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Marco Hollekamp Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen. Eine empirische Analyse der Wirkungszusammenhänge und der Erfolgswirkungen von Outsourcingprojekten am Beispiel von Großunternehmen in Deutschland Hamburger Schriften zur Marketingforschung, Hg.: M. Zerres, Band 29 ISBN 3-87988-945-7, Rainer Hampp Verlag, München und Mering 2005, 321 S., € 29.80
In der Situation von zunehmender Umweltunsicherheit und steigendem internationalen Wettbewerb wird Outsourcing als Chance begriffen, den Herausforderungen für Unternehmen zu begegnen. Immer häufiger werden deshalb ganze Geschäftsprozesse einem Wertschöpfungspartner übergeben. Dies hat zur Folge, dass sich Unternehmensgrenzen auflösen und neue Formen der Organisation entstehen. Daher kommt es in Outsourcingprojekten darauf an, für das jeweilige Unternehmen geeignete Strategien, Partner, Kooperationsformen und Vorgehensweisen zu finden. Vor diesem Hintergrund wird in der vorliegenden Arbeit ein Konzeptansatz entwickelt, der die Zusammenhänge und Wechselwirkungen von Strategischem Outsourcing systematisiert und Faktoren herausarbeitet, die für den Erfolg von Outsourcingprojekten bestimmend sind. Der Autor bildet zunächst den Outsourcingprozess in einem Vier-Phasen-Modell ab und untermauert die dahinterliegenden Kausalzusammenhänge mit betriebswirtschaftlichen Theorien. Mit Hilfe hypothesentestender, statistischer Verfahren werden Erkenntnisse zu Wirkungszusammenhängen und Erfolgswirkungen von Outsourcingprojekten gewonnen. Die empirische Untersuchung stützt sich dabei auf die Outsourcing-Erfahrungen von 77 Großunternehmen in Deutschland. Abschließend leitet der Autor mit den theoretisch fundierten und praktisch relevanten Erkenntnissen Schlussfolgerungen für die erfolgreiche Gestaltung von Outsourcing-Partnerschaften und das Management von Strategischen Outsourcingprojekten ab.
Schlüsselwörter: Outsourcing, Strategie, Business Process Outsourcing, Geschäftsprozesse, Großunternehmen in Deutschland, Integrativer Konzeptansatz, Erfolgsfaktoren, Vier-Phasen-Modell Marco Hollekamp, geboren 1972 in Ahaus/Westfalen, studierte von 1994 bis 2000 Wirtschaftsingenieurwesen mit dem Schwerpunkt Unternehmensplanung an den Universitäten in Paderborn, Oviedo/Spanien und Karlsruhe. Nach Abschluss des Studiums arbeitete er drei Jahre als Berater bei den Unternehmensberatungen PwCConsulting und IBM Business Consulting Services. Dort betreute er unter anderem Projekte im Bereich des Outsourcings von Geschäftsprozessen. Im Sommer 2005 schloss Marco Hollekamp seine akademische Ausbildung mit einer Promotion an der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Hamburg ab.
HAMBURGER SCHRIFTEN ZUR MARKETINGFORSCHUNG herausgegeben von Michael Zerres Band 29
Marco Hollekamp
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen Eine empirische Analyse der Wirkungszusammenhänge und der Erfolgswirkungen von Outsourcingprojekten am Beispiel von Großunternehmen in Deutschland
Rainer Hampp Verlag
München und Mering
2005
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
ISBN: 3-87988-945-7 Hamburger Schriften zur Marketingforschung: ISSN 1430-5429 1. Auflage, 2005 © 2005
Rainer Hampp Verlag Meringerzeller Str. 10
München und Mering D – 86415 Mering
www.Hampp-Verlag.de Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Mikroverfilmungen, Übersetzungen und die Einspeicherung in elektronische Systeme. ∞
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I
Geleitwort von Martin Jetter Jedes Jahr werden Geschäftsprozesse in einem Volumen von schätzungsweise 10 Milliarden Euro von Unternehmen ausgelagert. Sowohl Großunternehmen als auch Mittelständler gehen den Weg des Outsourcings, wenn es darum geht, bei Prozessen wie zum Beispiel dem Personalmanagement, dem Einkauf oder der Materialverwaltung die Kosten zu senken und Abläufe effizienter zu gestalten. Zunehmend werden dabei auch strategische Überlegungen angestellt, wie etwa die Optimierung der Unternehmensressourcen unter dem Eindruck eines steigenden internationalen Wettbewerbes. Outsourcing ist keine einmalige Handlung, sondern ein Prozess, bei dem jeder Schritt mit wettbewerbsrelevanten Entscheidungen verbunden ist. Diesen Gedanken greift die vorliegende Forschungsarbeit auf, indem ein Phasenmodell entwickelt wird, das die Zusammenhänge von der grundsätzlichen strategischen Outsourcing-Entscheidung bis hin zum Management der OutsourcingBeziehung verdeutlicht. Als Beratungsunternehmen, das in großem Umfang Outsourcingprozesse unterstützt und begleitet, begrüßen und unterstützen wir die Erforschung des Phänomens Outsourcing in einem ganzheitlichen Kontext. Die vorliegende Arbeit leistet einen wichtigen Beitrag dazu, die Diskussion in Wissenschaft und Praxis von der eingeengten Betrachtung einzelner Fragen der Outsourcing-Entscheidung hin zu einem komplexen, strategischen Entscheidungsprozess zu lenken, bei dem auch das Management der Outsourcing-Beziehung nicht zu kurz kommt. Echte Effizienzgewinne durch Auslagerung sind erst dann zu erwarten, wenn der ausgelagerte Geschäftsprozess dauerhaft und abgestimmt optimiert wird. Martin Jetter Geschäftsführer der IBM Deutschland GmbH und der Beratungssparte IBM Business Consulting Services (BCS) Stuttgart, im Juli 2005
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Vorwort des Herausgebers In der Situation von zunehmender Umweltunsicherheit und steigendem internationalem Wettbewerb wird Outsourcing als Chance begriffen, den Herausforderungen für Unternehmen zu begegnen. Immer häufiger werden deshalb ganze Geschäftsprozesse einem Wertschöpfungspartner übergeben. Dies hat zur Folge, dass sich Unternehmensgrenzen auflösen und neue Formen der Organisation entstehen. Daher kommt es in Outsourcingprojekten darauf an, für das jeweilige Unternehmen geeignete Strategien, Partner, Kooperationsformen und Vorgehensweisen zu finden. Vor diesem Hintergrund wird in der vorliegenden Arbeit ein Konzeptansatz entwickelt, der die Zusammenhänge und Wechselwirkungen von Strategischem Outsourcing systematisiert und Faktoren herausarbeitet, die für den Erfolg von Outsourcingprojekten bestimmend sind. Dazu wird zunächst der Outsourcingprozess in einem Vier-Phasen-Modell abgebildet und die dahinterliegenden Kausalzusammenhänge mit betriebswirtschaftlichen Theorien untermauert. Mit Hilfe hypothesentestender, statistischer Verfahren werden Erkenntnisse zu Wirkungszusammenhängen und Erfolgswirkungen von Outsourcingprojekten gewonnen. Die empirische Untersuchung stützt sich dabei auf die OutsourcingErfahrungen von 77 Großunternehmen in Deutschland. Abschließend werden Schlussfolgerungen für die erfolgreiche Gestaltung von OutsourcingPartnerschaften und das Management von Strategischen Outsourcingprojekten abgeleitet. Die vorliegende Arbeit wurde im Sommer 2005 von der Universität Hamburg als Dissertation angenommen. Univ.- Prof. Dr. Michael Zerres Hamburg, im Juli 2005
V
Danksagung des Verfassers Die vorliegende Arbeit wurde im Sommer 2005 von der Universität Hamburg als Dissertation angenommen. An dieser Stelle möchte ich all jenen Personen danken, die zum Gelingen des Forschungsvorhabens beigetragen haben. Sie haben mir vielfältige Unterstützung zukommen lassen. An erster Stelle möchte ich meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Michael Zerres, danken. Er war es, der mein Interesse an der empirischen Forschung weckte und anregte, aus meinen anfangs noch recht wenig konkreten thematischen Vorstellungen eine Studie zum Outsourcing von Geschäftsprozessen zu konzipieren. Seine stete Betreuung in allen Arbeitsphasen und der unkomplizierte Umgang miteinander ermöglichten es, die Promotion dem Zeitplan entsprechend durchzuführen. Zudem gab Herr Professor Zerres jederzeit wertvolle fachliche sowie persönliche Ratschläge bei auftretenden Fragen und Problemen. Herrn Prof. Dr. Wilfried Laatz danke ich für die Übernahme des Korreferats und die gutachterliche Stellungnahme sowie für den fachlichen Beistand zu Fragen der empirischen Sozialforschung. Die Arbeit basiert unter anderem auf Erfahrungen, die ich während meiner praktischen Tätigkeit als Unternehmensberater bei PWCConsulting und IBM Business Consulting Services gesammelt habe. Mein besonderer Dank gilt vor allem zwei Partnern dieser Unternehmen: Herr Dr. Harald Welke hatte schnell und unkompliziert die Rahmenbedingungen geschaffen, die mir eine Dissertation ermöglichten, und Herr Michael Bauer stand jederzeit als kompetenter Sparringspartner für die Diskussion praxisrelevanter Probleme zur Verfügung. Inhaltlich reifte die Arbeit wesentlich durch die Diskussion mit Herrn Daniel Forsmann von McKinsey & Company. Ihm gebührt besonderer Dank für viele Anregungen, die den Inhalt der Arbeit schärften und ihre Gliederung verbesserten. Auch danke ich Herrn Prof. Dr. Thomas Mellewigt, Herrn Wolfgang Skötsch und Herrn Prof. Dr. Hans-Erich Müller für die fundierten Anregungen, die auf ihrer außerordentlichen Expertise im Outsourcing beruhen. In diesem Zusammenhang möchte ich auch allen weiteren Experten für den ausführlichen und permanenten Dialog danken. Wertvolle Hilfe in methodisch-statistischen Fragen leisteten neben Mitarbeitern der Universität Hamburg die Kollegen der Kölner Universität. Für die Entwicklung der Fragebögen war Matthias Seidl eine große Hilfe. Ebenso danke ich Herrn Hans-Georg Gnann, Frau Prof. Dr. Hildburg Spiegel, Herrn Dr. Fred Schneidereit, Herrn Heiko Lübben und Herrn Prof. Dr. Peter Wald für sehr hilfreiche und detaillierte Anregungen zur weiteren Verbesserung des Fragebogens.
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Darüber hinaus ist es mir ein besonderes Anliegen, den zahlreichen Praktikern all derjenigen Unternehmen zu danken, die sich die Zeit für die Beantwortung des Fragebogens nahmen. Ohne sie hätte die empirische Untersuchung nicht die erzielte Qualität erlangen können. Formal hätte die Arbeit ohne das Engagement meiner Schwester Maria Hollekamp als Lektorin nicht den gewünschten Perfektionsgrad erreichen können. Ich danke ihr für die unermüdliche, umfassende und stets schnelle Korrektur der Rechtschreibung, Grammatik und Zeichensetzung und die vielen Anregungen, die die Gedankenführung der Arbeit schärften. Auch danke ich meinem Bruder Herrn Dr. Heiner Hollekamp, Herrn Matthias Niese und Herrn Christian Olsen für das zuverlässige und zügige Korrekturlesen. Neben den Genannten gebührt einer Vielzahl weiterer Personen Dank für die Unterstützung: Herr Dr. Guido Harpering, Frau Dr. Nadine Walter, Herr Dr. Olaf Passenheim, Herr Hubert Steppeler, Herr Dr. Henrik Haenecke und Herr Baris Calisan halfen mir in vielen unverzichtbaren Diskussionen, mein Promotionsvorhaben reifen zu lassen. Meine Arbeitskollegen Katrin Odenthal, Daniel Bitter und Dirk Stock standen mir stets hilfsbereit als Experten für das Outsourcing von Geschäftsprozessen zur Verfügung. Ohne die Hilfe von Herrn Dr. Christian Löschke hätte ich länger gebraucht, um mich SPSS zu nähern. Die Zeit, während der ich an der Promotion arbeitete, war eine besonders gute Zeit. Ich danke meinen Freunden, die wesentlich dazu beitrugen. Meiner Mutter danke ich, dass sie mich in allen Stadien meiner Ausbildung gefördert und mir damit die Perspektive für die Erstellung dieser Arbeit eröffnet hatte. Mein besonderer Dank gilt meiner Freundin Esther Eschenfelder. Sie trug trotz eigener Arbeitsbelastung durch vielfältige Unterstützung zur Fertigstellung meiner Arbeit wesentlich bei. Marco Hollekamp Köln/Berlin, im Juli 2005
Inhaltsüberblick
VII
Inhaltsüberblick 1 EINLEITUNG ........................................................................................ 1 1.1 Problemstellung..................................................................... 2 1.2 Stand der Outsourcing-Forschung ...................................... 8 1.3 Zielsetzung der Arbeit ......................................................... 18 1.4 Wissenschaftliche Vorgehensweise .................................. 19 2 DEFINITION DER KERNBEGRIFFE DES OUTSOURCINGS........... 23 2.1 Definition des Begriffs Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen .................................................... 24 2.2 Outsourcingformen zwischen Markt und Hierarchie........ 36 2.3 Ziele des Outsourcings ....................................................... 40 3 STRUKTURIERUNG DES OUTSOURCINGVERHALTENS ............. 47 3.1 Grundüberlegungen zum Vier-Phasen-Modell .................. 48 3.2 Vier-Phasen-Modell.............................................................. 50 3.3 Zusammenfassung .............................................................. 75 4 THEORIEGELEITETE FUNDIERUNG DES VIER-PHASEN-MODELLS.................................................... 77 4.1 Selektion erklärungsfähiger Theorien................................ 78 4.2 Erklärung der Wirkungsbeziehungen im Konzeptansatz anhand ausgewählter Theorien................ 92 4.3 Vier-Phasen-Modell als Erklärungsbasis für den Erfolg des Outsourcings............................................ 117 4.4 Zusammenfassung der Untersuchungshypothesen ...... 123 5 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG.................................................... 127 5.1 Begründung der Untersuchungsmethode....................... 128 5.2 Design der Untersuchung ................................................. 130 5.3 Auswertung der Daten....................................................... 140 5.4 Ergebnisse der empirischen Untersuchung.................... 146 6 INTEGRATIVER KONZEPTANSATZ FÜR DAS STRATEGISCHE OUTSOURCING ..................................... 221 6.1 Wirkungszusammenhänge ............................................... 222 6.2 Outsourcingerfolg.............................................................. 231 7 SCHLUSSBETRACHTUNGEN........................................................ 233 7.1 Zusammenfassung der Ergebnisse ................................. 234 7.2 Kritische Würdigung und weiterer Forschungsbedarf... 236
VIII
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Inhaltsverzeichnis
GELEITWORT VON MARTIN JETTER .................................................... I VORWORT DES HERAUSGEBERS ...................................................... III DANKSAGUNG DES VERFASSERS .....................................................V INHALTSÜBERBLICK...........................................................................VII INHALTSVERZEICHNIS.......................................................................VIII VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN ...................................................XII VERZEICHNIS DER TABELLEN ........................................................ XIV
1 EINLEITUNG ........................................................................................ 1 1.1 Problemstellung..................................................................... 2 1.1.1 Entwicklung des Outsourcings ................................................. 2 1.1.2 Ausgangslage .......................................................................... 4 1.1.3 Bedeutung des Outsourcings und Forderungen an die Wissenschaft................................................................. 5 1.2 Stand der Outsourcing-Forschung ...................................... 8 1.2.1 Disparate Inhalte.................................................................... 10 1.2.2 Methodische Mängel empirischer Untersuchungen ............... 12 1.2.3 Heterogenität theoretischer Erklärungsansätze ..................... 15 1.2.4 Zusammenfassung ................................................................ 17 1.3 Zielsetzung der Arbeit ......................................................... 18 1.4 Wissenschaftliche Vorgehensweise .................................. 19 1.4.1 Forschungsprozess nach Ulrich zur Entwicklung des Konzeptansatzes............................................................. 19 1.4.2 Gang der Untersuchung......................................................... 21
Inhaltsverzeichnis
IX
2 DEFINITION DER KERNBEGRIFFE DES OUTSOURCINGS........... 23 2.1 Definition des Begriffs Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen .................................................... 24 2.1.1 Begriffsvielfalt im Sprachgebrauch ........................................ 24 2.1.2 Strukturierte Darstellung der Outsourcingbegriffe.................. 26 2.1.3 Strategische Dimension des Outsourcings ............................ 29 2.1.4 Outsourcing von Geschäftsprozessen ................................... 31 2.2 Outsourcingformen zwischen Markt und Hierarchie........ 36 2.2.1 Grundsatzentscheidung zwischen Markt und Hierarchie ....... 36 2.2.2 Ausprägungsformen des Outsourcings.................................. 38 2.3 Ziele des Outsourcings ....................................................... 40 2.3.1 Kosteneffekte ......................................................................... 42 2.3.2 Risikoeffekte .......................................................................... 43 2.3.3 Steigerung der Wertschöpfung .............................................. 44 2.3.4 Konzentration auf die Kernkompetenzen ............................... 45 3 STRUKTURIERUNG DES OUTSOURCINGVERHALTENS ............. 47 3.1 Grundüberlegungen zum Vier-Phasen-Modell .................. 48 3.2 Vier-Phasen-Modell.............................................................. 50 3.2.1 Strategiephase....................................................................... 51 3.2.1.1 Ausgangssituation und Zielsetzung 52 3.2.1.2 Outsourcingstrategie 53 3.2.2 Partnerphase ......................................................................... 57 3.2.2.1 Analyse des Anforderungsprofils 58 3.2.2.2 Suche nach Outsourcing-Dienstleistern 59 3.2.2.3 Evaluierung der Outsourcing-Dienstleister 60 3.2.3 Strukturphase......................................................................... 61 3.2.3.1 Partnerschaftliche Zielfindung 61 3.2.3.2 Festlegung der Outsourcingstruktur 61 3.2.3.3 Standardisierung der Geschäftsprozesse 63 3.2.3.4 Ressourcenplanung und Personalübergang 65 3.2.3.5 Gestaltung des Vertrags 66 3.2.3.6 Gestaltung des Managements 68 3.2.4 Betriebsphase ........................................................................ 69 3.2.4.1 Formale Steuerungsmechanismen: Steuerung und Kontrolle 70 3.2.4.2 Informale Mechanismen: Vertrauen und Macht 71 3.2.4.3 Informale Mechanismen: Anreize 72 3.2.4.4 Informale Mechanismen: Informationen 73 3.2.4.5 Informale Mechanismen: Konflikte 74 3.2.4.6 Rückintegration und Beendigung des Projekts 74 3.3 Zusammenfassung .............................................................. 75
X
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
4 THEORIEGELEITETE FUNDIERUNG DES VIER-PHASEN-MODELLS.................................................... 77 4.1 Selektion erklärungsfähiger Theorien................................ 78 4.1.1 Neoklassische Sicht............................................................... 79 4.1.2 Industrieökonomie.................................................................. 79 4.1.3 Spieltheorie ............................................................................ 80 4.1.4 Neue Institutionenlehre .......................................................... 81 4.1.4.1 Verfügungsrechtstheorie 82 4.1.4.2 Agenturtheorie 83 4.1.4.3 Transaktionskostentheorie 84 4.1.5 Strategische Management- und Organisationsforschung ...... 85 4.1.5.1 Ressourcenabhängigkeitsansatz 85 4.1.5.2 Ressourcenansatz 87 4.1.5.3 Netzwerkansatz 88 4.1.6 Zusammenfassung ................................................................ 89 4.2 Erklärung der Wirkungsbeziehungen im Konzeptansatz anhand ausgewählter Theorien................ 92 4.2.1 Erklärungsbeitrag der Transaktionskostentheorie.................. 92 4.2.2 Erklärungsbeitrag des Ressourcenansatzes.......................... 99 4.2.3 Erklärungsbeitrag des Netzwerkansatzes............................ 106 4.3 Vier-Phasen-Modell als Erklärungsbasis für den Erfolg des Outsourcings............................................ 117 4.3.1 Einfluss der Strategiephase ................................................. 118 4.3.2 Einfluss der Partnerphase.................................................... 121 4.3.3 Einfluss der Strukturphase ................................................... 121 4.3.4 Einfluss der Betriebsphase .................................................. 121 4.4 Zusammenfassung der Untersuchungshypothesen ...... 123 5 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG.................................................... 127 5.1 Begründung der Untersuchungsmethode....................... 128 5.2 Design der Untersuchung ................................................. 130 5.2.1 Vorgehensweise, Fragebogengestaltung und Überprüfung der Datenerhebung ......................................... 130 5.2.1.1 Schriftlich-postalische Befragung zur Erhebung der Daten 131 5.2.1.2 Gestaltung des Fragebogens 133 5.2.1.3 Überprüfung durch einen Pretest 134 5.2.2 Grundgesamtheit der Befragungsteilnehmer ....................... 135 5.2.3 Rücklauf des Fragebogens .................................................. 138
Inhaltsverzeichnis
5.3 5.3.1 5.3.2 5.3.2.1 5.3.2.2 5.4 5.4.1 5.4.1.1 5.4.1.2 5.4.1.3 5.4.1.4 5.4.2 5.4.2.1 5.4.2.2 5.4.2.3 5.4.2.4 5.4.2.5
XI
Auswertung der Daten....................................................... 140 Univariate Verfahren zur deskriptiven Analyse .................... 140 Bivariate Verfahren zur Überprüfung der Hypothesen ......... 141 Operationalisierung 141 Verwendung der statistischen Verfahren 143 Ergebnisse der Untersuchung.......................................... 146 Deskriptive Analyse ............................................................. 146 Strukturmerkmale der analysierten Unternehmen 146 Generelle Bedeutung von Strategischem Outsourcing 150 Strategie-, Partner-, Struktur- und Betriebsphase 158 Erfolg und Nutzen des Outsourcings 168 Überprüfung der Hypothesen............................................... 172 Strategiephase 172 Partnerphase 192 Strukturphase 201 Betriebsphase 207 Erfolg des Outsourcings 214
6 INTEGRATIVER KONZEPTANSATZ FÜR DAS STRATEGISCHE OUTSOURCING ..................................... 221 6.1 Wirkungszusammenhänge ............................................... 222 6.1.1 Strategie............................................................................... 223 6.1.2 Partner ................................................................................. 226 6.1.3 Struktur ................................................................................ 228 6.1.4 Betrieb.................................................................................. 230 6.2 Outsourcingerfolg.............................................................. 231 7 SCHLUSSBETRACHTUNGEN........................................................ 233 7.1 Zusammenfassung der Ergebnisse ................................. 234 7.2 Kritische Würdigung und weiterer Forschungsbedarf... 236 LITERATURVERZEICHNIS ................................................................. 241 ANHANG ............................................................................................. 267 A 1 Fragebogen zum Strategischen Outsourcing ...................... 268 A 2 Begleitendes Anschreiben ..................................................... 277 A 3 Erinnerungsschreiben zum Fragebogen .............................. 278 A 4 Übersicht über die Literatur des Outsourcings.................... 279 A 5 Liste der angeschriebenen Unternehmen ............................ 289 A 6 Befragte Experten ................................................................... 295 A 7 Codeplan der Untersuchung.................................................. 296
XII
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Verzeichnis der Abbildungen Abbildung 1 Abbildung 2 Abbildung 3 Abbildung 4 Abbildung 5 Abbildung 6 Abbildung 7 Abbildung 8 Abbildung 9 Abbildung 10 Abbildung 11 Abbildung 12 Abbildung 13 Abbildung 14 Abbildung 15 Abbildung 16 Abbildung 17 Abbildung 18 Abbildung 19 Abbildung 20 Abbildung 21 Abbildung 22 Abbildung 23 Abbildung 24 Abbildung 25 Abbildung 26 Abbildung 27
Phasen des Forschungsprozesses nach Ulrich................19 Schematische Darstellung der wissenschaftlichen Vorgehensweise ................................21 Strukturierte Darstellung der Outsourcingbegriffe ............26 Matrix zur Einteilung von Geschäftsprozessen.................35 Outsourcing zwischen Markt und Hierarchie ....................37 Ausprägungsformen des Outsourcings und Anteil am Gesamtbudget der Unternehmensfunktion.................39 Ziele des Outsourcings .....................................................41 Entwurf eines Outsourcing-Modells ..................................49 Vier-Phasen-Modell ..........................................................51 Beziehungsmuster der strategischen Grundsatzentscheidung des Outsourcings.......................56 Anforderungsprofil für Outsourcingpartner .......................59 Festlegung der Outsourcingstruktur .................................62 Hypothesen, abgeleitet aus der Transaktionskostentheorie................................................99 Hypothesen, abgeleitet aus dem Ressourcenansatz .....106 Hypothesen, abgeleitet aus dem Netzwerkansatz..........117 Hypothesen des Outsourcingerfolgs...............................122 Zusammenfassung des Untersuchungsmodells .............125 Branchenzugehörigkeit der analysierten Unternehmen..148 Gründungsjahr der Unternehmen und Firmenzugehörigkeit der Interviewpartner ......................149 Strategie des Outsourcings ............................................151 Formen des Outsourcings ..............................................152 Beispiele aufgeführter Geschäftsprozesse nach gewählter Strategie ................................................155 Zuordnung der Geschäftsprozesse zu den Unternehmensfunktionen....................................156 Dauer der Outsourcingprojekte und Dauer bereits bestehender Verträge .........................................157 Anzahl der involvierten Outsourcinganbieter in den Outsourcingprozess .............................................160 Dauer des Auswahlprozesses bis zur Vertragsunterzeichnung............................................161 Bekanntheitsgrad des Outsourcingpartners ...................162
Verzeichnis der Abbildungen
XIII
Abbildung 28 Ergebnisse des multiplen Regressionsmodells zum Einfluss auf die Erweiterungsstrategie...................179 Abbildung 29 Ergebnisse des multiplen Regressionsmodells zum Einfluss auf die Entlastungsstrategie ......................181 Abbildung 30 Ergebnisse des multiplen Regressionsmodells zum Einfluss auf den Grad des Outsourcings ................189 Abbildung 31 Ergebnisse des multiplen Regressionsmodells zum Einfluss auf den Grad der Partnerzufriedenheit.....197 Abbildung 32 Ergebnisse des multiplen Regressionsmodells zum Einfluss auf das Ausmaß der Strukturkomplexität .205 Abbildung 33 Ergebnisse des multiplen Regressionsmodells zum Einfluss auf die Steuerung und Kontrolle...............212 Abbildung 34 Ergebnisse des multiplen Regressionsmodells zum Einfluss auf den Outsourcingerfolg ........................217 Abbildung 35 Integrativer Konzeptansatz .............................................222 Abbildung 36 Managemententscheidungen in der Strategiephase ......223 Abbildung 37 Managemententscheidungen in der Partnerphase.........227 Abbildung 38 Managemententscheidungen in der Strukturphase ........229 Abbildung 39 Managemententscheidungen in der Betriebsphase .......230 Abbildung 40 Messung des Erfolgs des Outsourcings .........................232
XIV
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Verzeichnis der Tabellen Tabelle 1 Tabelle 2 Tabelle 3 Tabelle 4 Tabelle 5 Tabelle 6 Tabelle 7 Tabelle 8 Tabelle 9 Tabelle 10 Tabelle 11 Tabelle 12 Tabelle 13 Tabelle 14 Tabelle 15 Tabelle 16 Tabelle 17 Tabelle 18 Tabelle 19 Tabelle 20 Tabelle 21 Tabelle 22 Tabelle 23 Tabelle 24 Tabelle 25 Tabelle 26 Tabelle 27 Tabelle 28 Tabelle 29 Tabelle 30
Skizzierung und Beurteilung der Kernaussagen der behandelten Theorien und Ansätze..................................90 Konfiguration von strategischen Netzwerken .................109 Grundgesamtheit der empirischen Erhebung .................137 Rücklauf und Gründe für die Ausfälle .............................138 Repräsentativität der empirischen Erhebung..................139 F-Test .............................................................................144 Signifikanzniveau............................................................145 Größe der Unternehmen nach Umsatz und Anzahl der Mitarbeiter..............................................147 Jahresumsatz der analysierten Unternehmen ................147 Anzahl der Mitarbeiter der analysierten Unternehmen ...147 Position des Interviewpartners........................................150 Mittelwert und Standardabweichung der Strategie des Outsourcings ......................................151 Grad des Outsourcings...................................................153 Anzahl der Outsourcingprojekte .....................................157 Anzahl der Entscheidungen gegen das Outsourcing......158 Anforderungsprofil des Outsourcingpartners ..................159 Anzahl der Outsourcingpartner.......................................162 Vertragsvolumen des Outsourcingprojekts.....................163 Branche des Partnerunternehmens................................163 Ort der Leistungserstellung.............................................164 Regelungsaspekte des Outsourcingvertrags..................165 Allgemeine strukturelle Angaben ....................................166 Eignung der Instrumente zur Steuerung und Kontrolle...167 Bedeutung der Ziele für den Projekterfolg ......................169 Einsparpotenzial und Personalabbau .............................169 Bedeutung der Ziele für den Unternehmenserfolg..........170 Gesamtbeurteilung des Outsourcings von Geschäftsprozessen ................................................171 Prozentuale Steigerungsrate der Ausgaben für Outsourcing in mehr als drei Jahren..........................171 Operationalisierung der strategischen und operativen Bedeutung..............................................174 Operationalisierung der wissensund eigentumsbasierten Ressourcen .............................175
Verzeichnis der Tabellen
Tabelle 31 Tabelle 32 Tabelle 33 Tabelle 34 Tabelle 35 Tabelle 36 Tabelle 37 Tabelle 38 Tabelle 39 Tabelle 40 Tabelle 41 Tabelle 42 Tabelle 43 Tabelle 44 Tabelle 45 Tabelle 46 Tabelle 47 Tabelle 48 Tabelle 49 Tabelle 50 Tabelle 51 Tabelle 52 Tabelle 53 Tabelle 54 Tabelle 55 Tabelle 56 Tabelle 57 Tabelle 58
XV
Operationalisierung der Erweiterungsstrategie und Entlastungsstrategie ................................................176 Ergebnisse der Korrelationen zum Einfluss auf die Erweiterungs- und Entlastungsstrategie .............178 Mittelwertvergleiche der eingesetzten Ressourcen vom Unternehmen und Partner ......................................182 Operationalisierung der Unsicherheit .............................185 Operationalisierung der Faktorspezifität .........................185 Operationalisierung der Transaktions- und Produktionskosten ..........................................................186 Operationalisierung des Grads des Outsourcings ..........187 Ergebnisse der Korrelationen zum Einfluss auf den Grad des Outsourcings......................................188 Operationalisierung des Partner Fits ..............................193 Operationalisierung der Fähigkeiten der Dienstleister ....194 Operationalisierung des Vertrauens ...............................195 Operationalisierung der Ressourcenvorteile...................195 Operationalisierung des Grads der Partnerzufriedenheit196 Ergebnisse der Korrelationen zum Einfluss auf den Grad der Partnerzufriedenheit ...........................196 Erfüllbarkeit der Fähigkeiten des Anbieters ....................198 Operationalisierung des Grads der Standardisierung.....202 Operationalisierung der Häufigkeit .................................202 Operationalisierung des Ausmaßes der Strukturkomplexität .........................................................203 Ergebnisse der Korrelationen zum Einfluss auf das Ausmaß der Strukturkomplexität........................204 Wichtigkeit der Standardisierung ....................................206 Operationalisierung der Informationspolitik ....................208 Operationalisierung der Machtverteilung ........................209 Operationalisierung der Anreize .....................................210 Operationalisierung des Ausmaßes der Steuerung und Kontrolle...........................................211 Ergebnisse der Korrelationen zum Einfluss auf die Steuerung und Kontrolle .....................................211 Operationalisierung des Outsourcingerfolgs...................215 Ergebnisse der Korrelationen zum Einfluss auf den Outsourcingerfolg ..............................................216 Einsatz der Partnerressourcen .......................................218
1
Einleitung Die Umweltunsicherheit steigt; der internationale Wettbewerb nimmt zu. Outsourcing wird als Chance begriffen, diesen Herausforderungen gerecht zu werden. Immer häufiger übergeben deshalb Unternehmen ganze Geschäftsprozesse einem Wertschöpfungspartner mit der Folge, dass sich Unternehmensgrenzen auflösen und neue Formen der Organisation entstehen. In den Outsourcingprojekten kommt es darauf an, geeignete Strategien, Partner, Kooperationsformen und Vorgehensweisen zu finden. Im Folgenden werden zunächst die Problemstellung, der Stand der Forschung und die Zielsetzung der Arbeit vorgestellt. Im Anschluss wird die wissenschaftliche Methodik erläutert und der Gang der Untersuchung aufgezeigt.
2
1.1
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Problemstellung
1.1.1 Entwicklung des Outsourcings Die steigende Umweltunsicherheit und erhöhter Wettbewerb verlangen veränderte Formen der Organisation. Unternehmensgrenzen lösen sich auf, wodurch die Interaktion in der betrieblichen Zusammenarbeit zunimmt. Traditionelle Organisationsformen werden verworfen oder weiterentwickelt. Immer häufiger werden ganze Geschäftsprozesse einem Wertschöpfungspartner übergeben. Outsourcing wird als Chance begriffen, diesen Herausforderungen gerecht zu werden, und gilt heute als eines der „bedeutendsten Organisationskonzepte“.1 Als Form der Organisationsgestaltung hat sich Outsourcing in den vergangenen Jahrzehnten grundlegend gewandelt. In den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts gingen Unternehmen dazu über, entweder bei Eigenfertigung die Produktivität und Effizienz von Bereichen zu steigern oder bei Fremdbezug (Make-or-buy) die Leistungen aus Kostengesichtspunkten an Fremdunternehmen zu vergeben. Unter dem Aspekt der Produktivitätssteigerung konzentrierten sich die Vorreiter wie Taylor (Reorganisation der Prozesse) und Ford (Erfindung des Fließbandes) auf die Arbeitsteilung und Spezialisierung. Die Steigerung der Effektivität und der Effizienz in den Unternehmen konnte durch Schematisieren der Arbeitsschritte erreicht werden.2 Kennzeichnend sind die hochgradige Arbeitsteilung, die Zentralisierung von Kooperation und Kontrolle sowie die vertikale und horizontale Integration der Unternehmen.3 In dieser Zeit der permanenten Produktivitätssteigerung und Kostensenkung findet man die ersten Outsourcingmaßnahmen vornehmlich in Bereichen der Produktion und Fertigung.4 Beispielsweise lagerten Großunternehmen bereits in den 50er Jahren aus Kostengründen Leistungen wie zum Beispiel Druckarbeiten, Logistik und Tischler-Fertigungen aus.5 Bis Ende der 80er Jahre waren Unternehmen zunehmend in diversifizierten Geschäftsfeldern tätig. Das Produktportfolio wurde ausgedehnt mit dem Ziel, Ausfälle in einem Geschäftsbereich durch expandierende Einheiten zu kompensieren.6 Dies verursachte Probleme: So stiegen die Kosten, die Komplexität der 1 2
3 4 5 6
Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 642. Vgl. Fink/Köhler/Scholtissek (2004), S. 26 ff; vgl. auch Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 23 f; Dittrich/Braun (2004), S. 1 f. Vgl. Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 8 f. Vgl. Schmitt (1951) und Klinger (1954). Vgl. Hodel/Berger/Risi (2004), S. 24. Vgl. Prahalad/Hamel (1991), S. 66.
Problemstellung
3
Wertschöpfungskette nahm zu, und der internationale Wettbewerb wurde intensiver. Make-or-buy-Entscheidungen wurden zunehmend nicht mehr nur unter reinen Kostengesichtspunkten, sondern in einem strategischen Kontext betrachtet.7 Zusätzlich griff die Auslagerung vom industriellen auf den Dienstleistungssektor über, da der Vorteil der externen Vergabe einer Funktion oder eines Prozesses an einen Dienstleister gegenüber der internen Ausübung einer Tätigkeit erkannt wurde.8 Seit den 90er Jahren besinnen sich Unternehmen vermehrt auf die strategischen Faktoren ihrer Geschäftstätigkeit und konzentrieren sich auf ihre Stärken (Kernkompetenzen). Dies hat zur Folge, dass immer mehr Randaktivitäten darauf überprüft werden, ob sie nicht effizienter und effektiver durch einen (externen) Markt erbracht werden können. Prozesse, die nicht zu dem Kerngeschäft einer Unternehmung gehören und gegenüber den vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsstufen klar abgegrenzt sind, gelten als Outsourcingkandidaten. Die Informationstechnologie weist diese Eigenschaften auf und war in den 90er Jahren der klassische Vorreiter für Outsourcing ganzer Geschäftsprozesse. Als Meilenstein hierfür wird in der Literatur die Entscheidung von Eastman Kodak aus dem Jahr 1989 genannt, bei der die gesamte Informationsverarbeitung ausgelagert wurde.9 Heutzutage wird unter Outsourcing nicht nur die Vergabe von Leistungen verstanden, sondern auch die gemeinsame Fertigung von Produkten durch Wertschöpfungspartnerschaften, um die eigene Wertschöpfungstiefe zu verringern. Dabei werden alle Geschäftsprozesse eines Unternehmens in Bezug auf ihre Outsourcingfähigkeit einer kritischen Überprüfung unterworfen. Die Ziele von Outsourcing gehen heute über die bloße Senkung der Kosten weit hinaus. Vielmehr sollen Risiken vermindert und Finanzierungskonzepte optimiert sowie die eigene Wertschöpfung gesteigert werden.10 Damit hat Outsourcing eine strategische Qualität erhalten.
7 8 9 10
Vgl. Bacher (2000), S. 1; Horchler (2004), S. 16 f. Vgl. Bacher (2000), S. 1; Theurl (2003), S. 11. Vgl. Knolmayer/Heinzl/Hirschheim (2003), S. 105; Jouanne-Diedrich (2004), S. 125. Vgl. u. a. Nettesheim/Grebe/Kottmann (2003), S. 24 ff; Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 23; Theurl (2003), S. 12 ff; Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 644; Beer (1998), S. 1 ff; Riedl (2003), S. 6 ff; Schätzer (1999), S. 43; Fink/Köhler/Scholtissek (2004), S. 33 ff.
4
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
1.1.2 Ausgangslage Outsourcing übt seit einigen Jahren in der Theorie und Praxis eine ungebrochene Anziehungskraft aus. Outsourcing soll nach allgemeinem Verständnis den Unternehmungen die Anpassung an eine veränderte Umwelt ermöglichen mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu verbessern.11 Auslöser für die Zunahme von Outsourcing sind die sich dynamisch verändernde Unternehmensumwelt, die Intensivierung des Wettbewerbs, die Globalisierung, die Beschleunigung der Technologieentwicklung und das Versagen des Markt-HierarchieKontinuums. Damit einher geht die Entwicklung von Kooperation und Netzwerken.12 So entstehen unternehmensübergreifende Wertschöpfungsketten, wobei die Leistungstiefe abnimmt, die Spezialisierung steigt und die gesamtwirtschaftliche Arbeitsteilung zunimmt.13 Als Folge werden die Organisationsgrenzen der betroffenen Unternehmen verschoben, so dass neue und flexible organisierte Einheiten entstehen. Die strategische Bedeutung von Outsourcing einerseits sowie Anforderungen unternehmensübergreifender Strukturen andererseits erfordern daher Maßnahmen, strukturelle Schwächen einer Überkomplexität zu reduzieren und gleichzeitig die Kernkompetenzen im Unternehmen aufzubauen.14 Die Herausforderung des Outsourcings liegt also darin, dass die kooperierenden Unternehmen ihre jeweiligen Kernkompetenzen langfristig und verbindlich verknüpfen. Als Resultat bilden sich neue Formen unternehmerischen Verhaltens, die zu drei strategischen Anpassungsmechanismen zusammengefasst werden können:15 • Reduzierung der Leistungstiefe durch Konzentration auf das Kerngeschäft, • Flexibilisierung durch Bildung konkurrenzfähiger Einheiten und • unternehmensübergreifende Zusammenarbeit durch gemeinsame Wertschöpfung. Seit einigen Jahren ist zu beobachten, dass zunehmend Geschäftsprozesse fremdvergeben werden. Konzentrierten sich die Outsourcingtätigkeiten in den 90er Jahren insbesondere auf die Unternehmensfunktion Informationstechnologie, werden heute aus nahezu allen Bereichen Prozesse fremdvergeben. Hierzu 11 12
13 14 15
Vgl. Frese/Lehmann (2000), S. 208-212. Vgl. Theurl (2003), S. 34; Ortmann/Sydow (2003), S. 897; Frese/Lehmann (2000), S. 208-212; Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 8-15; Picot/Reichwald/Wignand (2003), S. 2; Zentes/Swoboda/Morschett (2003), S. 823-827. Vgl. Theurl (2003), 20 ff; Frese/Lehmann (2000), S. 212. Vgl. Bruch (1998), S. 6-7. Vgl. Dittrich/Braun (2004), S. 2; Weidner (2000), S. 15-17; Bruch (1998), S. 5; Beer (1998), S. 1; Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 644.
Problemstellung
5
zählen interne Geschäftsprozesse aus den Bereichen Personal, Einkauf, Logistik, Finanz- und Rechnungswesen wie auch zunehmend branchenspezifische Kernprozesse.16 Es wird also immer häufiger der Prozessorganisation Vorrang gegenüber der funktionsbezogenen Strukturierung gegeben.17 Dabei werden traditionelle Strukturen im Rahmen von Unternehmensgrenzen zunehmend aufgelöst.18 Picot/Reichwald/Wignand (2003) argumentierten in diesem Zusammenhang: „Die klassischen Grenzen der Unternehmung beginnen zu verschwimmen, sich nach innen wie nach außen zu verändern, teilweise sich aufzulösen.“19 Outsourcing hat neben der organisatorischen auch eine strategische Dimension, da es als ein Mittel angesehen wird, sich an die dramatisch veränderten Markt- und Wettbewerbsbedingungen anzupassen. Infolge der dynamischen Markt- und Wettbewerbsveränderungen kann Outsourcing nur dann sinnvoll eingesetzt werden, wenn es mit den strategischen Unternehmenszielen in Einklang gebracht wird. Für Großunternehmen gilt Outsourcing beispielsweise als sinnvolle Strategie zur Steigerung des Unternehmenswertes.20 Es geht hierbei um einen strategischen Wandel der organisatorischen Ausrichtung von Unternehmen. Unternehmen müssen, wie Drumm (1996) es formulierte, dem „Paradigma der neuen Dezentralisation“21 gerecht werden; dies kann mit Hilfe von Outsourcing gelingen kann. 1.1.3 Bedeutung des Outsourcings und Forderungen an die Wissenschaft Im Vorfeld der vorliegenden Arbeit wurden Gespräche mit Experten aus der Praxis geführt, die dem Outsourcing eine hohe Bedeutung für den strategischen Erfolg von Unternehmen bescheinigen.22 Diese Ansicht wird auch in aktuellen Studien vertreten.
16
17 18 19 20
21 22
Vgl. u. a. Dittrich/Braun (2004); Wullenkord/Kiefer/Sure (2004); Zahn/Soehnle (1996); Jetter (2004); Nettesheim/Grebe/Kottmann (2003); Ramachandran/Voleti (2004); Willcocks/Hindle/Feeny/Lacity (2004); Riedl (2003); Bruch (1998); Battenstein (2003); Feeny/Willcocks/Lacity (2003). Vgl. Ortmann/Sydow (2003), S. 897. Vgl. Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 8-15; Wolf/Mayer-Ahuja (2002), S. 198. Picot/Reichwald/Wignand (2003), S. 2. Vgl. u. a. Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 106; Dibbern/Heinzl/Leibbrandt (2003), S. 537; vgl. hierzu auch einen ähnlichen Fokus der Untersuchung bei Zahn/Soehnle (1996), Bacher (2000), Schott (1997), Nagengast (1997), Kinkel/Jung/Lay (2002). Drumm (1996), zitiert in Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 642. Vgl. hierzu Liste der befragten Experten im Anhang A 6.
6
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Schon heute erreicht Outsourcing einen bedeutenden Umfang. Hermes/Schwarz (2005) von Deloitte gaben an, dass das Marktvolumen von OutsourcingDienstleistungen im Jahr 2008 bereits 16,2 Milliarden Euro betragen werde.23 Die Deutsche Bank hat kürzlich mit IBM einen Outsourcingvertrag über 2,5 Milliarden Euro abgeschlossen. Bei einer Vertragslaufzeit von zehn Jahren werden Rechenzentren in Europa ausgelagert und 900 Mitarbeiter vom Dienstleister übernommen. Diese Infrastruktur wird in die Geschäftsprozesse der Deutschen Bank integriert. Die Einsparungen der Deutschen Bank während der Vertragslaufzeit werden auf eine Milliarde Euro geschätzt.24 Die Deutsche Bank lagert ebenfalls Geschäftsprozesse an Accenture aus, die die weltweite Beschaffung sowie die Kreditorenbuchhaltung mit einem Einkaufsvolumen von rund 7 Milliarden Euro betreffen.25 EDS wickelt für Infineon Personalprozesse mit einem Volumen von ungefähr 45 Millionen Euro über zehn Jahre ab, während die Postbank für die Deutsche Bank und Dresdner Bank die Abwicklung des gesamten Zahlungsverkehrs von insgesamt 5,3 Milliarden Transaktionen jährlich übernimmt.26 Procter & Gamble haben mitgeteilt, 80 Prozent ihrer Verwaltungsfunktion, also rund 5700 Mitarbeiter beispielsweise aus den Bereichen Rechnungswesen, Personalverwaltung oder des Reisemanagements an den externen Dienstleister IBM zu vergeben. Die Serviceleistungen für fast 98.000 Procter & Gamble-Beschäftigte werden weltweit in knapp 80 Ländern erbracht.27 Weitere Auslagerungen von Großunternehmen erfolgen nach ähnlichen Mustern. Für die Zukunft gehen Experten davon aus, dass die jährlichen Wachstumsraten im Outsourcingmarkt in den nächsten Jahren doppelt so hoch sein werden wie die des deutschen Marktes für Informationstechnologie insgesamt.28 Das Marktforschungsinstitut NelsonHall (2005) prognostiziert für das Outsourcing von Geschäftsprozessen ein Wachstum von ungefähr 10 Prozent jährlich und für 2005 Ausgaben von rund 7,1 Milliarden Dollar allein in Deutschland.29 Angesichts der Bedeutung von Outsourcing wünschen sich die befragten Experten30 von der Wissenschaft mehr Erkenntnisse über die Wirkungszusammenhän23
24 25 26 27 28 29 30
Vgl. Hermes/Schwarz (2005), S. 15 f; vgl. hierzu auch Jetter (2004), S. B6 und Schneidereit (2004). Vgl. Dittrich/Braun (2004), S. 24. Vgl. Wullenkord/Kiefer/Sure (2004); S. 8 f. Vgl. Dittrich/Braun (2004), S. 24. Wullenkord/Kiefer/Sure (2004); S. 1. Vgl. Köhler-Forst (2000), S. 5 ff. Vgl. NelsonHall (2005). Vgl. hierzu Liste der befragten Experten im Anhang A 6.
Problemstellung
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ge und Erfolgswirkungen in Outsourcingprojekten. Vor allem sollte das Outsourcing von Geschäftsprozessen untersucht werden, die, wie dargestellt, schon heute und noch vermehrt in der Zukunft ausgelagert werden. Die Experten regten an, die Untersuchung am Beispiel von Großunternehmen durchzuführen, da diese untereinander vergleichbar sind und tendenziell eher vom Outsourcing betroffen sind als klein- oder mittelständische Unternehmen. Zudem könnten Großunternehmen aufgrund des Wettbewerbsdrucks und der erforderlichen Ressourcen eher Wettbewerbsvorteile realisieren und verlagerten häufiger Geschäftsprozesse.31 Allgemein ist es das Desiderat der Praxis, die Bedingungen, die die Grundsatzentscheidung für oder gegen das Outsourcing von Geschäftsprozessen beeinflussen, sowie die Wahl der Outsourcingstrategie, die Entscheidung über den Umfang der auszulagernden Prozesse und die Wahl des Partners zu analysieren. Darüber hinaus wünscht man sich die Klärung der Frage, wie die zwischenbetriebliche Zusammenarbeit wirkungsvoll strukturiert und organisiert werden kann: Wie kann die Outsourcingstruktur effizient gestaltet werden? Wie können die netzwerkartigen Formen der Zusammenarbeit zwischen den Partnerunternehmen gesteuert und kontrolliert werden? Zudem erwartet man zu klären, welche Faktoren zum Erfolg eines Outsourcingprojekts und damit zum Unternehmenserfolg beitragen. Aus diesen Anforderungen kann ein offensichtlicher Bedarf für einen integrativen Konzeptansatz32 für Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen abgeleitet werden. In der Wissenschaft und in der Praxis werden Konzeptansätze formuliert, die dem strategischen Management helfen sollen, Veränderungen in komplexen, vernetzten Umfeldern erfolgreich zu bewältigen. Angesichts der Komplexität von Outsourcing ist der Konzeptansatz so zu strukturieren, dass er die vielfältigen Überlegungen, Entscheidungen und Maßnahmen in einen systematischen Zusammenhang bringt, ihr Zusammenwirken beschreibt und die Einflüsse auf die einzelnen Aktivitäten sowie den Erfolg eines Outsourcingprojekts aufzeigt. Bislang konnten aus wissenschaftlicher Sicht nur wenige Erkenntnisse bezüglich des Verhaltens beim Outsourcing von Geschäftsprozessen gewonnen werden. Angesichts der großen betriebswirtschaftlichen und strategischen Bedeutung von Outsourcing ist es das Anliegen dieser wissenschaftlichen Ausarbeitung,
31
32
Neben den Expertenmeinungen zeigen folgende Arbeiten vergleichbare Betrachtungsschwerpunkte: u. a. Zahn/Soehnle (1996); Bacher (2000); Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003); Schott (1997); Nagengast (1997); Kinkel/Jung/Lay (2002). Vgl. Hahn (2000), S. 32 ff; Eschenbach/Eschenbach/Kunesch (2003), Vorwort; vgl. hierzu auch Müller/Prangenberg (1997), S. 106-114.
8
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
einen Konzeptansatz zu erarbeiten, der den Anforderungen der Praxis gerecht wird. Derartiges existiert bisher allenfalls in Ansätzen. Die Unzulänglichkeit der Literatur in Bezug auf den Erkenntnisbedarf der Praxis wird im Folgenden am Stand der Outsourcing-Forschung dargelegt.
1.2
Stand der Outsourcing-Forschung
Die starke Zunahme von Outsourcingtätigkeiten in der Wirtschaftspraxis hat dazu geführt, dass sich eine nahezu inflationäre Anzahl an Beiträgen zum Themenbereich Outsourcing diesem Phänomen zuwendet.33 Auslöst wurde die wissenschaftliche Diskussion einerseits vom Bereich der Wirtschaftsinformatik und andererseits von Forschern angelsächsischer Länder. Bekannte Vertreter sind unter anderem Lacity, Willcocks, Feeny und Hirschheim. Im deutschsprachigen Raum sind Autoren wie Knolmayer, Heinzl und Dibbern zu nennen. Trotz der Vielfalt dieser Veröffentlichungen ist der bisherige Erkenntnisstand zur Outsourcing-Forschung von Geschäftsprozessen unbefriedigend. Untersuchungen, die die Wirkungszusammenhänge im Outsourcing und deren Erfolgswirkung systematisch darstellen und durch empirisch gesicherte Erkenntnisse belegen, sind Mangelware. Die Lücke soll durch diese Untersuchung geschlossen werden. Matiaske/Mellewigt (2002a) formulierten zum Stand der OutsourcingForschung, dass „die empirische Fundierung des Outsourcingphänomens trotz seiner Popularität in Wirtschaft und Wissenschaft stark defizitär ist“.34 Ebenso führte Theurl (2003) aus, dass „neben der anekdotischen Evidenz […] jedoch keine umfassenden empirischen Studien über den Anteil erfolgreicher Outsourcing-Projekte“ existierten.35 Ziel dieses Abschnittes ist es daher, Defizite im Stand der Outsourcing-Forschung aufzuzeigen. Die Anzahl der Veröffentlichungen zum Themenkreis Outsourcing ist in den letzten Jahren beträchtlich gestiegen. Herangezogen wurden Publikationen in ausgewählten Fachzeitschriften seit 1990;36 ebenso Sammelwerke, Lehrbücher, 33
34 35 36
Vgl. Knolmayer/Mittermayer (2003), S. 621 ff; Jouanne-Diedrich (2004), S. 125 ff. Matiaske/Mellewigt (2002b), S. 273 ff; Dibbern (2004), S. 25; Knolmayer/Heinzl/Hirschheim (2003), S. 105. Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 654. Theurl (2003), S. 12; vgl. hierzu auch Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 14. Zeitschriften, die unter anderem recherchiert wurden, sind: „Der Betriebswirt“ (BW), „Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis“ (BFuP), „Die Betriebswirtschaft“ (DBW), „Information & Management“ (I&M), „Journal of Business“ (JoB), „Journal of Information Technology“ (JIT), „Journal of Management“ (JoM), „Strategic Manage-
Stand der Outsourcing-Forschung
9
Monografien, praxisorientierte Publikationen wie zum Beispiel Managementhandbücher sowie Veröffentlichungen von Marktforschungsinstituten und Outsourcing-Dienstleistern. Hier findet man zum Thema Outsourcing eine inflationäre Anzahl an Beiträgen.37 Bei Eingrenzung auf das Thema „Outsourcing von Geschäftsprozessen“ schrumpft die Zahl der Beiträge drastisch.38 Führt man, ähnlich wie in dem Beitrag von Knolmayer/Mittermayer (2003), eine Analyse der Literaturdatenbank Business Source Premier39 mit dem Begriff Outsourcing durch, erhält man bei der Volltextsuche 17.278 verfügbare Dokumente. Der Begriff Business Process Outsourcing hingegen führt nur zu 436 Treffern (Volltextsuche). Dies entspricht einer Quote von 40:1.40 Ähnlich ist das Verhältnis der Trefferquoten für deutsche Datenbanken wie zum Beispiel „wiso-net“.41 Hingegen weisen die Quoten von Publikationen bei Online-Buchdiensten42 beziehungsweise bei der Suchmaschine „Google“43 im Internet ein Verhältnis von 10:1 auf.44 Die Recherche und die Auseinandersetzung mit der wissenschaftlichen und Management-Literatur ergeben das folgende Bild: • Literatur zu den Inhalten des Outsourcings von Geschäftsprozessen, also Entscheidungen und Maßnahmen, die im Rahmen von Outsourcingprojekten zu treffen sind: Hier dominiert eindeutig die praxisrelevante Management-Literatur gegenüber der wissenschaftlichen Literatur, und es besteht eine einseitige Konzentration auf einzelne, ausgewählte inhaltliche Schwerpunkte.
37 38 39
40 41
42
43 44
ment Journal“ (SMJ), „Wirtschaftsinformatik (WI), „Zeitschrift für Betriebswirtschaft“ (ZfB), „Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung“ (ZfbF), „Zeitschrift für Führung und Organisation“ (ZfO). Vgl. Knolmayer/Mittermayer (2003), S. 621. Vgl. Riedl (2003), S. 7. Business Source Premier (BSP) ist die weltweit umfangreichste Volltextdatenbank für den Bereich Wirtschaftswissenschaften und läuft unter dem EBSCO-Host. Trefferquote abgefragt am 02. Dezember 2004. „wiso-net“ ist die größte deutschsprachige Zusammenstellung von Literaturnachweisen zu Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Internetseite: www.eurobuch.com; Eurobuch ist ein übergreifender Online-Buchdienst, der bei mehr als 20 Buchdiensten (u. a. Amazon.com) recherchiert. Internetseite: www.google.com. Trefferquote abgefragt am 02. Dezember 2004: Der Begriff Outsourcing zeigt bei Google fast sechs Millionen Treffer an. Business Process Outsourcing hingegen hat nur 720.000 Treffer. Vgl. hierzu auch Knolmayer/Mittermayer (2003), S. 622.
10
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
• Empirische Untersuchungen: Es gibt bisher kaum wissenschaftlich empirische Arbeiten, die die Wirkungszusammenhänge von Aktivitäten im Rahmen von Outsourcingprojekten sowie deren Auswirkungen auf den Erfolg beziehungsweise Misserfolg des Outsourcings messen. • Literatur zur theoretischen Begründung des Outsourcings: Sofern überhaupt betriebswirtschaftliche Theorien zur Erklärung des Outsourcings verwendet werden, werden unterschiedliche Theorien für ähnliche Sachverhalte herangezogen, so dass kein eindeutiger Zusammenhang zu erkennen ist. 1.2.1 Disparate Inhalte Bei den inhaltlich geprägten Veröffentlichungen handelt es sich in den meisten Fällen um praxisorientierte Publikationen deskriptiver Natur, die einen empirischen sowie einen theoretischen Hintergrund vermissen lassen. Dieser Literatur kann vier Kategorien zugeordnet werden: 1. Beschreibung des OutsourcingPhänomens durch Ziele, Risiken und Formen, 2. Darstellungen zum Outsourcingprozess, 3. Gesichtspunkte der Outsourcing-Organisation und 4. Beiträge, die einen ganzheitlichen Blick auf das Outsourcing werfen. (1) Zur ersten Kategorie zählen Publikationen, die die Vorteile des Outsourcings meist ohne methodisch-wissenschaftliche Fundierung herausstellen. Die Autoren beschränken sich oft auf die Beschreibung von Zielen, Risiken und Formen von Outsourcing, ergänzt durch Fallbeispiele und Erfahrungsberichte. Die Berichte werden während oder nach praktischer Tätigkeit im Unternehmen oder bei Outsourcingkunden dokumentiert und lassen häufig eine kritische Evaluierung vermissen.45 Matiaske/Mellewigt (2002a) fügten an, dass die Publikationen meist „pauschalisierende Aufsätze“ seien, „die die Vorteile des Outsourcings unter Bezugnahme auf weitere Schlagworte wie ‚Verschlankung’, ‚Kernkompetenzen’ oder ‚Marktdruck’ […] herausstellen“.46 Zudem weisen in der wissenschaftlichen Literatur nur einige Beiträge auf einen direkten, inhaltlichen Bezug zum Outsourcing von Geschäftsprozessen hin.47 (2) Die zweite Kategorie der Veröffentlichungen konzentriert sich entweder auf einzelne Phasen des Outsourcingprozesses oder auf den Prozess eines Teilaspektes des Outsourcings. Als Phasen des Outsourcingprozesses sind jene Ak45 46 47
Vgl. Jouanne-Diedrich (2004), S. 126. Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 643. Vgl. Riedl (2003); Bruch (1998); Zahn/Soehnle (1996); Nettesheim/Grebe/Kottmann (2003); Ramachandran/Voleti (2004); Willcocks/Hindle/Feeny/Lacity (2004); Battenstein (2003); Feeny/Willcocks/Lacity (2003).
