PARKER wässert die „Feuerteufel
Ein Roman von Curd H. Wendt
»Frisch geräucherte Forellen«, stand auf dem hölzernen ...
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PARKER wässert die „Feuerteufel
Ein Roman von Curd H. Wendt
»Frisch geräucherte Forellen«, stand auf dem hölzernen Schild am Rand der Landstraße, und prompt lief Lady Agatha das Was ser im Mund zusammen. »Die möchte ich probieren, Mister Par ker«, äußerte die füllige Dame mit schmachtendem Blick. »Wie Mylady zu wünschen belieben«, gab der Butler höflich zu rück, bremste sein altertümliches Gefährt und bog in den schma len Seitenweg ein. »Fisch ist der ideale Schlankmacher, Mister Parker«, bemerkte Agatha Simpson gleich darauf. »Außerdem schmeckt er frisch geräuchert am besten.« »Was man nur nachdrücklich bestätigen kann, Mylady!«, erwi derte Butler Parker, der würdevoll hinter dem Lenkrad saß und den Blick nach vorn richtete. Der von Hecken gesäumte Weg schien kein Ende nehmen zu wollen. Ausgerechnet jetzt kam ein chromblinkender Straßenkreuzer entgegen… Die Hauptpersonen: Fred Preston erregt durch seine Eile den Unwillen einer resolu ten Dame. Philipp Stone züchtet Forellen und behauptet, im Hühnerstall gestürzt zu sein. Nancy Stone hat offensichtlich Probleme, schlägt aber eine Ge legenheit zur Beichte aus. Perry Davies bedankt sich mit aufschlußreichen Informationen für Lady Simpsons Gastfreundschaft. Mike Rander erhält unverhofften Besuch, kann aber seine Freude darüber zunächst nicht zeigen. Lady Agatha frönt ihrer Leidenschaft für Fisch und bewahrt ei nen leitenden Yard-Beamten vor dem Angriff zorniger Wespen. Butler Parker zeigt Fahrkünste, die erbleichen lassen, und stif tet mit einem Feuerwerk gezielte Verwirrung.
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Um festzustellen, daß die Gasse zwischen den grünen Mauern nur einem Fahrzeug Platz bot, war kein besonderes Augenmaß nötig. Deshalb stoppte der Butler seinen schwarzen Wagen un verzüglich und wartete. Da der Chrysler kurz zuvor eine Wegegabelung passiert hatte, ging Parker davon aus, daß der Fahrer das kleine Stück zurück setzen und ihm freie Durchfahrt gewähren würde. Das war jedoch eine Fehleinschätzung, wie sich umgehend herausstellte. Die beiden Männer in der Luxuslimousine schienen es sehr eilig zu haben. Hupend und blinkend setzte der Wagen seine Fahrt fort und kam im letzten Moment nur ruckartig zum Stehen. »Können die rücksichtslosen Flegel denn nicht Platz machen?« ereiferte sich Mylady. »Man wird es keinesfalls versäumen, den Herren entsprechende Vorschläge zu unterbreiten, Mylady«, versprach der Butler. Doch von vernünftigen Argumenten schienen die Unbekannten nichts zu halten. Während der Fahrer weiterhin Hupe und Lichthupe gleichzeitig betätigte, sprang sein Begleiter aus dem Wagen und kam mit energischen Schritten näher. »Du bist wohl blind und taub zugleich, Alterchen«, herrschte er Parker an, der sein Fenster ein Stück gesenkt hatte. »Wir müssen hier durch.« »Unter diesen Umständen kann man den Herren nur raten, die hundert Schritte bis zur Wegegabelung zurückzusetzen«, erwider te der Butler gelassen. »Kommt nicht in Frage«, knurrte sein Gesprächspartner ein schätzungsweise dreißigjähriger Hüne mit Händen wie Kohlen schaufeln. »Zieh endlich Leine, Opa! Wir haben keine Zeit.« »Auch unter dem Gesichtspunkt der Zeitersparnis dürfte ein Zu rücksetzen Ihrerseits die günstigste Lösung darstellen«, gab Par ker zu bedenken. »Andernfalls müßte meine Wenigkeit annähernd zwei Meilen im Rückwärtsgang zurücklegen, da es auf der fraglichen Strecke an Ausweichmöglichkeiten fehlt.« »Außerdem denke ich gar nicht daran zurückzuweichen, junger Mann«, schaltete sich Lady Simpson ein. »Wenn man Ihnen Ma nieren beigebracht hätte, würden Sie einer Dame mit Freuden den Vortritt lassen.«
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»Eine Feststellung, der man sich vorbehaltlos anzuschließen er laubt, Mylady«, ergänzte der Butler. Dem Mann aus dem Chrysler fielen fast die Augen aus dem Kopf. Er schnappte nach Luft und lief augenblicklich rot an. Mit einem wütenden Aufschrei schwang er sich auf das Trittbrett des hochbeinigen Monstrums und wollte Parker an den Kragen. Er hatte allerdings nicht mit der schnellen Reaktion des schwarz gewandeten Butlers gerechnet, der das unfreundliche Vorhaben wirksam durchkreuzte, indem er die Scheibe per Knopfdruck wie der hochgleiten ließ. Ehe die grobschlächtigen Hände des Unbekannten ihr Ziel er reichten, waren seine Unterarme schon eingeklemmt. Jaulend versuchte er, die bewegungsunfähigen Greifer zurückzuziehen und verbuchte auch einen Teilerfolg. Aber weiter als bis zu den Handgelenken ging es nicht. Da half kein Ziehen und kein Zerren mit vor Schmerz hart zusammengebissenen Zähnen. Seelenruhig tippte Parker erneut auf den Schaltknopf, ließ die Scheibe ein Stück abwärts gleiten und gab damit dem gescheiter ten Angreifer die Freiheit zurück. Nur wußte der Mann mit dem unverhofften Geschenk nichts Sinnvolles anzufangen. Im Gegen teil. Postwendend verlor der Muskulöse auf dem schmalen Trittbrett die Balance und kippte nach hinten. Heftig mit den Armen ru dernd landete er rücklings in der Hecke und war vorerst den Bli cken entzogen, wenn man von seinen Füßen absah, die aus der grünen Wand ragten. Da hielt es den Chrysler-Fahrer nicht länger im Sitz. Mit ein paar langen Sätzen war er heran und wollte kurzerhand die Fah rertür aufreißen, um dem Butler auf handfeste Art die Meinung zu sagen. Sein Mitkämpfer, der innerhalb von Sekunden wieder auf die Beine gekommen war, versuchte dasselbe an der hinteren Tür. Beide merkten allerdings zu spät, daß Parker inzwischen einen Kipphebel betätigt und dadurch die Türgriffe unter Strom gesetzt hatte. Schlagartig begannen die athletisch gebauten Männer zu zittern wie das sprichwörtliche Espenlaub. Dazu vollführten sie rhythmi sche Verrenkungen, die entfernt an eine Rock-und-RollDarbietung erinnerten.
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»Genug, Mister Parker«, entschied Lady Agatha, als die tänzeri sche Einlage sie zu langweilen begann. »Jetzt werde ich mir die zudringlichen Flegel vorknöpfen.« »Wie Mylady zu wünschen belieben«, erwiderte der Butler und unterbrach den Stromkreis. Sichtlich erschöpft sanken die unge übten Tänzer in sich zusammen und nahmen auf der schmalen Grasnarbe zwischen Fahrweg und Hecke Platz. Gemessen und würdevoll verließ Parker den Fahrerplatz, öffnete mit einer Verbeugung den hinteren Wagenschlag und assistierte seiner Herrin beim Verlassen des Fahrzeugs. Agatha Simpson war eindeutig ungehalten, und das bekam das muskulöse Duo im Handumdrehen zu spüren. Die Männer wirkten apathisch und starrten benommen vor sich hin, aber ein paar Ohrfeigen, die die resolute Dame zum Auftakt der Unterredung austeilte, brachten ihre Lebensgeister wieder in Wallung. Beide dankten mit Heultönen für die ungestüme Liebkosung. Dann mühten sie sich verbissen ab, die Kinnladen wieder in die gewohnte Position zu befördern. Mit gleicher Münze zu antworten, kam den Unbekannten nicht in den Sinn. Dazu waren sie viel zu intensiv mit sich selbst beschäf tigt. »Das war nur die kleine Lektion für Anfänger«, fuhr Lady Simp son ihre greinenden Widersacher an. »Falls Sie aber immer noch nicht wissen, wie man sich einer Dame gegenüber benimmt, set ze ich den Unterricht mit Freuden fort.« Dazu schwenkte Agatha Simpson herausfordernd ihren perlen bestickten Pompadour, der ein massives Hufeisen barg und des halb alles andere als ein harmloses Handtäschchen war. »Okay, okay«, wehrte der Beifahrer mit schmerzverzerrter Mie ne das freundliche Angebot ab. »Wir haben begriffen.« »Darf man übrigens die Herren fragen, warum Sie noch vor we nigen Minuten eine geradezu rücksichtslose Eile an den Tag legen zu müssen glaubten?« schaltete Parker sich aus dem Hintergrund ein. »Hä?« krächzte der Fahrer und verzog das Gesicht zu einem einzigen Fragezeichen. »Wir… wir wollten nach Hause«, erläuterte
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der Beifahrer, der mit der Ausdrucksweise des Butlers besser zu rechtzukommen schien. »Unsere Frauen warten schon auf die Forellen zum Abendessen.« »Das ist überhaupt kein Grund, sich derart flegelhaft aufzufüh ren«, mußte er sich von Mylady belehren lassen. »Sie können von Glück sagen, daß ich heute meinen friedlichen Tag habe. Sonst kämen Sie nicht so glimpflich davon.« »Von wegen glimpflich«, protestierte der Chrysler-Lenker, ein dunkelhaariger Mann um die Vierzig mit unsteten, schwarzen Au gen unter buschigen Brauen. »Machen Sie sich auf eine Anzeige wegen Körperverletzung gefaßt.« »Körperverletzung?« wiederholte Agatha Simpson spöttisch. »Dazu müßten Sie mir erst mal beweisen, daß ich nicht in Not wehr gehandelt habe.« »Notwehr!« brauste der Schwarzhaarige auf. »Sie wollen sich wohl über uns lustig machen?« Gleichzeitig traf er Anstalten, sich hochzurappeln. »Sitzenbleiben!« fuhr die ältere Dame ihn an. »Sonst fühle ich mich bedroht und werde erneut in Notwehr handeln.« Um ihre Worte wirkungsvoll zu unterstreichen, zog sie ruckartig eine der martialischen Hutnadeln aus der extravaganten Kopfbe deckung, die ihr ergrautes Haupt krönte. Da der Schmuck eine Stahlspitze besaß und fast über das Format eines Grillspießes verfügte, ließ ihr Gesprächspartner sich ohne weiteres beeindru cken. Jedenfalls vermied er es, die füllige Dame weiter zu reizen. »Bevor Sie weiterfahren, will ich auf jeden Fall noch Ihre Aus weise sehen«, fuhr die leidenschaftliche Amateurdetektivin fort. »Verkehrsrowdies sollte man sich merken.« »Ausweise? Die haben wir nicht dabei«, behauptete der Beifah rer und deutete eine Geste des Bedauerns an. »Überprüfen Sie das, Mister Parker«, ordnete Lady Agatha an. »Ich traue den Lümmeln nicht über den Weg.« »Eine Einstellung, zu der man Mylady nur beglückwünschen kann«, erwiderte der Butler höflich und durchsuchte die Taschen der Unbekannten – ohne Ergebnis. Auch eine kurze Inspektion im Chrysler förderte keine Perso nalpapiere zutage. Gewohnheitsmäßig hielt Parker zugleich nach Waffen Ausschau, fand aber nur ein zusammenklappbares Jagd messer, das er an seinem Platz ließ.
