Jean Krutmann Thomas Diepgen Claudia Billmann-Krutmann (Hrsg.) Hautalterung Grundlagen – Prävention – Therapie
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Jean Krutmann Thomas Diepgen Claudia Billmann-Krutmann (Hrsg.) Hautalterung Grundlagen – Prävention – Therapie
Jean Krutmann Thomas Diepgen Claudia Billmann-Krutmann (Hrsg.)
Hautalterung Grundlagen Prävention Therapie Mit 116 Abbildungen und 51 Tabellen
123
Prof. Dr. med. Jean Krutmann Institut für Umweltmedizinische Forschung (IUF) An der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf gGmbH Auf’m Hennekamp 50 40225 Düsseldorf
Prof. Dr. med. Thomas Diepgen Ärztlicher Direktor, Universitätsklinikum Heidelberg Abteilung Klinische Sozialmedizin – Gesundheitssystemforschung Thibautstraße 3 69115 Heidelberg
Dr. Claudia Billmann-Krutmann Praxis für Dermatologie u. Venerologie – Allergologie – Umweltmedizin – Phlebologie – Berufsdermatologie – Akupunktur – Laser-Medizin – Anti-Aging-Medizin – Ästhetik Rathausplatz 17 41844 Wegberg
ISBN 978-3-540-76820-3 Springer Medizin Verlag Heidelberg Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer Medizin Verlag springer.de © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2008 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literarturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Planung: Dr. Tina Boll, Heidelberg Projektmanagement: Willi Bischoff, Heidelberg Layout und Einbandgestaltung: deblik Berlin Satz: Fotosatz-Service Köhler GmbH, Würzburg Fotografie des Portraits von J. Krutmann: Eduardo Cebrian SPIN: 12184750 Gedruckt auf säurefreiem Papier
2126 – 5 4 3 2 1 0
für Carl und Thomas Krutmann
VII
Vorwort Die Menschen werden immer älter. Die steigende Lebenserwartung wird mit dem Wunsch verbunden, auch im Alter gesund und aktiv leben zu können. Ein gesundes und junges Aussehen wird vor allem durch den Hautzustand kommuniziert, dem somit im Alter eine immer größer werdende individuelle und gesellschaftliche Bedeutung zukommt. Verstärkt wird diese Entwicklung einerseits durch die alters- und umweltbedingte Zunahme an »echten« Hautkrankheiten wie z. B. Präkanzerosen und Hautkrebs, andererseits durch den sich fortsetzenden Trend, kosmetische Hautprobleme als behandlungsbedürftig anzusehen. Für den Dermatologen ergeben sich hieraus eine Vielzahl neuer gesundheitspolitischer, wissenschaftlicher, präventivmedizinischer sowie therapeutischer Herausforderungen, die in der 1. Auflage dieses Buches erstmals zusammenhängend und ausführlich dargestellt wurden. Fundierte Kenntnisse über die gesellschaftlichen Folgen sowie über die molekularen, immunologischen, zellbiologischen, endokrinologischen und umweltmedizinischen Grundlagen der Hautalterung werden es dem Dermatologen, dem Fachmann für die Haut, erlauben, State-ofthe-Art-Methoden zur Hautverjüngung erfolgreich anzuwenden und seine Patienten kompetent hinsichtlich einer effektiven und gezielten Prophylaxe vorzeitiger Hautalterungsprozesse beratend zu begleiten. In der nun vorliegenden 2. Auflage wird diese erfolgreiche Strategie weiterverfolgt. Das Herausgeberteam wurde um eine niedergelassene Dermatologin erweitert, um insbesondere den im Kontext der Hautarztpraxis auftretenden praktischen Herausforderungen im Bereich der dermatologischen Kosmetik noch besser Rechnung tragen zu können. Wir schätzen uns wiederum glücklich, hierbei von Autoren unterstützt zu werden, die ausnahmslos anerkannte und hoch geschätzte Experten sind. Ohne sie wäre das inhaltlich und didaktisch herausragende Niveau dieses Buches nicht zu erreichen gewesen. Ihnen sei hier besonders gedankt! Prof. Dr. med. Jean Krutmann Prof. Dr. med. Thomas Diepgen Dr. med. Claudia Billmann-Krutmann
IX
Autorenverzeichnis Becker-Wegerich, Petra, Dr. med.
Krämer, Ursula, Dr. rer. nat.
Laserzentrum Zürichsee, Dorfstrasse 94, 8706 Meilen, Schweiz
Institut für Umweltmedizinische Forschung (IUF) an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf gGmbH Auf’m Hennekamp 50, 40225 Düsseldorf
Berneburg, Mark, MD Phototherapie, Lasermedizin, PDT Klinik für Dermatologie, Eberhard Karls Universität Liebermeisterstraße 25, 72076 Tübingen
Krutmann, Jean, Univ.-Prof. Dr. med. Institut für Umweltmedizinische Forschung (IUF) an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf gGmbH Auf’m Hennekamp 50, 40225 Düsseldorf
Billmann-Krutmann, Claudia, Dr. Rathausplatz 17, 41844 Wegberg
Medve-Koenigs, Kathrin, Dr.
Blume-Peytavi, Ulrike, Prof. Dr.
Institut für Umweltmedizinische Forschung (IUF) an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf gGmbH Auf’m Hennekamp 50, 40225 Düsseldorf
Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie Charité Universitätsmedizin Berlin, Campus Charité Mitte Schumannstraße 20–21, 10117 Berlin
Diepgen, Thomas L., Prof. Dr. med. Ärztlicher Direktor, Universitätsklinikum Heidelberg Abteilung Klinische Sozialmedizin – Gesundheitssystemforschung Thibautstr. 3, 69115 Heidelberg
Morita, Akimichi, MD, Ph.D Department of Geriatric and Environmental Dermatology Nagoya City University Graduate School of Medical Sciences 467-8601 Nagoya, Japan
Radulescu, Magdalena, Dr. med. Humboldtstr. 22, 69120 Heidelberg
Fritz, Klaus, Dr. med. Reduitstr. 13, 76829 Landau
Garcia-Bartels, Natalie, Dr. med. Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie Clinical Research Center for Hair and Skin Science, Charité Campus Mitte, Charitéplatz 1, 10117 Berlin
Rosengarten, Irene, Dr. med. Cosmétique Active Deutschland GmbH Geschäftsbereich La Roche-Posay, Medizinisch-Wissenschaftliche Leitung Georg-Glock-Str. 18, 40474 Düsseldorf
Schröder, Peter, Dr. rer. nat. Hasengschwandtner, Franz, Dr. med. Spielau 8, 4190 Bad Leonfelden, Österreich
Institut für Umweltmedizinische Forschung (IUF) an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf gGmbH Auf’m Hennekamp 50, 40225 Düsseldorf
Isermann, Detlef Medicos Kosmetik GmbH & Co. KG Orkotten 62, 48291 Telgte
Kaufmann, Roland, MD Professor und Direktor Dermatologie J. W. Goethe-University-Hospital Theodor-Stern-Kai 7, 60590 Frankfurt am Main
Schürer, Nanna Y., Prof. Dr. Fachbereich Humanwissenschaften Dermatologie, Umweltmedizin und Gesundheitstheorie Universität Osnabrück Sedanstr. 115, 49090 Osnabrück
X
Autorenverzeichnis
Stahl, Wilhelm, Prof. Dr.
Torezan, Luis Antonio Ribeiro, MD
Institut für Biochemie und Molecular Biologie I Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Universitätsstr. 1, Postfach 101007, 40225 Düsseldorf
Department of Dermatology Universidade de Sao Paulo Rua Eduardo de Sousa Aranha 99/82 Itaim Bibi Sao Paulo, Brazil
Stege, Helger, Privatdozent Dr. med. Hautklinik des Universitätsklinikum Düsseldorf Moorenstr. 5, 40225 Düsseldorf
Szeimies, Rolf-Markus, Prof. Dr. Klinik und Poliklinik für Dermatologie Klinikum der Universität Regensburg Franz-Josef-Strauß-Allee 11, 93053 Regensburg
Wiest, Luitgard, Dr. med. Residenzstr. 7, 80333 München
XI
Inhaltsverzeichnis 3
Grundlagen der Hautalterung 1
1.1 1.2 1.2.1 1.2.2 1.3 1.4 1.4.1 1.4.2 1.5 1.6
2
2.1 2.1.1 2.1.2 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.3 2.3.1 2.3.2 2.4
Hautalterung vor dem Hintergrund aktueller demographischer Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Ursula Krämer, Thomas Diepgen Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Demographische Entwicklung und ihre Bedeutung für die Bevölkerung . . Lebenserwartung . . . . . . . . . . . . . . Demographischer Wandel . . . . . . . . Einfluss des Alterns auf Gesundheit und Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . Dermatologische Probleme der älteren Bevölkerung . . . . . . . . . . . . . . . . . Altersbedingte Hautveränderungen . . Altersbedingte Hauterkrankungen . . . Herausforderung für Dermatologen . . Fazit für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . . . .
3
3.1 3.2 3.2.1
.
3
3.2.2
. . .
3 3 5
3.2.3
.
7 3.2.6
. . . . . .
Intrinsische und extrinsische Hautalterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mark Berneburg Der normale Alterungsprozess . . . . . . Biologische Rhythmen . . . . . . . . . . . Individuelle Lebenserwartung . . . . . . Prozesse der Hautalterung . . . . . . . . Reaktive Sauerstoffspezies (ROS) . . . . Mitochondriale DNS Mutationen . . . . Aktivierung von Transkriptionsfaktoren Matrixmetalloproteinasen . . . . . . . . Klinische und morphologische Aspekte der Hautalterung . . . . . . . . . . . . . . Intrinsische Hautalterung . . . . . . . . . Extrinsische Hautalterung . . . . . . . . . Fazit für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . . . .
3.2.4 3.2.5
8 8 8 10 11 11
3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.4
Molekulare Mechanismen der Hautalterung durch UV-Strahlung und andere exogene Noxen . . . . . . . Jean Krutmann, Peter Schröder, Akimichi Morita Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pathomechanismen der Lichtalterung . . Kollagen, Matrixmetalloproteinasen und Elastin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Rolle von Gefäßveränderungen bei der Lichtalterung . . . . . . . . . . . . . Lichtalterung als chronischer Entzündungsprozess . . . . . . . . . . . . . Proteinoxidation und Lichtalterung . . . Bedeutung mitochondrialer DNS-Mutationen für die Lichtalterung . . Chromophore und Mediatoren der Lichtalterung . . . . . . . . . . . . . . . Hautalterung durch andere exogene Noxen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabakrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Infrarotstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . Ozon und andere Umweltnoxen . . . . . Fazit für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . . . . .
23
23 23 24 26 27 27 28 31 32 32 33 34 35 36
13
4 . . . . . . . .
13 13 14 14 14 15 16 16
. . . . .
17 17 18 22 22
4.1 4.2 4.2.1 4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.3.4 4.4 4.5 4.5.1 4.6 4.6.1
Endokrinologische Aspekte der Hautalterung . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Fritz Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neuroendokrine Grundlagen . . . . . . . Biorhythmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . Östrogene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Östrogene und Haut/Schleimhaut . . . . Östrogene und Psyche/Zentralnervensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie mit Östrogenen . . . . . . . . . . Ist die Östrogensubstitution beim Mann sinnvoll? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Progesteron . . . . . . . . . . . . . . . . . . Melatonin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkung auf die Haut . . . . . . . . . . . . . Somatotropes Hormon STH/GH . . . . . . Veränderungen im Alter . . . . . . . . . . .
37 37 37 38 39 39 41 41 43 44 44 44 45 45
XII
Inhaltsverzeichnis
4.6.2 4.6.3 4.7 4.7.1 4.8 4.9 4.9.1 4.9.2 4.9.3 4.9.4 4.10
Substitution bei krankhaften Störungen Substitution gegen das Altern . . . . . . . Schilddrüsenhormone . . . . . . . . . . . . Wirkung auf die Haut . . . . . . . . . . . . . Parathormon . . . . . . . . . . . . . . . . . . Androgene – »aging male« . . . . . . . . . Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Symptome und Hormonwerte . . . . . . . Therapeutischer Einsatz . . . . . . . . . . . Androgene bei Frauen . . . . . . . . . . . . Fazit für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . . . . .
46 46 49 49 49 49 50 50 54 55 55 55
Hautverjüngung/ »skin-rejuvenation« 5
5.1 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4 5.2.5 5.2.6 5.3 5.3.1 5.3.2 5.3.3 5.3.4 5.3.5 5.4 5.5 5.5.1 5.5.2 5.5.3 5.5.4 5.6 5.6.1 5.6.2 5.6.3 5.6.4
Konservative Maßnahmen: Chemisches Peeling . . . . . . . . . . . . . Nanna Y. Schürer, Claudia Billmann-Krutmann Einleitung . . . . . . . . . . . . Praxis . . . . . . . . . . . . . . . Praktische Erfahrung . . . . . Prävention . . . . . . . . . . . Peelingmittel . . . . . . . . . . Plan . . . . . . . . . . . . . . . . Patientenauswahl . . . . . . . Prozedur . . . . . . . . . . . . . Chemische Grundlagen . . . Alphahydroxysäuren . . . . . Betahydroxysäure . . . . . . . Trichloressigsäure . . . . . . . Jessner-Lösung . . . . . . . . Retinsäure . . . . . . . . . . . . Indikationen . . . . . . . . . . Wirkung . . . . . . . . . . . . . Alphahydroxysäuren . . . . . Betahydroxysäure . . . . . . . Trichloressigsäure . . . . . . . Retinsäure . . . . . . . . . . . . Nebenwirkungen . . . . . . . Alphahydroxysäuren . . . . . Betahydroxysäure . . . . . . . Trichloressigsäure . . . . . . . Retinsäure . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61 62 62 62 63 63 63 63 68 68 68 68 68 68 69 69 69 70 70 71 71 71 72 72 72
5.7 5.7.1 5.8
Kontraindikationen . . . . . . . Schwangerschaft/Stillperiode Fazit für die Praxis . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
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6
Faltenbehandlung mit Botulinumtoxin A und besondere Indikationen .
. . . .
Petra Becker-Wegerich 6.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Grundlagen der Pharmakologie und der Wirkung von Botulinumtoxin . . 6.3 Biologische Aktivität und Dosierung . . . 6.4 Patientenauswahl . . . . . . . . . . . . . . . 6.5 Praktische Durchführung . . . . . . . . . . 6.5.1 Glabellaregion (»Zornesfalten«) und Anheben der Augenbrauen . . . . . . 6.5.2 Stirnregion (»Denkerfalten«) . . . . . . . . 6.5.3 Laterales Augenbrauenlifting . . . . . . . 6.5.4 Periorbitale Falten (»Krähenfüße«) . . . . 6.5.5 Unterlidfalten . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.6 Nasenfalten (»bunny lines«) und Anhebung der Nasenspitze . . . . . . 6.5.7 Oberlippenfalten . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.8 Marionettenfalten (hängende Mundwinkel) . . . . . . . . . . 6.5.9 Laterale Wangen-Kinn-Falte mit »Hamsterbäckchen« . . . . . . . . . . . 6.5.10 Kinnfalten (Pflastersteinkinn) . . . . . . . . 6.5.11 Platysmafalten (»Truthahnhals«) . . . . . . 6.5.12 Dekolletéfalten . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6 Intradermale BoNT-A-Mikroinjektionen und Kombinationen in schwierigen Regionen des Gesichtes . . . . . . . . . . . 6.6.1 Botulinumtoxin-A-Lifting . . . . . . . . . . 6.6.2 Behandlung von Gesichtsnarben . . . . . 6.7 Neue Optionen: Intramuskuläre BoNT-A-Injektionen und intradermale BoNT-A-Mikroinjektionen zur Wiederherstellung der Gesichtssymmetrie nach invasiven Gesichtsoperationen . . . . . . 6.8 Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . 6.9 Fazit für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . . . . .
73 73 73 74
75 75 76 77 79 79 80 81 82 82 83 83 83 85 85 87 87 89
90 90 93
94 94 98 98
XIII Inhaltsverzeichnis
7 7.1 7.2 7.3 7.3.1 7.4 7.4.1 7.4.2 7.4.3 7.4.4 7.5
7.6 7.6.1 7.6.2 7.7 7.8
8
8.1 8.2 8.2.1 8.2.2 8.3
8.3.1 8.3.2 8.4 8.4.1 8.4.2
Skin Resurfacing: Laserverfahren . . . Roland Kaufmann Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stellenwert der Lasertherapie beim Resurfacing . . . . . . . . . . . . . . . Physikalische Grundlagen . . . . . . . . . . Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Resurfacing aktinischer Spätschäden . . Techniken und Methoden des ablativen Laser-Resurfacing . . . . . . . . . . . . . . . Indikationen des Laser-Resurfacing . . . Risiken und Nebenwirkungen des Laser-Resurfacing . . . . . . . . . . . . Nichtablatives Resurfacing der Altershaut . . . . . . . . . . . . . . . . . Ablative Lasertherapie umschriebener epithelialer und dermaler Altershautveränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie vaskulärer Neuund Fehlbildungen der Altershaut . . . . Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lasertherapie pigmentierter Neuund Fehlbildungen der Altershaut . . . . Fazit für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . . . . .
8.5
101
8.5.1
102 103 103 104
8.5.2 8.6 8.6.1
104 106 107
8.6.2 8.7
9
108
. . 113 . . 114
9.1 9.2 9.2.1 9.2.2 9.2.3 9.3 9.4 9.4.1 9.4.2 9.4.3 9.5 9.5.1 9.5.2 9.5.3 9.6 9.6.1 9.6.2 9.7 9.8
. . 114 . . 115
10
Faltenbehandlung mit nichtablativen Systemen: IR-Laser, IPL/LED, PDT, Fraxel und Radiofrequenz . . . . . . . . . Rolf-Markus Szeimies, Luís Antonio Ribeiro Torezan Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Infrarotlaser . . . . . . . . . . . . . . . . . Physikalische Grundlagen und biologische Wirkung . . . . . . . . Indikationen und Anwendung . . . . . Lasersysteme im Bereich des sichtbaren Lichts, hochenergetische Blitzlampen (IPL) und »light emitting diodes« (LEDs) . . . . . . . . . . . . . . . Physikalische Grundlagen und biologische Wirkung . . . . . . . . Indikationen und Anwendung . . . . . Photodynamische Therapie (PDT) . . . Physikalische Grundlagen und biologische Wirkung . . . . . . . . Indikationen und Anwendung . . . . .
101
109 110 110 111 111 111 112
113
. . 117 . . 117 . . 118 . . 121 . . 121 . . 123
Fraktionierte Photothermolyse (fraktionale Lasertherapie) . . . Physikalische Grundlagen und biologische Wirkung . . . . Indikationen und Anwendung . Radiofrequenzenergie (RF) . . . Physikalische Grundlagen und biologische Wirkung . . . . Indikationen und Anwendung . Fazit für die Praxis . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . .
. . . . . . 126 . . . . . . 126 . . . . . . 127 . . . . . . 129 . . . .
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Füllmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . Nanna Y. Schürer, Claudia Billmann-Krutmann Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . Permanente Füllmaterialien . . . Polymethylmethacrylate . . . . . Polyacrylamide . . . . . . . . . . . Silikonöle . . . . . . . . . . . . . . . Semipermanente Füllmaterialien Abbaubare Füllmaterialien . . . . Kalziumhydroxylapatit . . . . . . . Carboxymethylcellulose . . . . . . Agarose . . . . . . . . . . . . . . . . Resorbierbare Füllmaterialien . . Polymilchsäure . . . . . . . . . . . . Kollagen . . . . . . . . . . . . . . . . Hyaluronsäuren . . . . . . . . . . . Autologe Füllmaterialien . . . . . Autologes Fettgewebe . . . . . . . Plasmagel . . . . . . . . . . . . . . . Unerwünschte Wirkungen . . . . Fazit für die Praxis . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . .
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129 130 131 131 133
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133 134 134 135 135 135 135 136 136 136 136 136 138 140 144 144 145 145 147 147
Altersbedingte Fettgewebeveränderungen: Lipolyse, Cellulitebehandlung 151
Franz Hasengschwandtner 10.1 Lipolyse . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1.1 Geschichte der Injektionslipolyse mit Phosphatidylcholin – »Netzwerk Lipolyse« . . . . . . . . 10.1.2 Phosphatidylcholin . . . . . . . . . 10.1.3 Wie wirkt Injektionslipolyse im Fettgewebe? . . . . . . . . . . . 10.1.4 Indikationen . . . . . . . . . . . . . 10.1.5 Kontraindikationen . . . . . . . . .
. . . . . 151
. . . . . 152 . . . . . 153 . . . . . 154 . . . . . 157 . . . . . 159
XIV
Inhaltsverzeichnis
10.1.6 10.1.7 10.2 10.3
Relative Kontraindikationen Nebenwirkungen . . . . . . . Cellulite . . . . . . . . . . . . . Fazit für die Praxis . . . . . . . Weiterführende Literatur . .
11
Das verjüngte Bein (Epilation, Phlebologie) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11.1 11.1.1 11.2 11.2.1 11.3 11.3.1 11.4 11.4.1 11.4.2 11.5 11.6 11.6.1 11.6.2
12
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Helger Stege Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rolle der Dermatologie . . . . . . . . . Hyper-/Hypopigmentierungen . . . . Hyperpigmentierung bei chronischer venöser Insuffizienz . . . . . . . . . . . Varikose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Behandlungsmöglichkeiten . . . . . . Fettverteilungsstörungen, Lipödem, Lymphödem, Phlebödem . . . . . . . . Liposuktion . . . . . . . . . . . . . . . . . Injektionslipolyse . . . . . . . . . . . . . Cellulite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Depilation – Epilation . . . . . . . . . . Depilation . . . . . . . . . . . . . . . . . . Epilation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . . .
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. . . . .
13
. . 167 . . 168 . . 168 . . 169 . . 169 . . 170 . . . . . . . .
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. . . . . . . .
Prophylaxe der Hautalterung/kosmetische Photodermatologie
167
. . . . . . . .
Hautverjüngung: ethnische Besonderheiten . . . . . . . .
Nanna Y. Schürer, Luitgard Wiest 12.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2 Hautarchitektur und Alterung . . . . 12.3 Hautempfindlichkeit . . . . . . . . . . 12.4 Hautphysiologie . . . . . . . . . . . . . 12.4.1 Epidermale Barriere und transepidermaler Wasserverlust 12.4.2 Relative Hornschichtfeuchtigkeit . . 12.4.3 Hautoberflächen-pH . . . . . . . . . . 12.5 Ästhetische Eingriffe . . . . . . . . . . 12.6 Perkutane Absorption und Bioverfügbarkeit . . . . . . . . . . 12.7 Fazit für die Praxis . . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . .
159 160 163 164 164
171 171 172 173 174 174 174 177
179 . . . . . . . .
179 180 181 181 182 182 183 183
. . . 185 . . . 185 . . . 185
Kosmetische Beratung und Diagnostik in der dermatologischen Praxis . . . . . 191
Irene Rosengarten, Kathrin Mühlberg Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ziel und Nutzen der kosmetischen Beratung und der hautphysiologischen Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3 Dermatokosmetika in der Prophylaxe und Therapiebegleitung . . . . . . . . . . 13.3.1 Erstellung eines Behandlungsplans . . . 13.3.2 Kosmetika in der Therapie der Hautalterung . . . . . . . . . . . . . . 13.4 Hautphysiologische Messmethoden . . 13.4.1 Sinnvolle diagnostische Verfahren für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.5 Fazit für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . . . . 13.1 13.2
14
14.1 14.2 14.2.1 14.2.2 14.2.3 14.2.4 14.3 14.3.1 14.3.2 14.3.3 14.3.4 14.3.5 14.3.6 14.4 14.5 14.5.1
. 191
. 191 . 192 . 192 . 192 . 193 . 193 . 195 . 195
Kosmetisches Institut an der dermatologischen Praxis . . . . . . . . . . Detlef Isermann, Klaus Fritz Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtssituation . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenhang und Unterschiede von Praxis und Institut . . . . . . . . . . . Beispiele rechtlich möglicher Kooperationen . . . . . . . . . . . . . . . . Übliche Rechtsformen . . . . . . . . . . . Rechtliche Grenzen . . . . . . . . . . . . . Marketing für die therapeutische Praxis und das ästhetische Zentrum . . . . . . Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Technische Ausrüstung, Behandlungen und Produkte . . . . . . . . . . . . . . . . . Ort der Behandlung, Ort des Verkaufs . Preisniveau . . . . . . . . . . . . . . . . . . Promotion . . . . . . . . . . . . . . . . . . Franchise statt Eigengründung . . . . . Unternehmensleitung: Strategie und operative Umsetzung . . . . . . . . Kommunikationsmix . . . . . . . . . . . .
197 . 197 . 198 . 198 . 198 . 201 . 201 . 205 . 205 . 205 . . . . .
207 210 210 212 214
. 214 . 215
XV Inhaltsverzeichnis
14.5.2 14.6 14.6.1 14.6.2 14.6.3
Kontrollfunktion . . . . . . . . . . . Marktforschung . . . . . . . . . . . Beispiel einer Kooperation . . . . Begriffe der Marktforschung . . . Instrumente der Marktforschung Weiterführende Literatur . . . . .
15
Schönheit von innen: Zur Bedeutung von Nahrungsmitteln für die Photoprotektion und den Zustand der menschlichen Haut . . . . . . . . . . .
15.1 15.2 15.2.1 15.2.2 15.3 15.3.1 15.4 15.5 15.5.1 15.6 15.6.1 15.6.2 15.6.3 15.6.4 15.6.5 15.6.6 15.6.7 15.8
16
16.1 16.2 16.2.1 16.2.2 16.3 16.3.1 16.3.2
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
219
Prävention der Hautalterung durch kosmetische Strategien: UV-Filter, Antioxidanzien und Actives . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . .
16.3.3 DNS-Reparaturenzyme . . . . . . . 16.3.4 AhR-Antagonisten . . . . . . . . . . 16.3.5 Prävention der Hautalterung durch Actives aus natürlichen Biotopen . 16.4 Fazit für die Praxis . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . .
17
Jean Krutmann, Wilhelm Stahl Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haut und Ernährung: Allgemeine Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften der Haut . . . . . . . . . . . Einfluss der Ernährung . . . . . . . . . . . . Bestimmung des Hautzustands mit objektiven und subjektiven Methoden . Geschlechtsunterschiede . . . . . . . . . . Assoziation von Nahrungsmitteln und Hautzustand . . . . . . . . . . . . . . . Bestrahlung menschlicher Haut mit ultravioletter Strahlung . . . . . . . . . Schutzmechanismen und Schadwirkung Vitamine, Karotinoide und mehrfach ungesättigte Fettsäuren . . . . . . . . . . . Mehrfach ungesättigte Fettsäuren . . . . Vitamine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karotinoide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Flavonoide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Probiotische Nahrungsmittel . . . . . . . . Funktionelle Milchprodukte . . . . . . . . Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . Fazit für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . . . . .
Jean Krutmann Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . UV-Filter – primäre Photoprotektion Physikalische UV-Filter . . . . . . . . . Chemische UV-Filter . . . . . . . . . . Sekundäre Protektion . . . . . . . . . Antioxidanzien . . . . . . . . . . . . . . Osmolyte . . . . . . . . . . . . . . . . .
215 215 215 217 218 218
219 219 220
17.1 17.2 17.3 17.3.1 17.3.2 17.3.3 17.4
220 221
17.4.1
219
222 223 223 223 224 224 224 225 225 225 226 226 227
229 . . . . . . .
229 230 230 230 232 232 237
17.4.2 17.5
. . . . 238 . . . . 239 . . . . 240 . . . . 240 . . . . 240
Haaralterung: Klinik, Ursachen und Prävention . . . . . . . . . . . . . . . . . Natalie Garcia Bartels, Ulrike Blume-Petyavi Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haarphysiologie . . . . . . . . . . . . . . . . Alterung der Haarfollikel . . . . . . . . . . Einfluss auf das Haarwachstum . . . . . . Änderung der Haarstruktur . . . . . . . . . Verlust der Haarfarbe und Ergrauen . . . Mögliche präventive und supportive Maßnahmen bei altersbedingten Veränderungen der Haare . . . . . . . . . . Beeinflussung von Haarwachstum und Haarstruktur . . . . . . . . . . . . . . . Beeinflussung des Ergrauens (Canities) . Fazit für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . . . . .
241 241 241 242 242 243 244
248 248 249 249 249
Anhang Verzeichnis von Unternehmen der kosmetischen Industrie mit Angabe der besonderen Expertise. . . . . . . . . . . . . . .
253
Magdalena Radulescu
Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
261
I
Grundlagen der Hautalterung 1
Hautalterung vor dem Hintergrund aktueller demographischer Entwicklungen – 3 Ursula Krämer, Thomas Diepgen
2
Intrinsische und extrinsische Hautalterung: Klinische und morphologische Aspekte – 13 Mark Berneburg
3
Molekulare Mechanismen der Hautalterung durch UV-Strahlung und andere exogene Noxen – 23 Jean Krutmann, Peter Schröder, Akimichi Morita
4
Endokrinologische Aspekte der Hautalterung – 37 Klaus Fritz
1 1 Hautalterung vor dem Hintergrund aktueller demographischer Entwicklungen Ursula Krämer, Thomas Diepgen
1.4
Dermatologische Probleme der älteren Bevölkerung – 8
Demographische Entwicklung und ihre Bedeutung für die Bevölkerung – 3
1.4.1 1.4.2
Altersbedingte Hautveränderungen – 8 Altersbedingte Hauterkrankungen – 8
1.2.1 1.2.2
Lebenserwartung – 3 Demographischer Wandel
1.5
Herausforderung für Dermatologen
1.3
Einfluss des Alterns auf Gesundheit und Gesellschaft – 7
1.6
Fazit für die Praxis – 11
1.1
Einleitung
1.2
–3
–5
– 10
Weiterführende Literatur – 11
1.1
Einleitung
Deutschland befindet sich, wie viele andere Länder auf der Welt, in einer Phase des demographischen Wandels. Dieser Wandel beinhaltet eine sinkende Geburtenrate bei einer gleichzeitig stark steigenden Lebenserwartung. Er hat zur Folge, dass die Bevölkerung im Mittel immer älter wird. Diese dynamische Entwicklung führt zu steigenden Ansprüchen an das Gesundheitswesen mit Fragen, die die Gesundheitsversorgung und die veränderten Ansprüche einer alternden Bevölkerung betreffen. Sie stellt daher eine Herausforderung für das Gesundheitssystem und für die Gesellschaft als Ganzes dar (Beauregard u. Gilchrest 1987). Eine besonders wichtige Konsequenz dieses Alterungsprozesses betrifft die Zunahme chronischer Erkrankungen, von denen ältere Menschen überproportional betroffen sind, und die möglicherweise zu Behinderungen und einer Minderung der Lebensqualität führen. i Chronische Erkrankungen und Schäden der alternden Haut, aber auch steigende Ansprüche an die kosmetische Dermatologie stellen eine besondere Dimension an Herausforderungen für den Dermatologen dar.
Menschliche Haut altert nicht nur chronologisch. Die mit zunehmendem Alter auch zunehmende kumulative Exposition mit Belastungen aus der Umwelt, wie z. B. mit UV-Strahlung, kann überproportional zu Hautschäden und Erkrankungen beitragen. Daneben haben aber auch Veränderungen des Lebensstils dazu beigetragen, dass etwa die Inzidenz des Hautkrebses in den letzten Jahren unabhängig von der Alterungsentwicklung dramatisch zugenommen hat (Fisher et al 2002).
1.2
Demographische Entwicklung und ihre Bedeutung für die Bevölkerung
1.2.1 Lebenserwartung
Die Sterblichkeit in jeder Altersgruppe hat weltweit abgenommen. Das hat zu einer enormen Verlängerung der Lebenserwartung geführt. Dabei war der Rückgang der Säuglings- und Kindersterblichkeit zunächst der wichtigste Einflussfaktor. Fortschritte in der Medizin, Hygiene und in Lebensbedingungen haben dazu wesentlich beigetragen. Noch 1870/71 lag die Lebenserwartung in Deutschland sehr niedrig bei rund 35 Jahren (. Abb. 1.1). Dies war vor allem durch die sehr hohe
4
Kapitel 1 · Hautalterung vor dem Hintergrund aktueller demographischer Entwicklungen
1
. Abb. 1.1. Entwicklung der Lebenserwartung Neugeborener seit 1871/1881. (Aus: Statistisches Bundesamt 2006)
Säuglingssterblichkeit bedingt. Eine höhere Lebenserwartung als 35 Jahre wurde in den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt bis 1950 nicht erreicht. Wie in Deutschland nach 1870 ist die Lebenserwartung auch in diesen Ländern gestiegen und wird bis zum Jahre 2050 auf 65 Jahre steigen. In industrialisierten Ländern lag die Lebenserwartung schon 1950 bei 65 Jahren, sie wird bis 2050 auf 82 Jahre steigen. Heute (2006) liegt die Lebenserwartung von Frauen aus Deutschland bei 82,1 Jahren und von Männern bei 76,6 Jahren. Die Werte sind in allen Industrienationen relativ ähnlich, die höchste Lebenserwartung haben japanische Frauen mit 84,3 Jahren. In osteuropäischen Ländern ist der positive Trend zu einer immer höheren Lebenserwartung allerdings zumindest zurzeit unterbro-
chen. Hier hat die Lebenserwartung insbesondere der männlichen Bevölkerung in den letzten Jahren abgenommen. In Russland liegt die Lebenserwartung für Männer bei 60,5 Jahren und bei Frauen bei 74,1 Jahren. Mit der weltweiten Abnahme der Säuglingssterblichkeit auch in den Entwicklungsländern geht ein enormes weltweites Bevölkerungswachstum einher. Betrug die Weltbevölkerung im Jahre 1950 noch 2,5 Mrd., so wird sie im Jahre 2050 auf 8,5 Mrd. angestiegen sein. Der zahlenmäßige Anstieg ist in der Bevölkerungsgruppe der sehr Alten, der über 80-Jährigen am deutlichsten ausgeprägt. Heute sind rund 70 Mio. Menschen auf der Welt über 80 Jahre, diese Zahl wird bis zum Jahre 2050 auf 377 Mio. angestiegen sein. Die zahlenmäßige Vergrößerung
5 1.2 · Demographische Entwicklung und ihre Bedeutung für die Bevölkerung
dieser Altersgruppe ist in westlichen Industrienationen wie Deutschland besonders deutlich. i 1960 lebten in Deutschland 1,2 Mio. Menschen, die älter waren als 80 Jahre, 2010 werden es 4 Mio. sein und 2050 schließlich 10 Mio. (Statistisches Bundesamt 2006).
Geschlechtsunterschiede in der Sterblichkeit lassen sich weltweit beobachten. Frauen leben im Durchschnitt länger als Männer, und dieser Unterschied beträgt in den meisten westlichen Industrienationen ungefähr 5–7 Jahre. Diese Unterschiede in der Lebenserwartung führen dazu, dass der Anteil alter Frauen den der alten Männer bei weitem übersteigt. Kommen in Deutschland in der Altersgruppe der 30- bis 35-Jährigen noch 104 Männer auf 100 Frauen, so sind es bei den 60- bis 65-Jährigen nur noch 97 und bei den über 90-Jährigen schließlich nur noch 30. Daher sind die gesundheitlichen und sozioökonomischen Probleme des Alterns zurzeit im Wesentlichen ein Problem alternder Frauen. Die Prognosen gehen für Deutschland allerdings mit dem Wegsterben der Männer, die durch den Krieg gesundheitlich beeinträchtigt waren, und der Angleichung des Lebensstils von Frauen und Männern von einer zunehmenden Angleichung der Lebenserwartung aus (Statistisches Bundesamt 2006).
1.2.2 Demographischer Wandel
Über Tausende von Jahren hinweg hat eine Altersverteilung in Form einer Pagode alle Bevölkerungsgruppen gekennzeichnet. Eine solche Altersverteilung kann heute nur noch in den am wenigsten entwickelten Ländern beobachtet werden. Nur hier sind Kinder am zahlreichsten und sehr alte Individuen sind eine winzige Subgruppe. In solchen Ländern sind sowohl die Geburtsrate wie die Sterblichkeitsrate hoch. Der demographische Übergang von hoher Geburts- und Sterblichkeitsrate zu einem neuen Gleichgewicht mit niedriger Geburts- und Sterblichkeitsrate vollzieht sich gewöhnlich mit 2 Zwischenphasen:
1
1. Es liegt eine hohe Geburts- und Sterblichkeitsrate vor, wie sie heute nur noch in den am wenigsten entwickelten Ländern vorkommen. 2. Die Sterblichkeitsrate von Kindern nimmt ab und die Bevölkerung vermehrt sich sehr rasch. Diese Entwicklungsphase charakterisiert die Verhältnisse in Europa zu Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert und trifft heute auf viele Entwicklungsländer zu. 3. Die Geburtsrate nimmt ab bei gleichzeitig weiterer Erniedrigung der Sterblichkeitsrate in allen anderen Altersgruppen, dies trifft auf Europa seit Beginn des 20. Jahrhunderts zu. 4. Ein neues Gleichgewicht von Geburts- und Sterberate stellt sich ein. Alle Bevölkerungsgruppen der Welt befinden sich irgendwo in diesem Prozess. . Abbildung 1.2 zeigt die Entwicklung in Deutschland zwischen 1871 und heute und die aktuelle Prognose für das Jahr 2050. In Europa begann zwischen 1965 und 1975 eine zweite Phase des Geburtenrückgangs, der in Nordeuropa seinen Ausgang nahm, Südeuropa erreichte und nun die östlichen europäischen Länder erfasst hat. Auch diese zweite Phase des Geburtenrückgangs war mit einer weiteren Erhöhung der Lebenserwartung verbunden und führte zu einem dramatischen Anstieg des Alterns der Bevölkerungen. Ein Gleichgewicht wurde (noch?) nicht erreicht, in einigen europäischen Ländern, darunter auch in Deutschland, wird sogar ein Rückgang der Bevölkerungszahlen erwartet: in Deutschland von 82 Mio. im Jahre 2000 auf 70 Mio. im Jahre 2050. Da dieser Rückgang ausschließlich auf eine sehr niedrige Geburtenrate bei weiter steigender Lebenserwartung zurückzuführen ist, wird der Anteil älterer Menschen in der Gesamtbevölkerung deutlich ansteigen. Waren im Jahre 2000 etwa 17% über 65 Jahre alt, so wird dieser Anteil im Jahre 2050 auf 29% gestiegen sein. Dies bedeutet ein deutliches Altern der Bevölkerung. Das Altern einer Population bedeutet nämlich nicht nur, dass die Anzahl älterer Individuen ansteigt, sondern vor allem, dass der relative Anteil alter Leute in der Bevölkerung ansteigt.
6
Kapitel 1 · Hautalterung vor dem Hintergrund aktueller demographischer Entwicklungen
1
. Abb. 1.2. Altersaufbau der Bevölkerung in Deutschland 1910, 1950, 2005 und 2050 im Vergleich. (Aus: Statistisches Bundesamt 2006)
7 1.3 · Einfluss des Alterns auf Gesundheit und Gesellschaft
1.3
Einfluss des Alterns auf Gesundheit und Gesellschaft
Der Übergang von hohen zu niedrigen Geburts- und Sterberaten hat weltweite politische, sozioökonomische und gesundheitsökonomische Konsequenzen. Wegen des Geburtenrückgangs erreichen viele Industrienationen einen Zustand, in dem die Anzahl alter Leute die Anzahl Kinder weit übersteigt. Im Jahre 2050 wird es in Deutschland doppelt so viele 60-Jährige wie Neugeborene geben. Ein Maß, das das Altern einer Gesellschaft kennzeichnet und gleichzeitig auf die sozialen Konsequenzen hinweist, ist der Altenquotient. Dieser beschreibt die Anzahl der Personen im offiziellen Rentenalter (65 Jahre und älter) je 100 Personen im arbeitsfähigen Alter (20–64 Jahre). In Deutschland war dieser Quotient 10 im Jahre 1910, 16 im Jahre 1950, 28 im Jahre 2000 und wird im Jahre 2050 bei 60 liegen. . Abbildung 1.3 zeigt den Verlauf zwischen 1950 und 2050. Er macht deutlich, welche enormen Lasten auf die arbeitende Bevölkerung zukommen werden.
. Abb. 1.3. Jugend-, Alten- und Gesamtquotient mit der Altersgrenze 20 und 65 Jahre. Jugendquotient: unter 20-Jährige je 100 Personen im Alter von 20–64 Jahren; Altenquo-
1
Während der medizinische Fortschritt eine zunehmende Lebensqualität auch in höherem Alter verspricht, deuten heutige Voraussagen eher auf soziale und ökonomische Ungleichheiten in höherem Alter hin. i Mit der verlängerten Lebenserwartung einher geht die Möglichkeit, auch länger unterschiedlichen toxischen Substanzen, chemischen Irritanzien und Umweltfaktoren wie der Sonnenstrahlung ausgesetzt zu sein.
Die kumulative Exposition mit diesen Substanzen kann einen Einfluss auf die Gesundheit haben, die den natürlichen Alterungsprozess möglicherweise noch verstärkt. Die Belastung mit chronischen Krankheiten, Verletzungen und Behinderungen nimmt zu und treibt die Gesundheitskosten in die Höhe. Dazu kommt, dass die alternde Bevölkerung auch höhere Ansprüche an die Lebensqualität hat. Die Gesundheitskosten für die Bevölkerung über 65 steigen damit rapide und überproportional an. Ebenso steigen die Ansprüche und Kosten für eine Langzeitpflege.
tient: 65-Jährige und Ältere je 100 Personen im Alter von 20–64 Jahren. (Aus: Statistisches Bundesamt 2006)
8
1
Kapitel 1 · Hautalterung vor dem Hintergrund aktueller demographischer Entwicklungen
Das Einführen von Präventivmaßnahmen mit dem Ziel, ein möglichst langes gesundes Leben zu ermöglichen, ist unbedingt notwendig. Eine führende Rolle kommt dabei auch der modernen Dermatologie zu, die Präventivstrategien entwickeln muss, um die Prävalenz von Hautkrankheiten und insbesondere den Hautkrebs der Älteren zu reduzieren.
1.4
Dermatologische Probleme der älteren Bevölkerung
1.4.1 Altersbedingte Hautveränderungen
Die Haut ist ein dynamisches und komplexes Organ. Sie zeigt typische altersbedingte Veränderungen und macht das Altern am stärksten sichtbar. Der natürliche Alterungsprozess der Haut wird als intrinsisches Altern bezeichnet. Darüber hinaus steht die Haut auch in direktem Kontakt mit der Umwelt und zeigt daher Zeichen von Veränderungen, die auf den kumulativen Einfluss von Umweltschadstoffen zurückzuführen sind. Eine solche umweltbedingte Alterung wird als extrinsisches Altern bezeichnet. Die intrinsisch oder chronologisch gealterte Haut wirkt dünner, weniger straff und ist feiner gezeichnet. Überdies wird die Haut mit dem Alter
verletzlicher, da viele protektive Faktoren zunehmend an Wirkung verlieren. Die biologische Uhr wirkt sich auf die Haut wie auch auf die inneren Organe als langsame nicht mehr umkehrbare Degradierung des Gewebes aus. Der natürliche Abfall der Hautfunktionen zeigt sich klinisch als physikalische Veränderung von Gewebespannung, als Trockenheit sowie Ekchymose und Verdünnung. Die Gründe für das chronologische Altern sind weniger klar als die für das extrinsische, das – nach der bedeutsamsten Noxe – lichtinduzierte Altern. Lichtalterung der Haut ist im Wesentlichen das Ergebnis einer Einwirkung von UV-Strahlung. Die betroffene Haut zeigt eine Vielzahl typischer klinischer Zeichen, darunter Lentigines solaris, Lentigines senilis und aktinische Keratose. . Abbildung 1.4 zeigt die Altesverteilung dieser Zeichen in der bevölkerungsbezogenen Studie KORA aus dem Jahre 2000 in Augsburg an 2823 Erwachsenen (Schäfer et al. 2006). Diese stellt eine der wenigen Untersuchungen dar, in der die Prävalenz dieser Hautveränderungen in einer Bevölkerungsgruppe aktuell bestimmt worden ist.