Stand der Outsourcing-Forschung
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tivitäten zu nennen, die zum Beispiel die strategische Entscheidung48 oder die Steuerung und Kontrolle49 betreffen. Der Prozess eines Teilaspektes betrifft unter anderem Rechtsfragen,50 die Vertragsgestaltung,51 oder weiche Faktoren wie Anreize, Vertrauen und Macht.52 (3) Die dritte Kategorie der Beiträge konzentriert sich auf Organisationsschwerpunkte. Hier wird ein Bezug zu Kooperationen, Allianzen, Netzwerken oder virtuellen Unternehmungen53 hergestellt. Outsourcing kann auch aus Organisationssicht als Konzept zur Unternehmensrestrukturierung, als Neugestaltung der Unternehmensgrenzen oder als vertikale Integration54 aufgefasst werden. Einige Autoren ordnen Outsourcing in die Wertschöpfungsbereiche ein, wie zum Beispiel Personalarbeit, Produktion und Marketing.55 Insbesondere ist der Bereich der Informationsverarbeitung zu erwähnen.56 Des Weiteren wenden
48
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55
56
Vgl. u. a. Baur (1990); Herff (2002); Kang (2002); Krönes (2002); Fischer (1994); Picot/Hardt (1998); Schätzer (1999); Warschburger/Hans (1998); Reichmann/Palloks (1995); Gross (1969); Rasch (1968); Fröhling (1995). Vgl. Frese/Lehmann (2000), S. 217-232; vgl. auch Siber/Guth (2003). Vgl. u. a. Horchler (1996); Söbbing (2002); Simon (2004); Sommerlad (2000); Niebling (2002); Schrey (2004); Sommerlad (2000); Zerres (1997); Zerres/Zerres (2002 und 2003); Balze (2002). Vgl. u. a. Niebling (2002); Picot/Ertsey (2004); Schrey (2004); Sommerlad (2000); Eberl (2002); Schrey (2004); Scholtissek (2004); Fink/Köhler/Scholtissek (2004); Hellerforth (2004); Mayer/Söbbing (2004); Köhler-Frost (2000); Gründer (2004a); Achenbach/Moormann/Schober (2004); Wißkirchen (1999); Söbbing (2002). Vgl. u. a. Eberl (2002); Scholtissek (2004); Picot/Ertsey (2004); Fink/Köhler/Scholtissek (2004); Hellerforth (2004); Mayer/Söbbing (2004); Achenbach/Moormann/Schober (2004). Vgl. u. a. Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003); Schläfli, J. (2003); Ortmann/Sydow (2001); Sydow (1992 und 2003); Sydow/Windeler (2000). Vgl. u. a. Frese/Lehmann (2000); Duschek/Ortmann/Sydow (2001); Matiaske/Mellewigt (2002a und 2002b); Zentes/Swoboda/Morschett (2003b); Picot/Hardt (1998); Picot/Maier (1992); Heibel (2000); Hellinger (1999); Hinterhuber/Stuhec (1997); Hirzel (1999); Scholz (2004). Vgl. u. a. Meckl (1999 und 2001); Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003); Geishecker (2002); Scholz (2004); Schott (1997); Lamers (1998); Schott (1997); Bacher (2000). Vgl. u. a. Dibbern/Heinzl (2001); Dibbern/Heinzl/Leibbrandt (2003); Heinzl (1991 und 2003b); Hirschheim/Lacity (2002); Hirschheim/Heinzl/Dibbern (2002); Knolmayer/Heinzl/Hirschheim (2003); Lacity/Willcocks (2003); Loh/Venkatraman (1992).
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Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Verfasser Outsourcing auf verschiedene Branchen an, wie zum Beispiel die Automobilbranche, Banken und Immobilienwirtschaft.57 (4) Arbeiten der vierten Kategorie versuchen, funktionale, organisatorische und mitarbeiterbezogene Aspekte miteinander zu integrieren. Nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen leisten einen direkten Bezug zum Prozess der Wertschöpfungskette im Unternehmen. Die Arbeiten von Bruch (1998), Beer (1998) und Dibbern (2004) analysieren zugleich die ganzheitliche Sicht des Strategischen Outsourcings und weisen Ansätze für die Entwicklung eines Konzeptansatzes auf. Hier sind ebenfalls die Arbeiten von Dittrich/Braun (2004), Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), Wullenkord/Kiefer/Sure (2004) und Hermes/Schwarz (2005) zu nennen. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Publikationen je nach ihrer Perspektive Outsourcing ganz unterschiedlich fassen. Ohne Einbeziehung von theoretischen und empirischen Erkenntnissen werden immer neue Formen, Arten und Funktionen des Outsourcings beschrieben.58 Damit gilt auch heute noch das von Matiaske/Mellewigt (2002a) festgestellte Defizit: „Untersuchungen zur effizienten Gestaltung von Strategien und zum Erfolg fehlen bislang weitgehend.“59 1.2.2 Methodische Mängel empirischer Untersuchungen Empirische Untersuchungen erfordern eine systematische Erfassung und Analyse objektiv erhobener Daten, die durch „theoretisch formulierte Annahmen an der spezifischen Wirklichkeit überprüft werden“.60 Empirische Daten können entweder qualitativ durch gedankliche Analyse (Befragung durch Interviews) oder quantitativ durch Datenerhebung mit anschließender statistischer Auswertung (schriftliche Befragung) ermittelt werden.61 Soll der Erfolg des Outsourcings gemessen werden, ist es erforderlich, eine Kausalstruktur auf der Basis von theoretischen Überlegungen aufzustellen, um die Zielkriterien und den Erfolg messen zu können.62 Dadurch können erfolgreiche von weniger erfolgrei57
58
59 60 61
62
Vgl. u. a. Achenbach/Moormann/Schober (2004); Schober (2004); Accenture (2003a); Hellerforth (2004); Sjurts/Stieglitz (2004); Fischer (1994); Baur (1990); Eichelmann/Schneidereit/Dosis (2004). Vgl. u. a. Scholtissek (2004); Fink/Köhler/Scholtissek (2004); Hellerforth (2004); Schott (1997); Meckl (1999); Zahn/Soehnle (1996). Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 654. Attestlander (2003), S. 5 Vgl. Haenecke (2001), S. 40-57; Attestlander (2003), S. 79 ff; Grünig/Heckner/Zeus (1996), S. 10. Vgl. auch Backhaus et al. (2003), S. 46 ff.
Stand der Outsourcing-Forschung
13
chen Unternehmen getrennt werden, um dann festzustellen, ob eine Variable einen Erfolgsfaktor darstellt. (1) Die Mehrzahl der Arbeiten zum Outsourcing von Geschäftsprozessen ist nicht-empirisch und konzentriert sich im Wesentlichen auf die Darstellung von Häufigkeiten oder Wahrnehmungsdaten.63 Anhand von subjektiven oder praxisrelevanten Erklärungsansätzen werden häufig die Vorteile des Outsourcings den Nachteilen gegenübergestellt. Daraus versucht man einen Katalog von Erfolgsfaktoren abzuleiten. Die Arbeiten von Dittrich/Braun (2004) und Wullenkord/ Kiefer/Sure (2004) gehören zwar auch zu dieser Gruppe. Sie sind aber positiv abzugrenzen, da sie Outsourcing aus einem ganzheitlichen Blickwinkel betrachten und aufgrund ihrer praktischen Erfahrung umfangreiche Lösungsvorschläge für das Outsourcing geben. In anderen Veröffentlichungen geht es mehr um die Darstellung von Formen, Zielen und Risiken als um die Erarbeitung von Erfolgsfaktoren.64 Darüber hinaus werden von Marktforschungsinstituten65 sowie Unternehmensberatungen66 zwar Trends und Marktprognosen für das Outsourcing von Geschäftsprozessen abgeleitet, jedoch entbehren diese Studien meist jeder theoretischen Fundierung. (2) Empirische Arbeiten zum Themenbereich Outsourcing sind sehr selten.67 Die Anzahl nicht-empirischer Studien gegenüber der Anzahl empirischer Studien weist nach Matiaske/Mellewigt (2002b) ein eklatantes Verhältnis von 10 (nicht-empirisch) zu 1 (empirisch) auf.68 Die wenigen empirischen Publikationen können noch in qualitative und quantitative Untersuchungen differenziert werden. Unter den qualitativen Arbeiten fallen die Veröffentlichungen von Bruch (1998), Weidner (2000) und Beer (1998) auf. Sie stellten Outsourcing als ein umfassendes Konzept dar und belegten anhand von Experteninterviews die Gültigkeit ihrer Ansätze. Strategisches Outsourcingmanagement wurde dabei aus einer ganzheitlich-integrierten Perspektive erörtert, und mehrere Outsourcingpraktiken von Unternehmen sowie die zentralen Bestimmungsfaktoren wurden erarbeitet. Zudem wurden Theorien als Erklärungsgrundlage herangezogen. Jedoch wurde auf
63
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Vgl. u. a. Esser (1994); Voß/Chalupsky (1995); Schott (1997); Meckl (1999); Hodel/Berger/Risi (2004). Vgl. u. a. Hodel (1999); Hodel/Berger/Risi (2004); Mayer/Söbbing (2004); Söbbing (2002); Köhler-Frost (2000); Wißkirchen (1999). Vgl. u. a. Forrester (1999 und 2003); Gartner (1999 und 2003). Vgl. u. a. Accenture (2003b); IBM Business Consulting Services (2003); PAConsulting Group (2003b); Deloitte&Touche (2002). Vgl. Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 654; Theurl (2003), S. 12. Vgl. Matiaske/Mellewigt (2002b), S. 302.
14
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
die explizite Formulierung von Hypothesen verzichtet, so dass der Erklärungszusammenhang an der spezifischen Wirklichkeit nicht quantitativ bestätigt werden konnte. Aus methodischer Sicht wurde eine quantitative Analyse gefordert, wenn das komplexe Outsourcingverhalten nachvollziehbar und objektiv erklärt und Empfehlungen für die Praxis ausgesprochen werden sollen. Die quantitativen Untersuchungen sind insbesondere in Bezug auf die Erfolgsmessung von Outsourcing problematisch. Die Größen zur Messung des Erfolgs sind in keiner Weise einheitlich, was auf die mangelnde Formulierung von Kausalstrukturen zurückzuführen ist, mit deren Hilfe die Abhängigkeiten der Outsourcing-Aktivitäten aufgezeigt werden können. Bacher (2000) ermittelte als Messgrößen die Qualität, das gute Markenimage sowie hohe Flexibilität. Heinzl (1991) und Nagengast (1997) stellten geringfügige Kostenvorteile durch das Outsourcing fest.69 Billeter (1995) ergänzte, dass nur solche Unternehmen, bei denen auch tatsächlich Kosteneffekte entstehen, Outsourcing betreiben dürften. Staudt/Siebecke/Stute (1995) fügten an, dass der Erfolg des Outsourcings bei entsprechendem Management oft zu positiven Effekten, zum Beispiel Effizienzsteigerungen, erhöhte Flexibilität, Zeitersparnis und Skaleneffekten, führe. Meckl (1999) erwähnte, dass der Outsourcingerfolg durch eine Gegenüberstellung der unternehmenseigenen Vor- und Nachteile entstehe. Dibbern (2004) untersuchte den Bereich des Outsourcings der Informationsverarbeitung. Der Verfasser stellte komplexe Zusammenhänge zur Wahl des In- beziehungsweise Outsourcings dar und leitete einen Entscheidungskatalog her. Es gelingt dem Autor sehr gut, unter Berücksichtigung der methodischen und theoretischen Anforderungen die Erfolg versprechenden Faktoren für den Grad des Outsourcings herauszukristallisieren. Ähnliche Schwerpunkte mit Fokus auf der Informationsverarbeitung haben die Arbeiten von Dibbern/Heinzl (2001), Lacity/Willcocks/ Feeny (1995), Loh/Venkatraman (1995), Teng/Cheon/Grover (1995) und Heinzl (1991). Mit Ausnahme der Arbeit von Dibbern (2004) weisen die empirischen Untersuchungen methodische Mängel auf. Empirische Studien sind hauptsächlich praxisorientierte Publikationen, die sich auf die Darstellung von Häufigkeiten oder Wahrnehmungsdaten konzentrieren. Nicht-empirische Studien verzichten meist auf die Verwendung einer Kausalstruktur, um die Zielkriterien und die Erfolgswirkung analytisch zu interpretieren. Ähnliche Kritik äußerte bereits JouanneDiedrich, der den „unreflektierenden Einsatz immer neuer Modelle“ und die „völlige Abwesenheit quantitativer Fundierungen“ beklagte.70 Matiaske/
69
70
Vgl. u. a. Bacher (2000); Billeter (1995); Meckl (1999); Nagengast (1997); Staudt/Siebecke/Stute (1995). Jouanne-Diedrich (2004), S. 126.
Stand der Outsourcing-Forschung
15
Mellewigt (2002a) kommentierten zudem: „Studien zur Analyse des Erfolges beziehungsweise Misserfolges sind […] defizitär.“71 Die Zielkriterien und die Erfolgswirkung des Strategischen Outsourcings von Geschäftsprozessen der Großunternehmen in Deutschland wurden in empirischen Untersuchungen bislang nicht gemessen. Eine einheitliche Untersuchung outsourcingrelevanter Erfolgskriterien, auf deren Basis ein ganzheitlicher Konzeptansatz entstehen könnte, fehlt bislang. 1.2.3 Heterogenität theoretischer Erklärungsansätze Betrachtet man die Literatur zum Outsourcing, fällt auf, dass die meisten Veröffentlichungen neben einer unzureichend empirischen Methodik auch keinen theoretischen Begründungszusammenhang zur Erklärung des Outsourcings darlegen. Darüber hinaus gibt es Veröffentlichungen, die zwar empirisch belegt sind, jedoch keinen theoretischen Erklärungsansatz aufweisen.72 In vielen Publikationen werden zwar Theorien angesprochen, die durch die organisationstheoretische Verknüpfung einen Outsourcingbezug aufweisen, doch werden sie meist losgelöst von jeglicher inhaltlicher und methodischer Verankerung behandelt. Die theoretische Fundierung von Forschungsarbeiten ist jedoch notwendig, weil die Entwicklung tragfähiger theorieprüfender Bezugsrahmen Grundlage für die effektive Gestaltung eines integrativen Konzeptansatzes ist.73 Das gilt ebenso für die Entwicklung eines Outsourcing-Konzeptansatzes. Picot (1993) merkte generell zu nicht-theoriefundierten Beiträgen an: „Die Schwäche derartiger Handlungsempfehlungen ist zumeist die große Menge der als entscheidungsrelevant bezeichneten Kriterien, die [...] einer inhaltlichen Systematik entbehren.“74 Matiaske/Mellewigt (2002a) fügten hinzu, dass die theoretische Fundierung von Forschungsarbeiten im Bereich des Outsourcings von Geschäftsprozessen nahezu ein „theoretisches Niemandsland“75 sei. Unter theoretischer Fundierung wird die Verwendung von Organisations- und Managementtheorien zur Erklärung des Outsourcingphänomens verstanden. Für die Analyse der Outsourcing-Literatur wurden insbesondere diejenigen Veröf71
72
73 74 75
Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 641; vgl. hierzu auch Bruch (1998), S. 2; Moldaschl/Sauer (2000), S. 205; Theurl (2003), S. 12. Vgl. u. a. Accenture (2002); Bleicher/Fischer/Gensior/Steiner (2002); Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003); Horchler (1996); Meckl (1999); PAConsultingGroup (2003b); Hirschheim/Lacity (2000); Zentes/Swoboda/Morschett (2003b). Vgl. Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 654. Picot (1993), S. 343. Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 654.
16
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
fentlichungen berücksichtigt, die einen Bezug zum Outsourcing aufweisen. Die Erklärungsansätze umfassen eine Vielfalt von Theorien, die sich von der Transaktionskostentheorie76 über den Ressourcenansatz,77 die Agenturtheorie,78 die Machttheorie,79 die Verfügungsrechtstheorie80 bis hin zum Netzwerkansatz81 erstrecken. Allein die bloße Aufzählung macht deutlich, dass es zum Themenbereich Outsourcing nicht nur eine einzige theoretische Grundlage gibt. Die theoretischen Begründungszusammenhänge des Outsourcings können nicht durch eine geschlossene Theorie erklärt werden. Ebenso wenig kann keine der genannten Theorien Outsourcing vollständig erklären. Diese Theorienvielfalt strukturierten Dibbern (2004), Dibbern/Güttler/Heinzl (2001) und Klein (2002). Dibbern stellte in seiner Ausarbeitung zum Thema „Sourcing of Application Software Services“ die Heterogenität der verwendeten Theorien zur Erklärung des Outsourcingverhaltens fest. In den Arbeiten von Dibbern/Güttler/Heinzl und von Klein wurden Theorien zur Erklärung des Outsourcingverhaltens diskutiert. Sie identifizieren neun beziehungsweise zwölf Theorien mit einem wirtschaftlichen, strategischen und sozialen Erklärungsansatz. Das Verhalten beim Outsourcing von Informationstechnologien wurde von einigen Autoren mit einer einzigen Theorie, von anderen durch einen multitheoretischen Ansatz erklärt.82 Die meisten Erklärungsansätze finden ihre theoretische Basis in der Neuen Institutionenökonomie (insbesondere die Transaktionskostentheorie83), gefolgt von strategisch geprägten Theorien wie zum Beispiel dem Ressourcenansatz.84 Insbesondere die angelsächsische Literatur zeigt Fallbeschreibungen zum Thema Outsourcing auf, bei denen Theorien zur Erklärung des Outsourcings ver76
77
78 79 80 81
82
83
84
Vgl. u. a. Ang/Cummings (1997); Sjurts/Stieglitz (2004); Dibbern (2004); Dibbern/Heinzl (2001); Bacher (2000); Beer (1998); Billeter (1995); Dillmann (1996); Fischer (1994); Hellinger (1999); Nagengast (1997); Picot/Maier (1992); Ruoff (2001); Schätzer (1999). Vgl. Sjurts/Stieglitz (2004); Hellinger (1999); Ruoff (2001); Dibbern (2004); Dibbern/Heinzl (2001); Mayer/Söbbing (2004). Vgl. Beer (1998); Knolmayer (1994); Schätzer (1999); Billeter (1995). Vgl. Dibbern (2004); Dibbern/Heinzl (2001). Vgl. Schätzer (1999); Beer (1998). Vgl. Ortmann/Sydow (2001 und 2003); Sydow (1992); Bellmann/Hippe (1996); Duschek/Ortmann/Sydow (2001); Hellinger (1999). Vgl. Dibbern/Güttler/Heinzl (2001), S. 680, Klein (2002), S. 39 ff; vgl. hierzu auch Dibbern (2004). Vgl. Ang/Straub (1998); Knolmayer (1994); Dibbern/Heinzl (2001); Poppo/Zenger (1998). Vgl. u. a. Dibbern/Heinzl (2001); Duncan (2002).
Stand der Outsourcing-Forschung
17
wendet werden. Hier sind die Arbeiten von Hirschheim/Lacity (2002), Lacity/ Willcocks (2000), Ang/Straub (1998) und Goles (2003) zu nennen. Unter den Vertretern aus der Unternehmensfunktion Informationstechnologie ist die Arbeit von Dillmann (1996) zu nennen, der für den Bereich Produktentwicklung in der pharmazeutischen Industrie einen tragfähigen theoretischen Bezugsrahmen aus den Erkenntnissen der Transaktionskostentheorie ableitete und diesen mit einem quantitativ-explorativen Verfahren statistisch überprüfte. Das Fehlen eines geschlossenen Theoriegebäudes für das Outsourcing macht es in der vorliegenden Arbeit notwendig, auf eine Vielzahl von Theorien zurückzugreifen.
1.2.4 Zusammenfassung Als Fazit zum Stand der Forschung kann festgehalten werden, dass die Literatur das Phänomen Outsourcing zwar umfangreich, aber im Wesentlichen schlaglichtartig behandelt. Einen Überblick gibt die Tabelle im Anhang A 4, die dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Aus wissenschaftlicher Sicht ist es bisher nicht gelungen, einen integrativen Konzeptansatz vorzulegen, der zugleich methodisch und theoretisch fundiert ist. Diese Forschungslücke soll mit der vorliegenden Untersuchung geschlossen werden.
18
1.3
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Zielsetzung der Arbeit
Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Entwicklung eines integrativen Konzeptansatzes für das Strategische Outsourcing von Geschäftsprozessen, der empirisch abgesichert ist und damit Hilfestellungen und Empfehlungen für die Praxis geben kann. Dazu sind, wie die Kritik am Stand der Forschung85 deutlich macht, drei Teilziele zu erreichen: Erstens ist ein Modell zu entwickeln, das die vielfältigen Entscheidungen und Maßnahmen im Rahmen von Outsourcingprojekten strukturiert darstellt, ihr Zusammenwirken beschreibt und die Einflüsse auf die einzelnen Aktivitäten sowie auf den Erfolg eines Outsourcingprojekts aufzeigt. Damit werden Struktur und Inhalt des Konzeptansatzes festgelegt. Die Entwicklung des Modells soll dabei den folgenden Leitfragen folgen: • Unter welchen Gesichtspunkten soll eine Leistung betrieblich organisiert und nicht auf dem Markt fremdvergeben werden? • Welchen Einfluss hat die Partnerwahl auf das Outsourcing? • Wie wird die Struktur der Outsourcing-Allianz effizient gestaltet? • Wie wird das operative Management gesteuert, in welchem Ausmaß wird die überbetriebliche Zusammenarbeit beim Outsourcing kontrolliert und wie wird die Partnerschaft beendet? Zweitens sind die Zusammenhänge und Erfolgswirkungen anhand betriebswirtschaftlicher Theorien zu begründen. Damit werden die Outsourcing-Aktivitäten, die einer empirischen Überprüfung zu unterziehen sind, in eine wissenschaftlich begründete Kausalstruktur gebracht. Für die Ableitung der Kausalstrukturen werden Theorien der Organisations- und Managementforschung herangezogen. Aus der Fülle der in Frage kommenden Theorien sollen diejenigen selektiert werden, die das Phänomen Outsourcing, oder zumindest wesentliche Aspekte davon, adäquat erklären können. Drittens sind für die Kausalstrukturen, also die Wirkungszusammenhänge und die Erfolgswirkungen von Outsourcingprojekten, Hypothesen abzuleiten, die empirisch überprüft werden können. Die Prüfungsergebnisse sind in den Konzeptansatz zu integrieren. Der so zu entwickelnde integrative Konzeptansatz richtet sich in erster Linie an die Wissenschaft. Er soll einen Beitrag zur wissenschaftlichen Durchdringung und Strukturierung des komplexen Phänomens Outsourcing von Geschäftsprozessen leisten und die Kausalzusammenhänge zwischen den einzelnen Aktivitä85
Vgl. Kapitel 1.2 Stand der Outsourcing-Forschung.
Wissenschaftliche Vorgehensweise
19
ten und die Erfolgsfaktoren des strategischen Outsourcings von Geschäftsprozessen aufdecken. Darüber hinaus richtet sich der Konzeptansatz an die Praxis, und zwar vorrangig an Großunternehmen in Deutschland, die Geschäftsprozesse auslagern oder dies planen. Hierbei soll er konkrete Entscheidungshilfen geben. Die Zielkriterien und die Erfolgswirkung können für Großunternehmen wichtige Kenntnisse darüber liefern, wie die Auslagerung von Geschäftsprozessen geplant und optimal strukturiert sowie die Zusammenarbeit zwischen auslagerndem Unternehmen und Dienstleister gesteuert werden können. Damit spricht der Konzeptansatz in zweiter Linie auch die Dienstleister an.
1.4
Wissenschaftliche Vorgehensweise
Untersucht man die einschlägige Outsourcing-Literatur, findet man weder ein passendes Modell für einen Outsourcing-Konzeptansatz noch Grundlagen für die Gestaltung eines solchen. Die Erweiterung der Perspektive auf die Betriebswirtschaft insgesamt ist hier hilfreich. Die Betriebswirtschaftslehre steht vor der Herausforderung, Gestaltungskonzepte für die künftige Wirklichkeit zu entwickeln. Das ist Aufgabe der Organisations- oder Managementlehre. Dieser interdisziplinäre Wissenschaftszweig überprüft laufend Methoden, Konzepte und Regeln kritisch und modifiziert diese zum Teil. Dies kann nur in Verbindung mit theoriegeleiteten Aussagen und praxisnahen Erkenntnissen erfolgen.86 1.4.1
Forschungsprozess nach Ulrich zur Entwicklung des Konzeptansatzes Ulrich (1981, 1984 und 1988) entwickelte in seinen Arbeiten den folgenden anwendungsorientierten Forschungsprozess (vgl. Abbildung 1).
Erfassung und Typisierung praxisrelevanter Probleme
Erfassung, Interpretation u. Spezifizierung problemrelevanter Theorien
Erfassung und Untersuchung des relevanten Anwendungszusammenhangs
Ableitung von Beurteilungskriterien, Gestaltungsregeln und Konzepten
Abbildung 1 Phasen des Forschungsprozesses nach Ulrich87
86 87
Vgl. Ulrich (1984), S. 168 ff. In Anlehnung an Ulrich (1981), S. 19 ff.
Prüfung der Regeln und Konzepte im Anwendungszusammenhang
20
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Befasst sich die Grundlagenforschung mit Fragestellungen, die aus dem Theoriezusammenhang abgeleitet werden, entstehen in der angewandten Wissenschaft die Probleme eher aus dem Praxiszusammenhang. Theorie und Praxis sind demnach eng miteinander verknüpft.88 Dies gilt besonders für das vorliegende Problem des Outsourcings, wie die bisherigen Ausführungen verdeutlicht haben. Vor diesem Hintergrund soll der übergreifende Forschungsprozess nach Ulrich zur Entwicklung des Konzeptansatzes für Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen verwendet werden. Zur Entwicklung des OutsourcingKonzeptansatzes werden in Anlehnung an Ulrich die folgenden Schritte durchlaufen:89 Erfassung und Typisierung praxisrelevanter Probleme: In diesem Schritt sollen die grundsätzlichen Probleme von Strategischem Outsourcing von Geschäftsprozessen aus der Praxis erhoben werden. Die sich daraus ergebenden Fragestellungen werden typologisiert und strukturiert. Ebenfalls sind der Nachweis des Erklärungsbedarfs und der Bedarf an empirischen Untersuchungen im Zusammenhang mit dem Stand der Forschung hinsichtlich dieser Fragestellung zu erbringen. Erfassung, Interpretation und Spezifizierung problemrelevanter Theorien der Grundlagen- und Formalwissenschaften: Vor dem Hintergrund der betriebswirtschaftlichen Forschung sollen die Erkenntnisse der wissenschaftlichen und praxisbezogenen Literatur erfasst werden. Im Einzelnen gilt es, die in dieser Arbeit verwendeten Begriffe Outsourcing, Strategisches Outsourcing und Geschäftsprozesse als Kernbegriffe herauszukristallisieren und die sich hieraus ergebenden Anforderungen an die Outsourcingformen zu identifizieren. Erfassung und Untersuchung des relevanten Anwendungszusammenhangs: Mit Hilfe einer vergleichenden Analyse von Outsourcinglösungen wird ein VierPhasen-Modell entwickelt, das die vielfältigen Entscheidungen und Maßnahmen im Rahmen von Outsourcingprojekten strukturiert. Zielkriterien, die für den Erfolg jeder Phase und für das gesamte Projekt kritisch sind, werden aus der Literatur abgeleitet und in ihrer Relevanz beurteilt. Bereits am Ende dieses Schrittes liegen die ersten Erkenntnisse für den Konzeptansatz vor. Ableitung von Beurteilungskriterien, Gestaltungsregeln und Konzepten: Die im Vier-Phasen-Modell beschriebenen Zusammenhänge und Erfolgswirkungen werden anhand betriebswirtschaftlicher Theorien begründet und in eine Kausalstruktur gebracht. Auf dieser Basis werden Hypothesen zu den Wirkungszusammenhängen und zu den Erfolgswirkungen von Outsourcingprojekten abge88 89
Vgl. Ulrich (1981), S. 2 ff; Ulrich (1984), S. 31 ff, und Ulrich (1988), S. 174 ff. Vgl. Ulrich (1981) S. 19 ff; vgl. hierzu auch Attestlander (2000), S. 22 f.
Wissenschaftliche Vorgehensweise
21
leitet und anschließend empirisch überprüft, und zwar am Beispiel von Großunternehmen in Deutschland. Das Ergebnis besteht im theoretisch abgeleiteten und empirisch getesteten Outsourcing-Konzeptansatz. Prüfung der Regeln und Konzepte im Anwendungszusammenhang: In dieser Phase soll der erstellte Konzeptansatz in der wissenschaftlichen Ausarbeitung daraufhin untersucht werden, ob die Erkenntnisse zu den Wirkungszusammenhängen und Erfolgswirkungen des Outsourcings für die Praxis relevant sind. Die folgende Abbildung fasst das wissenschaftliche Vorgehen sowie den Gang der Untersuchung, der im folgenden Abschnitt skizziert wird, zusammen (vgl. Abbildung 2). Inhalt
Problemstellung
Begriffe und Abgrenzung
Zusammenfassung
Stand der Forschung
Outsourcingformen
Weiterer Forschungsbedarf
Zielsetzung der Arbeit
Entwurf
Ziele des Outsourcings
Empirie
Konzeptansatz
Wirkungszusammenhänge
Variablen
Zielkriterien
Theorie
Anwendung
Management- u. Orga.-theorie Vier-Phasen Modell
Kausalstruktur
Definition der Kernbegriffe des Outsourcings
Strukturierung des OutsourcingVerhaltens
Theoriegeleitete Fundierung des Vier-PhasenModells
Kapitel 2
Kapitel 3
Ergebnisse
Gang der Untersuchung
Einleitung
Transaktionskosten; Ress.-; Netzwerk
Kapitel 1
Kapitel 4
Quantitative Überprüfung
Outsourcingerfolg
Erfolgsfaktorenforschung Untersuchungsmodell
Empirische Untersuchung
Integrativer Konzeptansatz für das Strategische Outsourcing
Kapitel 5
Kapitel 6
Schlussbetrachtungen
Kapitel 7
Abbildung 2 Schematische Darstellung der wissenschaftlichen Vorgehensweise90
1.4.2 Gang der Untersuchung Nachdem in Kapitel 1 der Forschungsbedarf, die Zielsetzung der Arbeit sowie die theoretischen und methodischen Vorgehensweisen erörtert wurden, soll nun in Anlehnung an den Forschungsprozess von Ulrich wie folgt vorgegangen werden: Kapitel 2 beschäftigt sich mit der Einordnung des Betrachtungsgegenstandes Outsourcing in die Betriebswirtschaftslehre. Hierzu werden der Outsourcingbegriff und seine strategische Dimension expliziert und es wird begründet, wa90
Eigene Darstellung.
22
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
rum die Geschäftsprozesse Gegenstand des Strategischen Outsourcings sind. Es schließt sich die Spezifizierung mehrerer Outsourcingformen in das MarktHierarchie-Kontinuum an. Darüber hinaus sollen die Ziele des Outsourcings skizziert werden. In Kapitel 3 wird das Vier-Phasen-Modell, basierend auf den Überlegungen des strategischen Managements, hergeleitet und beschrieben. Dieses Modell besteht aus den Phasen Strategie, Partnerwahl, Strukturgestaltung und Betrieb. Auf der Grundlage der Outsourcinglösungen werden die Phasen vorgestellt. Das Kapitel endet mit einer kurzen Zusammenfassung. In Kapitel 4 wird die Kausalstruktur der im Vier-Phasen-Modell beschriebenen Aktivitäten theoretisch begründet. Hierzu werden zunächst geeignete betriebswirtschaftliche Theorien selektiert. Auf Basis der Transaktionskostentheorie, des Ressourcenansatzes und des Netzwerkansatzes werden die Zielkriterien und die Erfolgswirkungen beim Outsourcing theoretisch analysiert. Zu den Kausalzusammenhängen werden wissenschaftliche Hypothesen formuliert, die in ein Untersuchungsmodell für die empirische Überprüfung zusammengefasst werden. Im Anschluss an die theoretische Fundierung folgt die empirische Untersuchung. In Kapitel 5 wird zunächst die Wahl der Untersuchungsmethode begründet. Danach wird das Design der Untersuchung skizziert. Es schließen sich die Darstellung und Interpretation der empirischen Befunde an. Mittels univariater Verfahren werden die generelle Bedeutung von Strategischem Outsourcing von Geschäftsprozessen sowie die Ergebnisse zum allgemeinen Verhalten gegenüber Outsourcing von Großunternehmen in Deutschland dargelegt. Ein Schwerpunkt der Ergebnisdarstellung liegt in der Verwendung multifaktorieller Analysemethoden, anhand derer die quantitativen Daten ausgewertet werden. Basierend auf dem Vier-Phasen-Modell (Kapitel 3), der theoriegeleiteten Begründung der Kausalstruktur (Kapitel 4) und den empirischen Erkenntnissen (Kapitel 5), wird in Kapitel 6 ein integrativer Konzeptansatz erstellt, der den aktuellen Herausforderungen des Strategischen Outsourcings von Geschäftsprozessen begegnet. Kapitel 7 fasst den wissenschaftlichen Beitrag dieser Arbeit zusammen und weist den weiteren Forschungsbedarf auf.
2
Definition der Kernbegriffe des Outsourcings Das Strategische Outsourcing von Geschäftsprozessen hat in jüngster Zeit starkes Interesse in der betriebswirtschaftlichen Forschung erfahren. Die Vielfalt im wissenschaftlichen Zugang und in den Begriffen sowie der festgestellte Mangel an theoretischer Fundierung machen es notwendig, die Kernbegriffe des Outsourcings zu definieren, um die Entwicklung des integrierten Konzeptansatzes auf eine aussagefähige und nachvollziehbare begriffliche Basis zu stellen. Folgend werden die Kernbegriffe des Strategischen Outsourcings von Geschäftsprozessen abgegrenzt. Anschließend werden die unterschiedlichen Formen und Ausprägungen von Outsourcing im Markt-Hierarchie-Kontinuum eingeordnet. Danach werden die Ziele des Outsourcings skizziert.
24
2.1
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Definition des Begriffs Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Der Begriff Outsourcing wird in wissenschaftlichen Beiträgen wie etwa in Fachzeitschriften, Sammelwerken, Lehrbüchern und Monografien sowie in den praxisorientierten Publikationen inflationär verwendet. Zur Ableitung einer für die vorliegende Untersuchung geeigneten Definition werden zunächst die verschiedenen Outsourcingbegriffe vorgestellt. 2.1.1 Begriffsvielfalt im Sprachgebrauch Die Literatur zum Outsourcing zeigt, dass das Thema nahezu alle Bereiche der Unternehmensorganisation tangiert. Fragen, wie zum Beispiel zum Umgang mit knappen Ressourcen, zur Konzentration auf Kernkompetenzen91, zu Make-orbuy-Entscheidungen92 oder zur Management- und Organisationsgestaltung93, sind Teil der Forschung im Outsourcing. Die Diskussion dreht sich dabei vor allem um die Reorganisation und prozessorientierte Neugestaltung durch Reduzierung der Wertschöpfungstiefe.94 Als „Unwort des Jahres“ von der Gesellschaft für deutsche Sprache im Jahr 1996 gewählt,95 wird Outsourcing in Publikationen gleichgesetzt mit Definitionen wie „grundsätzliche Inanspruchnahme von externen Leistungen“,96 „prozessorientierte Neugestaltung“, „Reduktion der Wertschöpfungstiefe“97 und „zentraler Entstehungsfaktor von Netzwerken“.98 Zwar besteht Einigkeit darüber, dass es sich, ganz im Sinne des zusammengesetzten Kunstwortes Outsourcing, um „outside resourcing“ handelt, also um die Nutzung externer Ressourcen zur Durchführung betrieblicher Leistungen99, jedoch ist unklar, ob beim Out91 92 93
94 95 96 97 98 99
Vgl. Bruch (1998), S. 12. Vgl. Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 641 ff; Vgl. u. a. Ortmann/Sydow (2003), S. 897 ff; Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 641 ff; Theurl (2003), S. 9 ff; Dittrich/Braun (2004), S. 27 ff; Bruch (1998), S. 16 ff; Dibbern/Güttler/Heinzl (2001), S. 676; Knolmayer/Mittermayer (2003), S. 622 f. Zentes/Swoboda/Morschett (2003b), S. 609. Vgl. u. a. Knolmayer/Heinzl/Hirschheim (2003), S. 105. Beer (1998), S. 130. Zentes/Swoboda/Morschett (2003b), S. 609. Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 26. Mayer/Söbbing (2004), S. 9; Financial Times Deutschland (2004), S. 6; Dittrich/Braun (2004), S. 7 ff; Hellerforth (2004), S. 2; Hodel/Berger/Risi (2004), S. 25; Hend-
Definition des Begriffs Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
25
sourcing eine betriebliche Leistung vor einer Outsourcingmaßnahme im eigenen Unternehmen erstellt wurde oder ob diese Leistung nur fremdbezogen wird, wie dies beispielsweise bei virtuellen Netzwerken der Fall ist.100 Unklar ist weiterhin, ob es sich beim Outsourcing um eine „Make-or-buy“-Entscheidung des Unternehmens, also um Eigenerstellung oder Fremdbezug, oder nur um eine „Buy“-Entscheidung einer betrieblichen Leistung handelt.101 Die „Make“Entscheidung hat für viele Autoren zum Ziel, gleichzeitig eine Rationalisierungs- und eine Restrukturierungsmaßnahme im eigenen Unternehmen (Insourcing) zu vollziehen. Die weitere Begriffsvielfalt zeigt sich darin, dass Outsourcing nicht nur die Entscheidung zwischen Leistungserstellung oder -vergabe impliziert, sondern auch als ein Übergangs- beziehungsweise Managementprozess einer Leistung vom eigenen Unternehmen zum Fremdunternehmen zu verstehen ist.102 Hinzu kommt der Einfluss des Informationstechnologie-Outsourcings aus den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts, der dazu führte, dass Vertreter der Informationsverarbeitung jegliche auslagerbare Geschäftseinheit als Outsourcing betiteln. Der Fokus beim Outsourcing richtet sich generell nicht auf die Technik, sondern eher auf den gesamten Wertschöpfungsprozess und somit auf jede Aufgabe und jedes Objekt, die die betriebliche Leistung umfasst. Auch sprechen Autoren häufig nur dann von Outsourcing, wenn es sich um den käuflichen Erwerb einer Leistung auf dem Markt handelt; die Kooperation zwischen Anbieter und Nachfrager wird ausgeblendet. Andere Sichtweisen verbinden Outsourcing nur mit der gemeinsamen Erstellung von Leistungen mit einem Wertschöpfungspartner.103 Diesen unterschiedlichen Einschätzungen über die Verwendung von Outsourcing folgt nun eine Übersicht über die Vielfalt der „-sourcing“-Begriffe.
100
101 102 103
rix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 23; Balze/Rebel/Schuck (2002), S. 1 f; Krönes (2002); S. 1 f; Bacher (2000), S. 20 ff; Oecking (2000), S. 94; Weidner (2000), S. 21 ff; Schätzer (1999), S. 42 f; Zahn/Barth/Hertweck (1999), S. 5; Hellinger (1999), S. 47; Bruch (1998), S. 16 ff; Franze (1998), S. 10 ff; Warschburger/Hans (1998), S. 334; Nagengast (1997), S. 47, ff; Horchler (1996), S. 1. Vgl. Sommerlad (2000), S. 282; Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 23; Warschburger/Hans (1998), S. 334. Vgl. u. a. Frese/Lehmann (2000), S. 204; Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 644. Vgl. Heinzl, A. (2003b), S. 624. Vgl. Sommerlad (2000), S. 282; Schober (2004), S. 32.
26
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
2.1.2 Strukturierte Darstellung der Outsourcingbegriffe Jouanne-Diedrich (2004) hat in der Publikation „15 Jahre OutsourcingForschung“ mehrere Outsourcing-Definitionen untersucht und festgestellt, dass in der Literatur mehr als 40 Begriffe dazu existieren104 (vgl. Abbildung 3). Grundsatz-
Grad der
Organisations-
entscheidung
Wertschöpfungstiefe
struktur
Internes Outsourcing
Externes Outsourcing
Outsourcing von Funktionen
Kernnahes Outsourcing Kernfernes Outsourcing
Outsourcing von Geschäftsprozessen
Outsourcingform Komplettes Outsourcing Selektives Outsourcing Ausgliederung Insourcing
Outsourcing/ Sourcing
Insourcing Singlesourcing
Multisourcing
Backsourcing Outsourcing Insourcing
Anzahl der
Zeitliche
Leistungsersteller
Entwicklung
Offshore Sourcing Nearshore Sourcing
Standort
Selektives Outsourcing Komplettes Outsourcing
Grad des externen Leistungsbezugs
Abbildung 3 Strukturierte Darstellung der Outsourcingbegriffe 105
Die Abbildung zeigt die Vielfalt der Outsourcingbegriffe, strukturiert nach den Faktoren, die den begrifflichen Schwerpunkt bestimmen.106 Diese Faktoren werden im Folgenden kurz erläutert, um vor diesem Hintergrund eine für die Untersuchung geeignete Begriffsdefinition zu finden. Sourcing/Outsourcing: Sourcing und das Kompositum Outsourcing werden synonym verwendet und bedeuten allgemein das Management und die Organisation von Ressourcen über den Fremdbezug oder die Eigenherstellung von Leistungen. 104 105 106
Vgl. Jouanne-Diedrich (2004), S. 125 ff. Eigene Darstellung, in Anlehnung an Jouanne-Diedrich (2004), S. 127. Begriffserläuterungen erfolgen in Anlehnung an Jouanne-Diedrich (2004), S. 125 ff; vgl. hierzu auch u. a. Hermes/Schwarz (2005), S. 34; Dibbern/Güttler/Heinzl (2001), S. 676; Knolmayer/Mittermayer (2003), S. 622; Heinzl (2003b), S. 626; Jayatilaka (2002), S. 103 ff; Financial Times Deutschland (2004), S. 6; Dittrich/Braun (2004), S. 7 f; Hodel/ Berger/Risi (2004), S. 26; Theurl (2003), S. 21; Zahn/Barth/Hertweck (1999), S. 6; Bruch (1998), S. 64 ff.
Definition des Begriffs Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
27
Grundsatzentscheidung: Das Kontinuum zwischen Hierarchie und Markt veranlasst Unternehmen zu einer Grundsatzentscheidung zwischen Auslagerung und Ausgliederung. Externes Outsourcing (Auslagerung) ist dabei die Übertragung von Prozessen auf ein externes, rechtlich und wirtschaftlich selbstständiges Unternehmen und ist kapitalmäßig nicht an einen Partner gebunden. Das interne Outsourcing hingegen (Ausgliederung) bedeutet die Übertragung von Produkten oder Leistungen an ein kapitalmäßig verbundenes Unternehmen, wie beispielsweise eine Tochtergesellschaft oder die Entscheidung, die Leistungen im Unternehmen zu erstellen.107 Grad der Wertschöpfungstiefe: Kernnahes Outsourcing bezieht sich auf Geschäftsprozesse, die das Kerngeschäft betreffen und entscheidend zum Erfolg der Unternehmung beitragen. Kernfernes Outsourcing hingegen bezieht sich auf Unterstützungs- oder Steuerungsprozesse, die die Kernprozesse mit Ressourcen versorgen.108 Organisationsstruktur: In Abhängigkeit von der Unternehmensverfassung gliedern sich die entscheidenden Organisationsstrukturen in das Outsourcing von Funktionen oder in das Outsourcing von Geschäftsprozessen. Informationsverarbeitung im klassischen Verständnis ist eine Unternehmensfunktion und fällt daher in diese Kategorie. Outsourcingform: Durch die Outsourcingform legt die Unternehmung die Entscheidung für den strukturellen Aufbau fest. Das Insourcing, also die Entscheidung, Leistungen oder Produkte im Unternehmen zu fertigen, ist eine Form der internen Leistungsvergabe. Daneben existiert eine Reihe von externen Formen: Ausgliederung (Leistungserstellung durch ein verbundenes Unternehmen), selektives Outsourcing (nur ein Teil der outsourcingfähigen Geschäftsprozesse werden an den Markt vergeben) und komplettes Outsourcing (alle outsourcingfähigen Geschäftsprozesse werden an den Markt vergeben).109 Grad des externen Leistungsbezugs: Der Grad des externen Leistungsbezugs gibt den prozentualen Anteil des Outsourcings von Geschäftsprozessen an, bezogen auf das Gesamtbudget der jeweiligen Unternehmensfunktion. Werden die Leistungen zum größten Teil fremdbezogen, liegt komplettes Outsourcing vor. Bei Eigenerstellung spricht man von Insourcing. Betragen die Ausgaben der ausgelagerten oder ausgegliederten Geschäftsprozesse zwischen 20 und 80 Prozent, bezogen auf das Gesamtbudget der jeweiligen Unternehmensfunktion, liegt selektives Outsourcing vor.110 107 108 109 110
Vgl. hierzu Kapitel 2.2 Outsourcingformen zwischen Markt und Hierarchie. Vgl. hierzu Kapitel 2.1.4 Outsourcing von Geschäftsprozessen. Vgl. hierzu Kapitel 2.2.2 Ausprägungsformen des Outsourcings. Vgl. hierzu Kapitel 2.2.2 Ausprägungsformen des Outsourcings.
28
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Standort: Offshore Sourcing oder auch globales Sourcing ist die Leistungserstellung durch einen Partner im Ausland. Nearshore Sourcing (auch Domestic Sourcing) bezieht sich auf die partnerschaftliche Zusammenarbeit in der Region oder im Inland.111 Zeitliche Entwicklung: Wird Outsourcing als Prozess beziehungsweise als Projekt mit zeitlicher Ausdehnung betrachtet, stehen die Übergänge im Zentrum des Begriffs: von der Eigenfertigung von Leistungen im eigenen Unternehmen (Insourcing) zum externen Leistungsbezug von Wertschöpfungspartnern (Outsourcing) und schließlich das Ende durch Abschluss des Projekts oder Scheitern (Backsourcing).112 Anzahl der Leistungsersteller: Singlesourcing bedeutet Leistungsbezug durch nur ein Partnerunternehmen im Gegensatz zum Multisourcing, bei dem mehrere Anbieter gleichzeitig in einem Outsourcingprojekt involviert sein können.113 Angesichts der Forderungen der Praxis, wie unter 1.1.2 beschrieben, nutzt die vorliegende Arbeit die zeitliche Entwicklung als Basis für die Definition des Outsourcing-Begriffs. Die Auffassung von Outsourcing als Prozess mit zeitlicher Ausdehnung bietet das Grundgerüst, um die vielfältigen Entscheidungen und Maßnahmen, die ein auslagerndes Unternehmen treffen muss, in einen systematischen Zusammenhang zu bringen. Die anderen Auffassungen von Outsourcing, die unter den Bestimmungsfaktoren beschrieben werden, betreffen einzelne Entscheidungen und Maßnahmen, die im Laufe eines Outsourcingprojekts anstehen. Die zeitliche Entwicklung bildet also begriffslogisch die oberste Ebene; alle anderen Bestimmungsfaktoren sind dem untergeordnet. Daher soll Outsourcing für diese Ausarbeitung deshalb wie folgt definiert werden: Outsourcing ist der Prozess des Managements und der Organisation von Ressourcen für den Fremdbezug von externen Leistungen (externes Outsourcing) oder für die Entscheidung zur Eigenerstellung (internes Outsourcing) von Geschäftsprozessen. In Abhängigkeit vom Grad des externen Leistungsbezugs und vom Grad der Wertschöpfungstiefe muss über die Anzahl der Leistungsersteller und den Standort entschieden werden.
111 112 113
Vgl. hierzu Kapitel 5.4.1.3 Strategie-, Partner-, Struktur- und Betriebsphase. Vgl. hierzu Kapitel 3.2.1.1 Ausgangssituation und Zielsetzung. Vgl. hierzu Kapitel 5.4.1.3 Strategie-, Partner-, Struktur- und Betriebsphase.
Definition des Begriffs Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
29
2.1.3 Strategische Dimension des Outsourcings Bei Outsourcing im Sinne der gewählten Definition kann es sich sowohl um einen strategischen wie auch um einen operativen Entscheidungsprozess handeln. Im Folgenden gilt es, näher auf den strategischen Charakter des Outsourcings einzugehen. Anschließend wird der allgemeine Zusammenhang zum strategischen Management hergestellt. Schließlich wird der Begriff des Strategischen Outsourcings definiert. Strategischer Charakter des Outsourcings Outsourcing ist Aufgabe der Unternehmensführung, weil es eine Neugliederung der Unternehmensstrukturen durch systematischen Wandel ermöglicht. Wesensmerkmal des Outsourcings ist die Organisation der Arbeitsteilung und Spezialisierung mit dem Ziel, durch Konzentration auf die Kernkompetenzen die optimale Wertschöpfungstiefe zu erreichen.114 Der Übergang vom internen zum externen Bezug, die Gestaltung der neuen Strukturen sowie das Management aller Objekte und Aufgaben finden in einem systematischen Planungsprozess unter strategischen Aspekten statt.115 Outsourcing orientiert sich an strategischen Zielen, und zwar sowohl an den Zielen des Gesamtunternehmens als auch des Geschäftsprozesses infolge der individuellen Geschäftsbeziehung zwischen den Outsourcingpartnern. Damit ist Outsourcing zugleich ein „Zeichen der Entgrenzung und […] neuer (anderer) Grenzziehungen zugleich“.116 Es handelt sich beim Outsourcing nicht um eine Einzelhandlung, sondern um ein Maßnahmenbündel, das auf Unternehmen verschiedenartig Einfluss nimmt.117 Ein grundlegender Wandel eines Unternehmens findet deshalb nur in einem strategischen Management-Rahmen statt. Deshalb wird die Komplexität der Aufgabe als Strategisches Outsourcing aus dem Blickwinkel der Gesamtunternehmung (Gesamtunternehmungsstrategie) und des Geschäftsfeldes (Geschäftsprozessstrategie) behandelt.118 Einordnung des Strategischen Outsourcings in das strategische Management Unternehmensprobleme müssen auf strategischer Ebene nach dem Ermessen der Unternehmenspolitik, der Unternehmensverfassung und der Unternehmenskultur
114
115 116 117 118
Vgl. Frese/Lehmann (2000), S. 210 f; Müller/Prangenberg (1997), S. 114 ff; Zentes/Swoboda/Morschett (2003b), S. 610. Zahn/Foschiani (2001), Vorwort. Vgl. Diemer (2000), S. 69; Bruch (1998), S. 11 ff. Wolf/Mayer-Ahuja (2002), S. 198; vgl. hierzu auch Riedl (2003), S. 8. Vgl. Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 27. Vgl. hierzu auch Grant (2002), S. 23 f.
30
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
gelöst werden.119 Die Unternehmensführung ist für die Sicherung des langfristigen Unternehmenserfolgs verantwortlich.120 Sie trifft „Entscheidungen, die das Verhalten des Unternehmens nach außen und nach innen langfristig bestimmen“.121 Es ist das Ziel des Managements, durch zweckgerichtete Strategien die Existenz und Rentabilität des Unternehmens langfristig zu sichern. Ferner muss die Unternehmensführung prüfen, ob die vorhandenen Wettbewerbskonzepte auch in Zukunft erfolgreich sein können und ob neue Geschäftsfelder und Kompetenzen entwickelt werden müssen.122 Die Unternehmensführung muss hierzu alle Entscheidungs- und Handlungsmethoden mit dem Ziel einsetzen, eine führende Wettbewerbsposition und eine Steigerung des Unternehmenswertes zu erreichen.123 Damit steckten sie den Rahmen für Erfolgspotenziale, die wiederum Voraussetzung dafür sind, strategische Wettbewerbsvorteile zu erzielen.124 Bleicher (1999) definierte entsprechend zweckgerichtete Strategien als Entwicklung von Erfolgspotenzialen. Zweckgerichtete Strategien als Entwicklung von Erfolgspotenzialen werden in dieser Untersuchung als Leitbild für die Betrachtung von Outsourcingproblemen übernommen. Aus der Theorie des strategischen Managements lassen sich für das Strategische Outsourcing die folgenden Erfolgspotenziale ableiten: • „die Konzentration der Kräfte auf erfolgversprechende Aktivitäten, • die relative Positionierung der Unternehmung im laufenden Wettbewerbsumfeld, • die Profilierung durch neue Geschäftssysteme mit veränderten Wettbewerbsspielregeln, • die Aktionserweiterung durch Partnerschaften, • ein erstrebter Risikoausgleich unter Ungewissheit der Entwicklung“.125 Das Erreichen von Erfolgspotenzialen ist Aufgabe der klassischen Strategieplanung, die in dieser Untersuchung auch auf das Strategische Outsourcing angewendet wird.126 Jede Strategieplanung beruht auf zwei Fundamenten: der Analyse der externen Umweltsituation (Chancen und Risiken) und der internen Mög-
119 120 121 122 123 124 125 126
Vgl. Bleicher (1999), S. 278; siehe auch Herbek (2000), S. 41 und Benn/Pearcy (2002). Vgl. Ansoff (1980), S. 132. Thommen/Achleitner (2003), S. 887 ff; vgl. auch Müller/Kornmeier (2002), S. 130 ff. Vgl. Steinmann/Schreyögg (2000), S. 155 ff; Bresser (1998), S. 65 f. Vgl. Hinterhuber (1996), S. 34 f. Vgl. Gälweiler (1980), S. 28. Bleicher (1999), S. 278; vgl. hierzu auch Ansoff (1980), S. 132. Vgl. Gälweiler (1980), S. 28.
Definition des Begriffs Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
31
lichkeiten und Grenzen des Unternehmens (Stärken und Schwächen).127 Nach einer Bewertung durch die strategischen Entscheidungsträger werden konkrete Ziele, die zu verfolgenden Strategien sowie die einzusetzenden Ressourcen bestimmt (strategische Wahl). Anschließend folgen die strategischen Programme für die praktische Umsetzung. Danach schließt sich die Realisierung und die strategische Kontrolle an.128 Die Erfolgsmessung orientiert sich dabei an dem Grad der Zielerreichung.129 Abgrenzung und Definition von Strategischem Outsourcing Ziel des Strategischen Outsourcings ist die Sicherung des langfristigen Unternehmenserfolgs. Durch Outsourcing kann jede denkbare unternehmerische Leistung von einem externen Unternehmen fremdbezogen werden. Beim Strategischen Outsourcing handelt es sich um eine langfristige Veränderung in den Geschäftsabläufen und der Erfolgsbasis des Unternehmens, die eine strukturelle Änderung in der Organisation nach sich zieht.130 Strategisches Outsourcing wird daher für diese Ausarbeitung folgendermaßen definiert: Das Ziel des Strategischen Outsourcings ist die Sicherung des langfristigen Unternehmenserfolgs. Die Unternehmensführung orientiert sich dabei an der Strategie der Geschäftsprozesse, die von der Gesamtunternehmungsstrategie abhängt. Sie entscheidet über die Fremdvergabe von Leistungen und leitet, basierend auf den Erkenntnissen der Strategieplanung, ein Konzept für die strukturelle Organisation ab. Der Erfolg des Strategischen Outsourcings misst sich daran, in welchem Grad es zur Sicherung des langfristigen Unternehmenserfolgs beiträgt. 2.1.4 Outsourcing von Geschäftsprozessen Alle am gesamtwirtschaftlichen Leistungsprozess beteiligten Unternehmensbereiche stehen generell für Outsourcing zur Disposition. Standen ursprünglich nur Sachgüter im Mittelpunkt, werden heute insbesondere Dienstleistungen daraufhin überprüft, ob der externe Leistungsbezug ökonomische Vorteile bietet.131 Neben unterschiedlichen Funktionen kann sich auch der Umfang der ausgelager127 128 129
130
131
Vgl. Sjurts/Stieglitz (2004), S. 9 ff; Osterloh/Frost (2003), S. 168. Vgl. Steinmann/Schreyögg (2000), S. 157 ff. Vgl. Haenecke (2001), S. 160; Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 649; Fritz (1992); S. 218 f; Patt (1988), S. 6. Vgl. u. a. Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 644; Frese/Lehmann (2000), S. 205; Zahn/Barth/Hertweck (1999), S. 7; Franze (1998), S. 12; Heinzl (2003b), S. 624. Vgl. Frese/Lehmann (2000), S. 204. Zur Unterscheidung von Sachleistungen und Dienstleistungen siehe Thommen/Achleitner (2003), S. 61.
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Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
ten Bereiche unterscheiden. So können sowohl einzelne Aufgaben als auch ganze Unternehmensfunktionen fremdvergeben werden. Für eine empirische Untersuchung, die übergreifende Erkenntnisse liefern soll, ist es daher notwendig, einen eindeutigen und vergleichbaren Betrachtungsgegenstand zu wählen. In der vorliegenden Arbeit steht das Outsourcing von einzelnen Geschäftsprozessen im Mittelpunkt. Im Folgenden soll zunächst begründet werden, warum Geschäftsprozesse als Objekt des Strategischen Outsourcings sinnvoll sind. Anschließend wird erläutert, wie outsourcingfähige Geschäftsprozesse identifiziert werden können. Geschäftsprozesse als Betrachtungsgegenstand des Outsourcings Grundsätzlich kommen als Objekt des Strategischen Outsourcings Unternehmensfunktionen und Geschäftsprozesse in Frage. Welche von diesen besser geeignet sind, ist vor dem Hintergrund der typischen Bedingungen beim Outsourcing zu entscheiden. Beim Outsourcing wirtschaften Unternehmen gemeinsam entlang der Wertschöpfungskette und konzentrieren sich auf ihre spezifischen Fähigkeiten (Kernkompetenzen). Die Wertschöpfungskette bildet eine logische Abfolge zwischen den Tätigkeiten in den Unternehmen und kennzeichnet einen abgeschlossenen Gesamtprozess mit festgelegten Inputs und Outputs.132 Die Betriebe organisieren den Wertschöpfungsprozess gemeinsam über Unternehmensgrenzen hinweg.133 Man spricht in diesem Zusammenhang auch von vertikalen Partnerschaften mit der Realisierung der optimalen Wertschöpfungstiefe.134 Outsourcing ist prozessorientiert.135 Es erfordert flexible Organisationsgrenzen und die Zusammenfassung von Arbeitsschritten in vor- und nachgelagerte Tätigkeitsfolgen. Dadurch entsteht der Wertschöpfungsprozess als zentraler Ansatzpunkt der Prozessorganisation.136 Auch führt dies zur Verringerung der funktionalen Arbeitsteilung. Bruch (1998) deutet darauf hin, dass sich die Prozessdenkweise gegenüber der Funktionsdenkweise durchgesetzt hat und sich Unternehmensfunktionen immer schwieriger aus dem Unternehmen isolieren lassen.137 Zudem fügen Matiaske/Mellewigt (2002) an, dass eine Beschränkung
132 133 134
135 136
137
Vgl. hierzu Beer (1998), S. 14; Best/Weth (2003), S. 116 ff. Vgl. Prahalad/Hamel (1991), S. 68. Vgl. Morschett (2003), S. 403; Müller (2003b und c); Osterloh/Frost (2003), S. 187; Czotscher (2003), S. 7; Best/Weth (2003), S. 50 ff. Vgl. Kapitel 02.1.2 Strukturierte Darstellung der Outsourcingbegriffe. Dadurch entsteht der Wertschöpfungsprozess als zentraler Ansatzpunkt der Prozessorganisation. Vgl. Picot/Dietl/Franck (2002) S. 307; Porter (1999b), S. 46 ff. Vgl. Bruch (1998), S. 68 f; vgl. hierzu auch Cunningham/Fröschl (1995), S. 23.
Definition des Begriffs Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
33
des Outsourcings auf eine konkrete Unternehmensfunktion nicht sinnvoll sei.138 Die Prozessorientierung des Outsourcings begründet somit grundsätzlich, warum Geschäftsprozesse als Betrachtungsgegenstand des Outsourcings besser geeignet sind als Unternehmensfunktionen. Hinzu kommen weitere Eigenschaften, die die Eignung der Geschäftsprozesse zum Outsourcing begründen. Nach Wullenkord/Kiefer/Sure (2004) sind in der Praxis vier Eigenschaften von Geschäftsprozessen von Bedeutung139: (1) Fähigkeit zur Standardisierung: Eine Vereinheitlichung von Geschäftsprozessen ermöglicht routinierte und gleichartige Abläufe. Durch hohe Transaktionsvolumina können Mengen- und Synergieeffekte realisiert und die Effizienz der Geschäftprozesse kann erhöht werden. (2) Optimierungsfähigkeit der Prozesseinheiten: Geschäftsprozesse werden nicht nur standardisiert, sie können gleichzeitig neu strukturiert und verbessert werden. Die Abläufe von Geschäftsprozessen können somit optimiert werden. (3) Nutzung der Web-Technologie: Die Nutzung von Web-Technologien kann Produkte und Prozesse (beispielsweise Private Banking, Zeitungen, Interne Kommunikation, Verwaltungsprozesse) digitalisieren. Durch das Potenzial des Internets kann so die Menge der Transaktionen und Prozesse für eine große Anzahl von Einheiten zu günstigen Kosten abgewickelt werden. (4) Ort der Leistungserstellung: Der Ort der Leistungserstellung ermöglicht eine standortunabhängige Leistungserstellung der Geschäftsprozesse. Somit können insbesondere die Personalkosten je Mitarbeiter beispielsweise durch Offshore Sourcing gesenkt werden. Daher konzentriert sich die vorliegende Arbeit auf die Betrachtung von Geschäftsprozessen anstelle von Unternehmensfunktionen als Gegenstand des Outsourcings. Identifizierung outsourcingfähiger Geschäftsprozesse Nicht alle Geschäftsprozesse sind gleichermaßen für das Outsourcing geeignet. Grundsätzlich können alle Geschäftsprozesse entlang des Wertschöpfungsprozesses fremdvergeben werden. Matiaske/Mellewigt (2002) haben hierzu den Begriff der „Funktionsneutralität und Ressourcenneutralität des Outsourcings“140 geprägt. Er besagt, dass alle wirtschaftlichen Leistungen fremdbezogen werden können. Außer Frage steht, dass Prozesse, die nicht zum Kerngeschäft 138
139
140
Vgl. Matiaske/Mellewigt (2002a) beziehen sich auf die Informationsverarbeitung; vgl. Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 644. Vgl. Wullenkord/Kiefer/Sure (2004), S. 20; vgl. hierzu auch Osterloh/Frost (2003), S. 188 f; Dittrich/Braun (2004), S. 111-119; Best/Weth (2003), S. 116 ff. Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 644; vgl. hierzu auch Meckl/Eigler (1998), S. 101, und Zahn/Barth/Hertweck (1999), S. 7.
