Medizinische Therapie 2005 | 2006
J. Schölmerich (Hrsg.)
Medizinische Therapie 2005 | 2006 Mitherausgeber S. Burdach...
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Medizinische Therapie 2005 | 2006
J. Schölmerich (Hrsg.)
Medizinische Therapie 2005 | 2006 Mitherausgeber S. Burdach • H. Drexler • M. Hallek • W. Hiddemann • W. H. Hörl • H. Klein • M. Landthaler • K. Lenz • K. Mann • J. Mössner • U. Müller-Ladner • J. Reichen • W. Schmiegel • J. O. Schröder • W. Seeger • W. Stremmel • N. Suttorp • L. S. Weilemann • J. C. Wöhrle
2. Auflage Mit 953 Tabellen und 374 Abbildungen, davon 37 in Farbe
123
Professor Dr. Jürgen Schölmerich Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I Klinikum der Universität Regensburg D-93042 Regensburg
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. ISBN-10 3-540-21226-4 Springer Berlin Heidelberg New York ISBN-13 978-3540-21226-3 Springer Berlin Heidelberg New York Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdruckes, des Vortrages, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Heidelberg 2005 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Planung: Sandra Fabiani, Heidelberg Redaktion: Hiltrud Wilbertz, Heidelberg Herstellung: Frank Krabbes, Heidelberg Umschlaggestaltung: Künkel & Lopka, Heidelberg Satz: LE-TeX Jelonek, Schmidt & Vöckler GbR, Leipzig; Hilger VerlagsService, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier SPIN: 10979082 14/3109 – 5 4 3 2 1 0
Vorwort zur 2. Auflage
Angesichts der positiven Aufnahme des Therapiebuches durch die Nutzer und angesichts der raschen Weiterentwicklung insbesondere der Pharmakotherapie bei vielen Erkrankungen erscheint nur 2 Jahre nach der Erstauflage bereits die 2. Auflage unseres Buches. Autoren und Herausgeber haben sich bemüht, das bereits in der 1. Auflage umgesetzte Konzept der evidenzbasierten Therapieempfehlungen in kondensierter, aber lesbarer Form beizubehalten. Zahlreiche Vorschläge von Lesern wurden umgesetzt, auch das Prinzip der „Evidenztabellen“ wurde noch konsequenter realisiert. Besonders erfreulich ist die Tatsache, dass es gelungen ist, die noch fehlende Sektion „Neurologische Erkrankungen“ in diese Auflage mit einzubeziehen, die sich harmonisch in das Konzept des gesamten Buches einfügt. Die Herausgeber hoffen wiederum, dass die Leser mit Hilfe dieses Buches rasch die geeigneten Therapiemaßnahmen für ihre Patienten finden und gleichzeitig beurteilen können, ob sich diese auf dem Boden allgemein akzeptierter Empirie, auf der Grundlage wissenschaftlicher Evidenz oder noch in einem experimentellen Feld bewegen. Wir würden uns über Kritik, Ergänzungs- und Streichvorschläge sowie Änderungswünsche für eine weitere Auflage freuen und hoffen wiederum auf eine gute Aufnahme dieses Buches durch unsere ärztlichen Kollegen. Die Herausgeber
Vorwort zur 1. Auflage
Die gängigen Lehrbücher und Handbücher der Inneren Medizin und der Allgemeinmedizin enthalten in der Regel eine ausführliche Darstellung der Pathophysiologie und der Diagnostik; die Therapie folgt und ist häufig eher kurz gehalten. In diesem Buch wird der umgekehrte Ansatz verfolgt. Dennoch werden anders als in reinen Therapiebüchern Pathophysiologie, Klinik und Diagnostik als Grundlage der Therapie knapp, aber vollständig dargestellt. Jedes der Kapitel stellt praxisbezogen und klar die Therapie in ihren unterschiedlichen Möglichkeiten dar. Therapieempfehlungen sind, soweit möglich, evidenzbasiert; wenn sie eher auf persönlichen Meinungen und Vorschlägen beruhen, wird dies deutlich gemacht. Zur Unterstützung dieses Prinzips findet sich in der Sektion 1 ein Kapitel zur evidenzbasierten Medizin, dessen Schlüsseltabellen als Grundprinzip in fast allen Kapiteln wieder auftauchen und die erwähnten und beschriebenen Therapiemaßnahmen nach dem Evidenzgrad und der Empfehlungsstärke gliedert. Es ist ein weiteres Ziel des Buches, mithilfe von Tabellen, Grafiken und insbesondere Flussdiagrammen therapeutische Prinzipien zu kondensieren, wobei den Herausgebern und Autoren klar ist, dass es keine „leitliniengerechten“ Patienten gibt, sondern dass die Therapiemodalitäten natürlich auf den Einzelfall abgestimmt sein müssen. Die Terminologie bezüglich der Erkrankungen orientiert sich an der ICD 10. Die benutzten Medikamente werden mit den generischen Bezeichnungen genannt. Das Buch gliedert sich in unterschiedliche Sektionen, die jeweils von einem Sektionsherausgeber betreut werden. Grundlage stellt eine Sektion zu den Prinzipien der Therapie dar, die von der Gesundheitsökonomie über die Prinzipien der evidenzbasierten Medizin, die Pharmakogenetik, -dynamik und -kinetik bis zur Toxizität reicht. In den folgenden Sektionen werden dann Erkrankungsgruppen, gegliedert nach der Ätiologie (z. B. Infektionskrankheiten, immunologisch bedingte Erkrankungen, Tumorerkrankungen), den betroffenen Organen (z. B. Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes, Erkrankungen von Niere, Erkrankungen von Herz und Gefäßen) und von Fachgebieten (z. B. psychiatrische Erkrankungen, Hauterkrankungen oder Erkrankungen im Kindesalter) abgehandelt. Jede Sektion wird von einem Sektionsherausgeber betreut, der für Autorenauswahl und Koordination der entsprechenden Sektion verantwortlich zeichnet. Angesichts des begrenzten Platzes waren alle Autoren und die Sektionsherausgeber gehalten, sich auf das Wesentliche zu beschränken. Ein vorgesehenes Kapitel über Nerven und Sinnesorgane fehlt leider und ist für eine Neuauflage vorgesehen. Die Herausgeber hoffen, dass der Leser anhand dieses Werkes rasch die der jeweiligen Krankheit eines Patienten adäquate Therapie nutzen kann. Die Darstellungsweise soll es ihm ermöglichen, die Therapie sich selbst und anderen gegenüber auf dem Boden kontrollierter und validierter Studien auch zu begründen. Sie soll schließlich sicherstellen, dass der Leser weiß, ob er sich auf dem Boden allgemein akzeptierter Empirie, auf der Grundlage wissenschaftlicher Evidenz oder in einem experimentellen Feld bewegt. Die Herausgeber hoffen, dass diese erste Auflage diesem Ziel zumindest nahe kommt. Wir würden uns über Kritik, Ergänzungs- und Streichvorschläge sowie Änderungswünsche für eine Neuauflage freuen und hoffen auf eine gute Aufnahme dieses Buches. Die Herausgeber
Inhaltsverzeichnis
Sektion 1 Prinzipien der Therapie J. REICHEN 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6
Gesundheitsökonomie T. SZUCS ............................................................................................................................ 3 Evidenzbasierte Medizin D. GALANDI, G. ANTES UND D. BASSLER .................................................................................. 8 Pharmakogenetik C. MEISEL UND I. ROOTS .................................................................................................... 13 Pharmakodynamik T. W. SCHNIDER ................................................................................................................. 18 Pharmakokinetische Prinzipien und Dosisanpassung S. KRÄHENBÜHL ................................................................................................................. 23 Toxizität in der Praxis verwandter Medikamente U. GUNDERT-REMY ............................................................................................................ 31 Sektion 2 Infektionskrankheiten N. SUTTORP
2.1 2.2 2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4 2.3.5 2.3.6 2.3.7 2.3.8 2.3.9
Pathogen-Wirt-Interaktion und mikrobiologische Diagnostik M. MIELKE ....................................................................................................................... 39 Prinzipien der antiinfektiven Therapie H. BREITHAUPT .................................................................................................................. 43 Multiorganinfektionen – komplexe klinisch-infektiologische Krankheiten ............. 47 Sepsis und septischer Schock H.-D. WALMRATH, F. GRIMMINGER UND W. SEEGER ................................................................. 47 Multiorganinfektionen („zyklische Infektionserkrankungen“) J. LOHMEYER ..................................................................................................................... 56 Fieber unklarer Ursache J. LOHMEYER ..................................................................................................................... 72 Infektion bei Immunkompromittierung J. LOHMEYER ..................................................................................................................... 75 Nosokomiale Infektionen J. LOHMEYER ..................................................................................................................... 79 HIV-Infektion F. BERGMANN, D. SCHÜRMANN UND N. SUTTORP ..................................................................... 83 Tropenmedizinische Erkrankungen U. BIENZLE UND F. MOCKENHAUPT ........................................................................................ 95 Peritonitis und intraabdominale Abszesse H. BREITHAUPT ................................................................................................................ 102 Infektion von Weichteilen, Gelenken und Knochen H. BREITHAUPT ................................................................................................................ 105
VIII
Inhaltsverzeichnis
Sektion 3 Immunologisch bedingte Krankheiten J. O. SCHRÖDER 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 3.8 3.9 3.10
Primäre Immundefekte B. GRIMBACHER UND U. WINTERGERST ................................................................................ 115 Immunologisch bedingte Hypersensitivitätsreaktionen vom Soforttyp M. STICHERLING .............................................................................................................. 130 Systemischer Lupus erythematodes H.-M. LORENZ ................................................................................................................ 140 Sjögren-Syndrom F. MOOSIG ...................................................................................................................... 147 Dermatomyositis und Polymyositis B. VOLC-PLATZER ............................................................................................................. 151 Systemische Sklerodermie N. HUNZELMANN .............................................................................................................. 156 Vaskulitiden A. GAUSE ........................................................................................................................ 160 Morbus Behçet A. EHLERT ...................................................................................................................... 180 Polychondritis U. MÜLLER-LLADNER ......................................................................................................... 183 Plasmapherese und Immunadsorption N. BRAUN UND T. RISLER .................................................................................................. 185 Sektion 4 Tumorerkrankungen W. HIDDEMANN
4.1 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4 4.2.5 4.2.6 4.2.7
Wirkungsweisen der antineoplastischen Chemo- und Immuntherapie A. NEUBAUER .................................................................................................................. 191 Solide Tumoren ........................................................................................................... 195 Mammakarzinom K. POSSINGER UND A. C. REGIERER .................................................................................... 195 Prostatakarzinom T. OTTO UND H. RÜBBEN .................................................................................................. 205 Hodentumor S. KREGE UND H. RÜBBEN ................................................................................................. 209 Maligne Ovarialtumoren V. HANF UND R. KREIENBERG ............................................................................................. 214 Malignome des Uterus V. HANF UND R. KREIENBERG ............................................................................................. 220 Mesotheliom W. EBERHARDT ................................................................................................................ 231 Weichteilsarkome R. D. ISSELS ................................................................................................................... 235
Inhaltsverzeichnis
4.2.8 4.2.9 4.3 4.4 4.5
IX
HNO-Karzinome H. RIESS ........................................................................................................................ 238 CUP-Syndrom C. BOKEMEYER ................................................................................................................ 243 Prinzipien der konservativen Therapie H. WANDT ...................................................................................................................... 248 Schmerztherapie E. HEIDEMANN ................................................................................................................. 253 Experimentelle Therapie und somatische Gentherapie von Krebs C.-M. WENDTNER, C. KURZEDER, D. KOFLER UND M. HALLEK ............................................... 258 Sektion 5 Erkrankungen des Blutes
M. HALLEK 5.1 5.2 5.3 5.3.1 5.3.2 5.3.3 5.3.4 5.3.5 5.4 5.4.1 5.4.2 5.4.3 5.4.4 5.5 5.5.1 5.5.2 5.5.3
Grundlagen der Hämatopoese D. RE UND J. WOLF ......................................................................................................... 271 Hämatologische Diagnostik – Kurzüberblick D. VOLIOTIS UND P. STAIB ................................................................................................. 274 Stammzellerkrankungen ........................................................................................... 275 Chronisch myeloproliferative Erkrankungen R. HEHLMANN, E. LENGFELDER, U. BERGER, A. REITER UND A. HOCHHAUS ............................... 275 Myelodysplastische Syndrome C. AUL, A. GIAGOUNIDIS UND U. GERMING ........................................................................... 283 Aplastische Anämie A. RAGHAVACHAR ............................................................................................................... 287 Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie A. RAGHAVACHAR ............................................................................................................... 288 Kongenitale dyserythropoetische Anämien A. RAGHAVACHAR ............................................................................................................... 289 Störungen der Erythropoese – Anämien .................................................................... 290 Eisenmangelanämie N. FRICKHOFEN ................................................................................................................ 290 Megaloblastäre Anämien N. FRICKHOFEN ................................................................................................................ 297 Hämolytische Anämien P. STAIB ......................................................................................................................... 304 Anämie der chronischen Entzündung N. FRICKHOFEN ................................................................................................................ 312 Erkrankungen des granulozytären/monozytären Systems ....................................... 315 Akute myeloische Leukämie P. STAIB ......................................................................................................................... 315 Störungen der Granulozytenfunktion P. HARTMANN .................................................................................................................. 322 Störungen der Phagozytenfunktion P. HARTMANN .................................................................................................................. 324
X
5.5.4 5.5.5 5.5.6 5.5.7 5.6 5.6.1 5.6.2 5.6.3 5.6.4 5.7 5.8
Inhaltsverzeichnis
Agranulozytose P. HARTMANN .................................................................................................................. 327 Speicherkrankheiten P. HARTMANN .................................................................................................................. 328 Systemische Mastozytosesyndrome P. HARTMANN .................................................................................................................. 331 Langerhans-Zellhistiozytose P. STAIB ......................................................................................................................... 334 Erkrankungen des lymphatischen Systems ............................................................... 337 Hodgkin-Lymphome M. SIEBER, K. BEHRINGER UND V. DIEHL ............................................................................. 337 Non-Hodgkin-Lymphome M. REISER UND A. ENGERT ............................................................................................... 343 Akute Lymphatische Leukämie des Erwachsenen D. VOLIOTIS UND P. STAIB ................................................................................................. 354 Multiples Myelom (MM) C. SCHEID UND D. VOLIOTIS .............................................................................................. 360 Störungen des thrombozytären Systems und der Gefäßwand D. SÖHNGEN .................................................................................................................... 364 Störungen der plasmatischen Hämostase und der Gefäßwand D. SÖHNGEN .................................................................................................................... 373 Sektion 6 Stoffwechselerkrankungen und Störungen der Ernährung W. STREMMEL
6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6 6.7 6.8 6.9 6.10
Adipositas und Unterernährung H. HAUNER ..................................................................................................................... 391 Mangel und Überschuss an Vitaminen und Spurenelementen G. WOLFRAM ................................................................................................................... 398 Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 S. MATTHAEI, M. ANDRASSY UND P. NAWROTH ....................................................................... 402 Störungen des Lipidstoffwechsels K. DUGI ......................................................................................................................... 418 Aminosäurenstoffwechselstörungen G. F. HOFFMANN .............................................................................................................. 423 Hyperhomozysteinämie W. A. WUILLEMIN UND A. NIEDERER ................................................................................... 432 Gicht und andere Störungen des Purinstoffwechsels W. GRÖBNER ................................................................................................................... 436 Porphyrien J. FRANK ......................................................................................................................... 441 Angeborene Defekte des Membrantransportsystems, zytische Fibrose T. SCHLENKER, J. F. MEYER UND C. ELSING ......................................................................... 448 Glykogenspeichererkrankungen, Lipodystrophien und andere Fettgewebserkrankungen A. STEINMETZ UND H. SCHMIDT .......................................................................................... 456
Inhaltsverzeichnis
6.11 6.12 6.13
XI
Lysosomale Speichererkrankungen K. J. LACKNER UND M. BECK .............................................................................................. 465 Galaktosämien und andere seltene Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels G. F. HOFFMANN .............................................................................................................. 471 Amyloidosen J. BEIMLER UND K. ANDRASSY ............................................................................................. 474 Sektion 7 Erkrankungen von Knochen, Muskeln und Gelenken J. O. SCHRÖDER UND U. MÜLLER-LLADNER
7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6 7.7 7.8 7.9 7.10 7.11 7.12 7.13
Metabolische Osteopathien J. SCHAUMBURGER UND J. GRIFKA ........................................................................................ 485 Morbus Paget U. WOENCKHAUS .............................................................................................................. 489 Hyperostosen, Fibrodysplasien und Knorpeldysplasien M. FLECK ....................................................................................................................... 492 Degenerative Arthropathien H.-W. ULRICH ................................................................................................................. 495 Arthropathien durch Kalziumkristalle A. GÖDDE ....................................................................................................................... 500 Infektiöse Arthropathien P. LAMPRECHT ................................................................................................................. 504 Rheumatoide Arthritis C. KNEITZ UND H.-P. TONY ............................................................................................... 510 Still-Syndrom des Erwachsenenalters J. O. SCHRÖDER ............................................................................................................... 520 Rheumatisches Fieber T. GLÜCK ........................................................................................................................ 523 Spondylitis ankylosans und reaktive Arthritiden J. WOLLENHAUPT .............................................................................................................. 526 Psoriasisarthritis und Arthritis bei entzündlichen Darmerkrankungen P. HARTEN ...................................................................................................................... 533 Fibromyalgie-Syndrom P. HARTEN ...................................................................................................................... 538 SAPHO-Syndrom J. V. KEMPIS .................................................................................................................... 540 Sektion 8 Erkrankungen endokriner Drüsen K. MANN
8.1 8.2 8.3
Hypothalamus und Hypophyse J. SCHOPOHL UND S. PETERSENN ......................................................................................... 547 Schilddrüse B. SALLER UND O. E. JANSSEN ............................................................................................ 564 Erkrankungen der Nebennieren W. ARLT ......................................................................................................................... 590
XII
8.4 8.5 8.6 8.7 8.8
Inhaltsverzeichnis
Störungen der männlichen Gonaden M. ZITZMANN UND E. NIESCHLAG ........................................................................................ 614 Störungen der weiblichen Gonaden W. WUTTKE UND B. HINNEY ............................................................................................... 625 Endokrinologie bei Schwerstkranken R. GÄRTNER ................................................................................................................... 650 Transsexualität H. J. SCHNEIDER, L. SCHAAF UND G. K. STALLA .................................................................... 656 Störungen des Kalzium- und Phosphatstoffwechsels J. PFEILSCHIFTER ............................................................................................................. 660 Sektion 9 Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes W. SCHMIEGEL
9.1 9.1.1 9.1.2 9.1.3 9.1.4 9.1.5 9.2 9.2.1 9.2.2 9.2.3 9.2.4 9.2.5 9.2.6 9.3 9.3.1 9.3.2 9.3.3 9.3.4
Ösophaguserkrankungen ........................................................................................... 677 Gastroösophageale Refluxerkrankungen T. FRIELING .................................................................................................................... 677 Motilitätsstörungen/Sensibilitätsstörungen T. FRIELING .................................................................................................................... 681 Infektiöse Erkrankungen T. FRIELING .................................................................................................................... 683 Ösophagustumoren S. PETRASCH ................................................................................................................... 685 Endoskopische Therapie im Ösophagus T. RÖSCH ........................................................................................................................ 687 Gastroduodenale Erkrankungen ................................................................................ 695 Gastritis und peptisches Ulkus P. MALFERTHEINER ........................................................................................................... 695 Zollinger-Ellison-Syndrom T. V. SCHRENCK ................................................................................................................ 709 Funktionelle Dyspepsie und Störungen der Magenentleerung H.-D. ALLESCHER ............................................................................................................ 714 Magenkarzinom S. PETRASCH ................................................................................................................... 721 Magenlymphom W. FISCHBACH .................................................................................................................. 723 Endoskopische Therapie in Magen und Duodenum S. REBENSBURG UND H. NEUHAUS ....................................................................................... 727 Dünndarmerkrankungen ........................................................................................... 732 Infektionen und bakterielle Fehlbesiedelung C. BEGLINGER ................................................................................................................. 732 Zöliakie/Einheimische Sprue D. SCHUPPAN ................................................................................................................... 737 Malassimilationssyndrome D. SCHUPPAN ................................................................................................................... 740 Dünndarmdysmotilität und Pseudoobstruktion J. WILLERT UND S. HOLLERBACH ......................................................................................... 744
Inhaltsverzeichnis
9.3.5 9.3.6
9.4 9.4.1 9.4.2 9.5 9.5.1 9.5.2 9.5.3 9.5.4 9.5.5. 9.5.6 9.5.7 9.6
XIII
Kurzdarmsyndrom S. HOLLERBACH UND J. WILLERT ......................................................................................... 749 Tumoren des Dünndarms und gastroenteropankreatische endokrine Tumoren T. SÜDHOFF UND W. SCHMIEGEL ......................................................................................... 755 Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen ........................................................... 761 Colitis ulcerosa W. KRUIS ........................................................................................................................ 761 Morbus Crohn K. HERRLINGER UND E. F. STANGE ...................................................................................... 766 Kolorektale Erkrankungen ......................................................................................... 773 Seltene Kolitiden A. TROMM ...................................................................................................................... 773 Divertikelkrankheit des Kolons S. HOLLERBACH UND J. WILLERT ......................................................................................... 775 Polypen und Polyposissyndrome M. REISER UND W. SCHMIEGEL .......................................................................................... 780 Maligne Dickdarmtumoren U. GRAEVEN UND W. SCHMIEGEL ......................................................................................... 784 Reizdarmsyndrom (RDS) S. HOLLERBACH UND J. WILLERT ......................................................................................... 793 Anorektale Erkrankungen G. POMMER .................................................................................................................... 800 Akute mesenteriale Ischämie und ischämische Kolitis A. HOLSTEGE ................................................................................................................... 802 Ernährung S. C. BISCHOFF ............................................................................................................... 808 Sektion 10 Erkrankungen von Leber, Gallenwegen und Pankreas J. MÖSSNER
10.1 10.2 10.3
10.4 10.5 10.6 10.7
Metabolische und genetisch determinierte Lebererkrankungen W. STREMMEL ................................................................................................................. 813 Akute und chronische infektiöse Hepatitiden G. GERKEN UND C. JOCHUM ............................................................................................... 819 Akute und chronische nichtvirale Hepatitiden: Autoimmunerkrankungen, Medikamente und Toxine C. P. STRASSBURG, A. VOGEL UND M. P. MANNS ................................................................... 828 Alkoholbedingte Lebererkrankungen W. GROTHE UND W. E. FLEIG ............................................................................................ 832 Benigne und maligne Neoplasien der Leber U.-F. PAPE, T. BERG UND B. WIEDENMANN .......................................................................... 837 Lebertransplantation und Anschlusstherapie M. J. BAHR, K. H. W. BÖKER UND M. P. MANNS .................................................................. 844 Portale Hypertension N. STEUDEL UND W. E. FLEIG ............................................................................................ 846
XIV
10.8 10.9 10.10 10.11 10.12 10.13 10.14
Inhaltsverzeichnis
Hepatische Enzephalopathie M. WETTSTEIN UND D. HÄUSSINGER ................................................................................... 849 Aszites und hepatorenales Syndrom J. SCHÖLMERICH ............................................................................................................... 854 Leberversagen F. BERR, I. SCHIEFKE UND W. VOGEL ................................................................................... 860 (Benigne) Erkrankungen der Gallenblase und der Gallenwege T. SAUERBRUCH UND B. TERJUNG ........................................................................................ 871 Akute und chronische Pankreatitis V. KEIM UND J. MÖSSNER .................................................................................................. 878 Neoplasien des Pankreas und der Gallenwege U. GRAEVEN UND W. SCHMIEGEL ......................................................................................... 884 Neuroendokrine Tumoren des Pankreas und des Gastrointestinaltrakts M. BÖHMIG UND B. WIEDENMANN ....................................................................................... 891 Sektion 11 Erkrankungen von Niere und Urogenitaltrakt W. H. HÖRL
11.1 11.2 11.3 11.4 11.5 11.6 11.7 11.8 11.9 11.10 11.11 11.12 11.13
Prävention und Therapie des akuten Nierenversagens W. DRUML ...................................................................................................................... 899 Chronisches Nierenversagen W. H. HÖRL .................................................................................................................... 906 Glomeruläre Erkrankungen A. R. ROSENKRANZ UND G. MAYER ...................................................................................... 911 Nierenbeteiligung bei Systemerkrankungen B. WATSCHINGER UND G. BÖHMIG ....................................................................................... 919 Tubulointerstitielle Nierenerkrankungen WEBER ............................................................................................................. 924 M. HAAG-W Hereditäre Nierenerkrankungen F. HILDEBRANDT UND M. WOLF .......................................................................................... 927 Renale und postrenale Obstruktion G. SCHATZL UND W. H. HÖRL ............................................................................................. 939 Nierenarterienstenose J. MANN ......................................................................................................................... 941 Urolithiasis J. HOFBAUER ................................................................................................................... 944 Dialyseverfahren A. VYCHYTIL UND J. BÖHLER ............................................................................................... 946 Nierentransplantation und Anschlusstherapie E. POHANKA UND B. WATSCHINGER ...................................................................................... 952 Harnwegsinfektionen M. FRANZ UND W. H. HÖRL ............................................................................................... 959 Nierentumoren A. FLOTH ........................................................................................................................ 963
Inhaltsverzeichnis
11.14 11.15 11.16
XV
Inkontinenz H. C. KLINGLER ............................................................................................................... 966 Säure-Basen-Haushalt R. OBERBAUER ................................................................................................................ 968 Prostataerkrankungen S. MADERSBACHER ............................................................................................................ 973 Sektion 12 Erkrankungen der Atmungsorgane W. SEEGER
12.1 12.2 12.3 12.4 12.5 12.6 12.7 12.8 12.9 12.10 12.11 12.12 12.13 12.14 12.15 12.16 12.17
Erkrankungen der oberen Atemwege J. LORENZ ....................................................................................................................... 977 Asthma bronchiale – Diagnostik und Therapie J. C. VIRCHOW ................................................................................................................. 982 Bronchitis, Bronchiolitis und Lungenemphysem A. GILLISSEN UND S. ZIELEN .............................................................................................. 988 Bronchiektasen T. WELTE ........................................................................................................................ 995 Interstitielle Lungenerkrankungen C. VOGELMEIER .............................................................................................................. 1000 Mukoviszidose T. O. F. WAGNER ........................................................................................................... 1014 Sarkoidose J. MÜLLER-QUERNHEIM ................................................................................................... 1024 Pneumonien und Lungenabszess B. TEMMESFELD-W WOLLBRÜCK UND N. SUTTORP ................................................................... 1028 Lungenembolie und Lungeninfarkt H.-D. WALMRATH, F. GRIMMINGER UND W. SEEGER ............................................................. 1041 Pulmonale Hypertonie F. GRIMMINGER, H. A. GHOFRANI UND F. ROSE ................................................................... 1047 Fehlbildungen der Lungengefäße F. GRIMMINGER UND D. SCHRANZ ...................................................................................... 1053 Akutes respiratorisches Distress-Syndrom (ARDS) H.-D. WALMRATH, F. GRIMMINGER UND W. SEEGER ............................................................. 1056 Neoplasien der Lunge M. THOMAS UND R. M. HUBER ........................................................................................ 1061 Mediastinalerkrankungen H. WIRTZ ..................................................................................................................... 1066 Pleurakrankheiten M. SCHMIDT ................................................................................................................. 1069 Schlafbezogene Atmungsstörungen J. H. PETER UND H. F. BECKER ........................................................................................ 1073 Arbeits- und umweltbedingte Lungen- und Atemwegserkrankungen D. NOWAK ..................................................................................................................... 1077
XVI
Inhaltsverzeichnis
Sektion 13 Erkrankungen von Herz und Gefäßen H. DREXLER 13.1 13.2 13.3 13.4 13.5 13.6 13.7 13.8 13.9 13.10 13.11 13.12 13.13 13.14 13.15
Herzrhythmusstörungen K.-H. KUCK UND S. ERNST .............................................................................................. 1087 Herzinsuffizienz H.-P. HERMANN UND G. HASENFUSS .................................................................................. 1096 Herzklappenfehler und Endokarditis D. HORSTKOTTE UND C. PIPER ......................................................................................... 1109 Kardiomyopathien B.-E. STRAUER, H.-P. SCHULTHEISS, U. KÜHL UND M. BREHM ............................................. 1120 Perikarderkrankungen D. HAUSMANN ................................................................................................................ 1129 Akuter Myokardinfarkt F.-J. NEUMANN UND A. SCHÖMIG ....................................................................................... 1132 Koronare Herzerkrankung C. HAMM ...................................................................................................................... 1138 Arterielle Hypertonie D. FLISER, J. MENNE UND H. HALLER ............................................................................... 1146 Erkrankungen der Aorta C. A. NIENABER ............................................................................................................. 1160 Periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) C. DIEHM ..................................................................................................................... 1165 Venenerkrankungen T. WEISS ...................................................................................................................... 1170 Angeborene Herzfehler im Erwachsenenalter G. P. MEYER UND G. HAUSDORF ....................................................................................... 1177 Herztumoren und Herztraumen D. HAUSMANN ................................................................................................................ 1179 Chronisches Cor pulmonale B. E. STRAUER UND A. SCHWALEN ..................................................................................... 1182 Infektionen des Herzens H.-P. SCHULTHEISS UND U. KÜHL ..................................................................................... 1185 Sektion 14 Neurologische Erkrankungen J. C. WÖHRLE
14.1 14.2 14.3 14.4
Schlaganfall M. DAFFERTSHOFER ........................................................................................................ 1193 Morbus Parkinson und weitere extrapyramidale Bewegungsstörungen H. BÄZNER UND J. C. WÖHRLE ......................................................................................... 1210 Multiple Sklerose und andere neuroimmunologische Erkrankungen des ZNS A. GASS UND L. KAPPOS .................................................................................................. 1222 Infektionen des ZNS S. SCHWARZ ................................................................................................................... 1229
Inhaltsverzeichnis
14.5 14.6 14.7 14.8 14.9 14.10 14.11 14.12
XVII
Zerebrale Anfälle und Epilepsien B. TETTENBORN ............................................................................................................. 1239 Tumoren des zentralen Nervensystems P. VAJKOCZY UND F. WENZ ................................................................................................ 1246 Primäre Kopfschmerzsyndrome H. GÖBEL ..................................................................................................................... 1253 Schwindel F. THÖMKE UND M. DIETERICH ......................................................................................... 1272 Erkrankungen des peripheren Nervensystems K. REINERS ................................................................................................................... 1279 Neuromuskuläre Erkrankungen J .C. WÖHRLE ................................................................................................................ 1286 Funktionelle Neurochirurgie bei Bewegungsstörungen J .K. KRAUSS ................................................................................................................. 1293 Neurorehabilitation T. BRANDT UND M. BERTRAM ........................................................................................... 1299 Sektion 15 Psychiatrische Erkrankungen H. KLEIN
15.1 15.2 15.3 15.4 15.5 15.6 15.7 15.8 15.9 15.10 15.11 15.12 15.13
Prinzipien der Psychopharmakotherapie S. KASPER .................................................................................................................... 1311 Prinzipien der Psychotherapie M. LINDEN ................................................................................................................... 1317 Übende Verfahren M. ZAUDIG UND R. D. TRAUTMANN-SPONSEL ...................................................................... 1322 Soziotherapie B. EIKELMANN UND B. ZACHARIAS ..................................................................................... 1326 Psychoedukation und therapeutische Einbeziehung von Angehörigen G. WIEDEMANN UND G. BUCHKREMER ................................................................................ 1330 Affektive Störungen G. LAUX ....................................................................................................................... 1332 Schizophrene und schizophreniforme Störungen M. RIEDEL UND H.-J. MÖLLER ......................................................................................... 1342 Stoffgebundene und nicht stoffgebundene Süchte N. WODARZ ................................................................................................................... 1351 Angststörungen/Zwangsstörungen A. KORDON, K. G. KAHL UND F. HOHAGEN .......................................................................... 1361 Somatoforme Störungen W. HILLER .................................................................................................................... 1365 Schlafstörungen G. HAJAK ...................................................................................................................... 1369 Suizidalität und Suizidprävention W. FELBER .................................................................................................................... 1376 Essstörungen M. M. FICHTER ............................................................................................................. 1379
XVIII
15.14 15.15 15.16 15.17 15.18 15.19
Inhaltsverzeichnis
Artifizielle Störungen H.-P. KAPFHAMMER ........................................................................................................ 1384 Gerontopsychiatrische Erkrankungen D. MÖSCH UND H. FÖRSTL .............................................................................................. 1389 Demenzerkrankungen B. IBACH UND H. FÖRSTL ................................................................................................ 1395 Konsiliarpsychiatrie und -psychotherapie A. DIEFENBACHER ........................................................................................................... 1402 Organische psychische Störungen A. KURZ ....................................................................................................................... 1406 Sexualstörungen F. PFÄFFLIN ................................................................................................................... 1414 Sektion 16 Hauterkrankungen M. LANDTHALER
16.1 16.2 16.3 16.3.1 16.3.2 16.4 16.5 16.6
Intoleranzreaktionen B. SACHS UND H. F. MERK .............................................................................................. 1419 Entzündliche Dermatosen unklarer Ätiologie S. V. SCHMIEDEBERG UND T. RUZICKA ................................................................................ 1422 Autoimmunerkrankungen ....................................................................................... 1431 Nichtbullöse Autoimmundermatosen N. SEPP ....................................................................................................................... 1431 Bullöse Autoimmundermatosen S. JAINTA UND D. ZILLIKENS ............................................................................................. 1433 Tumorerkrankungen der Haut T. VOGT ........................................................................................................................ 1437 Infektionskrankheiten der Haut K. STROM UND D. ABECK ................................................................................................ 1445 Infektionen der Haut: Sexuell übertragbare Erkrankungen H. C. KORTING UND C. BORELLI ...................................................................................... 1451 Sektion 17 Notfälle K. LENZ
17.1 17.2 17.3 17.4 17.5
Herz-Kreislauf-Stillstand M. HOLZER ................................................................................................................... 1459 Dyspnoe W. HEINDL .................................................................................................................... 1466 Koma W. LANG ....................................................................................................................... 1476 Schock K. LENZ ........................................................................................................................ 1482 Abdominelle Notfälle C. MADL ....................................................................................................................... 1491
Inhaltsverzeichnis
17.6 17.7 17.8 17.9 17.10 17.11 17.12 17.13
XIX
Akute Störungen des Säure-Basen-Haushalts B. SCHNEEWEISS ............................................................................................................ 1498 Ertrinkungsunfall M. HOLZER ................................................................................................................... 1504 Stromunfall M. HOLZER ................................................................................................................... 1506 Hypertensiver Notfall M. M. HIRSCHL ............................................................................................................. 1507 Lungenembolie A. VALENTIN .................................................................................................................. 1511 Psychiatrische Notfälle M. AIGNER ................................................................................................................... 1514 Eklampsie H. ENZELSBERGER .......................................................................................................... 1519 Endokrinologische Notfälle B. SCHNEEWEISS ............................................................................................................ 1525 Sektion 18 Intoxikationen L. S. WEILEMANN
18.1 18.2 18.3 18.4 18.5
Allgemeine Aspekte L. S. WEILEMANN ........................................................................................................... 1533 Wesentliche Diagnostik L. S. WEILEMANN ........................................................................................................... 1534 Allgemeine therapeutische Maßnahmen L. S. WEILEMANN ........................................................................................................... 1535 Spezielle Vergiftungen L. S. WEILEMANN ........................................................................................................... 1541 Giftinformationszentralen H. J. REINECKE ............................................................................................................. 1545 Sektion 19 Erkrankungen im Kindesalter S. BURDACH
19.1 19.2 19.3 19.3.1 19.3.2 19.4
Neonatologische Erkrankungen P. GRONECK .................................................................................................................. 1551 Ernährungsstörungen U. PREISS .................................................................................................................... 1559 Gastroenterologie ...................................................................................................... 1569 Angeborene Krankheiten des Gastrointestinaltraktes M. J. LENTZE ................................................................................................................ 1569 Erworbene Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes U. PREISS .................................................................................................................... 1572 Stoffwechselstörungen A. C. MUNTAU ............................................................................................................... 1584
XX
19.5 19.6 19.7 19.8 19.9 19.10 19.11 19.12 19.13 19.14 19.15 19.16 19.17 19.18
19.19 19.20 19.21 19.22
Inhaltsverzeichnis
Endokrinologie W. KIESS ...................................................................................................................... 1593 Immunologische Erkrankungen G. HORNEFF .................................................................................................................. 1599 Infektionserkrankungen G. HORNEFF .................................................................................................................. 1609 Impfungen G. HORNEFF .................................................................................................................. 1627 Erkrankungen der Atemwege G. HANSEN ................................................................................................................... 1629 Kardiovaskuläre Erkrankungen R. GRABITZ ................................................................................................................... 1638 Hämatologie und Onkologie S. BURDACH .................................................................................................................. 1644 Hämostaseologische Erkrankungen R. SCHOBESS ................................................................................................................. 1654 Erkrankungen der Nieren und des Urogenitaltraktes M. BRANDIS .................................................................................................................. 1661 Erkrankungen des Nervensystems und der Muskulatur R. KORINTHENBERG ........................................................................................................ 1665 Anomalien von Skelett und Bindegewebe F. RAUCH UND E. SCHÖNAU .............................................................................................. 1673 Gefäßdysplasien L. SCHWEIGERER ............................................................................................................ 1674 Pädiatrische Intensivmedizin D. SCHRANZ .................................................................................................................. 1677 Plötzlicher Kindstod (SIDS) und augenscheinlich lebensbedrohliches Ereignis (ALE) G. JORCH ...................................................................................................................... 1689 Misshandlungen und Missbrauch H.-G. LENARD ............................................................................................................... 1691 Pharmakologische und arzneimittelrechtliche Probleme im Kindesalter J. BOOS ........................................................................................................................ 1694 Hyperkinetische Störungen des Kindes- und Jugendalters B. HERPERTZ-DAHLMANN ................................................................................................. 1696 Wachstum und Entwicklungsstörungen K. MOHNIKE .................................................................................................................. 1698
Farbtafeln ................................................................................................................................... 1701 Arzneistoff- und Medikamentenverzeichnis .............................................................................. 1717 Sachverzeichnis .......................................................................................................................... 1741 Biographie: Jürgen Schölmerich ............................................................................................... 1779
Inhaltsverzeichnis
XXI
Herausgeberverzeichnis
Prof. Dr. STEFAN BURDACH Kinderklinik und Poliklinik des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universität München Kölner Platz 1 80804 München Prof. Dr. HELMUT DREXLER Abteilung Kardiologie und Angiologie Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1 30625 Hannover Prof. Dr. MICHAEL HALLEK Klinik I für Innere Medizin Universität zu Köln Kerpener Straße 62 50937 Köln Prof. Dr. WOLFGANG HIDDEMANN Medizinische Klinik und Poliklinik III Klinikum der Universität München Großhadern Marchioninistraße 15 81377 München Prof. Dr. Dr. WALTER H. HÖRL Innere Medizin III Klinische Abteilung für Nephrologie und Dialyse Allgemeines Krankenhaus Währinger Gürtel 18–20 A-1090 Wien Prof. Dr. HELMFRIED KLEIN Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Bezirksklinikum Regensburg Universitätsstraße 84 93053 Regensburg
Prof. Dr. MICHAEL LANDTHALER Klinik und Poliklinik für Dermatologie Klinikum der Universität 93042 Regensburg Prof. Dr. KURT LENZ Medizinische Abteilung mit Intensivstation Konventhospital Barmherzige Brüder Linz Seilerstätte 2 A-4021 Linz Prof. Dr. KLAUS MANN Klinik für Endokrinologie Zentrum für Innere Medizin Universitätsklinikum Essen Hufelandstraße 55 45147 Essen Prof. Dr. JOACHIM MÖSSNER Medizinische Klinik und Poliklinik II Universitätklinikum Leipzig Philipp-Rosenthal-Straße 27 04103 Leipzig Prof. Dr. ULF MÜLLER-LADNER Lehrstuhl für Innere Medizin und Rheumatologie der Universität Gießen Abteilung Rheumatologie und Klinische Immunologie Kerckhoff-Klinik Bad Nauheim Benekestraße 2–8 61231 Bad Nauheim Prof. Dr. JÜRG REICHEN Institut für Klinische Pharmakologie Inselspital – Universität Bern Murtenstraße 35 CH-3010 Bern
XXII
Herausgeberverzeichnis
Prof. Dr. WOLFF SCHMIEGEL Ruhr-Universität Bochum Medizinische Universitätsklinik Knappschaftskrankenhaus In der Schornau 23–25 44892 Bochum und Abt. Gastroenterologie/Hepatologie Universitätsklinik Bergmannsheil Bürkle-de-la-Camp-Platz 1 44789 Bochum Prof. Dr. JÜRGEN SCHÖLMERICH Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I Klinikum der Universität 93042 Regensburg Prof. Dr. JOHANN OLTMANN SCHRÖDER II. Medizinische Klinik und Poliklinik Städtisches Krankenhaus Kiel Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel Chemnitzstraße 33 24116 Kiel Prof. Dr. WERNER SEEGER Zentrum für Innere Medizin Medizinische Klinik und Poliklinik II Universitätsklinikum Gießen Klinikstraße 36 35385 Gießen
Prof. Dr. WOLFGANG STREMMEL Abteilung Gastroenterologie Medizinische Klinik Universitätsklinikum Heidelberg Im Neuenheimer Feld 410 69120 Heidelberg Prof. Dr. NORBERT SUTTORP Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie Charité – Universitätsmedizin Berlin Augustenburger Platz 1 13353 Berlin Prof. Dr. L. SACHA WEILEMANN Klinische Toxikologie / Giftinformation II. Medizinische Klinik und Poliklinik Universitätsklinikum Mainz Langenbeckstraße 1 55131 Mainz PD Dr. JOHANNES C. WÖHRLE Neurologische Klinik Universitätsklinikum Mannheim Fakultät für Klinische Medizin Mannheim der Universität Heidelberg Theodor-Kutzer-Ufer 1–3 68167 Mannheim
Autorenverzeichnis
Prof. Dr. DIETRICH ABECK Praxis für Dermatologie/Allergologie Grünwalder Straße 248 81545 München Dr. MARTIN AIGNER Universitätsklinik für Psychiatrie Medizinische Universität Wien Allgemeines Krankenhaus Währinger Gürtel 18–20 A-1090 Wien Prof. Dr. HANS-DIETER ALLESCHER Zentrum für Innere Medizin Klinikum Garmisch-Partenkirchen Auenstraße 6 82418 Garmisch-Partenkirchen Prof. Dr. KONRAD ANDRASSY Rehabilitationszentrum für Chronisch Nierenkranke Sektion Nephrologie Medizinische Universitätsklinik Bergheimer Straße 56a 69115 Heidelberg Dr. MARTIN ANDRASSY Medizinische Klinik I Universitätsklinik Heidelberg Bergheimer Straße 58 69115 Heidelberg Dr. GERD ANTES Institut für Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik Deutsches Cochrane Zentrum Universität Freiburg Stefan-Meier-Straße 26 79104 Freiburg Dr. WIEBKE ARLT Division of Medical Sciences Institute of Biomedical Research (IBR)
Endocrinology & Metabolism The Medical School University of Birmingham Edgbaston Birmingham B15 2TT UK Dr. CARLO AUL Medizinische Klinik II St. Johannes-Hospital Duisburg An der Abtei 7–11 47166 Duisburg PD Dr. MATTHIAS J. BAHR Zentrum für Innere Medizin Abteilung Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1 30623 Hannover Dr. DIRK BASSLER Institut für Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik Deutsches Cochrane Zentrum Universität Freiburg Stefan-Meier-Str. 26 79104 Freiburg PD Dr. HANSJÖRG BÄZNER Neurologische Klinik Universitätsklinikum Mannheim Fakultät für Klinische Medizin Mannheim der Universität Heidelberg Theodor-Kutzer-Ufer 1–3 68167 Mannheim Prof. Dr. MICHAEL BECK Kinderklinik und Kinder-Poliklinik Johannes Gutenberg-Universität Mainz Langenbeckstraße 1 55131 Mainz
XXIV
Autorenverzeichnis
Prof. Dr. HEINRICH F. BECKER Klinik für Innere Medizin – Schwerpunkt Pneumologie Schlafmedizinisches Labor Klinikum der Philipps-Universität Marburg Baldingerstraße 35043 Marburg/Lahn Prof. Dr. CHRISTOPH BEGLINGER Departement Innere Medizin Abteilung Gastroenterologie Universitätsspital Basel Petersgraben 4 CH-4031 Basel Dr. KAROLIN BEHRINGER Klinik I für Innere Medizin Universität zu Köln Joseph-Stelzmann-Straße 9 50924 Köln Dr. JÖRG BEIMLER Rehabilitationszentrum für Chronisch Nierenkranke Sektion Nephrologie Medizinische Universitätsklinik Bergheimer Straße 56a 69115 Heidelberg PD Dr. THOMAS BERG Charité – Universitätsmedizin Berlin Campus Virchow-Klinikum Medizinische Klinik m. S. Hepatologie und Gastroenterologie & Interdisziplinäres StoffwechselCentrum/Endokrinologie und Diabetes mellitus Augustenburger Platz 1 13353 Berlin Dr. UTE BERGER III. Medizinische Klinik Klinikum Mannheim der Universität Heidelberg Wiesbadener Straße 7–11 68305 Mannheim
Dr. FRANK BERGMANN Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie Charité, Campus Virchow-Klinikum Augustenburger Platz 1 13353 Berlin Prof. Dr. FRIEDER BERR Landesklinik für Innere Medizin 1 St. Johanns-Spital Müllner Hauptstraße 48 A-5020 Salzburg Dr. med. MARKUS BERTRAM Abteilung Frührehabilitation Kliniken Schmieder Heidelberg Speyererhof 69117 Heidelberg Prof. Dr. ULRICH BIENZLE Institut für Tropenmedizin Charité – Universitätsmedizin Berlin Spandauer Damm 130 14050 Berlin Prof. Dr. STEPHAN C. BISCHOFF Abteilung Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie Zentrum Innere Medizin Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1 30625 Hannover Prof. Dr. JOACHIM BÖHLER Deutsche Klinik für Diagnostik von-Leyden-Straße 23 65191 Wiesbaden Prof. Dr. GEORG BÖHMIG Medizinische Universität Wien Klinische Abteilung für Nephrologie und Dialyse Universitätsklinik für Innere Medizin III Allgemeines Krankenhaus der Stadt Wien Währinger Gürtel 18–20 A-1090 Wien
Autorenverzeichnis
XXV
Dr. MICHAEL BÖHMIG Charité – Universitätsmedizin Berlin Campus Virchow-Klinikum Medizinische Klinik m. S. Hepatologie und Gastroenterologie Augustenburger Platz 1 13353 Berlin
Dr. NORBERT BRAUN Sektion Nieren- und Hochdruckkrankheiten Abteilung Innere Medizin III Universitätsklinikum Tübingen Otfried-Müller-Straße 10 72076 Tübingen
Prof. Dr. CARSTEN BOKEMEYER Klinik für Onkologie, Hämatologie und Knochenmarktransplantation Zentrum Innere Medizin Universitätsklinikum HamburgEppendorf Martinistraße 52 20246 Hamburg
Dr. MICHAEL BREHM Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Angiologie Medizinische Klinik und Poliklinik B Heinrich-Heine Universität Düsseldorf Moorenstraße 5 40225 Düsseldorf
PD Dr. KLAUS H.W. BÖKER Vahrenwalder Str. 269 30179 Hannover
Prof. Dr. HENNING BREITHAUPT Medizinische Klinik II und Poliklinik Universitätsklinikum Gießen Klinikstraße 36 35392 Gießen
Prof. Dr. JOACHIM BOOS Klinik und Poliklinik für Kinderund Jugendmedizin – Pädiatrische Hämatologie und Onkologie – Universitätsklinikum Münster Albert-Schweitzer-Straße 33 48149 Münster
Prof. Dr. GERHARD BUCHKREMER Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universitätsklinikum Tübingen Osianderstraße 24 72076 Tübingen
Dr. CLAUDIA BORELLI Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie Ludwig-Maximilians-Universität Frauenlobstraße 9–11 80337 München Prof. Dr. MATTHIAS BRANDIS Universitätsklinikum Freiburg Hugstetter Straße 49 79106 Freiburg PD Dr. TOBIAS BRANDT Kliniken Schmieder Heidelberg Speyererhof 69117 Heidelberg
Prof. Dr. STEFAN BURDACH Kinderklinik und Poliklinik des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universität München Kölner Platz 1 80804 München Prof. Dr. MICHAEL DAFFERTSHOFER Neurologische Klinik Universitätsklinikum Mannheim Theodor-Kutzer-Ufer 1–3 68135 Mannheim Prof. Dr. ALBERT DIEFENBACHER Evangelisches Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie Herzbergstraße 79 10362 Berlin
XXVI
Autorenverzeichnis
Prof. Dr. VOLKER DIEHL Haus LebensWert Universität zu Köln 50924 Köln Prof. Dr. CURT DIEHM Innere Abteilung/Abteilung für Gefäßmedizin SRH Klinikum KarlsbadLangensteinbach gGmbH Akad. Lehrkrankenhaus der Universität Heidelberg Guttmannstraße 1 76307 Karlsbad Prof. Dr. MARIANNE DIETERICH Neurologische Universitätsklinik Mainz Langenbeckstraße 1 55101 Mainz Prof. Dr. WILFRED DRUML Klinik für Innere Medizin III Abteilung für Nephrologie Allgemeines Krankenhaus Währinger Gürtel 18–20 A-1090 Wien PD Dr. KLAUS DUGI Klinische Forschung Endokrinologie und Stoffwechsel Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG Birkendorfer Straße 65 88397 Biberach Dr. WILFRIED EBERHARDT Innere Klinik und Poliklinik (Tumorforschung) Universitätsklinikum Essen Hufelandstraße 55 45122 Essen Dr. ANDREAS EHLERT Klinik für Rheumatologie Klinikum Duisburg Wedau-Kliniken Zu den Rehwiesen 9 47055 Duisburg
Dr. BERND EIKELMANN Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Städtisches Klinikum Karlsruhe Kaiserallee 10 76133 Karlsruhe PD Dr. CHRISTOPH ELSING Innere Medizin St. Elisabeth-Krankenhaus Pfarrer W. Schmitz-Straße 1 46282 Dorsten Prof. Dr. ANDREAS ENGERT Klinik I für Innere Medizin Universität zu Köln Joseph-Stelzmann-Straße 9 50924 Köln Prof. DDr. HERMANN ENZELSBERGER Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe Schwerpunktkrankenhaus Steyr Sierningerstraße 170 A-4400 Steyr Dr. SABINE ERNST II. Medizinische Abteilung Allgemeines Krankenhaus St. Georg Lohmühlenstraße 5 20099 Hamburg Prof. Dr. WERNER FELBER Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Fetscherstraße 74 01307 Dresden Prof. Dr. MANFRED FICHTER Medizinisch-Psychosomatische Klinik Roseneck im Verbund mit der LudwigMaximilians-Universität München Am Roseneck 6 83209 Prien am Chiemsee
Autorenverzeichnis
Prof. Dr. WOLFGANG FISCHBACH Medizinische Klinik II Klinikum Aschaffenburg Am Hasenkopf 63739 Aschaffenburg PD Dr. MARTIN FLECK Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I Klinikum der Universität 93042 Regensburg Prof. Dr. WOLFGANG E. FLEIG Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I Martin-Luther-Universität HalleWittenberg Ernst-Grube-Straße 40 06120 Halle Prof. Dr. DANILO FLISER Abteilung Nephrologie Zentrum Innere Medizin Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1 30625 Hannover Dr. ANDREAS FLOTH, FEBU Frimmelgasse 13 A-1190 Wien Prof. Dr. HANS FÖRSTL Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Technische Universität München Klinikum rechts der Isar Ismaninger Straße 22 81675 München Prof. Dr. JORGE FRANK Afdeling Dermatologie Academisch Ziekenhuis Maastricht Postbus 5800 6202 AZ Maasstricht Niederlande und Porphyrie-Zentrum Hautklinik der RWTH Aachen
XXVII
Pauwelsstraße 30 52074 Aachen Dr. MARTINA FRANZ Innere Medizin III Klinische Abteilung für Nephrologie und Dialyse Allgemeines Krankenhaus Währinger Gürtel 18–20 A-1090 Wien Prof. Dr. NORBERT FRICKHOFEN Innere Medizin III HSK Dr.-Horst-Schmidt-Kliniken GmbH Ludwig-Erhard-Straße 100 65199 Wiesbaden Prof. Dr. THOMAS FRIELING Medizinische Klinik II Klinikum Krefeld Lutherplatz 40 47805 Krefeld Dr. DANIEL GALANDI Helios Klinik Jostalstraße 12 79822 Titisee-Neustadt Prof. Dr. ROLAND GÄRTNER Medizinische Klinik – Innenstadt Endokrinologie/Intensivmedizin Klinikum der Ludwig-MaximiliansUniversität München Ziemssenstraße 1 80336 München Prof. Dr. ACHIM GASS Neurologie/Neuroradiologie Universitätskliniken Kantonsspital Basel Petersgraben 4 CH-4031 Basel Prof. Dr. ANGELA GAUSE Rheumazentrum Elmshorn Schulstraße 46–50 25335 Elmshorn
XXVIII
Autorenverzeichnis
Prof. Dr. GUIDO GERKEN Zentrum für Innere Medizin Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie Universitätsklinikum Essen Hufelandstraße 55 45122 Essen PD Dr. ULRICH GERMING Klinik für Hämatologie, Onkologie und Klinische Immunologie Heinrich-Heine-Universität Moorenstraße 5 40225 Düsseldorf Dr. ARDESCHIR GHOFRANI Zentrum für Innere Medizin Medizinische Klinik und Poliklinik II Universitätsklinikum Gießen Klinikstraße 36 35385 Gießen Dr. ARISTOTELES GIAGOUNIDIS Medizinische Klinik II St. Johannes-Hospital Duisburg An der Abtei 7–11 47166 Duisburg Prof. Dr. ADRIAN GILLISSEN Robert-Koch-Klinik Städtisches Klinikum St. Georg Leipzig Nikolai-Rumjanzew-Straße 100 04207 Leipzig PD Dr. THOMAS GLÜCK Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I Klinikum der Universität 93042 Regensburg Prof. Dr. Dipl.-Psych. HARTMUT GÖBEL Schmerzklinik Kiel Klinik für neurologischverhaltensmedizinische Schmerztherapie Heikendorfer Weg 9–27 24149 Kiel
Dr. ANDREA GÖDDE Karl-Schurz-Straße 1 66119 Saarbrücken Prof. Dr. RALPH G. GRABITZ Universitätsklinik für Pädiatrische Kardiologie Martin-Luther-Universität HalleWittenberg Ernst-Grube-Str. 40 06120 Halle PD Dr. ULLRICH GRAEVEN Kliniken Maria Hilf GmbH Medizinische Klinik I Krankenhaus St. Franziskus Viersener Straße 450 41063 Mönchengladbach Prof. Dr. JOACHIM GRIFKA Orthopädische Klinik der Universität Regensburg Kaiser-Karl V.-Allee 3 93077 Bad Abbach Dr. BODO GRIMBACHER Abteilung Rheumatologie und Klinische Immunologie Medizinische Universitätsklinik Freiburg Hugstetterstraße 55 79106 Freiburg Prof. Dr. FRIEDRICH GRIMMINGER Zentrum für Innere Medizin Medizinische Klinik und Poliklinik V Justus-Liebig-Universität Klinikstraße 36 35385 Gießen Prof. Dr. WOLFGANG GRÖBNER Innere Abteilung Zollernalb Klinikum gGmbH Klinik Balingen Tübinger Straße 20/3 72336 Balingen
Autorenverzeichnis
XXIX
Prof. Dr. PETER GRONECK Klinik für Kinder und Jugendliche Klinikum Leverkusen Dhünnberg 60 51375 Leverkusen
Prof. Dr. CHRISTIAN HAMM Abteilung Kardiologie Kerckhoff-Klinik Benekestraße 2–8 61231 Bad Nauheim
Dr. WILFRIED GROTHE Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I Martin-Luther-Universität HalleWittenberg Ernst-Grube-Straße 40 06120 Halle
Prof. Dr. VOLKER HANF Universitäts-Frauenklinik Robert-Koch-Straße 40 37075 Göttingen
Prof. Dr. URSULA GUNDERT-REMY Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Thielallee 88–92 14195 Berlin Professor Dr. MARIANNE HAAG-WEBER KFH – Dialysezentrum Klinikum St. Elisabeth Elisabethstraße 23 94315 Straubing Prof. Dr. GÖRAN HAJAK Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universität Regensburg Bezirksklinikum Universitätsstraße 84 93042 Regensburg Prof. Dr. MICHAEL HALLEK Klinik I für Innere Medizin Universität zu Köln Kerpener Straße 62 50937 Köln Prof. Dr. HERMANN HALLER Abteilung Nephrologie Zentrum Innere Medizin Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1 30625 Hannover
Prof. Dr. GESINE HANSEN Klinik und Poliklinik für Kinderund Jugendmedizin Martin-Luther Universität HalleWittenberg Ernst-Grube-Straße 40 06120 Halle Dr. PONTUS HARTEN Sophienblatt 1 24103 Kiel Dr. PIA HARTMANN Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I Klinikum der Universität 93042 Regensburg Dr. SILKE HARTMANN Ingeborg-Bachmann-Straße 24 89134 Blaustein Prof. Dr. GERD HASENFUSS Georg-August-Universität Göttingen Bereich Humanmedizin (UKG) Herzzentrum Göttingen Abteilung Kardiologie und Pneumologie Robert-Koch-Straße 40 37075 Göttingen Prof. Dr. HANS HAUNER Else-Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin Der Technischen Universität München Klinikum rechts der Isar Ismaninger Straße 22 81675 München
XXX
Autorenverzeichnis
Prof. Dr. GERD HAUSDORF † Abteilung Pädiatrische Kardiologie und Intensivmedizin Georg-August-Universität Göttingen Robert-Koch-Straße 40 37075 Göttingen
Prof. Dr. BEATE HERPERTZ-DAHLMANN Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie Universitätsklinikum Aachen Neuenhofer Weg 21 52074 Aachen
Prof. Dr. DIRK HAUSMANN Klinik für Innere Medizin – Kardiologie Städtisches Klinikum Wolfenbüttel Alter Weg 80 38302 Wolfenbüttel
Dr. KLAUS HERRLINGER Radcliffe Infirmary Gibson Laboratories/Gastroenterology Woodstock Road Oxford OX2 6HE, UK
Prof. Dr. DIETER HÄUSSINGER Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie Universitätsklinikum Düsseldorf Moorenstraße 5 40225 Düsseldorf
Prof. Dr. FRIEDHELM HILDEBRANDT University of Michigan Medical Center Pediatric Nephrology 1500 W. Medical Center Drive Ann Arbor, MI 48109-0646 USA
Professor Dr. RÜDIGER HEHLMANN III. Medizinische Klinik Klinikum Mannheim der Universität Heidelberg Wiesbadener Straße 7–11 68305 Mannheim
Prof. Dr. WOLFGANG HILLER Psychologisches Institut Abteilung Klinische Psychologie Johannes Gutenberg-Universität Mainz Staudingerweg 9 55099 Mainz
Prof. Dr. ELSE HEIDEMANN Innere Medizin II Diakonie-Klinikum Stuttgart Rosenbergstraße 38 70176 Stuttgart
Prof. Dr. Dr. BERND HINNEY Frauenklinik Georg-August-Universität Göttingen Robert-Koch-Straße 40 37075 Göttingen
Dr. WERNER HEINDL Intensivstation Otto-Wagner-Spital Wien Sanatoriumstraße 2 A-1140 Wien
Prof. Dr. MICHAEL M. HIRSCHL Universitätsklinik für Notfallmedizin Allgemeines Krankenhaus Wien Währinger Gürtel 18–20 A-1090 Wien
PD Dr. HANS-PETER HERMANN Georg-August-Universität Göttingen Bereich Humanmedizin (UKG) Herzzentrum Göttingen Abteilung Kardiologie und Pneumologie Robert-Koch-Straße 40 37075 Göttingen
Prof. Dr. ANDREAS HOCHHAUS III. Medizinische Klinik Klinikum Mannheim der Universität Heidelberg Wiesbadener Straße 7–11 68305 Mannheim
Autorenverzeichnis
Prof. Dr. JOHANN HOFBAUER Urologische Abteilung Krankenhaus Wiener Neustadt Corvinusring 3–5 A-2700 Wiener Neustadt Prof. Dr. GEORG FRIEDRICH HOFFMANN Abteilung Kinderheilkunde I Universitätskinderklinik und Poliklinik Im Neuenheimer Feld 153 69120 Heidelberg Professor Dr. FRITZ HOHAGEN Universitätsklinikum SchleswigHolstein, Campus Lübeck Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Ratzeburger Allee 160 23538 Lübeck PD Dr. STEPHAN HOLLERBACH Klinik für Gastroenterologie Allgemeines Krankenhaus Celle Siemensplatz 4 29223 Celle Prof. Dr. AXEL HOLSTEGE Medizinische Klinik I Klinikum Landshut Robert-Koch-Straße 1 84034 Landshut Dr. MICHAEL HOLZER Universitätsklinik für Notfallmedizin Allgemeines Krankenhaus Wien Währinger Gürtel 18–20 A-1090 Wien Prof. Dr. Dr. WALTER H. HÖRL Innere Medizin III Klinische Abteilung für Nephrologie und Dialyse Allgemeines Krankenhaus Währinger Gürtel 18–20 A-1090 Wien
XXXI
Prof. Dr. GERD HORNEFF Klinikum der Medizinischen Fakultät Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin Martin-Luther-Universität HalleWittenberg Ernst-Grube-Straße 40 06120 Halle Prof. Dr. DIETER HORSTKOTTE Kardiologische Klinik Herz- und Diabeteszentrum NordrheinWestfalen Georgstraße 11 32545 Bad Oeynhausen Prof. Dr. RUDOLF M. HUBER Fachbereich Pneumologie Klinikum der Universität – Innenstadt Ludwig-Maximilians-Universität München Ziemssenstraße 1 80336 München Prof. Dr. NICOLAS HUNZELMANN Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie Klinikum der Universität zu Köln Joseph-Stelzmann-Straße 9 50924 Köln Dr. BERND IBACH Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Bereich Gerontopsychiatrie Bezirksklinikum Regensburg Universitätsstraße 84 93053 Regensburg Prof. Dr. ROLF D. ISSELS Medizinische Klinik und Poliklinik III Klinikum der Universitäts München Großhadern und GSF – Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit Marchioninistraße 81377 München
XXXII
Autorenverzeichnis
PD Dr. ONNO E. JANSSEN Klinik für Endokrinologie Zentrum für Innere Medizin Universitätsklinikum Essen Hufelandstraße 55 45122 Essen Dr. CHRISTOPH JOCHUM Zentrum für Innere Medizin Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie Universitätsklinikum Essen Hufelandstraße 55 45122 Essen Prof. Dr. GERHARD JORCH Zentrum für Kinderheilkunde Klinik für Allgemeine Pädiatrie und Neonatologie Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Wiener Straße 39112 Magdeburg Prof. Dr. Dr. HANS-PETER KAPFHAMMER Universitätsklinik für Psychiatrie Medizinische Universität Graz Auenbruggerplatz 36 A-8036 Graz Prof. Dr. Dipl.-Psych. LUDWIG KAPPOS Neurologie/Neuroradiologie Universitätskliniken Kantonsspital Basel Petersgraben 4 CH-4031 Basel Prof. Dr. SIEGFRIED KASPER Klinische Abteilung für Allgemeine Psychiatrie Universitätsklinik für Psychiatrie Allgemeines Krankenhaus Wien Währinger Gürtel 18–20 A-1090 Wien
Prof. Dr. VOLKER KEIM Medizinische Klinik und Poliklinik II Universitätsklinikum Leipzig Philipp-Rosenthal-Straße 27 04103 Leipzig Prof. Dr. JOHANNES VON KEMPIS Fachbereich Innere Medizin/ Rheumatologie Department I Kantonsspital St. Gallen CH-9007 St. Gallen Prof. Dr. WIELAND KIESS Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche Universitätsklinikum Leipzig Oststraße 21–25 04317 Leipzig Prof. Dr. H. CHRISTOPH KLINGLER Universitätsklinik für Urologie Medizinische Universität Wien Währinger Gürtel 18–20 A-1090 Wien PD Dr. CHRISTIAN KNEITZ Rheumatologie/Klinische Immunologie Medizinische Klinik II Universität Würzburg Klinikstraße 6–8 97070 Würzburg Dr. DAVID KOFLER Klinik I für Innere Medizin Universität zu Köln Kerpener Straße 62 50937 Köln Dr. ANDREAS KORDON Universitätsklinikum SchleswigHolstein, Campus Lübeck Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Ratzeburger Allee 160 23538 Lübeck
Autorenverzeichnis
Prof. Dr. RUDOLF KORINTHENBERG Universitätsklinikum Freiburg Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin Klinik II: Neuropädiatrie und Muskelerkrankungen Mathildenstraße 1 79106 Freiburg Prof. Dr. HANS CHRISTIAN KORTING Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie Ludwig-Maximilians-Universität Frauenlobstraße 9–11 80337 München Prof. Dr. STEPHAN KRÄHENBÜHL Klinik für Pharmakologie und Toxikologie Kantonsspital Basel Hebelstrasse 2 CH-4031 Basel Prof. Dr. JOACHIM K. KRAUSS Neurochirurgische Klinik Universitätsklinikum Mannheim Theodor-Kutzer-Ufer 1–3 68167 Mannheim PD Dr. SUSANNE KREGE Klinik und Poliklinik für Urologie, Kinderurologie, Urologische Onkologie Universitätsklinikum Essen Hufelandstraße 55 45122 Essen Prof. Dr. ROLF KREIENBERG Universitätsfrauenklinik und Poliklinik Universitätsklinikum Ulm Prittwitzstraße 43 89075 Ulm Prof. Dr. WOLFGANG KRUIS Abteilung für Innere Medizin Evangelisches Krankenhaus Kalk Buchforststraße 2 51103 Köln
XXXIII
Prof. Dr. KARL-HEINZ KUCK II. Medizinische Abteilung – Kardiologie Allgemeines Krankenhaus St. Georg Lohmühlenstraße 5 20099 Hamburg Dr. UWE KÜHL Medizinische Klinik II – Kardiologie und Pulmologie Charité – Campus Benjamin Franklin Hindenburgdamm 30 12200 Berlin Prof. Dr. ALEXANDER KURZ Alzheimer-Zentrum Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Technische Universität München Ismaninger Straße 22 81675 München Dr. CHRISTIAN KURZEDER Hämatologikum Frauenklinik und Poliklinik Universität Ulm Prittwitzstraße 43 89075 Ulm Prof. Dr. KARL J. LACKNER Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin Klinikum der Johannes GutenbergUniversität Mainz Langenbeckstraße 1 55131 Mainz Prof. Dr. PETER LAMPRECHT Poliklinik für Rheumatologie Universitätsklinikum SchleswigHolstein, Campus Lübeck und Rheumaklinik Bad Bramstedt Ratzeburger Allee 160 23538 Lübeck
XXXIV
Autorenverzeichnis
Prof. Dr. WILFRIED LANG Neurologische Abteilung Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Große Mohrengasse 9 A-1020 Wien
Prof. Dr. JÜRGEN LOHMEYER Zentrum für Innere Medizin Medizinische Klinik II Universitätsklinikum Gießen Klinikstraße 36 35392 Gießen
Prof. Dr. GERD LAUX Bezirksklinikum Gabersee Fachkrankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatische Medizin und Neurologie Gabersee 7 83512 Wasserburg am Inn
Prof. Dr. HANNS-MARTIN LORENZ Medizinische Klinik und Poliklinik V Sektion Rheumatologie Universität Heidelberg Hospitalstraße 3 69115 Heidelberg
Prof. Dr. HANS-GERD LENARD Zentrum für Kinderheilkunde Universitätsklinikum Düsseldorf Moorenstraße 5 40225 Düsseldorf
Prof. Dr. JOACHIM LORENZ II. Medizinische Klinik Klinikum Lüdenscheid Paulmannshöher Straße 14 58515 Lüdenscheid
PD Dr. EVA LENGFELDER III. Medizinische Klinik Klinikum Mannheim der Universität Heidelberg Wiesbadener Straße 7–11 68305 Mannheim
Univ.-Doz. Dr. STEFAN MADERSBACHER Abteilung für Urologie und Andrologie Sozialmedizinisches Zentrum Ost Donauspital Langobardenstraße 122 A-1220 Wien
Prof. Dr. MICHAEL J. LENTZE Zentrum für Kinderheilkunde Universitätsklinikum Bonn Adenauerallee 119 53113 Bonn
Prof. Dr. CHRISTIAN MADL Universitätsklinik für Innere Medizin IV Intensivstation 13H1 Allgemeines Krankenhaus Wien Währinger Gürtel 18–20 A-1090 Wien
Prof. Dr. KURT LENZ Medizinische Abteilung mit Intensivstation Krankenhaus Barmherzige Brüder Linz Seilerstätte 2 A-4021 Linz Prof. Dr. MICHAEL LINDEN Rehabilitationsklinik Seehof der BfA Abteilung für Verhaltenstherapie und Psychosomatik Lichterfelder Allee 55 14513 Teltow
Prof. Dr. PETER MALFERTHEINER Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie Universitätsklinikum Magdeburg Leipziger Straße 44 39120 Magdeburg Prof. Dr. JOHANNES MANN 6. Medizinische Abteilung SP Nieren- und Hochdruckerkrankungen Krankenhaus München-Schwabing Kölner Platz 1 80804 München
Autorenverzeichnis
Prof. Dr. MICHAEL P. MANNS Zentrum für Innere Medizin Abteilung Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1 30623 Hannover Prof. Dr. STEPHAN MATTHAEI Diabetes-Zentrum Quakenbrück Christliches Krankenhaus Danziger Straße 49610 Quakenbrück Prof. Dr. GERT MAYER Universitätsklinik für Innere Medizin Klinische Abteilung für Nephrologie Universität Innsbruck Anichstraße 35 A-6020 Innsbruck
XXXV
Dr. F. JOACHIM MEYER Innere Medizin III Medizinische Klinik und Poliklinik Universität Heidelberg Im Neuenheimer Feld 410 69120 Heidelberg Prof. Dr. MARTIN MIELKE Abteilung für Infektionskrankheiten Robert-Koch-Institut Nordufer 20 13353 Berlin Dr. FRANK MOCKENHAUPT Institut für Tropenmedizin Charité – Universitätsmedizin Berlin Spandauer Damm 130 14050 Berlin
PD Dr. CHRISTIAN MEISEL Institut für Klinische Pharmakologie Charité – Universitätsmedizin Berlin Campus Mitte Schumannstraße 20/21 10117 Berlin
PD Dr. KLAUS MOHNIKE Zentrum für Kinderheilkunde Klinik für Allgemeine Pädiatrie und Neonatologie Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Wiener Straße 39112 Magdeburg
Dr. JAN MENNE Abteilung Nephrologie Zentrum Innere Medizin Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1 30625 Hannover
Prof. Dr. HANS-JÜRGEN MÖLLER Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität München Nußbaumstraße 7 80366 München
Prof. Dr. HANS MERK Klinik für Dermatologie und Allergologie RWTH Aachen Pauwelsstraße 30 52074 Aachen
Dr. FRANK MOOSIG II. Medizinische Klinik und Poliklinik Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel Chemnitzstraße 33 24116 Kiel
Dr. GERD PETER MEYER Abteilung Kardiologie / Angiologie Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1 30625 Hannover
Dr. DAGMAR MÖSCH Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Technische Universität München Klinikum rechts der Isar
XXXVI
Autorenverzeichnis
Ismaninger Straße 22 81675 München Prof. Dr. JOACHIM MÖSSNER Medizinische Klinik und Poliklinik II Universitätsklinikum Leipzig Philipp-Rosenthal-Straße 27 04103 Leipzig Prof. Dr. ULF MÜLLER-LADNER Lehrstuhl für Innere Medizin und Rheumatologie der Universität Gießen Abteilung Rheumatologie und Klinische Immunologie Kerckhoff-Klinik Bad Nauheim Benekestraße 2–8 61231 Bad Nauheim Prof. Dr. JOACHIM MÜLLERQUERNHEIM Abteilung Pneumologie Medizinische Klinik und Poliklinik Universitätsklinikum Freiburg Killianstraße 5 79106 Freiburg PD Dr. ANIA CAROLINA MUNTAU Dr. von Haunersches Kinderspital Kinderklinik und Poliklinik Ludwig-Maximilians-Universität München Lindwurmstraße 4 80337 München Prof. Dr. PETER NAWROTH Abteilung Innere Medizin I Medizinische Universitätsklinik Heidelberg Bergheimer Straße 58 69115 Heidelberg Prof. Dr. ANDREAS NEUBAUER Klinik für Hämatologie, Onkologie und Immunologie Zentrum Innere Medizin Philipps-Universität Marburg Baldingerstraße 35033 Marburg
Prof. Dr. HORST NEUHAUS Medizinische Klinik Evangelisches Krankenhaus Düsseldorf Kirchfeldstraße 40 40217 Düsseldorf Prof. Dr. FRANZ-JOSEF NEUMANN Herz-Zentrum Bad Krozingen Südring 15 79189 Bad Krozingen Dr. ALAN NIEDERER Abteilung Hämatologie Medizinische Klinik Kantonsspital CH-6000 Luzern 16 Prof. Dr. CHRISTOPH A. NIENABER Klinik und Poliklinik für Innere Medizin Kardiologie und Vaskularmedizin Universität Rostock Ernst-Heydemann-Straße 6 18057 Rostock Prof. Dr. EBERHARD NIESCHLAG Institut für Reproduktionsmedizin Universitätsklinikum Münster Domagkstraße 11 48149 Münster Prof. Dr. DENNIS NOWAK Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin Klinikum der Universität München – Innenstadt Ziemssenstraße 1 80336 München Prof. Dr. RAINER OBERBAUER Universitätsklinik für Innere Medizin III Abteilung für Nephrologie und Dialyse Allgemeines Krankenhaus Währinger Gürtel 18–20 A-1090 Wien Prof. Dr. THOMAS OTTO Urologische Klinik
Autorenverzeichnis
Städtische Kliniken Neuss Lukaskrankenhaus Preußenstraße 84 41464 Neuss Dr. ULRICH-FRANK PAPE Charité – Universitätsmedizin Berlin Campus Virchow-Klinikum Medizinische Klinik m. S. Hepatologie und Gastroenterologie & Interdisziplinäres Stoffwechsel-Centrum/ Endokrinologie und Diabetes mellitus Augustenburger Platz 1 13353 Berlin Prof. Dr. JÖRG-HERMANN PETER Klinik für Innere Medizin, Schwerpunkt Pneumologie – Schlafmedizinisches Labor Klinikum der Philipps-Universität Marburg Baldingerstraße 35043 Marburg/Lahn PD Dr. STEPHAN PETERSENN Klinik für Endokrinologie Zentrum für Innere Medizin Universitätsklinikum Essen Hufelandstraße 55 5122 Essen Prof. Dr. STEPHAN PETRASCH Klinik für Innere Medizin Klinikum Duisburg Wedau-Kliniken Zu den Rehwiesen 9 47055 Duisburg Prof. Dr. FRIEDEMANN PFÄFFLIN Sektion Forensische Psychotherapie Universität Ulm Am Hochsträß 8 89081 Ulm Prof. Dr. JOHANNES PFEILSCHIFTER Evangelisches Krankenhaus Lutherhaus gGmbH Medizinische Klinik I
XXXVII
Hellweg 100 45276 Essen PD Dr. CORNELIA PIPER Kardiologische Klinik Herz- und Diabeteszentrum NordrheinWestfalen Georgstraße 11 32545 Bad Oeynhausen Prof. Dr. ERICH POHANKA Abteilung für Nephrologie und Dialyse Klinik für Innere Medizin III Allgemeines Krankenhaus der Stadt Wien Währinger Gürtel 18–20 A-1090 Wien Dr. GERD POMMER Unter den Eichen 26 26122 Oldenburg Prof. Dr. KURT POSSINGER Medizinische Klinik und Poliklinik II mit Schwerpunkt Onkologie, Hämatologie Charité – Campus Mitte Schumannstraße 20/21 10117 Berlin PD Dr. UWE PREISS Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin Martin-Luther-Universität HalleWittenberg Ernst-Grube-Straße 40 06120 Halle PD Dr. ARUNA RAGHAVACHAR Medizinische Klinik 1 (Hämato-/ Onkologie) HELIOS Klinikum Wuppertal Universitätsklinikum Heusnerstraße 40 42283 Wuppertal Dr. FRANK RAUCH Genetics Unit Shriners Hospital – McGill University
XXXVIII
Autorenverzeichnis
1529 Cedar Avenue Montreal H3G IA6 Canada PD Dr. DANIEL RE Klinik I für Innere Medizin Universität zu Köln Joseph-Stelzmann-Straße 9 50924 Köln Dr. STEFAN REBENSBURG Medizinische Klinik Evangelisches Krankenhaus Düsseldorf Kirchfeldstraße 40 40217 Düsseldorf Dr. ANNE C. REGIERER Medizinische Klinik und Poliklinik II mit Schwerpunkt Onkologie, Hämatologie Charité – Campus Mitte Schumannstraße 20/21 10117 Berlin Dr. HANS-JÜRGEN REINECKE Giftinformationszentrale Mainz II. Medizinische Klinik und Poliklinik Universität Mainz Langenbeckstraße 1 55131 Mainz Prof. Dr. KARLHEINZ REINERS Neurologische Klinik Universitätsklinikum Josef-Schneider-Straße 11 97080 Würzburg PD Dr. MARCEL REISER Klinik I für Innere Medizin Klinikum der Universität zu Köln Joseph-Stelzmann-Straße 9 50924 Köln Prof. Dr. MARKUS REISER Ruhr-Universität Bochum Medizinische Klinik und Poliklinik Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie
Berufsgenossenschaftliche Kliniken Bergmannsheil Bürkle-de-la-Camp-Platz 1 44789 Bochum PD Dr. ANDREAS REITER III. Medizinische Klinik Klinikum Mannheim der Universität Heidelberg Wiesbadener Straße 7–11 68305 Mannheim Dr. MICHAEL RIEDEL Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität München Nußbaumstraße 7 80366 München Prof. Dr. HANNO RIESS Charité – Campus Virchow-Klinikum Universitätsmedizin Berlin Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie Augustenburger Platz 1 13353 Berlin Prof. Dr. TEUT RISLER Sektion Nieren- und Hochdruckkrankheiten Abteilung Innere Medizin III Universitätsklinikum Tübingen Otfried-Müller-Straße 10 72076 Tübingen Prof. Dr. IVAR ROOTS Institut für Klinische Pharmakologie Charité – Universitätsmedizin Berlin Schumannstraße 20/21 10117 Berlin Prof. Dr. THOMAS RÖSCH Universitätsklinikum Berlin Charité Campus Virchow Medizinische Klinik I Gastroenterologie, Infektiologie, Rheumatologie
Autorenverzeichnis
XXXIX
Augustenburger Platz 1 13353 Berlin
Sigmund-Freud-Straße 25 53105 Bonn
Dr. FRANK ROSE Zentrum für Innere Medizin Medizinische Klinik und Poliklinik II Universitätsklinikum Gießen Klinikstraße 36 35385 Gießen
Prof. Dr. LUDWIG SCHAAF Innere Medizin, Endokrinologie und Klinische Chemie Max-Planck-Institut für Psychiatrie Kraepelinstraße 10 80804 München
Prof. Dr. ALEXANDER ROSENKRANZ Universitätsklinik für Innere Medizin Klinische Abteilung für Nephrologie Universität Innsbruck Anichstraße 35 A-6020 Innsbruck
Prof. Dr. GEORG SCHATZL Universitätsklinik für Urologie Medizinische Fakultät Währinger Gürtel 18–20 A-1090 Wien
Prof. Dr. HERBERT RÜBBEN Klinik und Poliklinik für Urologie, Kinderurologie, Urologische Onkologie Universitätsklinikum Essen Hufelandstraße 55 45122 Essen Prof. Dr. THOMAS RUZICKA Hautklinik Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Moorenstraße 5 40225 Düsseldorf PD Dr. BERNHARDT SACHS Klinik für Dermatologie und Allergologie RWTH Aachen Pauwelsstraße 30 52074 Aachen PD Dr. BERNHARD SALLER Pfizer GmbH Endokrinologie & Diabetologie Pfizerstraße 1 76032 Karlsruhe Prof. Dr. TILMAN SAUERBRUCH Medizinische Klinik und Poliklinik I Allgemeine Innere Medizin Universitätsklinikum Bonn
Dr. JENS SCHAUMBURGER Orthopädische Klinik der Universität Regensburg Kaiser-Karl V.-Allee 3 93077 Bad Abbach Dr. CHRISTOF SCHEID Klinik I für Innere Medizin Stammzellentransplantation Universität zu Köln Joseph-Stelzmann-Straße 9 50924 Köln Dr. INGOLF SCHIEFKE Zentrum für Innere Medizin Medizinische Klinik und Poliklinik II Universitätsklinikum Leipzig Philipp-Rosenthal-Straße 27 04103 Leipzig Dr. THORSTEN SCHLENKER Gastroenterologische Gemeinschaftspraxis Kurfürstenanlage 34 69115 Heidelberg Prof. Dr. HARTMUT H.-J. SCHMIDT Transplantationshepatologie Universitätsklinikum Münster Domagkstraße 3 A 48149 Münster
XL
Autorenverzeichnis
Prof. Dr. MICHAEL SCHMIDT Medizinische Klinik Schwerpunkt Pneumologie Klinikum der Universität Würzburg Josef-Schneider-Straße 2 97080 Würzburg Dr. SHERKO VON SCHMIEDEBERG Abteilung Andrologie Hautklinik Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Moorenstraße 5 40225 Düsseldorf Prof. Dr. WOLFF SCHMIEGEL Ruhr-Universität Bochum Medizinische Universitätsklinik Knappschaftskrankenhaus In der Schornau 23–25 44892 Bochum und Universitätsklinik Bergmannsheil Bürkle-de-la-Camp-Platz 1 44789 Bochum Prof. Dr. BRUNO SCHNEEWEISS Innere Abteilung Landeskrankenhaus Kirchdorf Hausmanningerstraße 8 A-4560 Kirchdorf Dr. HARALD JÖRN SCHNEIDER Innere Medizin, Endokrinologie und Klinische Chemie Max-Planck-Institut für Psychiatrie Kraepelinstraße 10 80804 München PD Dr. THOMAS W. SCHNIDER Institut für Anästhesiologie Kantonsspital St. Gallen CH-9007 St. Gallen Dr. ROSEMARIE SCHOBESS Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin
Martin-Luther-Universität HalleWittenberg Ernst-Grube-Straße 40 06120 Halle Prof. Dr. JÜRGEN SCHÖLMERICH Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I Klinikum der Universität 93042 Regensburg Prof. Dr. ALBERT SCHÖMIG Abteilung Kardiologie Deutsches Herzzentrum München Lazarettstraße 36 80636 München Prof. Dr. ECKHARD SCHÖNAU Klinik und Poliklinik für Allgemeine Kinderheilkunde Universität zu Köln Joseph-Stelzmann-Straße 9 50924 Köln PD Dr. JOCHEN SCHOPOHL Medizinische Klinik – Innenstadt Klinikum der Universität München Ziemssenstraße 1 80336 München Prof. Dr. DIETMAR SCHRANZ Abteilung Kinderkardiologie und Angeborene Herzfehler Kinderherzzentrum Universitätsklinikum Gießen Feulgenstraße 12 35385 Gießen Prof. Dr. TAMMO VON SCHRENCK Klinik für Innere Medizin und Intensivmedizin Bethesda – Allgemeines Krankenhaus gGmbH, Bergedorf Glindersweg 80 21029 Hamburg
Autorenverzeichnis
Prof. Dr. JOHANN OLTMANN SCHRÖDER II. Medizinische Klinik und Poliklinik Städtisches Krankenhaus Kiel Universitätsklinikum SchleswigHolstein Campus Kiel Chemnitzstraße 33 24116 Kiel Prof. Dr. HEINZ-PETER SCHULTHEISS Medizinische Klinik II – Kardiologie und Pulmologie Charité – Campus Benjamin Franklin Hindenburgdamm 30 12200 Berlin DETLEF SCHUPPAN, M.D., Ph.D. Division of Gastroenterology Beth Israel Deaconess Medical Center Harvard Medical School Dana 501 330 Brookline Ave Boston, MA 02115 USA Dr. DIRK SCHÜRMANN Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie Charité, Campus Virchow-Klinikum Augustenburger Platz 1 13353 Berlin Dr. ANDREAS SCHWALEN Medizinische Klinik und Poliklinik B Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Angiologie Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Moorenstraße 5 40225 Düsseldorf PD Dr. STEFAN SCHWARZ Neurologische Klinik Universitätsklinikum Mannheim Theodor-Kutzer-Ufer 1–3 68135 Mannheim
XLI
Prof. Dr. LOTHAR SCHWEIGERER Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin Pädiatrie I Universitäts-Kinderklinik Göttingen Robert-Koch-Straße 40 37075 Göttingen Prof. Dr. WERNER SEEGER Zentrum für Innere Medizin Medizinische Klinik und Poliklinik II Universitätsklinikum Gießen Klinikstraße 36 35385 Gießen Prof. Dr. NORBERT SEPP Hautklinik Universität Innsbruck Anichstraße 35 A-6020 Innsbruck Dr. MARKUS SIEBER Medizinische Klinik – Hämatologie und Onkologie Kreiskrankenhaus Gummersbach GmbH Wilhelm-Breckow-Allee 20 51643 Gummersbach PD Dr. DIETMAR SÖHNGEN Reha-Zentrum Reichshof Innere Onkologie, Pneumologie Zur Reha-Klinik 1 51580 Reichshof-Eckenhagen Dr. PETER STAIB Abteilung Hämatologie/Onkologie Klinik I für Innere Medizin Universitätsklinikum Köln Joseph-Stelzmann-Straße 9 50924 Köln Prof. Dr. GÜNTER KARL STALLA Innere Medizin, Endokrinologie und Klinische Chemie Max-Planck-Institut für Psychiatrie Kraepelinstraße 10 80804 München
XLII
Autorenverzeichnis
Prof. Dr. EDUARD F. STANGE Zentrum für Innere Medizin Robert-Bosch-Krankenhaus Auerbachstraße 110 70376 Stuttgart Prof. Dr. ARMIN STEINMETZ Medizinische Abteilung St. Nikolaus-Stiftshospital GmbH Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Bonn Hindenburgwall 1 56626 Andernach Dr. NORBERT STEUDEL Städtisches Krankenhaus Martha-Maria Röntgenstraße 1 06120 Halle Prof. Dr. MICHAEL STICHERLING Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie Universitätsklinikum Leipzig Stephanstraße 11 04103 Leipzig PD Dr. CHRISTIAN P. STRASSBURG Zentrum für Innere Medizin Abteilung Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1 30623 Hannover Prof. Dr. BODO-ECKHARD STRAUER Medizinische Klinik und Poliklinik B Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Angiologie Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Moorenstraße 5 40225 Düsseldorf Prof. Dr. WOLFGANG STREMMEL Abteilung Gastroenterologie Medizinische Klinik Universitätsklinikum Heidelberg Im Neuenheimer Feld 410 69120 Heidelberg
Dr. KERSTIN STROM ProHealthMedia GbR Feuerwehrheimstraße 3 83457 Bayerisch Gmain PD Dr. THOMAS SÜDHOFF Klinikum Passau II. Medizinische Klinik Hämatologie und Onkologie Innstraße 76 94032 Passau Prof. Dr. NORBERT SUTTORP Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie Charité – Universitätsmedizin Berlin Augustenburger Platz 1 13353 Berlin Prof. Dr. THOMAS D. SZUCS Medizinische Ökonomie Institut für Sozial- und Präventivmedizin Universität Zürich Gloriastraße 18a CH-8006 Zürich Dr. BETTINA TEMMESFELDWOLLBRÜCK Charité – Universitätsmedizin Berlin Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie Campus Virchow-Klinikum Augustenburger Platz 1 13353 Berlin Dr. BIRGIT TERJUNG Medizinische Klinik und Poliklinik I Allgemeine Innere Medizin Universitätsklinikum Bonn Sigmund-Freud-Straße 25 53105 Bonn PD Dr. BARBARA TETTENBORN Klinik für Neurologie Kantonsspital St. Gallen Rorschacher Straße 95 CH-9007 St. Gallen
Autorenverzeichnis
Prof. Dr. MICHAEL THOMAS Medizinische Klinik und Poliklinik A Universitätsklinikum Münster Albert-Schweitzer-Straße 33 48129 Münster Prof. Dr. FRANK THÖMKE Neurologische Universitätsklinik Mainz Langenbeckstraße 1 55101 Mainz Prof. Dr. HANS-PETER TONY Rheumatologie/Klinische Immunologie Medizinische Klinik II Universität Würzburg Klinikstraße 6–8 97070 Würzburg Dr. Dipl.-Psych. ROLF DIETER TRAUTMANN-SPONSEL Psychosomatische Klinik Windach Schützenstraße 16 86949 Windach Prof. Dr. ANDREAS TROMM Klinik für Innere Medizin Evangelisches Krankenhaus Hattingen gGmbH Bredenscheider Straße 54 45525 Hattingen PD Dr. HANS-WOLFRAM ULRICH Klinik für Orthopädie Universitätsklinikum SchleswigHolstein, Campus Kiel Michaelisstraße 1 24105 Kiel PD Dr. PETER VAJKOCZY Neurochirurgische Klinik Universitätsklinikum Mannheim Theodor-Kutzer-Ufer 1–3 68135 Mannheim
XLIII
Univ. Doz. Dr. ANDREAS VALENTIN Allgemeine und Internistische Intensivstation II. Medizinische Abteilung KA Rudolfstiftung Juchgasse 25 A-1030 Wien Prof. Dr. J. CHRISTIAN VIRCHOW Klinik und Poliklinik für Innere Medizin Abteilung für Pneumologie Universitätsklinikum Rostock Ernst-Heydemann-Straße 6 18055 Rostock Dr. ARNDT VOGEL Zentrum für Innere Medizin Abteilung Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1 30623 Hannover Prof. Dr. WOLFGANG VOGEL Universitätsklinik für Innere Medizin Abteilung Gastroenterologie und Hepatologie Anichstraße 35 A-6020 Innsbruck Prof. Dr. CLAUS VOGELMEIER Klinik für Innere Medizin Schwerpunkt Pneumologie Philipps-Universität Marburg Baldingerstraße 35043 Marburg Prof. Dr. THOMAS VOGT Klinik und Poliklinik für Dermatologie Klinikum der Universität 93042 Regensburg Prof. Dr. BEATRIX VOLC-PLATZER Dermatologische Abteilung SMZ Ost – Donauspital Langobardenstraße 122 A-1220 Wien
XLIV
Autorenverzeichnis
Dr. DIMITRIS VOLIOTIS Institut für Klinische Pharmakologie – Pharmakodynamik Bayer AG Pharmaceutical Research Center Gebäude 0429 42096 Wuppertal Prof. Dr. ANDREAS VYCHYTIL Klinik für Innere Medizin III Abteilung für Nephrologie und Dialyse Allgemeines Krankenhaus Währinger Gürtel 18–20 A-1090 Wien Prof. Dr. THOMAS O. F. WAGNER Abteilung Pneumologie/Allergologie Medizinische Klinik II Klinikum der Johann Wolfgang GoetheUniversität Frankfurt Theodor-Stern-Kai 7 60590 Frankfurt Prof. Dr. HANS-DIETER WALMRATH Zentrum für Innere Medizin Medizinische Klinik und Poliklinik II Justus-Liebig-Universität Klinikstraße 36 35385 Gießen PD Dr. HANNES WANDT Klinikum Nürnberg Medizinische Klinik 5 Institut für Medizinische Onkologie und Hämatologie Einheit für Knochenmarktransplantation Prof.-Ernst-Nathan-Straße 1 90419 Nürnberg Prof. Dr. BRUNO WATSCHINGER Medizinische Universität Wien Klinische Abteilung für Nephrologie und Dialyse Universitätsklinik für Innere Medizin III Allgemeines Krankenhaus der Stadt Wien Währinger Gürtel 18–20 A-1090 Wien
Prof. Dr. L. SACHA WEILEMANN Klinische Toxikologie / Giftinformation II. Medizinische Klinik und Poliklinik Universitätsklinikum Mainz Langenbeckstraße 1 55131 Mainz PD Dr. THOMAS WEISS Medizinische Klinik I Klinik für Kardiologie und Angiologie Henriettenstiftung Marienstraße 72–90 30171 Hannover Prof. Dr. TOBIAS WELTE Abteilung Pneumologie Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1 30625 Hannover Prof. Dr. CLEMENS-MARTIN WENDTNER Klinik I für Innere Medizin Universität zu Köln Kerpener Straße 62 50937 Köln Prof. Dr. FREDERIK WENZ Sektion Strahlentherapie Institut für Klinische Radiologie Universität Heidelberg Theodor-Kutzer-Ufer 1–3 68135 Mannheim Prof. Dr. MATTHIAS WETTSTEIN Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie Universitätsklinikum Düsseldorf Moorenstraße 5 40225 Düsseldorf PD Dr. GEORG WIEDEMANN Klinikum der Johann Wolfgang-GoetheUniversität Frankfurt/Main Zentrum der Psychiatrie und Psychotherapie Heinrich-Hoffmann-Straße 10 60528 Frankfurt
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Prinzipien der Therapie JÜRG REICHEN 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6
Gesundheitsökomonie Evidenzbasierte Medizin Pharmakognetik Pharmakodynamik Pharmakokinetische Prinzipien und Dosisanpassung Toxizität in der Praxis verwandter Medikamente
3 8 13 18 23 31
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1.1 Gesundheitsökonomie
3
sprechenden Nachfrageveränderung. Aufgrund der Nulltarifmentalität (Kostenvolldeckung) im derzeitigen GesundheitsThomas Szucs wesen ist die Nachfrage völlig preisunempfindlich. Daher besteht für die Versicherten ein großer Anreiz, die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen bis zur Sättigungsmenge (Freifahrer1.1.1 Was ist Gesundheitsökonomie? mentalität) und sogar darüber hinaus auszudehnen. Hinzu Die Gesundheitsökonomie beschäftigt sich mit der Thematik der kommt außerdem noch ein aus der Versicherungsbetriebslehre Knappheit von Ressourcen im Gesundheitswesen. Sie beschäftigt bekanntes Phänomen, das sich in einem risikogeneigterem sich sowohl mit den Ursachen der Knappheit wie auch mit den Verhalten des Versicherten bei Kostenvolldeckung ausdrückt Möglichkeiten, diese zu mildern. Dazu werden die Methoden der (Moral-Hazard). Ökonomie auf das Gesundheitswesen angewandt. Die Aussage, Gesundheit sei das höchste Gut, impliziert ökonomisch, dass Faktoren, die die Entwicklung der Gesundheitsausgaben in den die Gesundheitsgüter einen Grenznutzen aufweisen, der höher nächsten Jahren beeinflussen • Neue Krankheiten und Gesundheitsstörungen: ist als alle anderen Güter. Erst wenn das Bedürfnis nach GeDurch verbesserte und innovative diagnostische Technologien sundheitsgütern gedeckt ist, können andere Güter nachgefragt werden immer neue Erkrankungen erkannt, die einen Einfluss auf den Umfang des Einsatzes medizinischer Leistungen werden. Das zentrale Problem bleibt jedoch stets die Knapphaben werden. Einige Störungen werden in ihrer Bedeutung heit, die es erforderlich macht zu wirtschaften. Gegenstand zunehmen, wie beispielsweise Aids, Drogenabhängigkeit und Promiskuität. Ebenso werden chronische Krankheiten im Alter der Gesundheitsökonomie ist infolgedessen das Wirtschaften, sowie nicht heilbare Erkrankungen eine große Rolle spielen. also die effiziente Wahl zwischen Alternativen. Hierzu werden Durch die frühe Diagnose wird auch die Anzahl von heilbaren und unheilbaren Neoplasien zunehmen. verschiedene Annahmen zu Verhaltensweisen der Individuen • Demographische Faktoren: gemacht. Die meisten gesundheitsökonomischen Theorien baSinkende Geburtenraten sowie die steigende Anzahl von alten Menschen führen zu einem dramatischen Missverhältnis. Im sieren auf der Annahme von nutzenmaximierenden Personen Jahr 2010 werden mehr als 30 Millionen Personen in Europa (Homo oeconomicus), die zum Wirtschaften das ökonomische über 65 Jahre alt sein. Diese Tatsache wird zusätzlich verschlimmert durch soziologische Faktoren, wie beispielsweise Prinzip anwenden. Ein wichtiger Bestandteil der Gesundheitsdie Zersplitterung der traditionellen Familienstrukturen sowie ökonomie ist daher die Planung von Gesundheitsleistungen in die zunehmende Mobilität der Bevölkerung. • Medizinisch-technologischer Fortschritt: einem Umfeld der knappen Ressourcen. 1.1
1.1.2
Gesundheitsökonomie
Angebot und Nachfrage
Viele Faktoren beeinflussen die Entwicklung der Gesundheitsausgaben und infolgedessen Angebot und Nachfrage (s. folgende Übersicht). Im Gesundheitswesen folgt das Konzept zwischen Angebot und Nachfrage nicht den Regeln anderer Wirtschaftsbereiche. Dies liegt zum einen vor allem in der Tatsache begründet, dass die Gesundheit kein Gut ist, das beliebig konsumiert und ausgetauscht (substituiert) werden kann, andererseits spielt die Ausgestaltung des Gesundheitssystems eine entscheidende Rolle. Die Steuerung von Angebot und Nachfrage regelt sich – in den Bereichen einer Volkswirtschaft, in denen eine reine Steuerung über den Markt stattfindet – über den Preis. Der Preismechanismus fungiert dabei als eine Art „Entdeckungsverfahren“. Er drückt die Präferenzen der einzelnen Marktteilnehmer aus. Neben seiner Steuerungs-, Rationierungs- sowie Selektionsfunktion ist der Preis ein bedeutender Indikator für die Knappheit eines Gutes. In Anbetracht der dem Gesundheitswesen übergeordneten Prinzipien, d. h. dem Sachleistungs- und Solidarprinzip, wird aus sozialpolitischen Gründen auf die pretiale (preisliche) Lenkung des Marktes für Gesundheitsgüterverzichtet. Als Folge davon ergibt sich eine starre, völlig preisunabhängige Nachfragefunktion (so genannte preisunelastische Nachfrage). Aufgrund der Kostenvolldeckung führt eine noch so große Preisveränderung zu keiner ent-
Der Einsatz von neuen Technologien und verbesserten Arzneimitteln stellt einen unmittelbaren Ausgabenfaktor dar. Auch modernere diagnostische Verfahren sind als „add-on technology“ zunächst vielfach teurer als zuvor eingesetzte. • Erhöhte gesellschaftliche Erwartungen: Veränderter Lebensstil, aber auch eine neue Anspruchshaltung von Individuum und Gesellschaft führen unweigerlich zu einer verstärkten Nachfrage nach Gesundheitsgütern.
Auch das Angebot von medizinischen Leistungen entspricht unter Umständen nicht dem, wie es sich bei „marktlicher“ Koordination ergeben würde. Auch hier soll anhand einer Graphik der Zusammenhang erläutert werde (Abb. 1.1-1). In der Ausgangssituation besteht bei einem Preis von p’ (Preis pro Leistungseinheit durch Gebührenordnung staatlich fixiert) ein Gleich-
N'
A' N''
X'
X''
A''
Preis p'
p''
Menge'
Abb. 1.1-1. Angebotsinduzierte Nachfrage als Resultat einer Angebotszunahme
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1 Prinzipien der Therapie
gewicht zwischen ärztlichem Angebot A’ und nachgefragter Menge N’. Verschiebt sich nun die Angebotskurve durch Hinzukommen – z. B. weiterer Großgerätebetreiber – nach A’, sinkt nicht etwa der Preis auf p’, sondern, vorausgesetzt der Arzt führt seine Sachwalterrolle nicht perfekt aus und verfolgt eigene Interessen (Einkommensmaximierung), wird er dem Patienten über das medizinisch indizierte Maß weitere Leistungen empfehlen, bis die von ihm angebotene Menge x’ auch „nachgefragt“ wird. In der Gesundheitsökonomie ist dieser Mechanismus unter dem Begriff der angebotsinduzierten Nachfrage bekannt. Folgen der Koordinationsmängel
Infolge der vollen Deckung der bei einer medizinischen Maßnahme anfallenden Kosten von Seiten der Finanzierungsträger, der Krankenkassen, fallen Handlung und Haftung bei Leistungsanbietern und Versicherten auseinander. Es entsteht ein Verantwortungsvakuum bei allen Beteiligten, das sich in den bereits erläuterten Erscheinungen wie „Freibiermentalität“, „MoralHazard-Verhalten“ und „angebotsinduzierter Nachfrage“ konkretisiert. Ebenso ist durch das ständig steigende Anspruchsverhalten der Versicherten, ohne von individuellen Kosten-Nutzen-Überlegungen hinterfragt zu werden, das System in eine Rationalitätenfalle geraten (d. h. der Einzelne für sich allein verhält sich rational, indem er die im System innewohnenden Anreize zu seinem Vorteil nutzt; gesamtwirtschaftlich treten jedoch gravierende Wohlfahrtsverluste auf). Das Ergebnis dieser Entwicklung ist eine steigende Nachfrage nach (knappen) Gesundheitsgütern. Dies hat wiederum ein Anwachsen der Ausgaben der Kassen mit zunehmenden Finanzierungsproblemen (Einnahmen < Ausgaben) zur Folge. Beitragserhöhungen sollen dann die daraufhin nötig werdenden Einnahmenerhöhungen kompensieren. Jedoch schließt sich mit der Reaktion der Versicherten, einen möglichst hohen Gegenwert für eine Beitragserhöhung zu erzielen, der Kreis der mangelhaften Funktionsbeziehungen innerhalb der Krankenversicherung. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass verschiedene falsch gesetzte Anreize im derzeitigen System der Krankenversicherung, sowohl auf Angebots- als auch auf Nachfrageseite, zu Koordinationsmängeln und Fehlallokationen von Ressourcen führen. Aus diesem Grund müssen zur Verbesserung der Allokation konkrete Daten zum Preis-Leistungs-Verhältnis von medizinischen Interventionen erarbeitet werden. 1.1.3
Allgemeine Konzepte zur ökonomischen Evaluation
Die Wirtschaftlichkeit einer medizinischen Intervention (Therapie oder Diagnostik) ist das Verhältnis zwischen Ressourceneinsatz (Input) und dem Ergebnis der Intervention (Output). Im gesundheitspolitischen Alltag wird der Begriff der Wirtschaftlichkeit meistens irreführend verwendet. Zum Beispiel werden Ärzte oder Klinika, die mehr Leistungen verursachen als ihre Kollegen oder Vergleichsklinika, fälschlicherweise als unwirt-
schaftlich bezeichnet. Diese unglückliche Betrachtungsweise führt deshalb zu einer überproportionalen Kostenorientierung anstelle einer Ergebnisorientierung. Interessanterweise sucht man in sozialen Versicherungsgesetzen (SGB V in Deutschland, KVG in der Schweiz) vergebens nach einer gesetzlichen Definition des Wirtschaftlichkeitsbegriffes. Die Komponenten einer ökonomischen Evaluation sind deshalb auf der einen Seite der Ressourcenverbrauch eines bestimmten Gesundheitsprogramms und auf der anderen Seite, als Output, die Veränderung des Gesundheitszustandes in Zusammenhang mit der Intervention. Der Ressourcenverbrauch wird in der Regel in den Kosten reflektiert. Die Kosten werden in drei verschiedene Gruppen eingeteilt: direkte, indirekte und intangible Kosten. Die direkten Kosten umfassen die direkt zugeordneten medizinischen und nichtmedizinischen Kosten (z. B. Arzthonorare, Pflege, Diagnostik, Arzneimittel, Krankenhaustage, Operationen). Die Ermittlung der direkten Kosten gestaltet sich relativ einfach: Sie entsprechen den konkreten Aufwendungen und Ausgaben. Die indirekten, im allgemeinen Sprachgebrauch oft auch volkswirtschaftlichen Kosten genannt, beinhalten vor allem die Bewertung des Produktivitätsverlustes bzw. des Arbeitsausfalles aufgrund einer Erkrankung bzw. Behandlung. Diesem Kostenblock zugerechnet werden auch durch eine höhere Lebenserwartung entstehende künftige Kosten. Die Bewertung dieser Kosten wird meistens mittels des Humankapitalverfahrens durchgeführt. Dabei wird der Wert des menschlichen Lebens vorwiegend nach dem ihm innewohnenden Wertschöpfungspotential bemessen. Dieses Wertschöpfungspotential wird in der Regel durch das zu erzielende Erwerbseinkommen bestimmt. Dies ist an sich schon problematisch, zumal eine große Zahl von Personen kein Erwerbseinkommen erzielt (z. B. Betagte, Kinder), darüber hinaus aber existieren für bestimmte Arbeiten auch keine festgesetzten Marktpreise (z. B. Haushaltsarbeit). Grenzkosten und inkrementale Kosten
Vor dem Hintergrund der Erkenntnis, dass medizinische Therapien mit zunehmendem Einsatz einen abnehmenden Grenznutzen aufweisen, muss die Durchführung einer Grenzkostenanalyse im Rahmen ökonomischer Evaluationen gefordert werden. Hierbei wird der Zusammenhang zwischen inkrementalen Kosten und inkrementalem Nutzen erarbeitet, d. h. es wird nach den zusätzlichen Kosten zur Produktion einer zusätzlichen Einheit eines Gutes oder Dienstleistung und dem daraus resultierenden zusätzlichen Nutzen gefragt. Obschon viele Autoren zu Unrecht die Begriffe Grenzkosten und inkrementale Kosten synonym verwenden, sollten diese Begriffe klar voneinander unterschieden werden (Tabelle 1.1-1). Am eindrucksvollsten konnte dieses Konzept am (historischen) Beispiel der Vorsorgeuntersuchung des Kolonkarzinoms durch Prüfung auf okkultes Blut im Stuhl mittels Guaiac-Test dargestellt werden. Die Grenzkosten pro gerettetes Lebensjahr betragen $ 294,– bei der Durchführung einess Tests, steigen jedoch
1.1 Gesundheitsökonomie Tabelle 1.1-1. Unterschiede zwischen Grenzkosten und inkrementalen Kosten Begriff
Definition
Grenzkosten
Veränderung der Gesamtkosten durch Zunahme oder Abnahme einer Einheit. Ermöglicht Analyse innerhalb eines Programms
Inkrementale Kosten
Zusätzliche Kosten eines Programms vs. eines alternativen Programms. Ermöglicht einen Vergleich zwischen unterschiedlichen Programmen und Intervention
bei 5 konsekutiven Tests auf über $ 1 Million pro gerettetes Lebensjahr an. Die betreffenden Durchschnittskosten betragen allerdings lediglich $ 2451,– pro gerettetes Lebensjahr, was zu einer irreführenden Entscheidung führen könnte. Deshalb wird empfohlen, wo immer möglich, mit Grenzkosten zu arbeiten und diese anzugeben. Diese sind im Hinblick auf Entscheidungen bezüglich des effizienten Einsatzes von alternativen Interventionen informativer. Die Beziehungen zwischen den Grenzkosten und den Grenznutzen einer Intervention lassen sich auch graphisch darstellen. Die effiziente Allokation einer Ressource wird am Schnittpunkt beider Kurven erreicht (Abb. 1.1-2). Man spricht hier vom sog. ökonomischen Behandlungsoptimum. Obwohl die Ableitung dieser Kurven nicht ganz einfach ist, gibt sie Anlass zur Überlegung, ob eine bestimmte Intervention eher rechts oder links des Schnittpunktes liegt. Perspektive der Evaluation
In Anbetracht der Vielzahl der Akteure im Gesundheitswesen und der Tatsache, dass medizinisch-technische Leistungen aus verschiedenen Töpfen finanziert werden, spielt die Perspektive der Evaluation eine große Rolle. Aus diesem Grund sollte bei der Planung einer ökonomischen Evaluation stets die Perspektive der Evaluation definiert werden. Die Bewertung von Ressourcen und damit das Ergebnis hängen entscheidend von der zuvor gewählten Perspektive ab. Guidelines zur medizinisch-ökonomischen Evaluation schreiben die zu wählende Perspektive explizit
vor. In Deutschland und der Schweiz wird empfohlen, grundsätzlich die Perspektive der sozialen Krankenversicherung zu nehmen. Dies bedeutet, vorwiegend direkte Kosten zu erfassen und zu bewerten. 1.1.4
Ökonomische Evaluationsforschung
Kosten-Nutzen-Analysen
Die Kosten-Nutzen-Analyse ist eine ökonomische Untersuchung, in der alle Kosten und Konsequenzen in monetären Einheiten ausgedrückt werden. Wesentlichster Nachteil der Kosten-NutzenAnalysen ist, dass eine monetäre Bewertung des klinischen Ergebnisses zwingend stattfinden muss, obschon dies in der Regel nicht strikt ökonomisch sowie monetär nicht immer gemessen werden kann (z. B. der monetäre Wert menschlichen Lebens). Ebenfalls besteht die Gefahr, dass viele Konsequenzen, die nicht monetär bewertet werden können, deshalb von der Analyse a priori ausgeschlossen werden. Kosten-Effektivitäts-Analysen
In Kosten-Effektivitäts-Analysen werden die Kosten in monetären Einheiten und die Ergebnisse in nichtmonetären Einheiten ausgedrückt. Solche nichtmonetären Einheiten sind beispielsweise: Anzahl geretteter Menschenleben, gerettete Lebensjahre, erfolgreich behandelte oder verhinderte Krankheitsfälle, reduzierte Krankheitshäufigkeit und -dauer, gewonnene Arbeitstage sowie rein klinische Parameter (z. B. Blutdrucksenkung in mmHg oder Cholesterinsenkung in mmol/l). Der Nachteil von Kosten-Effektivitäts-Analysen liegt in der Tatsache, dass nur Interventionen mit identischen klinischen Endpunkten verglichen werden können. So ist das Überleben einer 60-jährigen postmenopausalen Frau mit einem fortgeschrittenen Ovarialkarzinom und durchgeführter Chemotherapie anders zu bewerten als das Überleben einer gleichaltrigen Frau
Kostenzuwachsfunktion (Grenzkosten)
Grenzkosten Grenznutzen
Nutzenzuwachsfunktion (Grenznutzen) Behandlungsintensität Funktionale Gesundheitsversorgung
Ökonomisches Behandlungsoptimum
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Medizinisches Behandlungsoptimum maximale Versorgung
Abb. 1.1-2. Die Balance zwischen Grenzkosten und Grenznutzen
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1
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1 Prinzipien der Therapie
nach einer Hüftgelenksarthroplastie nach einer Schenkelhalsfraktur. Aus diesen Gründen kommen die so genannten KostenNutzwert-Analysen zum Einsatz.
Tabellen listen die verschiedenen Interventionen nach absteigender Wirtschaftlichkeit auf und sind unabdingbar zur gerechten Verteilung von Ressourcen bei begrenztem Budget.
Kosten-Nutzwert-Analysen
Kosten-Minimierungs-Analysen
Bei Kosten-Nutzwert-Analysen müssen die Kosten monetär, die Konsequenzen jedoch in qualitätsbereinigten Lebensjahren (sog. QALYs) ausgedrückt werden. Ein qualitätsbereinigtes Lebensjahr stellt die Anzahl Jahre dar, die den Patienten verbleibt, gewichtet mit einem Faktor (Nutzwert). Dieser Nutzwert ist eine Größe, die die Präferenzen der betroffenen Zielgruppe wiedergibt und deren Gesundheitszustand reflektiert. Hierbei werden Werte zwischen 0 (Tod) und 1 (vollkommene Gesundheit) definiert. Die Bestimmung von Nutzwerten kann auf verschiedene Art und Weise ermittelt werden: durch Schätzung oder Befragung von Betroffenen, durch Literaturrecherchen bereits durchgeführter Erhebungen oder durch empirische Messung. Die wichtigsten Messverfahren sind: spezifische Skalen („rating scales“), das Verfahren der Standardlotterie sowie die Methode der zeitlichen Abwägung.
Bei Kosten-Minimierungs-Analysen werden zwei oder mehr Alternativen mit gleicher Effektivität bzw. Wirksamkeit anhand der Nettokosten verglichen, um die kostengünstigste Alternative zu ermitteln. Im Fall von Arzneimitteln muss die Wirksamkeit von zwei Therapien vollkommen identisch sein, was in der Regel nur in den wenigsten Fällen der Fall sein dürfte. Diese Form der Analyse eignet sich vor allem für die pharmakoökonomische Evaluation im stationären Sektor. Krankheitskostenanalysen
Die Krankheitskostenanalyse ist eine Untersuchungsform zur Ermittlung der ökonomischen Auswirkungen einer Erkrankung, unter Berücksichtigung aller Kosten und Konsequenzen. Es werden hierbei keine Therapieformen verglichen. Die Ergebnisse von Krankheitskostenanalysen sind aus zweierlei Hinsicht relevant. Zum einen wird Entscheidungsträgern im Gesundheitswesen eine Schätzung der sozialen Belastung einer Erkrankung Während die letzten zwei Verfahren auf der elementaren Spiel- zur Verfügung gestellt, damit jene bessere Entscheidungen betheorie beruhen und eher komplexer Natur sind, existieren züglich der Allokation von Ressourcen treffen können. Zum mehrere validierte spezifische (multiattributive) Bewertungs- anderen bilden diese Studien die Grundlage weiterer sozioökoskalen, wie beispielsweise die Rosser-Skala, der Quality of Well- nomischer Analysen, weil bereits erste Daten zu den Kosten und Being Index oder der Health Utility Index. Neuerdings können Konsequenzen einer Erkrankung oder eines GesundheitszustanNutzwerte aus klassischen Lebensqualitätsmessinstrumenten des erhoben werden. Wie bei den übrigen ökonomischen Ana(z. B. SF-36, Euro-Qol-5D) abgeleitet werden. Beispiele von lysen sollte bereits im Vorfeld überlegt werden, welche Kosten Nutzwerten finden sich in Tabelle 1.1-2. Nachteil der Nutzwert- relevant sind und über welchen Zeitrahmen die Untersuchung analysen ist, dass es nur für wenige Indikationen und klinische gültig sein soll. Es wäre wünschenswert, bei KrankheitskostenZustände validierte Nutzwerte gibt. Diese müssen deshalb oft- analysen auch Hinweise auf die künftige Entwicklung dieser mals in aufwendiger Weise erhoben werden. Da die Methodo- Kosten geben zu können. Die Güte solcher Analysen hängt weitlogie der Nutzwertanalyse relativ jüngeren Datums ist, gibt es gehend von der nationalen Datenlage ab, wozu eine enge Zuauch noch wenig Konsens über das beste Verfahren der Ermitt- sammenarbeit von Epidemiologen, Gesundheitsbehörden und lung von Nutzwerten, zumal die bisherigen Methoden teilweise medizinischen Institutionen von größter Bedeutung ist. diskrepante Ergebnisse liefern. Sind die Kosten-Nutzwert-Ergebnisse ermittelt, lassen sich sog. Ligatabellen erstellen. Diese 1.1.5
Tabelle 1.1-2. Beispiel von Nutzwerten
Praktische Aspekte der ökonomischen Evaluationsforschung
Retrospektive versus prospektive Studien
Gesundheitszustand
Nutzwerte
Gesund Postmenopausales Syndrom Milde Angina pectoris Schweres postphlebitisches Syndrom Herzinsuffizienz NYHA II Status nach Nierentransplantation Status nach Schlaganfall Herzinsuffizienz NYHA III und IV Schwere Angina pectoris Blindheit Herzinsuffizienz NYHA IV, hospitalisiert Intrakranielle Blutung Tod
1,00 0,99 0,99 0,98 0,90 0,84 0,79 0,70 0,50 0,39 0,30 0,29 0,00
In der Vergangenheit wurden vor allem retrospektive Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen auf der Grundlage vorhandener klinischer Daten und meistens im Anschluss, quasi als weitergehende Untersuchung, durchgeführt. Der Vorteil retrospektiver Untersuchungen ist der relativ geringe Zeit- und Kostenbedarf sowie die Möglichkeit der Nutzung der Neutralität und Nachprüfbarkeit sekundärstatistischer Daten. Als Nachteil gilt, dass nicht untersuchungsspezifische Datenquellen bereinigt werden müssen und fehlende bzw. nicht untersuchungsgerechte Angaben durch Annahmen und Schätzungen ergänzt werden müssen. Aus diesen Gründen empfiehlt es sich, wo immer möglich, einen prospektiven Studienansatz zu wählen, vorzugsweise in Verbindung mit
1.1 Gesundheitsökonomie
7
einer klinischen Prüfung. Der Vorteil des prospektiven Ansatzes ist, dass weitgehend auf Schätzungen, Annahmen und Hypothesen verzichtet werden kann, dass höchste Qualitätsstandards zur Anwendung kommen und die Glaubwürdigkeit und Akzeptanz der Ergebnisse letztendlich höher zu beurteilen sind. Im Falle der Lebensqualität kann diese nur prospektiv ermittelt werden. Als wesentlichster Nachteil gilt der relativ hohe Kostenaufwand sowie der relativ hohe Zeitbedarf. Vorteilhaft ist auch die Verbindung klinischer Therapiestudien mit ökonomischen Fragestellungen.
Werden die oben beschriebenen Schritte gründlich und systematisch durchgeführt, sollte dies in der Regel zu einer klaren Aussage hinsichtlich der Ökonomie einer bestimmten Therapie oder Intervention führen. Wie bei klinischen Prüfungen besteht allerdings auch bei ökonomischen Untersuchungen die Gefahr von Verzerrungen (Bias). Einen wesentlichen Beitrag im Hinblick auf die Vermeidung eines Publikations-Bias bietet eine klare Abmachung vor Beginn der Untersuchung mit dem potentiellen Auftraggeber bezüglich der beabsichtigten Publikationsstrategie.
Schritte zur Durchführung einer ökonomischen Evaluation
Beurteilung der Qualität ökonomischer Evaluationsstudien
Schritte zur Durchführung ökonomischer Evaluationen 1. Definition des Problems und Zielsetzung 2. Analyse des Indikationsgebietes 3. Auswahl des Vergleichs 4. Festlegung des Studieninhaltes 5. Festlegung des Studiendesigns 6. Erhebung von Kosten und Nutzen 7. Evaluation von Kosten und Nutzen 8. Sensitivitätsanalyse
Im ersten Schritt wird das Problem definiert sowie die Zielsetzung der Untersuchung festgehalten. Wie bei einer klinischen Prüfung muss die konkrete Fragestellung klar festgelegt und eine Hypothese formuliert werden. Anschließend wird das Indikationsgebiet untersucht, wobei es hier vor allem um Aspekte des Krankheitsbildes im engeren Sinne sowie des Krankheitsmanagements geht. Im dritten Schritt wird die Vergleichstherapie festgelegt. Hierbei ist entscheidend, dass ein adäquater Vergleich zugezogen wird, der nicht nur klinisch sinnvoll, sondern auch aus gesundheitsökonomischen bzw. -politischen Aspekten relevant ist. Nachdem die Studieninhalte sowie das Studiendesign (retrospektiv vs. prospektiv, kontrolliert vs. offen) definiert sind, werden die Kosten und Nutzen im Rahmen der Untersuchung erhoben. Hierbei ist wichtig, dass die betreffenden Ressourcen in Mengeneinheiten (Anzahl, Zeit, Mengen) und nicht in monetären Einheiten erhoben werden. Der nächste Schritt beschäftigt sich dann mit der Bewertung dieser Mengeneinheiten, indem die betreffenden Mengen mit dem Preis pro Einheit multipliziert werden. Die Wahl der verwendeten Preise hängt im großem Maße von der Perspektive der Untersuchung ab; aus der Sicht des Leistungsträgers sollten Erstattungspreise, aus der Sicht von Leistungserbringern Vollkosten eingesetzt werden. Dies wird in der angelsächsischen Literatur deutlich, wo zwischen „costs“ und „charges“ sprachlich und inhaltlich unterschieden wird. Nachdem die Ergebnisse erhoben wurden, folgt eine Sensitivitätsanalyse, in der die Schlüsselparameter verändert werden und deren Einfluss auf das Ergebnis untersucht wird. In der Regel sollten diejenigen Schlüsselparameter variabilisiert werden, die mit der größten Unsicherheit behaftet sind oder deren Erhebung nur indirekt möglich war.
Die wichtigste Anforderung an Untersuchungen im Bereich der empirischen Sozialforschung sowie der Gesundheitsökonomie ist ein hoher Qualitätsstandard. Leider wurden bislang allzu viele Untersuchungen durchgeführt und publiziert, die einem hohen Qualitätsanspruch nicht genügten. Dass Studien niedriger Qualität immer wieder publiziert wurden, erstaunt keinesfalls, zumal nicht immer ein rigider „peer review“ durchgeführt wird. Um die Qualität ökonomischer Studien zu erhöhen, ist es empfehlenswert, sich an publizierten Guidelines zu orientieren. In Deutschland sind dies die Empfehlungen aus Hannover. Häufige methodische Fehler sind zu vermeiden. Diese sind: ein ungeeigneter Vergleich von Therapien, unzulässige Annahmen, die Verwendung von mangelhaften klinischen Grunddaten mit unklaren Endpunkten, eine zu starre Kostenorientierung statt Nutzen- und/oder Effektivitätsorientierung, Unzulänglichkeiten der zugrunde liegenden klinischen Daten, eine falsch gewählte Evaluationsform, eine ungenügende Berücksichtigung des Standpunktes (Perspektive) der Evaluation, eine Unausgewogenheit bezüglich konservativen und optimistischen Annahmen, ein gesundheitspolitisch schlechtes Timing sowie unzulängliche Kostenerhebungen und Kostenschätzungen. Gesundheitsökonomische Forschungsergebnisse in der wissenschaftlichen Literatur
Da die Qualität der vorhandenen Literatur unterschiedlich ist, muss zukünftig versucht werden, diese zu verbessern. Ein hohe Qualität sollte aus folgenden Gründen angestrebt werden: Erstens sind publizierte ökonomische Untersuchungen die Grundlage für explizite Vorschläge zur Ressourcenallokation. Es ist geradezu unethisch, Ressourcen auf der Grundlage einer unzureichenden Studienqualität zuzuteilen. Zweitens stellen schlechte Untersuchungen eine Verschwendung von Forschungsmitteln dar, die vielleicht auf einem anderen Gebiet besser hätten eingesetzt werden können.
1
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1 Prinzipien der Therapie
Drittens verhindern schlechte Studien die Entwicklung und
entwickelt und in einem Reformstudiengang implementiert. Im Mittelpunkt steht die Optimierung der individuellen Patientenversorgung und der Erwerb einer Methode der effektiven individuellen Fortbildung. Entscheidend hierfür ist die Fähigkeit, releUm die Arbeit der Gutachter zu erleichtern, hat das British Medi- vante Information in der Fachliteratur zu finden, sie kritisch zu cal Journal kürzlich entsprechende Guidelines und Checklisten bewerten („critical appraisal“) und auf den individuellen Fall publiziert, die in der deutschen Übersetzung im Anhang IV des anzuwenden. EBM ist eine auf die Praxis ausgerichtete VorgeLehrbuches von Szucs zu finden sind. hensweise, die ein didaktisches Konzept in mehreren konkreten Schritten beinhaltet. In der letzten Zeit hat der Begriff EBM eine Weiterführende Literatur Ausweitung seiner ursprünglichen Bedeutung erfahren, die sich Gold MR, Siegel JE, Russell LB, Weinstein MC (1996) Cost-effectiveness in inzwischen auf die unterschiedlichsten Bereiche des Gesundhealth and medicine. Oxford University Press, New York heitswesens erstreckt und als gemeinsamen Nenner die wissenHaddix A, Teutsch SM, Schaffer A, Duñet DO (2003) Prevention effectiveness. A guide to decision analysis and economic evaluation, 2nd edn. Oxford schaftliche Begründbarkeit des Handelns hat. Diese Tendenz hat University Press, New York auch dazu geführt, dass der Begriff „evidenzbasierte Medizin“ McDowell I, Newell C (1996) Measuring health: a guide to rating scales and eine inflationäre Verwendung gefunden hat und z. T. schlicht questionnaires, 2nd edn. Oxford University Press, New York Schöffski O, Schulenburg JM Graf von der (Hrsg) (2000) Gesundheits- falsch oder zumindest missverständlich gebraucht und missökonomische Evaluationen. Springer, Berlin Heidelberg New York braucht wird. Generalisierbarkeit der ökonomischen Forschungsaktivitäten, die in der Zukunft dringend benötigt werden.
Tokyo Sloan FA (ed) (1998) Valuing health care. Costs, benefits, and effectiveness of pharmaceuticals and other medical technologies. Cambridge/Melbourne, pp 207–232 Szucs T (1997) Medizinische Ökonomie. Eine Einführung. Urban & Vogel, München Weinstein MC, Stason WB (1977) Foundations of cost-effectiveness analysis for health and medical practices. N Engl J Med 296: 716–721 Wennberg JE (1990) Outcomes research, cost containment, and the fear of health care rationing. N Engl J Med 323: 1202–1204
1.2
Evidenzbasierte Medizin Daniel Galandi, Gerd Antes und Dirk Bassler
Die Pharmakotherapie nimmt innerhalb der Medizin einen Bereich ein, der sich für eine Prüfung mit Hilfe klinischer Studien besonders anbietet. Aus diesem Grund existiert eine große Anzahl von Daten, die die wissenschaftliche Grundlage einer rationalen Pharmakotherapie bilden. Mit der zunehmenden Menge an Information wird aber der Transfer zwischen Generierung wissenschaftlicher Daten und klinischer Anwendung erschwert. Ziel dieses Kapitels ist die Vermittlung einer Methode, die das Auffinden und die Bewertung wissenschaftlicher Information erleichtern soll. Im ersten Teil des Kapitels wird das Konzept der evidenzbasierten Medizin (EBM) unter allgemeinen Gesichtspunkten und im zweiten Teil anhand eines konkreten Beispiels aus dem pharmakotherapeutischen Bereich vorgestellt. 1.2.1
Hintergrund
EBM ist eine die Methoden der klinischen Epidemiologie einbeziehende Medizin und legt bei der ärztlichen Entscheidungsfindung neben der persönlichen Erfahrung großen Wert auf die Ergebnisse kontrollierter klinischer Studien. EBM wurde als Denkrichtung zu Beginn der 1980er-Jahre von einer Gruppe Mediziner an der McMaster-Universität in Hamilton/Kanada
1.2.2
Konzept der evidenzbasierten Medizin
Formulierung der Ausgangsfrage
Der erste Schritt im Konzept der EBM schafft die Voraussetzung für eine gezielte Informationssuche und -bewertung. Inhalt dieses ersten Schrittes ist die Umwandlung eines klinischen Problems in eine beantwortbare Frage, eine Forderung, die auf den ersten Blick trivial erscheint. Bei genauerem Hinsehen stellt man aber oft fest, dass die exakte Beschreibung einer konkreten, häufig komplexen klinischen Situation mit Hilfe einer einzelnen Fragestellung einiger Übung bedarf. Um die Formulierung der Suchfrage zu erleichtern, empfiehlt es sich, den Aufbau der Frage an den folgenden vier Kategorien auszurichten: 1. Beschreibung des Patienten, inkl. seiner relevanten Charakteristika, 2. Darstellung der vorgesehenen medizinischen Intervention, 3. Darstellung der Alternativen für die vorgesehene Behandlung, 4. Auflistung der patientenrelevanten Zielgrößen, an denen der Behandlungserfolg gemessen werden soll. Informationssuche
Inhalt des zweiten Schrittes ist die Suche nach der für die Beantwortung der Frage erforderlichen Information. Die Suche nach zuverlässiger Information ist in den letzten Jahren schwieriger und komplexer geworden und sollte den gesellschaftlichen Entwicklungen hin zu einem elektronischen Informationszeitalter mit den Möglichkeiten, Herausforderungen und Gefahren einer weltweiten Computervernetzung Rechnung tragen. Für eine strukturierte Informationsbeschaffung kommen im Wesentlichen drei Wege in Frage: 1. Rückgriff auf Primärliteratur (z. B. mit Hilfe elektronischer Datenbanken wie Medline, Embase, CancerLit u. a.), 2. Rückgriff auf Sekundärliteratur (z. B. mit Hilfe der Zeitschrift „ACP Journal Club“),
1.2 Evidenzbasierte Medizin
3. Rückgriff auf Zusammenfassungen von klinischen Studien (systematische Übersichtsarbeiten, z. B. mit Hilfe der Cochrane Library). Der Rückgriff auf die klinische Originalliteratur stellt den klassischen EBM-Ansatz dar. Dadurch werden Umwege im Informationsfluss vermieden. Diese Tatsache ist vor dem Hintergrund der schnellen Alterung des medizinischen Wissens von großer Bedeutung. Wenn der direkte Zugriff auf die Ergebnisse klinischer Forschung genutzt wird, kann die Zeitspanne zwischen dem Nachweis der Wirksamkeit einer Intervention und ihrer Integration in die Patientenversorgung erheblich verkürzt werden. Unabdingbare Voraussetzung für den Rückgriff auf Originalliteratur ist jedoch der schnelle Zugang zu Informationsmedien und Grundkenntnisse in deren Anwendung. An erster Stelle stehen hier sicherlich die elektronischen Datenbanken wie Medline, Embase und die Cochrane Library. Aus der oben formulierten Ausgangsfrage lassen sich die Schlüsselbegriffe für die elektronische Literatursuche ableiten. Im praktischen Umgang mit verschiedenen Datenbanken sind gewisse Grundregeln der Literatursuche zu beherrschen und zu beachten (wie beispielsweise das Kombinieren bzw. Ausschließen der eingegebenen Suchbegriffe mit „and“ oder „or“, die Suche nach Begriffen mit gleichem Wortstamm durch Maskierung oder auch die Limitierung auf bestimmte Publikationszeiträume, -typen oder Textabschnitte); diese Funktionen sind in den unterschiedlichen Datenbanken oft identisch oder zumindest sehr ähnlich anzuwenden. Für eine orientierende Literaturabfrage genügen dabei Grundkenntnisse, während für die Erstellung von systematischen Übersichtsarbeiten eine ausgefeilte und komplexe Literatursuche unumgänglich ist.
9
Tabelle 1.2-1. Hierarchie der Evidenz (Empfehlung der AHRQ, US Agency for Health Research and Quality) Grad
Evidenztyp
I-a
Evidenz aufgrund von Meta-Analysen randomisierter kontrollierter Studien in systematischen Übersichtsarbeiten
I-b
Evidenz aufgrund mindestens einer randomisierten kontrollierten Studie Evidenz aufgrund mindestens einer gut angelegten kontrollierten Studie ohne Randomisierung Evidenz aufgrund mindestens einer gut angelegten, quasi-experimentellen Studie
II-a II-b III
Evidenz aufgrund gut angelegter, nichtexperimenteller deskriptiver Studien (z. B. Fallkontrollstudien)
IV
Evidenz aufgrund von Berichten/Meinungen von Expertenkreisen, Konsensuskonferenzen und/oder klinischer Erfahrung anerkannter Autoritäten ohne transparenten Beleg
Basis muss die Erkenntnis auf transparente sowie nachvollziehbare Weise gewonnen worden sein, um dem Leser eine eigene kritische Bewertung zu gestatten. Aus der Forderung nach möglichst unverfälschter Wiedergabe von Sachverhalten resultiert eine hierarchische Einteilung der gefundenen Evidenz, deren Stufen auf der Suche nach verwertbaren Erkenntnissen von oben nach unten durchlaufen werden sollten (Tabelle 1.2-1). Die höchste Stufe der Evidenz bilden systematischen Übersichtsarbeiten, die auf der Basis randomisierter klinischer Studien erstellt wurden und eine quantitative Zusammenfassung der Studienergebnisse in Form von sog. Metaanalysen enthalten können. Die niedrigste Stufe stellen Expertenaussagen und Konsensuskonferenzen dar, sofern diese nicht systematisch auf der Grundlage valider wissenschaftlicher Daten entwickelt wurden. Auf der Basis dieser Einteilung in Evidenzgrade kann die Evidenzstärke einer Empfehlung abgeleitet werden. In AbhänKritische Bewertung der gefundenen Literatur gigkeit vom Ergebnis der Studie kann eine Intervention uneinDie bei der Literaturrecherche gefundene Information sollte als geschränkt oder mit Einschränkungen empfohlen bzw. auch Nächstes nach dem Gesichtspunkt geordnet werden, welche der abgelehnt werden. Von einigen Autoren sind Auflistungen der vorliegenden Informationen den Stand der Wissenschaft am Evidenzstärke publiziert worden, die v. a. im Rahmen von klinizuverlässigsten wiedergibt (Validitätsbeurteilung). Dabei muss schen Leitlinien die Beurteilung der (Therapie-)Empfehlung zwischen der Validitätsbeurteilung von unterschiedlichen Lite- und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Praxis raturtypen (systematische Übersichtsarbeit, klinische Studie, erleichtern. Tabelle 1.2-2 gibt eine Darstellung der Stärke der Konsensuskonferenzen etc.) sowie der Validitätsbeurteilung ein- Evidenz wieder, die auch den Empfehlungen in den klinischen zelner klinischer Studien unterschieden werden. Die Beurteilung Kapiteln dieses Buches zu Grunde gelegt wurde. der Validität erfolgt zudem in Abhängigkeit von der Fragestellung (Therapie, Diagnose, Prognose etc.) anhand unterschied- Tabelle 1.2-2. Einschätzung der Evidenzstärke als Grundlage für therapeutische Empfehlungen licher Kriterien. Da der Schwerpunkt dieses Buches auf theraA Starke Evidenz, die periodisch zu überprüfende Empfehpeutischen Fragestellungen liegt, steht die kritische Bewertung lungen zu unterstützen der Validität der Literatur über therapeutische Interventionen B Ausreichende Evidenz, die periodisch zu überprüfende hier im Vordergrund. Empfehlung zu unterstützen C
Validitätsbeurteilung unterschiedlicher Literaturtypen: Evidenzhierarchie Um systematische Verzerrun-
gen im Wissenstransfer zu vermeiden, müssen bestimmte Forderungen erfüllt sein: Aufbauend auf einer möglichst umfassenden, unverzerrten und neueste Ergebnisse berücksichtigenden
D E
Schwache Evidenz, die Empfehlung zu unterstützen und periodisch zu überprüfen; andere Gründe können jedoch für die Empfehlung sprechen Ausreichende Evidenz, die periodisch zu überprüfende Empfehlung abzulehnen Starke Evidenz, die periodisch zu überprüfende Empfehlung abzulehnen
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1
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1 Prinzipien der Therapie
Validitätsbeurteilung von Einzelstudien Existiert zu
einer Fragestellung keine systematische Übersichtsarbeit, so besteht der nächste Schritt in der Suche nach Berichten über Einzelstudien. Jeder Mediziner sollte in der Lage sein, die methodische Qualität von Studien zu beurteilen, weil sie die entscheidende Information über die Glaubwürdigkeit der medizinischen Ergebnisse liefert. Statistische Grundkenntnisse sind dabei unumgänglich. Die epidemiologische Forschung der letzten Zeit hat viel dazu beigetragen, die wesentlichen Determinanten der Qualitätsbewertung von Studien zu identifizieren und deren Einfluss auf die Studienergebnisse empirisch nachzuweisen. So haben im Falle der Therapiestudie z. B. die Randomisierung, die Geheimhaltung der Randomisierungssequenz („allocation concealment“), das Auswertungsverfahren im Sinn einer Intentionto-treat-Analyse [d. h. Patienten, die zufällig einer Behandlungsgruppe zugeordnet wurden, sollten in dieser Gruppe auch analysiert werden, unabhängig davon, ob sie tatsächlich die zugeordnete („intendierte“) Therapieform erhalten haben] einen entscheidenden Einfluss auf die Validität des Studienergebnisses. Für die endgültige Entscheidung, welche der vorliegenden Informationen man schließlich als Antwort auf die eingangs gestellte Frage gelten lässt, sollte man prinzipiell der Literatur mit der höchsten Evidenzstufe den Vorrang geben. Ob diese Information in der persönlichen ärztlichen Umgebung umsetzbar ist, muss weiter geprüft werden und ist Inhalt des vierten Schrittes in dem von David Sackett und Mitarbeitern entwickelten Konzept der evidenzbasierten Medizin. Anwendbarkeit der Information auf den konkreten Patienten
Der vierte Schritt ist ausschlaggebend für den Einsatz eines Verfahrens in Zusammenhang mit einem konkreten Patienten. Die unter Studienbedingungen erzielten Ergebnisse müssen auf ihre Anwendbarkeit in der individuellen Situation des Patienten geprüft werden, um das Nutzen-Schaden-Verhältnis einer Therapieempfehlung einschätzen zu können. Hierbei gilt es zu beachten, dass unter Studienbedingungen erzielte Ergebnisse meistens die Ergebnisse einer „idealen“ Umgebung widerspiegeln: Der Patient wird vom medizinischen Personal optimal betreut und seine Bereitschaft zur Kooperation ist außerordentlich groß. Im Alltag unter Normalbedingungen müssen Abstriche gemacht werden und dementsprechend ist das Ergebnis einer Studie zu relativieren. Entscheidend für den Erfolg einer medizinischen Maßnahme beim konkreten Patienten ist die Übereinstimmung der Wirkung/Nebenwirkung mit den Vorstellungen des Patienten. So wird z. B. ein jüngerer Hypertoniepatient eine schlechtere Compliance bei der Einnahme eines Betablockers zeigen, wenn er erfährt, dass das Medikament für ihn inakzeptable Auswirkungen auf sein Sexualleben hat. Die Entscheidung über den Einsatz bzw. den Verzicht eines bestimmten Medikaments muss in enger Zusammenarbeit mit dem Patienten erfolgen und stellt eine wesentliche Herausforderung dar. Für den Fall, dass der Patient eine medizinische Maßnahme samt ihrer
Konsequenzen nicht akzeptieren kann oder will, mag sie noch so valide sein, dem Wohl dieses konkreten Patienten dient sie nicht. 1.2.3
Evidenzbasierte Medizin in der Praxis: Ein Beispiel
In Ihre internistische Praxis kommt eine 76-jährige Patientin, die Sie schon seit vielen Jahren wegen einer milden arteriellen Hypertonie und eines mit oralen Antidiabetika eingestellten Diabetes mellitus betreuen. Die Patientin berichtet, sie sei vor drei Wochen im Bad nachts ausgerutscht und habe sich den Oberschenkelhals des rechten Beines gebrochen. Ihr Ehemann habe den Rettungsdienst gerufen und sie sei noch am nächsten Morgen operiert worden. Gestern sei sie dann wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden. Aus dem Entlassbericht geht hervor, dass sie mit einer zementierten Totalendoprothese versorgt worden ist und dass sowohl Operation als auch postoperativer Verlauf unkompliziert waren. Die Patientin berichtet, dass es ihr inzwischen wieder recht gut gehe, das Gehen mache ihr aber nach wie vor Beschwerden. Sie messen den Blutdruck der Patientin, kontrollieren Blutzucker und HbA1c-Wert und entlassen sie mit dem Rat, auch das operierte Bein möglichst regelmäßig zu bewegen, um der Entstehung einer Thrombose vorzubeugen. Eine zusätzliche Thromboseprophylaxe mit subkutanem Heparin lehnt die Patientin ab, da sie sich nicht in der Lage sieht, die Spritzen selbst zu applizieren oder jeden Tag in Ihrer Praxis zu erscheinen. Sie denken über Alternativen nach und stellen sich die Frage, inwiefern die Gabe von Aspirin eine wirksame Thromboseprophylaxe darstellt. Sie beschließen, die Datenlage zu sichten, bevor Sie Ihrer Patientin eine entsprechende Medikation empfehlen, auch weil dieses Problem nicht zum ersten Mal in Ihrer Praxis vorkommt. Nachmittags haben Sie etwas Zeit und fassen zunächst das Problem noch einmal in der folgenden Frage zusammen: Reduziert die Gabe von Aspirin (im Vergleich zu keiner Medikation) bei einer ca. 75-jährigen Patientin mit erhöhtem Thromboserisiko nach Hüftoperation ohne wesentliche sonstige Vorerkrankungen das Risiko einer Lungenembolie mit möglicherweise fatalen Folgen? In einem zweiten Schritt führen Sie eine Medline-Recherche (z. B. im Internet unter http://www.ncbi. nlm.nih.gov:80/entrez) mit den Suchbegriffen „pulmonary embolism“, „prevention“, „aspirin“ und „randomised controlled trial“ durch. Als Suchergebnis werden Ihnen sechs Artikel angegeben, von denen einer mit dem Titel „Prevention of pulmonary embolism and deep vein thrombosis with low dose aspirin: Pulmonary Embolism Prevention (PEP) trial“ gemäß den Informationen in Titel und Abstract Ihre Frage beantworten kann. Sie besorgen sich die Volltextversion des Artikels und bewerten im nächsten Schritt die Validität (Glaubwürdigkeit) der Studie anhand der in folgender Übersicht dargestellten Punkte.
1.1 Gesundheitsökonomie
11
Das Grundrisiko wird um 58% reduziert, was der relativen Risikoreduktion (RRR) entspricht. Die RRR allein ermöglicht keine umfassende Beurteilung der Relevanz des Therapieeffekts, da die absolute Größe des um 58% reduzierten Risikos nicht enthalten ist. Die absolute Risikoreduktion (ARR) ermöglicht an dieser Stelle eine exaktere Beurteilung des Therapieeffekts. Die ARR entspricht der Differenz der Risiken (eine tödliche Lungenembolie zu erleiden) zwischen der Therapiegruppe und der Kontrollgruppe und beträgt im vorliegenden Beispiel 0,6–0,3=0,3%. Hier wird deutlich, dass durch die Therapie mit Aspirin allenfalls ein kleiner Vorteil erreicht werden kann. Eine Maßzahl, die es erleichtert, die klinische Relevanz des Therapieeffekts zu beurteilen, ist die „number needed to treat“ (NNT). Mit diesem Wert wird beschrieben, wie viele Patienten im Mittel mit der untersuchten Therapie behandelt werden müssen, damit ein Behandlungserfolg (Verhinderung einer tödlichen Lungenembolie) erreicht wird. Die NNT errechnet sich aus dem Es handelt sich um eine Studie mit zufälliger Zuteilung der Kehrwert der ARR und beträgt in diesem Beispiel 1/0,003=333. Patienten zur Behandlung mit Aspirin oder Plazebo (randomi- Mit anderen Worten: Es müssen 333 Patienten mit Aspirin besierte Studie). In die Analyse sind die Daten aller eingeschlos- handelt werden, um eine tödliche Lungenembolie zu verhindern senen Patienten in der ursprünglich zugeteilten Gruppe ein- (bezogen auf den Beobachtungszeitraum von 35 Tagen nach geflossen („intention to treat analysis“); darüber hinaus waren der Operation in der Studie). Die vorgestellten statistischen Parasowohl Patienten als auch das Studienpersonal im Bezug auf meter sind in Tabelle 1.2-3 noch einmal zusammengefasst. die angewandte Therapie verblindet (doppelblinde Studie). Die Die klinische Relevanz der Therapie erscheint einerseits Patientengruppen waren im Bezug auf wesentliche Kriterien fraglich, wenn 333 Patienten behandelt werden müssen, um ein vergleichbar, auch die begleitenden Behandlungen sind doku- negatives Ereignis zu verhindern. Andererseits handelt es sich bei mentiert und auf beide Therapiegruppen ähnlich verteilt. Insge- den verhinderten Ereignissen um tödlich verlaufende Lungensamt erscheint die Studie auf einem methodisch hohen Niveau embolien und die untersuchte Therapie stellt eine insgesamt durchgeführt und die Ergebnisse daher verlässlich. nebenwirkungsarme und preiswerte Behandlung dar, sodass die Im Bezug auf die Ergebnisse der Studie werden zu den Verordnung von Aspirin an die eingangs geschilderte Patientin untersuchten Zielkriterien folgende Aussagen gemacht: Bei Pa- durchaus in Betracht gezogen werden sollte. Hier beginnt der tienten nach Hüftoperation wurde das Risiko einer symptoma- vierte Schritt der EBM, der die Beurteilung der Studienergebnisse tischen Venenthrombose in der Studie durch Aspirin um 29% im Licht des eigenen Patienten beinhaltet. An dieser Stelle soll(95% KI 3–48) bzw. von 1,5% auf 1% reduziert. Das Risiko einer te abgeschätzt werden, ob der jeweilige Patient in das StudienLungenembolie wurde um 43% (18–60) bzw. von 1,2% auf kollektiv hineinpasst, ob der eigene Patient von der diskutierten 0,7% und das Risiko einer Lungenembolie mit tödlichem Aus- Therapie besonders profitiert oder aber überdurchschnittlich gang sogar um 58% (27–76) bzw. von 0,6% auf 0,3% gesenkt. unter den Nebenwirkungen leiden wird (z. B. würde eine positive Diese Ergebnisse sind alle statistisch signifikant. Inwiefern Magenulkusanamnese bei der Patientin den Sinn einer prophysie auch klinisch relevant sind, muss hiervon getrennt beurteilt laktischen Aspiringabe in Frage stellen). Auch Nebenwirkungen werden. Diese Beurteilung soll hier exemplarisch an dem zuletzt der Therapie sind in der bewerteten Studie detailliert geschildert dargestellten Zielkriterium, dem Risiko einer tödlichen Lungen- worden und ihre Verteilung auf die beiden Patientengruppen embolie verdeutlicht werden. wwiegt die Vorteile der Therapie nicht auf (auf eine genaue BeBewertung einer Therapiestudie I Sind die Ergebnisse der Therapiestudie valide? • Wurden die Patienten den Therapiegruppen randomisiert, d. h. zufällig zugeteilt? • Wurden alle Patienten, die in die Studie eingeschlossen wurden, bei der Auswertung berücksichtigt? • Wurden die Patienten in der Gruppe ausgewertet, der sie am Anfang der Studie zugeteilt worden waren? • Wurde die Studie doppelblind durchgeführt? Das heißt, waren weder Patienten noch das behandelnde Klinikpersonal über die jeweilige Therapie informiert? • War die Behandlung der Patienten abgesehen von der untersuchten Therapie gleich? II Was sind die Ergebnisse der Therapiestudie? • Wie groß ist der Effekt der Therapie? • Wie präzise sind die Ergebnisse? III Helfen mir die Ergebnisse bei der Versorgung meiner Patienten? • Können die Ergebnisse auf meinen Patienten angewendet werden? • Werden alle klinisch relevanten Zielkriterien beachtet? • Rechtfertigt der zu erwartende Therapieerfolg die Nebenwirkungen und Kosten der Therapie?
Relative Risikoreduktion (RRR) Absolute Risikoreduktion (ARR) Number needed to treat (NNT)
(CER – EER)/CER (0,006–0,003)=0,003=0,5 (=50%)a CER – EER (0,006–0,003)=0,003 (=0,3%) 1/ARR 1/0,003=333
CER Control Event Rate, entspricht dem Risiko, unter Therapie derr Kontrollgruppe Ko das unerwünschte Ereignis zu erleiden (entspricht in der Beispielstudie dem Risiko, unter nter Plazebo eine tödliche Lungenembolie zu erleiden und beträgt 0,6% bzw. 0,006); EER Experimental ntal Event Rate, entspricht dem Risiko, unter Therapie der Interventionsgruppe das unerwünschte Ereignis eign zu erleiden (entspricht in der Beispielstudie dem Risiko, unter Aspirin eine tödliche Lungenembolie boli zu erleiden und beträgt 0,3% bzw. 0,003). a Anmerkung: In der Originalpublikation wird eine RRR von 58% angegeben, ange die Differenz beruht auf der vorher vorgenommenen Rundung von CER und EER.
T be l llee 1.2-3. Tab aab abe 1.2 3.. Wesentliche statistische Parameter zur Bewertung der Ergebnisse einer Therapiestudie
1
1
12
1 Prinzipien der Therapie
schreibung muss hier aus Platzgründen verzichtet werden). Die prophylaktische Gabe von Aspirin, zumindest bis die Patientin wieder ohne weitere Beschwerden gehen und das betroffene Bein bewegen kann, scheint eine sinnvolle Maßnahme zu sein und sollte mit der Patientin besprochen werden. 1.2.4
Möglichkeiten und Grenzen der evidenzbasierten Medizin
Alle Möglichkeiten, die durch EBM eröffnet werden, sollen über die Grenzen nicht hinwegtäuschen. Die technischen Voraussetzungen für einen schnellen Rückgriff auf externe Informationen sind ebenso wenig überall vorhanden wie das methodische Wissen, das zur sicheren Beurteilung einer Publikation notwendig ist. In diesen Bereichen ist aber mit einer deutlichen Verbesserung zu rechnen. Darüber hinaus sind viele Fragestellungen in der Medizin nicht durch aussagekräftige klinische Untersuchungen erforscht. Ein großer Teil dieser Fragen kann, z. B. aus ethischen Gründen, nicht im Rahmen kontrollierter Studien untersucht werden. Hier wird auch in Zukunft die klinische Erfahrung die maßgebliche Entscheidungsgrundlage sein. Wo immer es möglich ist, sollte jedoch diese persönliche klinische Erfahrung ergänzt werden durch externe Evidenz, um dem Patienten eine hochwertige Versorgung zu ermöglichen.
„Das haben wir doch schon immer gemacht!“ und „Dafür ist im klinischen Alltag nicht ausreichend Zeit!“ waren zwei so oder ähnlich geäußerte Kritikpunkte, die in der Anfangsphase der EBM immer wieder geäußert wurden. Was unterscheidet nun die EBM von der bisherigen Praxis und wie lässt sich dieses Konzept unter dem im Alltag der Patientenversorgung herrschenden Zeitdruck realisieren und wo liegen die Grenzen der EBM? Der beschriebene strukturierte, systematische Rückgriff auf Weiterführende Informationen, Kontakte Ergebnisse aus der klinischen Forschung soll den Wissenstrans- Deutsches Netzwerk evidenzbasierte Medizin e. V.: http://www.ebm-netzwerk.de fer aus der Forschung in die Praxis beschleunigen und sicherstellen, dass die Patientenversorgung analog dem aktuellen Deutsches Cochrane-Zentrum: Wissensstand erfolgt. Das war in der Vergangenheit nicht immer http://www.cochrane.de der Fall, wie in einigen Fällen gezeigt werden konnte. So lagen Horten-Zentrum für praxisorientierte Medizin z. B. die Studienergebnisse, die zur Einführung der Steroidgabe und Wissenstransfer: http://www.evimed.ch zur Induktion der Lungenreifung bei drohender Frühgeburtlichkeit geführt haben, schon mehrere Jahre vor, bevor die Zusammenfassung der Studien letztendlich zur Etablierung dieser Literatur US Agency for Health Care Research and Quality (1992) Acute pain wirksamen Therapie geführt hat. Zusätzlich stellt die rasant AHRQ,management: operative or medical procedures and trauma. Clin Pract wachsende Menge des medizinischen Wissens in Kombination Guidel 1: 100–107 mit immer schnelleren elektronischen Informationssystemen Antes G, Bassler D (2000) Evidence-based medicine, Forschungstransfer und die Rolle der medizinischen Journale. Dtsch Med Wochenschr 125: eine Herausforderung für die medizinische Ausbildung und die 1119–1121 Patientenversorgung dar. Es erfordert einen strukturierten An- Antes G, Bassler D, Galandi D (1999) Systematische Übersichtsarbeiten. Ihre satz, um die Verbesserung der Wissensbasis, die durch diese Rolle in einer Evidenz-basierten Gesundheitsversorgung. Dtsch Ärztebl 96(10): A-616–A-622 Entwicklungen erreicht wird, auch in eine verbesserte PatientenAntmann EM, Lau J, Kupelnick B, Mosteller F, Chalmers TC (1992) A versorgung münden zu lassen. comparison of results of meta-analyses of randomized control trials and Dabei ist es sicher nicht erstrebenswert, jede einzelne Frage, recommendations of clinical experts. JAMA 268(2): 240–248 die sich im Klinikalltag stellt, mittels einer Medline-Recherche Bero LA, Drummond R (1995) The Cochrane Collaboration. JAMA 274(24): 1935–1938 und einer umfassenden Literaturbewertung zu beantworten. Crowley P, Chalmers I, Keirse MJNC (1990) The effects of corticosteroid Aber die relevanten und regelmäßig wiederkehrenden Probleme administration before preterm delivery: An overview of the evidence from in der Patientenversorgung sollten zunehmend auf der Basis der controlled trials. Br J Obstet Gynaecol 97(1): 11–25 Davidoff F, Haynes RB, Sackett DL, Smith R (1995) Evidence-based medicine: besten externen Evidenz diskutiert werden. a new journal to help doctors identify the information they need. BMJ Es wird immer deutlicher, dass ohne methodisch hochwer310: 1085–1086 tige, regelmäßig aktualisierte Zusammenfassungen medizini- Gray MJA (1997) Evidence-based healthcare. How to make health policy and management decisions. Churchill Livingstone, Edinburgh London scher Publikationen ein Rückgriff auf die externe Evidenz und damit auf EBM nur partiell funktioniert. Die Cochrane Colla- Guyatt GH, Sackett DL, Cook DJ (1993) Users’ guides to the medical literature. II. How to use an article about therapy or prevention. A. Are the results boration, ein internationales Wissenschaftlernetzwerk, hat sich of the study valid? Evidence-Based Medicine Working Group. JAMA daher zum Ziel gesetzt, systematische Übersichtsarbeiten zu the270(21): 2598–2601 rapeutischen Fragestellungen in der Medizin auf der Basis ran- Guyatt GH, Sackett DL, Cook DJ (1994) Users’ guides to the medical literature. II. How to use an article about therapy or prevention. B. What were the domisierter klinischer Studien zu erstellen, zu aktualisieren und results and will they help me in caring for my patients? Evidence-Based zu verbreiten. Diese Übersichtsarbeiten, die in der elektroniMedicine Working Group. JAMA 271(1): 59–63 schen Datenbank „Cochrane Library“ publiziert werden, stellen Jadad AR (1999) Bias in randomized controlled trials. BMJ Publishing Group, London einen hilfreichen, schnell zugänglichen Informationspool für Jadad AR, Moore RA, Carroll D, Jenkinson C, Reynolds DJM, Gavaghan DJ, klinische Entscheidungen dar (weitere Informationen unter McQuay HJ (1996) Assessing the quality of reports of randomized clinical trials: Is blinding necessary? Control Clin Trials 17: 1–12 http://www.cochrane.de).
1.3 Pharmakokinetik Kunz R, Ollenschläger G, Raspe H, Jonitz G, Kolkmann FW (2000) Lehrbuch Evidenz-basierte Medizin in Klinik und Praxis. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln Olkin I (1995) Statistical and theoretical considerations in meta-analysis. J Clin Epidemiol 48(1): 133–146 Pulmonary Embolism Prevention (PEP) Trial Collaborative Group (2000) Prevention of pulmonary embolism and deep vein thrombosis with low dose aspirin: Pulmonary Embolism Prevention (PEP) trial. Lancet 355: 1295–1302 Sackett DL, Richardson WS, Rosenberg WMC, Haynes RB (1997) Evidencebased medicine. How to practice and teach EBM. Churchill Livingstone, Edinburgh London [dt. Ausgabe: Kunz R, Fritsche L (1999) Evidenzbasierte Medizin. Zuckschwerdt, München] Schulz KF, Chalmers I, Hayes RJ, Altman DG (1995) Empirical evidence of bias. JAMA 273(5): 408–412 Woolf SH (1992) Practice guidelines: a new reality in medicine. II: Methods of developing guidelines. Arch Int Med 152: 946–952
1.3
Pharmakogenetik Christian Meisel und Ivar Roots
1.3.1
Einleitung
Die klinische Arzneitherapie wird durch die Tatsache erschwert, dass Patienten auf dieselbe Dosis desselben Medikaments sehr unterschiedlich reagieren. Es finden sich Unterschiede in der Wirksamkeit der Substanzen sowie in Spektrum und Schweregrad von unerwünschten Arzneimittelwirkungen, deren Ursachen inzwischen zunehmend verstanden werden. Üblicherweise werden für die Dosierung von Arzneimitteln leicht erfassbare Charakteristika des Patienten wie Körpergewicht, Nierenfunktion oder Begleiterkrankungen berücksichtigt. Für einige Arzneimittel existieren auch Vorschriften für die Dosisanpassung bei exogenen Einflüssen wie Rauchen, chronischem Alkoholabusus oder bei spezifischer Komedikation. Das Ziel der Pharmakogenetik ist es, über diese bekannten Größen hinaus den Einfluss genetischer Faktoren auf Arzneimittelwirkung und Nebenwirkung zu untersuchen, um damit eine echte patientenindividualisierte Arzneitherapie zu ermöglichen. 1.3.2
Kurzer geschichtlicher Abriss
In den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts gelang es erstmals mit der Entdeckung des Glukose-6-Phosphatdehydrogenasemangels, eine Arzneimittelnebenwirkung, nämlich die seltene, schwere hämolytische Anämie unter medikamentöser Therapie der Malaria mit Chloroquin oder Primaquin, auf die Defizienz eines spezifischen Enzyms zurückzuführen. Im selben Jahrzehnt wurden Varianten der Butyrylcholinesterase (Plasma-Pseudocholinesterase, verantwortlich für die ebenfalls seltene protrahierte Muskelrelaxation nach Gabe von Succinylcholin) sowie der Arylamin-N-Acetyltransferase (NAT2, azetyliert u. a. Isoniazid, Dihydralazin, Procainamid) als Ursachen für unerwünschte Arzneimittelwirkungen identifiziert. Für die Entwicklung der
13
Pharmakogenetik wesentlich war die Beschreibung mehrerer enzymatischer Defekte als Ursache für ausgeprägte Arzneimittelnebenwirkungen, so 1964 der Phenytoin-Hydroxylierungsdefekt, 1977 der Debrisoquin-Hydroxylierungs-/Spartein-N-Oxidierungsdefekt und 1984 der S-Mephenytoin-Hydroxylierungsdefekt. Erst nach der Entwicklung der „polymerase chain reaction“ (PCR) und neuer, auf dieser Technologie basierender molekular-genetischer Analysemethoden gelang es, Varianten von Isoenzymen des Cytochrom-P-450-Systems (CYP2C9, CYP2C19 und CYP2D6) als die genetischen Ursachen der oben beschriebenen Defekte zu charakterisieren. 1.3.3
Determinanten individuell unterschiedlicher Arzneimittelwirkung
Die Wirkstärke von Arzneimitteln und das Auftreten von Nebenwirkungen hängen in der Regel von der Plasmakonzentration des Arzneimittels und von den pharmakodynamischen Wirkungen ab, die diese Konzentration an seiner Zielstruktur (Rezeptoren, Ionenkanäle, Gerinnungsfaktoren und andere) hervorruft. In Tabelle 1.3-1 findet sich eine Übersicht über mögliche Determinanten der Arzneimittelwirkung. 1.3.4
Hereditäre Variabilität der Pharmakokinetik
Die Plasmakonzentration eines systemisch wirksamen Arzneimittels wird von pharmakokinetischen Faktoren bestimmt, die häufig unter dem Begriff „ADME“ (Absorption, Distribution, Metabolismus und Elimination; s. Lehrbücher der Klinischen Pharmakologie) zusammengefasst werden. Die Faktoren werden von der physiologischen Ausstattung des Patienten (wie z. B. Größe und Gewicht), von möglichen Auswirkungen von Begleiterkrankungen (z. B. Einschränkungen der Nierenfunktion) und auch von Umweltfaktoren (z. B. Raucherstatus, gleichzeitig eingenommene Medikamente und Ernährung) beeinflusst. In den letzten Jahren ist jedoch deutlich geworden, dass über diese bekannten Faktoren hinaus ein wesentlicher Anteil der interindividuellen pharmakokinetischen Variabilität einzelner Arzneistoffe auf die genetische Ausstattung des Patienten hinsichtlich arzneistoffmetabolisierender Enzyme und Arzneistofftransporter zurückgeführt werden muss. 1.3.5
Arzneistoffmetabolismus
Die chemischen Reaktionen des Arzneimittelstoffwechsels können in zwei Phasen eingeteilt werden, die jeweils für sich allein oder sequentiell ablaufen. Zu den Phase-I-Reaktionen werden Funktionalisierungsreaktionen wie Oxidationen, Reduktionen oder Hydrolysen am Substrat gezählt, während durch Phase-IIEnzyme Konjugationsreaktionen als Voraussetzung für die weitere Elimination katalysiert werden. Durch Reaktionen dieser
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14
1 Prinzipien der Therapie Einflussfaktor
Beispiel
Bedeutung für die Therapie mit
Patient
Physiologie Pathophysiologie
Gewicht Nierenfunktion
Umwelt
Komedikation Nahrung
CYP3A4-Inhibitoren Vitamin-K-reiche Nahrung Zigarettenrauch
Anästhetika Aminoglykosid-Antibiotika Cyclosporin A Phenprocoumon
Genetik
Schadstoffe Pharmakokinetik Arzneistoffmetabolisierende Enzyme Arzneistofftransporter Pharmakodynamik Rezeptoren und Zielstrukturen Signaltransduktion Zellzykluskontrolle Immunologische Reaktionen
T be l llee 1.3-1. 1.3 1.. Determinanten aab abe Tab individuell unterschiedlicher Arzneimittelwirkung
Theophyllin
CYP2D6
Amitriptylin
P-Glykoprotein
Digoxin
β2-Adrenozeptor
Salbutamol
G-Protein-β3-Untereinheit p16 (?) FcgammaRIIa
Noradrenalin (?) Zytostatika (?) Heparin
(?) Noch nicht sicher belegt.
Phase I
Bedeutung für
Phase II
Bedeutung für
CYP2A6
Nikotin, Halothan
Arylamin-N-acetyltransferase 2 (NAT2)
CYP2C9, CYP2C19, CYP2D6
Siehe Tabelle 1.3-3
UDP-Glukuronosyltransferase 1A1
Isoniazid, Hydralazin, Sulfonamide, Procainamid, Dapson Irinotecan
Flavinabhängige Monooxygenase 3
Perazin, Sulindac, Albendazol
Glutathion-S-transferasen Phototoxizitätsreak(GST M1, T1, P1, Z1) tion (?), Epirubicin (GST P1) Catechol-O-methyltrans- Estrogene, L-Dopa, ferase α-Methyldopa Thiol-S-methyltransferase Captopril, D-Penicillamin Thiopurin-S-methylAzathioprin, transferase 6-Mercaptopurin Sulfotransferasen (SULT Steroide, Estrogene, 1A1, SULT 1A2) Paracetamol
Alkoholdehydrogenase Ethanol Epoxidhydrolasen Butyrylcholinesterase Dihydropyrimidindehydrogenase
Carbamazepin, Phenytoin Succinylcholin 5-Fluorouracil
T be l llee 1.3 Tab aab abe 1.3-2. 2.. Auswahl polymorpher arzneistoffmetabolisierender Enzyme
(?) Noch nicht sicher belegt.
fremdstoffmetabolisierenden Enzyme kann eine Inaktivierung des Arzneimittels oder – wie im Fall von Prodrugs – auch die Aktivierung zur Wirkform des Substrats bewirkt werden. Die Tabelle 1.3-2 zeigt ausgewählte Beispiele von arzneistoffmetabolisierenden Enzymen mit funktionell bedeutsamen genetischen Polymorphismen. In Tabelle 1.3-3 sind typische Substrate für Cytochrom-P450-(CYP-) Enzyme aufgeführt. Am Beispiel des CYP2D6 soll die klinische Bedeutung von Polymorphismen bei arzneimittelmetabolisierenden Enzymen verdeutlicht werden. CYP2D6 ist am Metabolismus von etwa 25% der in Deutschland gebräuchlichen Arzneimittel beteiligt, darunter viele psychotrope und kardiovaskulär wirksame Substanzen (s. Tabelle 1.3-3). Etwa 8% der kaukasischen Bevölkerung sind aufgrund hereditärer Varianten dieses Gens nicht in der Lage, funktionell aktives CYP2D6-Enzym zu bilden, und entwickeln daher unter der üb-
lichen Dosierung des Antidepressivums Nortriptylin bis zu 15fach höhere Plasmakonzentrationen als Patienten, die Wildtyp-Allele exprimieren (Abb. 1.3-1). Im Gegensatz zu den für dieses Enzym defizienten Patienten, die wegen hoher Substanzkonzentrationen durch verstärkte Nebenwirkungen gefährdet sind, erzeugen übliche Arzneimitteldosen, die über CYP2D6 verstoffwechselt werden, bei etwa 1,5% der kaukasischen Bevölkerung aufgrund sehr geringer Plasmaspiegel keine oder nur eine sehr geringe Wirkung. Der Grund hierfür ist eine Duplikation des CYP2D6-Gens, die zu einer Expression von mehr als zwei funktionell aktiven Allelen führt. Diese Patienten benötigen zum Erreichen wirksamer Plasmakonzentrationen wesentlich höhere Dosen als die üblicherweise gegebenen. Ist die genetische Ausstattung des Patienten bekannt, kann daher für viele Arzneimittel eine dem individuellen Genotyp angepasste Dosisempfehlung gegeben werden.
1.3 Pharmakokinetik Tabelle 1.3-3. Cytochrom-P450-enzymspezifischer Arzneistoffmetabolismus Enzym
Auswahl typischer Substrate
CYP1A2
Paracetamol; Amiodaron; Mexiletin; Coffein, Theophyllin; Clozapin, Fluvoxamin, Imipramin Halothan, Nikotin, Cotinin, Disulfiram, Coumarin Bupropion, Cyclophosphamid, Efavirenz, Ifosamid, Propofol Paclitaxel, Cerivastatin, Pioglitazon, Rosiglitazon
CYP2A6 CYP2B6 CYP2C8 CYP2C9
CYP2C19
CYP2D6
CYP2E1 CYP3A4
Losartan, Torasemid; Fluoxetin, Amitriptylin; Phenytoin; Tolbutamid, Glimepirid; Ibuprofen Naproxen, Piroxicam, Indometacin, Celecoxib Imipramin, Citalopram, Moclobemid, Diazepam; Phenobarbital, Hexobarbital; Proguanil; Propranolol; Omeprazol, Lansoprazol, Pantoprazol Ajmalin, N-Propylajmalin, Flecainid, Mexiletin, Propafenon; Amitriptylin, Clomipramin, Desipramin, Imipramin, Trimipramin, Nortriptylin, Maprotilin; Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin, Trazodon, Venlafaxin; Tropisetron, Tropisetron; Tamoxifen; Urapidil; Alprenolol, Carvedilol, Metoprolol, Propranolol, Timolol; Haloperidol, Perphenazin, Perazin, Risperidon, Thioridazin; Codein, Dihydrocodein, Dextromethorphan, Oxycodon, Ethylmorphin, Tramadol; Amphetamin, Metamphetamin, MDMA „Ecstasy“, Dexfenluramin Paracetamol; Chlorzoxazon, Enfluran, Isofluran Halothan; Alkohol, Theophyllin Carbamazepin, Ethosuximid; Alprazolam, Diazepam, Midazolam, Triazolam; Rifampicin, Rifambutin, Erythromycin, Clarithromycin; Ketokonazol, Itraconazol; Astemizol, Terfenadin. Verapamil, Diltiazem, Felodipin, Nifedipin, Nisoldipin, Amlodipin, Nitrendipin, Nimodipin; Atorvastatin, Cerivastatin, Lovastatin, Simvastatin. Cortisol, Ethinylestradiol, Cyclosporin A, Rapamycin; Indinavir, Ritonavir, Saquinavir, Nelfinavir; Fentanyl, Alfentanil, Chinidin, Cisaprid, Cocain, Ergotamin, Finasterid, Lidocain, Methadon, Sildenafil, Tamoxifen, Zolpidem
Polymorphismen können auch für die Auswahl von Arzneimitteln bedeutsam sein, wie das Beispiel des Codeins als Analgetikum zeigt. Codein wird von CYP2D6 zu etwa 10% zum analgetisch wirksamen Morphin O-demethyliert. Bei Patienten, die CYP2D6-defizient sind, kann Codein nicht zu seinem aktiven Wirkprinzip aktiviert werden und ist daher als Analgetikum für diese Patientengruppe ungeeignet. Neben den genetischen Faktoren kennen wir Arzneimittel, die durch Enzyminhibition oder Enzyminduktion die Aktivität von spezifischen CYP-Enzymen beeinflussen. In Tabelle 1.3-4 sind einige Arzneimittel sowie weitere Umwelteinflüsse und deren Wirkung auf wesentliche CYP-Enzyme zusammengefasst. Bei Patienten, die durch eine genetische Variante kein funktionelles Enzym exprimieren, ist dieser Effekt allerdings nicht zu erwarten. Klinisch relevante Beispiele können aus Tabelle 1.3-4 zusammen mit der Information aus Tabelle 1.3-3 abgelesen werden. Man erkennt beispielsweise, dass bei der Gabe des Imidazol-Antimykotikums Ketoconazol, einem Inhibitor von CYP3A4, Konzentrationskontrollen und Dosisanpassungen bei gleichzeitiger Therapie u. a. mit Cyclosporin oder Carbamazepin nötig sind. 1.3.6
Arzneistofftransport
Für die Wirksamkeit von Arzneimitteln sind neben der Aktivität von metabolisierenden Enzymen Transportvorgänge von wesentlicher Bedeutung. Im Gegensatz zur früher vorherrschenden Vorstellung einer rein passiven, von physikochemischen Eigenschaften des Substrats determinierten Absorption ist heute evident, dass die Bioverfügbarkeit von oral verabreichten Arzneimitteln durch aktive Transportvorgänge beeinflusst wird, die von Transportproteinen katalysiert werden. Diese Transportproteine
Prozent der durchschnittlichen Nortriptylin-Dosis 250 200 150 100 50 0 CYPP2D6 PM
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A b b. 11.3 3 11.. Ko n nz ze p t ddee r ggee n no oAb 1.3-1. nze noty p paaddap i er u ung ung. ngg dapt ap pt iie ier er te n D Dosie oosie osier sie Vier Patienten mit unterschiedlichem CYP2D6-Phänotyp (PM M Langsam-Metabolisierer [poor metaboliser], IM M Intermediär-aktiver Metabolisierer, EM M Schnell-Metabolisierer [extensive metaboliser], UM Ultraschnell-Metabolisierer) und zugrunde liegender Genotyp (Schema). Eine identische Dosierung für alle 4 Patienten würde zu sehr unterschiedlichen Konzentrations-Zeit-Kurven (schwarz gestrichelte Linien) und damit zu sehr unterschiedlichen Wirkungen (keine Wirkung bei UM, Gefahr von starken und langdauernden Nebenwirkungen bei PM) führen. Erst die an den CYP2D6-Genotyp adaptierte Dosierung (Säulen = prozentuale Dosisanpassung für jeweiligen Genotyp) führt zu den für alle Patienten angestrebten vergleichbaren Konzentrationsverläufen (durchgezogene Linien).
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1 Prinzipien der Therapie
Tabelle 1.3-4. Umwelteinflüsse und genetische Faktoren beeinflussen n die di Aktivität von Cytochrom-P-450-Enzymen Enzym
Inhibitoren
Induktoren
Anteil an langsamen Metabolisierern (PM)
CYP1A2
Amiodaron, Fluvoxamin, Ciprofloxacin, Furafyllin, Mibefradil, Ticlopidin
Methylcholanthren, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, Zigarettenrauch, Omeprazol
Bisher keine PM bekannt
CYP2A6
Coumarin, Ketokonazol
Rifampicin
1% reduzierte Aktivität
CYP2B6
Thiotepa
Phenobarbital, Rifampicin
2% reduzierte Aktivität
CYP2C9
Amiodaron, Fluconazol, Fluvastatin, Lovastatin, Sulfaphenazol Fluoxetin, Fluvoxamin, Lansoprazol, Omeprazol, Ticlopidin
–
1–3%
Rifampicin
3–5%
Amiodaron, Chinidin, Clomipramin, Cocain, Fluoxetin, Methadon, Mibefradil, Moclobemid, Paroxetin, Ritonavir
–
7–10%
Disulfiram Amiodaron, Ketokonazol, Itrakonazol, Indinavir, Ritonavir, Saquinavir, Delaviridin, Gestoden, Erythromycin, Clarithromycin, Fluorochinolone, Grapefruitsaft
Ethanol, Azeton, Isoniazid Pregnenolon-16α-Carbonitril, Rifampicin, Dexamethason, Phenytoin, Carbamazepin, Phenobarbital und andere Barbiturate, Clotrimazol, Johanniskraut, Troglitazon, Pioglitazon, Efavirenz, Nevirapin
CYP2C19 CYP2D6
CYP2E1 CYP3A4
1–3% ultraschnelle Metabolisierer Bisher keine PM bekannt Verschiedene seltene Mutationen
Die angegebenen Prozentzahlen beziehen sich auf die kaukasische Bevölkerung. Bev Für CYP2C9 sind PM nicht durch eine komplette Defizienz gekennzeichnet.
unterliegen einer hohen Variabilität ihrer Aktivität, die ähnlich wie die der arzneistoffmetabolisierende Enzyme sowohl durch Umwelteinflüsse als auch genetisch reguliert wird. Darüber „hinaus wird die Konzentration im Zielkompartiment (z. B. im ZNS) durch Transportvorgänge beeinflusst. Das bisher am besten untersuchte Transportprotein ist das MDR-1-Genprodukt, das so genannte P-Glykoprotein (PGP). Es ist in verschiedenen Organen wie Dünndarm, Leber, Niere sowie der Blut-HirnSchranke exprimiert, zeigt breite Substratspezifität und eine ausgeprägte interindividuelle Varianz seiner Aktivität. Abhängig von der genetischen Ausstattung mit PGP sowie der Begleitmedikation werden beispielsweise erhebliche Unterschiede der Bioverfügbarkeit von Digoxin gefunden. Zukünftig ist zu erwarten, dass vermehrt Polymorphismen in Transportproteinen als Ursache für ein Therapieversagen und unerwünschte Arzneimittelwirkungen beschrieben werden. 1.3.7
Variabilität der Arzneistoffzielmoleküle und der pharmakodynamischen Wirkung
Im Rahmen der Aufklärung pathophysiologischer Mechanismen von Erkrankungen wurden genetische Varianten in einer Reihe von Rezeptoren, Transportern, Ionenkanälen, Lipoproteinen, Gerinnungsfaktoren und weiteren Enzymen beschrieben und funktionell charakterisiert, die den Erkrankungsverlauf beeinflussen. Viele dieser polymorphen Strukturen sind gleichzeitig Zielstrukturen für Arzneimittel und beeinflussen die pharmakodynamische Wirkung dieser Medikamente. So ist die Wirksamkeit von β2-Sympathomimetika von Rezeptorvarianten des β2-adrenergen Rezeptors abhängig, die Wirkung
von ABT-761, eines für die Asthmatherapie vorgesehenen 5-Lipoxygenase-hemmers, von Varianten des ALOX5-Promoters, die Wirkung des in der Therapie der Demenz vom Alzheimer-Typ eingesetzten zentral wirksamen Cholinesterasehemmers Tacrin vom Genotyp des Apolipoprotein E und möglicherweise die Wirkung einiger Neuroleptika von Rezeptorvarianten des Dopaminsystems. Es lässt sich bereits in Ansätzen erkennen, dass aus dem zunehmenden Wissen in diesem Bereich und dem genaueren Verständnis der Pathophysiologie von Erkrankungen eine weitere Verfeinerung der Auswahl des für den einzelnen Patienten passenden Arzneimittels resultieren wird. 1.3.8
Klinische Anwendung der Pharmakogenetik
Wie einleitend dargestellt, hat sich die Pharmakogenetik historisch aus der Untersuchung von schweren, seltenen Arzneimittelnebenwirkungen entwickelt. Auch heute noch wird in der klinischen Routine von pharmakogenetischem Wissen in erster Linie retrospektiv, also erst nach dem Eintritt von Nebenwirkungen oder dem Ausbleiben der erwünschten Arzneimittelwirkung, Gebrauch gemacht. Da für viele Arzneistoffe bewiesen ist, dass ihre Konzentrationen und Wirkungen von polymorphen Enzymen abhängig sind und für viele Enzyme mit der Untersuchung der genetischen Ausstattung hinreichend genau der metabolische Phänotyp vorhergesagt werden kann, ergibt sich jedoch heute bei Kenntnis der genetischen Ausstattung des einzelnen Patienten die Möglichkeit, die Dosis einzelner Medikamente von vornherein individuell anzupassen. Durch diesen prospektiven Einsatz pharmakogenetischer Methoden vor der Gabe der ersten Arzneimitteldosis können somit im Einzelfall Therapieversagen und vermeidbare Nebenwirkungen verhindert werden.
1.3 Pharmakokinetik
1
17
Tabelle 1.3-5. Vorläufige Vorschläge für genotypbasierte Dosierung ausgewählter ausg Arzneimittel (nach Brockmöller et al. 2000) Arzneimittel
Untersuchte Dosis [mg]
Typische Dosis [mg]
Prozentuale Anpassung der Dosis im Vergleich zur vom Hersteller empfohlenen Standarddosis [%] CYP2D6 PM
Propafenon Amitriptylin Tropisetron Phenytoin Haloperidol Zuclopenthixol Nortriptylin Metoprolol Codein
400–700 50–150 10 100–300 4–15 6–20 25–150 20–200 60–100
450 150 10 300 25 150 100 60
Omeprazol Glipizid
20–40 10
40 100
40 50a 30 – 80 8 a 60a 50a 30a Nicht als Analgetikum empfohlen – –
CYP2C9 „PM“ IM
EM
CYP2C19 PM IM
EM
– – (150) – – – 230 – niedrige Dosen
– – – 50a – – – – –
– – – 80a – – – – –
– – – 110a – – – – –
– 50a – – – – – – –
– (80a) – – – – – – –
– 110a – – – – – – –
– –
– 20
– (70)
– 120
20a –
50a –
110a –
IM
EM
UM
(80) (90)a (80) – 90a 80a 90a 60a –
130 120a 130 – 110a 120a 120a 140a –
– –
– –
PM M Langsam-Metabolisierer; IM M Intermediär-aktiver Metabolisiererr; EM M Schnell-Metabolisierer; UM M Ultraschneller Metabolisierer; „PM“ Für CYP2C9 sind bisher keine vollständig defizienten Langsam-Metabolisierer tabo bekannt. a Bei Dauerdosierung. Die nicht markierten Werte sind aus Studien mit Einmaldosierung entnommen. Die in Klammern gesetzten Werte wurden durch Extrapolation gewonnen. Cave: Die hier vorgestellten Dosierungsempfehlungen sind vorläufig ig und u beruhen auf Berechnungen auf der Basis von klinischen Studie mit im Einzelfall kleiner Fallzahl.
Ähnlich wie die Dosierung von Gentamycin für niereninsuffiziente Patienten seit langem mit Hilfe von entsprechenden Tabellen der Nierenfunktion angepasst wird, liegen erste Vorschläge für entsprechende genotypbasierte Dosierungstabellen vor (Tabelle 1.3-5). Für die Tabelle 1.3-5 wurden publizierte Daten aus klinischen Studien herangezogen, in denen die pharmakokinetischen Daten (z. B. „area under curve“, AUC) von Arzneimitteln bei verschiedenen für den Arzneimittelmetabolismus wichtigen Genotypen ermittelt wurden. Die vom Hersteller empfohlene Standarddosierung eines Arzneimittels ist das Resultat von großen Untersuchungen an einer hinsichtlich der arzneimittelmetabolisierenden Enzyme gemischten Population. Aus der bekannten Genotypverteilung in der Population und den AUC-Differenzen zwischen den Genotypen lässt sich für jeden Genotyp die prozentuale Anpassung (Erniedrigung oder Erhöhung) der Dosis errechnen, die zu einer vergleichbaren AUC und damit vergleichbaren Wirkung führen sollte. Die hier gezeigten Dosierungsempfehlungen müssen noch im Rahmen prospektiver klinischer Studien geprüft werden und sind deshalb nicht als endgültig zu betrachten. Da die Entwicklung von Substanzen, die von polymorphen Enzymen metabolisiert werden, oftmals von der Arzneimittelindustrie in einem frühen Stadium gestoppt wird, dürfte die Zahl der Arzneistoffe, für die die geschilderten, an polymorphe arzneimittelmetabolisierende Enzyme adaptierten Dosisanpassungen notwendig sind, in Zukunft nur langsam wachsen. 1.3.9
Ausblick
Durch die zunehmend molekulargenetische Einteilung von phänotypisch gleichartigen Erkrankungen und die damit er-
möglichte differentielle Therapie sowie durch wachsende Erkenntnisse über die Konsequenzen polymorpher Zielmoleküle dürfte sich in naher Zukunft neben der Dosierung auch die Auswahl von Arzneistoffen vermehrt an der genetischen Ausstattung des einzelnen Patienten orientieren. Es ist insgesamt zu erwarten, dass diese patientenindividualisierte Therapie durch eine geringere Nebenwirkungsrate und effizientere Behandlung trotz der zusätzlichen Kosten für die genetische Testung insgesamt zu einer Kosteneinsparung beiträgt. Dies muss jedoch, analog zu den Konzepten der „evidence-based medicine“, in prospektiven Studien belegt werden.
Literatur Brockmöller J, Kirchheiner J, Meisel C, Roots I (2000) Pharmacogenetic diagnostics of cytochrome P450 polymorphisms in clinical drug development and in drug treatment. Pharmacogenomics 1: 125–151 Evans WE, Relling MV (1999) Pharmacogenomics: translating functional genomics into rational therapeutics. Science 286: 487–491 Hoffmeyer S, Burk O, von Richter O et al. (2000) Functional polymorphisms of the human multidrug-resistance gene: multiple sequence variations and correlation of one allele with P-glycoprotein expression and activity in vivo. Proc Natl Acad Sci USA 97: 3473–3478 Kirchheiner J, Nickchen K, Bauer M, Wong ML, Licinio J, Roots I, Brockmöller J (2004) Pharmacogenetics of antidepressants and antipsychotics: the contribution of allelic variations to the phenotype of drug response. Mol Psychiatry 9: 442–473 Liggett SB (2001) Pharmacogenetic applications of the Human Genome project. Nat Medicine 7: 281–283 McLeod HL, Evans WE (2001) Pharmacogenomics: unlocking the human genome for better drug therapy. Annu Rev Pharmacol Toxicol 41: 101–121 Meisel C, Gerloff T, Kirchheiner J, Mrozikiewicz PM, Niewinski P, Brockmöller J, Roots I (2003) Implications of pharmacogenetics for individualising drug treatment and for study design. J Mol Med 81: 154–167 Roses AD (2000) Pharmacogenetics and the practice of medicine. Nature 405: 857–865
1
18
1.4
1 Prinzipien der Therapie
Pharmakodynamik
1.4.3
Thomas W. Schnider
Einleitung
Pharmakodynamik beschreibt, was das Medikament „mit dem Körper macht“. Der zeitliche Verlauf der Plasmakonzentration nach Medikamentengabe wird durch die Pharmakokinetik beschrieben. Pharmakodynamik ist die Beschreibung des Mechanismus der Medikamentenwirkung sowie die Beschreibung der Beziehung zwischen der Konzentration und der Wirkung. Bei Ersterem werden die physikochemischen Eigenschaften der Medikamente und die Rezeptorbindungseigenschaften beschrieben. Obwohl es allgemeine Prinzipien gibt, sind diese Eigenschaften spezifisch für eine Stoffklasse bzw. für das Medikament. Die Beziehung zwischen Konzentration und Wirkung wird mit mathematischen und statistischen Modellen beschrieben. Die Modelle werden aufgrund von beobachteter Konzentration und Wirkung gebildet und sie erlauben unter anderem die Voraussage der Wirkung auch von alternativen Dosierungsschemata sowie den Vergleich mit anderen Medikamenten. Im Folgenden soll auf diese modellbasierte Beschreibung der Beziehung zwischen messbarer Plasma- oder Blutkonzentration eines Medikaments und messbarer Wirkung eingegangen werden. 1.4.2
Beziehung zwischen Dosis und Wirkung
Eine klassische Art, die Medikamentenwirkung zu untersuchen, ist das Beobachten der Wirkung nach Verabreichen einer Einzeldosis. Dabei wird auf eine Beschreibung der Beziehung zwischen der Dosis und dem zeitlichen Verlauf der Konzentration verzichtet. Obwohl diese Art der Untersuchung klinisch relevant ist, fehlt wichtige Information für die Interpretation der Resultate. Beispielsweise kann ein Medikament für eine Gruppe von Patienten als unwirksam beurteilt werden, weil bei üblicher Dosierung nur eine ungenügende Wirkung beobachtet wird. Wäre die Konzentration in die Beschreibung der Medikamentenwirkung einbezogen worden, wäre ersichtlich, dass bei diesen Patienten das Medikament sehr schlecht resorbiert wird und lediglich ungenügende Blutkonzentrationen erreicht werden. Konzentrationsmessungen sind teuer und erfordern eine Blutentnahme. Schon deshalb ist es nicht möglich, während aller Untersuchungen der Wirkung eines neuen Medikamentes die Konzentration zu messen. Bei der Interpretation der Resultate muss immer in Betracht gezogen werden, dass pharmakokinetische Einflüsse nicht von den pharmakodynamischen unterschieden werden können.
Es ist offensichtlich, dass die Medikamentenwirkung quantifiziert werden muss. Die Wirkung ist bei einigen Medikamenten klar messbar. Zum Beispiel kann die Wirkung eines Betablockers durch Messen der Herzfrequenz und des Blutdruckes relativ einfach bestimmt werden. Schon wesentlich schwieriger wird es, wenn die Beziehung zwischen der Konzentration eines Schlafmedikamentes und seiner Wirkung gemessen werden soll. Es kann zwar bestimmt werden, ob jemand bei einer bestimmten Konzentration schläft. Das heißt, man erfasst die binäre Information „schlafend“ bzw. „wach“. Es ist jedoch nicht möglich, die „Schlaftiefe“ direkt zu messen. Um trotzdem die Beziehung zwischen der Wirkung dieser Medikamente und der Konzentration zu quantifizieren, müssen deshalb oft biologische Signale, die nicht der eigentlichen Wirkung entsprechen, verwendet werden. Für die Untersuchung der Wirkung der Schlafmittel eignet sich das Elektroenzephalogramm. Modell für binäre Daten
Wenn die Wirkung als binäre Antwort gemessen wird, kann die Beziehung zwischen der Medikamentenkonzentration und der Wirkung folgendermaßen dargestellt werden: P(C) =
Cy EC50y + Cy
(1)
In dieser Formel bedeutet P(C) die Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort bei einer Konzentration C eintrifft, EC50 die Konzentration, bei der die Antwort in 50% der Fälle beobachtet wird. Der Parameter γ beschreibt die Steigung der Kurve. In Abb. 1.4-1 ist dargestellt, wie dieser Parameter den Kurvenverlauf beeinflusst. Die Bestimmung der Parameter erfolgt mittels logistischer Regression. Abbildung 1.4-2 zeigt eine Konzentrations-Wahr-
1,0 EmaxB 4,0 Wirkung
1.4.1
Modelle für die Beschreibung der Wirkung
1,0 0,5
0,5 E0B
0,0
EC50
EC50B Konzentration
Abb. 1.4-1. Die drei dünnen Linien zeigen Konzentrations-Wirkungs-Kurven eines Emax-Modells, die sich durch den Steigungsfaktor „g“ unterscheiden. Die Potenz, ausgedrückt durch die EC50, ist für alle drei Kurven dieselbe. Die dicke Kurvee zeigt, dass die Ausgangswirkung (E0) beim Emax-Modell auch verschieden von Null sein kann. Die Potenz ist mit EC50B, die Wirkung bei Konzentration Null als E0B und die maximale Wirkung als EmaxB bezeichnet
1,0
1.4.4
19
Eckdaten der Dosis-Wirkungs- bzw. der Konzentrations-Wirkungs-Kurven, Interpretation der Parameter
Potenz
0,5
0,0 0
2
4 6 Konzentration
8
10
Abb. 1.4-2. Konzentrations-Wahrscheinlichkeits-Kurve eines fiktiven Medikamentes mit einer EC50 von 4,72 und einem Steigungsfaktor „g“ von 6,63. Die kurzen Strichee am oberen Rand der Abbildung symbolisieren eine positive Antwort, die Striche unten eine negative Antwort
scheinlichkeitskurve für ein fiktives Medikament mit einer Steigung γ von 6,63 und einer EC50 von 4,7. Modell für kontinuierliche Daten
Die sättigbare Konzentrations-Wirkungs-Beziehung eines Medikamentes wird am besten mit dem so genannten Emax-Modell beschrieben. Die Kurve, die diese Beziehung beschreibt, nähert sich mit steigender Konzentration asymptotisch einer maximalen Wirkung. Dieses Modell wird auch Hill-Modell genannt und sieht ähnlich aus wie das Modell für die Beschreibung der Beziehung zwischen Konzentration und binärer Wirkung. Das Emax-Modell kann auch angewendet werden, wenn der Ausgangseffekt ungleich von Null ist. In Abb. 1.4-1 stellt die dicke Linie ein solches Medikament mit einem Ausgangseffekt von E0 dar. Dieses Modell wird durch die folgende Formel dargestellt: y 50
y e
(
y e
(EC C+ C
E(C) = E0 + (Emax) − E0)
(2)
E(C) steht für den Effekt oder die Wirkung, die mit der Konzentration C erreicht wird. Emax ist der maximal erreichbare und E0 ist der gemessene Effekt, bevor ein Medikament gegeben wird. EC50 ist diejenige Konzentration, bei der 50% des maximal möglichen Effektes erreicht wird. γ beeinflusst die Steigung der Kurve wie beim obigen Modell für binäre Daten. Wenn die Konzentration eines Medikamentes zum Beispiel wegen Nebenwirkungen nicht bis zum maximal möglichen Effekt gesteigert werden kann, eignet sich das Emax-Modell nicht zur Beschreibung der Konzentrations-Wirkungs-Beziehung. Auch die erwünschte Wirkung des Medikamentes kann unter Umständen bei sehr hohen Dosen vital gefährlich werden, wie dies zum Beispiel bei einem sehr stark wirksamen Betablocker der Fall sein kann. Wenn in diesen Fällen die Beziehung linear „aussieht“, soll auch ein lineares Modell die Beziehung beschreiben. Das lineare Model hat die folgende Formel: E(C) = S × CC, wobei „S““ Steigung bedeutet. Das lineare und das Emax-Modell können auch kombiniert werden.
Die Potenz eines Medikamentes kann durch seine Lage auf der Konzentrationsachse der Konzentrations-Wirkungs-Kurve ermittelt werden und ist ein Maß für die Wirksamkeit des Medikamentes in Bezug auf die Konzentration. In Abb. 1.4-3 stellen die gestrichelten Kurven die Beziehungen für drei Medikamente mit verschiedener Potenz dar (Medikament A, B, C). Für praktische sowie klinische Belange ist die Potenz eines Medikamentes belanglos, solange auf eine vernünftige Art genügend Medikament zugeführt werden kann, um die wirksame Konzentration zu erreichen. Die Potenz ist umgekehrt proportional zu der benötigten Menge eines Medikamentes bzw. umgekehrt proportional zu der Konzentration, die nötig ist, um eine definierte Wirkung zu erzielen. Die Potenz von Medikamenten, deren Wirkung mit einem Emax-Modell beschrieben werden kann, wird mit der Konzentration, die 50% der maximalen Wirkung erzielt (EC50), beschrieben. Ein Vergleich zweier Substanzen beruht also auf einem Vergleich der 50%-Aktivität. Für Medikamente mit linearer Konzentrations-WirkungsBeziehung kann keine Potenz im Sinne einer EC50 definiert werden. Wenn die Linien zweier Medikamente aber parallel verlaufen, kann für den Vergleich das Verhältnis zwischen Konzentration und Wirkung, das in diesem Fall konstant ist, für den Vergleich verwendet werden. Wenn zwei Medikamente sich in der maximalen Wirksamkeit (s. unten) oder dem Steigungsparameter unterscheiden, dann ist das Verhältnis zwischen Konzentration und Wirkung je nach Wirkniveau verschieden. Äquipotenz bedeutet, dass zwei Medikamente gleich fähig sind, eine pharmakologische Wirkung von bestimmter Intensität zu erzeugen. Die Menge an Medikament bzw. die Konzentra1,0
Wirkung
Wahrscheinlichkeit einer Antwort
1.4 Pharmakodynamik
partieller Agonist
0,5
0,0 EC50A
EC50B EC50C EC50P Konzentration
Abb. 1.4-3. Die gestrichelten Linien stellen drei Medikamente A, B, C dar, die die gleiche „Efficacy“ (maximale Wirksamkeit), aber unterschiedliche Potenz aufweisen (EC50A, EC50B, EC50C). Die durchgezogene Liniee stellt einen partiellen Agonisten mit kleinerer maximaler Wirksamkeit und Potenz EC50P dar
1
20
1 Prinzipien der Therapie
tion, die benötigt wird, um diese Wirkung zu erzielen, ist dann ein Maß für die relative Potenz der Substanzen. Wenn nur mit einem von zwei Medikamenten eine Wirkung von bestimmter Intensität erreicht werden kann, ist eine äquipotente Dosierung des schwächeren Medikamentes logischerweise nahe der maximalen Wirkung des stärkeren Medikamentes nicht möglich. Oft wird die Potenz auch in Bezug auf die Dosis angegeben. Die Dosis-Wirkungs-Beziehung ist aber nicht nur durch die pharmakodynamischen Eigenschaften eines Medikamentes bestimmt, sondern auch durch das pharmakokinetische Verhalten. Die Potenz eines Medikamentes in Bezug auf die Dosis muss klar von der Potenz in Bezug auf die Konzentration des Medikamentes unterschieden werden. Die Potenz eines Medikamentes, ermittelt aus der Dosis-Wirkungs-Beziehung, kann je nach Applikationsart sehr verschieden sein. Wenn Medikamente verglichen werden, kann das aus einer Applikationsart (z. B. oral) ermittelte Potenzverhältnis keinesfalls auf eine andere Applikationsart (z. B. i.v.-Injektion) übertragen werden. Die erreichbare Konzentration am Wirkort kann je nach Applikationsart für zwei Medikamente sehr stark variieren. Deshalb ist es meist besser, wenn die Potenz aus der Konzentrations-Wirkungs-Beziehung ermittelt wird und die pharmakokinetischen Eigenschaften der Medikamente separat beschrieben werden. Maximale Wirksamkeit (Efficacy)
Die größte Wirkung, die mit einem Medikament erreicht werden kann, wird als maximale Wirksamkeit oder englisch als „Efficacy“ bezeichnet. Um die maximale Wirksamkeit eines Medikamentes zu untersuchen, muss die Konzentration gesteigert werden, bis eine weitere Steigerung keine Zunahme der Wirkung mehr zur Folge hat, das heißt Emax erreicht worden ist. Wird beispielsweise ein starker Schmerz entweder mit Morphin oder mit Aspirin behandelt, hat Morphin eine bessere analgetische Wirkung. Bezogen auf diesen Schmerz ist also die Efficacy von Morphin größer als die von Aspirin. Efficacy ist grundsätzlich dasselbe wie die intrinsische Aktivität einer Substanz („intrinsic activity“). Die intrinsische Aktivität bezieht sich aber auf Medikamente, die sich an die gleichen Rezeptoren binden. Solche Medikamente können in Agonisten, partielle Agonisten und Antagonisten eingeteilt werden. Dabei ist die Affinität des Medikamentes zum Rezeptor bestimmend für die Potenz. Wenn die Affinität hoch ist, verschiebt sich die Konzentrations-Wirkungs-Kurve nach links. Abbildung 1.4-3 zeigt die Konzentrations-Wirkungs-Kurven für drei reine Agonisten und einen partiellen Antagonisten. Die Agonisten unterscheiden sich nur durch die Potenz und weisen dieselbe intrinsische Aktivität auf. Ein partieller Agonist bindet sich auch an den Rezeptor, seine maximale Wirkung ist aber kleiner als diejenige der Agonisten, d.h., die maximale Wirksamkeit ist kleiner. Im Gegensatz dazu vermindert ein kompetitiver Antagonist nur die Potenz der Substanz, die maximale Wirksamkeit kann aber durch Erhöhen der Konzentration trotzdem erreicht werden.
Steigung
Wenn die Steigung der Konzentrations-Wirkungs-Kurve eines Individuums sehr steil ist, bedeutet dies, dass es nur einer sehr kleinen Konzentrationsänderung bedarf, um von einer geringen Wirkung zu einer sehr ausgeprägten Wirkung zu gelangen. Dies muss auch beim Vorliegen einer steilen KonzentrationsNebenwirkungs-Beziehung beachtet werden. Wenn bei geringen oder immer noch fehlenden Nebenwirkungen die Dosis eines Medikamentes deutlich gesteigert wird, um eine therapeutische Konzentration zu erreichen, können plötzlich im Verhältnis zur Hauptwirkung ausgeprägte Nebenwirkungen auftreten. Die Dosierung von Medikamenten mit flachen Kurven ist einfacher, da die Gefahr einer Überdosierung bei Dosissteigerung kleiner ist. Die Steigung der Kurve hat, je nachdem, ob sie aufgrund der Untersuchung von Daten eines Individuums oder einer Population hergeleitet ist, verschiedene Bedeutungen. In Abb. 1.4-4 sind die Konzentrations-Wirkungs-Kurven für vier verschiedene Individuen dargestellt. Die Kurven sind relativ steil und unterscheiden sich nur durch die Potenz. Die dicke Linie stellt die „mittlere“ Konzentrations-Wirkungs-Beziehung dieser vier Individuen dar. Diese Kurve ist deutlich flacher. Von dieser Kurve würden andere Dosierungsempfehlungen, vor allem in Bezug auf Dosissteigerungen, abgeleitet als von den individuellen Kurven. Wenn die Parameter der Kurven durch simultane Analyse aller Konzentrations-Wirkungs-Daten aller Individuen (sog. „naiv gepoolt“) berechnet werden, die Daten also behandelt werden, als kämen sie von einem einzigen Individuum, dann ist der Steigungsfaktor in erster Linie ein Maß für die Variabilität der Potenz des Medikamentes. Es gibt Analysemethoden, die auch bei wenigen Messungen pro Untersuchung die interindividuelle Variabilität sowohl der Potenz als auch der Steigung ermitteln können.
1,0
Wirkung
1
0,5
0,0 Konzentration Abb. 1.4-4. Die dünnen Linien stellen steile Konzentrations-Wirkungs-Kurven mit verschiedenen EC50 von fünf Individuen dar. Die dicke Kurvee stellt die „durchschnittliche“ Beziehung zwischen der Konzentration und der Wirkung dar. Diese Kurve wurde durch Zusammenfassen der Daten der einzelnen Individuen ermittelt. Die Variabilität der individuellen EC50 macht die Kurve zu flach. Diese Kurve ist nicht repräsentativ für die tatsächliche „durchschnittliche“ Kurve
1.4 Pharmakodynamik
Bei der bisherigen Betrachtung der Beziehung zwischen der Konzentration und der Wirkung sind wir davon ausgegangen, dass diese eineindeutig ist. Das bedeutet, eine bestimmte Konzentration führt immer zu derselben Wirkung. Abbildung 1.4-5 zeigt die Konzentrations-Wirkungs-Kurve für den Blutdruck während und nach einer kurzen Infusion von Koffein. In dieser auf der Publikation von Shi et al. basierten Simulation erkennt man, dass bei steigender Konzentration die KonzentrationsWirkungs-Beziehung eine andere ist als bei abfallender Konzentration. Dies bedeutet, dass während der Infusion trotz ansteigender Konzentration die Wirkung nicht mehr ansteigt, sondern sogar abnimmt. Die Schlaufe, die die KonzentrationsWirkungs-Beziehung dargestellt wird, verläuft im Uhrzeigersinn und bedeutet akute Toleranz oder synonym Gewöhnung. Diese kann auf verschiede Arten entstehen, z. B. durch „down regulation“ der Rezeptoren, durch Erschöpfen der Reserven der biologisch aktiven Substanz oder durch das Auftreten eines hemmenden Metaboliten. Wenn Gewöhnung in Bezug auf die Dosis festgestellt wird, kann nicht unterschieden werden, ob diese Abnahme durch eine pharmakokinetische oder eine pharmakodynamische Adaptation verursacht wird. Pharmakokinetische Ursachen, wie zum Beispiel verminderte Resorption oder beschleunigte Elimination durch Enzyminduktion, können zu tieferen Konzentrationen führen. Wirkortkonzept
Abbildung 1.4-6 zeigt analog zur Abb. 1.4-5 die Beziehung zwischen der Konzentration und der Wirkung für das Opiat Fentanyl während und nach einer kurzen Infusion. Die Konzentrations-Wirkungs-Beziehung stellt sich wie bei Koffein als eine Schlaufe dar. Die Verlaufsrichtung ist aber umgekehrt, das heißt, sie verläuft entgegen dem Uhrzeigersinn. Dies ist Ausdruck eines verzögerten Wirkeintritts in Bezug auf die gemessene Konzentration im Blut.1 Die meisten Medikamente haben ihren Wirkort außerhalb des Blutes. Es gibt deshalb eine zeitliche Verzögerung zwischen dem Verlauf der Konzentration im Blut und dem Verlauf der Konzentration am Wirkort. Sowohl Diffusionsprozesse als auch Prozesse bei der Interaktion zwischen Medikament und Rezeptor beanspruchen Zeit. Die Konzentration am eigentlichen Wirkort ist meist nicht direkt messbar. Wenn die Wirkung kontinuierlich und repetitiv messbar ist, kann aber aus dem zeitlichen Verlauf der Wirkung und dem zeitlichen Verlauf der Blut-/Plasmakonzentration mit Hilfe des so genannten Wirkortkonzeptes die Hysteresiskurve, das heißt die Äquilibrierungszeit berechnet werden. Fast gleichzeitig stellten Sheiner et al. und Hull et al. Die Konzentrations-Wirkungs-Beziehung eines Medikamentes mit aktiven Metaboliten stellt sich ebenfalls als eine gegen den Uhrzeigersinn verlaufende Schlaufe dar.
Blutdruck (mmHg)
Toleranz
1
87
Hysteresis
86
85
Konzentration
Abb. 1.4-5. Im Uhrzeigersinn verlaufende Schlaufe, die die Konzentrations-Wirkungs-Beziehung während und nach einer Kurzinfusion von Koffein zeigt. Die beobachtete Wirkung ist der Blutdruck. Typisch ist, dass nach Beenden der Infusion (abfallende Konzentrationen) dieselbe Konzentration eine geringere Wirkung hat als während des Ansteigens. Die Darstellung basiert auf einer Simulation aufgrund von publizierten Parametern
15,0 Spectral dge (Hz)
1.4.5
1
21
17,5
20,0 100
300
500 Konzentration
700
900
Abb. 1.4-6. Plasmakonzentrations-Wirkungs-Beziehung für das Opiat Alfentanil während und nach einer Kurzinfusion. Die Wirkung von Alfentanil auf das Gehirn wird mit einem auf der Spektralanalyse basierenden elektroenzephalographischen Parameter, der so genannten spektralen Eckfrequenz 95%, gemessen. Die Wirkung nach Stoppen der Infusion ist bei vergleichbaren Konzentrationen höher, was auf eine zeitliche Verzögerung zwischen der Konzentration im Blut und der Wirkung hinweist
ein pharmakokinetisch-pharmakodynamisches Modell vor, das die zeitliche Verzögerung zwischen dem Verlauf der Plasmakonzentration und der Wirkung von Muskelrelaxanzien beschrieb. Wirkortkompartiment Der zeitliche Verlauf der Plasma-
konzentration wird häufig mit sog. Kompartimentmodellen beschrieben. Das zentrale Kompartiment, in dem die Konzentration gemessen werden kann, ist mit dem Wirkortkompartiment verbunden wie in Abb. 1.4-7 dargestellt. Die Beziehung zwischen der Konzentration am „Wirkort“ und der Wirkung ist durch eine Kurve ohne Hysteresis beschreibbar. Mathematisch gesehen handelt es sich bei dieser Verbindung um einen Prozess erster Ordnung. Die zeitliche Verzögerung wird so durch einen einzigen Parameter (kke0) beschrieben. Bei dem Wirkortkompartiment handelt es sich um einen mathematischen „Trick“ und nicht um ein „wirkliches“ Kompartiment. Definitionsgemäß ist im Steady State die Konzentration im zentralen Kompartiment (Blut) gleich der Konzentration am Wirkort, außerdem
1
22
1 Prinzipien der Therapie Input
Peripheres Kompartiment (V2) Wirkort (VE)
Cl2
Zentrales Kompartiment (V1) kle keO
Peripheres Kompartiment (V3)
Metabolische Clearance (Cl1)
hat das Kompartiment ein minimales Volumen, damit durch Beifügen dieses Kompartimentes die Pharmakokinetik nicht beeinflusst wird. Die Konzentration in diesem virtuellen Kompartiment wird indirekt mit Hilfe des zeitlichen Verlaufs der Wirkung berechnet. Für die Bestimmung des ke0-Wertes stehen sowohl parametrische, also auf nichtlinearer Regression beruhende, als auch nichtparametrische Verfahren zur Verfügung. 1.4.6
Cl3
Direkte Wirkung versus indirekte Wirkung
Bei den bisher erwähnten pharmakodynamischen Modellen besteht eine direkte Beziehung zwischen der Wirkortkonzentration und der Wirkung. Die gesamte pharmakokinetischpharmakodynamische Beziehung kann wie folgt dargestellt werden: Dosis → LD → (N)LS → Wirkung. „L“ steht für linear, „D“ für dynamisch und „S“ für statisch. Mit einer linearen dynamischen Funktion wird die Beziehung zwischen der Dosis und der Wirkortkonzentration beschrieben. Es wird entweder eine nichtlineare („Emax“) statische oder eine lineare statische Funktion für die Beschreibung der direkten Beziehung von Konzentration und Wirkung verwendet. In diesem Zusammenhang ist eine Funktion f(a + b) dann linear, wenn gilt: f(a + b) = f(a) + f(b). Statische Funktionen hängen im Gegensatz zu dynamischen Funktionen nicht explizit von der Zeit ab. Obwohl das hypothetische Wirkortkompartiment sehr oft die zeitliche Verzögerung zwischen Konzentration und Wirkung ausgesprochen gut beschreibt, ist es nicht immer eine plausible Beschreibung der Medikamentenwirkung in Bezug auf die Wirkungsweise. Viele Medikamentenwirkungen sind indirekter Natur, weil ihre Wirkung durch Stimulation oder Hemmung der Produktion oder durch Ausscheidung von endogenen Substanzen vermittelt wird. Diese Beziehung kann besser beschrieben werden als Dosis → LD → NLS → A → Wirkung. Bei diesem Modell wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die Wirkung durch eine intermediäre Antwort (A) übertragen wird. Diese intermediäre Antwort kann als lineare dynamische Funktion z. B. den zeitlichen Verlauf der Konzentration eines Hormons oder einer anderen Zwischensubstanz darstellen, die dann „direkt“ die Wirkung erzielt. Schon vor über 30 Jahren wurden indirekte Modelle für die Beschreibung der Wirkung von Warfarin verwendet. Für die Beschreibung der Auswirkungen der Steroide auf
4 77.. PharmakokinetiA b b. 11.4-7. 1.4 sches Dreikompartiment-Modell (ein zentrales, zwei periphere Kompartimente). An das zentrale Kompartiment ist ein Wirkortkompartiment angehängt. Da dieses im Verhältnis zum zentralen Kompartiment sehr klein ist, wird der zeitliche Verlauf der Konzentration im zentralen Kompartiment (Pharmakokinetik) nicht verändert
die Nebennieren, der antipyretischen Wirkungen von Ibuprofen sowie der Unterdrückung von Testosteron durch das männliche hormonale Antikonzeptivum Nandrolen wurden ebenfalls indirekte Modelle verwendet. Indirekte Modelle sind populär, weil sie dem Mechanismus der Medikamentenwirkung Rechnung tragen. Abhängig von der Verfügbarkeit von Konzentrationsmessungen der intermediären Antworten können mehr oder weniger komplexe Modelle entwickelt und deren Parameter mit ausreichender Genauigkeit bestimmt werden. Die physiologische Realität ist selbstverständlich komplexer als durch einfache direkte oder indirekte Modelle dargestellt. Neben den erwähnten Faktoren wie Toleranz müssen eventuell auch Plazebowirkung, zirkadiane Rhythmen, Verlauf der Krankheit sowie Medikamenteninteraktionen berücksichtigt werden. 1.4.7
Zusammenfassung
Dieses Kapitel ist eine allgemeine Darstellung der modellbasierten Beschreibung der Beziehung zwischen der Konzentration und der Wirkung. Um Dosierungsschemen zu verstehen, abzuändern und speziellen Situationen anzupassen, bedarf es pharmakodynamischer Kenntnisse, die es erlauben, die Eckdaten der Medikamente korrekt zu interpretieren. Darauf basierend kann dann z. B. entschieden werden, ob es erfolgversprechender ist, die Dosis zu steigern, das Medikament zu wechseln oder zwei Medikamente miteinander zu kombinieren. Im klinischen Alltag sind die Konzentrationen der Medikamente meist nicht messbar. Wir können klinisch nur die Dosis-Wirkungs-Beziehung beurteilen, wir können also nicht zwischen Pharmakokinetik und Pharmakodynamik unterscheiden. Es ist deshalb umso wichtiger, dass die pharmakokinetischen und die pharmakodynamischen Eigenschaften eines Medikamentes immer zusammen betrachtet werden. Weiterführende Literatur Brynne L, Karlsson MO, Paalzow LK (1998) Concentration-effect relationship of l-propranolol and metoprolol in spontaneous hypertensive rats after exercise-induced tachycardia. J Pharmacol Exp Ther 286(3): 1152–1158 Garg V, Jusko WJ (1994) Pharmacodynamic modeling of nonsteroidal anti-inflammatory drugs: antipyretic effect of ibuprofen [letter]. Clin Pharmacol Ther 55(1): 87–88 Hill AV (1910) The possible effects of the aggregation of the molecules of haemoglobin on its dissociation curves. Journal J Physiol 40: iv–vii
1.5 Pharmakokinetische Prinzipien und Dosisanpassung Holford NH, Sheiner LB (1982) Kinetics of pharmacologic response. Pharmacol Ther 16(2): 143–166 Holford NH (1990) Concepts and usefulness of pharmacokinetic-pharmacodynamic modelling. Fundam Clin Pharmacol 4 (Suppl 2): 93s–101s Hull CJ, Van Beem HB, McLeod K, Sibbald A, Watson MJ (1978) A pharmacodynamic model for pancuronium. Br J Anaesth 50: 1113–1123 Kong AN, Ludwig EA, Slaughter RL, DiStefano PM, DeMasi J, Middleton E Jr et al (1989) Pharmacokinetics and pharmacodynamic modeling of direct suppression effects of methylprednisolone on serum cortisol and blood histamine in human subjects. Clin Pharmacol Ther 46(6): 616–628 Lew KH, Ludwig EA, Milad MA, Donovan K, Middleton E Jr, Ferry JJ et al (1993) Gender-based effects on methylprednisolone pharmacokinetics and pharmacodynamics. Clin Pharmacol Ther 54(4): 402–414 Lu W, Bailey JM (2000) Reliability of pharmacodynamic analysis by logistic regression: a computer simulation study. Anesthesiology 92(4): 985–992 Mandema JW, Danhof M (1992) Electroencephalogram effect measures and relationships between pharmacokinetics and pharmacodynamics of centrally acting drugs. Clin Pharmacokinet 23: 191–215 Mandema JW (1995) Population Pharmacokinetics and Pharmacodynamics. In: Welling PG, Tse FLS (eds) Pharmacokinetics. Marcel Dekker, New York, pp 411–450 Minto CF, Howe C, Wishart S, Conway AJ, Handelsman DJ (1997) Pharmacokinetics and pharmacodynamics of nandrolone esters in oil vehicle: effects of ester, injection site and injection volume. J Pharmacol Exp Ther 281(1): 93–102 Schnider TW, Minto CF, Stanski DR (1994) The effect compartment concept in pharmacodynamic modelling. Anaesth Pharmacol Rev 2: 204–213 Scott JC, Ponganis KV, Stanski DR (1985) EEG quantitation of narcotic effect: the comparative pharmacodynamics of fentanyl and alfentanil. Anesthesiology 62: 234–241 Sheiner LB, Stanski DR, Vozeh S, Miller RD, Ham J (1979) Simultaneous modeling of pharmacokinetics and pharmacodynamics: application to d-tubocurarine. Clin Pharmacol Ther 25: 358–371 Sheiner LB (1969) Computer-aided long-term anticoagulation therapy. Comput Biomed Res 2(6): 507–518 Shi J, Benowitz NL, Denaro CP, Sheiner LB (1993) Pharmacokineticpharmacodynamic modeling of caffeine: tolerance to pressor effects. Clin Pharmacol Ther 53: 6–14
1.5
Pharmakokinetische Prinzipien und Dosisanpassung Stephan Krähenbühl
1.5.1
Grundlagen der Pharmakokinetik
Eine Pharmakotherapie ist nur wirksam und sicher, wenn die Konzentration des verabreichten Arzneistoffes in den Zielgeweben innerhalb des therapeutischen Bereiches liegt. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Dosierung nach pharmakokineti-
Medikament
1
23
schen Prinzipien erfolgen. Die wichtigsten dieser Prinzipien werden in der Folge erläutert, wobei die Betonung auf klinische Relevanz und nicht auf mathematische Ableitungen gelegt wird. Absorption und Bioverfügbarkeit
Der Weg eines oral applizierten Arzneistoffes durch den Gastrointestinaltrakt in die Portalvene und durch die Leber in den systemischen Kreislauf ist in Abb. 1.5-1 schematisch dargestellt. Die Bioverfügbarkeit (F) entspricht der Fraktion des verabreichten Arzneistoffes, die den systemischen Kreislauf erreicht, kann also Werte zwischen 0 und 1 annehmen. Definitionsgemäß beträgt die Bioverfügbarkeit für intravenös verabreichte Arzneistoffe 1. Die Berechnung von F erfolgt mittels Vergleich der Fläche unter der Kurve („area under the curve“, AUC) nach oraler (oder einer anderen Applikationsart) mit der AUC nach intravenöser Gabe: F=
AUCp.o. AUCi.v.
(1)
Wie in Abb. 1.5-1 gezeigt, hängt die Bioverfügbarkeit eines oral verabreichten Präparats ab von dessen Zerfall im Gastrointestinaltrakt, der Löslichkeit des darin enthaltenen Arzneistoffes, der Absorption (Transport durch die Darmwand in die Mesenterialvenen) und vom Metabolismus während der ersten Passage durch die Leber („first liver pass effect“). Praktisch spielen v.a. Absorption und „first liver pass effect“ eine Rolle, Zerfall und Löslichkeit sind bei den meisten Präparaten durch eine entsprechende Galenik optimiert. Beim Vorliegen von Krankheiten des Gastrointestinaltraktes, insbesondere solchen, die die absorbierende Oberfläche vermindern (z. B. Sprue), oder auch nach Darmresektionen kann die Absorption verschiedener Arzneistoffe und damit auch deren Bioverfügbarkeit vermindert sein. Klinisch wichtig ist die Kenntnis der Arzneistoffe mit einer tiefen Bioverfügbarkeit, weil die verfügbare (im systemischen Kreislauf erscheinende) Menge eine höhere Variabilität aufweist als bei Arzneistoffen mit einer praktisch vollständigen Bioverfügbarkeit. Für Arzneistoffe mit einem engen therapeutischen Bereich kann dies ein Ausbleiben der Wirkung oder auch Toxizität zur Folge haben. Wie unter Dosisanpassung bei Leberkrankheiten besprochen, können solche Arzneistoffe bei Patienten mit vermindertem „first liver pass effect“ (Leberzirrhose, geriatrische Patienten) zu erhöhten Plasmaspiegeln führen. Eine Liste solcher Arzneistoffe („high extraction drugs“) ist in Tabelle 1.5-1 gegeben.
Gastrointestinaltrakt
Darmwand
Leber
Gelöster Arzneistoff
Absorbierter Arzneistoff
Arzneistoff in Portalvene
Nichtgelöster Arzneistoff
Nichtabsorbierter Arzneistoff
Bei erster Leberpassage eliminiert
Bioverfügbare Dosisfraktion (F)
Bioverfügbarkeitsverluste (1–F)
A b b. 11.5-1. 5 11.. Beeinflussung 1.5 der Bioverfügbarkeit. Bei oral verabreichten Medikamenten können Bioverfügbarkeitsverluste bei der Auflösung des Medikamentes, der Absorption und der ersten Passage des Arzneistoffes durch die Leber auftreten
1
24
1 Prinzipien der Therapie
Taabelle 1.5-1. Klassifiikation von vorwiegend hepatisch metabolisierten Arzneistoffffeen aufggrund der hepatischen Extraktion He p a t i s c h e E f f e k t v o n p o r t o B e i s p i e l e vo n A r z n e i s t o f f e n Ex t r a k t i o n s y s te m i s ch e n S hu n t s (E) a u f B i o ve r f ü g b a r ke i t Tiefee Exttrakttion 0,60 Klinisch relevant
Benzodiazeppine: Alprazolam, Bromazepam, Chlordiazepoxid, Clobazam, Diazepam, Flunitrazepam, Flurazepam, Lorazepam, Nitrazepam, Oxazepam, Teemazepam, Trriazolam. Andere Hyyyppnotika und Sedativa: Methaqualon, Zolpidem, Zopiclon. Antideppressiva: Citalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Maprotilin, Moclobemid, Trrazodon. Antippsyychotika: Risperidon, Sertindol. Antieppilepptika: Carbamazepin, Ethosuximid, Lamotrigin, Levetiracetam, Phenobarbital, Phenyytoin, Primidon, Tiagabin, To opiramat, Vaalproat. Anti-Paarkinson: Pramipexol, To olcapone. Analgggeetika: Methadon, Paracetamol. Antineopplastkka und Im mmunsupppppressiva: Chlorambucil, Cyyclophosphamid, Hyydroxyycarbamid, Letrozol, Melphalan, Myycophenolat, Teemozolomid.Antibiotika: Cef-triaxon, Clarithromyycin, Clindamyycin Doxyycyclin, Metronidazol. Tu uberkulostaatika: Isoniazid, Rifaampicin. Corticosteeroide: Methyyyllprednison, Prednisolon, Prednison. Antidiabetika: Glipizid, Tolbutamid. Fibraatee: Clofiibrat, Gemfiibrozil. Antikoagggu ulanzien: Phenprocoumon. Bronchodilatooren: Theophyyylllin. Antihistaaminika: Diphenhyydramin. Antiemetika: Metoclopramid. Antiöstrogene: Taamoxifeen, To oremifeen; Säurehemmer: Lansoprazol Benzodiazeppine: Midazolam (0,31). Antideppressiva: Amitriptyllin (0,6), Clomipramin (0,5), Mirtazapin (0,43), Nortriptyllin (0,34), Paroxetin (0,38). Antippsyychotika: Amisulprid (0,52), Clozapin (0,45), Fluphenazin (0,47), Haloperidol (0,55), Olanzapin (0,4), Zuclopenthixol (0,51); Psssyychostimulanzien: Methyyyllphenidat (0,54). Analgggeetika: Codein (0,52). Anti-Paarkinson: Entacapon (0,48). Antineopplastika und Im mmunosupppppressiva: Azathioprin (0,4), Etoposid (0,48). Antibiotika: Ciproflloxacin (0,4), Erythromyycin (0,38). Antimyykotika: Itraconazol (0,4). Antiarrhyyth hmika: Amiodaron (0,54), Lidocain (0,4). Betaablocker: Carvedilol (0,41). Kaalzziumantagggoonisteen: Diltiazem (0,55), Felo-dipin (0,56), Nifeedipin (0,33). Staatine: Attorvastatin (0,55), Pravvastatin (0,32), Simvvastatin (0,35). Säurehemmer: Omeprazol (0,35), Ranitidin (0,48). Gestaaagggeene: Medroxyyprogesterone (0,55). Prolaktininhibitooren: Lisurid (0,53) Hyyyppnosedativa, Anxiolyytika: Buspiron (0,96), Clomethiazol (0,9), Zaleplon (0,73). Antideppressiva: Dibenzepin (0,75), Doxepin (0,72), Imipramin (0,61), Mianserin (0,67), Sertralin (≈1), Trrimipramin (0,67), Veenlafaaxin (0,73). Antippsyychotika: Chlorpromazin (0,68), Chlorprothixen (n/a), Flupenthixol (n/a), Quetiapin (0,91), Perphenazin (0,8), Sulpirid (n/a). Cholinesteeraasehemmer: Taacrin (n/a). Anti-Paarkinson: Bromocriptin (0,60), Levodopa (n/a), Selegilin (≈1), Biperiden (n/a). Analgggeetika: Morphin (0,76), Pentazocin (0,8), Propoxyyphen (n/a). Antineopplastika und Im mmunsupppppressiva: Cyyclosporin (0,72), Fluorouracil (0,71), Idarubicin (≈1), Mercaptopurin (0,80), Sirolimus (n/a), Taacrolimus (0,75), Vinorelbine (n/a). Betaablocker: Labetolol (n/a), Metoprolol (0,67), Propranolol (0,75); Kaalzziumantaaagggoonisteen: Nicardipin (0,82), Veerapamil (0,70). Antiangginosa: Isosorbiddinitrat ( , ), i gly i ( ). Staatiine: Fluvvastatin (0,71), Lovastatin (0,95). Prookinetiika: Cisapride (0,65). Anti-Miiiggräne: Sumatriptan (0,82). Antihelmintika: Praziquantel (n/a). Antihistaaminika: Promethazin (0,76). Phospphodiesteeraasehemmer: Sildenafiil (0,62)
Ein Beispiel für die Beeinflussung der Bioverfügbarkeit durch Veränderung der Absorption ist die Hemmung des intestinalen Cytochrom-P450-Isoenzyms (CYP) 3A4 durch Grapefruitsaft. Für einige Substrate von CYP3A4 (z. B. Midazolam, Nifedipin, Felodipin, Cyclosporin, Simvastatin) ist nach Einnahme von 1–2 Gläsern Grapefruitsaft die orale Bioverfügbarkeit erhöht; es kann zu toxischen Erscheinungen kommen. Verteilung und Ladedosis
Das Ausmaß der Verteilung eines Arzneistoffes im Körper wird durch das Verteilungsvolumen (V) beschrieben: V=
A Cp
(2)
A entspricht der Arzneistoffmenge im Körper, Cp der Plasmakonzentration. Das Verteilungsvolumen eines Arzneistoffes hängt insbesondere von seiner Proteinbindung (hohe Proteinbindung ergibt ein kleines V, z. B. orale Antikoagulanzien, NSAR, Sulfonylharnstoffe) und seiner Affinität zu bestimmten Geweben (z. B. Fettgewebe für lipophile Arzneistoffe) oder Zellorganellen (z. B. Lysosomen für Chloroquin und Amiodaron)
ab. Verteilungsvolumina können deshalb das Körpervolumen weit übersteigende Werte erreichen und haben in der Regel keine physiologische Bedeutung. Die Verteilungsvolumina wichtiger Arzneistoffe und Arzneistoffgruppen sind in der folgenden Übersicht aufgelistet. Verteilungsvolumina wichtiger Arzneistoffe k g : Chloroquin • 1100 ll/kg: k g : Amilorid, Amiodaron, Antidepressiva (tri- und • 110–100 ll/kg: tetrazyklische, SSRI), Clemastin, Doxepin, Flunitrazepam, Itraconazol, Naltrexon, Neuroleptika (Phenothiazine, Butyrophenone), Spironolacton, Tamoxifen k g : Carbamazepin, Clarithromycin, Codein, Cyclo• 11–10 ll/kg: sporin, Diazepam, Digoxin, Diphenhydramin, Enalapril, Felodipin, Flecainid, Ganciclovir, H2-Blocker, Ketoconazol, Lorazepam, Methadon, Metoprolol, Midazolam, Morphin, Procainamid, Propranolol, Risperidin, Sotalol, Triazolam, Verapamil, Zidovudin k g: Atenolol, Ciprofloxazin, Erythromycin, Fluconazol, • 00,5–1 ll/kg: Isoniazid, Nicardipin, Nifedipin, Oxazepam, Phenobarbital, Phenytoin, Prednison, Rifampicin, Sulpirid, Tacrolimus, Temazepam, Theophyllin k g: Aminoglykoside, Cephalosporine, Chlordiazepoxid, • < 1 l/kg ist dies in der Regel nur beschränkt möglich. trie und bei Patienten mit Leberzirrhose wenn möglich durch Arzneistoffe mit vorwiegend Phase-II-Metabolismus und/oder Proteinbindung renaler Elimination ersetzt werden sollten. Vor allem lipophile Arzneistoffe binden an Serumproteine. Saure Arzneistoffe (z. B. orale Antikoagulanzien, NSAID, Phenobar- Elimination bital, Phenytoin, Sulfonamide und Sulfonylharnstoffe) binden Die Eliminationsleistung des gesamten Körpers oder eines Oran Albumin, basische (z. B. viele Antidepressiva und Neuro- gans wird durch die Clearance (Cl) und die daraus resultierende Eliminationsgeschwindigkeit eines Arzneistoffes durch seine leptika) an saures α1-Glykoprotein. Klinisch wichtig sind Zustände mit akuter oder chroni- Halbwertszeit beschrieben. Die Gesamtkörper-Clearance kann aus der AUC und der verscher Veränderung der Proteinbindung solcher Arzneistoffe. Akut kann sich die Proteinbindung eines Arzneistoffes ändern, abreichten Dosis (D) eines Arzneistoffes berechnet werden: wenn dieser aus der Proteinbindung verdrängt wird. Solche ReF×D aktionen sind in der Regel reversibel, da die Clearance des ver(4) Cl = AUC drängten Arzneistoffes zunimmt. Toxische Erscheinungen sind deshalb insbesondere in der ersten Phase nach erfolgter Ver- Dabei bedeutet F die Bioverfügbarkeit. Praktisch bedeutsam drängung zu befürchten (während 5 Halbwertszeiten des ver- ist, dass die Gesamtkörper-Clearance der Summe aller Organdrängten Arzneistoffes). Chronische Veränderungen der Serum- Clearances (Clr = Nieren-, Clh = Leber-Clearance) entspricht: proteine betreffen v.a. die Hypalbuminämie (z. B. bei LeberCl = Clr + Clh + ... (5) zirrhose, beim nephrotischen Syndrom oder auch im Alter). In diesen Situationen ist die freie Fraktion von stark proteinge- Bei der Angleichung der Dosierung an die Nieren- oder Leberbundenen Arzneistoffen erhöht, die freie Plasmakonzentration funktion wird von dieser Beziehung Gebrauch gemacht. Die Clearance entspricht dem „theoretischen Plasmavolumeist normal und die totale Konzentration (freie + proteingebundene) sinkt, was bei Dosisangleichungen aufgrund von men“ (eigentlich ist es das Volumen, in dem der Arzneistoff Plasmaspiegeln berücksichtigt werden muss. Aus diesem Grund verteilt ist, also V), das pro Zeiteinheit von Arzneistoff befreit empfiehlt sich in diesen Fällen die Bestimmung der freien wird. Die Einheit ist ml/min, die Clearance stellt also eine GePlasmakonzentration der oben erwähnten Arzneistoffe. schwindigkeit dar. Die Nieren-Clearance (Clr) kann mittels der Das Ausmaß der Proteinbindung ist ebenfalls wichtig für die normalen Clearance-Formel (Gleichung 4) berechnet werden: Abschätzung der Elimination von Arzneistoffen mittels Nierenrenale Ausscheidung ersatzverfahren. Arzneistoffe mit einer Proteinbindung >80% (6) Clr = AUC werden dabei nur schlecht eliminiert. Die renale Ausscheidung entspricht dabei in Gleichung 4 der Metabolismus Dosis. Für die Berechnung der Kreatinin-Clearance wird die Die Leber ist das wichtigste Organ für den Metabolismus von AUC (Konzentration × Zeit) mit Serumkreatinin × 24 h ersetzt, Arzneistoffen, wobei daneben auch der Darm (s. oben), die Nie- unter der Annahme, dass das Serumkreatinin während dieser ren und die Lunge eine Rolle spielen. Der hepatische Arznei- Zeit konstant bleibt und Urin über 24 h gesammelt worden ist.
1
1
26
1 Prinzipien der Therapie Dt
Dt 120
120
80 60 40 Cp (12h) 20
Plasmakonzentration (mg/l)
Plasmakonzentration (mg/l)
Cp (2h) 100
Cp (2h)
100 70 50
Cp (12h)
30 20 15 10
0 0
5
10 15 Zeit (Stunden)
20
0
2
4
6
8 10 12 14 16 18 20 22 Zeit (Stunden)
ke = [ln Cp(2h) – ln Cp(12h)]/Dt = [ln 110 – ln 34]/10h–1 = 0,117h–1 T1/2 = ln 2/ke = 5,9 h Abb. 1.5-2. Bestimmung der Halbwertszeit (T1/2). Bei semilogarithmischer hmi Auftragung der Plasmakonzentrations-Zeit-Kurve resultiert bei einer Reaktion erster Ordnung eine Gerade mit der Steigung ke. W Wie die Abbildung zeigt, kann ke mittels 2 Punkten auf dieser Gerand damit d T1/2) sind bei einer Reaktion erster Ordnung über die ganze den ermittelt werden. Aus ke lässt sich dann T1/2 berechnen. Ke (und Eliminationsphase konstant
Die hepatische Clearance (Clh) könnte theoretisch ebenso berechnet werden, die Elimination durch die Leber kann aber in vivo nicht gut quantifiziert werden. In der Regel wird die hepatische Clearance deshalb wie folgt beschrieben: Clh =
(f × Cli) × Q (f × Cli) + Q
(7)
Dabei bedeuten f die nichtproteingebundene Fraktion, Cli die intrinsische hepatische Clearance (maximale Kapazität der Leber, einen Stoff zu eliminieren) und Q den Blutfluss durch die Leber. Gleichung 7 ist für die Dosisanpassung bei Leberinsuffizienz von großer Bedeutung. Die Halbwertszeit (T½) hängt von Cl und von V ab: T1/2 =
ln2 × V ln2 = ke Cl
(8)
wobei ke die Eliminationskonstante darstellt. Wie in Abb. 1.5-2 illustriert, ist T½ die Zeitspanne, während der die Plasmakonzentration um die Hälfte sinkt. Abbildung 1.5-2 zeigt auch, dass T½ unabhängig von der Plasmakonzentration ist, T½ ist über die ganze Dauer der Elimination konstant. Die Eliminationskonstante ist bei einer Reaktion erster Ordnung die Steigung der Gerade, die man bei semilogarithmischer Auftragung der Daten erhält (s. Abb. 1.5-2). T½ ist klinisch wichtig für die Berechnung des relativen Dosierintervalls (ε): ε=
τ T1/2
(9)
wobei τ dem Dosierintervall entspricht. Das relative Dosierintervall (ε) wird für die Abschätzung der Kumulation eines repetitiv verabreichten Arzneistoffes gebraucht. Nach Stopp der Zufuhr eines Arzneistoffes oder bei repetitiver Dosierung dauert
es ca. 5 T½, bis die Elimination vollständig bzw. bis die maximale Konzentration erreicht ist. Kumulation und Steady State
Der Kumulationsfaktor (R) ist definiert als das Verhältnis zwischen der Plasmakonzentration im Steady State (CpSS) und der Plasmakonzentration nach Einzeldosis (CpED): R=
CpSS CpED
(10)
Es ist leicht einzusehen, dass die maximale Plasmakonzentration bei repetitiver Gabe eine Funktion des relativen Dosierintervalls (ε) sein muss: je kleiner ε, desto größer der Kumulationsfaktor. Diese Beziehung kann mathematisch folgendermaßen ausgedrückt werden: R=
1 1 − 2−ε
(11)
Bei einem ε von 3 ist R 1,1, bei einem ε von 1 ist R 2 und bei einem ε von 0,33 steigt R auf 5,3. Die Kumulation eines Arzneistoffes ist also nicht nur eine Funktion des Arzneistoffes (lange T½), sondern v. a. auch des Verschreibers (Dosierintervall in Bezug zur T½ setzen). Wie in Abb. 1.5-3 illustriert, wird bei repetitiver Dosierung nach ca. 5 T½ die maximale Plasmakonzentration und damit ein Steady State erreicht. Die Fluktuationen können vermindert werden, wenn das relative Dosierintervall möglichst klein gehalten wird. In der Praxis sollte allerdings bei Langzeittherapien ein Dosierintervall von 12 Stunden nicht unterschritten werden, damit der Patient das Medikament nicht mehr als 1- bis 2-mal täglich einzunehmen hat. Arzneistoffe mit einer T½ von 12–24 h sind deshalb für Langzeittherapien ideal.
1.5 Pharmakokinetische Prinzipien und Dosisanpassung Plasmakonzentration nach Erreichen des Steady State (CSS, Kumulationsgrenzwert) B
Plasmakonzentration (mg/l)
14 12 10
Kumulation B R= A
8 6 4
A Plasmakonzentration nach der ersten Dosis
2 0 0
1
2
3
4
5
6 7 8 Zeit (Tage)
9
F×D Cl × τ
(12)
Diese Beziehung ist wichtig für die Dosisangleichung nach Serumkonzentrationsmessungen („therapeutic drug monitoring“). Bei konstanter Bioverfügbarkeit (F) und Clearance (Cl), ist die Dosis pro Zeit (D/τ / ) direkt proportional zur CSS. 1.5.2
Abb. 1.5-3. Repetitive Dosierung und Kumulation. Die Steady-state-Konzentration (CSS oder Kumulationsgrenzwert) wird nach ca. 5 T1/2 erreicht. Das Ausmaß der Kumulation (R) und der Fluktuationen nach einer Einzeldosis hängen vom relativen Dosierintervall (ε = τ/T1/2) ab. Im vorliegenden Beispiel betragen R = 4,8 und ε = 0,34 (s. Gleichung 11). Bei einem Dosierintervall (τ) von 24 h ergibt das eine T1/2 von 7 h
10 11 12 13 14
Die Steady-state-Konzentration eines Arzneistoffes kann auch folgendermaßen ausgedrückt werden: CSS =
1
27
Dosisindividualisierung
Niereninsuffizienz
Ob die Dosierung eines Medikamentes der Nierenfunktion angepasst werden muss, hängt einerseits vom Ausmaß der Einschränkung der Nierenfunktion sowie von den Eigenschaften des Arzneistoffes selbst ab, insbesondere von Metabolismus, Ausscheidung und therapeutischer Breite. Bei teuren Medikamenten (z. B. intravenös verabreichten Antibiotika) ist auch der Preis ein Argument für eine Dosisanpassung.
Clearance (Clkr) abgeschätzt, wobei die Clkr als Maß für die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) dient. Da die Serumkreatininkonzentration nicht nur von der GFR, sondern auch von der Muskelmasse abhängt, sollte sie nicht zum Abschätzen der Nierenfunktion verwendet werden. Die Beziehung zwischen Serumkreatinin, Clkr und Alter ist in Abb. 1.5-4 wiedergegeben. Die Abbildung zeigt, dass das Serumkreatinin mit dem Alter stabil bleibt, obwohl die Clkr abnimmt. Der Grund dafür ist die mit dem Alter verminderte Muskelmasse, die zu einer geringeren Ausscheidung von Kreatinin im Urin führt. Ähnliche Befunde werden bei Patienten mit aus anderen Gründen reduzierter Muskelmasse gefunden, wie z. B. bei Patienten mit Leberzirrhose oder malignen Tumoren. Zum Angleichen der Arzneistoffdosierung an die Nierenfunktion sollte deshalb die Clkr verwendet werden, die entweder gemessen oder geschätzt werden kann. Das Abschätzen der Clkr nach einer leicht modifizierten Formel nach Cockcroft Crkrr (ml/min) = [150 – Alter (Jahre)] × ×Körpergewicht (kg) Serumkreatinin (µmol/l)
(13)
200
150
100
Serum-Kreatinin (mmol/l)
Urin-Kreatinin (mmol/kg/24h)
250
140
120
130
100
120 80 110 60 100 90
40
50
80
20
00
20 0
0 20–29 30–39 40–49 50–59 60–69 70–79 80–89 90–99
Kreatinin-Clearance (ml/min)
Abschätzen der Nierenfunktion Die Nierenfunktion liefert Werte, die bei Patienten mit stabilem Serumkreatinin so wird üblicherweise mittels Serumkreatinin oder Kreatinin- genau sind wie die tatsächlich gemessene Clkr.
A b b. 11.5-4. 5 44.. Altersabhängig1.5 keit von Serumkreatinin und Kreatinin-Clearance. Während das Serumkreatinin konstant bleibt, nehmen die Kreatininausscheidung und damit Kreatinin-Clearance mit dem Alter ab. Die Nierenfunktion sollte deshalb bei geriatrischen Patienten mittels KreatininClearance und nicht mittels Serumkreatinin abgeschätzt werden
1
28
1 Prinzipien der Therapie
Abschätzen der Eigenschaften von Arzneistoffen
Ob ein Medikament vorwiegend unverändert renal oder nichtrenal metabolisiert/ausgeschieden wird, kann einfach mit dem Q0-Wert abgeschätzt werden. Der Q0-Wert ist die Fraktion eines Arzneistoffes, die metabolisiert oder unmetabolisiert nichtrenal (z. B. biliär) ausgeschieden wird. Entsprechend ist (1–Q0) die Fraktion eines Arzneistoffes, die unverändert renal ausgeschieden wird. Ein tiefes Q0 bedeutet demzufolge vorwiegend renale Elimination des unveränderten Arzneistoffes, ein hohes Q0 vorwiegend Metabolisierung und/oder biliäre Elimination. Die Q0Werte der wichtigsten Arzneistoffe sind in tabellarischer Form publiziert, umfassende Listen befinden sich im Grundlagenteil des Arzneimittelkompendiums der Schweiz, bei Aronoff et al. oder unter www.dosing.de. Der Q0-Wert vieler Arzneistoffe wird zudem in den Produktmonographien der entsprechenden Medikamente erwähnt. Angleichen der Dosis an die Nierenfunktion Bei Me-
dikamenten mit einem Q0 12.000) oder einer fortgeschrittenen Lokalinfektion vorliegen (Erythem >5 cm; Abb. 2.3-5). Die Antibiotikaauswahl richtet sich nach der Gramfärbung des Wundexsudates und der Art des operativen Eingriffs. Infektionen im Kopf-, Hals-, Stamm- und Extremitätenbereich werden in der Regel durch Staphylokokken, seltener durch Streptokokken verursacht. Bei Nachweis grampositiver Erreger sind Cefazolin oder Oxacillin, bei Betalaktam-Antibiotikaallergie Clindamycin oder Vancomycin sinnvoll. Bei Wundinfektionen der Axilla sind gramnegative Erreger zu berücksichtigen, nach Operationen mit Eröffnung des Peritoneums oder des Gastrointestinaltrakts fakultative oder obligate Anaerobier. Hier sind Ampicillinsulbactam oder bei Betalaktam-Antibiotikaallergie Moxifloxacin oder Aztreonam plus Clindamycin oder plus Metronidazol möglich. Die Behandlung sollte nach Abklingen der systemischen
2.3 2 3 Multiorganinfektionen – komplexe klinisch-infektiologische Krankheiten
3 55.. Klassifizierung A b b. 22.3-5. 2.3 von Patienten mit nosokomialer Pneumonie (NAP)
Schwere der Pneumonie
Leicht bis mittelschwer
Schwer
Ohne Risikofaktor
Mit Risikofaktor
Unabhängigkeit von der Verweildauer
Unabhängigkeit von der Verweildauer
NAP A
81
NAP B
Mit Risikofaktor
Ohne Risikofaktor
≤5d
Unabhängigkeit von der Verweildauer
≥5d
NAP A
NAP C
Entzündungszeichen abgesetzt werden (in der Regel 4 Tage postoperativ
Erythem und/ oder Induration
Normale Wundverhältnisse
Wunderöffnung
Suche nach anderer Fieberursache
Temp 5 cm mit Induration oder jede Nekrose
Verbandswechsel keine Antibiose
Verbandswechsel Antibiose
Fehlender Nachweis
Saubere Wunde an Stamm, Kopf, Hals oder Extremität
Operation am Magen/ Darmtrakt oder gynäkol. Operation
Suche nach anderer Fieberursache
Cefazolin oder Oxacillin
Ampicillin–+ BLI oder Cefotiam+ Metrodinazol
Abb. 2.3-6. Algorithmus zum Antibiotikaeinsatz bei nosokomialen Wu Wundinfektionen
2
2
82
2 Infektionskrankheiten
Koma sowie bei Diabetikern und niereninsuffizienten Patienten ist mit Staphylokokkeninfektionen zu rechnen, sodass die empirische Therapie in Abhängigkeit von der Prävalenz MethiRisikofaktor Erregerassoziation cillin-resistenter Stämme durch ein Glykopeptid erweitert werStörung des Schluckaktes Anaerobier Regurgitation den sollte. Das potentielle Vorkommen von anaeroben Keimen Chirurgische Eingriffe in nach chirurgischen Eingriffen im Oropharynx und im AbOropharynx und Abdomen Gesicherte Aspiration domen, bei Bewusstseinsstörung sowie gestörtem Schluckakt Bewusstseinsstörung bzw. Regurgitation (Aspirationspneumonie) sollte bereits bei Neurochirurgische Eingriffe Staphylococcus aureus der Auswahl der empirischen Therapie durch den Einsatz von Koma Kopftraumata Kombinationen mit Anaerobierwirksamkeit berücksichtigt werNierenversagen den. Patienten mit vorbestehenden strukturellen LungenerkranDiabetes mellitus Strukturelle Lungenerkrankungen Pseudomonas kungen (COPD), antibiotischer Vorbehandlung oder längerer aeruginosa Antibiotische Vorbehandlung Verweildauer auf einer Intensivstation sind prädisponiert für Lange Verweildauer auf einer Intensivstation Pseudomonasinfektionen. Auch bei Patienten, bei denen nach Hohe Cortisondosierungen Legionellen einer stationären Behandlungsdauer von mehr als 5 Tagen eine Hämatologische Systemerkrankungen schwer verlaufende Pneumonie auftritt, müssen Erreger wie Pseudomonaden, Acinetobacter ssp. und Stenotrophomonas maltofilia berücksichtigt werden (Tabelle 2.3-19). Neben dieser Ausrichtung der initialen antimikrobiellen Therapie an der schwer verlaufende Pneumonien, sofern der stationäre Aufent- Zuordnung von bestimmten Leitkeimen zu definierten Risikohalt vor der Pneumoniemanifestation 55 Tagen Verweildauer oder schwere Verlaufsform unabhängig von der Verweildauer mit zusätzliche Risikofaktoren (Respiratortherapie, antibiotischeVorbehandlung, strukturelle Lungenerkrankung)
Staph. aureus, MRSA endemisch
Haupterreger +Pseudomonas aeroginosa, Acinetobacter, Stenotrophomonas malt.
Viertgeneration Cephalosporin oder Acylaminopenicillin/BLI oderr Carbapenem plus Fluorchinolon oder Aminoglykosid
7–10 Tage
7–10 Tage
2.3 2 3 Multiorganinfektionen – komplexe klinisch-infektiologische Krankheiten
Katheterassoziierte Bakteriämie Etwa ein Drittel aller noso-
komialen Sepsisfälle ist auf intravasale Katheter, vor allem auf zentrale Venenkatheter zurückzuführen (Infektion der Katheteraustrittsstelle, Tunnelinfektionen). Koagulase-negative Staphylokokken, Staphylococcus aureus, Enterokokken und Candida ssp. sind die häufigsten Erreger von Katheterinfektionen, gefolgt von gramnegativen Stäbchen (E. coli, Pseudomonas aeruginosa, Enterobacter cloacae, Klebsiella spp., Serratia spp.), Corynebacterium spp. und Bacillus spp. Das Entfernen des Katheters ist die wichtigste Maßnahme, diese sollte insbesondere erfolgen bei Nachweis einer Staphylococcus-aureus-Bakteriämie, einer Fungämie und Zeichen einer Lokalinfektion (Katheteraustrittsstelle, Taschen- und Tunnelinfektion, infizierte Thrombose). Die empirische antimikrobielle Therapie bei Verdacht auf eine katheterassoziierte Sepsis richtet sich nach der Antibiotikaresistenz der bedrohlichsten Erreger und sollte in jedem Fall Staph. aureus erfassen. Bei nachgewiesener Katheterassoziierter Sepsis richtet sich die Antibiotikatherapie nach dem Antibiogramm des Erregers. Die Therapiedauer beträgt 5–7 Tage, bei Staph. aureus und Enterokokken 10–14 Tage (s. Tabelle 2.3-15). Bei lebensbedrohlichen Infektionen (nicht bei Kolonisation) mit multiresistenten Kokken, vor allem aber Infektionen durch Methicillin-resistente Staphylococcus-aureus-Stämme (MRSA) mit eingeschränkter Empfindlichkeit für Glykopeptide und durch Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE), ist der Einsatz von Oxazolidinonen (Linezolid) oder Quinopristin/Dalfopristin (Synercid) zu erwägen.
2.3.6
83
HIV-Infektion Frank Bergmann, Dirk Schürmann und Norbert Suttorp
Einleitung
Die HIV-Infektion ist eine 1981 entdeckte und zurzeit noch nicht heilbare Viruserkrankung, die bei persistierender Replikation des Erregers nach langer Inkubationszeit (2 bis >15 Jahre) die erworbene Immunschwächeerkrankung Aids („acquired immunodeficiency syndrome“) hervorruft. Es wird vermutet, dass der Erreger in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Zentralafrika die Speziesbarriere von Affen auf den Menschen übersprungen und sich seither pandemisch überwiegend als Geschlechtskrankheit ausgebreitet hat. Von den inzwischen ca. 35 Millionen Infizierten leben 95% in Entwicklungsländern, in denen regional bis zu mehr als 25% der geschlechtsaktiven Bevölkerung betroffen sind. Die Pandemie ist keineswegs unter Kontrolle und die Zahl der Neuinfizierten hat auch in den Industriestaaten ein inakzeptabel hohes Plateau erreicht oder ist regional wieder im Zunehmen begriffen. Übertragungswege bzw. Risikogruppenzugehörigkeit in Deutschland sind nach Laborberichtserstattung in absteigender Reihenfolge (Dez. 2003): homo- und bisexuelle Kontakte bei Männern, Personen aus Hochprävalenzländern, promiske heterosexuelle Kontakte und Personen mit i.v.-Drogenmissbrauch. Die vertikale Transmission (Mutter – Kind) und die Infektion über Blutprodukte liegen deutlich unter 1%. In Deutschland leben ca. 43.000 MenWeitere nosokomiale Infektionen Die Therapie der pseudo- schen mit einer HIV-Infektion, ca. 5000 mit Aids und ca. 27.000 membranösen Kolitis besteht zunächst aus symptomatischen sind verstorben. Die Zahl der Neuinfektionen wird auf ca. 2000 Maßnahmen wie Rehydrierung und Elektrolytersatz sowie der pro Jahr und der Anteil der Frauen auf 25% geschätzt. Das 1983 entdeckte humane Immundefizienzvirus (HIV) Beendigung der auslösenden antibiotischen Therapie. Antiperistaltisch wirksame Pharmaka sollten vermieden werden. Weitere gehört zur Familie der Retroviren, dem Genus der Lentiviren Behandlungsoptionen bei schwerem oder protrahiertem Ver- und enthält die Spezies HIV-1 (am häufigsten) und HIV-2 (v. a. lauf sind Metronidazol (3-mal 250 mg p.o. für 7–14 Tage, in in Westafrika). Bei den Subspezies von HIV-1 unterscheidet schweren Fällen 3-mal 500 mg i.v.) und Vancomycin (4-mal man drei Hauptgruppen: M (main), N (in Kamerun entdeckt, 125 mg p.o für 7–14 Tage). Infizierte Dekubitusulzera bei chro- sehr selten) und O (outlier, in Europa selten). Die Gruppe M nisch Bettlägerigen und Sinusitiden bei langzeitbeatmeten Pa- enthält die Subtypen: A, B, C, D, F, G, H, J und rekombinante tienten sind nosokomiale Infektionen, bei denen in der Regel Formen (z. B. AE, AG, AGI, AB), wobei der Subtyp B in Europa der Erregernachweis im Abstrich und das Antibiogramm vor am häufigsten vorliegt (ca. 90%). Eine hohe Mutationsrate und Rekombinationen haben zu einer weltweit immensen Diversität der Therapiefestlegung abgewartet werden können. Die steigende Zahl chronisch kranker Patienten mit Haut-/ des Erregers geführt. Wundbesiedelung durch MRSA erfordert kostenintensive Isolations-/Surveillance-Maßnahmen bei stationärer Behandlung. Immunpathogenese Bei transmuköser Infektion wird HIV im Zusammenspiel von Langerhans-Zellen und lokalen Lymphozyten in die regionalen Literatur American Thoracic Society (1996) Hospital acquired pneumonia in adults: Lymphknoten transportiert. Bereits zwei Tage später findet Diagnosis, assessment of severity, initial antimicrobial therapy, and eine lokale Vermehrung und 4–11 Tage post infectionem die preventive strategies. Am J Respir Crit Care Med 153:1711–1725 Raad I (1998) Intravascular catheter related infections. Lancet 351: 893–898 Dissemination durch den Blutkreislauf statt. Die Kopplung des Richards MJ, Edwards JR, Culver DH, Gaynes RP (1999) Nosocomial in- Virus an die Zielzellen geschieht in der Regel nach Bindung fections in medical intensive care units in the United States. National des Virushüllproteins gp120 an den CD4-Rezeptorkomplex auf Nosocomial Infections Surveillance System. Crit Care Med 27:887–892 + Warren JW (1997) Catheter-associated urinary tract infection. Infect Dis Clin CD4 -positiven T-Lymphozyten (Helferzellen), Makrophagen North Am 11:609–620 und Monozyten (Abb. 2.3-7).
2
2
84
2 Infektionskrankheiten
Virus Reifes Virus
Samm
Korezeptor „Co-Receptor” 1 (CCRS) 2
lung
„Asse
mbly
Abstreifen der Hülle „Uncoating”
CD4 + Rezeptor
”
5
Reserve Transkription
Knospung „budding”
Trans latio n
3
Zirkulär Präintegrationskomplex
6
Regulatorprotein
spliced
Strukturprotein
mRNS nicht „spliced”
Zytoplasma linear
4 KERN
Integrierte provirale DNS
A b b . 22.3-7. 3 77.. HIV-Vermehrungszyklus und Ansätze für eine wirkunggsvo olle Pharmakotherapie: 1 Fusionshemmer, 2 Rezeptorantagonisten, 2.3 3 Hemmstoffe der reversen Transkriptase, 4 Integrasehemmstoffe, 5 Zinkfingerantagonisten, Zin 6 Proteasehemmer
Für die Fusion von Virus und Zelle sind zusätzlich Korezeptoren (z. B. CXCR4, CCR-5 u. a.) erforderlich. Der unterschiedliche Tropismus der Virusstämme ist u. a. durch die Wahl des Korezeptors bedingt. Eine Infektion CD4-negativer Zellen wie Astrozyten im ZNS und Endothelzellen ist möglich, spielt jedoch für die Virusdynamik keine Rolle. Das Enzym reverse Transkriptase schreibt die aus dem Viruskapsid freigesetzte RNS in eine Doppelstrang-DNS um, die nach Invasion in den Zellkern mittels einer Integrase in die menschliche DNS eingefügt wird (Provirus). Nach Transkription, Translation, Ansammlung („assembly“) und Knospung entsteht zunächst ein unreifes Virus, in dem eine spezifische Protease die Funktionstüchtigkeit herstellt. Latent infizierte Zellen bilden schon sehr früh nach der akuten HIV-Infektion ein Reservoir von ca. 106 langlebigen Zellen, die eine Halbwertzeit von 6–43 Monaten haben und vermehrungsfähiges Virus produzieren können. Es handelt sich hierbei hauptsächlich um Gedächtniszellen (CD45RO+) und Makrophagen. Die lange Halbwertszeit dieser latent infizierten Zellen ist neben der raschen Resistenzentwicklung gegen die bekannten Virustatika und den für Medikamente schwer zugänglichen Kompartimenten (ZNS, Gonaden u. a.) der Grund, dass eine Viruseradikation zurzeit nicht möglich ist. Selbst bei kompletter Suppression der Virusmenge unter die Nachweisgrenze von 50 RNS-Kopien pro ml Blut bleibt Virusreplikation, von Ausnahmen abgesehen, mit empfindlichen Methoden nachweisbar. Im Gegensatz zu den latent infizierten Zellen findet in produktiv infizierten T-Lymphozyten eine hochdynamische Virusproduktion von mehr als 10 Milliarden (>1010) Kopien pro Tag statt, die über lange Zeit in einem Gleichgewicht mit
einer entsprechenden Clearance steht. Etwa die Hälfte der Viruspopulation wird täglich erneuert. Die humorale, aber vor allem die zelluläre Immunantwort supprimieren die Virusreplikation und haben Bedeutung für die Krankheitsprogression. HIV-spezifische zytotoxische Lymphozyten (CD8+CTL) sind von Beginn der Infektion bis ins frühe Stadium Aids nachweisbar, wo alle Immunreaktionen schwinden (Abb. 2.3-8). Der Verlust der HIV-spezifischen CTL wird für den Anstieg der Viruslast im Spätstadium verantwortlich gemacht. Ein hoher Anteil HIV-spezifischer CD4-positiver Zellen wird während der akuten HIV-Infektion infiziert, zerstört und nimmt im Verlauf der Erkrankung weiter ab. Die persistierende Virusreplikation führt in erster Linie zu einer direkten und indirekten Schädigung der Helferzellen (viral-zytopathogener Effekt, Synzytiumformation, Autoimmunund Superantigenmechanismen, Anergie, vermehrte Absiedlung in lymphatischen Geweben und Apoptose bei Hochregulierung von L-Selektin, Thymusdysfunktion). Die Auswirkungen auf das gesamte Immunsystem sind komplex und gehen mit numerischen und funktionellen CD4+-Zelldefiziten einher. Auch BLymphozyten, Makrophagen/Monozyten, Natural-Killer-Zellen und andere Abwehrkomponenten sind in ihrer Funktion beeinträchtigt. Diagnostik
Die Diagnostik der HIV-Infektion gründet sich auf klinische, virologische und immunologische Verfahren. Neben der Kenntnis der Indikatorkrankheiten für eine Immunschwäche und der Klinik der Aids-definierenden Krankheitsbilder ist das Wissen
2.3 2 3 Multiorganinfektionen – komplexe klinisch-infektiologische Krankheiten
über die akute HIV-Erkrankung und deren Suspektion aus epidemiologischen und therapeutischen Gründen von hohem Stellenwert. Die akute HIV-Erkrankung tritt je nach selektiertem Kollektiv sowie Auswahl und Dauer der Symptome bei 20–89% der Infizierten auf. Die Inkubationszeit variiert zwischen wenigen Tagen und Monaten. Die Symptomatik ist vielfältig und unspezifisch. Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsabnahme, Abgeschlagenheit, Hautausschlag, Kopfschmerz, Lymphadenopathie, Pharyngitis, Arthralgien, Myalgien, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhöen, seröse Meningitis und andere Symptome treten einzeln oder in Kombination auf und können über wenige Tage bis Monate persistieren. Das klinische Bild der infektiösen Mononukleose mit Lympho- oder Thrombozytopenie sollte differentialdiagnostisch an eine akute HIV-Krankheit denken lassen. In dieser Phase sind die Patienten hochvirämisch (ansteckend) (s. Abb. 2.3-8), ohne dass Antikörpertests bereits eine Infektion anzeigen müssen (diagnostisches Fenster). Die Kürze der Inkubationszeit und die Dauer und Schwere einer akuten HIV-Krankheit haben prognostische Bedeutung. Bei der spezifisch akzentuierten aktuellen Eigenanamnese ist eine gezielte Erhebung von Erkrankungen zur Festlegung des Stadiums und zur Einschätzung der Gefahr einer Reaktivierung latenter Erreger (Tuberkulose, Lues etc.) erforderlich. Zu möglichen Gefährdungen zählen ferner die Exposition gegen attenuierte Lebendimpfstoffe (BCG), endemische Mykosen (tropisch/subtropische Klimate), Leishmanien (auch Mittelmeerländer) und die Tierhaltung (Salmonellosen bei Reptilien, Toxoplasmose bei Jung- oder streunenden Katzen, Campylobacter und Kryptosporidien bei Hunden, Kryptokokkose bei Vögeln, Rhodococcus-equi-Pneumonie bei Pferden). Aus epidemiologischen Gründen sind Risikoverhalten, geographische Herkunft und Exposition zu Blut und Blutprodukten von Interesse. Auf Grund erhöhter Allergieneigung und häufiger Interaktionen der HIV-Therapeutika ist die Medikamenten- und
Drogenanamnese einschließlich rezeptfreier und pflanzlicher Mittel wie Johanniskraut bedeutsam und die antiretrovirale Vorbehandlung nach Art und Dauer im Hinblick auf eine potentielle Resistenzentwicklung wichtig. Bei der körperlichen Untersuchung sind Schwerpunkte auf die Palpation aller Lymphknotenstationen, die Inspektion der Haut und Schleimhäute sowie die Prüfung des Nervensystems zu legen. Auf Grund von schwerwiegenden Konsequenzen wie Depression, Suizidalität, Diskriminierung etc. sollte der HIV-Nachweis gemäß aktueller Rechtsprechung nur nach informierter Einwilligung durch den Patienten durchgeführt werden (Ausnahmen: Ermächtigung des Arztes durch die Strafprozessordnung und das Infektionsschutzgesetz). Jedoch ist bei entsprechendem Verdacht ein Test nach vorangehender Beratung nahe zu legen, um Sexualpartner zu schützen, therapeutische Irrwege zu meiden und nachgewiesene Vorteile von Prophylaxen und antiretroviraler Therapie (ART) nutzen zu können. Als Suchtest wird ein rekombinanter ELISA eingesetzt. Bei positivem Testnachweis sollte ein Bestätigungstest (z. B. Western-Blot, Immunoblot) zum Ausschluss von Verwechslung und unspezifischer Reaktion durchgeführt werden. Bei negativem Testergebnis ist das diagnostische Fenster zu erwägen. Der ELISA reagiert in der Regel 2–6 Wochen post infectionem positiv, selten erst nach 3 Monaten und als Rarität auch nach 6 Monaten nicht. Bei entsprechendem Verdacht wird eine qualitative HIV-PCR empfohlen. Zum Routinelabor zählen: Entzündungsparameter, Blutbild, Differentialblutbild, LDH, Eiweiß, Elektrophorese, Immunglobuline, Lipase, Leber- und Nierenfunktionsparameter, Gerinnungs- und Harnstatus. Zum Staging, zur Beurteilung von Therapieindikation, Verlaufskontrolle und Prognose ist die Bestimmung der Lymphozytensubpopulationen (CD4, CD8) und die quantitative Virusmenge im Serum von großer Bedeutung. Nach initial explosiver
Serokonversion Infektion
Helferzellen/ml
Asymptomatisch
Symptomatisch
A b b. 22.3-8. 3 88.. Stadienhafter Ver2.3 lauf der HIV-Infektion unter klinischen, virologischen und immunologischen Aspekten
AIDS
1000 500
Tod
100
107 HIV – RNA-Kopien
106 105 104 103
HIV-Envelope-Antikörper
102 101 2–8 Wochen
10–12 Jahre
2–? Jahre
Plasma – HIV – RNA Kopien pro ml
CTL* bzw. Antikörper-Titer
0
HIV-spezifische CTL
85
2
2
86
2 Infektionskrankheiten
Virusvermehrung (105–107 Kopien/ml) kommt es intraindividuell variabel zu einer oft mehrjährigen Stabilisierung auf niedrigerem Niveau (102–105 Kopien/ml) und in der Spätphase zu einem Anstieg auf mehrere Millionen RNA-Kopien pro ml Blut. Viruslastmessungen können je nach Testsystem und HIV1Subtyp variieren. Es gibt keine internationalen Standards. Dennoch sind sie etablierter und unverzichtbarer Bestandteil der HIV-Diagnostik geworden. Genotypische Resistenztests können den virologischen Therapieerfolg verbessern. Ihr Einsatz kann für erworbene HIV-Infektionen, in der Schwangerschaft und bei Therapieversagen erwogen werden. Normale Helferzellwerte (CD4+) liegen bei 700–1500/µl, sinken während der akuten HIV-Infektion vorübergehend erheblich ab und liegen anschließend bereits um ein Drittel unterhalb des Ausgangswertes. Sie können sich über Jahre auf diesem Niveau stabilisieren oder eine intraindividuell sehr variable Deszendenz aufweisen. Auch Marker der Aktivierung des Immunsystems liefern unabhängige prognostische Hinweise (z. B. CD8CD38+, HLA-DR+). Spiegelbestimmungen der HIV-Medikamente sind bei Diarrhöen, Leberschäden, außergewöhnlichem Körpergewicht sowie bei Kombinationstherapien sinnvoll. Serologische Untersuchungen sollten Lues, Hepatitis A, B, C, Toxoplasmose und CMV einschließen. Bei Abfall der Helferzellzahl unter 100/µl und Fieber ist neben kulturellen Verfahren (Bakterien, Mykobakterien, Pilzen) der Antigen- oder Genomnachweis (Kryptokokken, CMV) relevant. Ein Tuberkulintest muss in frühen Stadien einer HIVInfektion durchgeführt werden, da ein positives Ergebnis bei Immunschwäche eine präemptive Therapie impliziert und ein negatives Ergebnis in der Phase reduzierter T-Zell-Reaktivität nicht mehr aussagekräftig ist. Bei den apparativen Untersuchungen gehören EKG, Röntgenthorax, Lungenfunktionsprüfung und Abdomensonographie zu den Basismaßnahmen. Unter den bildgebenden Verfahren des Schädels hat das MRT im Vergleich zum CCT eine höhere Sensitivität in Bezug auf HIV-assoziierte Erkrankungen. Bei der Häufigkeit, Vielfalt und Schwere HIV-bedingter Symptome ist die interdisziplinäre Betreuung durch erfahrene Kollegen an spezialisierten Zentren oder Praxisnetzen von Vorteil.
nach 3 Jahren weniger als 5%, nach 10 Jahren ca. 50% erkrankt, während nach 14 Jahren immer noch 30% nicht das Vollbild der Immunschwäche entwickelt haben und ca. 2–5% nicht einmal einen Abfall der Helferzellen unter 500/µl aufweisen. Langzeitinfizierte asymptomatische Patienten werden im englischen Schrifttum als „long-term nonprogressors“ bezeichnet und sind für die Erforschung genetischer und immunologischer Konstellationen von besonderem Interesse. Im letzten Stadium der Erkrankung kommt es zu einem raschen Abfall der Helferzellen und einer massiven Zunahme der Viruslast im Blut. Das Stadium C bzw. das Vollbild Aids ist charakterisiert durch Manifestation opportunistischer Infektionen, HIV-spezifische Tumoren, eine Schwindsucht (Wasting-Syndrom) oder dementielle Symptome (ADC: Aids-Demenz-Komplex). Die gebräuchlichste Stadieneinteilung beruht auf einer CDC-Klassifikation von 1993, bei der immunologische (Helferzellen) und klinische Gesichtspunkte Berücksichtigung fanden, wobei in Europa nichtt der alleinige Abfall der Helferzellen unter 200/µl als aidsdefinierend übernommen wurde. In den Tabellen 2.3-20 und 2.3-21 sind die stadiendefinierenden Parameter zusammengefasst. Bei der Manifestation der HIV-assoziierten Krankheitsbilder spielen die Epidemiologie der Erreger (s. Anamnese) sowie das Ausmaß der Helferzelldepletion eine herausragende Rolle. Indikatorkrankheiten für eine Immunschwäche wie z. B. die oropharyngeale Kandidiasis, Haarleukoplakie der Zunge, Herpes Zoster u. a. (Stadium-B-Krankheiten) treten bereits bei mäßiger Helferzelldepletion (1 Monat, rezidivierend, schwer therapierbar), zervikale Dysplasie oder Carcinoma in situ, Allgemeinsymptome (Fieber >38,5 ˚C >1 Monat oder Diarrhöen >1 Monat), orale Haarleukoplakie (EBV-assoziierte weißliche Effloreszenzen meist am Zungenrand), rezidivierender oder mulitsegmentaler Zoster, idiopathisch thrombozytopenische Purpura (ITP), Listeriose, tuboovarielle Abszesse im kleinen Becken, periphere Neuropathie
Aids-definierende Erkrankungen
gen im Sinne einer juckenden mikrofollikulären Dermatitis können ebenfalls unmittelbar HIV-assoziiert sein. Es besteht eine brauchbare Beziehung zwischen Helferzellzahl und Erkrankungsrisiko im Hinblick auf die verschiedenen
a
opportunistischen Infektionen (Abb. 2.3-9). Die bedeutsamste opportunistische Infektion in Deutschland war über mehrere Dekaden die Pneumocystis-Pneumonie, deren Erreger morphologisch und seinem Verhalten nach ein Protozoon, genetisch
Erkrankung
Spezifizierung
Candidiasis Herpes-simplex-Virus-bedingte chronische Ulzera Histoplasmose Isosporidiasis Kokzidioidomykose Kryptokokkose Kryptosporidiose Mycobacterium avium oder M. kansasii Mycobacterium tuberculosis Mykobakterien, andere/nicht klassifizierte Typen Pneumocystis-carinii-Pneumonie Pneumonie n Progressive multifokale Leukenzephalopathie Salmonellenbakteriämie/-Sepsis Toxoplasmose des Gehirns Zytomegalievirus (CMV)-Erkrankung
Ösophagus, Trachea, Bronchien, Lunge (Destruierend/persistierend >1 Monat) oder Befall von Bronchien, Lunge, Ösophagus Extrapulmonal oder disseminiert Chronisch intestinal (>1 Monat) Extrapulmonal oder disseminiert Extrapulmonal Chronisch intestinal (>1 Monat) Extrapulmonal oder disseminiert Alle Formen Extrapulmonal oder disseminiert
Zusätzlich bei Kindern Bakterielle Infektionena Lymphoide interstitielle Pneumonie oder pulmonale lymphoide Hyperplasie
C1 C2 C3 1. Wasting-Syndrom: Gewichtsverlust von >10% KG und >30 Tage Diarrhö oder Abgeschlagenheit mit Fieber (auch intermittierend) ohne eine andere Ursache als HIV 2. HIV-Enzephalopathie: klinischer Befund einer behindernden kognitiven oder motorischen Dysfunktion, die den Beruf oder die Aktivitäten des täglichen Lebens beeinträchtigt, die über Wochen bis Monate zunimmt, wenn keine andere Krankheit oder Ursache den Befund erklären kann. 3. HIV-assoziierte Tumoren: Kaposi-Sarkom, maligne Lymphome wie Burkitt-, immunoblastisches und primäres ZNSLymphom, Zervixkarzinom 4. Opportunistische Infektionen: s. Tabelle 2.3-2
Wiederholt (>1 in 12 Monaten) – Wiederholt – Retinitis oder lokalisiert (jedoch nicht bei Befall von Leber, Milz oder Lymphknoten) oder disseminiert (1 in 2 Jahren) –
Sepsis, Pneumonie, Meningitis, Osteomyelitis, Arthritis oder Abszess ess eines inneren Organs oder Emphysem (ausgenommen Otitis media und oberflächliche Haut- oder er Schleimhautabszesse), S verursacht durch Hämophilus, Streptokokkus (inklusive Pneumokokken) oder err andere a pyogene Bakterien
T be l llee 2.3-21. Tab aab abe 2.3 21.. Aidsdefinierende Infektionskrankheiten
2
2
88
2 Infektionskrankheiten
Tabelle 2.3-22. Primärprophylaxen opportunistischer Infektionen bei ei HIV-Infektion H (nach Kolson u. Gonzalez-Scarano) Erreger/Krankheit
Indikation
Therapie
Alternativen
Pneumocystis-cariniiPneumonie Toxoplasmose des ZNS
Helferzellen 5 mm oder früher positiv oder Exposition
INH: 300 mg +Vitamin B6 50 mg/Tag (A2) oder 900 mg + 100 mg 2-mal pro Woche für jeweils 9 Monate (B3)
RMP: 600 mg oder (RFB: 300 mg)+PZA: 20 mg/kg für 2 Monate (B3) RMP: 600 mg/Tag für 4 Monate (B3)
Tuberkulose bei INHResistenz
RMP: 600 mg oder (RFB: 300 mg) +PZA: 20 mg/kg für 2 Monate (A1, B3)
RMP: 600 mg/Tag für 4 Monate (B3)
Tuberkulose bei Multiresistenz
Absprache mit Spezialisten
–
Mycobacterium-aviumKomplex
Helferzellen < 50/µl
Azithromycin: 1200 mg 1-mal/Woche (A1) Clarithromycin: 2-mal 500 mg/Tag (A1)
Rifabutin: 300 mg/Tag (B1) Azithromycin: 1200 mg 1-mal/Woche +Rifabutin 300 mg/Tag (C1)
Windpocken/Zoster Impfempfehlungen:
Keine AK, Exposition Wenn AK-negativ Generell
Hyperimmunglobulin in 48 h Hepatitis A, Hepatitis B Influenza, Pneumokokken
– – –
RMP P Rifampicin, RFB Rifabutin, PZA Pyrazinamid, IHN N Isoniazid
aber den Pilzen verwandter ist. Bei einer Helferzellzahl unter 200/µl (im Median bei 50–60/µl) (s. Abb. 2.3-9) manifestiert sich die Erkrankung mit trockenem Husten, Fieber und Belastungsdyspnoe. Laborchemisch fallen eine Lymphopenie, LDHErhöhung und die respiratorische Alkalose auf. Hypoxämie, Restriktion und verminderte CO-Diffusionskapazität erhärten den Verdacht. Die massive Füllung der Alveolen mit Pneumozysten und ein geringgradiges, aber diffuses interstitielles Ödem führen zu einer schweren Hypoxie bei initial häufig diskreten Röntgen- und Auskultationsphänomenen. Bilateral zentrifugale, interstitiell anmutende Infiltrationen sind charakteristisch. Nach Therapiebeginn kommt es klinisch und röntgenmorpho-
500 450 400
Helferzellzahl
350
logisch häufig zu einer vorübergehenden Progression. Die hohe Letalität ist bedingt durch die ausgeprägte Gasaustauschstörung und Komplikationen wie z. B. Pneumothorax, bakterielle Superinfektionen und weitere begleitende HIV-assoziierte Erkrankungen. Diagnostische Methode der Wahl ist die Bronchoskopie mit Spezialfärbungen (Immunfluoreszenz u. a.) des Lavagematerials. Selten treten atypische pulmonale (unilateral, zystisch, nodulär, Erguss) oder auch extrapulmonale Verlaufsformen (Leber, Milz, Lymphknoten, Retina etc.) auf. Bei pO2 3 bleibender Therapieoptionen nach erstem und folgendem TheMo.) Anstieg der Helferzellen über 200/µl und Suppression der rapieversagen, Vermeidung schwerer Nebenwirkungen und der Viruslast ist ein Absetzen der Primärprophylaxen gegen PCP, Resistenzentwicklung. Da eine Erregereradikation zurzeit nicht Toxoplasmose, disseminierte Mycobacterium-avium-Komplex- möglich ist und es nur Studienergebnisse mit klinischen EndErkrankung (MAC), rekurrierenden Herpes simplex, Sooröso- punkten für Patienten im fortgeschrittenen Stadium der HIVphagitis und CMV möglich. Auch in Bezug auf die Beendigung Infektion gibt, bleibt zurzeit offen, ob asymptomatisch Infizierte von Sekundärprophylaxen mehren sich Berichte aus Kohorten- mit nur mäßig eingeschränkter Immunitätslage von einem und prospektiven Studien, dass bei zerebraler Toxoplasmose, frühzeitigen Behandlungsbeginn profitieren oder im Gegenteil Pneumocystis-carinii-Pneumonia (PCP), disseminierter MAC- Schaden nehmen durch Toxizität und Resistenzentwicklung. Infektion, CMV-Retinitis, ösophagealer Kandidiasis, Krypto- Dagegen kann ein zu später Beginn das Risiko eines schlechtekokkose u. a. eine Beendigung der Erhaltungstherapien nach ren Ansprechens, einer verkürzten Wirkdauer, einer rascheren persistierendem Anstieg der Helferzellen über den kritischen oder irreversiblen Krankheitsprogression und erhöhten Letalität beinhalten. Nach derzeitigem Kenntnisstand können die in Schwellenwert möglich ist. Tabelle 2.3-25 angegebenen Indikationen und Wertungen als Orientierungshilfe gebraucht werden. Tabelle 2.3-26 zeigt die Medikamente und Therapiestrategien Bei extrem variablen Spontanverläufen und in einer sich stän- zurzeit verfügbaren Medikamente (1–3 Neuzulassungen pro dig weiterentwickelnden Therapielandschaft, in der kontrol- Jahr zu erwarten) und Tabelle 2.3-27 sinnvolle Kombinationslierte und randomisierte prospektive Langzeituntersuchungen möglichkeiten. Didanosin + Zalcitabin, Zidovudin + Stavudin, geradezu unmöglich sind, leiten sich Richtlinien aus gut ge- Zalcitabin + Stavudin sowie in der Schwangerschaft Didanosin planten „Kurzzeitstudien“ (0,5–3 Jahre), klinischen Beobach- + Stavudin sollten wegen Antagonismus oder additiver Toxizitungen, pathogenetisch orientiertem Denken und Experten- tät nicht zusammen verabreicht werden. Bei Kombination von meinungen ab. Dementsprechend wird kontrovers diskutiert, zwei PI oder PI und NNRTI sind die Dosen anzupassen. Nicht wann und mit welchem Regime die Behandlung der HIV-Infek- alle Kombinationen sind zum Zeitpunkt der Drucklegung hintion eingeleitet und fortgeführt werden soll. Immerhin führte reichend evaluiert. Als Standard gilt heute die Tripeltherapie aus zwei NRTI die im Jahr 1996 eingeführte Tripeltherapie (zusätzlicher Einsatz von Proteasehemmstoffen als neuer Substanzklasse), die (nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren) plus einem Messung der Virusmenge im Blut als Kontrollparameter für (bis zu zwei) Proteasehemmer(n) oder einem NNRTI (nichtdie therapeutische Effektivität, das Verständnis der Viruskinetik nukleosidischem-RT-Hemmer) oder einem dritten NRTI. Für die und der daraus abzuleitenden Resistenzentwicklung zu einem Gleichwertigkeit der letzten Option bei hoher Viruslast ist die bedeutsamen Rückgang an Morbidität und Letalität der HIV- Datenlage noch ungenügend, die Beobachtungsdauer kurz. Insgesamt muss die HIV-Behandlung stark individualisiert und Infektion.