1.4.2 Altersbedingte Hauterkrankungen
Viele Schutzfaktoren der Haut verlieren sich mit dem Alter und daher wird die Haut verletzlicher. Das
. Abb. 1.4. Hautalterungszeichen in unterschiedlichen Altersgruppen einer bevölkerungsbezogenen Studie in Augsburg (Schäfer et al. 2006)
1
9 1.4 · Dermatologische Probleme der älteren Bevölkerung
Ausmaß dermatologischer Erkrankungen älterer Personen ist groß und wird oftmals unterschätzt. Viele in jeder Altersstufe vorkommende Beeinträchtigungen der Haut, wie Pruritus, seborrhoische Dermatitis und Xerosis, treten in der älteren Bevölkerung viel häufiger auf (Kosmadaki u. Gilchrest 2002). Andere Erkrankungen der Haut wie Hauttumore und Geschwüre der Beine sind sogar weitgehend auf die Älteren beschränkt. Überdies leiden ältere Menschen häufig unter hyperkeratotischen Wunden der Füße. Hautmanifestationen endokrin metabolischer Erkrankungen wie Diabetes sind in höherem Alter häufiger, weil die Grunderkrankungen entsprechend häufiger sind (Schneider u. Normann 2004). Eine Studie in Australien bei über 80-jährigen Bewohnern einer Altenpflegestation zeigte, dass 30% eine Xerosis hatten, 22,5% litten unter Onychomykose und 9% an Dermatitis (Smith et al. 2002). Eine Studie in den USA zeigte, dass rund 20% aller ambulanten Fälle von Patienten über 55 Jahre in einer dermatologischen Diagnose mündete. Die häufigste Einzeldiagnose bei Frauen und Männern war aktinische Keratose, gefolgt von asteatotischer Dermatitis und nichtmelanomem Hautkrebs. Diese drei Diagnosen machten etwa ein Viertel aller dermatologischen Diagnosen aus (Smith et al 2001). Natürlich unterscheiden sich die Muster dermatologischer Diagnosen bei älteren Patienten zwischen einzelnen Ländern auf der Welt. In Entwicklungsländern sind sicher Parasiten-
erkrankungen noch von großer Bedeutung (AbdelHafez et al. 2003), während z. B. Unterschiede, wie sie zwischen östlichen und westlichen Industrienationen deutlich werden (. Tab. 1.1), auf eine Wechselwirkung von Lebensstil, Hautbeschaffenheit und genetischen Faktoren zurückzuführen sind (Liao et al. 2001). Ein besonderes Augenmerk verdient der Hautkrebs, dessen Inzidenz mit dem Lebensalter ansteigt, der aber in den letzten Jahrzehnten unabhängig von der Alterung der Bevölkerung deutlich zugenommen hat. Dabei ist die Zunahme des Melanoms besonders besorgniserregend. Das saarländische Krebsregister hat beispielsweise für die 1970er Jahre über eine Inzidenz von 3 Fällen pro 100.000 Einwohner und Jahr berichtet, in den 1990er Jahren war diese Inzidenz auf 9 Fälle gestiegen (Robert Koch Institiut 2004; . Abb. 1.5). In Australien (40–60 Fälle pro 100.000 Einwohner und Jahr) und den USA (10–20 Fälle pro 100.000 Einwohner und Jahr) mit ihrer stärkeren Sonneneinstrahlung und anderen Lebensgewohnheiten sind die Inzidenzen noch deutlich höher. i Das mittlere Alter von Patienten mit Melanom ist niedriger als das von Patienten mit anderen malignen Hauterkrankungen.
Daten aus Florida zeigen allerdings, dass zumindest dort das mittlere Alter bei der Erstdiagnose einer malignen Hauterkrankung von 76,2 Jahren im Jahre 1972 auf 64,1 Jahre im Jahre 2001 abgesunken ist
. Tab. 1.1. Muster von Hauterkrankungen bei alten Patienten in östlichen und einer westlichen Industrienation (Liao et al. 2001) Ottawa, Kanada n=326 1985–1986 In %
Tokio, Japan n=10.113 1981–1989 In %
Singapur n=2.571 1990 In %
Taipeh, Taiwan n=16.924 1993–1999 In %
Dermatitis
16,3
33,7
35,3
58,7
Gutartige Tumore
13,8
4,6
4,1
12,8
Aktinische Keratose
24,9
0,3
0,0
0,5
Bösartige Tumore
12,6
1,0
0,7
2,1
Pilzinfektionen
3,4
26,8
2,6
38,0
Pruritus
1,2
7,5
1,7
14,2
10
Kapitel 1 · Hautalterung vor dem Hintergrund aktueller demographischer Entwicklungen
1
. Abb. 1.5. Altersstandardisierte Erkrankungsrate und Mortalität am malignen Melanom der Haut, Saarland 1970–2000;
gleitende Mittelwerte; Quelle: Krebsregister Saarland. (Aus: Robert Koch Institut 2004)
(Collins et al. 2004). Die Erhöhung des Risikos insbesondere des nichtmelanozytären Hautkrebses mit dem Alter ist zum großen Teil auf die mit dem Alter zunehmende kumulative Umweltexposition zurückzuführen. Dazu kommt aber sicher auch eine Fülle weiterer altersbezogener Faktoren wie nachlassende immunologische Kompetenz, angestiegene freie Radikale sowie ein Verlust an DNS-Reparaturkapazität (Graham-Brown 2004).
in relativ jungem Alter an und ist keineswegs besonders häufig in der Gruppe der besonders Alten. Der Wunsch nach ewiger Schönheit ist in unserer Gesellschaft sehr lebendig und der Dermatologe muss sich den Fragen nach eine Behandlung und Prävention von Hautalterung stellen. Kosmetische Prozeduren zur Hautverjüngung werden zunehmend häufiger. Daten aus den USA zeigen, dass unter anderem beispielsweise Botox-Injektionen sehr deutlich zugenommen haben (www.plasticsurgery.org). Dabei übersteigt die Zunahme dieser kosmetischen Prozeduren die Zunahme der Bevölkerung in allen Altersgruppen bei weitem. Überdies werden in der Altersgruppe der über 65-Jährigen diese Prozeduren sogar von allen Altersgruppen über 20 relativ am wenigsten häufig angewandt. Dies ist bemerkenswert, da entsprechende Hautalterungszeichen ja eher in dieser Altersgruppe ihre höchste Prävalenz zeigen. Die Zunahme dieser Hautverjüngungsmaßnahmen kann damit höchstens als indirekte Folge des Bevölkerungsalterns angesehen werden. In einer zunehmend älter werdenden Gesellschaft gilt Jugendlichkeit als besonders hohes Gut.
1.5
Herausforderung für Dermatologen
Die alternde Bevölkerung bedeutet eine Herausforderung auch und vielleicht in besonderem Maße für den Dermatologen. Diese Herausforderung wird noch verstärkt durch andere Faktoren, die nicht direkt mit dem Altern der Bevölkerung zusammenhängen. Die Bedürfnisse der Patienten haben sich geändert. Das öffentliche Bewusstsein für das Aussehen und die Schönheit der Haut ist sicher durch Medienkampagnen verstärkt. Häufig fängt die Beunruhigung über Falten und Pigmentflecken schon
11 Weiterführende Literatur
1.6
Fazit für die Praxis
Die deutsche Population altert in einem rapiden Tempo und wird aller Wahrscheinlichkeit nach zumindest in den nächsten 50 Jahren weiter altern. Diese demographische Entwicklung fordert auch die Dermatologie, steigen damit doch natürlicherweise Probleme mit altersbedingten Hautveränderungen und Hauterkrankungen an. Dazu kommt aber noch eine überproportionale Zunahme von dermatologischen Problemen, die nicht nur aus dem normalen Alterungsprozess herrühren. Durch eine Veränderung des Lebensstils und Freizeitverhaltens haben insbesondere die Exposition mit ultraviolettem Licht und damit einhergehend Probleme der lichtgealterten Haut zugenommen. Die starke Zunahme von Hautkrebs hat auch in diesen Veränderungen ihre Ursache. Darüber hinaus nimmt die Besorgnis über das körperliche Aussehen im Alter zu, die von den Medien heftig geschürt wird. Eine ständig wachsende Zahl von Menschen ist an einer Verjüngung ihrer Haut interessiert. Die Dermatologie ist also durch die demographische Entwicklung besonders herausgefordert, wird doch die Zunahme an Krankheit, die alleine durch ein zunehmendes Alter bedingt ist, noch verstärkt durch eine Veränderung des Lebensstils, der zu mehr Hautproblemen führt, und durch höhere Ansprüche an das Aussehen von Haut auch im Alter. Danksagung. Statistiken und Beschreibungen der Bevölkerungsdynamik sind im Internet frei verfügbar. Wir benutzten im Wesentlichen Informationen des Statistischen Bundesamtes der Bundesrepublik Deutschland.
1
Weiterführende Literatur Abdel-Hafez K et al. (2003) Prevalence of skin diseases in rural areas of Assiut Governorate, Upper Egypt. Int J Dermatol 42:887-892 Beauregard S, Gilchrest BA (1987) A survey of skin problems and skin care regimes in the elderly. Arch Dermatol 123:1638-1643 Collins GL et al. (2004) Changing demographics and pathology of nonmelanoma skin cancer in the last 30 years. Semin Cutan Med Surg 23:80-83 Fisher GJ et al. (2002) Mechanisms of photoaging and chronological skin aging. Arch Dermatol 138:1462-1470 Graham-Brown RA (2004) Diagnosing skin disease in the elderly. Practitioner 974-981 Kosmadaki MG, Gilchrest BA (2002) The demographics of aging in the United States: Implications for dermatology. Arch Dermatol 138:1427-1428 Liao YH et al. (2001) Pattern of skin diseases in a geriatric patient group in Taiwan: a 7-year survey from the outpatient clinic of a University Medical Center. Dermatol 203:308-313 Robert Koch Institut (Hrsg) (2004) Hautkrebs, Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Heft 22. Verlag Robert-KochInstitut, Berlin Schäfer T et al. (2006) The epidemiology of nevi and signs of skin aging in the adult general population: Results of the KORA-survey 2000. J Invest Dermatol 126:1490-1496 Schneider BJ, Norman RA (2004) Cutaneous manifestations of endocrine-metabolic disease and nutritional deficiency in the elderly. Dermatol Clin 22:23-31 Smith DR et al. (2002) A survey of skin disease among patients in an Australien nursing home. J Epidemiol 12:336-340 Smith ES et al. (2001) Demographics of aging and skin disease. Clin Geriatr Med 17:631-641 Statistisches Bundesamt (Hrsg) (2006) Bevölkerung Deutschlands bis 2050, 11. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung. Statistisches Bundesamt, Wiesbaden
2 2 Intrinsische und extrinsische Hautalterung Klinische und morphologische Aspekte Mark Berneburg 2.1
Der normale Alterungsprozess – 13
2.1.1 2.1.2
Biologische Rhythmen – 13 Individuelle Lebenserwartung – 14
2.3
Klinische und morphologische Aspekte der Hautalterung – 17
2.3.1 2.3.2
Intrinsische Hautalterung – 17 Extrinsische Hautalterung – 18
2.2
Prozesse der Hautalterung
2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4
Reaktive Sauerstoffspezies (ROS) – 14 Mitochondriale DNS Mutationen – 15 Aktivierung von Transkriptionsfaktoren – 16 Matrixmetalloproteinasen – 16
2.4
Fazit für die Praxis – 22
2.1
Der normale Alterungsprozess
Eine weitere »biologische Uhr« scheint die maximal mögliche Lebensspanne darzustellen, die von Spezies zu Spezies variiert. So werden kleine Säugetiere weniger alt als große. Ebenso weisen unterschiedliche Zellen desselben Lebewesens unterschiedliche maximale Lebenszeiten auf. Weitläufig bekannt ist das von Hayflick 1966 beschriebene Phänomen, nach dem Zellen ein für sie typisches, phasenhaftes Teilungspotenzial besitzen. Die letzte Phase, die sog. Krise, ist dadurch gekennzeichnet, dass die Zellen ihr Teilunspotenzial verlieren und absterben.
– 14
2.1.1 Biologische Rhythmen
Der normale Alterungsprozess wird allgemein als die Veränderung des Körpers im Lauf des Lebens angesehen. Hierzu gehört eine Vielzahl von Aspekten. Während nach »landläufiger« Meinung Alterung als die Summe abnehmender Körperfunktionen (Abbau) gesehen wird, sind zumindest in den ersten beiden Lebensjahrzehnten Alterungsprozesse hauptsächlich vom Aufbau (Wachstum, Geschlechtsreife) gekennzeichnet. Körpereigene Rhythmen, sog. biologische Uhren, verlaufen in verschiedenen Lebensabschnitten quantitativ, aber auch qualitativ unterschiedlich. So verändern sich z. B. zirkadiane Rhythmen (Tag/Nacht, Körpertemperatur, Hormonspiegel von Cortisol und Melatonin) im Rahmen des normalen Alterungsprozesses. Dies ist ebenso der Fall bei langsameren Rhythmen (infradian) wie z. B. Hormonspiegel im Rahmen der Fortpflanzung, aber auch bei wesentlich schnelleren Zyklen (ultradian). Ein Beispiel hierfür ist die Atmungskette im Rahmen der Energiegewinnung, auf die später und in anderen Kapiteln dieses Buches noch eingegangen wird.
Weiterführende Literatur – 22
i Die Lebensdauer jeder einzelnen Zelle scheint also durch ein internes Programm prospektiv begrenzt zu sein.
Wie absolut diese Begrenzung ist, erscheint unklar. Ebenfalls aus dem Hayflick-Experiment ist bekannt, dass ein sehr geringer Teil der ursprünglichen Zellen die terminale Krise übersteht und spontan immortalisieren kann. Zellen wie z. B. die spontan immortalisierten Keratinozyten (HaCat-Zellen) sind so entstanden und werden heute weitläufig in Laboratorien eingesetzt.
14
Kapitel 2 · Intrinsische und extrinsische Hautalterung
2.1.2 Individuelle Lebenserwartung
2
Zur Frage der Lebenszeitverlängerung existiert eine Vielzahl von Untersuchungen. Es ist bekannt, dass die für jede Tierart charakteristische Lebensspanne durch äußere Faktoren beeinflusst werden kann. So lässt sich z. B. die Lebenserwartung von Mäusen und Ratten durch Einschränkung der Nahrungsaufnahme verlängern. Weiterhin lebt die Fruchtfliege Drosophila melanogaster bedeutend länger, wenn sie in niedriger Umgebungstemperatur gehalten wird (120 Tage bei 10°C und 14 Tage bei 30°C). Die Erklärung für den Einfluss der beiden Faktoren Umgebungstemperatur und Nahrungsaufnahme ist im Energieumsatz zu suchen. Die Lebenserwartung einer bestimmten Spezies verhält sich nämlich umgekehrt proportional zu ihrem Grundumsatz. Große Tiere verbrauchen weniger O2 pro Kilogramm Körpergewicht und leben länger als kleine Tiere, die relativ wesentlich mehr Sauerstoff umsetzen. Die Bedeutung des Sauerstoffverbrauchs für den normalen Alterungsprozess beruht wahrscheinlich auf der Bildung hochreaktiver Sauerstoffradikale (ROS). Harman formulierte als Erster diese sog. Freie-Radikale-Theorie des Alterns (»free radical theory of aging«). Nach dieser Theorie ist der Organismus ständig freien Sauerstoffradikalen ausgesetzt, die überall im Körper entstehen. Im Laufe seines Lebens acquiriert der Organismus eine stetig steigende Anzahl von ROS-induzierten Schäden, die eine Vielzahl von Körperfunktionen beeinträchtigen. Dieser Alterungsprozess schreitet kontinuierlich fort, bis die Summe der Schäden nicht mehr mit dem Leben zu vereinbaren ist. i Lebenserwartung ist abhängig vom Sauerstoffumsatz und verhält sich umgekehrt proportional zum Grundumsatz.
2.2
Alterungsprozess dar. Als mechanische und biologische Grenze zwischen inneren Organen und Umwelt ist die Haut täglich zusätzlich einer Vielzahl von exogenen Einflüssen ausgesetzt, die nicht nur einmalig und direkt einwirken (Verletzung), sondern auch repetitiv und mit großer Latenz. Deshalb wird bei der Haut die intrinsische von der extrinsischen Alterung unterschieden. Die Namensgebung ist hier nicht eindeutig. Bei der intrinsischen Alterung wird oft auch von der chronologischen oder genetischen, bei der extrinsischen von der exogenen bzw. vorzeitigen Alterung und, falls ultraviolettes Licht die exogene Noxe darstellt, auch von der Lichtalterung gesprochen. Unterschieden werden beide Prozesse durch die hervorrufenden Noxen und zum Teil durch die unterschiedlichen Pathomechanismen. Morphologisch ist die intrinsische Hautalterung nicht immer scharf von der extrinsischen zu trennen. Beide Prozesse entstehen parallel, und insbesondere die extrinsische Alterung der Haut kann die intrinsische Alterung an unterschiedlichen Körperstellen in unterschiedlichem Ausmaß überlagern. i Unter intrinsischer Hautalterung versteht man chronologische oder genetische Alterung, unter extrinsischer exogene, vorzeitige oder Lichtalterung.
Die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen der Lichtalterung werden unter einem eigenen Kapitel behandelt und dort im Detail beschrieben (7 Kap. 3). Einige Aspekte der intrinsischen Alterung der Haut weisen jedoch dieselben zugrundeliegenden Mechanismen auf wie die extrinsische (Licht-)Alterung. Weiterhin leiten sich die biochemischen, morphologischen und klinischen Charakteristika der Hautalterung direkt aus diesen Pathomechanismen ab. Deshalb soll zum besseren Verständnis auf diese Mechanismen hier kurz eingegangen werden.
Prozesse der Hautalterung 2.2.1 Reaktive Sauerstoffspezies (ROS)
Mechanismen der Alterung, wie sie für den gesamten Organismus von Bedeutung sind, spielen natürlich auch bei der Alterung der Haut eine Rolle. Aufgrund ihrer besonderen Schutzfunktion für den Körper stellt die Haut jedoch eine Ausnahme im
Wie bereits oben erwähnt, spielen freie Sauerstoffradikale (ROS) eine zentrale Rolle in der Hautalterung. Gemäß der von Harman formulierten FreieRadikale-Theorie der Alterung kommt es im Laufe
15 2.2 · Prozesse der Hautalterung
des Lebens kontinuierlich zur Bildung solcher Moleküle. Dies geschieht in besonderem Maße in Geweben mit hohem Sauerstoffumsatz (7 Abschn. 2.1.2), wie z. B. Gehirn, Muskel und Leber.
Entstehung Auf Zellebene sind die Mitochondrien der Ort mit dem höchsten Umsatz an ROS. Im Rahmen der Energiegewinnung durch die Atmungskette entsteht an der inneren Mitochondrienmembran hauptsächlich H2O2. Dieses Radikal entsteht jedoch auch im Rahmen der Lichtalterung, wo es durch Superoxiddismutasen aus Superoxidanionen generiert wird. Eine Vielzahl von Untersuchungen hat ergeben, dass im Rahmen der extrinsischen Alterung H2O2 und Singulett-Sauerstoff die wichtigsten ROS darstellen, die durch UVA-Licht induziert werden. Hydroxylradikale hingegen entstehen im Rahmen der physiologischen Fenton-Reaktion zusammen mit H2O2 und stellen bei der extrinsischen Hautalterung im Rahmen der UVB-Exposition die wichtigsten Sauerstoffradikale dar. i ROS sind also von zentraler Bedeutung sowohl bei der intrinsischen als auch bei der extrinsischen Alterung der Haut.
Körpereigene Abwehrkapazität Im Laufe der Evolution hat der Organismus mehrere Abwehrmechanismen gegen ROS entwickelt. Hierzu gehören Katalase, Cytochrom p450, Glutathion, Fenton-Reaktion etc. Wenn die Quencherkapazität der körpereigenen Systeme überschritten wird, können die hochreaktiven Moleküle mit verschiedenen Bestandteilen der Zelle reagieren und diese schädigen. So können zelluläre Makromoleküle wie z. B. DNS, Proteine und Lipoproteine direkt geschädigt werden. In diesem Zusammenhang sind Veränderungen der DNS von besonderer Bedeutung, da sie als Mutationen der Erbinformation unwiderruflich festgeschrieben werden. Ebenfalls findet die Veränderung der DNS kontinuierlich statt, und auch gegen diese Schäden hat der Organismus Reparaturmechanismen wie Mismatch-, Doppelstrangbruchund Nukleotid-Exzisions-Reparatur entwickelt. Falls jedoch auch diese Mechanismen in ihrer Kapazität erschöpft werden, akkumulieren irreversible Schäden im Laufe der Zeit im Genom. Die kontinuierliche
2
Attacke von ROS und die körpereigene Abwehr durch Quencher- und Reparatursysteme führen dazu, dass Alterungsprozesse der Haut nicht momentaner Natur sind, sondern einen Prozess darstellen, der über Jahre hinweg protrahiert verläuft. i Überlastung körpereigener Abwehrmechanismen durch kontinuierliche ROS-Bildung führt zu Genmutationen und protrahiert zur Hautalterung.
In diesem Zusammenhang spielt der Gedanke der Speziesfortpflanzung evtl. eine Rolle. Es ist bekannt, dass die körpereigenen Schutzmechanismen im Alter abnehmen. Dies könnte zum einen damit zusammenhängen, dass bis zu einem Alter von ca. 30 Jahren die metabolischen Anforderungen an den Organismus besonders hoch sind und deshalb auch die Schutzmechanismen besonders aktiv sind. Zum anderen ist evolutiv gesehen das Individuum jenseits der reproduktiven Phase aus Fortpflanzungsgesichtspunkten nicht mehr besonders schützenswert, weshalb die Abwehr von ROS keine evolutiven Vorteile bietet.
2.2.2 Mitochondriale DNS Mutationen
Mitochondrien sind Zellorganellen, die vor ca. 1,5 Mrd. Jahren aus sog. Purpurbakterien entstanden sind. Ihre Hauptaufgabe ist die Bereitstellung von Energie in Form von ATP. Dies geschieht durch die Atmungskette, einen Prozess, der durch 5 Proteinkomplexe betrieben wird. Die Atmungskette befindet sich an der inneren Mitochondrienmembran. Entlang dieser wird ein Protonengradient aufgebaut, durch dessen Hilfe im letzten Schritt der Atmungskette aus ADP und Organophosphat ATP generiert wird. Dieser Prozess verläuft nicht immer fehlerfrei. Bei Fehlern in der Atmungskette kann es zur Entstehung von ROS kommen, weshalb das Mitochondrium den Ort mit dem höchsten Umsatz an ROS in der Zelle darstellt. So wird geschätzt, dass in einem Rattenlebermitochondrium täglich etwa 1×107 ROS entstehen. Mitochondrien enthalten ihr eigenes genetisches Material. Die mitochondriale (mt)DNS ist ein 16.559 bp langes, zirkuläres und doppelsträngiges Molekül, welches in ca. 4–10 Kopien pro Mitochon-
16
2
Kapitel 2 · Intrinsische und extrinsische Hautalterung
drium vorliegt. Die mtDNS befindet sich in unmittelbarer Nähe zur Atmungskette und damit in unmittelbarer Nähe zu den schädigenden Einflüssen der entstehenden ROS. Es konnte gezeigt werden, dass Mutationen der mtDNS im normalen Alterungsprozess akkumulieren und die Funktion der Atmungskette umgekehrt proportional dazu abnimmt, was zu einer Abnahme der Energiebereitstellung führt (mitochondriale Theorie des Alterns). Es konnte gezeigt werden, dass über die intrinsische Alterung hinaus Mutationen der mtDNS auch bei der extrinsischen Alterung der Haut eine Rolle spielen (mitochondriale Theorie der Lichtalterung). Haut, die repetitiv mit UV-Licht exponiert wurde, zeigte eine Induktion von Mutationen der mtDNS. Diese Mutationen blieben bis zu einem Jahr in der Haut bestehen, was darauf hindeutet, dass mtDNSMutationen als Langzeitmarker für chronischen UV-Schaden angesehen werden können. Die Induktion von mtDNS-Mutationen konnte auch in vitro in normalen humanen Fibroblasten bestätigt werden. In diesem System konnte ebenfalls gezeigt werden, dass das Vorliegen dieser Mutationen zu funktioneller Störung der Mitochondrien (Sauerstoffverbrauch, mt-Membranpotenzial, Energiestoffwechsel) führt und ebenso zur Induktion von Enzymen, welche eine zentrale Rolle bei der extrinsischen Alterung der Haut (Lichtalterung) spielen. Diese Enzyme, sog. Matrixmetalloproteinasen (MMP), werden in 7 Abschn. 2.2.4 kurz beschrieben.