34
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
gehören und somit keine strategische Abhängigkeit von Partnerunternehmen aufweisen, ausgelagert werden können. Darüber hinaus wird in der Literatur von vielen Autoren die Empfehlung gegeben, keine Leistungen von Kernprozessen aus dem Markt zu beziehen, da der Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz geschwächt werden kann.141 Dittrich/Braun (2004) nannten in ihrem praxisorientierten Beitrag vier geeignete Bereiche für das Outsourcing von Geschäftsprozessen. Hierzu zählten erstens Personalmanagement, Gehaltsabrechnung und Reisekosten, zweitens Buchhaltung, Transaktionen und Kreditvergabe, drittens Kundenmanagement, Vertrieb und Marketing sowie viertens Beschaffung und Logistik.142 Dennoch werden immer intensiver auch kernnahe Prozesse ausgelagert.143 Insbesondere Bruch (1998) sprach von dem Aufbau strategischer Wettbewerbsvorteile, die ein Outsourcing kernnaher Funktionen ermöglicht. Sie wies aber auf den zusätzlichen Aufwand hin, der durch die erhöhten „Anbahnungskosten“, die Auslagerung „nicht-standardisierter Leistungen“ und die intensiveren „tief greifenden Restrukturierungen“144 entstehe. Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003) bestätigten, dass „auch einzelne oder auch komplette Produktions- und Verarbeitungsschritte“145 ausgelagert werden könnten, und fügten hinzu, dass erst durch das Outsourcing von „hochspezialisierten Bereichen, wie Datenverarbeitung, Weiterbildung und Ingenieurleistungen“ strategische Partnerschaften entstünden. Zentes/Swoboda/Morschett (2003b) erwähnten in diesem Zusammenhang die prozessorientierte Neugestaltung der Automobilindustrie, bei der sich kontinuierlich die Wertschöpfungstiefe verringere. Die Automobilhersteller übernähmen eine „fokale Rolle“,146 die mit dem Aufbau netzwerkartiger Beziehungen verbunden sei und durch die Partnerunternehmen schon seit Jahren Kernaktivitäten wie Forschung und Entwicklung, Logistik und zu Teilen die Endproduktion übernähmen.
141
142 143
144 145 146
Vgl. u. a. Nettesheim/Grebe/Kottmann (2003), S. 25; Mayer/Söbbing (2004), S. 31; Beer (1998), S. 18; Dittrich/Braun (2004), S. 9. Vgl. Dittrich/Braun (2004), S. 25 f; vgl. hierzu auch Wullenkord/Kiefer/Sure (2004). Vgl. u. a. Theurl (2003), S. 13; Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 644; Ortmann/Sydow (2003), S. 897; Meckl/Eigler (1998), S. 101; Czotscher (2003), S. 7; Nagengast (1997), Zahn/Barth/Hertweck (1999), S. 7; Hodel/Berger/Risi (2004), S. 9 f; Ruoff (2001), S. 74 f. Bruch (1998), S. 66 f. Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S 54. Zentes/Swoboda/Morschett (2003b), S. 609.
Definition des Begriffs Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
35
hoch
In der folgenden Abbildung wird eine Klassifizierung dargestellt, anhand derer sich outsourcingfähige Geschäftsprozesse identifizieren lassen (vgl. Abbildung 4).
Geschäftsprozess zweiter Klasse
Geschäftsprozess erster Klasse Forschung und Entwicklung
Ingenieurleistungen Planung und Diagnose
Produktstrategie
Beratung
Nähe zum Kerngeschäft
Weiterbildung
Ziel- und Strategieformulierung
Hardwaresupport Anwendung und Systeme
Geschäftsprozess dritter Klasse
Logistik
Wachschutz
Marketing
Fuhrpark
gering
Kreditabwicklung
Reinigung
Sachmittel Catering
Finanz- und Rechnungswesen
Gehalt
Beschaffung
gering
hoch Wissensintensität
Abbildung 4 Matrix zur Einteilung von Geschäftsprozessen147
Die Abbildung zeigt beispielhaft Geschäftsprozesse, die als kernnah und als kernfern eingestuft worden sind. Die Wissensintensität des Geschäftsprozesses verweist auf die Spezifität des Know-hows der Mitarbeiter der Unternehmung. Die Fähigkeiten der Mitarbeiter basieren insbesondere auf einem guten Verständnis von Geschäftsprozessen, dem technischen Know-how der Prozesse sowie den Branchen- und Marktkenntnissen, die einen direkten Bezug zu den Prozessen haben. Die Geschäftsprozesse können nach ihrer Wichtigkeit in Abhängigkeit von der Nähe zum Kerngeschäft und der Wissensintensität in drei Klassen eingeteilt werden: Die erste Klasse beschreibt Geschäftsprozesse, die im Unternehmen unmittelbar mit dem Wertschöpfungsprozess verbunden sind. Die zweite Klasse zeigt Prozesse auf, die eine wesentliche Unterstützungsfunktion für Aktivitäten 147
Eigene Darstellung, in Anlehnung an Zahn/Soehnle (1996), S. 17.
36
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
des Wertschöpfungsprozesses haben. Die dritte Klasse sind Geschäftsprozesse, die nicht direkt dem Unternehmensziel dienen, die jedoch die Ausführung des Wertschöpfungsprozesses erleichtern.148 Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen lässt sich daher definieren als: Geschäftsprozesse sind definiert als ein Bündel von Aktivitäten, die durch eine logische Folgebeziehung verknüpft sind und in einem abgeschlossenen Gesamtprozess partnerschaftlich als Wertschöpfungskette über Unternehmensgrenzen hinweg erstellt werden. Standardisierung, Optimierung und örtliche Unabhängigkeit sind besondere Kennzeichen outsourcingfähiger Geschäftsprozesse. Zudem können Geschäftsprozesse anhand der Nähe zum Kerngeschäft und der Wissensintensität als kernnah beziehungsweise kernfern identifiziert werden.
2.2
Outsourcingformen zwischen Markt und Hierarchie
Mögliche Formen des Outsourcings können zwischen den beiden konträren Organisationsformen Markt und Hierarchie liegen. Zunächst soll der grundsätzliche Gegensatz dieser beiden Formen dargestellt werden. Anschließend werden die Möglichkeiten des Outsourcings zwischen diesen beiden Extremen aufgezeigt.149 2.2.1 Grundsatzentscheidung zwischen Markt und Hierarchie Die Überlegungen zum Gegensatz von Markt und Hierarchie gehen auf Coase (1937) und in seiner Weiterentwicklung auf den bedeutenden Vertreter der Transaktionskostentheorie Williamson (1975) zurück. Coase ging auf die grundsätzliche Existenz von Unternehmungen in einem Wirtschaftssystem ein und erklärte, dass der „Preismechanismus und hierarchische Weisung und damit auch Unternehmungen und Märkte einander ausschließende Alternativen darstellen“.150 Williamson griff diesen Angriff auf die neoklassische Theorie auf und konzipierte auf theoretisch fundierten Überlegungen Formen für die Wahl institutioneller Arrangements im Rahmen der „Neuen Institutionenökonomie“. Der Markt ist eine Organisationsform ökonomischer Aktivitäten.151 Die Teilnehmer genießen freien Zugang für den Austausch spezifischer Leistungen. Die 148 149
150 151
Vgl. Zahn/Soehnle (1996), S. 7. Vgl. u. a. Frese/Lehmann (2000), S. 201; Müller/Prangenberg (1997), S. 59-62 und S. 156-232; Zentes/Swoboda/Morschett (2003b), S. 609; Dittrich/Braun (2004), S. 73; Lacity/Willcocks (2003), S. 116. Frese/Lehmann (2000), S. 201. Vgl. Picot/Dietl/Franck (2002), S. 81.
Outsourcingformen zwischen Markt und Hierarchie
37
unabhängig voneinander agierenden Wirtschaftssubjekte verhalten sich rational und koordinieren sämtliche transaktionsrelevanten Informationen über den Preismechanismus. Die Beziehung ist kurzfristig, anonym und durch spontane oder klassische Marktkaufverträge gekennzeichnet.152 Die Hierarchie hingegen meint die vollständige Integration durch Verhaltensanweisung. Transaktionspartner handeln dabei vor dem Hintergrund langfristig gültiger Verträge, die Williamson auch als „hierarchische Koordination“ bezeichnet.153 Diese beiden Formen ermöglichen organisatorisch die Einbettung von Outsourcing: Ist es sinnvoller, die Aktivitäten betrieblich zu organisieren (internes Outsourcing), oder ist die Alternative der marktlichen Leistungserstellung eher ökonomisch vorteilhaft (externes Outsourcing)?154 Die Frage ist strategischer Natur und erfordert eine Grundsatzentscheidung des Unternehmens (siehe Abbildung 5).
Markt
Strategisches Outsourcing
Externes Outsourcing
Externer Dienstleister
Schwache Bindung
Hierarchie
Internes Outsourcing
Kooperation
Eigenes Unternehmen
Starke Bindung
Abbildung 5 Outsourcing zwischen Markt und Hierarchie155
Diese Grundsatzentscheidung beeinflusst die Form der institutionellen Einbindung und die Art der Leistungserstellung, entweder durch einen externen Dienstleister, Kooperation oder das eigene Unternehmen. Eine Leistungserstellung durch den externen Dienstleister entspricht dem spontanen Marktkauf. Hier findet vornehmlich der Austausch unspezifischer Produkte oder Standardleistungen mit einer kaufvertraglichen Abwicklung statt. Hingegen eignet sich die Leistungserstellung im eigenen Unternehmen für Produkte geringer Veränder152 153
154
155
Vgl. Sydow (1992), S. 98; Williamson (1990), S. 78; Picot/Dietl/Franck (2002), S. 81. Vgl. Williamson (1990), S. 78, zitiert in Picot/Dietl/Franck (2002), S. 81; vgl. auch Morschett (2003), S. 390, und Schober (2004), S. 33. Vgl. Rühli (1994), S. 2 f; Zahn/Barth/Hertweck (1999), S. 7 f. Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 654 f. Eigene Darstellung.
38
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
lichkeit. Die Geschäftsprozesse sind durch hohe Spezifikation aller Leistungsdetails und einem hohen Ressourcenverzehr gekennzeichnet. Die Kooperation156 vereint marktliche und hierarchische Elemente. Bei einer eher marktlich orientierten Allianz ist die Bindungsintensität der Unternehmen niedrig und die Kooperationsform sehr lose, während bei der zunehmend hierarchisch gerichteten Zusammenarbeit das kooperative Element an Bedeutung gewinnt.157 Es existieren „unterschiedliche Kooperationsmuster“158 oder „hybride Organisationsformen“,159 die sowohl marktliche als auch hierarchische Elemente aufweisen. Ortmann/Sydow (2003) sprachen in diesem Zusammenhang auch von der Substituierung durch Unternehmungsnetzwerke, die infolge des Outsourcings die Hierarchie ersetzen.160 2.2.2 Ausprägungsformen des Outsourcings Aufbauend auf der vorgestellten Struktur, lassen sich mehrere Formen des Outsourcings unterscheiden. Gemäß Veröffentlichungen in Fachzeitschriften, Sammelwerken und der praxisrelevanten Literatur existiert eine Vielzahl an Outsourcingformen, welche eher marktlich oder eher hierarchisch orientiert sind. Die Unstrukturiertheit und Unübersichtlichkeit geben Anlass zu einer Beschränkung auf ausgewählte Outsourcingformen. Sydow (1992) prägte die Formen der Quasi-Internalisierung und Quasi-Externalisierung.161 Diese Formen werden ergänzt durch die Formen des selektiven Outsourcings und der Ausgliederung, die von Lacity/Willcocks/Feeny (1996) eingeführt wurden.162 Sydow verwendet in seinem Beitrag „Management von Netzwerkorganisationen“ für die intensive Zusammenarbeit koordinierter Austauschbeziehungen den Begriff Quasi-Internalisierung (komplettes Outsourcing) und für die Vergabe von Prozessen aus der Hierarchie den Begriff Quasi-Externalisierung (Insourcing).163 Zwischenform dieser beiden Extreme ist zum einen die Ausgliederung, die eine „autonome Unternehmung mit hierarchieartigen Beziehungen“ darstellt, und zum anderen das selektive Outsourcing, das als „hochgradig autonome, 156
157 158 159 160 161 162 163
Die Begriffe Kooperation, Partnerschaft und Allianz werden in diesem Zusammenhang synonym verwendet. Vgl. Morschett (2003), S. 390 f. Vgl. Frese/Lehmann (2000), S. 201. Vgl. Mellewigt (2003), S. 12. Vgl. Ortmann/Sydow (2003), S. 897; siehe auch Horchler (2004), S. 16. Vgl. Sydow (1992), S. 105. Vgl. Lacity/Willcocks/Feeny (1996). Vgl. Sydow (2003), S. 295, und insbesondere Sydow (1992), S. 105.
Outsourcingformen zwischen Markt und Hierarchie
39
marktlich geführte interne Einheit“ fungiert.164 In beiden Fällen werden ausgewählte Organisationsaktivitäten als Teil eines Geschäftsprozesses verlagert.165 Die folgende Abbildung verdeutlicht den Zusammenhang (vgl. Abbildung 6)
Strategisches Outsourcing
Externes Outsourcing
Komplettes Outsourcing
Selektives Outsourcing
> 80 %
< 80 % und >20 %
Internes Outsourcing
Ausgliederung
Insourcing
< 20 %
Abbildung 6 Ausprägungsformen des Outsourcings und Anteil am Gesamtbudget der Unternehmensfunktion166
In Anlehnung an Lacity/Willcocks (2003) lässt sich ein Zusammenhang zwischen den Outsourcingformen und dem Budget einer Unternehmensfunktion herstellen, die Geschäftsprozesse vergibt. Der prozentuale Anteil des Leistungsbezugs am Budget beziehungsweise dessen finanzieller Grad markiert dabei die Ausprägung des Outsourcings zwischen den Extremen Insourcing und komplettes Outsourcing. Die Ausgliederung wird hierbei nicht betrachtet, da die Leistung an eine verbundene Unternehmung vergeben wird und aus finanzieller Sicht alle drei zuvor genannten Formen überschneiden kann.167 Sind ein oder mehrere Geschäftsprozesse an einen externen Dienstleister ausgelagert und entfallen mehr als 80 Prozent des Gesamtbudgets der jeweiligen Unternehmensfunktion auf die externe Leistungserstellung, liegt komplettes Outsourcing vor. Werden mehr als 20 Prozent und weniger als 80 Prozent des Gesamtbudgets für den Leistungsbezug aufgewendet, liegt selektives Outsourcing bei Kooperation mit einem externen Dienstleister vor. Beträgt der Leistungsbe-
164 165 166 167
Sydow (2003), S 296; vgl. hierzu auch Schober (2004), S. 32. Vgl. Frese/Lehmann (2000), S. 212. Eigene Darstellung. Vgl. hierzu auch Kapitel 3.2.1.2 Outsourcingstrategie.
40
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
zug weniger als 20 Prozent des Gesamtbudgets, ist die Entscheidung zugunsten einer Leistungserstellung im eigenen Unternehmen (Insourcing) gefallen.168 Die Kooperation oder die komplette Fremdvergabe von Produkten oder Leistungen am Markt stellt erhebliche Anforderungen an das Unternehmen. Die Organisation der Zusammenarbeit ist ein komplexes Entscheidungsproblem für die institutionelle Einbindung beider Partner. Ist die Entscheidung zugunsten des Insourcings gefallen, stellt sich die Frage nach einer geeigneten organisatorischen Verankerung innerhalb der Unternehmung. Im Rahmen dieser wissenschaftlichen Untersuchung werden jedoch die Gestaltungsoptionen des Insourcings nicht weiter behandelt.
2.3
Ziele des Outsourcings
Outsourcing kann als eine Maßnahme begriffen werden, mit deren Hilfe ein Unternehmen seine strategischen Ziele erreichen will.169 Die Ziele des Unternehmens können sowohl auf der Ebene des Gesamtunternehmens als auch der Ebene der Geschäftsprozesse bestimmt werden.170 Die folgende Abbildung gibt eine Übersicht zu den Zielen auf diesen Ebenen (vgl. Abbildung 7).171
168
169 170
171
Vgl. Lacity/Willcocks (2003), S. 116; siehe hierzu auch Dibbern/Heinzl/Leibbrandt (2003), S. 535; Dibbern (2004); Frese/Lehmann (2000), S. 205; Beer (1998), S. 131; Söbbing (2002), S. 49; Hodel/Berger/Risi (2004), S. 25. Vgl. Wöhe (2002), S. 95; Müller/Kornmeier (2002), S. 370 ff. Vgl. Kapitel 2.1.3 Strategische Dimension des Outsourcings; siehe auch Steinmann/ Schreyögg (2000), S. 155. Vgl. u. a. Hermes/Schwarz (2005), S. 19; Schneidereit (2004); Bruch (1998), S. 38 ff; Hodel/Berger/Risi (2004), S. 11 ff; Ruoff (2001), S. 73 ff; Bacher (2000), S. 64 ff; Müller (2003c); Hellinger (1999), S. 51 ff; Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 43 ff; Köhler-Forst (2000), S. 13 ff; Mayer/Söbbing (2004), S. 11 ff; Oecking (2000), S. 103; Warschburger/Hans (1998), S. 334 ff; Weidner (2000), S. 74 ff; Wißkirchen (1999); IBM (2003a); IBM (2003c); Accenture (2003a); Accenture (2003b); PAConsultingGroup (2003a und b); Deloitte&Touche (2002).
Ebene der Geschäftsprozesse
Ebene der Gesamtunternehmung
Ziele des Outsourcings
41
Steigerung des Unternehmenswertes
• Langfristige Existenzsicherung • Minimaler Ressourceneinsatz – maximale Bedürfnisbefriedigung • Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit • Neuausrichtung der Strukturen • Wirtschaftliche Effizienz
operativ
strategisch
Steigerung der funktionalen Wirtschaftlichkeit
Aufbau und Erhalt von strategischen Wettbewerbsvorteilen/Ressourcen
Kosteneffekte
Risikoeffekte
Wertschöpfung
Kernkompetenzen
• Mengeneffekte
• Reduktion der Komplexität
• Know-how
• Neupositionierung der Unternehmung
• Kostendruck • Personalkosten • Fixkosten
• Vertragsgestaltung • Personalmanagement • Kulturelle und sprachliche Barrieren
• Fachkräfte • Moderne Technologien • Flexibilität • Qualitätssteigerung • Innovationsverbesserung
• Auslagerung von Randaktivitäten • Aufbau spezifischer Fähigkeiten • Überlegene Ressourcenausstattung
Abbildung 7 Ziele des Outsourcings172
Auf der Ebene der Gesamtunternehmung ist das wichtigste Ziel die Steigerung des Unternehmenswertes im Sinne der Anteilseigner. Aus diesem Ziel können operative Teilziele für die Ebene der Geschäftsprozesse abgeleitet werden, die darauf ausgerichtet sind, die Konkurrenz- und Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens zu verbessern.173 Solche operativen Ziele sind die Verringerung von Kosten (Kosteneffekte) und Risiken (Risikoeffekte). Beide können die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens steigern.174 Die strategischen Ziele hingegen dienen dem Aufbau und der Erhaltung von Wettbewerbsvorteilen beziehungsweise Ressourcen und sind durch die Konzentration auf die Stärken eines Unternehmens (Kernkompetenzen) in Bezug auf Markt und Ressourcen sowie durch die Steigerung der Wertschöpfung im Unternehmen gekennzeichnet.175 Outsourcing-Entscheidungen können anhand dieser Ziele beurteilt werden. Nachfolgend soll auf diese vier Ziele näher eingegangen werden.
172 173
174 175
Eigene Darstellung. Vgl. Wöhe (2002), S. 97 ff; Müller/Kornmeier (2002), S. 366 ff; Theurl (2003), S. 19; Hodel (1999); Hodel/Berger/Risi (2004), S. 11 f. Vgl. Bruch (1998), S. 38-42; Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 27-31. Vgl. Porter (1999a), S. 33 ff; Prahalad/Hamel (1990); Hellinger (1999), S. 53 f.
42
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
2.3.1 Kosteneffekte Das meistgenannte Ziel bei Outsourcing-Vorhaben sind Kosteneffekte. Sie werden dadurch möglich, dass Outsourcing-Dienstleister bestimmte Tätigkeiten mit geringeren Kosten als das auslagernde Unternehmen durchführen können. Porter (1996b) begründet dies durch interorganisationale Kostenunterschiede, auch „Kostenantriebskräfte“ genannt: Durch Spezialisierung auf bestimmte Verrichtungen können kostenrelevante Skaleneffekte erzielt werden.176 In Studien von Marktforschungsinstituten oder Unternehmensberatungen177 wird das Senkungspotenzial der Kosten durch Outsourcing auf bis zu 40 Prozent geschätzt. Kosteneffekte können in den folgenden Bereichen entstehen:178 Mengeneffekte: Wenn der Dienstleister durch Bündelung und Spezialisierung sein Angebot vergrößert, es rational ausüben und einem breiteren Abnehmerkreis zur Verfügung stellen kann, erreicht er eine betriebsgrößenbedingte Kostendegression (economies of scale). Ebenso erzielt er durch Lern- und Erfahrungseffekte sowie durch die Wiederholung gleicher Arbeitsabläufe Einsparungen. Das auslagernde Unternehmen zahlt beispielsweise bei bedarfsgerechter Versorgung mit entsprechenden Ressourcen nur für diejenige Leistung, die es tatsächlich nachfragt und in Anspruch nimmt (on demand).179 Kostendruck: Der Kostendruck zur Verbesserung der Prozesse entfällt für das auslagernde Unternehmen, da es selbst nicht mehr für deren Effizienzsteigerung sorgen muss. Für den Dienstleister hingegen stellen die Prozesse sein Kerngeschäft dar; dies zwingt ihn bei entsprechendem Konkurrenzdruck zu deren stetigen Weiterentwicklung zwingt.180 Personalkosten: Dienstleister können Kostenvorteile realisieren, wenn sie einer Branche mit günstigeren Tarifen als das auslagernde Unternehmen angehören. Auch durch die Verlagerung des geographischen Standortes in Niedrig- oder Billiglohnländer können Personalkosten erheblich gesenkt werden.181 Fixkosten: Ein Unternehmen bindet durch die Eigenerstellung von Leistungen Fixkosten in Form von Personal oder technischer Infrastruktur. Durch die Ver176 177
178
179 180 181
Vgl. Porter (1999b), S. 106 f. Vgl. Forrester (2003); Gartner (2003); IBM (2003a); IBM (2003c); Accenture (2003a); Accenture (2003b); Deloitte&Touche (2002). Vgl. Matiaske/Mellewigt (2002a), 646 ff; Zahn/Barth/Hertweck (1999), S. 25; Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 45 f; Hodel/Berger/Risi (2004), S. 11 f. Vgl. Theurl (2003), S. 20 f; IBM (2003c). Vgl. Heinzl (1991), S. 47. Vgl. Bacher (2000), S. 67 f; Heibel (2000), S. 84 f; Theurl (2003), S. 21.
Ziele des Outsourcings
43
gabe der Geschäftsprozesse an den Dienstleister entfällt dieser Fixkostenblock, und der Dienstleister verlangt ein Entgelt, das den variablen Kosten zugerechnet werden kann. Das auslagernde Unternehmen kann somit Fixkosten variabilisieren.182 Die Verfolgung von Kostenzielen beim Outsourcing ist allerdings auch mit Risiken verbunden. So werden die eigenen Kosten der Geschäftsprozesse aufgrund „mangelhafter Kostenerfassung und Kostenverrechnung“183 häufig überschätzt; daher wird unter Umständen keine Einsparung erzielt, wenn ein externer Dienstleister eingeschaltet wird. Ebenso häufig werden Kosten für die Outsourcingmaßnahmen unterschätzt. Transaktionskosten, die beispielsweise durch die räumliche Trennung zwischen dem Unternehmen und der Dienstleistung entstehen und Kommunikations-, Koordinations- und Kontrollkosten zur Folge haben, werden bei der Outsourcing-Entscheidung nicht einbezogen. Auch die Vertragsgestaltung und damit verbundene gesetzliche Leistungen sowie anfallende Beratungsleistungen werden im Vorfeld nur selten angemessen bewertet. Ebenso können Kostenziele durch Probleme beim Abbau beziehungsweise der Verlagerung von Arbeitskräften oder dem Verkauf von Anlagevermögen gefährdet werden.184 2.3.2 Risikoeffekte Der Übergang zum Fremdbezug reduziert die Komplexität im internen Wertschöpfungsprozess und senkt den Finanzierungsbedarf des Unternehmens.185 Das gebundene Kapital verringert sich, und es entfallen für ausgelagerte Bereiche zukünftige Reinvestitionen.186 Dies gilt auch für das Risiko einer schwankenden Kapazitätsauslastung. Die Kosten für die Kapazitäten zur Bedienung von Spitzennachfragen werden gesenkt. Die Finanzmittel können auf die Kernkompetenzen konzentriert werden. Die Risiken lassen sich somit teilweise auf den Dienstleister übertragen.187
182 183 184
185
186 187
Vgl. Hellinger (1999), S. 52 f. Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 651. Vgl. Warschburger/Hans (1998), S. 335; IBM (2003a); Kieser (2000); Accenture (2002); Zahn/Barth/Hertweck (1999), S. 14; Nagengast (1997), S. 111 ff. Vgl. Hermes/Schwarz (2005), S. 19; Oecking (2000), S. 103; Heinzl (1991), S. 51; Lamers (1998), S. 99. Vgl. Warschburger/Hans (1998), S. 335 ff; Bruch (1998), S. 32 f. Vgl. Nettesheim/Grebe/Kottmann (2003), S. 27; Theurl (2003), S. 21.
44
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Durch Outsourcing lassen sich Risiken jedoch nicht nur vermindern, es entstehen auch neue Gefährdungen für das Unternehmen, so etwa bei der Vertragsgestaltung, dem Personalmanagement und durch kulturelle Barrieren. Die Vertragsgestaltung ist eines der organisatorischen Hauptrisiken des Outsourcings. Die Vertragslaufzeiten betragen drei bis zehn Jahre.188 Die lange Vertragsdauer bedeutet für das auslagernde Unternehmen einen Kontrollverlust. Dies hat zur Folge, dass die Verträge entsprechend ausführlich ausgearbeitet werden müssen, um möglichst viele Eventualitäten zu berücksichtigen. Im Bereich des Personalmanagements sind ebenfalls Risiken gegeben. Falls sich die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens durch die oft erst mittel- bis langfristig greifenden strategischen Maßnahmen nicht nachhaltig verbessert, verliert das Unternehmen häufig kurzfristig Arbeitsplätze, die zu den ausgelagerten Geschäftsprozessen gehören. Vorgelagert sind Auseinandersetzungen mit dem Personal und dem Betriebsrat. Sozialpläne für ausscheidende Mitarbeiter werden geschaffen, oder das Personal wechselt zu dem Dienstleister über. Diese Maßnahmen gehen selten spurlos an Mitarbeitern vorüber, wobei Demotivation und Verunsicherung des Personals oft die Folgen sind.189 Durch das kostenorientierte Outsourcing von Geschäftsprozessen ins Ausland ergeben sich oftmals kulturelle und sprachliche Barrieren, welche die Zusammenarbeit der ausgelagerten Bereiche mit dem auslagernden Unternehmen erschweren können. 2.3.3 Steigerung der Wertschöpfung Die Komplexität durch Diversifikation, Wachstum und Expansion erschwert es den Unternehmen, in allen Bereichen eine große Leistungstiefe für die Steigerung der Wertschöpfung zu erzielen. Eigenerstellung bedeutet für die Unternehmen, alle erforderlichen Funktionen selbst zu bedienen und weiterzuentwickeln, um auch bei immer kürzeren Innovationszyklen konkurrenzfähig zu bleiben. Durch externe Anbieter können aktuelles Know-how, höher qualifizierte Fachkräfte und moderne Technologien bezogen werden.190 Dies führt zu einer qualitativen Leistungsverbesserung und somit zu innovativen Lösungen, da die Leistung des Dienstleisters sein eigenes Kerngeschäft betrifft. Der Dienstleister muss mit seiner Leistung am Markt bestehen und ist somit gefordert, seine Leis188
189 190
Vgl. Theurl (2003), S. 15; Cunningham/Fröschl (1995), S. 39; Gründer (2004b), S. 288; Hodel/Berger/Risi (2004), S. 85. Vgl. Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 651; Warschburger/Hans (1998), S. 335. Vgl. Hellinger (1999), S. 53; Bruch (1998), S. 34; Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 647; IBM (2003a); Accenture (2003b); Deloitte&Touche (2002).
Ziele des Outsourcings
45
tungsprozesse permanent zu verbessern. Die Steigerung der Wertschöpfung fördert Flexibilität zur Anpassung an neue Entwicklungen und ermöglicht die Steigerung von Qualität und Innovationskraft.191 Die Orientierung an Wertschöpfungszielen kann jedoch auch mit Qualitäts- und Innovationseinbußen verbunden sein.192 Aus strategischer Sicht bedeutet die Auslagerung von Funktionen an den Dienstleister eine Abhängigkeit. Hierbei ist zwischen „leicht imitierbaren Leistungen“ und „komplexen Leistungsbereichen“193 zu differenzieren. Die imitierbaren Leistungen können unproblematisch durch einen anderen Anbieter übernommen werden, wohingegen komplexe Leistungen beziehungsweise die monopolähnliche Stellung des Dienstleisters zu einer starken Abhängigkeit führen können.194 2.3.4 Konzentration auf die Kernkompetenzen Das Ziel der Konzentration auf die Kernkompetenzen ist strategisch. Hiermit sind die vorhandenen und zu entwickelnden Stärken des Unternehmens gemeint, um die langfristige Wettbewerbsposition zu verbessern und um das Unternehmen neu zu positionieren.195 Die Überlegung hat ihren Ursprung im Kernkompetenzansatz, nach dem das Unternehmen sich durch die Auslagerung von Randaktivitäten auf seine Ressourcen und auf den Aufbau spezifischer Fähigkeiten konzentrieren kann.196 Das Outsourcing trägt maßgeblich dazu bei, die Unternehmung von Aktivitäten, Funktionen und Ressourcen, die nicht zum Kerngeschäft und nicht zu den Stärken der Unternehmung gehören, zu entlasten. Somit unterstützt Outsourcing den Konzentrationsprozess auf die jeweiligen Kernkompetenzen und den Aufbau einer überlegenen Ressourcenausstattung für die Erzielung langfristiger Wettbewerbsvorteile.197 Der Übergang zum Fremdbezug reduziert die Leistungstiefe und die interne Komplexität der Unternehmung.198 Die 191
192 193 194 195
196
197 198
Vgl. Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 46 f; Theurl (2003), S. 23 ff.; Heibel (2000), S. 80 f. Vgl. Bruch (1998), S. 35 f; Warschburger/Hans (1998), S. 334. Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 653. Vgl. Bruch (1998), S. 35; Zahn/Barth/Hertweck (1999), S. 13. Vgl. Hermes/Schwarz (2005), S. 21; Schneidereit (2004); Mayer/Söbbing (2004), S. 12; Hellinger (1999), S. 53; Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 48 f; Theurl (2003), S. 23 f; IBM (2003a); Accenture (2003b), S. 5. Vgl. Hellinger (1999), S. 53; Ruoff (2001), S. 48 ff; IBM (2003a); Accenture (2003b); Deloitte&Touche (2002). Vgl. Theurl (2003), S. 20; vgl. auch Ruoff (2001), S. 48 ff. Vgl. Beer (1998), S. 121; Warschburger/Hans (1998), S. 335; vgl. auch Bruch 1998, S. 13.
46
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
freigesetzten Ressourcen der ausgelagerten Bereiche können dann durch Umlenkung in Kernbereiche eingesetzt werden.199 Der Reduzierung der internen Komplexität steht die Steigerung der Komplexität vieler Unternehmen „durch Diversifikation, Wachstum und regionale Expansion“ sowie „durch zunehmende Wettbewerbsintensität und beschleunigte technologische Dynamik“200 gegenüber. Outsourcing ist also ein strategisches Mittel, mit dem die Handlungsfähigkeit verbessert werden kann und somit die Stärken des Unternehmens durch vereinfachte interne Strukturen ausgebaut werden können.201 Durch die langfristige Bindung der Outsourcingpartner besteht auch das Risiko, spezifische Kompetenzen und Know-how zu verlieren. Die Entscheidung zum Outsourcing kann zu einem Wissensabfluss führen, indem beispielsweise Fachpersonal ausscheidet oder zum Dienstleister wechselt. Falls das Outsourcing scheitert, müssen diese Kompetenzen wieder neu gewonnen oder von einem anderen Dienstleister bezogen werden.202 Organisatorische Risiken für die Unternehmung können auch dadurch entstehen, dass Kernkompetenzen nicht erkannt und daher fremdvergeben werden. Durch den externen Bezug solcher Leistungen oder Produkte werden eventuelle Stärken des Unternehmens nicht genutzt. Somit geht der Wettbewerbsvorteil auf den Dienstleister über und für das auslagernde Unternehmen verloren. Ebenfalls ist die Restriktion des Datenschutzes in Bezug auf Geheimhaltung des unternehmensinternen Wissens zu beachten. Häufig wird der mangelnde Schutz vertraulicher Daten kritisiert, die durch einen leichtfertigen Umgang der Mitarbeiter des Outsourcingpartners an die Konkurrenz gelangen können.203 In diesem Zusammenhang wird auch von der so genannten Outsourcing-Spirale gesprochen.204 Diese entsteht, wenn schlechte Renditen in den Geschäftsbereichen die verantwortlichen Manager veranlassen, einzelne Prozesse an kostengünstige Dritte zu vergeben. Die ersten Erfolge können dann neue OutsourcingRunden einleiten, so dass mehr und mehr Bereiche fremdvergeben werden. Langfristig jedoch führt diese Strategie in ihrer extremsten Form zum Abfluss von Kernkompetenzen und kann sogar bei Ausweitung auf die gesamte Branche zum „Kompetenzverlust einer ganzen Volkswirtschaft“205 führen. 199 200 201 202 203 204
205
Vgl. Hellinger (1999), S. 53 f. Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 647; vgl. auch Köhler-Frost (2000), S. 13 f. Vgl. Bruch (1998), S. 39; Franze (1998), S. 21; Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 647. Vgl. Bruch (1998), S. 48; Accenture (2003a), S. 4. Vgl. Accenture (2003a), S. 15; Weidner (2000), S. 181. Vgl. Osterloh/Frost (2003), S. 318; vgl. hierzu auch Theurl (2003), S. 28 f; Hellinger (1999), S. 55. Hellinger (1999), S. 56.
3
Strukturierung des Outsourcingverhaltens Bei der Durchführung von Outsourcingprojekten sind in der Praxis vielfältige Überlegungen, Entscheidungen und Maßnahmen zu treffen. Ein wissenschaftlich fundiertes Modell, das alle Aktivitäten in einen systematischen Zusammenhang bringt, ihr Zusammenwirken beschreibt und die Einflüsse auf die einzelnen Aktivitäten sowie den Erfolg eines Outsourcingprojekts aufzeigt, existiert bisher nicht. Im Folgenden wird aus den Erkenntnissen der Literatur zur Strategieplanung ein Modell hergeleitet, das die Kernfragen des Outsourcings aufgreift. Es ordnet die vielfältigen Aktivitäten im Rahmen des Strategischen Outsourcings von Geschäftsprozessen zu einem System. Der gesamte Prozess von der Entscheidung über die Planung bis hin zur Umsetzung und Kontrolle des Outsourcings wird in vier Phasen strukturiert. Die Inhalte dieser Phasen werden anschießend näher charakterisiert; dabei werden die Wirkungszusammenhänge in und zwischen den einzelnen Phasen aufgezeigt. Ebenso werden die Zielkriterien skizziert, die den Erfolg jeder einzelnen Phasen und des gesamten Outsourcingprojekts entscheidend beeinflussen. Das so entwickelte Vier-Phasen-Modell ist ein erstes Ergebnis dieser Untersuchung. Zugleich bildet es die Grundlage für die weiteren Schritte dieser wissenschaftlichen Arbeit. Es bildet das Gerüst für die Ableitung von Hypothesen zu den Wirkungszusammenhängen und Erfolgswirkungen von Outsourcingprojekten. Weiterhin gibt es die Struktur des integrierten Konzeptansatzes vor, in den dann die Erkenntnisse aus der empirischen Überprüfung integriert werden.
48
3.1
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Grundüberlegungen zum Vier-Phasen-Modell
Gemäß der Definition ist Strategisches Outsourcing eine Form des strategischen Managements.206 Das strategische Management hat die übergeordneten Aufgaben, eine Strategie mit entsprechenden Erfolgspotenzialen zu entwerfen, zu entscheiden, welche Ziele mit welchen Ressourcen realisiert werden sollen, konkrete strategische Umsetzungsprogrammen auszuarbeiten und den Umsetzungserfolg zu kontrollieren.207 Diese Aufgaben bilden den Rahmen zur Strukturierung des komplexen Outsourcingverhaltens. Dieser kann präzisiert werden durch Rückgriff auf die in der Zielsetzung dieser Arbeit formulierten Kernfragen. • Unter welchen Gesichtspunkten soll eine Leistung betrieblich organisiert und nicht auf dem Markt fremdvergeben werden? Diese Kernfrage betrifft die Potenzialdimension des Strategischen Outsourcings. Die Potenzialdimension befasst sich mit der Strategie des Outsourcings. Hierbei wird entschieden, ob eine Leistung im Unternehmen erstellt oder von einem Partner fremdbezogen wird. • Welchen Einfluss auf das Outsourcing hat die Partnerwahl? Diese Kernfrage umreißt die Kooperationsdimension. Die Kooperationsdimension befasst sich mit der Wahl des Wertschöpfungspartners. • Wie wird die Struktur der Outsourcing-Allianz effizient gestaltet? Aus dieser Kernfrage ergibt sich die Gestaltungsdimension. Die Gestaltungsdimension legt die Planungs-, Abwicklungs- und Managementstrukturen fest. • Wie wird das operative Management gesteuert, in welchem Ausmaß wird die überbetriebliche Zusammenarbeit beim Outsourcing kontrolliert und wie wird die Partnerschaft beendet? Dies betrifft die Steuerungs- und Kontrolldimension, die die Handlungsanweisungen für den Betrieb des Outsourcingprozesses bestimmt.
206 207
Vgl. Kapitel 2.1.3 Strategische Dimension des Outsourcings. Vgl. hierzu Dibbern/Heinzl/Leibbrandt (2003), S. 533; Mellewigt (2003), S. 4; Dibbern/Güttler/Heinzl (2001), S. 679.
Grundüberlegungen zum Vier-Phasen-Modell
49
Die einzelnen Dimensionen lassen sich auch als „Phasen des Outsourcings“ bezeichnen und in einem Vier-Phasen-Modell zusammenfassen (vgl. Abbildung 8). Das Phasenmodell stellt den Outsourcing-Konzeptansatz in seiner logischen Abfolge dar.208 In jeder Phase bestehen Interdependenzen zu den folgenden Phasen.209 So ist beispielsweise denkbar, dass in der ersten Phase nach der Unternehmens- und Umweltanalyse die Entscheidung fällt, eine betriebliche Leistung nicht fremdzuvergeben, sondern selbst zu erstellen. Ebenfalls kann die zweite Phase übersprungen werden, wenn bei einer Wiederholung von Outsourcingprojekten von vornherein derselbe Partner gewählt werden soll.210 Unter welchen Gesichtspunkten soll eine Leistung betrieblich organisiert und nicht auf dem Markt fremdvergeben werden? (Potenzialdimension)
Strategie
Welchen Einfluss hat die Partnerwahl auf das Outsourcing?
(Kooperationsdimension)
Wie wird die Struktur der Outsourcing-Allianz effizient gestaltet?
(Gestaltungsdimension)
Partner
Wie wird das operative Management gesteuert, in welchem Ausmaß wird Outsourcing kontrolliert, und wie wird die Partnerschaft beendet? (Steuerungs- und Kontrolldimension)
Struktur
Betrieb
Vier-Phasen Modell
Abbildung 8 Entwurf eines Outsourcing-Modells211
Im Folgenden wird kurz der Inhalt der genannten Phasen erläutert: Strategiephase: Inhalte der ersten Phase sind die Analyse der Ausgangssituation und die Festlegung der Ziele, die das Unternehmen mit dem Outsourcing verfolgt. Auf dieser Basis wird eine Entscheidung über die Outsourcingstrategie und den Umfang, in dem die Geschäftsprozesse ausgelagert werden sollen (Grad
208
209 210 211
Vgl. u. a. Nettesheim/Grebe/Kottmann (2003), S. 29; Rusch (2003), S. 15; Gründer (2004b), S. 287; Bruch (1998), S. 55 ff; Dittrich/Braun (2004), S 141; Mellewigt (2003), S. 74 ff; Meckl (1995); Zentes/Swoboda/Morschett (2003c), S. 827 ff; Oecking (2000), S. 110; Hodel/Berger/Risi (2004), S. 43; Hofmann/Klein/Meiren (1998), S. 20 ff; Helfen (2002), S. 36 ff. Zentes/Swoboda/Morschett (2003c), S. 827. Vgl. Meiren/Barth (2002), S. 16; Mellewigt (2003), S 74 f; Bruch (1998), S. 117. Eigene Darstellung in Anlehnung an Meiren/Barth (2002), S. 15.
50
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
des Outsourcings), getroffen. Dabei determiniert der Grad des Outsourcings die Grundbedingungen für die Organisation, die in der Strukturphase festlegt wird. Partnerphase: In dieser Phase wird ein geeigneter Wertschöpfungspartner für das Outsourcingprojekt gesucht. Hierzu wird ein Anforderungsprofil an den potenziellen Dienstleister erstellt, nach dem die in Frage kommenden Outsourcingpartner evaluiert werden. Strukturphase: In der Strukturphase gestalten das auslagernde Unternehmen und der Dienstleister ihre Zusammenarbeit. Die Verhandlungen mit dem Partner stehen im Vordergrund. Im Wesentlichen geht es um die Festlegung der gemeinsamen Ziele und der Outsourcingstruktur, die Standardisierung der zu überführenden Geschäftsprozesse, die einzubringenden Ressourcen in die Allianz sowie die Vertragsgestaltung und die Organisation des Managements. Betriebsphase: Inhalt der letzten Phase sind die Steuerung und Kontrolle des eigentlichen Leistungsaustauschs zwischen auslagerndem Unternehmen und Dienstleister sowie die Umsetzung deren Ziele. Diese Phase kann, bei ausbleibendem Erfolg oder Erfüllung der Outsourcingziele, mit der Rückintegration der Geschäftsprozesse sowie der Beendigung der Partnerschaft abgeschlossen werden. Indem die Beendigung einer Outsourcingmaßnahme mit in das Modell einbezogen wird, wird Outsourcing als ein Phänomen beschrieben, das einem Lebenszyklus unterliegt. Eine Outsourcing-Entscheidung hat zwar langfristige Wirkung, ist aber immer zeitlich begrenzt und daher als Projekt zu betrachten.
3.2
Vier-Phasen-Modell
Im vorangegangenen Abschnitt wurde anhand von Grundüberlegungen das VierPhasen-Modell hergeleitet. Es integriert erstmals die Erkenntnisse der meist deskriptiven Veröffentlichungen zu einzelnen Aspekten des Outsourcings in ein geschlossenes System. Im Folgenden werden anhand der Einzelergebnisse der Literatur zum strategischen Outsourcing von Geschäftsprozessen die Inhalte, Zusammenhänge und Abhängigkeiten der einzelnen Phasen dargestellt. Zusätzlich werden die Zielkriterien jeder Phase herausgearbeitet, die sich auf den Erfolg eines Outsourcingprojekts auswirken. Die folgende Abbildung fasst die Aktivitäten, die den einzelnen Phasen zugeordnet werden können, zusammen (vgl. Abbildung 9).
Vier-Phasen-Modell
51
Strategie
Partner
Struktur
Betrieb
Ausgangssituation und Zielsetzung
Analyse des Anforderungsprofils
Partnerschaftliche Zielfindung
Steuerung und Kontrolle
Outsourcingstrategie
Suche der Outsourcinganbieter
Festlegung der Outsourcingstruktur
Vertrauen und Macht
Evaluierung der Outsourcinganbieter
Standardisierung der Geschäftsprozesse
Anreize
Ressourcenplanung und Personalübergang
Informationen
Gestaltung des Vertrages
Konflikte
Gestaltung des Managements
Rückintegration und Beendigung des Projektes
Abbildung 9 Vier-Phasen-Modell212
3.2.1 Strategiephase Die zentrale Frage der Strategiephase ist, ob eine betriebliche Leistung extern bezogen oder selbst erstellt werden soll. Diese strategische Entscheidung stellt die Weichen für die Partnerwahl und die Strukturen, unter denen die Outsourcingpartner zusammenarbeiten. In der Literatur werden für diese Phase synonyme Begriffe wie „strategische Konzentration“213, „Outsourcing214 215 Entscheidung“ , „Outsourcingstrategie“ , „Entscheidungskriterien des Outsourcings“216 und „Transparenz und Outsourcing-Möglichkeiten“217 verwendet. Mit der strategischen Entscheidung über das Outsourcing werden die Outsourcingstrategie, abhängig von den Zielen, die mit dem Outsourcing verfolgt werden, sowie der Grad des Outsourcings festgelegt.
212 213 214 215 216 217
Eigene Darstellung. Bruch (1998), S. 11. Lacity/Willcocks (2001), S. 181; Theurl (2003), S. 21; Hirschheim/Dibbern (2002), S. 13. Söbbing (2002), S. 56. Dibbern/Heinzl/Leibbrandt (2003), S. 533; Dittrich/Braun (2004), S. 30 ff. Lancellotti/Schein/Spang (2003), S. 137.
52
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
3.2.1.1 Ausgangssituation und Zielsetzung Überlegungen, Geschäftsprozesse aus dem Unternehmen zu vergeben, erfolgen aus unterschiedlichen Anlässen. Die Umwelt verändert sich permanent und fordert von den Unternehmen die ständige Anpassung der Strukturen und der Organisation. Die strategischen Wandlungsprozesse veranlassen Unternehmen, selbst erstellte Leistungen und Produkte in Form von Geschäftsprozessen kritisch zu analysieren. Der Anstoß für ein Outsourcingprojekt kann ein Geschäftsprozess sein, von dem das Management annimmt, dass seine Auslagerung sinnvoll sei.218 Es kann aber auch die übergeordnete Frage sein, welche operativen und strategischen Vorteile das Unternehmen durch Outsourcing erlangen kann. In beiden Fällen geht es letztlich um die Sicherung des langfristigen Unternehmenserfolgs. Unabhängig von der Art des Anstoßes kommt es deshalb darauf an, die Entscheidung auf eine verlässliche Basis zu stellen. Ausgangspunkt der Strategiephase ist die Umwelt- und Unternehmensanalyse, um Ziele für das Outsourcing-Vorhaben abzuleiten.219 Das Unternehmensumfeld wird darauf analysiert, ob sich Risiken oder Chancen für Geschäftsfelder abzeichnen. Trends und zukünftige Marktentwicklungen sowie gesellschaftspolitische und soziokulturelle Faktoren fließen in die Analyse ein. Die Unternehmensanalyse, als Gegenstück zur Umweltanalyse, bewertet die Stärken und Schwächen der eigenen Ressourcen. Die Geschäftsprozesse werden dahingehend untersucht, ob sie einen Wettbewerbsvorteil begründen oder nicht. Diese Informationen sind unerlässlich für die Zielformulierung sowie für die Entscheidung, welche Geschäftsprozesse für Outsourcing in Frage kommen.220 Die Zielformulierung ist der erste Schritt der Strategiebildung.221 Auf der Ebene der Gesamtunternehmung sind als Ziele des Outsourcings die Verbesserung der Marktposition, der Produktqualität, der Innovationskraft, der Kapital- und Vermögensstruktur sowie der Mitarbeiterzufriedenheit denkbar. Außerdem spielen Aspekte wie die Gewinnung von Kunden, die Erschließung neuer Geschäftsfelder sowie die Neuausrichtung der Unternehmensstrukturen eine bedeutende Rolle.222 Auf Ebene der Geschäftsprozesse können mit Outsourcing beispielsweise 218
219 220 221 222
Vgl. hierzu auch Kapitel 2.1.4 Outsourcing von Geschäftsprozessen; vgl. u. a. Schaarschmidt (2003), S. 46; Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 22 ff; Bruch (1998), S. 5 ff; Zentes/Swoboda/Morschett (2003c), S. 829; Raimer/Raisch (2004), S. 28, Horchler (2004), S. 16. Vgl. Herbek (2000), S. 41 ff. Vgl. Thommen/Achleitner (2003), S. 890 ff. Vgl. Wöhe (2002), S. 95. Vgl. Wöhe (2002), S. 95; Müller/Kornmeier (2002), S. 370 ff.; Thommen/Achleitner (2003), S. 99 ff; Hodel/Berger/Risi (2004), S. 136 ff.
Vier-Phasen-Modell
53
die Steigerung der Wertschöpfung, Finanzierungsvorteile, Konzentration auf die Kernkompetenzen sowie die Senkung von Kosten verfolgt werden.223 In der fehlenden Analyse der Ausgangssituation und der ungenauen Definition der Ziele liegt häufig die Ursache für das Scheitern von Outsourcingprojekten. Eine diffuse und unübersichtliche Ziel- und Strategieformulierung zieht zudem oft die vorzeitige Beendigung des Projekts nach sich und führt vermehrt zu Backsourcing.224 3.2.1.2 Outsourcingstrategie Wenn die Ziele des Outsourcings festgelegt und dafür in Frage kommende Geschäftsprozesse identifiziert worden sind, entscheidet das Management über den Grad des Outsourcings sowie über die Grundausrichtung der mit dem Outsourcing verfolgten Strategie, die im Weiteren als strategische Grundsatzentscheidung bezeichnet wird. Der Grad des Outsourcings bestimmt die Höhe des prozentualen Anteils des Outsourcings von Geschäftsprozessen, bezogen auf das Gesamtbudget der jeweiligen Unternehmensfunktion. Er reicht von der internen Durchführung eines Geschäftsprozesses, dem Insourcing, bis zum kompletten Outsourcing. Die Zuordnung des Insourcings zum Outsourcing scheint ein Widerspruch in sich zu sein. Die explizite Untersuchung der Frage in der Strategiephase, ob ein Geschäftsprozess im eigenen oder in einem externen Unternehmen durchgeführt werden soll, macht das Insourcing zur Extremalternative des Outsourcings. Das Insourcing ist also eine Form der internen Leistungsvergabe. Daneben existiert eine Reihe von externen Formen: Ausgliederung (Leistungserstellung durch ein verbundenes Unternehmen, zum Beispiel Tochterunternehmen), selektives Outsourcing (nur ein Teil der outsourcingfähigen Geschäftsprozesse werden auf dem Markt vergeben) und komplettes Outsourcing (alle outsourcingfähigen Geschäftsprozesse werden auf dem Markt vergeben).225 Der Grad des Outsourcings hat Einfluss auf die Struktur- und die Betriebsphase. Die Bestimmungsgrößen differenzieren sich auf der Entscheidungsebene Management in rechtliche Selbstständigkeit auf der einen und Kontrollgrad auf der
223
224 225
Vgl. Bruch (1998), S. 38 ff; Hodel/Berger/Risi (2004), S. 11 ff; Ruoff (2001), S. 73 ff; Bacher (2000), S. 64 ff; Hellinger (1999), S. 51 ff; Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 43 ff; Köhler-Forst (2000), S. 13 ff; Mayer/Söbbing (2004), S. 11 ff; Oecking (2000), S. 103; Warschburger/Hans (1998), S. 334 ff; Weidner (2000), S. 74 ff; Wißkirchen (1999); IBM (2003a); IBM (2003c); Accenture (2003a); Accenture (2003b); Deloitte&Touche (2002). Vgl. Jouanne-Diedrich (2004), S. 133. Vgl. hierzu auch Kapitel 2.2.2 Ausprägungsformen des Outsourcings.
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Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
anderen Seite. In Anlehnung an das Markt-Hierarchie-Kontinuum226 kann zwischen dem freien Marktbezug einer Leistung und der Verhaltensanweisung durch die interne Unternehmenshierarchie unterscheiden werden. Die Ebene der Marktnähe unterscheidet im Extrem einmal die Wettbewerbsintensität und im anderen Extrem die organisatorische Integration. Hier ist eine Entscheidung darüber zu treffen, wie weit der Geschäftsprozess bereits an die Marktgegebenheiten angepasst ist. Bei einer hohen Anpassung wird der Leistungsaustausch zwischen Wirtschaftssubjekten beispielsweise durch marktübliche Preise für Standardvorgänge vereinfacht. Hingegen ist die Intensität der Bindung zwischen den Unternehmen aufgrund der hohen Schnittstellenkomplexität zu berücksichtigen. Hier sind insbesondere Kriterien zur Erhaltung des täglichen Geschäftsbetriebs zu berücksichtigen. Die strategische Bedeutung als dritte Ebene entscheidet zwischen dem Grad der Standardisierung und den Kernkompetenzen.227 Mit der strategischen Grundsatzentscheidung wird die Ausrichtung der mit dem Outsourcing verfolgten Strategien festgelegt. Dies ist eine Aufgabe der Unternehmensleitung, da sich die strategische Grundsatzentscheidung des Outsourcings aus den Unternehmenszielen ableitet.228 Diese Ziele werden als ein Regelwerk von Entscheidungen und als ein struktureller Gestaltungsrahmen verstanden. Sie sind daher als Outsourcingstrategie zu verstehen und als ein Bündel von Maßnahmen aufzufassen. Nach Ortmann/Sydow (2001) beinhalten Strategien „(Selbst-)Festlegungen, betreffend Wege und Weisen des Handelns“.229 Die Umsetzung von unternehmerischen Maßnahmen ist daher kaum von der Unternehmensstrategie zu trennen. Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003) klassifizieren daher Strategisches Outsourcing als „eine Strategie und gleichzeitig eine unternehmerische Praxis, die mit dem Rückgriff auf Strategien gerechtfertigt wird“.230 Die definitive Outsourcingstrategie gibt es nicht. Weder die Organisations- noch die strategische Managementliteratur231 bieten Ansatzpunkte für die Ableitung von Strategien, die Grundlage für das komplexe Outsourcingphänomen sein könnten. Die vorliegende Arbeit folgt Bruch (1998) und Hendrix/ Abendroth/Wachtler (2003), die alternative Strategierichtungen differenzieren, 226 227 228 229 230 231
Vgl. Kapitel 2.2 Outsourcingformen zwischen Markt und Hierarchie. Vgl. Dittrich/Braun (2004), S. 87 ff. Vgl. hierzu auch Kapitel 2.1.3 Strategische Dimension des Outsourcing. Ortmann/Sydow (2001), S. 438; zitiert in Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 27. Vgl. Bruch (1998), S. 38-42; Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 27-31. Vgl. u. a. Kieser (2002a); Kieser/Walgenbach (2003); Schreyögg (2003); Steinmann/Schreyögg (2000) Sydow (1992); Müller/Kornmeier (2002); Armbrüster/Kieser (2001).
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ausgehend von den Motiven, die mit der Entscheidung zum Outsourcing verbunden sind: die Entlastungs- und die Erweiterungsstrategie.232 Die Entlastungsstrategie steht für die Verlagerung peripherer Tätigkeiten, die nicht direkt zu den Hauptaufgaben des Unternehmens gehören. Aus der Entlastungsstrategie lassen sich Maßnahmen ableiten, die eher operativ geprägt sind und auf eine Kosten- und Risikoverlagerung abzielen. Hierzu zählen beispielsweise die Verlagerung von Personal, die Auslagerung von Randaktivitäten sowie die Reorganisation von Unternehmensstrukturen. Die Erweiterungsstrategie richtet sich eher auf strategische denn operative Ziele und birgt auch neue Chancen für Beschäftigung. Sie konzentriert sich auf die Wertschöpfung und die Kernkompetenzen einer Unternehmung. Durch eine partnerschaftliche Beziehung können externe Fachkräfte integriert werden, wodurch eine überlegene Ressourcenausstattung entsteht. Neue Organisationsformen können gebildet werden, und die Innovation sowie die Qualität können gesteigert werden. Abhängig von der Wertschöpfung, den Kernkompetenzen, den Kosten- und Risikoeffekten kann ein Beziehungsmuster für eine Entscheidung zwischen der Erweiterungs- oder der Entlastungsstrategie erstellt werden (vgl. Abbildung 10).233
232 233
Vgl. Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 25 ff; Bruch (1998), S. 38 ff. Vgl. Nettesheim/Grebe/Kottmann (2003), S. 25; Beer (1998), S. 204; Bruch (1998), S. 55; Dittrich/Braun (2004), S 141; Zentes/Swoboda/Morschett (2003b), S. 610; Osterloh/Frost (2003); S. 216; Grant (2002), S. 23 f; Frese/Lehmann (2000), S. 204.
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hoch
gering
gering
hoch
Risikoeffekte
Kosteneffekte
hoch
Kernkompetenzen
Wertschöpfung
hoch
Entlastungsstrategie
Erweiterungsstrategie gering
gering
Abbildung 10 Beziehungsmuster der strategischen Grundsatzentscheidung des Outsourcings234
Bei einem hohen Wertschöpfungsanteil und der Konzentration auf die Kernkompetenzen entscheidet sich ein Unternehmen eher zu einer Erweiterungsstrategie. Sollen vornehmlich Kosten durch das Outsourcing von Geschäftprozessen gesenkt und Risken minimiert werden, neigt das Unternehmen wahrscheinlich zu einer Entlastungsstrategie. Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003) weisen darauf hin, dass die mit dem Outsourcing verfolgten Ziele nicht immer eindeutig einer Entlastungs- oder Erweiterungsstrategie zugeordnet werden könnten. Einerseits ergänzten sich die Ziele wie Kostenreduktion und Risikoverlagerung, da beispielsweise Fixkosten variabilisiert und gebundenes Kapital reduziert würden. Andererseits widersprächen sich die Ziele der Kostenreduktion mit dem Ausbau von Kernkompetenzen, da zunächst Mehrkosten entstünden. Auch könnten Teilmotive der Konzentration auf Kernkompetenzen der Entlastung zugeordnet werden. Deshalb führen die Autoren aus, dass „Outsourcing nicht als in sich konsistente Unternehmensstrategie zu verstehen ist, sondern als heterogenes Bündel von Strategien und Maß-
234
Eigene Darstellung.