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»Trotzdem möchte ich, daß Sie die Namen der Lümmel und ihre Anschriften notieren, Mister Parker«, entschied die resolute Da me, als der Butler mit leeren Händen zurückkehrte. »Fred Freston«, nannte der dunkelhaarige Lenker der Luxusli mousine einen Namen, der ebensogut richtig wie falsch sein konnte. Dazu gab er eine Anschrift in einem der benachbarten Dörfer an. »Al Clingham«, stellte der Beifahrer sich vor. »Ich wohne in derselben Straße, zwei Häuser weiter«, setzte er hinzu. »Ist das auch die Wahrheit?« wollte die mißtrauische Detektivin mit strenger Miene wissen. »Wehe, wenn Sie schwindeln.« »Ehrenwort«, versicherten Preston und Clingham wie aus einem Mund. »Dann erwarte ich jetzt eine Entschuldigung und das Verspre chen, daß Sie sich nie wieder derart rüpelhaft benehmen«, mach te Agatha Simpson deutlich. »Anschließend sind Sie entlassen.« Dem muskelbepackten Duo fiel es nicht leicht, diese Bedingung zu erfüllen. Aber die Männer zeigten auch keine Neigung, sich gleich wieder mit der resoluten Lady anzulegen. Deshalb murmelten sie zähneknirschend die geforderte Ent schuldigung, gelobten für die Zukunft musterhaftes Betragen und durften sich endlich erheben. Mit unbewegter Miene sah Parker den Gemaßregelten nach, die wie geprügelte Hunde davonschli chen, in ihr chromblitzendes Fahrzeug stiegen und bis zur Wege gabelung zurücksetzten. »Warum nicht gleich so?« sagte Lady Agatha lächelnd und en terte mit der diskreten Hilfe des Butlers die luxuriös gepolsterte Rückbank des hochbeinigen Monstrums. »Denen habe ich gezeigt, wie man mit mir umzugehen hat, Mis ter Parker«, setzte Mylady selbstzufrieden hinzu, während der Butler den ersten Gang einlegte und die »Trickkiste auf Rädern«, wie sie von Eingeweihten genannt wurde, anrollen ließ. »Mylady dürften sich Feinde geschaffen haben«, bemerkte der Butler und warf im Vorbeifahren einen Blick auf die wutverzerrten Gesichter hinter der Frontscheibe des Straßenkreuzers. »Feinde?« wiederholte die ältere Dame. »Papperlapapp, Mister Parker. Die Waschlappen werden es nie wieder wagen, sich mit mir anzulegen.« »Nichts liegt meiner bescheidenen Wenigkeit ferner, als Mylady zu widersprechen«, versicherte Parker durchaus wahrheitsgemäß.
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»Außerdem heißt mein Leitspruch nicht ohne Grund >Viel Fein de, viel Ehrerfreulich< verdient.« Danach verabschiedete er sich knapp, hängte den Hörer ein und kehrte in die Wohnhalle zurück. *
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»Sie können den Wagen schon warmlaufen lassen, Mister Par ker. Ich werde mich nur rasch für die Ausfahrt umkleiden«, sagte die ältere Dame. »Wie Mylady zu wünschen belieben«, erwiderte der Butler höf lich, während seine gewichtige Herrin schnaufend die geschwun gene Freitreppe erklomm, die zu ihren privaten Gemächern im Obergeschoß führte. Kurz zuvor hatten Mike Rander und Kathy Porter das Haus ver lassen. Das junge Paar war bereits unterwegs nach Limehouse und wollte sich in der Umgebung des Sunset-Hotels zum Eingrei fen bereithalten. Aus jahrelanger Erfahrung wußte Parker, daß Lady Agatha in ausgesprochen zeitraubender Gründlichkeit die Qual der Wahl zu durchleiden pflegte, wenn es darum ging, sich für eine möglichst aufsehenerregende Kopfbedeckung zu entscheiden. Deshalb ver zichtete er darauf, schon jetzt den Motor seines hochbeinigen Monstrums zu starten, und unternahm statt dessen noch einen kurzen Abstecher ins Souterrain. Die glücklosen Flugschüler aus dem roten BMW schienen ihr großspuriges Auftreten inzwischen zu bedauern. Sie machten ei nen regelrecht kleinlauten Eindruck, als der Butler nach einem Kontrollblick durch den Türspion in würdevoller Haltung ihr Zim mer betrat. »Man erlaubt sich, einen möglichst unterhaltsamen Abend zu wünschen«, sagte Parker und deutete eine Verbeugung an. »Dar über hinaus möchte man die Gelegenheit nutzen, Ihnen Grüße Ihres Arbeitgebers zu überbringen.« »Pah! Auf den Bluff fallen wir nicht herein«, brummte einer der Ganoven unwillig. Beide musterten Parker mit mißtrauischen und haßerfüllten Bli cken. Dennoch traf keiner von ihnen Anstalten, zum Angriff über zugehen. Offenbar hatten sie in der Zwischenzeit herausgefun den, daß sich die zähen Plastikfesseln an Händen und Füßen nur noch straffer zusammenzogen, wenn man daran zerrte. »Meine Wenigkeit geht doch recht in der Annahme, daß Sie auf den Gehaltslisten eines gewissen Ben Robson stehen, der das Sunset-Hotel in Limehouse betreibt?« fragte der Butler und er reichte damit, daß die Männer unübersehbar erbleichten.
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»Wir kennen niemand, der so heißt«, gab der Wortführer des Duos trotzig zurück. Doch das nervöse Zucken seines rechten Augenlids strafte ihn Lügen. »Mister Robson leidet unter einer sogenannten Hasenscharte, falls dieser Hinweis Ihrem Erinnerungsvermögen dienlich ist«, fuhr Parker seelenruhig fort. »Im übrigen genießt der Genannte seit wenigen Minuten ebenfalls Myladys unvergleichliche Gast freundschaft.« Die breitschultrigen Gangster wechselten verstohlene Blicke. Sie schienen sich zunehmend unbehaglich zu fühlen. »Ihr Arbeitgeber wurde im Zimmer nebenan untergebracht und erfreut sich momentan des Vorzugs, Mylady für eine eingehende Vernehmung zur Verfügung stehen zu dürfen«, setzte der Butler mit unbeweglicher Miene hinzu. »Ein umfassendes Geständnis dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein.« »Dann viel Erfolg«, knurrte der Mann, der bisher den Mund nicht aufbekommen hatte. »Man dankt«, erwiderte Josuah Parker. »Allerdings könnten Sie durch kooperatives Verhalten dazu beitragen, die zeitraubende Prozedur der Vernehmung abzukürzen.« Aufmerksam registrierte der Butler, daß seine Gesprächspartner hin und her gerissen waren. Noch ein kleiner Anstoß, und der Damm des trotzigen Schweigens würde endgültig brechen. »Durch Ihre freundliche Mitwirkung könnten Sie sich immerhin eine nachsichtige Beurteilung vor Gericht sichern, falls die An merkung gestattet ist«, sagte Parker in seiner stets höflichen Axt. »Na los, Perry«, wandte sich der Mann, der den roten BMW ge steuert hatte, an seinen Komplicen. »Worauf warten wir noch. Wir haben nichts zu verlieren.« »Eine Einschätzung, der man sich nur vorbehaltlos anschließen kann«, bekräftigte der Butler. »Okay. Was wollen Sie wissen?«, fragte der mit »Perry« Ange sprochene und sah Parker erwartungsvoll an. »Darf man gegebenenfalls die Bitte äußern, daß Sie sich zu nächst vorstellen?« entgegnete der Butler. »Ich heiße Nick Weller«, kam der Bruchpilot Parkers höflicher Aufforderung nach. »Und ich bin Perry Davies«, setzte sein Begleiter hinzu.