2.2.3 Aktivierung von Transkriptions-
faktoren Ein weiterer Mechanismus, welcher zur Induktion von Matrixmetalloproteinasen führt, ist die Aktivierung von Transkriptionsfaktoren durch UV-Licht. Hierbei handelt es sich um Prozesse, die fast ausschließlich bei der extrinsischen (Licht-)Alterung eine Rolle spielen, weshalb sie hier nur kurz beschrieben werden. UV-Exposition humaner Haut führt nicht nur direkt zur Induktion von MMP, sondern auch zur Induktion der Transkriptionsfaktoren AP-1 und NF-κB. Diese Faktoren sind bekanntermaßen Aktivatoren von MMP-Genen. Die Aktivierung erfolgt innerhalb von Stunden und beinhaltet Prozesse, die mitogen aktivierte Pro-
teine (MAP), epidermalen Wachstumsfaktor (EGF) und c-jun-amino-terminale Kinase (JNK) beinhalten. Dieser Weg der indirekten Aktivierung der MMP in extrinsisch gealterter Haut existiert also zusätzlich zur direkten MMP-Induktion durch ROS.
2.2.4 Matrixmetalloproteinasen
Eine große Zahl an Arbeiten deutet darauf hin, dass Matrixmetalloproteinasen (MMP) eine wichtige Rolle bei der Entstehung der extrinsischen Hautalterung spielen. Matrixmetalloproteinasen stellen eine Familie von Enzymen dar, der ständig neue Vertreter zugeordnet werden und von denen letztlich nicht alle ausschließlich an der Lichtalterung beteiligt sind. Insgesamt bilden diese Enzyme jedoch die gemeinsame Endstrecke auf dem Weg zur Lichtalterung. Sie werden direkt und indirekt durch ultraviolettes Licht induziert, und ihre Hauptaufgabe ist es, dermale Matrixproteine proteolytisch zu degradieren. i Hauptsubstrat der MMP sind Strukturproteine der Dermis, wie Kollagene und Gelatine.
Dieser Abbau führt letztendlich zu den klinisch und histologisch sichtbaren Veränderungen, die charakteristisch für lichtgealterte Haut sind. Für Matrixmetalloproteinasen existieren physiologischerweise gewebeabhängig für sie spezifische Inhibitoren, sog. »tissue specific inhibitors of matrix metalloproteinases« (TIMP). Sie reduzieren die Aktivität der MMP und dämmen so z. B. eine überschießende Proteindegradation ein. Es konnte gezeigt werden, dass bei UV-Bestrahlung auch TIMP aufreguliert werden. Das Zusammenspiel von MMP und TIMP ist letztlich jedoch noch nicht vollständig geklärt. Insbesondere sind der Einfluss der unterschiedlichen Wellenlängen und die Bedeutung von Einzelexposition gegen repetitive Exposition von UV-Licht noch nicht vollständig verstanden. Nichtsdestotrotz spielt für das Ausmaß der beobachteten klinischen und morphologischen Veränderungen im Rahmen der Lichtalterung offensichtlich der Steady State zwischen UV-induzierten MMP und TIMP eine wichtige Rolle.
17 2.3 · Klinische und morphologische Aspekte der Hautalterung
2.3
Klinische und morphologische Aspekte der Hautalterung
2.3.1 Intrinsische Hautalterung
Die intrinsische – auch genetische oder chronologische – Alterung ist ein universeller Prozess, der in jedem Lebewesen spezies-, organ- und zellspezifisch abläuft. Wie bereits oben beschrieben, handelt es sich hier um einen Prozess, der über Jahre protrahiert verläuft. Von daher entstehen die beobachteten Veränderungen nicht akut, sondern entwickeln sich langsam. Die im Folgenden aufgeführten klinischen und morphologischen Merkmale der Alterung (. Tab. 2.1) beschreiben deshalb hauptsächlich die eindrucksvollsten Charakteristika als Endpunkt einer kontinuierlichen Entwicklung.
2
Klinik Die intrinsische Hautalterung läuft für das gesamte Organ gleichermaßen ab. Im Gegensatz dazu findet die extrinsische Lichtalterung ausschließlich an sonnenexponierten Arealen statt, weshalb die intrinsische Hautalterung nur an sonnengeschützten Hautarealen isoliert zu beobachten ist. Gemäß dem heutigen Schönheitsideal einer sonnengebräunten Haut setzt ein großer Teil der Bevölkerung fast die gesamte Haut im Sommerurlaub oder in Solarien zur Bräunung ultraviolettem Licht aus. Hierdurch wird an den meisten Körperstellen die intrinsische Hautalterung von der extrinsischen überlagert. Hautareale, welche häufig intrinsisch gealterte Haut isoliert aufweisen, sind die Gesäß- und Steißregion, da hier selbst bei Ganzkörperexposition z. B. im Rahmen von Solarienbestrahlung eine H2O2-Bildung durch
. Tab. 2.1. Klinische und morphologische Charakteristika von intrinsisch (chronologische Alterung) und extrinsisch (Lichtalterung) gealterter Haut Intrinsisch (chronologisch)
Extrinsisch (Lichtalterung)
Feine Faltenbildung
Grobe Faltenbildung
Laxes Erscheinungsbild
Solare Elastose
Gleichmäßige Pigmentierung
Unregelmäßige, fleckige Pigmentierung
Unverändertes Stratum corneum
Verdicktes Stratum corneum
Atrophische Epidermis
Früh: Akanthotische Epidermis Spät: Atrophische Epidermis
Geringe Zelldysplasie
Ausgedehnte Zelldysplasien
Geringe Atrophie der dermoepidermalen Junktionszone
Ausgedehnte Atrophie der dermoepidermalen Junktionszone
Geringe Reorganisation der elastischen Fasern
Massive Degeneration und Deposition der elastischen Fasern
Geringe Veränderungen der Kollagenbündelgröße und -organisation
Starke Veränderungen der Kollagenbündelgröße und -organisation
Verringerung der Mikrovaskulatur Purpura senilis
Prominente vaskuläre Veränderungen: Teleangiektasien Ekchymosen Perivaskulär entzündliches Infiltrat
Reduktion der Haarfollikel
Reduktion der Haarfollikel
Reduktion der Schweiß- und Talgdrüsen
Reduktion der Schweiß- und Talgdrüsen
Normaler Melaningehalt
Vermehrte Anzahl von Melanin und Nävuszellnävi, Lentigines
Benigne Neoplasien (seborrhoische Keratosen)
Benigne Neoplasien (seborrhoische Keratosen) Prämaligne Neoplasien (aktinische Keratosen) Maligne Neoplasien (Basalzell- und Plattenepithelkarzinome)
18
2
Kapitel 2 · Intrinsische und extrinsische Hautalterung
den Auflagedruck auf den Liegeflächen unterbunden wird. An Stellen mit fast ausschließlich intrinsischer Alterung sieht die Haut zigarettenpapierartig atrophisch aus, mit feiner Faltenbildung. Die Pigmentierung ist regelmäßig und die Hautoberfläche zeigt zum Teil leicht silbrigen Glanz. Bei Palpation zeigt sich reduziertes subkutanes Fettgewebe, weshalb die Haut lax wirkt und sich leicht abheben lässt. Abgehobene Hautfalten bilden sich bei guter Elastizität schnell zurück, wobei jedoch eine kleine Restfalte bestehen bleiben kann. Aufgrund der in 7 Abschn. 2.3.1.2 aufgeführten Prozesse ist die intrinsisch gealterte Haut zunehmend anfällig für Bagatelltraumen. Sie wirkt rissig, zeigt häufiger Minimalverletzungen und die Heilung dieser Wunden ist verlangsamt. In diesem Zusammenhang tragen Sugillationen weiter zum Gesamtbild bei und die hieraus resultierenden Hämosiderinablagerungen stellen das morphologische Korrelat der Purpura senilis dar. Chronologisch gealterte Haut zeigt darüber hinaus ein gehäuftes Auftreten von benignen Hauttumoren wie z. B. Verrucae seborrhoicae. Nävuszellnävi nehmen bis zur 3. Lebensdekade möglicherweise zu, während dies danach physiologischerweise nicht mehr beobachtet werden sollte und eher ein Hinweis auf maligne Entartung sein kann. Die Zahl der Schweiß- und Talgdrüsen ist reduziert (Xerosis cutis, Pruritus senilis). Ebenso ist die Zahl der Haarfollikel reduziert, mit daraus resultierend dünnerem Haarwuchs. Der Hauttyp hat bei dem Prozess der intrinsischen Alterung nicht die Bedeutung, wie sie bei der extrinsischen Hautalterung vorliegt. Unregelmäßigere Gefäßzeichnung und altersbedingte Sugillationen sind bei Hauttypen III–VI nach Fitzpatrick weniger sichtbar, liegen aber ebenfalls vor. Pigmentverschiebungen, wie z. B. Lentigo senilis und auch die obigen Einblutungen, werden darüber hinaus eher der Lichtalterung zugeschrieben.
Die Epidermisdicke nimmt bei chronologisch gealterter Haut ab, wobei das Stratum corneum unverändert bleibt. Dies ist bedingt durch eine altersbedingte Reduktion der epidermalen Turnover-Rate um bis zu 50% bis zur 80. Lebensdekade. In vitro spiegelt sich dies in der reduzierten Ansprechrate von epidermalen Keratinozyten auf Wachstumsfaktoren wider, und dies stellt eine Erklärung für die altersbedingt reduzierte Reparaturkapazität bei Bagatelltraumen dar. Epidermales Filaggrin, notwendig zur Bindung von Keratinfilamenten, ist reduziert und ursächlich für trockenes Erscheinungsbild und veränderte Barrierefunktion. Die dermoepidermale Junktionszone ist abgeflacht mit Verringerung der dermalen Papillen und Reteleisten. Es wird angenommen, dass durch diese Reduktion der Kontaktfläche zwischen Epidermis und Dermis die Ablösung der beiden Schichten und damit die Verletzlichkeit der Haut weiter gefördert werden. Die dermale Dicke nimmt aufgrund von Veränderungen der Matrixproteine ebenso ab. Dies liegt hauptsächlich an der veränderten Architektur von Kollagen und elastischen Fasern. Das Gleichgewicht von Synthese und Abbau von Kollagen und elastischen Fasern ist zum Abbau hin verschoben. Desorganisation und pathologische Quervernetzung der Kollagenfaserbündel führen zu reduziertem Hauttonus. Die Elastizität ist im Vergleich zu extrinsisch gealterter Haut jedoch nur gering herabgesetzt.
Morphologie
Die extrinsiche Hautalterung – auch bezeichnet als Lichtalterung, aktinische Alterung oder vorzeitige Alterung – grenzt sich von der intrinsischen Alterung durch ihre Ursachen und durch bestimmte pathophysiologische Prozesse ab (s. oben). Hierdurch kommt es zu charakteristischen Veränderungen (. Tab. 2.1), welche jedoch nicht unabhängig von der
Intrinsisch alternde Haut zeigt im Lauf des Lebens eine Abnahme der Dicke aller Hautschichten. Dies steht im Gegensatz zu Veränderungen bei extrinsisch gealterter Haut, bei der generell eine Dickenzunahme der Schichten beobachtet werden kann.
i All diese Alterationen, gemeinsam mit der oben erwähnten Reduktion des subkutanen Fettgewebes, tragen ursächlich zu der beschriebenen klinischen Erscheinung der chronologisch gealterten Haut mit zigarettenpapierartig atrophisch laxem Bild und erhöhter Fragilität bei blassem Aussehen bei.
2.3.2 Extrinsische Hautalterung
19 2.3 · Klinische und morphologische Aspekte der Hautalterung
intrinsischen Alterung stattfinden. Vielmehr finden beide Prozesse gleichzeitig nebeneinander statt. Von daher ist es nicht immer möglich, beide Veränderungen eindeutig morphologisch zu unterscheiden. Ist die extrinsische Hautalterung jedoch weit genug fortgeschritten, können die dadurch hervorgerufenen Veränderungen die morphologischen Merkmale der intrinsischen Alterung komplett überlagern. i Hauptursache der extrinsischen Hautalterung ist die chronische Exposition mit ultraviolettem (UV) Licht.
Sowohl das UV-Licht der Wellenlänge UV-A (320– 400 nm) als auch UV-B (280–320 nm) spielt eine ursächliche Rolle bei der Lichtalterung. UV-A Licht dringt bis in die fibroblastenreiche Dermis vor und führt dort zur Induktion von ROS (z. B. SingulettSauerstoff). Weiterhin kommt es durch Exposition der Haut mit UV-A zu Mutationen der mitochondrialen DNS. Es wird angenommen, dass hierdurch weitere ROS generiert werden (H2O2), welche gemeinsam mit direkt induzierten ROS zur Induktion der Matrixmetalloproteinasen führen, die dann histologische Merkmale der Lichtalterung wie solare Elastose und basophile Degeneration zur Folge haben. UV-B-Licht wird hauptsächlich in der keratinozytenreichen Epidermis absorbiert. Hier führt es zur in 7 Abschn. 2.2.3 beschriebenen Induktion von Transkriptionsfaktoren (AP-1, NF-κB) über Regulation der MAP-Kinase-Kaskade. Auch über diesen Weg, der indirekt über die Epidermis verläuft, werden wieder MMP aktiviert mit den daraus resultierenden klinischen und histologischen Veränderungen.
Klinik Klinische Zeichen der extrinsischen Hautalterung können an allen Hautstellen auftreten, welche chronisch mit UV-Licht exponiert wurden. Eine große interindividuelle Schwankung im Hinblick auf Verteilung und Intensität der Hautveränderungen liegt vor, möglicherweise auch aufgrund von Faktoren wie Reparaturkapazität von DNS-Schäden und antioxidativer Kapazität der Haut. Weitere Einflüsse wie Grund der UV-Exposition (Beruf, Freizeit/Urlaub), Haarstil und Mode (lange Kleidung/Hüte) spielen eine Rolle.
2
Klinisch und morphologisch werden mittlerweile zwei Formen der extrinsischen Hautalterung unterschieden, die atrophische Form der Lichtalterung und die Form der zitrinen Haut nach Milian.
Atrophische Form Die atrophische Variante der extrinsischen Hautalterung ist erst neuerdings als eigene Form beschrieben worden und wird hier nur kurz aufgeführt. Im Gegensatz zur hypertrophen Lichtalterung zeigt diese Form ausgedehnte Bildung von Teleangiektasien in sonnenexponierten Arealen bei nur geringerer Faltenbildung. Im Vergleich zu intrinsisch gealterter Haut der angrenzenden Partien ist die Faltenbildung jedoch trotzdem bemerkbar. Diese Variante der extrinsischen Hautalterung scheint bevorzugt bei helleren Hauttypen vorzuliegen.
Milians zitrine Haut Milians zitrine Haut ist die am weitesten verbreitete Form mit lederartiger Verdickung, grobem Faltenrelief, gelblichem Erscheinungsbild und reduzierter Elastizität. Dieses ist die allgemein als Lichtalterung bekannte Form der extrinsischen Hautalterung, welche insgesamt durch hypertrophe Hautveränderungen gekennzeichnet ist. Lichtalterung im Sinne von Milians zitriner Haut ist klinisch gekennzeichnet durch lederartig verdicktes Erscheinungsbild mit grober Faltenbildung. Die Haut erscheint trocken und unelastisch. Da im Gegensatz zu chronologisch gealterter Haut die lichtgealterte Haut insgesamt mit einer hyperproliferativen Antwort als Schutz vor chronischem UV-Licht reagiert, spricht man auch von einer »Lichtschwiele«. Die prominentesten Stellen der Lichtalterung sind im Allgemeinen der Nacken, das Gesicht, Decolletée, die Unterarme und Hände. Im Gesicht beginnt die Faltenbildung an der Stirn, periorbital (Krähenfüße), entlang der Nasolabialfalte und präaurikulär. Sehr auffällig sind die Hautveränderungen auch am Nacken. Hier kommt es durch vergröbertes Faltenrelief, welches sich in typisch rhomboidalem Muster zeigt (Cutis rhomboidalis nuchae), zur sog. Landmannshaut (. Abb. 2.1). Weniger tief ist die Faltenbildung am Decolletée. Hier ist die Haut jedoch charakteristisch verdickt und unelastisch, wodurch die Haut unnatürlich glatt wirkt. Die Zahl der
20
Kapitel 2 · Intrinsische und extrinsische Hautalterung
2
. Abb. 2.1. Cutis rhomboidalis nuchae (Landmannshaut): Im Nacken von Personen mit chronischer Sonnenexposition zeigt sich im sonenexponierten Areal die klinisch typische, verdickte Haut mit der Bildung tiefer Falten. Diese Falten sind in charakteristischer Weise rautenförmig angeordnet. Die Haut ist in ihrer Elastizität herabgesetzt und wirkt lederartig gegerbt
. Abb. 2.2. Erythrosis interfollicularis colli: Als Zeichen chronischer, intensiver UV-Exposition tritt subaurikulär an beiden Halsseiten ein scharf begrenztes teleangiektatisches Erythem auf, das die stecknadelkopfgroßen normalfarbigen Haarfollikel ausspart. Später kann es im Bereich der Erythrosis interfollicularis colli zu Hyperpigmentierungen kommen
Haarfollikel in extrinsisch gealterter Haut ist reduziert, ebenso ist die Anzahl der Schweiß- und Talgdrüsen vermindert, wodurch ein trockenes Erscheinungsbild der Haut entsteht, welches in diesem Aspekt der intrinsischen Hautalterung entspricht. Das Favre-Racouchot-Syndrom mit tiefer, furchenartiger Faltenbildung, nodulären elastotischen Plaques der Periorbitalregion, Komedonen und Keratinozysten ist ein klassischer Vertreter der extrinsisch gealterten Haut. Die sog. Erythrosis interfollicularis colli (. Abb. 2.2) ist ebenfalls ein klassisches Beispiel für extrinsisch gealterte Haut. Als Zeichen chronischer, intensiver UV-Exposition tritt subaurikulär an beiden Halsseiten, aber auch am Decolletée, ein charakteristisches scharf begrenztes, gleichmäßiges teleangiektatisches Erythem mit Aussparung der normalfarbenen stecknadelkopfgroßen Haarfollikel auf, das mit Hyperpigmentierungen vergesellschaftet sein kann. Keine Hautveränderungen sind submental oder retroaurikulär zu beobachten. Die Veränderungen sind irreversibel. Die Streckseiten der Hände und Unterarme zeigen sternförmige Narbenbildung (Cicatrix stellatum), hervorgerufen durch Traumen der fragilen lichtgealterten Haut. Allgemein kommt es im Rahmen der extrinsischen Lichtalterung an den Unterarmen und Handrücken zu verstärkter Pigmentbildung, die bei fortgeschrittener Lichtalterung zunehmend unregelmäßig wird. Hierdurch kommt es zu diffuser Hyperpigmentierung und Ausbbildung von Lentigines.
Bedeutung des Hauttyps Weiterhin zeigen die Hautveränderungen bei verschiedenen Hauttypen quantitative, aber auch qualitative Unterschiede. Bei Fitzpatrick-Hauttypen V und VI setzt Lichtalterung wesentlich später als bei niedrigeren Hauttypen ein, wohingegen die Hauttypen I und II besonders anfällig für extrinsische Hautalterung sind. Beispielsweise zeigen Asiaten erst sehr spät Veränderungen entsprechend extrinsischer Hautalterung, während sie bei Kaukasiern wesentlich früher beobachtet werden. Asiaten scheinen besonders guten konstitutiven Schutz vor Lichtalterung zu besitzen. Quantitative und qualitative Differenzen im melaninbedingten Schutz spielen hier sicherlich eine Rolle. Ob jedoch weitere Faktoren wie besseres antioxidatives Quencherpotenzial oder diätetische Gewohnheiten (Polyphenole im chinesischen grünen Tee?) kausal bedeutsam sind, kann bislang nur spekuliert werden.
Morphologie Im Gegensatz zur intrinsischen Hautalterung, in der auf allen kutanen Ebenen eine Atrophie vorliegt, kommt es im Rahmen der extrinsischen Hautalterung zu einer Zunahme der Dicke fast aller Hautschichten. Dies liegt zum einen an zellulärer Hyperproliferation, zum anderen aber auch an der Veränderung der dermalen Matrixproteine in Zahl und Qualität.
21 2.3 · Klinische und morphologische Aspekte der Hautalterung
2
i Intrinsische Hautalterung führt zu Atrophie, extrinsische Alterung durch Zellproliferation und Matrixproteinmodifikation zu Dickenzunahme.
So kommt es zu erhöhter Melaninproduktion und milden dysplastischen Veränderungen sowie Akanthose und solarer Elastose (. Abb. 2.3). Die dermale Hyperproliferation als Schutz gegen chronische UV-Exposition zeigt sich in gleichem Maße in allen Hautschichten. Das Stratum corneum ist verdickt. Die Epidermis ist anfangs akanthotisch und erst in einem sehr späten Stadium kommt es zur Atrophie. Die dermoepidermale Junktionszone ist allerdings im Gegensatz zum restlichen Bild abgeflacht, und zwar noch stärker, als dies bei der intrinsischen Hautalterung beobachtet wird. Die Basalmembran wiederum ist in ihrer Dicke verdoppelt, wohl als Ausdruck von Schäden der dort befindlichen basalen Keratinozyten. Die Melanozyten variieren entlang der Basalmembran stark in Bezug auf Größe, Dendritenmorphologie und Pigmentierung, was im klinischen Bild als die oben beschriebene unregelmäßige Pigmentierung deutlich wird. Zahlenmäßig kommt es zu einer Verdoppelung der Melanozyten in extrinsisch gealterter Haut und aufgrund verstärkter Produktion ebenfalls zur Verdoppelung des Melaningehaltes.