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nahmen und dem Vorzeichen der Anpassung an globale Marktentwicklungen“.235 Der Beitrag der Strategiephase zum Erfolg eines Outsourcingprojekts liegt vor allem in der strategischen Grundsatzentscheidung auf Basis einer fundierten Definition der Ziele. Eine Bestimmung der Erfolgswirkung über den Grad des Outsourcings ist nur schwer möglich, da der Erfolg nicht vom Anteil der auszulagernden Leistungen abhängt. Die Entscheidung zum Insourcing kann genauso erfolgreich sein wie das selektive oder komplette Outsourcing.236 3.2.2 Partnerphase Die Wahl eines passenden Partners ist entscheidend für den Erfolg einer Outsourcingmaßnahme und eine besonders kritische Phase für ein Outsourcingprojekt. Schon Bruch (1998) charakterisierte die Schwierigkeiten bei der Suche und Auswahl folgendermaßen: • „generelles Erfahrungsdefizit und Unsicherheiten bzgl. des Anforderungsprofils, • Intransparenz des Anbietermarktes, • Leistungspotenziale der Anbieter schwer einzustufen, • strukturierter Auswahlprozess erschwert“.237 Unternehmen unterscheiden sich signifikant hinsichtlich der Anforderungs- und Aufgabenmerkmale. Auslagerndes Unternehmen und Dienstleister sollten daher in der angestrebten Form der Zusammenarbeit und der Aufgabenteilung zueinander passen. Eine Outsourcing-Allianz ist langfristig angelegt und kann nur schwer rückgängig gemacht werden. Die Entscheidungen und Maßnahmen im Outsourcingprojekt beeinflussen sich wechselseitig und die zukünftige Zusammenarbeit. Der Grad, in dem die gemeinsamen Ziele erreicht werden, entscheidet über den Erfolg des Outsourcings sowie auch den Gesamterfolg beider Partnerunternehmen. Voraussetzung ist neben den fachlichen Anforderungen insbesondere das Vertrauen zwischen beiden Unternehmen. Goles (2003) hat in seiner Arbeit zu „Vendor capabilities and outsourcing success“ die technischen und umsetzungsorientierten Fähigkeiten der Dienstleister hinsichtlich der Qualität und Zufriedenheit der Outsourcingnachfrager empirisch untersucht. Zufriedenheit bedeutet nach Goles: “Satisfaction is interpreted as a 235 236
237
Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 30. Vgl. Dibbern/Heinzl (2001); Lacity/Willcocks (2003); Dibbern/Heinzl/Leibbrandt (2003); Lacity/Willcocks/Feeny (1995). Bruch (1998), S. 144.
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positive affective state resulting from all aspects of the subject matter being evaluated […]. This is an effective overall measure because it permits the outsourcing arrangement to be assessed based on criteria deemed most significant by the individual participants.”238 In Anlehnung an Goles wird daher der Beitrag dieser Phase zum Erfolg eines Outsourcingprojekts am Grad der Zufriedenheit des auslagernden Unternehmens mit dem Dienstleister gemessen. Wesentliche Schritte zur Identifikation eines geeigneten Partners sind die Analyse des Anforderungsprofils sowie die Suche und Evaluierung der OutsourcingDienstleister.239 3.2.2.1 Analyse des Anforderungsprofils Basierend auf den Vorüberlegungen der Strategiephase, kann ein Anforderungsprofil erstellt werden, das mögliche Partner erfüllen müssen.240 Die Erstellung eines Profils setzt die kritische Auseinandersetzung mit den eigenen Stärken und Schwächen sowie den Chancen und Risiken des potenziellen Partners voraus. Das Anforderungsprofil ist die Grundlage für die strategische, strukturelle und kulturelle Kompatibilität der Partnerunternehmen.241 Zentes/Swoboda/Morschett (2003c) sprechen vom „Fit“, der für die Vereinbarkeit der strategischen Ziele (strategischer Fit), für die Ergänzung der Ressourcen (fundamentaler Fit) sowie für die Ähnlichkeit der „Werte und Verhaltensweisen der kooperierenden Unternehmen“ (unternehmenskultureller Fit) stehe.242 Dabei werden die Unternehmensidentitäten auf Gemeinsamkeiten und Differenzen von Zielen in Strategie, Struktur und Kultur analysiert.243 Mellewigt (2003) erörterte in seiner Ausarbeitung zum „Management von Strategischen Kooperationen“ den Begriff Partner Fit. Der Partner Fit bedeutet die Ähnlichkeit der Kooperationspartner hinsichtlich der Ressourcen, Unternehmenskulturen und Führungsstile.244 Weitere Autoren vergleichen Unternehmen in diesem Zusammenhang hinsichtlich harter und weicher Faktoren. Die harten Faktoren implizieren die „strukturelle oder organisatorische Identität“, während die weichen Faktoren die „kompatiblen Werte, Normen und Stile“ der Unternehmen bedeuten.245
238 239 240 241 242 243 244 245
Goles (2003), S. 202. Vgl. Bruch (1998), S. 144; Beer (1998), S. 232; Weidner (2000), S. 205. Vgl. Ruoff (2001), S. 194. Vgl. Herbek (2000), S. 41; Zahn/Soehnle (1996), S. 67 f. Vgl. Zentes/Swoboda/Morschett (2003c), S. 829. Vgl. Thommen/Achleitner (2003), S. 894. Vgl. Mellewigt (2003), S. 190. Vgl. Ruoff (2001), S. 126 ff und S. 211 ff.
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Je nach dem, ob beim Outsourcing ein Kooperations- oder Partnerkonzept angestrebt wird, muss das Anforderungsprofil unterschiedliche Schwerpunkte legen. Beim Kooperationskonzept sind Informationen zum Kooperationsziel und -umfang sowie eine Beschreibung der auszulagernden Leistungen und Produkte notwendig. Ferner werden die Mindestanforderungen an den Partner, Bedingungen und Vereinbarungen bezüglich Intensität und Konstitution sowie die Phasen des Selektionsprozesses festgelegt. Im Partnerkonzept sind Informationen über das Geschäftsfeld, die Strategie, Technologie und Services, die Marktpositionierung, Referenzprojekte, Teamfähigkeit sowie die Zuverlässigkeit und das Vertrauen des Partners zu ermitteln (vgl. Abbildung 11).246
Unternehmensidentität
Strategie
Struktur
Kooperationskonzept
Partnerkonzept
- Ziel des Outsourcings
- Geschäftsfeld
- Leistungen und Produkte
- Mitarbeiter
- Mindestanforderungen an den Partner
- Finanzielle Stärke
- Kooperationsbedingungen (Konstitutionelle Merkmale, Intensität der Kooperation) - Phasen der Evaluation (RFI, RFP, Due Diligence)
- Strategie - Technologie und Services - Marktpositionierung - Referenzprojekte - Teamfähigkeit - Zuverlässigkeit - Vertrauen
Kultur
Abbildung 11 Anforderungsprofil für Outsourcingpartner247
3.2.2.2 Suche nach Outsourcing-Dienstleistern Ziel ist es, den „passenden Langzeitpartner“ zu finden.248 Allerdings sind die potenziellen Partner aufgrund der häufig vorzufindenden Einzigartigkeit der Leistungen nur sehr schwer zu vergleichen. Fachleute und Spezialisten können
246 247 248
Vgl. Knolmayer (1991), S. 323 ff; Dittrich/Braun (2004), S. 127 f; Staudt (1992), S. 92 f. Eigene Darstellung in Anlehnung an Staudt (1992), S. 93. Bruch (1998), S. 144.
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bei der Suche nach Outsourcing-Dienstleistern helfen.249 Mellewigt (2003) unterscheidet die pragmatische und die systematische Partnersuche.250 Die pragmatische Vorgehensweise, die auf persönlichen Geschäftsbeziehungen basiert, kann sehr effizient sein. Die Einschätzung des Partners ist durch den bereits vorhandenen Bekanntheitsgrad einfacher, und es besteht ein Vertrauensverhältnis, welches das Risiko der falschen Partnerauswahl reduziert.251 Dennoch besteht die Gefahr, den optimalen Partner zu verfehlen. Trotz des höheren Aufwandes scheint deshalb die systematische Suche besser geeignet zu sein. Ausgangspunkt der systematischen Suche nach Outsourcing-Dienstleistern ist das Anforderungsprofil, aus dem die Suchkriterien abgeleitet werden.252 Im ersten Schritt müssen die Informationsquellen festgelegt werden. Hier sind neben persönlichen Netzwerken Banken, Beratungsunternehmen, Kammern, Wirtschaftsverbände und EU-Beratungsstellen als Quellen geeignet.253 Externe Berater mit spezialisierten Marktkenntnissen sind eine sinnvolle Unterstützung. Sie können durch eine systematische Marktanalyse eine objektive Vorauswahl potenzieller Anbieter durchführen.254 3.2.2.3 Evaluierung der Outsourcing-Dienstleister Die Evaluation der Outsourcing-Dienstleister findet in zwei Phasen statt. Die Phase der Grobauswahl sollte drei bis zehn Dienstleister erfassen, die in der Phase der Feinauswahl auf zwei reduziert werden. Für die Auswahl kann insbesondere das Anforderungsprofil genutzt werden.255 In der Praxis haben sich für die Grobauswahl iterative Verfahren etabliert, nämlich der „Request for Information“ (RFI) und der „Request for Proposal“ (RFP). Der RFI überprüft die Dienstleister auf „allgemeiner Ebene ihrer Leistung“, während der RFP so viele Informationen wie möglich über die organisatorische, technische und finanzielle Ausgangssituation in Erfahrung bringen sollte.256 In der Feinauswahl wird der endgültige Outsourcingpartner ermittelt. Diese Phase wird auch das beidseitige Due-Diligence-Verfahren genannt und hat zum
249 250 251 252 253 254 255 256
Vgl. Bruch (1998), S. 145; Billeter (1995), S. 161. Vgl. Mellewigt (2003), S. 79 f. Vgl. Mellewigt (2003), S. 80, zitiert nach Schwerk (2000), S. 334. Vgl. Staudt (1992), S. 101. Vgl. Mellewigt (2003), S. 80. Vgl. Bruch (1998), S. 145. Vgl. Lassig/Lamberti/Jochum (2003), S. 149; Bruch (1998), S. 146. Vgl. Dittrich/Braun (2004), S. 122; Hodel/Berger/Risi (2004), S. 70 f; Esser (1994), S. 80; Mellewigt (2003), S. 82.
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Ziel, den besten Outsourcing-Dienstleister auszuwählen.257 In dieser Phase arbeitet das auslagernde Unternehmen mit dem potenziellen Partner erstmals eng zusammen. Dazu werden die Leistungsanforderungen weiter detailliert sowie die angebotenen Leistungen spezifiziert und deren Ausführung geprüft. Ziel der Feinauswahl ist es, einerseits dem Leistungsanbieter genaue Einblicke in die operativen Anforderungen der Prozesse zu geben und andererseits den ersten Eindruck von den „weichen Faktoren“ wie Vertrauen und Teamarbeit zu erhalten. 3.2.3 Strukturphase Ziel der Strukturphase ist die praktische Umsetzung der Outsourcingstrategie gemeinsam mit dem identifizierten Partner. Die Strukturphase gliedert sich in sechs Schritte: zunächst die partnerschaftliche Zielfindung und die Festlegung der Outsourcingstruktur. Darauf folgen die Standardisierung der Geschäftsprozesse, die Ressourcenplanung und Überlegungen für einen eventuellen Personalübergang. Rechtliche Grundlage der Organisation ist die Gestaltung des Outsourcingvertrags. Die Strukturphase endet mit der Projekt- und Betriebsorganisation, also mit der Definition von Aufgaben und Verantwortlichkeiten.258 Der Beitrag dieser Phase zum Erfolg eines Outsourcingprojekts wird am Ausmaß der Strukturkomplexität gemessen, die so gering wie möglich sein sollte. 3.2.3.1 Partnerschaftliche Zielfindung Strategisches Outsourcing erfordert von den Partnern, die bis dahin eigenständige Ziele verfolgten, die Abstimmung der mit dem Outsourcingprojekt verbundenen Ziele.259 Diese Ziele stehen im Spannungsfeld zwischen den jeweiligen Unternehmen sowie zwischen der Gesamtunternehmung und den Geschäftsprozessen. Gemeinsame Ziele sind eine notwendige Voraussetzung, um auf partnerschaftlicher Basis zum Outsourcingerfolg beizutragen.260 3.2.3.2 Festlegung der Outsourcingstruktur Nach der strategischen Entscheidung und der Entscheidung für einen geeigneten Outsourcingpartner wird die Outsourcingstruktur gestaltet. Dabei werden geeignete Verträge geschlossen beziehungsweise wird eine geeignete Rechtsform gewählt. Sie beeinflussen die Gestaltung der Management- und Organisations257
258 259 260
Vgl. Schey (2004), S. 346; Lassig/Lamberti/Jochum (2003), S. 150 ff; Dittrich/Braun (2004), S. 123 und 133; Weihe/Labitzke (2004), S. 33. Vgl. Zahn/Soehnle (1996), S. 68; Dittrich/Braun (2004), S. 140 ff. Vgl. Mellewigt (2003), S. 85. Vgl. Hodel/Berger/Risi (2004), S. 138.
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strukturen, die formalrechtliche Verteilung der Einflussbereiche und die geplante Dauer der Outsourcingmaßnahme.261 Entscheidet sich das Unternehmen für externes Outsourcing und wählt es die Form des kompletten Outsourcings, werden alle Leistungen und Produkte mit einem Partner durch vertragliche Vereinbarungen geregelt. Das komplette Outsourcing gilt auch als „reines Outsourcing“, da aus marktwirtschaftlicher Sicht ein unabhängiger Dienstleister gewählt werden kann und die Geschäftsprozesse fremdbezogen werden. Dieser Dienstleister befindet sich außerhalb des Unternehmens, ist kapitalmäßig nicht an ein Unternehmen gebunden und somit rechtlich eigenständig. Die direkte Einflussnahme ist hier (im Gegensatz zum internen Outsourcing) nicht gegeben. Bei Zukaufentscheidungen von Unternehmen können die Anbieter und Nachfrager flexibel und gezielt handeln. Beim selektiven Outsourcing besteht entweder die Möglichkeit des Fremdbezugs oder die der Kooperation. Die Kooperation mündet in eine vertragliche Bindung der Partner (vgl. Abbildung 12).
Komplettes Outsourcing
Selektives Outsourcing
Partnerauswahl Vertrag
Fremdbezug
Ausgliederung
Insourcing
Partnerauswahl
Partnerauswahl
Restrukturierung
Vertrag
Rechtsform/ Vertrag
Kooperation
Kooperation
Fremdbezug
Profit Center
Tochterunternehmung Beteiligungsunternehmung
Abbildung 12 Festlegung der Outsourcingstruktur262
Anders betrachtet, ist die Ausgliederung eine Kooperation von autonomen beziehungsweise rechtlich selbstständigen Gesellschaften, um beispielsweise Outsourcing-Aktivitäten durch gemeinsame Prozesse zu organisieren. Über die Ausgestaltung der Kooperationsformen sei an dieser Stelle auf die Kooperationsliteratur verwiesen.263 Außerdem sind Handlungsmöglichkeiten wie die Neugründung einer Tochter- oder einer Beteiligungsunternehmung zum Zweck des Outsourcings denkbar. Die Tochter ist durch die eigene Rechtsform selbstständig, und die Produkte und Leistungen werden vornehmlich dem Mutterunter261 262 263
Vgl. Kapitel 3.2.4 Betriebsphase. Eigene Darstellung. Vgl. hierzu u. a. Zentes/Swoboda/Morschett (2003); Kabst (2000); Mellewigt (2003).
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nehmen angeboten; gleichzeitig können sie aber auch dem freien Markt zur Verfügung gestellt werden. Von einer Beteiligungsunternehmung spricht man, wenn sich „außer der ausgliedernden Gesellschaft weitere Kapitalgeber in nennenswertem Umfang an der ‚neuen’ Unternehmung beteiligen“.264 Im Falle einer Entscheidung für das Insourcing entfällt die partnerschaftliche Zusammenarbeit, da sich das Unternehmen für einen Verbleib der Geschäftsprozesse im eigenen Unternehmen entschieden hat und gleichzeitig unternehmensinterne Restrukturierungsmaßnahmen vollzieht. Beispielsweise werden Tätigkeiten durch ein Profit Center eigenverantwortlich in einer neuen Organisationsstruktur erstellt.265 Dittrich/Braun (2004) interpretieren Insourcing als vorbereitende Maßnahme für den Übergang der Geschäftsprozesse von der Eigenerstellung zur Fremdfertigung. Hierunter werden Aktivitäten wie die Konsolidierung verteilter Prozesse und Ressourcen oder die Standardisierung verstanden. Dieser Interpretation wird im Rahmen der vorliegenden Ausarbeitung nicht gefolgt, da die Wahl der Outsourcingform durch die strategische Grundsatzentscheidung festgelegt ist. Daher wird auch auf eine eingehende Analyse der Restrukturierungsmaßnahmen nicht näher eingegangen. Hierzu sei auf die weiterführende Organisationsliteratur verwiesen. Die genannten Tätigkeiten sind als vorbereitende Maßnahme für jede Abwicklung eines erfolgreichen Outsourcingprojekts durchzuführen und werden nachfolgend behandelt. 3.2.3.3 Standardisierung der Geschäftsprozesse Die Standardisierung von Geschäftsprozessen ist nach Dittrich/Braun (2004) die notwendige Bedingung dafür, dass sie als Ganzes oder zum Teil an ein externes Unternehmen vergeben werden können. Standardisierung bedeutet: Für klar definierte, sich wiederholende Aufgaben werden generelle Regelungen oder Aktivitätsfolgen festgelegt und dokumentiert. Dies ermöglicht es überhaupt erst, die Arbeitsteilung zwischen auslagerndem Unternehmen und Serviceleister festzulegen. Zudem bedeuten standardisierte Prozesse eine Art Programmierung bereits gelöster Probleme, das heißt sie laufen mehr oder weniger routiniert und gleichartig ab. Sie sind unabhängig vom Individuum und ermöglichen die Entlastung von Aufgaben sowie vereinfachte Kontrollen. Damit führt die Standardisierung zu einem Effizienzgewinn. Die Standardisierung von Geschäftsprozessen ist so die Voraussetzung zur Festlegung effizienter Strukturen über Unternehmensgrenzen hinweg. Dennoch bestehen die Gefahr der „Schematisierung und Entscheidungsüberlastung der Vorgesetzten“ sowie ein wachsender Flexibilitätsverlust.266 Es lassen 264 265 266
Bruch (1998), S. 58. Vgl. Theurl (2003), S. 14 ff; Bruch (1998), S. 58; vgl. auch Beer (1998), S. 133. Osterloh/Frost (2003), S. 188 f.
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sich nach Dittrich/Braun (2004) vier Ebenen der Standardisierung unterscheiden:267 1. Die Standardisierung der Abläufe und Strukturen, die gegeben ist, wenn ein immer gleicher Funktionsablauf wiederholt werden kann; 2. der Einsatz von Systemen, Hilfsmitteln und Medien beispielsweise für das automatische Erfassen einer Rechnung; 3. das Ergebnis der Prozessfunktion und Service-Level zur Erfassung der Prozessleistung mittels Maßgrößen; 4. die Normkonformität der Standardisierung, also ob die Wahl der Prozessstandards nach den Normen der Branche beziehungsweise nach denen des Dienstleisters erfolgt. Erst die Standardisierung von Geschäftsprozessen in diesen vier Schritten ermöglicht einen effizienten Betrieb durch einen externen Dienstleister. Dabei unterscheiden sich die Standards des Unternehmens von denen einer Branche. Die unternehmensinternen Standards sind oft wirtschaftlich günstiger, da sie nicht betriebsübergreifend an die Branchenstandards angepasst werden müssen. Dillmann (1996) verglich daher den Grad der Standardisierung der Geschäftsprozesse mit der Spezifität einer Leistung. Wird eine Leistung spezifisch zugeschnitten beziehungsweise für den Transaktionspartner standardisiert, entstehen in Abhängigkeit des Grads der Standardisierung Kosten, beispielsweise durch den Aufwand für die Beschreibung und den Informationstransfer. Diese von Dillmann unterstellten Kosten berücksichtigen jedoch nur ex-ante Kosten bis zur Durchführung der Standardisierung. Ist ein Geschäftsprozess gemäß den von Dittrich/Braun unterstellten Ebenen standardisiert, können durch Routine, höhere Kapazitäten sowie vereinfachte Kontrollen Kosten gesenkt werden. Die standardisierten Aufgaben unterliegen keinem Lern- und Anpassungsprozess und sind unabhängig vom externen Partner. Diese Kosten lassen sich durch Skalenerträge und Kapazitätsvorteile des externen Dienstleisters erzielen. Wullenkord/Kiefer/Sure (2004) fügten hierzu an, dass die Stückkosten tendenziell um 20 bis 30 Prozent sänken, wenn die kumulierten Produktionsmengen zurückgingen.268 Zudem vereinfache sich die Strukturgestaltung einer Outsourcingbeziehung erheblich.269
267 268 269
Vgl. Dittrich/Braun (2004), S. 111-119. Vgl. Wullenkord/Kiefer/Sure (2004), S. 20. Vgl. Dillmann (1996), S. 68; Osterloh/Frost (2003), S. 189; Dibbern/Güttler/Heinzl (2001), S. 683.
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3.2.3.4 Ressourcenplanung und Personalübergang Für eine effiziente Gestaltung der Outsourcingstruktur ist darüber hinaus festzulegen, welche Ressourcen von den Partnern jeweils eingebracht werden. Es kann sich dabei sowohl um Wissenskapital (Know-how) des Unternehmens als auch um Sachkapital handeln.270 Das Wissenskapital ist als implizites und nicht greifbares Wissen direkt an die Angestellten des Unternehmens geknüpft. Jeder Mitarbeiter verfügt über spezielle Fachkenntnisse der Geschäftsprozesse, über technisches Know-how, über unternehmensspezifische sowie über Branchenkenntnisse. Das Sachkapital hingegen ist greifbar und umfasst die Vermögenswerte der eingesetzten Betriebsstätten, die technische Infrastruktur, die finanziellen Ressourcen sowie den Markennamen und die Reputation. Für ein Outsourcingprojekt ist dabei entscheidend, wie intensiv das Sachkapital bereits vor der Maßnahme im Unternehmen konsolidiert wurde beziehungsweise welcher Handlungsbedarf hier noch besteht. Dittrich/Braun (2004) unterschieden unter anderem die räumliche und die finanztechnische Konsolidierung. Die räumliche Konsolidierung beinhaltet die Zentralisierung von Organisations- und Infrastrukturkomponenten (zum Beispiel Informationstechnologie-Hardware, Software, Büroräume, Inventar), während die finanztechnische Konsolidierung die Vereinheitlichung von Organisationseinheiten (zum Beispiel Kostenstellen oder Profit Center) zum Ziel hat, um beispielsweise Finanz- und Controllingabläufe zu vereinfachen.271 Hier stellt sich ebenfalls die Frage nach der Standortwahl. Sie hängt von den besonderen Gegebenheiten eines Unternehmens im eigenen Land ab, also davon, wie wichtig die strukturelle Anbindung an Kunden, Lieferanten oder an sonstige Stakeholder ist.272 Der Personalübergang gilt als eine Sonderform der Ressourcenplanung. Dabei geht es weniger um die Projektverantwortlichen, die ohnehin in den Prozess integriert sind, als vielmehr um das operativ tätige Personal, das für den täglichen Geschäftsbetrieb verantwortlich ist. Nach Hodel/Berger/Risi ist der Übergang von Personal zum Dienstleister oder einem neu gegründeten Unternehmen eine der größten Herausforderungen des Outsourcingprozesses.273 Daher stellen sich nach Söbbing (2004) zu Recht die beiden formulierten Hauptfragen des Personalübergangs: Müssen die vom Outsourcing betroffenen Arbeitnehmer übernommen werden und, wenn ja, zu welchen Bedingungen?274 270 271 272 273 274
Vgl. Dittrich/Braun (2004), S. 109; Mellewigt (2003), S. 85. Vgl. Dittrich/Braun (2004), S. 110. Vgl. Beer (1998), S. 228. Vgl. Hodel/Berger/Risi (2004), S. 113. Vgl. Söbbing (2002), S. 99.
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Juristisch ist der § 613a BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) entscheidend: er besagt: „Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein.“275 Das aufnehmende Unternehmen muss somit alle Rechte und Pflichten des Arbeitgebers übernehmen.276 Nach Bruch (1998) ergeben sich hieraus die folgenden personalwirtschaftlichen Strategien: Da eine Kündigung ausgeschlossen ist, können entweder die betroffenen Mitarbeiter durch eine entsprechende Regelung abgefunden werden, kann dem Personal eine neue Stelle innerhalb oder außerhalb der Unternehmung angeboten werden oder tritt eine Regelung über frühzeitigen Ruhestand in Kraft. Dennoch vertrat Bruch (1998) nur die operativ-kurzfristige Sichtweise, da sich bei der Übernahme des Personals die Auftragsübernahme finanziell nicht lohne und daher „frühzeitig über Möglichkeiten des weiteren Verbleibs der Mitarbeiter zu verhandeln“ sei.277 Anders argumentierten Weidner (2000) und Hodel/ Berger/Risi (2004), die die Personalübernahme aus dem Blickwinkel des Wissenskapitals sehen. Die betroffenen Mitarbeiter seien daher von besonderer Bedeutung. Sie seien mit „den im Unternehmen eingesetzten Speziallösungen vertraut und [verfügten] über genaue Kenntnisse der internen Abläufe sowie über entsprechendes Branchenwissen“.278 Gerade deshalb bilde das Personal eine Schnittstelle zwischen beiden Partnern und ermögliche insbesondere zum Projektbeginn den reibungslosen Übergang. 3.2.3.5 Gestaltung des Vertrags Die Gestaltung des Vertrags schließt sich in zeitlicher Hinsicht direkt der Entscheidung für einen Outsourcinganbieter an. Der Vertrag gilt als Fundament einer komplexen, mehrjährigen Dauerbeziehung und legt die Rechte und Pflichten der Beteiligten fest.279 In dem Vertrag wird definiert, wie sich der Gesamtprozess und das Vorhaben im Sinne aller Akteure gestalten werden, wer die Verantwortung trägt und welche rechtlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden müssen. Zudem begründet und sichert der Vertrag die Umsetzung eines Outsourcing-Vorhabens, indem er die Funktionen und Ressourcen für die gemeinsame Zusammenarbeit festlegt.280
275 276
277 278 279 280
Sommerlad (2000), S. 291. Vgl. Sommerlad (2000), S. 291; Müller/Prangenberg (1997), S. 63-74; Bruch (1998), S. 163; Söbbing (2002), S. 99 ff. Bruch (1998), S. 164. Weidner (2000), S. 219; Hodel/Berger/Risi (2004), S. 113 f. Vgl. Söbbing (2002), S. 231 ff; Hodel/Berger/Risi (2004), S. 82 f; Beer (1998), S. 241 ff. Vgl. Bühner (2001), S. 162; Wöhe (2002), S. 79 f.
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Die zu erbringenden Leistungen müssen von den Vertragspartnern für die Stabilität der zukünftigen Arbeit in dem Regelwerk möglichst klar beschrieben werden. Der Prozess der Verhandlung und Vereinbarung des Vertrags birgt dabei Widersprüche: Zum einen möchten beide Partner durch Detailversessenheit alle Unsicherheiten vertraglich ausräumen, und zum anderen möchten sie durch die Umsetzung von verbesserten und innovativen Lösungen möglichst einfache und übersichtliche Verträge schließen.281 Aus der Praxis ist bekannt, dass die Vertragsverhandlungen immer höhere Kosten verursachen, längere Zeit in Anspruch nehmen und der Katalog der Regelungen umfangreicher wird. Die Aktivitäten der Partner sind klar getrennt, und es besteht eine „isolierte Erfolgsorientierung“ der Outsourcingpartner.282 Jede Partei versucht dabei, den Vertrag zu ihren Gunsten zu gestalten. Entsprechend verhalten sich die Outsourcingakteure.283 Beer (1998) beispielsweise stellte in seiner Untersuchung fest, dass der Umfang der Outsourcingverträge zwischen 80 und 600 Seiten variiere.284 Nach Theurl (2003) liegt die Herausforderung darin, „anreizkompatible Formulierungen zu finden und zu vereinbaren, da die Beziehung zwischen Outsourcer und Insourcer mit vielen Informationsasymmetrien behaftet ist“.285 Detaillierte Verträge haben den Nachteil, dass sie hohe Transaktionskosten verursachen. Dabei ist es kaum möglich, sich gegen alle Eventualitäten abzusichern.286 Zudem zeigt eine empirische Untersuchung zu Joint-Venture-Beziehungen, dass sich ein hoher Detaillierungsgrad negativ auf den Kooperations-Erfolg auswirkt.287 Der Outsourcingvertrag ist nicht im BGB verankert.288 Dieser Vertragstyp wird legitimiert durch das Dienst- und Werkvertragsrecht.289 Durch die komplexen Leistungsbeziehungen des Outsourcings treten außerdem Vertragselemente aus dem Miet- und dem Kaufvertragsrecht auf, um beispielsweise den Übergang von Betriebsstätten oder Software zu regeln.290 Söbbing (2002) fügt an, das im Vertragswerk wesentliche Normen wie § 123 UmwG (Umwandlungsgesetz) zur Aufteilung von Betriebsteilen, § 20 UmwStG (Umwandlungssteuergesetz) für eine steuerliche Betrachtung beim Übergang eines Betriebsteils sowie § 34 III 281 282 283 284 285 286 287 288 289 290
Vgl. Theurl (2003), S. 36; Sommerlad (2000), S. 283; Mellewigt (2003), S. 89. Theurl (2003), S. 30 f. Vgl. Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003). Vgl. Beer (1998), S. 248. Theurl (2003), S. 30. Vgl. Mellewigt (2003), S. 89. Vgl. Eisele (1995), S. 143 f, zitiert in Mellewigt (2003), S. 89. Vgl. Sommerlad (2000), S. 282. Vgl. Beer (1998), S. 244 f. Vgl. Sommerlad (2000), S. 283 f.
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UrhG (Urhebergesetz) bei der Übernahme von Nutzungsrechten erwähnt seien.291 Eine festgelegte Struktur für den Outsourcingvertrag gibt es also nicht. Vielmehr soll das Vertragswerk durch Fehlen eindeutiger gesetzlicher Regelungen den Charakter eines Handbuches haben, um zu klären, wie bei Problemen oder fehlender Leistungserstellung zu verfahren ist.292 In der Praxis herrschen zwei Vertragsteile vor: der Rahmenvertrag und die Service-Level Agreements (SLAs).293 Der Rahmenvertrag ist der allgemeine Vertragsteil.294 Die Leistungen, die vom Dienstleister zu erbringen sind, werden die Service-Level Agreements genannt. Sie sind eine Art „Leistungsschein“ oder „Erstellungsschein“295 und beschreiben in Inhalt und Umfang die zu erbringende Leistung. Zudem dienen sie als Messgrößen und legen „Sanktionen bei der Nichteinhaltung der zugesagten Standards fest“.296 Die Service-Level Agreements enthalten exakte Leistungsbeschreibungen für Notfälle, und zwar „Art der Messung“, „Ablauf und Verfahrensbeschreibungen“ sowie „Bonus-MalusRegelungen“297 wieder. Darüber hinaus sind die Service-Level Agreements Grundlage der Kosten- und Preiskalkulation. 3.2.3.6 Gestaltung des Managements Die partnerschaftliche Zusammenarbeit bringt am Anfang einen hohen Aufwand an Regelungs- und Koordinierungsaufgaben mit sich. Nachdem die gemeinsamen Ziele geklärt wurden und der Vertrag ausgearbeitet ist, kann die eigentliche Umsetzung der vereinbarten Service-Levels beginnen. Da Outsourcingverträge eine Laufzeit von drei bis zehn Jahren haben,298 können für diesen Zeitraum zwei grundlegende Organisationsausprägungen unterschieden werden: die Projekt- und die Betriebsorganisation. Die Projektorganisation regelt den Übergang der vereinbarten technischen und administrativen Maßnahmen, während die Betriebsorganisation die ausgelagerten Prozesse steuert und weiterentwickelt.299
291
292 293 294
295 296 297 298
299
Vgl. Söbbing (2002), S. 22; siehe hierzu auch Horchler (1996), S. 71 f; Hellerforth (2004), S. 138 ff. Vgl. Sommerlad (2000), S. 284. Vgl. Theurl (2003), S. 30; Hodel/Berger/Risi (2004), S. 83. Vgl. Schey (2004), S. 349; Bruch (1998), S. 156; Beer (1998), S. 243 f; Sommerlad (2000), S. 285; Dittrich/Braun (2004), S. 154. Sommerlad (2000), S. 285. Dittrich/Braun (2004), S. 154. Dittrich/Braun (2004), S. 154. Vgl. Theurl (2003), S. 15; Cunningham/Fröschl (1995), S. 39; Gründer (2004b); Hodel/ Berger/Risi (2004), S. 85. Vgl. Dittrich/Braun (2004), S. 140.
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Der Planungs- und Steuerungsaufwand ist zu Beginn des Projekts sehr intensiv, um die Konsolidierungs- und Standardisierungsaktivitäten zu regeln, den Personalübergang und den damit verbundenen Wissenstransfer zu klären und die Prozesse zu migrieren. Die Projektleitung ist beim Beginn der Zusammenarbeit für die strategische Umsetzung der vereinbarten Anreiz- und Motivationsmaßnahmen verantwortlich, um insbesondere die Know-how-Träger nicht zu verlieren. Außerdem müssen lokale und länderspezifische Aspekte berücksichtigt werden. Nach einer Stabilisierungsphase geht die Projektarbeit in die operative Arbeit der Betriebsorganisation über.300 Die Koordination der Projekt- und Betriebsorganisation wird durch zwischenbetriebliche Managementsysteme geregelt, um Handlungsspielräume der Partner klar voneinander abzugrenzen und regelmäßige Aktivitäten auf strategischer und operativer Ebene abzustimmen. Hierzu bedarf es der personellen Besetzung von Schlüsselpositionen im Projektteam und der Organisation von geeigneten Unterstützungssystemen.301
3.2.4 Betriebsphase In der Betriebsphase arbeiten die Partner zusammen und implementieren die Vereinbarungen. Diese Phase endet mit einer Rückintegration bei Scheitern des Outsourcings oder Beendigung des Projekts bei Zielerfüllung. Der Fokus des Managements während der Betriebsphase liegt darauf, die Zusammenarbeit so zu koordinieren und Strukturen so anzupassen, dass die Ziele der Allianz erreicht werden. In Anlehnung an die Arbeiten von Kabst (2000) und Mellewigt (2003) ist für den Erfolg der Betriebsphase sowie für das gesamte Outsourcingprojekt das Ausmaß der Steuerung und Kontrolle entscheidend. Nach Zentes/Swoboda/Morschett (2003c) stehen für die Betriebsphase einer Outsourcingmaßnahme zwei Koordinationsmechanismen zur Verfügung: die formale und die informale Steuerung.302 Formale Mechanismen besitzen klare Strukturen und verfügen über festgelegte Steuerungs- und Kontrollprozesse. Dabei klammern sie jedoch soziale Steuerungsmechanismen aus und sind aufgrund eines hohen Formalisierungsgrads inflexibel. Informale Mechanismen umfassen die so genannten weichen Faktoren und sind für die Bindungsintensität zwischen den Partnern verantwortlich. Informale Mechanismen können vertraglich nur schwer fixiert werden. In den folgenden Ausführungen werden ne300 301
302
Vgl. Gründer (2004b), S. 287; Dittrich/Braun (2004), S. 141. Vgl. Mellewigt (2003), S. 85; Bruch (1998), S. 172 f; Dittrich/Braun (2004), S. 141; Zahn/Soehnle (1996), S. 69; Beer (1998), S. 217 f. Vgl. Zentes/Swoboda/Morschett (2003c), S. 834 ff.
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ben den formalen Steuerungsmechanismen Vertrauen, Macht und Informationen als informale Faktoren erläutert. 3.2.4.1 Formale Steuerungsmechanismen: Steuerung und Kontrolle Steuerung und Kontrolle sind formale Mechanismen, die als planungsbegleitende Koordinierungsprozesse verstanden werden können. Sie sollen einen reibungslosen Ablauf des Gesamtprojekts gewährleisten, um auch bei unvermeidlich auftretenden Problemen das langfristige Funktionieren der Partnerbeziehung sicherzustellen. Kontrolle im Outsourcing kann nach Steinmann/Schreyögg (2000) in strategische und operative Kontrolle unterteilt werden.303 Eine Kontrolle auf strategischer Basis ist die Überprüfung aller outsourcingrelevanten Unternehmensaktivitäten. Abweichungen sollen als Strategiebedrohung erkannt und als Prozess zur Verbesserung des Gesamtergebnisses eingebracht werden. Die Outsourcingziele sind als Maßstab für die Gesamtbewertung eines Projekts zu verstehen. Unter strategischer Kontrolle werden die Prämissenkontrolle, die Durchführungskontrolle und die strategische Überwachung verstanden. Die Prämissenkontrolle umfasst die Überprüfung der Ausgangsannahmen im Planungsprozess. Das Setzen von Prämissen ermöglicht eine strukturierte Entscheidung und selektiert zugleich diejenigen Annahmen, die besonders für den Erfolg des Outsourcings verantwortlich sind. Da jedoch die Prämissen am Projektbeginn auf Zuständen der Unternehmens- und Umweltanalyse basieren, besteht ein hohes Risiko, wie stark sich geringe Abweichungen von den Prämissen auswirken und welche Konsequenzen zu erwarten sind. Die Durchführungskontrolle während des Outsourcingbetriebs soll Hinweise und Informationen sammeln, die auf die Gefährdung des Erfolges hinweisen können.304 Bei der operativen Kontrolle werden die gesetzten Ziele und Maßnahmen überprüft. Die operative Kontrolle hängt also immer direkt von der strategischen Kontrolle ab.305 Anders als bei der strategischen Kontrolle wird hier das Gewicht vermehrt auf die Durchführungskontrolle gelegt, bei der der tägliche Geschäftsbetrieb einem permanenten Soll-Ist-Abgleich anhand formaler Messgrößen unterliegt. Die Ziele sollen durch ständige Anpassungen erreicht werden. Neben dem Einsatz von organisatorischen Einheiten, wie zum Beispiel Zentralbereichen, Komitees oder Projektgruppen und Instrumenten des Personalmanagements (Besetzung von Schlüsselpositionen, Einsatz eines Verbindungsmanagers, direkte Kontaktgespräche zwischen Repräsentanten der kooperierenden 303
304
305
Vgl. Steinmann/Schreyögg (2000), S. 243; vgl. hierzu auch Bruch (1998), S. 177-191; Zerres (2000). Vgl. Steinmann/Schreyögg (2000), S. 246 f; vgl. hierzu auch Beer (1998), S. 293 f, und Mellewigt (2003), S. 92-103. Vgl. Steinmann/Schreyögg (2000), S. 259.
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Unternehmen), sind vor allem vertraglich verankerte, technokratische Instrumente der Kooperationssteuerung geeignet. Sie dienen der unpersönlichen Kontrolle von Abhängigkeitsbeziehungen zwischen Partnern. Inhaltlich gesehen, werden sowohl strukturpolitische (Vertragsarchitektur, Beteiligungshöhe, gesellschaftsrechtliche Architektur) als auch ablaufpolitische Steuerungsmechanismen (Unternehmenspläne, Bilanzen, Kennzahlensysteme, Berichte etc.) unterschieden.306 3.2.4.2 Informale Mechanismen: Vertrauen und Macht Vertrauen entsteht durch positive Erfahrung im Laufe einer Partnerschaft und kommt dort zustande, wo identische Ziele der Partner als eher wahrscheinlich für den Nutzenzuwachs angesehen werden. Vertrauen wird durch persönliche Eigenschaften der Partner und durch die institutionellen Regelungen von Austauschbeziehungen zwischen den Partnern begründet.307 In der Literatur besteht Einigkeit darüber, dass Vertrauen als ein informaler Steuerungsmechanismus positiven Einfluss auf die Kooperation habe und als das „effizienteste Führungssystem“308 in komplexen Situationen sowie als „wesentliche Bedingung für den Erfolg“309 angesehen werden könne. Sydow (1995) fügt an, dass Vertrauen stufenweise aufgebaut werden könne, wenn die folgenden Kriterien gegeben seien:310 • Erstens verfügen die Partner über die notwendigen Ressourcen (zum Beispiel Informationen), um einen Vertrauensvorschuss zu gewähren, • zweitens erkennen und verstehen die Partner die beiderseitige Motivationsstruktur, da sie auf gemeinsame Regeln der Bedeutungszuweisung und Sinnkonstitution (zum Beispiel Konfliktlösungsmechanismen) zurückgreifen können und • drittens orientieren die Partner ihr Handeln an gemeinsamen Werten (zum Beispiel Offenheit und Loyalität). Bruch (1998) erläuterte zudem, dass die Entstehungsfaktoren „Langfristigkeit der Beziehung“, die „Akzeptanz einer Risikoposition“ und die „wahrgenommenen Abhängigkeiten“ die Entstehung von Vertrauen beeinflussten und sowohl die Outsourcinganbieter als auch die Outsourcingnachfrager spezifische Investitionen als Vertrauensvorschüsse leisten müssten. Jedoch bestehe neben den bila306 307 308 309 310
Vgl. Beer (1998), S. 293; Steinmann/Schreyögg (2000), S. 368 ff. Vgl. Zentes/Swoboda/Morschett (2003c), S. 837. Zentes/Swoboda/Morschett (2003c), S. 837. Bruch (1998), S. 99. Vgl. Sydow (1995), S. 189.
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teralen Vorteilen die Gefahr der Abhängigkeit vom Partner, die bei Einseitigkeit das Vertrauen schnell in Misstrauen wandele.311 Als Steuerungs- und Kontrollfunktion kann Vertrauen unterstützend wirken, es ist aber nur beschränkt einsetzbar. Beer (1998) forderte daher ein „vertrauensbewusstes Management“, das durch alle organisatorischen Gestaltungsmaßnahmen den Vertrauensaspekt im Netzwerk der Beziehungen reflektiere. Die so wahrgenommene Echtheit des Verhaltens und die Vertrauenswürdigkeit des Partners prägten die vertrauensbegründeten Erwartungen.312 Im Gegensatz zu Vertrauen stellt Macht die Überlegenheit innerhalb einer Beziehung dar, die Handlungsfähigkeit des Partners im eigenen Interesse auszunutzen und auch gegen Widerstreben zu beeinflussen. Im Extremfall kann der starke über den schwachen Partner entscheiden.313 Die Verteilung der Machtverhältnisse zwischen Outsourcinganbieter und -nachfrager ist bereits in der Strukturphase festgelegt und hängt von der Reputation sowie den Beteiligungsverhältnissen ab.314 Die Machtverhältnisse beeinflussen die Entscheidungen über die Zuweisungen finanzieller, personeller und physischer Ressourcen der Outsourcingpartner. Steinmann/Schreyögg (2000) erläuterten, dass Einflussversuche als Prozess der Führung verstanden würden, um den eigenen Willen durchzusetzen. Es würden Möglichkeiten für alternatives Handeln eingeschränkt, was bei einer „hohen Macht“ vom Adressaten als positiv empfunden werde.315 3.2.4.3 Informale Mechanismen: Anreize Eine komplexe vertragliche Gestaltung aller möglichen Details einer Outsourcing-Partnerschaft ist kaum möglich. Die Leistungseinwilligung der Allianz wird letztlich auf einem unvollständigen Vertrag beruhen, der der Praxis häufig Probleme bereitet. Erfolgreiches Outsourcing bedingt, dass die Partner ähnlichen Erfolgsmustern folgen, die dennoch Raum für die unterschiedlichen Erwartungen und Einflusspositionen bieten.316 Picot/Ertsey (2004) führten in ihrem Beitrag finanzielle Anreizmechanismen aus: Sie schlugen die Flexibilisierung des Leistungsumfangs durch die Berücksichtigung zukünftiger, veränderter Rahmenbedingungen vor. Das auslagernde Unternehmen sehe die Gefahr einer Preiserhöhung durch den Dienstleister. Umgekehrt sei der Anbieter von einer Steigerung der Kosten für seine eingebrachten Faktoren oder von einer Verrin311 312 313 314 315 316
Bruch (1998), S. 99 f. Beer (1998), S. 272. Vgl. Weber (1976), S. 28. Vgl. Beer (1998), S. 284. Vgl. Steinmann/Schreyögg (2000), S. 582. Vgl. Zentes/Swoboda/Morschett (2003c), S. 838.
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gerung der Nachfrage bedroht. Beiden Extremen könne durch Teilung des Kostenrisikos und Reduzierung des Nachfragerisikos in Form von Erstattung von Margen oder Festpreisen begegnet werden.317 Bruch (1998) interpretierte hierzu ferner, dass Anreizmechanismen eher eine Basis schafften für die Einbindung des Partners in die Verantwortung. Bruch stellt Anreize im Wesentlichen als „Abwandlung von Aufgabenumfang und -qualität“ dar. Abhängig von dem verantwortlichen Handeln könnten die Partner mit der Erweiterung der Tätigkeiten bei Erfolg belohnt beziehungsweise bei Misserfolg mit einer Eingrenzung sanktioniert werden. Zudem bestehe die Möglichkeit einer finanziellen Erfolgsbeteiligung, wenn beispielsweise die Qualität des Outsourcingprojekts überdurchschnittlich hoch eingeschätzt werde. Auch könnten Regelungen zu künftigen Einsparungen und Mehrkosten, die einen direkten Bezug zur Leistungserstellung haben, als Anreizmechanismus fungieren.318 3.2.4.4 Informale Mechanismen: Informationen Betriebswirtschaftlich betrachtet, stellen Informationen einen Wettbewerbs- und Produktionsfaktor dar. Sie haben speziell für strategische Planungen (zum Beispiel Unternehmens- oder Umweltanalyse) eine besondere Bedeutung. Informationen sind ein äußerst sensibler Bereich bei der Gestaltung einer Partnerschaft. In nahezu allen Management-Handbüchern zum Thema Outsourcing wird auf die Bedeutung einer offenen Informationspolitik für das Vertrauen zwischen den Beteiligten hingewiesen. Darüber hinaus sind Informationen Wissensressourcen für alle Mitarbeiter. Aus diesen Gründen ist der Einsatz von ManagementInformationssystemen für die Kommunikation zwischen den Outsourcingpartnern von entscheidender Bedeutung.319 Informationen leisten einen erheblichen Beitrag zum gegenseitigen Verständnis, insbesondere in einer komplexen und heterogenen Beziehung, in der mehrere Führungsebenen, Geschäftseinheiten und Mitarbeiter internationaler Gruppen eingebunden sind.320 Gleichzeitig ist aber auch zu vermeiden, dass einseitig zu viel Wissen abfließt, zum Beispiel durch Abwanderung von Personal oder Freigabe von strategischem Wissen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu bewahren. Die entscheidenden Fragen an ein adäquates Management von Informationen sind, welche Art der Informationen wie und in welchem Umfang verteilt wird. Dabei liegen die Herausforderungen nach Beer (1998) in dem hohen Informationsbedarf aller beteiligten Mitarbeiter und der Stakeholder sowie im Zeitpunkt der 317 318 319 320
Vgl. Picot/Ertsey (2004), S. 335 ff. Vgl. Bruch (1998), S. 88; Beer (1998), S. 264. Vgl. Picot/Reichwald/Wignand (2003), S. 77 ff. Vgl. Gründer (2004b), S. 289; Zentes/Swoboda/Morschett (2003c), S. 839; Hodel/ Berger/Risi (2004), S. 133.
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Informationsweitergabe. Besonders kritisch ist die Kommunikation zum einen zwischen den Partnern und zum anderen innerhalb des Unternehmens bei einem Personalübergang.321 3.2.4.5 Informale Mechanismen: Konflikte Die informalen Mechanismen wie Vertrauen, Anreize, Informationen und Macht können Konflikte nicht immer unterbinden und sind in einer langfristigen Outsourcing-Allianz unvermeidlich. Konflikte lösen Spannungen aus, die gerade bei engen Bindungen die tägliche operative Arbeit belasten, aber auch Entscheidungen, in die mehrere Personen eingebunden sind. Konflikte treten bei „unbewusst sich einander ausschließenden Zielen“ der Parteien, bei opportunistischem Verhalten, Unsicherheit und falscher Kommunikation auf.322 Dabei haben Konflikte durchaus eine positive Wirkung, indem sie beispielsweise positive Ergebnisse verstärken und negativen Folgen entgegenwirken. Die Grundlage gemeinsamer kultureller Normen und Werte trägt zur „Vermeidung von Missverständnissen“ bei.323 In diesem Zusammenhang machte Beer (1998) darauf aufmerksam, dass Konflikte gerade bei langfristigen Beziehungen nicht einmalig gelöst werden könnten. Er unterschied dabei die temporäre Komponente, die durch eine bestimmte Verfahrensweise vertraglich geregelt werden könne. Als Beispiele fügte Beer „Sanktionen bei Fehlverhalten“ oder „Preisklauseln bei Leistungsanpassungen“ an. Eine dauerhafte Institutionalisierung hingegen sei möglich durch Berufung eines Schnittstellenmanagers oder Einrichtung eines „bilateralen Konfliktteams“. Zudem sollten alle Mitarbeiter dahingehend sensibilisiert werden, aktiv Spannungen zu unterbinden.324 3.2.4.6 Rückintegration und Beendigung des Projekts Dieser Konzeptansatz, der als Phasenmodell ebenfalls einen Lebenszyklus erkennen lässt, beschäftigt sich auch mit der Frage der Beendigung des Outsourcings. Das Ende einer Partnerschaft muss nicht zwangsläufig auf den Misserfolg eines Outsourcingprojekts zurückzuführen sein.325 Wenn die definierten Outsourcingziele erreicht wurden und die Vertragslaufzeit endet, spricht man auch von einer „positiven Zielerfüllung der Allianz“.326
321 322 323
324 325 326
Vgl. Beer (1998), S. 250 ff. Bruch (1998), S. 157; vgl. auch Zentes/Swoboda/Morschett (2003c), S. 834. Bruch (1998), S. 158; vgl. auch Gretzinger/Matiaske/Weber (2002), S. 22 f; Beer (1998), S. 280 ff. Vgl. Beer (1998), S. 288. Vgl. Zentes/Swoboda/Morschett (2003c), S. 842. Das/Teng (2002), S. 737, zitiert in Zentes/Swoboda/Morschett (2003c), S. 842.
Zusammenfassung
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Nur wenige Autoren in der Outsourcing-Literatur weisen auf die Rückintegration und Beendigung des Projekts hin. Gründer (2004b) konstatierte, dass zum Ende der Betriebsphase ein „Re-Sourcing-Projekt“ stehe, also die Rückintegration der Prozesse in das Unternehmen.327 Mellewigt (2003) erörterte drei Optionen über die Zukunft einer Zusammenarbeit: Erstens könne die Zusammenarbeit durch Vertragsverlängerung fortgeführt werden, zweitens werde das Outsourcing-Vorhaben beendet und drittens könne die Strategie des Outsourcings durch eine Neubewertung auf eine wertmäßige oder inhaltliche Erweiterung oder Einschränkung in ausgewählten Bereichen modifiziert werden. Ergänzend zu den bereits oben aufgeführten Hinweisen könne eine Partnerschaft auch durch eine Nicht-Erreichung der Ziele oder durch eine Strategieänderung eines der Partner beendet werden.328 Im Zuge der Kontrolle und weiteren Entwicklung des Outsourcingprojekts wies Bruch (1998) darauf hin, dass sämtliche Aktivitäten zum Ende des Outsourcingzykluses überprüft werden sollen. Hierzu zählen insbesondere die Erzielung des Outsourcingerfolgs, die Selbstkontrolle aller beteiligten Mitarbeiter, das „interorganisationale Lernen“ sowie die Kontrolle der „Win-Win-Konstellation“ der Outsourcingbeziehung.329
3.3
Zusammenfassung
Das vorgestellte Vier-Phasen-Modell integriert die zahlreichen Aspekte des Outsourcings in ein geschlossenes System, das die Inhalte, Zusammenhänge und Abhängigkeiten der einzelnen Entscheidungen und Maßnahmen, die im Rahmen eines Projekts zum Strategischen Outsourcing von Geschäftsprozessen getroffen werden müssen, darstellt. Ebenso wurden die Wirkungszusammenhänge und Zielkriterien jeder Phase, die sich auf den Erfolg eines Outsourcingprojekts auswirken, herausgearbeitet. Die Wirkungsbeziehungen innerhalb dieses Konzeptansatzes werden im folgenden Kapitel theoretisch fundiert. Deshalb sollen hier noch einmal die wesentlichen Erkenntnisse zusammengefasst werden. • In der Strategiephase wird ein Outsourcingprojekt initiiert. Ziel dieser Phase ist es, durch Analyse des Marktes sowie der eigenen Stärken und Schwächen eine geeignete strategische Grundsatzentscheidung abzuleiten, die mit dem Outsourcingprojekt verfolgt werden soll: entweder eine 327 328 329
Vgl. Gründer (2004b), S. 288. Vgl. Mellewigt (2003), S. 105 f. Bruch (1998), S. 184 ff.
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Erweiterungs- oder eine Entlastungsstrategie. Außerdem soll festgelegt werden, zu welchem Anteil Leistungen ausgelagert werden (Grad des Outsourcings). Die strategische Grundsatzentscheidung determiniert vor allem die Anforderungen an den Partner (Partnerphase) und setzt die in der Betriebsphase zu erreichenden Ziele. Der Grad des Outsourcings gibt in erster Linie die Bedingungen für die Struktur der Zusammenarbeit der Outsourcingpartner vor, die in der Strukturphase festgelegt wird. Der Beitrag der Strategiephase zum Erfolg eines Outsourcingprojekts liegt vor allem in der strategischen Grundsatzentscheidung auf Basis einer fundierten Definition der Ziele. • In der Partnerphase wird ein geeigneter Wertschöpfungspartner für das Outsourcingprojekt ausgewählt. Die wichtigsten Schritte sind die Festlegung eines Anforderungsprofils, die Identifikation und die Evaluierung der Outsourcinganbieter. Die Wahl des Partners wirkt auf die Strategiephase zurück, da der Partner idealerweise mit den strategischen Outsourcingzielen übereinstimmen sollte. Weiterhin gibt die Partnerwahl die Bedingungen für die gemeinsame Outsourcing-Struktur und die Betriebsphase vor. Entscheidend für den Erfolg dieser Phase sowie für das gesamte Outsourcingprojekt ist der Grad der Partnerzufriedenheit. • In der Strukturphase wird die Zusammenarbeit der Outsourcingpartner geregelt. Inhalt sind die Festlegung der organisationsüberschreitenden Outsourcingstruktur, die Standardisierung der Geschäftsprozesse, die Ressourcenplanung, die Regelung des Personalübergangs, die Gestaltung des Vertrags und die Festlegung der Managementaufgaben. Abhängig von den Regelungen, die hierbei getroffen werden, aber auch abhängig vom Grad des Outsourcings, wird die Struktur mehr oder weniger komplex. Dies determiniert wiederum die Bedingungen in der Betriebsphase. Das Ausmaß der Strukturkomplexität, das in dieser Phase festgelegt wird, ist entscheidend für den Erfolg des Outsourcingprojekts. • In der Betriebsphase wird der eigentliche Leistungsaustausch vollzogen. Die Umsetzung der strategischen Ziele steht im Vordergrund. Die Betriebsphase steht also in direkter Beziehung zur Strategiephase, insbesondere zur strategischen Grundsatzentscheidung. Der Erfolg dieser Phase sowie des gesamten Outsourcingprojekts wird determiniert vom Ausmaß der Steuerung und Kontrolle.
4
Theoriegeleitete Fundierung des Vier-Phasen-Modells Dieses Kapitel verfolgt zwei Ziele: Das in Kapitel 3 entwickelte Vier-Phasen-Modell ist inhaltlich und methodisch zu verankern, um einen theoretischen Begründungszusammenhang zur Erklärung des Outsourcings herzustellen; weiterhin sind Hypothesen für die empirische Untersuchung abzuleiten. Im ersten Teil dieses Kapitels werden mehrere Theorien, die einen Bezug zum Outsourcing aufweisen, auf ihre Anwendbarkeit überprüft. Diejenigen Theorien, die sich als anwendbar erweisen, werden dann genutzt, um die Wirkungsbeziehungen im Vier-PhasenModell zu erklären. Diese werden in wissenschaftliche Hypothesen überführt. Dies ist Inhalt des zweiten Teils dieses Kapitels. Schließlich werden die Variablen für den Erfolg eines Outsourcingprojekts abgeleitet und Hypothesen dafür entwickelt. Das Kapitel endet mit der Zusammenfassung aller Hypothesen, die im nächsten Kapitel empirisch überprüft werden.
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4.1
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Selektion erklärungsfähiger Theorien
Wie im Stand der Outsourcing-Forschung330 dargelegt wurde, existiert eine Vielzahl von Theorien, die das Phänomen Outsourcing inhaltlich und methodisch verankern könnten. Die Literatur bezieht sich zum Beispiel auf die Transaktionskostentheorie,331 den Ressourcenansatz,332 die Agenturtheorie,333 die Verfügungsrechtstheorie334 und den Netzwerkansatz.335 Schon diese Beispiele machen deutlich, dass es keine einzige geschlossene Theorie gibt, die die Wirkungszusammenhänge des Outsourcings erklären könnte. Dies darf auch nicht verwundern, da die Theorien nicht zur Erklärung des Phänomens Outsourcing entworfen worden sind. Ebenso kann keine der Theorien Outsourcing vollständig erklären. Es stehen immer nur bestimmte Facetten im Vordergrund. Bei der Selektion der Theorien kann es also nur darum gehen, diejenigen zu ermitteln, die geeignete Erklärungsansätze für die einzelnen Phasen des Outsourcings bieten, nämlich für Strategie, Partnerwahl, Strukturgestaltung und Betrieb.336 Einbezogen werden die neoklassische Sicht, die Industrieökonomie, die Spieltheorie, die Neue Institutionenlehre sowie die Strategische Managementund Organisationsforschung.337 Für die Selektion werden ihre Eigenschaften und Merkmale diskutiert und auf ihre Anwendbarkeit auf die Outsourcing-Phasen geprüft. Für die Selektion der Theorienvielfalt wird eine gemeinsame Erklärungsbasis benötigt. Dies erfordert nach Dibbern/Güttler/Heinzl (2001) erstens eine konkrete Problemstellung, zweitens das Vorhandensein mehrerer Theorien und drittens 330 331
332
333 334 335
336 337
Vgl. Kapitel 1.2 Stand der Outsourcing-Forschung. Vgl. u. a. Ang/Cummings (1997); Sjurts/Stieglitz (2004); Dibbern (2004); Dibbern/Heinzl (2001); Bacher (2000); Beer (1998); Billeter (1995); Dillmann (1996); Fischer (1994); Hellinger (1999); Nagengast (1997); Picot/Maier (1992); Ruoff (2001); Schätzer (1999). Vgl. Sjurts/Stieglitz (2004); Hellinger (1999); Ruoff (2001); Dibbern (2004); Dibbern/Heinzl (2001); Mayer/Söbbing (2004). Vgl. Beer (1998); Knolmayer (1994); Schätzer (1999); Billeter (1995). Vgl. Schätzer (1999); Beer (1998). Vgl. Ortmann/Sydow (2001 und 2003); Sydow (1992); Bellmann/Hippe (1996); Duschek/Ortmann/Sydow (2001); Hellinger (1999). Vgl. auch Kapitel 3 Strukturierung des Outsourcingverhaltens. Vgl. Kieser/Walgenbach (2003), S. 31 ff; Schreyögg (2003), S. 27 ff und 323 ff; Kieser (2002a); Picot/Reichwald/Wignand (2003), S. 38 ff; Sydow (1992), S. 224 ff; Mellewigt (2003), S. 35; Kabst (2000), S. 23, Swoboda (2003), S. 57 f; Dibbern/Güttler/Heinzl (2001), S. 678 ff.