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»Man vermutet doch recht, daß Mister Robson einen beträchtli chen Teil seines Einkommens im illegalen Gunstgewerbe erzielt?« wollte der Butler wissen. »Ja, Robson hat etliche Pferde laufen«, bestätigte Weller. »Zweibeinige natürlich«, fügte er grinsend hinzu. »Das ist aber noch nicht alles«, wollte nun auch Davies Pluspunkte für die Ge richtsverhandlung sammeln. »Im Koksgeschäft hat der Boß auch seine Finger drin.« »Eine Mitteilung, die auf Myladys ungeteiltes Interesse stoßen dürfte, falls man sich nicht gründlich irrt«, bemerkte Parker. »Darf man im übrigen erwarten, daß, Ihnen ein älteres Ehepaar namens Philipp und Nancy Stone persönlich bekannt ist?« »Sie meinen die Forellenzüchter?« vergewisserte sich Weller. »In der Tat, Mister Weller«, erwiderte der Butler. »Ja, Robson ist scharf auf das Cottage«, wußte der Gangster zu berichten. »Aber die alten Leute wollen ums Verrecken nicht ver kaufen.« »Ein Umstand, der Mister Robson zu Druckmitteln greifen ließ, sofern man eine Vermutung äußern darf«, ergänzte Parker, und seine Gesprächspartner nickten im Takt. »Aber was er mit den Stones gemacht hat, ist ja noch harm los«, behauptete Davies. »Andere wurden regelrecht kranken hausreif geschlagen oder wochenlang terrorisiert, bis sie völlig mit den Nerven fertig waren.« »Darf man fragen, ob es sich auch in diesen Fällen um Hausbe sitzer handelte, die sich weigerten, ihr Anwesen an Mister Robson zu veräußern, Mister Davies?« hakte der Butler nach. »Er arbeitet schon seit Jahren nach derselben Methode«, teilte sein Gegenüber bereitwillig mit. »Und das hat ihm ‘ne Menge Kohle eingebracht.« »Meine Wenigkeit wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie sich bereit fänden, Näheres über Mister Robsons Arbeitsmethode mit zuteilen, Mister Davies«, ließ Parker mit teilnahmslos wirkender Miene verlauten. »Er hat sich alte Leute rausgesucht, die keine Kinder oder sons tige Erben haben«, berichtete Davies. »Die meisten waren schon nach gutem Zureden oder simplen Drohungen bereit, ihr Häu schen zu einem Spottpreis zu verkaufen. Einigen hat Robson auch einen Platz in einem Altersheim besorgt.«
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»Sobald die Leute ausgezogen waren, gingen die Hütten in Flammen auf«, setzte Weller die Schilderung fort. »Ein Sachver ständiger, der mit Robson eng befreundet ist und von ihm regel mäßig mit Koks beliefert wird, stellte gefälschte Gutachten aus, so daß der Boß weit überhöhte Versicherungsprämien einstrei chen konnte.« »Und damit hat er dann Appartementhäuser, Geschäfte oder Bürogebäude an die Stelle der alten Hütten hingesetzt«, brachte Davies den Bericht zu Ende. »Ist Ihnen unter Umständen bekannt, in wie vielen Fällen Mister Robson mit dieser Arbeitsweise Erfolg hatte?« schob der Butler noch eine abschließende Frage nach. »Ganz genau weiß ich’s nicht«, bekannte Weller. »Aber es müs sen bald an die zwanzig sein.« »Man dankt für die freudige Auskunftsbereitschaft und erlaubt sich, eine ungestörte Nachtruhe zu wünschen«, sagte Parker, deutete eine Verbeugung an und zog sich diskret zurück. Sorgfältig verriegelte er die stählerne Feuerschutztür und trat den Rückweg ins Erdgeschoß an. * »Es kann losgehen, Mister Parker. Ich habe mich beeilt«, schall te Agatha Simpsons baritonal gefärbtes Organ durch die weitläu fige Wohnhalle. Die majestätische Dame präsentierte sich auf der Galerie mit huldvollem Lächeln den bewundernden Blicken einer imaginären Zuschauermenge, ehe sie entschlossen die Stufen herabstieg. »Gilt es noch, Heckenschützen aus dem Weg zu räumen, ehe ich starte, Mister Parker?« wollte die Detektivin wissen. »Keineswegs und mitnichten, Mylady«, mußte der Butler ihr ei ne Enttäuschung bereiten. Am Monitor der Überwachungsanlage, den er unmittelbar zuvor konsultiert hatte, war nichts Verdächti ges zu entdecken gewesen. »Macht nichts«, entgegnete Lady Agatha. »Ein bißchen Bewe gung vor der Autofahrt hätte mir indes gutgetan.« »Gelegenheit zu körperlicher Betätigung dürfte sich auch am Zielort noch ergeben, sofern man eine Vermutung wagen darf«,
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sagte Parker, während er seine gewichtige Herrin zur Haustür geleitete. »Immer diese Störungen«, reagierte Agatha Simpson unwirsch, als ausgerechnet in diesem Moment das Telefon zu schrillen be gann. »Ich habe jetzt keine Zeit.« »Demnach gedenken, Mylady, das Läuten zu ignorieren?« fragte der Butler mit der Hand auf der Türklinke. »Nein, hören Sie lieber mal nach, wer dran ist, Mister Parker«, entschied die ältere Dame. »Vielleicht will Mister Benson das Rendezvous absagen.« »Eine Möglichkeit, die man nicht unbedingt ausschließen sollte«, entgegnete Parker, nahm den Hörer ab und meldete sich. »Hallo, Parker«, war Randers Stimme am anderen Ende der Lei tung zu vernehmen. »Sind Sie gerade im Aufbruch?« »In der Tat, Sir«, bestätigte der Butler. »Wollte nur melden, daß der gute Pickett zwei Gangstern ge folgt ist, die er als Bodyguards von Ben Robson erkannte«, sagte der Anwalt. »Die beiden haben zwei volle Benzinkanister in ihren Wagen geladen, bevor sie losgebraust sind.« »Eine Mitteilung, deren Wert kaum zu unterschätzen sein dürf te, Sir«, erwiderte Parker. »Pickett will sich unterwegs über Sprechfunk melden«, fuhr Rander fort. »Vielleicht schalten Sie Ihr Gerät ein, Parker.« »Was man keineswegs versäumen wird, Sir«, versprach der Butler. »Kathy und ich bleiben weiterhin in der Nähe des Hotels«, teilte der Anwalt noch mit. »Bis jetzt sieht alles ruhig aus. Aber da lun gern ein paar Typen mit ausgebeulten Jacken herum, denen ich nicht über den Weg traue.« »Man dankt für die hilfreichen Hinweise, Sir«, gab Parker höflich zurück, verabschiedete sich und hängte den Hörer ein. »Ich rechne also mit einer Falle, Mister Parker?« vergewisserte sich die ältere Dame hoffnungsvoll, während man über den Vor platz zum Fahrzeug schritt. »Eine Annahme, die alles andere als unbegründet erscheinen dürfte, Mylady«, entgegnete der Butler, öffnete den hinteren Wa genschlag und assistierte seiner Herrin behutsam beim Einstei gen. Parker hatte sich kaum in den Verkehr auf der breiten Durch gangsstraße eingefädelt, als das unter dem Armaturenbrett in
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stallierte Sprechfunkgerät durch rhythmische Pieptöne auf sich aufmerksam machte. »Hier Pickett«, meldete sich der frühere Eigentumsumverteiler, sobald der Butler auf Empfang geschaltet hatte. »Ich habe Mister Rander und Miß Porter allein in der Gill Street zurückgelassen und bin zwei Männern gefolgt, die in Robsons Diensten stehen.« »Eine Entscheidung, die sich als sinnvoll erweisen dürfte, Mister Pickett«, antwortete Parker. »Im übrigen wurde man vor wenigen Minuten telefonisch von Mister Rander über den Sachverhalt un terrichtet.« »Okay, aber Mister Rander konnte, noch nicht wissen, wohin die Fahrt geht«, fuhr Horace Pickett fort. »Am besten wären Sie viel leicht zu Hause geblieben, um die Burschen dort in Empfang zu nehmen.« »Darf man möglicherweise um Auskunft bitten, was Sie mit die ser Äußerung anzudeuten geruhen, Mister Pickett?« fragte der Butler. »Wir befinden uns jetzt in Holborn und fahren in westlicher Richtung«, lautete die Antwort des Eigentumsumschichters a.D. »Demnach könnte das Ziel der Gangster durchaus Shepherd’s Market heißen.« »Ist man recht unterrichtet, daß die von Ihnen Verfolgten Ka nister mit Benzin im Kofferraum ihres Fahrzeugs mit sich führen, Mister Pickett?« wollte Parker wissen. »Stimmt. Ich habe die Burschen beim Einladen beobachtet«, bestätigte der Informant. »Sieht ganz so aus, als wollten sie bei Ihnen ein Feuerchen legen.« »Eine Arbeitsweise, derer sich Mister Robson schon bei anderer Gelegenheit bedient hat«, bemerkte der Butler und überlegte, ob es nicht sinnvoller war, umzukehren und Myladys Fachwerkhaus vor einem Brandanschlag zu schützen. »Kann ich den Subjekten nicht den Weg abschneiden, Mister Parker?« meldete sich in diesem Moment die füllige Dame auf dem Rücksitz zu Wort. »Nach Shepherd’s Market zurückzufahren, wäre ein zu großer Zeitverlust.« Die Suche nach einem Ausweg aus diesem Dilemma war jedoch schlagartig beendet, als Picketts Stimme erneut aus dem kleinen Lautsprecher des Funkgerätes drang.
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»Entwarnung! Jetzt biegen sie doch nach rechts ab«, berichtete der frühere Eigentumsumverteiler. »Wir fahren auf der Oxford Street in Richtung Marylebone.« »Marylebone?« wiederholte Agatha Simpson verdutzt. »Was die Lümmel da nur wollen?« »Die Herren dürften von Mister Robson den Auftrag erhalten haben, ein Haus durch Brandstiftung einzuäschern«, erwiderte Parker und reichte im Telegrammstil die Informationen nach, die er Nick Weller und Perry Davies entlockt hatte. »Da greife ich sofort ein, Mister Parker«, zeigte Mylady sich fle xibel. »Dieser Bob Benson entgeht mir ohnehin nicht.« »Vermutet man recht, daß Mylady Mister Ben Robson zu meinen geruhen?« korrigierte der Butler auf seine Ungemein höfliche Art. »Sagte ich das nicht, Mister Parker?« reagierte die ältere Dame überrascht. »Sie müssen sich verhört haben.« »Was man grundsätzlich nie aus schließen sollte, Mylady«, ent gegnete Parker und bog an der nächsten Ampel nach links ab. »Man wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie Mister Robsons Männern unauffällig bis zum Einsatzort folgen und dort Myladys Eintreffen abwarten würden, Mister Pickett«, nahm Parker das drahtlose Gespräch mit dem einstigen Eigentumsumschichter wieder auf. »Verstanden, Mister Parker«, erwiderte Horace Pickett. »Ich ge be von jetzt an regelmäßig Positionsmeldungen durch, damit Sie den Weg finden.« »Ein Verfahren, das auch Myladys Beifall finden dürfte, Mister Pickett«, sagte der Butler, umrundete gleich darauf Piccadilly Cir cus und nahm die Regent Street in Richtung Marylebone. * Da Parker die Einzelheiten des Londoner Stadtplans wie ein Computer gespeichert hatte, funktionierte das System reibungs los. »Man merkt, daß Sie sich in London auskennen, Mister Parker«, stellte Pickett anerkennend fest, als der Butler sein schwarzes Gefährt neben ihm zum Stehen brachte. »Ich bin auch erst zwei Minuten hier.«
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»Wo sind die Lümmel, Mister Pickett?« fragte Agatha Simpson, die schon ungeduldig ihren ledernen Handbeutel wippen ließ. »Gleich um die Ecke steht zwischen Neubauten ein Häuschen mit Garten«, wußte der Informant zu berichten. »Das scheint das Objekt zu sein, das in Flammen aufgehen soll.« »Auf keinen Fall«, legte die resolute Dame Widerspruch ein. »Ich werde den gewissenlosen Flegeln einen dicken Strich durch die Rechnung machen.« »Ein Vorhaben, zu dem man Mylady nur beglückwünschen kann«, bemerkte Parker, rangierte das hochbeinige Monstrum in eine Parklücke und verließ würdevoll seinen Platz hinter dem Lenkrad. »Muten Sie mir etwa wieder Fußmärsche zu, Mister Parker?« fragte Lady Agatha argwöhnisch, als der Butler den hinteren Wa genschlag öffnete und sie zum Aussteigen einlud. »Keine Sorge, Mylady«, schaltete sich Horace Pickett ein. »Es sind höchstens hundert Schritte.« »Es macht mir auch nichts aus«, behauptete die füllige Dame mit einem Lächeln, das leicht verlegen wirkte. »Schließlich halte ich mich durch sportliches Training fit und leistungsfähig.« »Eine Feststellung, die man nur mit Nachdruck unterstreichen kann«, ergänzte Parker, verneigte sich andeutungsweise und schlug an der Seite seiner Herrin den von Pickett gewiesenen Weg ein. Das Haus, von dem der ehemalige Eigentumsumverteiler ge sprochen hatte, war schätzungsweise zweihundert Jahre alt und wirkte weder repräsentativ noch geräumig. Es machte aber einen durchaus gepflegten Eindruck. Das galt gleichermaßen für den Gärten, in dem es Blumenbeete und etliche Obstbäume gab, hinter denen die goldgelbe Scheibe des vollen Mondes am Himmel hing. Wären da nicht die sechsge schossigen Betonklötze gewesen, die das Grundstück von beiden Seiten her regelrecht einkeilten – man hätte sich in eine ländliche Idylle versetzt gefühlt. Kein Wunder, daß ein Mann wie Ben Robson ein Auge auf das Anwesen geworfen hatte. Wenn man seine Maßstäbe zugrunde legte, verlangte ein solches Grundstück geradezu danach, endlich profitabel genutzt zu werden.