. Abb. 2.3. Histologie der solaren Elastose (Hämatoxylin: Eosin-Färbung, HE): Sehr deutlich ist die massiv verdickte Dermis zu erkennen. Dies wird hervorgerufen durch Ablagerung von in der HE-Färbung blassbasophilem Material, welches sich hauptsächlich aus degradiertem Kollagen und elastischen Fasern rekrutiert. Die solare Elastose stellt das histologische Korrelat der lederartig verdickten Haut mit tiefer Faltenbildung bei herabgesetzter Elastizität dar
Dermisalterationen Die auffälligsten Veränderungen sind in der Dermis zu beobachten. Hier ist ein vertikaler Gradient des UV-Schadens zu beobachten, parallel zur kontinuierlichen Absorption des UV-Lichts in der Tiefe. Hier korrelieren Tiefe und Schwere der dermalen Veränderungen mit der Schwere des UV-Schadens. Die augenscheinlichste Alteration der Dermis ist die solare Elastose. Elastin als Matrixprotein und fragmentierte elastische Fasern (. Abb. 2.4) liegen vor, ebenso wie Muzine und Glykosaminoglykane. Insgesamt können diese Veränderungen einen unterschiedlichen Anteil des dermalen Kompartiments einnehmen. Die Elastose beginnt gewöhnlich in der Junktionszone von papillärer und retikulärer Dermis und wird normalerweise nicht in intrinsisch gealterter Haut beobachtet. Die Dermis weist als Zeichen einer gemischten chronischen Entzündungsreaktion infolge UV-Bestrahlung ein perivaskuläres Infiltrat, perifollikuläre Fibrose und dermale Melanophagen auf.
. Abb. 2.4. Elastica-van-Gieson-Färbung (EvG) von extrinsisch gealterter Haut: Fragmentierte elastische Fasern zeigen sich in der gesamten Dermis als schwarze Strukturen. Typisch ist das ungeordnete Muster infolge Degradation
Matrixmetalloproteinasen Als weiteres wichtiges Charakteristikum lichtgealterter Haut werden Fasern reifen Kollagens durch unregelmäßig gepackte, unreife Kollagenfasern ersetzt, welche in der Hämatoxylin-Eosin-Färbung einen basophilen Charakter aufweisen. Diese Veränderung stellt als basophile Degeneration ein wichtiges histologisches Kriterium extrinsisch gealterter Haut dar. Hervorgerufen werden diese Veränderungen durch Matrixmetalloproteinasen (MMP). Diese
22
2
Kapitel 2 · Intrinsische und extrinsische Hautalterung
werden durch die in 7 Abschn. 2.2.4 beschriebenen Mechanismen induziert und führen bei Imbalance von MMP zu TIMP zur Degradation der unterschiedlichen Matrixproteine. MMP haben spezifische Substrate. So degradiert MMP-1 (interstitielle Kollagenase) z. B. Kollagen I, II und III ebenso wie MMP-3 (neutrale Kollagenase). MMP-3 (Stromylesin-1) wiederum hat die Kollagene III, IV, V und Gelatin als Substrate, und die Familie der MMP wächst kontinuierlich weiter. Diese Proteinasen stellen insofern zentrale Enzyme in der Pathogenese der extrinsischen Hautalterung dar (s. oben), und ein Großteil der histologisch beobachteten Hautveränderungen (z. B. solare Elastose, basophile Degeneration) können durch die Aktivität dieser Schlüsselmoleküle erklärt werden.
2.4
Fazit für die Praxis
In den letzten Jahren sind die zugrunde liegenden Mechanismen der Hautalterung weiter aufgeklärt worden. Neben dem besseren Verständnis der Pathomechanismen konnte deshalb dieses Wissen im Sinne einer Verbesserung der Prophylaxe umgesetzt werden. So enthält mittlerweile eine große Zahl von Lichtschutzpräparaten adäquaten Schutz vor UV-AStrahlung und viele Tagescremes beinhalten regulär einen Lichtschutz. Durch diese Maßnahmen verbessert sich der Schutz der Haut. Darüber hinaus ist es aber nach wie vor wichtig, dass die Haut durch vernünftigen Umgang mit UV-Strahlung so gut wie möglich geschützt wird. Neben effektiven Lichtschutzpräparaten im UV-A- und UV-B-Bereich ist hier auch das Meiden der Sonne in der Mittagszeit sowie das Tragen schützender langärmeliger Kleidung und breitkrempiger Hüte von Bedeutung.
Weiterführende Literatur Berneburg M, Kamenisch Y, Krutmann J (2006) Repair of mitochondrial DNA in aging and carcinogenesis. Photochem Photobiol Sci 5:190-198 Braun-Falco O, Plewig G, Wolff HH (Hrsg) (1996) Dermatologie und Venerologie. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio Chung JH (2003) Photoaging in Asians. Photodermatol Photoimmunol Photomed 19:109-121 Fisher GJ, Kang S, Varani J et al. (2002) Mechanisms of photoaging and chronological skin aging. Arch Dermatol 138:1462-1470 Grether-Beck S, Wlaschek M, Krutmann J, Scharffetter-Kochanek K (2005) Photodamage and photoaging – prevention and treatment. J Dtsch Dermatol Ges (Suppl 2):S19-25 Krutmann J, Hönigsmann H (Hrsg) (1997) Handbuch der dermatologischen Phototherapie und Photodiagnostik. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio Ma W, Wlaschek M, Tantcheva-Poór I (2001) Chronological ageing and photoageing of the fibroblasts and the dermal connective tissue. Clinical and Experimental Dermatology 26:592-599 Scharffetter-Kochanek K (1997) Photoaging of the connective tissue of skin: its prevention and therapy. Adv Pharmacol 38:639-655 Yaar M, Gilchrest BA (2003) Aging of the skin. In: Fitzpatrick TB, Eisen AZ, Wolff K, Freedberg IM, Austen KF (eds) Dermatology in general medicine. New York, Mc Graw Hill
3 3 Molekulare Mechanismen der Hautalterung durch UV-Strahlung und andere exogene Noxen Jean Krutmann, Peter Schröder, Akimichi Morita
3.1
Einleitung
3.2
Pathomechanismen der Lichtalterung – 23
3.2.1
Kollagen, Matrixmetalloproteinasen und Elastin – 24 Die Rolle von Gefäßveränderungen bei der Lichtalterung – 26 Lichtalterung als chronischer Entzündungsprozess – 27 Proteinoxidation und Lichtalterung – 27 Bedeutung mitochondrialer DNS-Mutationen für die Lichtalterung – 28
3.2.2 3.2.3 3.2.4 3.2.5
3.1
– 23
Einleitung
Im Jahre 1988 wurde erstmals in einer vehikelkontrollierten, doppelblinden Studie zweifelsfrei gezeigt, dass die topische Applikation von Tretinoin in der Lage ist, die mit einer Lichtalterung einhergehende Ausbildung von Hautfalten zu reduzieren. Diese klinische Beobachtung stimulierte ein großes Interesse an den pathogenetischen Mechanismen, die der Lichtalterung der menschlichen Haut zugrunde liegen. In diesem Kapitel soll ein Überblick über die wichtigsten Erkenntnisse gegeben werden, die zu unserem heutigen Verständnis der molekularen Grundlagen der extrinsischen Hautalterung beigetragen haben. Neben der ultravioletten Strahlung spielen auch andere Umwelteinflüsse eine wesentliche Rolle für den vorzeitigen Alterungsprozess der menschlichen Haut. Daher soll nach ausführlicher Diskussion der Pathogenese der UV-induzierten Hautalterung abschließend auch auf diese exogenen Noxen, insbesondere auf die molekularen Grundlagen der durch Infrarot-A-Strahlung und
3.2.6
Chromophore und Mediatoren der Lichtalterung – 31
3.3
Hautalterung durch andere exogene Noxen – 32
3.3.1 3.3.2 3.3.3
Tabakrauch – 32 Infrarotstrahlung – 33 Ozon und andere Umweltnoxen
3.4
Fazit für die Praxis
– 34
– 35
Weiterführende Literatur
– 36
Tabakrauch induzierten Hautalterung, eingegangen werden.
3.2
Pathomechanismen der Lichtalterung
Die ultraviolette Strahlung ist die wichtigste exogene Noxe, durch die es zu einer vorzeitigen Alterung der menschlichen Haut kommt. Neben dem natürlichen Sonnenlicht spielt hier in zunehmendem Maße die Bestrahlung der menschlichen Haut mit künstlicher UV-Strahlung eine immer größer werdende Rolle. So ist davon auszugehen, dass der ungebrochene Trend zum Besuch von Sonnenstudios nicht nur zu einer ständigen Erhöhung der Hautkrebsrate, sondern auch zu einer deutlichen Zunahme der vorzeitigen Haualterung bei einem immer größer werdenden Teil der Bevölkerung führen wird. Diese Entwicklung ist insofern paradox, als dass der Besuch von Sonnenstudios kosmetisch motiviert ist, oder anders ausgedrückt: Der Solariumbesucher erkauft sich die kurzfristig erzielbare, reversible und kosmetisch er-
24
Kapitel 3 · Molekulare Mechanismen der Hautalterung durch UV-Strahlung und andere exogene Noxen
3.2.1 Kollagen, Matrixmetalloproteinasen
und Elastin
3
. Abb. 3.1. Spektrum der ultravioletten Strahlung
wünschte Hautbräunung mit einer langfristig eintretenden, kosmetisch unerwünschten und nur schwer umkehrbaren vorzeitigen Hautalterung. Es besteht heute kein Zweifel mehr, dass sowohl die kurzwelligere UV-B-Strahlung im Wellenlängenbereich von 290–320 nm als auch die langwelligere UV-A-Strahlung im Wellenlängenbereich von 320–400 nm wesentlich an der Pathogenese der Lichtalterung beteiligt sind (. Abb. 3.1). Die pathogenetischen Untersuchungen der letzten Jahre haben eindeutig gezeigt, dass die für das klinische Bild der lichtinduzierten Hautalterung verantwortlichen strukturellen Veränderungen in der Haut sich vor allen Dingen in der Dermis finden. Da die langwelligere UV-A-Strahlung auf Grund strahlenphysikalischer Gesetzmäßigkeiten im Gegensatz zu UV-B-Strahlung in der Lage ist, in einem signifikanten Dosisbereich in die Dermis einzudringen und dort direkte Effekte hervorzurufen, ist es sogar vorstellbar, dass UV-A-induzierte molekulare Veränderungen für die Pathogenese der Lichtalterung von größerer Bedeutung sind als UV-B-induzierte biologische Wirkungen. In diesem Zusammenhang sei daher noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die zurzeit von den Solarienbetreibern in ihren Sonnenstudios verwendeten Geräte überwiegend, wenn nicht sogar ausschließlich im UV-A-Bereich emittieren und somit hinsichtlich der UV-induzierten Hautalterung als besonders problematisch anzusehen sind. i Solarienbesucher riskieren insbesondere durch die UV-A-Strahlung eine frühzeitige Lichtalterung und erhöhte Hautkrebsraten.
Die lichtgealterte Haut ist insbesondere durch Veränderungen auf Ebene der Dermis charakterisiert. So wird die Elastizität und Festigkeit der menschlichen Haut wesentlich durch die beiden Hauptbestandteile der dermalen extrazellulären Matrix, nämlich Kollagen und Elastin, bestimmt. Für die lichtgealterte Haut sind bestimmte Veränderungen der dermalen extrazellulären Matrix hoch charakteristisch. So findet sich eine Elastose, die üblicherweise im Grenzbereich zwischen papillärer und dermaler Dermis beginnt und nicht in intrinsisch gealterter Haut beobachtet wird. Typisch ist auch, dass reife Kollagenfasern vermindert sind und sich stattdessen basophiles Kollagen findet (basophile Degeneration). Weitere, für die lichtgealterte Haut typische Befunde sind eine starke Zunahme der Ablagerungen von fragmentierten elastischen Fasern sowie dermaler extrazellulärer Matrixproteine wie Elastin, Glykosaminoglykane und interstitiellem Kollagen. Es wird heute allgemein davon ausgegangen, dass diese UV-induzierten Veränderungen der dermalen extrazellulären Matrix wesentlich für die Ausbildung des klinischen Bildes der lichtgealterten Haut sind, insbesondere für ihren Elastizitätsverlust und die Entstehung von Falten.
UV-induzierte Veränderungen der dermalen extrazellulären Matrix 4 4 4 4 4
Elastose Basophile Kollagendegeneration Elastinablagerungen Glykosaminoglykananhäufung Zunahme interstitiellen Kollagens
Kollagen Die extrazelluläre Matrix der menschlichen Dermis besteht zu 85–90% aus Kollagen-1, das ausschließlich von dermalen Fibroblasten gebildet wird. Immunhistochemische Untersuchungen haben in den letzten Jahren gezeigt, dass lichtgealterte Haut im Vergleich zu lichtgeschützten Hautarealen desselben Individuums signifikant reduzierte Mengen an Pro-Kollagen-1 in Fibroblasten sowie an extrazellulärer Matrix in der pa-
25 3.2 · Pathomechanismen der Lichtalterung
pillären Dermis aufweist. Interessanterweise korreliert diese Reduktion negativ mit dem zunehmenden Schweregrad des chronischen Lichtschadens. Neben dem Kollagen-1 sind aber auch andere Kollagenpeptide in der chronisch lichtgealterten Haut reduziert. Zu nennen sind hier besonders die Kollagen-3-Propeptide, und neuere Untersuchungen weisen darauf hin, dass auch das Kollagen-7 betroffen ist. Kollagen-7 wird vor allen Dingen von den epidermalen Keratinozyten gebildet und stellt den Hauptbestandteil der Verankerungsfibrillen zwischen der Lamina densa der Basalmembran und der Dermis dar. Transmissionselektronenmikroskopische Untersuchungen haben gezeigt, dass in einer chronisch lichtgealterten Haut die Zahl der Verankerungsfibrillen pro mm Basalmembran deutlich reduziert ist. Dies geht einher mit einer signifikant verminderten Expression von Kollagen-7 in den epidermalen Keratinozyten. i In chronisch lichtgealterter Haut sind Kollagenpeptide signifikant reduziert
Molekulare Mechanismen Es stellt sich nunmehr die Frage, durch welche molekulare Mechanismen UV-Strahlung in der Lage ist, diese Veränderungen auf Ebene der extrazellulären Matrix hervorzurufen. Grundsätzlich ist vorstellbar, dass UV-Strahlung eine hemmende Wirkung auf die Synthese von Kollagenfasern ausübt und/oder zu ihrem beschleunigten Abbau beiträgt. Der momentane Stand der Forschung weist darauf hin, dass beide Mechanismen relevant sein könnten. So wurde gezeigt, dass eine UV-B-Bestrahlung zu einer vorübergehenden Störung der Prokollagen-1-Synthese in menschlichen dermalen Fibroblasten führt. Zudem konnte sowohl für UV-B- als auch für UV-AStrahlung nachgewiesen werden, dass es zur Induktion von Matrixmetalloproteinasen kommt, d. h. von Enzymen, die in der Lage sind, Kollagenfasern proteolytisch abzubauen. Diese Induktion konnte sowohl in vitro in kultivierten humanen dermalen Fibroblasten als auch in vivo in der UV-bestrahlten menschlichen Haut beobachtet werden. i Die lichtinduzierten Veränderungen der extrazellulären Matrix entstehen sowohl durch verringerte Synthese als auch durch gesteigerte Proteolyse der Kollagenfasern.
3
Diese Befunde korrelieren mit der Beobachtung, dass sich in der lichtgealterten menschlichen Haut erhöhte Spiegel der Matrixmetalloproteinase-1 (Kollagenase-1) und der Matrixmetalloproteinase-2 (72-Kilo-Dalton-Gelatinase) nachweisen lassen. Die der UV-induzierten Expression der Matrixmetalloproteinase-1 zugrunde liegenden molekularen Mechanismen wurden in den letzten Jahren im Detail charakterisiert. So führt UV-B-Bestrahlung durch eine Aktivierung des Transkriptionsfaktors AP-1 – die wiederum Folge der Aktivierung sog. MAP-Kinasen, nämlich der MAP-Kinasen JNK und p38 ist – zu einer verstärkten Transkription und schließlich Proteinsynthese der Matrixmetalloproteinase-1. Neueste Arbeiten zeigen, dass UV-B durch die Generation von DNS-Schäden, und zwar insbesondere von Zyklobutanpyrimidindimeren, die MMP-1Transkription und Proteinexpression in der menschlichen Haut induziert und dass dies durch die topische Applikation von DNS-Reparaturenzymen, wie z. B. der Photolyase, verhindert werden kann. Während dieser UV-B-induzierte Signalweg vor allem für die epidermalen Keratinozyten von Bedeutung ist, ist UV-A-Strahlung in der Lage, sowohl direkt in dermalen humanen Fibroblasten als auch indirekt, nämlich durch parakrine Mechanismen in epidermalen Keratinozyten, in der Haut die MMP1-Expression zu induzieren. Die direkte Aktivierung wird ganz wesentlich durch die Generation von reaktiven Sauerstoffspezies vermittelt, insbesondere durch die Entstehung von Singulett-Sauerstoff.
Induktion der Matrixmetalloproteinasen durch UV-Strahlung 4 UV-B-Strahlung – Entstehung von DNS-Photoprodukten in epidermalen Keratinozyten – MAP-Kinase-Transduktionsweg in epidermalen Keratinozyten 4 UV-A-Strahlung – Reaktive Sauerstoffspezies in dermalen Fibroblasten – Parakrine Mechanismen in epidermalen Keratinozyten
26
Kapitel 3 · Molekulare Mechanismen der Hautalterung durch UV-Strahlung und andere exogene Noxen
Elastin
3
Ein weiteres histologisches Charakteristikum einer lichtgealterten Haut ist die weitgehende Zerstörung oder signifikante Veränderung des elastischen Fasernetzwerkes. So findet sich normalerweise in der Haut von Kindern und jungen Menschen ein Netzwerk aus elastischen Fasern, das sich kontinuierlich von der dermoepidermalen Junktionszone bis in die tiefe Dermis erstreckt. Es besteht aus dicken, elastinreichen Fasern in der retikulären Dermis, einem Netzwerk aus feinen Fasern mit einem reduzierten Elastingehalt in den unteren Anteilen der papillären Dermis und einem kandelaberähnlichen Geflecht aus feinen mikrofibrilären Bündeln, die kein Elastin enthalten, in der oberen papillären Dermis. Es konnte gezeigt werden, dass Fibrillin-1, das ein wesentlicher Bestandteil dieser mikrofibrilären Bündel ist und das überwiegend von epidermalen Keratinozyten gebildet wird, in lichtgealterter Haut vermindert exprimiert wird und dass eine akute UV-Bestrahlung von zuvor lichtgeschützter Haut zu einer vorübergehenden Reduktion von Fibrilin-1 führt. Diese könnte Folge einer verstärkten Expression von Matrixmetalloproteinasen sein. Darüber hinaus ist eine chronisch lichtgealterte Haut vor allen Dingen durch signifikante Ablagerungen von trunkiertem elastotischem Material charakterisiert. i In chronisch lichtgealterter Haut wird Fibrillin-1 vermindert exprimiert und vermehrt elastotisches Material abgelagert.
Molekulare Mechanismen Es wird heute allgemein davon ausgegangen, dass diese Elastose eine Folge direkter biologischer Wirkungen der UV-Strahlung auf die Synthese der elastischen Fasern ist. So führen beispielsweise reaktive Sauerstoffspezies, die wesentliche Mediatoren der biologischen Wirkung von UV-Strahlung sind, zu einer verstärkten Tropoelastinsynthese in Fibroblasten und tragen somit vermutlich wesentlich zur solaren Elastosebildung bei.
3.2.2 Die Rolle von Gefäßveränderungen
bei der Lichtalterung Störungen der Neoangiogenese Die Neubildung von Gefäßen (Neoangiogenese) ist für die Pathogenese einer Vielzahl von Hauterkrankungen von fundamentaler Bedeutung. Hierzu gehören neben entzündlichen Hauterkrankungen, wie z. B. der Psoriasis, auch Hauttumore, beispielsweise Plattenepithelkarzinome, Melanome und das Kaposi-Sarkom. Aber auch die lichtgealterte Haut weist Gefäßveränderungen auf, die sich in dieser Form bei der intrinsisch gealterten Haut nicht finden. So kommt es insbesondere zu einer zum Teil sehr stark ausgeprägten Erweiterung und Verdrehung der Gefäße; insgesamt ist das horizontale Gefäßmuster stark gestört. Ultraviolette Strahlung ist zudem in der Lage, die dermale Vaskularisierung zu verstärken. In diesem Zusammenhang ist interessant, dass die Gefäßneubildung durch eine Reihe von Wachstumsfaktoren und Inhibitoren der Angiogenese kontrolliert wird. Einige dieser Wachstumsfaktoren, wie z. B. bFGF, TGF-β und PDGF, haben darüber hinausgehende Funktionen, während Wachstumsfaktoren, die zur Familie der vaskulären endothelialen Wachstumsfaktoren (VEGF) und der Angiopoietine gehören, spezifisch angiogenetisch wirken. Neben diesen die Gefäßneubildung und das Gefäßwachstum fördernden Molekülen konnten in den letzten Jahren jedoch auch natürlich vorkommende Hemmstoffe der Angiogenese identifiziert werden. Hierzu gehören die Thrombospondine, eine Familie von matrixzellulären Glykoproteinen. Thrombospondine lagern sich entlang der Basalmembran ab und bilden dort eine Anti-Angiogenese-Barriere, die es verhindert, dass sich Gefäße in der Epidermis bilden können.
Einfluss der UV-Strahlung Untersuchungen mit transgenen Mausmodellen haben nun erstmals gezeigt, dass neoangiogenetische Prozesse auch von kausaler Bedeutung für die Pathogenese der Lichtalterung sind. So kommt es in transgenen Mäusen, die Thrombospondin-1 überexprimieren, nicht zu dem normalerweise nach einer UV-Bestrahlung zu beobachtenden Anstieg in der dermalen Vaskularisierung. Von besonderem Interesse ist nunmehr, dass diese Hemmung der UV-in-
27 3.2 · Pathomechanismen der Lichtalterung
duzierten Vaskularisierung in diesem Mausmodell einhergeht mit einer deutlichen Reduktion der durch UV-Strahlung hervorgerufenen Lichtalterung, insbesondere der Faltenbildung. i Befunde am Mausmodell deuten darauf hin, dass die dermale Vaskularisierung kausal beteiligt ist an der UV-induzierten Hautalterung.