Selektion erklärungsfähiger Theorien
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die Vergleichbarkeit der Theorien.338 Die konkrete Problemstellung und die Identifizierung mehrerer Theorien konnten bereits in der Einleitung dieser Arbeit ermittelt werden. Die Vergleichbarkeit der Theorien ist Inhalt dieses Abschnittes. 4.1.1 Neoklassische Sicht Die neoklassische Sicht geht zurück auf Marshall (1890) und Cournot (1938). Im Hinblick auf die Ausgangsfrage der Strategiephase, nämlich ob und in welchem Umfang es sinnvoll ist, Geschäftsprozesse auszulagern, könnte die neoklassische Sicht ein Erklärungsansatz sein. Sie geht davon aus, dass die Produzenten und Nachfrager einer Leistung ihre Entscheidung rational träfen mit dem Ziel, ihren Nutzen zu maximieren. Dazu sind die Produktionskosten verschiedener Alternativen in komparativen Kostenrechnungen zu vergleichen.339 Die Orientierung der Outsourcing-Entscheidung an kostenrechnerischen Ansätzen ist nicht sinnvoll. Dies wäre eindimensional, und wesentliche Aspekte infolge der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Outsourcingpartner blieben unberücksichtigt, beispielsweise die gemeinsame Nutzung von Ressourcen, der gemeinsame Leistungsbezug, die Verrechenbarkeit von Koordinationskosten oder der Einfluss von Macht und Abhängigkeit.340 Die neoklassische Theorie eignet sich daher nicht als Erklärungsansatz, „weil sich das Problem der Unsicherheit und der Organisation ökonomischer Aktivitäten aus ihren Überlegungen ausschließt“.341 4.1.2 Industrieökonomie Die Beschreibung von Markt und Industriestrukturen und die Auswirkung auf Unternehmen sind Inhalte der Industrieökonomie.342 Nach dieser Theorie hängt 338
339 340 341 342
Vgl. Dibbern/Güttler/Heinzl (2001), S. 679; auch Seth/Thomas (1994), S. 187; Swoboda (2003), S. 57. Vgl. Picot/Dietl/Franck (2002), S. 40. Vgl. Dibbern/Güttler/Heinzl (2001), S. 679. Backhaus/Mayer (1993), S. 332, zitiert in Swoboda (2003), S. 40. Als klassischer Vertreter der heutigen industrieökonomischen Sicht gilt neben Stigler (1968), Caves (1972) und Schmalensee/Willig (1989) insbesondere Porter (1999a), der auf den Vorüberlegungen von Bain (1968) und Mason (1959) Wettbewerbsstrategien und eine Systematisierung des klassisch-industrieökonomischen Bezugsrahmens zur Erklärung und Gestaltung von Wettbewerbsvorteilen herleitete. Vgl. hierzu Sydow (1992), S. 174; Eschenbach (2003), S. 213 ff. Porter strukturiert die Determinanten des „structureconduct-performance“-Paradigmas und fasst sie zusammen.Vgl. Rühli (1994), S. 34.
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das Unternehmensergebnis (performance) vom strategischen Marktverhalten (conduct) ab, das wiederum durch die Marktstruktur (structure) vorbestimmt ist. In dieser „Outside-in“-Perspektive werden mit Branchen- beziehungsweise Marktstrukturmerkmalen primär externe Erfolgspotenziale als maßgeblich für überdurchschnittliche Gewinne betrachtet. Auf der Geschäftsfeldebene resultieren solche Erfolgspotenziale aus strategisch vorteilhaften Positionen, die sich in dauerhaften Wettbewerbsvorteilen niederschlagen. Der Unternehmenserfolg hängt von drei wesentlichen Kriterien ab: der Branchenstruktur, der Unternehmensanalyse und den Strategietypen eines Unternehmens.343 Dieser Erklärungsansatz könnte für die Strategie- und Strukturphase herangezogen werden. In den vergangenen Jahren wurde jedoch verstärkt Kritik an der Industrieökonomie geäußert. Insbesondere lege sie zu starkes Gewicht auf die unternehmensexternen Gegebenheiten.344 Ebenfalls wird die Standardisierung der Wettbewerbsstrategien kritisiert; als generische Strategien könnten sie von der Konkurrenz übernommen werden.345 Auch bemängelt man, sie berücksichtige nicht ausreichend die zunehmende Umweltdynamik. Neben dieser allgemeinen Kritik ist in Bezug auf das Outsourcing hervorzuheben, dass die Industrieökonomie die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen eher aus Sicht der Branche als aus Sicht eines Unternehmens betrachtet. Darüber hinaus werden kaum Aussagen zu der Verwendung interner Ressourcen oder dem Einsatz effektiver Managementstrukturen gemacht.346 Ihr Beitrag zur Erklärung des Grads des Outsourcings sowie der Outsourcing-Struktur ist daher beschränkt und soll deshalb nicht als Erklärungsansatz zur theoretischen Fundierung des Vier-Phasen-Modells genutzt werden. 4.1.3 Spieltheorie Die Spieltheorie beschreibt die Branchenstruktur und strategisches Verhalten anhand von gleichverteiltem Wissen und Unsicherheit. Sie geht auf Vertreter wie Nash (1950), Croizer/Friedberg (1971) und Kreps/Wilson/Milgrom/ Robertsm (1982) zurück und besagt, dass keine formale Organisationsstruktur das Verhalten der Organisationsmitglieder völlig bestimme. Jedes Mitglied habe einen Handlungsspielraum, der für die Organisation eine Quelle der Unsicherheit sei. Die Mitglieder könnten durch diesen Spielraum Macht auf andere Or-
343 344 345 346
Vgl. Sydow (1992), S. 173. Vgl. Rühli (1995), S. 93. Vgl. Hellinger (1999), S. 18; Mellewigt (2003), S. 54. Vgl. Swoboda (2003), S. 44 f.
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ganisationsmitglieder ausüben.347 In unterschiedlichen Spielsituationen könnten die Entscheidungsgründe der Wettbewerber herangezogen werden, um die strategischen Überlegungen in den einzelnen Spielzügen zu verdeutlichen. Die Spieltheorie eignet sich insbesondere für die Analyse sozialer Beziehungen und bietet Erklärungsansätze für Konflikte und Kooperationen.348 Sie erklärt beispielsweise, warum ein Unternehmen das Vertrauen zum Kooperationspartner bricht, um sich einen Vorteil zu verschaffen, während sich das andere Unternehmen partnerschaftlich verhält. Diese Theorie könnte auf die Partner-, Struktur- und Betriebsphase des Konzeptansatzes angewendet werden, da sie einen Beitrag zum Verstehen und Gestalten von Beziehungen liefert. Dennoch wird die Spieltheorie nicht als Erklärungsansatz verwendet, denn sie vernachlässigt die Macht und den gegenseitigen Einfluss der Spieler untereinander349 und geht von einem nutzenmaximierenden, rationalen und homogenen Unternehmen aus, was aber auf die Unternehmensgrenzen überschreitenden Organisationsformen im Outsourcing nicht zutrifft. Aspekte der Organisation und der Abwicklung von Kooperationen werden völlig ausgeblendet.350 4.1.4 Neue Institutionenlehre Seit Anfang der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts wird die formale Struktur von Organisationen durch die Theorie der Neuen Institutionenlehre erklärt. In der Betriebswirtschaftslehre bildet die Vielfalt ordnender Regeln ein System von Institutionen wie zum Beispiel Verträge, Hierarchien, Märkte oder Organisationsstrukturen.351 Die Institutionen haben als Ziel, Verhaltensweisen der am Wirtschaftsprozess beteiligten Akteure einzugrenzen und gezielt zu steuern. Basierend auf der verhaltenswissenschaftlichen Entscheidungstheorie behandelt die Neue Institutionenlehre somit organisatorische Fragen, wobei Effizienzkriterien zwar nicht ausgeklammert werden, mit der Zeit jedoch an Bedeutung verloren haben. Die Unternehmung wird als ein Kultursystem betrachtet, in dem organi-
347 348 349 350 351
Vgl. Kieser/Walgenbach (2003), S. 56 f. Vgl. Swoboda (2003), S. 45 ff. Vgl. Sydow (1992), S. 171. Vgl. Dibbern/Güttler/Heinzl (2001), S. 679; Swoboda (2003), S. 47. Zur näheren Erläuterung des Begriffes „Institutionen“ vgl. Picot/Dietl/Franck (2002), S. 10 ff, und Coase (1937), S. 388 f.
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satorische Strukturen definiert und legitimiert sind.352 Vorrangiges Ziel ist die Sicherung des Überlebens der Organisation.353 Im Wesentlichen haben sich drei Ansätze zur Neuen Institutionenlehre herausgebildet: die Verfügungsrechtstheorie, die Agenturtheorie und die Transaktionskostentheorie.354 4.1.4.1 Verfügungsrechtstheorie Die Verfügungsrechtstheorie (engl. Property-Rights-Theory) stellt die Grundlage für Verhaltensbeziehungen von ökonomischen Akteuren dar, um die Rechte über Ressourcen zu legitimieren. Für den Wert eines Gutes sind nicht allein der Besitz, sondern auch die Verfügungsrechte relevant. Dabei werden Verhaltensnormen in Bezug auf die Ressourcen festgelegt; Verstöße können sanktioniert werden.355 Zu den Begründern der Verfügungsrechtstheorie zählen bedeutende Vertreter wie Coase (1937), Alchian/Demsetz (1972 und 1973) und Barzel (1989). Die Verfügungsrechte können in vier Rechte unterteilt werden: ein knappes Gut zu nutzen (usus), sich seinen Ertrag anzueignen (usus fructus), das Gut zu verändern (abusus) und das Gut ganz oder teilweise zu veräußern.356 Der Begriff „Gut“ wird dabei weit gefasst. Neben den materiellen Eigenschaften gehören dazu auch handhabbare Rechte (zum Beispiel Patente, Lizenzen), Dienstleistungen und menschliche Rechte.357 Die Verfügungsrechtstheorie untersucht vor allem die Auswirkungen von alternativen Gestaltungen der Verfügungsrechte auf das Verhalten der Akteure sowie die Entstehung, Verteilung und den Wandel der Verfügungsrechte.358 Verfügungsrechte werden durch Verträge geregelt. Die Durchsetzung der Verfügungsrechte verursacht Kosten (Transaktionskosten), die für den Austausch, die Überwachung und die Durchführung der Verfügungsrechte entstehen.359 Mit diesen Ansätzen scheint die Verfügungsrechtstheorie auf die Strukturphase des Konzeptansatzes anwendbar zu sein. Sie könnte erklären, 352 353 354
355
356 357 358 359
Vgl. Schreyögg (2003), S. 70 f; Kieser/Walgenbach (2003), S. 46. Vgl. Kieser/Walgenbach (2003), S. 65. Vgl. Schreyögg (2003), S. 70 ff; Kieser/Walgenbach (2003), S. 46 ff; Kieser (2002a), S. 5 ff und S. 199 f; Picot/Dietl/Franck (2002), S. 28; vgl. auch Weidner (2000), S. 108, und Bacher (2000), S. 85. Vgl. Kieser/Walgenbach (2003), S. 50; Zentes/Swoboda/Morschett (2003d), S. 56; Picot/Dietl/Franck (2002), S. 55 ff; Kieser (2002a), S. 200 ff; Schätzer (1999), S. 84 ff; Alchian/Demsetz (1973), S. 16 ff; Demsetz (1964), S. 11 ff; Weidner (2000), S. 116 f. Vgl. Alchian/Demsetz (1972), S. 783. Vgl. Weidner (2000), S. 117. Vgl. Kieser (2002a), S. 200 ff. Vgl. Weidner (2000), S. 117.
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wie die Zusammenarbeit der Outsourcingpartner organisatorisch und vertraglich geregelt wird. Allerdings konzentriert sich die Verfügungsrechtstheorie auf die interne Organisation der Unternehmung, um beispielsweise Interessenvertretungssysteme oder die Hierarchie der Unternehmung zu erklären. Basis ist hier die Corporate Governance, die als „konstitutioneller Vertrag Handlungs- und Verfügungsrechte für hierarchische Bildung abgeleiteter Institutionen definiert“.360 Verhaltensanreize über Unternehmensgrenzen hinweg werden nur unzureichend thematisiert.361 Die Konzentration auf interne Organisationsformen macht sie für das Outsourcing ungeeignet, dem die Notwendigkeit, eine unternehmensübergreifende Organisation zu schaffen, inhärent ist. 4.1.4.2 Agenturtheorie Die Agenturtheorie (engl. Principal-Agent-Theory) behandelt arbeitsteilige Beziehungen zwischen einem Auftraggeber (Prinzipal) und einem Auftragnehmer (Agent). Als Vertreter gelten Alchian/Demsetz (1972), Jensen/Meckling (1976), Spremann (1989) und Jost (2001). Prinzipal und Agent stehen in einer Beziehung, die als Vertragsverhältnis gesehen werden kann. An den Agenten (zum Beispiel Manager oder Unternehmen) werden vom Prinzipal (zum Beispiel Kapitaleigner) Handlungen delegiert. Umgekehrt erhält der Prinzipal ein Ergebnis, aus dem er jedoch nicht unmittelbar auf die Handlung und Leistung des Agenten schließen kann. Die Agenturtheorie bietet Erklärungen für Outsourcingbeziehungen vor und nach Vertragsabschluss. Sie liefert Lösungsvorschläge zu Vorgaben für die Auswahlmechanismen eines Unternehmens und bei der Suche nach einem geeigneten Dienstleistungspartner. Die Vorteile der Ergebnisorientierung werden hervorgehoben und in Relation zur Risikoneigung der Partner und zur Umwelt gebracht. Ungleichmäßiger Ressourceneinsatz der Partner kann durch angepasste Vertragsgestaltung, Risikosetzung von Vermögenswerten und Immobilisierung kompensiert werden. Die Agenturtheorie scheint also geeignet als Erklärungsansatz für die Partner-, Struktur- und Betriebsphase des Konzeptansatzes. Diese Theorie wird jedoch in der Literatur als wenig effizient eingeschätzt, wenn es um die Bewältigung komplexer Aufgaben und besonders um die Steuerung von Aktivitäten der Organisationsmitglieder geht. Denn Verträge können nicht alle Eventualitäten der Steuerungs-, Informations- und Anreizsysteme berücksichtigen.362 Darüber hinaus blendet der Ansatz einer eigennützigen und in360 361 362
Picot/Dietl/Franck (2002), S. 56. Vgl. Dibbern/Güttler/Heinzl (2001), S. 681; Swoboda (2003), S. 47. Vgl. Kieser/Walgenbach (2003), S. 50; siehe auch Aubert/Patry/Rivard (2003).
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dividuellen Nutzenmaximierung der Akteure die soziale Strukturiertheit von Organisationen aus. Strategische Beziehungen als System können so nur schwer in ein Konzept gebracht werden. Aus diesen Gründen ist die Agenturtheorie nicht zur Erklärung des Outsourcingphänomens geeignet. 4.1.4.3 Transaktionskostentheorie Die Transaktionskostentheorie (engl. Transaction Cost Economics) geht auf Coase (1937) und in ihrer Weiterentwicklung besonders auf Williamson (1975, 1985, 1990 und 1996) zurück. Sie befasst sich mit der effizienten Organisation wirtschaftlicher Leistungsbeziehungen in bestimmten institutionellen Arrangements. Sie bietet Methoden, die erklären, welche Transaktionen wo (am Markt oder in der Hierarchie) am kostengünstigsten abgewickelt und organisiert werden können.363 Die Transaktionskostentheorie ermöglicht es weiterhin, die Veränderung von Organisationsgrenzen systematisch zu betrachten und zu erklären.364 Neben einem ganzen Spektrum von Integrationsformen365 werden hybride Organisationsformen366 zwischen den Extremen Markt und Hierarchie als Mischformen herausgestellt, die durch die Transaktionskostentheorie begründet werden. Die Transakteure bewerten im Austauschprozess von Leistungen die ökonomische Relevanz der Anbahnungs-, Vereinbarungs-, Kontroll- und Anpassungskosten und berücksichtigen Variablen der Spezifität, Unsicherheit und Häufigkeit. Rechtliche, verhaltenswissenschaftliche und ökonomische Ansätze sowie die grundsätzliche Existenz von Institutionen können durch diesen Ansatz erklärt werden.367 Damit scheint die Transaktionskostentheorie zur Anwendung auf die Strategie- und Strukturphase geeignet zu sein. Hierfür spricht auch ihre zunehmend häufige Verwendung als Erklärungsansatz in der Outsourcing-Literatur.368 Hervorzuheben sind Autoren wie Dibbern (2004), Lacity/Willcocks (1996), Hirschheim/Heinzl/Dibbern (2002), Bruch (1998), Beer (1998), Matiaske/ Mellewigt (2002a und 2002b) und Schätzer (1999). Kritik besteht jedoch in der einseitigen Effizienzbetrachtung der Kosten. Die Motivation der Transaktionspartner beim Outsourcing besteht keineswegs nur im opportunistischen Streben nach Leistung und Geld.369 Nach dem Erklä363
364 365 366 367 368 369
Vgl. Zentes/Swoboda/Morschett (2003d), S. 57; Schreyögg (2003), S. 70 f; Kieser (2002a), S. 225. Vgl. Kieser/Walgenbach (2003), S. 56. Vgl. Picot/Dietl/Franck (2002), S. 82. Vgl. Kieser (2002a), S. 233. Vgl. Knolmayer (1994), S. 322 f. Vgl. Kapitel 1.2.3 Heterogenität theoretischer Erklärungsansätze. Vgl. Kieser/Walgenbach (2003), S. 56.
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rungsmodell der Transaktionskostentheorie würde eine Entscheidung zum Outsourcing auf rein kostenrechnerischen Modellen getroffen. Dabei verursachen weitgehend unbekannte Marktbedingungen und (noch) unbekannte Transaktionspartner hohe Kosten für einen Transaktionsaustausch, um die gewünschte Outsourcingform zu erzielen. Kostenvergleichsrechnungen scheitern häufig an der mangelnden Operationalisierbarkeit hinsichtlich einer Trennung zwischen den Transaktionskosten und Produktionskosten beziehungsweise Kosten durch die Abwicklung und Organisation des Outsourcings. Auch ermöglicht die Transaktionskostentheorie keine Betrachtung der Effizienz von anpassungsfähigen Anreizsystemen und Koordinationsmechanismen. Die Vielfalt und Differenziertheit von Outsourcingprojekten können die Transaktionskostentheorie zwar nicht vollständig, aber doch in befriedigender Weise abbilden.370 Sie soll deshalb trotz der Kritik herangezogen werden, um wichtige Variablen für die Festlegung des Grads des Outsourcings sowie der Outsourcing-Struktur zu untersuchen. Beer (1998) konstatiert in diesem Zusammenhang die Fähigkeit der Transaktionskostentheorie, in „Verbindung mit anderen theoretischen Ansätzen eine konzeptionelle Bestimmung der effizienten Grenzen einer Unternehmung zu ermöglichen“.371 4.1.5 Strategische Management- und Organisationsforschung Ziel der strategischen Management- und Organisationsforschung ist die effiziente Bewältigung von Aufgaben. In diesem Sinne betrachtet sie sowohl Möglichkeiten der Kostenreduktion als auch Formen der nutzenmehrenden Organisation.372 Sie bietet Ansätze, um unter strategischen Gesichtspunkten zu entscheiden, wann Ressourcen in der eigenen Organisation verbleiben beziehungsweise wann sie über einen Partner bezogen werden sollen. Die strategische Management- und Organisationsforschung umfasst eine Vielzahl von Ansätzen. Relevant für das Phänomen des Outsourcings sind solche, die interorganisationale Beziehungen in den Mittelpunkt stellen. Das sind der Ressourcenabhängigkeitsansatz, der Ressourcenansatz und der Netzwerkansatz. 4.1.5.1 Ressourcenabhängigkeitsansatz Der Ressourcenabhängigkeitsansatz (engl. Resource-Dependance), vertreten von Pfeffer/Salancik (1978), van Gils (1984) und Bamberger/Wrona (1996), be370 371 372
Vgl. Sydow (1992), S. 145 ff; Kabst (2000), S. 27. Beer (1998), S. 69. Vgl. Kieser/Walgenbach (2003), S. 32 ff und 65; Steinmann/Schreyögg (2000); Swoboda (2003), S. 51.
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schreibt einen Leistungsfluss, bei dem an bestimmten Stellen von außen Leistungen in das System einfließen, die dann verarbeitet werden und an einer anderen Stelle das System wieder verlassen (Input-Output-Perspektive). Jedes Unternehmen benötigt Ressourcen verschiedener Arten, die teilweise von anderen Unternehmen bezogen werden müssen. Erst durch die Existenz und den Einsatz einzigartiger Ressourcen wird die Stabilität des Leistungsflusses gewährleistet. Die Ressourcen versetzen Unternehmen in die Lage, die unternehmensinternen Erfolge beziehungsweise Misserfolge zu analysieren.373 Basierend auf den Annahmen der sozialen Austauschtheorie, geht der Ressourcenabhängigkeitsansatz von der Annahme knapper Ressourcen aus, die zwischen Organisationen ausgetauscht werden können. Hierdurch bedingt, verlieren Unternehmen aufgrund der Abhängigkeit von anderen Organisationen teilweise ihre Autonomie. Dies versuchen die Unternehmen zu kompensieren, indem sie Interorganisationsbeziehungen entwickeln und durch neue Strategien ihrerseits Abhängigkeit schaffen.374 Die Vermeidung, Ausnutzung und Entwicklung dieser Abhängigkeiten bilden die Antriebskräfte in bi- oder multiorganisationalen Beziehungen.375 In Bezug auf die Steuerung und Kontrolle von Ressourcen sowie die Machtausübung auf andere Unternehmen könnte der Ressourcenabhängigkeitsansatz als Erklärungsansatz für die Partner-, Struktur- und Betriebsphase nahe liegend sein. Zum einen eignen sich insbesondere Strategien zur Kontrolle für eine vertikale Integration, zum anderen können durch horizontale Integration Machtaspekte gegenüber dem Partner eingesetzt werden, um den Grad der Abhängigkeit zu reduzieren. Allerdings ist die Definition des Ressourcenbegriffs nicht präzise, und die Operationalisierung von Ressourcen ist mehrdeutig.376 Ferner geht der Ressourcenabhängigkeitsansatz von einem rational handelnden Management aus, so dass weder subjektive Entscheidungen noch durch ungeplante Handlungen entstehende Outsourcingbeziehungen berücksichtigt werden können.377 Auch wird die Effizienz und Effektivität einer Organisation vernachlässigt. Als Fazit wird daher festgehalten, dass der Ressourcenabhängigkeitsansatz nicht als Erklärungsansatz verwendet werden kann.
373 374 375 376 377
Vgl. Schreyögg (2003), S. 371. Vgl. Van Gils (1984), S. 1081. Vgl. Swoboda (2003), S. 53. Vgl. Pfeffer (1992), S. 87. Vgl. Sydow (1992), S. 197.
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4.1.5.2 Ressourcenansatz Nach dem Ressourcenansatz (engl. Resource-based View) erreicht ein Unternehmen seine strategischen Ziele nicht nur durch die Ableitung von Markt- und Branchenstrategien, sondern vielmehr dadurch, dass es spezielle Kompetenzen und Fähigkeiten entwickelt, wodurch es sich erfolgreich von den Wettbewerbern differenziert.378 Der Ressourcenansatz ist insbesondere durch Beiträge von Penrose (1959), Selznick (1957), Barney (1991 und 2001), Wernerfelt (1984), Grant (1991), Hall (1992), Rasche/Wolfrum (1994) und Peteraf (1993) geprägt. Der Ressourcenansatz begreift eine Organisation als Bündel von Ressourcen, die einmalig und nicht zu kopieren sind. Er begründet somit die Unterschiede zwischen Unternehmen.379 Die Ressourcenheterogenität der Unternehmen ist somit „Grundlage für die Wettbewerbsvorteile und für überdurchschnittliche Renditen von Unternehmen“.380 Indem die unternehmensinternen Ressourcen als Voraussetzung für den dauerhaften Erfolg der Unternehmung interpretiert werden, bietet der Ressourcenansatz die Möglichkeit, konkrete Anforderungen an Erfolg versprechende Ressourcen abzuleiten. Jedoch herrscht unter den Vertretern dieses Ansatzes nicht nur über die Bezeichnung und Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes Uneinigkeit, sondern auch in Bezug auf die Unternehmenshierarchie. In die Betrachtung werden einerseits die Gesamtunternehmensebene, andererseits die Gesamtunternehmens- und die Geschäftsfeldebene einbezogen. Die Probleme der Operationalisierbarkeit bestehen ähnlich wie bei der Transaktionskostentheorie hinsichtlich der Auswahl und Aussagefähigkeit der Anforderungskriterien an erfolgpotenzialgenerierende Ressourcen. Ferner besteht die Gefahr der einseitigen Konzentration auf die unternehmensinterne Perspektive. Das Unternehmen und das Management werden als Black Box betrachtet, so dass Chancen und Risiken des Marktes zur Begründung eines Strategiewechsels nicht beachtet werden.381 Der Ressourcenansatz liefert einen Erklärungsansatz für das Outsourcing, da sowohl auf strategische Entscheidungen des Managements als auch auf die Abwicklung, die Organisation und den Erfolg des Outsourcings unter Berücksichtigung der internen Ressourcen eingegangen wird. Der Ressourcenansatz ist insbesondere geeignet, die Entscheidung für das Outsourcing in der Strategiephase zu erklären.
378 379 380 381
Vgl. Rühli (1995), S. 94. Vgl. Wernerfelt (1984), S. 171. Mellewigt (2003), S. 33; vgl. hierzu auch Dibbern/Güttler/Heinzl (2001), S. 681. Vgl. Rasche/Wolfrum (1994), S. 510 f.
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4.1.5.3 Netzwerkansatz Netzwerke beschreiben das Outsourcingphänomen als eine Kooperation zwischen autonomen, jedoch in ein Beziehungsgeflecht eingebundene Organisationen oder Unternehmungen. Die Netzwerkorganisation steht für strategische Flexibilität und stellt das Gegenmodell zu einem diversifizierten Unternehmen dar. Wichtige Vertreter dieses Ansatzes sind Parsons/Smelser (1956), Aldrich/ Whetten (1981), Kern (1990), Håkansson (1989), Sydow (1992 und 2003), Sydow/Windeler (2000) und Williamson (1990). Outsourcing wird unter dem Netzwerkgedanken als ein das Unternehmen übergreifendes Beziehungsgeflecht verstanden, welches als Sonderform der Makeor-buy-Entscheidung neben dem Fremdbezug die Einbindung von OutsourcingPartnerschaften in ein Netzwerk betrachtet.382 Die Interaktion aller Beteiligten geht auf den interorganisationalen Netzwerkansatz zurück.383 Diese Wurzeln liegen unter anderem im Ressourcenabhängigkeitsansatz und in der sozialen Austauschtheorie. Marktgerechte Aktivitäten werden durch Interaktionen von Unternehmen in einem Beziehungsgefüge stabilisiert. So entwickeln sich unbedeutende oder spontane Transaktionen zu partnerschaftlichen Beziehungen, die zu Beginn noch keine hohen Ressourcen, Investitionen oder Vertrauen erfordern. Diese kristallisieren sich erst im Laufe der Zeit heraus und können dann zu einer essenziellen, strategischen Ressource für die Organisation und somit zu einer wichtigen Outsourcingbeziehung führen.384 Die Interaktion ist das konzeptionelle Element des Netzwerkansatzes. Sie ist zugleich die Basis für die Entwicklung und Stabilität einer OutsourcingPartnerschaft. Damit ist der Netzwerkansatz auf die Partner- und Betriebsphase des Konzeptansatzes anwendbar. Die Austauschbeziehungen entstehen aufgrund von Abhängigkeiten zwischen den Einheiten im Netzwerk. Jede Aktivität steht dabei im Kontext des gesamten Beziehungsgeflechtes. Die strategischen Handlungsmöglichkeiten der Unternehmung resultieren aus der Position im Netzwerk. Die Position begründet sich auf vergangene Wahlentscheidungen über die Auslagerung von Geschäftsprozessen, Investitionen in die Partnerschaft und Interaktionen mit anderen Partnern.385 Als Fazit bildet der Netzwerkansatz eine gute Erklärungsbasis für die Evolution und Organisation von strategischen Netzwerken.386 Der Ansatz zeigt eine Perspektive für die horizontale und vertikale Zusammenarbeit zwischen Unterneh382 383 384 385 386
Vgl. Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 26. Vgl. Kern (1990). Vgl. Swoboda (2003), S. 56. Vgl. Mattsson (1987), S. 236. Vgl. Sydow (1992), S. 233.
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men auf und leitet Empfehlungen für die Abwicklung und Organisation von Outsourcingbeziehungen ab. 4.1.6 Zusammenfassung Die vorgestellten Theorien und Ansätze verfolgen verschiedene Ziele und bauen auf unterschiedlichen Annahmen auf. Da sie nicht im Zusammenhang mit dem Phänomen Outsourcing entwickelt wurden, ist es nicht überraschend, dass keine der Theorien als umfassende Erklärungsbasis für den Konzeptansatz als Ganzes herangezogen werden kann. Als anwendbar haben sich herausgestellt: • die Transaktionskostentheorie: Sie bietet vor allem Ansatzpunkte zur Erklärung, in welchem Grad Outsourcing unter welchen Bedingungen sinnvoll ist. • der Ressourcenansatz: Er bietet vor allem Ansatzpunkte zur Erklärung, welche Bedingungen die strategische Grundsatzentscheidung des Outsourcings und die Partnerwahl beeinflussen. • der Netzwerkansatz: Er bietet Ansatzpunkte zur Klärung der Frage, wie Kooperationen entstehen und welche Funktionen die Organisationen und ihre Manager haben. Damit liefert er Hinweise für die Partnerwahl und den Betrieb einer Outsourcingmaßnahme. Die folgende Übersicht fasst nochmals die Kernaussagen der behandelten Theorien und Ansätze in Abhängigkeit von ihren positiven und negativen Erklärungsaspekten hinsichtlich des Outsourcings zusammen (vgl. Tabelle 1).
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Tabelle 1 Skizzierung und Beurteilung der Kernaussagen der behandelten Theorien und Ansätze387 Theorie Neoklassische Sicht
Erklärungsansatz für Outsourcing + Grundsätzlich gute Kostenerfassung für die am Markt erstellten Leistungen sowie Ansatz einer abstrakten Betrachtung von Kosten der eigenen Wertschöpfung - keine Berücksichtigung interdependenter Faktoren, um Leistungsvergleiche transparent zu gestalten
Institutionenökonomie
+ Analyse des strategischen Marktverhaltens durch Branchenstruktur, Unternehmensanalyse und Strategietypen eines Unternehmens - eindimensionale Betrachtungsweise der marktspezifischen Gegebenheiten - keine Berücksichtigung der Umweltdynamik - einseitige Sichtweise des Outsourcings durch Industriestruktur und keine unterlassene Beachtung heterogener Verhaltensweisen verschiedener Branchen Spieltheorie + Gestaltung von Outsourcingbeziehungen und Verständnis, warum es in einer Beziehung zu Vertrauen kommt - eingeschränkter Allgemeinheitsgrad - Vernachlässigung der Beziehungs-, Macht- und Einflussfaktoren - Verhaltensannahme ist nutzenmaximierend, rational und homogen Verfügungsrechtstheorie + Minimierung externer Effekte durch weitgehende Zuweisung von Verfügungsrechten an die handelnden Akteure; Vertragsgestaltung über Verfügungsrechte - nur Berücksichtigung interner Koordinationsformen - Verhaltensanreize über Unternehmensgrenzen hinweg werden nicht beachtet - teilweise Einbettung der Verfügungsrechtstheorie in die Transaktionskostentheorie Agenturtheorie + praktische Umsetzung in der optimalen Vertragsgestaltung für Outsourcing-Partnerschaften; Berücksichtigung von monetären Anreizen und formalen Informationssystemen - kein Abgrenzungskriterium für den Bezug externer Leistungen - keine ausreichende Berücksichtigung der Steuerungs-, Informationsund Anreizsysteme - Ausblendung der sozialen Strukturiertheit durch individuelle Nutzenmaximierung zwischen dem Auftraggeber und Auftragnehmer - Prinzipal-Agenten-Beziehung, die sich durch Misstrauen auszeichnet, verursacht hohe Agenturkosten
387
In Anlehnung an Kieser/Walgenbach (2003), S. 31 ff; Schreyögg (2003), S. 27 ff und 323 ff; Kieser, A. (2002a); Picot/Reichwald/Wignand (2003), S. 38 ff; Sydow (1992), S. 224 ff; Mellewigt (2003), S. 35; Kabst (2000), S. 23, Swoboda (2003), S. 57 f; Dibbern/Güttler/Heinzl (2001), S. 678 ff.
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Theorie Transaktionskostentheorie
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Erklärungsansatz für Outsourcing + systematische Erklärung von Organisationsgrenzen und ihrer Veränderung sowie Ableitung anderer Outsourcingformen + Austauschprozesse zwischen Markt und Hierarchie werden nicht nur hinsichtlich der Transaktions- und Produktionskosten bewertet, sondern auch anhand von Variablen wie der Spezifität, Unsicherheit und Häufigkeit + Grundlage für die Entscheidung zwischen Selbsterstellung und Fremdbezug + Integration weiterer theoretischer Ansätze - einseitige Effizienzbetrachtung durch Kosten und mangelnde Operationalisierbarkeit der Transaktionskosten - eingeschränkte Verhaltensannahmen und Vernachlässigung von Machtaspekten und von Produktions- und Transaktionskosten - mangelnde Betrachtung der Effizienz von anpassungsfähigen Anreizsystemen und Koordinationsmechanismen Ressourcenabhängigkeitsansatz + Bezug und Verwaltung von kritischen Ressourcen innerhalb der Outsourcingbeziehungen + Integration des Machtaspektes und Bildung neuer Abhängigkeiten durch ein „Management der Interdependenz“ - Vernachlässigung von Effizienz und Konzentration auf Effektivität als externer Erfolgsmaßstab - mangelnde Operationalisierbarkeit des Konstruktes Ressource als Abhängigkeitsvariable Ressourcenansatz + Berücksichtigung des strategischen Managements für den Einsatz und die Verwendung interner Ressourcen zur Erklärung von Wettbewerbsvorteilen + Erklärung der Abwicklung, der Organisation und des Erfolges des Outsourcings + Integration weiterer theoretischer Ansätze - einseitige Betrachtung des Unternehmens als Black Box und nur unzureichende Berücksichtigung der Chancen und Risiken der Umwelt - fehlende Differenzierung hinsichtlich der Unternehmenshierarchie sowie mangelnde Operationalisierbarkeit des Konstruktes Ressource Netzwerkansatz + Entstehung von Outsourcingbeziehungen aus Transaktionen, die zunächst weder hohe Kosten noch gegenseitiges Vertrauen erfordern; Beziehungen werden zur wichtigen Ressource im Unternehmen und sind Basis für umfangreiche Investitionen + strategische Handlungsmöglichkeiten sind durch Positionen im Netzwerk bestimmt; Netzwerkposition ist Ausdruck vorher getroffener Wahlentscheidungen und Investitionen in die Entwicklung + Integration weiterer theoretischer Ansätze - Outsourcingbeziehungen werden nur im Gesamtgeflecht aller Netzwerkbeziehungen verstanden positive beziehungsweise negative Aspekte werden durch ‚+’ und ‚-’ angedeutet
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4.2
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Erklärung der Wirkungsbeziehungen im Konzeptansatz anhand ausgewählter Theorien
Im Folgenden werden die ausgewählten Theorien einer näheren Betrachtung unterzogen, um durch Charakteristika einheitliche Variablen abzuleiten. Diese Variablen werden mit den Zielkriterien in eine Ursache-Wirkung-Beziehung gesetzt und sind Basis für die Hypothesen, die in der empirischen Untersuchung einem Test an der sozialen Wirklichkeit unterzogen werden. 4.2.1 Erklärungsbeitrag der Transaktionskostentheorie Die Transaktionskostentheorie bietet Ansätze zur Erklärung, in welchem Grad Outsourcing unter welchen Bedingungen sinnvoll ist. Die zentrale Frage lautet, welches institutionelle Arrangement unter welcher Bedingung am effizientesten ist. In Bezug auf Outsourcing bedeutet dies konkret, welches institutionelle Arrangement zwischen dem Marktbezug einer Leistung und Eigenerstellung in der Hierarchie unter Kostengesichtspunkten vorzuziehen ist. Die Effizienz eines institutionellen Arrangements hängt gemäß der Transaktionskostentheorie von den Produktions- und Transaktionskosten ab.388 Unterschieden werden dabei ex-ante- und ex-post-Transaktionskosten.389 Ex-anteTransaktionskosten entstehen im Vorfeld des Vertragsabschlusses, die ex-postTransaktionskosten nach der vertraglichen Vereinbarung. Es handelt sich insbesondere um die Kosten der Anbahnung (Suche nach Transaktionspartnern), der Vereinbarung (Verhandlungen und Vertragsformulierung), der Kontrolle (Überwachung des Vertragsinhaltes) und der Anpassung (Kosten infolge Veränderungen während der Laufzeit).390 Williamson definiert Transaktionskosten als „comparative costs of planning, adapting, and monitoring task completion under alternative governance structures”.391 Sie fallen in allen marktlichen und hierarchischen Koordinationsformen an. Dabei trifft Williamson die Annahme, dass im Unternehmen generell höhere Transaktionskosten und am Markt höhere Produktionskosten entstünden.392
388 389 390 391 392
Vgl. Williamson (1985), S. 41. Vgl. Williamson (1985), S. 20 ff. Vgl. Schreyögg (2003), S. 72. Williamson (1981), S. 552. Vgl. Schreyögg (2003), S. 72.
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Die Höhe der Transaktionskosten hängt vor allem vom Verhalten der Akteure ab. Diese besitzen gemäß der Transaktionskostentheorie nur beschränkte Rationalität aufgrund unvollkommenen Wissens. Die damit verbundene Unsicherheit über künftige Entwicklungen schränkt die Fähigkeit zu rationalem Handeln ebenso ein wie die begrenzte Informationsverarbeitung. Übersteigt der für die Transaktion notwendige Informationsbedarf das vorhandene Wissen, herrscht begrenzte Rationalität.393 Es ist daher nur selten möglich, alle Unwägbarkeiten aus Unsicherheit und Komplexität vollständig ex-ante in eine Vertragsform zu integrieren. Daher wies Williamson (1985) darauf hin, dass „confronted with the realities of bounded rationality, the costs of planning, adapting and monitoring need expressly to be considered”.394 Weiterhin besteht das Risiko opportunistischen Verhaltens der Akteure zum eigenen Vorteil und Nachteil des Partners, also List, Täuschung oder Zurückhaltung von Informationen.395 Opportunismus erhöht die Transaktionskosten, da Verträge nur unvollständig geschlossen werden können. Die Höhe der Produktions- und Transaktionskosten ist für die Entscheidung über das Outsourcing eines Geschäftsprozesses zentral. Daher wird zuerst der Einfluss der Produktions- und Transaktionskosten auf den Grad des Outsourcings diskutiert und Hypothesen für deren Wirkungszusammenhang aufgestellt. Anschließend wird der Einfluss der Faktorspezifität (transaktionsspezifische Investition), die Unsicherheit der Transaktionsbedingungen und die Häufigkeit der Transaktion betrachtet.396 (1) Einfluss der Transaktions- und Produktionskosten auf den Grad des Outsourcings Das Ziel der Eigen- oder Fremdfertigung liegt in der Minimierung der komparativen Transaktionskosten (Planung, Anpassung und Kontrolle) und der komparativen Produktionskosten (Kosten der Leistungserstellung) der Geschäftsprozesse. Gemäß der Transaktionskostentheorie kann eine Transaktion besser im eigenen Unternehmen abgewickelt werden, solange die vergleichbaren Transaktionskosten und die vergleichbaren Produktionskosten niedriger sind als bei externem Marktbezug.397 Die Produktionskosten beziehen sich auf Kapazitätsaspekte beziehungsweise Mengeneffekte. Kann beispielsweise ein externer Anbieter Skaleneffekte realisieren und ist der Transaktionskostenvorteil für die Ver393 394 395 396 397
Vgl. Simon (1961), S. XXIV. Williamson (1985), S. 46. Vgl. Picot/Reichwald/Wignand (2003), S. 51. Vgl. Williamson (1985), S. 52 ff. Vgl. Beer (1998), S. 60.
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Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
gabe von Prozessen als hoch einzustufen, können die Kosten für das Outsourcing insgesamt minimiert werden. In diesem Fall steigt also die Wahrscheinlichkeit für eine Fremdvergabe von Leistungen. Neben den vergleichbaren Transaktionskostenvorteilen müssen nach der Theorie auch immer die Produktionskosten in die Betrachtung einbezogen werden, um insgesamt die Kosten für eine Outsourcingmaßnahme zu minimieren.398 Daher sollen die beiden folgenden Hypothesen abgeleitet werden. Je höher die komparativen Transaktionskostenvorteile für HypotheseTransKost die interne Erstellung eines Geschäftsprozesses gegenüber der externen Erstellung eines Geschäftsprozesses, desto geringer ist der Grad des Outsourcings. HypotheseProdKost Je höher die komparativen Produktionskostenvorteile für die interne Erstellung eines Geschäftsprozesses gegenüber der externen Erstellung eines Geschäftsprozesses, desto geringer ist der Grad des Outsourcings. (2) Einfluss der Faktorspezifität auf den Grad des Outsourcings Von Faktorspezifität wird bei Investitionen in bestimmten Transaktionen gesprochen.399 Die Leistungen werden für die Transaktionspartner spezifisch zugeschnitten und sind nur für spezielle Transaktionen verwendbar. Werden diese einzigartigen Leistungen ihrem Umfeld entrissen, können sie nur schwer ihr ursprüngliches Potenzial entfalten. Allgemein lassen sich die folgenden Formen transaktionsspezifischer Investitionen als materielle (Standort und Sachkapital) und immaterielle (Humankapital) Wirtschaftgüter unterscheiden:400 • Standortspezifität („site specifity“): Investitionen in ortsgebundene Anlagen, • Spezifität des Sachkapitals („physical asset specifity“): Investitionen in spezifische Maschinen und Technologien, • Spezifität des Humankapitals („human asset specifity“): Investitionen in spezifische Mitarbeiterinvestitionen. Aufgrund von Spezialisierungsvorteilen können für beide Transaktionspartner oft Produktionskostenvorteile erzielt werden.401 Werden die Transaktionen zwischen den Partnern nicht realisiert, entstehen Mehrkosten, da die in die spezifischen Transaktionen investierten Mittel überhaupt nicht oder nur mit erhebli398 399 400 401
Vgl. Dibbern (2004), S. 52 f; Dibbern/Güttler/Heinzl (2001), S. 683. Vgl. Williamson (1985), S. 53. Vgl. Williamson (1990), S. 142. Vgl. Kieser/Walgenbach (2003), S. 52.
Erklärung der Wirkungsbeziehungen im Konzeptansatz anhand ausgewählter Theorien
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chen Verlusten in anderen Transaktionen verwendet werden können. Je spezifischer die Leistungen, umso beschränkter ist der Verwendungsbereich der materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter. Unspezifische Ressourcen, wie zum Beispiel die Standardroutinen einer Gehaltsabrechnung im Personalwesen oder Standardsoftware in der Informationstechnologie, sind daher nach Beendigung einer Geschäftsbeziehung ohne Einschränkung verwendbar.402 Die Differenz zwischen dem Wert der Investition in einer gegebenen Transaktionsbeziehung und den Opportunitätskosten wird als „Quasirente“ bezeichnet.403 Bei steigender Spezifität nimmt die Abhängigkeit der Partner zu. Auf der einen Seite sinkt bei langfristiger Bindung der Konkurrenzdruck; auf der anderen Seite besteht aber auch der Anreiz, die Austauschbeziehung opportunistisch zum eigenen Vorteil auszunutzen, um sich die Quasirente selbst anzueignen. Denn der Transaktionspartner wird den Preis für seine Leistung so lange senken, bis der Erlös für eine alternative Verwendung dieser Transaktion höher ist.404 Damit entsteht Bedarf für Nachverhandlungen, um die eigene Position zu verbessern, was zu Anpassungskosten, also ex-post-Transaktionskosten führt. Aber auch die vorsorgliche Unterbindung opportunistischen Verhaltens würde ex-ante-Transaktionskosten verursachen. Spezifische Investitionen erhöhen also die Transaktionskosten. Umgekehrt reduziert die Vermeidung von spezifischen Investitionen die Transaktionskosten. Denn die Bindungsintensität ist geringer, da die Austauschbeziehung durch die Konkurrenz von Anbietern und Nachfragern am Markt vollzogen werden kann.405 Bruch (1998) postulierte hierzu, dass mit wachsender Spezifität die Tendenz zur Eigenerstellung gefördert werde.406 Dibbern/Heinzl (2001) argumentierten in ähnlicher Weise, nur schränkten sie die Faktorspezifität auf die Humanressourcen der Informationstechnologie ein.407 Dieser Einschränkung soll hier gefolgt werden. Im Zuge der allgemeinen Globalisierung kann die Standortspezifität vernachlässigt werden. Zudem kann durch Erbringung einer Dienstleistung auf die Spezifität des Sachkapitals verzichtet werden.408 Transaktionsspezifische Investitionen bilden also eine weitere Variable für das Outsourcing. Dabei ist für die strategische Entscheidung über die Vergabe von Leistungen maßgeblich, inwieweit insbesondere die immateriellen Wirtschafts402 403 404 405 406 407 408
Picot/Reichwald/Wignand (2003), S. 50. Vgl. Marshall (1964), S. 63. Schreyögg (2003), S. 73. Vgl. Kieser (2002a), S. 229; Ruoff (2001), S. 94; Picot/Dietl/Franck (2002), S. 67 f. Vgl. Bruch (1998), S. 47. Vgl. Dibbern/Heinzl (2001), S. 341. Vgl. Dibbern/Güttler/Heinzl (2001), S. 683.
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Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
güter innerhalb oder außerhalb der Unternehmung einen Mehrwert generieren. Als transaktionsspezifische Investitionen werden für diesen Zusammenhang insbesondere die Fähigkeiten der Mitarbeiter verstanden. HypotheseFaktSpez Je höher die Faktorspezifität von Geschäftsprozessen, desto geringer ist der Grad des Outsourcings. Dillmann (1996) betonte, dass die Spezifität von Leistungen analog zum Grad der Standardisierung von Geschäftsprozessen sei. Routineaufgaben mit klar definierten Leistungen und Ergebnissen könnten ohne negative Auswirkungen auf den Wettbewerbsvorteil an Dritte vergeben werden. Dadurch ergäben sich für die Auslagerung von Geschäftsprozessen Vorteile für die Strukturgestaltung. Mengeneffekte, eine Entlastung des Managements sowie eine vereinfachte Überwachung von Leistungen seien nur wenige Beispiele.409 Die hohe Spezifität begründe folglich einen hohen Grad der Standardisierung.410 Demnach ermittelte Dillmann die Spezifitätsformen des Standortes sowie des Sach- und Humankapitals durch die Ausprägung des Standardisierungsgrads. Da jedoch für diese Arbeit die von Dittrich/Braun (2004) und Osterloh/Frost (2003) erörterten Vorteile der Standardisierung von größerer Relevanz sind, soll dieser von Dillmann unterstellte Aspekt der Spezifitätsformen nicht weiter untersucht werden. Setzt man also den Grad der Standardisierung in Beziehung zur Strukturkomplexität einer Outsourcingmaßnahme, kann man bei hoher Standardisierung von einer geringeren Strukturkomplexität ausgehen.411 Daraus resultierend soll die folgende Hypothese formuliert werden. Je höher der Grad der Standardisierung der GeschäftsHypotheseStandard prozesse, desto niedriger ist das Ausmaß der Strukturkomplexität. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass insgesamt bei steigender Faktorspezifität die Höhe der Transaktionskosten steigt, während die Produktionskosten pro Transaktion tendenziell sinken.
409 410 411
Vgl. hierzu auch Kapitel 3.2.3.3 Standardisierung der Geschäftsprozesse. Vgl. Dillmann (1996), S. 68 f. Vgl. Dittrich/Braun (2004), S. 111-119.
Erklärung der Wirkungsbeziehungen im Konzeptansatz anhand ausgewählter Theorien
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(3) Einfluss der Unsicherheit auf den Grad des Outsourcings und die Strukturkomplexität Die Unsicherheit der Transaktionsbedingungen wird von Williamson in zwei Typen unterschieden:412 die Verhaltens- und die Umweltunsicherheit. Die Verhaltensunsicherheit der Beteiligten resultiert aus der begrenzten Rationalität und dem Opportunismus der Marktteilnehmer. Zum Zeitpunkt der Vertragsgestaltung herrscht ein Informationsdefizit bezüglich der Änderung der Umwelt vor. Beispielsweise müssen die Geschäftsprozesse durch den technologischen Wandel oder durch Innovation den Gegebenheiten angepasst werden.413 Der Versuch, zumindest Teilaspekte der Umweltunsicherheit vertraglich zu berücksichtigen, erhöht die Kosten. Diese steigen umso höher, je höher die Informationsdefizite sind. Wenn nicht alle Eventualitäten im Vertrag berücksichtigt werden können, dann werden Vertragsanpassungen und Neuverhandlungen erforderlich. Mit wachsender Umweltunsicherheit werden somit ex-ante anfallende Informations-, Verhandlungs-, Konflikt- und Vertragskosten erforderlich. Williamson unterstellt zudem den Partnern Opportunismus, der sich in List oder Täuschung durch Ausnutzung eigener Vorteile gegenüber dem Partner niederschlage.414 Die Verhaltensunsicherheiten lassen sich hinsichtlich des Transaktionspartners danach differenzieren, ob und wie er seine „Verpflichtungen erfüllen kann (adverse selection), ob er sie erfüllen wird (moral hazard und hold up) und ob er sie erfüllt hat (Unsicherheit aufgrund von Meß- oder Zurechnungsproblemen)“.415 Dies bedeutet, dass die Verträge zwischen den Partnern und die zukünftigen Anforderungen an Geschäftsprozesse nur unvollständig spezifiziert werden können. Die Unsicherheit, die aus dem Opportunismus der Partner und der Unwägbarkeit der Umwelt entsteht, beeinflusst den Grad des Outsourcings. Beer (1998), Dillmann (1996) und Bruch (1998) kamen in ihren empirischen Untersuchungen zu ähnlichen Schlussfolgerungen, nämlich: Die wachsende Unsicherheit mache die Erstellung von Leistungen im Unternehmen eher wahrscheinlich.416 Neben dem Einfluss auf die strategische Entscheidung kann man die Verhaltens- und Umweltunsicherheit auch auf die Strukturkomplexität beziehen. Geht man also davon aus, dass bei steigender Unsicherheit der Grad des Outsourcings sinkt, so wird auch das Ausmaß der Strukturkomplexität steigen.
412 413 414 415 416
Vgl. Williamson (1985), S. 57 ff. Vgl. Dibbern/Heinzl (2001), S. 341. Vgl. Bruch (1998), S. 154; Dibbern/Güttler/Heinzl (2001), S. 682. Kieser/Walgenbach (2003), S. 53. Vgl. Beer (1998), S. 172-175; Bruch (1998), S. 44-50; Dillmann (1996), S. 72-76.
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Demnach werden in Anlehnung an Dibbern/Güttler/Heinzl (2001) die folgenden Hypothesen für das Outsourcing von Geschäftsprozessen formuliert.417 HypotheseUnsicherheit1 Je größer die Verhaltens- und Umweltunsicherheit gegenüber dem Partner, desto geringer ist der Grad des Outsourcings. HypotheseUnsicherheit2 Je größer die Verhaltens- und Umweltunsicherheit in der Erstellung der Geschäftsprozesse, desto höher ist die Strukturkomplexität. Je höher die Verhaltens- und Umweltunsicherheit, desto höher sind die Transaktionskosten. Ist eine Transaktion jedoch nur wenig spezifisch, beeinflussen die Unsicherheit und der Opportunismus die Transaktionskosten kaum, da die Leistung relativ einfach vom Markt bezogen werden kann. Auf die Produktionskosten hat die Unsicherheit keinen unmittelbaren Einfluss.418 (4) Einfluss der Häufigkeit auf das Ausmaß der Strukturkomplexität Die Häufigkeit von Transaktionen ist die dritte Variable, die die Produktionsund Transaktionskosten beeinflusst. Bei einer großen Anzahl ähnlicher oder gleicher Transaktionen können wie in der neoklassischen Kostentheorie Skalenund Lerneffekte sowie Economies of Scale wirksam werden und zu einer Senkung der Durchschnittskosten pro Transaktion führen. Durch Erfahrungen der beteiligten Mitarbeiter oder aus Vertrauensverhältnissen zwischen den Akteuren unterbleiben kostentreibende Absicherungsmechanismen. Zudem wird das opportunistische Verhalten begrenzt. Die häufige Vergabe von Geschäftsprozessen macht also die Strukturgestaltung einfacher. Daher wird die folgende Hypothese zur Beeinflussung der Strukturkomplexität aufgestellt. HypotheseHäufig Je häufiger Geschäftsprozesse ausgelagert werden, desto niedriger ist das Ausmaß der Strukturkomplexität. Insgesamt kann auch davon ausgegangen werden, dass die zunehmende Häufigkeit der Auslagerung von Geschäftsprozessen die Produktions- und Transaktionskosten pro Transaktion senkt.419 Im Vergleich zu den Variablen Faktorspezifität und Unsicherheit ist der Einfluss der Häufigkeit auf die Transaktionskosten allerdings geringer. Erst in Kombination mit den beiden anderen Variablen wirkt
417 418 419
Vgl. Dibbern/Güttler/Heinzl (2001), S. 685. Vgl. Kieser (2002a), S. 230. Vgl. Schreyögg (2003), S. 52; Picot/Reichwald/Wignand (2003), S. 52.
Erklärung der Wirkungsbeziehungen im Konzeptansatz anhand ausgewählter Theorien
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die Häufigkeit verstärkend in Richtung einer unternehmensinternen Koordination.420 Zusammenfassend zeigt Abbildung 13 die folgenden Ursache-WirkungBeziehungen, die mit der Transaktionskostentheorie erklärt werden können. Hierzu wurden der Einfluss der Variablen aus den Transaktionskosten, den Produktionskosten, der Spezifität, der Unsicherheit und der Häufigkeit die folgenden Kausalzusammenhänge aufgestellt. Verhaltensunsicherheit 1
Erweiterungs-/ Entlastungsstrategie
Umweltunsicherheit 1
Grad der Standardisierung
Faktorspezifität
Häufigkeit
Transaktionskostenvorteile
Verhaltensunsicherheit 2
Produktionskostenvorteile
Umweltunsicherheit 2
Grad des Outsourcings
Strategie
Grad der Partnerzufriedenheit
Ausmaß der Strukturkomplexität
Ausmaß der Steuerung und Kontrolle
Partner
Struktur
Betrieb
Abbildung 13 Hypothesen, abgeleitet aus der Transaktionskostentheorie421
4.2.2 Erklärungsbeitrag des Ressourcenansatzes Der Ressourcenansatz bietet Ansatzpunkte zur Erklärung, warum sich Unternehmen unterscheiden. Diese Frage steht im engen Zusammenhang mit der strategischen Grundsatzentscheidung des Outsourcings und der Partnerwahl, denn hier gilt es zu klären, ob eine Leistung durch ein fremdes Unternehmen oder durch Kooperation mit diesem besser und effizienter erbracht werden kann als durch das eigene Unternehmen alleine und welches fremde Unternehmen speziell für eine Fremdvergabe oder Kooperation geeignet ist. 420 421
Vgl. Williamson (1985), S. 69. Eigene Darstellung.
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Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Die Unterschiede zwischen den Unternehmen ergeben sich nach dem Ressourcenansatz aus den jeweils spezifischen Ressourcen und Fähigkeiten. Unternehmen werden als ein Bündel von einzigartigen Ressourcen angesehen. Diese werden in vier Gruppen differenziert: physische, finanzielle, intangible und organisatorische Ressourcen.422 Zu den physischen Ressourcen zählen die verfügbaren Anlagen oder Ausstattungen, die geographische Lage von Unternehmen sowie Möglichkeiten des Zugangs zu Rohstoffen. Die physischen Ressourcen sind kapitalmäßig begrenzt vorhanden und flexibel.423 Die finanziellen Ressourcen werden nach der Mittelherkunft unterschieden und in interne Mittel und externe Fonds unterschieden. Interne Mittel bedeuten eine freie Liquidität sowie nicht ausgenutzte Fremdkapazität. Externe Fonds fassen Einlagenfonds und Risikokapital zusammen. Diese Art der Ressourcen ist ebenfalls begrenzt verfügbar und in ihrer Einsetzbarkeit sehr flexibel.424 Zu den intangiblen Ressourcen zählen die Vermögenswerte und Fähigkeiten. Die Vermögenswerte sind beispielsweise Patente, Verträge, Geschäftsgeheimnisse, Datenbanken und der Firmenruf. Als Fähigkeiten, auch menschliche Ressourcen genannt, gelten die Erfahrung, das Know-how, die Ausbildung, die Intelligenz, die Unternehmenskultur sowie die spezifischen Kenntnisse der Mitarbeiter in der Unternehmung.425 Als letzte Ressourcenart sind die organisatorischen Ressourcen zu nennen, die im Wesentlichen aus Managementsystemen wie Planungs-, Kontroll-, Informations- und Personalführungssystem bestehen. Ferner werden hierunter Beziehungen zwischen Gruppen oder Netzwerken gefasst.426 In Anlehnung an Mellewigt (2003) können die Ressourcen weiter in eigentums- und in wissensbasierte Ressourcen zusammengefasst werden. Die eigentumsbasierten Ressourcen sind die greifbaren Ressourcen; hierzu zählen die oben aufgeführten physischen, finanziellen Ressourcen und die Vermögenswerte. Als wissensbasierte Ressourcen sind die Fähigkeiten der Mitarbeiter sowie die organisatorischen Ressourcen zu nennen. Die Existenz dieser Ressourcen ermöglicht es nach dem Ressourcenansatz, Wettbewerbsstrategien abzuleiten, um überdurchschnittlichen und dauerhaften Erfolg zu erlangen. Die Vertreter dieses Ansatzes treten somit dem „structureconduct-performance“-Paradigma (marktorientierten Ansatz) gegenüber und argumentieren mit dem „resource-conduct-performance“-Paradigma.427 Die
422 423 424 425 426 427
Vgl. Wernerfelt (1984), S. 171 ff; Barney (1991), S. 105 ff. Vgl. Barney (1991), S. 105 ff. Vgl. Bamberger/Wrona (1996), S. 6. Vgl. Dibbern/Güttler/Heinzl (2001), S. 686. Vgl. Barney (1991), S. 105 ff. Vgl. Mellewigt (2003), S. 53.
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Strategie des marktorientierten Ansatzes möchte attraktive Branchen mit möglichst großer Marktunvollkommenheit herauskristallisieren, um den Absatzmarkt zu vergrößern (Monopolrente). Hingegen bemängelt der Ressourcenansatz, dass die Marktunvollkommenheit keinen langfristigen Schutz vor Konkurrenten biete, da langfristig alle Unternehmen auf die Faktoren Arbeit, Boden und Kapital zurückgreifen könnten, so dass die monopolartige Stellung angreifbar sei.428 Eine vorteilhafte Wettbewerbsposition und nachhaltige, überdurchschnittliche Gewinne ergeben sich nach dem Ressourcenansatz durch Aufbau von Ressourcenpotenzialen,429 und zwar gemäß Prahalad/Hamel (1990) vor allem durch Bündelung der Kernkompetenzen („Core Competences of the Corporation“430). Das sind spezifische und schwer imitierbare Ressourcen, die in einmaliger Kombination mit organisatorischen Ressourcen entscheidende Wettbewerbsvorteile begründen.431 Die strategisch relevanten Ressourcen müssen optimal genutzt werden, um Erfolgspotenziale zu generieren. Wie der Literatur zu entnehmen ist, sind vier Kriterien für die Bildung der Erfolgspotenziale Voraussetzung und begründen einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil, den die Konkurrenz nur schwer kompensieren kann. Die Voraussetzungen sind, dass die Ressourcen432 • knapp sind und nicht allen Unternehmen zur Verfügung stehen, • schwer imitierbar sind, das heißt, dass eine Ressource vor Imitationsoder Kopierversuchen anderer Unternehmen geschützt ist, • schwer substituierbar sind, so dass es keine ähnlichen Ressourcen gibt, welche die gleichen Leistungen erbringen, und • transferierbar auf innovative Produkte und Märkte sind. Angewendet auf das Vier-Phasen-Modell des Outsourcings, kann der Ressourcenansatz erklären, welche Variablen den Grad des Outsourcings, die Wahl der Outsourcingstrategie und die Wahl der Partner beeinflussen. In der Perspektive des Ressourcenansatzes sind die Variablen jeweils Bündel von Ressourcen. Nach dem in Kapitel 3 dargestellten Vier-Phasen-Modell hängen die strategische Grundsatzentscheidung und die Wahl der Strategie von den mit dem Outsourcing verfolgten Zielen ab. Die Vielzahl möglicher Strategien lässt sich, wie dargestellt, zwei Grundmotiven zuordnen: der Erweiterung, bei der externe Res428 429 430 431 432
Vgl. Osterloh/Frost (2003), S. 166. Vgl. Rühli (1994), S. 94. Prahalad/Hamel (1990). Vgl. Schreyögg (2003), S. 364 f. Vgl. hierzu Barney (1991), S. 105 ff; Peteraf (1993), S. 1 ff; Osterloh/Frost (2003), S. 172; Mellewigt (2003), S. 66 ff; Hellinger (1999), S. 21 ff.