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Der Wagen, den die Gangster benützt hatten, ein dunkelblauer Ford, stand etwas abseits in einer der Parkbuchten vor dem be nachbarten Appartementblock. Die Benzinkanister, die sie für ihre nächtliche Arbeit brauchten, hatten die Brandstifter allem Anschein nach schon ins Haus ge tragen. Behutsam öffnete der Butler das zum Glück gut geölte Garten tor und geleitete die ältere Dame zu dem von Kletterrosen ge säumten Eingang. Die Haustür war unverschlossen, wie ein vor sichtiger Druck auf die geschwungene Messingklinke zeigte. »Mister Parker«, sagte die Detektivin mit gebotenem Ernst, wo bei sie ihre Stimme allerdings zu einem Flüstern senkte, »jetzt werde ich die Schurken überwältigen, ehe es zu spät ist.« »Was meiner Wenigkeit durchaus einleuchtet, Mylady«, erwider te der Butler gedämpft und drückte langsam die Tür auf. Im Flur war es stockfinster. Dennoch verzichtete Parker aus na heliegenden Gründen darauf, seine zierliche, aber immens licht starke Stiftlampe einzuschalten. Schrittgeräusche und leises Stimmengemurmel deuten darauf hin, daß die Gangster im Ober geschoß waren. »In dieser Finsternis werde ich mir die Beine brechen, Mister Parker«, argwöhnte die korpulente Detektivin. »Außerdem haben alte Häuser meistens gefährlich enge und steile Treppen.« »Was im vorliegenden Fall durchaus zutreffen dürfte, Mylady«, bestätigte der Butler. »Am besten warte ich draußen«, paßte Agatha Simpson in sou veräner Manier ihre Planung den Gegebenheiten an. »Dann brau chen Sie die Lümmel nur aus dem Haus zu treiben, wo ich sie dann in Empfang nehme, Mister Parker.« »Myladys Wünsche sind meiner Wenigkeit Befehl«, erwiderte Parker, verneigte sich höflich und betrat auf leisen Sohlen die Diele. Die Treppe nach oben erwies sich in der Tat als eng, steil und nicht besonders vertrauenerweckend. Aber der Butler schaffte den Aufstieg, ohne das geringste Knarren auszulösen, indem er sich behutsam von Stufe zu Stufe weitertastete. Schon waren die Stimmen der Männer deutlicher zu hören. Rechter Hand stand eine Zimmertür offen. Der schwache, unruhi ge Widerschein einer Taschenlampe fiel ins Treppenhaus.
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Die Brandstifter schienen keinen besonderen Arbeitseifer, dafür um so bessere Nerven zu haben. Als Parker vorsichtig in das aus geräumte Zimmer spähte, saßen die Männer auf den Benzinkanis tern, rauchten Zigaretten und diskutierten aktuelle Sportergeb nisse. »Man erlaubt sich, einen möglichst angenehmen Abend zu wün schen«, sagte der Butler, trat über die Schwelle und lüftete zum Gruß den schwarzen Bowler. »Darf man höflich um Auskunft bit ten…« Weiter kam Parker nicht, denn die Erstarrung, mit der die Gangster auf sein unverhofftes Erscheinen reagierten, dauerte nur Bruchteile von Sekunden. Mit der beiläufigen Routine eines mit allen Wassern gewaschenen Profis langte einer von ihnen in seinen Jackenausschnitt und wollte eine mit supermodernem Schalldämpfer bestückte Automatic sprechen lassen. Der Butler, der zweifellos damit gerechnet hatte, daß sein freundlicher Gruß auf feindselige Weise beantwortet würde, war jedoch auf der Hut und durchkreuzte die Pläne des Bewaffneten ebenso wirksam wie nachhaltig. Mit ruckartiger Bewegung setzte Parker die steife Melone, die er ohnehin gerade in der Hand hielt, in Marsch. Sirrend glitt die stahlverstärkte Kopfbedeckung wie eine schwarze Frisbeescheibe durchs Zimmer, beschrieb einen leichten Bogen und suchte sich unfehlbar das vorgegebene Ziel. Der Gangster kreischte vor Schreck und Schmerz, als die ge schliffene Stahlkrempe des Bowlers seinem Handrücken eine Ra dikalrasur verpaßte und dann weiter zur Nasenspitze hüpfte. Die hochtechnische Mordmaschine blieb in der Schulterhalfter ste cken, während ihr Besitzer mit tränenden Augen rückwärts tau melte. In dem unbewohnten Zimmer gab es nichts, was den Mann bei seinem ungeordneten Rückzug aufhalten konnte. Auch das zwei flügelige Erkerfenster, gegen das er mit voller Wucht prallte, leis tete keinen nennenswerten Widerstand. Klirrend flogen die Scheiben aus den Rahmen. Krachend und splitternd gaben die Fensterflügel nach. Mit einer fast makellosen Rolle rückwärts überwand der entwaffnete Brandstifter auch noch die niedrige Fensterbank.
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Anschließend rutschte er schreiend über’ die Dachpfannen ab wärts. Heftiges Platschen und Rauschen signalisierte, daß der Sturz in die Tiefe ein weiches Ende gefunden hatte. Mit dem Mut der Verzweiflung wollte sich der Zurückgebliebene auf Parker stürzen. Dabei übersah er jedoch die bleigefüllte Spitze des schwarzen Universal-Regendachs, die sich ihm keck entge genstreckte. Der Mann reagierte mit dumpfem Stöhnen und gab schlagartig seinen gesamten Vorrat an Atemluft preis, als das kühle Metall eingehend seinen Solarplexus massierte und dabei ausgesprochen unangenehme Reaktionen auslöste. Postwendend war auch der Kampfmut des zweiten Unterweltlers verflogen. Resigniert trat der Bursche den Weg zum Erkerfenster an, das ohnehin schon offenstand. »Ich habe den Schurken, Mister Parker«, rief Lady Agatha tri umphierend von unten. »Oder kommt…« Der Rest des Satzes ging in heftigem Klatschen und Platschen unter. Dafür begann die ältere Dame jetzt zu kreischen wie ein Teenager, der in der Badeanstalt von Lausbuben naßgespritzt wird. Als der Butler Augenblicke später um die Hausecke bog, fand er eine empörte Lady vor, die zwar einige Spritzer abbekommen hatte, aber keineswegs durchnäßt war. »Hätten Sie nicht wenigstens Bescheid sagen können, Mister Parker?« beschwerte sie sich. »Mein Hut ist ruiniert und meine Frisur verdorben.« »Man erlaubt sich, in aller Form um Nachsicht zu bitten, Myla dy«, ließ Parker höflich verlauten und deutete eine Verbeugung an. Der Zorn der resoluten Dame war jedoch schnell verflogen. Als sie die pudelnassen Köpfe der Brandstifter in Augenschein nahm, die über das abschüssige Dach direkt in die große Regentonne gerutscht waren, hallte plötzlich homerisches Gelächter von den Wänden der benachbarten Wohnblocks wider. »Eigentlich müßte ich die Lümmel ja noch eingehend verhören, Mister Parker«, fand die leidenschaftliche Detektivin, nachdem sie den zur Schadenfreude herausfordernden Anblick ausgiebig ge nossen hatte. »Ein Vorhaben, das sich erübrigen dürfte, falls man eine per sönliche Einschätzung äußern darf, Mylady«, entgegnete der But
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ler. »Immerhin wurden die Herren unter eindeutigen Umständen auf frischer Tat ertappt.« »Darauf wollte ich Sie übrigens auch gerade hinweisen, Mister Parker«, behauptete Agatha Simpson umgehend. »Ich habe näm lich keine Zeit zu verlieren. Jetzt ist Mister Benson an der Reihe. Aber was mache ich mit den nassen Flegeln?« »Man könnte den ehrenwerten Mister Pickett bitten, die Polizei zu verständigen«, schlug Parker vor. »Meinetwegen«, erwiderte die ältere Dame. »Bei diesen Bur schen handelt es sich ohnehin um Randfiguren, Mister Parker.« »Wie Mylady zu meinen geruhen«, gab der Butler höflich zu rück. Bevor man die vernehmlich mit den Zähnen klappernden Brand stifter beim Bad im Mondschein zurückließ, zog Parker jedoch zwei Handfesseln aus der Wölbung seines Bowlers und engte da mit die Bewegungsfreiheit des zerknirscht wirkenden Duos nach haltig ein. * Agatha Simpson bebte vor Tatendrang. Energiestöße durchpuls ten ihre wuchtige Gestalt. Die Wangen waren hektisch gerötet. »Können Sie nicht schneller fahren, Mister Parker?« drängelte sie. »Am erforderlichen Bemühen wird man es keinesfalls und mit nichten fehlen lassen«, erwiderte der Butler. »Allerdings dürften Mylady den Umstand in Betracht ziehen, daß man sich nicht auf der Autobahn, sondern in der City von London befindet.« Die ältere Dame mochte sagen, was sie wollte. In weniger als einer Stunde ließ sich die Fahrt von Marylebone in den Osten der Stadt nicht bewältigen – obwohl Parker jede Abkürzung nutzte und auf übersichtlicher Strecke rasante Zwischenspurts einlegte. »Nun gut. Ich werde die Zeit nutzen, um noch mal intensiv über den Fall nachzudenken, Mister Parker«, schickte Mylady sich schließlich ins Unvermeidliche. Wie ernst sie diese Aufgabe nahm, zeigten die dezenten Schnarchtöne, die gleich darauf aus dem schußsicher verglasten Fond zum Fahrerplatz übertragen wurden. Diskret, wie er nun mal war, schaltete der Butler die verräteri sche Sprechanlage ab und konzentrierte sich mit allen Sinnen aufs Fahren. Zwar herrschte nur noch geringer Verkehr, aber Si
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tuationen, in denen Parker blitzschnell reagieren mußte, gab es mehrere. Zum Beispiel, als ein angetrunkener Fußgänger fröhlich lallend in die Fahrbahn torkelte. Da half kein Bremsen, sondern nur noch geistesgegenwärtiges Ausweichen. Dank des hochbeinigen Spezialfahrwerks, das gera de unter extremen Belastungen seine Qualitäten offenbarte, meisterte der Butler alle Klippen. In Whitechapel hätte es trotzdem um ein Haar eine lästige Ver zögerung gegeben. Aus dem Augenwinkel nahm Parker den Poli zei-Streifenwagen wahr, der am Straßenrand parkte. Doch die Beamten waren viel zu entgeistert, als sie das alter tümliche Gefährt vorbeirasen sahen, um noch rechtzeitig ein zugreifen. Zwar starteten sie ihren Wagen, um dem Verkehrssün der nachzujagen, der würdevoll hinten dem Lenkrad des schwar zen Wagens saß, aber schon nach zwei Meilen gaben sie frustriert die Verfolgung auf. Unvermittelt war der Butler in eine Seitenstraße eingebogen, hatte einen Haken geschlagen und war gewissen Blicken ent schwunden, als hätte sich die Erde geöffnet und den Fahrer samt Fahrzeug verschluckt. Lady Agatha ließ sich durch derlei Vorfälle nicht stören. Erst als Parker auf der breiten Commercial Road die Stepney East Station passierte, fand sie unter herzhaftem Gähnen wieder in die Wirk lichkeit zurück. Allerdings hatte der Butler kurz zuvor die Sprechanlage wieder eingeschaltet und sich mehrmals vernehmlich geräuspert. »Ich habe mich jetzt entschieden und werde Sie in meine takti schen Planungen einweihen, Mister Parker«, ließ Mylady keine Zweifel daran, daß sie die knapp einstündige Fahrt tatsächlich zu intensivem Nachdenken genutzt hatte. »Ich werde zu dem be währten Mittel des Überraschungsangriffs greifen und das Subjekt im Handstreich überwältigen. Können Sie mir folgen, Mister Par ker?« »Bislang fühlt meine Wenigkeit sich keineswegs geistig überfor dert, was für die lichte Klarheit sprechen dürfte, die Myladys Aus führungen kennzeichnet«, gab der Butler ebenso höflich wie ge lassen zurück. »Sie dürfen mich beim Sturm auf die Werkstatt begleiten, Mis ter Parker«, fuhr die resolute Dame fort.