Klinisch
Helferzellen/µl
HIV-RNSKopien/ml
Indikation und Wertung
Symptomatische HIV-Erkrankung (Stadien B, C)
Alle Werte
Alle Werte
Empfohlen auf Grund von randomisierter Studie mit klinischem Endpunkt
Asymptomatisch, klinische Latenzphase (Stadium A)
50.000
Ratsam aber kontrovers
350
Alle Werte
Die Mehrzahl der Experten postponiert den Therapiebeginn
–
–
Keine verlässlichen Daten, nur im Rahmen klinischer Studien
Akutes retrovirales Syndrom
T be l llee 2.3-25. Tab aab abe 2.3 25.. Behandlungsindikation in Abhängigkeit von Klinik, Helferzellzahl und Viruslast
2
2
92
2 Infektionskrankheiten
Taabelle 2.3-26. Medikamente zur antiretroviralen Therapie Wichtigste Nebenwirkungen, Hinweise
Gruppennebenwirkungen
Nuklleosidale Reveerse-Trranskriptase-Inhibitoren (NRT TI) Ab bacavvir Ziagen 2-mal 300mg
Hyypersensitivitätssyndrom
Didanosin
Videx
Pankreatitis, Neuropathie
Steatosis hepatis, Laktatazidose Lipoatrophie
Emtricitabin Lamivudin Stavvudin
Emtriva Epivir Zerit
Zalcitabin Zidovudin Ko ombination: Lamivudin + Zidovudin Ko ombination: Lamivudin + Zidovudin + Ab bacavvir
Hivid Retrovir Combivir
Freiname
Handelsname
Trrizivir
Nuklleotidanaloga (NtRT TI) Teenofo ovir Viread
Dosis
Nüchtern: >60 kg KG G: 1-mal 400 mg, bei 60 kg KG G: 2-mal 40 mg S. mansoni > S. haematobium). Chronische Bilharziose beginnt mit der Eiproduktion. Mehr als 50% der Eier verbleiben im Gewebe und führen zur Bildung von Granulomen und perigranulomatöser Entzündung, bei urogenitaler Bilharziose in Blase, Niere, Harnleiter, Samenblase, Prostata und weiblichem Genitaltrakt, bei intestinaler Bilharziose in Kolon und Rektum. Durch Einschwemmung zahlreicher Eier in die Leber kann sich eine periportale Fibrose (Tonpfeifenstielfibrose) entwickeln. Ektopische Eiablagerungen in ZNS, Lunge und selten in Pankreas und Haut sind möglich.
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2 Infektionskrankheiten
Klinik und Diagnostik Die Krankheitserscheinungen hängen
von der Eiproduktion, der Häufigkeit der Reinfektion, der Entwicklung einer zunehmenden protektiven Immunität und der Dauer des Krankheitsgeschehens ab (s. Übersicht).
Die Prognose ist gut. Sie hängt von der Schwere der Organveränderungen ab. Selbst bei fortgeschrittenen Krankheitsstadien ist eine deutliche Rückbildung möglich. Nematoden (Fadenwürmer) Definition Nematodeninfektionen mit dem Zwergfadenwurm
Akute und chronische Schistosomiasis • Akute Schistosomiasis: Zerkariendermatitis; Katayama-Fieber (Fieber, Übelkeit, Durchfall, periorbitale Ödeme, Eosinophilie, Hepatosplenomegalie) iisc hi istto oso so om iiasis iiss • Ch hro hr ro n nische nisc scch hee Schist Scch histoso hist ist osomiasis miasis asis – S. haematobium: Durch Granulome in Ureter und Blase Ulzerationen, Polypenbildung, Blutungen; Hämaturie und Proteinurie; Verdickung der Blasenwand, Verkalkung und Schrumpfung; dadurch Harndrang, Pollakisurie und Inkontinenz; Ureterstrikturen, Hydronephrose, Pyelonephritis, Nephrolithiasis; evtl. Blasenkarzinom – S. mansoni, S. japonicum, S. mekongi, S. intercalatum: Lange Zeit weitgehend beschwerdefrei; Durchfälle, Bauchschmerzen; granulomatöse Verdickungen des Kolons können als Tumor imponieren; schwere Krankheitsbilder durch Leberbefall (Pfortaderhypertonie) – Lungenbeteiligung: Pulmonale Hypertonie durch Gefäßobliterationen – ZNS-Beteiligung: Krampfanfälle, Tumorzeichen, Lähmungen (S. japonicum); bei spinaler Beteiligung (S. mansoni, S. haematobium) transverse Myelitis
Strongyloides stercoralis und den Hakenwürmern Ancylostoma duodenale und Necator americanus, bei denen die Larven das Gewebe durchwandern und die adulten Würmer im Darm leben. Bei Strongyloidiasis stehen die klinischen Symptome der Gewebedurchwanderung, bei den Hakenwürmern die Folge der Darmbesiedelung im Vordergrund. Ein chronisches intestinales Krankheitsbild wird durch den Peitschenwurm Trichuris trichiura verursacht. Larva migrans cutanea entsteht durch subkutane Wanderung von Larven, meist Ancylostoma brasiliense, nach perkutaner Infektion. Strongyloidiasis (Strongyloides stercoralis, Zwergfadenwurm) Parasitologie, Klinik und Diagnostik Strongyloideslarven durch-
bohren die Haut und leben als adulte Würmer im oberen Dünndarm. Aus abgelegten Eiern schlüpfen Larven, die im Stuhl ausDiagnose durch Einachweis im Urin (Filtration, 24-h-Sammel- geschieden werden. Larven können aber auch die Darmwand urin) oder Stuhl (Konzentrationsverfahren) und in Blasen- oder durchdringen (interne Autoinfektion) oder die Haut im AnalRektumbiopsie. Indirekter Nachweis und Therapiekontrolle bereich durchbohren (externe Autoinfektion). Larven können nach der Hautpenetration als Larva currens durch Antikörpermessung oder Bestimmung zirkulierender Antigene. Ausmaß und Charakter (Fibrosierung, Malignom) der imponieren. Die intestinale Infektion führt nur selten zu abdoOrganschädigung müssen bestimmt werden (bildgebende Ver- minellen Schmerzen und schleimig-blutigen Durchfällen. Bei fahren, Histologie). Bei Blasenbilharziose Nachweis von Hämat- immunsupprimierten Patienten kann es zu einer generalisierter Autoinfektion und einem tödlich verlaufendem Hyperinfektionsurie und Proteinurie. syndrom mit hämorrhagischer Panenteritis, MalabsorptionsTherapie und Prognose Die Therapie richtet sich gegen die syndrom, eosinophiler Pneumonie und Meningoenzephalitis adulten Würmer. Praziquantel kann gegen alle Schistosomen- kommen. Die Diagnose wird durch den Nachweis der Larven in Stuhl arten eingesetzt werden (s. Übersicht). Die Behandlung reduziert die Eiausscheidung um mindestens 90%. Wegen Resis- oder Duodenalsaft gestellt. Häufig Eosinophilie, jedoch nicht tenzentwicklung und geringer Wirksamkeit gegen juvenile Wür- obligat beim Hyperinfektionssyndrom. Die Bestimmung von mer sollten nach 3 Monaten parasitologische und serologische Antikörpern ist möglich. Kontrolluntersuchungen vorgenommen werden. Bei Bedarf erneute Behandlung mit Praziquantel. Therapie und Prognose Behandlung mit Albendazol, bei Therapieversagen Ivermectin (Tabelle 2.3-28). Die vollständige Wurmeradikation wird mit einem Therapiezyklus meist nicht erreicht. Die Prognose des Hyperinfektionssyndroms ist bei stark Therapie der Schistosomiasis • Medikament: Praziquantel (Biltrizide, Zystide) Pyrazinoisoimmunsupprimierten Patienten schlecht. chinolin; Wirkungsweise durch Zellmembranschädigung; Kalziumverlust mit tetanischer Aktivierung der Wurmmuskulatur; Hemmung der Glukoseresorption • Geringe Nebenwirkungen: Oberbauchschmerzen, Durchfall, Übelkeit, Schwindelgefühl, selten Urtikaria und blutige Durchfälle; Behandlung im ersten Schwangerschaftstrimenon kontraindiziert, im 2. und 3. Trimenon nur bei zwingender Indikation • Parasit und Dosierung – S. haematobium: 40 mg/kg/Tag per os über 3 Tage – S. mansoni: 40 mg/kg/Tag bis 2-mal 30 mg/kg/Tag über 3 Tage – S. intercalatum und S. japonicum: 2-mal 30 mg/kg/Tag über 3 Tage
Hakenwurminfektion (Ancylostoma duodenale, Necator americanus) Parasitologie, Klinik und Diagnostik Adulte Würmer haften
an Darmzotten und saugen Blut (A. duodenale 0,25 ml/Tag, N. americanus 0,03 ml/Tag). Starke Wurmbelastung führt zu massivem Eiweißverlust und Eisenmangelanämie. Bauchschmerzen, Meteorismus, Obstipation oder Durchfälle sind selten. Die Diagnose wird durch Wurmeinachweis im Stuhl gestellt. Es besteht eine Eosinophilie.
2.3 2 3 Multiorganinfektionen – komplexe klinisch-infektiologische Krankheiten Medikament
Wirkungsweise
Strongyloidiasis Hemmung des TubuAlbendazol linaufbaus und der Glu(Eskazol); Benzimidazol koseresorption
Ivermectin (Stromectol)
Makrozyklisches Lakton; beeinflusst die Bindung von g-Aminobutterg säure (GABA) an neuromuskuläre Synapsen
Ankylostomiasis Mebendazol Siehe Albendazol (Vermox); Benzimidazol Trichuriasis Mebendazol
Nebenwirkungen
Dosierung
Gut verträglich; gelegentlich Erbrechen, Schwindel, Durchfälle; kontraindiziert im 1. Trimenon
2-mal 400 mg/Tag p.o. über 7 Tage; bei Hyperinfektionssyndrom über 4 Wochen und evtl. Wiederholung
Gut verträglich; gelegentlich Fieber, Pruritus, Hautödeme
0,2 mg/kg/Tag p.o. über 3 Tage
be abet e Se des Insulinbedarfs
Mebendazol 2-mal 100 mg/Tag p.o. über 3 Tage oder Albendazol einmalig 400 mg p.o.
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Therapie und Prognose Behandlung mit Mebendazol (s. Tabelle 2.3-28) oder Albendazol sowie Eisen- und Folsäuresubstitution. Die Prognose ist gut.
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T be l llee 2.3-28 2.3 288. Therapie aab abe Tab der Nematodeninfektionen
2-mal 100 mg/Tag p.o. über 3–6 Tage oder Albendazol 400 mg/Tag über 3 Tage
Giardiasis Parasitologie, Klinik und Diagnostik Fäkal-oral übertragene
Zysten von Giardia lamblia exzystieren zu begeißelten Trophozoiten und heften sich an die Dünndarmmukosa. Die Infektion kann asymptomatisch bleiben oder aber akute und chronische Larva migrans cutanea Parasitologie, Klink und Diagnostik Meist Larven der Haken- Durchfälle (Malabsorption) verursachen. Häufig treten Meteowürmer von Hunden und Katzen (Ancylostoma brasiliense, rismus, Hyperperistaltik und im Wechsel geformte und dünne, A. caninum). Die Larven entwickeln sich nicht im Menschen breiige Stühle auf. Differentialdiagnostisch wichtig ist der Ausund sterben nach Wanderung in der Haut ab. Ihr Weg ist als schluss einer tropischen Sprue. Die Diagnose wird gestellt durch mikroskopischen Nachstrangförmige, stark juckende Rötung mit lokalem Ödem und Vesikeln sichtbar. Die Diagnose ergibt sich aus dem Hautbefund. weis der Parasiten oder durch immunologischen Antigennachweis (ELISA) in Stuhl, Duodenalsaft oder Duodenalbiopsie. Therapie und Prognose Lokaltherapie über 10 Tage (4-mal tgl.) mit Thiabendazolsalbe (5 g 10%, Triamzinolonazetonid Therapie und Prognose Behandlung mit oralen Nitroimida0,05 g 0,1%, Unguentum emulsificans aquosum ad 50,0) ist zolpräparaten. Die Heilungsrate beträgt etwa 90%. Bei polymeist ausreichend. Die Applikation muss über die sichtbaren resistenter Lambliasis Albendazoltherapie. Im 1. Trimenon der Hautveränderungen hinausgehen, da die Larve den geröteten Schwangerschaft keine 5-Nitroimidazole, sondern das nicht Bezirk bereits verlassen hat. Bei Therapieversagen oral Alben- resorbierbare Aminosidinsulfat Paromomycin (Humatin). Nach dazol 2-mal 7,5 mg/kg/Tag über 5 Tage oder Ivermectin einma- einer Lambliasis kann sich ein sekundärer Laktasemangel entlig 200 µg/kg. Lokale Vereisung und chirurgische Maßnahmen wickeln. sind kontraindiziert. Trichuriasis (Trichuris trichiura, Peitschenwurm) Parasitologie, Klinik und Diagnostik Adulte Würmer graben
sich in das Dickdarmepithel ein. Bei starker Infektion (>500 Würmer) können auch Ileum und Rektum betroffen sein. Nur dann treten Bauchschmerzen, Meteorismus und schleimig-blutige Durchfälle auf. Selten kommt es zu Ileuminvagination, Appendizitis oder Rektumprolaps. Beweisend ist der Nachweis von Wurmeiern im Stuhl und Adulten bei Endoskopie. Therapie und Prognose Behandlung mit Mebendazol oder Albendazol (s. Tabelle 2.3-28). Stuhlkontrolle nach 2 Wochen und bei Bedarf erneute Therapie.
Amöbiasis Definition und Parasitologie Der Einzeller Entamoeba histo-
lytica kann zu einer asymptomatischen Darmlumenbesiedlung führen, eine unterschiedlich schwere Durchfallerkrankung verursachen (Amöbenruhr) oder nach Durchwanderung der Darmwand und hämatogener Aussaat in andere Organe Abszesse hervorrufen. Eine morphologisch nicht unterscheidbare apathogene Spezies E. dispar lässt sich durch Enzymtypisierung oder DNSAnalyse abgrenzen. Im Stuhl ausgeschiedene Zysten werden fäkal-oral übertragen. Sie exzystieren im Darm zu „amöboid“ beweglichen, phagozytierenden vegetativen Formen (Trophozoiten).
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2 Infektionskrankheiten
Ätiologie, Klinik und Diagnose Trophozoiten phagozytieren Zellen oder lysieren sie durch Einschleusung eines Proteins (Amöbapore). Durch Invasion des Parasiten in die Kolonwand ist die Ausbildung von flächigen Nekrosen möglich. Die Schwere der Amöbenruhr ist abhängig von Zahl und Ausbreitung der Nekrosen wie auch von der Tiefe der Darmwandpenetration mit Gefäßzerstörung und bakterieller Sekundärinfektion. Es treten wechselnd schwere, häufig krampfartige Bauchschmerzen und Durchfälle auf. Die Stühle sind anfänglich geformt, mit schleimig-blutigen Auflagerungen, später himbeergeleeartig blutigschleimig. Komplikationen sind Darmblutungen, Peritonitis und akutes Abdomen. Bei lokaler Begrenzung des Darmwandbefalls kann die entzündliche Reaktion als Tumor imponieren (Amöbom). Bei extraintestinaler Absiedlung in der Leber (80–90% linker Leberlappen) entstehen Abszesse (30% multiple Abszesse). Selten sind Abszesse in Lunge, Niere und Gehirn. Sie können in Pleura, Bronchien, Perikard und Bauchraum perforieren. Leberabszesse sind charakterisiert durch schweres Krankheitsgefühl, Fieber, Oberbauchschmerzen, ausstrahlende Schmerzen in die rechte Schulter und Leukozytose. Bei intestinaler Amöbiasis endoskopische Untersuchung der Darmwand. Der mikroskopische Nachweis von Trophozoiten mit phagozytierten Erythrozyten im Stuhl (Lugol-Lösung, Anreicherung mit Merthiolat-Jod-Formaldehyd oder SodiumAcetat-Formaldehyd) ist beweisend. Diagnose der Amöbenabszesse erfolgt durch Sonographie, CT und Antikörpernachweis. Trophozoiten sind in Punktionsmaterial selten nachweisbar. Therapie und Prognose Die E.-dispar-Infektion wird nicht
behandelt. Bei asymptomatischer E.-histolytica-Darmlumeninfektion (keine Serumantikörper) Therapie mit dem Dichloracetamidderivat Diloxanidfuroat (Tabelle 2.3-29). Es wirkt nur auf die Darmlumenformen. Die akute intestinale Amöbiasis wird mit Metronidazol behandelt. Ebenso der Amöbenabszess,
jedoch mit nachfolgender Darmlumensanierung durch Diloxanidfuroat. Eine perkutane Abszessaspiration unter sonographischer Orientierung und in Operationsbereitschaft ist nur selten zur Druckentlastung bei drohender Perforation erforderlich. Leishmaniose Definition und Parasitologie Leishmanien verursachen Er-
krankungen der Haut (kutane Leishmaniose, KL), von Haut, Schleimhaut und Knorpel (mukokutane Leishmaniose, MKL) oder mit generalisiertem Befall der Organe (Kala-Azar = viszerale Leishmaniose, VL). Die obligat intrazellulären Protozoen befallen Makrophagen und vermehren sich durch Teilung. Die Übertragung erfolgt durch Phlebotomen (Schmetterlingsmücken), Bluttransfusion, kontaminierte Spritzen und konnatal. KL kommt in China, Ostafrika, Mittel- und Südamerika, im Mittelmeerraum und im Mittleren und Vorderen Orient vor, MKL in Mittel- und Südamerika und VL in China, Südasien, Ostafrika, Süd- und Mittelamerika sowie im Mittelmeerraum. Infektionsreservoire sind je nach Krankheitsbild und regionalem Vorkommen Kaniden, Nagetiere und Mensch. Ätiologie und Pathogenese Nur wenige Infektionen führen
zur Erkrankung. Das Ausmaß der Gewebe- und Organbeteiligung hängt von Virulenz und Tropismus der Parasitenspezies und der Immunkompetenz des Infizierten ab. Bei intakter Immunkompetenz mit Th1-Immunantwort und überwiegender IFN-gamma-, IL2- und IL12-Produktion wird die Infektion beherrscht. Mit abnehmender Immunkompetenz, Th2-Immunantwort und verstärkter IL4-, IL10- und TNF-alpha-Produktion kommt es zu zunehmender Dissemination. Klinik und Diagnostik Kutane Leishmaniose Nach Parasiteninokkulation bildet sich
nach Wochen eine Papel. Daraus entwickelt sich ein schmerzloses, flaches Ulkus mit Randwall und einer trockenen, weißen
Tabelle 2.3-29. Therapie der Giardiasis und Amöbiasis Medikament Giardiasis Metronidazol (Arilin, Clont, Flagyl), Tinidazol (Simplotan), Ornidazol (Tiberal); 5-Nitroimidazole
Wirkungsweise
Nebenwirkungen
Dosierung
Hemmung der DNS-Synthese
Alkoholunverträglichkeit!; gastrointestinale Beschwerden, metallischer Geschmack; seltener depressive Verstimmung, Exanthem, Pruritus, Dunkelfärbung des Urins, Leukopenie; sehr selten Enzephalopathie; Kontraindikation: 1. Trimenon
p.o. Tinidazol 1-mal 2 g/Tag über 2 Tage, Ornidazol 4-mal 500 mg/Tag über 5 Tage, Metronidazol 2-mal 1 g/Tag über 3 Tage; bei polyresistenter Lambliasis Albendazol 10–15 mg/kg/T ag über 3 Tage; Schwangerschaft: Paromomycin 2-mal 250 mg/Tag über 5 Tage
Amöbiasis Asymptomatische Amöbiasis, Darmlumensanierung bei intestinaler Amöbiasis, Zusatztherapie bei Amöbenleberabszess Diloxanidfuroat (Furamide); Unbekannt Gut verträglich; selten Meteo3-mal 500 mg/Tag p.o. über 10 Tage Dichloraacetamidderivat rismus, Durchfälle, Pruritus Akute oder chronische Amöbiasis und Amöbenabszess Metronidazol (Siehe oben) Darmlumensanierung mit Diloxanidfuroat
Metronidazol 3-mal 10 mg/kg/Tag über 10 Tage; bei schwerer intestinaler Amöbiasis oder Amöbenleberabszess Beginn mit i.v.-Applikation
2.3 2 3 Multiorganinfektionen – komplexe klinisch-infektiologische Krankheiten
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Tabelle 2.3-30. Therapie der Leishmaniosen Medikament
Wirkungsweise
Nebenwirkungen
Kutane Leihmaniosen der Alten Welt und L. mexicana der Neuen Welt Fünfwertiges Antimon Siehe VL (Glucantime, Pentostam)
Aminosidinsulphat (Paromomycin)
Siehe Antibiotikatherapie
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Dosierung ternförmige periläsionale Injektionen 1–3 ml/2-mal wöchentlich über 3–5 Wochen; Erfolgsrate 90% 15% Paromomycinsulfat in Valinum album mit 10% Harnstoff als Salbe über 3 Monate; Erfolgsrate 70–80%
Viszerale Leishmaniose, mukokutane Leishmaniose und kutane Leishmaniose der Neuen Welt, LR und DKL Fünfwertiges Antimon, Wahrscheinlich Hemmung der Gelegentlich Übelkeit, Myal2-mal 10 mg Sb5/kg/Tag p.i. in M-Methylglucaminantimonat parasitären DNS-Topoisomegien, Arthralgien; Hepato- und 5% Glukose über 30 Tage, auch (Glucantime, 85 mg Sb5/ml) rase Nephrotoxizität; EKG-Kontrol- i.m.-Gabe möglich und Natriumstibogluconat len wegen potentieller Verän(Pentostam, 100 mg Sb5/ml) derungen des QT-Komplexes Liposomales Amphotericin B (AmBisome)
Wahrscheinlich Schädigung der Parasitenmembransterole
Sehr gut verträglich; selten Fieber, Tachykardie, Nierenfunktionsstörungen, Anämie, Thrombozytopenie
3 mg/kg/Tag i.v. über 10 Tage
Leishmaniose bei immunsupprimierten Patienten: Evtl. zusätzlich Interferon-g g an drei Tagen, Wiederholung alle 4 Wochen; Rezidivprophylaxe 20 mg Sb5/kg p.i. in 5% Glukose alle 4 Wochen
oder hämorrhagischen Kruste. Sekundärinfektionen mit lokaler Lymphangitis sind möglich. Aus einer KL kann eine chronisch rezidivierende Rezidivansleishmaniose (LR) mit narbiger Abheilung und peripher fortschreitenden, gelb-bräunlichen papulösen Läsionen entstehen, bei Immundefizienz dagegen eine diffuse kutane Leishmaniose (DKL) mit ausgedehnten knotigen Hautveränderungen. Mukokutane Leishmaniose Sie beginnt mit einem granulo-
matösen Geschwür am Nasenseptum und führt zu fortschreitender ulzerierender Zerstörung der Uvula, des Gaumens und des Larynx. Viszerale Leishmaniose Es handelt sich hierbei um eine akut
oder schleichend beginnende Erkrankung mit intermittierendem Fieber, Splenohepatomegalie, zunehmender Panzytopenie, Hypoalbuminämie und Hypergammaglobulinämie. Häufig Lymphadenopathie, seltener Enteritiden und Bronchopneumonien. Gelegentlich Dunkelfärbung der Hand- und Fußsohlen (Kala-Azar = „schwarze Krankheit“). Unbehandelte Patienten sterben meist an Blutungen und Sekundärinfektionen. Häufig atypischer Verlauf bei Immunsupprimierten (HIVInfektion, Zytostatikatherapie) ohne Hepatosplenomegalie (bis 20%) und Fieber, jedoch mit stärkerer Zytopenie und möglicher Beteiligung von Haut und Schleimhäuten. Die Diagnose wird aus Reiseanamnese, klinischem Bild, Parasitennachweis und serologisch-immunologischen und molekularbiologischen Befunden gestellt. Beweisend ist der Erregernachweis. Bei KL und MKL werden Parasiten aus dem Ulkusrandwall gewonnen und im Ausstrich oder in der Kultur nachgewiesen. Die Leishmanien-PCR erlaubt auch die Differenzierung von
Subspezies. Der Antikörpernachweis ist bei KL selten, bei MKL häufiger und bei VL und diffus kutaner Leishmaniose immer (Ausnahme: Immunsupprimierte) positiv. Bei Kala-Azar kann der mikroskopische Nachweis in Knochenmark-, Milz- und Lymphknotenmaterial geführt werden. Bei Immunsupprimierten gelingt er häufig im „buffy coat“. Therapie und Prognose Therapie und Prognose hängen ab von der Art der Erkrankung, ihrer Lokalisation, der Dauer und Schwere des Krankheitsverlaufs und dem Immunstatus des Patienten (Tabelle 2.3-30). Kutane Leishmaniose Sie heilt, mit Ausnahme der südamerikanischen KL, nach Monaten ohne Therapie ab. Therapieempfehlung: periläsionale Infiltration von fünfwertigem Antimon (Sb) oder Salbenbehandlung mit Paromomycin (Aminosidinsulfat). Orale Antimontherapie ist bei KL der Alten Welt selten, bei der KL der L. brasiliensis-Gruppe immer erforderlich. Rezidivansleishmaniose und diffus kutane Leishmaniose werden immer systemisch behandelt. Bei beiden ist die Erfolgsquote gering. Mukokutane Leishmaniose Sie wird grundsätzlich systemisch
behandelt. Viszerale Leishmaniose Fünfwertige Antimonpräparate sind weltweit die Grundlage der Kala-Azar-Therapie. Liposomales Amphotericin B wird in den infizierten Makrophagen angereichert und ist, trotz des hohen Preises, das Mittel der Wahl. Beide Medikamente können in der Schwangerschaft verabreicht werden. Mittel der 2. Wahl: a) Pentamidin 2–4 mg/kg/Tag i.m. jeden 2. Tag über 5 Wochen. Nebenwirkungen sind Nieren-
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und Pankreasschädigung, Hypoglykämie und Hypotension; b) Aminosidinsulfat 15 mg/kg/Tag i.m. oder i.v. über 3 Wochen. Nebenwirkungen sind Nephro- und Ototoxizität. Leishmaniose bei HIV-Patienten Alle Leishmanioseformen wer-
den bei Immunsupprimierten systemisch behandelt. Zusätzlich kann Interferon-γ gegeben werden. In wenigen Fällen wurden unter Interferontherapie Kaposi-Läsionen beobachtet. Zur Rezidivprophylaxe wird einmal monatlich Amphotericin oder Antimon verabreicht. Prognose Die Prognose aller Leishmaniosen ist bei immunkompetenten Patienten gut. Kala-Azar verläuft unbehandelt in mehr als 90% aller Fälle tödlich. Bei regelgemäß behandelten Patienten können Rückfälle und Therapieresistenz auftreten. Bei HIV-Patienten liegt die mittlere Überlebensdauer trotz optimaler Therapie und Rezidivprophylaxe derzeit bei einem Jahr. Malaria Definition und Parasitologie Erreger der Malaria sind die Pro-
Klinik und Diagnostik Charakteristisch für Malaria tertiana und Malaria quartanaa sind Kopf- und Gliederschmerzen, periodische Fieberschübe, Anämie und Hepatosplenomegalie. Der Krankheitsverlauf ist unkompliziert. Sehr selten kann es zu einer Milzruptur kommen. Die Entwicklung eines nephrotischen Syndroms bei chronischer P.-malariae-Infektion, ganz überwiegend im Kindesalter, ist möglich. Malaria tropicaa hat Krankheitserscheinungen ähnlich wie bei Malaria tertiana und quartana, jedoch keinen charakteristischen Fieberverlauf. Gefürchtet sind die lebensbedrohlichen Komplikationen (s. Übersicht). Die Diagnose wird durch den Nachweis der Parasiten im „dicken Tropfen“ (Anreicherungsverfahren) und im Blutausstrich gestellt. Sie kann durch Antigen- oder DNS-Nachweis unterstützt werden. Serologische Methoden spielen bei der Diagnostik der akuten Malaria keine Rolle.
Kriterien der komplizierten Malaria tropica • Bewusstseinseintrübung, Koma, zerebrale Krampfanfälle • Anämie (Hb 9 Jahre in der Antibiotikatherapie enthalten sein. Unter IVIG sind Sinusitiden und Bronchitiden bei vielen Patienten weiter vorhanden. Vermutlich reichen die transfundierten Immunglobuline nicht aus, um das fehlende IgA auf den Schleimhäuten ersetzen. Eine jährliche Vorstellung beim spezialisierten Immunologen wird dringend empfohlen, um frühzeiRichtlinien für die Heiminfusions-Therapie mit Immunglobu- tig Therapiekomplikationen erkennen zu können, eine Therapie lin-Präparaten Das seltene Auftreten von Nebenwirkungen bei möglicherweise noch zu optimieren und neue Erkenntnisse in Immunglobulinpräparaten die subkutan verabreicht werden der Behandlung der Patienten weiterzugeben. Die Dosis und das Intervall der Immunglobulinersatzdürfen, ermöglicht die Selbstinfusion dieser Präparate als sog. Heimtherapie. Diese kann in einigen Zentren in Deutschland therapie müssen dem klinischen Status eines jeden Patienten erlernt werden. Die Einstellung der Patienten auf ein Subkutan- angepasst werden. Dieses Vorgehen ist komplex und erfordert präparat erfolgt durch intensives Training im Zentrum und die Erfahrung des Spezialisten. Die Patienten müssen darüber wird anfänglich auch regelmäßig durch dieses kontrolliert. Die aufgeklärt werden, dass die Substitutionstherapie erst nach regelmäßige Vorstellung der Patienten in einem Schwerpunkt- mehreren Monaten zum klinischen Erfolg führen kann. Serumzentrum ist dennoch notwendig, um sich ggf. einschleichende immunglobulinspiegel sollten vor jeder erneuten Infusion geFehler zu korrigieren und Langzeitkomplikationen frühzeitig messen werden, um den Therapieerfolg objektivieren zu könzu erkennen sowie um die regulären Vorsorgeuntersuchun- nen. Auch wenn ein „steady state level“ erreicht ist, sollten die gen durchzuführen. Die Heimtherapie birgt Vor- und Nachteile Serumimmunglobuline routinemäßig überprüft werden, um für den einzelnen Patienten, die individuell abgewogen wer- z. B. einen neu auftretenden Immunglobulinverlust über die den müssen. Als Vorteile werden häufig die Unabhängigkeit Niere, den Gastrointestinaltrakt oder einen erhöhten Immunvon medizinischem Personal, der Zeitgewinn sowie der positive globulinverbrauch während einer Infektion schon frühzeitig Effekt, selbst etwas gegen seine Erkrankung zu tun und einen erkennen zu können. Bei Kindern ist es besonders wichtig, die gleichmäßigeren Immunglobulin-Serumspiegel zu erhalten, Immunglobulindosis dem Wachstum und dem Körpergewicht genannt. Als nachteilig werden zuweilen die eigene Verantwor- anzupassen. Die Menge der Immunglobuline, die ein Patient tung, die Notwendigkeit zur Selbstinjektion sowie die Häufig- benötigt, um infektfrei zu leben, variiert von Patient zu Patient. Das generelle Therapieziel besteht jedoch darin, die Immunkeit der Injektionen gesehen.
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3 Immunologisch bedingte Krankheiten
globulinkonzentrationen für IgG in den altersentsprechenden Normbereich zu bekommen. Es sollte allerdings mit Nachdruck darauf hingewiesen werden, dass es einige Patienten gibt, die erst von deutlich höheren Immunglobulinspiegeln profitieren. Die regelmäßige Bestimmung des Serum-CRP ist ebenfalls anzuraten. Das Führen eines Patiententagebuches, in dem der Patient seine Infektionen und auch seine Therapie einträgt, kann von großer Hilfe sein. Diese Tagebücher können auf die speziellen Probleme des Einzelnen adaptiert werden und somit Details über Qualität des Sputums, Stuhlfrequenz, Gabe von Antibiotika etc. enthalten.
werden müssen. Auf europäischer Ebene gilt die Veröffentlichung der Guideline der CPMP von 1996. Dort heißt es: In alle Produktionsschritte sollen effektive Schritte zur Inaktivierung bzw. Eliminierung von unterschiedlichen Viren inkorporiert werden. Die in den Validierungsstudien verwendeten Viren sollen unterschiedliche physikochemische Eigenschaften haben. Die Hersteller werden aufgefordert, kontinuierlich an der Weiterentwicklung dieser Maßnahmen zu arbeiten.
Die Virussicherheit bei Immunglobulinen wird durch Maßnahmen zur Minimierung der Virusbelastung im Ausgangsplasma erreicht: Sicherheit von Immunglobulin-Produkten Plasmaspenderauswahl, Bis heute wurde noch keine HIV-Infektion durch Gabe von IVIG Plasmaauswahl für die Fraktionierung, dokumentiert. Die Inaktivierung dieser Virusgruppe wird durch Wahl des Virusinaktivierungsverfahrens, kaltes Ethanol während des Herstellungsprozesses bewirkt. Es Kontrollsystem im Aufbereitungsprozess, gibt allerdings vereinzelte Berichte, bei denen sich CVID-Patien- konsequente Einhaltung von GMP-Regeln, ten mit HIV infizierten. Interessanterweise führte die HIV-Infek- Anwendung bewährter effektiver Virusinaktivierungsvertion zu einer Beseitigung der Hypogammaglobulinämie. Die fahren. Übertragung von Hepatitis C durch frühere Immunglobulinpräparate ist hingegen in über 400 Fällen nachgewiesen wor- Zusätzlich werden nach den Anforderungen der QSEAL-Zerden. Das damals als Non-A-Non-B bezeichnete Virus war noch tifizierung der PPTA (Vereinigung der plasmaproduzierenden nicht identifiziert und die Immunglobulinfraktionierung hat Pharmakonzerne) folgende Sicherheitsstufen eingehalten: offensichtlich in vereinzelten Immunglobulinchargen nicht zur Sperrlagerung von mindestens 60 Tagen, kompletten Inaktivierung oder Eliminierung dieser Viren ge- Testung auf Genommaterial von HIV, HBV und HCV mittels führt. PCR-Technik in Fraktionierungspools, Um die Kontamination der Immunglobulinpräparate mit Verwendung des Plasmas qualifizierter WiederholungsHepatitis C und HIV zu verhindern, werden inzwischen alle spender, Blutspenden für Antikörper gegen HCV und HIV sowie gegen regelmäßige Überprüfung von Virusmarkerraten in den das HBs-Antigen getestet. Zusätzlich wurde in die Herstellung Plasmapheresezentren, der Immunglobulinprodukte ein weiterer Schritt zur Reduktion Testung des eingehenden Plasmas auf Parvo-B19-DNA (Beunbekannter viraler Partikel eingefügt. Chargennummern von grenzung der Viruslast auf max. 105 Parvo-B-19-DNA/ml). infundierten Produkten müssen jedoch bei jeder Infusion notiert werden, um im Falle einer Virusübertragung die kontaminierte Die Sicherheit der Immunglobuline beginnt mit der Auswahl Charge identifizieren zu können. der Spender. Die Firmen beziehen das für ihre Produkte verwendete Plasma von Spendezentren, die strenge Standards für die Immunglobulinpräparate und ihre Zubereitung Produkte, Zulassung von Plasmaspendern und Screening-Maßnahmen die aus Blut und Plasma hergestellt werden, unterliegen in ihrer umsetzen. Es kommen nur gesunde, ortsansässige Dauerspender in Herstellung den strengen Richtlinien, die im Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung und Gesundheitsschutz ver- Frage. Die Spender werden einer ausführlichen Untersuchung öffentlicht werden (Bundesgesundheitsbl 2000, 43: 555–589). unterzogen und auf HIV, Hepatitis B und C oder andere LeberBlutprodukte können prinzipiell eine Reihe verschiedener in- erkrankung getestet. Die Spendezentren selbst unterliegen der fektiöser Erreger übertragen. Transfusionsrelevante Viren sind Kontrolle der ABRA (American Blood Research Organisation), Viren, die mit einer Blutspende übertragbar sind, wie z. B. HIV, die sie als Teilnehmer am Plasmaqualitätsprogramm (Quality HCV und HBV. Bei Personen mit gestörter Immunabwehr sind Plasma Program, QPP) zertifiziert. Das Ausgangsplasma kommt außerdem Parvovirus B19, Zytomegalievirus (CMV) und Ep- aus Plasmapheresezentren in den USA, die der Kontrolle der FDA unterliegen bzw. aus Spenderzentren in Europa. stein-Barr-Virus (EBV) von Bedeutung. Die Spenderplasmen werden auf Transaminasen unterMaßnahmen zur Viruseliminierung und -inaktivierung bei sucht. In Minipools werden die Plasmaspenden mittels PCR auf der Herstellung 1994 hat das Paul-Ehrlich-Institut Empfeh- HIV, HCV und HBV getestet. PCR-Tests können das diagnostilungen zur Virusreduktion gegeben, die durch verschiedene sche Fenster verkleinern und ermöglichen, dass dem Spender Viruseliminierungs- bzw. Inaktivierungsmaßnahmen erreicht so ein mögliches positives Ergebnis mitgeteilt werden kann.
3.1 Primäre Immundefekte
Anschließend erfolgt eine Sperrlagerung von 60 Tagen für alle Ausgangsplasmaspenden (Look-back-Verfahren). Im Falle einer Serokonversion bei einem Spender wird er in das NDDR (Nationales Spenderausschlussregister) aufgenommen, um eine weitere Teilnahme am Spenderprogramm auszuschließen. Immunglobuline werden aus humanen Plasmapools, die aus mindestens 1000 einzelnen Plasmaspenden zusammengesetzt sind, gewonnen. Von den meisten Herstellern wird dabei das klassische Verfahren der COHN-ONCLEY-Fraktionierung mit Ethanol bei niedriger Temperatur eingesetzt. In diesem Verfahren wird eine Fraktionierung durch selektive Ausfällungs-, Zentrifugierungs- und Filtrationsschritten durchgeführt, die durch weitere effektive Verfahren wie Säulenchromatographie ergänzt werden. Bei der bei einigen Firmen angewandten Tiefenfiltration werden sowohl umhüllte Viren (HIV und HBV) und hüllenlose Viren entfernt. Die Virussicherheit wird durch einen weiteren Schritt der Inaktivierung erreicht: Nahezu alle Firmen wenden das anschließende Solvens-Detergens (S/D)-Verfahren
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zur Inaktivierung von lipidumhüllten Viren wie HIV, HBV, HCV an. Durch Inkubation bei einem niedrigen ph-Wert (ph 4,25, Inkubationszeit 21 Tage bei 24 ± 3 °C) wird eine weitere bedeutende Virusreduktion erreicht. Abschließend wird das Produkt in das Endbehältnis so abgefüllt, dass die virusinaktivierenden Bedingungen erhalten bleiben. Neue Immunglobuline zur subkutanen Applikation unterliegen den gleichen Standards entsprechend der i.v.- und i.m.Immunglobuline. Sie erfüllen folglich die gleichen Bedingungen bezüglich der Virussicherheit wie die Infusionslösungen. Eine Übersicht der in Deutschland auf dem Markt befindlichen Präparate gibt Tabelle 3.1-3. Für die Apotheken besteht für IVIG-Präperate gemäß Paragraph 14 des Transfusionsgesetzes Dokumentationspflicht. Es sind folgende Angaben zu dokumentieren: Bezeichnung des Arzneimittels, Chargenbezeichnung des Arzneimittels, Datum der Abgabe,
Taabelle 3.1-3. In Deutschland zugelassene menschliche polyvvalente Immunglobulinpräparate zur intravvenösen (i.v..) und subkutanen (s.c.) Immunglobulinersatztherapie (Stand: 06/2004) Endobulin (Baxter)
Flebogamma (Grifols)
Gammagard (Baxter)
Cohn-Fraktionierung + + + Virusinaktivierung/ Solvens/Detergens Pasteurisierung Solvens/Detergens Ab breicherung pH4-Inaktivierung
Filtrationsverfaahren
Sterilfiiltration
RNA A-PCR
HIV,, HBC, HCV,, HIV,, HBC, HCV HAV V,, Parvo B19 V GPT,, anti-HAV V,, V Trransaminasen HBsAg, anti-HCV,, anti-HIV 1+2
Erweiterte Serologie und path. Screening
60 Taage Sperrlagerung Produktfo orm Lagerung
Cohn-Fraktionierung Virusinaktivierung/ Ab breicherung Filtrationsverfaahren RNA A-PCR Erweiterte Serologie und path. Screening 60 Taage Sperrlagerung Produktfo orm Lagerung a
enthält keinen Zucker
+
Sterilfiiltration
+
lyo ophyyyllisiert 2–8 ˚ C über 24 Monate keine Kühlkette
Sterilfiiltration HIV,, HBC, HCV,, HAV V,, Parvo B 19 V HBsAg, anti-HCV,, anti-HIV1+2
+
gebrauchsfeertig 2–25 ˚ C über 24 Monate
lyo ophyyyllisiert 2–25 ˚ C über 24 Monate
Octagam (Octapharma)
Polyglobin 10% (Bayer)
+ Solvens/Detergens pH4-Inaktivierung Immunneutralisation 2-mal Sterilfiiltration
+ Solvens/Detergens; Tiefeenfiiltration pH4-Inaktivierung
HIV,, HBV,, HCV ALT T,, anti-HAV T V,, V HBsAg, anti-HCV,, anti-HIV 1+2, anti-Parvo B19, Syphilis, anti-CMV – gebrauchsfeertig 2–25 ˚ C über 24 Monate
Steril-, Ultra- und Diafiiltration HIV,, HBC, HCV,, Parvo B19 ALT T,, HBsAg, anti-HCV,, T anti-HIV1+2, Syphilis
+ gebrauchsfeertig 2–8 ˚ C
Sandoglobulin (ZLB-Novartis)
Venimmun N (Aventis-Behring)a
Beriglobin s.c., i.m. (Aventis-Behring)
Subcuvia s.c. (Baxter)
+ Nanofiiltration pH4-Inaktivierung Steril- und Nanofiiltration HIV,, HBC, HCV Parvo B19 GPT,, Hepatitis-AK, HIV1+2, Syphilis + lyo ophyyyllisiert 2–25 ˚ C über 36 Monate
+ Sulfiitolyse; Ethanol-Detergenz Sterilfiiltration
+ Pasteurisierung; Ethanol-Detergenz Sterilfiiltration
+ Solvens/Detergens
HIV,, HBC, HCV,, HAV V,, V Parvo B19 GPT,, HBsAg, anti-HCV,, anti-HIV1+2 + lyo ophyyyllisiert 2–25 ˚ C über 24 Monate
HIV,, HBC, HCV,, HAV V,, V Parvo B19 GPT,, HBsAg, anti-HCV,, anti-HIV1+2 + gebrauchsfeertig 2–8 ˚ C, keine Kühlkette
HIV,, HBC, HCV,, HAV V,, V Parvo B19 GPT,, HBsAg, anti-HCV,, anti-HIV 1+2 + gebrauchsfeertig 2–8 ˚ C, lichtgeschützt keine Kühlkette
Sterilfiiltration
3
3
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3 Immunologisch bedingte Krankheiten
Name und Anschrift des verschreibenden Arztes, Name, Vorname, Geburtsdatum und Adresse des Patienten, Praxisbedarf: Name und Anschrift des verschreibenden
Arztes. Weitere Indikationsgebiete für IVIG Einige Patienten mit Antikörperdefekten zeigen begleitende Neutropenien. Dieses ist z. B. bei der X-chromosomalen Agammaglobulinämie, dem variablen Immundefektsyndrom (CVID) sowie beim Hyper-IgMSyndrom der Fall. Die hochdosierte Gabe von IVIG (2 g/kg KG) kann in einzelnen Fällen die Neutropenie therapieren und sollte deshalb zunächst verabreicht werden. Alternativ kann GCSF gegeben werden.
Die allgemeine Betreuung von Patienten mit Antikörpermangelsyndromen erfordert eine enge Überwachung des Wachstums, der Ernährung, der persönlichen Hygiene- und Lebensgewohnheiten, der Umweltfaktoren (Schule und Arbeitsplatzsituation) und die psychologische Mitbetreuung des Patienten. Die wichtigste Säule der Therapie stellen die Prävention, die frühzeitige Erkennung sowie die entschiedene Therapie von Infektionen dar. Assoziierte Probleme wie die Anämie, Thrombozytopenie, gastrointestinale Probleme und autoimmune Erkrankungen sollten mit einer konventionellen Therapie behandelt werden. Die Vermeidung von attenuierten Lebendvakzinen ist von kritischer Bedeutung. Die Gabe von menschlichen Immunglobulinpräparaten stellt eine spezifische Therapie des Antikörpermangels dar.
nen im Jak3-Gen können zu einem Mangel des Jak3-Proteins führen und einen T–B+-SCID-Phänotyp produzieren. Die Klinik der Jak3-defizienten SCID-Patienten entspricht der der XSCIDPatienten, außer dass auch Mädchen betroffen sind. Therapeutisch ist auch hier die Knochenmarktransplantation die Therapie der Wahl. ZAP-70-Defizienz Mutationen, die die Expression der ZAP-70-
Proteintyrosinkinase betreffen, wurden als Ursache einer nur seltenen vorkommenden autosomal-rezessiven Form der SCIDErkrankung identifiziert. Diese ist charakterisiert durch das Fehlen von reifen zirkulierenden CD8-positiven T-Lymphozyten und durch Signaltransduktionsdefekte des T-Zell-Rezeptors in peripheren CD4-positiven T-Zellen. Die ZAP-70-Defizienz kann mit einer allogenen Knochenmarktransplantation erfolgreich behandelt werden.
Adenosin-Deaminase-Mangel (ADA-Defekt) Genetische Defekte, die in den Verlust oder in die schwere Defizienz der Adenosindeaminase(ADA)-Enzymaktivität münden, führen zu einer extremen Reduktion der Lymphozytenzahlen sowie zu einem Immundefekt, der als ADA-defizienter SCID bekannt ist. Therapie der Wahl ist die HLA-identische Knochenmarktransplantation. In der Vorbereitungszeit auf eine KMT oder wenn kein Spender zur Verfügung steht, kann der Immundefekt durch eine Enzymersatztherapie gebessert werden. Die bisherige SubstituSpezifische Therapie bei Immundefekten tion der Adenosindeaminase (ADA) wurde durch Entwicklung mit bekanntem Defekt eines pegylierten ADA bereichert. Der Therapieerfolg unter Peg-ADA scheint auch nach mehr X-chromosomaler schwerer kombinierter Immundefekt (XSCID) Der XSCID ist durch Mutationen der „common-γ- als 8 Jahren der Behandlung durch Wiederherstellung der Antichain“ der Interleukinrezeptoren IL-2, IL-4, IL-7, IL-9, IL-15 körperantworten, gesteigerte proliferative Antworten auf injiund IL-21 charakterisiert. Betroffene Jungen haben eine stark zierte Antigene und Absetzen der intravenösen Immunglobingestörte T- und B-Zell-Funktion, obwohl die Anzahl der B-Zellen gaben äußerst erfolgreich. Gentherapieprotokolle für den ADA-Defekt bestehen am normal oder sogar erhöht sein kann. Die allogene Knochenmarktransplantation ist eine kurative Behandlung für diese National Institutes of Health, Bethesda, USA, in Mailand (ItaPatienten und hat heute eine hohe Erfolgsrate. Darüber hinaus lien) und an der Universität von Southern California in Los hat die Gentherapie bei der XSCID-Erkrankung zwar erste Erfol- Angeles. Diese stellen eine gangbare Alternative dar, insbesonge, aber auch erste Rückschläge zu verzeichnen, denn leider dere da bislang keine schädigenden Nebenwirkungen bericherkrankten bisher 2 der 15 therapierten Patienten an einer – tet worden sind. Durch eine milde Konditionierung konnte das durch die Integration des Vektors mit konsekutiver Aktivierung anfängliche Problem des fehlenden Selektionsvorteils der transdes Onkogens LMO2 verursachten – T-Zell-Leukämie. Die Gen- fizierten Zellen behoben und bisher zwei Patienten mit Gentherapie ist trotz der beschriebenen Nebenwirkung die Therapie therapie geheilt werden. Es besteht aber wie bei XSCID die Geder Wahl bei XSCID, wenn kein HLA-identicher Spender vorhan- fahr der Induktion einer Leukämie. Die Knochenmarktransden ist. Zentren für eine Gentherapie sind in Europa das Hôpital plantation mit HLA-identischen Geschwisterspendern ist daher Necker-Enfants Malades mit Prof. A. Fischer, in London Prof. die Therapie der Wahl. A. Thrasher und Prof. B. Gaspar am Institute of Child Health und in den USA das National Institutes of Health, National Hu- Purin-Nukleosid-Phosphorylase-Defizienz (PNP-Defekt) Der man Genome Research Institute mit Prof. J. Puck. genetische Defekt der Purin-Nukleosid-Phosphorylase (PNP) betrifft vorwiegend das T-Zell-Kompartiment. Trotzdem sind Jak3-Defekt Die Jak3-Proteintyrosinkinase ist eine lympho- auch die B-Zell-Funktionen beeinträchtigt. Eine Enzymersatzzytenspezifische Tyrosinkinase, die nach Aktivierung der von therapie ist nur von begrenztem Erfolg, sodass die allogene der „common-γ-chain“ abhängigen Interleukinrezeptoren die HLA-gematchte Knochenmarktransplantation die aktuelle TheSignaltransduktion weiterleitet. Autosomal-rezessive Mutatio- rapie der Wahl darstellt. Diese scheint jedoch beim PNP-Defekt
3.1 Primäre Immundefekte
127
CD40-Liganden-Gen (CD40L) verursacht wird, bewies den kombinierten Immundefekt. Der gleiche Phänotyp kann auch durch das Fehlen des CD40-Moleküls auf B-Zellen hervorgerufen werden. Ist die Expression defekt oder fehlend, resultiert eine schwere Störung in der T-Zell- und B-Zell-Interaktion. Dies erklärte nun auch die Tatsache, dass XHIM-Patienten häufig an opportunistischen Infektionen durch Mikroorganismen wie PneumoMultiple Carboxylasedefizienz Bei der sehr seltenen Erkran- cystis jiroveci, Toxoplasma und Kryptosporidien erkranken. kung der multiplen Karboxylasedefizienz, die häufig mit einer Kryptosporidien können chronische Cholangitiden hervorrufen, Candidiasis und schweren viralen und bakteriellen Infektionen die zu einer Leberzirrhose führen können. Eine europäische Untersuchung hat gezeigt, dass die Überassoziiert ist, ist die Gabe vom Koenzym Biotin in einer oralen lebensrate von XHIM-Patienten bis zum Erwachsenenalter geDosis von 1–40 mg/Tag kurativ. ringer als 25% ist. Es ist jedoch bislang unklar, ob zusätzliMHC-Defizienz Die defekte Expression von MHC-Klasse-I- oder che genetische oder Umweltfaktoren die Erkrankungsprognose Klasse-II-Molekülen wurde beim Menschen als so genanntes wesentlich beeinflussen. Langzeitbeobachtungen legen nahe, „Bare Lymphocyte Syndrome“ (BLS) beschrieben. Insbesondere dass eine Immunglobulinersatztherapie nur in wenigen Fällen Mutationen, die das Gen des Transporterproteins TAP2 betref- eine adäquate Kontrolle der rezidivierenden Infektionen oder fen, führen zu einer mangelnden Expression des MHC-Klasse-I- gar eine Verbesserung der Lebenserwartung bietet. Daher wurde Moleküls (BLS Typ I). Mutationen im transaktivierenden Re- auch hier die allogene Knochenmarktransplantation bei Patiengulationsfaktor CIITA, dem RX5-bindenden Protein und dem ten mit gematchtem Geschwisterspender durchgeführt. Die RFXAP-Protein resultieren in einer MHC-Klasse-II-Defizienz Knochenmarktransplantation ist die einzige kurative Therapie (BLS Typ II). Die Immunrekonstitution durch eine allogene für die X-chromosomale Form, wurde bisher jedoch nur bei weKnochenmarktransplantation ist bisher für die MHC-Klasse-II- nigen Patienten durchgeführt. Die Ig-Substitution, zusammen Defizienz und für schwere Fälle der MHC-Klasse-I-Defizienz die mit einer PCP-Prophylaxe sollte in der Vorbereitungszeit bis zur Knochenmarktransplantation, oder wenn kein Spender verfügeinzige therapeutische Option. bar ist, durchgeführt werden. Neben der X-chromosomalen Form existieren autosomalX-chromosomale Agammaglobulinämie (M. Bruton, XLA) Bei der X-chromosomalen Agammaglobulinämie handelt es sich rezessive Formen des Hyper-IgM-Syndroms, die aber nicht den um eine genetische Störung der B-Lymphozytendifferenzierung, gleichen schweren Verlauf nehmen. Ursachen hierfür sind Dedie zum Fehlen differenzierter zirkulierender B-Zellen führt. fekte im aktivierungsinduzierten Deaminase-(AID-)Gen oder in Somit werden keine oder nur sehr geringe Immunglobulin- der Uracil-N-Glycosylase (UNG). Beide Gene spielen eine zenserumspiegel aller Isotypen gebildet. Der molekulargenetische trale Rolle im Immunglobulinklassenwechsel von IgM zu IgG Defekt wurde in der Bruton-Tyrosinkinase (BTK) entdeckt. BTK oder IgA. Es entstehen daher Hyper-IgM-Syndrome mit niewird i. A. von reifenden B-Zellen und Zellen der myeloischen drigem oder auch fehlendem IgG und IgA. Interessanterweise Reihe exprimiert, ist jedoch in Plasmazellen und T-Lympho- leiden diese Patienten vermehrt an Autoimmunerkrankungen, zyten nicht vorhanden. Die aktuelle Therapie von XLA besteht die meist paradoxerweise entsprechender immunsuppressiver in einer konsequenten Immunglobulinsubstitutionstherapie. Therapie bedürfen. Diese Behandlung kann jedoch nicht bei allen Patienten die Infektionen verhindern, die auch zuweilen letal sein können. X-chromosomal lymphoproliferatives Syndrom (XLP) Diese Eine Knochenmarktransplantation kommt aufgrund des intak- Erkrankung ist durch eine fehlregulierte Immunantwort auf ten T-Zell-Systems und der damit notwendigen starken Kondi- eine EBV-Infektion hin charakterisiert, die im akuten Lebertionierung mit entsprechend hohem Risiko und der Tatsache, versagen, bedingt durch ein virusinduziertes hämophagozytose dass B-Zellen viel schlechter als T-Zellen nach KMT anwach- Syndrom, einer tödlichen malignen proliferativen Erkrankung sen, nicht in Betracht. XLA-Patienten würden daher von einer oder lediglich einem Immundefekt (Hypogammaglobulinämie) Korrektur des genetischen Defekts auf der molekularen Ebene enden kann. Der älteste bisher dokumentierte Patient ist 38 Jahprofitieren. re alt. Die meisten Patienten starben jedoch vor dem 20. Lebensjahr. Bei Auftreten einer Hypogammaglobulinämie sollten IVIG Hyper-IgM-Syndrom Das X-chromosomale Hyper-IgM-Syn- verabreicht werden. Nach einigen erfolglosen Versuchen sind drom (XHIM, CD40-Ligandendefizienz) wurde lange Zeit auf nun einige Patienten mit XLP durch eine Knochenmark- oder Grund der fehlenden Produktion von Immunglobulinen G, A Nabelschnurbluttransplantation geheilt worden. und E für einen reinen B-Zell-Immundefekt gehalten. Erst die Entdeckung der defekten CD40-Ligandenexpression (CD154) Chronische (septische) Granulomatose Die chronische Graauf aktivierten CD4-positiven T-Zellen, die durch Mutationen im nulomatose (CGD) ist durch einen Defekt im sog. „respiratory weniger erfolgreich zu sein als bei Patienten mit anderen kombinierten Immundefekten. Die niedrige Anzahl von zirkulierenden Lymphozyten wie auch das Fehlen einer effektiven Enzymersatztherapie lassen daher den Wunsch nach einer Korrektur des Gendefekts auf der Ebene der hämatopoetischen Stammzellen keimen.
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3 Immunologisch bedingte Krankheiten
burst“ gekennzeichnet, der in Neutrophilen, Eosinophilen, Makrophagen und Monozyten nach der Phagozytose die Abtötung der Bakterien oder Pilze über Bildung von Sauerstoffradikalen ermöglicht. Folgen sind schwere Pneumonien, Organabszesse und Septikämien. Als genetische Ursache wurden Mutationen in den vier Elementen des NADPH-Oxidasesystems (gp91phox, p22phox, p47phoxx oder p67phox) identifiziert. Bei der CGD ist die prophylaktische Gabe von Antibiotika mit Trimethoprim-Sulfamethoxazol in einer Dosierung von 3–5 mg/kg/Tag sowie mit Itraconazol in einer Dosierung von 5–10 mg/kg/Tag indiziert. Darüber hinaus muss jede Infektionsepisode entschieden durch eine gezielte antibiotische Behandlung therapiert werden. Hierzu sollten intrazellulär wirksame Antibiotika verwendet werden. Bei Vorliegen von schweren therapierefraktären Infektionen wie z. B. Leberabszessen oder Osteomyelitiden können ggf. Leukozytentransfusionen indiziert sein. Eine systemische Kortikosteroidgabe kann gastrointestinale oder genitourethrale obstruktive Prozesse dieser Erkrankung erfolgreich therapieren. Auch bei granulomatösen Entzündungen können kurze, hoch dosierte Therapien mit oralen Kortikosteroiden hilfreich sein. Bei initial gutem Ansprechen sollten die Steroide sehr langsam über Wochen ausgeschlichen werden. Die Gabe von rekombinantem menschlichen Interferon-γ vermag die Frequenz und den Schweregrad von Infektionen bei Patienten mit chronischer Granulomatose zu reduzieren (International Chronic Granulomatous Disease Cooperative Study Group 1991). Die aktuelle Dosisempfehlung liegt bei 50 µg/m2 Körperoberfläche Interferon-γ, verabreicht an 3 Tagen der Woche mit subkutaner Applikation. Diese Therapie wird jedoch häufig schlecht vertragen und im Allgemeinen in Deutschland nicht als Initialtherapie empfohlen. Es wurden bisher mehr als 30 Patienten mit CGD knochenmarktransplantiert. Bei HLA-identischen Geschwisterspendern beträgt die Heilungsrate über 80%. Es ist hier noch zu früh, um ein abschließendes Urteil zu fällen, doch war die Prognose bei Patienten mit HLA-identischem Geschwister und gutem Zustand bei der Transplantation, d. h. frei von Abszessen oder pulmonalen Infektionen exzellent. Bei gematchten unverwandten Spendern war die Prognose deutlich schlechter, sodass die EBMT die Knochenmarktransplantation derzeit nur bei Vorhandensein HLA-identischer Geschwister empfiehlt. Die Klonierung und Sequenzierung der vier verantwortlichen Gene haben den Weg für die Entwicklung eines gentherapeutischen Ansatzes geöffnet. An den National Institutes of Health wurde ein klinisches Gentherapieprotokoll für die Behandlung von p47phox defizienten CGD-Patienten initiiert, was bisher jedoch noch nicht von Erfolg gekrönt war.
dere Granulozyten, die dadurch nicht mehr an das Endothel der Gefäße adhärieren und somit nicht in das entzündete Gewebe einwandern können. Daraus resultieren rezidivierend schwere bakterielle Infektionen ohne die Bildung von Eiter, die oft in den ersten Lebensjahren zum Tode führen. Eine typische Erkrankungsmanifestation ist die Omphalitis. Bei Patienten mit CD11-/CD18-Defekt (LAD-1) werden häufig schwere orale Ulzera beobachtet. Beim Auftreten dieser Läsionen ist besonders eine gute orale Hygiene gefordert. Prophylaxe und kontinuierliche Gabe von Antibiotika können hier notwendig werden, um Haut- oder tief sitzende Weichteilabszesse zu verhindern. In schweren lebensbedrohlichen Situationen können tägliche Leukozyteninfusionen notwendig werden. An der University of Washington, Seattle, wurde von Highstein und Kollegen ein Gentherapieprotokoll erarbeitet, das jedoch bisher keinen nachhaltigen Erfolg gezeigt hat. Eine allogene Knochenmarktransplantation heilt diese Erkrankung.
Wiskott-Aldrich-Syndrom (WAS) Das Wiskott-Aldrich-Syndrom (WAS) ist eine X-chromosomale Erkrankung, die durch das Auftreten von Ekzem, Thrombozytopenie, rezidivierenden Infektionen, schweren Autoimmunphänomenen und einer hohen Inzidenz von Lymphomen gekennzeichnet ist. Das Management dieser Erkrankung stellt ein komplexes Problem dar. 1978 wurde nach einer effektiven Konditionierung die erste erfolgreiche Knochenmarktransplantation durchgeführt. Die Knochenmarktransplantation war seither bei 88% der Patienten erfolgreich, die einen HLA-identischen Geschwisterspender hatten. Alle Aspekte des Wiskott-Aldrich-Syndroms einschließlich des Ekzems, s der Autoimmunität und des Lymphomrisikos sowie der Thrombozytopenie konnten durch die Knochenmarktransplantation korrigiert werden. Dies zeigt, dass diese Komplikationen ebenfalls durch den Defekt der immunkompetenten Zellen verursacht wurden. Die HLA-identische Knochenmarktransplantation ist somit für Patienten mit Wiskott-Aldrich-Syndrom empfohlen, erfordert jedoch eine zytoreduktive Therapie vor Transplantation und sollte so früh wie möglich, am besten aber vor dem 5–8. Lebensjahr durchgeführt werden. Bei Diagnose der Erkrankung sollten die Patienten bis zur erfolgreichen Knochenmarktransplantation regelmäßig i.v.-Immunglobuline und eine PCP-Prophylaxe bekommen, um lebensbedrohliche Infektionen zu verhindern. Trotz Klonierung und Sequenzierung des die Erkrankung verursachenden WAS-Gens sind weitere Studien zur Erkenntnis der Regulation des Proteins (WASP) und seiner Expression notwendig. Retrovirale Konstrukte, die WASP-cDNA enthalten, werden aktuell studiert und können in der Zukunft durch Gentherapie von hämatopoetischen Stammzellen möglicherweise Leukozytenadhäsionsdefekt (LAD) TYP I Der LAD-Typ I (LAD1, eine therapeutische Alternative zur allogenen KnochenmarkCD11-/CD18-Leukozyten-Integrin-Defizienz) ist ein seltener transplantation bieten (Prof. C. Klein, Hannover). heterogen vererbter Defekt der Leukozytenfunktion, verursacht durch das Fehlen oder den Mangel an Expression der β2-In- Chediak-Higashi-Syndrom Das Chediak-Higashi-Syndrom ist tegrinuntereinheit (CD18). Dieser Defekt betrifft insbeson- eine autosomal-rezessive Erkrankung, die durch Hypopigmen-
3.1 Primäre Immundefekte
tation oder Albinismus, einen schweren Immundefekt, neurologische Auffälligkeiten und einen frühen Tod durch ein sog. lymphomähnliches Syndrom („accelerated phase“) gekennzeichnet ist. Knochenmarktransplantationen waren bisher sogar auch in der „accelerated phase“ erfolgreich. Hier sollte aber zunächst eine Zytoreduktion mit Etoposid, Steroiden und intrathekalem Methotrexat versucht werden. Die Knochenmarktransplantation hat den immunologischen Defekt selbst bei Patienten korrigiert, die nur einen gemischten Chimärismus erreichten. Der verantwortliche Gendefekt im CHS1-Gen wurde von Nagle et al. (1996) identifiziert. Die Schwere der Erkrankung und der positive Erfolg der Knochenmarktransplantationen sowie die Tatsache, dass gemischte Chimärismen frei von Symptomen sind, machen das Chediak-Higashi-Syndrom zu einem Kandidaten für eine Gentherapie. Die Größe des Proteins (3801 Aminosäuren) stellt jedoch eine besondere Herausforderung dar.
129
Manifestationen der FHL heilen. Diese Therapie verhindert das Auftreten der lymphohistiozytären Aktivität. Ein gemischter Chimärismus ist ausreichend, um die Krankheitsaktivität zu kontrollieren. Glykogenspeicherkrankheit Typ 1b Patienten mit Glykogenspeicherkrankheit Typ 1b zeigen eine Neutropenie und funktionelle Defekte der Neutrophilenfunktion. Sie leiden unter rezidivierenden Infektionen wie Sinusitiden, Pneumonien und Septikämien. Die prophylaktische kontinuierliche Gabe von Trimethoprim-Sulfamethoxazol wird bei diesen Patienten empfohlen, die Gabe von GMCSF kann von Vorteil sein.
Schwere kongenitale Neutropenien Die Prognose der schweren kongenitalen Neutropenien wurde durch den Einsatz von GCSF deutlich gebessert. Die Injektionstherapie ermöglicht vielen Patienten eine fast normale Granulozytenzahl und somit ein Leben mit deutlich weniger Infektionen. Die Prognose wird Komplementdefekte Eine spezifische Therapie für angebo- beeinträchtigt, wenn erworbene Mutationen im GCSF-Rezeptor rene Komplementdefekte existiert mit Ausnahme des C1-Ester- und eine Monosomie 7 auftreten. In diesen Fällen ist das Risiko ase-Inhibitor-Mangel – hier kann die Symptomatik des angio- einer Leukämie so erhöht, dass eine Knochenmarktransplanneurotischen Ödems durch Substitution des Proteins deutlich tation diskutiert werden muss, falls ein gematchter Knochengebessert werden – nicht. Ein gutes Patientenmanagement markspender vorhanden ist. Im Stadium der Leukämie sind die kann jedoch die Gesundheit und die Lebenserwartung der be- Ergebnisse der Knochenmarktransplantation bisher schlecht. troffenen Patienten verbessern. Vor allem Patienten mit C2-, C3-, C5-, C6-, C7-, C8-, Properdin-, Faktor-H- oder Faktor-1- Hyper-IgE Syndrom Beim Hyper-IgE-Syndrom ist der moleDefekt sollten bei den ersten Anzeichen von Fieber antibiotisch kulargenetische Defekt noch nicht bekannt. Bei Patienten mit therapiert werden. Im Falle eines C2-Defektes sollte stets ein Hyper-IgE-Syndrom ist eine kontinuierliche prophylaktische pneumokokkenwirksames Antibiotikum zur Therapie gehö- antimikrobielle Behandlung häufig nötig, um die Abszessneiren. Falls der Defekt eine späte Komponente des Komplement- gung zu kontrollieren. Dies erfolgt meist mit antistaphylosystems oder Properdin betrifft, sollte ein Antibiotikum das ge- kokkenwirksamen Präparaten wie z. B. Trimethoprim-Sulfagen Neisserien wirkt, der Therapie hinzugefügt werden. Die methoxazol oder Cephalexin. Die sofortige antibiotische Theprophylaktische kontinuierliche Gabe von Penicillin sollte in rapie von geringen Infektionen des oberen Respirationstrakts Regionen mit endemischer Meningokokkenverbreitung oder hilft Lungenentzündungen zu vermeiden, um somit die gebei Patienten mit schweren Infektionen in der Anamnese er- fürchtete Pneumatozelenbildung beim Hyper-IgE-Syndrom zu wogen werden. Die Patienten sowie deren enge Verwandte und verhindern. Eine Knochenmarktransplantation konnte den ImMitbewohner sollten gegenüber Pneumokokken, Haemophilus mundefekt des Hyper-IgE-Syndroms bisher nicht korrigieren. influenzae und Neisseria meningitidis geimpft werden. Auf- Schwere Exazerbationen des Ekzems sollen mit staphylokokkenfrischimpfungen alle 3–5 Jahre können bei den Patienten selbst wirksamen Antibiotika und (ggf. topischen) Steroiden behandelt nötig werden. Bei Komplementdefekten der frühen Komple- werden. mentkomponenten können sich Kollagenosen entwickeln, die adäquat therapiert werden müssen. Heterozygote Träger des 3.1.3 Zusammenfassung C2-Defektes zeigen ebenfalls eine höhere Inzidenz rheumatologischer Erkrankungen. Plasmainfusionen können theoretisch Die allgemeine Betreuung von immundefizienten Patienten erdie Komplementdefekte (vor allem C3 und C4) kausal thera- fordert eine enge Überwachung des Wachstums, der Ernährung, pieren, die kurze Halbwertszeit der Komplementkomponenten der persönlichen Hygiene und Lebensgewohnheiten, der Umund ihre niedrigen Spiegel im Plasma machen diesen Therapie- weltfaktoren inkl. Schule und Arbeitsplatzsituation sowie die ansatz jedoch aussichtslos. psychologische Mitbetreuung des Patienten und seiner Familie. Die wichtigste Säule der Therapie stellen die Prävention, die Familiäre Hämophagozytose und Lymphohistiozytose (FHL) frühzeitige Erkennung und eine entschiedene Therapie von InDie Initialtherapie besteht in einer immunsuppressiven Be- fektionen dar. Assoziierte Probleme, wie die Anämie, Thrombohandlung mit Etoposid und Steroiden und evtl. Cyclosporin. zytopenie, gastrointestinale Probleme und AutoimmunerkranEine Knochenmarktransplantation kann die hämatologischen kungen sollten mit einer konventionellen Therapie behandelt
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3 Immunologisch bedingte Krankheiten
werden. Die Vermeidung von attenuierten Lebendvakzinen, unbestrahlten Blutprodukten und CMV-Antikörper enthaltendem Blut sind von kritischer Bedeutung. Die Pneumocystisjiroveci-Prophylaxe sollte bei T-Zell-Immundefekten beachtet werden. Für Antikörperdefekte stellt die Gabe von menschlichen Immunglobulinpräparaten eine spezifische Therapie dar. Die Substitution von pegyliertem ADA beim Adenosindeaminasedefekt ist ein weiterer kausaler Therapieansatz. Die Verabreichung von Interleukin 2, GCSF und GMCSF ist bei speziellen Immundefekten (schwere kongenitale Neutropenie) von Wert. Für viele primäre Immundefekte stellt jedoch die Knochenmarktransplantation oder die Gentherapie die einzige kausale Therapie dar. Für Letztere müssen allerdings noch sichere und effiziente Vektoren gefunden werden. Literatur Antoine C, Müller S, Cant A et al. (2003) Long term survival and hematopoietic stem-cell transplantation for immunodeficiencies: a survey of the European experience, 1968–1999. Lancet 361: 553–560 Bordignon C, Notarangelo L D, Nobili N et al. (1995) Gene therapy in peripheral blood lymphocytes and bone marrow for ADA-immunodeficient patients. Science 270:470–475 Buckley RH, Fischer A (1999) Bone marrow transplantation for primary immunodeficiency diseases. In: Ochs HD, Smith CIE, Puck JM (eds) Primary immunodeficiency diseases: A molecular and genetic approach, 1st edn. Oxford University Press, Oxford, pp 459–475 Candotti F, Blaese RM (1999) Gene therapy. In: Ochs HD, Smith CIE, Puck JM (eds) Primary immunodeficiency diseases: A molecular and genetic approach, 1st edn. Oxford University Press, Oxford, pp 476–489 CDC (1993) Recommendations of the Advisory Committee on immunization Practices (ACIP): use of vaccines and immune globulins in persons with altered immunocompetence. MMWR 42 (RR-4): 1–18 Conley ME, Stiehm ER (1996) Immunodeficiency disorders: general considerations. In: Stiehm ER (ed) Immunologic disorders in infants and children, 4th edn. WB Saunders, Philadelphia, pp 201–252 Busse PJ, Razvi S, Cunningham-Rundles C (2002) Efficacy of intravenous immunoglobulin in the prevention of pneumonia in patients with common variable immuno deficiency. J Allergy Clin Immunol 109: 1001–1004 Garbett ND, Currie DC, Cole PJ (1989) Comparison of the clinical efficacy and safety of an intramuscular and an intravenous immunoglobulin preparation for replacement therapy in idiopathic adult onset panhypogammablobulinaemia. J Clin Exp Immunol 76:1–7 Gardulf A, Anderson V, Bjorkander J et al. (1995) Subcutaneous immunoglobulin replacement in patients with primary antibody deficiencies: safety and costs. Lancet 345:365–369 Liese JG, Jendrossek V, Jansson A, Petropoulou T, Kloos S, Gahr M, Belohradsky BH (1996) Chronic granulomatous disease in adults. Lancet 347:220–3 Stiehm ER (1999) Conventional therapy of primary immunodeficiency diseases. In: Ochs HD, Smith CIE, Puck JM (eds) Primary immunodeficiency diseases: A molecular and genetic approach, 1st edn. Oxford University Press, Oxford, pp 448–458
3.2
Immunologisch bedingte Hypersensitivitätsreaktionen vom Soforttyp Michael Sticherling
3.2.1
Einleitung
Der Begriff Hypersensitivitätsreaktionen hat sich im klinischen Alltag wenig durchgesetzt. Er wird häufig mit Allergien gleichgesetzt und reflektiert damit die allgemeine Aufmerksamkeit für dieses medizinische Problem. Als Hypersensitivitätsreaktionen präsentieren sich verschiedenartige klinische Bilder, die einer Überempfindlichkeit auf verschiedenartigste exogene Auslöser entspringen und pathogenetisch sehr unterschiedlich sein können. Neben allergischen Reaktionen lassen sich so genannte pseudoallergische, Intoleranzreaktionen wie auch anaphylaktoide Reaktionen zusammenfassen. Für die Festlegung diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen ist diese Unterscheidung wichtig. 3.2.2
Klassifikation
Eine Einteilung von Überempfindlichkeitsreaktionen ist einerseits über den zeitlichen Verlauf oder andererseits bezüglich pathogenetischer Mechanismen möglich. So lassen sich so genannte Soforttyp- von Spättyp- oder verzögerten Reaktionen unterscheiden, bei denen klinische Reaktionen innerhalb von Minuten bis wenigen Stunden, aber auch erst 24–72 Stunden nach Kontakt mit dem Auslöser auftreten können. Pathogenetisch sind verschiedenartige Erkrankungen unter dem Begriff Hypersensitivitätsreaktionen zusammengefasst (Tabelle 3.2-1), deren Mechanismen jedoch häufig nicht bekannt oder klinisch klärbar sind. Im Gegensatz zur Toxizität, die dosisabhängig obligat bei allen Individuen auftritt, handelt es sich bei der Intoleranzz um eine Reaktionsart, die bei Individuen mit besonderer Disposition auftritt, z. B. durch Enzymdefekte im Rahmen der Alkoholintoleranzsyndrome oder der Glukose-6Phosphatdehydrogenase. Idiosynkrasien haben dagegen keinen Bezug zu pharmakologischer Toxizität und umfassen klinische Reaktionen, die klassisch allergischen, d. h. immunologisch mediierten Erkrankungen ähnlich sehen und am ehesten Pseudoallergien gleichzusetzen sind. Bei ihnen fehlen die wesentlichen Definitionskriterien der Allergie als spezifische, humoral oder zellulär vermittelte, überschießende, d. h. krankmachende Reaktion des Immunsystems auf verschiedenartige Auslöser. Die pathogenetische Endstrecke sowohl der allergischen als auch der pseudoallergischen Reaktionen ist identisch, die Ätiopathogenese aber verschieden. Bestes Beispiel ist das klinische Bild der Urtikaria, der 1. eine Mastzellendegranulation mit Histaminfreisetzung als spezifisch allergische Reaktion zugrunde liegen kann,
3.2 Immunologisch bedingte Hypersensitivitätsreaktionen vom Soforttyp 3
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T b e l llee 3.2 3.2-1. 1.. Definitionen aab abe Tab der Hypersensitivitätsreaktionen
Reaktion
Definition
Intoleranzen
Individuelle Überempfindlichkeiten im Sinne einer pharmakologischen Toxizität, die angeboren oder erworben und damit möglicherweise passager ist
Idiosynkrasie
Klinische Reaktionen, die klassisch allergischen, d.h. immunologisch mediierten Erkrankungen ähnlich sehen. Der Begriff lässt sich am ehesten mit der Pseudoallergie gleichsetzen
Pseudoallergien
Klinisch ähnliches Bild wie bei Allergien, Al jedoch nicht immunologisch bedingt
Allergie
Spezifische, humoral oder zellulär vermittelte, überschießende, d. h. krank machende ac e de Rea Reaktion to d des Immunsystems auf verschiedenartige Auslöser
Anaphylaxie
Phänomen der akuten, immunologisch bedingten und übersteigerten, fehlgeleiteten Schutzfunktion
Anaphylaktische Reaktion Allergische Soforttypreaktion als immunologisch bedingte akute Allgemeinreaktionen Grad I bis IV mit dem anaphylaktischen Schock als Maximalvariante Atopie
Phänomen der verschobenen Immunitätslage mit Neigung zu allergischen Reaktionen
Atopische Erkrankungen
Typische Erkrankungen im Rahmen der Atopie (Rhinoconjunctivitis allergica, Asthma bronchiale allergicum, atopisches Ekzem)
2. eine Histaminfreisetzung durch unspezifische Aktivierung von Mastzellen oder 3. eine Induktion von biogenen Aminen oder Lipidmediatoren ohne Vermittlung von Histamin (s. unten). Der Begriff Allergie wurde von Clemens von Pirquet 1906 eingeführt und durch Coombs und Gell 1963 in vier verschiedene pathogenetisch definierte Typen eingeteilt (Tabelle 3.2-2). Wichtig für das Verständnis ist, dass alle beschriebenen Mechanismen unter normalen, d. h. den regulierten Bedingungen des intakten Immunsystems eine wesentliche Schutzfunktion für die Integrität des Organismus erfüllen. Erst deren fehlende
Tabelle 3.2-2. Allergietypen nach Coombs und Gell Typ I Typ II Typ III Typ IV
IgE-vermittelt IgG-vermittelt IgG-vermittelt zellvermittelt
Soforttypreaktion Zytolytischer/zytotoxischer Typ Immunkomplex-Typ Spättyp-/verzögerte Reaktion
Tabelle 3.2-3. Anaphylaktische Reaktionen Grad I
Leichte Allgemeinreaktion
Generalisierte Urtikaria, Schleimhautschwellung, Unruhe, Kopfschmerzen
Grad II
Ausgeprägte Allgemeinreaktion
Grad III
Bedrohliche Allgemeinreaktion
Grad IV
Vitales Organversagen
Luftnot, Kreislaufdysregulation, Stuhl- und Urinabgang Schock, Bronchospasmus, Bewusstseinsstörung/-verlust Atem-, Kreislaufstillstand
Steuerung führt zu krankhaften Reaktionen. Nach dieser Definition erfüllen auch Autoimmunerkrankungen alle Kriterien einer Allergie und teilen wesentliche immunologische Mechanismen mit diesen. Allgemein werden jedoch Allergien als durch exogene Auslöser im Gegensatz zu körpereigenen Antigenen hervorgerufene Reaktionen angesehen und daher von Autoimmunerkrankungen abgegrenzt. Unter Einbeziehung des zeitlichen Verlaufes lassen sich allergische Soforttypreaktionen und verzögerte oder Spätreaktionen unterscheiden. Die didaktisch klare Einteilung der Allergien nach Coombs und Gell entspricht jedoch nur begrenzt dem klinisch-allergologischen Alltag, in dem Mischformen und Ausnahmen auftreten. Neben der klassischen IgE-vermittelten Allergie vom Typ I als Sofortreaktion finden sich verzögerte IgE-vermittelte Reaktionen, aber andererseits auch Typ-II- (perakute Abstoßungsreaktion bei der Organtransplantation oder Transfusionsreaktionen) und Typ-III-vermittelte Sofortreaktionen als Immunkomplexanaphylaxie. Allergische Sofortreaktionen mit akuten Allgemeinsymptomen werden je nach klinischen Schweregrad auch als anaphylaktische Reaktionen Grad I bis IV bezeichnet (Tabelle 3.2-3), mit dem anaphylaktischen Schock als Maximalvariante. Der Begriff Anaphylaxie als immunologisch bedingte, akute und übersteigerte, fehlgeleitete Schutzfunktion nimmt dabei wieder Bezug auf die o. g. Definition der Allergie (s. Tabelle 3.2-1). Andererseits bezeichnet die anaphylaktoide Reaktion pseudoallergische Reaktionen, die klinisch ähnlich aussehen können. Gemäß dieser Begriffsbestimmung sollen im Folgenden die klassischen, immunologisch bedingten Soforttypreaktionen vom Typ I hinsichtlich ihrer Pathogenese, Diagnostik und Therapie beschrieben werden.
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3 Immunologisch bedingte Krankheiten
In diesem Zusammenhang hat der Begriff der Atopie Bedeutung gewonnen. Dieser beschreibt eine verschobene Immunitätslage mit der Neigung zu typischen allergischen Reaktionen, der so genannten atopischen Diathese. Als Definitionskriterien Zentraler Vermittler dieser Allergieform ist spezifisches IgE ge- für die Atopie gelten eine positive Familienanamnese, ein ergen verschiedene Stoffe der normalen Umwelt des Menschen. höhtes Gesamt-IgE im Serum und vermehrtes spezifisches IgE Dabei lassen sich so genannte saisonale von perennialen, ganz- sowie das Vorliegen einer oder mehrerer atopischer Erkranjährig vorkommenden Allergenen unterscheiden. Diese können kungen. Diese umfassen die Rhinoconjunctivitis allergica, das inhalativ, enteral, epidermal/epithelial oder parenteral auf- Asthma bronchiale allergicum und die Neurodermitis. Letztere genommen werden (Tabelle 3.2-4). Meist handelt es sich um stellt ein dermatologisch relativ klares Krankheitsbild dar und Proteinantigene, die häufig enzymatischer Natur sind. Ihre Be- lässt sich im Rahmen der Atopie mit dem atopischen Ekzem deutung als Allergene ergibt sich einerseits durch ihre unter- gleichsetzen. Neurodermitistypische Hautveränderungen finden schiedliche allergene Potenz, aber auch durch eine regional sich jedoch auch bei Patienten, die keine weiteren Atopiezeichen haben, und rechtfertigen damit die Abgrenzung vom atopischen oder jahreszeitlich unterschiedliche Verbreitung. Epidemiologische Daten legen eine Zunahme der IgE-ver- Ekzem. mittelten Allergien in den letzten Jahrzehnten nahe mit einer Häufigkeit von bis zu 20% in der nordeuropäischen Bevöl3.2.4 Pathogenese kerung. Worauf diese Zunahme zurückzuführen ist, bleibt Inhalt der wissenschaftlichen Diskussion. Sie kann zum Teil auf Zelluläre Träger der allergischen Soforttypreaktionen sind Tunterschiedliche Definitionskriterien der Allergie und einer un- und B-Zellen, eosinophile Granulozyten und Mastzellen, die terschiedlichen Wertung der jeweiligen Symptome beruhen, ist durch verschiedene Peptid-, aber auch Lipidmediatoren mitjedoch möglicherweise auch ein zivilisatorisches Phänomen. einander agieren und in einer erhöhten IgE-Produktion reVor dem Hintergrund der genetischen Faktoren und vielfälti- sultieren. Das Konzept der Entwicklung von T-Zellen zu sog. ger exogener Auslöser werden Ernährungsgewohnheiten sowie T-Helfer-1- und T-Helfer-2-Zellen und damit einer sog. TH1hygienische und zivilisatorische Bedingungen verdächtigt. Nach und TH2-Antwort hat dabei zum Verständnis der gesteigerten diesen Vorstellungen laufen für die Abwehr von Parasiten und IgE-Produktion sowie Eosinophilenaktivität bei IgE-vermittelten Helminthen vorgesehene IgE-vermittelte Reaktionen unter Be- Sofortreaktionen erheblich beigetragen. Als mögliche Induktoteiligung von eosinophilen Granulozyten leer und finden statt- ren einer gesteigerten TH2-Antwort sind genetische Faktoren, dessen die o. g. Allergene als Ziel. aber auch Umweltfaktoren wie Infekte vorstellbar. Die solchermaßen induzierten antigenspezifischen IgE binden über die hochaffinen IgE-Rezeptoren auf Mastzellen. Bei Tabelle 3.2-4. Auslöser der allergischen Soforttypreaktionen erneutem Antigenkontakt führt die Kreuzvernetzung des IgE zu einer Mastzellendegranulation und zur Freisetzung von Allergene Klinische Symptome Histamin. In der Folge treten die charakteristischen klinischen Inhalativ Rhinoconjunctivitis Asthma bronchiale Symptome der Sofortreaktion vom Typ I auf, die über so geallergicum nannte H1-Histaminrezeptoren vermittelt werden (Abb. 3.2-1). Pflanzenpollen Saisonal/intermittierend Diese Rezeptoren sind im Respirations- und GastrointestinalSchimmelpilzsporen Saisonal/intermittierend oder trakt zu finden und vermitteln Vasodilatation, eine Erhöhung perennial/persistierend der Gefäßpermeabilität sowie Juckreiz und Niesreiz. Zusammen Hausstaubmilben/ Perennial/persistierend Vorratsmilben mit der Aktivierung von sog. H2-Rezeptoren treten HypotenTierepithelien Perennial/persistierend sion, Kopfschmerzen und Flush auf, die allergische Reaktionen Oral/Enteral Rhinoconjunctivitis/Asthma begleiten. Neben diesen Rezeptoren finden sich H3-Histaminbronchiale allergergicum/ Gastroenteritis/Urtikaria rezeptoren, die auf präsynaptischen Nervenendigungen, auf Nahrungsmittel (Eiweiße) histaminergen Neuronen des ZNS sowie in den tiefen AtemMedikamente wegen und im Gastrointestinaltrakt exprimiert und auf noch Epidermal/Epithelial Kontakturtikaria Rhinoconjunctivitis unbekannten Wegen aktiviert werden. Für das allergische GeAsthma bronchiale schehen sind sie offensichtlich nicht bedeutsam. allergicum Nahrungsmittel Welche Faktoren die Bevorzugung eines Organs festlegen, Medikamente (z. B. Penicillin) ist bis heute nicht klar. Möglicherweise kommt es im Laufe der Latex „atopischen Karriere“ zu einer Allergen- und SymptomausParenteral Anaphylaktische Reaktionen weitung und dem so genannten Etagenwechsel. Bei lang anhalInsektengifte Medikamente tenden Beschwerden treten die spezifischen immunologischen (Antibiotika) zugunsten chronisch-entzündlicher Vorgänge zunehmend in 3.2.3
Immunologisch mediierte Sofortreaktionen vom Typ I nach Coombs und Gell
3.2 Immunologisch bedingte Hypersensitivitätsreaktionen vom Soforttyp 3 Zielzelle
Mastzelle
Zielorgan Allergen
glatte Muskelzelle
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Konjunktivitis
Immunglobin E
Rhinitis
Drüsenzelle
Endothelzelle Histamin
Asthma bronchiale
Nervenzelle Quaddeln
A b b. 33.2-1. 2 11.. Organbeteiligungen der Hypersensitivitätsreaktionen vom om Soforttyp (Siehe auch Farbtafel im Anhang) Ab 3.2
den Hintergrund und führen über permanente Organschädigungen, z. B. an der Lunge, zu therapeutisch schwer angehbaren Symptomen. Nach neuester Wertung der WHO wird die allergische Rhinitis in ihrer sozioökonomischen Bedeutung mit dem Diabetes mellitus verglichen und ihre frühzeitige, konsequente und langfristige Therapie betont. 3.2.5
Diagnostik
Als erster Schritt ist eine ausführliche und detaillierte Anamneseerhebung nötig. Sie kann bereits das Vorliegen einer Allergie im Definitionssinn ausschließen bzw. die weitere allergologische Diagnostik mit Auswahl der jeweils sinnvollen Verfahren und des Allergenspektrums beeinflussen (s. Tabelle 3.2-4). Bei unergiebiger Anamnese oder Testung kann ein vom Patienten über mehrere Wochen geführter so genannter Beschwerdekalender mit Dokumentation der Symptome sowie der Begleitumstände (Aufenthaltsorte, Ernährung etc.) Klarheit verschaffen. Zur Verfügung stehen heute verschiedene In-vitro- und Invivo-Verfahren, die in ihrer Wertigkeit und sinnvollen Reihenfolge zum Teil unterschiedlich beurteilt werden. Zuverlässig und gut standardisiert ist der In-vitro-Nachweis des zirkulierenden Gesamt-IgE und der allergenspezifischen IgE. Inwieweit diese im Serum nachgewiesenen, zirkulierenden IgE jedoch die allergologisch relevante Situation vor Ort, z. B. in der Lunge, widerspiegeln, ist häufig nicht klar. Dies gilt auch für die anwendbaren In-vivo-Verfahren der Hauttestung, die möglicherweise für verschiedene lokalisierte klinische Symptome nicht relevant sind.
Diagnostik allergischer Soforttypreaktionen In-vitro-Verfahren: • Serologisch – Gesamt-IgE – Spezifisches IgE • Zellulär – Histaminfreisetzung – CAST-ELISA – (T-Zell-Reaktivität) • Unspezifische Aktivitätsparameter – Serum-ECP – Plasmahistamin – Serumtryptase In-vivo-Verfahren: • Hauttestverfahren – Prick-Test – Intrakutantest – Scratch-Test – Reibetest • Expositionsverfahren – Orale Provokation – Inhalative Provokation – Nasale Provokation
Nachweis des spezifischen IgE
Eingesetzt werden Antigene in gelöster Form oder festphasengebunden. Am weitesten verbreitet sind Letztgenannte im so genannten RAST-Test oder CAP-FEIA-Test. Das Prinzip besteht aus festphasengebundenen Allergenen, die zirkulierende spezifische IgE-Moleküle im zu untersuchenden Serum binden. Diese werden nachfolgend mit radioaktiv oder enzymmarkierten AntiIgE-Antikörpern nachgewiesen. Anhand von Referenzkurven und internationalen Standards lässt sich das IgE in Einheiten pro Liter quantifizieren oder semiquantitativ in so genannten CAP- oder RAST-Klassen angeben. Ein erhöhtes Gesamt-IgE im Serum ist hinweisend auf eine Typ-I-Allergie, niedrige Werte In-vitro-Verfahren In-vitro-Verfahren sollen die risikoreiche diagnostische (Re-) schließen diese jedoch nicht aus. Das Problem der Relevanz des zirkulierenden IgE vs. zelluExposition des Patienten vermeiden (s. Übersicht). Als Nachweise isolierter Parameter sind sie jedoch häufig artifiziell und lär gebundenem IgE, d. h. falsch-negativer oder niedriger IgEWerte, versuchen verschiedene zelluläre Testverfahren zu ummüssen in ihrer Relevanz kritisch bewertet werden.
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3 Immunologisch bedingte Krankheiten
gehen. Deren Wert für die Routinediagnostik ist aber bis heute umstritten. Der bekannteste, aber auch störanfälligste ist der In-vitro-Histaminfreisetzungstest. An basophile Granulozyten gebundenes IgE führt bei Kreuzvernetzung mit dem spezifischen Allergen zu einer Histaminfreisetzung, die durch entsprechende nachgeschaltete Verfahren quantifiziert werden kann. Während hier ein präsynthetisierter Mediator nachgewiesen wird, führt im so genannten CAST-ELISAA das jeweilige Antigen zu einer Denovo-Synthese von Sulfidoleukotrienen durch basophile Granulozyten. Diese werden in der Folge im Überstand quantifiziert. Der Nachweis einer Sensibilisierung von T-Zellen auf bestimmte Allergene in In-vitro-Stimulationstests ist Speziallabors und eher wissenschaftlich orientierten Fragestellungen vorbehalten. Alle diese Verfahren spiegeln die Reaktivität zirkulierender Blutzellen wider, jedoch u. U. nicht relevante Bedingungen im Gewebe. Unspezifische Aktivitätsparameter oder Indikatoren einer allergischen Diathese stellen das so genannte „eosinophil cationic protein“ (ECP) dar, dessen Serumkonzentration zur Aktivität verschiedener atopischer Erkrankungen korreliert. Auch Serumtryptasespiegel und, weit weniger verlässlich, Plasmahistaminspiegell sind als Aktivitätsparameter einsetzbar, jedoch häufig wenig hilfreich. In-vivo-Testverfahren
Ziel dieser Verfahren ist es, unter möglichst einfachen Bedingungen und geringem Risiko für die Patienten reproduzierbare und relevante Ergebnisse zu erhalten (s. Übersicht oben). Die Hauttestung stellt die technisch einfachste und risikoärmste In-vivo-Testung dar, wenngleich auch hier bei stark sensibilisierten Patienten mit systemischen Reaktionen gerechnet werden muss. Man unterscheidet die Prick- und Intrakutantestung sowie Scratch- und Reibetest. Bei der Prick-Testung wird ein Tropfen der Lösung zu testender Allergene auf die Haut aufgebracht, mit einer Lanzette durch den Tropfen gestochen und damit Allergen in die obere Dermis eingebracht. Im Vergleich zur Positivkontrolle (Histamin) und Negativkontrolle (physiologische Kochsalzlösung) wird nach etwa 20 min eine positive Reaktion als Quaddel abgelesen. Bei der Intrakutantestung werden 20–50 µl der zu testenden Allergenlösung mit einer Kanüle streng intrakutan injiziert und wieder im Vergleich zu Positiv- und Negativkontrolle die Reaktion als Quaddel bewertet. Während der Prick-Test unempfindlicher und risikoärmer ist, bietet der Intrakutantest eine höhere Sensitivität, aber auch ein höheres Risiko. Für beide Testmethoden stehen standardisierte, sterile und pyrogenfreie Allergenlösungen zur Verfügung. Liegen diese nicht vor, wie z. B. bei zahlreichen Arzneimitteln, kann alternativ die so genannte Scratch-Testung durchgeführt werden. Nach unblutiger Skarifizierung der Haut wird die verdächtigte Substanz aufgetragen, in einem Tropfen physiologischer Kochsalzlösung gelöst und die Reaktion nach 20 Minuten abgelesen.
Bei anamnestisch sehr starker Reaktion und vermuteter hoher Sensibilisierung des Patienten kann zunächst ein so genannter Reibetestt auf unverletzter Haut durchgeführt werden, wie z. B. bei starker Latexsensibilisierung. Die beiden letztgenannten Tests sind naturgemäß wenig standardisiert und reproduzierbar. Die Relevanz von Hauttestergebnissen kann durch entsprechende Expositionstests an den primär betroffenen Organen überprüft werden. Bei nasalerr und konjunktivaler Provokation werden die Allergenlösungen auf die Nasenschleimhaut bzw. in den Bindehautsack aufgetragen und inspektorisch, endoskopisch oder durch Rhinomanometrie die lokalen Schleimhautreaktionen objektiviert. Bei der bronchialen Provokation werden standardisierte Allergenlösungen inhaliert und klinische Reaktionen subjektiv, auskultatorisch und bodyplethysmographisch verfolgt. Vorher sollte eine bronchiale Hyperreagibilität ausgeschlossen werden. Bei der oralen Provokation werden die verdächtigten Substanzen optimalerweise doppelblind und plazebokontrolliert exponiert und eine lokale Reaktion am Darm auskultatorisch, röntgenologisch (Passagezeit) oder sonographisch verfolgt. Alternativ zeigen sich systemische Reaktionen an der Haut oder an den Schleimhäuten, wie eine Urtikaria oder asthmatische Beschwerden. Gegebenenfalls muss vor dieser Testung eine Eliminationsdiät durchgeführt werden. Die lokale Applikation von Allergenen an der Darmschleimhaut unter endoskopischer Kontrolle oder bioptischer Entnahme von Darmschleimhaut und In-vitro-Exposition mit Allergenen wird derzeit nur von wenigen Zentren durchgeführt, ist jedoch in Einzelfällen, insbesondere bei Nahrungsmittelallergien, sinnvoll. Die Kenntnis der Aminosäurestruktur zahlreicher Antigene sowie immunologisch relevanter Determinanten ist inzwischen fortgeschritten. Die bekanntesten und wichtigsten Allergene liegen als hochgereinigte Moleküle, mittlerweile z. T. sogar in synthetischer oder rekombinanter Form vor. Letztere finden zunehmend Eingang in die In-vitro- und In-vivo-Testung und ermöglichen eine kontaminationsfreie Testung. Inwieweit sie aber natürlichen Antigenen in ihrer Molekularstruktur, Derivatisierung und Glykosylierung und damit ihrer Antigenität gleichen, muss noch überprüft werden. Verschiedene Präparationsschritte können antigene Strukturen einerseits zerstören oder andererseits erst generieren. Bestimmte, insbesondere nahrungsmittelrelevante Allergene können durch die Zubereitung wie z. B. Kochen und den enzymatischen Abbau im Darm erst entstehen und so nur unter Vorbehalt in den o. g. diagnostischen Verfahren auf ihre Relevanz überprüft werden. Auch Kombinationseffekte mit z. B. Ethylalkohol oder Salizylaten bei oraler Exposition sind nur bedingt nachvollziehbar.
3.2 Immunologisch bedingte Hypersensitivitätsreaktionen vom Soforttyp 3
3.2.6
Therapie
Nach den bisherigen Ausführungen über die Entstehung von Allergien ergeben sich therapeutische Möglichkeiten an verschiedenen Punkten der Pathogenese, die ursachenorientiert oder rein symptomatisch sind. Im Vergleich zu vielen anderen Erkrankungen ermöglichen gerade Allergien eine sehr gezielte Therapie, indem der Auslöser, das Allergen, erkannt und gemieden oder therapeutisch eingesetzt wird. Andererseits stellen die Bremsung der TH2-Antwort oder die Umstimmung einer TH2- auf eine TH1-Antwort wichtige prophylaktische, aber auch therapeutische Perspektiven dar. Als symptomorientierte und klinisch praktikabelste Therapie bietet sich die Hemmung der Histamineffekte an. Die Komplexität des Systems wird jedoch gelegentlich durch die nur mäßigen Erfolge mit verschiedenen Therapiestrategien belegt. Entgegen der didaktischen Konzepte sind nicht nur Mastzellen und Histamin, sondern auch andere Entzündungsmediatoren sowie verzögerte Mechanismen an der Ausformung der individuellen klinischen Symptomatik von Typ-I-Reaktionen beteiligt. Zunächst sollen grundlegende Therapieprinzipien für alle zu besprechenden Krankheitsbilder aufgeführt werden, um sie dann bei den einzelnen Erkrankungen entsprechend zu bewerten. Dabei muss die akute, ggf. Notfalltherapie von einer längerfristigen Therapie unterschieden werden. Vermeiden/Karenz des Allergens
Die Erkennung und Vermeidung des Allergens stellt das wichtigste diagnostische und therapeutische Ziel dar. Bei Allergien auf Tiere oder Medikamente ist dies i. A. relativ einfach, häufig aber nicht vollständig möglich, da auch bei Verzicht auf eigene Haustiere der indirekte Kontakt nicht immer zu vermeiden ist. Bei saisonal auftretenden inhalativen Allergenen wie Baumund Gräserpollen ist eine Karenz nur begrenzt oder gar nicht möglich. Den Aufenthalt im Freien bei entsprechenden Wetterlagen zu vermeiden, bedeutet einen erheblichen Einschnitt in die Lebensqualität sowie die Arbeitsfähigkeit. Der Einbau von entsprechenden Luftfiltern in Wohnung oder Pkw ist meist wenig praktikabel. Bei der Hausstauballergie sollte zunächst eine Hausstaubsanierung durchgeführt werden. Dazu steht eine Reihe von Akariziden zur Verfügung, deren Wirksamkeit jedoch beschränkt ist und wiederholte Anwendung erforderlich macht. Die entsprechende Gestaltung von Wohn- und Arbeitsbereich ist essentiell unter Vermeidung von staubfangenden Einrichtungsgegenständen wie Teppichböden, Polstermöbeln oder schweren Gardinen. Für Matratzen und Bettzeug stehen milbendichte Überzüge zur Verfügung. Antihistaminika
Die Substanzen dieser Gruppe sollen im Wortsinne Histamineffekte hemmen. Daher sind hier die Histaminrezeptorenblocker und die Histaminfreisetzung hemmenden Wirkstoffe zu nennen:
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Antihistaminika Hemmer der Histaminfreisetzung: • Dinatrium-Cromoglicat (DNCG) • Nedocromil-Natrium • Oxatomid (systemisch) H1-Rezeptorenblocker: • Erste Generation (zentral sedierend, cholinerg) u. a. – Hydroxycin – Ketotifen – Clemastin • Zweite Generation (kaum sedierend, hohe Rezeptoraffinität) u. a. – Astemizol – Azelastin – Fexofenadin – Loratadin – Cetirizin – Mizolastin
Histaminfreisetzung hemmende Wirkstoffe Cromoglycate Vertreter dieser Substanzgruppe sind in der
Lage, durch membranstabilisierende Effekte die Histaminfreisetzung aus Mastzellen zu verhindern. Zusätzlich haben sie antientzündliche Eigenschaften. Ihre Nachteile sind der verzögerte Wirkeintritt, die relativ kurze Halbwertszeit mit der Notwendigkeit mehrfach täglicher Applikation sowie die ausschließlich lokale Wirksamkeit. Der Vorteil liegt jedoch in der Möglichkeit, bedarfsgerecht, ausschließlich lokal das betroffene Organ (Auge, Nase, Darmtrakt) zu therapieren und die systemischen Nebenwirkungen von Histaminrezeptorenblockern und Glukokortikosteroiden zu vermeiden. Die derzeit gängigsten Wirkstoffe sind in obiger Übersicht aufgeführt. Histaminrezeptorenblocker Diese sehr umfangreiche Wirkstoffgruppe lässt sich in eine so genannte 1. und 2. Generation einteilen. Wesentlicher Unterschied ist die Lipidlöslichkeit und damit die zentralnervöse Wirkung mit ausgeprägter Sedierung der Vertreter der klassischen, d. h. 1. Generation. Daneben zeigen sie cholinerge, serotoninerge und α-adrenerge Aktivität. Nach oraler Aufnahme finden sich erste klinische Effekte nach 30–45 min mit maximalen Plasmaspiegeln nach 1–3 h und einer Wirkdauer von 3–6 h. Damit ist eine mehrfach tägliche Einnahme erforderlich. Die nichtsedierenden Antihistaminika der 2. Generation können die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden. Erste klinische Effekte sind z. T. schon nach 20–30 min zu beobachten, mit maximalen Serumspiegeln nach 1–2 h. Da die Wirkdauer in der Regel wesentlich länger als bei den klassischen Antihistaminika anhält, ist in der Regel nur einmal täglich eine Einnahme erforderlich. Die Eliminationshalbwertszeit liegt präparateabhängig zwischen 10 und 100 h. Daher ist nach mehrtägiger Einnahme dieser Antihistaminika eine Rezeptorblockade für bis zu sieben Tagen möglich, was vor Durchführung von Haut- und Provokationstests zu beachten ist. Neben einer hohen H1-Rezeptoraffinität zeigen vor allem die jüngsten Vertreter dieser Gruppe hemmende Wirkungen auf verschiedene
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3 Immunologisch bedingte Krankheiten
Zytokine sowie Lipidmediatoren und damit zusätzlich eine antiallergische und antientzündliche Wirkung. Die therapeutische Breite der Histaminrezeptorenblocker ist sehr groß. Sie werden vornehmlich durch die Leber, die neueren z. T. über die Nieren ausgeschieden. Alle haben prinzipiell bei Überdosierung sowie Erkrankungen der Leber, der Nieren oder Vorerkrankungen des Herzens ein kardiotoxisches Potential. Wesentlich bei dieser Nebenwirkung ist auch die Kombination mit anderen Medikamenten, die über eine gemeinsame Metabolisierung durch P450-Isoenzyme zur Akkumulation führen. Hier sind insbesondere Makrolidantibiotika, Imidazolderivate, Barbiturate, Ciclosporin, Nifedipin, Cimetidin, Phenytoin, Antiarrhythmika und Kontrazeptiva zu nennen. Die kardiale Nebenwirkung (Herzrhythmusstörungen) einiger Vertreter der 2. Generation ist inzwischen weniger relevant, seitdem diese Präparate nicht mehr verfügbar oder durch Derivate ersetzt worden sind. Durch die cholinerge Wirkung können bei den klassischen Antihistaminika Mundtrockenheit, Obstipation, Miktionsstörungen und Erhöhungen des Augeninnendruckes auftreten. Neben den genannten sedierenden Eigenschaften können zudem auch Schwindel und Kopfschmerz auftreten sowie selten Leukopenien und Agranulozytosen. Allergische und photoallergische Reaktionen sind beschrieben und sprechen vor allem gegen eine lokale Anwendung an der freien Haut. Die Anwendung in der Schwangerschaft ist insbesondere bei den neueren Antihistaminika problematisch bzw. nicht ausreichend untersucht und sollte daher im ersten Trimenon unterbleiben, danach nur mit strenger Indikationsstellung. Einige Präparate wie Clemastin und Ketotifen gehen in die Muttermilch über, wenn auch insgesamt wenige Untersuchungen zu diesem Thema zur Verfügung stehen. Bei Säuglingen ist mit einer erhöhten Empfindlichkeit u. a. auf Grund der Unreife der Leber zu rechnen. Auch bei Kindern können paradoxe Reaktionen mit Agitiertheit und Krampfneigung auftreten.
Eine systemische Applikation ist insbesondere bei akuten, anaphylaktischen Ereignissen mit wasserlöslichen, schnell wirksamen Präparaten sinnvoll. Eine längerfristige Applikation (oral, intramuskulär) ist allenfalls bei schweren, chronischen und anderweitig nicht zu therapierenden Krankheitsbildern zu erwägen. Zur lokalen Applikation stehen für Nasen- und Bronchialschleimhaut inzwischen Präparate zur Verfügung, die eine geringe Resorptionsrate und damit geringe systemische Effekte zeigen. Hyposensibilisierung
Bei der Hyposensibilisierung wird in definierter und ansteigender Menge und zunehmendem Intervall das auslösende Allergen appliziert. Damit werden Erfolgsraten von über 90% bei Insektengiftallergien (Bienen- und Wespengift), 80% bei Gräserund Baumpollenallergien und 50–60% bei Hausstaubmilbenallergien erreicht im Sinne eines vollständigen Rückganges oder Besserung der Symptomatik. Die subkutane Applikation ist gut etabliert und am besten dokumentiert. Dazu stehen wässrige Präparate, Semidepotpräparate mit verzögerter Freisetzung sowie Allergoide als modifizierte Allergene zur Verfügung, die längerfristige Injektionsprotokolle beinhalten. In den letzten Jahren sind Kurzzeitprotokolle mit vier bis acht Injektionen in ein- bis zweiwöchigen Abständen eingeführt worden, die eine Hyposensibilisierung auch noch kurz vor der Beschwerdezeit ermöglichen. Ihre Effektivität und die langfristige Verträglichkeit müssen jedoch noch abgewartet werden. Alternativ ist in den letzten Jahren die sublinguale oder orale Applikation bei Birken- und Beifußpollen sowie Hausstaubmilben insbesondere bei Kindern eingesetzt worden, sie bedarf jedoch ebenfalls noch in Hinsicht auf langfristige Verträglichkeit und Erfolge weiterer Evaluation. Möglicherweise werden in der Zukunft rekombinante Allergene und DNA-Vakzine weitere Fortschritte für die Hyposensibilisierung bringen. In der Regel erfolgt in 1- bis 2-wöchigen Abständen außerhalb der Beschwerdezeit (bei saisonalen Allergien) die s.c.Applikation zunächst kleiner Allergenmengen. Die Zusammensetzung der Injektionslösung ergibt sich individuell aus den Glukokortikosteroide Glukokortikosteroide zeigen pluripotente, stark ausgeprägte, anamnestischen Angaben sowie den Ergebnissen der In-vivoantientzündliche Effekte, die sich auf verschiedene Zellsysteme und In-vitro-Verfahren und wird je nach Sensibilisierungsgrad und Peptid- und Lipidmediatoren erstrecken. Damit zeigen in mehreren Konzentrationsstufen erstellt. Nach Erreichen der sie über eine rein symptomatische Therapie hinaus kausale An- Enddosis werden die Zeitabstände der Injektionen schrittweise sätze, die chronisch-entzündliche und destruktive Mechanismen auf monatliche Intervalle gesteigert. Eine saisonale Fortsetzung bremsen. Wesentlich ist andererseits bei fortgesetzter Einnahme unter Dosisreduktion ist möglich, jedoch nicht risikofrei. Hyposensibilisierungen werden über mindestens drei Jahre höherer Dosen ein breites Nebenwirkungsspektrum, das sich je nach lokaler oder systemischer Applikation in einer Störung durchgeführt und stellen einen erheblichen zeitlichen und fides Bindegewebestoffwechsels (Atrophien, Osteoporose), der nanziellen Aufwand wie auch ein nicht unerhebliches allergoImmunabwehr (Infektneigung), des Fett- und Kohlenhydrat- logisches Risiko dar. Relative und absolute Kontraindikationen stoffwechsels sowie des Elektrolyt- und Wasserhaushaltes zei- wie Schwangerschaft, Immundefekte, Tumorleiden und chronigen. Bei der lokalen Anwendung stehen hauptsächlich die loka- sche Infektionskrankheiten sind zu beachten. Angesichts dieser len Atrophien und die Abwehrschwäche mit Superinfektionen Risiken sollten Hyposensibilisierungen nur von allergologisch neben den systemischen Effekten durch Resorption im Vorder- versierten und für entsprechende Notfälle ausgerüsteten Ärzten ausgeführt werden. grund.
3.2 Immunologisch bedingte Hypersensitivitätsreaktionen vom Soforttyp 3
Als Wirkungsmechanismus dieser Therapie wird derzeit eine Modulation der TH2-Immunantwort in Richtung auf eine TH1-Antwort angesehen. Ein Anstieg von spezifischen IgG-Antikörpern korreliert nicht oder nur mäßig zum klinischen Erfolg. Möglicherweise ist, wie jüngst gezeigt werden konnte, ein Anstieg von Antikörpern des IgG4-Isotyps Ausdruck einer TH1- Antwort und Hinweis für das Ansprechen der Therapie. Inwieweit Hyposensibilisierungen eine Ausweitung des Allergenspektrums und einen Etagenwechsel verhindern können, wird derzeit noch kontrovers diskutiert. Vermutlich halten jedoch die Effekte nach Aussetzen der Therapie nicht an, weswegen jüngst eine langjährige, möglicherweise lebenslange Therapie empfohlen wurde. Andere Therapiemöglichkeiten
Bei Versagen oder unzureichender Wirksamkeit der o. g. Ansätze sowie bei schweren Krankheitsbildern stehen alternative Therapiemöglichkeiten zur Verfügung, die jedoch ein ausgeprägteres Nebenwirkungsprofil zeigen oder klinisch nicht entsprechend evaluiert worden sind. Der erfolgreiche Einsatz von immunmodulierenden Substanzen wie Ciclosporin bei der Rhinitis allergica sowie dem Asthma bronchiale allergicum ist beschrieben. Das Nebenwirkungsspektrum und insbesondere der zu erwartende langfristige Einsatz bei eher jüngeren Menschen, speziell Kindern, bei prinzipiell nicht lebensbedrohlichen Erkrankungen rät jedoch zur Zurückhaltung. Bei schweren Formen der Rhinoconjunctivitis allergica sowie Asthma bronchiale allergicum ist der Einsatz von intravenösen Immunglobulinen in der Dosierung von 0,5–2 g/kg KG beschrieben, angesichts der Kosten nur in Einzelfällen sinnvoll. Ihr Wirkungsmechanismus ist unklar und beruht möglicherweise auf Anti-Zytokin- oder Anti-Idiotyp-Effekten. In diesem Zusammenhang werden in der nahen Zukunft vermutlich humanisierte und chimärisierte monoklonale Antikörper gegen pathogenetisch relevante Zytokine wie IL-4 und IL-5, Adhäsionsmoleküle oder IgE eine wichtige klinisch-therapeutische Rolle spielen. Monoklonale Antikörper gegen IgE zeigen klinische Wirksamkeit bei Asthma bronchiale und Rhinoconjunctivitis allergica, sind in Deutschland bislang nicht zugelassen. Kürzlich wurden Hemmstoffe von TH2-Zytokinen wie z. B. SuplatastTosilat beschrieben, die in einer doppelblind-randomisierten Studie steroidsparende Effekte beim Asthma bronchiale zeigten. Auf psychotherapeutische Ansätze sowie Therapiemöglichkeiten der Alternativmedizin (z. B. Naturheilkunde, Homöopathie) oder Akupunktur soll hier nicht eingegangen werden. Therapie der anaphylaktischen Reaktion • • • • • • • •
Glukokortikosteroide i.v. Histaminrezeptorenblocker i.v. Adrenalin i.v./i.m. Ggf. Theophyllin i.v. Ggf. β2-Sympathomimetika Sauerstoff Venöser Zugang Volumensubstitution
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Krankheitsbezogene Therapie Anaphylaktische Reaktionen Diese Reaktionen stellen eine
Notfallsituation dar und erfordern unabhängig von der Ursache eine schnelle Intervention. Allergische Zwischenfälle stellen dabei Reaktionen auf Arzneimittel (z. B. Antibiotika, Dextran, Latex), Nahrungsmittel (z. B. Nüsse, Hühnereiweiß) oder Insektenstiche (Bienen- und Wespengift) dar und sind bei einer Typ-I-Sensibilisierung mit Beteiligung von IgE, aber auch als Immunkomplexanaphylaxie (Typ III) möglich. Meist kann erst nach der Notfalltherapie eine weitere Diagnostik durchgeführt werden. Wichtig ist dabei zu bedenken, dass sowohl In-vitro- als auch In-vivo-Tests erst nach einer Karenz von etwa vier Wochen durchgeführt werden sollten, weil sich andernfalls möglicherweise falsch-negative Ergebnisse ergeben. Andererseits können sie auch bei zu großen Intervallen negativ ausfallen. Rhinoconjunctivitis allergica Diese wohl häufigste allergische Erkrankung äußert sich typischerweise mit plötzlich auftretender Einschränkung der Nasenatmung (Obstruktion) mit und ohne Fließschnupfen, intranasalem Juckreiz und Niesreiz. Verbunden damit findet sich in unterschiedlichem Ausmaß eine Augenbeteiligung mit Konjunktivitis, Lichtscheu, Augentränen, Fremdkörpergefühl sowie Juckreiz (s. Abb. 3.2-1). Auf Grund des zeitlichen Verlaufes lassen sich saisonale oder intermittierende von perennialen oder persistierenden Formen abgrenzen. Eine asthmatische Beteiligung ist möglich, wird jedoch an anderer Stelle dieses Buches besprochen. Je nach Auslöser können die Beschwerden unterschiedlich lange anhalten. Bei Kontakt z. B. mit Tierepithelien können diese sehr plötzlich auftreten, nach Abbrechen des Kontaktes jedoch auch schnell wieder nachlassen. Bei Pollenallergenen hingegen beginnen die Beschwerden je nach Wetterlage und Pollenflug langsam und halten u. U. wenige Tage oder auch Wochen an. Bei Sensibilisierung gegen Hausstaubmilben sind ganzjährig Beschwerden typisch. Mechanische Maßnahmen wie Nasenduschen oder Nasengele können einen gewissen schützenden Effekt aufweisen. Länger als vier Wochen anhaltende und rezidivierende Beschwerden sollten an eine Allergie denken lassen und durch entsprechende diagnostische Verfahren abgeklärt werden (s. oben). Die Erkennung und ggf. Vermeidung des allergenen Auslösers steht an erster Stelle der therapeutischen Bemühungen. Abhängig vom Beschwerdeausmaß, der Häufigkeit und Dauer der Beschwerden und des Auslösers müssen daher stufenweise und individuell anzupassende Therapiemöglichkeiten eingesetzt werden (s. folgende Übersicht). Die jüngsten Therapieempfehlungen der European Academy of Allergology and Clinical Immunology für die Rhinitis allergica richten sich nach der Stärke der nasalen Sekretion bzw. Obstruktion einerseits und dem Ausmaß der Beschwerden und der Entzündung andererseits. Diese Empfehlungen umfassen den Einsatz von lokalen Antihistaminika und Glukokortikosteroiden sowie systemischen Antihistaminika.
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3 Immunologisch bedingte Krankheiten
Bei eher leichten Beschwerden an einem oder wenigen der Zielorgane ist der Einsatz von Mastzellenstabilisatoren sinnvoll. Diese sind lediglich lokal wirksam und stehen als Nasenspray, Augentropfen und Inhalationsspray zur Verfügung. Wegen ihrer kurzen Halbwertszeit müssen sie mehrmals täglich angewendet werden. Da auch ihr Wirkungseintritt verzögert ist, sind sie als Bedarfsmedikation für plötzliche und kurzfristige Beschwerden weniger sinnvoll.
Bei schweren Formen, mehrjährigen Beschwerden und mangelndem Ansprechen auf die Standardtherapie wird eine spezifische Hyposensibilisierung empfohlen. Die frühzeitige Einleitung soll eine Ausweitung des Allergenspektrums, die Chronifizierung der Beschwerden sowie den so genannten Etagenwechsel vermeiden. Die langfristigen positiven Effekte wiegen unter pharmakoökonomischen Aspekten die hohen unmittelbar entstehenden Behandlungskosten auf. Urtikaria Die Urtikaria stellt ein häufiges und klinisch charak-
Therapie der Rhinoconjunctivitis allergica • Mastzellenstabilisatoren (Nase, Augen, Lunge) • H1-Rezeptorenblocker – Lokal – Azelastin – Levocabastin – Systemisch • Glukokortikosteroide – Lokal (u. a.) – Beclometasondipropionat – Budesonid – Flunisolid – Fluticason – Mometason – Systemisch (u. a.) (cave!) – Predison – Prednisolon – Methylprednisolon – (Dexamethason) • Hyposensibilisierung (s.c., oral)
Bei stärkeren Beschwerden sollten Histaminrezeptorenblocker eingesetzt werden. Diese sind zur Lokal- und systemischen Anwendung verfügbar und sollten ebenfalls nach Ausmaß der Beschwerden und Organbeteiligung angewendet werden. Dabei bieten sich die Histaminrezeptorenblocker der 2. Generation mit nur geringer sedierender Wirkung an, um eine Teilnahme der Patienten am Alltagsleben zu ermöglichen. Die nur noch einmal tägliche Einnahme einer Tablette (z. B. Cetirizin 10 mg, Mizolastin 10 mg) erhöht dabei die Akzeptanz und Compliance bei den Patienten. Da sich ein verstärkter Effekt nach mehrtägiger Einnahme einstellt, ist über die bedarfsgerechte Einnahme hinaus bei anhaltenden Beschwerden eine konsequent fortgesetzte Medikation sinnvoll. Bei ausbleibendem Erfolg sollten alternative Antihistaminika eingesetzt werden, in einem weiteren Schritt ggf. die Dosis erhöht oder zwei verschiedene Antihistaminika kombiniert werden. Ihre antientzündliche und antiobstruktive Wirkung ist jedoch nicht immer ausreichend. Bei stärkeren und ganzjährigen Beschwerden sowie ausgeprägter Obstruktion der Nasenatmung wird daher der Einsatz von topischen Glukokortikosteroiden empfohlen. Die derzeit verfügbaren neueren Präparate führen auch bei längerer Anwendung kaum zu lokalen und wegen der sehr geringen Resorption zu keinen wesentlichen systemischen Effekten. Systemische Steroide werden als Depotpräparate zu Beginn der Pollensaison oder oral bei starken Beschwerden immer noch verwendet. Angesichts ihrer protrahierten Effekte und des Nebenwirkungsspektrums sollten sie jedoch Einzelfällen vorbehalten bleiben.
teristisches Krankheitsbild dar. Bis zu zwanzig Prozent aller Menschen machen einmal in ihrem Leben eine Urtikaria durch. Angesichts einer sehr heterogenen Ätiopathogenese handelt es sich jedoch um die gemeinsame klinische Endstrecke und relativ einheitliche Manifestation vielfältiger Ursachen. Damit ist die Urtikaria eher ein Symptom als eine befriedigende Diagnose. Dieses Problem spiegelt sich auch in der Nomenklatur wider. Die einfachste Einteilung erfolgt nach dem zeitlichen Verlauf. Die akute Urtikariaa mit maximal sechs Wochen Dauer stellt die häufigste und passagere Form dar, wohingegen die chronische Urtikariaa mit einem Verlauf von mehr als sechs Wochen 0,5–2% der Bevölkerung betreffen soll. Pathogenetische Einteilungen sind nach physikalischen Ursachen möglich (Kälte, Wärme, Druck, UV-Licht), die sich häufig schon auf Grund der anamnestischen Angaben ergeben. Weiterhin werden infektassoziierte Formen und pseudoallergische Reaktionen vermutet. In der Gruppe der chronischen Urtikaria finden sich in 30–50% der Fälle nicht klärbare Ursachen, was zur Benennung als chronisch idiopathische Urtikariaa führte. Eine Schleimhautbeteiligung findet sich bei bis zu 10% der Patienten. Dabei wird häufig als so genanntes QuinckeÖdem eine Manifestation im Gesichts- und Schlundbereich benannt und mit den Symptomen eines angioneurotischen Ödems gleichgesetzt. Während die klassische Urtikaria ein dermales Ödem zeigt, finden sich beim angioneurotischen Ödem im eigentlichen Sinne Schwellungen in der tiefen Dermis bis Subkutis. Sie imponieren dabei klinisch als eher unscharfe, wenig gerötete Schwellung mit mehr Brennen und Schmerzen als Juckreiz. Neben der Manifestation als Teil einer Urtikaria reichen die Ursachen des isolierten angioneurotischen Ödems ohne urtikarielle Symptome über erworbene und angeborene C1-Esteraseinhibitormangelzustände bis hin zu Störungen des Kininsystems oder unbekannten Ursachen. Klassisch-allergische Reaktionen machen in der Gesamtgruppe der Urtikaria nur einen geringen Teil aus und finden sich am ehesten bei der akuten Urtikaria. So kann sich eine IgE-vermittelte Antibiotika- oder Nahrungsmittelallergie als anaphylaktische Reaktion in Form einer generalisierten Urtikaria äußern. Damit gilt auch für die Urtikaria das Erkennen und Vermeiden der Ursache als beste Therapie. In der akuten Notfallsituation eines generalisierten Urtikariaschubes, u. U. mit Beteiligung der Luftwege, erfolgt die Therapie wie bei der anaphylaktischen Reaktion beschrieben.
3.2 Immunologisch bedingte Hypersensitivitätsreaktionen vom Soforttyp 3
Vor allem bei Schleimhautbeteiligung ist eine schnelle Intervention nötig. Bei den verschiedenen Formen des angioneurotischen Ödems, insbesondere dem hereditären C1-Esteraseinhibitormangel als nichtallergische Erkrankungen bleiben jedoch Glukokortikosteroide und Antihistaminika ohne Erfolg. Neben intensivmedizinischen Maßnahmen bis zur Intubation ist hier die Substitution des fehlenden oder defekten C1-Esteraseinhibitors durch aus menschlichem Plasma gereinigtes Protein sinnvoll. Zur längerfristigen Behandlung eignet sich neben dieser Substitution auch der Einsatz von Fibrinolytika und Androgenderivaten. Bei der unkomplizierten, generalisierten Urtikaria mit nicht erkennbarer und vermeidbarer Ursache ist zunächst der Einsatz oraler systemischer Histaminrezeptorenblocker sinnvoll (s. folgende Übersicht). Auch hier sollten diese über mehrere Tage gegeben werden, bevor auf ein anderes Präparat, ggf. eine höhere Dosierung oder Kombination verschiedener H1-Rezeptorenblocker übergegangen wird. Angesichts möglicher nicht durch Histamin mediierter Effekte bei der Urtikaria sind die neueren Antihistaminika (z. B. Cetirizin, Mizolastin) mit ihren antientzündlichen Effekten interessant. Möglicherweise trägt die Hemmung der Leukotrienbildung oder Zytokinfreisetzung damit zur klinischen Wirksamkeit bei. Auch die Kombination eines H1- und eines H2-Rezeptorenblockers (z. B. Ranitidin) kann sinnvoll sein, wie bei abendlichem oder nächtlichem Auftreten der Urtikaria der Einsatz von stärker sedierenden Antihistaminika. Therapie der Urtikaria • • • • • • • •
H1-Rezeptorenblocker Kombination H1/H2-Rezeptorenblocker Systemische Glukokortikosteroide Dapson Pentoxyphyllin Methotrexat (MTX) Ciclosporin Intravenöse Immunglobuline
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Evvidenz und deren Stärkegrad als Grundlage füür therapeutische Empfeehlungen Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke Anaphyyyllakttische Reakttionen Glukokortikosteroide II-a B Histaminrezeptorenblocker II-b B Adrenalin III B Rhinoconjjunctivvitis allergica Allergenkarenz II-b B Hemmer der Histaminfrreisetzung lokal I-b A systemisch I-b A Histaminrezeptorenblocker lokal I-b A systemisch I-b A Glukokortikosteroide lokal I-b A systemisch III C Nasenduschen/Gele IV C Urrtikaria Histaminrezeptorenblocker I-b A Systemische II-b B Glukokortikosteroide Dapson IV C Pentoxifyyylllin IV C Methotrexat IV C Ciclosporin IV C Intravvenöse IV C Immunglobuline
Bei schweren und therapierefraktären Formen der chronischen Urtikaria kann der vorübergehende Einsatz von systemischen Glukokortikosteroiden (initial 0,5–1 mg/kg KG, dann ausschleichend), Methotrexat (15–25 mg i.v. 1-mal pro Woche) oder Ciclosporin (2–5 mg/kg KG) nötig sein. Auch über Erfolge mit Dapson (50–150 mg/Tag), Pentoxifyllin oder intravenösen Immunglobulinen (0,5–2 g/kg KG) wurde berichtet.
Literatur Evvidenz und deren Stärkegrad als Grundlage fü ür therapeutische Empfeehlungen Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke Allergenkarenz/Veermeidung II-a B Hemmer der Histaminfrreisetzung lokal I-b A systemisch I-a/b A Glukokortikosteroide lokal I-b A systemisch III C Hyyposensibilisierung I-a A Ciclosporin II-a B Intravvenöse ImmunIV C globuline Anti-Zyytokin-Antikörper IV C Anti-IgE-Antikörper I-b A psychotherapeutische IV Ansätze Alternativmedizinische IV Ansätze
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3.3
3 Immunologisch bedingte Krankheiten
die Konzentration der Komplementfaktoren als serologischer Aktivitätsparameter des SLE etabliert. Unzweifelhaft spielen auch genetische Faktoren (Konkordanzrate von 25–50% bei eineiigen Zwillingen, 5% bei zweieiigen Zwillingen) sowie Sexualhormone oder Umweltfaktoren (Sonnenlichtexposition, Infekte) eine Rolle.
Systemischer Lupus erythematodes Hanns-Martin Lorenz
3.3.1
Einleitung
Der systemische Lupus erythematodes (SLE) ist eine chronisch entzündliche Autoimmunerkrankung. Eine Prävalenz von etwa 40–50 Patienten unter 100.000 Einwohnern und eine Inzidenz von 2–5 neuen Fällen pro Jahr zeigen an, dass es sich hierbei nicht um eine häufige Erkrankung handelt. Allerdings ist mit der erhöhten Lebenserwartung der Patienten auch in den nächsten Jahren mit einer Zunahme der Prävalenz zu rechnen. Der SLE betrifft vornehmlich Frauen mit einer Verteilung von 4–9:1. Die Diagnosezahlen steigen mit Einsetzen der Pubertät deutlich an und erreichen ihr Maximum bei 20–35 Jahren. 3.3.2
Ätiologie und Pathogenese
In das Zentrum der pathogenetischen Überlegungen sind in den letzten Jahren Mechanismen gerückt, die die Sensibilisierung gegen Zellkernbestandteile (Antikörper gegen Doppelstrang-DNS, Ribonukleoproteine) zu erklären versuchen. Wie Abb. 3.3-1 schematisch aufzuzeigen versucht, sprechen bei diesen Überlegungen Vorgänge eine zentrale Rolle, die zu einem vermehrten Anfall von apoptotischen Zellabbauprodukten führen. Dies führt dann zu einer Immunisierung gegen die im Rahmen des apoptotischen Zelltodes veränderten Kernbestandteile, zu Antikörperbildung (B-lymphozytäre Stimulation) und T-Lymphozytenaktivierung und schließlich zur Präzipitation von Immunkomplexen an das Gefäßendothel und/oder die glomeruläre Basalmembran. Diese präzipitierten Immunkomplexe aktivieren in der Folge weitere zelluläre und humorale Immunmechanismen, u. a. das Komplementsystem, was zu einem Abfall der Komplementfaktoren führt. Entsprechend istt
3.3.3
Klinik
Klassifikationskriterien
Symptome an den am häufigsten befallenen Organsystemen sind neben einigen serologischen Befunden in die vom American College of Rheumatology (ACR) aufgestellten Klassifikationskriterien eingeflossen (Tabelle 3.3-1). Danach wird eine entzündliche Systemerkrankung als SLE klassifiziert, wenn mindestens 4 der 11 Kriterien erfüllt werden. Im Vollbild der Erkrankung liegt die Spezifität dieser Klassifikationskriterien bei 89%, die Sensitivität bei 83%. Diese Merkmale müssen dabei nicht gleichzeitig vorliegen, auch in der Anamnese glaubhaft berichtete Manifestationen qualifizieren als Klassifikationskriterium. Obwohl die benannten Kriterien primär für die wissenschaftliche Kommunikation konzipiert wurden, wird die klinische Diagnose „SLE“ heute in der klinischen Praxis weitgehend in Übereinstimmung mit diesen Klassifikationskriterien gestellt. Schwierig kann die Diagnose im Anfangsstadium des SLE sein, wenn erst wenige der krankheitstypischen Erscheinungen manifest geworden sind. Zusätzlich wird die Diagnose erschwert, wenn Symptome unterschiedlicher Kollagenosen vorliegen. So ist bekannt, dass sich bis zu 25% der Patienten mit Symptomen einer systemischen Autoimmunopathie nicht exakt einer Entität zuordnen lassen. Üblicherweise wird ein „Overlap-Syndrom“ konstatiert, wobei einzelne Komponenten dieses Überlappungsphänomens von Patient zu Patient variieren können.
defekte Signaltransduktion über gc-Zytokinrezeptoren in Situationen mit hoher Entzündungsaktivität
Phagozytosedefekt: – in Monozyten – in Fc-Rezeptoren – Komplementrezeptoren
vermehrtes Anfluten apoptotischen Materials vermehrte Expression von/Erkennung als Autoantigene T-Zell-Stimulation
B-Zell-Stimulation Bildung von Autoantikörpern
Erkrankung: SLE; andere systemische Autoimmunopathien? Östrogene, genetische Prädisposition, andere Faktoren?
A b b. 33.3-2. 3 22.. Hypothese zur 3.3 Pathogenese des SLE
3.3 Systemischer Lupus erythematodes
141
Tabelle 3.3-1. Klassifikationskriterien des SLE nach dem American Coll College of Rheumatology von 1982 (aus Klippel) Kriterium
Definition
1. Schmetterlingserythem
Beständiges Erythem über mittlerer Stirn und Wangen, die Nasolabialregion meist aussparend
2. Diskoide Hautveränderung 3. Photosensitivität 4. Orale Ulzera 5. Arthritis 6. Serositis
Meist erhabenes, derbes, scharf demarkiertes Erythem, oft narbig degenerierend Ungewöhnlich starkes Erythem nach UV-Lichtexposition Meist schmerzlose Schleimhautulzera oral, nasopharyngeal Nichterosive Arthritis in mindestens 2 peripheren Gelenken Pleuraerguss, nachweisbar oder glaubhafte Anamnese, oder Perikarditis, EKG-Veränderungen, auskultatorisches Reiben oder echosonographisch Persistierende Proteinurie >0,5 g/Tag oder zelluläre Zylinder im Urinsediment Epilepsien (nach Ausschluss anderer Gründe), oder Psychose (nach Ausschluss anderer Gründe) Hämolyse mit Retikulozytose oder Leukopenie 5 Erys/Gesichtsfeld, Eryzylinder) • Histologisch granulomatöse Entzündung (in der Gefäßwand, peri- und extravaskulär) Mindestens 2 dieser 4 Kriterien sollten vorhanden sein (Sensitivität 88%, Spezifität 92%).
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3 Immunologisch bedingte Krankheiten
Die Biopsiegewinnung erfolgt auf der Basis der interdisziplinären Diagnostik und der bildgebenden Verfahren. Erkennbar betroffene Organsysteme, z. B. die Nasenhaupthöhle, frische Hauteffloreszenzen, Muskeln mit pathologischem EMG oder MRT ergeben eine gute Chance einer positiven Histologie. Differentialdiagnostisch ist besonders die mikroskopische Polyangiitis (s. unten) abzugrenzen, aber auch infektassoziierte vaskulitische Bilder – beispielsweise bei der HIV- oder HCVInfektion und der bakteriellen Endokarditis – bei denen auch falsch-positive ANCA vorkommen können. Weiterhin sind andere granulomatöse Prozesse wie die Sarkoidose, Tuberkulose oder das Mittelliniengranulom differentialdiagnostisch zu beachten. Außerdem ist ein Malignom auszuschließen. Therapie Bei zunehmender Zahl diagnostizierter blander Ver-
läufe und Abortivformen und bei Diagnosen in der Initialphase einerseits sowie andererseits der potentiell lebensbedrohlichen Verläufe bei generalisierten Formen und hoher therapieassoziierter Morbidität wird die Indikation zur Therapie heute stadienund aktivitätsadaptiert gestellt.
Grund mehrerer Studien positive Erfahrungen mit Methotrexat (0,3 mg/kg KG pro Woche i.v.) gemacht. Azathioprin wurde zur Remissionsinduktion im Rahmen der CYCAZAREM-Studie der EUVAS erfolgreich eingesetzt. CYC als Dauertherapie vs. CYC nur 3 Monate und anschließend Azathioprin zeigte eine geringere Toxizität im Azathioprinarm bei ansonsten vergleichbarer Remissionsrate. Remissionserhaltungstherapie Der Einsatz von Trimethoprin/
Sulfamethoxazol zur Remissionserhaltung bei generalisierten Verläufen ist umstritten. Erfolgversprechender ist Methotrexat in einer Dosierung von 0,3 mg/kg KG pro Woche i.v., vorausgesetzt, dass die Nierenfunktion normal bzw. wieder hergestellt ist. Alternativ wird bei residuell eingeschränkter Nierenfunktion Azathioprin in einer Dosis von 2–3 mg/kg KG/Tag zur Remissionserhaltung eingesetzt. Weiterhin gibt es Erfahrungen zur Remissionserhaltung mit Cyclosporin A, Mycophenolatmofetil und Leflunomid (s. Tabellen 3.7-4 und 3.7-5). Notfalltherapie und Therapie refraktärer Verläufe Bei lebens-
bedrohlichen Verläufen, z. B. beim pulmorenalen Syndrom, werden Cyclophosphamid und Prednisolon in der Dosis gesteiaktivität ausschließlich im Respirationstrakt kann Trimetho- gert: Hier 1 g Methylprednisolon an 3 aufeinander folgenden prim/Sulfamethoxazol unter engmaschiger Kontrolle zum Ein- Tagen i.v., Cyclophosphamid 3–4 mg/kg KG/Tag. Diese intensatz kommen (2-mal 960 mg/Tag). Mehrere Studien zeigten, sivierte Therapie nach dem Fauci-Schema kann meist nur über dass bei mehr als der Hälfte der Patienten über Jahre eine Voll- wenige Wochen durchgeführt werden (zur supportiven Therapie s. einführenden Abschnitt). Bei trotz dieser intensiven Therapie oder Teilremission erzielt werden kann. In der Generalisationsphase gibt es bei schweren Verläufen unzureichender Effektivität besteht die Möglichkeit einer additiund lokalisiert destruierenden oder Organfunktionen bedrohen- ven Gabe von intravenösen Immunglobulinen (i.v.-IgG) zuden Verläufen keine Alternative zur Cyclophosphamiddauerthe- sätzlich zur Standardtherapie. Das IgG wird in einer Dosis von rapie in Kombination mit Prednisolon nach dem modifizierten 400 mg/kg KG/Tag an 5 aufeinander folgenden Tagen gegeFauci-Schema zur Remissionsinduktion. Hier wird Cyclophos- ben. Die Effektivität dieser Therapie wurde kürzlich auch in phamid in einer Dosis von 2 mg/kg KG pro Tag in einer Einzel- einer kontrollierten randomisierten Studie gezeigt. In Einzeldosis morgens gegeben, additiv Mesna in äquivalenter Dosis fällen wurden Antithymozytenglobulin sowie monoklonale huverteilt auf 2–3 Tagesdosen und Prednisolon 1 mg/kg KG/Tag. manisierte Anti-CD4-Antikörper und Anti-CD52 (CAMPATH H1) Im Gegensatz zur Originalpublikation wird die Cyclophospha- eingesetzt. Weitere Studien werden zur Zeit mit dem TNF-αmidtherapie heute deutlich kürzer durchgeführt, meist über Rezeptor IgG-Fusionsprotein Etanercept, dem chimären Anti6 Monate (minimal 3 Monate, max. 12 Monate). Die Predniso- TNF-α-Antikörper Infliximab sowie Desoxyspergualin durchlondosis wird möglichst innerhalb der ersten 3 Therapiemonate geführt. bis zur Cushing-Schwellendosis (5–7,5 mg/Tag) reduziert und möglichst im Laufe der folgenden 3–6 Monate beendet. Lokaltherapien Subglottische Stenosen kommen bei der WG Die weniger toxische Endoxanbolustherapie wird zurzeit als unabhängig von Aktivität oder Remission vor. Additiv zur Stanweniger effizient als die Dauertherapie eingestuft. Hier erfolgt dardtherapie besteht hier die Möglichkeit einer lokalen Dilatadie Applikation von 750 ± 250 mg/m2 Körperoberfläche bzw. tion und Injektion von Kristallsteroiden mit gutem Effekt. 15–20 mg/kg KG Cyclophosphamid i.v. unter Mesnaschutz im Abstand von mindestens 14 Tagen, meist 3–4 Wochen. Diese Mikroskopische Polyangiitis (MPA) Die mikroskopische PolyTherapie kommt auf jeden Fall bei nicht lebensbedrohlichen angiitis (MPA) gehört zu den ANCA-assoziierten pauciimmunen Verläufen und bei Kontraindikationen gegen die Cyclophospha- systemischen Vaskulitiden. Sie befällt dieselben Gefäßprovinzen middauertherapie in Frage. Mesna ist zur Prophylaxe der End- wie die Wegener-Granulomatose, zeigt jedoch keine Granulomoxanzystitis effektiv, gleichzeitig ist eine Trinkmenge von 2–3 l/ bildung und nicht den prominenten Befall des oberen RespiraTag zur Ausscheidung der Metaboliten im Urin erforderlich. tionstraktes. Es besteht eine Assoziation mit ANCA, speziell mit Bei nicht lebensbedrohlichen Organmanifestationen und den pANCA, die im indirekten Fluoreszenztest eine perinukleäre fehlender Nierenbeteiligung wurden in den letzten Jahren auf Fluoreszenz aufweisen und bei denen als Zielantigen MyeloInduktionstherapie In der Initialphase der WG mit Krankheits-
3.7 Vaskulitiden Differentialdiagnose zur MPA
Trennende Kriterien
Wegener-Granulomatose
Granulomatöse Entzündung der oberen und unteren Luftwege, häufig biphasischer Verlauf mit zunächst ausschließlicher Begrenzung auff den HNO-Trakt (Initialphase/lokalisierte WG) Strenge Assoziation mit PR3-ANCA
Klassische Panarteriitis nodosa
Keine ANCA-Assoziation Kein Befall kleiner Gefäße, damit keine GN (und keine pulmonale Hämorrhagie; Niereninfarkt möglich) In bis zu 50% der Fälle Nachweis von Hepatitis B, immunhistologisch Immunkomplexablagerungen Immunhistochemisch IgA-Ablagerung Keine Lungenbeteiligung
Schoenlein-Henoch-Purpura Churg-Strauss-Syndrom
Eosinophilie (>10%), Asthma, Polyposis nasi Granulomatöse Entzündung vorhanden
Essentielle oder HCV-assoziierte Kryoglobulinämie
Nachweis von Kryoglobulinen (Kryokrit) HCV-RNA Komplementverbrauch, Rheumafaktornachweis
Kutane leukozytoklastische Vaskulitis Goodpasture-Syndrom
Fehlender ANCA-Nachweis Definitionsgemäß ausschließlicher Hautbefall Nachweis von anti-Basalmembran-Ak im Serum und in der Nierenbiopsie als lineare Ablagerung
SLE
Autoantikörper (ANA, ds-DNS-Ak) Komplementverbrauch Hypergammaglobulinämie In der Nierenbiopsie immunhistochemisch Nachweis von Immunglobulinen und Komplement
Infektiöse Vaskulitis Rheumatoide Vaskulitis
Erregernachweis (Neisserien, HIV, HCV, CMV) Meist länger bestehende, destruierende Polyarthritis, pos. Rheumafaktornachweis Akrale Nekrosen
peroxidase ausgemacht werden konnte. Die MPO-ANCA-Positivität gilt jedoch nicht als Definitionskriterium für die MPA. Die so genannte idiopathische nekrotisierende Glomerulonephritis, die auch ANCA-positiv ist, gilt als oligosymptomatische Variante der MPA. Gelegentlich können auch mittelgroße Arterien, z. T. mit Bildung einzelner Aneurysmata, befallen sein. Im Gegensatz zur klassischen Panarteriitis nodosa ist die MPA nicht Hepatitis-B-assoziiert. Die Differentialdiagnosen zur MPA sind in Tabelle 3.7-8 angegeben. Die Inzidenz der MPA beträgt in Nordengland etwa 2–4 je 1.000.000 Einwohner. Männer sind geringfügig häufiger betroffen als Frauen und das Hauptmanifestationsalter liegt um das 5. Lebensjahrzehnt.
175
T be l llee 3.7 3.7-8. 8.. Differentialaab abe Tab diagnose der mikroskopischen Polyangiitis (MPA) (außer der CHC-Definition gibt es keine weiteren Klassifikationskriterien)
kann die Abgrenzung gegenüber der Wegener-Granulomatose, die im Wesentlichen über das Fehlen der granulomatösen Entzündung im oberen Respirationstrakt erfolgt, schwierig sein. Wegen potentiell lebensbedrohlicher Manifestationen an Lunge und Niere müssen Diagnosestellung und Therapieeinleitung der MPA so schnell wie möglich erfolgen. Vor allem die pulmonale und renale Situation ist entscheidend für die Prognose. Therapie Bei hochaktivem lebensbedrohlichen Verlauf ist eine
prompte Induktionstherapie mit hochdosierten Steroiden und Cyclophosphamid wie bei der WG erforderlich. Die Standardtherapie zur Remissionsinduktion der MPA besteht wie bei der WG in der Cyclophosphamid- und Glukokortikoidtherapie nach dem Fauci-Schema – wie bereits bei der WG ausführlich beDiagnose Diagnostische Hinweise sind die direkten und indi- schrieben. Wie hier liegt die Dauer der intensiven Cyclophospharekten Zeichen der Kleingefäßvaskulitis wie schmerzhaftes rotes midtherapie bei 3 bis max. 12 Monaten bis zum Eintreten einer Auge, B-Symptomatik, Leistungsknick, Ödemneigung, strumpf- Vollremission oder zumindest stabilen Teilremission. Danach förmiges akrales Taubheitsgefühl, Lähmungserscheinungen so- erfolgt eine Umstellung auf eine remissionserhaltende Therawie neu aufgetretene Hauteffloreszenzen. Gebietsübergreifende pie. Hierfür wird Azathioprin eingesetzt oder bei gut erhaltener Untersuchungen sind ebenso wie bei der WG erforderlich. Die und weitgehend wiederhergestellter Nierenfunktion (Kreatinin histologische Sicherung einer nekrotisierenden, immunhisto- 500 µmol/l) wurde in der MEPEXStudie gezeigt, dass eine additive Plasmapheresetherapie zur Methylprednisolonstoßtherapie (15 mg/kg KG an 3 konsekutiven Tagen) das renale Überleben, d. h. eine von der Dialyse unabhängige Nierenfunktion begünstigt. Ebenso wie bei der WG kommen bei therapierefraktären Erkrankungen auch Antithymozytenglobulin, monoklonale Antikörper gegen CD4 und CD52 und auch TNF-α-Blocker zum Einsatz. Bei terminaler Niereninsuffizienz im Rahmen einer MPA ist eine Nierentransplantation prinzipiell möglich. Die Rezidivrate wird mit 12 bzw. 17,3% der Patienten angegeben. Dank der in den letzten Jahren verbesserten frühzeitigen Diagnose und Therapieeinleitung ist die Mortalität der MPA gesunken, die Fünfjahresüberlebensrate liegt bei etwa 75%. Häufig kommt es jedoch zu irreparablen Schäden wie terminaler Niereninsuffizienz und Lungenfibrose. Mit dem Auftreten von Krankheitsrezidiven innerhalb der ersten fünf Jahre nach Diagnosestellung muss bei etwa 50% der Patienten gerechnet werden. Die Rezidive kommen aber offensichtlich seltener vor als bei Patienten mit WG bzw. PR3-ANCA-positiver Vaskulitis.
auch Allgemeinsymptomen, Arthralgien und Myalgien. Klinisch manifestieren sich weiter Nasennebenhöhlenentzündungen, Asthma bronchiale, kardiale Arrhythmien, Perimyokarditis, Hautmanifestationen wie Erytheme, Papeln oder Urtikaria sowie eine Mono- oder Polyneuropathie. Eine interdisziplinäre Diagnostik ist auch hier erforderlich. Serologisch ist eine Entzündungsaktivität nachweisbar, außerdem eine Eosinophilie von >10% bzw. >1000/µl. Meist ist das IgE erhöht und möglicherweise sind IgE-haltige Immunkomplexe nachweisbar, p- oder cANCA sind bei bis zu 40% der Patienten nachweisbar. Bei Myositis und Myokarditis finden sich auch erhöhte CK-Werte, ggf. zudem ein Kreatininanstieg bei Nierenbeteiligung.
ACR-1990-Kriterien zur Klassifikation des Churg-StraussSyndroms
Remissionserhaltung Zur Remissionserhaltung ist häufig eine
Therapie Auch beim CSS wird in der Therapie zwischen Re-
missionsinduktion und Remissionserhaltung unterschieden. Das CSS gilt in seinem Verlauf als milder als die WG und die MPA, auf Grund der meist fehlenden gravierenden Nierenbeteiligung. Die Therapie muss sich daher an der oft sehr schwerwiegenden Polyneuropathie und vorrangig auch an der Herzbeteiligung orientieren, die in der Induktionstherapie häufig den Einsatz von Cyclophosphamid zusätzlich zu Glukokortikoiden nach dem Fauci-Schema erforderlich machen. Kontrollierte Studien über den Vorzug einer täglichen Cyclophosphamidgabe im Vergleich zu Cyclophosphamidboli fehlen Churg-Strauss-Syndrom (CSS) Das Churg-Strauss-Syndrom ist hier. Niedriger potente Immunsuppressiva sind bisher nur in ebenfalls eine nekrotisierende Vaskulitis der kleinen bis mittelgroßen Blutgefäße und wird zu den ANCA-assoziierten Vaskuli- Einzelfällen (MTX) zum Einsatz gekommen oder befinden sich tiden gerechnet, obwohl je nach untersuchtem Kollektiv z. T. noch in klinischen Studien (Azathioprin). Die Plasmapherese nur etwa 25% der Patienten ANCA-positiv sind. Charakteristi- hat sich nicht als vorteilhaft erwiesen. Ein neuer, vielversprescherweise ist das CSS mit einem Asthma bronchiale und einer chender Ansatz ist die Therapie mit Interferon-α in einer Dosis Eosinophilie assoziiert. von 10.000–30.000 IE/Woche an 3–5 Tagen mit s.c.-Applikation und begleitender Glukokortikoidtherapie.
• • • • • • •
Asthma bronchiale Eosinophilie (>10% im Differentialblutbild) Allergie Mono-/Polyneuropathie Lungeninfiltration (migratorisch, transitorisch) Paranasale Sinusauffälligkeit Histologisch: Blutgefäßdarstellung mit extravaskulärer Eosinophilenakkumulation
Bei 4 von 6 Kriterien kann ein Patient als CSS klassifiziert werden (Spezifität: 99%, Sensitivität: 85%).
Die jährliche Inzidenz des CSS beträgt in Nordengland 2,4 je 1.000.000 Einwohner und beträgt damit ca. 1/3 der Inzidenz der WG. Es gibt keine signifikante Geschlechtsprädilektion. Außer der Chapel-Hill-Klassifikation gibt es ebenfalls eine ACR-1990Klassifikation.
Prednisolondauertherapie erforderlich. Bei wenigen Patienten gibt es außerdem Erfahrungen mit niedrigdosiertem MTX und Interferon-α zur Glukokortikoideinsparung in der Remissionserhaltung. Die Prognose des Churg-Strauss-Syndroms wird durch die kardiale Manifestation bestimmt. Laut einer französischen Studie mit 96 Patienten ließ sich in 90,5% eine Remission erreichen, es kam jedoch bei 25% der Patienten zu Rezidiven. Die Siebenjahresüberlebensrate beträgt etwa 80%.
Kryoglobulinämische Vaskulitis Die kryoglobulinämische Vaskulitis („cryoglobulinemic vasculitis“/CV) ist eine Immunkomplexvaskulitis, die vorwiegend kleine Gefäße betrifft. Kryoglobuline sind bei Abkühlung präzipitierende mono- oder polyklonale Immunglobuline. Eine essentielle Kryoglobulinämie liegt vor, wenn keine Grunderkrankung identifiziert werden Diagnose Die Diagnostik des CSS stützt sich u. a. auf die Ana- kann. Eine sekundäre CV hat definitionsgemäß eine erkennmnese mit allergischen Manifestationen wie z B. Rhinitis aller- bare Ursache wie z. B. eine chronische Infektion, eine Kollagica, allergisches Asthma, Polyposis nasi, im akuten Stadium genose oder eine lympho- oder myeloproliferative Erkrankung.
3.7 Vaskulitiden
Mittels Elektrophorese und Immunfixation werden der Immunglobulinisotyp und die Klonalität bestimmt. Systematische Untersuchungen zu Inzidenz und Prävalenz der CV gibt es bisher noch nicht. Obwohl wahrscheinlich bei mehr als 50% der Patienten mit einer chronischen Hepatitis C eine Typ-2- oder Typ-3-Kryoglobulinämie nachgewiesen werden kann, kommt eine CV bei diesen Patienten seltener vor. Die unterschiedlichen Zahlenangaben von 12 ml), die Konsistenz ist bei den hypogonadotropen Formen eher weich, bei den hypergonadotropen Formen durch die Gonadotropinstimulation fest. Sexuelle Aktivitäten sind bei hypogonadalen Patienten ohne Substitutionstherapie gering oder fehlen ganz. Bei Patienten mit Kallmann-Syndrom kommt als wichtige Manifestation die Anosmie hinzu. Gelegentlich finden sich bei diesen Patienten auch Hörstörungen oder unilaterale Nierenagenesien. Die endokrinologische Diagnostik erfasst in einem ersten Schritt die Serumspiegel von Gonadotropinen, Testosteron, Sexualhormon-bindendem Globulin (SHBG) und Prolaktin. Die Testosteronsekretion unterliegt Tagesschwankungen, daher sollten die Serumwerte aus morgendlich gewonnenen Proben bestimmt werden. Ein Gesamttestosteronwert von 40 nmol/l) können zu einer Polyglobulie führen. Falls trotz Substitutionstherapie eine Anämie persistiert, muss an andere Ursachen gedacht werden, zunächst liegt hier die Untersuchung des Eisenstoffwechsels nahe. Veränderungen im Lipidstoffwechsel werden unterschiedlich beschrieben, die pro- und antiatherogenen Effekte des Testosterons scheinen sich die Waage zu halten; bei deutlich hypogonadalen Männern werden unter Testosteronsubstitution die Spiegel von Gesamtcholesterin und LDL, aber auch HDL sinken. Parameter des fibrinolytischen Systems wie die Spiegel von Plasminogenaktivatorinhibitortyp 1 (PAI-1) sind bei hypogonadalen Männern erhöht (erhöhte Thrombophilie), unter einer Androgensubstitution wird eine Normalisierung beobachtet. Die Knochenmasse sollte mit den oben erwähnten Verfahren initial und dann ca. alle 2 Jahre bestimmt werden. Die hier empfohlenen Präparate haben keinerlei Lebertoxizität. Diese gelegentlich vermutete Nebenwirkung wurde bei inzwischen obsoleten Präparaten wie 17α-Methyltestosteron beobachtet. Kontraindikationen gegen eine Testosterontherapie sind ein vorhandenes oder anamnestisch bekanntes Prostatakarzinom, bisher unklar erhöhte PSA-Werte oder ein Kinderwunsch (s. oben). Sexualstraftäter werden zurzeit in Deutschland nicht routinemäßig mit Antiandrogenen oder mittels Kastration behandelt. Die Androgensubstitution in einem solchen Fall wäre deletär. Die Therapie des Altershypogonadismus mittels möglichst kurz wirksamer transdermaler Testosteronpräparate ist hinsichtlich ihrer Effektivität und Sicherheit nicht evidenzbasiert und Therapieversuche sollten Studienzentren vorbehalten bleiben. Prognose
Die Prognose quoad vitam ist bei einem Hypogonadismus gut. Es konnte bisher kein definitiver Unterschied in der Lebenserwartung von Kastraten im Vergleich zu gesunden Männern beschrieben werden. Allerdings ist die Lebensqualität auf Grund der oben geschilderten Symptomatik bei hypogonadalen Männern deutlich eingeschränkt, sodass eine Substitutionstherapie nach Ausschluss der Kontraindikationen in jedem Fall indiziert ist. 8.4.3
Infertilität/Störungen der Spermatogenese
Einleitung
Fertilitätsstörungen betreffen zunächst das Paar, per definitionem wird von Infertilität gesprochen, wenn bei regelmäßigem, ungeschütztem Verkehr innerhalb eines Jahres keine Schwangerschaft eingetreten ist. Männliche und weibliche reproduktive Funktionen können in einem weiten Spektrum als fehlend, eingeschränkt oder optimal beschrieben werden. Wechselseitige Kompensationsmechanismen können die Defizite des anderen Partners zum Teil ausgleichen.
8.4 Störungen der männlichen Gonaden
619
Ätiologie und Pathogenese
Klinik und Diagnostik
Störungen der männlichen Zeugungsfähigkeit können viele Ursachen haben. Prinzipiell können folgende Bereiche betroffen sein: Spermatogenese, Qualität der Spermien (Anzahl, Beweglichkeit, Morphologie), Obstruktionen der ableitenden Samenwege, Antikörper gegen Spermien (immunologische Infertilität), Störungen der Samendeposition (z. B. Hypospadie oder retrograde Ejakulation nach operativer Schädigung des autonomen Nervensystems von Blasenhals und Ductus deferens). Ursächlich für eine mangelnde Spermatogenese können sein: hormonelle Ursachen (Fehlen der Gonadotropine, siehe oben), numerische Chromosomenanomalien (z. B. Klinefelter-Syndrom, s. unten), strukturelle Chromosomenanomalien (Deletionen der Azoospermiefaktoren auf dem Y-Chromosom), eine bestehende oder anamnestische Hodenektopie (Maldeszensus, Kryptorchismus), Varikozelen, Traumata, Hodentumoren, postinfektiöse Zustände (z. B. Mumps, Venera), nicht im Zeitfenster versorgte Hodentorsionen sowie Toxine (bes. chlorierte Kohlenwasserstoffe) und Drogen (bes. Opiate) oder chronische Erkrankungen (z. B. Diabetes mellitus, chronische Niereninsuffizienz). Häufig ist die Ursache nach dem aktuellen Stand nicht klärbar, in diesem Fall wird von einer idiopathischen Infertilität gesprochen. Die variable Länge einer Polyglutaminsäurekette im Androgenrezeptor (kodiert durch sog. „CAG-repeats“) ist negativ mit der Testosteronwirkung auf Zielgene assoziiert, was u. a. Auswirkungen auf die Spermatogenese hat. Wenn eine Spermatogenese stattfindet, finden sich bei infertilen Männern oft wenige Spermien (Oligozoospermie), die eingeschränkt beweglich sind (Asthenozoospermie) und/ oder eine schlechte Morphologie aufweisen (Teratozoospermie); das Vollbild wird OAT-Syndrom (Oligoasthenoteratozoospermie) genannt. Obstruktionen der ableitenden Samenwege können infektiös bedingt sein, heute finden sich meist als ursächliche Keime Chlamydia trachomatis oder Ureaplasma urealyticum. Mutationen im CTFR-Gen bedingen eine zystische Fibrose, die in den meisten Fällen mit einer Fehlanlage von Samenleitern und Nebenhoden vergesellschaftet ist. Eine Minimalform der zystischen Fibrose ist die kongenitale beidseitige Aplasie der Samenleiter (engl. CBAVD). Eine akzidentelle oder intendierte (aus kontrazeptiven Gründen) Durchtrennung der Samenleiter gehört ebenfalls in diese Kategorie. Eine immunologische Infertilitätt wird durch das Anhaften von Autoantikörpern an Spermien (vom IgG- oder IgA-Typ) bedingt. Diese Antikörper behindern ein Vordringen zur Eizelle bei mehr als 50% gebundener Spermien. Ursächlich ist die Exposition der normalerweise geschützten haploiden Samenzellen gegenüber immunkompetenten Zellen. Dies kann durch Traumata, Operationen oder Infektionen bedingt sein. Morphologische Irregularitäten sind die Globozoospermie, die Stecknadelkopfspermie, Störungen der Mikrotubuli des Spermienschwanzes (Immobilität) sowie das mit dem Kartagener-Syndrom assoziierte Syndrom der immotilen Zilien.
Die ersten diagnostischen Schritte bezüglich einer vermuteten männlichen Infertilität sind Anamnese, gründliche körperliche Untersuchung undd Ejakulatanalyse, die gemäß den standardisierten Kriterien der WHO in einem Labor mit striktem Qualitätskontrollprogramm vorgenommen werden sollte. Hier werden lediglich die Normalwerte aufgeführt (Tabelle 8.4-4). Prinzipiell sollten wegen der natürlichen Schwankungsbreite der Ejakulatparameter zumindest 2 Untersuchungen stattfinden, dabei ist auf eine Karenzzeit von 2–7 Tagen zu achten. Bei pathologischen Befunden geben die FSH-Serumspiegell die weitere Richtung der Diagnostik an; außer bei den zentralen Störungen ist der FSH-Wert bei einer Beeinträchtigung des testikulären Keimepithels erhöht (Abb. 8.4-1). Dies ist durch die bei defekter Spermatogenese mangelhafte negative Rückkopplung auf die hypophysäre FSH-Produktion bedingt, die durch das von den Sertoli-Zellen sezernierte Inhibin B vermittelt wird. Dieses Hormon kann als ergänzender Diagnoseparameter genutzt werden. Bildgebende Verfahren müssen die Diagnostik in jedem Fall ergänzen. Obligat ist die ultrasonographische Darstellung der Hodenstrukturen, gegebenenfalls ergänzt durch eine Untersuchung von Prostata und Samenblase. Die Dopplersonographie (bes. im „power mode“) kann bei der Diagnosestellung einer Varikozele hilfreich sein. Bei einer Anorchie muss durch Kernspintomographie ein im Bauchraum gelegener Hoden ausgeschlossen werden, der ein Malignitätsrisiko darstellt. Bei einer generellen Inzidenz des Hodentumors von ca. 8 Neuerkrankungen auf 100.000 Männer im Jahr (Europa) steigt das Risiko auf 3% bei einem Maldescensus testis an. Neben der Anamnese (Schmerzen, Schweregefühl) stehen Palpation und Ultrasonographie im diagnostischen Vordergrund. Tumormarkerr sind α-Fetoprotein, β-hCG oder stark erhöhte Sexualhormonspiegel. Die Indikation zur Biopsie sollte bei unklarem Bild großzügig gestellt werden. Bei einer Azoospermie ist die endgültige Klärung durch eine operative testikuläre Exploration mit Entnahme von Hodengewebe (und eventueller testikulärer Spermienextraktion, TESE) nötig. Hierbei ist darauf zu achten, dass ein Teil des GeTabelle 8.4-4. Normalwerte einer Ejakulatuntersuchung (gem. WHO-Richtlinien) Parameter
Normalwerte
Volumen pH Spermienkonzentration n Spermiengesamtzahl Motilität
≥2,0 ml ≥7,2 ≥20 Mio. Spermatozoen/ml ≥40 Mio. Spermatozoen/Ejakulat ≥50% der Spermien mit Vorwärtsbeweglichkeit oder ≥25% der Spermien mit schneller Progressivmotilität ≥15% normal geformte Spermatozoen ≥50% der Spermien ≤ 1 Mio./ml ≤ 50% der Spermien behaftet im MAR-Test
Morphologie Vitalität Leukozyten Antikörper
8
8
620
8 Erkrankungen endokriner Drüsen
FSH
normal
Kryptorchismus Hodenektopie
Negativ
Anorchie
Patholog.
Klinefelter-Syndrom o. Ä.
Sonographie Molekulargenetik
Patholog.
Varikozele, Hodentumor, AZF
Nebenhodenmarker
Niedrig
Verschluss ableit. Samenwege
Bakteriologie/ Serologie
Positiv
Infektion der ableit. Samenwege
Test auf Spermienautoantikörper
Positiv
Immunologische Infertilität
Bildgebende Verfahren
Kleine, feste Testes
Karyotyp
Testes >6 ml
Normale Testes >12 ml
hoch
Azoospermie/ wenige Spermien
Positiv
Skrotum leer
Unauff.
niedrig
Kleine, feste Testes
Gonadotropine, Hypophysenfunktionsteste, Riechtest
Patholog.
Idiopathische Infertilität
IHH, Kallmann-Synd., Pubertas tarda, Hypophysenstörungen
Abb. 8.4-1. Diagnostischer Ablauf bei männlicher Infertilität
sein, oft findet sich bei den dann nachgewiesenen Spermien jedoch ein Autoantikörpersyndrom. Bei einer retrograden Ejakulation kann das sympathomimetisch wirkende trizyklische Antidepressivum Imipramin eingesetzt werden, um eine Antegradation zu erreichen. Die Lageanomalien von Hodenn sollten zwischen dem 1. und 2. Lebensjahr mittels hCG-Gabe, nasaler GnRH-Applikation oderr Orchidopexie behoben werden. Ein Hodentumorr muss operativ entfernt und evtl. anschließend mit Therapie Die Therapie richtet sich nach den Ursachen, ist jedoch selten meist kurativem Ansatz einer Radiatio/Chemotherapie unterkausal und nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin zogen werden. Zuvor sollte eine Kryokonservierung von Sperrational begründbar. Der oben beschriebene hypogonadotrope mien stattfinden. Als empirische Therapie muss die IntervenHypogonadismus stellt hier eine Ausnahme dar (Behandlung tion bei Varikozelen (Operation oder Embolisation) betrachtet s. oben). Bei den hypergonadotropen Formen des Hypogonadis- werden, ebenso wie die Immunsuppressionn durch Glukokortimus (z. B. Klinefelter-Syndrom, SCO-Syndrom) ist eine Stimula- koide bei einer immunologischen Infertilität (hierbei sind auch tion der Spermatogenese nicht möglich. Eventuell vorhandene die Nebenwirkungen limitierend). Häufig wird sich die Anzahl der Spermien nicht in den Spermien können für Verfahren der assistierten Reproduktion genutzt werden (nach eingehender genetischer Beratung, s. un- Normalbereich bewegen lassen. Bei Patienten mit hypogonadoten). Die antibiotische Behandlung von Infektionen (vorzugs- tropem Hypogonadismus, die eine Induktionstherapie erhalten weise Tetrazykline oder Makrolide) kann eine Besserung der haben, sind Spontankonzeptionen auch mit sehr niedrigen Ejakulatparameter bringen. Bei einer Exposition gegenüber To- Spermienkonzentrationen beschrieben worden. In anderen Fälxinen spielt die Elimination die wichtigste Rolle. Bei einer Ob- len wird die Therapie symptomatisch sein und Verfahren der struktion können operative Korrekturverfahren erfolgreich assistierten Fertilisation nutzen. Das gewählte Verfahren hängt webes kryokonserviert wird, damit im Falle einer gewünschten assistierten Fertilisation nicht eine erneute Operation nötig wird. Sind im Hoden histologisch keine Spermien nachweisbar, spricht man von einem Sertoli-cell-only-Syndrom (SCO-Syndrom oder Germinalzellaplasie), das fokal oder komplett ausgeprägt sein kann.
8.4 Störungen der männlichen Gonaden
dabei von der Spermienanzahl und der Morphologie sowie von einer eventuellen Antikörperbeladung und den reproduktiven Funktionen der Partnerin ab. Ovulatorische Zyklen und eine normale Eileiterfunktion vorausgesetzt, kann bei Spermienkonzentrationen über 2–3 Mio./ml sowie guter Morphologie und Beweglichkeit eine Inseminationstherapie erfolgreich sein. Finden sich sehr wenige Spermien, eine deutlich eingeschränkte Morphologie/Beweglichkeit oder eine hohe Autoantikörperbeladung, wird die intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) genutzt, bei der außerhalb des Körpers ein einzelnes Spermium direkt in eine nach ovarieller Stimulation gewonnene Eizelle injiziert wird. Findet eine Befruchtung statt, wird anschließend ein Embryotransfer (ET), meist in den Uterus, durchgeführt. Die Spermien können aus dem Nativejakulat isoliert oder durch testikuläre Spermienextraktion gewonnen werden. Das ICSI-Verfahren sollte nach eingehender genetischer Beratung durchgeführt werden. Eine erhöhte Rate an kindlichen Missbildungen ist berichtet worden und es ist denkbar, dass genetische Veränderungen des Mannes, die zu seiner eingeschränkten Fertilität geführt haben, an Nachkommen weitergegeben werden (z. B. Deletionen auf dem Y-Chromosom, autosomale Mutationen im CTFR-Gen). Die in Deutschland nicht zugelassene Präimplantationsdiagnosik (PID) kann durch genetische Untersuchungen des Embryos vor dem ET schwerwiegende Störungen aufdecken; dem Paar ist dann die Möglichkeit gegeben, seine Einwilligung zum ET zurückzuziehen. Die Invitro-Fertilisierung (IVF) ist bei Störungen der gynäkologischen reproduktiven Funktionen (meist im Bereich der Eileiter) indiziert und setzt beim Mann (sub-)normale reproduktive Funktionen voraus. Falls ein komplettes SCO-Syndrom vorliegt (histologische Diagnose), gibt es zurzeit keine Möglichkeit der Induktion der Spermatogenese. Bei einem gleichzeitig bestehendem Testosteronmangel muss substituiert werden (s. oben). Prognose
Die Prognose hinsichtlich der Erfüllung des Kinderwunsches hängt stark von der Grunderkrankung des Mannes ab. Die Schwangerschaftsratenn bei einer intrazytoplasmatischen Spermieninjektion liegen nach Angaben des Deutschen IVF-Registers zurzeit im Durchschnitt bei 20% klinischen Schwangerschaften pro Zyklus, wobei die zugrunde liegenden Störungen maßgeblich zur Variabilität der Erfolge beitragen. 8.4.4
Genetische Syndrome/Störungen der sexuellen Differenzierung
Einleitung
Genetisch bedingte Störungen im andrologischen Bereich weisen phänotypische Bilder mit großer Variationsbreite auf. Neben dem Grad der Androgenisierung bestimmen auch der Zeitpunkt der Diagnosestellung und die bisherige psychosoziale sexuelle
621
Orientierung die Ausrichtung des ärztlichen Handelns. Besonders hier ist eine empathische Annäherung gefordert, um Stigmatisierungen zu verhindern oder zu mildern. Ätiologie und Pathogenese
Eine ätiologische Einteilung reicht von numerischen Chromosomenaberrationen über strukturelle Chromosomenveränderungen bis hin zu Enzymdefekten des Androgenstoffwechsels oder Rezeptormutationen. Das Klinefelter-Syndrom ist mit einer Prävalenz von 0,2% der männlichen Bevölkerung recht häufig. Es beruht bei den meisten Patienten auf einer Chromosomenaberration mit der Karyotypformel 47,XXY. Es kommen auch Mosaike, zusätzliche Y-Chromosomen (48,XXYY) oder höhergradige X-chromosomale Aneuploidien vor. Ursächlich sind meist Non-Disjunktionen in den meiotischen oder mitotischen Teilungen während der Keimzellentwicklung. Gelegentlich weisen jüngere Männer mit einem Klinefelter-Syndrom eine passagere, stark eingeschränkte Spermatogenese auf, meist sind Klinefelter-Patienten jedoch infertil. Das XX-Mann-Syndrom kommt durch eine Translokation von geschlechtsbestimmenden Anteilen des YChromosoms (u. a. SRY, „sex determining region Y“) auf das XChromosom während der väterlichen Meiose zustande. Diese Patienten sind infertil. Männer mit dem Karyotyp 47,XYYY sind nicht obligat fertilitätsgestört. Es hat Beachtung gefunden, dass diese Individuen durchschnittlich häufiger in Konflikt mit dem Gesetz geraten; jedoch ist zu bemerken, dass die große Mehrzahl dieser Männer völlig normale Verhaltensmuster aufweist. Strukturelle Veränderungen, beispielsweise Deletionen auf dem kurzen Arm des Y-Chromosoms, betreffen meist das SRYGen (s. oben). Die Kaskade der embryonalen Geschlechtsentwicklung wird damit auf der Ebene der Gonadendifferenzierung gestört, sodass ein weiblicher Phänotyp resultiert, der dem des Turner-Syndroms ähnelt. Deletionen auf dem langen Arm des YChromosoms sind meist von submikroskopischer Dimension und können Gene betreffen, deren Intaktheit essentiell für eine normale Spermatogenese ist. Hier sind 3 als „Azoospermiefaktoren“ (AZF) bezeichnete Loci bekannt. Am besten gesichert ist die Bedeutung des so genannten DAZ-Genclusters („deleted in azoospermia“) in AZFc. Der Begriff der Gonadendysgenesie umfasst verschiedene Formen genetischer Störungen, die sich durch numerische Aberrationen der Gonosomen unterscheiden: 45,X-Typ („TurnerSyndrom“), reine Gonadendysgenesie (46,XX oder 46,XY, „Swyer-Syndrom“) oder die gemischte Gonadendysgenesie (45,X/46,XY). Individuen mit reiner Gonadendysgenesie sind phänotypisch weiblich und weisen unterschiedliche Virilisierungsgrade auf. Patienten mit gemischter Gonadendysgenesie haben meist intersexuelle Genitalien. Der Grad der Maskulinisierung variiert erheblich, die meisten Patienten werden als Mädchen aufgezogen. Der männliche Phänotyp zeichnet sich häufig durch eine Hypospadie und einen Kryptorchismus aus. Es besteht ein erhebliches Risiko für gonadale Tumoren.
8
8
622
8 Erkrankungen endokriner Drüsen
Beim Pseudohermaphroditismus masculinus liegt ein eindeutig männliches gonadales und chromosomales Geschlecht vor, auf Grund von Defekten der Testosteronbiosynthese (17,20-Desmolasedefekt, 17β-Hydroxysteroiddehydrogenasedefekt) oder inaktivierender Mutationen des LH-Rezeptors kommt es zur Ausbildung eines weiblichen bzw. intersexuellen Genitales. Eine Sonderform stellt die testikuläre Feminisierung dar, bei der eine Inaktivierung des Androgenrezeptors eine Resistenz der Zielorgane bei normalem Testosteronspiegel bewirkt. Diese Formen können auch inkomplett sein bis hin zu einem männlichen Phänotyp (Reifenstein-Syndrom), m der aber typischerweise Intersexcharakteristika (Hypospadie, Scrotum bifidum) aufweist. Bei der perineoskrotalen Hypospadie mit Pseudovagina liegt ein Defekt auf metabolischer Ebene im Testosteronstoffwechsel vor: eine Defizienz der 5α-Reduktase2 bewirkt einen Mangel an Dihydrotestosteron (DHT), das einen wesentlichen Anteil der androgenen Wirkungen vermittelt. Ein Hermaphroditismus verus ist sehr selten; er liegt vor, wenn eindeutig testikuläres und ovarielles Gewebe bei einem Patienten vorhanden ist. Es kann ein 46,XX, 46,XY-Karyotyp oder ein Mosaik vorliegen. Für einen Teil der Fälle mit 46,XX wird ein abnormer X-Y-Austausch während der paternalen Meiose als ursächlich angesehen. Klinik und Diagnostik
Patienten mit dem Klinefelter-Syndrom fallen meist erst nach der Pubertät auf, da zuvor nur diskrete Anomalien wie leicht unterdurchschnittliches Hodenvolumen, Langbeinigkeit (Sitzzwerge), gelegentlich Lernschwierigkeiten oder Störungen der sprachlichen Ausdrucksfähigkeit beobachtet werden können. Im postpubertären Alter liegt die typische Konstellation von kleinen festen Hoden und Androgenmangelsymptomen (wie geringem Bartwuchs, stark variierend) vor. Ab etwa dem 25. Lebensjahr kommt es zu deutlicheren Zeichen eines Androgenmangels wie nachlassender Libido und Potenz, beginnender Osteoporose und schwindender Muskelkraft (s. auch Tabelle 8.4-1). Eine Gynäkomastie entwickelt sich bei der Hälfte der pubertierenden Patienten. Neben dem klinischen Bild dient der Nachweis von Barr-Körperchen im Mundepithelausstrich zur schnellen diagnostischen Orientierung, die durch eine Karyotypisierung aus Lymphozyten abgesichert werden muss. Ergänzend wird man eine Bestimmung der Gonadotropin- und Testosteronkonzentrationen (hypergonadotroper Hypogonadismus) vornehmen sowie eine ultrasonographische Untersuchung der Testes, da ein erhöhtes Malignitätsrisiko besteht. In praktisch allen Ejakulaten wird sich eine Azoospermie finden. Eine Darstellung der Prostataa ist wegen der Verlaufskontrolle einer eventuellen Testosteronsubstitutionstherapie nötig. Für Patienten mit dem XX-Mann-Syndrom gilt das gleiche Vorgehen, sie lassen sich klinisch kaum von Klinefelter-Patienten unterscheiden. Bei Symptomen einer Intersexualität, die perinatal auffallen, sind neben Bestimmungen des Karyotyps ggf. eine Laparoskopie mit Gonadenbiopsien und spezielle Untersuchungen der
beschriebenen Enzymdefekte/Rezeptormutationenn notwendig. Bei Verdacht auf einen proximal im Syntheseweg gelegenen Enzymdefekt sind auch Untersuchungen der Serumelektrolyte, Nebennierenrindenhormone und des ACTH nötig (siehe Kap. 8.3). Bei einem weiblichen Phänotyp (Pseudohermaphroditismus masculinus, komplette testikuläre Feminisierung) suchen die Patientinnen den Arzt häufig wegen primärer Amenorrhö auf. Liegt ein Pseudohermaphroditismus masculinus vor, ist keine Brustentwicklung, jedoch häufig normale Schambehaarung vorhanden. Bei testikulärer Feminisierung kommt es auf Grund der Östrogenproduktion zu einer Brustentwicklung, es fehlen allerdings Scham- und Achselbehaarung. Die Bestimmung des Serumtestosteronspiegels wird hier einen Hinweis für die weitere Diagnostik geben (Testosteron niedrig: Synthesedefekt; erhöht: Rezeptordefekt). Eventuell bedarf es eines hCG-Stimulationstests, um postpubertäre Abweichungsmuster zu provozieren. Eine DNA-Analyse des Androgenrezeptors hat den SHBG-Test mit Stanozolol ziemlich verdrängt. Dies gilt auch für Patient(inn)en mit Defekten der DHT-Synthese. In jedem Falle ist eine ausführliche Familienanamnese und evtl. auch humangenetische Beratung notwendig. Therapie
Bei einem Klinefelter-Syndrom liegt der Schwerpunkt in der Substitutionstherapie mit Testosteron (s. oben). Finden sich tatsächlich passager Spermien, ist die Erfüllung eines Kinderwunsches mittels intrazytoplasmatischer Spermieninjektion (ICSI) nur nach eingehender humangenetischer Beratung anzuraten. Eine Induktion der Spermatogenese ist nicht möglich. Bei einer Intersexualitätt muss die Entscheidung, ob Neugeborene als Mädchen oder Jungen aufgezogen werden, individuell erfolgen und sich an den phänotypischen Gegebenheiten und deren Operabilität ausrichten. Nicht deszendierte Hoden sollten bei phänotypisch männlichen Patienten ins Skrotum verlegt und engmaschig kontrolliert werden. Bei phänotypisch weiblichen Patienten sollten rudimentäre Testes wegen des Malignitätsrisikos entfernt werden. In Abhängigkeit von der phänotypischen Ausprägung erfolgt eine lebenslange Östrogenoder Testosteronsubstitution, deren Notwendigkeit und Dosierung durch engmaschige Spiegelkontrollen festgelegt werden. Bei Patientinnen mit testikulärer Feminisierung fällt nach Entfernen der testikulär differenzierten Gonaden die Östrogenquelle aus, sodass in jedem Falle die externe Substitution eingeleitet werden muss. Die Frage des Grades der Diagnoseoffenbarung muss sich an einer individualisierten Vorgehensweise orientieren, die das Alter, die psychische Konstitution und den Vorinformationsstand mit einbezieht. Eine psychotherapeutische Begleitung ist in vielen Fällen anzuraten und kann auch bei Patientinnen mit kompletter testikulärer Feminisierung in einer intakten Ehe notwendig sein, wenn ein Problem des unerfüllbaren Kinderwunsches auftritt.
8.4 Störungen der männlichen Gonaden
Prognose
Das Erreichen einer akzeptablen Lebensqualität hängt vom Zeitpunkt der Diagnosestellung, der somatischen und psychischen Betreuung und dem Umfeld des Patienten ab. Eine lebenslange Begleitung wird in den meisten Fällen nötig sein, wenigstens zur exakten Einstellung einer Substitutionstherapie. 8.4.5
Gynäkomastie
Einleitung
623
halten werden (innerhalb von Wochen entstanden oder seit Pubertät vorhanden?). Auch eine genaue Erfragung von Medikamenten-, Drogen- und Alkoholgebrauch muss erfolgen. Maligne Tumoren der Mamma sind beim Mann eine Rarität, sollten aber in differentialdiagnostische Erwägungen mit einbezogen werden. Eine unilaterale Gynäkomastie kann darauf hindeuten. Bei suspekten Befunden ist eine Mammographie durchzuführen. Labortechnische Untersuchungen schließen die Gonadotropine, Testosteron, Estradiol, SHBG und Prolaktin ein, beim geringsten Verdacht sollten auch die Tumormarker AFP und β-hCG (Hoden) und CA 15-3 (Mamma) bestimmt werden.
Eine eigene nosologische Entität stellt die Gynäkomastie nicht dar. Nur gelegentlich ist eine Störung der Androgenwirkung oder eine andere endogene Ursache nachweisbar. Diagnostik und Therapie Therapie sollten somit eher klinisch-praktisch orientiert sein. Die Behandlung muss sich an der Ursache der Gynäkomastie ausrichten. Moduliert werden die Entscheidungen durch den Ausprägungsgrad, den vom Patienten subjektiv empfundenen Ätiologie und Pathogenese Der Brustdrüsenkörper ist präpubertär bei beiden Geschlechtern Krankheitswert und dem zu erwartenden Spontanverlauf. Die gleich angelegt, die weitere Differenzierung erfolgt durch die Korrektur eines Östrogenüberschusses oder Testosteronmangels Balance zwischen Östrogen- und Androgenwirkung. Nahe- ist selbstverständlich indiziert, wird aber bei einer größeren Auszu alle Erkrankungen, die mit einer Störung der Androgen- prägung der Gynäkomastie nicht immer zum vollen Therapieproduktion oder -wirkung einhergehen, können zu einer Brust- erfolg führen. Eine langfristig vorhandene Gynäkomastie weist entwicklung führen. Primär östrogenproduzierende Tu- häufig fibröse Strukturen auf, die einer medikamentösen Theramorenn besonders des Hodens stellen eine wichtige mögliche Ur- pie nicht mehr zugänglich sind. Auch wenn keine Imbalancen sache einer Gynäkomastie dar. Eine manifeste Hyperthyreose im Sexualhormonhaushalt nachgewiesen werden, kann ein kann beim Mann eine gesteigerte Östrogenproduktion auslösen, Therapieversuch mit dem Antiöstrogen Tamoxifenn (20 mg/Tag) die bei ca. 30% der Patienten die Entstehung einer Gynäko- erfolgreich sein. Stellt sich innerhalb von 3 Monaten keine richmastie bewirkt. Zudem sinken die Spiegel des freien Testosterons tungsgebende Befundbesserung ein, sollte die operative Maßdabei durch eine T3-induzierte, erhöhte Produktion von SHBG nahme der Gynäkomastektomie erwogen werden. Diese sollte ab. Eine Wirkungsblockierung des Androgenrezeptors (durch von einem erfahrenen Chirurgen vorgenommen werden, da das antiandrogene Gestagene wie Cyproteronacetat) kann zu einer Resultat sonst häufig kosmetisch ungünstiger als der AusgangsBrustentwicklung führen. Eine isolierte Hyperprolaktinämie ist zustand ist. Besonders unregelmäßige Konturen oder eine asymselten mit einer Gynäkomastie vergesellschaftet. Bei manchen metrische Verteilung der Brustwarzen sind hier zu nennen. Die chronischen Erkrankungen (Hepato- oder Nephropathien) vollständige Abklärung einer Gynäkomastie ist vor einem operaoder Gebrauch von bestimmten Medikamentenn tritt eine Gynä- tiven Eingriff unbedingt notwendig, damit nicht ein wichtiges komastie auf, ohne dass eine Verschiebung des Östrogen- Indikatorsymptom einer Grunderkrankung entfernt wird. Androgen-Gleichgewichts beobachtet wird (s. Übersicht). Zu beachten ist auch eine Kontamination mit östrogenartigen Sub- Prognose stanzenn (z. B. Cremes der Partnerin, Haarwuchsmittel). Oft lässt Die Prognose richtet sich nach der Grunderkrankung und ist bei sich keine ursächliche Störung identifizieren, die Diagnose der „idiopathischen Gynäkomastie“ bezüglich der Lebensqua„idiopathische Gynäkomastie“ ist neben der „persistierenden lität recht gut. Pubertätsgynäkomastie“ nach wie vor am häufigsten. Klinik und Diagnostik
Zunächst ist zu klären, ob überhaupt eine Gynäkomastie oder nur eine Lipomastie ohne nennenswerte Vergrößerung des Brustdrüsenkörpers vorliegt. Diese Abgrenzung erfolgt palpatorisch und ultrasonographisch. Die Beschreibung kann sich an der Einteilung nach Tanner (für Mädchen) orientieren (I: präpubertär, II: Brustknospe, III: deutliche Brustentwicklung, IV: volle Brustentwicklung). Ein essentieller Bestandteil der Gynäkomastieabklärung ist die palpatorische und ultrasonographische Hodenuntersuchung (Möglichkeit eines endokrin aktiven Tumors). Anamnestisch sollte die Dauer der Erscheinung festge-
8.4.6
Erektile Dysfunktion
Einleitung
Bis vor einigen Jahren war die erektile Dysfunktion (ED) deutlich tabuisiert und wurde in Ärzteschaft und Bevölkerung als primär psychogen bedingt angesehen. Die Inzidenz liegt fast doppelt so hoch wie die der koronaren Herzerkrankungen und steigt mit zunehmendem Alter deutlich an. Verschiedene neue diagnostische Verfahren haben gezeigt, dass organische Ursachen einer ED viel häufiger sind als bisher angenommen. Dabei dürfen nun ihrerseits die psychogenen Faktoren nicht in Vergessenheit geraten.
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8 Erkrankungen endokriner Drüsen
Ätiologie und Pathogenese
Der Ablauf einer normalen Erektion gliedert sich in 5 Phasen (Latenz-, Tumeszenz-, Erektions-, Rigiditäts- und Detumeszenzphase) und setzt 3 hämodynamische Faktoren voraus: die intrakavernöse Widerstandsabnahme, die Zunahme des arteriellen Einstromes und die Restriktion des venösen Abflusses. Klinisch werden die reflexogene, die psychogene und die nächtliche Erektion unterschieden. Eine ED kann als eigenständige oder kombinierte Ursachen psychogene, vaskuläre, neurogene oder hormonelle Störungen aufweisen oder auf Medikamentennebenwirkungen zurückzuführen sein. Psychogene Störungen sind z. B. gegenteilige Reize, Angst und frühere traumatische Erlebnisse. Diese sind häufig in ihrer Genese auf Erziehung und familiäres Umfeld zurückzuführen. Sekundäre psychogene Ursachen sind dagegen eher partnerbedingt. Die vaskulär bedingten Störungen machen 50–80% der organisch bedingten ED aus. Meist sind atherosklerotische Veränderungen bei den bekannten Risikofaktoren ursächlich und zeichnen sich durch einen langsamen, verspäteten Erektionseintritt aus. Venöse Ursachen bedingen eine kavernöse Insuffizienz und führen zu einem raschen Verlust der Erektion. Neurogen verursachte Störungen sind häufig auf spinale Störungen zurückzuführen, aber auch periphere Neuropathien bei Diabetes mellitus oder Alkoholabusus gehören hierher. Endokrine Ursachen für eine ED können durch die psychogene, libidosteigernde Komponente des Testosterons erklärt werden, bei einem Hypogonadismus fehlt der entsprechende Stimulus. Einen direkten Effekt auf den Vorgang der Erektion kann ein Testosteronmangel durch die induzierte Apoptose von Nervenfasern und glatter Schwellkörpermuskulatur ausüben. Medikamentös bedingte Erektionsstörungen treten bei α- und β-Sympatholytika sowie bei psychotropen Substanzen wie Tranquilizern und Antidepressiva mit sedativer Komponente auf. Auch Fibrate, die als Lipidsenker eingesetzt werden, H2-Blocker, Halluzinogene und Alkohol können eine ED bedingen.
ist die Penisangiographie inzwischen fast verdrängt worden. Kontraindikationen sind kardiovaskuläre Erkrankungen, Leberfunktionsstörungen, Glaukome, Prostatahyperplasien (Papaverin). Bei negativen Resultaten des SKAT kann auch die blutige intrakavernöse Druckmessung unter den Bedingungen einer artifiziellen Erektion bei Infusion mit kontrollierten Flussraten eingesetzt werden. Dies bedingt natürlich eine deutliche Toleranz seitens des Patienten. Eine neurophysiologische Abklärung kann den Bulbus-cavernosus-Reflex erfassen; gleichzeitig können auch die kortikal evozierten Potentiale gemessen werden. Nächtliche Rigiditäts- und Tumeszenzmessungen ergänzen das diagnostische Spektrum. Therapie
Eine psychologische Behandlung sollte in jedem Falle integriert werden und schließt auch die Exploration der oft völlig übersteigerten Erwartungshaltungen ein. Die Sexualtherapie mit zeitlichem Koitusverzicht hilft häufig, Versagensängste zu regulieren. Da psychogene Komponenten auch bei organischen Ursachen sekundär vorhanden sind, empfiehlt sich eigentlich immer ein kombinierter Therapieansatz. Nach Möglichkeit sollte die Partnerin mit einbezogen werden. Die hormonelle Therapie mittels einer Testosteronsubstitution sollte nur nach Ausschluss der Kontraindikationen und bei einem Androgenmangel erfolgen. Die topische Therapie ist mittels intraurethraler Applikation von Prostaglandin E1 möglich (MUSE). Die Schwellkörperautoinjektionstherapie SKAT ist mit einer Ansprechrate von 80% erfolgreicher, jedoch mit Injektionen verbunden. Eine lokalisierte oder generalisierte Schwellkörperfibrose ist als gravierende Spätfolge zu nennen. Externe Erektionshilfen sind Vakuumsysteme in Kombination mit Stauringen, die jedoch petechiale Blutungen, Taubheitsgefühle und Stauungsödeme verursachen können. Operative Verfahren sind venenchirurgische Maßnahmen, arterielle Revaskularisierungen oder Prothesenimplantate. Orale Medikationen zur Therapie der ED haben in den letzKlinik und Diagnose Anamnestische Erfragungen hinsichtlich atherogener Risiko- ten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Es werden grundsätzfaktoren, Medikamenteneinnahme und Partnerschaft geben er- lich Präparate mit zentralem Wirkmechanismus (Yohimbin, ste wichtige Anhaltspunkte für eine weiterführende Diagnostik. Apomorphin) von solchen mit peripherem Ansatz (PhosphodiÄußerliche Anzeichen eines Hypogonadismus (s. Tabelle 8.4-1) esteraseinhibitoren, Yohimbin) unterschieden. Das α2-adresind der klinischen Untersuchung zugänglich. Die Palpation des nolytisch wirkende Yohimbin besitzt eine Ansprechrate von ca. Penis deckt eine Induratio penis plastica auf. In jedem Falle 30% und wird „on demand“ oder besser dauerhaft mit 3-mal sollten die Spiegel von Gonadotropinen, Testosteron, Estradiol 5–10 mg/Tag gegeben. Die volle Wirksamkeit setzt meist erst und SHBG bestimmt werden. Gerade bei älteren Patienten ist das nach 4–8 Wochen ein. Apomorphin ist auf Grund seiner emetifreie Testosteron auf Grund erhöhter SHBG-Spiegel bereits er- schen Wirkung bekannt, eine neue Galenik mit sublingualer niedrigt, während sich das Gesamttestosteron noch im Normbe- Applikationsform reduziert diesen Effekt jedoch deutlich zugunreich befindet. sten einer erektionssteigernden Wirkung, die sich in bis zu 60% Primär urologische Untersuchungstechniken schließen sich der Fälle nachweisen lässt. Orale Phosphodiesterase-5-Hemmer dann bei Bedarf an; der Schwellkörperpharmakontest (SKAT) bewirken eine Modulation der Relaxation der glatten Muskelmittels Prostaglandin E1 oder Papaverin schließt in Kombina- zellen. Entsprechende Substanzen sind Sildefanil, Vardenafil tion mit der Doppler- oder Duplexsonographie bei unauffälli- und Tadalafil. Ein parasympathischer erektionsinduzierender gem Ergebnis eine vaskuläre Genese weitgehend aus. Dadurch Nervenimpuls bewirkt die Freisetzung des Botenstoffes NO an
8.5 Störungen der weiblichen Gonaden
den Endothelzellen des Corpus cavernosum. Durch die Aktivierung der Guanylatzyklase kommt es zu einem Abbau von Guanosintriphosphat und zu zyklischem GMP („second messenger“), was zur Relaxation der glatten Muskelzellen führt. Phosphodiesteraseinhibitoren verzögern den Abbau von cGMP und verbessern damit die Erektion. Die Effektivität liegt bei psychogenen Erektionsstörungen bei über 80%, bei organischen Störungen um 75%. Sie werden nach oraler Ingestion rasch resorbiert und erreichen nach 30 min die maximale Plasmakonzentration, therapeutische Wirkspiegel bleiben für 4 h erhalten. Das Nebenwirkungsspektrum resultiert aus der Hemmung von Phosphodiesterasen in anderen Körperregionen: Der Isotyp V kommt in relativ hohen Konzentrationen in Gefäßen des Kopfbereiches vor, sodass eine grippeähnliche Symptomatik mit leichten Kopfschmerzen, verstopfter Nase oder flushartiger Gesichtsröte nicht selten ist. Auch gastrointestinale Beschwerden sind möglich. Die Interaktion mit Phosphodiesterasen vom Typ IV der Retina kann zu dosisabhängigen Störungen des Farbsehens führen (Blauverschiebungen). Sildefanil wurde primär als Präparat zu Behandlung der Angina pectoris entwickelt; es hat eine moderate blutdrucksenkende Wirkung, die jedoch in Kombination mit NO-Donatoren, die das intrazelluläre cGMP vermehren (Nitrate, Molsidomin), potenziert wird. Die gleichzeitige Einnahme solcher Medikamente stellt somit eine Kontraindikation dar. Ein daraus resultierender Blutdruckabfall kann potentiell tödlich sein und bedarf der intensivmedizinischen Behandlung. Andere Präparate zur Behandlung der arteriellen Hypertonie (z. B. ACE-Hemmer, Angiotensinrezeptorantagonisten, β-Blocker, Kalziumkanalblocker) verändern das Nebenwirkungsprofil von Phosphodiesterasehemmern nicht signifikant. Geschlechtsverkehr stellt eine Belastung des Kreislaufs von ungefähr 150 Watt dar. Falls eine koronare Herzerkrankung vorliegt, sollte vor jeder Behandlung der erektilen Dysfunktion eine kardiologische Abklärung mit Hilfe der Ergometrie oder Stressechokardiographie mit diesem Belastungsäquivalent erfolgen. Evvidenz der Therapieempfeehlungen Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke Hyypogonadismus Teestosteronsubstitution I-b A Gonadotropine zur Androgen- II-b A substitution bei sekundärem Hypogonadismus Infeertilität Gonadotropine zur Induktion II-b A der Spermatogenese bei sekundärem Hyypogonadismus Antibiose III C Gyyyn näkomastie Taamoxifeen II-c C Erekttile Dysfu unkttion Apomorphin s.l. I-b B MUSE I-b B Sildefaanil I-a A SKA AT A T I-a A Yo ohimbin I-a C
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8.5
Störungen der weiblichen Gonaden Wolfgang Wuttke und Bernd Hinney
Die weibliche Gonadentätigkeit ist durch das recht regelmäßige Auftreten von Ovulationen und Menstruationsblutungen gekennzeichnet. Das Regelkreissystem und die beteiligten Hormone an diesen Ereignissen sind in Abb. 8.5-1 bzw. Abb. 8.5-2 dargestellt. Störungen dieser regelmäßigen Zyklusaktivität, also Störungen der Eumenorrhoe (Zyklusaktivität 25 35 Tage) zeigt Tabelle 8.5-1. Eine Amenorrhoe ist fast immer mit Anovulationen verbunden, Oligo- und Polymenorrhoen können anovulatorisch und damit Grund für eine Sterilität sein. Ursachen für Zyklusstörungen können im Zentralnervensystem (hypothalamische Ebene in Abb. 8.5-1), in der Hypophyse (hypophysäre Ebene in Abb. 8.5-1) oder im Ovar (ovarielle Ebene in Abb. 8.5-1) liegen. 8.5.1
Regulation des Menstruationszyklus
Die in Abb. 8.5-2 dargestellten hormonellen Werte stellen die Mittelwerte von bei vielen Frauen täglich gemessenen Einzelwerten dar. Betrachtet man die Sekretion eines jeden Hormons in einzelnen Individuen und in kürzeren Zeitabständen, so stellt man fest, dass die Hypophyse Hormone, insbesondere das Luteinisierende Hormon (LH), in Pulsen sezerniert. Ursache für die pulsatile LH-Sekretion ist die phasisch synchronisierte Aktivierung der hypothalamischen GnRH-Neurone, sodass ihr sekreto-
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8 Erkrankungen endokriner Drüsen ZNS mesolimbische Strukturen Neurotransmitter/Neuropeptide
Hypothalamus GnRH-Pulsgenerator PIH, PRH, GnRH
HVL
LH
FSH
Östradiol, Progesteron
Östradiol
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PRL
Ovar
Follikel
ovulierender Follikel
Corpus luteum
Progesteron
Östradiol
Urogenitaltrakt Osteoblasten u. Osteoklasten
Mamma
Endothelzellen, Blutgefäße
Endometrium
Fettmetabolismus LDL/HDL
A b b . 88.5-1. 5 11.. Hypothalamo-hypophyseo-ovarieller Regelkreis. Das in n hyp hypothalamischen Neuronen gebil8.5 dete Dekapeptid GnRH stimuliert die Sekretion beider Gonadotropine, pine also des follikelstimulierenden Hormons (FSH) und des luteinisierenden Hormons (LH). FSH stimuliert mulie die Anreifung eines Satzes von Follikeln, von denen beim Menschen einer (ganz selten zwei) zur Endreifung ndre gelangt. Der heranreifende dom zur Proliferation bringt. Follikel produziert ansteigende Mengen Östradiol (E2), das das Endometrium E2 koppelt zur Hypophyse und zum Hypothalamus zurück und bewirkt wirk hier bei entsprechenden Blutspiegeln mittzyklisch vermehrte GnRH-Ausschüttung und eine Erhöhung rhö der Sensibilität der hypophysären FSH- und LH-produzierenden Zellen für die Wirkung von GnRH. Dadurch wird der mittzyklische FSH- und LH-Anstieg ermöglicht. Nur LH bewirkt die Ovulation latio und die Luteinisierung der follikulären Granulosazellen. Diese nehmen unter dem Einfluss des LH die Progesteron-(P-)Produktion und hala und zur Hypophyse zurück, -Sekretion auf. Beide Steroidhormone, E2 und P, koppeln zum Hypothalamus sodass die mittzyklische FSH- und LH-Sekretion wieder reduziert wird. ird. A Auch in höheren zentralnervösen Strukturen wirken die beiden Hormone. Dadurch wird die Libido (Sexualtrieb) Sexu zykluskonform gesteuert (PIH Prolaktin-Inhibitung-Hormon, PRH H Prolaktin-Relasing-Hormon) mon
Tempoanomalien Amenorrhoe Oligomenorrhoe Polymenorrhoe Metrorrhagie Dauerblutung
Ausbleiben der Blutung Zu seltene Blutungen Zu häufige Blutungen Zwischenblutungen Kein Zyklus erkennbar
Typusanomalien Hypomenorrhoe Hypermenorrhoe Menorrhagie Dysmenorrhoe
Zu schwache Blutung 80 ml Blutverlust Zu lange Blutung >6 Tage Blutungsdauer Schmerzhafte Blutung (primär und sekundär)
Primär und sekundär >35 Tage Abstände 25 mE/ml) vor dem 40. Lebensjahr spricht man von einem Climacterium praecox. Die Abgrenzung gegenüber einem „intermittent ovarian failure“ sollte durch mehrfache Wiederholung der FSH- und Estradiolbestimmung im Abstand von einigen Monaten erfolgen. Häufigste Ursachen sekundärer Amenorrhoen sind hypothalamische, hypophysäre oder ovarielle (häufig hyperandrogenämische) Störungen. Auf die Hyperandrogenämie wird an späterer Stelle (s. S. 642) eingegangen. Hypothalamische Zyklusstörungen
Viele Zyklusstörungen werden durch Störungen des hypothalamischen Pulsgenerators erklärt. Diese Pulsstörungen können zur Corpus-luteum-Insuffizienz mit zu seltenen LH-Pulsen, zu anovulatorischen Zyklen, zur Oligomenorrhoe und zur Amenorrhoe führen.
629
T be l llee 8.5-2. 8.5 2.. Ursachen der aab abe Tab primären Amenorrhoe
Hypothalamische Störungen zeichnen sich durch deutlich erniedrigte bzw. im unteren Normbereich liegende Gonadotropinspiegel aus. Die Ursachen liegen häufig im psychischen Bereich. Die vermutlich häufigste Ursache für eine Fehlfunktion des GnRH-Pulsgenerators ist Stress, der subjektiv nicht unbedingt empfunden sein muss, aber zur hypothalamischen Amenorrhoe führen kann. Möglicherweise spielen bei der Dysfunktion des GnRH-Pulsgenerators endogene Opioidpeptide, wie β-Endorphin, eine Rolle. Extremform ist die regelmäßig mit Amenorrhoe einhergehende Anorexia nervosa. Zu hypothalamisch bedingten Störungen der Ovarialfunktion können aber auch Veränderungen der Lebensumstände führen. Häufig wird keine Ursache gefunden. Die hypothalamisch bedingte Amenorrhoe kann in verschiedene Schweregrade differenziert werden: Bei der mildesten Form ist der GnRH-Pulsgenerator noch nachtaktiv, sodass die Estradiolproduktion der Ovarien noch zum Aufbau des Endometriums ausreicht, es kommt allerdings nicht zur Ovulation mit nachfolgender Progesteronbildung. Wegen der fehlenden sekretorischen Umwandlung des Endometriums bleibt die Blutung aus. Eine weitergehende Reduktion der Funktion des GnRH-Pulsgenerators führt zu einer unzureichenden Gonadotropinsekretion und damit zum Sistieren der Estradiolbildung. In diesem Falle wird das Endometrium nicht mehr aufgebaut. Differenzieren lassen sich die beiden Formen durch den Gestagentest: Wird der Patientin über 10–12 Tage ein Gestagenpräparat verordnet, kommt es im ersten Falle zur Abbruchblutung (positiver Gestagentest), bei unzureichender Östrogenbildung bleibt die Blutung aus (negativer Gestagentest). Diese Differenzierung hat wichtige therapeutische Konsequenzen (siehe unten). Die gestagennegative Amenorrhoe kann durch den GnRHTest weiter differenziert werden: Der Schweregrad ist umgekehrt proportional zum Gonadotropinanstieg nach GnRH-Injektion. Oligomenorrhoen treten sehr häufig bei polyzystischen Ovarien und der damit verbundenen Hyperandrogenämie auf. Die Besprechung erfolgt daher unter Androgenisierungserscheinungen (s. S. 642). Hypophysäre Zyklusstörungen
Jeder der Hypophysentumoren kann zu Störungen der Gonadentätigkeit führen. Bei entsprechender Größe oder bei suprasellär wachsenden Tumoren werden die portalen Gefäße, die Relea-
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8 Erkrankungen endokriner Drüsen
Tabelle 8.5-3. Differentialdiagnostik der Hyperprolaktinämie Ursache
Wirkmechanismus
Mikro- oder Makroprolaktinom Medikamenteneinnahme
Eigenproduktion des Tumors Alle Dopaminrezeptorblocker (Dopaminantagonisten) stimulieren die Prolaktinsekretion (Antipsychotika wie Haloperidol und Antiemetika wie Metoclopramid) Nicht prolaktinproduzierende Hypophysentumoren Kompression der portalen Gefäßsysteme mit anderen Ausfallserscheinungen Hormonell aktiv Überfunktion einer hypophysären Partialfunktion Hormonell inaktiv Cave: Besonders tückisch, da einzige Zeichen Hypophysentumor und Hyperprolaktinämie sind. Diese Tumoren wachsen dopaminrefraktär, die Begleithyperprolaktinämie wird aber durch Dopaminagonisten beseitigt Hypothalamische Tumoren Kompression der portalen Gefäße Hypophysenstielabriss Riss der portalen Gefäße Begleithyperprolaktinämie Polyzystisches Ovar Syndrom (PCOS), s. dort Big-big-Prolaktin Makroprolaktinämie
singhormone vom Hypothalamus zur Hypophyse transportieren, komprimiert, sodass die gonadotropen Zellen nicht mehr GnRH-exponiert sind. In der Regel gelangen dann aber auch andere Releasinghormone nicht mehr zur Hypophyse, sodass auch andere Partialfunktionen der Hypophyse eingeschränkt bis aufgehoben sind. Wegen der Häufigkeit des Auftretens von prolaktinproduzierenden Tumoren (Prolaktinome) soll auf diesen hypophysären Tumortyp noch eingegangen werden. Hyperprolaktinämische Zyklusstörungen Das Prolaktin wird über einen hypothalamischen Inhibiting-Faktor („prolaktin inhibiting hormone“, PIH) tonisch inhibiert. Das PIH ist als das biogene Amin Dopamin identifiziert worden. Etwa 10–15% aller sekundären Amenorrhoen sind durch erhöhte Prolaktinspiegel in Folge von Prolaktinomen erklärbar. Das PIH-Dopamin hat nicht nur eine prolaktininhibierende Wirkung, sondern wirkt auch zytostatisch an prolaktinproduzierenden Zellen (den laktotrophen Zellen). Durch Mikrothromben kann es passieren, dass laktotrophe Zellen nicht mehr durch Dopamin inhibiert werden, sie fangen dann an, sich zu teilen und bilden eine Kapsel. Ihre Blutversorgung erfolgt weiterhin über systemische Arterien, allerdings wird das tumoröse Gewebe nicht mehr mit hypothalamischem Dopamin versorgt, sodass die Prolaktinsekretion ungehemmt bleibt. Aus ungeklärten Gründen können sich so schnell wachsende Makroprolaktinome oder sehr langsam wachsende Mikroprolaktinome entwickeln. Die als Folge einer ungehemmten Prolaktinsekretion stark erhöhten Serumprolaktinspiegel koppeln in den Hypothalamus zurück, wo sie (Versuch der Autoregulation) die hypothalamische Dopaminausschüttung stark stimulieren. Dieses Dopamin kann jedoch aus den oben genannten Gründen nicht an das Prolaktinom gelangen, wohl aber beeinflusst es benachbarte hypothalamische Nervenzellen, so auch die GnRH-Neurone, deren pulsatile Aktivität inhibiert wird. Dadurch wird die LH- und FSH-Sekretion erniedrigt oder ganz unterbunden, und es kommt zu einer hyperprolaktinämischen Oligo- oder Amenorrhoe. Bei einer hyperprolaktinämischen Amenorrhoe handelt es sich also um eine Sonderform der
hypothalamischen Amenorrhoe, da die zu hohen Prolaktinspiegel den hypothalamischen GnRH-Pulsgenerator in seiner Funktion supprimieren. Das ist eine analoge Regulation, wie sie während der Laktation als Laktationsamenorrhoe bekannt ist. Als Richtwert kann dabei gelten, dass Serumprolaktinspiegel, die doppelt so hoch wie die Normwerte liegen, einer bildgebenden Abklärung (CT, NMR) bedürfen. Ursachen erhöhter Prolaktinsekretion sind in vielen Fällen auch Psychopharmaka. Bevor eine Hyperprolaktinämie therapiert wird, müssen einige differentialdiagnostische Bedingungen erfüllt sein (Tabelle 8.5-3). Makroprolaktinämie In jüngerer Zeit mehren sich die Hin-
weise, dass Frauen ein mehr oder weniger stark immunreaktives „Big-big-Prolaktin“ (bb-Prolaktin) in größeren Mengen produzieren können, ohne dass klinische Symptome einer Hyperprolaktinämie vorliegen. Gelegentlich finden sich bei diesen Patientinnen Mikroprolaktinome, häufig erscheint die Hypophyse normal. Fällung des bb-Prolaktins mit Polyethylenglycol (PEG) und Messen des verbleibenden Prolaktins bringt Klärung. Beim Vorliegen klinischer Symptome einer Hyperprolaktinämie senken Dopaminagonisten auch das bb-Prolaktin. Ovarielle Zyklusstörungen Hyperandrogenämische Zyklusstörungen, polyzystisches Ovarsyndrom Die häufigste Ursache für Oligomenorrhoen
und ovariell bedingte Amenorrhoen ist das PCO-Syndrom (PCOS). Das PCOS gehört zu den häufigsten endokrinologischen Störungen der Frau. Angesichts der bisher nicht einheitlichen Definitionen ist die Häufigkeit nicht genau bekannt. Schätzungen zufolge beträgt die Prävalenz ca. 5% der weiblichen Bevölkerung. Etwa 50% der PCOS-Patientinnen sind adipös. Die Diagnose eines PCOS wird gestellt, wenn zwei der drei folgenden Kriterien zutreffen: chronische Oligo- oder Anovulation, klinische oder biochemische Zeichen eines Hyperandrogenismus, polyzystische Ovarien.
8.5 Störungen der weiblichen Gonaden
Andere Ursachen [kongenitale adrenale Hyperplasie (AGS), androgenproduzierende Tumoren, Cushing-Syndrom] müssen ausgeschlossen sein. Neben den Zyklusstörungen steht beim PCOS in den meisten Fällen der Hyperandrogenismus im Vordergrund. Als klinische Zeichen gelten ein männlich betonter Behaarungstyp (Hirsutismus), androgenämisch bedingte Alopezie, Akne sowie Seborrhoe. Biochemische Marker der Hyperandrogenämie sind erhöhte Testosteron- und Androstendionwerte, nicht selten ist auch das DHEA-S erhöht. Spezifischer als das Gesamttestosteron sind das freie Testosteron oder der Index für das freie Testosteron (FAI). Bei mehr als 60% der PCOS-Patientinnen findet sich ein erhöhter LH/FSH-Quotient. Die für die Bezeichnung PCOS verantwortlichen polyzystischen Ovarien (PCO) werden am besten mit Hilfe einer transvaginalen Sonographie diagnostiziert. Nach den aktuellen Kriterien sind polyzystische Ovarien durch 12 oder mehr Follikel von 2–9 mm in jedem Ovar und/oder ein erhöhtes Ovarvolumen (>10 ml) definiert. Die Pathophysiologie des PCOS ist bisher nur unzureichend geklärt. Neben genetischen Ursachen sind Umwelteinflüsse von Bedeutung, häufig findet sich eine Insulinresistenz. Die erhöhten Insulinspiegel stimulieren die ovarielle und adrenale Androgenproduktion, zudem stimuliert Insulin die LH-Sekretion und hemmt die hepatische SHGB-Synthese. In der Summe kommt es somit zur Erhöhung der bioverfügbaren Androgene. Bei PCOS-Patientinnen ist das Risiko für die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes sowie für das Auftreten kardiovaskulärer Erkrankungen erhöht. Des Weiteren besteht auf Grund der chronischen Anovulation und des dauerhaften Östrogeneinflussen ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Endometriumkarzinoms. Die Therapieempfehlungen richten sich nach den im Vordergrund stehenden Problemen: Zyklusstörungen: Da die chronische Anovulation bei vorhandenem Östrogeneinfluss zu atypischen Veränderungen des Endometriums führen kann, ist eine zyklische Gestagengabe empfehlenswert. Falls eine Kontrazeption erwünscht ist, sollten Ovulationshemmer gegeben werden. Hirsutismus, Akne: Die erhöhten Androgene können mit einem Kombinationspräparat aus Äthinylöstradiol und Cyproteronacetat oder mit antiandrogen wirkenden Ovulationshemmern gesenkt werden. Gleichzeitig schützen die Präparate das Endometrium. Sterilität: PCOS-Patientinnen sind wegen der chronischen Anovulation häufig ungewollt kinderlos. Die Therapie besteht in einer vorsichtigen ovulationsauslösenden Behandlung mit Clomifen oder Gonadotropinen. Die Therapie muss sorgfältig überwacht werden, da es zu polyfollikulären Reaktionen mit erhöhtem Mehrlingsrisiko und der Gefahr des ovariellen Überstimulationssyndroms kommen kann. In neuerer Zeit wird vor allem bei nachgewiesener Insulinresistenz eine zusätzliche Therapie mit dem Insulinsensitizer
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Metformin empfohlen. Metformin senkt die Androgene, bessert die Insulinresistenz, normalisiert den Zyklus und erhöht die Erfolgsrate einer Clomifentherapie. Senkung des PCOS-bedingten erhöhten Krankheitsrisikos: Bei PCOS-Patientinnen ist das Risiko für ein metabolisches Syndrom erhöht. Im Vordergrund steht das erhöhte Diabetesrisiko, vermutlich kommt es auch häufiger zu kardiovaskulären Erkrankungen. Als Kriterien für das metabolische Syndrom gelten bei PCOS-Patientinnen: abdominale Adipositas (Abdomenumfang >88 cm), Triglyzeride >150 mg/dl, HDL-C 130/>85 mmHg Nüchternglukose 110–126 mg/dl und/oder 2 h Glukose im oGTT 140–199 mg/dl. Sind drei der fünf Kriterien erfüllt, liegt ein metabolisches Syndrom vor. Prophylaktisch sollte allen adipösen Patientinnen eine Gewichtsreduktion dringend nahe gelegt werden. Neben einer angepassten Diät muss auf ausreichende körperliche Bewegung geachtet werden. Die Gewichtsabnahme kann durch eine Metformintherapie (1500 mg/tgl.) unterstützt werden. Polymenorrhoenn treten vorwiegend gegen Ende der reproduktiven Phase auf. Mit Abnahme der ovariellen Reserve kommt es zur verkürzten (überstürzten) Follikelreifung, die nachfolgende Lutealphase ist ebenfalls verkürzt. Insgesamt ist der Zyklus somit kürzer. Polymenorrhoen können aber auch durch mittzyklische Blutungen (Ovulationsblutungen) vorgetäuscht werden. Therapie der Zyklusstörungen
Nach Ausschluss einer Schwangerschaft und organischer Ursachen ist zu klären, welche Zyklusstörungen behandelt werden müssen. Bei der Therapie der hyperandrogenämischen A-/Oligomenorrhoe müssen die jeweils im Vordergrund stehenden Probleme berücksichtigt werden (Tabelle 8.5-4). Eine Amenorrhoe bei Frauen unter 45 Jahren ist immer therapiebedürftig. Die Art der Therapie richtet sich nach dem Schweregrad der Amenorrhoe, d. h. nach dem Ergebnis des Gestagentests. Bei positivem Gestagentest ist eine Östrogensubstitution nicht zwingend erforderlich, im Vordergrund steht unter diesen Umständen der Schutz des Endometriums durch zyklische oder kontinuierliche Gestagengabe. Zur Therapie eignen sich alle synthetischen Gestagene, aber auch natürliches Progesteron. Die Dosis richtet sich nach der Transformationsdosis des jeweiligen Gestagens. Da vor allem bei der zyklischen Gestagengabe und auch bei Anwendung von natürlichem Progesteron kein kontrazeptiver Schutz besteht, muss die Patientin diesbezüglich aufgeklärt werden. Falls gleichzeitig eine Kontrazeption gewünscht wird, sollten Ovulationshemmer verordnet werden.
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8 Erkrankungen endokriner Drüsen
Leitsymptom
Behandlung
Kinderwunsch Chronische Anovulation Kontrazeptionswunsch
Ovulationsauslösung (s. 8.5.4) Zyklische Gestagengabe Ovulationshemmer (Kombinationspräparate Östrogen/Gestagensubstitution
Östrogenmangel Störende Hormonwirkung Kosmetisch störende Hyperandrogenämie Begleit-Hyperprolaktinämie
T b e l llee 8.5-4. 8.5 4.. Therapie der aab abe Tab hypothalamisch bedingten Amenorrhoe/Oligomenorrhoe
Antiandrogene/Kortikosteroide Dopaminagonisten
Für geeignete Patientinnen kann auch die kontinuierliche Gestagengabe in Form der Minipille (0,03 mg Levonorgestrel oder 0,075 mg Desogestrel tgl.) empfohlen werden (s. auch hormonelle Kontrazeption). Bei negativem Gestagentest und positivem Östrogen-Gestagen-Test besteht ein Östrogenmangel. Insbesondere bei jüngeren Frauen ist daher eine Östrogen-Gestagen-Therapie notwendig. Falls eine Kontrazeption nicht erforderlich oder anderweitig gesichert ist, können natürliche Östrogene in Kombination mit Gestagenen verabreicht werden (s. 8.5.7). Andernfalls sollten Ovulationshemmer verordnet werden. Die Minipille ist in diesem Falle nicht geeignet. Bei gestagennegativer Amenorrhoe, insbesondere bei Untergewicht, sollte begleitend auch eine psychosomatische Abklärung erfolgen. Therapie der Hyperprolaktinämie Dopaminagonisten hemmen die Prolaktinsekretion dieser immer sehr gut differenzierten Prolaktinome. Diese Therapie wirkt auch zytostatisch, sodass es häufig zur Tumorregression kommt. Zur Therapie stehen kurz wirksame und dadurch gut steuerbare Präparate (2 Brα-Ergocryptin = Bromocriptin [Bromocriptin, Bromocrel, Pravidel, Kirim, Dosis 2,5 mg/Tag], Lisuridhydrogenmaleat [Dopergin], Dosis 0,2 mg/Tag) und langfristig wirkende Präparate (Cabergolin = Dostinex, Dosis 2-mal 2,5 mg/Woche) zur Verfügung. Die Präparate sollten vorwiegend abends eingenommen werden. Bei unzureichender Prolaktinsuppression ist eine langsame Dosiserhöhung notwendig, da diese Dopaminagonisten starke orthostatische Dysregulationen hervorrufen können. Bei Wiedereinsetzen der Zyklusaktivität können leicht erhöhte Prolaktinspiegel (>500 bis 12 mE/ml) deuten auf eine primäre Ovarialinsuffizienz und eine dementsprechend schlechte Prognose bezüglich der Erfüllung des Kinderwunsches hin. Zur Sicherung der Diagnose einer primären Ovarialinsuffizienz sollte die Bestimmung mehrfach im Abstand von einigen Wochen wiederholt werden. Ein erhöhter LH-FSH-Quotient (>2) ist, insbesondere in Verbindung mit erhöhten Androgenspiegeln, Indikator für das PCO-Syndrom (s. S. 630). Niedrige Gonadotropinspiegel in Verbindung mit niedrigem Estradiol lassen an eine hypothalamisch/hypophysäre Störung denken. Schilddrüsenfunktionsstörungen sollten korrigiert werden, dies gilt auch für subklinische Veränderungen. Vor Beginn einer Hormontherapie sollten der andrologische Befund des Partners sowie die Durchgängigkeit der Tuben bekannt sein. Gelegentlich kann es allerdings sinnvoll sein, ein oder zwei Behandlungen vor Abklärung der Tubenfunktion durchzuführen. Hormonelle Behandlungen mit nachfolgender Kohabitation bzw. Insemination sind nur bei mindestens einer durchgängigen Tube sinnvoll. Bei beiderseits verschlossenen Eileitern kann eventuell eine operative Eröffnung der Tuben vorgenommen werden. Falls die Tuben irreparabel geschädigt sind oder fehlen, muss die extrakorporale Befruchtung oder In-vitro-Fertilisation (IVF) erfolgen. Zur IVF wird auch dann geraten, wenn mehrere, d. h. etwa sechs, „konventionelle“ Behandlungen nicht zur Schwangerschaft geführt haben. Während dieser sog. „diagnostischen IVF“ kann festgestellt werden, ob sich die gewonnenen Eizellen mit dem Sperma des Partners befruchten lassen.
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Bei deutlich eingeschränktem andrologischen Befund (z. B. Spermiendichte 43%) und einer Hyperkoagubesten sind die Erfolgsraten nach erfolgreich behandelter An- labilität. In Extremfällen sind als Folge des OHSS Todesfälle ovulation, die Schwangerschaftsrate entspricht dann der natür- durch thrombembolische Komplikationen (Hirninfarkte) aufgelichen Konzeptionsrate von etwa 30% pro Zyklus. Mit IVF- und treten. Weitere ernste Komplikationen sind Oligurie bis Anurie ICSI-Behandlungen werden in Deutschland Schwangerschafts- als Folge einer verminderten Nierenperfusion sowie Volumenraten von etwa 25% pro Zyklus erzielt. Mit homologen Insemi- mangelschock. Die Einteilung des OHSS erfolgt meist in drei Grade, mild, nationsbehandlungen werden meist nur etwa 10% pro Zyklus erreicht. Diese niedrigen Schwangerschaftsraten stehen aller- mittelschwer, schwer. Ein mildes OHSS ist nach nahezu jeder dings mit den meist ungünstigen Voraussetzungen der behan- ovariellen Stimulation zu erwarten, ernsthafte Probleme treten delten Paare (eingeschränkte Spermaqualität, langjährige Steri- beim schweren OHSS auf. Zum OHSS Grad III kommt es in weniger als 1% aller mit dem Ziel der Superovulation durchgelitätsanamnese) in Zusammenhang. führten Stimulationszyklen.
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Eine kausale Therapie des OHSS existiert nicht. Die symptomatische Therapie besteht in ausreichender Flüssigkeitszufuhr, Thromboseprophylaxe und ggf. Aszitespunktion. Bei Hämatokritwerten über 45% muss Flüssigkeit parenteral gegeben werden. Die Infusion von Humanalbumin bzw. Plasmaexpander kann zur raschen Linderung der Beschwerden beitragen. Es muss allerdings, vor allem bei bereits eingeschränkter Nierenfunktion, an die dadurch bedingte Zunahme des onkotischen Drucks mit dem Risiko des Auftretens eines Lungenödems gedacht werden. Empfehlenswert ist zuvor das Legen eines zentralen Venenkatheters zur Überwachung des ZVD. Bei infolge des Aszites massiv gespanntem Abdomen und Dyspnoe kann eine Aszitespunktion zur sofortigen Besserung des Zustands führen, die abzulassende Menge sollte zunächst auf 1000 ml beschränkt werden; die Punktion muss ggf. mehrfach wiederholt werden. Diuretika sind wegen der zusätzlichen Verminderung des intravasalen Volumens kontraindiziert, bei Oligo- oder Anurie kann Dopamin gegeben werden (2–4 µg/kg KG/min). Operative Eingriffe sollten möglichst vermieden werden, da versehentliche Verletzungen der ovariellen Kapsel zu schwer beherrschbaren Blutungen und u. U. zur Adnexektomie führen können. Unterhalten wird das OHSS durch zugeführtes oder endogen gebildetes hCG, d. h. im Falle einer eingetretener Schwangerschaft ist mit zunehmenden Beschwerden zu rechnen. Die zur Stützung der Corpus-luteum-Funktion übliche hCG-Gabe sollte daher unterbleiben. Schwere ovarielle Überstimulationssyndrome sollten in spezialisierten Zentren behandelt werden, nicht selten ist eine intensivmedizinische Betreuung erforderlich. Als Risikopatientinnen für das Auftreten eines OHSS gelten junge und schlanke Patientinnen bei denen zum Zeitpunkt der Ovulationsauslösung zahlreiche mittelgroße Follikel nachweisbar sind. Besonders gefährdet sind Patientinnen mit polyzystischen Ovarien (PCO). Schon während der hormonellen Stimulation deutet sich in vielen Fällen das drohende OHSS durch steil ansteigende Estradiolspiegel an, in diesen Fällen sollte auf die hCG-Gabe zur Ovulationsauslösung verzichtet werden. Die Downregulation der Hypophyse mit GnRH-Analoga verstärkt die Neigung zum OHSS, die Verwendung von GnRH-Antagonisten führt dagegen zu einer Verminderung des Risikos. Falls die Patientin nicht schwanger geworden ist, bildet sich das OHSS mit einsetzender Regelblutung ohne weitere Maßnahmen zurück. Bei bestehender Gravidität kommt es etwa nach der 7. SSW zum Rückgang der Symptome, die Ovarialzysten können jedoch noch bis jenseits der 10. SSW bestehen bleiben. 8.5.5
Normale und gestörte Schwangerschaft
Hormonuntersuchungen werden vorwiegend zur Überwachung der Frühgravidität durchgeführt. Ein weiterer wichtiger Zeitraum für endokrinologische Untersuchungen liegt im Bereich der 12.–17. Schwangerschaftswoche, in diesem Zeitraum dienen die Untersuchungen der Pränataldiagnostik.
In der späteren Schwangerschaft können Estriolbestimmungen Hinweise auf die Funktion der fetoplazentaren Einheit geben. DHEA-Sulfat wird von der fetalen Nebennierenrinde synthetisiert und in der Plazenta zu Estriol aromatisiert. Die mütterlichen Estriolserumspiegel und die Estriolausscheidung mit dem Urin können daher Hinweise auf die Funktion von Fet und Plazenta geben. Durch verbesserte sonographische Verfahren hat die endokrinologische Diagnostik der bedrohten Spätschwangerschaft heute keine Bedeutung mehr. Ein nicht erkannter oder schlecht eingestellter Diabetes mellitus bedeutet ein hohes Schwangerschaftsrisiko. Neben der Urinuntersuchung zur Erkennung einer Glukosurie wird deshalb im mittleren Schwangerschaftsdrittel ein oraler GTT als Screeningverfahren empfohlen (Durchführung: 50 g Glukose oral zu einem beliebigen Zeitpunkt unabhängig von der Nahrungsaufnahme. Der Glukosewert im Serum sollte eine Stunde später unter 140 mg/dl liegen). Sowohl Hypo- als auch Hyperthyreosen bedürfen in der Schwangerschaft einer sorgfältigen Einstellung. Vor allem müssen zumindest Patientinnen mit anamnestischer Schilddrüsenerkrankung in der Schwangerschaft sehr sorgfältig überwacht werden. Da das bis zur etwa 10.–12. SSW ansteigende hCG eine partielle thyreotrope Aktivität besitzt, kann es in hohen Konzentrationen eine Hyperthyreose auslösen. Hormondiagnostik in der Frühgravidität
Ein erheblicher Anteil aller Schwangerschaften geht innerhalb der ersten Wochen nach der Konzeption zugrunde. Die sehr frühen Schwangerschaftsverluste werden der Frau meist nicht bewusst, häufig tritt die Blutung lediglich etwas verzögert ein. Derartige „biochemische Schwangerschaften“ können durch einen flüchtigen hCG-Anstieg nachgewiesen werden. Vermutlich werden etwa 50% aller implantierten Embryonen innerhalb der ersten 14 Tage abgestoßen. Von den klinisch erkennbaren, d. h. sonographisch nachweisbaren, Schwangerschaften gehen weitere 15–20% innerhalb des ersten Trimenons zugrunde. Die Untersuchung der klinisch erkennbaren Aborte weist in etwa 50% der Fälle eine chromosomale Störung als Ursache für den Abort nach. Bei den restlichen 50% ist die Ursache meist unklar, gelegentlich werden auch endokrinologische Ursachen vermutet. Hormonuntersuchungen können zur Erkennung einer gestörten Schwangerschaft beitragen, häufig müssen allerdings zusätzlich sonographische Verfahren eingesetzt werden. Besondere Bedeutung haben endokrinologische Verfahren bei der Erkennung der Extrauteringravidität (EUG). Etwa 1–2% aller klinischen Schwangerschaften sind extrauterin lokalisiert. Ihre Bedeutung ergibt sich aus der oft schwierigen Diagnose und der Gefährdung der Schwangeren im Falle einer Fehldiagnose. Unerkannte EUG können die betroffene Patientin durch intraabdominale Blutungen vital gefährden. In der Frühgravidität steht die Bestimmung von hCG (menschliches Choriongonadotropin) und Progesteron im Vordergrund. hCG wird von der Plazenta gebildet, es besteht aus
8.5 Störungen der weiblichen Gonaden
zwei Untereinheiten (alpha- und beta-Kette). Das biologisch aktive Hormon ist eine Kombination beider Untereinheiten, die Untereinheiten selbst sind biologisch nicht aktiv. hCG ist im mütterlichen Serum unmittelbar nach der Implantation, d. h. etwa 7–8 Tage nach der Konzeption nachweisbar und zeigt in der Frühgravidität einen charakteristischen Verlauf. Progesteron wird nach der Konzeption vom Corpus luteum gebildet. Die Serumwerte steigen bis zur mittleren Lutealphase auf etwa 10–20 ng/ml an und bleiben dann bis zur ca. 10. SSW weitgehend konstant. Deutlich niedrigere Progesteronwerte lassen eine gestörte Gravidität vermuten, sind aber nicht beweisend. Nach reproduktionsmedizinischen Maßnahmen (vorausgegangener hormoneller Stimulationsbehandlung) können die Progesteronwerte wesentlich höher sein und Werte um 200 bis 300 ng/ml erreichen. Nach der 7. SSW übernimmt die Plazenta allmählich die Funktion des Corpus luteum (uteroplazentarer Shift). Die Entfernung des Corpus luteum vor der 8. SSW kann zum Verlust der Schwangerschaft führen. Durch ausreichende Progesteronsubstitution kann der Abort unter diesen Umständen allerdings verhindert werden. Ob der Verlust einer bedrohten Schwangerschaft auch in anderen Fällen durch Progesteronsubstitution verhindert werden kann, ist umstritten. Klinik und Diagnostik
Von der Konzeption bis zur etwa 7. SSW steigt der mütterliche hCG-Serumspiegel logarithmisch an. Die hCG-Verdoppelungszeit beträgt etwa 2,0–2,5 Tage. Bei semilogarithmischer Darstellung findet sich bis zur etwa 7. SSW ein linearer Verlauf der hCG-Werte, anschließend flacht sich der Anstieg ab, das hCGMaximum wird in der etwa 9.–12. SSW erreicht. Im weiteren Schwangerschaftsverlauf fällt der hCG-Spiegel ab. Von klinischer Bedeutung sind die hCG-Werte in erster Linie in der Frühschwangerschaft. hCG-Bestimmungen werden des Weiteren auch im Rahmen der Pränataldiagnostik durchgeführt. hCG ist der wichtigste Parameter zur Diagnose der Frühgravidität. Die Bestimmung kann sowohl aus dem Serum als auch aus dem Urin erfolgen. Für quantitative Bestimmungen wird das Serums mittels ELISA oder RIA untersucht. Für qualitative Bestimmungen ist die kostengünstigere und schnell verfügbare Urinuntersuchung mit Hilfe eines immunologischen Tests vorzuziehen. Im unverdünnten Morgenurin ist das Verhältnis der hCG-Konzentration im Serum zu der im Urin etwa 1:1. Die heute verfügbaren qualitativen hCG-Bestimmungen sind bei einem hCG-Spiegel von 40 mE/ml positiv, dies entspricht der am 12.–14. Tag nach der Konzeption im Morgenurin nachweisbaren Konzentration. Führen die sonographischen Untersuchungen bei unklarer Schwangerschaftsdauer oder bei Verdacht auf gestörte Schwangerschaft nicht zur Klärung, können quantitative hCG-Bestimmungen aus dem Serum zur richtigen Diagnose beitragen. Im Vordergrund stehen folgende Differentialdiagnosen: intakte oder gestörte intrauterine Gravidität bzw. extrauterine Gravidität (EUG). Hilfreich sind hCG-Bestimmungen auch zur Verlaufs-
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kontrolle nach stattgefundenem Abort und nach behandelter Extrauteringravidität. Gelegentlich können hCG-Bestimmungen auch zur Diagnose einer Blasenmole bzw. eines Chorionkarzinoms führen. In unklaren Situationen sind zur Beurteilung hCG-Bestimmungen aus wiederholten Blutentnahmen im Abstand von etwa 48 Stunden erforderlich. Abweichungen vom logarithmischen Anstieg der hCG-Werte in der Frühgravidität lassen das Vorliegen einer gestörten Schwangerschaft vermuten. Hinsichtlich der Lokalisation der Schwangerschaft erlauben diese Werte jedoch keinen sicheren Rückschluss. In der Mehrzahl der Fälle weicht der hCG-Anstieg bei extrauterin lokalisierten Schwangerschaften zwar vom normalen logarithmischen Verlauf ab, gelegentlich ist der Verlauf jedoch völlig normal. Von differentialdiagnostischer Bedeutung ist daher die „Diskriminierungszone“. Es handelt sich hierbei um die Höhe des hCG-Wertes, bei dem unter den gegebenen Bedingungen der sonographische Nachweis einer intrauterinen Schwangerschaft gelingen sollte. Mit der heute verfügbaren Vaginalsonographie gelingt der Nachweis einer intrauterinen Gravidität normalerweise bei hCG-Serumwerten von mehr als 1000 mE/ml, spätestens bei 2000 mE/ml. Wenn der hCG-Wert diese Diskriminierungszone überschritten hat, muss eine extrauterine Gravidität durch geeignete Maßnahmen ausgeschlossen werden. Der Verdacht auf das Vorliegen einer extrauterinen Gravidität besteht allerdings auch bei verzögert ansteigenden bzw. weitgehend konstant bleibenden und v. a. bei zunächst abfallenden und dann wieder ansteigenden hCGWerten. Nach einem Frühabort ist gelegentlich die Bestimmung der hCG-Werte zur Kontrolle des regulären Abfalls empfehlenswert. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Lokalisation der Schwangerschaft zuvor nicht eindeutig gesichert werden konnte. Nach einem Abort ist der hCG-Abfall mit einer Halbwertszeit von 1–3 Tagen zu erwarten. Ein protrahierter oder ausbleibender Abfall muss an verbliebenes Schwangerschaftsgewebe bzw. eine bisher übersehene EUG denken lassen. Zwingend erforderlich sind Kontrollen des hCG-Spiegels auch nach erfolgter Therapie einer EUG. Verbliebenes Trophoblastgewebe wird häufig durch zunächst abfallende und dann wieder ansteigende hCG-Werte erkannt. Extrem hohe hCG-Werte (>500.000 mE/ml) lassen in Verbindung mit dem sonographischen Bild an das Vorliegen einer Blasenmole denken. Bei anhaltenden Blutungen nach Abort oder bei EUG muss auch an die Möglichkeit eines Chorionkarzinoms gedacht werden. Besonders häufig tritt diese maligne Erkrankung nach vorausgegangener Blasenmole auf. Bei der Diagnose und zur Verlaufskontrolle stehen hCG-Bestimmungen im Vordergrund. Die Bestimmung des Progesterons im Serum kann bei der Beurteilung der Frühgravidität zusätzliche Informationen liefern. Niedrige Progesteronspiegel legen den Verdacht auf das Vorliegen einer gestörten Gravidität nahe. Insbesondere muss bei niedrigen Progesteronspiegeln an eine EUG gedacht werden. Ob
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protein PAPP-A („pregnancy-associated plasma protein A“) zu diesem Zeitpunkt kann die Aussagekraft des UltraschallScreenings gesteigert werden. Die vollständige Diagnostik wird als Erst-Trimester-Screening (CETS) bezeichnet. Zur weiteren Abklärung ist nach Einstufung der SchwangeTherapie und Prognose Nach Diagnose einer gestörten Frühgravidität sind die thera- ren in das Risikokollektiv (sowohl nach Erst-Trimester-Screepeutischen Möglichkeiten begrenzt. Der fragliche Nutzen einer ning als auch nach Triple-Diagnostik) eine FruchtwasserentHormonsubstitution wurde bereits erwähnt. In der Mehrzahl der nahme (Amniozentese) zur Chromosomenanalyse erforderlich. Fälle führt die Diagnose zur Kürettage. Endokrinologische Un- In Deutschland wird Schwangeren seit einigen Jahren jenseits tersuchungen tragen weiterhin häufig zur Diagnose der EUG des 35. Lebensjahrs zur Pränataldiagnostik eine Amniozentese bei und führen zur Einleitung der dann notwendigen therapeu- angeboten. Da das Risiko für die Geburt eines Kindes mit Trisomie-21 bei einer 35-jährigen Schwangeren im Bereich von tischen Maßnahmen. etwa 1:350 liegt, wurde dieses Risiko auch als Grenzwert für die Triple-Diagnostik gewählt, die in erster Linie Schwangeren Triple-Diagnostik Seit Jahrzehnten wird die Bestimmung von α-Fetoprotein (AFP) unterhalb des 35. Lebensjahres angeboten wird. Dieser Paaus dem mütterlichen Serum in der etwa 16. SSW als Suchver- tientinnengruppe wird zur Amniozentese geraten, wenn der fahren zur Erkennung eines fetalen Neuralrohrdefekts durchge- Triple-Test ein über 1:350 liegendes Risiko für das Vorliegen führt. Bei 80–90% der betroffenen Schwangerschaften ist AFP im eines Down-Syndroms des Feten ergibt. Bei Frauen jenseits des mütterlichen Serum erhöht. Bei Nachweis erhöhter AFP-Werte 35. Lebensjahres wird eine Amniozentese unabhängig vom wird eine sorgfältige sonographische Diagnostik und meist eine Triple-Test angeboten. Bei der Amniozentese handelt es sich um eine invasive MaßFruchtwasseruntersuchung empfohlen. Die AFP-Erhöhung wird nahme, die mit einem Abortrisiko von etwa 0,5–1% behaftet ist. durch eine Untersuchung aus dem Fruchtwasser verifiziert. Die Auswertung der erhobenen Befunde zeigte – zunächst Unter der Annahme einer Wahrscheinlichkeit für das Downnebenbefundlich – häufig erniedrigte AFP-Werte bei Schwan- Syndrom von etwa 1:300 und einem Abortrisiko durch Amniogeren, deren Kind eine Trisomie-21 (Down-Syndrom) aufwies. zentese von 1:150 sind daher für jede erkannte Schwangerschaft Weitere Untersuchungen ergaben, dass die Wahrscheinlichkeit mit Down-Syndrom zwei Aborte bei gesunden Feten zu erwarten. der Erkennung einer Trisomie durch die gleichzeitige Bestim- Aus diesen Überlegungen ergibt sich die Notwendigkeit einer mung von AFP, Estriol und hCG erhöht werden kann. Ein erhöh- umfassenden Aufklärung der Schwangeren vor der Blutentnahtes Trisomie-21-Risiko weisen Schwangerschaften mit ernied- me zur Triple-Diagnostik. Bei Mehrlingsschwangerschaften erlaubt der Triple-Test in rigtem Serum-AFP, erniedrigtem Serumestriol sowie erhöhtem Serum-hCG auf. Da drei Parameter bestimmt werden, hat sich der Regel keine verwertbaren Aussagen. der Name Triple-Diagnostik durchgesetzt. Die Untersuchung erfolgt aus einer Blutprobe, die der 8.5.6 Hormonale Kontrazeption Schwangeren zwischen der 15. und 17. SSW entnommen wird. Die Werte werden als MoM („multiple of median“ eines Normal- Einleitung kollektivs) in ein Computerprogramm eingegeben. Zusätzlich Hormonelle Kontrazeptiva werden in Deutschland von etwa werden das Schwangerschaftsalter sowie das Alter und das einem Drittel der Frauen im reproduktionsfähigen Alter verwenKörpergewicht der Schwangeren berücksichtigt, dabei kommt det (Tabelle 8.5-5). Da hormonelle Kontrazeptiva heute von vieinsbesondere dem exakten Schwangerschaftsalter eine essen- len, auch von gynäkologisch/endokrinologisch nicht ausgetielle Bedeutung zu. Als Ergebnis erhält man nach multivariater bildeten Ärzten verordnet werden, ist diesem Thema besonders Diskriminanzanalyse die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen breiter Raum gewidmet. Im Vordergrund der oralen Kontrazepeines Down-Syndroms. Die Sensitivität der Methode ist alters- tion stehen die Kombinationspräparate zur Ovulationshemabhängig und liegt im Mittel bei etwa 60%. Die Triple-Diagno- mung. Der Anteil reiner Gestagenpräparate ist demgegenüber stik ist daher lediglich zur Eingrenzung eines Kollektivs mit eher gering. erhöhtem Trisomie-21-Risiko geeignet. Hormonelle Kontrazeptiva werden in KombinationspräpaIn neuerer Zeit wird ein weiteres Verfahren zur Eingrenzung rate, orale Gestagenpräparate (Minipillen), langwirkende Gedes Risikokollektivs angeboten: In der 11.–13. SSW findet sich stagenapplikationen (Dreimonatsspritze), gestagenhaltiges IUP beim Feten häufig ein Ödem unter der Haut des Nackens (Intrauterin-Pessar), subdermales Gestagendepot und Präparate (Nackentransparenz, NT). Eine vermehrte NT kann neben der zur postkoitalen Kontrazeption (Pille danach) unterschieden. Trisomie 21 auch auf andere Störungen hinweisen, wie z. B. auf Die Pearl-Indizes (Schwangerschaften pro 100 Frauenjahdas Vorliegen von Herzfehlern. Die NT ist demnach als ein eigen- re) der verschiedenen Anwendungen gehen aus Tabelle 8.5-6 ständiger, pathognomonischer Faktor zu betrachten. Mit einer hervor. Anzumerken ist, dass auch Anwendungsfehler, z. B. Verzusätzlichen Bestimmung von freiem β-hCG und dem Glyko- gessen der Pille, in den Pearl-Index eingehen. eine intrauterine Gravidität mit niedrigen Progesteronspiegeln von einer Substitutionstherapie mit Progesteron profitiert, ist umstritten.
8.5 Störungen der weiblichen Gonaden
Anwenderinnen von hormonellen Kontrazeptiva gesamt Kombinationspräparate Minipille (Gestagenmonotherapie) Dreimonatsspritze (Gestagendepot) Postkoitale Kontrazeption (Pille danach)
Absolut
Anteil der Frauen im reproduktionsfähigen Alter [%]
6.000.000
33,0
5.739.000 33.000 53.000 175.000
31,6 0,2 0,3 0,9
Methode
Pearl-Index
Kombinationspräparate (Einphasenpräparate) Zweiphasenpräparate Minipille (Cerazette, Microlut, Mikro-30 Wyeth, 28-Mini) Dreimonatsspritze (Depot-Clinovir, Noristerat) Gestagenhaltiges IUP (Mirena) Subdermales Gestagenimplantat (Implanon) Postkoitale Kontrazeption: Gestagengabe (Duofem)
0,03–1,0 0,2–1,4 0,4–4,3 0,03–0,9 0,1–0,2 0,0
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T be l llee 8.5-5. 8.5 5.. Heutige Methoaab abe Tab den zur hormonellen Kontrazeption in Deutschland. Etwa 18,1 Millionen Frauen, d. h. 43% aller Frauen, befinden sich im reproduktionsfähigen Alter
T be l llee 8.5-6. Tab aab abe 8.5 6.. Sicherheit verschiedener hormonaler Kontrazeptiva
1a
a Für die postkoitale p Kontrazeption p kann kein Pearl-Index angegeben ben werden. Es wird stattdessen die
Versagerquote in % angegeben.
Kombinationspräparate: Kombinationspräparate enthalten ein oral wirksames Östrogen und ein Gestagen. Östrogene und Gestagene hemmen in synergistischer Weise die Ovulation. Die kontrazeptive Wirkung wird in erster Linie durch das Gestagen gewährleistet, die Kombination mit dem Östrogen ist vor allem für die Zykluskontrolle von Bedeutung. Als Östrogen enthalten nahezu alle Präparate Ethinylestradiol (EE). In wenigen Präparaten ist statt EE Mestranol enthalten (Gestamestrol, Ovosiston). Mestranol, der 3-Methylether von EE, bindet nicht an den zellulären Östrogenrezeptor, es muss in der Leber zunächst durch Demethylierung in EE umgewandelt werden. Signifikante Unterschiede in der Potenz von EE und Mestranol lassen sich nicht nachweisen. EE hat eine dem Estradiol vergleichbare Bindungsaffinität zum Östrogenrezeptor, wird aber wesentlich langsamer inaktiviert, da die Äthylgruppe metabolisierende Enzyme blockiert. Besonders ausgeprägt ist die Wirkung auf den hepatischen Metabolismus und auf die Gerinnungsparameter. Diese Wirkungen werden z. T. für das erhöhte Thromboserisiko unter Ovulationshemmern verantwortlich gemacht. Alle zur Kontrazeption verwendeten Gestagene sind wirksame Antagonisten des EE. Vor allem hemmen sie die östrogeninduzierte Endometriumproliferation. Sie führen zur sekretorischen Umwandlung des Endometriums und beeinflussen den Zervixschleim und die Tubenmotilität. Gestagene binden mit unterschiedlicher Affinität nicht nur an den Progesteron-, sondern auch an den Androgen-, Glukokortikoid- und Mineralokortikoidrezeptor. Die in Ovulationshemmern enthaltenen Gestagene stammen entweder vom 19-Nortestosteron oder vom 17-OH-Progesteron. Grundsätzlich haben die von 19-Nortestosteron stammenden Gestagene eine mehr oder minder ausgeprägte androgene Restwirkung (Ausnahme Dienogest, in Valette), die 17-α-Hydro-
xyprogesteronderivate wirken dagegen antiandrogen. Unterschieden werden Estrane (Methylgruppe am C13) von Gonanen (Äthylgruppe an C13). Die Äthylgruppe führt zu einer zusätzlichen Erhöhung der Wirkungsstärke. Dienogest als Vertreter der Estrane hat keine androgene, sondern eine antiandrogene Wirkung. In Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Einführung wurden die Gestagene in „Generationen“ eingeteilt (Tabelle 8.5-7). Vertreter der 1. Generation sind Norethisteron, Norethisteronacetat und Lynestrenol (Norethisteronacetat und Lynestrenol werden in vivo in Norethisteron umgewandelt). Die relativ ausgeprägte androgene Restwirkung dieser Gestagene führte zur Entwicklung von Gestagenen der 2. Generation. Hauptvertreter ist das Levonorgestrel. Norgestrel ist ein Gemisch aus 50% Levonorgestrel und 50% Dextronorgestrel, wirksam ist allerdings nur Levonorgestrel. Vertreter der 3. Generation sind Gestoden und Desogestrel. Desogestrel wird in vivo zu Etonogestrel metabolisiert. Hinsichtlich des unterschiedlichen Risikos venöser Thrombosen und des Herzinfarktrisikos bei Verwendung von Gestagenen der 2. und 3. Generation ist die Diskussion noch nicht abgeschlossen. Neuentwicklungen sind Dienogest und der Spirolaktonabkömmling Drospirenon. Einphasenpräparate enthalten die Kombination aus EE und dem Gestagen in allen 21 Pillen. Zweiphasenpräparate enthalten in den ersten 7 Pillen lediglich EE, in den folgenden 15 Pillen ist zusätzlich das Gestagen enthalten. Unterschiede zwischen den einzelnen Präparaten gibt es vor allem hinsichtlich der EE-Menge: Hochdosierte Präparate enthalten 50 µg, die niedrigst dosierten 20 µg pro Pille. Präparate mit einer EE-Dosis von bis zu 35 µg pro Pille werden als Mikropillen bezeichnet. Da bei Einphasenpräparaten 21 Pillen pro Zyklus genommen werden (anschließend folgt eine siebentägige Einnahmepause in der es zur Entzugsblutung kommt),
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Tabelle 8.5-7. In Ovulationshemmern enthaltene Gestagene Nortestosteronderivate Norethisterongruppe (Estrane) Norethisteron (Eve 20, Conceplan M) Lynestrenol (Ovoresta-M, Lynratiopharm) Dienogest (Valette)
17-OH-Progesteronderivate
Sprirolaktonderivat
Cyproteronacetat (Diane)a
Drospirenon (Yasmin, Petibelle)
Norgestrelgruppe (Gonane) Levonorgestrel (Leios, Miranova, Femigoa, Femranette, Microgynon, Minisiston, MonoStep, Gravistat, Gestoden (Femovan, Minulet)
Chlormadinonacetat (Belara Gestamestrol, Neo-Eunomin)
Desogestrel (Desmin, Lovelle, Marvelon Novial Biviol Cyclosa Oviol) Norgestimat (Cilest Pramino)
a Diane ist in Deutschland nicht mehr als Ovulationshemmer zugelassen. assen
werden pro Zyklus 420 bis 1050 µg EE eingenommen. Bei Zweiphasenpräparaten beträgt die Pillenzahl pro Zyklus 22, das einnahmefreie Intervall wird auf sechs Tage verkürzt, die EE-Dosis erhöht sich entsprechend. Seit kurzem ist in Deutschland ein vaginal applizierbarer Ovulationshemmer in Form eines hormonhaltigen Ringes auf den Markt (NuvaRing). Der Ring setzt täglich etwa 15 µg Äthinylestradiol und 0,12 mg Etonogestrel frei und entspricht damit etwa dem Präparat Lovelle. Der Ring bleibt drei Wochen liegen, nach einwöchiger Anwendungspause wird ein neuer Ring eingelegt. Weiterhin wurde ein Verhütungspflaster (Evra) eingeführt. Das Pflaster gibt Äthinylöstradiol und Norelgestromin (Norgestimatderivat) ab. Es muss wöchentlich gewechselt werden, nach 3wöchiger Anwendung folgt eine einwöchige Anwendungspause. Gegenüber der oralen Einnahme besteht der Vorteil, dass die Anwendung nicht vergessen werden kann. Indikationen und Kontraindikationen entsprechen denen der Mikropillen. Mit dem Ziel, die Gesamthormondosis pro Zyklus bei Erhalt der Zyklusstabilität zu vermindern, enthalten einige Einphasenpräparate im Verlauf des Zyklus unterschiedliche Mengen EE und Gestagen (Zwei- bzw. Dreistufenpräparate). Vorteile dieser Anwendung sind nicht bewiesen. Praktische Anwendung
Der Beginn der erstmaligen Anwendung erfolgt am besten ab dem ersten Tag der Regelblutung. Die Einnahme erstreckt sich über 21 oder 22 Tage und wird von einer sechs- oder siebentägigen Einnahmepause gefolgt, in dieser Einnahmepause kommt es zur Abbruchblutung. Die erneute Einnahme beginnt unabhängig von der Blutung mit dem Wochentag, an dem auch die erste Einnahme begann. Da es im einnahmefreien Intervall zum Heranreifen eines Follikels kommen kann, lässt sich die Sicherheit der Kontrazeption durch Wegfall oder Verkürzung des einnahmefreien Intervalls verbessern. Diese Variante kann auch bei zyklusabhängigen Beschwerden empfohlen werden. Die Einnahme kann sowohl kontinuierlich ohne Pause als auch über drei Monate mit sich daran anschließender siebentägiger Pause erfolgen. Unter kontinuierlicher Einnahme kommt es meistens
zur Atrophie des Endometriums und zur Amenorrhoe. Für die Anwendung im „Langzyklus“ eignen sich lediglich Einstufenpräparate. Verschiebung der Menstruation: Bei Anwendung von Einstufenpräparaten wird die Einnahme ohne Pause bis zur erwünschten Blutung fortgesetzt. Die Vorverlegung der Menstruation kann durch Weglassen der letzten Pillen (maximal sieben) erreicht werden. Die Verschiebung der Menstruation bei Frauen, die keine Ovulationshemmer einnehmen, ist möglich, wenn rechtzeitig in der Lutealphase (ab 21.– 23. Tag) mit der Einnahme eines Einstufenpräparats begonnen wird. Erstverordnung
Grundsätzlich sollten niedrig dosierte Präparate verordnet werden, die Verordnung von höher dosierten Präparaten ist nur bei Zusatzindikationen gerechtfertigt. Vor der Erstverordnung sind Kontraindikationen durch Erhebung einer gründlichen Eigenund Familienanamnese auszuschließen (Tabelle 8.5-8). Laboruntersuchungen und insbesondere Hormonbestimmungen sind nur unter bestimmten Bedingungen gerechtfertigt. Das geeignete Präparat kann durch Hormonbestimmungen nicht ermittelt werden. Unter Einnahme von Ovulationshemmern werden meist niedrige Estradiolspiegel gemessen, da EE mit dem Estradiolassay nicht erfasst wird. Das in den Ovulationshemmern enthaltene EE verhindert jedoch die Entstehung von Östrogenmangelerscheinungen. Untersuchung
Allgemeine Untersuchung: Adipositas? Blutdruck! Lebervergrößerung? Gynäkologische Untersuchung einschl. Mammae, zytologischer Abstrich nach Papanicolaou (PAP). Kontraindikationen
Schädigende Wirkungen der synthetischen Sexualhormone auf eine bestehende Schwangerschaft sind nicht bekannt, dennoch sollte die Pille bei Bekanntwerden einer Schwangerschaft sofort abgesetzt werden. Akute Sehstörungen, flüchtige und anhaltende zerebrale Attacken sowie erstmalige oder ungewohnt heftige
8.5 Störungen der weiblichen Gonaden
Migräneattacken können Prodromi eines Apoplexes sein und sollten ebenfalls zu einemm sofortigen Absetzen der Pille führen. Des Weiteren müssen Hinweise auf eine Venenthrombose und/oder eine Embolie sowie einen Herzinfarkt ernst genommen werden.
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Absolute und relative Kontraindikationen für Ovulationshemmer • Absolute Kontraindikationen – Akute und chronisch progrediente Lebererkrankungen – Störungen der Gallensekretion, intrahepatische Cholestase – Vorausgegangene oder bestehende thrombembolische Erkrankungen – Mikro- oder Makroangiopathien – Hereditäre Thrombophilie, Protein-C-, Protein-S-Mangel, APC-Resistenz, (evtl. Faktor-V-Leiden nachgewiesen), Prothrombinmutation nachgewiesen, Hyperhomozysteinämie ( >15 µmol/l) – Lupus AK und/oder Antiphospholipid-AK nachgewiesen – Vaskulitis – Durchblutungsstörungen – Rekurrierende Migräne mit fokalen neurologischen Symptomen – Diabetes mellitus mit Angiopathien – Hypertriglyzeridämie (bestimmte Formen) – Mammakarzinom – Ungeklärte uterine Blutungen – Hämolytisch-urämisches Syndrom – Herzklappenerkrankungen mit Komplikationen – Schwer einstellbarer Hypertonus • Relative Kontraindikationen – Lebererkrankungen – Gallenblasenerkrankungen – Fettstoffwechselstörungen – Diabetes mellitus – Störungen der Hämostase – Gefäßverletzungen – Herz- und Niereninsuffizienz, Ödeme – Herzoperationen – Angina pectoris – Vorausgegangene oder bestehende Thrombophlebitiden – Nikotinabusus – Hypertonie – Adipositas
641
Laktation Kunststoffprothesen (z. B. Herzklappen) Mastopathie III. Grades Uterusmyome Geplante Operationen mit erhöhtem Thromboserisiko Längerfristige Ruhigstellung Endometriumkarzinom Zervixkarzinom Migräne
Metabolische Effekte
Östrogene in pharmakologischen Dosen steigern die Synthese von Gerinnungsfaktoren. Gestagene haben dagegen keinen signifikanten Effekt auf die Gerinnungsfaktoren. Alle oralen Kontrazeptiva führen unabhängig vom Typ des enthaltenen Gestagens zu einem Anstieg des Risikos für venöse Thrombosen. Das Risiko ist in erster Linie abhängig von der Menge des enthaltenen Östrogens. Das Risiko für Myokardinfarkte wird durch Hypertonus und Nikotinabusus erhöht. Der zusätzliche Einfluss durch OH ist gering. Hämorrhagische Hirninfarkte werden von OH nicht beeinflusst. Das Risiko ischämischer Insulte wird bei Hypertonus und/oder Nikotinabusus bzw. bekannter Migräne durch OH-Einnahme erhöht. Mitte der 90er-Jahre häuften sich Hinweise auf eine erhöhte Rate thrombembolischer Komplikationen nach Anwendung von Ovulationshemmern mit Gestagenen der 3. Generation (Desogestrel, Gestoden; Tabelle 8.5-9). In der Folge kam es zunächst zu Anwendungsbeschränkungen seitens des BfArM. Die Beschränkungen wurden zwischenzeitlich aufgehoben. Eine Arbeit aus dem Jahre 2001 hat die Vermutung einer erhöhten Rate venöser Thrombosen bei Einnahme von Ovulationshemmern mit Gestoden und Desogestrel erneut bestärkt. Nach dieser Metaanalyse liegt die Rate venöser Thrombosen bei Einnahme von
Allgemeine Anamnese
Spezielle gynäkologische Anamnese
Familienanamnese (Angehörige 1. Grades)
Thrombembolien Bluthochdruck Herzerkrankungen Fettstoffwechselstörungen Diabetes mellitus Nikotinabusus Lebererkrankungen Migräne Medikamente
Zyklusanamnese Brustbeschwerden Fluor genitalis Operationen Familienplanung Bisherige Kontrazeption
Thrombembolien Bluthochdruck Herzinfarkt Schlaganfall Diabetes mellitus Fettstoffwechselstörungen
Population
RR
Gesamtpopulation junger Frauen Schwangere Frauen unter Einnahme hoch dosierter Ovulationshemmer Frauen unter Einnahme niedrig dosierter Ovulationshemmer Faktor-V-Leiden heterozygot vorhanden Faktor-V-Leiden heterozygot + Ovulationshemmer Faktor-V-Leiden homozygot
12 6–10 3–4 6–8 30 80
Inzidenz (bezogen auf 100.000 Frauen pro Jahr) 4–5 48–60 24–50 12–20 24–40 120–150 320–400
T be l llee 8.5-8. Tab aab abe 8.5 8.. Eigen- und Familienanamnese vor Ovulationshemmerverordnung
T b e l llee 8.5-9. Tab aab abe 8.5 9.. Risiko und Inzidenz venöser Thrombosen
8
8
642
8 Erkrankungen endokriner Drüsen
Ovulationshemmern mit Desogestrel und Gestoden höher als bei Präparaten, die Levonorgestrel enthalten: Desogestrel vs. Levonorgestrel: Odds ratio 1,9 (Konfidenzintervall 1,5–2,3), Gestoden vs. Levonorgestrel: Odds ratio 1,7 (Konfidenzintervall 1,3–2,2). Da die routinemäßige Untersuchung aller Risikofaktoren nicht möglich ist, muss zumindest eine sorgfältige Eigen- und Familienanamnese erhoben werden. Kontraindiziert sind Ovulationshemmer bei Frauen mit vorausgegangenen idiopathischen venösen Thrombosen und auch dann, wenn enge Verwandte (Eltern oder Geschwister) betroffen sind. Diese Frauen haben eine erhöhte Inzidenz angeborener Gerinnungsdefekte. Patientinnen, bei denen diese Defekte nicht gefunden wurden, können vermutlich Ovulationshemmer einnehmen. Es bleibt jedoch ein Restrisiko, weshalb Alternativen erwogen werden sollten. Varikosis ist nur in sehr exzessiven Fällen ein Risikofaktor. Nach Santamaria et al. (2001) erhöht sich das Risiko für eine venöse Thrombose bei Frauen unter Ovulationshemmereinnahme durch die Prothrombinmutation G20210A auf das Dreifache.
Gestagene blockieren den Androgenrezeptor und vermindern damit die Wirkung von Testosteron und Dehydrotestosteron. Die antiandrogene Wirkungsstärke der verschiedenen Gestagene wird nach dem Hershberger-Test wie folgt angegeben: Cyproteronacetat 100%, Dienogest 40%, Drospirenon 30%, Chlormadinonacetat 20%. KH-Stoffwechsel Ovulationshemmer erhöhen die periphere
Insulinresistenz. Die meisten Frauen gleichen dies durch eine erhöhte Insulinsekretion aus, und es findet sich kein signifikanter Unterschied im oGTT, wenngleich die Einstundenwerte leicht erhöht sind. Die Insulinresistenz wird in erster Linie durch die Gestagenkomponente beeinflusst. Ein zusätzlicher Östrogeneffekt kann jedoch auf den Lipidmetabolismus, die Leberenzyme und durch eine Erhöhung des freien Kortisols auftreten. Bei niedrig dosierten Ovulationshemmern sind die Effekte jedoch so minimal, dass sie keine klinische Relevanz haben. Bei Verordnung von niedrig dosierten Ovulationshemmern ist auch kein Effekt auf den Insulinbedarf von Diabetikerinnen zu erwarten. Allerdings wird das Risiko für das Auftreten thrombembolischer Komplikationen minimal erhöht. Eine Steigerung des RisiTherapeutische Anwendung Blutungsstörungen Menorrhagien können durch Einnahme kos von Retinopathien und Nephropathien war nicht nachvon Ovulationshemmern günstig beeinflusst werden. Im Mittel zuweisen. wird eine Reduktion des Blutverlustes um 50% erreicht. Leber Von allen extragenitalen Organen wird die Leber durch Dysmenorrhoe Ovulationshemmer führen bei primärer Dys- Einnahme von Ovulationshemmern am meisten betroffen. Dennoch ergab sich in der Royal College of General Practitioners’ menorrhoe zu einer deutlichen Reduktion der Beschwerden. Ovulationshemmer Studie und der Oxford-Family Planning Endometriose Eine Abnahme der Beschwerden wird auch bei Association Contraceptive Study für Verwenderinnen von Ovulaeiner durch Endometriose verursachten sekundären Dysmenor- tionshemmern kein Anhalt für ein erhöhtes Risiko von schweren rhoe erreicht. Empfehlenswert ist bei diesen Indikationen die Lebererkrankungen. Die einzigen absoluten Kontraindikationen für die Einnahkontinuierliche Einnahme bzw. der Dreimonatszyklus. me von Ovulationshemmern sind akute oder chronische choFunktionelle Ovarialzysten Unter Ovulationshemmereinnahme lestatische Lebererkrankungen. Zirrhose und vorausgegangene kommt es selten zu funktionellen Ovarialzysten. Zur Differen- Hepatitis werden nicht beeinflusst. Nach Ausheilung einer akuzierung funktioneller von nichtfunktionellen Zysten sind höher ten Lebererkrankung können Ovulationshemmer verordnet dosierte Einstufenpräparate mit 50 µg EE geeignet. Wenn es werden. In den ersten Jahren der Ovulationshemmereinnahme unter Einnahme dieser Präparate zum Rückgang der Zysten kann es zur Zunahme von Gallensteinen kommen. Allerdings beruht diese Zunahme vermutlich darauf, dass bereits vorbestekommt, kann eine operative Intervention vermieden werden. hende Erkrankungen durch Ovulationshemmer schneller maniBenigne Brusterkrankungen Diese werden durch Ovulations- fest werden. Leberadenome und fokal noduläre Hyperplasie (FNH) könhemmer günstig beeinflusst. nen sowohl durch Östrogene als auch durch Androgene verHyperandrogenämie Nach Ausschluss tumorverdächtiger An- ursacht werden. Das Problem besteht in der möglichen Bludrogenspiegel eignen sich Ovulationshemmer zur Therapie der tungsgefahr. Das Risiko für das Auftreten derartiger Läsionen Hyperandrogenämie und hyperandrogenämisch bedingter Er- hängt offenbar von der Dauer und der Menge der verabreichten krankungen (Hirsutismus, Akne, Seborrhoe). Ovulationshem- Östrogene ab. Die gelegentlich vermutete Beziehung zwischen der Einmer wirken antiandrogen durch Suppression der Gonadotropine und durch direkte Hemmung der Steroidproduktion in den Ova- nahme von Ovulationshemmern und einer Erhöhung des Risirien und der NNR. Zusätzlich bewirkt EE einen Anstieg des SHBG kos für Leberkarzinome ist nicht bewiesen. und senkt damit das freie Testosteron. Antiandrogen wirksame
8.5 Störungen der weiblichen Gonaden
Andere metabolische Effekte Übelkeit, Brustbeschwerden und Gewichtszunahme gehören zu den unerwünschten Wirkungen. Diese Effekte sind normalerweise in den ersten Einnahmemonaten besonders ausgeprägt und dann rückläufig. Das Auftreten eines Chloasmas ist bei niedrig dosierten Präparaten deutlich seltener geworden. Gelegentlich kommt es unter Ovulationshemmern zum Auftreten von Depressionen und zu Libidoverlust. In diesen Fällen dürfte allein das Absetzen des Präparats zu einer Besserung führen. Krebsrisiko Ovulationshemmer schützen vor einem Endometriumkarzinom. Eine mindestens 12-monatige Anwendung reduziert das Risiko um 50%. Der höchste Effekt wird bei einer Anwendung von über 3 Jahren erreicht. Dieser Effekt persistiert über 20 oder mehr Jahre nach Absetzen des Präparats. Verwenderinnen von Ovulationshemmern haben gegenüber Nichtverwenderinnen ein um 40 % erniedrigtes Risiko für das Auftreten eines Ovarialkarzinoms. Der Effekt nimmt mit Dauer der Einnahme zu und persistiert mindestens 10–15 Jahre nach Absetzen. Unter Einnahme von Ovulationshemmer über mehr als ein Jahr steigt allerdings bei HPV-positiven Frauen das Risiko für Dysplasien und ein Carcinoma in situ der Cervix uteri. Die Inzidenz für ein Zervixkarzinom steigt mit einer Einnahmedauer von mehr als fünf Jahren und führt zu einer Verdoppelung nach 10 Jahren. Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen sind daher angezeigt. Angesichts der hohen Prävalenz von Brustkrebs ist für die Anwenderinnen von Ovulationshemmer eine mögliche Erhöhung des Risikos von großer Bedeutung. Nach einer aktuellen Studie an 4575 Frauen mit Brustkrebs und 4682 Kontrollpatientinnen erhöhen Ovulationshemmer entgegen früheren Vermutungen offenbar nicht das Brustkrebsrisiko. Eine kürzlich veröffentlichte Studie zur Mortalität bei Verwenderinnen von Ovulationshemmer beruht auf einer Reanalyse der RCGP-Studie nach einer Beobachtungszeit von 25 Jahren. In der Gruppe der Patientinnen die Ovulationshemmer einnahmen oder innerhalb der letzten 10 Jahre eingenommen hatten fand sich gegenüber der Gruppe der „never user“ eine Risikoreduktion für das Ovarialkarzinom (RR 0,2; CI 0,1–0,7), aber eine leichte Risikozunahme für das Zervixkarzinom (RR 2,5, CI 1,1–6,1) und für zerebrovaskuläre Erkrankungen (RR 1,9, CI 1,2–3,1). Für Mammakarzinome fand sich auch in dieser Studie keine Veränderung (RR 1,2, CI 0,8 - 1,7). Das Mortalitätsrisiko war (unabhängig von der Todesursache) 10 Jahre nach Absetzen der Pille nicht mehr erhöht.
643
des Endometriums und der Tubenmukosa. Häufig kommt es, v. a. bei Desogestrel, aber auch zusätzlich zu einer Ovulationshemmung. Da die Wirkung nur 24 h anhält, ist die regelmäßige Einnahme besonders wichtig. Abweichungen der täglichen Einnahme dürfen 3 h nicht überschreiten. Der Pearl-Index ist höher als bei den Kombinationspräparaten (s. Tabelle 8.5-6). Indiziert ist die Minipille für Frauen, bei denen Kontraindikationen gegen Äthinylestradiol bestehen. Besonders empfehlenswert ist die Verwendung bei stillenden Frauen sowie bei Frauen jenseits des 40. Lebensjahres, da in diesen Fällen die Konzeptionswahrscheinlichkeit ohnehin herabgesetzt ist. Da es häufig unter der Minipille zum Anstieg des endogenen Östrogenspiegels kommt, ist die Verwendung bei Frauen mit Endometriose, Uterus myomatosus oder einer Mastopathie nicht zu empfehlen. Der Hauptgrund für die seltene Verwendung der Minipille ist die schlechte Zykluskontrolle. Bei etwa der Hälfte der Anwenderinnen kommt es zu Schmier- und Durchbruchsblutungen, bei etwa 20% zu längerfristigen Amenorrhoen. Zusätzliche Probleme können funktionelle Ovarialzysten und Mastodynien sein. Gestagenimplantat
Vergleichbar mit der Minipille ist das subdermale Gestagenimplantat (Implanon). Das Präparat wird als Stäbchen subdermal am Oberarm implantiert und setzt das Gestagen Etonogestrel (Desogestrelderivat) über einen Zeitraum von drei Jahren kontinuierlich frei. Anschließend muss das Präparat entfernt und ggf. neu eingelegt werden. Die Wirkungen und Nebenwirkungen entsprechen weitgehend der Minipille. Allerdings ist die kontrazeptive Sicherheit wesentlich besser, da Anwendungsfehler nicht vorkommen. Der Pearl-Index wird zurzeit mit 0 angegeben. Vor Einsetzen des Implantats wird empfohlen, die Verträglichkeit durch zwei- bis dreimonatige Einnahme der Minipille Cerazette zu prüfen. Dreimonatsspritze
Depotgestagene stehen in Form von Depot-Medroxyprogesteronacetat (Depot-Clinovir) und Norethisteronenanthat (Noristerat) zur Verfügung. Die Präparate werden im Abstand von drei Monaten intramuskulär injiziert, bei Norethisteronenanthat müssen die ersten 4 Injektionen im Abstand von jeweils 8 Wochen gegeben werden. Depotgestagene hemmen die Follikelreifung und die Ovulation. Bei abnehmenden Serumspiegeln wird die Konzeption durch die der Minipille vergleichbare Gestagenwirkung auf den Zervixschleim, das Endometrium und die Tubenmukosa verhindert. Während es zunächst zu Zwischenblutungen kommen Minipille Die Minipille ist ein kontinuierlich in niedriger Dosis einzuneh- kann, ist bei längerer Anwendung mit dem Auftreten einer Amemendes Gestagenpräparat. Zur Anwendung kommen folgende norrhoe zu rechnen. Die Amenorrhoe kann auch nach Absetzen Gestagene: Levonorgestrel und Desogestrel. Im Gegensatz zu des Präparats relativ lange anhalten. Im Mittel dauert es nach Ovulationshemmern wirkt die Minipille in erster Linie durch Absetzen der Kontrazeption neun Monate bis zum Eintritt einer Beeinträchtigung des Zervixschleims und eine dadurch einge- Schwangerschaft. Unerwünschte Wirkungen sind insbesondere schränkte Aszension der Spermien sowie durch Veränderung eine Verminderung der Knochendichte, Zunahme des Körper-
8
8
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8 Erkrankungen endokriner Drüsen
gewichts, Übelkeit, Mastodynie sowie Depressionen. Bei disponierten Frauen kann es zur Zunahme von Akne kommen. Als Kontraindikationen gelten ein erhöhtes Risiko für Arteriosklerose und anderer arterieller Erkrankungen, schwer einstellbarer Hypertonus, akute Hepatitis, Lebertumoren, Leberzirrhose und chronische systemische Erkrankungen. Gestagenhaltiges IUP
In Deutschland ist ein levonorgestrelhaltiges IUP verfügbar (Mirena). Täglich werden zunächst 20 µg, nach längerer Liegezeit 15 µg Levonorgestrel freigesetzt. Die lokale Gestagenwirkung führt zu einer Atrophie des Endometriums, hinzu kommen die bereits für die Minipille erwähnten Gestagenwirkungen. Kontraindikationen und Risiken gelten wie für andere IUP-Systeme. Die gestagenbedingten Nebenwirkungen sind wegen der niedrigen Serumkonzentration gering. Problematisch kann das Auftreten unregelmäßiger Blutungen sein. Durch die Atrophie des Endometriums nimmt die Blutungsstärke jedoch deutlich ab. Die wichtigste Indikation ist daher die Reduktion des Blutverlustes bei Menorrhagie, vor allem bei Frauen jenseits 35 Jahren. Postkoitale Kontrazeption
Zur postkoitalen Kontrazeption stehen in Deutschland zwei Präparate zur Verfügung (Duofem und Levogynon). Bei beiden Präparaten werden 750 µg Levonorgestrel zweimalig im Abstand von 12 h verabreicht, die erste Einnahme muss bis zu 72 h nach dem ungeschützten Verkehr erfolgen. Mögliche Wirkmechanismen sind die Störung der Follikelreifung, der Ovulation, der Spermien- und Eizellwanderung sowie der Implantation. Da es zur Hemmung oder Verschiebung der Ovulation kommen kann, sollte ein späterer ungeschützter Verkehr im gleichen Zyklus vermieden werden. In einer WHO-Studie wurden nach postkoitaler Kontrazeption 11 von 976 Frauen (1,1%) schwanger, die Rate „verhinderter“ Schwangerschaften betrug 85%. Als Nebenwirkungen werden Übelkeit (23%) und Erbrechen (6%) angegeben. Die Effektivität der „Pille danach“ korreliert mit dem nach dem ungeschützten Verkehr vergangenen Zeitraum. Sie beträgt 0,5% in der ersten und 4,1% in der fünften 12-h-Periode. 8.5.7
Peri- und Postmenopause
Einleitung
Der Zeitpunkt des Sistierens der Zyklusaktivität, genauer gesagt der Zeitpunkt der letzten Menstruationsblutung, ist die Menopause. Sie tritt im Bevölkerungsdurchschnitt um das 52. Lebensjahr ein, wird hervorgerufen durch Erschöpfung an reifungsfähigen Primärfollikeln des Ovars und bewirkt dadurch Sistieren der Östrogenproduktion. Über Jahrzehnte ist die internationale wissenschaftliche und ärztliche Öffentlichkeit davon ausgegangen, dass eine Substitution der fehlenden Estrogene in Kombination mit Gestagenen
nur positive Effekte auf den weiblichen Organismus ausübt. Deshalb wurde die Gabe derartiger Präparate auch als Hormonsubstitutionstherapie (oder engl. „hormone replacement therapy“, HRT) genannt. Auf Grund später besprochener adverser Effekte einer derartigen Therapie geht man heute dazu über, von Hormontherapie (HT) zu sprechen. Dieser Terminus wird im Folgenden verwendet. Viele Wirkungen von Östrogenen sind erklärbar durch Stimulation diverser Wachstumsfaktoren, die alle proliferative Eigenschaften aufweisen. Dadurch kommt es zur Vermehrung von Zellen in Knochen, Schleimhäuten und kutanen Strukturen mit der Folge vermehrter Produktion von extrazellulärer Matrix, die im Knochen zur Kalzifizierung notwendig sind, in Haut und Schleimhäuten deren Funktion normalisiert und insbesondere für hohen Gewebeturgor sorgt. Eine weitere globale Funktion von Östrogenen scheint die Hemmung zytokinmediierter Prozesse zu sein, die häufig den Wachstumsfaktorwirkungen entgegengesetzt sind. Vereinfacht kann man deshalb sagen, dass Östrogenmangel zum Abbau von Proteinmatrizes in zahlreichen Geweben führt. Nicht nur Strukturen, die für die Reproduktion wichtig sind, sind östrogenrezeptiv, sondern in fast jedem Organ des Körpers gibt es östrogenrezeptive Zellen. Unsere Kenntnisse über Östrogenrezeptoren sind in den letzten Jahren durch die Entdeckung eines zweiten Östrogenrezeptors wesentlich erweitert worden. Der alte, schon lange bekannte Östrogenrezeptor (ER) ist nunmehr der ERα, der neue, jüngst klonierte Östrogenrezeptor ist der ERβ. Von beiden Rezeptortypen sind zahlreiche Splicevarianten bekannt. Beide Rezeptortypen können in den gleichen Zellen vorkommen und so nach der Dimerisierung zu einer Unzahl von unterschiedlich stark wirksamen Transkriptionsfaktoren führen. Lange Zeit konnte nicht erklärt werden, wie klinisch wichtige Substanzen, wie Clomifen, Tamoxifen und Raloxifen, in einigen Organen östrogenagonistisch, in anderen dagegen -antagonistisch wirken. Die neuen Erkenntnisse über die Östrogenrezeptorphysiologie lassen uns nunmehr auch verstehen, warum es Östrogene mit unterschiedlicher Wirkstärke und einem recht hohen Maß an Organselektivität gibt. Aus dieser Kenntnis heraus hat die pharmazeutische Industrie Substanzen entwickelt, die nicht am Endometrium und Mammagewebe, wohl aber am Knochen, in Gefäßsystemen und im Fettmetabolismus wie Estradiol-17β wirken. Diese Substanzen werden heute als selektive Östrogenrezeptormodulatoren (SERMs) apostrophiert. Das Raloxifen und das lange bekannt Tamoxifen sind Vertreter derartiger SERMs. In der Zwischenzeit konnte auch gezeigt werden, dass einige Pflanzenextrakte Phytoöstrogene mit SERM-Wirkungen enthalten. Die häufigsten klimakterischen und postmenopausalen Beschwerden und ihr altersmäßiges Auftreten sind in Abb. 8.5-3 gezeigt.
