung, a.a.O., S. 319 ff. Zu den folgenden ErlSuterungen zum BRAND RATING Ansatz vgl. ausfuhrlich ESCH, F.R./GEUS, P., Ansatze zur Messung des Markenwerts, in: Esch, F.-R. (Hrsg.): Moderne Markenfuhrung: Grundlagen - innovative AnsStze - praktische Umsetzungen, 4. erw. und akt. Auflage, Wiesbaden 2005, 8. 1301 ff. Zum Markeneisbergmodell vgl. ausfuhrlich ESCH, F.-R./ANDRESEN, T., Messung der MarkenstSrke durch den Markeneisberg, in: Esch, F.-R. (Hrsg.): Moderne Markenfuhrung, 3. Auflage, Wiesbaden 2001,8. 1081 ff.
Kapitel C
123
Dehnungspotenzial der Marke aufierhalb des Kemgeschafts und Markenschutz.'^^'' Die drei Hauptkomponenten Markeneisberg, Preispremium und Brand-FutureScore werden schliefilich multiplikativ zum monetSren Markenwert verknupft. Im Rahmen des Mehrmarkencontrolllngs dienen derartige Markenbewertungsmodelle dazu, alle Marken eines Portfolios nach den gleichen Kriterien zu analysieren und zu evaluieren. Sie konnen dann in eine PrioritStenrangfolge gebracht werden. So soil der Wertbeitrag jeder einzelnen Marke zum Gesamtportfolio quantifiziert werden. Auf dieser Basis sollen Handlungsempfehlungen fur das Portfolio abgeleitet werden konnen."*^^ Die Integrativen Markenbewertungsmodelle vollziehen dabei zumindest in Ansatzen die fur das (Mehr-)Markencontrolling notwendige Integration der psychographischen und okonomischen Analysedimension. Den vielfaltigen markenubergreifenden Interdependenzen in Mehrmarkestrategien tragen allerdings auch diese Modelle nicht ausreichend Rechnung."*^^ Letztlich wird jede Marke isoliert bewertet. Infolgedessen ist auch die Moglichkeit, im Hinblick auf eine Gesamtportfoliooptimierung Implikationen in Form strategischer Stoflrichtungen und Handlungsempfehlungen abzuleiten, sehr begrenzt.
4.42
Integrierte Customer-Equity Modelle
Der Notwendigkeit der Vernetzung psychographisch-verhaltenswissenschaftlicher und finanzwirtschaftlicher Steuerungsgrolien zur ganzheitlichen Markenfuhrung wird auch in einigen Customer-Equity Modellen Rechnung getragen. Grundidee der noch relativ jungen Forschungsrichtung des Customer-Equity Managements ist die Verbindung der Ansatze der wertorientierten Unternehmensfuhrung und des Beziehungsmarketings. Zlel der wertorientierten Unternehmensfuhrung ist es, durch systematisches Management zentraler Werttreiber einen okonomischen Mehrwert zu erwirtschaften. So soil der Unternehmenswert substantiell und nach-
Vgl. hierzu bspw. MusiOL, K.G. et al., Icon Brand Navigator und Brand Rating fur eine holistische Markenfuhrung, in: Schimansky, A. (Hrsg.): Der Wert der Marke. Markenbewertungsverfahren fur ein erfolgreiches Markenmanagement, Munchen 2004, 8. 374 ff. Vgl. FRETERTWECKER/BAUMGARTH, Markenportfolio, a.a.O., S. 407. Hierzu vgl. auch BURMANN/KULLMANN, Strategisches Mehrmarkencontrolling - Modellkonzeption zur integrierten und dynamischen Koordination von Markenportfolios - Arbeitspapier Nr. 14 des Lehrstuhls fur innovatives Markenmanagement (LiM), a.a.O., S. 15 ff.
124
Kapitel C
haltig gesteigert werden. Neben finanzwirtschaftlichen Wertsteigerungshebein, wie Umsatzwachstum, Profitabilitat und Stabilitat, werden auch strategische immaterielle Werttreiber, wie bspw. Markenwerte, mit einbezogen. Das Beziehungsmarketing demgegenuber bezeichnet die Gesamtheit alter Entscheldungstatbestande und Mafinahmen der Analyse, Planung und Durchfuhrung, die der Initiierung, Verbesserung und Wiederaufnahme von Geschaftsbeziehungen zu den Anspruchsgruppen zur gegenseitigen Nutzenmaximierung dienen."^^"^ Im Fokus dieser Forschungsrichtung steht die Ausrichtung des Marketings auf den Beziehungslebenszyklus der Kunden. Customer-Equity Management, als Konzept einer kunden- und wertorientierten Unternehmensausrichtung, zielt infolgedessen auf den Einsatz des Beziehungsmarketings zur nachhaltigen Ausschopfung der Erfolgspotenziale bestehender und zukunftiger Kunden."*^^ Das zentrale Konstrukt des wertorientierten Beziehungsmarketings stellt der Customer Lifetime Value (CLV) dar. Er bezeichnet den diskontierten Einzahlungsuberschuss, den ein Kunde im gesamten Verlauf seiner Kundenbeziehung fur ein Unternehmen erzeugt. Die Summe dieser individuellen Kundenwerte entspricht dem Kundenstammwert des Unternehmens, dem Customer-Equity. Er umfasst somit die Gesamtheit der aktuellen und zukunftigen Erfolgsbeitrage aller bestehenden und zukunftigen Kundenbeziehungen."^^^ BURMANN hat drei unterschiedliche Grundtypen von Customer-Equity Modellen identifiziert: B/ac/(-8ox-Modelle, verhaltenstheoretische Modelle und hybride Modelle."*^^ Black-Box-IVIodelle basieren ausschliefilich auf monetaren Grofien. Mit Hilfe einer um die Kundenbindung erweiterten Kapitalwertformel wird fur jeden einzelnen Kunden der CLV errechnet. Die einzelnen CLV werden dann in einem zweiten Schritt zum Customer-Equity aggregiert. Da der Customer-Equity in diesen Modellen ausschliefilich uber okonomische Grofien operationalisiert wird, ist ihr Steuerungspotenzial als eingeschrankt zu bezeichnen. Lediglich im Bereich
434
Zu dieser Definition vgl. BRUHN, Controlling von Kundenbeziehungen, S. 187 f.
435
Vgl. BuRMANN, CH./HUNDACKER, S., Customer Equity Management - Modellkonzeption zur wertorientierten Gestaltung des Beziehungsmarketings - Arbeitspapier Nr. 3 des Lehrstuhls fur innovatives Markenmanagement (LiM), Universitat Bremen, Bremen 2003, S. 18. MEFFERT, Marketing: Grundlagen marktorientierter Unternehmensfuhrung: Konzepte - Instrumente - Praxisbeispiele, a.a.O., S. 948. Vgl. BURMANN, Customer Equity als Steuerungsgr5fie fur die Unternehmensfuhrung, a.a.O., 8. 112ff.
Kapitel C
125
der Untemehmensbewertung ist Black-Box-Modellen ein gewisses Steuerungspotenzial zuzuschreiben."*^® Dementsprechend sind die Einsatzmoglichkeiten derartige Modelle auch im Hinblick auf das Mehrmarkencontrolling auf Grund ihrer rein monetaren Analysebasis sehr begrenzt. Verhaltenswissenschaftliche Ansatze demgegenuber versuchen, unterschiedliche psychographische Erfolgspotenziale der Kundenbeziehung zu erfassen und diese in okononnische Grdften zu transformieren."*^^ Als psychographische Grofien flleflen bspw. die Kundenzufriedenheit und Einstellungskonstrukte in die Kundenwertberechnung ein. Allerdings wird die Validitat der Umrechnung der Psychographika in monetare Groflen bei diesen Verfahren bemangeit.'^'^^ Vor dem Hintergrund dieser Kritik wird daher auch den verhaltenswissenschaftlichen Modeilen nur ein begrenztes Steuerungspotenzial bescheinigt. Auf Grund des partialanalytischen Charakters ist auch die Eignung dieser Modelle fur das Mehrmarkencontrolling als sehr eingeschrankt zu beurteilen. Hybride Customer-Equity Modelle konnen als Synthese der beiden anderen Ansatze verstanden werden. Sie verfugen einerseits uber eine verhaltenstheoretische Fundierung und integrieren andererseits direkt finanzwirtschaftliche Groflen. So soil ein Beitrag zum gezielten Einsatz von Instrumenten des Bezlehungsmarketings geleistet werden. Ziel ist es, durch diese systematischere Marktbearbeitung eine Steigerung des Unternehmenswertes zu generieren. Abbildung 21 zeigt die Struktur des von BURMANN und HUNDACKER entwickelten hybriden Steuerungsmodells.
Vgl. BURMANN, Customer Equity als Steuerungsgrode fur die Unternehmensfuhrung, a.a.O., S. 112ff. Vgl. DiLLER, H., Probleme des Kundenwerts als Steuerungsgrofle im Kundenmanagement, in: BOhler, H. (Hrsg.): Marketing-Management und Unternehmensfuhrung, Stuttgart 2002. So z.B. bei BURMANN/HUNDACKER, Customer Equity Management - Modellkonzeption zur wertorientierten Gestaltung des Beziehungsmarketings - Arbeitspapier Nr. 3 des Lehrstuhls fur innovatives Markenmanagement (LiM), a.a.O., S. 13.
Kapitel C
126
Monetflre Ebene
Cytteimf4learbeitung
Bedingte Angebotswahlwahrscheinlichkeit T
r
Psychographische Ebene
Kundennettonutzen t
r Kundenkosten
Kundenbruttonutzen
T InstrumenteEbene
Kundenlebenszykiusphasen
Duale Marktbearbeitung
1 1
J
T
L
J
J
1
1
1
1
Akqulsition
Kundenbindung
Cross-Selling
Bindung
1
+
t
+
1 Ausrichtung am Kundenrwttonutzen
1 Ausrichtung an Kundenartblgsbeitrag
Abb. 2 1 : Zielorientiertes hybrides Modell des Customer-Equity Managements Quelle: BURMANN, CH./HUNDACKER, S . (2005), S. 11.
Die Abbildung verdeutlicht die Wirkungsbeziehungen eines solchen hybriden Customer-Equity Modells. Das Modell strukturiert die Wlrkungen der Marktbearbeitung anhand von zwei Dimensionen: Kundennettonutzen und -erfolgsbeitrag. Der zielgerichtete Instrumenteneinsatz entlang der Phasen des Kundenlebenszyklus determiniert die psychographische Ebene; hier werden der Kundenbruttonutzen und die Kundenkosten erfasst, die zum Konstrukt des Kundennettonutzens aggregiert werden konnen. Der Kundennettonutzen wiederum resultiert auf der monetaren Ebene in (stochastischen) Wahlentscheidungen der Nachfrager. Damit wird letztendlich die Zahl der Kunden des Anbieters beeinflusst. Zudem erfolgt eine lebenszyklusorientierte Erfassung der Wirkung und Kosten des Beziehungsmarketings. Diese resultieren In der Kundenprofitabilitat und bei dynamischer Betrachtung im CLV. Kundenanzahl und CLV bestimmen dann den Customer-Equity als globale Steuerungsgrofie auf der monetaren Ebene."^^ Eine Adaption der Grundidee hybrider Customer-Equity Modelle erscheint auch in
Eine detailliertere ErlSuterung der Wirkungszusammenhange findet sich bei HUNDACKER, Customer Equity Management bei kontinuierlichen DienstJeistungen, a.a.O.
Kapitel C
127
Richtung des Markenportfoliomanagements denkbar. Der Customer-Equity wurde von BURMANN als geeignete globale SteuerungsgrGfte einer wertorientierten Untemehmensfuhrung identifiziert.'^'^^ Er konnte i.S. eines Portfolio-CustomerEquity auch den Mehrmarkenfall reprasentieren. Im Rahnnen der Untersuchung des bedingten Wahlverhaltens der Kunden (-gruppen) kfinnen dementsprechend auch mehrere Marken eines Portfolios in die Analyse miteinbezogen werden. Insofern truge ein solches Steuerungskonzept zum einen zur quantitativen Integration der psychographischen und monetaren Analysedimension bei. Durch Beruckslchtigung zukunftlger Erfolgsbeitrage wurde zunn anderen auch der zur geforderten Einbeziehung einer dynamischen Analyseperspektive Rechnung getragen. Allerdings ist eine solche Adaption in Richtung des MehrmarkencontroHings mit einigen Problemen verbunden. Die Markenstarke fliefit als eine Komponente in das Konstrukt des Kundennettonutzens ein. Eine dezidierte Operationalisierung dieser Komponente und insbesondere eine Berucksichtigung der Interdependenzen zwischen einzelnen Portfoliomarken lassen auch die hybriden CustomerEquity Modelle derzeit noch vermissen. Die Modelle konnen daher als potenziell geeigneter ubergeordneter integrativer Steuerungsrahmen klassifiziert werden. Allerdings mangelt es zum heutigen Forschungsstand noch an einer hinreichenden Konzeptualisierung und Operationalisierung fur das Mehrmarkencontrolllng.
4.43
Integrierte Marken-Scorecards
Den Anforderungen an ein integratives Controllingsystem versucht auch das Konzept der Marken-Scorecard Rechnung zu tragen. Dabei handelt es sich um eine Adaption und Modifikation des Balanced-Scorecard (BSC) Ansatzes. Dessen Grundkonzeption soil daher zunachst kurz eriautert werden."^"^^
Vgl. BuRMANN, Customer Equity als Steuerungsgrofle fur die UnternehmensfiJhrung, a.a.O. Zur Eignung des Customer-Equity im Rahmen des Markenmanagements bzw. zur Integration der Steuerungsgrbden Brand-Equity und Customer-Equity vgl. auch BURMANN/JOST-BENZ, Brand Equity Management vs. Customer Equity Management? Zur Integration zweier Managementkonzepte - Arbeitspapier Nr. 19 des Lehrstuhls fur innovatives Markenmanagement (LiM), a.a.O. Die Grundkonzeption der BSC geht auf KAPLAN und NORTON zuruck und wurde bereits vielfach erdrtert, weshalb an dieser Stelle fur ausfuhrlichere ErlSuterungen auf die relevante Literatur
128
Kapitel C
Kernidee des BSC-Konzeptes ist die integrierte Untersuchung unterschiedlicher Perspektiven bei der Leistungsbeurteilung eines Unternehmens als Grundlage fur dessen Planung und Steuerung. Perspektivenubergreifende Zusammenhange und perspektivenspezifische Messgrofien werden simultan berucksichtigt. KAPLAN und NORTON schlagen die Financial-, die Innovation and Learning-, die Internal Business- und die Customer-Perspective vor. Deren zentrale Wertindikatoren und Kennzahlen bilden sie auf vier sachlogisch miteinander verbundenen Scorecards ab."^"^"^ Durch die Darstellung von Ergebnis- und Leistungstreibern sowie deren Ursache-Wirkungsbeziehungen sollen Strategic und Wertschopfungskette eines Unternehmens ganzheitlich abgebildet werden."*"^^ So soil dem Anwender eine ziel- und strategieadaquate Entsclieidungsbasis zur Verfugung gestellt werden."*"*^ Der Grundgedanke des Ansatzes besteht somit in der integrierten und ausgewogenen (balanced) Berijcksichtigung unterschiedJiclier Analyseperspektiven. Daher stellt der BSC-Ansatz auch fur das identitatsorientierte Mehrmarkencontrolling einen geeigneten Bezugsrahmen dar. So konnen sowohl qualitativ-psychographische als auch quantitativ-okonomische, vergangenheits- wie auch zukunftsbezogene Informationen der externen Markt- und der internen Unternehmensperspektive berucksichtigt werden."^"^^ Im Folgenden sollen drei Marken-Scorecard Modelle vorgestellt und hinsichtlich ihrer Eignung fur das Mehrmarkencontrolling
verwiesen werden soil. Vgl. bspw. KAPLAN/NORTON, Balanced Scorecard: Strategien erfolgreich umsetzen, a.a.O; WEBER/SCHAFFER, Balanced Scorecard & Controlling: Implementierung - Nutzen fur Manager und Controller - Erfahrungen in deutschen Unternehmen, a.a.O. Fur diese Perspektiven werden Messobjekte, Indikatoren und Kennzahlen deftniert, urn die jeweiligen Zielerreichungsgrade zu analysieren. KAPLAN, R.S./NORTON, D.P., The BalancedScorecard: Measures That Drive Performance, in: Harvard Business Review, No. 1, 1992. Vgl. BAUM, H.-G./COENENBERG, A./GUNTHER, TH., Strategisches Controlling, 3., uberarb. und erw. Auflage, Stuttgart 2004, 8. 345. Als potenzielle Anwender werden dementsprechend insbesondere das Geschaftsbereichs-, Unternehmens- oder Konzemmanagement genannt. Vgl. SEIDENSCHWARZ, W./GLEICH, R., Controlling und Marketing als Schwesterfunktionen - Balanced Scorecard und marktorientiertes Kostenmanagement als verbindende Konzepte, in: Reinecke, S./Tomczak, T./Geis, G. (Hrsg.): Handbuch Marketingcontrolling: Marketing als Motor von Wachstum und Erfolg, Frankfurt, Wien 2001, 8.621. Vgl. MEFFERT, H./KOERS, M., Identitatsorientiertes Markencontrolling - Grundlagen und konzeptionelle Ausgestaltung, in: Meffert, H./Burmann, Ch./Koers, M. (Hrsg.): Markenmanagement - Grundfragen der identitatsorientierten Markenfuhrung, Wiesbaden 2002, a.a.O., 8. 284.
Kapitel C
129
diskutiert werden: die Marken-Scorecard Hierarchie von KOERS,'^'^® eine MarkenScorecard aus der Unternehmenspraxis'^'*^ sowie die LIM®-MARKEN-SCORECARD.^^° KoERS schlagt in seiner Scorecard Hierarchie vor, fur samtliche Marken eigenstandige Marken-Scorecards in Abhangigkeit von ilirer Markenidentitat zu entwickeln."*^^ Zur Abbildung der Kausalitaten zwischen den Einzelmarken ist aufierdem eine Gesamtportfolio-Scorecard zu etabjieren."^^^ Diese ubergeordnete Scorecard der Portfolioleitung integriert die spezifischen Marken-Scorecards. Die Einzelmarken-Scorecards werden auf der Portfolioebene urn Indikatoren und Kennzahlen, die sich aus der markenubergreifenden Perspektive ableiten, erweitert; hier sind bspw. Wanderungsanalysen angesiedelt. So wird ein mehrstufiges System vernetzter Marken-Scorecards entwickeit. Dieses soil eine „konsistente Informationsversorgung unterschiedlicher Aggregationsebenen des Portfolios und damit eine liierarcliisclie Informationsintegration"^^^ gewahrleisten. Abbildung 22 zeigt die Grundstruktur von KOERS' Scorecard Hierarchie, die am Beispiel des Volkswagen-Konzerns entwickeit wurde.
Dabei handelt es sich nach Wissen des Verfassers urn die erste detailliere Konzeption bezuglich des Mehrmarkencontrollings. Vor dem Hintergrund des Aniiegens dieser Arbeit, einen Beitrag zum Praxistransfer der Ergebnisse zu leisten, erscheint es sinnvoil, ein reales Konzept aus der Unternehmenspraxis vorzustellen und kritisch zu wurdigen. Die LIM®-MARKEN-SCORECARD schliefllich soil erlSutert werden, da es sich dabei unri die aus Sicht des Verfassers aktuellste ganzheitliche Konzeption einer Marken-Scorecard handelt. Zu den nachfolgenden Ausfuhrungen vgl. detailliert KOERS, Steuerung von Markenportfolios Ein Beitrag zum Mehrmarkencontrolling am Beispiel der Automobilindustrie, a.a.O.; MEFFERT/KOERS, Identitatsorientiertes Markencontrolling - Grundlagen und konzeptionelle Ausgestaltung, a.a.O., S. 289 ff. Diese hierarchlsche Strukturierung erfolgt zweckmSfiigerweise wiederum in Aniehnung an das Grundkonzept der BSC bzw. deren Weiterentwicklung. In Analogie zur hierarchischen Zerlegung von Strukturen und Strategien in Unternehmen i.S. von Konzern-, Unternehmens-, Geschaftsbereichs- und Funktionalstrategien wird dabei auch eine ubergeordnete BSC-L6sung auf unterschiedliche Organisations- und damit Aggregationsebenen stufenweise heruntergebrochen. Vgl. BAUM/COENENBERG/GONTHER, Strategisches Controlling, a.a.O., S. 351 ff. MEFFERT/KOERS, Identitatsorientiertes Markencontrolling - Grundlagen und konzeptionelle Ausgestaltung, a.a.O., S. 293 f.
130
Kapitel C
Portfolioscorecard Konzern
MMj^tiUhm I ' I '
ErhOhung des Portfoliowertes Portfolioprofitabilitat Wachstum Gesamt Cash-Flow 2 Investment
Portfoliowert als Summe der einzelnen Markenwerte Portfolioabsatz und -marktanteil Portfolioumsatz und -gewinn Wanderungssaldo
lil|Mrkt#»rip»lttiv» IMm
niaagfa&w ' Differenzlerte Markenpositionierung > Verbesserung Eroberungsund Loyaiitatsraten ' Ausweitung der Kundengewinnung und -bindung
' Erwagerraten der Portfoliomarken untereJnander Portfoflo-Eroberungsrate Partizipationsindex Portfoliozufriedenheit Etc.
UmnrnfRmm^lfH&w MaftgKMUfi
• Eigenstandige MarkenfQhnjng • Selbststandige Organisationseinheiten • Nutzung von Synergien • Fttrderung des internen Wettbewerbs
• Kosten • Grad der Vereinheitlichung • Cross-Selling zwischen den Marken • Mitarbeiter- und Handleridentifikation
Handlungsrahmen
; Markenscorecard VW
Bll0M)fnSp#MpMtliV9
IntMriM P9ftp#Mlv9
M•rfc^P•f•p•fctlv• ZM*
M«aafM*n
Ztel*
Mtftgrdten
Markenscorecard Audi :
Markenscorecard Skoda etc.
Abb. 22: Scorecard Hierarchie von KOERS Quelle: KOERS, M. (2001), S. 249.
Die Scorecards auf jeder Ebene sind in drei Komponenten gegliedert: Eine ubergeordnete ErgebnisperspektJve wird von einer Markt- und einer Untemehmensperspektive determiniert. Die drei Komponenten sind in sich jeweils in eine Zielund eine Mafigroftendimension strukturiert. Die Mafigroften sollen die Ziele operationalisieren. Sowohl auf Ziel- als auch auf Kennzahlenebene sind psychographische und okonomische Groften einbezogen.
Obwohl dieses System vorder-
grijndig die notwendige Integration der unterschiedlichen Perspektiven vollzieht, ist das Konzept dennoch mit einigen Problemen behaftet. Inhaltlich sind psychographische und verhaltenswissenschaftliche Ziel- und Mafigroflen deutlich unterreprasentiert. So finden sich auf der Portfolioebene lediglich die Grofien .marktseitige Portfoliozufriedenheit' (Marktperspektive) und die ,Mitarbeiteridentifikation' (Unternehmensperspektive).
Vor dem Hintergrund des erar-
beiteten Zielsystems in Mehrmarkenstrategien (Kapitel 3.2) wird dieser Ansatz der Analysebedeutung der Psychographika als Leistungstreiber der okonomischen Ergebnisse nicht gerecht. Zudem findet zwar eine Trennung zwischen externer und interner Perspektive statt, das zentrale Konstrukt der Markenidentitat auf der internen Dimension wird aber kaum berucksichtigt. Aufierdem ist inhaltlich eine
Kapitel C
131
mangelnde Operationalisierung der einbezogenen Ziele und Konstrukte zu kritisieren. Das System ISsst schliefilich eine stringente Strukturierung der Wlrkungszusammenh^nge zwischen psychographjschen, verhaltenswissenschaftlichen und okonomischen Zielen und Kennzahlen vermissen. Ahnlich wie bei KOERS ist auch das Scorecard Konzept aus der Unternehmenspraxis mehrstufig-hierarchisch strukturiert.'^^'^ Das System erstreckt sich uber funf Ebenen, die in Kausalbeziehungen zueinander stehen und in einem Brand Value gipfeln. Abbildung 23 stellt die grundsatzlichen Wirkungsbeziehungen des Konzepts graphisch dar.
Results in value for the client
t I ' •
Which is the objective of Consumption by Occasion
Occasion based Key Performance Indicators (Market Share, Volume, Loyalty.. Drivers of [ Consumer Groups and Occasion
Builds superior systems and brand strength.
Promotion
Organisation
• • • •
• HR • Company culture • Performance mgt
Advertising PR, Merchandising Sponsorships Sales Promotion
Market Dynamics Abb. 23: Struktur der Marken-Scorecard eines internationalen Quelle: Unveroffentlichtes anonymlsiertes Praxismaterial.
Konsumguterherstellers
Die einzelnen Ebenen der Pyramide sollen die Wirkungszusammenhange zwischen Marketinginstrumenten, Psychographika, Konsumentenverhalten und den daraus resultierenden okonomischen Ergebnissen abbilden. Der sog. Brand Va-
Das hier vorgestellte Konzept wurde von der weltweit tatigen Wirtschaftprufungsgesellschaft/Unternehmensberatung DELOITTE CONSULTING fiir einen internationalen Konsumguter-
hersteller entwickelt. Da es sich um wettbewerbsrelevante Informationen handelt, kann das System im Rahmen dieser Arbeit nur anonymisiert und auf hoher Aggregationsebene dargestellt werden.
132
Kapitel C
lue als Spitzenkennzahl wird entlang der funf Ebenen auf mehr als 90 Einzelindikatoren heruntergebrochen. Fur jede der Unternehmensmarken und jeweils pro geographischen Markt ist eine solche Scorecard etabliert worden. Das Gesamtsystem setzt sich damit aus mehreren hundert Kennzahlen zusammen. Trotz der systematischen Konsistenz dieses Konzeptes ist allerdings kritisch zu fragen, ob ein derartig umfangreiches und komplexes System den Anforderungen der Praktikabilitat und Wirtschaftlichkeit gerecht wird. Daruber hinaus muss bemangelt werden, dass ausschliefllich eine IVIarktperspektive eingenommen wird. Die interne Ebene der Markenidentitat bleibt gSnzlich unberQckslchtigt. Eine solche Integration im Sinne des identitatsorientierten Markenmanagements vollzieht die LIM®-MARKEN-SCORECARD.'*^^ Sie gliedert sich analog zum BSCKonzept in vier Dimensionen: die Finanzielle-, die Kundenverhaltens-, die Markenimage- und die MarkenidentiWtsperspektive. Diese hierarchisch aufeinander aufbauenden Dimensionen stehen untereinander in einem Ursache-WirkungsZusammenhang. Die oberste Zieldimension stellt die finanzielle Perspektive dar. Sie reprasentiert die finanzielle LeistungsfShigkeit der Marke und splegelt daher die Ergebnisse der unteren Ebenen wider. Operationalisiert wird die finanzielle Ebene uber Grofien wie dem Customer-Equity oder dem ROI der Marke. Ihren .direkten Unterbau' bildet die Ebene des Kundenverhaltens; hier werden unterschiedliche Aspekte des Kundenverhaltens uber verschiedene nachfragergruppenspezifische Verhaltenskennzahlen erfasst. Dem Kundenverhalten ist das Markenimage als Akzeptanzkonzept der Marke beim Nachfrager kausal untergeordnet. Die Ebene umfasst die zentralen Voraussetzungen und Komponenten des Markenimages, wie z.B. Markenbekanntheit, funktionaler und symbolischer Nutzen der Marke fur die externen Zielgruppen etc. Da die Markenstarke sich uber den Fit von Markenimage und -identitat konstituiert, stellt die Ebene der MarkenidentitSt das Fundament des Systems dar. Diese Ebene umfasst sowohl eine Prozess- als auch eine Potenzialdimenslon. Die Prozessdimension erfasst i.S. des RBV die kompetenzbasierten zentralen unternehmensinternen Prozesse zur Befriedigung der Kundenbedurfnisse, da ein dau-
Zur LiM®-Marken-Scorecard vgl. ausfuhrlich BURMANN/BLINDA/NITSCHKE, Konzeptionelle Grundlagen des identitStsbasierten Markenmanagements - Arbeitspapier Nr. 1 des Lehrstuhls fur innovatives Markenmanagement (LiM), S. 46 ff.