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»Darf man gegebenenfalls um Aufklärung bitten, von welcher Werkstatt Mylady zu sprechen geruhen?« erkundigte sich Parker. »Moment mal. War es vielleicht eine Tankstelle, Mister Parker?« kramte Agatha Simpson erfolglos in ihrem Gedächtnis. »Mylady dürften das Hotel zu meinen geruhen, das Mister Rob son gehört«, half der Butler diskret aus. »Richtig. Ich erinnere mich genau«, nickte die ältere Dame. »Ein sogenanntes Stundenhotel, nicht wahr, Mister Parker?« »Mylady treffen den sprichwörtlichen Nagel auf den Kopf.« »Also. Sie dürfen mich beim Sturm auf das Hotel begleiten«, fuhr die Detektivin fort. »Sorgen brauchen Sie sich nicht zu ma chen, Mister Parker. Ich werde wie üblich meine schützende Hand über Sie halten.« »Eine Ankündigung, die ungemein beruhigend wirkt, falls der Hinweis gestattet ist.« »Damit ich Sie auch vor moralischen Anfeindungen bewahren kann, bleiben Sie am besten eng an meiner Seite«, fügte Lady Simpson mit strenger Miene hinzu. »Nur stören Sie mich nicht, wenn ich zum entscheidenden Schlag aushole, Mister Parker.« »Was man zweifellos in gebührender Weise beherzigen wird, Mylady.« »Das will ich hoffen«, bekräftigte die majestätische Dame. »Bin ich nicht bald da, Mister Parker?« »In wenig mehr als einer Minute dürften Mylady den Einsatzort erreicht haben«, teilte Parker mit. »Darf man in diesem Zusam menhang die Frage anschließen, welche Rolle Mylady Miß Porter und Mister Rander zugedacht haben?« »Die Kinder sollen sich aus der Gefahrenzone heraushalten«, meinte die Einsatzleiterin. »Ich würde mir ewig Vorwürfe machen, wenn den beiden etwas zustieße, Mister Parker.« »Eine Äußerung, die von Myladys hoch entwickeltem Verantwor tungsbewußtsein zeugt«, schickte der Butler voraus. »Anderer seits dürften die Genannten weder als unerfahren noch als leicht sinnig gelten.« »Trotzdem. Sie bleiben draußen«, beharrte Lady Agatha. »Der liebe Mike und Miß Kathy können vielleicht die Straße abriegeln, falls der Lümmel wider Erwarten im letzten Moment entwischen sollte.« »Wie Mylady wünschen«, ließ Parker höflich verlauten und bremste sein schwarzes Gefährt. Kurz vor der Kreuzung Grenade
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Street/Gill Street war plötzlich eine junge Dame aus einem dunk len Torweg auf den Gehweg getreten. Eigentlich waren in dieser Gegend und zu dieser späten Stunde ausschließlich weibliche Wesen unterwegs, die täschchenschwen kend ihrem Broterwerb im horizontalen Gewerbe nachgingen. Die attraktive Erscheinung da vorn gehörte allerdings mitnichten zu dieser Kategorie. »Darf man sich erlauben, nach Ihrem werten Befinden zu fra gen, Miß Porter?« sagte der Butler, nachdem er das hochbeinige Monstrum am Straßenrand gestoppt und das Fahrerfenster ge senkt hatte. »Danke, alles bestens, Mister Parker«, gab Kathy Porter zurück. »Aber ich mache mir allmählich Sorgen um Mike.« »Muß man möglicherweise annehmen, daß es für diese Sorgen einen konkreten Anlaß gibt, Miß Porter?« wollte Parker wissen. »Mike wollte versuchen, sich über die Hinterhöfe an das Hotel heranzupirschen und vielleicht sogar hineinzukommen«, berichte te die junge Dame. »Aber das ist schon bald eine halbe Stunde her. So lange wollte er eigentlich nicht bleiben.« »Der arme Junge wird den skrupellosen Gangstern in die Hände gefallen sein«, schwante der passionierten Detektivin Schlimmes. »Ich muß sofort meinen Angriff starten, Mister Parker.« »Nichts liegt meiner bescheidenen Wenigkeit ferner, als Mylady zu widersprechen«, meldete der Butler in seiner höflichen Art dennoch Widerspruch an. »Der Hinweis dürfte erlaubt sein, daß ein Frontalangriff der geplanten Art Mister Randers Leben in aku ter Weise gefährden könnte.« »Stimmt. Das ist einer erfahrenen Kriminalistin wie mir natür lich auch klar«, entgegnete die füllige Dame. »Deshalb werde ich selbstverständlich die Taktik ändern, Mister Parker.« »Ein Entschluß, zu dem man Mylady nur beglückwünschen kann«, erwiderte Parker, »Darf man in diesem Zusammenhang um Auskunft bitten, wie Mylady unter den obwaltenden Umstän den im einzelnen vorzugehen gedenken?« »Nun… äh…Sie dürfen mir ruhig ein paar passende Vorschläge unterbreiten, Mister Parker«, gestattete Agatha Simpson in ihrer ungemein großzügigen Art. »Ich möchte auch mal sehen, ob Sie bei mir etwas gelernt haben.«
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»Mylady dürfte in jedem Falle die verantwortungsreiche Aufgabe der Einsatzleitung zufallen«, begann der Butler nicht ohne diplo matisches Geschick. »Das versteht sich ja wohl von selbst«, entgegnete die selbstbewußte Dame. »Bitte weiter, Mister Parker.« »Innerhalb dieses Konzepts könnte meine Wenigkeit einen Er kundungsgang unternehmen und Mylady baldmöglichst Bericht erstatten«, fuhr Parker fort. »Genauso wollte ich es anordnen«, verriet Agatha Simpson lä chelnd. »Gratuliere, Mister Parker! Sie bewähren sich immer mehr.« »Man dankt für das völlig unverdiente Lob, Mylady«, gab der Butler mit unbewegter Miene zurück. »Geht man im übrigen recht in der Annahme, daß Mylady den Einsatz vom Fahrzeug aus zu leiten wünschen?« »Noch ein guter Vorschlag, Mister Parker«, brach die ältere Da me geradezu in Lobeshymnen aus. »Und Kathy bleibt hier bei mir.« »Wirklich, Mylady?« reagierte die Freundin des Anwalts ent täuscht. »Sollte ich nicht lieber…« »Nein, Sie bleiben hier, Kindchen. Schon, weil es zu gefährlich ist«, ließ Mylady sich nicht erweichen. »Außerdem muß ich Ihnen eine herrliche Geschichte erzählen.« Widerstrebend nahm Kathy Porter die Einladung an, stieg hinten ein und nahm mit dem spärlichen Platz vorlieb, den Lady Agathas wogende Fülle ihr ließ. »Sie können den Wagen hier auf den Hof stellen, Mister Par ker«, schlug die zierliche Kathy vor. »Da ist er nicht zu sehen, und bis zum Hotel sind es knapp hundert Meter.« »Eine Anregung, die man unbedingt aufgreifen sollte, Miß Por ter«, antwortete Parker, rangierte sein altertümliches Gefährt in die dunkle Einfahrt, aus der die junge Dame gekommen war, und stellte den Motor ab. »Aber halten Sie sich nicht zu lange auf, Mister Parker«, er mahnte Agatha Simpson ihn nachdrücklich. »Ich habe keine Zeit zu verlieren. Das Leben des armen Mike steht auf dem Spiel.« »Ein Umstand, dem man auf jeden Fall in geeigneter Weise Rechnung tragen wird«, versicherte der Butler, ehe er das Fahr zeug verließ und sich mit einer Verbeugung empfahl.