8.5 Störungen der weiblichen Gonaden
5 33.. Altersmäßiges A b b. 88.5-3. 8.5 Ab Auftreten klimakterischer und postmenopausaler Beschwerden
Menopause 45
50
55
60
65
70
645
75
klimakterische Beschwerden Atrophie der Scheidenwand Atrophie der Haut Miktionsbeschwerden Osteoporose Arteriosklerose M. Alzheimer
lation der Progesteronmangel dafür verantwortlich, dass viele dieser Frauen östrogendominante Erscheinungen, wie Mastodynien, entwickeln. Wenn lediglich dieses Symptom in Vordergrund steht, sollten die Frauen zunächst nur mit Gestagenen behandelt werden. Diese lindern häufig auch die anderen vegetativen Symptome, wie „hot flushes“ und Herzjagen. Bei ausgeprägter klimakterischer Symptomatik sollten, obwohl die Östrogenspiegel bei normaler Follikelreifung normal sind, noch zusätzlich Östrogene in Kombination mit Gestagenen gegeben werden (Therapieschemata s. unten). „Hot flushes“ und damit Die wichtigsten klimakterischen Symptome verbundenes anfallsweises Herzjagen sind Zeichen der Über• Hitzewallung („hot flushes“) mit Schweißausbrüchen • Herzbeschwerden (Tachykardie) aktivität des hypothalamischen GnRH-Pulsgenerators. In Folge • Schlafstörungen (Ein- und Durchschlafstörungen) eines relativen oder absoluten Östrogenmangels wird in dem • Stimmungstiefs (Traurigkeit, Mut- und Antriebslosigkeit) • Aggressivität, Nervosität, innere Anspannung Versuch, die nicht mehr funktionsfähigen Ovarien zu vermehr• Erschöpfbarkeit (geistig und körperlich), Vergesslichkeit, Konter Östrogenproduktion zu stimulieren, vermehrt GnRH in Pulzentrationsschwäche • Reduzierte Libido sen ausgeschüttet. Die an der Überaktivität des GnRH-Pulsgene• Miktionsbeschwerden (häufiger Harndrang, unkontrollierter rators beteiligten Neurotransmitter bewirken in benachbarten Harnabgang) • Trockenheit der Scheide Temperatur- und Herz/Kreislauf-regulierenden hypothalami• Rheumaähnliche Beschwerden schen Nervenzellen eine Weiterstellung der Hautgefäße und Tachykardien („hot flush“ und anfallsweises Herzjagen). In der Die subjektiv am störendsten empfundenen Beschwerden sind Tat konnte gezeigt werden, dass in unmittelbarer zeitlicher Assodie aufsteigenden Hitzewallungen („hot flushes“), die mit Herz- ziation mit einer aufsteigenden Hitzewallung die Serum-LHjagen verbunden sind. Da die betroffenen Frauen häufig noch Spiegel ansteigen. Diese Zusammenhänge sind in den Abb. 8.5-4 normal hohe Östrogenspiegel haben, ist bei ausbleibender Ovu- und 8.5-5 dargestellt. Klimakterische Beschwerden
Schon ein bis zwei Jahre vor der Menopause treten bei vielen Frauen Zyklusunregelmäßigkeiten auf: Die Zyklen werden anovulatorisch, die noch reifungsfähigen Follikel produzieren normale Mengen von Östrogenen, sodass in dieser Phase noch kein absoluter Östrogenmangel herrscht. Dennoch können diese Frauen schon heftige klimakterische Beschwerden entwickeln.
LH (ng/ml)
Haut Temperatur ( C)
500
32
400
30
300
28 LH
200
26 Temp.
100
24
0
22 Uhrzeit
A b b. 88.5-4. 5 44.. Flushing (gemessen Ab 8.5 an Fingertemperatur) und LH-Spiegel (nach Tartaryn et al. 1979). Pfeile indizieren subjektiv empfundene hot flushes
8
8 Erkrankungen endokriner Drüsen Verhalten Emotionen
Verhalten Emotionen
Hypothalamischer GnRH-Puls Generator
Hypothalamischer GnRH-Puls Generator
Temperatur Kadiovaskuläres System Hypophysenvorderlappen FSH LH
Ovar
Progesteron
Hypophysenvorderlappen FSH LH
Progesteron
Östradiol
646
Östradiol
8
Ovar
A b b. 88.5-5. 5 55.. Die GnRH-Pulsamplituden bei der geschlechtsreifen Frau au werden w durch niedrige Östradiol8.5 und Progesteronspiegel niedrig gehalten. Diese negative i Feedbackwirkung kun wird sowohl im Hypothalamus als auch in der Hypophyse ausgeübt. Nach Erlöschen der Ovartätigkeit eit in der Postmenopause „denkt“ der hypothalamische Pulsgenerator, er müsse durch höhere GnRH-Pulsamplituden sam mehr LH und FSH aus der Hypophyse stimulieren, um die Ovartätigkeit wieder in Gang zu b bringen. Diese kann jedoch nicht mehr in Gang gebracht werden, sodass es zum postmenopausalen n An Anstieg der LH- und FSH-Spiegel kommt. Die an der Stimulation des GnRH-Pulsgenerators beteiligten n Neurotransmittoren Ne bewirken nunmehr in benachbarten Temperatur- und Herz/Kreislauf-regulierenden den Nervenzellen ebenfalls pulsatile Aktivierung, sodass die in Abb. 8.5-5 dargestellten LH-Pulse in der Regel Reg mit der Hauttemperatur und anfallsweisem Herzjagen korrelieren
Neben vegetativen Beschwerden entwickeln prä- und postmenopausale Frauen auch häufig psychische Auffälligkeiten. Neben Depressionen können ähnliche Symptome auftreten, wie bei der prämenstruellen Symptomatik, sodass auch hier ein relativer Serotoninmangel im ZNS postuliert wird. Sehr oft bessert sich der Zustand der Patientinnen jedoch auch unter normaler Hormonsubstitutionstherapie (s. 8.5.6, Therapiestrategien).
Osteoporose
Die wichtigsten prädisponierenden Faktoren für die Entstehung einer Östrogenmangelosteoporose sind in Tabelle 8.5-10 zusammengefasst. In den letzten 20 Jahren ist in zahlreichen gut kontrollierten Studien belegt worden, dass ein länger andauernder Östrogenmangel osteoporosefördernd wirkt. Der Knochen unterliegt einem ständigen Umbau: Osteoklasten bewirken den Abbau der Eiweißmatrix des Knochens und fördern damit die EntmineUrogenitale Symptome Die augenfälligsten Östrogenmangelerkrankungen manifestie- ralisierung, während Osteoblasten der osteoklastären Wirkung ren sich in der Vagina. Das Vaginalepithel wird abgebaut, es permanent, sozusagen reparierend hinterherarbeiten. Unter lagert kein Glykogen mehr ein, dadurch fehlt das Substrat für Östrogenmangel erhöht sich die Aktivität beider Zelltypen. Bei die Döderlein-Milchsäurebakterien. Das vaginale Milieu wird etwa 30% aller postmenopausalen Frauen ist die Aktivität der nicht mehr sauer, sondern neutral, sodass sich pathogene Keime Osteoklasten stärker erhöht als die der Osteoblasten, sodass ein ausbreiten können. Schleimproduzierende Epithelien werden erhöhter Knochenumsatz mit stärkerer osteoklastärer Kompounter Östrogenmangel ebenfalls abgebaut; die Vagina wird tro- nente und somit Entmineralisierung resultiert. Als Folge des ercken, sodass Kohabitation schmerzhaft wird. Weniger augen- höhten Knochenumsatzes sind im Serum und im Urin sowohl fällig, dafür jedoch pathophysiologisch ebenso wichtig wie die aus erhöhter Osteoklastentätigkeit resultierenden AbbauproVeränderungen der Vagina, sind die atrophischen Veränderun- dukte (diverse Kollagenabbauprodukte, tartratresistente saure gen in der Urethra. Bei der geschlechtsreifen Frau hat die hoch- Phosphatase, Hydroxyprolin), aber auch die Marker für Osteoaufgebaute Schleimhaut der Urethra wichtige Filterfunk- blastentätigkeit (knochenspezifische alkalische Phosphatase, tionen gegen Keimaszensionen. Unter einem Östrogenmangel Osteocalcin) erhöht. Initial vom Östrogenmangel betroffen sind die trabekulären wird die Schleimhaut abgebaut, Aszension von Keimen wird erleichtert, mit der Folge sich häufender Zystitiden und Pyelo- Bestandteile des Knochens und damit in erster Linie die Metaphysen der Röhrenknochen und die Wirbelkörper. Pathologinephritiden. Der parametrale Aufhängeapparat des Uterus und der Harn- scher Knochenabbau mit stark erhöhtem Knochen-Turnover blase besteht aus bindegewebigen, zum Teil muskulären Ele- tritt bei ca. 25–30% aller Frauen innerhalb von 10–15 Jahren menten, die ebenfalls östrogenrezeptiv sind. Östrogenmangel nach Eintritt der Menopause auf, wobei zahlreiche Faktoren eine Rolle spielen (s. Übersicht S. 645). fördert somit einen Descensus uteri et vaginae.
8.5 Störungen der weiblichen Gonaden Ursachen
Erklärung
Genetisch Nutritiv
Familiäre Häufung Geringe „bone peak mass“ durch geringen juvenilen Knochenaufbau, Ca++ und/oder Vitamin-D-Mangel Fettgewebe produziert Östrogene Involutionsosteoporose
Schlankheit Geringe körperliche Belastung
Weitere wichtige Faktoren für die Entwicklung einer Osteoporose sind ein Kalzium- (Ca++) und Vitamin-D-Mangel. Viele Frauen stellen zur Zeit des Klimakteriums ihre Ernährungsgewohnheiten um, da sie Angst vor Gewichtszunahme haben. Eine Mindesteinnahme von 1000 mg Ca++ und 400–600 E Vitamin D sind für den Erhalt gesunder Knochenstrukturen notwendig.
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T be l llee 8.5-10. 8.5 10.. Ursachen für aab abe Tab postmenopausale östrogenmangelbedingte Manifestation von Osteoporose
positiver bzw. adverser Effekte einer Therapie mit Hormonen geführt. Arteriosklerose und Herzinfarkt
Epidemiologische Studien haben gezeigt, dass geschlechtsreife Frauen signifikant seltener kardiovaskuläre Erkrankungen entwickeln als gleichaltrige Männer. Erst nach der Menopause entwickeln Frauen beschleunigt Arteriosklerose und damit Herzinfarkte. Ein protektiver Effekt von Östrogenen auf die EntErgebnisse neuerer Studien: Die WHI-Studie wicklung von Arteriosklerose und Herzinfarkten wurde bei Frauund die Million Women Study Das National Heart, Lung and Blood Institute (NHLBI) des Na- en diskutiert und ist tierexperimentell belegt. Wie beide Arme tional Institutes of Health (NIH) hat den Östrogen-/Gestagen- der WHI-Studie zeigen, wird eine schon vorbestehende Arterioarm (0,625 mg konjugierte Östrogene plus 2,5 mg Medroxy- sklerose aber offenbar nicht verbessert, sondern führt in den progesterone-Acetat) der Women’s Health Initiative-Studie zur ersten Jahren der HT sogar zu erhöhtem Herzinfarktrisiko. Abschätzung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses dieser kombinier- Die Mechanismen, wie Östrogene kardiovaskuläre Erkrankunten Östrogen/Gestagentherapie in postmenopausalen Frauen gen reduzieren sollen, sind vielfältig und beinhalten direkte abgebrochen. Die Gruppe der Östrogen/Gestagentherapie um- Effekte auf Kardiomyozyten, Muskel- und Endothelzellen der fasste mehr als 16.600 Frauen und war für die Dauer von 8 Jah- Gefäße sowie einen günstigen Einfluss auf den Cholesterinsren angelegt. Anlässlich einer Zwischenauswertung wurde im toffwechsel. Mai 2002, also nach 5,2 Jahren, beschlossen, die Studie abzubrechen, da sich abzeichnete, dass die Risiken für die Frauen Senile Demenz höher sind als der Nutzen (s. Übersicht). Die Mehrzahl der senilen Demenzen ist auf die neurodegenerative ZNS-Erkrankung im Sinne des Morbus Alzheimer zurückzuführen. Einen nicht unwesentlichen Anteil (ca. 10–15%) an Nutzen und Risiken der Östrogen/Gestagentherapie der Entwicklung seniler Demenz hat allerdings auch die Ent• Nutzen – 37% Reduktion von kolorektalen Karzinomen wicklung von Arteriosklerose in zerebralen Arterien, die zur – 33% Reduktion Hüftgelenksfrakturen Entwicklung einer Multiinfarktdemenz führen können. – 24% Reduktion aller Frakturen • Risiken Epidemiologische Studien schienen in der Vergangenheit zu – 41% Mehr Schlaganfälle belegen, dass die Entstehung des Morbus Alzheimer durch HT – 29% Mehr Herzinfarkte – 100% Mehr thrombembolische Ereignisse verzögert und seine Progression verlangsamt werden kann. Die – 22% Mehr kardiovaskuläre Erkrankungen Auswertung der WHI-Studie hat allerdings eher eine Beschleuni– 26% Mehr Brustkrebs gung der Progression von Morbus Alzheimer unter der Hormontherapie gezeigt. Für die Veränderung einer Multiinfarktdemenz In dieser Studie war auch ein reiner Östrogenarm verankert, der durch arteriosklerotische Hirnveränderungen gilt sinngemäß im Frühjahr 2004 ebenfalls vorzeitig abgebrochen wurde. In das oben Gesagte (s. Arteriosklerose). diesem Teil der Studie war nicht, wie im Östrogen-Gestagen-Arm dieser Untersuchungen, die Zahl der Mammakarzinome erhöht, Therapie sondern die kardiovaskulären Inzidenzen (Herzinfarkte, Schlag- Lange Zeit (besonders in den USA) ist eine Hormonsubstianfälle) waren der Grund für den Abbruch. Die Erhöhung des tutionstherapie nur mit Estradiol-17β-Estern betrieben worden. Mammakarzinomrisikos scheint also nicht auf Östrogene, son- Das führte zu starker Proliferation des Endometriums mit dern auf die Kombination von Estrogenen mit Gestagenen zu- der Folge einer endometrialen Hyperplasie und gehäufter rückzuführen sein. Diese beiden Arme der WHI-Studie sowie die Entwicklung von Endometriumkarzinomen. Erst die Kombibritische Million Women Study, die ein erhöhtes Mammakarzi- nation von Östrogenen mit Gestagenen in sequenzieller oder nomrisiko unter verschiedenen HT-Präparaten zeitigte, hat kontinuierlicher Form hat diese Gefahr derart vermindert, zu grundlegenden Änderungen unseres Denkens bezüglich dass unter kontinuierlicher, kombinierter Östrogen-/Gestagen-
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8
648
8 Erkrankungen endokriner Drüsen
T b e l llee 8.5-11. 8.5 11.. Therapie klimakterischer Beschwerden und postaab abe Tab menopausaler Östrogenmangelerkrankungen
Östrogen (Tagesdosen)
Gestagen (Tagesdosen)
1–2 mg Estradiolvalerat (oral)
Progesteronderivate Cyproteronacetat (oral) Medrogeston (oral) Medroxyprogesteronacetat (oral) Chlormadinonacetat oral) Dydrogesteron (oral) Nortestosteronderivate Levonorgestrel (oral) Norethisteronacetat (oral, transdermal) Norgestrel (oral)
50 µg Estradiol (transdermal) 0,625 mg konjugierte Östrogene (oral)
Estriol zur lokalen vaginalen Östrogentherapie, nicht systemisch wirksam. 2,5 mg Tibolon (oral) wird in vivo zu Östrogenen, Gestagenen und Androgenen metabolisiert 60 mg Raloxifen (oral) ist ein selektiver Östrogen-RezeptorModulator (SERM) ohne uterine Wirkung, mit antiöstrogener Wirkung an der Mamma und im Hypothalamus, aber mit östrogener Wirkung am Knochen und im Lipidstoffwechsel.
therapie Endometriumkarzinome seltener entstehen als bei nicht HT-betreibenden postmenopausalen Frauen. Die gefürchtetste Nebenwirkung einer lang andauernden Hormonsubstitutionstherapie ist die Entwicklung von Mammakarzinomen. Nationale und internationale Fachgesellschaften haben deshalb die Empfehlung herausgegeben, dass eine HT nur zur Therapie klimakterischer Beschwerden, so kurz wie möglich, in jedem Falle nicht länger als 2–3 Jahre, erfolgen sollte. Diese HT sollte von Auslassversuchen begleitet werden, um zu testen, ob die klimakterischen Beschwerden noch auftreten. Die Tabelle 8.5-11 zeigt die derzeit gebräuchlichen Therapiestrategien, wobei angemerkt werden soll, dass die orale und die transdermale HT den größten Stellenwert einnimmt. Durch die transdermale Applikation von Estradiol und Gestagen wird die erste enterohepatische Passage verhindert, bei der bis zu 50% der wirksamen Östrogene zu unwirksamen Metaboliten umgewandelt werden. Auch wird bei transdermaler Applikation die hepatische Eiweißsynthese weniger stark stimuliert, sodass das hypertoniefördernde Angiotensinogen sowie die thrombosefördernden Gerinnungsfaktoren weniger stark stimuliert werden. Dafür wird bei der transdermalen Therapie jedoch auch die „sex hormone-binding-globulin“-(SHBG-)Synthese kaum stimuliert, sodass die ungebunden zirkulierende Androgenfraktion größer und damit stärker wirksam wird als unter einer oralen HT. Derzeit wird postuliert, dass frei zirkulierende Estradiolspiegel von 50 pg/ml ausreichen, um osteo- und kardioprotektiv zu wirken. Derartige Estradiolspiegel misst man bei übergewichtigen Frauen häufig physiologischerweise. Das ist der Grund, warum übergewichtige Frauen relativ gut gegen Osteoporose geschützt sind, allerdings entwickeln sie auch häufiger Endometriumkarzinome, da ihre hohen Östrogenspiegel chronisch und nicht gestagenantagonisiert im Uterus wirksam werden.
Zur Reduktion der Entstehung eines Endometriumkarzinoms muss jede Östrogentherapie entweder intermittierend oder kontinuierlich mit Gestagenen kombiniert werden. Zur intermittierenden Therapie sind zahlreiche Gestagene in unterschiedlicher Dosierung auf dem Markt (die wichtigsten Gestagene sind in Tabelle 8.5-11 aufgeführt). Für die kontinuierliche Kombinationstherapie sind derzeit nur Medroxyprogesteronacetat, Norethisteronacetat und Dienogest zugelassen. Diese Therapieform scheint die Entwicklung eines Endometriumkarzinoms am deutlichsten zu verhindern (s. Empfehlungen der Deutschen Menopause Gesellschaft). In jüngster Zeit und in erster Linie durch Beschreibung eines zweiten Östrogenrezeptortyps, der kaum im Uterus und in der Leber, wohl aber im Knochen, im Herz-Kreislauf- und im Zentralnervensystem exprimiert ist, hat in der pharmazeutischen Industrie die Suche nach organselektiven Östrogenen eingesetzt. Diese sog. selektiven Östrogenrezeptormodulatoren (SERM) wirken nicht im Uterus, haben aber eine Knochen- und Herz-Kreislauf-, möglicherweise auch eine ZNS-protektive Wirkung. Das lange bekannte Tamoxifen gehört zu dieser Gruppe der SERMs, ebenso das lange bekannte, jetzt erst klinisch eingeführte Raloxifen. Auch Bestandteile equiner konjugierter Östrogene scheinen ein gewisses Maß von Organselektivität auszuüben, allerdings wirken die konjugierten Östrogene in ihrer Gesamtheit auch stark uterotrop und müssen daher immer in Kombination mit Gestagen verabfolgt werden. Ebenfalls in den Blickpunkt des Interesses getreten sind östrogenwirkende Substanzen pflanzlichen Ursprungs. Die bekanntesten stammen aus Soja bzw. Süßklee. Ausführliche klinische Studien zu ihrer SERM-Wirkung stehen derzeit noch aus. Jedoch mehren sich in der Literatur die Hinweise, dass sie zumindest am Mammagewebe eher antikarzinogen als karzinogen wirken. In höherer Dosierung scheint Genistein (das bekannteste Isoflavon aus Soja und Süßklee) uterotrop zu wirken, sodass die maligne Entartung des Endometriums unter Sojaoder Süßkleeprodukteinfluss nicht auszuschließen ist. Die im deutschsprachigen Raum Verwendung findenden Extrakte aus dem Wanzenkraut (Cimicifuga racemosa), die als Ersatz zur östrogenhaltigen HT angeboten werden, sind hinsichtlich ihrer Wirkungen am Knochen, am Herz-Kreislauf- und am Zentralnervensystem alle ungeprüft. Mit molekularbiologischer und tierexperimenteller Methodik studiert, scheinen einige, jedoch nicht alle Cimicifuga-racemosa-Extrakte SERM-wirksame Substanzen zu enthalten. Sicherlich können sie deshalb bei Patientinnen mit präexistentem oder noch existierendem Mammakarzinom eingesetzt werden. Eine systemische Hormonsubstitutionstherapie beseitigt zuverlässig die vaginale Symptomatik. Sorgfältige klinische Studien hinsichtlich der Effizienz einer Substitutionstherapie bei der urethralen Symptomatik liegen noch nicht vor. Patientinnen, die aus medizinischen oder anderen Gründen keine systemische Hormonsubstitutionstherapie betreiben sollen oder wollen, kann eine vaginale Applikation von Estriol empfohlen
8.5 Störungen der weiblichen Gonaden
649
Klitorishypertrophie und einem Tieferwerden der Stimme, muss Anlass zur Abklärung geben. Die Differentialdiagnose gegenüber nicht tumorbedingten Veränderungen ist bei beiden Gruppen schwierig und bedarf meistens der Überweisung an spezialisierte Zentren. Wegen des erheblichen Anteils bösartiger Kontraindikationen der HormonsubstitutionsTumoren in diesen Gruppen ist die Abklärung von großer Betherapie Estradiol-17β bewirkt die Proliferation des tubuloalveolären deutung. Recht selten kann es in allen Altersgruppen zur Struma Apparates der Brustdrüse. Fast alle Mammakarzinome sind entweder ERα- und/oder ERβ- und/oder PR-positiv, sodass bei ovarii kommen. Wegen der Thyroxinproduktion zeigen sich Zeikurativ operiertem oder noch existierendem Mammakarzinom chen der Hyperthyreose. Die Tumoren treten nahezu immer eineine Hormonsubstitution mit Estradiol-17β oder mit equinen seitig auf und sind benigne. Östrogenen kontraindiziert ist. Im deutschsprachigen Raum sind Zeiträume für diese Kontraindikationen relativ kurz gehalten. International wird darauf hingewiesen, dass eine Hormon- Literatur substitutionstherapie mit diesen Östrogenen erst fünf Jahre nach Abramov Y, Fatum M, Abrahamov D, Schenker JG (2001) Hydroxyethylstarch versus human albumin for the treatment of severe ovarian hyperRezidivfreiheit, besser aber gar nicht, praktiziert werden sollte. stimulation syndrome: a preliminary report. Fertil Steril 75: 1228–1230 Bei schweren klimakterischen Beschwerden oder Osteoporose- Arbeitsgemeinschaft Diabetes und Schwangerschaft der Deutschen Diabetesbzw. Arteriosklerosedisposition sollten Patientinnen entweder mit gesellschaft (DDG), Arbeitsgemeinschaft für materno-fetale Medizin (AGMFM) der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe Tamoxifen oder mit neuen SERM-haltigen Präparaten behan(DGGG) und Deutsche Gesellschaft für Perinatale Medizin (2001) Empdelt werden. fehlungen zu Diagnostik und Therapie des Gestationsdiabetes 2001 werden. Vermutlich wird hierdurch nicht nur das vaginale Milieu, sondern auch die Keimfilterfunktion der Urethra günstig beeinflusst.
8.5.8
Hormonaktive Tumoren
Im Vordergrund stehen neben den bereits erwähnten Prolaktinomen und den hCG-produzierenden Trophoblasttumoren hormonproduzierende Ovarialtumoren. Folgende Tumoren kommen in Betracht: androgenproduzierende Tumoren, östrogenbildende Tumoren, Struma ovarii. Östrogenproduzierende Tumoren sind die häufigste Gruppe hormonproduzierender Tumoren des Ovars. Die Symptome sind vom Alter der Patientin abhängig. Bei jungen Mädchen kommt es zur Pubertas praecox, bei postmenopausalen Frauen zur Postmenopausenblutung. In der Geschlechtsreife ist die Diagnose oft ausgesprochen schwierig. Androgenproduzierende Tumoren machen sich meistens durch rasch auftretende und progrediente Androgenisierungserscheinungen bemerkbar. Ein zunehmender Hirsutismus, in vielen Fällen mit zusätzlicher Evvidenz der Therapieempfeehlungen Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke Anovulatorischen Blutung IV A Amenorrhoe IV A Hyyperprolaktinämie II-a A Oligomenorrhoe IV B Polymenorrhoe IV B Hyypermenorrhoe und II-a A Menorrhagien Dysmenorrhoe VI A PMS I-b B Sterilität II-b A Therapie mit OvulationsII-b A hemmern Therapie mit HRT T IV A
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8 Erkrankungen endokriner Drüsen
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Immunsystem
autonomes Nervensystem
Endokrinium
Abb. 8.6-1. Interaktion des neuroimmunen endokrinen Systems bei Schwerkranken
und die Interaktion der Zytokine mit den Hormonsystemen im Vordergrund, in der chronischen Phase hingegen der Katabolismus und dessen Einfluss auf den Hormonmetabolismus. In der Akutphase einer jeden schweren Erkrankung, wie Trauma, Sepsis oder ausgedehnte Operation, stehen Glukoneogenese, Proteolyse und Lipolyse ganz im Vordergrund, um die wichtigsten Organe wie Gehirn und Immunsystem ausreichend mit Substrat zu versorgen. Diese metabolischen Veränderungen werden durch die enge Kommunikation zwischen dem Immunsystem, dem autonomen Nervensystem und dem klassischen endokrinen System verursacht (Abb. 8.6-1). Alle immunkompetenten Zellen sezernieren eine Reihe von Zytokinen, die ähnlich den Hormonen die Zell-zu-Zell-Kommunikation aufrechterhalten. Diese Zytokine werden nicht nur lokal parakrin, sondern auch wie die klassischen Hormone endokrin sezerniert. Die meisten endokrinen Organe exprimieren auch Rezeptoren für diese Zytokine, und umgekehrt haben die 8.6 Endokrinologie bei Schwerstkranken immunkompetenten Zellen Rezeptoren für Hormone und könRoland Gärtner nen diese auch sezernieren. So exprimieren Immunzellen z. B. Rezeptoren für Glukokortikoide, Insulin, Prolaktin, Wachstumshormon, Östrogen, Testosteron, Adrenalin, Noradrenalin, Acetyl8.6.1 Einleitung cholin, Endorphine, Somatostatin und Vasopressin. Sie können Jede schwere Allgemeinerkrankung führt zu charakteristischen auch klassische Hormone wie ACTH, β-Endorphin, Prolaktin, Veränderungen der normalen Hormonhomöostase, wobei nicht Substanz P sowie Vasopressin synthetisieren und sezernieren. nur die hypophysär-hypothalamischen Achsen, sondern auch Andererseits haben klassische endokrine Organe Rezeptoren der periphere Hormonstoffwechsel beeinflusst werden. Hieraus für Zytokine. Rezeptoren beispielsweise für Interleukin 1 und 6 können sich diagnostische Probleme ergeben, wenn man eine und TNFα befinden sich in der Hypophyse, der Nebenniere, der primäre Hormonstörung neben einer schweren Allgemein- Schilddrüse und in den Gonaden. Hieraus ergibt sich ein sehr erkrankung vermutet. Diese üblicherweise bei Schwerstkranken feines Netzwerk der Kommunikation zwischen dem Immunauftretenden Veränderungen sollte man daher kennen, um diese system und den klassischen endokrinen Organen. Es wird erdifferentialdiagnostisch von primären Hormonstörungen ab- sichtlich, dass jede schwere Erkrankung, die mit einer Zytokingrenzen zu können. Es stellt sich auch immer wieder die Frage, aktivierung einhergeht, auch das klassische endokrine System ob diese Hormonstörungen behandelt werden sollten bzw. ob grundlegend beeinflusst, ebenso wie primäre Hormonstörungen der Krankheitsverlauf positiv beeinflusst werden kann, wenn das Immunsystem beeinflussen können. Daneben spielt das diese Hormonstörungen korrigiert werden. autonome Nervensystem, das sowohl die endokrinen Drüsen als auch das Immunsystem beeinflusst und umgekehrt, eine wesentliche Rolle bei schweren Allgemeinerkrankungen, die 8.6.2 Ätiologie und Pathogenese letztlich einen schweren Stresszustand für den Organismus beGrundsätzlich muss unterschieden werden zwischen den Verän- deuten (s. Abb. 8.6-1). derungen, die in einer akuten Phase auftreten, und denen, die man bei schweren chronischen Erkrankungen findet. In der Akutsituation steht die allgemeine „Stresshormonaktivierung“
8.6 Endokrinologie bei Schwerstkranken
8.6.3
Nieder-T3-Syndrom und „non thyroidal illness syndrome“ (NTI-Syndrom)
Einleitung
Mit am längsten bekannt sind die typischen Veränderungen der Schilddrüsenparameter unter akuten und chronischen Erkrankungen. Die Veränderungen der Schilddrüsenhormonwerte bei schwerer Erkrankung oder längerem Fasten werden im deutschen Sprachraum als „Nieder-T3-Syndrom“ bezeichnet, und damit ist gemeint, dass nur die T3-Spiegel abfallen. Als Synonyme gelten „euthyroid sick syndrome“ (ESS) oder „non thyroidal illness“ (NTI), wobei hier auch der „Abfall von Thyroxin (T4) und TSH mit gemeint ist. Die Trijodthyronin-(T3-)Spiegel reagieren zwar am schnellsten bei jeder Allgemeinerkrankung mit einem Abfall, aber je nach Dauer und Schwere sind auch immer die T4- und TSH-Spiegel mit betroffen. Jede schwere akute und chronische Erkrankung, jeder operative Eingriff, aber auch nur Fasten führt regelhaft innerhalb weniger Stunden zunächst lediglich zu einer Erniedrigung der T3-Serumspiegel, in Abhängigkeit der Schwere der Erkrankung dann aber auch zu einer Erniedrigung des basalen TSH. Im weiteren Verlauf fällt dann auch das Serum T4 ab. Stirbt der Patient an seiner Erkrankung, so sind alle Schilddrüsenfunktionsparameter niedrig bis nicht mehr messbar. Bei schwer kranken, schilddrüsengesunden Patienten ergibt sich somit im Verlauf die Konstellation einer sekundären Hypothyreose, wobei die Patienten aber nach klinischen Kriterien euthyreot sind. Erholt sich der Patient, so steigen die TSH-Werte als Erstes wieder an und können sogar überschießend in einem supranormalen Bereich (>4 µU/ml) liegen. In der Folge normalisieren sich sowohl die peripheren Schilddrüsenhormonwerte als auch TSH (Abb. 8.6-2). Ätiologie und Pathogenese
Die Ätiologie der physiologischen Beeinflussung der Schilddrüsenfunktionsparameter im katabolen Zustand und bei einer schweren Allgemeinerkrankung ist bisher nicht eindeutig geklärt. Man nimmt heute an, dass der Abfall von T3 und die Erniedrigung von TSH und T4 durch unterschiedliche Faktoren NiederT3/NTI-Syndrom
Normalbereich
Mortalität TSH
8
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hervorgerufen werden. Es handelt sich also sehr wahrscheinlich nicht um ein monokausales, sondern um ein multifaktorielles Geschehen, und eine genaue Trennung zwischen reinem NiederT3-Syndrom und NTI-Syndrom ist nur theoretisch möglich. Die Veränderungen der Schilddrüsenparameter sind unterschiedlich ausgeprägt, je nachdem, ob ein Patient nur katabol ist, z. B. weil er fastet, oder ob er eine schwere Allgemeinerkrankung oder gar Sepsis entwickelt. Im ersten Fall steht der alleinige Abfall von T3 im Vordergrund, im letzteren Fall kommen zusätzlich die Erniedrigungen von T4 und TSH hinzu, wobei allerdings bei längerem Fasten auch Übergänge zu den Veränderungen vorkommen können, wie man sie bei schwereren Erkrankungen findet (Tabelle 8.6-1). Bei normal ernährten Personen tritt spätestens nach dem dritten Tag einer Nahrungskarenz ein kataboler, Protein und Fett abbauender Stoffwechsel ein. Ab diesem Zeitpunkt wird T4 zum stoffwechselinaktiven reversen T3 (rT3) abgebaut, woraus ein rascher Abfall von T3, begleitet von einem Anstieg von rT3, resultiert. Bei weiterem Fasten fallen dann auch TSH und T4 langsam ab. Der Anstieg von freien Fettsäuren ebenso wie der Anstieg von Glukokortikoiden in dieser Phase werden ursächlich für diese Veränderungen diskutiert, sind aber nicht bewiesen. Teleologisch gesehen kann das Nieder-T3-Syndrom als „Energiesparmechanismus“ interpretiert werden. Im Falle eines rein katabolen Metabolismus soll die T3-Erniedrigung einen Proteinabbau verhindern. Diese Hypothese wird dadurch gestützt, dass die Substitution von T3 beim Fasten zu einer erhöhten Stickstoffausscheidung führt. Patientinnen mit Anorexia nervosa und chronisch niedriger Energiezufuhr haben ebenfalls erniedrigte T3-Spiegel, die mit einem reduzierten Ruheenergieverbrauch korrelieren. Sowohl die Serum-T3-Spiegel als auch der Ruheenergieverbrauch normalisieren sich in der Realimentationsphase. Dies würde ebenfalls die Erklärung stützen, dass es sich beim reinen Nieder-T3-Syndrom um einen Energiesparmechanismus handelt. Bereits eine einmalige Gabe von 50 g Glukose bewirkt eine Normalisierung der Schilddrüsenwerte. Dies stützt die Hypothese, dass es sich beim Nieder-T3-Syndrom während des Fastens um eine normale Regulation handelt und die Normalisierung von T3 einen anabolen Stoffwechsel anzeigt. Dies lässt sich allerdings nur im individuellen Verlauf nachweisen und kann nicht generell diagnostisch verwertet werden. Fastende Personen zeigen keine Zeichen einer Hypothyreose. Man nahm früher an, dass eine Substitution von T3 oder T4 Tabelle 8.6-1. Veränderungen der Schilddrüsenhormonwerte bei verschiedenen Erkrankungen
T4 T3
Schwere der Erkrankung
Erholungsphase
Abb. 8.6-2. Charakteristischer Verlauf der Schilddrüsenparameter bei schwer kranken Patienten
Erkrankung
T4
FT4
T3
Operation Myokardinfarkt Niereninsuffizienz Diabetes mellitus Fasten Sepsis
↓ ± ±↓ ↓ ± ↓
↓ ± ±↓ ± ±
↓ ↓± ↓ ↓ ↓ ↓
FT3
↓
rT3
TSH
↑ ↑ ± ↑ ↑ ↑
↓ ± ± ± ↓ ↓
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8 Erkrankungen endokriner Drüsen
zu einer schnelleren Gewichtsabnahme bei übergewichtigen Personen, die eine Fastenkur machen, führen könnte. Dies hat aber neben einem erhöhten Stickstoffverlust eine Zunahme von Herzrhythmusstörungen zur Folge und kann nicht empfohlen werden. Offenbar führt der Ausgleich des niedrigen T3 in dieser Situation zu einer klinisch manifesten Hyperthyreose, zumindest in einigen Organsystemen. Außerdem führt eine T3-Substitution zu einer gesteigerten Glukoneogenese und damit zu vermehrtem Proteinabbau aus der Muskulatur, wie oben beschrieben. Patienten mit schlecht eingestelltem Diabetes mellitus entwickeln ebenfalls ein Nieder-T3-Syndrom. Eine erhöhte Fettzufuhr führt nicht zur Normalisierung des T3-Spiegels, wohl aber eine erhöhte Zufuhr von Glukose und Protein, zusammen mit Insulin. Auch dies wäre wieder ein Beleg dafür, dass der Katabolismus allein Ursache der T3-Erniedrigung ist. Für all diese Zustände ist klar gezeigt, dass die Erniedrigung von T3 durch eine verminderte Produktion in der Leber, nicht der Schilddrüse selbst hervorgerufen wird. Welche Faktoren aber letztlich für die verminderte Produktion verantwortlich zu machen sind, ist bis heute nicht geklärt. Klar ist, dass auch schon beim reinen Nieder-T3-Syndrom, wie beim Fasten, die Bindung von T4 an TBG und auch die zytosolische T4-Bindung vermindert ist. Hieraus könnte eine geringere T3-Bildung erklärt werden, nicht aber eine Erhöhung von rT3. Ein Faktor, der die Aktivität der 5'-Deiodinase hemmt, muss also postuliert werden. Allerdings gibt es auch eine Untersuchung, in der keine Veränderung der 5'-Deiodinaseaktivität zumindest zu Beginn eines Nieder-T3-Syndroms gefunden wurde. Erhöhte Triac- und T3Sulfat-Produktionsraten wurden in der Leber beschrieben; inwieweit diese zur Pathogenese des Nieder-T3-Syndroms beitragen, ist aber bislang nicht geklärt. Schwere Allgemeinerkrankungen
Bezüglich der Veränderungen von Gesamt-T3 und fT3 ähnelt die schwere Allgemeinerkrankung dem reinen Katabolismus. In Abhängigkeit von der Schwere der Erkrankung kommen aber frühzeitig die Erniedrigungen von TSH und T4 hinzu. Zytokine werden ebenso wie Cortisol und Somatostatin hierfür ursächlich verantwortlich gemacht. Klar scheint aber zu sein, dass man die postulierte Hemmung der 5'-Deiodinaseaktivität bzw. zumindest eine verminderte T3-Synthese in der Leber bei gleichzeitiger Erhöhung der rT3-Bildung trennen muss von der zentralen Wirkung auf die TSH-Freisetzung. Ein Mechanismus, der zum veränderten peripheren T4-Metabolismus beim Schwerkranken beitragen könnte, ist die verminderte Aktivität der Typ-I-Deio-dinase bedingt durch Substratmangel. CMPF (3-carboxy-4-methyl-5-propyl-2-furan), Indoxylsulfat und Hippursäure, die bei Patienten mit Niereninsuffizienz im Plasma erhöht sind, hemmen die T4-Aufnahme in Leberzellen, nicht aber in Hypophysenzellen in vitro. Freie Fettsäuren und Bilirubin, die bei schwer kranken Patienten ebenfalls erhöht sind, hemmen ebenfalls die T4-Aufnahme in Leberzellen.
Inhibitoren der Schilddrüsenhormonbindung an die Transportproteine im Serum wie z. B. freie Fettsäuren oder Medikamente wie Furosemid können mit zu der T4-Erniedrigung beitragen. Letztere Hypothese wird dadurch gestützt, dass anfänglich die freien T4-Spiegel noch normal oder gar leicht erhöht sind und erst im weiteren Verlauf und bei Fortbestehen der Erkrankung abfallen. Auch In-vitro-Bindungsstudien belegen diese Hypothese der Verdrängung der T4-Bindung aus den Bindungsproteinen. Der Abfall von T4 ist ebenso wie der Abfall von TSH invers mit der Mortalität korreliert, nicht jedoch der alleinige Abfall von T3 (s. Abb. 8.6-2). Eine Erhöhung der Plasmazytokine, vor allem TNFα, IL-6 und IFNα, ist mit dem NTI-Syndrom assoziiert. Die Zytokine TNFα und IL-6 hemmen die TSH-Sekretion. In einer Reihe von In-vivo-Studien konnte gezeigt werden, dass die Applikation der Zytokine zu den typischen Veränderungen des NTI-Syndroms führen. Ein Problem in der Interpretation der Ergebnisse ergibt sich allerdings aus der Tatsache, dass die Zytokininfusion selbst eine schwere Allgemeinreaktion des Organismus mit Fieber und Katabolismus hervorruft und damit die Kausalität der Zytokine schwer zu beweisen ist. Interessant hierzu ist eine Studie, in der gezeigt werden konnte, dass die Blockade der Interleukin1-Rezeptoren unter Gabe von Endotoxin bei Probanden nicht die typischen Veränderungen des NTI-Syndroms verhindern konnte. Glukokortikoide sind möglicherweise auch mit an der Entstehung des NTI-Syndroms beteiligt. Sie hemmen die periphere Typ-I-Deiodinase und auch die TRH- und TSH-Freisetzung. Eine Korrelation von Serumcortisol und den T3- bzw. rT3-Werten bei schwer kranken Patienten konnte aber nicht gezeigt werden. Patientinnen nach Hysterektomie und spinaler Anästhesie entwickelten ein NTI-Syndrom, ohne dass Cortisol im Serum bedingt durch die Anästhesie anstieg. Der Anstieg des Plasmacortisols ist demnach unterschiedlich bei Schwerkranken und hängt von vielen Faktoren ab, u. a. von der Medikamentengabe, wie Analgetika oder Sedativa. Im Tierversuch an normalen und zum Vergleich adrenalektomierten Ratten lässt sich aber zeigen, dass der Cortisolanstieg offenbar zumindest teilweise am TSHAbfall beteiligt ist. Bemerkenswerte Modifikationen des NTI-Syndroms zeigen sich in der Schwangerschaft. Hyperemesis gravidarum mit Ketonurie, Glukokortikoidbehandlung oder schwerere Begleiterkrankungen führen nicht zu den typischen, bekannten Veränderungen des NTI-Syndroms. Die bekannte Erhöhung der Transportproteine TBG und CBG könnte hierfür verantwortlich sein oder aber die veränderte immunologische Situation während der Schwangerschaft oder die Regulation der Schilddrüse über Choriongonadotropin. Die Schwangerschaft stellt also ein interessantes Modell dar, an dem sich die Pathogenese des NTISyndroms möglicherweise weiter aufklären lässt. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Ausmaß der Veränderungen eines NTI-Syndroms nicht nur von der Schwere der Erkrankung, sondern auch vom Ernährungszu-
8.6 Endokrinologie bei Schwerstkranken
stand, also dem Ausmaß des Katabolismus, abhängig ist. Die Einflüsse auf den peripheren Metabolismus der Schilddrüsenhormone müssen getrennt gesehen werden von den Einflüssen von Zytokinen und Stresshormonen auf die Hypophyse.
8.6.4
653
Glukokortikoide
Bei Schwerkranken sind die Glukokortikoide und auch ACTH in der Initialphase erhöht. Die normale Tagesrhythmik ist aufgehoben, und die Cortisolspiegel sind durch Dexamethason nicht wie beim Gesunden supprimierbar. Die erhöhten GlukokortiDiagnose Probleme bereitet die Diagnose des Nieder-T3-Syndroms und v. a. koide werden als Reaktion auf den allgemeinen Stress verstandes NTI-Syndroms auf verschiedene Weise. Heute werden keine den und sollen auch die überschießende Immunantwort z. B. Gesamthormonspiegel mehr gemessen und ein freier Index er- bei Sepsis verhindern. Die Glukokortikoide stimulieren auch die rechnet, sondern es werden indirekte Bestimmungsmethoden Glukoneogenese in der Leber und erhöhen die Empfindlichkeit zur Evaluierung der so genannten freien Hormone eingesetzt. auf Katecholamine. Im weiteren Verlauf einer schweren ErkranDiese Methoden sind aber störanfällig, werden durch endogene kung fallen aber CRH und ACTH langsam ab, während die Störfaktoren im Plasma, wie sie bei Schwerkranken häufig sind, Cortisolspiegel erhöht bleiben, wahrscheinlich wegen der ACTHund durch Medikamente im Serum beeinflusst. Die Analog- unabhängigen neuronalen und immunogenen Nebennierentracer-Methoden für die freien Schilddrüsenhormone führen je rindenstimulation. Der Cortisolanstieg korreliert mit der Schwere der Erkrannach Messmethode zu etwas unterschiedlichen Ergebnissen, insbesondere bei der Bestimmung von fT4. Mit diesen indirekten kung, aber der Cortisolspiegel korreliert invers mit dem ÜberBestimmungsmethoden werden weniger Patienten mit NTI-Syn- leben, das heißt, bei einigen schwerstkranken Patienten ist die drom diagnostiziert als mit den Methoden der Gesamthormon- Nebenniere möglicherweise nicht mehr imstande, den Stressbestimmung und der Bildung eines freien Index. Das dialysier- anforderungen zu genügen. Hieraus ergibt sich die Frage der so bare, freie T4 wird oft noch normal gefunden, obgleich die genannten „relativen Nebenniereninsuffizienz“ bei SchwerGesamthormonspiegel erniedrigt sind. Es ist aber doch entschei- kranken. Eine Substitution von Stressdosen von Hydrocortison dend, zu welchem Zeitpunkt der Erkrankung dies bestimmt wird (200 mg/pro Tag) scheint das Überleben der Sepsispatienten und wie schwer die Erkrankung verläuft. Wichtig ist es deshalb, günstig zu beeinflussen, die einen verminderten Cortisolanstieg dass die neueren Bestimmungsmethoden jeweils auch speziell (10,5 mg/dl)
Ursachen
In mehr als 90% der Fälle liegt einer Hyperkalzämie ein primärer Hyperparathyreoidismus (pHPT) oder ein Tumor zugrunde. Bei 5–15% des pHPT besteht eine Mehrdrüsenhyperplasie, spo-
Jede, auch eine milde Hyperkalzämie ist klärungs- und beobachtungswürdig (Abb. 8.8-1). Erhöhungen des Serumkalziums bei normalem Gesamteiweiß, durch mindestens 3 Bestimmungen an verschiedenen Tagen gesichert, und des PTH (radioimmunologische Bestimmung von intaktem PTH) sprechen mit über 95%iger Wahrscheinlichkeit für einen pHPT. Wichtig ist die Abgrenzung einer FHH bei leicht erhöhten PTH-Werten. Dies gelingt am besten über die Berechnung der Kalzium-Clearance/ Kreatinin-Clearance. Werte >0,01 sprechen für einen pHPT, Werte 0,01 < 0,01*
(* siehe unter Diagnostik)
FHH
PTH niedrig oder supprimiert
1,25-(OH)2-D3 erhöht, Klinik? Lokalbefund?
PTHrP erhöht Klinik? Lokalbefund?
Multiples Myelom Hyperthyreose Knochenmetastasen
Granulomatöse Erkrankungen, Lymphome, M. Hodgkin
verschiedene Tumoren
Immobilisation Medikamente
8.8 Störungen des Kalzium- und Phosphatstoffwechsels mild < 3 mmol/l
mäßig 3–3,5 mmol/l
schwer > 3,5 mmol/l
hyperkalzämische Krise
661
8 22.. Akute Therapie A b b. 88.8-2. 8.8 der Hyperkalzämie
orale Kalziumzufuhr begrenzen*, kein Digitalis, keine Thiaziddiuretika, rasche Mobilisation 2–3 Liter tägliche Trinkmenge in der Regel keine Symptome keine akute Therapie nötig
2–3 Liter kalziumarme Getränke, bei Übelkeit, Erbrechen i.v. Symptome? (siehe unter„Klinik“) ↓ ↓ ←Nein Ja ↓ anderweitig erklärbar? ↓ Nein oder unklar →
auch ohne Symptome therapieren! ↓ Rehydratation Schleifendiuretika (Elektrolytausgleich) Bisphosphonate (evtl. Kalzitonin) siehe Erläuterung bei Nierenversagen: Dialyse
Volumengabe nach Bilanzierung Intensivüberwachung ←Versuch der Stabilisierung bei pHPT: → wenn keine rasche Besserung Notfall-OP, sonst OP nach Stabilisierung
* Hauptkalziumlieferanten in der Nahrung sind Milch (1 Glas á 200 ml = 240 mg Ca), Milchprodukte (Hartkäse > Weichkäse; z.B. 1 Scheibe Emmentaler á 30 g = 300 mg Ca; einige Gemüsesorten und kalziumreiche Mineralwässer
lösung i.v. über 24–48 h. Dadurch erreicht man eine Absenkung des Serumkalziums um 1–3 mg/dl. Bei nicht ausreichender Senkung des Kalziums oder kardiovaskulären bzw. renalen Einschränkungen gibt man nach Rehydratation zusätzlich ein Schleifendiuretikum (Furosemid, Ethacrynsäure). Dadurch wird die Natrium- und Kalziumabsorption im aufsteigenden Schenkel der Henle-Schleife zusätzlich vermindert. Ohne Begleiterkrankungen genügen meist kleine Dosen (10–20 mg Furosemid). Hohe Dosen (z. B. bis zu 100 mg/h Furosemid i.v.) sind nur selten nötig. Wichtig ist die vorherige Rehydratation, andernfalls kann es zu einer weiteren Volumenkontraktion und sogar zu einer Zunahme der Hyperkalzämie kommen. Ein Kalium- und Magnesiummangel durch Diurese und Erbrechen muss ausgeglichen werden. Ein Phosphatausgleich Akute Therapie der Hyperkalzämie Ziel ist die Absenkung des Serumkalziums in einen Bereich, bei ist lediglich bei schwerer Hypophosphatämie (3,5 mmol/l, Bewusstseinseinschränkungen und einer Oligo-/Anurie einher. Bei einem pHPT muss hier rasch die Entscheidung bezüglich des optimalen Operationszeitpunkts gefällt werden. Wenn möglich, erfolgt eine kurzfristige präoperative Therapie wie in Abb. 8.8-2 dargestellt. Kommt es zu keiner raschen Besserung, so erfolgt der Eingriff notfallmäßig, ansonsten unverzüglich nach Stabilisierung der Stoffwechsellage.
Ibandronat (Bondronat) Ca 2,9 mmol/l erwogen werden. Eine Hypophosvermeiden. Bei Schwangerschaften kann es bei den nicht betrof- phatämie findet sich oft in der frühen postoperativen Phase. Bei fenen Kindern durch die Suppression der fetalen Nebenschild- symptomatischen Patienten mit Serumphosphatspiegeln unter drüsenfunktion nach der Geburt zur symptomatischen Hypo- 1 mg/dl sollte man orale Phosphatsupplemente geben (siehe Tabelle 8.8-5). kalzämie kommen.
8
8
666
8 Erkrankungen endokriner Drüsen
Bei der Pseudo-Vitamin-D-Mangelrachitis liegt entweder ein defektes 1α-Hydroxylasegen mit insuffizienter Produktion von 1,25(OH)2D3 vor (Typ I) oder ein Vitamin-D-Rezeptordefekt (Typ II). Ursachen Die Hyperphosphatämie (s. Abschn. 8.8.3) verursacht reEine „Pseudohypokalzämie“ liegt bei erniedrigtem Serumalbumin vor (nephrotisches Syndrom, chronische Erkrankun- aktiv eine Hypokalzämie. Die Hypomagnesiämie ( 7 und dem Bilirubinreflux in der Speiseröhre be- störungen (Achalasie, diffuser Ösophagusspasmus) vermutsteht. Aus diesem Grunde erscheint der Stellenwert der Bilimetrie lich durch eine zunehmende Störung dieser aktiven Hemmung in der Routinediagnostik zweifelhaft, zumal der DGER auch bestimmt. So finden sich Progressionen vom Ösophagusspasunter der konventionellen Säurehemmung rückläufig ist (B). mus zur Achalasie bzw. achalasieähnliche Motilitätsstörungen beim diffusen Ösophagusspasmus. Nervales Korrelat hierfür sind Störungen der hemmenden Motorneurone, die die NeurotransSchluckauf (Singultus) Ätiologie und Pathogenese Der Schluckauf (Singultus) wird mitter VIP und NO enthalten (B). durch Zwerchfellkontraktionen verursacht, die durch einen Glottisverschluss während eines Einatmungsversuches gefolgt Symptomatik werden. Der Schluckauf ist in der Regel selbstlimitierend, kann Ösophagusmotilitätsstörungen können Dysphagie und/oder aber in Einzelfällen über Tage bzw. Wochen persistieren. In den Brustschmerzen verursachen. Da diese Symptome unspezifisch meisten Fällen kann keine Ursache gefunden werden. Gelegent- sind, müssen organische Ursachen ausgeschlossen werden. Bei lich kann der Singultus aber Zeichen einer schwerwiegenden der Dysphagie sind dies im Wesentlichen Stenosen im Bereich Erkrankung sein. Hierzu zählen zentralnervöse Erkrankungen von Ösophagus und Kardia bzw. bei Thoraxschmerzen kardiale (Schlaganfall, Enzephalitis, Tumor), die Urämie, Herpes-zoster- Erkrankungen. Bei der Dysphagie sollte zwischen SchluckstöInfektionen bzw. pleurale oder abdominelle Erkrankungen, die rungen für feste und flüssige Nahrung differenziert werden, da das Zwerchfell irritieren. Ein prolongierter Schluckauf kann organische Stenosen häufig zu Beginn Schluckbeschwerden nur auch psychogene Ursachen haben. für feste Nahrung, Ösophagusmotilitätsstörungen aber häufig bereits initial eine Dysphagie für feste und flüssige Nahrung beTherapie Der Schluckauf ist in der Regel selbstlimitierend und dingen. Einen Sonderfall stellen Ringe (z. B. Schatzki-Ring) bedarf keiner weiteren Therapie. Standardisierte Therapiekon- oder „Webs“ der Speiseröhre dar, die typischerweise nur zur zepte liegen nicht vor, sodass sich Erfahrungen auf Einzelbe- intermittierenden Dysphagie für schlecht gekaute Nahrung führichte stützen. Hilfreich können Lokalanästhetika, Pharynx- ren („Steakhouse-Syndrom“). Patienten mit dem Leitsymptom stimulation, Atemtechniken oder eine Vagusstimulation sein Dysphagie zeigen häufig Ösophagusmotilitätsstörungen, unter (Eiswasser, Zuckerlösungen, Karotismassage). Pharmaka mit denen die Achalasie dominiert. Beim Leitsymptom Brustschmerz zentralnervöser Wirkung, wie Neuroleptika, Antiepileptika (z. B. findet sich hingegen überproportional häufig das Bild eines Gabapentin) bzw. Muskelrelaxanzien (z. B. Baclofen) können in hyperkontraktilen oder Nussknackerösophagus (B). Einzelfällen ebenfalls zum Erfolg führen. Diagnostik
Evvidenz der Therapieempfeehlungen Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke Probetherapie I-b A "Lifeestyllemodofiizierung" III B Step-down-Therapie I-a A Antireflluxoperation I-a A
Durch die Ösophagusmanometrie können die Ösophagusmotilitätsstörungen am zuverlässigsten charakterisiert werden (A) (siehe Empfehlungen des Arbeitskreises „Neurogastroenterologie und Motilität“; http://neurogastro.de). Untersuchungen zeigen hierbei, dass in ca. 30% spezifische Motilitätsmuster erfasst werden, während in zwei Drittel der Untersuchungen nur unspezifische Motilitätsstörungen erhoben werden können. Die Erfassung von Motilitätsmustern (z. B. Achalasie, Spasmus,
9
9
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9 Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes
Klassische Achalasie Vigoröse Achalasie Diffuser Spasmus Nussknackerösophagus Sklerodermie/Kollagenosen Diabetes mellitus
Tubulärer Ösophagus
UÖS
Simultane Kontraktionen 50 mmHg Simultane Kontraktionen >180 mmHg in >10% der Schluckakte Peristatische Kontraktionen >180 mmHg Verminderte/fehlende Peristaltik des distalen glattmuskulären Anteils Störungen der Peristaltik, verminderte Kontraktionen
Fehlende/inkomplette Relaxationen Fehlende/inkomplette Relaxationen Komplette Relaxationen
Sklerodermie) erscheint klinisch wichtiger als die quantitative Analyse von Einzelparametern (Tabelle 9.1-4). Dennoch können einige Grundaussagen getroffen werden: peristaltische Kontraktionen unter 40 mmHg bzw. eine gestörte Peristaltik führen zur Störung des Bolustransports, die Anstiegsphase der Ösophaguskontraktion korreliert mit dem Lumenverschluss des tubulären Ösophagus, ein UÖS-Ruhedruck unter 6 mmHg gilt als pathologisch (A). Röntgenkontrastmitteluntersuchungen (Kontrastmittelbrei, Brotbariumschluck, wasserlösliche Kontrastmittel) können komplementär zur Endoskopie und Funktionsdiagnostik eingesetzt werden, da sie häufig zusätzliche Informationen von Impressionen, Verlagerungen, eingeschränkter Wandbewegung, Ringen oder „Webs“, geringgradigen Strikturen bzw. Divertikeln geben können. Die Passage des Röntgenbreis korreliert hierbei gut mit den manometrisch gemessenen Ösophaguskontraktionen (B). Typisch für die Achalasie sind eine glatte, sektkelchähnliche Verjüngung zum ösophagokardialen Übergang und eine Dilatation der tubulären Speiseröhre. Der UÖS muss endoskopisch mit nur leichtem Druck zu überwinden sein. Die wichtigste Differentialdiagnose zur Achalasie ist das Kardiakarzinom. Der diffuse Ösophagusspasmus bzw. auch der hyperkontraktile oder Nussknackerösophagus sind durch simultane, segmentale bzw. schraubenförmige Kontraktionen im nichtdilatierten tubulären Ösophagus charakterisiert. Die Ösophagusszintigraphie eignet sich zur quantitativen Messung der Ösophaguspassage, ihre klinische Relevanz ist allerdings eingeschränkt. Therapie
Die medikamentöse Therapie der Achalasie mit Nitropräparaten oder Kalziumantagonisten, die den UÖS-Ruhedruck senken, hat nur einen begrenzten Effekt. Standardtherapie sind die pneumatische Kardiadilatation und die chirurgische Kardiomyotomie. Die Ballondehnung kann mit unterschiedlichen Dilatatoren durchgeführt werden, die zu vergleichbaren Ergebnissen führen. Hauptkomplikationen sind Ösophagusperforationen (bis 4%) und ein erhöhter GER. Aus bisher ungeklärten Gründen scheint die Kardiadilatation bei jüngeren Patienten (5 mm, Vorliegen von sog. „red colour signs“) durchgeführt werden. Die Alternative einer Betablockerbehandlung verhindert die erste Varizenblutung (Odds ratio 0,54); im direkten Vergleich war sie in einer Studie der Ligatur aber unterlegen; möglicherweise ist eine Kombination beider Verfahren überlegen. Im Gegensatz zur Ligatur haben ältere Studien keinen Vorteil der prophylaktischen Varizensklerosierung gezeigt. Andere Verfahren – Injektion von Histoacryl oder Fibrinkleber (eher im akuten Fall), Varizenligatur mit Loops oder Clips (eher zur Eradikation) – haben keine breite Akzeptanz geffunden. Im Falle einer konventionell nicht stillbaren akuten
Blutungsart
Indikation
Methoden
Akute Varizenblutung
Immer
Sklerosierung oder Ligatur Bei Versagen Ballonkompression oder Histoacrylinjektion
Zustand nach Varizenblutung
Immer
Ligatur heute Verfahren der Wahl
Prophylaktische Behandlung (keine Blutung)
Nur bei Risikovarizen (>5 mm, „red signs“)
Nur für Ligatur gesichert, Betablocker s. Text
T b e l llee 9. Tab aab abe 9.1 9.1-88. Differentialindikationen der endoskopischen Varizentherapie (s. Text)
9.1 Ösophaguserkrankungen
Varizenblutung sollte als Alternative zur Ballonkompression bei entsprechender Erfahrung und bei lokalisierbarer Blutung am ehesten noch die Histoacrylinjektion erwogen werden. Eine Übersicht über verschiedene Verfahren in verschiedenen Situationen gibt Tabelle 9.1-8. Unter den nichtvarikösen Blutungen aus dem Ösophagus stehen Mallory-Weiss-Einrisse und Tumorblutungen an vorderer Stelle; andere Blutungsquellen sind selten (z.B. Barrett-Ulzera). Mallory-Weiss-Blutungen (Abb. 9.1-9) stehen zumeist spontan und sollten nur bei großem Riss, stärkerer und anhaltender oder bei Rezidivblutung behandelt werden – durch Injektionstherapie (Adrenalingemisch 1:10.000 bis 1:100.000, evtl. Fibrinkleber) oder Clipapplikation. Tumorblutungen sind oft diffus und schwer dauerhaft zu stillen; hier kommen zumeist Injektionsverfahren oder eine Thermokoagulation (z. B. mit dem Argonbeamer) zum Einsatz.
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A b b. 99.1-9. 1 99.. Mallory-Weiss-Einriss (Pfeile) (Siehe auch Farbtafel im Ab 9.1 Anhang)
Polypektomie, Mukosektomie und BarrettAblationsverfahren
Metastasierungsrate deutlich erhöht. Vor allem steigt bei Vorwachsen Die Polypektomie von Fibromen oder anderen Tumoren des der Läsion in die Submukosa die LymphknotenmetastasierungsPlattenepithels sowie von Adenomen der Kardia kommt im Öso- rate deutlich an. In westlichen Ländern beschränkt man sich phagus im Vergleich zum Magen und vor allem zum Kolon ins- derzeit aufgrund der erst langsam zunehmenden (und vor allem gesamt selten vor. Die endoskopische Abtragung von submu- meist nicht publizierten) Erfahrungen noch auf Patienten kösen Tumoren des Ösophagus wurde v.a. in der fernöstlichen mit erhöhtem Operationsrisiko; Erfahrungen beim BarrettLiteratur beschrieben, sollte jedoch nur bei kleineren Tumoren Ösophagus sind weit zahlreicher als die mit Mukosektomie von und solchen, die der Muscularis mucosae oder Submukosa ent- Frühbefunden im Plattenepithel. Die verschiedenen Mukospringen (vorherige Endosonographie) in Erwägung gezogen sektomietechniken zeigt Abb. 9.1-10, Beispiele die Abb. 9.1-11 bis werden; hierüber gibt es in der westlichen Literatur noch zu we- 9.1-13. Die notwendige Vordiagnostik vor Mukosektomie wird in Tabelle 9.1-9 diskutiert. nige Erfahrungen. Vor Mukosektomie von Frühbefunden im Plattenepithel In den letzten Jahren hat sich zunehmend die Mukosektomie von Frühkarzinomen und Vorläufern (hochgradige Dys- muss vorher immer eine Färbung mit Lugol-Lösung durchgeplasie) auch in westlichen Ländern durchgesetzt, obwohl hier- führt werden, die oft entweder eine größere flächige Ausdehnung zu nur wenige größere Originalarbeiten vorliegen. Dies gilt glei- als nach dem makroskopischen Befund vermutet oder gelegentchermaßen für Befunde im Plattenepithel als auch für solche in lich auch Zweitbefunde zeigt, die das Vorgehen u. U. ändern. Beim Barrett-Ösophagus ist immer ein aggressives Voreiner Barrett-Mukosa. Grundsätzlich kann man zwischen besser geeigneten Niedrigrisikoläsionen und Hochrisikoläsionen unter- gehen angezeigt bei Vorliegen einer hochgradigen Dysplasie scheiden, die bestimmte Kriterien nicht erfüllen (Tabelle 9.1-9). (intraepitheliale Neoplasie) oder eines mukosalen FrühkarziGerade bei letzteren ist die Rezidiv- und teilweise auch die noms. Hier wird entweder bei endoskopisch lokalisierbarem und/
Plattenepithel Barrett-Epithel
Geeignete Frühkarzinome
Endosono vor EMR?
Hochgradige Dysplasiea oder mukosales Frühkarzinom; vorher Lugol-Färbung zur Ausdehnung Hochgradige Dysplasie oder mukosales Frühkarzinom; unklar bei makroskopischer Läsion und niedriggradiger Dysplasie; Rolle der Färbung (Methylenblau) unklar Niedrigrisiko: Läsion: Größe bis 2 cm mb, kein Ulkus, Eindringtiefe nur Mukosa (T1m), gute oder mäßige Differenzierung (G1/G2), keine Lymphgefäß- oder Veneninvasion Hochrisiko: Läsion: erfüllt diese Kriterien nicht, v. a. G3- oder Submukosainfiltration (T1sm) Pro: Bestimmung der Eindringtiefe, Erkennung von LK-Metastasen Kontra: Treffsicherheit zwischen T10m und T1sm maximal 70–75%, Differentialdiagnose gesehener LK schwierig
a hoch/niedriggradige Dysplasie wird jetzt als hoch/niedriggradige intraepitheliale ntra Neoplasie bezeichnet b bei strikt mukosalem Befall und guter Differenzierung können auch ch größere g flächige Läsionen wohl
ohne zusätzliches Risiko abgetragen werden.
T be l llee 9.1-9. Tab aab abe 9.1 9.. Indikationen und Vordiagnostik bei der Mukosektomie (EMR: endoskopische Mukosaresektion)
9
9
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9 Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes 1 10 A b b. 99.1 9.1-10. 10.. Verschiedene Techniken der endoskopischen Mukosaresektion (EMR)
oder singulärem Befund eine Mukosektomie durchgeführt, obwohl auch hier bei jüngeren und operablen Patienten die Operation, z. B. in einer limitierten Form (sog. MerendinoRekonstruktion), immer noch als primäre Methode diskutiert werden muss – vergleichende Daten aus randomisierten Studien liegen nicht vor. Nachteil der Operation ist ihre Morbidität bei offenbar heutzutage niedriger Mortalität. Nachteil der Mukosektomie ist die vielleicht zu geringe Radikalität und die Notwendigkeit der weiteren Überwachung. Auf der anderen Seite muss bei multiplen Dysplasien (oder Frühkarzinomen) entweder operiert oder eine Mukosaablation mit thermischen Verfahren (photodynamische Therapie, evtl. Argon-Beamer, der aber vermutlich eine geringere Eindringtiefe hat) durchgeführt werden. Bei einem Barrett-Ösophagus ohne Dysplasien ist ein abwartendes Verhalten angezeigt, wohl auch – was jedoch umstritten ist – bei Vorliegen einer niedriggradigen Dysplasie. Eine Langzeitstudie aus Brüssel zeigte im Fünfjahresverlauf bei 40 Patienten, deren Barrett bei fehlender oder nur niedriggradiger Dysplasie mit Argon-Beamer abladiert wurde, zwei Karzinome; somit könnte spekulativ sogar eine Karzinominduktion durch die Therapie diskutiert werden. Auf keinen Fall sollten solche Patienten außerhalb von Studien therapiert werden. Die derzeit mögli-
chen Alternativen in der Therapie des Barrett-Ösophagus zeigt Tabelle 9.1-10. Voraussetzung jeder Therapieentscheidung ist weiterhin ein sorgfältiges endoskopisches Screening („StagingEndoskopie“) mit Biopsie aller suspekten fokalen Läsionen, ergänzt von einer Stufenbiopsie (Vier-Quadranten-Biopsie alle 2 cm). Auch wenn ein solches Vorgehen zeitaufwendig ist, ist es jedoch bei jedem Barrett-Patienten in der Überwachung dringend anzuraten, um frühe Läsionen rechtzeitig zu erkennen. Der Wert zusätzlicher Bildgebung (Färben, Vergrößern, erweiterte Verfahren) ist dagegen noch nicht eindeutig belegt. Nach erfolgreicher Mukosektomie eines lokalisierten Barrett-Frühbefundes verbleibt jedoch der restliche überwachungsbedürftige Barrett-Ösophagus; dies war vor allem bei jüngeren und operationsfähigen Patienten immer das Argument für eine Operation, die zwar bei kurzem Barrett in einer limitierten distalen Resektion mit Interponat (sog. Merendino-Rekonstruktion), bei längerem Barrett aber in einer Ösophagektomie besteht. Die mögliche Alternative einer totalen Barrett-Ablation mittels photodynamischer Therapie, flächiger Mukosektomie und/oder Argon-Beamer-Ablation, allein oder in Kombination und in der Regel in mehreren Sitzungen, steckt noch in den Anfängen.
bb ühkarzinom an der Kardia (Pfeile) (Siehe auch Farbtafel A Abb. bb. 9.1-11. 9.1 11.. Frü im Anhang)
bb A Abb. bb. 9.1-12. 9.1 12. Frühkarzinom an der Kardia, Markierung vor EMR (Siehe auch Farbtafel im Anhang)
9.1 Ösophaguserkrankungen
691
ßer vielleicht bei extrinsischen Kompressionen des Ösophagus) eine Ummantelung tragen (Abb. 9.1-14 und 9.1-15). Hier gibt es verschiedene Stenttypen (mit/ohne nichtummantelte Enden, wechselnde Rigidität und Flexibilität), die in einer kleinen randomisierten Studie gleichwertig waren. Metallstents haben die früher eingelegten Plastiktuben weitgehend verdrängt – mehrere randomisierte Vergleichsstudien haben eine deutlich geringere initiale Komplikationsrate der Metallstents gezeigt. Im weiteren Verlauf kommt es allerdings – ähnlich wie bei den Plastiktuben – ähnlich häufig zu Stentdysfunktionen (Verschluss, Überwachsen, Dislokation, Bolusverschluss; insgesamt i. A. 10–40%), während echte Stentspätkomplikationen (Perforation, Gefäßarrosion) selten sind. Eine gute Palliation der Dysphagie (nicht natürlich der Inappetenz) erreichen die Metallstents in 70–85%. Problematisch sind hochsitzende Strikturen bb Abb. A bb. 9.1-13. 9. 9.1 13. 3.. Frühkarzinom an der Kardia nach ausgedehnter EMR (Siehe (geringer Abstand vom oberen Sphinkter, Gefahr der Trachealauch Farbtafel im Anhang) kompression bei ausgedehnten Tumoren; hier ist in Zweifelsfällen eine vorherige Bronchoskopie anzuraten) und maligne Kardiastenosen, insbesondere bei Tumorausdehnung in den Palliative Tumortherapie im Ösophagus Bei inoperablen Patienten oder irresektablen Tumoren des Öso- proximalen Magen – hier können zu weit in den Magen gelegte phagus und der Kardia kommen endoskopisch verschiedene Stents dislozieren oder durch die gegenüberliegende MagenVerfahren infrage: An erster Stelle stehen die Stenteinlage und wand blockiert werden. Inwieweit der gastroösophgageale Redie Lasertherapie, weitere Methoden (Thermokoagulation, Kryo- flux bei Überbrückung der Kardia ein Problem darstellt, das therapie, Hyperthermie, lokale Injektionsverfahren) haben sich nicht durch Säureblockade gelöst werden kann, ist umstritten. bislang nicht durchgesetzt und sind in der Regel ungenügend Stents mit Antirefluxmechanismus haben sich bislang nicht evaluiert oder nicht ausreichend erfolgreich. Am ehesten wird in durchsetzen können. Ummantelte Stents überbrücken tumorbedingte Fisteln erfolgDeutschland noch die Argon-Beamer-Koagulation angewandt. Die Stenteinlage in die Speiseröhre erfolgt heutzutage vorwie- reich in etwa 70–90% der Fälle. Nach Radiochemotherapie wurde gend mit selbstexpandierenden Metallstents, die in der Regel (au- ein erhöhtes Stentrisiko gezeigt, das in anderen Studien aber nicht
Tabelle 9.1-10. Derzeit mögliche Alternativen in der interventionellen en Therapie T des Barrett-Ösophagus nach einer ausführlichen „StagingEndoskopie“ (s. Text); selbstverständlich müssen auch Allgemeinzustand stan und Compliance des Patienten mit berücksichtigt werden Barrett-Ösophagus
Vorgehen
Ohne makroskopisch suspekte Läsion, ohne histologische Dysplasie
Weitere Überwachung, in 1–3 Jahren (individuell), keine Ablation
Mit makroskopischer Läsion, Histologie normal (ohne Dysplasie)
Engmaschige Kontrolle in 3–6 Monaten, Rebiopsie nach PPI-Therapie
Mit makroskopischer Läsion, Histologie niedriggradige Dysplasie
Zweite Histologiemeinung einholen. individuell abhängig von der Makroskopie, entweder Mukosektomie, wenn technisch möglich, oder Kontrolle in 3 Monaten Rebiopsie nach PPI-Therapie
Mit makroskopischer Läsion, Histologie hochgradige Dysplasie oder Frühkarzinom
Standard in den meisten Zentren Ösophagektomie, zunehmend etablierte Alternative: Mukosektomie primär diagnostisch, wenn Kriterien erfüllt (s. Tabelle 9.1-9) und R0Resektion gegeben, evtl. – v.a. älteren und Risikopatienten – als endgültige Maßnahme. Der Graubereich dazwischen muss mangels Datenlage individuell entschieden werden; ggf. 2. Histologiemeinung Standardkontrolle in 3–6 Monaten – Färben und Vergrößerungsendoskopie, noch in Evaluierung. Totale Barrett-Ablation – sicher erst nach 2. Histologiemeinung – nur im Rahmen von Studien, PPI-Therapie
Ohne makroskopische Läsion, mit niedriggradiger Dysplasie in Stufenbiopsie Ohne makroskopische Läsion, mit hochgradiger Dysplasie/Frühkarzinom in der Stufenbiopsie
Versuch der erneuten Lokalisation (erweiterte Methoden wie Färben, Vergrößern etc. sind noch ungenügend untersucht), wenn erfolgreich, Mukosektomie zur Bestätigung. Bei hochgradiger Dysplasie: engmaschige Kontrolle oder Operation individuell Bei Frühkarzinom und Erfüllen der Kriterien sowie R0-Resektion (s. Tabelle 9.1-9): individuell entscheiden zwischen Operation (derzeit noch Standard) und Überwachung. Operation ist der klare Standard bei Nichterfüllung der Kriterien; liegt an den seitlichen Rändern des Mukosektomiepräparats keine R0-Situation vor, muss individuell entschieden werden (Operation als Standard oder endoskopische Nachbehandlung)
Mutliple hochgradige Dysplasien/ Frühkarzinome mit oder ohne makroskopische Läsion
Operation als Standard, endoskopische Verfahren nur bei Inoperabilität oder (stark) erhöhtem Risiko
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bb Abb. A bb. 9.1-16. 9. 9.1 16. 6.. Argon-Beamer-Therapie bei Ösophaguskarzinom (Siehe auch Farbtafel im Anhang) bb A Abb. bb. 9.1-14. 9.1 14.. Metallstent im Ösophagus bei stenosierendem Ösophaguskarzinom (Siehe auch Farbtafel im Anhang)
nachvollzogen werden konnte. Ebenso wenig ist – außerhalb von Fallberichten – klar, ob eine Radiochemotherapie bei liegenden Stents mehr Komplikationen nach sich zieht. Stentdysfunktionen können meistens endoskopisch behoben werden; bei Tumorüberwachsen werden Stents verlängert, Bolusse können endoskopisch entfernt, disloziert Stents evtl. zurückgezogen oder entfernt und neu gelegt werden. Abhängig von der Liegezeit und dem Einwachsen der äußeren nichtummantelten Enden sind Metallstents aber nicht zuverlässig wieder zu entfernen, sodass man (auch im Aufklärungsgespräch) mit ihrer permanenten Implantation rechnen muss. Stentkomplikationen wie die Blutung sind dagegen schwerer endoskopisch zu lösen, die Perforation erfordert – wenn noch möglich – einen operativen Eingriff. Die Lasertherapie der malignen Dysphagie hatte sich – vor allem bei kürzeren Stenosen (3 cm) und solche mit den Veränderungen eines Barrett-Ösophagus ausgeschlossen. Längere Erfahrungen zeigen bei allen Verfahren eine etwa 65–80%ige klinische Erfolgsrate; die objektiven Daten sind allerdings schlechter. Im Prinzip sind die endoskopischen Antirefluxverfahren auch ambulant durchzuführen, eine Überwachung zumindest für eine Nacht ist jedoch empfehlenswert. Aus den USA sind vereinzelt pulmonale Spätkomplikationen (Aspirationspneumonie mit Todesfolge) berichtet, die durch eine bessere Nachsorge wohl vermeidbar gewesen wären. Beim endoskopischen Nähen (endoluminale Gastroplicatio, „Endocinch“, Abb. 9.1-17) werden ein bis drei Nähte am Übergang von Speiseröhre und Magen platziert; die klinische Erfolgsrate liegt bei etwa 70–80%, Komplikationen sind selten (lediglich zwei Perforationen bei mehreren 100 Patienten wurden beschrieben). Allerdings zeigen neuere Studien, dass die meisten Nähte mittelfristig wieder aufgehen, so dass die langfristige WirkEndoskopische Antirefluxtherapie In den letzten zwei bis drei Jahren haben sich mehrere endo- samkeit infragegestellt werden muss. Bei der endoskopischen Radiofrequenztherapie („Strettaskopischen Verfahren entwickelt, deren klinische Langzeitergebnisse noch nicht vorliegen. Für die Therapie der gastro- Verfahren“, Abb. 9.1-18) wird mit einem Ballon und winzigen ösophagealen Refluxkrankheit stehen prinzipiell entweder eine Häkchen in der Gegend des unteren Schließmuskels der Speisedauerhafte Einnahme von säurehemmenden Medikamenten röhre Radiofrequenzenergie in den Schließmuskel appliziert, (Protonenpumpenblocker) oder chirurgische Verfahren wie die der sich daraufhin im Verlauf von Wochen verdickt. Die Komplilaparoskopische Fundoplikatio zur Verfügung. Als Alternative kationsrate ist ebenfalls sehr gering, berichtet wurde von zwischen beiden Behandlungsstrategien werden derzeit ver- drei Perforationen unter 1000 Anwendungen in den USA; in den schiedene neue endoskopische Techniken evaluiert. Diese mini- publizierten Studien wurden keine Komplikationen berichtet. mal-invasiven endoskopischen Verfahren zielen darauf ab, die Eine 2003 erschienene randomisierte Sham-Studie zeigte Refluxkrankheit durch eine Verbesserung der gastroösopha- eine subjektive, aber keine objektive Überlegenheit der StrettaTherapie. gealen Refluxbarriere zu behandeln. Bei der endoskopischen Injektionstherapie („Enteryx“) Dies kann auf endoskopischem Wege auf verschiedene Weise wird ein inerter Kunststoff in den Bereich des Speiseröhrenübererreicht werden: gangs in den Magen injiziert, der zu einer Gewebeverdickung durch endoluminal platzierbare Nähte, führt. Auch hier konnte eine jüngst erschienene randomisierte durch Applikation von Radiofrequenzenergie, sowie durch Injektion oder Implantation biokompatibler Sham-Studie eine subjektive, aber keine objektive Überlegenheit der Enteryx-Therapie gegenüber der Shamgruppe demonstrieren. Fremdkörper. Bei der endoskopischen Implantationstherapie („GateAllen Verfahren ist gemeinsam, dass am Übergang von der keeper“) werden dünne Kunststoffstäbchen in den Bereich des Speiseröhre zum Magen eine Barriere durch Raffung oder indu- Speiseröhrenübergangs in den Magen eingebracht, die im Ge(meist konservativ beherrschbar) und Perforation (oft Operation nötig, interdisziplinäres Vorgehen) an vorderer Stelle. Unterschiedliche Grunderkrankungen wie z. B. verätzungsbedingte Strikturen haben wohl ein höheres Perforationsrisiko als andere Stenosen, dies ist aber nur ungenügend belegt. Die Aggressivität des Vorgehens ist von der individuellen Situation abgängig; im Allgemeinen werden bei hochgradigen Stenosen aber mehrere Sitzungen empfohlen. Erfolgsparameter sind weniger morphologische Kriterien (Endoskoppassage, Röntgenbefund), sondern vor allem die Klinik des Patienten (Abnahme der Dysphagie). Vielfach müssen Dilatationen zumindest über eine gewisse Zeit in Abhängigkeit von der Klinik regelmäßig wiederholt werden, in manchen Fällen sogar dauerhaft. Hierzu werden in der Literatur Alternativen genannt – Inzisionsbehandlung, Beamer-Therapie, Kortikoidinjektionen, temporäre Stenteinlage – die jeweils lediglich in kleineren Fallserien beschrieben sind, sodass keine endgültigen Schlussfolgerungen gezogen werden können.
bb A Abb. bb. 9.1-17. 9.1 17.. Schematische Darstellung der endoskopischen Nahttherapie bei Reflux (Siehe auch Farbtafel im Anhang)
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9 Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes bb A Abb. bb. 9.1-18. 9.1 18.. Schematische Darstellung der endoskopischen Radiofrequenztherapie bei Reflux (Siehe auch Farbtafel im Anhang)
webe aufschwellen. Erste Ergebnisse sind in weiteren randomisierten Studien zu überprüfen. Endoskopische Therapie des Zenker-Divertikels
Seit einigen Jahren wird der Steg, der das Zenker-Divertikel vom Ösophaguslumen trennt, auch flexibel endoskopisch durchtrennt, zumeist in zwei oder mehreren Sitzungen, und entweder mit Argon-Beamer-Koagulation (Abb. 9.1-19 und 9.1-20) oder mit einem Elektrotom. Hierbei ist vor allem bei verengtem und schwer zu lokalisierbaren Eingang in den Ösophagus die vorherige Lage einer Magensonde empfehlenswert. Bei geringer Perforationsrate scheint die Erfolgsrate dieser Therapie ähnlich hoch wie die der starren Behandlung in der HNO zu sein. bb Abb. A bb. 9.1-19. 9. 9.1 19. 9.. Zenker-Divertikel vor endoskopischer Therapie mit liegender Magensonde (Siehe auch Farbtafel im Anhang)
Fremdkörperentfernung
Endoskopische Fremdkörperextraktionen enthalten zahlreiche Methoden und sind immer noch eine Spielwiese für experimentierfreudige Endoskopiker; insgesamt ist bei entsprechender Vordiagnostik (v.a. Anamnese, ggf. Thorax- und Abdomenröntgen, ob ein Breischluck mit Gastrografin generell nötig ist, ist umstritten) ist eine hohe Erfolgsrate bei geringer Komplikationsrate in vielen Serien belegt. Literatur
bb A Abb. bb. 9.1-20. 9.1 20.. Zenker-Divertikel unter endoskopischer Spaltung des Stegs mit Argon-Beamer (Siehe auch Farbtafel im Anhang)
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9.2
Gastroduodenale Erkrankungen Peter Malfertheiner, Tammo von Schrenck, Hans-Dieter Allescher, Stephan Petrasch, Wolfgang Fischbach, Stefan Rebensburg und Horst Neuhaus
9.2.1
Gastritis und peptisches Ulkus Peter Malfertheiner
Einleitung
Kein Kapitel auf dem Gebiet der gastroenterologischen Erkrankungen erfuhr in den vergangenen Jahrzehnten das Privileg, so grundlegend neu geschrieben werden zu dürfen, wie das zur Gastritis und zur peptischen Ulkuskrankheit. Die Entdeckung von Helicobacter pylori, der medizinischen Fachwelt erstmals 1983 zugänglich gemacht, hat innerhalb nur weniger Jahre zu wesentlichen neuen Erkenntnissen geführt, sodass bereits 1990 ein
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neues System der Gastritisklassifikation (Sydney-System) zur verbindlichen Empfehlung für den klinischen Pathologen und Gastroenterologen vorgestellt wurde. Diese Einteilung stellt die Grundlage für eine ursachenorientierte spezifische Klassifikation und Therapie der Gastritis dar. Allerdings müssen für die Therapieentscheidung bei Gastritis auch die begleitenden klinischen Manifestation miteinbezogen werden. Die größte Bedeutung der neugewonnenen Erkenntnisse über die Gastritis fand ihren Niederschlag darin, dass die Helicobacter-pylori-induzierte Gastritis als entscheidender Faktor für die Entwicklung des peptischen Ulkus im Magen und Duodenum erkannt wurde. Mit dieser neuartigen pathogenetischen Erkenntnis wurde eine primär säureinduzierte Erkrankung in eine infektiöse, immunpathogenetisch gesteuerte Erkrankung umdefiniert. Daraus resultiert, dass das therapeutische Dogma der Säurehemmung als primäres Therapieprinzip beim Ulkus umgestoßen und in den meisten Fällen von einer antiinfektiösen Therapie abgelöst wurde. Die aktuelle Konsequenz und Relevanz, die sich aus den wissenschaftlichen Erkenntnissen über die H.-pylori-Infektion entwickelt hat, hat dazu geführt, dass in der nosologischen Zuordnung der Gastritisformen als auch der damit verbundenen zielgerichteten Behandlung eine Unterteilung von H.-pylori-induzierten/-assoziierten und -infektionsunabhängigen Formen der Gastritis sowie der peptischen Ulkuskrankheit vorgenommen wird. Gastritis – Definition und Klassifikation
Die nosologische Entität der Gastritis basiert ausschließlich auf dem histologischen Befund. Bei Oberbauchbeschwerden wird der Begriff Gastritis als Synonym heute noch oft falsch verwendet. Hier gilt klarzustellen, dass Beschwerden im Oberbauch mit unterschiedlicher Komplexität als Dyspepsie definiert werden. Die Dyspepsie selbst ist häufigster klinischer Anlass zur Durchführung der Endoskopie mit Biopsien und erlaubt auf diesem Weg auch die Diagnose Gastritis. Der in diesem Zusammenhang geführte Nachweis von Gastritis ohne weiteren organpathologischen Befund mündet in die klinische Definition der funktionellen Dyspepsie mit entsprechend assoziierter Gastritisform. Allerdings wird die funktionelle Dyspepsie häufig auch ohne Assoziation mit Gastritis gefunden. Da akute Oberbauchbeschwerden durch exogene Noxen (z. B. übermäßiger Genuss von hochprozentigem Alkohol, Nahrungsmitteltoxine, Infektionen, Medikamente) ausgelöst werden können und in aller Regel nicht durch Endoskopie mit Histologie abgeklärt werden, wird dafür die Diagnose akute Gastritis weitläufig gebraucht, aber wegen der raschen Selbstlimitierung als solche selten histologisch festgemacht. Das endoskopische Bild der akuten Gastritis zeigt eine hochrote ödematöse Schleimhaut (bei Alkohol) und Erosionen oder Hämorrhagien auf Schleimhautniveau (bei Aspirin). Der histologische Befund beschreibt Ödeme mit kapillären Transudationen von Leukozyten. Im Weiteren wird ausschließlich die chronische Gastritis abgehandelt.
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9 Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes
Die verschiedenen Formen der chronischen Gastritis können in die beiden Hauptkategorien a) H.-pylori-assoziierte Formen der Gastritis und b) nicht-H.-pylori-assoziierte Formen unterteilt werden. Dabei muss beachtet werden, dass für eine Reihe der in der Kategorie b) erfassten Gastritisformen H. pylori zum Zeitpunkt der Diagnose zwar nicht mehr nachweisbar ist, aber durchaus als initiierendes Agens in Frage kommt. Die H.-pylori-assoziierte Gastritis ist weitaus häufiger und macht etwa 90% aller Formen der Gastritis aus. Die Charakterisierung und die ätiologische Zuordnung der Gastritis erfolgt durch histologische Befundung der endoskopisch entnommenen Biopsien aus dem Magenantrum und dem Magen-Fundus/Korpus-Bereich.
Der Weg zur Diagnose der Gastritis führt über die klinische Indikation zur Gastroduodenoskopie. Unabhängig vom endoskopisch makroskopischen Befund lautet die Empfehlung, zwei Biopsien aus dem präpylorischen Antrum und zwei Biopsien aus dem Fundus und Korpus des Magen zu entnehmen (Abb. 9.21a). Nach dem Vorschlag von Pathologen sollte sogar noch eine 5. Biopsie aus der Angulusfalte erfolgen, allerdings ist diese bislang ohne klinische Relevanz. Die vier empfohlenen Biopsieentnahmen zur Gastritisdiagnose erfolgen unabhängig von möglichen zusätzlichen fokalen Magenläsionen, die ihrerseits gezielt biopsiebedürftig sind. Die heute gültige Sydney-Klassifikation, die sich auf die erweiterte Ausarbeitung von 1996 stützt, berücksichtigt Morphologie, Ätiologie und Topographie anhand von vorgegebenen VVariablen (Abb. 9.2-1b). Die histopathologische Beurteilung be-
A b b. 9.2-1a,b. 9.2-1a,b ,b. Sydney-Klassifikation. a Histologischer Teil, b endoskopischer Teil, Topographie
a Das „Sydney-System“ Histologischer Teil Topographie
Ätiologie
Morphologie Endzündung
akute Gastritis chronische Gastritis spezielle Formen
Aktivität
Ätiologie
graduierende Variable
Atrophie intestinale Metaplasie
– Pangastritis pathogenetische Assoziationen
Helicobacter pylori Antrumgastritis
Korpusgastritis
nichtgraduierende Variable
unspezifisch spezifisch
b Das „Sydney-System“ Endoskopischer Teil Topographie Antrumgastritis
Pangastritis
Korpusgastritis
deskriptive Termini Ödem
Faltenhyperplasie (Riesenfalten)
Erythem
Atrophie der Falten
Verletzlichkeit Exsudat flache Erosion polypoide Erosion Nodularität
Sichtbarkeit des submukösen Gefäßmusters fleckförmige intramurale Hämorrhagien
Endoskopische Kategorien der Gastritis • erythematöse/exsudative Gastritis • Gastritis mit flachen Erosionen • Gastritis mit erhabenen Ersionen • atrophische Gastritis • hämorrhagische Gastritis • Refluxgastritis • Riesenfaltengastritis
9.2 Gastroduodenale Erkrankungen
697
rücksichtigt dabei in ihrer Beschreibung den Aktivitätsgrad der Entzündung (akut, chronisch), den Grad der Atrophie, das Vorliegen intestinaler Metaplasie, den Nachweis von H. pylori und weitere ätiologische Besonderheiten. Der Ausbreitungsgrad der Gastritis wird ebenfalls mitberücksichtigt und nach dem prädominanten Entzündungsmuster in antrumbetonte, korpusbetonte Gastritis oder Pangastritis klassifiziert. H.-pylori-positive Gastritis Ätiologie und Pathogenese Die H.-pylori-Infektion wird in
der Regel bereits in der Kindheit erworben und fäkal-oral oder oral-oral (auch gastral-oral) übertragen. Der Mensch stellt die natürliche Quelle für diese Infektion dar. Die Diagnose Gastritis wird meistens erst im späteren Leben festgestellt, wenn aus klinischen Gründen (z. B. Dyspepsie, Tumorsuche, Abklärung von Anämie) eine Gastroduodenoskopie mit Biopsieentnahme durchgeführt wird. Die H.-pylori-Gastritis imponiert als chronisch aktive Gastritis: Das Oberflächenepithel ist unterschiedlich dicht mit H. pylori kolonisiert und die Tunica propria der Magenschleimhaut wird von neutrophilen Granulozyten, Lymphozyten und Plasmazellen infiltriert. Dabei werden Veränderungen des Oberflächenepithels mit Ersatz durch Regeneratepithel, Schleimdepletion, verschiedene Formen der Metaplasie und fokale Atrophien in variabler Assoziation vorgefunden. Der Schweregrad der Entzündung wird einerseits durch unterschiedliche stammspezifische Virulenzfaktoren von H. pylori (CagAProtein, vakuolisierendes Zytotoxin, Urease u. a., Tabelle 9.2-1) bestimmt, zum anderen sind wirtbedingte genetische Prädispositionen (HLA-besondere Allelfrequenzen) sowie Umweltfaktoren und Ernährungsbesonderheiten involviert. Die unterschiedliche Ausprägung der Gastritis prädisponiert in sehr differenzierter Weise für die Entstehung peptischer Ulzera oder von Magenneoplasien (Abb. 9.2-2). Charakteristisch für die Entstehung eines Duodenalulkus ist die antrumprädominante Gastritis. Für das Magenulkus ist die Charakteristik der Gastritis intermediär und kann je nach Lokalisation entweder mehr antrumbetont oder auch korpusprädominant bzw. gleichförmig ausgeprägt sein. Die Gastritis vom Magenkarzinomphänotyp ist durch korpusbetonte oder Pan-
A b b. 99.2-2. 2 22.. Topographie der Gastritis mit den möglichen Folge9.2 krankheiten
gastritis (alle Magenanteile befallen) charakterisiert mit dem Bild der multifokalen atrophischen Veränderungen, die häufig von Arealen intestinaler Metaplasie begleitet sind. An diese verschiedenen Phänotypen der Gastritis ist auch ein differenziertes Säuresekretionsverhalten gekoppelt: Bei der antrumdominanten Gastritis finden sich Hypergastrinämie und eine erhöhte Säuresekretion, bei korpusprädominanter sowie Pangastritis ist die Säuresekretion erniedrigt. Durch die Behandlung der H.-pylori-Infektion wird die antrumprädominante Gastritis in der Regel komplett zurückgebildet und dies führt zur Normalisierung der Säuresekretion. Bei Pangastritis und multifokal atrophischen Veränderungen ist eine partielle, selten komplette Rückbildungsfähigkeit der Schleimhautveränderungen möglich. Bei fortgeschrittenem Stadium der atrophischen Veränderung ist häufig die H.-pylori-Besiedlung bereits spontan verschwunden, aber auch im Falle der noch bestehenden Infektion kann die Therapie in diesem Stadium Veränderungen der Magenschleimhaut nicht mehr zurückbilden. Klinik und Diagnostik Weltweit sind ca. 50% aller Menschen mit H. pylori infiziert, in Deutschland über 40% der Menschen im Alter über 50 Jahren, aber nur etwa 10–15% unter 20 Jahren. Bei nahezu 80% der H.-pylori-Infizierten verläuft die chronisch aktive Gastritis völlig symptomlos. Bei etwa 20% der Patienten treten entweder Symptome auf oder es stellen sich im Verlauf der chronischen Gastritis mit persistierender Infektion organische Erkrankun-
Pathogenitätsfaktor
Funktion
Lokalisierte Gene
CagA-Antigena
Teil der Cag-Pathogenitätsinsel, induziert erhöhte Entzündungsaktivität Vakuolisierung der Zellen Anheftung an Magenmukosa
cagA
Zytotoxina Adhäsine Urease Flagellen Hitzeschockproteine Proteine der äußeren Membran iceAa
vacA babA2, alpA, alpB
Säureschutz, Freisetzung von Säurestoffradikalen ureA, ureB, ureD-L aus Phagozyten, Beweglichkeit, Chemotaxis „Mobilität“, Proteinfaltung, Nickeleinbau, -transport aA, aB Verstärkt Entzündungsreaktion unklar
hspA, hspB oipA
Verstärkte Kolonisierung
iceA1, iceA2
a Höhere Prävalenz in Stämmen von Patienten mit Ulkus.
T be l llee 9.2-1. Tab aab abe 9.2 1.. Virulenzfaktoren von H. pylori
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gen des Magens ein (s. Abb. 9.2-2). Es ist nach wie vor ungeklärt, unter welchen Bedingungen die Gastritis allein Beschwerden im Sinne einer „funktionellen Dyspepsie“ (FD) auslöst. Gegenwärtig kann im individuellen Fall nur durch eine Behandlung der H.-pylori-Infektion herausgefunden werden, ob das Beschwerdebild mit Projektion auf den Oberbauch (FD) kausal mit der Gastritis in Zusammenhang stand. Das endoskopische Bild ist sehr variabel: häufig ohne jegliche makroskopische Veränderungen mit fleckig gerötetem oder streifigem Muster im Antrum oder chronischen Erosionen. Floride fibrinbedeckte Erosionen finden sich nur selten bei einer H.-pylori-Gastritis. Die Diagnose Gastritis wird histologisch gestellt und kann in die erwähnten Subtypen unter Berücksichtigung der Aktivität, Chronizität und des Atrophiegrades differenziert werden. Die Besonderheit der H.-pylori-positiven Gastritis liegt darin, dass sie auch durch eine Vielzahl nichtinvasiver Tests nachgewiesen werden kann. Die heute für die Klinik primär eingesetzten Nachweistests sind der 13C-Harnstoff-Atemtest sowie der Nachweis von H.-pylori-Antigenen im Stuhl (H.-pylori-Stuhltest). Beide Tests ermöglichen den Nachweis einer aktiven Besiedlung mit H. pylori, die immer von einer Entzündungsreaktion der Schleimhaut (Gastritis) begleitet ist. Serologische Nachweisverfahren sind hinsichtlich Sensitivität und Spezifität dem Atem- und Stuhltest deutlich unterlegen, da der Nachweis von Antikörpern nicht zwischen einer noch bestehenden oder einer durchgemachten Infektion unterscheiden kann. Sowohl Speichel- als auch Urinantikörperbestimmungen unterscheiden sich in ihrer Wertigkeit kaum von der serologischer Methoden. Bei Therapieversagen und der Notwendigkeit zur Bestimmung der Antibiotikaresistenz von H. pylori stehen zwei Methoden zur Verfügung: Die eine basiert auf der endoskopisch durchgeführten Biopsieentnahme aus Antrum und Korpus mit anschließender Anzüchtung und Resistenztestung, der andere, noch wenig verbreitete Test, der sog. Fadentest, besteht in der Einnahme einer Kapsel, die an einen dünnen Faden gebundenen ist und sich im Magen auflöst. Die Spitze des daraufhin aus dem Magen entfernten Fadens wird ebenfalls in Kultur mit Durchführung eines Antibiogramms gebracht. Die nichtinvasiven Tests zum H.pylori-Nachweis (13C-Harnstoff-Atemtest, H.-pylori-Stuhltest) eignen sich im klinischen Einsatz bei jungen Patienten 60 Jahre (>70 Jahre)* • Hohe NSAR-Dosis • Begleitende Antikoagulanzien oder Kortikosteroidtherapie • Schwere Komorbidität • Hoher Alkoholkonsum * Studienlage unterschiedlich
Therapie bei H.-pylori-Infektion und NSAR-assoziiertem Ulkus Die Interaktionen beider ulzerogener Faktoren sind kom-
plex und die Datenlage ist kontrovers. Es gibt sowohl synergistische als auch antagonistische Effekte hinsichtlich der Schleimhautschädigung beider Faktoren. Aus dieser Situation kann man zurzeit folgende Empfehlungen ableiten. Für eine Primärprophylaxe bei erstmaliger Exposition auf NSAR ist die H.-pylori-Eradikation ratsam, da die Ulkushäufigkeit dadurch auf seltene Ereignisse reduziert wird. Bei Patienten mit hohem Risiko für Komplikationen der NSAR-Therapie ist die Eradikation allein jedoch keine ausreichende Prophylaxe, sodass eine Dauermedikation mit PPI angeschlossen werden soll. Betrachtet man die Ulkusheilungsraten unter PPI-Therapie und fortgesetzter NSAR-Gabe, so findet sich ein schwacher Trend zu geringerer Heilungsrate innerhalb von acht Wochen bei H.-pylori-negativen Patienten. Dieser Effekt ist durch eine etwas verstärkte Wirksamkeit der Säuresekretionshemmer bei gleichzeitig bestehender H.-pylori-Infektion zurückzuführen. Diese pharmakologische Besonderheit mit geringfügigem Benefit auf die Akutabheilung sollte aber Patienten mit H.-pylori-positivem NSAR-assoziierten Ulkus nicht die H.-pylori-Therapie vorenthalten. Spätestens nach erfolgter Abheilung ist die Eradikation von H. pylori auch in dieser Situation ratsam. Therapie seltener Ursachen der Ulkuskrankheit Neben der säuresuppressiven und der H.-pylori-Therapie muss bei Identifizierung einer anderweitigen seltenen Ursache der Ulkuskrankheit diese der jeweiligen spezifischen Therapie zugeführt werden. Dies schließt die Kombination von PPI mit immunsuppressiver Therapie bei Morbus-Crohn-induzierten Magen- und Duodenalulzera sowie die kontinuierliche Säurehemmung mit PPI in hoher Dosierung als Monotherapie bei Gastrinom ein. Therapierefraktäres Ulkus Nur selten kommt es zur Therapieresistenz. Die Gründe hierfür könnten in einer inadäquaten Säuresuppression unter vorgegebener Dosierung oder einer Incompliance bei der Medikamenteneinnahme liegen. Weitere Kofaktoren sind fortgesetztes Rauchen oder Einnahme von NSAR
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9 Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes 2 66.. BehandlungsA b b. 99.2-6. 9.2 schema bei akuter Ulkusblutung
akute Ulkusblutung Kreislaufstabilisierung Endoskopie FI
F IIa, F IIb
F IIc, F III
endoskopische Therapie + PPI i.v.
prophylaktische endoskopische Therapie + PPI i.v.
medikamentöse Therapie mit PPI* i.v.
ineffektiv
effektiv
Blutungskontrolle
* z. B. Omeprazol 240 mg/24 h
bei Versagen Operation
pische Blutstillung, die prognostische Einschätzung für eine Rezidivblutung und die Entscheidung über Art der Überwachung einschließlich der Notwendigkeit und den Zeitpunkt der endoskopischen Kontrollen, getroffen wird. Abhängig von den endoskopischen Stigmata liegt das Risiko für die Rezidivblutung zwischen 4% (keine aktiven Blutungszeichen mehr) bis zu 80% bei Nachweis einer aktuellen Blutung aus einem Gefäß oder bei noch sichtbarem Gefäßstiel. Die Therapie der Ulkusblutung erfolgt endoskopisch bei noch aktiver Blutung oder endoskopischer Einschätzung einer hohen Therapie bei Ulkuskomplikationen Unter den Komplikatio- Gefährdung für die Rezidivblutung. Die Therapie erfolgt entweder nen der Ulkuskrankheit nimmt die Ulkusblutung nach wie vor mittels einer Unterspritzung mit Suprarenin in Kochsalzlösung eine zentrale Rolle in der Notfallmedizin ein. Ulkusperforation (1:10.000) oder mittels Fibrinkleber bzw. über eine mechanische und Ulkuspenetration ebenso wie die Magenausgangsstenose bei Applikation von Clips. Diffus flächige Blutungen sind auch für chronischem, nicht ausreichend behandelten Verlauf sind heute die Plasmakoagulation mittels Argon-Beamer zugänglich. Direkt nach den Endoskopiemaßnahmen schließt sich eine hochdosierte rar geworden. Ulkusblutung: Die Jahresinzidenz der Ulkusblutung ist trotz Protonenpumpenhemmertherapie an. Die Indikation zur Blutder insgesamt rückläufigen Inzidenz der Ulkuskrankheit nach transfusion ist abhängig vom hämodynamischen Status der wie vor gleichbleibend hoch mit 0,3–0,8/1000. Unter allen aku- Blutungsrate und der Komorbidität. Als Faustregel gilt die Notwenten gastrointestinalen Blutungen nimmt die peptische Ulkus- digkeit einer Bluttransfusion bei Abfall des Hb-Wertes unter 8 g/dl, krankheit mit 55% dabei den ersten Stellenwert ein. 75% der bei Patienten mit Komorbidität, insbesondere Herzerkrankungen, Ulkusblutungen sistieren spontan, 25% bluten erneut. Die klini- bereits bei einem Abfall des Hb unter 10 g/dl. Gleichzeitig ist die Korschen Manifestationen können sich als Erbrechen von frischem rektur von Koagulationsstörungen (Vitamin K, PPSB, FFP, ThromBlut (Hämatemesis), Erbrechen von Kaffeesatz (Ausdruck der bozytenkonzentrate) notwendig. Der chirurgische Eingriff ist heute stattgehabten Blutung), als perianale Abgänge von altem Blut nur noch in seltenen Fällen (weniger als 5%) erforderlich, wenn (Meläna) und bei besonders massiven Blutungen sogar als fri- die endoskopische Blutstillung versagt bzw. wenn aufgrund der Schwere und Lokalisation der Ulkusblutung (Bulbushinterwand) sche Blutabgänge präsentieren. Die Behandlung der akuten Ulkusblutung muss nach folgen- die endoskopische Versorgung als nicht ausreichend einzuschätzen ist. Die Behandlung der akuten Ulkusblutung erfordert das harmodem Ablauf erfolgen: nische Zusammenspiel von Gastroenterologen (Endoskopie) und Kreislaufstabilisierung (falls erforderlich), endoskopische Untersuchung zur Ursachenfindung, Chirurgen (Indikation, Zeitpunkt sowie Durchführung der Opera endoskopische Blutstillung und Risikoabschätzung für tion; Abb. 9.2-6). Chirurgisch sollte nach Möglichkeit auf eine lokaBlutungsrezidive, le Maßnahme in Form der Umstechung zurückgegriffen werden. nach Blutstillung kausale Therapie im akuten Stadium durch Von vordergründiger Bedeutung ist, dass die Ursache der UlkusInfusion von Protonenpumpenhemmer (z. B. Ome-prazol i.v. krankheit beseitigt wird. Bei H.-pylori-Positivität muss bei Wiedermit Tagesdosierung von 240 mg: 80 mg als Kurzinfusion gefolgt aufnahme der oralen Ernährung die H.-pylori-Eradikation nach von 8 mg/h). Standarddosierung erfolgen. Bei medikamenten- (NSAR-)induzierter Ulkusblutung ist die kontinuierliche Weiterführung einer Die endoskopische Beurteilung der Ulkusblutung bedient sich der Protonenpumpenhemmertherapie notwendig. Bei gleichzeitig beForrest-Kriterien anhand derer die Entscheidung über die endosko- stehender H.-pylori-Infektion und Einnahme von NSAR ist die ohne Magenschutztherapie. Seltenere Gründe sind genetische Variationen, die zu einer fehlenden Wirkung der PPI führen können. Gegebenenfalls ist die säuresuppressive Therapie mittels pH-Metrie des Magens zu überprüfen. Bei Therapieresistenz ist eine erneute Überprüfung der Ätiologie des Ulkus notwendig. Im seltenen Fall sollte nach Ausschöpfung aller konservativen Möglichkeiten die Magenoperation erwogen werden. Insbesondere bei therapierefraktärem Ulcus ventriculi muss konstant an die Möglichkeit einer zugrunde liegenden Neoplasie gedacht werden.
9.2 Gastroduodenale Erkrankungen
Eradikationstherapie plus einer Weiterführung der PPI-Behandlung notwendig. Diesbezüglich nimmt das aspirininduzierte Ulkus eine Sonderstellung ein, da durch alleinige H.-pylori-Eradikation das Risiko einer neuerlichen Ulkusblutung sehr gering ist und sich bei der derzeitigen Studiendatenlage von einer Dauerbehandlung mit PPI nicht unterscheidet. Die Ulkusperforationn und die Ulkuspenetration werden heute selten beobachtet und sind eine Domäne der Chirurgie. Die Therapie des Narbenbulbus mit Bildung einer Stenose kann durch endoskopische Ballondilatation therapiert werden, allerdings ist auch hier der chirurgische Eingriff in den meisten Fällen effektiver. Literatur Dixon MF, Genta RM, Yardley JH, Correa P (1996) The updated Sydney system. Am J Surg Pathol 20: 1161–1181 Irvine EJ, Hunt RH (2001) Evidence-based Gastroenterology. BC Decker, Inc. Hamilton, London Malfertheiner P (2000) Helicobacter pylori – Von der Grundlage zur Therapie, 3. Aufl. Thieme, Stuttgart Malfertheiner P, Leodolter A, Peitz U (2000) Cure of H. pylori-associated ulcer disease through eradication. In: Tytgat GNJ (ed) Bailliere’s Best Practice; Research Clinical Gastroenterology. Harcourt Publisher Ltd., 14(1): 119–132 Malfertheiner P, Megraud F, O’Morain C, Hingin APS, Jones R, Axon A, Graham DY, Tytgat G (2002) Current concepts in the management of Helico-bacter pylori infection – The Maastricht 2–2000 Consensus Report. Aliment Pharmacol Ther 16:167–180 Malfertheiner P, Peitz U, Wolle K, Treiber G, (2004) H. pylori-intectionan update for 2004. Dtsch Med Wochenschr 129: 1821–1826 Perri F, Festa V, Clemente R, Quitadamo M, Audriulli A (2000) Ritabutinbased ‘rescue therapie’ for Helicobacter pylori infected patients after failure of standard regimens. Aliment Pharmacol Ther 14: 311–316 Price AB (1991) The Sydney system: histological division. J Gastroenterol Hepatol 6: 209–222 Stolte M, Meining A (2001) The updated Sydney system: classification and grading of gastritis at the basis of diagnosis and treatment. Can J Gastroenterol 15(9): 591–598 Sung JJY, Russel RI, Yeomans N, Chan FKL et al. (2000) Working party report: Non-steroidal anti-inflammatory drug toxicity in the upper gastrointestinal tract. J Gastroenterol Hepatol 15: 58–68
9.2.2
Zollinger-Ellison-Syndrom Tammo von Schrenck
Einleitung
709
neuroendokrine Tumoren zugrunde liegen; diese werden als Gastrinome bezeichnet. Gastrinome treten zu ca. 75% als sporadische, also nicht familiär gehäufte Tumoren auf. In 25% der Fälle sind sie mit der multiplen endokrinen Neoplasie Typ 1 (MEN-1) assoziiert. Diese Differenzierung impliziert wichtige diagnostische und therapeutische Konsequenzen. Seit der Einführung potenter Säuresekretionshemmer stehen bei Gastrinomen weniger die Folgen der Hyperchlorhydrie als vielmehr die Konsequenzen des Tumorwachstums im Vordergrund. Klinische Manifestationen
Die Symptome des ZES sind Folge der erhöhten Säuresekretion und bestehen in Sodbrennen, abdominellen Schmerzen, rezidivierenden Magen- und/oder Duodenalulzera und seltener in einer Diarrhö oder Steatorrhö, die durch säurebedingte Inaktivierung pankreatischer Lipasen zu erklären ist. Eine Diagnostik in Hinblick auf ein Gastrinom sollte erfolgen, wenn peptische Läsionen auch unter einer effektiven medikamentösen Therapie nur geringe Heilungstendenz zeigen oder wenn Ulzera im Magen und im Duodenum nach erfolgreicher Helicobacter-pyloriEradikation rezidivieren. Weitere Gründe sind eine auffällige Familienanamnese mit peptischen Ulzera, ein primärer Hyperparathyreodismus und das Auftreten von endokrinen enteropankreatischen Tumoren (z. B. Insulinom, Gastrinom, Glukagonom) oder Hypophysenadenomen in der Familie. Die sehr genaue Familienanamnese ist integraler Bestandteil der Diagnostik, um Hinweise auf eine MEN-1-Erkrankung zu erfassen. Deswegen ist ausdrücklich nach den Symptomen eines ZES, aber vor allem auch den anderen typischen MEN-1-Erkrankungen wie dem primären Hyperparathyreodismus zu fragen (s. Übersicht). Auch heutzutage vergehen vom Auftreten erster Symptome eines ZES bis zur Diagnosestellung immer noch 3–5 Jahre. Nicht zuletzt wegen dieser erheblichen Latenz liegt in ca. 30% der Fälle bei Diagnosestellung bereits ein metastasiertes Gastri-nom vor. Indikationen für die Bestimmung der Serumkonzentrationen von Gastrin bei Verdacht auf Zollinger-Ellison-Syndrom • Ulkusleiden mit häufigen Rezidiven, auch nach erfolgreicher Helicobacter-pylori-Eradikation, unter Säuresekretionshemmung oder nach Magenoperationen (z. B. nach Perforationen) • Schwer therapierbare Ösophagitis • Diarrhö und Steatorrhö unklarer Genese • Nachweis einer erhöhten Magensäuresekretion (z. B. in der 24-h-pH-Metrie) • Hyperkalzämie, Hyperparathyreodismus, MEN-1-Syndrom • Auffällige Familienanamnese: Säurebedingte Erkrankungen bzw. deren Komplikationen; Hyperparathyreodismus; endokriner gastrointestinaler Tumor; Hypophysentumor
Das von Zollinger und Ellison 1955 erstmals beschriebene Syndrom bestand in der Trias von massiv gesteigerter Magensäuresekretion, rezidivierenden, nur durch eine Gastrektomie beherrschbaren peptischen Ulzerationen und einem endokrinen Non-Beta-Inselzelltumor des Pankreas.
Pathologische Befunde
Erst durch Aufreinigung und Sequenzierung von Gastrin sowie die Möglichkeit, die Konzentrationen des Peptidhormons mit dem Radioimmunoassay zu quantifizieren, konnte nachgewiesen werden, dass dem Zollinger-Ellison-Syndrom (ZES) Gastrin-produzierende
Die Lokalisation der Gastrinome ist bei sporadischen und MEN-1Erkrankungen unterschiedlich. Sporadische Gastrinome sind meist singuläre Tumoren, die in Duodenum und Pankreas, selten in beiden Organen zu finden sind. Liegt ein MEN-1-Syndrom vor, so finden sich die Gastrinome meist als multiple, zum Teil auch
9
9
710
9 Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes
Singuläre Tumoren Assoziiert mit primärem Hyperparathyreodismus Vorliegen anderer endokriner Tumoren beim Patienten (Hypophyse, Nebenniere) Positive Familienanamnese (primärer Hyperparathyreodismus, Insulinom, Gastrinom, Glukagonom etc.)
Sporadisch
MEN-1
yypisch Nein Nein
Selten >90% Ja
Nein
Ja
Taab be lllee 9.2-9. 9.2 9.2-99 Tyypische Unterschiede zwischen sporadisch auftretenden und mit einer multiplen endokrinen Neoplasie Typ 1 (MEN-1) assoziierten Gastrinomen. Die Differenzierung zwischen diesen beiden Gruppen hat diagnostische, therapeutische und prognostische Relevanz
weis der gesteigerten Säuresekretion ist auch die 24-h-pH-Metrie und der pH-metrische Nachweis eines Magen-pH von 3 schließt hingegen bei nicht vorbehandelten Patienten ein ZES mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit aus. Eine Hypergastrinämie liegt bei Werten um 100 pg/ml oder bei einer ca. zweifachen Erhöhung der Serumkonzentrationen vor (in Abhängigkeit von den verwendeten Antikörpern sind die Referenzwerte für die Gastrinkonzentrationen in den jeweiligen Laboratorien unterschiedlich). Eine mäßiggradige Hypergastrinämie (um 100 pg/ ml) wird meist nicht durch ein ZES, sondern durch eine Helicobacter-pylori-Infektion und eine säurehemmende Therapie (v. a. mit Protonenpumpenhemmern), einen Zustand nach Vagotomie Diagnostik Funktionstests Die Diagnose eines ZES wird generell durch das oder eine Dehnung des Magens (Magenausgangsstenose) bedingt. Vorliegen einer Hypergastrinämie bei gesteigerter Säuresekre- Höhere Gastrinkonzentrationen treten auf nach einer Magenretion in Zusammenhang mit den klinischen Symptomen gestellt. sektion mit zurückbelassenem Antrum, bei einer Hyperkalzämie Nüchternwerte von >1000 pg/ml sind bereits so gut wie bewei- (z. B. bei primärem Hyperparathyreodismus) und bei fortgeschritsend für ein ZES, wenn keine Atrophie der Magenschleimhaut tener Niereninsuffizienz (verminderte renale Clearance von vorliegt und die Säuresekretion nicht medikamentös gehemmt Gastrin; Tabelle 9.2-10). Die häufigste Ursache für mäßig- bis wird. Die Magensekretionsanalyse weist typischerweise eine basal hochgradige Erhöhungen der Serumgastrinkonzentrationen ist die deutlich erhöhte Sekretion von Säure nach (>15 mmol/l/h). atrophische Gastritis, die sich anhand der Histologie der MagenDiese Messung der Säuresekretion steht allerdings nur noch an schleimhaut nachweisen lässt (s. Tabelle 9.2-10). Die Hyperwenigen Zentren in geeigneter Form zur Verfügung. Zum Nach- gastrinämie kann bei einem begründeten Verdacht durch den sehr kleine Pankreastumoren; dabei lassen sich in etwa 40% der Fälle auch Gastrinome im Duodenum nachweisen (Tabelle 9.2-9). Duodenale Gastrinome sind bei Diagnosestellung in ca. 80% der Fälle 3 cm sind. Typische Metastasierungswege sind v. a. die regionalen Lymphknoten, die Leber und das Skelettsystem. Sehr selten werden Gastrinome auch im Herzen, in den Gallenwegen, in der Niere, im Ovar oder im Mesenterium gefunden. Der histochemische Nachweis von Gastrin im Tumorgewebe beweist nicht die Diagnose, da die Synthese des Hormons nicht eine suffiziente Sekretion impliziert. Auch lassen die histomorphologischen Charakteristika keinen Rückschluss auf das Wachstumsverhalten zu.
Tabelle 9.2-10. Differentialdiagnostik bei Hypergastrinämie. Die häufigsten äufig Ursachen für eine Hypergastrinämie sind die chronisch atrophische Gastritis, die Infektion der Magenschleimhaut mit Helicobacter bacte pylori und die effektive Säuresekretionshemmung. Das Ausmaß der Hypergastrinämie bei den jeweiligen Erkrankungen ist interindividuell divi sehr unterschiedlich, leichte Erhöhungen der Serumgastrinkonzentrationen (ca. zwischen 40 und 100 pg/ml) sind mit +, mittel ittelgradige (ca. 100–200 pg/ml) mit ++ und deutliche Erhöhungen (>200 pg/ml) mit +++ angegeben. Serumgastrinkonzentrationen vo on > >1000 pg/ml sind fast immer durch ein Gastrinom bedingt, wenn keine Atrophie der Magenschleimhaut vorliegt. Die Referenzbereich he fü ür Serumgastrinwerte können im jeweiligen Labor in Abhängigkeit vom gegen die Gastrinpeptide gerichteten Antikörper unterschiedlich edli sein. Die oben aufgeführten Werte beziehen sich auf einen Normbereich, dessen obere Grenze bei 40 pg/ml liegt Diagnose
Serumgastrinkonzentrationen
Differentialdiagnostisch relevante Befunde
Atrophie der Magenschleimhaut
+ bis +++
Helicobacter-pylori-Infektion
Meist nur gering
Säuresekretionshemmung (z. B. mit PPI) Zollinger-Ellison-Syndrom
+ bis ++ + bis +++
G-Zell-Hyperlasie
+ bis ++
Histologie der Magenschleimhaut, Säuresekretion vermindert Nachweis des Erregers, (Ureasetest, Histologie, 13C-Harnstoffatemtest), Sekretintest negativ Anamnese, Sekretintest negativ Magensäuresekretion gesteigert, Sekretintest positiv Histologie der Magenschleimhaut, Sekretintest negativ Gastroskopie, Magenoperation in der Vorgeschichte, Sekretintest negativ Klinische Befunde, ggf. Sekretintest negativ Endoskopie, Röntgen, Rückgang der Hypergastrinämie nach Entlastung des Magens Klinisches Bild, (Tachykardie, Hypertonus) Anamnese
Zurückbelassenes Antrum, inkomplette Vagotomie Niereninsuffizienz Magenentleerungsstörung bzw. Magendehnung Phäochromozytom Ausgedehnte Dünndarmresektion
+ bis +++ + bis +++ + bis +++ bis ++ + bis ++
9.2 Gastroduodenale Erkrankungen
711
MEN-1-Gens auf dem Chromosom 11q13 beruht. Dieses Gen kodiert ein 610 Aminosäuren umfassendes Protein (MENIN). In 25% 800 der Fälle findet sich keine eindeutige Familienanamnese. Das MEN-1-Syndrom ist charakterisiert durch die Entwicklung von Serum Gastrin 600 Hyperplasien der Nebenschilddrüse mit der Folge eines Hyper(pg/ml) parathyreodismus, pankreatischen endokrinen Tumoren, Tumoren 400 der Hypophyse und der Nebennieren. Einer aktuellen NIH-Studie 200 zufolge entwickeln 40% der Patienten mit MEN-1 ein ZollingerEllison-Syndrom, seltener Insulinome oder Glukagonome. Bei Pa–5 0 5 10 15 20 25 30 tienten mit MEN-1- und Zollinger-Ellison-Syndrom lassen sich Zeit (min) durch eine subtile Diagnostik in etwa 60% Tumoren der Hypophyse Abb. 9.2-7. Nachweis eines Gastrinoms durch den Sekretintest. identifizieren, Tumoren der Nebenniere in 45% und vor allem Nach intravenöser Applikation von ZIE/kg Körpergewicht Sekretin Magenkarzinoide, bronchiale oder Thymuskarzinoide in 30% der steigen die Serumgastrinkonzentrationen deutlich an. Bei dem Patienten wurde das Gastrinom im weiteren Verlauf auch in der Fälle. Ein Hyperparathyreodismus findet sich bei MEN-1-Patienten Bildgebung nachgewiesen und dann komplett reseziert. Steigen die in 94% der Fälle. In 45% der Fälle geht das Auftreten des ZollingerSerumgastrinkonzentrationen innerhalb von 2–10 min nach Gabe von Sekretin >200 pg/ml an, ist von der Diagnose eines Ellison-Syndroms dem Auftreten des Hyperparathyreodismus vorGastrinoms auszugehen. Bei anderen Erkrankungen, die ebenfalls zur Hypergastrinämie führen (s. Tabelle 9.2-10), ist dieser Anstieg aus. Die molekulargenetische Analyse erlaubt es, bei erkrankten nicht nachzuweisen oder weniger stark ausgeprägt (200 pg/ml nach intravenöser phylaktische Thyreoidektomie im Kindesalter empfohlen wird. Eine Bedeutung hat der Nachweis eines MEN-1-Syndroms jeGabe von Sekretin (2 IE/kg Körpergewicht) typisch (Abb. 9.2-7). Allerdings muss für den Test (ebenso wie für die Magensäure- doch für die Bewertung der bildgebenden Verfahren, z. B. für die sekretionsanalysen bzw. die Messungen des intragastralen pH) die schwierige Detektion multipler kleiner Tumoren bei MEN-1. Auch säuresekretionshemmende Therapie mit Protonenpumpenhem- hinsichtlich der therapeutischen Konsequenzen hat der Nachweis mern unterbrochen werden, da die Hemmung der Säuresekretion eines MEN-1-Syndroms Gewicht, da im Gegensatz zu den sporadieine Hypergastrinämie bewirkt. Patienten mit ZES können jedoch schen Gastrinomen ohne Lebermetastasen der Erfolg radikaler chinach Absetzen von Protonenpumpenhemmern sehr kurzfristig Ul- rurgisch-kurativer Ansätze kontrovers beurteilt wird (Tabelle zerationen und Perforationen entwickeln. Deswegen sollte die 9.2-11). säuresekretionshemmende Therapie in Abhängigkeit von der klinischen Konstellation (z. B. ausgeprägte Neigung zu Ulzera nach Absetzen von Säuresekretionshemmern) auf hochdosierte Histamin-H2-Rezeptorantagonisten (weniger langanhaltende Wirkung Tabelle 9.2-11. Weber et al. haben bei 139 Patienten mit nachgewieZollinger-Ellison-Syndrom die Tumorausdehnung und die auf die Säure- und Gastrinsekretion) umgestellt und 12 h vor dem senem Tumorlokalisation prospektiv untersucht und die typischen UnterTest pausiert werden. Ist ein Gastrinom bewiesen, ist grundsätzlich schiede zwischen den sporadischen und den mit der multiplen endokrinen Neoplasie Typ-1 (MEN-1) assoziierten Gastrinomen nach einem primären Hyperparathyreodismus als Ausdruck eines aufgezeigt MEN-1-Syndroms zu fahnden. Hierzu sind Messungen des Gastrinome Sporadische Serumkalziums, des intakten Parathormons und der renalen Kalzibei MEN-1 Gastrinome (n=18) (n=121) um- und Phosphatausscheidung im 24-h-Urin indiziert. Die Aus[%] [%] dehnung von Gastrinomen und auch das Proliferationsverhalten Tumorausdehnung (z. B. Metastasierungsneigung) lassen sich nicht anhand der Nur Primärtumor 26 17 Serumgastrinkonzentrationen erfassen. Hingegen eignet sich das Nur Lymphknoten 17 17 Keine Metastasen 57 33 Chromogranin A, ein 49-kD-Protein sekretorischer Granula endoBei Metastasierung: kriner Zellen, zur Verlaufskontrolle. Endokrine gastroenteroLymphknoten 31 56 pankreatische Tumoren synthetisieren und sezernieren auch Leber 25 17 Knochen 11 0 andere Hormone als die, die das klinische Bild prägen. Dies gilt Lokalisation auch für Gastrinome: Häufig wird das pankreatische Polypeptid Nur Duodenum 31 17 (PP) sezerniert, das allerdings die Symptomatik nicht beeinflusst. Nur Pankreas 28 44 1.000
Sekretin i. v.
Bedeutung des MEN-1-Syndroms Das MEN-1-Syndrom ist
eine autosomal-dominante Erkrankung, die auf Mutationen des
Duodenum und Pankreas Andere Unbekannt
3 2 36
22 0 17
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9 Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes Hypergastrinämie Gastrin > 100pg/ml
Atropie der Magenschleimhaut? (Gastroskopie, Histologie)
ja
nein
Magensäureproduktion erhöht? (Magensekretionsstudien, pH-Metrie)
ja
nein
Sektretintest (2 IE/kg KG i.v.)
Kontrollgastroskopien (Karzinoide, Karzinome) im Verlauf
Serumgastrin Anstieg >200 pg/ml
Serumgastin Anstieg 90%) exprimieren Somatostatinrezeptoren, die sich mit der Somatostatinrezeptorszintigraphie unter Einsatz markierter Liganden ([111In-DTPA-D-Phe1-]Octreotid) im SPECT-Verfahren sehr gut nachweisen lassen. In der Lokalisation von Primärtumoren haben sich insbesondere die Somatostatinrezeptorszintigraphie und der endoskopische Ultraschall als zuverlässig erwiesen. Der transkutane Ultraschall, die Computertomographie, die Magnetresonanztomographie und die Angiographie lokalisieren vor allem Lebermetastasen und größere Primärtumoren. Die angiographische Entnahme von Blut aus den venösen Abflussgebieten des Pankreas und Duodenums mit anschließender Bestimmung der Gastrinkonzentrationen („portal venous sampling“) kann zur präoperativen Lokalisation von solchen Gastrinomen führen, die sich der Bildgebung entziehen. Wegen der einfachen Durchführbarkeit und hohen Zuverlässigkeit sollte die Somatostatinszintigraphie frühzeitig beim funktionellen Nachweis eines Gastrinoms eingesetzt werden (Abb. 9.2-8). Diese Untersuchung hat auch den Vorteil, dass der gesamte Körper abgebildet wird und somit nicht nur Leberfiliae, sondern auch entfernte Metastasen (z. B. im Skelettsystem) erkannt werden können.
713
enten aus, um Symptome und/oder die Säureproduktion zu kontrollieren. Es empfiehlt sich eine Kontrolle des Therapieeffekts mit der pH-Metrie oder Säuresekretionsstudien. Kurative Therapie Grundsätzlich ist die chirurgische Exstirpation des Gastrinoms der kurative Ansatz der ersten Wahl. Die präoperative Diagnostik sollte eine ausgedehnte Metastasierung, die v. a. in die Lymphknoten, in die Leber und in das Skelettsystem erfolgt, ausgeschlossen haben. Bei sporadischen Gastrinomen ohne Hinweis auf eine ausgedehnte Metastasierung in die Leber oder in den Knochen sollte grundsätzlich eine explorative Laparotomie in einem in der endokrinen Chirurgie erfahrenen Zentrum erfolgen. Intraoperativ kann die Lokalisation von Gastrinomen durch die endoskopische Transillumination und durch den intraoperativen Ultraschall erleichtert werden. Bei der Operation sollten der Primärtumor und befallene Lymphknoten möglichst vollständig reseziert werden. Eine Duodenotomie und Dissektion von Lymphknoten wird empfohlen. Bei Patienten mit MEN-1-Erkrankung ist das explorativ-chirurgische Vorgehen umstritten: Bei MEN-1 sind die Gastrinome meist multipel, und auch eine ausgedehnte Exploration (einschließlich Duodenotomie) kann nur in Einzelfällen zur langfristigen Heilung vom ZES führen. Einige Zentren empfehlen bei Gastrinomen, die größer als 3 cm sind, eine Exploration und Resektion von Tumoren, andere eine prophylaktische Operation mit distaler Pankreatektomie, Enukleation von isolierten endokrinen Tumoren im Pankreaskopfbereich, einer Duodenotomie und Dissektion der regionalen Lymphknoten. Die Behandlung des primären Hyperparathyreodismus sollte bei gleichzeitig bestehendem Gastrinom aus einer allseitigen Parathyreodektomie mit autologer Transplantation von Nebenschilddrüsengewebe bestehen (s. Abb. 9.2-8). Die Normalisierung der Kalziumkonzentrationen im Serum vermindert die Gastrinsekretion und Säureproduktion und verbessert die Kontrolle der säurebedingten Symptome bzw. ihrer Komplikationen. Konservative Therapie bei metastasierten Gastrinomen
Durch die Möglichkeit, die Symptome und Komplikationen der gesteigerten Säuresekretion (Ulzera, Blutungen, Perforation) zu beherrschen, hat das Tumorwachstum eine vorrangige prognostische Bedeutung gewonnen. Eine Chemotherapie mit 5-FU, Streptozotocin und Adriamycin hat bei den metastasierten Gastrinomen im Gegensatz zu anderen gastroenteropankreatischen Therapie Kontrolle der Säuresekretion Die Therapie des ZES zielt zu- endokrinen Tumoren enttäuscht. Die Therapie mit Somatostatinnächst auf eine rasche Kontrolle der pathologisch gesteigerten analoga hat bei Gastrinomen nicht wie bei anderen endokrin aktiSäuresekretion, die den Patienten durch eine Ulkusblutung oder ven Tumoren die Suppression der Hormonproduktion und damit Ulkusperforation gefährdet. Seit der Einführung hochgradig eine Verbesserung der Symptome zum Ziel. Vielmehr sind die antieffektiver und potenter Säuresekretionshemmer ist die Gastrek- proliferativen Effekte des Hormons die Rationale für den Einsatz bei tomie nur noch in sehr seltenen Einzelfällen, zum Beispiel bei Gastrinomen. Die Therapie mit Somatostatinanaloga (z. B. schlechter Compliance des Patienten, zu erwägen. Protonen- Octreotid) führt nur in Einzelfällen zum Rückgang der Tumorpumpenhemmer (z. B. Omeprazol, Pantoprazol) hemmen irre- größe, häufiger bewirkt sie eine mehrere Monate anhaltende Stabiversibel die H+/K+-ATPase und sind allen anderen Medikamen- lität der Erkrankung. Gleiches gilt für die Therapie mit α-Interten in der Kontrolle der Säuresekretion beim ZES überlegen. Dosie- feron, das antiproliferative Effekte auch bei anderen endokrinen rungen zwischen 40 und 80 mg/Tag reichen bei den meisten Pati- gastroenteropankreatischen Tumoren entfaltet. Auch bei fortge-
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9 Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes
schrittener Erkrankung sollte ein chirurgisches Vorgehen im Sinne eines sog. „tumor debulking“ diskutiert werden. Auch die Lebertransplantation ist bei metastasierten Gastrinomen in Einzelfällen erfolgreich zur Anwendung gebracht worden. Wie bei anderen endokrinen Tumoren des gastroenteropankreatischen Systems kann auch die selektiv-arterielle Embolisation oder Chemoembolisation von Leberfiliae eine Palliation oder Stabilisierung der Erkrankung bewirken. Grundsätzlich erfordert die Therapie bei Gastrinomen einen interdisziplinären Dialog, um ein individuelles diagnostischtherapeutisches Konzept zu entwickeln. Prognose
Gibril F, Schumann M, Pace A, Jensen RT (2004) Multiple endocrine neoplasia Type 1 and Zollinger-Ellison-Syndrome. Medicine 83: 43–83 Malfertheiner P, Peitz U, Wolle K, Treiber G (2004) H. pylori-infection an update for 2004. Dtsch Med Wochenschr 129:1821-1826 Marx S, Spiegel AM, Skarulis MC et al. (1998) Multiple endocrine neoplasia type 1: clinical and genetic topics. Ann Intern Med 129: 484–494 Norton JA, Fraker DL, Alexander HR et al. (1999) Surgery to cure the Zol-linger-Ellison syndrome. N Engl J Med 341: 635–644 Öberg K (1994) Biology, diagnosis, and treatment of neuroendocrine tumors of the gastrointestinal tract. Curr Opin Oncol 6: 441–451 Perri F, Festa V, Clemente R, Quitadamo M, Andriulli A (2000) Rifabutin-based ‘rescue therapy’ for Helicobacter pylori infected patients after failure of standard regimens. Aliment Pharmacol Ther 14:311-316 Schrenck T von, Howard JM, Doppman JL et al. (1988) Prospective study of chemotherapy in patients with metastatic gastrinoma. Gastroenterology 94: 1326–1334 Termanini B, Gibril F, Reynolds JC et al. (1997) Value of somatostatin receptor scintigraphy: a prospective study in gastrinoma and of its effect on clinical management. Gastroenterology 112: 335–347 Thompson NW, Pasieka J, Fukuuchi A et al. (1993) Duodenal gastrinomas, duodenotomy, and duodenal exploration in the surgical management of Zollinger-Ellison syndrome. World J Surg 17: 455–462 Weber HC, Venzon DJ, Lin JT et al. (1995) Determinants of metastatic rate and survival in patients with Zollinger-Ellison syndrome: a prospective long-term study. Gastroenterology 108: 1637–1649
Bei Gastrinomen werden benigne und maligne Verläufe beobachtet. Die Tumorausdehnung ist ein wichtiger Prognosefaktor. Die Fünfjahresüberlebensraten betragen >90%, wenn bei der Laparotomie kein Tumor gefunden oder der Tumor komplett entfernt werden konnte. Maligne Verläufe werden bei Frauen häufiger beobachtet als bei Männern. Prognostisch günstig sind auch kleine (≥1 cm) Tumoren, die Lokalisation des Primärtumors im Duodenum, ein isolierter Lymphknotenbefall, eine MEN-1-Erkrankung und eine lange Latenz zwischen dem Auftreten erster Symptome und der Diagnosestellung. Prognostisch ungünstig sind vor allem eine Metastasierung in die Leber, ein großer (>3 cm) Tumor, die 9.2.3 Lokalisation des Primärtumors im Pankreas und ein kurzer Zeitraum zwischen Auftreten erster Symptome und der Diagnosestellung.
Funktionelle Dyspepsie und Störungen der Magenentleerung Hans-Dieter Allescher
Funktionelle Dyspepsie Definition Unter Dyspepsie versteht man einen SymptomenEvvidenz der Therapieempfeehlungen Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke Bestimmung von SerumII-a B gastrinkonzentrationen Sekretintest II-a B Bestimmungen der SäureII-a B sekretion (BAO/MAO) MEN-1-Genanalyse II-a B Einsatz von Somatostatinrezep- II-a B torszintigraphie, CT,, Endosonographie, MR, zur Lokalisation Ko ontrolle der Säuresekretion I-a A mit Protonenpumpenhemmern Chirurgische Exploration und II-a B Resektion mit kurativer Intention ohne MEN-1 Chirurgische Exploration und V C Resektion mit kurativer Intention bei MEN-1
Literatur Arnold R, Trautmann ME, Creutzfeldt W et al. (1996) Somatostatin analogue octreotide and inhibition of tumour growth in metastatic endocrine gastroenteropancreatic tumours. Gut 38: 430–438 Chandrasekharappa SC, Guru SC, Manickam P et al. (1997) Positional clon-ing of the gene for multiple endocrine neoplasia-type 1. Science 276: 404–407 Eriksson BK, Larsson EG, Skogseid BM et al. (1998) Liver embolizations of patients with mali2gnant neuroendocrine gastrointestinal tumors. Cancer 83: 2293–2301
komplex aus unterschiedlichen gastrointestinalen Beschwerden, die hauptsächlich im Oberbauch lokalisiert sind (frühzeitiges Sättigungsgefühl, postprandiales Völlegefühl, epigastrischer Schmerz, Übelkeit, Aufstoßen, Sodbrennen, Aufgeblähtsein etc.). Dyspeptische Beschwerden können sowohl Ausdruck einer organischen Erkrankung sein (z. B. peptische Ulzera, symptomatischer Cholelithiasis, Refluxerkrankung oder maligne Erkrankungen) als auch ohne mit der Routinediagnostik fassbaren, organischen Auffälligkeiten auftreten (funktionelle Dyspepsie). Andere gleichbedeutende Ausdrücke sind die nichtulzeröse Dyspepsie (NUD), der Reizmagen und funktionelle Magenbeschwerden, die jedoch zur Vereinheitlichung des Sprachgebrauchs nicht mehr benützt werden sollten. Epidemiologie Die funktionelle Dyspepsie stellt einen der
häufigsten Gründe für die Arztkonsultationen in der gastroenterologischen oder internistischen Praxis dar. Bis zu 25% der Bevölkerung leiden gelegentlich oder wiederholt an dyspeptischen Beschwerden, aber nur eine Subgruppe (ca. 20%) dieser Patienten sucht wegen dieser Beschwerden einen Arzt auf. Die Beschwerden können sehr quälend sein und zu einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität führen. Wegen der Häufigkeit der Beschwerden und den damit verbundenen Kosten für Diagnostik und Therapie hat dieses Krankheitsbild eine wichtige ökonomische Bedeutung.
9.2 Gastroduodenale Erkrankungen
Ätiologie und Pathogenese Die Ätiologie der dyspeptischen Beschwerden ist nicht eindeutig bekannt. Unterschiedliche Faktoren wurden als mögliche auslösende Ursachen für die funktionelle Dyspepsie genannt (s. Übersicht).
Postulierte Störungen und Ursachen für dyspeptische Beschwerden • Viszerale Hypersensibilität – Vermehrte Perzeption von Dehnungsreizen – Gestörte Perzeption von Säure • Störungen der Motilität – Postprandiale antrale Hypomotilität – Verzögerung der Magenentleerung – Veränderung des gastralen elektrischen Rhythmus – Gastroösophagealer Reflux – Duodenogastrischer Reflux • Veränderungen der Säuresekretion – Hyperazidität • Helicobacter pylori • Stress • Psychologische Auffälligkeiten • chronischer Entzündungsreiz
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arbeitung aufzuweisen. Welche Rolle dem Stress als ursächlicher Faktor zukommt, ist weiterhin unklar. Auch für den Helicobacter pylori wurde eine mögliche pathogenetische Rolle postuliert, obwohl die Therapiestudien bisher keine eindeutige Assoziation nachweisen konnten. Die häufig zu findende mikroskopische Gastritis oder Duodenitis ist auch bei symptomfreien Personen nachweisbar und nicht eindeutig mit dyspeptischen Symptomen korreliert. Ob die entzündliche Reaktion auf die H.-p.-Infektion für die Sensibilisierung eine Rolle spielt, ist unklar. Von vielen Patienten wird eine Assoziation der Beschwerden zur Nahrungsaufnahme und gelegentlich auch zu fetten Mahlzeiten angegeben. Trotzdem lassen sich meist keine spezifischen Nahrungsmittel als Auslöser für die Beschwerden feststellen. Ebenso gibt es keinen Hinweis, dass Kaffee, Alkohol oder Rauchen eindeutig mit der Symptomatik assoziiert sind. Die meisten Dyspepsiepatienten leben aber sehr gesundheitsbewusst; so ist die Rate der Raucher bei den Dyspepsiepatienten geringer als bei Ulkuspatienten. Dyspeptische Beschwerden können auch als typische Nebenwirkung bestimmter Medikamentengruppen auftreten. So klagen Patienten unter hochdosierten NSAR, mit oraler Eisenmedikation, mit Makroloidantibiotika (z. B. Erythromycin) oder mit Prostaglandinanaloga regelmäßig über dyspeptische Beschwerden, die nach Absetzen der Medikation verschwinden.
Von diesen unterschiedlichen postulierten pathogenetischen Erklärungen kommt der viszeralen Hypersensibilität derzeit sicherlich die größte Bedeutung zu. Ein Großteil der Patienten mit funktioneller Dyspepsie nimmt Reize (z. B. Dehnungen) aus dem Magen-Darm-Trakt stärker wahr als gesunde Vergleichspersonen. Dabei ist noch unklar, ob es sich um ein generelles Phänomen im gesamten Gastrointestinaltrakt handelt oder ob die Hypersensibilität auf eine bestimmte Organregion begrenzt Klinik Patienten mit funktioneller Dyspepsie sind oft durch langist. Die Dehnbarkeit des Magens (Compliance) ist dabei nicht wierige und chronische Beschwerden geprägt (s. Übersicht), ohne verändert. Dies bedeutet, dass Patienten mit funktioneller Dys- dass mit den üblichen klinischen Untersuchungsmethoden (Labor, pepsie eventuell normale physiologische Vorgänge als unan- Ultraschall, ÖGD) eine wesentliche pathologische Auffälligkeit genehm und z. T. schmerzhaft wahrnehmen. Dabei wird nach identifiziert werden kann (s. Definition). Es wurde oft versucht, die neueren Untersuchungen eine Störung der gastrointestinalen Patienten durch Zusammenfassung von bestimmten Symptomen„High-threshold“-Dehnungsrezeptoren angenommen. Die Ätio- komplexen oder von Leitsymptomen in unterschiedliche Symptomlogie dieser Hypersensibilität wird wiederum kontrovers dis- gruppen zu untergliedern (Ulkustyp, Refluxtyp, Dysmotilitätstyp). kutiert, jedoch es gibt einige Hinweise darauf, dass bei diesen Da sich daraus aber weder pathogenetische noch wirklich theraPatienten eine Sensibilisierung von afferenten Nervenfasern (ver- peutische Konsequenzen ergeben, ist ein klinischer Nutzen dieser mutlich im Bereich des Rückenmarks) vorliegt, die als Kategorisierung fraglich. Patienten mit vorrangigen oder ausFolge von Reizzuständen (entzündlich?) entstanden sind und schließlichen Refluxbeschwerden sollten aber auf das Vorliegen durch eine unbekannte Störung nicht mehr deaktiviert werden. einer endoskopisch negativen Refluxkrankheit hin untersucht werStörungen der Motilität und psychopathologische Auffäl- den. Im Gegensatz zu einer früher üblichen Gliederung werden ligkeiten können nachgewiesen werden und für die Symptom- Patienten mit Leitsymptom Sodbrennen heute nicht mehr der entstehung bzw. für die veränderte zentrale Verarbeitung eine funktioonellen Dyspepsie sondern bei negativem endoskopischen wichtige Rolle spielen. So kann bei 30–82% der FD-Patienten Befund und Ansprechen auf Säureblockade der nicht-reosiven eine postprandiale antrale Hypomotilität oder verzögerte Magen- Refluxerkrankung zugerechnet. entleerung nachgewiesen werden. Mit Hilfe des Elektrogastrogramms können auch bei einzelnen Patienten spezifische Symptomspektrum der Patienten mit funktioneller Dyspepsie • Frühzeitiges Sättigungsgefühl Veränderungen der gastralen elektrischen Aktivität (z. B. Tachy• Postprandiales Völlegefühl • Epigastrische Schmerzen gastrie) nachgewiesen werden, ohne dass eine klar ätiologische • Übelkeit Beziehung zu den Beschwerden besteht. • Aufstoßen • Aufgeblähtsein Die Beschwerden werden oft durch stressorische Lebens• Retrosternales Brennen ereignisse oder beruflichen Stress verstärkt bzw. jene sind z. T. für die Arztkonsultation verantwortlich. Patienten mit funktioneller Dyspepsie scheinen jedoch veränderte oder gestörte Stressver-
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Die entscheidenden Anforderungen an die Diagnostik sind einerseits, organische Ursachen der dyspeptischen Beschwerden auszuschließen, und andererseits, ein stabiles Vertrauensverhältnis von Arzt zu Patient herzustellen. Da häufig bei den Patienten die Angst vor ernsthaften und schwerwiegenden Erkrankungen besteht, ist zunächst eine Basisdiagnostik zur Ausschlussdiagnostik sinnvoll und um eine stabile Argumentationsgrundlage aufbauen zu können. Eine umgehende Abklärung sollte vor allem dann erfolgen, wenn bestimmte Alarmsymptome (s. Übersicht) vorliegen. Alarmsymptome, die eine weitere Abklärung von dyspeptischen Beschwerden erfordern • Fieber >38,5 °C • Nachtschweiß • Leistungsknick • Ungewollte Gewichtsabnahme >3 kg • Rezidivierendes Erbrechen • Blut im Stuhl • Hämatemesis • Dysphagie • Auffälligkeiten bei der körperlichen Untersuchung
keit von Milchprodukten, Pankreatitisschübe, wässrige postprandiale Stühle oder massive Diarrhö) oder andere pathologische Befunde (Speisereste im Magen bei ÖGD, Eosinophilie, Eisenmangelanämie) gekennzeichnet. Andererseits sollte eine überzogene diagnostische Abklärung vermieden werden, um nicht den Eindruck aufkommen zu lassen, dass nur eine organische Erkrankung Ursache für die vorhandenen Beschwerden sein kann. Dabei muss auch vermieden werden, einem Zufallsbefund (z. B. einem stummen Gallenstein) eine mögliche pathogenetische Bedeutung zuzuschreiben und daraus unnötige therapeutische Konsequenzen zu ziehen. Grundsätzlich muss aber eine Reihe von organischen Erkrankungen als Differentialdiagnose in Betracht gezogen werden (Tabelle 9.2-12). Therapie Die Therapie der funktionellen Dyspepsie muss meh-
rere Aspekte berücksichtigen. Warum hat der Patient den Arzt aufgesucht? Gibt es auslösende Faktoren? Besteht beim Patienten ein medikamentöser Behandlungswunsch? Die Therapie basiert auf einer sicheren klinischen Diagnose der funktionellen Dyspepsie. Dies stellt eine wesentliche Behandlungs- und Argumentationsgrundlage für Arzt und Diagnostik Die Basisdiagnostik umfasst ein kleines Labor (klei- Patient dar. Als Nächstes sollten dem Patienten seine Krankheitsnes BB, Serumwerte, BKS) und eine Ösophagogastroduodenoskopie ängste genommen und ein einfaches sowie gut nachvollzieh(ÖGD). Eine abdominelle Sonographie bringt bei normalen Labor- bares Krankheitsmodell für die Entstehung der Beschwerden befunden meistens keinen wesentlichen diagnostischen Zugewinn. entwickelt werden. Dazu sollten auch, wenn möglich, die VorstelUm insbesondere bei jüngeren Patienten unnötige Endoskopien lungen und Erklärungen des Patienten und eventuelle psycholound Sonographien zu vermeiden, kann eine 4- bis 6-wöchige em- gische Faktoren integriert werden. Es ist oft hilfreich, dem Patienten zu verstehen zu geben, dass es einen Mechanismus pirische Therapie vorgeschaltet werden. Wegen der Häufigkeit der Beschwerden und der damit verbun- für die Entstehung der Beschwerden gibt, dass dieser aber nicht mit denen Kosten für die Diagnostik werden im angloamerikanischen einer organischen Erkrankung verknüpft ist. Als Nächstes muss dann geklärt werden, ob der Patient eine Raum hauptsächlich aus ökonomischen Gründen bestimmte Managementstrategien empfohlen (z. B. „Test (Hp) and treat“ medikamentöse Behandlung wünscht, und dass es keine univeroder „Test (Hp) and scope“. Da in Deutschland die Kosten für die selle Medikation gibt, die alle Patienten sofort und absolut endoskopische Diagnostik geringer sind als z. B. für eine proba- symptomfrei macht. Man sollte dem Patienten vermitteln, dass torische Eradikationstherapie, haben diese Managementstrategien man mit den medikamentösen Ansätzen versucht wird, der Befür den deutschen Bereich kaum eine rationale Begründung. Ein schwerdeentstehung in dem erläuterten Krankheitskonzept entnegativer H.-p.-Test schließt mit hoher Wahrscheinlichkeit ein pep- gegenzuwirken. Die Plazeboresponserate bei der funktionellen tisches Ulkus aus und kann zur Erhöhung der endoskopischen Dyspepsie beträgt 30–70% und scheint unter anderem von Trefferrate eingesetzt werden. Andererseits gibt es triftige Gründe, der Überzeugungskraft und der Zuwendung des behandelnden gerade auch bei den H.-p.-negativen Patienten die Beschwerden Arztes abzuhängen. Da eine kausale Therapie nicht möglich ist, werden verschiedene Ansätze für eine symptomatische mediendoskopisch abzuklären. Eine weiterführende Diagnostik ist in Einzelfällen dann sinn- kamentöse Therapie vorgeschlagen. voll, wenn eine atypische Beschwerdesymptomatik vorliegt, die eventuell doch auf eine organische Genese hinweisen kann. So Prokinetika Cisaprid: Für das ursprünglich für die Therapie der können in Einzelfällen eine exokrine Pankreasdiagnostik (z. B. FD eingeführte Cisaprid wurde auf Grund möglicher kardialer NePankreolauryltest, Pankreaselastase im Stuhl), eine Untersuchung benwirkungen (QT-Zeit-Verlängerungen) und Medikamentenauf bakterielle Fehlbesiedelung (Glukose-H2-Atemtest), eine Un- interaktionen die Zulassung in Deutschland zurückgezogen, sodass tersuchung auf Laktosemalabsorption (Laktose-H2-Atemtest), eine es nicht mehr zur Therapie zur Verfügung steht. In anderen euroMagenentleerungsuntersuchung (13C-Octanoat-Atemtest, Szin- päischen Ländern ist Cisaprid jedoch weiter erhältlich und zugelastigraphie), eine tiefe Dünndarmbiopsie (Ausschluss Sprue oder sen. Empfohlen wird hier, bei Beachtung der entsprechenden M. Whipple) oder eine Untersuchung auf Parasiten angezeigt sein. Kontraindikationen, eine einschleichende Therapie mit 3-mal Meistens jedoch sind diese organischen Erkrankungen durch 5 mg/Tag bis zu 3-mal 20 mg/Tag. anamnestische Auffälligkeiten (z. B. Alkoholabusus, Unverträglich-
9.2 Gastroduodenale Erkrankungen
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Tabelle 9.2-12. Differentialdiagnose der funktionellen Dyspepsie Erkrankung
Symptomatik
Ulcus ventriculi et duodeni Magenkarzinom Gastroösophageale Refluxerkrankung
Symptomatische Unterscheidung nicht sicher möglich, meist H.-p.-positiv gf. Alarmsymptome Leitsymptom Sodbrennen und saures Aufstoßen. Nur ca. 1/3 mit erosiver endoskopisch positiver Ösophagitis Stuhlunregelmäßigkeiten, Entleerungsprobleme Z. n. Cholezystektomie, typische rechtsseitige postprandiale Oberbauchbeschwerden ggf. mit pathologischem Labor oder dilatiertem DHC Radiär in den Rücken ausstrahlende Schmerzen, rez. Attacken ggf. mit Lipase oder Amylase, Risikofaktoren (Alkohol) NSAR, orale Eisensubstitution, Antibiotika (Erythromycin) Depression, somatiforme Störungen
Reizdarm (irritabler Darm) Funktionelle Gallenwegsbeschwerden Chronische Pankreatitits Medikamentös bedingte Dyspepsie Psychiatrische Erkrankungen Systemerkrankungen Diabetes mellitus KHK Intestinalangina Malignome Morbus Crohn Eosinophile Gastroenteritis
HBA1c, Augenhintergrundveränderungen, autonome Neuropathie Belastungsabhängige Schmerzen Nahrungsabhängige Schmerzen, Arteriosklerose, Risikofaktoren Gewichtsabnahme Entzündungszeichen (BKS) Typischer histologischer Biopsiebefund T
Domperidon ist ein peripher wirksamer Dopamin-D2Antagonist, für den in mehreren plazebokontrollierten Studien eine gute Wirksamkeit bei funktioneller Dyspepsie nachgewiesen wurde. Domperidon besitzt eine deutliche antiemetische Wirkung, die durch eine Wirkung in der Area prostrema erklärt wird. Obwohl Domperidon die Blut-Hirn-Schranke nicht oder lediglich in geringem Maße überwinden kann, ist die Hauptnebenwirkung in höheren Dosierungen im Auftreten von extrapyramidal-motorischen Störungen zu sehen. Empfohlen wird eine Dosierung von 3-mal 10 mg/Tag. Metoclopramid: Das Antiemetikum Metoclopramid wirkt durch eine Blockade des Dopamin-(D2)-Rezeptors sowie vermutlich durch Wirkungen am 5-HT3-(Antagonist) und 5-HT4(Agonist) ebenfalls motilitätssteigernd, vor allem durch eine Förderung der Acetylcholinfreisetzung. Durch den Dopaminantagonismus und die 5-HT3-Rezeptorblockade erklärt sich auch die antiemetische Hauptwirkung von Metoclopramid. Für die funktionelle Dyspepsie liegen lediglich wenige Studien vor, die nur z. T. eine Überlegenheit gegenüber Plazebo belegen. Die längerfristige Anwendung wird vor allem durch teilweise erhebliche extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen (Aufmerksamkeitsstörungen, Somnolenz, Dystonien, Dyskinesien, Akathisie) begrenzt. Als Dosierung werden 3-mal 10–20 mg/Tag empfohlen.
Frage gestellt. Der Wirksamkeitsnachweis vor allem beim „säureprädominierten Subtypus“ könnte durch eine klinisch nachgewiesene Wirksamkeit bei Refluxpatienten begründet sein. Die Substanzen (Ranitidin, Famotidin) sind mit Ausnahme von Cimetidin nebenwirkungsarm sowie gut verträglich. Die empfohlene Standarddosierung für Ranitidin beträgt 300 mg/Tag. PPI Ähnliche Einschränkungen gelten für den Einsatz von Pro-
tonenpumpenhemmern, die in einzelnen Studien bei säureprädominanter Dyspepsie erfolgreich eingesetzt wurden. Auch hier scheint vor allem eine Therapie von refluxassozierten Beschwerden zugrunde zu liegen. Antibiotika Antazida werden häufig im Rahmen der Selbstmedi-
kation durch den Patienten eingesetzt. Es gibt allerdings bisher noch keinen Nachweis, dass Antazida einen therapeutischen Effekt aufweisen.
Helicobacter-pylori-Eradiktion Die H.-p.-Infektion und die dadurch verursachte B-Gastritis wurden immer wieder als ein auslösender Pathomechanismus der funktionellen Dyspepsie angeführt, auch wenn es viele symptomlose Menschen mit einer H.-p.-Gastritis gibt. In mehreren großen Therapiestudien wurde der Einfluss der H.-p.-Eradikation auf die Symptomatik bei H2-Antagonisten Vor allem in den 80er Jahren waren H2-Ant- Patienten mit funktioneller Dyspepsie untersucht. Dabei zeigte sich agonisten das Standardtherapeutikum bei der funktionellen Dys- in einer Metaanalyse, dass der Behandlungserfolg der H.-p.pepsie. Eine bessere Wirksamkeit als Plazebo konnte nur in einigen Eradikation bei der funktionellen Dyspepsie statistisch nicht kontrollierten Studien nachgewiesen werden, während andere kei- sicher nachzuweisen ist und dass sehr wahrscheinlich nur ein sehr kleiner Anteil (ca. 7%) der Patienten von einer H.-p.-Eradinen Vorteil ergaben. Insbesondere die unklare Definition der funktionellen Dyspep- kation profitiert. Eine H.-p.-Eradikation kann daher nicht allsie und der mangelnde Ausschluss von endoskopisch nega-tiven gemein zur Behandlung empfohlen werden. Refluxerkrankungen werden heutzutage als wesentliche Einschränkung dieser positiven Therapiestudien angesehen. Daher ist Antidepressiva Niedrigdosierte trizyklische Antidepressiva können die Wirksamkeit in einer kürzlich durchgeführten Metaanalyse in manchmal als Ultima Ratio bei therapierefraktären Dyspepsie-
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patienten hilfreich sein. Dabei beruht der postulierte Wirkmechanismus nicht auf der psychotropen Wirkung, sondern auf einer peripheren Hemmung der Schmerzafferenzen. Zum Einsatz kommen neben den klassischen trizyklischen Antidepressiva (z. B. Amitryptilin) auch neuere Serotoninreuptakehemmer, auch wenn deren Verwendung bisher nicht durch entsprechende Studien abgesichert ist. Bismut/Wismut Wismut wurde in der Kombination mit Antibio-
tika zur H.-p.-Eradikation verwendet. Es gibt auch Daten, die den Einsatz von Wismut und Bismutsubsalicylat bei der Behandlung der Dyspepsie untersucht haben. Dabei zeigen sich auch mit der Monotherapie in kontrollierten Studien positive Effekte. Die Wirkungsweise ist unklar und ist scheinbar nicht auf die wachstumshemmende Funktion auf Hp zurückzuführen. Die Anwendung wird hauptsächlich durch die Nebenwirkungsrate eingeschränkt.
Studie konnte eine Wirkung dieser Wirkstoffkombination nachgewiesen werden. κ-Opiodantagonisten (Fedotozin) κ-Opioidrezeptoren sollen die Leitung von Schmerzen aus dem Gastrointestinaltrakt peripher und im Rückenmarkbereich modulieren. Aus diesem Grund erscheint der Einsatz selektiver κ-Opioidagonisten therapeutisch sinnvoll. Für Fedotozin konnte bei funktioneller Dyspepsie ein geringer Wirkungsvorteil gegenüber Plazebo nachgewiesen werden. Diese Substanz ist aber in Deutschland nicht zur Therapie zugelassen. Gastropathien/Störungen der Magenentleerung – Gastroparese
Pflanzen, insbesondere Iberis amara, war in kontrollierten Studien einer Plazebotherapie überlegen und einer Standardtherapie mit Cisaprid gleichwertig oder z. T. sogar überlegen. Diese guten Therapiedaten basieren auf einem bisher unbekannten Wirkprinzip. Die Verträglichkeit des Phytotherapeutikums ist gut und die Nebenwirkungsrate gering.
Die Gastroparese ist funktionell vor allem durch eine Verzögerung der Magenentleerung gekennzeichnet, die zu dyspeptischen Beschwerden, wie frühzeitiges Völlegefühl, postprandiale Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen, führen kann. Die häufigste Ursache für eine Gastroparese ist die autonome Neuropathie im Rahmen eines langjährig bestehenden Diabetes mellitus. Allgemein muss aber beachtet werden, dass nur eine sehr schlechte Korrelation zwischen der Schwere der Magenentleerungsstörung und der Ausprägung der klinischen Beschwerden besteht. Andere Ursachen der Gastroparese sind in der tabellarischen Aufstellung wiedergegeben.
Entschäumer (Simethicon, Dimethicon) Die Polisiloxane wer-
Physiologie und Pathophysiologie der Magenentleerung
Iberis amara Der alkoholische Extrakt aus 9 verschiedenen
den als Entschäumer vor diagnostischen oder therapeutischen Untersuchungen verwendet. Sie werden nicht resorbiert und bewirken über eine Erhöhung der Oberflächenspannung eine „Auflösung“ von kleinen Luftblasen. Auch für diese Substanzgruppe wurde in plazebokontrollierten Studien eine signifikante Wirkung nachgewiesen.
Das Verständnis der Gastroparese setzt zunächst einige grundlegende Kenntnisse über die physiologische Regulation der Magenentleerung voraus. Die Entleerung von Flüssigkeiten wird vor allem durch den Fundustonus sowie durch den „Ausflusswiderstand“ der Antrum-pylorus-Duodenalregion reguliert. Die Entleerung von festen Nahrungsbestandteilen ist hingegen hauptsächlich von der phasischen Aktivität der Antrumregion und dadurch bedingt Kümmel- und Pfefferminzöl Für Kümmel- und Pfefferminzöl von der Öffnung des Pylorus und der Koordination mit der duodewird seit langem eine karminative bzw. relaxierende Wirkung auf nalen Aktivität abhängig. Flüssigkeiten bzw. die flüssige Phase werden Gastrointestinaltrakt postuliert und in der Phytotherapie den nach Aufnahme unmittelbar und annähernd exponentiell entsprechend eingesetzt. In einer neueren plazebokontrollierten entleert. Bei nicht kalorienhaltigen Flüssigkeiten beträgt die halbmaximale Entleerungszeit T1/2 8–28 min. Solide Nahrung bzw. die feste Phase wird erst nach einer kurzen Verzögerungsphase („lag Evvidenz der Therapieempfeehlungen bei fu unkttioneller phase“) und dann als semisolide Masse weitgehend linear aus dem Dyspepsie Evvidenzgrad EmpfeehlungsMagen entleert. Nach 2 h sind 40–80% der soliden Nahrung aus stärke dem Magen entleert. Prokinetika – Cisaprida I-a B Im Gegensatz dazu werden feste größere (> 1 mm) nicht– Domperidon I-a B verdauliche Nahrungsbestandteile erst dann aus dem Magen – Metoclopramidb II-b C H2-Rezeptorantagonistenc II-b B entleert, wenn die Entleerung der verdaulichen Nahrung abgeHp-Eradikationc I-b C schlossen ist und wieder eine interdigestive Aktivitätsfront im Antidepressiva II-b C Bismut/Wiismutb III C Magen (interdigestiver myoelektrischer Motorkomplex) auftritt. Iberis amara I-b B Dieses interdigestive Motilitätsmuster tritt je nach Art und KalorienEntschäumer I-b B Kümmelöl und Pfeeffffeerminzöl I-b B gehalt der Speisen erst ca. 2–4 h nach der Mahlzeit wieder auf. II-b C κ-Opioidagonistena,b Die Geschwindigkeit der Magenentleerung wird durch vera Momentan in Deutschland nicht zugelassen b schiedene neurale und humorale Mechanismen über den KaloNur relative Therapieindikation wegen Nebenwirkungsspektrum riengehalt, den pH, die osmotisch wirksamen Konzentrationen und c Nur gering ausgeprägter Therapieeffffeekt gegenüber Plazebo einzelne Nahrungsbestandteile reguliert.
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Ätiologie und Pathogenese Die Ätiologie der Gastroparese ist Klinik und Diagnostik Die Symptome der Patienten mit Gasvielfältig (s. Übersicht) und kann Folge einer autonomen Neuropa- troparese reichen von frühem Sättigungsgefühl über Übelkeit, thie sein, z. B. im Rahmen eines längerfristigen Diabetes mellitus, Völlegefühl bis zu abdominellen Schmerzen und chronischem von medikamentösen Nebenwirkungen, von postoperativen Stö- Erbrechen. Bei der initialen Untersuchung muss zunächst abgerungen (z. B. Vagusläsion) oder von idiopathischer Natur. Die schätzt werden, ob bei dem Patienten durch die Gastroparese häufigste zugrunde liegende Störung ist ein langjährig bestehen- und das eventuell vorliegende chronische Erbrechen eine akut der Diabetes mellitus. Dabei muss beachtet werden, dass es keine behandlungsbedürftige Situation vorliegt (hypochlorämische klare Assoziation zwischen dem Vorhandensein einer Gastroparese Alkalose, Exsikkose, Anämie, Kachexie, Hämatemesis, schwere sowie der Art und der Dauer der Diabeteserkrankung gibt. Da aber Refluxösophagitis), die ggf. sogar eine stationäre Behandlung meist ein Zeitraum von ca. 10 Jahren als Manifestationszeitraum erfordert. Der nächste Schritt ist dann, eine organische Stenose notwendig ist, sind vor allem Typ-I-Diabetiker betroffen. Als oder ein Hindernis mit Hilfe der Endoskopie auszuschließen. Pathomechanismus für die Gastroparese werden sowohl eine Gelegentlich lassen sich bei der Endoskopie Hinweise für das vagale oder sympathische Neuropathie, eine Neuropathie des Vorliegen der Gastroparese finden: Speisereste im Magen trotz enterischen Nervensystems und eine Störung der glatten Muskula- 12- bis 24-stündiger Nüchternperiode, ausgeprägte Refluxösotur diskutiert. Zusätzlich wirkt sich ein erhöhter Blutzuckerspiegel phagitis, Phyto- oder Nahrungsbezoar. hemmend auf die Magenmotilität und die Magenentleerung aus. Zeigt die Endoskopie keine wesentlichen Auffälligkeiten, so Interessanterweise weisen auch 40–60% der GERD-Patienten wird die Röntgenbreischluckuntersuchung meist keine wesenteine verzögerte Magenentleerung auf, was über den erhöhten lich neuen Informationen erbringen. Man kann aber mit der intragastralen Druck das Auftreten von gastroösophagealem KM-Untersuchung die Entleerungsfunktion des Magens qualiReflux begünstigen kann. Auch bei einer Subgruppe der Patien- tativ beurteilen und eine eventuell tief gelegene Obstruktion als ten mit funktioneller Dyspepsie lassen sich eine Verzögerung der Ursache der Passagestörung ausschließen. Bei entsprechendem Magenentleerung und eine gestörte Verteilung von flüssiger und Verdacht sollte eine Quantifizierung der Magenentleerungsfester Nahrung im Magen nachweisen. funktion erfolgen, für die verschiedene Methoden vorgeschlagen Als Mechanismen der Gastroparese werden eine Beeinträchti- wurden (Tabelle 9.2-13). gung der Fundusrelaxation, der antralen Kontraktilität, des inDie Standarduntersuchung stellt die szintigraphische Untersuterdigestiven gastralen MMC sowie ein Pylorusspasmus, eine chung der Magenentleerung dar. Bei dieser Methode kann durch abnormale elektrische Magenaktivität oder eine antroduodenale getrennte Markierung der soliden/festen (z. B. mit 111In-DTPA) Fehlkoordination diskutiert. Unabhängig vom ursächlichen Me- und der flüssigen Phase (99mT99c-Schwefelkolloid) eine getrennte chanismus zielt die Therapie darauf ab, die Kraft und Koordination Beurteilung dieser beiden Entleerungsverhalten erzielt werden. der Magenkontraktionen zu verbessern. Dies ist insofern von Bedeutung, als z. B. bei der diabetischen Gastroparese vor allem die Entleerung der festen Phase beeinträchtigt ist, während die flüssige Magenentleerung normal oder sogar Ätiologie der Gastroparese • Viszerale autonome Neuropathie leicht beschleunigt sein kann. – Diabetes mellitus Als alternative Methode bietet sich heute für den Routineein– Kollagenosen: Sklerodermie, MCTD, Dermatomyositis – Amyloidose satz ein nichtradioaktiver 13C-Atemtest an, bei dem 13C-Oc– Intestinale Pseudoobstruktion tanoat für die solide sowie 13C-Acetat für die flüssige Phase – Dysautonomie: idiopathisch, familiär – Postinfektiös: Chagas-Erkrankung, Virusinfektionen (Hereingesetzt werden. Mit einer Testmahlzeit verabreicht, werden pes zoster, Norwalk-Virus) die stabilen Isotope nach Entleerung aus dem Magen durch die • Neurologische Störungen bzw. gestörte extrinsische Innervation – Dysautonomie Verdauungsenzyme aus ihrer Verbindung abgespalten. Dabei ent– Hirnstammläsionen steht 13CO2, das resorbiert und über die Lungen abgeatmet wird. – Vagusläsionen postoperativ – Hirndruck Die anderen Verfahren haben bisher keine wesentliche – Migräne klinische Bedeutung erlangt. Der Test mit 10 kleinen röntgen– M. Meniere – Medikamente: Anticholinergika, Opiate dichten Polyurethanmarkern, die geschluckt werden und deren • Iatrogene Ursachen (gastrales Banding, Denervierung, BestrahEntleerung mit einer Röntgenaufnahme nach 6 h überprüft wird, lung) • Muskuläre Störungen kann nur als grober Suchtest bezüglich des Fehlens einer gastra• Dystrophia mytonica len Phase III genommen werden. Gleiches gilt für die sono• Metabolische Störungen – Hyperglykämie graphische Bestimmung der Magenentleerung, die fehleranfällig – Urämie und sehr von der Erfahrung des Untersuchers abhängig ist. – Hypothyreose – Hyperparathyroidismus Ist eine Verzögerung der Magenentleerung nachgewiesen, • Paraneoplastische Gastroparese geht es als Nächstes darum, die pathogenetische Einordnung der • Schmerzen, Stress, paralytischer Ileus • Bestrahlungsfolge Magenentleerungsstörung (Gastroparese) vorzunehmen. Dazu • Essstörungen muss differentialdiagnostisch ein Reihe von Erkrankungen aus– Anorexia nervosa, Bulämie, Rumination • Idiopathische Gastroparese geschlossen werden (s. obige Übersicht).
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Radiologische KM-Untersuchung Magenentleerungsszintigraphie 13C-Atemtests 13C-Octanoat-Atemtest 13C-Acetat-Atemtest Applied Potential Tomography Ultraschall Markerverdünnungsmethoden Röntgenmarker Metallkugeldetektor
Verfügbarkeit
Quantifizierung
Fest/Flüssig
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(+) +++ +++
+ +++ +++
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++ + +++ ++ –
– – + – (+)
+ – +++ –
bel llee 9.2-13. Taab 9.2-13 9.2 133 Untersuchungsmethoden zur Erfassung und Quantifizierung der Magenentleerung
auf die Symptomatik sollte Metoclopramid bei der Gastroparese eher zurückhaltend eingesetzt werden. Cisaprid (nicht mehr zugelassen): Das Prokinetikum Cisaprid wirkt über eine Aktivierung des 5-HT4-Rezeptors und beschleunigt die Magenentleerung bei Gesunden, bei Patienten Therapie Für die Behandlung der Gastroparese wird eine Reihe mit Gastroparese und bei Patienten mit GERD. Cisaprid wurde von Medikamenten verwendet, die entweder einen signifikanten in Europa wegen kardialer Nebenwirkungen (QT-Zeit-VerlängeEinfluss auf die Symptomatik oder auf die Entleerungsfunktion rung) und den Interaktionen mit anderen Medikamenten vom gezeigt haben. Insgesamt lässt sich in den meisten Studien nur Markt genommen. In anderen Ländern ist der Gebrauch unter sehr schlecht ein Zusammenhang zwischen der Beeinflussung strengen Auflagen weiter möglich. Die prokinetischen Effekte von Cisaprid am Magen umfassen der Magenentleerung und der Veränderung der klinischen Symeinen Anstieg der antralen Kontraktilität und eine Beeinflussung ptomatik nachweisen. Grundsätzlich gilt natürlich, dass zunächst die zugrunde lie- der die Akkommodation regulierenden Fundusrelaxation. In zahlgenden Krankheiten behandelt werden müssen und eine mög- reichen Studien konnte eine Steigerung der Magenentleerung bei lichst optimale Einstellung der Stoffwechselsituation erfolgen sollte. Patienten mit Gastroparesen unterschiedlichster Ursachen gezeigt Eine Erhöhung des Blutzuckers wirkt sich hemmend auf die gas- werden, wohingegen die Beeinflussung der Symptome ähnlich trale und duodenale Motilität aus und hemmt die Magen- wie bei Metoclopramid oft nicht oder nur kaum beeinflusst werden. entleerung. Umgekehrt ist natürlich die Gastroparese eine mögliche Eine randomisierte, doppelblinde Studie an 22 Patienten mit einer Gastroparese zeigte nach 6 Wochen eine signifikante Verbesserung Ursache für eine ungenügende Stoffwechseleinstellung. Domperidon wirkt beschleunigend auf die Magenentlee- der Symptome, eine weitere Studie ergab signifikant bessere symprung. Es weist eine gute antiemetische Wirkung und eine im tomatische Erfolge nach Cisaprid, verglichen mit Metoclopramid Vergleich zu Metoclopramid bessere Verträglichkeit und gerin- oder Plazebo. Es gibt jedoch auch eine Reihe von klinischen Studigere Nebenwirkungsrate auf. Daher stellt Domperidon das Mit- en, die eine Beschleunigung der Magenentleerung zeigen, aber tel der Wahl zur Behandlung der Gastroparese dar. Da es sowohl keine Verbesserung der Symptomatik beobachten konnten. Motilide – Erythromycin: Das 22-Aminosäuren-Peptid Motilin bei Domperidon als auch bei Metoclopramid Hinweise gibt, dass es nach 4–6 Wochen zu einer Tachyphylaxie kommt, sind even- triggert über den Motilinrezeptor die Phase-III-Aktivität des MMC tuell eine intermittierende Therapie, eine Behandlungspause des Magens. Der Motilinrezeptor, der die cholinerge Aktivität stimuliert, wird im gesamten enterischen Nervensystem mit absteigender oder auch ein kurzfristiger Wechsel des Wirkstoffs anzuraten. Metoclopramidd verursacht eine Steigerung der Frequenz und Dichte vom Magen bis zum unteren GI-Trakt beschrieben. Beim Makrolidantibiotikum Erythromycin handelt es sich um der Amplitude der antralen Kontraktionen. Weiterhin soll Metoclopramid die antroduodenale Koordination sowie die einen hoch potenten Motilinrezeptoragonist, der Amplitude Phase-III-Aktivität des Magens verbessern. Sowohl bei Gesunden und Frequenz der antralen Kontraktionen durch Stimulation der als auch bei Patienten mit GERD wird unter Metoclopramid eine Phase-III-Aktivität verstärkt. Auch andere Makrolide, wie z. B. deutliche Beschleunigung der Magenentleerung beschrieben. Roxithromycin, scheinen eine agonistische Wirkung am In einer Vielzahl von Studien, die unterschiedlichste Methoden zur Motilinrezeptor zu besitzen. Im Gegensatz zur physiologischen Quantifizierung der Magenentleerung verwenden, wurde für ver- Phase III zeigt die durch Erythromycin induzierte Phase III eine schiedene Patientenkollektive mit Gastroparese gezeigt, dass längere Dauer im Antrum und eine verkürzte Dauer im JejuMetoclopramid zwar die Magenentleerung leicht beschleunigt, num. Für gesunde Probanden und Patienten mit diabetischer die Symptome jedoch nicht beeinflusst. Wegen der eher schwa- Gastroparese konnte in mehreren Studien eine signifikante chen Wirkung von Metoclopramid auf die Magenentleerung, auf Beschleunigung der Magenentleerung nach Erythromycin, verGrund des Nebenwirkungsspektrums und der fehlenden Wirkung glichen mit Plazebo, gezeigt werden. Dabei scheint die intraNeben Medikamentenanamnese, hormonellen und Stoffwechseluntersuchungen kann hierzu im Einzelfall auch eine antroduodenale Manometrie hilfreich sein, da damit das Fehlen der gastralen Phase III nachgewiesen werden kann.
9.2 Gastroduodenale Erkrankungen
venöse Applikation der oralen überlegen und die Wirkung, vor allem in niedrigeren Dosierungen (3-mal 50–100 mg/Tag), nachweisbar zu sein. In höheren Dosierungen werden z. T. inhibitorische Effekte ausgelöst. Erythromycin ist zur Motilitätstherapie bei der Gastroparese bisher nicht zugelassen. Über die Langzeitanwendung von Erythromycin liegen noch keine ausreichenden Untersuchungen vor, die derzeitigen Daten weisen darauf hin, dass die Wirkung von Erythromycin nach 3–4 Wochen eine Tachyphylaxie aufweist, die gegebenenfalls eine Intervalltherapie erfordert. Zahlreiche weitere Motilinrezeptoragonisten, allesamt Makrolidderivate, die keine oder nur geringe antimikrobielle Aktivität besitzen, befinden sich zurzeit im Entwicklungsstadium (EM574, KC-11458, KW5139). Magenschrittmachertherapie: Für die Entstehung der Gastroparese können verschiedenste Ursachen verantwortlich sein. Da in Einzelfällen eine Unregelmäßigkeit in der elektrischen Aktivität des Magens nachweisbar ist (Slow-waveFrequenz → Tachygastrie/Bradygastrie) wird versucht, diese elektrische Eigenaktivität des Magens über implantierte Elektroden und einen Impulsgeber zu stimulieren. In einer ersten Multicenterstudie zeigte sich, dass die Elektrostimulation des Magens nur mit einer diskreten Beschleunigung der Magenentleerung, aber mit einer Besserung der Symptome und v. a. einer signifikanten antiemetischen Wirkung einhergeht. Diese Daten bieten zwar interessante Therapieansätze, die Stellung des Magenschrittmachers für die Behandlung der Gastroparese muss aber erst noch in kommenden Studien etabliert werden. Alternative Behandlungsansätze: Die Problematik der Therapie der Gastroparese ist die, dass es zwar Medikamente gibt, die die Magenentleerung, nicht aber die Symptomatik der Patienten beeinflussen. Eine Reihe neuer Substanzgruppen, 5-HT4-Rezeptoragonisten, CCKKA-Antagonisten und Opiatrezep-toragonisten befindet sich im Erprobungsstadium.
721
Verteilung der Nahrungsaufnahme auf mehrere kleine Mahlzeiten. Evidenz der Therapieempfeehlungen bei Gastroparese Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke a Cisaprid I-b B Domperidon I-b B Metoclopramidb II-b C a Erythromyycin I-b B a Momentan in Deutschland nicht zugelassen bzw. keine Zulassung fü ür diese Indikation b Nur relative Therapieindikation wegen Nebenwirkungsspektrum
9.2.4
Magenkarzinom Stephan Petrasch
Pathogenese und Histologie
Noch in den 50er Jahren war das Magenkarzinom der häufigste Tumor überhaupt, mittlerweile nimmt es den 5. Platz in der Ursachenstatistik tumorbedingter Todesfälle ein. Nitrit verbindet sich im Magen mit Eiweißen, es bilden sich Nitrosamine. Nitrosamine sind kanzerogen. Der geringe Konsum von Pökelsalzen seit Einführung des Kühlschrankes und der zunehmende Konsum von Frischobst (Vitamin C verhindert die Bildung von Nitrosaminen) haben zur rückläufigen Inzidenz des Magenkarzinoms geführt. Hingegen nehmen die Adenokarzinome des gastroösophagealen Übergangs dramatisch zu (hinsichtlich der Pathogenese dieser Tumorentität s. Ösophaguskarzinom). Prinzipiell werden das tubuläre, papilläre und muzinöse Adenokarzinom, wenig differenzierte Karzinome vom diffusen oder Siegelringzelltyp sowie ein szirrhöser Typ unterschieden. Klinisch wichtig ist die Klassifikation nach Laurén. Hier wird ein intestinaler Typ von einem diffusen Typ unterschieden. Beim diffusen Typ sind die Tumorzellen weit verstreut, die Prognose ist deshalb ungünstiger und die Operation muss radikaler erfolgen.
Beschleunigung der Magenentleerung
Im Gegensatz zur Gastroparese kann auch eine Beschleunigung Symptomatik und Diagnostik der Magenentleerung zu Beschwerden führen („Dumping-Syn- Unspezifische epigastrische Beschwerden wie Druck- oder Völledrom“). Beim sog. „Früh-Dumping“ führt die schnelle Entleerung gefühl sowie Brennen hinter dem Brustbein werden bei der gevon hypertonem Speisebrei in das obere Jejunum zu einem Ein- zielten Anamnese von einem Großteil der Patienten angegeben. strom von Flüssigkeit in das Darmlumen. Dieses bewirkt eine me- Tumoren, die am Pylorus entstehen, führen zu schwallartigem chanische Dehnung der Darmwand und führt zu klinischen Erbrechen. Typisch in den fortgeschrittenen Stadien ist eine ausZeichen der Hypovolämie (Schwäche, Schwindel, Schwitzen etc.) geprägte Gewichtsabnahme und Appetitlosigkeit. Diese Störung wird fast ausschließlich nach operativer Entfernung Bei der klinischen Untersuchung wird bei einem Teil der Patides Pylorus (z.B. im Rahmen einer B-I Resektion) beobachtet. Die enten eine vergrößerte Virchow-Drüse gefunden. Die PrimärTherapie besteht im Vermeiden hypertoner Speisen, Essen kleiner diagnostik einschließlich histologischer Sicherung erfolgt für Mahlzeiten und Einnahme der Speise im Liegen. gewöhnlich durch die Ösophagogastroskopie. Bei den submukös Beim sog. „Spät-Dumping“ kommt es 1,5-3 Stunden nach wachsenden Tumoren kann die eingeschränkte Entfaltung der der Nahrungsaufnahme, verbunden mit einer zu schnellen Magenschleimhaut bei der Luftinsufflation auf ein malignes GeEntleerung und einer dadurch ausgelösten überschießenden schehen hinweisen. Wichtig ist, jedes neu aufgetretene Ulkus Hyperglykämie zu einer inadäquaten Insulinsekretion und ausgiebig zu biopsieren und so lange endoskopisch zu kontrolliedadurch zu einer reaktiven Hypoglykämie. Die Therapie besteht ren, bis es vollständig abgeheilt ist! Ergänzt wird die Diagnostik im Vermeiden von schnell resorbierbaren Zuckern und in der durch eine Sonographie des Abdomens und die Computer-
9
9
722
9 Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes
tomographie. Die Endosonographie eignet sich insbesondere zur Festlegung des T-Stadiums. Sind neoadjuvante Therapiemaßnahmen geplant oder eine sofortige Operation, sollte präoperativ eine Laparoskopie durchgeführt werden. Neoadjuvante Therapie
Bei primär resektablen Tumoren sollte außerhalb klinischer Studien eine präoperative Chemo- oder Strahlentherapie nicht durchgeführt werden. Allerdings gibt es keine allgemein gültigen Kriterien für nichtresektable Tumorsituationen. Ein palliatives Vorgehen scheint bei N3-Tumoren (>15 Lymphknoten) und bei Tumoren gerechtfertigt, die in Nachbarorgane eingewachsen sind (T4), wenn gleichzeitig eine lymphonoduläre Absiedelung nachgewiesen wird (N1–3). Eine präoperative Therapie ist dann angezeigt, wenn bei jungen Patienten mit lokal fortgeschrittenen, irresektablen Tumoren durch die zytostatische Behandlung eine sekundäre Resektabilität möglich erscheint. Dabei können je nach Erfahrung des behandelnden Arztes EAP (Etoposid, Doxorubicin, Cisplatin), ECF (Abb. 9.2-9) oder 5-FU/Folinsäure/ Cisplatin eingesetzt werden. Eine akkurate Ausbreitungsdiagnostik unter Zuhilfenahme der Laparoskopie und des endoskopischen Ultraschalls zum Ausschluss von Fernmetastasen bzw. einer Peritonealkarzinose ist hier unbedingt notwendig.
5-FU: 200 mg/m2 über 24 Stunden i.v.: Tag 1–180 Cisplatin: 60 mg/m2 über 2 Stunden i.v.: Tag 1 Tag 22 Tag 43 Tag 64 Tag 85 Tag 106 Tag 127 Tag 148 Epirubicin: 50 mg/m2 i.v. Bolus: Tag 1 Tag 22 Tag 43 Tag 64 Tag 85 Tag 106 Tag 127 Tag 148 Abb. 9.2-9. ECF
die häufig suboptimal operiert wurden (D0-Resektion). Das Vorgehen muss in jedem Einzelfall mit dem Patienten besprochen werden, auch weil in der Intergroup-Studie bei mehr als der Hälfte aller Patienten WHO-III/IV-Leuko- bzw. -Thrombopenien auftraten. Durch das Lutschen von Eiswürfeln während der Chemotherapie sowie die Gabe von Dexpanthenol-Lösung kann die schmerzhafte Stomatitis verhindert werden. Palliative Therapie
Die Indikation zur palliativen Therapie des Magenkarzinoms muss bei Inoperabilität, bei einer Peritonealkarzinose und bei Fernmetastasierung gestellt werden. Wichtigstes Ziel ist die Verbesserung der Lebensqualität und sekundär die Lebensverlängerung.
Operation
Bei T1/2-Karzinomen vom intestinalen Typ nach der Laurén-Klassifikation, die im präpylorischen Antrum lokalisiert sind, genügt eine subtotale Magenresektion mit D1–2-Lymphonodektomie. In allen anderen Fällen muss eine Gastrektomie, ebenfalls mit D1–2-Lymphonodektomie, durchgeführt werden. Vor der Operation sollte eine Staging-Laparoskopie erfolgen. Wurde die Milz mitentfernt, ist 2–3 Wochen postoperativ eine Pneumokokkenimpfung angezeigt. Die Fünfjahresüberlebensraten nach Gastrektomie betragen im UICC-Stadium I 70%, im Stadium II 30% und im Stadium III 10%. Eine Übersicht zu den Therapieoptionen beim Magenkarzinom gibt Tabelle 9.2-14 wieder.
Palliative Chemotherapie
Zahlreiche randomisierte Studien belegen, dass durch eine palliative Chemotherapie beim Magenkarzinom eine Verlängerung des medianen Überlebens um 3–6 Monate möglich ist. Lange Zeit galt in der palliativen Situation das von Macdonald und Mitarbeitern entwickelte FAM-Protokoll als Therapie der Wahl, später wurde FAMTX zum Goldstandard. Die von der Arbeitsgruppe um Cunningham vorgelegten Daten zeigten, dass im Vergleich zu FAMTX mit ECF (s. Abb. 9.2-13) statistisch signifikant bessere Ansprech- und Überlebensraten erzielt werden. Ferner kann eine R0-Resektion im Anschluss an die Chemo-therapie bei ECF-Patienten häufiger als bei FAMTX-Patienten durchgeführt werden. Für ECF spricht auch die im Vergleich zu FAMTX einfachere Handhabung, allerdings wird Adjuvante Therapie Lange Zeit wurden die unterschiedlichsten postoperativen The- sich nicht jeder Patient mit einer Dauerinfusion über tragbare rapieformen ohne gesicherten Benefit für R0-resezierte Patien- Pumpe zurechtfinden. Auch die Gabe von 5-FU/Folinsäure ten mit Magenkarzinom in Studien geprüft. Auf der ASCO- (Ardalan-Protokoll) in Verbindung mit Cisplatin erwies sich als sehr Jahrestagung 2000 stellten Macdonald und Mitarbeiter die Daten wirksam, die Kombination ist in der palliativen Situation in Deutscheiner Intergroup-Studie zur adjuvanten Therapie des Magen- land derzeit das bevorzugte Protokoll. Die Kombination Etoposid, 5karzinoms vor. Die Patienten wurden entweder randomisiert FU und Folinsäure (ELF) findet breite Anwendung in der einer therapiefreien Nachsorge zugeführt oder einer kombinier- klinischen Routine. Remissionsraten bis zu 40% wurden mitgeteilt. ten Chemoradiotherapie, entsprechend dem Mayo-Protokoll Partyka und Mitarbeiter erreichten mit ELF lediglich bei 14% der simultan zu einer Bestrahlung mit 45 Gy (Abb. 9.2-10). Das behandelten Patienten eine partielle Remission. Wegen dieser nur krankheitsfreie Überleben und das Gesamtüberleben nach drei marginalen Wirksamkeit kommt ELF nur für Patienten in Betracht, Jahren war für die behandelten Patienten statistisch signifikant denen auf Grund ihres Alters oder ihres Allgemeinzustandes eine besser. Auf Grund dieser Daten wird in den USA eine adjuvante aggressivere Therapie nicht zuzumuten ist. Bei Nichtansprechen Therapie mit 5-FU/Folinsäure und Bestrahlung bei R0-rese- auf die Verabreichung eines Therapieprotokolls kann bei Patienten zierten Patienten verabreicht. In Deutschland hat sich die ad- mit Magenkarzinom durchaus eine Second-line-Therapie mit juvante Therapie nicht durchgesetzt, weil die Patienten in der Stu- nicht kreuzresistenten Zytostatika verabreicht werden. Auch die
9.2 Gastroduodenale Erkrankungen
723
Nachsorge
Folinsäure: 20 mg/m2 i.v.: Tag 1*–5 Tag 29–32 Tag 59–61 Tag 92–96 Tag127–131 5-FU: 425 mg/m2 i.v. Bolus: Tag 1*–5
Tag 92–96 Tag 127–131
5-FU: 400 mg/m2 i.v. Bolus: Tag 29–32 Tag 59–61
Der Wert einer strukturierten Nachsorge ist bisher für das Magenkarzinom nicht belegt. Rezidive nach Gastrektomie sind in der Regel nicht mehr operabel. Entsprechend den Empfehlungen der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) sollte deshalb symptomorientiert vorgegangen werden. Nach Gastrektomie muss wegen des fehlenden Intrinsic-Faktors Vitamin B12, ggf. auch Eisen und Vitamin D substituiert werden.
45Gy: 1.8 Gy/Tag: Tag 29–61
Literatur
*: Tag 1 = Montag Abb. 9.2-10. Adjuvante Therapie des Magenkarzinoms
wöchentliche Gabe einer Monotherapie mit Epirubicin (z. B. nach Vorbehandlung mit 5-FU/Folinsäure/Cisplatin) oder die Verabreichung eines Taxans stellen eine Alternative beim Versagen einer First-line-Therapie dar. Patienten mit Peritonealkarzinose entwickeln häufig einen malignen Aszites mit starkem Spannungsgefühl. Nach einer Parazentese kann zur Rezidivprophylaxe ein Zytostatikum intraperitoneal installiert werden. Randomisierte Studien liegen hierzu allerdings nicht vor. Anzuraten ist ein Therapieversuch mit 5-FU oder Mitoxantron. Die Behandlung kann alle 3–4 Wochen wiederholt werden. Eine freie Flüssigkeitspassage im Peritoneum muss dabei gewährleistet sein.
Macdonald JS, Smalley S et al. (2001) Chemoradiotherapy after surgery alone for adenocarcinoma of the stomach or gastrooesophageal junction. N Engl J Med 345: 725–730 Partyka S, Dumas P, Ajani J (1999) Combination chemotherapy with granu-locyte-macrophage-colony stimulating factor in patients with loco-regional and metastatic gastric adenocarcinoma. Cancer 85: 2336–2339 Petrasch S (1998) Neoadjuvante, adjuvante und palliative Chemotherapie des Magenkarzinoms. Verdauungskrankheiten 16(4): 167–174 Schilling D, Martin WR, Benz C, Kress S, Riemann JF (1997) Langzeitergebnisse der endoskopischen Ballondilatation ulkusbedingter Magenausgangsstenosen – Follow-up von 25 Patienten. Z Gastroenterol 35: 105–108 Waters JS, Norman A, Cunningham D et al. (1999) Longterm survival after epirubicin, cisplatin and fluorouracil for gastric cancer: results of a randomized trial. Br J Cancer 80: 269–272
9.2.5
Magenlymphom Wolfgang Fischbach
Definition und Klassifikation Sonstige Palliativmaßnahmen
Kardianahe Stenosen können endoskopisch bougiert oder dilatiert werden. Für das Abtragen von Gewebe eignen sich die Laser- und die Argonbeamer-Koagulation. Die Behandlungen müssen regelmäßig wiederholt werden. Bei einer Magenausgangsstenose ist im Allgemeinen eine palliative Gastroenterostomie notwendig, verschiedene Arbeitsgruppen haben jedoch auch in dieser Situation ummantelte Stents implantiert. Schließlich stellt die lokale Bestrahlung mit Iridium 192 in Afterloading-Technik eine Alternative dar.
Die Erarbeitung histomorphologischer Charakteristika und die Etablierung des MALT („mucosa-associated-lymphoid tissue“)-Konzepts Ende der 80er Jahre haben dazu geführt, dass die primär gastrointestinalen Lymphome heute als eigenständige Entität betrachtet und entsprechend klassifiziert werden (s. Übersicht unten). Zahlenmäßig im Vordergrund stehen die primären Magenlymphome, die in ihrer überwiegenden Mehrzahl B-Zell-Lymphome darstellen. Ihr morphologisches Charakteristikum sind lymphoepitheliale Läsionen, in der Immunphänotypisierung prässentieren sie sich als CD5–, CD10–, CD19+, CD20+, CD22+,
Taab belllee 9.2 9.2-14. 14.. Therapieoptionen beim Magenkarzinom Lokalisation
Stadium
Vorgehen
Antrum: (intestinaler Typ)
T1–2 N0
A
Jede Jede
UICC I–III T1–3, N3 T4, N 1–3 UICC I–III technisch inoperabel Tx, Nx, M0, R0 TI/2, Nx T3/4, Nx
Subtotale Magenresektion, D1–2 LymII-a phonodektomie Gastrektomie, D 1–2 Lymphonodektornie II-a Polychemotherapie, anschließend II-a Reevaluierung der Resektabilität
ggf. adjuvante d Chemoradiotherapie Alleinige Resektion Alleinige Resektion (in Studien: präoperative i Chemoradiotherapie) z. B. Gastroenteroanastomose, palliative Gastrektomie, Tubus, Laser, Stent Palliative Chemotherapie
I-b II-a II-a
C A B
II-a
A
I-b
A
Jede Tumoren des gastroösophagealen Übergangs
Jede, symptomatischer Patient Jede, asymptomatischer Patient
Tx, Nx, M1 Tx, Nx, M1
Evidenzgrad
Empfehlungsstärke
A B
9
9
724
9 Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes
CD23–, CD38–, sIg+ und IgD–. Entsprechend der WHO-Klassifikation werden sie als Marginalzonen-B-Zell-Lymphom vom MALT-Typ (früheres Syn.: „niedrig malignes MALT-Lymphom“) bezeichnet. Den Begriff „hoch malignes MALT-Lymphom“ sieht die WHO-Klassifikation nicht mehr vor. Sie trägt damit der Tatsache Rechnung, dass eindeutige Hinweise fehlen, die eine sequentielle Entwicklung der hoch malignen Lymphome aus niedrig malignen belegen. Allenfalls für Lymphome, die sowohl niedrig als auch hoch maligne Komponenten aufweisen, wäre diese Einschätzung nachzuvollziehen (frühere Bezeichnung: „sekundäre hoch maligne MALT-Lymphome“). Fehlen niedrig maligne Strukturen, spricht man von großzelligen B-Zell-Lymphomen. In diesen Fällen muss auch heute noch das Disseminationsmuster des Lymphoms zur Klassifikation als primäres Magenlymphom herangezogen werden.
Progression von MALT-Lymphomen des Magens bestehen. Hierfür sprechen in gleicher Weise überzeugende epidemiologische Daten, morphologische und molekularbiologische Untersuchungen und tierexperimentelle Studien. Patienten mit MALT-Lymphomen des Magens weisen in über 90% eine Helicobacter-pylori-Infektion auf. Aus dem Gesagten lässt sich unschwer nachvollziehen, dass eine Eradikationsbehandlung einen sinnvollen therapeutischen Ansatz darstellt, den Wotherspoon und Mitarbeiter schon 1993 als Erste wagten (s. unten). Diagnostik und Stadieneinteilung
Histologischer Malignitätsgrad (niedrig maligne vs. hoch maligne) und Stadium des Lymphoms repräsentieren die beiden entscheidenden prognostischen Faktoren und therapeutischen Determinanten. Damit werden hohe Anforderungen an die endoskopisch-bioptische Diagnostik und das klinische Staging Klassifikation primärer gastrointestinaler Non-Hodgkin-Lymgestellt. Dies gilt umso mehr, wenn einer primär konservativen phome (WHO-Klassifikation) • B-Zell-Lymphome Therapie der Vorzug gegenüber der Operation mit der Möglich– Marginalzonen-B-Zell-Lymphom vom MALT-Typ keit, ein pathohistologisches Stadium zu erfassen, gegeben wird. – Immunproliferative Dünndarmerkrankung (IPSID; niedrig maligne) Die unspezifische Erscheinungsform und die Erfassung – Follikuläres Lymphom (Grad I–III) einer lokalen hoch malignen Transformation unterstreichen die – Mantelzelllymphom (lymphomatöse Polypose) – Diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom mit/ohne MALTBedeutung einer konsequenten und subtilen Biopsietechnik. Sie Typ-Komponente sollte im Sinne eines „gastric mapping“ erfolgen, das neben der – Burkitt-Lymphom – Immundefizienz-assoziierte Lymphome Probenentnahme aus makroskopisch auffälligen Arealen auch • T-Zell-Lymphome Biopsien aus normaler Schleimhaut in Antrum und Korpus (je– Enteropathie-assoziiertes T-Zell-Lymphom (EATZL) – Peripheres T-Zell-Lymphom (Nicht-EATZL) weils eine Biopsie aus allen vier Quadranten) sowie dem Fundus (zwei Proben) umfasst. Die Notwendigkeit für ein solches Vorgehen wird auch aus einer Gegenüberstellung der Beurteilung endoskopischer Biopsate (ohne Mapping) mit der endgültigen DiaÄtiologie und Pathogenese Das mukosaassoziierte lymphatische Gewebe (MALT) entsteht im gnose am Resektat deutlich. In mehr als 20% ergab sich eine DisMagen sekundär in der Folge einer Infektion mit Helicobacter krepanz, die ganz überwiegend auf dem Übersehen niedrig oder pylori. Sie induziert eine chronische Gastritis mit konsekutiver hoch maligner Komponenten in den Biopsaten beruhte. Für die Stadieneinteilung wird üblicherweise nach wie vor Ausbildung intramukosaler Lymphfollikel. Diese morphologischen Veränderungen sind nach einer erfolgreichen Keimeradikation re- die Ann-Arbor-Klassifikationn in ihrer Modifikation nach Mussversibel. Auch kann heute kein Zweifel mehr an der entscheiden- hoff und unter Berücksichtigung der Differenzierung des Staden Rolle des Helicobacter pylori für die Entstehung und diums I nach Radaszkiewicz benutzt. Es wird sich zeigen, ob sich
Ann-ArborSystem
Lugano-System TNMKlassifikation
E*I 1 EI2 EI2 EI2
I1 I2 I2 IIE**
T1 T2 T3 T4
E II 1
II1E
T1–4
E II 2
II2E
T1–4
III
–
T1–4
IV
IV
T1–4
N0 N0 N0 N0
Ausbreitung des Lymphoms
M0 M0 M0 M0
Mukosa, Submukosa Muscularis propria, Subserosa Serosapenetration kontinuierliche Infiiltration benachbarter Organe und Gewebe N1 M0 Infiiltration regionaler Lyymphknoten (Ko ompartiment I+II) N2 M0 Infiiltration von Lyymphknoten jenseits der regionalen Stationen (Ko ompartiment III), einschließlich retroperitonealer, mesenterialer und paraaortaler LK N3 M0 Infiiltration von Lyymphknoten an beiden Seiten des Zw werchfeells N0–3 M1 Generalisation des Lyymphoms
* E = primär extranodale Lokalisation; ** E = kontinuierlicher, den Magen überschreitender Befaall benachbarter Gewebe
Taab belllee 9.2 9.2-15 155. Stadieneinteilung primärer gastrointestinaler Lymphome entsprechend dem Ann Arbor Staging System, dem Lugano-System und der TNM-Klassifikation
9.2 Gastroduodenale Erkrankungen
zukünftig das auf der TNM-Klassifikation beruhende „ParisStaging-System“ durchsetzen wird. Es gibt die Spezifika der gastrointestinalen Lymphome besser wieder, an denen letztlich die Lugano-Klassifikation gescheitert ist (Tabelle 9.2-15). Die prognostisch bedeutsame Differenzierung der Stadien I1, I2 und II1 (s. Tabelle 9.2-15) ist bei einem Verzicht auf das pathohistologische Stadium allein durch den endoskopischen Ultraschalll (EUS) möglich. Er ist als einziges der bildgebenden Verfahren in der Lage, die verschiedenen Magenwandschichten und die perigastrale Umgebung (Lymphknoten) darzustellen (Abb. 9.2-11). Seine diagnostische Genauigkeit ist gut, jedoch keineswegs optimal. In einer prospektiven Untersuchung fand sich, bezogen auf den Goldstandard des pathohistologischen Stadiums des Magenresektates, eine korrekte Vorhersage der Tiefeninfiltration (Stadium I1 vs. I2) in 78% sowie des Lymphknotenstatus (Stadium I vs. II1) in 75% durch den präoperativen EUS. Als Hauptfehlerquelle erwiesen sich in 21% „positive“ Lymphknoten, die in der histologischen Aufarbeitung als entzündlich-reaktiv und nicht lymphominfiltriert beurteilt wurden. Diese Daten müssen allerdings vor dem Hintergrund der zum Zeitpunkt der Studie noch begrenzten Erfahrung mit der Methode gesehen werden. Zunehmende Expertise, der Einsatz der Minisondenechoendoskopie und EUS-gesteuerter Biopsien sollten zukünftig eine verbesserte klinische Stadienerfassung ermöglichen. Analog zu dem allgemein üblichen Vorgehen bei nodalen Lymphomen umfasst das klinische Staging den Einsatz der zervikalen und abdominellen Sonographie, der Computertomographie von Thorax und Abdomen sowie die Knochenmarkpunktion mit zytologischer und histologischer Beurteilung. Durch eine Ileokoloskopie wird darüber hinaus der Erfahrung Rechnung getragen, dass in bis zu 10% mit einem simultanen Befall des Dünnund/oder Dickdarmes gerechnet werden muss. Doppelballon-Enteroskopie und/oder Kapselendoskopie könnten zukünftig die radiologische Dünndarmdiagnostik ersetzen.
725
12 Monaten, wird von einem Therapieversagen ausgegangen, wenn nach dieser Zeit immer noch eine Lymphommanifestation vorliegt. Zeigt sich diese indessen nur im Sinne einer „minimalen Resterkrankung“, d. h. histologische Lymphomresiduen bei normalisiertem endoskopischen Befund und Fehlen weiterer Lymphommanifestationen, ist eine zuwartende Haltung mit endoskopisch-bioptischen Kontrollen in 3- bis 6-monatigen Intervallen gerechtfertigt. Bei Zeichen einer Progression oder hoch malignen Transformation müssen die Patienten weiterhin einer onkologischen Therapie (s. unten) zugeführt werden.
Therapie
Zur Behandlung der Magenlymphome stehen die Helicobacterpylori-Eradikation, die chirurgische Resektion, Strahlentherapie und Chemotherapie sowie die Kombination der einzelnen Modalitäten entsprechend Malignitätsgrad des Lymphoms, Stadium und anderer Faktoren (Alter, Komorbiditäten) als etablierte Verfahren zur Verfügung (Tabelle 9.2-16). Helicobacter-pylori-Eradikation Im Stadium I stellt die He-
licobacter-pylori-Eradikation bei niedrig malignen MALT-Lymphomen die Therapie der Wahl dar. Sie führt in bis zu 80% zu einer Lymphomregression und sichert den Patienten auch langfristig eine gute Prognose. In allen anderen Situationen (höheres Stadium, hoch malignes Lymphom) muss diese Therapieoption derzeit als experimentell angesehen und auf streng kontrollierte Studien begrenzt werden. Die Lymphomregression nach Helicobacter-pylori-Eradikation kann durchaus zeitlich verzögert einsetzen. Erst nach 6–18 Monaten, mehrheitlich nach
Abb. 9.2-11. Endoskopische Ultraschall(EUS-)Aufnahme der Magenwand
9
9
726
9 Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes
Stadium
Niedrig-maligne
Evidenzgrad
Hoch-maligne
Evidenzgrad
I 1/2
Hp-Eradikation
II- 1
CT +/– RT T (OP + CT)
II-a
II 1/2
Weenn Hp-, Progression oder Rezidiv: RT T (OP) II- a MRD: III watch and wait RT T (OP) II- a
II-a
III/IV
CT
CT +/– RT T (OP + CT) CT +/– RT T
II- a
bel llee 9.2 Taab 9.2-16. 16.. Behandlungsstrategien bei Magenlymphomen
II-a
Hpp Helicobacter pyllori; OP Operation; RT Strahlentherapie; CT Chemotherapie, MR RD minimal residual disease
Chirurgische Resektion Die Resektion, noch 1997 in der Kon-
sensusempfehlung der Deutschen Krebsgesellschaft als Therapie der ersten Wahl bei den niedrig malignen Lymphomen im Stadium I und II beschrieben und bei den lokalisierten hoch malignen Lymphomen der konservativen Therapie gleichgestellt, bleibt heute lediglich Komplikationen wie Blutung oder Perforation vorbehalten oder bietet sich allenfalls als Alternative zur konservativen Therapie bei entsprechendem Patientenwunsch an. Strahlentherapie und Chemotherapie In den letzten Jahren
schrittenen Stadien III und IV kommen beispielsweise eine Chlorambucil-Monotherapie oder Kombinationsprotokolle wie COP in Frage. Zukünftige Aspekte Mit dem Ziel einer Reduzierung der
the-rapiebedingten Toxizitäten sowie der Langzeitkomplikationen werden zukünftige Studien eine Verminderung der Zahl der Chemotherapiezyklen und eine in Volumen und Dosis reduzierte Strahlentherapie zum Gegenstand haben. Darüber hinaus gilt es, die Anti-CD20-Antikörpertherapie (Mabthera) in Kombination mit der Chemotherapie zu evaluieren. Die Deutsche Studiengruppe Gastrointestinale Lymphome (DSGL) hat sich dieser Fragestellungen in bereits aktivierten Studienprotokollen angenommen
wurden überzeugende Berichte für die Radiochemotherapie bei Magenlymphomen vorgelegt. In einer kleinen prospektiven Serie konnte durch alleinige Strahlentherapie bei Patienten mit niedrig malignen MALT-Lymphomen eine Fünfjahresüberlebensrate von 100% erreicht werden. Eine retrospektive Untersuchung wie auch Literatur eine prospektive, große Multicenter-Studie aus Deutschland ha- Cogliatti SB, Schmid U, Schumacher U et al. (1991) Primary B-cell gastric lymphoma: a clinicopathological study of 145 patients. ben die Gleichwertigkeit von operativem und konservativem VorGastroenterology 101: 1159–1170 gehen eindrucksvoll unterstrichen. Die vorläufigen Ergebnisse Eck M, Schmaußer W, Haas R et al. (1997) MALT-type lymphoma of the stoeiner prospektiven, randomisierten Studie zum Vergleich von mach is associated with Helicobacter pylori strains expressing the Cag A Operation + Radio-/Chemotherapie und alleiniger Radio-/Chemoprotein. Gastroenterology 112: 1482–1486 therapie deuten in die gleiche Richtung. Bei therapeutischer Fischbach W (2000) Gastrointestinale Lymphome. Ätiologie, Pathogenese und Therapie. Internist 41: 831–840 Gleichwertigkeit hat der konservative Therapieansatz den ent- Fischbach W, Dragosics B, Kolve ME et al. (2000) Management of primary scheidenden Vorteil der Organerhaltung und damit der besseren gastric B-cell lymphoma: Results of a prospective multicenter study. Gastroenterology 25: 509–512 Lebensqualität. Die Strahlentherapie erfolgt bei niedrig malignen Magen- Fischbach W, Goebeler M, Staristik P et al. (2002) Minimal residual low-grade gastric MALT-type lymphoma after eradication of Helicobacter pylori. lymphomen im Stadium I vorzugsweise im Sinne einer InvolvedLancet 360: 547–548 field-Bestrahlung mit 30 Gy und einer lokalen Aufsättigung der Fischbach W, Goebeler M, Greiner A (2002) Diagnostic accuracy of EUS in the local staging of primary gastric lymphoma: results of a prospective, Tumorregion mit 10 Gy. Im Stadium II wird mancherorts ein multicenter study comparing EUS with histopathologic stage. Gastrointest abdominelles Bad bevorzugt, was allerdings eine deutlich höhere Endosc 56: 696–700 Toxizität aufweist. Andererseits zeichnen sich Tendenzen einer Fischbach W, Goebeler M. Dragosics B, Greiner A, Stolte M (2004) Long-term outcome of patients with gastric marginal zone B-cell lymphoma of MALT Reduktion von Strahlenfeld und Dosis (regionale Bestrahlung mit following exclusive Helicobacter pylori eradication therapy. Experience 30 Gy) ab. Für die hoch malignen Lymphome wird derzeit nach from a large prospective series. GUT 53: 34–37 Chemotherapie eine Involved-field-Bestrahlung mit 36–40 Gy Koch P, Del Valle F, Berdel W et al. (2001) Primary gastrointestinal empfohlen. Sie ist sicherlich obligat bei niedrig malignen KompoNon-Hodg-kin’s lymphoma: II. Combined surgical and conservative or conservative management only in localized gastric lymphoma. nenten, zumindest dann, wenn diese auf eine Helicobacter-pyloriResults of the pros-pective German multicenter study GIT NHL 01/ Eradikation persistieren. Inwieweit die alleinige Chemotherapie bei 92. J Clin Oncol 19: 3874–3883 hoch malignen Lymphomen eine ausreichende Therapie darstellt, Morgner A, Miehlke S, Fischbach W et al. (2001) Complete remission of pri-mary high-grade B-cell gastric lymphoma after cure of muss noch überprüft werden. Als Standardchemotherapie der Helicobacter pylori infection. J Clin Oncol 19: 2041–2048 hoch malignen Lymphome kann das CHOP-21-Protokoll oder das Radaszkiewicz T, Dragosics B, Bauer P (1992) Gastrointestinal CHOP-14-Protokoll mit/ohne Wachstumsfaktoren angesehen wermalignant lym-phomas of the mucosa-associated lymphoid tissue. den. Bei den seltenen niedrig malignen Lymphomen in den fortgeFactors relevant to prognosis. Gastroenterology 102: 1628–1638
9.2 Gastroduodenale Erkrankungen Schechter NR, Portlock CS, Yahalom J (1998) Treatment of mucosaasso-ciated lymphoid tissue lymphoma of the stomach with radiation alone. J Clin Oncol 16: 1916–1921 Sonnen R, Calavrezos A, Grimm HA, Kuse R (1994) Kombinierte konservative Behandlung von lokalisierten Magenlymphomen. Dtsch Med Wo-chenschr 119: 863–868 Stolte M (1992) Helicobacter pylori gastritis and gastric MALTlymphoma. Lancet 339: 745 Strecker P, Eck M, Greiner A et al. (1998) Diagnostische Aussagekraft der Magenbiopsie im Vergleich zum Resektat bei primären gastralen B-Zell-Lymphomen vom MALT-Typ. Pathologe 19: 209–213 Wotherspoon AC, Doglioni C, Diss TC et al. (1993) Regression of primary low-grade B-cell gastric lymphoma of mucosa-associated lymphoid tissue type after eradication of Helicobacter pylori. Lancet 342: 575–577
9.2.6
Endoskopische Therapie in Magen und Duodenum Stefan Rebensburg und Horst Neuhaus
727
endoskopie getroffen werden; hierbei helfen klinische Parameter. Die Prognose bzw. die Wahrscheinlichkeit einer Rezidivblutung ist darüber hinaus abhängig von den endoskopisch diagnostizierten Blutungsstigmata. Eine endoskopische Therapie ist nur angezeigt bei einer aktiven Blutung, einem sichtbaren Gefäßstumpf und bei aufsitzendem Koagel. Ungünstige klinische und endoskopische Prognosekriterien bei akuter oberer GI-Blutung • Alter >60 Jahre • Schocksymptome bei Aufnahme • Hämoglobin 6/24 h • Rezidivblutung • Gravierende Begleiterkrankungen • Forrest I a: arteriell spritzende Blutung • Forrest II a: Läsion mit sichtbarem Gefäßstumpf • Forrest II b: Läsion mit Koagel
Endoskopische Verfahren sind für einige Erkrankungen des Magens und Duodenums seit Jahrzehnten als wenig invasive Standardtherapien etabliert. Hierzu gehören: Blutungsstillung bei Ulzera, Fundusvarizen, Tumoren, Angiektasien, GAVE-Syndrom, Dieulafoy-Läsion; Fremdkörperextraktion; Polypektomie.
Voraussetzung für eine sichere endoskopische Therapie ist ein Team aus einem interventionell erfahrenen Endoskopiker und einer ebenfalls erfahrenen Assistenz. Aus der Vielfalt der zur Blutstillung verwendeten Techniken haben sich diejenigen Verfahren durchgesetzt, die in ihrer Effektivität gut untersucht, relativ schnell zu erlernen, komplikationsarm anzuwenden, wenig ortsgebunden und verhältnismäßig preiswert sind. Die hierzu benötigten Instrumente und Medikamente führt die folgende Übersicht In den vergangenen Jahren wurde eine Reihe von weiteren Me- auf. thoden entwickelt wie die Implantation flexibler Metallstents bei malignen MagenAusrüstung für die endoskopische Therapie einer oberen ausgangsstenosen, gastrointestinalen Blutung • Endoskope, Zubehör Ballondilatation benigner Magenausgangsstenosen, – Endoskop mit mind. 3,7 mm Arbeitskanal endoskopische Mukosaresektion (EMR) von Magenadeno– 2 Absaugpumpen – Wasserpumpe men oder -frühkarzinomen, – Argonplasmakoagulator Resektion von ampullären Adenomen. • Instrumente Wie bereits die etablierten endoskopischen Methoden müssen sich auch diese neueren Techniken an den therapeutischen Alternativen, insbesondere an den chirurgischen Ergebnissen messen.
– Sklerosierungsnadeln – Nadeln für Histoacrylinjektion – Clips mit mehreren Applikatoren – Multiligatursets – Argonsonden • Medikamente – Adrenalin 1:10.000 – Histoacryl/Lipiodol 0,5/0,8 ml – 1%iges Polidocanol
Endoskopische Blutstillung
Bei akuten gastrointestinalen Blutungen sind 90% aller Blutungsquellen im oberen Gastrointestinaltrakt (Tabelle 9.2-17) zu finden. Die Letalität liegt je nach Patientenselektion bei etwa 10% (3–8% bei Ulkusblutung, 20–30% bei erstmaliger Blutung aus Ösophagusvarizen). Für die endoskopische Blutstillung stehen verschiedene, unterschiedlich gut evaluierte Verfahren zur Verfügung. Es konnte in Metaanalysen gezeigt werden, dass durch den primären Einsatz der Endoskopie die Letalität reduziert wird und die Komplikationsraten im Vergleich zur operativen Therapie geringer sind. Da andererseits 80–90% aller Blutungen spontan sistieren, muss eine Entscheidung über die Dringlichkeit einer Notfall-
Tabelle 9.2-17. Ursachen der oberen gastrointestinalen Blutung (n=429) Ursache
[%]
Gastroduodenales Ulkus Ösophagus- und Magenvarizen Ösophagitis Anastomosenulkus Malignom Mallory-Weiss-Syndrom Erosionen Angiodysplasien Z.n. Papillotomie Ulkus Dieulafoy Sonstiges Blutungsquelle unklar
51,3 20,0 6,2 5,1 4,7 3,3 3,3 1,2 0,9 0,7 2,1 1,2
9
9
728
9 Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes
Das Vorgehen bei akuter gastrointestinaler Blutungg beinhaltet vordringlich die Behandlung eines hämorrhagischen Schocks nach den Regeln der Intensivmedizin sowie die Entscheidung über die Notwendigkeit einer Schutzintubation zur Vermeidung einer Aspirationspneumonie. Hiernach kann die Notfallendoskopie des OGIT erfolgen mit dem Ziel einer möglichst kompletten Freispülung des Magens, um die genaue Lokalisation, Ursache und Aktivität der Blutung zu erfassen. Von dieser Information hängt im Folgenden die Art der Intervention ab. Bei Blutungen aus Ösophagusvarizen werden Gummibandligatur, Polidocanol und bei schweren Blutungen Histoacryl eingesetzt (s. Kap. 9.1.5). Magen- und die seltenen Duodenalvarizenn bluten seltener, dann aber häufig massiv und mit hoher Letalität einhergehend. Sie werden nur im Blutungsfall, also nicht prophylaktisch, endoskopisch behandelt. Mittel der Wahl ist die Injektion von Cyanoacrylat (Histoacryl); nur für diese Methode konnte eine hohe Hämostaserate nachgewiesen werden. Die Anwendung erfordert ein gut eingeübtes, zügig arbeitendes Endoskopieteam, um irreparable Schäden an den Augen der Beteiligten (Schutzbrillen für Patient und Team obligat!) und dem Endoskop zu vermeiden. Die Substanz besitzt für diese Indikation noch keine Zulassung, auch sind folgenschwere Embolien des Klebermaterials nach pulmonal und zerebral beschrieben; es existieren aber bei den mit hoher Mortalität einhergehenden Fundusvarizenblutungen keine vergleichbar wirksamen therapeutischen Alternativen. Gewarnt werden muss bei Magenvarizen vor der Anwendung destruierender Verfahren wie Polidocanol oder mechanischer Methoden wie der Gummiring- oder Endoloop-Ligatur, da die hierdurch induzierten Nekrosen mit der Gefahr massiver Rezidivblutungen aus dem oft ausgedehnten gastralen Varizenkonvolut einhergehen. Bei Varizenblutungen ist stets auch die Möglichkeit einer systemischen Therapie zu bedenken, da eine initiale Hämostase in gleicher Weise wie durch die endoskopischen Interventionen mittels intravenöser Gabe von Somatostatin (250 µg als Bolus gefolgt von 250 µg/h) oder Octreotid (50 µg als Bolus, dann 50 µg/h als kontinuierliche Infusion) erreicht werden kann. Durch eine Kombination beider Verfahren wird die Rate der Blutungskontrolle erhöht. Die endoskopische Behandlung von Ulkusblutungen beschränkt sich heute im Wesentlichen auf die lokale Injektion verdünnter Adrenalinlösungen, eventuell mit anschließender Thermokoagulation eines sichtbaren Gefäßstumpfes. Wahrscheinlich ist die Platzierung von endoskopischen Metallclips vergleichbar effektiv. Diese Maßnahmen kommen außer bei aktiver Blutung (Forrest Ia/b) auch bei sichtbarem Gefäßstumpf im Ulkusgrund (Forrest IIa) zum Einsatz, da dieser zu einer Rezidivblutung prädisponiert. Dasselbe gilt auch für ein anhaftendes Koagel (Forrest IIb), weshalb dieses besonders bei Risikopatienten nach Umspritzung mit Adrenalin entfernt und ein etwaig darunter sicht-
barer Gefäßstumpf therapiert werden sollte. Das Risiko einer Rezidivblutung wird durch eine zusätzliche Säureblockade durch intravenöse Applikation von Omeprazol signifikant gesenkt (z. B. 80 mg als Bolus, gefolgt von 8 mg/h). Nach erfolgreicher Therapie führen routinemäßige Kontrollendoskopien wahrscheinlich zu keiner Prognoseverbesserung, i. d. R. ist eine Kontrolle nur bei Verdacht auf Rezidivblutung erforderlich. Die Indikation zur primären chirurgischen Ulkustherapie darf nicht übersehen bzw. verzögert werden. Indikation zur primären chirurgischen Behandlung bei Ulkusblutung • Arrosion der A. gastroduodenalis an der Bulbushinterwand • Aortoduodenale Fistel • Endoskopisch nicht zugängliche Lokalisation • Massive Blutungen aus großen und tiefen Ulzera
Bei ulkusbedingter Rezidivblutung verdreifacht sich die Letalität, dennoch geht die erneute endoskopische Therapie der Rezidivblutung im Vergleich mit der chirurgischen Therapie mit einer niedrigeren Komplikationsrate einher. Das individuelle Vorgehen ist jedoch auch abhängig von den Risikofaktoren des Patienten sowie von den lokalen Voraussetzungen und sollte daher immer interdisziplinär diskutiert werden. Tumorblutungenn können gelegentlich mit Injektion von Adrenalin oder Clips beherrscht werden, häufig aber, und besonders in palliativen Situationen, treten solche Blutungen diffus auf. Hier hilft oft der Argon-Beamer, eine Anwendung des Hochfrequenzstromes, bei dem der elektrische Strom einem Argongas-Fluss aufmodelliert wird und dadurch kontaktfrei auf die Schleimhaut gelangt. Dort bewirkt er eine Koagulationszone mit geringer Eindringtiefe in das Gewebe. So können sowohl Oberflächen koaguliert als auch im Einzelfall sukzessiv abladiert werden. Der Argon-Beamer stellt eine wertvolle Bereicherung des endoskopischen Arsenals dar; neben einfacher und wirtschaftlicher Anwendung besteht eine deutlich geringere Perforationsgefahr im Vergleich mit den anderen gewebedestruierenden Verfahren. Der Argon-Beamer erwies sich auch als effektives Verfahren zur Behandlung blutender vaskulärer Läsionen (Angiodysplasien, GAVE- Syndrom oder Wassermelonenmagen, Hämangiome) des GI-Traktes mit Ausnahme der Dieulafoy-Läsion, bei der der Einsatz von Adrenalininjektionen, Thermokoagulation, Clips oder auch eine Gummiringligatur des frei liegenden Ge-fäßes günstiger erscheinen. Fremdkörperextraktion aus Magen und Duodenum
Während in Hypopharynx und Ösophagus lokalisierte Fremdkörper umgehend entfernt werden müssen, ist bei Fremdkörpern in Magen und Duodenum häufig ein beobachtendes Zuwarten indiziert, denn >80% aller verschluckten Fremdkörper gehen spontan ab. Dies gilt dank des Exner-Schutzreflexes im Intestinum
9.2 Gastroduodenale Erkrankungen
auch für spitze, scharfkantige oder größere Gegenstände, wie z. B. Teelöffel. Die Indikation zur endoskopischen Extraktion muss bei hoher Spontanheilungsrate abgewogen werden gegen Aspirationsrisiko (bei vollem Magen ist der Eingriff riskant und meist frustran) und iatrogenes Verletzungsrisiko, besonders bei unerfahrenem Endoskopiker und/oder falschem Instrumentarium. Dennoch wird man unter geeigneten Rahmenbedingungen in der Regel potentiell gefährliche Fremdkörper endoskopisch extrahieren, solange sie sich noch in Reichweite des Gastroskops befinden. Entscheidet man sich zu einer Verlaufsbeobachtung, sollte der Spontanabgang gesichert werden, evtl. begeleitet von radiologischer Dokumentation der Positionsänderung. Bei nach >14 Tagen unveränderter Lage im Magen sollte elektiv endoskopisch extrahiert werden. Die Indikation zur notfallmäßigen endoskopischen Extraktion besteht bei potentiell ätzenden Substanzen wie Batterien sowie bei Abdominalbeschwerden, falls diese auf den Fremdkörper zurückzuführen sind und sich das Objekt noch im OGIT befindet (ggf. Röntgenaufnahmen kurz vor der Endoskopie wiederholen). Bei akutem Abdomen bzw. Peritonismus ist die endoskopische Extraktion allerdings kontraindiziert, es muss dann eine Laparotomie erfolgen. Die endoskopischen Technikenn zur Fremdkörperextraktion sind in Abhängigkeit von Art und Lokalisation des Gegenstandes vielfältig; hierzu wird auf die weiterführende Literatur verwiesen.
729
endosonographisch. Operationskriterien sind inhomogenes Reflexmuster, Aufhebung der Wandschichtung, Größe über 2 cm oder aber Komplikationen wie Blutung. Mukosale Polypen >1 cm sollten mit der Schlinge entfernt werden. Bei mukosalen Polypen 50 Polypen) reicht eine Biopsie bzw. Polypektomie der vier bis fünf größten Polypen aus, um über das weitere Vorgehen zu entscheiden (s. Übersicht, weitere Hinweise zur makroskopischen Differentialdiagnose s. Spezialliteratur). Makroskopische Differentialdiagnose bei multiplen Magenpolypen und Polyposen • Multiple Polypen – Korpusdrüsenzysten – Karzinoidtumoren – Hyperplastische Polypen – Entzündlich fibromatöse Polypen – Selten: Metastasen – Selten: heterotope Brunner-Drüsen • Polyposen – Korpusdrüsenzysten – Karzinoidtumoren – Hyperplastische Polypen
Die Durchführung der Schlingenpolypektomie setzt einen im Umgang mit den Techniken endoskopischer Blutstillung ver-sierten Endoskopiker voraus. Dieser kann auch die im Magen oft breitbasigen mukosalen Polypen bis zu einer Größe von etwa Polypektomie in Magen und Duodenum Die Indikation zur Polypektomie von gastroduodenalen Poly- 3 cm endoskopisch angehen. Bei größeren Polypen muss pen ergibt sich gelegentlich aus einer klinischen Symptomatik die operative Entfernung oder ein kombiniert endoskopisch(Blutung, Obstruktion, Invagination), hauptsächlich besteht sie lapa-roskopisches Vorgehen erwogen werden. Der Eingriff wird aber in der Karzinomprophylaxe. Jedoch sind im Gegensatz zum erleichtert und hinsichtlich einer Perforation weniger riskant, Kolorektum, wo 70–80% aller Polypen neoplastisch sind (und wenn zuvor eine Unterspritzung der Polypenbasis mit 0,9%iger deshalb prinzipiell alle Polypen polypektomiert werden sollten), NaCl-Lösung oder einer verdünnten Adrenalinlösung erfolgt. Magen- und Duodenalpolypen nur in 10–20% der Fälle neo- Beim Schneidevorgang sollte bei breitbasigen Polypen höher dosierter Mischstrom bevorzugt werden, da lange Koagulationsdauer plastischer Natur (Tabelle 9.2-18). Es ist deshalb in Abhängigkeit vom endoskopischen Aspekt eine mit erhöhtem Risiko einer tiefgreifenden Gewebeschädigung differenzierte Indikationsstellung zur Polypektomie erforderlich. und Perforation einhergeht. Intravenöses Scopolamin verbessert Submuköse mesenchymale Polypenn sind aufgrund ihres norma- die Übersicht und beugt dem Verlust des Biopsats vor. Die Komplikationen umfassen neben denen der Sedierung len Schleimhautüberzuges leicht abzugrenzen. Der Biopsiezange sind diese Tumoren schwer zugänglich und die Schlingenbiopsie vor allem Blutung und Perforation. Letztere ist im Magen wegen ist mit einem erhöhten Blutungs- und Perforationsrisiko verbun- der mit 4–7 mm deutlich dickeren Wand seltener als im Kolon oder den. Deshalb erfolgt die weitere Differenzierung zunächstt Duodenum. Die Gesamtkomplikationsrate für Magenpoly-pektomie
Neoplasien Epithelial Endokrin (mesenchymal) Tumorähnliche Polypen
gesamt
19,1
Adenome Adenokarzinome (Typ I und IIa) Karzinoidtumoren
10,2 7,2 1,7
gesamt
80,9
Korpusdrüsenzysten Hyperplastische Polypen übrige
47 28,3 5,6
Taab be lllee 9.2-18. 9.2-18 9.2 188 Histologische Häufigkeitsverteilung [%] von mukosalen Magenpolypen, Einteilung nach WHO
9
9
730
9 Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes
wird mit 1–2% angegeben, wobei Blutungen meist konservativ behandelt werden können. Endoskopische Kontrollen nach Polypektomie sind erforderlich, wenn neoplastische Polypen entfernt wurden. Validierte Nachsorgeempfehlungen liegen hierzu nicht vor. Man wird in Abhängigkeit von Lokalbefund und Dysplasiegrad anfangs halbjährliche, später jährliche Kontrollen empfehlen. Bei einer Autoimmungastritis sollten wegen des Risikos der Karzinoidentstehung, bei hyperplastischen Polypen wegen des gehäuften Auftretens metachroner Adenokarzinome ebenfalls endoskopische Verlaufskontrollen angeraten werden, obwohl der Nutzen dieses Vorgehens bisher nicht in formalen Studien gesichert wurde. Implantation flexibler Metallstents bei malignen Magenausgangsstenosen
Ein neueres endoskopisches Verfahren stellt die palliative Behandlung maligner Magenausgangsstenosen mit selbstexpandierenden Metallstents dar. Diese werden von den Herstellern in unterschiedlichen Größen und Formen angeboten und sind in komprimierter Form auf einen Freisetzungskatheter montiert. Dieser kann über einen Führungsdraht unter alleiniger Durchleuchtung oder aber durch das Endoskop hindurch vor Ort gebracht und dann kontrolliert freigesetzt werden. Die zusätzliche Benutzung eines Endoskops verbessert die mechanischen Bedingungen und damit die Kontrolle über eine genaue Platzierung des Stents. Die häufigsten Ursachen einer malignen Magenausgangsstenose sind das fortgeschrittene Pankreaskarzinom, das Magenkarzinom, seltener Metastasierung anderer Malignome. Eine mögliche Indikation für einen Metallstentt liegt bei Patienten mit hohem Risiko für eine palliative Operation vor (Gastroenterostomie mit oder ohne biliodigestive Anastomose). Zusätzliche tiefer gelegene intestinale Stenosen sollten zuvor ausgeschlossen worden sein. Wenn bereits eine biliäre Obstruktion vorliegt oder einzutreten droht, muss der Gallengang zuvor mit einem Metallstent versorgt werden. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass der intestinale Stent die Papille überbrückt, denn nach Anlage eines gastroduodenalen Metallstents ist das Gallenwegssystem in der Regel nur noch perkutan erreichbar. Bei Beachtung dieser Vorbedingungen sind die Ergebnisse gut. In den bisherigen kleinen Untersuchungsreihen besserte sich die Symptomatik bei über 90% der Patienten. In der Regel konnte eine flüssige Nahrungsaufnahme noch am gleichen Tag erfolgen, sodann ein stufenweises Voranschreiten zu festen Speisen (Blattgemüse sollten vermieden werden). Im Einzelfall sind auch maligne Stenosen des proximalen Jejunums mit Metallstents erfolgreich versorgt worden. Einer gelegentlich ausbleibenden Besserung liegt, falls distalere intestinale Stenosen zuvor ausgeschlossen wurden, eine funktionelle Störung durch Peritonealkarzinose zugrunde. Komplikationen traten bei ca. 20% der Patienten auf: Malplatzierung des Stents, Stentmigration, Blutung, Perforation, Stentverschluss durch Tumoreinwuchs oder Speiseobstruktion. Die meisten dieser Komplikationen können ihrerseits endoskopisch
behandelt werden. Direkte Vergleiche mit den chirurgischen Ergebnissen existieren nicht. Aus der chirurgischen Literatur ist jedoch für die palliativen gastrointestinalen und biliodigestiven Bypässe eine hohe perioperative Morbidität und eine Mortalität von über 20% bekannt, auch eine Besserungsrate von Anorexie und Erbrechen bei nur ca. 50% der Patienten. Der Methodenvergleich fällt somit zumindest bei Patienten mit hohem Operationsrisiko eher zugunsten des Metallstents aus, wobei eine Gastroenterostomie bei unzureichender Stentfunktion auch noch später möglich ist. Die hohen Kosten für Metallstents relativieren sich, wenn sie den Kosten der alternativen operativen Behandlung gegenübergestellt werden. Der Eingriff kann prinzipiell ambulant erfolgen. Über die Sicherheit von Metallstents unter einer Radiochemotherapie existieren keine Untersuchungen. Die meisten Stents sind MR-kompatibel, es empfiehlt sich, im Einzelfall die Produktbeschreibung heranzuziehen. Ballondilatation benigner Magenausgangsstenosen
Benigne Magenausgangsstenosen sind in der Hauptsache peptischer Natur, seltener auch durch Morbus Crohn verursacht. Nach diagnostischer Sicherung einer Magenausgangsstenose (Sonographie) erfolgt zunächst zwecks Aspirationsprophylaxe die Ableitung der Retention durch eine Magenablaufsonde, sodann eine Endoskopie zur makroskopischen und histologischen Differentialdiagnose. Wenn es sich um eine benigne Stenose handelt, wird im Falle eines vorwiegend entzündlichen Geschehens zunächst medikamentös mit PPI und Helicobacter-Eradikation bei der peptischen Striktur und mit Kortikoiden bei der Crohn-Stenose therapiert. Wenn hiernach die Stenose fortbesteht oder sie bereits initial vorwiegend narbiger Natur war, kann – ggf. mit wasserlöslichem Kontrastmittel – die Stenoselänge dokumentiert werden und ein Behandlungsversuch mit Ballondilatation erfolgen. Die Technikk der Dilatation besteht im Vorbringen eines Ballonkatheters über einen Führungsdraht unter endoskopischradiologischer Kontrolle und stufenweiser Aufdilatation bis zu 18 mm Durchmesser. Diese Behandlung kann bei unzureichendem klinischen Effekt im Abstand von 1–2 Tagen wiederholt werden. Als Komplikationen dieser Therapie können in Einzelfällen Perforationen auftreten. In der Literatur wird neben kleineren Serien über eine Langzeituntersuchung bei peptischer Magenausgangsstenose berichtet. Die Erfolge bei einer mittleren Nachbeobachtungszeit von mehr als drei Jahren betrugen primär 90%, lediglich ca. 20% der Patienten mussten im Verlauf nachdilatiert werden. Solche Langzeitbeobachtungen liegen für Crohn- sowie andere benigne Magenausgangsstenosen nicht vor. Dennoch erscheint heute sowohl bei peptischen als auch anderen benignen Stenosen vor operativer Behandlung ein endoskopischer Therapieversuch aufgrund der geringen Invasivität gerechtfertigt.
9.2 Gastroduodenale Erkrankungen
Endoskopische Mukosaresektion von Magenfrühkarzinomen
731
Zumindest in Japan wird diese Patientengruppe heute vorwiegend mittels EMR behandelt, wobei die Langzeitergebnisse der konventionellen Operation vergleichbar sind. Aufgrund fehlender größerer Serien sollten Patienten in Europa möglichst nur im Rahmen von Studien an Zentren therapiert werden, um die Differentialindikation zur operativen Behandlung durch Langzeitergebnisse abzusichern. Bei lokal fortgeschritteneren Befunden sollte operativ behandelt werden und eine EMR nur bei erhöhtem Operationsrisiko erfolgen. Ulzerierte oder sich bei submuköser Injektion nicht abhebende Prozesse sind nicht für die endoskopische Therapie geeignet, da sie in der Regel die Submukosa bzw. Muscularis propria infiltrieren. Die Endosonographie (EUS) kann einen Beitrag zur Einschätzung der Invasionstiefe leisten und lokoregionäre Lymphknotenvergrößerungen ausschließen. Die Zuverlässigkeit der EUS hinsichtlich der Diagnose des für eine EMR relevanten Tumorstadiums uT1a liegt beim Einsatz von hochfrequenten Minisonden (20–30 MHz-Geräte) bei 80–90%. Diese Methode sollte daher zumindest bei größeren oder eingesenkten Läsio-nen eingesetzt werden, um unnötige endoskopische Resektionen bei tiefer als die Mukosa infiltrierenden und damit konventionell operationspflichtigen Befunden zu vermeiden. Die Komplikationen entsprechen denen der endoskopischen Polypektomie im Magen. Perforationen sind selten, wenn auf ausreichende submuköse Injektionen (mind. 10–40 ml) geachtet wird. In bis zu 10% treten Blutungen auf, selten transfusionspflichtig, die vom erfahrenen Endoskopiker mit den o. a. Blutstillungstechniken beherrscht werden können. Derzeit kann die EMR von Magenfrühkarzinomen noch nicht als Routinemethode empfohlenen werden. Abgesehen von den noch fehlenden Langzeitergebnissen bedarf die Methode beträchtlicher endoskopischer Erfahrung, um Perforationen zu vermeiden, induzierte Blutungen zu stillen und insbesondere vollständige Resektate einer Läsion zu erhalten. Ausblick: Bei zunehmendem diagnostischem Bedarf für Endoskopie und gleichzeitig weiterer Entwicklung von hochauflösenden Endoskopen mit Zoomfunktion sowie dem ergänzenden Einsatz von Chromoendoskopie und hochfrequentem Ultraschall werden gastrointestinale Malignome und deren Vorstufen in größerem Umfang in Frühstadien erkannt werden. Damit wird die Frage nach der Möglichkeit und Zuverlässigkeit der minimalinvasiven Resektionstechniken zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Definition: Der Begriff endoskopische Mukosaresektion (EMR) umfasst die Techniken zur nichtdestruierenden endoskopischen Entfernung breitbasiger, flacher und rasenförmiger, auf Mukosa (und Submukosa) beschränkter Läsionen aus dem Gastrointestinaltrakt. Ziell ist die vollständige endoskopische Resektion in möglichst einem oder auch mehreren Stücken („Piecemeal-Verfahren“) und die Bergung des Resektats zur histologischen Beurteilung von Art, vertikaler und möglichst auch lateraler Infiltrationsausdehnung des Gewebes. Die angewandten Technikenn beruhen alle auf submuköser Infiltration, meist mit 0,9%iger Kochsalzlösung oder 1:20.000 verdünnter Adrenalinlösung, um die Mukosa mit oder ohne Submukosa von der Muskularisschicht kissenartig abzuheben und so eine Perforation der Intestinalwand zu vermeiden. (In Form von submukösen „Sicherheitskissen“ vor Schlingenabtragung breitbasiger Kolonadenome wurde die EMR von versierten Endoskopikern auch im Westen schon lange angewendet. Der Begriff EMR bildete sich jedoch erst mit der zunächst im asiatischen Raum zunehmend praktizierten endoskopischen Therapie der Frühkarzinome von Magen und Ösophagus heraus.) Für den eigentlichen Resektionsvorgang wurde eine Reihe verschiedener Techniken entwickelt. Neben der einfachen Schlingenektomie sind dies insbesondere: Schlingenektomie über einer Gummibandligatur, Einsatz eines Zweikanalendoskops, wodurch mit einer Zange die Läsion in die Schlinge gezogen werden kann („Lift-and-cut-Technik“) sowie die Kappentechnik nach Inoue. Bei Letzterer wird eine speziell konstruierte transparente Kunststoffkappe auf das distale Ende des Endoskops gesetzt, die Läsion angesaugt und dann mit einer Schlinge abgetrennt. Die EMR-Techniken sind in der Anwendung deutlich schwieriger als die einfache Schlingenektomie von gestielten und schmalbasigen Polypen oder die Applikation von gewebedestruierenden Verfahren (Argon, Laser, Kryotherapie usw.). Wesentlich ist die Vorauswahl der Patienten, da die Methode mit der chirurgischen offenen oder laparoskopischen Resektion von Frühkarzinomen konkurriert, die mit über 90% Langzeitüberlebenden exzellente Ergebnisse vorweisen kann. Werden die in der folgenden Übersicht angegebenen Kriterien erfüllt, bestehen mit hoher Wahrscheinlichkeit intraepitheliale Karzinome (früher „Carcinoma in situ“, TIS) oder invasive Karzinome, die die Basalmembran zwar überschreiten, jedoch nicht die Muscularis mucosae (Tumorstadium T1 m). Das Risiko von Lymphknotenmetastasen beträgt in diesen Fällen weniger Endoskopische Resektion ampullärer als 5%. Adenome Die endoskopische Resektion von Adenomen der Papilla Vateri stellt einen Sonderfall der EMR dar. Die Indikation zur Resektion besteht Indikation zur EMR bei Magenfrühkarzinomen in Japan darin, dass diese Adenome nicht nur Präkanzerosen, sondern in – Gut oder mäßig differenziertes Adenokarzinom – Kein Ulkus einem hohen Prozentsatz bereits in tieferen, der Biopsiezange – uT1(a) nicht zugänglichen Gewebsschichten karzinomatös entartet sind. – Frühkarzinom Typ I oder II a/b 3) Zottenatropie (IEL ≠ ) ja
nein
Sprue Æ GFD Kontrolle (IgA (IgG) anti-tTG) Abb. 9.3-1. Diagnostik der Sprue. EMA endomysiale Antikörper; GFD glutenfreie Diät; IEL (vermehrte) intraepitheale Lymphozyten (>30/100 Epithelien)
Arthritiden (s. folgende Übersicht). Für Patienten mit einer Sprue, die erst im Rahmen einer Osteoporose diagnostiziert wurde, konnte belegt werden, dass eine glutenfreie Diät die Knochendichte innerhalb eines Jahres signifikant gegenüber den unbehandelten Kontrollen bessert. Es ist naheliegend, dass eine glutenfreie Diät andere assoziierte Erkrankungen ebenfalls bessern oder verhindern kann.
Therapie
Die Behandlung der Sprue ist die völlige Glutenkarenz (erstrebenswert ist ein Glutengehalt der Nahrungsmittel 200 g über mehr als einen Monat) begleitet. Jedoch lei- rer Ursachen erfolgen. Wichtige Basisinformation kann auch die den nur etwa 5% der Patienten mit chronischen Diarrhöen an Oberbauchsonographie liefern (flüssigkeitsgefüllte Darmschlingen, einer Malabsorption. Die Wahrscheinlichkeit steigt jedoch auf ca. Darmwandödem/sog. Kokarden, abdominelle Raumforderungen, 50%, wenn ein deutlicher Gewichtsverlust ohne Fieber oder intes- Arteriosklerose). tinalen Blutverlust vorliegt. Nahezu beweisend sind makroskopische Fettstühle (Steatorrhoe). Die Steatorrhoe als Leitsymptom Malassimilation von Fetten und Gallensäuren Wegweisend der globalen Malabsorption kann häufig bereits durch eine Stuhl- für die Malabsorption sind das erhöhe tägliche Stuhlgewicht und visite belegt werden, bedarf aber im Zweifelsfall der quantitativen v. a. der erhöhte Stuhlfettgehalt (Steatorrhoe), der mit der Analyse (s. unten). Die partielle Malabsorption wird neben beson- Steatokrit- oder NIRA-Methode („near infrared reflectance anaderen klinischen Zeichen u.a. durch die laborchemische Diagnos- lysis“) heute einfach bestimmt werden kann. Die Steatorrhoe (tgl. tik erkannt (s. folgende Übersicht). Weitaus die häufigste Stuhlfettausscheidung >7 g über 3 Tage) kann durch eine MalMalassimilation, verbunden mit Durchfällen, Meteorismus und ab- digestion (pankreatogen durch Mangel insbesondere an Lipase), dominellen Schmerzen, aber selten den Zeichen der Malab- chologen (durch Mangel an fettemulgierenden Gallensäuren) mit sorption, ist die Maldigestion von Laktose durch den verbreiteten meist isolierter Störung der Resorption von Fetten und fettlöslichen Vitaminen oder durch eine Störung des Dünndarmepithels (mit enterozytären Laktasemangel (s. unten). meist globaler Malabsorption) bedingt sein. Gallensäuren können durch unzureichende Rückresorption im terminalen Ileum oder
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9 Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes
durch Präzipitation infolge einer überschießende Magensäure- Diagnostik (hier Bestimmung von EMA bzw. IgA anti-tTG und sekretion im Rahmen eines Zollinger-Ellison-Syndroms (Gastri- multiple Duodenalbiopsien) eingesetzt. nom) aus dem enterohepatischen Kreislauf depletiert werden. Gezielte Diagnostik des Gastrointestinaltrakts Außerdem werden nicht rückresorbierte Gallensäure im Kolon bakteriell dekonjugiert und wirken dort als Laxans. So sind eine • Gastroskopie – Magen: M. Menetrier (Proteinverlust), Ulzerationen chronische Pankreatitis, ein Pankreaskarzinom, ein Gallenwegs(Gastrinom) verschluss, eine Resektion oder eine Entzündung des terminalen – Duodenum und prox. Jejunum: Atrophie, Ulzerationen – Röntgen Abdomen: Pankreasverkalkungen? Ileums auszuschließen. Kommen Pankreas-, Gallenwegs- und • Jejunoskopie Kolonerkrankungen nicht infrage, sollte eine endoskopische – Atrophie – Ulzerationen Diagnostik des oberen Gastrointestinaltrakts durchgeführt • Dünndarmdoppelkontrast, ggf. Hydrokolloid-NMR des Abdowerden (Magen: atrophische Gastritis, M.-Menetrier-Riesenfaltenmens – Mukosaödem magen mit Proteinverlust, Ulzera im Rahmen des seltenen Gas– Fehlende Schleimhautbelegung (z. B. bei Sprue) trinoms; proximaler Dünndarm mit Duodenoskopie und Bio– Stenose, Tumor CT, ggf. NMR • psieentnahme, gegebenenfalls mit Entnahme von Duodenalse– Tumor kret auf Lamblien). Die weitergehende Dünndarmdiagnostik – Abszess – (mediastinale) Lymphome (Infektion, intestinales Lymphom) ist in der Übersicht aufgeführt. Ein abdominelles CT kann Hin• Angiographie, ggf. NMR weise auf eine Systemerkrankung (Lymphom, Tbc) oder Raum– Arterielle Stenosen im GI-Trakt – Experimentell: Kapselendoskopie des gesamten Dünnforderungen (Tumore, Abszesse) geben. Bei entsprechendem darms Verdacht (z. B. auf Zöliakie/Sprue) wird gleich eine gezielte
Chronische Diarrhoe (>1 Monat) (Stuhlgewicht > 200g/d an 3 Tagen, mit oder ohne makroskop. Steatorrhoe)
ja
Basislabor: Differentialblutbild Hb-Wert, Eisen, Ferritin Albumin (Ödeme?) Gesamteiweiß/Elektrophorese Magnesium, Kalzium/Phosphat Pankreasenzyme Leberenzyme/Gerinnung Vit. B 12/Folsäure Zink b-Karotin Speziallabor: Schilddrüsenfunktion Elastase im (lyophilisierten) Stuhl Stuhlfettbestimmung (>7 g/d) EMA/IgA anti-tTG (Sprue)
pathologisch (relevante Malassimilation)
Weitere Funktionstests: Ileumfunktion (Schilling-, 75SeHCAT-Test) Pankreasfunktion (Sekretin-Test) Magensekretion hepatobiliäre Funktion Proteinverlust in den Darm (Antitrypsin/51Cr-Albumin-Clearance)
nein
immer Anamnese: Voroperationen, Fieber, abdom. Schmerzen, Auslandsaufenthalte, Diabetes, Medikamente, familiäre Belastung, Milchintoleranz
Koloskopie zum Ausschluss einer Kolonerkrankung gastrointestinale Allergie? irritables Darmsyndrom?
Zuckerresorptionstest: H2-Atemtest für Laktose, Fruktose, Glukose, Sorbit Methylhistamin im Urin (Allergenprovokation)
normal
Bildgebende Dünndarmdiagnostik: Sonographie Gastroskopie mit tiefen Duodenalbiopsien Dünndarm-Doppelkontrast abd. CT (Lymphome, Tumor) Intestinoskopie ggf. arterielle Gefässdarstellung
bb A Abb. bb. 9.3-2. 9.3 2.. Diagnostik des Malassimilationssyndroms
9.3 Dünndarmerkrankungen
– Funktionstests für das terminale Ileum: Vitamin-B12Resorption (Schillingtest): nach oraler Gabe von 0,5 µCi 58 Co-B12 und i.v.-Gabe von 1 mg B12 (Absättigung der B12-bindenden Plasmaproteine) Messung der renalen 58Co-B12-Ausscheidung im Urin (normal >7%).a 75 Se-Homotaurocholat (SeHCAT)-Resorption: nach oraler Gabe von SeHCAT verbleiben nach 4 Tagen >35%, nach 7 Tagen >25% der Aktivität im Körper (Gammakamera). Werte darunter sprechen für Gallensäureverlust bzw. -malabsorption.b
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Sehr selten sind der primäre Mangel an Saccharase/Isomaltase, an Trehalase (Pilze), an Amylase oder an den enterozytären Transportern für Glukose oder Galaktose. Malassimilation von Aminosäuren Diese ist als primäre Stö-
rung sehr selten (Pädiatrie) und betrifft in erster Linie Tryptophan und Methionin.
Proteinverlust Ein intestinaler Proteinverlust kann durch eine Barrierestörung bei allen entzündlichen Darmerkrankungen auftreten. Bereits 10–20% des normalen Albuminumsatzes erfolgen über den Darm. Eine primäre Störung mit Eiweißverlust ist die intestinale Lymphangiektasie, die meistens umschrieben Malassimilation von Kohlenhydraten Liegt keine Steatorrhoe auftritt und histologisch (Stufenbiopsien) anhand einer Erweiund keine oder nur eine geringgradige Malabsorption vor, muss terung submukosaler Lymphgefäße auffällt. an eine Kohlenhydratmaldigestion gedacht werden. Die DiagEin vergleichbares histologisches Bild bietet der intestinale nose erfolgt primär durch den H2-Exhalationstests nach oraler Eiweißverlust bei Rechtsherzinsuffizienz. Der intestinale EiweißZufuhr des jeweiligen Kohlenhydrates (Tabelle 9.3-10). So verlust kann nuklearmedizinisch nach i.v.-Gabe von 99Tc-marverbleiben nichtresorbierte Kohlenhydrate (v. a. Disaccharide, kiertem Albumin nachgewiesen und lokalisiert werden. Quantitative Fruktose) im Darm, führen damit zum Einstrom von Wasser in Aussagen sind mit 51Cr-markiertem Albumin oder der α1-Antidas Darmlumen (osmotische Diarrhö) und werden durch die im trypsin-Clearance (Bestimmung der Serum- und Stuhlkonzendistalen Dünndarm und insbesondere im Kolon zunehmenden tration) möglich. Bakterien unter Gasbildung (Meteorismus durch H2, CO2 und Methan) und Bildung kurzkettiger Fettsäuren (laxierende Wir- Intestinale Allergie Eine kompetente Diagnostik auf eine intekung im Kolon) fermentiert. Der Anstieg der H2-Konzentration stinale Allergie wird nur in wenigen Zentren durchgeführt. Zur in der Atemluft wird massenspektrometrisch halbstündlich über 3 h Orientierung kann das Mastzellenprodukt 5-Methylhistamin quantifiziert. Ein Anstieg auf über 20 ppm im Zusammenhang mit unter Normalkost und unter hypoallergener Kost (Kartoffel-Reisden typischen Beschwerden (Diarrhö, Meteorismus, Bauch- Diät) im 12-h-Urin bestimmt werden. Die weitergehende Diagnosschmerzen) gilt als beweisend. Sensitivität und Spezifität liegen um tik erfolgt durch Provokation mit definierten Nahrungsgemischen 90%. Die Ergebnisse können jedoch z. B. durch eine anderweitig und durch lokale Applikation mit nachfolgender Lavage und Mediabeschleunigte Darmpassage oder durch eine fehlende zwölf- torbestimmung im Rahmen einer Koloskopie. stündige Nahrungskarenz verfälscht werden (siehe Tabelle 9.310). Ferner liegt häufig eine sekundäre Maldigestion für und Therapie der intestinalen Allergie Kohlenhydrate vor, die sich meist nach Behandlung der primären Diagnostik Suchtest Methylhistamin im 12-h-Urin Ursache (z. B. Sprue, bakterielle Fehlbesiedlung, Kurzdarm2 Tage (18.00 bis 6.00) unter Normalkost, 2 Tage (18.00 bis syndrom) bessert. 6.00) unter hypoallergener Kost (Kartoffel-Reis-Diät), mit Dokumentation der klinischen Symptome* Afrikaner und Asiaten leiden zu 70–95%, Europäer zu Gezielte Tests 5–20% an einem mit dem Alter zunehmenden Laktasemangel Haut- und Serum-IgE-Tests (nur in ca. 30% mit intestinaler Allergie konkordant) des enterozytären Epithels. Meist vertragen die Patienten jedoch Endoskopie des Gastrointestinaltraktes mit Biopsien kleinere Mengen vergorener Milchprodukte (Joghurt, Kefir), da (Eosinophilie? Mastzellen?) Freisetzung allergener Mediatoren in der Biopsiekultur diese Laktase enthalten. Orale Provokation mit Gemischen definierter NahrungsEbenfalls häufig ist die Fruktosemaldigestion, die nicht auf allergene Koloskopische Lavage des terminalen Ileums und definierter einem Enzymdefekt beruht, sondern dosisabhängig (tägliche Kolonabschnitte mit Allergenen und konsekutive Biopsie Belastung >30 g) oder sekundär auftritt. (u. a. Mediatorbestimmung in der Lavage und Biopsie) Therapie Die Monosaccharide Glukose und Galaktose werden sekunAllergenkarenz där, v. a. bei bakterieller Fehlbesiedlung, vermindert resorbiert. Antihistaminika Hemmer der Mastzelldegranulation Ein pathologischer Glukose-H2-Atemtest legt den Verdacht auf eine H2-Rezeptorenblocker bakterielle Fehlbesiedlung nahe. (Kortison) Bereits 5–10 zuckerfreie Bonbons oder Kaugummmis, die *Pathologisch: > 6 µg Methylhistamin/mmol Kreatinin/m2. Bei paca. 5 g des physiologisch nichtresorbierbaren Zuckeralkohols Sorthologischen Werten und Normalisierung unter hypoallergener Kost liegt die Sensitivität bei 95%. Falsch-pathologische Werte werden bit enthalten, können Meteorismus, Diarrhöen und abdominelle z. B. durch Infekte, Endokrinopathien, Medikamente, eine Leber- und Beschwerden verursachen (Anamnese!). Niereninsuffizienz hervorgerufen. a
Muss bei fraglicher perniziöser Anämie mit und ohne Gabe von Intrinsic Factor durchgeführt werden. Da SeHCAT nicht bakteriell dekonjugiert wird, erfolgt keine Verfälschung durch eine bakterielle Fehlbesiedlung.
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9 Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes Tabelle 9.3-10. Diagnostik der Kohlen hydratmalissimilation
Störung
Orale Belastung
Reguläre H2-Bildung Laktasemangel Bakterielle Fehlbesiedlung Fruktoseunverträglichkeit Sorbit Globale Malabsorption
20 g Laktulosea 50 g Laktose 50 g Glukose 50 g Fruktose 10 g Sorbit 25 g Xyloseb
Falsch-niedrige H2-Produktion
Falsch-hohe H2-Produktion
Antibiotikatherapie Darmlavage Hyperventilation/Stress Nahrungskarenz >>12h Kohlenhydratarme Diät Erniedrigter Stuhl-pH Fehlende H2-bildende Darmflorac
Bakterielle Fehlbesiedlung Beschleunigte Darmpassage Fehlende Munddesinfektion Nahrungskarenz 30 mg (verfälscht durch fehlende Nahrungskarenz, Sammelfehler, mme Leber- oder Niereninsuffizienz, Exsikkose, Hypo- oder Hyperthyreose, Medikamente: Alkohol, ol,l, Neomycin, N nichtsteroidale Antiphlogistika. cDurch den Laktulosetest auszuschließen.
Therapie
Die Therapie richtet sich nach der zugrunde liegenden Erkrankung, v. a. bei sekundärer Malabsorption (s. Übersicht S. 741). Im Zentrum stehen die ausgiebige diätetische Beratung und die Einbindung in Selbsthilfegruppen, z. B. die glutenfreie Diät bei Zöliakie/Sprue, das Meiden unvergorener Milchprodukte bei Laktasemangel. Die spezielle Therapie, z. B. bei Pankreasinsuffizienz (Enzymsubstitution), chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (Kortison, 5-Aminosalizylsäure, Azathioprin), Kurzdarmsyndrom (enteraler Nahrungsaufbau) oder bakterieller Fehlbesiedlung (Antibiotika, ggf. Operation) werden an anderer Stelle abgehandelt. Generell werden Mangelzustände an Vitaminen und Mineralien sofort ausgeglichen. Bei Steatorrhoe ist dies die (ggf. parenterale) Gabe der fettlöslichen Vitamine A, D, E und K. Ferner werden Vitamin B12, Folsäure, Zink, Mag-nesium und Eisen gezielt substituiert. Besonders auf eine längerfristige Zufuhr von Kalzium und Vitamin D, ggf. Bisphosphonaten (kumulatives Risiko der Osteoporose) ist zu achten. Nur selten ist die parenterale Zufuhr von Makronährstoffen (Fette, Kohlenhydrate und insbesondere Aminosäuren/Albumin) notwendig, da sich deren Resorption bei Behandlung der Grunderkrankung in der Regel rasch normalisiert. Bei einer durch eine diabetische Neuropathie bedingten Diarrhö kann ggf. auch der Einsatz eines α2Rezeptorenblockers (z. B. Clonidin) sinnvoll sein.
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9.3.4
Dünndarmdysmotilität und Pseudoobstruktion Jörg Willert und Stephan Hollerbach
Einleitung
Der Dünndarm übernimmt im Gastrointestinaltrakt die bedeutenden physiologischen Funktionen der Digestion und Absorption der aufgenommenen Nahrungsbestandteile. Hierbei spielt eine intakte, koordinierte Motilität (Peristaltik) eine bedeutende Rolle, da sie der gleichmäßigen Durchmischung des Chymus unter Einschluss der Verdauungsenzyme, der Exposition dieser Mischung gegenüber der Dünndarmschleimhaut als intestinaler Absorptionsfläche, der Propulsion und Entleerung der nichtabsorbierten Nahrungsbestandteile in das Kolon sowie der Verhinderung der Keimaszension aus dem Dickdarm dient.
9.3 Dünndarmerkrankungen
Normale Dünndarmmotilität
Die motorischen Grundphänomenee der Motilität sind peristaltische Wellen, Segmentationen und Pendelbewegungen. Während die ersten beiden Wellentypen auf Kontraktionen der Ringmuskulatur beruhen, entstehen die Pendelbewegungen durch Kontraktionen der Längsmuskulatur. Die nichtpropulsiven Segmentationen und Pendelbewegungen durchmischen den Chymus. Die peristaltische Welle führt zum aboralen Nahrungsbreitransport. Die so genannten „slow waves“ und sich diesen aufsetzende Aktionspotentiale („Spikes“) stellen die elektrische Grundlage für die motorische Funktion des Dünndarms dar. Während die Spikes zu mechanischen Kontraktionen führen, terminieren die „slow waves“ den myogenen Grundrhythmus und dienen im Wesentlichen zur Tonisierung der Darmwand. Die Steuerung der gastrointestinalen Motilität erfolgt v. a. durch das autonome intrinsische Nervensystem (Plexus Auerbach, Plexus Meissner). Hierbei ist der zwischen den Muskelschichten des Dünndarms liegende Plexus Auerbach für die propulsiven Aktivitäten und der in der Submukosa befindliche Plexus Meissner für die Zottenbewegungen verantwortlich. Dieses System wird beeinflusst durch das extrinsische Nervensystem (Sympathikus, Parasympathikus), das wiederum vom ZNS moduliert werden kann. Sympathische adrenerge Efferenzen vermindern die propulsive Aktivität und erhöhen den Druck der gastrointestinalen Sphinktere, dagegen bewirken parasymphatische cholinerge Fasern eine deutliche Steigerung der Motorik und eine Relaxation der Sphinktermuskeln. Zusätzlich existiert eine humorale und parakrine Steuerung durch gastrointestinale Hormone (z. B. VIP, GIP, Somatostatin u. a.). Es lassen sich in Abhängigkeit von der Nahrungsaufnahme zwei Motilitätsmusterr im Dünndarm registrieren. Das im Nüchtern-zustand vorliegende, „interdigestive“ Muster trägt dazu bei, dass nichtresorbierte Nahrungsbestandteile aboral transportiert werden (interdigestive Peristaltik). Dieses auch als „migrating motility complex“ (MMC ( ) bezeichnete Motilitätsmuster läuft zyklisch ab (etwa alle 85–110 min) und lässt sich in vier Phasen unterteilen: Phase I: Ruhephase (40–60% der Zykluslänge), keine Spikes, Phase II: gelegentliche Spikes (20–30% der Zykluslänge), Phase III: maximale Kontraktionsfrequenz (11–12/min im Duodenum, 7–8/min im Ileum) und Phase IV: Übergangsphase zur Ruhephase. Der Phase IIII kommt dabei die wichtige propagatorische Funktion zu. Die Eigenmotilität im Nüchternzustand hat offenbar eine wichtige Funktion für die Reinigung des Dünndarms und wird deshalb auch als „intestinal housekeeper“ bezeichnet. Dieses Muster wird durch Nahrungsaufnahme (digestive Peristaltik) unterbrochen. Allerdings lässt sich hierbei kein so eindeutiges Muster reproduzieren („feed pattern“), wie es der MMC während der interdigestiven Peristaltik darstellt, denn die
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postprandiale ist im Gegensatz zur interdigestiven Motilität durch eine intensive und insbesondere unregelmäßige Aktivität charakterisiert. Dünndarmdysmotilität
Die Kontrolle der motorischen Funktionen der glatten intestinalen Muskulatur wird primär vom enterischen Nervensystem (ENS) übernommen, wobei das extrinsische autonome Nervensystem (ANS) und gastrointestinale Hormone das System modulieren können. Störungen dieses fein abgestimmten Zusammenspiels von glatter Darmmuskulatur, intrinsischem, extrinsischem und humoralem System führen pathophysiologisch zu Dysmotilität und Pseudoobstruktion. Die Bandbreite von dysmotilen Störungen reicht dabei – je nach Schweregrad und anatomischer Ausdehnung – von asymptomatischen Veränderungen über dyspeptische und meteoristische Symptome bis hin zum Vollbild der chronischen oder rezidivierenden Pseudoobstruktion. Ursachen für Dünndarmmotilitätsstörungen (modifiziert nach Coulie) • Primäre Genese – Familiäre viszerale Myopathie (Typ I–III) – Familiäre viszerale Neuropathie (autosomal-dominant und rezessiv) – Familiäre chronische Pseudoobstruktion ohne histologische Auffälligkeiten – Sporadische viszerale Myopathie, infantile und adulte Form – Sporadische viszerale Myo- oder Neuropathie – Reizdarmsyndrom (RDS, IBS) • Sekundäre Genese – Kollagenosen (Sklerodermie, Lupus erythematodes, Dermatomyositis, „mixed connective tissue disease“) – Muskeldystrophie (M. Duchenne, myotonische Dystrophie) – Amyloidose – Neurologische Erkrankungen (M. Parkinson, spinales Trauma, viszerale Karzinomatose, Ganglioneuromatose, ChagasKrankheit) – Endokrine Erkrankungen (Diabetes mellitus, Hypothyreose, Hypoparathyreoidoismus, M. Addison, Elektrolytstörungen) – Medikamente (trizyklische Antidepressiva, Antiparkinsonmittel, Clonidin, Ganglienblocker, Phenotiazide, Morphine u. a.) – Verschiedene (Sprue, Strahlenenteritis, t diffuse lymphoide Infiltration, postgastrointestinale Virusinfektion, Dünndarmdivertikulose, intestinaler Bypass, Anorexia nervosa, Bulimie)
Alle angeborenen (primären) oder erworbenen (sekundären) Störungen des gastrointestinalen glatten Muskel- oder Nervengewebes können zu Dysmotilität führen (s. Übersicht). Häufiger sind die sekundären pseudoobstruktiven Störungen, bei denen oft ein Ungleichgewicht der Balance des Tonus des sympathischen und des parasympathischem Nervensystems zugunsten des Sympathikuseinflusses besteht. Motilitätsstörungen des Dünndarms treten sehr selten als primäre familiäre oder sporadische viszerale Myo- oder Neuropathie auf. Insgesamt treten Motilitätsstörungen des Dünndarms im Vergleich zu denen des Ösophagus und Kolons relativ seltener auf, sind jedoch häufig mit diesen vergesellschaftet (v. a. beim Reizdarmsyndrom).
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9 Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes
Klinik Das Ausmaß der Beschwerden bei Dünndarmdysmotilität
sung zur Entnahme- bzw. Präservationstechnik einzuholen ist, da in den meisten Fällen argyrophile Nervenfasern dargestellt werden und das Biopsat nativ auf Eis vorliegen muss. Durch neuropathologische Untersuchungen können vor allem eine viszerale Myopathie von Formen der viszeralen oder generalisierten Neuropathie differenziert (s. Übersicht S. 745) und das Ausmaß der Strukturschäden bestimmt werden. Die Abbildung 9.3-3 gibt einen Überblick zum praktischen klinischen Vorgehen bei Verdacht auf eine Dünndarmmotilitätsstörung.
ist sehr variabel und vom Umfang der Schädigung, der Grundkrankheit und der Ausdehnung der funktionellen oder strukturellen Veränderungen abhängig. In der Klinik fallen Patienten mit Dünndarmmotilitätsstörungen zumeist durch Störungen der Transportfunktion ähnlich einem Subileus- oder Ileusbild bei Vorliegen einer Pseudoobstruktion auf. Andere Manifestationen bei primären Störungen sind Malabsorptionssyndrome mit Anorexie oder Kachexie sowie Symptome der Grundkrankheit (neurologische, urologische oder ophtalmologische Störungen). Bei sekundären Motilitätsstörungen kann sich das klinische Spektrum von einem fast beschwerdefreien Patienten über gelegentliche Abdominalschmerzen und post-prandiale Dyspepsie, Schmerzen oder Übelkeit bis zum Maximalbild der Pseudoobstruktion mit (Sub-)Ileus erstrecken. Weitere Symptome treten infolge bakterieller Fehlbesiedlung und pathologischer Transitzeit auf. Typische klinische Symptome sind Übelkeit, Erbrechen, Abdominalschmerz, geblähtes Abdomen (Meteorismus), Flatulenz, Obstipation, Diarrhö oder Steatorrhö sowie Mangelernährung.
Bei der intestinalen Pseudoobstruktion handelt es sich um ein klinisches Syndrom, das durch eine schwerwiegende Störung der Dünndarmmotilität hervorgerufen wird. Durch eine ineffektive Propulsion kommt es zu einer ileusähnlichen Symptomatik ohne Nachweis einer okkludierenden mechanischen Ursache. Die Pseudoobstruktion kann einerseits als primäre Erkrankung entweder kongenital oder jederzeit später auftreten, anderseits als sekundäre Erkrankung entweder transient oder permanent vorliegen (s. Übersicht S. 745). Diese Störungen können einmalig als akute intestinale Pseudoobstruktion (Ogilvie-Syndrom) oder rezidivierend mit persistierendem oder progredientem Charakter auftreten (chronische intestinale Pseudoobstruktion, CIPO).