Kapitel C
133
erhaft uberlegener Kundennutzen und damit Wettbewerbsvorteil vor allem auf den Kernkompetenzen einer Marke basiert."^^^ Hier ist die Qualitat der Prozesse der Produktinnovation, der Produktpflege, des Preismanagements, der Kommunikation, des Vertriebs und des Services zu erfassen und zu beurteilen. Die Potenzialperspektive innerhalb der Ebene der Markenidentitat schliefilich reprasentiert die zielfuhrenden Handlungspotenziale seitens der Mitarbeiter."^^^ Sie dient der Erfassung der zentralen unternehmensinternen strategischen Potenziale. Diese resultieren aus einer konsistenten Etablierung der Markenidentitat bei alien internen Anspruchsgruppen; somit wird hier die Gute des innengerichteten Markenmanagements beurteilt. Abb. 24 zeigt die Grundstruktur der LIIVI®-MARKEN-SCORECARD. BSCOimensionen
Marken-Scorecard Dimensionen
Komponenten
Finanz. Ergebnisse
Kundenv«rhalten
Markenimage
Potenzialperspektive
Markanl(tontitit& Mitarbaitarvarhalton
Langfristige Wertsteigerung
Meinungsfuhrer etc.
Absatzmittler
Symbolischer Nutzen
Herkunft
Funktionaler , Nutzen
Kernleistungen
|a) Potenziale .Stille Reserven' fOr zukQnfUge Image-. Vtthaltens- und Ergebniswirkungen
|b) Prozesse Prozessperspektive
Markenmerkmale
GOteder Prozesse zu erfassen Qber z.B. QualitAt, Kosten, Zeit
Strategische Potenziale Instrumentelle Potenziale
Produktinnovationsprozess
Produktpflegeprozess
31
PreisManageImentprozessj
Kommunikationsprozess
Vertriebsprozess
Serviceprozess
I E :JZ Kompetenzen
Abb. 24: Grundstruktur der LiM -MARKEN-SCORECARD Quelle: BURMANN, CH./BLINDA, L./NITSCHKE. A. (2003), S. 47.
Vgl. BURMANN/MEFFERT, Theoretisches Grundkonzept der identitatsorientierten Markenfuhrung, a.a.O., S. 59 ff. Hierzu vgl. ausfuhrlich BURMANN/ZEPLIN, Innengerichtetes identitStsbasiertes Markenmanagement, a.a.O.
134
Kapitel C
Entsprechend dem in dieser Arbeit abgeleiteten Zielsystem biidet die LiM®MARKEN-SCORECARD durch diese Struktur die Wirkungskette zwischen psychographischer, verhaltenswissenschaftlicher und okonomischer Ebene stringent ab. Als wesentliches Element dieser .inneren Logik' ist die im Rahmen des identitStsorientierten Markenmanagements postulierte Synthese von externer markt- und interner unternehmensorientierter Sichtweise hervorzuheben. Auf diese Weise soil ein ganzheitlicher Ansatz zur systematischen und gleichermaflen dezidierten Analyse von Effektivitat und Effizienz der Markenfuhrung bereitgestellt werden."^^® Allerdings lasst die LIM®-MARKEN-SCORECARD die Markenstarke als das zentrale ubergeordnete Konstrukt der Verhaltensrelevanz einer Marke vernnissen. Auch an einer expliziten Berucksichtigung einer ubergeordneten, verdichteten okonomischen Markenwertdimension mangelt es derzeit noch, wenngleich die Indikatoren .Profitabilitat' und .Langfristige Wertsteigerung' der Marke zumindest auf eine solche Kennzahl hindeuten."^^^ Analog zu dem in dieser Arbeit entwickelten Zielsystem in Mehrmarkenstrategien ist die LIM®-MARKEN-SCORECARD dementsprechend
sowohl auf der psychographisch-verhaltenswissenschaftlichen als auch auf der okonomischen Ebene um verdichtete Spitzenkennzahlen zu erweitern. Wie aufgezeigt muss ein solches Konzept fur das Mehrmarkencontrolling zudem um die markenportfoliospezifischen Strukturen und Kontextfaktoren erweitert werden. Hier kann in struktureller Hinsicht die Scorecard-Hierarchie von KOERS Anhaltspunkte liefern. Durch Synthese der Ansatze kann so ein hierarchisches Mehrmarken-Scorecardsystem abgeleitet werden: Fur jede einzelne Marke ist eine eigenstandige Scorecard zu entwickein, deren Konzeption sich an dem hier entwickelten Ziel- und Kennzahlensystem orientieren kann. Allerdings ist die konkrete Ausgestaltung von der spezifischen Unternehmens- und Portfoliosituation, bspw. von der Organisationsstruktur, abhangig. Zur Integration der Portfoliomarken ist daruber hinaus eine ubergeordnete Portfolio-Scorecard zu konzipieren. Da in komplexen Markenportfolios die operative Markenfuhrung haufig bei den dezentralen (Einzel-)Markeneinheiten angesiedelt ist, konzentrlert sich die Portfolioleitung
Zur Notwendigkeit eines solchen holistischen Ansatzes vgl. bspw. RIESENBECK/PERREY, Mega-Macht Marke - Erfolg messen, machen, managen, a.a.O., S. 229 ff. So weisen die Autoren selbst darauf hin, dass diese langfristige Wertsteigerung „oftmals durch eine umfassendere, separate Markenwertmessung erfasst wird. BURMANN/BLINDA/NITSCHKE, Konzeptionelle Grundlagen des identitatsbasierten Markenmanagements - Arbeitspapier Nr. 1 des Lehrstuhls fiir innovatives Markenmanagement (LiM), a.a.O., 8. 49.
Kapitel C
135
vielfach auf die strategische Rahmenplanung des Gesamtportfolios.'^^° Eine Portfolio-Scorecard sollte daher inhaltlich insbesondere markenubergreifende und verdichtete Zielgrofien und Performanceindikatoren abbilden. Auf der psychographischen Seite stehen dabei aggregierte Image- und Positionierungsanalysen der Portfoliomarken untereinander und im Vergleich zum Wettbewerb auf Globalimageebene im Vordergrund; seitens der okonomischen Zlelgrofien sind hier Insbesondere die Wanderungs- bzw. Kanniballsierungssalden zwischen den Marken im GesamtportfoHo zu beruckslchtigen. Ferner sind hier die .klassischen' ubergeordneten finanzwirtschaftlichen Kennzahlen, wie Gesamtportfoliogewinn, -umsatz, -marktantell etc. verdichtet zu integrieren. Zudem ist auf Gesamtportfolioebene eine Spitzenkennzahl in Form des Portfoliowertes zu etablieren. Bei diesem Wert kann es sich z.B. um einen Portfolio-Customer-Equity Oder um eine Verdichtung der einzelnen okonomischen Markenwerte handeln."^^^ Nur durch eine derartige adaquate Verdichtung der einzelnen Dimensionen eines solchen Systems auf den unterschiedlichen Ebenen kann zum einen der Notwendigkeit einer Integration und zum anderen den Kriterien der Wirtschaftlichkeit, PraktIkabllitat und Verwendungsbezogenheit Rechnung getragen werden. Bei einem solchen System wird - wie auch beim Grundkonzept der BSC - von einer Jnneren Logik' zwischen den Dimensionen und Hierarchien ausgegangen. Die Anwender, insbesondere Fuhrungskrafte, haben daher die Aufgabe, die vertikalen und horizontalen Kausalitaten qualitativ zu reflektieren und zu interpretieren."^^^ Auf dieser Basis sind entsprechende Entscheidungen und Maflnahmen abzuleiten. Zeigt sich bspw. innerhalb der obersten Portfolio-Scorecard eine hohe Substitution zwischen zwei Marken, sind die Leistungstrelber auf Gesamtportfolioebene zu untersuchen. Die Distanz der Marken im Wahrnehmungsraum zueinander zeigt dann moglicherweise, dass die Marken nicht differenziert genug positio-
Vgl. MEFFERT/KOERS, Identitatsorientiertes Markencontrolling - Grundlagen und konzeptionelle Ausgestaltung, a.a.O., S. 291 ff. Allerdings handelt es sich, wie in den vorherigen Kapitein bereits aufgezeigt, sowohl beim ubergeordneten Einzelmarkenwert als auch beim Einzelmarken-Customer-Equity um bislang noch nicht hinreichend operationalisierte Konstrukte bzw. um zumindest strittige Operationalisierungen. Auf eine detailliertere, ggf. mathematische, Operationalisierung einer solchen Portfoliospitzenkennzahl, die einen nochmals hdheren Komplexitatsgrad aufweist, muss daher im Rahmen dieser Arbeit verzichtet werden. Vgl. MEFFERT/KOERS, Identitatsorientiertes Markencontrolling - Grundlagen und konzeptionelle Ausgestaltung, a.a.O., S. 285 f.
136
Kapitel C
niert sind. In einem nachsten Schritt ist die verdichtete Positionierungsanalyse auf disaggregierte Imageanalysen auf Einzelmarkenebene herunterzubrechen. Auf diese Weise ermoglicht die kaskadische Struktur eine systematische Analyse und die Identifikation potenzieller Handlungsfelder und Strategien. Durch den steigenden Aggregationsgrad der Daten in einem solchen System wird zudem dem differenzlerten Informationsbedarf auf den unterschiedlichen Unternehmensebenen Genuge getan. Allerdings erweist sich die Ableitung konkreter Handlungsempfehlungen mit Hilfe eines solchen Systems als problematisch. Die Reflektion der Wirkungszusammenhange zwischen den Analysedimensionen basiert auf eher groben qualitativen PlausibilitatsiJberlegungen.'^^^ Die unterschiedlichen Analysedimensionen werden zwar in einem System integriert (bspw. innerhalb einer Datenbank), die inhaltlichen Zusammenhange zwischen einzelnen Kennzahlen beruhen aber auch hier auf sachloglschen Interpretationen. So wird z.B. versucht, eine hohe Substitution zwischen zwei Marken mit Hilfe der disaggregierten Imagekennzahlen zu erklSren. Die Frage aber, welche der betrachteten Imageitems tatsachlich relevant fur Kauf und Second-Choice sind, kann nicht auf quantitativ-analytischem Wege beantwortet werden. Insofern gelten die im Rahmen der Partialansatze diskutierten Probleme der Interpretation der Ergebnisse und darauf basierenden Strategieableitung auch fur dieses Instrument."*^
So formuliert KOERS im Rahmen seiner Analyse von Mehrmarkenstrategien auf dem Automobilmarkt bspw. im Zusammenhang mit der Interpretation der Befunde von Positionierungs- und Wanderungsanalyse: „Mit der genannten Zielsetzung, Substitutions- und Partizipationsbeziehungen anhand der Distanzen im Wahmehmungsraum zu antizipieren, sind grunds^tzlich die hier gefundenen Ergebnisse den im Rahmen der Wanderungsanalyse identifizierten Partizipations- und Substitutionsbeziehungen gegenuberzustellen. Weisen die Marken eine geringe Distanz zueinander auf, ist mit einer wechselseitig hohen Substitution bzw. Partizipation zu rechnen." KOERS, Steuerung von Markenportfolios - Ein Beitrag zum Mehrmarkencontrolling am Beispiel der Automobilindustrie, a.a.O., 8. 184. Uber die hier geSuflerten Ansatzpunkte zur Optimierung Marken-Scorecard und MehrmarkenScorecardsystem hinaus finden sich in der Literatur eine Reihe genereller Kritikpunkte und Einschrankungen hinsichtlich des zugrundeliegenden BSC-Konzeptes. Im Rahmen dessen werden bspw. Unklarheiten bez. der Verantwortlichkeiten, der Perspektivenfestlegung, der Messzyklen, der Bestimmung der MessgrOlien sowie - Shnlich wie hier im Rahmen der Marken-Scorecard - bez. der Interpretation der MessgrfiflenausprSgungen angefuhrt. Vgl. SEIDENSCHWARZ/GLEICH, Controlling und Marketing als Schwesterfunktionen - Balanced Scorecard und marktorientiertes Kostenmanagement als verbindende Konzepte, a.a.O., S. 627.
Kapitel C
4.5
137
Fazit und kritische Wiirdigung
Die Diskussion der existierenden Analyseinstrumente zum Mehrmarkencontrolling hat zu folgenden Ergebnissen gefuhrt: •
Markenimage- und Markenpositionierungs- sowie Wanderungsanalysen stellen zentrale Partialinstrumente des Mehrmarkencontrollings dar. Mittels Imageund Positionierungsanalysen sollen Ruckschlusse auf mogliche Ursachen der Wanderungsbewegungen gezogen werden. Auf dieser Basis sind StrategieImpllkatlonen abzuleiten. Allerdlngs beruht die Interpretation der Ergebnisse auf qualitativ-theoretisclien Uberlegungen. Zudem basieren die Analysen auf historischen oder zeitpunktbezogenen Daten. Im Ergebnis ist also der partialanalytische und statische Charakter dieser Instrumente zu bemangeln. So bedarf es einerseits einer strukturellen Integration der Ansatze im Sinne eines integrierten Markenberichtswesens. Andererseits ist auch eine inhaltliche Verknupfung der Dimensionen im Sinne einer integrierten Markenerfolgsmessung mittels dependenzanalytischer Untersuchungen notwendig.
•
Auf Seiten der integrativen Konzepte tragen einige Markenbewertungsverfahren einer solchen Vernetzung ansatzweise Rechnung: Sie bestimmen den Brand-Equity auf Basis psychographischer und okonomischer Komponenten. Teilweise wird aufierdem auch eine dynamische Analysedimension miteinbezogen, indem zukunftige Erfolgspotenziale der Marken berucksichtlgt werden. Allerdings werden letztendlich alle Marken eines Portfolios separat beurteilt. Diese Betrachtung wird den vielfaltigen markenubergreifenden Interdependenzen in Mehrmarkenstrategien nicht gerecht.
•
Auch hybride Customer-Equity Modelle folgen einem mehrdimensionalen Ansatz: Im Rahmen dessen wird versucht, unterschiedliche Erfolgspotenziale der Kundenbeziehung psychographisch zu erfassen und mit finanzwirtschaftlichen Grofien in Beziehung zu setzen. Mit Hilfe des CLV wird zudem eine dynamische Perspektive integhert. Dementsprechend kann der Customer-Equity auch im Hinblick auf das Markenportfoliomanagement als geeignete ubergeordnete SteuerungsgroUe gelten. Allerdings mangelt es bei dieser jungen Forschungsrichtung derzeit noch an einer detaillierteren Konzeptualisierung und Operationalisierung der Modelle in Richtung bezuglich der Portfolioanalyse.
•
Eine am in dieser Arbeit entwickelten Zielsystem angelehnte MarkenScorecard kann auch fur das Mehrmarkencontrolling eine geeignete Basis zur Entwicklung eines ubergeordneten strukturellen Rahmens i.S. des identitats-
138
Kapitel C
orientierten Markenberichtswesens darstellen kann. Hierzu ist ein hierarchisches Mehrmarken-Scorecardsystem zu entwickeln. Dieses zeichnet sich insbesondere durch eine die Einzelmarken-Scorecards integrierende und verdichtende Portfolio-Scorecard aus. Allerdings ist inhaltlich eine quantitative Analyse der Wirkungszusammenhange zwischen den Kennzaliien im Sinne einer integrierten Markenerfolgsmessung notwendig. Zur (partiellen) Schiieflung der identifizierten Forschungslucken im Rahmen der Markenerfolgsmessung geht es nun darum, detail I iertere Erkenntnisse hinsichtllch der KennzahlenzusammenhSnge in Markenportfolios bereitzustellen. Im Folgenden soil daher ein Modell entwickelt werden, das in systematischer und ganzheitlicher Form einen Beltrag zum Mehrmarkencontrolling im Sinne einer dependenzanalytischen Integration der wesentlichen Kennzahlen leisten soil. Die nachfolgende emplrische Uberprufung dieses Modells soil zudem zur Fundierung der bestehenden qualitativ-theoretischen Plausibilitatsuberlegungen beitragen.
5.
Modellkonzeption als Beitrag zur integrierten und dynamischen Koordination von IVIehrmarkenstrategien
5.1
Zielsetzung der Analyse
Ziel der folgenden Untersuchung ist es daher, aufbauend auf den bereits erlauterten etablierten Konzepten, ein mehrstufiges Modell zu entwickeln, welches das existierende Instrumentarium in zwei Richtungen erweitert aber auch verdichtet: •
Durch die dependenzanalytische Verknupfung psychographischer und okonomischer Grofien soUen die auf Basis theoretischer Uberlegungen unterstellten Zusammenhange zwischen Positionierungs- und Wanderungsanalysen uberprijft, der Einfluss einzelner Treiber quantifiziert und so die Aussagekraft bestehender Konzepte erhoht werden.
•
Auf dieser Grundlage soil dann die Simulation unterschiedlicher Handlungsoptionen im Sinne von Positionierungsstrategien und deren okonomischen Konsequenzen ermoglicht werden. Damit soil eine zukunftsorientierte und somit dynamische Untersuchungsperspektive integriert werden. Auf diese Weise soil ein Beitrag zur Erhohung des Steuerungspotenzials der existierenden Instrumente geleistet werden.
Kapitel C
5.2
139
Ableitung der grundsatzlichen Modellstruktur
Grundlage der nachfolgenden Uberlegungen stellen die mit Hilfe der bestehenden Analysekonzepte generierten Erkenntnisse zum Status quo dar. Im Rahmen dessen werden insbesondere Markenwahrnehmungs- sowie Positionierungsanalysen den Wanderungsanalysen gegenubergestellt. Unterschiede oder Ahnlichkeiten von Marken werden als Erklarung fur Partizipations- und Substitutionsbeziehungen herangezogen. Mit dem Ziel, die okonomischen Gesamtportfolioergebnisse zu verbessern, werden dann strategische Optionen zur Optimierung der Markenpositionierung im Jnternen' und externen Wettbewerb identifiziert. Darauf aufbauend konnen zwei Modellstufen unterschieden werden:"^®^ Die erste Modellstufe soil im Folgenden als .erweiterte statische Portfolioanalyse' bezeichnet werden. Zunachst wird mittels multivariater Wirkungsanalysen der Einfluss der einzelnen Imageitems auf die tatsachliche Kaufentscheidung der Nachfrager quantifiziert. So sollen diejenigen Leistungstreiber, die im betrachteten Markt und fur die betrachteten Marken besonders kaufverhaltensrelevant sind, identifiziert werden konnen. Diese Analyseergebnisse liefern damit vor allem im Hinblick auf den externen Wettbewerb - und somit auf eine der entscheidenden okonomischen Zielgrofien der Portfolioanalyse, der Partizipation - ein genaueres Verstandnis uber etwaige Positionierungsmangel. Auf Grund der Bedeutung der Analyse der Substitutionsbeziehungen im Markenportfolio muss die Modellierung im zweiten Schritt um die Betrachtung der ersten Kaufalternative erweitert werden."^^^ Die Kaufer einer Marke werden dahingehend untersucht, in welcher Weise die Images der ubrigen zur Verfugung stehenden Marken Ihre Alternativwahl (Second-Choice) beeinflusst haben. So konnen relevante Differenzierungstreiber der Marken innerhalb des Portfolios identifiziert und weitere Erkenntnisse fur Positlonierungskorrekturen abgeleitet werden.
An dieser Stelle soli die Modellierung lediglich konzeptionell skizziert werden. Eine detailliertere formal-analytische Entwicklung der einzelnen Modellierungsebenen erfolgt dann in den anschliefienden Kapiteln. Denn letztlich kdnnen - wie aufgezeigt - die im Rahmen des Mehrmarkencontrollings zentralen Ergebniskennzahlen Substitution und Partizipation nur mittels Analyse beider PrSferenzgrbflen der Konsumenten, also Kaufmarke und Second-Choice-Marke abgeleitet werden. Vgl. ausfuhrlich Kapitel C-4.2 (und insbesondere Abbildung 17) dieser Arbeit.
140
Kapitel C
Durch die qualitative Synthese aller bisherigen Analyseergebnisse ist nun eine begrenzte Auswahl moglicher Positionierungsszenarien festzulegen. Erweisen sich die modellierten ZusammenhSnge als signifikant, kann das Modell dann als Entscheidungsunterstiitzungsinstrument zur Simulation unterschiedlicher strategischer Handlungsoptionen genutzt werden. Diese Modelstufe wird im Folgenden als .dynamische Portfolioanalyse' bezelchnet. MIt Hilfe der quantifizierten Effektstarken einzelner Imagetreiber konnen durch Variation der Auspragung dieser Items nun Veranderungen im Kaufverhalten der Konsumenten ceteris paribus geschatzt werden. Die Nachfrager werden dann nach ihren prognostizierten Kaufen und Alternativkaufen klassifiziert. So konnen die Partizipations- und Substitutionseffekte in unterschiedlichen Positionierungsoptionen geschatzt und der okonomische Output dieser Optionen prognostizlert werden."^®^ Welter konnen durch diese Analysen Wettbewerberaktionen und -reaktionen mit Hilfe einer Szenarioanalyse untersucht werden."^^^ Analog zur Simulation von Umpositionierungen der untersuchten Portfoliomarken kSnnen Umpositionierungen der Wettbewerber durch Variation der Auspragung ihrer Markenimageitems und das daraus resultierende Nachfragerverhalten geschatzt werden. Damit konnen fur unterschiedliche Positionierungsoptionen und den zu erwartenden Wettbewerbsszenarien wiederum Portfollobilanzen erstellt werden. Identifizierte Positionierungsoptionen konnen so nach ihrem modelltheoretischen okonomischen Erfolg priorisiert werden. Das Grundmodell der Wanderungsanalysen und Portfollobilanzen stellt auf den Absatz ab; es handelt sich dann um eine rein mengenmafiige Betrachtung. Durch die Integration von Deckungsbeitragen anstelle von Absatzvolumina kann zudem eine Wertdimension einbezogen werden."*®^ Damit kann der Informationsgehalt
Zum Begriff der Prognose sowie ihrer Eignung und Bedeutung fur die strategische Planung vgl. Kapitel C-5.33 dieser Arbeit sowie ausfuhrlich ADAM, Planung und Entscheidung: Modelle - Ziele - Methoden; Fallstudien und Losungen, a.a.O., S. 194 ff. Zu den Termini Szenario und Szenarioanalyse sowie der Anwendung der Szenarioanalyse in der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung und Praxis vgl. z.B. GESCHKA, H./V. REIBNITZ, U., Die Szenariotechnik - ein Instrument der Zukunftsanalyse und der strategischen Planung, in: TOpfer, A./Afheldt, H. (Hrsg.): Praxis der strategischen Unternehmensplanung, Frankfurt am Main 1983, S. 128 ff. und SCHERM, E., Die Szenario-Technik - Grundlage effektiver strategischer Planung, in: WISU, 1992, S. 95-97 sowie Kapitel C-5.33 dieser Untersuchung. Vgl. zu diesen EntwicklungsmGglichkeiten auch MEFFERT/KOERS, Markenkannibalisierung in Markenportfolios, a.a.O., S. 306 f.
Kapitel C
141
der Analysen um eine zentrale Dimension en/veitert werden. Zukunftige Erfolgspotenziale allerdings bleiben aber auch bei der Betrachtung von Deckungsbeitragen unberucksichtigt. Eine solche, die zukunftigen (potenziellen) Erfolgsbeitrage der Nachfrager mit einbeziehende GroRe stellt der eriauterte Customer-LifetimeValue dar. Summiert uber alle Kunden kann dieser zum Customer-Equity verdichtet werden. Dieser Kundenstammwert wird, wie dargelegt, in jungster Zeit vielfacii als eine wesentliche Determinante des Unternehmenswertes herausgestellt. Diesem Paradigma kommt auch im MarkenportfoHomanagement eine besondere Bedeutung zu: Die Begleitung eines Kunden wahrend des gesamten Lebenszyklus stellt eines der zentralen Motive von Mehrmarkenstrategien dar. Insbesondere im Bereich langlebiger Konsumguter wird versucht, Kunden entlang ihrer sich im Zeitverlauf dynamisch verandernden Lebensverhaltnisse durch das Angebot unterschiedlicher Marken, die diese wandelnden Bediirfnisstrukturen adressieren, zu begleiten. So sollen die Kunden langfristig an das Unternehmen gebunden werden (Generierung von Portfolioloyalitat). Insofern ist es inhaltlich sinnvoll und methodisch darstellbar, im Rahmen der Wanderungsbilanzen auf den Customer-Lifetime-Value anstelle von Absatz, Umsatz Oder Deckungsbeitragen abzustellen. Da dieser Wert fur jeden Kunden separat berechnet wird, konnen anstelle der reinen Auszahlung von Markttransaktionen (Kaufe und Alternativkaufe) die jeweiligen CLVs zugeordnet werden. Diese Vorgehensweise eriaubt dann die Verdichtung der Kennzahlen zu einem Gesamtportfolio-Customer-Equity. Wie aufgezeigt ist die Etablierung des CustomerEquity als Steuerungsgrofie nach derzeitigem Forschungsstand allerdings noch mit einigen Umsetzungsproblemen verbunden. Eine solche Modellen/veiterung soil hier deshalb lediglich grob skizziert werden.'*^^ Die Identifikation und Festlegung der zu verfolgenden Strategie schliefilich erfordert eine uber das beschriebene Modell gehende Beurteilung der priorisierten Optionen."*^^ Dieser Schritt kann als .Ableltung der strategischen Stodrichtung' bezeichnet werden. Zunachst ist zu beurteilen, ob bei den einzelnen Optionen das bisherige Zielimage einer oder mehrerer Marken prinzipiell beibehalten und
Eine derartige Modellerweiterung wurde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. UnabhSngig davon, auf welche Gkonomische Gr6(ien in den oben skizzierten kausalanalytischen Untersuchungen abgesteilt wird.
142
Kapitel C
lediglich erganzt werden soil oder ob tatsachlich eine grundsatzliche Umpositionierung anzustreben ist.'^''^ Die Strategieoptionen sind demnach hinsichtlich ihrer Konsistenz mit dem bisherigen MarkenzieJimage zu uberprufen. Bel der Beurteilung der Optionen ist auch zu beachten, dass sich eine Marke durch eine relative Einzigartigkelt gegenuber dem Wettbewerb auszeichnen sollte (Unique Selling Proposition).'*''^ Neben dieser marktorientierten Perspektive ist die Evaluierung der Strategieoptionen zwingend um eine Inside-Out-Perspektive zu erganzen. Um den Anspruch an eine ganzheitliche Markenfuhrung gerecht zu werden, muss die Entscheidung Liber eine Handlungsoption immer vor dem Hintergrund der eigenen Ressourcen und Fahigkeiten getroffen werden."*^"* Letztllch mussen die Strategieoptionen von den Mitarbeitern des Unternehmens umgesetzt werden konnen. Die Strategien mussen hierfur zudem langfristig innerhalb der Markenorganisation verankert werden konnen. Diese Implementierung betrifft alle Personen und samtliche Geschaftsprozesse, die an der Entstehung und Fuhrung der Marken direkt oder indirekt beteiligt sind. Schliefilich stellt sich im Rahmen des operativen Markenmanagements die Frage nach der Ausgestaltung der Instrumentalstrategien. Es ist also zu klaren, mit welchen Mafinahmen die modifizierte oder neue Strategie im Markt umgesetzt werden soil. Die finale Auswahl einer Strategie und der im Rahmen dieser zu ergreifenden Marketingmafinahmen muss dann letztendlich auch unter Berucksichtigung des finanziellen und zeitlichen Aufwands sowie moglicher Umsetzungsschwierigkeiten auf operativer Ebene erfolgen. In den folgenden Ausfuhrungen gilt es, die in diesem Gesamtprozess eingebettete Modellierung konzeptionell zu spezifizieren. Dieser Schritt erfolgt auf der Grundlage der beiden definierten Modellstufen. Im Anschluss daran werden der Prozess zur Identifikation und Festlegung der strateglschen Stofirichtung und die wesentlichen Parameter entlang dieses Prozesses kurz skizziert.