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»Also, jetzt muß ich Ihnen unbedingt erzählen, wie ich die Brandstifter in das Wasserfaß gesteckt habe, Kindchen«, hörte Parker seine Herrin plaudern, während er sich gemessen und würdevoll entfernte. * Das Sunset-Hotel lag auf der linken Seite der schmalen, von trüben Gaslaternen spärlich erhellten Straße. Ein Reklameschild, dessen Neonbeleuchtung unablässig flackerte, wies auf das Etab lissement mit dem eindeutigen Ruf hin. Während der Rest der Straße wie leergefegt wirkte, parkten vor dem Stundenhotel etli che Fahrzeuge der oberen Hubraumklassen. Wie ein einsamer Spaziergänger, den Schlaflosigkeit auf die Straße getrieben hat, schritt der Butler an den verwahrlosten Häuserwänden entlang und vermied es dabei, in die Lichtkegel der wenigen Straßenlampen zu geraten. Unablässig kreisten seine Blicke. Kein Geräusch entging seinen Ohren. Deshalb wurde er schon aus einiger Entfernung auf einen sil bergrauen Jaguar aufmerksam, der mitten zwischen den anderen Fahrzeugen stand. Der Wagen war als einziger besetzt – mit zwei Männern, die Zigaretten aufglimmen ließen und das Schiebedach eine Handbreit geöffnet hatten, damit der Qualm abziehen konn te. Lautlos wie ein Schatten glitt Parker weiter. Er zweifelte nicht daran, daß das Duo bewaffnet war und die Aufgabe hatte, für Ben Robsons Sicherheit zu sorgen. Darauf deutete schon das elektrisierende Kribbeln in der Na ckengegend hin, das sich mit jedem Schritt verstärkte. Diese ge heimnisvolle Antenne hatte ihn schon oft vor tödlichen Fallen be wahrt, indem sie die vibrierende Spannung spürbar machte, die in brisanten Situationen in der Luft liegt. Deshalb griff der Butler in die linke Außentasche seines Cover coats und förderte eine weiße Plastikkapsel zutage, die einem Pingpongbällchen ähnlich sah. Erst bei näherem Hinsehen waren die feinen, nadelstichähnlichen Löcher zu erkennen, mit denen die kleine Kugel übersät war. Das Heck des Jaguar war nur noch drei Schritte entfernt. Die mutmaßlichen Bodyguards unterhielten sich gedämpft und sogen
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weiterhin an ihren Glimmstengeln. Keiner von ihnen bemerkte die schwarz gewandete Gestalt, die sich auf leisen Sohlen näherte. Kurz entschlossen drückte Parker das dünnwandige Bällchen mit der schwarz behandschuhten Rechten zusammen, bis die im In nern untergebrachte Ampulle unter kaum hörbarem Knistern zer sprang. Anschließend stellte er den Gangstern seinen leichtge wichtigen Gruß mit einem wohlgezielten Wurf zu. Keck segelte die weiße Kapsel durch die Öffnung im Wagen dach, prallte leise klickend vom Lenkrad ab und rollte unter den Fahrersitz. Die Männer unterbrachen zwar irritiert ihr Gespräch, aber als sie auf das rasch anschwellende Zischen aufmerksam wurden, waren die Würfel schon gefallen. Mit einer Vehemenz, die man nur atemberaubend nennen konn te, verband sich die glasklare Flüssigkeit aus der Ampulle mit dem Sauerstoff der Luft und ließ ein betäubendes, die Schleim häute reizendes Gas entstehen, das mit hohem Druck durch die winzigen Löcher entwich und im Handumdrehen den ganzen In nenraum des Jaguar ausfüllte. Die Insassen reagierten mit heiserem Krächzen, das sich zu krampfartigen Hustenanfällen steigerte, dann aber rasch wieder verebbte. Als der Butler aus seiner Deckung seitlich am Heck auf tauchte, hatten die Männer ihren halbherzigen Versuch, an die frische Luft zu entkommen, schon aufgegeben. Sie hatten sich behaglich in die Polster zurückgelehnt, lächelten friedlich und wirkten, als könnten sie keiner Fliege etwas zuleide tun. Allerdings schien das Husten auf nächtlicher Straße nicht nur Parkers Ohr erreicht zu haben. Blitzschnell ging der Butler hinter dem Wagen in Deckung, als in einer Toreinfahrt neben dem Hotel ein Mann mittleren Alters auf tauchte, der neugierig herübersah und einen schallgedämpften Trommelrevolver in der Rechten hielt. Mit routiniertem Griff legte der Butler einen kleinen Sicherungs hebel am Griff des altväterlich gebundenen UniversalRegenschirmes um und klappte anschließend die bleigefüllte Spit ze im rechten Winkel zur Seite. Dadurch entpuppte sich der hohle Schaft des Regendachs als Lauf, aus dem Parker kleine, bunt gefiederte Pfeile verschießen konnte. Eine Patrone mit komprimierter Kohlensäure, die in den
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schwarzen Schirmfalten verborgen war, lieferte die nötige Schub kraft. Der Butler wartete nicht, bis der Bewaffnete herüberkam, um nach seinen Kollegen zu sehen. Behutsam legte er den zur lautlo sen Distanzwaffe umfunktionierten Schirm auf das Pflaster unter dem Wagenboden, taxierte untrüglich die Richtung und schickte eines der kaum stricknadelgroßen Geschosse auf die Reise zur anderen Straßenseite. Wie aus dem Nichts schwirrte der zierliche Pfeil unter dem Ja guar hervor, glitt im Tiefflug über die Straße und blieb wippend in der linken Wade des Hofwächters stecken. Der Mann wurde erst aufmerksam, als die scharfe Pfeilspitze das Tuch seiner Hose durchdrang und sich als Stachel im Fleisch betätigte. Mit unterdrücktem Schmerzlaut zuckte der Gangster zusammen, wollte nach dem vermeintlichen Insekt schlagen und… erstarrte. Fassungslos fixierte er das kleine, aber ungemein beunruhigen de Geschoß. Alles, was er jemals über die tödlichen Blasrohrpfeile brasilianischer Urwaldindianer gehört oder gelesen hatte, glitt wie ein Film im Zeitraffertempo an ihm vorüber. Schon öffnete der Bewaffnete den Mund und wollte einen gel lenden Schrei ausstoßen, als das hochwirksame Betäubungsmittel pflanzlicher Herkunft, mit dem Parker die Pfeilspitze präpariert hatte, die Nervenzentren im Gehirn erreichte. Unvermittelt geriet der Bewaffnete ins Torkeln, verschwand im dunklen Torweg und wurde nicht mehr gesehen. Als der Butler kurz darauf die Straße überquerte und nach dem Verschwundenen Ausschau hielt, hatte der Wächter es sich längst in einer Mauernische bequem gemacht und war in erlösenden Schlummer gefallen. Parker beachtete den Mann nicht weiter und schritt würdevoll an ihm vorbei, um auf die Rückseite des Gebäudes zu gelangen. Seine Nerven und Sinne waren auf höchste Alarmstufe geschaltet, aber nirgends war ein Geräusch zu hören, nirgends eine Bewe gung wahrzunehmen, die seinen Argwohn erregt hätte. Auch das Kribbeln auf der Haut war nicht mehr zu spüren. Der betonierte Hof, auf den der Torweg mündete, schien haupt sächlich als Abstellplatz für Mülltonnen zu dienen. Trotz raben schwarzer Finsternis hatte der Butler dank seiner scharfen Nacht vogelaugen keine Schwierigkeiten, sich zu orientieren. Dabei wich
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er noch im Gehen umherliegenden Konservendosen und Geträn kebechern aus, die fast die Funktion eines akustischen Warnsys tems erfüllten. Im eigentlichen Hotelbau würde man Mike Rander wohl nicht gefangenhalten, falls er überhaupt noch am Leben war. Dann schon eher in dem flachen Anbau, der den Hof in zwei Teile teilte, die durch eine schmale Durchfahrt am hinteren Ende verbunden waren. Die Fenster des schmucklosen Gebäudes waren unbeleuchtet, aber aus einem der Kellerschächte drang schwacher Lichtschein nach oben. Lautlos Setzte Parker seinen Weg fort und spähte durch das Eisengitter, mit dem der Schacht überdeckt war, in die Tiefe. Zuerst sah er nur den nackten Betonboden eines Kellerraumes, auf den das spärliche Licht einer Glühbirne fiel. Dann jedoch drang verhaltenes Stöhnen an sein Ohr. Dieses Stöhnen hatte allerdings nichts mit den Lauten zu tun, die in Ben Robsons Stun denhotel zur normalen Geräuschkulisse gehörten. Interessiert beugte sich der Butler über den Schacht, um weiter in den Kellerraum sehen zu können. Zwei Schuhe kamen ins Blickfeld, dann zwei Fußgelenke, die mit dicken Stricken gefesselt waren. Ein Zweifel war ausgeschlossen. Die zweifarbigen Sportschuhe hatte Parker noch am Abend an Rander gesehen. Außer dem Anwalt schien sich niemand dort unten zu befinden. Deshalb hob der Butler das Eisengitter an, lehnte es an die Wand und ließ sich in den Schacht hinabgleiten. Mit sicherem Griff zog er sein zierliches Universalbesteck aus der Tasche, öffnete damit im Handumdrehen das Fenster und sah Rander auf dem nackten Boden liegen. Keine Frage, daß der Anwalt sich über den unverhofften Besuch in seinem Verließ freute. Nur zeigen konnte er es nicht. Die Hän de waren auf dem Rücken gefesselt. Im Mund steckte ein Knebel. Doch die endgültige Befreiung war nur noch eine Sache von Se kunden. Rasch durchschnitt Parker die Hanfstricke, half Rander vom Boden auf und wies ihm mit einer Verbeugung den Weg nach oben… in die Freiheit. »Möglicherweise sollte man zunächst zu Mylady und Miß Porter zurückkehren, Sir«, schlug der Butler vor, während die Männer
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Seite an Seite den Torweg durchschritten und den immer noch schlummernden Wächter passierten. »Einverstanden«, nickte der Anwalt. »Mylady sollte sowieso entscheiden, wie sie weiter vorgehen möchte. Kurz bevor ich da unten eingelocht würde, habe ich nämlich mitbekommen, daß Robson vor Morgengrauen einen Großangriff starten will, um sei ne Männer in Shepherd’s Market zu befreien.« »Eine Nachricht, die zweifellos Myladys Aufmerksamkeit finden dürfte, Sir«, erwiderte Parker. Unbemerkt schritten der Befreite und sein Befreier am Eingang des Hotels vorbei und hatten fast die Straßenecke erreicht, als der Butler unvermittelt stehenblieb und lauschte. Auch Rander hatte die Geräusche gehört und spitzte die Ohren. Gleich darauf schossen dicht hintereinander drei schwarze, vermutlich gepanzerte Limousinen aus der Einfahrt, bogen auf wimmernden Pneus nach links ab und entfernten sich mit Vollgas. Schon waren nur noch die Rücklichter zu sehen. »Das müssen sie gewesen sein«, stellte der Anwalt fest. »Eine Vermutung, die sich geradezu aufdrängen dürfte, Sir«, pflichtete Parker ihm bei, setzte sich wieder in Bewegung und beschleunigte seine Schritte, soweit es die Würde eines hochherr schaftlichen Butlers zuließ. Schließlich hatte er seiner Herrin ver sprochen, baldmöglichst Bericht zu erstatten… * »Da ist der liebe Junge ja wieder«, stellte Lady Agatha zufrieden fest, während Kathy Porter überglücklich den Anwalt in die Arme schloß. »Sie haben sich unnötige Sorgen gemacht, Kindchen.« »Ganz so unnötig war’s nun auch nicht, Mylady«, korrigierte Rander. »Ich habe mir nämlich selbst schon Sorgen gemacht.« »Aber warum denn, Mike?« reagierte die ältere Dame über rascht. »Ist irgendwas passiert?« »Eigentlich nichts Besonderes«, gab der Anwalt zurück und zeigte, daß er schon wieder schmunzeln konnte. »Parker hat mich ja rechtzeitig herausgeholt.« »Das kriminelle Gesindel wollte sich doch nicht etwa an Ihnen vergreifen, Mike?« erkundigte sich Mylady.
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»Vermutlich doch«, entgegnete der Anwalt. »Ich glaube kaum, daß Robson mich fesseln und in einen Keller sperren ließ, um mich anschließend zum Urlaub in seinem Hotel einzuladen.« »Das ist ja die Höhe«, entrüstete sich die ältere Dame. »Ich werde umgehend das Hotel stürmen und den Schurken zur Rede stellen.« »Dazu ist es jetzt ein paar Minuten zu spät, Mylady«, bremste Rander ihren plötzlich wieder ausbrechenden Tatendrang. »Was soll das heißen?« begehrte Agatha Simpson zu wissen. »Hat Mister Parker den Lümmel entwischen lassen?« »Keineswegs und mitnichten, Mylady«, konnte der Butler seine Herrin beruhigen. »Allerdings deuten alle Anzeichen darauf hin, daß Mister Robson soeben mit einer ansehnlichen Streitmacht nach Shepherd’s Market aufgebrochen ist.« »Nach Shepherd’s Market?« wiederholte die passionierte Detek tivin und kicherte schadenfroh. »Der skrupellose Bursche wird sich schwarz ärgern, wenn er merkt, daß ich gar nicht zu Hause bin.« »Nach den Informationen, die Mister Rander zu Ohren kamen, dürfte die Aktion eher den Zweck haben, die Herren zu befreien, die zur Zeit Myladys Gastfreundschaft genießen«, gab Parker zu bedenken. »Das könnte dem Schurken so passen«, empörte sich die reso lute Dame. »Wenn er das wagt, lernt er mich kennen.« »Unter diesen Umständen sollten Mylady keine unnötige Zeit verlieren, falls der Hinweis genehm ist«, merkte der Butler höflich an. »Nun drängeln Sie nicht so, Mister Parker«, beschwerte sich die majestätische Dame. »Ich bin noch nie zu spät gekommen.« »Eine Feststellung, der man mitnichten widersprechen möchte«, erwiderte Parker, deutete eine Verbeugung an und nahm in wür devoller Haltung hinter dem Lenkrad Platz. »Wir nehmen meinen Wagen und kommen nach«, sagte Rander, hakte Kathy unter und verabschiedete sich mit einem Ni cken. »Bis gleich.« »Der Lümmel wird es bereuen, daß er sich nach Shepherd’s Market gewagt hat, Mister Parker«, zeigte sich die stämmige De tektivin erwartungsvoll, während das hochbeinige Monstrum durch den Torweg auf die Straße rollte.