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Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
sourcen genutzt werden, andere Kernkompetenzen entwickelt und strategische Wertschöpfungspartnerschaften generiert werden, und der Entlastung, die sich auf die Kostenreduktion und Risikoverlagerung konzentriert. Hendrix/ Abendroth/Wachtler (2003) argumentieren, dass die Wahl der Outsourcingstrategie insbesondere von drei Motivkonstellationen abhänge: der Konzentration auf die Kernkompetenzen, dem Kostenabbau und der Risikominimierung.433 (1) Einfluss der Kernkompetenzen auf den Grad des Outsourcings Nach Prahalad/Hamel (1990) erfolgen durch die Identifizierung der Kernkompetenzen eine Anpassung an externe Branchen- und Marktbedingungen und eine sinnvolle Verwendung interner Ressourcen, die zum Erfolg eines Unternehmens beitragen.434 Dieser Sachverhalt kann mit der strategischen Bedeutung der einzusetzenden Ressourcen erklärt werden. Dibbern/Güttler/Heinzl (2001) argumentierten, dass durch die Auslagerung der Informationsverarbeitung Ressourcen und Fähigkeiten verbunden seien, die für die Unternehmung nur eine geringe strategische Bedeutung haben.435 Diese Ressourcen und Fähigkeiten werden meist in einem neuen Umfeld zusammengeführt. Der Ausbau von Kernkompetenzen und spezifischen Fähigkeiten unterbleibt, und die Wettbewerbsvorteile können nur bedingt ausgebaut werden.436 Insbesondere werden Leistungen ausgelagert, deren strategischer Einfluss nur eine geringe Bedeutung hat.437 Diesen Aspekt bestätigte auch Beer (1998), indem er durch qualitative Interviews belegte, dass die Identifikation von Kernkompetenzen zur Erschließung neuer Geschäftsfelder durch das Outsourcing nicht im Vordergrund stehe.438 Zudem wurde festgestellt, dass sich Großunternehmen eher von Geschäftsprozessen dritten Grads trennen als von strategisch bedeutsamen Leistungen.439 Daher soll die folgende Hypothese überprüft werden, ob bei einer höheren strategischen Bedeutung der Grad des Outsourcings geringer ist. HypotheseStratBed1 Je höher die strategische Bedeutung der einzusetzenden Ressourcen für die Geschäftsprozesse, desto geringer ist der Grad des Outsourcings.
433
434 435 436 437 438 439
Vgl. Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 27; vgl. hierzu auch Wullenkord/Kiefer/Sure (2004), S. 16-26. Vgl. Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 27. Vgl. Dibbern/Güttler/Heinzl (2001), S. 688. Vgl. Dibbern/Heinzl (2001), S. 342. Vgl. Dibbern/Heinzl/Leibbrandt (2003), S. 537. Vgl. Beer (1998), S. 180. Vgl. Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 75.
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(2) Einfluss der Kernkompetenzen auf die Strategiewahl Dennoch sind einige Unternehmen der Auffassung, der Trend gehe dazu über, auch strategische Geschäftsprozesse auszulagern.440 Diese Annahme belegte Bruch (1998) in ihrer Studie anhand von qualitativen Interviews. Sie konnte in der Studie feststellen, dass Firmen schon seit Jahren immer intensiver dazu übergehen, auch kernnahe Geschäftsprozesse aus dem Unternehmen auszulagern. Die Motive der Unternehmung sind die Nutzung externer Ressourcen, die Entwicklung anderer Kernkompetenzen, die Qualitätssteigerung, die Steigerung der Innovationsfähigkeit und die Nutzung neuer strategischer Wertschöpfungspartnerschaften.441 Da diese Motive mit der von Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003) aufgestellten Erweiterungsstrategie übereinstimmen, kann aus den Ausführungen geschlossen werden, dass durch eine höhere strategische Bedeutung der einzusetzenden Ressourcen ein Unternehmen eine Erweiterungsstrategie verfolgt. Zudem wurde oben dargelegt, dass die Motivkonstellationen Kostenabbau und Risikominimierung gemäß Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003) einen Einfluss auf den täglichen Geschäftsbetrieb ausüben.442 Deshalb wird der Einfluss der operativen Bedeutung auf die Entlastungsstrategie gemessen. Aus diesen Gründen werden die folgenden Hypothesen formuliert. HypotheseStratBed2 Je höher die strategische Bedeutung der einzusetzenden Ressourcen für die Geschäftsprozesse, desto eher wählt das Unternehmen die Erweiterungsstrategie. HypotheseOperBed Je höher die operative Bedeutung der einzusetzenden Ressourcen für die Geschäftsprozesse, desto eher wählt das Unternehmen die Entlastungsstrategie. (3) Einfluss der wissens- und eigentumsbasierten Ressourcen auf die Strategiewahl Die unternehmenseigenen Ressourcen sind nach dem Ressourcenansatz die Grundlage für das Erreichen der Wettbewerbsvorteile. Die Ressourcen werden in eigentums- und in wissensbasierte Ressourcen differenziert. Zu den eigentumsbasierten Ressourcen zählen die physischen und die finanziellen Ressourcen. Diese stellen einen Vermögenswert der Unternehmen dar. Die wissensbasierten Kompetenzen beruhen auf den Fähigkeiten der Mitarbeiter und werden erst durch einen jahrelangen Know-how-Austausch im Unternehmen erlernt. Sie begründen die organisationalen Fähigkeiten der Unternehmen und sind für Au440
441 442
Vgl. Wullenkord/Kiefer/Sure (2004), S. 12-34; Bruch (1998), S. 66 f; Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S 54. Vgl. Bruch (1998), S. 61-72. Vgl. hierzu auch Kapitel 3.2.1 Strategiephase.
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ßenstehende nur schwer zu imitieren.443 Erfüllen die Ressourcen die Kriterien der Knappheit, Unnachahmbarkeit und der Nichtsubstituierbarkeit, dann stellen sie einen unternehmensspezifischen Wert dar.444 Dadurch begründen die Ressourcen einen Wettbewerbsvorteil. Die Unterscheidung in wissens- und in eigentumsbasierte Ressourcen kann mit der von Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003) begründeten Erweiterungs- und Entlastungsstrategie verknüpft werden. Wie dargelegt, implizieren beide Strategien unterschiedliche Ziele: Fügt man nach Osterloh/Frost (2003) als Beispiele für eigentumsbasierte Ressourcen die maschinelle Auslastung oder die Personalausstattung an, können durch die Auslagerung von Geschäftprozessen insbesondere Ziele der Entlastung von Kosten und Risiken vermutet werden.445 Werden durch das Outsourcing individuelles Expertenwissen, eine Steigerung der Innovationsfähigkeit, Qualitätssteigerung oder spezifische Fähigkeiten verlangt, liegt eine Verbindung zur Erweiterung der Ressourcen nahe. Aus diesen Überlegungen sollen die folgenden Zusammenhänge in den Hypothesen formuliert werden. HypotheseWissRes Je mehr wissensbasierte Ressourcen das auslagernde Unternehmen in das Outsourcing von Geschäftsprozessen einsetzt, desto eher wählt das Unternehmen die Erweiterungsstrategie. HypotheseEigenRes Je mehr eigentumsbasierte Ressourcen das auslagernde Unternehmen in das Outsourcing von Geschäftsprozessen einsetzt, desto eher wählt das Unternehmen die Entlastungsstrategie. (4) Einfluss eigentums- und wissensbasierter Ressourcen auf die Partnerzufriedenheit Nach dem Ressourcenansatz wird argumentiert, dass das Unternehmen aus eigener Kraft in der Lage sei, die Ressourcen für die Leistungserstellung zu erbringen, um am Markt vorteilhafte Wettbewerbspotenziale zu generieren. Dabei wird unterstellt, dass der Markt nicht in der Lage sei, die spezifischen Fähigkeiten des eigenen Unternehmens zu kopieren, wohl aber selbst nicht imitierbare Fähigkeiten entwickeln könne. Diese Fähigkeiten könnten als ergänzende Ressourcen genutzt werden. Folglich wird der Markt für ein Unternehmen genau dann attraktiv, wenn die Ressourcen für die Leistungserstellung der Geschäftsprozesse nicht mehr ausreichen. Das Unternehmen versucht dann, durch Res-
443 444 445
Vgl. Dibbern/Güttler/Heinzl (2001), S. 687. Vgl. hierzu Barney (1991), S. 105 ff; Osterloh/Frost (2003), S. 172. Vgl. Osterloh/Frost (2003), S. 174.
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sourcenvorteile des Outsourcingpartners Defizite im Unternehmen zu kompensieren.446 Die Bewertung der Stärken und Schwächen des eigenen Unternehmens führt zu Entscheidungen, die spezifischen Ressourcen anderer Unternehmen zum eigenen Vorteil auszunutzen. Diejenigen Ressourcen, bei denen das eigene Unternehmen ein Defizit aufweist, werden beim Partner bezogen. Goles (2003) konnte bestätigen, dass ergänzende Fähigkeiten der Dienstleister zu einer höheren Zufriedenheit der Unternehmen mit dem Partner führten. Diese Annahme soll hier überprüft werden. Ferner kann davon ausgegangen werden, dass die Verwendung von Partnerressourcen, die im eigenen Unternehmen knapp sind, zu einem höheren Grad der Zufriedenheit mit dem Partner führt.447 Dibbern/Heinzl (2001) führen den Aspekt der Ressourcen- und Fähigkeitsdefizite zwar auf die strategische Entscheidung zurück, dieser Gedanke erscheint jedoch als beeinflussende Variable der Partnerzufriedenheit eher geeignet.448 Es soll daher neben den Fähigkeiten der Anbieter auch ein positiver Zusammenhang zwischen den Ressourcenvorteilen und dem Grad der Zufriedenheit mit dem Partner vermutet werden. HypotheseFähigAnb Je besser die Fähigkeiten der Dienstleister in der Erstellung eines Geschäftsprozesses, desto höher ist der Grad der Zufriedenheit mit dem Partner. HypotheseResVort Je mehr Ressourcenvorteile das auslagernde Unternehmen durch die externe Erstellung eines Geschäftsprozesses erzielt, desto höher ist der Grad der Zufriedenheit mit dem Partner. Zusammenfassend zeigt Abbildung 14 die Kausalzusammenhänge, die sich aus dem Ressourcenansatz ergeben. Hierzu wurde der Einfluss der Variablen aus den Kernkompetenzen und den wissens- und eigentumsbasierten Ressourcen dargelegt (vgl. Abbildung 14).
446 447
448
Vgl. Dibbern/Heinzl (2001), S. 342; vgl. hierzu auch Langlois (1995), S. 92 ff. Vgl. Goles (2003), S. 204; siehe hierzu auch Dibbern/Güttler/Heinzl (2001), S. 689, und Mellewigt (2003), S. 127. Vgl. Dibbern/Heinzl (2001), S. 342.
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Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Strategische Bedeutung 2
Operative Bedeutung
Wissensbasierte Ressourcen Eigentumsbasierte Ressourcen
Erweiterungs-/ Entlastungsstrategie
Fähigkeiten der Anbieter
Strategische Bedeutung 1
Ressourcenvorteile
Grad des Outsourcings
Grad der Partnerzufriedenheit
Ausmaß der Strukturkomplexität
Ausmaß der Steuerung und Kontrolle
Partner
Struktur
Betrieb
Strategie
Abbildung 14 Hypothesen, abgeleitet aus dem Ressourcenansatz449
4.2.3 Erklärungsbeitrag des Netzwerkansatzes Die Transaktionskostentheorie und der Ressourcenansatz stützen ihre Argumente auf Basis einer einzelnen operierenden Unternehmung. Die Überwindung dieser Sichtweise ist Ziel des Netzwerkansatzes, um Unternehmen aus dem Blickwinkel „strategischer Gruppen“ oder „sozialer Netzwerke“450 zu betrachten. Die einzelne Unternehmung steht somit nicht mehr im Fokus, sondern wird als Teil strategischer Kollektive gesehen.451 Der Netzwerkansatz bietet Ansatzpunkte zur Klärung der Frage, wie Kooperationen entstehen und welche Funktionen die Organisationen und ihre Manager haben. Netzwerke werden als eine Gestaltung von Organisationsgrenzen aufgefasst und als eine Möglichkeit wahrgenommen, die Form zwischenbetrieblicher Kooperationen zu optimieren.452 Mit dieser Auffassung kann der Netzwerkansatz erklären, wie Kooperationen zwischen Hierarchie und Markt im Zusammenhang mit Outsourcing zu gestalten sind. Nach Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003) geht es bei der wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Thema Outsourcing in Zukunft weniger um die Auslagerung einzelner Unternehmensbereiche, sondern eher um die Organisationsgren449 450 451 452
Eigene Darstellung. Schreyögg (2003), S. 389. Vgl. Duschek/Ortmann/Sydow (2001), S. 191 ff. Vgl. Semlinger (2001), S. 42 f.
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zen insgesamt.453 Exemplarisch seien hier Picot/Reichwald/Wigand (2003) „Die grenzenlose Unternehmung“, Drumm (1996) „Das Paradigma der neuen Dezentralisation“ und Duschek/Ortmann/Sydow (2001) „Grenzmanagement in Unternehmungsnetzwerken“ genannt. Gemäß diesen Veröffentlichungen bilden Lösungen wie Outsourcing, Kooperation, Business Process Reengineering und Lean Management nur Ansätze einer Reorganisation infolge veränderter Umweltbedingungen. Outsourcing kann insofern auch als eine „Strategie der Bewältigung von Unsicherheit durch die Grenzen überschreitende Verlagerung von Risiken“454 verstanden werden. Sydow (1992) sieht in diesem Zusammenhang die Externalisierung von Funktionen durch netzwerkartige Koordinationsmechanismen, so dass ein interorganisationales Netzwerk oder eine QuasiExternalisierung entstehe.455 Die klassischen Unternehmensgrenzen, die über administrative Regelungen, Eigentum an Produktionsmitteln, Zugehörigkeit von Mitarbeitern sowie über die Unternehmenshierarchie definiert sind, brechen auf in Richtung symbiotische Verbindung und interorganisationale Beziehung mit externen Partnern.456 Es zeigt sich, dass Hierarchien in weiten Bereichen vertraglich durch Unternehmenskooperationen, wie strategische Allianzen, Wertschöpfungspartnerschaften oder Joint Ventures ersetzt werden und Unternehmensgrenzen somit verschwinden.457 Durch strategische Neuorientierung werden Kompetenzen unterschiedlicher Unternehmerorganisationen geteilt und gebündelt. Die Vertragsbeziehungen, häufig in Form von strategischen Kooperationen, werden dabei als spezifische Organisationsform von Netzwerken angeführt. Das Unternehmen wird als ein System von Kernkompetenzen und strategischen Allianzen aufgefasst. Die Kontrolle der internen Aktivitäten wird dabei zunehmend ergänzt durch die notwendige Beherrschung der Außenbeziehung. Der Innenbereich, also die Verfügungsrechte über die ursprünglichen Ressourcen eines Unternehmens, wird dabei immer kleiner, während sich der Außenbereich durch vertragliche Beziehungen ausweitet.458 Eine Unternehmung lässt sich heute als ein offenes soziales System betrachten; sie ist durch ein vielfältiges Beziehungsnetz zu anderen Unternehmen geprägt.459 453 454 455 456 457 458
459
Vgl. Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 25. Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 25 f. Vgl. Sydow (1992), S. 136 f. Vgl. Klein (1995), S. 324; Kern (1990). Vgl. Sydow (1992), S. 62. Vgl. Sydow (1992), S. 62; vgl. hierzu auch Picot/Reichwald/Wigand (2003), S. 289; Bellmann/Hippe (1996), S. 59; Mellewigt (2003), S. 8 ff. Vgl. Klein (1995), S. 324.
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Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Der Netzwerkansatz begreift interorganisationale Unternehmensnetzwerke als eine „diskrete, gleichwohl hybride Organisationsform ökonomischer Aktivitäten“.460 Ein Unternehmungsnetzwerk ist eine auf die „Realisierung von Wettbewerbsvorteilen zielende Organisationsform“, die sich durch „komplex-reziproke, eher kooperative denn kompetitive und relativ stabile Beziehungen zwischen rechtlich selbständigen, wirtschaftlich jedoch zumeist abhängigen Unternehmungen auszeichnet“.461 Der Begriff Netzwerk ist noch nicht einheitlich definiert. Eine Definition kann nur induktiv gewonnen werden beziehungsweise auf theoretischen Ansätzen aufbauen.462 Die Netzwerkbegriffe haben dennoch Gemeinsamkeiten in den Merkmalen: ein gewisses Maß an Spontanität und Informalität, ein hohes Maß an Kommunikation und Flexibilität sowie ein Minimum an zentraler Koordination der weitgehend autonomen Netzwerkmitglieder.463 Typisch ist also ein komplexes und kooperatives Handeln zwischen rechtlich und wirtschaftlich selbstständigen Unternehmen.464 Ökonomische Handlungen werden in ein institutionelles, soziales und normativ-kulturelles Umfeld eingebettet. Dabei werden Faktoren wie Macht, Vertrauen und Kontrolle berücksichtigt, die vertraglich nur bedingt geregelt werden können. Ein strategisches Netzwerk sucht daher nach passenden Mechanismen und Anreizen, um langfristig gemeinschaftliches Handeln zu ermöglichen. Es kann erst dann funktionieren, wenn eine effektive Kombination von Autonomie und Interdependenz erfolgt. Derartige strategische Netzwerke haben unterschiedliche Konfigurationen, die ihre Anpassungsfähigkeit sicherstellen sollen.465 Parsons und Smelser entwickelten bereits 1956 ein Schema zur Konfiguration von Netzwerkdimensionen.466 Darin werden anhand von Netzwerkfunktionen Netzwerkdimensionen (Transaktionsbeziehung, Koordinationsmechanismus, soziale Dimension, normativkulturelle Dimension) charakterisiert und abgeleitet (vgl. Tabelle 2). Die Netzwerkfunktionen umfassen: • Grenzziehung: Anpassung und Aufrechterhaltung der Grenzen, • Zielerreichung: Setzen und Durchsetzen von Zielen,
460
461 462 463 464 465 466
Sydow (2003), S. 1; vgl. hierzu auch Kern (1990); Håkansson (1989); Williamson (1990). Sydow (1992), S. 79. Vgl. Sydow (1992), S. 125. Vgl. Moldaschl (1998), S. 20. Vgl. Sydow (1992), S. 93. Vgl. Klein (1995), S. 344. Vgl. Parsons/Smelser (1956); vgl. hierzu auch Beer (1998), S. 103-110.
Erklärung der Wirkungsbeziehungen im Konzeptansatz anhand ausgewählter Theorien
109
• soziale Integration: Sichern der Loyalität und des Zusammenhalts der Mitglieder und • kulturelle Identifikation: Sichern der Übereinstimmung der individuellen und der systembezogenen Werte und Normen. Netzwerkdimension Netzwerkfunktion Transaktionsbeziehung
Koordinationssoziale Dimension mechanismus
Normativkulturelle Dimension
Grenzziehung
Austauschprinzip
Vertragsform
Beziehungsstruktur Kontextannahme
Zielerreichung
Anreize
Machtstruktur
soziale Kontrolle
Kontextsteuerung
soziale Integration
Anpassungsmechanismen
Kooperation
Vertrauen
Netzwerkkultur
kulturelle Identifikation
Informationspolitik
kollektive Strategie
Reputation
Netzwerkmodell
Tabelle 2 Konfiguration von strategischen Netzwerken467
Die Variablen, die die Beziehungen zwischen Netzwerkdimension und Netzwerkfunktion beschreiben, zum Beispiel Anreize, Macht, Vertrauen und Kontrolle, lassen sich zugleich als Variablen auffassen, die das Ausmaß der Steuerung und Kontrolle während der Betriebsphase eines Outsourcingprojekts sowie die Partnerzufriedenheit in der Phase der Partnerwahl beeinflussen.468 (1) Einfluss der Transaktionsbeziehung auf das Ausmaß der Steuerung und Kontrolle Die Transaktionsbeziehung beschreibt die wirtschaftliche Perspektive des Netzwerkansatzes. Der Zwiespalt zwischen Flexibilität und Stabilität soll durch die Variablen Austauschprinzip, Anreize, Anpassungsmechanismen und Informationspolitik ausgeglichen werden. Diese Variablen beeinflussen das Ausmaß der Steuerung und Kontrolle einer Outsourcing-Partnerschaft.
467 468
Quelle: Beer (1998), S. 104. Vgl. Beer (1998), S. 103-110.
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Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Das Austauschprinzip von Netzwerken bedeutet die funktionale Wechselseitigkeit im Austausch von Interessen und Ressourcen, wobei die Beziehungen zumeist über einen längeren Zeitraum bestehen. Das Netzwerk setzt Anreize, die unterbinden sollen, dass die Kooperationspartner zugleich gegenseitigen Wettbewerbsdruck ausüben. Dies wird auch „Doppelattribution von Handlungen“ genannt.469 Die Schaffung von Anreizmechanismen kann nach Bruch (1998) die Partner intensiver in die Verantwortung einbinden, so dass Erfolg und Misserfolg über den Aufgabenumfang sowie über finanzielle Mechanismen entscheiden.470 Die gemeinsame Erstellung der Wertschöpfungskette im Netzwerk bedeutet auch höhere Abwicklungskosten. Alle vernetzten Unternehmen müssen an einer erhöhten Anpassungsfähigkeit des Netzwerkes mitwirken, da die Umweltkomplexität groß ist und die Leistungserstellung in Netzwerken im Gegensatz zur Hierarchie weniger stark gebunden ist. Neben den Transaktionskosten können so auch die Anpassungskosten gesenkt werden.471 Dibbern (2004) formulierte hierzu die Hypothese, dass nicht-monetäre Anreize einen positiven Einfluss auf die Produktionskosten hätten, falls eine Outsourcing-Entscheidung zugunsten des Insourcings gefallen sei. Zwar kann durch das Gruppenverhalten ein Zusammenhang zur strategischen Entscheidung, nicht jedoch zur Steuerung und Kontrolle eines Outsourcingprojekts gebildet werden. Die Anreizgestaltung wird bei Picot/Ertsey (2004) und Bruch (1998) als Basis für die Einbindung des Partners in die Verantwortung gesehen. Sie kritisieren, dass finanzielle Anreize in der Praxis nur sporadisch eingesetzt würden und deshalb zu einem höheren Aufwand an Steuerung und Kontrolle sowie zu einer weniger flexiblen Gestaltung des zukünftigen Leistungsumfangs führten. Als Ergebnis ihrer empirischen Untersuchung kommt Bruch zu dem Schluss, dass Verantwortungsanreize mit leistungsorientierten Vereinbarungen zum Erfolg des Outsourcings beitrügen. Durch verantwortliches Handeln verringert sich der Aufwand für die Steuerung und Kontrolle eines Outsourcingprojekts.472 Vor diesem Hintergrund soll die folgende Hypothese aufgestellt werden. HypotheseAnreiz
Je stärker ausgeprägt die Anreizgestaltung zur Erstellung der Geschäftsprozesse, desto geringer ist das Ausmaß der Steuerung und Kontrolle.
Eine intensivere Zusammenarbeit über Unternehmensgrenzen hinweg erfordert einen entsprechend intensiven Informationsaustausch, und zwar durch Bereit469 470 471 472
Vgl. Teubner (1992), S. 199. Vgl. Bruch (1998), S. 88; vgl. hierzu auch Beer (1998), S. 264. Vgl. Ciborra (1992), S. 99. Vgl. Bruch (1998), S. 88-92.
Erklärung der Wirkungsbeziehungen im Konzeptansatz anhand ausgewählter Theorien
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stellung eines größeren Umfangs an Informationen, durch eine höhere Informationsdichte sowie durch eine Informationspolitik, die den Anforderungen der Partner angemessen ist. Die Gestaltung der Informationspolitik erfolgt auf zwei Ebenen: Zum einen hob Beer (1998) die Bedeutung der Informationsbedarfsplanung im Outsourcingprojekt hervor. Die Information soll in der Art und dem Umfang adäquat an die involvierten Mitarbeiter verteilt werden. Dadurch entsteht ein höheres gegenseitiges Verständnis zwischen den Partnern, und der Aufwand für die Kontrolle verringert sich. Dies belegte Beer in seiner empirischen Untersuchung, in der die befragten Unternehmen angaben, durch eine offene Informationspolitik ein geringeres Ausmaß an Steuerung und Kontrolle zwischen Unternehmen und Dienstleister zu haben.473 Zum anderen dient die Informationspolitik nach Picot/Reichwald/Wignand (2003) zur Wissensgenerierung im Unternehmen beziehungsweise zum Lernen vom Kooperationspartner, um beispielsweise die Leistungen im Unternehmen aufgabengerecht zu erstellen.474 Bruch (1998) führte hierzu aus, dass die Generierung von Know-how für die Unternehmen ein wichtiges Motiv der Partnerschaft sei. Zudem werde die Beziehung der Partner gefördert. Auf der Beziehungsebene könne ein hohes Maß an Kommunikation die zwischenbetriebliche Kontrolle minimieren.475 Durch Anpassung der Informationspolitik an den Informationsbedarf dürfte somit das Ausmaß der Steuerung und Kontrolle sinken. Daher wird die nachstehende Hypothese formuliert. HypotheseInfo
Je besser die Informationspolitik dem Informationsbedarf gerecht wird, desto geringer ist das Ausmaß der Steuerung und Kontrolle.
(2) Einfluss des Koordinationsmechanismus auf das Ausmaß der Steuerung und Kontrolle Der Koordinationsmechanismus unterscheidet sich von hierarchisch ausgeprägten institutionellen Arrangements durch ausgebildete Abstimmungsmechanismen. Diese sind im Kollektiv meist stärker strategisch ausgeprägt, jedoch durch soziale Faktoren begrenzt. Die Funktionen umfassen die Vertragsform, die Machtstruktur, die Kooperation und die kollektive Strategie. Die Vertragsform wird durch ein System von Verträgen konzeptualisiert und nimmt aufgrund der Langfristigkeit von Netzwerkkooperationen eine intermediäre Position zwischen Markt und Hierarchie ein. Williamson (1979) erwähnte in diesem Zusammenhang die Vertragsform des „relational contracting“. Sie eignet 473 474 475
Vgl. Beer (1998), S. 261 f. Vgl. Picot/Reichwald/Wignand (2003), S. 77 ff; Mellewigt (2003), S. 142. Vgl. Bruch (1998), S. 107.
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Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
sich für längerfristige, regelmäßig wiederkehrende und im Detail wenig festgelegte Transaktionen. Diese Vertragsform entwickelt sich erst im Laufe der Beziehung und verzichtet auf die Einschaltung einer Schiedsstelle bei Streitigkeiten.476 Die Machtstruktur stellt ein zu komplexes Phänomen dar, als dass sie sich mit rein ökonomischen Theorien erklären lässt, denn soziale Beziehungen sind beispielsweise vom Transaktionskostenansatz ausgeklammert.477 Netzwerke bieten eine einzigartige Möglichkeit, die wirtschaftlichen Effizienzziele durch den Markt sowie die Kontrollziele durch die Hierarchie zu vereinen. Ziel ist es, Machtasymmetrie in Netzwerkbeziehungen zu vermeiden. Im Vergleich zu rechtlich selbstständigen Unternehmen haben Netzwerke einen hohen Abstimmungs- und Koordinierungsaufwand. Denn eindeutige Weisungsbefugnisse und Steuerungsmechanismen müssen die fehlende Hierarchie ersetzen. Das Ausmaß der Machtverteilung zeigt sich an zwei Mechanismen: erstens an dem Ausmaß der installierten Steuerungs- und Kontrollinstrumente und zweitens an dem Einfluss der Netzwerkteilnehmer auf das Beziehungsgefüge. Bei gleicher Machtverteilung zwischen den Partnern regeln die vorhandenen Ressourcen, die Kompetenz und der Konsens das Netzgefüge. Bei ungleicher Verteilung entstehen Konflikte. Konflikte innerhalb und zwischen den Unternehmen verursachen Transaktionskosten, denen vertragliche Regelungen vorbeugen sollen. Aber es wird auch argumentiert, dass Konflikte notwendig seien, um die Fähigkeit von Organisationen zur Zusammenarbeit erst reifen zu lassen.478 Der Zusammenhalt der Mitglieder im Netzwerk erfolgt durch Kooperation. Kooperation bedeutet immer einen Autonomieverlust. Die Entscheidung zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit verlangt daher nach einem Kompromiss zwischen Autonomie und dem „Bedarf zur Befriedung von Ressourcen“.479 Deshalb wirken bei den Netzwerkakteuren die Interessenkongruenz und der Interessenskonflikt. Die am Netzwerk beteiligten Organisationen verfolgen gemeinsame Netzwerkziele und individuelle Unternehmensziele. Je ähnlicher die Interessen der gemeinschaftlich arbeitenden Unternehmen sind, umso eher ist die soziale Integration durch Kooperation möglich.480 Die Abstimmung verschiedener Unternehmensstrategien der Netzteilnehmer wird anhand einer kollektiven Strategie festgelegt. Die kollektive Strategie repräsentiert ein systematisches Vorgehen mehrerer Unternehmen, das von Orga476 477 478 479 480
Vgl. Williamson (1979), S. 238. Vgl. Sydow (1992), S. 158. Vgl. Alter (1990), S. 478 ff. Schreyögg (2003), S. 175. Vgl. Klein (1995), S. 339.
Erklärung der Wirkungsbeziehungen im Konzeptansatz anhand ausgewählter Theorien
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nisationen gemeinschaftlich entwickelt und implementiert wird und die Stabilität des Netzwerkes erhöht.481 Der Machtaspekt determiniert entscheidend die Steuerung und Kontrolle eines Outsourcingprojekts. Die Handlungsfähigkeit des Partners kann im eigenen Interesse ausgenutzt werden, und die Weisungsbefugnisse des auslagernden Unternehmens können gegenüber dem Partner gering sein, so dass Machtasymmetrie vorhanden ist. Die installierten Steuerungs- und Kontrollmechanismen und der Einfluss von Entscheidungen über den Einsatz menschlicher und physischer Ressourcen müssen derart ausgeprägt sein, dass der Aufwand an Steuerung und Kontrolle minimal wird. Dibbern/Heinzl (2001) bezogen den Machtaspekt auf die Hierarchieebene der Informationsverarbeitung innerhalb der Unternehmung. In der weiteren Ausarbeitung formulierte Dibbern (2004) hierzu die Hypothese, dass durch die Annahme eines Kontrollverlustes der Informationsverarbeitung eine Entscheidung gegen das Outsourcingprojekt eher wahrscheinlich sei. Wird diese Annahme auf die Betriebsphase übertragen, kann in Anlehnung an die soeben geführte Diskussion davon ausgegangen werden, dass bei zunehmender Macht des Partners der Steuerungs- und Kontrollaufwand steigen wird. Hingegen kann davon ausgegangen werden, dass bei zunehmender Macht des auslagernden Unternehmens das Ausmaß der Steuerung und Kontrolle geringer wird.482 Daher werden die beiden folgenden Hypothesen formuliert. HypotheseMachtPartner Je mehr Macht der Partner hat, desto höher ist das Ausmaß der Steuerung und Kontrolle. HypotheseMachtEigenU Je mehr Macht das auslagernde Unternehmen hat, desto geringer ist das Ausmaß der Steuerung und Kontrolle. (3) Einfluss der sozialen Dimension auf die Partnerzufriedenheit sowie das Ausmaß von Steuerung und Kontrolle Die soziale Dimension teilt sich in die folgenden vier Funktionen: Beziehungsstruktur, soziale Kontrolle, Vertrauen und Reputation. Die Beziehungsstruktur charakterisiert die Anpassung und die Aufrechterhaltung der Organisationsgrenzen. Insbesondere sind die „faktorbezogenen zwischenbetrieblichen Beziehungen für den wirtschaftlichen Erfolg des Netzwerkes“ verantwortlich.483 Die Beziehungsstruktur ermöglicht es, vom Partner zu lernen. Das Setzen und Durchsetzen von Zielen erfolgt mittels der sozialen Kontrolle. 481 482 483
Vgl. Sydow (1992), S. 268. Vgl. Dibbern (2004), S. 125 f. Beer (1998), S. 107.
114
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Ausgangspunkt der Kontrolle ist die Identifikation der Netzwerkmitglieder innerhalb und außerhalb des Beziehungsgeflechts. Ebenso ist die gegenseitige Beobachtung ein Ansatzpunkt der sozialen Kontrolle. Vertrauen ist ein wesentliches Element von Netzwerken zur Unterbindung von Komplexität und Unsicherheit. In Vertrauensbeziehungen sind Handlungsmöglichkeiten mit einseitigem Nutzengewinn auf Kosten des Vertrauenden ausgeschlossen, da dies eine unerwünschte, unmittelbare Beendigung der Vertrauensbeziehung zur Folge hätte. Vertrauen bildet gerade in Netzwerken eine flexible Alternative zu Verträgen und eignet sich besonders dort, wo Unsicherheit über zukünftige Geschehnisse herrscht. Vertrauen steht in enger Beziehung zur Reputation. Die Reputation einer Organisation reflektiert die Geschichte früherer Beziehungen und ist damit ein wichtiges Auswahl- und Verlässlichkeitskriterium von Partnern. Netzwerke bieten ein ideales Medium für den Transfer von Partnerinformationen.484 Die Sorge um die eigene Reputation und die damit einhergehenden negativen Folgen wirken als Korrektiv gegen opportunistisches Verhalten.485 Basierend auf dem Aspekt der Arbeitsteilung, forderten Hinterhuber/Stahl (1996) den Erwerb von reputationaler Kompetenz.486 Der Aspekt der Reputation wurde bereits in der Partnerphase behandelt. Durch die enge Verbindung zur Variablen Vertrauen besteht ein Zusammenhang zwischen dem Vertrauen und dem Grad der Zufriedenheit mit dem Partner. In Ergänzung zur empirischen Untersuchung von Goles (2003) wird die folgende Hypothese aufgestellt. HypotheseVertrauen1 Je größer das Vertrauen in die Dienstleister bei der Erstellung eines Geschäftsprozesses, desto höher ist der Grad der Zufriedenheit mit dem Partner. Vertrauen beeinflusst nicht nur den Grad der Zufriedenheit mit dem Partner, sondern kann auch Steuerungs-, Kontroll- und Informationsmechanismen substituieren, da es die Unsicherheit verringert. Beer (1998) stellt als Fazit seiner Interviews fest, dass Vertrauen eine entscheidende Rolle in einer OutsourcingPartnerschaft darstelle und das Ausmaß der Steuerung und Kontrolle begrenze. Bei Unsicherheit sei Vertrauen notwendig, um den Nutzenzuwachs für beide Parteien zu maximieren und den Aufwand für die Beobachtung der Leistungserstellung zu minimieren. Dies führe zu eingeschränkten Kontrollmaßnahmen, zu einem offenen Kommunikationsaustausch, zu mehr Toleranz gegenüber Beein-
484 485 486
Vgl. Klein (1995), S. 340. Vgl. Scharpf (1993), S. 149. Vgl. Hinterhuber/Stahl (1996), S. 107 ff.
Erklärung der Wirkungsbeziehungen im Konzeptansatz anhand ausgewählter Theorien
115
flussungsversuchen und letztlich auch zu einer stabilen interorganisationalen Beziehung.487 Daher wird die folgende Hypothese formuliert. Je größer das Vertrauen in die Dienstleister bei der ErHypotheseVertrauen2 stellung eines Geschäftsprozesses, desto geringer ist das Ausmaß der Steuerung und Kontrolle. (4) Einfluss der normativ-kulturellen Dimension auf die Partnerzufriedenheit Die Funktionen der normativen-kulturellen Dimension sind Kontextannahme, Kontextsteuerung, Netzwerkkultur und Netzwerkmodell. Das Problem der Ambivalenz lösen Parsons/Smelser (1956) durch die Annahme einer Kompromissbildung der Wertorientierung des Netzwerkes und der Wertorientierung ihrer Mitglieder.488 Die Grenzziehung erfolgt anhand gemeinsamer Annahmen in Form von Kontextannahmen der Mitglieder über ihre Umwelt. Für die Abwicklung und Organisation dieser Prozesse ist die Abstimmung der individuellen und gemeinschaftlichen Annahmen von besonderer Bedeutung. Die Kontextsteuerung vollzieht das Setzen und Durchsetzen von Zielen über die gemeinsame Arbeitsbeziehung zur Lenkung der Netzwerkstrukturen. Die Verhaltensspielräume werden durch einen selbstreflektierenden Anpassungsprozess der Netzwerkmitglieder gesteuert. Ändert sich der Kontext, können indirekt das Verhalten der Mitglieder und eine Anpassung der Netzwerkstrukturen folgen.489 Die Netzwerkkultur bildet die soziale Integration. Sie ist Grundlage für die Handlungsmuster der Netzwerkmitglieder und stabilisiert die Struktur des Netzwerks. Effektive Netzwerkkulturen müssen dabei nicht mit den Unternehmenskulturen identisch sein. Die Netzwerkkulturen sind einem stärkeren Wandlungsprozess ausgesetzt als die Unternehmenskulturen und werden daher häufiger rekonfiguriert. Entweder wird die Netzwerkkultur von den Mitgliedern als effektive Kultur anerkannt oder eine der divergierenden Unternehmenskulturen ist Grundlage der Netzwerkkultur.490 Die Übereinstimmung der individuellen und der systembezogenen Werte als letzte Funktion der normativ-kulturellen Dimension erfolgt mit einem selbstreflektierenden, kognitiven Modell aller Beteiligten über das Netzwerk (Netzwerkmodell).491 Die Sichtweisen der Mitglieder prägen die Identität und somit die Fähigkeiten des Netzwerkes. 487 488 489 490 491
Vgl. Beer (1998), S. 270. Vgl. Beer (1998), S. 108. Vgl. Semlinger (2001), S. 50 ff. Vgl. Klein (1995), S. 343. Vgl. Klein (1995), S. 341; zu kognitiven Modellen in Organisationen siehe Weick (1979), S. 52.
116
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Insgesamt kann aus dem Einfluss dieser normativ-kulturellen Dimension festgehalten werden, dass das Ausmaß, in dem sich beide Partner in ihren Grundwerten, Normen und Denkhaltungen sowie ihren Arbeitsbeziehungen ähnlich sind, den Grad der Zufriedenheit bestimmt. So soll ein positiver Zusammenhang zwischen dem Partner Fit und dem Grad der Zufriedenheit in der folgenden Hypothese überprüft werden. HypothesePartFit Je höher der Partner Fit zwischen beiden Parteien, desto höher ist der Grad der Zufriedenheit mit dem Partner. Die vorgestellten Parsons’schen Dimensionen hängen in ihrer Wirksamkeit von der grundsätzlichen Ausgestaltung der strategischen Kooperation ab. Wie die Ausführungen zeigen, sind sie nicht autark, sondern können nur im Zusammenhang betrachtet werden. Die Dimensionen sind wechselseitig abhängig, ergänzen sich und enthalten Überschneidungen. Die einzelnen Funktionen wirken unterschiedlich lang und intensiv auf die Kooperationsbeziehung. Zur Bildung von strategischen Netzwerken sind die Dimensionen um so eher geeignet, je planreicher, längerfristig und besser organisiert die Kooperationsbeziehungen sind. Zusammenfassend zeigt Abbildung 15 die Kausalbeziehungen, die aus dem Netzwerkansatz abgeleitet werden können. Hierzu wurden der Einfluss der Variablen aus der Transaktionsbeziehung, dem Koordinationsmechanismus, soziale Dimension und der normativ-kulturellen Dimension dargelegt (vgl. Abbildung 15).
Vier-Phasen-Modell als Erklärungsbasis für den Erfolg des Outsourcings
117
Informationen
Macht der Partner Macht des eigenen Unternehmens
Erweiterungs-/ Entlastungsstrategie
Grad des Outsourcings
Strategie
Partner Fit
Anreize
Vertrauen 1
Vertrauen 2
Grad der Partnerzufriedenheit
Ausmaß der Strukturkomplexität
Ausmaß der Steuerung und Kontrolle
Partner
Struktur
Betrieb
Abbildung 15 Hypothesen, abgeleitet aus dem Netzwerkansatz492
4.3
Vier-Phasen-Modell als Erklärungsbasis für den Erfolg des Outsourcings
Nachdem die Variablen hergeleitet wurden, ist es aus der Perspektive der Betriebswirtschaftlehre nun interessant, auch diejenigen Variablen zu analysieren, die aus Sicht der Unternehmenspraxis für den Erfolg des Outsourcings verantwortlich sind. Dibbern/Heinzl/Leibbrandt (2003) wiesen auf die Beurteilungsschwierigkeit der Erfolgswirkung der Informationsverarbeitung hin.493 Der Erfolg des Outsourcings soll in diesem Zusammenhang mit Hilfe des so genannten Zielansatzes gemessen werden.494 Dieser Zielansatz gilt als „traditioneller Zugang zur Bestimmung des Unternehmenserfolges, der sowohl in der Praxis als auch in der empirischen Forschung
492 493 494
Eigene Darstellung. Vgl. Dibbern/Heinzl/Leibbrandt (2003), S. 537. Vgl. Haenecke (2001), S. 160; Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 649; Mellewigt (2003), S. 141; Fritz, (1995), S. 217 ff.
118
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
am weitesten verbreitet ist“.495 Die Ziele werden als Maßstab gesehen, an dem sich das zukünftige Handeln eines Unternehmens orientiert.496 Die Unternehmen vereinbaren also Ziele, wobei die Bestimmung des Erfolgs an den Zielen des Unternehmens anknüpft. Die Erfolgsmessung lehnt sich somit an dem Grad der Zielerreichung an. Je mehr Ziele erreicht werden, desto größer ist der Outsourcingerfolg.497 Daher ist auch hier der Outsourcingerfolg von dem Unternehmenserfolg zu trennen. Es kann jedoch gefolgert werden, dass ein positiver Zusammenhang zwischen dem Outsourcingerfolg und dem Unternehmenserfolg besteht. In Kapitel 2 wurde Outsourcing als ein komplexes Maßnahmenbündel dargelegt, welches einen grundlegenden Unternehmenswandel nur in einem strategischen Managementrahmen begründet. Die Komplexität der Aufgabe teilt sich dabei in zwei strategische Planungsebenen, auf die sich die Ziele des Outsourcings498 übertragen lassen.499 Auf der Ebene der Geschäftsprozesse sind Ziele definiert, die auf der einen Seite die Kernkompetenzen stärken und die Wertschöpfung erhöhen, auf der anderen Seite die Kosten und Risiken minimieren. Die Ebene der Gesamtunternehmung hat die Steigerung des Unternehmenswertes als vorrangiges Ziel.500 Folgend wird anhand des erörterten Phasenmodells die Wirkung jeder einzelnen Outsourcingphase auf den Outsourcingerfolg abgeleitet. Erklärungsbasis sind sowohl die selektierten Theorien als auch die bereits identifizierten Variablen. 4.3.1 Einfluss der Strategiephase Die Variablen für den Outsourcingerfolg in der Strategiephase sind die strategische Entscheidung zur Erweiterungs- beziehungsweise Entlastungsstrategie eines Unternehmens und der Grad des Outsourcings. Eine Bestimmung der Erfolgswirkung über den Grad des Outsourcings ist nur schwer möglich, da der Erfolg nicht vom Anteil der auszulagernden Leistungen abhängt. Die Entschei-
495 496 497
498 499 500
Vgl. Welge (1987), S. 603; zitiert in Mellewigt (2003), S. 141. Vgl. Wöhe (2002), S. 95; Müller/Kornmeier (2002), S. 370 ff. Vgl. Haenecke (2001), S. 160; Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 649; Fritz (1992), S. 218 f; Patt (1988), S. 6. Vgl. Kapitel 2.3 Ziele des Outsourcings. Vgl. hierzu auch Grant (2002), S. 23 f. Vgl. Wöhe (2002), S. 97 ff; Müller/Kornmeier (2002), S. 366 ff.
Vier-Phasen-Modell als Erklärungsbasis für den Erfolg des Outsourcings
119
dung zum Insourcing kann genauso erfolgreich sein wie das selektive oder komplette Outsourcing.501 Hingegen bietet ein erweiterungs- oder entlastungsmotiviertes Outsourcing eher wichtige Hinweise auf den Gesamterfolg. Die Untersuchung von Hendrix/ Abendroth/Wachtler (2003) zeigt jedoch einen diskrepanten Befund: Die Ziele, die der Erweiterungsstrategie zuzuordnen sind, nämlich (in ihrer Rangfolge) Steigerung der Innovationsfähigkeit, Qualitätssteigerung, Zugriff auf externe Ressourcen, haben die befragten Unternehmen eindeutig als weniger bedeutend gewertet als die Ziele der Entlastungsstrategie, also Kostenabbau, Risikoverlagerung, Auslagerung von Randaktivitäten. Eine Erklärung könnte darin liegen, dass die Erweiterungsstrategie (noch) keine dominante Rolle spielt. Zur Steigerung der Innovation und Qualität sind spezialisierte Arbeitskräfte notwendig, die jedoch mit dem Outsourcingziel des (Personal-)Kostenabbaus in Konflikt geraten. Ebenso werden die Ziele, die Innovationsfähigkeit zu steigern und Absatzmärkte zu erschließen, in Bezug auf das Outsourcing als unwichtig eingestuft. Die erweiterungsmotivierte Strategie wird zwar in der Betriebswirtschaftlehre favorisiert, doch in der Praxis dominieren eindeutig die operativen Ziele.502 Ähnlich argumentierten Zahn/Soehnle (1996) und wiesen darauf hin, dass „Kosten- und Leistungsfaktoren ein wesentlich stärkeres Gewicht bei Auslagerungsentscheidungen haben als strategische Aspekte“.503 In Anlehnung an Hendrix/ Abendroth/Wachtler (2003) werden daher zwei konkurrierende Hypothesen aufgestellt, um die Wirkung der Strategie auf den Erfolg des Outsourcings zu überprüfen. HypotheseErwStr Eine Erweiterungsstrategie von Unternehmen führt eher zum Outsourcingerfolg als eine Entlastungsstrategie. HypotheseEntStr Eine Entlastungsstrategie von Unternehmen führt eher zum Outsourcingerfolg als eine Erweiterungsstrategie. Die Wirkungsbeziehungen und Hypothesen, die aus der Transaktionskostentheorie und dem Ressourcenansatzes abgeleitet wurden, betreffen überwiegend den Grad des Outsourcings, der selbst aber nicht erfolgsentscheidend ist. Dennoch soll versucht werden, den Erfolg des Outsourcings in Abhängigkeit von der Strategiephase zu erklären. Hierzu werden die Wesensmerkmale der Transaktionskostentheorie, des Ressourcenansatzes und des Netzwerkansatzes auf jeweils eine Variable subsumiert. 501
502 503
Vgl. Dibbern/Heinzl (2001); Lacity/Willcocks (2003); Dibbern/Heinzl/Leibbrandt (2003); Lacity/Willcocks/Feeny (1995). Vgl. Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 50. Zahn/Soehnle (1996), S. 26.
120
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Die Transaktionskostentheorie besagt, welche effiziente Organisationsform für die Leistungserstellung die geringsten Kosten verursacht. Dabei sind neben den Transaktionskosten die Produktionskosten zu berücksichtigen. Die Höhe der Transaktionskosten hängt dabei besonders von der Spezifität und der Unsicherheit einer Transaktion ab. Der Ressourcenansatz argumentiert ähnlich, nur mit dem Unterschied, dass bestimmte Aktivitäten „aufgrund unternehmensspezifischer Ressourcen und Fähigkeiten weder über Marktkontrakte bezogen noch von anderen Unternehmen imitiert werden können. Sie bilden die Kernkompetenzen der Unternehmung und werden aus strategischen Gründen im Unternehmen behalten“.504 Eine spezifische Leistungserstellung führt zu einem komplexen Vertragswerk und zu höheren Anpassungskosten während des Projekts. Bei Fremdbezug einer Leistung kann sich ein Unternehmen besser als bei Eigenerstellung an Umwelt- und Marktveränderungen anpassen. Unspezifische Leistungen sind eher vom externen Dienstleister zu beziehen. Bei hoher Spezifität scheint daher das Insourcing die besser geeignete Outsourcingform zu sein. Ebenfalls führt die hohe Unsicherheit zu einem erhöhten Anpassungsbedarf, da die Leistungen am Markt nicht wie in der Hierarchie durch Weisungen des Managements koordiniert werden können. Die Transaktionskostentheorie berücksichtigt also die strategische Bedeutung der Entscheidung über die Fremdvergabe oder Eigenerstellung von Geschäftsprozessen und erklärt das gesamte Spektrum der Organisationsformen. Maßgebliches Kriterium für die Wahl einer effizienten Organisationsform sind daher die Kosten. Problematisch ist bei diesem Erklärungsansatz die statische Betrachtungsweise bei der Entscheidung. So können Veränderungen des Wettbewerbs nur schwer erfasst werden. In dieser Hinsicht kann aus strategischer Perspektive der Ressourcenansatz weiterhelfen. Der Ressourcenansatz erklärt, wie sich durch die Verwendung einzigartiger Ressourcen Wettbewerbsvorteile erzielen lassen. Dabei lassen sich die Wettbewerbsvorteile insbesondere durch diejenigen Ressourcen erreichen, die schwer imitierbar und schwer substituierbar sind. Wenn das Unternehmen also über derartige Ressourcen verfügt, ist die Wahl der Eigenerstellung der Leistungen sinnvoller als das Outsourcing. Hingegen kann argumentiert werden, dass bei einer veralteten Ressourcenbasis die Vorteile der Partner ausgenutzt werden könnten. So können durch die Kooperation wettbewerbsrelevante, wissensbasierte und eigentumsbasierte Ressourcen hinzugewonnen werden. Dadurch können Leistungs- und Wissensdefizite im eigenen Unternehmen durch die des Partners sinnvoll ergänzt und zu gemeinsamen Wettbewerbsvorteilen ausgenutzt werden. Durch die Integration der Faktorspezifität aus der Transaktionskostentheorie kann die Gefahr des opportunistischen Verhaltens und der Unsicherheit gleichzeitig unterbunden werden. Aus diesen Überlegungen aus der Transakti504
Dibbern/Güttler/Heinzl (2001), S. 690.
Vier-Phasen-Modell als Erklärungsbasis für den Erfolg des Outsourcings
121
onskostentheorie und dem Ressourcenansatz lassen sich die beiden folgenden Hypothesen zur Erklärung des Outsourcingerfolges ableiten. HypotheseTransProdKst Je geringer die Transaktions- und Produktionskosten für das Outsourcing von Geschäftsprozessen, desto höher ist der Outsourcingerfolg. HypothesePartRes Je höher der Einsatz der Partnerressourcen, desto höher ist der Outsourcingerfolg. 4.3.2 Einfluss der Partnerphase Goles (2003) bestätigte in der Ausarbeitung über „Vendor capabilities and outsourcing success“ empirisch, dass dessen technische und umsetzungsorientierte Fähigkeiten zu einer höheren Zufriedenheit mit dem Outsourcingpartner führen. Goles setzt die Zufriedenheit mit dem Outsourcingerfolg gleich.505 Daher wird für die Partnerphase die folgende Hypothese aufgestellt. Je höher der Grad der Zufriedenheit mit dem OutsourHypotheseZufrPar cingpartner, desto höher ist der Outsourcingerfolg. 4.3.3 Einfluss der Strukturphase Das Ausmaß der Strukturkomplexität wird bestimmt durch den Grad der Standardisierung, die Häufigkeit und die Umweltunsicherheit. Empirische Untersuchungen zur Überprüfung der Strukturkomplexität sind dem Autor nicht bekannt. Dennoch soll aus sachlogischem Zusammenhang geschlossen werden, dass ein geringeres Ausmaß der Strukturkomplexität zu höherem Outsourcingerfolg führt. Entsprechend lautet die nächste Hypothese. HypotheseStruktur Je geringer das Ausmaß der Strukturkomplexität, desto höher ist der Outsourcingerfolg. 4.3.4 Einfluss der Betriebsphase Wie oben in Kapitel 4.2.3 dargelegt wurde, erklärt der Netzwerkansatz die wechselseitigen Abhängigkeiten informaler, weicher Faktoren wie Macht, Anreize und Vertrauen. Insbesondere das Vertrauen beeinflusst mehrere Outsourcingphasen. HypotheseVertrauen1 betrifft die Partnerzufriedenheit, HypotheseVertrauen2 das Ausmaß der Kontrolle und Steuerung. Deshalb liegt die Vermutung nahe, dass das Vertrauen zwischen Anbieter und Nachfrager den Outsourcingerfolg 505
Vgl. Goles (2003), S. 201.
122
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
maßgeblich beeinflusst. Bei Sydow (1992) spielte Vertrauen insgesamt eine entscheidende Rolle für die sozialen Beziehungen von Partnerschaften, und es ist die Basis für die Aufrechterhaltung von Netzwerkbeziehungen.506 Dibbern/ Heinzl/Leibbrandt (2003) stellten in ihrer Untersuchung zum Informationstechnologie-Outsourcing einen Bezug zwischen dem Sozial- und Gruppenverhalten der beteiligten Mitarbeiter und deren Vertrauenswürdigkeit fest. Danach sei Vertrauen geeignet, Verhaltensunsicherheit infolge von Auslagerung abzubauen.507 Mellewigt (2003) bestätigte in seiner Untersuchung über das Management von strategischen Kooperationen die Hypothese, dass das Beziehungskapital (als enge, persönliche Interaktion zwischen Kooperationspartnern durch Vertrauen, Respekt und persönliche Freundschaft) den Erfolg von Kooperationen positiv beeinflusse.508 Insgesamt sollen diese Zusammenhänge auf die Erfolgswirkung des Outsourcings in die nachstehende Hypothese übertragen werden. Je größer das Vertrauen in eine OutsourcingHypotheseVertrauen3 Partnerschaft, desto höher ist der Outsourcingerfolg. Zusammenfassend werden durch die Transaktionskostentheorie, den Ressourcenansatz und den Netzwerkansatz die folgenden Kausalzusammenhänge aufgestellt. Hierzu wurden der Einfluss der Strategiephase, der Partnerphase, der Strukturphase und der Betriebsphase dargelegt (vgl. Abbildung 16).
Erweiterungs-/ Transaktions-/ Entlastungs- Produktionsstrategie kostenvorteile
Einsatz der Partnerressourcen
Erfolg des Outsourcings
Grad der Zufriedenheit
Ausmaß der StrukturKomplexität
Abbildung 16 Hypothesen des Outsourcingerfolgs509
506 507 508 509
Vgl. Sydow (1992), S. 89. Vgl. Dibbern/Heinzl/Leibbrandt (2003), S. 537. Vgl. Mellewigt (2003), S. 140-143. Eigene Darstellung.
Vertrauen 3
Zusammenfassung der Untersuchungshypothesen
4.4
123
Zusammenfassung der Untersuchungshypothesen
In der Auseinandersetzung mit für das Outsourcing relevanten theoretischen Erklärungsmodellen konnten eine Reihe von Hypothesen abgeleitet werden, die in der empirischen Untersuchung zu überprüfen sind. Sie werden im Folgenden zusammengefasst. HypotheseTransKost Je höher die komparativen Transaktionskostenvorteile für die interne Erstellung eines Geschäftsprozesses gegenüber der externen Erstellung eines Geschäftsprozesses, desto geringer ist der Grad des Outsourcings. HypotheseProdKost Je höher die komparativen Produktionskostenvorteile für die interne Erstellung eines Geschäftsprozesses gegenüber der externen Erstellung eines Geschäftsprozesses, desto geringer ist der Grad des Outsourcings. HypotheseFaktSpez Je höher die Faktorspezifität von Geschäftsprozessen, desto geringer ist der Grad des Outsourcings. HypotheseStandard Je höher der Grad der Standardisierung der Geschäftsprozesse, desto niedriger ist das Ausmaß der Strukturkomplexität. HypotheseUnsicherheit1 Je größer die Verhaltens- und Umweltunsicherheit gegenüber dem Partner, desto geringer ist der Grad des Outsourcings. HypotheseUnsicherheit2 Je größer die Verhaltens- und Umweltunsicherheit in der Erstellung der Geschäftsprozesse, desto höher ist das Ausmaß der Strukturkomplexität. HypotheseHäufig Je häufiger Geschäftsprozesse ausgelagert werden, desto niedriger ist das Ausmaß der Strukturkomplexität. HypotheseStratBed1 Je höher die strategische Bedeutung der einzusetzenden Ressourcen für die Geschäftsprozesse, desto geringer ist der Grad des Outsourcings. HypotheseStratBed2 Je höher die strategische Bedeutung der einzusetzenden Ressourcen für die Geschäftsprozesse, desto eher wählt das Unternehmen die Erweiterungsstrategie. HypotheseOperBed Je höher die operative Bedeutung der einzusetzenden Ressourcen für die Geschäftsprozesse, desto eher wählt das Unternehmen die Entlastungsstrategie. HypotheseWissRes Je mehr wissensbasierte Ressourcen das auslagernde Unternehmen in das Outsourcing von Geschäftsprozessen
124
HypotheseEigenRes
HypotheseFähigAnb HypotheseResVort
HypotheseAnreiz HypotheseInfo HypotheseMachtPartner HypotheseMachtEigenU HypotheseVertrauen1 HypotheseVertrauen2 HypothesePartFit HypotheseErwStr HypotheseEntStr HypotheseTransProdKst
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
einsetzt, desto eher wählt das Unternehmen die Erweiterungsstrategie. Je mehr eigentumsbasierte Ressourcen das auslagernde Unternehmen in das Outsourcing von Geschäftsprozessen einsetzt, desto eher wählt das Unternehmen die Entlastungsstrategie. Je besser die Fähigkeiten der Dienstleister in der Erstellung eines Geschäftsprozesses, desto höher ist der Grad der Zufriedenheit mit dem Partner. Je mehr Ressourcenvorteile das auslagernde Unternehmen durch die externe Erstellung eines Geschäftsprozesses erzielt, desto höher ist der Grad der Zufriedenheit mit dem Partner. Je stärker ausgeprägt die Anreizgestaltung zur Erstellung der Geschäftsprozesse, desto geringer ist das Ausmaß der Steuerung und Kontrolle. Je besser die Informationspolitik dem Informationsbedarf gerecht wird, desto geringer ist das Ausmaß der Steuerung und Kontrolle. Je mehr Macht der Partner hat, desto höher ist das Ausmaß der Steuerung und Kontrolle. Je mehr Macht das auslagernde Unternehmen hat, desto geringer ist das Ausmaß der Steuerung und Kontrolle. Je größer das Vertrauen in die Dienstleister bei der Erstellung eines Geschäftsprozesses, desto höher ist der Grad der Zufriedenheit mit dem Partner. Je größer das Vertrauen in die Dienstleister bei der Erstellung eines Geschäftsprozesses, desto geringer ist das Ausmaß der Steuerung und Kontrolle. Je höher der Partner Fit zwischen beiden Parteien ist, desto höher ist der Grad der Zufriedenheit mit dem Partner. Eine Erweiterungsstrategie von Unternehmen führt eher zum Outsourcingerfolg als eine Entlastungsstrategie. Eine Entlastungsstrategie von Unternehmen führt eher zum Outsourcingerfolg als eine Erweiterungsstrategie. Je geringer die Transaktions- und Produktionskosten für das Outsourcing von Geschäftsprozessen, desto höher ist der Outsourcingerfolg.
Zusammenfassung der Untersuchungshypothesen
HypothesePartRes HypotheseZufrPar HypotheseStruktur HypotheseVertrauen3
125
Je höher der Einsatz der Partnerressourcen, desto höher ist der Outsourcingerfolg. Je höher der Grad der Zufriedenheit mit dem Outsourcingpartner, desto höher ist der Outsourcingerfolg. Je geringer das Ausmaß der Strukturkomplexität, desto höher ist der Outsourcingerfolg. Je größer das Vertrauen in eine OutsourcingPartnerschaft, desto höher ist der Outsourcingerfolg.