Hierzu vgl. etwa CASPAR, M./METZLER, P., Entscheidungsorientierte Markenfuhrung - Aufbau und Fuhrung starker Marken, Arbeitspapier Nr. 3 des 1. Kooperationsprojekts zwischen dem Marketing Centrum Munster und McKinsey & Company, Inc., Meffert, H. et al. (Hrsg.), Munster 2002, S. 23 f. Vgl. TROMMSDORFF, Wettbewerbsorientierte Imagepositionierung, a.a.C, 8. 458 ff. Vgl. BURMANN/MEFFERT, Managementkonzept der identitatsorientierten Markenfuhrung; a.a.C; BURMANN/MEFFERT, Theoretisches Grundkonzept der identitatsorientierten Markenfuhrung, a.a.O.
Kapitel C
5.3
143
Methodische Grundlagen
Auf Grund des Komplexitatsgrades vjeler praktischer Fragestellungen wird zur Ableitung von Handlungsempfehlungen fur betriebswirtschaftliche Entscheidungstatbestande haufig von deren Vielschichtigkeit abstrahiert."*^^ Derartige vereinfachende aber strukturerhaltende Abbildungen der Realitat werden als Modelle bezeichnet."^^^ Sie dienen als Hilfsmittel zur Beschreibung und Erklarung realer Systeme. Auf diese Weise sollen sie die Entscheidungsfindung durch das Aufzeigen von Handlungsennpfehlungen unterstutzen."^^^ Modelle stellen damit das Resultat eines Abstraktionsprozesses dar. Es gilt, einerseits die wesentlichen problemspezifischen Strukturen, also Elemente und deren Zusammenhange, zu erhalten; andererseits ist die Komplexitat des realen Systems auf Basis sachlogischer Plauslbilitatsuberlegungen weitestgehend zu reduzieren/^^^ Auch im hier vorliegenden Modellierungsproblem ist es notwendig, den Gegenstand der quantitativen modelltheoretischen Analyse abzugrenzen: Da der Nachfrager zur Befriedigung eines Konsumwunsches haufig aus einer Vielzahl alternativer Marken auswahlen kann, komnnen als Untersuchungsgegenstand grundsatzlich alle Marken des betrachteten Produktmarktes in Frage. In der Regel trifft der Konsument seine Kaufentscheidung allerdings aus einenn geringen Teil aller der von ihm insgesamt wahrgenommenen Marken einer Produktkategorie, da seiner kognitiven Verarbeitungskapazitat Grenzen gesetzt sind."*^^ Diese Teilmenge aller insgesamt im Zusammenhang mit einer bestimmten Kaufentscheidung wahrge-
Wegen der Vielzahl realer Unterscheidungsmdglichkeiten ist eine vollstandige Abbildung haufig unmoglich. Gerade in der Abstraktion von den fur eine Fragestellung unwesentlichen Merkmalen liegt damit der Vorteil solcher Modelle, da durch diese Art der Komplexitcitsreduktion die fur die spezifische Fragestellung interessierenden Aspekte leichter offen gelegt und die Zusammenhange durchschaut werden konnen. Vgl. ADAM, Planung und Entscheidung: Modelle - Ziele - Methoden; Fallstudien und Losungen, a.a.O., S. 61. Zum Modellbegriff vgl. bspw. KOSIOL, E., Modellanalyse als Grundlage unternehmerischer Entscheidungen, in: ZfbF, 1961, S. 318 ff.; ADAM, Planung und Entscheidung: Modelle - Ziele Methoden; Fallstudien und Losungen, a.a.O., S. 60 ff. WEBER bezeichnet die Modellbildung gar als das „wirksamste Instrument, um Informationen uber Eigenschaften und Wirkungsweisen von komplexen Systemen zu generieren". WEBER, Strategische Marktforschung, a.a.O., S. 4 1 . Zu Funktion und Bedeutung von Modellen zur Unterstutzung betriebswirtschaftlicher Entscheidungen vgl. auch SCHWANINGER, M., integrate Unternehmensplanung, Frankfurt am Main, New York 1989, S. 157. Zum formal-theoretischen Modellbildungsprozess vgl. etwa ADAM, Planung und Entscheidung: Modelle - Ziele - Methoden; Fallstudien und Losungen, a.a.O., S. 64 ff. Vgl. WEBER, Strategische Marktforschung, a.a.O., S. 75 ff.
144
Kapitel C
nommenen Marken wird in der Literatur auch als das Evoked Set bezeichnet.'^^° Aus Anbietersicht ist es infolgedessen sinnvoll, die Analyse auf jenen Teil der Wettbewerber zu fokussleren, zwischen denen aus Sicht der Nachfrager eines Marktes (oder eines bestimmten Zielkundensegmentes) der intensivste Wettbewerb besteht. Es bietet sich somit an, nur auf diejenlgen Marken abzustellen, die bei einer Vielzahl der betrachteten Nachfrager im Evoked Set sind. Diese Gruppe von Marken kann aus Anbietersicht als eine strategische Gruppe bezeichnet werden/^^ Die Bildung solcher strategischer Gruppen kann anhand unterschiedlicher Kriterien und mittels verschiedener Methoden erfolgen. Denkbar ist z.B., jene Marken zusammenzufassen, die aus Nachfragersicht bezuglich ihrer einzelnen Imageitems als ahnlich wahrgenommen werden."*^^ Andere Autoren argumentieren, die Gruppenbildung nicht auf Basis der den Imageprofllen zugrunde llegenden Einzelitems vorzunehmen sondern auf Erwagerraten (Second-Choice-Daten) abzustellen. Damit wurden Globalimages betrachtet, die eine hohere Kaufverhaltensrelevanz besafien."*^^ Eine solche strategische Gruppe stellt den Gegenstand der weiteren Uberlegungen dar. Entsprechend der im vorangegangenen Kapitel skizzierten ersten Modellstufe gilt es zunachst zu untersuchen, ob und in welchem Mafle einzelne Markenlmage-
Zu Begriff und Nutzung des Konstrukts .Evoked Set' vgl. z.B. HOWARD, J.A./SHETH, J.N., The Theory of Buyer Behavior, Nev^ York 1969, S. 98; BRISOUX, J.E./LAROCHE, M., Evoked Set Formation and Composition: An Empirical Investigation Under a Routinized Response Behavior Situation, in: Advances in Consumer Research, 1980; KROEBER-RIELTWEINBERG, Konsumentenverhalten, a.a.C, S. 224 ff. Generelles Ziel des Konzepts strategischer Gruppen ist „[...] die ErklSrung langfristiger ProfitabilitStsunterschiede zwischen Untemehmen einer Branche durch die Zugeh6rigkeit zu verscliiedenen strategischen Gruppen". HOMBURG, C./SUTTERLIN, S., Strategische Gruppen: Ein Survey, in: Zeitschrift fur Betriebswirtschaft, Nr. 6, 1992. S. 638. Auch WEBER schiagt in diesem Zusammenhang vor, die Analyse auf eine strategische Gruppe zu konzentrieren, da innerhalb dieser - in Aniehnung an PORTER - der intensivste Wettbewerb bestehe. Die WettbewerbsintensitSt innerhalb der strategischen Gruppe h^nge dabei vor allem von ihrer Marktinterdependenz, d.h. vom Grad der Zielkundenijberschneidung ab, ein Kriterium, welches insb. auch fur die Portfolioanalyse relevant ist. Vgl. WEBER, Strategische Marktforschung, a.a.O., S. 84 ff.; PORTER, Wettbewerbsstrategie, a.a.C, S. 177 ff. Zur Ermittlung der strategischen Gruppen auf Basis von Erwagerraten vgl. z.B. TROMMSDORFF, V./ZELLERHOFF, C , Produkt- und Markenpositionierung, in: Bruhn, M (Hrsg.): Handwdrterbuch Markenartikel, Bd. 1, Stuttgart 1994, S. 358; KoERS, Steuerung von Markenportfolios - Ein Beitrag zum Mehrmarkencontrolling am Beispiel der Automobilindustrie, a.a.C, S. 175 ff.
Kapitel C
145
items die Kaufentscheidung der Nachfrager im betrachteten Markt bzw. in der betrachteten strategischen Gruppe determinieren. Methodisch ist vor diesem Hintergrund auf sog. struktur-entdeckende Verfahren zuruckzugreifen. Das primare Ziel dieser multivariaten Analyseverfahren liegt in der Entdeckung von Zusammenhangen zwischen Variablen.'^®'* In einer weiteren Stufe soil das Model! zudem zur Prognose der Kauf- und Alternativkaufentscheidungen der Nachfrager in Abhangigkeit von Veranderungen einzelner Auspragungen der Imageitems genutzt werden. Fur eine Schatzung der Wirkungszusammenhange und eine solche Prognose kommt insbesondere die Regressionsanalyse in Frage."^^^ Bei der Auspragung der abhangigen Variablen des Modells handelt es sich allerdings urn die unterschiedlichen Kaufentscheidungen fur Marken. Es ist daher ein Verfahren zu wahlen, welches in der Lage ist, kategorial ausgepragte abhangige Variablen zu verarbeiten. Dies vermag die .herkomnnliche' Regressionsanalyse nicht zu leisten. Geeignete Verfahren zur Erklarung und Prognose kategorialer abhangiger Variablen stellen insbesondere die Diskriminanzanalyse und die logistische Regression dar."^®^ Mit Hilfe dieser Analyseverfahren kann der Einfluss mehrerer unabhangiger Variablen - im vorliegenden Fall die Imageitems - auf kategorial ausgepragte
Im Gegensatz zu sog. struktur-prufenden Verfahren, deren primSres Ziel in der Uberprufung von Zusammenhangen zwischen Variablen liegt, bei denen der Anwender auf Basis sachlogischer Oder theoretischer Uberlegungen a priori Hypothesen uber diese Zusammenhange entwickelt hat. Vgl. BACKHAUS et a!., Multivariate Analysemethoden - Eine anwendungsorientierte Einfuhrung, a.a.O., S. XXI. Die Regressionsanalyse stellt eines der am haufigsten verwendeten multivariaten Analyseverfahren dar und wird insbesondere zu Ursachen- und Zeitreihenanalyse sowie zu Wirkungsprognosen herangezogen. Sie dient methodisch der Analyse von Beziehungen zwischen einer Oder mehreren unabhSlngigen Variablen und einer abhSngigen Variable, wobei beide Variablentypen metrisches Skalenniveau aufweisen mussen. BACKHAUS et al.. Multivariate Analysemethoden - Eine anwendungsorientierte Einfuhrung, a.a.O., S. 2. Beide Methoden weisen Vor- und Nachteile auf. So zeichnet sich die logistische Regression insb. durch die MSglichkeit aus, inferenzstatistische Aussagen bezuglich des Einflusses einzelner Variablen abzuleiten, was bei der Diskriminanzanalyse nur bedingt mdglich ist. Demgegenuber sind die Ergebnisse der Diskriminanzanalyse vor allem im Hinblick auf eine Klassifikation neuer Elemente unter veranderten Modellbedingungen und damit hinsichtlich einer modelltheoretischen Prognose deutlich einfacher zu interpretieren. Zu den grundsatzlichen Vorund Nachteilen vgl. ausfuhrlich bspw. MADDALA, G.S., Limited Dependent and Qualitative Variables in Econometrics, Cambridge 1996, S. 27.; KRAFFT, M., Der Ansatz der Logistischen Regression und seine Interpretation, in: ZfB, Nr. 5, 1997, S. 626 ff.; URBAN, D., Logit-Analyse: Statistische Verfahren zur Analyse von Modellen mit qualitativen Response-Variablen, Stuttgart, Jean, New York 1993, S. 16 ff.
146
Kapitel C
abhangige Variable(n) - hier die einzelnen Marken - quantifiziert werden."^^^ Solche Modelle konnen daruber hinaus zu Prognosezwecken genutzt werden.
5.4
Detaillierung der Modeilkomponenten
5.41
Erweiterte statische Portfolioanalyse
Zur Entwicklung der angestrebten Modellstruktur wird im Folgenden aus Grunden der Vereinfachung ein sukzessives Vorgehen gewahlt. Zunachst wird die Grundstruktur anhand des Einzelmarkenfalles entwickelt. Es wird ein Markt mit zwei Marken, namlich der ggf. zu optimierenden Marke und einer Wettbewerbsmarke analysiert. Diese Ausgangsstruktur wird dann im Anschluss urn eine Portfolloperspektive erweitert. Als Kernergebnisgrofle im Einzelmarkenfall soil der Absatz betrachtet werden."^^^ Zudem sollen nur tatsachliche Kaufer eines bestimmten Produktes berucksichtigt werden. Der Absatz als zu erklarende Modellvariable kann in diesem Fall die Auspragungen ,Kauf der betrachteten Unternehmensmarke' oder ,Kauf der Wettbewerbsmarke' annehmen. Die Basishypothese des Modells besagt nun, dass die Entscheidung des Konsumenten zugunsten einer Marke auch von deren Image abhangig ist (sog. Mono-Marken-Modell).^^^ Fur die Entscheidung zum Kauf der betrachteten Marke oder der Wettbewerbsmarke spielt aber auch das Image der Wettbewerbsmarke eine Rolle. Diesem
487
Die mathematisch-statistische Methodik soil im Rahmen dieser konzeptionellen Modellableitung nur kurz skizziert werden. Eine genaue Eriauterung der Funktionsweise einer solchen Dependenzanalyse und eine mathematische Spezifikation eines derartigen Messmodeils auf das hier zugrunde liegende SchStzproblem erfolgt in Kapitel D dieser Arbeit. Der Absatz stellt zunachst das einfachste Analyseszenario dar. Das Modell kann in spSteren Stadien der Untersuchung in Richtung komplexerer Groflen, wie z.B. Deckungsbeitrag oder Kundenwert, modiflziert und erweitert werden. Vgl. hierzu auch Kapitel C-5.42 dieser Arbeit. Dieses sog. Mono-Marken-Modell geht auf WOODSIDE/CLOKEY zuruck. Vgl. WEBER, Strategische Marktforschung, a.a.O., S. 54 in Aniehnung an WOODSIDE, A.G./CLOCKEY, J., MultiAttribute/Multi-Brand Models, in: Journal of Advertising Research, Nr. 5, 1974, S. 35. Zu hypothetischen Konstrukten und deren Operationalisierung durch Indikatoren vgl. z.B. HOMBURG/GIERING, Konzeptualisierung und Operationalisierung komplexer Konstrukte - Ein Leitfaden fur die Marketingforschung, S. 114 ff; KROEBER-RIELTWEINBERG, Konsumentenverhalten, a.a.O., S. 28.
Kapitel C
147
Zusammenhang liegt die Uberlegung zugrunde, dass ein Konsument seine Entscheidung nicht nur auf Basis der Wahrnehmung seiner letztendlich gekauften Marke trifft. Vielmehr findet ein Vergleich der beiden IVIarkenimages statt. Man spricht bei dieser Erweiterung des Hypothesensystems durch Berucksichtigung der Innages der Wettbewerbsmarken vom MulthMarken-Modell.^^^ Die Imageitems beider Marken fliefien somit als erklarender Variablen in das Modell ein. Aufbauend auf dieser Betrachtung einer Einzelmarke im Wettbewerb mit einer anderen soil nun das Modell fur das Markenportfolio abgeleitet warden. Anstelle des Absatzes der Einzelmarke tritt nun der Absatz von zwei Portfoliomarken. Das obige Grundmodell wird dementsprechend zunachst urn eine weitere Marke erganzt. Damit wird nun der Wettbewerb zwischen zwei Portfoliomarken und einer Wettbewerbsmarke innerhalb des Modells abgebildet. Auf diese Weise sollen die Absatze der nunmehr drei betrachteten Marken in Abhangigkeit ihrer unterschledlichen Auspragungen der Imageitems modelJiert werden."^^^ Abbildung 25 soil diese Modellstruktur fiir den Mehrmarkenfall graphisch verdeutlichen. Indikator 1 Indikator 2
^v/' ^^'\
Image Portfoliomarke A
\ /'
^^./ ^y^\
Image Portfo- \> liomarke B
Indikator 3 Indikator 1 Indikator 2 Indikator 3
-^
Indikator 1 Indikator 2
^
^ v / Image Wettbe- \^ ^ ^ \ werbsmarke ''
Indikator 3
Abb. 25: Modellkonzeption fiir den Mehr-Marken-Fall mit einer Wettbewerbsmarke Quelle: BURMANN, CH./KULLMANN, M. (2004), S. 33.
Diese Erweiterung des Mono-Marken-Modells ist It. WEBER auf LAROCHE/BRISOUX zuruckzufuhren. Vgl. WEBER, Strategische Marktforschung, a.a.O., S. 55. Die Betrachtung wird an dieser Stelle lediglich aus Vereinfachungs- und Anschaulichkeitsgrunden auf drei Marken beschrankt. Die grundsStzliche Modellkonzeption ebenso wie der formal-analytische Messansatz des zu verwendenden dependenzanalytischen Verfahrens, auf die im weiteren Verlauf der Arbeit noch naher eingegangen wird, eriauben indes durchaus die Analyse von mehr als drei Marken.
Kapitel C
148
Bei akzeptabler Modellgute konnen dann die einzelnen exogenen Variablen bezuglich ihrer Wirkungsrichtung und -starke interpretiert werden. So kann der Einfluss einzelner Imageitems jeder Marke auf die Kaufentscheidung der untersuchten Konsumenten uberpruft werden. Auf diese Weise konnen entscheidungsrelevante Items und damit tats^chliche Leistungstreiber identifiziert, deren Kaufverhaltensrelevanz quantifiziert und detailliertere Erkenntnisse zur Ableitung strategischer Stolirichtungen i.S. von Positionierungskorrekturen generiert werden. Wie in den vorangegangenen Ausfuhrungen bereits gezeigt wurde, sind aber fur die Portfolioanalyse neben dieser Betrachtung der Partizipatlonseffekte zusatzlich die internen Wanderungen innerhalb des Portfolios - also Substitutionseffekte differenziert nach Loyalitatsgewinnen und Kannibalisierung - von Bedeutung. Es 1st also im Rahmen der Mehrmarkenanalyse auch die erste Alternative eines Kaufers (seine Second-Choice) mit einzubeziehen. HIerzu ist eine weitere Modellebene zu entwickeln. Innerhalb derer werden nur die Kdufer einer Portfoliomarke Im Hinblick auf ihre erste Kaufalternative untersucht. Im Grundmodell von Abbildung 27 stehen dann z.B. den Kaufern der Portfoliomarke A nur die Portfoliomarke B oder die Wettbewerbsmarke als Alternativen zur Verfugung. Auf dieser Modellebene ist somit der Erklarungsbeitrag der Images dieser belden Marken hinsichtlich der ersten Kaufalternative zu schatzen. Dabei kann auf eine Shnliche Modellstruktur wie im ersten Schritt zuruckgegriffen werden. Es gilt aber zu beachten, dass nur Kaufer der Portfoliomarke A in die Untersuchung einbezogen werden und als Alternativen i.S. des Second-Choice-Kaufs nur die anderen beiden Marken zur Verfugung stehen (vgl. Abbildung 26). Indikator 1 ^N./ ^ ' \
Indikator 2 Indikator 3 Indikator 1 Indikator 2 Indikator 3
^
r •v ^
^ ^
Image Portfo- \ liomarke B / \
^'.
-' \
^ / Marke B erste ^ Alternative ) ^V
/
- \ / X A
.
N /
> - ' Image Wettbe- y v ^ \ werbsmarke /
\ >^ ' ' \ / V e t t b e - " " ^
V " \ \ ^ Alternative^
*^
Nur Kaufer der Portfoliomarke A in Untersuchung e nzubeziehen
Abb. 26: Modellkonzeption zur Second-Choice-Schatzung Quelle:
BURMANN, CH./KULLMANN, M . (2004), S. 35.
Kapitel C
149
Fur eine umfassende Portfolioanalyse ist eine solche Second-Choice Schatzung fur die Gruppe der Kaufer jeder Portfoliomarke durchzufuhren. Auf diese Weise konnen analog zur Untersuchung der tatsachlichen Kaufentscheidungen der Nachfrager auch deren Kaufalternativen detailliert analysiert werden. Die Untersuchungsergebnisse dieser Modellstufe ermOglichen folglich ein genaueres Verstandnis der Ursachen moglicher Loyalitatsgewinne und/oder Kannibalisierungseffekte. So konnen wertvolle Hinweise zur Mehrnnarkenerfolgsmessung als zentrale Inputgrofien einer ubergeordneten Portfolio-Scorecard generiert werden. Die Ergebnisse liefern damit auch detailliertere Erkenntnisse hinsichtllch etwaiger Handlungsoptionen zur Optimierung der Markendifferenzierung innerhalb des Portfolios.
5.42
Dynamische Portfolioanalyse
Bei ausreichender statistischer Gute kann das Modell der ersten Stufe dann zur Simulation von Umpositionierungsstrategien und potenziellen Wettbewerberreaktionen auf diese (Wettbewerbsreaktionsszenarien) genutzt werden. Dies beinhaltet auch eine Prognose"*^^ der okonomischen Ergebnisse. Daher soil im Folgenden kurz auf diese Planungstechniken zur dynamischen Komplexitatsbewaltigung eingegangen werden. Darauf aufbauend werden diese Verfahren bezuglich des hier zugrunde liegenden Modellierungsproblems spezifiziert. Unter Simulation"*^^ versteht man eine Methode zur Analyse komplexer Systeme. Mittels dieser Technik soil die vernetzte Dynamik und damit Verhaltensweise der Variablen eines Systems bei Anwendung einer vorgegebenen Strategie untersucht wird."^^"* Eine Simulation ermittelt mogliche Systemzustande (Output) eines be-
Ziel von Prognosen im Rahmen betriebswirtschaftlicher Fragestellungen ist es, planungsrelevante Informationen - zukunftige Datenkonstellationen, sich bietende Handlungsalternativen etc. - in Richtung eines bestimmten Entscheidungsproblems zu generieren; sie dienen daher der informatorische Fundierung der Planung. Zum Prognoseproblem, Zweck und unterschiediichen Methoden der Prognose vgl. ausfuhrlich ADAM, Planung und Entscheidung: Modelle Ziele - Methoden; Fallstudien und Losungen, a.a.O., S. 194 ff. Zunn Simulationsbegriff vgl. z.B. WITTE, TH., Simulationstheorie und ihre Anwendung auf betriebliche Systeme, Wiesbaden 1973, S. 17 ff.; GAL, T./GEHRING, H., Betriebswirtschaftliche Planungs- und Entscheidungstechniken, Berlin, Heidelberg 1991, 8. 171 ff. Zur Simulation betrieblicher Systeme und den folgenden Ausfuhrungen vgl. ADAM, Planung und Entscheidung: Modelle - Ziele - Methoden; Fallstudien und Ldsungen, a.a.O., S. 488 ff.
150
Kapitel C
stimmten Verhaltens (Input) auf Basis einer gegebenen Entscheidungsregel. Sie kann daher als Berechnungsexperiment bezeichnet werden. Zweck von Simulationsmodellen im Rahmen betrjebswirtschaftlicher Fragestellungen ist es, potenzlelle Steuerungshebel im betrachteten System simulativ zu erproben. So sollen unterschiedliche, auf das gleiche Ziel ausgerichtete Maftnahmen und Strategien vergleichbar gemacht werden."^^^ Allerdings ist die Simulation kein Verfahren, das eine systematische, zielgerichtete und eindeutige Auswahl einer Optimalstrategie eriaubt. Es konnen lediglich die Erfolgsgrofien alternativer Strategien miteinander verglichen werden. Da es in der Regel sehr viele Strategieoptionen gibt, ist die Identifikatlon einer Optimalstrategie mit Hilfe alternativ berechneter Optionen in der Regel sehr aufwendig oder gar unmoglich."*^^ Diese Einschrankung gilt auch im hier vorliegenden Fall: Es existiert eine Vielzahl moglicher Positionierungsoptionen der unterschiedlicher Portfoliomarken zueinander und zum Wettbewerb. Insofern ist der Gesamtlosungsraum im Vorfeld der Simulationsanalysen auf Basis sachlogischer Uberlegungen zu begrenzen. Im Anschluss daran wird nur der Bereich um das vermutete Optimum und damit eine begrenzte Anzahl strategischer Optionen untersucht; hierzu dient die Szenariotechnik. Bei der Szenarioanalyse wird die zukunftige Entwicklung eines Projektgegenstandes bei alternativen Rahmenbedingungen beschrieben."^^^ In einem mehrstufigen Prozess,"*^® z.B. Expertenworkshops, werden zunachst das Untersuchungsfeld sachlich und zeitlich abgegrenzt sowie die relevanten Ziel- und Einflussgroflen identifiziert. Auf dieser Basis werden Zukunftsbilder und dazugehorlge Entwick-
Den Vorteil derartiger Techniken beschreibt MERTENS plakativ: „Simulation eines Systems ist die Arbeit mit einem Modell, welches das wirkliche System abbildet. Das Model! kann in einer Weise manipuliert werden, die bei dem wirklichen System unmdglich, zu gefShrlich oder zu teuerwSre" MERTENS, P., Simulation, Stuttgart 1969, S. 7. Vgl. ADAM, Planung und Entscheidung: Modelle - Ziele - Methoden; Fallstudien und LGsungen, a.a.O.,S. 488. Zum Begriff Szenario und der Szenario-Technik als Methode betriebswirtschaftiicher Planungsprozesse vgl. ausfuhrlich etwa REIBNITZ, U. V., Szenario-Technik, Wiesbaden 1991. Dem Szenarioanalyseprozess liegt kein einheitlicher Algorithmus zugrunde. Vielmehr existiert in der Literatur eine Vielzahl unterschiedlicher Ansatze, die sich insbesondere hinsichtlich der Abgrenzung und Abfolge der einzelnen Phasen dieses Prozesses unterscheiden. Der Prozess soil daher an dieser Stelle nur grob erlSutert werden. Stellvertretend fur die Vielzahl an Publikationen sei hier auf WEBER, Strategische Marktforschung, a.a.O., S. 93 ff. und die dort angegebene Literatur verwiesen.
Kapitel C
151
lungspfade erarbeitet. Der Losungsraum sollte dabei z.B. durch die Beschreibung von Extremszenarien, etwa in Form eines Best-Case- und eines Worst-CaseSzenarios, eingegrenzt werden. Innerhalb dieses Raumes ist dann eine sinnvolle Anzahl von Szenarien zu identifizieren und zu detaiiiieren."^^^ Diese Entscheidung erfolgt insbesondere auf Basis sachlogischer Uberlegungen und/oder vorangegangener qualitativer und quantitativer Analysen bezuglich der zentralen Systemparameter. Die so getroffene Vorauswahl moglicher Entwicklungen inklusive der damit verbundenen Handlungsalternativen im Sinne von Strategien bildet dann den Gegenstand der Simulationsanalyse. Diese Methodenkombination von Szenariotechnik und Simulationsanalyse ist nun in Richtung der dynamischen Komplexitatsbewaltigung in Mehrmarkenstrategien (zweite Modellstufe) zu adaptieren. Den Charakteristika derartiger Simulations- und Szenariotechniken entsprechend, stellt diese Modellstufe (dynamische Portfolioanalyse) keine mathematisch eindeutige Entscheidungsmethodik dar. Auch ihre strikte Anwendung verspricht nicht die Identiflkation eines mathematischen Optimums im Sinne der definierten Zielsetzung. Es handelt sich vielmehr um eine Heuristik^°°, „cl.h. urn eine Reihe von Verfahrensregein, die die Wahrscheiniichkeit des Findens einerguten Losung erhohen, aber nicht garantieren''^^\ Im ersten Schritt wird der Losungsraum moglicher Strategieoptionen begrenzt; hierzu sind die Ergebnisse der vorangegangenen Analyseschritte ganzheitlich zu reflektieren. Auf dieser Basis ist eine beschrankte Anzahl potenzieller strategischer Stofirichtungen im Sinne von Umpositionierungen fur eine oder mehrere Marken des Portfolios abzuleiten. Mit Hilfe des Modells konnen die Handlungsoptionen dann hinsichtllch ihres Outputs im Sinne der okonomischen Kernergebnisgrofien der Mehrmarkenstrategie - Partizipation, Loyalitatsgewinne, Kannibalisierung - evaluiert werden. Hierzu sind die moglichen Handlungsoptionen auf Basis
Eine sinnvolle Anzahl zu analysierender Szenarien sollte dabei immer von der jeweiligen Problemstellung abhSngig gemacht werden. Vgl. zur Auswahl der zu analysierenden Szenarien z.B. REIBNITZ, Szenario-Technik, a.a.O., S. 28; ANGERMEYER-NAUMANN, R., Szenarien und Unternehmenspolitik, Munchen 1985, S. 303 ff. Zum Begriff der Heuristik und ihrer Eignung als Analyseinstrument fur betriebswirtschaftliche Fragestellungen vgl. ausfuhrlich BERENS, W . , Beurteilung von Heuristiken: Neuorientierung und Vertiefung am Beispiel logistischer Probleme, Wiesbaden 1992. ULRICH, H./PROBST, G.J.B., Anieitung zum ganzheitlichen Denken und Handein, 3. Auflage, Bern 1991, S. 113.