Wie eine gesteigerte Gefäßneubildung zur Faltenbildung führt, ist zurzeit unbekannt. Natürlich ist diese Beobachtung auch von unmittelbarer klinischer Relevanz, denn sie weist darauf hin, dass die Hemmung der Angiogenese ein möglicher Ansatzpunkt ist, um einer Lichtalterung der menschlichen Haut vorzubeugen.
3.2.3 Lichtalterung als chronischer
Entzündungsprozess Die intrinsisch gealterte menschliche Haut weist eine verminderte Zellzahl auf. So ist beispielsweise die Zahl der dermalen Fibroblasten sowie von sich in der Dermis befindlichen Mastzellen gegenüber einer jungen Haut reduziert. Im Gegensatz dazu ist die lichtgealterte Haut durch eine zahlenmäßige Zunahme der dermalen Fibroblasten, die zudem hyperplastisch sind, sowie eine Zunahme der Zahl von Mastzellen, aber auch von Histiozyten und anderen mononukleären Zellen charakterisiert. Diese Beobachtungen weisen darauf hin, dass die lichtgealterte Haut chronisch entzündet ist. Daher wurde dieser Zustand der Haut auch als Heliodermatitis oder Dermatoheliosis bezeichnet.
Pathogenetische Bedeutung Die exakte pathogenetische Bedeutung des zuvor beschriebenen entzündlichen Infiltrates in der Dermis der lichtgealterten Haut ist zurzeit nicht bekannt. Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass lösliche Mediatoren, die von diesen Zellen freigesetzt werden, die Produktion von Matrixmolekülen bzw. die Aktivität von matrixdegradierenden Enzymen wie z. B. Matrixmetalloproteinasen beeinflussen. Zelluläre Quellen für diese Entzündungsmediatoren sind zum einen residente Hautzellen, wie Keratinozyten, Fibroblasten und Endothelzellen, und zum anderen hautinfiltrierende Zellen, wie vor allem Mastzellen,
3
neutrophile Granulozyten, Makrophagen, dendritische Zellen und T-Lymphozyten. Insbesondere für Mastzellen wurde bereits Ende der 80-er Jahre eine pathogenetische Bedeutung für die Lichtalterung der menschlichen Haut vermutet. So lassen sich Mastzellen in lichtgeschädigter Haut verglichen mit lichtgeschützter Haut in deutlich erhöhter Anzahl nachweisen. Mastzellen sind in der Lage, eine Reihe von Mediatoren, wie z. B. TNF-α, TGF-β und Prostaglandin, zu bilden, die wiederum in der Lage sind, direkt oder indirekt die Produktion von extrazellulärer Matrix und ihre Degradation zu beeinflussen. Neuere Untersuchungen haben zudem gezeigt, dass das T-lymphozytäre Infiltrat in der lichtgealterten Haut vor allen Dingen aus CD-4-positiven T-Zellen besteht. Es ist zurzeit noch nicht bekannt, ob es sich hierbei um Zellen handelt, die entzündliche bzw. immunologische Reaktionen verstärken, oder aber um sog. regulatorische T-Zellen, die eher antientzündlich bzw. immunsuppressiv wirken würden. Aber nicht nur die T-Lymphozyten, sondern auch die antigenpräsentierenden Zellen sind in der lichtgealterten Haut zumindest zahlenmäßig verändert. So haben neuere ultrastrukturelle Untersuchungen gezeigt, dass sich in der lichtgealterten Haut in der Epidermis ein Infiltrat aus sog. indeterminierten Zellen findet, d. h. Zellen, die sowohl Makrophagen als auch dendritischen Zellen ähneln, und dass die Ausbildung dieses Infiltrates einhergeht mit einer Abnahme der Anzahl epidermaler Langerhans-Zellen. Die pathogenetische Bedeutung dieser Veränderungen ist Gegenstand aktueller Untersuchungen. i In lichtgealterter Haut finden sich entzündliche Infiltrate bestehend aus Mastzellen, T-Lymphozyten und indeterminierten Zellen, deren pathogenetische Bedeutung allerdings noch ungeklärt ist.
3.2.4 Proteinoxidation und Lichtalterung
Die Alterung von Zellen ist u. a. dadurch charakterisiert, dass es zu einer Anhäufung von Proteinen kommt, die durch Oxidation verändert wurden. Es wurde zudem die Hypothese aufgestellt, dass diese
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3
Kapitel 3 · Molekulare Mechanismen der Hautalterung durch UV-Strahlung und andere exogene Noxen
Veränderungen von pathogenetischer Bedeutung für den Alterungsprozess selbst sind. Eine Reihe neuerer Untersuchungen sind daher der Frage nachgegangen, inwieweit oxidierte Proteine auch vermehrt in der lichtgealterten menschlichen Haut nachgewiesen werden können. Die bislang vorliegenden Untersuchungen weisen darauf hin, dass, ähnlich wie für andere Gewebe beschrieben, auch in humanen dermalen Fibroblasten sich mit zunehmendem Alter ein signifikanter Anstieg der Menge an oxidierten Proteinen findet.
Pathomechanismen Untersuchungen an Hautbiopsien haben diesen Befund bestätigt und gezeigt, dass sich eine altersabhängige Zunahme des Proteinkarbonylgehaltes in der Epidermis nachweisen lässt. Oxidierte Proteine sind allgemein betrachtet weniger aktiv und weniger stabil. Die Beobachtung, dass es mit zunehmendem Alter zu einer Anhäufung von oxidierten Proteinen in Hautzellen zu kommen scheint, wirft die Frage auf, welche Mechanismen hierzu führen. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass oxidativer Stress die wesentliche Ursache für eine vermehrte Proteinoxidation ist. Da UV-Strahlung die physiologisch relevanteste Quelle für oxidativen Stress in der menschlichen Haut ist, liegt ein Kausalzusammenhang mit einer chronischen UV-Exposition nahe. In der Tat wurde gezeigt, dass die Lichtalterung mit einer vermehrten Proteinoxidation in der menschlichen Haut in vivo assoziiert ist. So ist in lichtgealterter Haut eine Akkumulation oxidativ modifizierter Proteine spezifisch in der oberen Dermis nachweisbar. Vergesellschaftet ist dies mit einer deutlichen Abnahme der Expression antioxidativ wirksamer Enzyme wie Katalase, KupferZink-Superoxiddismutase und Mangan-Superoxiddismutase. Der Kausalzusammenhang zwischen der UV-Exposition und den beobachteten Veränderungen wurde durch weitere Experimente nahegelegt, in denen zuvor lichtgeschützte Gesäßhaut UV-bestrahlt wurde und sich auch hier im Anschluss eine deutliche Steigerung der Proteinoxidation sowie eine Depletion der Katalaseexpression beobachten ließ. Ebenso fand sich in kultivierten Keratinozyten und Fibroblasten nach einer UV-B-/UV-A- oder einer UV-A-1-Bestrahlung oder einer Behandlung mit H2O2 dosisabhängig eine Proteinoxidation.
Zusammengenommen weisen diese Befunde einen Zusammenhang zwischen der Lichtalterung und dem gehäuften Auftreten von oxidativ modifizierten Proteinen in der menschlichen Haut nach. Inwieweit es sich hierbei jedoch um ein Epiphänomen handelt oder aber ein Kausalzusammenhang besteht, muss durch zukünftige Studien geklärt werden. Interessant sind in diesem Zusammenhang auch neuere Beobachtungen, dass die Zunahme des Gehalts an oxidativ veränderten Proteinen nicht nur auf der UV-induzierten Generation dieser Proteine beruhen könnte, sondern dass UV-Strahlung auch in der Lage zu sein scheint, das die Proteine degradierende System – das sog. Proteasom – funktionell zu beeinflussen. So konnte kürzlich erstmals beobachtet werden, dass die Aktivität der Proteasompeptidasen in menschlichen Keratinozyten sowohl durch eine UV-A- als auch eine UV-B-Bestrahlung reduziert werden kann und dies mit einer gesteigerten MMP-1-Expression einhergeht. i Lichtgealterte Haut enthält vermehrt oxidierte Proteine, zeigt verringerte Expression antioxidativer Enzyme und Aktivität der Proteasompeptidasen.
3.2.5 Bedeutung mitochondrialer DNS-
Mutationen für die Lichtalterung In unabhängigen Untersuchungen von drei Arbeitsgruppen konnte übereinstimmend gezeigt werden, dass bei ein und demselben Individuum sich in chronisch lichtgealterter Haut im Vergleich zu sonnengeschützter Haut deutlich erhöhte (bis zu 10-fache) Mengen an mitochondrialen DNS-Mutationen nachweisen lassen. Der Hintergrund dieser Untersuchungen ist die sog. mitochondriale Theorie des Alterns.
Entstehung mitochondrialer DNS-Mutationen Mitochondrien sind Zellorganellen, deren Hauptaufgabe darin besteht, die menschliche Zelle mit Energie zu versorgen. Der hierbei zugrunde liegende Prozess wird als oxidative Phosphorylierung bezeichnet. An der oxidativen Phosphorylierung sind insgesamt 5 Proteinkomplexe beteiligt, die im Bereich der inneren mitochondrialen Membran loka-
29 3.2 · Pathomechanismen der Lichtalterung
lisiert sind und dort einen elektrochemischen Protonengradienten aufbauen, in dessen letztem Schritt aus ADP und Organophospat ATP hergestellt wird. Dieser Vorgang ist nicht vollkommen irrtumsfrei, d. h. es kommt permanent zur Bildung von reaktiven Sauerstoffspezies. In der Tat sind die Mitochondrien der Ort einer menschlichen Zelle mit der höchsten Produktionsrate an reaktiven Sauerstoffspezies. Dies bleibt nicht ohne biologische Konsequenzen, denn in unmittelbarer Nachbarschaft zur inneren mitochondrialen Membran liegt das den Mitochondrien eigene genetische Material, die sog. mitochondriale DNS. Die menschliche mitochondriale DNS ist ein 16.559 Basenpaare langes, kreisförmiges und doppelsträngiges Molekül, dass in 4–10 Kopien pro Zelle vorliegt. Die gesamte Information, die in diesem DNS-Molekül kodiert ist, wird für die Synthese von Proteinen verwendet, die wiederum an der oxidativen Phosphorylierung beteiligt sind. Dies hat zur Folge, dass es durch das Auftreten von mitochondrialen DNS-Mutationen zu einer Störung der oxidativen Phosphorylierung kommt, hierdurch vermehrt reaktive Sauerstoffspezies gebildet werden, die wiederum zu einer vermehrten Bildung von mitochondrialen DNS-Mutationen führen. Dieser Circulus vitiosus spielt vermutlich nicht nur für das Auftreten einer Reihe sehr seltener degenerativer Erkrankungen, sondern auch für den normalen Alterungsprozess menschlicher Gewebe eine wichtige Rolle. Diese hypothetische Annahme basiert auf folgenden Beobachtungen: 4 Mitochondriale DNS-Mutationen lassen sich nicht nur im Rahmen degenerativer Erkrankungen, sondern auch in normalem, gesundem menschlichen Gewebe nachweisen. 4 Im normalen, gesunden Gewebe steigt der Gehalt an mitochondrialen DNS-Mutationen mit zunehmendem Gewebealter an. 4 Diese Zunahme des Gehalts an mitochondrialen DNS-Mutationen geht einher mit einer eingeschränkten Fähigkeit der Gewebe, Sauerstoff zu verbrauchen. 4 Dies wiederum korreliert mit einer verminderten Fähigkeit der betroffenen Gewebe, mittels oxidativer Phosphorylierung Energie zu erzeugen. Der hieraus zu vermutende Kausalzusammenhang zwischen mitochondrialer Mutagenese und vorzei-
3
tigen Alterungsprozessen konnte kürzlich in zwei unabhängigen Mausstudien bewiesen werden. So weisen Mäuse, bei denen es aufgrund einer fehlerhaft arbeitenden mitochondrialen DNS-Polymerase zu einem gehäuften Auftreten von Punktmutationen in der mitochondrialen DNS kommt, einen ausgeprägten Alternsphänotyp mit Ausbildung einer Kyphose, Verlust von subkutanem Fettgewebe, Osteoporose, Ergrauen etc. auf. i Zusammengenommen muss daher davon ausgegangen werden, dass ein Kausalzusammenhang zwischen dem Entstehen mitochondrialer DNS-Mutationen und dem fortschreitenden Alterungsprozess menschlicher Gewebe besteht.
Zusammenhang zwischen UV-Strahlung und mitochondrialen DNS-Mutationen Die zuvor erwähnte Beobachtung, dass mitochondriale DNS-Mutationen im intraindividuellen Vergleich in lichtgealterter Haut in deutlich erhöhtem Ausmaß nachweisbar sind, weist zudem darauf hin, dass sie für den Lichtalterungsprozess der menschlichen Haut von Bedeutung sein könnten. In der Tat haben weiterführende Untersuchungen zwischenzeitlich zeigen können, dass keine Korrelation mit der intrinsischen Hautalterung zu bestehen scheint. Neueste Untersuchungen haben zudem erstmals belegt, dass nicht nur eine Assoziation zwischen dem Auftreten von mitochondrialen DNS-Mutationen und den klinischen Zeichen der chronischen Lichtschädigung besteht, sondern dass vielmehr UV-Strahlung kausal an der Entstehung mitochondrialer DNS-Mutationen beteiligt ist. Dies konnte sowohl in vitro als auch in vivo gezeigt werden. In vitro war es möglich, durch eine repetitive, mehrmals durchgeführte UV-A-Bestrahlung in primären humanen dermalen Fibroblasten zeit- und dosisabhängig mitochondriale DNS-Mutationen zu induzieren. Das Auftreten dieser mitochondrialen DNSMutationen war von funktioneller Relevanz, denn es kam zu einer Beeinträchtigung einer Reihe von mitochondrialen Funktionen und interessanterweise auch zu einer verstärkten Expression von Genen, die an der Pathogenese der Lichtalterung beteiligt sind, z. B. von Matrixmetalloproteinasen. Dies ist ein erster Hinweis darauf, dass das Entstehen mitochondrialer DNS-Mutationen die molekulare Grundlage
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3
Kapitel 3 · Molekulare Mechanismen der Hautalterung durch UV-Strahlung und andere exogene Noxen
der UV-induzierten Lichtalterung darstellen könnte. Ähnliche Veränderungen können auch in vivo induziert werden. So war es möglich, in zuvor nicht UV-exponierter Haut bei gesunden Freiwilligen durch eine mehrfach täglich durchgeführte repetitive Bestrahlungen über 1 und 2 Wochen eine deutliche Zunahme des Gehalts an mitochondrialen DNS-Mutationen zu induzieren. Diese Zunahme ließ sich in der Dermis, nicht jedoch in der Epidermis beobachten.
Untersuchungen zum Kausalzusammenhang zwischen UV-Licht und mitochondrialen Mutationen 4 Repetitive Bestrahlung primärer humaner dermaler Fibroblasten – Induktion mitochondrialer DNS-Mutationen – Beeinträchtigung mitochondrialer Funktionen – Verstärkte Genexpression von Matrixmetalloproteinasen 4 Repetitive Bestrahlung lichtgeschützter Hautareale – Induktion mitochondrialer DNS-Mutationen in der Dermis 4 Regelmäßige Solarienbenutzung – Induktion mitochondrialer DNS-Mutationen in der menschlichen Haut bereits nach 3 Monaten
Auch eine 3-monatige Solarienbenutzung führte bei Hautgesunden, sofern nicht zuvor Sonnenbänke benutzt worden waren, zu einer signifikanten Zunahme der Menge großflächiger, für die lichtgealterte Haut typischer mitochondrialer DNS-Mutationen.
Chronische Effekte Interessanterweise blieben die einmal induzierten mitochondrialen DNS-Mutationen auch nach Beendigung der repetitiven Bestrahlung in einem erhöhten Ausmaß über Jahre hinweg weiter bestehen. Von besonderem Interesse ist hierbei, dass es bei einigen der Probanden auch ohne weitere Bestrahlung zu einer kontinuierlichen Zunahme des Gehalts an mitochondrialen DNS-Mutationen kam. Dies ist
. Abb. 3.2. Circulus vitiosus der UV-induzierten mitochondrialen Mutagenese
der erste In-vivo-Hinweis darauf, dass die eingangs erwähnte Hypothese von der Existenz eines Circulus vitiosus, der durch das Entstehen von mitochondrialen DNS-Mutationen in Gang gesetzt wird und zu einem verstärkten Alterungsprozess ursächlich beiträgt, in der Tat in menschlichen Geweben im Allgemeinen und in der aktinisch geschädigten menschlichen Haut im Besonderen zu existieren scheint (. Abb. 3.2). Eine wichtige Frage ist nun, inwieweit das Auftreten der mitochondrialen DNS-Mutationen die zuvor beschriebenen molekularen, biochemischen und zellulären Veränderungen, die für die lichtgealterte menschliche Haut charakteristisch sind, zu erklären vermögen. In diesem Zusammenhang sind zwei neuere Beobachtungen bedeutsam. Zum einen kommt es bei humanen dermalen Fibroblasten, bei denen Teile des mitochondrialen Genoms durch eine Behandlung mit subletalen Dosen von Ethidiumbromid entfernt wurden, zu einer transkriptionellen Umprogrammierung, die durch die Aufregulation von antioxidativen Enzymen, der MMP-1 und, interessanterweise, des hypoxieinduzierbaren Faktors-1α (HF-1α) charakterisiert ist. Zum anderen zeigen dermale Fibroblasten, die von Patienten mit KearnsSayre-Syndrom stammen und die bereits spontan große Mengen UV-induzierbarer Deletionen des
31 3.2 · Pathomechanismen der Lichtalterung
3
3.2.6 Chromophore und Mediatoren
der Lichtalterung DNS i Das wichtigste Chromophor für die UV-B-Bestrahlung in der menschlichen Haut ist die zelluläre DNS.
. Abb. 3.3. Schema mtDNA Lichtalterung
mitochondrialen Genoms aufweisen, eine verstärkte intramitochondriale ROS-Produktion. Werden diese Zellen zur Herstellung dermaler Hautäquivalente verwendet, dann zeigen sie eine beschleunigte Kollagenkontraktionsphase, die auf eine vermehrte Produktion des Enzyms Lysyloxidase zurückgeführt werden kann. Diese Untersuchungen legen die Vermutung nahe, dass die Anwesenheit UV-induzierbarer mitochondrialer DNS-Mutationen in menschlichen Hautfibroblasten zu verstärktem intramitochondrialem Stress und in Folge zu einer veränderten Genexpression führt, die wiederum Auswirkungen auf das dermale Mikromilieu hat (. Abb. 3.3). i Mutationen der mitochondrialen DNS führen in dermalen Fibroblasten zu vermehrtem oxidativem Stress, einer veränderten Genexpression und einer Beeinflussung des dermalen Mikromilieus.
UV-B-Strahlung ist in der Lage, in der DNS zwischen benachbarten Pyrimidinbasen eines DNSStranges Photoprodukte zu induzieren. Hierbei handelt es sich hauptsächlich um Zyklobutanpyrimidindimere und 6–4 Photoprodukte. Obwohl die exakte kausale Bedeutung UV-B-induzierter DNS-Schäden für den Prozess der Lichtalterung bisher nur unzureichend untersucht worden ist, gibt es eine Reihe von sehr gewichtigen Gründen für die Annahme, dass die Generation von DNS-Photoprodukten als Auslöser für eine Vielzahl der zuvor beschriebenen Vorgänge fungieren kann. So besteht beispielsweise heute kein Zweifel mehr daran, dass die UV-B-induzierte Generation von Zytokinen in epidermalen Keratinozyten auf der Entstehung von Zyklobutanpyrimidindimeren beruht. Zudem konnte kürzlich erstmals gezeigt werden, dass die topische Applikation von DNS-Reparaturenzym-haltigen Liposomen, die in der Lage sind, spezifisch UV-B-induzierte Zyklobutanpyrimidindimere zu reparieren, zu einer signifikanten Hemmung der UV-B-induzierten Induktion der Matrixmetalloproteinase-1 in der Epidermis führt.
Proteine und weitere Biomoleküle Neben Nukleinsäuren sind aber auch Proteine in der Lage, als Chromophore für UV-B zu fungieren. Als Aminosäuren sind hier neben Tryptophan und Tyrosin die im dermalen Kollagen und Elastin enthaltenen Aminosäuren Desmosin und Isodesmosin zu nennen. Weitere Biomoleküle, die im UV-B-Bereich absorbieren können, sind NADH, Chinone, Flavin, Porphyrine, 7-Dehydrocholesterol und Urocaninsäure. Die Relevanz dieser Chromophore für die UV-B-induzierte Hautalterung ist zurzeit nicht bekannt. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Absorption von UV-B-Strahlung an Proteinen zur Generation von oxidativen Prozessen führt, die ebenfalls ursächlich an der Lichtalterung der menschlichen Haut beteiligt sind.
32
Kapitel 3 · Molekulare Mechanismen der Hautalterung durch UV-Strahlung und andere exogene Noxen
Reaktive Sauerstoffspezies
3
Oxidative Prozesse sind vermutlich von herausragender Bedeutung für das Entstehen UV-A-induzierter biologischer Wirkungen in der menschlichen Haut. Von besonderer Bedeutung scheint in diesem Zusammenhang die Generation von Singulett-Sauerstoff zu sein. So konnte gezeigt werden, dass Singulett-Sauerstoff ein wichtiger Mediator der UV-induzierten Generation von mitochondrialen DNSMutationen in dermalen humanen Fibroblasten ist. Darüber hinaus spielt Singulett-Sauerstoff eine wesentliche Rolle als Mediator der UV-A-induzierten Expression der Matrixmetalloproteinase-1 in dermalen humanen Fibroblasten. Zudem wurde beobachtet, dass neben Singulett-Sauerstoff auch Hydrogenperoxid an der UV-A-induzierten Expression der Matrixmetalloproteinasen-1, -2 und -3 beteiligt ist. Im Gegensatz hierzu erscheint die UV-B-induzierte, durch oxidativen Stress vermittelte Expression von MMP-1 und MMP-3 vor allem durch Hydroxylradikale und Lipidperoxidationsprodukte vermittelt zu sein. Reaktive Sauerstoffspezies sind zudem in der Lage, auf die Synthese elastischer Fasern in der menschlichen Haut einzuwirken. So kommt es nach einer Generation von reaktiven Sauerstoffspezies zu einer verstärkten Expression von TropoelastinmRNS, ein Mechanismus, der wesentlich zur solaren Elastogenese beitragen könnte.