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»Darf man fragen, wie Mylady diese Äußerung konkret zu ver stehen meinen?« erkundigte sich der Butler. »Meine Planung geht mal wieder vollkommen auf, Mister Par ker«, brüstete sich Mylady. »Während der Lümmel in mein Haus einzudringen versucht, falle ich ihm von der Straße aus in den Rücken. Damit ist sein Schicksal besiegelt.« »Was eindeutig zu hoffen wäre«, ließ Parker sich vernehmen. »Andererseits könnten Mylady erwägen, den Angreifern zuvorzu kommen und ihnen einen gebührenden Empfang bereiten.« »Das ist eine taktische Variante, die ich natürlich auch im Auge habe«, versicherte Lady Agatha postwendend. »Wie werde ich dabei im einzelnen vorgehen, Mister Parker?« »Unter Ausnutzung der sich bietenden Abkürzungen dürften My lady es schaffen, vor den Gangstern in Shepherd’s Market zu sein«, teilte der Butler seine Einschätzung mit. »Falls man nicht grundsätzlich irrt, könnte sogar noch ein wenig Zeit bleiben, um Vorbereitungen für eine angemessene Begrüßung zu treffen.« »Genauso habe ich es mir vorgestellt, Mister Parker«, erwiderte die füllige Dame. »Der Plan setzt allerdings voraus, daß Sie etwas flotter fahren als sonst.« »Am eingehenden Bemühen wird meine Wenigkeit es keinesfalls fehlen lassen, Mylady«, versprach Parker und handelte unverzüg lich danach. Die rasante Fahrt über nächtlich leere Straßen war ein Wettlauf gegen die Zeit. Aber aussichtslos war das Rennen keineswegs. Schließlich verfügte der Butler nicht nur über ein leistungsfähiges Fahrzeug und fahrerisches Können, sondern auch über eine präzi se Kenntnis des Londoner Stadtplans. Und diese Trümpfe Spielte er jetzt in einer Weise aus, daß seiner Herrin auf dem Rücksitz Hören und Sehen verging. Anfangs versuchte Agatha Simpson noch, ihren schwarz gewan deten Chauffeur anzufeuern. Aber bald beschränkte sie sich dar auf, ihrer Körperfülle, die bei jedem Abbiegemanöver den Geset zen der Fliehkraft folgte, einigermaßen sicheren Halt zu verschaf fen. Die Zeit, in der der Butler die Strecke von Limehouse nach Shepherd’s Market zurücklegte, war rekordverdächtig. Der Einsatz lohnte sich indes. Als das schwarze Gefährt in die idyllische Wohnstraße einbog, war noch alles leer und ruhig. Nur der weiße BMW stand verlassen am Straßenrand.
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Auf dem Vorplatz stellte Parker seinen Wagen ab und half der gewichtigen Dame beim Aussteigen. Gleich darauf fiel die Haustür hinter dem skurrilen Paar ins Schloß. »Bis die Gangster eintreffen, könnte ich ja noch ein wenig mei nen Kreislauf pflegen, Mister Parker«, äußerte die Hausherrin, während der Butler das Licht in der Wohnhalle einschaltete. »Wie Mylady zu wünschen belieben«, erwiderte Parker, holte die geschliffene Kristallkaraffe mit Myladys Lieblingssherry und schenkte ein. Anschließend verneigte er sich höflich und verließ den Raum. Sein Weg führte ihn ins Souterrain, wo er seine Bastelwerkstatt mit allerlei nützlichen Kleinigkeiten hatte. Dort deckte sich der Butler mit allem ein, was er in der nächsten Viertelstunde zu brauchen glaubte, und stieg dann würdevoll die Treppe zum Spei cher des Hauses hinauf. Seelenruhig öffnete Parker eines der kleinen Fenster zur Straße hin und legte seine Utensilien bereit. Die Gangster konnten kom men… * Der Butler hatte seinen Posten in luftiger Höhe keine Minute zu früh bezogen. Am Ende der Straße wurden Autoscheinwerfer sichtbar und… verloschen gleich wieder. Nur gedämpftes Moto rengeräusch kündigte die Ankunft der gepanzerten Limousinen an. Augenblicke später stoppten die drei Wagen gegenüber Lady Agathas Anwesen. Die Motoren wurden abgestellt. Stille breitete sich aus. Doch gleich darauf wurden Türen geöffnet. Dunkel gekleidete Männer, alle mit schallgedämpften Automaticwaffen ausgerüstet, stiegen aus. Parker zählte vier Gestalten, die im vermeintlichen Schutz der Dunkelheit über die Straße huschten und Deckungen suchten, die gleichzeitig eine günstige Schußposition boten. Das Quartett war den beiden vorderen Wagen entstiegen. Die Beifahrertür der dritten Limousine wurde erst später geöffnet. Bei dem elegant gekleideten Mittvierziger, dessen Haare selbst in der
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Dunkelheit noch rötlich leuchteten, mußte es sich um Ben Robson persönlich handeln. Behutsam nahm der Butler seine stählerne Gabelschleuder vom Fensterbrett und strammte probeweise die extrastarken Gummi stränge. An die primitiven, mit Einweckgummis bestückten Ast gabeln, die Jungen eines gewissen Alters sich basteln, erinnerte diese High-Tech-Version übrigens nur kaum. Was Reichweite und Treffsicherheit anging, war Parkers Modell seinen hölzernen Ur ahnen meilenweit voraus. Während der Butler in die rechte Außentasche seines schwarzen Covercoats griff und eine hartgebrannte Tonmurmel herausholte, die er als Geschoß verwenden wollte, beugte sich Robson zum Fenster seines Fahrers und ließ sich ein… Megaphon reichen. »Ergeben Sie sich, Parker!« tönte es gleich darauf über den Vorplatz des Hauses. »Das Spiel ist aus!« Mit teilnahmslos wirkender Miene nahm Parker die Aufforderung zur Kenntnis und plazierte die Murmel sorgfältig in der ledernen Schlaufe seiner Schleuder. »Ich weiß, daß Sie mich hören, Parker«, schallte es weiter aus dem Megaphon. »Kommen Sie raus! Das Haus ist umstellt!« Der Butler hätte es gern noch eine Weile genossen, den starken Sprüchen des Gangsterbosses zuzuhören, aber es war höchste Zeit zu handeln. Sonst war zu befürchten, daß Mylady in ihrer spontanen Art vor die Tür trat, um Robson lautstark die Meinung zu sagen. Äußerst konzentriert strammte Parker die Gummistränge, vi sierte sein Ziel an und schickte den tönernen Gruß auf die Reise. »Parker!« setzte Robson erneut an…da erreichte die kleine Ku gel ihr Ziel und sorgte dafür, daß es dem Gangster auf der Stelle die Sprache verschlug. Ein Stöhnen drang noch aus dem Megaphon, dann fiel das Gerät zu Boden und verstummte. Auf die Männer, die sich im Halbkreis um den Eingang des Hau ses verteilt hatten, übten die unerwarteten Geräusche eine aus gesprochen alarmierende Wirkung aus. Deutlich beobachtete der Butler, wie unten Hektik ausbrach. Und diese Hektik gedachte er noch ein wenig zu steigern. Das war der Grund, weshalb ein gutes Dutzend Feuerwerksra keten abschußbereit auf dem Fensterbrett lagen.
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Schon sprühten die ersten Lunten. Parker war vorsichtshalber unter dem Fenster in die Knie gegangen und ließ die Flamme sei nes Feuerzeuges von Zündschnur zu Zündschnur gleiten. Eine nach der anderen zischten die Raketen davon, zogen glü hende Schweife hinter sich her und überschütteten den Vorplatz mit Kaskaden goldener und silberner Regentropfen. Gleißende Kugeln zerplatzten und tauchten das ganze Viertel in farbiges Licht. Die Begeisterung, mit der die Männer unten auf das pyrotechni sche Schauspiel reagierten, war beispiellos. Augenblicklich spran gen sie hinter den Rosenbüschen hervor, die ihnen als Deckung gedient hatten, und versuchten es dem Butler gleichzutun. Die bläulichen Mündungsfeuer, die ihren Waffen entwichen, wirkten zwar ungemein dekorativ, konnten es aber mit Parkers Arsenal bei weitem nicht aufnehmen. Jedenfalls, was die Farben pracht anging. Allerdings hatte der Butler auch schon die Vorbereitungen für das Finale getroffen. In seiner schwarz behandschuhten Rechten lag eine schlanke, weiße Plastikhülse, die auf den ersten Blick an einen Kugelschreiber erinnerte. In Wahrheit handelte es sich jedoch um eine miniaturisierte Blitzlichtbombe, die Parker in stillen Stunden in seiner Bastel werkstatt konstruiert hatte. Kaum war die letzte Rakete gestartet, knickte er das Röhrchen in der Hand und warf es dann in hohem Bogen aus dem Fenster. Sekundenbruchteile darauf drang gleißender Lichtschein von draußen herein. Die Helligkeit war so intensiv, daß der Butler die Augen schloß, obwohl er dem Fenster den Rücken zugewandt hatte. Die Gangster auf dem Vorplatz bekamen allerdings wesentlich mehr von der ebenso kurzen wie eindrucksvollen Darbietung mit. Sie standen nach dem Verlöschen des Lichtblitzes buchstäblich im Dunkeln, obwohl sich am Himmel schon die Morgendämmerung bemerkbar machte. Einer heulte wie ein Wolf und bejammerte lautstark den Verlust seines Augenlichts. Zwei andere wurden von plötzlichem Bewe gungsdrang ergriffen, verfingen sich aber mangels Orientie rungsmöglichkeiten in den dornigen Ästen der -Rosen. Der vierte schließlich stand mitten auf dem Platz und schluchzte wie ein ver lassenes Kind.