152
Kapitel C
der Einflussfaktoren zu operationalisieren. Es konnte bspw. die durchschnittliche Auspragung ejner Portfoliomarke auf einer unabhangigen Variablen um eine Einheit im Vergleich zum tatsachlich gemessenen Durchschnittswert erhoht werden. Auf diese Weise wurde eine starkere Positionierung der Marke in Richtung dieser Innagedimension in Relation zum Wettbewerb simuliert werden.^°^ Entsprechend der im ersten Schritt quantifizierten Wirkungszusammenhange sind auf dieser Grundlage die abhangigen Variablen uber alle Beobachtungen neu zu schatzen. So konnen alle Nachfrager^°^ hinsichtlich ihrer modeiltheoretischen Kauf- und Second-Choice-Entscheidungen klassifiziert werden. Es ergeben sich folglich neue Partizipations- und Substitutionseffekte. Sie konnen innerhalb einer neuen Portfoliobilanz, die dieser Positlonierungsoption entspricht, verdichtet und analysiert werden. Mit Hilfe solcher Klassifikationsanalysen ist es somit moglich, durch Variation der Auspragungen unterschiedlicher Imageitems in einem iterativen Analyseprozess strategische Optionen i.S. von Positionierungskorrekturen und deren modeiltheoretischen Output zu simulieren. Die einzelnen Strategien konnen so bezuglich ihrer okonomischen Wirkung anhand der portfoliospezifischen Kennzahlen ceteris paribus verglichen und priorisiert werden. Analog zu dieser Simulation von Positionierungsoptionen der Portfoliomarken konnen auch Wettbewerbsszenarien fur jede dieser Positionierungsoptionen simuliert werden. Diese Szenarien mussen zunachst, wie eriautert, auf Basis der zur Verfijgung stehenden qualitativen und quantitativen Informationen uber die Wettbewerber sowie sachlogischer Uberlegungen entwickelt werden. Da nicht alle theoretisch denkbaren Szenarien sinnvoll analysiert werden konnen, erfolgt in der Praxis haufig eine Beschrankung auf zwei bis maximal sechs.^°^ An dieser Stelle soil auf zwei solcher moglicher Szenarien fur die hier betrachtete Problemstellung der Markenpositionierung eingegangen werden: Das einfachste denkbare Wettbewerbsreaktionsszenario im Rahmen jeder Umpositionierung einer Portfoliomarke ware, dass keiner der Wettbewerber auf die betrachtete Umpositionierung reaglert (im Folgenden als Szenario 0 [So] bezeichnet). Eine andere Wettbewerbsre-
Modelltheoretisch kCnnen dabei auch mehrere unterschiedliche Einflussfaktoren mehrerer Marken simultan variiert werden, auch wenn an dieser Stelle zur besseren Veranschaulichung nur von Variation einer unabhangigen Variablen gesprochen wird. Bzw. alle Probanden der betrachteten Stichprobe. Vgl. GESCHKA, H./WINCKLER, B., Szenarien als Grundlage strategischer Unternehmensplanung, in: Technologie & Management, Nr. 4, 1989, a.a.O., S. 18.
Kapitel C
153
aktion konnte in der Verfolgung einer Imitationsstrategie bestehen. D.h., ein Wettbewerber verandert seine Positionierung in die gleiche oder eine ahnliche Richtung wie die betraclitete Portfoliomarke [Si]. Fur diese Szenarien sind dann die variierten Auspragungen der Imageitenns der Wettbewerber (hier nur fur [Si], da in [So] per definitionem keine Reaktion erfolgt) in das Simulationsmodell einzusetzen. So konnen fur unterschiedJiciie Positionierungsoptionen und deren Wettbewerbsszenarien wiederum Portfoliobilanzen erstellt warden. In einem iterativen Prozess sind nun die einzelnen Handlungsoptionen (Strategien) inklusive ihrer Wettbewerbsreaktionen zu simulieren. Die Ergebnisse konnen dann als faktenbasierte EntscheidungsunterstiJtzung den Prozess der Identifikation der zu verfolgenden Strategie fundieren. Die finale Entscheidung fur eine Strategie muss allerdings unter Berucksichtigung weiterer relevanter Parameter, insbesondere der internen Unternehmensperspektive, erfolgen.^°^ Diese Wirkungszusammenhange bei der Simulation unterschiedlicher Positionierungsoptionen und moglicher Wettbewerbsszenarien auf Basis des vorgestellten Modells sollen in Abbildung 27 graphisch an einem Beispiel verdeutlicht werden. Hierbei wird eine fiktive Strategieoption betrachtet, bei der sich Portfoliomarke PMA starker auf die Imagedimension Sportlich/Dynamisch fokussiert (in der Graphik verdeutlicht durch die Pfeile im Imageprofil von PM-A). Es ergibt sich eine Umpositionierung im Wahrnehmungsraum der Nachfrager (zu PM-A') und so eine deutlichere Differenzierung vom .internen' Wettbewerber Portfoliomarke B (PM-B). Simultan abgebildet wird ferner das fur diese Strategie mogliche Szenario [Si]: Wettbewerbsmarke 2 (WM-2) verfolgt eine Imitationsstrategie und positioniert sich in eine ahnliche Richtung um (WM-2').
^°^
Darauf wird im folgenden Kapitel 5.43 detaillierter eingegangen. Zudem abstrahiert die Modellierung auch von einigen anderen Parametern, die in Kapitel E-2 dargelegt werden.
Kapitel C
154
Imageprofii Marke PM-A aus Nachfragarsicht
Positionierung der Marken im Wahmehmungsrauin
Performance
Portfotiobiianz dar Corporata Brand [Siefiaftoo" $g»nario 1
Exqulslt Hochwartig Erfahran Tradltionall Klasslach ZuvariVaalg Sollda Dynamlach Innovativ
t
DIa Variation dar Parformanca auf ainzalnan Kritarian datarminiait naua Poaitioniarung ralativ zum Wattl)awarb...
3TJ
.. dia Ra-Poaitionlarung datarminlart naua 5l(onomischa Ergebniagrdlian (Partizipationa- und Subatitutionaaffalrta)
u
Abb. 27: Konzeptionelle Darstellung der Wirkungszusammenhange bei der Simulation unterschiedlicher Positionierungsstrategien Quelle; Eigene Darstellung.
Mit Hilfe des entwickelten Modells konnen somit die Auswirkungen von Anderungen der Imageprofile einzelner Marken auf zentrale okonomische Kernergebnisgrofien (Partizipation und Substitution) fur unterschiedliche Wettbewerbsszenarien geschatzt werden. Diese Kombination aus qualitativer Szenario- und quantitativer Simulationsanalyse fuhrt zur Dynamisierung der Analyse und erhoht so das Steuerungspotenzial bestehender Instrumente des Mehrmarkencontrollings.
5.43
Ableitung der strategischen Stollrichtung
Die Funktion solcher Modelle besteht in der strukturierten und formalisierten Analyse von Problemstellungen sowie deren System- und Wirkungszusammenhangen. So soil eine objektive Bewertung von Losungsalternativen erfolgen.^°^ In der strategischen Planung herrschen allerdings schlecht strukturierte Problemstellun-
^°^ Zur Elgnung modellorientierter Systeme in der strategischen Marketingplanung vgl. z.B. MEFFERT, Marketing Management - Analyse-Strategie-lmplementierung, a.a.O., S. 389 f.
Kapitel C
155
gen vor.^°'' Sie entziehen sich in der Regel einer vollstandig modellbasierten Analyse und Entscheidungsfindung. Strukturdefekte Entscheidungsfelder erfordem vjelmehr eine flexible Handhabung des zur Verfugung stehenden Instrumentariums. Die Analyseergebnisse sind vor dem HIntergrund weiterer zentraler Parameter zu reflektieren, die vom jeweiligen Modell nicht abgebildet werden. Nicht zuletzt bedarf es der Berucksichtigung subjektiver Einschatzungen und Erfahrungen sowie der Intuition und Kreatlvitat des Entscheidungstragers. Wie dargelegt handelt es sich auch bel dem hier entwickelten Modell um ein Entscheidungsunterstutzungssystem. Es eriaubt eine Priorisierung potenzieller Positionierungsstrategien nach ihrem modelltheoretischen Output. Zur finalen Identlfikation und Festlegung der zu verfolgenden strategischen Stoflrichtung sind daher weitere Parameter in die Entscheidungsfindung mit einzubeziehen: Insbesondere ist die MarktperspektIve im Sinne einer ganzheitlichen Markenfuhrung um eine unternehmensinterne Sicht zu erganzen. Die Glaubwurdigkeit einer intendierten Markenpositionierung wird letztendlich vom Aussagenkonzept der Marke und damit der Markenidentitat bestimmt.^°® Die Markenidentitat konstituiert sich uber einen langeren Zeitraum. Sie ist die Folge der wechselseitigen Wirkungen der marktorientierten Handlungen des Markenartikelherstellers und der Wahrnehmung dieser Handlungen durch den Nachfrager. Im Sinne dieser Inside-Out Dimension der Markenfuhrung sind die potenziellen Strategieoptionen systematisch und detailliert hinsichtlich der internen Rahmenbedingungen zu analysieren. Dies umfasst vor allem eine Analyse der Untemehmensressourcen, der organisationalen Fahigkeiten und der Unternehmenskultur. Damit ein Markenversprechen konsistent und kontinuierlich entlang aller Kontaktpunkte mit den Nachfragern erfullt werden kann, mussen die entsprechenden Unternehmensressourcen vorhanden sein. Verfugt das Unternehmen nicht uber diese notwendigen Moglichkeiten eine Strategic nachhaltig und glaubwurdig umzu-
Zu den Merkmalen schlecht strukturierter, sog. strukturdefekter Entscheidungsfelder, vgl. ausfuhrlich ADAM, Planung und Entscheidung: Modelle - Ziele - Methoden; Fallstudien und L6sungen, a.a.O., S. 10 ff. BuRMANN und MEFFERT stellen diesbezuglich fest: „Der Fit der vier IdentitStskomponenten mit den (Kem-)Kompetenzen und der Herkunft einer Marine determiniert die Glaubwurdigkeit der intendierten Markenpositionierung." BURMANN/MEFFERT, Theoretisches Grundkonzept der identitStsorientierten Markenfuhrung, a.a.O., S. 65 f.
156
Kapitel C
setzen ist diese Strategie unabhangig von ihrem erwarteten marktseitigen Erfolgspotenzial zu verwerfen. Dabei sind samtliche finanziellen, zeitlichen, Humanund/oder organisationalen Ressourcen im Sinne von Mitarbeiterfahigkeiten sowie Organisationsstrukturen und -prozessen zu berucksichtigen. Diese Strategieevaluierung vor dem Hintergrund der Analyse der internen Rahmenbedingungen ist von ebenso grower Bedeutung wie die Untersuchung der marktseitigen Parameter. In diesem Sinne argumentiert MEFFERT, wenn er konstatiert: „So kann die Qualitat der Strategie selbst, ein fehilender Fit der Strategie zu den Unternehimensressourcen Oder aber ein unen/\/arteter Wechsel der unterstellten Rahmenbedingungen [...] Strategiel0.2
Likelihood-Ratio-Test
MOgJichst hoher x^-Wert; Signifikanzniveau < 0,05
Klassifikation
Klassifikation mindestens besser als das Proportional Chance Criterion [(a^+(1-a)^; a: relative GrOfie einer Gruppe]
Tab. 15: Akzeptable Wertebereiche der GUtemade der logistischen Regression Quelle: KRAFFT, M. (1997). S. 632.
Bel akzeptabler Modellgute kdnnen die einzelnen Koeffizienten interpretiert werden. Direkt interpretierbar sind die Koeffizienten bezugllch ihrer Wirkungsrichtung: Negative Vorzeichen implizieren dabei sinkende Wahrscheinlichkeiten, positive, dass die Wahrscheinlichkeit pi steigt. Anders als im linearen Regressionsmodell - dort entsprechen die Koeffizienten der absoluten Anderung der abhSngigen Variablen - sind die Koeffizienten allerdings bei der logistischen Regression hinsichtlich der WirkungsstSrke nicht direkt interpretierbar. Ein hSufig zur Beurteilung der WirkungsstSrke der Koeffizienten herangezogenes Verfahren stellt die Ermittlung der sog. Odd-Ratios fur jede unabhangige Variable dar.®^^ Die Odd-Ratio gibt die ceteris paribus Anderung des Logit der abhangigen Variablen bei Variation der AusprSgung einer unabhSngigen Variablen urn eine Einheit an und ISsst sich formal-analytisch folgendermaften darstellen: (12)
Odd-Ratio: e^^ =—•
'—
——
Die Odd-Ratio ist dennentsprechend der Quotient aus dem ChancenverhSltnis (Logit) im Fall Xj = m+1, also Anderung der unabhSngigen Variablen urn eine Einheit, und dem Logit bei Xj = m und lasst sich als Exponentialfunktion des entsprechenden p-Wertes berechnen. Eine Odd-Ratio von 2 bedeutet dann beispielsweise, dass sich bei einer Erhohung des entsprechenden x-Wertes um eine Einheit, das Chancenverhaltnis um diesen Faktor verandert, also z.B. von 1:1 auf dann 2:1.
657
Zur Interpretation der WirkungsstSrke einzelner unabh^ngiger Variablen mit Hilfe der OddRatios vgl. z.B. BACKHAUS et al., Multivariate Analysemethoden - Eine anwendungsorientierte Einfuhrung, a.a.O., S. 120 ff.; HOSMER, D.W./LEMESHOW, S., Applied Logistic Regression. Wiley Series in Probability and Mathematical Statistics, New York et al. 1989, S. 40 f.
212
Kapitel D
4.32
Spezifikation des Schatzmodells
Wie schon im Rahmen der Diskriminanzanalyse wird im Folgenden die strategische Gruppe urn das analysierte Markenportfolio betrachtet.^^^ Fur die endogene kategoriale Variable des logistischen Regressionsmodells folgt daher in diesem Fall mit den vier betrachteten Marken:
(13)
1 2 y= 7 8
fijr Kaufer der Portfoliomarke PM - 1 fur Kaufer der Portfoliomarke PM - 2 f(ir Kllufer der Wettbewerbsmarke WM - 7 fur Kaufer der Wettbewerbsmarke WM ~ 8
Als erklarende Variable werden wiederum die zwolf Markenimagedimensionen einbezogen. Formal-analytisch ergibt sich damit fur diese Untersuchung der folgende multinomiale logistische Regressionsansatz: (14)
p(y,=l) = _ l - ^ 1+ ©
mit
Z,=Po+XZipJK-^UK 1-1 J-1 k-1
wobei Kaufentscheidung beim i-ten Subjekt (i = 1,2, ..., I) Po:
Konstante
Pik
Koeffizientder Imagedimension j (j = 1, ..., 12)der Marke k ( k = 1, 2, 7, 8)
Xjjk
Auspragung der j-ten Imagedimension der k-ten Marke beim i-ten Subjekt ( k = 1 , 2 , 7, 8; j = 1,2. ..., 12undi = 1,2, ..., I)
Zur grundsStzlichen Beurteilung der diskriminatorischen Bedeutung einzelner Imagedimensionen konnen wiederum die Likelihood-Ratio-Tests der einzelnen Dimensionen und die entsprechenden Signifikanzniveaus herangezogen werden. Zur detaillierten Analyse der Wirkung einzelner Imagedimensionen im Sinne von Einflussstarke und -richtung ist auf die Odd-Ratios zuruckzugreifen. Anders als im vorherigen Kapitel skizzierten Grundmodell sind aber in diesem Mehr-Marken-Fall
Zur Spezifikation des logistischen Regressionsmodells hinsichtlich der Analyse eines Markenportfolios bzw. einer strategischen Gruppe vgl. auch BURMANN/KULLMANN, Strategisches Mehrmarkencontrolling - Modellkonzeption zur integrierten und dynamischen Koordination von Markenportfolios - Arbeitspapier Nr. 14 des Lehrstuhls fur innovatives Markenmanagement (LiM), a.a.O.,S. 26ff.
Kapitel D
213
zur Analyse des Einflusses einzelner Imagedimensionen mehrere Odd-Ratios pro Dimension zu beruckslchtigen. Das logistische Regressionsmodell schatzt im Mehr-Gruppen-Fall Jewells die Veranderung des Chancenverhaltnisses pro Dimension einer Referenzgruppe gegenuber jeder anderen analysierten Gruppe.^^® Im vorliegenden Fall mit vier einbezogenen Marken werden also fur drei Marken Jewells zwolf Odd-Ratios berechnet. Sie quantifizieren, wie sich das Chancenverh^ltnis der betrachteten Marke gegenuber der Referenzmarke andert, wenn die entsprechende Dimension um eine Skaleneinheit erhoht wird. Die Schatzung der Second-Choice schllefilich soil wiederum am Beisplel der Kaufer von Portfoliomarke PM-1 erfolgen. Fur diesen Fall ergibt sich fur die endogene Variable dementsprechend:
(15)
2 y* = 7 8
falls PM - 2 erste Kaufalternative falls WM - 7 erste Kaufalternative falls WM - 8 erste Kaufalternative
fur y = 1
Das allgemein formulierte multinomiale logistische Regressionsmodell zur Schatzung der ersten Kaufalternative aller Kdufer einer bestimmten Marke lautet demzufolge: (16)
p(y;=1) = ^ 1 + e"^'
fur
y;;^y,
wobei
(17)
Z;=po + X Z Z P i K V
^^
(k = y,)«K
i-1 J«1 k-1
Das Second-Choice-Modell hat damit eine dem Grundmodell sehr ahnliche Struktur, wobei durch die Voraussetzungen y* ^ yi (16) und (k = yi) ^ K (17) sichergestellt wird, dass die FIrst-Choice-Marke sowohl auf Seiten der exogenen als auch der endogenen Variablen nicht in die weitere Analyse zur Second-Choice-
^^® Vgl. hierzu auch ausfuhrlich das Fallbeispiel bei BACKHAUS et a!., Multivariate Analysemethoden - Eine anwendungsorientierte Einfuhrung, a.a.O., S. 123 ff.
Kapitel D
214
Schatzung mit einbezogen wird. Auf Basis dieser Modellierung konnen nun im folgenden Abschnitt die regressionsanalytischen Ergebnisse dargestellt werden.
4.33
Ergebnisse der logistischen Regressionsanalyse
Zunachst ist im Rahmen der Schatzung der First-Choice die Gesamtmodellgute zu beurteilen. Hierzu wird auf die drei eriauterten Kriterien McFaddens R^, den Likelihood-Ratio-Test sowie die Klasslfikatlonsnfiatrix zuruckgegriffen. Im vorliegenden Fall weist das endgultige Modell ein McFadden R^ von 0,352 auf. Bei einem Anspruchsniveau von 0,2 deutet dieses Kriterium somit auf eine gute Modellanpassung hin. Auch der x^-Wert des Likelihood-Ratio-Tests ist mit 893,2 als zufrieden stellend hoch zu bezeichnen. Entsprechend kann die NuHhypothese mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von p < 0,001 (Signifikanzniveau) abgelehnt werden.^^° Tabelle 16 schliefilich zeigt die Confusion-Matrix und die entsprechenden PCCs als Richtwerte der Gute der Klassifikationsleistung des Modells. Empirlsche GruppenzugehOrlgkeit
Modelltheoretisch geschfitzte Gruppenzugehdrigkeit PM-2
WM-7
WM-8
55,5 % (15,4%)
15,5%
12,9%
16.1 %
PM-2
9,4 %
59,9 % (19,1 %)
13,5%
17,2%
WM-7
5,1 %
6,9 %
74,9 % (17,4%)
13,1 %
WM-8
3,3 %
PM-1
PM-1
89,3 % (48,2 %) Anteil insgesamt korrekt klassifizierter Elemente: 76,0 % 2,5 %
4,9 %
Tab. 16: Klassifikationsmatrix des logistischen Regressionsmodells Quelle: Eigene Darstellung.
Insgesamt werden 76 Prozent der Kaufer den richtigen Marken zugeordnet. Die Gesamtklassifikationsleistung des logistischen Regressionsmodells ist damit nur geringfugig schwacher als das dependenzanalytische Modell. Mit diesem Modell konnten ca. 78 Prozent der FSIIe korrekt zugeordnet werden. Auch die Quoten
Die vollstandige Auswertung der Gutekriterien i.S. des original SPSS-Outputs der Analyse findet sich im Anhang.
Kapitel D
215
der einzelnen Marken bewegen sich auf einem sehr ahnlichen Niveau wie im Rahmen der Diskriminanzanalyse. Die prozentual geringsten .Trefferquoten' treten erneut bei den beiden Portfoliomarken auf. Allerdings bewegen sich auch diese Werte deutlich uber den Quoten einer zufSlligen, wahrscheinlichkeitsbasierten Zuordnung. Die drei zugrunde gelegten Gutekriterien der logistischen Regression sprechen somit fur eine zufrieden stellende Anpassung des Gesamtmodells. In einem zweiten Schritt ist die diskriminatorische Bedeutung der einzelnen Markenimagedimensionen zu untersuchen. Hierzu kann zunachst wiederum auf den Likelihood-Ratio-Test zuruckgegriffen werden. Zehn der zwolf Imagedimensionen weisen eine hoch signifikante Trennkraft auf. Die Irrtumswahrscheinlichkelten bei diesen liegen unter einem Prozent. Bei den Dimensionen Entspannung (0,13) und Geselligkeit (0,24) zeigen sich hohere Werte. Unter Zugrundelegung einer tolerierten Irrtumswahrscheinlichkeit von funf Prozent (p < 0,05) tragen sle nicht signifikant zur Erklarung der Trennung zwischen den Marken bei. Dieses Ergebnis weicht etwas von den diskriminanzanalytischen Befunden ab. Dort erwiesen sich alle Dimensionen als signifikant. Allerdings zeigte die Imagedimension Geselligkeit auch dort einen etwas hoheren Wert (Irrtumswahrscheinlichkeit von p = 0,048).^^^ Wie eriautert sind zur Beurteilung von Wirkungsstarke und -richtung der einzelnen Imagedimenslonen insbesondere die Odd-Ratios zu untersuchen. Als Referenzmarke wurde hier zunachst Portfoliomarke PM-1 gewahlt.®^^ Tabelle 17 zeigt die geschatzten p-Koeffizienten (B), die Odd-Ratios (Exp(B)) und die Werteberelche der Odd-Ratios im 95 Prozent Konfidenzintervall.
Die entsprechende vollstSndige Auswertung der einzelnen Likelihood-Ratio-Tests hinsichtlich der einzelnen Markenimagedimensionen befindet sich im Anhang. SPSS wShlt grundsatzlich die Gruppe mit der numerisch hCchsten Skalierung als Referenzgruppe. Hier ist das WM-8. Allerdings kann durch eine einfache Re-Codierung im Datensatz auch eine andere Referenzgruppe gewShlt werden. Wurde WM-8 im vorliegenden Datensatz bspw. eine ,0' zugewiesen, wurde SPSS automatisch WM-7 als Referenzgruppe wahlen, da diese dann die hdchste Codierung aufwiese. Zu diesem Vorgehen vgl. auch. BACKHAUS et a!., Multivariate Analysemethoden - Eine anwendungsorientierte Einfuhrung, a.a.O., S. 136.
216
Kapitel D
9S % Konfidenzlnt«rvallfQrExp(B)
B
[ Msfic0 PM-2
WI^-7
WM-8
Konstanter Term Belohnung Entspannung Geselligkeit Wertschfltzung Energiezufuhr Preis-Leistungs-VerhSltnis Geschmack Convenience Innovative IVIarke Produktqualitdt Sortenvielfalt Kompetente Marke Konstanter Term Belohnung Entspannung Geselligkeit Wertschdtzung Energiezufuhr Preis-Leistungs-Verhditnis Geschmack Convenience Innovative Marke Produktqualitm Sortenvielfalt Kompetente Marke Konstanter Term Belohnung Entspannung Geselligkeit Wertschdtzung Energiezufuhr Preis-Leistungs-Verhditnis Geschmack Convenience Innovative Marke Produktqualitat Sortenvielfalt Kompetente Marke
4,001 -0,256 0,143 0,357 -0,765 0.159 0,554 -0,277 0,185 0,249 -0,026 0,266 -1.297 5,973 0,727 0,272 0,469 -0.914 -0,454 -0.907 -0,997 1,946 0,884 0,389 -0,040 -2.322 1,845 -0,658 -0.315 0,072 1,247 -0,979 -1,162 1.027 2,296 1,896 0,434 -2,461 -1.629
Exp(B)
UnterQmnxm
Obergrenze
0,774 1,154 1,429 0,465 1,172 1,741 0,758 1,203 1,282 0,974 1,305 0.273
0,435 0,787 0,901 0,297 0.805 1,016 0,447 0,751 0,809 0,575 0,085 0.154
1.377 1,692 2,265 0,729 1.708 2.983 1.287 1,928 2.032 1,649 2,041 0.486
2,069 1,313 1,599 0,401 0,635 0,404 0,369 6,998 2,421 1,475 0.961 0.098
1,008 0,787 0,931 0,234 0,400 0,226 0,193 3,850 1,387 0,801 0,578 0.050
4.250 2,190 2.745 0,688 1,007 0,722 0,705 12,722 4,225 2,717 1,599 0.192
0,518 0,730 1,075 3,482 0,376 0,313 2,793 9,938 6,656 1,543 0,085 0.196
0.274 0.452 0,643 2,064 0,247 0,170 1,455 5,607 3,813 0,866 0,052 0.101
0,980 1,178 1.797 5,873 0,572 0,575 5,361 17,614 11,621 2,749 0,141
Tab. 17: Parameterschatzung der logistischen Regression - Referenzmarke PM-1 Quelle: Eigene Darstellung.