Diagnostik Die Diagnostik von Dünndarmmotilitätsstörungen
Akute intestinale Pseudoobstruktion (Ogilvie-Syndrom) Die
erfordert primär eine sehr subtile Anamneseerhebung (Familienanamnese, Medikamente) und eine klinische Untersuchung (reduzierte Peristaltik, abdomineller Druckschmerz, Tympanie, pathologische Darmgeräusche). In Kombination mit gezielter röntgenologischerr Diagnostik (Röntgenabdomenleeraufnahme, Magen-Darm-Passage, ggf. Röntgenenteroklysma nach Sellink) und dem sicheren Ausschluss einer mechanischen Obstruktion durch Endoskopie lässt sich dann in den meisten Fällen die Diagnose Pseudoobstruktion stellen. Zur Beurteilung der orozäkalen Transitzeit sind indirekte, funktionelle nicht-invasive Tests wie der H2Laktulose-Atemtest oder die intestinale Entleerungsszintigraphie geeignet, die zwar sehr sensitiv sind, aber wegen einer Vielzahl von Störquellen eine eingeschränkte Spezifität aufweisen. Sinnvoll ist bei den meisten Patienten die Durchführung weiterer Atemtests zur Diagnostik einer bakteriellen Fehlbesiedlung (Laktose- und Glukose-H2-Atemtest). Eine Differenzierung zwischen myopathischer und/oder neuropathi-scher Grundschädigung ist heute weniginvasiv mittels spezieller Funktionsdiagnostikk in Form der Dünndarmmanometrie möglich. Diese Technik ist aber in der Regel nicht breit verfügbar und bleibt speziellen Zentren vorbehalten. Bei Erstauftreten im Kindes- oder Adoleszentenalter, Verdacht auf eine familiäre Erkrankung oder in schweren Fällen ist zusätzlich eine operative Diagnostik mittels Darmwandbiopsie („full thickness biopsy“) angezeigt, um die Natur der Erkrankung frühzeitig einschätzen und die Therapiebemühungen danach richten zu können. Hierbei ist zu beachten, dass zuvor ein neuropathologisches Zentrum zu informieren und eine genaue Anwei-
akute intestinale Pseudoobstruktion ist zumeist die Komplikation anderer intestinaler und extraintestinaler Erkrankungen. Sie begleitet bei älteren Patienten häufig schwere Allgemeinerkrankungen und ist mit einer Letalität von bis zu 20% behaftet. Jüngere Patienten sind meist im Rahmen von postoperativen, posttraumatischen, paraneoplastischen, postpartalen oder septischen Krankheitsbildern betroffen. Zur Diagnostikk der akuten intestinalen Pseudoobstruktion gehören Anamnese (Medikamentenanamnese, Vorerkrankungen, Trauma, Operationen), Laboruntersuchungen (Elektrolytverschiebung, Azidose), Röntgenabdomenleeraufnahme (dilatierte Darmschlingen mit multipler Spiegelbildung) sowie die morphologische Diagnostik (MDP, Endoskopie, Röntgenenteroklysma nach Sellink). Das Hauptziel der Therapie der akuten intestinalen Pseudoobstruktion besteht in der raschen Behebung der verursachenden Grunderkrankung. Evidenzbasierte Konzepte existieren infolge geringer Studienzahlen noch kaum. Die verursachende Noxe (z. B. trizyklisches Antidepressivum) muss sofort abgesetzt werden. Nahrungskarenz und effektive Dekompression mittels nasogastraler Sonden (z. B. Dennis-Sonde) können akut die Obstruktionssymptomatik mildern oder in einigen Fällen durch wiederhergestellte Darmperfusion und Homöostase sogar beheben und stehen daher im Mittelpunkt der interventionellendoskopischen Therapieversuche. Bei extremer Dilatation sollte eine endoskopische Dekompression eingesetzt werden. Zusätzlich sollte ein rascher Flüssigkeits- und Elektrolytausgleich erfolgen. Bei der
Intestinale Pseudoobstruktion
9.3 Dünndarmerkrankungen
postoperativen akuten Pseudoobstruktion mit deutlicher Darmdilatation hat sich ein medikamentöser Support v. a. in Form von intravenöser Gabe von Parasymphatikometika (Neostigmin) oder Sympathikolytika bewährt. Hierbei sind natürlich die systemischen Nebenwirkungen insbesondere kardiovaskulärer Art zu beachten. Eine operative Therapie ist selten notwendig und meist wenig erfolgreich, da oft generalisierte Motilitätstörungen vorliegen. Sollte sie auf Grund des Versagens aller anderen Maßnahmen dennoch durchgeführt werden müssen, sollte dabei unbedingt gleichzeitig eine transmurale Biopsie („full thickness biopsy“) entnommen werden, um das eventuelle Vorliegen einer primären Form der Pseudoobstruktion aufzudecken. Die besten operativen Ergebnisse wurden mit Entlastungsenterostomien erzielt. Chronische intestinale Pseudoobstruktion (CIPO) Die chro-
nische intestinale Pseudoobstruktion kann als Dünndarmmotilitätsstörung primär oder sekundär bei systemischen Krankheiten wie systemischer Sklerodermie, Amyloidose, progressiver Muskeldystrophie oder Parkinson-Erkrankung auftreten (siehe Übersicht S. 745). Histologisch unterscheidet man Störungen der glatten Muskulatur (Myopathien ( ) von neurologischen Störungen (Neuropathien). Selten treten Patienten ohne feingewebliche Auffälligkeiten auf. Zur histologischen Beurteilung genügen endoskopisch gewonnene tiefe Dünndarmbiopsien nicht, da sie zu wenig Anteile der Muscularis propria oder des Plexus myentericus enthalten. Allerdings können sie sich nützlich zum Ausschluss anderer sekundärer Ursachen wie einer Amyloidose, Sprue oder Lymphomen erweisen. Die seltenen primären viszeralen Myopathien sind durch degenerative, fibrosierende Veränderungen der glatten Muskulatur der longitudinalen Muskelfasern gekennzeichnet. In der Dünndarmmanometrie zeigen sich niederfrequente und niedrig amplitudige Spikes (meist 60 cm kommt es sehr häufig zur Malabsorption von Vitamin B12, was nicht durch Jejunum oder Restileum ausgeglichen werden kann. Die Folge ist die Entwicklung einer makrozytären Vitamin-B12-Mangelanämie bis hin zum Auftreten einer funikulären Myelose, was aber heute durch verbesserte Ernährungsmethoden beim Kurzdarmsyndrom sehr selten geworden ist. Die motorischen Störungen bei Ileumverlusten sind bisher nur schlecht charakterisiert. Sicher entsteht bei Verlust der „Ileumbremse“ eine beschleunigte Transitzeit, was die Malabsorption beim Kurzdarmsyndrom weiter verstärkt. Vorhandensein der Ileozökalklappe Die Ileozökalklappe ist eine spezielle glattmuskuläre Struktur, die das Ileum vom Zökum abtrennt. Sie kann den Druckgradienten zwischen Ileum und Kolon erhöhen und wirkt dadurch als Druckklappe. Ihre Funktion besteht aus einer abgestuften Erhöhung der intestinalen Transitzeit und erhöht somit die Kontaktzeit für luminale Nährstoffe mit dem Bürstensaumepithel des Dünndarms. Auf diese Weise wird die Absorptionsleistung des Dünndarms für Nährstoffe (v. a. von komplexen Substanzen wie Fetten), Elektrolyte und Flüssigkeiten erhöht. Eine Resektion der Ileozäkalklappe geht häufig mit einem erhöhten Risiko der Entwicklung eines Kurzdarmsyndroms einher, da der Verlust dieser Barriere in vielen Fällen eine bakterielle Überwucherung des Dünndarms und ein Gallensäurenverlustsyndrom
zur Folge hat. Die Bakterienüberbesiedlung führt zu einer vermehrten Dekonjugation von Gallensalzen mit gestörter Mizellenbildung und dadurch reduzierter Fett- und fettlöslicher Vitaminresorption im Dünndarm. Das vermehrte Abfallen tertiärer Gallensäuren im Kolon verstärkt die Durchfälle zusätzlich durch die direkte Stimulation der Sekretion von Wasser und Elektrolyten im Kolon, sodass das Kurzdarmsyndrom verstärkt wird. Die bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms erzeugt schließlich auch noch einen verstärkten Verlust von Vitamin B12 mit der Ausbildung eines entsprechenden Vitaminmangels. Ausmaß der Resektion Beim Erwachsenen können bis zu 50% (2–3 m) des Dünndarms entfernt werden, ohne dass signifikante Elektrolyt- oder Nährstoffverluste eintreten. Bei Entfernung von 75% (>4 m) tritt praktisch immer ein Kurzdarmsyndrom auf, das parenterale oder enterale Ersatztherapien erforderlich macht. Spezielle Mangelzustände und Veränderungen trophischer Hormone/Faktoren
Die spezifischen Leistungen des Ileums, die Vitamin-B12- und die Gallensäurenabsorption, können dagegen nicht von Duodenum und Jejunum erfüllt werden. Die Folgen sind Diarrhö und Steatorrhö sowie Störungen des Gallensäuren- und Oxalsäurestoffwechsels. Liegt die Resektionslänge des Ileums unter 100 cm, stehen wässrige Durchfälle im Vordergrund. Liegt sie darüber, so tritt eine Steatorrhö hinzu. Pathophysiologisch liegen diesen Symptomen verschiedene Störungen zugrunde: eine kritische Unterschreitung der Gallensäurenkonzentration infolge Dekompensation des enterohepatischen Kreislaufs der Gallensäuren, die bakterielle Dekonjugation konjugierter Gallensäuren mit Bildung toxischer, unkonjugierter Gallensäuren. Die entstehende übersättigte Galle kann zur Gallensteinbildung führen und die im Kolon resultierende Oxalsäurehyperabsorption zur Nierensteinbildung. Häufig besteht beim Kurzdarmsyndrom eine ursächlich unklare Erhöhung des Gastrinspiegels im Blut, die infolge Hypersekretion des Magens zur vorübergehenden Ulkusbildung führen kann. Die Dünndarmschleimhaut im Duodenum zeigt vermehrtes Wachstum mit Zunahme des Darmumfangs sowie in begrenztem Maße der Darmlänge, was aber leider nicht in Jejunum und Ileum beobachtet wird. Zahlreiche weitere trophische Hormone und Wachstumsfaktoren sind beim Kurzdarmsyndrom vermehrt nachweisbar. Das Pankreas zeigt postoperativ eine Größenzunahme, wahrscheinlich durch vermehrte Stimulation der Gallen- und Pankreassekretion durch Cholezystokinin. Enteroglukagon und Polyamine tragen zur Entwicklung der epithelialen Hyperplasie bei der intestinalen Adaptation bei. Neurotensin verstärkt die Neubildung bzw. Hyperplasie von Mikrovilli, da es das zirkulierende Enteroglukagon stimuliert. Ähnliche Effekte werden den insulinähnlichen Wachstumsfaktoren (z. B. IGF-1) zugeschrieben. Weitere für die Therapie des Kurzdarmsyndroms interessante
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trophische Substanzen sind die Prostaglandine, Glutamin, Arginin wechsels mit Knochenschmerzen, neuromuskulären Störungen sowie kurzkettige Fettsäuren. wie Tetanie, Anämie, Blutungsneigung und Ödemen. Es kann sich durch die Kalziumverluste ein sekundärer Hyperparathyreoidismus entwickeln, v. a. wenn gleichzeitig enterale Vitamin-DKlinische Symptome Das klinische Bild des Kurzdarmsyndroms ist variabel, da im Verluste auftreten. Langfristig kann es zu Gallenstein- und Nierensteinbildung mit Laufe der Zeit eine allmähliche Adaptation des verbliebenen Dünndarms einsetzt und der betroffene Patient verschiedene Pha- Koliken kommen. Die Gallensteininzidenz ist infolge einer „Supersättigung“ der Galle mit Cholesterin (fehlender entero-hepatischer sen durchläuft. Phase 1 dauert üblicherweise 1–2 Wochen und ist durch Gallensäurenkreislauf, Gallensäureverslust) bis zu 3fach erhöht. massive wässrige Diarrhöen mit Flüssigkeits- und Elek- Nierensteine bilden sich vermehrt auf dem Boden einer häufig vortrolytverlusten gekennzeichnet. Die Intensität dieser Diar- handenen Hyperoxalurie, die durch erhöhte Oxalsäureaufnahme rhöen lässt häufig in den folgenden Wochen allmählich im Kolon zustande kommt. Die Nierensteine bestehen vorwiegend nach. Während Phase 1 ist zumeist eine volle parenterale Füh- aus Kalziumoxalatsteinen. rung der Patienten erforderlich. Phase 2 ist die Zeit der intestinalen Adaptationsvorgänge, wäh- Diagnostik rend der die orale Ernährung wieder langsam begonnen und Eine invasive Diagnostik des Kurzdarmsyndroms ist meist nicht langsam weiter aufgebaut werden kann. Diese Phase dauert erforderlich, da in den meisten Fällen eine gründliche Anamzwischen mehreren Monaten bis zu einem Jahr. nese, die körperliche Untersuchung und der klinische Verlauf die Während Phase 3 wird schließlich das volle Ausmaß der wesentlichen Informationen der Patienten vermitteln. Weiterhelfende Laboruntersuchungen sind die auf Hypointestinalen Adaptation erreicht, in vielen Fällen kann jetzt eine fast normale orale Ernährung und Flüssigkeitsauf- gammaglubulinaemie, Hypokomplementämie, Hypomagnesämie, nahme erfolgen. Hypokalzämie (Serum) und Hyperoxaliurie (Urin). Einige klinische Symptome, vor allem die Diarrhö, sind aber Die folgende Übersicht gibt einen Überblick über die wichtigsten häufig multifaktoriell bedingt (s. oben) und machen daher bei beim Kurzdarmsyndrom zu erwartenden klinischen Symptome einigen Patienten weiterführende diagnostische Maßnahmen erforderlich (s. Übersicht). bzw. laborchemischen Auffälligkeiten bei betroffenen Patienten. Klinik des Kurzdarmsyndroms • Wässrige Diarrhö • Anämie • Steatorrhö • Adynamie und Gewichtsverlust • Neuromuskuläre Störungen (Tetanie) • Osteopathie • Peptisches Ulkus • Hämorrhagische Diathese • Gallensteindiathese • Oxalatsteindiathese
Initial durch Flüssigkeits- und Elektrolytverluste hervorgerufene klinische Manifestationen sind vor allem die Hypovolämie, Hypotonie, Hyponatriämie und Hypokalzämie. Die Hypotonie kann ein prärenales Nierenversagen hervorrufen. Bei sehr ausgedehnter Dünndarmresektion treten Steatorrhö und Gewichtsverlustt zu der Symptomatik hinzu. Die initial häufige Hypergastrinämie ruft in manchen Fällen peptische Läsionen wie Ulzera ventriculi und duodeni hervor. Ist die parenterale Therapie nicht suffizient durchgeführt, kommt es zu einer deutlichen globalen 2Malabsorption mit massigen Stühlen, wie von der einheimischen Sprue bekannt. Steatorrhö, Kreatorrhö (erhöhte N2-Ausscheidung), Elektrolyt (Kalzium, Kalium, Magnesium)- und Vitaminmalabsorption (Vitamine A, D, E, K) sowie gestörte Aufnahme von Spurenstoffen (Zink, Selen u. a.) führen zu Adynamie und Gewichtsverlustt bis hin zu Auszehrung. Weitere Komplikationen sind Störungen des Kalziumstoff-
Spezialdiagnostik beim Kurzdarmsyndrom • Differentialdiagnose: – Bakterielle Fehlbesiedlung – Gallensäurenverlustsyndrom – Infektiöse Gastroenteritis (Superinfektion) – Malabsorption/Maldigestion infolge Pankreasinsuffizienz – Motilitätsstörungen • Maßnahmen zum Ausschluss: – Glukose-H2-Atemtest, 13C-D-Xylose-Atemtest, Dünndarmaspirationskultur – 75SeHCAT-Test; alternativ Therapieversuch mit Cholestyramin – Stuhlbakteriologie, Parasiten, Wurmeier; ggf. Virologie, Endoskopie mit Kolonbiopsien, Serologie – Ultraschall, ggf. MRCP oder ERCP, Pankreasfunktionstests (indirekt/direkt) – Diabetesausschluss, intestinale Transitzeit (H2-Atemtest, MDP), Magenentleerung (Szintigraphie, 13C-Octanoat-Atemtest), Kolonszintigraphie
Therapeutisches Management
1. In der Frühphase nach ausgedehnter Resektion besteht das Therapieziel aus einer suffizienten totalen parenteralen Ernährung (TPN) sowie einer Vermeidung von Flüssigkeits- und Elektrolytverlusten. Deswegen ist die bilanzierte Gabe von Glukose, Aminosäuren, Spurenelementen, fett- und wasserlöslichen Vitaminen sowie Elektrolyten notwendig. Dazu ist es wichtig, auch Flüssigkeitsverluste über ein Stoma und das Kolon mitzubilanzieren und im Infusionsplan einzuberechnen. Natriumverluste von 80–120 mmol/l sind dabei nicht ungewöhnlich. In dieser Phase sollte keine orale Nahrungszufuhr erfolgen. Ein in-
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travenöser Protonenpumpeninhibitor (z. B. Esomeprazol, Omeprazol oder Pantoprazol) sollte routinemäßig zur Vermeidung der Hypersekretion des Magens verabreicht werden.
gesetzt werden. Eine bewährte Faustregel ist, anfangs mit 5% der benötigten Kalorienmenge als enterale Sondenkost zu beginnen, die dann alle 3–7 Tage je nach individueller Toleranz langsam weiter aufgebaut wird. Während gleichzeitig die parenterale Ernährung überlappend allmählich zurückgefahren Phase I: Ziele der totalen parenteralen Ernährung (TPN); wird, sollte die enterale Ernährung sehr langsam weiter gestei„nil per os“ • Ersatz der Ernährung gert werden. Wichtig ist es, keine aggressiven Forschritte erzwin• Stabilisierung der Flüssigkeits- und Elektrolytbilanz gen zu wollen, sondern kleine, häufige Zulagen der enteralen • Vitamin- und Mineralsalzersatz • Schrittweise Reduktion der parenteralen Ernährung mit Einführung Ernährungsmenge anzusetzen, während der Dünndarm an die der enteralen Ernährung neuen Resorptionsverhältnisse adaptiert wird. Meist kann in der Phase der Adaptation im Laufe von Wochen eine zunehmend 2. Sobald sich der Patient stabilisiert, sollte so frühzeitig wie normale orale Kost verabreicht werden. Häufige, kleine Mahlmöglich mit der enteralen Ernährung überlappend, entweder zeiten (etwa alle 2–3 h) haben sich dabei besonders bewährt. oral oder über eine dünnlumige Magen- oder Duodenalsonde, Die Nahrung sollte ausgewogen sein und idealerweise aus bis mit isoosmolaren, chemisch definierten Elementar- bzw. Oligo- zu 40% Fetten, 30% Kohlenhydraten und 30% Proteinen bzw. peptiddiäten (z. B. Survimed OPD, Salvipeptid) begonnen werden. Aminosäuren bestehen. Der Erfolg der enteralen Ernährung kann durch das Messen Höher konzentrierte Lösungen bewirken häufig eine osmotische Diarrhö, vor allem solche mit höher konzentrierten Kohlen- der enteralen Flüssigkeitsverluste objektiviert werden, da diese hydraten. Insbesondere bei Kindern sollte mit einem höheren den Grad an Kohlenhydratmalabsorption widerspiegeln. DeutFett- als Kohlenhydratgehalt therapiert werden. Dabei ist aber auch liche Zunahmen des Flüssigkeitsvolumens signalisieren prakdie alleinige Anwendung von frei resorbierbaren mittelkettigen tisch immer eine bedeutsame Malabsorption der Kohlenhydrate, Triglyzeriden (MCT) zu vermeiden, da MCT-Fette selbst eine osmo- sodass derartige Veränderungen im Verlauf des enteralen Kosttische Wirkung haben können und viele Patienten durchaus aufbaus in der Regel das Maximum der Verdauungskapazität noch in der Lage sind, auch komplexe Fettsäuren zu resorbieren. anzeigen. Meistens liegt ja keine begleitende Pankreas- oder Gallensäureninsuffizienz vor, sodass bei vielen Patienten auch längerkettige FettPhasen II und III säuren resorbiert werden können. Zu Beginn dieser Therapie ist • Schrittweise Einführung der enteralen Ernährung: – Kontinuierlich isotonische Flüssigkeit eine kontinuierliche Pumpenapplikation sehr von Vorteil, da dieses – Ernährung über Magen- oder Gastrostomiesonde, dann per os Regime eine langsame Sättigung der Carrier-Transportproteine im (kleine Mengen alle 2–3 h) – Mittelkettige Triglyzeride (cave: selbst osmotische Wirkung!) bei Dünndarm bewirkt und damit die gesamte noch zur Verfügung steausgeprägter Steatorrhö und/oder Pankreasinsuffizienz hende Absorptionsfläche ausnützt. – Komplexe Kohlenhydrate sind besser als einfacher Zucker, nicht mehr als 30% der täglichen Kalorienmenge Der Sinn der frühzeitigen enteralen Ernährung liegt darin, die – Vermeiden stark zuckerhaltiger und hypertoner Getränke Adaptation der Dünndarmmukosa verbessern zu helfen bzw. eine (z. B. Säfte) – Vitamin- und Mineralsalzersatz Mukosaatrophie zu verhindern. Hier könnte der Einsatz von – Vitamin B12 (bei Verlust eines großen Anteils des Ileums) rekombinantem Wachstumshormon weitere Bedeutung gewinlebenslang (!) – Vitamin D (zur Vorbeugung der Rachitis) nen (s. unten). Die enterale Ernährung ist sehr langsam zu – Vitamin K (bei erhöhter INR/erniedrigtem Quick) steigern, entsprechend dem Ausmaß der Stuhlvolumina. Der Ge• Weitere Erhöhung der enteralen/oralen Ernährung, wenn: – Stuhl-pH >5,5 nuss von Milch bzw. laktosehaltigen Produkten ist zu empfehlen, – Keine voluminösen Stühle mehr obwohl bei manchen Patienten mit ausgedehnter Resektion ein sekundärer Laktasemangel vorliegen kann. In den meisten Fällen aber stellt Milch eine gute Quelle für Fett, Kalorien und Kalzium dar. Ist die erforderliche Nährstoffzufuhr trotz dieser Maßnahmen nicht Daher sind laktosefreie Elementardiäten nur bei Patienten mit zu erreichen, so kommt die unterstützende heimparenterale Ernachgewiesener Intoleranz angezeigt. nährung zur Anwendung, bei der über ein implantiertes KatheterDie Substitution von Vitaminen (A, ( D, E, K, B12, Fol- system während der Nachtruhe Nährlösungen parenteral applisäure), Kalzium, Magnesium, Eisen, Zink, Phosphat und ziert werden. Dies ist vor allem bei Patienten, die weniger als 1 m essentiellen Fettsäuren sowie auf lange Sicht auch weiterer verbliebenen Dünndarm besitzen und/oder eine Kolektomie hatSpurenelemente darf nicht versäumt werden, vor allem, wenn ten, langfristig notwendig. Indikationen der heimparenteralen Erder Patient ausschließlich mittelkettige Triglyzeride einnimmt. nährung sind rascher Gewichtsverlust und exzessive Flüssigkeitsund Elektrolytverluste, die nicht oral kompensiert werden können. 3. Durchführung des enteralen Kostaufbaus Anfangs ist eine Allerdings können einige Patienten durch langsame intestinale Adkontinuierliche Applikation der enteralen Ernährung über eine aptation auch noch nach 2–3 Jahren eine verbesserte AbsorptionsSonde mit Ernährungspumpe zu bevorzugen, vor allem bei leistung aufbauen. Kindern. Alternativ können häufige, kleinvolumige Bolusgaben ein-
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einer Besserung, so ist der Gallensäurenverlust wahrscheinlich nicht der wichtigste Grund für die Diarrhöen. Eine Diurese von >2 l/Tag sollte gewährleistet sein. Zur Optimierung der Pankreasfunktion ist bei Pankreasinsuffizienz die Gabe von pankreatinhaltigen Präparaten in Granulatform sowie die Gabe eines H2-Rezeptorblockers angezeigt. Eine besondere Aufmerksamkeit erfordert die sekundäre enterale Hyperoxalurie, die als Folge der Dünndarmresektion auftritt, wenn das Kolon noch erhalten ist. Die Therapie und die Prophylaxe der zum Auftreten von Nierensteinen führenden Hyperoxalurie bestehen in der Gabe einer oxalsäurearmen Diät (Meiden von Kakao, Schokolade, Colagetränken, Rhabarber, Roter Bete), Gabe von Cholestyramin und Kalzium, das die Oxalsäure im Darm bindet (Kalziumoxalat). Die unter parenteraler Langzeittherapie vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern in bis zu 20% der Fälle auftretende Cholestase (s. unten) ist gefährlich, da sie zu einer irreversiblen Fibrose und später zur Zirrhose mit letalen Verläufen führen kann. Zwei Pilotstudien bei Kindern mit TPN-assoziierter cholestatischer Lebererkrankung fanden heraus, dass eine kurzzeitige Therapie mit Ursodesoxycholsäure (UDC; z. B. Ursofalk) eine deutliche Senkung der biochemischen Entzündungsparameter der LeberDünndarmtransplantation Die Dünndarmtransplantation kommt erst seit wenigen Jahren erkrankung bewirkte und möglicherweise die Progression der als Therapieoption in ausgewählten Zentren in Frage. Größere Stu- Fibrose verzögern kann. Bei einer Arbeit an 7 Kindern führte die dien hierzu haben gezeigt, dass ca. 70% der rein dünndarm- Gabe von UDC zur Normalisierung der biochemischen Zeichen transplantierten und unter 40% der kombiniert transplantierten der Cholestase, bei 3 Kindern kam es nach Absetzen der UDC zu Patienten länger als 3 Jahre damit überleben können. Komplikatio- einem Rückfall der Cholestase, die sich aber nach Wiederansetzen nen sind vor allem Sepsis, Abstoßungsreaktionen, Zytomega- der Therapie erneut verbessern ließ. Nach Wechsel zur enteralen lievirusinfektionen und lymphoproliferative Erkrankungen. Die Ernährung konnte bei allen Kindern die UDC ohne weitere RückDiagnose der Abstoßung kann sehr schwierig sein, sie wird aber am fälle abgesetzt werden. Alternativ zur medikamentösen Erhöhung der Nahrungsehesten mittels endoskopisch gewonnenen Biopsien gestellt. Das typische histologische Bild der Transplantatabstoßung ist dabei das kontaktzeit ist die Anlage eines antiperistaltischen Segments der Kryptitis. Mit weiteren Fortschritten dieser Therapie ist in den versucht worden. Dies besitzt jedoch zusätzlich zum Risiko eines nächsten Jahren zu rechnen. Die Erfolge der reinen Dünndarm- Stasesyndroms den Nachteil einer weiteren operativen Interventransplantation waren in der Vergangenheit besser als diejenigen tion mit möglichen Komplikationen. Von besonderer Bedeutung der kombinierten Leber-/Dünndarmtransplantation, die bei Patien- ist in diesem Zusammenhang auch, dass Drainage-Operationen ten mit Langzeit-TPN-induzierter Lebererkrankung beim Kurz- des Magens bei peptischen Magen- und Duodenalgeschwüren ebenso wie die Vagotomie das Kurzdarmsyndrom drastisch verdarmsyndrom eingesetzt wurde. Derzeit kommt diese Therapie in Deutschland nur optio- schlechtern können und daher, wenn irgend möglich, vermieden nal in ausgewiesenen Transplantationszentren für Patienten in werden sollten. Frage, die eine schwere Leberzirrhose unter TPN entwickeln und unerträglich schwere Symptome bei Versagen aller o. g. Thera- Prognose piemaßnahmen haben, sowie für Patienten, die eine rezidivie- Die Prognose von Patienten mit einem Kurzdarmsyndrom wird vor rende Kathetersepsis bekommen und denen ein venöser Dauer- allem von der Länge des Restdarms, vom Ort der Resektion sowie katheter nicht mehr zumutbar ist. vom Zustand des Restdarms bestimmt, d. h. schließlich auch vom Schweregrad der Cholestase sowie deren Dauer bis zur vollständigen intestinalen Adaptation. Werden mehr als 70% des Dünndarms Supportive Therapie Die Diarrhö kann in vielen Fällen durch Loperamid (Imodium) reseziert, ist die Morbidität hoch und die Lebenserwartung verkürzt. reduziert werden. Bei Verdacht auf oder nachgewiesener cho- Einige Kinder mit einem Kurzdarmsyndrom sterben wegen eines logener Diarrhö ist ein Therapieversuch mit Cholestyramin (z. B. Leberversagens, das durch die parenterale Langzeiternährung inQuantalan) aussichtsreich, da damit Gallensalze gebunden und duziert wurde (Cholestase). Bei Bilirubinwerten über 30 mg/dl die Diarrhö vermindert werden kann. Kommt es hierbei nicht zu scheint keine Reversibilität mehr möglich. Aus diesem Grunde gehen auch die Anstrengungen dahin, neben der Beschleunigung Pharmakologische Therapie
Rekombinante Wachstumshormone wurden in einer doppelblinden plazebokontrollierten Studie bei 41 Patienten mit Kurzdarmsyndrom eingesetzt. Hierdurch konnte etwas TPN reduziert werden, wenn 0,1 mg/kg/Tag über 4 Wochen verabreicht wurde. Der Mechanismus dieser moderaten Effekte ist jedoch unklar und Timing sowie Dauer dieser Injektionen sind genauer zu erforschen, sodass derzeit keine Anwendung im klinischen Alltag zu empfehlen ist. Die Kombination aus Wachstumshormonen und der oral verabreichten Aminosäure Glutaminn in Kombination mit einer kohlenhydratreichen und fettarmen Diät konnte in einer unkontrollierten Studie das Körpergewicht steigern und erlaubte bei 40% der Patienten ein Absetzen der parenteralen Ernährung. Diese Ergebnisse konnten aber in randomisierten doppelblinden klinischen Studien bisher noch nicht bestätigt werden, sodass hierzu weitere kontrollierte Ergebnisse abzuwarten bleiben. Neue Entwicklungen sind das GI-Hormon GLP-II und sein Analogon Teduglutide, die in kleinen Studien die Absorptionsleistung des Dünndarms und die Höhe der intestinalen Villi steigern konnten. Weitere Studien sind hierzu abzuwarten.
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Ernährung bei Patienten mit einem Kurzdarmsyndrom ist deutlich höher als bei Patienten mit anderen Diagnosen. Die unter parenteraler Ernährung erhöhte Sepsisrate scheint bei Patienten mit einem Kurzdarmsyndrom vor allem durch eine bakterielle Translokation bedingt zu sein. Neben der bakteriellen Sepsis fürchtet man besonders die Pilzsepsis, die nach längerer antibiotischer Therapie auftreten kann, oft zu einem Multiorganversagen führt und nur mit einer invasiven Therapie behandelt werden kann. Aus diesen Gründen ist es bei jedem Patienten geboten, die Zeit der initial absolut notwendigen parenteralen Ernährung auf ein Minimum, d. h. auf den kürzesten möglichen Zeitraum zu beschränken. Die hepatobiliären Erkrankungen beginnen oft unter der parenteralen Langzeittherapie (TPN) als schleichend progrediente Cholestase, Cholelithiasis und/oder Hepatitis. Die Veränderungen reichen von einer asymptomatischen Steatosis (vor allem bei exzessiver Kalorienzufuhr) bis hin zu Steatohepatitis (NASH) und Cholestase, die ein bedeutsames Problem werden können. Bei einigen Patienten führt die cholestatische LeberfunkKomplikationen Chronische Komplikationen des Kurzdarmsyndroms umfassen tionsstörung zur Zirrhose mit portaler Hypertension und stellt im hepatobiliäre Erkrankungen, die mit der totalen parenteralen Extremfall eine mögliche Indikation zur kombinierten TransplanErnährung (TPN) assoziiert sind (s. unten), sowie Nährstoff- tation von Leber und Dünndarm dar. Diese Erkrankung tritt vor almängel, bakterielle Dünndarmfehlbesiedlung und damit ver- lem bei Patienten mit der Kombination aus Kurzdarmsyndrom und bundene Arthritiden und Kolitis, enterische Hyperoxaluriee und die Langzeit-TPN auf, wichtige ursächliche Faktoren sind dabei rezidiLaktazidose. Von besonderem Gewicht ist auch die enterogene vierende Septikämie einschließlich Kathetersepsis, bakterielle Osteopathie, die zu schweren Knochenschmerzen, Wirbel- Translokationen aus dem Darm bei bakterieller Fehlbesiedlung und zusammenbrüchen und zu Immobilität des Patienten führen rezidivierender Cholangitis. Weiterhin führt der Mangel an enterakann. Beim distalen Kurzdarmsyndrom kommt es in bis zu 9% ler Ernährung zur reduzierten Sekretion von Darmhormonen, der Fälle zur Nierenoxalatsteinbildung. Gallensteine treten bei reduziertem Gallefluss und biliärer Stase. Die Inzidenz von Lebererkrankungen bei Erwachsenen mit ca. 30% der Patienten auf. Weitere Komplikationen sind oft mit Katheteranlagen zur (heim-)parenteralen Ernährung verbun- Kurzdarmsyndrom unter Langzeit-TPN ist nicht genau in Zahlen den und bestehen aus rezidivierender Kathetersepsis und Katheter- anzugeben. Risikofaktoren für die Entwicklung einer schweren brüchen. Die vollständige parenterale Ernährung hat aber Leberfibrose oder -zirrhose mit weiteren Komplikationen der zahlreiche Komplikationen. Die für diese Ernährungsform not- portalen Hypertension wie Enzephalopathie und Varizenblutung wendigen zentralvenösen Katheter (ZVK) prädisponieren zu sep- sind besonders eine Dünndarmlänge 1 g/kg KG pro Tag, aber auch nicht ernähder intestinalen Adaptation die häufig auftretende Cholestase durch Medikamente wie Ursodeoxycholsäure (UDC) positiv zu beeinflussen. In einer Studie wurde der Langzeitverlauf des Kurzdarmsyndroms in einer Gruppe von 124 Erwachsenen mit nichtmalignen Erkrankungen und Dünndarmresektion, die eine heimparenterale Ernährung benötigten, verfolgt. Die Überlebensraten nach zwei und fünf Jahren betrugen 86% und 49%. 55% der überlebenden Patienten benötigten weiterhin parenterale Ernährung nach 5 Jahren. In der Multivarianzanalyse wurde das Überleben nachteilig vom Vorhandensein einer endständigen Enterostomie, einem Dünndarmrest von 20 Jahre). So entwickeln z. B. über 80% der FAP-Patienten Adenome in Dünndarm und das Lebenszeitrisiko für ein Dünndarmkarzinom wird auf 5–10% geschätzt. Wegen des erhöhten Risikos für eine Dünndarmbeteiligung schließen empfohlene Vorsorgeprogramme bei Patienten mit hereditären Darmtumoren regelmäßige Dünndarmuntersuchungen ein, Adenome sollten wegen 2der nachgewiesenen Adenom-Karzinom-Sequenz komplett abgetragen werden. Auch eine Cholezystektomie scheint das Risiko für ein Adenokarzinom oder Karzinoid des Dünndarms zu erhöhen. Das Verhältnis von malignen zu benignen Tumoren beträgt im Dünndarm 2:1. Die benignen Tumoren umfassen in absteigender Häufigkeit Leiomyome, Polypen/Adenome, Lipome, Hämangiome und Fibrome. Einen Überblick über die histopathologische Einteilung (ohne Berücksichtigung der Lymphome) und über die Häufigkeitsverteilung der unterschiedlichen malignen Dünndarmtumoren gibt die folgende Übersicht sowie Tabelle 9.3-12. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf Adenokarzinome und maligne mesenchymale Tumoren, zu den GI-Lymphomen und Karzinoiden wird auf das Kap. 9.2.5 und den Abschnitt „Gastroenteropankreatische endokrine Tumoren“ verw wiesen.
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Histopathologische Einteilung der malignen Dünndarmtumoren nach WHO (1989) • Epitheliale Tumoren – Adenokarzinom – Muzinöses Adenokarzinom – Siegelringzellkarzinom – Undifferenziertes Karzinom • Neuroendokine Tumoren – Karzinoid – Andere • Mesenchymale Tumoren – Leiomyosarkom – Liposarkom – Kaposi-Sarkom – Hämangiosarkom – Andere
Klinik 90% der Patienten mit malignen Dünndarmtumoren stel-
Karzinome (Tabelle 9.3-13). Über den Stellenwert von Chemotherapie und Strahlentherapie beim Adenokarzinom des Dünndarms liegen keine prospektiv erhobenen Daten vor. Daher müssen hier in der Regel Einzelfallentscheidungen getroffen werden. Auch der Stellenwert der adjuvanten Therapie bei lokal fortgeschritten Tumorstadien ist nicht gesichert. In der palliativen Situation kann die Bestrahlung von irresektablen symptomatischen Tumoren im Duodenum hilfreich sein, bei symptomatischen Skelettmetastasen ist eine Bestrahlung indiziert. In der palliativen Situation kann eine Chemotherapie empfohlen werden, ein Standardregime ist nicht etabliert. Wenngleich davon ausgegangen werden muss, dass Protokolle, die beim kolorektalen Karzinom etabliert sind, wirksam sind, ist die Überlegenheit von Kombinationsprotokollen beim Adenokarzinom des Dünndarms nicht belegt.
len sich bereits vor Diagnosesicherung mit tumorassoziierten Symptomen vor. Die Symptome sind unspezifisch und umfassen Sarkome Weichteilsarkome erfordern oft eine multiviszerale ReSchmerzen, Gewichtsverlust, Abgeschlagenheit, Anämie meist sektion; eine ausgedehnte Lymphknotenresektion ist in der Regel als Folge chronischer Blutungen, akutes Abdomen bei mecha- nicht notwendig, da regionale Lymphknoten in 4 mm aufweist. Außerdem können Abszesse und freie Flüssigkeit zuverlässig bestimmt werden. Somit stellt der US Diagnostik der Divertikulitis Die Divertikulitis ist auch heute in der klinischen Praxis eine gute First-line-Methode dar, die noch eine primär klinische Diagnose, die auf Grund typischer kli- eine Sensitivität von bis zu 85–90% bei einer Spezifität zwischen nischer Symptome und der körperlichen Untersuchung zu stellen 80–98% aufweist. Die Endoskopiee ist bei akuter Divertikulitis nicht indiziert, da ist. Ein Patient mit unkomplizierter Divertikulitis bedarf dabei keiner weiteren Diagnostik und kann in den meisten Fällen mittels Antibi- Luftinsufflation eine zuvor gedeckt perforierte Divertikelöffnung otika in kurzer Zeit (1–2 Tage) gebessert werden (Abb. 9.5-2). Bei über eine Divertikelruptur in eine offene Situation überführen fehlender oder verzögerter Besserung sollte weitere Diagnostik ein- kann und daher zu vermeiden ist. Dagegen ist ein vorsichtig durchgeführter Röntgenkontrasteinlauff (KE) mit einem wasserlösligesetzt werden. Bildgebende Verfahren (Ultraschall, Röntgenabdomen, CT) chen Kontrastmittel (Gastrografin) sicher und kann in der akuten können die Diagnose bestätigen und dabei helfen, mögliche Phase als diagnostisches Hilfsmittel zur Darstellung des KolonDifferentialdiagnosen auszuschließen. Der Nachweis freier Luft lumens eingesetzt werden. Der KE trägt bei unkomplizierter in der Abdomenleeraufnahme (oder beim CT) zeigt einen ab- Divertikulitis allerdings nur wenig therapierelevante Informationen dominellen Notfall an, der sofort chirurgisch weiterbetreut werden bei, kann aber als preisgünstige Alternative zum CT gelten. Die folgende Übersicht zeigt die wichtigsten Differentialmuss. Eine weitere bildgebende Diagnostik ist notwendig, wenn die Diagnose unsicher erscheint oder eine komplizierte Divertikulitis diagnosen der Divertikulitis auf einen Blick an, deren wichtigste das kolorektale Karzinom darstellt, das die gleichen Symptome und angenommen werden muss. Die Diagnostik der Wahl zum Nachweis der Divertikulitis, von bildgebenden Charakteristika erzeugen kann. Abszessen, Fisteln und einer Darmobstruktion ist die abdo-minelle Computertomographie (CT). Typische Veränderungen der Divertikulitis sind eine perikolische entzündliche Weichteilverdichtung (98% der Patienten), luftgefüllte Divertikel (84%), Darmwandverdickung (70%) sowie perikolische Phlegmone oder Abszesse bei ca. 35% der Patienten. Die CT kann auch in der gleiIndikationen zur operativen Therapie der Divertikulitis • Absolute Operationsindikation – Komplikationen der Divertikulitis: Peritonitis, Abszess (+ erfolglose perkutane Drainage), symptomatische Fisteln, Obstruktion – Klinische Verschlechterung/Versagen der konservativen Therapie – Wiederkehrende Divertikulitisschübe – Unerträgliche Symptome – Verdacht auf kolorektales Karzinom • Relative Operationsindikation – Symptomatische Striktur – Immunsuppression – Rechtsseitige Divertikulitis – Junge Patienten (erhöhtes Risiko?)
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Divertikulitis
Ke Bes ine seru ng
Kompliziert
Abszessdrainage Obstruktion Fistel
Mäßig schwer
Diffuse Peritonitis
Differentialdiagnose der Divertikulitis • Ursachen im Kolon – Kolorektales Karzinom – Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) – Infektiöse Kolitis (Salmonellen, Campylobacter u. a.) – Ischämische Kolitis – Kolonstenose (z. B. bei Morbus Crohn) • Extrakolonische Ursachen – Zystitis, Pyelonephritis – Harnleiterkonkrement – Adnexitis – Prostatitis – Extrauteringravidität – Ovarialtumor – Retroperitonealer Tumor – Peritonitis anderer Genese (perforiertes Magenulkus, Dünndarmobstruktion, Cholezystitis) • Systemische Erkrankungen – Akute intermittierende Porphyrie – Diabetische Pseudoperitonitis – Akute intestinale Pseuoobstruktion (Ogilvie-Syndrom)
Elektive diagnostische Abklärung: Nach dem Sistieren eines entzündlichen Divertikulitisschubs ist für eine genaue Abklärung eine Darstellung des gesamten Kolons notwendig, um das Ausmaß der Divertikelkrankheit zu erfassen und um Begleiterkrankungen wie Kolonpolypen und das kolorektale Karzinom auszuschließen. Diagnostisches Mittel der Wahl ist dazu die hohe Koloskopie. Einteilung der Schweregrade bei der akuten Divertikulitis
Eine leichte Divertikulitis liegt bei linksseitigen Unterbauchschmerzen, leichtem Fieber (30 g Faserkost/Tag). Im Intervall (2–3 Wochen nach einem leichten Schub) sollte eine Koloskopie erfolgen (vgl. oben). Bei mäßig schwerer Divertikulitis besteht die Therapie der Wahl aus einer Darmstilllegung („nil per os“), intravenöser Flüssigkeits- und Kalorienzufuhr und der intravenösen Gabe von Breitspektrumantibiotika. Letztere müssen gegen gramnegative Stäbchen und Anaerobier wirksam sein. Wirksame Antibiotika sind Cephalosporine der 2. oder 3. Generation, die Gabe von Ciprofloxacin oder die Kombination eines Aminoglykosids mit ei-
9.5 Kolorektale Erkrankungen
nem anaerob wirksamen Medikament wie Metronidazol oder Clindamycin. Ziel der Therapie ist hierbei das rasche Erreichen einer klinisch stabilen Lage, um riskante Notfalloperationen zu vermeiden und eine operative Elektivsituation zu schaffen, die nach einem oder mehreren Schüben dieses Schweregrads indiziert ist. Deshalb sollten Patienten mit diesem Schweregrad immer in enger Abstimmung mit einem Chirurgen betreut werden. Dieses Vorgehen ist bei den meisten Patienten effektiv. Bei einer deutlichen klinischen Besserung (normalerweise innerhalb von 24–48 h) kann bei Sistieren der abdominellen Beschwerden mit dem Kostaufbau begonnen werden. 2–6 Wochen nach Beendigung des akuten Schubes ist die Koloskopie zur weiteren Abklärung indiziert. Eine konsequente faserreiche Kost im Intervall verhindert Frührezidive in bis zu 70% der Fälle. Bleibt eine klinische Besserung nach 48 h aus oder verschlechtert sich der Zustand des Patienten, so ist entweder die Diagnose nicht richtig oder es bestehen Komplikationen der akuten Divertikulitis (Perforation, Fistel, Abszess). Beim umschriebenen Abszess kann in einigen Fällen eine stabile Situation durch die Anlage einer sonographisch oder computertomographisch eingelegten Abszessdrainage (z. B. Pigtail-Katheter) erreicht werden (Abb. 9.5-3). Durch eine gezielte Drainagetherapie in Verbindung mit einer gezielten Antibiotikatherapie können viele Patienten mit noch lokalisiertem Abszess erfolgreich „semikonservativ“ therapiert werden und eine sichere Operation kann sich im beschwerdefreien Intervall anschließen. Gelingt dies nicht, liegen weitere Komplikationen vor und es sollte eine operative Exploration durchgeführt werden. Bei schwerer Divertikulitis mit diffuser Peritonitis infolge einer durch Perforation komplizierten klinischen Situation ist eine Therapie mit großlumigen Zugängen zum intravenösen Flüssigkeits- und Ernährungsersatz in Kombination mit intravenösen Breitspektrumantibiotika und einer raschen operativen Intervention indiziert. Nur in Ausnahmefällen ist der Zeitverlust
Evvidenz der Therapieempfeehlungen bei Divvveertikulitis Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke Leichte Divvveertikulitis Antibiotikatherapie I-a B Bettruhe IV C* Laktulose III C Eisblase IV C* Mittelschw were Divvveertikulitis Antibiotikatherapie I-a A Ab bszessdrainage II-b B Nil-per-os IV C* Schw were Divvveertikulitis Operation Da vitale – Gefäährdung besteht, klare Indikation gegeben!
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durch weitere diagnostische Maßnahmen von Nutzen (unklare Diagnose, weitere Erkrankungen). Die Übersicht auf S. 777 zeigt die absoluten und relativen Indikationen zur Operation an. Prognose
Die Mortalität bei perforierender Divertikulitis reicht von 6% bei purulenter Peritonitis bis zu 35% bei fäkaler diffuser Peritonitis. Die Prognose der unkomplizierten Divertikulitis ist dagegen insgesamt gut, Morbidität und Mortalität steigen aber mit der Zahl der Rezidive deutlich an. Divertikelblutung
Die Divertikelblutung stellt die häufigste Ursache eines akuten, massiven Blutverlustes aus dem Kolon dar (30–50% der Fälle). Bei lokalen Traumata der Vasa recta kann es akut zu signifikanten Blutverlusten mit Entwicklung eines Kreislaufschocks kommen. Dabei neigen tiefe Divertikel besonders zu Blutungen, da hier größere Gefäßabschnitte nur von einer dünnen Mukosaschicht bedeckt sind, bei deren Ruptur es teilweise zu massiven Blutungen kommen kann. Als Auslöser der Blutung werden vor allem lokale Entzündungsvorgänge und intraluminale Druckerhöhungen diskutiert, die zur exzentrischen Intimaverdickung bei gleichzeitiger Ausdünnung der Media der Vasa recta führen können, was die Blutungsgefahr erhöhen kann. Etwa 15% der Patienten mit einer ausgeprägten Divertikulose werden im Verlauf eine Blutung erleiden, davon 1/3 (5%) einen massiven Blutverlust. Da es sich vorwiegend um alte und multimorbide Patienten handelt, beträgt die Mortalität der Divertikelblutung 15–20%. Etwa 3/4 der Blutungsereignisse enden spontan, doch besteht eine hohe Rezidivgefahr. Klinisch findet sich in den meisten Fällen ein schmerzloses rektales Absetzen von hellrotem Blut (Hämatochezie). Weniger als 5% der Patienten werden mit einer schweren, kreislaufwirksamen Blutung ins Krankenhaus eingeliefert. Bei der körperlichen Untersuchung gibt es kein charakteristisches Merkmal. Die Therapie ist initial symptomatisch (Intensivüberwachung, Flüssigkeits- und Elektrolytausgleich, Kreuzen von Blutkonserven). Ist die Blutungsquelle unklar (dunkles Blut, Ulkus-
*Aus Gründen des Pat ientenkomfo or ts (bzw. zur Analgesie) Ma ß n a h m e a u s p r a k t i s c h e n E r w ä g u n g e n h e r a u s d u rc h a u s unterstützend zu empfeehlen. Abb. 9.5-3. Abszessdrainage
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9 Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes
anamnese), so sollte zunächst eine obere Endoskopie (ÖGD) erfolgen, da statistisch gesehen 80% aller GI-Blutungen aus dem oberen GI-Trakt stammen. Ist die Blutungsquelle mit hoher Wahrscheinlichkeit im Kolon lokalisiert, so sollte in schweren Fällen eine mesenteriale Angiographie zur raschen Identifikation der Blutungsquelle und -lokalisation eingesetzt werden, um die dabei notwendige chirurgische Therapie zu ermöglichen bzw. zu erleichtern. Dabei kann eine interventionelle Therapie mittels intraarterieller Gabe von Vasopressin zu einer temporären Blutstillung führen. Bei mittelschwerer Symptomatik und stabilisiertem Kreislauf kann entweder eine Angiographie, alternativ aber auch ein Erythrozyten-Scan zur Lokalisation der Blutungsquelle eingesetzt werden, bei entsprechender Expertise bietet sich zunehmend die Notfallkoloskopie (nach beschleunigtem Abführen!) zur Diagnostik und Primärtherapie an. In diesem Falle sollte jedoch zunächst eine möglichst gründliche Darmreinigung erfolgen, da Koloskopien bei nicht gesäubertem Kolon in der Regel erfolglos und extrem belastend für Patient, Untersucher und Assistenz sind. Eine Notfallreinigung des Darms kann mit transrektalen Einläufen vollzogen werden, wird aber am besten über eine liegende nasogastrische Sonde mittels Elektrolytlösungen oder wasserlöslichem Kontrastmittel durchgeführt. Ist der Darm vorgereinigt, so kann die Blutungsquelle bei bis zu 40% der Patienten lokalisiert werden. Wird ein Divertikel als aktuelle Blutungsquelle ausgemacht, so sollte eine endoskopische Blutstillung mittels lokaler Unterspritzung von Adrenalinlösung (1:10.000) um den Divertikelhals angeschlossen werden. Alternative endoskopische Behandlungsmethoden sind z. B. die Argon-Plasma-Koagulation (APC) oder die Elektro-HydroThermosondenkoagulation. Gelingt damit eine primäre Blutstillung, so ist im Intervall zu entscheiden, ob eine chirurgische Sanierung (z. B. linksseitige Hemikolektomie) angeschlossen wird. Gelingt die Blutstillung nicht, so ist eine rasche chirurgische Therapie unumgänglich. Abbildung 9.5-4 zeigt einen Algorithmus zum klinischen Management der Divertikelblutung. Die Empfehlungen sind in erster Linie empirisch belegt, da bisher nur wenige evidenzbasierte Daten zu dieser Problematik existieren. Vor allem ist der Stellenwert der Angiographie und der Notfallkoloskopie stark von den jeweils vorhandenen Möglichkeiten abhängig, was im Einzelfall zu berücksichtigen ist. Etwa 25–78% der Patienten mit durchgemachter, signifikanter Divertikelblutung bedürfen im Intervall einer sanierenden Operation (segmentale Kolektomie), um vor der hohen Rezidivgefahr geschützt zu sein. Jedoch reicht wegen des hohen Alters und der zumeist vorhandenen erheblichen Komorbidität die Operationsmortalität bis 10%, was im Einzelfall sorgsam abgewogen werden muss.
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9.5.3
Polypen und Polyposissyndrome Markus Reiser und Wolff Schmiegel
Einleitung
Kolonpolypen sind Protuberanzen der Mukosa in das Kolonlumen. Histologisch werden neoplastische (adenomatöse) von nichtneoplastischen (hyperplastische und hamartomatöse) Polypen unterschieden. Neoplastische Kolonpolypen – oder Adenome – sind Vorläuferläsionen des kolorektalen Adenokarzinoms und bedürfen daher der endoskopischen Abtragung und Überwachung. Hamartomatöse Polypen bergen ein geringeres, hyperplastische Polypen kein Entartungsrisiko. Die Polyposissyndrome stellen seltene autosomal vererbte Erkrankungen dar, die durch eine Vielzahl polypöser Läsionen des Verdauungstraktes unterschiedlicher Histologie charakterisiert sind.
Rektale Blutung Großer i.v.-Zugang, Elektrolytinfusion, Blutkonserven kreuzen Magensonde
Instabil
Proktoskopie
BEURTEILUNG
Stabil
Stabil
aktive Blutung
Blutungsstop Abführen!
(Angiographie)
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Chirurgie
Erythrozyten-Scan/ Angiographie
Koloskopie
Abb. 9.5-4. Klinisches Management der Divertikelblutung
9.5 Kolorektale Erkrankungen
Hierzu zählen die Familiäre Adenomatöse Polyposis (FAP) und deren Varianten Gardner-Turcot-Syndrom m und Attenuierte FAP (AAPC) sowie die hamartomatösen Polypensyndrome PeutzJeghers-Syndrom, Juvenile Polyposis und Cowden-Syndrom.
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Kolonadenome verursachen okkulte Blutbeimengungen im Stuhl, die mit Hilfe eines fäkal okkulten Bluttests (FOBT) nachgewiesen werden können (s. Kap. 9.5.4, Maligne Dickdarmtumoren). Die insgesamt schlechte Sensitivität der FOBTs für Adenome erreicht bei großen Polypen (≥1 cm) knapp 50%. Selten sind villöse Adenome Ursache sekretorischer Diarrhöen. Sporadische Kolonadenome Die komplette Koloskopie besitzt die höchste Sensitivität für den Ätiologie und Pathogenese Histologisch werden tubuläre, villöse und tubolovillöse Adenome unterschieden. Tubuläre Adeno- Nachweis kolorektaler Adenome und ermöglicht darüber hinaus die me sind mit 50% die am häufigsten vorkommenden Polypen und diagnostisch-therapeutische Biopsie und Abtragung der Polypen. ahmen das ursprüngliche Kryptenmuster noch am stärksten nach. Die rein diagnostisch eingesetzte Röntgendoppelkontrastaufnahme Tubuläre Adenome werden in der Regel nicht größer als 2 cm. Vil- hat heute nur als ergänzende Untersuchung bei inkompletter löse Adenome, die ca. 15% der adenomatösen Polypen ausmachen, Koloskopie einen Stellenwert. Neue bildgebende Verfahren wie die bestehen aus einem fingerförmig aufgezweigtem Stroma, das von CT- oder MRT-Kolonographie sind noch nicht ausreichend standareinem schleimbildenden Epithel bedeckt wird. Villöse Adenome disiert und evaluiert und sollten daher nur in Studien eingesetzt werden häufig größer als 2 cm. Die verbleibenden 35% enthalten werden. sowohl tubuläre als auch villöse Strukturen (tubolovillöse Adenome). Adenome >1 cm, villöse Histologie sowie höhergradige Therapie Kolorektale Polypen größer als 5 mm sollten durch Zellatypien (hochgradige intraepitheliale Neoplasie = HIN) weisen Schlingenektomie, Polypen ≤5 mm durch Zangenbiopsie komauf ein höheres Entartungsrisiko hin. Adenomatöse Polypen können plett entfernt werden. Dabei sollten die Polypen einzeln unter bereits karzinomatöse Anteile enthalten, wobei diese die Submukosa Angabe der Lokalisation geborgen werden. Die histologische noch nicht überschritten haben dürfen („Adenom mit Karzinom“ Befundung erfolgt nach WHO-Kriterien und muss neben dem – pT1). Dysplasiegrad insbesondere die Beurteilung der Resektionsränder Die Prävalenz kolorektaler Adenome nimmt mit höherem Le- beinhalten. Nach kompletter Abtragung kolorektaler Adenome ist, bensalter zu. Bei 23–41% sonst gesunder Personen zwischen unabhängig vom Dysplasiegrad, eine Kontrollendoskopie nach drei 50 und 82 Jahren können Kolonadenome nachgewiesen werden. Jahren erforderlich. Werden dabei keine Polypen nachgewiesen, Eine positive Familienanamnese für kolorektale Karzinome ist erfolgen die weiteren Kontrollen alle fünf Jahre. Nach Abtragung mit einer höheren Prävalenz von ca. 60% assoziiert. Eine Fami- von Adenomen mit Karzinom (pT1) erfolgt die Nachsorge in Ablienanamnese für Adenome allein scheint die Prävalenz nicht sig- hängigkeit vom histologischen Befund: Bei niedrigem Risiko (pT1, nifikant zu beeinflussen. Neben der genetischen Prädisposition G1, G2 und fehlender Lymphgefäßinvasion) sollten Kontrollendoswerden exogene Faktoren wie ballaststoffarme, fettreiche Diät, kopien nach 6, 24 und 60 Monaten erfolgen. Bei hohem Risiko Konsum roten Muskelfleisches sowie Nikotin- und Alkoholabusus (pT1, G3, G4 und/oder L1) ist die chirurgische Therapie mit für ein Auftreten kolorektaler Adenome verantwortlich gemacht. Kontrollendoskopien nach 24 und 60 Monaten indiziert. Bei unvollGeschlecht und Rasse scheinen dagegen nur eine untergeordnete ständig entfernten Adenomen sollte die endoskopische oder ggf. chiRolle zu spielen. rurgische Sanierung des Lokalbefundes zeitnah erfolgen. Eine Kolorektale Adenome stellen Vorläuferläsionen des Kolon- medikamentöse Sekundärprophylaxe (z. B. NSAID) nach Polypkarzinoms dar, die über einen Zeitraum von 5–10 Jahren der ektomie kann derzeit nicht empfohlen werden. Auch haben heute gut charakterisierten Adenom-Karzinom-Sequenz folgen Interventionsstudien mit Antioxidanzien, Kalzium oder Ballaststof(Abb. 9.5-5). Diese Sequenz ist molekularbiologisch durch eine fen in der Sekundärprophylaxe keine überzeugenden protektiven Folge und Akkumulation von Alterationen in verschiedenen Effekte gezeigt. Tumorsuppressor- und Onkogenen gekennzeichnet. Als früheste, nur mikroskopisch erkennbare Läsionen wurden vergrößerte Prognose Nach kompletter Abtragung kolorektaler Adenome Krypten mit einer verdickten epithelialen Zellschicht, aufgewei- ist das Karzinomrisiko in den folgenden drei Jahren äußerst geteten perikryptalen Räumen und irregulären, schlitzförmigen ring. Die Rezidivrate für Adenome liegt zwischen 40% und 50%. Lumina identifiziert und als „aberrant crypt foci“ (ACF) bezeichnet. Bereits in diesen frühen Läsionen können molekular- Familiäre adenomatöse Polyposis genetische Veränderungen nachgewiesen werden. Hierzu zählen Ätiologie und Pathogenese Patienten mit einer Familären insbesondere Mutationen im Tumorsuppressorgen APC („ade- Adenomatösen Polyposis (FAP) sind Träger einer Keimbahnnomatous polyposis coli“), das auch als Gatekeeper der kolo- mutation im APC-Gen auf Chromosom 5. Mit einer Prävalenz von rektalen Zellhomöostase bezeichnet wird. 1:10.000 ist diese autosomal-dominant vererbte Erkrankung selten. Die FAP stellt eine obligate Präkanzerose des kolorektalen Karzinoms Klinik und Diagnostik Kolorektale Adenome verursachen meist auf dem Boden einer diffusen Kolonpolyposis dar. Das Gardnerkeinerlei Beschwerden. Selten führen Bauchschmerzen oder und das Turcot-Syndrom stellen keine individuellen Entitäten, Stuhlunregelmäßigkeiten zur Polypendiagnose. Nur 5% aller sondern phänotypische Varianten der FAP dar. Die Attenuierte FAP
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jährlich rekto-sigmoidoskopiert werden; bei Nachweis von Adenomen muss eine komplette Koloskopie erfolgen und bis zur Proktokolektomie (siehe unten) jährlich wiederholt werden. Kann die Mutation ausgeschlossen werden, ist eine spezifische gesonderte Vorsorge dagegen nicht mehr notwendig. Die AAPC ist mit Mutationen in den proximalen oder distalen Klinik und Diagnostik Patienten mit einer Familären Adenoma- Abschnitten des APC- und MYH-Gens assoziiert. Bei einem Großtösen Polyposis (FAP) entwickeln eine diffuse Polyposis im ge- teil der Patienten mit der klinischen Diagnose einer AAPC gelingt samten Kolon mit bis zu mehreren tausend Adenomen. Unbehan- derzeit jedoch kein Mutationsnachweis, sodass von Mutationen in delt mündet die Erkrankung nahezu ausnahmslos in einem weiteren, bisher nicht identifizierten Genen ausgegangen werden kolorektalen Karzinom, das im Median im 36. Lebensjahr auftritt. muss. Extrakolische Manifestationen (z. B. Desmoide) können aufBis zu 90% der FAP-Patienten entwickeln darüber hinaus treten. Auch die AAPC birgt ein hohes Risiko für die Entwicklung adenomatöse Polypen im Duodenum, die ebenfalls ein Entar- kolorektaler Karzinome, wobei sich Polypen und Karzinome bei tungsrisiko bergen. 10–20% der Patienten entwickeln semimaligne den Anlageträgern meist später und häufig im proximalen Kolon Desmoidtumoren. Diese Neubildungen entstehen oft in der Bauch- entwickeln. Die Abgrenzung gegenüber dem HNPCC kann im wand, meist im Bereich von Operationsnarben oder in der Mesen- Einzelfall schwierig sein. Aufgrund der Häufung proximaler terialwurzel. Bei etwa 70% der Fälle können harmlose kongenitale Polypen und Karzinome ist bei Risikopersonen aus Familien Hypertrophien des retinalen Pigmentepithels (CHRPE) nachge- mit attenuierter FAP die komplette Koloskopie im Alter von 15 Jahren notwendig. Werden dabei keine Polypen nachgewiesen, sollten wiesen werden. Bestimmte Mutationen in spezifischen Regionen des APC- ab dem 20. Lebensjahr jährlich Koloskopien durchgeführt Gens sind mit zusätzlichen Manifestationen assoziiert: Epider- werden. moidzysten, Osteome, Fibrome und Lipome beim GardnerSyndrom; maligne Hirntumoren beim Turcot-Syndrom. Für Fami- Therapie Patienten mit klassischer FAP sollten prophylaktisch, lienangehörige von FAP-Patienten sollte eine humangenetische soweit möglich kontinenzerhaltend proktokolektomiert werden, Beratung angeboten werden. Zunächst muss bei dem FAP-betrof- wenn vertretbar erst nach Abschluss der Pubertät. Der Zeitpunkt fenen Patienten eine APC-Mutation gesichert werden. Ein ist individuell in Abhängigkeit von Schweregrad (Größe, Zahl, Mutationsnachweis kann mittels direkter Mutationsanalyse des Histologie der Adenome) festzulegen. Die nichtsteroidalen AntiAPC-Gens oder indirekter Kopplungsanalyse erfolgen und gelingt phlogistika Sulindac und Celecoxib konnten bei Patienten mit FAP in 90% der Fälle. Erst danach kann nach Aufklärung und Einwil- zwar eine Reduktion der Polypenzahl und -masse induzieren, es ligung eine prädiktive molekulargenetische Untersuchung der ist jedoch nicht sicher, ob hierdurch das Risiko der KarRisikopersonen durchgeführt werden. Die jährliche Rekto- zinomentstehung gesenkt wird. Die Therapie der attenuierten FAP sigmoidoskopie oder Koloskopie (ab dem 10. Lebensjahr) bei richtet sich nach der Anzahl und Lokalisation der Polypen. Mutationsträgern beweist das Vorliegen einer Polyposis. Risiko- Gegebenenfalls muss wie bei der klassischen FAP vorgegangen personen, bei denen eine Mutation bestätigt oder nicht ausge- werden. schlossen werden kann, sollten spätestens ab dem 10. Lebensjahrr (AAPC) ist vom Krankheitsbild der typischen familiären adenomatösen Polyposis abzugrenzen. Klinisch typischerweise durch weniger als 100 kolorektale Adenome definiert, ist die AAPC aus genetischer Sicht eine heterogene Gruppe mit Nachweis von APCMutationen (5’- und 3’-Ende des Gens) und MYH-Mutationen.
Normale Mukosa
APC-Mutation COX-2-Expression
Karzinom
p53-Mutation u.a.
Aberrant Crypt Foci
Großes Adenom Kleines Adenom
K-ras-Mutation
bb Abb. A bb. 9.5-5. 9.5 5.. Adenom-Karzinom Sequenz des kolorektalen Karzinoms, die durch eine Akkumulation von Alterationen in verschiedenen Tumorsuppressor- und Onkogenen gekennzeichnet ist. APC C Adenomatous-PolyposisColi-Tumorsuppressorgen, COX-22 CyclooxygenaseIsoenzym 2
9.5 Kolorektale Erkrankungen
Prognose Da FAP-Patienten nach prophylaktischer Kolektomie nicht mehr am kolorektalen Karzinom versterben, werden heute später auftretende Komplikationen beobachtet. So stellt das Duodenalkarzinom heute mit ca. 10% die häufigste Todesursache bei kolektomierten FAP-Patienten dar. Darüber hinaus sind progressiv wachsende Desmoidtumore eine wesentliche Todesursache bei kolektomierten FAP-Patienten. Hamartomatöse Polyposissyndrome Ätiologie und Pathogenese Das Peutz-Jeghers-Syndrom ist
eine seltene durch hamartomatöse Polypen des Gastrointestinaltrakts (vorwiegend Dünndarm) und Pigmentflecken auf Lippensowie Wangenschleimhaut charakterisierte autosomaldominante vererbte Erkrankung mit variabler Penetranz. Peutz-Jeghers-Polypen bestehen aus einer baumartig verästelten Muscularis mucosae, die von einem glandulärem Epithel überdeckt wird. Bei ca. 70% der Peutz-Jeghers-Patienten lassen sich Mutationen in der SerinThreonin-Kinase STK11 nachweisen. Das Krankheitsbild der juvenilen Polyposis ist weniger gut charakterisiert. Nur etwa 20–50% der Fälle treten in familiärer Form auf, was durch eine häufige Spontanmutationsrate und hohe Variabilität des Syndroms erklärt wird. Die juvenilen Polypen sind überwiegend im Kolorektum lokalisiert und meist entzündlich erodiert. Histologisch weisen juvenile Polypen in einem kräftig entwickelten Stroma zystisch dilatierte, schleimgefüllte Drüsen auf. Das Syndrom ist mit einer Inaktivierung des Tumorsuppressors Smad4 (DPC4) assoziiert. Kürzlich konnte ein weiteres krankheitsverursachendes Gen (BMPR1A) identifiziert werden. Patienten mit einem Cowden-Syndrom m entwickeln vorwiegend im Laufe der zweiten oder dritten Lebensdekade hamar-tomatöse Läsionen in verschiedenen Lokalisationen vorwiegend in der Haut und den Schleimhäuten sowie im Intestinum. Ursächlich sind Keimbahnmutationen einer regulatorischen Phosphatase auf Chromosom 10 (PTEN). Obwohl hamartomatöse Polypen zu den nichtneoplastischen Neubildungen gezählt werden, weisen die Patienten ein erhöhtes Karzinomrisiko auf. Die Malignome scheinen dabei von Foki adenomatösen Gewebes innerhalb der Hamartome auszugehen. Neben intestinalen Tumoren wird darüber hinaus in Abhängigkeit vom Syndrom eine Häufung extraintestinaler Malignome beobachtet. Klinik und Diagnostik Das Peutz-Jeghers-Syndrom kann sich durch rezidivierende Invaginationen mit kolikartigen Schmerzen, Blutauflagerungen auf dem Stuhl oder Meläna manifestieren. Weibliche Patienten weisen oft bilaterale Keimstrangtumoren mit anulären Tubuli in den Ovarien auf. Bei der juvenilen Polyposis sind die hamartomatösen Polypen ganz überwiegend im Kolorektum lokalisiert. Erosive Entzündungen können zu Blutungen mit Anämie und Hypoproteinämie führen. Die Diagnose stützt sich auf die histologischen Befunde und die Familienanamnese. Patienten mit einem Cowden-Syndrom entwickeln erst im Laufe der zweiten und dritten Lebensdekade hamartomatöse
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Polypen in vielen Geweben einschließlich in Kolon und Magen. Charakteristisch sind verruköse Papeln im Gesicht (Trichilemmome), kopfsteinpflasterartige Papillome an Lippen, Zahnfleisch und Mundschleimhaut sowie keratotische Papeln an Händen und Füßen. Die Hamartome des Gastrointeltinaltrakts sind in der Regel klein und verursachen keine Beschwerden. Histomorphologisch können die Polypen des Cowden-Syndrom und der juvenilen Polyposis kaum unterschieden werden. Die molekularbiologische Mutationsanalyse ist aufwendig und in der Routinediagnostik der Polyposissyndromen noch nicht etabliert. Sie bleibt derzeit Speziallabors vorbehalten. Therapie Aufgrund der Seltenheit der hamartomatösen Polyposissyndrome können keine generellen Empfehlungen gegeben werden. Vorsorge und Therapie zielen darauf ab, Komplikationen zu vermeiden. Für die betroffenen Patienten wird ab dem 10. Lebensjahr die Endoskopie des oberen und unteren Gastrointestinaltrakts empfohlen. Gastroskopisch und koloskopisch erreichbare Polypen sollten abgetragen und bezüglich adenomatöser Dysplasien untersucht werden. Die Untersuchung des Dünndarms durch Doppelkontraströntgen nach Sellink stellt eine hohe Strahlenbelastung dar; wenn möglich sollte die Untersuchung in MRT-Technik durchgeführt werden. Mit Hilfe der PushEnteroskopie kann der Dünndarm bis zum Ende des Jejunums endoskopisch beurteilt werden. Die Doppelballonendoskopie als obere und untere Intestinoskopie ermöglicht die Beurteilung (nahezu) des gesamten Dünndarms und erlaubt darüber hinaus die endoskopische Intervention wie Biopsie und Polypektomie. Die Doppelballonendoskopie ist derzeit jedoch noch nicht allgemein etabliert und die Erfahrungen sind begrenzt. Prognose Hamartomatöse Polyposissyndrome bergen ein erhöhtes Karzinomrisiko. Alerdings ist das Entartungspotential wesentlich geringer als bei den adenomatösen Polyposen. Neben dem Risiko für intestinale Karzinome besitzen Patienten mit Peutz-JeghersSyndrom ein erhöhtes Risiko für das Auftreten bösartiger Neubildungen der Mamma, der Cervix uteri, des Endometriums, der Ovarien und des Pankreas. Bei der juvenilen Polyposis ist neben dem erhöhten Risiko für kolorektale Karzinome insbesondere das Risiko für Duodenal- und Magenkarzinome erhöht. Patienten mit Cowden-Syndrom haben ein deutlich erhöhtes Risiko für Mammaund Schilddrüsenkarzinome, während das Risiko für intestinale Tumoren nicht erhöht zu sein scheint.
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9 Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes
Evvidenz der Therapieempfeehlungen bei Polypen und Polyposis-Syndrom y y Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke
9.5.4
Sporadische Ko olonpolyypen Ko oloskopie und PolypekII-a tomie Ko ontrollkoloskopie nach 3 Jahren Polyyp mit Karzinom (pT1) Niedriges Risiko: II I Endoskopische Ab btragung, Ko ontrolle Monat 6; 24; 60 Hohes Risiko: operative Sanierung Medikamentöse Sekundärprophyyyllax xee nach Polyypekttomie x Derzeit nicht empfo ohlen I-b Familiäre Adenomatöse Polyyposis (FA AP) Sigmoidoskopie II I (ggf.. Ko oloskopie) ab 10. Lebensjahr Ko olektomie vor dem 20. Lebensjahr Atttenuierte FA AP Ko oloskopie ab 10. Lebens- IV jahr; weiteres Vo orgehen nach Befu unden Hamartomatöse Polyyposissyn ndrome ÖGD und Ko oloskopie IV ab 10. Lebensjahr, Ab btragung erreichbarer Polypen > 10 mm
Epidemiologie
A
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C
A
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C
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Maligne Dickdarmtumoren Ullrich Graeven und Wolff Schmiegel
Tumoren des Dickdarmes sind eine der häufigsten malignen Erkrankungen der westlichen Welt. In Deutschland liegt die Anzahl der jährlichen Neuerkrankungen bei ungefähr 55.000. Mit einer Inzidenz von ca. 60 pro 100.000 ist das kolorektale Karzinom bei Männern die zweithäufigste und bei Frauen mit einer Inzidenz von 45 pro 100.000 die dritthäufigste Tumorerkrankung in Deutschland. Die Mehrzahl der Erkrankungen tritt nach dem 50. Lebensjahr auf. Kolorektale Karzinome machen ungefähr 90% aller malignen Tumoren des Darmtraktes aus. In 85–90% der Fälle liegt histologisch ein Adenokarzinom vor. Diese entwickeln sich über die Adenom-Karzinom-Sequenz aus Polypen (Abb. 9.5-6). Ein besonders hohes Erkrankungsrisiko (bis zu 90%) liegt bei Patienten mit einer hereditären Veranlagung zur Entstehung kolorektaler Karzinome, insbesondere bei dem familiären adenomatösen Polyposissyndrom (FAP) oder dem hereditären nichtpolypösen kolorektalen Karzinomsyndrom (HNPCC) vor (Tabelle 9.5-2). Insgesamt lässt sich derzeit aber nur bei ungefähr 5% der Patienten mit Dickdarmtumoren eine familiäre Veranlagung nachweisen. Ein erhöhtes Risiko der Karzinomentstehung ist auch für die langjährige Colitis ulcerosa beschrieben. Für das sporadische Kolonkarzinom gelten eine ballast stoffarme Kost sowie ein hoher Fettkonsum, in geringerem Maße auch Nikotin- und Alkoholabusus als exogene Risikofaktoren. Die Prognose der Dickdarmtumoren korreliert streng mit dem Ausbreitungsstadium bei Diagnosestellung (Tabelle 9.5-3). So liegt die Fünfjahresüberlebensrate in Stadium I bei 85–95%, in Stadium II bei 65–80%, in Stadium III bei 45–55% und in Stadium IV bei 5– 10%. Diagnostik
Die Symptome des kolorektalen Karzinoms sind häufig unspezifisch. Warnzeichen können Stuhlunregelmäßigkeiten, Blutauflagerungen und -beimengungen im Stuhl, eine unklare Anämie sowie eine Verschlechterung des Allgemeinzustandes und eine ungeklärte Gewichtsabnahme sein. Wegen der fehlenden charakteristischen Frühsymptome hat die Screening-Untersuchung der asymptomatischen Bevölkerung einen hohen Stellenwert. Bereits die jährliche Testung auf okkultes fäkales Blut mittels 3 Testbriefchen für 3 konsekutive Stühle führt zu einer Senkung der Mortalität des kolorektalen Karzinoms um 16–23%. Unter Einsatz der Sigmoidoskopie lässt sich die Mortalität der Karzinome im Rektosigmoid um 60–80% senken. Sigmoidoskopie wie auch die Koloskopie bieten den Vorteil, dass präneoplastische Läsionen erkannt und abgetragen werden können. Daher sollte bei Vorliegen eines positiven Nachweises von okkultem fäkalem Blut eine komplette Koloskopie durchgeführt werden. Neben der Eigen- und Familienanamnese (zur Erfassung einer möglichen familiären Disposition) sowie der klinischen Untersuchung (einschließlich digitaler rektaler Untersuchung, bei der
9.5 Kolorektale Erkrankungen
785
9.5 3.. Stadieneinteilung Kolon- und Rektumkarzinom die Mehrzahl der tiefsitzenden Rektumkarzinome bereits entdeckt Taabbelllee 9.5-3. werden können) umfasst die Diagnostik der Dickdarmtumoren folT Stadium M N gende Untersuchungen: komplette Koloskopie mit nach MöglichStadium 0 Tis N0 M0 keit histologischer Diagnosesicherung (bei stenosierenden, nicht Stadium I T1 N0 M0 T2 N0 M0 passierbaren Tumoren ist eine vollständige Koloskopie innerhalb Stadium II A T3 N0 M0 von drei Monaten postoperativ nachzuholen, um höher sitzende T4 N0 M0 II B synchrone Karzinome auszuschließen), Sonographie des AbdoStadium III A T1, T2 N1 M0 III B T3, T4 N1 M0 mens, Röntgenthorax in zwei Ebenen, bei Sigma- und RektumIII C jedes T N2 M0 karzinom zusätzlich Urinsediment, radiologische Darstellung Stadium IV jedes T jedes N M1 des Kolons im Doppelkontrastverfahren bei Kontraindikation T11 Submukosa; T2 Muscularis propria; T3 Subserosa, serosa, nicht peritooder nicht durchführbarer Koloskopie sowie Laboruntersuchungen nealisiertes/perikolisches Gewebe; Gewebe; T4 andere Organe und inklusive des Tumormarkers CEA. Fakultative Untersuchungen Strukturen/viszerales Perotoneum; N1 ≤ 3 regionär; N2 >4, regionär sind CT oder MR des Abdomen (insbesondere bei Verdacht auf Infiltration benachbarter Strukturen bei Vorliegen eines Rektumkarzinoms), Spiral-CT des Thorax, Endosonographie, tion des Tumors durchgeführt werden. Dennoch versterben etwa Zystoskopie und gynäkologische Untersuchung bei Vorliegen eines 50% der Patienten im Verlauf an den Folgen einer Metastasierung Rektumkarzinoms. der Erkrankung. Als Ursache hierfür wird eine schon bei Diagnosestellung vorhandene inapparente systemische Ausbreitung der Erkrankung angenommen. Adjuvante und neoadjuvante TherapieTherapie Bei fehlender Fernmetastasierung ist die kurativ intendierte verfahren richten sich gegen diese Mikrometastasierung mit dem Resektion (R0-Resektion) des Primärtumors die Basis der onko- Ziel, das Risiko einer Fernmetastasierung oder eines Lokalrezidives logischen Behandlung. Bei primärer Fernmetastasierung beinhaltet zu verringern (Abb. 9.5-7 und 9.5-8). die palliative Therapie in der Regel auch die Resektion des Primärtumors zur Sicherstellung der Darmpassage. In fortgeschrittenen Neoadjuvante und adjuvante Therapie Für das KolonkarKrankheitsstadien sollte die Möglichkeit der Metastasektomie abge- zinom (=16 cm von der Anokutanlinie entfernt) besteht keine klärt werden, da insbesondere bei einzelnen Lebermetastasen, aber Indikation zur neoadjuvanten Chemo- oder Radiochemotherapie. auch bei pulmonalen Metastasen die komplette Entfernung eine Anders stellt sich die Situation beim tiefsitzenden Rektumdeutliche Prognoseverbesserung ermöglicht. Bei 70–80% aller Pa- karzinom dar. Hier ist bei Tumoren der T4-Kategorie, bei denen die tienten mit Dickdarmtumoren kann eine kurativ intendierte Resek- kontinenzerhaltende Operation unwahrscheinlich erscheint, eine
bb Abb. A bb. 9.5-6. 9.5 6.. Adenom-KarzinomSequenz (nach Schulmann)
Tabelle 9.5-2. Autosomal-dominant vererbte Formen kolorektaler Karzi Karzinome arz
HNPCC
% aller KRK
KRKRisiko [%]
Mutationsnachweisrate
Gendefekt
Chromosom
Klinische Charakteristika
5–10
80
50–70%a
MLH1 MSH2 MSH6 PMS1 PMS2
3p21 2p16 2p16 2q32 7q22
100
70–90%
APC
5q21
Vorwiegend proximal lokalisierte KRK Häufiger synchrone und metachrone KRK Häufiger muzinöse, niedrig differenzierte KRK Häufig starke peri-/intratumorale lymphozytäre Reaktion Wahrscheinlich schnelle Adenom-Karzinom-Progression Mittleres Diagnosealter: 44. Lebensjahr Klinische Definition: Amsterdam I/II-Kriterien Phänotyp mit Nachweis von >100 Adenomen, Beginn der Polypenbildung durchschnittlich im 12.–15. Lebensjahr
FAP PeutzJeghersSyndrom
0,1
40
>70%
STK11
19p13,3
Phänotyp mit Nachweis von 2 PJ-Polypen oder 1PJ-Polyp mit peroralen Pigmentierungen oder 1 PJ-Polyp und pos. Familienanamnese; meist klinische Symptome im Alter von 10–15 Jahren
Juvenile Polyposis coli
0,1
20–60
30% Selten
SMAD4 18q21,2 BMPR1A 10g
Phänotyp mit Nachweis von mehr als 5 juvenilen Polypen oder 1 juveniler Polyp bei pos. Familienanamnese; meist klinische Symptome vor dem 10. Lebensjahr
a Positive Amsterdam-Kriterien n
9
9
786
9 Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes
präoperative Radio- oder auch Radiochemotherapie indiziert. Die Radiochemotherapie besteht in der Regel aus der Kombination von 5-FU 1000 mg/m2 pro Tag als Dauerinfusion über 5 Tage in der ersten und fünften Bestrahlungswoche. Für das Kolonkarzinom konnte in den letzten Jahren eindrucksvoll belegt werden, dass durch adjuvante Therapiemaßnahmen eine Reduktion des Rezidivrisikos erzielt werden kann. Die Intergroup-Studie der Eastern Corporate Oncology Group (ECOG), der North Center Cancer Treatment Group (NCCTG) und der Southwest Oncology Group (SWOG) konnte 1990 erstmals zweifelsfrei die Wirksamkeit einer adjuvanten Chemotherapie nachweisen. In dieser Studie wurden 990 Patienten mit kolorektalem Karzinom im Stadium C nach Dukes im Anschluss an eine kurative Resektion entweder nur nachbeobachtet, oder sie erhielten eine Monotherapie mit Levamisol bzw. die Kombination aus 5-FU/Leva-misol. Patienten im Stadium Dukes B erhielten eine alleinige Nachbeobachtung oder eine Therapie mit 5-FU/Levamisol. Die Dauer der Chemotherapie betrug 12 Monate. Für das Stadium Dukes C ließ sich durch die Kombinationstherapie eine Reduktion der Rezidivrate um 41% und der Mortalität um 33% erzielen. Im Stadium Dukes B zeigte sich kein positiver Effekt. Die Studien zum Vergleich der Kombination 5-FU/Levamisol mit 5-FU/Folinsäure kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass die adjuvante Therapie mit 5-FU/Folinsäure zumindest der Therapie mit 5-FU/Levamisol gleichwertig ist (Tabelle 9.5-4). Eine Auswertung der gepoolten Daten einer französischen, italienischen und kanadischen Untersuchung (International Multicenter Pooled Analysis of Colon Cancer Trials, IMPACT) erbrachte bei insgesamt 1493 auswertbaren Patienten eine Reduktion der Mortalität durch eine adjuvante 6-monatige 5-FU/Folinsäuretherapie um 22%. Nach drei Jahren ergab sich ein krankheitsfreies Überleben von 62 vs. 71%. Das Gesamtüberleben lag bei 78 vs. 83%. Von der NCCTG zusammen mit dem NCIC wurde ein vierarmiger randomisierter Vergleich zwischen einer 6- bzw. 12-monatigen Therapie mit 5-FU/Levamisol oder 5-FU/Levamisol/ Folinsäure durchgeführt. Hierbei ergab sich kein Vorteil für eine 12-monatige Behandlungsdauer gegenüber der 6-monatigen Gabe. Eine weitere Studie zum Vergleich der 6- mit einer 12-monatigen Chemotherapie entweder als Kombination 5-FU/ Folinsäure oder 5-FU/Levamisol wurde von der Intergroup in der INT0089-Studie vorgenommen. Insgesamt zeigte sich bei 3759 Patienten mit fünfjähriger Nachbeobachtungszeit kein signifikanter Unterschied zwischen den Therapiearmen. Auf Grund der vorliegenden Studienergebnisse kann davon ausgegangen werden, dass eine 6-monatige Therapie mit 5-FU/Folinsäure im Vergleich zu einer 12-monatigen mit 5-FU/Levamisol (Moertel-Schema) als gleichwertig anzusehen ist. In der QUASAR-Studie wurden insgesamt 4927 Patienten in einem 2-mal zweifaktoriellen Design randomisiert, um den Nutzen von niedriger Folinsäuregabe (25 mg) gegenüber einer hohen (175 mg) im Rahmen einer 6-monatigen 5-FU/Folinsäuretherapie sowie den Gewinn durch die zusätzliche Gabe von Levamisol oder Plazebo zu überprüfen. Die Auswertung der Stu-
Kolonkarzinom Operation
Stadium I
Stadium III
Stadium II
Stadium IV
Adjuvante Chemotherapie Stadium II nur in Studien Nachbeobachtung Rezidiv Palliative Therapie Abb. 9.5-7. Therapiealgorithmus Kolonkarzinom
Rektumkarzinom Neoadjuvante Radiochemotherapie T4 bei Vd auf lokale Inoperabilität Stadium II + III Operation
Stadium I
Stadium III
Stadium II
Stadium IV
Adjuvante Radiochemotherapie * Nachbeobachtung Rezidiv Palliative Therapie * wenn keine neoadjuvante Therapie durchgeführt wurde
Abb. 9.5-8. Therapiealgorithmus Rektumkarzinom
die erbrachte keinen zusätzlichen Nutzen durch Levamisol und zeigte keinen Unterschied im Ergebnis für die hoch- oder niedrigdosierte Folinsäuregabe. Die kontinuierliche 5-FU-Infusion scheint keine wesentliche Verbesserung der Ergebnisse in der adjuvanten Therapie zu ermöglichen. Auf Grund der gesteigerten Ansprechraten der sog. 3er-Kombinationen aus 5-FU/FS und entweder Irinotecan oder Oxaliplation in der palliativen Therapie des kolorektalen Karzinoms wurden diese Kombinationen auch innerhalb von Phase-III-Studien in der adjuvanten Therapie eingesetzt. In der so genannten MOSAIC-Studie waren insgesamt 2248 Patienten aus 20 Ländern mit Kolonkarzinom im Stadium II oder III nach R0-Resektion entweder mit dem LV5FU2-Schema (deGramont) oder dem FOLFOX-4-Schema für 6 Monate adjuvant behandelt worden. Im FOLFOX-4-Arm traten um 23% weniger Rezidive oder Todesfälle auf. Nach 3 Jahren war die Wahrscheinlichkeit des krankheitsfreien Überlebens um etwa 5% höher (77,8% vs. 72,9 %). Betrachtet man nur die Patienten im Stadium III, so war der Unterschied mit 71,8% vs. 65,5% noch deutlicher. Für Patienten im Stadium II betrug der Unterschied im rezidivfreien Überleben
9.5 Kolorektale Erkrankungen Studie(n)
Zahl der Patienten
Therapie (Dauer in Monaten)
Krankheitsfrei nach 5 Jahren [%]
Ges. Überleben nach 5 Jahren [%]
IMPACT Ta
1526
Kontrolle 5-FU/FS (6) 5-FU/LEV (12) 5-FU/LEV (6) 5-FU/LEV/FS (12) 5-FU/LEV/FS (6) MOF 5-FU/FS (12) 5-FU/LEV (12) 5-FU/FS (12) 5-FU/FS/LEV (12) Kontrolle 5-FU/FS (6, 12) Kontrolle PVI, 5-FU 5-FU/FS-LD (6) 5-FU/FS-HD (6) 5-FU/FS/LEV (6) 5-FU/FS (6) 5-FU/FS (12) 5-FU/LEV (12) FS/5-FU2 (6) FOLFOX-4 (6) 5-FU7FS (6) Capecitabin (6) 5-FU/FS UFT/FS
62 71 63 58 57 63 50 61 69 65 64 73 76 67 65 64 64 63 65 67 61 73 78 61 64 68 67
78 83 68 60 63 70 57 68 70 74 72 80 82 73 72 71 70 69 71 73 65 – –
NCCG-NCIC
NSABPb C 03 NSABP C 04
915
1081 2151
IMPACT B2 EORTC
1500
1016
QUASARa
4927
AGOc
702 a
MOSAIC
2256
X-ACTa
1987
NSABP C 06
1608
a nach 3 Jahren; b nach 8 Jahren, c nach 4 Jahren;
787
be lllee 9.5-4. Taab 9.5 4.. Sttudien zur äadjuvanten Chemotherapie des Kolonkarzinoms
78 81 79 79
FSS Folinsäure; EV V Levamisol; evam PVII portalvenöse Infusion
86,6% vs. 83,9% und verfehlte das Signifikansniveau. Die therapiebedingte Mortalität lag in beiden Therapiearmen bei 0,5%. Im Unterschied zur alleinigen 5-FU/FS Therapie traten im FOLFOX-4Arm sensorische Neuropathien Grad 3 bei 12% der Patienten auf, die allerdings nur bei 0,5% der Patienten auch 18 Monate nach Therapieende noch bestanden. Daten zum Gesamtüberleben wurden noch nicht vorgestellt. Die bisherigen Erahrungen aus historischen Studien zur adjuvanten Therapie des kolorektalen Karzinoms lassen jedoch vermuten, dass der beobachtete Unterschied im krankheitsfreien Überleben auch zu einer Verbesserung des Gesamtüberlebens führen wird. Die Therapie mit FOLFOX-4 könnte sich somit zu einem neuen Standard in der adjuvanten Therapie des Kolonkarzinoms entwickeln. Ob ähnlich gute Ergebnisse auch mit Irinotecanhaltigen Kombinationen erreicht werden können, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen, da die entsprechenden Ergebnisse der hierzu durchgeführten Studien noch nicht vorliegen. Unter dem Aspekt der Lebensqualität verdienen auch die oralen 5-FU-Prodrugs besondere Berücksichtigung. UFT in Kombination mit Folinsäure wurde in der NSABP-C-06-Studie gegen Bolus 5-FU/FS bei 1608 Patienten verglichen und erwies sich als äquipotent zu der 5-FU-BolusApplikation. Erste Resultate der X-ACT-Studie, die bei mehr als 2000 Patienten im Stadium III Capecitabine mit dem MayoProtokoll verglichen hat, zeigen eine bessere Verträglichkeit der adjuvanten Therapie mit Capecitabine und einen Trend zu besserer Wirksamkeit. Das krankheitsfreie Überleben nach 3 Jahren lag bei 65,5% für Capecitabine gegenüber 61,9% für das
Mayo-Protokoll; allerdings verfehlte der Unterschied das Signifikanzniveau. Der Stellenwert einer adjuvanten Chemotherapie im Stadium II ist nach wie vor unklar. Auch zwei große Metaanalysen, die 1999 zu diesem Thema veröffentlicht wurden, haben auf Grund widersprüchlicher Ergebnisse keine Klärung erbringen können. Die IMPACT-B2-Studiengruppe hat 1016 Patienten im Stadium Dukes B2 aus fünf Studien evaluiert. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 5,75 Jahren ergab sich weder für das krankheitsfreie Überleben (67 vs. 73%) noch für das Gesamtüberleben (82 vs. 80%) ein signifikanter Vorteil für die adjuvante Chemotherapie. Demgegenüber zeigte eine Metaanalyse der NSABP, die die Studien C-01 bis C-04 für die Subgruppe der Patienten im Stadium Dukes B beinhaltete, eine Reduktion der Mortalität um 30%. Die aktuelle QUASAR-Studie zur adjuvanten Therapie im Stadium II konnte für eine 6-monatige 5-FU/FS-Therapie einen geringen Überlebensvorteil gegenüber der alleinigen Chirurgie zeigen. Dennoch kann zum momentanen Zeit punkt auf Grund dieser uneinheitlichen Ergebnisse weiterhin keine generelle Therapieempfehlung zur adjuvanten Behandlung von Patienten mit Kolonkarzinom im Stadium II gegeben werden. Ein weiterer Ansatz zur adjuvanten Therapie, basierend auf dem hohen Prozentsatz der Metastasierung in die Leber, ist die lokoregionäre portalvenöse adjuvante Chemotherapie. Eine Metaanalyse von 10 Studien mit 3499 evaluierbaren Patienten ergab nach zwei Jahren keinen Einfluss auf das Überleben, allerdings konnte nach fünf Jahren ein absoluter Unterschied von 4,7% ge-
9
9
788
9 Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes
änderung des Applikationsmodus kommt es zu einer Verschiebung des Toxizitätsprofils der 5-FU-Therapie. Während die Knochenmarkstoxizität unter der Dauerinfusion wesentlich geringer ausgeprägt ist, kommt es häufiger zu Mukositis und Diarrhö sowie zu einer reversiblen schmerzhaften Rötung der Hände und Füße (sog. Hand-Fuß-Syndrom). Eine Metaanalyse zum Vergleich der 5-FU-Bolusgabe mit der kontinuierlichen 5-FU-Infusion in der First-line-Therapie konnte nach Auswertung von 1103 Patienten einen signifikanten Anstieg der Ansprechrate (14 vs. 22) sowie eine geringe Verlängerung des Gesamtüberlebens (11,3 vs. 12,1 Monate) zugunsten der Infusionsprotokolle zeigen (Tabelle 9.5-6). Eine weitere Entwicklung in Richtung einer protrahierten 5-FU-Applikation, bei deutlich erleichterter Durchführbarkeit, sind orale 5-FU-Prodrugs. Diese Substanzen zeigen im Gegensatz zu 5-FU eine gute Resorption nach oraler Gabe. Capecitabin, ein Vertreter dieser Substanzgruppe, zeichnet sich durch eine rasche Absorption im Intestinaltrakt sowie durch eine schnelle Konversion zu 5-FU im Tumorgewebe aus. In zwei randomisierten Phase-III-Studien zur First-line-Therapie des fortgeschrittenen kolorektalen Karzinoms konnte an insgesamt 1207 Patienten gezeigt werden, dass Capecitabin im Vergleich zur 5-FU/Folinsäurebolusgabe eine leicht erhöhte Ansprechrate bei günstigerem Nebenwirkungsprofil zeigt. Ähnlich wie bei der protrahierten 5-FU-Infusion kommt es auch unter Capecitabin vermehrt zum Auftreten des Hand-Fuß-Syndroms (16%) sowie von Diarrhöen (10%). Ein weiterer Vertreter dieser Substanzklasse ist UFT, eine Kombination aus Uracil und Tegrafur, einer 5-FU-Prodrug. In dieser Kombination hemmt Uracil den enzymatischen Abbau von 5-FU. UFT wurde bislang überwiegend in der Kombination mit oraler Folinsäure eingesetzt. Mit dieser Kombination ergibt sich eine dem Mayo-Protokoll vergleichbare Wirksamkeit. Insbesondere für die palliative Therapie bieten die oralen Applikationsformen wesentliche Vorteile, da Infusionen oder die Anlage eines Portsystems entfallen Palliative Therapie Die Indikation zur palliativen Chemo- können (Tabelle 9.5-7). Von besonderem Interesse ist gegenwärtig therapie des kolorektalen Karzinoms im Stadium IV kann inzwi- die Frage, ob orale Fluoropyrimidine in der Lage sein werden, schen als gesichert angesehen werden. Mehrere randomisierte infusionales 5-FU/FS in Kombinationsprotokollen mit Irinotecan Studien konnten nachweisen, dass sowohl eine First-line- als und Oxaliplatin zu ersetzen. Erste Ergebnisse aus Phase-II-Studien auch eine Second-line-Chemotherapie nicht nur zu einer signifi- zeigen, dass mit der Kombination von Capecitabin plus Oxaliplatin kanten Verlängerung des Überlebens, sondern auch zu einer Ver- oder Irinotecan Remissionsraten von bis zu 50% erzielt werden besserung der Lebensqualität im Vergleich zur reinen supportiven können. Irinotecan ist ein wasserlösliches Derivat von Camptothecin Therapie führt. Inzwischen stehen neben 5-FU Substanzen wie z. B. Irinotecan, Oxaliplatin und Capecitabin sowie monoklonale und hemmt die Topoisomerase I, die während der DNA-RepliAntikörper gegen den „vascular endothelial growth factor“ (VEGF) kation durch vorübergehende Einzelstrangbrüche die Spannung oder den „epidermal growth factor receptor“ (EGF-R) zur Verfü- in der DNA-Helix verringert. Die Ansprechraten für die Irinotecan-Monotherapie in der Primärtherapie des kolorektalen Kargung. zinoms liegen bei bis zu 25%. Die häufigsten Nebenwirkungen First-line-Therapie Mit der Bolusapplikation von 5-FU in Kombi- von Irinotecan sind eine Neutropenie und eine unter Umstännation mit Folinsäure lassen sich Remissionsraten von 20% und den stark ausgeprägte verzögerte Diarrhö, die eine sofortige mediane Überlebenszeiten bis zu 12 Monaten erzielen. Durch hochdosierte Loperamidtherapie (2 mg alle 2 h) erforderlich Veränderung des Applikationsmodus von 5-FU hin zu einer Dauer- macht. Inzwischen liegen zwei große Phase-III-Studien zu der infusion kann eine höhere Dosisintensität erreicht werden. Mit Ver- 3er-Kombination 5-FU/FS und Irinotecan vor. Zum einen wurde zeigt werden, ohne dass dieser Unterschied statistisch signifikant war. Auch eine Studie der EORTC konnte weder einen positiven Effekt auf die Inzidenz der Lebermetastasen (79 vs. 77%) noch auf das Fünfjahresüberleben (72 vs. 73%) erzielen. In beiden vorgenannten Studien wurden auch Patienten im Stadium Dukes A eingeschlossen, sodass ein direkter Vergleich zu den systemischen adjuvanten Therapienstudien erschwert ist. Außerhalb von Studien ist der Einsatz der adjuvanten portalvenösen Chemotherapie derzeit nicht gerechtfertigt. Für das kurativ resezierte Kolonkarzinom im Stadium III kann auf Grund der oben angeführten Studien die Indikation zur adjuvanten Chemotherapie als gesichert angesehen werden. Die Therapie sollte entsprechend der aktuellen interdisziplinären Leitlinien der Deutschen Krebsgesellschaft mit einem der unten aufgeführten Protokolle erfolgen (Tabelle 9.5-5). Für die adjuvante kombinierte Radiochemotherapie des Rektumkarzinoms konnte in randomisierten Phase-III-Studien im Vergleich zur alleinigen Nachbeobachtung oder Radiotherapie eine Lebensverlängerung nachgewiesen werden. Im Gegensatz zum Kolonkarzinom belegen die bisherigen Daten auch einen positiven Effekt der adjuvanten Radiochemotherapie für das Stadium II. Aktuelle Studienergebnisse weisen auf Vorteile der neoadjuvanten Radio und Radiochemotherapie gegenüber der adjuvanten Therapie hin. Die deutsche Rektumkarzinomstudie CAO/ARO/AIO-94 konnte zeigen, dass es nach neoadjuvanter Radiochemotherapie seltener zu Lokalrezidiven kommt. Auch konnte durch die neoadjuvante Therapie bei tief sitzenden Rektumkarzinomen der Spinkterherhalt häufiger gewährleistet werden. Die Rate postoperativer Komplikationen war nach präoperativer Radiochemotherapie im Vergleich zur sofortigen Operation nicht erhöht und die akute und chronische Toxizität im präoperativen Radiochemotherapiearm insgesamt signifikant erniedrigt. Die Häufigkeit der Fermetastasierung und das Gesamtüberleben wurden jedoch nicht positiv beeinflusst.
9.5 Kolorektale Erkrankungen
789
bel llee 9.5 Taab 9.5-5. 5.. Therapieprotokolle kolorektales Karzinom – adjuvant
5-FU/Folinsäure Folinsäure 20 mg2 i.v. Bolus Tag 1, 2, 3, 4, 5 5-Fluorouracil 425 mg/m2 i.v. Bolus (10 g/dl) • Ziel: Entspeicherung der Körpereisendepots innerhalb von 18 Monaten; Stabilisierung eines Körpereisengehaltes von 3–5 g • Durchführung: – Ein Aderlass (500 ml) pro Woche bis zur Normalisierung des Serumferritins – Erhaltungstherapie mit 4–12 Aderlässen/Jahr – Aderlasstherapie nie vollständig abbrechen
und nach
Aderlasstherapie
Arthropathie und fortgeschrittene Leberzirrhose sind nur wenig beeinflussbar. Dies gilt auch für den hypogonadotropen Hypogonadismus. Niedrige Testosteronspiegel können jedoch durch Substitution mit z. B. 250 mg Testosteronenantat i.m. in 3- bis 4-wöchigem Abstand gut kompensiert werden. Durch die Mitte der 50er Jahre erstmals eingeführte Aderlasstherapie ist die Prognose der Hämochromatosepatienten deutlich verbessert worden. Während die Erkrankung früher eine infauste Prognose hatte, lag in den 70er Jahren die Fünfjahresüberlebensrate bei 70–80%, während sie heute bereits 93% beträgt (Zehnjahresüberlebensrate 77%). Besonders hervorzuheben ist jedoch, dass die Lebenserwartung der Hämochromatosepatienten ohne Leberzirrhose oder Diabetes mellitus identisch ist wie die der Normalbevölkerung (Abb. 10.1-3). Ausmaß der Eisenüberladung und Zeitpunkt des Beginns einer Aderlasstherapie zeigen einen deutlichen Einfluss auf das Auftreten von Komplikationen und damit auf die Prognose. Dies unterstreicht die Bedeutung der Frühdiagnose und einer sofort einsetzenden und konsequent durchzuführenden Therapie bei dieser Erkrankung. Wenn eine Anämie mit einem Hb-Wert unter 10 g/dl vorliegt, v. a. eine sideroachrestische Anämie mit sekundärer Eisenüberladung, z. B. sideroblastische Anämie oder Thalassämie, sollte die Therapie mit dem Eisenchelator Deferoxamin erfolgen (höchster
10.1 Metabolische und genetisch determinierte Lebererkrankungen 100
Normalbevölkerung
Überlebensrate (%)
80
60
Hämochromatose 40
20
0 0
6
12 18 24 30 Zeit (Jahre) Abb. 10.1-3. Kumulative Überlebensrate von 251 Hämochromatosepatienten im Vergleich zu einer nach Alter und Geschlecht angepassten Normalbevölkerung (nach Niederau et al.)
815
10
herabgesetzt werden. Besonders hervorzuheben sind neurotoxische Nebenwirkungen, die nach dem Absetzen von Deferoxamin nur zum Teil reversibel sind. Bei sehr hohen Dosierungen können gelegentlich Hörschwäche, Verlust des Farbensehens und Visusverschlechterungen auftreten. Deshalb sind während der Therapie halbjährliche ophthalmologische, audiometrische und neurologische Kontrolluntersuchungen erforderlich. Im Gegensatz zur Aderlassbehandlung ist bei der Therapie mit Deferoxamin eine Entspeicherung der Körpereisendepots erst nach mehreren Jahren zu erwarten. Abhängig von der Ursache der Eisenüberladung muss danach eine Erhaltungstherapie in niedriger Dosierung fortgeführt werden, um eine ausgeglichene Körpereisenbilanz zu gewährleisten. Insgesamt ist die Behandlung mit Deferoxamin weniger wirksam, nebenwirkungsreicher, aufwendiger und teurer als die Aderlasstherapie. Die Diät hat bei Eisenüberladung nur einen ergänzenden Effekt und beschränkt sich auf den Verzicht von besonders eisenreichen Nahrungsmitteln, z. B. übermäßiger Verzehr von rotem Fleisch, Innereien und entsprechenden Wurstsorten (allgemeine Praxis ohne entsprechende Evidenz). 10.1.2 Morbus Wilson Ätiologie und Pathogenese
international anerkannter Evidenzgrad). Dies gilt auch für schwere Formen der Kardiomyopathie mit kardialer Dekompensation, bei denen eine Aderlasstherapie nicht durchgeführt werden kann. Der Chelatbildner bindet Eisen im Serum und Gewebe und wird sowohl hepatisch als auch renal eliminiert. Auf Grund fehlender Wirksamkeit bei oraler Gabe und der kurzen biologischen Halbwertszeit von nur 5–10 min nach intravenöser Applikation bzw. unzureichender Dosierung nach intramuskulärer Injektion sollte Deferoxamin mit Hilfe eines tragbaren Infusionssystems als subkutane Dauerinfusion über 12–24 h pro Tag an 5–7 Tagen pro Woche gegeben werden. Deferoxaminbehandlung (induziert die Eisenausscheidung in Urin und Stuhl) • Indikation: Eisenüberladung bei gleichzeitiger Anämie (Hämoglobin 10µg/dl Kupfer im Urin > 100 µg/Tag Kupferkonzentration > 250 µg/gTG
Leberbiopsie mit Kupferbestimmung Abb. 10.1-4. Klinische Symptome und Diagnostik bei Morbus Wilson
Wenn auf Grund der klinischen Symptomatik der Verdacht auf einen Morbus Wilson besteht, werden zunächst die Parameter des Kupferstoffwechsels analysiert (Abb. 10.1-4). Die Erniedrigung des Coeruloplasmins 4
Symptome ≥2 Wochen
schwer
Schweregrad
depressive Episode
15
depressive Episode, monophasisch
F 32
depressive Episode, rezidivierend
F 33
depressive Episode, im Rahmen eines bipolaren Verlaufs
F 31
psychopathologisches Syndrom
Abb. 15.6-3. Operationalisierte Diagnosestellung (Symptome, Schweregrade, wereg Klassifikation) nach ICD-10
ICD-10
15.6 Affektive Störungen
depressiven Verstimmungen und depressiven Persönlichkeitsstrukturen, andererseits kommt diesen Störungen offenbar hohe sozialmedizinische Bedeutung angesichts häufigen Vorkommens im ambulanten, primärärztlichen Versorgungssystem zu. Hier besteht dringlicher Forschungsbedarf. Therapie Supportive Psychotherapie Grundlage der Depressionsbe-
handlung ist das verständnisvolle, stützende ärztliche Gesprächh (z. B. Interpersonelle Psychotherapie, supportive Psychotherapie) mit Erstellung eines Gesamtbehandlungsplanes. Der Schwerpunkt der Therapiemaßnahmen orientiert sich zum einen am klinischen Bild, zum anderen an der anzunehmenden Entstehung der Erkrankung. Je nach ätiologischem Schwerpunkt der Störung stehen entweder die (alleinige) Therapie mit Antidepressiva oder die Psychotherapie oder andere Therapieformen im Vordergrund. Eine Übersicht zur Depressionsbehandlung gibt Abb. 15.6-4 wieder. Die Behandlungsstrategie gliedert sich in 3 Phasen: 1. Akutbehandlung, 2. Erhaltungstherapie (6–18 Monate) und 3. Rezidivprophylaxe (Rückfallverhütung; jahre- bis lebenslang). Im Hinblick auf die Akutbehandlung steht die Frage im Vordergrund, ob eine ambulante oder stationäre Behandlung erfolgen kann oder muss. In Abb. 15.6-5 ist eine Synopsis der ambulanten Diagnostik und Therapie der Depression dargestellt. Von zentraler Bedeutung ist die Abschätzung der Suizidalitätt (vgl. Kap. 15.12). Durch körperlich-neurologische Untersuchung und Diagnostik sowie gezielte Anamnese müssen mögliche organische Ursachen sowie depressiogene Faktoren wie Pharmaka, Drogen, Alkoholabusus eruiert werden.
Depressionstherapie
1335
15
Taabelle 15.6-1. Antidepressiva – Übersicht Antidepressiva Nichtsedierend (akttivvierend) Trrizyyklische Antideppressiva Nortriptyllin (Nortrilin) Clomipramin (Anafrranil u.a.) Imipramin (To ofrranil u.a.) MA AO-Heemmer Trranyyllcypromin ( Jatrosom) Moclobemid (Au urorix u.a.) Selektive Antideppressiva SSR I – Citalopram (Cipramil u.a.) – Escitalopram (Cipralex) – Fluoxetin (Fluctin u.a.) – Fluvoxamin (Fevarin u.a.) – Paroxetin (Seroxat u.a.) – Sertralin (Gladem, Zoloftt) SNRI/NA ARI – Veenlafaaxin (Trrevilor) – Reboxetin (Edronax)
Tagesdosis [mg]
75–300 50–225 75–225 20–60 300–900
20–60 10 –30 20–60 50–300 20–50 50–200 75–375 4–10
Sedierend (dämpfeend) Trri-/tteetraazyyklische Antideppressiva Maprotilin (Ludiomil u.a.) Amitriptyllin (Saroten u.a.) Amitriptyllinoxid (Equilibrin u.a.) Doxepin (Aponal u.a.) Trrimipramin (Stangyll u.a.)
50–225 50–225 60–300 50–300 50–300
Selektive Antideppressiva Mirtazapin (Remergi l u.a.)
15–45
Phyytoooppharmakon Johanniskraut-Extrakt ( Jarsin u.a.)
Sodann erfolgt eine Abschätzung des Schweregrades der Depression. Leichtgradig depressive Episoden und Verstimmungszustände können durch verständnisvoll-geduldige Zuwendung (supportive Psychotherapie) aufgefangen werden. Ausgeprägte Depressionen machen spezifische Therapiemaßnahmen erforderlich.
Psychologisches Therapieverfahren – kognitive Verhaltenstherapie – interpersonelle Psychotherapie – psychodynamisch- tiefenpsychologische Therapie – Partner-/Familientherapie – Psychosoziale Interventionen (Angehörige, Hilfen) Biologisches Therapieverfahren – Pharmakotherapie (Antidepressiva) – Schlafentzugsbehandlung – Lichttherapie – Elektrokonvulsionstherapie
Psychotherapeutisches Basisverhalten stützendes ärztliches Gespräch
Abb. 15.6-4. Übersicht Behandlung der Depressionen
Biologische Behandlungsverfahren Im Zentrum der biologischen Behandlungsverfahren (unter Praxisbedingungen sämtlicher Therapieverfahren) steht heute die Behandlung mit Antidepressiva. Die Einteilung der 26 verschiedenen, derzeit in Deutschland im Handel befindlichen Antidepressiva kann vor allem nach chemischer Strukturzugehörigkeit, neurobiochemischer und pharmakologischer (Haupt-)Wirkung sowie nach klinischpraktischen Gesichtspunkten erfolgen (vgl. Tabelle 15.6-1). Im Gegensatz zu früheren Lehrmeinungen kann jedes depressive Syndrom mit Antidepressiva erfolgreich behandelt werden, auch „psychogene“ Depressionen. Gut belegt ist inzwischen die Abhängigkeit der Response-Rate auf Antidepressiva vom Schweregrad der depressiven Störung.
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15 Psychiatrische Erkrankungen bb A Abb. bb. 15.6-5. 15.6 5.. Synopsis zu Diagnostik und Therapie der Depression. (Aus: Empfehlungen zur Therapie der Depression 2005)
Verdacht auf Depression
Gespräch – dem Patienten das Wort lassen, zuhören – ergänzendes Abfragen einzelner Symptome, biografische Details – ergänzende Fremdanamnese mit Einwilligung des Patienten – Familienanamnese (familiäre Belastung) – Fragen zur Differentialdiagnose (Schizophrenie, Demenz, internistische und neurologische Erkrankungen) !Wichtig: – Beginn und Charakter des führenden Symptoms, das zu Arztkontakt führte – Fragen zur Suizidalität (Pläne, vorangegangene Suizidversuche)
Körperliche Untersuchung (mit orientierendem neurologischen Status) Verdacht auf internistisches oder neurologisches Grundleiden (insbesondere bei Ersterkrankungen) weitere Diagnostik und entsprechende Behandlung
kein somatisches Grundleiden
bei besonderem Grundleiden oder Schweregrad Überweisung Indikationserstellung zur antidepressiven (Pharmako-) Therapie unter Berücksichtigung besonderer Eigenschaften der Antidepressiva, von Laboruntersuchungen und eventueller Kontraindikation
non-response keine Besserung nach 10–14 Tagen
Dosissteigerung, möglichst unter Kontrolle des Plasmaspiegels
weitere non-response
Wechsel auf ein Antidepressivum aus andere Wirkstoffgruppe bzw. Hinzugabe von Lithiumsalzen (Augmentation) Überweisung erwägen Therapieerfolg Remissionsstabilisierende Behandlung für 1/2 Jahr bis 1 1/2 Jahr Bei rezidivierender Depression: Rezidivprophylaxe für 5 Jahre
In Anbetracht der relativ hohen Non-compliance-Rate muss der Patient von der Notwendigkeit einer „Behandlung mit Chemie“ überzeugt werden. Gerade in Deutschland bestehen gegenüber Psychopharmaka ausgeprägte Ressentiments und Vorurteile, verbunden mit einem erschreckend niedrigen Wissensstand. Die Akzeptanz einer medikamentösen
Behandlung kann bei nicht wenigen Patienten deshalb eine zeitaufwendige Überzeugungsarbeit erfordern, bei manchen Patienten ist ein Nachgeben hinsichtlich ihrer Präferenz für pflanzliche Medikation (initial) nicht zu vermeiden. Von großer Bedeutung sind eventuell vorliegende somatische Risikofaktoren wie Prostatahyperplasie, Hypertonie, koronare
15.6 Affektive Störungen
Herzkrankheit, Glaukom; Anfälligkeiten und Empfindlichkeiten des Patienten müssen mit dem Nebenwirkungsprofil des in Frage kommenden Antidepressivums in Einklang gebracht werden. Als wichtiges Auswahlkriterium sollte das aktuelle klinischpsychopathologische Bild gelten: Bei deutlichen Schlafstörungen oder psychomotorischer Agitiertheit sollten sedierende Antidepressiva präferiert werden, bei Vorliegen einer Zwangssymptomatik serotonerge. Grundsätzlich sollte initial nur die kleinste Packungsgröße rezeptiert werden (Suizidrisiko!), im Sinne einer Psychoedukation müssen Patient und Angehörige über die Erkrankung und die Behandlungsmöglichkeiten informiert und aufgeklärt werden. Vor allem muss auf mögliche unerwünschte Arzneimittelwirkungen und den verzögerten Wirkeintritt hingewiesen werden, um eine (leider nicht seltene) Non-Compliance des Patienten zu verhindern. Die so genannte Wirklatenz bezieht sich auf die antidepressive Wirkung im engeren Sinne, d. h. die Besserung der depressiven Kernsymptomatik. Alle bislang bekannten Antidepressiva weisen diesen Nachteil auf. Kontrollierte Untersuchungen der letzten Jahre belegen die Wirksamkeit von Hypericum-perforatum-Extrakten bei leicht- bis mittelgradigen depressiven Störungen. Allerdings muss einschränkend darauf hingewiesen werden, dass weder der genaue Wirkmechanismus noch der eigentlich pharmakologisch wirksame Extraktanteil bekannt ist, bei vielen Präparaten eine nicht ausreichende Dosis (mindestens 900 mg Hypericin!) empfohlen wird, die Zulassung nicht nach den gleichen strengen Regeln wie bei synthetischen Psychopharmaka erfolgt ist, bei kontrollierten Vergleichsstudien mit letzteren meist nicht adäquate Vergleichsdosen angewandt wurden und – in Anbetracht der relativ hohen Plazebo-Responserate bei leichtgradigen Depressionen – plazebokontrollierte Vergleichsstudien bislang nicht in ausreichendem Maße – Studien zur Erhaltungstherapie und Rezidivprophylaxe überhaupt nicht – vorliegen.
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15
Begleitwirkungen können bei Älteren und Risikopatienten unter Umständen schwerwiegende Folgen haben. Trizyklische Antidepressiva sind kontraindiziert bei Engwinkelglaukom, Myokardinfarkt bzw. bei schwerer koronarer Herzkrankheit, Alkohol- und/oder Psychopharmakaintoxikation. Trizyklika weisen als Standardantidepressiva im Vergleich zu neueren Substanzen ein deutlich größeres Sicherheitsrisiko auf. In Anbetracht ihrer multiplen Neurotransmissions- und Rezeptoreffekte („dirty drugs“) ergeben sich die folgenden klinischen Risiken: anticholinerges Delir, epileptische Reizleitungsstörungen am Herzen, orthostatischer Kollaps mit Sturz/Oberschenkelhalsfraktur, Anfälle, Harnverhalten, Ileus. Diese Risiken sind insbesondere bei multimorbiden Alterspatienten zu beachten. Serotonin-selektive Antidepressiva In vielen Ländern
haben sich inzwischen serotoninselektive Antidepressiva als Standard-antidepressiva etabliert. In Deutschland sind zurzeit 5 serotonin-selektive Rückaufnahmehemmer (SSRI) verfügbar (Fluoxetin, Paroxetin, Citalopram/Escitalopram, Sertralin und Fluvoxa-min). Die einfache Verordnung (1 Tablette/Tag) impliziert, dass die in der ambulanten Praxis nicht seltene Unterdosierung von Antidepressiva bei diesen Substanzen wegfällt. SSRI zeichnen sich durch eine im Vergleich zu den Trizyklika global bessere Verträglichkeit aus. Während bei Letzteren vegetativ-anticholinerge Nebenwirkungen im Vordergrund stehen, sind dies bei SSRI gastrointestinale Nebenwirkungen wie z. B. Übelkeit, sexuelle Dysfunktion und Unruhe. Letztere kann initial eine entsprechende Zusatzmedikation (z. B. Benzodiazepine) erforderlich machen, vor allem bei längerfristiger Anwendung dürfte die fehlende Beeinträchtigung von Vigilanz, Konzentration/Gedächtnis und psychomotorischer Funktionen vorteilhaft sein. Hinsichtlich der Pharmakoökonomie besteht eine kontroverse Datenlage: Während einige Studien zu dem Ergebnis Trizyklische Antidepressiva Trizyklische Antidepressiva wie kamen, dass SSRI trotz ihrer deutlich höheren MedikationsAmitriptylin, Clomipramin, Doxepin oder Nortriptylin haben sich kosten vor allem infolge höherer Compliance bzw. niedrigerer bei der Behandlung von Depressionen seit vielen Jahren bewährt Drop-out-Raten letztlich nicht teurer in der Verordnung als und erwiesen sich bei ca. 70% der Patienten in kontrollierten Stu- Tri-zyklikagenerika sind, konnten andere Untersuchungen dien als wirksam. Die Dosierung erfolgt in der Regel einschlei- dies nicht bestätigen. Zu den neuen Antidepressiva zählen außerdem noradrechend (initial 50–75 mg/Tag), bei schwereren depressiven Episoden sind auch ambulant nicht selten Tagesdosen von nalin- und serotonin-selektive Antidepressiva (SNRI) so150 mg erforderlich. Im ambulanten Bereich werden Trizyklika wie ein noradrenalinselektives Antidepressivum. Zu den aus Gründen der besseren Verträglichkeit häufig (sehr) niedrig erstgenannten gehören Venlafaxin und Mirtazapin, zu Letztedosiert, obwohl für diese niedrigen Dosen kein empirischer rem Reboxetin. In der Behandlung von Involutions- und AltersWirkungsnachweis vorliegt. Bei unzureichendem Therapieerfolg sollte deshalb unbedingt – bevorzugt unter Plasmaspiegel- depressionen haben sich Substanzen ohne anticholinerge Wirkungen wie Mianserin und Mirtazapin sowie – bei nichtkontrolle – die volle Dosisbreite ausgeschöpft werden. Zu den Nachteilen dieser Substanzen zählen insbesondere agitierten Bildern – SSRI (z. B. Sertralin, Citalopram) beanticholinerge Nebenwirkungenn (Mundtrockenheit, Obstipati- währt. Von den älteren, trizyklischen Antidepressiva sollte auf on, Akkommodations- und Miktionsstörungen) sowie die Blut- Grund seiner vergleichsweise guten Herz-Kreislauf-Verträgdrucksenkungg (orthostatische Hypotonie). Diese unerwünschten lichkeit Nortriptylin bevorzugt werden.
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15 Psychiatrische Erkrankungen
Schlafentzugsbehandlung Systematische Untersuchungen er- der depressiv verzerrten Wahrnehmungen und Einstellungen ungaben, dass sowohl totaler Schlafentzug als auch so genannter ter Zuhilfenahme protokollierter Selbstbeobachtung im Vorderpartieller Schlafentzug in der zweiten Nachthälfte ab 1:30 Uhr grund. Die so erarbeiteten Kognitionen werden auf logische Fehler sich positiv auf die Stimmung auswirken können. Erwartungs- (zum Beispiel selektive Abstraktion, dichotomes Denken, gemäß sprechen Patienten mit ausgeprägtem Morgentief signi- Personalisierung) untersucht und mit Hilfe von Beispielen aus fikant besser auf Schlafentzug an als Patienten ohne deutliche dem Leben des Patienten einer Realitätstestung unterzogen. Es Tagesschwankungen der Stimmungslage. Schlafentzug stellt entsteht so eine neue Sichtweise von Situationen und Problederzeit die einzige Therapiemöglichkeit dar, die bei depressiven men. In Einzel- oder Gruppensitzungen werden vor allem vier Patienten innerhalb weniger Stunden eine signifikante Verbesserung von Stimmung, Antrieb und Denken bewirken kann. Pro- Behandlungsschwerpunkte verfolgt: blematisch ist allerdings die kurze Wirkdauer: Die meisten 1. Überwindung der Inaktivität bzw. der einseitigen, belastenden Aktivität; Patienten berichten über einen positiven Effekt am ersten Tag nach Schlafentzug, der aber nur einige Tage anhält. Üblicher- 2. Verbesserung des Interaktions- und Sozialverhaltens; weise wird bei der stationären Depressionsbehandlung die medi- 3. Erkennen und Korrigieren dysfunktionaler Einstellungen und Überzeugungen sowie kamentöse Therapie mit Schlafentzug kombiniert. 4. Aufbau eines Bewältigungs- und Problemlöserepertoires. Elektrokonvulsionstherapie Die Elektrokonvulsions-/Elektrokrampftherapie (EKT) – z. T. auch als neuroelektrische Thera- Die Bedeutung der Kombination von Pharmako- mit Psychopie bezeichnet – findet in Deutschland im Vergleich zu anderen therapie lässt sich basierend auf den bislang vorliegenden konLändern sehr selten, als Ultima Ratio bei schweren, stuporösen trollierten Studien hinsichtlich möglicher additiver oder potenzierender Effekte noch nicht klar abschätzen. Als belegt können oder therapieresistenten Depressionen Anwendung. allerdings eine höhere Compliance, eine höhere Akzeptanz der Psychotherapie Verschiedene kontrollierte Studien konnten in Behandlung sowie eine Verbesserung der sozialen Anpassung den letzten Jahren zeigen, dass depressive Störungen mittels spe- der Patienten gelten. Zu den weiteren therapeutischen Maßnahmen zählen die zifischen psychologischen Therapien effektiv behandelt werden temporäre Entpflichtung des Patienten (Krankschreibung, Verkönnen. Zu den empirisch überprüften und speziell für die Depres- mittlung von Haushaltshilfen etc.) sowie die Einbeziehung von sionsbehandlung entwickelten Psychotherapieverfahren gehö- Angehörigen und Umfeld (Aufklärung, Entlastung von Schuldgefühlen, Etablierung von Compliance). ren Die Erhaltungstherapie beginnt nach Remission der Sym (kognitive) Verhaltenstherapie, ptomatik im Sinne einer Stabilisierungsphase. Diese ist durch interpersonelle Psychotherapie (IPT) sowie paar- und familientherapeutische Ansätze einschließlich eine erhöhte psychobiologische Vulnerabilität definiert und umfasst einen Zeitraum von ca. 6–18 Monaten. Angesichts der Angehörigenarbeit. oben dargestellten hohen Rezidivwahrscheinlichkeit von DeIm Zentrum der tiefenpsychologischen Psychotherapie Depressi- pressionen überrascht es nicht, dass 30–50% der Patienten ver steht initial die Suche nach dem grundlegenden Konflikt innerhalb von vier Monaten nach Absetzen einer erfolgreichen (Abhängigkeit des Depressiven von einer dominanten Bezugs- Antidepressivamedikation ein Rezidiv erleiden. Nach mehr als person). Neben einer Analyse der Beziehungsstrukturen des Pa- drei depressiven Episoden/Phasen bzw. mehr als zwei depressiven Episoden mit kurzem Intervall ist eine rezidivprophylaktienten bedarf es der Aufarbeitung möglicher Auslöser. Die behaviorale Depressionstherapie/Verhaltensthera- tische Therapie indiziert. Zahlreiche plazebokontrollierte Langzeitstudien ergaben pie (VT) basiert auf der Verstärker-Verlust-Theorie; der Verstärkermangel führt zu reduziertem aktiven Verhalten und eine Wirksamkeit sowohl von Antidepressiva als auch von Lischließlich zu den typischen emotionalen, kognitiven und vege- thium. Zur Vermeidung von Entzugssyndromen sind Antideprestativen Depressionssymptomen. Ein Circulus vitiosus entsteht siva sehr langsam (ausschleichend) abzusetzen. durch soziale Verstärkung des depressiven Verhaltens durch vermehrte Zuwendung von Familienangehörigen, Freunden, Prognose Arbeitskollegen und Therapeuten. Insgesamt ist zu konstatieren, dass Verlaufsuntersuchungen der Der Therapeut nimmt eine aktive, ermunternd-anleitende letzten Jahre darauf hinweisen, dass die Prognose depressiver Rolle ein, zur Unterstützung dienen Arbeitsmaterialien (Ma- Erkrankungen weniger günstig ist als lange Zeit angenommen. nuals). Ziel der kognitiven Therapie ist die Korrektur dysfunk- Sie sind gravierende Erkrankungen mit einer hohen Rezidivrate tionaler Gedankenprozesse im Rahmen der negativen kog- (höchstes Rezidivrisiko in den ersten zwei Jahren), etwa 15% nitiven Triade (negative Sichtweise bezüglich des Selbst, der nehmen einen chronischen Verlauf, 10–20% der Patienten sterUmwelt und der Zukunft). Initial steht eine sorgfältige Analyse ben durch Suizid.
15.6 Affektive Störungen
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In den letzten Jahren kommt häufiger Carbamazepinn nach relativ rascher Aufdosierung in Dosisbereichen zwischen 800 Charakteristika dieser Störung sind Episoden inadäquat gehobe- und 2000 mg/Tag zum Einsatz. Die antimanische Wirkung von ner Stimmung, von Antriebssteigerung, beschleunigtem Denken Lithium setzt – eine entsprechende Patienten-Compliance vor(Ideenflucht) und Selbstüberschätzung. Nach ICD-10 werden ausgesetzt – erst nach Tagen in Plasmakonzentrationsbereichen drei Schweregrade unterschieden, nämlich die Hypomanie, die zwischen 0,8 und 1,2 mmol/l ein. Es sollte darauf geachtet werden, dass der Patient trotz der Manie ohne sowie die Manie mit psychotischen Symptomen. erforderlichen Restriktionen genügend Freiraum hat, um seinen Aktivitätsdrang zu stillen und sich psychomotorisch abzureaÄtiologie und Pathogenese Neurobiochemische Untersuchungen sprechen für Störungen gieren. Neben milieutherapeutischen sollten hier insbesondere des Serotonin-, Katecholamin- und GABA-Stoffwechsels. Für die soziotherapeutische Maßnahmen zum Tragen kommen. Im Rahmen der Behandlung von manisch Kranken kommt Katecholamine Noradrenalin und Dopamin wurde ein erhöhter „turn over“ postuliert, Induktionen von Manien durch Dopa- erfahrungsgemäß der Information und Psychotherapie der Anminagonisten, L-Dopa und Amphetamine unterstützen diese gehörigen große Bedeutung zu. Ihnen muss vermittelt werden, dass die oft hautnah miterlebten und erlittenen VerhaltensAnnahme. exzesse des Angehörigen nicht moralischem Versagen, sondern einer krankhaften Störung von Gehirnfunktionen zuzuschreiKlinik und Diagnostik Die Diagnosekriterien einer Manie nach ICD-10 sind in der fol- ben sind. Häufig sind Konsultationen mit einem Juristen hinsichtlich forensischer Tatbestände erforderlich. genden Übersicht zusammengefasst. 15.6.3 Manische Episode
Prognose Diagnosekriterien Manie nach ICD-10 • Symptomatologie – Situationsinadäquate, anhaltende gehobene Stimmung (sorglos-heiter bis erregt) – Selbstüberschätzung – Vermindertes Schlafbedürfnis – Gesprächigkeit/Rededrang – Störungen der Aufmerksamkeit und Konzentration, Ablenkbarkeit, Hyperaktivität • Schweregrad Mittelgradig: Manie ohne psychotische Symptome Zusätzlich: berufliche/soziale Funktionsfähigkeit unterbrochen Schwer: Manie mit psychotischen Symptomen Zusätzlich: Wahn Mindestdauer: 1 Woche
Binnen zwei Jahren besteht eine 50%ige Rezidivwahrscheinlichkeit bei Patienten ohne Rezidivprophylaxe (Lithium). 15.6.4 Bipolare affektive Störung
Bipolare Erkrankungen sind durch einen Wechsel zwischen depressiven und (hypo-)manischen Episoden gekennzeichnet (manisch-depressive Erkrankung alter Terminologie). Ätiologie und Pathogenese
Zwillings- und Adoptionsstudien belegen die Bedeutung genetischer Faktoren. Neurobiochemische Untersuchungen liegen nur in beschränktem Maße vor, gleichwohl lassen sich Auffälligkeiten im Sinne der Aminhypothesen ausmachen: Erhöhung von Therapie Die Akutbehandlung der Manie gestaltet sich auf Grund des in Noradrenalin und Dopamin in der Manie, Erniedrigung in der der Regel fehlenden Krankheitsgefühls häufig ausgesprochen Depression, Acetylcholinmangel in der Manie, Überschuss in der schwierig. Bei ausgeprägter Symptomatik ist eine stationäre Depression sowie zyklothyme Stimmungsschwankungen durch Behandlung erforderlich, wegen fehlender Krankheitseinsicht Serotoninverarmung. Bei bipolar affektiven Störungen vom Rapid-cycling-Verkann hierzu auch eine richterliche Einweisung notwendig werden. Als allgemeine Maßnahmen empfiehlt es sich, den Pa- laufstyp wurde bei etwa der Hälfte der untersuchten Patienten tienten von stimulierenden Außenreizen abzuschirmen, ihn ein hypothyreoter Funktionszustand erhoben. ernst zu nehmen und nicht auf seine floride Symptomatik einzugehen. Klinik und Diagnostik Die medikamentöse Therapie kann entweder mittels Neuro- Die Diagnosekriterien nach ICD-10 entsprechen denen der deleptika, Carbamazepin oder Lithium erfolgen (für Valproat steht pressiven bzw. manischen Episode, zusätzlich muss das Kriterieine diesbezügliche Zulassung in Deutschland aus). um einer analogen depressiven oder (hypo-)manischen Episode Neuroleptikaa (z. B. 1–2 Ampullen Haloperidol i.v. oder in der Anamnese erfüllt sein. Olanzapin i.m.) besitzen die Vorteile einer rasch einsetzenden Wirkung sowie parenteraler Applizierbarkeit, atypische Neuro- Therapie leptika wie Olanzapin, Risperidon oder Quetiapin weisen Ver- Die Akutbehandlung entspricht je nach Vorliegen einer manischen träglichkeitsvorteile (kaum extrapyramidal-motorische Neben- oder depressiven Episode dem oben Dargelegten. In Anbetracht des wirkungen) auf. rezidivierenden Verlaufes dieser Erkrankung kommt der Durch-
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15 Psychiatrische Erkrankungen
führung einer medikamentösen Rezidivprophylaxe entscheidende Bedeutung zu. In der Regel ist nach zwei Phasen der Beginn einer Rezidivprophylaxe indiziert, hierbei gilt Lithium nach wie vor als Mittel der ersten Wahl. Ein 12 h nach der letzten Tabletteneinnahme gemessener Lithiumspiegel von 0,5–0,8 mmol/l ist zur Rezidivprophylaxe ausreichend. Die vor Beginn einer Lithiumprophylaxe notwendigen Voruntersuchungen sowie die während der Therapie als Kontrollen durchzuführenden Untersuchungen sind in folgender Übersicht zusammengefasst. Untersuchungen bei Lithiumtherapie Vor der Therapie: • Psychiatrische und somatische Anamnese, internistisch-neurologische Untersuchung, Medikamentenanamnese • Labor: – Kreatinin im Serum – Urinstatus – T3, T4, TSH – Elektrolyte: Natrium, Kalium, Kalzium im Serum – Blutbild – Blutglukose – EKG – EEG Während der Therapie: • Fragen nach Nebenwirkungen (Tremor, Polyurie, Polidipsie, Gewichtszunahme), Halsumfang messen (Struma?) • Labor: – Lithiumserumspiegelkontrollen: jeweils 12±1 h nach der letzten Einnahme, bei Einstellung wöchentlich, später im Abstand von 3 Monaten – Kreatinin im Serum: Kontrollen im Abstand von 6–12 Monaten – T3, T4, TSH: jährliche Kontrolle – Blutbild: jährliche Kontrolle – EKG: jährliche Kontrolle – EEG: gelegentliche Kontrollen Fakultative Untersuchungen: • TRH-Test • Prüfung der glomerulären Filtrationsrate • Prüfung der renalen Konzentrationsleistung (Minirin-Test) Bei relevanten interkurrenten Erkrankungen oder Auftreten von gravierenden Nebenwirkungen werden häufigere Lithiumserumkontrollen sowie geeignete Zusatzuntersuchungen erforderlich. Weiterhin ist der mögliche Einfluss einer Begleitmedikation auf die Lithiumtherapie zu beachten
Für die klinische Praxis wichtig sind folgende unerwünschte Wirkungen: Entwicklung einer euthyreoten Struma (strumigene Wirkung von Lithium), Finger- und Händetremor, Durst; Gewichtszunahme (bei ca. 1/3 vorkommend, durchschnittlich 4–10 kg), Einbußen von kognitiven Funktionen/Vigilanz (dosisabhängig) und Entwicklung einer chronischen, unspezifischen interstitiellen Lithiumnephropathie.
ohne Polyurie einher und ist in der Regel ohne klinische Bedeutung. Verstärkte gastrointestinale Symptome (Diarrhöen) können Hinweis auf eine drohende Lithiumintoxikation sein. Lithium ist im ersten Trimenon kontraindiziert. Von den möglichen Arzneimittelinteraktionen mit Lithium ist vor allem die Kombination mit Thiaziddiuretika (verordnet wegen aufgetretenen Ödemen!) zu vermeiden. Lithium sollte 24–48 h vor operativen Eingriffen wegen möglicher Interaktionen mit Narkotika und Muskelrelaxanzien abgesetzt werden. Hinsichtlich der Beendigung einer Lithiumprophylaxe ist darauf zu achten, dass abruptes Absetzen akute, schwere Rezidive auslösen kann. Lithium sollte deshalb sehr langsam, am besten über Monate reduziert werden. Eine wichtige Alternative zur Lithiumprophylaxe bei Non-Respondern oder Unverträglichkeit stellt die Anwendung von Carbamazepin, in anderen Ländern auch Valproat dar. Bei „rapid cyclers“ (s. unten) scheint Carbamazepin Lithium überlegen zu sein. Jüngst wurde Lamotrigin zur Prävention depressiver Episoden bei bipolaren Störungen zugelassen, das atypische Neuroleptikum Olanzapin zur Phasenprophylaxe bei Ansprechen in der manischen Episode. Prognose
In einer Verlaufsuntersuchung an n = 64 Patienten wurde eine Rezidivrate von 75% innerhalb von 5 Jahren gefunden. Durchschnittlich treten 9 manische Episoden auf, bei 40% entwickelt sich eine chronische Erkrankung. 5–20% der Patienten mit bipolaren affektiven Störungen zeigen einen raschen Phasenwechsel, bei mehr als vier Episoden pro Jahr spricht man von „rapid cycling“. Eine Langzeitstudie an n = 406 Patienten der Züricher Universitätsklinik über 20 Jahre belegt die deutlich erhöhte Mortalität bipolarer Patienten infolge Suiziden, Unfällen und kardiovaskulären Erkrankungen. 15.6.5 Anhaltende affektive Störungen
Hierzu zählen die Dysthymia, eine chronische depressive Verstimmung, sowie die Zyklothymia, eine andauernde Instabilität der Stimmung, bei der zahlreiche Perioden leichtgradiger Depression und leicht gehobener Stimmung wechseln. Ätiologie und Pathogenese
In Familienuntersuchungen zeigte sich eine höhere familiäre Belastung mit affektiven Erkrankungen. Klinik und Diagnostik
In der folgenden Übersicht findet sich eine synoptische Darstellung der Diagnosekriterien nach ICD-10. Therapie
Letztere kommt bei ca. 25% der Behandelten vor, geht mit einer Einschränkung der renalen Konzentrationsleistung mit oder
Von psychodynamisch orientierten Psychotherapeuten wird basierend auf der Annahme einer gestörten Persönlichkeits- und
15.6 Affektive Störungen
Ich-Entwicklung ein einsichtsorientierter psychoanalytischer Therapieansatz bei Dysthymien bevorzugt. Die Kombination einer Pharmakotherapie (bevorzugt SSRI, MAO-Hemmer oder Amisulprid niedrig dosiert) mit kognitiver oder Verhaltenstherapie dürfte die effektivste Behandlung dieser Störung darstellen. Bei der Zyklothymia sprechen empirische Hinweise für eine stimmungsstabilisierende Wirkung von Lithium, einige Autoren empfehlen den Einsatz von MAO-Hemmern. Diagnosekriterien Dysthymia und Zyklothymia nach ICD-10 D yssth hy m iiaa: stth sthy mia A. Konstante oder konstant wiederkehrende Depression über einen Zeitraum von mindestens 2 Jahren. Dazwischenliegende Perioden normaler Stimmung dauern selten länger als einige Wochen, hypomanische Episoden kommen nicht vor B. Keine oder nur sehr wenige der einzelnen depressiven Episoden während eines solchen Zweijahreszeitraums sind so schwer oder dauern so lange an, dass sie die Kriterien für eine rezidivierende leichte depressive Störung (F33.0) erfüllen C. Wenigstens während einiger Perioden der Depression sollten mindestens 3 der folgenden Symptome vorliegen: 1. Verminderter Antrieb oder Aktivität 2. Schlaflosigkeit 3. Verlust des Selbstvertrauens 4. Konzentrationsschwierigkeiten 5. Neigung zum Weinen 6. Verlust des Interesses oder der Freude an Sexualität oder anderen angenehmen Aktivitäten 7. Gefühl von Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung 8. Erkennbares Unvermögen, mit den Routineanforderungen des täglichen Lebens fertig zu werden 9. Pessimismus im Hinblick auf die Zukunft oder Grübeln über die Vergangenheit 10. Sozialer Rückzug 11. Verminderte Gesprächigkeit Zy kkl lloth hy m iiaa: klothy kloth mia A. Stimmungsinstabilität mit mehreren Perioden von Depression und Hypomanie, mit oder ohne normale Stimmung im Intervall über mindestens 2 Jahre B. Während einer solchen Zweijahresperiode war keine depressive oder hypomanische Stimmungsschwankung so schwer oder so lang anhaltend, dass sie die Kriterien für eine manische, eine mittelgradige oder schwere depressive Episode erfüllte. Manische oder depressive Episoden können jedoch vor oder nach einer solchen Periode länger anhaltender Stimmungsinstabilität auftreten C. Wenigstens während einiger depressiver Episoden sollten mindestens 3 der folgenden Symptome vorhanden sein: 1. Verminderter Antrieb oder Aktivität 2. Schlaflosigkeit 3. Verlust des Selbstvertrauens oder Gefühl von Unzulänglichkeit 4. Konzentrationsschwierigkeiten 5. Sozialer Rückzug 6. Verlust des Interesses oder der Freude an Sexualität und anderen angenehmen Aktivitäten 7. Verminderte Gesprächigkeit 8. Pessimismus im Hinblick auf die Zukunft oder Grübeln über die Vergangenheit D. Wenigstens während einiger Perioden mit gehobener Stimmung sollten 3 der folgenden Symptome vorhanden sein: 1. Vermehrter Antrieb oder Aktivität 2. Herabgesetztes Schlafbedürfnis 3. Überhöhtes Selbstgefühl 4. Geschärftes oder ungewöhnlich kreatives Denken 5. Mehr Geselligkeit als sonst 6. Gesprächiger oder witziger als sonst 7. Gesteigertes Interesse und Sicheinlassen auf sexuelle oder andere angenehme Aktivitäten 8. Überoptimistisch oder Übertreibung früherer Erfolge
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Prognose
Der Verlauf einer Dysthymie ist chronisch. Dysthyme weisen ein beinahe 8fach erhöhtes Risiko auf, innerhalb eines Jahres eine majore Depression zu entwickeln. Sie beginnt oft schleichend im Kindes- oder Jugendalter; Langzeitverlaufsstudien fehlen aber bislang. Die Zyklothymia setzt meist zwischen dem 16. und 30. Lebensjahr ein. Exakte Daten zu Verlauf und Prognose der Störung liegen bislang nicht vor. Die relativ hohe Zahl von Patienten mit Zyklothymia, die innerhalb von weniger als zwei Jahren das Vollbild einer bipolaren Störung entwickeln, stellt die Eigenständigkeit der Diagnose Zyklothymia in Frage. Evvidenz der Therapieempfeehlungen Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke Depressivvvee Erkrankungen Antidepressiva I-a A Schlafeentzug II-a B EKT I-a A (kognitive) Veerhaltenstherapie I-a A interpersonelle Psychotherapie I-b B Paar-/Familientherapie III C Manie Neuroleptika I-b A Carbamazepin I-b B Lithium I-b A Bipolare affffeekttivvvee Störung Lithium I-a A Carbamazepin I-b A Vaalproat II-a B
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15 Psychiatrische Erkrankungen
15.7 Schizophrene und schizophreniforme Störungen
Geschlechtsverteilung, Alter und sozialer Status
Frauen und Männer sind gleich häufig betroffen. Die Erkrankung tritt bevorzugt zwischen dem 14. und 35. Lebensjahr auf, wobei Michael Riedel und Hans-Jürgen Möller etwa 70% bereits vor dem 30. Lebensjahr und 2% vor der Pubertät erkranken. Der Manifestationsgipfel liegt bei Frauen zwischen dem 25. und 30. Lebensjahr und bei Männern zwischen dem 15.7.1 Einleitung 20. und 25. Lebensjahr. In der Altersklasse zwischen 45 und Die Schizophrenie gehört zu den endogenen oder funktionellen 55 Jahren ist bei Frauen im Gegensatz zu Männern ein zweiter Psychosen. Das Störungsbild ist gekennzeichnet durch charak- „Erkrankungsgipfel“ zu finden. An der Spätschizophrenie, die teristische, symptomatische Querschnittsbilder mit Wahnphäno- nach dem 40. Lebensjahr auftritt, erkranken ungefähr 18% menen, Halluzinationen, Ich-Störungen, formalen Denkstörun- der Betroffenen. Wenn Patienten nach dem 60. Lebensjahr an gen, Störungen des Affektes und psychomotorischen Störungen. einer Schizophrenie erkranken, spricht man von der „AltersDer Verlauf der Erkrankung besteht einerseits aus einer episo- schizophrenie“. Die Tatsache, dass schizophren Erkrankte gehäuft in sozial disch auftretenden akuten Psychose, andererseits aus chronischen Störungsmustern mit persistierenden psychotischen und/ niedrigeren Schichten anzutreffen sind, beruht nicht darauf, dass oder negativen Symptomen. Nach der Erstmanifestation kommt sie in ungünstige soziale Bedingungen hineingeboren und es bei etwa 10–20% der Patienten zu einer Vollremission ohne dadurch krankgemacht wurden, sondern vielmehr darauf, dass weitere Episoden. Bei der Mehrzahl treten rezidivierende Erkran- die Erkrankung in ihrem Verlauf zu einer Beeinträchtigung des kungsepisoden auf, die sich häufig in der Ausbildung eines sozialen Aufstieges bzw. sogar zu einem sozialen Abstieg führen chronischen Residualsyndroms manifestieren. Die schizophre- kann. niforme Störung ist eine funktionelle Störung, die durch ein Symptomenbild imponiert, das der Schizophrenie entspricht, 15.7.3 Pathogenese jedoch das Kriterium einer bestimmten Mindesterkrankungsdauer nicht erfüllt. Auch bei organisch bedingten Erkrankungen Es handelt sich bei der Schizophrenie nicht um eine einheitliche kann es zum Auftreten einer schizophrenieartigen Symptomatik Erkrankung, sondern um eine Gruppe von Störungen, deren kommen. Deshalb muss vor jeder Diagnose einer Schizophrenie einzelne Formen voneinander abzugrenzen sind. Dies weist bzw. einer schizophreniformen Störung eine entsprechende Aus- schon auf die Heterogenität schizophrener Psychosen hin, die schlussdiagnostik durchgeführt werden (s. Übersicht). sich in unterschiedlicher Psychopathologie sowie unterschiedlichem Verlauf und Ausgang manifestiert. Daher ist auch weiter nicht verwunderlich, dass im Rahmen der Erforschung schizoDifferentialdiagnostische Abgrenzung phrener Psychosen eine Vielzahl von organischen, biologischen • Neurologische Störungen: alkoholtoxische Enzephalopathien, oder psychosozialen Hypothesen zur Ätiopathogenese entwickelt Epilepsien, entzündliche Prozesse (Herdenzephalitis, Lues cerebrospinalis, Neuroborreliose, HIV-Enzephalopathie), wurden, die sich im Rahmen eines multifaktoriellen ErklärSchädel-Hirn-Trauma, Hirntumoren, multiple Sklerose ungsmodells zusammenfügen lassen. • Autoimmunerkrankungen: systemischer Lupus erythematodes • Endokrine Störungen: Hypo- und Hyperthyreose, CushingSyndrom, M. Addison, Hypo- und Hyperglykämie • Stoffwechselstörungen: Porphyrien, hepatische Enzephalopathie, Phenylketonurie, Homozystinurie • Speicherkrankheiten: M. Niemann-Pick, M. Tay-Sachs, M. Wilson, M. Gaucher, Hämochromatose • Vitaminmangelerkrankungen: Vitamin-B12-Mangel (perniziöse Anämie) • Neurodegenerative Erkrankungen: dementielle Erkrankungen (M. Alzheimer, M. Pick), Friedreich-Ataxie, Chorea Huntington, M. Parkinson • Medikamente, Drogen: Methyldopa, Chloroquin, Barbiturate, Cannabis, Amphetamine, Halluzinogene, Heroin, Phencyclidin
15.7.2 Epidemiologie Häufigkeit
Biochemische Befunde Dopaminhypothese Heute wird nicht mehr von einer allge-
meinen Übererregbarkeit des dopaminergen Systems, sei es durch ein vermehrtes Angebot körpereigener halluzinogener Stoffe oder einen verminderten Abbau von Dopamin, sondern von einem mesolimbisch-mesokortikalen Ungleichgewicht ausgegangen. Einige Befunde sprechen dafür, dass die Ursache der Negativsymptomatik in einem dopaminergen Defizit im frontalen Kortex und die schizophrene Positivsymptomatik in einem dopaminergen Überschuss im mesolimbischen Bereich zu suchen sein könnte. Genetische Befunde
Die Schizophrenie besitzt eine Lebenszeitprävalenz von etwa Zahlreiche Familien-, Zwillings- und Adoptionsstudien haben 0,6–1% und eine jährliche Inzidenz von 0,05%. Es handelt sich gezeigt, dass das Risiko einer Schizophrenieerkrankung mit dem um eine transkulturelle Epidemiologie: Schizophrenie kommt Grad der Verwandtschaft zunimmt: in allen Rassen und Kulturen mit annähernd gleicher Häufig- Lebenszeitprävalenz Angehöriger 1. Grades: 2–16% keit vor. Konkordanzrate bei eineiigen Zwillingen: 45–75%
15.7 Schizophrene und schizophreniforme Störungen
Konkordanzrate bei zweieiigen Zwillingen: 4–15% (entspricht
dem Risiko von Geschwistern) Lebenszeitprävalenz von Kindern zweier erkrankter Eltern: 40–70%. Die höheren Konkordanzraten für Schizophrenie bei eineiigen Zwillingen belegen die Relevanz genetischer Faktoren. Adoptionsstudien weisen ebenfalls auf eine genetische Teildetermination hin. Ferner führten Adoptionsstudien zu dem Resultat, dass familiäre Umgebungsfaktoren von untergeordneter Relevanz sind. Unbelastete Kinder, die frühzeitig durch eine Familie mit schizophrenem Elternteil adoptiert wurden, zeigten kein erhöhtes Risiko, selbst an einer Schizophrenie zu erkranken, wohingegen früh adoptierte Kinder, die von an Schizophrenie erkrankten Eltern stammten, jedoch in einem unbelasteten Umfeld aufwuchsen, ihr erhöhtes Schizophrenierisiko beibehielten. Die Untersuchungen der letzten Jahre konnten allerdings die Art der Vererbung nicht aufklären. Würde es sich um einen größeren Gendefekt handeln, einen so genannten „major gene effect“ mit hoher Penetranz, so müsste die Konkordanz bei eineiigen Zwillingen sehr viel höher sein. Aus diesem Grund wird am ehesten eine Beteiligung einzelner Gene (im Sinne eines oligogenetischen Modells) angenommen, die eine geringe Penetranz aufweist, sich jedoch in ihren Effekten addiert und zusammen mit anderen Faktoren zur Schizophrenie prädisponiert. Hirnstrukturelle Veränderungen
Durch einen Einsatz der modernen bildgebenden Verfahren konnten bei schizophrenen Patienten im Vergleich zu gesunden Probanden hirnstrukturelle Abweichungen nachgewiesen werden.
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15
das elterliche Verhalten als pathogen beschreibenden Theorien muss kritisch hinterfragt werden, ob nicht Besonderheiten des elterlichen Verhaltens eine Reaktion auf die prämorbiden, krankheitsbedingten Auffälligkeiten des Kindes sind. Die früher populären Theorien der „schizophrenogenen Mutter“ und die „Double-bind-Hypothese“ werden heute in dieser Allgemeinheit als nicht haltbar angesehen. Das psychoanalytische Konzept der schizophrenogenen Mutter besagte, dass ihr abweisendes, bindungsunfähiges und nicht adäquat auf die Bedürfnisse des Kindes eingehendes Verhalten die spätere schizophrene Symptomatik bedingt. Die Double-bind-Hypothese gehörte wohl zu den populärsten Theorien. Sie nahm an, dass gestörte familiäre Beziehungen entscheidende Determinanten für die Entwicklung einer Schizophrenie seien. Die heute bevorzugten Erklärungsmodelle sind im Folgenden beschrieben. „High expressed emotion“ (HEE) Die neueren Theorien zu familiären Kommunikationsstörungen werten ein ausgeprägtes emotionales Familienklima, das durch eine sehr kritische bis hin zu einer feindseligen oder einer überfürsorglichen Einstellung gegenüber dem Patienten geprägt ist, nicht als ursächlichen Faktor für die Erkrankung des Patienten, jedoch als möglichen ungünstigen Einfluss auf den weiteren Krankheitsverlauf. Untersuchungen belegen, dass Patienten mit schizophrenen Störungen neun Monate nach ihrer stationären Entlassung in ein sehr emotionales Familienklima, um das 3- bis 4fache häufiger einen Rückfall erleiden, verglichen mit einem weniger emotionalen Klima.
Life-event-Forschung Die Life-event-Forschung geht der Frage nach, ob bestimmte Ereignisse im Leben eines Menschen das Auftreten von Krankheiten verursachen bzw. auslösen und bestimmend für deren Verlauf sind. Kontrovers diskutiert wird, Erweiterungen der inneren und äußeren Liquorräume Zwi- ob belastende Ereignisse für die Auslösung einer schizophrenen schen der Erweiterung der inneren Liquorräume (Ventrikel- Störung genügen („formativer Effekt“) oder eine zusätzliche erweiterung) und der prämorbiden sozialen Anpassung ließ sich biologische Prädisposition notwendig ist („Triggering-Hypoein Zusammenhang bei schizophrenen Patienten berechnen, these“). Grundsätzlich erfolgt der Ausbruch einer Schizophrenie der auf einen ungünstigen Verlauf hinweist. Je ausgeprägter die auf unspezifische, objektiv wenig traumatische StresssituatioVentrikelerweiterung, desto ungünstiger der Langzeitverlauf der nen, die aber für den Betroffenen auf Grund ihrer kumulativen Anhäufung oder der subjektiven Gewichtung eine erhebliche Erkrankung. Belastung darstellen. Limbisches System Es fanden sich Befunde wie eine Volumenreduktion, eine verminderte Zellenzahl, Konfigurationsanoma- Vulnerabilitäts-Stress-Modell Belastungen bzw. Stressoren lien oder zytoarchitektonische Veränderungen. Außerhalb des kommt in diesem Modell eine vorrangig auslösende Funktion limbischen Systems wurden Veränderungen in Thalamus, Cor- zu. Stark emotionale Beziehungen zu wichtigen Personen in pus callosum, Pallidum sowie im Locus coeruleus und der einem kritischen oder emotional überinvolvierten FamilienSubstantia nigra beschrieben. klima, eine überstimulierende soziale Umwelt sowie kritische Lebensereignisse können solche Belastungen sein, wobei die in der Person verankerte Disposition als relativ stabiles, den ZeitPsychosoziale Faktoren Zu den psychosozialen Faktoren zählen Konzepte, die sich auf ablauf überdauerndes Merkmal („trait“) von den Episoden schilängerfristige Belastungen wie den elterlichen Kommunikationsstil zophrener Erkrankung als instabilen, wechselnden Zuständen beziehen, sowie solche zu kritischen Lebensereignissen. Bei allen („states“) abgegrenzt wird.
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15 Psychiatrische Erkrankungen
15.7.4 Symptomatologie
däre Negativsymptomatik als Folge der Pharmakotherapie. Darüber hinaus kann auch eine kognitive und soziale Unterstimulation zu Negativsymptomatik führen. Dem stehen die Positivsymptome gegenüber mit Halluzinationen und Wahnvorstellungen, formalen Denkstörungen im Sinne von zerfahrenem Denken, Blockaden oder Sperrungen, gespannte Erregtheit, Misstrauen bis zum Verfolgungswahn und Störungen der IchIdentität. Diese Differenzierung wird jedoch hinsichtlich Art und Zahl der einzelnen Symptome in den verschiedenen Konzepten und standardisierten Beurteilungsskalen unterschiedlich gewertet.
Die die modernen Diagnoseglossare bestimmenden Schizophreniekonzepte stammen im Wesentlichen von E. Kraepelin, E. Bleuler, K. Leonhard und K. Schneider. Von Bleuler wurde 1908 zum ersten Mal die Bezeichnung „Schizophrenie“ für die „Dementia praecox“ von Kraepelin vorgeschlagen. Kurt Schneider entwickelte unter den klassischen Autoren eine am eindeutigsten definierbare diagnostische Bestimmung der Schizophrenie. In Anlehnung an Kraepelin klassifizierte er die Symptomatik nach der Gewichtigkeit für die Diagnose in Symptome ersten und zweiten Ranges. In den 60er und 70er Jahren gewann diese Klassifizierung immer mehr an Formale Denkstörungen Bedeutung und verdrängte dadurch Bleulers Grundsymptome Bei formalen Denkstörungen handelt es sich um Störungen des (Tabelle 15.7-1). Denk- und Sprachablaufes. Das bedeutet, die klare, auf eine Zielvorstellung ausgerichtete Gedankenfolge wird aufgelockert (Störung des intentionalen Bogens), die Begriffsverwendung Positive und negative Symptome Eine Differenzierung der bei Psychosen aus dem schizophrenen wird ungenauer, unpräziser (Vagheit des Denkens). Wegen dieFormenkreis auftretenden Symptomatik in positive (produktive) ser Störungen erscheint der Informationsgehalt des Gesprocheund negative Symptome gewann in den letzten Jahren zu- nen als sehr gering (Faseligkeit). nehmend an Bedeutung. Unter Negativsymptomen werden vor Verlangsamtes Denken: Gedankengang ist mühsam, schlepallem Antriebsverarmung, Kontaktmangel, Apathie, sozialer pend und zäh. Rückzug, vermindertes abstraktes Denkvermögen, mangelnde Gehemmtes Denken (Einengung des Denkens): GedankenSpontaneität und Gesprächsfähigkeit sowie Stereotypien im gang ist unregelmäßig, gebremst, schleppend, wird vom Denken und Handeln verstanden. Von den primären schizophrePatienten wahrgenommen und als unangenehm empfunnen Negativsymptomen sind differentialdiagnostisch sekundäre den. Eingeengtes Denken: Verhaften an einem oder wenigen Negativsymptome abzugrenzen. Zum Beispiel kann es als KonThemen, auf wenige Denkinhalte fixiert (inhaltliche Persesequenz wahnhafter Symptomatik zu sozialem Rückzug und veration). stuporösen Zustandsbildern kommen, die symptomatisch stark Grübeln: unablässiges Beschäftigtsein mit meist unangeNegativsymptomen ähneln, jedoch Folge der produktiv-psychonehmen (wenigen) Themen. tischen Symptomatik sind. Umständlichkeit, Weitschweifigkeit: Wesentliches kann Als Folge stärkerer Sedierung im Rahmen einer pharmanicht von Nebensächlichem getrennt werden. Patient verkologischen Behandlung kann es zu Affekteinschränkung oder liert sich in unwichtigen Einzelheiten. Antriebsverlust kommen, aber auch ein Neuroleptika-induzier- Gedankenabreißen, Gedankensperrungen: Gedankengang tes Parkinsonoid, z. B. verbunden mit Rigor und Akinese, weist bricht ohne erkennbaren Grund ab, der „rote Faden“ des phänomenologische Ähnlichkeiten mit der schizophrenen NeGespräches geht verloren. Evtl. führt der Patient das Gegativsymptomatik auf. Hierbei handelt es sich um eine sekunspräch mit einem neuen Thema fort.
Abnorme Erlebnisweise
Symptome 1. Ranges
Symptome 2. Ranges
Akustische Halluzinationen
Dialogische Stimmen Kommentierende Stimmen Gedankenlautwerden Leibliche Beeinflussungserlebnisse
Sonstige akustische Halluzinationen
Leibhalluzinationen Halluzinationen auf anderen Sinnesgebieten
–
Schizophrene Ich-Störungen
Gedankeneingebung Gedankenentzug Gedankenausbreitung Willensbeeinflussung Wahnwahrnehmung
Wahn
Zönästhesien im engeren Sinne Optische Halluzinationen Olfaktorische Halluzinationen Gustatorische Halluzinationen –
Einfache Eigenbeziehung Wahneinfall
T b e l llee 15.7-1. Tab aab abe 15.7 1.. Symptome 1. und 2. Ranges. (Nach Kurt Schneider)
15.7 Schizophrene und schizophreniforme Störungen
Perseveration: Haftenbleiben an Gedanken oder Worten,
die vorher gebraucht wurden, jetzt aber nicht mehr sinnvoll sind. Verbigeration: Haften bleiben an Gedanken oder Worten, die sinnlos wiederholt werden. Neologismen: Wortneubildungen. Ideenflucht, Gedankendrängen: Ständig wechselnde Denkziele, immer neue Einfälle im Gespräch, keine Zielvorstellung des Denkens. Zerfahrenes, verworrenes, inkohärentes Denken: Gedanken verlieren den Zusammenhang bis hin zur völlig willkürlich erscheinenden Verknüpfung von Worten (Wortsalat).
Wahn (inhaltliche Denkstörung)
Unter Wahn wird eine inhaltlich falsche, unkorrigierbare Überzeugung, die trotz vernünftiger Gegengründe aufrechterhalten wird, verstanden. Wahnstimmung – das Gefühl des Unheimlichen, Bedeutungsschwangeren – geht oft konkreten Wahngedanken voraus. Wahn (Beeinträchtigungs-, Verfolgungs-, Größen-, Vergiftungswahn u. a.). Wahneinfall: ohne Bezugnahme auf äußere Wahrnehmung. Wahnwahrnehmung: mit Bezugnahme auf äußere Wahrnehmung. Erklärungswahn: Deutung des Kranken von für ihn rätselhaften Halluzinationen. Halluzinationen
Wahrnehmungen ohne entsprechenden Sinnesreiz von außen sind Halluzinationen. Akustische Halluzinationen: Akoasmen: Geräusche wie Knallen, Zischen; Phoneme: Geräusche in Form von Worten, Sätzen (imperative, kommentierende, dialogisierende Stimmen). Optische Halluzinationen: Photome: Blitze, Lichter, Farben sind meist organisch bedingt; Gestalten, Figuren, Szenen. Geruch- und Geschmackhalluzinationen: eher selten bei schizophrenen Psychosen, oft bei Patienten mit wahnhaften Vergiftungs- oder Verfolgungsängsten. Körperhalluzinationen: Zönästhesien: Störung des Leibempfindens. „Als ob“ der Körper/ein Teil des Körpers versteinert, vertrocknet, leer ist u. a. oder sich verkleinert, wächst u. Ä. Leibhalluzinationen: Leibliche Beeinflussungserlebnisse haben den Charakter des von außen Gemachten (Strom fließt durch den Körper). Taktile Halluzinationen: Halluzinationen beziehen sich auf Hautempfindungen. Hierunter fällt auch der Dermatozoenwahn.
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Ich-Störungen Störungen der Meinhaftigkeit Die eigenen psychischen Vor-
gänge werden nicht als dem Ich zugehörig, sondern als von außen gemacht erlebt: Gedankenausbreitung/Gedankenlautwerden: Patient glaubt, andere könnten seine Gedanken lesen oder laut werden, sodass sie von anderen mitgehört werden. Eigene Gedanken breiten sich im Raum aus. Gedankeneingebung: Ich-fremde Gedanken werden als von außen gemacht erlebt, z. B. durch Telepathie. Gedankenentzug: Gedanken werden als entzogen empfunden. Störungen des Einheitserlebens Depersonalisation: Patient kommt sich fremd, verändert
oder unwirklich vor. Derealisation: Umgebung erscheint fremd, unwirklich, ver-
ändert – verändertes Zeitgefühl. Affektive Störungen Affektarmut: Mangel oder Verlust an emotionaler Schwin-
gungsfähigkeit („Gefühl der Gefühllosigkeit“). Parathymie/Paramimie: Gefühlsausdruck und Erlebnis-
inhalt stimmen nicht überein. Affektinkontinenz: mangelnde Affektsteuerung. Affekte
springen sehr schnell an, oft mit übermäßiger Stärke und können nicht beherrscht werden (Gefühlseinbrüche). Affektlabilität: Schneller Stimmungswechsel oder starke Ablenkbarkeit der Gefühle. Ambivalenz: Miteinander unvereinbare Gefühle, Wünsche, Absichten u. a. bestehen gleichzeitig. Antrieb und Psychomotorik Antriebsminderung: Mangel und Reduktion von Spontan-
antrieb. Antriebshemmung: Subjektiv empfundener Widerstand ge-
gen intendierte Bewegungen oder Denkvorgänge. Bei starker Ausprägung objektivierbare Hemmung, d. h. Verlangsamung von Bewegungs- und Sprechabläufen (psychomotorische Hemmung). Mutismus: Patient spricht nur wenige Worte oder überhaupt nicht, dabei häufig innerlich angespannt. Stupor: Patient ist mutistisch und bewegt sich nicht. Katalepsie: Körperhaltungen, auch passiv beigebracht, werden übermäßig lange beibehalten. Flexibilitas cerea: bei passivem Bewegen der kataleptisch festgestellten Gliedmaßen zäher Widerstand spürbar. Automatismen: Negativismus: Auf eine Aufforderung tut der Kranke automatisch das Gegenteil. Befehlsautomatie: automatenhaftes Ausführen von Anweisungen.
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15 Psychiatrische Erkrankungen
Echolalie/Echopraxie: Alles Gehörte oder Gesehene wird
nachgesprochen oder nachgemacht. Stereotypien: sinnlose, rhythmische, leer laufende Bewegungen (z. B. Rumpfschaukeln). Verbigeration: Wörter, Sätze oder reimende Klangassoziationen werden stereotyp wiederholt. 15.7.5 Klassifikationssysteme
Heute wird die Diagnose einer Schizophrenie nach den standardisierten Kriterien des DSM-IV und ICD-10 gestellt (siehe Übersicht). Im Grunde stellen die heute gültigen Diagnoseglossare (DSM-IV, ICD-10) den Versuch dar, die Konzepte von Bleuler, Kraepelin und Schneider zu verbinden. Die Klassifikationssysteme DSM-IV und ICD-10 weichen z. B. in den Zeitkriterien – beim DSM-IV wird Kraepelins longitudinalem Aspekt eine größere Bedeutung beigemessen – und der Terminologie – die Hebephrenie des ICD-10 entspricht der desorganisierten Verlaufsform des DSM-IV – voneinander ab. Diagnostische Kriterien für Schizophrenie nach ICD-10 • Symptomatologie: Mindestens ein eindeutiges Symptom aus folgender Gruppe muss vorliegen: – Gedankenlautwerden, Gedankeneingebung, Gedankenentzug oder Gedankenausbreitung – Kontrollwahn, Beeinflussungswahn, Gefühl des Gemachten, deutlich bezogen auf Körper- oder Gliederbewegungen oder bestimmte Gedanken, Tätigkeiten oder Empfindungen, Wahrnehmungen – Kommentierende oder dialogische Stimmen, die über den Patienten reden, oder andere Stimmen, die aus einem Teil des Körpers kommen – Anhaltender, bzw. kulturell unangemessener oder bizarrer Wahn • Oder mindestens zwei Symptome aus der folgenden Gruppe: – Anhaltende Halluzinationen jeder Sinnesmodalität, begleitet entweder von flüchtigen oder undeutlich ausgebildeten Wahngedanken ohne deutliche affektive Beteiligung, oder begleitet von anhaltenden überwertigen Ideen, täglich über Wochen oder Monate auftretend – Gedankenabreißen oder Einschiebungen in den Gedankenfluss, was zu Zerfahrenheit, Danebenreden oder Neologismen führt – Katatone Symptome wie Erregung, Haltungsstereotypien oder wächserne Biegsamkeit, Negativismus, Mutismus und Stupor – Negative Symptome wie z. B. auffällige Apathie, Sprachverarmung, verflachter oder inadäquater Affekt, zumeist mit sozialem Rückzug und verminderter sozialer Leistungsfähigkeit • Zeitkriterien: Die Symptome müssen fast ständig während eines Monats oder länger deutlich vorhanden sein.
Wichtige Subtypen der Schizophrenie nach ICD-10 Paranoider Typ (ICD-10: F20.0) Halluzinationen und Wahn-
phänomene beherrschen das klinische Bild. Störungen des Affektes, katatone Symptome oder Zerfahrenheit stehen nicht im Vordergrund.
Hebephrener Typ (ICD-10: F20.1) Im Vordergrund stehen Affektstörungen (läppische Grundstimmung, leere Heiterkeit, Gleichgültigkeit). Auffälligkeiten im Sozialverhalten. Formale Denkstörungen. Katatone Schizophrenie (ICD-10: F20.2) Bei diesem Subtyp
beherrscht die katatone Symptomatik für mehr als zwei Wochen das klinische Bild. Im Vordergrund stehen ein oder mehrere Symptome wie Stupor, Mutismus, Haltungsstereotypien, Rigidität, Negativismus, Flexibilitas cerea, Befehlsautomatismus, Erregung. Cave: Perniziöse Katatonie mit Stupor, Hyperthermie und anderen vegetativen Entgleisungen kann zum Tode führen. Undifferenzierte Schizophrenie (ICD-10: F20.3) Die allgemeinen Kriterien für die Diagnose einer Schizophrenie sind erfüllt, aber entweder sind nicht ausreichend Symptome vorhanden, um die Kriterien für einen anderen Schizophreniesubtyp zu erfüllen, oder es bestehen so viele Symptome, dass die Kriterien für mehr als eine paranoide, hebephrene oder katatone Unterform erfüllt werden. Residualer Typ (ICD-10: F20.5) Der residuale Typ ist gekennzeichnet durch Veränderungen in der Persönlichkeit im Sinne von Antriebsarmut, Affektarmut und sozialem Rückzug. Akute schizophreniforme psychotische Störung (ICD-10: F23.2) Der Beginn der psychotischen Symptome muss akut
sein, d. h. der Übergang von einem nichtpsychotischen in einen eindeutig psychotischen Zustand innerhalb von 2 Wochen erfolgt sein. Während der überwiegenden Zeit des psychotischen Zustandes müssen die Kriterien für Schizophrenie erfüllt sein. Wenn die schizophrenen Symptome mehr als einen Monat andauern, ist die Diagnose in Schizophrenie zu ändern. 15.7.6 Verlauf
Der Verlauf der Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis gestaltet sich interindividuell sehr unterschiedlich. Das Vollbild der Schizophrenie kann akut auftreten oder sich schleichend entwickeln. Vereinfacht lassen sich bestimmte, häufig durchlaufende Stadien unterscheiden. Stadieneinteilung Prodromalphase Die Prodromalphase geht der floriden Phase
voraus. Die Dauer variiert zwischen einigen Monaten und fünf Jahren. Häufig ist ein Knick in der Lebenslinie mit Leistungsabfall, sozialem Rückzug, Verhaltensauffälligkeiten und affektiven Symptomen zu beobachten. Floride (akute produktiv-schizophrene) Phase Dauer Wochen bis Monate. Die Symptomatik kann (per-)akut innerhalb von Tagen bis Wochen beginnen oder sich (sub-)chronisch über mehrere Wochen langsam entwickeln.
15.7 Schizophrene und schizophreniforme Störungen
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Alternativ zu den klassischen Antipsychotika stehen mit Olan-zapin tische Erschöpfungssyndrom (postremissiver Zustand, post- und Ziprasidon zwei atypische Antipsychotika zur i.m.-Injektion für psychotische Depression) kann nach Abklingen einer akuten die Akuttherapie zur Verfügung (s. folgende Übersicht). Erkrankungsmanifestation auftreten und über Wochen oder Monate persistieren, differentialdiagnostisch muss davon die Negativsymptomatik der Residualzustände abgegrenzt werden. Therapie bei (hoch-)akutem Verlauf Das Bild ist geprägt von Antriebsmangel, leichter Erschöpf- A. Klassische Antipsychotika 1. Hochdosierte hochpotente Neuroleptika: z. B. Haloperidol, barkeit, depressiver Verstimmung, kognitiven Beeinträchtiguninitial 5–10 mg i.m. oder i.v., Tagesdosis etwa 20–50 mg (max. orale Tageshöchstdosis 100 mg) gen u. a.
Postpsychotisches Erschöpfungssyndrom Das postpsycho-
Residualphase Nach Abklingen der akuten Phase. Vorwiegend
wird das Bild durch eine Negativsymptomatik beherrscht, geringe produktiv-psychotische Restsymptomatik. Vollremission Abklingen der Symptome ohne Restsymptoma-
tik und kein Übergang in die Residualphase. „Drittelregel“ des Langzeitverlaufs In bis zu einem Drittel der Fälle günstiger Verlauf: Heilung (nur bei 10–15%), uncharakteristische Residuen mit seltenen Rezidiven. Bei etwa einem Drittel der Erkrankten chronisch-schub-
2. Benzodiazepine: – z. B. Lorazepam bis 7,5 mg/Tag oder – Diazepam 10–20 mg; bis zu 50 mg/Tag möglich. Oder: – Zusätzlich zur Sedierung niedrigpotente Neuroleptika, z. B. Levomepromazin 25–100 mg oral oder i.m., Anfangsdosis meist 50 mg oral oder i.m. Cave: starke anticholinerge Eigenschaften → unerwünschte Wirkungen auf Herzreizleitung beachten B. Atypische Antipsychotika 1. Olanzapin i.m.: initial 10 mg i.m., nach 2 h weitere Injektion mit 10 mg i.m. möglich. Tageshöchstdosis 20 mg 2. Ziprasidon i.m.: initial 10–20 mg i.m., in der Folge Einzeldosis von 10 mg in einem zeitlichen Abstand von 2–4 h bis zu einer Tageshöchstdosis von 40 mg möglich
Antipsychotikabehandlung bei subakutem Verlauf Wenn
auf Grund der Akuität möglich, sollte die Antipsychotikatherapie einschleichend begonnen und der Einsatz atypischer Antipsychotika geprüft werden, da diese im Vergleich zu den klassischen Antipsychotika eine günstigere Relation von antipsychotischer Wirksamkeit und Verträglichkeit im Hinblick auf das extrapyramidale System aufweisen. Ein weiterer Vorteil der atypischen 15.7.7 Therapie Antipsychotika gegenüber den klassischen Antipsychotika liegt Die Therapie mit Antipsychotika stellt den wichtigsten Pfeiler in in der Verbesserung der kognitiven Leistungen, die eine wichtige der Behandlung der Schizophrenie dar. Dies gilt sowohl für die Voraussetzung für die berufliche und soziale Reintegration Behandlung der akuten Krankheitsphase als auch für die darstellen. Die durch die atypischen Antipsychotika verbesserte Rezidivprophylaxe. Antipsychotika stellen eine heterogene Grup- Lebensqualität spiegelt sich in einer verbesserten Compliance pe von Pharmaka mit antipsychotischer Wirksamkeit und unter- der Patienten wider (Tabelle 15.7-2). schiedlichem Nebenwirkungsspektrum dar. Ergänzend spielt der gezielte Einsatz psychoedukativer Maßnahmen bei Patienten Langzeittherapie der Schizophrenie Üblicherweise wird und Angehörigen eine wesentliche Rolle. zwischen symptomsuppressiver Langzeitmedikation zur Kupierung einer chronisch-psychotischen Symptomatik und einer prophylaktischen Langzeitmedikation zur Verhinderung von Einteilung der Antipsychotika Die Einteilung der Antipsychotika kann unter verschiedenen psychotischen Rezidiven unterschieden. Die symptomsuppresGesichtspunkten erfolgen, wie chemische Struktur, „neurolep- sive Therapie orientiert sich am Vorhandensein der entsprechentische Potenz“ mit Chlorpromazin als Bezugspunkt, in hoch-, den Zielsymptome und liegt damit meist in einem höheren Dosisbereich als die rezidivprophylaktische Therapie, die per mittel- und niedrigpotent und nach der „Atypie“. definitionem eine völlige Remission der Symptomatik vorausAntipsychotikabehandlung bei (hoch-)akutem Verlauf Bei setzt. Allgemein werden die Antipsychotika zur Rezidivprophylaxe der Behandlung von (hoch-)akuten schizophrenen Patienten kommen bevorzugt stark antipsychotisch wirksame Antipsy- in einer niedrigeren Dosis als in der Akutbehandlung verabreicht chotika z. B. aus der Butyrophenongruppe zum Einsatz. Liegen (Tabelle 15.7-3). zudem noch Erregungszustände mit hochgradiger Selbst- oder Fremdgefährdung vor, so ist an eine parenterale Gabe eines Vorgehen bei Therapieresistenz Die Definition der Therahochpotenten Antipsychotikums in Kombination mit einem pieresistenz variiert von Autor zu Autor. Häufig wird eine insedierenden niederpotenten Antipsychotikum (z. B. Levomepro- effektive Vorbehandlung mit zwei oder drei Antipsychotika mazin) oder Benzodiazepinen (Lorazepam u. a.) zu denken. verschiedener Klassen bei gesicherter Compliance in einer Dosieförmiger Verlauf mit mittelschweren Residuen. Bei etwa einem Drittel der Patienten dauerhafte Beeinträchtigung durch schwere Residualzustände mit schizophrener Restsymptomatik.
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15 Psychiatrische Erkrankungen
Tabelle 15.7-2. Akuttherapie bei subakutem Verlauf schizophrener Stör Störungen Startdosis (je nach Ausprägung) [mg/Tag]
Durchschnittliche angestrebte Tagesdosis [mg/Tag]
Tageshöchstdosis [mg/Tag]
Hochpotente Neuroleptika Haloperidol Haldol Bromperidol Impromen Flupentixol Fluanxol Fluphenazin Lyogen Perphenazin Decentan Pimozid Orap Benperidol Glianimon
5–10 10–50 2–5 0,5–5 2–12 2–4 2–6
3–60 5–10 3–20 2,5–10 5–30 2–8 1–6
100 50 60 40 48 16 40
Mittelpotente Neuroleptika Perazin Taxilan Thioridazin Melleril Clopenthixol Ciatyl
50–150 50–125 20–50
200–600 400 50–100
1000 600 300
Niedrigpotente Neuroleptika Di i Pipamperon Promethazin Atosil Chlorprothixen Truxal Levomepromazin Neurocil
40–120 10–75 50–100 25–150
120–240 50–150 75–600 100–400
360 1000 800 600
Hochpotente Neuroleptika Olanzapin Zyprexa Risperidon Risperdal Aripiprazol Abilify
5–10 2 10–15
5–20 4–6 15–20
20 16 30
Mittelpotente Neuroleptika Ziprasidon Zotepin Clozapin Quetiapin
Zeldox Nipolept Leponex Seroquel
40–80 75–150 12,5–50 50–100
120–160 200–300 300–600 400–600
160 450 900 1200
Amisulprid
Solian
50–300
400–800
1200
Generikname
Handelsname
Klassische Neuroleptika
Atypische Neuroleptika
Generikname
Handelsname (u. a.)
Durchschnittliche angestrebte Tagesdosis [mg/Tag]
T b e l llee 15.7-3. Tab aab abe 15.7 3.. Erhaltungstherapie bei schizophrener Negativsymptomatik
Klassische Neuroleptika Hochpotente Neuroleptika Haloperidol Flupentixol Fluphenazin Perphenazin Pimozid
Haldol Fluanxol Lyogen Decentan Orap
2–5 4–10 3–6 8–12 2–4
Mittelpotente Neuroleptika Perazin
Taxilan
50–100
Hochpotente Neuroleptika Aripiprazol Olanzapin Risperidon
Abilify i Zyprexa Risperdal
10–15 5–10 2–4
Mittelpotente Neuroleptika Ziprasidon Zotepin Clozapin Quetiapin Amisulprid
Zeldox Nipolept Leponex Seroquel Solian
80–120 100–200 50–400 200–400 200–400
Atypische Neuroleptika
rung von 1500 mg chlorpromazineinheiten pro Tag über die Dauer von je sechs Wochen ohne Erfolg als Definitionskriterium zugrunde gelegt. In diesen Fällen von Therapieresistenz sollte folgende Vorgehensweise gewählt werden:
Erhöhung der bisherigen Medikation, ggf. auch parenteral,
da auf Grund einer schnelleren Metabolisierungsrate manche Patienten eine höhere Dosierung benötigen oder durch eine Enzyminduktion der First-pass-Effekt gesteigert wird.
15.7 Schizophrene und schizophreniforme Störungen
Einsatz eines Antipsychotikums aus einer anderen Substanz-
1349
15
klasse (Umsetzen von klassischen auf atypische Antipsychotika oder innerhalb der Gruppe der atypischen Antipsychotika). Insbesondere sollte als „Ultima Ratio“ an den Einsatz von Clozapin gedacht werden. Kombinationstherapie: z. B. atypisches Antipsychotikum in Kombination mit klassischem Antipsychotikum.
Bei mangelnder Effizienz des Antipsychotikums kann zusätzlich an den Einsatz von aktivierenden Antidepressiva gedacht werden. Angesichts des Nebenwirkungsspektrums wie Sedierung, Aufmerksamkeitsstörungen und Beeinträchtigung kognitiver Funktionen sollte die Gabe von selektiven Serotoninwiederaufnahmehemmern der Anwendung von trizyklischen Antidepressiva vorgezogen werden.
Katatone Schizophrenie Gabe von Lorazepam in einer initia-
Antipsychotikatherapie bei älteren Patienten Bei geriatri-
len Dosierung von 5 mg. Die Kombination von Lorazepam mit einem Antipsychotikum kann in einer frühen Behandlungsphase wirksam sein. Bei mangelndem Ansprechen auf eine neuroleptische Medikation ist die Durchführung einer Elektrokrampftherapie sinnvoll. Dies gilt besonders im Falle eines katatonen Stupors, um eine vitale Gefährdung des Patienten durch die Entwicklung einer febrilen Katatonie zu vermeiden.
schen Patienten besteht eine wesentlich höhere Inzidenz für das Auftreten des durch Antipsychotika induzierten Parkinsonoids und von Spätdyskinesien. Antipsychotika mit einer ausgeprägten anticholinergen Komponente können u. a. bei Prostatahypertrophie zu Harnverhalt führen und bei bestehendem Glaukom einen Anfall auslösen. Ferner kann es zu einer Beeinträchtigung kognitiver Funktionen und deliranter Zustandsbilder kommen. Deshalb gilt für die Dosisfindung bei geriatrischen Patienten die Faustregel, dass diese nur ein Drittel der üblichen Erwachsenendosis betragen sollte.
Therapie der schizophrenen Negativsymptomatik Zur Be-
handlung defizitärer Residualzustände bzw. der Negativsymptomatik eignen sich in besonderer Weise atypische Antipsychotika. Diese Medikamente scheinen eine günstigere Wirkung als die klassischen Antipsychotika auf die Negativsymptomatik zu haben, die nicht nur durch die indirekten Wirkungen mittels besserer extrapyramidalmotorischer Verträglichkeit und besserer Effekte auf produktive psychotische Symptome, sondern auch durch eine direkte Wirkung auf die Negativsymptomatik zu begründen ist (Tabelle 15.7-4). Liegen der Negativsymptomatik unter anderem eine Antipsychotikaüberdosierung oder auch soziale Unterstimulierung zugrunde, so müssen diese zunächst behoben werden. Eine Reduktion der Dosishöhe ist, soweit es die Psychopathologie zulässt, bei einem postpsychotischen Erschöpfungssyndrom vorzunehmen. Die im Rahmen der Behandlung mit klassischen Antipsychotika möglicherweise auftretenden extrapyramidalen Nebenwirkungen im Sinne einer Akinese können das Bild einer „akinetischen Depression“ hervorrufen. In diesem Falle ist an die Gabe eines Anticholinergikums (Biperiden) zu denken, auch wenn kein Parkinsonoid zu eruieren ist.
Tabelle 15.7-4. Dauermedikation bei vorherrschender Negativsymptomatik (Dosierungen lt. Rote Liste) Generikname
Handelsname
Hochpotente Antipsychotika Olanzapin Zyprexa Risperidon Risperdal Mittelpotente Antipsychotika Ziprasidon Zeldox Zotepin Nipolept Clozapin Leponex Quetiapin Seroquel Amisulprid Solian
Dosisbereich [mg/Tag]
5–10 1–3 80–120 150–200 150–600 300–600 200–400
Antipsychotikatherapie bei Ersterkrankten Erstmanifestatio-
nen respondieren zwar im Vergleich zu mit Antipsychotika vorbehandelten Patienten besser auf antipsychotische Medikation, reagieren aber schneller auf klassische Antipsychotika mit unerwünschten Arzneimittelwirkungen wie extrapyramidalmotorischen Nebenwirkungen oder Sedierung. Deshalb sollte ein niedriger Dosisbereich (300–500 CPZ) angestrebt und eine medikamentöse Therapie mit atypischen Antipsychotika durchgeführt werden, um die Compliance der Patienten nicht zu gefährden. Dauer der Therapie Eine hohe Anfangsdosis oder schnelle Auf-
sättigung bedeutet nicht, dass die Patienten schneller auf die Medikation ansprechen und der Therapieerfolg rascher eintritt. Vielmehr hat sich gezeigt, dass mehrere (3–6) Wochen vergehen können, bis sich ein ausreichender antipsychotischer Effekt der Antipsychotikatherapie einstellt. Für die Therapie der schizophrenen Negativsymptomatik muss ein deutlich längerer Zeitraum anvisiert werden. Die medikamentöse Behandlung sollte nach dem ersten schizophrenen Schub für zwei Jahre über die Remission hinaus fortgesetzt werden. Nach dem zweiten Schub wird eine 2- bis 5jährige Behandlung und nach weiteren Schüben eine zeitlich unbegrenzte Dauermedikation empfohlen (s. Tabelle 15.7-4). Nebenwirkungen
Durch die Bindung psychoaktiver Substanzen an bestimmte Rezeptoren können neben den erwünschten Effekten auch unerwünschte Arzneimittelwirkungen auftreten. Generell gelten Antipsychotika als relativ gut verträgliche Substanzen. Schwere und nicht behandelbare Nebenwirkungen treten selten auf. Hervorzuheben sind wegen der Häufigkeit und Chronizität die extrapyramidalmotorischen Nebenwirkungen, die vor allem während
15
1350
15 Psychiatrische Erkrankungen
Tabelle 15.7-5. Unerwünschte Begleitwirkungen der Antipsychotikaa un und ihre Behandlung Extrapyramidale Störung
Rezeptorblockade
Gegenmaßnahme
Frühdyskinesien
Dopaminrezeptoren
Anticholinergika, z.B. 5 mg Biperiden i.m. oder langsam i.v.; ggf. Dosis wiederholen Anticholinergika, z. B. 3-mal 4 mg Biperiden oral p.d.; ggf. Reduktion der Antipsychotikadosis Umsetzen auf ein a) atypisches Antipsychotikum b) niederpotentes Antipsychotikum Reduktion der Neuroleptikadosis bzw. Umsetzen auf ein a) atypisches Antipsychotikum b) niederpotentes Antipsychotikum Propanolol Wenn möglich,Absetzen aller Antipsychotika.Versuch mit Tiaprid. Ggf. Clozapin; sedierende Antipsychotika Absetzen der Antipsychotika. Versuch mit Anticholinergika. Versuch mit Dantrolen Reduktion oder Absetzen der Antipsychotika. Falls nicht möglich, Kombination mit Antiepileptikum Absetzen von stark anticholinergen Trizyklika. Umsetzen auf atypische keinen oder geringen anticholinergen Eigenschaften, Butyrophenone. Bei schwerem Delir 2 mg Physostigmin i.m. Dihydroergotamin. Ggf. Umsetzen auf Antipsychotika mit weniger ausgeprägten vegetativen Begleitwirkungen Falls unerwünscht, Reduktion der Antipsychotikadosis oder Umsetzen auf weniger sedierende Antipsychotika 1) Reduktion der Antipsychotikadosis. Versuch mit Anticholinergika 2) Umsetzen auf atypische Antipsychotika 3) Zusätzlich Antidepressiva Bei gravierenden Herzrhythmusstörungen Umsetzen auf Amisulprid u. a. oder Butyrophenone bzw. Absetzen der Neuroleptika Bei schwereren Nebenwirkungen ggf. 1) Umsetzen auf atypische Antipsychotika mit geringen oder keinen anticholinergen Eigenschaften 2) Umsetzen auf Butyrophenone, 3) Absetzen der Antipsychotika Bei Blasenfunktionsstörungen Carbachol Bei Gynäkomastie und Galaktorrhö Reduktion der Antipsychotika o. Umsetzen auf atypische Antipsychotika (Aripiprazol, Clozapin, Quetiapin, Olanzapin, Ziprasidon)
Parkinsonoid
Akathisie
Spätdyskinesien Malignes neuroleptisches Syndrom Zerebrale Krampfanfälle Pharmakogenes Delir
Muskarinische Rezeptoren Serotonin-/ muskarinische Rezeptoren
Hypotone Kreislaufdysregulation
Alpharezeptoren
Sedierung
Histamin-/ Serotoninrezeptoren Dopaminrezeptoren
Pharmakogene Depression
EKG-Veränderungen/ Herzrhythmusstörungen Anticholinerge vegetative Effekte: Mundtrockenheit, Störungen der Blasenfunktion, Pylorospasmus, Verstopfung, Akkommodationsstörungen, Glaukom
Muskarinische/ Alpharezeptoren Muskarinische Rezeptoren
Hyperprolaktinämie, Gynäkomastie, Galaktorrhö
Dopaminrezeptoren
der Behandlung mit klassischen Antipsychotika auftreten können. Insbesondere bei den Spätdyskinesien hat man festgestellt, dass die Häufigkeit ihres Auftretens größer als ursprünglich vermutet ist. Die Jahresinzidenz beläuft sich auf ungefähr 4%. Durchschnittlich geht man von einer Quote klinisch relevanter Spätdyskinesien von 20% der langjährig mit Antipsychotika behandelten Patienten aus. Bei etwa 20–50% dieser Patienten sind diese irreversibel, wobei derzeit keine zufriedenstellende Behandlungsmöglichkeit existiert. Diese und auch alle anderen Nebenwirkungen müssen jedoch im Sinne einer Risiko-Nutzen-Abwägung zur Schwere der Grundkrankheit in Relation gesetzt werden. Diese sind in Anbetracht des ungünstigen Krankheitsverlaufes, der bei unbehandelten Patienten zu beobachten ist, zu vertreten (Tabelle 15.7-5). Psycho- und Soziotherapie
Therapiemotivation, Compliance-Förderung und Vermittlung eines Krankheitskonzepts sind neben der pharmakologischen Intervention von grundlegender Bedeutung für den Erfolg hinsichtlich Rezidivprophylaxe und Rehabilitation schizophrener Patienten.
Evvidenz der Therapieempfeehlungen Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke Akuttherapie Antipsychotika I-a A Antipsychotika + BenzodiaIV B zepine bzw. niederpotente Neuroleptika Erhaltungstherapie und Rezidivvvp prophyyyllaxxxee Antipsychotika I-a A Psychotherapie I-b B Soziotherapie II-b B Negativvsymptomatik Attypische Antipsychotika I-a A Attypische Antipsychotika IV B + Antidepressiva (SSRI) Katatonie Lorazepam + hochpotente III Antipsychotika B Elektrokrampfttherapie III A Therapierestistenz Attypische Neuroleptika I-b B Ko ombination klassischer IV B + atypischer Neuroleptika Elektrokrampfttherapie III A
15.8 Stoffgebundene und nicht stoffgebundene Süchte
Psychotherapie Supportive Psychotherapie: Hilfe beim Umgang mit der
Erkrankung und Unterstützung in der Lösung von Konfliktsituationen. In realistischer Weise Hoffnung und Mut einflößen. Training zur Verbesserung sozialer Kompetenz und Aneignung lebenspraktischer Fertigkeiten mit Übungen im realen Umfeld. Vermeidung von Unter- und Überstimulation. Psychoedukation: Aufklärung des Patienten und später der Angehörigen über Art und Verlauf der Erkrankung (Vulnerabilitäts-Stress-Modell), Nutzen einer Erhaltungstherapie, Umgang mit Nebenwirkungen (Compliance-Förderung), Erkennen von Frühwarnzeichen. Soziotherapie Milieutherapeutische Maßnahmen, u. a. zum Erhalt bzw. zur Wiederherstellung von Selbstständigkeit und Kompetenzen. Arbeits- und Beschäftigungstherapie dienen der schrittweisen Rehabilitation durch abgestufte Anforderungen bezüglich Aufgabenstellungen und Interaktionsnotwendigkeiten mit den Mitpatienten. Berufsfindung, z. B. Maßnahmen zur Umschulung, da häufig die Patienten auf einem niedrigerem Berufniveau wiedereingegliedert werden müssen. Tätigkeit in beschützter Werkstätte, betreutes Wohnen zur Wiederherstellung der Fähigkeit zum eigenständigen Wohnen und Selbstversorgung.
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15.8 Stoffgebundene und nicht stoffgebundene Süchte Norbert Wodarz
15.8.1 Einführung
Psychoaktive Substanzen können Bewusstseinslage bzw. -zustand verändern. Dies ist die Grundlage für ein mehr oder weniger ausgeprägtes Potential zu Missbrauch und zur psychischen und/oder physischen Abhängigkeit. Psychoaktive Substanzen können formell in folgende Gruppen eingeteilt werden: legal und frei verfügbar (z. B. Lösungsmittel, halluzinogene Pilze und Pflanzen), legal, aber unter staatlicher Kontrolle, z. B. mit spezieller Besteuerung (z. B. Alkohol, Tabak), legal und verschreibungspflichtig (z. B. Benzodiazepine, Barbiturate), legal und speziell verschreibungspflichtig (z. B. Opiate – Betäubungsmittelrezept), illegal (z. B. Marihuana, Heroin). 15.8.2 Ätiologie
Süchtiges Verhalten entsteht durch komplexe Interaktion physischer Faktoren (z. B. pharmakologische Wirkungen der Substanz auf Neurotransmission im ZNS, genetische Disposition), psychischer (z. B. Persönlichkeit) und sozialer Mechanismen (z. B. gesellschaftliche Akzeptanz der Substanz). Tierexperimentelle Befunde belegen, dass suchterzeugende Substanzen, inkl. Alkohol und Nikotin, durch Interaktion mit den zentralen Strukturen des limbischen „Belohnungssystems“ (u. a. Nucleus accumbens) ein mehr oder weniger ausgeprägtes Suchtmittelverlangen („craving“) hervorrufen, das wiederum als Ursache für eine Abhängigkeitsentwicklung betrachtet werden könnte. Aus genetisch determinierten biologischen Variationen
15
1352
15 Psychiatrische Erkrankungen
könnte somit eine individuell unterschiedliche Gefährdung zur Entwicklung einer Abhängigkeit resultieren. Große Familienstudien zeigen, dass Alkoholiker 2- bis 6-mal häufiger mindestens einen alkoholkranken Elternteil aufweisen. Einige Zwillings- und Adoptionsstudien konnten ebenfalls belegen, dass genetischen Faktoren eine wesentliche Bedeutung bei der Entwicklung der Alkoholkrankheit zukommt. So entwickelten auch Kinder alkoholkranker Eltern, die kurz nach ihrer Geburt von nicht alkoholkranken Adoptiveltern aufgenommen wurden, ca. 4-mal häufiger selbst eine Alkoholabhängigkeit. Auch der Beginn der Alkoholproblematik erfolgte früher als im Durchschnitt. Allerdings liegt offensichtlich kein einfacher Erbgang vor, postuliert wurden vielmehr genetisch vermittelte Vulnerabilitätsfaktoren, z. B. bestimmte psychische Störungen (Depression, emotionale Instabilität) oder neurobiologische Parameter (s. oben „Belohnungssystem“), die schließlich zur Entwicklung einer Abhängigkeit prädisponieren sollen. 15.8.3 Stoffgebundene Abhängigkeitserkrankungen
Abhängigkeitserkrankungen zeigen ohne suffiziente Behandlung häufig einen chronisch progredienten Verlauf (kontinuierlich, episodisch) mit erheblicher substanzabhängiger Morbidität und Mortalität. Grundsätzlich sollte deshalb bei Verdacht auf eine Abhängigkeitserkrankung eine qualifizierte suchtmedizinische Behandlung veranlasst werden: Da gute und validierte Behandlungsmöglichkeiten der zugrunde liegenden Abhängigkeitserkrankungen vorliegen, ist heute die alleinige Fokussierung auf die Therapie etwaiger Komplikationen, z. B. eines Entzugssyndroms, sowohl unter ätiopathogenetischen als auch gesundheitsökonomischen Gesichtspunkten nicht mehr ausreichend (s. S. 1354). Epidemiologie
Die Bedeutung von Abhängigkeitserkrankungen für die Morbidität und Mortalität in unserer Gesellschaft wird häufig stark unter-
schätzt. Die Global Burden of Disease Study konnte dies 1997 erstmals relativ standardisiert im Auftrag der WHO für die westlichen Industrienationen demonstrieren (Abb. 15.8-1). 2001 rechnete die Deutsche Hauptstelle gegen Suchtgefahren (DHS) mit 2,5 Millionen Alkoholikern, für die im gesamten Bundesgebiet ca. 14.000 stationäre Therapieplätze (Entwöhnung, qualifizierte Entgiftung) zur Verfügung stehen. Von den ca. 6 Millionen behandlungsbedürftigen, regelmäßigen Rauchern entstammt mehr als ein Drittel der Altersgruppe 15–25 Jahre. Der Beginn des Rauchens erfolgt in ca. 95% der Fälle bereits vor dem 20. Lebensjahr. Für Deutschland wurden 1994 ca. 111.000 tabakbedingte Todesfälle pro Jahr geschätzt (43.000 Krebs, 37.000 Herz-, Kreislauferkrankungen, 20.000 Atemwegserkrankungen). Unter den rund 1,4 Millionen Medikamentenabhängigen (besonders Sedativa, Hypnotika, Analgetika) finden sich überwiegend Frauen bzw. ältere Menschen. Im Bereich der illegalen Drogen wird die Zahl der Cannabiskonsumenten auf ca. 2 Millionen geschätzt, davon sind etwa 270.000 regelmäßige Konsumenten. Für die übrigen „harten“ Drogen werden ca. 250.000–300.000 regelmäßige Konsumenten angenommen, wovon etwa die Hälfte eine „hohe Konsumintensität“ und „riskante Konsumform“ (intravenös) aufweisen soll. Für diese Patientengruppe stehen ca. 5300 stationäre Therapieplätze zur Verfügung. Diagnostische Kriterien
Die Kriterien der Abhängigkeit nach ICD-10 umfassen eine Gruppe von kognitiven, körperlichen und Verhaltensphänomenen, die sich nach wiederholtem Substanzgebrauch entwickeln. Sie sind zunächst unabhängig von der konsumierten Substanz und kein einzelnes Symptom („Leitsymptom“) ist zur diagnostischen Einordnung ausreichend oder zwingend notwendig (s. Übersicht). Einen Überblick über die nach ICD-10 gebräuchlichen Kategorien psychotroper Substanzen und der damit potentiell assoziierten klinischen Syndrome gibt Tabelle 15.8-1.
A b b. 15 8 11.. Global Burden 15.8-1. 15.8 5.8 of Disease Study
westliche Industrieländer Tabak
11,7
Faktoren
Alkohol
10,3
körperl. Inaktivität
4,8
Hypertonie
3,9
illeg. Drogen
2,3 0
5
10
Durch Behinderung verlorene Lebensjahre (DALY: disability adjusted life years)
15 Jahre
15.8 Stoffgebundene und nicht stoffgebundene Süchte
1353
15
Tabelle 15.8-1. Akute klinische Syndrome durch Missbrauch psychotroper otrop Substanzen Psychotrope Substanz
Intoxikation
Entzug
Delir
Entzugsdelir
Wahnhafte Störung
Affektive Störung
Besondere Syndrome Amn. dementiell, path. Intoxikation, Halluzinose – – Amnestisch – –
Alkohol
x
x
–
x
–
–
Opioide Cannabinoide Sedativa, Hypnotika Kokain Stimulanzien (Amphetamin, „Ecstasy“) Halluzinogene
x x x x x
x ? x x x
–
– – x – –
– x – x x
– – – – –
x
–
–
–
x
x
Tabak (Nikotin) Lösungsmittel
– x
x –
– –
– –
– –
– –
– x x
Diagnostische Kriterien der Abhängigkeit nach ICD-10 1. Starker Wunsch oder Art Zwang, die Substanz zu konsumieren 2. Verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich Beginn, Beendigung und Menge des Substanzkonsums 3. Ein körperliches Entzugssyndrom oder Substanzkonsum oder Konsum nahe verwandter Substanzen, um Entzugssymptome zu mildern oder zu vermeiden 4. Nachweis einer Toleranz mit zunehmend höherer Dosierung 5. Fortschreitende Vernachlässigung anderer Vergnügungen oder Interessen zugunsten des Substanzkonsums; erhöhter Zeitaufwand, um die Substanz zu beschaffen, zu konsumieren oder sich von deren Folgen zu erholen 6. Anhaltender Substanzkonsum trotz Nachweis eindeutiger schädlicher Folgen (körperlicher, sozialer oder psychischer Art)
Posthalluzinogene Wahrnehmungsstörung – –
Alkoholbedingte akute Syndrome Intoxikation (einmaliger Missbrauch; ICD-10: F1x.0) Klinik:
Typische Zeichen einer Alkoholintoxikation mit Foetor ex ore sind Störungen der Bewusstseinslage (Schläfrigkeit bis zum Koma), Störungen der kognitiven Fähigkeiten, der Wahrnehmung, des Affekts und des Verhaltens (z. B. Auftreten „wesensfremder“ Züge wie Enthemmung, Aggressivität). Darüber hinaus können Störungen verschiedener psychophysiologischer Funktionen und Reaktionen auftreten, z. B. zerebelläre Ataxie mit Stand- und Gangunsicherheit (Prüfung z. B. durch Strichgang), Störungen der Koordination (Prüfung z. B. durch Finger-Nase-Versuch) sowie Sprechstörungen. Mind. jeweils 3 ddee r K Krr iit ite te r iie ien en müssen „irgendwann“ während der letzten 12 Monate für die Diagnose erfüllt sein. Pathophysiologie: Ursächlich sind die akuten pharmakologischen ZNS-Wirkungen des Alkohols. Sie sind ausgeprägter bei ansteigenden Blutalkoholspiegeln und nehmen bis zur vollständigen Wiederherstellung mit der Zeit ab. Alkohol Behandlung: Da der körpereigene Alkoholmetabolismus in Von praktischer Bedeutung, z. B. für die Kostenerstattung der Behandlung durch die gesetzliche Krankenversicherung, war der Regel zu einer raschen Entgiftung führt (0,1–0,2/h), ist der die Entscheidung des Bundessozialgerichts von 1968, wonach Ausschluss vitaler Komplikationen vordringlich, da diese häufig es sich bei „Trunksucht“, dort als „lang andauernde, zwang- durch die Intoxikationssymptomatik „maskiert“ werden. Cave: Es ist unbedingt auf „maskierte“ indirekte Folgen hafte Abhängigkeit von dem Suchtmittel“ definiert, um eine Krankheit im Sinne der Reichsversicherungsordnung handelt. oder Komplikationen einer Intoxikation zu achten, wie z. B. Als nach „derzeitigem Kenntnisstand“ unbedenklich defi- Traumatisierung durch Sturz (Frakturen, subdurales Hämanierte die WHO 1980 eine tägliche Alkoholzufuhr von 20 g rei- tom!), Koma, Unterkühlung (bei kalter Witterung), Aspiration nem Ethanol pro Tag. Dies entspricht ca. 0,5 l Bier, 0,25 l Wein von Erbrochenem, Krampfanfall, Delir. Bei Patienten, die sich unter Alkoholeinwirkung aggressiv oder 0,02 l Schnaps. Allerdings ist dabei immer zu bedenken, dass die individuelle Vulnerabilität sehr unterschiedlich, daher verhalten, ist das für die pathologische Intoxikation beschriebene auch kein allgemein gültiger „Grenzwert“ vorhersagbar ist, ab Vorgehen zu empfehlen. dem eine Trinkmenge als im Sinne einer Alkoholabhängigkeit pathologisch angesehen werden kann (notabene: „Abhängigkeit Pathologische Intoxikation Klinik: Auftreten ausgeprägter ist keine Frage der Dosis“). Nachgewiesen ist hingegen ein Verhaltensänderungen mit deutlicher psychomotorischer Unlinearer Anstieg der Häufigkeit alkoholbedingter somatischer ruhe meist binnen weniger Minuten nach Konsum einer Folgeschäden mit Zunahme der täglichen Alkoholmenge. Als auffallend geringen Alkoholmenge. Häufig Neigung zu imFaustregel gilt, dass mehr als 20 g Alkohol/Tag bei Frauen und pulsiv-aggressivem Verhalten gegen andere (z. B. Tätlichkeidurchschnittlich mehr als 60 g Alkohol/Tag bei Männern in der ten) oder auch sich selbst (z. B. suizidale Handlung), Regel zu körperlichen Schädigungen führt. Dies gilt es auch bei typischerweise „wesensfremde“ Verhaltensmuster. Für die der in den letzten Jahren wieder verstärkt in das öffentliche In- Dauer von wenigen Stunden finden sich Verwirrtheit, teresse gerückten Diskussion um potentiell kardioprotektive Desorientiertheit, gelegentlich illusionäre Verkennungen Effekte des Alkohols zu berücksichtigen. und visuelle Halluzinationen. Das akute Zustandsbild endet
15
1354
15 Psychiatrische Erkrankungen
i. d. R. in einer protrahierten Schlafphase. Für die Ereignisse besteht eine völlige Amnesie („Blackout“). Pathophysiologie: Ursächlich werden zerebrale Vorschädigungen diskutiert, die zu einer erhöhten Sensitivität gegenüber Alkohol führen sollen. Weitere Risikofaktoren stellen die gleichzeitige Einnahme von Sedativa und ein höheres Alter dar. Differentialdiagnose: Eine vorbestehende und/oder alkoholinduzierte Temporallappenepilepsie bzw. interiktale Phänomene müssen ausgeschlossen werden. Behandlung: Die pathologische Intoxikation ist wie die Intoxikation selbst ein passageres Syndrom. Vordringliches Ziel ist es deshalb, den Patienten davor zu bewahren, sich selbst oder anderen Schaden zuzufügen. Dabei können körperliche Zwangsmaßnahmen (z. B. Fixierung) unumgänglich werden. Gegebenenfalls kann danach die Injektion eines hochpotenten Neuroleptikums (z. B. 5–10 mg Haloperidol) hilfreich sein. Cave: Benzodiazepine sind kontraindiziert, da es häufig zu einer Zunahme der alkoholinduzierten Enthemmung kommt (s. Risikofaktoren). Alkoholentzugssyndrom Klinik: Beginn und Verlauf des
Entzugssyndroms sind zeitlich begrenzt und abhängig von Trinkmuster und -gewohnheit vor der Beendigung oder Reduktion des Konsums. So kann bei „Spiegeltrinkern“ eine verminderte Alkoholzufuhr, z. B. auf Grund einer interkurrenten Erkrankung, zum Absinken des Alkoholspiegels unter eine „kritische Grenze“ und damit zu einem Alkoholentzugssyndrom führen (s. Übersicht „Vegetatives Alkoholentzugssyndrom“). Die vegetativen Symptome des Entzugssyndroms können durch symptomatische Krampfanfälle (s. Übersicht „Symptomatischer Grand Mal“) und/ oder ein Entzugsdelir (s. Übersicht “Alkoholentzugsdelir“) kompliziert werden. Vegetatives Alkoholentzugssyndrom (ICD-10: F1x.3) K lli i i scch iff estat t tiio ne en des vegetativen Alkoholentzugslinische linisc inisc hee M Maaanif anifestat nif ione on nen syndroms: • Erhöhter Sympathikotonus, z. B. Tachykardie, erhöhter Blutdruck, vermehrtes Schwitzen („tropfnasse Handflächen“) • Feinschlägiger Tremor • Ängstlichkeit • Magen-Darm-Störungen (z. B. Übelkeit, Erbrechen, Durchfall) • Schlafstörung mit lebhaften Alpträumen, selten kurzdauernde, nicht ausgeformte illusionäre Verkennungen bzw. Halluzinationen • Hyperreflexie • Allgemeine Schwäche Bei der Behandlung ist auf sorgfältige Überwachung zur rechtzeitigen Erkennung von Komplikationen zu achten (Progression mit symptomatischen Krampfanfällen, Entzugsdelir)! ung ung: ngg de n bbasie i er t e n B dl u Hinweise zur e v iid ide nzbasier nzbasie zbasie Bee h ha handl hand and • Rehydration. Cave: Kohlehydrathaltige Infusionslösungen und Vitamin-B1-Verbrauch (s. amnestisches Syndrom) • Clomethiazol – Einsatz: Kupierung sämtlicher Entzugssymptome und -komplikationen, Prophylaxe von Entzugs-Grand-Mal und Delir; in Deutschland Mittel der 1. Wahl bei Patienten mit schwerem Entzugssyndrom bzw. erhöhtem Risiko für Entzugskomplikationen (Grand Mal, Delir)
– Wirkmechanismus: Agonist am GABAA-Benzodiazepinrezeptorkomplex → Kreuzreaktivität mit Alkohol → Einsatz möglichst erst bei Blut(Atemluft-)alkohol 25%)
JA: Fortsetzen der gewählten Therapie
NEIN: anderes SSRI oder Clomipramin
PARTIELL: anderes SSRI oder Clomipramin
augmentativ atypisches Neuroleptikum bei: • Schwerer chronischer Zwangsstörung • Tic-oder Tourette-Störung
A b b. 15 9 1 Die medikamen15.9-1. 15.9-1 15.9 5.9 töse Therapie der Zwangsstörung (SSRII selektiver Serotoninwiederaufnahmehemmer)
15
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15 Psychiatrische Erkrankungen
Verhaltenstherapie
Angst, Erregung, Anspannung Zwangsverhalten
a
Stimulus
Zeit
Angst, Erregung, Anspannung Habituation
Die Verhaltenstherapie mit dem Kernelement der Exposition mit Reaktionsverhinderung hat in zahlreichen kontrollierten Studien ihre Wirksamkeit bei der Behandlung der Zwangsstörung bewiesen. In Gegensatz zur medikamentösen Therapie konnte in Verlaufsbeobachtungen auch nach zwei bis sechs Jahren eine Aufrechterhaltung der Symptombesserung gezeigt werden. Daneben scheint die kognitive Therapie ebenso wirksam zu sein. Hinsichtlich der vergleichbaren Wirksamkeit gibt es bislang nur eine eingeschränkte Evidenz. Da sich verhaltentherapeutische und kognitive Therapiestrategien gut ergänzen, werden diese in der klinischen Praxis oft miteinander kombiniert. Andere psychotherapeutische Verfahren (wie tiefenpsychologische Therapien oder Entspannungsverfahren) konnten bislang nicht ihre klinische Wirksamkeit in kontrollierten Studien nachweisen. Die kognitive und Verhaltenstherapie gilt daher als Therapie der Wahl (Therapieablauf s. folgende Übersicht). Die Phasen der kognitiven und Verhaltenstherapie der Zwangsstörung
b
Stimulus
Zeit
A b b . 15.9-2a,b. 15.9-2a,b ,b. Anspannungsverlaufskurven a bei Entstehung und Aufrechterhaltung der Zwangsstörung, b bei Exposition mit zwangauslösenden Situationen und Reaktionsmanagement
Nebenwirkungen als unter den SSRI. Im Unterschied zu ihrem Einsatz als Antidepressiva müssen die SRI bei der Behandlung der Zwangsstörung höher dosiert werden. Man findet eine Responserate von 60–70% bei klinischer Symptombesserung von höchstens 40–50%. Zur Beurteilung der Wirksamkeit ist eine mindestens 10–12 Wochen dauernde Behandlung nötig. Zum differentiellen Vorgehen s. Abb. 15.9-1. Bei ausschließlich medikamentöser Therapie ist nach Absetzen der SRI von einer sehr hohen Rückfallquote (80–90%) auszugehen. Um anhaltende Therapieeffekte zu erreichen, ist daher entweder eine dauerhafte medikamentöse Therapie, was bei den nebenwirkungsarmen SSRI oft unproblematisch ist, oder die Durchführung einer Verhaltenstherapie notwendig. Die Indikation für eine alleinige Pharmakotherapie ist bei fehlenden Psychotherapieressourcen oder langen Wartezeiten und mangelnder Motivation des Patienten für eine Verhaltenstherapie gegeben. Grundsätzlich sollte die Durchführung einer störungsspezifischen Verhaltenstherapie angestrebt werden. Die zusätzliche Gabe eines Neuroleptikums ist bei komorbider Tic- oder Tourette-Störung, überwertigen Ideen, zu denen der Patient wenig Distanz hat, und nach einer neuen kontrollierten Studie bei schweren Krankheitsausprägungen als Augmentation indiziert. Auf Grund der Nebenwirkungen sollten atypische Neuroleptika gegeben werden (wie z. B. Risperidon, Quetiapin, Olanzapin).
• Diagnostik- und Vorbereitungsphase – Aufbau der therapeutischen Beziehung – Verhaltensanalyse – Ziel- und Motivationsanalyse – Kognitive Vorbereitung der Expositionstherapie • Expositionsphase – Expositionsübungen mit Reaktionsmanagement • Kognitive Umstrukturierung – Selbstmanagement – Bearbeitung dysfunktionaler Annahmen • Bearbeitung aufrechterhaltender Bedingungen – z. B. Angehörigengespräche, Training sozialer Kompetenzen, berufliche Reintegration • Beendigung der Therapie – Rückfallprophylaxe, Krisenmanagement
Bei den Expositionen mit Reaktionsverhinderung bzw. -management setzt sich der Patient entweder graduiert oder forciert den zwang-/angstauslösenden Situationen aus, die er zuvor versuchte zu vermeiden, und unterlässt die Ausführung von spannungslösenden, neutralisierenden Zwangshandlungen. Dabei kommt es zu einem starken Anstieg innerer Anspannung und Angst, weshalb zu Beginn meist eine therapeutische Begleitung nötig ist, um ein vorzeitiges Abbrechen der Übung zu verhindern. Im Verlaufe der Konfrontation lässt die Anspannung allmählich nach, es stellt sich eine Habituation ein und der Patient lernt, dass auch ohne Zwangsritual eine Angstreduktion zu erreichen ist (Abb. 15.9-2). Im weiteren Verlauf soll der Patient die Verantwortung für die Expositionsübungen übernehmen und das Erlernte auf alle möglichen Situationen anwenden. Ergänzend werden kognitive Strategien eingesetzt, um verzerrte oder überwertige Gedanken mittels „sokratischer Dialogführung“, logischen und realistischen Gedankengängen und Überprüfen von Hypothesen zu korrigieren. Weiterhin dient die ausführliche Aufklärung des Patienten über die neurobiologische Mitverursachung der Erkrankung der emotionalen Distanzierung und
15.10 Somatoforme Störungen
Entlastung. In einigen Fällen muss begleitend an die Krankheit aufrechterhaltenden Faktoren gearbeitet werden. Häufig sind Angehörigengespräche, Selbstsicherheitstraining und berufliche Wiedereingliederungsmaßnahmen erforderlich. Mit diesem Vorgehen zeigen sich gute und anhaltende Verbesserungen der Symptome, allerdings nur in wenigen Fällen ein vollständiges Verschwinden. Einige Patienten benötigen im Verlaufe eine weitere Verhaltentherapie, die auch in Form von „Booster-Sitzungen“ gestaltet sein kann. Kombinierte medikamentöse und verhaltenstherapeutische Behandlung
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Literatur Angenendt J, Frommberger U, Berger M (2004) Angststörungen. In: Berger M (Hrsg) Psychische Erkrankungen. Urban & Fischer, München Deutsche Gesellschaft Zwangserkrankungen: www.zwaenge.de Hohagen F, Kordon H (2004) Zwangsstörungen. In: Berger M (Hrsg) Psychische Erkrankungen. Urban & Fischer, München Hohagen F (1998) New perspectives in research and treatment of obsessivecompulsive disorder. Br J Psychiatry 173: 35 Kordon A, Hohagen F (2000) Neurobiologische Aspekte zur Ätiologie und Pathophysiologie der Zwangsstörung. Psychother Psychosom Med Psychol 50: 428–434 Lakatos A, Reinecker H (1999) Kognitive Verhaltenstherapie bei Zwangsstörungen. Hogrefe, Göttingen Bern Toronto Seattle
Es gibt bislang keine klare Evidenz für eine bessere Wirksamkeit der Kombination von SRI und Verhaltenstherapie im Vergleich zu alleiniger Verhaltenstherapie. In einer eigenen Studie erga15.10 Somatoforme Störungen ben sich Hinweise darauf, dass die kombinierte Behandlung Wolfgang Hiller beim Vorhandensein einer komorbiden Depression und dem Überwiegen von Zwangsgedanken zu besseren Ergebnissen führt. Weiterhin scheint die Verhaltenstherapie bei zunächst 15.10.1 Einleitung kombinierter Behandlung nach Absetzen der Medikamente vor einem Symptomrückfall zu schützen. Terminologisch stellen die somatoformen Störungen einen Oberbegriff für eine Gruppe von Störungsbildern dar, deren Gemeinsamkeit darin besteht, dass die betroffenen Patienten Evvidenz der Therapieempfeehlungen über körperliche Symptome und Beschwerden klagen, ohne dass Evvidenzgrad Empfeehlungsdiese durch eine bekannte medizinische Krankheit oder einen stärke Zw wangsstörungen organpathologischen Prozess erklärt werden können. Die BeSSRI Ia A zeichnung „somatoform“ wurde erstmals 1980 eingeführt und Clomipramin I-a A Au ugmentation mit Risperidon I-b A 1994 durch die ICD-10-Klassifikation verbindlich übernomVeerhaltenstherapie mit ReizI-a A men. Sie löste Begriffe aus früheren Diagnosesystemen wie die konfrrontation/Reaktionsverhinderung der funktionellen Störungen, der Psychalgie sowie der hysteriKo ognitive Veerhaltenstherapie I-a A Ko ombination Veerhaltenstherapie I-a B schen Neurose ab. mit SRI bei Depression Agoraphobie mit/ohne Panikstörung SSRI I-a Trrizykklische Antidepressiva I-a (TZA), z. B. Imipramin Benzodiazepine I-a (cavve: Ab bhängigkeit) Veerhaltenstherapie I-a mit Expositionen Ko ognitive Therapie I-a Soziale Phobie Moclobemid I-a SSRI I-a Benzodiazepine I-a (cavve: Ab bhängigkeit) Veerhaltenstherapie I-a Spezifiische Phobie SSRI III Veerhaltenstherapie II-a Panikstörung SSRI I-a TZA, z. B. Imipramin I-a Alprazolam (cavve: Ab bhängigkeit) I-a Veerhaltenstherapie I-a Generalisierte Angststörung Imipramin, Trrazodon I-a Veenlafaaxin I-b Paroxetin I-b Benzodiazepine I-a (cavve: Ab bhängigkeit!) Buspiron I-b kognitive Therapie I-a
A A
15.10.2 Ätiologie und Pathogenese
A
Grundsätzlich ist das Auftreten von Körpersensationen und vorübergehenden physiologischen Dysfunktionen ohne organmedizinischen Krankheitswert nichts Pathologisches. Bevölkerungsstudien zeigten, dass ein durchschnittlicher Erwachsener mindestens ein Körpersymptom alle 4–6 Tage erlebt und 75–90% aller Bagatellsymptome nicht oder außerhalb des institutionellen medizinischen Systems behandelt werden (z. B. durch Hausmittel). Eine Auswahl potentieller Entstehungsmechanismen und dazugehöriger Beschwerden ist in der folgenden Übersicht zusammengefasst.
A A A A A A C B A A A A A A A A A A
Möglichkeiten der Pathogenese somatoformer Symptome • Minimale organische Dysfunktionen, z. B. Darmträgheit, Bagatellkrankheiten (wie Erkältung) • Harmlose Schwellungen/Hautunregelmäßigkeiten, z. B. Ödeme, prämenstruelle Wassereinlagerung, Leberflecken, Warzen • Autonome oder hormonell bedingte Erregung, z. B. körperliche Gefühlsreaktionen • Muskelverspannungen, z. B. Nacken- oder Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Schluckbeschwerden
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15 Psychiatrische Erkrankungen
• Hyperventilation, z. B. Schwindelgefühle, Benommenheit, Herzsensationen, Kribbelempfindungen • Inaktivität, z. B. „Muskelkater“, geringe körperliche Belastbarkeit, Herzklopfen • Schlechter Schlaf, z. B. Müdigkeit, Benommenheit, Konzentrationsstörungen • Physiologische Folgen von Speisen oder Getränken, z. B. Verdauungsbeschwerden nach Genuss verdorbener Speisen, Blähungen, Effekte von Alkohol inkl. Entzugserscheinungen oder „Kater“ • Nebenwirkungen von Medikamenten, z. B. Mundtrockenheit, Unruhe, Müdigkeit, Zittern
Nach heutigen Erklärungsmodellen stellen derartige körperliche Veränderungen ohne primären Krankheitswert den Ausgangspunkt eines oft langdauernden und chronifizierenden Störungsprozesses dar. Entscheidend ist dabei die Fehlinterpretation der Körpersensationen im Sinne eines ernsthaften Krankheitszeichens oder als unerträglich bzw. untolerierbar (vgl. Abb. 15.10-1). Vermutlich liegt vielfach eine als „somatosensorische Verstärkung“ bezeichnete Disposition der Wahrnehmung und Bewertung von körperbezogenen Reizen zugrunde, bei der die betroffenen Personen dazu tendieren, körperliche Empfindungen schnell als intensiv, schädlich und beeinträchtigend zu erleben, unangenehme Empfindungen besonders zu beachten und sie eher als pathologisch denn als normal anzusehen. Inwieweit diese Disposition mit genetischen und speziellen biologischen Faktoren (z. B. interozeptiver Hypersensibilität, Neurotransmitter- oder Hormonstoffwechsel) in Zusammenhang steht, ist ungeklärt. Nach dem in Abb. 15.10-1 dargestellten Erklärungsmodell tragen zwei Rückkopplungsschleifen zur weiteren Verstärkung und Aufrechterhaltung der körperlichen Missempfindungen bei. Zum einen führt die beschriebene Fehlinterpretation dazu, dass
der betroffene Patient seine Aufmerksamkeit noch gezielter auf die betreffende Körperstelle bzw. -funktion lenkt und durch die entstandenen Ängste/Sorgen eine zunehmende physiologische Erregung mit der Konsequenz weiterer körperlicher Veränderungen wahrscheinlich wird. Es ist charakteristisch, dass Patienten mit somatoformen Störungen subjektiv eine enge „organmedizinische Erklärung“ ihrer Beschwerden entwickeln und wenig Zugang zu psychophysiologischen Attributionen haben. Zum anderen können vielfältige Krankheitsverhaltensweisen ausgelöst werden, die auf Dauer zu erheblichen kognitiven, emotionalen und verhaltensbezogenen Komplikationen führen (Abb. 15.10-1). Zu nennen sind insbesondere 1. das fortwährende Checking von Körperfunktionen (z. B. ein Patient mit Globusgefühl führt immer wieder willkürliche Schluckbewegungen aus, um zu überprüfen, ob der Schluckvorgang noch funktioniert), 2. die übermäßige thematische Beschäftigung und Einengung auf Krankheit und Gesundheit (z. B. werden medizinische Laien- oder Fachbücher gelesen und selektiv interpretiert), 3. die unter dem Begriff „Doktor-Shopping“ bekannt gewordene Tendenz, immer wieder neue Ärzte und Spezialisten zur diagnostischen Abklärung und Behandlung aufzusuchen (z. B. weil der Patient den „negativen Befund“ seines Arztes nicht akzeptieren kann und sich von einem anderen Arzt eine gründlichere Untersuchung oder ein besseres Behandlungswissen erwartet), 4. die Einnahme von nicht klar indizierten Medikamenten (z. B. können eventuelle Nebenwirkungen vom Patienten fälschlich als Zeichen einer organischen Erkrankung interpretiert werden), 5. das körperliche, soziale und berufliche Schonungsverhalten auf Grund seiner Symptome (ein Patient mit Schwindel-
Auslöser oder „Trigger“ (z.B. Aufmerksamkeitszuwendung, physiologische Erregung, Bagatellsymptom) körperliche Veränderung (Körperreaktionen, Missempfindungen, Symptome) Krankheitsverhaltensweisen (aufrechterhaltende Funktion) – „Checking“ des Körpers – Übermäßige Beschäftigung mit Krankheit und Gesundheit – Arztbesuche und medizinische Untersuchungen – Medikamenteneinnahme – Schonungsverhalten
Symtomverstärkung (= erhöhte Aufmerksamkeit auf eigenen Körper) (= physiologische Erregung)
Wahrnehmung
Fehlbewertung z.B. als bedrohliche Krankheitszeichen, als unerträglich/untolerierbar, als nicht durch die eigene Person beeinflussbar Abb. 15.10-1. Störungsmodell
15.10 Somatoforme Störungen
symptomatik z. B. verstärkt durch körperliche Inaktivität das Auftreten von Beschwerden in Belastungssituationen oder vermeidet durch Krankschreibung problematische berufliche Situationen). 15.10.3 Klinik und Diagnostik
Um die diagnostischen Kriterien und Algorithmen, wie sie die ICD-10 vorgibt, beurteilen zu können, ist eine psychopathologische Untersuchung mit gezielten Fragen nach körperlichen Symptomen und deren Auswirkungen auf die Lebensführung erforderlich. Durch eine angemessene medizinische Untersuchung ist abzuklären, inwieweit diese organisch begründet sind. Zu beachten ist, dass eine somatische Erkrankung nicht zwangsläufig eine zusätzliche somatoforme Störung ausschließt. Falls nämlich einzelne oder sämtliche Symptome mit einer tatsächlichen organischen Erkrankung in Verbindung stehen, jedoch nicht das Ausmaß des subjektiven Leidens und der damit verbundenen psychosozialen Beeinträchtigung erklären, so können sie durchaus als somatoform gewertet werden (z. B. bei einer leichtgradigen Skoliose der Wirbelsäule mit hierdurch nicht erklärbaren massiven Schmerzen). Für die Diagnose einer somatoformen Störung müssen weder die speziellen ätiopathogenetischen Mechanismen der vorliegenden Symptome noch psychische Konflikte notwendigerweise bekannt sein, sondern es genügt der Ausschluss einer (hinreichenden) organischen Genese im Sinne eines bekannten medizinischen Krankheitsbildes. Die einzelnen Störungsformen können nach folgenden Gesichtspunkten differenziert werden: Die Somatisierungsstörung (F45.0) beschreibt ein polysymptomatisches chronisches Störungsbild mit multiplen körperlichen Symptomen aus unterschiedlichen Organsystemen. Falls die entsprechenden Kriterien trotz vielfältiger Körperbeschwerden nicht erfüllt sind, kann die undifferenzierte somatoforme Störung (F45.1) als Ausweichdiagnose gegeben werden. Die somatoforme autonome Funktionsstörung (F45.3) ist ebenfalls durch multiple Symptome gekennzeichnet, die hier allerdings auf eine erhöhte autonome (vegetative) Erregung zurückgeführt werden. Dagegen ist das klinische Bild der anhaltenden somatoformen Schmerzstörungg (F45.4) in eher monosymptomatischer Form auf Schmerzsymptome begrenzt. Durch medizinisch unklare pseudoneurologische Symptome wie Sensibilitäts-, Wahrnehmungs- oder Bewegungsstörungen sind einige der dissoziativen und Konversionsstörungen (F44) gekennzeichnet. Bei der hypochondrischen Störung (F45.2) steht weniger das Vorhandensein von körperlichen Symptomen im Vordergrund als vielmehr die trotz entgegengesetzter ärztlicher Versicherungen persistierende Angst und Überzeugung, an einer schweren (und meist tödlich verlaufenden) organischen Krankheit zu leiden. Differentialdiagnostisch ist neben organischen Krankheiten vor allem auf die Abgrenzung gegenüber depressiven Störungen zu achten (vgl. Kap. 15.6). Das frühere klinische Konzept der larvierten bzw. somatisierten Depression, wonach
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unklare körperliche Symptome als Ausdruck einer eigentlich depressiven Erkrankung gedeutet wurden, wird heute auf Grund geringer wissenschaftlicher Evidenz nicht mehr favorisiert. Stattdessen sollte sowohl eine somatoforme als auch eine depressive Störung diagnostiziert werden, wann immer sowohl körperliche Symptome als auch eine affektive Symptomatik mit depressiver Stimmung und assoziierten Symptomen vorliegen. Empirisch wurde mehrfach bestätigt, dass somatoforme Störungen in 60–70% der Fälle zusätzlich mit depressiver Störung einhergehen, wobei oft zwischen dem Erstauftreten der beiden trennbaren Syndrome Zeitspannen von Monaten bis Jahren liegen. 15.10.4 Therapie der somatoformen Störungen Indikation
Falls sich im Gefolge einer somatoformen Symptomatik bereits ein markantes Krankheitsverhalten entwickelt hat und der Patient einseitig auf einer organmedizinischen Erklärung seiner Symptome beharrt, ist eine weitere Chronifizierung sehr wahrscheinlich und gezielte Behandlung dringend erforderlich. In modernen Therapieansätzen wird berücksichtigt, dass somatoforme Patienten an unterschiedlichen Stellen des Gesundheitssystems in Erscheinung treten und je nach Schwere- und Chronifizierungsgrad eine mehr oder weniger intensive Therapie indiziert ist. Ambulante Behandlung beim Hausoder Facharzt
Der Haus- oder Facharzt stellt meistens die initiale Anlaufstelle des Patienten nach dem Auftreten seiner körperlichen Symptome dar. Daher sind hier Frühinterventionen geboten, die für den gesamten Störungsverlauf richtungsweisend sein können. Zudem kommt dem ambulanten Arzt häufig eine „GatekeeperFunktion“ zu, da er etwaige weitere Fachabklärungen oder stationäre Behandlungen veranlassen und koordinieren kann. In der folgenden Übersicht sind die wesentlichen Aspekte und Ziele eines günstigen Arztverhaltens in dieser Phase zusammengefasst. Nicht selten sind diese Maßnahmen ausreichend und es kommt beim Patienten zu einer guten Toleranz der Beschwerden oder sogar zu deren Rückbildung. Falls im klinischen Bild gravierende emotionale oder Verhaltenssymptome deutlich werden (z. B. Depressivität, Angst, dysfunktionales Krankheitsverhalten), sollte zur psychiatrischen oder verhaltensmedizinischen/psychotherapeutischen Mitbehandlung überwiesen werden. Wichtig ist es bereits in dieser Phase, keine unrealistischen Hoffnungen hinsichtlich einer vollständigen Symptombeseitigung zu wecken, sondern auf eine verbesserte Bewältigung der Beschwerden hinzuarbeiten („care rather than cure“). Regelmäßig vereinbarte Konsultationen des ambulanten Hausoder Facharztes in 4- bis 6-wöchigen Abständen sollten dazu führen, dass der Patient es lernt, nicht mehr bei jeder geringen Symptomveränderung den Arzt aufzusuchen und sich dennoch nicht „abgeschoben“ zu fühlen.
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15 Psychiatrische Erkrankungen
Grundregeln zum Umgang mit somatoformen Patienten in der ärztlichen Primärversorgung 1. Empathisches Verhältnis zum Patienten herstellen: – Auf ein gutes, tragfähiges Vertrauensverhältnis hinarbeiten, – den Patienten in seinen Beschwerden ernst nehmen (Zeit nehmen, zuhören!), – ihn nicht als Simulanten ansehen, – keine Aussagen wie „Das ist alles psychisch“ oder „Das ist alles nur in Ihrem Kopf“ machen, – die Beschwerden als Kommunikationswunsch des Patienten verstehen, nicht als Anzeichen einer neuen Krankheit 2. Dem „Doktor-Shopping“ entgegenarbeiten: – Sich als Hauptbehandler für den Patienten anbieten und nicht vorschnell überweisen, – kurze ärztliche Untersuchungen in regelmäßigen Abständen (z. B. alle 4–6 Wochen) vereinbaren, – stationäre Behandlungen, Operationen, aufwendige Untersuchungen u. Ä. möglichst vermeiden, sondern nur bei eindeutiger Indikation veranlassen 3. Realistische Ziele setzen: – Keine Heilung im Sinne von Beschwerdefreiheit versprechen, – nach gemeinsamen Ziele suchen und diese definieren, – behutsam an psychische Aspekte der körperlichen Symptome heranführen 4. Einer weiteren Chronifizierung entgegenarbeiten: – Zur Symptombewältigung und Aktivierung ermutigen, – auf Psychopharmaka und Schmerzmittel verzichten oder diese auf ein vertretbares Minimum reduzieren
Behandlung im Allgemeinkrankhaus
Für das stationäre Behandlungssetting gilt ebenfalls die Maxime, auf nicht klar indizierte diagnostische und therapeutische Maßnahmen zu verzichten. Stattdessen sollte der Patient edukativ in einer für ihn gut verständlichen Form über seine medizinischen Befunde aufgeklärt und auf mögliche psychophysiologische Mechanismen seiner Symptome aufmerksam gemacht werden. Vielfach ist es sinnvoll, den psychiatrischen oder psychologischen Konsiliardienst einzuschalten, um den Patienten psychopathologisch genauer abklären zu lassen und ihn gezielt für die jeweils erforderlichen ambulanten Weiterbehandlungen zu motivieren (z. B. hausärztlich, psychiatrisch, psychotherapeutisch). Psychiatrische Behandlung
Psychiatrische Führung und etwaige Psychopharmakotherapie sind hauptsächlich dann erforderlich, wenn neben der somatoformen Störungen weitere komorbide psychische Störungen (z. B. affektive oder Angststörungen, Substanzabhängigkeit, Persönlichkeitsstörungen) vorliegen. Dabei zielen die medikamentösen Maßnahmen meist auf die komorbiden Störungen ab (z. B. Antidepressivum bei Vorliegen einer depressiven Störung). Eine spezifische pharmakologische Beeinflussbarkeit der körperlichen Beschwerden somatoformer Störungen ist noch nicht ausreichend abgesichert. Aus einer plazebokontrollierten Studie liegen Hinweise für die Wirksamkeit von Opipramol vor. In offenen Studien wurden mit Fluvoxamin bei unterschiedlichen somatoformen Syndromen und mit Gabapentin bei somatoformen Schmerzstörungen ermutigende Ergebnisse erzielt, doch bedürfen diese Befunde noch einer Bestätigung durch kontrol-
lierte Studien. Bei hypochondrischer Störung erwiesen sich Serotonin-Reuptake-Hemmer in mehreren offenen und einer plazebokontrollierten Studie als wirksam. Intensive verhaltensmedizinische/ psychotherapeutische Behandlung
In den letzten Jahren wurde mehrfach die Wirksamkeit kognitivverhaltenstherapeutischer Behandlungsprogramme bei somatoformen Störungen bestätigt. Sie gilt daher bei ausgeprägten und komplexen somatoformen Störungsbildern als Behandlungsmethode der Wahl. In diesen Therapien setzt sich der Patient gründlich mit der Wahrnehmung und Bewertung seiner Symptome auseinander und entwickelt anstelle des einseitigen organmedizinischen Krankheitsmodells neue Einsichten, die zusätzlich psychologische und physiologische Prozesse bei der Genese bzw. Aufrechterhaltung seiner Beschwerden berücksichtigen. Dabei werden Möglichkeiten einer verbesserten Symptombewältigung erarbeitet und evaluiert (z. B. Ablenkungsstrategien, gezielte kognitive und Verhaltensänderungen zur Verbesserung der subjektiven Unannehmlichkeit, Verzicht auf dysfunktionales Krankheitsverhalten). Die zentralen Aspekte eines verhaltensmedizinischen Programms sind in folgender Übersicht zusammengefasst. Alle Maßnahmen sind unmittelbar aus dem in Abb. 15.10-1 dargestellten Krankheitsmodell ableitbar und somit rational begründet. Elemente eines verhaltensmedizinischen/psychotherapeutischen Behandlungsprogramms 1. Für psychologischen Therapieansatz motivieren: den Patienten und seine Symptome ernst nehmen, evtl. zeitliche Befristung vereinbaren 2. Einführung eines psychophysiologischen Krankheitsmodells: – Erklärung der Symptome durch Faktoren wie selektive Aufmerksamkeit, Stress, Anspannung, Ängstlichkeit, Depressivität usw. – Abbau des einseitig organmedizinischen Modells und stattdessen Aufbau eines psychophysiologischen Krankheitsverständnisses 3. Evaluation dieses Modells: – Einsatz von Symptomtagebüchern (z. B. zur verbesserten Symptomkontrolle) – Verhaltensexperimente (z. B. Provokation von Körpersensationen) – Entspannungsmethoden (z. B. bei verspannungsbedingter Symptomverstärkung) – Bio-Feedback (z. B. zur Demonstration psychophysiologischer Zusammenhänge) – Reattribuierung von inadäquaten Krankheitsüberzeugungen – Bei Komorbidität Abbau depressiver Denk- und Verhaltensmuster und evtl. Verbesserung der Angst- und Stressbewältigung 4. Reduktion von Krankheits- und Vermeidungsverhalten: – Abbau von Checking-Verhaltensweisen – Reduktion von überflüssigen Arztkonsultationen/Rückversicherungen – Abbau von hypochondrischem Vermeidungsverhalten – Abbau von Schonungsverhalten, stattdessen körperliche Aktivierung und Aufbau von sozialen Kompetenzen und Eigenverantwortlichkeit – Reduktion bzw. Verzicht auf nicht indizierte Medikamente – Kognitive Methoden zur Verminderung des übermäßigen Beschäftigtseins mit den eigenen Symptomen und Körperfunktionen
15.11 Schlafstörungen
15.10.5 Prognose
Ohne Behandlung muss bei allen somatoformen Störungen mit einem erheblichen Chronifizierungsrisiko gerechnet werden. Zuverlässige Daten über den prognostischen Verlauf stehen noch nicht zur Verfügung. Klinisch scheinen somatoforme autonome Funktionsstörung und undifferenzierte somatoforme Störung bessere Verläufe aufzuweisen als Somatisierungsstörung und Konversionsstörung. Die Prognose der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung dürfte primär von ihrem individuellen Schweregrad abhängen. Evvidenz der Therapieempfeehlungen Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke Haus- oder Facharzt/ Allgemeinkrankenhaus Einhaltung der beschriebenen Grundregeln im Umgang mit dem Patienten und seinen Symptomen Psycchiatrische Behandlung Antidepressiva (zur Schmerzlinderung) Opipramol Fluvoxamin, Gabapentin Serotonin-Reuptake-Hemmer (bei Hyypochondrie) Veerhaltensmedizinische/ psycchotherapeutische Behandlung Ko ognitiv-verhaltenstherapeutischer Ansatz
I-b
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15
Hiller W, Fichter MM, Rief W (2003) A controlled treatment study of somato-form disorders including analysis of health care utilization and cost-effectiveness. J Psychosom Res 54: 369–380 Maurer I, Volz HP, Sauer H (1999) Gabapentin leads to remission of somatoform pain disorder with major depression. Pharmacopsychiatry 32: 255–257 Rief W, Hiller W (1998) Somatisierungsstörung und Hypochondrie. Hogrefe, Göttingen Smith GR, Monson RA, Ray DC (1986) Psychiatric consultation in somatization disorder. A randomized controlled study. N Engl J Med 314: 1407–1413 Volz HP, Möller HJ (1998) Opipramol bei Angst- und Somatisierungsstörungen. Fortschr Neurol Psychiatr 66: S21–S24
15.11 Schlafstörungen Göran Hajak
A
15.11.1 Einleitung I-a
B
I-b III I-b
B C A
I-b
A
Schlafstörungen können Symptome psychischer oder organischer Erkrankungen sein oder als eigenständige Erkrankungen auftreten. Eine Schlafstörung bekommt die Wertigkeit einer Diagnose, wenn die Beeinträchtigung des Schlafes die Hauptbeschwerde darstellt und/oder die Schlafstörung andere physische oder psychische Störungen auslöst bzw. diese verschlimmert. Syndromatisch lassen sich vier Formen von Schlafstörungen unterscheiden (Tabelle 15.11-1). 15.11.2 Ätiologie und Pathogenese
Literatur Barsky AJ (1996) Hypochondriasis. Medical management and psychiatric treatment. Psychosomatics 37: 48–56 Bleichhardt G, Timmer B, Rief W (2004) Cognitive-behavioural therapy for patients with multiple somatoform symptoms. A randomised controlled trial in tertiary care. J Psychosom Res 56: 449–454 Fallon BA (2004) Pharmacotherapy of somatoform disorders. J Psychosom Res 56: 455–460 Fishbain DA, Cutler RB, Rosomoff HL, Rosomoff RS (1998) Do antidepressants have an analgesic effect in psychogenic pain and somatoform pain disorder? A meta-analysis. Psychosom Med 60: 503–509
Disposition, spezifische organische Ursachen, körperliche Erkrankungen und psychische Störungen können ineinander verschränkt pathogenetisch wirksam werden. Insomnien sind zumeist nichtorganische Insomnien, bei denen der gestörte Nachtschlaf als eigenständige Form im Sinne einer primären Insomnie oder im Rahmen einer psychischen Störung (z. B. Depression, Manie, Schizophrenie, Angsterkrankung, Essstörung, Demenz) auftritt, wwas anhand der Leitsymptome der jeweiligen psychiatrischen Er-
Tabelle 15.11-1. Hauptformen von Schlafstörungen Form der Schlafstörung
Leitsymptom
Charakteristika
Insomnien
Schlaflosigkeit
Verzögerte Schlafeinleitung mit Einschlafstörung, zu wenig Schlaf oder Durchschlafstörung mit durch Wachvorgänge im Ablauf gestörtem oder nicht erholsamem Schlaf mit daraus folgenden Einbußen der Tagesbefindlichkeit und der Leistungsfähigkeit
Hypersomnien
Tagesschläfrigkeit
Übermäßige Tagesschläfrigkeit mit unerwünschtem Einschlafen am Tage, bevorzugt bei Reizdeprivation oder monotoner Tätigkeit, verlängerte Schlafperiode, erschwerte Erweckbarkeit
Störungen des Schlaf-WachRhythmus
Schlaf zur falschen Zeit
Parasomnien
Störendes Ereignis im Schlaf
Im Verhältnis zur gewünschten Schlafzeit vor- oder rückverlagert, oder im 24-h-Tag unregelmäßig oder häufig wechselnd auftretende Schlafperioden Innerhalb des Schlafes oder an der Schlaf-Wach-Schwelle auftretende Störung; der Patient klagt über die Störung, nicht über deren Auswirkung auf den Schlaf, oder er nimmt die Störung nicht wahr
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15 Psychiatrische Erkrankungen
krankung zu erkennen ist. Weiterhin gibt es Insomnien im Rahmen einer organischen Erkrankung (z. B. Schmerzsyndrome, Schilddrüsenüberfunktion, menstruelle Beschwerden etc.) und substanzinduzierte Schlafstörungen (z. B. bei Alkoholmissbrauch, Stimulanziengebrauch, durch Atemwegspräparate, Antihypertensiva, Kortikosteroide, Sympathomimetika). Hypersomnien sind meist organischen Ursprungs. Das häufige Schlafapnoesyndrom tritt vor allem bei älteren, männlichen und adipösen Patienten auf und ist durch eine Obstruktion der oberen Atemwege und/oder mangelnde zentralnervöse Aktivierung der Atmungsfunktion im Schlaf begründet. Spezifische Störungen des Zentralnervensystems führen zu episodischen Bewegungsstörungen (Restless-legs-Syndrom) und nächtlichen Myoklonien (Syndrom periodischer Bewegungen), zur nicht psychogenen Störung mit exzessivem Schlaf (Narkolepsie) und anderen Hypersomnieformen. „Restless legs“ finden sich z. B. auch bei Niereninsuffizienz, Eisenmangel, Schilddrüsenfunktionsstörungen, bei Einnahme anticholinerger Substanzen und auch bei Schwangerschaft. Ein Fehlverhalten im Umgang mit der Einschlafzeit (z. B. bei Studenten), Schichtarbeit, Jetlag nach dem Überfliegen von Längengraden, hirnorganische Erkrankungen (z. B. Demenz) und noch nicht bekannte biologische Faktoren sind die häufigsten Ursachen von Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus. Die Störungen entstehen infolge mangelnder Synchronisation von durch die „innere Uhr“, d. h. durch endogene Schrittmacher festgelegte biologische Funktionen (z. B. Schlaf) und äußere Lebensbedingungen sowie mangelnde Sensitivität für synchronisierende Reize externer Zeitgeber. Parasomnien wie Alpträume, aber auch andere Parasomnien stehen häufig im Zusammenhang mit belastenden Lebensereignissen oder Stress. Für das Schlafwandeln wird – wie für den Pavor nocturnus – eine Störung des Arousal-Prozesses beim Übergang vom Tiefschlaf zum Wachzustand angenommen, die im Kindes- und Jugendalter durch eine Unreife des Zentralnervensystems verursacht worden sein soll. Sekundäre Formen durch Medikamente oder Erkrankungen des ZNS sind möglich. 15.11.3 Klinik und Diagnostik
Das Schlüsselelement in der Diagnostik von Schlafstörungen ist die Symptom- und Anamneseerhebung. Schlafstörungen sind anhand ihrer Leitsymptome zu erkennen (s. Tabellen 15.11-1, 15.11-4 bis 15.11-6). Zur präziseren Diagnostik werden strukturierte Interviews oder Checklisten eingesetzt. Eine Befragung des Bettpartners ist bei Schlafapnoen, periodischen Beinbewegungen oder Parasomnien hilfreich. Die körperliche und psychiatrische Befunderhebung ist unumgänglich, um die zwei Drittel der Patienten mit einer sekundären Schlafstörung zu erfassen. Bei Verdacht auf Schlafapnoesyndrom ist eine technische Screening-Untersuchung der kardiorespiratorischen Funktion mit ambulanten Messsystemen möglich. Handgelenksaktigraphien dienen der ambulanten Aufzeichnung des Ruhe-Aktivitäts-Profils bei Schlaf-Wach-
Rhythmusstörungen. Endpunkt der Diagnostik ist die polysomnographische Untersuchung eines Patienten in einem Schlaflabor. Sie bringt in fast der Hälfte der Fälle wesentliche zusätzliche Informationen zur nichttechnischen Diagnostik (s. Übersicht). Hauptindikationen zur Polysomnographie eines Patienten in einem Schlaflabor • Schwere Insomnien mit signifikanter Beeinträchtigung der Tagesbefindlichkeit • Therapieresistente Insomnien mit negativem Behandlungserfolg über mehr als ein halbes Jahr • Verdacht auf organisch bedingte Schlafstörung, wie vor allem Schlafapnoesyndrom, Restless-legs-Syndrom, Syndrom periodischer Beinbewegungen, nächtliche Herzrhythmusstörungen, Epilepsien etc. • Therapieresistente Schlafstörungen oder Schlafstörungen mit Eigen- oder Fremdgefährdung in Folge von Spezialsyndromen wie etwa Parasomnien (z. B. Schlafwandeln) oder SchlafWach-Rhythmusstörungen (z. B. Führen von Fahrzeugen bei Schlafstörungen infolge Schichtarbeit) • Verdacht auf Fehlwahrnehmung des Schlafzustands, also schwere subjektive Schlafstörung bei objektiv fehlendem Anhalt dafür (oder Diskrepanz zur Aussage des Bettpartners)
15.11.4 Therapie
Die Behandlung von Schlafstörungen folgt einem multimodalen Therapieansatz. Anders als die weit verbreitete Praxis muss auch hier der Grundsatz gelten: Diagnostik vor Therapie. Ist die Diagnose gesichert, muss primär ursachenorientiert therapiert werden. Symptomatische Behandlungsansätze bei Insomnien, wie etwa nichtpharmakologische Verfahren oder Schlafmitteleinnahme, erfolgen ergänzend. Verfahren der nichtmedikamentösen Insomnietherapie • Regeln der Schlafhygiene: – Nicht länger im Bett liegenbleiben als es unbedingt notwendig ist – Regelmäßige Zeiten für das Zubettgehen und das morgendliche Aufstehen einhalten – Tagesschlafepisoden unter 20 Minuten halten – Das Schlafzimmer angenehm gestalten und Dinge entfernen, die an Stressoren des Tages erinnern – Leicht verdauliches Abendessen zu sich nehmen, abendlichen Alkohol- und Koffeingenuss sowie Zigarettenkonsum minimieren – Regelmäßig nachmittags – und nicht spät abends – Sport treiben • Stimuluskontrolltherapie: – Abends nur ins Bett gehen, wenn man glaubt, einschlafen zu können – Bei Einschlafproblemen nach 15 Minuten des Wachliegens sowohl das Bett als auch das Schlafzimmer verlassen und erst wieder zu Bett gehen, wenn man glaubt, nun einschlafen zu können – Die oben genannten Regeln im Verlauf der Nacht so oft wiederholen, bis man schnell einschläft • Entspannungsverfahren: – Ein wirksames Verfahren sind die Muskelrelaxation nach Jacobson, auch autogenes Training und Biofeedback können helfen – Die Patienten müssen die Techniken ausführlich erlernen und langfristig praktizieren • Verhaltensregeln für die Nacht:
15.11 Schlafstörungen
– Die für den nächsten Tag anstehenden Tätigkeiten nicht im Schlafzimmer, sondern vor dem Zu-Bett-Gehen in einem anderen Wohnraum durchdenken, am besten aufschreiben – Die Abendstunden so entspannend wie möglich gestalten (z. B. nicht arbeiten) – Den Wecker und andere Uhren aus dem Blickfeld des Bettes verbannen und auch nachts nicht auf die Uhr sehen – Nicht ärgern, wenn das Einschlafen nicht sofort möglich ist – Auch am Wochenende und im Urlaub morgens genauso pünktlich aufstehen wie an Arbeitstagen • Schlafrestriktionstherapie: – Die Bettzeit wird so weit begrenzt, wie der Patient glaubt, in den letzten Nächten wirklich geschlafen zu haben – Tagesschlaf ist verboten – Wenn die Schlafeffizienz (Schlafzeit/Bettzeit) nach subjektiver Einschätzung >85% ist, wird die Bettzeit wochenweise um 15 Minuten verlängert – Es wird so lange fortgefahren, bis die individuell richtige Schlafzeit erreicht ist • Spezialverfahren: – Psychotherapie wie die Verhaltenstherapie werden vom ausgebildeten Spezialisten eingesetzt
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15
bung erfüllt sind und grundlegende Punkte der Schlafmittelverschreibung beachtet werden (s. die beiden folgenden Übersichten). Neben Hypnotika werden auch zahlreiche andere Substanzen zur Schlafförderung eingesetzt (Tabelle 15.11-2), deren spezifische Vor- und Nachteile beachtet werden müssen (Tabelle 15.11-3).
Die nichtpharmakologischen Therapieverfahren sind für alle Arten der Insomnie, insbesondere jedoch für chronische Insomnien geeignet (s. obige Übersicht). Schlafmittel müssen im täglichen Einsatz auf 4 Wochen beschränkt oder intermittierend (maximal 5 Therapietage pro Woche) verwendet werden. Ihr Einsatz verlangt, dass die Voraussetzungen für ihre Verschrei-
Voraussetzungen für die Verschreibung von Schlafmitteln (mod. nach Hajak u. Rüther 1995) 1. Abschluss der Diagnostik bezüglich organisch und psychiatrisch bedingter Schlafstörungen 2. Versuch ursachenorientierter, ggf. nichtmedikamentöser Verfahren 3. Gezielte Indikation bei manifester Insomnie mit Beeinträchtigung der Tagesbefindlichkeit 4. Erstellen eines Gesamtbehandlungskonzepts mit der Kombination von ursachenorientierter, nichtmedikamentöser und symptomatisch-medikamentöser Therapie 5. Erstellen eines Medikamentenplans mit Dosis der Pharmaka, Dosisänderungen im Verlauf der Behandlung, Einnahmezeit, Einnahmedauer, Absetzprozedere und Alternativen nach Abbruch der medikamentösen Behandlung 6. Ausschluss von Risikopatienten mit einem erhöhten Risiko für eine Abhängigkeitsentwicklung und mit Erkrankungen, die eine Kontraindikation für das jeweilige Präparat darstellen, oder die Präparate mit der Möglichkeit einer Medikamentenwechselwirkung einnehmen 7. Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient, wobei beide gemeinsam bereit sein müssen, einen längeren Therapieweg durchzuhalten
Tabelle 15.11-2. Vor- und Nachteile verschiedener Hypnotika und ande anderer Mittel mit sedierender Wirkung. (Nach Hajak u. Rüther 1999) Wirkstoffe
Vorteile
Nachteile
Imidazopyridine
Gute hypnotische Potenz, kurze Wirkdauer, spezifisch schlafanstoßendes Wirkprofil, geringe Adaptions- und Reboundproblematik, geringe Toxizität
Unscharfe Abgrenzung vom Benzodiazepin-Nebenwirkungsprofil, einige Berichte über Abhängigkeit
Cyclopyrrolone
Gute hypnotische Potenz, kurze Wirkdauer, gute Tagesbefindlichkeit, verhältnismäßig geringe Adaptions- und Reboundproblematik, geringe Toxizität
Benzodiazepin-ähnliches Nebenwirkungsprofil, einige Berichte über Abhängigkeit
Pyrazolopyrimidine
Gute hypnotische Potenz bei Einschlafstörungen, sehr kurze Wirkdauer, spezifisch schlafanstoßendes Wirkprofil, geringe Adaptions- und Reboundproblematik, geringe Toxizität
Kurzer Erfahrungszeitraum bezüglich WirkungsNebenwirkungs-Verhältnis, unklare Abgrenzung vom Benzodiazepin-Nebenwirkungsprofil
Benzodiazepine
Gute hypnotische Potenz, jahrelanger Erfahrungsschatz bezüglich des Wirkungs-Nebenwirkungs-Profils, geringe Toxizität
Abhängigkeitspotential, Reboundphänomene, Amnesie, Muskelrelaxation, Atemsuppression, paradoxe Reaktionen, Tiefschlafunterdrückung
Antidepressiva
Nahezu kein Abhängigkeitspotential, (geringe) Absetzprobleme, keine oder nur geringe Tiefschlafunterdrückung, antidepressive Wirkung
Relativ hohe Toxizität, anticholinerge, auch kardiale Nebenwirkungen, lange Wirkdauer, meist Unterdrückung des Rapid-eye-movement-Schlafs, wenige Anwendungsstudien bei primären Schlafstörungen
Neuroleptika
Nahezu kein Abhängigkeitspotential, keine oder allenfalls geringe Unterdrückung des Rapid-eyemovement-Schlafs, geringe Kardiotoxizität, antipsychotische Wirkung
Anticholinerge, extrapyramidalmotorische, hämatologische, blutdrucksenkende Nebenwirkungen, Spätdyskinesien, zum Teil lange Wirkdauer, wenige Anwendungsstudien bei primären Schlafstörungen
Antihistaminika
Verhältnismäßig geringe Toxizität, frei verkäuflich
Geringe hypnotische Potenz, schneller Wirkungsverlust, anticholinerge Nebenwirkungen, Abhängigkeitspotential
Alkoholderivate
Nach den wenigen Studien unbeeinflusstes Schlafprofil, schneller Wirkungseintritt
Geringe hypnotische Potenz, geringe therapeutische Breite, schneller Wirkungsverlust, Abhängigkeitspotential
Phytotherapeutika
Kein Abhängigkeitspotential, nahezu fehlende Toxizität, frei verkäuflich
Minimale hypnotische Potenz
15
1372 Substanzname
15 Psychiatrische Erkrankungen Handelsname (z. B.)
Imidazopyridine Zolpidem Stilnox, Bikalm Cyclopyrrolone Zopiclone Ximovan Pyrazolopyrimidine Zaleplon Sonata Kurz- bis mittellangwirksame Benzodiazepinhypnotika Triazolam Halcion Lormetazepam Noctamid, Loretam Brotizolam Lendormin Temazepam Remestan, Planum Loprazolam Sonin Nitrazepam Mogadan, Imeson Flunitrazepam Rohypnol Sedierende Antidepressiva Mirtazapin Remergil Trimipramin Stangyl Doxepin Aponal, Sinquan Amitriptylin Saroten, Equilibrin Mianserin Tolvin Trazodon Thombran Niedrigpotente Neuroleptika Melperon Eunerpan Pipamperon Dipiperon Promethazin Atosil Thioridazin Melleril Chlorprothixen Truxal, Taractan Laevomepromazin Neurocil Promazin Protactyl Prothipendyl Dominal Antihistaminika Diphenhydramin Dolestan, Halbmond Doxylamin Gittalun, Hoggar N Alkoholderivate Chloralhydrat Chloraldurat Phytotherapeutika Baldrian, Hopfen, Passionsblume, Iveel und zahlreiche andere Melisse, Kawain
Grundsätze der Schlafmittelverschreibung (mod. nach Clarenbach et al.) 1. Der Arzt bestimmt das Präparat, die Dosis, die Uhrzeit der Einnahme und die Therapiedauer 2. Es sollten keine unbestimmten Anweisungen zur Dosis gegeben werden 3. Nur der Arzt sollte Dosisanpassungen vornehmen 4. Bereits zu Beginn der Therapie sollte der Patient von einer täglichen Einnahme zu einer intermittierenden Behandlung bewogen werden, z. B. mit einer Einnahme nur bei abendlicher Unruhe oder am nächsten Tage bevorstehenden Anstrengungen 5. Die verschriebene Tablettenanzahl darf keine Medikationsmenge von mehr als einer täglichen Standarddosis für 4 Wochen überschreiten 6. Nach 2, spätestens 4 Wochen muss der Patient wieder einbestellt werden, um einen Ausschleichversuch einzuleiten
Die Behandlung des Schlafapnoesyndroms erfolgt nach Untersuchung im Schlaflabor und dort zumeist durch kontinuierliche positive Überdruckbeatmung (Tabelle 15.11-4). Andere Hypersomnieformen wie die Narkolepsie werden überwiegend medikamentös behandelt (s. Tabelle 15.11-4). Auch „restless
Übliche Abenddosis [mg]
T b e l llee 15.11-3. 15.11 3.. Auswahl von aab abe Tab Hypnotika und anderen Mitteln zur Behandlung von Insomnien
10 7,5 10 0,125–0,25 1–2 0,125–0,25 10–40 1–2 5–10 0,5–1 7,5–15 5–50 5–50 5–50 5–20 25–50 25–75 20–60 10–50 10–50 10–50 10–50 25–50 20–60 50–100 25–50 250–1000 Keine genaue Angaben möglich
legs“ und periodische Bewegungen lassen sich durch Pharmaka positiv beeinflussen (s. Tabelle 15.11-4). Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus sind vor allem verhaltensmedizinisch und mittels chronotherapeutischer Verfahren (z. B. Lichttherapie) anzugehen (Tabelle 15.11-5). Die Therapie von Parasomnien ist schwierig. Vielfach wird psychotherapeutisch gearbeitet, Medikamente können in Einzelfällen helfen (Tabelle 15.11-6).
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15.11 Schlafstörungen
1373
Tabelle 15.11-4. Leitsymptome und Therapieverfahren der Hypersomnien mni Syndrom
Leitsymptome
Therapie
Schlafapnoesyndrom (schlafbezogene Atmungsstörung)
Lautes, unregelmäßiges Schnarchen Beobachtungen nächtlicher Atempausen durch den Bettpartner Erhöhte Tagesschläfrigkeit mit nicht erholsamen Schlafattacken Abgeschlagenheit, Leistungsknick, Wesensänderung, intellektueller Leistungsverfall Unruhiger Schlaf Morgendliche Kopfschmerzen, Mundtrockenheit Libido- und Potenzstörungen Hypertonie, Herzrhythmusstörungen Quälende Missempfindungen der Beine Intensiver und kaum zu unterdrückender Bewegungsdrang mit dem Bedürfnis, nachts aufzustehen und umherzulaufen Nächtliche, stereotype, rhythmisch auftretende Bewegungen der Zehen, der Füße, der Beine, gelegentlich des gesamten Körpers Gefühl eines nicht erholsamen Schlafs
Kontinuierliche nächtliche Überdruckbeatmung (nCPAP: „nasal continous positive airway pressure“) Operation des Nasen-Rachen-Raumes Kieferprothesen Gewichtsreduktion Alkohol- und Nikotinkarenz Absetzen sedierender, atemdepressorischer Substanzen Vermeiden von Schlaf in Rückenlage und Höhe >1000 m
Nichtpsychogene Störung mit exzessivem Schlaf (Narkolepsie)
Kataplektische Attacken (affektiver Tonusverlust durch emotionale Anspannung) Imperative Schlafattacken Schlafparalyse (Schlaflähmung mit beim Einschlafen und Aufwachen auftretender Unfähigkeit, sich zu bewegen) Hypnagoge Halluzination, d. h. lebhafte, traumähnliche Sinneseindrücke während des Einschlafens Kontinuierliches Gefühl von Müdigkeit und Schläfrigkeit
Bei Kataplexien trizyklische Antidepressiva (z. B. Clomipramin, Imipramin) oder Monoaminoxidasehemmer (z. B. Tranylcypromin, Moclobemid, Selegilin) Bei Schläfrigkeit vigilanzsteigernde Präparate wie Modafinil, Pemolin, Fenetyllin, Methylphenidat, Metamphetamin 2- bis 4-mal jährlich Medikamentenpausen Geplante Schlafpausen am Tage
Andere Hypersomnieformen
Nichtorganische (primäre) Hypersomnie mit relativ langen, kaum erholsamen und wenig imperativen Einschlafattacken während des Tages, verlängerter Nachtschlaf Periodische Hypersomnie (Kleine-Levin-Syndrom) mit rezidivierenden Hypersomnien über Tage bis Wochen, Hypersexualität, Hyperphagie
Vigilanzsteigernde Präparate wie bei Narkolepsie
Episodische Bewegungsstörungen (Restless-legs-Syndrom) und nächtliche Myoklonien (Syndrom periodischer Bewegungen)
Mittel der ersten Wahl: L-Dopa + Benserazid oder L-Dopa + Carbidopa (bevorzugt in retardierter Form) oder Dopaminagonisten (Bromocriptin, Lisurid, Pergolid); ggf. Benzodiazepinhypnotika (vor allem Clonazepam) oder Carbamazepin Als letzte Wahl Opioide
Tabelle 15.11-5. Leitsymptome und Therapieverfahren der Störungen en d des Schlaf-Wach-Rhythmus Syndrom
Leitsymptome
Therapie
Syndrom der verzögerten Schlafphase („delayed sleep phase syndrome“)
Einschlafstörungen verbunden mit Tagesschläfrigkeit am Morgen und Schwierigkeiten aufzustehen, bei unverrückbar späten Einschlaf- und Aufwachzeiten Ungestörter Schlafablauf
Chronotherapie wie schrittweise Vorverlegung (Delay-Syndrom) bzw. Rückverlegung (Advance-Syndrom) der Einschlafzeit 1–2 h Lichttherapie täglich Vitamin B12 Melatonin Soziale Zeitgeber Geregelte Zubettgeh- und Aufstehzeiten Notfalls Hypnotika und Stimulanzien
Syndrom der vorgezogenen Schlafphase („advanced sleep phase syndrome“)
Frühes abendliches Einschlafen verbunden mit Durchschlafstörungen und Früherwachen bei unverrückbar frühen Einschlaf- und Aufwachzeiten Ungestörter Schlafablauf
Nicht-24-Stunden-SchlafWach-Syndrom
Allmählicher Wechsel von komplett schlaflosen Nächte mit Schlaf am Tage und Perioden normalen Schlafes Beständiges Muster einer 1- bis 2-stündigen, täglichen Verzögerung der Einschlaf- und Aufwachzeiten
Unregelmäßiges Schlaf-Wach-Muster
Zeitlich desorganisierte und unregelmäßige Episoden von Schlafen und Wachen
Schichtarbeit
Chronische, intermittierend stärkere Schlafprobleme und Tagesmüdigkeit Insomnie, aber auch Hypersomnie bei Wechsel in Früh- oder Spätschichten, vor allem Nachtschichten Hohe Verletzungsraten und verminderte Leistungsfähigkeit bei der Arbeit Herzerkrankungen oder Geschwüre der Magenschleimhaut
Im Uhrzeigersinn wechselnde Schichten Einzeln eingestreute Nachtschichten, lange (>14 Tage) oder kurze Nachtschichtperioden von maximal 3 Tagen Notfalls kurzwirksame Hypnotika in den ersten 1–3 Tagen nach einem Schichtwechsel
15
15
1374
15 Psychiatrische Erkrankungen
Tabelle 15.11-5. Fortsetzung Syndrom
Leitsymptome
Therapie
Syndrom des Zeitzonenwechsels (Jetlag)
Schlafprobleme nach schnellem Wechsel der Zeitzonen Flugreisen
Voranpassung zu Hause durch Tagesaktivität entsprechend der Ortszeit des Ziellandes Bei Westflug nur kurze Nickerchen halten Bei Ostflug (meist nachts) im Flugzeug schlafen Im Flugzeug wenig Alkohol trinken Sich am Ankunftsort sofort und strikt an die dortige Tageszeit und den Lebensrhythmus halten Verstärkt am sozialen Leben teilnehmen Körperliche Aktivität im Freien unter hellem Licht durchführen Bei sehr kurzen Aufenthalten entsprechend derHeimatzeit leben und schlafen
Verminderte Leistungsfähigkeit, allgemeines Unwohlsein, Appetitlosigkeit, gastrointestinale Beschwerden Die Störung ist passager und sistiert innerhalb von Tagen
Tabelle 15.11-6. Leitsymptome und Therapieverfahren der Parasomnien mnie Syndrom
Leitsymptome
Therapie
Schlafwandeln (Somnambulismus)
Komplexe Verhaltensweisen im Schlaf, von einfachem Aufsetzen bis z. B. zu Tätigkeiten im Haushalt, beginnend im Tiefschlaf, schwere Erweckbarkeit während der Episode Amnesie für das Ereignis
Sicherung (z. B. Schließen von Fenstern und Türen Bett in Bodenhöhe Antizipatorisches Erwecken Entspannungstechniken Einhalten eines regelmäßigen SchlafWach-Rhythmus Notfalls bei Schlafwandlern und Pavor nocturnus Hypnotika oder Antidepressiva (z. B. Fluoxetin, Citalopram), die tiefschlaf- und traumreduzierend wirken Psychotherapie
Alpträume
Relativ langes, angstbesetztes Traumerleben, zunehmende Beängstigung gegen Ende des Traumes, plötzliches Erwachen aus dem Schlaf mit einer angstvollen Traumerinnerung Abruptes nächtliches Aufschrecken aus dem Tiefschlaf mit massivem Angstaffekt, z. T. mit initialem Schrei, autonomer Aktivierung mit Schwitzen, Gesichtsröte, Tachypnoe, Tachykardie und Mydriasis, keine Reaktion auf Ansprache, verwirrt und desorientiert nach einem Erwecken, weitgehende Amnesie für das Ereignis am nächsten Morgen Rhythmische Aktivität der Kaumuskulatur mit Aufeinanderpressen und Verschieben der oberen und unteren Zahnreihen, z. T. mit lauten Mahlgeräuschen
Pavor nocturnus
Bruxismus (Zähneknirschen) Enuresis nocturna (nächtliches Einnässen) Schlaftrunkenheit
REM-Schlaf-Verhaltensstörung
Jactatio capitis nocturna
Einschlafmyoklonien Nächtliche Beinkrämpfe
Schlafparalyse
Schlafbezogene schmerzhafte Peniserektionen
Muskelentspannung nach Jacobson Aufbissschiene Stressreduktion
Wiederholtes, unwillkürliches Einnässen im Schlaf und im Schlaf-Wach-Übergang Verwirrung, zeitliche und örtliche Desorientierung, motorische und kognitive Verlangsamung nach einem Erwachen aus dem Tiefschlaf, über Minuten bis Stunden anhaltend, Amnesie für das Ereignis Umfangreiche motorische Aktivitäten im sog. Rapid-eyemovement-Schlaf in Verbindung mit Traumerlebnissen, bei Aussetzen der üblichen Atonie der Muskulatur im REM-Schlaf
Klingelmatratze Psychotherapie Notfalls Stimulanzien
Rhythmische stereotype Bewegungen, gewöhnlich von Kopf und Nacken, im Übergang vom Einschlafen zum leichten Schlaf Plötzliche, kurze Bewegungen der Beine, manchmal auch der Arme und des Kopfes während des Einschlafens Schmerzhafte Empfindungen von muskulärer Anspannung, v. a. in den Waden, die sich insbesondere durch Massage, Bewegung oder Wärme bessern Unfähigkeit zur willkürlichen Körperbewegung während des Einschlafens oder nach einem Erwachen in der Nacht oder am Morgen Erwachen mit schmerzhaften Peniserektionen aus dem Schlaf, z. T. mit Traumerinnerung
Psychotherapie Stressreduktion
REM-Schlaf-supprimierende Antidepressiva (z. B. Citalopram, Fluoxetin, Mirtazapin, Moclobemid)
Im Allgemeinen nicht behandlungsbedürftig Magnesium Benzodiazepinhypnotika Im Allgemeinen nicht behandlungsbedürftig REM-Schlaf-supprimierende Antidepressiva (z. B. Citalopram, Mirtazapin, Moclobemid)
15.11 Schlafstörungen
1375
Evvidenz der Therapieempfeehlungen Form der Schlafsstörung
Therapie
Insomnien
Veerhaltenstherapeutische Maßnahmen – Stimuluskontrolltherapie – E tspa u gsve fah en – S hl frr trikti n th r pie – S hl fh hygi ne –V h l g l fü ü di N ht Schlaffffö ördernde Pharmaka – Imid z pyridin , Cyy l pyrr l n , Pyr z l pyrimidine – B nz di z pine – Antid pr i a – N r l ptika – Antihi t minika – Alk h ld ri te – Phyt th r p tika
Evvidenzgrad
Empfeehlungsstärke
I-b I-b I-b III III
A A A C C
I-a I-a I-b I-b I-b IV I-b
A A A A A C A
I-b II-b III
A B C
II-b III
B C
I-b I-b
A A
I-b I-b I-b I-b I-b IV III
A A A A A C C
Hyypersomnien Schlafaapnoe- Syndrom
Apparative /operative Therapien – K ntin i rli h nä htli h Üb rdr kb b t m ng – Kiefe p othesen – Op r ti n d N n R h n R m s Veerhaltensmaßnahmen – Gewichts eduktion – Alkohol und Nikotinkarenz, Ab bsetzen atem– depressorischer Substanzen, Veermeiden von Schlaf – in Rückenlage und Höhe >1000 m Restlesslegs, periodische Bewegungen – L D p + B n r zid d r L D p + C rbid pa – Dopaminagonisten (Bromocriptin Pergolid, – Pramipexol) – p p ) – Ca ba azepin – p y ) Narkolepsie – A tidep essiva, Mo oa i o idasehe er – Sti ula zien – S hl fp p n m T ge Andere Hyypersomniefo ormen – Vigil nz t ig rnd Präp r t i b i N rk l p ie Störungen des Schlaf--WaachRhyythmus Veerzögerte, vorgezogene Schlafp phase, Spezifiische Veerfaahren Nicht-24-Stunden-Schlaf--Waach-, – Chr n th r pi , Li htth r pie unregelmäßiges Schlaf--Waach-Muster Veerhaltensmaßnahmen – g , g g d – Au ufsstehzeiten Pharmakotherapie – Vita i B12 – Melato in – Hyp otika u d Sti ula zien Schichtarbeit – Sp zi ll S hi ht y t me – u w sa e yp ot a ac Sc c twec sel Zeitzonenwechsel Veerhaltensmaßnahmen – V r np n Ni k r h n im Fl z nig – Alkohol, neuen Lebensrhyythmus annehmen – Kö p li h Ak i i ä i F i h ll Li ht Pharmakotherapie – Melato in – Hypn tika Parasomnien Schlafw wandeln, Alpträume, Veerhaltensmaßnahmen Pavvor nocturnus – Sicherung von Haus und Schlafssituation, anti– zipatorisches Erwecken, Entspannungstechniken, – Einhalten eines regelmäßigen Schlaf--Waach-Rhyythmus Pharmakotherapie – Hypn tik d r Antid pr i a – P y h th r pie Bruxismus – Muskele tspa u g, St ess eduktion – A fb bi hi ne Enuresis nocturna – Kling lm tr tze – P y h th r pie Schlafttrunkenheit – Sti ula zien REM-Schlaf,, Veerhaltensstörung – REM S hl f pprimi r nd Antid pr i a Jactatio capitis – P y h th r pie – St ess eduktion Beinkrämpfee – Mag esium – B nz di z pinhypn tika Schmerzhaftte Peniserektionen – REM S hl f pprimi r nd Antid pr i a
II-b
B
IV
C
I-a I-b II-b IV III
B A B C C
IV
C
IV
C
I-b I-b
A A
IV
C
IV IV II-b II-b IV IV IV IV IV IV IV IV IV
C C B B C C C C C C C C C
15
15
1376
15 Psychiatrische Erkrankungen
Hajak G, Rüther E (1999) Schlafstörungen. In: Möller HJ, Laux G, Kapf-hammer HP (Hrsg) Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokyo, S 1423–1448 Hajak G, Rüther E (2000) Therapie von Ein- und Durchschlafstörungen. In: Möller HJ (Hrsg) Therapie psychiatrischer Erkrankungen. Thieme, Stuttgart New York, S 974–1018 Hajak G, Müller-Popkes K, Riemann D, Mayer G, Lauer C et al. (1997) Psychologische, psychotherapeutische und andere nichtpharmakologische Therapieformen zur Behandlung der Insomnie. Eine Stellungnahme der Arbeitsgruppe Insomnie der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin. Fortschr Neurol Psychiat 65: 133–144 Jordan W, Hajak G (1997) Gestörter Schlaf, was tun? Ein Ratgeber. Arcis, München Konietzko N, Teschler H, Freitag L (Hrsg) (1993) Schlafapnoe. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokyo Kryger MH, Roth T, Dement WC (eds) (1994) Principles and practice of sleep medicine. Saunders, Philadelphia Mahowald MW, Ettinger MG (1990) Things that go pump in the night: The parasomnias revisited. J Clin Neurophysiol 7: 119–143 Meier-Ewert K (1989) Tagesschläfrigkeit. VCH edition medizin, Weinheim Basel Riemann D, Hornyak M, Backhaus J, Voderholzer U (1999) Schlafstörungen. In: Berger M (Hrsg) Psychiatrie. Urban & Schwarzenberg, München Rühle KH (1987) Schlaf und gefährdete Atmung. Thieme, Stuttgart New York Schulz H (Hrsg) (1997) Kompendium Schlafmedizin. Ecomed, Landsberg/L. Thorpy MJ (ed) (1990) Handbook of sleep disorders. Dekker, New York Trenkwalder C (1998) Restless Legs Syndrom. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokyo World Health Organization (1991) Tenth revision of the international classification of diseases, chapter V (F): Mental and behavioural disorders (including disorders of psychological development). Clinical descriptions and guidelines. WHO, Genf
mehrerer meist nahestehender Personen, häufig mit pseudoaltruistischem Motiv bei psychotisch Depressiven; Massensuizid – eine größere Zahl von gleichzeitigen Suiziden; Amoklauf mit finalem Suizid – in seinen psychologischen Zusammenhängen meist unklar, häufig handelt es sich um krankheitswertig triebhafte Täter in subjektiven Katastrophen. Laut WHO rangiert der Suizid in der Todesursachenstatistik an zehnter, bei Kindern und Jugendlichen an siebter, im Berufsalter von Frauen an dritter und von Männern an zweiter Stelle. Wegen hoher Dunkelziffern liegt seine tatsächliche Häufigkeit um 30–100% höher als offiziell anerkannt. Bei alten Menschen steigt die Häufigkeit exponentiell an, relativiert sich aber durch andere Todesursachen. In Deutschland ereignen sich jährlich 11.000 bis 20.000 Suizide, deutlich mehr als Verkehrsunfälle. Der Parasuizid (Suizidversuch) ist etwa 5- bis 10-mal häufiger. In der Gruppe der 15- bis 24-Jährigen werden die mit Abstand meisten Parasuizide verübt. Das statistische Maß für die Suizidhäufigkeit ist die Suizidziffer, das heißt, die Suizide pro 100.000 Einwohner pro Jahr. Die Häufigkeit seit 100 Jahren in Deutschland geht aus der Abb. 15.12-1 hervor. Im Sinne eines europäischen Ost-WestGefälles war die Häufigkeit im Osten Deutschlands um 1/3 höher, sinkt aber seit Mitte der 80er-Jahre dort schneller als im Westen (Abb. 15.12-2). 15.12.2 Ätiologie und Pathogenese
Die Suche nach einem einheitlichen Radikal für Suizidalität blieb bisher unbefriedigend, es ist am ehesten als psychologisches Konstrukt von depressiver Verstimmtheit, Angst, HoffWerner Felber nungslosigkeit, Ärger und Verlust der Impulskontrolle zu beschreiben. Dahinter verbergen sich verschiedene Faktoren, die suizidale Handlungsintentionen determinieren: 15.12.1 Einleitung Biologische Faktoren: Geschlecht (männlich), Neurotransmitter (Serotoninmangel), Hinweise zur Erblichkeit, Die Suizidologie befasst sich mit wissenschaftlichen und praktiMedikamentenwirkungen (Antriebssteigerung). schen Aspekten von Selbsttötungsverhalten. Sie sollte Kenntnisse aus Geschichte, Philosophie, Theologie, Rechtswissenschaft Psychologische Faktoren: Aggressionsmodell (Freud), und Psychologie berücksichtigen. Aus anthropologischer Sicht Narzissmusmodell (Henseler), Kommunikationsmodell bedarf es einer Vorstellung vom irreversiblen Tod, um Suizid zu (Stengel) und verhaltenstheoretisches Modell (Schmidtke) begehen, weshalb man bei Kindern unter zehn Jahren wie auch können in zwei Grundmodelle zusammengefasst werden: bei Tieren besser nicht von der Möglichkeit eines Suizids spricht. Traumamodell für langfristige Entwicklungen mit beWertende Bezeichnungen wie Selbstmord (Verurteilung als lastenden Einflüssen in der Lebensbiographie (Abb. Todsünde) oder Freitodd (Verherrlichung letzter Freiheiten) sind 15.12-3) nicht hilfreich. Suizide gibt es, solange sich der Mensch seiner Latent-trait-Modell für eine eher impulsiv-suizidale selbst bewusst wurde. Gegenwärtig wird die ethisch fragwürdige Krise frustrationsintoleranter Individuen (Abb. 15.12-4). Tendenz diskutiert, dem Mediziner die Funktion der „SuizidBeide Modelle schließen potentiell soziologische und bioloassistenz“ zuzuweisen (z. B. Niederlande); die deutsche Ärztegische Faktoren mit ein und können kombiniert wirken. schaft, vor allem die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention Soziologische Faktoren: Einflüsse sozialer und kultureller (DGS), lehnt dies entschieden ab. Wirkkomponenten, am ehesten bei Kindern und JugendliKomplizierte forensische Fragen ergeben sich vor allem bei chen wirksam. mehrheitlich begangenen Suiziden: Gemeinschafts-(Familien-) Philosophische Faktoren: fragwürdiger Stellenwert einer suizid – freiwillig von mehreren Personen gemeinsam beganrationalen Interpretation, allenfalls für sehr wenige Fälle gen; erweiterter Suizid – unfreiwillige Mitnahme einer oder allein zutreffend (sog. Bilanzsuizid). 15.12 Suizidalität und Suizidprävention
15.12 Suizidalität und Suizidprävention Suizide pro 100.000 Einwohner 60
Männer gesamt Frauen
50
1377
12 11.. Suizidziffern A b b. 15 15.12-1. 15.12 Ab in Deutschland von 1893 bis 1999 (nach Angaben des Statistischen Bundesamtes der BRD, Wiesbaden)
40 30 20 10 0 1895 00
05
10
15
20
25
30
35
40
45
50
55
60
65
70
75
80 85
90 1995
Zeit (Jahre)
Männer Ost
Männer West Frauen West
Frauen Ost
A b b. 15 12 22.. Suizidziffern 15.12-2. Ab 15.12 von 1946 bis 1999 im Vergleich BRD/alte Bundesländer und DDR/neue Bundesländer, seit 1989 (Frauen) bzw. 1992 (Männer) bestehen keine signifikanten Unterschiede mehr (n.s.; nach Angaben des Statistischen Bundesamtes der BRD, Wiesbaden)
Suizide pro 100.000 Einwohner 60 50 40 n.s. 30 n.s.
20 10 0 1945
1950
1955
1960
1965
1970
1975
1980
1985
1990
1995
Zeit (Jahre)
A b b. 15 12 33.. Traumamodell 15.12-3. Ab 15.12 einer eher langfristigen suizidalen Entwicklung
Trauma in der Biographie Vulnerabilität („Traumabereitschaft”)
(traumatisierte Kindheit, Lebenskatastrophen, Holocaust)
Kompensationsversuch
Erfolg traumatisierte Persönlichkeit +
(relative Restabilisierung)
aktuelles Trauma (Verlust, Entwertung) Unerträglichkeit des Daseins
präsuizidales Syndrom (Einengung, Pause, Ärger, Wut, Aggressivität, Todesphantasien)
(Para-)Suizid
15
15
1378
15 Psychiatrische Erkrankungen
KRISE nicht beobachtbare (latente) Symptome
beobachtbare (manifeste) Symptome, insbes. kognitive Stile:
nicht beobachtbare (latente) Symptome
kognitive Rigidität, Feldabhängigkeit dichotomes Denken, Impulsivität, verschobene Zeitperspektive
A b b . 15 115.12-4. 12 44.. Latent-trait-Modell einer eher impulsiven suizidalen 15.12 Krise
Klinische Faktoren: nach Störungsbildern (Krankheiten,
Persönlichkeitsabweichungen) geortet, vereinen biologische, psychologische und soziale Voraussetzungen in sich: Depression: Erkrankung mit der höchsten Suizidalität, v.a. mit Komorbidität von Angst- und Panikstörungen, Alkoholismus oder Recurrent Brief Depression (RBD, sog. unmotivierter Suizid), ca. 4% aller bzw. ca. 15% stationär behandelter Depressiver versterben durch Suizid, bis zu 50% äußern zeitweilig Suizidgedanken. Schizophrenie: ca. 10% der Schizophreniekranken versterben durch Suizid, oft durch fremdartige oder brutale Vorgehensweise, als Motive kommen paranoid-halluzinatorische Symptome (imperative Stimmen), affektive Verstimmtheit sowie reaktive Verarbeitung der Krankheit mit ungünstigem Verlauf infrage. Sucht: ca. 7% aller süchtigen Karrieren enden durch Suizid, „Drogentote“ sind häufig schwierig zu beweisende Suizide. Weitere Störbilder: Angst-, Persönlichkeits-, Impulskontrollstörung, körperliche Krankheiten, sexuelle Deviationen. Motivationale Faktoren: eine inkonstante, subjektive, zeitgebundene Größe, die jedoch zum verstehenden Zugang Wichtiges beiträgt; zwischen Ursache und Motiv bestehen fließende Übergänge. 15.12.3 Klinik und Erkennung
Wichtigste suizidale Verhaltensweisen sind der versuchte, nicht tödlich endende und der vollendete Suizid. Ersterer ist nicht ausschließlich ein versuchter Suizid, vielmehr hat er auch soziale (appellative) Funktionen, weshalb heute besser vom Parasuizid gesprochen wird. Der Parasuizid ist eine vorsätzliche Selbstbeschädigung mit partieller Tötungsabsicht ohne tödlichen Ausgang; die Abgrenzung zu reiner Selbstschädigung und zu Suchterkrankungen kann schwierig sein. Auf Grund der Vielfältigkeit lassen sich sehr unterschiedliche Typen des Parasuizids beschreiben. Der Suizid ist eine vorsätzliche Selbstbeschädigung mit hoher Tötungsabsicht und tödlichem Ausgang; die Abgrenzung zu Unfall, Mord oder reiner Selbstschädigung mit (unbeabsichtigtem) tödlichem Ausgang kann schwierig sein.
Im Vorfeld können eine Reihe von Leidenszuständen und Verhaltensweisen genannt werden: Suizidgedanken, -ideen, -ankündigungen, -drohungen, parasuizidale Pausen, fokaler Suizid, chronischer Suizid, der nur z. T. klinische Relevanz erlangt, werden zu suizidalen Krisen zusammengefasst. Als Hintergrund eines Suizids gelten heute in mehr als 90% klinisch relevante psychische Störungen, beim Parasuizid ist von ca. 70% (leichteren) Störungen auszugehen. Die bekannteste Kurzformel zur Erkennung von Suizidalität ist das präsuizidale Syndrom nach Ringel (Einengung, Selbstaggression, Todesphantasien), das eine breite, aber unspezifische Bedeutung beansprucht. Für klinische Fragestellungen existieren Kriterienlisten (z. B. nach Kielholz, Pöldinger, Storck, Zung, Beck, Stanley), deren Validität allerdings nicht ausreicht. Zur Prädiktion des Suizids nach Parasuizid hat sich eine typologische Einteilung des Parasuizids mit operationalisierter Merkmalsliste als aussagefähig erwiesen (Felber). Eine Unsicherheit bei solchen Vorhersagen ist auf das Spektrum undeterminierbarer Entscheidungen im Bereich menschlichen Verhaltens zurückzuführen. 15.12.4 Therapie
Die Behandlung wird als Suizidprophylaxe mit unterschiedlichen Zielen zusammengefasst (Abb. 15.12-5). Professionelle und nichtprofessionelle Ressourcen sollten dabei ausgeschöpft werden. Eckpunkt ist die Beziehungsgestaltung, deren Reflexion einen unverzichtbaren Bestandteil von Psychotherapie ganz allgemein und Krisenintervention im Besonderen darstellt. Zentrale Bedeutung erlangt ein Behandlungsvertrag bei Krisenintervention mit Fokussierung auf umschriebene Konflikte, konkrete therapeutische Ziele und zeitliche Begrenzung. Im Extremfall impliziert er die Akzeptanz der Verweigerung, d. h. die Möglichkeit final-suizidaler Handlung.