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Gleichzeitig setzte sich die erste der drei Limousinen auf durch drehenden Reifen in Bewegung. Dabei zeigte sich jedoch, daß der Lichtblitz ihren Lenker keineswegs unbehelligt gelassen hatte. Nach knapp zehn Metern war die Fahrt am nächsten Straßen baum beendet. Sein Kollege im zweiten Wagen wollte es besser machen und auf der Stelle wenden. Dadurch schaffte er es immerhin bis zu Lady Simpsons Einfahrt, wo dann allerdings der rechte Torpfeiler im Weg war. Das Chaos regierte. Einer allerdings versuchte das Durcheinander zu nutzen. Rob sons Fahrer hatte sich aus dem Wagen gleiten lassen und mühte sich, seinen ausgesprochen apathisch wirkenden Brötchengeber auf den Rücksitz zu hieven. Schon wollte Parker die Schleuder nachladen und eingreifen, da kam ein dunkelblauer Austin die Straße herauf und stoppte un mittelbar neben der Limousine des Gangsterbosses. Mike Rander sprang heraus und sorgte mit einem rechten Haken für klare Ver hältnisse. In diesem Augenblick wurde die Haustür geöffnet, und Agatha Simpson trat pompadourschwingend ins Freie. Daß die geblende ten Gangster ihrer nunmehr nutzlosen Waffen überdrüssig ge worden waren, hatte der Butler schon vorher registriert. Deshalb verzichtete er auf einen warnenden Zuruf, schloß das Fenster und kehrte gemessen und würdevoll ins Erdgeschoß zurück. Einige Tage später waren Agatha Simpson und Josuah Parker wieder in den Surrey Hills unterwegs. Aufrecht und steif, als hätte er einen Ladestock verschluckt, saß der Butler hinter dem Lenk rad und chauffierte sein hochbeiniges Gefährt über den von He cken gesäumten Feldweg, der zum Cottage von Philipp und Nancy Stone führte. Höchstpersönlich wollte die passionierte Detektivin dem freund lichen Ehepaar die Botschaft überbringen, daß mit Belästigungen durch Robsons Leute künftig nicht mehr zu rechnen wäre. Ganz nebenbei erwartete die ältere Dame natürlich, daß die Stones sich durch eine Gratislieferung Forellen erkenntlich zeigen würden. Über den grünen Hügeln wölbte sich der blaue Himmel eines warmen, ruhigen Spätsommertages. Das rote Backsteingebäude inmitten weitläufiger Obstwiesen bot ein Bild des Friedens. Daß dieser Nachmittag dennoch alles andere als friedlich enden wür
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de, ahnte Parker schon, als er eine schwarze Limousine vor dem Haus der Stones stehen sah. Das war der Typ, wie er den höchsten Rängen von Scotland Y ard als Dienstwagen zur Verfügung stand. Auch das Kennzeichen der auf Hochglanz polierten Karosse war dem Butler keineswegs unbekannt – ganz zu schweigen von dem Chauffeur, der sich läs sig gegen den rechten Kotflügel lehnte, die Mütze ins Genick ge schoben hatte und die wärmenden Strahlen der Sonne genoß. Kein Zweifel: Die Forellenzüchter hatten Besuch von ChiefSuperintendent McWarden. Unmittelbar neben der Dienstlimousi ne des leitenden Yard-Beamten stellte Parker seih schwerfällig wirkendes Vehikel ab und assistierte seiner Herrin beim Ausstei gen. Lady Agatha schien den Wagen, den sie schon häufiger gesehen hatte, allerdings nicht wiederzuerkennen, und der Butler verzich tete auf einen entsprechenden Hinweis. Er wollte Mylady nicht die Laune verderben. Dazu würde es noch früh genug kommen. »Nanu? Sie hier, Mylady?« Chief-Superintendent McWarden, der in diesem Augenblick mit einer prall gefüllten Plastiktüte aus dem Anbau kam, fiel aus allen Wolken. »Mister McWarden!« Auch Agatha Simpson konnte ihre Überra schung nicht verbergen. »Sie haben sich wohl die Prämie abge holt, die eigentlich mir zusteht«, setzte die majestätische Dame giftig hinzu. »Was meinen Sie denn mit Prämie, Mylady?« gab der Yard Ge waltige verwundert zurück. »Ich habe mir ein paar Forellen ge kauft. Frischer und leckerer als hier sind sie nirgendwo.« »Ohne meine Ermittlungen wären Sie nie und nimmer auf diese Quelle aufmerksam geworden«, mutmaßte die Detektivin. »Jetzt verstehe ich überhaupt nichts mehr«, gab McWarden un wirsch zurück. »Was haben denn Ihre Ermittlungen mit den Forel len der Stones zu tun?« »Jetzt behaupten Sie nur nicht, Sie wären zufällig hier, Mister McWarden«, erwiderte die resolute Dame. »Was heißt denn zufällig? Vor gut drei Jahren war ich zum ers ten Mal hier«, behauptete der Chief-Superintendent. »Seitdem kaufe ich regelmäßig bei den Stones.« »Stimmt«, bestätigte Nancy Stone, die gerade aus dem Ver kaufsraum kam und das Paar aus Shepherd’s Market mit scheuem
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Nicken begrüßte. »Mister McWarden ist fast schon ein Freund des Hauses.« »Und da ist Ihnen nicht aufgefallen, daß die armen Leute be droht, erpreßt und eingeschüchtert wurden?« hielt Mylady dem professionellen Ganovenjäger spöttisch vor. »Was erzählen Sie denn da für einen Unsinn, Mylady?« schlug nun auch McWarden einen schärferen Ton an. »In letzter Zeit hatte ich zwar das Gefühl, Mister und Mistreß Stone wären etwas nervös und bedrückt, aber…« »… woran das lag, ist Ihnen natürlich nicht aufgegangen«, fiel Lady Agatha ihm triumphierend ins Wort. »Ich habe sofort ge schaltet, den skrupellosen Verbrecher in die Enge getrieben und ihm das schmutzige Handwerk gelegt.« »Von wem sprechen Sie eigentlich, Mylady?« wollte der einfluß reiche Kriminalist wissen. »Von… von… Wie hieß der Lümmel noch, Mister Parker?« wand te sich Mylady hilfesuchend an den Butler. »Mylady dürften Mister Robson meinen, falls man sich nicht gründlich täuscht«, sprang Parker helfend ein. »Robson?« wiederholte McWarden entgeistert. »Der Bursche, den Sie erst vor drei Tagen gefaßt und freundlicherweise der Poli zei überstellt haben?« »Wer denn sonst, McWarden«, bestätigte die ältere Dame. »Wie? Mister Robson ist verhaftet?« schaltete sich die mollige Nancy Stone ein. »Dann werden wir in Zukunft also Ruhe ha ben?« »Allerdings. Und dafür habe ich gesorgt, meine Liebe«, warf La dy Simpson sich in die ohnehin üppige Brust. »Wie Sie sehen, ist die Polizei nicht mal in der Lage, alle Straftaten zu Protokoll zu nehmen, die der Lümmel auf dem Gewissen hat.« »Stimmt das, Mistreß Stone?« fragte der Chief-Superintendent mit entgeisterter Miene. »Sie wurden auch von Robsons Leuten belästigt?« »Ja, sie wollten, daß wir das Haus hier verkaufen«, bestätigte die Forellenverkäuferin. »Die Männer haben uns Angst gemacht und Philipp auch geschlagen. Deshalb waren wir schon kurz da vor, den Vertrag zu unterschreiben.« »Aber warum haben Sie mir denn nichts davon gesagt, Mistreß Stone?« wunderte sich McWarden. »Sie wußten doch, daß ich bei der Polizei bin.«
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»Gerade deshalb«, gestand Nancy Stone mit verlegenem Lä cheln ein. »Die Männer hatten uns eingeschärft, auf keinen Fall zur Polizei zu gehen. Und sie wollten uns das Dach über dein Kopf anzünden, wenn wir es trotzdem tun.« Der Yard-Beamte hüllte sich in Schweigen und wirkte tief de primiert. Agatha Simpson hingegen schwamm auf der Welle des Triumphes und strahlte mit der Sonne um die Wette. Nancy Stone wiederum zeigte sich diplomatisch und beugte wei teren Konflikten vor, indem sie kurzerhand zu einem improvisier ten Freudenfest einlud. Ihr Mann, der sich hinzugesellte und mit großen Augen die Neuigkeiten entgegennahm, half ihr, den Tisch im Garten zu decken. Frisches Landbrot, geräucherte Forellen und Apfelwein aus eige ner Herstellung wurden aufgetragen. Die Stimmung der kleinen Runde war blendend. Nach ausgiebiger Stärkung schlug Philipp Stone vor, einen klei nen Rundgang zu unternehmen und die Fischteiche zu besichti gen, die er wegen der ständig wachsenden Nachfrage neu ange legt hatte. Alle waren einverstanden. Auch McWarden, der noch nicht ahnte, was ihm bevorstand. Der kurzgeschorene Rasen unter den Birnen- und Apfelbäumen war mit Fallobst übersät. Scharen von Wespen, für die hier der Tisch gedeckt war, schwirrten umher und fühlten sich durch die Spaziergänger beim Mahl gestört. Vor allem auf den untersetzten Mann vom Yard schienen die zornigen Tierchen es abgesehen zu haben. »Ganz ruhig, Mister McWarden«, mahnte Stone. »Dann tun sie Ihnen nichts.« Doch der Chief-Superintendent war schon viel zu sehr in Panik. Ärgerlich wich er Schritt um Schritt zurück und wedelte mit den Händen, um die summenden Insekten abzuwehren. Dabei pas sierte es. Unversehens geriet McWarden an den Rand eines neu angeleg ten Teiches, stieß einen gellenden Schrei aus und landete klat schend im Wasser. »Hilfe!« stieß der Yardgewaltige hervor. »Hilfe! Ich kann nicht schwimmen.« Als Retter in der Not sprang Josuah Parker ein. Er reichte dem Zappelnden den gebogenen Bambusgriff seines schwarzen Uni
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versal-Regenschirms und zog den Freund des Hauses Simpson aufs Trockene. »Sie sind aber ein Pechvogel, Mister McWarden«, sprach Mylady dem Triefenden Trost zu. »Hoffentlich erkälten Sie sich nicht.« Daß ihr gestrecktes Bein beim Sturz ins kühle Naß nachgeholfen hatte, war nur dem Butler aufgefallen. Und der hüllte sich wohl weislich in Schweigen.
-ENDENächste Woche erscheint BUTLER PARKER Band 499 Edmund Diedrichs
PARKER durchkreuzt die Rachepläne Der Attentäter trachtet Mylady und Parker nach dem Leben. Ein Pseudoschußwechsel lockt das skurrile Paar in einen Spielsalon. Eine handfeste Diskussion mit Rockern entsteht, gleichzeitig wird eine Bombe unter Parkers Wagen installiert. Der Attentäter bezeichnet sich telefonisch als »der Vollstrecker« – doch sein Fehler ist, daß er unvorsichtig wird und mehrere Komplicen aufbietet, um sein Ziel zu erreichen. Eine Entführung, die im Bestattungsinstitut »Ewiger Frieden« endet, stört weder den Butler noch seine Herrin. Auch angesichts lodernder Flammen bleibt Parker kühl und versteht es, seine Gegner zu überlisten. Edmund Diedrichs schrieb für Sie einen neuen PARKER-Krimi. Gönnen Sie sich die Story!
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