Urocaninsäure Ein weiteres wichtiges Chromophor für UV-Strahlung ist Urocaninsäure. Urocaninsäure ist ein Abbauprodukt des Filaggrin, einem histidinreichen Protein im Stratum corneum. Urocaninsäure findet sich als sog. Transisomer in hohen Konzentrationen in den obersten Epidermisschichten und absorbiert Wellenlängen >290 nm. Nach Bestrahlung kommt es unmittelbar zu einer Isomerisierung der Transurocaninsäure in ihre Cis-Form. Es konnte gezeigt werden, dass es im Rahmen dieser Isomerisierung zur Generation von Singulett-Sauerstoff kommt. Interessanterweise deckt sich das Aktionsspektrum für die Singulett-Sauerstoff-Bildung aus Transurocaninsäure mit dem Aktionsspektrum der Lichtalterung der Maushaut. Diese Beobachtungen unterstreichen die Bedeutung, die eine Singulett-Sauerstoff-Generation in der menschlichen Haut bei der Lichtalterung hat, und weisen zudem darauf hin, dass
Transurocaninsäure zumindest für die UV-A-induzierte Hautalterung ein wichtiges Chromophor darstellen könnte.
3.3
Hautalterung durch andere exogene Noxen
Weitere Umweltnoxen, die wesentlich am Alterungsprozess der menschlichen Haut beteiligt sind, sind Tabakrauch, Infrarotstrahlung, Ozon und evtl. auch Schwebstäube. Darüber hinaus ist zumindest theoretisch davon auszugehen, dass letztlich jede Umweltnoxe, die in der Lage ist, in die Haut einzudringen und oxidativen Stress hervorzurufen, für vorzeitige Alterungsprozesse von pathogenetischer Bedeutung sein könnte. Da hinsichtlich der zugrunde liegenden molekularen Mechanismen vor allen Dingen für den Tabakrauch, die Infrarotstrahlung und im geringerem Ausmaß auch für eine Ozonbelastung experimentelle Daten verfügbar sind, sollen hier diese 3 exogenen Noxen im Detail diskutiert werden.
3.3.1 Tabakrauch
Epidemiologische Studien haben gezeigt, dass eine Assoziation besteht zwischen dem Rauchen von Tabak und dem Alterungsprozess der menschlichen Haut. So kommt es bei Rauchern signifikant häufiger zur Ausbildung einer ausgeprägten Faltenbildung im Bereich der Gesichtshaut im Vergleich zu Nichtrauchern. Dieser Unterschied lässt sich nicht nur bei jüngeren, sondern auch bei älteren Menschen (Durchschnittsalter 76 Jahre) nachweisen. Neuere epidemiologische Untersuchungen weisen zudem darauf hin, dass Tabakrauch ein Faktor ist, der unabhängig vom Lebensalter und unabhängig von der Sonnenexposition zur Hautalterung beiträgt.
Molekulare Mechanismen Im Einklang mit dieser epidemiologischen Beobachtung stehen mechanistische Studien, die sich mit der Analyse der molekularen Grundlagen der durch Tabakrauch induzierten vorzeitigen Hautalterung beschäftigen. So konnte gezeigt werden, dass nicht
33 3.3 · Hautalterung durch andere exogene Noxen
nur eine UV-Bestrahlung, sondern auch eine Stimulation mit Tabakrauch in primären humanen dermalen Fibroblasten zu einer signifikanten Aufregulation der Expression der Matrixmetalloproteinase-1 führt und dass die kombinierte Stimulation einen additiven Effekt hat. Neben einer Induktion der Matrixmetalloproteinase-1 wurde in In-vitro-Untersuchungen nach Stimulation von Fibroblasten auch eine deutlich Aufregulation der Matrixmetalloproteinase-3-Expression beobachtet, und zwar in beiden Fällen sowohl auf der mRNS- als auch der Proteinebene. Im Gegensatz hierzu kam es zu keiner veränderten Expression der gewebespezifischen Inhibitoren der Matrixmetalloproteinasen, d. h. von TIMP-1 und TIMP-3. Zigarettenrauch hat aber auch direkte Wirkungen auf die Kollagenbiosynthese. So zeigte sich in humanen Fibroblasten, die mit einem wasserlöslichen Extrakt, der aus Tabakrauch hergestellt worden war, behandelt wurden, dass es zu einem verminderten Gehalt an Kollagen im Überstand der Zellen kam, und dies ging einher mit einer etwa 40%igen Reduktion der Kollagenbiosynthese. In weiterführenden Untersuchungen konnte zudem gezeigt werden, dass diese durch Tabakrauch induzierten Veränderungen durch reaktive Sauerstoffspezies vermittelt werden, denn es war möglich, sie durch Zugabe von Antioxidanzien – insbesondere von Singulett-Sauerstoff-Fängern – zu inhibieren. Die Rolle der verminderten Expression der Matrixmetalloproteinase bei durch Tabakrauch induzierter vorzeitiger Hautalterung wurde zudem kürzlich in In-vivoUntersuchungen bestätigt. Mittels Real-Time-PCR wurde nachgewiesen, dass der Gehalt an MMP-1-mRNS in der Haut von Rauchern signifikant höher ist als in der Haut von Nichtrauchern, wohingegen kein Unterschied beobachtet werden konnte, wenn die Expression des gewebespezifischen Inhibitors der Matrixmetalloproteinase-1 (TIMP-1) untersucht wurde. Über weitere Mechanismen, die an der durch Tabakrauch induzierten vorzeitigen Hautalterung beteiligt sein könnten, gibt es bislang keine Informationen. Grundsätzlich kann aber davon ausgegangen werden, dass viele der zuvor für UV-Strahlung beschriebenen Mechanismen auch für die durch Tabakrauch induzierte Hautalterung relevant sind. So ist beispielsweise bekannt, dass in Lungenepithel-
3
zellen Tabakrauch in der Lage ist, mitochondriale DNS-Mutationen zu generieren. Auch wenn dies bislang noch nicht für kultivierte humane dermale Fibroblasten oder aber für die menschliche Haut in vivo gezeigt werden konnte, liegt doch zumindest die Vermutung nahe, dass ähnliche Wirkungen auch für die Hautalterung von Bedeutung sein könnten. Eine weitere Aufklärung dieser Mechanismen ist für die exakte Beurteilung von kosmetischen Strategien, die die Haut vor einem vorzeitigen Alterungsprozess schützen sollen, von Bedeutung.
Tabakwirkungen 4 Auf die menschliche Haut Verstärkte Gesichtsfalten Vermehrter Gehalt an MMP-1 4 Auf humane dermale Fibroblasten Vermehrte Expression der MMP-1 und MMP-3 Verminderung der Kollagenbiosynthese um 40%
3.3.2 Infrarotstrahlung
Sonnenstrahlung, die auf die menschliche Haut auftrifft, umfasst einen Spektralbereich von 290– 4000 nm und damit neben der ultravioletten Strahlung (290–400 nm) auch sichtbares Licht (400– 700 nm) sowie Infrarotstrahlung (700–4000 nm) (. Abb. 3.1). Zudem wird die menschliche Haut nicht nur natürlicher Infrarotstrahlung ausgesetzt, sondern auch Infrarotstrahlung aus künstlichen Strahlungsquellen. Hierzu gehört neben therapeutisch eingesetzten Infrarotbestrahlungsgeräten, die beispielsweise in der Physiotherapie oder bei der Krebsbehandlung als adjuvante Therapieprinzipien verwendet werden, auch kontaminierende Infrarotbestrahlung, die von UV-A-Bestrahlungsgeräten stammt, wie sie beispielsweise in Sonnenstudios verwendet werden. Zudem wird seit einiger Zeit die Anwendung von Infrarotstrahlern im Wellnessbereich propagiert. Man muss heute davon ausgehen, dass Infrarotstrahlung ähnlich wie auch UV-Strahlung in der Lage ist, eine Reihe von biologischen Wirkungen an der menschlichen Haut zu entfal-
34
3
Kapitel 3 · Molekulare Mechanismen der Hautalterung durch UV-Strahlung und andere exogene Noxen
ten. So konnte bereits vor mehr als 20 Jahren von Kligman erstmals gezeigt werden, dass eine chronische Infrarotbestrahlung in enthaarten Albinomeerschweinchen Hautveränderungen hervorruft, die klinisch und histologisch denjenigen entsprechen, die sich nach einer durch UV-Strahlung hervorgerufenen Elastose beobachten lassen.
Molekulare Mechanismen Lange Zeit war die molekulare Grundlage dieser durch Infrarotstrahlung hervorgerufenen Hautalterung nicht bekannt. Neueste Untersuchungen haben nun erstmals gezeigt, dass Infrarotstrahlung in der Lage ist, die Expression von Genen, die ursächlich am Lichtalterungsprozess der menschlichen Haut beteiligt sind, zu induzieren. So zeigte sich sowohl in vitro als auch in vivo, dass eine Bestrahlung kultivierter humaner Fibroblasten bzw. menschlicher Haut mit sehr niedrigen, physiologisch relevanten Dosen von Infrarot-A-Strahlung (760–1400 nm) zu einer signifikanten Induktion der Matrixmetalloproteinaseexpression auf mRNS- und Proteinebene kommt. Die weitere Analyse der zugrunde liegenden molekularen Mechanismen dieser Genexpression ergab sodann, dass Infrarotstrahlung ein potenter Aktivator des MAP-Kinasen-Signalweges ist. So führt eine Infrarotbestrahlung in humanen dermalen Fibroblasten zu einer Aktivierung der MAP-Kinasen ERK-1/2 und p38. Diese Aktivierung ist von funktioneller Bedeutung, denn eine Hemmung der ERK-1/2-Aktivierung mit Hilfe eines spezifischen Inhibitors verhinderte die durch Infrarotstrahlung induzierte Expression der Matrixmetalloproteinase-1. ! Infrarot-A-Strahlung induziert in humanen dermalen Fibroblasten über den MAP-KinasenSignalweg die Expression von MMP-1.
Diese Untersuchungen zeigen, dass Infrarotstrahlung, ähnlich wie UV-Strahlung, in der Lage ist, molekulare Veränderungen in der menschlichen Haut hervorzurufen, die ursächlich zum beschleunigten Alterungsprozess beitragen können. In der Tat lässt sich die vermehrte MMP-1-Expression auch in vivo in Infrarot-A-bestrahlter menschlicher Haut beobachten. Das Ausmaß der MMP-1-Aufregulation zeigte – ähnlich wie in UV-bestrahlter Haut – eine deutliche interindividuelle Variabilität. Die InfrarotA-induzierte MMP-1-Expression ging mit der Ge-
neration reaktiver Sauerstoffspezies und einer anschließenden Verminderung antioxidativer Verteidigungssysteme im bestrahlten Hautareal einher. Dieser Beobachtung entsprachen In-vitro-Befunde, die zeigen, dass die Infrarot-A-induzierte MMP-1Expression in menschlichen Hautfibroblasten Folge eines retrograden Signalweges ist, an dessen Anfang die Freisetzung reaktiver Sauerstoffspezies aus der mitochondrialen Atmungskette steht. Diese Erkenntnis konnte zur Entwicklung eines topisch applizierbaren Infrarot-A-Schutzkomplexes genutzt werden. Hierbei handelt es sich um einen Cocktail unterschiedlicher, sich in den Mitochondrien anreichernder Antioxidanzien, der sowohl in vitro als auch in vivo die Infrarot-A-induzierte MMP-1-Aufregulation verhindert und daher als Bestandteil von Sonnenschutzmitteln zum Schutz der Haut vor Infrarot-A-Stahlung wirksam ist und entsprechend verwendet wird.
3.3.3 Ozon und andere Umweltnoxen
Da viele der in der Umwelt vorkommenden Noxen in der Lage sind, oxidativen Stress zu induzieren, ist es naheliegend, dass neben UV-Strahlung, Tabakrauch und Infrarotstrahlung auch weitere Umweltfaktoren zum vorzeitigen Alterungsprozess der menschlichen Haut beitragen.
Ozon Ein Beispiel hierfür ist Ozon, das einer der Hauptbestandteile von Smog ist, wie er in stark verkehrsbelasteten Regionen während der sonnenreichen Jahreszeit auftritt. Ozon ist ein potentes Oxidans und daher wurde eine Reihe von Untersuchungen durchgeführt, um die biologische Wirkung von Ozon auf die menschliche Haut zu erfassen. Untersuchungen an der Maushaut haben beispielsweise ergeben, dass eine Exposition mit Ozon zu einer Verminderung des Gehalts an Antioxidanzien führt, die sich im Stratum corneum nachweisen lassen. Besonders empfindlich gegenüber einer Ozonexposition zeigte sich hier das im Stratum corneum vorhandene Vitamin E. Interessanterweise wurden ähnliche Effekte auch nach einer UV-Bestrahlung beobachtet. Die Kombination aus UV-Strahlung und Ozon, die physiologisch hoch relevant ist, da es gerade in der son-
35 3.4 · Fazit für die Praxis
nenreichen Jahreszeit zu einer vermehrten Ozonbildung in Gebieten mit einer hohen Verkehrsdichte kommt, zeigte eine weitere Potenzierung dieses Effekts. Neben den Wirkungen auf das Stratum corneum und die dort vorhandenen antioxidativen Systeme scheint Ozon aber auch Wirkungen auf tiefere Schichten der Haut ausüben zu können. Nach einer Ozonexposition von haarlosen Mäusen konnte in der Haut dieser Tiere eine 20-fache Aufregulation des Hitzeschockproteins 27 sowie eine verzögerte Induktion des Hitzeschockproteins 70 und der Hämoxigenase-1 beobachtet werden. Zudem zeigte sich eine deutliche Aufregulation der Expression der Matrixmetalloproteinase-9, und zwar sowohl auf mRNS- als auch auf Proteinebene.
Ozonwirkungen auf haarlose Maushaut 4 Verminderung des Antioxidanziengehalts im Stratum corneum 4 Aufregulation von Hitzeschockproteinen (27 und 70), Hämoxigenase-1 und MMP-9 in tieferen Schichten
Obwohl diese Untersuchungen noch keinen direkten Zusammenhang mit einem vorzeitigen Alterungsprozess der menschlichen Haut aufzeigen, legen sie doch nahe, dass Ozon in der Lage ist, das antioxidative Potenzial der menschlichen Haut zu beeinflussen und auch in tieferen Schichten der menschlichen Haut Stressantworten hervorzurufen, die letztlich zu einem vorzeitigen Alterungsprozess beitragen können.
Schwebstäube Ein weiterer Umweltfaktor, der von immer größer werdender Relevanz für die menschliche Gesundheit ist, sind Schwebstäube. Obwohl zurzeit kontrovers diskutiert wird, ob feine und insbesondere ultrafeine Partikel in die menschliche Haut eindringen können, weisen neuere Untersuchungen darauf hin, dass in vivo zumindest eine follikuläre Penetration und ex vivo eine transepidermale möglich sind. Die pathogenetische Bedeutung des Eindringens von feinen und ultrafeinen Partikeln in die Haut ist zurzeit noch unbekannt. In diesem Zusammenhang ist
3
auch wichtig, dass diese hautphysiologischen Untersuchungen bisher ausschließlich an Menschen mit intakter Hautbarriere durchgeführt worden sind. Es ist gut vorstellbar, dass im Falle einer geschädigten Barriere, wie sie sich z. B. bei Personen mit atopischer Diathese findet, eine verstärkte Partikelpenetration stattfindet, die über die ausschließlich follikuläre Route hinausgeht. Da feine und insbesondere ultrafeine Partikel aufgrund ihrer großen Oberfläche sehr gut in der Lage sind, oxidative Prozesse zu induzieren, ist es zumindest theoretisch vorstellbar, dass sie ebenfalls zu einem vorzeitigen Alterungsprozess der menschlichen Haut beitragen können. Diese Hypothese wird durch aktuelle epidemiologische Untersuchungen gestützt, die darauf hinweisen, dass Pigmentveränderungen und Faltenbildung bei Kaukasiern und mehr noch bei japanischen Frauen mit der Belastung durch straßenverkehrsbedingte Schwebstäube positiv korrelieren.
3.4
Fazit für die Praxis
In den letzten Jahren wurden enorme Fortschritte erzielt bei der Aufklärung der molekularen Mechanismen, durch die Umweltfaktoren die menschliche Haut vorzeitig altern lassen. Die meisten Studien zu diesem Thema wurden am Modell der Noxe UVStahlung durchgeführt, aber es ist davon auszugehen, dass in zunehmendem Maße auch andere Umweltfaktoren untersucht werden. Eine wesentliche Aufgabe der Forschung der nächsten Jahre wird es sein, die bislang gemachten Beobachtungen zu einem Gesamtkonzept zusammenzufügen, das es erlaubt, Epiphänomene von kausal bedeutenden Veränderungen zu unterscheiden. Dies wiederum wird es ermöglichen, die Bemühungen um die Entwicklung effektiver protektiver und vielleicht auch verjüngend wirkender Maßnahmen auf eine wissenschaftlich fundierte rationale Basis zu stellen.
36
Kapitel 3 · Molekulare Mechanismen der Hautalterung durch UV-Strahlung und andere exogene Noxen
Weiterführende Literatur
3
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4 4 Endokrinologische Aspekte der Hautalterung Klaus Fritz
4.1
Einleitung
– 37
4.6
Somatotropes Hormon STH/GH
4.2
Neuroendokrine Grundlagen
4.2.1
Biorhythmus
4.6.1 4.6.2 4.6.3
Veränderungen im Alter – 45 Substitution bei krankhaften Störungen Substitution gegen das Altern – 46
– 37
– 38
4.3
Östrogene
4.3.1 4.3.2
Östrogene und Haut/Schleimhaut – 39 Östrogene und Psyche/Zentralnervensystem – 41 Therapie mit Östrogenen – 41 Ist die Östrogensubstitution beim Mann sinnvoll? – 43
4.3.3 4.3.4
4.4
Progesteron
– 39
– 44
4.5
Melatonin
4.5.1
Wirkung auf die Haut
4.7
Schilddrüsenhormone – 49
4.7.1
Wirkung auf die Haut
4.8
Parathormon – 49
– 46
– 49
4.9
Androgene – »aging male«
4.9.1 4.9.2 4.9.3 4.9.4
Grundlagen – 50 Symptome und Hormonwerte – 50 Therapeutischer Einsatz – 54 Androgene bei Frauen – 55
– 49
4.10
Fazit für die Praxis
– 44 – 44
– 55
Weiterführende Literatur
4.1
– 45
Einleitung
Altern ist eine irreversible, zeitabhängige funktionelle Abnahme der Körperfunktionen. Die Lebensdauer wird nach Prognosen der WHO weltweit weiter steigen, doch nicht parallel dazu die Lebensqualität. Die gewonnenen Jahre werden demzufolge überwiegend in mäßiger oder schlechter Lebensqualität verbracht. Gesundheitserwartung und Lebenserwartung differieren also deutlich. »Antiaging« beinhaltet eine präventive Medizin mit dem Ziel, Defizite auszugleichen durch optimale Ernährung, einen gesunden Bewegungsapparat, die Balance des Hormonprofils und eine ausreichende Versorgung mit antioxidativen Substanzen. Von Dermatologen wird erwartet, die Hautalterung zu verlangsamen. Für lichtexponierte Areale weiß man dafür eine Lösung, für lichtgeschützte
– 55
Stellen gibt es weniger Erkenntnisse. Zwei Theorien versuchen, Alterungsvorgänge zu erklären. Die eine postuliert Abnutzungserscheinungen und zunehmende zelluläre und genetische Schäden (wie freie Radikale, Akkumulation von DNS-Schäden, Kalorienreduktion), die andere nimmt an, das Altern laufe nach einem Programm ab. Am besten untersucht sind hierbei das Immunsystem und das neuroendokrine System.
4.2
Neuroendokrine Grundlagen
Die neuroendokrine Theorie des Alterns nimmt an, dass biologische Uhren über die Hormone den Alterungsprozess kontrollieren. Damit müsste auch durch gezielte Hormongaben der Alterungsprozess modifizierbar sein. Am eingehendsten bekannt ist
38
Kapitel 4 · Endokrinologische Aspekte der Hautalterung
. Tab. 4.1. Hormonveränderungen im Alter
4
Abnahme
Unverändert
Zunahme
Aldosteron
ACTH
FSH
Calcitonin
Kortisol
Insulin
DHEA
Renin
LH
Glukagon
Parathormon
IGF-1 STH (Frauen)
STH (Männer)
Trijodthyronin
TSH, Thyroxin
Testosteron (Männer)
Somatopause Abfall des STH und des IGF-1 (Insulin-ähnlicher-Wachstumsfaktor-1) und gleichzeitiger Anstieg der Bindungsproteine für IGF-1 Melanopause Nachlassen der Melatoninamplitude und Abnahme der nächtlichen Melatoninpeaks Voraussetzung für die individuelle Hormonsubstitution ist nicht nur ein Hormonwert, sondern auch subjektiver Leidensdruck und Tests von Parametern mit Aussagekraft über das biologische Altern, z. B. messbar mittels »H-Scan«.
Testosteron (Frauen)
Biomarker im Einzelnen
wohl der hypothalamisch-hypophysär-gonadale Regelkreis der Frau mit seinen Veränderungen im Rahmen des Zyklus und des Klimakteriums. Aber auch andere Hormone zeigen altersabhängige Veränderungen (. Tab. 4.1). Da das Kollagen der Haut wie der Knochen zu 70% aus Typ-I-Kollagen besteht und mit dem Alter abnimmt, wird vermutet, dass auch Erkenntnisse und Maßnahmen aus dem Bereich der Osteoporose auf die Haut übertragbar sind. Körperliches Training und Hormonsubstitutionstherapien müssten also auch die Hautalterung bremsen. Messbar ist dabei mittels Ultraschall die Abnahme der Hautdicke mit zunehmendem Alter. Im Zusammenhang mit den altersabhängigen Hormonveränderungen werden Lebenszäsuren definiert: Menopause Sistieren der Menstruation nach drastischer Abnahme der Estradiolproduktion, zusammen mit den körperlichen und psychologischen Folgen Andropause Ähnlicher Vorgang beim Mann, allerdings weniger abrupt. Allmähliches Nachlassen der Bildung von Gesamt- und freiem Testosteron. Eine Reduktion körperlicher und psychologischer Faktoren kann, muss aber nicht parallel eintreten Adrenopause Deutlich abgefallene Konzentrationen von DHEA und DHEAS bei weitgehend normalem ACTH-Spiegel
4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4
Hörreaktionszeit Höchster noch wahrnehmbarer Ton Vibrotaktile Sensibilität Sehreaktionszeit Muskelbewegungsgeschwindigkeit Lungenfunktion: Vitalkapazität Lungenfunktion: 1-s-Kapazität Entscheidungsreaktionszeit Bewegungsgeschwindigkeit Gedächtnis Alternierendes Knöpfedrücken Akkomodationsfähigkeit
In der Laienpresse werden vielfach Hormone euphorisch als Wunderdroge zur Verjüngung angesehen. In den USA sind sie rezeptfrei zur »Nahrungsergänzung« erhältlich. In Deutschland bleiben Hormone rezeptpflichtig. Die langfristigen Folgen dieses Hormoneinsatzes im Alter sind unbekannt, prospektive kontrollierte Studien daher eine wesentliche Aufgabe, um den Zusammenhang zwischen Hormondefiziten und Alterungsprozessen zu klären und das therapeutische Potenzial von Hormontherapien im Alter zu evaluieren.