Parasuizidales Rezidiv/Suizid
Tertiärprophylaxe: Verhütung weiterer suizidaler Handlungen nach bereits erfolgtem Parasuizid (Suizidprophylaxe i.e.S.)
Parasuizid
Parasuizid/Suizid
„pathologische” Krise
Sekundärprophylaxe: Verhütung einer suizidalen Handlung in einer schweren Krise (Krisenintervention)
„pathologische” Krise Primärprophylaxe: Heranbildung stabiler Individuen, die unter Belastung nicht in „pathologische” Krisen geraten (Psychohygiene) Belastung, Psychotrauma A b b. 15 115.12-5. 12 55.. Formen und Ziele von Suizidprophylaxe im weiteren 15.12 Sinne
15.13 Essstörungen
Bei Kindern und Jugendlichen, (verdachtsmäßig) psychotisch Kranken und bewusstseinsgestörten Patienten, bei denen eine Handlungsverantwortlichkeit nicht vorausgesetzt werden kann, ist weder ein Behandlungsvertrag zuzumuten noch die Akzeptanz der Verweigerung hinzunehmen, vielmehr muss gerichtlich-vormundschaftlich mitentschieden werden. Einem schriftlichen, sog. Nichtsuizidvertrag ist eher kritisch zu begegnen, er kann keine juristische Ersatzleistung darstellen. Krankheitsbilder erfordern eine optimale störungsorientierte antisuizidale Therapie. Akutbehandlungen und Langzeitkonzepte sollten den dort geltenden Leitlinien folgen. Antidepressiva allein führen zu keiner Senkung der Suizidrate. Lithium gilt heutzutage als ausreichend gesichert spezifisch antisuizidal wirksam. Eine Psychotherapie, die wichtigste Behandlung im unmittelbaren suizidalen Vorfeld, baut die Beziehung und damit den Zugang zum Patienten auf, ohne den die weitere Behandlung nicht gelingen kann. Dem Problem der schlechten Erreichbarkeit der Risikogruppen ist durch Öffentlichkeitsarbeit und Edukation zu begegnen, wodurch die bisher noch schlechten Therapieergebnisse verbessert werden können. Die heute noch unbefriedigende therapeutische Evidenz antisuizidaler Therapie geht aus der nachfolgenden Evidenztabelle hervor: Evvidenz der Therapieempfeehlungen Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke Beziehungsgestaltung IV C Behandlungsvertrag IV C Nichtsuizidvertrag IV C Störungsorientierte Therapie – Antidepressiva I-a D – Lithium I-b A – Clozapin (Neuroleptikum II-b B – P y h th r pie II-b C –Ö d II-a B – Edukation
Literatur Felber W (1999) Typologie des Parasuizids. Suizidale Gefährdung, taxonomische Auswertung, katamnestisches Ergebnis, 2. verb. Aufl. Roderer, Regensburg Freud S (1917) Trauer und Melancholie. Int Z Ärztl Psychoanalyse 6: 288–301 Henseler H (1997) Narzißtische Krisen – Zur Psychodynamik des Selbstmords. Rowohlt, Reinbeck b. Hamburg Ringel E (1953) Der Selbstmord – Abschluß einer krankhaften psychischen Entwicklung (Eine Untersuchung an 745 geretteten Selbstmördern). Maudrich, Wien Schmidtke A (1988) Verhaltenstheoretisches Erklärungsmodell suizidalen Verhaltens. Roderer, Regensburg Stengel E (1961) Selbstmord und Selbstmordversuch. In: Gruhle HW, Jung R, Mayer-Gross W, Müller M (Hrsg) Psychiatrie der Gegenwart. Forschung und Praxis, Bd. III. Springer, Berlin Göttingen Heidelberg, S 51–74
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15
15.13 Essstörungen Manfred M. Fichter
15.13.1 Einführung
Der Londoner Arzt Richard Morton hat in seiner Monographie „Phthisiologia, seu exercitationes dei phthisis“ 1689 auf Latein erstmals detailliertere Fallberichte von Magersüchtigen geliefert, die er mit dem Begriff „nervous consumption“ von anderen körperlichen Erkrankungen wie Kachexie abgrenzte. Unter diesen Fällen war auch ein Knabe. 1979/80 wurde erstmals das Krankheitsbild der Bulimia nervosa detailliert beschrieben und definiert. Mehr als 90% aller Fälle von anorektischen und bulimischen Essstörungen sind weiblichen Geschlechts. Sowohl zu viel als auch zu wenig über längere Zeit zu essen, hat ungünstige Auswirkungen auf die Gesundheit. 15.13.2 Diagnose und Differentialdiagnose
Meist helfen uns für die Diagnosestellung von Essstörungen Laborbefunde und andere technische Befunde nur wenig. Erforderlich ist eine detaillierte psychiatrische Exploration, um Kontext und Motive des veränderten Essverhaltens zu eruieren. Diagnostische Kriterien für die drei wesentlichen Essstörungen – Anorexia nervosa, Bulimia nervosa und (in jüngster Zeit) „binge eating disorder“ – sind in der folgenden Übersicht dargestellt. Diagnostische Kriterien für Essstörungen Anorexia nervosa (AN) nach ICD-10 (F50.0) 1. Tatsächliches Körpergewicht mindestens 15% unter dem erwarteten (entweder durch Gewichtsverlust oder nie erreichtes Gewicht) oder Body Mass Index von 17,5 kg/m2 oder weniger. Bei Patienten in der Vorpubertät kann die erwartete Gewichtszunahme während der Wachstumsperiode ausbleiben 2. Der Gewichtsverlust ist selbst herbeigeführt durch: a)Vermeidung von hochkalorischen Speisen und eine oder mehrere der folgenden Möglichkeiten: b) Selbstinduziertes Erbrechen, c) selbstinduziertes Abführen, d) übertriebene körperliche Aktivitäten, e)Gebrauch von Appetitzüglern und/oder Diuretika 3. Körperschemastörung in Form einer spezifischen psychischen Störung: die Angst, zu dick zu werden, besteht als tief verwurzelte überwertige Idee; die Betroffenen legen eine sehr niedrige Gewichtsschwelle für sich selbst fest 4. Eine endokrine Störung auf der Hypothalamus-HypophysenGonaden-Achse. Sie manifestiert sich bei Frauen als Amenorrhö und bei Männern als Libido- und Potenzverlust. Eine Ausnahme stellt das Persistieren vaginaler Blutungen bei anorektischen Frauen mit einer Hormonsubstitutionstherapie zur Kontrazeption dar. Erhöhte Wachstumshormon- und Cortisolspiegel, Änderung des peripheren Metabolismus von Schilddrüsenhormonen und Störungen der Insulinsekretion können gleichfalls vorliegen 5. Bei Beginn der Erkrankung vor der Pubertät ist die Abfolge der pubertären Entwicklungsschritte verzögert oder gehemmt (Wachstumsstopp; fehlende Brustentwicklung und primäre Amenorrhö beim Mädchen; bei Knaben bleiben die Genitalien kindlich). Nach Remission wird die Pubertätsentwicklung häufig normal abgeschlossen, die Menarche tritt aber verspätet ein
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15 Psychiatrische Erkrankungen
Anorexia nervosa (AN) Untertypen • F50.00: Anorexia ohne aktive Maßnahmen zur Gewichtsabnahme (Erbrechen, Abführen etc.) • F50.01: Anorexia mit aktiven Maßnahmen zur Gewichtsabnahme (Erbrechen, Abführen etc., u. U. in Verbindung mit Heißhungerattacken • F50.1 Atypische Anorexia nervosa li l i ne Bu nac ac h ICD-10 ((F50.2)) ulimia limia ner er v oosa ((BN)) na 1. Eine andauernde Beschäftigung mit Essen, eine unwiderstehliche Gier nach Nahrungsmitteln, die Patientin erliegt Essattacken, bei denen große Mengen Nahrung in sehr kurzer Zeit konsumiert werden 2. Die Patientin versucht, dem dick machenden Effekt der Nahrung durch verschiedene Verhaltensweisen entgegenzusteuern: selbstinduziertes Erbrechen; Missbrauch von Abführmitteln, zeitweilige Hungerperioden, Gebrauch von Appetitzüglern, Schilddrüsenpräparaten oder Diuretika. Wenn die Bulimie bei Diabetikerinnen auftritt, kann es zu einer Vernachlässigung der Insulinbehandlung kommen 3. Die psychopathologische Auffälligkeit besteht in einer krankhaften Furcht davor, dick zu werden; die Patientin setzt sich eine scharf definierte Gewichtsgrenze, weit unter dem prämorbiden, vom Arzt als optimal oder „gesund“ betrachteten Gewicht. 4. Häufig lässt sich in der Vorgeschichte mit einem Intervall von einigen Monaten bis zu mehreren Jahren eine Episode einer Anorexia nervosa nachweisen. Untertypen • F50.3: Atypische Bulimia nervosa: ein oder mehrere Kennmerkmale der BN F50.2 fehlen • F50.4: Essattacken bei sonstigen psychischen Störungen: übermäßiges Essen als Reaktion auf belastende Ereignisse mit daraus resultierendem Übergewicht. Trauerfälle, Unfälle, Operationen und emotional belastende Ereignisse können von einem „reaktiven Übergewicht“ gefolgt sein • F50.5: Erbrechen bei sonstigen psychischen Störungen: Erbrechen in Zusammenhang mit einer dissoziativen Störung (F44), einer hypochondrischen Störung (F45.2) oder im Sinne einer psychogenen Hyperemesis ravidarum • F50.8: Sonstige Essstörungen: psychogener Appetitverlust, nichtorganische Pica (Essen von Papier, Sand etc.) bei Erwachsenen • F50.9: Nicht näher bezeichnete Essstörung „Binge eating disorder“ (BED) nach den DSM-IV-Kriterien der American Psychiatry Association (1994) 1. Wiederholte Episoden von Essanfällen. f Eine Episode von „Essanfällen“ ist durch die beiden folgenden Kriterien charakterisiert: a) Essen einer Nahrungsmenge in einem abgrenzbaren Zeitraum (z. B. in einem 2-Stunden-Intervall), die definitiv größer ist als die Nahrungsmenge, die die meisten Menschen in einem ähnlichen Zeitraum unter ähnlichen Umständen essen würden b) Ein Gefühl des Kontrollverlustes über das Essen während der Episode (z. B. ein Gefühl, dass man mit dem Essen nicht aufhören bzw. nicht kontrollieren kann, was und wie viel man isst) 2. Die Episoden von Essanfällen treten gemeinsam mit mindestens 3 der folgenden Symptomen auf: a) wesentlich schneller essen als normal, b) essen bis zu einem unangenehmen Völlegefühl, c) großer Nahrungsmengen, wenn man sich körperlich nicht hungrig fühlt, d) alleine essen aus Verlegenheit über die große Menge, die man isst, e) Ekelgefühle gegenüber sich selbst, Deprimiertheit oder große Schuldgefühle nach dem übermäßigen Essen 3. Es besteht deutliches Leiden wegen der Essanfälle 4. Die Essanfälle treten im Durchschnitt an mindestens 2 Tagen in der Woche während mindestens 6 Monaten auf 5. Die Essanfälle gehen nicht mit dem regelmäßigen Einsatz von unangemessenen kompensatorischen Verhaltensweisen einher und treten nicht ausschließlich im Verlauf einer Anorexia nervosa oder Bulimia nervosa auf
Dieses Krankheitsbild ist besonders dadurch charakterisiert, dass der bestehende Gewichtsverlust im Rahmen der Krankheit selbst herbeigeführt und intendiert ist. Es besteht eine Weigerung, sich Nahrung in ausreichender Menge zuzuführen, eine sehr große Angst davor, zu dick bzw. übergewichtig zu werden, und das Selbstwertgefühl wird in ganz hohem Maße über das Erreichen von (Unter-)Gewichtszielen definiert. Charakteristisch sind auch Körperschemastörungen: Die Betroffenen nehmen sich selbst als dicker wahr als sie tatsächlich sind. Unterschieden werden zwei wesentliche Formen von Magersucht: die asketische (restriktive) Magersucht, bei der mit asketischen Mitteln (Diät halten, Fasten, erhöhte körperliche Bewegung) ein Gewichtsverlust herbeigeführt wird, und eine Form von Magersucht, die mit Heißhungerattacken und meist mit unangemessenen, eine Gewichtszunahme verhindernden Maßnahmen (Erbrechen, Abführmittelabusus) einhergeht. Zwanghaftigkeit im Zusammenhang mit Essen, Nahrung und Gewicht, aber auch in anderen Bereichen sind häufig. Bulimisch Magersüchtige sind (wie BN-Patientinnen) sexuell aktiver als die meist von sexuellen Ängsten geprägten restriktiv Magersüchtigen. Differentialdiagnostisch von AN zu unterscheiden sind medizinische Erkrankungen, die mit einer Kachexie einhergehen (Tumoren, Infektionserkrankungen etc.). Wesentlich für die Diagnose ist nicht das Ausmaß an Kachexie, sondern das Motiv dafür. Auch psychische Erkrankungen wie Depression oder Schizophrenie können mit reduzierter Nahrungseinnahme einhergehen, die dort aber Folge von Appetitverlust (Depression) oder von Wahnvorstellungen (Schizophrenie) ist. Es bestehen Übergänge zu Zwangssyndromen und körperdysmorphen Störungen. Bulimia nervosa (BN)
BN beginnt ebenso wie Magersucht bei adoleszenten Mädchen oder jungen Frauen. Wie AN kommt BN relativ selten bei jungen Männern vor. Bei BN besteht leichtes (nicht schweres wie bei AN) Untergewicht, Normalgewicht oder Übergewicht. Die bulimische Symptomatik wirkt kurzfristig verstärkend; langfristig ziehen die Essattacken und besonders die einer Gewichtszunahme entgegensteuernden Maßnahmen wie Erbrechen und Abführmittelabusus (Purging-Verhalten) ernst zu nehmende Folgen nach sich. In Folge von Abführmittelabusus kommt es zu einer metabolischen Azidose, und es kann eine hypertrophe Osteoarthropathie auftreten. Als Folge des Erbrechens kommt es zu Elektrolytentgleisungen (Hypokaliämie, Hypochlorämie, Hypophosphatämie, Hypomagnesiämie, Hypozinkämie und metabolische Alkalose); klinisch kann es zu Vergrößerung der Speicheldrüsen (Sialadenose), Rissen im Ösophagus, zu gastrischer Ruptur, Kardialarrhythmien und Nierenversagen kommen. Differentialdiagnostisch sind neurologische und andere medizinische Erkrankungen wie das Kleine-Levin-Syndrom und hypothalamische Tumoren auszuschließen; dabei fehlt die bei BN und bulimischer AN bestehende übermäßige Beschäftigung mit
15.13 Essstörungen
Figur und Gewicht („overconcern of body shape and weight“). Es gibt Übergänge zu impulsiven Syndromen (multiimpulsive BN). „Binge eating disorder“ (BED)
BED ist im Wesentlichen sehr ähnlich definiert wie BN, nur dass bei BED bestimmte, einer Gewichtszunahme entgegensteuernde Verhaltensweisen (Erbrechen, Laxanzienabusus, Einnahme von Schilddrüsenpräparaten, Einnahme von Diuretika) fehlen. Dementsprechend sind viele, aber nicht alle BED-Betroffenen leicht oder schwerer übergewichtig. Somit fehlen bei BED auch die in Folge von „Purging-Verhalten“, d. h. durch selbstinduziertes Erbrechen oder Missbrauch von Laxanzien, Diuretika oder Klistieren entstandenen Folgesymptome. 15.13.3 Häufigkeit, Verlauf und Prognose Anorexia nervosa (AN)
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15
Soziokulturelle Faktoren
Anorektische und bulimische Essstörungen treten besonders in industrialisierten Ländern auf. Hier gibt es einen erheblichen Nahrungsüberfluss – vermutlich eine „conditio sine qua non“ für die Entstehung anorektischer und bulimischer Essstörungen. In den westlichen Industrieländern ist der Druck – besonders für junge Frauen – sehr groß, einen schlanken Körper zu haben. Schlank zu sein ist erstrebenswert und wird gleichgesetzt mit Erfolg und Schönheit. Sehr viele Frauen machen Diät oder fasten zeitweilig, und manche von ihnen geraten auf diesem Weg in eine Essstörung. Der Beginn von AN und BN und in vielen Fällen von BED ist im Jugendalter am Ende der Pubertät, einer Zeit, in der äußerlich und innerlich erhebliche körperliche Veränderungen stattfinden. Eine wichtige Rolle für die Regulation der Nahrungszufuhr spielen der laterale Hypothalamus („Esszentrum“) und der mediale Hypothalamus („Sättigungszentrum“). Verschiedene Neurotransmitter und Peptide bewirken eine Verminderung der Nahrungszufuhr: Corticotropinreleasing-Hormone, Cholezystokinin, Glukagon, Bombesin, Gastrin-releasing-Peptide, Somatostatin, Leptin und das Monoamin Serotonin. Andere Substanzen vermögen die Nahrungszufuhr zu vergrößern wie z. B. Neuropeptid Y und Peptid YY, Galanin, Dynorphin, β-Endorphin, Growth-Hormone, Releasing-Hormone und das Monoamin Noradrenalin. Experimentell wurde gezeigt, dass verstärktes Essen (Frustessen) im Zusammenhang mit Stress ausgelöst werden kann.
Besonders seit den 60er/70er Jahren des letzten Jahrhunderts haben anorektische Essstörungen erheblich zugenommen. Etwa 0,4–1,1% der jugendlichen Mädchen und jungen Frauen bis 35 Jahre sind von einer AN betroffen. Die Erkrankung beginnt in der Regel in der Adoleszenz (16.–18. Lebensjahr) und kann durch bedrohliche Lebensereignisse, die die Betroffenen verunsichern und starke Ängste bereiten, ausgelöst werden. AN ist eine der psychischen Erkrankungen mit der höchsten Sterblichkeit, nur noch übertroffen von der Mortalitätsrate bei polytoxikomanen Drogenabhängigen. Die Mortalität bei Magersucht ist erheblich höher als bei Depressionen und bei Schizophrenie. Im Biologische Faktoren Langzeitverlauf liegt die Sterblichkeit bei ca. 15%. Sowohl bei untergewichtigen Magersüchtigen als auch bei Abmagerung in Folge anderer Gründe findet eine Sparschaltung des Organismus statt. Als Ausdruck dieser Verringerung des SympaBulimia nervosa (BN) BN findet sich bei adoleszenten und jungen Frauen mit einer thikotonus treten u. a. Bradykardie, Hypertension und DysregulaHäufigkeit von 0,8–3%. Wie bei Magersucht sind überwiegend tion der Körpertemperatur auf. Zahlreiche endokrine Verän(12:1) Frauen betroffen. Langzeitverlaufsuntersuchungen derungen wurden bei Magersucht beschrieben (s. Übersicht). mit allerdings noch begrenzten Zeiträumen (6 Jahre) zeigen einen für BN im Vergleich zur Magersucht etwas günstigeren Stoffwechselveränderungen und Laborbefunde bei anorektischen und bulimischen Essstörungen Verlauf. „Binge eating disorder“(BED)
Diese Erkrankung ist unter adoleszenten Mädchen und jungen Frauen vergleichsweise so stark verbreitet wie BN (ca. 1–5%) und findet sich etwas häufiger als AN und BN auch bei Männern, wenngleich überwiegend Frauen betroffen sind. Der mittelfristige Verlauf von BED ist ähnlich wie der bei BN. 15.13.4 Ätiologie und Pathogenese
Für die Ätiologie und Pathogenese von anorektischen und bulimischen Erkrankungen müssen in Betracht gezogen werden: 1. soziokulturelle Faktoren, 2. biologische Faktoren (genetisch, neurochemisch) sowie 3. Lebensereignisse und chronische Belastungen.
• Durch Abmagerung: – Hypercholesterinämie – Hyperkarotinämie – Erhöhte Leberenzyme GOT, GPT, γ-GT – Normochrome Leukopenie bei relativer Lymphozytose – Anämie – Thrombozytopenie – T3 vermindert – Hyperkortisolismus – Regression der Hypothalamo-Hypophysen-Gonaden-Achse – Verminderung des Energieverbrauchs – Osteoporose • Durch Erbrechen: – Hyperamylasämie – Herzrhythmusschäden – Nierenversagen – Hypokaliämie – Hypochlorämie – Metabolische Alkalose (erhöhtes Serumbikarbonat) • Durch Laxanzienabusus: – Metabolische Azidose • Sonstige: – Hypophosphatämie – Hypozinkämie
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15 Psychiatrische Erkrankungen
Wie sich in Hungerexperimenten bei gesunden Probanden aufzeigen ließ, sind diese Veränderungen jedoch sekundär bedingt durch die temporär reduzierte Nahrungszufuhr oder das Untergewicht. Mit bildgebenden Verfahren konnte eine Hirnatrophie bei Magersucht aufgezeigt werden, die jedoch weitgehend durch Gewichtsrestitution reversibel ist. Externe Faktoren und Belastungen
Die Adoleszenz ist eine Zeit des Überganges von der Kindheit zum Erwachsenen. Damit entstehen neue Anforderungen für das
Individuum: Leistungserwartungen in Ausbildung und Beruf, Sexualität, Beziehungsfähigkeit mit dem anderen Geschlecht sowie die Entwicklung der inneren Reife zur späteren Übernahme der Rolle als Mutter. Bei einer anorektischen oder bulimischen Essstörung sind die damit verbundenen Unsicherheiten und Ängste auf das überschaubare Feld von Figur und Gewicht reduziert, dessen Kontrolle für die Betroffenen leichter zu erreichen ist als die Bewährung als Erwachsener. Viel wurde über den Einfluss familiärer Faktoren auf die Entstehung von anorektischen und bbulimischen Essstörungen geschrieben, doch nur wenig davon
Tabelle 15.13-1. Störungsbereiche und therapeutische Interventioneen Störungsbereiche
Therapeutische Interventionen
Informationsdefizite
Vermittlung von Informationen über: Folgen anorektischen bzw. bulimischen Verhaltens Stressreaktionen Erwartung Möglichkeiten und Grenzen einer Behandlung Selbsthilfe Rückfallprophylaxe
Gestörtes Essverhalten
Beratung hinsichtlich wirklich gesunder Ernährung und Verhaltenstherapie bzgl. Essverhalten: Verhaltensanalyse Tagesstrukturierung mit 3 festen Mahlzeiten und evtl. 1–2 Zwischenmahlzeiten Verbreiterung der Nahrungspalette (keine „verbotenen“ Nahrungsmittel) Kein Essen außerhalb fester Mahlzeiten
Dysfunktionale, irrationale Gedanken, Überzeugungen und Werthaltungen
Kognitive Verhaltenstherapie: Funktionale Analyse von Auslösereizen – Verhalten – Konsequenzen Identifikation dysfunktionaler Gedanken und Überzeugungen Infragestellung dysfunktionaler Gedanken und Überzeugungen („Sokratischer Dialog“) Aufbau rationaler angemessener Gedanken und Überzeugungen
Störungen der interozeptiven, propriozeptiven und emotionalen Wahrnehmung
Wahrnehmungstraining: Körperorientierte Übungen Schulung der proprio- und interozeptiven Wahrnehmung Schulung der emotionalen Wahrnehmung
Störungen im Ausdruck von Gefühlen
Training des emotionalen Ausdruckes: Katharsisübungen Aufbau sozialer Kompetenz im Rollenspiel Übungen zum angemessenen Ausdruck von Gefühlen
Chronische Belastungen, belastende Lebensereignisse bei unzureichender Bewältigungskompetenz
Abbau von Druck und Stress durch kompetente Bewältigung: Fokussieren auf interpersonalen Beziehungen, z. B. durch interpersonale Therapie (IPT) Entscheidungsfindung, Klärung von Ambivalenzen Einbeziehen des sozialen Umfeldes (Eltern, Partner etc.)
Medikation
Soweit indiziert: Substitution von Kalium und anderen Elektrolyten Bei Bulimia nervosa und „binge eating disorder“ Gabe von Antidepressiva (speziell Serotoninwiederaufnahmehemmer (z. B. Fluoxetin, Paroxetin)
Unter- oder Übergewicht
Gewichtskontrolle und -management Essen, wenn hungrig, nicht wenn unter Druck Bei Untergewicht schrittweiser Aufbau des Körpergewichts z. B. durch kontingentes verhaltenstherapeutisches Gewichtsprogramm Bei Übergewicht schrittweise langsame Gewichtsreduktion mit therapeutischer Begleitung; keine Crash-Diäten; bei Extremfällen ggf. chirurgische Intervention
Passivität und Mangel an Verantwortungsübernahme
Bearbeitung vorhandener Ängste z. B. vor Zurückweisung Tagesstrukturierung und Aktivierung Heranführung an Verantwortungsübernahme
Ängste vor Rückfall
Maintenance-Programm: Problemsituationen antizipieren und klären Schrittweises Heranführen an den Alltag Weiterführende Therapie einleiten
15.13 Essstörungen
ist empirisch fundiert. Russell et al. konnten aufzeigen, dass die Einbeziehung eines oder beider Elternteile in die Therapie (Familientherapie) nur bei jüngeren Patienten (unter 18 Jahren) wirkungsvoll war. Sollwerttheorie der Regulation des Körpergewichts
Nach der Sollwerttheorie der Regulation des Körpergewichts, die aus der tierexperimentellen Forschung stammt, besteht ein kybernetischer Sollwert für das Gewicht; der Körper reguliert sich in einer Weise, dass dieses Sollwertgewicht erhalten bleibt bzw. erreicht wird. Auf die Gesamtbevölkerung bezogen ist dieser Mechanismus, dessen genaue Zusammenhänge noch unbekannt sind, sehr effektiv. Im Rahmen von Essstörungen wird intentional (Magersucht) oder durch Essattacken eine Störung in diesem System herbeigeführt, die zu Gewichtsabnahmen oder -zunahmen abweichend vom Sollwert führt. Depressionen, Angsterkrankungen und Substanzabhängigkeit finden sich sowohl bei bulimisch Magersüchtigen und BNPatientinnen als auch bei deren biologischen Verwandten gehäuft (Komorbidität). 15.13.5 Behandlung von Essstörungen
Sehr detaillierte Beschreibungen für die Therapie von Essstörungen finden sich in der APA „practice guideline on eating disorders“, die über das Internet bezogen werden kann (http:// mentalhealth.ucla.edu/apa.scpg/eating_disorders). Die meisten empirischen Untersuchungen bestätigen die Wirksamkeit von kognitiver Verhaltenstherapie für AN, BN und BED. Verschiedene Antidepressiva wie z. B. der diesbezüglich relativ gut untersuchte Serotonin-Reuptake-Inhibitor Fluoxetin haben signifikant positive Auswirkungen bei BN und BED, wohl eher nicht bei AN. Unabhängig von der Substanzklasse sind antidepressive Medikamente bei Bulimia nervosa wirkungsvoller als Plazebo, allerdings verbunden mit einer höheren „Drop-out-Rate“ (Bacaltchuk u. Hay), Evidenzstufe I-a. Psychologische Therapien
Es gibt inzwischen mehrere gute Untersuchungen zur Wirksamkeit von kognitiver Verhaltenstherapie bei BN, mehrere zur Wirksamkeit kognitiver Verhaltenstherapie bei BED und relativ wenige konsolidierte Therapiestudien generell zur Magersucht, einige davon zu kognitiver Verhaltenstherapie. Kognitiv verhaltenstherapeutische Interventionen fokussieren besonders auf dem in Tabelle 15.13-1 genannten Bereich 3 (dysfunktionale, irrationale Gedanken, Überzeugungen und Werthaltungen).Dabei werden durch funktionale Analyse Auslösereize für pathologisches Essverhalten eruiert, dysfunktionale Gedanken und Überzeugungen offen gelegt, diese im sokratischen Dialog in Frage gestellt und anstelle dysfunktionaler Gedanken und Überzeugungen sinnvolle, positive, konstruktive Gedanken und Überzeugungen aufge-
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baut. Zur Wirksamkeit von Behandlungen bei BN gibt es allerdings Belege dafür, dass auch Interventionen, die etwa im Rahmen einer interpersonalen Therapie auf gänzlich andere Bereiche abzielen, eine positive Wirkung haben. Bei untergewichtig Magersüchtigen besteht die Erfordernis, die Patientin zu einer Gewichtszunahme zu veranlassen (siehe Tabelle 15.13-1, Abschnitt 8). Falls dies durch Hilfen und therapeutische Strukturierung nicht möglich ist, sollte ein verhaltenstherapeutisches kontingentes Programm zur Gewichtszunahme vereinbart werden. Erst wenn dies lege artis gemacht wurde und nicht zum Erfolg führt, sollte eine Sondenernährung erwogen werden. Eine sinnvolle Gewichtszunahme liegt bei ca. 150 g pro Tag. In Tabelle 15.13-1 sind Störungsbereiche und mögliche therapeutische Interventionen dazu breit aufgefächert dargestellt. Kontrollierte Therapieevaluationsstudien sind notgedrungen versuchsplanbedingt enger konzipiert als es die Erfordernisse des klinischen Alltags verlangen. Erheblicher Forschungsbedarf besteht zur Wirksamkeit kognitiver Verhaltenstherapie bei AN, zur Evaluation von Therapien, die auf Störungen der interozeptiven, propriozeptiven und emotionalen Wahrnehmung abzielen, Therapien, die den sozial angemessenen Ausdruck von Gefühlen, beispielsweise in einem Rollenspiel, fördern, zu wirkungsvollen Gewichtsabnahmeprogrammen bei übergewichtigen BED-Patientinnen sowie zu Maßnahmen, um den therapeutischen Erfolg langfristig zu halten („maintenance“). Mehrere wissenschaftliche Studien belegt die Wirksamkeit von kognitiver Verhaltenstherapie bei Bulimia nervosa und ähnlichen Syndromen (Evidenzstufe I-a: Hay u. Bacaltchuk 2004, Cochrane Review). Eine weitere Metastudie (Lewandowski et al. 1997), Evidenzstufe I-a, die allerdings gewisse methodische Beschränkungen hat, belegt ebenfalls die Wirksamkeit von kognitiver Verhaltenstherapie bei Bulimia. Verschiedenartige Einzel(psycho)therapiearten erwiesen sich für die ambulante Behandlung von Anorexia nervosa als wirksam, häufig ist hier allerdings eine stationäre Behandlung erforderlich. Nach einer Metastudie war Psychotherapie (kognitive Ver-haltenstherapie, Ernährungsberatung, stationäre Therapie) etwas wirkungsvoller als eine medikamentöse Therapie mit einem Antidepressivum; Psychotherapie hatte eine vergleichsweise geringere „Drop-out-Rate“ und eine bessere Akzeptanz. Die Kombination von psychologischer Therapie und antidepressiver Medikation war wirksamer als Monotherapie (Evidenzstufe I-a: Bacaltchuk et al. 2004). Auch eine andere Metastudie (Evidenzstufe I-a: Whittal et al. 1999 – qualitätsgepräfter Review mit methodischen Einschränkungen) kommt zu dem Schluss, dass sowohl antidepressive Medikation als auch kognitive Verhaltenstherapie gut toleriert wurden und wirksam waren (kognitive Verhaltenstherapie mehr als antidepressive Medikation. Unklar ist, inwieweit beide Therapieformen synergetisch wirken.
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15 Psychiatrische Erkrankungen
Evvidenz der Therapieempfeehlungen Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke Ambulante Einzelpsychotherapie I-b B bei Anorexia nervosa Ko ognitive Veerhaltenstherapie I-a A bei Bulimia nervosa und anderen Heißhungererkrankungen Antidepressive Medikation bei I-b B Bulimia nervosa (im Veergleich zu Plazebo ) Ko ombination von kognitiver I-b B Veerhaltenstherapie und antidepressiver Medikation
Lewandowski LM, Gebing TA, Anthony JL, O’Brien WH (1997) Metaanalysis of cognitive-behavioral treatment studies for bulimia. Clinical Psychology Review 17: 703–718 Whittal ML, Agras WS, Gould RA (1999) Bulimia nervosa: a metaanalysis of psychosocial and pharmacological treatments. Behavior Therapy 30: 117–135
15.14 Artifizielle Störungen Hans-Peter Kapfhammer
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Heimliche selbstschädigende Handlungen, die zu objektivierbaren Verletzungen des Körpers oder zu Krankheitssymptomen führen oder diese vortäuschen bzw. willentlich aggravieren, werden als artifizielle Störungen bezeichnet. Hierzu zählen auch sekundäre Schädigungen, die aus invasiven diagnostischen oder therapeutischen Eingriffen durch Ärzte entstehen. Neben Selbstschädigung und induzierter iatrogener Schädigung wird also immer auch ein Moment der interpersonalen Täuschung impliziert. Wenngleich den Patienten mit artifiziellen Störungen stets bewusst ist, dass sie die Krankheitssymptome bei sich selbst zielgerichtet hervorrufen und gleichzeitig mit den Beschwerden ihre soziale Umwelt, speziell Ärzte, täuschen, ist die Motivation zu diesem Handeln sehr viel komplexer, keineswegs den Patienten selbst immer eingängig und bewusst. Äußere Vorteilnahmen oder soziale Vergünstigungen spielen in Abgrenzung etwa zur Simulation eine sehr untergeordnete Rolle. Die der Definition artifizieller Störungen innewohnende absichtliche Täuschung ist der Grund, warum exakte Zahlen zur Häufigkeit nicht existieren. In der Literatur berichtete Angaben schwanken zwischen 0,05 und 2% artifizieller Störungen unter jenen Patienten, die in einem somatischmedizinischen Kontext Konsiliarpsychiatern oder -psychosomatikern vorgestellt werden. Hierbei handelt es sich in der Regel um rückgerechnete Häufigkeiten aus konsiliarischen Jahresübersichten. Die Inzidenzraten in systematischen Recherchen bei einer definierten medizinischen Fragestellung (z. B. diagnostische Klärung „rezidivierender Fieberzustände“), bei der die Möglichkeit einer artifiziellen Genese somatischer Symptome diagnostisch prinzipiell mitbedacht wird, liegen aber deutlich höher. Es muss deshalb allgemein von einer unklaren, bedeutsam höheren Dunkelziffer ausgegangen werden. Frauen überwiegen insgesamt klar. Auffällig ist soziodemographisch eine Assoziation zu medizinischen und pflegerischen Berufsgruppen. Männer hingegen sind in der Untergruppe chronischer artifizieller Störungen mit Zeichen eines umfassenden Krankenhauswanderns, gefälschten Biographien, wechselnden personalen Identitäten und sozialer Entwurzelung, die auch als „Münchhausen-Syndrom“ bezeichnet werden, stärker vertreten.
15.14 Artifizielle Störungen
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Verarbeitungsmodi eines Patienten mit schwerwiegend gestörter Persönlichkeitsorganisation unter psychischer und sozialer BelasIn einer klinisch-empirischen Perspektive ist es wichtig, ein brei- tung hinweisen. Vielmehr müssen für das Krankheitsgeschehen tes Spektrum von Störgraden bei artifiziellen Störungen anzu- auch bedeutsame dynamische Entwicklungsmomente in der Ananehmen. Am einen Pol sind passagere Reaktionsweisen in mnese beachtet werden, die therapeutisch relevant sein können. Versucht man die Aktualgenese einer heimlichen Selbstemotional belastenden Krisen oder aber leichtere neurotische Konfliktlösungsversuche. Am anderen Pol gruppieren sich misshandlung am eigenen Körper und das Ausmaß der hiermit schwere Persönlichkeitsstörungen mit narzisstischen, assoziierten Täuschungsmanöver zu verstehen, so imponiert bei Borderline- und antisozialen Zügen. Bei letzteren Patienten, die ein einer ersten klinischen Evaluation meist die große Diskrepanz oft chronisches selbstschädigendes Verhaltensmuster zeigen, beste- zwischen einer oft erschreckenden Selbstschädigung einerseits hen Hinweise für bedeutsame strukturelle Defizite in ihrer und einem offenkundigen Fehlen unmittelbar einleuchtender Persönlichkeitsentwicklung. Hiermit müssen fast regelhaft ein- psychologischer und sozialer Motive. Erst in einer mühevollen, schneidende biographische Belastungen und Traumatisie- nie vollständigen Motivanalyse kristallisiert sich eine Reihe von verdeckten Gründen für dieses annorme Krankheitsverhalten rungen in frühen Entwicklungsjahren korreliert werden: deutlich vermehrte allgemeine Belastungsfaktoren wie nied- heraus (s. folgende Übersicht). riger sozioökonomischer Status, Beziehungsabbrüche, Verluste, psychiatrische Störungen der Eltern; Psychologische Motive und psychosoziale Stressoren in der prägender Alkoholmissbrauch innerhalb der Ursprungsakuten Auslösesituation bei Patienten mit artifiziellen Störungen (nach Kapfhammer et al. 1998) familie; • Unlösbare dyadische/triadische Beziehungskonflikte mit hoher schwer gestörte Familiensysteme mit chronischer DisharAffektdynamik (Eifersucht, Enttäuschung, Rache, Rivalität): monie und abnormen Kommunikationsmustern; 17%; • Verlust/Trennung von nahen Bezugspersonen: 25%; hohe Rate an traumatisierenden Erlebnissen wie körperli• narzisstische Kränkungen im Körperselbst: 17%; chem und sexuellem Missbrauch, gravierenden emotiona• extreme innerfamiliäre Überlastung, Disharmonie, Gewalt: 15%; len Deprivationen; • extreme soziale Isoliertheit/drohende soziale Desintegration: starke Häufung eigener schwerwiegender somatischer Er23%. krankungen oder aber chronischer Krankheiten von nahen Familienmitgliedern in der frühen Lebensgeschichte. Für die beiden psychopathologischen Dimensionen „heimliche Bei diesen Patienten mit gravierenden Persönlichkeitsdefiziten Selbstschädigung“ und „interpersonale Täuschung“ müssen müssen grundlegende Beeinträchtigungen der Selbst-, speziell stets sehr vielfältige psychodynamische, aber auch psychobioloder Körperselbstentwicklung und der Regulation des Selbstwerts gische Aspekte differenziert werden (s. Übersicht). unterstellt werden. Ihre Fähigkeit, vertrauensvolle und emotional tragfähige Beziehungen einzugehen und aufrechtzuerhalund psychobiologische Motive der Selbstten, ist ernsthaft beeinträchtigt worden. Ihre Einstellungen und Psychologische schädigung und Täuschung im Krankheitsverhalten von Patienten mit artifiziellen Störungen (nach Kapfhammer 1999) Handlungen dem eigenen Körper gegenüberr weisen häufig • Selbstschädigung: Merkmale von Reinszenierungen traumatischer Erfahrungen – Ventil zur Affektregulation auf. Ihre Beziehungen zu sozialen Partnern tragen oft die Spannungsmodulation Kontrollversuch in Autonomiebehauptung Züge von Misstrauen, Täuschung und Verrat, die auch das urBeendigung von negativen Affektzuständen sprüngliche Erziehungsklima charakterisiert haben. Sexuelle Erregung: autoerotische Kompromisslösung – Suizidkorrelat/-prophylaxe In einer Perspektive der Entwicklung artifizieller Störungen Nach innen gewendete, lokalisiert gebundene Aggression ist bedeutsam, dass sich nicht selten Übergänge aus anderen Nach Selbstbestrafung: Verzeihung und Zuwendung Ärgermanagement Störungen vollziehen. In der Anamnese von artifiziellen Störun– Beendigung von Depersonalisation gen fallen gehäuft auf: Bildung/Differenzierung von Ichgrenzen – Narzisstische Regulation Suizidversuche, parasuizidale Handlungen oder offenes, Euphorie und Suchtäquivalente impulsgesteuertes Sichselbstverletzen (z. B. Schneiden an Sicherheits- und Einzigartigkeitsgefühle – Präverbaler Appell den Handgelenken); Suche nach Umsorgung und Heilung im manipulierten Essstörungen; Einsatz der Erkrankung Reaktion auf Verlust zur Kontrolle des Verlassenseins und schwere Abhängigkeiten von psychotropen Substanzen; Hilflosigkeit somatoforme Störungen (z. B. Konversionsstörung, somato– Aktive Wiederholungsinszensierung von traumatischen Erlebnissen forme Schmerzstörung). 15.14.2 Ätiologie und Pathogenese
Artifizielle Störungen sind also nicht immer nur als Handlungen zu verstehen, die auf eine akute Dekompensation in den Lebens- und
Bewältigungsversuch über Projektion, Spaltung oder pro-jektive Identifikation – Flucht vor sozialer Überforderung – (Pseudo-)Identitätsstiftung
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15 Psychiatrische Erkrankungen
Klinisch muss zwischen unterschiedlichen Schweregraden der bei sich ausgelösten Krankheitssymptome und den sekundären Behinderungen unterschieden werden (s. auch folgende Übersicht). In einer sorgfältigen konsiliarpsychiatrischen Evaluation ist bei Patienten mit artifiziellen Störungen oft auch eine bedeutsame psychiatrische Komorbidität aufzudecken. Neben unterschiedlichen Persönlichkeitsstörungen (überwiegend emotionalinstabile Borderline-, aber auch narzisstische, histrionische oder antisoziale Persönlichkeitsstörung) können zusätzlich vielfältige Störungen der Impulskontrolle, depressive, Angst- und Zwangs15.14.3 Klinik und Diagnostik störungen, dissoziative Störungen, nichtorganische Schlaf- und sePatienten mit artifiziellen Störungen können bei sich die unter- xuelle Funktionsstörungen, Abhängigkeits- und Essstörungen schiedlichsten somatischen Krankheitsbilderr induzieren (zur imponieren. Häufig bestehen neben den artifiziell induzierten soOrientierung s. folgende Übersicht). Es sind aber auch artifi- matischen Störungen auch genuine körperliche Erkrankungen, zielle Störungen mit vorrangig psychologischen Symptomen die nicht selten das modellhafte Medium für heimlich-selbstmöglich. Hierunter sind vor allem Berichte über vorgeschützte schädigende und interpersonal-manipulative Handlungen bilden. Vergewaltigungen oder posttraumatische Belastungsstörungen Auch eine Koexistenz von psychosomatischen Störungen vor nach anderen fiktiven Traumatisierungen, pathologische Trauer- allem des Essens (z. B. Anorexia oder Bulimia nervosa) bzw. des reaktionen nach behauptetem Verlust von nahen Angehörigen, Verdauungstraktes (z. B. Colitis ulcerosa oder M. Crohn) ist zu dissoziative Identitätsstörungen, vorgegebene Delire, Amnesien beachten. oder psychotische Zustandsbilder zu beachten. Sonderformen artifizieller Störungen, die aber z. B. in der Pädiatrie eine große Schweregrade artifizieller Störungen (nach Willenberg et al.) Rolle spielen, sind die so genannten „Münchhausen-by-proxyKritische Parameter: Syndrome“, bei denen meistens Mütter körperliche Krankheits• Ausmaß der Störung symptome bei ihren kleinen Kindern induzieren und sie da• Dauer der Störung • Art, Dauer, Umfang der medizinischen Inanspruchnahme durch erheblich gefährden können. Selten kommt es auch zu • Verheimlichung/Dissoziation artifiziellen Schädigungen bei erwachsenen Personen, die ein • Zugrunde liegende psychische Störung (Krise, Neurose, Persönlichkeitsstörung) Partner stellvertretend bei ihnen induziert („MünchhausenSchweregrade syndrome by adult proxy“). – Psychobiologische Aspekte Aktivierung des endogenen Opiatsystems Stimulus-Hunger-Hypothese • Täuschung – Neurotische Flucht in Wunschwelt – Leugnung und Wiederbelebung einer traumatischen Rea-lität – Narzisstische Regulation – Projektive Identifikation – Neuropsychologische Aspekte
Selbstmanipulierte Krankheitssymptome und Krankheiten (nach Ford u. Feldman 1996) • Häufiger: – Krebs – Chronische Diarrhö – Epilepsie – Unerklärte Fieberschübe – Hämaturie – Hypoglykämie – Intestinale Blutung – Eisenmangelanämie – Nierensteine • Seltener: – Aids – Anaplastische Anämie – Cushing-Syndrom – Diabetes mellitus – Goodpasture-Syndrom – Hemiplegie – Hypersomnie – Bluthochdruck – Hyperthyreose – Hypotension – Myokardinfarkt – Phäochromozytom – Augenpupillendysfunktion – Sympathische Reflexdystrophie – Septische Arthritis – Thrombozytopenie – Torsionsdystonie – Uterusblutungen – Ventrikuläre Tachykardie
• Leicht: – Oft ausschließlich vorgetäuscht – Selten artifiziell induzierte Symptome – Meist passager, oft einmalig – Gute Motivierbarkeit, gute Prognose – Meist neurotische Störung, akute Krisen • Mittelschwer: – Deutliche, progrediente Selbstschädigung – Rezivierend/anhaltend – Wiederholte medizinische Inanspruchnahme – Ausgeprägte Verheimlichung/Dissoziation – Meist Persönlichkeitsstörung • Schwer: – Schwere (lebensbedrohliche/verstümmelnde) artifizielle Symptome – Chronischer Verlauf – Exzessive medizinische Inanspruchnahme, häufige Operationen, Krankenhauswandern – Heftige Leugnungs-/Täuschungshaltung – Schwere Persönlichkeitsstörung
Eine sorgfältige organische Diagnostikk ist stets gefordert, da zum einen die artifiziellen Handlungen nicht selten zu bedrohlichen Krankheitszuständen führen, zum anderen auch koexistente, echte somatische Krankheiten vorliegen können. Der Arzt-Patient-Interaktion ist stets besondere Bedeutung einzuräumen. Patienten besitzen eine große Fertigkeit, in ihren behandelnden Ärzten eine Vielfalt von konfliktreichen, meist nicht kritisch reflektierten Gefühlen auszulösen. Zunächst erwecken sie große Erwartungen nach diagnostischer
15.14 Artifizielle Störungen
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Klärung ihrer Beschwerden, bewirken beim Behandler In der Differentialdiagnose müssen zunächst selbstschädigende narzisstische Größenphantasien, einen extrem seltenen, Handlungen ausgeschlossen werden, die vielleicht noch nie publizierten „Fall“ vor sich zu haben. Auf- Manifestationen psychotischer Erkrankungen, fällig ist die große Diskrepanz zwischen der Schwere der Be- zufällige Begleitumstände akuter Intoxikationen, psychischer oder Verhaltensstörungen bei Missbrauch oder der Abfunde und der zunehmenden Invasivität und Vielfältigkeit der durchgeführten diagnostischen Maßnahmen und Therapiehängigkeit von psychotropen Substanzen einschließlich schritte. Die hier stellvertretend ausagierte destruktive HandEntzugssyndrome, lungsweise des Arztes bleibt oft lange unerkannt und trägt ein selbstverletzende Verhaltensweisen bei anderen organischen beträchtliches Risiko einer iatrogenen Schädigung. Kommt Erkrankungen (z. B. Lesch-Nyhan-Syndrom, Cornelia-deihm schließlich der Verdacht einer vom Patienten selbst maLange-Syndrom, Rett-Syndrom, Neuroakantozytose, Chromonipulierten Krankheitssymptomatik, zeigt er meistens ein somenaberrationen) sind. detektiv-kriminalistisch anmutendes Verhalten, um dem Patienten sozusagen „auf die Spur zu kommen“. Bestätigt sich In der engeren Differentialdiagnose sind abzugrenzen: der Verdacht, so trifft den Patienten nicht selten die ganze offene Selbstverletzungen bei Impulsstörungen, Wucht seiner unkontrollierten Wut der Enttäuschung und einfache konflikt- oder spannungsbedingte Exkoriationen Entwertung. Spätestens dann wird erkennbar, dass die Arzt(z. B. Acne excorièe, Dermatitis artefacta, Perionychophagie, Patient-Beziehung pathologische, explizit sadistisch-masoTrichotillomanie), chistische Züge zeigt. Selbstschädigungen unter besonderen sozialen BedingunDie in den modernen Klassifikationssystemen von ICD-10 gen (z. B. Metallschlucken bei männlichen Gefängnisinsasund DSM-IV formulierten diagnostischen Kriterien einer artifisen, Selbstverletzungen bei Soldaten in Kampfeinsätzen), ziellen Störungg beinhalten: somatoforme Störungen (z. B. Konversions-, somatoforme Schmerzstörung), die Vortäuschung, die Aggravation und/oder das künstliche Hervorrufen von körperlichen und/oder psychischen Krank- Essstörungen, heitssymptomen; Suchterkrankungen, ein suchtartiges Verlangen nach ständig neuen Kranken- Simulationen. hausaufenthalten; eine auffällige Bereitschaft, sich invasiven diagnostischen 15.14.4 Therapie und therapeutischen einschließlich operativen Eingriffen zu unterziehen; In der ersten Phase, die meist mit der Zeit sich zuspitzender Hinweise auf viele vorangegangene Operationen; Spannungen in den Interaktionen von Patient und Behandlerteam auf der somatischen Station zusammenfällt, ist der eine pathologische Arzt-Patient-Beziehung; psychiatrische/psychosomatische Konsiliarius aufgefordert, fehlende verstehbare äußere Motive; aufklärend zu vermitteln und sich um Verständnis für die Pseudologia phantastica; Tendenz zu exzessivem Reisen bei mangelnder sozialer Ver- gravierende Psychopathologie und gestörte Interaktionswurzelung; dynamik des Patienten zu bemühen. Oft ist eine längere Selbstentlassungen gegen ärztlichen Rat (letztere drei Krite- Zusammenarbeit mit den somatischen Kollegen notwendig, da die artifiziell induzierten Verletzungen und die ärztlichen rien nur beim Münchhausen-Syndrom). Eingriffe einen anhaltenden stationären Aufenthalt bedingen. Die besonderen Charakteristika einer artifiziellen Störung Fokal müssen dann immer wieder aufkommende emotionale machen es verständlich, dass die Diagnose nur in den seltensten Konflikte erkannt und bewältigt werden. Im unmittelbaren Kontakt mit dem Artefaktpatienten steht Fällen schon positiv beim ärztlichen Erstkontakt gestellt werden kann. Typischerweise erhärten sich Verdachtsmomente erst nicht die forcierte Konfrontation mit der Selbstschädigung und dem von Täuschung und Manipulation getragenen dann, wenn ein Patient zufällig beobachtet wird, wie er an sich Krankheitsverhalten im Vordergrund. Stattdessen ist es Aufgabe des Konsiliarius, dem Patienten durch eine vorsichtige, selbst manipuliert; wenn Paraphernalien wie z. B. Blutabnahmebesteck oder nicht anklagende Ansprache von eventuellen Belastungen, Medikamente unter den persönlichen Gegenständen eines möglichen allgemeinen „psychosomatischen“ Zusammenhängen und Bedingungen seiner Körpersymptome eine Patienten gefunden werden; wenn Laborbefunde erhoben werden, die den Verdacht ei- Beziehungsbrücke zu bauen. In der Anfangsphase droht stets die Gefahr eines vorzeitigen Behandlungsabbruches durch ner Selbstmanipulation nahe legen; wenn keine bekannte Krankheit die erhobenen Befunde er- den Patienten und das dann hohe Risiko der Fortsetzung des klären kann und die Diagnose einer artifiziellen Störung selbstschädigenden Verhaltens andernorts. Da die Patienten selten über eine tragfähige Introspektion in ihre Problematik per exclusionem gestellt werden muss.
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15 Psychiatrische Erkrankungen
besitzen, müssen sie behutsam zu weiterführenden fachärztlichen Therapien motiviert werden. Bei allen mittelschweren und schweren artifiziellen Störungen ist eine stationäre Fachpsychotherapie in einer psychosomatischen oder psychiatrischen Klinik indiziert. Während der ersten Zeit ist dabei in aller Regel eine enge Kooperation mit der somatischen Abteilung nötig, da das selbstschädigende Verhalten oft auch während der Psychotherapie noch fortgesetzt wird. Im Falle einer lebensbedrohlichen Gefahr, die als unmittelbare Selbstgefährdung dann auch unmittelbar konfrontativ anzusprechen ist, muss ein Patient nach somatischer Primärversorgung unter Umständen auch gegen seinen Willen auf juristischer Basis in die geschlossene Station einer psychiatrischen Klinik verlegt werden. Allgemein besitzen psychotherapeutische Maßnahmen in der Behandlungsrationale einen klaren Vorrang. Psychopharmakologische Ansätze machen nur bei Vorliegen einer ernsthaften psychiatrischen Komorbidität einen Sinn und können in Kombination mit psychotherapeutischen Verfahren syndromorientiert eingesetzt werden. Für eine Untergruppe von Patienten mit leichten bis mittelschweren Formen artifizieller Störungen können psychodynamische/psychoanalytische Therapieverfahren einerseits, verhaltenstherapeutische Verfahren andererseits nach EBM-Kriterien den Status „möglicherweise wirksam“ beanspruchen. Es kennzeichnet aber nach wie vor eine medizinische Versorgungsrealität, dass ein hoher Prozentsatz vor allem der Patienten mit schweren Formen von artifiziellen Störungen zu psychotherapeutischen Ansätzen nicht motivierbar und auch mit anderweitigen Behandlungsangeboten oder psychosozialen Hilfen nicht erreichbar ist. Die erschwerte diagnostische Aufdeckung einer artifiziellen Störung macht es auch verständlich, dass dieser eine Neigung zur Chronizität innewohnt, wobei sicherlich die Schwere einer zugrunde liegenden Persönlichkeitsstörung und eine hiermit assoziierte psychopathologische Komorbidität einen wichtigen Einfluss auf Ausprägungsgrad und Persistenz nehmen werden. Ein wesentlicher Aspekt in der Verlaufsdynamik artifizieller Störungen ist die hohe Gefahr einer iatrogenen Schädigung und hieraus resultierender Sekundärfolgenn bzw. -behinderungen. Nicht vernachlässigt werden dürfen ferner die in der Störung inhärenten Probleme einer Suizidalität, psychotischen Dekompensation oder eines plötzlichen Versterbens nach artifiziell induzierten somatischen Krisen. In annähernder Bewertung kann die Prognose für leichte bis mittelschwere Formen als gut bis befriedigend beurteilt werden, falls geeignete Behandlungsangebote vorliegen. Bei schweren Formen, speziell bei „Münchhausen-Syndromen“, ist die Prognose aber meist sehr ungünstig, auch wenn adäquate Therapiemöglichkeiten verfügbar wären. Bei keiner anderen psychischen Störung wird so eklatant gegen die normativen Voraussetzungen der Arzt-PatientBeziehung, der Krankenrolle, des institutionellen Kontextes von Kranksein und Gesundwerden verstoßen wie bei der artifiziellen
Störung. Bedeutsame juristische Fragestellungenn beziehen sich etwa auf Fragen des ärztlichen Umgangs mit der Schweigepflicht, z. B. in der Weitergabe von Informationen an beunruhigte Familienangehörige, Partner oder Nachbehandler, der Beachtung der Rechte der Privatsphäre, z. B. Untersuchung der persönlichen Gegenstände eines Patienten bei aufkommendem Verdacht, der Bewertung einer eventuellen Haftbarkeit für entstandene Behandlungskosten, u. U. einer Strafbarkeitt für den Missbrauch von medizinischen und/oder sozialen Ressourcen im Verlauf einer artifiziellen Störung. Es ist deshalb somatischen Kollegen wie psychiatrischen/psychosomatischen Konsiliarii für den konkreten Umgang mit einem Artefaktpatienten stets zu empfehlen, auch den Klinikdirektor hierüber zu informieren und sich vom zuständigen Justitiar des Krankenhauses beraten zu lassen.
Evvidenz der Therapieempfeehlungen Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke Schw weregrad: leicht Psychodynamische III B Psychotherapie Veerhaltenstherapie III B Schw weregrad: mittel Psychodynamische III C Psychotherapie Veerhaltenstherapie IV C Schw weregrad: schw wer Psychodynamische IV C Psychotherapie Veerhaltenstherapie IV ? Psychiatrisch-psychopharmaIV ? kologische Therapie
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15.15 Gerontopsychiatrische Erkrankungen
15.15 Gerontopsychiatrische Erkrankungen Dagmar Mösch und Hans Förstl
15.15.1 Schizophrenie und verwandte Erkrankungen (ICD 10: F2) Chronische Schizophrenie und Residualzustände (ICD 10: F20) im Alter Schizophrene Neuerkrankungen nach dem
65. Lebensjahr sind selten, jedoch erreicht die Mehrzahl der im jüngeren Erwachsenenalter Erkrankten das Senium. Nach langjährigem und chronischem Verlauf können die klassischen Subtypen der Schizophrenie meist kaum mehr differenziert werden. In der Regel führt Altern zur Beruhigung oder sogar Besserung der Symptomatik. Langzeitstudien zeigen, dass die Hälfte der Patienten remittieren oder nur an leichter Residualsymptomatik leiden. Bei einem Krankheitsbeginn nach dem 40. Lebensjahr dominieren oft chronische paranoide Symptome Neuroleptikatherapie im Alter Folgende Besonderheiten sind
zu beachten: Eine im Alter verminderte Plasmaalbuminkonzentration erhöht den Serumspiegel der im Allgemeinen stark an Plasmaeiweiße gebundenen Neuroleptika. Neuroleptika sind lipophile Substanzen, die bei Älteren ein größeres Verteilungsvolumen und damit eine längere Verweildauer im Körper haben. Die primär hepatische Metabolisierung kann herabgesetzt sein. Die Empfindlichkeit des Gehirns speziell gegenüber antidopaminergen Wirkungen ist aufgrund einer Abnahme von Dopaminrezeptoren und wahrscheinlich gesteigerter Rezeptorsensitivität erhöht. Aufgrund dieser veränderten Pharmakokinetik leiden ältere Patienten oft schon bei niedrig dosierter Neuroleptikagabe an deutlichen Nebenwirkungen. Niederpotente, stark dämpfende Neuroleptika führen bei älteren Menschen leicht zu Hypotonie, Tachykardie, Kreislaufkollaps und Dyspnoe; deshalb sollte auf parenterale Gabe niederpotenter Neuroleptika in höherem Alter möglichst verzichtet werden. Viele niederpotente Neuroleptika (wie auch Thioridazin und Pimozid) sollten wegen ihrer Kardiotoxizität vermieden werden. Bei Älteren kommt es oft zu vergleichsweise starker Sedierung, was zu Stürzen und Bettlägerigkeit mit typischen Sekundärfolgen führen kann. Vorsicht ist auch geboten, wenn eine zerebrale Vorschädigung besteht oder eine organische Psychose nicht sicher auszuschließen ist. Durch Neuroleptika können hier Verwirrtheitszustände und Desorientiertheit provoziert werden. Bei hochpotenten Neuroleptika ist besonders auf extrapyramidale Nebenwirkungen zu achten. Bei älteren Patienten kommt es gehäuft zum Parkinsonoid und zu Spätdyskinesien. Weitere Risikofaktoren für Spätdyskinesien sind
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weibliches Geschlecht, längere Behandlungsdauer, kognitive Defizite und Negativsymptome. Aufgrund organischer Vorschädigungen im Alter kommen weitere Nebenwirkungen wie z. B. Akkomodationsstörungen, Harnverhalt, Obstipation und Ileus, zerebrale Krampfanfälle, Thromboseneigung sowie Verschlechterung der Glukosetoleranz gehäuft vor. Da ältere Menschen oft gleichzeitig andere Medikamente einnehmen, ist auf Wechselwirkungen zu achten. Bei der gleichzeitigen Gabe mehrerer Psychopharmaka und/oder anticholinerg wirkender Antiparkinsonmittel besteht ein erhöhtes Delirrisiko, insbesondere bei zerebraler Vorschädigung. Wenn zum psychotischen Misstrauen altersbedingte kognitive Störungen kommen, kann die Medikamenteneinnahme unzuverlässig sein, Medikamente können gehortet und im Rahmen eines Verwirrtheitszustandes oder in suizidaler Absicht in Überdosis eingenommen werden. Psychosoziale Interventionen Psychosoziale Interventionen zielen auf eine Verbesserung der Negativsymptomatik und hier beim älteren Patienten vor allem auf soziale Fähigkeiten. Die soziale Situationen älterer Patienten mit schizophrenem Residuum ist durch die Doppelbelastung durch Alter und Erkrankung besonders schwierig. Individuelle Alltagsgestaltung, Treffen mit Bekannten, Selbstversorgung sind hierbei wichtige Ziele. Dies kann im Rahmen von Wohnprojekten, verhaltenstherapeutisch orientiertem sozialen Training, pflegerischer Betreuung, sozialarbeiterischer Einzelfallhilfe, Beschäftigungstherapie und Freizeitangeboten umgesetzt werden. Spät beginnende schizophrene und paranoide Psychosen (ICD 10: F2) Schizophrene Erkrankungen können nach dem
40., in Ausnahmefällen sogar nach dem 60. Lebensjahr beginnen: Der Anteil von Patienten mit Erkrankungsbeginn nach dem 40. Lebensjahr schwankt je nach Studie zwischen 7% und 25%. Bisher existieren kaum Inzidenzstudien zur Spätschizophrenie. Das Erkrankungsrisiko sinkt mit dem Alter nicht einfach kontinuierlich, vielmehr haben Frauen nach dem 45. Lebensjahr einen zweiten Erkrankungsgipfel. Im Gegensatz zu schizophrenen Ersterkrankungen jüngerer Jahre, bei denen Männer überwiegen, sind Späterkrankungen bei Frauen häufiger. Ätiologie Bei einem erheblichen Anteil der Patienten mit spätem Krankheitsbeginn sind in CT oder MRT deutliche Hirnveränderungen und damit „organische“ Faktoren nachzuweisen. Weibliches Geschlecht repräsentiert einen Risikofaktor für spät auftretende paranoide Psychosen. Dies wurde im Rahmen der Östrogenhypothese erklärt, die besagt, dass die antidopaminergen Eigenschaften der Östrogene bis zur Menopause einen gewissen Schutz vor der Manifestation einer Schizophrenie bieten. Als weitere Risikofaktoren für spät auftretende paranoide
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15 Psychiatrische Erkrankungen
Psychosen werden sensorische Behinderungen, prämorbide Persönlichkeitsstörungen mit schizoiden und paranoiden Zügen und psychosoziale Faktoren wie soziale Isolation betrachtet. Diagnostik, Klinik und Verlauf Bei den schizophrenen und
paranoiden Psychosen, die in höherem Lebensalter beginnen, handelt es sich um eine heterogene Gruppe: Schizophrene Störungenn (ICD 10: F20) sind gekennzeichnet durch grundlegende und charakteristische Störungen von Denken, Wahrnehmung und Affektivität. Sie sind die schwersten Erkrankungen dieser Gruppe. Der Krankheitsbeginn kann akut oder schleichend sein. Die Diagnose darf nur gestellt werden, wenn die Symptomatik über eine bestimmte Zeit besteht (nach ICD 10: mindestens ein Monat) und wenn eine organische oder exogene Ursachen ausgeschlossen wurde. Was die Symptomatik Spätschizophrener angeht, fanden die meisten Untersuchungen keine oder nur geringfügige Unterschiede im Vergleich zu Früherkrankungen. Der Verlauf spätschizophrener Erkrankungen ist überwiegend milder im Vergleich zu demjenigen Früherkrankter. Anhaltende wahnhafte Störungen (ICD 10: F22) stellen eine Krankheitsgruppe dar, bei der ein lang dauernder Wahn das einzige oder auffälligste Merkmal darstellt und die nicht als organisch, schizophren oder affektiv klassifiziert werden können. Oft handelt es sich um Verfolgungswahn, hypochondrischen Wahn, Größenwahn, Querulantenwahn, Eifersuchtswahn oder den Wahn, einen unangenehmen Duft auszuströmen. Zudem können depressive Symptome, olfaktorische, taktile oder akustische Halluzinationen vorkommen. Affekt, Sprache und Verhalten sind abgesehen von Einstellungen, die sich direkt auf den Wahn beziehen, normal. Insgesamt reicht die Symptomatik nicht aus, um eine Schizophrenie zu diagnostizieren. Wahnhafte Störungen beginnen im Allgemeinen in mittlerem oder höherem Lebensalter, häufig erst nach dem 60. Lebensjahr. Isolierte Wahnformen und Halluzinosen Wahnsyndrome sind
zwar nicht an höheres Lebensalter gebunden, treten hier aber gehäuft auf. Es handelt sich um keine Krankheitseinheit, sondern um eine phänomenologische Zuordnung. Wahnsyndrome können als monosymptomatische Wahnformen (ICD 10: F22), aber auch auf Grundlage organischer (F06.2), affektiver (ICD 10: F30,2, F31.2, F31.5, F32.3, F33.3) oder schizophrener (ICD 10: F23) Störungen auftreten. Typisch ist isoliertes Auftreten der Syndrome und der häufig enge Zusammenhang von Wahninhalt, -entstehung und Lebenssituation. Klinik Hypochondrische Psychosen sind durch chronische Verläufe gekennzeichnet und äußern sich im Glauben, an einer unheilbaren körperlichen Krankheit zu leiden, aber auch als Eigengeruchshalluzinose, Dermatozoenwahn oder wahnhafte Dysmorphophobie. Häufig finden sich primärpersönlich paranoide oder anankastische Züge bzw. Somatisierungstendenzen.
Therapie: Ein relativ gutes Ansprechen der schwer behandelbaren monosymptomatischen hypochondrischen Psychosen auf Pimozid wird gelegentlich behauptet. Eine ähnliche Wirksamkeit neuerer atypischer Neuroleptika darf auf Grund der bisherigen Erfahrungen angenommen werden. Der nihilistische Wahn (Cotard-Syndrom) tritt selten als isolierte Störung, sondern meist im Rahmen einer endogenen Depression oder als organisches Wahnsyndrom bei Demenz und Parietallappenläsionen, selten auch bei Schizophrenien auf. Dem Cotard-Syndrom liegt am ehesten ein wahnhaft verarbeitetes Depersonalisationserleben zugrunde. Die Patienten verneinen in unterschiedlichem Maß ihre persönliche Wirklichkeit: Sie haben keinen Körper, keine Organe, sind gestorben oder verfault und müssen begraben werden oder sie leben nicht mehr und können doch nicht sterben. Die phantastischen Wahninhalte stehen nicht selten dem Größenwahn nahe: Dann berichten die Patienten von einer massiven Vergrößerung ihres Körpers, der sich auf das Universum ausdehne. Analgesie, akustische und visuelle Halluzinationen, Mutismus sowie Suizidimpulse sind akkzessorische Symptome. Mit der zugrunde liegenden Derealisation erklärt sich auch die gelegentliche Kombination des nihilistischen Wahns mit dem Capgras-Syndrom, bei dem nahestehende Personen durch Schauspieler ersetzt zu sein scheinen. Therapie: Aufgrund der häufigen Assoziationen mit einer depressiven Erkrankung ist die Behandlung der Grunderkrankung mit Antidepressiva in Kombination mit hochpotenten Neuroleptika aussichtsreich. Der Eifersuchtswahn (Othello-Syndrom) ist gekennzeichnet durch eine wahnhafte Überzeugung von der sexuellen Untreue des Ehepartners und tritt im Zusammenhang von organischen Psychosen (Demenz, Epilepsie, Intoxikationen), paranoiden Störungen und Alkoholpsychosen auf. Psychosoziale Faktoren können zusätzlich eine auslösende Rolle spielen. Männer sind häufiger betroffen. Es besteht die Gefahr gewaltsamer Eskalationen. Beim Liebeswahn (Clérambault-Syndrom) handelt es sich dagegen um die Überzeugung von einer meist höherstehenden, öffentlich bekannten Person geliebt zu werden. Die Patienten belästigen ihre Opfer durch Briefe, Anrufe, Drohungen oder Szenen in der Öffentlichkeit. Therapie: Der Wahn persistiert oft über Jahre, Neuroleptika können meist nur eine Milderung der Wahndynamik bewirken, gefährliche Eskalationen können sich sowohl beim Othello- als auch beim Clerambault-Syndrom entwickeln. Beim induzierten Wahn (folie à deux; ICD 10: F24) wird der gleiche Wahninhalt, meist ein hypochondrischer oder Verfolgungswahn, von zwei oder mehreren Personen geteilt. In der Regel entwickelt sich der Wahn bei der dominanteren der Personen im Rahmen einer schizophrenen, affektiven, demenziellen oder wahnhaften Störung, der meist dependente oder selbst psychisch kranke Partner übernimmt die Wahnüberzeugungen.
15.15 Gerontopsychiatrische Erkrankungen
Therapie: Die Behandlung erfordert meist die Separierung der Beteiligten. Während der dominante Partner einer neuroleptischen Therapie bedarf, genügt beim „Empfänger“ oft die vorübergehende Trennung, um die wahnhaften Überzeugungen abklingen zu lassen. Unter die Kategorie organisch bedingter Wahnsyndrome (ICD 10: F06.2) fallen Wahnstörungen, die in nachweisbarem zeitlichen und ätiologischen Zusammenhang mit bestimmten zerebralen oder systemischen körperlichen Erkrankungen auftreten, allerdings nicht im Rahmen eines demenziellen oder deliranten Syndroms. Inhaltlich handelt es sich zumeist um Verfolgungs- oder Größenwahnideen. Therapie: Neben der Behandlung der Grundkrankheit ist der Einsatz von Neuroleptika aussichtsreich. Wahnsyndrome bei sensorischer Beeinträchtigungg (ICD 10: F22.0): Nach meist jahrelang bestehender Schwerhörigkeit kommt es auf Grund von Insuffizienzgefühlen, Verständnisstörungen und Isolation zu Misstrauen, illusionären Verkennungen und Fehlinterpretationen, die schleichend in einen Wahn übergehen. Parallelen bestehen zur Entstehungsdynamik des Verfolgungswahns in sprachfremder Umgebung und zu Wahnentwicklungen bei sensorischen Aphasikern. Bei der taktilen Halluzinose (Dermatozoenwahn) empfinden die Patienten juckende oder kribbelnde Sensationen auf bzw. unter der Haut, die sie auf den Befall durch Parasiten zurückführen. Ätiologisch kommen Demenz, langjähriger Alkoholmissbrauch, Hirntumor oder -infarkt, Kokain- oder Amphetaminpsychosen in Betracht. Frauen sind etwa 2- bis 4-mal häufiger als Männer betroffen. Therapie: Die Behandlung richtet sich nach der Grunderkrankung. Als Charles-Bonnet-Syndrom werden lebhafte visuelle Pseudohalluzinationen bei sonst psychisch meist gesunden älteren Personen mit reduziertem Visus bezeichnet. Aufgrund des ausgeprägten cholinergen Defizits und der Beeinträchtigung sekundärer visueller Assoziationsareale erscheint diese Halluzinationsform bei der Lewy-Körperchen-Variante der AlzheimerDemenz besonders häufig. Bei Visusstörungen wird für die Pathogenese eine daraus resultierende Disinhibition gespeicherter Gedächtnisbilder verantwortlich gemacht, in Analogie zu den Ergebnissen der Deprivationsforschung. Zusätzlich werden altersbedingte zerebrale Funktionsstörungen mit temporär reduzierter Vigilanz postuliert. Die musikalische Halluzinose ist das akustisches Pendant zum Charles-Bonnet-Syndrom: Patienten mit Presbyakusis berichten dabei vom fortgesetzten Hören instrumentaler oder vokaler Musik; nicht selten entwickelt sich die Halluzinose aus einem Tinnitus heraus. Die musikalische Halluzinose wurde bei ZNS-Erkrankungen, insbesondere bei Läsionen des rechten Temporallappens, aber auch in Verbindung mit depressiven Episoden beobachtet. Therapie: In Einzelfällen wurde über eine Linderung durch Carbamazepin berichtet. Bei depressiver oder demenzieller
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Grunderkrankung ist die entsprechende Therapie auch symptomatisch wirksam. Die Verbesserung der Seh- bzw. Hörfähigkeit ist wichtig. 15.15.2 Affektive Erkrankungen Manie (ICD 10: F30.0, F31.0-F31.2) Etwa 5% aller psychiatri-
schen Aufnahmen im Alter über 65 erfolgen wegen maniformer Symptomatik. Klinik und Verlauf Im Wesentlichen ließen sich keine psycho-
pathologischen Unterschiede zwischen manischen Patienten unter 45 und über 65 Jahren feststellen. Ältere Patienten zeigten jedoch häufiger eine leichte depressive Nachschwankung nach Abklingen der manischen Episode. Die Mehrzahl der alten Patienten mit manischen Episoden leidet unter einer bipolaren Erkrankung. 31% entwickelten eine erste manische Episode erst im Senium. Die symptomatische (sekundäre) Manie tritt in enger zeitlicher Beziehung zu einer körperlichen Erkrankung oder medikamentösen Behandlung auf, ohne dass Hinweise auf eine frühere affektive Erkrankung bestehen. Therapie und Rezidivprophylaxe In der Akutphase einer Manie ist bei alten Patienten eine Krankenhausaufnahme meist unumgänglich. Basis der Maniebehandlung sind Neuroleptika, wobei neue atypische Neuroleptika zu bevorzugen sind. Darüber hinaus werden Lithium und Antikonvulsiva (Carbamazepin, Valproat) in der Akuttherapie eingesetzt. Die Elektrokrampftherapie kann bei schweren, medikamentenrefraktären Fällen mit Erfolg angewendet werden. Lithium hat sich zur Prophylaxe affektiver Erkrankungen in allen Altersgruppen bewährt. Da die Ausscheidung überwiegend renal erfolgt und mit Alter die Clearance häufig reduziert ist, sind meist niedrigere Tagesdosen zur Aufrechterhaltung eines niedrigen Serumspiegels (z. B. 0,4–0,6 mmol/l) erforderlich. Carbamazepin und Valproat können bei Kontraindikationen gegen Lithium verwendet werden. Depressive Erkrankungen (F31.3–F31.5, F32, F33, F34, F43.2) In der Berliner Alterstudie, in der eine repräsentative Stich-
probe der Westberliner Bevölkerung im Alter zwischen 70 und 100 Jahren untersucht worden ist, war die depressive Störung mit einer Punktprävalanz von 9% die zweithäufigste psychiatrische Erkrankung. Werden auch subdiagnostische depressive Syndrome mit eingeschlossen, verdoppeln oder verdreifachen sich die Prävalenzraten. Diagnostik Somatische Erkrankungen müssen mit erfasst wer-
den, weil sie häufig Auslöser depressiver Störungen sind und prognostische Bedeutung besitzen. Außerdem kann eine Vielzahl somatischer Erkrankungen Ursache „symptomatischer“ Depressionen sein, so beispielsweise Hirnerkrankungen, Herz-
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15 Psychiatrische Erkrankungen
insuffizienz, Hypo-/Hyperthyreose, Hypo-/Hyperparathyreoidismus, Vitamin-B12-Mangel, Mangelernährung, bösartige Neubildungen, Alkohol und Medikamente (Steroide, Betablocker, Digitalis). Zur Aufdeckung dieser Erkrankungen sind gezielte Labor- und- apparative Untersuchungen empfehlenswert: Differentialblutbild, Elektrolyte, Harnstoff, Leberwerte, Schilddrüsenparameter, Vitamin B12, Folsäure, Luesserologie, ggf. EEG, kranielles CT/MRT. Im Wach-EEG alter depressiver Patienten finden sich keine charakteristischen Befunde; der diffentialdiagnostische Nutzen besteht in der Abgrenzung gegenüber Erkrankungen, die mit EEG-Veränderungen einhergehen (z. B. Delir). Auch bildgebende Verfahren werden in der Depressionsdiagnostik vorwiegend zum Ausschluss bestimmter Hirnerkrankungen eingesetzt und spielen eine Rolle bei der Ursachenforschung. In der kranialen Bildgebung zeigen alte depressive Patienten im Durchschnitt eine leichte Hirnatrophie, die normale Altersveränderungen überschreitet, aber hinter dem Ausmaß der Hirnatrophie Dementer zurückbleibt. Im CT, deutlicher im MRT sind häufig subkortikale und periventrikuläre Marklagerveränderungen nachzuweisen; diese altersassoziierten Veränderungen sind häufiger bei Depressionen mit spätem als mit frühem Beginn. Die Hirnperfusion ist besonders frontal reduziert. Als Risikofaktoren für die Depression gelten: weibliches Geschlecht, Persönlichkeitstyp, frühere Depression, körperliche Erkrankungen, Verwitwung und Scheidung. In etwa 50% der Fälle sind in zeitlichem Zusammenhang mit der depressiven Episode belastende Lebensereignisse nachzuweisen; bei alten Patienten handelt es sich dabei häufig um körperliche Erkrankungen.
Nur 25% der über mehr als zwei Jahre beobachteten Patienten remittierten komplett und dauerhaft, weitere 25% blieben trotz Behandlung dauerhaft krank. Die wichtigsten prognostischen Faktoren hinsichtlich Chronizität sind: Dauer der derzeitigen Episode, vorbestehende Dysthymie, vermeidende/abhängige Persönlichkeit, somatische Erkrankungen und neuroradiologische Veränderungen. Risikofaktoren für Rückfälle sind drei oder mehr frühere depressive Episoden, somatische Erkrankungen und belastende Lebensereignisse. Es gibt keine Hinweise, dass die Prognose affektiver Störungen im Alter ungünstiger sei. Die Mortalität bei Depressionen im Alter ist stärker erhöht als durch eine somatische Komorbidität erklärt werden kann; dies gilt besonders für Erkrankungen mit spätem Beginn und für Männer.
Suizidalität Während Suizidversuche ihren Häufigkeitsgipfel im jungen Lebensalter haben und ihre Auftretenshäufigkeit mit zunehmendem Alter kontinuierlich abnimmt, steigt die Suizidrate mit höherem Alter an. Alte Menschen, v. a. alte Männer, gehören damit zu den am stärksten suizidgefährdeten Personengruppen. Mit zunehmenden Alter nimmt die Wahl der sog. harten Suizidmethoden zu. Depressionen und körperliche Erkrankungen spielen eine Rolle beim suizidalen Geschehen im Alter. Da ältere Menschen zudem weniger Anzeichen und Ankündigungen ihrer suizidalen Absichten zu erkennen geben, muss auf folgende Gefahrensituationen besonders geachtet werden: Jede Veränderung von Lebens-, Gesundheits-, Beziehungs-, Wohn- und Arbeitssituation kann mit Belastungs- und Anpassungsstörungen einhergehen, die näher an den Suizid heranführen. Die Bedeutung dieser Veränderungen für die Patienten muss angesprochen werden. Klinik und Verlauf Es gibt keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass Depressionen im Senium von grundsätzlich anderer Jede körperliche Erkrankung kann mit der Frage nach Art sind als in jüngeren Jahren, jedoch können altersassoziierte Sinnhaftigkeit und Qualität des weiteren Lebens und damit pathoplastische Faktoren das klinische Erscheinungsbild beder Frage nach Suizidalität einhergehen. Daher ist der Ereinflussen: die Überschneidung von körperlichen Erkrankungen folg einer Krankheitsaufklärung insbesondere hinsichtlich und „somatischen“ Symptomen einer Depression, Bagatellider Prognose stets zu überprüfen. sierung depressiver Symptome, Somatisierungstendenz, neue Jede Andeutung von Hoffnungslosigkeit und depressiver Geneurotische Symptome (wie Zwangssymptome, histrionische stimmtheit bei älteren Menschen muss hinterfragt werden, Persönlichkeitszüge, Hypochondrie, Angst), vorsätzliche Selbstda depressive Erkrankungen in diesem Lebensalter besonschädigung, kognitive Defizite, Verhaltensstörungen und Perders häufig mit Suiziden assoziiert sind. sönlichkeitsakzentuierung (z. B. Nahrungsverweigerung, In- Der Suizid kann im Senium „still“ vollzogen werden, beikontinenz, Schreien, Aggressivität, erstmalige Diebstähle) und spielsweise durch Absetzen lebenserhaltender Medikamente. „Spätalkoholismus“. Also müssen Anzeichen der Non-Compliance mit den PaEs ist gut belegt, dass bei der Mehrzahl der behandlungstienten geklärt werden. bedürftigen Depressionen bei Älteren die Erkrankung nicht diagnostiziert oder nicht suffizient behandelt wird. Grund für die- Therapie Medikamentöse Therapie: ses diagnostische Defizit ist einerseits, dass Depressionen mit klar Indikation: Depressive Störungen alter Menschen lassen abgegrenzten Phasen typisch endogen-depressiver Symptomatik sich ebenso wie Depressionen bei Jüngeren erfolgreich mit bei älteren Patienten seltener sind und häufig eine chronischAntidepressiva behandeln, dabei sind jedoch einige Besondepressive Symptomatik besteht. Häufig wird die depressive derheiten zu beachten. Bei der Indikationsstellung stehen Symptomatik bei alten Menschen nicht als Erkrankung, sondern beim älteren Menschen eine höhere Nebenwirkungsrate als nachvollziehbare Reaktion auf betrübliche Lebensumstände den ebenso erhöhten Folgerisiken unbehandelter Depressioaufgefasst. nen (wie Suizidalität, Immobilität, verminderte Flüssigkeits-
15.15 Gerontopsychiatrische Erkrankungen
zufuhr) gegenüber. Gründe für ein erhöhtes Nebenwirkungsprofil bei Älteren sind: erhöhte Wirkspiegel bei reduzierter Clearance (durch Alter, Komorbidität, Medikamentenwechselwirkungen), erhöhte Wirkspiegel durch Fehleinnahme, pharmakodynamische Faktoren (erhöhte Rezeptorsensitivität, geringe Homöostasekapazität, Medikamentenwechselwirkungen), zerebrale oder kardiale organische Vorschädigungen, erhöhte Folgerisiken von Nebenwirkungen (Sturz infolge Orthostase, Bettlägrigkeit bei Sedierung). Wirksamkeit: Die prinzipielle Wirksamkeit auch bei alten depressiven Menschen wurde für trizyklische und tetrazyklische Antidepressiva (TZA), selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI) und den Monaminoxidase-AHemmer Moclobemid nachgewiesen. Für die meisten der neueren Antidepressiva (Venlafaxin, Mirtazapin) wie auch für Johanniskrautextrakte liegen zwar keine nach strengen methodischen Kriterien überzeugenden, jedoch indirekte Wirkungsnachweise bei älteren Depressiven vor. Verträglichkeit: Hinsichtlich anticholinerger Nebenwirkungen, orthostatischer Dyregulation, Kardiotoxizität, Überdosierungssicherheit und nachteiliger Effekte auf kognitive Funktionen sind die SSRI, Moclobemid, Venlafaxin, Mirtazapin (sehr gut) und Johanniskrautpräparate deutlich besser verträglich als TZA. Die SSRI sind deshalb in vielen Fällen Mittel der ersten Wahl; als Nebenwirkungen können Übelkeit, innere Unruhe, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, das Syndrom einer inadäquaten ADH-Sekretion sowie unter höheren Dosen Venlafaxin (>200 mg/Tag) diastolische Blutdruckerhöhungen auftreten. Unter den TZA weist Nortriptylin gegenüber den tertiären Aminen (Amitriptylin, Doxepin) durch geringere anticholinerge Nebenwirkungen und das seltenere Auftreten orthostatischer Hypotonien Vorteile auf. Bei wahnhafter Depression ist die Kombination eines Antidepressivums mit einem Neuroleptikum indiziert. Hierbei sollten nicht zwei anticholinerg wirkende Substanzen kombiniert werden; unter Verträglichkeitsaspekten empfiehlt sich die Kombination eines SSRI oder eines anderen neueren Antidepressivums mit einem neueren atypischen Neuroleptikum (wie Quetiapin). Komorbidität: Bei Patienten mit kardialen Erregungsleitungsstörungen und Arrhythmien, auch bei Herzinsuffizienz sollten TZA nur sehr vorsichtig eingesetzt werden, SSRI und Moclobemid sind zu bevorzugen. Bei komorbidem Parkinson-Syndrom sind TZA einsetzbar, hierbei kann jedoch die hypotone Komponente problematisch werden; alternativ ist an Moclobemid zu denken, das auch bei gleichzeitiger Behandlung mit Dopaminagonisten gut vertragen wird. Liegt zusätzlich zur Depression eine demenzielle Symptomatik vor, ist Zurückhaltung beim Einsatz von Antidepressiva mit anticholinerger Wirkung (wie TZA) angezeigt; als verträglich und wirksam haben sich SSRI und Moclobemid erwiesen. Der Einsatz von SSRI (Citalopram) und Methyl-
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phenidat empfiehlt sich bei depressiven Syndromen nach Hirninfarkt. Bei komorbidem Diabetes mellitus sind SSRI vorteilhaft, da sie zu keiner Gewichtszunahme, einer Abnahme des Blutglukosespiegels und einer Verbesserung der Glukosetoleranz führen. Dosierung: Die Behandlung sollte mit einer niedrigen Initialdosis begonnen und unter Kontrolle der Nebenwirkungen langsam aufdosiert werden. Die Frage, ob insgesamt niedriger zu dosieren ist, kann nicht generell beantwortet werden. Eine niedrigere Dosierung empfiehlt sich zum Beispiel für Imipramin, Paroxetin, Trazodon und Nefazodon. Dagegen ist bei Nortriptylin, Desipramin, Venlafaxin, Mianserin, den SSRI und Moclobemid bei älteren Patienten im Regelfall keine Dosisreduktion erforderlich. Die zuverlässige Medikamenteneinnahme kann durch Bestimmung des Serumspiegels kontrolliert werden. Therapieresistenz: Bei alten Menschen ist mit einer etwas größeren Wirklatenz der Antidepressiva zu rechnen, bei unbefriedigender Wirksamkeit nach 4–6 Wochen müssen Diagnose und korrekte Durchführung der bisherigen Behandlung nochmals überprüft und die Therapie überdacht werden. Die Umstellung sollte auf eine andere Substanzgruppe mit unterschiedlichem Wirkungsprofil erfolgen. Bei Nichtansprechen auf zwei Antidepressiva aus unterschiedlichen Substanzklassen ist bei Patienten mit bipolarer affektiver Erkrankung eine Lithiumaugmentation zu empfehlen, auch wenn dabei bei alten Menschen vermehrt neurotoxische Syndrome auftreten können. Elektrokrampftherapie (EKT): Zur EKT kann man sich bei älteren Patienten entschließen, wenn zwei Antidepressiva mit unterschiedlichem Wirkungsprofil nach ausreichender Behandlungsdauer ohne Erfolg blieben bzw. wenn eine akute vitale Gefährdung des Patienten bei schweren depressiven Episoden vorliegt. Die Wirksamkeit der EKT ist am besten nachgewiesen für die Major Depression, am eindrucksvollsten bei Vorliegen einer wahnhaften Symptomatik oder psychomotorischen Hemmung. Ihre Wirksamkeit in Abhängigkeit vom Alter kann derzeit nicht schlüssig beantwortet werden, einige Studien zeigen bei älteren Patienten tendenziell stärkere antidepressive Effekte. Von manchen Autoren wird sie als erfolgreichste und sicherste Behandlungsmethode für ältere Patienten angesehen. Psychotherapie: Unterschiedliche Verfahren (psychodynamische Kurztherapie, Verhaltenstherapie, kognitive Therapie) können bei älteren Patienten im Einzel- oder Gruppensetting mit Gewinn angewendet werden. Wegen der häufigen Störungen von Hören, Sehen oder Gedächtnis im Senium kann es von Vorteil sein, kürzere Sitzungen einzuhalten, Dinge öfters zu wiederholen oder niederzuschreiben. Der Therapeut muss vielfach eine aktivere Rolle einnehmen als bei jüngeren depressiven Patienten.
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15 Psychiatrische Erkrankungen
15.15.3 Andere psychiatrische Erkrankungen im Alter Angst- und Zwangsstörungen (ICD 10: F40, F41, F42) Angststörungen (unter Einschluss der Zwangsstörungen) gehören mit einer Prävalenz von 13–15% neben den Abhängigkeitserkrankungen zu den häufigsten psychischen Störungen in der Gesamtbevölkerung und sind auch in der zweiten Lebenshälfte häufiger als früher angenommen. Eine amerikanische Studie ergab für Angststörungen (Diagnosekriterien des DSM-IV) eine Einmonatsprävalenz von 5,5% für über 65-Jährige. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Die Inzidenzrate sinkt nach dem 45.–50. Lebensjahr ab.
eine Dysfunktion des präfrontalen Kortex und des Nucleus caudatus. Da Zwangsstörungen günstig auf serotonerge Substanzen ansprechen, ist ein serotonerges Defizit als biochemisches Korrelat zu vermuten. Therapie Therapie der ersten Wahl sind psychotherapeutische,
insbesondere verhaltenstherapeutisch-kognitive Verfahren mit Expositionsbehandlung, Entspannungsverfahren und/oder kognitiven Elementen. Die psychotherapeutische Behandlung kann kombiniert werden mit einem Benzodiazepin bei nicht tolerierbaren initialen Ängsten, allerdings nur kurzzeitig; mit einem Antidepressivum (z. B. Fluvoxamin, Imipramin, Clomipramin) bei Komorbidität (z. B. Depression), AblehKlinik Phobische Störungenn (ICD 10: F40) sind durch eine annung einer alleinigen Psychotherapie oder unzureichender haltende Angst vor spezifischen, in der Regel ungefährlichen Situationen oder Objekten gekennzeichnet, die vermieden oder Wirksamkeit einer alleinigen Psychotherapie. nur mit massiver Angst ertragen werden können. Die Daten legen nahe, dass phobische Störungen im Alter häufig chro- Eine alleinige Psychopharmakotherapie ist nur dann indiziert, nifizieren. Bei älteren Menschen können phobische Störungen wenn der Patient nicht zu einer Psychotherapie motivierbar oder klinisch unterteilt werden in schon seit langem bestehende, zu- geeignet oder ein Psychotherapeut nicht verfügbar ist. meist spezifische Phobien und solche, die sich oft erst im späten Lebensalter im Anschluss an ein traumatisches Erlebnis (oft eine Abhängigkeitserkrankungen (ICD 10: F10) Etwa 2–3% der körperlich Erkrankung) entwickeln. Während die Erstgenann- Männer über 60 Jahre und 0,5–1% der Frauen über 60 Jahre ten ihr Leben um die Phobie herum organisiert haben und da- sind alkoholabhängig. Ein Alkoholmissbrauch liegt bei 10–20% her mit ihren Ängsten kaum konfrontiert werden, entwickelt die der über 60-jährigen Männer und bei 1–10% der über 60-jähandere Gruppe Einschränkungen durch agoraphobische Sym- rigen Frauen vor. Von einem regelmäßigen Alkoholkonsum ptome, die noch lange anhalten, nachdem die physischen Kon- muss bei mindestens 50% der über 60-Jährigen ausgegangen sequenzen des Ereignisses vorüber sind. Nur wenige erhalten werden. Im Vergleich zur übrigen Bevölkerung liegen diese Zaheine adäquate Behandlung. len etwas niedriger, weisen jedoch allenfalls auf eine leichte AbFür Panikstörungen (ICD 10: F41.0) typisch sind wieder- nahme der Alkoholabhängigkeit im Alter hin; die Problematik kehrende, spontane und schwere Angstattacken, die ohne wird gemeinhin unterschätzt. Vorwarnung auftreten und nicht situationsbezogen sind. Symptome einer generalisierten Angststörung (ICD 10 Ätiologie Die Entwicklung einer Abhängigkeit wird durch ein F41.1) sind generalisierte und anhaltende, nicht an Situationen Bedingungsgefüge erklärt, bei dem individuelle Faktoren ebengebundene, unrealistische oder übertriebene Angst und Besorg- so eine Rolle spielen wie Umweltbedingungen und die spezifische nis mit einer großen Zahl von Befürchtungen, Anspannung und Wirkung der Droge Alkohol. Ein besonderes Gewicht bei geriatrivegetativer Übererregbarkeit. Die Art der Befürchtungen unter- schen Patienten haben veränderte Reaktionsweisen des Körpers scheidet sich nicht von den in dieser Altersgruppe üblichen Inhal- auf Alkohol und spezifische Veränderungen im sozialen Bereich, ten, die somatischen Symptome sind in nichts von denen wie das Ausscheiden aus dem Arbeitsleben, ein möglicher Verlust jüngerer Erkrankter zu unterscheiden. Allerdings werden sie bei eines langjährigen Lebenspartners oder eines gewachsenen Älteren leichter körperlichen Erkrankungen zugeordnet, sodass Freundeskreises. die Patienten häufiger unnötige Untersuchungen und Medikamente, jedoch keine adäquate Therapie der Angststörung Diagnostik Speziell bei älteren Patienten zeigen sich häufig erhalten. Schwierigkeiten mit der Diagnosestellung, Unsicherheiten im Für Zwangsstörungen (ICD 10: F42) beträgt die Punkt- Umgang mit dem Patienten und eine fatalistische Einstellung prävalenz sowohl für jüngere als auch für ältere Patienten bezüglich der Behandlungsmöglichkeiten. Schwierigkeiten in 1–2%, die Lebenszeitprävalenz liegt bei 2–3%. Männer und der Diagnostik treten bei älteren Patienten aufgrund der unterFrauen sind gleich betroffen. Eine familiäre Häufung ist be- schiedlichen Intensität einzelner Symptome auf. Das Entzugsschrieben. Klinisch werden Zwangsgedanken und -handlungen syndrom ist oft stärker ausgeprägt. Eine Toleranzentwicklung unterschieden. Eine Entwicklung zwanghafter Gründlichkeit kann mit physiologischen Veränderungen bereits bei niedrigen kann im Alter auch dem Beginn einer Demenz vorausgehen. In Alkoholmengen und einer geringen Dosissteigerung auftreten. PET-Studien und weiteren bildgebenden Verfahren zeigt sich Eine fortschreitende Vernachlässigung anderer Interessen ist oft
15.16 Demenzerkrankungen
schwer von einem altersentsprechendem Rückzug zu trennen. Schädliche Folgen betreffen vorwiegend körperliche Folgekrankheiten. Zum Screening geriatrischer Patienten wurde eine spezifische Version des diagnostischen Fragebogens Michigan Alcoholism Screening Test (MAST G) entwickelt. Auch ältere Patienten neigen bei einem erhöhten Alkoholkonsum zu typischen pathologischen Veränderungen der Laborwerte. Komorbidität mit anderen psychiatrischen Diagnosen sind in bis zu 50% beschrieben: mit Angststörungen, depressiver Symptomatik, aber im Alter auch mit demenziellen Prozessen. Klinik Grundsätzlich sind bei älteren Alkoholabhängigen ähnliche klinische Symptome wie bei Jüngeren zu erwarten. Auf Grund veränderter physiologischer Prozesse treten Symptome aber häufig schon bei niedrigeren Trinkmengen und geringerer Trinkdauer ein. Ältere Patienten weisen bei Zufuhr der gleichen Alkoholmenge höhere Blutalkoholspiegel auf als jüngere Menschen, was wahrscheinlich an einer verminderten Aktivität der Alkoholdehydrogenase im Magen und an einem verminderten Wasserverteilungsvolumen im Körper liegt. Auf Grund dieser physiologischen Veränderungen und einer erhöhten Sensibilität des ZNS ist bei älteren Patienten schon bei einer geringeren Zufuhr von Alkohol eine Alkoholintoxikationn (ICD 10: F10.0) zu erwarten. Entzugssyndrome sind im Alter schwerwiegender und länger andauernd; als möglicher Hintergrund werden Auswirkungen eines lebenslangen Alkoholkonsums, eine erhöhte Sensibilität des Nervensystems im Alter und wiederholte Entzugsepisoden im Sinne eines Kindling-Mechanismus diskutiert. Bei der medikamentösen Behandlung des vegetativen Syndroms nach Reduktion oder dem Absetzen von Alkohol („Prädelir“) (ICD 10: F10.3) ist bei älteren Patienten die erhöhte Empfindlichkeit des Gehirns bei der Dosierung von Clomethiazol zu berücksichtigen; einzelne Autoren empfehlen die Reduktion der Standarddosis um 50–70%. Das „Delirium tremens“ (ICD 10: F10.4) ist gekennzeichnet durch vegetative Symptome und Störungen der Orientierung, zudem häufig auch Bewusstseinsminderung, optische Halluzinationen und zerebrale Krampfanfälle. Eine sofortige Krankenhauseinweisung ist indiziert. Die Alkoholhalluzinose (ICD 10: F10.5) ist bei älteren Patienten sehr selten beschrieben. Die selten auftretende, dann aber akut behandlungsbedürftige Wernicke-Enzephalopathie und das Korsakow-Syndrom (ICD 10: F10.6) können in jedem Alter auftreten; bei alten Patienten kann die Abgrenzung das Korsakow-Syndroms zu neurodegenerativen demenziellen Prozessen gelegentlich Schwierigkeiten machen. Im Alter werden mehr Medikamente verbraucht, gleichzeitig sind Nebenwirkungsrate und Arzneimitteltoxizität häufiger; Interaktionen zwischen Arzneimitteln und Alkohol treten deshalb beim älteren Menschen häufiger auf. Therapie Zusammenfassend besteht die Behandlung von Alkoholabhängigen in einer Kontakt-, einer Entgiftungs-, einer Entwöhnungs- und einer Nachsorgephase. Der Entgiftungs-
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behandlung erfolgt in medizinischen Abteilungen der Allgemeinkrankenhäuser oder auf spezialisierten Stationen in Psychiatrien, für die sich anschließende Entwöhnungsbehandlung werden jüngeren Patienten meist längerfristige Therapien in Suchtfachkliniken empfohlen. Für ältere Patienten ist die Durchführung dieser Therapiemaßnahme oft schwierig, da in den meisten Suchtfachkliniken eine Altersbegrenzung auf 60 oder 65 Jahre besteht. Außerdem sind ältere Patienten häufig schwer zu motivieren, ihre gewohnte Umgebung längerfristig zu verlassen. Wünschenswert sind daher gemeindenahe Therapieangebote. Inwieweit die für Jüngere Erfolg versprechenden medikamentösen Rückfallprophylaxemaßnahmen wie „Anticraving-Substanzen“ auf ältere Menschen übertragbar sind, ist noch wissenschaftlich zu untersuchen. Verlauf und Prognose Zu Rückfällen kann es in jeder Phase der Alkoholbehandlung kommen, jedoch ist auch im Alter selbst bei häufigeren Rückfällen kein therapeutischer Nihilismus angebracht. Eine besonders günstige Prognose haben Patienten mit spätem Erkrankungsbeginn, da wegen des kürzeren Krankheitsverlaufs und der geringeren Schwere der Erkrankung eher soziale und finanzielle Ressourcen bestehen als bei älteren Patienten mit frühem Krankheitsbeginn. Literatur Förstl H (Hrsg) (2003) Lehrbuch der Gerontopsychiatrie und -psychotherapie. Thieme, Stuttgart
15.16 Demenzerkrankungen Bernd Ibach und Hans Förstl
15.16.1 Möglichkeiten und Grenzen der Therapie von Demenzerkrankungen
Demenzen sind in den meisten Fällen chronisch progredient verlaufende Erkrankungen. Sie stehen in einer Reihe mit den gesundheitsökonomisch ebenfalls sehr bedeutsamen chronischdegenerativen Erkrankungen wie arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus oder den entzündlichen Krankheiten des Gastrointestinaltrakts. Trotz großer Fortschritte, sowohl im Verständnis der pathophysiologischen Mechanismen als auch im Hinblick auf die Therapiemöglichkeiten von Demenzerkrankungen, ist eine Heilung derzeit nicht möglich. Die Behandlung der vaskulären und primär neurodegenerativen Demenzerkrankungen, deren Prototyp die Alzheimerkrankheit repräsentiert, ist derzeit eine symptomatische. Trotzdem kann diese effektiv sein und den Krankheitsprozess verzögern oder die Symptome für einen gewissen Zeitraum lindern. Sie verbessert das Befinden der Patienten und erleichtert damit auch in fortgeschritteneren Krankheitsstadien deren Pflege. Diese Ziele sind angesichts der degenerativen Natur dieser
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15 Psychiatrische Erkrankungen
Erkrankungen erstrebenswert und erreichbar. Seltenere, sog. „reversible Ursachen“ für Demenzsyndrome hingegen müssen früh erkannt und behoben werden. Am häufigsten werden in diesem Zusammenhang eine schwere Schilddrüsenunterfunktion und der sog. Normaldruckhydrozephalus (NPH) genannt. Die klinische Praxis zeigt jedoch, dass sich gerade die psychiatrisch-kognitive Symptomatik dieser Erkrankungen, häufig im Gegensatz zu den körperlichen Symptomen, nicht immer als positiv beeinflussbar erweist. So führt die Druckentlastung bei Normaldruckhydrozephalus zwar relativ oft zu einer Verbesserung des Gangbildes oder einer bestehenden Urininkontinenz. Die kognitiven Defizite bessern sich aber nur dann, wenn nicht gleichzeitig eine degenerative Hirnerkrankung zugrunde liegt. Sie kann vermutet werden, wenn der Patient im MRT nicht allein die Zeichen eines NPH, sondern auch eine ausgeprägte Atrophie des Mediotemporalkortex aufweist. Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Vitamin-B12-/Folsäuremangel und nachlassender kognitiver Leistungsfähigkeit bei älteren Menschen konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Möglicherweise geht von dieser laborchemischen Konstellation allerdings ein erhöhtes Risiko für die Alzheimerkrankheit aus. Daher sollte der häufig bei älteren Menschen beobachtbare Vitamin-B12-/Folsäuremangel behandelt werden. Zum Auffüllen der entleerten Leberspeicher und zur anschließenden Erhaltungstherapie empfiehlt sich eine parenterale Substitution. Sofern sich Demenzen auf der Basis von Gefäßerkrankungen entwickeln oder verstärken, steht zunächst die Behandlung dieser Faktoren im Vordergrund. Wesentliches Prinzip einer Prävention und sinnvollen Behandlung auch von vaskulären Demenzen ist es daher, individuelle Risikofaktoren oder die Ur-
sache einer bereits manifesten zerebralen Gefäßerkrankung früh zu erkennen. Dieser Grundsatz gilt für die arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörungen, Nikotinabusus und seltenere Erkrankungen des Blutgefäßsystems, wie z. B. das CADASIL-Syndrom („cerebral autosomal dominant arteriopathy with subcortical infarcts and leukencephalopathy“) oder Vaskulitiden. Eine neuere Untersuchung mit Daten aus der Framinghamstudie weist darauf hin, dass erhöhtes Homozystein im Plasma ein unabhängiger Risikofaktor für die Entwicklung einer Demenz ist. Danach sollen Plasmahomozysteinwerte von >14 µmol pro Liter das Risiko für die spätere Entwicklung einer Alzheimerkrankheit nahezu verdoppeln. Eine optimale internistische Basistherapie stellt daher die unabdingbare Grundlage für die Behandlung sämtlicher vaskulärer, aber auch nichtvaskulärer Demenzformen (auch der Alzheimerkrankheit) dar. Sie umfasst außerdem eine ausgewogene Ernährung (Zahnstatus prüfen!) mit ausreichender Flüssigkeitszufuhr sowie die Vermeidung von Übergewicht und Schmerzzuständen. Da demente Patienten nur noch über sehr eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten für Stoffwechselveränderungen verfügen, gilt es insbesondere bei der Kombination von mehreren Pharmaka Vorsicht walten zu lassen. Delirante Syndrome stehen an erster Stelle von Meldungen über schwerwiegende unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) bei älteren Menschen. Für den in der Altersforschung als leichte kognitive Störung bezeichneten und unscharf begrenzten Bereich zwischen altersassoziierten physiologischen Veränderungen der kognitiven Leistungsfähigkeit und klinisch diagnostizierbarer Demenzerkrankung existiert noch kein einheitliches Konzept. In Abhängigkeit
Tabelle 15.16-1 Therapie von Demenzerkrankungen mit Antidementiva ntiv Substanzklasse/ Wirkprinzip
Wirkstoff
Tagesdosis
Zielsymptome
Indikationsgebiet
Arzneimittelsicherheit
Evidenzgrad
Empfehlungsstärke
Cholinesteraseinhibitoren
Donepezil
5–10 mg
A
2× 3–6 mg
I-a
A
N-MethylAspartat(NMDA)Antagonismus
Memantine
10–20 mg
I-a
B
Pflanzenextrakt
Ginkgo
3× 40–80 mg
I-b
C (Einschränkung durch widersprüchliche Datenlage)
Oxopyrrolidin
Piracetam
3× 800 mg
Wenig Interaktionspotential Cave: erniedrigte Herzfrequenz in Kombination mit β-Blockern, Digoxin möglich; Kombination mit Neuroleptika kann zu EPMS führen Wirkungsverstärkung von Neuroleptika, Hydrochlorothiazid, Dopaminagonisten möglich Selten Nebenwirkungen, aber cave: thrombozytenaggregationshemmende Eigenschaften; Blutungen z.B. Hyphaema, Epistaxis möglich Kann vorbestehende Unruhe verstärken
I-a
Rivastigmin
Alzheimerkrankheit, Lewy-Körperchen-Variante, wahrscheinlich auch vaskuläre Demenz u. Mischformen
A
2× 8–12 mg als Saft erhältlich
ognition Verhaltensstörungen
I-a
Galantamin
I-a
C
lzheimerkrankheit, Vaskuläre Demenz, Mischformen
15.16 Demenzerkrankungen
von den zugrunde liegenden Kriterien wird mit einer Konversionsrate von bis zu 15% pro Jahr hin zu einer manifesten Demenz gerechnet! In wieweit bereits in dieser Phase der leichten kognitiven Beeinträchtigung (zumeist handelt es sich um objektivierbare Gedächtnisstörungen) eine gezielte Behandlung mit einem Antidementivum gerechtfertigt ist, wird ist zur Zeit in klinischen Studien geprüft. 15.16.2 Pharmakotherapie kognitiver Symptome mit Antidementiva
Ziele einer symptomatischen Behandlung der Alzheimerkrankheit mit Antidementiva (früher Nootropika genannt) sind die Verbesserung der Kognition, der Erhalt der Fähigkeiten, sich im Alltag möglichst selbstständig zurecht zu finden und die Reduktion von Verhaltensauffälligkeiten. Letztgenannte Symptome erfordern häufig den Einsatz von anderen pharmakologischen Substanzen als Antidementiva. Azetylcholinesterasehemmer
Zurzeit stehen drei verschiedene Azetylcholinesteraseinhibitoren (Tabelle 15.16-1) zur Behandlung der Alzheimerkrankeit zur Verfügung (Tacrin [Cognex]; die vierte Substanz ist zwar noch erhältlich, aber wegen potentiell schweren Störungen der Leberfunktion obsolet und wird daher nicht weiter besprochen). Sie sind Mittel der Wahl und unterscheiden sich in ihrer Wirksamkeit auf die kognitive Leistungsfähigkeit, die positive Beeinflussung der Alltagskompetenzen und des klinischen Gesamteindruckes nur unwesentlich. Auch ihr Nebenwirkungsprofil ist vergleichbar und wird von cholinergen Effekten geprägt. Empfohlen wird daher eine langsame Aufdosierung über mehrere Wochen hinweg. Trotzdem können gelegentlich typische UAW wie Übelkeit, Diarrhö oder Brechreiz auftreten. Benommenheit, Unruhe oder Schlafstörungen werden ebenfalls beobachtet. Alle Substanzen hemmen sowohl die Azetylcholinesterase als auch die ubiquitär im Körper aktive Butyrylcholinesterase und penetrieren gut die Blut-Hirn-Schranke. Donepezill (Aricept) ist ein kompetitiver, reversibler Cholinesteraseinhibitor. Unter Donepezil werden gelegentlich zusätzlich Muskelkrämpfe beobachtet, die gut auf Magnesiumgabe ansprechen oder sich spontan zurückbilden. Die Proteinbindung liegt bei 95%. Wie pharmakokinetische Studien zeigen konnten, ist trotz der Metabolisierung über das Cytochrom-P450System (2D6, 3A4) das Risiko für klinisch relevante Interaktionen mit konkurrierenden Substanzen als relativ gering einzuschätzen. Der ebenfalls reversible Cholinesterasehemmer Galantamin (Reminyl) moduliert zusätzlich synaptische Nikotinrezeptoren. Er wird ebenfalls über das Cytochrom-P450-System (2D6, 3A4) verstoffwechselt. Inwiefern dies einen Wirksamkeitsvorteil birgt, bleibt noch zu klären. Die metabolische Clearence für Frauen ist gegenüber Männern um ca. 20% erniedrigt. Die Plasma-Eiweiß-Bindung liegt unter 20%, im Gegensatz zu
1397
15
Rivastigmin (Exelon) das zu ca. 40% in gebundener Form vorliegt. Der sog. „pseudoirreversible“ (d. h. die Bindung an die Cholinesterase hält länger an, als deren Neusynthese Zeit benötigt) Cholinesterasehemmer Rivastigmin wird hydrolysiert und zu 99% als Metabolit über die Niere ausgeschieden. Die Substanz wird nicht über das CYP-P450-System metabolisiert, sodass keine Interaktionen mit relevanten Pharmaka zu erwarten sind. Die Nebenwirkungsrate bei Frauen liegt höher als bei Männern. Die Behandlungseffekte mit Azetylcholinesterasehemmern können zu einer Verbesserung der Aufmerksamkeit im täglichen Leben und merklich mehr Interesse im Alltag führen. Eine Stabilisierung der kognitiven Symptome bzw. der Fähigkeiten, sich im Alltag zurechtzufinden, über 6 Monate ist als Erfolg zu werten. Damit sind die Patienten wieder besser in ihr soziales Umfeld integrierbar. Dies bedeutet, dass Angehörige und Betreuungspersonen ebenfalls von einer effektiven antidementiven Behandlung der Betroffenen profitieren. Hierbei gilt der Grundsatz: Je früher eine gezielte Behandlung einsetzt, desto eher kann sie ihre Wirkungen entfalten. Bereits irreversibel geschädigte Anteile des ZNS können nicht mehr aktiviert werden! Bei guter Verträglichkeit sollte es sich immer um eine Langzeitbehandlung handeln – ein Absetzen kann zu einer deutlichen Verschlechterung der Symptomatik führen, die durch eine Wiederaufnahme der einmal unterbrochenen Behandlung nicht immer kompensiert werden kann. Sollte sich spätestens nach 8–12 Wochen kein ausreichender Therapieerfolg einstellen, ist die Umstellung auf ein anderes Präparat angezeigt. Alternativ kann mit einer anderen Substanzgruppe kombiniert werden. Das Prinzip der Azetylcholinesterasehemmung lässt sich, wie erste Studien zeigen, ebenfalls auf Alzheimerformen vom vaskulären Mischtyp, einen Teil der vaskulären Demenzen, die Lewy-Körperchen-Variante der Alzheimerkrankheit und die Parkinson-Erkrankung anwenden. Kasuistisch wurde deren Wirksamkeit auch bei älteren Patienten mit frontotemporaler Demenz beobachtet. Im Falle einer Kontraindikation (absolut schwere Leber- bzw. Niereninsuffizienz; relativ: vorbestehende Bradykardie, kardiale Reiz- bzw. Erregungsleitungsstörungen) oder bei Unverträglichkeit von Azetylcholinesterasehemmern sind andere Antidementiva indiziert. Glutamatantagonismus
Memantine (Axura, Ebixa) verfügt analog zu den Azetylcholinesteraseinhibitoren als nichtkompetitiver NMDA-Antagonist ebenfalls über ein klar definiertes Wirkprinzip (s. Tabelle 15.16-1): Die exzitatorische Glutamataktivität und damit der zytotoxische Ca-Influx werden reduziert. Erwähnenswert ist, dass diese Substanz besonders bei schwer Demenzkranken die Alltagsfunktionen der Patienten verbessert und deren Pflegebedürftigkeit reduzieren kann. In Kombination mit Neuroleptika, Azetylcholinesteraseinhibitoren und Dopaminagonisten kann es zu einer Wirkungsverstärkung kommen. Bei Anfallsleiden sollte Memantine nicht eingesetzt werden. Die Plasma-Eiweiß-
15
1398
15 Psychiatrische Erkrankungen
Bindung liegt bei 45%, die Ausscheidung erfolgt weitgehend unverändert über die Niere.
dungen ableiten lassen, muss noch in kontrollierten Studien evaluiert werden. Östrogene wirken als Radikalenfänger und verfügen über eine Reihe anderer vorteilhafter Stoffwechseleigenschaften. Auf Antidementiva mit mehreren pharmakoGrund von epidemiologischen Studien wird ihnen eine möglilogischen Wirkmechanismen Die Extrakte aus Ginkgo-biloba-Blättern (Tebonin intens; che präventive Wirkung zugeschrieben. Die Radikalfänger Vitamin E und C können wegen ihrer s. Tabelle 15.16-1), wirken membranprotektiv und haben günstige Effekte auf die aminerge und cholinerge Neurotransmission. Die neuroprotektiven Eigenschaften eine Wirkung im Vorfeld der antidementive Wirksamkeit konnte zwar in klinischen Studien Erkrankung entfalten. Andererseits mahnen neue Erkenntnisse gezeigt werden, neuere Untersuchung kommen allerdings zu zur Vorsicht im Umgang mit hohen Dosen von Vitamin E und Vitamin C bei älteren Menschen. widersprüchlichen Ergebnissen. Piracetam (Nootrop, Normabrain) kann den pathologisch herabgesetzten Hirnstoffwechsel verbessern und fördert Innovative Ansätze zur Therapie Vigilanz und Antrieb. Für diese Substanz liegen nur ältere der Alzheimerkrankheit Studien vor, die heute geltende Standards nicht mehr erfül- Tierversuche zeigten, dass bei transgenen Tiermodellen der len. Eine neuere Metaanalyse des Cochrane-Instituts kommt Alzheimerkrankheit eine Immunisierung mit β-Amyloid die allerdings zum Schluss, dass die Therapie mit Piracetam zu pathologische Plaquebildung reduzieren und bereits bestehende einer Verbesserung des klinischen Gesamteindrucks von Plaques möglicherweise auflösen kann. Demenzpatienten führen kann. Die enzymatische Hemmung der proteolytischen Spaltung des Falls Azetycholinesterasehemmer oder Memantine nicht ein- β-Amyloidvorläuferproteins (Sekretaseinhibitoren), kann zu gesetzt werden können, ist ein Behandlungsversuch mit Ginkgo einer Verminderung der Produktion von toxischem β-Amyloid biloba oder Piracetam sinnvoll. Nebenwirkungen sind selten; führen. Ginkgo sollte bei Patienten mit Blutungsneigung nicht eingesetzt werden. Kontrollierte Untersuchungen zu relevanten Arznei15.16.3 Pharmakotherapie nichtkognitiver mittelinteraktionen liegen nicht vor. Unter Piracetam wird geleSymptome gentlich eine Verstärkung von vorbestehenden Unruhezuständen beobachtet. Die Wirksamkeit anderer Psychopharmaka kann so- Antidepressiva wohl verstärkt als auch vermindert werden. Beide Substanzen Häufig sind bei dementen Patienten bereits in frühen Kranksind kostengünstig. heitsstadien depressive Störungen mit Antriebsminderungen zu Die den Antidementiva zugrunde liegenden unterschied- beobachten. Sie sind generell sowohl einer psychopharmalichen pharmakologischen Wirkprinzipien legen generell die kologischen Behandlung mit Antidepressiva als auch verhalMöglichkeit zu Kombinationstherapien nahe. Kontrollierte Studi- tensmodifizierenden und damit im weiteren Sinn psychotheraen zu deren Überlegenheit gegenüber einer Monotherapie gibt es peutischen Interventionen zugänglich. Als wirksam und gut bisher nicht. verträglich haben sich die in Tabelle 15.16-2 aufgelisteten Substanzen erwiesen. Medikamente mit anticholinerger Wirkkomponente (cave: Delir) sollten nur bei Unwirksamkeit der anderen Ansätze zur Prävention der Substanzen und spezifischer Indikation eingesetzt werden. Alzheimerkrankheit In tierexperimentellen Untersuchungen ließ sich unter der Gabe des ZNS-gängigen Cholesterinsenkers Simvastatin (HMG-CoA- Benzodiazepine und Reductase-Inhibitor) ein Rückgang der Beta-Amyloidbildung im Benzodiazepinrezeptoragonisten ZNS nachweisen. Erste Studien wiesen darauf hin, dass eine frü- Die bei Demenzkranken verbreitete Behandlung von Schlafstörunhe Verwendung von Statinen den Manifestationszeitpunkt einer gen, Angst- und Unruhezuständen mit Benzodiazepinen sollte bei Demenz verschieben kann. täglicher Anwendung maximal vier Wochen nicht überschreiten. Ein günstiger Effekt von nichtsteroidalen Antiphlogisti- Sie können Gedächtnisstörungen verstärken, zu sehr sedieren und ka (NSA) wurde zunächst deshalb diskutiert, weil bei der Alz- auch durch die muskelrelaxierende Wirkung das Sturzrisiko (auch heimerkrankheit entzündliche Prozesse eine Rolle spielen. nachts!) erhöhen. Paradoxe Erregungszustände (Wutreaktionen) Die Ergebnisse einer neueren Untersuchung weisen darauf sind nicht selten. Die Gefahr einer Abhängigkeitsentwicklung ist hin, dass dieser protektive Effekt nicht, wie bisher vermutet, auch in niedriger Dosierung hoch. Bei älteren Menschen nimmt via Zyklo-oxygenaseinhibition, sondern über eine Modulation die Empfindlichkeit der Benzodiazepinrezeptoren zu. Die Benzoder γ-Se-kretaseaktivität erzielt werden könnte. In vitro sowie diazepinrezeptoragonisten Zolpidem (Stilnox) und Zopiclon im Tierversuch wurde unter NSA-Exposition eine Reduktion (Ximovan) bergen ein geringeres Suchtpotential und sind durch von amyloidogenen β-Amyloid-42-Bruchstücken beobachtet. eine relativ kurze Wirkdauer charakterisiert, sodass in der Regel ein Inwieweit sich aus diesen Erkenntnissen klinische Anwen- Überhang vermieden werden kann.
15.16 Demenzerkrankungen
1399
Tabelle 15.16-2. Antidepressiva bei Demenzerkrankungen (Zielsyndrom: drom Depression) Substanzklasse/ Wirkprinzip
Wirkstoff
Tagesdosis
Zusätzliches Zielsyndrom
Arzneimittelsicherheit
Evidenz- Empfehlungsgrad stärke
Serotoninwiederaufnahmeinhibition
Citalopram
20–40 mg
Antriebsminderung, Apathie
(1) (2); Geringes Interaktionspotential
I-b
B
Paroxetin Sertralin Reboxetin
10–40 mg 50–100 mg 2× 2 mg
(1) (2); CYP 2D6-Inhibitor (1) (2) (1) (2) (3) Dosishalbierung bei Leber-/ Niereninsuffizienz
I-b IV IV
B C C
Mirtazapin
15–30 mg
Cave: Blutdrucksenkung möglich
IV
C
Trazodon
100–200 mg
(3); Sedierung, Priapismus
I-b
B
Nortriptylin
25–150 mg
Antriebsminderung
(4); kaum anticholinerge Nebenwirkungen, daher Alternative zu SSRI;
IV
C
Doxepin
10–50 mg
Psychomotorische Unruhe mit Depression
(3) (4); Anticholinerge Nebenwirkungen; Sedierung (effektiv bei ausgeprägter Unruhe/Getriebenheit; Einsatz, wenn andere Substanzen nicht ausreichend wirksam sind oder eine ungünstige Nutzen-Risiko-Relation haben)
Noradrenalinwiederaufnahmeinhibitoren Noradrenalin- und Serotoninwiederaufnahmehemmung Antihistaminerg, adrenerg Trizyklische Antidepressiva
Schlafstörungen
(1) Übelkeit, Diarrhö, Unruhe, sex. Funktionsstörungen möglich; (2) selten SIADH bei älteren Menschen; (3) orthostatische Hypotonie; (4) kardiale Erregungsleitungsstörungen Tabelle 15.16-3. Symdromorientierte Anwendung von Neuroleptikaa be bei Demenzerkrankungen Substanzklasse
Wirkstoff
Tagesdosis
Zielsymptome
Arzneimittelsicherheit
Evidenz- Empfehlungsgrad stärke
Höherpotente Neuroleptika
Haloperidol
0,5–4 mg
sychotische Symptome inkl. Halluzinationen, psychomotorische Unruhe, Schlafstörungen, Angst
Hohes Risiko für Extrapyramidalmotorische Nebenwirkungen, sonst sehr sicheres Arzneimittel
I-b
B
Olanzapin1
2,5–10 mg
I-b
B
Quetiapin
bis 100 mg
Risperidon
0,5–2 mg als Saft erhältlich
I-b
B
Melperon
12,5–150 mg als Saft erhältlich
Geringeres EPMS-Risiko, sedierend, Gewichtszunahme, periphere Ödeme, Hyperglykämien möglich, (5) Cave: Erhöhtes Risiko für zerebrovaskuläre Ereignisse und erhöhte Mortalität, besonders bei vaskulären Risikofaktoren schlafregulierend; geringes EPMS-Risiko; orthostatische Dysregulation; Gewichtszunahme potentiell neuroprotektiv EPMS-Risiko dosisabhängig niedrig; initial (5) Cave: Erhöhtes Risiko für zerebrovaskuläre Ereignisse und erhöhte Mortalität, besonders bei vaskulären Risikofaktoren In Kombination mit anderen Neuroleptika höheres Risiko für EPMS Cave: zu starke Sedierung
I
B
Pipamperon
20–120 mg als Saft erhältlich
IV
C
Niederpotente Neuroleptika
”
Psychomotorische Unruhe, Schlafstörungen, Sedierung erwünscht
(5) orthostatische Dysregulation 1 Olanzapin wird derzeit nicht zur Behandlung von Verhaltensstörungen run bei Demenz empfohlen
15
15
1400
15 Psychiatrische Erkrankungen
Tabelle 15.16-4. Psychopharmaka zur Behandlung von schweren Verhaltensstörungen erha bei Demenzerkrankungen Wirksstoff
Tagesdosis
Zielsymptome
Arzneimittelsicherheit
Evidenzgrad
Empfehlungsstärke
Carbamazepin
3× 100–300 mg schleichend (Beginn 100 mg tgl.)
Aggressivität psychomotorische Unruhe
initial erheblich sedierend; Blutbild-, Elektrolytkontrollen erforderlich (Hyponatriämie), Hautallergie, reversible Leukozytopenie; cave: reversible cerebelläre Ataxie bei zu schneller Aufdosierung
I-b
B
Valproinsäure
3× 100–300 mg
Aggressivität psychomotorische Unruhe
Leberfunktionskontrollen erforderlich, Enzephalopathie möglich. Cave: Kombination mit Thrombozytenaggregationshemmern
I-b
C (widersprüchliche Studienergebnisse)
Clomethiazol
125–500 mg als Saft erhältlich
Aggressiviät, nächtliche psychomotorische Unruhe, Delir
Erhöhte Bronchialsekretion mit Atemdepression möglich; Einsatz, wenn andere Substanzen nicht ausreichen wirksam sind
IV
C
Neuroleptika
Weitere nichtkognitive Symptome wie Unruhe, Aggressivität, Wahn oder Halluzinationen sind ebenfalls oft bei Demenzerkrankungen zu beobachten. Diese Verhaltensauffälligkeiten sind die häufigste Ursache für stationäre Krankenhauseinweisungen und belasten die Pflegepersonen meist mehr, als das eigentliche Nachlassen der kognitiven Funktionen. In manchen Fällen kann bereits unter der Behandlung mit Azetylcholinesteraseinhibitoren eine Besserung dieser Symptome beobachtet werden. Häufig lässt sich jedoch der Einsatz von Neuroleptika nicht vermeiden. Der Vorzug sollte Substanzen mit einem möglichst geringen Potential für extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen gegeben werden (Tabelle 15.16-3), die in der Regel bereits in niedriger Dosierung gut wirksam sind. Bei vergleichbaren Haloperidol-Tagesdosen sind häufiger EPMS zu beobachten. Die Ergebnisse von neueren klinischen Prüfungen bei älteren Patienten mit Demenz weisen allerdings auf ein dosisabhängig erhöhtes Risiko für zerebrovaskuläre Ereignisse und eine erhöhte Mortalität unter Olanzapin sowie Risperidon hin. Wahrscheinlich handelt es sich hierbei um ein generelles Risiko der Anwendung von Neuroloptika bei älteren Menschen, das
durch das zusätzliche Vorliegen von vaskulären Risikofaktoren weiter ansteigt. Daher muss künftig die Indikation zur Neuroleptikatherapie zwar weiterhin wegen des hohen Risikos für EPMS, insbesondere aber auch wegen der Gefahr zerebrovaskulärer Ereignisse und erhöhter Mortalität noch kritischer als bisher ständig überprüft werden. Eine Dauerindikation bei Demenzerkrankungen existiert praktisch nicht. Einen Sonderfall stellt die Lewy-Körperchen-Variante der Alzheimerkrankheit dar, die oft mit einem Parkinsonsyndrom einhergeht. Diese Patienten können extrem empfindlich auf Neuroleptika reagieren und bereits in geringsten Dosen schwere extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen bis hin zu einem malignen neuroleptischen Syndrom entwickeln. Klassische Neuroleptika wie Haloperidol oder Fluspirilen (Imap) sind hier vollkommen obsolet! Als medikamentöse Alternative zur Behandlung mit Neuroleptika bietet sich besonders bei Demenzkranken mit vaskulären Risikofaktoren der Einsatz von Antikonvulsiva an, für die derartige unerwünschte Arzneimittelreaktionen bisher nicht bekannt sind (vgl. Tabelle 15.16-4.). Als weitere Option können die genannten Cholinesterase-Inhibitoren zur Erstbehandlung in
Tabelle 15.16-5. Nichtmedikamentöse Behandlungsverfahren bei Demenzerkrankungen eme Therapieform
Kognitives Trainung
Milieutherapie
∗ Realitätsorientierungs- Selbsterhaltungstherapie therapie
Validation
Konzept
Nutzung und Aktivierung von noch vorhandenen intellektuellen Fähigkeiten Kombination mit Realitätsorientierungstherapie Leichtgradige Demenz
Zuwendung, Vermeidung von Kritik, bedarfsorientierte Gestaltung des Umfelds
Tagesstrukturierung, Wohnumfeld ermöglicht ständige Orientierung (Informationen zu Ort, Zeit, Mitmenschen) und soziale Kontakte
Verstärkung erhaltener Erinnerungen, affirmative Rückmeldungen; Ergo-, Physio-, Kunsttherapie u. a.
Kritikfreie Zuwendung; Annerkennung der subjektiven Realität der Erkrankten
Mittelgradige/ fortgeschrittene Demenz III C
Mittelgradige Demenz
Alle Schweregrade von Demenzerkrankungen
I-a
III
Indikation Evidenzgrad Evidenzstärke
I-b/∗I-b B/*A
I-a C
15.16 Demenzerkrankungen
Erwägung gezogen werden. In klinischen Studien konnten mehrfach positive Effekte auch auf Verhaltsstörungen gezeigt werden.
1401
15
Rehabilitationsmaßnahmen gemeinsam für Patienten und deren Angehörige durchgeführt werden (Alzheimer Therapiezentrum, Bad Aibling, Kolbermoorer Str. 72, 83043 Bad Aibling).
Antikonvulsiva und Clomethiazol
Gute Erfahrungen in der Behandlung von schweren UnruheLiteratur zuständen und Aggressivität liegen für das Antikonvulsivum Brodaty H, Ames D, Snowdon J, Woodward M, Kirwan J, Clarnette R, Lee E, Carbamazepin und – in bedingtem Umfang – mit widersprüchLyons B, Grossman F (2003) A randomized placebo-controlled trial of risperidone for the treatment of aggression, agitation, and psychosis lichen Ergebnissen auch für Valproinsäure vor (Tabelle 15.16-4). of dementia. J Clin Psychiatry 64:134–143 Für beide Substanzen gelten die gleichen Prinzipien wie bei jünChan WC, Lam LC, Choy CN, Leung VP, Li SW, Chiu HF (2001) A double-blind geren Patienten. randomised comparison of risperidone and haloperidol in the treatment of behavioural and psychological symptoms in Chinese dementia Als weiteres Medikament für ansonsten therapierefraktäre patients. Int J Geriatr Psychiatry 16(12): 1156–1162 Unruhezustände steht als sehr gut wirksame Ultimo Ratio CloDe Deyn PP, Rabheru K, Rasmussen A, Bocksberger JP, Dautzenberg PL, methiazol (Distraneurin) in oralen Zubereitungsformen zur Eriksson S, Lawlor BA (1999) A randomized trial of risperidone, plaVerfügung (s. Tabelle 15.16-4). Die Substanz hat sich seit Jahren cebo, and haloperidol for behavioral symptoms of dementia. Neurology 53(5): 946–955 in der Therapie des Alkoholentzugsdelirs bewährt. Wegen der (gelegentlich massiven) Steigerung der Bronchialsekretion und Dovey HF, John V et al. (2001) Functional gamma-secretase inhibitors reduce beta-amyloid peptide levels in brain. J Neurochem 76(1): der potentiellen Atemsuppression ist bei dessen Anwendung eine 173–181 ausreichende Überwachung der Patienten zu gewährleisten. Die Emre M, Aarsland D, Albanese A, Byrne EJ, Deuschl G, De Deyn PP, Durif F, Kulisevsky J, van Laar T, Lees A, Poewe W, Robillard A, Anwendungsdauer ist wegen des hohen Suchtpotentials strikt auf Rosa MM, Wolters E, Quarg P, Tekin S, Lane R (2004) Rivastigmine das notwendige Maß zu beschränken und darf nur unter vollfor dementia associated with Parkinson’s disease. N Engl J Med 9: stationären Bedingungen und Alkoholkarenz erfolgen. 351(24): 2509–2518 15.16.4 Nichtmedikamentöse Behandlung von Demenzerkrankungen
Die in Tabelle 15.16-5 aufgelisteten nichtmedikamentösen Maßnahmen wurden für die Alzheimerkrankheit entwickelt, orientieren sich am Krankheitsstadium und suchen die im Einzelfall vorhandenen Alltagskompetenzen und intellektuellen Ressourcen zu stärken. Nach individueller Abwägung sind ihre Prinzipien auch auf andere Demenzerkrankungen übertragbar. Grundsätzlich kontraindiziert ist der Versuch, bereits verlorengegangene Fähigkeiten, wie z. B. das Arbeitsgedächtnis oder Sprachdefizite wieder anzutrainieren – das ist unmöglich und führt zu einer vermeidbaren Frustration beim Patienten und einem Scheitern des Therapieversuchs. Es ist deshalb unerlässlich, die Angehörigen von Demenzkranken ausführlich über die Erkrankung aufzuklären und zu beraten. Dies gilt in den frühen Krankheitsstadien selbstverständlich auch für die Betroffenen selbst, sofern sie dies wünschen. 15.16.5 Sozialmedizinische Maßnahmen
Angehörige werden aufgrund der hohen Anforderungen, die mit der Krankenpflege verbundenen sind, sehr belastet. Dies führt in vielen Fällen dazu, dass sie selbst psychisch (Depression, Burnout) oder somatisch (z. B. körperliche Belastung durch pflegerische Beanspruchung) erkranken und Unterstützung benötigen. Informationen und Hilfe in allen Belangen bieten flächendeckend die regionalen deutschen Alzheimergesellschaften (Deutsche Alzheimergesellschaft e.V., Kantstraße 152, 10623 Berlin; www.alzheimer-europe.org) mit ihren Selbsthilfegruppen an. Auf Antrag können in einigen wenigen Therapiezentren stationäre
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1402
15 Psychiatrische Erkrankungen
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15.17 Konsiliarpsychiatrie und -psychotherapie Albert Diefenbacher
15.17.1 Einleitung
Körperliche Erkrankungen werden häufig von psychischen Symptomen und/oder Verhaltensauffälligkeiten begleitet. Körperliche Symptome selbst können auf eine psychische Erkrankung, z. B. eine depressive Störung oder Angsterkrankung hinweisen, ohne dass eine körperliche Erkrankung vorliegt. Das folgende Kapitel soll dem Nichtpsychiater dabei helfen, die Zusammenarbeit mit Konsiliarpsychiatern in der Versorgung von somatopsychisch kranken Patienten zu verbessern. 15.17.2 Psychische Komorbidität bei körperlich kranken Patienten
Bei Patienten, die sich wegen einer körperlichen Erkrankung in Behandlung begeben, ist die Wahrscheinlichkeit, dass gleichzeitig eine psychische Erkrankung vorliegt, erhöht. Dies gilt für ambulant und stationär behandelte Patienten. Die Lübecker
15.17 Konsiliarpsychiatrie und -psychotherapie
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einer solchen Störung beitragen: Initial wird der Patient gebeten, sich drei Begriffe (z. B. Apfel – Tisch – Pfennig) zu merken, die er später wiederholen solle. Anschließend sollen Datum, Wochentag, Monat und Jahr genannt werden. Dann erfolgt eine serielle Subtraktion über 5 Schritte (100 minus 7 bis zur Endzahl 65), abschließend werden die eingangs genannten drei Merkitems abgefragt. Jeder Fehler wird mit 1 Punkt bewertet, bei mehr als 5 Fehlern besteht der Verdacht auf eine Beeinträchtigung kognitiver Funktionen. Eine solche kurze Überprüfung des kognitiven Status ist besonders wichtig zur Diagnose eines hypoaktiven Delirs, das auf Grund seiner weniger spektakulären Phänomenologie – der Patient liegt zurückgezogen und apathisch im Bett und antwortet auf Fragen einsilbig und eher floskelhaft („Es geht gut“) – nicht in derselben Deutlichkeit wie ein hyperaktives Delir als problematisch erkannt wird. Hypoaktive Delirien werden nicht selten auf Grund einer fehlenden Evaluation des kognitiven Status als „Depression“ fehldiagnostiziert und gelegentlich fälschlich mit trizyklischen Antidepressiva behandelt, wodurch es, bei vorgeschädigtem Gehirn, auf Grund der anticholinergen Nebenwirkung dieser Substanzen zur Entwicklung eines hyperaktiven Delirs kommen kann. Die Aufgabe des Konsiliarpsychiaters besteht neben der 15.17.3 Einzelne Krankheitsbilder Diagnosestellung in der Unterstützung bei der differentialdiaIm Folgenden wird an Hand einiger bei stationären Patienten gnostischen Abklärung möglicher Ursachen deliranter Syndroaußerhalb psychiatrischer Kliniken und Abteilungen häufigen me; zu diesem Zweck ist zu fordern, dass er eine eigenhändige psychischen Erkrankungen exemplarisch auf die Kooperation Durchsicht der Krankengeschichte bzw. des Krankheitsverlauvon Konsiliarpsychiater und Nichtpsychiater eingegangen. (All- fes vornimmt. Des Weiteren sollte der Konsiliarpyschiater eine gemeine Aspekte der dargestellten psychischen Erkrankungen konsequente medikamentöse Behandlung initiieren, die, neben sind der Sektion Psychiatrie und Psychotherapie dieses Buches einem Verzicht auf möglicherweise deliriogene Substanzen, meist eine Gabe von Neuroleptika wie z. B. Haloperidol erfordert zu entnehmen.) (ein Algorithmus zur Akutversorgung deliranter Syndrome durch den nichtpsychiatrischen Stationsarzt findet sich bei Saupe Akute Verwirrtheitszustände Akute Verwirrtheitszustände (ICD-10 F05 Delir, nicht durch Alko- u. Diefenbacher). hol oder psychotrope Substanzen bedingt) sind bei Allgemeinkrankenhauspatienten häufig. Sie kommen insbesondere bei Depressive Syndrome den über 65-jährigen Patienten in 15–20% der Fälle vor. Sie sind Depressive Syndrome (ICD-10, u. a. F30–F39) werden bei Pamit einer erhöhten Morbidität und Mortalität verbunden und tienten, die an einer körperlichen Grunderkrankung leiden, zu führen häufig zu einer verlängerten Krankenhausverweildauer. selten diagnostiziert. Häufig wird von ärztlicher und pflegeHyperaktive delirante Syndrome, die neben Orientierungsstö- rischer Seite vermutet, dass das Auftreten einer Depression bei rungen und Störungen der Bewusstseinslage durch Umtriebig- einer körperlichen Erkrankung „normal“ sei, daher keiner spekeit, psychotische Symptome, Schlaf-Wach-Umkehr und gele- zifischen Behandlung bedürfe und sich von alleine zurückbilde. gentlich Aggressivität gekennzeichnet sind, werden meistens Untersuchungen der natürlichen Verläufe depressiver Syndrome zunächst vom Pflegepersonal auf Grund der im Vordergrund ste- bei akut körperlich erkrankten Patienten sprechen tatsächlich henden Verhaltensauffälligkeiten bemerkt. Das Vollbild eines für eine hohe Remission depressiver Syndrome im Verlauf einer deliranten Syndroms entwickelt sich häufig über mehrere Tage, Krankenhausbehandlung. Dennoch konnte gezeigt werden, dass wobei initial zunehmend Schlafstörungen und vor allem in den 28% der bei stationärer Aufnahme als depressiv eingestuften frühen Morgenstunden unkooperatives Verhalten auffällig ist. Patienten auch bei Entlassung immer noch depressiv waren, mit Da diese Symptomatik tageszeitliche Schwankungen aufweist, hierdurch bedingtem, über mehrere Monate nach der Entlaswird bei prima facie unauffälligem Verhalten tagsüber die Vor- sung anhaltendem, komplizierterem Behandlungs- und Heibotenfunktion der nächtlichen Symptome häufig nicht wahr- lungsverlauf. Für den Nichtpsychiater sollte die differentialgenommen, bis sich dann das Vollbild eines hyperaktiven deli- diagnostische Erwägung eines depressiven Syndroms und ranten Syndroms entwickelt hat. ggf. die Anforderung eines psychiatrischen Konsiliums dann erfolEin kurzer Screening-Test kognitiver Funktionen, problemlos gen, wenn ein Patient mehrere Tage nach begonnener Behandwährend der Visite einsetzbar, kann zur frühzeitigen Identifikation lung immer noch gleichbleibend oder zunehmend ausgesproAllgemeinkrankenhausstudie fand folgende Prävalenzraten psychischer Erkrankungen bei stationär behandelten chirurgischen und internistischen Patienten: Organisch bedingte psychische Störungen (z. B. akute Verwirrtheitszustände) bei 17,5, Depressionen bei 16,3 und Abhängigkeitserkrankungen bei 11%. Per Experten-Rating wurde geschätzt, dass etwa 16% aller untersuchten Krankenhauspatienten eine psychiatrisch-psychotherapeutische Intervention während der Indexbehandlung benötigten, dem Konsiliarpsychiater überwiesen wurden davon aber nur ca. ein Viertel. Meist liegen die Überweisungsraten an psychiatrische Konsiliardienste im Allgemeinkrankenhaus nur bei ungefähr 1%. Psychische Erkrankungen führen zu einer weiteren subjektiven Beeinträchtigung des körperlich kranken Patienten. Sie sind mit komplizierteren Krankheitsverläufen, einer verlängerten Krankenhausverweildauer, vermehrten stationären Wiederaufnahmen sowie auch vermehrten ambulanten Arztbesuchen verbunden als dies bei körperlich gleich schwer erkrankten Patienten der Fall ist, die an keiner zusätzlichen psychischen Erkrankung leiden.
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15 Psychiatrische Erkrankungen
chen weinerlich, niedergeschlagen, hoffnungslos etc. ist und nicht in dem Maße an medizinisch-diagnostischen Maßnahmen oder therapeutischen Programmen teilnimmt, wie dies für die Mehrzahl der Mitpatienten üblicherweise zu erwarten ist. Die Aufgabe des Konsiliarpsychiaters ist es, die Indikation für eine psychotherapeutische und/oder psychopharmakotherapeutische Behandlung zu stellen, die unmittelbar zu beginnen oder mit einem ambulanten Nervenarzt bzw. dem Hausarzt zu vereinbaren ist. Psychotherapeutische Interventionen in unterschiedlicher Form (z. B. Einzel- und Gruppentherapien) sind auch bei körperlichen Krankheiten effektiv. Bezüglich der Frage, was denn ein psychotherapeutisches Vorgehen bei einer körperlichen Erkrankung überhaupt bewirken kann, ist für den Nichtpsychiater wie auch für den Patienten das Konzept der Trauerarbeit hilfreich. Krankheit bedeutet für den von ihr Betroffenen einen Verlust zuvor bestehender Funktionsfähigkeit, der kognitiv und affektiv bearbeitet werden muss. Den meisten Patienten gelingt es, alleine oder mit Unterstützung ihrer Angehörigen und der behandelnden Ärzte und des Pflegepersonals die Stadien der Trauerarbeit (Leugnung der Krankheit, Ängstlichkeit, Ärger und Wut, Depression und Hilflosigkeit) zu durchschreiten, bis sich wieder ein neues Gleichgewicht einstellt. Bei einer Minderheit aber kommt es gewissermaßen zu einer pathologischen Trauerreaktion und die Aufgabe des psychiatrischen Konsiliars ist es, z. B. eine supportiv-psychotherapeutische Intervention durchzuführen, die auch im Setting des Allgemeinkrankenhauses durchgeführt werden kann. Bei der supportiven Psychotherapie, einer in Deutschland unterschätzten psychotherapeutischen Methode, handelt es sich um ein Verfahren, das erlernt werden muss und nicht identisch ist mit einem letztlich von jedem im medizinischen Bereich Tätigen zu erwartenden empathischen Zuspruch gewährenden Verhalten. In der Lübecker Allgemeinkrankenhausstudie wurde die Indikation zur Durchführung einer supportiven Psychotherapie bei 21,8% der untersuchten Patienten gestellt. Eine solche Behandlung erfordert mehrere Gesprächstermine und kann im Rahmen der üblichen konsiliarischen Versorgung häufig nicht adäquat erfolgen. Auch der Einsatz von Psychopharmaka ist bei depressiven Störungen, die im Rahmen körperlicher Grunderkrankungen auftreten, effektiv. Die Entwicklung nichttrizyklischer Antidepressiva, z. B. der sog. selektiven Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI), eröffnet neue Perspektiven beispielsweise in der Behandlung von depressiven Patienten nach Myokardinfarkt oder ischämischem Insult. Im Vergleich zu den bei diesen Patienten ebenfalls wirksamen trizyklischen Antidepressiva weisen die SSRI ein günstigeres Nebenwirkungsprofil auf, wobei vor allem die nur sehr selten auftretenden kardiovaskulären Nebenwirkungen zu erwähnen sind. Allerdings muss bei ihrem Einsatz ein mögliches Interaktionspotential wegen je nach Substanz unterschiedlich ausgeprägter Induktion bzw. Inhibition von Isoenzymen der Zytochrom-P450-Familien berücksichtigt werden.
Alkoholabhängigkeit
Entgegen ihrer Häufigkeit werden alkoholabhängige Patienten (ICD-10, F10–F19), die sich wegen einer körperlichen Erkrankung auf einer internistischen oder chirurgischen Station befinden, nur selten dem Konsiliarpsychiater vorgestellt. Dies hat damit zu tun, dass ein Substanzmissbrauch häufig noch mehr als moralisches denn als medizinisches Problem gesehen wird und eine Nutzlosigkeit psychiatrisch-psychotherapeutischer Interventionen hinsichtlich der Verminderung von Rückfällen oder des Erzielens einer Abstinenz unterstellt wird. Empirische Untersuchungen weisen aber darauf hin, dass Früherkennung und Frühintervention von Alkoholmissbrauch und -abhängigkeit im Allgemeinkrankenhaus den betroffenen Patienten beim Erreichen dieser Ziele hilfreich sein können. Wichtig ist, dass der primär behandelnde Nichtpsychiater im Sinne einer sog. motivationalen Intervention in einem sachlichen, nicht moralisierenden Ton die Bereitschaft des Patienten, sich mit seiner Abhängigkeit auseinander zu setzen, weckt und unterstützt. Die vier Fragen des CAGE-Fragebogens – das Akronym setzt sich aus den jeweils ersten Buchstaben der vier nachfolgend aufgeführten Items zusammen – sind zur Erfassung von Alkoholmissbrauch und -abhängigkeit gut geeignet: 1.„Haben Sie jemals daran gedacht, Ihren Alkoholkonsum einzuschränken?“ („cut down drinking“), 2.„Haben Sie jemals bei anderen Menschen Anstoß erregt, weil Sie nach deren Meinung zu viel trinken?“ („annoyance“), 3.„Haben Sie sich jemals schuldig gefühlt wegen Ihres Trinkens?“ („guilt“), 4.„Haben Sie morgens jemals als erstes Alkohol getrunken, um sich nervlich zu stabilisieren oder einen Kater loszuwerden?“ („eye opener“). Werden alle vier Fragen mit „Ja“ beantwortet, kann dies als Hinweis auf das Vorliegen eines Alkoholproblems angesehen werden, zwei oder drei positive Antworten gelten als verdächtig. Von einer Arbeitsgruppe englischer Internisten und Psychiater wurde empfohlen, dass die vier CAGE-Fragen bei jedem Kontakt in einer Hausarztpraxis gestellt werden sollten. Fragen und Gesprächstechniken einer motivationalen Intervention sind einfach und können vom Nichtpsychiater problemlos erlernt werden (vgl. ein Gesprächsbeispiel bei Veltrup u. Wetterling). 15.17.4 Kooperation von Psychiatern und Nichtpsychiatern
Die zunehmende Integration psychiatrischer Abteilungen in die Allgemeinkrankenhäuser während der letzten Jahre hat die Möglichkeiten moderner psychiatrisch-psychotherapeutischer Methoden in der Versorgung von Menschen mit psychischen Problemen auch für den nichtpsychiatrisch tätigen Arzt transparenter gemacht. Umfragen weisen darauf hin, dass die Beratung durch einen Konsiliarpsychiater von der überwiegenden Mehrzahl der anfordernden Ärzte, vor allem aber
15.17 Konsiliarpsychiatrie und -psychotherapie
1405
15
stützung der Patienten, sondern auch unter Kosten-Nutzen-Aspekten (z. B. unabhängige Lebenssituation vs. Heimunterbringung, Wiedererreichen von Arbeitsfähigkeit, geringerer Medikamentenverbrauch, kürzere postoperative Erholungszeit und kürzerer Probleme in der Kooperation Der ein psychiatrisches Konsilium anfordernde Arzt darf von diesem Krankenhausaufenthalt). Ein noch weitergehendes Modell wird vor allem in den USA Folgendes erwarten: Schriftlich dokumentiertes Konsilium mit knapp zusammengefasstem psychopathologischem Befund, psych- propagiert, wo z. B. Internisten und Psychiater über Abteilungsiatrische Diagnose (ggf. Syndromdiagnose), nachvollziehbarer grenzen hinaus gemeinsame Stationen (sog. „medical-psychiatric units“) betreiben. Solche Modelle könnten insbesondere für Therapievorschlag. Wird eine Psychopharmakotherapie empfohlen, sollte der Patienten mit suchtmedizinischen und geriatrisch-geronto-psyKonsiliar ein Dosierungsschema notieren, auf mögliche Inter- chiatrischen Problemen nützlich sein. Die Einführung des DRG-Systems, bei der die Abbildung zuaktionen mit anderen Pharmaka hinweisen und ggf. über häufiger zu erwartende Nebenwirkungen informieren. Latenzen sätzlich zur somatischen Grunderkrankung vorliegender psybeim Wirkungseintritt sowie voraussichtliche Behandlungsdauer chiatrischer Diagnosen vorgesehen ist, dürfte in jedem Fall mit sollten ebenfalls erwähnt werden. Wird ein psychotherapeutisches einer Zunahme psychiatrischer Konsiliar-Liaison-Tätigkeit einVerfahren empfohlen, sollte der Konsiliar konkretisieren, um wel- hergehen. ches Verfahren es sich handelt sowie durch wen und an welchem Ort die Therapie stattfinden soll. Auf dieser Grundlage kann der Literatur psychiatrische Konsiliar wiederum erwarten, dass seine Vorschläge American Psychiatric Association (1999) Practice Guideline for the Treatment of Patients With Delirium. APA, Washington DC adäquat umgesetzt werden. Die Therapeuten-Compliance, in Arolt V (2004) Die Häufigkeit psychischer Störungen bei körperlich Kranken. der konsiliarpsychiatrischen Literatur spricht man auch von In: Arolt V, Diefenbacher A (Hrsg) Psychiatrie in der klinischen Medizin. Steinkopff, Darmstadt, S 19–53 Konkordanz, der anfordernden Ärzte mit den psychiatrisch-psychotherapeutischen Therapievorschlägen ist aber zum Teil nie- Arolt V, Rothermundt M (2004) Depression bei körperlichen Erkrankungen. In: Arolt V, Diefenbacher A (Hrsg) Psychiatrie in der klinidrig. Wird vom Konsiliarpsychiater kein Therapievorschlag schen Medizin. Steinkopff, Darmstadt, S 349–388 ge-geben oder keine psychiatrische Diagnose gestellt (was in Diefenbacher A (1999) Konsiliar- und Liaisonpsychiatrie. In: Helmchen H, Henn F, Lauter H, Sartorius N (Hrsg) Psychiatrie der Gegenwart, 5–10% aller angeforderten Konsilien der Fall ist), sollte dies im 4. Aufl., BD 2, Allgemeine Psychiatrie. Springer, Berlin Heidelberg Befund explizit vermerkt und erläutert werden. Wenn möglich, New York Tokyo, S 433–456 sollte in diesem Fall eine persönliche Kontaktaufnahme der beteilig- Diefenbacher A (2004) Consultation Psychiatry in Germany. In: Diefenbacher A (Hrsg) Consultation-Liaison Psychiatry in Germany, Austria and ten Ärzte erfolgen. auch von den gemeinsam betreuten Patienten als hilfreich angesehen wird.
Weitere Kooperationsformen – Ausblick
Die bereits erwähnten Probleme in der Diagnostik psychiatrischer Erkrankungen und im Umsetzen psychiatrisch-psychotherapeutischer Therapieverfahren im Allgemeinkrankenhaus haben zur Entwicklung spezieller Ansätze in der Kooperation von Psychiatern und Nichtpsychiatern geführt. Hier wird häufig der Begriff Liaisonpsychiatrie verwendet, der eine im Vergleich zur klassischen Konsiliartätigkeit zeitlich intensivere Integration des Psychiaters in einen Bereich der somatischen Medizin umfasst, wie z. B. eine internistische oder onkologische Abteilung oder Schmerzambulanz, wo er regelmäßig, also auch ohne direkte Anforderung, Patienten (mit-)betreut. Die Möglichkeit gemeinsamer Visiten und Fallbesprechungen kann die diagnostische Treffsicherheit der nichtpsychiatrischen Ärzte erhöhen und ihre Kompetenz im Umgang mit psychischen Problemen verbessern. Ebenso ist die psychotherapeutische Mitversorgung durch den Psychiater besser möglich. Sowohl bei gerontopsychiatrischen Patienten als auch in der Schmerzbehandlung und im Rahmen der psychologischen Vorbereitung von Patienten auf Operationen, also in Arbeitsbereichen, die oft ausschließlich der Organmedizin zugerechnet werden, haben sich von Spezialisten durchgeführte psychologisch-psychotherapeutische Interventionen, wie z. B. Stressimpfungstraining, als effektiv erwiesen, nicht nur hinsichtlich einer emotionalen Unter-
Switzerland. Karger, Basel, S 1–19 Driessen M, Veltrup C, Wetterling T (2004) Alkoholabhängigkeit im Allgemeinkrankenhaus – Epidemiologie, Diagnostik und Intervention. In: Arolt V, Diefenbacher A (Hrsg) Psychiatrie in der klinischen Medizin. Steinkopff, Darmstadt, S 309–322 Ehlert U (2003) Verhaltensmedizin. Springer, Berlin Heidelberg New York Klimke A, Wilmsdorff von M (2004) Medikamentöse Behandlung – psychotrope Nebenwirkungen von Nichtpsychopharmaka. In: Arolt V, Diefenbacher A (Hrsg) Psychiatrie in der klinischen Medizin. Steinkopff, Darmstadt, S 160–172 König F (2004) Psychopharmakotherapie bei somatischen Erkrankungen. In: Arolt V, Diefenbacher A (Hrsg) Psychiatrie in der klinischen Medizin. Steinkopff, Darmstadt, S 141–159 Kwentus J, Kathol R (1999) Integrierte medizinische und psychiatrische Stationen und Behandlungskonzepte – Implementierung eines neuen Versorgungsmodells. In: Diefenbacher A (Hrsg) Aktuelle Konsiliarpsychiatrie und -psychotherapie. Thieme, Stuttgart New York, S 161–176 Maylath E, Spanka M, Nehr R (2003) In welchen Krankenhausabteilungen werden psychisch Kranke behandelt? Eine Analyse der Krankenhausfälle der DAK im Vorfeld der DRGs. Gesundheitswesen 65: 486–494 Reischies F M, Diefenbacher A (2004) Delirium in General Hospital Inpatients: German Developments. In: Diefenbacher A (Hrsg) Consultation-Liaison Psychiatry in Germany, Austria and Switzerland. Karger, Basel, S 128–136 Royal College of Physicians & Royal College of Psychiatrists (2003) The psy-chological care of medical patients – A practical guide. 2nd ed, London, Gaskell Saupe R, Diefenbacher A (1996) Praktische Konsiliarpsychiatrie und Psychotherapie. Enke, Stuttgart
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15 Psychiatrische Erkrankungen
Veltrup C, Wetterling T (1999) Früherkennung und Frühintervention bei alkoholkranken Patienten in der medizinischen Basisversorgung. In: Diefenbacher A (Hrsg) Aktuelle Konsiliarpsychiatrie und -Psychotherapie. Thieme, Stuttgart New York, S 33–70
15.18 Organische psychische Störungen Alexander Kurz
15.18.1 Einleitung
Arztes auf das Vorliegen einer körperlichen Ursache für ein psychopathologisches Syndrom zu lenken. Die derzeit gültige psychiatrische Systematik teilt die organischen psychischen Störungen in mehrere ätiologisch unspezifische Symptomund Verlaufsmuster ein. Demenz, Delir, Amnesie und leichte kognitive Störung sind psychopathologisch gekennzeichnet durch eine Minderung kognitiver Leistungen gegenüber dem prämorbiden Niveau, die bei nichtorganischen psychischen Störungen selten vorkommt. Andere psychoorganische Syndrome (Halluzinose, wahnhafte Störung, affektive Störung, Persönlichkeitsstörung) unterscheiden sich dagegen nicht grundsätzlich von Störungsmustern, die auch ohne Hirnschädigung entstehen.
Als „organisch“ bedingt bezeichnet man diejenigen psychischen Störungen, die durch eine nachweisbare Hirnkrankheit verursacht werden. Ihnen stehen die „funktionellen“ psychischen Störungen gegenüber, die kein bekanntes anatomisches Korrelat 15.18.2 Demenz besitzen. Der Bedeutungsumfang des Begriffs „organisch“ ist daher einem historischen Wandel unterworfen. Sein erkenntnis- Der Begriff bezeichnet nicht wie früher ein Endstadium intellekleitender Wert besteht nach wie vor darin, die Aufmerksamkeit des tuellen Abbaus, sondern ein erworbenes Muster von Störungen
Merkmal
Demenz
Delir
Amnesie
Minderung der Aufmerksamkeit Minderung der Gedächtnisleistung Minderung des Denkvermögens Störung der Orientierungsfähigkeit Einschränkung basaler Alltagsaktivitäten Einschränkung von Sprache (Aphasie), praktischem Handeln (Apraxie) oder Objekterkennen (Apnosie) Befundfluktuation von Stunde zu Stunde Veränderung von Affektkontrolle, Antrieb und Sozialverhalten Dauer
Möglich Ja Ja Möglich Ja Möglich
Ja Ja Ja Ja Ja Möglich
Nein Ja Nein Nein Nein Nein
Nein Ja
Ja Ja
Nein Nein
indestens 6 Monate
Tage bis Wochen
Keine Festlegung
T b e l llee 15.18-1. Tab aab abe 15.18 1.. Die wichtigsten psychoorganischen Syndrome
Tabelle 15.18-2. Neurobiologie der häufigsten Demenzursachen Merkmal
Alzheimer-Krankheit
Zerebrovaskuläre Krankheiten
Frontotemporale Degeneration
Parkinson- und LewyKörper-Krankheit
Pathologisch veränderte Proteine
β-Amyloid, Tau
–
Tau, Ubiquition
α-Synuklein, Parkin
Genetische Ursachen
Mutationen in Genen für APP, PS 1 und PS 2 bei familiären Frühfällen
Mutationen in NOTCH-3 (CADASIL)
Mutationen im Tau-Gen (FTD-P 17)
Mutation im Gen für α-Synuklein bei PK, im Parkin-Gen bei juvenilem familiären Parkinsonismus, sowie im Gen für die Ubiquitin-CTerminal-Hydrolase-L1
Genetische Risikofaktoren
Apolipoprotein E4
Unbekannt
Unbekannt
Apolipoprotein E4
Histopathologische Kennzeichen
Amyloidhaltige Plaques, Neurofibrillenveränderungen, Nervenzellverlust
Lakunäre Infarkte, Demyelinisierung der weißen Substanz, Territorialinfarkte
Nervenzellverlust, Spongiose, Gliose, taupositive Einschlusskörper, teilweise Pick-Zellen
Lewy-Körper und Lewy-Neuriten, zusätzlich amyloidhaltige Plaques (LKK)
Bevorzugte Lokalisation
Temporaler und parietaler Kortex, Meynert-Basalkern
Basalganglien, periventrikuläres Marklager, Gyrus angularis Thalamus (bilateral)
Frontaler und temporaler Kortex, Striatum, selten motorische Vorderhornzellen
Substantia nigra, limbische Strukturen, Meynert-Basalkern
15.18 Organische psychische Störungen
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15
durch die Art der neuronalen und glialen Einschlusskörper unterscheiden. Deren Hauptbestandteile sind Tau und Ubiquitin. Am häufigsten tritt ein Nervenzellverlust mit spongiösem Umbau der Rinde und reaktiver Gliose ohne sonstige histologische Merkmale auf. Die Kennzeichen der Pick-Krankheit (ballonierte blasse Nervenzellen und kugelige intraneuronale Einschlusskörper) finden sich nur bei einer Minderheit. Bei familiären Fällen der frontotemporalen Degeneration, die mit Parkinson-Symptomen einhergehen, wurde eine Koppelung an das Tau-Gen (Chromosom 17) nachgewiesen. In seltenen Fällen kann die frontotemporale Degeneration mit einer motorischen VorderhornÄtiologie und Pathogenese Die häufigsten Ursachen einer Demenz sind neurodegenerative krankheit kombiniert sein. Bei der Parkinson-Krankheit entstehen kognitive EinErkrankungen (Alzheimerkrankheit, frontotemporale Degeneration, Parkinson-Lewykörper-Spektrum, progressive supra- schränkungen durch die Schädigung mehrerer subkortikaler nukleäre Lähmung, Huntington-Krankheit, kortikobasale De- und kortikaler Strukturen. Betroffen sind die dopaminergen generation) mit einem gemeinsamen Anteil von rund 80%, Projektionszellen der Substantia nigra, der noradrenerge Locus zerebrovaskuläre Störungen (lakunäre Infarkte, Marklager- coeruleus, die serotonergen dorsalen Raphekerne und (wie bei schäden, kortikale Territorialinfarkte; selten Hämatome und der Alzheimerkrankheit) der cholinerge Meynert-Basalkern. Im Vaskulitis) sind für weitere 10–15% verantwortlich (Tabelle Kortex ist vor allem die entorhinale Rinde in Mitleidenschaft ge15.18-2). Infektiöse Erkrankungen wie Creutzfeldt-Jakob- zogen. Das morphologische Kennzeichen der Parkinson-KrankKrankheit und HIV-Enzephalitis sind als Ursache einer Demenz heit sind die Lewy-Körper: rundliche Einschlusskörper, die sehr selten. Potentiell reversible Ursachen (vor allem Hypo- vorwiegend aus α-Synuklein und Ubiquin bestehen. Die meisten thyreose und Normaldruckhydrozephalus) machen zusammen Krankheitsfälle sind sporadisch, es gibt jedoch familiäre Formen, weniger als 5% aller Demenzursachen aus. Mit wenigen Ausnah- bei denen pathogene Mutationen nachgewiesen wurden (in den men (z. B. Thalamusinfarkt) sind die Ursachen einer Demenz Genen für α-Synuklein und Parkin). Durch die Veränderung der Schwellenkrankheiten, die erst nach dem Überschreiten einer Genprodukte kommt es vermutlich zu einer Störung des kritischen Ausprägung der pathologischen Veränderungen zu axonalen Transports und der Ubiquitin-vermittelten Stoffwechselklinischen Symptomen führen. Additive Hirnschädigungen vorgänge. Wenn Lewy-Körper in größerer Zahl im Neokortex setzen diese Schwelle herab – beispielsweise begünstigen zu- vorkommen, spricht man von der Lewy-Körper-Krankheit. sätzliche Infarkte die klinische Manifestation einer Alzheimer- Obwohl sie morphologisch auf einem Kontinuum mit der Pathologie. Parkinson-Krankheit liegt, zeigt sie deutliche klinische Unterschiede. Die Kombination von neokortikalen Lewy-Körpern und Neurodegenerative Erkrankungen Ein histopathologisches Alzheimer-typischen Plaques nennt man Lewy-Körper-Variante Hauptmerkmal der Alzheimerkrankheit ist die übermäßige der Alzheimerkrankheit. Die progressive supranukleäre Lähmung ist eine sporaEntstehung von neurotoxischem β-Amyloidprotein. Bei den seltenen präsenilen autosomal-dominant vererbten Fällen wird disch auftretende Neurodegeneration der Basalganglien und die Amyloidproduktion durch pathogene Mutationen (in den des Hirnstamms unter Beteiligung des präfrontalen Kortex. Sie Genen für Amyloidvorläuferprotein, Präsenilin 1 und 2) erhöht. führt zu einer fortschreitenden supranuklären Ophthalmoplegie, Bei den häufigen sporadischen Spätfällen dagegen begünstigen die vor allem die vertikalen Blickbewegungen betrifft. Hinzu genetische Risikofaktoren wie Apolipoprotein E4 die Ablagerung kommen Instabilität der Körperhaltung, Fallneigung, akinetischvon β-Amyloid in den senilen Plaques oder hemmen dessen Ab- rigider Parkinsonismus und Pseudobulbärparalyse. Morphotransport. Der Zusammenhang der Amyloidpathologie mit den logische Merkmale sind Nervenzellverlust und Gliose sowie aus hyperphosphoryliertem Tau-Protein bestehenden Neuro- prominente Neurofibrillenveränderungen und taupositive fibrillenveränderungen ist ungeklärt. Beide morphologischen Neuropilfäden. Die kortikobasale Degenerationn ist eine seltene Atrophie der Veränderungen führen zu einem hochgradigen Verlust von großen Pyramidenzellen im Temporal- und Parietallappen sowie Basalganglien sowie des Frontal- und Parietallappens mit relativer im cholinergen Meynert-Basalkern. Als Folge davon besteht im Aussparung des Temporallappens. Histopathologische Merkmale gesamten Kortex ein Mangel an dem Neurotransmitter Azetyl- sind Nervenzellverlust und Gliose in den befallenen Rindengebieten und Basalganglien mit taupositiven ballonierten Neurocholin (cholinerges Defizit). Die frontotemporalen Degenerationenn beschränken sich auf nen und Astrozytenplaques im Mark. Die Huntington-Krankheit ist eine autosomal-dominant den Frontal- und Temporallappen mit gelegentlicher Beteiligung des Striatums. Histopathologisch können verschiedene Formen der vererbte Atrophie des Kaudatums, die zu einem hyperkinetischpathologischen Veränderung zugrunde liegen, die sich vor allem hypotonen Syndrom führt. Ursache ist eine übermäßige Trihochintegrierter psychischer Funktionen, die reversibel oder irreversibel sein können, stets das Gedächtnis betreffen, sich in einer verminderten Alltagsbewältigung niederschlagen und nicht mit einer Bewusstseinstrübung einhergehen (Tabelle 15.18-1). Das klinische Bild einer Demenz ist in Abhängigkeit von der Lokalisation der zugrunde liegenden Hirnschädigung sehr unterschiedlich. Die Demenz ist das häufigste psychoorganische Syndrom. Ihre Prävalenz in der Bevölkerung über 60 Jahren wird auf 6% geschätzt.
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nukleotidwiederholung im IT15-Gen auf Chromosom 4. Die kognitiven Störungen sind vermutlich Ausdruck einer Störung von Bahnen, die den Frontallappen über das Kaudatum mit subkortikalen Strukturen verbinden.
mutlich bewirkt die genetische Veränderung eine Schädigung der elastischen Fasern der Gefäßwände. Bei Demenzen auf zerebrovaskulärer Grundlage gibt es neurochemische Hinweise auf ein cholinerges Defizit.
Zerebrovaskuläre Krankheiten Die zerebrovaskulär verursachten Demenzen sind ätiologisch und klinisch völlig uneinheitlich. Nur ein Drittel der Fälle entspricht dem Multiinfarkttyp. Ursache ist eine zerebrale Makroangiopathie auf Grundlage arterioarterieller oder kardiogener Embolien. Weder Infarktvolumen noch Infarktlokalisation stehen in einer klaren Beziehung zum Entstehen einer Demenz, jedoch steigt die Wahrscheinlichkeit von kognitiven Einbußen mit dem Ausmaß des ischämischen Gewebeverlustes. Einzelne Infarkte an strategischen Stellen (vor allem Gyrus angularis, mediobasaler Temporallappen, medialer Frontallappen, Thalamus) können zu einer Demenz führen, sind jedoch selten. Ein größerer Teil der zerebrovaskulären Demenzen kann der zerebralen Mikroangiopathie zugeordnet werden. Sie wird hervorgerufen durch eine hypertoniebedingte Lipohyalinose kleiner Arterien und Arterienäste. Die Gefäßstenosen und -verschlüsse betreffen vor allem lange unverzweigte Arterien, die die grauen Kerne und das tiefe Marklager versorgen. Sie äußern sich in Dichteminderungen des Marklagers und in lakunären Infarkten, die häufig miteinander kombiniert sind. Die kognitiven Defizite stehen in einem engen Zusammenhang mit den Fernwirkungen der subkortikalen Läsionen durch Unterbrechung von subkortikofrontalen und thalamokortikalen Verbindungen. Die Verbindung von lakunären Basalganglieninfarkten, periventrikulären ischämischen Marklagerschäden und hochgradiger Ventrikelerweiterung auf dem Boden einer langjährig bestehenden arteriellen Hypertonie wird auch als Binswanger-Krankheit oder subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie bezeichnet. Mutationen im Gen für NOTCH 3, das an der Zelldifferenzierung beteiligt ist, rufen eine autosomal-dominant vererbte Arteriopathie hervor (Cerebral Autosomal Dominant Arteriopathy with Subcortical Infarcts and Leukoencephalopathy, CADASIL), die sich in wiederholten lakunären Basalganglieninfarkten ohne vorbestehende Hypertonie, Demyelinisierung des Marklagers, neurologischen Defiziten (pseudobulbäre Symptome, Gangstörung, Harninkontinenz) und schrittweise verschlechterter Demenz äußert. Ver-
Infektiöse Erkrankungen Die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit
gehört neben Gerstmann-Sträussler-Scheinker-Krankheit, Kuruu und fataler familiärer Insomnie zu den Prion-Krankheiten des Menschen. Histopathologisches Merkmal ist eine spongiöse Enzephalopathie mit Prädilektion im Kortex, Putamen, Kaudatium, Thalamus und Kleinhirn. Die Prion-Krankheiten sind unter bestimmten Umständen übertragbar, werden aber auch durch Punktmutationen im Prion-Protein-Gen auf Chromosom 20 hervorgerufen. Prionen sind kleine resistente Proteinpartikel, die keine Nukleinsäuren enthalten. Das pathologische PrionProtein unterscheidet sich vom normalen Prion-Protein durch eine andersartige Konfiguration. Die Übertragbarkeit wird damit erklärt, dass inokuliertes pathologisches Prion-Protein als Matrix die Konfigurationsänderung des normalen Prion-Proteins auslöst. Die Mehrzahl der Fälle von Creutzfeldt-Jakob-Krankheit sind sporadisch. Man nimmt an, dass Polymorphismen im PrionProtein-Gen zu einer Instabilität des Proteins führen. Die HIVEnzephalitis ist histopathologisch charakterisiert durch Herde aus multinukleären Riesenzellen und Mikrogliaknötchen, diffuse Schädigung der weißen Substanz und Nervenzellverlust im Kortex. Bei rund 15–20% aller Aids-Patienten kommt es zu einer Demenz. Potentiell reversible Ursachen Eine schwere Hypothyreose
führt vermutlich durch die Verminderung des neuronalen Stoffwechsels zu einer Demenz. Beim Normaldruckhydrozephalus kommt es möglicherweise durch die Ausbildung eines periventrikulären Ödems zu Demyelinisierung und irreversiblen Zelluntergängen. Keinen überzeugenden Beleg gibt es dafür, dass ein Mangel an Vitamin B12 oder Folsäure allein zu kognitiven Störungen vom Schweregrad einer Demenz führen können. Klinik und Diagnostik Grundregeln der Diagnostik Bei den organisch bedingten psy-
chischen Störungen führt der Weg zur Diagnose von der Feststel-
Instrument
Geprüfte Funktionen
Zeitbedarf
Normwerte
CERAD-NP
Gedächtnis (verbal und nichtverbal), Visuokonstruktion, Sprache
30 min
Ja
DemTect
Gedächtnis (verbal),Wortflüssigkeit, intellektuelle Flexibilität, Aufmerksamkeit
7 min
Ja
MMST
15 min
Ja
TFDD
Aufmerksamkeit, Orientierungswissen, Sprache, Visuokonstruktion Gedächtnis (verbal),Wortflüssigkeit, zeitliche Orientierung, Sprachverständnis, Stimmungslage
Uhren-Zeichen-Test
Visuokonstruktion, Problemlösen
3–10 min
Ja
5 min
Nein
T b e l llee 15.18-3. Tab aab abe 15.18 3.. Praktische Instrumente für die Prüfung kognitiver Funktionen
15.18 Organische psychische Störungen
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Tabelle 15.18-4. Klinische Merkmale wichtiger Demenzformen Merkmal
Alzheimer-Krankheit
Zerebrovaskuläre Krankheit
Frontotemporale Degeneration
Parkinson- und LewyKörper-Krankheit
Beginn
Schleichend
Unterschiedlich, kann plötzlich sein
Schleichend
Schleichend
Verlauf
Langsam fortschreitend
Unterschiedlich, kann schrittweise oder schwankend sein
Langsam fortschreitend
Langsam fortschreitend
Leitsymptom
Gedächtnis- und Denkstörung
Je nach Lokalisation verschieden
Veränderung von Persönlichkeit und Sozialverhalten
PK: Bradyphrenie, LK: wie Alzheimer + schwankende Aufmerksamkeit
Weitere charakteristische Symptome
Aphasie, Apraxie, Agnosie, topographische Desorientierung
Depression, Affektlabilität, Antriebsdefizit
Sprachverarmung bis Mutismus, Störung der Exekutivfunktionen (Planen, Organisieren)
LK: optische Halluzinationen, visuoräumliche Störungen, Neuroleptikaunverträglichkeit
Körperliche Symptome
Im mittleren Stadium Inkontinenz, im Spätstadium Krampfanfälle, Schluckstörungen, Myoklonie
Neurologische Herderscheinungen (Hemiparese, Gangstörung, Pseudobulbärparalyse)
Inkontinenz, Rigor, Gangstörung, Zeichen der Motoneuronkrankheit (selten)
Parkinson-Symptome, unerklärte Stürze
Durchschnittliche Überlebenszeit nach Diagnose EEG-Befund
5–6 Jahre
4–5 Jahre
5–6 Jahre
LKK: 5–6 Jahre
Unspezifische Allgemeinveränderung Atrophie temporoparietal
Unspezifisch oder Herdnachweis Infarkte, Marklagerveränderungen
Normal Atrophie frontotemporal
Unspezifische Allgemeinveränderung Atrophie temporoparietal
Hypometabolismus temporoparietal Apolipoprotein E4, Tau und Phospho-Tau im Liquor erhöht, β-Amyloid im Liquor vermindert
Hypometabolismus multilokulär
Hypometabolismus frontotemporal
Hypometabolismus parietookzipital
β-Amyloid im Liquor und im Plasma normal, Phospho-Tau im Liquor normal
β-Amyloid im Liquor und im Plasma normal, Phospho-Tau im Liquor normal
β-Amyloid im Liquor und im Plasma normal, Phospho-Tau im Liquor normal
CT, MRT SPECT, PET Biochemische Marker
lung des vorliegenden Störungsmusters (Syndromdiagnose) zur Aufklärung der zugrunde liegenden Ursache (Krankheitsdiagnose). Zur Identifikation von Demenz, Delir und Amnesie sind objektive Anamnese (Beginn und Verlauf der bisherigen Symptome, Leistungsminderung gegenüber dem prämorbiden Niveau, betroffene Leistungsbereiche, Art und Grad der Beeinträchtigung bei Alltagsaktivitäten, Veränderungen von Sozialverhalten und Emotionskontrolle) und kognitive Prüfung (Bewusstseinslage, Speichern und Abruf von neuer Information, Abruf alter Erinnerungen, Wortflüssigkeit, Benennen, Spontansprache, Nachsprechen, Nachzeichnen geometrischer Figuren, Erkennen und Handhaben von Gegenständen, Imitieren von Gesten) die entscheidenden Informationsquellen. Als alleiniges Prüfinstrument reicht der bekannte Mini Mental Status Test (MMST) nicht aus. Er sollte zumindest durch den Uhren-Zeichen-Test ergänzt werden. Mehr Information liefern neuropsychologische Untersuchungsanordnungen wie die Batterie der CERAD, für die es altersspezifische Normwerte gibt. Für die Früherkennung von Demenzzuständen sind kürzlich zwei Verfahren vorgestellt worden. Beide enthalten einen Gedächtnistest, sind erheblich sensitiver als der MMST und beanspruchen nur wenige Minuten für die Durchführung (Tabelle 15.18-3). Anhaltspunkte für die zugrunde liegende Ursache eines psychoorganischen Syndroms gehen oft aus der Vorgeschichte
hervor (z. B. Schlaganfall, Schädelhirntrauma, ParkinsonKrankheit, Alkohol- oder Medikamentenabhängigkeit, Schilddrüsenunterfunktion). Ein Laborsuchprogramm sollte Blutbild, klinisch-chemische Parameter, TPHA und Lymeserologie umfassen. Zumindest einmal während der diagnostischen Abklärung sollte ein CT oder MRT durchgeführt werden. Die körperliche und neurologische Untersuchung ergibt Hinweise für zerebro-vaskuläre Ursachen sowie für neurodegenerative Erkrankungen, die auch die Motorik betreffen. Die klinischen Hauptmerkmale der wichtigsten Demenzformen sind in Tabelle 15.18-4 zusammengefasst. Leitsymptome der Alzheimerkrankheitt sind schleichend beginnende und allmählich fortschreitende Störungen des Gedächtnisses (vor allem der Speicherung und des Abrufs neuer Information) und des Denkvermögens, in den meisten Fällen verbunden mit einer Beeinträchtigung der Sprache (transkortikale Aphasie), des Erkennens und Handhabens von Gegenständen (Agnosie, Apraxie) und der optisch-räumlichen Leistungen (topographische Desorientierung). Körperliche Symptome treten erst im mittleren und fortgeschrittenen Krankheitsstadium auf (Grand-mal-Anfälle, Schluckstörungen, Parkinsonähnliche Symptome) Mit bildgebenden Verfahren lässt sich die temporoparietale Lokalisation des neurodegenerativen Prozesses nachweisen. CT und MRT sind im Frühstadium oft unauffällig. Das EEG zeigt eine unspezifische Frequenzverlangsamung. Im Liquor ist die Konzent-
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ration des Tau-Proteins erhöht und die des β-Amyloidproteins vermindert. Mit frontotemporalen Degenerationenn sind drei unterschiedliche klinische Bilder verbunden, die von der Lokalisation des degenerativen Prozesses, nicht aber von den histopathologischen Veränderungen abhängen: frontotemporale Demenz (bilateral frontotemporal), progressive Aphasie (links temporal) und semantische Demenz (bilateral temporal). Leitsymptom der frontotemporalen Demenz sind schleichend einsetzende Veränderungen der Persönlichkeit und des Sozialverhaltens (Gleichgültigkeit, Taktlosigkeit, Enthemmung, Antriebsminderung), häufig in Verbindung mit einer Abnahme des Sprechantriebs bei erhaltener linguistischer Kompetenz. Gedächtnis und Orientierungsfähigkeit bleiben lange Zeit erhalten. Zur Inkontinenz kommt es früher als bei der Alzheimerkrankheit, im Endstadium werden die Patienten pflegebedürftig und mutistisch. Das Syndrom der progressiven Aphasie besteht über viele Jahre ausschließlich in einer nichtflüssigen Aphasie ohne weitere kognitive Defizite und mit erhaltener Alltagskompetenz. Schließlich geht die progressive Aphasie jedoch in das Bild einer frontotemporalen Demenz über. Als semantische Demenzz bezeichnet man eine eigentümliche Sprachstörung, die durch den Verlust von Wort- und Objektbedeutungen bei flüssiger Sprachproduktion und erhaltener Bewältigung von Alltagsaufgaben gekennzeichnet ist. Auch dieses Syndrom geht nach mehreren Jahren in eine frontotemporale Demenz über. Bei der Parkinson-Krankheitt kommt es in rund einem Viertel der Patienten zur Entwicklung einer Demenz. Sie tritt lange nach den typischen motorischen Symptomen auf. Ihre Hauptmerkmale sind Verlangsamung der Informationsverarbeitung („Bradyphrenie“) und Beeinträchtigung von Wortflüssigkeit und problemlösendem Denken. Gedächtnisstörungen sind diskret, jedoch immer vorhanden. Sprachlicher Ausdruck und Sprachverständnis verlieren an Komplexität, jedoch kommt es nicht zu einer Aphasie. In den funktionellen bildgebenden Verfahren weisen häufig temporoparietale Defizite nach, die sich nicht von der Alzheimerkrankheit unterscheiden. Die Demenz bei Lewy-Körper-Krankheitt zeigt psychopathologisch eine größere Ähnlichkeit zur Alzheimerkrankheit, jedoch treten zusätzlich Akinesie und Gehstörung, ausgeprägte optische Halluzinationen, auffällige Schwankungen der Aufmerksamkeit und unerklärliche Stürze auf. Die Patienten reagieren überempfindlich auf Neuroleptika. Die funktionelle Bildgebung zeigt einen stärkeren Befall des Okzipitallappens als bei der Alzheimerkrankheit. Die klinischen Symptome der progressiven supranukleären Parese setzen durchschnittlich im 60. Lebensjahr ein, bevorzugt bei Männern. Kognitive Störungen beginnen früh und haben eine subkortikal-frontale Prägung mit Verlangsamung der Informationsverarmung, verminderter Aufmerksamkeit und reduzierter Wortflüssigkeit bei relativ gut erhaltenem Gedächtnis. Häufig treten Veränderungen der Persönlichkeit wie Reizbarkeit, Argwohn, emotionale Labilität und Antriebsverlust auf. Diagnostisch wegweisend ist die
vertikale Blickparese. In der funktionellen Bildgebung stellt sich häufig eine frontale Minderaktivität dar. Die klinischen Merkmale der kortikobasalen Degeneration sind Levodopa-resistentes rigid-akinetisches Syndrom, asymmetrische Extremitätenapraxie, Aktionstremor, Myoklonus, Pseudobulbärparalyse, ausgeprägte visuokonstruktive Defizite und frontale Demenz. Die Symptome setzen meist in der siebten Lebensdekade ein und nehmen einen raschen Verlauf. Ein eigentümliches Merkmal ist das Phänomen der „fremden Hand“: der Patient hat den Eindruck, dass sich eine Hand fremdartig anfühlt oder schwer kontrollierbar ist. Das EEG ist normal. Bei der Huntington-Krankheitt liegt der Symptombeginn um das 40. Lebensjahr. Psychopathologische Veränderungen (Depression, schizophrenieähnliche Bilder, Persönlichkeitsveränderung, Enthemmung, verminderte Emotionskontrolle) können der charakteristischen choreoathetotischen Bewegungsstörung um Jahre vorauseilen. Die kognitiven Symptome haben ein frontales Gepräge mit Störungen des problemlösenden Denkens, Urteilsschwäche, verminderter Wortflüssigkeit, erschwerter Umstellungsfälligkeit sowie einer herabgesetzten Aufmerksamkeit. Sprache und Gedächtnis sind verhältnismäßig wenig betroffen. Die genetische Diagnose der Huntington-Krankheit erreicht eine Treffsicherheit von mehr als 90%. Das Positronenemissionstomogramm kann ein Stoffwechseldefizit im Striatum nachweisen, bevor strukturdarstellende Verfahren eine Atrophie anzeigen. Demenz bei zerebrovaskulären Erkrankungen Demenz-
syndrome auf zerebrovaskulärer Grundlage zeigen je nach Schädigungslokalisation ein unterschiedliches klinisches Bild. Wenn man nicht nach der Art der vaskulären Erkrankung (lakunäre Infarkte, Marklagerschäden, Territorialinfarkte) differenziert, ergeben sich bei vergleichbarem Schweregrad keine psychopathologischen Unterschiede gegenüber der Alzheimerkrankheit. Der Prototyp der Demenz bei multiplen Infarktenn ist gekennzeichnet durch plötzlichen Beginn in zeitlicher Beziehung zu einem Schlaganfall, eine anschließende schrittweise Verschlechterung, fokale neurologische Zeichen oder Symptome und ein fokales Profil der kognitiven Ausfälle. Bei der Binswanger- Krankheitt kann der Verlauf langsam progredient sein; meist bestehen pseudobulbäre Symptome und eine ausgeprägte Affektlabilität. Die Thalamusinfarkte gehen je nach betroffenem Areal mit sensorischen und motorischen Defiziten, Dysphasie, Hemineglekt, optisch-räumlichen Störungen, Schmerzsyndromen einher. Zu einer Demenz kommt es besonders bei bilateralen paramedianen Läsionen. Für die klinische Diagnose ist die Frage entscheidend, unter welchen Umständen eine zerebrovaskuläre Schädigung als Ursache einer Demenz angesehen werden darf. Eine solche Kausalität ist dann wahrscheinlich, wenn bei einem jüngeren Patienten eine Demenz nach einem oder mehreren Schlaganfällen auftritt, wenn angenommen werden kann, dass die kognitive Leis-tung des Patienten vor einem Schlaganfall normal, danach einge-
15.18 Organische psychische Störungen
schränkt, und in der Folge unverändert oder gebessert war und wenn die ischämischen Läsionen an strategischen Stellen liegen (z. B. Thalamus, Gyrus angularis). Demenz bei infektiösen Erkrankungen Die Symptome der
Creutzfeldt-Jakob-Krankheit setzen zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr ein. Die mittlere Überlebenswahrscheinlichkeit beträgt nur 1–4 Jahre. Das klinische Anfangsstadium ähnelt jenem der Alzheimerkrankheit, jedoch ist der Verlauf ungleich rascher. Besonders kennzeichnend sind früh einsetzende Myoklonien, ataktische Symptome, Sehstörungen sowie pyramidale und extrapyramidale Zeichen. Die pathognomonischen triphasischen Wellen im EEG sind nicht bei allen Patienten nachweisbar. Im Liquor ist das Tau-Protein erheblich stärker erhöht als bei der Alzheimerkrankheit. Bei rasch progredienten Fällen ist auch die neuronspezifische Enolase im Liquor erhöht. Die Demenz bei HIV-Enzephalitis hat ein subkortikales Muster mit zusätzlichen motorischen Symptomen und Persönlichkeitsveränderung. Die mittlere Überlebenswahrscheinlichkeit beträgt weniger als ein Jahr.
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manchmal schon Harnwegsinfekte, fieberhafte Zustände oder Elektrolytentgleisungen aus, um ein Delir hervorzurufen. Auch auf dem Boden einer Demenzerkrankung treten Delirzustände gehäuft auf. Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass eine verminderte cholinerge Aktivität im Gehirn das Auftreten eines Delirs begünstigt. Häufige Ursachen eines Delirs • Metabolische Störungen: Elektrolytstörung, Hyperglykämie, Hypoglykämie, hepatische und urämische Enzephalopathie, Hyperthyreose • Zirkulatorische Störungen: Hypoxie, Hirninfarkt, Vaskulitis, intrazerebrale Blutung • Infektionen: Harnwegsinfekt, Sepsis, Enzephalitis, Meningitis • Trauma: Schädelhirntrauma • Medikamente – Anticholinergika: Antihistarninika, Belladonnaalkaloide (Atropin), Neuroleptika, auch Clozapin, trizyklische Antidepressiva – Antiparkinsonmittel: Biperiden, Arnantadin, Bromocriptin, L-Dopa – Andere Medikamente: Lithium, Aminophyllin, Cimetidin. Kortikosteroide, ACTH, Digitalis, Barbiturate (Entzug), Benzodiazepine (Entzug)
Klinik und Diagnose Demenz bei potentiell reversiblen Erkrankungen Demenz-
Leitsymptom des Delirs ist die Störung der Aufmerksamkeit (verzustände auf der Grundlage einer schweren Hypothyreose sind minderte Wachheit und Reagibilität, Unfähigkeit, den Fokus der gekennzeichnet durch verlangsamte Informationsverarbeitung, Aufmerksamkeit aufrecht zu erhalten und zu steuern). Weitere erschwertes Denken und reduzierte Aufmerksamkeit bei relativ Merkmale sind abrupter Beginn, rasche Befundfluktuation, gut erhaltenem Gedächtnis und intakter Sprache. Oft bestehen Wechsel zwischen Hypo- und Hyperaktivität, Orientierungsgleichzeitig depressive Verstimmung und hochgradige Antriebs- störungen und Affektlabilität, Sinnestäuschungen (oft szenisch), minderung. Diagnostisch wegweisend sind die körperlichen Wahnphänomene sowie Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus. Symptome der Schilddrüsenunterfunktion, den Beweis liefert die Delirzustände dauern Stunden bis Tage an, selten länger als Untersuchung des TSH basal. Die typische Symptomtrias bei einen Monat. Normaldruckhydrozephalus besteht aus Gangstörung, Harninkontinenz und kognitiver Beeinträchtigung, wobei die Sym- Therapie und Prognose ptome in dieser Reihenfolge auftreten. Die Demenz hat ein Obwohl Delirzustände meist reversibel sind, ist die Prognose subkortikales Gepräge, Sprachstörungen bestehen nicht. nicht immer günstig. Namentlich bei älteren Patienten ist ein Zu Therapie und Prognose siehe Kapitel 15.16 „Demenz- Delir mit einer erhöhten Mortalität verbunden. Es kommt darauf erkrankungen“. an, die zugrunde liegende körperliche Störung zu erkennen und möglichst rasch zu behandeln. Zur symptomatischen Therapie eignet sich ein stark antipsychotisches Neuroleptikum mit relativ 15.18.3 Delir geringen anticholinergen Effekten (z. B. Haloperidol). Falls eine Ein Delir ist immer Ausdruck der Einwirkung einer akuten und stärkere Sedierung erforderlich ist, kann nach Ausschluss pulmomöglicherweise lebensbedrohlichen Erkrankung auf die Hirn- naler und kardialer Kontraindikationen Clomethiazol gegeben funktion. Die Lebenszeitprävalenzangaben für Delirzustände in werden (Risiko von Atemdepression und Verschleimung der der Bevölkerung über 60 Jahre schwanken zwischen 1 und 16%. Bronchien). Alternativen sind besonders bei älteren Patienten Man schätzt, dass ein Drittel aller älteren Personen, die in ein niedrigpotente Neuroleptika (Melperon, Pipamperon). Krankenhaus aufgenommen werden, einen deliranten Zustand aufweisen oder bekommen. Ätiologie und Pathogenese
Die häufigsten Ursachen eines Delirs sind zirkulatorische und metabolische Störungen sowie akute intrakranielle Erkrankungen. Auch bestimmte Medikamente können ein Delir provozieren (s. folgende Übersicht). Bei älteren Personen reichen
Evvidenz der Therapieempfeehlungen Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke Delir Neuroleptika Clomethiazol
I-b I-b
A A
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15 Psychiatrische Erkrankungen
15.18.4 Organisches amnestisches Syndrom
Störungen der Gedächtnisfunktion sind Bestandteil der psychoorganischen Symptommuster Demenz und Delir. Von einem amnestischen Syndrom spricht man bei isolierten Gedächtnisstörungen. Über die Prävalenz amnestischer Syndrome gibt es keine verlässlichen Angaben. Ätiologie und Pathogenese
Zu isolierten Gedächtnisstörungen führen bilaterale Schädigungen des medialen Temporallappens (Hippokampus, entorhinale Rinde und Gyrus parahippocampalis) sowie des medialen dienzephalen Systems (mediodorsaler Thalamus und Corpora mammillaria; s. folgende Übersicht). Amnestische Episoden werden vermutlich durch eine temporäre Ischämie in den mediobasalen Anteilen des Temporallappens hervorgerufen, die gegenüber einer Minderdurchblutung besonders vulnerabel sind. Das Korsakoff-Syndrom m ist eine Symptomkonstellation, bei dem Gedächtnisstörungen andere psychopathologische Veränderungen wie Affektverflachung und Orientierungsstörungen weit überragen. Ursächlich liegt eine bilaterale Schädigung der medialen dienzephalen Strukturen zugrunde, die meist durch einen nutritiv bedingten Thiaminmangel hervorgerufen wird. Wichtige Ursachen amnestischer Syndrome • Akute Amnesie – Hirnkontusion – Migräne – Hvpoglykämie – Epilepsie – Perfusionsstörungen im Versorgungsgebiet der hinteren Hirnarterie – Elektrokonvulsionsbehandlung – Alkohol, Benzodiazepine • Chronische Amnesie – Thiaminmangel (Alkohol, Mangelernährung, Malabsorption) – Hirntrauma – Postenzephalitische Zustände (Herpes simplex) – Anoxie (CO-Vergiftung) – Vaskuläre Läsionen (besonders bilaterale Thalamusinfarkte) – Tumor (im Bereich des III. Ventrikels) – Tuberkulöse Meningitis
chronischen amnestischen Zuständen ist das psychopathologische Erscheinungsbild unabhängig davon, ob eine Schädigung des medialen dienzephalen Systems oder des medialen temporalen Systems zugrunde liegt. Die hauptsächliche Störung betrifft die Speicherung neuer Information. Sie führt zu einer anhaltenden und immer weiter ausgedehnten anterograden Amnesie. Beim Korsakoff-Syndrom reicht die retrograde Amnesie nicht selten Jahrzehnte zurück. Der Gedächtnisverlust beeinträchtigt die Erinnerung an nichtbiographische Ereignisse ebenso wie die Erinnerung an Details der eigenen Lebensgeschichte. Es besteht ein Zeitgradient, wobei die am weitesten zurückliegenden Erinnerungen am besten erhalten sind. Orientierungsstörungen in neuer Umgebung können durch eine Störung des Lernens neuer Wege verursacht sein. Ebenfalls aufgrund der anterograden Gedächtnisstörung sind die Patienten nicht fähig, die zeitliche Abfolge von Ereignisse wiederzugeben. Konfabulationen sind kein obligates Symptom. Therapie und Prognose
Bei amnestischen Zuständen nach Schädel-Hirn-Traumen ist die Dauer der posttraumatischen Amnesie ein Prädiktor für die kognitiven, sozialen und psychiatrischen Dauerfolgen. Ältere Patienten sind gegenüber den amnestischen Folgen von Hirnschädigungen empfindlicher als jüngere. Eine Wiederherstellung beeinträchtigter Gedächtnisleistungen durch Training ist kaum möglich, so dass Ersatzstrategien und externe Hilfe die wichtigsten therapeutischen Ansätze darstellen. 15.18.5 Andere organische psychische Störungen
Organische Hirnschädigungen können zu den unterschiedlichsten psychopathologischen Syndromen führen, die sich grundsätzlich nicht von den Symptomkomplexen unterscheiden, die auch bei funktionellen zerebralen Krankheiten entstehen. Eine Besonderheit der organischen affektiven Störungen (sowohl depressiv als auch manisch) ist die relative Flachheit der Stimmungsauslenkung und ein protrahierter Verlauf. Sie sprechen auf eine medikamentöse antidepressive oder antimanische Therapie ebenso gut an wie funktionelle affektive Störungen. Der Vorzug sollte Präparaten mit geringen cholinergen NebenKlinik und Diagnose Die organischen amnestischen Syndrome kann man in episo- wirkungen gegeben werden. Bei einer organischen wahnhaften dische (z. B. Gedächtnisstörung nach Schädel-Hirn-Trauma) Störung sind die realitätsfernen Überzeugungen meist wenig und chronische Zustandsbilder (z. B. Korsakoff-Syndrom) ein- ausgebaut und systematisiert. Eigentümliche und seltene Krankteilen. Die Gedächtnisstörung nach Schädel-Hirn-Traumaa ist ge- heitsbilder sind organische Halluzinosenn wie das Charles-Bonnetkennzeichnet durch eine kurze Periode der retrogeraden Syndrom (ausschließlich optische Trugwahrnehmungen und die Am-nesie, einem längeren Abschnitt der anterograden Amnesie musikalische Halluzinose. Wenn keine reversible Ursache vorliegt, und Inseln erhaltenen Gedächtnisses innerhalb der amnestischen sollte der Versuch einer symptomatischen Behandlung mit moderLücke. Die transitorische globale Amnesie ist ein vorüberge- nen Neuroleptika unternommen werden. hender Zustand vollständigen Erinnerungsverlustes mit einer zeitlichen Ausdehnung von weniger als 24 Stunden. Er bildet Literatur sich vollständig zurück, hinterlässt aber eine komplette und dauer- Alzheimer-Europe (1999) Handbuch der Betreuung und Pflege von Alzheimer-Patienten. Thieme, Stuttgart hafte Erinnerungslücke für den Zeitraum der Episode. Bei den
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15 Psychiatrische Erkrankungen
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15.19 Sexualstörungen Friedemann Pfäfflin
15.19.1 Einleitung
Was als Sexualstörung bezeichnet und was davon als krankheitswertig eingestuft wird, unterliegt sich wandelnden historischen und gesellschaftlichen Bewertungen. Diesbezüglich noch vor gut 100 Jahren die medizinische Diskussion beherrschende Themen, wie z. B. Onanie oder homosexuelles Verhalten zwischen erwachsenen Männern, sind heute normalisiert. So sehr der in der ICD-10 und im DSM-IV verwendete Störungsbegriff bei manchen Krankheiten, für die Ätiologie, Pathogenese und wirksame Therapie vollständig aufgeklärt sind, irritierend sein mag, so passend ist er bei den Sexualstörungen, weil einige das Zusammenleben sehr stören und sogar den Grenzbereich strafrechtlicher Sanktionierung überschreiten können. Unterschieden werden in den gängigen Klassifikationssystemen drei größere Gruppen: Störungen der sexuellen Funktionen, Störungen der Geschlechtsidentität und Transsexualismus, Störungen der Sexualpräferenz (ICD-10) bzw. die Paraphilien (DSM-IV).
Gewissensängste in unterschiedlicher Mischung eine große Rolle; aus kognitiv-behavioraler Sicht Lerndefizite und Selbstverstärkungsmecha-nismen wiederholter Versagenserfahrungen. Auch partnerdynamische Faktoren (z. B. Delegation der Störung an den Partner, Wendung gegen den Partner, Ambivalenzmanagement zur Regulierung der NäheDistanz-Problematik, Angst vor Elternschaft) sollten beachtet werden. Als organische (Mit-)Ursachen kommen in Frage: schwere Allgemeinerkrankungen (z. B. Hepato- und Nephropathien, Malignome), Endokrinopathien (z. B. Hypo- und Hyperthyreosen, sehr selten hypogonadotroper Hypergonadismus), kardiovaskuläre Erkrankungen, psychiatrische und neurologische Störungen (z. B. Encephalomyelitis disseminata), entzündliche Prozesse im Urogenitalbereich sowie Zustände nach operativen Eingriffen im Abdominal-, Becken- und Urogenitalbereich. Viel häufiger als solche Mitursachen sind Nebenwirkungen von Medikamenten, insbesondere die von Antihypertonika und vielen Psychopharmaka. Klinik und Diagnostik
Oft verschweigen Patienten die sexuelle Störung aus Scham und konsultieren den Arzt wegen vielfältiger anderer, letztlich nicht objektivierbarer Beschwerden. Daher sollte kursorisch immer auch die Sexualanamnese berührt werden, um dem Patienten zu signalisieren, dass der Arzt ein offenes Ohr dafür hat. Die differenzierte Exploration der Sexualanamnese reicht in den meis-ten Fällen aus, zwischen rein funktionellen Störungen, die keiner weiteren apparativen oder laborchemischen Diagnostik bedürfen, und organisch (mit-)verursachten Störungen zu unterscheiden. Wenn z. B. im Kontext masturbatorischen Verhaltens regelmäßig ausreichende Erektionen erreicht werden, ist die geklagte Kohabitationsstörung mit Sicherheit nicht auf eine organische Ursache zurückzuführen. Therapie
Für Patienten mit Partner ist die Paartherapie nach Masters und Johnson die Methode der Wahl. Sie gehört zu den effektivsten Formen von Psychotherapie überhaupt. Patienten ohne Partner profitieren von kognitiv-behavioralen Übungsbehandlungen oder von tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie, Letzteres insbesondere dann, wenn die sexuelle Funktionsstörung letztlich im Sinne der Angst vor Beziehung „funktional“ erscheint, weshalb der Fokus der Behandlung auf der Bearbeitung solcher Ängste liegt. 15.19.2Sexuelle Funktionsstörungen Weniger gesichert ist die Anwendung trizyklischer Antidepressiva bei sog. sexuellen Paniksyndromen, eine diagnostische Ätiologie und Pathogenese In den meisten Fällen sind die in Abschnitt F52 der ICD-10 Kategorie, die nicht überall Anerkennung findet. Aphrodisiaka nutzen, abgesehen von Yohimbin, ausschließgenannten Störungen, wie dies schon in der Überschrift des Abschnitts („Nichtorganische sexuelle Funktionsstörungen“) lich den Herstellern und haben allenfalls eine kurzfristige Plazum Ausdruck gebracht wird, durch psychosoziale Einfluss- cebowirkung. Schwellkörperautoinjektionstherapie (z. B. mit Papaverin, faktoren hinreichend erklärbar. Aus psychodynamischer Sicht spielen Trieb-, Beziehungs-, Geschlechtsidentitäts- und Prostaglandin E 1) kann bei kooperationsfähigen Patienten in
Für den Internisten geht es meist primär um differentialdiagnostische Abklärung und vor allem um die richtige Weichenstellung für die weitere Behandlung, die überwiegend in die Hand von Ärzten für Psychotherapeutische Medizin, für Psychiatrie und Psychotherapie, von Nervenärzten sowie Psychologischer Psychotherapeuten gehört.
15.19 Sexualstörungen
Einzelfällen vorübergehend nützlich sein. Chronische Anwendung führt zu Vernarbungen am Penis, Überdosierung ist gefährlich (Priapismus). Silfadenil kann in Einzelfällen nützlich sein; die Wirksamkeit ist erwiesen, doch sind Interaktionen mit anderen Medikamenten und lebensbedrohliche Komplikationen beschrieben. Darüber hinaus entwickelt sich die Substanz zur Lifestyledroge, die die Gefahr birgt, sexuelles Erleben auf Erektionsfähigkeit zu reduzieren und die interaktionellen Bedürfnisse aller Beteiligten aus dem Blick zu verlieren.
1415
15
störungen zu ihrem zentralen Thema hat (beide leicht zugänglich im Internet). Therapie
Wichtig ist, schon beim Erstgespräch den Wunsch des Patienten, als Mensch des anderen Geschlechts zu leben und anerkannt zu werden, zu respektieren. Auf Infragestellung dieser Wünsche reagieren die Patienten meist empfindlich, nicht selten mit Behandlungsabbruch. Ob sich der Patient im Laufe regelmäßiger psychotherapeutischer Behandlung von seinen Wünschen auf Grund eigener Zweifel über deren Realisierbarkeit wird distanzieren können, kann man beim Erstgespräch nie wissen. Je mehr 15.19.3Störungen der Geschlechtsidentität aber der Arzt dieses Ziel verfolgt, desto unwahrscheinlicher wird Identitätszweifel und Unsicherheiten der Geschlechtsidentität es erreicht. Primär geht es um Anerkennung der Not des Patiengehören zu den normalen Irritationen der psychosexuellen Ent- ten, dann um Absicherung seiner sozialen Existenz, eventuell wicklung in Schwellensituationen, wie z. B. Pubertät, Über- um Unterstützung seiner Bestrebungen, die gewünschte Genahme von Elternschaft etc. Es bedarf zusätzlicher Symptome, schlechtsrolle auszuprobieren. Die Indikation für gegengewie sie in ICD-10, F64 beschrieben sind, um die Schwelle klini- schlechtliche Hormongaben oder geschlechtsangleichende scher Relevanz zu erreichen. Die ausgeprägteste Form dieser Stö- Eingriffe steht erst an, wenn der Patient über längere Zeit im rungen ist der Transsexualismus, eine Diagnose, die im DSM-IV sog. Alltagstest erfolgreich die gewünschte Geschlechtsrolle gelebt (im Gegensatz zu DSM-III) wieder aufgegeben wurde, um dem hat. Die Konsultation von Spezialisten auf diesem Gebiet Automatismus zwischen Diagnose und bestimmten Behand- wird empfohlen. lungsformen, der durch die Definition in der ICD-10, F64.0 nahe gelegt wird, gegenzusteuern. 15.19.4Störungen der Sexualpräferenz
Ätiologie und Pathogenese
Ein gemeinsamer ätiopathomorphogenetischer Faktor für Geschlechtsidentitätsstörungen konnte bisher nicht identifiziert werden. Transsexualismus, die ausgeprägteste Form dieser Störungen, wird als die gemeinsame Endstrecke unterschiedlicher psychopathologischer Verläufe aufgefasst. Psycho- und soziogenetische Einflüsse spielen eine große Rolle, was vor allem aus soziohistorischen und ethnosoziologischen Vergleichen ableitbar ist. Klinik und Diagnostik
Die Präsentiersymptome sind in der ICD-10 gut beschrieben. In selbstaffirmativer Weise werden sie von den Patienten in der Regel in ihrem Beginn rückdatiert auf die Zeit „seit ich denken kann“. (Manchmal kommt erst nach einem schweren Suizidversuch die bislang schamhaft verschwiegene Geschlechtsidentitätsthematik zur Sprache.) Langzeituntersuchungen von bereits in der Kindheit beobachteten „transsexuellen“ Verhaltensweisen zeigten jedoch, dass solche Kinder später nicht transsexuell, sondern homo- oder heterosexuell wurden. Neben der relativ leicht zu stellenden phänomenologischen Symptomdiagnose sind die psychodynamische bzw. psychiatrische Strukturdiagnose (Differentialdiagnose Brüchigkeit der Persönlichkeitsstruktur bis psychotische Durchlässigkeit) sowie besonders die längerfristige Verlaufsbegleitung und -beurteilung zu fordern. Leitlinien zu Diagnostik und Therapie gibt es von ver-schiedenen deutschsprachigen sexualmedizinischen Fachgesellschaften sowie von einer internationalen Fachgesellschaft, die Geschlechtsidentitäts-
Abschnitt F65 der ICD-10 fasst sehr heterogene Phänomene zusammen, die aus ärztlicher Perspektive in der Regel eher den Rat des Psychiaters, Psychotherapeuten etc. erfordern. Ätiologie und Pathogenese
Sowohl lerntheoretische als auch kognitiv-behaviorale und insbesondere psychoanalytische Theorien tragen viel zur Erklärung dieser Störungen auf einer allgemeinen Ebene bei, wohingegen die individuelle Pathogenese, wenn überhaupt, meist erst nach langer Psychotherapie aufklärbar ist. Somatische Korrelate finden sich selten (z. B. Temporallappenepilepsie). Klinik und Diagnostik
Störungen der Sexualpräferenz können bei Ich-syntoner Verarbeitung z. T. in sozial verträglicher Form ausgelebt werden (z. B. sadomasochistische Clubs) und sind dann klinisch unproblematisch. Überschreiten sie die Schwelle des Erlaubten, werden sie Ich-dyston erlebt oder nehmen einen suchtartigen Charakter an, kommen Forensische Psychiatrie und Psychotherapie ins Spiel. Nicht selten sind schon beim Erstkontakt Sexualisierung der Interaktion, aggressive und narzisstische Aufladung erlebbar. Wichtig ist, den Grad der Selbst- und Fremdgefährdung abzuschätzen. Therapie
Primäre Intervention sind Psychotherapien kognitiv-behavioraler und analytischer Couleur, wobei sich die Wahl oft zwangsläufig am Grad der Introspektionsfähigkeit des Patienten sowie am psy-
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15 Psychiatrische Erkrankungen
chotherapeutischen Versorgungsangebot in der Region orientiert. Bei gleichzeitig schweren depressiven Störungen können auch Serotonin-Reuptake-Hemmer hilfreich sein, bei starker sexueller Getriebenheit mit der Gefahr des Verlusts der Impulskontrolle auch triebdämpfende Medikation mit Cyproteronacetat oder LHRHAgonisten (z. B. Leuprorelinacetat). Die alleinige Medikamentenverordnung ohne begleitende Psychotherapie ist unergiebig. Literatur Arentewicz G, Schmidt G (Hrsg) (1993) Sexuell gestörte Beziehungen. Konzept und Technik der Paartherapie, 3. Aufl. Enke, Stuttgart
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Hauterkrankungen MICHAEL LANDTHALER 16.1 16.2 16.3 16.4 16.5 16.6
Intoleranzreaktionen Entzündliche Dermatosen unklarer Ätiologie Autoimmunerkrankungen TTumorerkrankungen der Haut Infektionskrankheiten der Haut Infektionen der Haut: S ll üb t b E k k
1419 1422 1431 1437 1445 1451
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16.1 Intoleranzreaktionen
1419
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Auf verschiedene Noxen kann die Haut mit vielfältigen Krankheitsbildern reagieren. Im Vordergrund des allgemeinmedizinischen Interesses stehen unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW), weshalb sie besonders berücksichtigt werden sollen. UAW lassen sich in zwei Gruppen unterteilen: Die erwarteten, Typ-A- („augmented“) Reaktionen, werden durch die pharmakologischen Eigenschaften des Präparates bestimmt und können meistens bereits präklinisch erfasst werden, sodass sie keine wesentliche Gefahr für die Arzneimittelsicherheit darstellen. Anders die nichtvorhersehbaren Typ-B- (bizarre) Reaktionen, die dem pharmakologischen Wirkprofil des Präparates nicht entsprechen und vor allen durch individuelle Eigenschaften des Patienten bestimmt werden. Zu ihnen zählen die allergischen und pseudoallergischen (Intoleranz-)Reaktionen, denen auf Grund ihrer Unvorhersehbarkeit und den häufig schweren Reaktionen eine besondere Bedeutung zukommt. Etwa 2–5% aller hospitalisierten Patienten und 26% aller Erwachsenen erleiden in ihrem Leben allergische oder pseudoallergische Arzneimittelreaktionen (Typ-B-Reaktionen). Bei der angenommenen Inzidenz einer unerwünschten Arzneimittelwirkung (UAW) von 1:10.000 wird vermutet, dass mindestens 30.000 Patienten mit einem Medikament behandelt werden müssen, um mit einem Vertrauensbereich von 0,95 diese UAW zu erfassen. Dieser Zahl stehen ca. 1.500 Patienten gegenüber, die im Rahmen von Studien vor Zulassung eines Arzneimittels exponiert waren. Aus diesen Zahlen wird die Bedeutung der klinischen Beobachtung von UAW nach der Zulassung neuer Medikamente durch den behandelnden Arzt für die Arzneimittelsicherheit deutlich. An der Haut treten besonders häufig unerwünschte AW auf (4% aller behandelten Fälle und 15% aller UAW). Darüber hinaus stellt die Haut auch ein Signalorgan für die meisten allergischen und pseudoallergischen Intoleranzreaktionen dar und dient als wichtiges Testorgan.
Verzögerte allergische Reaktionen treten mehrere Stunden nach Einnahme entsprechender Arzneimittel auf, beruhen auf verschiedenen pathophysiologischen Mechanismen und können daher auch zu vielfältigen klinischen Symptomen wie Purpura oder verschiedenen Vaskulitiden führen. Die klassischen, morbilliformen Arzneiexantheme werden den Spättypreaktionen zugerechnet. Besonders gefürchtet sind die schweren, blasenbildenden Arzneimittelreaktionen wie die toxisch-epidermale Nekrolyse (TEN, Lyell-Syndrom), die in Abhängigkeit vom Alter und der Grunderkrankung des Patienten mit einer hohen Letalität einhergeht und bei der zwei Formen unterschieden werden können. Bei der ersten Form handelt es sich um ein Krankheitsbild, das mindestens zwei Schleimhautareale und mehr als 30% der Körperoberfläche erfasst, langsam mit zumeist schmerzhaft empfundenem Erythem beginnt, das sich bis zur Blasenbildung über Tage steigert. Nicht selten ist diese Reaktion von Fieber und Eosinophilie begleitet. Antikonvulsiva wie Phenytoin oder Carbamazepin sind häufige Auslöser. Demgegenüber steht eine zweite Form, bei der es plötzlich ohne wesentliche Vorwarnung zu einer Lösung großer Hautflächen kommt. Diese äußerst schmerzhafte Form führt besonders häufig zum Tod des Patienten. Untersuchungen zur Pathophysiologie dieser Reaktion unterstrichen die zentrale Rolle zytotoxischer T-Lymphozyten in der Auslösung der Nekrolyse und der anschließenden Blasenbildung. Eine weitere Sonderform der allergischen Spättypreaktion stellt das Hypersensitivitätssyndrom dar, das klassischerweise durch die aromatischen Antikonvulsiva Phenytoin, Phenobarbital oder Carbamazepin ausgelöst und häufig in neurologischen Abteilungen gesehen wird. Neben dem Hautausschlag gehören Eosinophilie, Fieber, Lymphadenopathie, Hepatitis und ggf. Befall weiterer Organe zu den klinischen Symptomen. Schließlich werden auch die mit Fieber verbundenen pustulösen Arzneimittelexantheme, wie die akute generalisierte exanthematische Pustulose (AGEP), als allergische Reaktion vom Spättyp aufgefasst, bei der eine gesteigerte Interleukin-8-Sekretion arzneimittelspezifisch aktivierter T-Lymphozyten in vitro gefunden wurde. Die AGEP ist durch das Auftreten von Pusteln am gesamten Integument gekennzeichnet.
16.1.2 Klinik
16.1.3 Diagnostik
Soforttypreaktionen treten typischerweise innerhalb weniger Minuten bis zu einer Stunde z. B. nach Einnahme des Arzneimittels auf. Typische klinische Symptome sind eine meist generalisierte Urtikaria, Angioödeme, Bronchospasmus, Diarrhö, Übelkeit, Erbrechen und im Extremfall der anaphylaktische Schock. Gerade Soforttypreaktionen können zu lebensbedrohlichen Symptomen führen, die eine Akutintervention erfordern. Differentialdiagnostisch sollte bei schnell einsetzenden Unverträglichkeitsreaktionen in Zusammenhang mit Operationen oder Untersuchungen immer auch an allergische Reaktionen auf Latex gedacht werden.
Auch unter therapeutischen Aspekten kommt der Diagnostik bei allergischen oder pseudoallergischen Reaktionen auf Arzneimittel eine zentrale Bedeutung zu. Eine wesentliche Vorraussetzung zur Vermeidung eines Rezidivs ist der Nachweis der auslösenden Medikamente. Bei allergischen Arzneimittelreaktionen ist es besonders wichtig, in den ersten sechs folgenden Monaten diese Diagnostik durchzuführen, da nach einer Reaktion das entsprechende Allergen nicht mehr gegeben wird und damit die Zahl der sensibilisierten T-Lymphozyten sowie die Hautreaktivität sich im Gegensatz zu ubiquitär vorkommenden Allergenen zurückbilden.
16.1 Intoleranzreaktionen Bernhardt Sachs und Hans F. Merk
16.1.1 Einleitung
16
1420
16 Hauterkrankungen
Die Diagnostik beginnt mit der sorgfältigen Anamnese. Bei allergischen Reaktionen sind die Noxen am wahrscheinlichsten, die in den letzten zwei Wochen vor Beginn der Symptomatik angesetzt und zumeist einige Tage zuvor gut vertragen wurden. Zurzeit gibt es keinen einzelnen, in der täglichen Routine praktikablen Test mit ausreichender Sensitivität und Spezifität zur diagnostischen Sicherung einer Arzneimittelallergie. Vielmehr stehen verschiedene Methoden zur Verfügung. Je vollständiger sie angewendet werden, desto besser kann eine Ursache nachgewiesen werden. Da sie z. T. sehr aufwendig sind, wird ihre Anwendung auch von der potentiellen Gefährdung des Patienten abhängen. Eine Ausnahme stellt die allergische Kontaktdermatitis dar, bei der der Epikutantest allein zum Nachweis des Allergens herangezogen wird.
auf β-Laktamantibiotika, zur Verfügung. Zelluläre Tests erfordern die Anwesenheit des Patienten am Ort der Untersuchung oder eine aufwendige Logistik, um das gewonnene Blut oder Gewebe rasch bearbeiten zu können. Dabei wird entweder die Reaktivität von Basophilen bestimmt oder die Reaktion von Lymphozyten auf ein Allergen im Fall des Lymphozytentransformationstests. Abschluss der Diagnostik ist die Ausstellung eines Allergiepasses. Er soll nicht nur die verdächtigte Substanz, sondern auch die Begründung des Befundes (z. B. Anamnese, spezifischer IgENachweis, positive Hauttestreaktion, Reexposition) sowie bei entsprechender Überprüfung Ausweichpräparate angeben. 16.1.6 Therapie
Hauttests (Epikutan-, Prick-, Intrakutantests)
Allgemeine Maßnahmen
Den Hauttests kommt auf Grund ihrer einfachen Durchführbarkeit eine wichtige Rolle in der täglichen klinischen Routine zu. Standardisiert ist die Testung bei Verdacht auf Penicillinsensibilisierung. Für weitere Arzneimittelgruppen wie Sulfonamide, Antikonvulsiva, Muskelrelaxanzien und NSAR, wie z. B. Diclofenac, sind Testprotokolle ausgearbeitet, aber noch nicht evaluiert worden. Allgemein gilt, dass bei positiven Hautreaktionen von einer Sensibilisierung des Patienten ausgegangen werden kann, während bei fehlender Hautreaktion diese nicht ausgeschlossen ist.
Die therapeutischen Maßnahmen orientieren sich daran, ob es sich um eine Reaktion vom Sofort-, verzögerten oder Spättyp handelt. Weiterhin hängt die Therapie davon ab, welche Organsysteme betroffen sind. Sie unterscheidt sich prinzipiell nicht von der Therapie allergischer Reaktionen durch andere Noxen. Besondere Situationen bestehen lediglich bei bullösen Arzneimittelreaktionen, insbesondere der TEN. Einige Therapievorgaben haben prinzipielle Gültigkeit. So muss die Zufuhr der auslösenden Substanz bei Auftreten von Symptomen unterbrochen werden. Bei der Therapie von Soforttypreaktionen wird in Abhängigkeit von dem klinischen Beschwerden therapiert (Tabelle 16.1-1, s. auch Kapitel 17.4.5 anaphylaktischer Schock Tabelle 17.4-3, ). Zu den häufig oral und parenteral angewendeten Substanzen zur Therapie anaphylaktischer und anaphylaktoider (pseudoallergischer) Reaktionen zählen H1-Rezeptorantagonisten (Antihistaminika) wie Dimetinden und Clemastin, die intravenös gegeben werden können sowie Glukokortikoide wie Prednisolon oder Äquivalente. Ist eine Urtikaria zu behandeln, bei der die orale Gabe von Antihistaminika ausreichend ist, ist die Gabe neuer, nichtsedierender Antihistaminika der 2. und 3. Generation (z. B. Fexofenadin, Descarboxyloratadin oder Levoceterezin) zu bevorzugen. Mitunter werden bei der parenteralen Akuttherapie auch H2-Rezeptorantagonisten wie Cimetidin oder Ranitidin gegeben. Ranitidin sollte in jedem Fall bevorzugt werden, wenn der Patient einen Betablocker einnimmt, da Cimetidin dessen Metabolisierung hemmen kann und damit dessen Halbwertzeit verlängert. Zu beachten ist, dass Glukokortikoide auf Grund des verzögerten Wirkungseintrittes nicht Mittel der ersten Wahl bei einer akuten kardiopulmonal bedrohlichen Schockreaktion sind. Vielmehr stellt Adrenalin für diesen Fall das entscheidende Medikament dar. Die i.v.-Gabe von Adrenalin (0,1 mg/min) sollte wie die der parenteral gegebenen Antihistaminika langsam und am besten unter Monitorkontrolle erfolgen. Wenn kein sicherer intravenöser Zugang vorliegt, kann Adrenalin auch in der doppelten Dosis i.m. gegeben werden.
Provokationstests
Als Goldstandard der Diagnostik allergischer Arzneimittelreaktionen wird die Provokationstestung angesehen. Allerdings gelten dafür wichtige Einschränkungen. Zum einen ist diese Testung potentiell gefährdend für den Patienten, weshalb sie nur mit dessen schriftlichem Einverständnis und in entsprechenden Zentren durchgeführt werden sollte. Zum anderen ist eine unterschiedliche Reaktivität möglich, sodass ein an sich sensibilisierter Patient bei der Testung selbst nicht, wohl aber bei einer späteren Exposition reagiert, was auch darauf zurückgeführt werden kann, dass begleitende Faktoren (z. B. Virusinfekte) fehlen. Weiterhin sagt eine Reaktion im Provokationstest nichts über die Pathogenese der Reaktion aus. Bei Zustand nach schweren UAW, wie z. B. einer TEN, sollten keine Provokationstests durchgeführt werden. In-vitro-Tests
Die Anwendung von In-vitro-Testungen bei Arzneimittelsensibilisierungen setzt einerseits ein möglichst gutes Verständnis der Pathophysiologie der Reaktionen voraus, andererseits lassen sich durch die dabei verwendeten Verfahren auch die Kenntnisse über Voraussetzungen für diese Reaktionen besser verstehen. Serologische Tests haben den Vorteil der einfachen Versendung an zentrale Labors und die vergleichsweise einfache Durchführung von Ringversuchen zur Evaluierung. Sie stehen bei der Diagnostik IgE-abhängiger allergischer Reaktionen, z. B.
16.1 Intoleranzreaktionen Wirkstoff
Darreichung und Dosierung
Indikationen nach Schweregrad der anaphylaktischen Reaktiona Katecholamine Adrenalin
Antihistaminika H1-Antagonisten Dimentindenmaleat Clemastin H2-Antagonisten Cimetidin Ranitidin Glukokortikoide (Prednisolonäquivalent)
Inhalation Injektion
j
(II/III) (III) (IV)
bis Tremor/Tachykardie 1 mg/10 ml 0,1 mg/min 1,0 mg/min
1421
16
Tabelle 16.1-1. Indikation der Notfalltherapeutika nach Schweregrad der anaphylaktischen Reaktion, bei Prophylaxe der Spätreaktionen und Probleme bei der gleichzeitigen Einnahme von Betablockern. Evidenzgrad IV.
(I–III) 4–8 mg 4 mg
j
(I–III) 400 mg 100 mg
Injektion
(I) (II) (III)
50–125 mg (evtl. per os) 250–500 mg 500–1000 mg
Prophylaxe y der Spätreaktionen Glukokortikoide (Prednisolonäquivalent) 80–100 mg alle 8 h über 24 h Antihistaminika H1-Antagonisten Dimetindenmaleat 4–8 mg Clemastin 4 mg (nur gegebenenfalls indiziert) H2-Antagonisten Cimetidin 400 mg Ranitidin 100 mg Probleme bei Betablockern Antihistaminika Glukagon
Ranitidin statt Cimetidin Injektion 5–15 µg/min
a I–IV V Schweregrad der anaphylaktischen Reaktion. (siehe Tab. 17.44-3)
Therapie von Angioödemen
Die Therapie der Angioödeme orientiert sich an ihrer Lokalisation und Ausprägung. Zuverlässig sprechen Angioödeme nur auf eine interne Behandlung an. Bei periorbitaler Lokalisation oder im Gesichtsbereich, ohne vitale Bedrohung des Patienten, kann mit parenteraler Gabe von Antihistaminika (z. B. 4 mg Dimetinden i.v. oder 4 mg Clemastin i.v.) sowie Glukokortikoiden (z. B. 100–250 mg Prednisolon i.v. oder Äquivalent) behandelt werden. Die Antihistaminika sollten aufgrund des schnelleren Wirkeintritts vor dem Glukokortikoid und aufgrund der seltenen Interferenzen mit dem kardialen Reizleitungssystem langsam intravenös appliziert werden. Angioödeme im Pharynx-Larynx-Bereich stellen aufgrund der Erstickungsgefahr akute Notfälle dar, die stationär behandelt werden sollten. Zusätzlich zu der parenteralen Gabe von Antihistaminika und Glukokortikoiden sollten die Vorraussetzungen für eine Intubation oder ggf. eine Koniotomie erfüllt sein. Auch bei geringfügigen Schwellungen im Pharynx-Larynx-Bereich sollte eine stationäre Überwachung erfolgen, da sich die Schwellungen zu lebensbedrohlichen Ausmaßen weiterentwickeln können und mit Spätphasenreaktionen nach 6–12 Stunden selbst nach initial erfolgreicher Behandlung in 5% der Fälle zu rechnen ist.
Angioödeme durch ACE-Hemmer mit Schwellungen im Gesichtsbereich sollten stationär überwacht werden, auch wenn keine Schwellung im Halsbereich vorliegt, weil der Verlauf dieser Angioödeme nicht vorhersehbar ist und sich ein lebensbedrohliches Glottisödem noch entwickeln kann. Auch ist im Gegensatz zu histaminvermittelten Angioödemen die Wirkung von Antihistaminika und Glukokortikoiden bei diesen kininmediierten Angioödemen umstritten. Bei einem durch ACE-Hemmer induziertem Ödem des Mundes oder der Zunge, das noch keine Intubation erfordert, wurde die Gabe von Adrenalin (0,3 ml 1:1000 s.c.) empfohlen. Differentialdiagnostisch sollten hereditäre oder erworbene Angioödeme durch Mangel an oder Vorliegen eines funktionsuntüchtigen C1-Esteraseinhibitors ausgeschlossen werden, da diese nicht auf Gabe von Antihistaminika oder Glukokortikoiden ansprechen, sondern als Akuttherapie die Gabe von C1-Esterase-inhibitor erfordern. Therapie bei Patienten mit Einnahme von Betablockern
Bei der Akutbehandlung von Patienten mit Adrenalin, die unter einer Medikation mit Betablockern stehen, muss mit paradoxen Reaktionen gerechnet werden, da die Betarezeptoren blockiert
16
1422
16 Hauterkrankungen
sind. Dennoch ist Adrenalin bei einem Teil der Patienten wirksam und sollte, falls es die Klinik erfordert, gegeben werden. Stadiengerecht können Antihistaminika und Glukokortikoide gegeben werden. Auf die Anwendung von H2-Rezeptorantagonisten wie Cimetidin sollte verzichtet werden, da sie die Clearance von Betablockern reduzieren können. Wenn H2Rezeptorantagonisten gegeben werden, sollte Ranitidin und nicht Cimetidin ausgewählt werden (s. Kapitel 16.1.6). Prophylaxe bei Kontrastmittelunverträglichkeit
Hat ein Patient bereits bei einer Kontrastmitteluntersuchung oder bei der Anwendung von Muskelrelaxanzien in der Vergangenheit eine anaphylaktoide Reaktion gezeigt, ist die prophylaktische Gabe von H1- und H2-Antihistaminika und Glukokortikoiden vor einer erneuten Untersuchung sinnvoll; niedrig osmolare Kontrastmittel sollten bevorzugt werden. Therapie von Arzneimittelexanthemen
Sowohl beim allergischen Arzneimittelexanthem wie auch bei bullösen Arzneimittelreaktionen steht die Behandlung mit Glukokortikoiden im Vordergrund. Bei TEN ist aber selbst die Anwendung der Glukokortikoide nicht unumstritten. So traten selbst bei hoher Gabe von Glukokortikoiden TEN auf. In jedem Fall scheinen sie bei dieser besonders schweren Form einer Arzneimittelreaktion der Haut nur hochdosiert in den ersten Tagen günstig wirken zu können, später erhöhen sie die Gefahr einer Sepsis. Andere Befunde legen eine besonders schnelle Wirksamkeit von niedrigdosiertem Cyclophosphamid (100–300 mg tgl. i.v.) in den ersten Tagen bei der toxischen epidermalen Nekrolyse nahe. Auch Plasmapheresen bei Arzneimitteleinnahmen, die dadurch schneller eliminiert werden, scheinen sinnvoll. Neueste Untersuchungen legen bei der besonders gefürchteten TEN die Wirksamkeit einer frühzeitigen Infusion von intravenös gegebenen humanen Immunglobulinkonzentraten (0,2–0,75 g/kg KG) über 4 Tage nahe. Weitere Präparate sind Cyclosporin A (4 mg/kg KG/tgl.), N-Acetylcystein (2 g/6 h i.v.) und Pentoxyfyll in. Letztere Substanzen werden in der Vorstellung gegeben, TNFα (Immunglobuline, N-Acetylcystein, Pentoxyfillin) zu binden bzw. seine Synthese zu hemmen und Radikale zu inhibieren. Cyclosporin wird in Analogie zu seiner Verwendung bei GvHD eingesetzt. In der Lokalbehandlung steht die Vermeidung einer Infektion durch Anwendung von Antiseptika im Vordergrund (PVD-Jod, Silbernitrat, Triphenylmethanfarbstoffe, Kaliumpermanganat). Bei Anwendung von Triphenylmethanfarbstoffen ist bei fehlender Barrierefunktion des Stratum corneum mit Tätowierungen zu rechnen, weshalb es vor allem im Gesicht gemieden werden sollte. Eine besondere Bedeutung kommt auch der ophthalmologischen Betreuung zu, da bei ca. 5–10% der Patienten eine Beeinträchtigung der Sehfunktion bis hin zur Erblindung befürchtet werden muss. Zur Vermeidung von Vernarbungen und Synechien im Vulvabereich können lokale Steroidgele appliziert werden.
Literatur Bork K (1998) Arzneimittelnebenwirkungen an der Haut. Schattauer, Stuttgart Britschgi M, Steiner UC, Schmid S et al. (2001) T-cell involvement in drug-induced acute generalized exanthematous pustulosis. J Clin Invest 107: 1433–1441 Jäger L, Merk HF (1996) Arzneimittel-Allergie. G. Fischer, Stuttgart Konstantinow A, Mühlbauer W, Balda B-R, Ring J (2001) Toxische epidermale Nekrolysen (Arzneimittel-induziertes Lyell-Syndrom) – Therapie. Dtsch Med Wschr 126: 177–179 Merk HF, Eichler G (1995) Anaphylaktoide Reaktionen. In: Plewig G, Korting HC (Hrsg) Fortschritte der Dermatologie. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokyo Merk HF (2000) Allergische Krankheitsbilder – Arzneimittelreaktionen. Dtsch Ärztebl 97: 3013–3021 Merk HF, Dorfmüller A, Sachs B, Baron J (2002) Delayed hypersensitivity reactions: which tests exist? Which is the sensitivity and specificity of these tests. Allergy Clin Immunol Int 14: 14–19 PichlerWS, Tilch J (2004) The Lymphocyte transformation test in the diagnosis of drug hypersensitivity. Allergy 59: 809–820 Park BK, Kitteringham NR, Powell H, Pimohamed M (2000) Advances in molecular toxicology – towards understanding idiosyncratic toxicity. Toxicology 153: 39–60 Sachs B, Merk HF (2001) Demonstration and characterization of drugspecific lymphocyte reactivity in drug allergies. Allergy Clin Immunol Int 13: 91–98 Viard J, Wehrli P, Bullani R, Saurat J-H (1998) Inhibition of toxic epidermal necrolysis by blockade of CD95 with human intravenous globulin. Science 282: 490–493
16.2 Entzündliche Dermatosen unklarer Ätiologie Sherko von Schmiedeberg und Thomas Ruzicka
16.2.1 Psoriasis vulgaris
Die Psoriasis vulgaris ist eine häufig vorkommende (1–2% der Bevölkerung), gutartige erythematosquamöse Dermatose unbekannter Ätiologie mit variabler klinischer Ausprägung. Der Beginn der Psoriasis ist in jedem Lebensalter möglich, es lassen sich jedoch zwei Inzidenzgipfel feststellen; zum einen die Typ-I-Psoriasis mit einem frühen Beginn im jungen Erwachsenenalter, zum anderen die Typ-II-Psoriasis mit einem späten Beginn nach dem 45. Lebensjahr. Ätiologie und Pathogenese
Das familiär gehäufte Auftreten der Psoriasis vulgaris zeigt die wesentliche Bedeutung von genetischen Faktoren bei der Manifestation der Erkrankung. Das Erkrankungsrisiko liegt bei bis zu 20%, wenn ein Elternteil, und bis zu 75%, wenn beide Elternteile betroffen sind. Typisch für die Psoriasis ist das Auslösen psoriatischer Herden durch zahlreiche unspezifische exogene Reize (sog. Köbner-Phänomen). Die wichtigsten Provokationsfaktoren
16.2 Entzündliche Dermatosen unklaren Äthiologie
der Psoriasis sind: Traumata (Verletzungen, Operationen), Infektionskrankheiten (Streptokokken, HIV), klimatische Faktoren, Stress, Alkohol, Medikamente (Betarezeptorenblocker, ACEHemmer, Chloroquin, Lithium, Interferone) und Gravidität. In Einzelfällen kann UV-Licht als Provokationsfaktor dienen. Pathogenetisch besteht bei der Psoriasis eine komplexe kutane Dysregulation, die die meisten Zelltypen und Mediatoren der Haut einschließt. Im Wesentlichen handelt es sich um eine Th1-Zellen-vermittelte Entzündungsreaktion, die von einer epidermalen Hyperproliferation und Differenzierungsstörung begleitet ist. Klinik und Diagnostik
Folgende klinische Varianten der Psoriasis werden unterschieden: Psoriasis vulgaris: Akut-exanthematische Psoriasis: Am Rumpf lokalisiert, häufig mit Fokalinfekten (Streptokokken) assoziiert; chronisch-stationäre Psoriasis (vom Plaquetyp): Mit ca. 90% die häufigste Manifestationsform, lokalisiert an den typischen Prädilektionsstellen (Ellenbogen, Knie, Sakralregion); Psoriasis capillitii: Klinisch wegweisend ist ein Übertreten der psoriatischen Hautveränderungen an der Stirn-Haar-Grenze und an den seitlichen Kopfpartien um etwa 1–2 cm auf die nicht behaarte Haut („pelzkappenartig“); Psoriasis inversa: Ausschließlich Befall der Beugeflächen. Die psoriatischen Plaques imponieren klinisch als scharf begrenzte, leicht infiltrierte Herde ohne die typische Schuppung; erythrodermische Psoriasis: generalisierte, schwerste Verlaufsform der Psoriasis vulgaris. Psoriasis pustulosa: Psoriasis pustulosa generalisata (Typ Zumbusch): Erytheme und Pusteln am gesamten Integument;
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16
Psoriasis pustulosa palmoplantaris (Typ Barber-Kö-
nigsbeck): An Handinnenflächen und/oder Fußsohlen erythematosquamöse Herde mit flachen seenartigen sterilen Pusteln; Impetigo herpetiformis: Sonderform der Psoriasis pustulosa generalisata bei Schwangeren; Acrodermatitis continua suppurativa (Hallopeau): Pustulöse Psoriasis an den Endgliedern der Finger und Zehen mit starker Nagelbeteiligung und mutilierender Akroosteolyse. Psoriasis arthropathica: In Zusammenhang mit den Hautveränderungen der Psoriasis vulgaris auftretende mono- bzw. oligoarthritische Gelenkveränderungen. Im weiteren Verlauf kann es zu Osteolysen und zu Gelenk- und Knochendeformitäten kommen. Zur Früherkennung der Psoriasis arthropathica ist die Skelettszintigraphie besonders geeignet, zur Diagnosesicherung (Abgrenzung zur primär chronischen Polyarthritis) bzw. Verlaufsbeurteilung ist eine röntgenologische Diagnostik unerlässlich. Therapie
Siehe Tabelle 16.2-1.
Evvidenz der Therapieempfeehlungen Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke Vitamin-D3-Analoga II-a B To opische Retinoide II-b B Dithranoltherapie III B UV--Therapie II-b B Systemische Retinoide I-b A Ciclosporin A II-a B Methotrexat II-b B Fumarsäurederivate I-b A Biologicals I-b A
Verlaufsform
Therapie
Leichte bis mittelschwere Form
Zunächst Schuppen ablösen (z. B. mit 2–10%igem Acid. salicyl. in Salbengrundlage, Olivenöl, Teerpräparate), danach spezifische Therapie mit: Vitamin-D3-Analoga (z. B. Daivonex, Psorcutan; Curatoderm), topische Retinoide (Zorac), klassische Dithranoltherapie (Cignolin) in aufsteigender Dosierung; ggf. Kombination mit UVA-/UVB-Bestrahlung
Ausgedehnte Form
PUVA-Therapie: Psoralen (8-MOP; 5-MOP) plus UVABestrahlung, RePUVA-Therapie: syst. Retinoide plus Psoralen plus UVA-Bestrahlung
Schwere, therapieresistente Form (sowie Psoriasis pustulosa und Psoriasis arthropathica)
Systemische Therapie mit Retinoiden (z.B. Neotigason; Dosierung 0,5–1,0 mg/kg KG, max.75 mg beim Erwachsenen); Ciclosporin A (z.B. Sandimmun Optoral;Anfangsdosierung 2,5 mg/kg KG/Tag in zwei ED, ggf. Dosissteigerung alle 14 Tage um 0,5 mg/kg KG bis auf max. 5 mg/kg KG/Tag); MTX Lantarel; Fumarsäurederivate (Fumaderm initial-Tbl., Fumaderm-Tbl.); neu : sog. "Biologicals": I. Monoklonale AK (z.B. Infliximab i.v.); II. Fusionsproteine (z.B. Etanercept s.c.; Alefacept i.v.)
Tabelle 16.2-1. Therapie der Psoriasis vulgaris
16
1424
16 Hauterkrankungen
16.2.2 Acne vulgaris
Die Akne ist eine der häufigsten Erkrankungen in der Dermatologie mit einem Erkrankungsgipfel in der Pubertät; im frühen Erwachsenenalter klingt sie spontan wieder ab. Beide Geschlechter sind etwa gleich häufig betroffen, wobei in der Pubertät Jungen oft einen schwereren Verlauf aufweisen. Durch die Manifestation der Akne insbesondere im Gesicht stellt sie für die betroffenen Patienten eine nicht zu unterschätzende psychosoziale Belastung dar. Ätiologie und Pathogenese
Zahlreiche Faktoren bestimmen die Akne wie z. B. Vererbung, Sebumproduktion, Hormone und Bakterien. Immunologische Vorgänge scheinen nur eine untergeordnete Rolle zu spielen. Das Zusammenspiel aller genannten Faktoren ist für die Ausbildung einer Akne verantwortlich. Mit Beginn der Pubertät kommt es, hormonell gesteuert (durch Androgene, insbesondere Testosteron), zu einer Entfaltung der Talgdrüsenazini (diese tragen Androgenrezeptoren auf ihrer Zelloberfläche) sowie zu einer vermehrten Talgbildung. Der Talg in den Azini und den Talgausführungsgängen enthält, solange er nicht mit den Bakterien des Infundibulums in Berührung gekommen ist, keine freien Fettsäuren und entzündet sich nicht. Dagegen begünstigt das Mikromilieu der Komedonen Wachstum und Vermehrung ansonsten apathogener Keime der Haut wie Propionibacterium acnes und Staphylococcus epidermidis, die in der Pathogenese der Akne eine entscheidende Rolle spielen. Deren bakterielle Lipasen spalten die Neutralfette des Talgs,
insbesondere die Sebumtriglyzeride, in potentiell komedogene freie Fettsäuren. Diese wirken zudem leukotaktisch und sind somit an der entzündlichen Umwandlung der Komedonen in Papeln und Pusteln beteiligt. Klinik und Diagnostik
Die klinischen Erscheinungsformen der Akne können unterschiedlich stark ausgeprägt sein: Acne comedonica: Offene und geschlossene Komedonen vorwiegend im Gesicht; Acne papulopustulosa: Entzündlich umgewandelte Komedonen als Papeln, Pusteln und Papulopusteln. Die Gefahr der Narbenbildung ist groß; Acne conglobata: Komedonen, Papeln, Pusteln, hämorrhagisch verkrustete, indurierte Knoten, die zu großen Arealen konfluieren und hämorrhagisch-eitrig einschmelzen können. Therapie
Siehe Tabelle 16.2-2. Evvidenz der Therapieempfeehlungen Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke B Retinoide (lokal) II-b Benzoyllperoxid (lokal) II-b B Azelainsäure (lokal) II-b B Antibiotika B – lokal II-b – systemisch II-a B Retinoide (systemisch) II-a B
Tabelle 16.2-2. Therapie der Acne vulgaris Typ der Acne vulgaris
Reinigung
Basistherapie
Erweiterte Basistherapie
Interne Therapie
Zusätzlich
Acne comedonica
Peeling Cremes, milde Syndets
–
Antiandrogen wirksame Kontrazeptiva (z. B. Diane 35)
Aknetoilette durch Kosmetikerin, Chemical Peeling
Acne papulopustulosa
Milde Syndets, antiseptische Reinigungsgele –
Tretinoin/ Isotretinoin, Benzoylperoxid, Azelainsäure Wie oben
Kombination mit topischem Antibiotikum (cave: Resistenzentwicklung!) Siehe oben; zusätzlich zur Basistherapie immer systemische Therapie!
Antibiotika (Minocyclin, Doxycyclin, Tetracyclin)
Antiandrogen wirksame Kontrazeptiva (z. B. Diane 35)
Acne inversa
Lokal desinfizierend
Lokal antibiotisch
Acne fulminans
Stationäre Aufnahme!
Aknenarben
–
Acne conglobata
Chemical Peeling
–
Bei Männern: Isotretinoin (Roaccutan; Dosis 0,5–1,0 mg/kg KG/Tag) Bei Frauen: Isotretinoin (Roaccutan) plus Kontrazeption! Längerfristige Gabe von Antibiotika nach Antibiogramm Bei Therapieresistenz: Isotretinoin (Roaccutan). Cave: Keine Kombination von Tetrazyklinen mit Isotretinoin wg. Gefahr der Hirndrucksteigerung!
Dermatochirurgische Sanierung
Hochdosierte Antibiotika nach Antibiogramm plus orale Glukokortikoide (1 mg/kg KG/Tag) über 10–14 Tage, danach Einleitung einer Isotretinoin (Roaccutan)-Therapie Laser Resurfacing; Dermabrasion Kollagen bzw. Hyaloronsäureunterspritzung
16.2 Entzündliche Dermatosen unklaren Äthiologie
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16
16.2.3 Rosazea
16.2.4 Periorale Dermatitis
Die Rosazea ist eine häufige, chronisch-entzündliche Gesichtsdermatose. Sie beginnt gewöhnlich ab dem 20. Lebensjahr und hat einen Gipfel zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr. Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer.
Die periorale Dermatitis ist eine chronisch-entzündliche, zu Rezidiven neigende Dermatose vorwiegend bei jungen Frauen.
Ätiologie und Pathogenese
Die Ätiologie ist unbekannt, vermutet werden eine erbliche Disposition, eine Assoziation zu inneren Erkrankungen (MagenDarm-Störungen, Hypertonie) sowie die Besiedelung mit der Haarbalgmilbe Demodex folliculorum. Sonnenlicht sowie Alkohol können die Erkrankung provozieren.
Ätiologie und Pathogenese
Die Ätiologie ist nicht vollständig geklärt. Eine Störung der normalen Hautflora durch übermäßige Anwendung von Feuchtigkeitscremes sowie externen Glukokortikoiden und daraus resultierenden, vermutlich erregerbedingten Follikulitiden (fusiforme Spirillen, Stäbchen, Demodexmilben, Kandidaarten). Ebenfalls diskutiert werden Hormone, Seifen, fluorierte Zahncremes, UVBestrahlung sowie Magen-Darm-Störungen. Klinik und Diagnostik
Tabelle 16.2-3. Therapie der Rosazea Stadium
Therapie
Stadium I
Allgemein: konsequenter Lichtschutz! Meiden von Alkohol! Metronidazol, Tetracyclin oder ichthyolhaltige Cremes oder Lotionen Teleangiektasien mit Argon- oder Farbstofflaser veröden Zusätzlich zur externen Therapie: systemische Antibiotika Bei Frauen außerhalb des gebärfähigen Alters und Männern: Isotretinoin (Roaccutan) Bei Frauen im gebärfähigen Alter: Tetracyclin bzw. Minocyclin über 4–6 Monate, bei mangelndem Erfolg Isotretinoin (Roaccutan) unter strengem Kontrazeptionsschutz Operative Abtragung (Dermabrasion, Derma Shaving)
Stadium II Stadium III
Rhinophym
Klinisch zeigen sich entzündlich gerötete, follikulär gebundene Papeln und Pusteln auf erythematöser Haut, insbesondere periorale Komedonen, als Abgrenzung zur Akne, kommen nie vor. Therapie
Wichtigste Maßnahmen sind die strikte Kosmetikaabstinenz (v. a. Feuchtigkeitscremes) sowie das Meiden von Glukokortikoidexterna. Externe Therapie mit Metronidazol oder Ichthyol in Zinkschüttelmixturen, Lotionen oder hydrophilen Cremes. Bei starker entzündlicher Komponente zusätzlich feuchte Umschläge mit kaltem Schwarztee. Bei schwerem Befall Tetracyclin oder Minocyclin per os. Zusätzlich sollte ein konsequenter Lichtschutz durchgeführt werden. 16.2.5 Lichen ruber
Der Verlauf lässt sich in drei Stadien einteilen: Stadium I: Persistierende Erytheme und Teleangiektasien, v. a. nasolabial und Wangenregion; Stadium II: Papeln, Papulopusteln und Pusteln v. a. zentrofazial; Stadium III: Entzündliche Knoten und Plaques, im weiteren Verlauf kann es zu einer Gewebehyperplasie kommen, die besonders die Wangen und Nasenregion („Rhinophym“) betrifft.
Der Lichen ruber („Knötchenflechte“) ist eine entzündliche, subakut bis chronische, nicht kontagiöse Hauterkrankung. Eine Provokation und Unterhaltung durch irritative Stimuli ist möglich (Köbner-Phänomen). Medikamente (Antimalariamittel, Goldsalze, Betablocker, Tuberkulostatika, organische Arsenverbindungen) können als Auslöser in Frage kommen. Häufig assoziierte Erkrankungen sind chronisch aktive Hepatitis B und C, primär biliäre Zirrhose, Diabetes mellitus, Hypercholesterinämie, Hyperurikämie sowie Autoimmunkrankheiten wie Colitis ulcerosa, Pemphigus vulgaris, Lupus erythematodes. Die Erkrankung kommt weltweit vor, beide Geschlechter sind in etwa gleich stark betroffen.
Therapie
Ätiologie und Pathogenese
Siehe Tabelle 16.2-3.
Die Ätiologie ist unbekannt, für genetische Einflüsse besteht kein sicherer Anhalt, allerdings wurde eine Assoziation mit HLA-B3 und -B5 vermutet. Ein Beginn der Erkrankung nach massiven psychischen Traumata oder Stresssituationen lässt den Einfluss einer psychosomatischen Komponente vermuten.
Klinik und Diagnostik
Evvidenz der Therapieempfeehlungen Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke Antibiotika II-b B – lokal II-a B – systemisch II-a B Retinoide (systemisch)
Klinik und Diagnostik
Es besteht meist eine klassische Klinik mit stark juckenden, rötlich-lividen, polygonalen Papeln, die an der Oberfläche
16
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16 Hauterkrankungen
Tabelle 16.2-4. Therapie des Lichen ruber planus Allgemeine Therapieprinzipien
Bei symptomatischen Formen: Therapie der Grunderkrankung Ab/Umsetzen angeschuldigter Medikamente Vermeidung von Kaffee, Alkohol, Nikotin, scharfen Speisen und irritativen Stimuli (v. a. bei Lichen ruber erosivus mucosae) Subtile Hautpflege oder tägliche Ölbäder Bei starkem Juckreiz: Antihistaminikum
Geringer Lokalbefund
Topische mittelstarke Steroidcremes oder -salben 1-mal/Tag T (unter Folienokklusion), meist über mehrere Monate erforderlich
Ausgedehnter Lokalbefund
UVB-Bestrahlungen, lokale PUVA-Therapie, PUVA-Badtherapie (4-mal/Woche über mehrere Wochen) Topische mittelstarke Steroide der Klasse III Alternativ: Teer 2-mal/Woche W (z. B. Pix lithanthracis 1% in Basiscreme DAC)
Exanthematischer Lichen ruber
Stufentherapie! PUVA-Badtherapie 4-mal pro Woche über mehrere Wochen in Kombination mit Lokaltherapie mittelstarker topischer Steroide 1-mal/Tag; bei fehlendem Ansprechen nach 4 Wochen zusätzlich: Orale Kortikosteroide (Decortin H) bis 0,5 mg/kg KG mit allmählicher Dosisreduktion auf eine möglichst niedrige Erhaltungsdosis über 4–6 Wochen, bei ausbleibendem Erfolg Ausschleichen der Steroide und Versuch mit Acitretin (z. B. Neotigason). Initialdosis 0,5–0,7 mg/kg KG/Tag; Erhaltungsdosis 0,3–0,5 mg/kg KG/Tag als Monotherapie oder in Kombination mit PUVA-Badtherapie als sog. RePUVA Alternativ: Chloroquin (Resochin) 3–4 mg/kg KG/Tag über 4–6 Wochen
Schwerste Verläufe (z. B. therapieresistenter exanthematischer Lichen ruber, Schleimhautulzerationen)
Azathioprin (z. B. Imurek 50–100 mg/Tag) in Kombination mit Kortikosteroiden p.o. (Beginn mit 100 mg Prednisolon, z.B. Decortin H in ausschleichender Dosierung. Kombinationsmöglichkeiten: Lokaltherapie (s. oben), PUVA-Therapie, bei fehlendem Erfolg nach 3 Monaten Versuch mit: Ciclosporin (z. B. Sandimmun Optoral) 5 mg/kg KG, der Serumspiegel sollte bei 150–220 µg/dl liegen, Kombinationsmöglichkeiten: Lokaltherapie (s. oben), cave: Keine UV-/PUVA-Therapie, da das Risiko kutaner Malignome erhöht wird Alternativ: Versuch mit DADPS (Dapson-Fatol 100–150 mg/Tag)
häufig eine weiße netzförmige Zeichnung („WickhamStreifung“) aufweisen. Prädilektionsstellen sind die Beugeseiten der Unterarme (insbesondere Handgelenke), Lumbosakral- und Knöchelbereich. Ein Befall der Schleimhäute besteht in 25–70% der Fälle. Die Diagnose kann durch die klassische Klinik und die typische Histologie gestellt werden. Eine gründliche Medikamentenanamnese (in Bezug auf auslösende Stoffgruppen) sowie der Ausschluss assoziierter Erkrankungen sollte nicht vernachlässigt werden.
insbesondere aber Lunge (90%), Lymphknoten (90%), Leber, Milz (70%), Augen (60%), Speicheldrüsen (30%), Nervensystem und Skelettmuskulatur (20–30%) befällt. Eine kutane Beteiligung liegt in ca. 40–50% der Fälle vor. Frauen und Männer sind etwa gleich häufig betroffen. Angehörige der schwarzen Rasse haben im Vergleich zu Kaukasiern ein etwa 3–5fach erhöhtes Risiko, an einer Sarkoidose zu erkranken. Die Manifestation erfolgt meist vor dem 40. Lebensjahr. Ätiologie und Pathogenese
Therapie
Siehe Tabelle 16.2-4. Evvidenz der Therapieempfeehlungen Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke Glukokortikosteroide – lokal II-a B – systemisch III B UV--Therapie II-a B (UVA A/UVB/PUVA A) Retinoide (systemisch) II-b B Ciclosporin III B Chloroquin III B Sulfo one (DA ADPS) III B
16.2.6 Sarkoidose
Die Sarkoidose ist eine granulomatöse Systemerkrankung unklarer Genese, die sich in nahezu allen Organen manifestieren kann,
Die Ätiologie der Sarkoidose ist bisher nicht geklärt. Eine Reaktion auf infektiöse Antigene oder Autoantigene (z. B. Mykobakterien, Chlamydia pneumoniae, Korynebakterien, Yersinien, Viren, Pilze) vor dem Hintergrund einer genetischen Disposition wird diskutiert. Klinik und Diagnostik
Meist sieht man rötliche oder rötlich-livide Plaques bzw. Knoten. Unter Glasspateldruck zeigt sich ein feinfleckiges, graugelbliches Infiltrat (lupoides Infiltrat). Die Hautveränderungen können in spezifische Formen und unspezifische Manifestationsformen differenziert werden. Zur Gruppe der unspezifischen Manifestationsformen zählt das Erythema nodosum, das in Verbindung mit einer bihilären Lymphadenopathie und Arthritis für die akute Sarkoidose (Löfgren-Syndrom) typisch ist. Bei Verdacht auf Vorliegen einer Sarkoidose sollte immer eine Hautbiopsie erfolgen sowie ein Röntgenthorax und ein Multitest-Merieux
16.2 Entzündliche Dermatosen unklaren Äthiologie Therapie
Akute Sarkoidose
Versuch mit NSA (z. B. Voltaren 50: 2-mal 1 Dragee) über 2 Tage, bei Nichtansprechen Therapie wie bei extrakutaner Sarkoidose
Kutane Sarkoidose
Mittelstarke Kortikosteroide lokal über 4 Wochen Kortikosteroide intraläsional (1-bis 2-mal/Woche über 6 Wochen). Cave: Fettgewebeathrophie! Kryochirurgie
Narbensarkoidose
Mittelstarke Kortikosteroide lokal über 4 Wochen Bei Nichtansprechen Exzision der Narbe Kortikosteroide systemisch (1 mg/kg KG/Tag Prednisolon über 4–6 Wochen, Dosisreduktion über 4–6 Monate, ggf. Erhaltungsdosis von 8 mg/Tag über mehrere Wochen) Chloroquin (Resochin) 2-mal 250 mg/Tag über 14 Tage, dann 250 mg/Tag über mehrere Monate. Cave: Augenkontrollen! Bei schwerem therapieresistenten Verlauf: MTX 15–25 mg/Woche über 2–6 Monate, ausschleichende Dosisreduktion, ggf. Erhaltungsdosis 7,5 mg 2-mal/Woche
Kutane Sarkoidose mit extrakutanem Befall
16
Tabelle 16.2-5. Therapie der Sarkoidose
Formen
Großknotige (Lupus pernio) und subkutane Sarkoidose
1427
Kortikosteroide systemisch (1 mg/kg KG/Tag Prednisolon über 4–6 Wochen, Dosisreduktion über 4–6 Monate, ggf. Erhaltungsdosis von 8 mg/Tag über mehrere Wochen) Bei hohen Steroiddosen: ggf. Kombination mit Azathioprin (z. B. Imurek 50–100 mg/Tag) Bei Therapieresistenz MTX (z. B. Lantarel 15–25 mg/Woche über 2–6 Monate, ausschleichende Dosisreduktion, ggf. Erhaltungsdosis 7,5 mg 2-mal/Woche Alternativ: Cyclophosphamid (z. B. Endoxan), Ciclosporin A (z. B. Sandimmun Optoral)
(typisch anerge Tuberkulinreaktion). Im Labor zeigt sich häufig eine Erhöhung der BSG, des Serumkalziumspiegels und des Angiotensin-converting-Enzyms. Therapie
Streptokokken), Sarkoidose (Löfgren-Syndrom), und Medikamente (z. B. hormonelle Kontrazeptiva, Sulfonylharnstoffderivate) angeschuldigt. Wenn ein Erythema nodosum länger als 6 Monate besteht, sollte eine maligne Grunderkrankung (insbesondere Non-Hodgkin-Lymphome) ausgeschlossen werden.
Siehe Tabelle 16.2-5. Klinik und Diagnostik Evvidenz der Therapieempfeehlungen Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke Glukokortikosteroide – lokal II-a B – intraläsional IV C – systemisch III B Nichtsteroidale Antiphlogistika III B Chloroquin IV C Methotrexat IV C Azathioprin IV C
Klinisch imponiert das Erythema nodosum als stark druckdolente, erythematöse Knoten, die in der Regel symmetrisch an der Vorderseite der Unterschenkel lokalisiert sind. Einseitige oder auch disseminierte Formen können vorkommen. Begleiterscheinungen können sein: reduziertes Allgemeinbefinden, Fieber und Arthralgien. Zur Diagnostik sollte eine Fokussuche, eine Medikamentenanamnese sowie eine histologische Untersuchung einer Stanzbiopsie erfolgen. Therapie
16.2.7 Erythema nodosum
Das Erythema nodosum ist eine Erkrankung des jüngeren Lebensalters mit einem Häufigkeitsgipfel in der 3. und 4. Lebensdekade, wobei Frauen etwa 6-mal häufiger betroffen sind als Männer. Das Erythema nodosum ist ein häufiges Korrelat einer vaskulitischen Erkrankung.
Siehe Tabelle 16.2-6
Taabelle 16.2-6. Therapie des Erythema nodosum Form des Er ythema Therapie nodosum Lokalisierte Form
Ätiologie und Pathogenese
Die Ätiologie ist unklar, jedoch vermutet man, dass die Erkrankung durch Immunkomplexablagerung in und um die Hautgefäße hervorgerufen wird, die letztendlich eine entzündliche, granulomatöse Reaktion zur Folge haben. Als auslösende Faktoren werden Infektionen des oberen Rachentrakts (β-hämolysierende
Disseminierte Form bzw. schw were Fälle
Lokaltherapie: Halogenierte Steroide (z.B. EcuralCreme) unter Folienokklusion Kühlung oder feeuchte Ko ochsalzumschläge Ko ompressionsverbände Glukokortikoide i.v.., Beginn mit Prednisolon 100 mg (z.B. Solu-Decortin) in ausschleichender Dosierung; ggf.. stationäre Behandlung und Bettruhe
16
1428
16 Hauterkrankungen
Klinik und Diagnostik
Evvidenz der Therapieempfeehlungen Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke Glukokortikosteroide – lokal II-b B – systemisch III B Kühlung/Ko ompression IV C
Klinisch zeigen sich unregelmäßige, aber scharf begrenzte plattenförmige atrophische Herde, die ein gelbes bis braungelbes, sklerotisch-derbes Zentrum mit Teleangiektasien aufweisen. Der Randsaum ist rötlich-livide. Prädilektionsstellen sind in 80% der Fälle die Unterschenkel. Eine Abheilung erfolgt stets unter Hinterlassen von Atrophie mit Untergang der Anhangsgebilde, besonders der Haarfollikel und Talgdrüsen.
16.2.8 Necrobiosis lipoidica
Bei der Necrobiosis lipoidica handelt es sich um eine bei Patienten mit Diabetes mellitus, aber auch bei Nichtdiabetikern vorkommende chronische Erkrankung. Die Ausprägung der Necrobiosis lipoidica ist unabhängig von der Schwere der diabetischen Stoffwechsellage. Ätiologie und Pathogenese
Es handelt sich um eine granulomatöse Hauterkrankung unklarer Genese mit gehäuftem Auftreten im mittleren Lebensalter, wobei Frauen häufiger betroffen sind. Eine Assoziation mit einem Diabetes mellitus besteht in 65% der Fälle, seltener eine Assoziation mit M. Crohn oder Colitis ulcerosa. Trotz der häufigen Assoziation mit Diabetes mellitus konnte der Zusammenhang hierzu nicht endgültig geklärt werden. Tabelle 16.2-7. Therapie der Necrobiosis lipoidica Formen
Therapie
Klleinere Herde
Veersuch der Exxzision oder plastischen Deckung. Cavvvee: Wu undheilungsstörung bei Diab betes mellitus!
Größere Herde
Alllgemeine Maßnahme: Ko ompressionstherapie und Schutz vo or Veerletzung To opische Steroide unter Okkkkllusion oder Un nterspritzung der Herde mit Trriamcinolon
Bei Therapieresistenz
Therapieveersuch mit ASS (0,5–1,5 g/Taag p.o. über mehrere Monate), sysstematischen Ko ortiko osteroiden (1 mg/kg KG G/Taag ausschleichend üb ber mehrere Wo ochen) oder Clofaazemin (Lamprene, Dosis 2-mal 100 mg/Taag p.o.)
Bei Ulzeration
Wu undb behandlung unter Feuchtvvveerbänden (z.B. Hyyyd drosorb) unter Beibehaltung der Grundtherapie
Therapie
Siehe Tabelle 16.2-7. Evvidenz der Therapieempfeehlungen Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke Glukokortikosteroide – lokal II-a B – intraläsional III B – systemisch III B Acetyllsalicyllsäure I-b A Clofaazemin IV C
16.2.9 Granuloma anulare
Granuloma anulare ist eine gutartige, durch eine granulomatöse Entzündung gekennzeichnete Hauterkrankung. Meist erkranken Kinder und junge Erwachsene. Befallen sind häufig die Extremitäten. Ätiologie und Pathogenese
Die Ursache ist bisher unbekannt. Da ein Auftreten gehäuft nach Insektenstichen, Traumata, Medikamenteneinnahme und Lichtexposition zu beobachten war, gab es zunächst Hinweise für eine toxische oder infektiöse Genese, die sich aber nicht nachweisen ließ. Obwohl Granuloma anulare auch häufiger mit Diabetes mellitus assoziiert ist (bis zu 20%), gibt es keine Erklärung für diesen Zusammenhang. Klinik und Diagnostik
Klinisch zeigen sich bis münzgroße Herde mit leicht eingesunkenem Zentrum und papulösem, polyzyklischen Randsaum. Weißlich glänzender, derber Rand. Häufige Lokalisationen sind die
Form
Externe Therapie
Systemische Therapie
Lokalisierte Form
In der Regel keine Therapie notwendig Aufklärung des Patienten über die Harmlosigkeit der Erkrankung; bei Bedarf: Okklusivverband mit glukokortikoidhaltigem Pflaster Intraläsionale Injektion mit Triamcinolonacetonid-Kristallsuspension Kryotherapie –
–
Disseminierte Form
alneophotochemotherapie (PUVA-Bad) Bei schwerem Verlauf: Glukokortikosteroide, Dapson, Hydroxychloroquin
Tabelle 16.2-8. Therapie des Granuloma anulare
16.2 Entzündliche Dermatosen unklaren Äthiologie
Streckseiten der Akren und Extremitäten, seltener Gesicht und Stamm. Bei 75% der Patienten heilen die Hautveränderungen spontan innerhalb von 2 Jahren. Es wurde häufig eine Spontanheilung nach einer Probebiopsie beobachtet. Therapie
Siehe Tabelle 16.2-8. Evvidenz der Therap pieemp pfeehlungen Evvidenzgrad Emp pfeehlungsstärkee Gluko oko ortiko osteroide – lokal III B – intraläsional III B Kryotherapie IV C PUV VA V A//PUV A VA V A-Bad III B Sulfo one (DA ADPS) IV C
Indikationen
Urethritis Arthritis
Diese Erkrankung ist eine reaktiv entzündliche Systemerkrankung, die bei genetischer Disposition nach infektiösen Urethritiden oder Enteritiden auftritt. Morbus Reiter sollte bei nichtgonorrhoischer Urethritis, insbesondere bei jüngeren Männern, differentialdiagnostisch in Erwägung gezogen werden. Ätiologie und Pathogenese
Der genaue immunologische Mechanismus der systemischen entzündlichen Reaktion ist unbekannt. Auffällig ist aber eine familiäre Häufung und eine signifikante Assoziation mit HLAB27 (80–90%). Diskutiert werden unter anderem die Persistenz von Erregern oder Antigenen als Folge von Defekten bei deren Elimination sowie Autoimmunvorgänge.
Tabelle 16.2-9. Therapie des Morbus Reiter
Kortikosteroide (beginnend 100 mg Prednisolon, z. B. Solu-Decortin, bei Wirkungseintritt zunehmende Dosisreduktion und möglichst niedrige Erhaltungsdosis über mehrere Wochen). Evtl. Kombination mit Azathioprin, z. B. Imurek 50–100 mg/Tag oder Acitretin, z. B. Neotigason 30–50 mg/Tag) Doxyzyklin 2-mal 100 mg über 7 Tage Nichtsteroidale Antiphlogistika (Indometacin, z. B. Amuno 150 mg/Tag oder Diclophenac, z. B. Voltaren 50–100 mg/Tag) Bei schwerem Gelenkbefall: MTX (z. B. Lantarel) 7,5–15 mg/Woche
Externe Therapie Balanitis circinata
Austrocknendes Therapieprinzip: Lotio alba aquosa, gleichzeitig externe Steroide (z. B. Ecural-Fettcreme) über mehrere Wochen
Keratoderma blenorhhagicum Psoriasiforme Dermatitis
Mittelstarke topische Steroide unter Folienokklusion, danach lokale PUVA-Therapie Initial topische Steroide, ggf. Calcipotriol-Salbe (z. B. Psorcutan), Ölbäder, UVB-Bestrahlungen
Schleimhautläsionen
Zum Beispiel Bepanthen-Lutschtabletten, Kamillosan-Spülungen
Tabelle 16.2-10. Neutrophile Dermatosen
Formen
Ätiologie
Klinik
Diagnostik
Therapie
Subkorneale Pustulose
Unbekannt
Kleine bis bohnengroße eitrig-gelbe Pusteln, mit gerötetem Randsaum, teilweise konfluierend, insbesondere an Rumpf, proximalen Extremitätenabschnitten und intertriginösen Arealen
Zytologie des Pustelausstrichs (sterile Pusteln, massenhaft neutrophile Leukozyten)
Intern: Dapson-Fatol 50– 150 mg/Tag, ggf. Therapieversuch mit Acitretin oder Isotretinoin
Ausschluss Myelom! Ausschluss chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen
Extern: Pusteln eröffnen, antiseptische Behandlung der Erosionen, mittelstarke topische Glukokortikoide in Cremes oder Lotionen, ggf. Therapieversuch mit UV-Therapie
7–10 Tage nach einem akuten Infekt locker disseminierte kleine gelbe Pusteln mit entzündlichem Randsaum besonders an Kapillitium, Stamm, Extremitäten, besonders dicht an Händen und Füßen
Zytologie des Pustelausstrichs (sterile Pusteln, massenhaft neutrophile Leukozyten)) Labor: BSG↑, Temp↑, Leukos↑
Meist spontane Abheilung nach 10 Tagen bis 4 Wochen Intern: Glukokortikoide (60– 100 mg Prednisolonäquivalent tgl.), bei chronischem Verlauf Acitretin (z. B. Neotigason) oder MTX
Generalisierte Pustulose
Unbekannt, vermutet wird eine allergische Reaktion in Form eines pustulösen Exanthems auf einen akuten Infekt (Bronchitis, Pharyngitis etc.)
16
16.2.10 Morbus Reiter
Therapie
Interne Therapie Schwere pustulöse Hautveränderungen und AZØØ
1429
Extern: Pusteln eröffnen, antiseptische Behandlung der Erosionen, topische Glukokortikoide in Cremes oder Lotionen, Lotio zinci
16
1430
16 Hauterkrankungen
Tabelle 16.2-10. Fortsetzung T
Formen
Ätiologie
Klinik
Diagnostik
Therapie
Pyoderma gangraenosum
Unbekannt, vermutlich vaskulitische Prozesse, Assoziation mit autoimmunologischen Darmerkrankungen (Colitis ulcerosa, M. Crohn) und Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises (PCP, SLE, chron. Hepatitis)
Meist von kleinen lividen Knötchen ausgehend, sich peripher rasch ausbreitende, tiefe Ulzerationen mit aufgeworfenem lividen, unterminierten Randsaum, starke Schmerzhaftigkeit. Lokalisation: oft an den Unterschenkeln, aber auch an jeder Lokalisation möglich
Labor: BSG↑, Leukos↑, Hypergammaglobulinämie, Hepatitisserologie)
Sofortige systemische Gabe von Prednison 100 mg/Tag, langsam ausschleichende Dosisreduktion über mehrere Monate, ggf. Kombination mit Azathioprin (z. B. Imurek) 100–150 mg/Tag. Bei Therapieresistenz: Prednison (z. B. Decortin) 1 mg/kg KG/Tag und Cyclophosphamid (z. B. Endoxan) 2 mg/ kgKG/Tag
Unbekannt, diskutiert wird eine autoimmunologische Genese, Virusinfektion oder die Kombination beider Mechanismen. Für einen besonderen genetischen Hintergrund spricht die Assoziation zu einem bestimmten HLA-Muster; in der Türkei und Südostasien verbreitet, junge Männer bevorzugt
Symptomentrias: rezidivierende orale Aphthen, aphthöse Genitalulzera, Hypopyoniritis, neben den Hauptsymptomen können fakultativ zahlreiche Organmanifestationen (Nervensystem, GIT, Gefäßsystem, Gelenke etc.) auftreten
Kriterien der Study Group of Behçet’s Disease: Rezidivierende orale Ulzera mit mindestens dreimaligem Rezidiv innerhalb eines Jahres und zwei der folgenden Symptome: Genitalulzera, Augenveränderungen, Hautveränderungen (Erythema nodosum, akneiforme Knötchen, Pseudofollikulitis etc.), positiver Pathergietest
Morbus Behçet
Sweet-Syndrom (akute febrile neutrophile Dermatose)
Unbekannt, möglicherweise infektallergischer Mechanismus; gehäuftes Auftreten nach Impfungen und in Assoziation zu myeloproliferativen Erkrankungen
Meist geht den Hauterscheinungen 1–3 Wochen vor Manifestation eine Infektion der oberen Luftwege voraus. Der Patient erkrankt akut mit hohem Fieber, neutrophiler Leukozytose und düsterroten, polsterartig infiltrierten Plaques, besonders im Gesicht, am obereren Rumpf, im Nakken und an den Extremitäten
Evvidenz der Therapieempfeehlungen Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke Glukokortikosteroide – lokal III B – systemisch III B PUVA A-Creme IV C Azathioprin IV C Retinoide (systemisch) IV C
Klinik und Diagnostik
Meist kommt es 10–30 Tage nach einer Urethritis oder Enteritis zu einer akuten Erkrankung in Form einer erneuten
Ausschluss Darmerkrankung Ausschluss anderer Autoimmunerkrankungen Histologie
Anamnese mit Infekt und typischem erscheinungsg freien Intervall; Temp↑, BSG↑, neutrophile Leukozytose Histologie; Ausschluss myeloproliferativer Erkrankungen
Orale Aphthen: Meiden von scharfen Speisen und Getränken, symptomatische Therapie mit Volon A Haftsalbe oder Dynexan A Gel, BetnesolPastillen 4–6/Tag Genitale aphthöse Ulzera: Kombination aus fluoriertem Steroid und Antiseptikum in Creme-/Salbengrundlage Intern: obligat bei neurologischem Befall und Augenbeteiligung, sonst nach Befallsmuster: Kortikosteroide beginnend mit 100 mg Prednison in ausschleichender Dosierung, ggf. Kombination mit Azathioprin (z. B. Imurek) 100–150 mg/Tag Alternativ: Colchicin (z. B. Colchicum-Dispert) 1–2 mg/ Tag für 2–3 Tage, danach 1 mg jeden 2. Tag bis zu 2 Jahre Bei schwerem Befall: Ciclosporin A (z. B. Sandimmun-Optoral-Lösung) 3–5 mg/kg KG; Therapieversuch mit Interferon (Roferon) 9–12 Mio. IE 3-mal/Woche s.c. Intern: Glukokortikoide (anfangs 60–80 mg/Tag in absteigender Dosierung über 2–3 Wochen) Extern: Glukokortikoidhaltige Creme und/oder Lotio zinci
Urethritis, Arthritis und einer meist bilateralen Konjunktivitis in unterschiedlicher Ausprägung. Die Diagnose ist laborchemisch, durch eine Urinkultur sowie durch Harnröhrenabstriche auf Chlamydien und Mykoplasmen zu stellen. Therapie
Siehe Tabelle 16.2-9. 16.2.11 Neutrophile Dermatosen
Siehe Tabelle 16.2-10.
16.3 Autoimmunerkrankungen
Literatur Altmeyer P (1998) Therapielexikon der Dermatologie und Allergologie. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokyo Braun-Falco O, Plewig G, Wolff HH (Hrsg) (1995) Dermatologie und Venerologie. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokyo Korting HC, Sterry W (Hrsg) (2001) Therapeutische Verfahren in der Dermatologie. Blackwell, Berlin Wien Orfanos CE, Garbe C (Hrsg) (1995) Therapie der Hautkrankheiten. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokyo
16.3 Autoimmunerkrankungen Silke Jainta, Norbert Sepp und Detlef Zillikens
16.3.1 Nichtbullöse Autoimmundermatosen Norbert Sepp
1431
16
allem in den ersten 4 Wochen genau zu überwachen (Gefahr von Pankreatitiden bei gleichzeitiger Gabe von Diuretika, Leukopenie, Agranulozytose). Hinsichtlich der Cyclophosphamidtherapie ist die Effektivität einer i.v.-Bolusgabe einer oralen Dauertherapie gleichzustellen, allerdings sind die Nebenwirkungsrate und die Rate von Infektionen (Gefahr von Sepsis) bei der i.v.-Therapie deutlich reduziert. Die Cyclophosphamidbolustherapie sollte bei Frauen unter 40 Jahren nur unter ovariellem Schutz mit der kontinuierlichen Gabe von Gonadotropin-releasing Hormonagonisten erfolgen (Gefahr der ovariellen Insuffizienz). Mycophenolatmofetil (Cellcept) t etabliert sich immer mehr als Behandlungsalternative bei der Lupusnephritis und als Zweittherapie nach erfolgter Cyclophosphamidbolustherapie. In besonderen Ausnahmefällen steht noch eine Reihe von Medikamenten zur Verfügung, die aber bisher keinen generellen Eingang in die Therapie des Lupus erythematodes gefunden haben (z. B. Thalidomid, Plasmapherese, Bromocriptin, Immunglobuline, Cyclosporin A).