Die zusammenfassende Darstellung der Kausalzusammenhänge soll das Untersuchungsmodell für die empirische Überprüfung veranschaulichen (vgl. Abbildung 17). Strategische Bedeutung 1
Verhaltensunsicherheit 1
Informationen
Grad der Standardisierung
Macht des Partners
Fähigkeiten der Anbieter
Häufigkeit
Macht des eigenen Unternehmens
Transaktionskostenvorteile
Vertrauen 1
Verhaltensunsicherheit 2
Anreize
Eigentumsbasierte Ressourcen
Produktionskostenvorteile
Ressourcenvorteile
Umweltunsicherheit 2
Vertrauen 2
Erweiterungs-/ Entlastungsstrategie
Grad des Outsourcings
Grad der Partnerzufriedenheit
Ausmaß der Strukturkomplexität
Ausmaß der Steuerung und Kontrolle
Partner
Struktur
Betrieb
Umweltunsicherheit 1
Partner Fit
Operative Bedeutung
Faktorspezifität
Wissensbasierte Ressourcen
Strategische Bedeutung 2
Strategie Erweiterungs-/ Transaktions-/ Entlastungs- Produktionsstrategie kosten
Einsatz der Partnerressourcen
Erfolg des Outsourcings
Grad der Zufriedenheit
Ausmaß der StrukturKomplexität
Abbildung 17 Zusammenfassung des Untersuchungsmodells510
510
Eigene Darstellung.
Vertrauen 3
5
Empirische Untersuchung Die empirische Untersuchung der Wirkungszusammenhänge in Outsourcingprojekten und ihrer Erfolgswirkung steht im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit. Der Test der hierzu abgeleiteten Hypothesen sichert die Grundlage, um das in Kapitel 3 entworfene Vier-Phasen-Modell auf die Bedingungen der Praxis auszurichten. Dazu werden unter wissenschaftlichen Kriterien objektiv beobachtete Daten in einer Primärerhebung erfasst und mittels statistischer Analyseverfahren ausgewertet. Ziel ist es, Informationen über das Outsourcingverhalten in der Praxis zu erhalten. Als Erkenntnisobjekt der empirischen Untersuchung wurden Großunternehmen in Deutschland gewählt. Im Folgenden wird zunächst die gewählte Untersuchungsmethode begründet. Anschließend werden das Untersuchungsdesign und die Auswertung der Daten beschrieben. Zudem werden die Ergebnisse der Überprüfung der Hypothesen erläutert.
128
5.1
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Begründung der Untersuchungsmethode
Die Erfolgsfaktorenforschung ermittelt die Einflussgrößen, die den Erfolg oder den Misserfolg eines Unternehmens langfristig beeinflussen. Die Erfolgsfaktorenforschung geht dabei von der Grundannahme aus, dass nur wenige Variablen über den Erfolg eines Unternehmens entscheiden.511 Diese Variablen gilt es anhand der erarbeiten Zielkriterien messbar zu machen. Die Variablen und die Zielkriterien bilden die Kausalstruktur (Ursache-Wirkung-Beziehung512). Diejenigen Variablen, die den Outsourcing-Konzeptansatz und den Gesamterfolg des Outsourcings nachhaltig beeinflussen können, werden als „mögliche Erfolgsfaktoren“513 bezeichnet. Aus Gründen der sprachlichen Vereinfachung wird aber im Folgenden auf den Zusatz „mögliche“ verzichtet; es wird einfach von Erfolgsfaktoren gesprochen. Mit Hilfe der Erfolgsfaktorenforschung sollen daher die in Kapitel 4 hergeleiteten Hypothesen zu den Wirkungszusammenhängen in Outsourcingprojekten und ihrer Erfolgswirkung anhand des erstellten Untersuchungsmodells überprüft werden. Die Erfolgsfaktorenforschung findet in unterschiedlichen Spielarten Anwendung. So kann nach der Art der Ermittlung zwischen einer direkten und indirekten Ermittlung von Erfolgsfaktoren unterschieden werden. Bei der direkten Ermittlung werden Experten zu Ursachen für den Erfolg „direkt“ befragt, während bei der indirekten Ermittlung die Befragungsergebnisse zusätzlichen Analysen unterzogen werden. Entsprechend existieren in der indirekten Erfolgsfaktorenforschung quantitative und qualitative Methoden. Bei der qualitativen Ermittlung werden mittels Aussagen und Interviews Rückschlüsse durch gedankliche Analyse auf die Erfolgsfaktoren gezogen. Hingegen können bei der quantitativen Erfolgsfaktorenforschung Einflussfaktoren erhoben werden, die mittels statistischer Verfahren interpretiert werden. Für die vorliegende Untersuchung wird das Verfahren der indirekten, quantitativen Erfolgsfaktorenforschung angewendet, da es gemäß Haenecke (2003) den Anforderungen im Hinblick auf die wissenschaftliche Aussagekraft gerecht wird.514 Den wesentlichen Anforderungen an die Durchführung der quantitativen Methode wird in dieser empirischen Untersuchung folgendermaßen Rechnung getragen: 511
512 513 514
Vgl. Welge (1987), S. 603; Haenecke (2001), S. 14; Walter (2004), S. 30; Matiaske/ Mellewigt (2002a), S. 649; Patt (1988), S. 6. Vgl. auch Backhaus et al. (2003), S. 46 ff. Haenecke (2001), S. 216. In Anlehnung an Haenecke (2003), S. 16-20, und Haenecke (2001), S. 40-57; vgl. hierzu auch Grünig/Heckner/Zeus (1996), S. 10.
Begründung der Untersuchungsmethode
129
(1) Aufdecken der Kausalstruktur: Für die Ergebnisse der Erfolgsfaktoren sollen die Ursachen für den Unternehmenserfolg aufgedeckt werden. Hierzu wurden in der theoretischen Fundierung515 die Kausalverhältnisse herausgearbeitet und so die Variablen des Konzeptansatzes hergeleitet. Die Hypothesen wurden theoretisch begründet. Teilweise wurde auch auf Ergebnisse und Theorien bereits bestehender Veröffentlichungen zurückgegriffen. Diese Hypothesen sollen in diesem Kapitel überprüft werden. (2) Berücksichtigung quantitativer Erfolgsfaktoren: Weder die Variablen zur Erklärung des Konzeptansatzes noch die Ursachen für den Erfolg des Outsourcings können immer direkt in messbaren Größen ausgedrückt werden. Daher sollen die quantitativen Ergebnisse der empirischen Untersuchung in das entwickelte Vier-Phasen-Modell integriert werden. (3) Überprüfung der zeitlichen Stabilität: Die Erfolgsfaktoren verändern sich durch den stetigen Wandel der Unternehmens- und Umweltsituation. Daher ist es notwendig, die Bedeutung der einzelnen Faktoren und die Wirkungszusammenhänge zu überprüfen. (4) Objektivität: Um zu verhindern, dass das Ergebnis der Untersuchung durch den Durchführenden beeinflusst wird, wurde für die empirische Untersuchung die Methode der schriftlich-postalischen Datenerhebung gewählt. Die soziale Interaktion mit den Auskunftspersonen wird dadurch minimiert. (5) Reliabilität: Die Wiederholung der Messung soll immer wieder zu gleichen Ergebnissen führen. Zufallsfehler werden minimiert. Als mögliche Ausprägungsformen der indirekten, quantitativen Erfolgsfaktorenforschung stehen die konfirmatorische und die explorative Methode zur Verfügung. Nur wenn sich aus früheren Studien Kausalhypothesen ableiten lassen, die bestätigt oder falsifiziert werden können, ist ein konfirmatorisches Vorgehen möglich.516 Bei nicht ausreichenden theoretischen Grundlagen und der Notwendigkeit, neue Hypothesen zu entwickeln, ist die explorative Untersuchung die Methode der Wahl.517 Dies ist in der vorliegenden Untersuchung der Fall: Wie in Kapitel 4.1 dargelegt wurde, gibt es keine in sich geschlossene Theorie, die zur Erklärung des Outsourcing-Phänomens herangezogen werden kann. Vielmehr wurde auf verschiedene Theorien und Ansätze sowie auf Erkenntnisse anderer Ausarbeitungen zurückgegriffen, um das Vier-Phasen-Modell518 zu fundieren. Auch das zu verwendende statistische Analyseverfahren spricht für die 515
516 517 518
Vgl. Kapitel 4 Theoriegeleitete Fundierung des Vier-Phasen-Modells. Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 334. Vgl. Haenecke (2001), S. 54. Vgl. Kapitel 3.2 Vier-Phasen-Modell.
130
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Anwendung des explorativen Ansatzes.519 Wie weiter unten noch ausführlich dargelegt wird, werden für die Auswertung der Ergebnisse Korrelationen und Regressionen durchgeführt. Der Einsatz dieser Verfahren sowie auch eine Stichprobengröße von mindestens 200 Teilnehmern begründen den explorativen Ansatz.520 Insgesamt wird somit die quantitativ-explorative Methode zur Identifikation der Erfolgsfaktoren eines Outsourcingprojekts gewählt. Matiaske/Mellewigt (2002a) kritisieren, dass die „quantitativ-objektive Erfolgsmessung bislang gar nicht in der Outsourcing-Forschung angewendet wurde“.521 Dieser Mangel wird nun beseitigt.
5.2
Design der Untersuchung
Im Rahmen der gewählten quantitativ-explorativen Untersuchungsmethode ist das Vorgehen zur Erhebung und Auswertung problemrelevanter Daten festzulegen. Aus forschungsökonomischen Gründen, vor allem unter Zeit- und Kostenaspekten, wurde die schriftliche Befragung gewählt.522 Den Kern der Untersuchung bildet die quantitative Datenbasis. Sie wird anhand einer Primärerhebung der Großunternehmen in Deutschland ermittelt.523 Als statistisches Analyseinstrument wurde das SPSS Release 11.0.0 verwendet. Die Designphase einer empirischen Untersuchung hat zum Ziel, die Datenerhebung konzeptionell für die Datenauswertung vorzubereiten. Dabei steht die strukturierte Vorgehensweise zur Beschaffung und Auswertung problemrelevanter Daten im Vordergrund. In den folgenden Abschnitten wird über die Methodik, die Fragebogengestaltung und die Überprüfung der Datenerhebung berichtet. Daran schließt sich die Durchführung der Datenerhebung an, wobei über die Grundgesamtheit und den Rücklauf der Daten referiert wird. 5.2.1
Vorgehensweise, Fragebogengestaltung und Überprüfung der Datenerhebung Ziel der Erhebung ist es, Daten über den empirischen Gegenstandsbereich zu erfassen, um die Hypothesen des verwendeten Modells zu überprüfen. Nach der Erörterung der schriftlich-postalischen Befragung als Methodik der Datenerhe519
520 521 522 523
In Anlehnung an Haenecke (2003), S. 16-20; vgl. hierzu auch Backhaus et al. (2003), S. 46 ff; Kube (1991), S. 64. Vgl. Haenecke (2003), S. 20 f; Kube (1991), S. 64. Vgl. Matiaske/Mellewigt (2002a), S. 651. Vgl. Kapitel 5.2.1.1 Schriftlich-postalische Befragung zur Erhebung der Daten. Vgl. Kapitel 5.2.2 Grundgesamtheit der Befragungsteilnehmer.
Design der Untersuchung
131
bung wird über die Gestaltung des Fragebogens referiert. Anschließend folgt die Überprüfung anhand der Ergebnisse eines durchgeführten Pretests. 5.2.1.1 Schriftlich-postalische Befragung zur Erhebung der Daten Für diese Untersuchung wurde die schriftlich-postalische Befragung gewählt.524 Die Methode der schriftlichen Befragung ist eine pragmatische Form, die im Vergleich zur mündlichen Befragung weniger finanzielle Mittel erfordert und deren zeitlicher Aufwand geringer ist (monopersonale Erhebung).525 Dieser Aspekt wird umso wichtiger, je mehr „geografisch weit verstreute Personen“526 befragt werden sollen. Ebenso unterstützt die schriftliche Befragung die Forderung nach Objektivität einer empirischen Untersuchung, wie in der Begründung der Untersuchungsmethode bereits dargelegt wurde. Insgesamt sind die folgenden Vorteile hervorzuheben: • Die Befragten generieren innerhalb kurzer Zeit mit begrenzten Mitteln eine große Datenmenge. • Den Befragen stehen Anonymität und unbegrenzte Antwortzeit zur Verfügung. Dies erhöht auch die Bereitschaft, streng vertrauliche Daten preiszugeben.527 • Die „Gefahr der Antwortverzerrung aufgrund sozialer Erwünschtheitseffekte ist im Vergleich zum Interview“528 tendenziell geringer. • Den Befragten wird die Möglichkeit zur vertieften Recherche oder zu Rückfragen bei der Beantwortung der Fragen eingeräumt. Die schriftliche Befragung weist neben den erwähnten Vorteilen auch Nachteile auf. Diese lassen sich nach Berekoven/Eckert/Ellenrieder (2001) in zwei Problembereiche differenzieren: in das Repräsentanzproblem und in das Kommunikationsproblem.529 Das Repräsentanzproblem hat zwei Erscheinungsformen und entsteht durch den relativ hohen Anteil nicht zurückgesandter Fragebögen (Rücklaufproblem) und durch die Unklarheit über die Identität der befragten Personen (Identitätsproblem). Das Rücklaufproblem führt zu den Risiken, dass die Antworten entweder unvollständig sind oder die Fälle nicht repräsentativ sind (die Antworten sind nur teilweise ausgefüllt). Das Identitätsproblem wirkt sich aus, wenn nicht 524 525 526 527 528 529
Vgl. Lechler (1997), S. 95. Vgl. Laatz (1993), S. 109; Attestlander (2003), S. 175; Haenecke (2001), S. 145. Mellewigt (2003), S. 162. Vgl. Fabisch (2004), S. 194. Mellewigt (2003), S. 162. Vgl. Berekoven/Eckert/Ellenrieder (2001), S. 113 ff.
132
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
zwangsläufig die ausgewählten Adressaten den Fragebogen ausfüllen. Die Ergebnisse werden verfälscht, da mehrere Personen verschiedene Wissensstände haben. Beide Probleme können zu einer erheblichen Verzerrung der Untersuchungseinheit führen und die Repräsentanz der Stichprobe gefährden.530 Das Kommunikationsproblem resultiert aus den unzureichenden Möglichkeiten der Befragten, Unklarheiten beim Ausfüllen des Fragebogens zu beseitigen, die in Interviews beispielsweise durch die Beantwortung von Fragen geklärt werden könnten. Um den mit dem Rücklauf- und Kommunikationsproblem verbundenen Risiken zu begegnen, wurden neben einem Pretest531 die folgenden Maßnahmen in Anlehnung an die „Total-Design-Methode“ von Dillmann getroffen:532 (1) Maßnahmen zur Erhöhung der Rücklaufquote: • Telefonischer Kontakt: Zu über 80 Prozent der potenziellen teilnehmenden Unternehmen wurde vor Beginn der Erhebung telefonischer Kontakt aufgenommen, um einen konkreten Ansprechpartner zu finden. Dieser wurde explizit gebeten, an der Befragung teilzunehmen. Damit wurde vorab eine hohe Verbindlichkeit hergestellt. • Postalisches Versenden des Anschreibens mit Fragebogen: Im Anschreiben wurde Bezug auf das Thema, die Zielsetzung und den Kreis der an der Stichprobe beteiligten Unternehmen genommen, um die Motivation für die Teilnahme zu erhöhen. Für Rückfragen wurden Kontaktdaten angegeben (E-Mail und Telefon), und die anonyme und vertrauliche Behandlung der Daten wurde zugesichert.533 • Elektronisches Versenden des Anschreibens mit Fragebogen: Parallel wurde jeweils eine E-Mail an alle Unternehmen mit der zusätzlichen Möglichkeit versendet, die Umfrage in Datei-Form (pdf-Datei) am Computer zu beantworten. • Zusendung des Ergebnisberichtes und Anonymität: Als Anreiz zur Teilnahme an der Befragung wurde ein separater Anforderungsbogen beigefügt, erstens für die Zusendung des Ergebnisberichtes und zweitens für die Gewährleistung der Anonymität. • Rückumschlag: Ein adressierter und anonymer Rückumschlag wurde beigefügt.
530 531 532 533
Vgl. Laatz (1993), S. 109; Berekoven/Eckert/Ellenrieder (2001), S. 113 ff. Vgl. Kapitel 5.2.1.3 Überprüfung durch einen Pretest. Vgl. Laatz (1993), S. 110. Vgl. dazu das Anschreiben und den Fragebogen im Anhang A 1 und A 2.
Design der Untersuchung
133
• Erinnerungsschreiben: Ferner wurde im weiteren Verlauf der Erhebung ein personalisiertes Erinnerungsschreiben an nicht antwortende Unternehmen versendet.534 (2) Maßnahmen zur Begrenzung des Kommunikationsproblems: • Telefonischer Kontakt: Es wurde ein konkreter Ansprechpartner genannt, der ausführliche Informationen zu den Befragungsinhalten geben konnte. • Auswahl bestimmter Auskunftspersonen: Als Auskunftspersonen in den Unternehmen wurden ausschließlich Vertreter der Geschäftsführung, der strategischen Unternehmensplanung, der Unternehmensentwicklung oder der Abteilungsleitung gewählt. Bei diesen Personengruppen kann Vertrautheit mit dem Thema Outsourcing vorausgesetzt werden. Das Anschreiben wurde, soweit möglich, personalisiert verfasst. 5.2.1.2 Gestaltung des Fragebogens Der Fragebogen umfasst sieben Seiten zuzüglich des Deckblattes, allgemeiner Hinweise sowie Erläuterungen zu den Fragen, so dass der Umfang deutlich unterhalb „des kritischen 12-Seiten-Werts“535 liegt. Es wurden ausschließlich geschlossene Fragen verwendet. Auf offene Fragen wurde verzichtet, um die Vergleichbarkeit der Antworten zu erhöhen. Folgende Typen von Fragen kamen zum Einsatz: der bipolare Typ, der Identifikationstyp und der Selektionstyp. Der bipolare Typ ist eine Frage, die mit Ja oder Nein beantwortet werden muss. Der Identifikationstyp erfragt beispielsweise eine Jahreszahl, einen Geschäftsprozess oder einen Prozentsatz. Beim Selektionstyp wurden den Befragten mehrere Antwortmöglichkeiten zur Auswahl (Mehrfachauswahl) vorgegeben. Dabei wurden Ratingskalen verwendet. Vom Messniveau her kamen nominale, ordinale und Intervallskalen zum Einsatz. Die Intervallskalen wurden nach dem mehrstufigen Likert-Verfahren konstruiert. Dieses Verfahren ist in der Forschungspraxis weit gebräuchlich und „das mit Abstand am häufigsten verwendete Verfahren“.536 Die Antwortmöglichkeiten liegen zwischen den Polen von „stimme gar nicht zu“ und „stimme voll zu“. Der mittlere Wert wird mit „stimme in mittlerem Maße zu“ festgelegt. Den Antwortkategorien werden rationale Zahlen zugeordnet, die statistisch ausgewertet werden. Im Hinblick auf das Analyseverfahren eignen sich Skalen, um Mittelwerte und
534 535 536
Vgl. dazu das Erinnerungsschreiben im Anhang A 3. Mellewigt (2003), S. 166, nach einem Zitat von Hippler (1998) S. 245. Laatz (1993), S. 277.
134
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Standardabweichungen zu berechnen sowie Regressionsanalysen durchzuführen. Die Formulierung der Skalen wird bei der Ergebnisdarstellung erörtert. Zusätzlich wurden aus bestimmten Fragen Indices gebildet. Indices bündeln die Eigenschaften mehrerer Indikatorvariablen zu einem komplexen Merkmal. Das Merkmal setzt sich aus ungewichteten additiven und gewichteten multiplikativen Indices zusammen. Die Zusammenfassung der Indices hat den Vorteil, dass der Bedeutungsgehalt der Konstrukte besser erfasst wird und dass die Aggregation mehrerer Messungen die Genauigkeit erhöht.537 Inhaltlich gliedert sich der Fragebogen in drei Themenblöcke. Teil 1 (Abschnitt A) enthält Fragen zur generellen Bedeutung von Strategischem Outsourcing und Teil 2 (Abschnitt B-E) befasst sich mit der Entscheidung zum Outsourcing, der Partnerwahl beim Outsourcing, der Gestaltung der Struktur sowie der Steuerung und Kontrolle des Outsourcings. Der letzte Teil (Abschnitt F und G) erfragt allgemeine Angaben zum Outsourcingverhalten und zum Unternehmen. Gemäß Dillmann538 wurden die Fragen zur Demographie am Ende des Bogens angeordnet. Es wurde also mit einfachen und interessanten Fragen begonnen, während sensible und komplexe Fragen erst am Ende des Fragebogens zu finden sind. Bei den Formulierungen wurde Wert auf Klarheit und Verständlichkeit gelegt.539 Die Fragen sind übersichtlich zusammengestellt und zusätzlich mit einer Kurzüberschrift versehen.540 Dies erleichtert nicht nur das Ausfüllen unter Zeitknappheit, sondern auch die Auswertung. Aufwendige Kategorisierungs- und Kodierarbeiten entfallen.541 Der Fragebogen ist ein System von unabhängigen Kategorien und bildet mehrere Merkmale als Items in einheitlichen Klassifikationen ab.542 Diese Kategorien werden zur Weiterverarbeitung nach einem Codeplan verschlüsselt und dabei als SPSS-Daten erfasst.543 5.2.1.3 Überprüfung durch einen Pretest Die erste Version des Fragebogens wurde einem Pretest mit Experten aus Praxis und Wissenschaft unterzogen, um die Vollständigkeit und Verständlichkeit der Fragen sowie die Neutralität der Formulierungen und Inhalte zu überprüfen.544 537 538 539 540 541 542 543 544
Vgl. Kabst (2000), S. 179. Vgl. Laatz (1993), S. 110. Vgl. dazu den Fragebogen im Anhang A 1. Vgl. Laatz (1993), S. 110 ff. Vgl. Bortz/Döring (2002), S. 254. Vgl. Attestlander (2003), S. 225 ff. Vgl. dazu den Codeplan im Anhang A 7. Vgl. Bortz/Döring (2002), S. 359 f; Attestlander (2003), S. 329 ff.
Design der Untersuchung
135
Einen Überblick der befragten Experten für den Pretest enthält der Anhang.545 Die Anregungen wurden in den Fragebogen integriert. Auf eine detaillierte Darstellung der Veränderungen wird hier verzichtet. Die Anzahl der Fragen wurde jedoch als zu groß erachtet. Einige Interviewpartner machten darauf aufmerksam, dass wöchentlich mehr als zehn empirische Umfragen die Schreibtische der Führungskräfte überfluten. Im Hinblick auf eine Befragungsmüdigkeit wurde der Umfang deshalb reduziert. Insgesamt konnten einzelne Fragen mit ihren Items gestrichen werden, und der Umfang von ursprünglich 65 Fragen wurde auf 50 gekürzt. Das Problem der Vertraulichkeit firmeninterner Informationen konnte gemildert werden, indem bis auf wenige Ausnahmen nur Strukturinformationen beziehungsweise Meinungen erfragt wurden. Insgesamt wurde der Pretest von den Experten positiv bewertet. 5.2.2 Grundgesamtheit der Befragungsteilnehmer Die Untersuchungseinheit konzentriert sich auf Großunternehmen in Deutschland, die Outsourcingprojekte durchführen. Die Festlegung der Grundgesamtheit erfolgt nach dem Konzentrationsprinzip.546 Da Outsourcing noch ein junges, wissenschaftliches Thema ist, wurde keine Fokussierung auf eine bestimmte Branche vorgenommen, da dies den Teilnehmerkreis zu stark beschränkt hätte.547 Die Beschränkung des Untersuchungsobjekts auf Großunternehmen hat die folgenden Gründe: • Die Durchführung von Outsourcingprojekten ist bei Großunternehmen tendenziell eher wahrscheinlich als bei klein- oder mittelständischen Unternehmen.548 • Die Befragung sollte anhand einer gleichartigen Stichprobe über alle Branchen in Deutschland erfolgen, um allgemein gültige Informationen über das Outsourcingverhalten und ihren Erfolg ableiten zu können. • Die Vergleichbarkeit des potenziellen Budgets für Outsourcingprojekte ist eher bei Großunternehmen als bei klein- oder mittelständischen Unternehmen gegeben.
545 546 547 548
Vgl. hierzu Liste der befragten Experten im Anhang A 6. Vgl. Laatz (1993), S. 422. Vgl. hierzu Liste der befragten Experten im Anhang A 6. Vgl. Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 106.
136
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
• Die strategische Bedeutung spielt für klein- und mittelständische Unternehmen in der Entscheidung über die Auslagerung kaum eine Rolle, da die Unternehmen aufgrund des Wettbewerbsdrucks und der erforderlichen Ressourcen nicht in der Lage sind, Wettbewerbsvorteile auszuschöpfen.549 • Die Wahrscheinlichkeit des Outsourcings von Geschäftsprozessen ins Ausland ist bei Großunternehmen höher als bei klein- oder mittelständischen Unternehmen, da Großunternehmen tendenziell eher international aktiv sind. Nach Kinkel/Jung/Lay (2002) konzentrieren sich rund 85 Prozent der Großfirmen auch auf die Auslandsproduktion.550 • Großunternehmen bieten eine bessere Verfügbarkeit von Sekundärdaten als klein- oder mittelständische Unternehmen. Unternehmensgrößen lassen sich nach Thommen/Achleitner (2003) und Wöhe (2002) grundsätzlich in Anzahl der Mitarbeiter und in Kennzahlen des Jahresumsatzes einteilen. Zwischen den Kriterien gibt es keine direkte Korrelation. Eine kleine Beschäftigungszahl bedeutet nicht zwangsläufig einen geringen Umsatz. Daher ist es sinnvoll, beide Merkmale für die Auswahl der zu befragenden Unternehmen heranzuziehen. 551 Die Bestimmung der Untersuchungseinheit erfolgt nach den von Thommen/ Achleitner und Wöhe erläuterten Strukturdaten. Für diese empirische Erhebung sind alle Großunternehmen in Deutschland relevant, die mehr als 500 Beschäftigte und einen Jahresumsatz von über 1,5 Milliarden Euro aufweisen. Ausnahme bilden dabei die Versicherungen und Banken, deren Unternehmensgrößen sich nach den Beitragseinnahmen beziehungsweise nach der Bilanzsumme ermessen lassen. Ein ähnliches Vorgehen wird auch in den Untersuchungen von Zahn/Soehnle (1996)552 und von Dibbern (2004)553 angewendet. Beide Studien konzentrieren sich auf Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern. Während Zahn/Soehnle Unternehmen aller Branchen aus der Region Stuttgart befragten, schränkte Dibbern die Auswahl auf die Branchen Maschinenbau und Finanzwesen sowie die Länder USA und Deutschland ein. In der folgenden Tabelle wird die Grundgesamtheit der empirischen Erhebung vorgestellt (vgl. Tabelle 3).
549 550 551 552 553
Vgl. Dibbern/Heinzl/Leibbrandt (2003), S. 537. Vgl. Kinkel/Jung/Lay (2002). Vgl. Thommen/Achleitner (2003), S. 61; Wöhe (2002), S. 17 f. Vgl. Zahn/Soehnle (1996), S. 49. Vgl. Dibbern (2004), S. 164.
Design der Untersuchung
137
„Alle Branchen“ 554 Versicherungen Beschäftigte
Banken
Summe
> 500
Auswahlbasis
3090 (87,9%)
137 (3,9%)
291 (8,2%)
3518
Jahresumsatz
> 1.500 Mio. Euro (Jahresumsatz)
> 1.500 Mio. Euro (Beitragseinnahmen)
> 20.000 Mio. Euro (Bilanzsumme)
-
351
16
33
400
Grundgesamtheit
Tabelle 3 Grundgesamtheit der empirischen Erhebung555
Die Grundgesamtheit umfasst 400 Unternehmen.556 Zur Identifikation der teilnehmenden Unternehmen wurde auf die Hoppenstedt-Datenbank zurückgegriffen.557 Die Ermittlung der Grundgesamtheit erfolgte in zwei Stufen: Im ersten Schritt wurden alle Unternehmen ausgewählt, die mehr als 500 Beschäftigte in Deutschland haben. Dadurch ergab sich eine Auswahlbasis von insgesamt 3518 Unternehmen. Dieser Schritt war notwendig, um ein Verhältnis zwischen „allen Branchen“, den Versicherungen und den Banken zu erhalten. Auf der nächsten Stufe wurden nur noch diejenigen Unternehmen betrachtet, die den genannten Kriterien des Jahresumsatzes genügen. Somit umfasste die Grundgesamtheit für „alle Branchen“ 351 Betriebe, für die Versicherungen 16 und für die Banken 33 Unternehmen. An die ermittelten 400 Unternehmen wurde der Fragebogen im Oktober 2004 mit einem begleitenden Anschreiben, einem adressierten und frankierten Rückumschlag und dem Anforderungsbogen für den Ergebnisbericht versendet. Das Anschreiben konnte durch die im September 2004 durchgeführte Telefonaktion in 80 Prozent aller Fälle personalisiert an einen konkreten Ansprechpartner gesendet werden. Die anderen Briefumschläge wurden an die Geschäftsführung oder die strategische Unternehmensplanung geschickt.
554 555
556
557
Außer Versicherungen und Banken. Eigene Darstellung. Nicht prüfbar war hierbei das Kriterium der Outsourcingprojekte aller Großunternehmen in Deutschland. Wie sich erst beim Rücklauf herausstellte, führen einige Unternehmen keine Outsourcingprojekte durch und werden deshalb von der Grundgesamtheit ausgeschlossen. Vgl. dazu Liste der angeschriebenen Großunternehmen im Anhang A 5.
138
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
5.2.3 Rücklauf des Fragebogens Die Durchführung der Umfrage reduzierte durch untersuchungsunspezifische Ausfälle die Grundgesamtheit von ursprünglich 400 auf 350 Unternehmen. Von den 350 Teilnehmern konnten 77 Antwortbögen erfasst werden. Diese verwertbaren Fragebögen dienten als empirische Basis für die Auswertung dieser Arbeit. Die Rücklaufquote liegt somit bei 22 Prozent (vgl. Tabelle 4). Grundgesamtheit (Anzahl angeschriebener Unternehmen) ./. ./. ./. ./.
11 3 19 17
Grundgesamtheit nach Abzug untersuchungsunspezifischer Ausfälle
=
350
Keine Antwort
./.
219
./. ./. ./. ./. ./.
16 6 19 8 5
=
77
Untersuchungsunspezifische Ausfälle
Post unzustellbar Unternehmen aufgelöst, fusioniert oder restrukturiert Kein Outsourcingprojekt Interesse, aber noch kein Outsourcingprojekt
400
Fehlende personelle Ressourcen Nichtherausgabe vertraulicher Daten Grundsätzlich keine Teilnahme an Befragungen Kein Interesse Antworten nur teilweise ausgefüllt
Begründete Ausfälle
Rücklauf (22%)
Tabelle 4 Rücklauf und Gründe für die Ausfälle558
Wichtigste Ursache für untersuchungsunspezifische Ausfälle ist der Umstand, dass aktuell kein Outsourcingprojekt durchgeführt wird. Dies betrifft 36 Unternehmen. Die Ursache für die sonstigen Ausfälle liegt in den fehlenden personellen Ressourcen (16) sowie in der grundsätzlichen Weigerung, an empirischen Erhebungen teilzunehmen (19). Ebenfalls gaben die Betriebe an, keine vertraulichen Daten herauszugeben (6), während 8 Unternehmen kein Interesse zeigten. Außerdem schieden fünf Fragebögen aus, da die Antworten nur teilweise ausgefüllt worden waren. Insgesamt gaben 219 Unternehmen keine Antwort. Die Begründung für die Teilnahmeverweigerung wurde bei fast der Hälfte der Absagen per E-Mail, ansonsten schriftlich oder telefonisch erteilt. Aus Zeit- und Ressourcenmangel musste eine tiefergehende Nachfrage zu den Ursachen der Nichtteilnahme ausgeschlossen werden. Die Rücklaufquote von 22 Prozent ist zwar relativ gering, dennoch ist sie für solche Umfragen bei Großunternehmen als gut einzustufen.559 Ähnliche Studien 558
Eigene Darstellung.
Design der Untersuchung
139
weisen Rücklaufquoten von 8,4 Prozent bei Dibbern (2004), 13 Prozent bei Zahn/Soehnle (1996), 12 Prozent bei Bacher (2000), 17,1 Prozent bei Hendrix/Abendroth/Wachtler (2004), 22 Prozent bei Schott (1997), 17 Prozent bei Nagengast (1997), 12 Prozent bei Kinkel/Jung/Lay (2002) und 12 Prozent bei Dibbern/Heinzl (2001) auf. Der Hauptgrund für die im Vergleich hohe Rücklaufquote liegt vermutlich zum einen am telefonischen Erstkontakt vor Absenden des Fragebogens und zum anderen in der zusätzlichen Kontaktaufnahme durch den E-Mail-Versand. Auch die Aktualität des Themas „Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen“ und die „inhaltlich fundierten Fragen und außerordentlich professionelle Gestaltung des Fragenbogens“560 trugen zu einem guten Resultat des Rücklaufs bei. Entscheidend ist allerdings, inwiefern die Stichprobe ein repräsentatives Abbild der Grundgesamtheit darstellt. Um dies zu prüfen, wurde die Branchenaufteilung in der Stichprobe mit der bekannten Verteilung in der Grundgesamtheit verglichen (vgl. Tabelle 5).561 „Alle Branchen“ 562
Versicherungen
Banken
Summe
Angeschriebene Unternehmen
351 (87,75%)
16 (4%)
33 (8,25%)
400
Realisierte Stichprobe
66 (85,7%)
3 (3,9%)
8 (10,4%)
77
Tabelle 5 Repräsentativität der empirischen Erhebung563
Die Stichprobe zeigt trotz geringer Abweichungen ein repräsentatives Bild aller Branchen der Großunternehmen in Deutschland. Zu ähnlichen Strukturdaten des Rücklaufs der Stichprobe kommt auch die Studie von Zahn/Soehnle (1996).564 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die realisierte Stichprobe repräsentativ ist und die Rücklaufquote von 22 Prozent im Vergleich zu anderen Studien als gut einzustufen ist.
559 560 561 562 563 564
Vgl. Zahn/Barth/Foschiani/Hertweck (1999), S. 333; Zahn/Soehnle (1996), S. 49. Anmerkung eines Geschäftsführers im Fragebogen. Vgl. Laatz (1993), S. 449 ff; Attestlander (2003), S. 309. Außer Versicherungen und Banken. Eigene Darstellung, Auswahl der Firmen nach Hoppenstedt. Vgl. Zahn/Soehnle (1996), S. 50.
140
5.3
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Auswertung der Daten
Ziel der Datenauswertung ist es, für die Gesamtuntersuchung eine möglichst problemgerechte Beantwortung der Fragestellungen565 zu geben. Daher ist es sinnvoll, die Daten in zwei Schritten auszuwerten: erstens anhand univariater Verfahren zur deskriptiven Analyse und zweitens durch bivariate sowie multifaktorielle Verfahren zur Überprüfung der Hypothesen. Diese werden im Folgenden erörtert. 5.3.1 Univariate Verfahren zur deskriptiven Analyse Im Rahmen der quantitativen Sozialforschung werden die erhobenen Daten mit Hilfe statistischer Verfahren aufbereitet. Für die deskriptive Analyse wurden univariate Verfahren verwendet. Wesentliche Erkenntnisse werden aus der Datenerhebung anhand einzelner Maßzahlen gewonnen. Dazu werden insbesondere Kennzahlen, Diagramme und Tabellen eingesetzt. Die konkrete Auswahl hängt unter anderem vom Messniveau ab. Durch Kennzahlen wie Mittelwerte oder Standardabweichungen bei intervallskalierten Variablen wird beispielsweise die Größe der Unternehmen beschrieben. Da die Mittelwerte bei kleinen Untersuchungspopulationen stark von Ausreißern beeinflusst werden, wurde ebenfalls der Median benutzt, wenn der Wert des arithmetischen Mittels stark vom Wert des Medians abweicht. Um einen detaillierten Einblick in einzelne Datenstrukturen zur erlangen, werden bei nominalskalierten Variablen relative und absolute Häufigkeiten verwendet. Darüber hinaus werden graphische Instrumente (Diagramme) wie Stabdiagramme, zum Beispiel für die Beschreibung der Branchenzugehörigkeit, oder Kreisdiagramme für die Darstellung der Formen des Outsourcings eingesetzt. Neben Kennzahlen und Diagrammen werden Tabellen zur Darstellung komplexer Zahlenzusammenhänge, wie beispielsweise für den Grad des Outsourcings, verwendet. Im Ergebnisteil der univariaten Verfahren werden zunächst die Strukturdaten der analysierten Unternehmen dargestellt. Danach folgt eine Beschreibung einzelner Merkmale der generellen Bedeutung von Strategischem Outsourcing von Geschäftsprozessen, der Zielkriterien aller Phasen (strategische Entscheidung, Partnerwahl, Gestaltung der Struktur und Betrieb) sowie des allgemeinen Verhaltens des Outsourcings der analysierten Unternehmen. Zusammenfassend wurden für die univariate Analyse die folgenden Hilfsmittel verwendet: Kennzahlen wie Lagemaße (arithmetisches Mittel, Median), Standardabweichungen, relative und absolute Häufigkeiten sowie Minimal- und Maximalwerte. Darüber hinaus wurden sowohl Stab- und Kreisdiagramme als auch Tabellen für die Darstellung komplexer Zahlenzusammenhänge verwendet. 565
Vgl. Kapitel 1.3 Zielsetzung der Arbeit.
Auswertung der Daten
141
5.3.2 Bivariate Verfahren zur Überprüfung der Hypothesen Bivariate Verfahren bilden den Kern der Datenauswertung in dieser Untersuchung. Im Folgenden wird zunächst über die Operationalisierung und danach über die Verwendung der statistischen Verfahren referiert. 5.3.2.1 Operationalisierung Die Darstellung der Operationalisierung befasst sich mit der Erfassung der Variablen, dem Zielkriterium und der Moderatorvariablen. Darüber hinaus werden Indices verwendet, dass heißt Maßzahlen, die die Ergebnisse mehrerer Beobachtungsvariablen zusammenfassen. Diese werden auf Reliabilität überprüft. Ferner wird das Erhebungsinstrument auf seine Tauglichkeit mittels der Inhaltsvalidität überprüft. (1) Operationalisierung der Variablen, dem Zielkriterium und der Moderatorvariablen Die theoretische Fundierung des Konzeptansatzes mündete in konkreten Hypothesen. Diese müssen nun durch Variablen und Zielkriterien an der sozialen Wirklichkeit messbar gemacht werden, das heißt, die theoretischen Begriffe werden operationalisiert. Die Operationalisierung legt fest, wie die Hypothesen empirisch überprüft werden. Dabei werden Indikatoren aus empirischen Phänomenen erhoben und einem theoretischen Begriff zugeordnet. Diese Indikatoren beziehen sich auf die Variablen und die Zielkriterien.566 Zusätzlich sind so genannte Moderatorvariablen zu berücksichtigen: Sie können den Einfluss einer Variablen auf das Zielkriterium verändern, die einen direkten Einfluss auf die Zusammenhangsbeziehung ausüben. So können Moderatorvariablen beispielsweise die Wirkung auf die strategische Entscheidung einer Outsourcingmaßnahme beeinflussen. Ebenso sind Auswirkungen auf das Ausmaß der Partnerzufriedenheit, auf die Strukturkomplexität und auf die Steuerung oder Kontrolle möglich.567 (2) Indexbildung Die Erfassung der Variablen erfolgt zunächst anhand einzelner Items (auch Beobachtungsvariablen oder Indikatoren genannt). Um diese Konstrukte besser zu erfassen und um zufällig auftretende Fehler zu vermeiden, werden die Eigenschaften mehrerer Indikatoren teilweise zu einem Index zusammengefasst. Dieser setzt sich aus ungewichteten additiven oder gewichteten multiplikativen Indikatoren zusammen. 566 567
Vgl. Bortz/Döring (2002), S. 6. Vgl. hierzu auch die empirischen Untersuchungen von Dibbern/Heinzl (2001), Mellewigt (2003), Eisele (1995), Dibbern/Heinzl/Leibbrandt (2003), Kabst (2000) und Rotering (1993).
142
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
(3) Überprüfung der Reliabilität Wenn die Indices eine Zusammenfassung mehrerer gleichwertiger Messungen derselben Variablen darstellen, sollte ihre Reliabilität geprüft werden.568 Dabei wird der Grad der Zuverlässigkeit zwischen dem „wahren“ und dem beobachteten Wert ermittelt.569 Die Reliabilität wird zwischen zwei oder mehr Items überprüft.570 Die Werte liegen zwischen 0 und 1, wobei ein hoher Wert auf eine hohe Reliabilität hinweist. Attestlander (2003) fordert für „gute“ Reliabilitätskoeffizienten einen Wert von über 0,7.571 Darüber hinaus können für „grundlegende Forschung mit neu entwickelten Messmodellen […] Werte von 0,5 als befriedigend angesehen“ werden.572 Im Rahmen dieser empirischen Untersuchung wird die Reliabilität unter Verwendung des Cronbachs Alpha geprüft. (4) Überprüfung der Inhaltsvalidität Das Konzept der Validität (Gültigkeit) beschäftigt sich mit der Frage, ob das jeweilige Messinstrument das misst, was gemessen werden soll.573 Es wird also getestet, ob das Messinstrument für die Überprüfung der Hypothesen geeignet und ob die Messung frei von systematischen und zufälligen Fehlern ist.574 In der Literatur werden mehrere Varianten des Validitätsbegriffs diskutiert, wobei in diesem Zusammenhang nur die Prüfung der Inhaltsvalidität in Frage kommt.575 Die Inhaltsvalidität bezeichnet den Grad, mit dem die Variablen des Messmodells auf inhaltlich-semantischer Ebene übereinstimmen. Ein Konstrukt weist genau dann eine hohe Inhaltsvalidität auf, wenn die verwendeten Indikatoren alle Beobachtungsinhalte und Facetten des Konstruktes abdecken. Bei der Inhaltsvalidität geht es also um die „systematische Abgrenzung des Itemuniversums bei der Konstruktion eines Messinstrumentes“.576 Wie in der vorangegangenen Ausführung gezeigt, konnte zum einen durch den Pretest, zum anderen durch die bereits in der Forschungspraxis verwendeten Operationalisierungen die Inhaltsvalidität sichergestellt werden.
568 569 570 571 572 573 574 575 576
Vgl. Kromrey (2002), S. 389; Janssen/Laatz (2003), S. 521. Vgl. Bortz/Döring (2002), S. 195; Attestlander (2003), S. 255. Vgl. Janssen/Laatz (2003), S. 522. Vgl. Attestlander (2003), S. 228; siehe auch Janssen/Laatz (2003), S. 525. Vgl. Kabst (2000), S. 180. Vgl. Bortz/Döring (2002), S. 199. Vgl. Passenheim (2003), S. 212. Vgl. Laatz (1993), S. 75 ff. Mellewigt (2003), S. 170.
Auswertung der Daten
143
5.3.2.2 Verwendung der statistischen Verfahren Zur Überprüfung der Hypothesen werden bivariate Korrelationen und multifaktorielle Regressionen berechnet, die sich als statistisches Verfahren für den quantitativ-explorativen Ansatz eignen.577 Ebenso werden die Bestimmtheitsmaße r und R2 ermittelt. Die Ergebnisse werden auf ihre statistische Signifikanz mittels T-Test und F-Test geprüft. (1) Korrelation und Regression Die bivariate Korrelationsanalyse ist ein flexibles Verfahren für die Ermittlung von Zusammenhängen und für die Schätzung von Prognosen. Sie prüft Strukturen, die den sachlogischen Zusammenhang der entwickelten Hypothesen testen.578 Die Korrelationsanalyse wird daher für diese empirische Erhebung zur Prüfung von bivariaten Zusammenhangshypothesen benutzt, sofern sie mindestens auf Intervallskalenniveau gemessen sind. Zusätzlich kann mit Hilfe einer Regressionsanalyse eine Funktion gebildet werden, die explizit von einer Variablen und einem Zielkriterium ausgeht. Wird nur ein Faktor verwendet, spricht man auch von einer einfachen Regression.579 Erhöht sich die Anzahl der unabhängigen Variablen, handelt es sich um eine multiple Regressionsanalyse, auch multifaktorielle Regression genannt.580 Die multifaktorielle Regression wird für diese Arbeit zur Prüfung komplexer Modelle verwendet. Falls Variablen auf Nominalskalenniveau vorliegen, können auch Dummyvariablen verwendet werden. Diese Daten können so als binäre Werte berücksichtigt werden.581 (2) Ermittlung des Bestimmtheitsmaßes Das Bestimmtheitsmaß gibt Auskunft über die Höhe des Anteils der erklärten Streuung an der Gesamtstreuung der Beobachtungswerte.582 Dabei wird bestimmt, wie groß die Güte des Untersuchungsmodells und wie hoch der Anteil der erklärten Varianz ist. Der Wertebereich ist normiert und liegt zwischen 0 und 1, wobei im Fall R2=1 die gesamte Streuung erklärt wird. Je mehr sich der Wert 0 nähert, desto weniger kann das Bestimmtheitsmaß das Regressionsmodell erklären. Nachteil des Bestimmtheitsmaßes ist, dass der Wert durch die Anzahl der unabhängigen Variablen beeinflusst wird. Der Wert kann in seiner Höhe durch die Aufnahme mehrerer Variablen im Fall der Regression nur zuneh577 578 579 580 581
582
Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 9. Vgl. Attestlander (2003), S. 298. Vgl. Backhaus et al. (2003), S. 53. Vgl. Laatz (1993); S. 491 ff; Backhaus et al. (2003), S. 60. Vgl. Janssen/Laatz (2003), S. 412-414; Backhaus et al. (2003), S. 9; vgl. hierzu auch Laatz (1993), S. 400; Mellewigt (2003), S. 194; Kabst (2000), S. 181 f. Vgl. Kabst (2000), S. 184.
144
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
men, nicht abnehmen. Dieser Effekt wird durch das korrigierte Bestimmtheitsmaß R2korr unterbunden. Das korrigierte Bestimmtheitsmaß ist daher für die Analyse der Güte des Untersuchungsmodells in der empirischen Sozialforschung bedeutender als R2. Das Bestimmtheitsmaß erklärt zwar die Anpassung der Korrelation und Regressionsfunktion an die beobachteten Daten, doch fehlt die Erklärung, ob das geschätzte Modell statistisch signifikant ist.583 (3) Statistische Signifikanz Die statistische Signifikanz überprüft die Ergebnisse daraufhin, ob sie durch Zufallsschwankungen verursacht sein könnten. Ein Ergebnis gilt nur dann als signifikant, wenn das Ergebnis mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht durch Zufallsschwankungen zustande gekommen sein kann. Dazu dient bei R2 für das Gesamtmodell der F-Test und bei r sowie den Beta-Werten der T-Test. Beim F-Test wird ein empirischer F-Wert mit einem kritischen F-Wert aus der theoretischen F-Verteilung verglichen. Ist der empirische F-Wert größer als der kritische, wird H0 verworfen und die Regressionsgleichung ist statistisch signifikant. Im umgekehrten Fall wird H0 beibehalten (vgl. Tabelle 6). Femp > Fkrit =>
H0 verwerfen
Femp < Fkrit =>
H0 beibehalten
=>
Zusammenhang ist signifikant
Tabelle 6 F-Test584
Bei der Prüfung der Regressionskoeffizienten geht es nun nicht mehr um die Prüfung einer Mehrzahl von Variablen, sondern darum, wie gut die einzelnen Variablen des Regressionsmodells das Zielkriterium erklären. Maße zur Prüfung sind für r und die Beta-Werte der t-Wert.585 Der empirische t-Wert wird ermittelt und mit einem kritischen t-Wert aus der theoretischen t-Verteilung verglichen. Dies erfolgt analog zu dem bereits oben dargestellten Sachverhalt. Ist der empirische t-Wert größer als der kritische, wird H0 verworfen, und die Variable hat einen signifikanten Einfluss auf das Zielkriterium. Die Stärke des Einflusses der einzelnen Variablen wird durch den Beta-Wert, der zwischen -1 und +1 liegt, ermittelt. Das Vorzeichen gibt die Richtung des Zusammenhangs an. Ist der Beta-Wert gleich Null, besteht kein linearer Zusammenhang.586 583 584 585 586
Vgl. Mellewigt (2003), S. 197. In Anlehnung an Backhaus et al. (2003), S. 72. Vgl. Mellewigt (2003), S. 196. Vgl. Kabst (2000), S. 185 f.
Auswertung der Daten
145
Die Grenze, ab der ein Ergebnis als so wenig wahrscheinlich angesehen und H0 abgelehnt wird, bezeichnet man als Irrtumswahrscheinlichkeit (Signifikanzniveau). Die folgende Tabelle zeigt, wie eine konkrete Ausprägung des Signifikanzniveaus α im Rahmen der vorliegenden Arbeit interpretiert wird587 (vgl. Tabelle 7). Irrtumswahrscheinlichkeit Interpretation Symbolik
α >0,05
α 20 Jahre
1980 bis 1999
12%
13%
10- 19 Jahre 1950 bis 1979
11%
16%
6 - 9 Jahre 1900 bis 1949
14%
28%
1850 bis 1899
3 - 5 Jahre
19%
vor 1850
< 2 Jahre
17%
0%
5%
10%
15%
42%
20%
25%
30%
21%
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
40%
45%
Abbildung 19 Gründungsjahr der Unternehmen und Firmenzugehörigkeit der Interviewpartner595
36 Prozent der beteiligten Unternehmen wurden bereits im 19. Jahrhundert gegründet (vgl. Schaubild links in der Abbildung 19). Das Gründungsjahr von 28 Prozent der Betriebe liegt zwischen 1900 und 1949. 7 Prozent der Unternehmen existieren erst seit maximal fünf Jahren. Weit mehr als die Hälfte sind also Unternehmen mit einer langen Firmengeschichte, während junge Unternehmen einen nur sehr geringen Anteil ausmachen. Der Großteil der Interviewpartner (42 Prozent) gehört seit drei bis fünf Jahren dem Unternehmen an (vgl. Schaubild rechts in der Abbildung 19). Der hohe Anteil der Personen, die weniger als zwei Jahre für das Unternehmen tätig sind, lässt vermuten, dass in vielen der untersuchten Unternehmen das Outsourcing an Bedeutung gewonnen hat oder die Betroffenen sich erst seit kurzer Zeit mit diesem Thema beschäftigen. 37 Prozent aller Befragten sind länger als sechs Jahre 594 595
Vgl. Nagengast (1997), S. 225; Bacher (2000), S. 249; Schott (1997), S. 128. Eigene Darstellung.
150
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
im Unternehmen, 12 Prozent davon sogar seit mehr als zwanzig Jahren. Dies kann ein Anzeichen dafür sein, dass die Beschäftigung mit dem Thema Outsourcing länger zurückreicht. Dem entsprechen auch die Ergebnisse zur Dauer der Outsourcingprojekte, die im weiteren Verlauf der deskriptiven Statistik dargestellt werden. Da Outsourcing ein strategisches Thema ist, richtete sich die Befragung aber vor allem an Vertreter der Geschäftsführung, der strategischen Unternehmensplanung, der Unternehmensentwicklung oder an Abteilungsleiter. Ob dies gelungen ist, kann anhand einer Tabelle über die Position der befragten Interviewpartner geprüft werden (vgl. Tabelle 11). Position des Interviewpartners Geschäftsführung / Assistent der Geschäftsführung Strategische Unternehmensplanung / Unternehmensentwicklung Abteilungsleitung sonstige Funktion keine Angabe
Häufigkeit 25 28 9 4 11
Prozent 32,46 36,36 11,68 5,19 14,28
Tabelle 11 Position des Interviewpartners
Lässt man die anonymen Antwortbögen unberücksichtigt, entsprechen 95 Prozent der Befragten der anvisierten Zielgruppe. Ähnliche Ergebnisse sind auch in vergleichbaren Studien festzustellen.596 Zusammenfassend kann hinsichtlich der Strukturmerkmale der befragten Unternehmen festgehalten werden, dass eine heterogene Verteilung der befragten Großunternehmen in Deutschland nach Umsatz und Anzahl der Mitarbeiter vorliegt und alle Branchen erfasst wurden. Mehr als die Hälfte der Unternehmen existiert seit langem. Die Interviewpartner gehören der anvisierten Zielgruppe an. 5.4.1.2 Generelle Bedeutung von Strategischem Outsourcing Im ersten Teil der Untersuchung wurden die Unternehmen zur generellen Bedeutung von Strategischem Outsourcing befragt. Hier standen Fragen wie die strategische Grundsatzentscheidung des Outsourcings, der Grad des Outsourcings, die betroffenen Geschäftsprozesse sowie die Anzahl und Dauer der Outsourcingprojekte im Vordergrund. (1) Strategische Grundsatzentscheidung für das Outsourcing Wie bereits in Kapitel 3 dargelegt, ist der erste Schritt zum Outsourcing die unternehmerisch-strategische Grundsatzentscheidung. Diese Entscheidung basiert auf übergreifenden und abgeleiteten Unternehmenszielen und legt die Leistungsvergabe von einem oder mehreren Geschäftsprozessen fest. Die Unterneh596
Vgl. Schott (1997), S. 128; Kabst (2000), S. 178.
Ergebnisse der Untersuchung
151
men wurden daher zuerst danach befragt, welche Unternehmensstrategie ihr Unternehmen durch das Outsourcing verfolgt. Die Anwendung der skizzierten Outsourcingstrategien wird im folgenden Schaubild wiedergegeben (vgl. Abbildung 20). 3%
in sehr hohem Maße
13%
18%
in hohem Maße
39%
34%
in mittlerem Maße
Erweiterungsstrategie
23%
Entlastungstrategie
31%
in geringem Maße
19%
14%
gar nicht
6% 0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
40%
45%
Abbildung 20 Strategie des Outsourcings597
Die relativen Häufigkeitsverteilungen zeigen, dass sich mehr als die Hälfte aller Unternehmen in hohem beziehungsweise in sehr hohem Maße für eine Entlastungsstrategie entschieden, während in derselben Intensität nur 21 Prozent aller Unternehmen ein erweiterungsmotiviertes Outsourcing verfolgen. 65 Prozent aller Unternehmen mit einer Erweiterungsstrategie betreiben diese nur in mittlerem oder geringem Maße. Dies belegt die Tabelle 12, wobei der Mittelwert der Erweiterungsstrategie von 2,65 dem Mittelwert der Entlastungsstrategie von 3,27 gegenübersteht (vgl. Tabelle 12). Variable
N
Mittelwert
Standardabweichung
Erweiterungsstrategie
77
2,65
1,01
Entlastungsstrategie
77
3,27
1,16
Tabelle 12 Mittelwert und Standardabweichung der Strategie des Outsourcings
(2) Grad des Outsourcings Nach der strategischen Grundsatzentscheidung zwischen der Erweiterungs- und Entlastungsstrategie trifft das Unternehmen die Wahl über den Grad des Outsourcings. Die Klassifikation wird anhand des finanziellen Grads des externen
597
Eigene Darstellung.
152
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Leistungsbezugs vorgenommen.598 Abhängig von der jeweiligen Unternehmensfunktion, wurde daher der prozentuale Anteil des Outsourcings eines Geschäftsprozesses bezogen auf das Gesamtbudget der jeweiligen Unternehmensfunktion. Die Bestimmung des Grads des Outsourcings erfolgt analog zur Wahl der Outsourcingform. Die folgende Abbildung gibt einen Überblick über die gewählte Form des Outsourcings. Die Unternehmen gaben hierzu den Anteil aller auslagerbaren Geschäftsprozesse an. Zusätzlich wurden die Unternehmen gebeten, die Anzahl der Entscheidungen gegen das Outsourcing im Unternehmen anzugeben, um die Entscheidung zur Eigenfertigung zu berücksichtigen. Somit konnte ein Rückschluss auf alle vier Formen des Outsourcings gebildet werden. Die Formen des Outsourcings sind als relativer Anteil dargestellt (vgl. Abbildung 21). Insourcing 19 %
Ausgliederung 31%
10% Komplettes Outsourcing
40% Selektives Outsourcing
N=77; Mehrfachnennungen möglich
Abbildung 21 Formen des Outsourcings599
Die Hälfte der Unternehmen betreibt externes Outsourcing.600 10 Prozent aller befragten Unternehmen haben sich für komplettes Outsourcing entschieden, während 40 Prozent selektives Outsourcing betreiben. Die Ausgliederung in eine verbundene Unternehmung wird von 31 Prozent der Unternehmen bevorzugt. Entscheidungen, die zum Ausschluss der drei zuvor genannten Formen führen, gaben 19 Prozent aller Unternehmen an. Diese Betriebe belassen somit die Geschäftsprozesse im Unternehmen (Insourcing) oder lagern weniger als 20 Prozent des Gesamtbudgets der Unternehmensfunktion aus. Stellt man die Formen des Outsourcings nun als prozentuale Verteilung der auslagerbaren Geschäftsprozesse am Gesamtbudget der Unternehmensfunktionen 598
599 600
Vgl. Kapitel 2.2 Outsourcingformen zwischen Markt und Hierarchie und Kapitel 3.2.1.2 Outsourcingstrategie. Eigene Darstellung. Vgl. hierzu auch Kapitel 2.2.2 Ausprägungsformen des Outsourcings.
Ergebnisse der Untersuchung
153
dar, so erhält man den Grad des Outsourcings. Die Ausgliederung wird hierbei nicht betrachtet, da die Leistung an eine verbundene Unternehmung vergeben wird und aus finanzieller Sicht alle drei zuvor genannten Formen überschneiden kann.601 Die Ergebnisse sind in der folgenden Übersicht dargestellt (vgl. Tabelle 13).
Anteil am Gesamtbudget der Unternehmensfunktion
Insourcing
Selektives Outsourcing
Komplettes Outsourcing
< 20 %
20%-80%
> 80 %
Mittel- Standardwert abw.
Unternehmensfunktion
N
Beschaffung
13
4%
Gesamt
N
Mittelwert
Standardabw.
N
Mittelwert
Standardabw.
N
Mittelwert
Median
Standardabw.
4,72%
8
58%
19,08%
2
85%
7,07%
23
27%
10%
31,59%
Logistik
13
7%
5,23%
18
57%
21,49%
10
87%
9,18%
41
43%
50%
34,24%
Produktion und Verarbeitung
12
6%
3,89%
21
36%
13,14%
0
0%
0,00%
33
25%
20%
17,71%
Marketing
8
6%
4,43%
13
30%
15,39%
0
0%
0,00%
21
21%
20%
17,25%
Personalwesen
15
6%
3,95%
13
34%
18,42%
2
95%
0,00%
30
24%
15%
26,62%
Finanz- und Rechnungswesen
10
5%
4,91%
13
46%
21,56%
2
84%
6.83%
25
29%
25%
26,31%
Informations- und Kom.- technologie
8
10%
3,78%
37
44%
19,45%
17
91%
7,18%
62
51%
50%
30,07%
Management und Verwaltung
19
6%
4,79%
6
20%
0,00%
0
0%
0,00%
25
9%
10%
4,75%
Produktionsnahe Dienstleistungen
17
8%
4,68%
19
34%
12,40%
0
0%
0,00%
36
22%
20%
16,46%
Sonstige
2
10%
0,00%
3
53%
23,09%
7
90%
5,00%
12
66%
90%
34,35%
Gesamt
117
7%
4,04%
151
41%
16,40%
40
89%
3,16%
308
32%
31%
23,94%
Tabelle 13 Grad des Outsourcings
Insgesamt ergibt sich für das Outsourcing von Geschäftsprozessen aller Unternehmensfunktionen ein gewichteter Mittelwert von 32 Prozent. Diejenigen Unternehmen, die sich für Insourcing entschieden haben, lagern durchschnittlich 7 Prozent des Anteils einer Unternehmensfunktion aus. Für das selektive Outsourcing liegt der Durchschnitt bei 41 Prozent, und der Grad des kompletten Outsourcings liegt im Mittel bei 89 Prozent. Im Vergleich dazu stellte beispielsweise Dillmann (1996) im Jahr 1993 in seiner Untersuchung zum Fremdvergabegrad aller pharmazeutischen Entwicklungsaufgaben innerhalb von Deutschland einen Wert von 21 Prozent fest.602 Nagengast (1997) fand heraus, dass Indu601 602
Vgl. hierzu auch Kapitel 3.2.1.2 Outsourcingstrategie. Vgl. Dillmann (1996), S. 99.