0.381 1
Kapitel D
217
Die Odd-Ratios (Tab. 17 Spalte Exp(B)) sind wie folgt zu interpretieren: Ein Wert von 1,741 fur die Dimension Preis/Leistung im Block von PM-2 besagt, dass sich bei Erhohung des x-Wertes urn eine Einheit das Chancenverhaltnis [p(PM2)/p(PM-1)] unn diesen Faktor andert. War es vorher 1:1, ist es dann 1,741:1. Umgekehrt verhcilt es sich bei der Dimension Belohnung. Die Odd-Ratio von 0,774 zeigt, dass sich das Chancenverhaltnis bei einem Anstieg des Skalenwertes um Eins urn etwa den Faktor 0,774 zu ungunsten von Marke PM-2 verschlechtert. Fur die Dimension Entspannung als drittes Belspiel ergibt sich eine Odd-Ratio von 1,154. Dieser Wert weist darauf hin, dass sich das Chancenverhaltnis zwischen PM-1 und PM-2 in Abhangigkeit von der Auspragung der Dimension kaum andert. Die entsprechenden Konfidenzintervalle geben die Werte an, in denen sich bei einer Vertrauenswahrscheinlichkeit von 95 Prozent die Odd-Ratios tatsachlich bewegen. Fur die Dimension Wertsch^tzung zeigt sich, dass beide Grenzen unter Eins llegen. Insoweit ist der negative Einfluss auf das Chancenverhaltnis mit grower Wahrscheinlichkeit zu en/varten. Anders verhalt es sich bspw. bei der Dimension Geselligkeit. Obwohl die Odd-Ratio von 1,429 einen positiven Einfluss der Dimension auf das Chancenverhaltnis zugunsten von PM-2 induziert, schliedt das Konfidenzintervall auch Werte unter Eins ein. Infolgedessen kann nicht mIt 95prozentiger Wahrscheinlichkeit gesagt werden, dass der erwartete positive Effekt auch tatsachlich eintritt. Vergleicht man die Ergebnisse fur die unterschiedlichen Marken, kann festgestellt werden, dass die Wirkungsrichtung bei den Dimensionen Geselligkeit, Convenience, Innovative Marke und Kompetente Marke uber alle Marken gleich ist. Allerdings weisen die Parameter deutlich unterschiedliche Werte auf. So lassen sich die Marken WM-7 und WM-8 gegenuber Referenzmarke PM-1 bspw. offenkundig sehr deutlich uber die Dimension Convenience trennen: Hier zeigen sich Ratios von 6,998 und 9,938. Auch die entsprechenden Konfidenzintervalle weisen auf einen deutlich positiven Einfluss dieser Variablen zur Trennung zwischen Marken hin. Zwischen PM-1 und PM-2 zeigt die Dimension zwar die gleiche Wirkungsrichtung, der Effekt ist aber erheblich schwacher. So andert sich das Chancenverhaltnis zwischen den beiden Marken bei Veranderung der Auspragung der Dimension um eine Einheit lediglich um den Faktor 1,203. Zwischen den beiden Portfoliomarken scheinen insbesondere die Dimensionen Preis-Leistungs-Verhaltnis und Geselligkeit, die die hochsten Werte aufweisen, sowie die Dimension Kompetente Marke mit dem niedrigsten Wert, ein signifikan-
Kapitel D
218
tes Differenzierungspotenzial aufzuweisen. Eine Verbesserung der Marke PM-2 auf der Dimension Preis-Leistungs-VerhSltnis um eine Einheit wurde dementsprechend bedeuten, dass sich das Chancenverhaltnis gegenuber PM-1 um 1,741 erhfihte. Insgesamt weisen die Odd-Ratios aber uber nahezu alle Dimensionen auf eine relativ geringe Trennkraft zwischen den beiden Portfoliomarken hin. Aus Gesamtportfoliosicht sind diejenigen Treiber zu identifizieren, die zwar das Chancenverhaltnis der Portfoliomarken gegenuber dem Wettbewerb deutlich erhohen, aber nicht gjeichermalien auch das Verhaltnis gegenuber den anderen Portfoliomarken und damit zu Lasten des Gesamtportfolios verandern. Ein solcher Treiber konnte im vorliegenden Fali die Dimension Energiezufuhr darstellen. Eine Verbesserung von PM-2 in dieser Dimension wurde das Chancenverhaltnis zu PM-1 nur marginal andern (Faktor 1,172). Die deutlich unter EIns liegenden Odd-Ratios von WM-7 und WM-8 auf dieser Dimension weisen aber auf ein hohes Differenzierungspotenzial gegenuber diesen Marken hin. Fur eine weitere Detaillierung der Analyse kann das gleiche Modell erneut mit einer anderen Referenzmarke gerechnet werden. Tabelle 18 zeigt die Ergebnisse der Parameterschatzung mit der Referenzmarke WM-8.^^^ 95 % Konfidenzintervall fUr Exp(B) B
Marke PM-1
Konstanter Term Belohnung Entspannung Geselligkeit Wertschdtzung Energiezufuhr Preis-Leistungs-Verhditnis Geschmack Convenience Innovative Marke Produktqualitdt Sortenvieifalt Kompetente Marke
-1,845 0,658 0,315 -0,072 -1,247 0,979 1,162 -1,027 -2,296 -1,896 -0,434 2,461 1,629
Exp(B) 1,930 1,370 0,930 0,287 2,661 3,195 0,358 0,101 0,150 0,648 11,714 5,101
Untergrenze 1,020 0,849 0,556 0,170 1,749 1,740 0,187 0,057 0,086 0,364 7,090 2,622
Obergrenze 3,654 2,212 1,555 0,485 4,049 5,868 0,687 0,178 0,262 1,155 19,352 9,924
^®^ Die eigentliche Schatzung des Regressionsmodells andert sich durch diesen Tausch der Referenzmarke nicht. Dementsprechend sind auch die Gutekriterien identisch. Auf eine erneute Darstellung der Kriterien fur den zweiten Rechenschritt wird daher an dieser Stelle verzichtet.
Kapitel D
219
95 % KonfictenzliitervallfQrExp(B) B
Mafke PM-2
WIVI-7
Konstanter Term Belohnung Entspannung Geselligkeit Wertsch^tzung Energiezufuhr Preis-Leistungs-Verhaitnis Geschmack Convenience Innovative Marke Produktqualitat Sortenvielfalt Kompetente Marke Konstanter Term Belohnung Entspannung Geselligkeit Wertschdtzung Energiezufuhr Preis-Leistungs-Verhditnis Geschmack Convenience Innovative Marke Produktqualitdt Sortenvielfalt Kompetente Marke
Exp(B)
UnterQrma»
Obergrvfuw
_ _ 0,402 0,458 0,285 -2,013 1,138 1,716 -1,304 -2,112 -1,647 -0,460 2,727 0,332 4,128 1,385 0.587 0,397 -2.161 0,524 0.255 -2,023 -0,351 -1.012 -0.045 2.421 -0.692
1,495 1,581 1,329 0,134 3,120 5,562 0,272 0,121 0,193 0,631 15,287 1,394
0,799 0,980 0,787 0,080 2,024 2.946 0,143 0,068 0,110 0,357 9,144 0.732
2,797 2,551 2,245 0,223 4,811 10.502 0,514 0,215 0,336 1,117 25.558 2.654
3,995 1,799 1,487 0,015 1,690 1,290 0,132 0,704 0,364 0,956 11,257 0,500
1.984 1,066 0,872 0,068 1,097 0,750 0,069 0,387 0,210 0.546 6.739 0.270
8,045 3,035 2.535 0,196 2,603 2,220 0,255 1,280 0.629 1,674 18,805
0.926 1
Tab. 18: ParameterschStzung der logistischen Regression - Referenzmarke WM-8 Quelle: Eigene Darstellung.
Die Auswertung der Parameter mit der neuen Referenzmarke WM-8 liefert weitere Erkenntnisse: Die Dimension Sortenvielfalt scheint fiir alle Marken gegenuber WM-8 das hochste Differenzierungspotenzial darzustellen; die Odd-Ratios sind hier mit Abstand am hochsten. Die entsprechenden Konfidenzintervalle unterstreichen den zu en/vartenden positiven Effekt. Aus Sicht der beiden Portfollomarken scheinen zudem die Dimensionen Preis-Leistungs-VerhSltnls und Energiezufuhr wichtige Differenzierungstreiber zu sein. Zur Differenzierung von PM-1 scheinen aul^erdem Belohnung und Kompetente Marke eine hohe diskriminatorische Bedeutung zu haben. Insgesamt kann in diesem Zusammenhang festgehalten werden, dass die logisti-
Kapitel D
220
sche Regression bezuglich der Interpretation der Wirkung einzelner Imagedimensionen deutlich mehr Informationen bereitstellt, als das die Diskriminanzanalyse zu leisten vermag. DIese Tatsache resultiert daraus, dass nicht nur die Parameter fur die grundsatzliche Trennung zwischen alien Marken geschatzt werden, sondern. Jewells diejenigen zwischen zwei Marken separat. Dementsprechend wurden In dieser Analyse 72 Odd-Ratios geschatzt, die es unter Berucksichtigung der entsprechenden Konfidenzintervalle zu interpretieren gilt.^^ Schlief^lich gilt es in einem ietzten Schritt, die Wirkungszusammenhange im Second-Choice-Modell mit Hilfe der logistischen Regression zu uberprufen. Wie im Rahmen der Diskriminanzanalyse wird exemplarisch die Second-Choice der Kaufer von Portfoliomarke PM-1 untersucht:®®^ Die Kriterien zur Beurtellung der Gesamtmodellgute weisen auch hier auf eine gute Modellanpassung hin. McFaddens R^ ist mIt 0,452 sogar deutlich hoher als im First-Choice-Modell. Der Likelihood-Ratio-Test unterstreicht die Modellgute. Das logistische Modell zur SecondChoice-Schatzung weist hier einen guten x^-Wert von 108,728 auf, der hoch signifikant Ist (p < 0,001). Auch die Klassifikationsleistung ist mit 83,7 Prozent korrekt zugeordneter Falle als gut zu bezeichnen.^^^ Tabelle 19 zeigt die vollstandige Klassifikationsmatrix des Second-Choice-Modells. Empirische Second-Choice PM-2 WM-7 WIM-8
Modellttieoretiscli geschfitzte Second-Choice PM-2
WM-7
WM-8
94,6 % (57,4 %)
1,4%
4,1 %
33,3 %
66,7 % (11,6%)
0,0 %
70,0 % 27,5 % 2,5 % (31,0%) Anteil insgesamt korrekt klassifizierter Elemente: 83,7 %
Tab. 19: Klassifikationsmatrix der Second-Choice fur KSufer der Marke PM-1 Quelle: Eigene Darstellung.
Wie erlSutert wurden dabei in zwei Rechenschritten nur die jeweiligen Ratios zu Referenzmarke PM-1 und WM-8 geschatzt. Die Parameter eriauben daher bspw. noch keine Aussagen bezuglich der Trennung zwischen PM-2 und WM-7. Hierfiir ware eine weitere Analyse mit PM-2 als Referenzmarke notwendig. Im Rahmen dessen wurden wiederum diejenigen Kaufer von PM-1 in die Analyse einbezogen, deren Second-Choice eine der drei anderen Marken der betrachteten strategischen Gruppe waren. Somit wurden erneut 129 KSufer von PM-1 untersucht. Die vollstandigen Auswertungen der drei Gutekriterien finden sich wiederum im Anhang.
Kapitel D
221
Die Gesamtquote liegt auf nahezu gleichem Niveau wie bei der Schatzung mit Hilfe der Diskriminanzanalyse. Die etwas hohere Klassifikationsgenauigkeit in diesem Second-Choice-Modell im Vergleicli zur Schatzung der ersten Kaupraferenz ist allerdings wiederum vor dem Hintergrund zu relativieren, dass eine Marke weniger in die Analyse einbezogen wurde. Auch die .Trefferquoten' fur die einzelnen Marken weisen zufrieden stellende Werte auf.^®^ Es kann daher aucli hinsiciitlich der Second-Choice-Schatzung eine gute Modellanpassung festgestellt werden. Insgesamt kann festgehalten werden, dass auch mittels logistischer Regression die hier untersuchten Wirkungszusammenhange gut abgebildet und analysiert werden konnen. Im Folgenden sollen beide Methoden nochmals hinsichtlich ihrer Eignung fur die Portfolioanalyse zusammenfassend kritisch gewurdigt werden.
4.4
Fazit und Methodenvergleich von Diskriminanzanalyse und logistischer Regression zur Portfolioanalyse
•
Sowohl die Gutekriterien der Diskriminanzanalyse als auch die des logistischen Regressionsmodells zeigen, dass eine inhaltlich-theoretisch valide und praktisch robuste Modellierungslosung entwickelt werden konnte. Die Klassifikationsergebnisse beider Verfahren bewegen sich mit Jewells knapp 80 Prozent korrekt zugeordneter Falle auf sehr ahnlichem Niveau; im First-ChoiceModell konnen im vorliegenden Fall mit Hilfe der Diskriminanzanalyse etwas bessere Ergebnisse als im Regressionsmodell erzielt werden. Vor dem Hintergrund einer offenkundig schwach ausgepragten Differenzierung einzelner Marken waren hohere Trefferquoten' nicht zu erwarten gewesen. Inhaltlich bestatigen die Klassifikationsbefunde die Ergebnisse der Imageanalysen. Die Portfoliomarken zeigen eine unzureichende Interne Profillerung, dementsprechend hoch ist die portfoliointerne Kreuzerwagung.
Einschrankend muss allerdings an dieser Stelle nochmals erwahnt werden, dass die Fallzahl bei Second-Choice Marke WM-7 mit N = 15 Beobachtungen relativ klein ist. BACKHAUS et al. empfehlen mindestens 25 Beobachtungen pro AusprSgung der unabhSngigen Variablen. Diese Mindestfallzahl ist im vorliegenden Fall fur Kaufer der Marke PM-1 mit der Marke WM-7 als Second-Choice dementsprechend deutlich unterschritten. Vgl. BACKHAUS et al., Multivariate Analysemethoden - Eine anwendungsorientierte Einfuhrung, a.a.O., S. 137.
222
Kapitel D
•
Hinsichtlich des Analysepotenzials erweist sich die logistische Regression als die Uberlegene IVIethodik fur den hier analysierten Mehr-Gruppen-Fall. Wahrend die Dlsknminanzanalyse lediglich ein ,Koeffizlenten-Set' zur Trennung zwischen alien Marken berechnet, kGnnen im Rahmen eines logistischen Regressionsmodells grundsatzlich die Parameter der Imagedlmensionen fQr jede Markenkombination separat geschatzt werden. Zudem kfinnen Wirkungsstarke und -richtung indirekt mit Hllfe der Odd-Ratios interpretiert werden. Insofern ermOglicht das logistische Regressionsmodell eine deutlich dezidiertere Analyse fQr jede einzelne Marke des Portfolios im Vergleich zum Wettbewerb und innerhalb des Portfolios. Auf diese Weise kOnnen inhaltlich fundierter potenzielle Handlungsempfehlungen zur Portfoliooptimierung abgeleitet werden.
•
Dem gr6fieren Analysepotenzlal steht allerdlngs auch eine weitaus hdhere Komplexltdt entgegen. Diese resultiert einerseits aus der zu analysierenden und zu interpretierenden Datenmenge und andererseits aus dem Charakter der zu untersuchenden Parameter. Im vorliegenden Fall wurden fur die FirstChoice-Analyse zwei Regressionsmodelle berechnet. Daraus ergaben sich 72 Odd-Ratios und 144 korrespondierende Konfidenzintervallgrenzen, die es zu untersuchen gait. Zudem stellt die Odd-Ratio als quantifiziertes Chancenverhaitnis zwischen zwei Marken eine inhaltlich weitaus schwieriger zu interpretierende GrGlie dar als bspw. die Koeffizienten eines linearen Regressions- oder eines Diskrlminanzmodells.®^® AbhSngig von der Anzahl der zu analysierenden Marken zeichnet sich die Diskriminanzanalyse insofern durch eine hfihere Praktikabilitat aus, der allerdings ein Verlust an Analysetiefe entgegensteht.®^®
•
In der praktischen Anwendung scheint es sich daher zu empfehlen, zundchst
KRAFT konstatiert diesbezuglich: „Dabei ist zu beachten, dass die ParameterschSitzungen einer logistischen Regression wesentlicti schwerer zu interpretieren sind [...]. Bei der logistischen Regression reprdsentieren die Koeffizienten die Anderung des Logit der abh&ngigen Variablen bei einer Anderung der unabh^ngigen Variablen urn eine Einheit. Der Logit als naturlicher Logahthmus der Gewinnchance, also des VerhMnisses der Wahrscheinlichkeit, dass die abhSngige Variable gleich 1 ist, zu dessen Gegenwahrscheinlichkeit, stellt aber keine leicht verstSndliche GrORe dar." KRAFFT, Der Ansatz der Logistischen Regression und seine Interpretation, a.a.O., S. 633. Allerdings weist die logistische Regression gegenuber der Diskrinriinanzanalyse zudem einige mathematisch-statistische Vorteile auf, insbesondere die Moglichkeit der Ableitung inferenzstatistischer Aussagen. Hierzu vgl. ausfuhrlich URBAN, Logit-Analyse: Statistische Verfahren zur Analyse von Modellen mit qualitativen Response-Variablen, a.a.O., S. 16 ff.; KRAFFT, Der Ansatz der Logistischen Regression und seine Interpretation, a.a.O., S. 626 f.; MADDALA, Limited Dependent and Qualitative Variables in Econometrics, a.a.O., S. 27.
Kapitel D
223
ein logistisches Regressionsmodell zu berechnen, um den Status quo des Portfolios systematisch und detailliert zu untersuchen. Auf dieser Basis ist dann eine begrenzte Zahl mfiglicher Handlungsoptionen fur die Marken entlang der identifizierten Differenzierungstreiber festzulegen. Bei einer anschliedenden Simulation dieser Szenarien und einer Prognose ihres 6konomischen Erfolgs steht allerdings die Zuordnung der Nachfrager nach ihren unter variierten Modellbedingungen zu erwartenden Wahlentscheidungen im Mittelpunkt. Fur diesen Scliritt scheint die Diskriminanzanalyse aufgrund ihrer guten Klassifikationslelstung und hfiheren Praktikabilitat das geeignete Verfahren zu sein. Ein weiterer Vorteil der Diskriminanzanalyse fur Prognosezwecke im Rahmen des vorliegenden Untersuchungsobjektes ist in der zugrunde liegenden Klassifikationsmethodik zu sehen. Die Diskriminanzanalyse bedient sich zur Gruppenzuordnung dem Distanzkonzept. So kfinnen in einem Rechenschritt sowohl die modelltheoretische First- als auch die Second-Choice berechnet werden. Zudem scheinen die ZusammenhSnge zwischen Markenpositionierung im Wahrnehmungsraum und Wahlverhalten der Nachfrager aufgrund von unterschiedlichen Distanzen der Nachfrager zu den Marken unmlttelbar intuitiv.
5.
Dynamische Portfolioanalyse
5.1
Zieisetzung der Analyse
Zur systematischen Ableltung strategischer Stofirichtungen ist eine dynamische, zukunftsgerichtete Analysedimension in die Untersuchung zu integrieren. Im Rahmen dessen sind die einzelnen strategischen Optionen im Hinblick auf ihre Wirkung auf die angestrebten Ziele zu bewerten.^^° Ziel dieses Abschnittes ist es daher, ein Instrument zur Simulation unterschiedlicher Positionierungsstrategien der Portfoliomarken und zur Prognose ihrer okonomischen Wirkung aus Gesamtportfoliosicht zu entwickeln. Auf diese Weise soil das Modell als EntscheidungsunterstiJtzungsinstrument den Prozess der Iden-
^^° Zur Notwendigkeit einer solchen Integration einer zukunftsgerichteten Analysedimension vgl. bspw. MEFFERT, Marketing Management - Analyse-Strategie-lmplementierung, a.a.O., S. 34
224
Kapitel D
tifikation und finalen Auswahl der zu verfolgenden Strategie quantitativanalytisch fundieren. Hierzu wird das Modell zunachst methodisch spezjfiziert. Im Anschluss daran werden beispielhaft drei potenzielle strategische Szenahen des Portfolios abgeleitet. Diese werden schliedlich simuliert und bewertet, urn die Funktionsweise der Modellierung exemplarisch zu testen und zu validieren.
5.2
Spezifikation des Simulationsmodells
Sowohl die Diskriminanzanalyse als auch die logistische Regression eignen sich grundsatzlich fur derartige Prognosezwecke. Aus den im vorangegangenen Abschnitt eriauterten Grunden soil an dieser Stelle auf die Diskriminanzanalyse zuruckgegriffen werden. Neben der Prognose der Gruppenzugehorigkeit ganzlich neuer Elemente ist mitteis der Diskriminanzanalyse auch die Klassifikation existierender Objekte unter Variation der Auspragungen der exogenen Variablen hier also der Markenimagewahrnehmungen der Nachfrager - moglich.®^^ Zu einer solchen Klassifikation kann wiederum auf das Distanzkonzept zuruckgegriffen werden.^^^ Die Nachfrager werden dementsprechend denjenigen Marken zugeordnet, zu denen ihre Distanz aufgrund ihrer Markenimagewahrnehmung minimal ist. Analog konnen wiederum auch die Second-Choice-Marken der Nachfrager simulativ geschatzt werden. Abbildung 40 stellt die konzeptionellen Zusammenhange graphisch dar.
Zur Prognoseeignung der Diskriminanzanalyse vgl. bspw. BACKHAUS et al., Multivariate Analysemethoden - Eine anwendungsorientierte Einfuhrung, a.a.O., S. 146 f. Prinzipiell stehen unterschiedliche Verfahren zur Klassifikation im Rahmen der Diskriminanzanalyse zur Verfugung. Hier soil aber analog zur Analyse in Kapitel D-4 wiederum auf das Distanzkonzept zuruckgegriffen werden. Zu den Vor- und Nachteilen der unterschiedlichen Klassifikationsverfahren vgl. BACKHAUS et al., Multivariate Analysemethoden - Eine anwendungsorientierte Einfuhrung, a.a.O., S. 180 ff.
225
Kapitel D
Markenwahlverhalten von Nachfrager i Markenwahlverhalten von Nachfrager i bei Umpositionierung der Marke 2 im Status quo Controld_Marke 2 (alt)
Centroid Marke 2
•
Centroid Marke 1
^!\fJachfrager I
/ ^ .^....^ Centroid Marke 3: FirstChoice
Centroid Marke 4: SecondChoice
centrold Marke 2 (neu): ^ Neue FirstV Choice ' Y^achfrager i
Centroid Marke 1
Centroid Marke 3: Neue SecondChoice
Centroid Marke 4:
Abb. 40: MarkenwahlschStzung mittels Distanzkonzept im Simulationsszenario Quelle: Eigene Darstellung.
Aufgrund des simulativ variierten Markenimages und einer daraus resultierenden Umpositionierung von Marke 2 ergeben sich neue Distanzen des Beispielnachfragers i zu den betrachteten Marken. Der Nachfrager wahit in diesenn Beispiel nun Marke 2, da er zu dieser die geringste Distanz hat. Marke 3 stellt nunmehr ceteris paribus nur noch seine erste Alternativwahl (Second-Choice) dar. Diese Zusammenhange gilt es in dem angestrebten Simulationsmodell uber alle betrachteten Marken und alle Nachfrager zu analysieren. Die daraus resultierenden Wanderungsbewegungen konnen dann zur okonomischen Bewertung unterschiedlicher Positionierungsoptionen in Portfoliobilanzen uberfuhrt werden. Zu diesem Zweck wurde ein auf dem Tabellenkalkulatlonsprogramm IVIICRGSOFT EXCEL basierendes IVIodell entwlckeit.^^^ Dieses Modell bildet die Wirkungszusammenhange auf der Grundlage der diskriminanzanalytischen Ergebnisse ab und ermoglicht die skizzierten Szenarioanalysen. Die Struktur und Funktionsweise des aus mehreren Komponenten bestehenden Modells steht im Vordergrund derfolgenden Ausfuhrungen.
Das Tabellenkalkulationsprogramm MS-EXCEL gehort zum Softwarepaket MICROSOFT OFFICE
und stellt das weltweit wohl verbreitetste Programm dieser Art dar. Aufgrund dieser Verbreitung und der damit verbundenen Bekanntheit soil hier auf eine weitere Beschreibung dieser Software verzichtet werden.
226
Kapitel D
Zentrales Element des Simulationsmodells stellt eine AnalyseoberflSche dar, auf der der Simulationsinput sowie der modelltheoretische Output des betrachteten Szenarios integriert werden. Abbildung 41 zeigt diese Analyseoberfiache.
{
o
e
o
e
o
o
o
o
e
o
o
o
o
o
o
o
o
o
o
t II
o
o
o
11
o
e
o
Jtt ^T|«r^^
o
o
I
II
o
HfeStp
Abb. 41: AnalyseoberflSche des ExcEL-basierten Simulationsmodells Quelle: Eigene Darstellung.
if ni ^i !
Kapitel D
227
Im oberen Block der Maske - beginnend mlt ,Scenario' - kann das betrachtete Analyseszenario verbal spezifiziert werden.^^"^ Neben einem Titel kSnnen hier die betrachteten Positionierungsvariationen der beiden PortfoHomarken sowie etwaige Wettbewerberreaktionen beschrieben werden. Der linke Block ,Szenario input dient der Eingabe der Szenarioparameter. Hier kann fQr jede der vier Marken die durchschnittliche Veranderung der Wahrnehmung der Imagedimenslonen eingegeben werden. Die Eingabe einer ,1' fur die Dimension Belohnung bei PM-1 bspw. bedeutet dann, dass das Modell uber alle empirischen Beobachtungen die Bewertung von PM-1 in dieser Dimension um durchschnittlich einen Skalenpunkt erInOht. Hier kfinnen sowohl die VerSnderung mehrerer Dimensionen als auch mehrerer Marken simultan betrachtet werden. Damit kGnnen auch potenzielle Wettbewerbsreaktionsszenarien simuliert und analysiert werden. Der rechte Block stellt die unter den Inputparametern generierte Portfoliobilanz und damit den prognostizierten dkonomischen Output des betrachteten Szenarios dar. ZunSchst werden hier die Gesamtmengeneffekte Im Sinne von Absatzvolumina - hier die Anzahl regelmSfliger K^ufer - dargestellt. Darunter finden sich die im Rahmen der Portfoliobilanzen erlSuterten Kennzahlen zu Partizipationsund Substitutionseffekten (differenziert nach Loyalitdtsgewinnen und Kanniballsierung) sowie der Brutto- und Netto-Gesamteffekt des betrachteten Szenarios. Mittels der unteren Navigationsleiste schllefilich kann auf die dieser Analyseoberfiache zugrunde liegenden Rechenmodule zuruckgegriffen werden. Diese Module sind Gegenstand derfolgenden ErlSuterungen.®^^ Im Modul ,Driver calculation' werden im ersten Schritt fur alle betrachteten Nachfrager i durch Verknupfung der empirischen Daten zur Markenwahrnehmung xy und den definierten Inputparametern, d.h. simulierten VerSnderungen dieser Markenimagewahrnehmungen, die Wahrnehmungsveranderungen im Analyseszenario berechnet. Als Resultat dieses Moduls ergeben sich fur jeden Nachfrager i neue Markenimagewahrnehmungen x{. Diese Daten stellen die Grundlage des Moduls ^Discriminant scores' dar. Hier werden analog zu Formel (5) drei Diskri-
675
Im Sinne einer vereinfachten spSteren Nutzung fur etwaige weitere wissenschaftliche Publikationen oder Anwendungen in der Praxis wurde das Modell in englischer Sprache entwickelt. Ausschnitte jedes einzelnen Moduls, die alle verhaitnismaflig umfangreich sind, finden sich im Anhang dieser Arbeit.
228
Kapitel D
minanzwerte Yjk* fur jeden Nachfrager i und jede der drei in Abschnitt 4.23 geschatzten Diskriminanzfunktionen k ermittelt. Auf Basis dieser drei neuen Diskriminanzwerte fur jeden Probanden konnen dann im Modul ^Distances calculation' mittels Forme! (8) die neuen entsprechenden quadrierten Euklidischen Distanzen D^ig* jedes Nachfragers i zu den G Marken berechnet werden. Diese neuen Distanzen dienen dann im vierten Modul ,Brand prediction' zur Bestimmung des Wahlverhaltens der Nachfrager unter diesen Szenariobedingungen im Sinne von praferiert gekaufter Marke und erster Alternative (Second-Choice). Im Modul ^Migration patterns' werden die einzelnen prognostizierten Markttransaktionen ausgezahit und mit den Markenwahlentscheidungen im Status quo verglichen. Auf diese Weise konnen Wanderungsbewegungen jedes Probanden identifiziert und diese entsprechend der Portfoliokennzahlen .Partizipation', ,Loyalitatsgewinne' und .Kannibaiisierung' klassifiziert und ausgezahit werden. Die Ergebnisse dieses Moduls werden dann schliefilich in der Portfoliobilanz auf der Analyseoberflache entsprechend der skizzierten Systematik aggregiert dargestellt. So konnen auf der Analyseoberflache nach Eingabe der Inputparameter die modelltheoretlsch generierten okonomischen Outputgrofien fur das betrachtete Szenario direkt analysiert und bewertet werden.