Lupus erythematodes
Therapie des Lupus erythematodes
Grundsätzlich sollte der Patient vor jeglicher Behandlung eines kutanen Lupus erythematodes (LE) auf systemische Manifestation untersucht werden (entsprechend den revidierten ARA-Kriterien). Dabei obliegt dem Dermatologen eine große Verantwortung, da 10–20% der Patienten zu Beginn eines systemischen Lupus erythematodes Hauterscheinungen aufweisen und 60–70% im Verlauff ihrer Krankheit, besonders in Zeiten erhöhter Krankheitsaktivität. Grundsätzlich sollten alle Patienten mit kutanem LE über die Vermeidung von Sonnenlicht aufgeklärt werden. Dies gilt auch für photosensibilisierende Medikamente wie z. B. Hydrochlorothiazid, Griseofulvin und Piroxicam (s. Übersicht). Die Therapie des kutanen LE richtet sich auch danach, welche assoziierten Symptome und Befunde der Patient aufweist. Für Hauterscheinungen sind die Mittel der Wahl Antimalariamittel. Das Hydroxychloroquin ist dem Chloroquin vorzuziehen, da es wesentlich weniger toxisch ist und daher längerfristig gegeben werden kann. Wenn die Hydroxychloroquindosierung weniger als 6,5 mg/ kg KG beträgt, ist die Inzidenz einer Retinopathie äußerst gering. Die begleitenden Untersuchungen können auf die Basisuntersuchung am Beginn der Behandlung einschließlich einer Untersuchung des Augenhintergrundes, dann auf jährliche augenärztliche Kontrollen beschränkt sein. Hydroxychloroquin hat ein breites Anwendungsgebiet, da es nicht nur auf die Haut, sondern auch auf die Gelenke wirkt und beim Antiphospholipidsyndrom einen günstigen Einfluss zeigt. Die systemische Kortikosteroidherapie bedarf einer intensiven Überwachung hinsichtlich der Nebenwirkungen (Blutzucker, augenärztliche Kontrolle bezüglich Katarakt und Glaukom, Osteoporoseprophylaxe, Magen-Darmschutz mit Protonenpumpenhemmern). Die Azathioprintherapie ist vor
Hauterscheinungen • Chronisch diskoider Lupus erythematodes: – Vermeidung von Sonnenlicht – Verwendung von UVA-Filter-beinhaltenden Sonnencremes – Lokale Kortikoide – Okklusive Verwendung von Kortikoiden – Kryotherapie mit flüssigem N2 – Hydroxychloroquin 2-mal 200 mg über 4–6 Monate (Rauchen reduziert Medikamentenwirkung!) – (Dosierung bei Kindern: 6,5 mg/kg KG) – In Ausnahmefällen: systemische Kortikosteroide – Bei verrukösen Formen: Einsatz von Retinoiden • Tumider Lupus erythematodes: – Lokale Kortikosteroide meist ineffektiv – Therapie der Wahl: Hydroxychloroquin 2-mal 200 mg (1–3 Monate) – Alternativ: Sulfone 2 mg/kg KG • Schmetterlingserythem: Keine spezifische dermatologische Therapie; Behandlung im Rahmen der Therapie der systemischen Manifestationen • Urtikarielle Vaskulitis assoziiert mit SLE: Sulfone (Dapson) bis 2–3 mg/kg KG. Später: systemische Kortikosteroide • Mundschleimhautläsionen: Hydroxychloroquin 2-mal 200 mg (über mindestens 6–8 Wochen). Kurzfristig: systemische Kortikosteroide (0,5 mg/kg KG) • Lupuspannikulitis: Hydroxychloroquin 2-mal 200 mg (mindestens 3 Monate) • Retikuläre erythematöse Muzinose (REM-Syndrom bei LE): Hydroxychloroquin 2-mal 200 mg (6–8 Wochen) • Frostbeulen-LE (Chilblain-LE): meist therapierefraktär. In Ausnahmefällen Paraffinbäder; in seltenen Fällen Azathioprin • Subakut-kutaner LE : – Systemische Kortikosteroide (1 mg/kg KG) – Erhaltungstherapie mit Hydroxychloroquin 2-mal 200 mg Hauterscheinungen und Arthralgien (meist flüchtige Gelenkserscheinungen!) • Hydroxychloroquin 2-mal 200 mg (Wirkung auf Haut und Gelenke) • Nichtsteroidale Antiphlogistika (Cave: COX-2-Inhibitoren haben negative Wirkung auf Niere!) • Methotrexat 10–15 mg/Woche • Azathioprin: wenig effektiv • Systemische Kortikosteroide sind zwar sehr effektiv, aber gerade diese Subgruppe von LE-Patienten neigt durch die immer wiederkehrenden Arthralgien zu unkontrollierter Einnahme
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16 Hauterkrankungen
• Mycophenolatmofetil („Cellcept“): wenig klinisch erprobt LE-Hauterscheinungen und Antiphospholipidsyndrom • Acetylsalicylsäure 100 mg/kg KG/Tag • Hydroxychloroquin (Wirkung auf Blutplättchenaggregation und zusätzlich auf Antiphospholipidantikörper) • Orale Antikoagulation Hauterscheinungen und Niere oder ZNS-Beteiligung • Systemische Kortikoide (bei ZNS: 3 Tage 500–300 mg Methylprednisolon i.v.) • 6 Zyklen Cyclophosphamid (Endoxan) 700 mg/m2 KOF i.v. alle 4 Wochen • Kontinuierliche Gabe von Gonatropin-releasing-Hormon-Agonisten zur Verhinderung der sekundären Amenorrhö (bei Patientinnen 65 Jahre), wenn eine Operation einen unverhältnis16.4.1 Basalzellkarzinom (Basaliom) mäßig großen Aufwand bedeutet. Die Kryotherapie wird mit Das Basalzellkarzinom ist der häufigste (semi-)maligne Tumor flüssigem Stickstoff nach dem Kontakt- oder offenen Spraydes Menschen mit einer Inzidenz um 100 Neuerkrankungen pro verfahren bei –196 °C durchgeführt. Bei sachgerechter Anwen100.000 Einwohner und Jahr in Mitteleuropa. Der Begriff „semi- dung sind die Ergebnisse mit der konventionellen Chirurgie maligne“ umschreibt das lokal destruierende Wachstum der Tu- nahezu vergleichbar. Die photodynamische Therapie, Lasermoren bei sehr geringer Neigung zur Metastasierung (1:1000). therapie, lokale Chemotherapie (5-Fluoruracil in CremegrundWährend das Durchschnittsalter früher um 60 lag, gibt es in lage) und intraläsionale Interferontherapie oder Anwendung von neuerer Zeit eine Tendenz zu jüngerem Manifestationsalter bei lokalen Immunmodulatoren wie Imiquimod (5% Creme) sind gleicher Geschlechtsverteilung. 80% aller Basaliome sitzen im derzeit nicht als Routineverfahren zu empfehlen und SonderKopf-Halsbereich, typischerweise oberhalb der Verbindungslinie indikationen vorbehalten. Ohr-Mundwinkel. Ätiologisch spielt die kumulative UV-Belastung im Laufe des Lebens eine wichtige Rolle neben Immun16.4.2 Plattenepithelkarzinom (Spinaliom) suppression (z. B. nach Organtransplantation) und genetischer Veranlagung (z. B. beim Basalzellnävussyndrom Gorlin-Goltz oder Nach dem Basaliom ist das Plattenepithelkarzinom mit einer Xeroderma pigmentosum). Inzidenz von 25–30 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner Basalzellkarzinome beginnen ohne präkanzeröse Vorstufen und Jahr der zweithäufigste maligne Hauttumor in Mitteleuropa. meist als flach erhabene, umschriebene, hautfarben-rötliche Pa- Im Vergleich zum Basaliom liegt das Durchschnittsalter mit 70 peln und Knötchen, oft mit einem perlschnurartigen Randsaum. Jahren etwas höher und Männer sind häufiger betroffen als Daneben existieren klinische Varianten wie das Rumpfhaut- Frauen. Auch hier ist das Gesicht, besonders Unterlippe und Ohrbasaliom, das mit ekzematösen Hautveränderungen verwechselt helix, mit etwa 90% die häufigste Lokalisation. Neben dem lokal werden kann, oder die narbig imponierenden sklerodermiformen destruierenden Wachstum kann es beim spinozellulären KarziBasaliome. Fortgeschrittenere Basalzellkarzinome können flä- nom zu einer zunächst immer lymphogenen, lokoregionären chig-ulzerös und destruierend wachsen (Ulcus rodens) oder tief Metastasierung kommen. Die Fünfjahresüberlebensrate bei penetrieren (Ulcus terebrans) mit möglichen lebensbedroh- Metastasierung liegt bei 25–50%. Wie beim Basaliom spielt ätiololichen Konsequenzen beispielsweise im Bereich des Kopfes. gisch die kumulative UV-Belastung der Haut die Hauptrolle. Das Histogenetisch stammen Basalzellkarzinome von den Zellen Tumorwachstum beginnt meist mit einer Präkanzerose im Sinne der Basalzellschicht der Epidermis beziehungsweise von der einer aktinischen Keratose. Recht selten sind Terrainfaktoren wie äußeren Wurzelscheide der Haarfollikel ab und zeigen zum beispielsweise eine Strahlennarbe, ein Lupus vulgaris oder allgeTeil Differenzierungsmerkmale von Adnexorganen (Follikel, Talg- meine Immunsuppression Wegbereiter des Plattenepitheldrüsen). Der infiltrative Typ und das sklerodermiforme Basaliom karzinoms der Haut. Die Zunahme von Spinaliomen nach weisen das höchste Lokalrezidivrisiko auf. Das so genannte Organtransplantation und KMT bei andauernder Immunsuppresmetatypische Basalzellkarzinom zeigt fokal Strukturen eines sion stellt ein neues und wachsendes Problem dar. Das klinische Erscheinungsbild ist geprägt von rötlich selten Plattenepithelkarzinoms und ist damit ein „echter“ maligner Tumor mit der Möglichkeit der Metastasierung. Die Diagnose bräunlich pigmentierten flachen keratotischen Plaques mit im Basalzellkarzinom wird in der Regel klinisch gestellt und durch Verlauf stärker werdender Infiltration und dann schließlich als Knoten tastbare Tumore. Neben der Auflagerung von keratoBiopsie und Histopathologie gesichert. tischem Material kommt Verkrustung und Ulzeration vor. Therapie Histologisch ist diese Entwicklung charakterisiert durch eine Die operative Therapie stellt das Standardvorgehen in der zunächst herdförmige epidermale Störung der Architektur mit Behandlung von Basalzellkarzinomen dar. Durch die so genannte zellulären Atypien (aktinische Keratose bzw. aktinische Cheilitis), mikroskopisch kontrollierte Chirurgie (MKC) mit lückenloser später erfasst dies die gesamte Epidermis (Carcinoma in situ, MorRandschnitthistologie kann eine dauerhafte Heilung mit hoher bus Bowen oder Erythroplasie Queyrat im Bereich der ÜberSicherheit (95,0–99,5%) erreicht werden. Daneben existiert eine gangsschleimhäute) und schließlich entwickeln sich atypische breite Palette anderer, oft auch experimenteller Verfahren mit epitheliale Tumorzellformationen, die über die Epidermis hinaus eingeschränktem Indikationsspektrum: Etabliert ist die Strah- in tiefere Strukturen infiltrieren. Die Zellen neigen analog zum lentherapie als Alternative zur konventionellen Chirurgie gerade Stratum spinosum der Epidermis zur Verhornung und es bilden bei älteren Patienten (>65 Jahre) oder bei primärer Inopera- sich nicht selten konzentrisch geschichtete Hornperlen. Die Diabilität sowie nach inkompletter chirurgischer Entfernung. Die gnose wird mittels Biopsie und Routinehistologie gestellt. 16.4 Tumorerkrankungen der Haut
16
1438
16 Hauterkrankungen
Stadieneinteilung und Prognose
Die nachfolgende Klassifikation gilt für alle spinozellulären Karzinome mit Ausnahme der Sonderlokalisationen wie Augenlider, Vulva und Penis (Tabellen 16.4-1 und 16.4-2). Die rein klinische Klassifizierung kann durch weitere histopathologische Parameter ergänzt werden zur präziseren Einschätzung der Prognose. Gelegentlich wird dazu der Anteil undifferenzierter Tumorzellen nach Broders angegeben: 65 Jahre) gestellt, wenn chirurgisch ein ungünstiges kosmetisches Resultat zu erzielen sein wird, bei Inoperabilität oder postoperativer mikroskopischer oder makroskopischer Non-in-sano-Resektion sowohl bei Primärtumoren als auch Rezidivtumoren. Die regionären Lymphabstromgebiete ipsilateral sollten adjuvant einer Strahlenbehandlung unterzogen werden, falls nach Lymphknotendissektion histologisch ein Befall verifiziert werden konnte, sowie bei inoperablen Lymphknotenmetastasen oder Rezidivmetastasen. Abhängig von der Größe, Lokalisation und Nähe zu strahlenempfindlichen Organen sollten 2 Gy 5-mal pro Woche appliziert werden. In der adjuvanten Situation ist eine Gesamtdosis von 50 Gy, bei positiven Resektionsrändern 66–70 Gy, inoperablen Tumoren 70–74 Gy (vorzugsweise mit hochenergetischen Elektronen) anzustreben. Die systemische Chemotherapie bei Fernmetastasierung hat eine palliative Zielsetzung. Bei zunächst meist gutem Ansprechen sind dauerhafte Heilungen nicht zu erwarten. Als Standardbehandlung wird zumeist die Monotherapie mit Methotrexat angesehen: 40 mg/ m2 i.v. Tag 1, 8, 15; fortlaufend wöchentlich bis zur Progression; bei Mucositis: Calciumfolinat 4-mal 15 mg alle 6 h. Die Remissionsraten betragen bei Monotherapie mit Methotrexat ca. 20–40%. Diese sind bei der Verwendung von Polychemotherapie-Schemata deutlich höher (50–90%), z.B. mit Cisplatin/Doxorubicin,
16.4 Tumorerkrankungen der Haut
Cisplatin/5-Fluorouracil oder Cisplatin/5-Fluorouracil/Bleomycin. Hinsichtlich der Überlebenszeit scheint die Anwendung der kombinierten Schemata allerdings gegenüber der Monotherapie mit Methotrexat keine Vorteile zu bieten. In letzter Zeit wurden bei metastasierenden Plattenepithelkarzinomen auch Behandlungen mit Interferon α z. T. in Kombination mit synthetischen Retinoiden (Acitretin) versucht. Die Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie (ADO) der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) plant dazu gegenwärtig eine multizentrische Studie (www.derma.de). 16.4.3 Malignes Melanom
Das maligne Melanom, ausgehend von den Melanozyten der Haut, ist aufgrund der frühzeitigen Metastasierungsneigung für 90% der Hautkrebsmortalität verantwortlich. Die Melanominzidenz in Deutschland stabilisiert sich nach jahrelangem Anstieg auf hohem Niveau (12–15/100.000/Jahr), wobei eine hellhäutige Komplexion und hohe, unter Umständen nur episodische UV-Exposition – z. B. mehrere Sonnenbrände – neben hereditären Faktoren als prädisponierende Risikofaktoren gelten. Etwa 5% der Melanome sind familiär und diese etwa in der Hälfte der Fälle mit p16/CDKN2a-Mutationen assoziiert. Ebenso steigt das relative Risiko mit der Zahl der melanozytären Nävi, insbesondere bei klinisch und histologisch atypischen Nävi und großen kongenitalen Nävi (>20 cm). Aggressive Verläufe bei Immunsupprimierten belegen die Bedeutung immunologischer Faktoren für die Tumorprogression. Der Altersgipfel liegt um 55 Jahre mit Trend zu jüngeren Jahrgängen, selbst „Altersmelanome“ wie das Lentigo-maligna-Melanom werden heute bei unter 30-Jährigen beobachtet, bei Kindern sind Melanome weiterhin Raritäten. Das superfiziell spreitende Melanom (SSM) macht etwa 2/3 der Melanome aus. Bevorzugt am Rücken (Mann) und Unterschenkel (Frau) sitzend, ist es gekennzeichnet von einer zunächst intraepidermalen, horizontalen und somit prognostisch noch günstigen Ausbreitungsphase. Sekundär kommt es dann aber zur Invasion und Metastasierung. Entsprechend sieht man zunächst einen Fleck, der sich später zu einem flachen tastbaren Knoten entwickelt, häufig mit farblicher Vielfalt und hellen Regressionszonen. Die klinische Diagnostik orientiert sich beim SSM an der so genannten A-B-C-D Regel. Melanomverdächtig sind: A Asymmetrie der Form oder Farbe; B Begrenzung unregelmäßig bogig C Kolorit inhomogen mehrfarbig; D Durchmesser > 6 mm. Zur differentialdiagnostischen Abklärung soll heute in jedem Fall die Auflichtmikroskopie herangezogen werden, die beim geschulten Untersucher die Sensitivität der Diagnose auf ca. 90% erhöht. Hier gelten gesonderte Kriterien, die „ABCD-Regel der Dermatoskopie“. Das weniger häufige noduläre Melanom (etwa 20%) imponiert hin-
1439
16
gegen primär als knotiger, exophytischer, überwiegend schwarzbrauner, gelegentlich aber unscheinbar hautfarbener oder rötlicher, häufig erosiv-blutender meist kleiner Tumor mit primär vertikalem, prognostisch ungünstigem Wachstum. Klinische Sonderformen sind das Lentigo-maligna-Melanom (etwa 8%), das oft erst nach vielen Jahren aus einer Lentigo maligna (In-situ-Melanom), nahezu ausschließlich im Gesichtsbereich älterer Patienten, entsteht und das akrolentiginöse Melanom (etwa 4%), das vorwiegend palmoplantar, aber auch sub- oder periungual lokalisiert ist. Primär amelanotische Melanome, Melanome der Schleimhäute einschließlich des Urogenital- und Gastrointestinaltrakts, der Aderhaut sowie primäre Melanome in Lymphknoten sind seltenere Sonderformen. Über 90% aller malignen Melanome werden derzeit als Primärtumor noch ohne erkennbare Metastasierung erstdiagnostiziert. Das konsistenteste und wichtigste Prognosekriterium der Primärtumoren ist die histologische Tumordicke nach Breslow, die neben der oberflächlichen Ulzeration, die Grundlage der prognoseorientierten neueren TNM-Klassifikation (gemäß AJCC 2002, Tabelle 16.4-4) bildet. Prognostische Nebenkriterien des Primärtumors sind Eindringtiefe nach Clark, Mitosezahl, Lokalisation (ungünstig: behaarter Kopf, Nacken, Oberarme, Schultern) und Geschlecht (ungünstig: männlich). Bei Lymphknotenmetastasen sind deren Größe und Zahl maßgeblich, bei Fernmetastasen ist die Serum-LDH als neues ungünstiges Prognosekriterium etabliert worden (Tabelle 16.4-5). Taabelle 16.4-4. TNM-Klassifiikation des malignen Melanoms Klassifikation
Befund
pT1
Tu umordicke 4,0 mm a: nicht ulzeriert b: ulzeriert Befaall eines LKs a: Mikrometastase b: Makrometastase Befaall von 2–3 LKs a: Mikrometastasen b: Makrometastasen c: Satelliten und In-transit-Metastasen ohne LK Befaall Befaall von >4 LKs oder verbackene LKs oder Satelliten und In-transit-Metastasen mit LK Befaall Metastasen in Haut, Subkutis, LK normale LDH Metastasen der Lunge, normale LDH Metastasen aller anderen Organe, normale LDH. Alle Metastasen, erhöhte LDH
pT2
pT3
pT4
N1
N2
N3
M1 M1b M1c
16
1440
16 Hauterkrankungen
Taabelle 16.4-5. Prognoseorientierte Stadieneinteilung. (Nach (N Nach Balch 2001) Zehnjahresüberlebenszeit [%]
Stadium Stadium IA Stadium IB Stadium IIA Stadium IIB Stadium IIC Stadium IIIA Stadium IIIB
Stadium IIIC
Stadium IV
pT1a pT1b pT2a pT2b pT3a pT3b pT4a pT4b pT1-4a pT1-4a pT1-4b pT1-4b pT1-4a pT1-4a pT1-4a/b pT1-4b pT1-4b jedes pT jedes pT
N0 N0 N0 N0 N0 N0 N0 N0 N1a N2a N1a N2a N1b N2b N2c N1b N2b N3 jedes N
M0 M0 M0 M0 M0 M0 M0 M0 M0 M0 M0 M0 M0 M0 M0 M0 M0 M0 M 1a M 1b M 1c
88 83 79 64 64 51 54 32 63 57 38 36 48 39 k.A. 24 15 18 16 3 6
Das Primärstaging bei Melanomen mit >1 mm Tumordicke umfasst: Körperliche Untersuchung mit Ultraschall der regionären Lymphknoten, Labor (AP, LDH) und Bestimmung eines Serummarkers, MIA (Melanoma Inhibitory Activity; Roche Diagnostics) oder S100β (Sangtec). Ab Stadium IIB ist primär auch eine Bildgebung (Röntgenthorax, Oberbauch-Sonographie, CCT) angezeigt.
sollte dies bevorzugt im Rahmen von Studien durchgeführt werden und nicht als obligate Routinemaßnahme (Studie seitens der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie (ADO) der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) in Vorbereitung). Bei positivem Schildwächterlymphknoten wird empfohlen, die Lymphknotenstation komplett zu dissezieren. Bei Vorliegen von Satelliten- und/oder In-transit-Metastasen erfolgt möglichst die operative Entfernung aller Filiae im Gesunden, bei lymphknotenbenachbarter Lage zusätzlich eine Kontinuitätsdissektion. Bei regionären Lymphknotenmetastasen erfolgt die radikale Lymphadenektomie. Im klinischen Stadium IV (Fernmetastasen) sollten einzelne oder einige wenige Metastasen ebenfalls soweit möglich unter tumorreduktiv-palliativen Gesichtspunkten komplett entfernt werden, insbesondere wenn eine R0-Option besteht. Überlebenszeiten von 5 und mehr Jahren wurden bei diesem Management beobachtet. Adjuvante Therapie Basierend auf Daten über die Verbesserung
des rezidivfreien Überlebens (etwa 37% versus 26%) und der 5Jahregesamtüberlebensrate (etwa 46 versus 37%) durch hochdosiertes rekombinantes Interferon α2a, ist dieser Wirkstoff für die adjuvante Therapie des Melanoms in Deutschland zugelassen. Die optimale Dosierung und Dauer der Therapie sowie die Wertigkeit neuer Applikationsformen in Form von pegyliertem Interferon sind allerdings offene Fragen. Pegylierte Interferone sind derzeit für die Therapie des Melanoms noch nicht zugelassen. Die adjuvante Therapie sollte daher weiter bevorzugt in Studien, z. B. der ADO, erfolgen (www.derma.de) (Tabelle 16.4-6).
Therapie
Die Therapie des Melanoms ist bei fehlenden Hinweisen auf Metastasen primär operativ. Bei Zweifeln an der Diagnose kann zunächst eine Exzision knapp im Gesunden angestrebt werden und ggf. innerhalb von 4 Wochen eine Nachexzision erfolgen. Die Wahl des Sicherheitsabstandes der Exzision richtet sich nach der klinisch geschätzten oder mittels Ultraschall gemessenen Tumordicke (TD): 0,5 cm bei In-situ-Melanomen, 1 cm bei allen Tumoren bis 2 mm TD, 2 cm bei Tumoren über 2 mm TD. Bei Tumoren mit Dicken >1 mm wird in jüngster Zeit als prognostisch-relevante Staging-Maßnahme die nuklearmedizinische Darstellung des Schildwächterlymphknotens („sentinel node“) z. B. mit 99 m-Technetium-Kolloid und dessen minimal-invasive Exzision zum Mikrometastasenausschluss durchgeführt. Bis zum Vorliegen abschließender Daten zur Nutzen-Risiko-Evaluierung
Tabelle 16.4-6. Aktuelle adjuvante Protokolle der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie (ADO)
Indikation Malignes Melanom >1,5 mm Tu umordicke Protokoll 3 Mio. IE Interfeeron-α2a 3-mal/Wo o. s.c. 18 Mo.versus 60 Mo.
Palliative Therapie Bei Vorliegen von inoperablen Fernmeta-
stasen werden Patienten überwiegend unter palliativen Gesichtspunkten therapiert. Ein Einfluss auf das Gesamtüberleben ist derzeit nicht gesichert. Therapeutische Bemühungen sind daher im Hinblick auf die Erhaltung der Lebensqualität kritisch abzuwägen. Generell sprechen Metastasen der Haut, der Weichteile, Lymphknoten und Lunge („limited disease“) besser auf eine Chemotherapie an als viszerale-, Skelett- oder Hirnmetastasen („extensive disease“). Als „Quasi“-Standard in der systemischen Behandlung gilt nach wie vor, insbesondere bei Patienten in bereits reduziertem Allgemeinzustand, die Monochemotherapie mit Dacarbazin (DTIC). Die Ansprechrate liegt etwa zwischen 5 und 28%, die subjektive Verträglichkeit konnte seit Einführung neuer Anti-
Malignes Melanom IIA(T3a)-IIIB (AJCC2002) > 1,5 mm Tu umordicke (Initiierung 2004) Pegylliertes Interfeeron-α2b Pegylliertes Interfeeron-α2a 36 Mo. 100 µg s.c. 24 Mo. 180 µg s.c. 1-mal/Wo o. 1-mal/Wo o. versus versus Interfeeron-α2b 3 Mio. IE Interfeeron-α2a 3 Mio. IE 18 Mo. 24 Mo. 3-mal/Wo o. 3-mal/Wo o.
16.4 Tumorerkrankungen der Haut
emetika (HT3-Antagonisten) ganz entschieden verbessert werden. Bei Frauen scheint die zusätzliche Verabreichung des Östrogenantagonisten Tamoxifen (20 mg/m² tgl.) eine Erhöhung der Remissionsraten zu bewirken. Da DTIC normalerweise nicht liquorgängig ist, ist eine Wirkung auf ZNS-Metastasen möglicherweise eingeschränkt. Im Gegensatz dazu ist die Substanz Temozolomid (Temodal), die in den gleichen alkylierenden Metaboliten wie DTIC umgewandelt wird, liquorgängig und zudem oral verfügbar. Nachteilig sind neben dem hohen Preis und der derzeit noch fehlenden Zulassung die nach 3–6 Wochen einsetzende Knochenmarksuppression. Remissionen bis 21% wurden berichtet. Das Nitrosoharnstoffderivat, Fotemustin (Muphoran), ebenso nicht zugelassen in Deutschland, wird alternativ bei Therapieversagen und insbesondere Hirnmetastasen i.v. eingesetzt. Die Ansprechraten waren in einer jetzt vorliegenden Phase-III-Studie objektiv besser als bei DTIC. Polychemotherapienn erbrachten in der Vergangenheit Remissionsraten zwischen 22 und 45% z.B. das BOLD-Schema, das DVP-Schema oder das DBCT-Schema, ein Überlebensvorteil durch diese belastenden Schemata ist nicht erwiesen. Bei solitären zerebralen Metastasen erbringt die Resektion bzw. die stereotaktische Bestrahlung (im Regelfall möglich bis zu drei bis 3 cm großen Metastasen, auch im Rezidivfall) als Alternative zur Operation eine Verlängerung der Überlebenszeiten etwa von median 4 auf 14 Monate. Bei multiplen Hirnfiliae kann eine Ganzhirnbestrahlung erfolgen. Bei inoperablen Lymphknotenmetastasen bzw. großen Tumorresten nach Operation erreicht die lokale Strahlenbehandlung eine längerfristige lokale Tumorkontrolle in über 70% der Fälle. Es werden Dosierungen zwischen 40 und 60 Gy bei Einzeldosen zwischen 2,0 und 4,0 Gy empfohlen. Der zusätzliche oder alleinige Einsatz der Hyperthermie, z.B. als hypertherme Extremitätenperfusion mit Melphalan, scheint bei rezidivierenden
Monochemotherapie Dacarbazin/DTIC Teemozolomid Vindesin Fotemustin Polyyycchemotherapie BOLD-Schema
DVP-Schema
DBCT-Schema
1441
16
bzw. metastatischen, inoperablen Tumoren eine Verbesserung der lokalen Tumorkontrolle zu erreichen. Immuntherapie und Chemoimmuntherapie Es gibt Hinweise dafür, dass die Zugabe von Interferon α und insbesondere IL-2 zu klassischen Chemotherapien in Einzelfällen zu einer Verlängerung des Überlebens führen kann, insbesondere des rezidivfreien Überlebens, ohne dass sich diese Wirkung in einer Erhöhung der durchschnittlichen Remissionsraten und des durchschnittlichen Überlebens ausdrücken muss. Die Frage, welches das optimale Schema ist, kann derzeit nicht abschließend beantwortet werden. Auch rein immunologische Ansätze mit stimulierten autologen T-Zellen oder Vakzinierungsstrategien mit Tumorantigen beladenen dendritischen Zellen sind Gegenstand aktueller klinischer Forschung und sollten nur im Rahmen von Studien erfolgen (Tabellen 16.4-7 bis 16.4-8). Antiangiogenetische Therapie Ein weiterer neuer Ansatz im
Rahmen von Studien ist die antiangiogenetische Therapie z. B. mit metronomer niedrig-dosierter Trofosfamidgabe plus Biomodulatoren (Etoricoxib und Pioglitazon) im Rahmen von Studien (Informationen über den Autor). 16.4.4 Primär kutane Lymphome
Die kutanen malignen Lymphome stellen eine sehr heterogene Gruppe von Erkrankungen dar. Entsprechend ergibt sich ein weites Spektrum differenzierten therapeutischen Vorgehens. Tabelle 16.4-10 soll als Orientierungshilfe dienen Prinzipiell muss die differenzierte Therapie der zahlenmäßig relevanten kutanen T-Zell-Lymphome (Mycosis fungoides, SézarySyndrom) abgegrenzt werden von der Therapie seltener und provvisorischer Entitäten, für die oft keine in randomisierten Studien
Medikation, Dosierung und Intervalle
Ansprechraten [%]
850 mg/m² i.v.. Taag 1 alle 3–4 Wo ochen 200 mg/m² p.o. Taag 1–5; alle 29 Taage 3 mg/m² i.v.., max. 5 mg, alle 2 Wo ochen 100 mg/m² i.v.. Taag 1, 8 und 15; 5 Wo ochen Pause, dann alle 3 Wo ochen
15–28 18–21 12–14 17–24
Bleomyycin 15 mg i.v.. Taag 1+4; Vincristin 1 mg/m² i.v.. Taag 1+5; CCNU 80 mg/m² p.o. Taag 1; DTIC 200 mg/m² i.v.. Taag 1–5; alle 4–6 Wo o. DTIC 450 mg/m² i.v.. Taag 1+8; Vindesin 3 mg/m² i.v.. Taag 1+8; Cisplatin 50 mg/m² i.v.. Taag 1+8; alle 3–4 Wo o. DTIC 220 mg/m² i.v.. Taag 1-3; BCNU 150/m² i.v.. Taag 1 nur jeden zweiten Zyyykklus; Cisplatin 25 mg/m² i.v.. Taag 1–3; Taamoxifeen 2-mal 10 mg p.o. täglich; alle 3–4 Wo ochen
22–40
24–45
26–32
Tabelle 16.4-7. Palliative Chemotherapie des Malignen Melanoms im Stadium IV
16
1442
16 Hauterkrankungen
Tabelle 16.4-8. Chemoimmuntherapiestudien des metastasierten malignen Melanoms
Schema
Medikation, Dosierung und Intervalle
Ansprechraten [%]
Interfeeron-α (Mono) Interleukin-2 (Mono)
10 Mio.IE/m2 s.c. Taag 1–5 über 8–12 Wo o. 600.000 IU/kg als 15-Min-Ku urzinfu usion i.v.. alle 8 h Taag 1–5 (maximal 14 Einzeldosen), Wiiederholung alle 14 Taage DTIC 850 mg/m2 i.v.. Taag 1, Interfeeron-α 3 Mio. IE/ m2 s.c. Taag 1–5, 5 Mio. IE/m2 s.c. 3-mal/Wo o. in Wo o. 2–4
15–22 14–16
DTIC plus Interfeeron-a
überprüfte Therapien existieren, und den primär kutanen B-ZellLymphomen, deren Therapie sich meist auf eine Exzision oder Bestrahlung beschränkt. Die Therapie der CTCLs ist palliativ und sollte stadiengerecht erfolgen unter dem Aspekt der relativ guten Prognose der frühen Stadien (Zehnjahresüberlebensrate in Prozent nach Zackheim et al.): T1 10% befallen (67%), T3 Auftreten von Tumoren (40%), T4 generalisierte Erythrodermie (41%). In frühen Stadien stehen daher lokale Therapiemaßnahmen im Vordergrund. Potente topische Kortikosteroidcremes/salben 2- bis 3mal/Tag erreichen CRs („complete response“) in bis zu 63% der T1- und 25% der T2-Stadien oft mit mehrjährigen erscheinungsfreien Intervallen. Bis zu 50% der T2-Patienten sprechen gut und dauerhaft auf topische Chemotherapie mit Mechlorethamin oder Carmustin (BCNU) beispielsweise in Cremegrundlage oder Lösung (vgl. Tabelle 16.4-10) bei geringer systemischer Toxizität an. Dem stehen insbesondere bei ausgedehnten T2-Stadien die guten Erfolge der Photo (UVB)- und Photochemotherapie (8-Methoxypsoralen systemisch plus UVA) gegenüber: Für UVB gibt es oft mehrjährige CRs in bis zu 74% der Frühstadien und unter PUVA bis 65% auch bei fortgeschritteneren Fällen (Einzelheiten zur Therapie in Tabelle 16.4-10). Bei frühen erythrodermischen Stadien scheint die extrakorporale Photopherese (ECP; 8-Methoxypsoralen per os, anschließend Bestrahlung der zirkulierenden Leukozyten extrakorporal) eine wirksame aber teure Alternative zu sein. Bei fortgeschrittenen T2und T3-Stadien ist die Ganzkörperbestrahlung mit schnellen
14–28
Elektronen auch als First-line-Therapie zu diskutieren: 6 MeV Elektronen z. B. 4-mal/Woche, kumulativ 36 Gy. Die CRs liegen hier bei etwa 98% (T1), 71% (T2), 36% (T3) und 64% (T4). 25–50% der T1/T2-Patienten sind nach 5 Jahren noch rezidivfrei. Als Nebenwirkungen sind neben der karzinogenen Potenz aller physikalischer Therapien hier auch die bleibende Alopezie, Xerose und Nageldystrophie zu bedenken. Die systemische Monotherapie mit Methotrexat (etwa 15–50 mg/Woche) ist eine wertvolle Alternative bei frühen und länger bestehenden T4-Stadien (Erythrodermie, CRs um 40%, mittlere Dauer 3 Jahre) und gilt als sehr effektiv bei der lymphomatoiden Papulose (7,5–20 mg/Woche). Bei SézarySyndrom sind außerdem mit einem modifizierten Schema nach Winkelmann (Chlorambucil 10–12 mg Tag 1, Fluocortolon 75 mg Tag 1, 50 mg Tag 2, 25 mg Tag 3, alle 5 Wo.) in bis zu 60% CRs zu erzielen. Retinoide als „biological response modifiers“, z. B. Etretinat, können die Ansprechraten der PUVA-Therapie noch steigern und können auch sinnvoll mit einer Interferon-α-Therapie (3–12 Mio. IE s.c. 3-mal/Wo.) kombiniert werden. Auch Interferon-α allein weist Ansprechraten bis 70% auf, oft aber nur von kurzer Dauer. Vorteilhafter ist auch hier die Kombination von Interferon α mit PUVA: In einer jüngst durchgeführten prospektiven randomisierten Multicenter-Studie Interferon α plus Acitretin versus Interferon α plus PUVA hatte letztere Gruppe mit etwa 70% kompletten Remissionen eine signifikant bessere Wirkung als die Vergleichsgruppe (3-mal/Wo 9 Mio. IE Interferon-α plus 0,6 mg/ kg 8-Methoxypsoralen 2 Stunden vor Bestrahlung: 5-mal/Wo Woche 1–4, 3-mal/Wo bis Woche 23, dann 2-mal/Wo bis zur 48. Woche). Zudem wurden gute Resultate mit Interferon α
Taabelle 16.4-9. Aktuelle palliative Protokolle (Stadium IV) der Arbeitsgemeinschaftt Dermatologische Onkologie (ADO) Indikation
Medikation
Dosis
Applik.
Zyklen
Stadium IV (Ko omplementärer Studienarm, daher nicht randomisiert) Stadium IV (chemonaive Patienten)
Teemozolomid
200mg/m2
p.o.
Taag 1–5, alle 28 Taage
Peg.-Interfeeron-α2b A: DTIC B: Vaakzinierung
s.c. i.v.. s . c.
s.c. s . c.
4 Wo ochen
s.c. s.c.
ab 5. Wo oche bis 2 Jahre/Progress
Stadium IV
Mono- und Polychemotherapie nach Chemosensitivitätstestung
Stadium IV (postjjuvant nach erfo olgreicher Chemotherapie)
Interfeeron-α2a Interleukin-2
100 µg s.c. 1-mal/Wo o. 850 mg/m2 Peptidbeladene Dendritische Zellen Ggf.. DTIC, Trreosulfaan, Teemodal, Doxorubicin, Gemcitabin, Cisplatin, Vindesin, Taaxol 9 Mio. IE Taag 1-5 6 Mio. IE Taag 1, 3 ,5
Interfeeron-α2a Interleukin-2
9 Mio. IE Taag 1, 3, 5 6 Mio. IE Taag 1, 3 ,5
i.v..
Taag 1, alle 28Taage Tag 1, 15, 29, 43, 57, dann weiter in 4-wöchigen Intervallen Alle 28 Taage
16.4 Tumorerkrankungen der Haut
1443
16
Tabelle 16.4-10. Therapeutisches Vo orgehen bei primär kutanen Lyymphomen Entität* Ku utane T-Zell Lyymphome (CTCL) Myyykkosis fu ungoides (häufiigstes CTCL)
Sézary-Syndrom (leukämisch-erythrodermische Vaariante der Myyykkosis fu ungoides) Lyymphomatoide Papulose
Großzelliges CTCL, CD30+ (anaplastisch, immunoblastisch, pleomorph) Großzelliges CTCL CD30– (immunoblastisch, pleomorph) Granulomatous slack skin** CTCL pleomorph, klein-/ mittelgroßzellig** Subkutanes pannikulitisches TCL** Ku utane B-Zell Lyymphome Keimzentrumslymphom, Immunozytom (einschl. Marginalzonen B-Zell-Lyymphom) Großzelliges B-Zell Lyymphom des Beines Intravvaskuläres großzelliges B-Zell-Lyymphom** Plasmozytom
Therapeutische Optionen
Potente Glukokortikosteroidcremes (z. B. 0,25% Prednicarbat oder 0,1% Mometason 1- bis 2-mal tgl.), topische Chemotherapie mit Mechlorethamin (0,02% wässrige Lösung über Mo.) oder Carmustin (BCNU; 4–10mg/ml in 95% Ethanol über Mo.), Photo(UV B)- und Photochemotherapie (PUVA A, z. B. 0,6 mg/kg Methoxyypsoralen 2 h vor o. später 2- bis 3-mal über Bestrahlung, Beginn mit 0,25 J/cm2, anfaangs 5-mal/Wo 24–48 Wo o.), evttl. Ko ombination mit Interfeeron a (9 Mio IE 3-mal/Wo o. s.c.) und/oder Acitretin (20–50 mg p.o.), bei Therapieversagen: Bexaroten p.o., Ganzkörperbestrahlung mit 6 MeV Elektronen, extrakorporale Photopherese; neuere Optionen: liposomales Doxorubicin und Gemcitabin; Polychemotherapie (z. B. CHOP) nur bei Übergang in aggressive Lyymphome oder Therapieversagern Methotrexat Monotherapie (15–50 mg/Wo o.); Modifiiziertes Schema nach Wiinkelmann (Chlorambucil 10–12 mg Taag 1, Fluocortolon 75 mg Taag 1, 50 mg Taag 2, 25 mg Taag 3, alle 5 Wo o.); Photochemotherapie (PUVA A, s.o.), extrakorporale Photopherese; neuere Option: Pentostatin Unterspritzung mit Glukokortikosteroiden (1ml Trriamcinolonlsg. 10 mg/ml plus 2 ml Scandicain 1% mit „Dermojet" intrakutan, 1x/Wo o.), Photochemotherapie (PUVA A, s.o.), low-dose Methotrexat (7,5–20 mg/Wo o.) Exzision, Strahlentherapie bei lokalisiertem, kutanem Befaall, nur bei primär oder zusätzlicher extrakutaner Manifeestation Polychemotherapie z. B. CHOP Primär Polychemotherapie z. B. CHOP Strahlentherapie, Exzision; neuere Option: Interfeeron γ Strahlentherapie, Cyyclophosphamid Monotherapie, Interfeeron α Keeine effffiiziente Therapie bekannt, ggf.. CHOP Röntgenweichstrahltherapie, Exzision, nur bei disseminiertem Befaall Polychemotherapie; neuere Option: Anti-CD20 Rituximab i.v.. Strahlentherapie nur bei solitärer Läsion, andernfaalls Polychemotherapie Primär Polychemotherapie Strahlentherapie, Exzision
* nach EORT TC, die geltende WHO-Klassifiikation wurde fü ür dermatologische Belange noch nicht adaptiert ** Priovisorische Entität, daher existieren keine allgemeingültigen Therapieempfeehlungen
kombiniert mit Fludarabin erzielt. Bei Versagen der üblichen Primärtherapien mit Steroiden und PUVA steht als neues zugelassenes Medikament das Bexaroten, ein RXR-selektives Retinoid, zur Verfügung, das tgl. als Dauertherapie (300 mg/m2/Tag p.o. sukzessiv reduziert auf 200 dann 100 unter strenger Kontrolle der Triglyzeride und Schilddrüsenfunktion) verabreicht wird. Jüngere Studien weisen auch auf eine Wirksamkeit von liposomalem Doxorubicin und Gemcitabin in anderweitig schwer behandelbaren Fällen hin sowie Pentostatin insbesondere beim Sézary-Syndrom. Polychemotherapien sind nach interdisziplinärer Abstimmung den fortgeschrittenen Stadien, Therapieversagern und Patienten mit extrakutaner Manifestation vorbehalten. Das Ansprechen auf CHOP (Cyclophosphamid, Adramycin, Vincristin und Prednison) ist in diesen Fällen häufig gering und von kurzer Dauer. Primär kutane B-Zell-Lymphome ohne sonstige Manifestation weisen eine wesentlich günstigere Prognose auf als die nodalen B-Zell-Lymphome, auch wenn sie histologisch als „hochmaligne” klassifiziert werden. Deshalb reicht in vielen Fällen eine Lokaltherapie aus. Möglich ist eine operative Entfernung oder eine Radiotherapie (Röntgenweichstrahltherapie 6–10-mal 2 Gy,
50 kV, 2-mal/Woche oder schnelle Elektronen, kumulativ 40 Gy). Bei multiplen Läsionen kann auch eine PUVA-Behandlung versucht werden. Nur bei extrakutaner Manifestation ist primär eine Polychemotherapiee indiziert. Ein neuer, wenig toxischer Ansatz ist die intraläsionale oder systemische Applikation von monokonalen CD20-Antikörpern (Rituximab). 16.4.5 Kutanes neuroendokrines Karzinom (Merkel-Zell-Karzinom)
Die Merkel-Zelle wird dem APUD-System (Amine Precursor Uptake and Decarboxylation System) zugeordnet, das auch neuroendokrin wirksame Zellen des gastrointestinalen und bronchopulmonalen Trakts umfasst. Die Merkel-Zelle wie auch der Merkel-Zell-Tumor exprimieren sowohl epitheliale als auch neuroendokrine Marker. Die Diagnose kann zumeist histologisch/ immunhistologisch gesichert werden. Das Merkel-Zell-Karzinom stellt sich meist als solider, rötlich-violetter, halbkugeliger oder kugeliger, manchmal auch plaqueförmiger Tumor dar. Ulzerationen können sekundär vorkommen. Die meisten Tumoren
16
1444
16 Hauterkrankungen
haben einen Durchmesser von weniger als 2 cm. Typischerweise zeigen sich die Tumoren im Bereich lichtexponierter Areale der Gesichtshaut oder an den Extremitäten. Bei etwa 30% der Patienten mit einem Merkel-Zell-Karzinom ist mit einem letalen Ausgang zu rechnen. Etwa die Hälfte aller Patienten wird meist innerhalb des ersten Jahres nach Entfernung des Primärtumors ein Lokalrezidiv und/oder eine Lymphknotenmetastasierung aufweisen. Besonders ungünstig ist der kleinzellige Typ des Merkel-Zell-Karzinoms. Therapie
Bei Merkel-Zell-Primärtumoren ist die chirurgische Exzisionn als Basistherapie anzusehen. Wegen der hohen Rate von Lokalrezidiven in der Umgebung des Primärtumors sollte ein Sicherheitsabstand von etwa 3 cm eingehalten werden. Natürlich ist der besonderen Lokalisation im Bereich des Gesichtes mit einem geringeren Sicherheitsabstand ggf. Rechnung zu tragen. In diesen Fällen sollte die mikroskopisch kontrollierte Chirurgie (MKC) eingesetzt werden und eine Nachbestrahlung angeschlossen werden. Bei Lokalrezidiven oder Lymphknotenmetastasen ist die chirurgische Sanierung ebenfalls die Therapie der ersten Wahl. Diese sollte mit kurativer Intention vorgenommen werden. Bei Lymphknotenbefall ist eine radikale Lymphadenektomie vorzunehmen. Merkel-Zell-Karzinome sind radiosensitiv. Retrospektive Analysen sprechen dafür, dass die hohe lokale Rezidivrate nach alleiniger Operation durch eine kombinierte lokoregionäre Strahlenbehandlung inkl. der drainierenden Lymphknoten deutlich gesenkt werden kann. Als erforderliche Gesamtdosis werden in der adjuvanten Situation 50 Gy, bei positiven Schnitträndern 60–66 Gy, bei makroskopischem Tumor ca. 70 Gy bei einer Fraktionierung von 5-mal 2 Gy pro Woche empfohlen. Bei metastasierendem Merkel-Zell-Karzinom wird die Bestrahlung häufig im Rahmen multimodaler Therapiekonzepte neben der operativen Behandlung beziehungsweise einer systemischen Chemotherapie eingesetzt. Cyclophosphamid/ Doxorubicin (oder Epirubicin)/Vincristin werden, gemäß der verfügbaren Literatur, am häufigsten eingesetzt mit einer globalen Anprechrate um 75% (35% CRs). Daneben ist Etoposid/Cisplatin (oder Carboplatin) vergleichbar gut wirksam (Tabelle 16.4-11.) Einzelne Beobachtungen sprechen für eine Wirksamkeit von h p n mit Interferon α systemisch (z. B. 6 Mio IE i.m. IImmuntherapien 6-mal/Wo. für 8 Wo. danach 3-mal/Wo. weiter) über bei inoperabTaabelle 16.4-11. Chemotherapie des Merkel-Zell-Karzinoms (Au uswahl) Cyyclophosphamid 600 mg/m2 KO O Methotrexat 6 g/m2 KO O 5-Fluorouracil 600 mg/m2 KO O Wiiederholung alle 28 Taage VP-16 150 mg/m2 KO O Cisplatin 150 mg/m2 KO O 2 Doxorubicin 150 mg/m KO O 2 Bleomyycin 150 mg/m KO O Wiiederholung alle 22 Taage
i.v.. Taag 1 und 8 i.v.. Taag 1 und 8 i.v.. Taag 1 und 8 i.v.. Bolus Taag 1 u. 2 i.v.. 1–2 h Taag 1 u. 2 i.v.. Bolus Taag 1 i.v.. Bolus Taag 1
len lokoregionären Tumormanifestationen sowie intraläsionaler Applikation von Tumornekrosefaktor-α. Neben den in diesem Kapitel abgehandelten Hauptentitäten der Hauttumoren gibt es selbstredend eine große Vielzahl von raren Tumoren der Adnexorgane sowie des Nerven- und Gefäßsystems der Haut. Allgemeingültige Vorgehensweisen gibt es dazu nicht und es sollte im Einzelfall gemäß der dann verfügbaren Evvidenz der Therapieempfeehlungen Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke Basaliom OP mit MKC C II-c A OP ohne MKC C II-c B Strahlentherapie II-c B Kryo otherapie II-c B Spinozelluläres Karzinom Stadien I III ohne LK-Bet. – OP mit MKC C II-c A – h C II-c B – Str hl nth r pie II-c B Stadium III mit LK-Bet. – OP II-c B – Str hl nth r pie II-c B Stadium IV – TX II-c B – Polychemotherapie, diverse III B Malignes Melanom Alle Stadien, OP bei R0-Option II-c A Adjjuvantee Th heraaappie Stadien II, III, IV nach R0-Resektion Hochdosis Interfeeron α I-b B Low-dose Interfeeron α III C Vindesin III C DTIC+/- Interfeeron α III C Paalliative Th heraaappie im Staadium IV DTIC II-c A Teemozolomid+/- Interfeeron α III B Fotemustine III C BOLD II-c B DVP II-c B DBCT II-c B DTIC, Cisplatin, te fe on α, +/- IL2 III C Strahlentherapie bei Hirnfiiliae II-c C Hyyperthermie III C Ku utane Lyymphome Ku utaane T--Zeell-Lyympphome* To opische Steroide II-c B To opische Chemotherapie III B Photochemotherapie II-c B Extrakorporale Photopherese II-c B MTX (Erythrodermie/Sezary) II-c B Retinoide meist kombiniert III B Interfeeron α meist kombiniert II-c B Ku utaane B-Zeell-Lyympphome OP II-c B Strahlentherapie II-c B T--Zeelllyympphome Taargretin II-a B B-Zeelllyympphome Rituximab IV C Merkel-Zell-Karzinom OP II-c B Adjjuvante Strahlentherapie** II-c B Polychemotherapie II-c B * bezogen auf palliative, tumorkontrollierende Wiirkung, ** Exzisionsstelle postoperativ bzw. Lyymphknotenregion nach ** Lyymphadenektomie
16.5 Infektionskrankheiten der Haut
kasuistischen Information über therapeutische Optionen beraten werden.
1445
16
nicht zu finden sind, gehört S. aureus zur transienten Flora der Haut. Bis zu 30% der Bevölkerung sind Keimträger (vornehmlich Nasenhöhle).
Literatur Balch CM, Buziad AC, Soong SJ, Atkins MB, Cascinelli N, Coit DG, Fleming ID, Gershenwald JE, Houghton A Jr, Kirkwood JM, McMasters KM, Mihm MF, Morton DL, Reintgen DS, Ross MI, Sober A, Thompson JA, Thompson JF (2001) Final version of the American Joint Commitee on Cancer staging system for cutaneous melanoma. J Clin Oncol 19: 3635–3648 Chowdhury S, Vaughan MM, Gore ME (1999) New approaches to the systemic treatment of melanoma. Cancer Treat Rev 25, 259–270 Duvic M, Hymes K, Heald P et al. (2001). Bexarotene is effective and safe for treatment of refractory advanced-stage cutaneous T-cell lymphoma: multinational phase II-III trial results. J Clin Oncol 19: 2456–2471 Kirkwood JM, Strawderman MH, Ernstoff MS, Smith TJ, Borden EC, Blum RH (1996) Interferon alfa-2b adjuvant therapy of high-risk resected cutaneous melanoma: the Eastern Cooperative Oncology Group Trial EST 1684. J Clin Oncol 14: 7–17 Pfeifer JD (1999) Sentinel lymph node biopsy. Am J Clin Pathol 112:599–602 Pitts JM, Maloney ME (2000) Therapeutic advances in melanoma. Dermatol Clin 18: 157–167 Stadler R, Otte HG, Luger T, Henz BM, Kuhl P, Zwingers T, Sterry W (1998) Prospective randomized multicenter clinical trial on the use of interferon -2a plus acitretin versus interferon -2a plus PUVA in patients with cutaneous T-cell lymphoma stages I and II. Blood 92: 3578–3581 Szeimies RM, Calzavara-Pinton P, Karrer S, Ortel B, Landthaler M (1996) Topical photodynamic therapy in dermatology. J Photochem Photobiol B 36: 213–219 Tai PT, Yu E, Winquist E, Hammond A, Stitt L, Tonita J, Gilchrist J (2000) Chemotherapy in neuroendocrine/Merkel cell carcinoma of the skin: case series and review of 204 cases. J Clin Oncol 18: 2493–2499 Thissen MR, Neumann MH, Schouten LJ (1999) A systematic review of treatment modalities for primary basal cell carcinomas. Arch Dermatol 135: 1177–1183 Turner RJ, Leonard N, Malcolm AJ, Lawrence CM, Dahl MG (2000) A retrospective study of outcome of Mohs’ micrographic surgery for cutaneous squamous cell carcinoma using formalin fixed sections. Br J Dermatol 142: 752–757 Volkenandt M, Schmidt M, Konz B, Gummer M, Hein R, Plewig G, Holzel D (1999) Klinische und epidemiologische Daten von Patienten mit malignem Melanom aus dem Münchener Tumorzentrum 1977–1997. Hautarzt 50: 470–478 Willemze R, Kerl H, Sterry W et al. (1997) EORTC classification for primary cutaneous lymphomas: a proposal from the Cutaneous Lymphoma Study Group of the European Organization for Research and Treatment of Cancer. Blood 90: 354–371 Zackheim HS (1999) Cutaneous T cell lymphoma: update of treatment. Dermatology 199: 102–105 Zackheim HS (2000) Evidence is lacking for a synergistic or additive effect of combination extracorporeal photopheresis with interferon alfa for cutaneous T-cell lymphoma. J Am Acad Dermatol 42: 1087–1088
16.5 Infektionskrankheiten der Haut Kerstin Strom und Dietrich Abeck
16.5.1 Bakterielle Infektionen
Ätiopathogenese und Klinik In Tabelle 16.5-1 sind die patho-
genetischen Faktoren und klinischen Merkmale der wichtigsten Krankheitsbilder dargestellt. Diagnostik Bei abszedierenden Infektionen sollte in jedem Fall Material zur mikrobiologischen Diagnostik entnommen werden, auch wenn eine antibiotische Therapie auf Grund der klinischen Situation sofort begonnen werden muss. Bei rezidivierenden Infektionen ist es sinnvoll, auch Abstriche aus dem Nasenraum und der Inguinalregion zu entnehmen. Liegen Allgemeinbeschwerden vor (Fieber, Lymphadenitis), sollten die Entzündungsparameter (BKS, CrP, Akutphaseproteine, Leukozyten) untersucht werden. Therapie Es ist sinnvoll, zwischen lokalisierten und nicht lokalisierten Infektionen zu unterscheiden (Abb. 16.5-1). Bei beiden Arten sollte jedoch bei einer Abszedierung in jedem Fall eine Inzision und Entleerung des eitrigen Sekrets vorgenommen werden. Bei großflächigen, tiefen Infektionen (z. B. Phlegmone) sollte die Drainage durch einen Chirurgen durchgeführt werden. Bei lokalisierten Infektionen (z. B. lokalisierte Impetigo contagiosa) kann häufig auf eine systemische Antibiose verzichtet werden. Es können Antiseptika (z. B. Chlorhexidin 2% in Wasser-in-Öl-Emulsion) verwendet werden. Auf Grund der zunehmenden Resistenzproblematik von S. aureus sollten topische Antibiotika nicht mehr eingesetzt werden. Eine Ausnahme stellt die lokalisierte Impetigo bei Kindern dar, die durch topische Fusidinsäure effektiv behandelt werden kann. Handelt es sich um nicht lokalisierte Infektionen, ist eine systemische Antibiose meist unerlässlich. Bei reinen Streptokokkeninfektionen (z. B. „klassisches“ Erysipel) ist die Gabe eines Penizillins (z. B. Phenoxymethylpenicillin oral oder Benzylpenicillin parenteral) ausreichend. Staphylokokken-bedingte Infektionen sollten primär mit einem penicillinasefesten Penicillin (z. B. Flucloxacillin) bzw. einem Zephalosporin der 1. Generation (Zephalexin) behandelt werden. Erythromycin sollte jedoch für S.aureus-bedingte Infektionen nicht mehr eingesetzt werden, da bei S.-aureus-Isolaten bis zu 30% Resistenzen gegen Erythromycin nachgewiesen werden konnten. Bei Penicillinallergien kann auf Clindamycin oder Fusidinsäure ausgewichen werden. Bei Infektionen mit starker Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens sollten die Therapie stationär und die Antibiose parenteral durchgeführt werden. Bei Infektionen im Gesicht oberhalb der Oberlippe (z. B. Furunkel, Erysipel) sollten zusätzlich Bettruhe, weiche Kost und Heparinisierung angeordnet werden.
Infektionen durch grampositive Bakterien Einleitung Die wichtigsten pathogenen Erreger sind betahä-
Lyme-Borreliose
molysierende Streptokokken der Gruppe A und Staphylococcus aureus. Während Streptokokken auf gesunder Haut normalerweise
Die Lyme-Borreliose wird durch Zecken übertragen und kann sich an Haut, Gelenken, Nervensystem und Herz manifestieren.
16
1446
16 Hauterkrankungen
Tabelle 16.5-1. Wichtigste Infektionen durch grampositive Erreger
Abb. 16.5-1. Therapie von Infektionen durch grampositive Bakterien
Krankheitsbild
Ätiopathogenese
Klinik
Erysipel
Betahämolysierende Streptokokken Gruppe A, Eindringen durch Mikroläsionen
Scharlach
Betahämolysierende Streptokokken Gruppe A
Ekthyma
Betahämolysierende Streptokokken Gruppe A, Begünstigung durch Kälte und Druck
Scharf begrenzte Rötung und Schwellung Sonderformen: bullöses, hämorrhagisches, nekrotisierendes Erysipel Düsterrotes Enanthem an Rachen und Gaumen, gerötete und vergrößerte Tonsillen mit gelblichen Belägen, „Erdbeerzunge“; kleinfleckiges Exanthem mit Aussparung der Palmae und Plantae, Desquamation der Palmae und Plantae Wie ausgestanzt wirkende Ulzera mit nekrotischem Grund
Phlegmone
Häufig Mischinfektion (Streptokokken, S. aureus), Entstehung durch tiefe Traumata (z. B. Operationswunde) oder Infektionsherde (z. B. Osteomyelitis)
Rötlich-livide, unscharf begrenzte Rötung und Schwellung, sehr schmerzhaft, starke Allgemeinbeschwerden
Impetigo contagiosa
S. aureus, Betahämolysierende Streptokokken Gruppe A
Follikulitis
S. aureus, begünstigend Diabetes mellitus, Immundefizienz
Rasch platzende Blasen mit trübem oder eitrigem Sekret und Verkrustungen auf gerötetem Grund Papel oder Pustel um Haarfollikel
Furunkel
Siehe Follikulitis
Derbe, teils fluktuierende Schwellung um Haarfollikel, häufig Allgemeinbeschwerden
Karbunkel
Siehe Follikulitis
Siehe Furunkel (mehrere benachbarte Furunkel); Allgemeinbeschwerden
Nichtlokalisierte Infektionen, Rezidive tief in die Subkutis reichende Infektionen
Lokalisierte Infektionen
ohne Abszedierung
mit Abszedierung
ohne Abszedierung
mit Abszedierung
Inzision Topische Antiseptika (z.B. Chlorhexidin, Triclosan, Clioquinol) selten topische Antibiotika z.B. bei lokalisierter Impetigo (z.B. Fusidinsäure)
Systemische Antibiotika bei Streptokokken primär mit Penizillin (z.B. Phenoxymethylpenizillin oral oder Benzylpenizillin parenteral), bei Staphylokokken primär mit penizillinasefesten Penizillinen oder Zephalosporinen der 1. Generation
Materialgewinnung für bakterielle Kultur und Antibiotikaempfindlichkeitsprüfung
Ätiopathogenese Die Erreger sind Spirochäten, die so genannten Borrelia burgdorferi, von denen drei verschiedene Spezies unterschieden werden (B. burgdorferi sensu stricto, B. garinii, B. afzelii). Nach dem Zeckenbiss findet eine zentrifugale Ausbreitung der Borrelien in der Haut statt. Bei 10% der unbehandelten Fälle kann es Wochen bis Monate später zur hämatogenen Streuung kommen (Haut, Nervensystem, Synovia, Herz). Jahre später kann ein Spätstadium folgen (Gelenk, Haut, ZNS).
Antikörper nachgewiesen werden. Weiterhin besteht die Möglichkeit, aus Urin oder einer Hautbiopsie Borrelien mittels PCR nachzuweisen. Klinik und Therapie Tabelle 16.5-2 zeigt die verschiedenen
Stadien der Lyme-Borreliose und die adäquaten Therapiemaßnahmen. Weitere bakterielle Infektionen
Diagnostik Mittels serologischer Untersuchungen (ELISA,
Immunfluoreszenztest, Western Blot) können IgM- und IgG-
In Tabelle 16.5-3 sind weitere bakterielle Infektionen der Haut aufgelistet.
16.5 Infektionskrankheiten der Haut Stadium
Therapie
Stadium I: Erythema migrans (auch disseminiert); Lymphozytom
Orale Therapie: Doxycyclin (1-mal 200 mg/Tag) oder Cefuroxim (2-mal 500 mg/Tag), bei Kindern Amoxycillin (50 mg/kg KG in 3 Einzeldosen/Tag) für 2 Wochen Parenterale Therapie: Ceftriaxon als Mittel der Wahl (1 g/Tag) für 3 Wochen
Stadium II: Garin-Bujadoux-BannwarthMeningopolyneuritis; im Kindesalter häu g nur periphere Fazialisparese Stadium III: Akrodermatitis chronica atrophicans (in ltrativ es und chronisches Stadium); tertiäre Neuroborreliose
Erreger
Klinik
Therapie
Nekrotisierende Fasziitis
Streptokokken mit starker Toxinbildung Erysipelothrix rhusiopathiae Bacillus anthracis
Tiefe, nekrotisierende Infektion, die rasch in Sepsis übergeht Schmerzhafte rot-livide Schwellung „Pustula maligna“, hämorrhagische Nekrose, hohes Fieber, toxischer Schock Anaerobe Zellulitis oder Myositis, toxischer Schock
Clindamycin als Mittel der 1. Wahl
Gasbrand
Clostridium perfringens
Tuberkulose
Mycobacterium tuberculosis
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Tabelle16.5-2. Klinische Stadien und Therapie der Lyme-Borreliose
Parenterale Therapie: Ceftriaxon als Mittel der Wahl (1 g/Tag) für 3 Wochen
Krankheitsbild
Erysipeloid (Schweinerotlauf) Anthrax (Milzbrand)
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Tuberculosis verrucosa cutis, Lupus vulgaris, Skrophuloderm u. a.
Tabelle 16.5-3. Weitere bakterielle Infektionen
Penicillin hochdosiert für mindestens 10 Tage Penicillin hochdosiert
Chirurgisches Débridement, hyperbare Sauerstofftherapie, hochdosiert Penicillin mit Metronidazol Wie Tuberkulosetherapie der Lungen-Tbc
Diagnostik Für alle Viruserkrankungen stehen serologische TestEvvidenz der Therapieempfeehlungen bei baktteriellen Infeekttionen der Haut Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke Lokalisierte baktterielle Infeekttionen durch grampositivvvee Erreger: topische Antiseptika II-b C Nichtlokalisierte baktterielle Infeekttionen durch grampositivvvee Erreger Streptokokken: I-b B Penizillin systemisch Staphyyyllokokken: I-b B Flucloxacillin systemisch Lyyme-Borreliose Stadium I: I-b B Doxyycyclin oral Stadium II und III: I-b B Cefttriaxon parenteral
16.5.2 Virale Infektionen Exanthematische Viruserkrankungen
Zu den exanthematischen Viruserkrankungen zählen Masern, Röteln, Ringelröteln (Erythema infectiosum), Dreitagefieber (Exanthema subitum) und Windpocken (Varizellen). Ätiopathogenese und Klinik In Tabelle 16.5-4 sind pathogenetische Faktoren, klinische Merkmale und mögliche Komplikationen dargestellt.
systeme (ELISA) zur Bestimmung spezifischer IgM-Antikörper zur Verfügung. Außerdem zeigt sich bei allen Viruserkrankungen eine Leukopenie, bei Ringelröteln zusätzlich eine Anämie. Prävention bzw. Therapie Für Masern, Röteln und neuerdings auch Varizellen stehen attenuierte Lebendvakzinen zur Verfügung. Die Rötelnimpfung sollte bei Mädchen ohne nachgewiesene Infektion spätestens in der Pubertät erfolgen, um eine Rötelnembryopathie bei späterer Schwangerschaft zu vermeiden. Die Therapie der exanthematischen Viruserkrankungen erfolgt symptomatisch. Bei Varizellen sollte zur Vorbeugung der bakteriellen Superinfektion ein topisches Antiseptikum verwendet werden (z. B. Clioquinol). Bei Erwachsenen sollten Varizellen antiviral behandelt werden (bei leichterem Verlauf beispielsweise mit Valaciclovir oder Famciclovir oral, bei schweren Verläufen sowie bei Immunsupprimierten mit Aciclovir parenteral (Dosierung s. Tabelle 16.5-6). Bei Auftreten schwerwiegender Komplikationen (z. B. Pneumonie bei Varizellen, Meningitis bei Masern) der exanthematischen Viruserkrankungen muss eine sofortige stationäre, ggf. intensivmedizinische Therapie eingeleitet werden. Infektionen mit humanen Herpesviren (HHV)
Hierzu zählen die Infektionen mit Herpes-simplex-Virus (HSV) 1 und 2 sowie die Gürtelrose (Varizella-Zoster-Virus [VZV]). Sie zäh-
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16 Hauterkrankungen
Tabelle 16.5-4. Exanthematische Viruserkrankungen Krankheitsbild
Erreger
Klinik
Komplikationen
Masern
Paramyxovirus (RNS-Virus)
10–14 Tage Inkubation, Prodromi (Fieber, Rhinitis, Husten), Koplik-Flecken, konfluierendes makulopapulöses Exanthem
Röteln
Togavirus (RNS-Virus)
Ringelröteln
Parvovirus B19 (DNS-Virus)
Exanthemaan subitum
Herpesvirus 6 und 7 (DNS-Virus) Varizella-ZosterVirus (DNS-Virus)
2–3 Wochen Inkubation; Prodromi (s. Masern), diskretes makulöses Exanthem, zervikale Lymphadenitis 4–14 Tage Inkubation; Prodromi (Fieber, Arthralgien), papulourtikarielles Exanthem mit bizarren, kreisförmigen Figuren (Gesicht!, Oberarme, Rumpf) 14 Tage Inkubation, 3–5 Tage Fieber, danach flüchtiges, feinmakulöses Exanthem 14 Tage Inkubation, Prodromi (Fieber, Kopfschmerzen), disseminiert Erytheme mit leicht platzenden Blasen in unterschiedlichen Stadien (Heubner-Sternenhimmel), Beginn im Gesicht, Juckreiz
Hämorrhagische Masern, Masernenzephalitis, Riesenzellpneumonie, sekundäre bakterielle Infektionen, thrombozytopenische Purpura Enzephalitis, thrombozytopenische Purpura, Rötelnembryopathie bei Infektion im 1. Trimenon Anämie bei Immundefizienten
Varizellen
Tabelle 16.5-5. Infektionen mit humanen Herpesviren
Keine Bakterielle Superinfektionen; Varizellenpneumonie, ZNS-Befall, Thrombozytopenie, Nierenbeteiligung; Embryopathie bei Infektion im 1. Trimenon
Erreger
Primärinfektion
Rezidivinfektion
HSV-1
Gingivostomatitis, Keratokonjunktivitis, selten herpetische Primärinfektion der übrigen Körperhaut Vulvovaginitis, Zervizitis, Balanoposthitis oder Proktitis Varizellen
Rezidivierender Herpes, z. B. H. labialis
HSV-2 VZV
len zu den DNS-Viren. Das Exanthema subitum und die Varizellen wurden bereits im vorherigen Abschnitt abgehandelt. Ätiopathogenese und Klinik Tabelle 16.5-5 zeigt die für die ein-
zelnen Erreger spezifischen Krankheitsbilder. Diagnostik Aus einem Ausstrichpräparat (Abstrich vom Blasenboden) können mittels direkter Immunfluoreszenz Herpesviren nachgewiesen werden. Serologische Tests (ELISA) zur Bestimmung von IgM- bzw. IgG-Antikörpern sind bei Erstinfektion mit Herpes-simplex-Viren sowie bei Varizellen und bei der Zosterinfektion hilfreich. Bei Herpes simplex recidivans steigen die IgM-Antikörper nur bei ca. 1% der Patienten an.
Rezidivierender Herpes, z. B. H. genitalis Zosterinfektion, Sonderformen: hämorrhagischer, nekrotisierender Zoster, generalisierter Zoster, Zoster ophthalmicus
Therapie zur Suppression der Rezidive durchgeführt werden (Valaciclovir 500 mg/Tag). Danach sollte die Rezidivhäufigkeit beobachtet werden. Alternativ kann auch eine intermittierende Suppressionstherapie vor starker Sonnenexposition, bei Infektionen oder Stress erwogen werden. Beim Zoster sollte außer bei Kindern, bei denen die Infektion blande und komplikationslos verläuft, eine systemische antivirale Therapie durchgeführt werden. Bei unkomplizierten Infektionen kann die Behandlung ambulant durchgeführt werden. Bei Beteiligung des Auges oder Generalisation sollte in jedem Fall eine parenterale Therapie erfolgen. Tabelle 16.5-6 zeigt die Dosierung der einzelnen Medikamente bei den verschiedenen Krankheitsbildern. Wichtig ist weiterhin die Behandlung postzosterischer Neuralgien, die in Abstimmung mit einem Neurologen erfolgen sollte.
Therapie Die Behandlung der Herpes-simplex-Infektionen richtet
sich nach den klinischen Symptomen. Bei leichten Verläufen von Primärinfektionen kann lokal mit antiseptischen bzw. lokalanästhetischen Mundspülungen oder Sitzbädern behandelt werden. Bei schweren Verläufen sollte eine systemische antivirale Therapie erfolgen. Bei den rezidivierenden Herpes-simplex-Infektionen reicht die Therapie je nach Beschwerdebild von lediglich lokaler Behandlung (Antiseptika, virusstatikahaltige Creme) bis zur systemischen Therapie. Bei häufigen Rezidiven (>6 pro Jahr) und starker Beeinträchtigung des Patienten kann für 6 bis 12 Monate eine möglichst niedrigdosierte, gerade noch wirksame antivirale
Infektionen mit humanen Papillomviren (HPV)
Zu den HPV zählen mehr als 80 verschiedene Typen. Man unterscheidet dabei Viren vom Haut- und solche vom Schleimhauttyp. Die Warzen vom Schleimhauttyp, vorwiegend genitale Viruswarzen, die zu den „sexual transmitted diseases“ (STD) gehören, werden in einem gesonderten Abschnitt abgehandelt. Ätiopathogenese Die für die Infektionen der Haut wichtigsten Vertreter der HPV sind die Typen 1, 2, 3, 4, 7, 10, 49, 57, 63, 65. Für das seltene Krankheitsbild der Epidermodysplasia verruci-
16.5 Infektionskrankheiten der Haut
formis sind folgende Typen relevant: 5, 8, 9, 12, 14, 15, 17, 19, 20, 21, 47. Dabei scheinen Typ 5 und 8 karzinogenes Potential zu haben. Klinik Je nach klinischem Erscheinungsbild bzw. Lokalisation unterscheidet man Verrucae vulgares, filiforme Warzen, Verrucae plantares und Verrucae planae juveniles. Insbesondere Kinder sind betroffen. Bei ausgeprägtem Befall von Verrucae bei Erwachsenen sollte eine Immunsuppression ausgeschlossen werden. Der seltenen Epidermodysplasia verruciformis liegt ein spezifischer Immundefekt gegenüber HPV zugrunde, der familiär gehäuft auftritt. Bei diesen Patienten treten sämtliche Warzentypen in großer Vielfalt auf. An lichtexponierten Körperstellen kommt es häufig zur malignen Entartung der Läsionen. Diagnostik Diese ist normalerweise auf Grund des eindeutigen klinischen Befundes nicht notwendig. Bei Bedarf kann der Virusnachweis elektronenmikroskopisch, immunzytochemisch oder mittels PCR erfolgen. Eine Virustypisierung ist möglich, jedoch eher von wissenschaftlichem Interesse. Therapie Die Therapie gestaltet sich häufig schwierig und langwierig. Da sich die Warzen bei Kindern meist spontan zurückbilden, ist bei geringem Leidensdruck ein abwartendes Verhalten gerechtfertigt. Ansonsten stehen verschiedene Lokaltherapeutika (keratolytische Salben, Verrumal, 10%ige Glutaraldehydlösung u. a.) zur Verfügung, die je nach Erfahrung eingesetzt werden können. Erfolgreich können auch homöopathische Präparate in Kombination mit Suggestion sein. Behandlung mit flüssigem Stickstoff und Exkochleation sind weitere mögliche Therapiemaßnahmen.
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16
wie ein Exanthem an Händen und Füßen (dorsalseitig) bestehend aus Papeln und Vesikeln bzw. Krusten. Auf Grund der spontanen Abheilung nach einer Woche ist nur eine symptomatische Therapie notwendig. Mollusca contagiosa Diese durch Poxviren ausgelösten Dellwarzen treten im Kindesalter häufig in großer Anzahl auf und verbreiten sich schnell. Bei Erwachsenen treten sie oft im Rahmen einer Immunsuppression auf (HIV-Infektion). Therapeutisch hat sich vor allem bei Kindern das Entfernen mit dem scharfen Löffel nach vorheriger Behandlung mit EMLA bewährt. Evidenz der Therapieempfeehlungen bei viralen Infeekttionen der Haut Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke Zosterinfeekttion: Brivudin I-b B Vaalaciclovir I-b B Famciclovir I-b B Infeekttionen mit HHV Primärinfeektionen (schw werer Veerlauf ): – Vaalaciclovir I-b B – Famciclovir I-b B Rezidivprophyyyllaxe: – Vaalaciclovir I-b B Veerrucae vulgares: – Veerrumal I-b B – yd d IV C
16.5.3 Pilzinfektionen
Hier unterscheidet man Infektionen durch Dermatophyten und durch Hefepilze.
Weitere virale Infektionen
Von den zahlreichen weiteren viralen Infektionen der Haut sollen 2 Erkrankungen gesondert dargestellt werden. Hand-Fuß-Mund-Krankheit Erreger ist am häufigsten Cox-
sackie-Virus Typ A16. Nach 3–6 Tagen Inkubation können Prodromi auftreten (Fieber, Bauchschmerzen). Danach zeigt sich ein Enanthem an Gaumen, Wangenschleimhaut und Zunge so-
Tabelle 16.5-6. Systemische antivirale Therapie bei Herpesvirusinfektionen Krankheitsbild
Medikament und Dosierung
Primärinfektion mit Herpes-simplex-Virus (schwerer Verlauf) Unkomplizierte Zosterinfekion bzw. unkomplizierte Varizelleninfektion bei Erwachsenen
Valaciclovir (2-mal tgl. 500 mg) oder Famciclovir (3-mal tgl. 250 mg) für jeweils 5 Tage per os
Zosterinfektion mit Augenbeteiligung oder Generalisation
Aciclovir (3-mal tgl. 5–10 mg/kg KG) für 10 Tage parenteral
Brivudin (1-mal tgl. 125 mg) für 7 Tage per os; alternativ Valaciclovir (3-mal tgl. 1000 mg) oder Famciclovir (3-mal tgl. 250 mg) für 10 Tage per os
Infektionen durch Dermatophyten (Tinea) Ätiopathogenese Von den zahlreichen Erregern sind die wich-
tigsten: Trichophyton rubrum, T. verrucosum, T. mentagrophytes, T. tonsurans, T. schönleinii, Microsporon canis und Epidermophyton floccosum. Auf eine Zuordnung zu den einzelnen Krankheitsbildern muss hier verzichtet werden. Klinik Man unterscheidet je nach Lokalisation zwischen Tinea corporis, manis, pedis, capitis u. a. Klinisch zeigen sich meist randbetont schuppende, leicht infiltrierte Erytheme. Es gibt jedoch auch eine dyshidrosiforme Tinea (mit kleinsten Bläschen) und eine hyperkeratotische Tinea (insbesondere an Palmae und Plantae). Bei der tiefen Tinea, die auch die Haarfollikel befällt, fallen Papeln, Pusteln und furunkelartige Läsionen auf. Beim Befall der Nägel unterscheidet man die häufige distale subunguale Onychomykose von den seltenen Formen wie der proximalen subungualen Onychomykose und der „weißen“ oberflächlichen Onychomykose. Diagnostik Nach Desinfektion der Hautoberfläche zur Vermeidung von Kontaminationen sollte in jedem Fall Schuppen-
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16 Hauterkrankungen
material und bei der tiefen Tinea auch Haare mit Haarwurzeln zur mykologischen Diagnostik entnommen werden. Ein Nativpräparat und eine mykologische Kultur sollten angelegt werden. Bei der Mikrosporie kann auch das Wood-Licht diagnostisch hilfreich sein (Grünfluoreszenz). Therapie Die Behandlung oberflächlicher Mykosen kann mit to-
pischen Antimykotika (Azole, Allylamine, Ciclopiroxolamin) erfolgen. Ausnahmen stellen die palmoplantaren Mykosen und die generalisierte Tinea corporis dar. Sie erfordern eine systemische Therapie (s. unten). Bei der oberflächlichen Onychomykose reicht eine mechanische Abtragung der befallenen Schicht. Die distale subunguale Onychomykose (3 Defibrillationen) fand sich im Vergleich zu Plazebo eine höhere Rate von Wiedererlangung eines stabilen Kreislaufs. Die Krankenhausentlassungsrate war jedoch nicht höher als bei Plazebo. Dies könnte durch die höheren Raten an Bradykardie und Hypotension in der Amiodaron-Gruppe nach der Reanimation sowie der relativ späten Gabe (20 min nach HKS) erklärt werden (Tabelle 17.1-5). Aufgrund dieser Ergebnisse scheint eine breite Anwendung von Amiodaron bei dieser Indikation derzeit nicht angezeigt, es ist aber nicht auszuschließen, dass im Einzelfall dieses Medikament hilfreich sein kann.
Haushalt während der Reanimation positiv zu beeinflussen. PufferSubstanzen haben im Gegenteil zum Teil erhebliche Nebenwirkungen. Natrium-Bicarbonat-Gabe verschiebt die Sättigungskurve des Hämoglobins und reduziert dadurch die O2 Abgabe an die Peripherie, führt zu Hyperosmolarität und Hypernatriämie und zu einer paradoxen intrazellulären und zerebralen Azidose, da das gebildete CO2 frei in die Zellen diffundieren kann. Neuere Substanzen wie Tribonat (THAM, acetate, sodium bicarbonate and phosphate) zeigen zwar weniger negative Effekte wie NatriumBicarbonat haben aber in großen klinischen Studien auch keine Verbesserung des Überlebens gebracht. Ausgenommen sind jedoch spezielle Reanimations-Situationen, wie Vergiftung mit Trizyklischen Antidepressiva oder Hyperkaliämie, wo die Therapie mit Natrium-Bicarbonat sehr wohl indiziert ist (50 mmol i.v.). Alternative Methoden der Herzdruckmassage
Aktive Kompressions-Dekompressions-Herzdruckmassage (ACDCPR) wird mittels Ambu-CardioPump durchgeführt. Das Gerät Taab belle 17.1-4. Lidocain 1,5 mg/kg im Veergleich zu Amiodarone wird an einem Ring gehalten und mit einem unten liegenden 5 mg/kg bei therapierefrraktärem Kammerfllimmer n Saugnapf wird der Thorax während der Entlastungsphase angeLidocain Amiodaron p hoben. Dadurch kommt es zu einer besseren Füllung des n = 167 n = 180 Herzens und zu höherem koronaren Perfusionsdruck, myoAu ufn nahme ins KH 20 (12%) 41 (23%) 0,009 kardialen und zerebralen Blutfluss. Die besten Erfolge haben Entlassung aus KH 5 (3%) 9 (5%) 0,34 sich bei Patienten mit Asystolie als Erstrhythmus gezeigt. Jedoch konnte in den bisher durchgeführten neun klinischen Studien nur in einer eine Verbesserung des Langzeitüberlebens gezeigt Tabelle 17.1-5. Vergleich von Amiodarone 300 mg i.v. und Plazebo werden, wobei die Erfahrung in der Anwendung des Gerätes eine beim Herz-Kreislauf-Stillstand in Folge von Kammerflimmern wesentliche Rolle für den Erfolg spielen dürfte. Eine Anwendung Amiodaron Plazebo p ist derzeit nur in Zentren gerechtfertigt, in denen ein effektives (n=246) (n=258) Training und eine Evaluierung des Langzeitüberlebens gewährAufnahme 108 (44%) 88 (34%) 0,03 leistet ist. im KH Entlassung 33 (13%) 34 (13%) 0,94 Andere Methoden der externen Herzdruckmassage wie die aus KH Reanimation mit einer pneumatischen Weste („vest resusciHypotension 145 (59%) 124 (48%) 0,04 tation“) wurden nur in kleinen klinischen Serien untersucht, woBradykardie 101 (41%) 65 (25%) 0,004 bei sich jedoch kein Unterschied zur Standardtherapie gezeigt hat. Die direkte Herzmassage wurde früher häufig angewandt und erzielt die höchsten Perfusionsdrücke während der Reanimation. Atropinn ist ein Anticholinergikum und wird bei parasympa- Wegen der jedoch dazu notwendigen Invasivität (große Thorakotothisch vermittelter Reduktion der Herzfrequenz und des Blut- mie etc.) kommt sie heute nur noch bei schon geöffnetem Thorax drucks eingesetzt. Bei experimenteller pulsloser elektrischer zur Anwendung. Im Gegensatz dazu ist bei der minimal-invasiven Aktivität fand sich auch in höherer Dosierung kein Unterschied direkten Herzmassage, einer derzeit noch experimentellen Methozu Plazebo. Eine retrospektive klinische Studie bei Asystolie zeig- de, nur eine kleine Thorakotomie nötig (3 cm). Durch diese wird te eine höhere Rate von Wiedererlangung eines stabilen Kreis- dann mittels eines Stempels das Herz direkt komprimiert. Die Verlaufs bei identischem Langzeitüberleben. Ebenso wenig konnte wendbarkeit des Gerätes und die Effektivität werden zurzeit in klinieine kleine prospektive Studie (n=21) einen Vorteil von Atropin schen Studien untersucht. gegenüber Plazebo zeigen. Trotzdem findet sich diese Substanz weiterhin in internationalen Reanimationsempfehlungen. Therapie nach dem Herz-Kreislauf-Stillstand Atropin kann bei Asystolie und bradykarder pulsloser elektrischer Moderate Hypothermie (32–34 °C) nach der Reanimation kann Aktivität in einer Dosierung von 3 mg einmalig gegeben werden. über eine multifaktorielle Wirkung die Schädigung durch das Puffer-Substanzen konnten bis jetzt nicht zeigen, dass Post-Reanimations-Syndrom (zerebrale Minderdurchblutung sie das Überleben einer Reanimation verbessern würden. Eine nach der Reanimation) vermindern. Einige bereits erforschte adäquate Ventilation ist das beste Mittel um den Säure-Basen- M Mechanismen sind die Reduktion des Substrat- und Sauerstoff-
17.1 Herz-Kreislauf-Stillstand
bedarfes, die verminderte Freisetzung von exzitatorischen Aminosäuren, die Verminderung von Schäden an der Blut- HirnSchranke, die Reduktion des Hirnödems, der Schutz der ATP-Speicher, die Verlangsamung von destruktiven enzymatischen Prozessen, die Stabilisierung von Lipidmembranen, der reduzierte Sauerstoffverbrauch in Low-flow-Regionen, die Hemmung der Lipidperoxydation und die Reduktion der intrazellulären Azidose. Moderate Hypothermie über 12 bzw. 24 Stunden nach protrahierter Reanimation zeigte in zwei randomisierten Studien im Vergleich zur einer normothermen Kontrollgruppe ein signifikant besseres neurologisches Langzeitergebnis und eine reduzierte Mortalität (Tabelle 17.1-6). Eingeschlossen in diese Studien wurden komatöse Patienten nach erfolgreicher Reanimation nach einem durch Kammerflimmern verursachten kardialen Herz-Kreislauf-Stillstand. Die Patienten wurden mittels Eisbeutel bzw. mittels eines speziellen Kühlgeräts gekühlt. Es traten keine wesentlichen Komplikationen in der Kühlungsgruppe auf. Entsprechend dieser Ergebnisse wurde eine Empfehlung der internationalen Reanimationsgesellschaften veröffentlicht, wonach alle erwachsenen Patienten, die nach einem durch Kammerflimmern verursachten Kreislaufstillstand außerhalb des Krankenhauses komatös bleiben, einer Kühlungsbehandlung unterzogen werden sollten. Diese Patienten sollten auf 32–34 °C über 12 bis 24 Stunden gekühlt werden. Von einer Tabelle 17.1-6. Hypothermie nach der Reanimation und neurologisch intaktes Langzeit-Überleben im Vergleich zu einer normothermen Kontrollgruppe Hypothermie
Normothermie
p
Bernard 2002
21/43 (49%)
9/34 (26%)
0,05
Hypothermia after Cardiac Arrest Study Group 2002
75/136 (55%)
54/137 (39%)
0,009
17
derartigen Kühlungsbehandlung könnten auch Patienten profitieren, die eine andere Ursache des Kreislaufstillstands haben, oder bei denen der Kreislaufstillstand im Krankenhaus auftritt. Evvidenz der Therap pieemp pfeehlungen neurologisch intaktes Überleben Evvidenzgrad Emp pfeehlungsstärkee Basisreanimationsmaßnahmen IV A Defiibrillation IV A Ad drenalin I-b C Vaasopressin I-b C Lidocain I-b C Amiodaron I-b C Attropin III C Theophyyylllin I-b C Na-Bicarbonat* I-b C AC CD-CPR I-b C Pneumatische Weeste III C Direktte minimal invvasivvvee III C Herzmassage Therapeutische Hyypothermie I-b A * Bei längerer Reeanimationsdauer
17.1.5 Prognose
Die Rate des neurologisch intakten Langzeitüberlebens eines HerzKreislauf-Stillstands liegt mit einigen wenigen Ausnahmen in Europa zwischen 5 und 10 %. Wesentliche Faktoren für diese schlechte Prognose sind die niedrige Rate von Basisreanimationsmaßnahmen und die lange Dauer bis zum Eintreffen der professionellen Hilfe (Defibrillator!). Weitere Faktoren finden sich in Tabelle 17.1-7. Einer der besten Parameter zur Prognoseabschätzung ist die Bestimmung der somatosensorisch evozierten Potentiale und hier insbesondere die N70-Latenz. Im VVergleich zur klinischen Beurteilung durch erfahrene Intensiv-
Faktor
Günstig
Ungünstig
Alter Grunderkrankungen vor HKS
70 Jahre NYHA III, IV; Insult, Nierenversagen nichtkardial
Primärer Rhythmus beim HKS
Kammerflimmern, Kammertachykardie Ja Ja
Asystolie, pulslose elektrische Aktivität Nein Nein
Zeitintervall Kollaps – Notarzt Zeitintervall Kollaps – Wiederauftreten von Kreislauf
kurz (30 min
Kumulative Adrenalindosis
£1 mg
≥4 mg
Pupillenreaktion Husten/Würgereflex Glasgow Coma Score nach HKS Spontanatmung nach HKS NSE (72 Stunden Wert), µg/l Myoklonismen, Status epilepticus Somatosensorisch evozierte Potenziale (N70-Latenz), ms
Ja Ja ≥9 Ja 130
HKS beobachtet Basisreanimationsmaßnahmen
1465
Tabelle 17.1-7. Prognostische Faktoren nach Herz-KreislaufStillstand
17
1466
17 Notfälle
mediziner war die prädiktive Genauigkeit der somatosensorisch evozierten Potentiale signifikant besser. Die Sensitivität dieser Methode betrug 94% und die Spezifität 97%. Literatur American Heart Association in collaboration with the International Liaison Committee on Resuscitation (ILCOR) (2000) Guidelines 2000 for cardiopulmonary resuscitation and emergency cardiovascular care. Circulation 102: I-1–I-250 Bossaert L, Callanan V, Cummins RO (1997) Early defibrillation. An advisory statement by the Advanced Life Support Working Group of the International Liaison Committee on Resuscitation (ILCOR). Resuscitation 34: 113–114 European Resuscitation Council (2000) International guidelines 2000 for cardiopulmonary resuscitation and emergency cardiovascular care. A consensus on science. Resuscitation 46: 1–447 Handley AJ, Becker LB, Allen M, van Drenth A, Kramer EB, Montgomery WH (1997) Single rescuer adult basic life support. An advisory statement from the Basic Life Support Working Group of the International Liaison Committee on Resuscitation (ILCOR). Resuscitation 34: 101–108 Herlitz J, Bahr J, Fischer M, Kuisma M, Lexow K, Thorgeirsson G (1999) Resuscitation in Europe: a tale of five European regions. Resuscitation 41: 121–131 Kloeck W, Cummins R, Chamberlain D et al. (1997) The universal ALS algorithm. An advisory statement by the Advanced Life Support Working Group of the International Liaison Committee on Resuscitation (ILCOR). Resuscitation 34: 109–111 Kudenchuk PJ, Cobb LA, Copass MK et al (1999) Amiodarone for resuscitation after out-of-hospital cardiac arrest due to ventricular fibrillation. N Engl J Med 341: 871–878 Mauer D, Wolcke B, Dick W (2000) Alternative methods of mechanical cardiopulmonary resuscitation. Resuscitation 44: 81–95 Paradis NA, Halperin HR, Nowak RM (1996) Cardiac arrest. The science and practice of resuscitation medicine. Williams & Wilkins, Baltimore Special resuscitation situations (1997) An advisory statement on conditions which may require modifications in resuscitation procedures or techniques. Prepared by members of the International Liaison Committee on Resuscitation (ILCOR). Resuscitation 34: 129–149 The Hypothermia after Cardiac Arrest Study Group (2002) Mild Therapeutic Hypothermia to improve the Neurologic Out„come after cardiac arrest. New Engl J Med 346:549–556 Nolan JP, Morley PT, Hoek TL, Hickey RW (2003) Advancement Life support Task Force of the International Liaison committee on Resuscitation. Therapeutic hypothermia after cardiac arrest. An advisory statement by the Advancement Life support Task Force of the International Liaison committee on Resuscitation. Resuscitation 57: 231–235.
respiratorischen Aktivität und vom funktionellen Status des Individuums beeinflusst. Störungen der zentralen Kontrollmechanismen der Atmung, der Atempumpe, der Atemmechanik oder des Gasaustausches können bei Patienten zur subjektiven Empfindung eines Dyskomforts führen, der dem klinisch tätigen Arzt als Atemnot mitgeteilt wird. Die Prävalenz des Symptoms Atemnot ist hoch. Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), Asthma bronchiale, interstitielle Lungenerkrankungen, neuromuskuläre Erkrankungen, Malignome sowie Herzerkrankungen können über lange Zeitspannen dieses Symptom verursachen. Aber auch akute Erkrankungen wie Pneumonie, entzündliche Pleuraerkrankungen mit Erguss, Pulmonalembolie, Myokardischämie, das kardiogene Lungenödem, eine psychogene Hyperventilation und die akute Bronchitis erhöhen die Prävalenz der Dyspnoe. Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen sind oftmals infolge des Dyskomforts ihrer Atmung in ihrer Aktivität eingeschränkt. Häufige Folgen sind eine Verschlechterung des funktionalen Status, der körperlichen Leistungsfähigkeit, der Lebensqualität und somit eine Behinderung. Die Kenntnis der Mechanismen, die zur Dyspnoe führen, ist für die Auswahl entsprechender Maßnahmen zur Erleichterung oder Beseitigung derselben wichtig. 17.2.2 Ätiologie und Pathogenese der Dyspnoe Mechanismen der Dyspnoe
Ein Kontrollsystem regelt die Anpassung der Atmung an den metabolischen Bedarf des Körpers. Chemorezeptoren im Blut und im Gehirn sowie Mechanorezeptoren in den Atemwegen, im Lungenparenchym und in der Thoraxwand sind an der automatischen Regelung der Ventilation und des Atemmusters beteiligt. Chemorezeptoren Veränderungen des PaCO2 werden von
zentralen Chemorezeptoren in der Medulla, Veränderungen des PaO2 von peripheren Chemorezeptoren in der Karotis und der Aorta wahrgenommen. Signale dieser Chemorezeptoren werden zum Atemzentrum im Hirnstamm geleitet, das die Atmung im Sinne einer Homöostase von Blutgasen und Säure-Basen-Haushalt reguliert. Die Dyspnoe, die oftmals mit Hyperkapnie und Hypoxämie verbunden ist, resultiert größtenteils aus einer chemisch 17.2 Dyspnoe induzierten Erhöhung der motorischen Aktivität der AtemWerner Heindl muskulatur und der Ventilation. Der Effekt eines Anstiegs des PaCO2 auf die Ventilation hängt dabei von der Zunahme der Wasserstoffionenkonzentration im Liquor ab. Bei Patienten mit 17.2.1 Einleitung chronischer Hyperkapnie sind infolge metabolischer KompensatiDie Atmung wird, als einzige Vitalfunktion des Organismus, on der respiratorischen Azidose der chemische Stimulus, die nicht nur von automatischen Zentren im Stammhirn, sondern ventilatorische Antwort und somit auch die Atemnot geringer. Bei auch von Impulsen und Signalen, die vom Kortex ausgehen, metabolischer Azidose (z. B. diabetische Ketoazidose, Laktatgesteuert. Berücksichtigt man eine willentliche Kontrolle der azidose, Azidose bei Niereninsuffizienz) hingegen kann die AtemIndividuen über ihre Atmung, so werden die Atemfrequenz und not durch den Anstieg der Wasserstoffionenkonzentration und der das Atemmuster doch wesentlich von Sinneswahrnehmungen derr ddamit verbundenen Steigerung der Ventilation erklärt werden.
17.2 Dyspnoe
1467
17
Outputs und ist proportional zum Verhältnis des aktuell generierten Druckes zur maximalen Druckkapazität der Atemmuskulatur. Wenn die maximale Druckkapazität im Krankheitsfall verringert ist und daher das Verhältnis der intrathorakalen Drücke, die für eine ausreichende alveoläre Ventilation notwendig sind, zu den maximal möglichen Drücken ansteigt, so steigt auch der Grad der Atemnot. Andererseits entsteht Atemnot auch bei normaler maximaler Druckkapazität der Atemmuskulatur, wenn infolge pathologischer Atemmechanik wie hoher Atemwegsresistenz oder erniedrigter Lungen-Compliance, höhere Drücke generiert werden müssen. Eine all diese Mechanismen zusammenfassende Theorie besagt, dass Dyspnoe infolge einer Dissoziation oder eines Mismatchs zwischen zentraler motorischer Aktivität und afferenter Rückmeldung von den Rezeptoren in den Atemwegen, der Lunge und der Thoraxwand entsteht. Die afferente Rückmeldung der peripheren sensorischen Rezeptoren erlaubt dem Gehirn eine Bewertung der Effektivität des motorischen Befehls an die Atemmuskulatur hinsichtlich einer dem neuronalen Output adäquaten Generierung von Atemfluss und Volumen. Wenn die atemabhängigen Veränderungen der respiratorischen Drücke, des Atemflusses oder die Bewegung von Lungen und Thorax einem entsprechenden motorischen Befehl nicht adäquat sind, entsteht Atemnot oder sie nimmt zu. Eine Disproportionalität und eine Dissoziation zwischen zentralem motorischen Befehl und mechanischer Antwort des respiratorischen Systems erzeugen also die Empfindung eines respiratorischen Dyskomforts. Dieser Mechanismus wurde erstmals von Campbell und Howell in den 60er Jahren in der Theorie der „Länge-Spannungs-Disproportion“ beschrieben. Um nicht nur Informationen der Atemmuskeln, sondern auch Signale anderer Rezeptoren des respiratorischen Systems in eine umfassende Theorie der Atemnot einzubeziehen, wurde die Theorie von anderen Autoren erweitert, und „neuromechanische“ oder „effeTheorie der efferent-reafferenten Dissoziation Afferente Im- rent-reafferente Dissoziation“ genannt. Bei Patienten mit einer pulse der Chemo- und Mechanorezeptoren werden auch in hö- mechanischen Belastung des respiratorischen Systems infolge here Hirnzentren projiziert, wodurch eine Abschätzung des Veränderungen der Resistance oder der Elastance oder bei Abnorchemischen Milieus des Körpers und des mechanischen Status mitäten der Atemmuskulatur findet während der Atmung eine des ventilatorischen Apparats erfolgt. Außerdem scheinen Dissoziation zwischen efferenten und afferenten Informationen Begleitsignale, gewissermaßen als Kopien der efferenten zentra- statt. Ein Mismatch zwischen neuraler Aktivität und darauf follen motorischen neuronalen Aktivität des Hirnstammes, an hö- gendem mechanischen oder ventilatorischen Output erhöht die here Hirnzentren gesendet zu werden, wodurch eine Art von Intensität der Dyspnoe. Diese Theorie erklärt auch die Atemnot Bewusstsein derselben entsteht. Die neuronalen Strukturen der beim Anhalten der Luft, den Lufthunger von Patienten, wenn sie Bewusstwerdung des motorischen Outputs des Atemzentrums mit niedrigen Zugvolumina und inspiratorischen Flussraten sind nicht bekannt. Entsprechende Rezeptoren oder Nerven- beatmet werden, und den Dyskomfort, der bei willentlicher Verbahnen konnten noch nicht identifiziert werden. Trotzdem ringerung der Atemtiefe und der Atemfrequenz entsteht. scheint dieser Mechanismus eine wichtige Rolle bei der Ausformung der Empfindung der Dyspnoe zu spielen. Es ist bekannt, Pathophysiologie der Dyspnoe bei Asthma dass Faktoren wie Verkürzung der Atemmuskellänge, Muskel- bronchiale und COPD ermüdung oder Weakness, die eine höhere motorische Aktivität für Beim Status asthmaticus besteht eine Atemflussobstruktion eine bestimmte Muskelspannung erfordern, die Empfindung einer sowohl der großen als auch der kleinen Bronchien, mit einer erhöhten Anstrengung, also Atemnot verursachen. Die Atemnot abnormalen Verteilung der alveolären Ventilation und einem wird intensiviert durch ein Anwachsen des zentralen motorischen Mismatching von Ventilation und Perfusion. Die hohen Atem-
Mechanorezeptoren Afferente Impulse vagaler Rezeptoren in den Atemwegen und im Lungenparenchym beeinflussen die Ventilation und das Atemmuster wesentlich. Pulmonale Dehnungsrezeptoren werden bei Expansion stimuliert und signalisieren den Blähungszustand der Lunge. In der Nähe der Epithelzellen der Bronchialwände liegen „irritant receptors“, die bei taktiler Stimulation der Bronchialschleimhaut, bei hohen Atemflussraten und bei einem Anwachsen des Bronchialmuskeltonus aktiviert werden. Im Interstitium der Lunge finden sich in der Nähe der Alveolen und der Pulmonalkapillaren C-Fasern, die auf ein Anwachsen des interstitiellen Druckes und des intravaskulären Kapillardruckes ansprechen. Auch die Atemmuskulatur ist durch verschiedene sensorische Rezeptoren innerviert. So sind in der Interkostalmuskulatur reichlich Muskelspindeln vorhanden, deren afferente Aktivität sowohl in spinale als auch supraspinale Reflexe eingebunden ist. In den Zwerchfellsehnen sind Organellen nachgewiesen, die den Spannungszustand des Muskels signalisieren und im Bedarf einen inhibitorischen Einfluss auf die zentrale respiratorische Aktivität ausüben. Die afferenten Signale der Mechanorezeptoren von Lunge und Thoraxwand versorgen die respiratorischen motorischen und prämotorischen Neurone im Sinne eines Feedbacks mit wichtigen Informationen über den mechanischen Status der Atempumpe sowie über Veränderungen von Länge und Spannung bei einer Kontraktion der Atemmuskeln. Diese Informationen erlauben eine Anpassung des Ausmaßes und des Musters der motorischen neuronalen Aktivität des Hirnstammes an Veränderungen der Funktion der Atemmuskulatur oder an den Widerstand des gesamten respiratorischen Systems.
17
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17 Notfälle
wegswiderstände verursachen eine Verringerung sowohl der inspiratorischen als auch der exspiratorischen Atemflüsse und eine erhöhte Atemarbeit mit großen Intrathorakaldruckschwankungen während der Spontanatmung. Dadurch entstehen negative hämodynamische Effekte auf die Füllungsbedingungen des linken Ventrikels mit der Ausbildung eines Pulsus paradoxus. Bei Patienten mit COPD wird hingegen eine vorwiegend exspiratorische Atemflusslimitierung atemmechanisch wirksam. Die beiden Erkrankungen gemeinsame massive exspiratorische Atemflusslimitierung führt zu einer dynamischen Überblähung der Lungen mit negativen Auswirkungen auf die Atempumpe. Die dynamische Überblähung wird durch die dynamische Kompression der Bronchien infolge höherer Intrathorakaldrücke während der Exspirationsphase aggraviert. Da bei Belastung der Atempumpe die Atemfrequenz üblicherweise ansteigt, wird zusätzlich die Exspirationszeit verkürzt, sodass eine vollständige Entleerung langsamer Lungenkompartimente nicht mehr möglich wird. Alle diese Faktoren führen zu einer Atemzug um Atemzug stattfindenden Erhöhung des endinspiratorischen und endexspiratorischen Volumens, zur dynamischen Überblähung. Beim Phänomen des Air trapping wird bei spontanatmenden Patienten auch am Ende der Exspirationsphase die Rast- oder Äquilibriumposition des gesamten respiratorischen Systems nicht erreicht, ehe die folgende Inspiration beginnt. Daraus resultiert eine Erhöhung des endexspiratorischen Lungenvolumens (FRC) über den infolge der individuellen elastischen Eigenschaften von Thorax und Lunge zu erwartenden Normwert. Dadurch wird ein positiver endexspiratorischer elastischer Retraktionsdruck (PEEP) des gesamten respiratorischen Systems wirksam. Die Höhe dieses Druckes ist abhängig von der algebraischen Summe der Rückstellkräfte von Lunge und Thorax bei dem entsprechenden erhöhten Lungenvolumen (Abb. 17.2-1). Er entspricht einer Druckdifferenz zwischen Alveolen und Barometerdruck und wird daher intrinsischer PEEP (PEEPi) genannt. Die dynamische Überblähung hat negative Auswirkungen auf die Atemmuskulatur. Durch das Tiefertreten der Zwerchfelle kommt es zu einer Verkürzung und zu einer Veränderung der Länge-Spannungs-Beziehung der Muskeln und somit zu einer Verringerung der Kontraktilität und Pumpkapazität derselben. Die Erhöhung des endexspiratorischen Lungenvolumens führt zu einer Zunahme der elastischen Atemarbeit infolge Atmung im flachen Anteil des Druckvolumendiagrammes des respiratorischen Systems und durch eine PEEPi bedingte Zunahme der flussunwirksamen inspiratorischen Atemarbeit. Die Verringerung der Kontraktilität der Atemmuskulatur einerseits und die Zunahme der mechanischen Belastung der Atemmuskulatur andererseits kann zu einer ventilatorischen Insuffizienz infolge Pumpversagens der Atemmuskulatur führen. Der PEEPi entspricht einer Druckdifferenz zwischen Alveolen- und Atmosphärendruck und wird als positiver endexspiratorischer Atemwegsdruck wirksam. Dieser positive endexspiratorische Atemwegsdruck muss in der frühen Inspira-
tionsphase durch eine Pleuradrucknegativierung überwunden werden, ehe ein inspiratorischer Atemfluss zustande kommt. Die dynamische Überblähung und eine Zunahme des PEEPi verursachen daher ein Anwachsen der Anstrengung der inspiratorischen Atemmuskulatur, die flussunwirksam bleibt. Erst nach Überwindung des PEEPi kann durch eine zusätzliche Pleuradrucknegativierung ein inspiratorischer Atemfluss generiert werden. Betrachtet man bei diesen Patienten die Pleuradrucknegativierung über die Inspirationszeit, also das „pressure time product“ (PTP) als Maß der Anstrengung der Atemmuskulatur, so wird dieses nicht nur, wie im Normalfall, von elastischen und resistiven Eigenschaften des gesamten respiratorischen Systems, sondern auch in beträchtlichem Ausmaß durch eine vom PEEPi abhängige Komponente mitbestimmt (Abb. 17.22). Die vom PEEPi abhängige Komponente des PTP kann bis über 50% des gesamten PTP ansteigen. Sie ist üblicherweise bei körperlicher Belastung infolge des Anstiegs der Atemfrequenz höher als in Körperruhe und repräsentiert die flussunwirksame inspiratorische Anstrengung der Atemmuskulatur und somit vergeudete Energie (Abb. 17.2-3). Patienten im Asthmaanfall und bei schwerer COPD müssen also zur Aufrechterhaltung einer adäquaten alveolären Ventilation und CO2-Elimination nicht nur erhöhte resistive, sondern auch die durch den PEEP i bedingten elastischen Widerstände des respiratorischen Systems überwinden. Dies führt bei einem gegebenen zentralen Atemantrieb zu einer disproportional geringen ventilatorischen Antwort. Andererseits ist für eine notwendige alveoläre Ventilation ein erhöhter motorischer Output notwendig. Diese Disproportionalität und oftmals zunehmende Dissoziation zwischen zentralmotorischer Aktivität und ventilatorischer Antwort erklären die hochgradige Dyspnoe der Patienten. V TLC
B
C
FRC
A D
PEEPi
P
Abb. 17.2-1. Das Druck-Volumen-Diagramm des gesamten respiratorischen Systems gibt für jedes Lungenvolumen den elastischen Retraktionsdruck an. Dieser ist normalerweise endexspiratorisch bei FRC = 0. Bei Erhöhung der FRC entsteht ein positiver endexspiratorischer elastischer Retraktionsdruck, der intrinsische PEEP (PEEPi). Dadurch wird die elastische Atemarbeit (schraffierte Fläche ABCD) erhöht
17.2 Dyspnoe Ruhezustand
Pes
Belastung PEEPi
• V
PEEPi Komponente elastische Komponente resistive Komponente
Abb. 17.2-2. Ösophagusdruck (Pes) und Atemfluss (V) während der Inspiration bei einem Patienten mit COPD in Körperruhe und bei Belastung. Das Integral der Ösophagusdrucknegativierung über die Inspirationszeit ist das „pressure time product“ (PTP), ein Maß für die Anstrengung der Atemmuskulatur. Es besteht aus einer elastischen, einer resistiven und bei Air trapping auch aus einer PEEPi-Komponente
17.2.3 Klinik und Diagnostik der Dyspnoe Klinik
Wichtige klinische Hinweise für eine Belastung der Atemmuskulatur sind ein Anstieg der Atemfrequenz und ein Abfall des Atemzugvolumens. Es entsteht ein so genanntes „rapid shallow breathing“. Die Mechanismen der Entstehung dieses Atemmusters sind nicht vollständig aufgeklärt. In einigen Studien konnte
1469
nachgewiesen werden, dass die subjektive Empfindung der Atemnot vom Verhältnis des aktuellen zum maximal möglichen Pleuradruck (Pi/Pimax) abhängt. Erreicht also die Anstrengung der Atemmuskulatur einen hohen Prozentsatz der maximalen Atemmuskelkraft, so entsteht die subjektive Empfindung der Dyspnoe. Über afferente Sensoren wird zwecks Erhöhung der ventilatorischen Reserve und Verhinderung der Atemmuskelermüdung das Atemzugvolumen reduziert und die Atemfrequenz erhöht. Diesem Atemmuster folgen auch viele stabile hyperkapnische COPD-Patienten. Auf Intensivstationen stellt das Anwachsen der Atemfrequenz einen Hinweis für ein drohendes ventilatorisches Versagen dar. Der Quotient aus Atemfrequenz und Zugvolumen (f/VT = Rapid Shallow Breathing Index) ist daher ein Prädiktor für eine erfolgreiche Entwöhnung von der Beatmung. So konnte in einer prospektiven Studie gezeigt werden, dass Patienten mit einem Index über 100 (z. B. f >30/min, VT 70 cmH2O) ausgeschlossen werden, bei im Vergleich zu Normwerten deutlich eingeschränkten Werten ist jedoch eine Interpretation schwierig. Messung der Atemmuskellast
Als Maß für die Belastung der Atemmuskulatur wird meist die Atemarbeit als Produkt aus Druck und Volumen (W=PV) mit dem Druckvolumendiagramm gemessen. Bei zunehmender resistiver Atemarbeit wird dabei die Anstrengung der Atemmuskulatur aber deutlich unterschätzt. Aus diesem Grund hat sich zunehmend die Messung des „pressure time products“ (PTP) durchgesetzt. Das PTP ist die für ein entsprechendes Atemzugvolumen notwendige Drucknegativierung des Intrathorakaldruckes über die Inspirationszeit (s. Abb. 17.2-2) und kann mit einer Ösophagussonde monitiert werden. Das PTP reflektiert bei Spontanatmung und bei augmentierter Beatmung die Anstrengung der Atemmuskulatur und korreliert sehr gut mit dem Sauerstoffverbrauch derselben. Das PTP ist von resistiven und elastischen Eigenschaften des gesamten respiratorischen Systems, vom Atemzugvolumen, vom inspiratorischen Atemfluss und vom intrinsischen PEEP abhängig. Der Normwert beträgt 80–100 s.cm H2O/min. Es gibt Hinweise in der Literatur, dass Patienten mit einem PTP >388 s.cm H2O/min nicht erfolgreich von der Beatmung entwöhnt werden können. Wird das PTP bei augmentierter Beatmung durch Ösophagusdruckmessung monitiert, so kann die Auswirkung einer veränderten Respiratoreinstellung auf die Anstrengung der Atemmuskulatur dokumentiert werden.
generiert werden muss. Sie fanden, dass der so genannte „tension time index“ (TTIdi = Pdi/Pdimax Ti/Ttot) einen Indikator für eine drohende Atemmuskelermüdung darstellt. Diese droht, wenn der TTI >0,15 wird. Die Autoren konnten für ansteigende Tensiontime-Indizes die immer kürzer werdenden Zeiten bis zum Auftreten des ventilatorischen Versagens angeben. Der Tension-time-Index reflektiert das Verhältnis von Belastung und Pumpkapazität der Atemmuskulatur und ist ein Maß für Kraft und Ausdauerleistungsfähigkeit der Atemmuskulatur. Ein Monitoring des TTI während der Beatmungstherapie lässt daher die Beurteilung zu, ob eine ausreichende Atemunterstützung gewährleistet ist. Die Messung des Verhältnisses von Belastung und Pumpkapazität der Atemmuskulatur ist bei hochgradig dyspnoischen und schwer von der Beatmung entwöhnbaren Patienten für die Ermittlung des Zeitpunktes der Extubation von Bedeutung (Abb. 17.2-4). 17.2.4 Therapie der Dyspnoe
Die Therapie der Dyspnoe hängt von den ihr zugrunde liegenden Mechanismen ab. Bei Erkrankungen, die mit Atemnot einhergehen, ist meist der zentrale Atemantrieb erhöht und in Abhängigkeit von der intrinsischen mechanischen Belastung auch das Verhältnis der efferenten zentralmotorischen neuronalen Aktivität zur mechanischen Antwort des respiratorischen Systems in variabler Weise verändert. Daraus folgt, dass jede therapeutische Intervention, die den ventilatorischen Bedarf bzw. die mechanische Belastung der Atempumpe (im Verhältnis zur Pumpkapazität) verringert oder eine verringerte Atemmuskelkraft stärkt, die Atemnot infolge Verringerung der zentralnervösen Aktivität und der neuromechanischen Dissoziation bessert. Verringerung des zentralen Atemantriebs Sauerstofftherapie Die Sauerstofftherapie reduziert das Atem-
minutenvolumen durch Verringerung des Atemantriebes, der durch die peripheren Chemorezeptoren in Glomus caroticum und aorticum mediiert wird. Die Reduktion des Atemantriebes
Diagnostik der Atempumpe
Ermittlung des Verhältnisses von Belastung und Pumpkapazität der Atemmuskulatur
Eine Atemmuskelermüdung tritt auf, wenn der mittlere inspiratorische Druck (Pi) während jedes Atemzuges im Vergleich zur maximalen Atemmuskelkraft (Pimaxx) überproportional hoch wird. Ein Verhältnis von Pi/Pimaxx > 0,4 ist ein Indikator für eine drohende Atemmuskelermüdung und korreliert gut mit dem Empfinden der Dyspnoe. Bellamare und Grassino konnten zeigen, dass eine Atemmuskelermüdung auftritt, wenn von den Atemmuskeln eine im Verhältnis zur maximalen Atemmuskelkraft (Pdimax) erhöhte Intrathorakaldrucknegativierung (Pdi) über eine im Verhältnis zur gesamten Atemzyklusdauer verlängerte Inspirationszeit (Ti/Ttot)
Last PTP, Pi, WOB
Pumpkapazität MIP, Pimax, Twich Hoch (^) Extubation
Reduziert (¯) Verhältnis von Last-/Pumpkapazität Pi/Pimax, TTI zu hoch
normal, niedrig
Last reduzieren, Kapazität erhöhen
Extubation (evtl. NIPPV)
Abb. 17.2-4. Diagnostik der Atempumpe bei schwierig entwöhnbaren beatmeten Patienten
17.2 Dyspnoe
und in der Folge auch des Atemminutenvolumens sind die hauptsächlichen Mechanismen der Verringerung der Atemnot durch Sauerstoffgabe. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass in manchen Fällen auch eine Verringerung der Atemnot eintritt, ohne dass sich das Atemminutenvolumen wesentlich ändert, sodass zusätzliche Faktoren für die Wirksamkeit einer Sauerstofftherapie angenommen werden können. So kann Sauerstoff den Pulmonalarteriendruck senken und somit den afferenten Stimulus zum Atemzentrum reduzieren. Außerdem wird durch Sauerstoffgabe der Sauerstofftransport zur Atemmuskulatur angehoben. Dadurch wird die Funktion derselben verbessert, sodass für die jeweilige Ventilation ein geringerer efferenter Stimulus erforderlich wird. Infolge dieser Mechanismen kann bei akuter Hypoxämie durch eine kurzzeitige Sauerstoffgabe die Dyspnoe sowohl in Körperruhe als auch bei Belastung verringert werden. Die Sauerstoffgabe muss jedoch wegen Toxizität bei Überdosierung dem Bedarf adäquat dosiert werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Leistungsfähigkeit einzelner Organsysteme, also auch der Atemmuskulatur, von einer effektiven Sauerstoffversorgung abhängt. Dies wird durch einen adäquaten Sauerstofftransport (DO2), der das Produkt aus Herzzeitvolumen und Sauerstoffgehalt des arteriellen Blutes ist (DO2=HZV × CaO2), erreicht. Der Sauerstoffgehalt des arteriellen Blutes (CaO2) ist vom Hämoglobingehalt des Blutes, von der Sauerstoffsättigung und vom physikalisch gelösten Sauerstoff im Blut abhängig (CaO2 = Hb × 1,34 × SaO2+PaO2 × 0,0031). Unter der Voraussetzung eines normalen Herzzeitvolumens und eines normalen Hämoglobingehaltes ist die Sauerstoffversorgung vorwiegend von der Sauerstoffsättigung (SaO2) abhängig. Aufgrund der Besonderheit der Sauerstoffsättigungskurve ist bei hohen Sauerstoffpartialdrücken keine für die Sauerstoffversorgung relevante Erhöhung der Sauerstoffsättigung zu erwarten. Eine Überdosierung bewirkt daher keine Verbesserung des Sauerstofftransportes. Bei einem Sauerstoffpartialdruck 90% sowohl in Ruhe, bei Belastung als auch in der Nacht erreicht ist. Wichtige Symptome der chronischen respiratorischen Insuffizienz sind: Tagesmüdigkeit, Somnolenz während des Tages, Verringerung der intellektuellen Fähigkeiten, Ängstlichkeit, Depression, Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit und Atemnot. Diese Symptome sowie die Morbidität, verbunden mit wiederholten Krankenhausaufenthalten, werden durch die LTOT verringert. Verringerung des ventilatorischen Bedarfs Oftmals ist bei kardiopulmonalen Erkrankungen sowohl in Körperruhe als auch
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bei Belastung die Ventilation abnormal erhöht. Ein erhöhtes Atemminutenvolumen, ausgedrückt entweder als Absolutwert oder als Verhältnis zur maximalen ventilatorischen Kapazität, korreliert sehr stark mit der Empfindung der Atemnot. Der das Atemzentrum stimulierende Kohlendioxydpartialdruck (PaCO2) hängt von der CO2-Produktion (VCO2) und von der alveolären Ventilation (VA) ab (PaCO2 = VCO2/VA). Körperliches Training verbessert die aerobe Kapazität der Muskulatur und verringert die VCO2 bei Belastung. Kontrollierte Studien haben gezeigt, dass dadurch die hochgradige Belastungsdyspnoe auch bei fortgeschrittenen Erkrankungen verringert und die Belastungstoleranz verbessert wird. Kontrolliertes aerobes Training ist daher bei COPD-Patienten, die trotz optimaler pharmakologischer Therapie unter Atemnot leiden, eine wichtige rehabilitative Maßnahme. Pharmakologisch kann die Atemnot durch Opiate und Benzodiazepine beeinflusst werden. Diese Substanzen unterdrücken die ventilatorische Atemantwort auf Hypoxämie und Hyperkapnie. Soll die Spontanatmung der Patienten erhalten bleiben, sind gut dokumentierte Nebenwirkungen wie Verringerung der Atemmuskelkraft, hyperkapnisches ventilatorisches Versagen, Veränderung des mentalen Status und der Compliance, Schwindel, Erbrechen mit Aspiration sowie Atemstörungen während des Schlafes mit Desaturationen zu berücksichtigen. Diese Medikation wurde auch in Zusammenhang mit plötzlichen Asthmatodesfällen gebracht. Die Pharmaka sollten daher nur mit äußerster Vorsicht angewendet werden. Verringerung der mechanischen Belastung der Atempumpe Antiobstruktive Pharmakotherapie Hohe Atemwegswider-
stände verursachen eine Zunahme der resistiven Atemarbeit und somit der Atemnot. Die antiobstruktive Therapie hat einen akuten oder auch einen prophylaktischen Effekt auf eine Erhöhung der Atemwegswiderstände und ist daher oftmals imstande, die Empfindung der Dyspnoe zu lindern. Dafür stehen 4 wichtige Medikamentengruppen zur Verfügung: β2-Rezeptoragonisten, Anticholinergika, Glukokortikoide und Theophylline. Die kurz wirksamen β2-Rezeptoragonistenn gelten als Medikamente der ersten Wahl in der Behandlung des Status asthmaticus und bei dekompensierter COPD. Die bronchodilatatorische Wirkung tritt innerhalb weniger Minuten ein und dauert 4–6 h an. Die kardiovaskulären Nebenwirkungen sind geringer als bei Adrenalin, das neben β2- auch β1- und α-Rezeptoren stimuliert. Von den sehr häufig gebrauchten β2-Agonisten seien Salbutamol, Fenoterol und Terbutalin genannt, die in ihrer Wirksamkeit etwa äquivalent sind. Ein bronchodilatatorischer Effekt kann durch die inhalative, orale, subkutane und intravenöse Applikation erreicht werden. Selbst im Status asthmaticus ist die inhalative Applikationsform zu bevorzugen. Sie ist mit den geringsten Nebenwirkungen verbunden. Über einen Vernebler können hohe Dosen Salbutamol (2,5–10 mg/h) inhaliert werden. Vier Hübe aus einem Dosieraerosol (400 yg) sind ähnlich effektiv wie 2,5 mg über einen Vernebler. Bei intubierten
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Patienten werden 4- bis 6-mal 4 Hübe über eine „aerovent chamber“, die am Inspirationsschenkel des Respirators angebracht ist, inhaliert. Bei schwerer Dyskrinie ist die Wirkung der Inhalationen oftmals eingeschränkt. Es können dann 4-mal 0,5–1 Amp. (0,25–0,5 mg)/Tag subkutan appliziert werden. Die intravenöse Verabreichung ist kontrovers. In mehreren Studien hat sich die Inhalation eines β2-Agonisten als ebenso wirksam erwiesen, bei geringeren Nebenwirkungen. Nach parenteraler Applikation traten häufiger Nebenwirkungen wie Tachyarrhythmien, Muskeltremor, Hypokaliämie, Hyperglykämie und Abfall des Sauerstoffpartialdruckes auf. Ein Versuch ist aber berechtigt bei Patienten, die auf die inhalative Therapie nicht ansprechen. In diesen Fällen können 1 Amp. Salbutamol oder Terbutalin in 250 ml NaCl über 30 min infundiert werden (Salbutamol max. 3–20 yg/min, Terbutalin max. 1–5 yg/min). In Extremsituationen und bei Beatmungsschwierigkeiten kann ausnahmsweise auch 0,5–1 Amp. Adrenalin subkutan oder intravenös appliziert werden. Der bronchodilatatorische Effekt von Anticholinergika wie Ipratropiumbromid ist heute gut dokumentiert. Es wurden auch synergistische Wirkungen mit β2-Agonisten nachgewiesen, weshalb auch Kombinationspräparate am Markt sind. Der Wirkungseintritt erfolgt jedoch etwas verzögert, die Wirkungsdauer beträgt ebenfalls 4–6 h. Speziell bei COPD-Patienten sollte Ipratropiumbromid in hoher Dosierung angewendet werden. Bei diesen Patienten ist die Blockade der vagalen muskarinergen M1-, M2-, und M3-Rezeptoren von besonderer Bedeutung. Die optimale Dosis ist unklar, nach der üblichen Praxis wird das Medikament jedoch meist zu niedrig dosiert. Wegen der großen therapeutischen Breite und der geringen Nebenwirkungen empfehlen sich hohe Dosierungen. Zur Inhalation mit einem Vernebler werden 0,25–1,0 mg Ipratropiumbromid empfohlen. Mit einem Dosieraerosol können 6-mal 3–4 Hübe/Tag (20 yg/ Hub) über einen Spacer oder bei intubierten Patienten über eine „aerovent chamber“ inhaliert werden. Glukokortikoide haben ihren festen Platz in der Behandlung des Status asthmaticus. Neben der direkten antiinflammatorischen Wirkung gibt es zahlreiche Hinweise, dass nach Glukokortikoidapplikation eine Verbesserung des Ansprechens auf β2-Agonisten erzielt wird. Bei COPD ist die Gabe von Glukokortikoiden kontrovers. Bei akutem respiratorischem Versagen wird jedoch eine intravenöse Applikation oder eine perorale Medikation in ausschleichender Dosierung empfohlen. Kortikosteroide können inhalativ, oral oder intravenös angewendet werden. Die inhalative Applikationsform hat aber im Notfall keine Bedeutung. Die intravenöse Initialdosis beträgt 50–150 mg, die Therapie wird mit 4- bis 6-mal 40–60 mg/Tag fortgesetzt. Peroral können in morgendlicher Gabe initial 40–60 mg/Tag und danach in ausschleichender Dosierung appliziert werden. Theophylline haben im Vergleich zu β2-Agonisten eine deutlich schwächere bronchodilatatorische Wirkung. Diese ist dosisabhängig, im Serumkonzentrationsbereich zwischen 5 und 20 mg/l kommt es zu einer sukzessiven Verbesserung der bronchospasmolytischen Wirkung. Als zusätzlicher Effekt wird
ein positiv-inotroper Effekt auf die Atemmuskulatur beschrieben. Ein Nachteil der Theophylline ist ihre geringe therapeutische Breite. Nebenwirkungen wie Übelkeit, Schwindel, Erbrechen, Durchfall, Kopfschmerzen, Ängstlichkeit, Nervosität können bereits im therapeutischen Bereich oder bei nur geringer Überdosierung auftreten. Tachyarrhythmien und Konvulsionen treten oft bei Serumkonzentrationen von über 40 mg/l, selten sogar bereits bei 25 mg/l auf. Bei Theophyllin-Gabe sollten daher immer die Serumspiegel kontrolliert werden. Als Initialtherapie werden im Notfall intravenös 2,5–5 mg/kg KG/30 min gegeben, wenn keine Vorbehandlung mit Theophyllinen bestand. Die Erhaltungsdosis als Bypass beträgt 0,5–0,8 mg/kg KG/h. Beatmungstherapie Die teilweise oder vollständige Übernahme der inspiratorischen Atemarbeit durch die Beatmungstherapie hat das Ziel, eine Erholung der ermüdeten Atemmuskulatur zu ermöglichen, ein mögliches Pumpversagen zu verhindern und die Atemnot zu lindern. Dafür stehen verschiedene Beatmungsmodi zur Verfügung. Bei der Beatmung von Patienten mit Status asthmaticus oder COPD haben sich augmentierende Beatmungsverfahren wie „continuous positive airway pressure“ (CPAP), „inspiratory pressure support“ (IPS), „proportional assist ventilation“ (PAV) und kontrollierte Beatmungsverfahren (CMV) bewährt. CPAP verringert bei Patienten mit Asthma die nachteiligen hämodynamischen Effekte großer negativer Pleuradruckschwankungen mit Abfall des systolischen Blutdruckes in der Inspirationsphase (Pulsus paradoxus). Der wesentlichste Effekt von CPAP bei Asthma und COPD ist jedoch die Reduktion der inspiratorischen elastischen Atemarbeit, die durch den PEEPi verursacht wird. Bei Anwendung von CPAP wird die Druckdifferenz zwischen Alveolen und Mund in der frühen Inspirationsphase reduziert. Dadurch wird das inspiratorische „pressure time product“ infolge Reduktion seiner PEEPi-Komponente und somit die inspiratorische Anstrengung der Atemmuskulatur verringert (s. Abb. 17.2-2). Die Anwendung eines externen PEEP (PEEPe) in der Höhe des PEEPi führt bei unveränderten in- und exspiratorischen Atemflüssen zu einer Reduktion der dazu notwendigen Pleuradruckschwankungen und somit zu einer Verringerung der Anstrengung der Atemmuskulatur. Dieser positive Effekt von CPAP auf die Atemmuskulatur konnte in mehreren Studien gezeigt werden. Bei Anwendung von niedrigerem PEEP als PEEPi ist keine weitere Zunahme der Überblähung zu beobachten. Die Anwendung von höherem PEEP als PEEPi führt jedoch zu einer weiteren Zunahme des endexspiratorischen Lungenvolumens und ist daher infolge hämodynamischer Nebenwirkungen kontraproduktiv. Der angewendete PEEP muss daher sorgfältig dosiert werden und sollte den PEEPi nicht überschreiten. CPAP kann über eine Gesichts- oder Nasenmaske bei nichtintubierten Patienten angewendet werden. Die frühzeitige nichtinvasive Anwendung von CPAP hilft in vielen Fällen, die Intubation zu vermeiden. Obwohl CPAP die inspiratorische Atemarbeit aus den erwähnten Gründen zu reduzieren imstande ist,
17.2 Dyspnoe
wird dadurch die alveoläre Ventilation kurzfristig nicht verbessert. Um dies zu erreichen, müssen andere Beatmungsverfahren angewendet werden. IPS kann zur Verbesserung der alveolären Ventilation effektiv angewendet werden. Bei IPS wird dem Patienten ein inspiratorischer Fluss bis zu einem einstellbaren Atemwegsdruck angeboten. Bei Abfall des inspiratorischen Atemflusses unter eine bestimmte Grenze (bei den meisten Respiratoren unter 25% des inspiratorischen Spitzenflusses) stellt sich die Druckunterstützung ab und lässt den Patienten unbehindert ausatmen. Bei dieser Beatmungsform kontrolliert der Patient die Atemfrequenz, den inspiratorischen Atemfluss, die Inspirationsdauer, die Exspirationsdauer und das Atemzugvolumen, wobei Letzteres vom eingestellten Atemwegsdruck abhängen kann. Es konnte gezeigt werden, dass PSV bei Patienten mit Atemwegsobstruktion, in Abhängigkeit vom angewendeten Atemwegsdruck, die Atemarbeit, die transdiaphragmalen Drücke und die elektromyographische Aktivität des Zwerchfells signifikant reduziert. Bei geringerer Anstrengung der Atemmuskulatur ist so eine Verbesserung der Blutgase und der respiratorischen Azidose möglich. Da PSV vom Patienten getriggert werden muss, kann bei hohen PEEPi eine Patienten-Ventilator-Asynchronie entstehen. Da ein inspiratorischer Atemfluss bei Vorhandensein eines PEEPi erst nach Überwindung desselben zustande kommt, ist die effektive Triggersensitivität die Summe aus PEEPi und Triggersensitivität des Ventilators. Bei dynamischer Überblähung und hohem PEEPi reicht daher die von den Atemmuskeln generierte Pleuradrucknegativierung manchmal nicht aus, die Druckunterstützung des Ventilators zu triggern. Die Triggerarbeit des Patienten kann durch die Gabe eines PEEP in der Höhe des PEEPi verringert werden. PSV kann auch nichtinvasiv über Nasen- oder Gesichtsmasken erfolgreich angewendet werden. PAV ist eine jüngst entwickelte Beatmungsform, bei der ein Atemwegsdruck in Proportion zur Anstrengung der Atemmuskulatur appliziert wird. Der Respirator übernimmt einen einstellbaren prozentuellen Anteil der resistiven Atemarbeit („flow assist“) und der elastischen Atemarbeit („volume assist“). Der inspiratorische Flow und das inspiratorische Volumen werden in Millisekundenintervallen gemessen und der Atemwegsdruck in einstellbarer Proportion dazu als „flow assist“ oder „volume assist“ appliziert. Das neurale Timing der Atmung bleibt dabei vollständig erhalten. Der Ventilator passt sich an die Eigenatmung des Patienten an, sodass eine Patienten-Ventilator-Asynchronie kaum möglich ist. Es konnte gezeigt werden, dass nach hyperkapnischer Stimulation des Atemantriebes die adäquate Erhöhung von Atemminutenvolumen und Atemzugvolumen bei PAV im Vergleich zu PSV mit geringerer Anstrengung der Atemmuskulatur verbunden ist. Erste Studien über die nichtinvasive Anwendung von PAV beim akuten respiratorischen Versagen liegen vor. PAV war in der Lage, die mittels Borg-Scale dokumentierte Atemnot deutlich zu lindern. Die Intubation und CMV sollten bei COPD oder Status asthmaticus durch rechtzeitige Einleitung einer antiobstruktiven
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Therapie und Durchführung der nichtinvasiven Beatmung vermieden werden. Eine Indikation zur Intubation und kontrollierten Beatmung besteht bei Verschlechterung des mentalen Status und mangelnder Mitarbeit, bei klinischen Zeichen einer progredienten Atemmuskelermüdung, bei progredienter Verschlechterung der Blutgasparameter und der respiratorischen Azidose, bei lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen und bei Hypopnoe bzw. Apnoe. Während CMV ist die Spontanatmung des Patienten meist durch Sedierung ausgeschaltet, es wird die gesamte Ventilation und somit die Atemarbeit von der Maschine übernommen, Dyspnoe besteht daher nicht mehr. Die Beatmung erfolgt meist druck- und/oder volumengesteuert. Normalerweise wird ein Atemzugvolumen von 6–10 ml/kg KG und eine Atemfrequenz von 6–12/min gewählt. Das eingestellte Atemmuster sowie die Anwendung von PEEP sind vom jeweiligen Lungenzustand und von der Atemmechanik des Patienten abhängig. Infolge der exspiratorischen Atemflussbehinderung sowohl bei Asthma als auch bei COPD ist ein Atemzeitverhältnis mit langen Exspirationszeiten erforderlich. Bei spontanatmenden Patienten kommen kontrollierende Modi meist als „Backup-Ventilation“, zum Beispiel bei nächtlichen Apnoephasen, zum Einsatz. Verbesserung der Atemmuskelfunktion
Es besteht ein nachgewiesener Zusammenhang zwischen einer „weakness“ oder einer Ermüdung der Atemmuskulatur und der Dyspnoe. Wenn der Druck, der von den Atemmuskeln generiert werden muss, sich dem maximal möglichen Druck nähert, nimmt die Atemnot zu. Eine Verbesserung der Pumpkapazität durch Training verringert daher die Dyspnoe. Dies kann durch ergometrische Belastung oder durch spezifisches inspiratorisches Atemmuskeltraining erreicht werden. Es gibt Hinweise in der Literatur, dass inspiratorisches Atemmuskeltraining mit Atmung über vorgeschaltete Resistances die Intensität der Atemnot verringert. In diesem Zusammenhang ist auch auf eine adäquate Ernährung hinzuweisen. 30–50 Prozent der COPD-Patienten sind untergewichtig. Ein verringertes Körpergewicht ist mit verringerter Zwerchfellmasse, verringerter Faserdicke der Interkostalmuskeln und des Sternocleidomastoideus und daher mit geringerer Kraft beziehungsweise Ausdauerleistungsfähigkeit assoziiert. Es konnte gezeigt werden, dass enterale und parenterale Ernährung insbesondere die Behebung von Elektrolytstoffwechselstörungen (z. B. Hypophosphatämie, Hypomagnesämie) die Atemmuskelfunktion verbessert. Die Funktion der Atemmuskulatur wird auch durch eine Verbesserung der Atemmechanik gestärkt. Jede bereits besprochene Intervention wie antiobstruktive Pharmakotherapie oder eine Beatmungstherapie, die die dynamische Überblähung reduziert, wird die Atemmuskulatur entlasten und die Atemnot lindern. Zu erwähnen sind auch volumenreduzierende chirurgische Verfahren beim Lungenemphysem, mit dem Ziel, durch Verkleinerung des Lungenvolumens die Länge-Spannungs-Beziehung des Zwerchfelles und somit seine Kontraktilität zu verbessern.
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Anpassung des Verhaltens an die Dyspnoe
Ein vollständiger Therapieplan muss auch berücksichtigen, dass Atemnot die Psyche und das Verhalten der Patienten beeinflusst. Therapieresistente Dyspnoe führt sehr oft zu einem Verlust der Motivation und zu einer weiteren Verringerung der Mobilität. Therapeutische Maßnahmen sollten daher nicht nur hinsichtlich des funktionellen Status, sondern auch hinsichtlich des subjektiven Befindens beurteilt werden. Bei der Verordnung einer Heimsauerstoff- oder einer Heimbeatmungstherapie müssen Faktoren wie Selbstwertgefühl, Eitelkeit und Selbstachtung berücksichtigt werden. Der Patient ist durch seine Erkrankung und den dadurch veränderten Lebensbedingungen oftmals gezwungen, seine Erwartungen und Beiträge hinsichtlich seines sozialen Umfeldes zu ändern. Die dadurch veränderten sozialen Beziehungen zu Familie, Arbeitswelt etc. sind in therapeutische Überlegungen einzubeziehen. Intakte soziale Beziehungen können speziell bei hochgradiger Symptomatik zur Linderung beitragen. Bei terminaler Dyspnoe sollte durch großzügigen Einsatz von Opiaten ein größtmöglicher Komfort gewährleistet werden.
Jubran A, Tobin MJ (1997) Pathophysiologic basis of acute respiratory distress in patients who fail a trial of weaning from mechanical ventilation. Am J Respir Crit Care Med 155: 906 Killian KJ, Jones NL (1988) Respiratory muscles and dyspnea. Clin Chest Med 9: 237 Killian KJ, Summers E, Jones NL, Campbell EJM (1992) Dyspnea and leg effort during incremental cycle ergometry. Am Rev Respir Dis 145: 1339 Lane R, Cockcroft A, Adams L, Guz A (1987) Arterial oxygen saturation and breathlessness in patients with chronic obstructive airway disease. Clin Sci 72: 693 Mahler DA, Harver A, Lentine T et al. (1996) Descriptors of breathlessness in cardiorespiratory diseases. Am J Respir Crit Care Med 154: 1357 Mahler DA, Rosiello R, Harver A et al. (1987) Comparison of clinical dyspnea ratings and psychological measurements of respiratory sensation in obstructive pulmonary disease. Am Rev Respir Dis 135: 1229 Petrof BJ, Legare M, Goldberg P, Milic-Emili J, Gottfried SB (1990) Continuous positive airway pressure reduces work of breathing and dyspnea during weaning from mechanical ventilation in severe chronic obstructive pulmonary disease. Am Rev Respir Dis 141: 281 Wassermann K, Cassaburi R (1988) Dyspnea: Physiological and pathophysiological mechanisms. Ann Rev Med 39: 503 Widdicombe JG (1982) Pulmonary and respiratory tract receptors. J Exp Biol 100:41
17.3 Koma Evvidenz der Therap pieemp pfeehlungen bei Dysspnoe und COPD Emp pfeehlungsstärkee Sauerstoffffttherapie A Antiobstrukttivvvee Pharmako otherapie Anticholinergika A A β2-Aggonisten Gluko oko ortiko oide ivvv.. A (bei akutem resp. Veersagen) inh. Gluko oko ortiko oide B (bei chron. resp. Veersagen) Theophyyyllline A Nichtinvvasivvvee Beatmung A (bei akutem resp. Veersagen) Nichtinvvasivvvee Beatmung D (bei chron. resp. Veersagen) dosiertes Ergometertraining A spezifiisches Attemmuskeeltraining B Beeinfllussung des Veerhaltens A inkll. Raucherentw wöhnung Lungenvvvo olumen reduzierende Operationen C Lungentransplantation C
Literatur Altose MD, Cherniack NS, Fishman AP (1985) Respiratory sensations and dyspnea. J Appl Physiol 58: 1051 Altose MD, Cherniack NS (1981) Respiratory sensation and respiratory muscle activity. Adv Physiol Sci 10: 111 Bellamare F, Grassino A (1982) Effect of pressure and timing of contraction on human diaphragm fatigue. J Appl Physiol 53: 1190 Borg G (1973) Perceived exertion: A note on „history“ and methods. Med Sci Sports 5: 90 Campbell EJM, Howell JBL (1962) The sensation of breathlessness. Br Med Bull 19: 36 Celli BR (1995) Pulmonary rehabilitation in patients with COPD. Am J Respir Crit Care Med 152: 861 Howell JBL, Campbell EJM (eds) (1966) Breathlessness. Blackwell Scientific Publications, London
Wilfried Lang
17.3.1 Einleitung
„Koma“ ist klinisch definiert als Zustand, in dem ein Patient weder durch Ansprache noch durch Schmerzreize weckbar ist. Weckbarkeit wird als vorhanden betrachtet, wenn die Augen auf den Reiz hin geöffnet werden. Das Öffnen der Augen gilt als Zeichen von Wachheit, von Zuwendung der Aufmerksamkeit zur Außenwelt. Ein Zustand der Wachheit wird als Voraussetzung für die bewusst-kontrollierte Verarbeitung von Informationen betrachtet, ob sie nun aus Umgebung, Körper oder Erinnerung stammen. 17.3.2 Pathophysiologie
Die Formatio reticularis im Bereich von Pons (Brücke) und Mesenzephalon (Mittelhirn), Anteile des Thalamus (im Dienzephalon, Zwischenhirn) und weite Bereiche der Hirnrinde (Kortex) sowie die Bahnverbindungen bilden ein Netzwerk zur Steuerung und Aufrechterhaltung von Wachheit und Bewusstheit. Die Unterbrechung des Netzwerks an einer Stelle kann ein komatöses Zustandsbild verursachen. Die schädigenden Mechanismen sind vielfältig: eine Zerstörung von Neuronen (z. B. infolge eines Traumas, einer Blutung oder einer Ischämie mit einem Abfall der Perfusion unter einen bestimmten Grenzwert), eine Beeinträchtigung des Funktionsstoffwechsels von Neuronen (bei Hypoxie, Ischämie in begrenztem Ausmaß, metabolische Beeinträchtigung des Energiestoffwechsels) oder eine Störung der „Kommunikation“ der Nervenzellen über eine Beeinträchtigung der Elektrogenese der Information
17.3 Koma
oder der synaptischen Übertragung (z. B. Intoxikationen, metabolische Enzephalopathien → Hypothese der Bildung falscher Transmitter). Diese schädigenden Mechanismen sind entweder lokalisiert (z. B. pontine Blutung, beidseitiger paramedianer Thalamusinfarkt, Vitamin-B1-Mangel → periventrikuläre, thalamomesenzephale Nekrosen, „Hirnstammenzephalitis“) oder global (globale Hypoxie/Ischämie, Hypoxie, hepatische Enzephalopathie). Zusätzlich zur Gefährdung des Betroffenen durch die strukturelle und funktionelle Schädigungen des ZNS kommt es zur Lebensgefahr durch Atemwegsverlegung und Aspiration.
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Tabelle 17.3-1. Klassifizierung der Komaursachen nach dem Zeitdruck (nach D. Seidler) Zeitdruck
Metabolische Ursachen
Vergiftung
Neurologische Ursachen
Hoch
Hypoxie, Hypoglykämie
In Resorption; Antagonisierung möglich
Transtentorielle Herniation (jeder Ursache), zerebrale Ischämie (Thrombolyse?); zerebelläre Blutung; bakterielle Meningitis
Mittel
Hyperglykämie, Hyperkapnie, Elektrolytentgleisung Sonstige
Maximale Symptomatik
Subarachnoidalblutung; behandelbare virale Enzephalitis
In Elimination
–
Gering
17.3.3 Diagnostik
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Erste Maßnahme: Überprüfen/Sichern und Überwachen der Vitalfunktionen
Die Sicherung der Vitalfunktionen ist die Grundlage der Erstversorgung, und entspricht den allgemeinen Regeln der Erstversorgung. Besonderes Augenmerk erfordert das Freihalten der Atemwege, zumindest durch Seitlagerung, wenn notwendig durch Intubation, auch bei Bewusstseinstrübung mit bekannter Ursache und guter Prognose wie bei Vorliegen einer Alkoholintoxikation. Symptome der Ateminsuffizienz, Störungen der Atemrhythmik, Gefahr der Aspiration oder Hinweise auf stattgefundene Aspiration erfordern Intubation und Respiratortherapie. Bei Personen ohne gezielte Schmerzabwehr ist die Gefahr einer Aspiration gegeben. Im Rahmen der ersten Maßnahmen erfolgt eine Beurteilung und ein Monitoring von Blutdruck und Puls. Bei Hinweisen auf eine kardiale oder respiratorische Insuffizienz ist eine weitere Abklärung (Blutgase, CK, CK-MB, Troponin-T) notwendig. Strategie der Diagnostik
Nach Stabilisierung der Vitalfunktionen richtet sich die weitere Diagnostik danach, rasch den maximalen therapeutischen Nutzen zu erzielen. Tabelle 17.3-1 klassifiziert die verschiedenen Ursachen des Komas nach dem Zeitdruck, der für Diagnostik und Therapie besteht. Beispielsweise sollte eine einfach zu erkennende und rasch behandelbare Ursache wie die Hypoglykämie entsprechend rasch erkannt und durch Gabe von Glukose (50–125 ml Glukose 40% i.v.) behandelt werden. Hier ist die Behandlung bereits präklinisch möglich. Bei begründetem Verdacht auf das Vorliegen einer Intoxikation mit einem Opiat oder Benzodiazepin sollte rasch eine entsprechende Antagonisierung versucht werden (Naloxon 0,4–2,0 mg i.v. bzw. Flumazenil 0,5 mg i.v.). Die neurologische Abklärung wird sich auf das Vorliegen solcher Ursachen konzentrieren, die nur in engen zeitlichen Grenzen behandelbar sind (Beispiel: Thrombolyse beim ischämischen Schlaganfall) oder eine rasch zunehmende Schädigung des Gehirns bedeuten und effektiv behandelt werden können (operative Dekompression bei transtentorieller Herniation infolge epi- oder subduralem Hämatom; Ventrikel-
drainage ggf. mit operativer Dekompression bei zerebellärer Blutung mit Kompression des Hirnstamms und Hydrozephalus; Meningitis). Keinesfalls darf sich die Diagnostik und Therapie nach einem Prinzip der ungünstigsten Möglichkeit („worst case“) oder nach dem (Nicht-)Vorhandensein diagnostischer Methoden richten. Wesentlich für eine rasche Abklärung ist auch, dass rasch nach zwei Richtungen gesucht wird: einerseits nach Hinweisen auf eine Intoxikation oder auf eine metabolische Ursache, andererseits nach einer primär zerebralen Ursache. Die Stabilisierung der Vitalfunktionen ist dabei stets vorrangig. Demographie, Zeitverlauf und Grundund Begleiterkrankung, Anamnese
Demographische Daten, Angaben über den Zeitverlauf bei der Entwicklung des Komas sowie Grund- und Begleiterkrankungen sind ein Wegweiser in der Differentialdiagnostik (Tabelle 17.3-2). Angaben über das Akutereignis durch Anwesende sind ebenso wichtig wie über Grund- und Begleiterkrankungen sowie das soziale Umfeld durch nahe stehende Personen. Ein Fehlen der Informationen kann nur durch einen hohen Aufwand an Diagnostik wieder ausgeglichen werden. Diagnostik und Therapie einer primär zerebralen Ursache
Der neurologischen Untersuchung kommt eine wesentliche Bedeutung zu. Die Ergebnisse der Untersuchung legen die Komatiefe fest, weisen auf den Ort der Schädigung und – zusammen mit Anamnese, Zeitverlauf und Symptomen bei der Entwicklung des Komas – auf die Ätiologie hin. Die Ergebnisse der neurologischen Untersuchung (Status) beeinflussen den Ablauf der weitergehenden Diagnostik, der Bildgebung und der Liquordiagnostik. Die Komatiefe wird über die Art der Schmerzreaktion festgelegt. Der applizierte Schmerzreiz darf zu keiner Hautverletzung führen. Es eignet sich daher beispielsweise der Druck auf den Fingernagel (s. Übersicht).
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Angaben Demographie Ältere Menschen Jugendliche
bel llee 17.3-2. Taab 17.3 2.. Angaben zu möglichen Ursachen eines Komas
Mögliche Komaursache Metabolische Ursachen; Intoxikationen; chronisch subdurales Hämatom Intoxikationen (Medikamente, Drogen); Meningitis; postiktaler Dämmerzustand; Subarachnoidalblutung; Hirnvenenthrombose; metabolische Ursachen (Diabetes)
Zeitintervall zwischen ersten Symptomen und Bewusstseinsverlust Sekunden Vaskuläre Ursachen: Subarachnoidalblutung; Basilaristhrombose; Blutung (Hirnstamm/Zerebellum), Z. n. Herzstillstand Stunden Meningitis/Enzephalitis; Intoxikation; metabolische Ursachen Grund- und Begleiterkrankungen Alkoholkrankheit Alkoholintoxikation; chronisch subdurales Hämatom; metabolisches Koma (hepatisches Koma, Hypoglykämie), postiktaler Dämmerzustand, Meningitis/Enzephalitis Diabetes mellitus Hypoglykämie, ketoazidotisches Koma Malignom, Immunsuppression
Primärer Hirntumor, Metastase, sekundäre vaskuläre Störungen (Infektion, Sepsis, Chemotherapie), metabolisch (Elektrolyte, Hypoglykämie); Meningitis/Enzephalitis, ernährungsbedingt (Vitamin B1, B12), paraneoplastisch (limbische Enzephalitis, Anfälle)
Komatiefe • Grad I:
Prompte, ausgiebige und gerichtete Reaktion des stimulierten Körperabschnitts • Grad II: Träge, wenig ausgiebige, aber gerichtete Reaktion • Grad III: Keine gezielte Schmerzreaktion, sondern stereotype Automatismen mit (a) Beugung der oberen Extremitäten/Streckung der unteren Extremitäten bei Intaktheit von Nucleus ruber (Mesenzephalon und Nucleus vestibularis (Pons) oder (b) Streckung der oberen und unteren Extremitäten bei Ausfall des Nucleus ruber und Intaktheit des Nucleus vestibularis) • Grad IV: Fehlende Schmerzreaktion
Die neurologische Untersuchung ermöglicht eine ätiopathogenetisch ausgerichtete Klassifikation des Komas (siehe Übersicht). Klinisch-neurologische Leitsyndrome • Koma mit Verletzungszeichen im Kopfbereich • Koma mit Zeichen einer meningealen Reizung • Koma mit neurologischen Herdzeichen - Hirnstammzeichen - Halbseitensyndrom (mit erhaltenen Hirnstammreflexen) - Tetraparese • Koma ohne Meningismus/ohne Herdzeichen und negativer CCT • Koma mit Hinweisen auf einen epileptischen Anfall • Psychogenes Koma
subduralen Hämatoms zum komaverursachenden Faktor werden. Angaben des Rettungspersonals über den Auffindungsort ergeben weitere Hinweise auf das mögliche Vorhandensein eines Schädel-Hirn-Traumas. Koma mit meningealer Reizung Die Nackensteifigkeit (Me-
ningismus) wird bei passivem Anheben des Kopfes durch einen plötzlich (ruckartig) auftretenden Widerstand erkannt. Passive Drehungen des Kopfes nach rechts und links sind auch bei ausgeprägtem Meningismus möglich. Neben dem Widerstand bei passiver Flexion des Kopfes können folgende Zeichen beobachtet werden: mimische Schmerzreaktion, Abwehr, Anziehen der Beine (Brudzinski-Zeichen). Das Prüfen weiterer Zeichen, wie des Kernig-Zeichens (passives Anheben der gestreckten Beine führt zur Beugung in den Kniegelenken), ist wenig gebräuchlich. Wichtig ist, dass der Meningismus bei tiefem Koma nicht vorhanden sein muss, obwohl eine meningeale Reizung besteht.
Perakute Entwicklung des Koma Bei „schlagartig“ aufgetretenem Koma mit meningealen Zeichen ist eine Subarachnoidalblutung (SAB) wahrscheinlich. Bei einer SAB, die schwer genug war, um ein Koma zu bewirken, gelingt stets der Nachweis des Bluts im Subarachnoidalraum mittels CCT. Ein Meningismus kann allerdings bei dramatischen, apoplektiformen VerlaufsKoma mit Verletzungszeichen im Kopfbereich Auch wenn formen oft erst verzögert feststellbar sein oder fehlen. Eine Lumder Patient/die Patientin mit Koma unklarer Ursache und somit balpunktion ist bei positivem CCT kontraindiziert. Eine bestehende ohne expliziten Hinweis auf eine traumatische Schädigung Hypertonie muss bereits bei Verdacht (noch vor dem Nachweis des Gehirns eingeliefert wird, sollte der Kopf auf Prellmarken un- im CCT) behandelt werden. Es sollte der Blutdruck normalisiert tersucht werden. Stürze können sich beispielsweise im Rahmen werden. Etwaige Gerinnungsstörungen müssen beachtet und ggf. eines akuten zerebrovaskulären Ereignisses, einer Alkohol- behandelt werden. Im weiteren Verlauf ist auf eine Verschiebung intoxikation oder eines epileptischen Anfalls ereignen. Sie müssen der komaverursachenden Faktoren zu achten: Entwicklung nicht notwendigerweise die primäre Ursache des Komas sein, eines Hydrozephalus, Rezidivblutung, Ischämie bei Vasospasmus, können aber sekundär durch Ausbildung eines epiduralen oder Hyponatriämie (SIADH).
17.3 Koma
Entwicklung des Komas über Stunden Meningismus, Status
febrilis sowie eine Entwicklung des Komas innerhalb von Stunden sprechen für das Vorliegen einer bakteriellen (eitrigen) Meningitis. Bei Verdacht auf erhöhten intrakraniellen Druck (Koma, insbesondere auch bei zusätzlich vorhandenen Herdzeichen) muss der Lumbalpunktion eine bildgebende Diagnostik vorausgehen. In diesem Fall wird ein Erregernachweis zunächst über Blutkultur und Rachenspülflüssigkeitskultur angestrebt. Es erfolgt (noch vor der Bildgebung) eine empirische Antibiotikatherapie, die sich nach Alter sowie Grund- und Begleiterkrankung richtet (Tabellen 17.3-3 und 17.3-4). Ergibt sich aus der Bildgebung (CCT evtl. mit intravenöser Kontrastmittelapplikation) keine Gefahr für eine transtentorielle Herniation (Einklemmung) bei spinaler Liquorabnahme, so wird diese bei liegendem Patienten (evtl. Kopftieflage) durchgeführt. Sollten Zeichen einer transtentoriellen Herniation (z. B. plötzliche Zunahme der Pupillenweite) auftreten, werden eine Osmotherapie (z. B. 100 ml 20% Mannit i.c.) verabreicht und der Kopf tiefgelagert. Es erfolgt eine Auswertung nach Zellzahl, Einweiß, Glukose (Vergleich Liquor – Serum), Gramfärbung und Liquorkultur. Findet sich in der CCT eine Raumforderung (z. B. Hirnabszess), erfolgen eine neurochirurgische und HNO-Untersuchungen und ggf. eine Intervention. Je nach den Ergebnissen von CCT (z. B. Hirnabszess), Liquordiagnostik (Gramfärbung oder Antigentest) sowie Begleit- und Grunderkrankungen (z. B. Endokarditis, Otitis, Immunsuppression) wird im weiteren Verlauf eine gezieltere Antibiotikatherapie angestrebt. Wesentlich im Verlauf ist die Beachtung von Komplikationen, die mit einer Verschiebung der komaverursachenden Faktoren einhergehen können (disseminierte intravasale Koagulopathie, Schock, Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion, Hirnödem, zerebrale Krampfan-
Tabelle 17.3-3. Empirische Antibiotikatherapie (nach Schmutzhard 2000) Alter
Antibiotische Therapie
Erreger
3 Monate bis 18 Jahre
Penicillin G oder Cefotaxim/ Ceftriaxon
>18 Jahre
Penicillin G oder Cefotaxim/ Ceftriaxon Ampicillin + Cefotaxim/Ceftriaxon
Neisseria meningitidis, Streptococcus peumoniae, Haemophilus influenzae Neisseria meningitidis, Streptococcus pneumoniae Streptococcus pneumoniae, Listerien, Neisseria meningitidis, gramnegative Stäbchen
>50 Jahre
Tabelle 17.3-4. Dosierung der antibiotischen Therapie Erwachsene (Tagesdo- Kinder (Tagedosis in sis und Dosierungsin- mg/kg KG und Dosierungsintervall) tervall) Cefotaxim Ceftriaxon Penicillin G
6–12 g (8 h) 2–4 g (24 h) 20–40 Mio E (4 h)
200 (6 h) 80–100 (24 h) 250.000 E (4 h)
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fälle, Hydrozephalus, zerebrale Ischämie, septische Sinusvenenthrombose). Entwicklung des Komas über Tage Die tuberkulöse Meningitis
hat eine langsamere Entwicklung, meist über Wochen. Ein Syndrom aus Nackensteife, Hirnnervenausfällen, fluktuierenden vaskulitischen Herdzeichen und Hydrozephalus mit Bewusstseinstrübung muss an eine tuberkulöse Meningitis denken lassen. Es bestehen im Liquor eine lymphozytäre Pleozytose (100–500 Zellen/µl), eine ausgeprägte Störung der Blut-Liquor-Schranke und eine Verminderung von Glukose im Liquor. Die Tbc-PCR hat eine Sensitivität von 50–85%. Im MRT können meningeale Kontrastmittelanreicherungen zur Diagnose führen. Koma mit neurologischen Herdzeichen Die Untersuchung
nach Herdzeichen sollte rasch durchgeführt werden, um für den nächsten diagnostischen Schritt, die bildgebende Diagnostik, wenig Zeit zu verlieren. Parallel zur Untersuchung erfolgt die Vorbereitung des Patienten/der Patientin für den Transport. Hirnstammzeichen Untersucht werden: die spontane Posi-
tion und Bewegungen beider Augen, Pupillenweite und Lichtreaktion, zervikookulärer Reflex (auch als „okulozephaler Reflex“ bezeichnet) und die Atmung. Dyskonjugierte Stellungen der Augen sind bei komatösen Patienten häufig, da die Bulbi nach Wegfall der Fixation in eine Ruhelage gehen, die divergent sein kann (z. B. auch beim latenten Schielen). Ausgeprägte Fehlstellungen (>20°) können Zeichen einer infra- oder supranukleären Störung der Okulomotorik sein. Besteht zusätzlich eine einseitige Mydriasis (mit fehlender oder abgeschwächter Lichtreaktion), so liegt in der Regel eine Okulomotoriusparese vor. Die einseitige Okulomotoriusparese entsteht entweder durch eine Verletzung im peripheren Verlauf (Kompression im Bereich der Klivuskante) oder im Rahmen einer einseitigen transtentoriellen Herniation. Beidseitig weite Pupillen mit fehlender oder abgeschwächter Lichtreaktion werden nach Hypoxämie, epileptischem Anfall, Hypothermie, Vergiftungen mit Medikamenten (insbesondere trizyklische Antidepressiva) oder einer akuten, beidseitigen Schädigung des Mesenzephalon gefunden. Akut im Rahmen des Komas aufgetretene einseitige oder beidseitige enge Pupillen (Miosis) sind Folge einer ein- oder beidseitigen Ponsläsion bzw. einer Opiatvergiftung. Bei komatösen Patienten mit erhaltenen Hirnstammfunktionen kommt es bei passiven Kopfbewegungen zu einer konjugierten Augenbewegung zur Gegenseite (zervikookulärer Reflex). Hirnstammverletzungen bewirken in der Regel eine vollständige oder teilweise (z. B. Abduktion eines Auges, fehlende Adduktion des anderen Auges) Beeinträchtigung des Reflexbogens. Der horizontale zervikookuläre Reflex ist bei Läsionen in der Pons, der vertikale bei mesenzephalen Läsionen fehlend oder beeinträchtigt. Bei Schädigung des Hirnstamms (Mesenzephalon, Pons) kann eine Hyperventilation als Zeichen der zentralen Enthemmung von Reflexmechanismen im Hirnstamm oder Atempausen (Apneusis)
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17 Notfälle
auftreten. Bei Läsion der Medulla oblongata ist die Atmung ataktisch, eine primäre und isolierte Schädigung dieser Struktur führt aber nicht zum Koma (sondern zu einem Locked-in-Syndrom).
akuten (vetrebro-)basilären Verschlusses, einer pontomesenzephalen Blutung oder einer Kleinhirnblutung mit akuter Hirnstammkompression und/oder Liquorabflussstörungen.
Halbseitensyndrom Zeichen einer Hemiparese (-plegie) sind: halbseitige Verminderung der spontanen und/oder der schmerzinduzierten Bewegungen, Außenrotation des plegischen Beins, positives Babinski-Zeichen (sehr früh nachweisbar). Das Halbseitensyndrom (ohne Hirnstammzeichen) weist auf eine Verletzung der gegenüberliegenden Hirnhälfte hin. In der Regel besteht zusätzlich eine konjugierte Blickdeviation zur Seite der Hirnläsion. Ereignet sich im Bereich der Hirnläsion ein (fokaler) epileptischer Anfall, dann wenden sich die Augen zur Gegenseite (d. h. zur gelähmten Körperhälfte). Eine solche Beobachtung ist bedeutend, da sie den epileptischen Anfall erkennen lässt, der ansonsten verborgen bleibt, da sich die plegische Muskulatur nicht kontrahiert. Gelegentlich finden sich aber noch diskrete Muskelzuckungen. Bei Hinweis auf das Vorliegen eines epileptischen Anfallsgeschehens werden eine antikonvulsive Therapie und Prophylaxe eingeleitet. Ein Sistieren der Muskelzuckungen beim komatösen Patienten bedeutet nicht unbedingt ein Sistieren der epileptischen Aktivität, sondern kann Ausdruck eines nichtkonvulsiven Status sein. Es wäre möglich, den nichtkonvulsiven (fokalen) Status epilepticus im EEG nachzuweisen. Hierzu besteht aber in diesem Stadium der Diagnostik keine Zeit, das EEG sollte jedoch bei Verdacht zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden. Eine antikonvulsive Therapie und Prophylaxe werden auch eingeleitet, wenn fremdanamnestisch ein Anfallsgeschehen beim Akutereignis berichtet wird.
Mit positiver CCT Die kraniale Computertomographie ermöglicht
Antikonvulsive Therapie beim Status epilepticus (nach Baumgartner 2001) 1. Maßnahme – Diazepam (10–20 mg i.v. – 5 mg/min) oder – Clonazepam (1–2 mg i.v. – 0,5 mg/min) oder – Lorazepam (4–8 mg i.v. – 2 mg/min) oder – Midazolam (5–10 mg i.v. – 2,5 mg/min) 2. Maßnahme (bei Anfallsunterbrechung und bei Weiterbestehen der Anfälle) – Anfallsprophylaxe mit Fosphenytoin (15–20 mg PE/kg i.v. – 150 mg/min) oder – Anfallsprophylaxe mit Phenytoin 3. Maßnahme (bei Weiterbestehen der Anfälle) – Zusätzliche Gabe von Fosphenytoin (5–10 mg PE/kg i.v. – 150 mg/min) 4. Maßnahme (bei Weiterbestehen der Anfälle) – Eventuell Versuch mit Valproinsäure (15–20 mg/kg i.v.) oder – Intubation – Narkose (mit Thiopental oder Propofol oder Midazolam)
Tetraparese (-plegie) Eine Tetraparese (-plegie) sollte klinisch erkannt werden. In der Regel besteht ein schlaffer Muskeltonus an den oberen und unteren Extremitäten. Das Babinski-Zeichen (Dorsalextension der Großzehe beim Bestreichen des lateralen Fußrands) ist bereits in der Akutsituation beidseits positiv. Koma, Hirnstammzeichen und Tetraparese (-plegie) sind immer Folge einer schweren Schädigung des Hirnstamms, z. B. infolge eines
den Nachweis von Blutungen (intrazerebral, epidural, subdural, subarachnoidal mit zusätzlichem intrakraniellem Hämatom), Tumoren, Abszessen. Indirekte Zeichen wie ein hyperdenses Gefäßzeichen, Hypodensitäten oder lokale Schwellungen deuten auf eine Ischämie hin. Gemeinsam mit dem klinischen Bild kann der Verschluss einer Hirnarterie wie der A. cerebri media oder der A. basilaris diagnostiziert werden. Bei entsprechender Sicherheit in der Beurteilung des klinischen Bildes und Erfahrung kann die Thrombolyse, intraarteriell oder intravenös, eingeleitet werden. Die intravenöse (systemische) Thrombolyse (s. folgende Übersicht) des ischämischen Schlaganfalls wurde für Europa innerhalb eines Zeitfensters von 3 h zugelassen, wenn keine Kontraindikationen vorliegen. Die intraarterielle Thrombolyse erfolgt im Einzelfall bzw. im Rahmen von Studien mit Zustimmung der Ethikkommission. Das Vorhandensein einer Kleinhirnblutung mit Koma infolge von Hirnstammkompression und Hydrozephalus erfordert eine sofortige neurochirurgische Intervention (Dekompression im Bereich der hinteren Schädelgrube und/oder externe Liquordrainage). Epi- und subdurale Hämatome mit Koma infolge transtentorieller Herniation erfordern ebenso eine sofortige operative Dekompression. Eine möglicherweise vorhandene Gerinnungsstörung sollte nach Möglichkeit ausgeglichen werden (z. B. Gabe der Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren bei oraler Antikoagulation). Beim Vorhandensein von Gerinnungsstörungen sollte der meist deutlich erhöhte Blutdruck unter einen Bereich von RR syst. 200/110 mmHg langsam gesenkt. Systemische Thrombolyse (nach Adams et al. 1996) • • • • • • • • • • • • • • • • • •
Voraussetzungen: Intensivmedizinische Erfahrung, Stroke unit Klinische Ausschlusskriterien orale Antikoagulation Verwendung von Heparin in den letzten 24 h mit Verlängerung der aPTT Thrombozyten unter 100.000/mm3 Schlaganfall oder ein schweres Schädel-Hirn-Trauma c in den letzten 3 Monaten Größere Operation innerhalb der letzten 14 Tage RR syst. >185 mmHg bzw. RR diast. >110 mmHg bei Behandlungsbeginn Rasche Rückbildung der neurologischen Ausfallssymptomatik Isolierte, gering ausgeprägte Symptome wie Dysarthrie, Ataxie, Sensibilitätsstörung Geringe Schwäche Frühere, intrazerebrale Blutung BZ >400 mg/dl; BZ 90%; Ausgleich von Elektrolytstörung • Normalisierung des Herzrhythmus: antiarrhythmische Therapie, Elektrotherapie • Maximalisierung von Vorlast und Nachlast: kristalloide Lösungen bzw. Vasodilatanzien und Diuretika je nach hämodynamischen Befunden. Bei Diuretikaresistenz eventuell Hämofiltration • Verminderung des Sauerstoffbedarfs durch Reduktion der Atemarbeit mithilfe einer Maskenbeatmung (cPAP). Gleichzeitig führt dies auch zu einer Verbesserung der Oxygenation und Ventilation und über eine Senkung der Vorlast und Nachlast auch zu einer Verbesserung der Herzfunktion • Verbesserung der systolischen Funktion: Gabe von Katecholaminen, intraaortale Ballonpumpe • Verbesserung der Koronarperfusion: Thrombolyse, Angioplastie, Chirurgie, intraaortale Ballonpumpe • Metabolische Modulation durch Gabe von Glukose-InsulinKalium: 50 IE Altinsulin plus 80 mval Kaliumchlorid in 1000 ml 25%iger Glukoselösung werden in einer Infusionsrate von 1,5 ml/kg KG über 24 h infundiert • Therapie mechanischer Störungen: Perikardpunktion, Chirurgie
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Therapie Vorrangiges Ziel ist die Beseitigung der schockaus-
lösenden Ursache, wenngleich dies nur in seltenen Fällen wirklich möglich sein wird: Herzrhythmusstörungen (siehe dazu auch Kap. 13.1): Bei Kammerflimmern-/flattern Normalisierung des Rhythmus durch Defibrillation eventuell unter Sedierung mit 5 mg Midazolam i.v. Bei symptomatischem AV-Block III bzw. Bradykardie ohne Atropin-Effekt Setzen einer temporären Schrittmachersonde mit externem Pacing (Tabelle 17.4-2). Perikardtamponade: Die Diagnose erfolgt durch das Herzecho, die Therapie der Wahl ist die Punktion, wobei hier entweder der subxiphoidale Weg gewählt wird oder aber, falls durch eine massive Lebervergrößerung dieser Weg nicht zugänglich ist, der transthorakale Zugang. Es sollte hier der Drainagekatheter mehrere Öffnungen aufweisen, um eine Okklusion zu verhindern. Der Katheter bleibt in der Regel mindestens 24 h liegen. Ist die Ursache eine Perikardruptur, muss eine operative Sanierung versucht werden. Herzinfarkt (siehe auch Kap. 13.6): Eine Verbesserung der Koronardurchblutung kann durch eine Thrombolyse erzielt werden. Die Effektivität einer Lyse ist allerdings bei Patienten mit kardiogenem Schock deutlich geringer als bei nicht schockierten Patienten. Durch den zusätzlichen Einsatz einer intraaortalen Ballonpumpe kann die Wirkung verbessert und die Letalität gesenkt werden. Als effektivste Methode der Wiedereröffnung von Koronargefäßen wird die Angioplastie angesehen. Auch hier spielt der Zeitfaktor für die Effektivität eine entscheidende Rolle. Als sinnvolles Vorgehen sollte eine primäre Stabilisierung v. a. in Krankenhäusern ohne Katheterlabor durch eine intraaortale Ballonpumpe erfolgen. Je nach Möglichkeit sollte dann versucht werden, entweder durch eine Angioplastie oder, falls dies nicht möglich ist, durch eine Lyse eine Wiedereröffnung zu erzielen. Da trotz einer mechanischen Wiedereröffnung des verschlossenen Koronargefäßes das Schockgeschehen oft trotzdem nicht beherrschbar ist, dürften auch zelluläre Funktionsstörungen eine Rolle spielen. So konnte durch Gabe von Glukose-Insulin-Kalium in Pilotstudien über eine metabolische Modulation eine weitere Verbesserung der Herzfunktion erzielt werden. Die Ergebnisse großer prospektiver Studien stehen aber auch hierfür noch aus. Als Ultima Ratio er-
AV-Block I Mobitz I ohne symptomatischer Bradykardie Mobitz II mit symptomatischer Bradykardie AV-Block III bei Hinterwandinfarkt asymptomatisch symptomatisch Vorderwandinfarkt mit breiten Kammerkomplexen Neuer Linksschenkelblock Neuer Rechtsschenkelblock mit LAHB oder RAHB Linksschenkelblock oder Rechtsschenkelblock mit LAHB oder RAHB und Mobitz II oder AV III Symptomatische Bradykardie ohne Atropin-Effekt
scheint jedoch der Einsatz der Glukose-Insulin-Kalium-Lösung bei diesen Patienten gerechtfertigt. Allgemeine Therapiemaßnahmen Volumentherapie: Vor allem bei vorwiegender Rechtsherzinsuffizienz kann durch eine adäquate Volumentherapie eine Verbesserung der Herzleistung erzielt werden. Die Steuerung der Volumentherapie muss hier in der Regel invasiv durch Bestimmung der Füllungsdrücke (PCWP) erfolgen. Dabei ist zu beachten, dass bei einer zu massiven Volumengabe über eine Erhöhung des rechtsventrikulären enddiastolischen Druckes die Perfusion des rechten Ventrikels in kritische Bereiche absinken kann. Hier muss durch Gabe von Vasokonstriktoren über Anhebung des mittleren Aortendruckes der Perfusionsdruck angehoben werden. Sauerstoffinsufflation, Beatmung: Eine Sauerstoffinsufflation ist obligat. Durch das Lungenödem kommt es zu einer massiven Zunahme der Atemarbeit und damit auch des Sauerstoffbedarfes. Durch eine nicht invasive Beatmung über Nasen- oder Gesichtsmaske kann sowohl diese Atemarbeit verringert als auch die Oxygenation sehr rasch gebessert werden. Unklar ist bislang, ob hier der CPAP-Beatmung der Vorzug gegenüber einer druckunterstützten Beatmung gegeben werden soll. Bei Patienten mit Myokardinfarkt und Lungenödem konnten unterdruckunterstützenden Beatmungsformen ungünstige Effekte beobachtet werden, sodass bei diesen Patienten derzeit der CPAP-Beatmung der Vorzug gegeben wird. Die hierfür sinnvollen PEEP-Werte bewegen sich zu Beginn um 5–7 mmHg und sollten allmählich auf 10–15 mmgHg gesteigert werden. Positiv-inotrope Substanzen: Bei Patienten mit ausreichendem intravaskulärem Volumen und inadäquater Gewebeperfusion muss eine Verbesserung der Herzauswurfleistung durch positiv-inotrope Substanzen versucht werden. Dobutamin wirkt hierbei über b1-Rezeptoren-Stimulation positiv inotrop, wobei in niedrigen und mittleren Dosen (bis 6–8 µg/kg/min) die Herzfrequenz nur geringgradig ansteigt. Durch die b2-Wirkung kommt es zu einem Abfall des peripheren Gefäßwiderstandes, sodass diese Substanz nur bei einem systolischen Blutdruck über 80 mmHg eingesetzt werden sollte. Eine Kombination mit einer peripher vasokonstriktorisch wirkenden Substanz wie Noradrenalin (5–20 µg/min) ist bei systolischen Blutdruckwerten
Temporärer PM
Permanenter PM
Nein Nein ++
Nein Nein Möglicherweise
+ ++ ++ + Nein ++
Nein Möglicherweise ++ Nein Nein ++
++
Wahrscheinlich
Taab be l llee 17.4-2. 17.4 2.. Indikation zur Schrittmachertherapie bei Herzinfarkt
17.4 Schock
≤ 80 mmHg indiziert. An relevanten Nebenwirkungen sind neben dem Blutdruckabfall vor allem die Induktion von Rhythmusstörungen zu erwarten. Dopamin hat einen gegenüber Noradrenalin ungünstigeren Effekt auf den myokardialen Sauerstoffverbrauch und sollte daher, wenn überhaupt, nur in Kombination mit Dobutamin in niedrigen Dosierungen (bis 3–5 µg/kg/min) eingesetzt werden. Phosphodieterasehemmer (Amrinone, Milrinone, Enoximon) habe positiv-inotrope und vasodilatorische Effekte ähnlich dem Dobutamin. Da diese Substanzen nicht über β-Rezeptoren wirken, können sie bei Katecholaminresistenz im Rahmen einer Down-Regulation der β-Rezeptoren in Kombination mit Katecholaminen erfolgreich eingesetzt werden. Levosimendan ist ein neuer Calcium Sensitizer, der die myokardiale Kontraktilität verbessert ohne den myokardialen Sauerstoffbedarf zu erhöhen. In einer kontrollierten Studie gegen Dobutam konnte durch Levosimendan (24 µg/kg/min als Bolus über 10 Minuten, gefolgt von einer kontinuierlichen Infusion von 0.1 µg/kg/min über 24 Stunden) die 180 Tage Mortalität von Patienten mit Lowoutput-Herzinsuffizienz signifikant verbessert werden. Vasodilatoren wie Nitroglyzerin führen über eine Abnahme der Füllungsdrücke zu einer Verbesserung der Koronarperfusion und über eine Abnahme des Pulmonalkapillardruckes zur einer Abnahme eines hydrostatischen Lungenödems. Zu beachten ist hier aber, dass auch der arterielle Druck und damit Perfusionsdruck absinken kann, wodurch eventuell das Schockgeschehen verstärkt wird. Diuretikaa sind in der Regel im Schock aufgrund der massiv eingeschränkten Nierendurchblutung nicht mehr wirksam. Bei noch aufrechterhaltener Nierendurchblutung führen sie über eine Abnahme des Blutvolumens zu einer Abnahme des Lungenödems. Durch eine kontinuierliche Hämofiltration kann bei Diuretikaresistenz eine Normalisierung des Blutvolumens und Besserung eines Lungenödems erzielt werden.
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Sofortreaktion auf eine IgE-vermittelte Antigenantikörperreaktion. Es werden hierbei gefäßaktive Mediatorsubstanzen wie Histamin, Serotonin, Bradykinin u. Ä. in großer Menge durch Aktivierung von Mastzellen und basophilen Granulozyten freigesetzt. Die Symptome entwickeln sich in der Regel sehr rasch. Frühsymptome können ein perorales Kribbeln, pelzige Zunge oder Pruritus sein, gefolgt von einem generalisiertem Erythem oder Urtikaria. Der Blutdruck fällt sehr rasch ab, die Haut wird zyanotisch und der Patient verliert innerhalb kürzester Zeit das Bewusstsein. In ca. 50% tritt eine asthmoide Symptomatik auf. Therapie des anaphylaktischen Schocks • • • • •
Unterbrechung der Allergenzufuhr Adrenalin 0,05–2 mg i.v. gefolgt von 0,5 mg/h Prednisolon 500 mg i.v. Kristalloide Lösungen Sauerstoffinsufflation
Therapie Primäres Ziel ist die sofortige Unterbrechung der
Allergenzufuhr. Die effektivste medikamentöse Therapie stellt die intravenöse Gabe von Adrenalin (0,05–0,2 mg verdünnt) langsam unter Puls- und Blutdruckkontrolle dar. In der Regel ist eine kontinuierliche Gabe von Adrenalin in niedriger Dosis in den folgenden 30–60 min noch notwendig. Als zusätzliche Therapiemaßnahme sind 500 mg Prednisolon intravenös zu verabreichen. Aufgrund der mediatorbedingten Vasodilation kommt es zu einer relativen Hypovolämie, die am besten mit der Gabe einer kristalloiden Lösung (500 ml innerhalb von 20 min) ausgeglichen werden kann. Eine weitere flankierende Maßnahme stellt die Sauerstoffinsufflation dar, die Gabe von Antihistaminika bringt keinerlei Verbesserung des Zustandsbildes. Verbrennungsschock
Anaphylaktischer Schock
Der anaphylaktische Schock ist die schwerste Form einer anaphylaktischen Reaktion (Tabelle 17.4-3). Er entsteht als Tabelle 17.4-3. Stadieneinteilung und Symptomatik anaphylaktisch anaphylaktoider Sofortreaktionen Stadium
Symptomatik
0 1
Lokal begrenzte kutane Reaktion Leichte Allgemeinreaktion: Flush, gen. Urtikaria, Pruritus, Schleimhautreaktionen, Unruhe, Kopfschmerz Ausgeprägte Allgemeinreaktion: Blutdruckregulationsstörung, Tachykardie, leichte Luftnot mit beginnendem Bronchospasmus, Stuhl- und Urindrang Bedrohliche Allgemeinreaktion: Schock, Bronchospasmus mit bedrohlicher Dyspnoe, Bewusstseinstrübung, Stuhl- und Urinabgang Atem-/Kreislaufstillstand
2
3
4
Verbrennungsflächen haben einen extrem hohen Flüssigkeitsverlust (ca. 4 l/m2 Wundfläche pro Tag), daher kommt es im Rahmen einer Verbrennung sehr rasch zu einer massiven Hypovolämie und bei fehlender Substitution zum Schock. Das Ausmaß der Flüssigkeitssubstitution richtet sich zum einen nach der Größe der Verbrennungsfläche – am einfachsten berechnet nach der 9er-Regel (Kopf 9%, Rumpf 49 = 36%, Arm 9%, Bein 29 = 18%) –, zum anderen nach der Schwere der Verbrennung (s. Übersicht), drittens nach der Ausdehnung. Schweregradeinteilung der Verbrennung 1. Grad: Rot, trocken und schmerzhaft 2. Grad: a) Rot, feucht, Blasenbildung, schmerzhaft b) Grau, feucht, weniger schmerzhaft 3. Grad: Gelb-braun-schwarz, trocken, schmerzlos
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17 Notfälle
Die Notfalltherapie (s. Übersicht) bei Verbrennungen umfasst als Erstmaßnahme die Besprühung der verbrannten Stellen ausgiebig mit kaltem Wasser bereits am Unfallort. Durch die Verbrennung kommt es zu Flüssigkeitsverlusten aus dem Intravasalraum, die umgehend primär mit kristalloiden Lösungen ersetzt werden müssen. Daneben muss rasch eine adäquate Schmerztherapie erfolgen. Je nach Schweregrad müssen in der Folge chirurgische Maßnahmen erfolgen. Vorgehen bei Verbrennung • Erstmaßnahme am Unfallort: kaltes Wasser auf alle verbrannten Stellen. • Volumenersatz, z. B. nach der Ludwigshafener Formel: In den ersten 4 Stunden: ml = Verbrennung (%)kg KG; d. h. bei einem 80 kg schweren Patienten wären bei einer 30%igen Verbrennung 2400 ml einer kristalloiden Lösung in den ersten 4 h zu infundieren. In den folgenden 4 h, danach in den nächsten 8 h, ist am ersten Tag pro Periode dieselbe Menge zu infundieren. • Analgetika: Ketalar 1 mg/kg i.v. in Kombination mit Benzodiazepinen • Lokaltherapie: Waschen z. B. mit Cetavlon, Schutz vor mikrobieller Besiedelung, Escharotomie, eventuell Fasziotomie, Nekrosotomie • Tetanusprophylaxe • Stressulkusprophylaxe mit Sucralfat oder H2-Blocker • Keine Antibiotika prophylaktisch • Bei schwerem Inhalationstrauma frühzeitig Intubation, Bronchialtoilette und Beatmung • Bei Myolyse Harn alkalisch halten
Neurogener Schock
Ein Tonusverlust von Arteriolen und Venolen kann durch Versagen der sympathischen Gefäßinnervation im Rahmen einer Schädigung bulbärer Kreislaufzentren entstehen. Über afferente Irritationen sind, z. B. bei intraabdominalen Perforationen und Zerrungen im Splanchnikusgebiet, reflektorisch ein Abfall des peripheren Gefäßwiderstandes mit Abnahme der Herzfrequenz und ein akutes Kreislaufversagen möglich. Der Schock kann sich hierbei je nach Ursache rasch oder langsam entwickeln, wobei bei Reizung des N. vagus eine Bradykardie, sonst eine Tachykardie zu beobachten ist. Therapie Die Therapie besteht in der Volumensubstitution
und dem Einsatz von Vasopressoren zur Normalisierung des Gefäßtonus.
Evvidenz der Therap pieemp pfeehlungen Evvidenzgrad Therap pie des septisch hen Sch hock ks Vo olumentherapie I-b Vaasopressoren II-b Enterale Ernährung II-a Akkkttivviertes Protein C II-b Therap pie des kardiogenen Sch hock ks O2-Gab be IV Normalisierung des I-b Herzrhyyytthmus Normalisierung vo on Vo or- und I-a Nachlast Beatmung mit CPA AP II-a Veerbesserung der I-a Ko oronarperfu usion mit Thromb bolyyysse, Angioplastie, IABP Metab bolische Modulation II-a Therap pie des anap phyyyllak kttisch k hen Sch hock ks Un nterbrechung der I-b Alllergenzufu uhr Ad drenalin I-b Prednisolon I-b Kristalloide Lösungen I-b
Emp pfeehlungsstärkee A C B C C A A B A C A A A A
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17.5 Abdominelle Notfälle
17.5 Abdominelle Notfälle Christian Madl
17.5.1 Fulminantes Leberversagen (s. auch Kap. 10.10) Einleitung
Trey und Davidson definierten 1970 das „fulminante Leberversagen“ als schwere, akut auftretende, potentiell reversible Leberzellschädigung mit Auftreten einer hepatischen Enzephalopathie innerhalb 8 Wochen nach Beginn der ersten klinischen hepatalen Symptomatik ohne präexistierende symptomatische Lebererkrankung. 1993 wurde von O’Grady, Schalm und Williams eine genauere Einteilung des fulminanten Leberversagens definiert: Intervall: Beginn Ikterus – Beginn Enzephalopathie • Hyperakutes Leberversagen: 0–7 Tage • Akutes Leberversagen: 8–28 Tage • Subakutes Leberversagen: 29–72 Tage
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Die Mortalität des fulminanten Leberversagens beträgt in Abhängigkeit von der Ätiologie unter ausschließlich konservativer Therapie 50–90%. Patienten mit Amanita-Intoxikation haben eine wesentlich günstigere Prognose und überleben unter konservativer Therapie zu 80%. Die Prognose von Patienten mit viraler Hepatitis ist hingegen deutlich schlechter. Lediglich 33% überleben unter konservativer Therapie. Die Mortalität von Patienten mit kryptogener Ätiologie wird in der Literatur mit über 90% angegeben und weist somit die deutlich schlechteste Prognose auf. Neben der Ätiologie ist das Ausmaß der hepatischen Enzephalopathie der wichtigste prädiktive Parameter. Die Überlebensrate bei Patienten, die lediglich eine milde Enzephalopathie aufweisen, beträgt beinahe 90%, während nur ca. 10–20% mit schwerer hepatischer Enzephalopathie (Coma hepaticum, Grad IV) ohne Lebertransplantation überleben. Die Todesursache konzentriert sich bei Patienten mit fulminantem Leberversagen auf zwei wesentliche Komplikationen: Zwei Drittel aller Patienten versterben am diffusen Hirnödem mit konsekutiver zerebraler Herniation, 25% an den Folgen einer nosokomialen Infektion im therapierefraktären septischen Schock mit Multiorganversagen. Therapie Lebertransplantation Mit der Einführung der orthotopen
Diese Subtypen unterscheiden sich wesentlich in der klinischen Manifestation (z. B. Hirnödem bei hyperakutem und akutem Leberversagen häufig, bei subakutem Leberversagen selten; Inzidenz von Infektionen bei hyperakuter Form niedrig, jedoch bei subakuter Form sehr hoch) und in der Prognose (spontane Leberzellregeneration bei hyperakuter Form häufig, bei subakuter Form selten; Mortalität 64% bei hyperakuter Form und 86% bei akuter bzw. subakuter Form). Die Inzidenz des fulminanten Leberversagens beträgt in den USA etwa 27 Fälle/1.000.000 Einwohner/Jahr. Ätiologie und Prognose
Die Ätiologie des fulminanten Leberversagens weist große geographische Unterschiede auf. Während in England die Paracetamol-Intoxikation mit 50–70% mit Abstand die häufigste Ursache des fulminanten Leberversagens darstellt, ist in Indien mit bis zu 60% die akute Hepatitis E die häufigste Ursache. Im deutschsprachigen Raum sind in ca. 25% eine akute virale Hepatitis (v. a. akute Hepatitis B, aber auch Hepatitis A, C, E, Herpes simplex, Zytomegalie, Parvovirus), in 25% eine medikamentös-toxische Ursache (Paracetamol, Tuberkulostatika, Ecstasy, Antiepileptika, Antibiotika und idiosynkratische Medikamentenreaktionen), in 20% eine Knollenblätterpilzintoxikation und in 10% andere Ursachen (hepatale Lymphominfiltration, akuter Morbus Wilson, akute Autoimmunhepatitis, Budd-ChiariSyndrom, hypoxisch-ischämisches Leberversagen, Hyperthermie, HELLP-Syndrom) ätiologisch für ein fulminantes Leberversagen verantwortlich. Trotz intensiver Analysen und Einführung modernster Labortechniken bleibt in ca. 20% die Ursache des Leberversagens unklar.
Lebertransplantation als therapeutische Option konnte die Mortalität des fulminanten Leberversagens auf 20–40% gesenkt werden. Dennoch gilt als vorrangiges Ziel der Intensivtherapie die konservative Reversibilität des Leberversagens und seiner Komplikationen und damit primär die Vermeidung der orthotopen Lebertransplantation. Eine adäquate supportive Therapie ermöglicht bei jedem zweiten Patienten mit fulminantem Leberversagen eine spontane Regeneration der Leberfunktion mit konsekutiver vollständiger Genesung. Bei Versagen der konservativen Therapiemöglichkeiten beziehungsweise bei fehlender spontaner Regeneration der Leber gilt es den richtigen Zeitpunkt für eine Lebertransplantation zu bestimmen. Die Nachteile einer Lebertransplantation wie lebenslange immunsuppressive Therapie, Operationsrisiko, postoperative Komplikationen sowie die hohen Kosten müssen einer Restitutio ad integrum bei spontaner Regeneration der Leber gegenübergestellt werden. Internationalen Schätzungen zufolge werden beinahe 20% aller Patienten mit fulminantem Leberversagen zu früh und somit unnötig transplantiert. Seit 1989 sind die King’s-College-Kriterien für die Indikation zur Lebertransplantation international akzeptiert.
King’s-College-Kriterien für die Indikation zur Lebertransplantation • Leberversagen bei Paracetamol-Intoxikation: – Arterieller pH 100 s (INR >7) – Enzephalopathiegrad III/IV – Serumkreatinin >3,4 mg/dl
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1492
17 Notfälle
• Leberversagen anderer Ätiologie: – Prothrombinzeit >100 s (INR >7) unabhängig vom Enzephalopathiegrad oder drei der folgenden Kriterien: – Non-A-non-E-Hepatitis (kryptogen), Halothan, idiosynkratische Medikamentenreaktion – Alter unter 10 Jahre oder über 40 Jahre – Interval Beginn Ikterus – Beginn Enzephalopathie >7 Tage – Prothrombinzeit >50 s (INR >3,5) – Serumbilirubin >17,4 mg/dl
In Frankreich werden die Clichy-Kriterien bei fulminanter Virushepatitis zur Indikationsstellung einer Lebertransplantation herangezogen. Demnach werden Patienten mit hepatischer Enzephalopathie Grad III/IV und einem Faktor V unter 20% bei Patienten unter 30 Jahren bzw. Faktor V unter 30% bei Patienten über 30 Jahren für eine Lebertransplantation gemeldet. Weitere ungünstige prognostische Kriterien sind ein durch CT bestimmtes Lebervolumen 145 µmol/l) bei akutem Leberversagen korreliert mit der Wahrscheinlichkeit einer zerebralen Herniation (Sensitivität von 100%, Spezifität von 73% für eine konsekutive zerebrale Herniation). Lediglich nichtionisierter (freier) Ammoniak kann die Blut-Hirn-Schranke durchdringen und somit neurotoxisch wirken. Bei einer Alkalose ist der Anteil an freiem Ammoniak und damit dessen Toxizität erhöht. Eine kontinuierliche Hirndrucküberwachung sollte bei Patienten mit Grad III oder IV der hepatischen Enzephalopathie und Indikation für eine Transplantation durch eine intrakranielle Hirndrucksonde erfolgen. Bei ca. 80% der komatösen Patienten, die mit einer ICP-Sonde überwacht werden, kommt es zum Auftreten von Episoden eines erhöhten Hirndruckes und eines verminderten zerebralen Perfusionsdruckes. Eine retrospektive Studie zeigte, dass Patienten, die mittels einer kontinuierlichen
17.5 Abdominelle Notfälle
Hirndrucksonde überwacht worden sind, signifikant länger leben, die Mortalität jedoch im Vergleich zu Patienten ohne Hirndrucksonde nicht gesenkt werden konnte. Eine kranielle Computertomographie zur Diagnose eines Hirnödems weißt eine geringe Sensitivität auf. Neben der ICP-Messung sind die Messung der evozierten Potentiale und die transkranielle Dopplersonographie als nichtinvasives zerebrales Monitoring sinnvoll. Die Therapie eines erhöhten intrakraniellen Hirndruckes sollte bei guter Nierenfunktion und einer Serumosmolalität 6 cm) mit schweren systemischen Allgemeinsymptomen definiert ist. Die diagnostischen Kriterien des toxischen Megakolons beinhalten neben der radiologischen Diagnose einer Kolondilatation verschiedene systemische Allgemeinsymptome einer akuten T Toxizität.
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17 Notfälle
oder Antidepressiva, Absetzen oder Dosisänderung einer Kortisonoder Mesalazin-Therapie bei entzündlicher Darmerkrankung so• Radiologische Zeichen einer Dilatation des Kolons (>6 cm) wie Einläufe mit Barium oder eine Kolonoskopie sind häufig prädis• Mindestens 3 der folgenden Kriterien: – Fieber >38 °C ponierende Faktoren für die Entwicklung eines toxischen – Herzfrequenz >120/min Megakolons. Bei der klinisch-physikalischen Untersuchung des – Anämie – Neutrophile Granulozyten >10,5 G/l Abdomens weist der Patient eine abdominelle Distension und Ab• Mindestens eines der folgenden Kriterien: wehrspannung häufig mit Zeichen einer lokalen oder diffusen Pe– Dehydration – Eingeschränkte Bewusstseinslage ritonitis auf. Tachykardie, Hypotonie, Fieber, Verwirrtheit und – Elektrolytstörungen eingeschränkte Bewusstseinslage sind Zeichen systemischer – Hypotension Allgemeinsymptome. Aufgrund der akuten abdominellen Situation und der bestehenden Durchfälle kommt es zur ausgeprägten Dehydration mit Hypovolämie. Laborchemisch weisen die Patienten Ätiologie und Pathogenese Das toxische Megakolon ist primär eine Komplikation einer zugrun- häufig eine Leukozytose mit Linksverschiebung im Differentialblutde liegenden idiopathischen entzündlichen Darmerkrankung bild, eine Anämie, erhöhte Akutphaseproteine (C-reaktives Protein), (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa). Differentialdiagnostisch können Elektrolytstörungen mit ausgeprägter Hypokaliämie und Hypojedoch verschiedene bakterielle, virale oder parasitäre infektiöse albuminämie auf. Die Diagnose eines toxischen Megakolons Kolitiden sowie ischämische Kolitiden für die Entstehung eines to- muss bei allen Patienten mit abdomineller Distension und chroxischen Megakolons verantwortlich sein (s. folgende Übersicht). nischer oder akuter Diarrhö in Erwägung gezogen werden. Zur Pathogenetisch ist eine Ausdehnung des inflammatorischen Ge- Diagnosestellung ist neben der klinischen Symptomatik das Abschehens der Kolitis auf die glatte Muskulatur der Darmwand mit domenleerröntgen in 2 Ebenen unumgänglich. Dabei zeigen konsekutiver toxischer Paralyse der glatten Muskelzellen durch sich v. a. das Colon ascendens und das Colon transversum deutFreisetzung von proteolytischen Enzymen, Zytokinen und Stick- lich dilatiert (>6 cm) mit multiplen Flüssigkeitsspiegeln und einer oxid (NO) und Schädigung des Plexus myentericus für die Ent- Abnahme bzw. Aufhebung der Haustrierung. Die Sonographie des stehung des toxischen Megakolons verantwortlich. Das Ausmaß Darms sowie die Computertomographie stellen zusätzliche diagder Kolondilatation korreliert mit dem Ausmaß der Darm- nostische radiologische Verfahren dar. Stuhlkulturen ermöglichen wandinflammation und Ulzeration. Histologisch ist das toxische eine Differentialdiagnose infektiöser Kolitiden. Eine Kolonoskopie Megakolon neben der zugrunde liegenden Erkrankung durch kann ebenfalls zur Differentialdiagnose der zugrunde liegenden eine akute Inflammation der Darmwand mit akuter Degeneration Erkrankung hilfreich sein, birgt jedoch bei massiver Kolonder Myozyten, nekrotischen Arealen und Bildung infiltrativen dilatation eine erhöhte Perforationsgefahr. Granulationsgewebe mit Histiozyten, neutrophilen Granulozyten, Lymphozyten und Plasmazellen charakterisiert. Therapie Das primäre therapeutische Ziel ist die Therapie der zugrunde liegenden Kolitis, um damit eine Reduktion der entzündlichen Erkrankungen, die mit der Entwicklung eines toxischen MegaKolonveränderungen und eine Normalisierung der Kolonmotilität kolons assoziiert sind zu erreichen. Ein primär konservatives Therapiekonzept vermeidet • Inflammatorische Darmerkrankungen: – Colitis ulcerosa bei mehr als 50% aller Patienten mit toxischem Megakolon eine – Morbus Crohn chirurgische Intervention. Eine chirurgische Begutachtung sollte • Infektiöse Kolitis: – Bakteriell: Pseudomembranöse Kolitis (Clostridium diffijedoch von Beginn der Diagnosestellung an regelmäßig erfolgen. cile), typhoide und nichttyphoide Salmonellose, Shigellose, Patienten mit toxischem Megakolon sollten monitiert und Campylobacter, Yersiniose – Viral: Zytomegalieviruskolitis, selbstlimitierende Kolitis engmaschig überwacht werden. Dehydration und Elektrolyt(Kultur negativ) störungen, v. a. schwere Hypokaliämien, verschlechtern die – Parasitär: Entamoeba histolytica, Kryptosporidiose • Ischämische Kolitis Kolonmotilität und sollten daher bereits initial mit kristalloider • Kolitis nach Methotrexat-Therapie Flüssigkeitssubstitution aggressiv behandelt und ausgeglichen werden. Neben einer initial strengen Nahrungskarenz führt das Legen einer Magensonde zur gastrointestinalen Dekompression. Bei bereits bestehender Malnutrition ist der Beginn mit einer kontiKlinik und Diagnostik Bis zu 30% aller Patienten mit idiopathischer entzündlicher Darm- nuierlichen parenteralen Ernährung zielführend. Motilitätserkrankung entwickeln ein toxisches Megakolon innerhalb 3 Mo- hemmende Medikamente (Opiate, Narkotika, Anticholinergika) nate nach Diagnosestellung und ca. 60% aller Fälle mit toxischem sollten abgesetzt werden. Wenn eine gastrointestinale Obstruktion Megakolon treten innerhalb der ersten 3 Jahre nach Diagnose- ausgeschlossen werden kann, kann eine Therapie mit Neostigmin stellung auf. Anamnestisch sind häufig 1–2 Wochen vor dem Auf- (2 mg intravenös als Kurzinfusion) zu einer Abnahme der Kolontreten eines toxischen Megakolons schwere blutige Diarrhö dilatation führen. Als schwerwiegende Nebenwirkungen einer erhebbar. Eine Therapie mit Opioiden, Anticholinergika, Loperamid Neostigmin-Therapie sind jedoch Herzrhythmusstörungen (v. a. Diagnostische Kriterien des toxischen Megakolons
17.5 Abdominelle Notfälle
Bradykardien) und Ischämien des Kolons mit konsekutiver Hemikolektomie beschrieben. Eine kolonoskopische Dekompression mit anschließender rechtsseitiger Kolonsonde kann ebenfalls den Kolondurchmesser reduzieren. Da die Perforationsgefahr vom Kolondurchmesser abhängig ist (erhöhte Perforationsgefahr bei einem Kolondurchmesser über 12 cm) und bei Kolonperforation eine Mortalität von über 50% besteht, können diese konservativen Maßnahmen sowohl die Perforationsgefahr als auch die Mortalität positiv beeinflussen. Bislang gibt es hierzu jedoch keine prospektiven, kontrollierten Studien. In Abhängigkeit des Erregers einer infektiösen Kolitis sollte unmittelbar mit einer entsprechenden antibiotischen oder antiviralen Therapie begonnen werden (entsprechende Therapieempfehlungen in den erkrankungsspezifischen Kapiteln). Bei einem toxischen Megakolon im Rahmen einer antibiotikaasoziierten pseudomembranösen Kolitis (Clostridium difficile) ist die auslösende antibiotische Therapie zu beenden und eine Therapie mit Metronidazol (3-mal 500 mg p.o.) oder Vancomycin (4-mal 250 mg p.o.) über 10 Tage zu beginnen. Bei einem toxischen Megakolon im Rahmen einer idiopathischen entzündlichen Darmerkrankung wird eine systemische Glukokortikoidtherapie (Hydrokortison 3- bis 4-mal 100 mg i.v.) empfohlen. Persisitierendes Fieber 48–72 h nach Beginn einer systemischen Glukokortikoidtherapie erhebt den Verdacht auf eine lokale Perforation oder Abszessbildung. Operationsindikationen stellen freie Perforation in die Bauchhöhle, Blutungen mit zunehmendem Erythrozytensubstitutionsbedarf, Zunahme der systemischen Allgemeinsymptome und Progression der Kolondistension 48–72 h nach Beginn einer konservativen Therapie dar.
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schen 1 und 5% (bei Patienten mit Multiorganversagen bis zu 17%) und einer Mortalität bis zu 40% dar. Ätiologie und Pathogenese
Die Pathogenese der akuten akalkulösen Cholezystitis ist multifaktoriell, wobei die Stase der Galle, Störung der Mikrozirkulation und eine Ischämie mit konsekutiver Inflammation und Nekrose der Gallenblasenwand primär pathogenetisch verantwortlich sind (Abb. 17.5-1). Der Schweregrad der zugrunde liegenden Erkrankung und das Ausmaß des Multiorganversagens stellen den wesentlichsten Risikofaktor für die Entstehung einer akuten akalkulösen Cholezystitis bei Intensivpatienten dar. Darüber hinaus sind mehrere einzelne Risikofaktoren bekannt. Risikofaktoren für die Entwicklung einer akuten akalkulösen Cholezystitis bei Intensivpatienten • • • • • • • •
Intravenöse Morphintherapie Parenterale Ernährung Künstliche Beatmung mit hohem PEEP Protrahierte Hypotension Septischer Schock Hämorrhagischer Schock Mehr als 10 Bluttransfusionen Akutes Nierenversagen
Klinik und Diagnostik
Die klinische Symptomatik ist häufig unspezifisch (Tabelle 17.5-1) und v. a. bei intubierten und beatmeten Intensivpatienten durch Sedativa oder Analgetika maskiert. Bei der klinischen Untersuchung des Abdomens fällt jedoch bei der Mehrzahl der Patienten 17.5.3 Akute akalkulöse Cholezystitis mit akuter akalkulöser Cholezystitis eine Abwehrspannung und Schmerzen im rechten Oberbauch auf. Bei einigen Patienten Einleitung Die akute akalkulöse Cholezystitis ist eine akut auftretende Ent- ist der Hydrops der Gallenblase als deutliche Resistenz im zündung der Gallenblase ohne Hinweis auf ein Konkrement und rechten Oberbauch tastbar. Differentialdiagnostisch muss bei ist für 2–15% aller akuten Cholezystitiden verantwortlich. Die unspezifischer Symptomatik im rechten Oberbauch, unklarem akute akalkulöse Cholezystitis stellt eine potentiell lebensbedrohli- Fieber und zunehmender Übelkeit oder erhöhtem Reflux, v. a. che Komplikation bei Intensivpatienten mit einer Inzidenz zwi- bei Langzeitintensivpatienten mit Multiorganversagen, eine
bb A Abb. bb. 17.5 17.5-1. 1.. Multifaktorielle Pathogenese der akuten akalkulösen Cholezystitis
Orale Nahrungskarenz ≠ Kontraktion der Gallenblase ≠ Viskosität der Galle ≠ Gallepigmente
Sepsis SIRS ≠ Zytokine
Sludge mukosale Schädigung der Gallenblase
Opiate
Ödem ≠ Schleimproduktion
Spasmus des Sphinkters Obstriktion der Ampulle
≠ venöse Stauung
≠ intraluminaler Druck der Gallenblase
Mikrozirkulationsstörungen Gefäßthrombosierung der Gallenblasenwand
≠ PEEP ≠ Hypotension, Schock
Perfusionsdruck Ø
Ischämie u. Nekrose der Gallenblasenwand Akute akalkulöse Cholezystitis
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17 Notfälle
Tabelle 17.5-1. Klinische Symptomatik bei akuter akalkulöser Cholezystitis Symptom
Inzidenz [%]
Leukozytenzahl >12.000/mm3
62–94 54–88 42–65 59–70 53–60 15–24 24–56
Fieber >38 C Bilirubin >2 mg/dl Abwehrspannung im rechten Oberbauch Schmerzen im rechten Oberbauch Tastbare Resistenz im rechten Oberbauch Übelkeit, Erbrechen
akute akalkulöse Cholezystitis mit eingeschlossen werden. Laborchemisch zeigen sich in den meisten Fällen eine Leukozytose und inkonstant erhöhte Cholestaseparameter. Die Diagnose ist in den meisten Fällen mittels Sonographie zu stellen. Typischerweise zeigen sich eine Distension der Gallenblase, eine verdickte, dreigeschichtete Gallenblasenwand, intraluminaler Sludge und pericholezystitische Flüssigkeitsansammlungen. Computertomographie und Choleszintigraphie dienen zur weiteren Diagnostik. Häufige Komplikationen der akuten akalkulösen Cholezystitis sind Gallenblasengangrän, Perforation (Inzidenz zwischen 5 und 10%) und Abszessbildung. Die Differentialdiagnose zwischen einer unkomplizierten akalkulösen Cholezystitis und einer gangränös-nekrotisierenden Gallenblase oder einer Perforation ist v. a. bei Intensivpatienten mit Multiorganversagen häufig klinisch nicht möglich und nur mittels radiologischer Diagnoseverfahren zu stellen. Die Prognose der akuten akalkulösen Cholezystitis ist vom Zeitpunkt der Diagnosestellung und von einer frühzeitigen aggressiven Behandlung abhängig. Dies macht bei Verdacht einer akuten akalkulösen Cholezystitis engmaschige sonographische Kontrollen notwendig.
Perforationsgefahr vermieden werden und die hohe Mortalität der akuten akalkulösen Cholezystitis deutlich gesenkt werden. 17.5.4 Akute mesenteriale Ischämie (s. auch Kap. 9.5.7) Einleitung
Bei der akuten mesenterialen Ischämie unterscheidet man kausal 4 Formen (Tabelle 17.5-2): die akute Thrombose der A. mesenterica superior oder inferior, den embolischen Verschluss einer A. mesenterica, die nichtokklusive mesenteriale Ischämie und die Mesenterialvenenthrombose. Unabhängig davon steht ein unspezifisches Krankheitsbild mit einem schwer krank wirkenden Patienten mit akut auftretender, unspezifischer abdomineller Symptomatik (peritoneale Reizung, Schmerzen und Erbrechen) im Vordergrund. Die Mortalität liegt abhängig vom betroffenem Gefäßsystem (s. Tabelle 17.5-2) und der Ausdehnung der Ischämie zwischen 20 und 95% und wird wesentlich von der Dauer zwischen Ischämiebeginn und adäquater Behandlung beeinflusst. Ätiologie und Pathogenese
Der mesenteriale Blutfluss zur Versorgung des Interstitiums beträgt im Ruhezustand 20% und postprandial 35% des Herzzeitminutenvolumens. 70% des gesamten mesenterialen Blutflusses versorgen die intestinale Mukosa. Über mehrere Kollateralkreisläufe und einem Autoregulationsmechanismus wird bei unterschiedlichen Druckwerten in den Mesenterialgefäßen der intestinale Blutfluss lange konstant gehalten. Erst bei einem Druckabfall unter einen kritischen Schwellenwert (~40 mmHg), plötzlichem Abfall des Therapie Bei ca. 50% aller Patienten mit akuter akalkulöser Cholezystitis er- Herzzeitminutenvolumens oder einem thrombotischen oder gibt eine Gallenkultur einen positiven Keimnachweis (Klebsiella, embolischen Verschluss im mesenterialen Gefäßsystem, kommt es Pseudomonas, Escherichia coli, Enterokokken, Streptokokken). im entsprechenden Versorgungsgebiet (A. mesenterica superior: Aus diesem Grund ist eine frühzeitige Behandlung mit einem distales Duodenum bis linke Kolonflexur; A. mesenterica inferior: gallegängigen, intravenösen Breitbandantibiotikum indiziert. linke Kolonflexur bis Rektum) innerhalb von 6–9 h zu einer intesDurch Vermeidung der Risikofaktoren, Beendigung einer intrave- tinalen transmuralen nekrotischen Infarzierung mit konsekutiver nösen Opiattherapie und Beginn mit einer enteralen Ernährung Zytokin- und Mediatorenfreisetzung. Dies führt neben der lokalen bzw. oralem Kostaufbau kann eine milde, unkomplizierte abdominellen Symptomatik zu einer unspezifischen systemischen akalkulöse Cholezystitis konservativ behandelt werden. Fakultativ inflammatorischen Reaktion (SIRS) und in weiterer Folge kann, bei Ausschluss eines Abflusshindernisses im Ductus aufgrund einer erhöhten transmuralen Translokation von Darmcysticus oder Ductus choledochus, Cholezystokinin intravenös verabreicht werden. Bei fehlender klinischer undsonographischer 17.5-2. Inzidenz und Mortalität bei akuter mesenterialer Besserung ist die perkutane Cholezystotomie die Therapie der Tabelle Ischämie Wahl. Diese unter sonographischer Kontrolle durchgeführte Inzidenz [%] Mortalität [%] Drainage der Gallenblase ist in erfahrener Hand zu über 95% erMesenterialvenenthrombose 12–30 20–30 folgreich und weist eine geringe Komplikationsrate auf (lokale Embolie der A. mesenterica 17–33 50–60 Wundinfektion, Blutungen, biliäre Peritonitis). Bei gangränöser Nichtokklusive mesenteriale 25–50 30–55 Cholezystitis, Abszessbildung oder Perforation ist die akute Ischämie Thrombose der 30–55 62–95 Cholezystektomie vital indiziert. Durch frühzeitige Behandlung A. mesenterica (perkutane Cholezystotomie bzw. Cholezystektomie) kann die
17.5 Abdominelle Notfälle
bakterien zu der Gefahr einer Sepsis mit konsekutivem septischen Schock und Multiorganversagen. Kausal lassen sich 4 Formen der akuten mesenterialen Ischämie unterscheiden (s. Tabelle 17.5-2). Die häufigste Ursache ist ein thrombotischer Verschluss der A. mesenterica superior oder inferior. Bei über 90% dieser Patienten bestehen ein oder mehrere Risikofaktoren der Arteriosklerose (Nikotinabusus, Diabetes mellitus, Hypertonie, Hyperlipidämie etc.) und mehr als zwei Drittel aller Patienten weisen anamnestisch arteriosklerotische Gefäßveränderungen in anderen Organen auf (Myokardinfarkt, zerebraler Insult, paVK). Bei einer Embolie im arteriellen Mesenterialstromgebiet besteht bei mehr als 90% der Patienten eine kardiale Grunderkrankung und bei über 80% Vorhofflimmern mit inadäquater medikamentöser Antikoagulation. Häufig bestehen, im Rahmen eines Morbus embolicus durch intrakardiale Thromben, Vegetationen an Herzklappen oder thrombotische Plaques in der Aorta, embolische Komplikationen in anderen Organen. Die funktionelle nichtokklusive mesenteriale Ischämie findet sich häufig bei Intensivpatienten mit chronischen arteriosklerotischen Gefäßveränderungen am Abgang der A. mesenterica superior oder inferior. Im Rahmen einer akuten Erkrankung führt eine systemische Hypoperfusion (Dehydration, Abfall des Herzzeitminutenvolumens, Sepsis, Kreislauftherapie mit Vasopressoren, hoher Blutverlust etc.) zu einer weiteren Verschlechterung der mesenterialen Durchblutung mit konsekutiver mesenterialer Ischämie. Die akute Mesenterialvenenthrombose tritt vorwiegend bei jüngeren Patienten auf. Bei mehr als 80% der Patienten lassen sich ein AT-III-Protein-C- oder -S-Mangel, APCResistenz, Antiphospholipidantikörper, Polycythaemia vera, eine Thrombozytose nach Splenektomie oder ein Malignom nachweisen. Häufig sind bei diesen Patienten anamnestisch tiefe Beinvenenthrombosen oder Pulmomalembolien erhebbar. Die plötzliche venöse Obstruktion führt zu einer arteriellen Stase mit ausgeprägtem Darmwandödem und konsekutiver, häufig segmentaler, hämorrhagischer Infarzierung.
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tion mit Fieber, Tachykardie, Tachypnoe, Dyspnoe und zunehmender Hypotonie. Auch die laborchemischen Veränderungen sind unspezifisch. Initial bestehen oft nur eine milde Leukozytose, leicht erhöhte Akutphaseproteine (CRP) und Elektrolytstörungen. Erhöhte LDH-Werte, Hyperlaktatämie und metabolische Azidose treten erst im weiteren Verlauf einer schweren mesenterialen Ischämie auf und sind Zeichen einer bereits bestehenden intestinalen Infarzierung. Die Abdomenleeraufnahme in Rücken- und Linksseitenlage zeigt bei zwei Drittel aller Patienten mit mesenterialer Ischämie eine isolierte Dünndarmblähung und eine Darmwandverdickung und dient zum Ausschluss freier Luft im Abdomen. Eine Duplexsonographie der Mesenterialgefäße ist nur in einigen Fällen diagnostisch hilfreich. In den letzten Jahren hat die kontrastmittelverstärkte Computertomographie zunehmend an Aussagekraft bei akuter mesenterialer Ischämie gewonnen. In ca. 20% kann dadurch eine arterielle oder venöse Thrombose direkt nachgewiesen werden. Segmental verdickte Darmwandabschnitte, Dilatation einzelner Darmschlingen, Pneumatosis intestinalis und fehlendes Kontrastmittel-Enhancement einzelner Darmschlingen sind mit einer Spezifität von 95%, bei jedoch einer Sensitivität von unter 30%, indirekte Zeichen einer mesenterialen Ischämie. Die Angiographie mit Darstellung der Mesenterialgefäße ist nach wie vor der Goldstandard in der Diagnose einer mesenterialen Ischämie, zumal über den liegenden Angiographiekatheter eine lokale Fibrinolyse oder eine lokale Therapie mit Papaverin appliziert werden kann. Therapie
Trotz verbesserter bildgebender Diagnostik und der Kenntnis, dass ein frühzeitiger Therapiebeginn einer akuten mesenterialen Ischämie die Prognose günstig beeinflusst, werden nur 30–50% aller Patienten innerhalb der ersten 24 h nach Beginn der Akutsymptomatik einer adäquaten Therapie zugeführt. Initial sind supportive Maßnahmen wie kristalloide Flüssigkeitssubstitution, Ausgleich von Elektrolytstörungen und Darmentlastung durch Magensonde indiziert. Bei funktioneller Klinik und Diagnostik Die klinische Symptomatik einer akuten mesenterialen Ischämie nichtokklusiver mesenterialer Ischämie sind primär die auslösenist unspezifisch und ermöglicht keine kausale Differentialdiagno- den Faktoren wie Volumenmangel, Herzinsuffizienz oder se. Mehr als 95% aller Patienten klagen über akut auftretende ab- Therapie mit Vasopressoren zu beheben. In einzelnen Fällen ist dominelle Schmerzen und zwei Drittel aller Patienten über eine kontinuierliche, über 24 h dauernde, lokal vasodilatierende Übelkeit und Erbrechen. In ca. 25% kommt es zu Diarrhö, wobei Therapie mit Papaverin (30–60 mg/h) über einen Angiographiebei Patienten mit akuter Mesenterialvenenthrombose fallweise katheter erfolgreich. Bei klinischer Symptomatik eines akuten eine Hämatochezie begleitend mit Hämatemesis auftritt. In der Abdomens ist jedoch die rasche chirurgische Resektion der Initialphase bestehen nur geringe abdominelle Druckdolenz und infarzierten Darmsegmente notwendig. Bei akuter Mesenauskultatorische Hyperperistaltik. Auffallend ist die Diskrepanz terialvenenthrombose existieren Einzelberichte über eine erfolgzwischen schwer krank wirkenden Patienten und wenig spezifi- reiche intraarterielle lokale Lyse mit Streptokinase (10.000 IE), scher klinischer Symptomatik. Bei verzögerter Diagnostik und Urokinase (40.000 IE) und rekombinantem GewebeplasminoTherapie kommt es rasch zu einer zunehmenden Druckdolenz genaktivator (40 mg) innerhalb der ersten 6–12 h nach Beginn des Abdomens mit verringerter Peristaltik und zunehmendem der Symptomatik mit anschließender kontinuierlicher AntiMeteorismus. In weiterer Folge entwickelt sich innerhalb weni- koagulierung mit Heparin. Bei embolischem oder thrombotiger Stunden die Symptomatik eines akuten Abdomens mit diffuser schem Verschluss der Mesenterialarterien ist hingegen die peritonealer Reizung und systemischer inflammatorischer Reak- frühzeitige Laparotomie indiziert. Abhängig vom intraoperativem
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Bild ist eine Embolektomie oder Thrombektomie mit Revaskulari- heitsverlauf aber eher von der zugrunde liegenden Ursache der sierung und konsekutiver Resektion ischämischer Darmab- Säure-Basen-Störung und nicht vom Ausmaß der Abweichung des pH-Wertes abhängig ist. Es ist deshalb für die Therapie essenschnitte notwendig. tiell, die Ursache der Störung zu erkennen, um eine kausal in den Krankheitsprozess eingreifende Maßnahme setzen zu könEvvidenz der Therap pieemp pfeehlungen nen (s. auch Kap. 11.15). Therapeutische Interventionen, die Evvidenzgrad Emp pfeehlungslediglich eine Korrektur des pH-Wertes anstreben, ohne die Ursastärkee Fulminantes Leberveersagen che der Störung ursächlich zu behandeln, können sich sogar unLebertransplantation II-a A günstig auf den Krankheitsverlauf auswirken. Mannit bei Hirnödem I-b A Artifiical livvveer support Antibiotokatherapie N-Accetyllcyyysstein bei Paracetamol-Intoxikation N-Accetyllcyyysstein bei anderer Ättiologie To oxxxiisch hes Megak ko k olon Therapie der zugrundeliegenden Ko olitis Neostigmin Neostigmin Ko olonosko opische Deko ompression Ak ku k utte ak u kallku ulöse Ch holezyyysstitis Antibiotikatherapie Cholezyyysstokinin Perkutane Cholezyyyttotomie Cholezyyysstekttomie Ak ku k utte mesenterialle Isch u hämie Papavvveerin Lyyysse bei Mesenterialveenenthromb bose Frühzeitige Laparotomie
IV II-a I-b
C B A
III
C
I-a
A
I-b I-b IV
B B C
IV IV III II-a
B C B A
IV III
C C
III
B
17.6.2 Metabolische Azidosen
Eine metabolische Azidose zeichnet sich in der Blutgasanalyse durch eine Erniedrigung des pH-Wertes und des pCO2 aus, bzw. es liegt diese Säure-Basen-Haushaltsstörung auch vor, wenn der pH-Wert vermindert, der pCO2 aber im Normbereich gelegen ist (Tabelle 17.6-1). Von einer schweren metabolischen Azidose spricht man, wenn bei normaler respiratorischer Funktion die Bicarbonatkonzentration im Plasma ≤ 8 mmol/l beträgt. In der Differentialdiagnose der metabolischen Azidose hat sich die Bestimmung der Anionenlücke, der Differenz der gemessenen Kationen und Anionen im Serum, bewährt:
Tabelle 17.6-1. pH-Wert und pCO2 bei Azidosen und Alkalosen pH
pCO2
Metabolische Azidose
↓
↓ oder ⊥
17.5.5 Akute nekrotisierende Pankreatitis
Respiratorische Azidose Metabolische Alkalose
↓ oder ⊥ ↑
↑ ↑ oder ⊥
Siehe Kap. 10.12 (Akute und chronische Pankreatitis).
Respiratorische Alkalose
↑ oder ⊥
↑
17.6 Akute Störungen des Säure-BasenHaushalts Bruno Schneeweiß
Anionenlücke = (Natrium + Kalium) – (Chlorid + Bicarbonat).
Die normale Anionenlücke beträgt ca. 16 mmol/l und ist durch die negative Nettoladung der Proteine, besonders des Albumins, des Sulfations und Phosphations sowie des Anions organischer 17.6.1 Einleitung Säuren bedingt. Eine Hypoalbuminämie führt zu einer VerminDie Protonenkonzentration und somit der pH-Wert im Plasma derung der Anionenlücke (2,5 mmol/l pro 1 g/dl Abfall des Albuwerden trotz täglicher Produktion von 20.000 mmol Kohlensäure mins), was bei der Interpretation Beachtung finden muss. in Form von CO2 und 50–100 mmol nichtflüchtiger Säuren (Schwefelsäure, Phosphorsäure, organische Säuren) in engen 17.6.3 Metabolische Azidosen Grenzen konstant gehalten (extrazelluläre H+-Konzentration: mit erhöhter Anionenlücke –7 –7 0,355 × 10 bis 0,447 × 10 Mol/l; pH: 7,36–7,44). Störungen dieser Säure-Basen-Homöostase beeinflussen die Funktion von Die Ursachen einer metabolischen Azidose mit erhöhter AnionenEnzymen und anderen Proteinen, wodurch ungünstige Auswir- lücke sind in der folgenden Übersicht aufgelistet. Die Laktazidose kungen auf verschiedenste Organfunktionen auftreten können. ist bei stationären Patienten die häufigste Ursache einer metaboAusgeprägte Abweichungen des pH-Wertes vom Normalwert sind lischen Azidose mit erhöhter Anionenlücke, bei ambulanten die häufig mit einer hohen Mortalität verbunden, wobei der Krank- cchronische Niereninsuffizienz.
17.6 Akute Störungen des Säure-Basen-Haushalts
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17
Diabetische Ketoazidose Metabolische Azidosen
Durch die beim Insulinmangel gesteigerte Lipolyse kommt es zu einem vermehrten Anfall von freien Fettsäuren, die in der βOxidation zu Acetyl-CoA oxidiert werden. Da beim Insulinmangel Oxalazetat in die Glukoneogenese eingeht, steht es nur in unzureichendem Ausmaß zur Kondensation mit Acetyl-CoA zur Verfügung, weshalb Letzteres vermindert in den Zitratzyklus eingebracht werden kann. Die dadurch akkumulierenden Acetyl-CoA-Moleküle werden über eine Reihe von Reaktionen zu den Ketonkörpern (Acetessigsäure, β-Hydroxy-Buttersäure und Azeton) umgewandelt. Acetessigsäure und β-HydroxyButtersäure als organische Säuren sind die Ursache der metabolischen Azidose mit erhöhter Anionenlücke in der diabetischen Laktazidose Die Laktazidose ist definiert durch eine Laktatkonzentration Ketoazidose. Durch niedrig dosiertes Insulin (5–10 E/h) kann dieser >5 mmol/l verbunden mit einem pH-Wert < 7,35. Diese Form der Säure-Basen-Haushaltsstörung wird in der Intensiv- Pathomechanismus schlagartig durchbrochen werden. Die und Notfallmedizin sehr häufig gesehen. Die Ursachen sind Ketonkörper können wiederum im Zitratzyklus oxidiert werden, vielfältig (Sepsis, kardiogener Schock, ausgeprägte Hypoxämie, wodurch es rasch zu einer Regeneration des endogenen BiLeberversagen, Vergiftungen). Zumeist liegt eine Gewebshypoxie carbonatpools und zu einer weitgehenden Normalisierung des der Laktatproduktion zugrunde. Trotz intensiver therapeutischer pH-Wertes kommt. Neben der Insulingabe spielt in der Behandlung der diabeAnstrengungen ist die Laktazidose noch immer mit einer tischen Ketoazidose die Rehydratation eine wichtige Rolle. Mortalität von 60–90% verbunden. Die therapeutischen Anstrengungen müssen primär auf die Die hyperglykämieinduzierte osmotische Diurese führt zu Beseitigung der zugrunde liegenden Ursache gerichtet sein: Blut- nicht unwesentlichen Flüssigkeits- und Elektrolytverlusten stillung beim Blutungsschock, antibiotische Therapie und opera- (s. Kap. 11.13). Auch bei der diabetischen Ketoazidose gibt es keine kontrolliertive Sanierung eines Sepsisherdes beim septischen Schock, operative Sanierung traumatischer Verletzungen im traumati- ten Studien, die einen günstigen Effekt einer Bicarbonattherapie bestätigen würden. Es konnte im Gegenteil gezeigt werden, dass schen Schock usw. Bei durch Thiaminmangell bedingter Laktazidose, wie sie bei durch eine Alkalitherapie die Ketonkörperproduktion sogar mangelernährten Patienten besonders nach Initiierung einer gesteigert werden kann. Zudem wurde in Tierversuchen unter eiparenteralen Ernährung und bei chronischen Alkoholikern beo- ner Bicarbonatapplikation eine Myokardhypoxie beobachtet. Auf bachtet wird, kann durch die Applikation von tgl. 100–200 mg Vi- Grund dieser Beobachtungen wird auch bei schweren Azidosen tamin B1 über 3 Tage sehr rasch eine Normalisierung der (pH 200 mmHg und die diastolischen >120 mmHg. Die Organmanifestationen des hypertensiven Notfalls sind in der folgenden Übersicht zusammengefasst. Organmanifestationen der hypertensiven Krise • Ophthalmologisch – Retinale Blutungen (Keith-Wagener-Stadium III und IV) – Verschluss der A. centralis retinae • Zerebral – Ischämischer Insult – Hämorrhagischer Insult – Subarachnoidalblutung – Hypertensive Enzephalopathie • Hals-Nasen-Ohren-Bereich – Epistaxis • Koronar – Instabile Angina pectoris – Akuter Myokardinfarkt • Kardial – Akute Linksherzinsuffizienz („hypertensives Lungenödem“) • Vaskulär – Aortendissektion • Renal – Akutes Nierenversagen
Differentialdiagnose zwischen hypertensivem Notfall mit und ohne Organmanifestation
Grundsätzlich sollten alle Patienten, die sich mit einem hypertensiven Notfall präsentieren, als hypertensive Notfälle mit Organmanifestation betrachtet werden. Durch eine adäquate Anamnese und eine rasche und einfache Diagnostik (Abb. 17.9-1) ist eine Differentialdiagnose zwischen diesen beiden Manifestationen innerhalb kurzer Zeit möglich.
17.9.4 Therapie des hypertensiven Notfalls mit Organmanifestation
In der klinischen Situation des hypertensiven Notfalls mit Organmanifestation wird eine Blutdrucksenkung um 20–30% vom Ausgangswert innerhalb von 30–60 min angestrebt. Bevor-
Hypertensiver Notfall Monitoring von Herzfrequenz, Blutdruck und EKG (12-Abl.) Anamnese Feuchte RGs über Lunge
Thoraxröntgen +
Neurologisch auffällig
Status
Neurologen zuziehen – +
– Thoraxschmerz
–
Kardial Keine Organmanifestation – CT +
Observanz
EKG
– – Echo
Verdacht auf Dissektion vaskulär
CT
LP + koronar
Hypokinesie
+
+
CT-WH
Angio
+
– Keine Organmanifestation
Ischämie + Hämorrhagie
bb Abb. A bb. 17.9-1. 17.9 7.9 1.. Differentialdiagnostisches Vorgehen im Rahmen einer hypertensiven H WiederhoKrise; CT-WH lung der Computertomographie; LP P Lumbalpunktion; Angio Angiographie der zerebralen Gefäße; Echo transthorakale Echokardiographie; RGs Rasselgeräusche; ® fakultativ
17.9 Hypertensiver Notfall
1509
17
Tabelle 17.9-1. Substanzen zur Behandlung des hypertensiven Notfalls otfalls mi mit Organmanifestation Substanz
Bolus
Initiale Dosis
Urapidil Labetalol Nitroprussid Nitroglyzerin Fenoldopam Nicardipin Esmolol Enalaprilat Hydralazin
Ja Ja Nein Nein Nein Nein Ja Ja Ja
12,5–25 mg 20–80 mg 1 µg/kg/min 0,8 mg 0,1–0,2 µg/kg/min 10–15 mg/h 200 mg 0,625 mg 12,5–25 mg
Wirkeintritt
Wirkdauer
Kontinuierlich
Dosis (kont)
10–15 min 10–15 min 0,5–1 min 5–10 min 30–45 min 5–10 min 5–10 min 20–30 min 10–15 min
4–6 h 2–6 h 2–5 min 15–30 min 12 6–8
Follow-up nicht möglich Urapidil (i.v.) Labetalol (p.o., i.v.)
12,5–25 i.v. 20–80, p.o. 100–300
10–15 10–1
4–6 2–6
Dieses Schema gilt derzeit an der Universitätsklinik für Notfallmedizin in Wien für die Behandlung von Patienten mit hypertensivem Notfall ohne Organmanifestation. Die im Rahmen des hypertensiven Notfalls in Frage kommenden Medikamente sind in Tabelle 17.9-3 zusammengefasst.
Tabelle 17.9-4. Substanzen, die sowohl in parenteraler als auch in oraler Form verabreichbar sind Substanz
Initiale orale Dosis [mg]
Applikation/Tag
Tagesdosis [mg]
Urapidil Enalapril Labetalol
60 10 200
3-mal 3-mal 2- bis 3-mal
120–180 10–40 200–600
Evvidenz der Therap pieemp pfeehlungen fü ür die Behandlung des hyyyp pertensivvveen No otfaallls ohne Organmanifeestattion Evvidenzgrad Emp pfeehlungsstärkee I-b I-b I-b I-b
A A A A
17.9.6 Anschlusstherapie nach einem hypertensiven Notfall
Patienten mit hypertensivem Notfall und Organmanifestation werden im Regelfall stationär aufgenommen. Nach Beherrschung der akuten Blutdrucksituation ist das nächste therapeutische Ziel, die parenteral verwendeten Substanzen durch orale Medikamente zu ersetzen. Voraussetzung für eine solche Umstellung ist, dass der Patient die Medikamente selbständig zu sich nehmen kann. Es ist dringend davon abzuraten, bei künstlich beatmeten oder aus anderen Gründen komatösen Patienten Antihypertensiva über die Magensonde zu verabreichen. Die Resorption und damit die Wirkung dieser Applikationsform ist unklar und erschwert die Steuerbarkeit des antihypertensiven Effekts. Der Übergang von parenteraler zu oraler Therapie sollte überlappend erfolgen, d. h., die orale Medikation sollte noch unter laufender intravenöser Dauertherapie verabreicht werden. Mit Einsetzen der antihypertensiven Wirkung der oralen Medikation kann dann die intravenöse kontinuierliche Therapie beendet werden. Grundsätzlich empfiehlt sich ein Weiterführen der Medikation in oraler Form, wenn dies möglich ist. Tabelle 17.9-4 zeigt jene Medikamente, die sowohl in oraler als auch parenteraler Form vorhanden sind. Alternative Medikamente sind Amlodipin, ein lang wirksamer Kalziumantagonist, oder Atenolol, ein Betablocker. Grundsätzlich können Patienten nach einem hypertensiven Notfall ohne Organmanifestation aus dem Krankenhaus entlassen
160 140 Blutdruck (mmHg)
Captopril (p.o., s.l.) Clonidin (p.o.) Urrapidil (i.v..) Lab betalol (p.o., i.v..)
180
120 100 80 60 40 20 0
0
1
2
3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Stunden nach hypertensiver Krise
Abb. 17.9-2. Blutdruckverlauf nach Urapidil i.v. plus Placebo (◆) vs. Urapidil i.v. plus Urapidil 60 mg p.o. ( )
12 10 8 6 4 2 0 1
2 3 4 Stunden na 5 6 7 8 ch hyperten 9 siver Krise
10
11
12
Abb. 17.9-3. Anzahl der hypertensiven Episoden innerhalb der ersten 12 h nach einem hypertensiven Notfall ohne Organmanifestation. Die Patienten wurden nach der Entlassung entweder mit 60 mg Urapidil oral (hellblaue Balken) oder mit Plazebo (dunkelblaue Balken) weiterbehandelt. Weiße Balken: Gesamtkollektiv
17.10 Lungenembolie
werden. Allerdings gibt es nur ganz wenige wissenschaftliche Daten über den Blutdruckverlauf nach einem hypertensiven Notfall. Hirschl et al. evaluierten im Rahmen einer randomisierten und prospektiven Studie das Blutdruckverhalten nach hypertensivem Notfall ohne Organmanifestation. Die eine Gruppe der Patienten erhielt nach erfolgreicher Blutdrucksenkung mit intravenösem Urapidil eine Plazebomedikation, die zweite Gruppe, ebenfalls nach erfolgreicher Blutdruckreduktion, 60 mg Urapidil oral. Die Evaluierung des Blutdrucks nach Entlassung erfolgte mittels ambulantem 24-h-Blutdruckmessgerät. Sowohl der durchschnittliche Blutdruck (Abb. 17.9-2) als auch die Anzahl der hypertensiven Episoden (Abb. 17.9-3) war in der Behandlungsgruppe signifikant geringer als in der Plazebogruppe. Auffallend war allerdings, dass unabhängig von der Therapie ein Wiederansteigen des Blutdrucks ab der 8. Stunde nach Entlassung beobachtet wurde. Diese Daten bestätigen die Notwendigkeit eines engmaschigen Follow-up der Patienten nach einem solchen Ereignis. Nach einer hypertensiven Krise ohne Organmanifestation sollte eine Kontrolle des Blutdrucks spätestens 12 h später erfolgen, um einen neuerlichen Blutdruckanstieg rechtzeitig zu erkennen und um therapeutische Konsequenzen ziehen zu können. Aus praktisch-klinischer Sicht ist die Wahl der Anschlusstherapie davon abhängig, ob die Patienten bereits eine antihypertensive Dauermedikation haben oder ob der hypertensive Notfall bei einem unbehandelten Hypertoniker aufgetreten ist: Patienten mit einer antihypertensiven Dauermedikation: In dieser Gruppe ist zu unterscheiden, ob der hypertensive Notfall unter korrekter Einnahme der Dauermedikation stattgefunden hat oder ob ein Fall von Non-Compliance vorgelegen ist. Bei Patienten, die trotz korrekter Medikamenteneinnahme einen hypertensiven Notfall haben, sollte die Medikation vor der Entlassung aus dem Krankenhaus angepasst werden, d. h. Dosiserhöhung der bestehenden Medikamente oder Gabe eines weiteren Antihypertensivums. Bei Patienten mit Non-Compliance ist ein Wiederbeginn der antihypertensiven Therapie noch im Krankenhaus die wichtigste therapeutische Maßnahme. Unter Umständen kann eine Modifikation der Therapie, im Sinne einer Dosisanpassung, noch vor der Entlassung vorgenommen werden.
1511
17
Hirschl MM (2000) Die Therapie der hypertensiven Krise. Wien Klin Wochenschr Suppl 112: 7–10 Hirschl MM (1995) Guidelines for the drug treatment of hypertensive crises. Drugs 50: 991–1000 Kaplan NM (1994) Management of hypertensive emergencies. Lancet 344: 1335–1338 Kaplan NM (1992) Treatment of hypertensive emergencies and urgencies. Heart Dis Stroke 1(6): 373–378 Ram CVS (1990) Current concepts in the diagnosis and management of hypertensive emergencies and hypertensive urgencies. Keio J Med 39: 225–236 Ram CVS (1991) Management of hypertensive emergencies: changing therapeutic options. Am Heart J 122: 356–363 Thiede AU (1997) Die hypertensive Krise in einer Notfallaufnahme: epidemiologische, notfallmedizinische und sozialmedizinische Aspekte. Med. Dissertation, Universität Mainz Zampaglione B, Pascale C, Marchisio M et al. (1996) Hypertensive urgencies and emergencies. Prevalence and clinical presentation. Hypertension 27: 144–147
17.10 Lungenembolie Andreas Valentin
17.10.1 Einleitung
Die embolische Obstruktion der pulmonalarteriellen Strombahn kann abhängig von der kardiopulmonalen Ausgangssituation und vom Ausmaß des Geschehens zu symptomlosen bis lebensbedrohlichen klinischen Ausprägungen führen. Das vorliegende Kapitel behandelt den Notfall Pulmonalembolie, also Situationen, in denen auf Grund einer hämodynamischen Instabilität rasche Interventionen zur Wiedereröffnung der pulmonalarteriellen Strombahn erforderlich werden. Eine detailliertere Darstellung findet sich in Kap. 12.9. 17.10.2 Ätiologie und Pathogenese
Die Quelle von Pulmonalembolien liegt zu 80–90% in Thrombosen der Venen der unteren Extremitäten. Durch venöse Thromboembolien verursachte Pulmonalembolien und tiefe Venenthrombosen können als Teil desselben pathophysiologischen Prozesses betrachtet werden. Prädisponierende FaktoBei Patienten ohne vorbestehende antihypertensive Medikation ren führen zu einem Status der Hyperkoagulabilität mit Formation sollte die antihypertensive Therapie noch vor der Entlassung des von thrombotischem Material in den tiefen Venen. Propagation Patienten initialisiert werden. Wurde der Patient primär intravenös der Thrombusmassen und Dislokation von Teilen oder des gebehandelt, so sollte die orale Therapie mit der gleichen Substanz samten Thrombus können zur Pulmonalembolie führen. Die weitergeführt werden. pathophysiologischen Effekte einer Pulmonalembolie resultieren einerseits aus dem mechanischen Verschluss der pulmonalarteriellen Strombahn, andererseits aus der Freisetzung von vasound bronchoaktiven Mediatoren. Die pulmonalarterielle ObstrukLiteratur Abdelwahab W, Frishman W, Landau A (1995) Management of hyper- tion führt zu einer Erhöhung der Nachlast des rechten Ventrikels tensive urgencies and emergencies. J Clin Pharmacol 35: 747–762 mit konsekutiver Dilatation, Ischämie und Dysfunktion bis zum Hirschl MM, Herkner H, Bur A et al. (1998) Course of blood pressure within the first 12 hours of hypertensive urgencies. J Hypertens 16: akuten Rechtsherzversagen. Die pulmonalarterielle Minder251–255 perfusion der betroffenen Lungenabschnitte führt zu einer
17
1512
17 Notfälle
Zunahme des alveolären Totraums mit fehlendem Gasaustausch und daraus folgender Bronchokonstriktion. 17.10.3 Klinik und Diagnostik
Die Diagnose einer akut bedrohlichen Pulmonalembolie muss rasch unter Ausschluss einer Reihe von vorwiegend kardiopulmonalen Differentialdiagnosen getroffen werden (s. Übersicht). Die klinische Präsentation des Patienten mit Pulmonalembolie ist in der Regel unspezifisch. Kollaps und Synkope können die hämodynamische Wirksamkeit einer Pulmonalembolie verdeutlichen. Ein anderweitig nicht erklärter kardiogener Schock oder Herz-Kreislauf-Stillstand sind dringend bezüglich einer Pulmonalembolie abzuklären. Entscheidend ist die Einbeziehung der Pulmonalembolie in die differentialdiagnostischen Überlegungen. In der Notfallsituation mit fraglicher Pulmonalembolie können nur rasch und auch unter intensivmedizinischen Bedingungen durchführbare diagnostische Verfahren zur Anwendung kommen. Die bildgebenden Verfahren Echokardiographie und Spiral-CT sind nicht nur für die Sicherung der Diagnose Pulmonalembolie, sondern im Hinblick auf invasive Therapieverfahren auch zum Ausschluss der in Frage kommenden Differentialdiagnosen von eminenter Bedeutung. Die echokardiographische Beurteilung der rechtsventrikulären Funktion und des Ausmaßes der Rechtsherzbelastung durch eine Pulmonalembolie ermöglicht eine Risikostratifizierung und hat bezüglich der Frage einer Thrombolyse mögliche therapeutische Konsequenzen. Die pulmonale Angiographie gilt nach wie vor als „goldener Standard“ in der Diagnostik der Pulmonalembolie, wird aber nur bei Vorliegen einer anderweitig inkonklusiven Befundkonstellation und dem hochgradigen klinischen Verdacht auf eine Pulmonalembolie oder in einer akut lebensbedrohlichen Situation mit dem therapeutischen Ziel einer lokalen Lyse und Katheterfragmentation der Embolusmassen zur Anwendung kommen. Differentialdiagnose der Pulmonalembolie • • • • • • • • • • • • •
Pneumonie Asthma Akute Exazerbation einer COPD Myokardinfarkt Lungenödem Panikattacke Aortendissektion Perikardtamponade Lungenkarzinom Primäre pulmonale Hypertension Rippenfraktur Pneumothorax Interkostalneuralgie
17.10.4 Therapiemaßnahmen beim Notfall Pulmonalembolie
Die Therapie einer je nach Schweregrad auch als massiv oder fulminant bezeichneten Pulmonalembolie unterscheidet sich bezüglich Dringlichkeit und Aggressivität von weniger schwer
verlaufenden Formen. Mit einer akut bedrohlichen Pulmonalembolie ist ab einer Einengung des Gesamtquerschnittes der Pulmonalarterien von mehr als 50% zu rechnen. Das vorrangige Therapieziel in diesen Fällen besteht in einer raschen Wiedereröffnung der pulmonalarteriellen Strombahn, um die fatalen Folgen eines akuten Rechtsherzversagens zu verhindern. Allgemeine Maßnahmen
Bereits während der Abklärung einer vermuteten Pulmonalembolie sind ein Monitoring mittels EKG und Pulsoxymeter, ein suffizienter venöser Zugang sowie eine ausreichende O2-Zufuhr sicherzustellen. Sedierung und Analgesie erfolgen nach klinischem Bedarf und allgemeinen intensivmedizinischen Richtlinien. Eine Intubation und Beatmung wird bei allen bewusstlosen und/oder schockierten und sich in der Atemarbeit erschöpfenden Patienten erforderlich. Dabei sind pO2-Werte über 60 mmHg anzustreben, wozu im Akutfall auch eine Beatmung mit 100% O2 notwendig werden kann. Eine Erhöhung des PEEP zur Verbesserung der Oxygenierung birgt das Risiko einer weiteren Verschlechterung der linksventrikulären Füllung mit Absinken des Herzminutenvolumens. Für die angeführten Maßnahmen existieren ebenso wie für die Frage des intravenösen Volumenmanagements und der Gabe von Katecholaminen keine eindeutigen wissenschaftlichen Daten. Inwieweit Patienten mit massiver Pulmonalembolie und verringerter linksventrikulärer Füllung von einer Volumenzufuhr hämodynamisch profitieren, ist unter klinischen Bedingungen nicht geklärt. Der Einsatz von Vasopressoren bei schockierten Patienten mit einem systolischen arteriellen Blutdruck 30 min) empfohlen. Kleine Fallserien und eigene Erfahrungen mit erfolgreicher Reanimation nach zum Teil mehr als 60 min Kreislaufstillstand scheinen den Einsatz aller verfügbaren invasiven Methoden (Thrombolysebolusgabe, Katheterfragmentation) während laufender Reanimation zu rechtfertigen.
17.11 Psychiatrische Notfälle Martin Aigner
17.11.1 Einleitung
Die multifaktorielle Genese psychiatrischer Störungsbilder hat auch in der Notfallpsychiatrie einen wesentlichen Einfluss auf Diagnostik und Therapie. Organmedizinische, psychologische Die Prognose von Patienten mit massiver oder fulminanter und soziale Faktoren sind hier zu berücksichtigen, um diesen Pulmonalembolie wird maßgeblich durch die hämodynamische Störungsbildern gerecht zu werden. Nach Sicherung der Vitalzeichen muss die Bewusstseinslage Entwicklung beeinflusst. Während Patienten im kardiogenen Schock eine Mortalität von 25% aufweisen, ist bei Patienten mit des Patienten (klar, somnolent, soporös, komatös) und die Herz-Kreislauf-Stillstand und Reanimation ein Mortalitätsanstieg Orientierung des Patienten (zeitlich, örtlich situativ und zur Perauf 65% zu verzeichnen. Die Tatsache, dass ein hoher Anteil der son) geklärt werden. Die Beziehungsaufnahme mit dem Mortalität der Pulmonalembolie innerhalb der ersten Stunde nach Patienten stellt einen in Notfallsituationen oft schwierigen, aber Symptombeginn liegt, unterstreicht die Bedeutung einer raschen wichtigen Schritt in Diagnostik und Therapie dar. Parallel zur Erfassung etwaiger psychopathologischer Notfallsymptome (z. B. Diagnosestellung und Therapie. produktive Symptome, Antriebsstörungen, Angst, Schmerzen, Suizidalität etc.) ist auch die Verhaltensebene mit akuter FremdEvvidenz der Therap pieemp pfeehlungen bei hämodyyyn namisch h instab biler Pulmonallemb bolie und Selbstgefährdung zu beachten. Evvidenzgrad Emp pfeehlungsWichtig ist es hier, die Übersicht zu bewahren und nötige stärkee Anweisungen für den Patienten ruhig und bestimmt zu geben. Hämodyyyn namik Dabei sollen dem Patienten die nötigen Schritte (Medikation, Vo olumenzufu uhr ko ontroveersiell ko ontroveersiell Norepinephrin III B Zwangsmaßnahmen wie Unterbringung und Fixierung) erklärt Epinephrin III B und rasch und bestimmt umgesetzt werden. Auf die Würde des Un nfrrakttioniertes Heparin I-b A Thromb bolyyysse II-a B Patienten ist hier besonders zu achten. Katheterfrragmentation IV C Die klinische Untersuchung des Patienten (orientierend Operativvvee Thromb bekttomie IV B neurologisch-internistisch), die Blutabnahme (inkl. toxikologiCavvafiilter IV B scher Spiegel, wichtig auch Toxikologie im Harn bestimmen!) können den Zugang zum Patienten erleichtern (mehrdimensionaler Zugang). Literatur Arcasoy SM, Kreit JW (1999) Thrombolytic therapy of pulmonary emboNeben der Querschnittuntersuchung sollte wenn möglich lism. A comprehensive review of current evidence. Chest 115: auch ein „anamnestischer Längsschnitt“ erhoben werden (aktu1695–1707 Böttiger B, Böhrer H, Bach A, Motsch J, Martin E (1994) Bolus injec- elle Vorgeschichte mit evtl. Krise, Suchtanamnese, psychiatrische tion of thrombolytic agents during cardiopulmonary resuscitation Vorbehandlung, Suizidversuche, Sozialanamnese). Eine Aufor massive pulmonary embolism. Resuscitation 28: 45–54 ßenanamnese kann dabei oft sehr hilfreich sein. 17.10.5 Prognose
Doerge H, Schoendube FA, Voss M, Seipelt R, Messmer BJ (1999) Surgical therapy of fulminant pulmonary embolism: early and late results. Thorac Cardiovasc Surg 47: 9–13 Kasper W, Konstantinides S, Geibel A et al. (1997) Management strategies and determinants of outcome in acute major pulmonary embolism: results of a multicenter study. J Am Coll Cardiol 30: 1165– 1171 Layish DT, Tapson VF (1997) Pharmacologic hemodynamic support in massive pulmonary embolism. Chest 111: 218–224 Mercat A, Diehl JL, Meyer G, Teboul JL, Sors H (1999) Hemodynamic effects of fluid loading in acute massive pulmonary embolism. Crit Care Med 27: 540–544
17.11.2 Rasche Tranquilisierung
Bei stark ängstlich oder aggressiv erregten, angetriebenen Patienten können durch rasche Tranquilisierung eine geordnete Exploration und Untersuchung erst möglich werden. Rasche Tranquilisierung • Benzodiazepine • Diazepam: 5–10 mg/min i.v. bis zu 0,5 mg/kg (langsam i.v. oder als Kurzinfusion) • Antipsychotika • Chlorprothixen 50–150 mg p.o. / 50–150 mg i.m. • Haloperidol 5–10 mg i.v., max. 60 mg Haldoperidol
17.11 Psychiatrische Notfälle
1515
17
Verschiedene Benzodiazepine mit oraler oder parenteraler Intramuskuläre Verabreichung hat gegenüber der intravenöApplikationsmöglichkeit stehen als Tranquilizer zur Verfügung sen Applikation den Nachteil der längeren Wirklatenz. Neben der (Tabelle 17.11-1). Die direkte intravenöse Gabe hat den Vorteil parenteralen Verabreichung hat sich auch die Verabreichung in der schnellen Wirksamkeit, auch die Gabe einer Kurzinfusion Tropfen-/Saftform bewährt. Selbst sehr aggressiv gespannte (z. B. 10 mg Diazepam in 100 ml physiologischer Kochsalzlö- Patienten nehmen diese orale Form erfahrungsgemäß gut an, sung) oder als Perfusor (z. B. Midazolam) ist hier möglich. auch wenn sie initial eine parenterale Applikation ablehnen. Durch ihre antikonvulsive Wirkung können Benzodiazepine Bei ausgeprägt manischen Zustandsbildern kann auch ein auch erfolgreich bei Krampfgeschehen eingesetzt werden. Kurzdepot mit Zuclopenthixol verabreicht werden. DepotBenzodiazepine haben zudem den Vorteil, dass ihre sedierende neuroleptika sollten allerdings ansonsten in der Akutsituation und atemdepressive Wirkung durch Flumazenil (0,2–1 mg lang- nicht verabreicht werden, da die Wirkdauer mehrere Wochen sam i.v., bei Bedarf Wiederholung, cave: kurze Wirkzeit der beträgt (s. dazu auch Malignes neuroleptisches Syndrom). Einzelapplikation) antagonisiert werden kann, trotzdem muss bei Stellen starke Schmerzen einen wichtigen Teil des Errestärkerer Sedierung die Überwachung der Vitalfunktionen ge- gungssyndroms dar, kann in der Akutsituation auch Nalbuphinwährleistet sein. hydrochlorid, das als Opioid ein starkes Analgetikum ist, Als hochpotentes Antipsychotikum kann Haloperidol intra- eingesetzt werden. Die Wirkung setzt 15 min nach s.c.- oder i.m.venös (5–20 mg) verabreicht werden. Bei geriatrischen Patien- Gabe bzw. 2–3 min nach i.v.-Gabe ein und hält 3–6 h an. Die ten und Patienten mit organischem Psychosyndrom haben sich empfohlene Dosierung beträgt 10–20 mg für Erwachsene. niedrigere Dosen bewährt. Zudem hat die Substanz sedierende Eigenschaften und anta„Niederpotente“ Antipsychotika (z. B. Chlorprothixen oder gonisiert eine opioidinduzierte Atemdepression. Levomepromazin) haben ausgeprägtere sedierende Eigenschaften, die sich bei starken Erregungszuständen durchaus positiv auswirken können (Tabelle 17.11-2).
Int. Freiname
Applikation
Einzeldosis
Tagesdosis
HWZ
Alprazolam Bromazepam
p.o. p.o.
0,5–1 mg 3–6 mg
0,5–4 mg 3–24 mg
Kurze HWZ Mittlere HWZ
Clonazepam
p.o., i.v.
0,5–2 mg
3–6 mg
Lange HWZ
Diazepam
p.o., i.v., i.m. p.o., i.v. p.o., i.m., i.v., Perfusor p.o., i.v.
2–15 mg, 5–30 mg 1–2,5 mg 5–15 mg
2–50 mg, 60 mg 3–12,5 mg 7,5–15 mg
Lange HWZ
5–20 mg
30–120 mg, 10–50 mg
Lorazepam Midazolam Oxazepam
Tabelle 17.11-1. Benzodiazepine
Kurze HWZ Sehr kurze HWZ Kurze HWZ
Sehr kurze HWZ: 40 °C
Hyperthermie, meist niedriger als MNS
Psychopathologie
Katatoner Stupor und Vigilanzschwankungen bis zum Koma
Erregung bis zum deliranten Zustandsbild
Motorische Symptomatik
Extrapyramidale Symptome wie Rigor, Dystonie oder Tremor
Hyperreflexie, Tremor oder Myoklonus
Vegetative Symptomatik
Tachykardie, Hypersalivation, Dyspnoe, Schwitzen und labiler Blutdruck
Schwitzen, Hypotonie, gastrointestinale Symptomatik mit Nausea, Erbrechen oder Diarrhöen
Laborparameter
CK-, GOT-, LDH-Erhöhung und Leukozytose
–
17.11.5 Psychotische Störungen
Für die Vorgehensweise in der psychiatrischen Notfallsituation hat sich die Unterscheidung in „psychotische“ und „nichtpsychotische“ Zustandsbilder bewährt. Ist beim Delir (organisches Psychosyndrom) vor allem das Kurzzeitgedächtnis beeinträchtigt, so kommt es in der akuten Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis und den Psychosen aus dem affektiven Formenkreis zu verändertem Erleben durch Ich-Störungen und Störungen der Wahrnehmung und entsprechend schwerer einfühlbaren Verhaltensweisen. Erregungszustände bis zum Raptus sind eindrücklich und können das Bild der akuten Psychose beherrschen. Eine Hemmung des motorischen Verhaltens wird als Stupor bezeichnet (Cave: perniziöse Katatonie ist potentiell lebensbedrohlich). Üblicherweise entwickelt sich das Syndrom aber über eine längere Zeit als das maligne neuroleptische Syndrom in Tagen bis Wochen. Die perniziöse Katatonie ist als schwere psychotische Symptomatik zu sehen, die einer intensiven Therapie mit Flüssigkeits- und Nahrungssubstitution, Antipsychotika und Benzodiazepinen, eventuell bis zur Elektrokrampftherapie, bedarf. Im Rahmen der raschen Tranquilisierung (s. Übersicht S. 1514) liegt bei den Störungen aus dem schizophrenen Formenkreis der Schwerpunkt der medikamentösen Therapie auf Antipsychotika, bei affektiven Psychosen können bei der Manie auch Lithium und bei der Depression Antidepressiva eingesetzt werden. 17.11.6 Akute Angstsymptomatik
Tabelle 17.11-6. Malignes neuroleptisches Syndrom und serotonerges Syndrom
(Koffein, Alkohol etc.) kann auch hier eine symptomatische Therapie in der Akutsituation notwendig sein. Symptomatische Angsttherapie • Beziehungsaufnahme über Gespräch, Beruhigen, Entspannen • Bei Hyperventilation: „Beutelrückatmung“ • Medikamentös: z. B. Diazepam 5–10 mg p.o., i.m. oder i.v. oder andere Benzodiazepine • Therapie der organischen Ursache
17.11.7 Akute Aggressivität
Bei psychiatrischen Notfallsituationen kann nicht automatisch von der gewohnten Arzt-Patienten-Beziehung ausgegangen werden, in der der Patient Hilfe sucht und daher nicht fremdgefährlich ist. Organische, substanzinduzierte und akut psychotische Zustandsbilder können mit Verhaltensstörungen einhergehen, die zu einer Fremdgefährdung führen können. Psychosoziale Krisen der Patienten, Persönlichkeitsstörungen der Patienten und besondere Situationen (Begutachtung, Justiz) können ebenfalls zu einer veränderten Arzt-Patienten-Beziehung führen, die in aggressivem Verhalten der Patienten dem Arzt gegenüber mündet. Eine rasche Tranquilisierung (s. Übersicht S. 1514) kann hier Fremdgefährdung vermindern. Jedoch spielt der ruhige und angemessene Umgang mit dem Patienten eine ebenso wichtige Rolle. Das Augenmerk auf den nötigen Selbstschutz sollte nicht außer Acht gelassen werden.
Nichtpsychotische Ängste können als Begleitphänomen bedrohlicher körperlicher Erkrankungen (z. B. Myokardinfarkt,Pulmo- 17.11.8 Suizidalität nalembolie) auftreten und bedürfen einer symptomatischen Aussagen oder Andeutungen eines Patienten, sich das Leben Therapie. nehmen zu wollen, sollten ernst genommen und Maßnahmen Starke Ängste in Form von Panikattacken als Resultat eines zur Sicherheit des Patienten getroffen werden. Suizidversuche sich aufschaukelnden Circulus vitiosus kommen nicht nur bei sollten von Selbstverletzungen, die der Patient setzt, um Spanpsychischen Erkrankungen vor, sondern sind häufig in der Be- nungszustände zu beenden, ohne sich dabei jedoch das Leben völkerung als oft einmalige Erlebnisse zu finden. Neben einer nehmen zu wollen, unterschieden werden. entsprechenden Aufklärung über zugrunde liegende psychosoziSuizidgedanken werden häufig nicht spontan geäußert und ale und pathophysiologische Faktoren (Angst-Stress-Modell, Teu- müssen daher gezieltt erfragt werden. Patienten sind dann besonfelskreis der Angst), über mögliche begünstigende Faktoren ders gefährdet, wenn sie sich auch nach einem ausführlichem
17.12 Eklampsie
Gespräch nicht von ihren Suizidideen bzw. von ihren Suizidversuchen distanzieren, wenn sie ihre Suizidgedanken als drängend erleben, wenn eine ausgesprochene Hoffnungslosigkeit ohne Zukunftsperspektiven besteht, wenn eine schwere depressive Symptomatik, eine akute psychotische Symptomatik, eine mangelnde Impulskontrolle oder ein gereizt aggressives, agitiertes Verhalten des Patienten vorliegt. Eine tragfähige Gesprächsbasis kann hier nicht aufgebaut werden. Aus der Anamnese können sich folgende Risikofaktoren ergeben: Suizidversuche in der Vorgeschichte, eine positive Familienanamnese hinsichtlich Suiziden oder Suizidversuchen, ein ungelöster Konflikt, der zu Suizidversuchen führte, das Vorliegen einer Suchterkrankung, Suizidversuche mit harter Methode oder entsprechende Gedanken bzw. Suizidarrangements, die ein Auffinden erschweren, soziale Isolierung und zunehmender Rückzug des Patienten. Wichtig ist, daran zu denken, dass suizidale Patienten ihre Suizidalität dissimulierenn können, um rasch die Freiheit für ihre suizidalen Pläne zu erlangen. Patienten, die erklären, dass sie keine Suizidabsichten mehr hätten, sollten daher gefragt werden, was sie zu dieser Meinungsänderung bewogen hat und warum sie eigentlich weiterleben wollen.
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Hypertonie, die Entwicklung einer Präeklampsie und das Auftreten einer uteroplazentaren Insuffizienz deutlich erhöht. Die Präeklampsie trägt wie kaum eine andere Erkrankung in der Schwangerschaft zur mütterlichen Morbidität und Mortalität bei und ist laut WHO die Hauptursache der perinatalen Morbidität und Mortalität. In westlichen Industrieländern werden etwa 10–15% aller Schwangerschaften durch eine krankhafte Blutdrucksteigerung kompliziert. Klassifikation der schwangerschaftsinduzierten hypertensiven Erkrankungen h h f h yp i bbeii vorbestehender b h d Hyper• SSchwangerschaftshypertonie g yp i e („chronic hypertension“): RR>140/90 vor der Gravidittonie onie tät oder vor der 20. SSW h h f i d i i SIH H („pregnacy • SSchwangerschaftsinduzierte g Hypertonie, yp induced hypertension“, PIH): RR >140/90 oder ein Anstieg um 30/15 mmHg sys./diast. gegenüber Vorbefunden in der Schwangerschaft; RR gilt als erhöht, wenn gemessen nach 10 min Ruhe im Sitzen/Liegen (an beiden Armen) innerhalb von 4 h mindestens 2-mal reproduzierbar! Keine Proteinurie. kl p i e • P Präeklampsie – RR >140/90 oder ein Anstieg um 30/15 mmHg – Mit Proteinurie, 3 g/24 h, ≅ ++Urinstix • M Mit/ohne t/o / eÖ Ödeme Öde e – Mild: RR syst. 110; Proteinurie, – 5 g/24 h ≅ +++/++++Urinstix kl p i e: Krampfanfall ohne/mit Hypertonie oder Proteinu• E Eklampsie rie HELLP ELLP P („hemolysis, elevated liver enzymes, low platelets“) • H mit/ohne Hypertonie oder Proteinurie – Klasse I: Thrombozyten ≤50.000/hl – Klasse II: Thrombozyten >50.000≤100.000/hl
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17.12 Eklampsie Hermann Enzelsberger
17.12.1 Einleitung und Definition
Schwangerschaftsinduzierter Hypertonus (SIH) und Präeklampsie gehören zu den häufigsten und schwerwiegendsten Komplikationen in der Gravidität. Für die klinische Verwendung hat sich eine Klassifizierung der hypertensiven Schwangerschaftserkrankungen bewährt, die zwischen chronischer Hypertonie, Präeklampsie, Pfropfeklampsie und Eklampsie unterscheidet. Das Risiko für den Fetus und für die Mutter ist bei einer länger bestehenden Hypertonie durch die Exazerbation der
Die Hypertonie in der Schwangerschaft ist definiert durch Blutdruckwerte von systolisch >140 mmHg und diastolisch >90 mmHg oder durch einen Blutdruckanstieg von systolisch >30 mmHg und diastolisch >15 mmHg. Für den klinischen Gebrauch hat sich eine Klassifizierung der Hypertonie in der Schwangerschaft bewährt, die auf einer Empfehlung des National Institute of Health basiert (s. obige Übersicht). Die chronische Hypertonie ist durch einen Bluthochdruck in der 1. Schwangerschaftshälfte definiert und bedeutet für den weiteren Graviditätsverlauf in der Mehrzahl der Frauen keine schwerwiegenden Konsequenzen. Als Präeklampsie wird die Verbindung einer Hypertonie mit einer Proteinurie, die nach der 20. Schwangerschaftswoche auftritt, bezeichnet. Dieser Begriff hat die bisherige Bezeichnung EPH-Gestose weitgehend abgelöst. Von einer Pfropfpräeklampsie spricht man, wenn zu einer chronischen bzw. vorbestehenden Hypertonie eine Proteinurie hinzutritt. Ungeachtet einer Vielzahl unterschiedlicher Angaben besteht bei Vorliegen einer Hämolyse (Haptoglobinbestimmung), einer Erhöhung der Transaminasen und des LDH sowie einer Thrombozytopenie ein HELLP-Syndrom, das eine besonders schwere Verlaufsform der Präeklampsie darstellt.
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17 Notfälle
normalen Blutdruckabfalls in der Nacht, und in fortgeschrittenen Stadien findet man eine Umkehr des Rhythmus mit einer Erhöhung des Blutdruckes während der Nachtruhe. Das 24-hRR-Monitoring identifiziert bei Präeklampsiepatientinnen jene Frauen mit einem höheren Risiko einer vorzeitigen Schwanger17.12.2 Pathogenese der Präeklampsie schaftsbeendigung. Frauen mit fehlender Nachtabsenkung und Eklampsie (Dipping), also einer Aufhebung der zirkadianen Rhythmik, sind Im pathophysiologischen Ablauf kommt der gestörten Adaptation in besonderer Weise betroffen. Durch die gesteigerte Gefäßpermeabilität (Ausdruck der für des uteroplazentaren Kreislaufs und der anschließenden MinderGestosen charakteristischen Endothelschädigung) verliert sich durchblutung des Trophoblasten eine zentrale Bedeutung zu. Die Störung des uteroplazentaren Kreislaufs kann einerseits ein Teil des Plasmavolumens, d. h. des Plasmaeiweißes im Interauf einer gestörten Trophoblastinvasion und einer sekundären stitium, und es entstehen Ödeme. Die damit abnehmende Schädigung der Spiralarterien beruhen, die zu einer Engstellung Füllung des Gefäßbettes (Hypovolämie) wird von einer Gefäßdieser Gefäße führen. Andererseits können bereits bestehende konstriktion und Hypertonie begleitet. Mit der PlasmavolumenGefäßschäden im uterinen Kreislauf eine Rolle spielen wie z. B. abnahme ist nachfolgend die Hämokonzentration (d. h. die festen beim Diabetes mellitus oder chronischer Hypertonie. Endothel- Bestandteile des Blutes sind in einer höheren Konzentration vorschäden konnten histologisch auf mütterlicher und fetaler Seite in handen) verschlechtert, des Weiteren ebenso die rheologischen uterinen, renalen, plazentaren und umbilikalen Gefäßen nach- Eigenschaften. In 2% aller präeklamptischen Verläufe kommt es gewiesen werden. Schon bevor sich die Erkrankung manifestiert, sogar zur Ausbildung eines Lungenödems. Dyspnoe und thorakazeigen sich die veränderten Endotheleigenschaften in einer le Beschwerden weisen auf diese Komplikation hin. Endothelzellaktivierung. Gleichzeitig kommt es zu einer erhöhten Fibronektinfreisetzung sowie zu einer verminderten Nieren und Flüssigkeitshaushalt endothelialen Bildung des vasodilatierenden und plättchen- Die Schädigung der Endothelien der Glomeruli geht mit einer inhibierenden Prostazyklins (Antagonist des Thromboxans, nichtselektiven Proteinurie einher. Sie ist definiert als VorhandenHemmer der Thrombozytenaktivität). Diese verminderte Synthe- sein von Eiweiß im 24-h-Harn in einer Konzentration von se des Mediators Prostazyklin liefert eine Erklärung für die früh- 300 mg/l. Es handelt sich dabei um eine teilweise selektive Eiweißzeitig verstärkte Bildung des vasokonstriktorischen Thromboxan ausscheidung infolge glomerulärer Schädigung (glomeruläre A2, das vorwiegend von aktivierten Thrombozyten gebildet wird. Endotheliose). Eine Nierenbeteiligung kann sich neben dieser ProDiese Imbalance zwischen Prostazyklin und Thromboxan A2 teinurie in einer verminderten glomulären Filtrationsrate und einer führt dann zu einem erhöhten Gefäßtonus und folglich zur Oligurie bis hin zum akuten Nierenversagen äußern. verminderten Organperfusion. Für die Entstehung einer PräDer Anstieg der Harnsäure im Plasma und der Abfall der eklampsie sind auch noch andere Faktoren zu nennen: Geneti- Kallikrein-Kreatinin-Ratio im Urin gehen den klinischen Zeichen scher Defekt; Autoantikörper; Autoimmunreaktionen. Eine der Präeklampsie meist voraus. Verbindung von APA (Antiphospholipidantikörper) und klinischen Erkrankungen wie WSA (wiederholte Spontanaborte), Thrombozyten und Blutgerinnung Thrombose, IUGR (intrauterine Wachstumsverzögerung) oder Die Thrombozyten sind in 25% der Fälle leicht vermindert. WähPräeklampsie wird unter dem Begriff APA-Syndrom zusammen- rend die globalen Gerinnungstests meist noch normal sind, gefasst. In neueren Studien wurden die Effekte bestimmter können erhöhte Plasmaspiegel von D-Dimeren, Fibrinopeptid A Polymorphismen auf die Schwangerschaft und schwanger- und Thrombin-Antithrombin-III-Komplexen nachgewiesen schaftsassoziierten Erkrankungen wie Thrombose und Prä- werden. Die Plasmaspiegel von Inhibitoren der Gerinnung, z. B. eklampsie nachgewiesen. Antithrombin III und Protein C, sind dagegen reduziert. Als Das breite Spektrum der klinischen Auswirkungen bestätigt Hämolyseparameter kommt der Haptoglobinbestimmung im Sedie Präeklampsie als Multiorganerkrankung: rum eine Bedeutung zu, wobei eine Haptoglobinverminderung im Rahmen einer Präeklampsie der Thrombozytopenie zeitlich vorausgeht. Zentralnervensystem Im Gehirn kann es infolge der Endothelläsionen und des Vasospasmus zu einem Hirnödem und zu Mikroblutungen kommen, Oberbauchsymptome die sich in Form von Sehstörungen und Kopfschmerzen äußern. Eine Beteiligung der Leber äußert sich in epigastrischen Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Bei einer Störung der Leberzellen kommt es zu einem Anstieg der Aminotransferasen im Serum. In Kardiovaskuläres System und Ödeme Die Hypertonie ist ein frühes klinisches Zeichen der Prä- Verbindung mit einer Hämolyse und einer Thrombozytopenie eklampsie. Die Veränderung des zirkadianen Rhythmus zeigt sich spricht man von einem HELLP-Syndrom. Histologisch findet man beim 24-h-RR-Monitoring. Initial kommt es zu einem Verlust des in schweren Fällen periportale Blutungen und Infarkte. Die gefährlichste Komplikation der Präeklampsie ist die Eklampsie, definiert durch generalisierte tonisch-klonische Krämpfe, die vor, während oder nach der Geburt auftreten können.
17.12 Eklampsie
Plazenta und Fetus
Durch die gestörte Adaptation des uteroplazentaren Kreislaufs kommt es zum Auftreten einer chronischen Plazentainsuffizienz. Diese tritt bei vorbestehenden Gefäßschäden frühzeitig in der Schwangerschaft auf und führt zu einer Wachstumsretardierung, im Extremfall zur intrauterinen Asphyxie und zum intrauterinen Tod des Fetus. In Kombination mit der gestörten vaskulären Adaptation im Bereich des Plazentabetts kommt es gehäuft zu einer vorzeitigen Plazentalösung. 17.12.3 Diagnose und Therapie der Präeklampsie Diagnostische Maßnahmen
Die Präeklampsie ist definiert durch das Auftreten einer Hypertonie (RR >140/90) und einer Proteinurie in der 2. Schwangerschaftshälfte. Eine signifikante Proteinurie liegt bei einem Eiweißverlust von >300 mg/24 h, entsprechend einer Anzeige von 1–2 Kreuz positiv in einem Teststreifen vor. Ödeme, die sich entweder als Beinödeme oder als generalisierte Ödeme mit drastischer Gewichtszunahme manifestieren können, sind meist vorhanden, jedoch nicht obligat. Die Inzidenz der Präeklampsie beträgt bei Nulliparae 3–5% und bei Multiparae 0,5. Bereits am Anfang jeder Schwangerenvorsorge sollte im Rahmen der Anamnese gezielt nach prädisponierenden Faktoren für eine hypertensive Schwangerschaftserkrankung gefahndet werden (vorausgegangene schwere Präeklampsie, vorbestehende Nierenerkrankungen, Antiphospholipidsyndrom, chronische Hypertonie). Die korrekte Blutdruckmessung ist unverzichtbarer Bestandteil jeder Schwangerenvorsorgeuntersuchung. Punktuell erhöhte Blutdruckwerte erfordern die Abklärung durch ein nichtinvasives 24-h-Blutdruckmonitoring zum Ausschluss falsch-hoher Blutdruckwerte (15–25%, „white coat hypertension“) und zur tageszeitlichen Risikoabschätzung (Cave: nächtliche Blutdruckspitzen, Umkehr der zirkadianen Rhythmik). Die Präeklampsie ist somit ein Syndrom, das durch die Verbindung von Hypertonie und Proteinurie definiert ist. Klinische Symptome wie Kopfschmerzen, Sehstörungen, epigastrische Schmerzen, generalisierte Ödeme bzw. eine Gewichtszunahme von >1 kg/Woche können auf eine Präeklampsie hinweisen. Für jede Schwangerenvorsorge obligat ist die semiquantitative Eiweißbestimmung im Urin mittels Teststreifen. Von besonderer klinischer Relevanz ist das Neuauftreten einer Proteinurie bei vorher chronisch hypertensiven Schwangeren; diese Konstellation signalisiert eine Pfropfpräeklampsie mit schlechter Prognose für Mutter und Kind! Regelmäßige Gewichtskontrollen und sorgfältige klinische Untersuchungen auf Ödeme sind obligat: rasch sich entwickelnde Ödeme (z. B. Gesicht) oder eine rapide Gewichtszunahme
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>1–2 kg/Woche sind Warnsymptome einer folgenden hypertensiven Krise. Im Rahmen der routinemäßigen Laboruntersuchungen sollte nicht nur der Hämoglobinspiegel, sondern auch der Hämatokritwert bestimmt werden, der in einfacher Weise eine Hämokonzentration (Hk >38%) mit Verminderung des Plasmavolumens anzeigt. Bei Wiederholungsrisiko einer Präeklampsie empfiehlt sich die zusätzliche Bestimmung der Thrombozytenzahl ab der 24. SSW, die eine chronische intravaskuläre Gerinnungsaktivierung mit Verbrauch am einfachsten widerspiegelt. Eine darüber hinausgehende Labordiagnostik mit Bestimmung der Transaminasen und Haptoglobin ist nur bei klinischem Verdacht wie z. B. Oberbauchschmerzen notwendig (s. Übersicht). Präeklampsie – Eklampsie – HELLP • Zerebrale Symptome – Kopfschmerzen – Schwindel – Ohrensausen – Krampfanfall • Sehstörungen – Skotome – Augenflimmern – Amaurose • Gastrointestinale Symptome – Übelkeit – Erbrechen – Epigastrische Schmerzen – Ikterus
Die Überwachung des Kindes orientiert sich zunächst an den üblichen Mutterschaftsrichtlinien, die auch die Indikation zur Dopplersonographie beinhalten. Bei Schwangeren mit HES (Hypertensive Schwangerschaftserkrankung) sollte ab der 20. SSW eine Farbdoppleruntersuchung der Aa. uterinae durchgeführt werden, mit erneuter Kontrolle in der 24. SSW (Auftreten von postsystolischen Notch-Zeichen). Zusätzlich wird in 2- bis 3wöchigem Abstand eine Biometrie des Fetus sowie eine Beurteilung der Fruchtwassermenge und der Plazenta zur rechtzeitigen Erkennung einer intrauterinen Mangelentwicklung des Kindes durchgeführt. Die Frequenz der kardiotokographischen Überwachung (CTG) hat sich ab der Lebensfähigkeit des Kindes nach der individuellen Symptomatik und dem Zustand der Schwangerschaft zu richten. Therapeutische Maßnahmen
Die Eltern müssen darauf hingewiesen werden, dass eine rasche Beendigung der Schwangerschaft notwendig werden kann. Eine kochsalzarme Diät, die früher zur Therapie von Ödemen bei der Präeklampsie eingesetzt wurde, ist heute obsolet, da sie die Tendenz zur Hypovolämie verstärkt. Primäre Ziele des klinischen Vorgehens sind daher die Geburt eines lebendigen, möglichst reifen Neugeborenen, ohne das Leben der Mutter ernsthaft zu gefährden.
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17 Notfälle
Für die Blutdrucksenkung steht die Behandlung mit Dihydralazin, Labetalol und Nifedipin im Vordergrund. Diese Substanzen wirken vor allem über eine Vasodilation und führen auf Grund der vorliegenden Doppleruntersuchungen zu keinen wesentlichen Veränderungen des uteroplazentaren und fetalen Kreislaufs (Tabelle 17.12-1). Für eine langfristige antihypertensive Therapie im Rahmen des konservativen Managements der leichten Präeklampsie kommen die perorale Gabe von Methyldopa (initial 1 g/Tag in 4 Dosen, Erhaltungsdosis 1–4 g/Tag), Labetalol (300–1600 mg/ Tag in 3 Dosen) oder Nifedipin (Slow-release-Form 10–20 mg, 3-mal täglich) in Frage. Diuretika werden nur bei Zeichen einer Herzinsuffizienz oder eines Lungenödems gegeben. Bei Verschlechterung des klinischen Zustandsbildes kommen zusätzlich Glukokortikoide und Magnesiumsulfat zur Anwendung. Die Glukokortikoide werden intramuskulär nach folgendem Schema gegeben: Betamethason 2-mal 12 mg oder Dexamethason 2-mal 10 mg im Abstand von 24 h. Bei erhöhter zerebraler Krampfbereitschaft wird Magnesiumsulfat initial als Bolus intravenös gegeben (Bolus: 4 g mgSO4 über 20 min i.v.); die weitere Erhaltungstherapie erfolgt mittels Perfusor (1–2 g Magnesiumsulfat/h). Tabelle 17.12-1. Medikamentöse Behandlung der Präeklampsie Substanzen
Dosierung
Nebenwirkungen/ Interaktionen
α-Methyldopa
1–4 g/Tag
Hämolytische Anämie, Hepatopathie
Labetalol
0,2–1,6 g/Tag
Nifedipin
40–80 mg/Tag (Retardform)
Kopfschmerzen, Hepatopathie Kopfschmerzen. Mit Magnesium: Hypotonie und neuromuskuläre Blockade
17.12.4 Diagnose und Therapie der Eklampsie Inzidenz und Diagnose der Eklampsie
Unter einer Eklampsie versteht man generalisierte tonisch-klonische Krämpfe, die antepartal, intrapartal oder innerhalb von 7 Tagen postpartal auftreten. Die Eklampsie wird häufig als Endpunkt der Präeklampsie angesehen. Dies ist missverständlich, da vor der manifesten Eklampsie in bis zu 30% der Fälle weder eine Hypertonie noch eine Proteinurie bekannt sind und in bis zu 40% der Fälle prodromale Symptome fehlen. Als auslösender Faktor der Eklampsie wird eine zerebrale Ischämie infolge von Vasospasmen und Mikrothromben der kleinen intrakraniellen Gefäße angenommen. Die Inzidenz der Eklampsie liegt in West- und Nordeuropa bei 1:2000–3500 Geburten. Ein erhöhtes Risiko besteht bei Schwangeren unter 19 Jahren, bei Mehrlingsschwangerschaften und nach durchgemachter Präeklampsie oder Eklampsie.
Die Eklampsie ist Ausdruck einer Multiorganerkrankung, die Mutter und Kind in hohem Maße gefährdet. Die mütterliche Mortalität beträgt 0,5–2,0%. In Westeuropa ist die Eklampsie für ca. 10% aller mütterlichen Todesfälle verantwortlich. Die kindliche Mortalität beträgt hingegen 7–12%. Die Mehrzahl der kindlichen Todesfälle ist mit Frühgeburtlichkeit oder mit einer vorzeitigen Plazentalösung assoziiert. In einer Übersichtsarbeit aus Mexiko mit 700 Fällen wird berichtet, dass 83% der Anfälle vor oder bei der Geburt und 17% nach der Geburt auftraten. Die Diagnose einer Eklampsie wird gestellt, wenn bei einer Patientin in der 2. Schwangerschaftshälfte, bei der Geburt oder im Wochenbett generalisierte tonisch-klonische Krämpfe auftreten. Die Anfälle beginnen mit einer tonischen Verkrampfung, die etwa 15 s dauert; danach folgen klonische Krämpfe, die bis zu einer Minute anhalten und von einer Apnoe begleitet sind. Die postiktale Phase mit Bewusstseinstrübung dauert zwischen einigen Minuten bis mehreren Stunden, wobei sich die Anfälle wiederholen können. In der Literatur finden sich bei 60% der Patientinnen Prodromalsymptome, am häufigsten Kopfschmerzen (50%), gefolgt von Sehstörungen (20%) und Schmerzen im Epigastrium (19%). Bei 80% der schwangeren Frauen liegt zur Zeit des Anfalls eine Hypertonie vor, mit Werten über 170/110 mmHg; zudem wird in 80% der Fälle eine signifikante Proteinurie gefunden. Eine Thrombozytopenie wird in 15–20% und eine disseminierte intravasale Gerinnung in 5–10% der Fälle gefunden (oft in Kombination mit einer vorzeitigen Plazentalösung). Des Weiteren liegen bei 12–70% der Frauen erhöhte Serumspiegel von Harnsäure und Aminotransferasen vor und ein HELLP-Syndrom wird in 7–11% der Fälle gefunden (siehe Übersicht). In sonstigen unkomplizierten Fällen kann auf weitere neuroradiologische Untersuchungen, ein Elektroenzephalogramm und eine Lumbalpunktion verzichtet werden. Indikationen für eine rasche Entbindung • • • • • • •
Unkontrollierbare Hypertonie Starke Kopfschmerzen, Sehstörungen Persistierende Oligurie, Nierenversagen Gerinnungsstörung, Thrombozytopenie HELLP-Syndrom Eklampsie Fetaler Distress
Management und Therapie der Eklampsie
Ein eklamptischer Anfall muss möglichst rasch unterbrochen werden. Das Management des eklamptischen Anfalls beruht nach derzeitigem Wissen auf drei Prinzipien: Anfallsbehandlung mit Diazepam, Stabilisierung der Mutter mit Magnesiumsulfat und Antihypertensiva, rasche Entbindung.