154
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
strieunternehmen in Bayern mehr als 60 Prozent ihrer Dienstleistungen auslagern. Diese Dienstleistungen umfassen unter anderem den Transport, die Instandhaltung, die Informationsverarbeitung, die Lagerhaltung und die Werbung.603 Die Untersuchung zur Informationsverarbeitung im Mittelstand von Dibbern/Heinzl (2001) kam zu dem Ergebnis, dass der Outsourcinganteil zwischen 6 und 31 Prozent liegt.604 Betrachtet man den Grad des Outsourcings nach Unternehmensfunktionen, liegen die „sonstigen Unternehmensfunktionen“ mit 66 Prozent an erster Stelle. Das sind nach Angaben der Betriebe kernferne Geschäftsprozesse dritter Klasse605, wie beispielsweise Facility Management, Reinigung und Catering. Die Informations- und Kommunikationstechnologie folgt mit einer durchschnittlichen Auslagerung von 51 Prozent, wobei 17 der 77 befragten Unternehmen mehr als 90 Prozent der gesamten Unternehmensfunktion fremdvergeben. 37 Unternehmen lagern 44 Prozent der Informationsverarbeitung aus. Den Bereich Management und Verwaltung lagern im Durchschnitt nur 9 Prozent aus. Diese vom Outsourcing betroffenen Geschäftsprozesse werden von den 25 Unternehmen, die hierzu Angaben machten, zu weniger als 20 Prozent fremdvergeben. Geschäftsprozesse aus Produktion und Verarbeitung werden durchschnittlich zu 25 Prozent ausgelagert. Im Vergleich dazu ergab die Studie von Hendrix/ Abendroth/Wachtler (2004) einen höheren Wert von 37 Prozent. Hendrix et al. stellten zudem für die produktionsnahen Dienstleistungen (beispielsweise Ingenieurleistungen oder Forschung und Entwicklung) einen geringen Anteil (8 Prozent) im Vergleich zu dem ermittelten Wert von 22 Prozent in dieser Studie fest. Dieser Unterschied kann auf die Unternehmensgröße zurückzuführen sein. Dies legt den Schluss nahe, dass tendenziell Großunternehmen eher kernnahe Geschäftsprozesse fremdvergeben als klein- und mittelständische Unternehmen.606 Unternehmensfunktionen wie das Marketing, das Personalwesen, das Finanzund Rechnungswesen und die Beschaffung sind durchschnittlich zwischen 20 und 30 Prozent vom Outsourcing betroffen, wobei eindeutig nur darauf geschlossen werden kann, dass diese Bereiche nicht in der Form des kompletten Outsourcings vergeben werden. Hingegen wird die Logistik mit einem Viertel aller Nennungen komplett ausgelagert.
603 604 605 606
Vgl. Nagengast (1997), S. 233. Vgl. Dibbern/Heinzl (2001), S. 345. Vgl. hierzu auch Kapitel 2.1.4 Outsourcing von Geschäftsprozessen. Vgl. Hendrix/Abendroth/Wachtler (2003), S. 55.
Ergebnisse der Untersuchung
155
(3) Art und Bedeutung der ausgelagerten Geschäftsprozesse In einer weiteren Frage wurden die Unternehmen aufgefordert, einen Geschäftsprozess zu benennen, welcher das bislang wichtigste Strategische Outsourcingprojekt darstellt. Dieser Geschäftsprozess sollte entweder der Erweiterungsoder der Entlastungsstrategie zugeordnet werden. Die nachstehende Abbildung stellt die angegebenen Geschäftsprozesse dar (vgl. Abbildung 22). •
Anwendungsentwicklung
•
Eigenmarkenentwicklung
•
Fertigung
Auslagerung von Funktionen in ein Shared Service Center
•
Forschung und Entwicklung
•
Juristische Dienstleistungsprozesse
•
Beschaffungsbereich
•
MyStory Shopping
•
Expedition/ Warenauslieferung
•
Lohn- und Gehaltskostenabrechnung
•
Externe und interne Logistik
•
IT-Beratung, Services, SAP, EBusiness, Technische Services
•
Reinigungsdienstleistung
•
Operative Prozessabwicklung
•
Maschinenwartung
•
Informations- und Kommunikationstechnologie
•
Produktionsmodell
•
Serviceleistungen für Drucker/Kopier/Fax
•
Transportleistung
•
Weltweite Lagerhaltung und Logistik
•
Wertpapierabwicklung
•
Erweiterungsstrategie: 35%
Entlastungsstrategie: 65%
•
Personalabrechnung
•
Personalentwicklung
•
Technischer Einkauf
•
Vertriebspartner
•
Wertpapierentwicklung
•
Vertragsmanagement
•
Zentrale Dienste
Abbildung 22 Beispiele aufgeführter Geschäftsprozesse nach gewählter Strategie607
In Bezug auf die Matrix zur Einteilung von Geschäftsprozessen608 sind die angeführten Beispiele allen drei Klassen des Outsourcings zuzuordnen. Ebenso bestätigt sich hier die Tendenz, dass die wichtigsten Outsourcingprojekte zu 65 Prozent aus Gründen der Entlastung vorgenommen wurden, wahrscheinlich um Kosten- und Risikoeffekte zu erzielen. Zu den wichtigsten ausgelagerten Geschäftsprozessen gehören die operative Prozessabwicklung, Maschinenwartung, Informationsverarbeitung und die Warenauslieferung. Im Gegensatz dazu werden Geschäftsprozesse der Eigenmarkenentwicklung oder Forschung und Entwicklung eher der Erweiterungsstrategie zugeordnet, um die Wertschöpfung zu erweitern oder um mehr Innovation oder Qualität durch den Outsourcingpartner zu erreichen. Als Weiteres wurden die Unternehmen gebeten, die vom Outsourcing betroffenen Unternehmensbereiche anzugeben (vgl. Abbildung 23).
607 608
Eigene Darstellung. Vgl. Kapitel 2.1.4 Outsourcing von Geschäftsprozessen.
156
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Erweiterungsstrategie
Entlastungsstrategie
30,00% 25,00% 20,00% 15,00% 10,00% 5,00%
ig e So ns t
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0,00%
Abbildung 23 Zuordnung der Geschäftsprozesse zu den Unternehmensfunktionen609
Die Ergebnisse zeigen, dass alle Unternehmensfunktionen vom Strategischen Outsourcing von Geschäftsprozessen betroffen sind, am stärksten die Unternehmensfunktionen Produktion und Verarbeitung, Informations- und Kommunikationstechnologie, Management und Verwaltung sowie die produktionsnahen Dienstleistungen. Bei Verfolgung einer Entlastungsstrategie sind eindeutig die Bereiche Produktion und Verarbeitung sowie Informations- und Kommunikationstechnologie tangiert. Die Bereiche Management und Verwaltung, Marketing, produktionsnahe Dienstleistungen und Logistik befassen sich tendenziell eher mit dem erweiterungsmotivierten Outsourcing. Jedoch überwiegt insgesamt der relative Anteil der Entlastungsstrategie gegenüber dem relativen Anteil der Erweiterungsstrategie. (4) Anzahl und Dauer der Outsourcingprojekte von Geschäftsprozessen Die Angabe der Anzahl und der Dauer der Outsourcingprojekte von Geschäftsprozessen ist interessant, da sich der relative Anteil des Outsourcings von Unternehmen insgesamt erhöhen und sich das Ausmaß der Strukturkomplexität verringern könnte. Von den 77 Unternehmen, die den Fragebogen ausgefüllt haben, ist jedes an einem oder mehreren Outsourcingprojekten beteiligt. Die
609
Eigene Darstellung.
Ergebnisse der Untersuchung
157
Tabelle 14 zeigt die Übersicht über die Anzahl der Outsourcingprojekte im Unternehmen (vgl. Tabelle 14). Variable Anzahl der Outsourcingprojekte
N 77
Maximum 30
Mittelwert 4,82
Median 3
Standardabweichung 5,35
Tabelle 14 Anzahl der Outsourcingprojekte
Zwei Unternehmen gaben an, derzeit 30 Outsourcingprojekte durchzuführen. Der Mittelwert liegt bei fast fünf Projekten und weicht erheblich vom Median ab. Der Median beträgt 3 Outsourcingprojekte pro Unternehmen. Die Frage nach der Dauer der Outsourcingprojekte wurde durch die Zusatzfrage nach der Dauer bereits bestehender Verträge ergänzt (vgl. Abbildung 24). 60% 48%
50%
41%
40% 30%
27% 22% 18%
20% 10%
10%
9%
16%
7% 2%
0% 1 Jahr
2 - 3 Jahre
4 - 6 Jahre
Dauer der Outsourcing-Projekte
7 - 10 Jahre
> 10 Jahre
Dauer bereits bestehender Verträge
Abbildung 24 Dauer der Outsourcingprojekte und Dauer bereits bestehender Verträge610
Nur 10 Prozent aller Outsourcingprojekte dauern ein Jahr und weniger. Die Hälfte aller Betriebe kooperiert mit dem Partner zwei bis drei Jahre, während nur noch 22 Prozent der Projekte vier bis sechs Jahre dauern. 41 Prozent aller Unternehmen gaben an, bereits seit sieben bis zehn Jahren Outsourcingprojekte durchzuführen. Bei weiteren 16 Prozent bestehen Vertragsverhältnisse seit mehr als zehn Jahren. Man kann davon ausgehen, dass aktuell abgeschlossene Verträge eher auf eine mittelfristige Bindung (mehr als zwei und weniger als vier Jahre) mit dem Partner ausgerichtet sind. Zwei Unternehmen gaben an, seit sogar mehr als 50 Jahren mit den Partnern zusammenzuarbeiten. Zusammenfassend kann zur generellen Bedeutung von Strategischem Outsourcing festgehalten werden, dass der derzeitige Schwerpunkt der Outsourcingstrategie eher auf der Entlastungs- als auf der Erweiterungsstrategie liegt. Insgesamt beträgt der Grad des Outsourcings von Geschäftsprozessen aller Unternehmens610
Eigene Darstellung.
158
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
funktionen 32 Prozent. Internes und externes Outsourcing werden von Unternehmen in etwa gleich stark betrieben. Das selektive Outsourcing wird zu 40 Prozent und die Ausgliederung zu 31 Prozent durchgeführt. 10 Prozent der befragten Unternehmen wählen die Form des kompletten Outsourcings. Die Unternehmensfunktionen Information- und Kommunikationstechnologie, Logistik und kernferne Geschäftsprozesse als „sonstige Unternehmensfunktion“ sind am stärksten vom Outsourcing betroffen, während der Bereich Management und Verwaltung prozentual am wenigsten auslagert. Die Bereiche Marketing, Personalwesen, Finanz- und Rechnungswesen, Beschaffung, Produktion und Verarbeitung sowie produktionsnahe Dienstleistungen werden zu 20 bis 30 Prozent ausgelagert. Die Entlastungsstrategie ist am ehesten Motiv für die Auslagerung von Geschäftsprozessen aus den Bereichen Produktion und Verarbeitung sowie Informations- und Kommunikationstechnologie. Im Schnitt befasst sich jedes Unternehmen mit drei Outsourcingprojekten gleichzeitig, wobei ein Projekt in den meisten Fällen zwei bis drei Jahre dauert. 5.4.1.3 Strategie-, Partner-, Struktur- und Betriebsphase Nachdem die generelle Bedeutung von Strategischem Outsourcing vorgestellt wurde, werden folgend die Befunde bezüglich des jeweils wichtigsten Outsourcingprojekts zu den Outsourcing-Phasen vorgestellt. Hierbei wurden die Unternehmen gebeten, sich auf das bislang wichtigste Outsourcingprojekt im Unternehmen zu konzentrieren. In Anlehnung an Mellewigt (2003) soll damit verhindert werden, dass der „Beantworter gedanklich bei der Beantwortung der Fragen zwischen verschiedenen [Outsourcing-]Projekten hin und her springt“.611 (1) Anzahl der Entscheidungen gegen das Outsourcing Die Anzahl der Entscheidungen gegen das Outsourcing beeinflusst den Grad des Outsourcings. In der Tabelle 15 sind die Insourcing-Entscheidungen dargestellt (vgl. Tabelle 15). Anzahl der Entscheidungen gegen das Outsourcing 0 Entscheidungen 1 - 2 Entscheidungen 3 - 5 Entscheidungen mehr als 5 Entscheidungen Gesamt
Häufigkeit
Prozent
Kum. Prozent
24 17 22 10 73
32,88 23,29 30,14 13,7 100
32,88 56,16 86,3 100
Tabelle 15 Anzahl der Entscheidungen gegen das Outsourcing
Ein Drittel aller Unternehmen gab an, jeden zur Entscheidung anstehenden Geschäftprozess als Outsourcingmaßnahme fremdzuvergeben. Ein weiteres Drittel vergibt im Schnitt nur jedes vierte Outsourcingprojekt an ein externes Unter611
Mellewigt (2003), S. 209; vgl. hierzu auch Eisele (1995), S. 344.
Ergebnisse der Untersuchung
159
nehmen. Häufige Entscheidungen, die Leistungen nicht an einen Partner zu vergeben, weisen eindeutig auf internes statt auf externes Outsourcing hin. (2) Anforderungsprofil des Outsourcingpartners In der Partnerphase wird ein geeigneter Wertschöpfungspartner für das Outsourcingprojekt gewählt. Hierzu wird zuerst das Anforderungsprofil potenzieller Dienstleister analysiert und der Outsourcingpartner evaluiert. Das Anforderungsprofil erleichtert die Suche nach einem Outsourcingpartner. Die Betriebe wurden hierzu gebeten, die Kriterien für die Auswahl eines Outsourcinganbieters zu gewichten (vgl. Tabelle 16). Variable Preis und Kostensenkungspotenziale Fachkenntnisse und technisches Know-how Vertrauen Referenzen Übernahme von Personal Serviceangebot Name, Größe, Internationalität Planung und Koordination Kultureller Anpassungsgrad
N 77 77 77 77 76 77 77 71 76
Mittelwert 4,42 4,31 4,01 3,99 3,93 3,87 3,71 3,69 3,18
Standardabweichung 0,89 0,86 0,91 0,87 1,16 0,99 0,98 0,86 1,09
Tabelle 16 Anforderungsprofil des Outsourcingpartners
Die Tabelle zeigt die Kriterien gemäß ihrer Wichtigkeit. Preis und Kostensenkungspotenziale haben offensichtlich größte Bedeutung für die Auswahl des Partners. Auf Platz 2 und 3 folgen die Fachkenntnisse und das technische Knowhow sowie das Vertrauen in den Partner. Die Übernahme von Personal erreicht nur eine mittlere Bedeutung. Die hohe Streuung deutet darauf hin, dass nicht alle befragten Unternehmen an einer Personalübernahme durch den Partner interessiert sind. Erstaunlich ist, dass der kulturelle Anpassungsgrad weitaus weniger wichtig als die Referenzen des Partners oder das Serviceangebot zu sein scheint. Auch hier darf vermutet werden, dass Unternehmen, die internationale Projekte durchführen, dem Kriterium des kulturellen Anpassungsgrads mehr Bedeutung schenken als Unternehmen, die mit einem regionalen Partner zusammenarbeiten. Managementkompetenzen, wie die Planung, die Koordination, der Name, die Größe und die Internationalität, sind eher unwichtig.
160
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
(3) Angaben zum Auswahlprozess Der Auswahlprozess kann eine pragmatische oder eine systematische Partnersuche sein.612 Aufgrund des aus der Transaktionskostentheorie abgeleiteten Kriteriums über die Anzahl der Outsourcinganbieter613 wurden die Unternehmen daher befragt, wie viele Anbieter in den Auswahlprozess involviert werden (vgl. Abbildung 25). 2 % mehr als 10 Anbieter 7-10 Anbieter
11 %
28 % 1-2 Anbieter
59 % 3-6 Anbieter N=72
Abbildung 25 Anzahl der involvierten Outsourcinganbieter in den Outsourcingprozess614
Nahezu 60 Prozent analysieren zwischen drei und sechs Anbieter als mögliche Outsourcingpartner. Knapp ein Drittel der befragten Unternehmen beschränkt sich auf einen bis zwei, während 13 Prozent mehr als sieben OutsourcingDienstleister evaluieren. Gemäß der Managementliteratur erfordert eine angestrebte mehrjährige Dauerbeziehung, wie dies beim Outsourcing der Fall ist, einen langwierigen Auswahlprozess.615 Die vorliegende empirische Erhebung bestätigt dies. Die Abbildung 26 zeigt eine Übersicht zur Dauer des Auswahlprozesses bis zur Vertragsunterzeichnung (vgl. Abbildung 26).
612 613 614 615
Vgl. Mellewigt (2003), S. 79 f. Vgl. hierzu Dibbern/Heinzl (2001), S. 345. Eigene Darstellung. Vgl. hierzu Lassig/Lamberti/Jochum (2003).
Ergebnisse der Untersuchung
161
bis zu 2 Monaten mehr als 8 Monate
14 %
8%
35 % 43 %
2 bis 4 Monate
5 bis 8 Monate
N=74
Abbildung 26 Dauer des Auswahlprozesses bis zur Vertragsunterzeichnung616
Nur 8 Prozent aller Unternehmen benötigen bis zu zwei Monate für den Auswahlprozess. 35 Prozent aller Befragten gaben an, dass die Grob- und Feinauswahl des potenziellen Partners zwei bis vier Monate dauern. Die Mehrheit (43 Prozent) braucht jedoch fünf bis acht Monate für die Selektion des Anbieters, 14 Prozent sogar noch länger. Die pragmatische Vorgehensweise ist gegenüber der systematischen Vorgehensweise effizienter, insbesondere dann, wenn die Partner durch persönliche Geschäftsbeziehungen bekannt sind. Auch können der Bekanntheitsgrad und ein bereits bestehendes Vertrauensverhältnis zu einer Verkürzung des Selektionsprozesses beitragen sowie das Risiko einer falschen Partnerwahl minimieren. Die nachstehende Abbildung zeigt, inwieweit die befragten Unternehmen den Partner ihres aktuell wichtigsten Outsourcingprojekts im Unternehmen vorher kannten (vgl. Abbildung 27).
616
Eigene Darstellung.
162
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
4%
war vorher nicht bekannt
Reputation 29 % 47 % persönliche Geschäftskontakte 20 % bereits gemeinsame Projekte N=74
Abbildung 27 Bekanntheitsgrad des Outsourcingpartners617
Fast die Hälfte der Betriebe kannte ihren Outsourcingpartner durch persönliche Geschäftskontakte. 20 Prozent der Betriebe hatten mit demselben Vertragspartner bereits gemeinsame Projekte durchgeführt. 29 Prozent hatten sich für ein Unternehmen entschieden, das durch seine Reputation vorher bekannt gewesen war. Im Gegensatz dazu kannten nur 4 Prozent der Unternehmen ihren Partner vorher nicht. (4) Angaben zum Outsourcingpartner Die Angaben zum Outsourcingpartner erlauben Rückschlüsse auf charakteristische Merkmale der Outsourcingprojekte. Deshalb wurden die Unternehmen befragt, mit welcher Anzahl von Anbietern sie am wichtigsten Outsourcingprojekt arbeiten, wie groß das Vertragsvolumen ist, aus welcher Branche die Partner kommen und wo die Leistungen erstellt werden. Die Anzahl der Outsourcingpartner gibt Hinweise auf die Strukturkomplexität sowie auf das Ausmaß der Steuerung und Kontrolle während der Betriebsphase. Die folgende Tabelle zeigt hierzu eine Übersicht (vgl. Tabelle 17). Zusammenarbeit mit… ...einem Partner ...zwei Partner ...mehr als zwei Partner Gesamt
Häufigkeit 55 5 17 77
Prozent 71,43 6,49 22,08 100
Kum. Prozent 71,43 77,92 100
Tabelle 17 Anzahl der Outsourcingpartner
Über 70 Prozent aller Unternehmen arbeiten mit nur einem Partner zusammen, während 17 Unternehmen mit mehr als zwei Partnern zusammenarbeiten. 617
Eigene Darstellung.
Ergebnisse der Untersuchung
163
10 dieser 17 Unternehmen gaben sogar an, mit mehr als 5 Partnern gleichzeitig an einem Outsourcingprojekt zu kooperieren. Zu ähnlichen Ergebnissen kam Nagengast (1997) und stellte fest, dass beim Outsourcing primär die Form des „Single Sourcing“ betrieben wird.618 Hier ist erkennbar, dass die Mehrzahl der Unternehmen die Strukturkomplexität sowie das Ausmaß der Steuerung und Kontrolle zu minimieren versucht. Umfangreiche und komplexe Outsourcingprojekte lassen sich an dem Vertragsvolumen ermessen. Nach Wullenkord/Kiefer/Sure (2004) und Dittrich/Braun (2004) konnte ein Rahmen für den Umfang der Projekte festgelegt werden.619 Daher wurde von den Unternehmen eine Angabe über das Vertragsvolumen des Outsourcingprojekts erbeten. Durch eine Zusatzabfrage konnte die angenommene Klasseneinteilung der Betragsgrößen verifiziert werden. Die folgende Tabelle zeigt die Ergebnisse (vgl. Tabelle 18). Vertragsvolumen in Euro einstelliger Millionenbetrag zweistelliger Millionenbetrag dreistelliger Millionenbetrag Gesamt
Häufigkeit 25 35 17 75
Prozent 32,47 45,45 22,08 100
Kum. Prozent 32,47 77,92 100
Tabelle 18 Vertragsvolumen des Outsourcingprojekts
Die Outsourcingprojekte umfassen bei knapp der Hälfte aller Unternehmen ein Volumen zwischen 10 und 100 Millionen Euro. Bei einem Drittel der Unternehmen ist das Volumen niedriger, und ungefähr 20 Prozent gaben einen Umfang von bis zu einer Milliarde Euro an. Zwei Unternehmen machten keine Angabe zum Vertragsvolumen. Bei Unternehmen mit geringerem Vertragsvolumen kann angenommen werden, dass sie eher ein entlastungsmotiviertes Outsourcing favorisieren. Die Angabe der Branche des Partnerunternehmens wurde erbeten, um Aufschluss über einen möglichen Einfluss auf die strategische Grundsatzentscheidung zu erhalten. Die Tabelle 19 gibt hierzu einen Überblick (vgl. Tabelle 19). Partner stammt aus… ...derselben Branche ...der Dienstleistungsbranche ...einer anderen Branche Gesamt
Häufigkeit 22 51 4 77
Prozent 28,57 66,23 5,2 100
Kum. Prozent 28,57 94,8 100
Tabelle 19 Branche des Partnerunternehmens
Der Dienstleistungssektor ist eindeutig die stärkste Branche. Nahezu 30 Prozent der Partner stammen aus derselben Branche. Die Wahl zur Entlastungsstrategie 618 619
Vgl. Nagengast (1997), S. 230. Vgl. hierzu Wullenkord/Kiefer/Sure (2004), S. 1-34; Dittrich/Braun (2004), S. 24.
164
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
ist bei Partnerunternehmen derselben Branche eher wahrscheinlich, da so Konkurrenznachteile vermieden werden. Die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Unternehmen anderer Branchen, die auf strategische Wertschöpfungspartnerschaften hindeuten könnten, ist mit vier Nennungen von geringer Bedeutung. Als letzte Angabe zum Outsourcingpartner wurde der Ort der Leistungserstellung durch den Partner erfragt. Dieser kann sowohl die strategische Entscheidung, die Partnerwahl und die Strukturkomplexität als auch die Steuerung und Kontrolle beeinflussen (vgl. Tabelle 20). Leistungen werden… ...regional oder im Unternehmen ...national ...international erstellt Gesamt
Häufigkeit
Prozent
19 36 22 77
24,68 46,75 28,57 100
Kum. Prozent 24,68 71,43 100
Tabelle 20 Ort der Leistungserstellung
Je ein Viertel der Leistungen wird vom wichtigsten Outsourcingpartner regional oder international gefertigt, während fast die Hälfte der Geschäftsprozesse national erstellt wird (Offshore Outsourcing620). Weltweit wurden vornehmlich Länder wie Indien und die USA erwähnt. In Indien wurden mehrmals Geschäftsprozesse erwähnt, die dem Personal oder der Anwendungsentwicklung zuzuordnen sind. Auffallend ist, dass neben Mittel- und Osteuropa, wo vier Nennungen der Forschung und Entwicklung zuzurechnen sind, insbesondere Länder wie Österreich, Frankreich und Großbritannien genannt wurden. Hier erwähnten die Befragten sechsmal Logistikprozesse. Ein Unternehmen gab an, in 22 Ländern mit Outsourcingpartnern zusammenzuarbeiten. Die internationale Kooperation deutet erneut auf die vorrangige Bedeutung der Entlastungsstrategie hin, denn eine Erweiterungsstrategie würde eine engere Zusammenarbeit und eine intensivere Interaktion und somit die örtliche Nähe zum Partner erfordern. (4) Regelungsaspekte des Outsourcingvertrags Der Vertrag ist die Basis einer langjährigen Beziehung zum Partner und legt die Rechte und Pflichten der Beteiligten fest. Die Unternehmen wurden zu den aufgeführten Vertragsinhalten befragt (vgl. Tabelle 21).
620
Vgl. hierzu auch weiterführende Literatur: McKinsey&Company (2003a und b); Thondavadi/Albert (2004): Boston Consulting Group (2002); Schneidereit (2004); KobayashiHillary (2004).
Ergebnisse der Untersuchung
Variable Qualität und Service-Level der Dienstleistung Art, Umfang und Abrechnungsspezifika der Dienstleistung Geheimhaltung bestimmter Informationen Flexible Anpassung im Verlauf des Projekts Zuständigkeits- und Verantwortungsbereiche Überleitung von Arbeitsverhältnissen Rückabwicklung bei Beendigung oder Kündigung Leistungsverzugsstrafen bei bestimmten Vertragsverstößen Gestaltung von Anreizen Differenzierung auf unterschiedlichen Organisationsebenen
165
N Mittelwert Standardabweichung 77 4,51 0,8 77 4,44 0,7 77 4,3 0,78 77 4,18 0,7 77 3,91 0,86 76 3,57 1,28 74 3,45 1,12 77 3,34 1,1 77 3,21 1,22 75 2,49 1,08
Tabelle 21 Regelungsaspekte des Outsourcingvertrags
Die Vertragsaspekte sind nach ihrer im Durchschnitt angegebenen Bedeutung sortiert. Die wichtigsten Kriterien eines Vertrags sind die Qualität und der Service-Level der Dienstleistung, während die Differenzierung auf mehreren Organisationsebenen offensichtlich als unwichtig angesehen wird. Auf Platz 2 stehen die Art, der Umfang und die Abrechnungsspezifika der Dienstleistung, auf Platz 3 Geheimhaltung bestimmter Informationen und auf Platz 4 die flexible Anpassung im Verlauf des Projekts. Die Gestaltung von Anreizen sowie Leistungsverzugsstrafen scheinen für die Unternehmen im Vergleich zu anderen Vertragsaspekten weniger wichtig zu sein. (5) Allgemeine strukturelle Angaben Die Fragen zu allgemeinen strukturellen Angaben wurden in Anlehnung an die geführten Experteninterviews erhoben.621 Hier kam es darauf an, organisatorische Aspekte, die zum Beispiel durch die Schlagworte „Personalübernahme“, „Niedriglohnländer“ und „Mengeneffekte“ angesprochen werden, einer Bewertung zu unterziehen. Die Tabelle 22 zeigt hierzu die Ergebnisse (vgl. Tabelle 22).
621
Vgl. hierzu Liste der befragten Experten im Anhang A 6.
166
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Variable Mengeneffekte können durch das Outsourcing des Geschäftsprozesses erzielt werden. Das Personal des betroffenen Geschäftsprozesses wurde vom Outsourcinganbieter übernommen. Die technische Infrastruktur und die organisatorischen Einheiten wurden vor dem Outsourcing konsolidiert und standardisiert. Die Verantwortung der technischen Infrastruktur obliegt weiterhin Ihrem Unternehmen. Der Geschäftsprozess oder Teile des Geschäftsprozesses wurde an kostengünstigere Standorte verlagert, z.B. in Niedriglohnländer.
N
Mittelwert
Standardabweichung
75
3,31
1,42
73
3
1,66
73
2,96
1,21
75
2,4
1,37
73
1,77
1,35
Tabelle 22 Allgemeine strukturelle Angaben
Die allgemeinen strukturellen Angaben sind ihrer Wichtigkeit nach sortiert. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die durchschnittlichen Abweichungen bei allen Werten sehr hoch sind. Dennoch wird die Tendenz deutlich, dass durch organisatorische Effekte das Outsourcing in direkte Verbindung mit „Mengeneffekten“, „Übernahme des Personals“ oder „Konsolidierung und Standardisierung“ gebracht wird. Bemerkenswert ist, dass die Verlagerung von Geschäftsprozessen in Niedriglohnländer als vergleichsweise wenig wichtig bewertet wurde. (6) Instrumente zur Steuerung und Kontrolle Die Steuerung und Kontrolle sollen einen reibungslosen Betrieb des Outsourcingprojekts gewährleisten. Hierfür werden Instrumente622 eingesetzt, die auch bei unvermeidlich auftretenden Problemen das langfristige Funktionieren der Partnerbeziehung sicherstellen. Die Instrumente zur Steuerung und Kontrolle wurden von den befragten Unternehmen hinsichtlich ihrer Eignung bewertet und sind in der folgenden Tabelle dargestellt (vgl. Tabelle 23).
622
Vgl. Steinmann/Schreyögg (2000), S. 243; Bruch (1998), S. 177-191.
Ergebnisse der Untersuchung
Variable Ergebniskontrolle mittels Kosten, Zeit und Qualität Regelmäßige Kontraktgespräche Planfortschrittskontrolle durch Soll-Ist-Abgleiche auf operativer und strategischer Ebene Einrichtung eines Lenkungs- und Projektausschusses Zeitlich begrenzte Projektgruppen Prämissenkontrolle als Überprüfung der Ausgangsdaten, die der Outsourcingplanung zugrunde lagen
167
N 73 76
Mittelwert 4,49 4,28
Standardabweichung 0,91 0,92
73
3,79
1,05
74
3,72
1,32
72
3,36
1,25
69
3,16
1,05
Tabelle 23 Eignung der Instrumente zur Steuerung und Kontrolle
Die am besten geeigneten Instrumente zur Steuerung und Kontrolle sind die Ergebniskontrolle vor den regelmäßigen Kontraktgesprächen mit dem Outsourcingpartner, gefolgt von der Planfortschrittskontrolle durch Soll/Ist-Abgleiche auf operativer und strategischer Ebene. Der Einsatz von Projektgruppen und die Prämissenkontrolle scheinen im Vergleich zu den anderen Instrumenten eher weniger wichtig zu sein. Zusammenfassend sind zu den Variablen des Konzeptansatzes (strategische Entscheidung, Partnerwahl, Gestaltung der Struktur und Betrieb) folgende Befunde festzuhalten: Die Anzahl der Entscheidungen gegen das Outsourcing begründet die Vorteilhaftigkeit der internen Leistungserstellung. Nur jede vierte unternehmensinterne Entscheidung zwischen externem Bezug oder Eigenerstellung einer Leistung führt zur Fremdvergabe, und dies nur bei einem Drittel aller befragten Unternehmen. Die Bewertung des Anforderungsprofils des Outsourcingpartners zeigt, dass der Preis und die Kostensenkungspotenziale sowie die Fachkenntnisse und technisches Know-how für die Auswahl eines Partners besonders wichtig sind. Das Kriterium Übernahme des Personals und der kulturelle Anpassungsgrad scheinen nur von Fall zu Fall eine Bedeutung zu haben. Bei der Auswahl des Partners evaluieren knapp zwei Drittel der Betriebe drei bis sechs Anbieter. Dieser Prozess dauert in den meisten Fällen fünf bis acht Monate bis zur Vertragsunterzeichnung. Daher werden häufig Outsourcinganbieter ausgewählt, die durch persönliche Geschäftskontakte bereits vorher bekannt waren. Das wichtigste Outsourcingprojekt im Unternehmen wird mit nur einem Partner abgewickelt und umfasst in 45 Prozent aller Fälle einen zweistelligen Millionenbetrag. 49 der 77 befragten Betriebe gaben an, mit einem Partner aus der Dienstleistungsbranche zusammenzuarbeiten. Die Leistungen werden zu einem Viertel regional erstellt. Ein weiteres Viertel der Geschäftsprozesse wird an internationale Partner vergeben, während die Hälfte aller Outsourcingleistungen national erstellt wird. Die vertraglichen Regelungen betreffen insbesondere die Qualität und den Service-Level der Dienstleistung. Fast ebenso wichtig sind Art, Umfang
168
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
und Abrechnungsspezifika sowie Klauseln zur Geheimhaltung von Informationen. Organisatorische Aspekte, wie „Mengeneffekte“ oder „Übernahme des Personals“, werden von den befragten Unternehmen höher gewichtet als beispielsweise die Verlagerung des Geschäftsprozesses in Niedriglohnländer. Wichtige Instrumente zur Steuerung und Kontrolle des Outsourcingbetriebs sind Ergebniskontrolle, regelmäßige Kontraktgespräche mit dem Outsourcingpartner und die Planfortschrittskontrolle durch operative und strategische Soll/Ist-Abgleiche. 5.4.1.4 Erfolg und Nutzen des Outsourcings In Kapitel 2 dieser Arbeit wurde dargelegt, dass Ziel des Strategischen Outsourcings die Sicherung des langfristigen Unternehmenserfolgs ist. Denn beim Strategischen Outsourcing handelt es sich um eine langfristige Veränderung in der Geschäftstätigkeit und der Erfolgsbasis des Unternehmens.623 Dabei können die mit dem Outsourcing verbundenen Ziele sowohl auf Ebene des Gesamtunternehmens als auch der Geschäftsprozesse bestimmt werden. Entsprechend lässt sich der Outsourcingerfolg in Bezug auf ein konkretes Projekt wie auch in Bezug auf übergreifende Unternehmensziele messen. Für die empirische Untersuchung wurden die teilnehmenden Unternehmen deshalb gebeten, die Bedeutung konkreter Ziele für den Outsourcingerfolg zu bewerten. Darüber hinaus sollten die Unternehmen eine allgemeine Einschätzung zum Nutzen des Outsourcings abgeben. (1) Projekterfolg In Kapitel 2.3 wurde dargelegt, dass operative und strategische Ziele der Maßstab sind, an denen der Erfolg von Outsourcingprojekten zu messen ist. Die Tabelle 24 zeigt die Ziele in ihrer Rangfolge (vgl. Tabelle 24).
623
Vgl. Wöhe (2002), S. 95; Müller/Kornmeier (2002), S. 370 ff; Mellewigt (2003), S. 141.
Ergebnisse der Untersuchung
169
Variable Kosteneffekte (Kostensenkungen, Reduzierung von Personalkosten, Verringerung des Kostendrucks, Variabilisierung von Fixkosten) Kernkompetenzen (Neupositionierung der Unternehmung, Auslagerung/Ausgliederung von Randaktivitäten, Aufbau spezifischer Fähigkeiten, überlegene Ressourcenausstattung, Schutz der Kernkompetenzen) Steigerung der Wertschöpfung (Know-how, Fachkräfte, moderne Technologien, Flexibilität, Qualität, Innovation) Risikoeffekte (Verlagerung des finanziellen Risikos, Reduktion des gebundenen Kapitals, Finanzierung von Reservekapazitäten)
N
Mittelwert
Standardabweichung
77
4,44
0,88
77
3,66
0,99
74
3,66
1,17
76
3,26
1,33
Tabelle 24 Bedeutung der Ziele für den Projekterfolg
Als Ziel mit der größten Bedeutung für den Projekterfolg wurden die Kosteneffekte angegeben. Diese wurden als eher operativ orientiertes Ziel klassifiziert, das darauf ausgerichtet ist, die funktionale Wirtschaftlichkeit des Unternehmens zu steigern. Damit sind Kosteneffekte wichtiger als die eher strategisch orientierten Ziele der Kernkompetenzen und der Wertschöpfung, die dem Aufbau und Erhalt der strategischen Wettbewerbsvorteile und der Ressourcen dienen. Die Risikoeffekte haben eine vergleichsweise geringe Bedeutung. In zwei Zusatzfragen wurden die Unternehmen gebeten, Angaben zum erwarteten und zum tatsächlichen Einsparpotenzial sowie zum prozentualen und absoluten Personalabbau zu geben. Da diese Fragen aus Unternehmenssicht „sehr sensibel“ sind, wurde im Fragebogen zusätzlich betont, dass Angaben hierzu freiwillig sind Insgesamt 40 Betriebe, also zwei Drittel der befragten Unternehmen machten Angaben zum Personalabbau. Die Tabelle 25 zeigt die Werte für das Einsparpotenzial (vgl. Tabelle 25). Variable Prozentuales erwartetes Einsparpotenzial Prozentuales tatsächliches Einsparpotenzial Prozentualer Personalabbau Absoluter Personalabbau
Mittelwert Median
Standardabweichung
N
Minimum
Maximum
45
0%
50%
26%
30%
14,12%
48
0%
50%
22%
20%
13,46%
40
0%
100%
28%
20%
27,19%
16
0
140
83
60
51,17
Tabelle 25 Einsparpotenzial und Personalabbau
Das tatsächliche Einsparpotenzial wurde im Durchschnitt auf 22 Prozent geschätzt und liegt nur vier Prozent unter dem erwarteten Einsparpotenzial. Das arithmetische Mittel und der Median sind in diesen Fällen fast identisch. Der durchschnittliche prozentuale Personalabbau weicht im arithmetischen Mittel (28 Prozent) etwas stärker vom Median (20 Prozent) ab. Der Grund für die star-
170
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
ke Abweichung der beiden Werte liegt darin, dass einige Unternehmen (fast) alle vom Geschäftsprozess beteiligten Mitarbeiter im Unternehmen abgebaut haben. Dies zeigt auch der Maximalwert. Der Mittelwert des absoluten Personalabbaus der (nur) 16 Unternehmen, die hier zu einer Angabe bereit waren, beläuft sich auf 83 Mitarbeiter. (2) Unternehmenserfolg In Bezug auf den Beitrag des Outsourcings zum übergreifenden Unternehmenserfolg wurden die Unternehmen gebeten, die Bedeutung der Ziele auf Unternehmensebene zu bewerten. Die folgende Tabelle zeigt die Bewertungsergebnisse in ihrer Rangfolge (vgl. Tabelle 26). Variable Kapital- und Vermögensstruktur (Gewinnerzielung, Liquidität, Rentabilität des Gesamtkapitals, Sicherung des Unternehmensbestandes) Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit (Anpassung an veränderte Marktsituationen und neue Kundenbedürfnisse) Markt- und Produktziele (Marktanteil, Umsatzvolumen, Qualität) Gewinnung neuer Kunden Mitarbeiterzufriedenheit Neuausrichtung der Unternehmensstrukturen (z.B. Abbau von Hierarchieebenen, Reorganisation von Abteilungen/Funktionsbereichen, Neugestaltung der Vertriebswege)
N Mittelwert Standardabweichung 77
4,56
0,64
76
4,49
0,58
77
4,4
0,71
77 77
3,68 3,66
1,03 0,79
77
3,34
1,34
Tabelle 26 Bedeutung der Ziele für den Unternehmenserfolg
Die Verbesserung der Kapital- und Vermögensstruktur, die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit sowie die Markt- und Produktziele wurden als besonders wichtig eingestuft. Diese Ziele erreichen hohe Mittelwerte zwischen 4,40 und 4,56. Die Neuausrichtung der Unternehmensstrukturen und die Mitarbeiterzufriedenheit werden vergleichsweise als wenig bedeutend eingeschätzt. (3) Allgemeine Einschätzung Zur Beurteilung des Nutzens des Outsourcings sollten die befragten Unternehmen eine allgemeine Einschätzung abgeben, ergänzt um Angaben, wie sich die Ausgaben für Outsourcingprojekte mittelfristig entwickeln werden. Die folgende Tabelle zeigt eine sehr positive Beurteilung des Outsourcings (vgl. Tabelle 27).
Ergebnisse der Untersuchung
171
Variable Unter Berücksichtigung aller Vor- und Nachteile ist es vorteilhaft, den Geschäftsprozess auszulagern. Ihr Unternehmen hat einen erheblichen Nutzen durch das Outsourcing des Geschäftsprozesses. Ihr Unternehmen ist mit dem Outsourcinganbieter sehr zufrieden. Der Anteil des Outsourcings insgesamt in Ihrem Unternehmen wird in den nächsten drei Jahren steigen.
N
Mittelwert
Standardabweichung
74
4,14
0,71
74
3,85
0,93
68
3,71
0,79
72
3,46
1,28
Tabelle 27 Gesamtbeurteilung des Outsourcings von Geschäftsprozessen
Insgesamt bestätigt die Umfrage durch die hohen Mittelwerte die Vorteile und den Nutzen des Outsourcings von Geschäftsprozessen. Auch bescheinigt das auslagernde Unternehmen ein hohes Ausmaß der Zufriedenheit mit dem Partner (Mittelwert von 3,71). Diese allgemeine Einschätzung wird durch die beabsichtigte Steigerung der Ausgaben für das Outsourcing bestätigt. Neben einer Gewichtung über die Steigung des Anteils des Outsourcings sollten die Unternehmen die prozentuale Steigerungsrate der Ausgaben für das Outsourcing in mehr als drei Jahren angeben (vgl. Tabelle 28). Variable
N
Minimum
Maximum
Mittelwert
Median
Standardabweichung
Steigerungsrate in %
30
5%
300%
64%
30%
92,73%
Tabelle 28 Prozentuale Steigerungsrate der Ausgaben für Outsourcing in mehr als drei Jahren
Der Mittelwert von 64 Prozent ist sehr hoch. Der Median ist mit dem Wert von 30 Prozent für die erwartete prozentuale Steigerungsrate der Ausgaben für das Outsourcing ebenfalls als außerordentlich hoch einzustufen. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Erfolg und Nutzen des Outsourcings sehr hoch eingeschätzt werden. Mit dem Outsourcing werden insbesondere operative Ziele, vor allem Kosteneffekte verfolgt. Das dabei tatsächlich erreichte Einsparpotenzial, das auf 20 Prozent geschätzt wird, liegt nahe am erwarteten Einsparpotenzial von 25 Prozent. Das Personal des betroffenen Geschäftsprozesses wird im Mittel um 21 Prozent abgebaut. Strategische Ziele in Bezug auf konkrete Outsourcingprojekte, wie die Kernkompetenzen und Wertschöpfung, sind zwar auch wichtig, jedoch nur zweitrangig. In Bezug auf den Beitrag des Outsourcings zum übergreifenden Unternehmenserfolg werden als Ziele vor allem die Verbesserung der Kapital- und Vermögensstruktur, die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit sowie Markt- und Produktziele verfolgt, während die Neuausrichtung der Unternehmensstrukturen und die Mitarbeiterzufriedenheit vergleichsweise wenig bedeutend sind. Die Ausgaben für das Outsourcing werden im Mittel in den nächsten drei Jahren um 30 Prozent steigen.
172
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
5.4.2 Überprüfung der Hypothesen In diesem Kapitel werden die im 4. Kapitel entwickelten Hypothesen anhand der Untersuchungsergebnisse überprüft. Sie werden in der Reihenfolge der vier Phasen Strategie, Partner, Struktur und Betrieb getestet. Zu Beginn jedes Abschnittes wird kurz die Operationalisierung der zugehörigen Hypothesen erläutert. Darauf werden die Ergebnisse der Korrelationsanalyse dargestellt. Es folgt die multiple Regressionsanalyse für das gesamte Modell.624 5.4.2.1 Strategiephase Die Strategiephase befasst sich mit der Fragestellung, unter welchen Bedingungen eine Leistung entweder betrieblich organisiert oder auf dem Markt fremdvergeben werden soll. Die Entscheidung zum Outsourcing zieht die Entscheidung über die grundsätzlich zu verfolgende Strategie (Erweiterungs- oder Entlastungsstrategie) sowie über den Grad des Outsourcings nach sich. Die Hypothesen hierzu werden im Folgenden überprüft. (1) Erweiterungs- oder Entlastungsstrategie Im Theorieteil wurden vier Variablen identifiziert, die die strategische Grundsatzentscheidung eines Unternehmens beeinflussen: die strategische und die operative Bedeutung sowie die wissens- und die eigentumsbasierten Ressourcen. Die Variablen wurden insbesondere aus dem Ressourcenansatz abgeleitet. HypotheseStratBed2 Je höher die strategische Bedeutung der einzusetzenden Ressourcen für die Geschäftsprozesse, desto eher wählt das Unternehmen die Erweiterungsstrategie. HypotheseOperBed Je höher die operative Bedeutung der einzusetzenden Ressourcen für die Geschäftsprozesse, desto eher wählt das Unternehmen die Entlastungsstrategie. HypotheseWissRes Je mehr wissensbasierte Ressourcen das auslagernde Unternehmen in das Outsourcing von Geschäftsprozessen einsetzt, desto eher wählt das Unternehmen die Erweiterungsstrategie. HypotheseEigenRes Je mehr eigentumsbasierte Ressourcen das auslagernde Unternehmen in das Outsourcing von Geschäftsprozessen einsetzt, desto eher wählt das Unternehmen die Entlastungsstrategie.
624
Vgl. hierzu Kapitel 5.3 Auswertung der Daten.
Ergebnisse der Untersuchung
173
(1) Operationalisierung Dieser Abschnitt behandelt die Operationalisierung der Variablen (strategische und operative Bedeutung sowie wissens- und eigentumsbasierte Ressourcen) und der Zielkriterien (Erweiterungs- und Entlastungsstrategie). Es wurden dazu einzelne Items verwendet, die teilweise zu einem Index zusammengefasst wurden, nachdem eine Überprüfung der Reliabilität mittels Cronbachs Alpha stattgefunden hatte. Neben diesen Variablen werden Moderatorvariablen (Größe einer Unternehmung, Branche des Partnerunternehmens und Ort der Leistungserstellung) eingeführt, um einen möglichen Einfluss auf das Gesamtmodell festzustellen. Um die Inhaltsvalidität der Items zu gewährleisten, wird neben den Ergebnissen der im Vorfeld der Arbeit geführten Expertengespräche625 auf bewährte Operationalisierungen anderer Forschungsarbeiten zurückgegriffen. Zur Vorgehensweise der Kriterien der Operationalisierung sei auf das Kapitel 5.3 Auswertung der Daten verwiesen. Die strategische und die operative Bedeutung sind Variablen. Die Ausarbeitung von Dibbern/Heinzl (2001) operationalisierten den Begriff „strategische Bedeutung“ über die Messung der Kostenvorteile und Wettbewerbsvorteile der Auslagerung der Informationsverarbeitung. Hierzu werden die Leistungsspektren gegenüber konkurrierenden Unternehmen reflektiert.626 In einer weiteren Ausführung von Dibbern (2004) wurde die strategische Bedeutung definiert als „degree to which a partial IS function contributes to sustain a competitive advantage“ und misst dabei in seiner empirischen Analyse die Wettbewerbsvorteile gegenüber Konkurrenten oder die Schwächung der Position des Unternehmens, wenn die Leistungen fremdbezogen werden.627 Darüber hinaus wird in der theoretischen Ausführung von Zahn/Soehnle (1996) auf die Wechselwirkung zwischen der strategischen und der operativen Bedeutung eingegangen. Demnach können die gewünschten strategischen Ziele des Unternehmens erst im Einklang mit den operativen Zielen erreicht werden.628 In Anlehnung an die genannten Arbeiten wurde die strategische und die operative Bedeutung durch die folgenden Items gemessen (vgl. Tabelle 29).
625 626 627 628
Vgl. hierzu Liste der befragten Experten im Anhang A 6. Vgl. Dibbern/Heinzl (2001), S. 343. Dibbern (2004), S. 152. Vgl. Zahn/Soehnle (1996), S. 30; Kabst (2000), S. 195 f.
174
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Item B1_1 B1_2 B1_3
Variablenbeschreibung Der Geschäftsprozess trägt entscheidend dazu bei, dass Ihr Unternehmen die strategischen Ziele erreicht. Ihrem Unternehmen entstehen ernsthafte langfristige Nachteile, falls das Outsourcingprojekt scheitert. Der ausgelagerte Geschäftsprozess hat eine erhebliche operative Bedeutung für die Aufrechterhaltung des täglichen Geschäftsbetriebes in der Unternehmensfunktion.
Cronbachs Alpha 0,703
-
Tabelle 29 Operationalisierung der strategischen und operativen Bedeutung
Zur Messung wurde eine fünfstufige Likertskala verwendet, die die strategische und die operative Bedeutung von „1=stimme gar nicht zu“, „2=stimme etwas zu“, „3=stimme in mittlerem Maße zu“ über „4=stimme einigermaßen zu“ bis „5=stimme voll zu“ misst. Niedrige Werte zeigen also eine niedrige Bedeutung, hohe Werte eine hohe Bedeutung an. Die beiden Items B1_1 und B1_2 werden zu einem Gesamtwert als Index der strategischen Bedeutung zusammengefasst. Die Überprüfung der Reliabilität anhand von Cronbachs Alpha ergibt einen Wert von 0,703 und liegt somit auf dem von Attestlander (2003) geforderten Mindestniveau für einen „guten Reliabilitätkoeffizienten“. Die Ressourcen entsprechen dem Einsatz des Kapitals, das ein Unternehmen für die Auslagerung von Geschäftsprozessen bereitstellt. Sie werden in eigentumsund in wissensbasierte Ressourcen differenziert. Die eigentumsbasierten Ressourcen spiegeln das tangible Vermögen in Form von physischen und finanziellen sowie den Vermögenswerten eines Unternehmens wider. Die wissensbasierten Ressourcen reflektieren all jene Ressourcen, die das intangible Vermögen des Unternehmens darstellen und die Fähigkeiten der Mitarbeiter repräsentieren. Zur Operationalisierung der Konstrukte erweisen sich die Arbeiten von Mellewigt (2003), Fischer (1994) und Dibbern (2004) als hilfreich.629 Die folgende Tabelle zeigt die Umsetzung in Form von Variablen der Befragung. Im Fragebogen wurden jeweils vier Items zur Erfragung der eigentumsund der wissensbasierten Ressourcen verwendet (vgl. Tabelle 30).
629
Vgl. Mellewigt (2003), S. 172-179; Fischer (1994), S. 299; Dibbern (2004), S. 150-155.
Ergebnisse der Untersuchung
Item
Variablenbeschreibung
B2_1_1 B2_1_2 B2_1_3 B2_1_4 B2_1_5 B2_1_6 B2_1_7 B2_1_8
Fachkenntnisse der Geschäftsprozesse Technisches Know-how Unternehmensspezifische Kenntnisse Branchenkenntnisse Gebäude, Grundstücke und technische Infrastruktur Finanzielle Ressourcen Personalkapazitäten Markenname und Reputation
175
Cronbachs Alpha – Frage Teil 1
Cronbachs Alpha – Frage Teil 2
0,618
0,625
0,637
0,593
Tabelle 30 Operationalisierung der wissens- und eigentumsbasierten Ressourcen
Die Unternehmen wurden gebeten, auf einer fünfstufigen Skala die Fragen zu bewerten. Die Antwortmöglichkeiten erstrecken sich dabei über die Verwendung der Ressourcen von „1=gar nicht“, „2=in geringem Maße“, „3=in mittlerem Maße“ über „4=in hohem Maße“ bis zu „5=in sehr hohem Maße“. Dabei wurde die Frage in zwei Teile differenziert: Erstens musste das Unternehmen angeben, wie intensiv die Ressourcen und Kompetenzen des eigenen Unternehmens (Teil 1) und zweitens, wie intensiv die Ressourcen des Partnerunternehmens eingebracht wurden (Teil 2). Es wurden jeweils zwei Indices gebildet: der Index wissens- (B2_1_1-B2_1_4) und der Index eigentumsbasierter (B2_1_5B2_1_8) Ressourcen. Die Reliabilitätsprüfung (Teil 1) des Index wissensbasierter Ressourcen ergab einen zufrieden stellenden Cronbachs Alpha mit einem Wert von 0,618 und für den Index eigentumsbasierter Ressourcen einen Wert von 0,637. Die Reliabilität der Indices des Partners (Teil 2) fiel ähnlich aus: der Wert beträgt 0,625 für die wissensbasierten und 0,593 für die eigentumsbasierten Ressourcen. Die Zielkriterien bilden die Erweiterungs- und die Entlastungsstrategie. Die Erweiterungsstrategie beschreibt ein Bündel von Strategien, das insbesondere durch die Nutzung externer Ressourcen, die Entwicklung von Kernkompetenzen und durch die Bildung strategischer Wertschöpfungspartnerschaften beschrieben wird. Die Entlastungsstrategie konzentriert sich vornehmlich auf die Kostenreduktion und Risikoverlagerung. Dem Verfasser sind zu den Konstrukten Erweiterungs- und Entlastungsstrategie keine Arbeiten bekannt. Die Fragenformulierungen basieren auf der hergeleiteten Strategieformulierung in den vorherigen Kapiteln (vgl. Tabelle 31).630
630
Vgl. Kapitel 3.2.1 Strategiephase. vgl. hierzu auch Bruch (1998), S. 39; Hendrix/ Abendroth/Wachtler (2003), S. 27.
176
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
Item A1_1 A1_2
Variablenbeschreibung Erweiterungsstrategie (z.B. Zugriff auf externe Ressourcen; Bildung neuer Organisationsformen; Steigerung der Qualität; Steigerung der Flexibilität und Innovation) Entlastungsstrategie (z.B. Kostenreduktion; Risikoverlagerung; Teile der Konzentration auf die Kernkompetenzen)
Tabelle 31 Operationalisierung der Erweiterungsstrategie und Entlastungsstrategie
Diese Konstrukte wurden ebenso mit einer Zustimmungs-Skala von „1=stimme gar nicht zu“ bis „5=stimme voll zu“ gemessen. Neben den beiden Variablen wurden die folgenden Moderatorvariablen auf einen möglichen Einfluss der Erweiterungsstrategie hin getestet: Größe der eigenen Unternehmung (Anzahl Mitarbeiter und Umsatz), Branche des Partnerunternehmens und Ort der Leistungserstellung durch den Partner. Darüber hinaus wurden die folgenden Moderatorvariablen für das Modell der Entlastungsstrategie eingesetzt: das Vertragsvolumen des Outsourcingprojekts sowie der Personalabbau und das Einsparpotenzial. Die Einführung dieser Variablen wird nachfolgend dargestellt. Größe der eigenen Unternehmung: Beeinflusst das Vertragsvolumen die Komplexität eines Outsourcingprojekts, deutet die Größe einer Unternehmung auf einen höheren Formalisierungsgrad bezüglich der Steuerung und Kontrolle hin. Ebenso kann die Größe der eigenen Unternehmung einen Einfluss auf die strategische Entscheidung haben. Nach Dibbern/Heinzl/Leibbrandt (2003) können größere Unternehmen eher Wettbewerbspotenziale ausnutzen und wählen eher die Erweiterungsstrategie.631 Zu diesem Zweck wurden im Fragebogen unter dem Punkt „Allgemeine Angaben“ die „Anzahl der Mitarbeiter“ und der „Umsatz des Unternehmens“ erfasst.632 Daraus wurden zwei Dummyvariablen abgeleitet. Die Unterteilung erfolgte anhand des Medians beider Angaben. Die erste Variable nimmt dabei den Wert 0 an, wenn die Anzahl der Mitarbeiter unterhalb des Medians lag, sonst nimmt sie den Wert 1 an. Für die zweite Variable wurde in Bezug auf den Umsatz des Unternehmens identisch vorgegangen. Branche des Partnerunternehmens: Die Branche des Partnerunternehmens könnte einen Einfluss auf die strategische Grundsatzentscheidung haben, denn wenn das kooperierende Unternehmen aus einer anderen Branche stammt, liegt die Vermutung nahe, dass das Unternehmen aufgrund von Wettbewerbsvorteilen gegenüber dem Partner eher eine Erweiterungsstrategie verfolgt. Die Wahl zur Entlastungsstrategie ist bei Partnerunternehmen derselben Branche eher wahrscheinlich, um Konkurrenznachteile zu vermeiden. Diese Moderatorvariable 631 632
Vgl. Dibbern/Heinzl/Leibbrandt (2003), S. 537. Vgl. dazu im Fragebogen G3.
Ergebnisse der Untersuchung
177
wurde folgendermaßen erfasst: Der Wert 0 sagt aus, dass der Partner aus derselben Branche stammt, während der Wert 1 für einen Partner anderer Branche beziehungsweise aus der Dienstleistungsbranche steht.633 Ort der Leistungserstellung durch den Partner: Der Ort der Leistungserstellung durch den Partner kann sowohl die strategische Entscheidung, die Partnerwahl und die Strukturkomplexität als auch die Steuerung und Kontrolle beeinflussen. Können beispielsweise die verlangten Leistungen nur im internationalen Umfeld erstellt werden, ist eine Entlastungsstrategie eher wahrscheinlich. Denn im Gegensatz zur Entlastungsstrategie erfordert die Erweiterungsstrategie eine engere Zusammenarbeit und intensivere Interaktion und somit die örtliche Nähe zum Partner. Ebenso kann davon ausgegangen werden, dass bei räumlicher Nähe der Grad der Zufriedenheit steigen wird und die Struktur- sowie die Steuerungs- und Kontrollintensität sinken werden. Zur Berücksichtigung der Variablen wurden die Unternehmen daher befragt, ob die Leistungen national (Wert 1) oder international erstellt würden (Wert 0).634 Vertragsvolumen des Outsourcingprojekts: In den Managementhandbüchern von Wullenkord/Kiefer/Sure (2004) und Dittrich/Braun (2004) wird dargelegt, dass das Vertragsvolumen von Outsourcingprojekten bei internationalen Großunternehmen bis zu einem vierstelligen Millionenbetrag weltweit betragen könne. Zwar kommen derartige Vertragsvolumina vereinzelt vor, sie sind aber nicht der Regelfall. Daher war die Angabe des Vertragsvolumens als einstelliger, zweistelliger oder dreistelliger Millionenbetrag erwünscht.635 Eine hohe Summe deutet unter Umständen darauf hin, dass neben der wachsenden Komplexität auch die strategische Grundsatzentscheidung zwischen Entlastungs- und Erweiterungsstrategie beeinflusst wird. So wird von Unternehmen, die eine Entlastungsstrategie favorisieren, eher ein niedriges Vertragsvolumen erwartet. Zu diesem Zweck wurde eine Variable konstruiert, die den Wert 0 für Vertragsvolumen bis zu einem zweistelligen Millionenbetrag und den Wert 1 für einen dreistelligen Millionenbetrag angenommen hat.636 Personalabbau und Einsparpotenzial: Der Personalabbau und das erwartete Einsparpotenzial können die strategische Entscheidung und die Strukturkomplexität beeinflussen. Diese Kriterien deuten auf eine Entlastungsstrategie hin. Zudem bedeutet die Verlagerung von Personal an den Partner ein höheres Ausmaß
633 634 635 636
Vgl. dazu im Fragebogen C3_3. Vgl. dazu im Fragebogen C3_4. Vgl. hierzu Wullenkord/Kiefer/Sure (2004), S. 1-34; Dittrich/Braun (2004), S. 24. Vgl. dazu im Fragebogen C3_2_a.
178
Strategisches Outsourcing von Geschäftsprozessen
der Strukturkomplexität. Die Höhe des Personalabbaus und das erwartete Einsparpotenzial wurden prozentual erfragt.637 (2) Ergebnisse der Korrelationsanalyse Zur Überprüfung des Zusammenhangs zwischen den Variablen und den Zielkriterien wurde der Korrelationskoeffizient nach Pearson errechnet. Ebenso wurde ein Signifikanztest durchgeführt. Die Ergebnisse der HypotheseStratBed2 und der HypotheseWissRes (Erweiterungsstrategie) sowie die Ergebnisse der HypotheseOperBed und der HypotheseEigenRes (Entlastungsstrategie) verdeutlicht die folgende Tabelle (vgl. Tabelle 32). Erweiterungsstrategie (Zielkriterium) Item B1_s (+) B2_w (+)
Variablen Strategische Bedeutung Wissensbasierte Ressourcen
n 75 75
r 0,29 0,40
s * **
Entlastungsstrategie (Zielkriterium) B1_3 (+) B2_e (+)
Variablen Operative Bedeutung Eigentumsbasierte Ressourcen
77 75
0,41 0,39
** **
n: Anzahl der zu betrachtenden Stichprobenelemente; s: einseitige Signifikanz; * s