5.3
Ableitung potenzieller Wettbewerbsszenarien
Basierend auf den bereits dokumentierten Analyseergebnissen sollen nunmehr exemplarisch drei potenzielle strategische Stoflrichtungen fur die Portfoliomarken abgeleitet werden. Diese Strategien gilt es im Anschluss daran mittels des skizzierten Simulationsmodells im Rahmen einer Szenarioanalyse zu bewerten. Im ersten Schritt soil die mogliche okonomische Wirkung einer aus Gesamtportfoliosicht unkoordinierten Einzelmarkenfuhrung im Rahmen von Mehrmarkenstrategien untersucht werden. In Szenario 1 (Si) wird daher zunachst eine Einzelmarkenstrategie fiir Portfollomarke PM-1 betrachtet. PM-1 stellt mit 155 Kaufern, die diese Marke als erste Wahl praferieren, sowohl im internen als auch im externen Wettbewerbsvergleich die absatzschwachste Marke dar. Geometrisch ist sie im Wahrnehmungsraum ,am unteren rechten Rand' des betrachteten Clusters positioniert. Dort wird sie tendenziell uberproportional in den Dimensionen Preis-
Kapitel D
229
Leistungs-Verhaltnis und Kompetente Marke bewertet. Im Sinne einer besseren Markt- bzw. Segmentdurchdringung^''^ soil PM-1 naher an den anderen Marken der strategischen Gruppe und damit in Richtung ,Segmentmitte' positioniert werden (geometrisch nach ,oben links'). Erste Anhaltspunkte, welche Dinnensionen infolgedessen starker von PM-1 adressiert werden sollten, iiefert die Positionierungsanalyse von Abbildung 39: Fur eine Verschiebung von PM-1 im Wahrnehmungsraum in Richtung WM-7 und PM-2 (nach ,oben') scheinen grundsatzlich die Dimensionen Sortenvielfalt, Innovative Marke und Convenience geeignet zu sein. Zur gleichzeitigen AnnSherung an WM-8 (inn Positionierungsraum nach Jinks') kommen vor allem die Dimensionen Entspannung, Geschmack und Belotinung in Frage.®'''' Mit den Ergebnissen der logistischen Regression kann der Losungsraum weiter eingegrenzt werden: Fur PM-1 scheint aus der ersten Gruppe potenziell zu starkender Dimensionen insbesondere Sortenvielfalt eine wichtige Rolle zu spielen. Die Odd-Ratio von 11,714 als mit Abstand hochster Wert dieser Parametergruppe (vgl. Tabelle 18) deutet hier fur PM-1 gegenuber WM-8 auf den wichtigsten Hebel hin. Das Konfidenzintervall unterstreicht den zu enA^artenden positiven Effekt. Gegenuber PM-2 ist die Odd-Ratio fur Sortenvielfalt mit 1,305 deutlich naher an Eins, stellt aber im Vergleich zu den anderen Dimensionen noch einen relativ wichtigen Treiber dar (vgl. Tabelle 17). Fur eine starkere Positionierung von PM-1 nach ,links' im Positionierungsraum (zweite Gruppe identlfizierter Dimensionen) scheinen die Dimensionen Belohnung und Geschmack erfolgversprechend. Die Dimension Entspannung erwies sich im Regressionsmodell mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 13,3 Prozent als nicht signifikant.^^^ Im Simulationsmodell sollen dementsprechend in Szenario 1 die Dimensionen Sortenvielfalt, Belohnung und Geschmack fur PM-1 jeweils um
Die Strategie der Marktdurchdringung - mitunter auch als Intensivierungsstrategie bezeichnet - beinhaltet generell die (verbesserte) Ausschdpfung des Marktpotenzials mit vorhandenen Produkten in bestehenden Markten. Zur inhaltlichen und terminologischen Abgrenzung dieser Strategie von anderen strategischen Stodrichtungen, bspw. der Marktentwicklung oder der Diversifikation, vgl. MEFFERT, Marketing: Grundlagen marktorientierter Unternehmensfuhrung: Konzepte - Instrumente - Praxisbeispiele, a.a.O., S. 244 ff. Eine Ableitung der strategischen Optionen allein auf Basis dieser Positionierungsanalyse kann allerdings zu falschen Schlussen fuhren, da es sich um einen zwolf-dimensionalen Raum handelt, der in der Graphik auf zwei Dimensionen reduziert wurde. Der entsprechende Likelihood-Ratio-Test befindet sich im Anhang.
230
Kapitel D
einen Indexpunkt erhoht werden. Ferner soil unterstellt werden, dass die anderen Marken keine Reaktionen auf diese Umpositionierung zeigen (vgl. Abbildung 42).
Abb. 42: Positionierungsstrategien in Szenario 1 Quelle: Eigene Darstellung.
In einem zweiten Analyseschritt soil eine koordinierte Portfoliostrategle untersucht werden. Die vorangegangenen Analysen offenbarten eine deutllch suboptimale Dlfferenzlerung der beiden Portfoliomarken im internen Vergleich. In der Wahrnehmung der Nachfrager sollen sie infolgedessen inn Sinne einer besseren Segmentabdeckung durch das Gesamtportfolio in Szenario 2 (S2) differenzierter voneinander und auch von den Wettbewerbsmarken posltlonlert werden. Hlerzu sollen auch die bereits bestehenden Starken der beiden Portfoliomarken auf bestimmten Imagedimensionen weiter ausgebaut werden. Auf diese Weise konnten u.U. die Value Propositions der Marken glaubwurdig gescharft werden. Zudem ware eine derartige deutlichere Posltionierung in Richtung einer bereits ansatzweise bestehenden Profilierung mit wenlger finanziellem und zeitlichem Aufwand zu realisieren als eine ganzlich neue Value Proposition. Portfoliomarke PM-1 soil daher mit einem starkeren Fokus auf den Dimensionen Produktqualitat und Kompetente Marke positloniert werden. Auf diesen Dimensionen ist die Marke im Vergleich zum Wettbewerb in der strategischen Gruppe etwas starker positionlert (vgl. Abbildung 39). Diese Dimensionen sollen welter ausgebaut werden. Auch die Ergebnisse der logistlschen Regression deuten hier auf ein tendenziell hohes Differenzierungspotenzial hin. Die Odd-Ratio von PM-1
Kapitel D
231
zu WM-8 auf der Dimension Kompetente Marke bspw. weist mit einem Wert von 5,101 auf einen erfolgversprechenden Treiber hin (vgl. Tabelle 17). Auch die Ratio von WM-7 zu PM-1 deutet mit einem Wert deutlich unter Eins (0,098) auf einen positiven Effekt zugunsten PIVI-I liin. Die Ergebnisse der Diskriminanzanalyse eriiarten diese Befunde: Produktqualitat we'isi mit 19,3 Prozent die hOchste relative Wiclitigkeit auf. Auch Kompetente Marke trSgt mit 13,1 Prozent noch uberdurchsclinittlich zur Gruppentrennung bei. Wie im Rahmen der Einzelmarkenstrategie (Si) soil zusatzlich nocli die im Gesamtmarkt offenkundig wichtige Dimension Geschmack stSrker adressiert werden. Die Indexbewertungen fQr diese drei Dimensionen werden dementsprechend um einen Punkt erhoht. Fur PM-2 hingegen soil eine Value Proposition vor allem in Richtung Schnelle Energiezufuhr und Preis-Leistungs-Verhaltnis weiter ausgebaut werden. Damit positioniert sich PM-2 deutlich differenzierter von PM-1 als im Status quo (So). Beide Dimensionen zeigen fur PM-2 zudem ein sehr gutes Differenzierungspotenzial gegenijber WM-8 mit hohen Odd-Ratios von 3,120 und 5,562 (vgl. Tabelle 18). Auch die diskriminanzanalytisch ermittelten relativen Wichtigkeiten von ca. elf Prozent fur beide Dimensionen deuten auf eine sehr gute Trennkraft hin. Zusatzlich soil fur PM-2 eine Starkung der Dimension Sortenvielfalt simuliert werden. Die Odd-Ratio in dieser Dimension gegenuber WM-8 weist mit einem 15,287 zugunsten des Chancenverhaltnisses von PM-2 hier den mit Abstand hochsten Wert auf. Die Auspragungen dieser drei exogenen Variablen werden dementsprechend simulativ um einen Indexpunkt erhoht. Wettbewerbsreaktionen bleiben auch in S2 zunachst aus. Derartige Wettbewerbsreal^tlonen werden schllefilich in Szenario 3 (S3) exemplarisch berucksichtlgt. Dabei soil der Fall untersucht werden, dass WM-8 als Reaktion auf die in S2 vorgenommenen Positionierungskorrekturen der Portfoliomarken eine tendenzielle Imitationsstrategie^^^ in Richtung PM-1 verfolgt. Dementsprechend fokussiert sich WM-8 analog zu PM-1 auch deutlicher auf Produktqualitat und Geschmack. Zusatzlich zu den in Szenario S2 definlerten Inputparametern werden in S3 infolgedessen auch die beiden entsprechenden Dimensionen fur
Zur Imitationsstrategie (Me-too-Strategie) vgl. bspw. MEFFERT, Marketing: Grundlagen marktorientierter Unternehmensfuhrung: Konzepte - Instrumente - Praxisbeispiele, a.a.O., S. 269 ff.
232
Kapitel D
WM-8 simulativ um durchschnittlich einen Punkt erhoht. Die Szenarien 2 und 3 stent Abbildung 43 graphisch dar.
Abb. 43: Positionierungsstrategien in den Szenarien 2 und 3 Quelle: Eigene Darstellung.
Die prognostizierten okonomischen Ergebnisse dieser drei Szenarien sind Gegenstand des folgenden Abschnittes.
Kapitel D
5.4
233
Ergebnisse der Wettbewerbsszenarien
Wie dargelegt sollen die abgeleiteten unterschiedlichen Positionierungsstrategien hinsichtlich ihrer okonomischen Wirkung fur das Gesamtportfolio bewertet und pri orisiert werden. Hierzu dienen die mittels des entwickelten Simulationsmodells fur jedes Analyseszenario generierten Portfoliobilanzen. Fur die Einzelmarkenstrategie von Portfoliomarke PM-1 mit dem Ziel einer besseren Marktdurchdringung ergibt sich die folgende Bilanz (vgl. Tabelle 20).®^°
Volumeneffekte Absolutes Volumen im Status quo Absolutes Volumen im Szenario
1
197
192 146
347 343
Prozentuale Volumenentwicklung im Szenario
1 27,1 %
-24,0 %
-1,2%
42 -19
21 -48
63 -67
23
-27
30
11 3 8 -30 -19 -16
Partizipationseffekte Positive Partizipation Negative Partizipation Gesamtpartizipation Substitutionseffekte Substitutionsgewinne - davon Loyalitatsgewinne - davon Kannibalisierung Substitutionsverluste Gesamtsubstitution - Bruttoeffekt Gesamtsubstitution - Nettoeffekt Gesamteffekte Bruttoeffekt der Mehrmarkenstrategie Nettoeffekt der Mehrmarkenstrategie
1
155
11 19 -11 19
1
30 42 53
41 14 27 -41 0 14
-46 1 -43
10
Tab. 20: Portfoliobilanz in Analyseszenario 1: Einzelmarkenstrategie fur Portfolionriarke PM-1 Quelle: Eigene Darstellung.
Es zeigt sich, dass das primare Ziel dieser Strategie, namlich eine verbesserte Marktdurchdringung von PM-1, erreicht wird. Die prognostizierte Anzahl der Nachfrager, die PM-1 praferieren, steigt im Vergleich zum Status quo urn 42 Kaufer Oder ca. 27 Prozent. Von diesen 42 Kaufern werden allerdings nur insgesamt
Aufgrund der besseren Ubersichtlichkeit wird anstelle von Originalabbildungen der jedem Szenario entsprechenden AnalyseoberflSche des ExcEL-Simulationsmodells lediglich jeweils die Outputseite dieser Oberfiache (Portfoliobilanz) in Tabellenform dargestellt. Beispielhaft fur die entsprechenden AnalyseoberflSchen befindet sich im Anhang die dem Szenario 3 zugrund liegende ExcEL-Abbildung.
234
Kapitel D
23 vom externen Wettbewerb gewonnen (Gesamtpartizipationseffekt fur PM-1). Die verbleibenden Volumenzuwachse (19 Nachfrager) gehen zu Lasten von Portfoliomarke PM-2. PM-2 verliert zudem in diesem Szenario im Saldo 27 Nachfrager an den externen Wettbewerb, weshalb das Volumen von PM-2 insgesamt urn 24 Prozent sinkt. In Sumnne wandern 41 Nachfrager innerhalb des Portfolios; 27 von diesen Substitutionen sind als Kannibalisierungen zu klassifizieren, da die Nachfrager als Second-Choice jeweils die andere Portfoliomarke erwagen. Trotz deutlicher Volumengewinne fur PM-1 ist der Bruttoeffekt fur das Gesamtportfolio In dieser Strategieoptlon dementsprechend negativ: Insgesamt gehen vier Nachfrager und damit 1,2 Prozent Volumen verloren. Unter Berucksichtigung von Loyalitatsgewinnen ergibt sich ein mafiig posltiver Gesamtnettoeffekt von 10. Analog zu dieser Analyse des ersten Szenarios erfolgt nun die Bewertung der zweiten Strategieoptlon (S2). Tabelle 21 zeigt die entsprechende Portfoliobilanz. I Volumeneffekte Absolutes Volumen im Status quo Absolutes Volumen im Szenario Prozentuale Volumenentwicklung im Szenario
[
Partizipationseffekte Positive Partizipation Negative Partizipation Gesamtpartizipation Substitutionseffekte Substitutionsgewinne - davon Loyalitatsgewinne - davon Kannibalisierung Substitutionsverluste Gesamtsubstitution - Bruttoeffekt Gesamtsubstitution - Nettoeffekt Gesamteffekte Bruttoeffekt der Mehrmarkenstrategie Nettoeffekt der Mehrmarkenstrategie
L
PM-1 I
155 195 25,8 %
"'192 1 202
347 397
5,2 % 1
14,4%
42 -10 32
21 -3
14
6
1 13
1 5
-6
-14
8
-8 -7
20 2 18 -20 0 2
10 11
50 52
9 40
[
PM-2 I I Portfolio gesamTI
41
18 1
63 -13 50
Tab. 21: Portfoliobilanz in Analyseszenario 2: Integrierte Portfoliostrategie Quelle: Eigene Darstellung.
Die Analyseergebnisse dieser Strategie verdeutlichen beispielhaft die Notwendigkeit einer koordinierten Strategieplanung im Rahmen von Markenportfolios. PM-1 kann Ihr Gesamtvolumen wiederum deutlich stelgern, mit 25,8 Prozent allerdings auf etwas gerlngerem Niveau als im Falle der Einzelmarkenstrategie. Durch Fokussierung in Richtung Produktqualitat und Kompetente Marke und damit einer
Kapitel D
235
Vergroderung der ,raumlichen Distanz' zu PM-2 werden diese Gewinne aber zu einem weitaus grofieren Anteil vom Wettbewerb generiert. Der Partizipationseffekt fur PM-1 betragt jetzt 32, wohingegen im Bruttosaldo nur noch acht Nachfrager (im Vergleich zu 19 in Si) zu Lasten von PM-2 substituiert werden. Zudem kann PM-2 ihrerseits durch die deutlichere Imagekonturierung und insbesondere die Differenzierung von PM-1 positive Effekte verzeichnen. Insgesamt kann das Volumen im Vergleich zum Status quo um 5,2 Prozent gesteigert werden. Eine verbesserte Gesamtmarktabdeckung durch das Portfolio gelingt somit: Der Bruttoeffekt fur das Gesamtportfolio ist mit 50 zus^tzlichen Nachfragern, die einer Steigerung von 14,4 Prozent entsprechen, deutlich positiv (bei einem Nettoeffekt von 52). Zudem werden die internen Gesamtwanderungen stark reduziert; insgesamt wechsein nur noch 20 Kaufer zwischen den Portfoliomarken, von denen zwei als Loyalitatsgewinne und 18 (im Vergleich zu 30 in Si) als Kannibalisierung zu werten sind. Schliefilich soli die gleiche Strategie unter Berucksichtigung einer Wettbewerbsreaktion, namlich der Imitationsstrategie von WM-8 tendenziell in Richtung der Positionierung von PM-1, und damit Szenario 3 analysiert werden (vgl. Tabelle 22). PM-1 I
P M T ] I Portfolio gesamt |
155
192 1 198 3,1 %
Volumeneffekte Absolutes Volumen im Status quo Absolutes Volumen im Szenario
1
Prozentuale Volumenentwicklung im Szenario
1 20,6 %
187
Partizlpationseffekte Positive Partizipation Negative Partizipation Gesamtpartizipation
1
Substitutionseffokte Substitutionsgewinne - davon Loyalitatsgewinne - davon Kannibalisierung Substitutionsverluste Gesamtsubstitution - Bruttoeffekt Gesamtsubstitution - Nettoeffekt
1
Gasamtoffokte Bruttoeffekt der Mehrmarkenstrategie Nettoeffekt der Mehrmarkenstrategie
[
347 385
11,0%
34 -10
17 -3
51 -13
24
14
38
14
61
1 13
1 5
-6
-14
8
-8 -7
9 32 .__ 3_3
_
61 71
20
2 18 -20 0 2 38 40
Tab. 22: Portfoliobilanz in Anaiyseszenario 3: Integrierte Portfoliostrategie bei Imitationsstrategie von Wettbewerbsmarke WM-8 Quelle: Eigene Darstellung.
236
Kapitel D
Die simulierte Positionierungsreaktion von WM-8, durch die die ,raumliche Distanz' zu Portfoliomarke PM-1 im Wahmehmungsraum etwas verringert wird, zleht eine dementsprechende Verschlechterung des Portfolioergebnisses gegenuber S2 nach sich. Der Gesamtvolumeneffekt verringert sich um 3,4 Prozentpunkte von 14,4 Prozent Verbesserung in S2 auf 11,0 Prozent gegenuber dem Status quo. Wie zu erwarten war, geht diese Ergebnisreduktion insb. zu Lasten von PM-1. Deren Partizipationssaldo verringert sich auf 24 (32 in S2). Es gelingt PM-1 auf Grund der Reaktion von WM-8 offenkundig nicht, die gleiche Anzahl von Kaufern von WM-8 wie im Szenario ohne Wettbewerbsreaktion (S2) fur sich zu gewinnen. Der Gesamteffekt der Strategie indes ist auch in diesem Szenario deutlich positiv. Bei unveranderten Intraportfolio-Wanderungen belauft sich der Gesamtbruttoeffekt fur das Portfolio auf nunmehr 38. Unter Einbezlehung der Loyalitatsgewinne kann ein Nettoeffekt von 40 verzeichnet werden. Auch bei Berucksichtigung der etwaigen Wettbewerbsreaktion von WM-8 in Form der hier zugrunde gelegten Imltationsstrategie erwiese sich demnach die definierte integrierte Portfoliostrategie auf Basis der hier als Zielkriterien herangezogenen Gesamtmengeneffekte des Portfolios (brutto und netto) als vorteilhaft im Vergleich zum Status quo.^®^ Fur das betrachtete Markenportfoiio ergeben sich anhand dieser Ergebnisse daher folgende Implikationen: Hinsichtlich des Gesamtmarktauftritts und damit auch hinsichtlich der okonomischen Gesamtmarktieistung des Portfolios existlert eIn deutliches Optimierungspotenzial durch eine koordinierte Umpositionierungsstrategie belder Marken. Innerhalb einer solchen Strategie sind die Value-Propositions beider Marken zu scharfen und so Insbesondere im Intraportfoliovergleich deutlicher zu differenzieren. Fur eine derartige optimierte Markenlmagekonturierung und -differenzlerung konnten auf Basis der vorangegangenen Analysen Imagedimensionen identifiziert werden, deren Starkung auch bei einer etwaigen Umpositlonlerungsreaktion von WM-8 erfolgversprechend ist. Zur Einordnung dieser Befunde und des entwickelten Simulationsinstrumentes sei allerdings nochmals betont, dass es sich nicht um ein Totalmodell handelt. Das
Allerdings sei an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass die hier durchgefuhrte Szenarioanalyse insbesondere der exemplarischen Validierung der Funktionsweise und EinsatzmOglichkeiten des entwickelten Analyse- und Simulationsinstrumentariums dient und nicht primer der Identifikation einer Optimalstrategie fur das betrachtete Beispielportfolio im Schokoladenmarkt.
Kapitel D
237
Instrument ist nicht in der Lage, aus der Vielzahl mathematisch-theoretischer Positionierungsstrategien die okonomisch optimale zu identifizieren. Vielmehr gilt es, wie in den vorangegangenen Analyseschritten demonstriert, in einem iterativen Prozess erfolgversprechende Strategien abzuleiten, zu untersuchen und anschlie(iend, eine sinnvolle Anzahl von Szenarios fur die weiteren detaillierteren Analysen zu bestimmen. Im Rahmen dessen sollten bezuglich des hier untersuchten Portfolios infolgedessen weitere Wettbewerbsszenarien, insbesondere solche, die auch potenzielle Reaktionen von WM-7 beinhalten, analysiert und bewertet werden.
Hierfur sind
verfugbare Informatlonen uber Wettbewerber und deren Strategien, die im Rahmen dieser Untersuchung nicht vorlagen, in den Szenarioentwicklungsprozess explizit mit einzubeziehen.
MIt Hilfe weiterer Simulationsanalyseanalysen sind
dann die einzelnen moglichen strategischen Stofirichtungen zu priorlsieren.
Im
Anschluss sind die Optionen anhand weiterer zentraler Parameter zu bewerten, bevor eine finale Entscheidung fur eine strategische Stoftrichtung getroffen werden kann.^^^ In diesem Zusammenhang sei ebenfalls nochmals darauf hingewiesen, dass der dargestellte Analyseprozess keine Informatlonen daruber liefert, wie marktstrategisch u.U. erfolgversprechende Strategien umgesetzt werden konnen.
Infolge-
dessen sind die Szenarien hinsichtlich ihrer Implementierbarkeit insbesondere vor dem Hintergrund der Ressourcen- und Kompetenzausstattung des Unternehmens detailliert zu bewerten.
Hier sind samtliche finanziellen, zeitlichen, Human- und
organisatlonalen Ressourcen Im Sinne von Mitarbeiterfahigkeiten sowie Organisationsstrukturen und -prozessen zu berucksichtigen.
Insofern handelt es sich bei
dem hier entwickelten SImulationsmodell um ein Entscheidungsunterstutzungslnstrument. Dieses Instrument kann im Rahmen eines ganzheitlichen Analyse- und Bewertungsprozesses die Identifikation einer erfolgversprechenden quantitativ-datengestutzt fundieren und erieichtern.
Hierzu vgl. insbesondere die Ausfuhrungen in Kapitel C-5.43 dieser Arbeit.
Strategie
Kapitel E
E.
Schlussbetrachtung und Ausblick
1.
Zusammenfassende Darstellung der Untersuchungsergebnisse
239
Vor dem Hintergrund der hohen Relevanz von Marken beim Kaufverhalten der Nachfrager wird das Markenmanagement - seit jeher ein zentraler Forschungsschwerpunkt der Marketingwissenschaft - auch von der Unternehmensfuhrung zunehmend ais entscheidender Werttreiber im globaten Wettbewerb erkannt. Die Anbieter von Markenartikein sehen sich dabei einer verstarkten Polarisierung des Nachfragerverhaltens, einer damit einhergehenden weiteren Fragmentierung der Absatzmarkte sowie einem wettbewerbsinduzierten Kostendruck konfrontiert. Diesen Herausforderungen gilt es, durch eine bedarfsgerechte Anpassung des Leistungsspektrums bei gleichzeitig wirtschaftlicher Marktbearbeitung zu begegnen. Reine Angebotsausweitungen und die vielfach praktizierten Markenausdehnungsstrategien sind dabei mit erheblichen Risiken verbunden. Es droht insbesondere eine Deprofilierung vormals konturierter Marken. Urn diesen Kontextfaktoren Rechnung zu tragen, gewinnen Mehrmarkenstrategien in vielen Produktmarkten zunehmend an Bedeutung. Prominente Praxisbeispiele sowie die in der Marketingliteratur intensiv diskutierten Grenzen einer solchen Marktbearbeitung verdeutlichen aber, dass die Verfolgung einer Mehrmarkenstrategie offenkundig kein Erfolgsrezept sine qua non darstellt. Vielmehr setzt die effektive wie effiziente Fuhrung von Marken portfolios einen ganzheitlichen und dynamischen Planungsprozess voraus. Vor diesem Hintergrund war es das generelle Ziel dieser Arbeit, einen Beitrag zur integrierten und dynamischen Planung, Koordination und Steuerung von Markenportfolios im Sinne des strategischen Mehrmarkencontrollings zu leisten. Als geeigneter Ausgangspunkt der Untersuchung konnte zunachst der Ansatz des identitatsorientierten Markenmanagements identifiziert werden. Er erweist sich insbesondere aufgrund seines integrativen Charakters als adaquater iibergeordneter Bezugsrahmen von Mehrmarkenstrategien. In diesem Zusammenhang fungiert ein systematisches Mehrmarkencontrolling als Koordinationsinstrument entlang des gesamten Markenfuhrungsprozesses. Es nimmt infolgedessen eine Schlusselstellung zur Erreichung der ubergeordneten Zielsetzungen und damit zur SIcherstellung von Effektivitat und Efflzienz des Gesamtsystems ein.