17.12 Eklampsie
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Unter Beatmungsbereitschaft sollten 5–20 mg Diazepam langsam durch eine primäre Sektio angezeigt. Postpartal muss die Mutter über 1–2 Minuten intravenös gespritzt werden. Alternativ können unter Beibehaltung der Magnesiumtherapie 48 h intensiv überwacht werden. 75–125 mg Pentothal langsam intravenös gegeben werden. Während eines eklamptischen Anfalls müssen folgende zusätzTabelle 17.12-2. Medikamentöse Behandlung der Eklampsie lichen Maßnahmen getroffen werden: Substanzen Dosierung Einlage eines Gummikeils zwischen die Zähne zur Verhütung eines Zungenbisses, Anfallsbehandlung Seitenlagerung zur Aspirationsprophylaxe, Diazepam 10–20 mg langsam i.v. oderr Pentothal 75–125 mg langsam i.v. Einleitung von Intensivüberwachungsmaßnahmen (BlutVerhütung weiterer Anfälle druck, Puls, Oxymetrie, CTG). MgSO4
Treten Anfallswiederholungen auf, muss die Patientin intubiert werden! Nach der Unterbrechung des Anfalls sollte Magnesiumsulfat intravenös gegeben werden; zu Beginn wird ein Bolus von 4 g über mindestens 5 min verabreicht. Die Erhaltungsdosis beträgt 1–2 g/h und sollte mittels Perfusor infundiert werden. Bei schon vorher verabreichter Magnesiumtherapie ist die Wiederholung des Bolus indiziert. Es wird angenommen, dass die krampfhemmende Wirkung des Magnesiums auf einer Dilatation der kleinen intrakraniellen Gefäße beruht, die zu einer Behebung der zerebralen Ischämie führt. Magnesiumsulfat verursacht im therapeutischen Bereich keine Sedation der Mutter. Im Kardiotokogramm (CTG) kommt es zu keiner Abnahme der fetalen Akzelerationen. Besonders hinzuweisen ist darauf, dass bei Einsatz des Magnesiumsulfats die Urinausscheidung, die Sehnenreflexe und die Atemfrequenz regelmäßig kontrolliert werden müssen! Die Zufuhr von Magnesiumsulfat muss reduziert oder abgebrochen werden, wenn das klinische Bild eine Oligurie (Urinmenge 300 mg/dl, einer metabolischen Azidose mit einem pH-Wert zumeist 5 mmol/L. Auf Grund respiratorischer und auch metabolischer Kompensationsversuche kann der pH-Wert aber auch im Normalbereich gelegen oder sogar erhöht sein. Ebenso werden nur gering erhöhte und auch normale Blutzuckerspiegel gefunden! Pathogenese Zentral in der Pathogenese der diabetischen Ketoazidose steht ein absoluter oder relativer Insulinmangel in Verbindung mit einer ausgeprägten Insulinresistenz, bedingt durch Erhöhung gegenregulatorischer Hormone (Adrenalin, Glukagon, Cortisol, Wachstumshormon) und Veränderungen des metabolischen Milieus (Erhöhung der Konzentration von freien Fettsäuren und Aminosäuren, metabolische Azidose, erhöhte Osmolalität). Gesteigerte Glykogenolyse und hepatische Glukoneogenese in Verbindung mit einer gestörten Glukose-
• Kalium 200–400 mmol/Tag • Kalzium 1000–1500 mg/Tag • Phosphor 75–150 mmol/Tag
Therapie Die Therapie der diabetischen Ketoazidose zielt darauf-
hin aus, in den beschriebenen Pathomechanismus einzugreifen und die damit verbundenen pathophysiologischen Veränderungen zu behandeln. Durch Insulin werden die Hyperglykämie und Hyperketonämie und die damit verbundene metabolische Azidose, durch Elektrolyt- und Wasserapplikation die entsprechenden Verluste korrigiert. Flüssigkeitsersatz Um die durch die osmotische Diurese bedingte Hypovolämie zu beseitigen, sollten so früh wie möglich (noch vor der Aufnahme auf der Intensivstation) 1–2 l einer 0,9% Kochsalzlösung verabreicht werden. Sollten Zeichen eines ausgeprägten Volumenmangels vorliegen (Hypotension, Tachykardie), kann die Zufuhr größerer Mengen (3–4 l NaCl 0,9% in der ersten Stunde) notwendig werden. Nach Korrektur der Hypovolämie sollte die eigentliche Rehydratation mit einer hypoosmolaren Lösung erfolgen, die ein Natrium-/Chlorid-
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17 Notfälle
kontrollen können größere Verluste erkannt und entsprechend ersetzt werden. Falls als Flüssigkeitsersatz eine 0,9%ige Kochsalzlösung bzw. in der Folge eine 0,45%ige Kochsalzlösung verwendet wird, sollte der Elektrolytersatz folgendermaßen durchgeführt werde: Kaliumersatz: Abhängig von der Serumkaliumkonzentration zum Aufnahmezeitpunkt: Serumkalium >5 mmol/l: kein Kalium während des ersten Liters 0,9% NaCl-Lösung. Serumkalium 3,6–4,5 mmol/l: 20–40 mmol Kalium während des ersten Liters 0,9% NaCl-Lösung. Serumkalium 4,5 mmol/l angehoazidotischen Coma diabeticum ben worden ist. • Natrium 90 mmol/l • Kalium 25 mmol/l Phosphatersatz: Durch die Insulintherapie kommt es zu • Magensium 1,5 mmol/l einem ausgeprägten und schnellen Einstrom von Phosphat • Kalzium 1,0 mmol/l • Chlorid 65 mmol/l aus dem Extrazellulärraum in den Intrazellulärraum. In • H2PO4– 10 mmol/l 10–15% der Patienten mit diabetischer Ketoazidose wird • Malat 23 mmol/l • Glukonat 2 mmol/l während der Therapie ein Absinken der Serumphosphat• Osmolalität 218 mmol/l konzentration auf 0,5–1,0 mmol/l beobachtet. Diese Hypophosphatämie kann zu schwerwiegenden Komplikationen wie Rhabdomyolyse, akutem Nierenversagen, Herzinsuffizienz, zerebralen Krampfanfällen, respiratorischer Obwohl keine kontrollierten Studien darüber vorliegen, sollte die Insuffizienz und hämolytischer Anämie Anlass geben. zu wählende Zufuhrrate für die Elektrolytlösung vom VolumenPhosphat (2,0–2,5 g in 8 h) sollte deshalb parenteral zugestatus, bestimmt durch klinische Parameter, dem zentralen Venenführt werden, wenn die Serumphosphatkonzentration unter druck bzw. dem pulmonal-kapillären Verschlussdruck („wedge 1,5 mg/dl absinkt. Der Erfolg der Therapie muss durch engpressure“) abhängig gemacht werden. In Tabelle 17.13-1 ist ein maschige Kontrollen der Serumphosphat- und SerumVorschlag für die Zufuhrrate in Abhängigkeit vom zentralen Venenkalziumkonzentration (durch die Phosphatzufuhr kann sich druck angeführt. Die Flüssigkeitskorrektur sollte langsam über eieine Hypokalzämie ausbilden) monitiert werden. nen Zeitraum von 24–48 h erfolgen, um einen Shift von Wasser in das Gehirn und damit die Entwicklung eines Hirnödems zu verhindern. Da die Erhöhung der Osmolalität mit dem Wasserdefizit Insulintherapie Die Insulintherapie sollte intravenös gleichzeikorreliert, kann die Flüssigkeitskorrektur anhand der Serum- tig mit dem Flüssigkeitsersatz begonnen werden. Nach einem osmolalität gut gesteuert werden. vom Serumkaliumwert abhängigen Insulinbolus von 5–10 E (falls die Kaliumkonzentration 10 E/h) notwendig diesen Verlusten häufig in ausreichendem Maß Rechnung ge- werden können. Alternativ kann Insulin auch intramuskulär tragen wird. Durch engmaschige (2-stündliche) Elektrolyt- und subkutan appliziert werden (2-stündlich 12 E Altinsulin). Die Serumglukosekonzentration und Blutgasanalyse sollen 2stündlich bestimmt werden. Sinkt die Glukose in der erwarteten Rate (75–100 mg/dl/h), soll eine Insulindosierung von 5 E/h Tabelle 17.13-1. Einstellung der Infusionsrate nach der Höhe des zentralen Venendrucks (ZVD): beibehalten werden, anderenfalls ist eine Adaptation notwendig (falls sich die Glukosekonzentration nicht ändert oder sogar Infusionsrate (ml/h) ZVD (cm H2O) leicht ansteigt, Steigerung auf 10–20 E/h). 12 0 tration) durchgeführt werden! Um eine Hypoglykämie zu vermei-
verhältnis im physiologischen Bereich von ca. 1,4/1 aufweist. Ein Beispiel einer hypotonen Elektrolytlösung, die dieses NaCl-Verhältnis besitzt und zudem den Kalium-, Phosphat-, Kalzium- und Magnesiumverlusten, die durch die osmotische Diurese aufgetreten sind, Rechnung trägt, ist in folgender Übersicht angegeben. Zur Aufrechterhaltung der Elektroneutralität enthält diese Lösung auch Malat, das im Stoffwechsel pro mol 2 mol Bikarbonat generiert und somit direkt die metabolische Azidose beeinflusst. Es soll erwähnt werden, dass nach Korrektur des Volumenmangels mit 0,9% Kochsalzlösung das Wasserdefizit auch mit einer halbisotonen Natriumchloridlösung ausgeglichen werden kann.
17.13 Endokrinologische Notfälle
den, muss ab einer Glukosekonzentration von 250–300 mg/dl anstatt der hypotonen Elektrolytlösung eine 5%ige Glukoselösung als Volumenersatzlösung verwendet werden. Während der ersten 6–8 h nach Therapiebeginn sollte die Glukosekonzentration nicht unter 200–250 mg/dl absinken, um der Entstehung eines Hirnödems insbesondere bei Kindern vorzubeugen. Bicarbonattherapie Durch eine Reihe klinischer Studien konn-
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Insulinbolus empfohlen. Falls ein Insulinbolus appliziert wird, sollte dies erst dann erfolgen, wenn die Blutglukosekonzentration weniger als 3 mmol/l/h (=54 mg/dl/h) abfällt. Die kontinuierlich intravenöse Insulintherapie sollte in einer niedrigeren Dosierung (1–5 E/h) erfolgen. Diese vorsichtige Blutzuckersenkung soll das Auftreten eines Hirnödems verhindern. Da das hyperosmolare diabetische Koma häufiger bei älteren Diabetikern auftritt, ist auf etwaige kardiovaskuläre Erkrankungen zu achten, die eine Limitation in der Volumenersatztherapie darstellen können.
te in den letzten Jahren klar gezeigt werden, dass durch eine Bicarbonatzufuhr bei Patienten mit diabetischer Ketoazidose der Krankheitsverlauf nicht günstig beeinflusst wird, sodass von der Mehrzahl der Autoren diese Therapie auch bei schweren Azidosen (pH 2 mg/dl (120 µmol/l) Phe/Tyr-Ratio > 3 (Tandem-MS)
Klassische PKU Typ I
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Biogene Amine u. Pterine im Liquor
Spezifische Therapie: BH4 Neurotransmittervorstufen Phe-arme Diät bei DHPR-Defekt
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19 Erkrankungen im Kindesalter
Tabelle 19.4-2. Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Stoffwechselstörungen (APS) zu Therapiezielen bei klassischer Phenylketonurie Alter
Angestrebte Plasmaphenylalaninkonzentration
1. bis 10. Lebensjahr 11. bis 16. Lebensjahr 16 Jahre und älter
0,7–4 mg/dl (42–240 µmol/l) 0,7–15 mg/dl (42–900 µmol/l) 2 Hydroxybutyrat im Plasma kose- und Glykogenreserven die insbesondere für das Gehirn Gesamtcarnitin im Plasma ↓, nur bei CPTI-Defekt erhöht lebensnotwendigen alternativen Substrate nicht bereitgestellt Acylcarnitine im Plasma Nachweis defektspezifischer werden. (Tandem-MS) Metabolite 19.4.3 Störungen des Transportes und der Oxidation von Fettsäuren
Organische Säuren im Urin
Klinik und Diagnostik Die Störungen manifestieren sich typi-
scherweise im späten Säuglings- oder frühen Kleinkindesalter. Protrahierte Nahrungskarenz und katabole Stoffwechselsituationen, wie sie z. B. bei banalen Infekten, aber auch im Rahmen
Enzymologie aus Fibroblasten Molekulargenetische Untersuchung
Nachweis von Dikarbonsäuren Nachweis des spezifischen Enzymdefektes Spezifischer Mutationsnachweis
Carnitin
Langkettige Fettsäure
Mittelkettige Fettsäure
Carnitin Transporter
Zellmembran Zytosol Langkettige Acyl-CoA
Acylcarnitin CPT I
Äußere Mitochondrienmembran Innere Mitochondrienmembran
Translocase Mitochondrium
CPT II Acylcarnitin
Acyl-CoA VLCAD MCAD
3-HydroxyAcyl-CoA
SCAD LCHAD Beta-Oxidation MCHAD SCHAD
Acetyl-CoA Abb. 19.4-4. Carnitinzyklus und Fettsäurenoxidation. CPT I Carnitinpalmitoyltransferase rnit I; CPT II Carnitinpalmitoyltransferase II; VLCAD very-long-chain acyl CoA-dehydrogenase; MCAD medium-chain ium acyl CoA-dehydrogenase; SCAD short-chain acyl CoAdehydrogenase; LCHAD long-chain hydroxyacyl CoA-dehydrogenase; gena MCHAD medium-chain hydroxyacyl CoA-dehydrogenase;
19.4 Stoffwechselstörungen Alter [Jahre]
Maltodextrin-Lösung [%]
Tagesmenge [ml]
Mahlzeitenmenge [ml]
0–1 1–2 3–6 7–10 >10
15 15 20 20 25
700–1000 1200–1500 1200–1500 1500–2000 2200
60–125 100–190 100–190 125–150 275
Therapie In der Phase der akuten Dekompensation ist die hochdosierte Glukoseinfusion (8–12 mg/kg × min) lebensret-
tend. Im Intervall besteht die wichtigste therapeutische Maßnahme in der konsequenten Vermeidung von prolongierten Nüchternperioden. Bei Säuglingen sollten die Phasen der Nahrungskarenz nicht länger als 6 bis 7 Stunden und bei Klein- und Schulkindern nicht länger als 8 bis 12 Stunden dauern. Die Ernährung sollte kohlenhydratreich sein, d. h., der Kohlenhydratanteil sollte etwa 55–60% der täglichen Energiezufuhr betragen. Eine Reduktion der Fettzufuhr wird nur bei Defekten mit schwerwiegender Symptomatik empfohlen. Bei Defekten der Oxidation langkettiger Fettsäuren kommen mittelkettige Triglyzeride (MCT) zum Einsatz, die bei Abbaudefekten mittelkettiger und kurzkettiger Fettsäuren kontraindiziert sind. Bei interkurrenten Infekten sollten kleine, kohlenhydrathaltige Mahlzeiten in ein- bis zweistündlichen Abständen, insbesondere auch nachts, verabreicht werden. Hierzu eignen sich z. B. maltodextrinhaltige Getränke (z. B. Tee mit Maltodextrin, Tabelle 19.4-5). Bei schweren Defekten, die zu Muskelschwäche und Kardiomyopathie geführt haben, wie es oft bei Defekten der Oxidation langkettiger Fettsäuren der Fall ist, hat sich eine kontinuierliche nächtliche Sondenernährung bewährt. Die Therapie mit L-Carnitin (100 mg/kg/Tag) ist beim Carnitintransporterdefekt die Therapie der Wahl, die zu einer raschen Besserung der Skelettmuskel- und Herzmuskelfunktion führt. Die Verabreichung von L-Carnitin bei Fettsäurenoxidationsstörungen, die zu
Valin Isoleucin Methionin Threonin
Propionyl-CoA-Carboxylase
Methylmalonyl-CoA-Mutase
schen Residualschadens durch hypoglykämisches Koma sind hoch. Bei bekannter Diagnose und konsequenter Meidung protrahierten Fastens ist die Prognose für viele Patienten aber ausgezeichnet. 19.4.4 Organische Azidurien Einleitung Organische Azidurien sind autosomal-rezessiv vererbte Störungen, die zu einer Akkumulation von Karbonsäuren führen. Exemplarisch sollen hier die Propionazidurie und die Methylmalonazidurie besprochen werden. Bei diesen beiden Erkrankungen handelt es sich um Störungen, bei denen ein Defekt des Abbaus von Isoleucin, Valin, Methionin und Threonin sowie von ungeradzahligen Fettsäuren vorliegt. Pathogenese Die Propionazidurie wird durch einen Defekt des Enzyms Propionyl-CoA-Karboxylase, die Methylmalonazidurie durch einen Defekt der Methylmalonyl-CoA-Mutase vverursacht (Abb. 19.4-5). Beide Enzymdefekte führen zu einer
3-OH-Propionat Methylcitrat Propionylglycin
Methylmalonsäure
B12 Succinyl-CoA
Zitratzyklus Aminosäuresynthese
Fettsäuresynthese
T be l llee 19.4-5. 19.4 5.. Empfehlungen aab abe Tab für die Gabe von kohlenhydratreichen Mahlzeiten im Rahmen von Infekten bei Patienten (unterschiedlicher Altersklassen) mit Fettsäurenoxidationsstörungen
Prognose Das Mortalitätsrisiko und die Gefahr eines neurologi-
Biotin
Methylmalonyl-CoA
19
einem sekundären Carnitinmangel führen, wird kontrovers diskutiert. Da es Hinweise darauf gibt, dass langkettige Acylcarnitine kardiotoxisch sind, sollte L-Carnitin bei Defekten der Oxidation langkettiger Fettsäuren nicht oder nur bei schwerer sekundärer Carnitindepletion niedrig dosiert angewandt werden.
Cholesterin Ungeradzahlige Fettsäuren Thymin
Propionyl-CoA
1589
Glukoneogenese
A b b. 19 4 55.. Der Stoff19.4-5. Ab 19.4 wechsel bei Propionazidurie und Methylmalonazidurie
19
1590
19 Erkrankungen im Kindesalter
Akkumulation von Propionyl-CoA, die über die Hemmung der Pyruvat-carboxylase zu Hypoglykämie, über die Hemmung der Pyruvatdehydrogenase zu Laktatazidose, über die Hemmung der N-Acetylglutamatsynthetase zu Hyperammonämie und über die Hemmung des sog. Glycin-Cleavage-Systems zu Hyperglyzinämie führt. Propionyl-CoA und Methylmalonyl-CoA werden mit Carnitin verestert. Durch die renale Elimination der gebildeten Acylcarnitine entsteht ein sekundärer Carnitinmangel. Klinik und Diagnostik Bezüglich der klinischen Symptomatik
können 3 Manifestationsformen unterschieden werden. Bei der neonatalen Präsentation kommt es bereits in den ersten Lebenstagen zu einem akuten, lebensbedrohlichen Krankheitsbild mit Trinkschwäche, Dehydratation, Lethargie, muskulärer Hypotonie,
Tabelle 19.4-6. Diagnostische Maßnahmen bei V. a. organische Azidurie Diagnostische Maßnahme
Ergebnis
Blutgasanalyse Blutzucker Ammoniak im Plasma Laktat im Plasma Blutbild
Schwere metabolische Azidose ↓ oder ↑ ↑↑ ↑ Anämie, Neutropenie, Thrombozytopenie ↑ ↑↑ ↓↓ Glycin
Harnsäure im Plasma Ketonkörper im Urin Gesamtcarnitin im Plasma Aminosäuren im Plasma und im Urin Acylcarnitine im Plasma (Tandem-MS) Organische Säuren im Urin Enzymologie aus Fibroblasten
Nachweis defektspezifischer Metabolite Nachweis defektspezifischer Metabolite Nachweis des spezifischen Enzymdefektes
Tabelle 19.4-7. Notfallbehandlung bei organischer Azidurie und hyperammonämischem Koma Maßnahme/Medikament Anabolisierung Stopp der Proteinzufuhr 12–24 h Hohe Energiezufuhr Hochdosierte Glukoseinfusion Insulin (bei BZ >200) Detoxifikation Forcierte Diurese Furosemid L-Carnitin Adjuvante Therapie Natriumbicarbonat bei pH 200) 0,1–1,5 IE/kg × h niert. Durch die Verabreichung von 1 Mol Phenylbutyrat werden Argininhydrochlorid 2–4 mmol/kg über 1 h i.v., dann (nicht bei Arginasedefekt) 2–4 mmol/kg × Tag i.v. 2 Mol Stickstoff eliminiert. Die empfohlene Phenylbutyratdosis Natrium-Benzoat 250 mg/kg über 1 h i.v., liegt bei 250–500 mg/kg × Tag. Arginin wird als nichtessentielle dann 250–500 mg/kg × Tag i.v. Aminosäure im Harnstoffzyklus synthetisiert. Alle Patienten Phenylbutyrat 250–500 mg/kg × Tag p.o. Hämofiltration, HämoWenn nach 8 h konservativer (außer bei Arginasemangel) benötigen daher zur Aufrechterhaldialyse, Hämodiafiltration Therapie kein Ansprechen tung des Harnstoffzyklus eine Argininsubstitution. Ziel ist, die Argininkonzentration im Plasma zwischen 50 und 200 µmol/l zu halten. Dazu sind 100–150 mg/kg × Tag L-Arginin in der Regel Krampfanfällen und Koma führt. Bei Manifestation im Klein- ausreichend, Patienten mit Argininosuccinatsynthasemangel kindesalter ist die Symptomatik weniger schwer und variabler. und solche mit Argininosuccinatlyasemangel haben einen Die Patienten fallen durch eine psychomotorische Entwick- höheren Bedarf. Alternativ kann Citrullin in einer Dosierung lungsretardierung, durch Verhaltensauffälligkeiten, Hepa- von 200–400 mg/kg × Tag verabreicht werden. Viele Patienten tomegalie oder gastrointestinale Symptome auf. Bei älteren unter streng proteinarmer Diät benötigen eine IsoleucinKindern und Jugendlichen stehen häufig psychiatrische Proble- substitution. N-Carbamylglutamat kommt nur beim N-Acetylglutamatme und zyklisches Erbrechen im Vordergrund. Die diagnostischen Maßnahmen bei V. a. Vorliegen eines synthetase-Defekt zur Anwendung, wo es die im Rahmen des Harnstoffzyklusdefektes sind in Tabelle 19.4-9 zusammengefasst. Enzymdefektes vermindert synthetisierte Substanz ersetzen kann. Die meisten dieser Defekte können im Rahmen erweiterter Die Dosierung liegt bei 100–300 mg/kg × Tag. Neugeborenen-Screeningprogramme mittels Tandem-MS diagnostiziert werden. Prognose Die Prognose dieser Erkrankungen ist eng mit dem Zeitpunkt der Diagnosestellung verknüpft. Patienten, die Therapie In der akuten Krankheitsphase mit Hyperammonämie im Neugeborenenalter eine schwere hyperammonämische (NH3 >200 µmol/l) und/oder Koma ist unverzüglich eine Krise erleiden, haben eine schlechte Prognose. Patienten, die Notfallbehandlung einzuleiten (Tabelle 19.4-10). Hierbei ist we- prospektiv, also vor Auftreten einer hyperammonämischen gen der hohen Toxizität der Medikamente die Überprüfung aller Krise, behandelt werden, haben eine wesentlich bessere ProDosierungen durch eine zweite Person unbedingt erforderlich. gnose. Dennoch haben auch diese Patienten ein hohes RisiDie Dauertherapie bei Harnstoffzyklusdefekten besteht in ko, im Rahmen kataboler Stoffwechselphasen metabolische der Einhaltung einer proteinarmen Diät, in der Aktivierung Krisen zu entwickeln, die zu neurologischen Residualalternativer Stoffwechselwege zur Stickstoffelimination und symptomen führen können. Die Möglichkeit einer frühzeitiin der Substitution einzelner Aminosäuren. Der individuelle Pro- gen Lebertransplantation sollte daher sorgfältig geprüft teinbedarf ist vom Alter des Patienten und von der Schwere werden. Tabelle 19.4-9. Diagnostische Maßnahmen bei V. a. genetisch bedingten Harnstoffzyklusdefekt
19.5 Endokrinologie
1593
19
durch eine kontinuierliche Betreuung ein möglichst normales und altersgemäßes Aufwachsen zu ermöglichen. Zum Dritten gilt es, Sekundärkrankheiten (siehe z. B. diabetische Folgekrankheiten) zu verhindern. Diese Folgekrankheiten bestimmen in der Regel die Prognose bezüglich Lebenserwartung und Morbidität der betroffenen Kinder.
Evvidenz der Therapieempfeehlungen Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke Klassische Phenyyyllketonurie Phenyyyllalaninarme Diät II-a A Attypische Phenyyyllketonurie BH4 II-a A Neurotransmitter II-a A Tyyrosinämie Tyyp 1 Phenyyyllalanin-, tyrosinarme Diät II-b B NTBC II-b A Störungen des Trransportes und der Oxidation vo on Fettsäuren Glukoseinfu usion III A Meiden prolongierter III A Nüchternperioden Diät III A Organische Azidurien Proteinarme Diät III A L-Carnitin III A Vitamin B12 III A Harnstoffffzzyyyk kllusdefeektte k Proteinarme Diät III A Natrium-Benzoat III A Phenyyyllbutyrat III B
19.5.1 Leitsymptome
Literatur Holme E, Lindstedt S (1998) Tyrosinemia type I and NTBC (2-(2-Nitro-4-trifluormethyl-benzoyl)-1,3-cyclohexanedione). J Inherit Metab Dis 21: 507–517 Leonard JV (1995) The management and outcome of propionic and methylmalonic acidaemia. J Inherit Metab Dis 18: 430–434 Leonard JV (1995) Urea cycle disorders. In: Fernandes J et al. (eds) Inborn metabolic diseases. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokyo, p 169 Maestri NE, Hauser ER, Bartolomew D, Brusilow SW (1991) Prospective treatment of urea cycle disorders. J Pediatr 119: 923–928 Muntau AC, Beblo S, Koletzko B (2000) Phenylketonurie und Hyperphenylalaninämie. Monatsschr Kinderheilkd 148: 179–193 Wanders RJ, Vreken P, den Boer ME, Wijburg FA, van Gennip AH, Ijlst L (1999) Disorders of mitochondrial fatty acyl-CoA beta-oxidation. J Inherit Metab Dis; 22: 442-487
19.5 Endokrinologie
Einige Stoffwechselerkrankungen (s. dort) fallen nicht zuletzt auf Grund des charakteristischen Geruchs von Ausatemluft, Schweiß oder Urin des Patienten auf. Es ist wichtig zu wissen, dass diese Symptome aber häufig erst in einer drohenden Stoffwechselentgleisung (z. B. beim Coma diabeticum) zu bemerken sind. 5–20% aller Kinder mit Diabetes sind in der Bundesrepublik Deutschland bei Erstmanifestation im Koma. Entsprechend wichtig ist es, den typischen Azetongeruch der Ausatemluft zu kennen. Die typischen Zeichen des Salzverlustsyndroms und der Dehydratation bei Patienten mit adrenogenitalem Syndrom und Salzverlust bzw. beim Kind mit Diabetes sowie die Schocksymptomatik in der akuten Nebennierenrindeninsuffizienz müssen jedem Arzt bekannt sein. 19.5.2 Bewusstseinsstörungen
Siehe auch Kap. 19.16. Eine Reihe von endokrinologischen Erkrankungen kann zu Bewusstseinsverlust und zum lebensbedrohlichem Versagen der Vitalfunktionen führen. Besonders beim Neugeborenen und Säugling muss daher bei jeder unklaren Bewusstseinsstörung auch an das Vorliegen einer Hormonstörung gedacht werden. In der Regel sind Dehydratation, Störungen des Elektrolythaushalts, Hypo- oder Hyperglykämie und/oder eine metabolische Azidose laborchemische Hinweise auf das Vorliegen einer endokrinologischen Erkrankung.
Wieland Kiess
Bei der Behandlung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit hormonellen Störungen gilt es zum einen, lebensbedrohliche Akutsituationen zu erkennen und zu behandeln, zum anderen, langfristig dem betroffenen Kind und seiner Familie
19.5.3 Störungen des Wasser-, Elektrolyt-, Säure-Basen-Haushalts
Zu unterscheiden sind hier akute und eher chronisch-langsam sich entwickelnde Störungen (s. folgende Übersicht sowie Tabelle 19.5-1).
Erkrankung
Manifestationsalter
Klinische Zeichen/Anamnese
Nebennierenerkrankungen (isolierter Mineralokortikoidmangel, adrenogenitales Syndrom [AGS])
1. – 2. Lebenswoche
Beim AGS: bei Mädchen Virilisierung des äußeren Genitales. Verstärkte Pigmentierung bei beiden Geschlechtern
Nierenerkrankungen (BartterSyndrom, tubuläre Störungen, Gitelman-Syndrom) Zystische Fibrose
1. Lebenswoche und später
Gedeihstörung
Säuglingsalter
Gastrointestinale Erkrankungen
Jedes Lebensalter
Familienanamnese, Durchfälle, Husten Anamnese, Durchfälle
T be l llee 19.5-1. Tab aab abe 19.5 1.. Leitsymptome von Erkrankungen, die zu akutem Salzverlustsyndrom führen können
19
1594
19 Erkrankungen im Kindesalter
Die Therapie der Salzverlustkrise bzw. des Volumenmangels besteht in konsequenter Rehydratation und Elektrolytsubstitution (s. Kap. 19.16) und schließlich in der spezifischen Therapie der zugrunde liegenden Störungen (s. unten). Leitsymptome des Salzverlustsyndroms • Erbrechen • Opistotone Kopfhaltung/Überstrecken • Exsikkose: eingesunkene Fontanelle, tief liegende Augen, trokkene Schleimhäute, „stehende“ Hautfalten, reduzierter Hautturgor • Gewichtsabnahme, mangelnde Gewichtszunahme • Blässe • Schrilles Schreien • Apathie • Trinkschwäche
19.5.4 Kleinwuchs, Dystrophie, Hochwuchs
Das Messen und Beurteilen von Größe, Gewicht, Körpermasseindex, Kopfumfang und Sitzhöhe erlaubt einen Überblick über das Wohlergehen jedes Kindes. Die Therapie ergibt sich aus der der Wachstumsstörung zugrunde liegenden Erkrankung. Diesem wichtigen Thema ist im vorliegenden Buch ein eigenes Kapitel (19.21) gewidmet. 19.5.5 Adipositas (s. a. 19.2.1)
Zwanzig Prozent aller Kinder und Jugendlichen gelten heute als übergewichtig. Damit ist die primäre Adipositas mit großem Abstand die häufigste Stoffwechselstörung bei Kindern und Jugendlichen. Adipositas ist außerdem die häufigste chronische Er-
Tabelle 19.5-2. Ursachen von Adipositas bei Kindern und Jugendlichen Krankheitsbild
Ursache
Zusatzsymptome
Primär (häufig!) Hormonell (selten!)
50% genetisch mitbedingt (multigen) Cushing-Syndrom
Alimentär, psychosomatisch, Großwuchs Kleinwuchs, Diabetes, dünne, rote Haut, Bluthochdruck, Wachstumsknick,
Syndromal (selten!)
Anamnese und klinische Untersuchung genügen fast immer, um die Diagnose primäre, alimentär bedingte Adipositas zu stellen. Therapie Die Erwartungshaltungen der betroffenen Familien („mein Kind isst so wenig und wird immer dicker“) an die Therapeutin/den Therapeuten sind hoch. Kuraufenthalte können kaum zu einer langfristigen Therapie genutzt werden. Medikamentöse Therapieformen wie die Gabe von sog. Appetitzüglern, zentralnervös wirksamen Substanzen (z. B. Sibutramin) oder Lipasehemmer (z. B. Xenical) sind bei Kindern und Jugendlichen derzeit nicht zu empfehlen. Ein multidisziplinärer Therapieansatz unter Mitarbeit von Kinderärzten, Ernährungsberatern und Verhaltenstherapeuten/Psychologen sowie Sportwissenschaftlern ist die Behandlung der Wahl. Die eigentliche Intervention hat eine Verhaltensänderung in der häuslichen Umgebung im Familienverband zum Ziel! Neuere Berichte legen nahe, dass der übermäßige Genuss von sog. Diätnahrungsmitteln mit Süßstoffen eher das Hungergefühl steigert! 19.5.6 Gestörte Pubertätsentwicklung
Hypothyreose
Große Zunge, Lethargie, pralles Abdomen, trockene, teigige Haut
Zur Definition der gestörten Pubertätsentwicklung siehe Tabelle 19.5-3.
Prader-LabhartWilli- Syndrom
Psychomentale Retardierung, muskuläre Hypotonie, Hellhäutigkeit Kleinwuchs, psychomentale Retardierung, Nierenfehlbildung
Tabelle 19.5-3. Definition der gestörten Pubertätsentwicklung
Laurence-MoonSyndrom Bardet-Biedl-Syndrom
Monogen
krankung im Kindes- und Jugendalter überhaupt. Ihre Inzidenz liegt noch über der von Allergien und Asthma. Adipöse Kinder und Jugendliche wachsen zu 60– 85% auch zu übergewichtigen Erwachsenen heran. Die Folge- und Begleiterkrankungen der Adipositas bedingen erhebliche Morbidität und Mortalität und verursachen in den Industrienationen ca. 20% aller Kosten im Gesundheitswesen. Vier Problemkreise tragen zur Entwicklung des Übergewichts bei (Tabelle 19.5-2): Psychosoziale Faktoren wie Einsamkeit und Alleingelassenwerden der Kinder, Scheidung/Trennung der Eltern, keine gemeinsamen Mahlzeiten in der Familie, Armut, geringes Bildungsniveau in der Familie etc., genetische Veranlagung für erniedrigten Grundumsatz, geringeren Nährstoffumsatz, erhöhtes Appetitverhalten, geringe körperlich-sportliche Aktivität (häufiges Fernsehen und Computerspiele!) sowie zu hohe Energieaufnahme (Fehlernährung).
z. B. POMCMutation; LeptinMutation
Polydaktylie, Retinopathia pigmentosa, psychomentale Retardierung Variabel
Verfrühte Pubertät (Pubertas praecox), Pubertätszeichen vor dem Verzögerte Pubertät (Pubertas tarda), keinerlei sekundäre Geschlechtsmerkmale nach dem
Beim Mädchen
Beim Knaben
8. Lebensjahr
9. Lebensjahr
13. Lebensjahr
15. Lebensjahr
19.5 Endokrinologie
Das frühe Erkennen des Problems ist sowohl für die allgemeine Prognose (psychische Entwicklung, Erwachsenengröße, Pubertätsentwicklung) als auch für die spezielle Prognose bezüglich von Grunderkrankungen (Tumoren) entscheidend (s. folgende Übersichten). Die häufigsten Ursachen einer verzögerten Pubertätsentwicklung sind die konstitutionelle Entwicklungsverzögerung (KEV) und chronische Erkrankungen jeder Art. Unter KEV versteht man die Verzögerung von Pubertätsentwicklung und Wachstum verglichen mit dem normalen zeitlichen Ablauf der Entwicklung von gleichaltrigen Kindern. Stets ist die Knochenreifung (Knochenalterbestimmung) verzögert und immer hat bei Vater und/oder Mutter und/oder Geschwistern ebenfalls eine KEV bestanden. Die Erwachsenengröße für diese Kinder liegt im normalen Bereich. Eine Therapie scheint hauptsächlich aus psychologischen Gründen empfehlenswert. Ursachen der Pubertas praecox • Echte Pubertas praecox, zentral ausgelöst, dem natürlichen Ablauf der Pubertät folgend; dabei sind die Gonadotropine der Hypophyse erhöht: – Idiopathisch (Pubertas praecox vera) – Bei Hirntumoren (Hamartome, Dysgerminome etc.) – Bei Syndromen (McCune-Albright etc.) – Nach Bestrahlung, Operation, Entzündung (Meningitis), Trauma • Pseudopubertas praecox, dabei sind die Gonadotropine nicht erhöht: – Bei Geschlechtshormon-synthetisierenden Tumoren (Ovar, Hoden, Leber) – Durch äußere Zufuhr von Steroidhormonen – Bei AGS, Hyperthyreose
Ursachen der Pubertas tarda • Zentrale Ursachen – Chronische Erkrankungen jeder Art und Malnutrition – Tumoren des Zentralnervensystems – Fehlbildungen des Zentralnervensystems (septooptische Dysplasie [Morsier-Syndrom]) – Syndrome (Kallmann-Syndrom mit Anosmie: Fehlen des Geruchssinns) – Zustand nach Bestrahlung, Operation, Trauma der Hypothalamus-/Hypophysenregion • Periphere Ursachen (Hoden-Ovar-Insuffizienz) – Angeboren (z. B. Ullrich-Turner-Syndrom, Klinefelter-Syndrom) – Bestrahlung, Toxine (alkylierende Substanzen im Rahmen der Chemotherapie maligner Tumoren), Medikamente (hochdosierte Testosterongabe bei Hochwuchsbehandlung) – Entzündung (Mumpsorchitis)
1595
19
Pubertas tarda: Die Therapie muss je nach Ursache lebenslang durchgeführt werden. Häufig ist die Fruchtbarkeit eingeschränkt oder fehlt. Hieraus ergeben sich tief greifende Konsequenzen für Aufklärung, Diagnoseeröffnung und langfristige Betreuung der betroffenen Kinder und Jugendlichen. Die Therapie soll den natürlichen Ablauf der Pubertät imitieren. Beim Buben beginnt man mit einem oralen Androgen oder einer niedrigen Dosierung i.m.-injizierten Testosterons (50 µg alle 4 Wochen). Beim Mädchen wird zunächst niedrig dosiert Östrogen gegeben, die Dosierung nach 6–12 Monaten erhöht und schließlich ein Gestagen dazugegeben. Pubertät und Geschlechtlichkeit sind sensible und wichtige Bestandteile des Lebens! Der Umgang mit Jugendlichen, die Probleme in diesen Bereichen haben, erfordert große Sensibilität. 19.5.7 Intersexualität
Die Geburt eines Kindes, bei dem das Geschlecht nicht sofort entschieden werden kann, ist ein Notfall im Kreißsaal. Medizinische und psychokulturelle Probleme können groß sein. Die sofortige interdisziplinäre Abklärung und exakte Diagnosestellung ist dringendst geboten. Klare Sätze, wie: „Das Geschlecht des Kindes ist noch nicht klar erkennbar, es sind noch Untersuchungen notwendig“, helfen den Eltern, sich zu orientieren. Sätze wie „Das Kind ist ein Zwitter“ oder „Das Kind ist weder Bub noch Mädchen“ sind nicht angebracht. Definitionen der Intersexualität • Hermaphroditismus verus: gleichzeitiges Vorhandensein von Ovar- und Hodengewebe • Pseudohermaphroditismus femininus: genetisch weibliche Individuen mit Ovarien und weiblichem inneren Genitale, deren äußere Genitale virilisiert sind • Pseudohermaphroditismus masculinus: genetisch männliche Individuen mit Hoden, deren inneres/äußeres Genitale unzureichend virilisiert ist
Therapie Die Therapie richtet sich nach der zugrunde liegen-
den Störung und darf nur nach exakter Diagnosestellung und sorgfältiger Erwägung aller klinischen und psychosozialen Umstände erfolgen. Sie umfasst meist Korrekturoperationen, psychologische Betreuung und medikamentöse Substitutionstherapie mit Testosteron oder Östrogen-Gestagen-Präparaten zur Pubertätsinduktion, zur Osteoporoseprophylaxe und zum Erhalt der sekundären Geschlechtsdifferenzierung.
Therapie Pubertas praecox: Mit sog. LHRH-Analoga, die dem
gonadotropinfreisetzenden Hormon des Hypothalamus sehr eng verwandt sind, lässt sich der Zeitgeber der Pubertät unterdrücken. Die Behandlung muss über Jahre erfolgen und erfordert die in 3- bis 4-wöchigem Abstand durchgeführte Injektion des LHRH-Analogons (z. B. 3,75 mg Enantone). Auch bei subkutaner Injektion ist die Behandlung schmerzhaft! Indikation zur Behandlung sind psychische Probleme der betroffenen Kinder (nicht der Eltern!) und der Verlust an Längenwachstum.
19.5.8 Diabetes mellitus
Der Diabetes im Kindes- und Jugendalter ist meist ein insulinpflichtiger Typ-I-Diabetes. Ausnahmen sind sekundäre Diabetesformen bei Kortisontherapie und bei Syndromen (Ullrich-Turner-Syndrom, Trisomie 21) sowie genetische Diabetesformen (MODY-4, mitochondrialer Diabetes etc.). Übergewichtige Jugendliche erkranken heute manchmal an Typ-2-Diabetes, so-
19
1596
19 Erkrankungen im Kindesalter
dass auch diese Diabetesform nicht mehr selten im Jugendalter diagnostiziert wird. Der Diabetes mellitus Typ I ist eine Autoimmunerkrankung: genetische Veranlagung, Virusinfektionen, Umweltfaktoren und eine fehlgesteuerte Immunreaktion (Autoimmunität) führen zur Zerstörung der insulinproduzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse. In Deutschland gibt es ca. 20.000 Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren, die an Diabetes mellitus leiden. Damit ist der Diabetes eine der häufigsten chronischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter überhaupt. Klinische Symptome/Anamnese bei Diabeteserstmanifestation • Polyurie • Polydipsie • Enuresis • Gewichtsabnahme • Übelkeit, Erbrechen • Mattigkeit, Schwäche • Beeinträchtigung des Bewusstseins • Dehydratation und Exsikkose • Acetongeruch • Dyspnoe • Erbrechen • Akutes Abdomen mit Abwehrspannung (Pseudoperitonitis)
Ernährung
Die Ernährungsberatung richtet sich nach den Vorlieben des Kindes. Das Kind mit Diabetes benötigt eine ausgeglichene, gesunde Ernährung. Süßigkeiten sind nicht absolut verboten, Diätnahrungsmittel werden nicht uneingeschränkt empfohlen. Nach den neuesten Richtlinien der Deutschen Diabetes Gesellschaft soll eine Broteinheit als 10 g Kohlenhydrat definiert werden. Eine BE verändert den Blutzucker um ca. 50 mg/dl. Der tatsächliche Blutzuckeranstieg hängt vom Blutzuckerausgangswert, von Alter und Gewicht des Kindes, sportlicher Aktivität etc. ab. Schulung
Insulindosisanpassung, Injektionsstellen, -technik, Insulinmischtechnik müssen von der Familie und dem Kind erlernt werden. Bei der Auswahl von Spritzstellen darf nicht nur von optimalen Resorptionstheorien ausgegangen werden, sondern es sollte auf das individuelle Kind und seine Präferenzen eingegangen werden. Das Führen eines Blutzuckertagebuchs, das Messen des Blutzuckers, die Bestimmung von Keton und Glukose mit Hilfe von Urinteststreifen werden vermittelt (SelbstBei der Diabeteserstmanifestation sind Blutzucker, Blutgase, kontrolle). Auslöser und Behandlung von Unterzuckerungen Elektrolyte, Cholesterin, Triglyzeride und HbA1c im Blut zu be- müssen erkannt und beherrscht werden. Das Erlernen von stimmen. Die Wiederholung dieser Bestimmungen hängt vom Insulinwirkung und Insulinwirkprofilen sowie das Wissen um klinischen Zustand des Kindes ab. Urinketone und Urinzucker eine gesunde Ernährung sind Grundlagen der Schulung. Famisowie Urinmenge werden bei der Erstmanifestation gemessen. lie und Freunde werden in die Betreuung eingeführt und einIm weiteren Verlauf der Erkrankung werden mehrmals jährlich geschlossen. Kreatinin und Mikroalbumin im Morgenurin bestimmt. Eine Mikroalbuminurie (mehr als 20 mg/dl Albumin) ist die Vorstufe Akute Komplikationen/Hypoglykämien der diabetischen Nephropathie. Vierteljährlich werden die Unterzuckerungen (Hypoglykämien) treten bei/nach starker HBA1c-Werte im Blut gemessen. physischer Betätigung (Sport), nach falscher Insulininjektion (intramuskulär!), falscher Dosisanpassung oder dem Auslassen von kompletten Mahlzeiten, für die Insulin gespritzt worden war, Coma diabeticum Beim Kleinkind kann sich ein Coma diabeticum innerhalb als Akutkomplikationen auf. Besonders beim Kleinkind gilt es, weniger Stunden entwickeln. Intravenöser Zugang, Infusions- Hypoglykämien zu vermeiden. Ansonsten muss Wert darauf behandlung (Rehydratation), Überwachung vitaler Funktionen, gelegt werden, dass nicht aus Hypoglykämieangst ein zu hoEin-/Ausfuhrüberwachung sind obligatorisch bei der Behand- her Blutzuckerspiegel akzeptiert wird (Gefahr der Sekundärlung des komatösen Kindes. Sowohl während der Erstmani- folgen). festation als auch bei schlechter Stoffwechseleinstellung (zu hohe Blutzuckerspiegel über Tage oder Wochen) kann es zu Sekundärfolgen einem Coma diabeticum kommen. Im Verlauf einer Koma- Folgeerkrankungen des Diabetes, die durch längerdauernde behandlung können Hirnödem und Elektrolytverschiebungen hohe Blutzuckerspiegel entstehen, können bereits beim Jugend(Kaliumabfall nach Beginn der Insulintherapie!) auftreten. lichen auftreten. Gefäßveränderungen können zu Blindheit, terminalem Nierenversagen, Neuropathie, Impotenz, Gelenksund Hautveränderungen führen. Es ist heute unbestritten, dass Insulinbehandlung Bei der Erstmanifestation wird eine freie Mischung von Normal- eine Normalisierung der Blutzuckerspiegel das Auftreten von insulin und Verzögerungsinsulin am Morgen und am Abend ca. Sekundärfolgen aufhalten, hinausschieben und sogar teilweise 30 min (Spritz-Ess-Abstand) vor der Mahlzeit subkutan gespritzt. rückgängig machen kann. Als Maß der nahe-normalen BlutEltern und Kind sollten rasch Spritzstellen, Spritztechnik (Falten- zuckerspiegel werden die Prozentwerte von verzuckerten Eiweibildung, leicht schräges Einstechen) und Mischtechnik lernen. ßen wie dem HbA1c gemessen. Therapieziele sind für jedes Kind Die intensivierte, auf sorgfältiger Stoffwechselselbstkontrolle mit Diabetes das Erreichen von nahe-normalen Blutzuckerspiebasierende Insulintherapie ist heute Standardtherapie des geln, normale HbA1c-Werte und eine normale somatische und Diabetes auch und gerade im Kindesalter. psychosoziale Entwicklung.
19.5 Endokrinologie
19.5.9 Schilddrüsenerkrankungen
Schilddrüsenerkrankungen sind häufig. Eine Struma (eine Vergrößerung der Schilddrüse über der Altersnorm) ist kein Schönheitsfehler, sondern in Deutschland leider immer noch zumeist die Folge von Jodmangel. Hypothyreose Definition und Ursachen Eine Hypothyreose kann angeboren
oder im Laufe des Lebens erworben sein. Zu wenig/kein Schilddrüsenhormon wird gebildet, wenn die Schilddrüse nicht oder falsch angelegt ist, eine Störung der Hypophyse vorliegt, die Schilddrüse durch eine Entzündung zerstört wird (z. B. Autoimmunthyreoiditis) oder auf Grund eines Enzymdefekts die Synthese von Schilddrüsenhormonen nicht erfolgen kann. In Deutschland wird zwischen dem 3. und 5. Lebenstag mittels des TSH-Screening nach dem Vorhandensein einer Hypothyreose beim Neugeborenen gesucht.
1597
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Hyperthyreose Definition und Ursachen Unter Hyperthyreose versteht man
eine gesteigerte Schilddrüsenhormonsekretion und deren Wirkung auf den Organismus. Am häufigsten ist eine Hyperthyreose das Resultat einer übermäßigen Stimulation der Schilddrüse durch Antikörper (Autoimmunhyperthyreose, Morbus Basedow). Im Kindesalter sehr viel seltener sind Karzinome und Adenome der Schilddrüse, eine jodinduzierte Hyperthyreose oder Intoxikationen mit Schilddrüsenhormon.
Klinische Zeichen Vergrößerung der Schilddrüse (Struma), verstärktes Schwitzen, Tachykardie, Gewichtsabnahme, Wärmeempfindlichkeit, Nervosität, Leistungsabfall (Schulnoten!), Muskelschwäche, Schlafstörungen werden berichtet und gesehen. Eine ausgeprägte Hyperthyreose kann auf Grund der adrenergen Symptome (Herz-Kreislauf-Symptomatik) lebensbedrohlich werden (so genannte Thyreotoxikose). Eine Struma kann auch im Kindesalter diffus oder knotig-isoliert sein. In der Regel handelt es sich bei einer Struma im Kindes- und Klinische Zeichen Das Aussehen der Kinder mit dicker, blasser Jugendalter um eine Jodmangelstruma (Bestimmung der JodHaut, struppigen Haaren, Fußrückenödemen und aufgequolle- ausscheidung im 24-h-Urin). Andere Ursachen sind Autoimnem Abdomen ist charakteristisch. Neugeborene mit Hypothy- munthyreoitiden und Tumoren. reose haben häufig struppige Haare, eine große Zunge und einen Muskelhypotonus. Diagnostik Schilddrüsenhormone und TSH (Schilddrüsen stimulierendes Hormon der Hypophyse), Antikörper gegen SchildDiagnostik Schilddrüsenhormone und TSH (Schilddrüsen sti- drüsengewebe (mikrosomale Antikörper, TSH-Rezeptor-Antimulierendes Hormon der Hypophyse) werden im Blut gemessen. körper, Thyreoglobulinantikörper) werden im Blut gemessen. Beim Säugling kann ein Icterus prolongatus hinweisend für das Eine Ultraschalluntersuchung der Schilddrüsenregion wird stets Vorliegen einer Hypothyreose sein. Eine Röntgenuntersuchung durchgeführt. Beim Verdacht auf ein Adenom/Karzinom müssen der Hand (des Knies oder Fußgelenks beim Neugeborenen) zur eine Schilddrüsenszintigraphie und eine Feinnadelpunktion der Bestimmung des Knochenalters und eine Ultraschallunter- Schilddrüse durchgeführt werden. suchung der Schilddrüsenregion werden durchgeführt. Eine Schilddrüsenszintigraphie wird bei Kindern seltener als im Therapie Je nach Ursache der Hyperthyreose stehen sofortige Erwachsenenalter indiziert sein. Operation (Schilddrüsenkarzinom) oder zunächst eine medikamentöse Therapie mit Thyreostatika (z. B. Thiamazil, CarbimaTherapie Unabhängig von der Ursache des Schilddrüsen- zol etc.) zur Verfügung. Die Therapiedauer mit Zytostatika muss hormonmangels muss rasch genügend Schilddrüsenhormon lang sein, bei der Autoimmunhyperthyreose sind Rezidive auch (L-Thyroxin; beim Neugeborenen 10 µg/kg KG/Tag, später nach jahrelanger Behandlung nicht selten. Die Radiojodaltersabhängig 50–200 µg/Tag) in Tablettenform zugeführt therapie der Hyperthyreose ist in Deutschland bei Kindern und werden. Die Behandlung muss langfristig, täglich regelmäßig, Jugendlichen noch nicht wieder erlaubt. Zur Behandlung der oft lebenslang durchgeführt werden. Insbesondere beim Neuge- Tachykardien und Herzrhythmusstörungen müssen Betablocker borenen ist es entscheidend, die Diagnose rasch zu stellen und und eventuell Sedativa gegeben werden. Eine Digitalisierung ist sofort mit der Therapie zu beginnen. Ein Schilddrüsenhormon- sehr selten notwendig. Bei schweren Symptomen muss eine stamangel im Säuglingsalter führt andernfalls zu irreversiblen tionäre Überwachung (EKG-Monitor, Blutdruck) erfolgen. neurologischen Störungen! Eine Dosisanpassung erfolgt mittels Laborkontrollen (TSH, Schilddrüsenhormone) und klinischer 19.5.10 Nebennierenerkrankungen Parameter (Größe, Gewicht, Knochenalter). Im Hinblick auf den Jodmangel in vielen Gebieten Deutsch- Die Nebennieren bilden in der Nebennierenrinde Glukokorlands muss eine Jodprophylaxe betrieben werden. Generell tikoide, Mineralokortikoide und Sexualhormone. Im Nebensollte Jodsalz im Haushalt und in der Nahrungsmittelindustrie nierenmark werden Katecholamine (Adrenalin, Noradrenalin, (Bäckereien, Metzgereien) verwendet werden. Die Gabe von Dopamin) gebildet und gespeichert. Viele Erkrankungen könz. B. 100 µg Jodsalz pro Tag beim Kleinkind ist zusätzlich zu nen die Nebennieren schädigen (Blutungen, Tumoren) und/oder empfehlen. gehen von den Nebennieren aus (Enzymdefekte, Tumoren).
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Glukokortikoide in hoher Dosierung (Stressdosierung) substituiert. Bei der Langzeitbetreuung gilt es, die Substitutionsdosis durch verschiedene autosomal-rezessiv vererbte Defekte der an Alter, Größe und Gewicht des Kindes anzupassen, sodass weNebennierenrindensteroidbiosynthese hervorgerufen werden. der ein Hormonmangel noch ein Hormonüberschuss (CushingDer häufigste Defekt ist ein 21-Hydroxylase-Defekt. Häufig kön- Syndrom) entsteht. Schulungen von Kind und Familie bezügnen auf Grund des Enzymdefekts weder Glukokortikoide noch lich der Dosiserhöhung (z. B. Verdreifachung der HydrokortisonMineralokortikoide gebildet werden. Als Versuch der Kompensa- dosis bei Fieber über 38,5 °C) sind notwendig und entscheidend. tion des Hormonmangels bildet die Nebenniere vermehrt An- Jedes Kind mit einem Morbus Addison muss einen Notfallausdrogene (männliche Geschlechtshormone). Die betroffenen weis mit sich tragen. Kinder fallen häufig durch ein Salzverlustsyndrom in der zweiten Lebenswoche auf. Betroffene Mädchen weisen ein virilisiertes Morbus Cushing (vermännlichtes) äußeres Genitale auf. Kinder mit AGS können Definition und Ursachen Eine erhöhte Kortisolproduktion der durch Salzverlustsyndrom auffallen oder im Rahmen einer In- Nebennieren wird als Morbus Cushing bezeichnet. Ursachen fektion, eines Traumas, einer Operation mit Salzverlust, Hypo- einer Kortisolüberproduktion können dabei Tumoren (Adenoglykämie, Hypothermie und Schock entgleisen. Mädchen mit me, Karzinome) der Nebennieren oder der Hypophyse sein. Die AGS fallen zumeist bei Geburt wegen ihres virilisierten äußeren wichtigste Ursache des Cushing-Syndroms ist jedoch die hochGenitales auf. dosierte Therapie mit Nebennierenrindensteroiden. Im Kindesalter ist die hohe Gabe von Kortison bei der Therapie schweTherapie Der symptomatische Ersatz von Glukose und NaCl rer Grunderkrankungen (rheumatische Erkrankungen, Maligsowie die Kreislaufstabilisierung sind symptomatische Maßnah- nome, chronisch entzündliche Erkrankungen des Gastrointesmen, eine sofortige hochdosierte Hydrokortisongabe ist die ur- tinaltrakts etc.) am häufigsten. sächliche Therapie. Es ist wichtig, dass die Kinder selbst und ihre Familien über das Problem der Nebennierenrindeninsuffizienz Klinik und Diagnostik Typischerweise bestehen beim Morbus gut Bescheid wissen. In der Regel wird Hydrokortison in drei Do- Cushing eine stammbetonte Adipositas, Striae rubrae, ein Blutsen (Gesamtdosis ca. 10 µg/m2 Körperoberfläche pro Tag) über hochdruck, vermehrte Körperbehaarung, verminderte Glukoseden Tag in zirkadianer Weise verteilt (hohe Dosis am Morgen) toleranz und ein Kleinwuchs bzw. Wachstumsstillstand. Radiosowie bei Salzverlust die zusätzliche Gabe eines Mineralo- logische Untersuchungen wie z. B. Knochenalterbestimmung, kortikoids (z. B. Fludrokortison, Astonin H) in Tablettenform ge- Ultraschall des Abdomens sowie NMR-Untersuchungen des Schädels und Hormonfunktionstests sind wichtig, um die Ursache der geben. Kortisolüberproduktion zu erkennen. Im Gegensatz zum Morbus Diagnostik und Verlauf Regelmäßige Hormonmessungen in Cushing ist bei der primären Adipositas das Wachstum der Kinder Speichel, Urin und/oder Blut ergänzen die klinischen Daten (in- ungestört, eher beschleunigt. klusive Knochenalterbestimmungen) und können heute den betroffenen Kindern eine normale, gesunde Entwicklung und Therapie Die Therapie des Cushing-Syndroms muss sich nach eine normale Lebensführung ermöglichen. Bei stark virili- der Ursache richten. Operationen und Bestrahlungen etwa von sierten Mädchen sind Genitalkorrekturoperationen nötig, die Hypophysen- oder Nebennierenrindentumoren werden ebenso heute eine normale Geschlechtsfunktion und Geschlechtsiden- wie Medikamente, die die Steroidsynthese (z. B. Ketoconazol) tifikation ermöglichen. Jedes Kind mit einem AGS muss einen blockieren können, eingesetzt. Notfallausweis ausgestellt bekommen (Nebennierenrindeninsuffizienz!). Adrenogenitales Syndrom (AGS) Definition und Ursachen Ein adrenogenitales Syndrom kann
19.5.11 Diabetes insipidus
Morbus Addison Definition und Ursachen Als Morbus Addison werden chroni-
sche Prozesse bezeichnet, die über Jahre hinweg zu einer Zerstörung der Nebennierenrinde führen. Als Ursachen kommen u. a. Stoffwechselerkrankungen (z. B. Adrenoleukodystrophie), Autoimmunprozesse, Tumoren und Medikamente (z. B. zu rasches Absetzen von Glukokortikoiden) in Frage. Oft wird die Nebennierenrindeninsuffizienz erst im Rahmen einer Dekompensation bei einer akuten Stresssituation (Addison-Krise) erkannt. Therapie In der Addison-Krise werden die Maßnahmen der Schockbehandlung (s. Kap. 19.16) ergriffen und die fehlenden
Zentraler Diabetes insipidus/ renaler Diabetes insipidus Definition und Ursachen Beim zentralen Diabetes insipidus ist
die Neurohypophyse nicht in der Lage, ausreichend antidiuretisches Hormon (ADH, Arginin-Vasopressin) zu bilden. Operationen, Tumoren, Traumata und angeborene Störungen sind ursächlich für den ADH-Verlust zu finden. In seltenen Fällen liegt dem Wasserverlust bei Diabetes insipidus mit Polyurie und Polydipsie eine genetisch fixierte Resistenz der Nierentubuli gegenüber dem antidiuretischen Hormon zugrunde (Vasopressinrezeptordefekt). Diese Form des Diabetes insipidus wird Diabetes insipidus renalis genannt.
19.6 Immunologische Erkrankungen
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Klinik Unbehandelte Kinder fallen durch Polyurie und Polydipsie
Literatur
auf. Es kann zu ausgeprägter Dehydratation und einer schweren Hypernatriämie kommen (hypertone Dehydratation).
Kruse K (Hrsg) (1999) Pädiatrische Endokrinologie, 2. Aufl. Georg Thieme, Stuttgart New York Bertrand J, Rappaport R, Sizonenko PC (1993) Pediatric Endocrinology, 2nd edn. Williams Wilkins, Baltimore Reinhardt D, Creutzig U, Kiess W, Luthardt T, Michalk D, Schmid E, Ulmer H (Hrsg) (1999) Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Urban Fischer, München Jena
Therapie Bei akuter Dehydratation muss Flüssigkeits- und
Eletrolytersatz (s. Kap. 19.16.) mittels i.v.-Gabe von Elektrolytlösungen erfolgen. Chronisch: Mittels der intranasalen Gabe des langwirkenden Vasopressinagonisten Desmopressin (DDAVP = Minirin) kann der Mangel an ADH ausgeglichen werden. Die Gabe erfolgt zweimal täglich. Mittels Reduktion oder Erhöhung der Flüssigkeitszufuhr kann der Flüssigkeitshaushalt zusätzlich reguliert werden. In schwierigen Situationen muss die Trinkmenge protokolliert und mittels Gewichtskontrollen reguliert werden. Die Behandlung des Diabetes insipidus renalis sollte durch eine reduzierte Natriumzufuhr bei hoher Flüssigkeitsgabe gekennzeichnet sein. Diuretika (z. B. Hydrochlorothiazid) und Indometacin werden zusätzlich zur Therapie eingesetzt. 19.5.12 Psychosomatische und psychosoziale Aspekte Selbsthilfegruppen, Elternbegleitung, Elterninformation
Erkrankungen des Endokriniums sind immer chronische Erkrankungen. Eine – meist lebenslang notwendige – Begleitung des betroffenen Kindes und seiner Familie ist die Grundlage jeder medizinischen und pflegerischen Behandlung. Die Geburt eines Kindes, bei dem das Geschlecht nicht sofort entschieden werden kann, ist ein Notfall im Kreißsaal. Das Auftreten eines Diabetes mellitus löst fast immer bei den betroffenen Eltern Schuldgefühle aus, die es mit Einfühlungsvermögen auszuräumen gilt. Chronische Krankheit und ihre Bewältigung spielen sich langfristig im häuslichen Rahmen und nicht im Krankenhaus ab. Gute medizinische Erfolge sind die Erfolge der Betroffenen und ihrer Familien. Die Schulung und Information der Eltern und Kinder ist die Basis der medizinischen und pflegerischen Betreuung von Hormon- und Stoffwechselstörungen. Die Zusammenarbeit mit Elternvereinen und Selbsthilfegruppen gehört zu den selbstverständlichen und wichtigen Aufgaben eines jeden Teams, das Kinder und Jugendliche mit chronischen Erkrankungen betreut.
19.6 Immunologische Erkrankungen Gerd Horneff
Immunität bedeutet die Fähigkeit eines Organismus, einen bestimmten Erreger oder Fremdstoff abzuwehren und vor der Infektion geschützt zu sein. Zur Abwehr im weiteren Sinne zu zählen sind physikomechanische und chemische Barrieren, zu denen die Hornschicht der Haut, der Säureschutzmantel, Schleim und hierin enthaltende Enzyme sowie weitere Schutzstoffe gehören. Die nächste Barriere stellen die Epithelien selbst dar, und erst nach Durchdringen dieser Schutzschilder wird die eigentliche Abwehr, die angeborene (unspezifische) und die erworbene (spezifische) Immunität, gefordert. Die spezifische und unspezifische Immunität werden jeweils von humoralen und zellulären Bestandteilen getragen, die ein vielschichtiges Zusammenspiel zeigen. Trotzdem ist die in Tabelle 19.6-1 gefasste Einteilung im klinischen Alltag hilfreich. Auf Grund der Seltenheit der genannten Erkrankungen stehen in der Regel keine kontrollierten Therapiestudien zur Verfügung. 19.6.1 Defekte der unspezifischen zellulären Immunität
Zu nennen sind das Fehlen von (neutrophilen) Granulozyten wie auch ihre Funktionsstörungen. Sie betreffen häufig auch die Makrophagen. Beeinträchtigt sind entweder die Migration in das entzündliche Gewebe oder die Mikrobizidie. Kennzeichen sind gehäufte bakterielle (septische) Infektionen, v. a. mit Staphylokokken, aber auch mit anderen grampositiven und -negativen Bakterien und Aspergillen, wobei klinisch eine nur geringe Entzündungsreaktion resultiert. Im Folgenden werden verschiedene Immundefekte aufgeführt, die o. g. Gemeinsamkeiten zeigen. Tabelle 19.6-1. Elemente des Immunsystems
Evvidenz der Therapieempfeehlungen Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke Diabetes mellitus Tyyp 1 I-b bis II A Adrenogenitales Syndrom I-b bis II A Cushing-Syndrom II B Hyypothyyreose I-b A Hyyperthyyreose II B Adipositas II bis III C Pubertas praecox I-b B Pubertas tarda II bis III B
Immunität Unspezifisch
Spezifisch
Träger
Beispiel
Zellulär
Granulozyten, Makrophagen, NK-Zellen
Septische Granulomatose
Humoral
Komplementsystem, Lysozym
Komplementdefekte
Zellulär
T-Zellen, T+B-Zellen Antikörper
DiGeorge, SCID M. Bruton, IgA-Mangel
Humoral
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Neutropenie
Neutropenie ist der Mangel an peripher zirkulierenden neutrophilen Granulozyten. Bei der milden Neutropenie liegt die absolute Neutrophilenzahl zwischen 1000 und 1500/µl, bei der mittelschweren zwischen 500 und 1000/µl und bei der schweren unter 500/µl. Die resultierende Immundefizienz betrifft v. a. die Abwehr gegen gramnegative Bakterien und Staphylokokken. Dementsprechend eingeschränkt ist die lokale Entzündungsreaktion, insbesondere die Eiterbildung. Abszesse enthalten wenig Eiter, Ulzerationen zeigen kaum einen schmierigen Belag. Die Differentialdiagnose ist in der folgenden Übersicht aufgeführt. Differentialdiagnose der schweren chronischen Neutropenie • Hämatologische Ursachen – M. Kostmann – Shwachman-Syndrom – Zyklische Neutropenie – Aplastische Anämie – Myelodysplastisches Syndrom – Leukämien, Lymphome – Knochenmarkinfiltration • Infektionen – HIV – CMV – Parvo-B19 – EBV – Hepatitis – Malaria • Immundefekte – Retikuläre Dysgenesie – Hyper-IgM-Syndrom – SCID mit GvHD – Lymphohistiozytosen inkl. M. Faquar • Metabolische Ursachen – Vitamin-B12-Mangel – Folsäuremangel – Glykogenose Typ 1b – M. Gaucher – Transcobalaminmangel • Autoimmunerkrankungen – Autoimmunneutropenie – Alloimmunneutropenie (konnatal) – Systemischer Lupus erythematodes – Sharp-Syndrom – Felty-Syndrom • Weitere Ursachen – Toxine – Medikamente – Chemotherapie – Bestrahlung
Beim autosomal-rezessiven Morbus Kostmann besteht eine schwere kongenitale Neutropenie auf Grund einer Ausreifungsstörung der Neutrophilen auf Stufe der Promyelozyten. Mutationen des G-CSF-Rezeptors sind an der Pathogenese, insbesondere an der Progression der Neutropenie zur AML, beteiligt. Klinisch bestehen schon im ersten Lebensjahr schwere bakterielle Infektionen, Pneumonien, Otitiden, Stomatitiden, Abszesse, Hautund Schleimhautulzerationen. Neben der schweren absoluten Neutropenie mit stets 14 Tage), Omphalitis, schwere nekrotisierende und ulzerierende bakterielle Infektionen und Pilzinfektionen (Pneumonie, Abszesse, Lymphadenitis, Stomatitis), Hepatosplenomegalie und Gedeihstörung. Bei partiellen Defekten finden sich mildere Verläufe mit rezidivierenden Haut- und Schleimhautulzerationen, Peridontitis und chronischer Gingivitis. Das Blutbild zeigt eine massive Leukozytose (alle Leukozyten). Die Diagnose wird mit der Durchflusszytometrie gesichert. Therapeutisch stehen eine adäquate Antibiotikatherapie und Prophylaxe mit Isolierung des Patienten im Vordergrund. Die allogene Knochenmark-/Stammzellentransplantation ist derzeit die einzig kurative Therapiemaßnahme. Experimentelle Untersuchungen zur Gentherapie sind vielversprechend und klinische Studien werden durchgeführt. Bei dem selteneren Leukozytenadhäsionsdefekt (LAD) 2 fehlt das Glykoprotein Sialyl-Lewis X. Die Bindung an epitheliale E- und P-Selektine vermittelt das initiale „Rolling“ der Leukozyten aus dem Blutstrom entlang des Endothels. Die weitere Adhäsion, Migration und Phagozytose sind ungestört. Es resultieren eine Leukozytose bis 100.000/µl, die Bombay-Blutgruppe und nekrotisierende und ulzerierende bakterielle Infektionen und Pilzinfektionen (Pneumonie, Abszesse, Lymphadenitis, Stomatitis). Nichtimmunologische Störungen sind Gesichtsdysmorphie, Mikrozephalie, Hirnatrophie, Hypotonie, Epilepsie und Kleinwuchs. Die Therapie ist symptomatisch, ggf. Therapieversuch mit Fucose, die Prognose, bedingt durch den Immundefekt und schwere neurologische Erkrankungen, ist fatal.
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Bei der septischen Granulomatose besteht eine Unfähigkeit zur Abtötung phagozytierter Mikroben mit Granulombildung. Vier Phagozytenoxidasedefekte werden unterschieden. Der X-chromosomal vererbte gp91-phox-Mangel (X-p21) ist der häufigste (70%), gefolgt vom p47-phox-Mangel (Chr. 7q11, 20%), vom p22-phox-Mangel (Chr. 16q24, 5%) und vom p67-phoxMangel (Chr. 1q25, 5%). Klinisch finden sich abszedierendgranulomatöse Bakterien- und Pilzinfektionen (vor allem Staphylokokken, Aspergillen und Enterobakterien, aber auch BCG), Pyodermien, Lymphadenitiden, Osteomyelitiden, spontan perforierende Abszesse, Leber-, Milz-, Lymphknotenabszesse und Aspergilluspneumonien. Daneben finden sich Kleinwuchs und Gedeihstörung. Granulombildung und Fibrose können sekundär zu Organdysfunktionen, z. B. Harnleiterstenose, Antrumstenose, Dysphagie und Morbus-Crohn-ähnlichen Bildern führen. Bei Konduktorinnen (gp91-phox-Mangel) finden sich gehäuft ein diskoider Lupus und rezidivierende Aphthen, auch sind rezidivierende Abszesse möglich. Zur Diagnose stehen Screening-Tests (Nitroblautetrazoliumtest, NBT), die quantitative O2-Bestimmung und die H2O2-Produktion in der Durchflusszytometrie zur Verfügung. Auf molekularer Ebene (Immunoblot der 4 Enzyme) bzw. per Genotypisierung (RFL-Polymorphismus) kann die Diagnose bestätigt werden. Bei Infektionen muss eine antimikrobielle Therapie mit zellgängigen Antibiotika (Rifampicin, Gyrasehemmer, Clindamycin, Teicoplanin, Cotrimoxazol, Amphothericin B und Itraconazol) erfolgen. Chirurgische Interventionen sind auf Grund von Wundheilungsstörungen zurückhaltend durchzuführen (gegebenenfalls Nadelpunktion von Lymphknoten- und Leberabszessen). In bedrohlichen Situationen können Granulozytentransfusionen notwendig werden. Auch die Prophylaxe muss mit zellgängigen Antibiotika (Cotrimoxazol, bei Allergie Trimethoprim/Rifampicin oder Ciprofloxacin) und Antimykotika (Itraconazol) erfolgen. Die subkutane Applikation von Interferon-γ gilt als etabliert. Granulome können eine Therapie mit Kortikosteroiden erfordern. Derzeit ist die Knochenmarktransplantation die einzige kurative Therapie, belastet aber durch eine hohe Letalität. Gegebenenfalls ist eine sehr frühzeitige Entscheidung zu erwägen. Erste Ansätze bestehen zur Gentherapie des gp91-phox-Mangels. Virus- und Totstoffimpfungen sind ungefährlich, eine BCG-Impfung darf keineswegs erfolgen. Beim Hyper-IgE-Syndrom liegt die primäre Störung wahrscheinlich in einer T-Zell-Dysregulation mit verminderter Th1(IFN-γ-Produktion) und erhöhter Th2-Antwort. Die Granulozytenchemotaxis ist primär oder sekundär vermindert. Der Defekt wird wahrscheinlich autosomal-dominant vererbt, mit variabler Expressivität. Klinisch bestehen seit dem ersten Lebensjahr rezidivierende Staphylokokkenabszesse der Haut („kalt“, wenig entzündlich) mit Bevorzugung von Gesicht und Extremitätenstreckseiten und eine ekzematoide Dermatitis (papulös, juckend, infiziert). Konjunktivitis, hypertrophe Konjunktiven, Hornhautulzerationen, Otitis media, Sinusitiden, septische Arthritis, rezidivierende Staphylokokkenpneumonien und
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Pneumatozelen werden beobachtet. Daneben finden sich Osteoporose, Frakturneigung, Hypermobilität, Skoliose, Kleinwuchs und ein später Zahnwechsel. Ab dem 2. Dezennium ist mit den typischen groben Gesichtszügen, breitem Nasenrücken, breiten Mund- und Wangenpartien zu rechnen. Das IgE ist massiv erhöht (bereits in den ersten Lebenswochen, >2000 bis >50.000 kU/l), und es besteht eine Eosinophilie (bis zu 50%) im Blut und in den Abszessen. Immunglobuline der Klassen G, A und M sind in der Regel normal, das IgD teilweise erhöht. Es finden sich hohe IgE-Titer gegen Staphylococcus aureus und Candida albicans und eine gestörte Produktion polysaccharidspezifischer Antikörper. Die zelluläre Immunität (Typ-IV-Reaktion im Hauttest) ist ebenso gestört wie die polyklonale Stimulierbarkeit von T-Zellen. Abszesse müssen chirurgisch versorgt werden. Eine konsequente Antibiotikatherapie/Antimykotikatherapie bzw. antimikrobielle Prophylaxe (Flucloxacillin, Cotrimoxazol, Ketoconazol oder Fluconazol) ist erforderlich. Eine Immunglobulinsubstitution sollte nur bei nachgewiesenem Immunglobulinmangel erfolgen. Immunsupprimierende Ansätze mit Cyclosporin A oder lokal mit Pimecrolimus Tacrolimus, DNCG und Interferon-γ sind vielversprechend. Das Chediak-Higashi-Syndrom zeichnet sich durch einen partiellen Albinismus, neurologische Auffälligkeiten und pyogene Infektionen aus. Es wird autosomal-rezessiv vererbt (Chr. 1q42–43). Immunologisch findet sich eine Dysfunktion der neutrophilen Granulozyten mit erheblicher Verminderung von Kathepsin G und Elastase in morphologisch auffälligen Granula (Riesengranula). Daneben finden sich Blutungsneigung (petechial), periphere Neuropathien, diffuse Hirnatrophie, periventrikuläre Hypodensität (CT, MRT). Fatal verlaufen häufig so genannte „akzelerierte Phasen“ die einer Lymphohistiozytose mit Panzytopenie, Hepatosplenomegalie und Lymphadenopathie entsprechen (nach EBV-Infektion?). Therapeutisch erfolgt eine adäquate antibiotische Therapie. Ohne Stammzellen- bzw. Knochenmarktransplantation ist die Erkrankung letal. Beim autosomal-rezessiv vererbten INF-γ-Rezeptormangel (Chr. 6q23) sind Makrophagen durch Interferon-γ nicht aktivierbar und produzieren kein TNF oder IL-6. Die Abwehr phagozytierter (intrazellulärer) Erreger wie Salmonellen, Mykobakterien oder Listerien bzw. BCG nach Impfung ist gestört. Klinisch finden sich Fieberschübe, Gewichtsverlust, granulomatöse Dermatitis, Lymphadenitis, Hepatosplenomegalie, Pneumonie, Osteomyelitis. Bei der BCGitis finden sich histologisch Mykobakterien ohne Granulombildung. Der Tuberkulintest ist positiv, ebenso ist der LTT mit Mitogenen und Antigenen normal. Die Diagnose kann durch Durchflusszytometrie erfolgen. Differentialdiagnostisch ist eine Störung des IL-12- und des IL-18-Signalweges zu erwägen. Die Behandlung besteht aus einer antibakteriellen und tuberkulostatischen Therapie. Einzig die allogene Stammzellentransplantation korrigiert den Immundefekt. Weitere Phagozytendefekte sind die autosomal-rezessiv vererbte Aktin-Dysfunktion, IgG2-Rezeptordefekt und der Mangel spezifischer Granula.
Die familiäre erythrophagozytierende Lymphohistiozytose (FEL), Morbus Faquar, ist in den meisten Fällen ein autosomal-rezessiv vererbter Defekt des Perforins (Chromosom 10), charakterisiert durch die Proliferation von Histiozyten, die zu einer Dysfunktion verschiedener Organsysteme führt. Die Manifestation erfolgt häufig im ersten Lebensjahr (bis zum 4. Jahr) mit Fieber, (Hepato-)Splenomegalie, ZNS-Beteiligung, Panzytopenie, Hypertriglyzeridämie, Hypofibrinogenämie. Parallel sind schwere Infektionen möglich. Die diagnostische Knochenmarkpunktion erbringt den Nachweis einer Hämophagozytose und den Ausschluss einer Leukämie bzw. eines zellreichen Markes (DD: peripherer Verbrauch: SLE, Evans-Syndrom, Infektionen). Therapieoptionen sind Kortikosteroide, Cyclosporin A, ATG, Etoposid (VP16) neben einer supportiven Therapie (Antibiotika, parenterale Ernährung, Transfusionen). Die allogene Stammzellen-/Knochenmarktransplantation ist derzeit die einzige kurative Therapiemaßnahme. Differentialdiagnostisch ist die infektassoziierte erythrophagozytierende Lymphohistiozytose (IAHS) abzugrenzen. Sie manifestiert sich auch bei älteren Kindern mit Fieber, Panzytopenie, Hepatosplenomegalie, aseptischer Meningitis, Enzephalomeningitis und ist assoziiert mit Infektionen (EBV, CMV, Parasiten, Bakterien). Therapeutisch sind neben den oben genannten Maßnahmen Immunglobuline erfolgreich eingesetzt worden. 19.6.2 Komplementdefekte
Erworbene oder angeborene Defekte einzelner Faktoren führen entweder zu Immundefizienz, weil Chemotaxis, Opsonierung oder Bakterizidie des Plasmas gestört sind, oder wegen defizienter Immunkomplexelimination zu Autoimmunerscheinungen bzw. auf Grund fehlender Kontrolle der Komplementaktivierung zum Angioödem. Bei angeborenen Defekten resultiert meist ein völliges Fehlen des entsprechenden Faktors, bei erworbenen Defekten, z. B. durch Autoantikörper, eine Verminderung bzw. Deaktivierung der entsprechenden Faktoren. Bei der Diagnostik von Komplementdefekten können der CH50- und der AP50-Test als Screening-Tests eingesetzt werden. Ist die CH50 isoliert gestört, so muss ein Defekt der frühen Komplementkaskade vorliegen, ist die AP50 isoliert gestört, so liegt ein Defekt von Properdin oder Faktor D vor. Sind CH50 und AP50 gestört, liegt die Störung bei C3 bis C9. Defekte der frühen Komplementkaskade (C1, C2, C4, C3) gehen gehäuft mit der Entwicklung von Autoimmunopathien, z. B. SLE, diskoider Lupus, Vaskulitiden, hämolytischer Anämie oder Glomerulonephritiden einher. Infektionen mit Pneumokokken, Meningokokken, Haemophilus influenzae B, Pseudomonaden, Kandida, Lamblien und Septikämien werden beobachtet. Der C2-Defekt ist häufig, andere Defekte sind selten. Bei Defekten der späten Komplementkaskade kommt die Bildung des membranattackierenden Komplexes (MAK) nicht zustande. Den Patienten drohen häufigere bzw. wiederholte Infektionen mit
19.6 Immunologische Erkrankungen
Neisserien und ebenfalls Autoimmunerkrankungen (diskoider Lupus, SLE, Sklerodermie, Sjögren-Syndrom, Nephritis, Immunkomplexerkrankungen, Arthritis). Eine spezifische Therapie ist nicht verfügbar. Eine adäquate antibiotische Therapie jeder Infektion ist zu empfehlen. In schweren Fällen sind Plasmainfusionen hilfreich. Eine Penicillinprophylaxe erscheint ebenso sinnvoll wie Meningokokkenvakzinierungen, da hohe Antikörpertiter die Opsonierung verbessern. Beim autosomal-dominanten hereditären Angioödem (HAE) besteht eine unkontrollierte Komplementaktivierung. Bei Typ 1 (85%) ist der C1-Esterase-Inhibitor vermindert nachweisbar, bei Typ 2 liegt eine Funktionsstörung vor. Klinisch imponieren rezidivierende spontane Schwellungen, blasse Ödeme mit fehlendem Juckreiz an den Extremitäten, im Gesicht, selten am Stamm. Ein Befall der Darmschleimhaut führt zu Abdominalkoliken, aber auch zu Durchfällen. Ein Befall von Pharynx und Larynx kann fatal verlaufen. Die Attacken dauern 2–3 Tage und werden durch Infektionen, Traumata, Menstruation oder Stress ausgelöst. Therapeutisch ist die Substitution bei Bedarf erfolgreich (500–1000 E i.v.). Eine prophylaktische Gabe ist selten sinnvoll. Bei Erwachsenen bestehen Erfahrungen mit Danazol, das den Katabolismus von C1-Inhibitoren vermindert, sich auf Grund der Virilisierung aber nur in Ausnahmefällen anbietet. Eine weitere Alternative sind Proteaseinhibitoren (Tranexamsäure). Ursachen für erworbene Hypokomplementämie sind vielfältig. Zu nennen sind eine extreme Hypogammaglobulinämie, zirkulierende Immunkomplexe, SLE, die C3-Nephritis, ein C3Hyperkatabolismus, die Porphyrie, Sepsis (Verbrauchsopsoninopathie) und chronische Infektionen (bakterielle Endokarditis, Hepatitis B, Mononukleose, Malaria). 19.6.3 Störung der spezifischen Immunität
Die Produktion spezifischer Antikörper setzt das ungestörte Funktionieren von B- und T-Zellen und deren Kooperation voraus. Dementsprechend führt jede Störung eines der drei Teile zu einem humoralen Immundefekt. Dieser kann bei Fehlen von T- und/oder B-Zellen nur in einer absoluten Verminderung der Immunglobuline bestehen, im Falle einer Störung der T-B-ZellKooperation in einer fehlerhaften Zusammensetzung oder sogar Erhöhung einzelner Immunglobulinklassen. Liegen T- und BZelldefekt vor, wird von einem kombinierten Immundefekt (CID) gesprochen, fehlen T-Zellen, liegt ein schwerer kombinierter Immundefekt (SCID) vor. B-Zelldefekte: Antikörpermangelsyndrome
Das gemeinsame Merkmal humoraler Immundefekte ist das Fehlen spezifischer Antikörper. Auf Grund des diaplazentaren Transfers von mütterlichen Antikörpern der Klasse IgG sind bei Geburt zunächst spezifische IgG-Antikörper vorhanden. Die qualitative Bestimmung der Antikörper in den ersten sechs Monaten ist somit von geringem diagnostischen Wert. Danach ist ein Anstieg des IgG-
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Titers, beispielsweise gegen Impfantigene, beweisend für eine Immunkompetenz. Antikörper der Klassen IgA und IgM werden nicht diaplazentar transportiert. Dabei reift die Bildung von IgA und von polysaccharidantigenspezifischen Antikörpern in den ersten beiden Lebensjahren. Bei der X-chromosomalen Agammaglobulinämie, Typ Bruton, besteht eine Mutation der Bruton-Tyrosinkinase, die zu erheblichem B-Zellmangel führt, da die Reifung von Pro-B-Zellen zu Prä-B- und B-Zellen nicht stattfindet. Tonsillen fehlen oder sind sehr klein, histologisch ohne Sekundärfollikel. In den Lymphknoten zeigt sich das gleiche Bild. Immunglobuline aller Klassen und spezifische Antikörper fehlen oder sind erheblich vermindert. T-Zellen sind normal. Es finden sich gehäufte Infektionen nach Verbrauch der diaplazentar übertragenen Antikörper ab dem 3.–6. Monat: Pneumonien, Otitiden, Mastoiditis, Sinusitiden, Bronchitis, Erysipel, Abszesse, Impetigo, chronische Diarrhö, Sepsis, Meningitis, Osteomyelitis. Die vorherrschenden Erreger sind Haemophilus influenzae, Pneumokokken, Staphylokokken, Pseudomonaden, bei urogenitalen Infektionen Chlamydien und Mykoplasmen. Virusinfektionen (Echo-, Coxsackie- und Polioviren) können problematisch werden, da zwar die virusspezifische zelluläre Zytotoxizität ungestört ist, diese extrazellulär aber nicht neutralisiert werden. Klinisch finden sich nach Primärinfektion (z. B. Durchfallerkrankung) Myokarditis, Enzephalitis, Myositis, Hepatitis, Arthritis. Spätkomplikationen sind chronische Pneumonien, Bronchiektasien, Adenokarzinome (Magen und Kolon) und eine Leukenzephalopathie/Enzephalitis. Therapeutisch erfolgen eine adäquate antibakterielle Therapie von Infektionen und eine Immunglobulinsubstitution (400 mg/kg i.v. alle 4 Wochen oder 300 mg/kg alle 3 Wochen bzw. 100 mg/kg s.c. wöchentlich). Ziel ist ein noch normaler Immunglobulinspiegel vor erneuter Infusion. Daneben ist auf Impfungen zu verzichten (Lebendimpfungen sind gefährlich, Totstoffimpfungen machen wenig Sinn). Bei der seltenen auto-somal-rezessiven Agammaglobulinämie liegt eine Mutation der schweren Immunglobulinkette µ und somit Unfähigkeit zur IgM-Bildung vor. B-Zellen fehlen. Die transiente Hypogammaglobulinämie des Säuglings (THG) wird diagnostiziert bei über dem vollendeten 6. Lebensmonat hinaus bestehender Hypogammaglobulinämie mit dem Nachweis spezifischer Antikörper. Klinisch bestehen Otitiden, Pneumonien, Sinusitiden, aber eher keine schweren Infektionen. B-Zellen, T-Zellen und funktionelle T-Zell-Funktion sind normal. Eine adäquate antibakterielle Therapie ist ausreichend. Immunglobulingaben sind nicht indiziert. Eine Normalisierung der Immunglobulinspiegel ist im Alter von 3–5 Jahren zu erwarten. Beim IgA-Mangell besteht ein selektives Fehlen oder eine erhebliche Verminderung von IgA im Serum (=103
M
H R 2'
MR: – nicht HR – nicht SR
H R 3'
MR -2
R2
MR -1
SR -2
2 1b 1 1a
MRD Untersuchungszeitpunkte
6-MP/MTX 4 Wo.
III
II III
III SR -1
SR : – kein HR-Kriterium R 1 – MRD neg. an Ztp. 1+2
(3)
ALL – BFM 2000
12Gy*
12Gy* nur T-ALL
II
12Gy* nur T-ALL
Intervall (10 Wo.) 6-MP/MTX
III
III
6-MP/MTX 4 Wo.
II
III
12Gy*
(4)
(5)
19.11 Hämatologie und Onkologie
Abb. 19.11-1. Therapieübersicht der ALL (www.mh-hannover.de/kliniken/paed_haemonko/all/index.htm) inik
führt, wobei der Grad der Abmilderung sich nach der Risikostratifikation richtet. Erhaltungstherapie: Die Erhaltungstherapie wird für alle Risikostrata mit oraler Antimetabolitentherapie mit 6-Mercaptopurin 50 mg/m2/Tag p.o. sowie mit Methotrexat 20 mg/m2 pro Woche p.o. als Orientierungsdosis unter Steuerung der Dosierung durch die Leukozytenzahl durchgeführt. HR-Patienten werden nach dem Konzept einer dosisintensivierten Intervalltherapie behandelt:
Sie werden identifiziert durch den genetischen Subtyp zum Zeitpunkt der Diagnose oder das schlechte Ansprechen auf die Steroidvorphase vor Be-
ginn der Induktionstherapie oder das Versagen der Induktionstherapie Phase 1 zum Tag 33,
(definiert durch morphologische und immunologische Kriterien) oder den Nachweis von minimaler Resterkrankung durch molekulargenetische Methoden nach Phase 2 der Induktionstherapie.
19
1650
19 Erkrankungen im Kindesalter
Für Hochrisikopatienten wird ein Dosisintensivierungskonzept in Kombination mit einer Stammzelltransplantation verfolgt. Die Dosisintensivierung besteht aus der Applikation von drei kurzen (einwöchigen) hochdosierten, aber nicht myeloablativen Therapieblöcken, gefolgt von einer myeloablativen Konditionierung mit allogener Stammzellentransplantation. Zwei Varianten der Hochrisikotherapieblöcke bestehen aus einer ca. einwöchigen Steroidtherapie mit Vincaalkaloidgabe zu Beginn und Ende der Therapiewoche, ferner einer Hochdosistherapie mit Methotrexat zu Beginn der Therapiewoche und einer Hochdosis-ARA-C oder einer Daunorubicin-Therapie zu Ende der Therapiewoche. In der Mitte der Therapiewoche ist eine Alkylanzientherapie mit Cyclophosphamid oder Iphosphamid angeordnet. Am Abschluss der Therapie ist zu den Tagen 6 und nachfolgend 11 eine Aparaginasetherapie vorgesehen. Die dritte Variante der Hochrisikoblöcke übernimmt die einwöchige Steroidtherapie, ergänzt durch eine sequentielle Anordnung von Hochdosis-ARA-C, gefolgt von hochdosiertem VP16 und Asparaginase, Letzteres wie in den Blöcken 1 und 2. Nach der Applikation dieser drei Hochrisikotherapieblöcke wird bei Vorhandensein eines geeigneten Spenders eine Transplantation mit Stammzellen aus peripherem Blut, Knochenmark oder Plazentarestblut von verwandten oder unverwandten Spendern durchgeführt. Es ist erforderlich, dass die Spendersuche zum Zeitpunkt der Risikostratifikation eingeleitet wird, damit zum optimalen Zeitpunkt ein geeignetes Transplantat zur Verfügung steht. AML (ICD – C92.00) und CML (ICD – C92.10)
Die Therapie der AML beginnt mit einer 6- bis 8-wöchigen intensiven Induktionstherapie, bestehend aus einer Polychemotherapie mit 2 sequentiellen Induktionsprotokollen, mit besonders aplasiogenem Potential und hoher Therapiemorbidität. Auch die nachfolgende Konsolidierung über einen Zeitraum von 6–8 Wochen ist durch hohe Morbidität gekennzeichnet. Im Anschluss wird eine Postremissionsintensivierung mit hochdosiertem ARA-C in Kombination mit Etoposid zur Überwindung der Zytostatikaresistenz durchgeführt. Vor oder nach der Intensivierung wird in Abhängigkeit vom Ansprechen auf die erste Induktionstherapie bei Verfügbarkeit eines geeigneten Spenders eine allogene Stammzelltransplantationn durchgeführt. Die Transplantationsindikationen werden in Abhängigkeit von der Spenderverfügbarkeit diskutiert. International wird die Transplantation mit Ausnahme des FAB-Typs M3 akzeptiert. Für den FAB-Typ M3 ist eine Kombination von Chemotherapie und Alltransretinsäure etabliert. Im deutschen AMLBFM-Protokoll sind auch die Subtypen M1/2 mit Nachweis von Auer-Stäbchen, der Subtyp M4 mit Nachweis von Eosinophilen (meist inv 16) sowie Patienten mit t(8; 21) von der Transplantation ausgenommen, sofern nach Abschluss des ersten Induktionsprotokolls (Tag 15) unter 5% Blasten nachweisbar sind. Die Dauertherapie wird bei nichttransplantierten Patienten über 1 Jahr durchgeführt. Die Behandlung des manifesten ZNS-
Befalls besteht aus der kombinierten intrathekalen Gabe von Methotrexat und ARA-C in Kombination mit Hydrocortison und ZNS-Bestrahlung. Hingegen ist die Rolle der präventiven ZNSBestrahlung international umstritten. Die Ergebnisse der deutschen AML-BFM-Studien zeigen jedoch, dass Patienten mit präventiver ZNS-Bestrahlung auch eine Verringerung der systemischen Rezidive aufweisen. Die Reduktion der präventiven Bestrahlungsdosis ist Gegenstand einer Randomisierung der Therapiestudie AML-BFM 98. Eine kurative Therapie der CML besteht in einer allogenen Stammzelltransplantation. Die Ergebnisse sind abhängig vom Zeitpunkt der Transplantation, wobei der Vorteil der Stammzellentransplantation in chronischer Phase innerhalb des ersten Jahres nach Diagnosestellung gesichert ist. Eine vergleichende Evaluation von Tyrosinkinaseinhibitoren (STI71, Glivec) ist erforderlich. Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) (ICD-10: C85.9)
Das Non-Hodgkin-Lymphom ist, im Gegensatz zur ALL, die lokalisierte Form der malignen Erkrankung des lymphatischen Systems. Non-Hodgkin-Lymphome machen ungefähr 7% der malignen Erkrankungen des Kindes- und Jugendalters aus. Sie treten ab dem 4. Lebensjahr ohne erkennbaren Altersgipfel auf. Die Non-Hodgkin-Lymphome bevorzugen folgende Lokalisationen: HNO-Bereich, Abdomen, Mediastinum. Die Non-Hodgkin-Lymphome des Kindesalters gehören zu den hochmalignen Lymphomen. Leitsymptome des Non-Hodgkin-Lymphoms sind: indolente Lymphknotenschwellung, bei abdominellen Befall: Bauchschmerzen mit Invagination und Ileus, bei mediastinalem Befall: Husten, Stridor und Halsvenenstau, bei ZNS-Befall: Kopfschmerzen und Hirnnervenlähmung, bei Befall des Spinalkanals: Querschnittsyndrom. Die vollständige immunologische und molekulargenetische Klassifikation ist unabdingbare Voraussetzung für die Festlegung der adäquaten Therapiestrategie. Die Non-Hodgkin-Lymphome im Kindesalter sind hochgradig chemosensible Erkrankungen. Der adäquate Einsatz der Chemotherapie ermöglicht ein Überleben von über 80% der Patienten. Unter praktischen Gesichtspunkten empfiehlt sich die Einteilung der Non-Hodgkin-Lymphome des Kindesalters in drei therapiestrategische Gruppen: das lymphoblastische Lymphom B-Zell-Lymphome (Burkitt-Type) großzellige anaplastische Lymphome (ALCL).
19.11 Hämatologie und Onkologie
Während das lymphoblastische Lymphom als lokalisierte Form der malignen Erkrankung des lymphatischen Systems wie in Anlehnung an die Therapiekonzepte für die SR/MR-ALL mit einer kontinuierlichen Polychemotherapie behandelt wird, wird beim B-Zell-Lymphom und in neuerer Zeit auch beim ALCL eine intensivierte, alkylanziengewichtete dosisintensivierte Intervalltherapie (Wochenblöcke) erfolgreich angewandt. Die ZNS-Bestrahlung wird durchgeführt bei ZNS-Befall. Eine ZNS-Prophylaxe wird im Allgemeinen nicht empfohlen. Lediglich bei den höheren Stadien des lymphoblastischen Lymphoms ist die prophylaktische ZNS-Bestrahlung Gegenstand prospektiver Studien. Die Stammzelltransplantation wird bei ungenügendem Ansprechen durchgeführt oder in zweiter vollständiger oder partieller Remission.
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19
Hirntumoren (ICD – D43.2) – allgemeine Aspekte
Die Inzidenz der Hirntumoren im Alter < 15 Jahre beträgt 2,5/ 100.000. Hirntumoren machen ca. 20% aller Malignome aus. Davon entfällt ca. die Hälfte auf Astrozytome (40%) und andere Gliome (7%), 25% auf Medulloblastome (primitive neuroektodermale Tumoren) und 10% auf Ependymome. Die Hirntumoren stellen die häufigste Diagnosegruppe unter den soliden Tumoren im Kindesalter dar. Alle Hirntumoren werden im Kindesalter operational als Malignome bezeichnet, da auch histologisch gutartige Tumoren letal verlaufen können, falls sie nicht operabel sind. Die Heilungsrate von Kindern mit intrakraniellen Neoplasien wird oft als schlechter beschrieben als die Heilungsrate von Kindern mit extrakraniellen Neoplasien. Immerhin liegt die Fünfjahresüberlebensrate aller Kinder mit Hirntumoren bei 68% und die Zehnjahresüberlebensrate bei 64%. Die Prognose ist stark abhängig von der Frühdiagnose, insbesondere bei Hodgkin-Lymphom (HD) (ICD-10: C81.9) Das Hodgkin-Lymphom macht ungefähr 5% der malignen Er- spinalen Tumoren. Die Früherkennung erfordert Aufmerksamkeit krankungen des Kindes- und Jugendalters aus und tritt ab dem gegenüber unspezifischen persistierenden Symptomen wie 4. Lebensjahr mit zunehmender Inzidenz und einem Häufig- Erbrechen, Kopfschmerzen, Verhaltensauffälligkeiten oder Lähmungen. Wichtig ist darüber hinaus die Frühdiagnose bei gekeitsgipfel im Erwachsenenalter auf. Auf Grund des Überwiegens des Hodgkin-Lymphoms im netischen Risikopopulationen. Hierzu zählt insbesondere die Erwachsenenalter wird im Allgemeinen auf Sektion 5 verwiesen. Frühdiagnose des Astrozytoms der Sehbahn bei Patienten mit Nachfolgend werden lediglich die Besonderheiten der Therapie Neurofibromatose, Typ I (Inzidenz ca. 300/100.000). Die Frühdiagnose verhütet Visusverlust und Erblindung. der Hodgkin-Krankheit im Kindes- und Jugendalter dargestellt. Es gibt charakteristische Konstellationen von Lokalisation, Bei Kindern und Jugendlichen wird der Morbus Hodgkin primär durch eine chemotherapiegewichtete Therapie mit Histologie und Malignität. Zwei Drittel der Hirntumoren im KinErgänzung durch eine niedriger dosierte Strahlentherapie desalter treten infratentoriell auf und weniger als 5% im Spinalbehandelt. Hiermit sind Heilungsraten von ca. 90% zu erzielen. kanal. Unter den infratentoriellen Tumoren dominiert das Diese Ergebnisse begründen, warum im Kindes- und Jugendalter Medulloblastom mit seiner typischen Lokalisation im Kleinhirneine Reduktion der Therapietoxizität im Vordergrund der thera- wurm. Nahezu die Hälfte der Hirntumoren im Kindesalter ist histolopeutischen Planung steht. In Deutschland werden Mädchen mit dem OPPA- und Jungen mit dem OEPA-Regime statt der bei Er- gisch von hoher Malignität. Der Großteil dieser Kinder ist initial durch lokale Raumforderung und Hirndruck vital wachsenen üblichen MOPP- oder ABVD-Regime behandelt. Der Grund für die Anwendung von spezifischen Therapie- bedroht, und die primäre Tumorresektion ist zunächst von lekonzepten für Kinder und Jugendliche liegt in der Reduktion der bensrettender Bedeutung. Die präoperative Gabe von DexaTherapiemorbiditäten durch die geänderten Therapieprotokolle: methason 4-mal 0,5 mg/m2/Tag kompensiert den erhöhten intrakraniellen Druck und vermeidet in manchen Fällen eine Sekundärleukämien, externe Liquordrainage. pulmonale Funktionsstörungen, In der Therapie der Hirntumoren sind die lokalthera maskuline Sterilität. peutischen Verfahren Operation und Strahlentherapie von funMit der OPPA- und OEPA-Chemotherapie lassen sich, vergli- damentaler Bedeutung. Darüber hinaus verbessert die adäquat chen mit anderen international üblichen Therapiekombi- eingesetzte Chemotherapie die Prognose bzw. die Lebensqualität. nationen, besonders hohe Langzeitüberlebensraten bei geringen Spätfolgen erzielen. Die Bestrahlungsdosis richtet Astrozytome (ICD C71.9) sich nach dem chemotherapeutischen Ansprechen und be- Das therapeutische Vorgehen bei den Astrozytomen wird trägt 20–25 Gray bei gutem gegenüber 30–35 Gray bei einem be-einflusst durch die Operabilitätt des Tumors, die postoperative schlechten Therapie-ansprechen. Die Prognose der Hodgkin- radiologische oder klinische Progression sowie das Alter des Krankheit im Kindes- und Jugendalter liegt stadienabhängig Patienten. Gutartige Astrozytome, insbesondere das pilozytische bei 84–100%. Die Fachgesellschaft empfiehlt deshalb die Be- Astrozytom, können auch bei Teilresektion sistieren. Nach Teilhandlung aller Kinder und Jugendlichen nach dem GPOH- resektion zeigt ungefähr ein Drittel der Patienten mit niedrigTherapieprotokoll HD 95. malignen Hirntumoren ein weiteres Wachstum. Kommt es allerdings zu einer postoperativen Progression, so ist bei Kindern unter dem 5. Lebensjahr zunächst eine Chemotherapie an-
19
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19 Erkrankungen im Kindesalter
gezeigt, um den Zeitpunkt der Bestrahlung in ein Alter zu protrahieren, in dem weniger kognitive und neuroendokrine Schäden auftreten. Entgegen der vorherrschenden Meinung, dass Zytostatika bei histologisch gutartigen Tumoren nicht effektiv sind, kann durch eine milde Chemotherapie mit Vincristin und Carboplatin bei jüngeren Kindern mit Astrozytom oder Optikuschiasma- oder Hypothalamusgliom ein guter, im letzten Fall sogar ein der lokalen Strahlentherapie vergleichbarer Effekt erzielt werden. Die Zehnjahresüberlebensrate von Kindern mit Astrozytom liegt in Deutschland bei 76%. Medulloblastom (ICD C71.6)
Das Medulloblastom ist der häufigste histologisch maligne Hirntumor im Kindesalter mit einer typischen infratentoriellen Lokalisation im Kleinhirnwurm. Die Leitsymptome sind: Kleinhirnsymptome: Ataxie, Nystagmus, Intentionstremor; Hirndruckzeichen: Erbrechen, Kopfschmerzen, Abduzenzparese; bei lokaler Infiltration: Hirnnervenparesen, Regulationsstörungen vegetativer Zentren, Ausfälle der langen Hirnnervenbahn. Der Tumor wächst lokal infiltrierend und metastasiert im ZNS. 20% der Patienten weisen eine Liquorbeteiligung auf. Systemische Metastasen treten im Knochenmark und im Knochen auf, sind zum Zeitpunkt der Diagnose jedoch selten. Bei supratentorieller Lokalisation wird der Tumor als primitiver neuroektodermaler Tumor (PNET) bezeichnet. Er ist nicht zu verwechseln mit dem zur Familie der Ewing-Tumoren gehörenden peripheren malignen neuroektodermalen Tumor (MPNT), der gelegentlich auch mit dem Akronym PNET bezeichnet wird. Beim Medulloblastom verbessert die adjuvante Chemotherapie mit Platin, CCNU und Vincristin die Prognose um 10 bis 15%. Wichtige Therapieelemente sind Operation und Bestrahlung. Hierdurch werden Überlebensraten von ca. 50% nach 10 Jahren erreicht. Eine Hochdosischemotherapie mit autologer StammzellRescue kann die Blut-Hirn-Schranke überwinden und v. a. Kindern unter 3 Jahren eine kraniospinale Bestrahlung ersparen. Kinder profitieren besonders von dieser Therapiemodalität, wenn der Tumor ein gutes Ansprechen auf die konventionelle Chemotherapie zeigt und vor der Hochdosischemotherapie bereits weitgehend eine Remission erreicht wird, aber ein hohes Rezidivrisiko besteht. In der Praxis verdienen besondere Aufmerksamkeit die psychosozialen Spätfolgen und das Auftreten von Hirntumoren nach ZNS-Bestrahlung bei Leukämie.
Neuroblastom (ICD C74.9)
Die Inzidenz des Neuroblastoms beträgt 1:100.000. Das Neuroblastom ist damit der häufigste extrakranielle solide Tumor und macht ca. 9% der malignen Neoplasien aus. Etwa 55% sind im Abdomen lokalisiert und 15% im Thorax. Die abdominelle Lokalisation ist prognostisch günstiger als die Thoraxlokalisation. Dies ist wahrscheinlich auf die frühere Diagnose des Tumors bei abdomineller Raumforderung zurückzuführen. Prognostisch ungünstig sind initiale Metastasen. Metastasierungsorte betreffen insbesondere Lymphknoten, Knochenmark, Leber und Haut. Die Prognose beim Neuroblastom ist stadien- und altersabhängig. Die gegenwärtige Stadieneinteilung unterscheidet vereinfacht: Stadium 1: lokale Erkrankung, chirurgisch makroskopisch komplett entfernt; Stadium 2: lokale Erkrankung, chirurgisch makroskopisch inkomplett entfernt; Stadium 3: lokoregionale Erkrankung, Überschreiten der Mittellinie; Stadium 4: metastasierte Erkrankung. Eine Besonderheit des Neuroblastoms ist das Stadium 4S, definiert durch einen lokalisierten Primärtumor und Metastasen in Haut, Leber und/oder Knochenmarksowie dem Auftreten innerhalb des ersten Lebensjahres. Patienten im Stadium 4S haben eine ähnliche Prognose wie Patienten mit den lokalisierten Stadien 1 und 2 (ca. 90% Heilungsrate). Hingegen liegt im Stadium 3 die ereignisfreie Fünfjahresüberlebensrate bei ca. 70% und beim Stadium 4 bei ca. 30%. Die Prognose für alle Stadien liegt bei ca. 55%. Die modernen risikoadaptierten Therapien berücksichtigen zusätzlich zum präoperativen Stadium die Resektabilität des Tumors sowie klinische, zellbiologische und molekulargenetische Eigenschaften. Die initiale Operation dient daher vorrangig der Materialgewinnung (Biopsie). Diese Stratifikationskriterien haben zur Entwicklung von drei Therapiegruppen geführt. Beobachtung: Patienten ohne molekulargenetische Risikoparameter (keine N-MYC-Amplifikation, keine 1p-Deletion), Säuglinge mit Stadium 4 und 1–3 ohne Symptome, Kinder >1 Jahr im Stadium 1 oder im komplett resezierbaren Stadium 2. Hier liegt die Prognose bei alleiniger Operation bei 90 bis 100%. Standardrisiko: Säuglinge Stadium 1–3 mit Symptomen; Kinder >1 Jahr im Stadium 3 oder im inkomplett resezierbaren Stadium 2; ohne molekulargenetische Risikoparameter. Hier besteht die Therapie in einer Kombinationschemotherapie mit den Substanzen Vindesin, Etoposid und Cisplatin alternierend mit Vincristin, Dacarbazin, Iphosphamid und Adriamycin in insgesamt 4 Blöcken über einen Zeitraum von 3–4 Monaten. Nach der Chemotherapie erfolgt ggf. eine Second-look-Operation. Der Nachweis einer
19.11 Hämatologie und Onkologie
Resterkrankung erfordert eine Fortsetzung der Chemotherapie, bei weiterer Persistenz ergänzt um eine Strahlentherapie. Hochrisiko: Für diese Patienten erfolgt eine maximale Therapie mit Operation, Chemotherapie, evtl. Hochdosischemotherapie, und Bestrahlung sowie konsolidierender Immunoder Differenzierungstherapie mit monoklonalen Antikörpern bzw. Retinsäure.
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19
im Stadium IV wird bereits präoperativ mit der Kombination
AVA behandelt. Weichteilsarkome (ICD C49.9)
Weichteilsarkome machen ca. 7% aus. Ihre Inzidenz liegt knapp unter 1 auf 100.000. Das klinische Erscheinungsbildd hängt von Lokalisation und Ausdehnung ab und ist deshalb sehr variabel. Extremitätentumoren manifestieren sich durch dolente oder indolente Schwellungen. Nephroblastom (ICD C64.) Nierentumoren machen ca. 6,5% der Malignome aus. Die Inzi- Hier gilt: Jedes unklare Beschwerdebild und jede Schwellung, die denz beträgt damit knapp unter 1/100.000. Das Nephroblastom 6 bis 8 Wochen persistieren, sind bis zum Beweis eines Gegenteils ist ein typischer Tumor des Säuglings- und Kleinkindalters mit dem Manifestation eines malignen Tumors. Die häufigsten Weichteilsarkome im Kindesalter sind die Altersgipfel im 1. Lebensjahr. Die Inzidenz variiert stark zwischen verschiedenen Ländern gut chemotherapieempfindlichen Rhabdomyosarkome, Synound Kontinenten. Daraus ergibt sich der Hinweis auf genetische vialsarkome sowie extraossäre Tumoren aus der Gruppe der Faktoren. In der Tat findet sich bei ca. 10% der Fälle bei exakter Ewing-Tumoren. Ziel der Therapie ist die systemische und lokale Kontrolle durch Untersuchung eine kongenitale Anomalie. Beteiligt ist das Chemotherapie, Chirurgie und Bestrahlung. Die Anordnung der Wilms-Tumor-Gen WT1 auf 11p. Leitsymptome bei Diagnosestellung ist die abdominelle Therapiemodalitäten hängt von Tumorgröße, Ausdehnung, Raumforderung, die in etwas über der Hälfte der Fälle zu Histologie, Lokalisation und Alter und der damit verbundenen Operabilität ab. Eine primäre Tumorresektionn soll nur durchgediagnostizieren ist. Weitere häufige Symptome sind Bauchschmerzen, Hämat- führt werden, wenn ein onkologisch radikales Vorgehen ohne Mutilation gesichert ist. Intraläsionale Tumorverkleinerungen urie, Obstipation, Gewichtsverlust, Harnwegsinfektion. sind strikt zu vermeiden. Nichtresektable Tumoren sollten nach In nur knapp 10% der Fälle wird der Tumor im Rahmen einer bioptischer Sicherung zunächst chemotherapeutisch behandelt Vorsorgeuntersuchung diagnostiziert. In knapp 80% der Fälle werden. Nur RO-resezierte Patienten mit embryonalem Rhabdoführt erst die Tumorsymptomatik zur Diagnose. Dies ist von pro- myosarkom brauchen nicht bestrahlt zu werden. gnostischer Bedeutung, da die Prognose stadienabhängig ist. Die Heilungschancen beim Wilms-Tumor dokumentieren Knochentumoren (ICD D 48.0 allg.) eindrucksvoll die Fortschritte der pädiatrischen Onkologie im Knochentumoren machen ca. 4,6% der Malignome aus. vergangenen Jahrhundert. Während Anfang des 20. Jahrhun- Osteo-sarkome (2,5%, C41.9) sind etwas häufiger als Ewingderts wenige Patienten die Erkrankung überlebt haben, beträgt Tumoren (2%, C41.9). Die tatsächliche Inzidenz von Erkrandie Heilungsrate bei risikoadaptierter multimodaler Therapie kungen aus der Familie der Ewing-Tumoren, definiert durch gegenwärtig 90%. eine einheitliche genetische Aberration (ews/ets-TranslokatiBeim Wilms-Tumor stehen heute die Reduktion und Indi- on), ist wahrscheinlich höher, da extraossäre Ewing-Sarkome vidualisierung der Therapie sowie die Vermeidung von Lang- und periphere neuroektodermale Tumoren 8% der Weichteilzeittoxizität im Vordergrund. Die präoperative Chemotherapie sarkome ausmachen. mit Actinomycin D und Vincristin (AV) soll eine komplette chirurKnochentumoren haben ihren Altersgipfel in der 2. und gische Entfernung ermöglichen. Diese ist durch einen onkolo- 3. Lebensdekade. Sie werden bei Adoleszenten und jungen gisch erfahrenen Kinderchirurgen in einem pädiatrisch-onko- Erwachsenen häufig zu spät diagnostiziert und initial inadälogischen Zentrum durchzuführen. Anhand der histologischen quat behandelt. Beurteilung der Malignität und des postoperativen klinischen Die Prognose ist abhängig vom primär behandelnden Stadiums erfolgt dann die weitere Therapie: Zentrum. Die Wahl des bioptischen Zugangs entscheidet Bei niedriger Malignität im postoperativen Stadium I wird auf oft über die Möglichkeit der Extremitätenerhaltung. Die Chemotherapie ist wegen der hohen Inzidenz der okkulten eine weitere Chemotherapie verzichtet; bei höheren postoperativen Stadien oder intermediärer bzw. Disseminierung zwingend erforderlich. Der präoperative Einhoher Malignität erfolgt eine fortgesetzte Chemotherapie, satz kann den Tumor verkleinern und extremitätenerhaltende entsprechend dem Malignitätsstadium auch unter Einbezie- Resektionen erleichtern. Im Gegensatz zum Osteosarkom ist beim Ewing-Tumor die Strahlentherapie zusätzlich eine hung von Adriamycin (AVA); bei hoher Malignität oder Vorliegen von Stadium II der Stadi- hochwirksame Therapiemodalität. Bei metastasierten Ewingen mit Lymphknotenmetastasen oder unvollständiger Tumor- Tumoren hat die Hochdosistherapie mit konsekutiver Stammzzelltransplantation Verbreitung gefunden. entfernung (Stadium III) erfolgt auch eine Bestrahlung;
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19 Erkrankungen im Kindesalter
Evvidenz der Therapieempfeehlungen Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke ALL BFM-2000 II-b (TOS*) B A ML BFM-AML II-b (TOS*) B NHL NHL BFM 95 II-b (TOS*) B NCL BFM 99 II-b (TOS*) B Hodgkin-Lyymphom GPOH-HD-95 IV (TOS*) B Astrozyytom SIOP-GPOH-LGG IV (Studie) B Medulloblastom HIT 2000 II-b (Studie) B Neuroblastom GPOH-NB-97 II-b (Studie) B Nephroblastom II-b (TOS*) B SIOP 93-01/GPOH Weeichteilsarkom II-b (TOS*) B Knochentumoren II-b (TOS*) B COSS 96/GPOH EuroEw w i ng *Therapieoptimierungsstudie
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19.12 Hämostaseologische Erkrankungen Rosemarie Schobess
Bis in die 70er Jahre stellten die angeborenen und erworbenen Gerinnungsstörungen, die zu Blutungen führen, die häufigsten Hämostasestörungen dar. Thrombosen im Kindesalter galten als Rarität. Das verstärkte Wissen um genetische Risikofaktoren, die verbesserte bildgebende und Labordiagnostik sowie enorme Fortschritte in der Intensivtherapie, Onkologie und Transplantationsmedizin sind verantwortlich für die scheinbare Zunahme von Thrombosen im Kindesalter. Die thrombophile Gerinnungsstörung steht zunehmend im Vordergrund. 19.12.1 Thrombosen
Venöse und arterielle Gefäßverschlüsse im Kindesalter sind seltene Ereignisse und treten spontan hauptsächlich innerhalb der Neugeborenenperiode und zu Beginn der Pubertät auf. Die Thromboseinzidenz für Neugeborene in Deutschland wurde mit 5,1/100.000 Lebendgeburten angegeben. 5,3/10.000 hospitalisierter Kinder erkranken an einer Thrombose mit einer Mortalität von 2%, und 2/100.000 Kindern im Jahr erleiden einen ischämischen Schlaganfall. Neben genetischen Risikofaktoren (Tabellen 19.12-1 und 19.12-2) begünstigen exogene Faktoren wie zentrale Venenkatheter (14%), Herzkatheteruntersuchungen (0,5–3,4%), Dehydratation, Kontrazeptiva und Rauchen die Thromboseentstehung. Folgende Thromboselokalisationen im Kindesalter, geordnet nach Häufigkeit, werden beobachtet: bei Neugeborenen Nierenvenenthrombosen, thromboembolische Schlaganfälle, Cavathrombosen, intrakardiale Thrombosen, Sinusvenenthrombosen, Mesenterialvenenthrombosen, Pfortaderthrombosen. Bei älteren Kindern finden sich häufiger Unterschenkelvenenthrombosen, Bein-Becken-Venenthrombosen, Sinusvenenthrombosen, isolierte Lungenembolien, Armvenenthrombosen, intrakardiale Thrombosen, Milzvenenthrombosen. Bildgebende Diagnostik Etablierte Verfahren sind Duplexsonographie, Venographie, Computertomographie und Magnetresonanztomographie. Bei Verdacht auf Thrombose der Extremitäten oder des oberen venösen Einflusstraktes (V. axillaris, V. subclavia und V. cava superior) ist die Venographie die Untersuchungsmethode der Wahl, bei Verdacht auf Thrombose der Jugularvenen die Duplexsonographie, bei V.a. thromboembolische zerebrale ischämische Ereignisse die MR-Tomographie und MRAngiographie. Zur Diagnostik einer Lungenembolie bei Kindern ist entweder ein Spiral-CT, eine Ventilations-/Perfusionsszintigraphie oder eine MR-Angiographie geeignet. Labordiagnostik Es stehen Untersuchungen auf Proteinebene und molekularbiologische Methoden zur Verfügung. Assays auf Proteinebene werden zur Bestimmung von APC-R, Protein-CAktivität/Antigen, freiem Protein-S-Antigen, Antithrombinaktivität/
19.12 Hämostaseologische Erkrankungen Risikofaktoren
Kontrollen Patienten (n=370) (n=261)
Odds ratio (95% Cl)
p
Protein-C-Mangel Protein-S-Mangel F-V 1691GA/AA
3 (0,8%) 3 (0,8%) 15 (4,1%) 14 (3,8%) 1 (0,3%) 4 (1,1%) 0 19 (10,3%)
12,4 (3,7–41,6) 7,5 (2,1–26,0) 11,0 (6,2–19,7)
8 mg/dl oder einer Kreatinin-Clearance 30 min) Therapieresistenter Status epilepticus
T b e l llee 19.14-1 Tab aab abe 19.14 19. 1. Akutbehandlung bei Fieberkrämpfen und prolongierten Anfällen anderer Genese/Status epilepticus
19.14 Erkrankungen des Nervensystems und der Muskulatur
Anfälle, sehr junges Alter, familiäre Belastung) kann als Ergebnis kontrollierter Studien eine intermittierende Prophylaxe mit Diazepam empfohlen werden. Die Prophylaxe wird bei Körpertemperaturen ab 38,5 °C für 2–3 Tage durchgeführt. Erprobt sind die Verabreichung von Diazepam-Tropfen oral (0,3 mg/kg alle 8 h) und die Gabe von Diazepam-Rektallösung (5 mg alle 12 h). Auf Grund des nicht unerheblichen Risikos vor allem kognitiver Nebenwirkungen ist eine regelrechte antikonvulsive Dauertherapie mit Phenobarbital (2–3 mg/kg KG/Tag) oder Valproinat (20 mg/kg KG/Tag) allenfalls bei Kindern zu erwägen, die trotz anderer Maßnahmen bereits eine hohe Zahl von Fieberkrämpfen erlitten haben, die über große Teile des Tages nicht ausreichend beobachtet sind oder bei denen ein stark erhöhtes Epilepsierisiko besteht. In diesen Fällen wird die sich vermutlich entwickelnde Epilepsie behandelt, ein prophylaktischer Wert der Dauermedikation im Hinblick auf die Epilepsieentstehung konnte nicht nachgewiesen werden. Bei stabiler Anfallsfreiheit sollte die Dauermedikation nach zwei Jahren beendet werden.
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organische Ätiologie (Hirntumor, Duranarbe, Hirnmissbildung, Stoffwechselleiden) verursacht werden. Bei idiopathischen Epilepsien gelingt der Nachweis eines organischen Substrats nicht; sie sind in der Regel auf eine genetisch bedingte Hirnfunktionsstörung zurückzuführen. Um Ordnung in die Vielzahl epileptischer Anfallssymptome zu bringen, hat die Internationale Liga gegen Epilepsie eine „Klassifikation epileptischer Anfallstypen“ erarbeitet. Darüber hinaus wurde eine „Klassifikation epileptischer Syndrome“ erstellt. Unter einem „epileptischen Syndrom“ versteht man die Verlaufsgestalt einer Epilepsieerkrankung, die durch das Manifestationsalter, typische Anfallsformen und EEG-Veränderungen, prognostische Aspekte und – soweit bekannt – die Ätiologie charakterisiert ist. Eine Liste der wichtigsten epileptischen Syndrome findet sich in Tabelle 19.14-2. Therapie Die Indikation zu einer antikonvulsiven Dauer-
therapie ist zu stellen, wenn rezidivierende Anfälle mit einer Häufigkeit und Schwere auftreten, die die körperliche Integrität und soziale Funktionsfähigkeit des Kindes beeinträchtigen. Die zur Verfügung stehenden antikonvulsiven Medikamente haben Epilepsien Epilepsien sind gekennzeichnet durch chronisch rezidivierende unterschiedliche Wirkmechanismen und Wirkungsspektren in Bezerebrale Anfälle, die nicht durch äußere Ereignisse verursacht, zug auf die Ätiologie und den Typ der Anfälle. Die Auswahl des optiwohl aber bei bestehender Disposition gelegentlich ausgelöst wer- malen Medikamentes richtet sich deshalb in erster Linie nach den. Unter ätiologischen Gesichtspunkten ist eine Unterscheidung der Klassifikation des epileptischen Syndroms; daneben ist auch von symptomatischen und idiopathischen Epilepsien üblich. Symp- die Beachtung teils altersspezifischer Nebenwirkungen von Bedeutomatische Epilepsien sind solche, die durch eine nachweisbare tung (Tabellen 19.14-2 und 19.14-3). In den zurückliegenden Tabelle 19.14-2. Syndrombezogene Medikamentenwahl bei Epilepsien en iim Kindesalter (Auswahl) Klassifikation der Epilepsien und Syndrome (ILAE 1989) Lokalisationsbezogene Epilepsien und Syndrome Idiopathisch: gutartige Epilepsie des Kindesalters mit zentrotemporalen Spikes Symptomatisch: unterschiedliche Syndrome, die vorwiegend auf den Anfallstypen und anderen Merkmalen beruhen Kryptogen Generalisierte Epilepsien und Syndrome Idiopathisch: – Benigne myoklonische Epilepsie des Kleinkindalters – Epilepsie mit pyknoleptischen Absencen – Juvenile Absencenepilepsie – Juvenile myoklonische Epilepsie – Aufwach-Grand-mal-Epilepsie – Kryptogen oder symptomatisch: – West-Syndrom (BNS-Epilepsie) – Lennox-Gastaut-Syndrom
Medikamente der engeren Wahl
Medikamente der weiteren Wahl
STM, CBZ
VPA, PHE, PHB
CBZ, VP
HE, PB, PRM, VGB, LTG, GBP, TGB, TPM, STM
VPA, ESM VPA, ESM VPA, LTG VPA, PRM VPA, LTG, TPM
PB, PRM LTG, CLB, MSM ESM, PHB LTG, ESM PB, PRM
VGB, VPA, ACTH VPA, LTG, TPM
CLB, B6, TPM FBM, PB, ESM, MSM, CLB, ACTH MSM, LTG, CLB MSM, CLB
– Epilepsie mit myoklonisch-astatischen Anfällen VPA, ESM – Epilepsie mit myoklonischen Absencen VPA, ESM Symptomatisch Epilepsien, die nicht als fokal oder generalisiert bestimmbar sind Mit sowohl generalisierten als auch fokalen Anfällen: – Schwere myoklonische y Epilepsie des Kleinkindalters VPA, PB, BR – Epilepsie-Aphasie-Syndrom STM, VPA, CLB – Andere unbestimmte Epilepsien
PHE, MSM, TPM ACTH
ACTH H ACTH und Kortikosteroide, B6 Vitamin B6 , BR Kaliumbromid, mid CBZ Z Carbamazepin, CLB Clobazam und andere Benzodiazepine, ESM M Ethosuximid, FBM M Felbamat, GBP P Gabapantin, LTG Lamotriggin, MSM M M Mesuximid, PHB Phenobarbital, PHE E Phenytoin, PM M Primidon, STM M Sultiam, TGB Tiagabin, TPM M Topiramat, VGB Vigabatrin, n, VPA VP Valproinat.
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19 Erkrankungen im Kindesalter
Tabelle 19.14-3. Pharmakologische Daten der antikonvulsiven Medikation ikati im Kindesalter (Auswahl) Tagesdosis Kinder [mg/kg KG]
Dauer bis Steady state [Tage]
Optimaler therapeutischer Serumspiegelbereich
Carbamazepin (retardiert) Clobazam Ethosuximid Lamotrigin Phenobarbital
10–20
14–21
4–12 mg/l
0,3–1 20–30 3–5 3–5
3–6 4–10 – 14–21
0,1–0,6 ng/ml 50–100 mg/l 3–12 mg/l 20–40 mg/l
Phenytoin Primidon Sultiam Vigabatrin Valproinat
5–7 10–20 3–10 20–80 15–40
7–14 14–21 2–3 1–3 3–5
10–20 mg/l 4–15 mg/l 6–10 mg/l 10–60 mg/l 50–130 mg/l
zehn Jahren ist eine große Zahl neuer Antiepileptika eingeführt worden, mit denen sich zunächst große Hoffnungen auf eine Besserung bei bisher therapieresistenten Patienten verbanden. Diese Hoffnungen sind jedoch mit wenigen Ausnahmen enttäuscht worden. Für das Kindesalter liegen vorerst nur für wenige epileptische Syndrome kontrollierte Studien mit ausreichenden Patientenzahlen vor. Deshalb wird man die Behandlung mit wenigen Ausnahmen stets mit den seit langem verfügbaren Standardpräparaten beginnen und erst bei Misserfolg auf die neuen Präparate zurückgreifen. Das ausgewählte Medikament wird in der Regel zur Vermeidung einer initialen Sedierung schrittweise bis zur gewünschten Enddosis gesteigert. Eine Schnellsättigung ist lediglich bei einer hohen Frequenz schwerer Anfälle indiziert. Die Behandlung wird, wenn eben möglich, als Monotherapie durchgeführt. Bei Unwirksamkeit des ersten Präparates wird auf ein anderes Medikament der engeren Wahl umgestellt. Bei den sehr komplexen Epilepsien des frühen Kindesalters ist allerdings nicht selten bei Vorliegen mehrerer Anfallstypen eine Kombinationsbehandlung unvermeidlich. Auch hier sollte aber die Zahl der kombinierten Präparate auf das notwendige Mindestmaß begrenzt werden. Die Dauertherapie kann durch die Bestimmung der Medikamentenkonzentration im Serum überwacht werden (s. Tabelle 19.14-3). Dies ist jedoch nicht routinemäßig erforderlich. Indikationen für eine Serumspiegelbestimmung sind: Verdacht auf Unterdosierung oder mangelnde Compliance bei Fortbestehen der Anfälle, Verdacht auf Überdosierung bei Auftreten von Nebenwirkungen, Steuerung der Medikation bei Kombinationsbehandlung mit ausgeprägten Medikamenteninteraktionen. Die Resultate der Serumspiegelbestimmung führen nicht automatisch zu therapeutischen Konsequenzen; nur zusammen mit der Beurteilung des klinischen Bildes können sie Anlass zur Dosiserhöhung oder -Erniedrigung geben. Die Dauertherapie eines Kindes mit Epilepsie erfordert regelmäßige Vorstellungen bei einem kinderepileptologisch erfahrenen Arzt. Neben dem Anfallsverlauf ist besonderes Augenmerk auf das Auftreten von Nebenwirkungen zu richten. Diese können in Form von kognitiven und neuropsychologischen Funktionsstörungen auftreten oder vorbestehende Probleme verstärken. Die Begleitung
Bemerkungen – – – Komedikation beachten Kognitive Nebenwirkungen beachten Cave: Überdosierung/Ataxie Metabolisiert zu PHB – Gesichtsfeldstörungen Selten Hepatopathie
des Entwicklungs- und Bildungsganges des epilepsiekranken Kindes gehört deshalb mit zu den vordringlichen Aufgaben in der kinderepileptologischen Sprechstunde. Bei Auffälligkeiten sind je nach Lage des Falles eine Beratung der Eltern, unterstützende entwicklungstherapeutische Maßnahmen, eine Änderung der Medikation oder eine Korrektur der Schullaufbahn erforderlich. Dringlich ist auch eine angemessene Erziehungsberatung bei nicht selten verhaltensauffälligen Kindern und verunsicherten Eltern. Die Behandlungsprognose hängt wesentlich vom vorliegenden epileptischen Syndrom ab. Für die Mehrzahl der gut behandelbaren Syndrome des Kindesalters gilt, dass etwa 70% der Patienten unter der Erstmedikation anfallsfrei werden. Bei andauernder Anfallsfreiheit kann die antiepileptische Medikation nach zwei oder mehr Jahren über mehrere Monate ausschleichend beendet werden. Der Zeitpunkt der Therapiebeendigung hängt von dem mit dem vorliegenden epileptischen Syndrom verbundenen Rezidivrisiko, vor allem aber auch mit der sozialen Situation des Patienten ab. So wird man ein Anfallsrezidiv bei einem in Schule und Elternhaus eingebundenen Kind eher akzeptieren als bei einem Jugendlichen, der soeben eine Berufsausbildung begonnen und das Elternhaus verlassen hat. Bei therapieresistenten Patienten mit lokalisationsbezogenen Epilepsien sollte auch schon im Kindesalter an die Möglichkeit eines epilepsiechirurgischen Eingriffes gedacht werden. Bei Erfolgsraten von 50–75% kann der Lebensweg des Patienten frühzeitig in neue Bahnen gelenkt und seine soziale und berufliche Integration wesentlich besser gefördert werden als im Erwachsenenalter. Auch mehren sich Hinweise darauf, dass auf Grund der höheren Plastizität des kindlichen Nervensystems die neuropsychologischen Folgen einer Resektion von Hirnrindengewebe im Kindesalter geringer sind als bei Erwachsenen. 19.14.2 Kopfschmerzen und Migräne
Akut auftretende Kopfschmerzen sind Ausdruck einer akuten Erkrankung von intra- oder extrakraniellen Strukturen oder einer Systemerkrankung. Auch chronische und rezidivierende Kopfschmerzen können Symptom einer intrakraniellen Pathologie sein (s. Übersicht). Dies trifft jedoch im Kindesalter bei einer insgesamt hohen Prävalenz chronischer Kopfschmerzen
19.14 Erkrankungen des Nervensystems und der Muskulatur
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Antiemetikum verabreicht werden (Metoclopropamid 0,1 mg/kg KG, Dimenhydrinat 2 mg/kg KG). Bei heftigen und protrahierten Kopfschmerzattacken hat sich bei Erwachsenen die neue Substanzgruppe der Triptane bewährt; diese sind zumindest für das Ursachen symptomatischer chronischer Kopfschmerzen bei jüngere Kindesalter in der Regel nicht zugelassen. In einer Kindern • Hirntumor kontrollierten Studie konnte aber gezeigt werden, dass Suma• Hydrozephalus triptan als Nasenspray (10–20 mg/Dosis) auch bei Kindern gut • Kraniozervikale Übergangsstörungen • Sehstörungen wirksam ist. • Pathologie im HNO-Bereich Zur Migräneprophylaxe sind zunächst die auslösenden • Skoliose • Bluthochdruck Faktoren sorgfältig zu eruieren und nach Möglichkeit zu meiden. • Erniedrigter Blutdruck Die Erklärung der funktionellen Ätiologie und das Führen eines • Anämie • Okklusionsstörungen und Zahnwurzelabszesse Kopfschmerztagebuches machen die Erkrankung für den Patienten begreifbar und führen häufig bereits zu einer deutlichen Symptomatische Kopfschmerzursachen finden sich bei Kindern insgesamt nur selten (5–15% der Fälle). Hinweise auf eine Symptombesserung. Angesichts der Bedeutung von Stressfaktoren intrakranielle Raumforderung sind am ehesten: Morgenbetonter als Auslöser empfiehlt sich die Durchführung entspannender Kopfschmerz von Druckcharakter und Nüchternerbrechen, Sehund Wachstumsstörungen. 85% der Kinder mit Hirntumoren Therapieverfahren (autogenes Training, progressive Muskelweisen innerhalb von 4 Wochen und alle innerhalb von 8 Worelaxation); gelegentlich können auch eine Korrektur der schulichen nach Kopfschmerzbeginn auch pathologische neurologische oder ophthalmologische Befunde auf! schen Platzierung oder eine Psychotherapie erforderlich sein. Eine medikamentöse Prophylaxe wird bei Kindern eher zurückhaltend und nur für eine begrenzte Zeit, z. B. für 3–6 Monate empfohlen. Diese kann jedoch bei sehr heftigen und häufigen Kopfschmerzen vom Migränetyp Anders als bei Erwachsenen ist der Migränekopfschmerz bei Kin- Beschwerden mit wiederholtem Schulausfall erforderlich werden. dern nur selten halbseitig lokalisiert, selten geht eine visuelle Bewährt haben sich in kontrollierten Studien niedrigdosierte Aura voraus. Wie bei Erwachsenen finden sich aber die folgenden Acetylsalicylsäure 2–5 mg/kg KG/Tag, Betablocker (Propanolol Charakteristika: intermittierend-rezidivierender Verlauf mit oder Metoprolol 1–2 mg/kg KG/Tag in 1–2 Dosen) und Kalziumschmerzfreien Perioden; relativ akuter Schmerzbeginn; pulsie- antagonisten (Flunarizin 5–10 mg/Tag in 1–2 Dosen). rend-klopfender Schmerzcharakter; Begleitsymptome wie z. B. Übelkeit, heftiges Erbrechen, Lichtscheu und Geräuschempfind- Kopfschmerzen vom Spannungstyp lichkeit; Linderung oder Beschwerdefreiheit nach Schlaf. Häufig Spannungskopfschmerzen treten bei Kindern anders als bei treten auch neurologische Begleitsymptome wie Hemihy- Erwachsenen gegenüber den vaskulären Kopfschmerzen vom pästhesie oder transitorische Hemiparesen auf. Die Anfallsdauer Migränetyp an Häufigkeit deutlich zurück. Sie sind charakterisiert ist bei Kindern mit typischerweise 3–5 h kürzer als bei Erwachse- durch den häufig bandförmigen, stirn- und hinterhauptbetonten nen. Auslösefaktoren können häufig eruiert werden und beste- drückenden Charakter sowie durch das praktisch ständige hen in: psychischer Anspannung, körperlicher Anstrengung, Vorhandensein, lediglich mit Schwankungen der Intensität. Hunger, fieberhaften Infekten;Nahrungsmittelunverträglichkeiten Begleitsymptome sind selten (Schwindel, Licht- oder Lärmsind demgegenüber sehr viel seltener. Häufigkeit und Schwere empfindlichkeit), äußerlich wirken die Kinder anders als bei der Attacken zeigen oft eine Korrelation mit den Belastungen des Migräneattacken nur wenig verändert. Pathophysiologisch liegt Schuljahres, etwa die Hälfte der kindlichen Migränererkrankun- den Beschwerden eine vermehrte Anspannung der Kopf- und gen remittiert offenbar spontan mit der Pubertät. Nackenmuskulatur zugrunde. Ursächlich sind insbesondere bei Kindern fast immer psychische Faktoren zu eruieren, sodass der Therapie Grundlage der Behandlung ist die Vermittlung der Ein- Begriff „Spannungskopfschmerz“ im Kindesalter nahezu mit sicht, dass es sich bei der Migräne um eine lebensbegleitende, „psychogenem Kopfschmerz“ gleichgesetzt werden kann. nicht heilbare funktionelle Störung handelt, deren Verlauf aber durch die Lebensführung und erst in zweiter Linie durch medi- Therapie Patienten mit Spannungskopfschmerzen sind in zinische Maßnahmen positiv beeinflusst werden kann. jedem Alter zum Schmerzmittelabusus und zum Auftreten von Die Akutbehandlung der Kopfschmerzattacken sollte bei sekundären medikamenteninduzierten Kopfschmerzen dispoheftigen Beschwerden auch bei Kindern großzügig gehandhabt niert. Aus diesem Grunde sind Analgetika zumindest als Selbstwerden. Neben Ruhe, Schläfenmassage und der Applikation und Dauermedikation zu vermeiden. Indiziert sind entspannenätherischer Öle (Pfefferminzöl) empfiehlt sich die ausreichend de Therapieverfahren, auch unter Zuhilfenahme von Biodosierte Gabe von Analgetika (Acetylsalicylsäure 10–15 mg/kg KG feedback-Techniken und transkutaner Nervenstimulation als Brausepräparat, Paracetamol 15–20 mg/kg KG evtl. als Supp., (TNS). Nicht selten ist bei Kindern eine Verhaltens- und Ibuprofen 5–15 mg/kg KG). Wegen der begleitenden Übelkeit Gesprächstherapie sinnvoll. Als hilfreich gilt auch eine unterstütund der immer bestehenden gastralen Dyskinesie sollte auch ein zende Therapie mit antidepressiven Medikamenten. recht selten zu; ganz überwiegend handelt es sich um funktionelle Kopfschmerzsyndrome.
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19 Erkrankungen im Kindesalter
19.14.3 Zentralnervöse Bewegungsstörungen
Zentrale Bewegungsstörungen kommen durch Läsionen und Funktionsstörungen des zentralnervösen motorischen Systems zustande. Ursächlich sind Hirnfehlbildungen, exogene Schädigungen des in der Entwicklung stehenden oder ausgereiften Gehirns, neurodegenerative und neurometabolische Erkrankungen zu erwägen. Der motorische Symptomenkomplex nach exogener frühkindlicher Hirnschädigung wird als infantile Zerebralparese bezeichnet. Auf die ätiologische und differentialdiagnostische Vielfalt der genetischen Erkrankungen kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Spastisches Syndrom
Das spastische Syndrom kommt durch eine Läsion von zentralen pyramidalen (erstes motorisches Neuron) und meist auch extrapyramidalen motorischen Bahnen zustande. Es findet sich in isolierter oder gemischter Form bei der Mehrzahl der infantilen Zerebralparesen. Der Verteilungstyp der Spastik lässt auf den Läsionsort und die Pathophysiologie schließen. Die überwiegend symmetrische beinbetonte spastische Tetraparese (spastische Diparese) ist auf bilaterale Zerstörungen der weißen Substanz im periventrikulären Marklager zurückzuführen; diese entstehen meistens durch Hypoxie oder Blutdruckabfall bzw. Ischämie bei Frühgeborenen und Feten vor der 37. Schwangerschaftswoche. Die spastische Hemiparese ist armbetont und meist mit Läsionen im Versorgungsgebiet der A. cerebri media einer Hemisphäre assoziiert; der Ursprung liegt in der Pränatalzeit oder in einer schweren perinatalen Asphyxie. Spastische Lähmungen der Beine ohne Beteiligung der oberen Extremitäten werden als spastische Paraplegie bezeichnet; ihre Ursache ist vorwiegend in einer Läsion des thorakalen Rückenmarkes zu suchen.
Eine medikamentöse Therapie des spastischen Syndroms ist nur begrenzt möglich. Durch muskelrelaxierende Medikamente kann der Muskeltonus meist nur in bescheidendem Ausmaß gesenkt werden, nicht selten um den Preis einer nennenswerten Sedierung. Wirksame Medikamente sind insbesondere Diazepam und Baclofen, aber auch Tetrazepam, Dantrolen und Memantine. Die Wirksamkeit all dieser Substanzen ist bei spinaler Spastik besser als bei zerebralen Läsionen. Bei Zuständen mit schwerster spastischer Fehlhaltung, einschießenden Spasmen und resultierenden Schmerzen hat sich auch bei Kindern die intrathekale Dauerinfusion von Baclofen bewährt. Das Medikament wird kontinuierlich über eine subkutan am Bauch gelegene Pumpe und einen lumbalen Verweilkatheter appliziert. Die Wirkung ist sehr viel besser als bei oraler Applikation und die sonst bei hohen systemischen Dosen nicht seltenen Nebenwirkungen können weitgehend vermieden werden. Ein neueres Therapieprinzip ist die lokale Injektion von Botulinumtoxin A in spastisch kontrahierte, aber noch nicht fibrotisch-kontrakte Muskeln. Zunächst eingeführt bei fokalen Dystonien, hat sich das Verfahren in offenen und kontrollierten Studien inzwischen auch bei Kindern mit spastischer Zerebralparese bewährt. Es können allerdings prinzipiell auf Grund der engen Begrenzung der applizierbaren Dosis stets nur einzelne Muskeln und Muskelgruppen behandelt werden, sodass eine Verbesserung der Gesamtbeweglichkeit eher nicht zu erwarten ist. Erprobte Zielsymptome sind der dynamische Spitzfuß, die Spastik der Hüftadduktoren und die spastisch gebeugte Hand. Die Wirkung der Substanz hält für etwa drei Monate an; bei überzeugendem funktionellen Gewinn kann die Behandlung nach dieser Zeit auch mehrfach wiederholt werden. Dystone Syndrome
Therapie Bei den spastischen Syndromen ist in der Regel keine
Heilung möglich. Die medizinische Behandlung zielt auf eine Milderung der Symptomatik, einen Zugewinn funktioneller Möglichkeiten und eine Besserung der sozialen Kompetenz des Patienten. Therapiemethoden der ersten Wahl sind deshalb krankengymnastische Verfahren zur Kontrolle des pathologischen Muskeltonus und zur Förderung der Funktionsfähigkeit. Die eingesetzten Therapieverfahren wurden überwiegend empirisch entwickelt und mit neurophysiologischen Theorien untermauert (in Deutschland in erster Linie die Methoden nach Bobath, Vojta und PNF). Kontrollierte Therapiestudien liegen erst in Ansätzen vor, zeigen aber eine – wenn auch begrenzte – objektive Wirksamkeit. Grundsätzliche Wirkunterschiede zwischen den verschiedenen Therapieverfahren ließen sich bisher nicht beweisen, sodass über die Methode der Wahl individuell nach Befund, Kooperationsfähigkeit des Patienten und seiner Familie und Verfügbarkeit zu entscheiden ist. Ergänzt wird die krankengymnastische Behandlung bei entsprechender Befundlage durch den Einsatz orthopädischer Hilfsmittel (Schienen, Stehbrett, Rollstuhl) und haltungskorrigierender Operationen.
Dystonien sind durch die gleichzeitige tonische oder phasische Kontraktion von agonistischen und antagonistischen Muskelgruppen mit resultierenden unwillkürlichen pathologischen Bewegungen und Fehlhaltungen gekennzeichnet. Sind Rumpfund rumpfnahe Muskeln betroffen, spricht man von Dystonie im eigentlichen Sinne; distale Dystonien werden als Athetosen bezeichnet. Dystonien kommen durch Funktionsstörungen und Läsionen im Bereich der Stammganglien zustande. Im Rahmen von Zerebralparesen treten sie meist gemischt mit spastischen Symptomen auf. Reine Dystonien finden sich hingegen im Rahmen von neurodegenerativen Erkrankungen (idiopathische Torsionsdystonien). Therapie Eine Linderung, wenn auch nicht Heilung der oft quälenden dystonen Symptomatik gelingt gelegentlich durch eine medikamentöse Manipulation des zentralen Neurotransmittergleichgewichtes. Bewährt haben sich in erster Linie Anticholinergika (Trihexiphenidyl), Baclofen, Benzodiazepine, L-Dopa und Tetrabenazin. Nach neuesten Erfahrungen kann auch im Kindesalter eine Stimulationsbehandlung über implantierte Elektro-
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lungsprinzipien sind grundsätzlich die gleichen wie im Erwachsenenalter; auf Grund der Seltenheit der Erkrankungen sind sie bei Kindern aber nicht durch kontrollierte Studien belegt. Die akute periphere Fazialisparese wird häufig durch Borrelia burgdorferi verursacht. In diesen Fällen ist eine intravenöse antibiotische Behandlung erforderlich; die Prognose ist gut. Auch die Prognose der idiopathischen Fazialisparese ist besser als bei Erwachsenen. Auf eine Behandlung mit Kortikoiden und gefäßerweiternden Substanzen kann deshalb bei Kindern verzichtet werden. Das akute Guillain-Barré-Syndrom verläuft bei Kindern in der Akutphase zwar genau so schwer wie bei Erwachsenen (25% der Kinder werden vorübergehend beatmungspflichtig), die langfristige Prognose ist aber deutlich günstiger. Fast alle Kinder erholen sich bis auf allenfalls geringe Restsymptome, auch nach sehr protrahierten Verläufen. Wie bei Erwachsenen hat sich in der Akutphase die Behandlung mit Plasmapherese oder intravenösen 7S-Immunglobulinen (0,4 g/kg KG an 5 aufeinander folgenden Tagen) zur Beschleunigung der Symptomrückbildung bewährt. Choreatische Syndrome und Tics Choreatische Spontanbewegungen kommen im Kindesalter vor Kortikoide haben demgegenüber keinen nachweisbaren Effekt. In allem im Rahmen gemischter Zerebralparesen, bei der strepto- den seltenen Fällen mit myelitischer Beteiligung ist die Prognose kokkeninduzierten Chorea minor Sydenham und bei Durch- sehr viel schlechter. Die chronische inflammatorische demyelinisierende blutungsstörungen der Stammganglien vor. Eine ursächliche Behandelbarkeit besteht allenfalls bei einigen Kindern der letz- Polyneuropathie (CIDP) ist im Kindesalter sehr selten. Wie im Erwachsenenalter spricht die Symptomatik jedoch gut auf ten Gruppe. Tics sind einfache oder komplexe, insgesamt recht mono- Kortikoide, Plasmapherese, intravenöse Immunglobuline oder morphe motorische Entäußerungen. Ihre Entstehung wird Immunsuppressiva an. Auf Grund des chronischen Verlaufes ebenfalls mit Funktionsstörungen im Bereich der Basalganglien muss die Behandlung meist über Monate und Jahre fortgeführt in Zusammenhang gebracht. Wie alle extrapyramidalen Bewe- werden. Die juvenile Dermatomyositis ist bei Kindern nie als paragungsstörungen treten sie verstärkt bei psychischer Anspannung in Erscheinung. Einfache motorische Tics sind bei Kindern sehr neoplastisches Syndrom zu deuten. Ihre Therapie erfordert den häufig, meist altersbegrenzt und verschwinden spontan wieder. jahrelangen Einsatz von Kortikoiden und Immunsuppressiva, anKomplexe und multiple Tics können für den Betroffenen ein er- fangs hochdosiert, gefolgt von sehr vorsichtiger Dosisreduktion. hebliches psychosoziales Problem darstellen; dies gilt vor allem Langfristige Remissionen und Heilungen sind bei Kindern nicht für die Maximalvariante des Gilles-de-la-Tourette-Syndroms mit selten, obwohl kontrollierte Therapiestudien fehlen. Die juvenile Myasthenia gravis kommt bei Kindern wie bei vokalen Tics. Erwachsenen durch eine autoantikörperinduzierte Blockade der Therapie Bei behandlungsbedürftigen Tics empfehlen sich zu- neuromuskulären Überleitung zustande. Sie ist von den seltenen nächst entspannende und psychotherapeutische Maßnahmen. kongenitalen Myastheniesyndromen mit angeborenen FunkMedikamentös können Tics wie die choreatischen Hyperkinesen tionsstörungen der neuromuskulären Synapse abzugrenzen. Die mit Dopamin-antagonistisch wirkenden Medikamenten gebessert symptomatische Behandlung erfolgt mit Cholinesterasehemwerden (Tiaprid 1-mal 100 mg bis 3-mal 200 mg/Tag, Haloperidol mern, die Antikörperbildung kann mit Kortikoiden und Im1-mal 1 mg bis 3-mal 4 mg/Tag). In therapieschwierigen Situatio- munsuppressiva unterdrückt werden. Vor allem bei jüngeren nen ist eine langfristige therapeutische Begleitung der Patienten Erwachsenen hat sich die Thymektomie zur Induktion einer langfristigen Remission bewährt; dies gilt auch für Kinder ab dem unerlässlich. Alter von etwa fünf Jahren. den erwogen werden, welche besonders bei den idiopathischen Dystonien häufig erfolgreich sind. Einen Sonderfall stellt die dominant-erbliche Dystonie mit tageszeitlichen Fluktuationen vom Typ Segawa dar. Die dystone Symptomatik beginnt im frühen Kindesalter und ist langsam progredient; typischerweise kommt es durch Schlaf zu einer wesentlichen Besserung, die nach dem Erwachen noch für einige Zeit anhält. Die Symptomatik ist in den betroffenen Familien extrem variabel, vom Spitzfuß bis zur schwersten Gehbehinderung; gelegentlich wird eine spastische Zerebralparese vorgetäuscht. Die geistigen Funktionen sind stets normal. Die Erkrankung beruht auf einer gestörten zentralen Dopaminsynthese. Durch Substitution kleiner Dosen von L-DOPA plus Carbidopa werden die Patienten beschwerdefrei. Es sind jahrzehntelange Verläufe ohne sekundären Wirkungsverlust dokumentiert. Die Diagnose sollte bei allen Bewegungsstörungen und „Zerebralparesen“ unklarer Ätiologie zumindest erwogen werden.
19.14.4 Erworbene Neuropathien und Myopathien
Erworbene Neuropathien und Myopathien sind im Kindesalter sehr viel seltener als hereditäre degenerative Leiden. Sie sollen hier dennoch erwähnt werden, da sie im Unterschied zu den erblichen Erkrankungen effektiv behandelbar sind. Die Behand-
19.14.5 Hereditäre neuromuskuläre Erkrankungen
Diese Krankheitsgruppe beinhaltet eine Vielzahl von Erkrankungen der motorischen Vorderhornzellen, peripheren Nerven und Muskelfasern, die sich durch die genetische Ursache, die Patho-
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19 Erkrankungen im Kindesalter
physiologie und den Verlauf außerordentlich unterscheiden. Eine detaillierte Darstellung der verschiedenen Krankheiten mit ihren Symptomen und Verläufen würde den Rahmen dieses Kapitels sprengen. Gemeinsam ist vielen von ihnen ein langsamer oder rascherer Verlust von Muskelkraft, die Entwicklung von Kontrakturen und Skoliose, eine zunehmende Körperbehinderung und schließlich der Tod in respiratorischer Insuffizienz. Therapie Der molekularbiologische Hintergrund vieler dieser Erkrankungen ist weitgehend aufgeklärt. Die erhoffte Gentherapie lässt aber trotz durchaus ansehnlicher Erfolge der experimentellen Forschung noch auf unbestimmte Zeit auf sich warten. Weit entfernt von therapeutischem Nihilismus müssen die Möglichkeiten der symptomatischen Behandlung zur Linderung der Krankheitsprogression und Verbesserung der Funktion und Lebensqualität konsequent genutzt werden. Die krankengymnastische Behandlungg verfolgt in frühen Krankheitsstadien das Ziel der Muskelkräftigung und Verbesserung der muskulären Koordination, später der Kontraktur- und Skolioseprophylaxe und -behandlung. Bedeutsam ist auch die Atemtherapie im Stadium der beginnenden respiratorischen Einschränkungen. Fortgeschrittene Kontrakturen und Skoliose bringen eine massive Einschränkung der Beweglichkeit, Sitzfähigkeit und Atemkapazität mit sich. Moderne orthopädische Operations- und Narkoseverfahren bieten hier vielen Patienten eine effektive Hilfe. In späten Krankheitsstadien steht die angepasste und funktionsorientierte Hilfsmittelversorgung im Zentrum der Betreuung: Rollstühle, Aufrichthilfen, Orthesen, Pflegebetten, Dusch- und Badehilfen dienen zur Befriedigung der Grundbedürfnisse des schwer behinderten Kindes und Jugendlichen. In geeigneten Fällen und mit einer hervorragenden technischen und sozialen Unterstützung hat sich für Patienten in der präterminalen Phase der Ateminsuffizienz die Durchführung einer nichtinvasiven häuslichen Beatmung über eine Nasen- oder Gesichtsmaske sehr bewährt. Bei korrekter Indikationsstellung wiegt der Gewinn an Lebensqualität die aus dieser aufwendigen Behandlung resultierenden Belastungen bei weitem auf. Die Möglichkeiten einer medikamentösen Hilfee für Kinder mit hereditären neuromuskulären Erkrankungen sind außerordentlich begrenzt. Seit Jahren wurden an der bekannten oder vermuteten Pathophysiologie orientierte Behandlungsversuche mit Proteinderivaten, Aminosäuren, energiereichen Substanzen, Vitaminen und Wachstumsfaktoren ohne überzeugenden Erfolg versucht. Das einzige in adäquaten, kontrollierten Studien als wirksam belegte Behandlungsprinzip ist die Kortikoidtherapie bei rasch progedienten Muskeldystrophien, v. a. vom Typ Duchenne. Durch tägliche Gabe von Prednison (0,75 mg/kg KG) gelingt es, den Verfall der Muskelkraft über einige Jahre zu mildern, wenn auch nicht zu verhindern. Ob hierdurch auch für viele Patienten eine beträchtliche Verlängerung der Gehfähigkeit oder gar eine Verlängerung des Lebens erreicht werden kann, ist noch nicht erwiesen. Der zweifelsfreien Wirksamkeit stehen die bekannten Nebenwirkungen der Kortikoide, nämlich Gewichts-
zunahme, Wachstumshemmung, Kataraktentwicklung und – langfristig – Verstärkung der Osteoporose, entgegen. Die Indikation zu dieser Therapie ist deshalb individuell und sehr kritisch zu stellen. Seit wenigen Jahren wird der Wert einer Substitutionsbehandlung mit Kreatinmonohydrat bei Muskelkranken diskutiert. Bei gesunden Sportlern sind positive Auswirkungen auf die Muskelkraft gesichert; erwachsene Muskelkranke berichteten ebenfalls über positive Erfahrungen. Kürzlich wurde berichtet, dass es bei Patienten mit leichteren Muskeldystrophien zu einer kurzfristigen Kraftzunahme um etwa 15% kommen kann, während schwerer kranke Kinder mit Duchenne-Muskeldystrophie nicht profitierten. Es handelte sich um die Ergebnisse von zwei Pilotstudien, die noch an einer größeren Stichprobe überprüft werden sollten. Ob sich positive Ergebnisse bei Versuchstieren mit MotoEvvidenz der Therap pieemp pfeehlungen Evvidenzgrad Emp pfeehlungsstärkee Neeugeborenenkrrämp pfee Phenobarbital, Phenyyyttoin III A Fieberkrrämp pfee Akkuttherapie mit Diazepam I-b A Intermittierende Prophyyyllaxxxee mit Diazepam I-b B Ep pilepsie Dauertherapie mit I-b bis III A, B Antiko onvvulsivva (je nach Substanz*) Migräne Akkuttherapie mit nasalem I-b‚ A Sumatriptan Dauertherapie mit ASS, I-b, II-a B Propanolol, Flunarizin Spastisch he Paresen Phyyyssiotherapie IV B Orthesen III B Botulinumtoxin A I-b B Dysstonie und Ch horea Medikamente IV C Guillain-Barré Syyyn ndrom, ak ku k utt u Hochdosierte Immunglobuline III B (Erw waach w hs. I-b) Plasmapherese III B (Erw waach w hs. I-b) Mu uskeeldyyysstrophie Phyyyssiotherapie IV C Orthopädische Operationen III B Gluko oko ortiko oide bei Duchenne Mu uskeeldyyysstrophie – kurzfrristiger Effffeektt I-b B – langfrristiger Effffeektt III B * Die prinzipielle Wiirksamkeit der klassischen Antikonvvulsiva Phenobar bital, Pr imidon, Pheny toin und Car bamazepin bei Epilepsien im Kindesalter ist in der Reegel durch Ko ohortenstudien ohne Ko ontrollgruppe (II-III) gezeigt wo orden, die relativvvee Wiirksamkeit wurde randomisiert überprüftt (I-b). Für die "neuen" Antikonvvulsiva (Clobazam, Felbamat, Gabapentin, Lamotrigin, Oxccarbazepin, To opiramat, Viigabatrin) liegen auch bei Kindern placeboko ontrollierte add-on Studien in Ko omb binationsbehandlung vor (I-b). Für ein epileptisches Syndrom spezifiische add-on S t u d i e n ( I - b ) l i e g e n v e r e i n z e l t v o r ( Ab s e n c e n : L a m o t r i g i n , Lennox-Gastaut-Syndrom: Felbamat, Lamotrigin, To opiramat). Placebokontrollier te Ku urzzeit-Studien mit Monotherapie bei bislang unbehandelten Patienten (I-b) liegen vo or fü ür Viigab batrin ( Weest.-Syndrom) und Sultiam (Benigne fo okale Epilepsie mit zentro-temporalen Spikees, Ro olando-Epilepsie).
19.15 Anomalien von Skelett und Bindegewebe
neuronerkrankung bei menschlichen Erkrankungen wiederholen lassen, ist noch nicht bekannt. Insgesamt erscheint es noch zu früh zu sein, um Therapieempfehlungen zu dieser Substanz zu geben.
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der häufig eine Mutation im Kollagen Typ I zugrunde liegt. Das klinische Erscheinungsbild ist äußerst variabel und reicht von bereits intrauterin auftretenden Frakturen und Deformierungen mit perinatalem Tod bis zu weitgehender klinischer Unauffälligkeit mit nur wenigen Frakturen im Verlauf des Lebens. Die häufigsten Symptome außerhalb des Skelettsystems sind Literatur Aromaa M, Sillanpaa ML, Rautava P, Helenius H (1998) Childhood blaue Skleren, überstreckbare Gelenke, dehnbare Haut mit headache at school entry: a controlled clinical study. Neurology Neigung zu Hautblutungen sowie verfärbte und brüchige 50: 1729–1736 Zähne (Dentinogenesis imperfecta). Die Frakturrate sinkt in der Aicardi J (1994) Epilepsy in children, 2nd edn. Raven, New York Dubowitz V (1995) Muscle disorders in childhood, 2nd edn. Saunders, Regel um die Pubertät deutlich ab. Zur Stabilisierung der unteren London Extremitäten sind bei schwer betroffenen Patienten Orthesen Gilmartin R, Bruce D, Storrs BB et al. (2000) Intrathecal baclofen for management of spastic cerebral palsy: multicenter trial. J Child und das Einsetzen von Marknägeln in Femur und Tibia notwendig. Bei Kindern und Jugendlichen mit häufigen Frakturen Neurol 15: 71–77 Knudsen FU (1996) Febrile seizures – treatment and outcome (review). Brain konnte mit intravenösen Infusionen des Bisphosphonats PamiDev 18: 438–449 dronat eine Verringerung der klinischen Beschwerden erzielt Hancock E, Osborne J, Milner P (2003) Treatment of infantile spasmus. werden. Cochrane Database Syst Rev 3 Hancock E, Cross H (2003) Treatment of Lennox-Gastaut syndrome. CochDie seltene idiopathische juvenile Osteoporose (IJO) ist rane Database Syst Rev 3 eine transiente, nichthereditäre Form der erhöhten KnochenHughes RAC, Raphael JC, Swan AV, van Doorn PA (2003) Intravenous immunoglobulin for Guillain-Barré syndrome. Cochrane Database Syst brüchigkeit, bei der keine Ursache entdeckt werden kann. Die Rev 3 IJO entwickelt sich typischerweise bei ansonsten gesunden präMayo NE (1991) The effect of physical therapy for children with motor pubertären Kindern (meist zwischen 8 und 12 Jahren) mit Rüdelay and cerebral palsy. A randomized clinical trial. Am J Phys cken-, Hüft- und Fußschmerzen. Es kommt zu KompressionsMed Rehabil 70: 258–267 Ottenbacher KJ, Biocca Z, DeCremer G, Gevelinger M, Jedlovec KB, Johnson frakturen von Wirbelkörpern und zu metaphysären Frakturen MB (1986) Quantitative analysis of the effectiveness of pediatric therapy. langer Röhrenknochen. Der Krankheitsprozess endet meist mit Emphasis on the neurodevelopmental treatment approach. Phys Ther 66: Abschluss der Pubertät, bis dahin aufgetretene Deformierungen 1095–1101 Posner EB, Mohamed IC, Marson AG (2003) Ethosaximides, sodium können allerdings persistieren. Bisher gibt es keine medikamenval-proate or lamotrigine for absence seizures in children and töse Behandlung mit erwiesener Wirksamkeit. In Einzelfällen adolescents. Cochrane Database Syst Rev 3 wurde von einer erfolgreichen Therapie mit Bisphosphonaten beSutherland DH; Kaufman KR, Wyatt MP, Chambers HG, Mubarak SJ (1999): Double-blind study of botulinum A toxin injections into the richtet. Die fibröse Dysplasiee wird durch somatische Mutationen im gastroc-nemius muscle in patients with cerebral palsy. Gait Posture 10: 1–9 Gs-alpha-Gen verursacht, die zur Aktivierung von Osteoblasten Überall MA, Wenzel D (1999) Intranasal sumatriptan for the acute führen. Durch zelluläre Proliferation und ungeordnete Bildung treatment of migraine in children. Neurology 52, 1507–1510 von Knochenmatrix entstehen lokalisierte Schwachstellen in den betroffenen Knochen, die zu pathologischen Frakturen führen können. Die bei ausgeprägtem Befall erhöhten systemischen Marker des Knochenstoffwechsels können mit i.v.-Gaben von Pamidronat normalisiert werden. Knochenschmerzen nehmen 19.15 Anomalien von Skelett deutlich ab, und bei einigen (erwachsenen) Patienten wurde ein und Bindegewebe Auffüllen lytischer Knochenläsionen beobachtet. Frank Rauch und Eckhard Schönau In der Bisphosphonat-Therapie dieser Erkrankungen liegen am meisten Erfahrungen mit i.v.-verabreichtem Pamidronat vor. In viermonatigen Abständen erhalten Kinder über 19.15.1 Anomalien des Knochens 2 Jahren jeweils 1 mg/kg KG/Tag (maximal 60 mg/Tag) an drei Die meisten primären Skeletterkrankungen des Kindesalters sind aufeinander folgenden Tagen. Bei der ersten Infusion des ersten angeboren und können nur symptomatisch behandelt werden. Zyklus werden lediglich 0,5 mg/kg verabreicht. Dabei sind eine Dies trifft insbesondere für die große und heterogene Gruppe engmaschige Kontrolle des Kalziumsspiegels im Serum und ggf. der Skelettdysplasien zu, die hier nicht weiter besprochen werden. (orale) Kalziumsubstitution notwendig. Nach der ersten Infusion Zur Therapie von Krankheiten mit erniedrigter Knochenmasse kommt es meistens zu der so genannten Akute-Phase-Reaktion (Osteogenesis imperfecta, idiopathische juvenile Osteoporose) oder mit grippeähnlicher Symptomatik. Die Langzeitwirkung einer im lokal erhöhtem Knochenstoffwechsel (fibröse Dysplasie) werden Kindesalter erfolgten Behandlung mit Bisphosphonaten ist nicht bekannt. Kontrollierte Studien wurden im Kindes- und Jugendalin den letzten Jahren versuchsweise Bisphosphonate eingesetzt. Die Osteogenesis imperfectaa („Glasknochenkrankheit“) ter bei keiner Erkrankung durchgeführt, sodass es sich um eine ist eine autosomal-dominant vererbte Form der Osteoporose, experimentelle Therapieform handelt.
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Bei der Osteopetrosee ist die Funktion der Osteoklasten gestört. Bei der sehr schwer verlaufenden sog. infantilen Form akkumuliert Knochengewebe von geringer mechanischer Qualität und verdrängt das Knochenmark. Neben Frakturen und Ausfällen von komprimierten Nerven kommt es daher zu Anämie und Infektanfälligkeit. Da Osteoklasten aus der hämatopoetischen Zelllinie stammen, ist in bestimmten Fällen die Therapie durch Knochenmarktransplantation möglich. Die leichter verlaufende, sog. adulte Form der Osteopetrose hat eine günstige Prognose und wird symptomatisch behandelt.
19.16 Gefäßdysplasien Lothar Schweigerer
19.16.1 Definition und Klassifikation
Gefäßanomalien des Kindesalters sind das Ergebnis prä- oder postnatal induzierter Gefäßfehlentwicklungen. Für die klinische Praxis hat sich eine an den biologischen Eigenschaften orientierte Einteilung bewährt, wobei im Wesentlichen zwischen Gefäßanomalien mit erhöhter und normaler Zellerneuerungsrate differenziert wird. Hämangiome besitzen eine gegenüber an19.15.2 Anomalien des Bindegewebes deren Körperregionen überproportional erhöhte EndothelzellDas autosomal-dominant vererbte Marfan-Syndrom wird durch proliferationsrate. Bei den Gefäßmalformationen ist sie normal; je Mutationen im Fibrillin-1-Gen verursacht. Die daraus resultie- nach betroffener Gefäßregion unterscheidet man arterielle, rende Bindegewebsschwäche führt zu Störungen vor allem in venöse, kapilläre, lymphatische und gemischte Malformationen. Skelett (eunuchoider Hochwuchs, lange Extremitäten, Arachno- Tabelle 19.16-1 zeigt einige für die Differenzierung zwischen daktylie [Spinnenfingrigkeit], Luxationen, Skoliose), Augen Hämangiomen und vaskulären Malformationen wichtige (Keratokonus mit Myopie, Ektopia lentis [Subluxation der Linse]) Charakteristika. und Herz-Kreislauf-System (Mitral- und Aortenklappeninsuffizienz; Aortenaneurysma). Der Schweregrad der Erkrankung ist sehr vari9.16.2 Normale Gefäßentwicklung abel, die durchschnittliche Lebenserwartung ist auf Grund von kardiovaskulären Komplikationen herabgesetzt. Die Dilatation des Bislang ist wenig bekannt über die Mechanismen der Blut- und Aneurysmas kann durch die Gabe von Betablockern verlangsamt Lymphgefäßentwicklung. Das Blutgefäßsystem entwickelt sich werden. In schweren Fällen ist ein kardiochirurgischer Eingriff zwischen der 4. und der 10. Embryonalwoche, indem mesennotwendig, um die drohende Aortenruptur zu verhindern. chymale Zellen zunächst in Angioblasten differenzieren. Die Das Ehlers-Danlos-Syndrom m besteht aus einer Gruppe von Angioblasten bilden unreife Gefäßnetze, die sich dann mittels Erkrankungen, die sich als Bindegewebsschwäche an Haut, Aussprießen und Verästelung zu funktionellen Blutgefäßen entMuskulatur, Gelenken und Gefäßen manifestieren. Typische wickeln. Diese Prozesse sind Ergebnis eines präzisen ZusamSymptome sind insbesondere die Hyperelastizität der Haut (Cutis menspiels gefäßspezifischer humoraler Mediatoren und ihrer Relaxa) und die Überstreckbarkeit der Gelenke. Die meisten der zeptoren, darunter die 4 Liganden der „Vascular endothelial zehn verschiedenen Typen sind durch genetische Defekte in growth factor“ Familie (VEGF-A, -B, -C und -D) mit ihren insStruktur oder Reifung eines Kollagens bedingt. Beim vaskulären gesamt 3 Rezeptoren, die Angiopoietine 1 und 2 mit ihrem Typ (Typ-III-Kollagendefekt) ist die engmaschige kardiologische Rezeptor TIE-2, die Ephrine und schließlich Liganden der Überwachung zur Beurteilung des Rupturrisikos der Gefäße „Transforming growth factor-β“ (TGF-β)-Familie mit den und Organe wichtig. Die Therapiemöglichkeiten sind auf die Rezeptoren Endoglin und ActRII. Lymphgefäße entwickeln sich symptomatische Behandlung von Beschwerden beschränkt. später möglicherweise unter Beteiligung von VEGF-C und -D und dem VEGF-Rezeptor 3. Evvidenz der Therapieempfeehlungen Evvidenzgrad Empfeehlungsstärke Osteogenesis imperfeecta II-b C Idiopathische juvenile III C Osteoporose Fibröse Dysplasie III C
19.16.3 Ätiologie und Pathogenese
Gefäßdysplasien treten nahezu ausnahmslos sporadisch auf. Familiär gehäuftes Auftreten sieht man bei der hereditären hämorrhagischen Teleangiektasie (HHT bzw. M. Rendu-Osler-Weber)
Literatur Rauch F, Glorieux FH. (2004) Osteogenesis imperfecta. Lancet 363: 1377–1385 Rauch F, Schönau E, Glorieux FH (2000) Bisphosphonate – Anwendung in der Pädiatrie. Monatsschr Kinderheilkd 148: 334–341 Shores J, Berger KR, Murphy EA, Pyeritz RE (1994) Progression of aortic dilatation and the benefit of long-term beta-adrenergic blockade in Marfan’s syndrome. N Engl J Med 330: 1335–1341 Wilcken DE (2003) Overview of inherited metabolic disorders causing cardiovascular disease. J Inherit Metab Dis 26: 245–257
Tabelle 19.16-1. Eigenschaften von Gefäßanomalien Eigenschaft
Hämangiom
Gefäßdysplasie
Bei Geburt vorhanden Rasches postnatales Wachstum Ratio Mädchen:Jungen Skelettveränderungen
Meistens nicht Ja
Meistens Nein
3:1 Nein
1:1 Oft
19.16 Gefäßdysplasien
und einigen sehr seltenen Dysplasien, darunter die mukokutane venöse Malformation und das kongenitale hereditäre Lymphödem (M. Milroy). Die zur Entwicklung von Gefäßdysplasien führenden molekularen Mechanismen sind – bis auf wenige Ausnahmen – unbekannt. Die HHT ist Resultat von Genmutationen der TGF-βRezeptoren Endoglin (HHT1) oder ActRII (HHT2). Die Mutationen verhindern eine regelrechte, rezeptorvermittelte Homöostase von Blutgefäßen und ermöglichen Kapillarbettdilatation und ungebremsten arteriovenösen Fluss. Genmutationen des TIE-2Rezeptors beeinträchtigen die Rekrutierung glatter Gefäßmuskelzellen. Resultat sind venöse, von flachem Endothel begrenzte, instabile und funktionell minderwertige Aussackungen mit fehlender glatter Gefäßmuskulatur. Eine kürzlich nachgewiesene Punktmutation des VEGF-3Rezeptors bewirkt die Hypoplasie lymphatischer Kanäle mit konsekutivem Lymphödem. Da auch genetisch definierte Gefäßdysplasien einen außerordentlich variablen Phänotyp besitzen, tragen epigenetische Einflüsse wie pH, Sauerstoff und Mikromilieu wahrscheinlich zur Pathogenese bei. Zeitpunkt und Konstellation gefäßschädigender Noxen bestimmen wohl letztlich Qualität und Ausmaß der Gefäßdysplasie. 19.16.4 Epidemiologie
Unter den Gefäßanomalien des Kindesalters überwiegen zahlenmäßig eindeutig der Naevus flammeus neonatorum (sog. Storchenbiss) und die Hämangiome. Mehr als 40 bzw. 5% aller Neugeborenen sind betroffen. Weniger als 0,5% der Neugeborenen haben Gefäßmalformationen. Naevus flammeus neonatorum und Hämangiome bilden sich annähernd ausnahmslos spontan zurück und bereiten nur gelegentlich klinische Probleme. Dagegen sind Gefäßmalformationen auf Grund der assoziierten kosmetischen und medizinischen Konsequenzen Anlass häufiger und regelmäßiger klinischer Vorstellungen. 19.16.5 Symptome
Wenn der Untersucher Anamnese, Symptome und körperliche Untersuchungsbefunde sorgfältig erfasst, so kann er die Gefäßanomalien i. d. R. klinisch diagnostizieren. Er kann Aussagen zur Prognose und zu eventuell notwendigen weiteren diagnostischen Maßnahmen treffen. Fast alle Gefäßdysplasien sind bereits im Neugeborenenalter klinisch nachweisbar. Bei Zweifeln an der Diagnose helfen regelmäßige Vorstellungen (z. B. im monatlichen Abstand) bei der Entscheidung, ob es sich bei einer Gefäßanomalie um einen dynamischen Prozess mit Tendenz zur spontanen Regression (z. B. Hämangiom) handelt oder um einen histologisch stabilen Prozess ohne Rückbildungstendenz (z. B. Gefäßmalformation). Die meisten Gefäßdysplasien liegen im Kutan- und Subkutangewebe. Daher führt der äußere Aspekt, evtl. auch die Freisetzung von Blut oder Lymphe im Säuglingsalter zur klinischen Vorstellung. Später kommen weitere Symptome dazu, dar-
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unter insbesondere Spannungsgefühl oder Schmerzen als Ausdruck lokaler Gefäßausdehnung, Thrombose oder Infektion. Obwohl Gefäßdysplasien proportional mit dem Körper wachsen, können Traumata oder Schwangerschaft zu einer intermittierenden Größenzunahme führen. Manche Symptome sind abhängig von der Lokalisation der Gefäßdysplasie. Befindet sie sich an den Extremitäten, so verursacht sie dort mitunter eine lokale Überwärmung oder begleitende Skelettanomalien. Beinlängenunterschiede fallen häufig erst nach dem Erlernen des Laufens auf. Viszeral oder zentralnervös gelegene Dysplasien verursachen Schmerzen, Funktionsverlust oder Makrozephalie. AV-Fisteln von ZNS, Lungen oder Leber bewirken manchmal eine Herzinsuffizienz. 19.16.6Diagnose und Differentialdiagnose Klinik
Die initiale klinische Vorstellung sollte auf die Klärung folgender Fragen zielen: 1. Ist die Gefäßanomalie histologisch proliferativ oder nicht? 2. Ist die Anomalie hämodynamisch stabil oder instabil, d. h., herrscht ein niedriger oder hoher Gefäßfluss? 3. Handelt es sich um eine kombinierte Dysplasie? 4. Ist das Skelettsystem normal? 5. Gibt es assoziierte viszerale oder zentralnervöse Dysplasien? 6. Ist die Anomalie maligne? Ad 1: Das klassische Hämangiom des Säuglings tritt typischerweise einige Wochen postnatal auf, wächst rasch und bildet sich nach ca. 1 Jahr spontan zurück. Liegt das Hämangiom oberflächlich, so kann die Diagnose klinisch gestellt werden. Gefäßdysplasien sind meist bereits bei Geburt nachweisbar, sie wachsen nicht überproportional und sind oft tief gelegen. Bei untypischer Konstellation kann man die Frage oft erst nach wiederholter Untersuchung der Anomalie beantworten. Die fotografische Quantifizierung (mit Zentimetermaß!) des Prozesses in mehrwöchigen Intervallen erlaubt in der Regel dessen Klassifizierung als Hämangiom oder Gefäßdysplasie. Ad 2: Auskultatorisch nachweisbare Gefäßgeräusche, Pulsationen, dilatierte oberflächliche Gefäße, distale Ischämie oder Herzinsuffizienz sind Zeichen hämodynamisch aktiver AV-Malformationen. Diese Symptome können fehlen. Mittels Dopplerschalluntersuchung lassen sich die Flussverhältnisse in einer Gefäßanomalie zuverlässig quantifizieren. Sie gibt Hinweise auf die Diagnose und mögliche Komplikationen. Ad 3: Viele kombinierte Dysplasien wie beispeislweise das Klippel-Trenaunay-Syndrom sind auf Grund ihrer typischen Konstellation leicht zu diagnostizieren. Übergangsformen kommen jedoch vor. Darüber hinaus sind prognostische und/oder therapeutische Konsequenzen abhängig vom überwiegend betroffenen Gefäßkompartiment. Venenektasien und Varizen deuten auf eine Beteiligung des venösen Systems, ein initial teigiges, später festes Ödem und/oder die Entleerung lymphatischer
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Flüssigkeit deuten auf eine Beteiligung des lymphatischen Systems und Pulsationen und Geräusche auf eine Beteiligung des arteriellen Systems. Eine definitive Klärung lässt sich mittels bildgebender Verfahren (MRT, Angiographie, Lymphographie) erzielen. Ad 4: Oft ergibt ein auffälliges Gangbild den ersten Hinweis auf klinisch und radiologisch nachweisbare Bein- oder Armlängendifferenzen als Konsequenz begleitender lokaler Skelettanomalien. Häufig ist das Skelettsystem hyperplastisch: bei AV-Dysplasien meist proportional zum betroffenen Gefäßareal, bei venös-lymphatischen Dysplasien meistens dysproportional und mitunter grotesk. Die Röntgenuntersuchung schafft hier meist Klarheit. Ad 5: Der äußere Aspekt ergibt oft bereits Hinweise auf eine tiefer gelegene Gefäßdysplasie. Typisches Beispiel sind die im Versorgungsbereich des N. trigeminus auftretenden kapillären Malformationen bei den zentralnervösen Gefäßdysplasien des M. Sturge-Weber. Ad 6: Gefäßanomalien des Kindesalters sind nahezu immer benigne. Kaposi-Sarkome, Angiosarkome, Hämangioperizytome oder Hautmetastasen nichtvaskulärer Malignome sind sehr selten. Nach Beantwortung dieser Frage lässt sich die Gefäßanomalie in der Regel eindeutig diagnostizieren. Bildgebende Verfahren können die Diagnose sichern.
Gefäßdysplasien Kapilläre Dysplasien Der Naevus flammeus neonatorum (sog.
Storchenbiss) bildet sich spontan zurück und bedarf keiner Behandlung. Der Naevus flammeus im engeren Sinne ist jedoch eine kongenital vorhandene Gefäßdysplasie und bildet sich nicht zurück. Falls kosmetisch störend, kann die Dysplasie mittels Lasertherapie behandelt werden. Die Behandlung ist schmerzhaft und muss oft wiederholt werden. Daher sollte sie auf einen Zeitpunkt nach dem Säuglingsalter verschoben werden, jedoch rechtzeitig vor Eintritt starker emotioneller Belastung (z. B. durch Altersgenossen in Kindergarten/Schule) erfolgen. Beim Sturge-Weber-Syndrom liegen neben den im Trigeminalbereich vorhandenen oberflächlichen Kapillardysplasien auch solche des entsprechenden ZNS-Areals vor. Diese können zu therapieresistenten Anfallsleiden führen und sind oft nur operativ zu beseitigen. Arteriovenöse Dysplasien Die konservative Behandlung ar-
teriovenöser Dyplasien zielt auf die Beseitigung von Symptomen. Im Vordergrund stehen Schwere- und Spannungsgefühl, Schmerzen oder Ulzera als Konsequenz venöser Stase. Abhilfe schaffen hier Kompressionsstrümpfe. Radiotherapie und Kryotherapie sind obsolet, die Injektionssklerotherapie beschränkt auf Ausnahmefälle. Als Therapie der Wahl bei hämodynamisch wirksamen AV-Kurzschlüssen gilt die Embolisation dysplastischer Gefäße. Oft sind multiple Sitzungen bis zum Verschluss aller einBildgebung Handelt es sich um ein eindeutiges Hämangiom an unkriti- speisenden Gefäße notwendig. Die operative Resektion kommt als scher Stelle, so ist eine Bildgebung nicht notwendig. Im zusätzliche Maßnahme in Frage. Ihre Risiken müssen allerdings Zweifel und bei allen Dysplasien hilft die fotografische Doku- sorgfältig gegen den zu erwartenden Nutzen abgewogen werden, mentation. Röntgenuntersuchungen weisen Skelettdysplasien denn die Operation kann die Zirkulation distaler Extremitätenund Phleboliten nach. Bei komplexeren Dysplasien sind partien derart einschränken, dass eine Amputation unumgänglich regelmäßige sowohl sonographische, dopplersonographische wird. Darüber hinaus neigen operierte Gefäßareale zu verstärkals auch kernspintomographische Untersuchungen notwen- tem postoperierten Wachstum mit entsprechender Verschlechtedig. Angiographie und Lymphographie sind speziellen Frage- rung des Lokalbefundes. Begleitende Skelett- anomalien machen stellungen vorbehalten. Auf die histologische Untersuchung operative Eingriffe jedoch oft notwendig. der Gefäßanomalien kann meistens verzichtet werden, da sie gegenüber nichtinvasiven diagnostischen Verfahren keinen Lymphatische Dysplasien Wie bei den arteriovenösen Dysplazusätzlichen Informationsgewinn erbringt. Sie wird allenfalls sien steht die symptomatische Behandlung mittels Kompreszum Ausschluss eines malignen Prozesses benötigt. sionshilfen im Vordergrund. Für interventionelle Maßnahmen gilt Ähnliches wie für die arteriovenösen Dysplasien. Bei der Embolisierung lymphatischer Gefäße können rasch verlaufende, 19.16.7Therapie lebensbedrohliche Infektionen auftreten. Hämangiome
Liegen Hämangiome an unkritischer Stelle und wachsen sie langsam, so kann man die natürliche Involution abwarten. Liegen sie jedoch an kosmetisch (Gesicht) oder vital (Trachea) kritischer Stelle, sollte man frühzeitig intervenieren. Kleine plane Hämangiome bis zu einem Durchmesser von ca. 5 mm werden am besten mittels Kryotherapie beseitigt, größere plane dagegen mittels Lasertherapie. Multifokale und tuberöse Hämangiome sind oft nur noch medikamentös (am besten mit Kortikosteroiden) zu behandeln.
Kombinierte Dysplasien Das Klippel-Trenaunay-Syndrom ist
die häufigste und bekannteste Krankheit dieser Gruppe. Es ist gekennzeichnet durch nahezu ausnahmslos vorhandene Gefäßdysplasien der Haut, der tiefen und lateralen Venen und den disproportionalen Gigantismus einer – seltener beider – unteren Extremität(en). Die lymphatischen Gefäße sind oft hypoplastisch. Es bestehen Assoziationen mit den Phakomatosen, insbesondere mit der Neurofibromatose Typ 1. Das KlippelTTrenaunay-Syndrom stabilisiert sich meist nach der Kindheit.
19.17 Pädiatrische Intensivmedizin
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Operative Interventionen sind aber manchmal notwendig, insbe- Tabelle a19.17-2. Normalwerte der systemischen Blutdrücke im Kinsondere beim Nachweis der recht häufig auftretenden tiefen Bein- desalter Altersgruppe Blutdruck venenthrombosen mit dem Risiko der Lungenembolie. Die sonstigen perioperativen Risiken, insbesondere das des verstärkFrühgeborene (2000 g) 60–80 mmHg (systolisch) ten lokalen Wachstums, entsprechen denen der arteriovenösen Säuglinge (6 Monate) 95/65 mmHg ist das selten auftretende Parkes-Weber-Syndrom. Auch hierbei Kleinkinder 100/60 mmHg Schulkinder 110/60 mmHg treten Gefäßdysplasien der Haut auf, allerdings stehen AV-Fisteln im Jugendliche 120/80 mmHg Vordergrund, während Dysplasien der tiefen Beinvenen fehlen. Die Krankheit besitzt eine Tendenz zur kontinuierlichen a ±20% Änderung der mittleren Blutdrücke entspricht der 95%igen Vertrauensgrenze. Verschlechterung, auch über das Kindesalter hinaus. Bei dem seltenen Maffucci-Syndrom liegt neben venös-lymphatischen Gefäßdysplasien eine Dyschondroplasie vor, die mitunter groteske Ausmaße annimmt. Oft ist die chirurgische Resektion unumgäng- V. jugularis, im Notfall auch Punktion der V. femoralis. Pulmonallich, insbesondere zum Ausschluss der häufigen malignen arterienkatheter sind im Kindesalter nur in Ausnahmefällen notTransformation der Knorpelprozesse in Chondrosarkome. wendig (Echokardiographie!). Literatur
Blutdruckmonitoring
Kautz G, Cremer H (1999) Hämangiome. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokyo Mulliken JB, Young AE (1988) Vascular birthmarks. WB Saunders, Philadelphia Schweigerer L (1999) Angiogene Krankheiten. In: Nawroth PP, Lasch HG (Hrsg) Vaskuläre Medizin. Uni-Med Verlag, Lorch, S. 161–165 Vikkula M, Boon LM, Mulliken JB, Olsen BR (1998) Molecular basis of vascular anomalies. Trends Cardiovasc Med 8: 281–292
Die Blutdruckmessung – bei Erstbehandlung zum Ausschluss angeborener Gefäßfehlbildungen immer an allen vier Extremitäten – ist zur Beurteilung von altersabhängiger Normotonie (Tabelle 19.17-2), Hypertension, Hypotension und zur Bestimmung von myokardialen (diastolischer Systemdruck – rechtsatrialer Blutdruck), renalen (systemischer Mitteldruck – zentralvenöser bzw. Cava-inferior-Druck) und zerebralen (systemischer Mitteldruck – intrakranieller Druck) Perfusionsdrücken bei intensivpflichtigen Kindern mit entsprechender Indikation mandatorisch. Nichtinvasive Blutdruckmessung im Kindesalter mit altersangepasster Manschettengröße (Hypertension bei zu kleiner Manschette). Zur invasiven, blutigen Blutdruckregistrierung Verwendung von Teflonkathetern (24G-, 22G-Kanülen). Die rechte Arteria radialis ist zur präduktalen Blutdruckregistrierung (offener Ductus arteriosus, Aortenisthmusstenose, Zwerchfellhernie) der Platzierungsort der Wahl (Tabelle 19.17-2).
19.17 Pädiatrische Intensivmedizin Dietmar Schranz
19.17.1 Kardiorespiratorisches Monitoring Elektrokardiographie (EKG)
Das kontinuierlich registrierte EKG erlaubt die Beurteilung von Herzfrequenz, Rhythmusstörungen und Veränderungen im EKG-Komplex. Ruhefrequenzen, Herzfrequenzprofil und die Konfiguration des EKG sind zum Erwachsenen-EKG verschieden (Tabelle 19.17-1).
Echokardiographie
Neben der Registrierung von Herzfrequenz und Perfusionsdrücken ist die Echokardiographie das wichtigste Notfallinstrument zur Diagnostik und Beurteilung kardiovaskulärer Monitoring der zentralen Zirkulation Die perkutane Platzierung von Kathetern in die zentrale Zirku- Funktionen aller Altersstufen, wie Ausschluss angeborener und lation ist in jedem Alter möglich. Technisch leicht ist die erworbener kardiovaskulärer Fehlbildungen, Perikard- und Kanülierung der Umbilikalvene bei Neugeborenen, ansonsten Pleuraergüssen oder Beurteilung von systolischer und diastoPlatzierung zentralvenöser Katheter über V. subclavia oderr lischer Myokardfunktion.
Neugeborene P-Zeit PQ-Zeit QRS-Dauer QT-Zeit Herzfrequenz
Säuglinge
0,05–0,07 0,05–0,07 0,08–0,12 0,09–0,15 0,05–0,07 0,05–0,07 Frequenzabhängig 85–115% Abhängig von vegetativer Reaktionslage
Kleinkinder
Kinder
0,05–0,08 0,09–0,17 0,05–0,08
0,06–0,08 0,10–0,19 0,06–0,10
T be l llee 19.17-1. Tab aab abe 19.17 9. 7 1.. Elektrokardiographie – Normalwerte
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19 Erkrankungen im Kindesalter
Sauerstoffsättigungen
Die arterielle Sauerstoffsättigung mittels Pulsoximetrie erlaubt ohne Kalibrierung und nach kurzer Stabilisierungszeit eine kontinuierliche Information über die Oxygenierung. Gemeinsam mit der zentralvenösen (oder bei nicht vorliegendem LinksRechts-Shunt der gemischtvenösen) Sauerstoffsättigung ergibt sich ein ausreichend guter Hinweis auf die Sauerstoffextraktion im Gesamtkörper. Die venöse Sättigung ist die Resultante von Sauerstoffangebot und -verbrauch. Im Kontext mit Laktat sind kompensierte und dekompensierte Kreislaufzustände unterscheidbar.
höhten Verhältnisses von Verschlusskapazität zu funktionaler Residualkapazität sowie eines periodischen Atemmusters. Die Nierenfunktion des Neugeborenen zeigt eine verminderte glomeruläre Filtrationsrate, eine reduzierte Konzentrations- und Dilutionsfähigkeit sowie einen obligaten Natriumverlust. Das metabolische System ist durch Enzymunreife (Hyperbilirubinämie) und eine Thermogenese ohne die Fähigkeit zum Kältezittern gekennzeichnet. Neurologisch ist nicht nur das autonome Nervensystem, sondern auch das zentrale Nervensystem unreif, es besteht eine inkomplette Myelinisierung.
Endexspiratorische Kohlendioxidbestimmung
Die Kapnometrie wird als mandatorischer Standard bei jeder Intubationsnarkose auch im Kindesalter gefordert. Indiziert ist sie zur Beurteilung der Lungenperfusion bei jeder Reanimation („low cardiac output“). Die Kapnographie gibt zusätzliche Information über Atemwegsobstruktionen, Gegenatmung, differente Lungenentlüftung oder einen „Relaxations-Cleft“. Temperaturüberwachung
Die Körpertemperatur wird über Wärmeproduktion und -abgabe in engen Grenzen reguliert (Normothermie: 36,1–37,5 °C). Die Thermolabilität von Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern ist ausgeprägt. Rektaltemperaturr ist die bevorzugte Messart zur zentralen (kontinuierlichen) Temperaturregistrierung. Hauttemperaturr bei kreislaufstabilen Kindern ca. 3 °C unter der Körperkerntemperatur erlaubt Rückschlüsse auf periphere Zirkulation und peripheren Gefäßwiderstand. Daher kontinuierliche Registrierung mit errechnetem dT bei kreislaufinstabilen Kindern (dT >10 °C entspr. Schockindex). 19.17.2 Besonderheiten der Intensivtherapie bei Neugeborenen und Kindern
Die Intensivtherapie von Neugeborenen und Kindern muss physiologische und krankheitsspezifische Besonderheiten berücksichtigen. Das kardiovaskuläre System des Neugeborenen ist gekennzeichnet durch einen abfallenden pulmonalen Gefäßwiderstand, den Verschluss von Ductus arteriosus und Foramen ovale. Es ist bei reduzierter Herz-Compliance von Herzfrequenz und Füllungsdrücken, weniger von der Steigerung des Schlagvolumens abhängig. Infolge der Imbalance von sympathischer und parasympathischer Innervation reagiert das Herz von Neugeborenen und Säuglingen terminal mit Bradykardie und Asystolie und nicht mit Kammerflimmern. Die Respiration ist infolge hoher Dehnbarkeit des Brustkorbs und geringer Lungen-Compliance sowie verminderter Typ-1-Muskelfasern des Diaphragmas durch hohe Atemarbeit gekennzeichnet. Es besteht die Neigung zur Hypoxie infolge hohen Sauerstoffverbrauchs (ca. 180 ml/m2/min), eines er-
19.17.3 Häufige Intensivprobleme bei Früh-/Neugeborenen Respiratorisches Distress-Syndrom (RDS)
Es handelt sich dabei um einen Surfactantmangel, radiologisch charakterisiert durch 4 Schweregrade mit klinischer Hyperkapnie, Hypoxämie und resultierende Azidose sowie kompliziert durch pulmonales interstitielles Emphysem, Pneumothorax und Pneumomediastinum. Behandlung mit Surfactantsubstitution (100 mg/kg ggf. repetitiv), Sauerstofftherapie und Beatmung sowie supportiven Maßnahmen. Persistierende pulmonale Hypertension
Pulmonalvaskuläre Maladaptation mit resultierendem RechtsLinks-Shunt auf der Ebene von Vorhof und Ductus arteriosus mit prä- und postduktaler Zyanose. Assoziation mit RDS, Mekoniumaspiration, Zwerchfellhernien und kardiovaskulären Fehlbildungen oder Sepsis. Behandlung mit mechanischer Beatmung, selektiven pulmonalen Vasodilatativa (NO inhalativ 5–20 ppm) Alkalose (pH >7,45), Sauerstoff, einer kardiovaskulären Therapie zur Aufrechterhaltung ausreichender Perfusionsdrücke (im Extremfall Noradrenalininfusion 0,1 (–5) µg/kg/min) und bei Oxigenierungsindex >40 mit extrakorporaler Membranoxigenierung. Apnoe
Fehlende Atmung >10 s, klinisch oftmals mit Bradykardie und Zyanose assoziiert. Differentialdiagnostisch sind eine Hypoxämie oder metabolische Entgleisungen (Hypoglykämie, Elektrolyt-, Temperaturentgleisungen, Sepsis), intrakranielle Blutungen oder Luftwegsobstruktionen auszuschließen. Behandlung symptomatisch mit Sauerstoffzufuhr, Atemstimulation (nasaler CPAP, Theophyllin, Coffein) oder Beatmung bei Definition und Therapie der Grunderkrankung. Bronchopulmonale Dysplasie
Chronische Lungenerkrankung infolge Baro- und Sauerstofftrauma bzw. infektiöser Inflammation mit respiratorischen Problemen und charakteristischem Röntgenbild der Lungen.
19.17 Pädiatrische Intensivmedizin
Behandlung durch antiinflammatorische Maßnahmen (Kortikoide) in systemischer und inhalativer Form, chronische Sauerstofftherapie, Bronchodilatativa, bei pulmonalem Hochdruck inhalative Vasodilatativa, Diuretika und mechanische Atemhilfe. Herzerkrankungen Angeborene Vitien mit Ductus-arteriosus-abhängiger Lun-
genperfusion (Zyanose) oder Systemperfusion („low cardiac output“). Behandlungg mit Prostaglandin E1 in kontinuierlicher Infusion (10–50 ng/kg/min), kongestive Herzinsuffizienz (Trikuspidal-, Mitralklappeninsuffizienz, Kardiomyopathie): Behandlungg mit antikongestiven (Nitroglycerin, Diuretika, ACE-Inhibitoren) und inotropen (Katecholamine, PDE-Inhibitoren) Medikamenten; arrhythmiebedingte Herzinsuffizienz (supraventrikuläre Tachykardien; AV-Block III°): Behandlung mit Digitalisierung nach pharmakologischer (Adenosin i.v.) oder elektrischer Kardioversion oder bei Bedarf anderen Antiarrhythmika (z. B. Amiodaron, Propafenon). Bei AVB III. Grades Isoprenalin DT (0,1 µg/kg/min Dosis nach Effekt), Schrittmacher; offener Ductus arteriosus bei Frühgeborenen mit Lungenhyperperfusion: Behandlung mit Flüssigkeitsrestriktion und Indometacin/ Ibuprofen oder chirurgischer Ligatur. Gastrointestinale Erkrankungen Kongenitale Fehlbildungen und überwiegende Obstruk-
tionssysmptomatik (Ileus): Behandlung chirurgisch; nekrotisierende Enterokolitis infolge Ischämiereperfusionsschadens mit Störung der intestinalen Mukosa, kompliziert durch Darmnekrosen und Perforationen mit abdominaler Distension, blutige Diarrhö, Azidose und septischen Schock: Behandlung mit intravenöser physiologischer Hydratation, Antibiotika, oralem Nahrungsentzug, Magensonde, chirurgischer Exploration und Resektion nach Bedarf. Metabolische Störungen
Metabolische Störungen mit Hypoglykämie (Blutzucker unter 40 m%) und Hypokalzämie (ionisiertes Kalzium 7,25. Initiale Einstellung der kontrollierten Beatmung: Beatmungsfrequenz: 60–80/min, Inspirationsfluss 6 (–10) l/min, Exspirationsfluss 4–6 l/ min, Inspirationszeit: 0,3 s (I:E-Verhältnis 1:2/1:1), PEEP +3 bis + 4 cm H2O, Beatmungsdruck nach Thoraxexkursion und gewünschten Zielvorgaben, Letzteres gilt auch für die FiO2-Konzentration, Modus: flow-, zeitgesteuert, druckkontrolliert.
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Atemfrequenz [pro min] Tidalvolumen [ml/kg] Minutenvolumen [ml/kg/min] *FRC [ml/kg] Lungen-Compliance [ml/cmH2O] Resistance [cmH2O/l/s] Sauerstoffverbrauch [ml/kg/min]
Neugeborenes
Säugling
Kind/Erwachsener
30–50 6–8 200–250 22–25 5–6 25–30 5–8
20–30 6–8 175–180 25–30 15–20 10–15 5
12–20 7–8 80–100 30–45 130–150 1,5–2 3–4
Tabelle 19.17-4. Altersentsprechende Tubusgrößen Alter
Tubusgröße [mm Innendurchmesser]
T b e l llee 19.17-3. 19.17 3.. Lungenaab abe Tab funktion Normalwerte (nach Motoyama)
19.17.5 Volumentherapie Grundsätze
Bei der Volumentherapie von Neugeborenen und Kindern ist zwischen einer akuten Therapie im Rahmen von kardiovaskulären Schockzuständen und einem zu erwartenden Flüssigkeitsverlust bei flüssigkeitskonsumierenden Erkrankungen (z. B. Verbrennungskrankheit) oder operativen Eingriffen (z. B. große Baucheingriffe) zu unterscheiden. Cuff-Tuben auf Grund einer Verletzungsgefahr bei Kindern nicht Unter Berücksichtigung der Definition eines kardiovasku6 (8) unter Jahren. lären Schocks als akute homöostatische Störung unterschiedlichster Ätiologie mit Beeinträchtigung multipler Organsysteme, die letztlich zum Versagen der Zellfunktion führt, ist der Schock Ventilatoreinstellung nach (kardio-)chirurgiein Zustand eines verminderten effektiven Herzzeitvolumens, schem Eingriff aber nicht unbedingt eines verminderten Intravasalvolumens. Tidalvolumen: Klinische Zeichen eines Volumenmangels sind Tachykar 12–15 ml/kg (Neugeborenes), die, Hypotonie, Zentralisation, Blässe, Oligurie/Anurie, schwache 15 ml/kg (Kind), Refüllung, niedriger ZVD. Atemfrequenz 15–25/min. Kann die Ursache eines Herz-Kreislauf-Schocks nicht unmit Inspirationszeit: telbar diagnostiziert werden, wie z. B. eine Perikardtamponade, 0,5–1 s (Neugeborenes/Kind), Kardiomyopathie oder ein angeborener Herzfehler mittels 1,0–1,5 s (Jugendlicher), Echokardiographie, dann ist eine „Volumen-Challenge“ mit PEEP 2–4 cmH2O, einer Einzeldosis von 10–30 ml/kg Ringer-Lösung oder physio FiO2 1,0, logischen Kochsalzlösung unter Beobachtung von Herzfrequenz, Modus: volumengesteuertes, druckkontrolliertes SIMV. Blutdruck, peripherer Perfusion (kapilläre Refüllung) und, falls vorhanden, zentralem Venendruck eine der wichtigsten PrimärHochfrequenzoszillation (HFOV) Verbesserte Techniken haben die Indikationen zur HFOV im maßnahmen, die nach Bedarf bis zur Blutdruckstabilisierung Kindesalter erweitert. Die erzeugten Tidalvolumina liegen in zu wiederholen ist. Fällt der arterielle Blutdruck jedoch während einem Bereich von 1–3 ml/kg, die Oszillationszyklen zwischen einer solchen Volumen-Challenge ab, dann ist von einer pri600 und 3000. Der benötigte Mitteldruck wird nach Klinik, Blut- mären oder sekundären myokardialen Beeinträchtigung auszugasen (Oxygenierungsparameter) und radiologisch kontrolliertem gehen und eine Katecholamintherapie zur Verbesserung der myokardialen Funktion bzw. Gewährleistung adäquater PerZwerchfellstand justiert. Die Oxygenierung erfolgt über die FiO2-Konzentration, den fusionsdrücke zu beginnen. Unter Berücksichtigung von AnaBeatmungsmitteldruck, die Oszillationsamplitude und die phy- mnese und krankheitsspezifischer Verdachtsdiagnose ist eine sikalische Sekretolyseentfernung, aber auch über das Verhältnis sofortige Diagnostik, zumindest ein zentraler Zugang zur Beurteilung des zentralen Venendrucks, notwendig. von Lungenperfusion zur rekrutierten Alveole. Die CO2-Elimination wird über die Oszillationsamplitude, die Oszillationsfrequenz, die Höhe des Atemwegsmitteldrucks Schockspezifische Volumentherapie und physikalische Maßnahmen (Sekret!) beeinflusst. Hypovolämischer Schock als Folge von Erbrechen, Durchfall Bei Neugeborenen mit RDS hat sich die HFOV als additive und Fieber Der Schweregrad einer Dehydratation beschreibt Behandlungsform zur kausalen Surfactantsubstitution bewährt. den Gewichtsverlust infolge des entstandenen Wassermangels Auch bei älteren Kinder mit ARDS konnte die HFOV die Indi- (Tabelle 19.17-5). Zur Differenzierung zwischen einer isotonen, kation zur ECMO reduzieren. hypotonen und hypertonen Dehydratation ist die SerumosmoFrühgeborenes 2 kg Termingeborenes Säugling 1–4 Jahre >4 Jahre
(2–) 2,5 3,0 3,0–3,5 3,5–4,0 4,5–5,0 (Alter in Jahren +16):4
19.17 Pädiatrische Intensivmedizin
lalität zu bestimmen, sie lässt sich auch nach einer Formel kalkulieren: Serumosmolalität = 2 × (Natrium + Kalium) + (Harnstoff/6) + (Glukose/18) Isotone Serumosmolalität = 270–300 mosmol (s. Tabelle 19.17-5)
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Hämorrhagischer Schock Der Schweregrad eines akuten Blut-
verlustes lässt sich nach klinischen Kriterien erfassen (Tabelle 19.17-6). Die Behandlung der Wahl, falls möglich, ist die Beseitigung der Blutungsursache. Blutungsstopp ist effektiver als Blutsubstitution. Stadium I: Blutverlust ist nach einem initialen Bolus von 20 ml/kg Ringer-Lösung im Verhältnis von 3 ml RingerVolumentherapie bei Dehydratation/Toxikose Zugang: Lösung zu 1 ml Blutverlust zu ersetzen, da nur etwa ein Drittel periphere Vene, zentraler Zugang oder intraossär (tibiales Knoder kristallinen Lösung im Intravasalraum verbleibt. chenmark). Schock: 30 ml/kg Ringer oder NACL 0,9% im langsamen Stadium III ist wie Stadium I zu behandeln, es wird aber eine Bolus, auch repetitiv, bis stabiler Blutdruck und periphere Pulse zusätzliche Bluttransfusion nötig. Eine anhaltende Blutung ist palpabel. 1:1 mit Blut zu ersetzen. Flüssigkeitstherapie nach Schock: Die Flüssigkeitsmenge Stadien III und IVV des hämorrhagischen Schocks bedürfen setzt sich zusammen aus dem Tagesbedarf und dem errechneten der Infusion mit Ringer-Lösung und der Transfusion mit Defizit. Ausgleich des Defizits über 48 h. Tagesbedarf in Form Blut. In solchen Situationen ist bei Bedarf auch die Transfuvon 10%iger Glukose mit dem altersgemäßen Elektrolytbedarf sion von ungekreuztem Blut notwendig. Vorübergehend (Säugling: 100 ml/kg/Tag, NaCl 2–3 mmol/kg/Tag und Kalium sind auch Autotransfusionen mit Bein- und Bauchbanda2–3 mmol/kg/Tag bei Urinproduktion). Flüssigkeitsdefizit in gen zur Stabilisierung des Blutdrucks notwendig. Form von Ringer-Lösung oder NaCl 0,9% substituieren. Dehydratation von 10% bedeutet Wasserdefizit von 100 ml/kg. Ein Säug- Volumentherapie bei Verbrennungskrankheit ling von 10 kg Körpergewicht mit 10%iger Dehydratation Schockk (Tachykardie, keine tastbaren Pulse, nicht messbarer benötigte demzufolge 2000 ml/Tag. Bei hypertoner Dehydratation Blutdruck): Applikation von Ringer-Lösung, bis der Blutdruck sollte das Natrium im Serum langsam um etwa 0,5 mmol/l messbar wird, die Herzfrequenz abfällt und der zentralvenöse pro Stunde abfallen. Druck >4 mmHg und Normalwert Trockene Schleimhäute Verminderte Urinausscheidung Verminderter Hautturgor Oligurie, tiefe Augen, Fontanelle Lethargie Hypotension, Tachykardie Vasokonstriktion, Azidose, Bewusstseinsänderung Schock/Koma/Anurie
Da initial meist eine Hyperglykämie infolge einer stressinduzierten Glukoseutilisationsstörung vorliegt, ist als primäre Lösung für den Erhaltungs- und Ersatzanteil nur Ringer-Lösung zu verwenden. Bei Säuglingen ist wegen eines schnellen Blutzuckerabfalls (Hypoglykämie!) meist schon 6–12 h nach dem Verbrennungstrauma eine Glukoseinfusion notwendig (Blutzuckerbestimmungen). Bei sinkendem Blutzucker in den Normbereich sollte initial der berechnete Erhaltungsbedarf in Form einer 10%igen Glukoselösung erfolgen. Bei Urinproduktion ist zur Glukoselösung Kaliumchlorid
Stadium
I
II
III
IV
Defizit/Blutvolumen Pulsfrequenz (pro min) Blutdruck Atmung Bewusstsein Urinausscheidung
10–15% >100 Normal Normal Normal 1–3 ml/kg
20–25% >150 Vermindert Erhöht Unruhig 0,5–1ml/kg
30–35% >150 Vermindert Tachypnoe Konfus 40% >150 (20 kg 1 ml/kg/h. Insensibler Flüssigkeitsverlust: minimale Inzision: 3–5 ml/kg/h, moderate Inzision: 5–10 ml/kg/h, großer Eingriff mit Darmexposition 8–20 ml/kg/h. Abgeschätzter Blutverlust: Ersatz nach Bedarf. 19.17.6 Ernährungstherapie
Tabelle 19.17-7. Täglicher Bedarf pro kg Körpergewicht an Wasser, Energie, Kohlenhydraten (KH), Aminosäuren (AS) und Fetten Lebensalter [Jahr]
Wasser [ml]
Energie [kcal]
KH [g]
AS [g]
Fett* [g]
Unter 1 Bis 5 Bis 10 Bis 14
100–140 80–120 60–80 50–60
80–100 60–90 50–60 50
10–15 12–15 10 8
1,5–2 1,5 1 1
2–3 1,5–2,5 1–2 1
Infusionsgeschwindigkeit g max. 0,15 g/kg/h, 2 Portionen von 8–10 h (Heparin!).
infusion (Triglyzeridkonzentration 100–150 mg/kg) das Mittel der Wirkung von Ketamin ist nur unvollständig geklärt, es scheinen ersten Wahl.
der Intubationstechnik noch nicht so Geübten, da die Spontanatmung nicht sistiert. Der zerebrale Sauerstoffverbrauch wird effektiv reduziert, daher ausgezeichnete Wirkung zur akuten Senkung eines erhöhten intrakraniellen Hirndruckes (Einklemmung!). Auch ein Status epilepticus kann oftmals erfolgreich durchbrochen werden. Bei Kindern sollte nur die Aufbereitung als Intralipidemulsion Verwendung finden, da damit eine stressauslösende Schmerzreaktion bei peripherer Injektion vermieden wird. Dosierung: 0,3 mg/kg i.v., bei Bedarf repetitiv. Propofol (Disoprivan) ist ein fettgelöstes (Intralipid 10%), ausschließlich intravenöses Anästhetikum. Trotz der Fettlösung induziert Propofol besonders in kleinen Venen empfindlichen Injektionsschmerz, der durch die Zugabe von 0,1 mg/kg Lidocain abschwächbar ist. Die Tiefe der Anästhesie (Sedierung, Schlaf, Narkose) kann für gewöhnlich unter Beibehaltung der Spontanatmung durch die Applikation in Bolus- oder Infusionstechnik titriert werden. Bei sofortigem Wirkungseintritt besteht eine schnelle Erholung, aktive Metabolite kommen nicht vor. Postoperativ bestehen weniger Übelkeit und Brechreiz. Auch bei gesunden Kindern wurden signifikante kardiodepressive Nebenwirkungen (Hypotonie durch negativ-inotrope und vasodilatative Wirkung) beobachtet. Derzeitige Kontraindikationen sind die Anwendung bei Kindern unter 3 Jahren (keine ausreichende Erfahrung), allergische Reaktion auf Ei und Sojabohnen und eine Langzeitsedierung bei Kindern (unklare Todesfälle). Dosierung: 0,5–3 mg/kg als intravenöser Bolus sowie 1–10 mg/kg/h in kontinuierlicher Infusion.
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verschiedene Rezeptortypen involviert zu sein. Es wird auch also Katecholaminen, sollte die Besonderheiten des Myokards des als dissoziatives Anästhetikum bezeichnet (offene Augen, Nystag- Neugeborenen und jungen Säuglings sowie rezeptorphymus, ohne Kontakt zur Umwelt). Ketamin ist ein gutes Analgeti- siologische Gesichtspunkte berücksichtigen. Die myokardiale kum. Die wesentlichsten Indikationen bei Kindern sind die Funktion ist durch eine eingeschränkte diastolische und verminNotfallversorgung bei Verbrennungs- und Polytrauma, Schmerz- derte systolische Reserve gekennzeichnet. Bei Verlust einer kritibehandlung bei Kreislaufinstabilität (auch postoperativ in Kombi- schen Vorlast kommt es rasch zum Schock, bei relativ großem nation mit Diazepam oder Midazolam), Intubation eines Schlagvolumen von fast 2 ml/kg (Erwachsene 1 ml/kg) wird das Kindes mit Bronchialobstruktion oder Asthma bronchiale. Der Herzminutenvolumen vornehmlich über eine Erhöhung der sympathomimetische Effekt einschließlich der Freisetzung von Herzfrequenz gesteigert. Aber auch die Herzfrequenzreserve ist Noradrenalin aus den präsynaptischen Vesikeln garantiert weit- bei relativ hohen Ruhewerten gering, eine Frequenzsteigerung gehend einen stabilen Blutdruck (Ausnahme: endogene Kate- führt schnell zur negativen Lusiotropie. Insgesamt besteht schon cholaminerschöpfung) und eher eine Bronchodilatation. Die in Ruhe ein hoher myokardialer Sauerstoffverbrauch. Bei akutem Herzversagen ist deshalb die Kombinationsmögliche intrakranielle Hirndruckerhöhung durch zerebrale Vasodilatation (Hyperkapnie) ist unter Beatmung mit leichter behandlung von Katecholaminen mit PhosphodiesteraseinhiHyperventilation ohne Bedeutung. Nachteilig sind bei Kindern bitoren auch bei Kindern sinnvoll. In vielen Situationen mit die Zunahme von Salivation und bronchialer Sekretion sowie die schon beeinträchtigtem myokardialen Perfusionsdrücken reicht durch Komedikation mit Benzodiazepinen vermeidbare bei Kindern die inotrope Stimulation mit dem β-adrenergen Neigung zu Halluzinationen und Alpträumen. Partialagonisten Dobutamin nicht aus. In solchen Situationen Dosierung: Bei leichter, subanästhetischer Dosierung unter bedarf es der Infusion mit Adrenalin. Der Bedarf nach einer 0,5 mg/kg nahezu ausschließlich Analgesie, nur geringe Se- α-mimetischen Wirkung bei peripherem Gefäßversagen (Sepsis, dierung, kaum Veränderungen der respiratorischen und kardio- nach kardiochirurgischen Eingriffen mit kardiopulmonalem Byvaskulären Parameter. Bei höherer Dosierung >0,5–1 mg/kg pass), das manchmal sogar die Indikation für die Behandlung mit dissoziative Anästhesie mit Somnolenz, Kreislaufstimulation und Noradrenalin in einer Dosierung nach Blutdruckeffekt darstellt, beginnende Atemdepression. ist oftmals kein Widerspruch zur gleichzeitigen Verwendung von Narkose bei intravenöser Dosierung von 2–5 mg/kg (7 bis Phosphodiesteraseinhibitoren. Bei der Verwendung von alpha10 mg oral, rektal). mimetisch wirksamen Katecholaminen ist eine gleichzeitige Dopamintherapie in niedriger, den renalen Blutfluss steigernden Dosierung (2–3 µg/kg/min) indiziert. Liegt eine Indikation zur 19.17.8 Katecholamintherapie inotropen Therapie mit Dopamin vor, ist das synthetische Die Indikation zur Katecholamintherapie ist eine akute Herz- Katecholamin Dobutamin (5–20 µg/kg/min) zu bevorzugen. Bei Kindern sollten Katecholamine in einer Infusion titriert Kreislauf-Insuffizienz. Die Ziele einer Katecholaminbehandlung sind Aufrechterhaltung von adäquaten Perfusionsdrücken und unter Beobachtung der hämodynamischen Effekte erfolgen, da die Steigerung der Kontraktilität bei akuter Herzinsuffizienz. Die mit definierten Infusionsraten keine standardisierten Wirkungen Ursachen einer Herz-Kreislauf-Insuffizienz bei Kindern sind viel- zu erwarten sind. fältig. Es besteht eine altersabhängige Prädilektion. Erkrankungen mit einer insuffizienten Herzfüllung, die die häufigsten Schock19.17.9 Diagnose und Therapie von Infektionsursachen im Kindesalter sind, bedürfen in der Regel keiner krankheiten adjuvanten Katecholamintherapie. Eine dem Verlust entsprechende Volumensubstitution ist Mittel der Wahl und meist aus- Infektionskrankheiten bei Neugeborenen und Kleinkindern reichend. Inadäquate Herzfrequenzen als Ursache einer werden von Infektionsmodus und immunologischer Kompetenz Herz-Kreislauf-Insuffizienz durch Störung der Impulsbildung geprägt. Bei Neugeborenen bietet die Mutter dem Kind einerseits oder Erregungsleitung sind spezifisch mit Antiarrhythmika, auf Grund ihrer transplazentaren Antikörper einen Schutz bei Schrittmacher, implantierbaren Defibrillatoren oder Katheter- nur relativer Immunkompetenz, andererseits stellt sie aber auch ablation zu behandeln. Katecholamine zur Frequenzsteigerung, eine häufige Infektionsquelle (vorzeitiger Blasensprung, mütterbevorzugt Isoprenalin, werden vorübergehend bei denervierten liche Infektion) dar. Besonders bei Frühgeborenen sind bakteHerzen nach Transplantation oder bei AV-Block und niedriger rielle Infektionen immer noch einer der wesentlichsten Faktoren Kammerfrequenz verwendet. Störungen der kardialen Ejektion für Morbidität und Letalität. Nosokomiale Infektionen mit Sepsis, sind, falls mechanisch durch angeborene oder erworbene Herz- Meningitis, Pneumonie oder Infektion des Urogenitaltraktes komund Gefäßfehlbildungen verursacht, auch mechanisch durch men in knapp 20% bei Frühgeborenen mit einem Gewicht unter Katheterintervention oder kardiochirurgische Operationen zu be- 1500 g vor. Etwa 60% der auf eine Intensivstation eingewiesenen handeln. Nur bei primärer oder sekundärer myokardialer Frühgeborenen werden während der ersten Lebenswoche mit Kontraktilitätsstörung bedarf es der akuten und zeitlich begrenz- Antibiotika behandelt. Die wesentlichsten Erreger innerhalb des ten inotropen Behandlung. Die Akutbehandlung mit Inotropika, ersten Lebensmonats sind Staphylococcus aureus, Koagulase-
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negative Staphylokokken, B-Streptokokken, Enterokokken, Escherichia coli, Klebsiellen, Enterobacter, Pseudomonas und Listerien, aber auch atypische Erreger wie Chlamydien. Hospitalisationszeit, Dauer und Häufigkeit invasiver Maßnahmen, Beatmungsdauer sowie die Dauer der parenteralen Ernährung sind neben der von der Reife abhängigen Immunkompetenz die wesentlichsten Faktoren für bakterielle, virale und fungale Infektionen bei Neu-, vor allem Frühgeborenen. Die am häufigsten verwendeten Antibiotika sind Penicilline, Aminoglykoside, Cephalosporine und Vancomycin. Von den Aminoglykosiden Gentamycin, Tobramycin, Netilmycin und Amikacin, die alle eine adäquate antibakterielle Wirkung gegen die meisten bei Neugeborenen isolierten gramnegativen Keime besitzen, ist Gentamycin die am besten untersuchte Substanz. Die Serumhalbwertszeit korreliert indirekt zum Gestationsalter, der Kreatinin-Clearance, Geburtsgewicht und postnatalem Alter. Frühgeborene vor der 28. Schwangerschaftswoche mit hohem relativen Wasseranteil am Gesamtgewicht erhalten während der ersten Lebenswoche eine erhöhte Einzeldosis von 3,5 mg/kg in einem Intervall von 24–36 h, reife Neugeborene eine Dosis von 5 mg/kg, verteilt auf zwei Einzelgaben am Tag mit einem Talspiegel von 0,5–2 mg/l. Cephalosporine der dritten Generation (Cefotaxim, Ceftazidim, Ceftriaxon) haben eine adäquate antibakterielle Wirkung gegen ein weites Spektrum von gramnegativen, eingeschränkt auch grampositiven Bakterien. Wegen ihrer guten Verträglichkeit werden Cephalosporine der dritten Generation bei neonataler Sepsis bevorzugt verwendet. Die Tagesdosis beträgt 50–100 mg/kg in zwei intravenösen Gaben, bei Meningitis 200 mg/ kg/Tag. Vancomycinn mit seiner guten Wirksamkeit gegen Staphylokokken zeigt besonders bei Neugeborenen und jungen Säuglingen eine gute Verträglichkeit. Ein sog. „Red-man-Syndrom“, eine Histaminreaktion bei einer Infusion mit einer Geschwindigkeit unter 30 min, wurde bisher im Neugeborenenalter nicht beschrieben. Die Serumhalbwertszeit korreliert invers mit dem Gestationsalter, der Nierenfunktion und dem postnatalen Alter in der ersten Lebenswoche. Die Liquorkonzentration bei Kindern mit Shunt-versorgtem Hydrozephalus beträgt maximal 21% der korrespondierenden Serumspiegel. Suffiziente VancomycinSpiegel liegen zwischen 5 und 12 mg/l. Es werden individualisierte Dosierungen, abhängig von Alter und Krankheit, benötigt. Die intravenöse Dosierung bei Kindern beträgt 40 (–60) mg/kg in 2–4 Kurzinfusionen von etwa 60 min. Bei Frühgeborenen beträgt die Dosierung in Abhängigkeit vom Gestationsalter 15–30 mg/kg in ein bis zwei Gaben. Sepsis
Als Entzündungsreaktion des gesamten Körpers auf eine Invasion von Erregern (Bakteriämie, Virämie, Fungämie) präsentiert sich das klinische Bild einer Sepsis altersabhängig, möglicherweise mit uncharakteristischen Symptomen oder im Extremfall mit dem Bild eines septischen Schocks (Streptokokkensepsis des
Neugeborenen, Meningokokkensepsis, Waterhouse-FriderichsenSyndrom). Erreger in der Neugeborenenperiode, als frühe Sepsis von der Mutter erworben, sind B-Streptokokken, Staphylokokken, Enterokokken, E. coli, Haemophilus influenzae, Listerien oder als späte Sepsis als nosokomiale Infektion, dazu stationsspezifische Keime. Erreger bei Säuglingen und älteren Kindern sind Pneumokokken, Meningokokken, Streptokokken, Staphylokokken, abnehmend H. influenzae und Mykoplasmen. Vorangehende Durchfälle mit anschließend toxischem Krankheitsbild sollten eine Infektion mit Salmonellen, Shigellen, E. coli O157, Campylobacter, Staphylokokken und Legionellen ausschließen lassen. Gramnegative Sepsitiden finden sich vor allem im Rahmen einer Urosepsis oder bei immungeschwächten Kindern. Die Diagnostik erfolgt durch Klinik, Erregernachweis (Blutkultur, Liquor, Urin, Abstriche) und durch charakteristische Laborbefunde (Leukozytose mit Linksverschiebung, Leukopenie, Erhöhung von PMN-Elastase, CRP); auszuschließen sind eine Multiorganbeteiligung einschließlich Gerinnungssystem. Therapie: kausal mit Herdsanierung und antiinfektiöser Therapie. Initiale Breitspektrumantibiose, z. B. Ceftazidim, Gentamycin und Vancomycin. Bei Neugeborenen primär Ampicillin (Streptokokken, Listerien), kombiniert mit einem Aminoglykosid. Anpassung nach klinikspezifischem Erregerspektrum und nach Antibiogramm. Bei Verdacht auf Kandidasepsis Amphotericin B. Bei Bedarf supportive Behandlungsmaßnahmen. Bakterielle Meningitiden weisen ein altersabhängiges Erregerspektrum auf. Im Neugeborenenalter sind dies bevorzugt Streptokokken, Pneumokokken, E. coli, Listerien, selten auch Haemophilus influenzae; bei älteren Kindern Haemophilus influenzae, Meningokokken und Pneumokokken. Die Diagnose erfolgt nach Klinik, Liquoruntersuchung und Labor. Therapie: Bei Neugeborenen Ampicillin und Gentamycin kombiniert mit Ceftazidim, bis Erregerspektrum identifiziert. Bei älteren Kindern Cefotaxim (200 mg/kg/Tag), bei Meningokokkeninfektion Penicillin G 500.000 IE/kg/Tag in 4 Dosen. Perioperative Antibiotikaprophylaxe bei Operationen mit erhöhtem Infektionsrisiko. Bewährt hat sich bei kardiochirurgischen, neurochirurgischen, orthopädischen Operationen die Prophylaxe mit Cefuroxim (Zinacef) mit guter Staphylokokkenwirksamkeit und ausreichend guter Gewebe- und Liquorgängigkeit. Die erste Dosis sollte ca. 2 h vor dem operativen Eingriff erfolgen. Von der Prophylaxe ist eine antibiotische Therapie zu unterscheiden. Die Antibiotikatherapie sollte intraoperativ, i. d. R. unmittelbar nach der Gewinnung von bakteriologischem Untersuchungsmaterial, mit einem breiten Spektrum begonnen und im weiteren Verlauf nach Antibiogramm angepasst werden.
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Zu beachten sind Giftstoffe mit verzögertem, zweiphasigem Vergiftungsverlauf (chlorierte Kohlenwasserstoffe, Schwermetalle, Paracetamol, Knollenblätterpilze; Tabelle 19.17-8) Allgemeine Aspekte Anamnestisch sind die Fragen Wer, Was, Wann, Wie, Wie Nach Alter, Ursache und Prognose werden im Kindesalter grundsätzlich 2 Gruppen von Vergiftungs- bzw. Ingestionsarten unter- viel, Warum während der Erstmaßnahmen zu erheben. Vergifschieden. Intoxikationen durch Einnahme potentiell gefährden- tungszentralen einbeziehen! Der Verdacht auf Intoxikation bedarf der Substanzen überwiegen als Vergiftungsunfall bei Schulkindern (ab 10 J.) und Jugendlichen (suizidale Absicht, Drogen). Zu Verät- der Asservierung von Serum, Magensaft, Erbrochenem, zungen und Fremdkörperingestionen s. Kap. 19.3. Urin, Stuhl, der Identifikation gas- oder dampfförmiger Substanzen aus Atemluft oder dem Erbrochenen mit Gasspürgeräten, Leitsymptome und Diagnostik Anamnese und neurologische, psychiatrische Symptome (z. B. des Drogen-Screenings aus Serum und/oder Urin, Rausch- oder Erregungszustände, Halluzinationen, Dyskinesie, der Blutgasanalyse mit CO-Oximeter: Met-Hb, CO-Hb, metabolischer (Laktat-)Azidose. Stupor, Koma) in Kombination mit vegetativen und kardiovaskulären Erscheinungen (Tachypnoe, Tachykardie, Arrhythmie, Weiterhin: Blutbild mit Differentialblutbild, Elektrolyte, Blutzucker, Transaminasen, Bilirubin, Laktat, Harnstoff, Erythem) weisen meist auf eine Intoxikation hin. Neben dem Verdacht gibt es Leitsymptome und organspezifische Befunde. Kreatinin, CK, CK-MB. 19.17.10
Fötor
Haut, Schleimhaut
Vergiftungen
Aceton
Acetylsalicylsäure, Methanol
Alkohol
–
Bittermandel
Zyanide
Knoblauch
Arsen, Organ. Phosphate
Petroleum, Benzin
–
Trockene, warme Haut Schwitzen
Anticholinergika Cholinergika, Nikotin, Kokain, Amphetamine Organische Phosphate
Hypersalivation, Bronchialsekretion Zyanose (Methämoglobinämie)
Nitrate, Nitrit, Phenacetin
Hellrot, rosa
CO, Zyanide, Anticholinergika
Ikterus
Paracetamol, Pilze
Blasen
Barbiturate, CO
Mydriasis Miosis
Hypothermie
Atropin; Sympathomimetika, Kokain Opiate, Barbiturate, Äthanol, organische Phosphate Amphetamine, Theophyllin, Salicylate, trizyklische Antidepressiva Alkohol, Sedativa
Puls
Bradykardie Tachykardie
Digitalis, Barbiturate, Opiate Amphetamin, Theophyllin
Arrhythmie Atmung
– Kussmaul-Atmung Tachypnoe
Trizyklische Antidepressiva, Digoxin Salizylate, Methanol CO, Amphetamine
Atemdepression ZNS
Krämpfe
Periphere Lähmung
Opiate, Barbiturate, Benzodiazepine, Alkohol, Kohlenwasserstoffe Trizyklische Antidepressiva,Amphetamine, Salicylate Theophyllin, Kokain, Anticholinergika, Alkohol Drogen, Schwermetalle
Delir, Psychose
Organische Phosphate
Koma
Schwermetalle, Alkohol, Anticholinergika, Drogen, Sedativa, Opiate, Salicylate, organische Phosphate, trizyklische Antidepressiva, CO Pilze, Alkohol, Digitalis, organische Phosphate, Salicylate
Pupille
Temperatur
Hyperthermie
Ataxie, Nystagmus, Dyskinesie
Gastrointestinal
Erbrechen, Durchfall, abdominale Schmerzen
T be l llee 19.17-8. Tab aab abe 19.17 9. 7 8.. Leitsymptome bei Vergiftungen
19
1688
19 Erkrankungen im Kindesalter
Allgemeine Behandlungsmaßnahmen In den meisten Fällen ist zur Behandlung die alleinige Gabe
von Aktivkohle ausreichend. Alternativ, unter Beachtung der Kontraindikationen, ist ein induziertes Erbrechenn anzubieten. Suizidversuche von Jugendlichen bedürfen nach Giftelimination und Überwachung auch einer psychologischen Evaluation. Bei Medikamentenintoxikationen: Magenspülung innerhalb der ersten 2 h nach Ingestion, bei späterem Zeitpunkt Giftbindung durch Aktivkohle. Eine spätere Magenspülung ist bei hochtoxischen Substanzen (Herbizide, Knollenblätterpilz, Schwermetalle, Alkylphosphate, Antiarrhythmika, trizyklische Antidepressiva), bei Substanzen mit verzögerter Magenentleerung (trizyklische Antidepressiva, Opioide) und bei großen Mengen von Lösungsmitteln indiziert. Eine sofortige Magenspülung am Unfallort ist bei hochtoxischen Herbiziden (Paraquat) sinnvoll. Intensivmedizinische Überwachung und Therapie sind indiziert bei Bewusstlosigkeit, Störung der Atem- und Kreislauffunktion oder bei der Einnahme einer potentiell letalen Dosis. Zu beachten sind Substanzen mit verzögerter Reaktion sowie zweiphasigem Vergiftungsverlauf (chlorierte Kohlenwasserstoffe [KH], Schwermetalle, Paracetamol, Knollenblätterpilze).
Apomorphin: 0,1 mg/kg i.m. oder s.c.; Erbrechen bereits
nach 5 min; ausgeprägte Kreislauf- und Atemdepression (vagoton); daher keine Anwendung bei Kleinkindern; Kombination mit Norfenefrin (0,15 mg/kg i.m.), nach Erbrechen Antagonisierung mit Naloxon (0,02 mg/kg). Obsolet: Kochsalzerbrechen mit hypertonen Lösungen (hyperosmolares Koma!). Kontraindikationen: Bewusstseinsstörung, Ingestion von Säuren und Laugen (Re-Verletzung von Ösophagus, Pharynx, Larynx), Schaumbildner (Aspiration), Kohlenwasserstoffe (Lungenschädigung durch Inhalation, Aspiration). Magenspülung
Indikation überprüfen, meist wenn provozierendes Erbrechen unwirksam. Voraussetzung: Möglichkeit zur Intubation. Intubation vor Magenspülung bei Bewusstseinsstörung, aufgehobenen Schutzreflexen, Ateminsuffizienz oder Ingestion von Mineralöl produkten oder organischen Lösungsmitteln. Kontraindikation: Fortgeschrittene Säuren-, Laugenverätzung; geringe Men gen organischer Lösungsmittel. Zu beachten ist, dass sedierende Maßnahmen zur Kardiaerschlaffung (Aspiration!) und Spateleinstellung zur Intubation zu Brechreiz führen. Bei Bedarf „rapid-sequence intubation“ mit i.v.-Gabe von niedrig dosiertem Vecuronium 0,01 mg/kg, anschließend 10 µg/kg Fentanyl i.v., dann sofort relaxierende Vecuronium-Dosis von 0,1 mg/kg i.v. Sofortmaßnahmen bei Störungen Aktivkohle, oft erste und einzige Therapie, ist bezüglich Giftelimination oftmals der Magenspülung und induziertem der Vitalfunktionen Erbrechen überlegen. Sie bindet die meisten Medikamente Sicherung der Vitalfunktionen ist die wichtigste Therapiemaßnahme. und Chemikalien (90% in 90 s). Bei anticholinerg wirkenden Substanzen mit verzögerter Resorption ist Kohlegabe Bewusstlosigkeit und Koma: Intubation und Beatmung. auch nach 12–24 h noch sinnvoll. Dosierung: 1 g/kg, am Störung der Atemfunktion (Hypopnoe, Apnoe, Aspiration, besten in Wasser aufgeschäumtes Pulver. Es gibt keine echte Luftwegsverlegung, Bronchialobstruktion, SauerstoffdiffuKontraindikation. sionsstörung): Intubation und Beatmung in Abhängigkeit vom Schweregrad. Entschäumer, Sab simplex 0,5 ml/kg, Lefax liquid 1 ml/kg: bei Ingestion von Schaumbildnern. Störung der Herz-Kreislauf-Funktion (Schock, Herzinsuffizienz, Arrhythmie, Herzstillstand): Behandlung mit Ziel der Glaubersalz (Natriumsulfat): Beschleunigte Darmpassage, verhindert Wiederfreisetzung aus Kohlebindung. Unwirksam Wiederherstellung suffizienter Perfusionsdrücke mit adäquatem Sauerstofftransport, dies schließt eine ausreichende Analbei toxisch bedingter Darmlähmung. Dosis: 0,25 g/kg max. gesie (Verätzungsunfälle) ein. 30 g p.o. Obsolete Maßnahmen der Giftelimination: Gabe von Milch, Paraffin, Verdünnungs- oder Neutralisationsversuche bei Primäre Giftentfernung Verätzungen später als 10 min nach Ingestion. Entfernung des Patienten aus kontaminierter Umgebung (Gase, Dämpfe), Entfernung kontaminierter Kleidungsstücke mit ausgiebiger Hautreinigung. Maßnahmen zum Schutz des behan- Sekundäre Giftentfernung delnden Personals. Giftentfernung durch induziertes Erbrechen: Verfahren: Mechanische Stimulation der Rachenhinterwand, „enterale Kohleperfusion“/„gastrointestinale Dialyse“ mit gastralem und rektalem Kohleeinlauf (1 g/kg), anschlie Ipecacuanha-Sirup (Ipecac). Dosis: 1 ml/kg, max. 30 ml, ßend osmotische Laxanzien und hohe Einläufe. Kohle bzw. ggf. Wiederholung, falls nach 30 min kein Erbrechen einLaxans alle 2–4 h im Wechsel, z. B. bei Vergiftung mit setzt; reichlich Flüssigkeit zur Magenfüllung trinken lassen; Theophyllin, Phenobarbital, Digoxin, trizyklischen Antiwenn kein Erbrechen induzierbar: Entfernung von Ipecac depressiva, selbst mittels Magenspülung.
19.18 19 18 Plötzlich Plöt Plötzlicher li h Kindstod (SIDS) und augenscheinlich lebensbedrohliches Ereignis (ALE)
Hyperventilation ohne Alkalose (s. organische Lösungs-
vermittler, halogenierte Kohlenwasserstoffvergiftung), Antikörpertherapie (z. B. Digitalisintoxikation), forcierte Diurese, extrakorporale Eliminationsverfahren (Hämodialyse, Peritoneladialyse, Hämofiltration, Plasmapherese, Blutaustausch). Indikation: bei potentiell letaler Dosierung, hochtoxischen Substanzen als Prophylaxe vor Eintritt etwaiger Schäden, z. B. bei trizyklischen Antidepressiva, Paraquat, Knollenblätterpilz, bei progredienter, medikamentös therapierefraktärer Symptomatik: Hypotension, Arrhythmie, Krampfanfälle, metabolische Azidose, Koma, wenn Blutspiegel korrelierend mit hoher Letalität (z. B. Theophyllin, Paracetamol, trizyklische Antidepressiva, Salicylate), bei vorbestehender Nieren- oder Leberdysfunktion mit eingeschränkter Eliminationsfähigkeit (z. B. Salicylatintoxikation bei Niereninsuffizienz). Die Wahl des Verfahrens richtet sich nach Wasserlöslichkeit, Plasmaproteinbindung und Verteilungsvolumen der Substanz und der Situation des Patienten. Antidottherapie Prinzip: Giftadsorption, Komplexbildung. Direkte Gegen-
wirkung durch Antagonismus am Rezeptor, Hemmung am metabolisierenden Enzymsystem u. a. Mechanismen. Primäre Giftentfernung und symptomatische Therapie – nicht die Antidotgabe – stehen in den meisten Vergiftungsfällen im Zentrum der Behandlung. In der Notfallaufnahme sollten folgende Substanzen zur Verfügung stehen: Sauerstoff (CO), Naloxon (Opiate, Opioide), Flumazenil, Anexate (Benzodiazepine), Amylnitrit und Natriumthiosulfat (Zyanidvergiftung), Methylenblau (MetHb-Bildner), Atropin und Obidoxim (Alkylphosphate), Digitalis-FAB (Digitalis), Physostigmin (trizyklische Antidepressiva), N-Acetylcystein (Paracetamol), Äthanol (Methanol).
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1689
19
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19.18 Plötzlicher Kindstod (SIDS) und augenscheinlich lebensbedrohliches Ereignis (ALE) Gerhard Jorch
Der plötzliche Kindstod ist definiert als überraschend eintretender Tod im Kindesalter, dessen Ursache trotz postmortaler Untersuchungen unklar bleibt. Gebräuchliche Synonyme sind plötzlicher Säuglingstod, „sudden infant death syndrome“ (SIDS), Krippentod und „cot death“. In offiziellen Statistiken wird dieser Tod unter dem ICD-Code R95 erfasst. In den meisten Ländern mit hohem Lebensstandard wird die Inzidenz dieser Todesart derzeit mit 0,2 bis 1,2 auf 1000 Lebendgeborene angegeben. Noch vor 15 Jahren lag sie doppelt so hoch. Sie fiel um etwa 50%, nachdem öffentlich davor gewarnt wurde, Säuglinge zum Schlafen auf den Bauch zu legen. Diese „Mode“ war Anfang der 70er Jahre überwiegend in den Ländern der westlichen Welt eingeführt worden. Heute sind noch etwa 400 Säuglinge pro Jahr in Deutschland vom plötzlichen Kindstod betroffen. Damit ist der plötzliche Tod im Säuglingsalter immer noch die häufigste Todesart im Säuglingsalter jenseits der Neugeborenenperiode. Seine Definition weist den plötzlichen Kindstod als Todesart aus, die im Einzelfall sicherlich eine unterschiedliche Pathoge-
19
1690
19 Erkrankungen im Kindesalter
nese hat. So sind eine Reihe von seltenen Funktionsstörungen bekannt, die ohne das Hinterlassen von morphologischen oder biochemischen Spuren zum Tode führen. So kann das Syndrom der verlängerten QT-Zeit zum Herzstillstand führen, ohne dass dies durch Obduktion nachweisbar ist. Auch absichtliches oder unabsichtliches Ersticken durch Verlegen der Atemwege durch ein weiches Kissen ist nur schwer postmortal nachweisbar. Ferner hängt der Nachweis einer Todesursache und damit der Ausschluss eines plötzlichen Kindstodes von der Qualität der postmortalen Untersuchung ab. So ist denkbar, dass sich durchaus bekannte Todesursachen einschließlich Kindstötungen unter der Todesart plötzlicher Kindstod verbergen. Die meisten Experten gehen allerdings davon aus, dass in mindestens 95% aller Fälle kein strafbares Fremdverschulden vorliegt. Seit langem ist bekannt, dass der plötzliche Kindstod in den ersten beiden Lebenswochen selten ist, seinen Häufigkeitsgipfel am Ende des dritten Lebensmonates hat und jenseits des ersten Lebensjahres sehr selten ist. Er ist häufiger bei Jungen, in der kalten Jahreszeit und in den erdpolwärts gelegenen Ländern der Erde. Eine gewisse zeitliche Assoziation besteht zu Häufungen banaler Atemwegsinfekte. Säuglinge sehr junger Mütter 185 cm, chondroplasie. Diagnostik und Betreuung von Kindern mit spezifischen Kleinwuchsformen. Palatium, Mannheim Jungen >205 cm, Therapie erst zu Beginn der Pubertät (d. h. bei Mädchen vor Ranke MB, Fahlbusch R, Becker G et al. (2000) Strategien für Kraniopharyngeome im Kindes- und Jugendalter. Kinder- und Jugendarzt der Menarche mit 10–11 Jahren, bei Jungen mit 12 Jahren), 31: 597–601 Beratung zu den Risikofaktoren (z. B. Thromboembolie- Ranke MB, Stahnke N, Mohnike K (2000) Diagnostik und Therapie des STH-Mangels bei Kindern und Jugendlichen. Endokrinologie-Inforrisiko, Gewichtszunahme, Akne bei Jungen). Generell gilt, dass Hochwuchs selten einer medikamentösen Behandlung bedarf. Für einige Störungen, die mit frühzeitigen Pubertätszeichen und damit verbunden einer erhöhten Wachstumsrate einhergehen, sind die zugrunde liegenden Erkrankungen zu behandeln.
mationen 24: 131–134 Root AW (1998) Editorial: Does growth hormone have a role in the management of children with nongrowth hormone deficient short stature and intrauterine growth retardation? J Clin Endocrinol Metab 83: 1067 Spranger J (1997) Irrtümer der Skelettentwicklung. Monatsschr Kinderheilkd 145: 334 Witt DR, Keena BA, Hall JG, Allanson JE (1986) Growth curves for height in Noonan syndrome. Clin Genet 30: 150
Farbtafeln
Farbtafeln
3.2
1703
Immunologisch bedingte Hypersensitivitätsreaktionen vom Soforttyp Michael Sticherling
Zielzelle
Mastzelle
Zielorgan Allergen
glatte Muskelzelle
Konjunktivitis
Immunglobin E
Rhinitis
Drüsenzelle
Endothelzelle Histamin
Asthma bronchiale
Nervenzelle Quaddeln
A b b. 33.2-1. 2 11.. Organbeteiligungen der Hypersensitivitätsreaktionen vom om Soforttyp Ab 3.2
5.1
Grundlagen der Hämatopoese Daniel Re, Jürgen Wolf
Selbsterneuerung
Pluripotente hämatopoetische Stammzelle (long-term repopulating cell)
Apoptose
Pluripotente hämatopoetische Stammzelle (short-term repopulating cell)
Myeloide Vorläuferzelle
Lymphatische Vorläuferzelle
Megakaryozyt Erythroblast
Knochenmark Blut
B-Zelle
T-Zelle
NK-Zelle Basophiler Granulozyt
Eosinophiler Granulozyt
Neutrophiler Granulozyt
Monozyt/ Thrombozyt Makrophage
Wesentliche statistische Parameter zur Bewertung der Er Ergebnisse b einer Therapiestudie
Erythrozyt
1704
5.4
Farbtafeln
Störungen der Erythropoese – Anämien Norbert Frickhofen und Peter Staib
Normalsituation
Eisenmangelanämie
Anämie der chronischen Entzündung Makrophagen
Erythropoese Erythrozyten
Eisen
Abb. 5.4-3. Eisenmangelanämie ist Folge leerer Eisenspeicher. Die Anämie der chronischen Entzündung ist Folge einer gestörten Bereitstellung von Eisen aus übervollen Eisenspeichern („funktioneller Eisenmangel“)
6.8
Porphyrien Jorge Frank
A b b . 66.8-2. 8 22.. Blasen, Erosionen, Ulzerationen, Krusten, Milien und 6.8 hyperpigmentierte Narben an den Händen einer Patientin mit Porphyria variegata. Diese Effloreszenzen finden sich auch bei der Porphyria cutanea tarda
A b b . 66.8-3. 8 33.. Detailaufnahme der rechten Hand derselben Patientin 6.8 mit Porphyria variegata: prall gefüllte Blase, Erosionen, Ulzeration, m Kruste und hyperpigmentierte Narben. Die Effloreszenzen können K nicht von denen der Porphyria cutanea tarda differenziert werden n
Farbtafeln
1705
6.10 Glykogenspeichererkrankungen, Lipodystrophien und andere Fettgewebserkrankungen Armin Steinmetz und Hartmut Schmidt
Subkutanes Fettgewebe im Bereich Gesicht, Hals und Nacken
Acanthosis nigricans
Rectus abdominis sichtbar bei Verlust des subkutanen Fettgewebes im Bereich des Abdomens
Auffällige Venenzeichung bei Verlust des subkutanen Fettgewebes im Bereich der Extremitäten und Muskelhypertrophie insbesondere der Unterschenkel
Verlust des subkutanen Fettgewebes
Abb. 6.10-1. Patientin mit LMNA-assoziierter Lipodystrophie und klinischen linis Stigmata der Erkrankung, besonders Muskelrelief und hervortretende Venen als Ausdruck der Atrophie subkutaner Fettmasse
1706
Farbtafeln
6.13 Amyloidosen Jörg Beimler, Konrad Andrassy
A b b . 66.13-2. 13 22.. Makroglossie im Rahmen einer AL-Amyloidose 6.13
A b b. 66.13-5. 13 55.. Renale Amyloidose (Kongorot-Färbung, Lichtmikros6.13 k kopie)
A b b. 66.13-3. 13 33.. Periorbitale Purpura im Rahmen einer AL-Amyloidose Ab 6.13
7.13 SAPHO-Syndrom Johannes von Kempis
A b b . 77.13-1. 13 11.. 30-jährige Patientin mit stammaussparender Psoriasis 7.13 vulgaris seit 10 Jahren (hier am Unterschenkel), die seit 7 Jahren pustulöse Hautveränderungen an den Fußsohlen und eine skelettale Manifestation des SAPHO Syndroms mit Einbeziehung großer Anteile des Manubrium sterni und des rechten Sternoklavikulargelenks entwickelt hat. Eine Biopsie hatte vor 7 Jahren den Befund einer sterilen Osteomyelitis des Sternums erbracht. Nachkontrollen über weitere 5 Jahre nach dieser Aufnahme zeigten eine nachlassende Intensität der über die ersten 2 Jahre sehr intensiven Schmerzen im Bereich der oberen Thoraxapertur
A b b. 77.13-2. 13 22.. Detailaufnahme des Fußsohleninnenrandes von Abb. 7.13 77.12-1. Charakteristische pustulöse Hautveränderungen mit teilweisse oberflächlicher Verschorfung
Farbtafeln
8.1
1707
Hypothalamus und Hypophyse J. Schopohl und S. Petersenn
1 11.. DifferentialA b b. 88.1-1. 8.1 diagnostik der Hyperprolaktinämie
medikamentös
Prolaktinom
Raumforderungen
Prolaktin≠
?
Leberzirrhose
idiopathisch
Niereninsuffizienz
8.5
Hypothyreose
NN-Insuffizienz
Störungen der weiblichen Gonaden Wolfgang Wuttke und Bernd Hinney
A b b. 88.5-2. 5 22.. Bluthormonspiegel im Verlauf eines Menstruationszyk8.5 llus. In der Follikelphase reift ein Follikel zum Tertiärfollikel heran, der zunehmend Östradiol produziert. Dadurch wird das Endomed ttrium zur Proliferation gebracht. Schließlich schüttet die Hypophyse mittzyklisch vermehrt LH und FSH aus und löst somit die Ovulation m aaus. Der rupturierte Follikel wird zum Corpus luteum, das viel Proggesteron bildet. Dadurch wird das proliferierende Endometrium in eein sekretorisches umgewandelt. Erhöhte Progesteronspiegel bewirken auch die leichte Anhebung der basalen Körpertemperatur w (BKT). Die Menstruationsblutung (durch dicke Abszissenlinie markkiert) ist eine Östrogen-Progesteronentzugsblutung
100 LH [mlE/ml] 50
FSH [mlE/ml] 10 400 Ötradiol [mlE/ml] 200 20 Progesteron [mlE/ml] 10 BKT [°C] 37,0 36,5
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 28 Blutung
[Tage] Ovulation
1708
9.1
Farbtafeln
Ösophaguserkrankungen Thomas Frieling, Stephan Petrasch und Thomas Rösch
A b b. 99.1 1 66.. Banding-Therapie bei Ösophagusvarizen Ab 9. 9.1-6.
A b b. 99.1-7. 9.1 77.. Flache Banding-Ulzera nach Therapie von Ösophagus9.1 v varizen
A bb. 99.1-8. 1 88.. Narbenzustand nach Banding-Therapie von ÖsophagusAb 9.1 varizen
A b b. 99.1-9. 1 99.. Mallory-Weiss-Einriss (Pfeile) 9.1
Farbtafeln
A b b. 99.1-11. 1 11 Ab 9.1 11.. Frühkarzinom an der Kardia (Pfeile)
1709
A b b . 99.1-12. 1 12 12.. Frühkarzinom an der Kardia, Markierung vor EMR 9.1
A b b. 99.1-13. R 9.1 9.1 13 13. 3.. Frühkarzinom an der Kardia nach ausgedehnter EMR A b b . 99.1-14. 1 14 9.1 14.. Metallstent im Ösophagus bei stenosierendem Ösop phaguskarzinom
1710
Farbtafeln
A b b. 99.1-16. 1 16 9.1 16.. Argon-Beamer-Therapie bei Ösophaguskarzinom
A b b. 99.1 1 15 115.. Radiologisches Bild eines Metallstents in situ (über das Ab 9.1-15. Endoskop wird Kontrastmittel instilliert)
A b b. 99.1-17. 1 17 9.1 17.. Schematische Darstellung der endoskopischen Nahttherapie bei Reflux
Farbtafeln
1711
1 18 A b b . 99.1-18. 9.1 18.. Schematische Darstellung der endoskopischen Radiofrequenztherapie bei Reflux
A b b . 99.1-19. 1 19 9.1 19.. Zenker-Divertikel vor endoskopischer Therapie mit liegender Magensonde
A b b. 99.1-20. Ab 9.1 9.1 20 20. 0.. Zenker-Divertikel unter endoskopischer Spaltung des Stegs mit Argon-Beamer
1712
9.4
Farbtafeln
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen Wolfgang Kruis, Klaus Herrlinger und Eduard F. Stange
Abb. 9.4-4. Colitis Crohn
10.4 Alkoholbedingte Lebererkrankungen Wilfried Grothe und Wolfgang E. Fleig
A b b. 10 4 11.. Alhoholbedingte Fettleber 10.4-1. 10.4
A b b. 10 4 22.. „Apoptotic bodies“ einer Alkoholhepatitis 10.4-2. 10.4
A b b. 10 4 33.. Alkoholbedingte Leberzirrhose mit „Säüfereisen“ 10.4-3. 10.4
Farbtafeln
1713
10.7 Portale Hypertension Norbert Steudel und Wolfgang E. Fleig
a)
b)
c)
A b b. 10 7 11a c.. Ösophagusvarizen. a Ausgedehnte große Ösophagusvarizen 10.7-1a–c. usvar sva ohne aktuelle Blutung; b frische Sickerblutung aus ÖsophagusAb 10.7 varizen direkt am ösophagokardialen Übergang mit sog. Dünnstellen („r („red spots“); c Varizen unmittelbar nach endoskopischer Gummibandligatur
12.3 Bronchitis, Bronchiolitis und Lungenemphysem Adrian Gillissen und Stefan Zielen
a
b
c
Abb. 12.3-4. a Peribronchiale Infiltrationen und Überblähung nach h sc schwerer Adenovirusbronchiolitis bei einem zwei Jahre alten Kleinkind. b Im HR-CT finden sich milchglasartige Eintrübungen mit üb überblähten Bezirken sowie infiltrative Veränderungen re > li. c Die histologische Untersuchung zeigt neben der Bronchiolitis obliterans ns eeinen bronchiektatischen Umbau der Lunge. In der Langzeitfolge sind Gedeihstörungen und Thoraxdeformierungen nicht selten
1714
Farbtafeln
13.10 Periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) Curt Diehm
Abb. 13.10-5. Vorfußnekrose bei einem 23-jährigen Studenten mit Verschlüssen aller drei Unterschenkelarterien beidseits bei TAO
A b b. 13 13.10-6. 13.10 3.100 66.. Zustand nach erfolgreicher kombinierter konservativer und chirurgischer Therapie (Grenzzonenamputation) mit guter Abheilung trotz ausschließlicher Versorgung beider Unterschenkel und Vorfüße über Korkenzieherkollateralen
Farbtafeln
1715
10 99.. „KorkenzieherA b b . 13 13.10-9. 13.10 kollateralen“ in farbkodierter Duplexdarstellung
13.11 Venenerkrankungen Thomas Weiss
Abb. 13.11-1. Exprimieren von Koageln bei Thrombophlebitis
Arzneistoff- und Medikamentenverzeichnis
1717
Arzneistoff- und Medikamentenverzeichnis
A Aarane 986 Abacavir 92, 1615 Abciximab 1133, 1144, 1145 Abilify 1348 Acamprosat 1357, 1360 Acarbose 413 Accupro 1154 ACE-Hemmer 28, 415, 417, 607, 625, 858, 906, 910, 937, 942, 1104–1106, 1108, 1119, 1122, 1136, 1140, 1141, 1152–1155, 1157, 1160, 1187, 1198, 1199, 1201, 1203, 1421, 1423, 1503, 1639, 1643, 1644, 1663, 1679 Acemetacin 437 Acenocoumarol 384 Acerbon 1154 Acetaminophen 862, 1542 Acetazolamid 1241, 1502 Acetylcholin 650, 871, 1211 Acetylcholinesterasehemmer 1288, 1290, 1305, 1316, 1398 Acetylcholinrezeptoragonist 149 Acetylcystein 998, 1487 Acetylsalicylsäure (ASA) 147, 169, 173, 255, 279, 281, 311, 333, 368, 372, 377, 380, 384, 446, 525, 526, 583, 978, 979, 983, 1002, 1130, 1133, 1134, 1136, 1137, 1144, 1198, 1202, 1256, 1257, 1261, 1427, 1432, 1687 Aciclovir 28, 69, 77, 78, 89, 90, 117, 118, 684, 823, 1032, 1236, 1449, 1453, 1481, 1516, 1557, 1611, 1612 Acifugan 439 Acitretin 1426, 1429, 1439 Acrylnitril 831, 1540 Actimid 364 Actinomycin D 1653 Actonel 491 Acyclovir, s. Aciclovir Acylaminopenicillin 77, 82 Acylureidopenicillin 1031, 1033, 1034 Adalat retard 1154 Adalimumab 517 Adek-Falk 669
Adenosin 1052, 1091, 1092, 1095, 1679 Adenosinantagonisten 902 Adjuvanzien 259, 1628 Adornkrautextrakt 989 Adrenalin 122, 137, 139, 458, 650, 728, 805, 902, 981, 1103, 1420–1422, 1463, 1474, 1487, 1489, 1527, 1564, 1639 Adrenergika 1534 Adriamycin 200, 203, 204, 228, 229, 237, 238, 247, 285, 351, 352, 362, 713, 886, 1064, 1068, 1122, 1443, 1652, 1653 Adstringenzien 182 Aerius 987 Aerodur 986, 987 Aerolizer 987 Agenerase 92 Aglucerase 330 Agnolyt 633 Agnucaston 633 Ajmalin 15, 1092, 1094, 1095, 1288 Akineton 1215, 1538 Aktivkohle 516, 1538 Albendazol 72, 96, 97, 102, 1623, 1624 Albumin 25, 464, 857, 858, 867– 869, 909, 918, 929, 1498 Alcuronium 28 Aldactone 50 1050 Aldara 801 Aldosteron 1106 Aldosteronantagonist 856 Alefacept 537, 1423 Alemtuzumab 194, 265, 346 Alendronat 292, 487, 491, 492 Alfacalcidol 668, 909 Alfaré 1564, 1576 Alfentanil 15 Alimata 233 Alizaprid 251 Alkalizitrat 945 Alkohol 15 Alkoholderivate 1371, 1372, 1375 Alkylanzien 181, 191, 279– 281, 286, 309, 350, 1002, 1650 Alkylphosphat 1534
Alkylsulfonat 191 Allantoin 440 Allergodil 987 Allergospasmin 986, 987 Allethrin 1450 Allopurinol 309, 384, 438– 440, 458, 518, 862, 924, 932, 940, 946, 954, 1289 Allyamine 1450 Almirid Cripas 1214 Almitrine 1060, 1183 Almotriptan 1258 Alosetron 797, 806 Alpha-1-Blocker 256 Alphablocker 608, 967, 973 Alphacalcidol 670, 671 Alprazolam 15, 24, 539, 1315, 1362, 1515 Alprenolol 15 Alprostadil 1167, 1170 Alteplase 1134, 1513 Altinsulin 410, 1526 Aludrox 670 Aluminiumhydroxid 670, 699 Aluminiumhydroxidlösung 155 Alveofact 1553, 1554 Amantadin 28, 68, 69, 980, 1032, 1215, 1216, 1516, 1517 α-Amantadin 865 Amantadinhemisulfat 1221 Ambenoniumchlorid 1288 Ambisome 99, 1117 Ambroxol 451, 989, 990, 998 AMCHA 386 Amidazol-Antimykotikum 15 Amifostin 284, 286 Amikacin 44, 50, 57, 66, 67, 80, 89, 452, 684, 962, 1032, 1034, 1621 Amilorid 24, 603, 856, 931, 1023, 1198 Aminochinolin 101 Aminoglutehimid 600, 611 Aminoglykosid 14, 24, 28, 44, 49, 50, 57, 64, 77, 80, 82, 250, 328, 368, 451, 452, 455, 507, 778, 824, 852, 868, 902, 962, 999, 1023, 1031, 1033, 1034, 1115, 1117, 1231, 1288, 1625, 1637
1718
Arzneistoff- und Medikamentenverzeichnis
Aminoguanidinindol 797 Aminopäd 1566 Aminopenicillin 43, 45, 57, 82, 105, 106, 107, 325, 962, 978, 979, 993, 1030, 1033, 1034, 1625, 1632 Aminophyllin 1516 4-Aminopyridin 1227 Aminosalicylat 763, 764, 766, 770 5-Aminosalicylat 768, 772 5-Aminosalicylsäure 744, 763, 764, 769, 1581 Aminosäure 424, 430– 432, 1568 Aminosidinsulfat 97, 99, 100 Aminosulprid 1314 Aminothiol 286 Aminoven infant 1566 Amiodaron 15, 16, 24, 25, 368, 384, 573, 579, 583, 862, 1001, 1002, 1004, 1057, 1071, 1088–1092, 1094, 1095, 1107, 1121, 1126–1128, 1280, 1432, 1464, 1528, 1642, 1679 Amisulprid 24, 1313, 1348, 1349 Amitriptylin 14, 15, 17, 24, 149, 257, 538, 552, 718, 798, 1262, 1263, 1281, 1288, 1291, 1307, 1312, 1337, 1372, 1432 Amitriptylinoxid 1335 Amlodipin 15, 1106, 1141, 1154, 1155, 1184, 1510 Amoxicillin 43, 46, 59, 62, 63, 69, 80, 106, 118, 249, 705, 706, 706, 778, 862, 869, 960, 962, 978– 980, 993, 1022, 1029, 1030, 1034, 1037, 1039, 1118, 1234, 1447, 1574, 1618, 1624 Amoxicillinclavulansäure 80 Amoxiclavulant 1630 Amoxycillin, s. Amoxicillin Amphericin 78 Amphetamin 15, 806, 1207, 1304, 1353, 1516, 1534, 1535, 1687, 1697 Amphomoronal 1450 Amphotericin 100, 1622 Amphotericin B 51, 77, 78, 89, 99, 109, 249, 250, 509, 684, 868, 869, 1002, 1035, 1116, 1117, 1516, 1601 Amphotericin B, liposomales 102 Ampicillin 43, 45, 46, 50, 57, 59, 69, 78, 80, 81, 106, 107, 109, 118, 824, 913, 924, 962, 979, 1030, 1034, 1035, 1039, 1117, 1231, 1232, 1235, 1479, 1555–1557, 1617, 1618, 1621, 1625, 1631, 1632, 1661, 1679 Amprenavir 92, 93, 1615
Amrinone 1489 Amuno 1429 Anabolika 831 Anafranil 257, 1335 Anagrelid 279, 280, 281 Analgetika 15, 24, 34, 69, 308, 327, 368, 414, 498, 529, 539, 652, 778, 872, 882, 925, 945, 1002, 1144, 1256, 1260, 1274, 1288, 1516, 1624 Analgetika, antipyretische 254, 255 Anaritide 903 Anästhetika 14, 182, 332 Anastrozol 199, 203, 204 Andriol 617 Androcur 657, 658 Androderm 617 Androgen 146, 219, 284, 289, 307, 314, 1595 Androgenderivat 139, 146 Androgenrezeptor 659 Androtop 617 Anemet 252 Anethol 989 Anexate 1539 Angiotensin 54, 846, 1155 Angiotensin-II-Antagonist 858 Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten 910 Angiotensin-II-Rezeptorblocker 918 Angiotensinrezeptorantagonist 417, 625, 1142 Antabus 34, 1356 Antazida 368, 384, 680, 699, 701, 717, 1580 Anthelios 60 447 Anthelminthika 24, 43 Anthrazyklin 192, 199, 204, 224, 229, 278, 285, 315, 318, 320, 322, 350, 480, 888, 1122, 1123, 1226 Antiandrogen 219, 657 Antianginosa 24 Antiarrhythmika 24, 28, 136, 1002, 1088, 1092, 1093, 1107, 1121, 1122, 1128, 1288, 1463, 1464, 1679 Antibiotika 24, 27, 43, 46, 47, 49, 55, 62, 63, 64, 68, 74, 76, 79, 104, 105, 106, 107, 108, 110, 111, 116, 117, 123, 128, 132, 137, 138, 161, 175, 191, 248, 249, 284, 320, 327, 328, 368, 369, 371, 378, 384, 451, 452, 507, 532, 542, 705, 706, 717, 735, 737, 744, 754, 764, 766, 774, 778, 802, 807, 810, 824, 831, 847, 852,
867, 869, 924, 928, 961, 977, 979, 980, 981, 991, 998, 1002, 1020–1023, 1030, 1038, 1122, 1142, 1230, 1231, 1233, 1288, 1424, 1425, 1493, 1516, 1528, 1555, 1560, 1563, 1576, 1582, 1601, 1624, 1625, 1626, 1628, 1637, 1643, 1679 Anti-CD20-Antikörper 372 Anticholinergika 256, 452, 967, 990, 992, 1215, 1217, 1291, 1349, 1464, 1474, 1494, 1516, 1534, 1687 Anticholium 1540 Antidementiva 1397, 1398 Antidepressiva 14, 24, 25, 155, 257, 328, 414, 562, 717, 718, 798, 1221, 1263, 1288, 1311–1313, 1316, 1333, 1349, 1364, 1371, 1374, 1375, 1379, 1390, 1392, 1394, 1398, 1432, 1518, 1580, 1697 Antidepressiva, sedierende 1372 Antidepressiva, selektive 1335 Antidepressiva, Serotonin-selektive 1337 Antidepressiva, tetrazyklische 24, 1393, 1517 Antidepressiva, trizyklische 24, 257, 552, 604, 746, 862, 967, 1120, 1122, 1261, 1263, 1277, 1281, 1335, 1337, 1362, 1393, 1404, 1516, 1534, 1535, 1687 Antidiabetika 24, 34, 453, 1021 Anti-D-Immunglobulin 368 Antidotum Thallii-Heyl 1539 Antiemetika 24, 552, 1220, 1256, 1274 Antiepileptika 24, 28, 616, 681, 1221, 1250, 1281, 1282, 1288, 1517 Antifibrinolytika 369, 376, 377, 379 Antihistaminika 24, 122, 135, 137, 138, 179, 256, 332, 334, 743, 987, 1371, 1372, 1375, 1420–1422, 1432, 1489, 1516, 1564, 1612 Antihyperhydrotika 256 Antihypertensiva 149, 161, 414, 608, 910, 928, 942, 943, 1152, 1155, 1158, 1159, 1162, 1209, 1216, 1370, 1510, 1511, 1524 Antikoagulanzien 24, 25, 292, 377, 380, 1072, 1120, 1170 Antikoagulation 387 Antikonvulsiva 257, 258, 298, 303, 303, 368, 414, 433, 666, 669, 831, 924, 1002, 1240, 1241, 1243–1245, 1250, 1391, 1400, 1401, 1419, 1420, 1516, 1560, 1580 Antilymphozytenglobulin 78, 286, 288
Arzneistoff- und Medikamentenverzeichnis
Antimalariamittel 144, 152, 533, 536, 1221, 1288, 1425, 1431 Antimalarika 145, 146 Antimetabolit 191, 318 Anti-Migräne 24 Antimon 100 Antimykotika 24, 28, 43, 76, 452, 831, 1021, 1450, 1601 Antineoplastika 24 Antiöstrogen 24, 623 Antioxidanzien 284, 414, 455, 781, 837, 884, 1142, 1214 Anti-Parkinson-Mittel 24, 1516 Antiphlogistika 182, 437, 438, 573, 579, 583, 782, 801, 925, 945, 1429, 1516 Antiphlogistika, nichtsteroidale 143, 152, 181, 182, 184, 252, 292, 296, 327, 332, 503, 509, 513, 521, 529, 532, 535, 542, 583, 765, 978, 979, 1130, 1171, 1259, 1398, 1432, 1612 α1-Antiproteasenkonzentrat 464 Antiproteasen 455, 1023 Antiprotozoika 43 Antipruriginosa 1612 Antipsychotika 24, 1311, 1313, 1316, 1347, 1349, 1432, 1514, 1515, 1518 Antipyretika 69, 74, 1528, 1624 Antirheumatika 34, 110, 159, 367, 368, 507, 924, 1002, 1288, 1503 Antirheumatika, nichtsteriodale 498, 699, 701, 773, 913, 1263 Antiseptika 1422, 1445, 1448 Antisympathotonika 1154, 1155, 1158 Antithrombin 253, 1058, 1487 Antithrombotika 368 Antithymozytenglobulin 164, 284, 286, 921 Anti-T-Lymphozytenglobulin 955 α1-Antitrypsin 994 Antitussiva 989 Antivertiginosa 1275 Antometabolit 181 Antra 1572, 1573, 1575, 1579 Antrachinon 285 Antrazyklin 191 Anvitoff 386 Anxiolytika 24, 1432 Apalcillin 49 Aparaginase 1650 Apl 670 APO-go 1214 Apomorphin 624, 1214, 1215 Aponal 1335, 1372
Aprepitant 250 Aprotinin 386, 464, 880 Aprovel 1154 Arabinosylcytosin (Ara-C) 278, 285, 286, 318, 320–322 Arachidonsäure 703 Aredia 491, 662, 665 Arginin 431 Argininhydrochlorid 427 Argipressin 1530 Aricept 1397 Arilin 98 Aripiprazol 1348 Aromatasehemmer 204 Arsen-Trioxid 364 Artane 1215, 1217, 1291 Artemether 100 Arylamin-N-Acetyltransferase (NAT2) 13 ASA 333 Ascorbinsäure 295, 399, 400, 946 Asmanex 986, 987 Aspirin 20, 122, 255, 532, 704, 916, 918, 924, 1141, 1178, 1179, 1202, 1207, 1257, 1432 ASS (s. auch Acetylsalicylsäure) 173, 280, 281, 308, 368, 415, 417, 1198, 1199, 1203, 1259, 1274 Astemizol 15, 135 Astonin H 596, 1598 AT 253 AT1-Blocker 1106 AT1-Rezeptorantagonisten 1503 AT1-Rezeptorblocker 1153–1155, 1157, 1158, 1160 AT2-Blocker 607 Atazanavir 92 Atemur 986 Atenolol 24, 28, 588, 1108, 1140, 1154, 1155, 1198, 1510, 1644 Äthanol 1687 Äthinylestradiol 640, 643 Äthoxysklerol 687 Äthylenglykol 1500, 1542 Atlizumab 364 Atomoxetin 1697 Atorvastatin 15, 24, 420, 421, 1141 Atosil 1348, 1372 Atovaquon 71, 89, 90, 100, 102, 118, 1035, 1238 Atropa belladonna 989 Atropin 607, 1136, 1464, 1488, 1516, 1544, 1687 Atropinsulfat 1538
1719
Augmentan 1022 Aurorix 1335 Austauscherharz 423 Auxiloson 1539 Avonex 1224, 1225 Axura 1397 Azactam 1022 5-Azacytidin 284, 287 Azathioprin 14, 24, 144–147, 149, 150, 155, 164–170, 172, 173, 175–177, 181, 182, 184, 185, 302, 303, 309, 311, 367, 368, 377–379, 438, 518, 522, 529, 530, 532, 536, 537, 542, 744, 763, 764–766, 769–773, 828, 829, 845, 861, 876, 910, 921, 922, 940, 954, 955, 981, 1002, 1004, 1012, 1027, 1119, 1124, 1227–1229, 1283, 1284, 1289, 1426, 1429–1432, 1434, 1435, 1571, 1582, 1636 Azelastin 135, 138, 987 Azetazolamid 1273, 1288 Azeton 16 Azetylsalizylsäure, s. Acetylsalicylsäure 252 Azidothymidin 1616 Azithromycin 44, 46, 56, 57, 60, 62, 63, 71, 72, 88–90, 106, 452, 978, 980, 1029–1031, 1035, 1451, 1453, 1454, 1618, 1621, 1624 Azlocillin 50, 451, 1022, 1116, 1117 Azol 76, 117, 1450 Aztreonam 28, 44, 80, 452, 1022, 1034 Azulfidin 121, 1002, 1581
B Bacitracin 1616 Baclofen 681, 967, 1218, 1278, 1298, 1305, 1670 Baldrian 1372 Balsalazid 763 Barbiturat 16, 136, 384, 525, 853, 1120, 1313, 1516, 1535, 1687, 1687 Basiliximab 955 Bayotensin 1154 BCNU 371 Beclometason 986, 991, 992 Beclometasondipropionat 138, 1269, 1633 Beconase 1269 Belladonna-Alkaloide 1516 Beloc 1154, 1220
1720
Arzneistoff- und Medikamentenverzeichnis
Benadon 1540 Bendamustin 191, 363 Benfotiamin 398, 1282 Benperidol 1348 Benproperin 989 Benserazid 1212, 1373, 1375 Benuron 255, 1208, 1257 Benzamidderivativ 798 Benzamide 1313 Benzathin 106 Benzathin-Penicillin 62, 525, 526 Benzatropin 1516 Benzbromaron 438, 439 Benzimidazol 97 Benznidazol 825 Benzodiazepine 24, 102, 252, 525, 853, 981, 1154, 1155, 1243, 1288, 1313, 1316, 1337, 1347, 1354, 1355, 1359, 1360, 1362, 1371, 1375, 1394, 1398, 1432, 1482, 1514–1518, 1535, 1667 Benzodiazepinhypnotika 1372, 1373 Benzodiazepinrezeptoragonisten 1398 Benzodiazepinrezeptorantagonist 853, 868 Benzofuran 797 Benzylbenzoat 1450 Benzylpenicillin 106, 1445 Bepanthen 1429 Beraprost 1184 Beriglobin 125 Berliner Blau 1539 Betablocker 18, 24, 28, 414, 415, 608, 625, 688, 847, 848, 907, 910, 1088, 1089, 1093, 1095, 1106, 1108, 1122, 1123, 1126, 1127, 1135, 1136, 1137, 1139, 1141, 1144, 1162, 1198, 1262, 1288, 1305, 1362, 1422, 1425, 1508, 1510, 1516, 1528, 1640, 1642–1644, 1663 Betacaroten 447 Betaferon 1224 Betahistin 1273 Betalaktamantibiotika 34, 49, 50, 64, 107, 369, 507, 1115, 1117, 1637 Betalaktamasehemmer 43, 45, 49, 82, 105–108, 325, 962, 978, 998, 1030, 1031, 1033, 1034, 1037, 1039, 1625, 1632 Betamethason 146, 147, 1522 Betarezeptorenblocker 571, 582, 583, 588, 589, 606, 607, 1104, 1105, 1140, 1154–1156, 1160, 1261, 1423 Betaseron 1225
Betasympatholytika 1112 Bethanechol 1281 Betnesol 1430 Bevacizumab 194, 265, 790 Bexaroten 1443 Bezafibrat 28, 421 Bicarbonat 851, 909, 932, 947, 1498–1502, 1527, 1681 Bidocef 1022 Bifiteral 1580 Bikalm 1372 Binotal 1232 Biotin 127, 399, 431, 1561 Biperiden 24, 1215, 1349, 1516, 1538 Bismut 718 Bismutsubsalicylat 698, 706, 718 Bismutsubzitrat 698, 706 Bisoprolol 1105, 1140, 1154, 1155 Bisphosphonat 204, 257, 363, 455, 487, 489, 490, 491, 494, 542, 661, 665, 666, 1014, 1673 Bleomycin 28, 191, 213, 241, 247, 251, 341, 350, 371, 686, 1001, 1002, 1057, 1072, 1122, 1439, 1441, 1444 Blopress 1154 Blutdrucksenker 34 Bolulinumtoxin 967 Bombesin 1381 Bondiol 668 Bondronat 662 Bonefos 662 Bortezomib 364 Bosentan 159, 1052, 1053, 1184 Botox 1218 Botulinumtoxin 801, 1218, 1220, 1261–1263, 1281, 1291, 1293, 1297, 1307, 1670 Botulinus-Antitoxin 1538 Bradykinin 1489 Braun Omnifix 257 Breitspektrumantibiotika 119, 778, 779, 978, 1573 Breitspektrumcephalosporin 49, 50 Breitspektrumpenicillin 49, 50, 1632 Brevibloc 1112 Brivudin 1449, 1612 Brom 1241 Bromazepam 24, 539, 1515 Bromhexin 150, 989, 990, 998 Bromide 1516 Bromocrel 632 Bromocriptin 24, 553, 554, 588, 632, 1214, 1243, 1373, 1375, 1431, 1517
Bromohexin 150, 151 Bromperidol 1348 Bronchodilatator 24, 452, 1679 Brotizolam 1372 Bryonia 989 Budesonid 138, 763, 764, 767–770, 772, 774, 829, 986, 990, 992, 1539, 1582, 1633 Budipin 1215 Bupivacain 880 Buprenorphin 254, 256, 257, 880, 882, 1358 Bupropion 15, 990 Buspiron 24, 1315, 1362 Busulfan 191, 251, 278, 280, 1002, 1004, 1122 Butylscopolamin 967 Butyrophenone 24, 1313, 1347 Butyrylcholinesterase 1397
C Cabaseril 1214 Cabergolin 553, 557, 632, 1213–1215 Caelyx 202 Calcifediol 668 Calcimimetika 909 Calcineurin 953 Calcineurininhibitor 845, 953 Calcipotriol 1429 Calcitrat 670 Calcitriol 493, 536, 663, 667–671, 673, 876, 908, 909, 1605 Calcium 455 Calcium Vitis 1539 Calciumfolinat 1438 Calicheamicin 320 Campath-1H 347 Camptothecin 191, 192, 788 CaNa2-EDTA 926 Candesartan 1108, 1109, 1154 Cannabinoide 1353, 1535 Capasaicin 967 Capecitabin 202–204, 787, 788, 965 Capreomycin 66, 67 Capros 256 Capsaicin 1270, 1281, 1282 Captopril 14, 33, 159, 327, 924, 1105, 1154, 1155, 1159, 1510, 1639 Carbachol 256 Carbamaten 1540
Arzneistoff- und Medikamentenverzeichnis
Carbamazepin 15, 24, 258, 384, 433, 562, 1002, 1241–1244, 1250, 1274, 1278, 1281, 1288, 1305, 1307, 1313, 1316, 1339, 1354, 1360, 1373, 1375, 1391, 1400, 1401, 1419, 1517, 1536, 1667 Carbamizol 327 Carbapeneme 45, 49, 50, 77, 82, 451, 507, 998, 1031, 1034 Carbicarb 1501 Carbidopa 428, 1212, 1214, 1373, 1375, 1516, 1586, 1671 Carbimazol 571, 1597 Carbinoxamin 989 Carbo medicinalis 1538, 1544 Carbocamid 797 Carbocystein 990 Carbonatsalz 667 Carboplatin 28, 191, 192, 228, 234, 241, 247, 251, 611, 1064, 1065, 1444, 1652 Carboplatin-Mono 212 Carmen 1154 Carmustin 191, 251, 480, 1443 Carvedilol 15, 24, 415, 1105, 1108, 1140, 1154 Caspofungin 78, 249, 1035 Catapressan 1154 CCKKA-Antagonist 721 Cefaclor 80, 978, 989, 1661 Cefadroxil 1022 Cefalexin 44 Cefazidim 1625 Cefazolin 44, 80, 81, 107, 1035 Cefepim 44, 77, 80, 250, 452, 1034 Cefixim 80, 1451 Cefoperazon 49, 50 Cefotaxim 44, 45, 49, 80, 89, 107–111, 868, 1031, 1034, 1116, 1117, 1231, 1232, 1234, 1235, 1479, 1555, 1618, 1619, 1625, 1626 Cefotiam 44, 81, 508, 1030, 1034, 1035, 1235 Cefoxitin 44 Cefpodoxim-Proxetit 44, 46 Cefsulodin 50 Ceftazidim 44, 49, 50, 77, 80, 109, 111, 451, 452, 962, 998, 1022, 1031, 1034, 1116, 1232 Ceftibuten 44 Ceftriaxon 24, 45, 49, 50, 62, 89, 109, 110, 508, 810, 875, 1029, 1031, 1032, 1034, 1037, 1115–1117, 1231, 1232,
1234, 1235, 1238, 1282, 1447, 1451, 1454, 1479, 1618, 1619, 1621, 1625 Ceftriazon 59, 62, 63, 78 Cefuroxim 44–46, 62, 63, 106, 868, 981, 1030, 1034, 1447, 1626, 1630 Cefuroxim axetil 80, 979 Celecoxib 15, 437, 498, 514, 529, 782, 924 CellCept 1290, 1431, 1432 Cephalexin 118, 962, 1516 Cephalosporine 24, 28, 34, 44, 57, 80, 82, 104, 105, 117, 118, 310, 327, 328, 451, 507, 525, 778, 847, 924, 937, 960, 962, 978, 993, 998, 1030, 1033, 1034, 1039, 1115, 1117, 1235, 1445, 1616–1620, 1624, 1625, 1631, 1632, 1661 Cerazette 643 Ceredase 330 Cerezymel 330 Cerimelin 150, 151 Cerivastatin 15 Certoparin 1176 Cetacel 224 Cetirizin 135, 138, 139, 179 Cetrotid 635 Cetuximab 194, 241, 265, 792 Cevimelin 149 Chelatbildner 926, 1561 Chelatkomplexbildner 1125 Chinidin 15, 16, 100, 101, 310, 384, 1288, 1516, 1536 Chinin 100–102, 371, 1288, 1536 Chinin-Dihydrochlorid 101 Chinin-Hydrochlorid 101 Chinin-Sulfat 101 4-Chinolinmethanol, fluoriertes 101 Chinolon 49, 50, 56, 57, 76, 77, 248, 937, 993, 1021 Chloraldurat 1372 Chloralhydrat 1372 Chlorambucil 24, 146, 155, 181, 182, 191, 224, 251, 280, 310, 345, 346, 347, 350, 351, 726, 913–915, 923, 1002, 1004, 1442 Chloramphenicol 57, 59, 63, 64, 327, 1620 Chlordiazepoxid 24, 1002, 1315, 1354 Chlorhenamin 989 Chlorhexidin 1445 Chlorid 667 Chlormadinonacetat 642
1721
2-Chlorodeoxyadenosin 251, 336, 348, 350 Chloroquin 13, 24, 100–102, 145, 155, 439, 447, 515, 536, 662, 1122, 1288, 1423, 1426, 1427, 1431, 1516, 1536 Chlorozotocin 760, 1002 Chlorphenamin 989 Chlorpheniramin 1516 Chlorpromazin 24, 447, 1288, 1313, 1347 Chlorpropamide 1432, 1516 Chlorprothixen 24, 1314, 1348, 1372, 1514, 1515 Chlorthalidon 24, 1154, 1155 Chlorzoxazon 15 Cholekalziferol 400, 667, 669 Cholesterinabsorptionshemmer 421 Cholesterinsenker 1398 Cholesterolsynthesehemmer 1107, 1141 Cholestyramin 255, 384, 421, 516, 699, 701, 753, 754, 774, 775, 809, 820, 830, 876, 1563, 1580, 1582 Cholezystokinin 1381 Cholezystokinin-A-Antagonist 798 Cholinergika 256, 1687 Cholinesterasehemmer 24, 1396 Chondroprotektiva 498 Choragon 617, 634 Ciatyl 1348 Ciclopiroxolamin 1450 Ciclosporin 24, 136, 139, 144, 181, 182, 187, 371, 416, 542, 763, 764, 765, 770–772, 829, 903, 957, 1283, 1426, 1434, 1436, 1571, 1612 Ciclosporin A 14, 15, 145–147, 149, 150–152, 155, 158, 164–167, 169, 173, 184, 284, 286, 288, 311, 336, 368, 379, 516, 518, 520, 522, 535, 576, 769, 876, 910, 913, 915, 917, 918, 921, 923, 953, 1010, 1027, 1227, 1290, 1422, 1423, 1427, 1430, 1431, 1582, 1602 Cidofovir 70, 78, 89, 90, 118, 1613 Cilansetron 797 Cilastatin 44, 46, 109, 1031, 1034 Cilastin 28, 80 Cimetidin 28, 136, 368, 384, 552, 924, 1420–1422, 1516 Cinacalcet 909 Cineol 989, 990 Cinnarizin 1317 Cipralex 1335 Cipramil 538, 1335
1722
Arzneistoff- und Medikamentenverzeichnis
Ciprobay 1022, 1232, 1582 Ciprofloxacin 16, 24, 28, 45, 46, 56, 59–61, 64, 66, 80, 89, 90, 107–109, 111, 117, 248–250, 325, 378, 380, 439, 452, 508, 509, 532, 684, 735, 737, 747, 763, 764, 778, 824, 869, 875, 924, 961, 962, 998, 1022, 1031, 1032, 1034, 1035, 1037, 1117, 1232, 1451, 1452, 1454, 1582, 1601, 1618, 1621, 1622 Cisaprid 15, 24, 415, 716, 720, 747, 797, 1572 Cisplatin 24, 191, 192, 213, 224, 225, 228, 233, 234, 241, 242, 247, 251, 286, 611, 666, 686, 722, 723, 760, 789, 888, 893, 1064, 1065, 1068, 1122, 1438, 1439, 1441, 1444, 1652 Cisplatin-Mono 234 Citalopram 15, 24, 1312, 1315, 1335, 1337, 1363, 1374, 1393, 1399 Citrullin 1592 Civamide 1270 Cladribin 334, 336, 347, 348, 350, 1227 Claforan 1232 Clarithromycin 15, 16, 24, 44, 46, 56, 60, 71, 72, 88–90, 117, 118, 508, 509, 525, 705, 706, 978, 980, 1029–1031, 1035, 1574, 1575, 1618, 1622 Clarytin 1432 Claversal 1581 Clavulansäure 43, 46, 106, 249, 778, 862, 962, 979, 1022, 1030, 1034, 1232, 1625 Clemastin 24, 135, 136, 761, 1421 Clemizolpenicillin 1453 Clexane 1176, 1655 Clindamycin 24, 44, 45, 49, 50, 71, 78, 80, 82, 89, 90, 101, 106, 107, 109, 111, 117, 325, 327, 507, 779, 979, 1031, 1035, 1037, 1039, 1118, 1235, 1238, 1445, 1447, 1601, 1616, 1626 Clinovir 658 Clioquinol 1447 Clobazam 24, 1241, 1667 Clobetasolproprionat 1435 Clobutinol 988, 989 Clodronat 205, 662 Clofazimin 66, 67, 1427, 1621, 1622 Clofibrat 24, 28 Clomethiazol 24, 1355, 1360, 1400, 1401, 1411
Clomifen 634, 635, 644 Clomipramin 15, 16, 24, 257, 328, 882, 1315, 1335, 1337, 1362, 1363, 1373, 1394 Clonazepam 258, 1218, 1220, 1241, 1278, 1315, 1373, 1375, 1480, 1515 Clonidin 605, 744, 1154, 1156, 1158, 1159, 1200, 1207, 1281, 1305, 1307, 1354, 1358, 1360, 1508, 1510, 1516, 1517 Clont 98, 1232, 1582 Clopenthixol 1348 Clopidogrel 368, 369, 371, 372, 1133, 1144, 1178, 1179, 1201–1203, 1657 Clotrimazol 16, 78 Cloxacillin 1115 Clozapin 15, 24, 328, 397, 554, 1216, 1218, 1220, 1221, 1314, 1317, 1348, 1349 Cobalamin 399 Cocain, s. Kokain 1271 Cocainhydrochlorid 1271 Codein 15, 17, 24, 256, 529, 539, 988, 989 Codeinphosphat 882, 989 Co-Dergocrin 1317 Coffein 15, 1317 Cognex 1397 Colchicin 152, 155, 178, 181, 182, 184, 185, 437, 438, 479–481, 503, 542, 1002, 1013, 1124, 1130, 1430, 1436 Colchicum dispert 437, 1430 Colestipol 421, 433 Colifoam 1582 Colistin 427, 452, 999, 1022, 1023 Combactam 328 Combivir 92 Comtess 1214 COMT-Hemmer 1216 Conceplan M 640 Concor 1154 Conversum Combi 1203 Copaxone 1226 Copolymer 1 1226 Cormagnesium 400 669 Corticosteroide, s. Kortikosteroide Cortisol 15, 652 Cortisolhemisuccinat 1529 Cortison 146, 155, 327, 371, 372, 397, 594, 744, 954, 1189, 1334, 1487
Cortisonacetat 594, 596 Cotinin 15 Cotrimazol 537 Cotrimoxazol 44, 57, 59, 107, 167, 327, 735, 747, 868, 924, 1022, 1032, 1035, 1232, 1238, 1601, 1602, 1606, 1607, 1620, 1624, 1625 Coumadin 384, 1090 Coumarin 15, 16 COX-2-Hemmer 185, 765, 1259, 498, 514, 518, 520 COX-2-Hemmer, selektive 437, 704 Coxib 255, 498, 529 Crixivan 92 Cromoglicinsäure 334, 1564 CsA 535 CSE-Hemmer 421, 422 Cumarine 438, 861, 862, 866 Curare 1288 Curcumin 1023 Curosurf 1553, 1554 Cyanocrylat 728 Cyanokit 1540 Cyclandelat 1261 Cyclooxygenase-II-Hemmer 255 Cyclophosphamid 15, 24, 144–147, 150, 159, 164–173, 175–177, 181, 182, 184, 185, 187, 191, 200, 229, 247, 251, 263, 303, 309, 310, 311, 318, 321, 327, 341, 346, 347, 350– 352, 356, 359, 361, 363, 367, 368, 377–380, 438, 480, 518, 522, 608, 665, 771, 829, 861, 910, 913–915, 917, 918, 920–923, 949, 981, 1002, 1004, 1006–1009, 1012, 1027, 1064, 1068, 1119, 1123, 1124, 1228, 1229, 1283, 1284, 1290, 1422, 1427, 1430– 1436, 1443, 1444, 1571, 1636, 1648, 1650 Cyclopyrrolone 1371, 1372 Cycloserin 67, 1621 Cyclosporin, s. Ciclosporin Cyloserin 66 Cynt 1154 Cyproheptadin 397, 1432 Cyproteronacetat 623, 642, 658, 1415 Cysteamin 934 Cytarabin 191, 251, 302, 303, 350, 1119, 1124 Cytosin-Arabinosid 192, 284, 285, 286, 318, 356, 1002, 1122, 1236, 1648 Cytotect 70
Arzneistoff- und Medikamentenverzeichnis
D Dacarbazin 251, 265, 341, 608, 665, 1432, 1441, 1652 Daclizumab 955 Dalfopristin 83, 1035, 1115 Dalteparin 1655 Danaparoid-Natium 387 Danazol 146, 284, 307–311, 367, 368 Dantrolen 1517, 1670 Dapson 14, 89, 90, 118, 139, 146, 179, 184, 185, 368, 464, 1428, 1434, 1436 Dapson-Fatol 1429 Daraprim 1238 Darbepoetin 314 Darbepoetin alfa 908 Daunorubicin 285, 318, 321, 371, 1226, 1650 Decapeptyl 635 Decapeptyl Depot 657 Decarboxylasehemmer 428, 1214, 1586 Decentan 1348 Decitabin 284, 287 Decortin 1289, 1430, 1581 Decortin H 1289, 1426 Decostriol 663, 668, 669 Dedrogyl 668, 669 Deferipron 306, 307, 311 Deferoxamin 285, 306, 307, 311, 814, 815, 1125, 1538 Dekristol 668 Delavirdin 16, 92, 93 Delix 1154 2-Deoxyformycin 348 Depot Methylprednisolon 335 Depot-Clinovir 643 Depotgestagen 643 Depot-Medroxyprogesteronacetat 643 Depotpenicillin 43, 106 Deprenyl 1214 Dermatika 579 1-Desamino-8-D-Arginin-Vasopressin 369, 375, 1530, 1660 Descarboxyloratadin 1420 Desferal 306, 1538 Desferoxamin 290, 1645 Desinfizienzien 579 Desipramin 15, 1263, 1393, 1432 Desloratadin 987 Desmethylamiodaron 1121 Desmoglein 1433 Desmopressin 562, 1599, 1659, 1660 Desmopressinacetat 375
Desogestrel 632, 641–643 Desogestrelderivat 643 Desoxyglumid 798 Desoxyribonuclease 989 Desoxyspergualin 173, 921 15-Desoxyspergualin 164, 1227 Develin 256 Dexamethason 16, 59, 138, 146, 147, 150, 251, 257, 319, 362, 363, 368, 386, 480, 549, 589, 597, 598, 602, 612, 956, 981, 1208, 1238, 1250, 1260, 1434, 1435, 1493, 1522, 1524, 1528, 1539, 1555 Dexfenluramin 15 Dexpanthenol 722 Dextran 137, 179, 857, 1485 Dextroamphetamin 1697 Dextromethorphan 15, 988, 989, 1291 Dextronorgestrel 639 Dextropropoxyphen 254, 256 Diamindiphenylsulfon 368 3,4-Diaminopyridin 1278, 1290 Diane 35 1424 Diaxozid 403, 760, 1644 Diazepam 15, 24, 368, 868, 1136, 1260, 1305, 1315, 1347, 1480, 1514–1516, 1518, 1523, 1539, 1667, 1670 Diazoxid 24, 894, 1159, 1523 Dibenzepin 24 Dibenzyran 607 Diblocin 256, 1154 Dibromodulcitol 225 Dichloracetamidderivat 98 Diclofenac 152, 184, 185, 254, 255, 332, 368, 437, 498, 507, 521, 529, 532, 872, 983, 1130, 1420, 1429, 1438 Diclofenac-Kallium 1257 Dicloxacillin 118, 1115, 1116 Dicoumarol 384 Didanosin 28, 91–93, 862, 1615 Dienogest 639, 640, 642, 648 Diflunisal 255 Digitalis 368, 661, 664, 805, 1088– 1090, 1095, 1106, 1136, 1141, 1182, 1516, 1534, 1641, 1642, 1687 Digitalisantitoxin 1539 Digitalisglykosid 1124, 1534 Digoxin 14, 24, 25, 28, 806, 1089, 1090, 1687 Dihydralazin 13, 831, 1106, 1154, 1200, 1522, 1523, 1524 Dihydrocodein 15, 254, 256, 446, 989 Dihydrocodeinhydrogentartrat 989
1723
Dihydroementin 1624 α-Dihydroergocriptin 1214 Dihydroergotamin 415, 1260, 1281, 1643 Dihydrofolsäurereduktaseinhibitor 302 Dihydropiridin 1140, 1141, 1152, 1154, 1155 Dihydrotachisterol 667, 668 5α-Dihydrotestosteron (DHT) 617 1,25-Dihydroxy-Cholecalciferol 1605 1,25-Dihydroxyvitamin D3 667 Dikaliumclorazepat 1354 Dilatrend 1154 Diloxanidfuroat 98, 102, 737 Diltiazem 15, 24, 155, 903, 1051, 1052, 1126, 1140, 1141, 1153–1155, 1184, 1288 Dilzem retard 1154 Dimaval 1539 Dimenhydrinat 1256, 1257, 1273, 1275 Dimentindenmaleat 1421 Dimercaptopropansulfonat 1539 Dimethicon 718 4-Dimethylaminophenol 1539 Dimethylsulfoxid 481 Dimeticon 1539 Dinatrium-Cromoglicat (DNCG) 135 Diovan 1154 Dipalmitoylphosphatidylcholin 1553 Diphenhydramin 24, 1372, 1432, 1516 Diphenoxylat 796 Diphenylhydantoin 1002 Diphos Didronel 491 Diphterieantitoxin 979 Dipidolor 254 Dipiperon 1348, 1372 Dipydridamol 311, 916, 918, 1203 Diskus atmadisc 987 Disopyramid 1126, 1516 Disulfiram 15, 16, 34, 861, 862, 1356, 1360, 1516 Diuretika 34, 149, 303, 328, 368, 414, 479, 603, 851, 856, 857, 858, 902– 904, 907, 924, 930, 1002, 1058, 1104–1106, 1110, 1113, 1119, 1123, 1127, 1132, 1151, 1152, 1154–1157, 1159, 1160, 1198, 1199, 1203, 1208, 1273, 1288, 1431, 1432, 1489, 1503, 1522, 1555, 1599, 1639, 1643, 1644, 1663, 1679 Dixyrazin 1314, 1515 DMPS-Heyl 1539 D-Mulsin-Emulsion 669
1724
Arzneistoff- und Medikamentenverzeichnis
Dobutam 1489 Dobutamin 54, 55, 1101, 1102, 1103, 1112, 1113, 1137, 1487, 1488, 1489, 1639 Dobutrex 1112, 1113, 1553 Docetaxel 191, 200, 203, 208, 241, 247, 251, 1065 Dociton 1154, 1220 Dolasetron 252 Dolestan 1372 Dolormin 1257 Dominal 1372 Domperidon 552, 699, 717, 720, 747, 1215, 1256, 1257, 1274, 1281, 1307, 1572 Donezepil 1316, 1317, 1396, 1397 Dopacard 1113 Dopamin 54, 55, 428, 552, 630, 636, 904, 1101–1103, 1137, 1211, 1212, 1257, 1273, 1463, 1487, 1517, 1639 Dopamin-2-Antagonist 798 Dopaminagonist 554, 557, 633, 1213– 1215, 1220, 1393, 1397 Dopamin-D2-Antagonist 717 Dopamin-D2-Rezeptor 1313 Dopaminrezeptor 1311, 1389 Dopergin 632, 633, 1214 Dopexamin 1113, 1487 Dormicum 1208 Dornase-α 989 Doryl 256 Doss 668 Dostinex 632 Doxazosin 256, 967, 1154, 1155 Doxepin 24, 155, 798, 1262, 1263, 1335, 1337, 1354, 1372, 1432 Doxorubicin 200, 203, 204, 218, 228, 234, 251, 315, 341, 350–352, 480, 586, 611, 722, 759, 760, 843, 1122, 1226, 1438, 1443, 1444 Doxorubicin-Mono 234 Doxycyclin 24, 44, 56, 57, 60–64, 100, 101, 107, 108, 110, 327, 508, 532, 537, 542, 824, 980, 989, 1029, 1031, 1032, 1189, 1234, 1235, 1424, 1429, 1432, 1435, 1447, 1451, 1453, 1454, 1618, 1619, 1620, 1632 Doxylamin 1372 D-Penicillamin 14, 158, 184, 432, 816, 817, 818, 866, 876, 926, 932, 946, 1002, 1013, 1288, 1538 Drospirenon 633, 642 D-Tracette 669
Duloxetin 967 Duofem 644 Durogesic 256, 257 Dynastat 1260 Dynexan A 1430 Dynorphin 1381 Dysport 1218
E Ebixa 1397 Ebrantil 606, 1154, 1208 Eculizumab 289, 307, 311 Edronax 1335 EDTA 155 Efalizumab 537 Efavirenz 15, 16, 92, 93 Eisen 314, 401 Eisen(II)sulfat 908, 1645 Eisen(III)hexacyanoferrat 1539 Eisencarbonat 295 Eisenchelator 285 Eisencholinisozitrat 295 Eisendextran 296 Eisenfumarat 295 Eisenglukonat 295, 296, 908 Eisenglutamat 295 Eisenglycinsulfat 295 Eisenlaktat 295 Eisenpolymaltose 296 Eisensacharose 296 Eisensuccinat 295 Eisensukrose 908 Eisensulfat 295 Eisenzitrat 295 Elanaprilat 1509 Eletriptan 1258, 1259 Ell-Cranell-alpha 658 Emtricitabin 92, 93 Emtriva 92 Enalapril 24, 159, 1105, 1154, 1198, 1644 Enantone 1595 Enantone-Gyn-Monatsdepot 658 Endobulin 125 Endojodin 1528 Endorphin 650 β-Endorphin 1381 Endothelin 1097 Endothelinantagonist 159, 903, 1184 Endoxan 1290, 1427, 1430, 1432
Endoxanbol 173 Enfluran 15, 607, 862 Enfuvirtid 92 Enoxaparin 1045, 1176, 1655, 1656 Enoximon 1639 Enoxmon 1489 Entacapon 24, 1214, 1216 Entocort 1582 Epaq 987 Ephedrin 989 Epidoxorubicin 234, 1122 Epinephrin 332, 1512 Epipodophyllinderivat 191 Epipodophyllintoxin 191, 192, 285, 315 Epiprostenol 868 Epirubicin 14, 200, 202–204, 251, 723, 1064, 1444 Epivir 92 Epoetin alfa 908 Epoetin beta 908 Epranizon 988, 989 Eprosartan 1154 Eptifibatide 1145 Equilibrin 1335, 1372 Erbapenem 44 Ergenyl 258 Ergotalkaloide 1258–1260 Ergotamin 15, 1267–1269 Ergotamintartrat 1268, 1270, 1271 Erlotinib 266 Erythrocin 1232 Erythromycin 15, 16, 24, 44–46, 56, 61, 63, 64, 69, 78, 107, 415, 416, 525, 720, 721, 747, 809, 979, 989, 994, 1022, 1031, 1035, 1232, 1235, 1281, 1307, 1445, 1451, 1454, 1618–1620, 1631 Erythropoetin 250, 273, 284, 286, 289, 307, 308, 314, 937, 1665 Escitalopram 1312, 1315, 1335, 1337 Esidrix 1154 Eskazol 97 Esmolol 1112, 1509, 1528, 1640 Esomeprazol 705, 706, 752 Estraderm TTS 657 Estradiol 648 Estradiol-17β 644, 649 Estradiol-17β-Ester 647 Estramustinphosphat 208 Estrifam forte 657 Estriol 648 Estrogen 14, 644 Etacrynsäure 1113
Arzneistoff- und Medikamentenverzeichnis
Etanercept 167, 170, 173, 182, 517, 522, 529, 542, 1027, 1228, 1423 Ethacrynsäure 661 Ethambutol 28, 66, 67, 89, 90, 109, 508, 684, 1071, 1621, 1622, 1635 Ethanol 16, 842, 882, 1443, 1534, 1537, 1539 Ethinylestradiol 15, 639, 658 Ethionamid 66, 67 Ethosuximid 15, 24, 1243, 1667 Ethylalkohol 134 Ethylendiamintetraacetat (EDTA) 1539 Ethylenglykol 1535, 1537 Ethylmorphin 15 Etidronat 490–492 Etilefrin 1643 Etomidat 550, 600, 611 Etonogestrel 640, 643 Etoposid 24, 28, 191, 213, 218, 247, 251, 315, 318, 336, 341, 350, 363, 611, 686, 722, 760, 893, 1010, 1064, 1065, 1122, 1444, 1602, 1606, 1612, 1652 Etoricoxib 1441 Etretinat 536 Eunerpan 1372 Euphylong 986 Eusaprim 1022 Eve 20 640 Everolimus 954 Evra 640 Exelon 1397 Exemestan 203, 204 Ezetimib 421 Ezetimib 422
F Faktorenkonzentrat 1658, 1659 Fallidrom 1110 Famciclovir 28, 89, 90, 171, 172, 1236, 1449, 1453, 1612 Famotidin 28, 717 Farnesyltransferaseinhibitor 322 Fasturfec 439 Fedotozin 718 Felbamat 1241, 1243, 1244, 1667 Felden 255 Felodipin 15, 24, 1106, 1154, 1184, 1198 Fenetyllin 1373, 1697 Fenofibrat 421
Fenoldopam 1509 Fenoprofen 924 Fenoterol 992, 1473 Fentanyl 15, 256, 257, 866, 880, 1208 Ferriprox 307 Ferrlecit 296 Ferrum Hausmann 296 Fertinorm HP 617 Fexofenadin 135, 987, 1420 Fibrat 24, 28, 416, 422, 423, 463 Fibrin 370 Fibrinogen 253, 369, 370 Fibrinogenrezeptorantagonist 1144 Fibrinolytika 139, 179, 1032, 1046, 1134, 1138, 1145 Filgrastim 249 Finasterid 15, 206, 207 Flagyl 98 Flavonderivat 265 Flavopiridol 265 Flebogamma 125 Flecainid 15, 24, 1088, 1089, 1091–1093, 1095, 1642 Flolan 1184 Fluanxol 1348 Flucloxacillin 43, 50, 106, 109, 111, 507, 868, 1022, 1116, 1231, 1232, 1235, 1445, 1602, 1625, 1626 Fluconazol 16, 24, 28, 78, 89, 90, 109, 119, 249, 250, 509, 684, 1602, 1606, 1622, 1623 Fluctin 633, 1335 Flucytosin 28, 51, 89, 109, 1035, 1116, 1117 5-Flucytosin 77, 78, 1622 Fludarabin 28, 191, 251, 346, 347, 350, 351, 1443 Fludrocortison 415, 551, 595, 596, 603, 1281, 1598 Fluimucil 831 Fluimucil-Antidot 1540, 1543 Flumazenil 853, 868, 981, 1539 Flunarizin 1261 Fluniget 255 Flunisolid 138, 991 Flunitrazepam 24, 1316, 1372 Fluocortolon 1442 Fluorchinolone 82, 978, 998 Fluorcytosin 263 Fluorid 401, 487, 489 Fluorochinolon 16, 28, 57, 59, 64, 67, 452
1725
9α-Fluorocortisol 1529 5-Fluorocytosin 509 Fluorodopa 1296 Fluoropyrimidin 788 Fluoroquinolon 80 Fluorouracil 24, 251, 438, 665 5-Fluorouracil (5-FU) 191, 200, 203, 204, 241, 263, 302, 303, 666, 686, 713, 722, 723, 759, 760, 786, 787, 789–792, 802, 886, 888, 893–895, 965, 1122, 1432, 1437, 1439, 1516 Fluoroximistheron 289 Fluorpyrimidin 204 Fluoxetin 15, 16, 24, 397, 538, 633, 1263, 1312, 1313, 1315, 1335, 1337, 1362, 1363, 1374, 1383 Flupentixol 24, 1314, 1348, 1515 Flupentixoldecanoat 257 Fluphenazin 24, 1002, 1314, 1348 Flupirtin 1288 Flurazepam 24, 1316 Flurvoxamin 1337 Fluspirilen 257, 1400 Flutamid 658 Fluticason 138, 986, 987, 990, 992 Flutide 986, 987 Fluvastatin 16, 24, 416, 420, 463 Fluvoxamin 15, 16, 24, 1263, 1315, 1362, 1363, 1368, 1394 Folinsäure 78, 89, 90, 722, 723, 786, 788–791, 1238, 1539, 1556, 1586, 1624 Folsan 1540 Folsäure 184, 289, 297, 300, 301, 314, 399, 432, 433–435, 474, 516, 537, 744, 908, 921, 1202, 1206, 1245, 1408, 1540, 1561 Folsäureantagonisten 1539 Fomepizol 1500, 1535 Fomivirse 89, 90 Foradil 987 Foradil P 986 Formaldehyd 1542 Formatris 987 Formestan 203, 204 Formoterol 986, 990, 992, 999 Fortecortin 252, 257 Fortovase 92 Fortum 1022, 1232 Fosamax 491 Fosamprenavir 92, 93 Fosäureantagonist 298
1726
Arzneistoff- und Medikamentenverzeichnis
Foscarnet 28, 69, 70, 78, 89, 90, 118, 684, 823, 1236, 1453, 1481, 1556, 1612, 1613 Fosfocin 1232 Fosfomycin 44, 50, 109, 111, 452, 961, 1115, 1232, 1235, 1616 Fosinopril 1111, 1154 Fosinorm 1154 Fosphenytoin 1480 Fotemustin 1441 Fragmin 1655 Fraxiparin 1176 Fraxodi 1176 Frovatriptan 1256, 1258 Fugerel 658 Fulvestrant 203 Fumaderm 1423 Fumarat 536 Fumarsäurederivat 1423 Fumarylacetoacetat 429 Furafyllin 16 Furamid 98 Furmarsäure 536 Furosemid 24, 34, 368, 563, 652, 661, 856, 857, 902, 903, 924, 1100, 1101, 1106, 1113, 1154, 1432, 1590, 1624, 1639, 1644 Fusidinsäure 106, 111, 1445 Fuzeon 92
G Gabapentin 28, 681, 909, 1220, 1241– 1244, 1267, 1270, 1274, 1278, 1281, 1291, 1305, 1368, 1667 Gabexat-Mesilat 880 Galanin 1381 Galantamin 1316, 1317, 1396, 1397 Gallensäureaustauscherharz 421, 422 Gallopamil 1141 Gammagard 125 Ganciclovir 24, 28, 69, 70, 78, 89, 90, 118, 684, 736, 823, 1035, 1481, 1556, 1613 Ganistron 252 G-CSF 193, 289, 308, 341 Gefitinib 266 Gemcitabin 191, 203, 204, 218, 234, 238, 241, 247, 251, 843, 862, 888, 1065, 1072, 1443 Gemcitabin-Mono 234 Gemfibrozil 24, 421, 422, 1202
Gemtuzumab 320, 322 Genasense 364 Genistein 454, 648 Gentamycin 17, 44, 49, 50, 57, 59, 60, 77–80, 108, 109, 118, 454, 507, 875, 962, 1023, 1031, 1034, 1035, 1115– 1117, 1232, 1555, 1616, 1617 Gentamycin-PMMA 111 Geriatrika 579 Gernebcin 1022, 1679 Gestagen 24, 204, 219, 228, 397, 628, 633, 639, 641, 643, 644, 647, 648 Gestagenimplantat 643 Gestamestrol 639 Gestoden 16, 639, 641, 642 GH-Antagonist 557, 558 Gingko biloba 1317, 1396, 1398 Gittalun 1372 Gladem 1335 Glatirameracetat 1224, 1226 Glaubersalz 1536 Glaubersalz 1540 Gleevec 266 Gliadinpeptid 740 Glianimon 1348 Glimepirid 15, 417 Glinid 413, 417 Glipizid 17 Glitazon 463 Glivec 277, 324, 334, 756, 1650 Glucantim 99 Glucodsamin 498 Glucosaminsulfat 498 Glucosyceramid-Synthase-Hemmstoff 331 Glucuronid 954 Glukagon 459, 604, 760, 835, 1381, 1421 Glukokortikoide 51, 110, 150, 151, 152, 165, 166, 170, 175–177, 179, 403, 450, 452, 454, 455, 464, 519, 535, 548, 550, 551, 554, 573, 575, 576, 583, 589, 593, 594, 595, 599, 610, 650, 652, 653, 662, 665, 669, 763– 765, 986, 1023, 1119, 1224, 1420– 1422, 1428, 1429, 1435, 1436, 1474, 1495, 1522, 1524, 1544, 1581, 1598, 1657 Glukokortikoidexterna 1425 Glukokortikoidsteroid 135–139, 307, 310, 311, 514, 542, 987, 991, 1288, 1289, 1427, 1443 Glukokortikosteroide, systemische 155
Glukonat 667 Glukose 430, 457, 459, 590, 636, 654, 831, 1487, 1488, 1499, 1500, 1526, 1528, 1529, 1559, 1560, 1568, 1598, 1665, 1679, 1681 Glutamat 1211, 1215 Glutamin 753, 809, 1563, 1592 Glutethimid 1516 Glycerol 1250 Glyceroltrinitrat 801 Glycylpressin 858, 1573 Glykopeptid 44, 49, 50, 77, 82, 83, 104, 111 Glykopeptidantibiotika 76 Glykoprotein 273 Glykoprotein-IIb/IIIa-Rezeptorantagonist 1145, 1146 Glykoprotein-IIb/IIIa-Rezeptorblocker 1133 Glykosphingolipidsyntheseinhibitor 469 Glyzeroltrinitrat 1136, 1139 Glyzerophosphatbatriumkonzentrat Pharmacia 672 Glyzin 430 GM-CSF 193, 262, 273, 322 GnRH-Analoga 219, 635, 658 Gold 536 Goldsalz 1425 Golpräparat 121 Gonadotropin 653 Gonadotropinhemmstoff 367, 368 Gonal F 617 Gonan 639 Gopten 1154 Goselerinacetat 200, 203 Granulozyten-Monozyten-CSF (GMCSF) 273 Graseby MS26 257 Griseofulvin 1432, 1623 Guaifenesin 989 Guajakolderivat 989 Gumbix 386 Gynokadin Gel 657 Gyrasehemmer 45, 50, 59, 109, 111, 960, 962, 1029, 1031, 1033, 1034, 1288, 1334, 1601, 1616, 1620
H H2-Blocker 24, 28, 139, 159, 903 H1-Antagonist 1421 H2-Antagonist 680, 717
Arzneistoff- und Medikamentenverzeichnis
H2-Rezeptorantagonist 705, 1422, 1572, 1575 H2-Rezeptorenblocker 743, 753 Halcion 1372 Haldol 1348, 1355, 1359 Halluzinogene 1353, 1516 Haloperidol 15, 17, 24, 251, 257, 384, 552, 1002, 1221, 1305, 1313, 1314, 1339, 1347, 1348, 1354, 1357, 1399, 1400, 1411, 1514–1516, 1671 Halothan 15, 33, 831, 861, 862 Hämarginat 286, 447 Hämatin 446 Häminarginat 446 Hämostatikum 375 HB-Immunglobulin 117, 1627 Heparin 14, 52, 55, 167, 307, 308, 368, 377, 380, 383, 384, 385, 507, 763, 806, 952, 1045, 1046, 1050, 1058, 1130, 1134, 1135, 1136, 1144, 1145, 1167, 1172, 1173, 1196, 1201, 1206, 1207, 1480, 1481, 1487, 1512, 1513, 1655 Heparin, niedermolekulares 382, 387, 1175 Heparin, unfraktioniertes (UFH) 382, 387, 1174 Hepatitis-B-Immunglobulin (HBIG) 117 Hepcidin 291 Hepcidin-Antagonist 314 Herceptin 193, 203, 205 Heroin 1002 Herzmittel 34 Hexadecanol 1553 Hexamethylmelanin 251 Hexitidin 979 Hexobarbital 15 Hippursäure 652 Hirudin 387 Histamin 33, 971, 1265, 1489 Histamin-H2-Blocker 869 Histamin-H2-Rezeptorantagonist 711 Histaminrezeptorenblocker 135, 136, 137, 139 Histoacryl 728 Hivid 92 Hoggar N 1372 Homatropin 1516 Homozystein 432 HT3-Antagonist 1441 Humanalbumin 1485 Humatin 97
Humegon 617 Hyaluronsäure 498 Hydralazin 14, 161, 1001, 1104–1106, 1158, 1509 Hydrochloroquin 1432 Hydrochlorothiazid 328, 1002, 1106, 1153, 1154, 1198, 1432, 1599, 1644 Hydrocortison 51, 55, 122, 550, 561, 589, 590, 594, 595, 596, 599, 611, 653, 655, 662, 764, 1487, 1495, 1528, 1529, 1582, 1598, 1650 Hydrocortisonacetat 763 Hydromorphon 256 4-Hydroperoxy-Cyclophosphamid 263 Hydroxyäthylstärke 1485 Hydroxycarbamid 24, 284, 302 Hydroxychloroquin 145, 147, 150, 151, 155, 509, 515, 520, 662, 1428, 1431, 1432, 1434, 1636 25-Hydroxycholekalziferol 669 Hydroxycobalamin 399, 1540, 1590 Hydroxyharnstoff 287, 302, 303, 309, 311 Hydroxykarbamid 1119 Hydroxykobalamin 300, 431 4-Hydroxylamin 263 4-Hydroxyphenylpyruvatdioxygenase 429 Hydroxyprogesteroncaproat 635 5-Hydroxytryptamin 633 5-Hydroxytryptamin-Rezeptor 797 5-Hydroxytryptophan 428, 1586 Hydroxyurea (HU) 28, 152, 251, 277– 279, 281, 282, 309, 320, 324 Hypericin 1337 Hyperimmunglobuline 88, 1609, 1629 Hyperimmunserum 70 Hypnomidat 600 Hypnosedativum 24 Hypnotika 24, 539, 1316, 1353, 1373– 1375, 1516, 1533 Hyroton 1154
I Ibandronat 363, 662 Iberis amara 718 Ibuprofen 15, 22, 184, 185, 254, 255, 308, 327, 332, 368, 454, 498, 507, 521, 529, 532, 539, 862, 924, 983, 1004, 1023, 1130, 1257, 1259, 1516, 1679
1727
Ichthyol 1425 Idarubicin 24, 285, 287 Idazoxan 1215 IFN, s. Interferon Ifosamid 15, 191, 213, 224, 225, 229, 237, 238, 241, 251, 359, 888, 1064, 1065, 1123, 1652 IgG 167, 173 IL, s. Interleukin Ilomedin 1052, 1184 Iloprost 158, 159, 1052, 1167, 1183, 1184 Iloprost-Aerosol 159, 1053 Imatinib 277–280, 282, 324, 334, 359 Imatinib-Mesylat 266 Imbun 255 Imeson 1372 Imidazolderivat 136 Imidazolinrezeptor 1155 Imidazopyridine 1316, 1371, 1372 Imidazoquinazolinderivat 280 Imiglucerase 330 Imin 191 Imipenem 28, 44, 46, 78, 80, 109, 452, 868, 875, 880, 1022, 1031, 1032, 1034, 1035, 1039 Imipramin 15, 24, 368, 798, 967, 1262, 1263, 1315, 1335, 1362, 1373, 1393, 1394, 1432 Imiquimod 801, 1437, 1455 Imminsuppressivum 309 Immunglobulin 70, 77, 121, 122, 123– 125, 137, 139, 145, 155, 156, 161, 164, 173, 309, 310, 311, 376, 379, 576, 921, 923, 998, 1283, 1422, 1431, 1432, 1436, 1555, 1558, 1602, 1603, 1613, 1657 Immunglobulin, intravenöses (IVIG) 522 Immunglobulin, tetanusspezifisches (TIG) 117 7S-Immunglobulin 367, 368, 372, 377, 387, 1671 Immunosporin 1290 Immunsuppressiva 24, 170, 184, 311, 769, 774, 981, 1170, 1226, 1227, 1289, 1290, 1636 Immunsuppressiva, biologische 955 Immunsuppressiva, nichtsteroidale 155 Imodium 753, 1582 Implanon 643 Impromen 1348
1728
Arzneistoff- und Medikamentenverzeichnis
Imurek 1426, 1427, 1429, 1430, 1432, 1582 Indapamid 1203 Indinavir 15, 16, 92, 93 Indometacin 15, 122, 178, 179, 336, 368, 437, 439, 529, 924, 930, 931, 983, 1187, 1274, 1307, 1429, 1516, 1679 Indoxysulfat 652 Infliximab 167, 170, 173, 182, 184, 517, 522, 529, 537, 542, 770, 772, 773, 835, 1027, 1228 Innohep 1176 Insulin 397, 412, 413, 430, 650, 654, 655, 835, 867, 884, 1487, 1488, 1499 Insulin 1526 Insulin Aspart 410 Insulin Glargin 410, 411 Insulin Lispro 410 Insulin, zinkverzögertes 410 Insulinanaloga 410, 411 Intal 986 Interferon 89, 193, 257, 259, 277–279, 281, 282, 286, 826, 827, 834, 913, 964, 1124, 1288, 1423, 1430, 1437 Interferon α 150, 158, 161, 171, 172, 176–178, 193, 225, 277, 279–282, 334, 336, 348, 350, 362, 377, 379, 403, 652, 713, 758, 759, 822, 892, 965, 1119, 1288, 1441, 1442, 1615 Interferon α2a 177, 324 Interferon α2b 182 Interferon β 1187, 1224, 1226, 1455 Interferon β1a 1291 Interferon β1b 1225 Interferon γ 158, 325, 493, 1013, 1443, 1602 Interferon, pegyliertes 1440 Interleukin 193 Interleukin 1 257 Interleukin 1 Ra 517, 520 Interleukin 1β-Nonapeptid 261 Interleukin 12 325 Interleukin 2 193, 261, 262, 965, 1441, 1442 Interleukin 3 273, 322 Interleukin 5 322 Interleukin 6 257, 286 Interleukin-1-Rezeptorantagonist 517 Intralipid 1567 Invirase 92 Inzolen Infantibus sine Na K 1568 Ipatropiumbromid 992
Ipecacuanha-Siruo 1540 Iphosphamid 1650 Ipratropiumbromid 1474 Iradipin 1198 Irbesartan 1154 Irinotecan 14, 191, 224, 247, 251, 786, 788–790, 792 Isofluran 15, 607, 862 Isoleuzin 430 Isomol 1580 Isoniazid 13, 14, 16, 24, 66, 67, 88, 109, 327, 508, 736, 834, 1071, 1516, 1635 Isoniazin 33 Isoprenalin 1679 Isoprinosin 118 Isopropylalkohol 1542 Isoptin KHK 1268 Isoptin retard 1154 Isosorbiddinitrat 24, 1104, 1106, 1140 Isosorbidmononitrat 1140 Isosorbit-5-Mononitrat 847 Isotretinoin 1424, 1425, 1432 Isovalerinsäure 430 Isovalerylcarnitin 430 Isovalerylglycin 430 Isoxazolylpenicilline 1115 Itraconazol 15, 16, 24, 51, 89, 90, 118, 119, 128, 249, 452, 684, 1450, 1601, 1606, 1622, 1623 Ivermectin 96, 97, 102
J Jarsin 1335 Jod 371, 589 Jodid 566–568 Jodsalz 1597 Johanniskraut 16, 1312, 1335, 1393, 1517 Jonosteril päd III 1576
K K+-Canrenoat 856, 857 Kaletra 92 Kalium 1487, 1488 Kaliumbromid 1667 Kaliumchlorid 292, 1502, 1681 Kaliumjodat 401 Kaliumjodid 179, 401, 572 Kaliumkanalblocker 1464
Kaliumpermanganat 1422 Kalymin 1288 Kalzifediol 667 Kalzitonin 492, 542, 661, 665, 666 Kalzitriol, s. Calcitriol Kalzium 145, 167, 458, 473, 487, 489, 514, 653, 654, 660, 661, 663, 665, 667, 669, 670, 753, 773, 781, 1014, 1605, 1679 Kalzium-Acetyl-Homotaurinat 1357 Kalziumantagonist 24, 158, 414, 607, 608, 682, 683, 871, 903, 907, 937, 1051, 1090, 1106, 1108, 1126, 1127, 1136, 1140, 1141, 1153–1155, 1158, 1160, 1184, 1198, 1268, 1271, 1288, 1432, 1510, 1643, 1644, 1663 Kalziumcarbonat 754, 909, 1665 Kalziumfolinat 516 Kalziumglukonat 1538, 1665 Kalziumkanalblocker 625 Kalziumoxalat 753 Kalziumzitrat 754, 670 Kanamycin 66, 67 Kapanol 256 Katecholamine 54, 868, 1102–1104, 1122, 1137, 1421, 1487, 1499, 1512, 1552, 1553, 1639, 1679 Kawain 1372 Ketamin 539, 1641 Ketanserin 1263 Ketoconazol 15, 16, 24, 90, 550, 600, 611, 662, 684, 862, 1598, 1602, 1623 Ketolide 979 Ketoprofen 529 Ketotifen 135, 136, 332, 1564 Kevatril 252 Kineret 517 Kirim 632, 633 Koanalgetika 254, 255, 257 Kohle pulvis 1538 Kokain 15, 16, 371, 1207, 1516, 1534, 1535, 1687 Konakion 1541 Kontrazeptiva 136, 298, 371, 641, 1220, 1424, 1560 Kontrazeptiva, orale 831, 837, 838, 1221 Kortikoide 802, 904, 1564, 1671, 1679 Kortikoidexterna 802 Kortikosteroide 24, 69, 118, 128, 143– 146, 149, 155, 156, 158, 159, 178, 181, 257, 309, 314, 332–335, 368, 372, 377–380, 384, 387, 437, 438,
Arzneistoff- und Medikamentenverzeichnis
498, 520, 522, 525, 526, 701, 767, 769, 770, 817, 835, 913, 918, 990, 1004, 1007, 1008, 1012, 1026, 1058, 1071, 1124, 1229, 1234, 1250, 1269, 1271, 1283, 1284, 1370, 1426, 1427, 1429, 1432, 1434, 1435, 1474, 1516, 1528, 1556, 1571, 1602, 1606, 1610, 1612, 1632, 1633, 1667 Kortikosteroidkristallsuspension 498 Kortisol, s. Cortisol Kortison, s. Cortison Kreatinmonohydrat 1287 Kreon 809 Kumarin 24 Kupfer 401 Kupferchelatbildner 817, 818 K-Zitrat 932
L Labetalol 24, 1200, 1509, 1510, 1522– 1524 Laktat 667 Laktitol 851, 852 Laktulose 851, 852, 1580 Lamivudin 28, 92, 93, 171, 172, 821, 826, 862, 865, 1615 Lamotrigin 24, 1241, 1242, 1243, 1274, 1281, 1291, 1316, 1667 Lanreotid 557, 576, 759, 892 Lansoprazol 15, 16, 24, 705, 706 Lantarel 1423, 1427, 1429 L-Arginin 446, 1592 Lariam 101 Lasix 1154, 1159 Laxanzien 384, 796, 831, 1209 Laxanzien, osmotische 747 Laxofalk 1580 L-Carnitin 430, 1589, 1590 L-Deprenyl 1214 L-Dihydroxyphenylalanin 1212 L-Dopa 14, 428, 1212–1216, 1218, 1220, 1305, 1373, 1375, 1586, 1671 Lefax 796 Lefax liquid 1539 Leflunomid 164–167, 173, 175, 515– 517, 520, 536, 921, 1027 Legalon 831 Legalon SIL 1541 Lendormin 1372 Lenograstim 249
Leponex 1216, 1218, 1220, 1221, 1348, 1349 Leptin 1381 Lercanidipin 1154 Letirizin 876 Letrozol 24, 203, 204 Leucovorin 90, 516, 1539 Leukeran 345, 350 Leukotrien 33, 257 Leukotrienantagonisten 454, 1633 Leukotrienrezeptorantagonisten 987 Leukovorin 1238 Leuprorelin 219 Leuprorelinacetat 200, 203 Leustatin 334 Leuzin 430 Levamisol 118, 786, 914 Levetiracetam 24, 1241–1244 Levocabastin 138 Levocetericin 987, 1420 Levodopa 24, 1516 Levodropropizin 988 Levofloxazin 28, 45, 46, 56, 57, 64, 66, 78, 80, 89, 109, 452, 706, 962, 978, 998, 1031, 1034 Levogynon 644 Levomepromazin 257, 1314, 1347, 1348, 1372, 1515 Levomethadon 256 Levonorgestrel 632, 639, 642–644 Levopromazin 882, 1260 Levosimendan 1101, 1103, 1104, 1489 Levostatin 24 Levosulprid 798 Levothyroxin 566–568, 571, 572, 577, 581, 582, 586, 588, 590 Lexiva 92 LHRH-Analoga 1415, 1595 Lidocain 15, 24, 464, 539, 607, 979, 1002, 1122, 1136, 1137, 1270, 1271, 1463, 1464, 1516 Lincosamid 44 Lindan 1450 Linezolid 44, 66, 83, 507, 1034, 1035, 1039 Linomid 1227 Lioresal 1218 Lipasehemmer 1594 Lipidsenker 152 Lipofundin 1567 α-Liponsäure 1282 Lisinopril 28, 1105, 1111, 1154, 1155, 1198, 1261
1729
Liskantin 1220 Lisurid 24, 553, 1214, 1373 Lisuridhydrogenmaleat 632 Lithium 533, 589, 660, 913, 926, 1120, 1122, 1267, 1268, 1271, 1288, 1313, 1316, 1339, 1340, 1341, 1379, 1391, 1423, 1516, 1518, 1534 Lithiumsalz 1537 L-Methionin 946 Lokalanästhetika 681, 882, 1288 Lomefloxazin 28 Lomustin 1252 Lonolox 1154 Loperamid 437, 753, 761, 774, 788, 796, 1281, 1563, 1582 Lopinavir 92, 93 Lopirin 1154 Loprazolam 1372 Loratadin 135, 179 Lorazepam 24, 251, 1292, 1313, 1315, 1347, 1349, 1480, 1515, 1516, 1517 Loretam 1372 Lormetazepam 1372 L-Ornithin-L-Aspartat 852 Lorzaar 1154 Losartan 15, 1142, 1154, 1158 Lovastatin 15, 16, 420 Lovelle 640 L-Polamidon 256 L-Thyroxin 655, 1529, 1597 Ludiomil 257, 1335 Lumefantrin 100 Lumefantrin-Artemether 102 Lutrelef 617 Lutrol-E 1540 Lymecyclin 532 Lymphoglobulin 288, 308 Lynestrenol 639, 640 Lynratiopharm 640 Lyogen 1348 Lysin 431 Lysinacetylsalicylat 1260 Lysodren 550, 599, 600
M MabCampath 346 Mabthera 346, 350, 726 Macrogol 1307 Madopar 1212 Magnesium 654, 669, 744, 930, 946, 1088, 1261, 1288, 1523
1730
Arzneistoff- und Medikamentenverzeichnis
Magnesiumsulfat 1522, 1523, 1524 Makrolidantibiotika 56, 57, 60, 136, 720, 824, 978, 1023, 1575 Makrolide 44, 82, 117, 123, 452, 455, 525, 620, 980, 993, 1021, 1029– 1031, 1232, 1288, 1617–1619, 1624, 1625 Malariamittel 145 Maleyacetoacetat 429 Maltodextrin 1589 Mannit 902, 905 Mannitol 853, 1250 MAO-Hemmer 862, 1335, 1341, 1362 Maprotilin 15, 24, 257, 1335 Marcumar 383, 384, 529, 1050, 1110, 1120, 1126, 1175, 1207, 1209, 1656 MDMA Ecstasy 15 Mebendazol 72, 97, 102, 1623, 1624 Mechlorethamin 251 Medroxyprogesteron 24, 397 Medroxyprogesteronacetat 203, 647, 648, 1011 Mefloquin 100–102 Megestrolacetat 203, 228, 397 Meglitinid 413 Melatonin 1373, 1375 Melisse 1372 Melleril 1348, 1372 Melohalan 191 Meloxicam 255, 498, 529 Melperon 1307, 1314, 1372, 1399, 1411, 1515 Melphalan 24, 251, 284, 287, 315, 361–363, 479, 480, 1002, 1004, 1124, 1441 Memantine 1278, 1317, 1396, 1397, 1398, 1670 Menadioldiphosphat 989 Menogon 617 Menthol 989 Mepacrin 1516 Mercaptopropionylglycin 946 Mercaptopurin 24, 287, 302, 303, 940, 1002 6-Mercaptopurin 14, 184, 336, 357, 438, 763–765, 769, 771, 772, 1648, 1649 6-Mercaptopurinribonukleotid 954 Mercuval 1539 Meronem 57, 875, 1022, 1232 Meropenem 28, 44, 45, 117, 452, 452, 868, 1022, 1231, 1232
Mesalazin 537, 754, 763, 764, 807, 1581, 1582 Meskalin 1516 Mesna 165, 166, 167, 168 Mesterolon 617 Mestinon 1288 Mesuximid 1241, 1667 Metalcaptase 1538 Metamizol 254, 255, 308, 327, 872, 875, 880, 882, 945, 983, 1208, 1260 Metamphetamin 15, 1373 Metanol 1535 Metformin 28, 412, 413, 417, 463, 631 Methacrylnitrit 831, 1540 Methadon 15, 16, 24, 257, 1002, 1358, 1535 Methanol 1500, 1537, 1687 Methaqualon 24 Methicillin 924, 1616, 1617 Methimazol 1528 Methionin 432, 743 Methosuximid 1243 Methotrexat 28, 121, 139, 144–146, 154, 155, 158, 164–170, 172, 173, 175, 177, 184, 185, 187, 200, 234, 241, 251, 303, 336, 350, 356, 357, 359, 384, 433, 509, 515, 516, 520, 522, 529, 530, 532, 535, 537, 542, 769, 770–773, 876, 921, 1001, 1002, 1004, 1005, 1027, 1122, 1124, 1227– 1229, 1252, 1432, 1438, 1442, 1443, 1539, 1606, 1648, 1650 Methoxypsoralen 1443 8-Methoxypsoralen 1442 Methylalkohol 1542 Methylbromid 831, 1540 Methylcholantren 16 Methyldopa 310, 327, 862, 1432, 1516, 1522 α-Methyldopa 14, 33, 1154, 1158 Methylenblau 1540 5-Methylhistamin 743 Methylmalonsäure 300 Methylphenidat 24, 1304, 1373, 1697 Methylprednisolon 138, 144, 173, 176, 367, 371, 378–380, 575, 576, 915, 920–923, 956, 987, 1008, 1009, 1189, 1224, 1228, 1233, 1268, 1432, 1481, 1636, 1657 Methylprednison 24, 51 4-Methylpyrazol 1500 17α-Methyltestosteron 618 Methylxanthine 1555
Methysergid 761, 1071, 1119, 1258, 1268, 1269, 1271 Metoclopramid 24, 29, 251, 552, 604, 699, 717, 720, 747, 809, 1256, 1257, 1260, 1268, 1274, 1573 Metocurarin 28 Metopiron 600 Metoprolol 17, 24, 1088, 1089, 1093, 1105, 1136, 1140, 1144, 1154, 1162, 1198, 1220, 1274, 1528, 1644 Metrizamid 1516 Metronidazol 24, 45, 50, 58, 80, 81, 83, 98, 102, 104, 105, 107, 108, 384, 427, 705, 706, 736, 737, 747, 754, 763, 764, 766, 772, 778, 779, 880, 1037, 1039, 1232, 1235, 1307, 1425, 1495, 1516, 1574, 1575, 1582, 1624 Metropenem 1031, 1034, 1035, 1039 Metroprolol 15 Metyrapon 600, 611 Mexiletin 15, 1095, 1281, 1287, 1288, 1516, 1642 Mezlocillin 43, 49, 50, 763, 875, 1555 Mianserin 24, 798, 1312, 1337, 1372, 1393 Mibefradil 16 Micardis 1154 Midazolam 15, 24, 866, 1480, 1515 Midodrin 858, 1281 Miflonide 987 Miglustat 331 Migräne-Kranit 1257 Milnacipran 1312 Milrinon 454, 1101, 1103, 1489, 1639 β2-Mimetika 452 Mineralokortikoid 551, 594, 599, 1502, 1598 Mineralokortikoidrezeptorantagonist 603 Minipress 607, 1154 Minirin 369, 375, 377, 562, 1599, 1659, 1661 Minocyclin 78, 1424, 1425 Minoxidil 1154 Mirena 632, 644 Mirtazapin 24, 1312, 1335, 1337, 1372, 1393, 1399 Misopostal 498 Misoprostol 705, 707 Mitomycin 191, 251, 371, 802, 886, 893, 1002, 1004, 1122 Mitomycin C 241, 686, 888, 1065
Arzneistoff- und Medikamentenverzeichnis
Mitotan 550, 599, 600, 610, 611 Mitoxantron 202–204, 208, 251, 285, 321, 723, 1072, 1122, 1226, 1227 Mizolastin 135, 138, 139 M-Methylglucaminantimonat 99, 102 Mobec 255, 498 Moclobemid 15, 16, 24, 1312, 1315, 1362, 1373, 1393 Modafinil 1373 Modip 1154 Mogadan 1372 Molgramostim 249 Molsidomin 625, 1139, 1140 Mometason 138, 986, 1443 Monoaminoxidasehemmer 1375, 1393, 1517 Monobatam 44 Monoembolex 1176 Montalban 1227 Montelukast 1564, 1633 Morphin 15 Morphin-6-Glukuronid 29 Morphinderivat 308, 446, 607, 989 Morphinsulfat 1208 Morphium 332 Motilide 720 Motilin 747 Motilinagonist 797 Motilinrezeptorantagonist 721 Motilium 1215, 1257, 1572 Movergan 1214 Moxifloxacin 45, 46, 56, 57, 80, 109, 978, 1029–1031, 1034, 1035, 1037, 1039 Moxonidin 1154 Mukolytika 1021 Mukolytikum 451 Mukoregulanzien 990 Multivitamin 458 Muphoran 1441 Mupirocin 1616 Muskelrelaxanzien 28, 681, 1122, 1263, 1420 Myambutol 736 Mycophenolat 24, 537 Mycophenolat-Mofetil (MMF) 144, 145, 155, 164–167, 173, 175, 368, 772, 829, 845, 910, 922, 954, 1027, 1283, 1290, 1431, 1432, 1435 Mycophenolsäure 954 Mycostatin 921 Mydriatika 181
Mykophenolsäure 146 Mylotarg 320 Myocet 202
N Nabilone 1215 N-Acetylcystein 451, 455, 858, 864, 868, 903, 990, 1013, 1422, 1432, 1493, 1535, 1540, 1543 N-Acetylprocainamid 28 NaCl 563, 1598, 1681 Nacom 1212 Nadolol 28, 846 Nadroparin 1176 Nafamostat 880 Nalmefen 876 Naloxon 256, 529, 604, 1540 Naltrexon 24, 876, 1357, 1360 Nandrolen 22 Naproxen 15, 255, 521, 539, 924, 1257, 1259, 1516 Naramig 1258 Naratriptan 1256, 1267, 1268 Narcanti 1540 Narcaricin 439 Narkotika 1494, 1516 Nateglinid 413 Natrium 854, 1208 Natrium-Benzoat 1592 Natriumbicarbonat 427, 754, 940, 971, 1464, 1499, 1501, 1552, 1553, 1590 Natriumchlorid 1502 Natriumcitrat 926 Natrium-Cromoglycat 987 Natriumfluorid 401 Natriumglyzerophosphat Fresenius 672 Natriumheparin 186 Natrium-Nitroprussid 1100, 1102, 1112, 1113, 1200, 1523, 1530, 1639, 1643, 1644 Natriumphenylacetat 427 Natriumphosphat 672, 1560 Natriumstibogluconat 99, 102 Natriumsulfat 1540 Natriumthiosulfat 1540 Navoban 252 N-Butyldeoxynojirimycin 469 N-Butylscopolamid 872 N-Carbamylglutamat 1592 Nebido 617
1731
Nebivolol 1140 Nedocromil 135, 987, 1633 Nedolon 256 Nefazodon 1312, 1393 Nelfinavir 15, 92, 1615 Neomycin 384, 754, 809, 867, 1628 Neostigmin 747, 1288 Neotigason 1423, 1426, 1429 Nepresol 1154 Nesiritide 1102 Netilmicin 44, 57, 452, 962, 1117, 1555 Neuraminidaseinhibitor 68, 69 NeuroBloc 1218 Neurocil 252, 1348, 1372 Neurokininantagonist 798 Neuroleptika 24, 25, 252, 257, 328, 397, 552, 554, 562, 681, 1220, 1262, 1263, 1288, 1307, 1313, 1314, 1316, 1339, 1344, 1354, 1357, 1364, 1371, 1372, 1375, 1389–1391, 1393, 1411, 1516, 1517 Neurontin 258, 1220 Neuropeptid Y 1381 Nevirapin 16, 92, 93 Niacin 1561 Niacinamid 1435 Nicardipin 24, 1509 Nicergolin 1317 Niclosamid 1623 Nicotin 1535 Nifedipin 15 Nifurtimox 825 Nikotin 15 Nikotinamid 398, 432, 508 Nikotinsäure 403, 422, 433, 463 Nikotinsäurederivat 463 Nimodipin 15, 1208, 1317 Nipolept 1221, 1348, 1349 Nipruss 1112, 1113 Nisoldipin 15 Nitoman 1218 Nitrat 34, 625, 847, 848, 871, 1100, 1113, 1136, 1137, 1139, 1141, 1144, 1158, 1183, 1687 Nitrazepam 24, 1316, 1372 Nitrendipin 15, 1154, 1159 Nitrit 1687 Nitrofurantoin 962, 1001, 1002, 1071 Nitroglycerin 24, 871, 1100–1102, 1139, 1140, 1144, 1159, 1159, 1200, 1265, 1266, 1489, 1509, 1639, 1679 Nitroharnstoff 1002
1732
Arzneistoff- und Medikamentenverzeichnis
Nitroimidazol 97 5-Nitroimidazol 97, 98 Nitropräparat 682, 683 Nitroprussid 1101, 1509 Nitroprussidnatrium 606 Nitrosoharnstoff 191 Nitrosoharnstoffderivat 1441 Nitrosourea 28 Nizoral 600 NK1-Antagonist 250 NMDA-Rezeptormodulator 1357 Noctamid 1372 NO-Donator 625 Nootropika 1317, 1397, 1398 Noradrenalin 14, 54, 55, 650, 858, 902, 1100–1103, 1273, 1311, 1332, 1381, 1463, 1487–1489, 1575, 1639 Noradrenalinwiederaufnahmehemmer 967, 1312 Norelgestromin 640 Norepinephrin 846, 1512 Norethisteron 639, 640 Norethisteronacetat 639, 648 Norethisteronenanthat 643 Norfloxacin 77, 104, 735, 847 Norgestimatderivat 640 Norgestrel 639 Noristerat 643 Normabrain 1398 Normosang 446, 447 Norpethidin 29 Nortrilin 1335 Nortriptylin 14, 15, 17, 24, 1263, 1335, 1337, 1393, 1399, 1432 Norvasc 1154 Norvir 92 Noscapin 988 NO-Synthasehemmer 54 Novalgin 255, 1208, 1260 Novalminsulfon 498 Novolizer 987 Novopulmon 986, 987 NovoSeven 369, 377 NPH-Insulin 410 N-Propylajmalin 15 NSAID (nichtsteroidale Antiphlogistika) 24, 25, 144, 147, 179, 185, 296, 314, 332–334, 384, 497, 498, 503, 513, 516, 519, 529, 530, 535, 537, 703, 704, 765, 781, 831, 862 Nukleosidanaloga 77, 92 Nutramigen 1564 Nystatin 78, 119, 684, 1606, 1622
O Obidoxim 1540, 1544 Oblimerse 265 Obsidan 1574 Ochratoxin 926 Octagam 125 Octostim 375 Octreotid 159, 557, 576, 586, 588, 673, 713, 728, 747, 759, 761, 809, 843, 858, 892, 1573 Ofloxacin 28, 45, 66, 80, 532, 862, 880, 961, 962, 1451 Olemtec 1154 Olmesartan 1154 Olsalazin 537, 763 Omeprazol 15–17, 24, 159, 368, 705, 706, 708, 713, 728, 752, 869, 1562, 1563, 1571–1575, 1579 Oncovin 351 Ondansetron 252 Onercept 537 Ophthalmikum 579 Opiatanaloga 706 Opiate 447, 778, 981, 1002, 1482, 1494, 1516, 1516, 1535, 1580, 1687 Opiatrezeptorantagonist 721 µ-Opiat-Rezeptorantagonist 1357 Opioidantagonist 830, 876 κ-Opioidantagonist 718 Opioide 254, 255, 257, 880, 882, 1208, 1281, 1353, 1373, 1375 Opipramol 1368 Oralcephalosporin 44 Orap 1348 Orgalutran 635 Orgaran 387 Orimeten 600 Orlistat 393, 394, 397 Ornidazol 98, 102 Ornipressin 858 Ornithin 431, 852 Ornithinaspartat 868, 1493 Orotat 866 Orpec 1540 Oseltamivir 68, 69, 118, 980 Osmofundin 1207 Osnervan 1215 Ostac 662 17β-Östradiol 658 Östrogen 639, 641, 644, 645, 647–650, 658, 1595 Östrogenrezeptorantagonist 1011
Östrogenrezeptordestabilisator, selektiver (SERD) 204 Östrogenrezeptormodulator, selektiver (SERM) 487, 644, 648 Ovoresta-M 640 Ovosiston 639 Ovulationshemmer 384, 640, 642, 643 Oxacarbazepin 1536 Oxacillin 80, 81, 924, 1115, 1616, 1617, 1631, 1632 Oxalazetat 1499 Oxaliplatin 191, 192, 241, 786, 788– 792 Oxandrolon 835 Oxatomid 135 Oxazepam 24, 1315, 1515, 1516 Oxazolidinon 83 Oxcarbazepin 1241–1244, 1281 Oxipurinol 439 Oxis 986, 987 Oxitropiumbromid 992 Oxopyrrolidin 1396 Oxprenolol 1288 Oxybutinin 967 Oxycodon 15, 256, 1375 Oxygesic 256 Oxytetracyclin 989 Ozogamicin 320, 322
P Paclitaxel 15, 191, 198, 203, 204, 218, 219, 224, 247, 251, 686, 1065, 1142 Pädiafusin II 1576 Palivizumab 1610, 1632 Palladon 256 PAMBA 386 Pamidronat 205, 363, 487, 490–492, 542, 662, 665, 1673 Pancuronium 607 Panthenol 1307 Pantoprazol 15, 705, 706, 713, 752 Pantothensäure 399 Panzytrat 809 Papaverin 624, 805, 806, 1414 Paraaminosalicylsäure 1621 Paracetamol 14, 15, 24, 74, 122, 254– 256, 308, 446, 498, 529, 539, 706, 831, 834, 844, 860, 861, 864, 869, 882, 978–990, 1208, 1257, 1259, 1274, 1493, 1533, 1535, 1540, 1542, 1543, 1687
Arzneistoff- und Medikamentenverzeichnis
Paramomycin 737 Paraquantin 990 Paraquat 1057 Parasympatholytika 149, 682, 683, 999 Parasympathomimetika 747 Parecoxib 1260 Parkinsan 1215 Parkotil 1214 Paromomycin 97, 99, 102, 852, 867 Paroxetin 15, 16, 24, 538, 1312, 1315, 1335, 1337, 1362, 1363, 1393, 1399 Paspertin 252, 1257, 1573 Pegvisomant 557, 558 Pemetrexed 234, 303 Pemolin 1373, 1697 Penem 50 Penicillamin 152, 371, 1001, 1561 Penicillin 24, 28, 34, 43, 80, 81, 118, 132, 182, 310, 327, 368, 369, 371, 378, 439, 525, 526, 865, 1039, 1115, 1288, 1420, 1445, 1447, 1453, 1575, 1616, 1617, 1621, 1631, 1646 Penicillin G 43, 58, 61–64, 69, 81, 108, 109, 111, 507, 508, 824, 831, 924, 1029, 1032, 1116, 1232, 1234, 1235, 1479, 1540, 1556, 1557, 1619 Penicillin V 43, 106, 979 Pentamidin 78, 89, 90, 99, 303, 403, 1035 Pentasa 1581 Pentazocin 24, 447, 882 Pentobarbital 868 Pentostam 99 Pentostatin 347, 348, 1443 Pentothal 1523 Pentoxyfyllin 139, 173, 179, 866, 1027, 1422 Pentoxyverin 989 Peptid YY 1381 Peptide 1097 Perazin 15, 1348 Perchlorat 571, 579, 580, 589 Pergolid 1214, 1373, 1375 Pergonal 617 Periciazin 1314 Perindopril 1201, 1203 Permetrexed 1072 Perphenazin 15, 24, 1273, 1275, 1314, 1348 Perzolid 1215 Pethidin 29, 447 Petibelle 633 Pflanzenalkaloid 191
Pheancetin 1687 Phenazon 1257 Phencyclidin 1535 Phenhydan 258 Phenobarbital 15, 24, 25, 1241–1244, 1305, 1419, 1516, 1536, 1665, 1667 Phenoprocoumon 383 Phenothiazine 24, 1311, 1355, 1432, 1516, 1534 Phenoxybenzamin 607, 608, 1530 Phenoxymethylpenicillin 1445 Phenprocoumon 14, 24, 384, 386, 831, 1656, 1657 Phentolamin 606, 1530 Phenylalanin 427, 852, 1585, 1587 Phenylalkylaminderivate 1155 Phenylalkylamine 1154 Phenylbutazon 834, 924, 1516 Phenylbutyrat 1592 4-Phenylbutyrat 454 Phenylephrin 1516 Phenylpropanolamin 1207, 1516 Phenyltoloxamin 989 Phenytoin 15–17, 24, 25, 33, 121, 136, 258, 368, 433, 862, 868, 924, 1241– 1244, 1250, 1288, 1305, 1419, 1480, 1516, 1667 Phosphat 489, 672, 673 Phosphodiesterase-5-Hemmer 624, 1053 Phosphodiesterasehemmer 24, 624, 1103, 1104, 1281, 1489, 1639 Phospholipid 1553 Photoderm MAX 447 Physostigminsalicylat 1540 Phytomenadion 400 Phytoöstrogen 644 Phytopharmaka 967, 973, 1371, 1372, 1375 Pilocarpin 150, 151, 1432 Pimecrolimus 1602 Pimozid 1314, 1348, 1389 Pindolol 327, 1198 Pioglitazon 15, 16, 412, 1441 Pipamperon 1307, 1314, 1348, 1372, 1399, 1411 Piperacillin 43, 45, 46, 49, 50, 77, 80, 107, 250, 451, 868, 875, 1022, 1031, 1034, 1035, 1037, 1039, 1116, 1117, 1632 Pipobroman 279, 280 Pipril 328, 1022 Piracetam 1305, 1317, 1396, 1398
1733
Pirfenidon 1013 Piritramid 254 Piroxicam 15, 255, 529, 1432 Pizotifen 1261, 1269 PK-Merz 1215 Planum 1372 Plasmazytokin 652 Platin 219, 234, 247 Platinderivat 192, 241 Platinsalz 1072 Podophyllin 1516 Podophyllotoxin 801, 1455 Polidocanol 728, 801, 1573 Polyene 1450 Polyethylenglykol 1540, 1580 Polyglobin 125 Polyvidon-Jod 1551 PPAR-α-Agonist 463 γ 463 PPAR-γ-Agonist PPSB 253 Praktolol 152 Pramipexol 24, 1213–1215, 1375 Pravastatin 24 Pravastatin 24, 420, 463, 1141, 1199, 1203, 1334 Pravidel 632, 633 Pravidel Kirim 1214 Praziquantel 24, 96, 102, 1623 Prazosin 607, 608, 1154, 1305 Predalon 617 Predalon 634 Prednicarbat 1443 Prednisolon 24, 138, 147, 165, 166, 169, 170, 172, 173, 176, 178, 179, 288, 336, 479, 480, 514, 521, 522, 573, 576, 583, 589, 662, 763, 774, 828, 829, 831, 835, 845, 913–915, 920–923, 955, 956, 992, 994, 1027, 1068, 1124, 1130, 1267, 1269, 1279, 1289, 1420, 1421, 1426–1429, 1443, 1564, 1573, 1581 Prednisolonäquivalent 144, 146, 184, 437, 455, 518, 525, 768, 770, 771, 1289, 1421, 1429 Prednison 24, 138, 208, 247, 288, 289, 307, 309, 310, 324, 333, 334, 341, 346, 347, 350–352, 361–363, 386, 529, 594, 595, 763, 765, 828, 829, 831, 866, 981, 1006, 1012, 1228, 1229, 1269, 1289, 1430, 1434, 1624, 1636, 1657, 1672 Prednisonäquivalent 158, 182, 1007– 1010, 1012, 1026
1734
Arzneistoff- und Medikamentenverzeichnis
Pregabalin 1281 Pregnenolon-16α-Carbonitril 16 Pregnesin 617 Pregomin 1564, 1576 Presinol 1154 Prevenar 1629 Primaquin 13, 89, 100–102 Primaquinphosphat 825 Primidon 24, 1220, 1241–1244, 1667 Primogonyl 617 Probenecid 62, 155, 438, 439 Procain 880 Procainamid 13, 14, 24, 28, 33, 1516 Procain-Penicillin 62, 184 Procarbazin 251, 341, 350, 1002, 1068, 1071, 1252 Procyclidin 1215, 1516 Progesteron 635, 1011 Proglicern 760 Proguanil 15, 100, 102 Prokinetika 24, 415, 680, 701, 716, 747 Prolaktin 650 Prolaktininhibitor 24 Proluton 635 Promazin 447, 1288, 1314, 1372 Promethazin 24, 1273, 1275, 1314, 1348, 1372, 1516 Propafenon 15, 17, 1089, 1092, 1093, 1641, 1642, 1679 Propanolol 327, 1126, 1274, 1288, 1537, 1574, 1640, 1644 Propofol 15, 1208, 1480 Propoxyphen 24, 1002 Propranolol 15, 24, 571, 583, 589, 607, 608, 846, 1140, 1154, 1220, 1516, 1528, 1643 Propylthiouracil 161, 571, 573, 574, 836, 862, 1528 Prosorba 187 Prostacyclin 159, 372, 703, 1052, 1060, 1183, 1184 Prostacyclinanalog 158 Prostaglandin 33, 54, 257, 624, 703, 858, 903 Prostaglandin E1 1060, 1170, 1414, 1640, 1679 Prostaglandin I2 1170 Prostaglandinanaloga 705, 707 Prostaglandinsynthesehemmer 906 Prostanoide 1052, 1167, 1170, 1184 Prostigmin 1122, 1307 Protacyl 1372 Protaminsulfat 1207
Proteaseinhibitor 91, 92, 464, 880, 1603 Proteasomeninhibitor 364 Proteinkinase-C82-Inhibitor 415 Prothipendyl 1314, 1316, 1372, 1515 Prothrombinkomplexkonzentrat 1659 Protonenpumpenhemmer (PPI) 159, 532, 679, 680, 693, 698–701, 705, 706, 708, 710, 711, 713, 752, 894, 903, 971, 1307, 1571, 1572, 1574, 1575, 1579 Proxen 255, 1257 Prucaloprid 797 Psoralen 1432 Psorcutan 1429 Psychopharmaka 34, 149, 1311, 1533 Psychostimulanzien 24, 1697 Pteroylmonoglutaminsäure 302 Pulmicort 986, 987, 1539 Puregon 617 Purinanaloga 334, 346, 350, 940 Purinsyntheseinhibitoren 954 PUVA 332, 334 Pyrafat 67 Pyramethamin 71, 72, 78 Pyrantel 1623 Pyrazinamid 66, 67, 88, 109, 439, 508, 736, 1071, 1621, 1635 Pyrazinoisochinolin 96 Pyrazolopyrimidine 1371, 1372 Pyridostigmin 1290 Pyridostigminbromid 1288 Pyridoxin 399, 427, 508, 946, 1540, 1561 Pyrimethamin 89, 90, 303, 1238, 1556, 1624 Pyritinol 1317 Pyrophosphatanaloga 490
Q Quantalan 753, 809 Quensyl 1432 Quetiapin 24, 1314, 1316, 1317, 1339, 1348, 1349, 1364, 1393, 1399 Quinacrin 155 Quinagolid 553, 554 Quinapril 1154 Quinine 1432 Quinolone 960–962, 1432 Quinupristin 83, 1035, 1115
R Rabeprazol 705, 706 Radiogardase-Cs 1539 Ralitrexed 234, 790 Raloxifen 487, 644, 648 Ramipril 1105, 1111, 1141, 1154, 1155, 1158 Ranitidin 24, 28, 139, 368, 717, 761, 1420–1422, 1562, 1563, 1572, 1573, 1575, 1579 Rapamycin 15, 829, 954, 1142 Rasburicase 439, 440 Rebif 1224, 1225 Reboxetin 1312, 1335, 1399 Refludan 387 Refobacin 1232 Relaxin 158 Remergil 1335, 1372 Remestan 1372 Reminyl 1397 Renagel 670 Renzapride 798 Repaglinid 413 Reproterol 986, 992 Requip 1214 Rescriptor 92 Reserveantibiotika 1575 Reservecephalosporin 45 Reservepenicillin 43, 45 Reserve-Transkriptase-Hemmer 862 Resiniferatoxin 967 Resochin 101, 1426 Retardform 256 Reteplase 1134 Retinoide 152, 284, 286, 1423, 1434 Retinol 400 Retinolpalmitat 400 Retinolsäure 225 Retrovir 92 Reverse-Transkriptase-Inhibitor, nukleosidische 91, 92 Revimid 117, 284, 287 Reviparin 1045 Revlimid 364 Reyataz 92 β1-Rezeptor 1189 β2-Rezeptoragonist 990, 992 α-Rezeptorantagonist 606, 607 Rezeptorantagonist, α2-adrenerger 798 α1-Rezeptorblocker 1154 α2-Rezeptorblocker 744 β-Rezeptorblocker 533, 1152, 1153
Arzneistoff- und Medikamentenverzeichnis
Ribavirin 172, 177, 178, 824, 827, 994, 1032, 1609, 1610 Riboflavin 398, 1561 Ribose 440 Rifabutin 66, 88, 90, 509, 684, 706, 1621, 1622 Rifambutin 15 Rifampicin 15, 16, 24, 56, 57, 60, 64, 66, 67, 78, 82, 88, 109, 111, 117, 371, 384, 507, 508, 595, 736, 824, 830, 862, 876, 913, 924, 1035, 1071, 1115, 1232, 1238, 1516, 1601, 1618, 1621, 1635 Rifaximin 867 Rilutek 1221, 1291 Riluzol 1221, 1291 Rimantadin 68, 69 Risedronat 487, 490–492 Risperdal 1218, 1349, 1348 Risperidon 15 Risperidon 24, 1218, 1314, 1316, 1317, 1339, 1348, 1349, 1364, 1399, 1515 Ristocetin 379 Ritonavir 15, 16, 92, 1615 Rituximab 147, 193, 247, 265, 309– 311, 342, 346, 350, 351, 353, 368, 372, 1283 Rituximab 1443 Rivastigmin 1316, 1317, 1396, 1397 Rivotril 258, 1218, 1220 Rizatriptan 1258, 1259 Roaccutan 1424, 1425 Rocaltrol 668, 669 Rocephin 1189, 1232 Rofecoxib 498, 514, 704 Roferon 1430 Rohypnol 1372 Ropinirol 1213–1215 Rosiglitazon 15, 412, 413 Rosuvastatin 420 Roticleam-E 1540 Rotigotin 1215 Roxithromycin 44, 720, 747, 978–980, 994, 1029, 1030, 1142 rtPA 1046, 1176, 1513
S sab simplex 1539 Sadative 1353 Salbulair N 986
Salbutamol 14, 464, 761, 987, 992, 1473, 1474 Salicylate 24, 74, 134, 439, 774, 924, 1500, 1516, 1537, 1687 Salicylsäure 1187 Salidiuretika 910 Salmeterol 986, 987, 990, 992, 999 Salofalk 1581 Salvipeptid 752 Sanasthmax 986 Sandimmun 1290, 1582 Sandimmun Optoral 1423, 1426, 1427, 1430 Sandoglobulin 125 Sandostatin 555, 557, 809, 1573 Saquinavir 15, 16, 92, 93 Saroten 257, 1291, 1372 Säurehemmer 24 Scandicain 1443 Schleifendiuretika 563, 661, 856, 902, 1100, 1106, 1137, 1153, 1154, 1288 Scopoderm 1291 Scopolamin 1273, 1275, 1291, 1307, 1516 Securopen 1022 Sedativa 24, 368, 525, 652, 851, 1002, 1503, 1597, 1687 Sekretin 705, 711, 894 Sekretolytika 117, 451, 998, 1023, 1624 Selegilin 24, 1214, 1216, 1317, 1373 Selen 401 Selenase 1568 Seretoninrezeptor 1257 Serevent 986 SERM (selektiver Östrogenrezeptormodulator) 487, 489, 644, 648 Seroquel 1348, 1349 Serotonin 428, 633, 967, 1311, 1332, 1381, 1489 Serotonin-5-HT2-Rezeptorblocker 1313 Serotoninagonist 1260 Serotoninantagonist 397, 830 Serotonin-Reuptake-Hemmer, s. Serotonin-Wiederaufnahmehemmer Serotoninrezeptor 797 Serotoninrezeptorantagonist 539 Serotonin-Wiederaufnahmehemmer 538, 633, 718, 1263, 1277, 1304, 1312, 1315, 1368, 1383, 1404, 1415, 1517 Serotoninwiederaufnahmehemmer, selektive (SSRI) 798, 1393 Seroxat 1335
1735
Sertindol 24, 1314 Sertralin 24, 1312, 1315, 1335, 1337, 1362, 1363, 1399 Sevelamer 670 Severent 987 Sevredol 255, 256 S-hydril 1540 Sibutramin 393, 394, 397 Sifrol 1214 Silbernitrat 107, 1422, 1551, 1619 Silbutramin 1594 Sildenafil 15, 24, 415, 624, 625, 1053 Silibinin 1541 Silymarin 865 Simethicon 718 Simplotan 98 Simvastatin 15, 24, 420, 421, 1141, 1199, 1201, 1203, 1398 Singulair 986 Sinquan 1372 Sintrom 384 Sirolimus 24, 537, 954, 955 Skelid 491 SMAT 257 Solatol 1088, 1089, 1095, 1128, 1155 Solian 1348, 1349 Solu-Decortin 1428, 1429 Soluvit-N 1568 Somatostatin 557, 650, 652, 688, 728, 745, 847, 880, 1381 Somatostatinanaloga 555, 557, 558, 576, 608, 747, 759, 843, 858, 892, 894 Somatotropin 561 Somatuline Autogel 557 Somatuline LP 557 Somavert 558 Sonata 1372 Sonin 1372 Sorbit 1536 Sotalol 24, 28 Sparfloxacin 508, 962 Spasmolytika 747, 796, 872, 945, 967, 1516, 1580 Spectinomycin 1451 SPF 100 447 Spiramycin 72 Spironolacton 24, 328, 603, 856, 857, 1104, 1106, 1187, 1639, 1644 Spizef 1232 SSRI (selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer) 24, 798 ST171 1650
1736
Arzneistoff- und Medikamentenverzeichnis
ST571 756 Stalevo 1214 Stangyl 1335, 1372 Staphylex 1022, 1232 Staphylokokkenpenicillin 43, 325 Staphylokokkenprotein-A-Silikatgel 187 Statine 24, 416, 417, 421–423, 463, 1107, 1138, 1141, 1201, 1209 Stavudin 91, 92, 93, 862, 1615 Steroide 14, 22, 57, 59, 76, 78, 116– 118, 128, 129, 146, 147, 155, 167, 171, 175, 178, 181, 182, 184, 278, 288, 289, 307, 311, 335, 336, 344, 367, 452, 519, 532, 535, 763, 764, 766, 769, 771, 772, 774, 828, 835, 837, 845, 853, 882, 910, 912, 915, 917, 920, 922, 923, 929, 953, 955, 957, 988, 992, 1010, 1014, 1021, 1082, 1130, 1170, 1207, 1229, 1279, 1422, 1610, 1616, 1633, 1648 Steroidhormon 838 Stilnox 1372, 1398 Stimulanzien 1375 Stocrin 92 Streptokinase 1046, 1134, 1497, 1513 Streptomycin 57, 59, 66, 67, 508, 824, 1032, 1620, 1621, 1635 Streptozotocin 403, 713, 759, 888, 893, 894 Stromectol 97 Strontium ranelate 489 Subcuvia 125 Succinylacetoacetat 429 Succinylaceton 429 Succinylcholin 13, 607 Sucralfat 705, 869, 903, 1307, 1572 Sulbactam 43, 45, 46, 106–109, 962, 979, 1030, 1031, 1034, 1037, 1631 Sulfadiazin 71, 72, 78, 89, 90, 1238, 1556, 1624 Sulfamethoxazol 56, 59, 64, 80, 117, 118, 128, 164, 164, 166, 173, 175, 537, 921, 1007 Sulfamethoxyazoletrimethoprim 1432 Sulfaphenazol 16 Sulfasalazin 182, 515, 516, 518, 520, 522, 529, 530, 532, 535, 537, 542, 763, 764, 765, 773, 1002, 1432, 1581 Sulfasalazopyridin 518 Sulfatmethoxazol 1454 Sulfinpyrazon 438 Sulfmethoxazol 961
Sulfonamid 14, 24, 25, 28, 43, 71, 327, 371, 384, 862, 924, 1122, 1288, 1432 Sulfone 1431 Sulfonylharnstoff 24, 25, 412, 413, 417, 1432 Sulindac 782 Sulphamethoxal 735 Sulpirid 24, 1314 Sultamicillin 43, 46, 978 Sultanol N 986 Sultiam 1241, 1243, 1667 Sumatriptan 24, 1258, 1259, 1260, 1268, 1270, 1271 Suplatast-Tosilat 137 Suprarenin 708 Suprarenin 1552, 1553 Suramin 611 Surfactant 1553–1555 Survanta 1553 Survanta 1554 Survimed 1582 Survimed OPD 752 Sustiva 92 Sweatosan 256 Sylibinin 831 Sympathomimetika 1370, 1687 β-Sympathomimetika 137, 985, 987, 999, 1113, 1119, 1632 Synarela 635, 658 Synercid 83, 1115
T Tachystin 668 Tacrin 24, 1316, 1397 Tacrolimus 24, 537, 770–772, 829, 910, 953–956, 1602 Tadalafil 624 Talvosilen 256 Tamoxifen 15, 24, 197, 199, 200, 203, 204, 219, 371, 384, 583, 623, 644, 649, 843, 1011, 1441 Tamsolusin 967 Taractan 1372 Tasmar 1214 Tavor 1292 Taxan 191, 201, 202, 204, 238, 241 Taxilan 1348 Taxol 213, 228 Tazobactam 77, 80, 250, 868, 875, 1031, 1034, 1035, 1037 Tebonin intens 1398
Teduglutide 753 Tegaserod 797 Tegrafur 788 Tegretal 258 Teicoplanin 44, 50, 507, 1115, 1117, 1601, 1616, 1617, 1625 Telfast 987 Telithromycin 979 Telmisartan 1154 Temazepam 24, 1372 Temgesic 256 Temodal 1441 Temozolomid 24, 1252, 1441 Tenecteplase 1134, 1135 Teniposid 191 Tenofovir 93 Tenormin 1154 Terazosin 967 Terbenafin 1450 Terbutalin 992, 1473, 1474 Terfenadin 15, 820 Teriparatid 487, 489 Terlipressin 54, 847, 867, 869, 1493, 1573 Testoderm 617 Testogel 617, 658, 659 Testosteron 22, 622, 650, 659, 814, 1595 Testosteronenantat 617, 814 Testosterongel 659 Testosteronundecanoat 616, 617 Testoviron Depot 658 Tetanusimmunglobulin 58 Tetanus-Toxin 261 Tetrabenazin 1218, 1221 Tetracyclin 44, 56, 57, 59, 60, 64, 123, 488, 532, 620, 735, 737, 747, 861, 862, 993, 1072, 1288, 1424, 1425, 1432, 1435, 1454, 1624 Tetrahydrobiopterin 428 Tetrahydrofolsäure 303, 1586 Tetrazepam 1305, 1670 Tetrazyklin, s. Tetracyclin Teveten 1154 Thalidomid 117, 146, 181, 182, 282, 284, 363, 364, 1027, 1431 Thalliumsalz 1537 Theophyllin 14, 15, 24, 137, 433, 438, 761, 902, 903, 905, 986–988, 990, 992, 1313, 1317, 1474, 1516, 1534, 1536, 1538, 1555, 1610, 1633, 1687, 1697 Thiabendazol 97 Thiamazol 327
Arzneistoff- und Medikamentenverzeichnis
Thiamazol 571–574, 578–580, 589, 1597 Thiamin 398, 430, 1317, 1481, 1561, 1590 Thiazid 34, 368, 403, 664, 924, 931, 1153, 1154, 1160, 1624 Thiaziddiuretika 433, 660, 661, 669, 672, 856, 930, 1106, 1273, 1340 Thiazolidindion 413 Thienopyridin 369 Thioctsäure 909 Thioguanin 285, 318, 321 6-Thioguanin 251, 771, 1119, 1124 Thioinosinsäure 954 Thiopental 607, 868, 1480 Thiopurin 309 Thioridazin 15, 1314, 1348, 1372, 1389 Thiotepa 16, 191 Thioxanthene 1313 Thombran 1372 Thrombin 51 Thrombolytika 1513, 1655 Thrombopoetin 284, 286 Thromboxan 703 Thrombozytenaggregationshemmer 280, 281, 310, 327, 377, 380, 807, 916, 1208 Thrombozytenfunktionshemmer 1170, 1209 Thymianextrakt 989 Thymoglobulin 288, 308 Thymol 989 Thymoleptika 1282 Thymushormon 118 Thyreostatika 161, 327, 574, 578, 836, 1597 Thyroxin 384 Tiagabin 24, 1241, 1242, 1243, 1667 Tianeptin 1312 Tiaprid 1221, 1671 Tiberal 98 Ticarcillin 50, 452 Ticlopidin 16, 311, 327, 368, 369, 371, 372 Tilade 986 Tilidin 254, 256, 529 Tiludronat 490–492 Timolol 15, 1288 Timolol ophthalmic 1516 Timonil 258 Tinctura opii 437 Tinidazol 98, 102, 1624 Tinzaparin 1045, 1176
Tiopronin 913 Tiotropiumbromid 999 Tirofiban 1145 Tizanidin 1305 TMP-SMX 57, 60, 76–78, 88, 89, 90 TNF-α 652 TNF-α-Antagonist 170, 481, 535, 536 TNF-α-Blocker 164, 167, 176, 182, 187, 517, 519, 520, 522, 542 TNF-Antikörper 769 Tobramycin 44, 80, 109, 111, 452, 962, 999, 1022, 1031, 1034, 1116, 1117 Tocainid 1002, 1287 Tocopherol 400, 1214 Tofranil 1335 Tolazamide 1432 Tolbutamid 15, 24, 1432 Tolcapon 24, 1214 Tolmetin 924 Tolterodin 967 Toluidinblau 1541 Tolvin 1372 Tomudex 234 Topiramat 24, 28, 1241–1244, 1261, 1267, 1270, 1281, 1316, 1667 Topoisomerase I/II 192 Topoisomerase-I-Blocker 191, 285 Topoisomerase-II-Blocker 191, 315, 355 Topoisomerase-Inhibitor 238 Topotecan 191, 218, 241, 251, 285, 287 Torasemid 15, 856, 1154 Toremifen 24, 203 TOR-Inhibitoren 954 Toxogonin 1540, 1544 Tracleer 1184 Tramadol 15, 254, 256, 529, 539, 880, 882, 1281 Tramal 256 Trandolapril 1105, 1154 Tranexamsäure 253, 369, 377, 1603 Tranquilizer 368 Transtec 256, 257 Tranylcypromin 1335, 1373 Trapidil 1141 Trastuzumab 202–204, 247, 265 Trasylol 386 Traurolidin 104 Trazodon 15, 24, 1263, 1312, 1316, 1372, 1393, 1399 Treosulfan 191, 218, 251 Tretinoin 1432 Trevilor 1335 Triamcinolon 1443
1737
Triamteren 856, 303, 603 Triamzinolonazetonid 97 Triazolam 15, 24, 1372, 1375 Tribonat 1464 Trientine 816, 817, 818 Trifluorothymidin 89 Triflupromazin 251, 447, 1314 Triglyzeride 116, 416, 419, 422, 752, 1589 Trihexyphenidyl 1217, 1218, 1291, 1516 Trijodthyronin 586, 1529 Trimethoprim 56, 59, 64, 80, 117, 118, 128, 164, 166, 173, 175, 302, 303, 537, 862, 921, 960–962, 1007, 1454, 1601, 1625 Trimetrexat 89 Trimipramin 15, 24, 798, 1335, 1372 Triphenylmethan 1422 Triptane 1257–1260, 1267, 1271 Trizivir 92 Trofosfamid 191 Troglitazon 16 Trohexyphenidyl 1215 Trolovol 1538 Tropisetron 15, 17, 252, 539 Trospium 967 Trovafloxacin 875 Truxal 1348, 1372 Tryptase 33 Tryptophan 152, 743, 852 Tuberkulostatika 24, 28, 67, 595, 831, 1425, 1560, 1622 Tubocurarin 28 α-Tubocurarin 607 Turbohaler 987 Turoxim 868 Twisthaler 987 Tyloxapol 1553 Typhim 1619 Typhoral 59, 1619 Typhuslebendimpfstoff 59 Tyrokinaseinhibitor 1650 Tyrosin 427, 852 Tyrosinkinaseinhibitor 322, 324, 334, 756
U Udenosintriphosphat 1023 Ugurol 386 Ulcogant 1572 Ultracarbon 1538
1738
Arzneistoff- und Medikamentenverzeichnis
Unat 1154 Unilair 986 Uniphyllin 986 Uracil 788 Uralyt-U 440, 945 Urapidil 606, 1154, 1159, 1200, 1207, 1208, 1509–1511, 1523, 1524, 1530 Urbason 987 Ureidopenicillin 451, 998 Urikostatika 438, 439 Urodilatin 903 Urokinase 1046, 1176, 1497, 1513 Uromitexan 213 Ursodesoxycholsäure 453, 753, 754, 765, 773, 830, 872, 874, 876 Ursofalk 753 Utrogest 635
V Valaciclovir 89, 1236, 1448, 1449, 1453, 1612 Valdecoxib 498, 529 Valette 639, 640 Valganiciclovir 70, 89, 90 Valin 430 Valium 1539 Valoron 256 Valproat 24, 1243, 1244, 1305, 1391, 1516, 1538 Valproinat 380, 384, 1667, 1667 Valproinsäure 258, 862, 1241, 1243, 1250, 1261, 1267, 1269, 1274, 1313, 1316, 1400, 1401, 1480 Valsartan 1154 Vancomycin 28, 44, 50, 57, 80, 81, 83, 109, 117, 250, 368, 507, 754, 852, 869, 1034, 1115–1117, 1231, 1232, 1495, 1555, 1616, 1617 Vardenafil 624 Varicella-Zoster-Immunglobulin 117 Vasodilatanzien 54, 1183 Vasodilatatoren 906, 1489, 1508, 1639, 1679 Vasokonstriktiva 54, 846, 978 Vasopressin 458, 562, 650, 805, 846, 868, 902, 1097, 1463, 1530 Vasopressinanaloga 375, 858, 902, 1487 Vasosan 1582 Venimmun N 125 Venlafaxin 15, 24, 539, 1312, 1315, 1335, 1337, 1362, 1393
Venofer 296 Ventilastin 987 Ventolair 986, 987 Verapamil 15, 24, 903, 1088, 1089, 1091–1095, 1107, 1108, 1124, 1126, 1140, 1141, 1153–1155, 1267, 1268, 1288, 1641 Vergentan 252 Vermox 97 Verrumal 1449 Viagra 415 Viani 987 Vibramycin 737, 659 Videx 92 Vigabatrin 28, 1241, 1243, 1244, 1667 Vigantol-Öl 668, 669 Vinblastin 191, 251, 335, 341, 1002, 1010, 1432 Vincaalkaloid 191, 201, 278, 367, 368, 371, 1065 Vincristin 191, 247, 251, 285, 310, 324, 327, 341, 350–352, 362, 367, 368, 371, 372, 379, 480, 562, 608, 1064, 1068, 1122, 1252, 1443, 1652, 1653 Vindesin 191, 224, 686, 1002, 1065, 1441, 1652 Vinorelbin 24, 191, 202–204, 218, 224, 238, 241, 251, 1065 Vioxx 704 Viracept 92 Viramun 92 Virustatika 43, 68, 70, 821, 861, 1452, 1556 Vitalipid Adult 1567, 1568 Vitalipid Infant 1567, 1568 Vitamin A 1609 Vitamin B 908 VItamin B1 1282 Vitamin B12 297, 300, 435, 750, 1206, 1373, 1375, 1408 Vitamin B6 1202, 1540 Vitamin C 1142, 1645 Vitamin D 145, 489, 514, 542, 669, 766, 773, 909, 1014, 1605 Vitamin D3 167, 487, 489 Vitamin E 836, 1202, 1317 Vitamin K 1541 Vitamin-A-Säurepräparat 660 Vitamin-D-Analoga 909 Vitamin-D-Derivat 286, 536 Vitamin-K-Antagonist 1178, 1179, 1655, 1656
Volon A 1430 Voltaren 1429 Voltaren Dispers 255 Voltaren Resinat 255 Voltaren-K-Migräne 1257 Vomex 1257 Voriconazol 249
W Warfarin 22, 155, 384, 439, 1110, 1656, 1657 Wartec 801 Wismut 718, 774, 1580 Wismutsalz 705
X Xanef 1154 Xenazine 1218, 1221 Xenical 1594 Xilopar 1214 Ximovan 1372, 1398 Xusal 987 Xylit 440 Xylometazolin 978
Y Yasmin 633 Yohimbin 415, 624
Z Zalcitabin 91, 92 Zaleplon 24, 1372 Zanamivir 68, 118, 980 Zantic 1572, 1573, 1575, 1579 Zarnestra 364 Zavesca 331 Zeldox 1348, 1349 Zentropil 258 Zephalexin 1445 Zerit 92 Zevalin 194 Ziagen 92 Zidovudin 24, 91, 92, 93, 150, 152, 862, 1615 Zienam 1022, 1037
Arzneistoff- und Medikamentenverzeichnis
Zink 401, 744 Zinkacetat 816, 818, 866 Zink-Aminosäure-Verbindung 818 Zinkpräparat 817 Zinksalz 818 Zinksulfat 537, 816, 818 Ziprasidon 1314, 1316, 1347, 1348, 1349 Zithromax 1023 Zitrat 186, 667 Zoledronat 205, 363, 487, 662
Zolmitriptan 1258, 1270, 1271 Zoloft 1335 Zolpidem 15, 24, 539, 1288, 1372, 1398 Zometa 662 Zopiclon 24, 1372, 1398 Zotepin 1221, 1314, 1316, 1348, 1349 Zucapsaicin 1270 Zuclopenthixol 17, 24, 1314, 1515 Zyanidantagonist 300 Zyanide 1687
1739
Zyanokobalamin 300, 399 Zyloric 439 Zyprexa 1221, 1348, 1349 Zystein 432 Zytokin 193, 259, 261, 262, 273, 322– 324, 1189, 1224 Zytostatika 14, 28, 165, 187, 191–193, 208, 228, 238, 250, 277, 279, 287, 298, 302, 303, 309, 310, 311, 315, 320, 345, 351, 355, 367, 371, 378, 562, 888, 1122, 1123, 1280
Sachverzeichnis
1741
Sachverzeichnis Hauptfundstellen sind ffett ettt hervorgehoben A Abetalipoproteinämie 740 Abflussbehinderung, postrenale 900 Abführmittelabusus 1380 Abhängigkeitserkrankung, stoffgebundene 1352 ABPA 449, 452, 1016 Abscheidungsthrombus 380 Absorption 23 Abspültherapie 1544 Abstoßungsrisiko 955, 956 Abszess 98, 325 – intraabdominaler 102, 103 – periproktitischer 802 – spinaler (epiduraler) 1235 Abszessdrainage 779 Abszessspaltung 979 Abt-Letterer-Siwe-Krankheit 335 Acanthosis nigricans 462 ACD-CPR 1464 Achalasie 681, 682 Achlordydrie 894 Achondroplasie 494, 1698 Acinetobacter ssp. 82, 1033 Acne – vulgaris 1423 – comedonica 1424 – conglobata 1424 – papulopustulosa 1424 Acquired immunodeficiency syndrome (s. auch HIV-Infektion) 83 Acrodermatitis – chronica atrophicans 508 – continua suppurativa (Hallopeau) 1423 – enteropathica 1561 ACS 1103 ACTH – ektope Sekretion 596 – isolierter Mangel 592 – Kurztest 593 – okkultes ektopes Syndrom 596 – Test 602 Acute life threatening event (ALTE) 1690 Acute lung injury (ALI) 1056
ADA-Defekt 126 Adams-Stokes-Symptomatik 1122 Adaptation, ileale 749, 750 Addison-Krankheit 668 Addison-Krise 595, 1529, 1598 Adenin-Phosphoribosyl-Transferase 932 – Mangel 440 Adenokarzinom 205, 239 – des Pankreas 884 – des Dünndarms 756 Adenom 615 – ampulläre 731 – der Papilla Vateri 731 – endoskopische Resektion 731 – mammosomatropes 555 – onkozytäres 547 – toxisches 1528 Adenomektomie 598 Adenom-Karzinom-Sequenz 785 Adenosin-Deaminase-Mangel (ADADefekt) 119, 126, 1607 Adenovirus 823 – Bronchiolitis 993 – im Kindesalter 1613 Aderlasstherapie 279, 447, 814 Adhäsin 41 ADH-Sekretion, inadäquate (SIADH) 562 Adipositas 391, 402, 405, 418, 549, 597, 616 – Begleiterkrankungen 391 – chirurgische Verfahren 394 – dolorosa 464 – Folgeerkrankungen 391 – im Kindesalter 1565, 1594 – körperliche Aktivität 393 – medikamentöse Gewichtssenkung 392 – Verhaltensmodifikation 393 Adnexektomie 227, 229 Adnextumor 217 Adrenalektomie 550, 963 – bilaterale 598 – laparoskopische 603 – unilaterale 603 Adrenalinsekretion 604 Adrenalitis, tuberkulöse 591
Adrenoleukodystrophie (ALD) 591, 1598 Adrenomyelolipom 613 Adrenomyeloneuropathie (AMN) 591 Adynamie (s. auch Fatigue) 313, 751 Aeromonas-hydrophilia-Myonekrose 108 Aerophobie 70 Aerovent chamber 1474 AFCAPS/TexCAPS 421 Agammaglobulinämie, X-chromosomale (s. auch M. Bruton) 127 Aggressin 41 Aggressivität, akute 1518 Agoraphobie 1315, 1361, 1362 Agranulozytose 327 – im Kindesalter 1598 Ahornsiruperkrankung 426, 429 Aids (s. auch acquired immunodeficiency syndrome) 83, 86 – Aids-related-complex 86 – im Kindesalter 1615 – opportunistische Infektionen 89 – Vollbild 86 AIHA 344 – Kälteantikörpertyp 310 – Wärmeantikörper 309 Air trapping 1468 Akinese 1216 Akne 541, 631 555 Akromegalie 547, 5555 Akrozyanose 305 Aktinomykose 1055 Aktionstremor 1219 Aktivimpfung 117 Akupunktur 539 Akute-Phase-Protein 292 Akute-Phase-Reaktion 41 Albinismus 129, 326 – okulokutaner 325 Albright’s hereditäre Osteodystrophie 667 Albuminurie 407 Aldosteron-18-Glucuronid-Ausscheidung 601 Alexanian-Schema 361, 362 Alginat 449 ALI (acute lung injury) 1056
1742
Sachverzeichnis
Alkalose 55 – metabolische 971 – – chloridsensitive 1502 – – nichtchloridsensitive 1503 – pseudorespiratorische 1503 – respiratorische 971, 1503 Alkoholabhängigkeit 1352, 1353, 1404 Alkoholdehydrogenase (ADH) 561, 1541 Alkoholentzugssyndrom 1354 Alkoholhalluzinose 1395 Alkoholinjektion, perkutane 579 Alkoholintoxikation 1353, 1395 Alkoholkardiomyopathie 1121 Alkoholkonsum 833 Alkoholkrankheit 301, 464 Alkoholmissbrauch im Alter 1394 Alkohol-Paracetamol-Syndrom 864 Alkoholtoleranz 834 ALL 354 – im Kindesalter 1648 Allergenkarenz 135 Allergie – Einteilung nach Coombs 131 – Einteilung nach Gell 131 – Hyposensibilisierung 136 – intestinale 743 – Testung 984 – Therapiestrategien 135 Allocation concealment 10 Allodynie 256 Alopezie 61 Alpha-1-Proteinasemangel 996 alpha-Fetoprotein (AFP) 209, 638 Alport-Syndrom 916, 926, 937, 1662 Aluminose 1082 Alveolarproteinose 1009 Alveolarzelle 272 Alveolitis 154, 1000, 1011 – allergische im Kindesalter 1636 – exogen-allergische 1058, 1081 – fibrosierende 1008 Alzheimerkrankheit 476, 1396, 1397, 1407 – Lewy-Körperchen-Variante 1400 – Prävention 1398 Alzheimer-Typ-II-Degeneration der Astrozyten 850 Amanita 831 Amaurosis fugax 168, 170 – Attacke 1194 Amenorrhoe 168, 395, 394, 552, 559, 597, 626, 628, 629, 631, 643, 814
– hyperprolaktinämische 630 Aminosäurenstoffwechselstörung 423 Aminosäurentransportstörung 431 Amiodarontoxizität 1004 AML 283 – im Kindesalter 1650 Ammoniumentgiftung 852 Amnesie, transitorische globale 1412 Amöbapore 98 Amöbe 1624 Amöbenabszess 98 Amöbenruhr 97 Amöbiasis 97, 736 – intestinale 98 Amöbom 97 Amyloidose 474, 518, 521, 666, 1123, 1124 – AA-Amyloidose 475, 481 – Aβ2M-Amyloidose 481 – AL-Amyloidose 475, 479 – ATTR-Amyloidose 475, 480 – lokale 476 – renale 478 Analekzem 802 Analfissur 801 Analfistel 802 Analgesie im Kindesalter 1682 Analgetikanephropathie (AN) 925, 1380 Analkarzinom 802 Analprolaps 801 Analrandkarzinom 802 Analthrombose 801 Anämie 70 – AIHA 305, 309 – aplastische 286, 287 – – im Kindesalter 1646 – autoimmunhämolytische 305, 309 – chronische Entzündung 312 – extrakorpuskuläre hämolytische 311 – hämolytische 304, 370 – kongenitale dyserythropoetische 289 – korpuskuläre hämolytische 311 – megaloblastäre 297, 301, 302 – – angeborene 303 – mikrozytäre 312, 313 – normozytäre 312, 313 – perniziöse 298 – refraktäre 283 – renale 296, 907 – sideroachrestische 294, 814 Anaphylaxie 131, 376 Anastomose – biliodigestive 730
– ileopouch-anale 764 – iliorektale 764 ANCA 173 Ancylostoma duodenale 96 Andersen-Erkrankung 458 Androblastom 217 Androgen, adrenales 595 Androgendeprivation 208 Androgenexzess 549, 609 Andrologie 614 Aneuploidie 244 Aneurysma 180, 182 Anfall – epileptischer 1239 – zerebraler im Kindesalter 1665 Angiitis – kutane leukozytoklastische 178 – leukozytoklastische 173 Angina – abdominalis 805 – pectoris 678, 1135, 1139 – Plaut-Vincenti 978 – stabile 1139 – tonsillaris 978 Angiodysplasie 294, 295 Angiomatose, bazilläre 60, 107 Angiomatosis retinae 938 Angioödem 1421, 1602 – autosomal-dominantes hereditäres (HAE) 1603 – pulmonales 323 Angioplastie – perkutane transluminale (PTA) 943 – – mesenteriale (PTMA) 806 Angiosarkom 843 Angststörung 1314, 1361 – generalisierte 1362, 1394 – im Alter 1394 Anion gap (Anionenlücke) 968, 969 Ankylostomiasis 1623 Ann-Arbor-Klassifikation 724 Anorektum 800 Anorexia nervosa (AN) 1380, 1564 Anorexie 397, 746 Anosmie 558 Anstrengungsasthma 983, 984 Anthrakosilikose 1081 Anthrax (s. auch Milzbrand) 1447 Anthraxbazillus 61 Anthropathie, hämophile 377 Anthropozoonose 57 AntibasalmembranantikörperGlomerulonephritis 921
Sachverzeichnis
Antibiotikatherapie – Dauer 46 – Deeskalationstherapie 46 – Sequenztherapie 46 – Therapieversagen 46 Antigen 41 – prostataspezifisches (PSA) 206 Antigenic drift 68 Antigenshift 68, 979 Antiglobulintest 305 Antikoagulation 1512 Antikörper – Absorptionstest 61 – antinukleäre (ANA) 142, 154 – Avidität 42 – iatrogener Defekt 121 – Nachweis 42 Antikörpermangel 116 Antikörpermangelsyndrom 75, 117 – im Kindesalter 1603 Anti-Neutrophilen-Zytoplasma-Antikörper (ANCA) 173 Antiphospholipid-Antikörper-Syndrom 141, 143, 146, 188 Antiphospholipidsyndrom (APS) 386, 1006, 1521 Antirefluxtherapie, endoskopische 693 Antisynthetasesyndrom 153 Antithrombin-III-Spiegel 52 Antriebshemmung/-minderung 1345 ANV (akutes Nierenversagen) – Ernährungstherapie 904 – ischämische 899 – manifeste 903 – nichtoligurische 899 Anwendungsbeobachtung 33 Aortenaneurysma – abdominelles 1163 – thorakales 1162 – thorakoabdominelles 1163 Aortenbogensyndrom 168, 170 Aortendissektion 1160 Aorteninsuffizienz 1110, 1111, 1113 – akute 1113 Aortenisthmusstenose (ISTA) 1164, 1177 – im Kindesalter 1640 Aortenklappeninsuffizienz 1160 Aortenklappenstenose im Kindesalter 1641 Aortensinus 1093 Aortenstenose 1110, 1111, 1113 Aortentrauma 1162
1743
Aortitis 1164 – bei chronisch-entzündlichen DarmAPACHE-II-Score 653 erkrankungen 537 Apatitrheumatismus 501, 502 – Chlamydien-induzierte 532 – gonorrhoische 109 APECED 591 APGAR-Score 1551 – infektiöse 108 Aphasie 1304 – kristallinduzierte 500 – progressive 1410 – mykotische 509 Aphereseverfahren 422 – parasitäre 509 Aphthen 180 – periphere 511, 529 Aphthosis 182 – reaktive 109, 530 Aplasia cutis congenita 573 – rheumatoide 187, 504, 510, 521, Aplasie 533, 535, 774 – CBAVD 619 – – in der Schwangerschaft 518 – kongenitale beidseitige 619 – – im Kindesalter 1626 – Samenleiter 619 – tuberkulöse 508 Apneusis 1479 – virale 509 Apnoe des Neugeborenen 1678 Arthrodese 500 Apoplex 641 Arthropathie, infektiöse 504 – bei atypischer Mykobakteriose 508 Apoptose 343 Apparent mineralocorticoid excess Arthropathie 555, 814 (AME) 601 – degenerative 495 Appendektomie 104 – durch Kalziumkristalle 500 Appendixkarzinoid 757 – Kalziumpyrophosphat-induzierte 501 APUD-System 1443 – KPPK-induzierte 502 Aqua-Jogging 498 Aquaporin 449 Arthrose 490, 495 Arbeitstherapie 1328 – aktivierte 496 Arcus lipoides cornae 419 – generalisierte 496 Ardalan-Protokoll 722 – Spritzenkuren 499 Arthroskopie 499 ARDS 52, 1056, 1504 – Beatmung 53 – invasive 496 Area under curve (AUC) 17, 23 Arthrotomie 507 Arginin-Vasopressin-Neurophysin-II-Gen Artus-Phänomen 33 561 Arzneimittel (s. auch Arzneistoff, Argon-Beamer 687, 690, 728 Medikament) Armplexusneuritis 1283 – Idiosynkrasie 861 Armvenenthrombose 1176 – Überwachungsbehörde 33 Arrhythmie 160 – Zulassung 32 – absolute 1090 Arzneimittelexanthem 1422 – genetisch verursachte 1094 Arzneimittelwirkung, unerwünschte Arteria (UAW) 13, 31, 1419 – basilaris 1194 – allergische Reaktionen 33 – cerebri media 1194 Arzneistoff (s. auch Arzneimittel, – mesenterica superior Medikament) 23 – – Embolie 803 – Gesamtkörper-Clearance 25 Arterienverschluss, akuter 1167 – Leberinsuffizienz 29 Arteriitis 154 – lipophile 25 – temporalis 74 – Metabolismus 13, 25 Arteriosklerose 647 – – Cytochrom-P450-enzymArthralgie 33, 141, 158, 163, 180, 256, spezifischer 15 323, 509, 527, 531, 762, 829 – Niereninsuffizienz 27 – Proteinbindung 25 Arthritis 141, 178, 505 – bakterielle 325 – Q0-Wert 28
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Sachverzeichnis
– relativer Dosierintervall 26 – saure 25 – Steady-state-Konzentration 27 – Verteilungsvolumen 24 – Zielmolekül 16 Arzneistofftransport 15 Arzneitherapie – im Kindesalter 1694 – klinische 13 Asbest 231 Asbestose 1081, 1082 Asbestpleuritis 1072 Ascaris lumbricoides 1623 ASCOT-Studie 421 Aspergillose 1622 – allergische bronchopulmonale (ABPA) 449, 452, 1016 Aspergillus 79 – fumgiatus 249 – species 75, 509 Aspiration 1477 Aspirationspneumonie 82, 693, 1036 Asplenie, funktionelle 308 Asthenozoospermie 619 Asthma 1007 – allergisches 982 – berufsbedingtes 983 – bronchiale 176, 982,, 1466, 1467 – – allergicum 137 – – berufsbedingtes 1078 – – im Kindesalter 1632 – cardiale 1098 – Hyposensibilisierung 987 – intrinsisches 982, 983 Astrozytom 1246, 1252 – diffuses 1247 – im Kindesalter 1651 Aszites 333, 854 – Ausschwemmung 855 Ataxia teleangiectasia 117, 118, 355, 1605 Ataxie 1211 Atemdepression 255 Atemminutenvolumen 1473 Atemmuskelermüdung 1472 Atemmuskelfunktion 1475 Atemmuskellast 1472 Atemnotsyndrom beim Frühgeborenen 1553 Atemstillstand 981 Atemwegsdruck 1471 Atemwegserkrankung, chronischobstruktive (COPD) 1053
– arbeitsbedingte 1077 – umweltbedingte 1077 Atemwegsobstruktion 183 Atemwegswiderstand 1471 Atherektomie, direktionale 1142 Atherosklerose 434 Athetose 1220 Äthylenglykolvergiftung 1542 Atmungsstörung, schlafbezogene 1073 Atopie 132 ATRA-Syndrom 319 Atresie des Vas deferens 449 Atrophie 136 AUC (area under curve) 17, 23 Augenmuskelkorrektur 576 Ausflusstrakttachykardie 1093 Ausgussstein 944 Auskulationsphänomen 983 Auskultation 1069 Austin-Schema 145, 166 Autoimmunadrenalitis 591 Autoimmundermatose – bullöse 1433 – intraepidermal blasenbildende 1433 – nichtbullöse 1431 – subepidermal blasenbildende 1435 Autoimmunerkrankung 33 Autoimmungastritis 300, 700, 1574 Autoimmunhämolyse (AIHA) 344 – steroidfraktäre 309 Autoimmunhepatitis 828, 866 Autoimmunhyperthyreose 1528 Autoimmunhypophysitis 592 Autoimmunneutropenie 1600 Autoimmunsyndrom, polyglanduläres 588 Autoimmunthyreoiditis 566, 580, 588 Autoinfektion 96 AV-Reentrytachykardie 1091 Axillabestrahlung 198 Axilladissektion 198 Azidose – distale renal-tubuläre 932 – hyperchlorämisch-metabolische 970 – metabolische 55, 969,, 1498, 1566 – organische 1589 – renal tubuläre 970 – respiratorische 971, 1501 – tubuläre 150 Azoospermie 450, 586, 621, 622 Azotämie, urämische 904
B Babinski-Zeichen 1291, 1480 Bacillus – anthracis 60, 107 – Calmette-Guérin 1629 Back-up-Ventilation 1475 Back-wash-Ileitis 1581 Bacteroides spp. 733, 1036 Baker-Zyste 511 – rupturierte 519 Bakteriämie 57, 58 – katheterassoziierte 79, 83 – nosokominale 79 Bakteriurie 80 – asymptomatische 960 Balkannephropathie 926 Ballismus 1220 Ballonangioplastie 1133 Ballondilatation 730 Ballonpumpe 415 Bambusstabwirbelsäule 527 Bannwarth-Syndrom 1621 Bardet-Diedl-Syndrom 935 Bare Lymphocyte Syndrome (LBLS) 127 Barrett-Mukosa 689 Barrett-Ösophagus 685, 689, 690 Barr-Körperchen 622 Barthel-Index 1300 Barth-Syndrom 1601 Bartonella – baciliformis 60 – elizabethae 60 – henselae 59, 107 – quintana 59 Bartonellainfektion 59 Bartter-Syndrom 930, 1502, 1503, 1664 Basalzellkarzinom (s. auch Basaliom) 1437 Basalzellnävussyndrom Gorlin-Goltz 1437 Baseline Dyspnoe Index (BDI) 1470 Basenüberschuss 968 Basisreanimationsmaßnahme 1460 Basket weave 937 Battered child syndrome 1691 Bauchspeicheldrüse, zystische Zerstörung 1016 Baumpollenallergie 136 BCRA1/2-Gen 195 Beatmungstherapie im Kindesalter 1679
Sachverzeichnis
Beatmungsverfahren, kontrolliertes (CMV) 1474 Beckenkammbiopsie 274 Beckwith-Wiedemann-Syndrom 608 Bedside-Test 1535 Behandlungsoptimum, ökonomisches 5 Beinvenenthrombose 1171 – Kompression 1174 Belastungsdyspnoe 1005, 14073 Bence-Jones-Protein 939 Benommenheitsschwindel 1276 Bergarbeiterpneumokoniose 1081, 1082 Beriberi 398 Bernard-Soulier-Syndrom 369 Berufsasthma 1079 Berufskrankheit 1078 Berylliose 1082 Beschwerden, klimakterische 645 Betablockade 1135 Bethesda-Methode 377, 1658 Bewegung, körperliche 393 Bewegungstherapie 497 Bibliotherapie 1329 Bicarbonatpuffersystem 969 Big-big-Prolaktin (bb-Prolaktin) 630 Bilderleben, katathymes 1325 Bilevel Positive Airway Pressure (BiPAP) 1060, 1077, 1102 – BIPAP-Modus 1060 Bilharziose 95 – akute 95 – chronische 95 Bilirubingallenstein 289, 311 Binge eating disorder (BED) 1381 Binswanger-Krankheit 1408 Biofeedback 1325 Biofilm 80, 449 Biotherapie 892 Biotinidase 431 Biotin-Mangel/-Überschuss 399 Biotinstoffwechseldefekte 431 Bioverfügbarkeit 23 BiPAP 1077, 1102 Birbeck-Granulom 335 Birmingham Vasculitis Activity Score 164 Bizytopenie 287, 316 Blasenbilharziose 96 Blasenkarzinom 147 Blasenmole 637 Blastenkrise 278 Bleinephropathie 926 Bleomycinintoxizität 1004
Blind-loop-Syndrom 399 Blindsacksyndrom 299 B-lineage specific activator protein (BSAP) 273 Bloating 633 Bloom-Syndrom 355, 1606 Blutbild, peripheres 274 Blutbildveränderung 41, 329 Bluter 373 Blutfett 1198 Blutgasanalyse 985 Blutgerinnung, plasmatische 275 Bluthochdruck 1146 – Gewichtsreduktion 1150 – im Alter 1157 – Kochsalzbeschränkung 1150 Blutkomponententherapie 287 Blutprodukt 251 Blutstammzelle, periphere 272 Blutstammzelltransplantation, allogene 285 Blutstillung, endoskopische 727 Bluttransfusion 306 Blutung – akute gastrointestinale 728 – intrazerebrale 1206 – pontine 1207 – zerebelläre 1207 Blutungsanämie 1579 Blutzellersatz 320 Blutzellzählung 274 Blutzuckerwert 410 BNP 1098, 1102 Bobath-Konzept 1303 Body Mass Index 391 Bonner-Schema 377 BOOP-Syndrom 1006, 1008 Borderline-Myokarditis 1186 Borderline-Störung 1321 Borrelia burgdorferi 62, 1446 Borrelien 110, 1189, 1620 – Serologie 157 Botulimus 1288 Bouchardarthrose 533 Brachytherapie 207 Bradykinese 1216 Bradyphrenie 1410 Brain natriuretic peptide (BNP) 1098, 1102 Bridging-Nekrose 824 Brief recurrent depression 1334 Brockenbrough-Phänomen 1126 Bronchialkarzinom 265, 378
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– nichtkleinzelliges 263, 266 Bronchiektase 116, 995, 1016 Bronchiolitis 56, 992 – im Kindesalter 1632 – konstruktive 993 – obliterans 993 Bronchitis 985 – akute 988 – chronisch-obstruktive (COPD) 990, 1081 – – berufsbedingte 1078 – einfache chronische 989 – obstruktive im Kindesalter 1632 Bronchographie 997 Bronchopneumonie 56 – im Kindesalter 1631 Bronchoskopie 1057 Bronzediabetes 813 Broviac-Katheter 808 Brucella abortus 530 Brucellose 57, 824 Brudzinski-Zeichen 1478 Brugada-Syndrom 1096 Brusterkrankung, benigne 642 Brustkrebs (s. auch Mammakarzinom) 195 – Früherkennung 196 Bruton-Tyrosinkinase (BTK) 127 Bruxismus 1374 Btm-Rezept 258 Buckley-Syndrom 324 Budd-Chiari-Syndrom 307, 865 Bulbus-cavernosus-Reflex 624 Bulimia nervosa (BN) 1380 Bulimie 397 Bunyaviridae 68 Burkholderia cepacia 1021 Burkitt-Lymphom 359 Burkitt-Zelltyp 359 Bursitis 437 Bypassanlage 170 Bypass-Arthritis (s. auch DermatitisArthritis-Syndrom) 537 Bystander-Effekt 263 B-Zelldefekt im Kindesalter 1603 B-Zell-Lymphom, großzelliges 724
C Café-au-lait-Fleck 494 CAG-repeat 619 Campylobacter 1619
1746
Sachverzeichnis
– Enteritis 794 – jejuni 734, 824 Canale-Smith-Syndrom 1608 Cancer-Testis-Antigen 194 Candida – albicans 249, 509, 684 – krusei 249 – species 75, 79 CAPD 104 CAP-FEIA-Test 133 Capgras-Syndrom 1390 Capillary leakage 53 Carboxylasedefizienz, multiple 127 Carcinoma in situ – duktales (DCIS) 197 – lobuläres (LCIS) 197 CARD 193 Carlens-Tubus 1009 Carney-Komplex 596 Caroli-Syndrom 876, 889 Carpenter-Syndrom 589 Carrión-Erkrankung 60 Cartilage-Hair-Syndrom 1601 Case Management (CM) 1328 CAST-ELISA 134 CATCH 22 1605 Cava-Filter 1176, 1513 Ceiling-Effekt 1301 CF (s. auch zystische Fibrose) 1636 – Gentherapie 1023 c-fos-Protoonkogen 494 CFTR 449 – Gen 1015 Chagas-Krankheit 825 Charcot-Marie-Tooth Typ 2B1 460 Charles-Bonnet-Syndrom 1391, 1412 Chediak-Higashi-Syndrom 128, 325, 1601, 1602 Chemical-Shift-Analyse 605, 613 Chemoembolisation 759 Chemoprophylaxe 40 Chemotherapie, antibakterielle 43 Chiasmasyndrom 551, 556 Chlamydia – pneumoniae 530, 1029 – trachomatis 530 Chlamydien 1618 Chloasma 643 Chloridpermeabilität 1015 Chloridverlustsyndrom 1502 Chlormadinon 145 Chlorom 316 Choanalatresie 573
Cholangitis, primär sklerosierende 765, 773, 830, 875 Choledochotomie 874 Choledochuszyste 876 Cholera 733, 1620 – pankreatische 758 Cholestase 753, 754, 829, 879 Cholezystektomie 871 Cholezystitis, akute akalkulöse 874, 1495 Cholezystolithiasis 450, 872 Chondritis des Ohres 183 Chondrodysplasia punctata 494 Chondrodysplasie, metaphysäre 1601 Chondrokalzinose 500–503 Chondromalazie 496 Chorea 1211, 1216 – Huntington 1298 – Westphal-Variante 1220 – minor (Sydenham) 524, 1671 Choreoathetose 440, 1298 Chorioamnionitis 1555 Chorionkarzinom 637 Chorioretinitis 1237, 1624 Chrispin-Score 1019 Chromatin 297 Chromoendoskopie 731 Chromogranin A 892 Chromosom 20p 13 561 Chromosomenaberration 316 – angeborene numerische 615 Chromosomenanomalie, strukturelle 619 Churg-Strauss-Syndrom 161, 162, 173, 176, 700, 920, 982, 1006, 1007 – Remissionserhaltung 176 Chvostek-Zeichen 667 Chylothorax 1010, 1071 Cimicifuga racemosa 648 Clkrr 27 Clearance, hepatische 26 Clérambault-Syndrom 1390 Climacterium praecox 629 Clinitest 472 CLL 262, 343 Clonidinsuppressionstest 605 Clonorchis sinensis 889 Clostridium – difficile 1495 – – Kolitis 794 – perfringens 108 – tetani 58 Clusterkopfschmerz 1263
– chronischer 1264 – episodischer 1264 – Prophylaxe 1268 – Provokationstests 1265 – Sauerstoff 1270 CML 265, 276 – BCR/ABL-negative 278 – Ph-negative 278 CMV 69, 684, 823, 1474 – Infektion 78 – Retinitis 78 Cochrane Collaboration 12 Cochrane Library 9 Codein 15 Colitis – Crohn 768 – ulcerosa 761, 830, 876, 1494 – – bei Kindern 765 – – chronisch aktive 764 – – Ernährung 766 – – im Kindesalter 1580 – – Psychotherapie 766 – – Schwangerschaft 766 Collapsing glomerulopathy 913 Colony-stimulating factor (CSF) 51, 273 Coma 525 – diabeticum 11525 1525, 5 5 1593, 1596 – hepaticum 1492 Common variable immunodeficiency (CVID) – im Kindesalter 1604 Computertomographie in Mehrschichttechnik, periphere quantitative 486 Condylomata lata 61 Conjunctivitis sicca 147, 149 Conn-Adenom 602, 612 Conn-Syndrom 600 Continuous positive airway pressure (CPAP) 992, 1102, 1474 Coombs-Test, direkter 305 COPD 998, 1053, 1467 Cor pulmonale 450, 627, 1014, 1027, 1048, 1049, 1182 Corpus luteum 627 – Insuffizienz 629 Cot death 1689 Cotard-Syndrom 1390 Cowden-Syndrom 781, 783 Coxiella burnetii 64 Coxsackie-Virus 1449 – A 1610 – B 823
Sachverzeichnis
CPAP (continuous positive airway pressure) 992, 1102, 1474 – Maske 971 Craving 1351 Crescendo-Decresendo-Nystagmus 1276 CREST-Syndrom 157, 1005, 1052 Creutzfeld-Jakob-Krankheit 375, 1408 CRH-Test 598 Crispin-Norman-Score 450 Critical appraisal 8 Critical-illness-Polyneuropathie 655, 1305 Crohn-Gastritis 700 Crohn’s Disease Activity Index (CDAI) 767, 768 Cross dressing 656 CSE-Hemmer 421 CTEPH (s. auch Hypertonie, chronischthromboembolische pulmonale) 1052 CUP-Syndrom 243 Curschmann-Steinert-Syndrom 1122 Cushing-Adenom 596 Cushing-Schwelle 165, 166 Cushing-Syndrom 464, 609, 613 – ACTH-abhängiges 596 – ACTH-unabhängiges 596 – iatrogenes 603 – nahrungsabhängiges 596 Cutis laxa 1674 Cystic fibrosis transmembrane regulator (CFTR) 449 Cytochrome 441 Cytochrom-P-450-(CYP-)Enzym 14, 16, 24, 30, 416 – 2D6 14 – 3A4 24 Cytosindeaminase (CDA) 263
D Dacron-Graft 1162 Darmdopplung 809 Darmerkrankung, chronisch-entzündliche 537, 7735 7335 35 – im Kindesalter 1580 Darmschleimhaut 738 Darmsterilisation 427 Darmtuberkulose 736 Darmwandbiopsie 746 Daten, binäre 18 Dawn-Phänomen 411
D-Dimere 52 – Konzentration im Plasma 1042 Debré-de-Toni-Fanconi-Syndrom 431, 1663 Decarboxylierung, oxidative 424 Deeskalationstherapie 46 Defäkation 800 Defekt – der humoralen Immunantwort 77 – enzymatischer 13 Defibrillation 1094, 1460, 1461, 1564 Defibrillatorimplantation 1127 Degeneration – frontotemporale 1407 – kortikobasale 1212, 1407 Dehydratation 1599 Dehydroepiandrosteron (DHEA) 595, 612 Dekubitalulzera 107 Delir 1411 Delirium 1516 – tremens 1355, 1395 Delta-AminolävulinsäuredehydrataseDefizienz-Porphyrie 444 Demenz 1406 – bei infektiösen Erkrankungen 1411 – bei multiplen Infarkten 1410 – bei potentiell reversiblen Erkrankungen 1411 – bei zerebrovaskulären Erkrankungen 1410 – senile 647 – zerebrovaskuläre 1408 Demenzerkrankung 1316, 1319, 1395 – nichtmedikamentöse Behandlung 1401 Demers-Katheter 949 Denguefieber 824 Denkstörung – formale 1344 – inhaltliche 1345 Dense body 326 Dense deposit disease 916 Densitometrie 486 Dent-Erkrankung 932, 1663 Dentinogenesis imperfecta 1673 Denys-Drash-Syndrom 929, 935 Depersonalisation 1345 Depression 1195, 1312, 1332, 1363 – pharmakogene 1334 – saisonale 1333 – wahnhafte 1314 Depressionstherapie, behaviorale 1338
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Derealisation 1345 Dermatitis – herpetiformis Duhring 1435 – intertriginöse 392 – periorale 1425 Dermatitis-Arthritis-Syndrom 537 Dermatomykose 1622 Dermatomyositis 151, 187, 1005, 1432 – amyopathische 151 – juvenile 152, 1671 – Malignomen 153 – medikamentenassoziierte 152 – paraneoplastische 153 Dermatophytose 1622 Dermatose – neutrophile 1429 – subkorneale pustulöse (SPD) 1434 Dermatozoenwahn 1391 Descensus uteri et vaginae 646 Desmoid 782 Dexamethasonkurztest 597, 598, 612 Dezelerationstrauma 1162 DHEA 595 Diabetes 453 – insipidus 561, 1664 – – im Kindesalter 1598 – – nephrogener 931 – mellitus 40, 396, 402, 450, 555, 652, 1198, 1202 – – Folgeerkrankungen 403 – – im Kindes- und Jugendalter 1595 – – Insulintherapie 411 – – lipatropher 462 – – renale Schädigung 917 – – Schwangerschaft 636 – – Typ 1 581 Dialyseverfahren 946 Diamond-Shwachman-Syndrom 1600 Diarrhö 159, 299, 437, 750 – akute infektiöse 732 – chologene 453 – chronische 116, 795 – forcierte 1536 – invasiv-zytotoxische 734 – sekretorische 734 – wässrige 774 Diät – proteinreduzierte 430 – purinarme 440 Diathese 373 – hämorrhagische 326, 364, 373 – thrombophile 373 Diättagebuch 796
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Sachverzeichnis
Diätverordnung 393 DIC 52, 252, 253 Dickdarmtumor, maligner 784 DIDMOAD-Syndrom 561 Differentialzentrifugation 186 DiGeorge-Syndrom 118, 666, 1605 Dihydropteridinreduktase (DHPR-) Mangel 1586 2,8-Dihydroxiadenurie 946 2,8-Dihydroxyadeninlithiasis 440 Diphtherie 978, 1189, 1620 – Impfung 1627 Diphtheriekrupp 1631 Dip-Plateau-Phänomen 1123 Disability 1302 Disease Extent Index (DEI) 164 Distention 1047 Distress-Syndrom – akutes respiratorisches (ARDS) 1056 – respiratorisches (RDS) – – beim Neugeborenen 1678 Diszitis 541 Diurese, forcierte 1537 Divalent Metal Transporter 1 290 Diversionsstoma 765 799 Divertikelblutung 776, 7779 755 Divertikelkrankheit des Kolons 7775 7 75, 755 776 Divertikulitis 775 – perforierende 776 Divertikulose 775 DNA – Idiotypimpfstoff 261 – Inhibition 192 – Methylguanin-Methyltransferase 264 – Polymerase 192 – RNA-Antisense-Strategie 264 DN-ase (Dornase) 454 Domäne, Caspase-rekrutierende (CARD) 193 Donorlymphozyten-Infusion (DLI) 262 Doppelenergie-Röntgenabsorptiometrie 486 Dornase 454 Dottersackformation 271 Double-bind-Hypothese 1343 Downbeat-Nystagmus-Syndrom 1277 Down-Syndrom 355, 638 Drehschwindel 1272 – anhaltender 1275 Dreimonatsspritze 638, 643 Dreitagefieber 1613 Drop attack, vestibuläre 1273
Druck, positiver endexspiratorischer – arrythmogene rechtsventrikuläre (PEEP) 1059 1128 Druckdiurese 942 – arteriovenöse 1676 Druckgradient, transaortaler 1111 – bronchopulmonale (BPD) 1555 Drug fever 73 – – beim Neugeborenen 1678 Duchenne-Muskeldystrophie 1287, 1672 – fibröse 493, 1673 Ductus arteriosus Botalli, persistierender – – monoostotische Form 494 (PDA) 147, 1178 – kapilläre 1676 – im Kindesalter 1640 – kombinierte 1676 Dudeck-Syndrom 1281 – lymphatische 1676 Dumping-Syndrom 721 – mandibuloakrale 460 Dunhill-Operation 572 – progressive diaphysäre 494 – spondylepiphysäre 494 Dünndarm – Adenokarzinome 756 Dyspnoe 154, 854, 1057, 1098, 1466 444 745 – Dysmotilität 7744, Dyssomnie, intrinsische 1074 744 – Metastasen 756 Dyssynchronie, pankreatikozibale 883 – normale Motilität 745 Dysthymia 1340 – Peristaltik 744 Dystonie 1211, 1216, 1296 – Transplantation 753 – vom Typ Segawa 1671 – Tumoren 755 Dystrophia myotonica 1122 – bakterielle Fehlbesiedelung 737, 754 Dystrophie Dünndarmerkrankung 732 – intrauterine 428 – im Kindesalter 1575 – pränatale 1690 Dünndarmmammometrie 746 Dünnschichtchromatographie 424 E Duodenalatresie 1571 Duodenalstenose 1571 Emax-Modell (Hill-Modell) 19 Duodenalulkus 697 Eagle-Effekt 1115 Duodenalvarize 728 Ebola-Virus 824 Duodenitis 702, 715 Echinococcus Duodenopankreatikotomie 731, 759 – granulosus 72, 1623 Duodenoplastie 748 – – Hydatidenzyste, ossäre 509 Duodenotomie 713 – multilocularis 72, 1623 Durchflusszytometrie 271, 274 Echinokokkose 72 DXA (Doppelenergie-Röntgenabsorptiometrie) 486 EEG-Biofeedback-Verfahren 1243 Effekt, kolloidosmotischer 54 Dysäquilibriumsyndrom 950 Effektocaspase 193 Dysbetalipoproteinämie, familiäre 418 Efficacy 20 Dysfunktion, erektile 415, 597, 6623 233 Dysgerminom 217 Ehlers-Danlos-Syndrom 372, 494, 1164, 1674 Dyskeratosis congenita 1601 Ehrlichia chaffeensis 64 Dyskinesie Eifersuchtswahn 1390 – hyperkinetische 1216 Einkommensmaximierung 4 – ziliäre 999 Dyskrinie 1474 Einschlafmyoklonie 1374 Dyslipidämie 405, 422 Einschlusskörpermyositis 151 Einschwemmkatheter 1050 Dysmenorrhoe 626, 632, 642 Einzelstrang-RNA-Genom 68 Dysostose, metaphysäre 494 Dyspepsie 695 Eisenchelattherapie 306 Eisenmangel – funktionelle 698, 714 – in der Pubertät 296 Dysphagie 58, 233, 681, 683 – in der Schwangerschaft 296 – maligne 692 – Ursachen 292 Dysplasie 220, 765
Sachverzeichnis
Eisenmangelanämie 290, 312 – im Kindesalter 1645 Eisenmobilisationsstörung 312 Eisenstoffwechsel 291 Eisensubstitution 295 Eisentherapie, parenterale 295 Eisenüberladung 289, 814 Eisenüberschuss 401 Eiweißexzess 426, 852 Ejakulatanalyse 619 Eklampsie 573, 1520, 1522 Ektasie, gastrale antrale vaskuläre 846 Ekthyma 1446 Ekzem, atopisches 132 Ekzema herpeticatum 1611 Elektroanatomie 1293 Elektrokonvulsionstherapie 1338 Elektrokrampftherapie 1393 Elektrolytbedarf im Kindesalter 1566 Elektrospraytandemmassenspektrometrie 425 Elektrotherapie 497 Elliptozytose 305, 306 Embase 9 Embolektomie 805, 1046 Embolie, mesenteriale 805 Embryotransfer (ET) 621 Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie 460 Emesis 1542 – induzierte 1535 Emphysembullae, subpleurale 1070 Empty-sella-Syndrom 548 Enchondrom 493 Enchrondromatose 494 Endgröße, voraussichtliche 1699 Endocarditis fibroblastica Löffler 323 Endokardfibroelastose 1118 Endokarditis 141, 1113 – beim Karzinoidsyndrom 1119 – im Kindesalter 1643 – infektiöse 60, 1114 – kulturnegative 1117 – nach Implantation prothetischen Materials 1118 – Prophylaxe 40 – – im Kindesalter 1643 Endokrinologie – bei Schwerstkranken 650 – Kinder 1593 Endolymphhydrops 1272 Endometriose 642 Endometriumkarzinom 226, 648
– Ovulationshemmer 643 – Scheidenrezidive 228 Endomyokarderkrankung, eosinophile 1124 Endomyokardfibrose 323, 1119 Endotheliose, glomeruläre 1520 Endozytose 491 Energiebedarf im Kindesalter 1566 Engpasssyndrom 1284 Enostose 492 Entamoeba histolytica 97 Entbindung 1551 Enteritis, akute 1575 Enterobius vermicularis 1623 Enterokokken, Vancomycin-resistente (VRE) 83 Enterokokkus 507, 1115 Enterokolitis, nekrotisierende 397 Enteropathie 86 – glutensensitive 537 Enterotoxin 733 Enterovirus 1610 Enterozyten 291 Enthesitis 527, 531, 534 Entspannungsverfahren 1322 Entzügelungshyperprolaktinämie 552 Entzündung, gangränöse 106 Entzündungsreaktion 41 Enuresis nocturna 1374 Enzephalitis 1208 Enzephalomyelitis, nekrotisierende 61 Enzephalopathie 323, 429, 821, 866, 1357 – bovine spongiforme (BSE) 375 – hepatische 849, 867, 1492 – – akutes Leberversagen 853 – urämische 909 Enzym, polymorphes 16 Eosinopenie 59 Eosinophil cationic protein (ECP) 134, 156, 161 Eosinophilenleukämie (CEL) 282 Eosinophilie 96, 176, 282, 322 Epidermolysis bullosa acquisita 1435 Epiglottitis im Kindesalter 1629 Epilepsie 1239 – Chirurgie 1244 – im Kindesalter 1665, 1667 – Kontrazeption 1244 – Schwangerschaft 1244 Episode, manische 1339 Epispadie 966 Epistaxis 365
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Epstein-Barr-Virus 310, 348, 355, 365, 823 – Infektion 69 – – im Kindesalter 1612 Erbrechen 255 – antizipatorisches 251 – verzögertes 250 Ergotherapie 498, 1304, 1328 Erguss – exsudativer 1070 – maligner 1072 Erhaltungstherapie 955 Erkrankung – arbeitsbedingte 1078 – arterielle thrombotische 434 – chronische myeloproliferative 275 – depressive 1332, 1391 – des peripheren Nervensystems 1279 – gastrointestinale beim Neugeborenen 1679 – gerontopsychiatrische 1389 – hepatobiliäre 754 – hereditäre neuromuskuläre im Kindesalter 1671 – immunologische im Kindesalter 1599 – kardiovaskuläre im Kindesalter 1638 – lymphoproliferative im Kindesalter 1608 – neonatologische 1551 – neurodegenerative 1407 – neuromuskuläre 1122, 1286 – nicht klassifizierbare chronische myeloproliferative (CMPE) 282 – schizophrene 1314 – sexuell übertragbare 1451 – venöse thrombotische 434 Ernährung – Kurzdarmsyndrom 808 – parenterale 397 – im Kindesalter 1565 Ernährungsprotokoll 392 Ernährungssonde 810 Ernährungsstörung im Kindesalter 1559 Ernährungstherapie 420 – im Kindesalter 1682 Erreger – ephaptische Übertragung 1274 – Nachweis 41, 42 – Reservoir 39 – Übertragungsmodus 39
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Sachverzeichnis
Erschöpfungssyndrom, postpsychotisches 1347 Ertrinkungsunfall 1504 Erysipel 106, 1446 Erysipeloid (s. auch Schweinerotlauf) 1447 Erythem 152 Erythema – elevatum diutinum 178 – infectiosum 1613 – marginatum 524 – migrans 62, 1620 – nodosum 170, 180, 1426, 1427 Erythroblastopenie (s. auch pure red cell anemia) 70 Erythroleukämie 317 Erythrompoetinmangel 296 Erythropoese 280, 294, 314 Erythrozytenenzym 304 Erythrozytenkonzentrat 252 Erythrozytenverlust 290 Escherichia coli 1619 Essstörung 397, 1379 ESWL 872, 883, 945 Eulenaugenzelle 70 Euler-Liljestrand-Reflex 1048, 1100 Euthyreose 566, 571, 577, 578 Euuthyroid sick syndrome (ESS) 651 Evaluationsforschung, ökonomische 6 Evasionsfaktor 41 Evidenzgrad 9 Evidenzstärke 9 Ewing-Sarkom 246, 541 Ewing-Tumor 1652, 1653 Exanthema subitum 1448 Exazerbation, akute 998 Exit-site-Infektion 948 Ex-juvantibus-Therapie 90 Exner-Schutzreflex 728 Exophthalmus 549 Exoskelett 153 Exostose 492 – hereditäre multiple 493 Exotoxin, plasmidkodiertes 58 Exsikkose 561, 562 Exsudat, pleurales 1070, 1071 Extended-field-Bestrahlung 340 Extraktion, endoskopische 729 Extrasystole, ventrikuläre (VES) 1092 Extrasystolie, atriale (AES) 1087 Extrauteringravidität (EUG) 636 Extremitätenischämie 168
F FAB-Massenspektrometrie 425 Facio-oral-tract therapy 1306 FACS-Analyse 271 Fadenwurm 96 Faktor, koloniestimulierender (CSF) 273 Faktor-IX-Mangel 253 Faktor-V-Mangel 253 Fallkontrollstudie 32 Fallot-Tetralogie 1163, 1178 – im Kindesalter 1640 Falxmeningeom 1250 Familienintervention 1329 Fanconi-Bickel-Syndrom 460 Fanconi-Syndrom 472, 1055 – renales 460 FAP 755, 781, 784 – attenuierte (AAPC) 781 Farnesylpyrophosphatsynthase 491 Fastenhypoglykämie 1527 Faszettgelenkarthritis 505 Fasziitis, nekrotisierende 106, 1447 Fatigue 313 Fauci-Schema 145, 165–167 Favismus 1645 Fazialisparese, periphere 1620 – akute 1671 Fehlbildung, angeborene dysplastische zystische 1661 Fehlernährung 394, 418, 428 Feigwarze 801 Feinnadelkatheterjejunostomie (FKJ) 810 Feldkanzerisierung 238, 242 Felty-Syndrom 512 Feminisierung, testikuläre 622, 629 Ferritin 291 Ferritinspiegel 73, 307 Ferroportin 1 291 α-Fetoprotein (AFP) 429, 638 Fettabsaugung 394 Fettembolie 308 Fettgewebsnekrose 878 Fettgewebsverlust 460 Fettleber 448, 450, 474 – alkoholbedingte 833 Fettnekrose – akute noduläre 464 – disseminierte 464 Fettsäure, mitochondriale Oxidation 1588
Fettstoffwechselstörung 418 – Ernährungstherapie 420 Fettsucht, androide 1148 Fibrinmonomere 52 Fibrinolyse 1045, 1133, 1134 – erfolglose 1135 Fibrinolyseinhibitor, Thrombinaktivierbarer (TAFI) 51 Fibrinolysetherapie 385 Fibrodysplasie 493 Fibroelastom 1179 Fibromyalgie 158 Fibromyalgie-Syndrom (FMS) 538 Fibrose 150 – periportale (s. auch Tonpfeifenstielfibrose) 95 – zystische 448, 1014 – – Ernährungstherapie 453 – – experimentelle Therapieansätze 454 – – im Kindesalter 1636 – – Infektprophylaxe 451 – – Leberzirrhose 453 – – Mekoniumileus 453 – – Osteoporose 453 – – Physiotherapie 451 – – Sekretdrainage 451 Fieber – neutropenisches 249 233 1617 – rheumatisches 523 5 23, – undulierendes 57 – unklarer Ursache 72 – diagnostische Algorithmen 74 – empirische Therapie 74 – wolhynisches 59, 60 Fieberkrampf im Kindesalter 1666 Fièvre boutonneuse 64 Filtrationsrate, glomeruläre (GFR) 27, 29, 942, 943, 947 Fimbrien 733 Finanzierungsproblem 4 Fingerhämatom, paroxysmales 372 Fingerkuppennekrose 518 First liver pass effect 23, 30 Fischbandwurm 299, 399 Fischwirbel 486, 488 FISH-Methode 344 Fistel 772 – arteriovenöse 949 – enteroenterische 767 – enterokutane 767 – erworbene pulmonal-arteriovenöse 1055
Sachverzeichnis
– kongenitale arteriovenöse 1055 – pulmonal-arteriovenöse 1055 Fisteltherapie 1582 Five-Factors-Score 172 Fixermalaria 100 Flammenphotometrie 1016 Flar-up-Effekt 635 Fluoreszenz 61 Fluorid – Mangel 401 – Überschuss 401 Flush, maligner 895 Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung 344 FNH 642, 838 Foetor alcoholicus 1542 Fogarty-Katheter 1169 Fokal 912 Folie à deux 1390 Follikulitis 180, 1446 Folsäuremangel 298, 299, 399 Folsäuremangelanämie 301 Folsäureüberschuss 399 Fontan-Hämodynamik 1179 Food-frequency-Bogen 392 Foramen ovale – offenes 1203 – persistierendes offenes 1199 Foramen-Monroi-Blockade 552 Formatio reticularis 1476 Formuladiät 397 Forrest-Klassifikation 704 FOTT (facio-oral-tract therapy) 1306 Fournier-Gangrän 107 Fragmentationssyndrom 310 Francisella tularensis 59 Freifahrermentalität 3 Fremdkörperaspiration 1634 Fremdkörperextraktion – aus dem Duodenum 728 – aus dem Magen 728 – endoskopische 694 Fremdkörperingestion 1572 Fremdspenderknochenmarktransplantation 288 Frenzel-Brille 1275 Fresh frozen plasma (FFP) 253, 310, 370 Friedewald-Formel 419 Friedreich-Ataxie 1122 Frischplasma (s. auch fresh frozen plasma) 371 Frühabort 637 Früh-Dumping 721
Frühgeborenenapnoe 1555 Frühgeborenenretinopathie 1555 Frühgeborenes – Atemnotsyndrom 1679 – Erkrankungen 1554 Frühgravidität 636 Frührehabilitation, neurologische/neurochirurgische 1305 Frühsommermeningoenzephalitis (FSME) 1237 – Impfung 1628 Fruktose-1,6-Diphosphatasemangel 474 Fruktoseintoleranz, hereditäre 473 Fruktosestoffwechselstörung 473 Fruktosurie, benigne 473 Fuchsbandwurm 1623 Fuchs-Rosendahl-Kammer 960 Fumarylacetoacetase 429 Fünftagefieber (s. auch wolhynisches Fieber) 60 Fungämie 83 Funktionsstörung, somatoforme autonome 1367 FUO – HIV-Infektion 73 – nosokomiales 73 Furunkel 106, 1446 Furunkulose 325 Fusobacterium nucleatum 1036 Fuß, diabetischer 106, 4415 155 Fußheberschwäche 1280
G G1-Tumor 217 Gaenslen-Zeichen 511 Gait ignition failure 1216 Galaktokinasemangel 471 Galaktorrhoe 552 Galaktosämie 423, 471 – klassische 471 Galaktose-1-phosphat-Uridyltransferasemangel 471 Galenik 23 Galerina 831 Gallenblase 871 – Hydrops 874 – Karzinom 889 Gallenblasendyskinesie 871 Gallenblasen-Sludge 879 Gallenblasenstein 872 – Kolik 872
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Gallengang – angeborene Anomalie 876 – Atresie 876 – Hypoplasie 876 – Karzinom 876, 889 Gallengangstein 873, 878 Gallensäurenverlustsyndrom 750 Gallensteine 305, 557, 754, 872 – Bildung 750 Gallenwegsdrainage 890 Galvanisation 497 Gamma-Knife 550, 599 Gammopathie unbestimmter Signifikanz, monoklonale (MGUS) 360 Ganglioneuromatose 603 Ganzhirnbestrahlung 1251 Gardner-Syndrom 235, 494, 755 Gardner-Turcot-Syndrom 781 Gasaustauschverfahren, extrakorporales 1060 Gasbrand 108, 1447 Gaschromatographie-Massenspektrometrie 425 Gastrektomie 298, 354, 722 Gastric banding 394 Gastric mapping 724 Gastrinom 709, 742, 758, 894 Gastritis 353, 586, 695,, 715 – antrumdominante 697 – atrophische 710 – chemisch induzierte 699 – chemisch reaktive 699 – chronisch atrophische 298, 896 – eosinophile 700 – granulomatöse 699 – H.-pylori-positive 697 – im Kindesalter 1574 – kollagene 700, 773 – lymphozytäre 700 – Sydney-Klassifikation 696 Gastroduodenitis 773 Gastroduodenoskopie 353, 696, 704 Gastroenteritis 734, 1575, 1619 Gastroenterologie im Kindesalter 1569 Gastroenterostomie 723, 730 Gastrointestinaltrakt, angeborene Krankheiten 1569 Gastroparese 53, 718 Gastropathie 718 – exsudative 700 – portal-hypertensive 846 Gastroplastik, vertikale 394 Gastroskopie 299
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Sachverzeichnis
Gastrostoma 426 Gastrostomie, perkutane endoskopische (PEG) 241, 809 Gatekeeper-Funktion 1367 GAVE-Syndrom 846 G-CSF 51 GDNF 1296 Gedächtnisstörung 1412 – nach Schädel-Hirn-Trauma 1412 Gedächtniszelle 84 Gefäßanomalie im Kindesalter 1674 Gefäßdysplasie im Kindesalter 1676 Gefäßpermeabilität 54 Gefäßverschluss, akuter 1143 Gegenpulsation, intraaortale (IABP) 1113 Gehirn 1302 Gelbfieber 823 Gelbkörperhormon (s. auch Chlormadinon) 145 Gelenkblutung 375 Gelenkborreliose 110 Gelenkersatz, endoprothetischer 499 Gelenkknorpel, hyaliner 495 Gelenkpunktion 519 Gelenksonographie 513 Gelenktrauma 519 Genitalhyperthrophie 462 Genitalulkussyndrom 1452 Genitalwarze 1454 Genmarkierung 263 Gentherapie 120, 258, 370, 454, 1023 – maligner Erkrankungen 262 Gentransfermethode 262 GEP-Tumor – Gastrinom 758 – Glukagonom 758 – Karzinoide 757 – Somatostatinome 758 – VIPome 758 GERD 677 Gerinnung, disseminierte intravasale (DIC) 52, 252, 253 Gerinnungsfaktor 253 Gerinnungshemmung, orale 1175 Gerinnungsthrombus 380 Gerstmann-Sträussler-ScheinkerKrankheit 1408 Gesamtkörper-Clearance 25 Gesprächspsychotherapie, klientenzentrierte 1320 Gestagenimplantat 643 Gestagentest 629
Gestationsdiabetes 405 Geste antagonistique 1217 Gesundheitsökonomie 3, 7 Gewebe, mukosaassoziiertes lymphatisches (MALT) 724 Gewebeabrieb 496 Gewebehypoxie 314 Gewebeprobe 41 Gewichtsreduktion 393 Gewichtszunahme 391 Giardia lamblia 736 Giardiasis 97 Giardiose 736 Gicht 436, 490 Gichtanfall 438 – protrahierter 437 Gichtarthritis 500 Gichtniere 436 Giftelimination 1535 Giftinformationszentrale 1545 Gilles-de-la-Tourette-Syndrom 1671 Gingivahyperplasie 316 GIST 266, 756 Gitelman-Syndrom 930, 1664 Glasknochenkrankheit 1673 Glaukom 1266 Gleithernie 1571 Gliadin 738 Glial cell-line derived neurotrophic factor (GDNF) 1296 Glioblastom 1252 Gliom 1246 Globozoospermie 619 Globus pallidus 1211 Glomerulonephritis 33, 141, 150, 171, 181, 910, 1007 – akute postinfektiöse 1662 – chronische 1662 – idiopathische nekrotisierende 175 – im Kindesalter 1662 – membranoproliferative 915, 916 – membranöse 911, 914, 915 – mesangioproliferative 916 Glomerulosklerose, segmentale 912 Glossitis, atrophische 299 Glottisödem 1421 Glukagonom 894 Glukokortikoidosteoporose 485 Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenasemangel 146 – im Kindesalter 1646 Glukosetoleranz, gestörte 555 Glukosetoleranztest 406
Gluten 738 Glykogenspeichererkrankung 456 – Enzymsubstitution 466 – Typ 1b 129 Glykoprotein 273, 365 GM2-Gangliosidose 465 GM-CSF 322 Golddermatitis 516 Gonadendysgenesie 621 Gonadotropin – Mehrsekretion 555 – Releasing Hormone (GnRH) 145, 615, 627 – – Pumpentest 616 – – Stimulationstest 616 Gonokokkus 1618 Gonorrhö 1451 Goodpasture-Syndrom 920, 921, 1008 Gordon-Syndrom 930 Gottron-Papel 152 Gottron-Zeichen 152 Graft-versus-Host-Reaktion (GvHD) 118 Graft-versus-leukemia-Effekt 319 Gram-Färbung 49 Grand mal 1481 – Epilepsie 427 – Status 1244 Granulocyte-macrophage colonystimulating factor (s. auch GM-CSF) 322 Granulom – eosinophiles 335 – nichtverkäsendes 1024 Granuloma – anulare 1428 – venereum 1454 Granulomatose 118 – chronische (septische) 127 – – im Kindesalter 1601 Granulomlast 1026 Granulopoese 280 Granulosazelltumor 217 Granulozyten – CSF 273 – Defekt 117 – Hypersegmentierung 297 – neutrophile 326 Granulozytopenie 316, 320 Gräserallergie 136 Gregg-Syndrom 1610 Grenzkosten 4, 5 Grenznutzen 5 Griscelli-Syndrom 1606
Sachverzeichnis
Ground glass pattern 1002 Gruber-Widal-Reaktion 59 Guillain-Barrè-Syndrom 68, 1305, 1611, 1621 – akutes 1671 Gummibandligatur, endoskopische 847 Gumprecht-Kernschatten 344 Gürtelrose 1285 Guthrie-Karte 426 Gynäkomastektomie 623 Gynäkomastie 603, 618, 623, 658
H Haarzellenleukämie 248, 347 Haarzellleukoplakie 69 Haemophilus influenzae 1022, 1029, 1617 – Impfung 1627 Hakenwurminfektion 96, 1623 Halitosis 683 Hallux valgus 511 Halluzination 1216, 1345 Halluzinose 1390 – musikalische 1391 – taktile 1391 Haltetremor 1219 Häm 441 Hämangiom 1675 – im Kindesalter 1676 – kavernöses 838 Hämatemesis 708 Hämatochezie 779 Hämatologie im Kindesalter 1644 Hämatopoese 271, 316 – extramedulläre 279 – Versagen 308 – zyklische 1600 Hämatothorax 1072 Hämaturie 376, 915 Hammerzehe 511 Hämochromatose 306, 448, 666, 813,, 1124 – Gen 445 Hämodiafiltration (HDF) 949 Hämodialyse 25, 905, 949, 1537 – kontinuierliche venovenöse 951 Hämofiltration 25 Hämoglobin 304 Hämoglobinurie, paroxysmale nächliche (PNH) 288, 304, 307 Hämolyse 1524
– bei Lebererkrankungen 311 – extrakorpuskuläre 309 – korpuskuläre 306 Hämoperfusion 1537 Hämophagozyte, familiäre 129 Hämophilie A 373 – im Kindesalter 1658 Hämoptyse 999, 1016, 1061 Hämorrhagie 838 – alveoläre 1007 – pulmonale 1058 Hämorrhoiden 800 Hämosiderin 291 Hämosiderose 285 Hämostase 373 Hand-Fuß-Mund-Krankheit 1449 Hand-Fuß-Syndrom 788 Handicap-Partizipation 1302 Hand-Schüller-Christian-Erkrankung 335 Hantavirusinfektion 68, 925 Harninkontinenz 966 Harnsäure 436 Harnsäurenephrolithiasis 440 Harnsäurenephropathie 436, 939 – akute 440 Harnsäurestein 436, 945 Harnspeicherung 966 Harnstauungsniere 208 Harnsteinleiden 944 Harnsteinprophylaxe 946 Harnstoffzyklusdefekt beim Neugeborenen 1591 Harnwegsfehlbildung 934 Harnwegsinfektion 959 – asymptomatischer 960 – im Kindesalter 1625, 1664 – Katheter-assoziierte 79, 80 – komplizierte 962 – nosokomiale 80 – Reinfektion 961 – rekurrierende 962 Hartmetallfibrose 1082 Hartnup-Erkrankung 398, 432 Hasenpest 59 Hashimoto-Thyreoiditis 353, 581, 591, 595 Hausstauballergie 135 Hausstaubmilbenallergie 136 Hauteffloreszenz 445 Hautmilzbrand 61 Haut-Prick-Testung 984 Hauttest 1420
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– In-vitro-Verfahren 133 – In-vivo-Verfahren 133 Hauttumor 1437 Hautvaskulitis 511 Hbe-Minus-Mutation 826 HCV-Infektion 833 Health Utility Index 6 Heberden-Arthrose 496, 533 Heimlich-Manöver 1505 Heimtherapie 123 Helicobacter – pylori 715 – – Eradikation 295, 705, 717, 725 – – Infektion 352, 698, 701 – heilmannii – – Infektion 698 523 HELLP-Syndrom 1519, 1520, 11523 5 3 Hemiballismus 1298 Hemichorea 1298 Hemidystonie 1296 Hemihypästhesie 1194 Hemikolektomie 780 Hemikranie, chronische paroxysmale 1266 Heminthose 1623 Hemithyreoidektomie 572, 585 Hemmkörper 374 Hemmkörperelimination 377 Hemmkörperhämophilie 374 – erworbene 378 – im Kindesalter 1658 Heparinisierung 1045 Hepatikojejunostomie 845 Hepatitis 33, 380 – A 819 – akute 819, 1491 – alkoholbedingte 833 – B 820, 825 – – bei Neugeborenen 1557 – – Impfung 509, 1627 – bakterielle 824 – C 94, 124, 822, 826 – – bei Neugeborenen 1557 – – Infektion 834 – cholestatische 820 – chronische infektiöse 825 – D 822, 826 – E 822 – F 823 – G 823 – im Kindesalter 1614 – infektiöse 819 – kryptogene 861
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Sachverzeichnis
– TTV 823 – virale 293 Hepatokarzinogenese 840 Hepatomegalie 456, 474, 477 Hepatopathie 623 Hepatosplenomegalie 57, 279, 458, 465, 820 Hepatosteatose 172 Hepcidin-HFE-System 291 Hermaphroditismus verus 622, 656 Herpes – genitalis 1453 – Infektion 344 – simplex (HSV) 823 – – bei Neugeborenen 1556 – – Enzephalitis 1236, 1481 – – im Kindesalter 1611 – – Infektion 1448 – – Läsion 90 – Typ-6-Virus im Kindesalter 1613 – zoster im Kindesalter 1611 Herpesvirus 69 Hers-Erkrankung 459 Hertel-Exophthalmometrie 575 Herzdruckmassage 1460, 1461 Herzerkrankung – beim Neugeborenen 1679 – koronare 1138 Herzfehler – angeborener 1639 – im Kindesalter 1640 – zyanotischer 1640 – azyanotischer 1640 Herzinfarkt 647, 1487, 1488 Herzinsuffizienz 323, 490, 1096 – akute 1099 – chronische 1104 – – akute Dekompensation 1103 – diastolische 1108 – im Kindesalter 1638 Herzkatheter 1145 – akute Behandlung 1136 Herzklappenfehler 526 – akuter 1113 – chronischer 1109 – – dekompensierter 1112 – rechtsseitiger 1112 Herzkontusion 1181 Herz-Kreislauf-Stillstand 1459 Herz-Lungen-Maschine 1178 Herz-Lungen-Transplantation 159, 1108 Herzrhythmusstörung 136, 1087, 1488
– im Kindesalter 1641 Herztod, plötzlicher 1094 Herztransplantation (HTx) 1108 Herztrauma 1180 Herztumor 1179 – Myxome 1179 – primärer 1179 – Sarkome 1179 – sekundärer 1180 Heterozygotentest 936 Hiatus leucaemicus 316 Hiatushernie 1571, 1574 Hickman-Katheter 1052 Hidden acidosis 54 Hidradenitis suppurativa 106 High density lipoprotein 418 High expressed emotion (HEE) 1343 High extraction drugs 23, 29 Hill-Modell 19 Hinton-Test 796 Hiob-Syndrom 324 Hirnabszess 1235, 1479 Hirnatrophie 1392 Hirnblutung 1206, 1555 Hirndrucküberwachung 1492 Hirnmetastase 1063 Hirnödem 821, 868, 1492, 1527 Hirnstammzeichen 1479 Hirnstimulation, tiefe 1294, 1297, 1298 Hirntumor im Kindesalter 1651 Hirsutismus 392, 631, 649, 659 Histaminfreisetzung 135 Histaminrezeptor 132 Histiozytosis X 334, 1002, 1009 Histokompatibilitätsuntersuchung 275 HIV 83 – Enzephalitis 1236, 1408 – Enzephalopathie 1236 – Erkrankung – – akute 85 – – Krankheitsbilder 86 – – Verlauf 86 – Infektion 67, 83, 124, 534 – – im Kindesalter 1615 – – Primärprophylaxen 88 – – Tripeltherapie 91 – – Verlauf 85 – Nachweis 85 – Pharmakotherapie 84 – Vermehrungszyklus 84 HMB-45 1010 HNO-Karzinom 238 HNPCC 755, 784
Hochfrequenzkoagulation 1295, 1298 Hochfrequenzoszillationsbeatmung (HFO) 1554 Hochwuchs 1700 Hodenektopie 619 Hodentorsion, intrauterine 615 Hodentumor 209, 619 – Rezidivtherapie Hodgkin-Lymphom 315, 355, 337 – im Kindesalter 1651 – Therapieschemata 341 Hodgkin-Reed-Sternberg-Zelle 337 Hoffmann-Tinel-Zeichen 1284 Holmes-Tremor 1298 Holocarboxylasesynthase 431 Homo oeconomicus 3 Homosexualität 656 Homozysteinämie 432 Homozysteinmetabolismus 432 Homozysteinurie 494 Honeymoon-Zystitis 959 Honigwabenlunge 154, 938 Horizontalnystagmus 1278 Hormon – antidiuretisches (ADH) 561 – luteinisierendes (LH) 615 – Releasing Hormon (LHRH) 627 – trophisches 750 Hormonbehandlung, gegengeschlechtliche 658 Hormonexzess 563 Hormonmangel, Substitution 560 Hormontherapie 201, 208 Horner-Syndrom 1067, 1195, 1265 Hornhautulzeration 575 Host-defense-System 75 Hot flushes 645 HSV 1556 – Enzephalitis 1611 – konnatale Infektion 1611 HTLV-1 348 Hüftprotektor 487 Hundebandwurm 1623 Huntington-Krankheit 1407 HUS 252, 310, 370 Hutchinson-Gilford-Progerie 460 Hydronephrose 1661 Hydrophobie 70 Hydrops fetalis 1613 Hydroxylapatit 500 – Ablagerung 501 21-Hydroxylase-Defekt 1598 Hydrozephalus 1209
Sachverzeichnis
Hygienemaßnahme 80 Hyperaktivitätssyndrom 588 Hyperaldosteronismus 600 – Dexamethason-suppressibler 601 – idiopathischer 600 Hyperalgesie, viszerale 794 Hyperammonämie 427, 430, 1592 Hyperandrogenämie 226, 642 Hyperbilirubinämie 816 Hypercholesterinämie 418–420 Hyperemesis gravidarum 652 Hypergastrinämie 702, 710 Hyperglykämie 404, 405, 867, 1525 Hyperglyzinämie 430 Hyperhidrosis palmaris 510 Hyperhomozysteinämie 398, 433, 434, 1199 Hyper-IgE-Syndrom 115, 117, 129, 324 – im Kindesalter 1601 Hyper-IgM-Syndrom 127 – im Kindesalter 1604 Hyperinfektionssyndrom 96 Hyperinsulinämie 226 – postprandiale 410 Hyperkaliämie 905 Hyperkalzämie 205, 660, 878 – familiäre hypokalziurische 665 – nach Nierentransplantation 665 – Schwangerschaft 665 – Vitamin-D-induzierte 662 Hyperkalziurie 668 Hyperkapnie 55, 971, 1016, 1059, 1466, 1502 Hyperketonämie 1525 Hyperkinesie 1210 Hyperkoagulabilität 380, 1205 Hyperkortisolismus 548, 549, 596 Hyperlipidämie 418, 419 – gemischte 422 Hyperlipoproteinämie 878 Hypermenorrhö 292, 632 Hypermetabolismus 276 Hypernatriämie 55, 427, 561 Hyperostose 492, 540 Hyperoxalurie 751, 932 – enterale 753 Hyperparathyreoidismus 490, 711, 751, 879 – primärer (pHPT) 660, 662 Hyperphenylalaninämie 423, 427, 428, 429 – im Kindesalter 1584 Hyperphosphatämie 666
– chronische Niereninsuffizienz 670 Hyperplasie 305 – bilaterale mikronoduläre adrenale 600 – fokal noduläre (FNH) 642, 838 – makronoduläre 596, 603 – mikronoduläre 596 – myeloische 279 – nodulär regenerative 839 Hyperprolaktinämie 551, 632, 658 Hypersensitivitätsreaktion (s. auch Überempfindlichkeitsreaktion) 130 Hypersensitivitätsvaskulitis 178 Hypersomnie 1073, 1369, 1370 Hypersplenismus 311 Hypertension – persistierende pulmonale beim Neugeborenen 1678 – portale 301, 846 Hyperthyreose 401, 554, 572, 582, 623 – amiodaroninduzierte 583 – familiäre, nichtimmunogene 577 – im Kindesalter 1597 – immunogene vom Typ Morbus Basedow 569 – jodinduzierte 579 – latente 577, 578 – manifeste 577, 578 – Schwangerschaft 573 – thyreotoxische Krise 589 – zentrale 554 Hypertonie 907 – arterielle 405, 604, 1146, 1198 – – im Kindesalter 1643 – bei Diabetes mellitus 1158 – bei koronarer Herzerkrankung 1158 – bei Niereninsuffizienz 1158 – bei Nierenkrankheiten 1158 – bei Schwangeren 1158 – chronische thromboembolische pulmonale 1052, 1183 – essentielle 595 – hypokaliämische 600 – isolierte systolische 1147 – maligne 1147 – primäre pulmonale (PPH) 1183 – pulmonale 141, 159, 1014, 1047 – refraktäre 1157 – renal bedingte im Kindesalter 1663 – renovaskuläre 919, 1148 Hypertonus 641 – schwangerschaftsinduzierter 1519 Hypertriglyzeridämie 418, 419, 421, 904
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Hypertrophie, linksventrikuläre 908 Hyperurikämie 436, 438 Hyperventilation 671 Hyperviskositätssyndrom 187, 188, 1228 Hypervitaminose 1560 Hypervolämie 562, 904 Hypnose 1324 Hypnotherapie 1325 Hypogammaglobulinämie 124, 127 – transiente 123 – – des Säuglings 1603 Hypoglycemia unawareness 411 Hypoglykämie 411, 415, 456, 867, 1551 – bei Neugeborenen 1558 Hypogonadismus 552, 559, 615 – hypogonadotroper 556 – idiopathischer hypogonadotroper 615 Hypokaliämie 55 Hypokalzämie 654, 666 – bei Frühgeborenen 1559 – Hypomagnesiämie 669 Hypokinesie 1210 Hypokomplementämie, erworbene 1603 Hypomagnesiämie 654 – renale 931 Hypomenorrhoe 626, 632 Hypomotilität, postprandiale antrale 715 Hyponatriämie 56, 562 Hypoparathyreoidismus 588, 666 – Schwangerschaft 668 Hypophosphatämie 669, 671, 672, 904 Hypophosphatasie 494 Hypophyse – hämorrhagische Nekrose 554 – physiologische Vergrößerungen 547 Hypophysenadenom 547, 551 – GH-sezernierendes 555 – kortikotropes 550, 598 Hypophyseneingriff, transsphenoidaler 598 Hypophysenhinterlappeninsuffizienz 1530 Hypophysenkarzinom 548 Hypophysenmetastase 548 Hypophysenoperation, transsphenoidale 557, 558, 563 Hypophysentumor, Nachsorge 563 Hypophysenvorderlappeninsuffizienz 558, 1529 Hypophysitis 548 – lymphozytäre 592
1756
Sachverzeichnis
Hypopyoniritis 180 Hyposensibilisierung 136, 138, 987 Hypospadie, perineoskrotale 622 Hypothalamus 547, 1381 Hypothermie 1505 Hypothyreose 559, 581, 595, 651, 1411, 1528 – im Kindesalter 1597 Hypotonie, orthostatische 415 Hypoventilationssyndrom 392 – alveoläres 1073 – zentrales alveoläres 1075 Hypovitaminose 1560 Hypoxämie 992, 1042, 1052, 1466, 1473, 1502 Hypoxie 58, 1016 Hysterektomie 218, 222, 227, 229 Hysteresis 21
I Ich-Störung 1345 ICSI 621, 634 Idiosynkrasie 130 α-L-Iduronidase 465 IgA – Defizienz 122 – Dermatose – – intraepidermale neutrophile 1434 – – lineare 1435 – Mangel im Kindesalter 1603 – Nephritis 916 – Pemphigus 1434 IgG – selektiver Subklassenmangel im Kindesalter 1604 – Subklassendefizienz 122 Ig-Substitutionstherapie 117, 123 Ikterus 305, 821, 885 Ileostomas 764 Ileozökalklappe 750 Ileus 397 Immunadsorption, klinische Durchführung 186 Immundefekt 40 – humoraler 120 – Knochenmarktransplantation 119 – neonatales Management 115 – primärer 115 – – Gentherapie 120 – schwerer kombinierter (SCID) 119, 1605
– – im Kindesalter 1606 – Selbsthilfegruppen 119 – X-chromosomaler schwerer kombinierter (XSCID) 126 Immundefektsyndrom, variables 115, 120 Immundefizienzvirus, humaner (s. auch HIV) 83 Immunglobuline 125 – Heiminfusions-Therapie 123 – hochdosierte intravenöse (IVIG) 121, 145, 155 – Sicherheit 124 – subkutane Verabreichung 122 – Zubereitung 124 Immunhämolyse 306 – medikamenteninduzierte 310 Immunisierung, aktive 40, 262 Immunkomplexablagerung, subepitheliale 914 Immunkomplexvaskulitis 171, 176 Immunmangelsyndrom 998 Immunneuropathie 1282 Immunozytom 348 Immunprophylaxe 40 – postexpositionelle 40 Immunrepertoire 40 Immunstatus 49 Immunsuppression 75 – initiale 955 Immuntherapie – adoptive 193, 262 – aktive 259 – onkologische – – Antikörpertherapie 193 – – Vakzinierung 194 – – Zelltransfer 193 – – Zytokintherapie 193 Immunthrombozytopenie (ITP) 252 – akute postinfektiöse im Kindesalter 1657 Immunthyreoiditis 829 Immunzytologie 274 Impairment 1302 Impetigo 106, 1145 – contagiosa 1446 – herpetiformis 1423 Impfkalender für Kinder 1627 Impfmaßnahme 40 Impfstoff – rekombinanter 261 – synthetischer 161
Impfung – bei einer HIV-Infektion 1629 – im Jugendalter 1627 – im Kindesalter 1627 Implantationstherapie, endoskopische 693 Impotenz 814 Independence Measurement, funktionelle (FIM) 1301 Indikationsimpfung 1628 Induratio penis plastica 624 Inerphasendermatitis 154 γ 1602 INF-γ-Rezeptormangel Infarkt – lakunärer 1204 – striatolentikulärer 1194 Infektion – abszedierende 106 – Allgemeinsymptome 41 – antibiotische Therapie 117 – bakterielle 1229, 1445 – – im Kindesalter 1616 – bei Immunkompromittierung 75 – Deeskalationstherapie 46 – der Nase und der Nasennebenhöhlen 977 – des Herzens 1185 – des Respirationstraktes 56 – Diagnostik 41 – durch Dermatophyten (Tinea) 1449 – durch grampositive Bakterien 1445 – durch Hefepilze 1450 – endogene 39 – Erregernachweis 41 – exogene 39 – Hygienemaßnahmen 80 – kongenitale 1556 – mit humanen Herpesviren (HHV) 1447 – mit humanen Papillomviren (HPV) 1448 – nosokomiale 39, 79 – parasitäre im Kindesalter 1623 – Schwangerschaft 40 – Sequenztherapie 46 – Stufentherapie 45 – Therapieversagen 46 – Tinea 1449 – Venenkatheter-assoziierte 79 – vertikale 1609 – virale 42, 118, 1447 Infektionskrankheit – berufsbedingte 1084
Sachverzeichnis
– der Lunge 1084 – Disposition 39 – Exposition 39 – im Kindesalter 1609 – Neugeborenes 1679 – zyklische 56 Infektionsprophylaxe 40, 167 Infektionssuszeptibilität, erhöhte 76 Infertilität 450, 618, 658 Influenza 68, 979 – Impfung 1629 Infrarotspektrometrie 440 Inhibitor 374 Injektionstherapie, endoskopische 693 Inkontinenz 159, 966 Innenohrschwerhörigkeit 937 Insektengiftallergie 136 Inselzellantikörper (ICA) 404 Inseminationstherapie 621 Insertionsendopathie 496 In-situ-Hybridisierung 275 In-situ-Karzinom 220 Insomnie 1073, 1369 – fatale familiäre 1408 Inspiratory pressure support (IPS) 1474 Insuffizienz – chronisch-venöse 1171 – endokrine 882 – exokrine 882 – kardiovaskuläre 1493 – polyglanduläre 591 – renale 1493 – respiratorische 452 Insulinhypoglykämietest (IHT) 560, 593 Insulinmangel 402 Insulinom 758, 760, 8893 8993 93 Insulin-Pensystem 410 Insulinpumpentherapie 410 Insulinresistenz 654 Insulinresistenzsyndrom 402, 403 Integrität der Invasionsbarriere 39 Intention-to-treat-Analyse 10 Interface-Hepatitis 828 Intermediate extraction drugs 30 Intersexualität 622, 656, 1595 Intestinoskopie 353 Intoleranzreaktion 130, 1419 Intoxikation 1533 – urämische 904
Intractable diarrhea 1571 Intrakutantestung 134, 984 Intrauterin-Pessar 638 Intrinsic – Activity 20 – Factor 298 – PEEP 1471 Invasin 41 Invasionsbarriere 40 In-vitro-Fertilisierung (IVF) 621, 633 In-vitro-Histaminfreisetzungstest 134 In-vitro-Stimulationstest 134 In-vitro-Studie 31 In-vitro-Test 1420 In-vivo-Studie 31 Involved-field-Bestrahlung 339, 340 Inzidentalom 548, 549, 598 IPS 1474 Iridozyklitis 528 Iritis 528, 534 Ischämie – akute 1197 – – mesenteriale 802, 803, 1496 – chronisch-mesenteriale 806 – nonokklusive mesenteriale 803 – renale 919 – zerebrale 1193 Isosporidiose 90 Isovalerianzidurie 430 Isovaleryl-CoA-Dehydrogenasemangel 430 IVIG 145, 155 – Nebenwirkungen 122 – Verabreichung 121 Ixodes ricinus 62
J Jactatio capitis nocturna 1374 JAK/STAT-Kaskade 273 Jak3-Defekt 119, 126 Jarisch-Herxheimer-Reaktion 64, 1235, 1619 Jerwell-Lange-Nielsen-Syndrom 1095 Jetlag 1374 Jetventilation 1060 Jo-1-Syndrom 153 Jodmangel 401, 564, 577 Jodüberschuss 401 Jones-Kriterium 524
1757
K Kachexie 746 Kala-Azar 98, 99, 825 Kallmann-Syndrom 558, 615, 616, 629, 935 Kälteagglutininkrankheit 310 Kaltluftprovokation 984 Kalziumhydroxylapatit 485 Kalziummetabolismus 908 Kalziumoxalatkristall 503 Kalziumpyrophosphatkristall (KPPK) 500 Kammerflimmern 1461 Kammertachykardie 1093 Kanalolithiasis 1275 Kandidamykose, genitale 1450 Kandidiasis 325, 668 – autosomal-rezessive chronisch mukokutane 1606 – mukokutane 588 Kandidose 1450 Kanikolafieber 824 Kanzerogenitätsstudie, positive 31 Kapillarleck 54 Kaplan-Meyer-Plot 416 Kaposi-Sarkom 91 Kappakettendefekt im Kindesalter 1604 Karbunkel 106, 1446 Kardiolipinmikroflockungstest 61 Kardiomegalie 556 Kardiomyopathie 160, 476, 556, 1120, 1123, 1187 – arrhythmogene rechtsventrikuläre 1128 – dilatative 1120 – – im Kindesalter 1643 – hypertrophe 1125 – medikamententoxische 1122 Kardioverter-Defibrillator, implantierbarer (ICD) 1107 Karditis 523, 524 Karotidodynie 170 Karotisendarteriektomie 1203 Karotisstenose 1202 Karotisthrombendarterektomie 1199 Karpaltunnelsyndrom 502, 512, 519, 1284 Kartagener-Syndrom 619 Karzinoid 757, 761 Karzinoidkrise 757, 892 Karzinoidsyndrom 604, 895
1758
Sachverzeichnis
Karzinoidtumor 985 Karzinom – duktales 195 – fibrolamelläres hepatozelluläres 843 – GH-sezernierendes 555 – hepatozelluläres (HCC) 838 – Hypopharynx 239 – invasives 220 – kolorektales 265, 765 – kutanes neuroendokrines 1443 – lobuläres 195 – Oropharynx 239 – perihiläres 889 – spinozelluläres 1438 Karzinomsyndrom, hereditäres nichtpolypöses kolorektales (HNPCC) 784 Karzinosarkom 229 Kaschin-Krankheit 401 Katabolismus 652 Katarakt 471 Katatonie, perniziöse 1518 Katayama-Fieber 95 Katecholamintherapie im Kindesalter 1685 Katheterangioplastie, perkutane (PTCA) 170 Katheterbehandlung 1133 Katheterfragmention, perkutane transvenöse 1513 Katheterintervention 1145 Kathetersepsis 79 Katzenkratzkrankheit 59, 107 Kausalgie 1282 Kawasaki-Krankheit 161, 172, 1616 Kayser-Fleischer-Kornealring 815, 816, 1221 Keilwirbel 486 Keimzelltumor 1068 – extragonadaler 209, 246, 247 – metastasierter 243 Kelchstein, stummer 944 Kelley-Seegmiller-Syndrom 436 Keratitis 575 Keratoconjunctivitis sicca 512 Kernig-Zeichen 1478 Keshan-Krankheit 401 Ketoazidose 430, 672, 969 – alkoholische 1499 – diabetische 1499, 1525 Ketonurie 652 Keuchhusten 1620 Keyhole limpet hemocyanin 261
Killerbakterien 106 Kimmelstiel-Wilson-Läsion 917 Kinase, zyklinabhängige 265 Kindstod, plötzlicher 1689 Kissing disease 823, 1612 Kissing-Phänomen 823 Klatskin-Tumor 889, 890 Kleiderläuse 60 Kleine-Levin-Syndrom 1380 Kleingefäßvaskulitis 163 Klinefelter-Syndrom 355, 615, 620, 621 Klippel-Trenaunay-Syndrom 1675, 1676 Klitorishypertrophie 649 Knochen, adynamer 671 Knochenalterbestimmung 1595 Knochenbiopsie 486, 488 Knochenbrüchigkeit 485 Knochenerkrankung 908 Knochenmarkbiopsie 339 Knochenmarkdepression 86, 166, 586 Knochenmarkhistologie 274 Knochenmarkinsuffizienz 50, 347 Knochenmarkpunktion 356 Knochenmarkspender, HLA-gematchter 120 Knochenmarkstammzelltransplantation, haploidentische 120 Knochenmarktoxizität 191 Knochenmarktransplantation 116, 117, 119, 126–129, 275, 288, 319, 327, 469 – allogene 248, 448 Knochenmarkveränderung, megaloblastäre 302 Knochenmetastasen 204, 205 Knochensklerose 540 Knochentumor im Kindesalter 1653 Knochen-Turnover 646 – erhöhter 489 Knollenblätterpilzvergiftung 865, 1491 Knorpeldystrophie 494 Knorpelglättung 499 Knorpeloberflächenversiegelung 499 Knorpelregeneration 500 Knospe-Schema 345 Knötchen, subkutanes 524 Knötchenflechte 1425 Knotenreentrytachykardie, atrioventrikuläre 1092 Knotenstruma 577, 584 – euthyreote 567, 578 Koagulationsnekrose 1543
Koagulopathie 446, 821 Koalkoholismus 1356 Koarktation 1177 Köbner-Phänomen 1423, 1425 Kochsalzrestriktion 1150 Kohorten 32 Kolitis 1494 – ischämische 802, 806 – kollagene 774 – mikroskopische 773 Kollagenfibrose 282 Kollagenose 309 Kollagensynthese 1013 Koller-Test 400 Kolloidkörperchen 154 Kollumkarzinom 224 Kolonadenom, sporadisches 781 Kolonisation 39 Kolonisationsfaktor 733 Kolonkarzinom 786 – hereditäres nichtpolypöses (HNPCC) 755 Kolonpolypen 780 Koloskopie 294, 353, 779 Koma 1476 – hypoglykämisches 1527 – hypophysäres 559 – hypothyreotes 590 – meningeale Reizung 1478 – neurologisches Herdzeichen 1479 – nichtketoazidotisches hyperosmolares diabetisches 1527 – psychogenes 1481 – Verletzungszeichen im Kopfbereich 1478 Kommunikationstraining 1331 Kompartimentmodell 21 Komplementdefekt 129 – im Kindesalter 1602 Kompressions-Dekompressions-Herz druckmassage (ACD-CPR) 1464 Kompressionsstrumpf 383 Kompressionssyndrom 1284 Kompressionswirbel 486 Konduktorin 374 Kondylom, spitzes 801 Koniotomie 1421 Konisation 222 Konjunktivitis 534, 575 Konsiliarpsychiatrie 1402 Kontaktlithotripsie, intrakorporale 946 Kontamination 39 Kontrastmittelunverträglichkeit 1422
Sachverzeichnis
Kontrazeption – postkoitale 638, 644 – hormonale 638 Konversionsstörung 1367 Konzentrations-WahrscheinlichkeitsKurve 19 Konzentrations-Wirkungs-Kurve 18, 20 Kopf-Hals-Tumor 265 Kopfschmerz 1253 – im Kindesalter 1668 – medikamenteninduzierter 1262 – psychogener 1669 – sporadischer episodischer 1261 – vom Migränetyp 1669 – – im Kindesalter 1669 – vom Spannungstyp 1254, 1261, 1669 – – chronischer 1262 – – gehäuft episodischer 1262 – – im Kindesalter 1669 Kopfschmerzkalender 1255, 1265 Koproporphyrie, hereditäre 444 Koronarangioplastie, perkutane transluminale (PTCA) 1142 Koronarchirurgie 1143, 1146 Koronarinsuffizienz 1041 Koronarsyndrom, akutes 1102, 1103, 1138, 1143 Körperfettmasse 391 Körpergewichtsphobie 1564 Korpuskarzinom 226 Korsakoff-Syndrom 1357, 1395, 1412 Kortisol, freies 597 Kortisolresektion, autonome 612 Kortisoltagesrhythmik 597 Kostaufbau, enteraler 752 Kosten – direkte 4 – inkrementale 4 – volkswirtschaftliche 4 Kosten-Effektivitäts-Analyse 5 Kosten-Minimierungs-Analyse 6 Kosten-Nutzen-Analyse 5, 6 Kostenvolldeckung 3 Krampfanfall 1517 Krankenhaushygiene 40 Krankheitskostenanalyse 6 Kreatinin-Clearance 27 Krebserkrankung – berufsbedingte 1084 – der unteren Atemwege 1084 Krebstherapie, immuntherapeutische Strategien 258
Kretinismus 401 Krise – hyperkalzämische 662 – hypertensive 606, 1159 – myasthene 1289 – thyreotoxische 589, 1528 Kristallarthropathie 501, 506 Krupp – rezidivierender 1631 – diphtherischer 1630 – rekurrierender 1630 – viraler 1630 Kruppsyndrom 1630 Kryapherese 187 Kryoglobulin 177 Kryoglobulinämie 1615 – Hepatitis-C-Virus-(HCV-)assoziierte gemischte 509 Kryotherapie 507 Kryptokokkenmeningitis 1237 Kryptokokkose 90 Kryptosporidiose 90 Kubitaltunnelsyndrom 502 Kugelbauch 486 Kugelzellanämie 305, 1646 Kumulationsfaktor 26 Kunstherz 1108 Kupfermangel 401 Kupferspeichererkrankung 815 Kupferüberschuss 401 Kupffer-Sternzelle 272, 838, 1493 Kuru 1408 Kurzdarmsyndrom 749 – Ernährung 808 – im Kindesalter 1562 Kussmaul-Zeichen 1131 Kyphoplastie 487
L Ladedosis 25 Lageanomalie des Hodens 620 Lageschwindel, benigner peripherer paroxymaler 1275 Lähmung, progressive supranukleäre 1407 Laktasemangel, enterozytärer 741 Laktatdehydrogenase (LDH) 209, 358 Laktatspiegel 49 Laktazidose 172, 474, 754, 1498, 1499, 1503
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Lambert-Eaton-myasthenes Syndrom 1288, 1290 Lambliasis 97, 796, 1624 Lamina propria 738 Lancefield-Gruppe 523 Langerhans-Zelle 1009 Langerhans-Zellhistiozytose 334, 548 Länge-Spannungs-Disproportion 1467 Laplac-Gesetz 966 Larsen-Score 512 Larva – currens 96 – migrans cutanea 97 Laryngektomie 240 Laryngospasmus 58 Laryngotracheobronchitis 1630 Läsion, papulöse 152 Lassa-Fieber 824 Lateralsklerose, amyotrophe 1290 Läuseekzem 1450 Lavage, bronchoalveoläre (BAL) 1002, 1057 Lazy-Leukocyte-Syndrom 1601 LDL – Aphereseverfahren 422 – Cholesterin 419, 420 L-Dopa-Langzeitsyndrom 1213 Leakage-Syndrom 61 Lebendspende, präemptive 953 Leberadenom 642 Leberausfallskoma 448 Leberbiopsie 864 Lebererkrankung 642, 813 – alkoholbedingte 832 – autoimmune 828 Leberersatzverfahren 869 Leberfibrose 333 Leberinsuffizienz 29, 253 – Dosisanpassung 26 Leberläsion, benigne 839 Lebermetastase 238, 1063 Lebernekrose 439 Leberphosphorylasekinasedefizienz, X-chromosomale 459 Leberphosphorylasekinasemangel – autosomaler 459 – Typ-IX 459 Leberschädigung, medikamentöse 831 Lebertransplantation 454, 458, 522, 835, 844, 1491, 1587 – allogene orthotope 869 – APOLT 869 – auxiliäre partielle orthotope 869
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Sachverzeichnis
– Clichy-Kriterien 863 – King’s-College-Kriterien 863 – orthotope 818, 840 Leberverfettung, nichtalkoholische 839 Leberversagen 521, 860 – akut-auf-chronisches (ACLV) 861 – ICCO-Score 863 – MELD-Score 863 – Prognosebeurteilung 863 – akutes 429, 860, 863 – fulminantes 1491 – hämodynamische Stabilisierung 868 – Hirnödem 868 – Leberersatzverfahren 869 – Lebertransplantation 869 – Nierenversagen 869 – terminal-chronisches 860 Leberzelladenom 837 Leberzellkarzinom 825, 839 Leberzellnekrose 819 Leberzirrhose 29, 311, 336, 369, 448, 54, 465, 753, 814, 816, 817, 839 – alkoholbedingte 833 – Arzneistoffdosierung 30 – Aszites 854 – Nierenversagen 856 – Virushepatitis-assoziierte 740 Leberzyste 839 Legionärskrankheit 56 Legionella pneumophila 56 Legionellenerkrankung 56 Legionellenpneumonie 56 Leiomyosarkom 229 Leishmaniose 825, 1624 – bei HIV-Patienten 100 – kutane 98, 99 – mukokutane 99 – viszerale 99 Leistenschmerz 488 Lektin 733 Lentigo-maligna-Melanom 1439 Lentivirus 83 Leptospira – icterohaemorrhagiae 63, 64, 824 – interrogans 63 Leptospirose 63, 824 Lernspsychologie 1321 Lesch-Nyhan-Syndrom 440, 946 Leukämie 586 – akute lymphatische (ALL) 265, 343, 351, 354 – – Prognosefaktor 276
– akute myeloische (AML) 283,, 309, 315 – – Postremissionstherapie 318 – chronische lymphatische (CLL) 262 – chronische myeloische (CML) 265, 276 – im Kindesalter 1647 – mit Blastenkrisen 672 Leukenzephalopathie, progressive multifokale (PML) 90 Leuko-/Thrombopenie/Anämie 430 Leukomalazie, periventrikuläre 1555 Leukopenie 59, 172, 177, 347 Leukoplakie 239 Leukozytenadhäsionsdefekt (LAD) – im Kindesalter 1601 – Typ I 128 Leukozytose 276, 503 Leukozytotaxis 916 Levodopa-Langzeitsyndrom 1294 Lewy-Körper-Krankheit 1407 – diffuse 1212 LGL-Syndrom 1091 Lhermitte-Zeichen 511 Liaisonpsychiatrie 1405 Libidoverlust 597 Libman-Sacks-Endokarditis 1119 Lichen ruber 1425 – planus 1426 Lichttherapie 1372 Liddle-Syndrom 601, 930 Lidedo 180 Lidspaltenfleck 329 Liebeswahn 1390 Life-event-Forschung 1343 Li-Fraumeni-Syndrom 235, 608 Limb-Girdle-Muskeldystrophie 460 Linearbeschleuniger 339, 550 Linguistik, klinische 1304 Linksherzinsuffizienz, akute 1090 Linton-Nachlas-Sonde 848 Lipase, saure 465 Lipidstoffwechselstörung 418 LIPID-Studie 421 Lipoatrophie 93, 460 – HIV-assoziierte 463 Lipodystrophie 460 – genetische Klassifikation 461 – HIV-assoziierte 463 – LMNA-assoziierte 462 – Typ Dunnigan 462 Lipoidnephrose 912 Lipom 1179
Lipomatose 463 – Analbuminämie 464 Lipoprotein 419 Liquidventilation 1060 Liquor 425 Liquorazidose 55 Listeria monocytogene 57, 1235 Listerien 1619 Listerienmeningitis 1235 Listeriom 57 Listeriose 57, 824 – bei Neugeborenen 1557 Lithiumnephropathie 926 Litholapaxie, perkutane (PNL) 945 Livedo – racemosa 178 – reticularis 141, 178 LMP-Tumor 217 Lobektomie 585 Locked-in-Syndrom 1480 Löffler-Endokarditis 1119, 1124 Löfgren-Syndrom 1024, 1427 Logopädie 1304 Long-QT-Syndrom 1095 Looser-Pseudofraktur 488 Louis-Bar-Syndrom 1605 Low extraction drugs 30 Lowe-Syndrom 934, 1663 Lown-Genong-Levine-Syndrom (LGLSyndrom) 1091 Lues connata 1619 Lugano-Klassifikation 725 Lumbalgie 526 Lunge, hypogenetische 1054 Lungenabszess 1028, 1037 Lungenarterie, Anomalien 1053 Lungenembolie 141, 382, 384, 1041, 1182, 1511 Lungenemphysem 994, 1081 Lungenerkrankung – arbeitsbedingte 1077 – chronisch obstruktive (COPD) 998, 1466 – umweltbedingte 1077 – interstitielle 1000 Lungenfibrose 141, 586, 1000, 1011 – idiopathische 1011, 1058 Lungenfunktion 1002 Lungenfunktionsprüfung 983, 1025 Lungengefäß 1053 – angeborene Fehlbildungen 1053 Lungeninfarkt 1041, 1043 Lungenkarzinom
Sachverzeichnis
– kleinzelliges 1064 – nichtkleinzelliges 1064 Lungenmetastase 964 Lungenmilzbrand 61 Lungenödem 1137 – akutes kardiogenes 1099 – nichtkardiogenes 1504 Lungenparenchymschädigung, medikamenteninduzierte 1002 Lungenstauung 1137 Lungentransplantation 78, 1013, 1053 Lungentuberkulose 64, 67 Lungenvene – Anomalien 1054 – Fehleinmündung – – in das rechte Herz 1054 – – in das systemische Venensystem 1054 Lungenversagen, akutes 68 Lupus erythematodes 1002, 1228, 1431, 1162 – systemischer (SLE) 153, 187, 378, 1006 – – Klassifikation 140 Lupusläsion, kutane 154 Lupusnephritis, diffus oder fokal-proliferative 922 Lupusnephropathie, membranöse 923 Lyell-Syndrom 1419 Lyme-Arthritis 63, 110, 508 Lyme-Borreliose 62, 63, 508, 1189, 1445 Lymphadenektomie 212, 228, 664, 686, 963 Lymphadenitis 59, 71 – hämorrhagische 61 Lymphadenopathie 141 – biliäre 1026 – mediastinale 59 Lymphangiektasie, intestinale 740 Lymphangioleiomyomatose (LAM) 1010 Lymphangiosis carcinomatosa 198, 201, 1013 Lymphangitis 106 Lymphknotenmetastasen 227, 243, 244, 247 Lymphknotenschwellung 337, 338 Lymphödem 198, 199 Lymphogranuloma inguinale 1454 Lymphohistiozytose (FHL) 129 – infektassoziierte erythrophagozytierende 1602 Lymphom 147, 243
– Epstein-Barr-Virus-(EBV-)assoziiertes 262 – indolentes 349 – malignes 247 – primäres 1248 – – kutanes 1441 Lymphonodektomie 217, 228, 229 – pelvine 223 Lymphoproliferation, X-linked (XLP) 1605 Lyssa im Kindesalter 1614
M MAC 152, 154 Madelung-Lipomatose 464 MAD-Mangel 440 Maffucci-Syndrom 1677 Magenansäuerung, nächtliche 681 Magenausgangsstenose, maligne – Ballondilatation 730 – Metallstent 730 Magenballon 394 Magenband 394 Magenentleerungsbeschleunigung 721 Magenentleerungsstörung 718 Magenfrühkarzinom 731 Magenkarzinom 300, 721 Magenlymphom 723 Magenschrittmachertherapie 721 Magensonde 427, 809 Magenspülung 1535, 1544 – im Kindesalter 1688 Magenulkus 697 Magenvarize 728 Magenverkleinerungstechnik 394 Magenverweilsonde 426 Magersucht 1383 Magnetresonanztomographie, dynamische mit GadoliniumEnhancement 528 Mahnorthese 487 Major Depression 1332, 1393 Makroangiopathie 404, 408, 409, 415 Makroglossie 476 Makrophagus 272 Makroprolaktinämie 630 Makrostimulation 1293 Makrozytose 297, 302, 305 Makulopathie 407, 415 Malabsorption 740 Malabsorptionssyndrom 295, 1576
1761
Malaria 100, 825, 1624 – quartana 100 – tertiana 100 – tropica 100 – zerebrale 102 Malariamittel 145 Malassezia furfur 1450 Malassimilation – von Aminisäuren 743 – von Fetten 741 – von Gallensäuren 741 – von Kohlenhydraten 743 Malassimilationssyndrom 740, 808 Maldescensus testis 209 Maldigestion 740 Malformation, zerebrale vaskuläre 1208 Mallory-Körperchen 833 Mallory-Weiss-Einriss 687, 689 Malmö-Schema 377 Malnutrition 747, 909 MALT (mucosa-associated-lymphoid tissue) 723, 724 – Lymphom 352 Maltafieber 57, 824 Mammakarzinom 195, 244, 246, 247, 265 – inflammatorisches 195 – invasives 195 – Lokalrezidiv 200 – metastasiertes 201, 202 – – Chemotherapie 204 – – Immuntherapie 204 – Nachsorge 199 Mamma-mia-Syndrom 488 Mammographie 200 Mangelernährung 395, 428, 488 – im Kindesalter 1559 Manie 1339, 1391 Mannheimer Peritonitis-Index (MPI) 104 Manometrie, antroduodenale 720 Mantelzelllymphom 350 Marasmus 1559 Marburg-Virus 824 Marfan-Syndrom 432, 494, 494, 996, 1161, 1164, 1674 Marginalzonen-B-Zell-Lymphom vom MALT-Typ 724 Marginalzonenlymphom vom MALTTyp, primär extranodales 352 Mariske 801 Markfibrose 281, 347 Marsh-1-Läsion 738
1762
Sachverzeichnis
Martorell-Zeichen 1169 Maschendrahtfibrose 833 Masern 823, 1447, 1448, 1609 – weiße 1609 Masern-Mumps-Röteln-Impfung 1627 Mastitis 106 Mastodynie 633 Mastoiditis 325, 1231 Mastozytose 282, 331 – DCM 332 – diffuse akute 332 – systemische 332 Mastzellenleukämie 332 Mastzellenstabilisator 138 Mayo-Protokoll 722, 787 Maze-Operation 1091 McArdle-Erkrankung 458 McCune-Albright-Syndrom 494 McGinn-White-Syndrom 1042 MDR-Genprodukt 264 Mechanic’s hand 153 Meckel-Divertikel im Kindesalter 1579 Meckel-Szintigraphie 294 Mediasklerose 408 Mediastinalemphysem 1068 Mediastinalerkrankung 1066 – entzündliche 1068 Mediastinaltumor 1067 Mediastinitis 1068 Mediatorsystem, körpereigenes 51 Medikament (s. auch Arzneimittel, Arzneistoff) – Absorption 23 – Applikationsart 20 – Äquipotenz 19 – Bioverfügbarkeit 23 – direkte Wirkung 22 – Dosierung im Kindesalter 1695 – Dosis-Wirkungs-Beziehung 20 – Efficacy 20 – forst liver pass effect 23 – Gewöhnung 21 – indirekte Wirkung 22 – intrinsische Aktivität 20 – Konzentrationsmessungen 18 – maximale Wirksamkeit 20 – Potenz 19, 20 – Tierversuche 31 – Toleranz 21 – Toxizitätsversuche 31 – Wirkortkompartiment 21 – Wirkortkonzept 21 – Wirkung 18
Meditation 1325 Medizin, evidenzbasierte (EBM) 8 Medline 9 Medulloblastom im Kindesalter 1652 Megakaryblastenleukämie 317 Megakaryopoese 281 Megakolon, toxisches 1493 Megaureter 1661 Megavolttechnik 339 Mehrlingsschwangerschaft 635 Meigs-Operation 223 Mekoniumaspirationssyndrom 1554 Mekoniumileus 450, 1637 Meläna 708 Melanom, malignes 1439 Melanozyt 326 Melzer-Trias 177 Membrane attack complex (MAC) 152, 154 Membranoxygenierung, extrakorporale 1060 Membranplasmaseparation 186, 1538 Membranprotein, lyosomales 466 MEN I/II 664 MEN-1-Syndrom 711, 984 Mendel-Mantoux-Technik 1634 Mendelson-Syndrom 1036 Menigiosis leucaemica 316, 356 MENIN 711 Meningeom 1248 Meningismus 1478 Meningitis 69, 180, 1208, 1481 – aseptische 123 – bakterielle 1229, 1686 – im Kindesalter 1625 – tuberkulöse 1233, 1479 Meningoenzephalitis 57, 90, 180, 182, 1233 – bakterielle 1229 – hygienische Maßnahmen 1238 – sterile 521 – virale 1235 Meningokokkenarthritis 507 Meningokokkenmeningitis 1229, 1233 Meningokokkus 507, 1618 Meningomyeloradikulitis, spinale 1234 Menkes-Syndrom 401 Menometrorrhagie 221 Menorrhagie 626, 632, 642, 644 Menorrhö 292 Merendino-Rekonstruktion 690 Merkel-Zell-Karzinom 1443
Merseburger Symptomentrias 569 Mesenterialarterienthrombose 805 Mesenterialischämie, nichtokklusive 805, 806 Mesenterialvenenthrombose 803, 805, 806, 1497 Mesntruationszyklus 625 Mesotheliom 231 Metaanalyse 9 Metabolismus 25 Metallstent 691, 692, 730 Metaplasie – gastrale 702 – mit Myelofibrose, myeloische 281 Metastase, pulmonale 244 Metastasierung – abdominelle 244 – hepatische 244 – ohne Lebermetastasen 244 – ossäre 244 Meteorismus 796 – abdomineller 795 Methämoglobinämie 146 Methanolintoxikation 1542 Methioninbelastungstest 434 Methioninsynthase 432 Methylmalonazidurie 426, 430 Metrorrhagie 626, 632 MHC-Defizienz 127 Migräne 1198, 1254, 1266 – im Kindesalter 1668 – Prophylaxe 1260 – Reizabschirmung 1256 – vestibuläre 1273 Migräneattacke 1256 Migräneaura 1254 Migränepass 1255 Migrating motility complex (MMC) 745 Mikroalbuminurie 407, 918 Mikroaneurysma 163 Mikroangiopathie 1204 – thrombotische (TTP) 369, 370 Mikroben 47 Mikrogastrie 1571 Mikrographie 1212 Mikroorganismus 39 Mikropille 639 Mikrovillusatrophie, kongenitale 1569 Mikrozephalie 428 Mikrozytose 294 Milieutherapie 1327 Milwaukee-Schulter 502 Milzbestrahlung 282
Sachverzeichnis
Milzbrand 60, 107, 1447 – Karbunkel 61, 108 Mimikry-Hypothese 828 Minderwuchs 428 Minimal residual disease 317, 358 Minimal-change-Nephritis (MCN) 912 Minipille 638, 643 Mischstaubsilikose 1081 Missbrauch, sexueller, von Kindern 1693 Missense-Mutation 374 Misshandlung, körperliche, von Kindern 1691 Mitralinsuffizienz 1110, 1111, 1112 – akute 1113 Mitralstenose 1110, 1112 Mitteldruck, pulmonal-arterieller (PAP) 1048 Mitternachtskortisol 597 Mixed connective tissue disease (MCTD) 151, 153 Molekularbiologie 273 Mollusca contagiosa 1449 Molluscum-contagiosum-Infektion 117 Monarthritis 505, 508 Monitoring, kardiorespiratorisches im Kindesalter 1677 Mononukleose 1612 – infektiöse 85, 823 Mononukleosyndrom 70 Monoovulation 634 Moral-Hazard 3 Morbus – Addison 581, 588, 590, 591, 595 – – im Kindesalter 1598 – Alzheimer 647 – Bang 57, 824 – Basedow 569, 574, 580, 591 – Bechterew 526 – Behçet 180, 1228, 1430 – Boeck 1124 – Bourneville-Pringle 938 – Bruton 115, 121, 127 – Cogan 1278 – Crohn 300, 548, 730, 749, 755, 766, 940, 1494 – – Fisteln 772 – – im Kindesalter 1580 – – Remissionserhaltung 771, 772, 767 – Cushing 547, 548, 596, 598 – – im Kindesalter 1598 – embolicus 1497
– – – – –
Fabry 466, 469 Faquar 1602 Forestier 493 Gaucher 328, 466 – hämatologische Veränderungen 329 – – Hepatosplenomegalie 329 – – Knochenveränderungen 329 – – Organveränderungen 329 – – Therapiestraegie 330 – Hodgkin 248, 360 – Hurler 466 – Kostmann 1600 – Menétrier 700 – Menière 1272 – Moschcowitz 370 – Osler 292 – Osler-Weber-Rendu 372 – Paget 489 – Parkinson 1210 – Reiter 1429, 1430 – Tay-Sachs 466, 469 – Waldenström 369 – Wegener 920, 1007 – Weil 63, 64, 824 – Werlhof 365 – Whipple 293, 537, 735 – Wilson 815, 864, 866 Moschcowicz-Syndrom 186, 187, 310 Motilitätsstörung 681 MOTT 1621 MRD (minimal residual disease) 317 MRSA 76, 79, 83 MS (multiple Sklerose) 1222 – Diagnosekriterien 1223 – schubförmige 1225 – sekundär progrediente 1225 MTHFR-Gen 433 Mucosa-associated-lymphoid tissue 723 Mukokandidose 118 Mukosaatrophie 299 Mukosabarriere-Zerstörung 703 Mukosaresektion, endoskopische 685, 731 Mukosaresistenz 705 Mukosektomie 689 Mukositis 248 Mukoviszidose 448, 996, 998, 1014 – im Kindesalter 1636 Müller-Mischtumor, heterologer 229 Multidrug-Resistance-Gen 321 Multiorganinfektion 56 Multiorganversagen 52
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Multiple Sklerose (MS) 1222 – Diagnosekriterien 1223 – primär-progrediente 1227 – schubförmige 1225 – sekundär progrediente 1225 Mumps 1610 Münchhausen-by-proxy-Syndrom 1386, 1692 Münchhausen-Syndrom 1384, 1388 Münchhausen-syndrome by adult proxy 1386 Mundsoor 1622 Mundwinkelrhagaden 301 Musiktherapie 1329 Muskeldystrophie 1672 – progressive 1287 – – vom Typ Duchenne 1122 Muskelenzym 153 Muskelinfektion 108 Muskelphosphorylasekinasemangel, autosomaler 459 Muskelrelaxation, progressive 1323 – nach Jacobson (PMR) 1255 Muskelschwäche 488 Mutismus 1345 Myalgie 158, 163, 180, 323 Myasthenia gravis – juvenile 1671 – pseudoparalytica 1122, 1287 Myasthenie 1286 Mycobacteria other than tuberculosis (MOTT) 1621 Mycoplasma – hominis 56, 530 – pneumoniae 56, 1029 Mycosis fungoides 1441 Mydriasis 407 Myelinolyse, pontine 563 Myelofibrose 282 – idiopathische 281 Myelom, multiples (MM) 360, 369, 479 Myelopathie, zervikale 502 Myeloperoxidase 271 Myelopoese 334 Mykobakterien 64 Mykoplasma 123, 310, 1233, 1618 Mykoplasmeninfektion 56 Mykose 90 Myoadenylatdesaminasemangel (MADMangel) 440 Myobakteriose, nichttuberkulöse 452 Myocardial stunning 1137 Myoglobinurie 1506
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Sachverzeichnis
Myokardablation, perkutane transluminale septale (PTSMA) 1127 Myokardbiopsie 1186 Myokardinfarkt 414, 604, 1096, 1097 – akuter 1102, 1103, 1132 Myokardischämie 1096 Myokarditis – akute 1187 – Borrelien 1189 – dilatative im Kindesalter 1643 – diphtherische 1189 – fulminant verlaufende 1187 – viral induzierte 1185 Myokardnekrose 1181 Myokardverletzung 1181 Myokardverlust 1186 Myokardzellnekrose 1185, 1186 Myoklonie 1370 Myoklonus 1211 Myopathie 440, 458 – der Glutealmuskeln 488 – im Kindesalter 1671 – viszerale 747 Myositis 153, 459 – nekrotisierende 108 – nichtklostridiale krepitierende 108 Myotonie 1287 Myozytolyse 1185 Myxödem, prätibiales 569 Myxödemkoma 1528 Myxom 1179
N Nachfrage, preisunelastische 3 Naevus flammeus neonatorum 1675 Nagayama-Fleck 1613 Nährstoffbedarf im Kindesalter 1566 Nährstoffmangel 754 Nährstoffversorgung 396 Nahrungsmittelallergie im Kindesalter 1563 Nahrungsmittelintoxikation 734 Nail-Patella-Syndrom 929 Narbenbulbus 709 Nardi-Test 871 Narkolepsie 1370, 1373 Nasenmaske 992 Nasennebenhöhlenpolyposis 983 Nasopharynxkarzinom 239 NAST 941
Natriumresorption 454 Near-total-thyroidectomy 579, 589 Nebennierenadenom, unilaterales aldosteronproduzierendes (APA) 600 Nebennierenerkrankung im Kindesalter 1597 Nebenniereninsuffizienz, relative 653 Nebenniereninzidentalom 611 Nebennierenmetastase 1063 Nebennierenrindenhyperplasie, bilaterale 548 Nebennierenrindeninsuffizienz 588, 590, 1529 Nebennierenrindenkarzinom 608 Nebennierenvenenkatheter, bilateraler selektiver 602 Nebenschilddrüsenkarzinom 664 Nebenschilddrüsenoperation 663 Nebenschilddrüsenunterfunktion 568 Necator americanus 96 Neck dissection 239 Necrobiosis lipoidica 1428 Negativsymptomatik 1313 – schizophrene 1349 Neisseria gonorrhoeae 506, 530, 1618 Nekrolyse, toxisch-epidermale 1419 Nelson-Tumor 551, 599 Nematoden (s. auch Fadenwurm) 96 Neoplasie 294 – intraepitheliale der Cervix uteri (CIN) 220 – benigne 837 – der Leber 837, 839 – der Lunge 1061 – gastroenteropankreatische (GEP) 757 – hämatologische 293 – lymphatische 343 – maligne 839 – multiple endokrine (MEN) 584, 664 – – Typ I 758 – – Typ IIa 603 – testikuläre intraepitheliale 211 – zervikale intraepitheliale (CIN) 222 Nephritis 906 – abakterielle interstitielle 436 – akute interstitielle 924 – – bei Malignomen 925 – – idiopathische 925 – akute medikamenteninduzierte 924 – bei Infektionen 924 – chronische interstitielle 925 – interstitielle im Kindesalter 1663
Nephroblastom im Kindesalter 1653 Nephrokalzinose 501 Nephrolithiasis 438, 932 – im Kindesalter 1663 Nephronophthise 928, 938 Nephropathie 404, 407, 409, 414, 623 – diabetische 406, 911, 917 – familiäre juvenile hyperurikämische 441 – tubuläre 817 Nephrosklerose 1148 Nephrotoxizität 191 Nervenengpasssyndrom 512 Nervenkompressionssyndrom 519 Nervenschädigung, traumatische 1284 Nervensystem, zentrales – Astrozytome 1246 – Gliome 1246 – Meningeome 1248 – primäre Lymphome 1248 Nervus caudatus 1206 Nervus-medianus-Reiz 1217 NET (neuroendokriner Tumor) – der Appendix 895 – des Kolorektums 895 – des oberen Gastrointestinaltrakrs 895 Netherton-Syndrom 1606 Neugeborenenerstversorgung 1552 Neugeborenengranulomatose, septische 57 Neugeborenenhyperthyreose 574 Neugeborenenikterus 1557 Neugeborenenkrämpfe 1665 Neugeborenensepsis 1555 Neugeborenes – asphyktisches 1552 – Intensivprobleme 1678 – respiratorische Erkrankungen 1553 Neuralgie 1281 Neuralrohrdefekt 302 – fetaler 638 Neuritis 150 – vestibularis 1275 Neuroblastom im Kindesalter 1652 Neuroborreliose 63, 1234 Neurochirurgie, funktionelle 1293 Neurofibromatose 494, 755 – Typ I 235, 603 Neurohypoglykämie 1527 Neurolues 1234 Neuropathie 299, 302, 404, 409, 414, 477, 909, 1279 – alkoholische 1282
Sachverzeichnis
– axonale 1279, 1280 – bei Borreliose 1282 – demyelinisierende 1279, 1280 – diabetische 1282 – erworbene im Kindesalter 1671 – periphere 323 – – sensible 408 – vaskulitische 1284 – viszerale 747 Neuroplastizität 1302 Neuropsychologie 1304 Neurorehabilitation 1299, 1302, 1308 Neurosarkoidose 1228 Neurosyphilis 61 Neurotransplantation 1296 Neutropenie 75, 117, 248, 326, 369, 788 – hochgradige 76 – im Kindesalter 1600 – schwere kongenitale 129 – Zyostatika-induzierte 51 NFκB 337 Nicht-SCID-Immundefekt 119 Nichtseminom – CS IIA/B 212 – CSI 212 – Residualtumorentfernung 213 Nicht-ST-Streckenhebung-Infarkt (NSTEMI) 1143 Nieder-T3-Syndrom 651 Nierenarterienstenose (NAST) 941, 1148, 1663 Nierenbiopsie 900, 924 Nieren-Clearance 25 Nierenerkrankung – autosomal-dominante polyzystische 937 – autosomal-rezessive polyzystische 937 – glomeruläre 929 – glomerulozystische 928 – hereditäre 927 – immunkomplexmediierte 922 – metabolische 934 – monogene 927 – – syndromale 935 – tubuläre 930 – tubulointerstitielle 924 – vaskuläre 935 – zystische 928 Nierenersatztherapie, kontinuierliche 951 Nierenfunktion, Organmonitoring 901
Niereninsuffizienz 167, 176, 369, 416, 438, 479, 661, 941 – chronische – – im Kindesalter 1665 – – Knochenerkrankung 908 – – Malnutrition 909 – – Neuropathie 909 – terminale 435, 943 Nierenkolik 437, 911 Nieren-Pankreas-Transplantation 414 Nierenparenchymerkrankung im Kindesalter 1662 Nierenstein im Kindesalter 1663 Nierenstenose, arteriosklerotische 942 Nierentransplantation 145, 159, 176, 372, 458, 481, 952 – Abstoßung 955 – Funktionsverlust 958 – Komplikationen 957 Nierentumor 933, 963 Nierenversagen 141, 429, 661, 946 – akutes (ANV) 899, 1118, 1500 – – im Kindesalter 1664 – – kontinuierliche Nierenersatztherapie 951 – chronisches 906 – prärenales 751 Nierenzellkarzinom 265, 933, 963 Nijmegen-Chromosomeninstabilitätssyndrom 1606 Nikotinabusus 641 Nikotinamid-Mangel/-Überschuss 398 NNR-Karzinom, aldosteronproduzierendes 600 Non thyroidal illness (NTI) 651 Non-Hodgkin-Lymphom 248, 966 – der Schilddrüse 587 – im engeren Sinne 348 – im Kindesalter 1650 – Klassifikationen 343 – lymphoblastisches 358 – zentrozytisches 350 Noradrenalinsekretion 604 Normaldruckhydrozephalus (NPH) 1396, 1408 Norman-Score 1019 Normoblasten 305 Norwalk-Virus 734 Notch-III-Gen 1204 Notch-Zeichen, postsystolisches 1521 Notfall, hypertensiver 1159, 1507 Nozizeptor 254 NTI-Syndrom 651
1765
Nüchternhypoglykämie 457 Nullwachstum 1699 Nullzelladenom 547 Number needed to treat (NNT) 11 Nussknackerösophagus 681, 682 Nutzwert 6 Nykturie 561 Nystagmus 326, 1273 – rotatorischer 1278
O OAT-Syndrom 619 Oberbauchperitonitis 103 Oberflächenimmunglobulin 260 Obstipation 255 – im Kindesalter 1580 Obstruktion der oberen Atemwege 980 Obstruktionssyndrom, distales intestinales (DIOS) 450, 454 Ochratoxin 926 111 In-Octreotid 608 – Szintigraphie 606 Ödem – angioneurotisches 138 – mesiotemporales 1481 Ogilvie-Syndrom 746 Ohrknorpelentzündung 183 Okklusionsdruck 1471 Oktreotidrezeptorszintigraphie 705 Oligoarthritis 505, 508, 533 – asymmetrische 526 Oligoasthenoteratozoospermie 619 Oligoastrozytom 1247, 1252 Oligodendrogliom 1247, 1250, 1252 Oligomenorrhoe 626, 627, 629, 632 Oligozoospermie 619 Omenn-Syndrom 1607 Omentektomie 229 Omphalitis 128 On-Dystonie 1295 Onkogen 265 Onkologie im Kindesalter 1646 Onychomykose 1449 OPSI-Syndrom 367 Optikusneuropathie 575 – ischämische anteriore 168 Orbitopathie, endokrine 569, 574 Orchiektomie 209 Organic Dust Toxic Syndrom (ODTS) 1081 Organinfektion 50
1766
Sachverzeichnis
Organmetastase 243 Organoazidopathie 424, 427 Organoazidurie 430 Organomegalie 466, 469 Organophosphatintoxikation 1544 Organtoxizität 191 Organtransplantation, allogene 454 Organversagen 48 – infektiöses 74 Oropharynxtumor 242 Orthese 499 Orthostasesyndrom im Kindesalter 1643 Orthostasetest 602 OSAS 1074 Osmolyt 850 Ösophagitis 677, 678 Ösophagogastroduodenoskopie 716 Ösophagogastroskopie 685 Ösophagoskopie 683 Ösophagus 677 – angeborene Fehlbildungen 1571 – Blutstillung 687 – Endoskopie 687 – infektiöse Erkrankungen 683 – irritabler 682 – Resektion 686 – Stenteinlage 691 – Varizentherapie 687 – zervikaler 686 Ösophagusatresie 1571 Ösophaguskarzinom 685 Ösophagusmanometrie 679 Ösophagusspasmus, diffuser 681 Ösophagussphinkter 677 Ösophagusstenose im Kindesalter 1573 Ösophagusstriktur, benigne 692 Ösophagustumor 685 Ösophagusvarize 728, 846 – Banding-Therapie 688 – im Kindesalter 1573 Osteitis 540 – fibrosa 909 Osteoarthritis 490 Osteochondrodysplasie 494 Osteochondromatose 494 Osteodensitometrie 487 Osteogenesis imperfecta 494, 1673 Osteoklasten 489 Osteolyse 360 Osteomalazie 487, 673 – onkogene 672 Osteomyelitis 308, 505, 540 – akute diffuse 110, 111
– chronische 111 – Heroinsüchtige 111 – im Kindesalter 1626 – per continuitatem 504 – sterile 534 Osteomyelofibrose (OMF) 279, 281 Osteomyelosklerose 281, 282 Osteopathia striata 494 Osteopathie – enterogene 754 – metabolische 485 Osteopenie 485, 773 Osteopetrose 493, 932 – autosomal-rezeddive 493 – infantile 493 Osteophyten 496 Osteopoikilose 492 Osteoporose 136, 145, 166, 453, 485, 494, 549, 646, 739, 773, 1014 – idiopathische juvenile (IJO) 1673 – postklimakterische 485 – Tannenbaumphänomen 486 Osteoporosis circumscripta 490 Osteosklerose 492 Osteotomie, maxillomandibuläre (MMO) 1076 Ostitis deformans 489 Östrogendurchbruchsblutung 628 Östrogenentzugsblutung 628 Östrogenmangel 632 Östrogenmangelosteoporose 646 Othello-Syndrom 1390 Otitis – externa 325 – media 325 – – akute im Kindesalter 1624 Ovarektomie, bilaterale 218 Ovarialinsuffizienz 628, 629 Ovarialkarzinom – Chemotherapie 218 – invasive 218 – Strahlentherapie 219 – systemische Therapie 218 Ovarialmalignom 214 Ovarialmetastasen 221 Ovarialtumor, maligner 214 Ovarialzyste, funktionelle 642 Ovarien hyperstimulation syndrome (OHSS) 635 Ovarien, polystistische (PCO) 636 Ovarsyndrom, polyzystisches 630 Overlap-Syndrom 157, 828, 831 Overshoot-Alkalose 1501
Overwhelming postsplenectomy infection 367, 1617 Ovulation 627 Oxalose 500, 501, 504 Oxalsäurehyperabsorption 750 Oxyure 1623
P p53-Gen 193, 264 Paartherapie 1414 PAI-1 51 Pallidotomie, unilaterale 1295 Palmarerythem 828 PAN 171 – HCV-assoziierte 171 Panarteriitis, granulomatöse 169 Pancoast-Syndrom 233 Pancoast-Tumor 1064, 1284 Panendoskopie 239 Pangastritis 697 Panikattacke 795, 1276, 1518 Panikstörung 1315, 1361, 1362 – im Alter 1394 Paniksyndrom, sexuelles 1414 Pankolitis 1582 Pankreasenzym 883 Pankreasgangstein 883 Pankreasgangstenose 882 Pankreasinsuffizienz 450, 453, 883 – exokrine 1020 Pankreaskarzinom 246, 464, 884 – Schmerzsymptomatik 888 – Verschlussikterus 888 Pankreasnekrose 880 Pankreaspseudozyste 883 Pankreatektomie 759 Pankreatitis 403, 418, 421, 464, 666 – akute 878 – – nekrotisierende 1498 – bilitäre 879 – Ernährung 880 – hämorrhagische 397 – Schmerztherapie 880 Pannikulitis 464 Panthotensäure-Mangel/-Überschuss 399 Panzytopenie 57, 69, 299, 303, 316, 347 Papierelektrophorese 424 Papillomavirus, humanes (HPV) 220 Papillotomie, biliäre pankreatische 732 Pappenheim-Färbung 274, 317, 356
Sachverzeichnis
Paracetamolentgiftung 1543 Paracetamolintoxikation 844, 864, 1491 Paragangliom 603 – extraadrenales 605 Paragranulom 340, 342 Paramyxovirus 824 Paraneoplasie 153 Paraphernalie 1387 Paraplegie 1178 Paraprotein 360, 369 Parasit 42, 825 Parasomnie 1369, 1372 Parasuizid 1378 Parathormon 653 Parathyreodektomie 713 Paratyphus 58 Parazentese 857 Parese, progressive supranukleäre 1410 Paris-Staging-System 725 Parkes-Weber-Syndrom 1677 Parkin-Gen 1211 Parkinsonerkrankung 1294, 1397, 1407 Parkinson-Syndrom 1211 Paronychie 106 Parotitis epidemica 1610 Partial-Liquid-Ventilation 1060 Parvovirus B19 70 – im Kindesalter 1613 Pathogenitätsinsel 703 Pauci-Immun-Glomerulonephritis (ANCA-assoziiert) 920 P-auf-T-Phänomen 1090 Paul-Bunnell-Test 69 Pavor nocturnus 1370, 1374 PCO-Syndrom 630, 633, 636 Pearl-Index 638, 643 Pearson-Syndrom 1601 Pedikulose 1450 PEEP 1059 – intrinsisches 1470 PEG 241, 809 Peitschenwurm 97, 1623 Peliose, bazilläre parenchymatöse 60 Peliosis hepatis 839 Pellagra 398 Pemphigoid – vernarbendes 1435 – bullöses 1435 – gestationis 1435 Pemphigoiderkrankung 1433 Pemphigus 378
– foliaceus 1433 – paraneoplastischer 1434 – vulgaris 1433 Pencil-to-cup-Phänomen 534 Penisprothese 415 Penumbra 1193 Peptostreptococcus 1036 Periarthritis calcarea 502 Periarthropathia calcarea 500, 504 Pericarditis constrictiva 1131 Peridivertikulitis 776 Perikarderguss 1131, 1181 Perikarditis 1129 – akute 1129 – chronische 1130 – idiopathische 1129 Perikardpunktion 522, 1131 Perikardtamponade 521, 1131, 1488 Perikardtumor 1180 Perikardverletzung 1181 Perimenopause 644 Perimyokarditis 141, 160 Periodontitis 328 Periostreizung 485 Peritonealdialyse 905, 947 – automatisierte 948 – chronische ambulante (CAPD) 104 – intermittierende 948 – kontinuierlich-ambulante 948 – kontinuierlich-zyklische 948 – nächtlich-intermittierende 948 Peritonismus, fäkaler 776 Peritonitis 102, 779, 949 – CAPD-assoziierte 104, 105 – 4-Quadranten-Peritonitis 103 – sterile 103 Peritonsillarabszess 979 Perkussion 1069 Perm-Cath 949 Persönlichkeitsstörung, zwanghafte 1363 Pertussis (s. auch Keuchhusten) 1620 Pertussisgrundimmunisierung 1627 Perzentilenmethode 1699 Pest 1620 Petechien 365, 370 Peutz-Jeghers-Syndrom 292, 755, 781, 783 Peyer-Plaques 58 Pfeiffer-Drüsenfieber 69, 823 Pfropfpräeklampsie 1519 P-Glykoprotein (PGP) 16 Phagozyten 41, 272
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Phagozytendefekt im Kindesalter 1601 Phäochromazytom 603, 613, 1148, 1530 – hereditäres 607 – malignes 608 – Schwangerschaft 608 – sporadisches 607 Pharmakodynamik 18 Pharmakogenetik 13, 16 Pharmakokinetik 23 – im Kindesalter 1695 Pharmakotherapie 8 Pharyngitis 69, 978 Phase-I/II-Metabolismus 25 Phenylalaninhydroxylase 427 Phenylketonurie 423, 426, 427 – atypische 1584 – im Kindesalter 1584 – maternale 428 Philadelphia(Ph)-Chromosom 276, 355, 357 Philadelphia-Finger 502 Phlebitis 154, 735 Phlebographie 1172 Phlebotom 98 Phlegmasia coerulea dolens 383 Phlegmon 106, 1446 Phobie – soziale 1362 – spezifische 1362 Phosphatase 490 – plazentare alkalische (PLAP) 209 Phosphatmangel (s. auch Hypophosphatämie) 488, 672 Phosphormetabolismus 908 Phosphorylasekinasemangel – herzspezifischer 459 – muskelspezifischer 459 Photopherese, extrakorporale (ECP) 156 Photophobie 326 pHPT 662 – asymptomatischer 660 Physiotherapie 487 Pick-Krankheit 1407 Piecemeal degranulation 331 Piecemeal-Verfahren 731 Pierre-Robin-Sequenz 428 Pigmentstein, brauner 873 Pigtail-Katheter 779 Pilze 1117 Pilzinfektion 42, 868, 117, 1449 – im Kindesalter 1622
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Sachverzeichnis
Pityriasis versicolor 1450 Plantago ovata 796 Plasmaersatzmittel, kolloidales 53 Plasmafiltration 1538 Plasmakatecholamin 605 Plasmakonzentration 13, 21 Plasmapherese 145, 1538 Plasmazelldyskrasie 478 Plasmazellenleukämie 360 Plasmazellseparation 1538 Plasmazytom 248 Plasminogenaktivatorinhibitor-1 (PAI-1) 51 Plasmozytom 360 – extramedulläres 363 – ossäres 363 Plattenepithelkarzinom (s. auch Spinaliom) 1437 Pleozytose, lymphozytäre 1237 Plethora 549 Pleuradruck 1471 Pleuraempyem 1032 Pleuraerguss 56, 59, 1032 Pleuraerkrankung 1069 Pleurafibrom 1072 Pleurafibrose 1072 Pleuramesotheliom, malignes 231 Pleuratranssudat 1070 Pleuratumor 1072 Pleurektomie 234 – kombinierte parietal/viszerale 233 – mit Dekortikation 233 – parietale partielle 233 Pleuritis 1070 – tuberkulöse 1071 Pleurodese, videothorakoskopische 233 Plexopathie 1279 Plexus – Auerbach 745 – Meissner 745 Plexus-coeliacus-Blockade 888 Plummerung 572 Plummer-Vinson-Syndrom 292 Pneumocystis – carinii – – Pneumonie 51, 87, 118, 1624 – – Prophylaxe 146, 166, 248 – jiroveci 118 – – Pneumonie 116, 118 Pneumokokkenimpfung 1032, 1629 Pneumokokkus 977, 1233, 1617
Pneumokoniose – anorganische 1081 – organische 1081 Pneumonektomie, extrapleurale (EPP) 233 Pneumonie 68, 116 – akute 56 – ambulant erworbene 1028 – eosinophile 1058 – im Kindesalter 1624, 1631 – interstitielle 153 – lobäre 59 – nichtosokomiale 45 – nosokomiale 79, 81, 1032 – poststenotische 1030 Pneumonitis 141 – chemische 1036 Pneumotachograph 1470 Pneumothorax 449, 985, 1010 – traumatischer 1070 PNP-Defekt 126 Poliovirus 1610 Polyangiitis 167 – mikroskopische 161, 174, 171, 920, 1006, 1007 Polyarteriitis (PAN) 171 Polyarteriitis nodosa 919 Polyarthralgie 509 Polyarthritis 141, 521, 524, 1002 – chronische 1005 – multilierende, destruierende 533 – symmetrische 533 Polyarthrose 496 Polychondritis 183 Polychromasie 305 Polycythaemia vera (PV) 278 – Aderlasstherapie 279 Polydipsie 561 – psychogene 562 Polymenorrhoe 292, 626, 627, 631, 632 Polymerase Chain Reaction (PCR) 13, 358, 505 Polymorphism 15 Polymyalgia rheumatica (PMR) 168, 522 Polymyositis 151, 152, 187, 1005 Polyneuropathie 141, 191, 301, 511, 1280 – chronische inflammatorische demyelinisierende (CIDP) 1671 – periphere 204, 909 Polypektomie 689, 729 Polypen
– hamartomatöse 780 – mukosale 729 – submuköse mesenchymale 729 Polyposis – des Magens 729 – familiäre adenomatöse (FAP) 755, 781, 784 – intestinale 235 – juvenile 781, 783 Polyposissyndrom 780 – hamartomatöses 783 Polysomnographie, kardiorespiratorische 1075 Polytoxikomanie 1360 Polyurie 561 Pompe-Erkrankung 458 Poncet’s disease 508 Pooling 53 Popliteaembolie 1168 Porphyria – variegata 444, 445 – cutanea tarda 444, 445 Porphyrie 429, 441 – akute 444, 446 – biochemische Charakteristika 443 – kongenitale erythropoetische 445 – nichtakute 444, 446 Porphyrieattacke, akute 442, 445 Porphyrinhämbiosynthese 442 Porphyrinstoffwechsel 441 Portal venous sampling 713 Postadrenalektomiesyndrom 599 Postcholezystektomiesyndrom 874 Posthepatitissyndrom 820 Posthyperkapniealkalose 1502 Postkoitalpausenblutung 221 Postmenopause 644 – Blutung 221, 649 Post-partum-Thyreoiditis 582 Postpoliomyelitissyndrom 1610 Postreanimationssyndrom 1459 Postsplenektomiesyndrom 367 Poststreptokokkenglomerulonephritis 1617 Posturalkontrolle 1210 Potter-Syndrom 1661 Pouchitis 764 γ 463 PPAR-γ-Agonist PPP-Syndrom 534 Prädelir 1395 Präeklampsie 1519 Präexzitationssyndrom 1091 Präimplantationsdiagnostik (PID) 621
Sachverzeichnis
Pränataldiagnostik 637 Präpatenzzeit 42 Preis-Leistungs-Verhältnis 4 Preismechanismus 3 Pressure support ventilation (PSV) 1059, 1060 Pressure time product (PTP) 1468, 1472 Prevotella spp. 1036 Priapismus 309 Prick-Testung 134 Prick-to-Prick-Test 984 Prinzmetal-Angina 1139 Prion-Krankheit 1408 Problemlösetraining 1331 Progenitorzelle 271 Progesterondurchbruchsblutung 628 Progesteronentzugsblutung 628 Prognathie 555 Prokalzitonin 49, 654 Proktitis 763, 1582 Proktokolektomie 764 Proktosigmoiditis 763 Prolaktin inhibiting hormone (PIH) 630 Prolaktinom 547, 551, 553 – Schwangerschaft 554 Prometheus-Verfahren 853 Promyelozytenleukämie 252, 275, 316, 364 – akute 319 Propionazidurie 1589 Propionibacterium acnes 540 Proportional assist ventilation (PAV) 1474 Prosorba 187 Prostatahyperplasie, benigne 973 Prostatakarzinom 205 – Brachytherapie 207 – Früherkennung 207 – hormonrefraktäres 208 – lokal begrenztes 207 – lokoregionär fortgeschrittenes 208 – metastasiertes 208 Prostatavergrößerung 959 Prostatovesikulektomie 207, 208 Protein – C 51 – – aktiviertes (A-PC) 52 – eosinophiles kationisches (ECP) 161 – Guanin-Nukleotid-bindendes 494 Proteinbindung 25
Protein-Energie-Malnutrition (PEM) im Kindesalter 1560 Proteinurie 910, 915 Proteinverlust 743 Proteinverlustsyndrom, enterales 116 Protoonkogen 265 Protoporphyrie, erythropoetische 445 Protozoen 100 – im Kindesalter 1624 Protozoenerkrankung 71 Protrusio bulbi 575 PROVE-IT-Studie 421, 422 Provokation – konjunktivale 134 – nasale 134 – orale 134 – spezifische inhalative (Allergen) 984 – unspezifische bronchiale 984 Provokationstest 1420 Pruritus 830 Pseudoaszites 464 Pseudochylothorax 1071, 1072 Pseudo-Gaucher-Zelle 328 Pseudogicht 501 Pseudohermaaphroditismus – femininus 656 – masculinus 622, 656 Pseudohyperaldosteronismus 601 Pseudohyperkalzämie 661 Pseudohypertonie 1157 Pseudohypoaldosteronismus 930 Pseudohypokalzämie 666 Pseudohypoparathyreoidismus (PsHP) 666, 669 Pseudokapsel 235 Pseudokrupp 1630 Pseudomonaden 76 Pseudomonas 454 – aeruginosa 49, 79, 993, 1016 – – Erstinfektion 1020 – Infektion 82 – Nachweis 451 – Vakzinierung 1023 Pseudoobstruktion 744, 746 – intestinale 746 Pseudoperitonitis 103 Pseudothrombozytopenie 366 Pseudovagina 622 Pseudo-Vitamin-D-Mangelrachitis 666, 670, 672 Pseudo-von-Willebrand-Syndrom 1660 Pseutotumor 374 Psoriasis
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– capitis 533 – arthropatica 1423 – pustulosa 1423 – vulgaris 541, 1422,, 1423 Psoriasisarthritis 526, 533 Psychoanalyse 1319 Psychoedukation 1330 Psychologie, kognitive 1321 Psychopharmakotherapie 1311 Psychose, schizophrene 1342 Psychosyndrom 1235 Psychotherapie 1317, 1338, 1350, 1393 – katathy-imaginative 1320 – supportive 1335 – tiefenpsychologisch fundierte 1320 Pubertas – praecox 494, 649, 1595 – tarda 1595, 629 Pubertätsentwicklung, gestörte 1594 Pubertätsgynäkomastie 623 Pulmonalarterienhauptstamm, fehlender 1053 Pulmonalarterienstenose 1054 Pulmonalatresie mit Ventrikelseptumdefekt 1053 Pulmonalembolie 1511 Pulmonalinsuffizienz 1178 Pulmonaliseinschwemmkatheter 1043 Pulmonalklappenstenose im Kindesalter 1641 Pulmonalstenose (PS) 1112 – im Kindesalter 1641 – valvuläre 1178 Pulmonalvenenobstruktion 1054 Pulsus paradoxus 1474 Punctio sicca 347 Pure red cell anemia 70 Purging-Verhalten 1380 Purinnukleosid-Phosphorylase(PNP)Mangel 1607 Purin-Nukleosid-PhosphorylaseDefizienz (PNP-Defekt) 126 Purinnukleotidzyklusstörung 440 Purinstoffwechsel 436 – Störungen 436 Purpura – idiopathische thrombozytopenische (ITP) 365 – periorbitale 476 – Schönlein-Henoch 916 – senilis 372 – thrombotisch-thrombozytopenische (TTP) 57, 145, 187, 252, 310, 370
1770
Sachverzeichnis
Purtilo-Syndrom 1605 Pustulose 1429 – akute generalisierte exanthematische (AGEP) 1419 – palmoplantare 534 Pustulosis 540 – palmoplantaris 541 Putamen 1206 Pyelonephritis 436, 900, 1664 – akute 960, 962 Pyloromyotomie nach Weber-Ramstedt 1574 Pylorusspasmus 719 Pylorusstenose, hypertrophische 1574 Pyoderma gangraenosum 170, 765, 1430 Pyomyositis 108 Pyramidenzeichen 1481 Pyrimidinstoffwechsel 438 Pyrophosphat, anorganisches (Ppi) 501
Q Q0-Wert 28 Q-Fieber 64 QRS-Komplex 1091 Quality of Well-Being Index 6 Quickwert 383 Quincke-Ödem 138
R Rabies (s. auch Tollwut) 70 – im Kindesalter 1614 Rachitis 301, 487 – hypophosphatämische 429, 673 – X-chromosomale hypophosphatämische 671 Radikulopathie 1279 Radiofrequenztherapie, endoskopische 693 Radiojodtherapie 568, 571, 578, 585 Radiosynoviorthese (RS) 513, 519, 535 Radium-Therapie, systemische 530 Radspeichenphänomen 838 Ramisektomie 1297 Rapid shallow breathing 1469 Rapid-Plasma-Reagin (RPR)-Test 61 RAST-Test 133 Rationalitätenfalle 4
Raynaud-Phänomen 141, 323, 1170, 1432 Reactive airways dysfunction syndrome 1078 Reaktion – anaphylaktische 137 – immunoallergische – – nach Coombs 161 – – nach Gell 161 – entzündliche 39 Reanimation 1513 Reanimationsmaßnahme, erweiterte (ACLS) 1462 Rebound-Phänomen 187 Rebound-Skorbut 400 Rechtsherz, hypoplastisches im Kindesalter 1640 Rechtsherzhypertrophie 1049 Rechtsherzinsuffizienz 1041 Rechtsherzkatheter 1043 Rechtsschenkelblock 1042 Recruitment 1047 Red-man-Syndrom 1686 Reed-Sternberg-Zelle 337 Reentrytachykardie – atrioventrikuläre 1091 – permanente junktionale (PJRT) 1091 Refeeding-Syndrom 672, 673 Reflex, zervikookulärer 1479 Reflux – chronischer gastroösophagealer 985 – duodenogastroösophagealer (DGER) 681 – gastroösophagealer 1572 – vestibulookulärer (VOR) 1277 Refluxkrankheit, gastroösophageale (GERD) 677 Refluxösophagitis 159, 678 – im Kindesalter 1572 Refluxszintigraphie 679 Rehabilitation, psychiatrische 1327 Rehydrierung, orale 735 Reibetest 134, 984 Reifenstein-Syndrom 622 Reinfarkt 1135 Reisediarrhö 794 Reiseimpfung 1629 Reissner-Membran 1272 Reiter-Syndrom 109, 532 Reizdarmsyndrom 745, 793 Rekombinasedefekt 119 Rektumkarzinom 786
Relaps 961 Relaxations-Cleft 1678 Releasing-Hormone (RH) 558 Remodelling 1048 Rendezvous-Verfahren 874 Rendu-Ossler-Weber-Erkrankung 1055 Renin-Angiotensin-Aldosteron-System 593 Renin-Angiotensin-System 1141 Renoir-Effekt 488 Reproduktionstoxizität 31 Resektion – ileale 749 – jejunale 749 – transurethrale der Prostata (TURP) 208 Residualtumor 213 Resistenzminderung 40 Respiratory Syncytial Virus (RSV) 1610 Response-Syndrom, systemisches inflammatorisches (SIRS) 47 Restless-legs-Syndrom 1211, 1370, 1373 Resynchronisationstherapie, kardiale 1107 Retentionspneumonie 1061 Retikulinfibrose 282 Retikulozytose 300, 305 Retinopathie 150, 404, 407, 409, 415, 576 – autonome 407 – diabetische 408 Retrobulbärbestrahlung 576 Retrovirus 148 REVERSAL-Studie 421 Reversibilitätstest 984 Reye-Syndrom 861, 1611 Rezeptor, chimärer 263 Rezidivansleishmaniose 99 Rezidivblutung, ulkusbedingte 728 Rezidivstruma 568 Rhabdomyosarkom 235 – alveolares 246 Rheumaknoten 1005 Rhinitis – akute 977 – allergica 137 Rhinokonjunktivitis, allergische 137, 983 Rhinoscopia posterior 977 Rhinosinusitis 978 Rhizotomie 1297 Rhythmusstörung 1121, 1137 – bradykarde 1087
Sachverzeichnis
– – im Kindesalter 1643 – supraventrikuläre 1087 – ventrikuläre 1092, 1121 Riboflavin-Mangel/-Überschuss 398 Richter-Syndrom 344 Rickettsia – conori 64 – prowazeki 64 Rickettsiosen 64 Riesenfaltengastritis 700 Riesengranula 326 Riesenwuchs, hypophysärer 555 Riesenzellarteriitis 165 – temporale (GCA) 168 Riesenzellarthritis 162 Rift-Valley-Fieber 824 Rinderbandwurm 1623 Ringelröteln 70, 1448, 1613 Risikoreduktion – absolute 11 – relative 11 Risus sardonicus 58 RNA-Inhibition 192 Romano-Ward-Syndrom 1095 Rosazea 1424 Roseola infantum 1613 Roseole 58 Rosser-Skala 6 Rotablationsatherektomie 1142 Rotavirus 734 – im Kindesalter 1613 Röteln 824, 1447, 1448, 1609 Rotlauf 106 Roviralta-Syndrom 1574 Rückenschmerz, entzündlicher 527 Ruhetremor 1219 Rumpel-Leede-Test 369, 372 Rumpfhautbasaliom 1437 Rumpforthese 487
S Sacroiliitis, infektiöse 505 Sakroiliakalgelenkarthritis 541 Sakroilitis 531 Salmonella – paratyphi 58, 530 – typhi 58 Salmonellen 1619 Salmonellenhepatitis 824 Salmonelleninfektion 734 Salmonellose, typhöse 58
Salzbelastungstest 601 Salzverlustsyndrom 562, 1593 Sandifer-Syndrom 1572 SAPHO-Syndrom 534, 540 Sarcoid-like lesion 1025 Sarkoidose 548, 1024, 1124, 1426 – Lungenfunktion 1025 Sarkom 756, 1179 Sattelnase 183 Sauerstoffinsufflation 1488 Sauerstofftherapie 1270, 1472 Sauerstofftransport, supraphysiologischer 54 Säuglingsenteritis 1613 Säure-Basen-Ausgleich 55 Säure-Basen-Haushalt 49, 968 Säure-Basen-Störung 969 Säure-Laugen-Verätzung 1572 Säureverätzung 1573 Schanker, harter 61 Scharlach 978, 1446, 1617 Schatzki-Ring 681 Scheinapherese 187 Schichtarbeit 1373 Schieloperation 576 Schilddrüse 564 – primäre Non-Hodgkin-Lymphome 587 Schilddrüsenantigen 299 Schilddrüsenautonomie 566, 577 Schilddrüsenerkrankung im Kindesalter 1597 Schilddrüsenhormonresistenz 588 Schilddrüsenhormontherapie 586 Schilddrüsenkarzinom – medulläres 584, 587 – differenziertes 586 – Fernmetastasen 586 – lokoregionales Rezidiv 586 – undifferenziertes 586 Schilddrüsenknoten 584 Schilddrüsenmalignom 566, 55844 Schilddrüsenperoxidase 570, 581 Schilddrüsenunterfunktion 1528 Schilddrüsenvergrößerung 565 Schildwächterlymphknoten 1440 Schilling-Test 299 Schirmer-Test 149 Schistosomiasis intestinale (s. auch Bilharziose) 95 Schistosomidae 95 Schizophrenie 1342, 1380 – im Alter 1389
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– katatone 1349 – Stadien 1346 – Subtypen 1346 – Therapieresistenz 1347 Schlafapnoesyndrom 392, 556, 618, 1073, 1074, 1372, 1373 – obstruktive 1195 – zentrales 1075 Schlafentzugsbehandlung 1338 Schlafmedikament 18 Schlafparalyse 1374 Schlafstörung 1195, 1323, 1369 Schlaf-Wach-Rhythmus 547, 594 – Störungen 1369 Schlafwandeln 1370, 1374 Schlaganfall 1299, 1193 – bei Drogen 1195 – Dissektion 1195 – ischämischer 1481 – – Akutmanagement 1200 Schlaganfallrisiko 1198 – Sekundärprävention 1201 Schlaganfallsyndrom, generelles 1195 Schleimhautabstrich 41 Schleimhautatrophie 301 Schleimhautpemphigoid 1435 Schlingenpolypektomie 729 Schluckauf (s. auch Singultus) 681 Schmerz – akuter 154 – chronischer 254 Schmerzmittel, peripher wirksames 254 Schmerzstörung, anhaltende somatoforme 1367 Schmerzsyndrom, komplexes regionales 1282 Schmerztherapie 253 – parenterale 257 Schmerzursache 253 Schmidt-Syndrom 588 Schmierinfektion 58, 1609 Schock 1482 – anaphylaktischer 131, 332, 1489 – hämorrhagischer 1579 – – im Kindesalter 1681 – hypovolämischer 61, 1484 – – im Kindesalter 1680 – kardiogener 1102, 1487 – kardiovaskulärer im Kindesalter 1680 – neurogener 1490 – septischer 47, 1486 – Therapie 53
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Sachverzeichnis
– Volumensubstitution 54 Schocktoleranz 1482 Schoenlein-Henoch-Purpura 173, 178, 1662 Schrittmacher 1107 Schrittmachertherapie 1127 Schulteramyotrophie, neuralgische 1283 Schutzimpfung 1032 Schwangerenlisteriose 57 Schwangerschaft – biochemische 636 – gestörte 636 Schwangerschaftsfettleber, akute (ASFL) 865 Schwangerschaftskardiomyopathie 1121 Schwankschwindel 1273 – somatoformer phobischer 1276 Schwartz-Jampel-Syndrom 1287 Schweinebandwurm 1623 Schweinerotlauf 1447 Schweinezüchterkrankheit 824 Schweißfußgeruch 430 Schwellkörperautoinjektionstherapie 1414 Schwellkörperpharmakontest (SKAT) 624 Schwindel 1272 – bei vertebrobasilären Durchblutungsstörungen 1274 – zentral vestibulärer 1277 SCID 1605 Scimitar-Syndrom 1054 SCO-Syndrom 620, 621 Scratch-Testung 134 Sedierung im Kindesalter 1682 Sekretintest 705 Selbstmisshandlung 1385 Selbstschädigung 1385 Selen-Mangel/-Überschuss 401 Seminom – CS IIA/B 212 – CSI 212 – Residualtumorentfernung 213 Sengstaken-Blakemore-Sonde 688, 848 Senkungsabszess 1235 Sensitivitätsanalyse 7 Sepsis 47 – Beatmung 53 – Definition 48 – Fokussuche 48 – hämostaseologische Therapie 51
– im Kindesalter 1686 – persistierende 1118 – Score-Systeme 48 Sepsistherapie 49 – Deeskalationskonzept 50 Septikämie 76 Septostomie, atriale 1053 Septumdefekt, atrioventrikulärer (AVSD) im Kindesalter 1640 Sequenztherapie 46 Sequestration – bronchopulmonale 1055 – extralobuläre 1055 – intralobuläre 1055 Serinprotease 373 Serokonversion 71 Serumaldosteron 601 Serumaldosteronkonzentration 593 Serum-DHEAS 593 Serumeisen 293 Serumferritin 293 Serumharnsäure 438 Serumkonzentrationsmessung (s. auch therapeutic drug monitoring) 27 Serumkreatinin 27 Serumprotein 25 Serumtumormarker 246 Sex determining region Y 621 Sextantenbiopsie 207 Sexualhormon 653 Sexualstörung 1414 Sézary-Syndrom 1441, 1443 Sheehan-Syndrom 548, 592, 1528, 1529 Shigella sonnei 530 Shigellen 1619 Shigellenerkrankung 733 Shunt-Fluss 54 Shwachman-Score 450, 1018, 1019 SIADH 562 Sialadenitis 586 Sialadenose 1380 Sicca-Syndrom 149, 586, 829 Sichelzellanämie 305, 308, 311, 1617 – im Kindesalter 1645 Sichelzellkrise 305 Siderofibrose 1081, 1082 Siderose 1082 Silikose 1081, 1082 Silikotuberkulose 1081 Single-hit-Erkrankung 172, 173 Singultus 681 Sinusarrhythmie im Kindesalter 1641 Sinusitis 325, 349, 446, 977, 1231
– chronische 116 Sinus-petrosus-Katheter 598 Sinusrhythmus 1091, 1106 Sinusvenenthrombose 1205 SIRS (systemic inflammatory response syndrome) 47 – Beatmung 53 – Definition 48 Sjögren-Syndrom 147, 153, 187, 353, 512, 1229 – Klassifikationskriterien 148 – Organmanifestationen 148 Skabies 1450 Skalenuslymphom 222 SKAT 624 – Therapie 415 Skeletal event 208 Skeletterkrankung im Kindesalter 1673 Skeletthyperostose, diffuse idiopathische (DISH) 493 Skelettmetastase 1063 Skew deviation 1278 Skin score 157 Skip lesion 235 Sklerodermie 187, 1432 – progressive systemische 1005 – systemische 153, 156 – – antifibrotische Therapie 158 – – Beteiligung der Skelettmuskulatur 158 – – Beteiligung des Gastrointestinaltraktes 159 – – Hautbeteiligung 158 – – Herzbeteiligung 160 – – Immunsuppression 158 – – Lungenbeteiligung 159 – – Nierenbeteiligung 159 Sklerose, tuberöse 235, 494, 933, 938, 1010 Skorbut 399 Skroiliitis, ankylosierende 527 SLE 187, 1006 – Plasmaaustausch 145 – Schwangerschaft 146 Small molecule inhibitor 264 Small volume resuscitation 1485 Sodbrennen 159, 715 Soforttypreaktion, allergische 132 – Diagnostik 133 Somatisierungsstörung 1367 Somatostatinom 758 Somatostatinrezeptorszintigraphie 606, 713
Sachverzeichnis
Somnambulismus 1374 Somnolenz 255 Sonde – nasoduodenale 809 – nasogastrale 809 Sondenernährung 1383 Soor 1450 Soorösophagitis 683, 684, 1622 Soorstomatitis 1622 Sozialpsychologie 1321 Soziotherapie 1326, 1329, 1350 Spaltvakzine 68 Spannungspneumothorax 985, 1070 Sparkling septum 1123 Spasmodic croup 1630 Spastik 1303, 1305 Spät-Dumping 721 Speicheldrüsenszintigraphie 149 Speichererkrankung, lyosomale 467 Speicherkrankheit 328 – lysosomale 465 Spermatogenese 617 – Störungen 618 Spermienextraktion, testikuläre 634 Spermieninjektion, intrazytoplasmatische (ICSI) 621, 634 Sphärozytose 70, 305 – hereditäre im Kindesalter 1646 Sphingomyelinase, saure 465 Sphinkterinsuffizienz, intrinsische 966 Sphinkter-Oddi-Dyskinesie 871 Spider-Nävus 828 Spina bifida 966 Spinaliom 1437 Spiroergometrie 233 Splenektomie 119, 282, 306, 346, 367 Splenomegalie 58, 276, 279, 305, 306, 311, 323, 328, 347, 365, 477, 816 Splitleber 845 Spondarthropathie 773 Spondylitis, ankylosierende 502, 526 Spondyloarthropathie 526 Spontannystagmus 1275 Spontanpneumothorax 1070 Sporozoit 100 Sprachtherapie 1304 Spreading depression 1273 Sprue 293, 300 – einheimische 737 – nichttropische 755 Spulwurm 1623 Spurenelemente 401 – Mangel im Kindesalter 1560
Sputum 42, 48 Sputumzytologie 985 Stachelzelle 311 Stalographie 149 Stammzelle 271 – Entwicklungspotentiale 271 – hämatopoetische 264, 271, 273 Stammzellerkrankung 275 Stammzelltransplantation 273, 275 – allogene 276, 278, 307, 319, 363, 1650 – autologe 237, 346, 350 Staphylococcal Scaled Skin Syndrome (SSSS) 1616 Staphylococcus – aureus 504, 506, 1030 – – Bakteriämie 83 – – im Kindesalter 1616 – – Influenzae 1022 – – Methicillin-resistenter Stamm (MRSA) 50, 76, 83 – ssp. 79 Staphylokokkenabszess 325 Staphylokokkeninfektion 50, 82 Staphylokokkenosteomyelitis 325 Staphylokokkus 507, 1115 – koagulasenegativer 76, 1617 – Methicillin-resistenter (MRSA) 79 Status – asthmaticus 1467, 1473 – epilepticus 1244 – migraenosus 1259, 1260 Stauungsödem 392 Steakhouse-Syndrom 681 Steatohepatitis 754 Steatorrhoe 741, 743, 750, 883 Steatosis 833 Stecknadelkopfspermie 619 Steele-Richardson-Olszewski-Syndrom 1212 Stem cell factor 331 Stentotrophomonas 1033 – maltofilia 82 Stent-Shunt, transjugulär applizierter portosystemischer (TIPS) 857 Stereotaxie 1293 Sterilität 631, 633 Stickoxid 302 Stiffman-Syndrom 1298 Still-Syndrom 73 – Erwachsenenalter 520 Stimmgabeltest 409 Stimulation, biventrikuläre 1107
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Stoffwechselkrise 430 – akute 424 Stoffwechselstörung im Kindesalter 1584 Stomatitis 241, 328 Storchenbiss 1675 Störung – affektive 1332, 1345 – anhaltende affektive 1340 – artifizielle 1384 – bipolare affektive 1339 – hyperkinetische – – im Jugendalter 1696 – – im Kindesalter 1696 – hypochondrische 1367 – metabolische – – Neugeborenes 1679 – phobische 1394 – schizophrene 1390 – somatoforme 1365 – undifferenzierte somatoforme 1367 – wahnhafte 1390 Stoßwellenlithotripsie, extrakorporale (ESWL) 872, 945 Strahlennekrose 519 Strahlenpneumonitis 1004 Strahlensynovitis 519 Strahlentherapie, perkutane 586 Strahlenthyreoiditis 573 Strecksehnenxanthom 419 Streptococcus pneumoniae 1028, 1029 Streptodermia cutanea lymphatica 106 B-Streptokokkensepsis 1556 Streptokokkus 180, 506, 507, 530, 1617 – β-hämolysierender 525 – penicillinresistenter 1115 – penicillinsensibler 1115 Stress 594 Stressbewältigung 1322 Stresshormon 654 Stresshormonaktivierung 650 Stressulkus 869 Stretta-Verfahren 693 Stromasarkom, endometriales 229 Stromazelltumor, gastrointestinaler (GIST) 266, 756 Stromunfall 1506 Strongyloides stercoralis 96 Strongyloidiasis 96 Struma 401, 588 – diffuse, euthyreote 566 – euthyreote 564
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Sachverzeichnis
– lymphomatosa Hashimoto 581 – ovarii 649 Strumaresektion 585 Studie, retrospektive 32 Stupor 1345, 1518 Sturge-Weber-Syndrom 1676 Subarachnoidalblutung 1208 Substantia nigra pars reticularis 1211 Subtreshold depression 1334 Sucht 1351 – nicht stoffgebundene 1360 Sudden infant death syndrome (SIDS) 1689 Suizid 1378 Suizidalität 1335, 1376,, 1518 – im Alter 1392 Suizidgen 263 SUNCT-Syndrom 1266 Superovulation 634 Swaneck-Katheter 948 Swan-Ganz-Katheter 54, 1050, 1057 Sweet-Syndrom 1430 Swyer-Syndrom 621, 628 Symptomenkomplex, neuroviszeraler 442 Synchondritis 527 Syndesmophyten 527 Syndrom – adrenogenitales (AGS) – – im Kindesalter 1598 – akinetisch-rigides 1220 – amnestisches 1357 – apallisches 1308 – branchiootorenales 934 – choreatisches im Kindesalter 1671 – dementielles 1316, 1358 – depressives 1403 – der immotilen Zilien 619 – der inappropriaten ADH-Sekretion (SIADH) 562 – der Schilddrüsenhormonresistenz 554 – der umgekehrten Aortenisthmusstenose 170 – der verzögerten Schlafphase 1373 – der vorgezogenen Schlafphase 1373 – der wässrigen Diarrhö 773 – des irritablen Darms (RDS) 793 – des Zeitzonenwechsels 1374 – dystones 1670 – – im Kindesalter 1670
– eosinophiles 322 – genetisches 621 – hämolytisch-urämisches (HUS) 252, 310, 370 – – im Kindesalter 1662 – – mit Faktor H 935 – hepatorenales (HRS) 854, 869 – hypereosinophiles (HES) 282, 322 – hyperthermes 1517 – idiopathisches nephrotisches (INS) 912 – lymphomähnliches 129 – malignes neuroleptisches 1517 – metabolisches 226, 403, 406, 409, 612 – myelodysplastisches 283 – – aggressive Polychemotherapie 285 – – allogene Blutstammzelltransplantation 285 – – hämatopoetische Wachstumsfaktoren (HGF) 286 – – immunmodulatorische Therapie 286 – nephrotisches 439 – – im Kindesalter 1662 – organisches amnestisches 1412 – orofaziodigitales 934 – periodischer Bewegung 1373 – postthrombotisches 381, 384 – prämenstruelles (PMS) 632 – präsuizidales nach Engel 1378 – pulmorenales 174, 1008 – serotonerges 1517 – spastisches 1670 – – im Kindesalter 1670 – steroidresistentes nephrotisches 929 – X-chromosomal lymphoproliferatives (XLP) 127 Synkope 1049, 1161 Synovektomie 507, 513, 519, 532, 535 Synovialanalyse 505 Synovialektomie 182 Synovialitis 182 Synovitis 502 α-Synuklein 1211 Syphilis 61, 310, 824, 1453 – kongenitale bei Neugeborenen 1557 System, retikulozytäres (RHS) 365 Systemerkrankung, Nierenbeteiligung 919 Systemic inflammatory response syndrom 48
T Tabakabhängigkeit 1358 Taches bleues 1450 Tachykardie 588 – anhaltende 1093 – atriale – – bei Digitalisintoxikation 1088 – – chaotische 1088 – – paroxysmale 1088 – – unaufhörliche 1088 – idiopathisch-linksventrikuläre 1093 – supraventrikuläre im Kindesalter 1641 – vorhofassoziierte 1091 Tachymyopathie 1088, 1092 Tachyphylaxie 375, 986 Tachypnoe 1057 Takayasu Arteriitis (TA) 169, 1164 Takayasu-Krankheit 548 Talkose 1082 Tandemmassenspektrometrie 423 Tania – saginatum 1623 – solium 1623 Tannenbaumphänomen 485 Tarsaltunnelsyndrom 512 Tarui-Erkrankung 459 Taub-Training 1303 Teleangiektase 117 Teleangiektasie, hämorrhagische 372 Teleskop-Finger 534 Telomerase 260 Tenckhoff-Katheter 948 Tendomyopathie 527, 531 Tendosynovialitis 511 Tendovaginitis 437 Teratozoospermie 619 TESE (testikuläre Spermienextraktion) 634 Testosteronspiegel 211 Tetanospasmin 58 Tetanus 58 – neonataler 58 Tetanusimmunprophylaxe 58 Tetrahydrobiopterinbildungdefekt 428 Tetraparese 1480 Tetraplegie 1480 Thalamus 1206 Thalamusinfarkt 1410 Thalassämie 294, 305, 311, 814 – im Kindesalter 1645 Thekazelltumor 217
Sachverzeichnis
Therapeutic drug monitoring 27 Therapie – hämatoonkologische 248 – immunsuppressive 953 – molekulare 264 – physikalische 528 – antiinfektive 43 – antiemetische 250 – antithyreoidale 571 – hormonelle 634 Therapiestudie 11 Thiopurin-Methytransferase (TPMT) 771 – Mangel 518 Thomasphosphatlunge 1082 Thoracic outlet synsdrome (TOS) 540, 1284 Thoracic-inlet-Syndrom 1176 Thoraxkompression 1461 Thoraxschmerz, nichtkardialer 683 Thoraxsyndrom 308 Thrombangiitis obliterans (TAO) 1171, 1169 Thrombektomie 382, 1176, 1513 Thrombendarteriektomie 1166 Thrombendatherektomie, pulmonale (PTE) 1183 Thrombin-Antithrombin-Komplex 52 Thromboasthenie Glanzmann-Naegeli 369 Thromboembolie 279, 280, 380, 1041, 1167 – arterielle 380 – idiopathische 382 – venöse 380 Thrombolyse 1135, 1176, 1513 Thrombophilie – hereditäre 381 – orale Antikoagulation 383 Thrombophlebitis 180, 182, 446, 1171 – migrans 1171 Thrombose 380, 1171 – der venösen zerebralen Blutleiter 1205 – im Kindesalter 1654 – venöse 642 Thromboseprophylaxe 167 Thrombozyten 326 Thrombozytenaggregationshemmung 1141 Thrombozytenkonzentrat 252 Thrombozythämie, essentielle (ET) 280 Thrombozytopathie 368, 372
Thrombozytopenie 252, 316, 369, 370, 372, 816, 1522, 1524 – heparin-induzierte Typ II (HIT Typ II) 386 Thrombozytose 278 Thyeroidektomie, totale 585 Thymektomie 1290 Thymidinkinase, herpervirale 263 Thymustumor 1067 Thyreoidektomie, totale 572 Thyreoiditis 566, 580 – akute 583 – – eitrige 583 – – nichteitrige 583 – arzneimittelinduzierte 583 – atrophische 581 – chronisch-invasiv-fibrosierende Riedel 583 – Typ de Quervain 581, 582 Thyreotoxikose 1597 Thyreotropinom 554 Tic 1216, 1298 – im Kindesalter 1671 Tic-Störung 1364 Tidalperitonealdialyse (TPD) 948 Tierbiss 107 Tierversuch 31 Tiffeneau-Index 984, 1002, 1470 Tinea 1622 Tinnitus 1195, 1325 TIPS 857 Tissue engineering 271 Tissue factor pathway inhibitor (TFPI) 52 Tissue-Faktor 51 Titrationsmethode 1016 T-Killerzelle 69 T-Lymphozyten 42, 286 Tollwut 70 – im Kindesalter 1614 Tollwutimpfung 1629 Tonometrie, gastrische 54 Tonpfeifenstielfibrose 95 Tonsillenhypertrophie 69 Tonsillitis 446 Tonsillopharyngitis, akute 978 Toronto-Western-Hospital-Katheter 948 Torsade de pointes 1215 – Tachykardie 1095 Torsionsdystonie, idiopathische 1670 Torticollis spasmodicus 1297 Tourette-Syndrom 1298, 1364 Toxic shock syndrome (TSS) 1616
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Toxikokinetik 1533 Toxikologie 25 Toxin 25, 831 – urämisches 949 Toxizitätsversuch 31 Toxoplasma gondii 71, 152 Toxoplasmose 71, 1238 – bei Neugeborenen 1556 – in der Schwangerschaft 72 Toxoplasmoseenzephalitis 71 Trachealknorpel 183 Trachealstenose 185 Tracheitis 988 – bakterielle 1631 Tracheobronchitis 56, 68 – akute 979 – eitrige 980 Tracheostomie 185 Tracheotomie 981, 1076 Trachyzoiten 71 Training, autogenes 1323 Trancezustand 1324 Transferrin 291, 293 Transillumination, endoskopische 713 Transkobalamin 298 Translokasedefekt 457 Transplantation 77 – autologe 319 Transportprotein 15 Transsexualität 656, 1415 Transvestismus 656 Traumatisierung, emotionale 1318 Treitz-Band 891 Tremor 1211, 1217, 1298 – essentieller 1218 Treponema pallidum 61 Triade, kognitive 1334 Trichure 1623 Trichuriasis 97 Trichuris trichiura 97 Trigeminusneuralgie 1266 Triggering-Hypothese 1343 Trikuspidalinsuffizienz 1112 Trikuspidalstenose 1112 Trilineage dysplasia 283 Triptanschwelle 1259 Trisomie-21 (s. auch Down-Syndrom) 638, 1595 Trizytopenie 287 Trojani-Score 236 Trommelfellruptur 1506 Trommelschlägelfinger 997 Tropenkrankheit 39
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Sachverzeichnis
Tröpfcheninfektion 1609 Trophozoit 97 Troponintest 1138 Trousseau-Zeichen 667 Truncus arteriosus communis (TAC) 1053 Trypanosomiasis 1624 TTP 145, 252, 310, 369, 370 Tuberkulinkonversion 1635 Tuberkulinreaktion, positive 64 Tuberkulintest 86 Tuberkulose 64, 90, 508, 595, 1447 – gastrointestinale 735 – im Kindesalter 1621, 1634 – latente 67 Tuberkuloseimpfung mit BCG 1629 Tubulopathie im Kindesalter 1663 Tubulusnekrose, akute 899 Tularämie 59 Tumarkin-Otolithenkrise 1273 Tumor – androgenproduzierende 649 – Debulking 714 – der Hypothalamus-HypophysenRegion 592 – des zentralen Nervensystems 1246 – endokriner 895 – – des gastroenteropankreatischen Systems 891 – gastroenteropankreatische endokrine 756 – hormonaktiver 649 – hormoninaktiver 547 – hormonrezeptornegativer 199, 201 – hormonrezeptorpositiver 199 – neuroendokrine des Gastrointestinaltrakts 895 – neuroendokrine des Pankreas 893 – östrogenbildende 649 Tumorantigen, Identifizierung 259 Tumorblutung 728 Tumoreffektorzelle 263 Tumorhyperkalzämie 662 Tumorkachexie 889 Tumorlysesyndrom 939 Tumormarker 213 Tumornephrektomie 963 Tumorschmerztherapie 154 Tumorsuppressorgen 263, 265 – p53 192, 264 Tumortherapie 193 Tumorthrombus 964 Tumorvakzin 194
Tumorvakzinierung 258, 260 Tumorzelle, allogene 261 Tumorzelllinie 261 Tumorzelllysat 261 Tumorzytogenetik 275 Tunnelinfektion 948 Turner-Syndrom 621 TURP 208 Typ-1/2-Diabetes 402, 409 – antihyperglykämische Therapie 412 Typhus 58 Typhuslebendimpfstoff 59 Typhuszunge 59 Tyrosinämie Typ I 429, 1586 Tyrosinkinase 260, 278 Tyrosinkinaseaktivität 276 T-Zelle – Defekt 1605 – Linienzugehörigkeit 271 – tumorspezifische Immunantwort 259 – zytotoxische 259 T-Zell-Leukämie 120
U UAW (unerwünschte Arzneimittelwirkungen) 31, 1419 – prädisponierende Faktoren 35 – pseudoallergische Reaktionen 34 – Spontanmeldesystem 34 Übelkeit 255 Überempfindlichkeitsreaktion 130 Übergewicht (s. auch Adipositas) 391 Überschneidungssyndrom 828 – autoimmune Lebererkrankung 831 Überstimulationssyndrom, ovarielles 635 Übertragung 1319 UDP-Galaktose-4-Epimerasemangel 473 Uhrglasnagel 997 Uhthoff-Phänomen 1227 Ulcus – cruris 107 – duodeni 680, 702, 704 – molle 1454 – rodens 1437 – terebrans 1437 – ventriculi 703, 704 Ulkus – idiopathisches 684
– NSAR-assoziiertes 706 – peptisches 695, 701 – – im Kindesalter 1574 Ulkusblutung 708, 728 – therapierefraktäres 707 Ulkuspenetration 709 Ulkusperforation 709 Ullrich-Turner-Syndrom 1595 Ulzera der Aorta 1162 Unter-/Fehlernährung, orale Ernährungstherapie 396 Unterbauchperitonitis 103 Unterernährung 394 Untergewicht 395 Upbeat-Nystagmus-Syndrom 1277 Urämie 369 Urat 436 Uratnephropathie 436, 440 – chronische 925 Ureaplasma urealyticum 56, 530 Ureterektopie 966 Ureterorenoskopie (URS) 945, 946 Uretheritis, nichtgonorrhoische (NGU) 1451 Uretheritissyndrom 1451 Urge – motorische 966 – sensorische 966 Urin 48 Urinosmolalität 562 Urogenitalinfektion 56 Urolithiasis (s. auch Harnsteinleiden) 944 – idiopathische 946 Uropathie, obstruktive 9, 939 – Schwangerschaft 940 Urosepsis 900 Urticaria pigmentosa 331 Urtikaria 33, 130 – chronisch idiopathische 138 Urtikariavaskulitis 161, 178 Usual interstitial pneumonia (UIP) 1011 Uterusmalignome 220 Uterussarkom 229 Uveitis 57, 181 Uvulopalatopharyngoplastik (UPPP) 1076
V Vaginosonographie 215 Vagusläsion 719
Sachverzeichnis
Vagusnervstimulation 1244 Vakzinierung 194 Validitätsbeurteilung 9 Van-Nuys-Prognoseindex 197 Varicella-Zoster-Virus 78, 684 Varikophlebitis 1171 Varikosis 392, 1171 Varikozele 619 Varizelle 823, 1448 – bei Neugeborenen 1557 – im Kindesalter 1611 Varizellenimpfung 1628 Varizellensyndrom, konnatales 1612 Varizenblutung 687, 846 Vas deferens – Aplasie 450 – Obstruktion 450 Vascular endothelial growth factor (VEGF) 774 Vaskulitis 187, 438, 919 – ANCA-assoziierte 164 – granulomatöse 162 – große Gefäße 168 – HCV-assoziierte kryoglobulinämische 509 – immunsuppressive Therapie 165 – Infektionsprophylaxe 167 – kleine Gefäße 173 – koronare 172 – kryoglobulinämische 173, 176 – leukozytoklastische 180 – mittelgroße Gefäße 171 – Osteoporoseprophylaxe 167 – pauciimmune 173 – primär systemische 160 – pulmonale 1006 – Remissionsinduktionstherapie 165 – rheumatoide 518 – systemische 920 – Thromboseprophylaxe 167 – zerebrale 182, 1228 Vaskulopathie 369 – abliterative 159 Vasopressinrezeptordefekt 1598 VEGF 265, 774 Vektor, lentiviraler 264 Vektorsystem, virales 262 Venekatheter, zentraler (ZVK) 1136 Venenerkrankung 1170 Veneverschlusserkrankung (VOD) 865 Veneverschlusskrankheit, mesenteriale entzündliche 803 Ventrikelseptumdefekt (VSD) 1179
– im Kindesalter 1640 Verbrennung 107 Verbrennungskrankheit im Kindesalter 1681 Verbrennungsschock 1489 Verdünnungsazidose 1501 Verdünnungshyponatriämie 562 Verfahren, übendes 1322 Vergiftung 1500 – Alkohol 1541 – antidote 1538 – im Kindesalter 1687 – perorale 1543 – spezielle 1541 Vergiftungssymptom 1534 Verhaltenstherapie 539, 640, 1321, 1364, 1383 Verhütungspflaster 640 Verletzung, intrakardinale 1181 Verner-Morrison-Syndrom 758, 894 Verrucae vulgares 1449 Verschlusserkrankung, arterielle 302 Verschlussikterus 888 Verschlusskrankheit, periphere arterielle (PAVK) 383, 1165 Verwirrtheit 255 Verwirrtheitszustand, akuter 1403 Vestibularisparoxysmie 1274 Vestibulopathie, bilaterale 1278 Vibrion 1619 Vierdrüsenhyperplasie 663 VIPom 758, 760, 894 Virchow-Drüse, vergrößerte 721 Virchow-Trias 1041, 1172 Virulenz 39 Virulenzfaktor 41 Virus, myotroper 152 Viruserkrankung, exanthematische 1447 Virushepatitis 825, 826, 1492 Virusinfektion im Kindesalter 1609 Viszeromegalie 555, 556 Vitamin 435 – A – – Mangel/-Überschuss 400 – B1 – – Mangel/-Überschuss 398 – B12 – – Mangel 399, 435 – – Mangelanämie 298, 750 – – Überschuss 399 – C – – Mangel 307, 399
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– – Überschuss 399 – D, Mangel 488 – D3, Mangel/-Überschuss 400 – E – – Mangel 400/-Überschuss 400 – K1 – – Mangel/-Überschuss 400 – wasserlösliches 398 Vitaminmangelkrankheit im Kindesalter 1560 Vitien, komplexe im Kindesalter 1641 Vitiligo 117 Vocal-cord-dysfunction-Syndrom 985 Vogelgrippe 68 Volumenersatzmittel 53 Volumentherapie 1485 – im Kindesalter 1680 Volumenzufuhr 54 von Willebrand-Faktor (vWF) 187, 370, 373 – Metalloprotease 371 Von-Gierke-Erkrankung 457 Von-Hippel-Lindau-Syndrom 603, 933, 938 788 Von-Willebrand-Krankheit 373, 3378 – erworbene 379 – im Kindesalter 1659 Vorfußnekrose 1168 Vorhofflattern 1088, 1642 Vorhofflimmern 1090, 1121, 1126, 1642 Vorhofseptumdefekt (ASD) 1178 – im Kindesalter 1640 Vorhoftachykardie 1088 Vorläuferprotein 474 Vorläuferzelle 271 Vulnerabilitäts-Stress-Modell 1343
W 733 Wachstumsfaktor 51, 2273 – Granulozyten-stimulierender (G-CSF) 51 – hämatopoetischer 249, 288, 319, 341 – vaskulärer endothelialer (VEGF) 265 Wachstumshormon 753 Wachstumsstörung 1698 Wahn 1345, 1390 – induzierter 1390 – nihilistischer 1390 Wahnsyndrom
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Sachverzeichnis
– bei sensorischer Beeinträchtigung 1391 – organisch bedingtes 1391 Waldeyer-Rachenring 349 Waller-Degeneration 1280 Wanzenkraut 648 Warze 117, 1449 Wasserbelastungstest 563 Wassermelonenmagen 846 Wasting-Syndrom 86 Waterhouse-Friedrichsen-Syndrom 1233, 1618, 1686 WDHA-Syndrom 894 Weber-Syndrom 1195 Wegener-Granulomatose 161, 162, 165–167, 173, 548, 1006, 1007 – Induktionstherapie 174 – Lokaltherapien 174 – Notfalltherapie 174 – Remissionserhaltungstherapie 174 Weichteilinfektion 105 Weichteilsarkom 235, 756 – im Kindesalter 1653 – Stadiengruppierung 236 – Therapiestrategiene 237 Werner-Syndrom 460 Wernicke-Enzephalopathie 1395, 1481 Wernicke-Syndrom 1357 Wertheim-Meigs-Radikaloperation 223, 225 Wertschöpfungspotential 4 Weste, pneumatische 1464 Westermark-Zeichen 1042 White matter lesion (WML) 1193 Wickham-Streifung 1426 Wiederkehrkopfschmerz 1258 Wilms-Tumor 933, 1653 Windeldermatitis 1622 Winnipeg-Kriterium 992 Wirbelkörperdeformierung, osteoporosebedingte 485 Wirbelkörpersinderung 485 Wirkortkompartiment 21 Wirksamkeit, maximale (s. auch Efficacy) 20 Wirtsreaktion, spezifische 42 Wiskott-Aldrich-Syndrom 115, 118, 128,, 1605 Wolff-Parkinson-White-Syndrom 1091, 1641 WOSCOPS 421 WPW-Syndrom 1091 Wright-Giemsa-Färbung 274, 317, 356
Wundheilungsstörung 107 Wundinfektion 79, 107 – nosokomiale 80, 81 Wundrose 106 Wundschmerz 254 Wurmei 796 Wurzelzeichen 1132
X Xanthelasma 419 Xanthinlithiasis 440 Xanthinoxidase 438 Xanthinurie 440, 932 Xanthom, eruptives 419 X-Chromosom 374 Xenotransplantat 1296 Xeroderma pigmentosum 1437 Xerostomie 147, 149, 241, 242 XSCID-Erkrankung 119, 126 XX-Mann-Syndrom 615, 621, 622
Y Yellow-nail-Syndrom 996 Yersinia – enterocolitica 530 – pestis 1620 Yersinien 530, 1619 Yersinienantigen 531 Young’s Syndrom 996
Z Zahnfluorose 401 ZAP-70-Defizienz 126 Zeckenbiss 62, 1189, 1620 Zeckenbissfleckfieber 64 Zelle, dendritische 261 Zelltransfer 193 Zenker-Divertikel 694 Zerkarien 95 Zerkariendermatitis 95 Zervixkarzinom 220 – Diagnostik 222 – Immuntherapie 225 – invasives 223 – Therapie 222 – zytostatische Chemotherapie 224 Ziehl-Neelsen-Färbung 1233
Zieve-Syndrom 311 Zink-Mangel/-Überschuss 401 Zinkprotoporphyrin 293 Zirrhose 453, 754, 828 – primär biliäre 829 Zirrhoseperitonitis 103, 105 ZNS – Infektion 1229 – Metastasierung 244, 1248 – Mykosen 1237 – Toxoplasmose 90, 1237 7 37, 37 Zöliakie 737 3 7 796 – im Kindesalter 1577 Zollinger-Ellison-Syndrom (s. auch Gastrinom) 701, 709, 742, 894, 896, 1575 Zottenatrophie 53 – persistierende 1571 Zustand, kataboler 426 Zwangsstörung 1362 – im Alter 1394 Zweiniveauüberdruckbeatmung 1077 Zwergfadenwurm 96 Zwergwuchs 495 – emotionaler 1691 Zyklothymia 1340 Zyklusstörung 392, 6628 288 – hyperprolaktinämische 630 – hypophysäre 629 – hypothalamische 629 – ovarielle 630 Zymogen 878 Zystadenom, biliäres 839 Zyste – der Rathke-Tasche 548 – subchondrale 496 Zystinose 1663 – nephropathische 934 Zystinurie 431, 932 Zystitis – akute 960 – hämorrhagische 167 Zytokin 262, 273 Zytomegalie 69 – bei Neugeborenen 1556 Zytomegalieinfektion des Magen-DarmTraktes 736 Zytomegalievirus (CMV) 69, 365, 684, 823 – im Kindesalter 1612 Zytopenie 355