240
Kapitel E
Im Folgenden gait es als Grundlage der weiteren Untersuchungen, den spezifischen Controllingbedarf in Mehrmarkenstrategien herauszuarbeiten. Die Notwendigkeit einer eigenstandigen Controllingkonzeption resuitiert daraus, dass sich das Mehrmarkenmanagement im Vergleich zur Einzelmarkenfuhrung durch eine deutlich hohere Komplexitat auszeichnet. Es zeigte sich, dass diese Komplexitat durch eine Vielzahl marktseitiger und untemehmensseitiger Interdependenzen und moglicher Zielkonflikte zwischen den Einzelmarken eines Portfolios determiniert wird. Neben den generellen Anforderungen an das Markencontrolling bestimmen diese Determinanten maf^gebiich die Anforderungen an ein leistungsfdhiges Mehrmarkencontrollingsystem. Aufbauend auf diesen Anforderungen konnte ein koharentes Zielsystem fur das Mehrmarkencontrolling entwickelt werden. Mit dem Portfoliowert als Gesamtheit der Werte samtlicher Einzelmarken gipfelt dieses System in einer ubergeordneten Spitzenkennzahl. Auf der zweiten Strukturierungsebene bildet das System die Wirkungszusammenhange zwischen der psychographischen, verhaltenswissenschaftlichen und okonomischen Zieldimension in Mehrmarkenstrategien stringent ab. Im Sinne einer ganzheitlichen Mehrmarkenfuhrung ist innerhalb dieses Systems insbesondere die explizite Berucksichtigung interner Zielgruppen hervorzuheben. Das auf diese Weise strukturierte Zielsystem konnte dann entlang der unterschiedlichen DImenslonen durch geeignete Kennzahlen und Steuerungsgroflen operationalisiert werden. Hier lieferten vor allem aktuelle Erkenntnisse hinsichtlich der Konstrukte Brand Commitment und Brand Citizenship Behavior wertvolle Hinweise zur Messung und Steuerung der unternehmensinternen Zieldimension. Auf der Grundlage der identifizierten Anforderungen und dem entwickelten Zielsystem konnten dann bestehende Instrumente zum Mehrmarkencontrolling kritisch untersucht werden. Diese Diskussion hat gezeigt, dass es trotz der enormen Relevanz einer ganzheitlichen Controllingkonzeption bisher an solchen Ansatzen mangelt. Es existieren Partialansatze der psychographischen und der okonomischen Zieldimension, die allerdings eine quantltativ-analytische Integration in Richtung eines Gesamtsystems vermissen lassen. Erste integrative Konzepte vollziehen die notwendige ganzheitllche Perspektive ansatzweise. Bestimmte integrierte Markenbewertungsmodelle quantifizieren die Markenwerte mittels psychographischer und okonomischer Komponenten. Da letztendlich aber jede Marke isoliert bewertet wird, tragen auch diese Modelle den vielfaltigen markenubergreifenden Interdependenzen in Markenportfollos nicht ausreichend Rechnung. Hybride Customer-Equity Modelle integrieren neben
Kapitel E
241
einer solchen Verknupfung der Analysedimensionen durch Berucksichtigung zukunftiger Erfolgspotenziale auch eine dynamische Perspektive. Diesen Konzepten mangelt es derzeit allerdings noch an einer detaillierten Konzeptualisierung und Operationalisierung bezuglich des Spezifikums Markenportfolio. Auch die Analyse versciiiedener IVIarken-Scorecard Modelle hat Defizite dieser Instrumente in unterschiedlichen Dimensionen offenbart. Grundsatzlich kann allerdings eine Marken-Scorecard, die sich am in dieser Arbeit abgeleiteten Zielund Kennzahlensystem unternehmensspezifisch orientiert - z.B. durch Erweiterung und Modifikation der LIM®-MARKEN-SCORECARD - die geeignete strukturelle Grundlage eines Markencontrollingsystems darstellen. Ein solches Konzept kann zum einen der geforderten Integration von internen und externen Determinanten Rechnung tragen; zum anderen konnen die Wirkungszusammenhange zwischen der psychographischen, verhaltenswissenschaftlichen und okonomischen Perspektive stringent abgebildet werden. Insofern entspricht eine solche Marken-Scorecard strukturell den hier erarbeiteten Anforderungen an ein leistungsfahiges Markenberichtswesen. Zur Weiterentwicklung in Richtung des identitatsorientierten Mehrmarkencontrollings enA/ies es sich als zweckmaflig, auf Basis einer solchen MARKEN-SCORECARD ein hierarchischen Mehrmarken-Scorecardsystems zu entwickeln. In diesem Zusammenhang ist insbesondere eine die einzelnen Scorecards integrierende, verdichtende und damit ubergeordnete Gesamtportfolio-Scorecard zu konzipieren. So konnen die unterschiedlichen markenubergreifenden strukturellen Interdependenzen integriert abgebildet werden. Allerdings mangelt es auch bei diesem Instrument an einer inhaltlichen, d.h. quantitativ-analytischen Integration der Analysedimensionen im Sinne einer ganzheitlichen Markenerfolgsmessung. Vor dem Hintergrund dieser Forschungslucken bestanden die weiteren Kernziele dieser Arbeit in der Konzeption eines Modells, welches das bestehende Instrumentarium zum Mehrmarkencontrolling durch die dependenzanalytische Integration der psychographischen und der okonomischen Zieldimenslonen systematisch erweitert. Die Funktionsfahigkeit dieses Modells sollte anschliefiend anhand einer empirischen Studie validiert werden. Im Rahmen dessen wurde ein mehrstufiges Analyse- und Steuerungsinstrument entwickelt. Dieses kann wie folgt in den Controllingprozess eingeordnet werden: Ausgangspunkt der Untersuchungen bilden existierende Analyseinstru-
242
Kapitel E
mente; durch Ruckgriff auf Markenimage-, Positionierungs- sowie Wanderungsanalysen wird der Status quo des Markenportfolios im Sinne einer Situationsanalyse bestimmt. Die Interpretation der generierten Befunde eriaubt eine erste Identifikation moglicher Ursachen fur den okonomischen Output der Mehrmarkenstrategie. So kOnnen erste Ansatzpunkte zur Portfoliooptimierung abgeleitet werden. Zum genaueren Verstandnis der Zusammenhange gait es, die Kausalitaten dependenzanalytisch zu modellieren. Ausgehend von der Hypothese, dass das vom Konsunnenten wahrgenommene Markenimage signifikant zur Erklarung der Ergebnisgroflen beitragt, schatzt das Modell den Einfluss der einzelnen Imageitems auf das Kaufverhalten der Nachfrager. Hier werden sowohl die Kausalitaten zu tatsachlichen Kaufen als auch solche zu den im Rahmen der Portfolioanalyse relevanten Alternativerwagungen (Second-Choice) der Nachfrager untersucht. Mittels Klassifikationsanalysen ist es dann moglich, durch Variation der Auspragungen der Imageitems, in einem iterativen Analyseprozess strategische Optionen im Sinne von Umpositionierungen und deren modelltheoretischen Ergebnisgroflen in Form von Portfoliobilanzen zu simulieren und zu bewerten. Die so bewerteten Optionen konnen dann als EntscheidungsunterstiJtzung im Rahmen der strategischen Portfoliooptimierung fungieren. Das entwickelte Modell erweitert das existierende Instrumentarium zum Mehrmarkencontrolling demzufolge in zwei Richtungen: •
Die Uberprufung des Zusammenhangs von Markenwahrnehmung und okonomischem Output ermoglicht zunachst ein wesentlich genaueres Verstandnis der generellen Wirkungszusammenhange im Rahmen der Portfoliosteuerung. Das Modell tragt so zu der geforderten Integration der unterschiedlichen Analysedimensionen bei. Auf diese Weise wird eine bessere Abbildung und somit ein genaueres Verstandnis des Gesamtsystems Markenportfollo und seiner Interdependenzen gewahrleistet. Durch die Quantifizierung des Einflusses einzelner Imageitems (Effektstarken) in Verbindung mit den vorgestellten statischen Verfahren wie Imageprofil- und Markenpositionierungsanalysen, konnen zudem strategisch relevante Differenzierungstreiber fundierter identifiziert werden. Der Portfolioleitung konnen damit detailliertere Erkenntnisse hinsichtlich etwaiger Differenzierungs- und Profilierungsstrategien der einzelnen Portfoliomarken zueinander und zum Wettbewerb zur Verfugung gestellt werden. Insofern verbessert das Modell das Verstandnis der Kennzahlenzusammenhange auf der Ebene der Markenportfolioerfolgsmessung und somit das Analysepotenzial des existierenden Instrumentariums.
Kapitel E
•
243
Die zweite wesentliche Erweiterung der bestehenden Methodik ist in der Klassifizierungs- und damit Prognoseleistung des Modells zu sehen. So konnen sowohl Kauf- als auch Second-Choice-Entscheidungen der Nachfrager in Abhangigkeit von unterschiedlichen Markenimageauspragungen simuliert werden. Auf diese Weise konnen Wanderungsbilanzen fur unterschiedliche Positionierungsstrategien erstellt und diese damit hinsichtlich ihres okonomischen Erfoigs bewertet werden. Das Steuerungspotenzial des bestehenden Instrumentariums wird dannit durch die Integration einer dynamischen Perspektive wesentlich erhoht.
Allerdings stellt die entwickelte Methodik kein Totalmodell dar, das mittels eines analytischen Algorithmus' ein Optimum fur das zugrunde liegende Losungsproblem berechnet. Vielmehr handelt es sich um ein Unterstiitzungsinstrument zur analytischen Fundierung strategischer Entscheidungen im Rahmen eines heuristischen Analyse- und Planungsprozesses. In Anbetracht der aufgezeigten Komplexitat des Systems Markenportfolio stellt diese Tatsache allerdings eine legitime Einschrankung derartiger Prognostiken dar, deren Erklarungsversuche auf abgeleiteten Gesetzmafiigkeiten und der Entwicklung spezieller Determinanten basieren. Insofern ist Trommsdorff zuzustimmen, wenn er feststellt: „Strategische Prognosen komplexer Systeme wie das einer Marktstruktur sind zwar unmoglich und konnen nicht das Ziel sein, wohl aber realistisch gestutzte Zukunftsanalysen fur strukturierte und nachvollziehbare Strategiediskussionen. Ein brauchbares Modell sollte entsprechende Auswirkungs- und Zukunftsanalysen ermOglichen, etwa in Form simulativer What-lf-Analysen."^^^ Im Anschluss an die konzeptionelle Modellierung gait es schliefllich, die Funktionsweise des entwickelten Instrumentariums und die theoretisch abgeleiteten Wirkungsbezlehungen mittels einer empirischen Studie zu validieren und exemplarisch zu demonstrleren. Zu diesem Zweck wurde in einem mehrstufigen qualitativen und quantitativen Erhebungsprozess eine Marktforschungsstudie fur den deutschen Markt fur Tafelschokolade durchgefuhrt. In diesem Zusammenhang wurden Daten zum Markenwahlverhalten (Kaufpraferenzen und -intensitaten) und zur Imagewahrnehmung der Befragten fur acht Marken des Produktmarktes Tafelschokolade erhoben. Zwei dieser Marken gehoren zum Portfolio eines deutschen
®®^ TROMMSDORFF, Produktpositionierung, a.a.O., S. 373.
244
Kapitel E
Suflwarenanbieters, der somit eine Mehrmarkenstrategie verfolgt. Da das primare Ziel dieser empirischen Untersuchung in der Validierung des entwickelten Instrumentariums bestand, sollen im Folgenden lediglich die generalisierbaren methodischen Ergebnisse zusammenfassend dargestellt werden.^®^ •
Als GrundJage der weiteren Analysen gait es zunachst, die auf Basis sachlogischer und literaturgestijtzter Uberlegungen identifizierten zwolf Markenimagedimensionen zu operationalisieren. Das hier etablierte Messmodell konnte dabei anhand der Gutekriterien der ersten und zweiten Generation vollstandig validiert werden. Somit fanden alle zwolf Imagedimensionen Eingang in die weiteren Analysen.
•
In einem zweiten Schritt wurde mit Hilfe verschiedener uni-, bi- und multivariater Analysen ein umfassendes Bild vom Portfolio-Status quo generiert. Die existierenden Partialans^tze zum Mehrmarkencontroiling, auf die hier zuruckgegriffen wurde, enA/iesen sich dabei als adaquates Instrumentarium zur Ableitung einer ersten Diagnose im Sinne einer marktstrategischen Standortbestimmung. So konnten erste potenzielle Handlungsfelder hinsichtlich der strategischen Portfolioausrichtung im relevanten Wettbewerbsumfeld identifiziert werden.
•
Im Anschluss soHten mittels geeigneter dependenzanalytischer Verfahren die Kausalitc&ten zwischen Markenimagewahmehmung und Wahlverhalten der Nachfrager untersucht werden. Hierzu wurde auf die Diskriminanzanalyse und die logistische Regression zuruckgegriffen. Aufbauend auf der Eriauterung der methodischen Grundlagen konnten die Verfahren in Richtung des hier analysierten Portfolios spezifiziert werden. Sowohl die diskriminanzanalytischen Ergebnisse als auch die des logistischen Regressionsmodells zeigten, dass ein valides und robustes Erklarungsmodell entwickelt wurde. Die Klassifikationsergebnisse in beiden Verfahren weisen mit knapp 80 Prozent korrekt zugeordneter Nachfrager zufrieden stellende Werte auf. Grundsatzlich eriauben belde Verfahren zum einen die Identifikation strategisch wichtiger Treiber (Effektstarken der Imagevarlablen) und zum anderen die Erklarung der Markenwahlent-
^^
Eine kurze Zusammenfassung praktischen inhaltlichen Befunde zum Schokoladenmarkt und dem untersuchten Markenportfolio erfolgt in Kapitel E-3 inn Zusammenhang mit der Diskussion der Implikationen fur die Unternehmenspraxis.
Kapitel E
245
scheidungen der Nachfrager auf Grund der Auspragungen dieser Treiber. Allerdings hat sich die logistische Regression hinsichtlich dieses Analysepotenzials ais die iiberlegene Methodik erwiesen. Die Diskriminanzanalyse schatzt zur Trennung zwischen den einzelnen Gruppen lediglich ein Parameter-Set. Die Hohe dieser Parameter beziffert den generellen Beitrag der einzelnen Imagedimensionen zur Markentrennung. Die logistische Regression demgegenijber berechnet fur jede Marke einzein die Koeffizienten der Imagedimensionen. Insofern eriaubt das Regressionsmodell die Untersuchung der individueilen Bedeutung einzelner Imagedimensionen pro Marke. Allerdings ist die Interpretation der Ergebnisse der logistischen Regression deutlich komplexer. Die geschatzten Koeffizienten pro Dimension pro Marke konnen nicht direkt bezuglich ihrer Wirkungsstarke beurtellt werden. Hierzu ist auf die Odd-Ratios zuruckzugreifen. Sie beziffern die Veranderung des Chancenverhaltnisses zum Kauf zwischen zwei Marken bei Veranderung der entsprechenden Imagedimension um eine Skaleneinheit. Insofern stellen die Odd-Ratios eine inhaltlich weitaus komplexer zu interpretierende Grolie dar. Sie sind zudem immer im Zusammenhang mit ihren Wertebreichen im entsprechenden Konfidenzintervall zu analysieren. Neben der hoheren Kompiexitat ist damit auch die IVIenge der zu interpretierenden Ergebnisdaten im Rahmen der logistischen Regression deutlich grofler. Dem grof^eren Analysepotenzial des Regressionsmodells steht somit eine mitunter eingeschrankte Praktikabilitat entgegen. Die Auswahl der Methodik ist daher insbesondere vor dem Hintergrund des Analyseziels und der Anzahl einzubeziehender Imagedimensionen und Marken zu treffen. Schliefilich gelang es im Rahmen der dynamischen Portfolioanalyse auf der Grundlage der diskriminanzanalytlschen Ergebnisse ein allgemeines Klassifikationsmodell abzuleiten. Dieses konnte bezuglich des untersuchten Wettbewerbsumfeldes spezifiziert und in ein MS-ExcEL-basiertes Simulations- und Prognosemodell uberfuhrt werden. Mittels dieses Instrumentes ist es moglich, integrierte Portfoliopositionierungsstrategien inklusive etwaiger Wettbewerbsreaktionen zu simulieren. Diese Szenarien konnen dann anhand ihres modelltheoretischen okonomischen Outputs in Form von Portfoliobilanzen bewertet werden. Anhand von drei Beispielszenarien konnten die Funktionsfahigkeit des Instrumentes validiert und dessen Einsatzmoglichkeiten als EntscheidungsunterstCitzungssystem Im Rahmen einer Methodenkomblnation aus Simulations- und Szenariotechnik exemplarisch verdeutlicht werden.
246
Kapitel E
Im GesamtergebnJs kann damit festgehalten werden, dass das theoretische entwickelte Modell auf Basis realer Daten fundiert bestatigt werden konnte. Dies gilt sowohl fur das konzeptionell abgeleitete generelle Wirkungsmodell zwischen Markenimagedimensionen und portfoliospezifischen okonomischen Steuerungsgrofien als auch fur das entwickelte Simulationsmodell, im Rahmen dessen reale Strategieszenarien fur das betrachtete Markenportfolio auf dem deutschen Mark! fur Tafelschokolade simuliert und bewertet werden konnten.
2.
Ansatzpunkte fur weiterfuhrende Forschungsarbeiten
Aufbauend auf diesen Ergebnissen ergibt sich auf Grund der hier gewahlten Analyseperspektive - mit der der vorliegenden Arbeit tendenziell der Charakter einer Grundlagenuntersuchung zukommt - in vielfaltiger Hinsicht Raum fiir weiterfuhrende Forschungsarbeiten. Daher soli in diesem Abschnitt entlang der Darstellung relevanter Einschrankungen in der Interpretierbarkeit, Generalisierbarkeit und praktischen Anwendbarkeit der Untersuchungsergebnisse ein Ausblick gegeben werden. Im Mittelpunkt soli diesbezuglich das entwickelte Analyse- und Simulationsinstrumentarium stehen. Fur weiterfuhrende konzeptionelle und empirische Forschungsarbeiten zeichnen sich somit die folgenden zentralen Ansatzpunkte ab: •
Zunachst ergeben sich, dem Charakter der hier gewahlten induktiven Forschungsmethodik entsprechend, moglicherweise Limitationen bins, der Generalisierbarkeit der im empirischen Teil dieser Arbeit generierten Ergebnisse. Insofern ist im Rahmen weiterer empirischer Untersuchungen zu klaren, inwieweit diese Parameter den Transfer der methodisch-konzeptionellen Ergebnisse einschranken bzw. diesbezugliche Modifikationen erfordern. Hier konnen insbesondere Untersuchungen in Produktmarkten mit anderen Rahmenbedlngungen und Charakteristika wertvolle neue Erkenntnisse liefern. Gegenstand der vorliegenden empirischen Untersuchung war ein Markenportfolio aus dem Markt fur Tafelschokolade und damit aus dem Bereich kurzlebiger Konsumguter. Vielfach zeichnen sich diese Guter bspw. durch ein geringeres Involvement der Nachfrager beim Kauf aus. Eine Ausweitung des Branchenfokus im Rahmen der empirischen Analyse, bspw. auf langlebige Gebrauchsguter, konnte dementsprechend z.B. Erkenntnisse liefern, inwieweit Aspekte des unterschiedlichen Involvements die Ubertragbarkeit der hier entwickelten Methodik einschranken bzw. Modifikationen erfordern.
Kapitel E
247
Zentrale okonomische Steuerungsgrofle des hjer entwickelten Grundmodells stellt der Saldo der Portfoliobilanz unter besonderer Berucksichtigung von sog. Loyalitatsgewinnen dar. Im Rahmen der Modellkonzeption wurde bereits die Moglichkeit der Integration einer Wertdimension herausgearbeitet. Dennoch stellt die emplrische Untersuchung auf den Absatz als zugrunde liegende Einheit ab. Somit handelt es sich hier urn die mengenmafiige Analyse der Partizipations- und Substltutionseffekte und deren Verdichtung zu einer Spitzenkennzahl.^^^ Insofern erscheint es bezuglich etwaiger Modellweiterentwicklungen inhaltllch sinnvoll und methodisch darstellbar, im Rahmen der Portfoliobilanzen eine wertmafiige Komponente zu integrieren. Aufgrund seiner langfristigen, alle potenziellen zukunftigen Erfolgsbeitrage und Kosten der Kundenbeziehung berijcksichtigenden Perspektive, bietet sich in diesem Zusammenhang insbesondere der Customer-Lifetime-Value an. Diese Vorgehensweise konnte ferner eine Verdichtung der Kennzahlen in Richtung eines GesamtportfolioCustomer-Equity als eine zentrale Steuerungsgrofie einer wertorientierten Mehrmarkenstrategie eriauben. Die Integration einer dynamischen Analyseperspektive erfolgt im hier erarbeiteten Grundmodell durch die Moglichkeit der Simulation unterschiedlicher zukunftiger Strategien und die Prognose des potenziellen okonomlschen Erfoigs dieser. Diese Prognose erfolgt zwar auf Basis dynamischer well simulierter Umpositlonierungen, allerdings werden statische Umfeldbedingungen zugrunde legt. Eine Berucksichtigung etwaiger Veranderungen dieser Rahmenbedingungen, z.B. ein grundsatzllcher Wandel in den Bedurfnlssen oder Nutzenstrukturen der Nachfrager, bleibt aus. Insofern ware Modellerweiterungen in dieser Richtung der Abbildung sich dynamisch verandernder Marktbedingungen wunschenswert. In markenstrategischer Hinsicht ist die Modellierung des Weiteren auf Mehrmarkenstrategien und damit die horizontale Dimension des aufgezeigten Strukturierungsraums fur Markenarchitekturen^®^ fokussiert. Infolgedessen konnte eine weitere Modellerweiterung in der konzeptionellen Integration und empirischen Analyse der Effekte unterschiedlicher Ausgestaltungsformen kom-
685
Vgl. ausfuhrlich Kapitel C-4.2 dieser Untersuchung. Vgl. Kapitel B-2.2 dieser Arbeit.
248
Kapitel E
plexer Markenarchitekturen, beispielsweise entlang des vertikaien integrationsgrades, auf die okonomischen Ergebnisse bestehen. Daruber hinaus findet sich auf der Inputseite der Modellierung Raum fur weitergehende Forschung. Mit Hilfe des hier entwickelten Grund model Is konnen unterschiedliche Positionierungskonstellationen fiir das Portfolio simuliert und anhand ihrer prognostizierten okonomischen WIrkung bewertet werden. Abstrahiert wird allerdings von den hierfur notwendigen unternehmensinternen Ressourcen. In diesem Zusammenhang bieten sIch insbesondere vier zentrale DImenslonen fur weitere Untersuchungen an: -
Zunachst stellt sich die Frage nach der konkreten Ausgestaltung adaquater Instrumentalstrategien zur Erreichung einer identlfizierten Positionierungsoption. In diesem Zusammenhang konnten kausalanalytische Untersuchungen zur Ableitung effektiver Marketing-Mix-Hebel das Steuerungspotenzlal des Modells welter erhohen.
-
Neben dieser Effektivitatsanalyse unterschiedllcher Instrumentalstrategien zur Realislerung strategischer Markenpositionierungen bietet sich zudem die Integration einer Effizienzdimension an. Hierbei sind die mit moglichen Positionierungskorrekturen verbundenen monetaren Kosten, idealerweise auf der Ebene der Marketing-Mix-Hebel, kausalanalytisch zu bestimmen und innerhalb der Modellierung abzubilden.
-
Des Welteren stellt sich die Frage nach dem zeitlichen Aufwand zur Realislerung potenzieller Positionierungsstrategien. In diesem Zusammenhang konnten Zeitreihenanalysen Aufschliisse uber etwaige Time-lags liefern.
-
Als vierte zentrale Determinante im Zusammenhang mit der ressourcenseitigen Analyse und Bewertung unterschiedllcher Markenpositionierungen sollte eine Kompetenz- und Fahigkeitsdimension innerhalb der Untersuchungen berucksichtigt werden. Das betreffende Unternehmen muss auf Mitarbeiter- und Managementseite letztendllch bewerten konnen, ob es in der Lage ist, marktseitig vorziehenswurdige Strategien auch effektiv und effizient umzusetzen. In dieser Hinsicht konnte bspw. eine Erweiterung der
Kapitel E
249
Untersuchungen von ZEPLIN in Richtung des Objektes Markenportfolio wertvolle Erkenntnisse liefern.^^^ Schliefilich bieten sich jenseits der reinen Marketing- bzw. Markenmanagementforschung und des Controllings Moglichkeiten an, wertvolle Beltrage zu einem ganzheitlichen strategischen Mehrmarkencontrollings zu leisten. So basiert das hier entwickelte Simulations- und Prognosemodell auf einer MSExcEL-Losung. Es ist infolgedessen hinsichtlich verarbeltbarer Datenmengen, Vernetzbarkeit mit anderen Systemen und damit auch Skalierbarkeit und Flexibilltat eingeschrSnkt. Diesbezuglich kttnnten Forschungsbestrebungen in Richtung einer weiteren Vernetzung von Controllingsystemen mittels informationstechnologischer Losungen (z.B. MS-ACCESS oder HTML-Systeme) wertvolle Impulse geben. Einen zentralen Aspekt bildet hier die Weiterentwicklung computergestutzter What-lf-Simulationsanalysen fiir potenzielle Positionierungsstrategien, die dann im Rahmen der Strategiediskusslonen durchgespielt werden konnten.
3.
Implikationen fiir die Unternehmenspraxis
Im Rahmen der zusammenfassenden Darstellung der zentralen Untersuchungsergebnisse dieser Arbeit stellt sich schliefilich die Frage nach der Aussagekraft fur die Unternehmenspraxis. In diesem Zusammenhang ist zwischen generellen Implikationen und spezifischen Implikationen, die den hier betrachteten Markt und Insbesondere das analysierte Portfolio betreffen, zu unterscheiden. Die fiir das untersuchte Wettbewerbsumfeld Im Produktmarkt Tafelschokolade generierten inhaltlichen Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: •
Trotz sehr hoher Bekanntheit aller Marken hat eine deutliche Markenimageprofllierung im deutschen Schokoladenmarkt offensichtlich noch nicht stattgefunden. Fiir die beiden Portfoliomarken muss eine unterdurchschnittliche Performance hinsichtlich Bekanntheit sowie entlang der Imagebewertungen konstatiert werden. Zudem sind die beiden Marken offenkundig unzureichend im
®®^ Vgl. ZEPLIN, Innengerichtetes identitatsbasiertes Markenmanagement, a.a.O.
250
Kapitel E
Marktauftritt voneinander differenziert - die Imageprofile und Positionierungsanalysen offenbaren eine sehr ahnliche Markenwahrnehmung. Insofem finden sich hier erste Optimierungsansatze: Einerseits ist die Bekanntheit der Portfoliomarken zu verbessern, andererseits ein differenzierterer Marktauftritt durch SchSrfung der Value-Propositions beider Marken anzustreben, urn so die relativ hohe Kreuzerwagung zwischen den Marken zu minimieren und den Marktauftritt und damit die Marktieistung des Gesamtportfolios zu verbessern. •
Die dependenzanalytischen Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich fur eine solche Intraportfolio-Differenzierung insbesondere die Dimensionen PreisLeistungs-Verhaltnis, Geselligkeit, Energiezufuhr und Kompetente Marke eignen. Im Hinblick auf den externen Wettbewerb scheinen vor allem die Dimensionen Sortenvielfalt, Produktqualitcit und Geschmack ein hohes Differenzierungspotenzial aufzuweisen. Diese Dimensionen sollten daher bei der Ableitung moglicher Optimierungsstrategien im Sinne von Image- und damit Positionlerungskorrekturen Im Vordergrund stehen.
•
Die dynamischen Szenarloanalysen schliefllich verdeutlichen zunachst die Notwendigkeit einer koordinierten Strategieableitung des Gesamtportfolios. Die fur PM-1 in Szenario 1 (Si) exemplarisch simullerte Einzelmarkenstrategie erweist sich fur dIese zwar als erfolgreich i.S. der markenindivlduellen Zielerreichungsgrade, aus Portfolioslcht, bewertet anhand der Portfollobilanz, allerdings als suboptimal, da die von PM-1 verzeichneten Ergebniszuwachse uberwlegend zu Lasten von PM-2 generiert werden. Aufbauend auf den Erkenntnissen der vorangegangenen diagnostischen Analysen kann in S2 eine aus Portfolioslcht erfolgversprechende integrierte Mehrmarkenstrategie identifiziert werden. Durch Scharfung der Value-Propositions beider Marken in unterschiedliche Marktrichtungen (PM-1 auf Kompetente Marke, Geschmack und Produktqualitat, PM-2 auf Energiezufuhr, Preis-Leistungs-VerhMnis und Sortenvielfalt) wird eine deutlichere Abgrenzung der Markenimages erreicht. Damit kann auch der Gesamtmarktauftritt ceteris paribus optimiert werden, wie die Ergebnisse der Portfoliobilanz induzieren. Dies gilt schliefilich auch im Falle einer potenzlellen Wettbewerbsreaktion von WM-8 in Form einer Imitationsstrategie in RIchtung PM-1, wie S3 zeigt.
Uber diese spezifischen Befunde fur das analysierte Markenportfollo hinaus, ergeben sich schliefilich generallsierbare Implikationen fur die Unternehmenspraxis: •
Die Untersuchung der sich dynamlsch entwickelnden Umfeldbedingungen sowie der spezifischen Komplexltatsfaktoren von Markenportfolios macht deut-
Kapitel E
251
lich, dass die effektive und effiziente Ausubung von Mehrmarkenstrategien eine kontinuierliche Uberwachung und ggf. Anpassung der strategischen Schlusselgrofien, der Planungspramissen sowie des Marktauftritts erfordert. Fur Unternehmen ergibt sich im Rahmen einer solchen Marktbearbeitungsstrategie im Sinne der Ergebnismaximierung des Gesamtportfolios zunachst die Notwendigkeit der organisatorischen Institutionalisierung eines ubergeordneten strategischen wie operativen Mehrmarkenmanagements. Zudem ist die Etablierung eines Mehrmarkencontrollings zur Unterstutzung dieser Bereiche bei Planung, Koordination und Kontrolle der Mehrmarkenstrategie essenziell. •
Die organisatorische Verankerung eines solchen Portfoliomanagements erfordert zudem eine systematisch dem Zielsystem und Managementprozess der Mehrmarkenstrategie angepasste Prozessstruktur. Im Rahmen dieser sind die spezifischen Informationsflusse inhaltlich und hinslchtlich ihrer Richtung zu definieren. In diesem Zusammenhang sind auch die individuellen Freiheitsgrade im Sinne von Entscheidungsfeldern der einzelnen Managementeinheiten konkret und detailiiert festzulegen. Die Gesamtverantwortung sollte dabei bei einer Portfolioleitung liegen; diese sollte sich aber in der Regel auf die Vorgabe der strategischen Rahmenplanung beschranken. Die Untersuchung hat gezeigt, dass es sich als zweckmaflig en/veist, unter dem Oberziel der Ergebnismaximierung des Gesamtportfolios, den Einzelmarken konkret definierte Portfolioleitlinlen vorzugeben. Innerhalb dieser Leitlinien sollte den Einzelmarken aber eine grofitmogliche Autonomie und Autarkie zur Forderung von Marktnahe, Entrepreneurchip sowie Intraportfolio-Differenzierung eingeraumt werden.
•
Weiterhin ist das Mehrmarkencontrolling strukturell adaquat auszugestalten, um den spezifischen Informationsbedarf der einzelnen mit dem Portfoliomanagement betrauten Einheiten zielfuhrend sicherzustellen. Die Analyse der vielfaltigen markenubergreifenden Interdependenzen und die damit elnhergehende inharente Komplexitat von Portfolios offenbaren, dass eine partialanalytische Struktur, wie sie in Praxis und Literatur noch haufig anzutreffen ist, diesen nicht gerecht wird. Vielmehr ist eine integrative Struktur des Markenberichtswesens notwendig. In diesem Zusammenhang konnte ein hierarchisches Mehrmarken-Scorecardsystem als geeignete Konzeption herausgearbeitet werden. Diese ist in der Unternehmenspraxis derart vernetzt aber auch verdichtet auszugestalten, dass ihre kaskadische Struktur und die damit korrespondierende Datenaggregation einerseits den organisatorischen Hlerarchieebenen des Portfoliomanagements und deren differenzierten Informationsbe-
252
Kapitel E
darf Rechnung tragt. Andererseits sollte sie sowohl vertikal als auch horizontal eine systematische Analyse relevanter Aspekte ermoglichen. •
Der Komplexitat der Mehrmarkensteuerung in der Praxis ist nicht zuletzt vor allenri auch inhaltlich, also in Richtung der evaluativen und diagnostischen Mehrmarkenerfolgsmessung, Genuge zu tun. Vor dem Hintergrund der Bedeutung portfoliostrategischer Entscheidungen fur die Gesamtunternehmensziele ist eine allein auf qualitativen und sachlogischen Uberlegungen beruhende Analyse und Ergebnisinterpretation unzureichend. Daher ist eine quantitative Analyse der Beziehungen zwischen KernergebnlsgrOfien und potenzlellen Leistungstreibern und eine darauf aufbauende Strategie- und Maftnahmenableitung notwendig. In diesem Zusammenhang konnte mit der Modellierung der Wirkungsbeziehungen zwischen Markenimagedimenslonen und Ergebnisgro(ien im Form des Kennzahlensystems Portfoliobilanz eine geeignete inhaltllche Integrationskonzeption entwickelt werden. Zudem wurde diese in den Gesamtmanagementprozess eingeordnet. Im Ergebnis kann dem Portfoliomanagement damit ein methodisch skalierbares und flexibel ausgestaltbares Managementunterstutzungsinstrument zur dependenzanalytisch-quantitatlven Fundierung strategischer Portfolioentscheidungen zur Verfugung gestellt werden. EIn solches Modell konnte bspw. auf Basis geeigneter informationstechnologischer Losungen Innerhalb eines umfassenden und systematlschen elektronischen Mehrmarken-Scorecardsystems integriert werden.
•
Schliefilich wurde deutlich, dass die Effektivitat eines MehrmarkencontroHingsystems In einem unmittelbaren Zusammenhang mIt der zur Verfugung stehenden Datenbasis steht. Methodisch-operativ ergibt sich fur die Unternehmenspraxis diesbezuglich zum einen die Notwendigkeit zur Etablierung einer integrierten und konsistenten Datenbasis. Hier ist eine regelmaflig zu aktualislerende, systematische und zielfuhrende Marktforschung unabdingbar. Fur das hier entwickelte Instrumentarium ist daher ein integrierter Datensatz zu erheben, der Markenimagedaten samtlicher Marken im Wettbewerbsumfeld sowie Kauf- und Second-Choice-Daten der Nachfrager idealerweise in Form von Zeitrelhen beinhaltet. In fragmentierten Markten sollte eine solche Datenbasis zudem eine adaquate Segmentierungslosung ermoglichen. Zum anderen sind zur effektiven und effizienten Datenauswertung und -aufbereitung geeignete informationstechnologische Strukturen sowie entsprechendes Mitarbeiter Knowhow notwendig.
Insgesamt verdeutlichen die zusammenfassenden Ausfuhrungen, dass Fragen der Markenfuhrung im Allgemeinen und des quantitativ fundierten Mehrmarkencontrol-
Kapitel E
253
lings im Besonderen in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen werden.
Daher
besteht diesbezuglich ein Bedarf an weiteren Forschungsbemuhungen zur Losung einer Reihe wichtiger Fragestellungen.
Angesichts einer weiter zunehmenden
Dynamik In der Entwicklung der Umfeldbedingungen wird sich die Unternehmenspraxis einer stetig steigenden Managementkomplexitat ausgesetzt sehen. In diesem Zusammenhang wird das systematische, ganzheitliche und faktenbasierte Management von Marken und Markenportfollos zunehmend zum zentralen Erfolgsfaktor zur Sicherung und Starkung von Wettbewerbspositionen werden. Seitens der Marketing- und Markenmanagementforschung gilt es dementsprechend, die mit diesen Herausforderungen entstehenden komplexen Fragestellungen aufzugreifen und theoretisch fundierte sowie gleichsam praktisch nutzbare Losungsansatze - ideallter in enger Kooperation mit der Unternehmenspraxis bereitzustellen.
Anhang
Anhang
257
Anhang I: Erganzende Tabellen und Abbildungen
Anh. 1:
Auswertung der Gutekriterien zweiter Generation
259
Anh. 2:
Ubersicht zur Prufung des Fornell/Larcker-Kriteriums
260
Anh. 3:
Zuordnungsubersicht der Clusteranalyse nach Single-Linkage
261
Anh. 4:
Identifikation der optimalen Clusteranzahl bei Single-Linkage nach dem Elbow-Krlterlum
261
Anh. 5:
Zuordnungsubersicht der Clusteranalyse nach Ward
262
Anh. 6:
Identifikation der optimalen Clusteranzahl bei Ward nach dem Elbow-Kriterium
262
Anh. 7:
Heterogenitatsprufung der Clusterlosung: Statistik der F-Werte
263
Anh. 8:
Univariate Signifikanzprufung der Markenimagevariablen mittels Mittelwertvergleichstest Gutemafie der Diskriminanzfunktionen (1/2): Auswertung des
264
residuellen Wilks' Lambda
264
Anh. 10:
Gutemafie der Diskriminanzfunktionen (2/2): Eigenwertstatistik
265
Anh. 11:
Berechnung der mittleren Diskriminanzkoeffizienten und relativen Wichtigkeiten der Imagevariablen 265 Auswertung der mit den Gruppengrofien gewichteten
Anh. 9:
Anh. 12:
Zufallswahrscheinlichkeiten
266
Anh. 13:
Klassifikationsstatistik der Diskriminanzanalyse
266
Anh. 14:
Univariate Signifikanzprufung der Markenimagevariablen im Second-Choice-Modell fur PM-1 267 Gutemalie der Diskriminanzfunktionen im Second-Choice-Modell fur PM-1 (1/2): Auswertung des residuellen Wilks' Lambda 267
Anh. 15: Anh. 16:
Gutemafte der Diskriminanzfunktionen im Second-Choice-Modell fur PM-1 (2/2): Eigenwertstatistik 267
Anh. 17:
Auswertung der mit Gruppengroflen gewichteten Zufallswahrscheinlichkeiten im Second-Choice-Modell fur PM-1 ....268
Anh. 18:
Klassifikationsstatistik der Diskriminanzanalyse im SecondChoice-Modell fur PM-1
268
258
Anhang
Anh. 19:
Gutemafle des Gesamtmodells der logistischen Regression (1/3): Likelihood-Ratio-Test 269
Anh. 20:
Gutemafie des Gesamtmodells der logistischen Regression (2/3): Bestimmtheitsmafie 269
Anh. 21:
Gutemafie des Gesamtmodells der logistischen Regression (3/3): Klassifikationsmatrix 269
Anh. 22:
Gutemafie der einzelnen Imagedimensionen der logistischen Regression: Likelihood-Ratio-Tests
270
Gutemalie des Gesamtmodells der logistischen Regression im Second-Choice-Modell fur PM-1 (1/3): Likelihood-Ratio-Test
271
Gutemafie des Gesamtmodells der logistischen Regression im Second-Choice-Modell fur PM-1 (2/3): Bestimmtheitsmafle
271
Gutemafie des Gesamtmodells der logistischen Regression im Second-Choice-Modell fur PM-1 (3/3): Klassifikationsmatrix
271
Simulationsmodell - Modul (1/5): Berechnung der simulativen Markenbewertungsdaten
272
Simulationsmodell - Modul (2/5): Berechnung der Diskriminanzwerte
273
Anh. 28:
Simulationsmodell - Modul (3/5): Berechnung der Distanzen
274
Anh. 29:
Simulationsmodell - Modul (4/5): Nachfragerklassifikation nach Markenwahlentscheidungen
275
Anh. 30:
Simulationsmodell - Modul (5/5): Wanderungseffekte
276
Anh. 31:
Simulationsmodell - Analyseoberflache: Wettbewerbsszenario 3... 277
Anh. 23:
Anh. 24:
Anh. 25:
Anh. 26:
Anh. 27:
259
Anhang
Imagedimension
Belohnung
Entspannung
Geselligkeit Wertschatzung zeigen
Indikator
Faktorladungen
Stand. Ladungen
Standardfehter
Be 1
1,077
0,903
0,031
Be 2
1,030
0,833
0,032
Be 3
1,000
0,855
0,030
Ent 1
0,954
0,837
0,031
Ent 2
1.016
0,885
0,031
Faktorvartanz
Varianz der Messfehler
1,970
0,918
0,642
Ent 3
1,000
0,879
0,031
0.660
Ges 1
1,268
0,870
0,032
0,741
GesI 2
1,215
0,850
0,031
1,434
0,811
0,695 0,730 0.701
0,901
0.753
0,784 0,774 0,757
0,865
0,705
0,723
1,000
0,742
0,029
1,172
0,550
1,044
0,877
0,028
0,537
0,769
Wert 2
1,077
0,876
0,029
Wert 3
1,000
0,746
0,031
1,639
0,573
0,869
0.688
0,032
0,777
0,032
Ener 3
1.000
0,823
0,031
0.944
PreisLeistungsVerhaitnis
PL 1
1,018
0,880
0,026
0.430
PL 2
1,027
0,883
0,026
0.642 1,983
1.431
1.214
0.426
0,768 0,557
1,302
0,892
Kompetente Marke
0,815
GesI 3
1,121
Sortenvielfalt
Indikatorrellabilitat
Wert 1
0,966
Produktqualitdt
0.746
0,877 2,255
Ener 2
Innovatve Marke
0,898
0,727
Ener 1
Convenience
DEV
0,518
Schnelle Energiezufuhr
Geschmack
Faktorreliabllitflt
0,795 0,871
0.693
0,604 0.677 0.775
0,916
0.784
0.780
PL 3
1,000
0.894
0,026
0.360
Ge 1
0,975
0,943
0,027
0.249
Ge 2
1,026
0,918
0,029
Ge 3
1,000
0,946
0,028
0.243
Con 1
0,902
0,806
0,028
0.852
Con 2
0.849
0,696
0.031
Con 3
1.000
0,881
0.029
0.560
0.776
Inn 1
0.691
0,633
0.026
1.103
0.400
lnn_2
0,961
0,803
0.027
lnn_3
1,000
0,853
0.028
0.577
Qual_1
1,173
0,930
0.024
0.202
Qual 2
0,989
0,773
0.025
Qual 3
1,000
0,782
0.023
0.597
0,611
Sor_1
1.063
0,895
0.025
0.350
0,802
Sor 2
0.974
0,831
0.024
Sor 3
1.000
0,832
0.025
0,558
0,692
Komp_1
0.823
0,734
0,020
0,534
0,539
Komp_2
1.026
0,826
0,022
Komp_3
1.000
0,805
0,022
Anh. 1: Auswertung der Gutekriterien zweiter Generation Quelle: Eigene Darstellung.
2.082
1.936
1.542
0.936
1.251
0.921
0,411
1.487
0.785
0.619
0.533
0,453 0,501
0,799 0.888 0,954
0.874
0.842 0.895 0.649
0,835
0.815
0.629
0.600
0.484
0.654 0.728 0,684
0.868
0.889
0.834
0,689
0.728
0,628
0,597
0,690
0,682
0,648 1
Anhang
260
;^|:iiiillilli^^ r::::;^^'^iiM^^":;:: Belohnung
0,08
0,71
0,74
Entspannung
0,11
0.71
0,75
Geselligkeit
0,11
0,70
0,71
Wertschdtzung zeigen
0,04
0,65
0,69
Schnelle Energiezufuhr
0,12
0,66
0,69
Preis-LeistungsverhlKltnis
0.17
0,55
0,78
Geschmack
0,05
0,68
0,87
Convenience
0,13
0,58
0,63
Kompetente Marke
0,06
0.51
0,63
Innovative Marke
0,18
0,52
0.60
Produktqualitat
0,10
0,54
0.69
Sortenvieifalt
0,16
0,50
0,73
Anh. 2: Ubersicht zur Prijfung des Fornell/Larcker-Kriteriums Quelle: Eigene Darstellung.
V V V V V V V V V V V
V
1
261
Anhang
Agglomeration Schedule Stage Cluster First Appears
Cluster Combined Stage
Cluster 1
Cluster 2
Coefficients
Cluster 1
Cluster 2
Next stage
1
4
6
0,155
0
0
4
2
2
7
0,199
0
0
3
3
1
2
0,246
0
2
6
4
4
5
0,756
1
0
5
5
4
8
1,889
4
0
7
6
1
3
1,914
3
0
7
7
1
4
1,962
6
5
0
Anh. 3: Zuordnungsubersicht der Clusteranalyse nach Single-Linkage Quelle: Eigene Darstellung.
Fehlerquadratsumme
Clusteranzahl
Cliitt«ranzahl Anh. 4: Identifikation der optimalen Clusteranzahl bei Single-Linkage nach dem Elbow-Kriterium Quelle: Eigene Darstellung.
262
Anhang
Agglomeration Schedule Stage Cluster First Appears
Cluster Combined Stage
Cluster 1
Cluster 2
Coefficients
Cluster 1
Cluster 2
Next stage
1
4
6
0,078
0
0
4
2
2
7
0,177
0
0
3
3
1
2
0,379
0
2
5
4
4
5
1,033
1
0
5
5
1
4
13,715
3
4
0
Anh. 5: ZuordnungsiJbersicht der Clusteranalyse nach Ward Quelle: Eigene Darstellung.
Cluster-
Anh. 6: Identifikation der optlmalen Clusteranzahl bei Ward nach dem Elbow-Kriterium Quelle: Eigene Darstellung.
263
Anhang
F-Werte
Varlanzen innerhaib der Qruppan
tmagedimension
Belohnung
Cluster 1 (Poitfollogruppe)
Cluster 2 (WetiDe" werb)
Grundgesamtheit
Cluster 1 (Portfollogruppe)
Cluster 2 (Wettbewerb)
0,0001
0,0111
0,021
0,004
0,535
Entspannung
0,0001
0,0015
0,004
0,027
0,393
Geselligkeit
0,0004
0,0089
0.003
0,132
3,201
Wertschatzung zeigen
0,0140
0,0886
0,049
0,285
1,802
Schnelle Energiezufuhr
0,0020
0,0217
0,016
0,123
1,319
Preis-Leistungsverhaitnis
0,0067
0,0228
0,053
0,126
0,428
Geschmack
0,0027
0,0007
0,023
0,114
0,030
Convenience
0,0428
0,0444
0,053
0,802
0,831
Kompetente Marke
0,0027
0.0118
0,009
0,290
1,259
Innovative Marke
0,0041
0,0383
0,047
0.087
0,817
Produktqualitat
0,0059
0.0733
0,197
0,030
0.371
Sortenvielfalt
0,0492
0,0342
0,041
1,185
0,825
1
Anh. 7: Heterogenitatsprufung der Clusterlosung: Statistik der F-Werte Quelle: Eigene Darstellung.
Bei den hier dargestellten Daten handelt es sich urn gerundete Werte. Da die F-Werte auf Basis der nicht gerundeten Rohdaten berechnet wurden, ergeben sich bei der Division der Varianzen der Cluster mit denen der Grundgesamtheit auf Basis der oben dargestellten Werte nicht immer exakt die hier dokumentierten F-Werte. Die hier dargestellten F-Werte stellen allerdings die mathematisch genaueren dar.
264
Anhang
Tests of Equality of Group Means WUks* Lambda
F
dfl
df2
Significance
Belohnung
0,991
3,016
3
1003
0,029
Entspannung
0,987
4,436
3
1003
0,004
Geselligkeit
0,992
2,650
3
1003
0,048
Wertschatzung zeigen
0,881
44,956
3
1003
0,000
Schnelle Energiezufuhr
0,985
4,988
3
1003
0,002
Preis-Leistungsverhaitnis
0,989
3,784
3
1003
0,010
Geschmack
0,941
20,810
3
1003
0,000
Convenience
0,893
39,866
3
1003
0,000
Kompetente Marke
0,984
5,605
3
1003
0,001
Innovative Marke
0,988
4,089
3
1003
0,007
Produktqualitat
0,847
60,523
3
1003
0,000
Sortenvielfalt
0,963
12,861
3
1003
0,000
Anh. 8: Univariate Signifikanzprufung der Markenimagevariablen mittels Mittelwertvergleichstest Quelle: Eigene Darstellung.
Sum Wilks' Lambda Test of Function(8)
Sum-Will(8-I^mbda
Sum-Chi-Square
Sum-DF
Sum-Significance
1 through 3
0,438
824,963
36
0,000
2 through 3
0,842
171,345
22
0,000
3
0,967
33,918
10
0,000
Anh. 9: GutemaRe der Diskriminanzfunktionen (1/2): Auswertung des residuellen Wilks' Lambda Quelle: Eigene Darstellung.
Eigenvalues
265
Anhang
Function
Eigenvalue
% of Variance
Canonical Correlation
Cumulative %
1
0,925
83,5
83,5
0,693
2
0,148
13,3
96,9
0,395
1
3
0,035
3,1
100,0
0,183
1
Anh. 10: Gutemafte der Diskriminanzfunktionen (2/2): Eigenwertstatistik Quelle: Eigene Darstellung.
Standardisierte KoefRzienten
Eigenwertantelle
Funlctlon
Funlctlon
Betrfige der
Relative WiclitlgIcelt
1
2
3
1
2
3
mittl. Koeffizienten
Belohnung
0,192
-0,176
0,756
0.835
0,133
0,031
0,160
4,2 %
Entspannung
0,198
-0,165
0.042
0.835
0.133
0,031
0,144
3,8 %
Geselligkeit
0,033
-0.310
-0.286
0.835
0.133
0,031
0,022
0,6 %
Wertschatzung
-0,610
0.562
0.375
0.835
0,133
0,031
0.423
11.1%
Energiezufuhr
0,477
0.201
-0,171
0,835
0.133
0,031
0,420
11,0%
imagedimension
Preis-Leistung
0,309
0,316
-0,731
0.835
0,133
0,031
0,278
7,3 %
Geschmack
-0,343
0.519
-0,530
0,835
0,133
0,031
0,234
6,2 %
Convenience
-0,582
-0.921
0,215
0,835
0.133
0,031
0,602
15,8%
Kompetente Marke
-0,522
-0,423
-0,226
0.835
0.133
0,031
0,499
13,1 %
Innovative Marke
-0,084
-0,076
0,106
0.835
0.133
0,031
0,077
2,0 %
0,133
0,031
0,735
19,3%
0,133
0,031
0,209
5,5 %
Produktqualitat
0,884
-0,112
0.378
0,835
Sortenvielfalt
0,115
0,701
0.628
0,835
Anh. 11: Berechnung der mittleren Diskriminanzkoeffizienten und relativen Wichtigkeiten der Imagevariablen Quelle: Eigene Darstellung.
Prior Probabilities for Groups
Anhang
266
Cases used in Analysis Prifieilerte Marke
Prior
Unweighted
Weighted
PM-1
0,154
155
155,000
PM-2
0,191
192
192,000
WM-7
0,174
175
175,000
WM-8
0,482
485
485,000
Total
1,000
1007
1007.000
Anh. 12: Auswertung der mit den GruppengrOfien gewichteten Zufallswahrscheinlichkeiten Quelle: Eigene Darstellung.
Classification Results^ Predicted Group Memk>er8hip PrSferierte Marlce Original
Count
%
CLASRESTotal
PM-1
PM-2
WM-7
WM-8
PM-1
93
18
19
25
155
PM-2
18
116
24
34
192
WM-7
9
13
130
23
175
WM-8
14
11
18
442
485
PM-1
60,0
11,6
12,3
16,1
100,0
PM-2
9,4
60,4
12,5
17,7
100,0
WM-7
5,1
7,4
74,3
13,1
100,0
WM-8
2,9
2,3
3,7
91,1
100,0
a. 77,6 % of original grouped cases correctly classified. Anh. 13: Klassifikationsstatistik der Diskriminanzanalyse Quelle: Eigene Darstellung.
267
Anhang
Tests of Equality of Group Means Wltks* Lambda
F
dfl
df2
Signiflcanca
Belohnung
0,751
20,853
2
126
0,000
Entspannung
0,796
16,176
2
126
0,001
Geselligkeit
0,698
27,229
2
126
0,000
Wertschatzung zeigen
0,759
19.961
2
126
0,000
Schnelle Energiezufuhr
0,831
12,776
2
126
0,000
Preis-Leistungsverhaitnis
0,865
9,809
2
126
0,000
Geschmack
0,857
10,501
2
126
0,000
Convenience
0,799
15,877
2
126
0,000
Kompetente Marke
0,781
17,627
2
126
0,001
Innovative Marke
0,788
16,906
2
126
0,000
Produktqualitat
0,803
15,446
2
126
0,041
Sortenvielfalt
0,951
3,274
2
126
0,000
Anh. 14: Univariate Signifikanzprufung der Markenimagevariablen im Second-Choice-Modell fiir PM-1 Quelle: Eigene Darstellung.
Sum Wilks' Lambda Test of Function(8)
Sum-Wilks-Lambda
Sum-Chi-Square
Sum-DF
Sum-Significance
1 through 2
0,426
102,838
24
0,000
2
0,718
39,950
11
0,000
Anh. 15: Gutemafle der Diskriminanzfunktionen im Second-Choice-Modell fur PM-1 (1/2): Auswertung des residuellen Wilks' Lambda Quelle: Eigene Darstellung.
Eigenvalues Eigenvalue
% of Variance
Cumulative %
Canonical Conrelatlon
1
0,685
63,5
63,5
0,638
2
0,393
36,5
100,00
0,531
Function
Anh. 16: Gutemafle der Diskriminanzfunktionen im Second-Choice-Modell fur PM-1 (2/2): Eigenwertstatistik Quelle: Eigene Darstellung.
268
Anhang
Prior Probabilities for Groups Cases used in Analysis Second-Choice
Prior
Unweighted
Weighted
PM-2
0,574
74
74.000
WM-7
0,116
15
15,000
WM-8
0,310
40
40,000
Total
1,000
129
129,000
Anh. 17: Auswertung der mit GruppengrOfien gewichteten Zufallswahrscheinlichkeiten im Second-ChoiceModell fur PM-1 Quelle: Eigene Darstellung.
Classification Results^ Predicted Group Membership SecondChoice Original
Count
%
CLASRESTotal
PM-1
PM-2
WM-7
PM-2
69
3
2
74
WM-7
5
10
0
15
WM-8
8
4
28
40
PM-2
93,2
4,1
2,7
100,0
WM-7
33,3
66,7
0,0
100,0
WM-8
20,0
10,0
70,0
100,0
a. 82,9 % of original grouped cases correctly classified. Anh. 18: Klassifikationsstatistik der Diskriminanzanalyse im Second-Choice-Modell fiir PM-1 Quelle: Eigene Darstellung.
269
Anhang
Modell Fitting Information Model
-2 Log Likelihood
Intercept Only
2511,449
Final
1618,226
Cill-Sqiiare
Degrees of Freedom
Significance
893,224
36
0,000
Anh. 19: Gutemalie des Gesamtmodells der logistischen Regression (1/3): Likelihood-Ratio-Test Quelle: Eigene Darstellung.
Pseudo R-Square Cox and Snell
0,588
Nageilcerke
0,640
McFadden
0,352
Anh. 20: Giitemafle des Gesamtmodells der logistischen Regression (2/3): Bestimmtheitsmafie Quelle: Eigene Darstellung.
Classification Predicted Level Observed Level
PM-1
PM-2
WM-7
WM-8
Percent Correct
PM-1
86
24
20
25
55,5 %
PM-2
18
115
26
33
59,5 %
WM-7
9
12
131
23
74,9 %
WM-8
16
12
24
423
89,3 %
12,8%
16,2%
20,0 %
51,0%
76,0 %
Overall Percentage
Anh. 21: Gutemafie des Gesamtmodells der logistischen Regression (3/3): Klassifikationsmatrix Quelle: Eigene Darstellung.
270
Anhang
Likelihood-Ratio-Tests -2 Log Likelihood Rechiced
Clii-Square
Degrees of Fr^Bdoffn
Significance
Intercept
1640,042
21,817
3
0,000
Belohnung
1635,379
17,154
3
0,001
Entspannung
1623,844
5.618
3
0.132
Geselligkeit
1622,464
4,139
3
0,237
Wertschatzung
1710,038
91,812
3
0,000
Energiezufuhr
1651,385
33,159
3
0,000
Preis/Leistung
1661,897
43,672
3
0,000
Geschmack
1656,641
38,416
3
0,000
Convenience
1727,450
109,224
3
0,000
Innovative Marke
1673,721
55,495
3
0,000
Produktqualitat
1621,898
3,672
3
0,029
Sortimentsvielfalt
1814,668
196,442
3
0,000
Kompetente Marke
1671,269
53,043
3
0,000
Effect
Anh. 22: GiJtemafte der einzelnen Imagedimensionen der logistischen Regression: Likelihood-Ratio-Tests Quelle: Eigene Darstellung.
j
Anhang
271
Modell Fitting Information Model
-2 Log Likelihood
Intercept Only
198,033
Final
89,305
Chi-Square
Degrees of Freedom
Significance
108,728
24
0,000
Anh. 23: Giitemafie des Gesamtmodells der logistischen Regression im Second-Choice-Modell fur PM-1 (1/3): Likelihood-Ratio-Test Quelle: Eigene Darstellung.
Pseudo R-Square Cox and Snell
0,570
NageJIcerlte
0,674
McFadden
0,452
Anh. 24: Gutemafie des Gesamtmodells der logistischen Regression im Second-Choice-Modell fur PM-1 (2/3): Bestimmtheitsmafle Quelle: Eigene Darstellung.
Classification Predicted Level Observed Level
PM-2
WM-7
WM-8
Percent Correct
PM-2
70
1
3
94,6 %
WM-7
5
10
0
66,7 %
WM-8
11
1
28
70,0 %
66,7 %
9,3 %
24,0 %
83,7 %
Overall Percentage
Anh. 25: GiJtemafie des Gesamtmodells der logistischen Regression im Second-Choice-Modell fur PM-1 (3/3): Klassifikationsmatrix Quelle: Eigene Darstellung.
272
Anh. 26: Simulationsmodell - Modul (1/5): Berechnung der simulativen Markenbewertungsdaten Quelle: Eigene Darstellung.
Anhang
Anhang
Anh. 27: Simulationsmodell - Modul (2/5): Berechnung der Diskriminanzwerte Quelle: Elgene Darstellung.
273
274
Anhang
=1
I*- S i- S- § °' 12111 ° I J 1 9 S S § I § i" S § 11 § 9 o-111 g I g 12-
1^
N
(0
riffle i c ag § E«c o C
IN •g I g I I
"«. ^- >«. •«. >«. * lo ?^ lo i« 5 2 S2 a> £2 2- 2- 52 lo i« JH «, j^ i£> K> ,o e ,o ^.
p-^-ili s ^ 2 S S ^ i s R ^ ^ s s i S i 3^-i * ^ "•? o-l s ? s I ^ ^
§5|f 1 S c S -o .!S
•*••"''-- o "' •*' o '-" o