4.2.1 Biorhythmus
Da die Hormonspiegel zirka-, infra- und ultradiane Rhythmen aufweisen, ist grundsätzlich zu fragen, ob es sinnvoll ist, Konzentrationen als Normbereiche
39 4.3 · Östrogene
anzugeben. Vielmehr scheint der zeitliche Verlauf von entscheidender Bedeutung. In der chronobiologischen Literatur wird häufig ein auf die Zeit bezogener Normwert angegeben. Die Periodizität der Hormonsekretion bleibt im Alter erhalten, auch wenn sich häufig Amplitudenreduktionen (beispielsweise bei DHEAS) oder höhere Amplituden (beispielsweise bei Insulin) zeigen.
4
Sie beeinflussen damit die Hautneubildung, Kollagenproduktion, Spannkraft und Durchblutung. Mit der Abnahme der Östrogene ist eine signifikante Verminderung der Hautdicke verbunden, die radiologisch, histologisch wie auch mittels Ultraschall (20 MHz) messbar ist.
Auswirkungen des Östrogenmangels auf die Haut 4.3
Östrogene
Östrogene sind die wichtigsten Hormone der Frau. Produziert werden sie überwiegend im Ovar, als Östron aber marginal auch in der Haut. Sie beeinflussen zunächst das Längenwachstum mit Schluss der Epiphysenfugen, dann Brustwachstum, Schambehaarung, Körperbau und Fettverteilung, den weiblichen Zyklus einschließlich psychologischer Einflüsse und der Fertilität. An den Blutgefäßen beugen sie Arteriosklerose vor. i Produziert werden Östrogene vorwiegend in den Follikeln des Ovars unter Einfluss von LH und FSH, rudimentär auch als Östron in Haut und Fettgewebe.
Zwischen dem 35. und 45. Lebensjahr nehmen die Geschlechtshormone langsam ab, zuerst das Progesteron mit Verkürzung der Regel, dann folgen die Östrogene. Die Regel bleibt erst zeitweise, dann ganz aus, ein Zeitpunkt, der als Menopause definiert ist und im Mittel mit 52±2 Jahren einsetzt. Die Folgen eines Östrogenabfalls sind die bekannten klimakterischen Beschwerden. In dieser Zeit – manchmal auch noch nach Jahren – leiden etwa 80% der Frauen an Hitzewallungen, Schwitzen, Stimmungsschwankungen und Depressionen. Die Spannkraft der Haut nimmt ab, ebenso wie die Wassereinlagerung und die Neubildung kollagener Fasern, dagegen nimmt die Trockenheit der Haut zu.
4.3.1 Östrogene und Haut/Schleimhaut
Östrogene sind in der gesamten Haut wirksam. Östrogenrezeptoren wurden in der Epidermis an Keratinozyten, in der Dermis an Fibroblasten und den Gefäßendothelien der Blutgefäße nachgewiesen.
4 4 4 4 4
Dünnerwerden der Haut Feuchtigkeitsverlust Veminderte Elastizität Verminderte Vaskularisation Verminderte Kollagenneusynthese
Die Folge: Haut und Schleimhäute werden dünn, blass und faltig. Die dünner werdende Haut kann zu Einblutungen führen und möglicherweise Infekte und verzögerte Wundheilung nach sich ziehen.
Kollagen und Grundsubstanz Der Kollagengehalt korreliert positiv mit der Hautdicke wie mit dem Grad der Osteoporose. Bei Osteoporose ist daher beides erniedrigt. Kollagen wird in der Haut von den Fibroblasten produziert. Der Turnover von Abbau und Neubildung des Kollagens ist nach dem Muskel- und Knochengewebe in der Haut am höchsten und damit auch anfällig für Störungen. In der Haut überwiegt deutlich Kollagen vom Typ I, auch Typ III kommt vor. Nach der Menopause wird ebenfalls eine Abnahme von quervernetztem Kollagen, ein erhöhter Abbau durch die Kollagenase und eine verminderte Neusynthese beobachtet, wenn auch nicht in allen Studien und nicht immer einhergehend mit sichtbaren Veränderungen der Haut. Daneben könnten auch die Funktion und Zusammensetzung der Grundsubstanz eine Rolle spielen. Dies muss wissenschaftlich allerdings noch weitergehend untersucht werden. Elastin und GAG (Glykosaminoglykane) nehmen z. B. unter Hormonersatztherapie deutlich zu. Diese Faktoren sind sicher alle für die Festigkeit und Spannkraft der Haut mitverantwortlich, aber nicht alleine entscheidend. Die Spannkraft ist weder ein singulär erklärbares noch ein standardisiert messbares Phänomen, so gerne wir dies aus kosmetischer Sicht hätten.
40
Kapitel 4 · Endokrinologische Aspekte der Hautalterung
Hormonsubstitution Haut Etwa 30% des Kollagens geht bei der Frau in den ersten Jahren nach der Menopause verloren. Hormonersatztherapien sind erfolgreicher, wenn die Substitution nicht auf einem niedrigen Niveau beginnt.
4
i Der Behandlungserfolg ist damit weniger von Dosis und Dauer, sondern vielmehr von der möglichst frühzeitigen Substitution abhängig.
Studien zeigten sowohl unter lokaler als auch systemischer Applikation eine Zunahme der Hautdicke, eine Abnahme von Falten, aber nur uneinheitlich eine positive Beeinflussung des Kollagengehalts. Weiterhin nahm zu Behandlungsbeginn die kapilläre Durchblutung zu, nicht aber unter langfristiger Gabe. Die vegetativ gesteuerte Flushsymptomatik in den tieferen dermalen Plexus wird unter Östrogensubstitution deutlich gebessert, wie auch die Einflüsse auf Sexualität, Libido, Haarwachstum und Wundheilung. Eine therapeutische lokale Gabe vermag Narben zu glätten und auch Atrophien nach Kortikosteroiden zu mindern.
feststellte, war eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie bei 60 postmenopausalen Frauen, denen für 12 Monate Östrogen oder Placebo gegeben wurde. Die Hautdicke nahm nur in der Östrogengruppe zu. Es ist weiterhin untersucht, dass die Permeabilität der Haut und damit ihre Barrierefunktion unter Östrogeneinfluss zunehmen bzw. nach Abfall der Östrogene nachlassen. Die Widerstandskraft der Haut ist damit von Östrogenen abhängig. Auch die Oberfläche der Keratinozyten ist prämenopausal statistisch signifikant höher als postmenopausal und als bei Männern. Allerdings besteht kein Zusammenhang zwischen Oberfläche und Funktionsparametern wie transepidermaler Wasserverlust oder Hydratation des Stratum corneum. i Die postmenopausale Hormonersatztherapie dient damit sowohl der Faltenprävention als auch der Behandlung und Vermeidung von Osteoporose, ein Effekt der durch andere Osteoporosemedikation nicht erreicht wird.
Weitere Einsatzmöglichkeiten Wirkungen einer Östrogenapplikation 4 4 4 4
Zunahme der Hautdicke Reduktion von Falten Teilweise Erhöhung des Kollagengehalts Zunahme kapillärer Durchblutung zu Therapiebeginn 4 Verbesserte Flushsymptomatik 4 Verbesserung von Libido, Haarwachstum, Wundheilung 4 Narbenreduktion
Möglicherweise sind für den verbesserten Hautzustand weniger der Kollagengehalt und der Anteil der Quervernetzung als die Hydration der Dermis verantwortlich. Während unter Hormonersatztherapie die Hauptziele erreicht werden und belegbar psychovegetative Faktoren und Osteoporose verbessert werden, sind die Studien für die Haut nicht einheitlich. Die signifikanteste Studie, die positive Einflüsse
Zweifellos gelten diese Vorteile auch für die Veränderungen im Urogenitalsystem, weil eine Östrogentherapie zu einer Steigerung des Kollagengehalts führt und damit einen besseren Gewebeturgor verursacht. Dadurch werden gleichzeitig Muskulatur und Bindegewebe im Bereich der Vagina, der Urethra und des Diaphragma urogenitale sowie des gesamten Beckenbodens gestärkt. In der Lokalbehandlung des Haarausfalls ist die Applikation von Östradiol und analogen Substanzen seit Jahrzehnten bewährt. Rezepturen wie Östradiolbenzoicum 00,05 in Spir. dil. ad 100,0 M. f. Tropfflasche S:1–2/Tag auf die Kopfhaut aufbringen oder als Fertigprodukt zugelassene Haartinkturen (Ellcranell, CrinoHermal, Alpicort F, Pantostin etc.) werden tausendfach verwendet. Da Östrogene die Kollagenneuproduktion unterstützen, erscheint eine lokale Östrogenapplikation bei »chemical peels«, Injektion von Fillern oder dem
4
41 4.3 · Östrogene
nichtablativen Subsurfacing sinnvoll zu sein. Gegeben werden unter anderem 0,625 mg/Tag konjugierte Östrogene systemisch. Bei der Rezeptur von Östrogensalben muss auf die Kompatibilität mit der Galenik geachtet werden. Auch die Auswahl des Östrogens kann Bedeutung haben: Östradiol (Linoladiol) penetriert und wirkt damit systemisch, Östriol (Ovestin) bleibt lokal. i Je nach Indikation muss das Penetrationsverhalten des Östrogens berücksichtigt werden.
Für die Faltenbehandlung ist die Hormonersatztherapie allerdings weniger wichtig, als den Nikotinkonsum und übermäßige UV-Einstrahlung zu vermeiden. Insbesondere bei der lokalen Applikation sollte bei Patientinnen, die zu Melasma neigen, gleichzeitig Lichtschutz empfohlen werden. Beliebt sind bei Patienten wie auch in kosmetischen Produkten die nicht als Arzneimittel geltenden pflanzlichen Östrogene. Soja, systemisch hochdosiert zugeführt, hat in Studien enttäuscht, für die lokale Applikation wurde eine Minderung der Falten berichtet. Cimifuga racemosa, ein im Trend liegender Isoflavonersatz, vermochte in Arzneimittelstudien bei klimakterischen Symptomen nicht zu überzeugen. Für den Einsatz an der Haut sind weder für die systemische noch die lokale Applikation kontrollierte Studien durchgeführt.
4.3.2 Östrogene und Psyche/
Zentralnervensystem Fällt der Östrogenspiegel ab, treten gehäuft psychische Störungen auf, beispielsweise in der prämenstruellen Phase, im Wochenbett oder im Klimakterium. Während einer Schwangerschaft, wenn der Östrogenspiegel steigt, ist das Erkrankungsrisiko dagegen wiederum geringer. Eine Besserung von peri- und postmenopausalen Schlafstörungen, Nervosität und Gereiztheit durch Östrogensubstitution ist durch zahlreiche Studien zu Substitutionspräparaten belegt.
Auch bei Morbus Alzheimer wird eine Risikominderung um die Hälfte vermutet. Nach den Ergebnissen der bislang größten und längsten Therapiestudie sind die Hormone bei Hirnleistungsstörungen wirkungslos, wenn die Demenz manifest ist. Eine Therapie mit Östrogenen schützte 664 untersuchte Frauen nicht vor einem erneuten Hirninfarkt, soll aber frühzeitig eingesetzt protektiv sein. Nicht nur bei Frauen, auch beim Mann wird einer niedrigen Östrogendosis libidofördernde Wirkung zugeschrieben.
4.3.3 Therapie mit Östrogenen i Für die Therapie mit Östrogenen gibt es nur eine sicher belegte Indikation: Sie lindern Wechseljahresbeschwerden.
Zum Ersatz des fehlenden Hormons bei Wechseljahresbeschwerden steht eine Vielfalt von Präparaten und Anwendungsformen zur Verfügung (. Tab. 4.2 und 4.3). Eine gynäkologische Kontrolle sollte regelmäßig erfolgen, da das Risiko eines Gebärmutterhalskrebses und eines Brustkrebses unter der Einnahme von Geschlechtshormonen erhöht sein kann. Entscheidend ist der frühzeitige Einsatz, insbesondere für die Wirkung an der Haut. Alterungsprozesse können damit retardiert werden. Die Diskussion
. Tab. 4.2. Wirksame Östrogendosen zur Osteoporoseprävention Östrogen
Applikation
Dosierung
Östradiol
Oral
1–2 mg täglich
Transdermal
50 μg täglich
Perkutan
1,5 mg täglich
Subkutan
25–50 mg über 6 Monate
Östradiolvalerat
Oral
1–2 mg täglich
Konjugierte Östrogene
Oral
0,625 mg täglich
42
Kapitel 4 · Endokrinologische Aspekte der Hautalterung
. Tab. 4.3. Sequenz- und Simultantherapie mit Östrogenen Östrogen
Applikation
Dosierung
Konjugierte Östrogene
Oral
0,625 mg/Tag
Mikronisiertes Östradiol
Oral
1–2 mg/Tag
Östradiol als Pflaster + Gestagen
Perkutan
2–8 mg alle 3 Tage
Östradiol
Oral
2 mg/Tag
+Norethisteronacetat
Oral
1 mg/Tag
Sequenztherapie
4
Simultantherapie
nerhalb des ersten Behandlungsjahres einer HET mit kombinierten Arzneimitteln erhöht ist. Bestätigt wird aber ebenso, dass das Brustkrebsrisiko nach Absetzen einer HET innerhalb weniger Jahre wieder auf das altersentsprechende Grundrisiko zurückgeht (Million Women Study Collaborators 2003). Relativiert wird das Brustkrebsrisiko, wenn man die individuelle Gesundheitssituation zu berücksichtigt. i Bei Frauen ohne Gebärmutter sollten nur Estrogene und nicht Estrogen-GestagenKombinationspräparate angewendet werden (Rabe et al. 2004).
Risikopatientinnen
über Krebsrisiken braucht Frauen, die die Hormone nach einigen Monaten bis 2 Jahren wieder absetzen, kaum zu beunruhigen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ordnete 2003 als neue Risikoangaben für Arzneimittel zur Hormonersatztherapie an, erweiterte Angaben zum Risiko von venösen Thromboembolien, koronarer Herzkrankheit, Schlaganfall, Brustkrebs und Ovarialkarzinom aufzunehmen. Das Brustkrebsrisiko ist nach aktuellen epidemiologischen Berichten (»Million Women Study«; Million Women Study Collaborators 2003) besonders bei Estrogen-Gestagen-Kombinationen erheblich erhöht, deutlich mehr als durch Estrogene allein. Daher wird empfohlen, die Behandlung kurz und niedrig dosiert durchzuführen und nur noch zur Behandlung ausgeprägter Wechseljahresbeschwerden Laut »Million Women Study« führt die Anwendung von reinen Estrogenpräparaten über 5 Jahre bei 1000 Frauen zu ca. 1,5 zusätzlichen Brustkrebsfällen, bei 10-jähriger Anwendung zu etwa 5 zusätzlichen Brustkrebsfällen. Bei einer HET mit Kombinationspräparaten aus Estrogenen und Gestagenen sind die entsprechenden Zahlen für zusätzliche Brustkrebsfälle etwa 4-mal so hoch (6 bzw. 19). Die Studie zeigt außerdem, dass Frauen, die Arzneimittel zur HET anwenden, auch ein höheres Risiko haben, an Brustkrebs zu sterben, als Nichtanwenderinnen und dass das Brustkrebsrisiko schon in-
Im Falle der Therapie gilt es besonders Risikopatientinnen herauszufiltern: 4 Vor dem erstmaligen Beginn einer ERT/HRT ist eine Mammographie zu empfehlen. 4 Krebsvorsorge: gynäkologische Untersuchung einschließlich Zervixzytologie und Ultraschall (Endometrium, Ovarien); Test auf okkultes Blut im Stuhl 4 Familienanamnese, Mammographie/ Mammasonographie 4 Risikoscreeningprogramm 4 Blutbild, Blutfettuntersuchungen, Leberenzyme, evtl. Abdominalultraschall und Diabetesscreening; Thrombophiliescreening nur nach spezieller Indikation 4 Knochendichtemessung und Frakturrisiko 4 Familiäres oder eigenanamnestisches Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen, insbesondere Thromboembolien beurteilen 4 Untersuchung des Blutgerinnungssystems (z. B. Faktor-V-Leiden-Genmutation, APC-Resistenz, Protein C, Protein S, Antithrombin-III, Prothrombinpolymorphismus, Homozystein, MTHFR) Die prädiktive Bedeutung einer sog. Genchipdiagnose muss noch im Hinblick auf mono- und polygenetische Erkrankungen weiter validiert werden.
43 4.3 · Östrogene
Indikationen Anerkannte Indikationen für die Estrogen Replacement Therapy (ERT) und die Hormone Replacement Therapy(kombinierte EstrogenGestagen-Therapie, kontinuierlich oder sequenziell) sind auch nach Angaben durch die Food and Drug Administration und das National Institute of Health (NIH) in den USA und andere internationale Institutionen die folgenden: 4 Behandlung mäßiger und schwerer klimakterischer (vasovegetative) Beschwerden (Verbesserung der Symptome in 95% aller Fälle durch ERT/HRT innerhalb von spätestens 4–8 Wochen nach Behandlungsbeginn) 4 Prävention der Osteoporose unter sorgfältiger Berücksichtigung anderer therapeutischer Optionen [Bisphosphonate, Selective Estrogen Receptor Modulators (SERMs, z. B. Raloxifen)] und eines entsprechend angepassten Lebensstils. 4 Mittelstarke bzw. schwere Urogenital- und Vaginalatrophie
Entsprechend der WHI-Studie ist das Risiko eines Mammakarzinoms unter kombinierter HRT bei einer Therapiedauer von >5 Jahren erhöht. In der Mehrzahl der Studien sind die unter HRT diagnostizierten Mammatumoren klein und weisen eine geringe Aggressivität auf. In den meisten Beobachtungsstudien war die brustkrebsbedingte Mortalität unbeeinflusst oder erniedrigt. Die spezifische Letalität war in der One Million Women Study nicht signifikant erhöht. In der WHI fanden sich diesbezüglich keine Unterschiede zwischen Hormon- und Placebogruppe. Nach Empfehlungen des BfArM vom 6.5.2004 sollen allerdings primär Alternativen wie Bisphosphonate und Raloxifen gewählt werden, eine ERT/ HRT sei nur dann primär indiziert, wenn Unverträglichkeiten oder Kontraindikationen gegen die Alternativen vorliegen. Das Klimakterium verschiebt die Relation von Östrogen und Testosteron. Dies geschieht durch verminderte Östrogenproduktion und damit Abnahme der Östrogene sowie eine Zunahme der Androgen-
4
rezeptoren und eine Vermehrung des freien Testosterons. Auch die IGF-1-Produktion wird vermindert. Es entsteht daher postklimakterisch eine relative Hyperandrogenämie mit Symptomen wie Hirsutismus, die eine antiandrogene Gestagengabe einerseits und eine Östrogensubstitution andererseits empfehlenswert machen. Hierzu gibt es ausgewogene Fertigpräparate, die als Gestagen antiandrogen wirksame Substanzen verwenden. Ohne diese Substitution kann es durch eine partielle, zunehmende Insulinresistenz nicht nur zu Typ-2-Diabetes und Hypertonie, sondern durch beide Einflüsse auch zur androiden Adipositas kommen. Auch vor diesem Hintergrund erscheint eine Hormonersatztherapie zu Beginn des Klimakteriums empfehlenswert.
4.3.4 Ist die Östrogensubstitution
beim Mann sinnvoll? Die Bestimmung von Östrogenen beim Mann ist labortechnisch problematisch und ein isolierter Östrogenmangel bei normalen Testosteronkonzentrationen eine Rarität. Die wenigen Arbeiten, die sich mit den Wirkungen und Nebenwirkungen einer niedrig dosierten Östrogentherapie beim Mann befassen, sind unkontrolliert und/oder erfassen nur kurze Interventionszeiträume. Unter der hohen Dosierung der einzigen Studie, dem Coronary Drug Project, musste die Therapie wegen schwerwiegender thromboembolischer Ereignisse und Gynäkomastie abgebrochen werden. Die Empfehlung, schwach wirksame Östrogenpräparate wie Östriol in der Behandlung älterer Männer vorzuziehen, wurde durch keine kontrollierte Studie belegt. In einem Beitrag gibt Rimkus (2000) an, die Östradiolsubstitution bei Männern von erniedrigten bis auf physiologische Werte führe fast immer zur Beschwerdefreiheit, allerdings nicht andere Östrogenprodukte. Die Einnahme von DHEA bewirkt ebenfalls eine Anhebung der Östrogenspiegel. Regelmäßige Kontrollen sollten Blutbild, PSAWert, Fettwerte und eine Palpation der Prostata umfassen. Aufgrund des potenziell erhöhten Risikos für ein Prostatakarzinom sollte der PSA-Wert zwar nicht häufiger, aber intensiver geprüft werden – die Pa-
44
Kapitel 4 · Endokrinologische Aspekte der Hautalterung
tienten sollten einmal jährlich zur Bestimmung aufgefordert werden und ein neues Rezept nur nach entsprechender Konsultation erhalten.
Progesteron
4.4
4
Progesteron beeinflusst die Zahl von LangerhansZellen in der Haut, unterdrückt die Expression von Matrixmetalloproteinasen und reduziert die kollagenolytische Aktivität auch in der Haut. Diese Wirkung kann dazu beitragen, die Haut jung erscheinen zu lassen. Die Abnahme des Progesterons kann andererseits mit dem Alter Symptome der Altershaut beschleunigen.
Melatonin
4.5
Die Publizität von Melatonin als »Wunderdroge« hat, von den USA als Nahrungsergänzungsmittel kommend, auch auf Deutschland übergegriffen. Melatonin bleibt in Mitteleuropa jedoch ein zulassungspflichtiges Arzneimittel – bislang allerdings ohne eine offizielle Zulassung.
Unter anderem dem Melatonin zugeschriebene Wirkungen 4 4 4 4 4
Verzögerung des Alterungsprozesses Karzinomprophylaxe und -therapie Verbesserung der sexuellen Vitalität Therapie der Schlaflosigkeit Schnelle Überwindung des reisebedingten Jetlags
Diese weitgespannten Erwartungen sind nur zum geringen Teil von wissenschaftlichen Publikationen belegt. Chemisch ist Melatonin die von der Aminosäure Tryptophan abstammende Substanz N-Acetyl-5Methoxytryptamin mit der Molekülmasse von 232,3 und somit ein relativ kleines Molekül. Da Licht die Produktion hemmt, wird Melatonin fast ausschließlich während der Nacht von der Glandula pinealis produziert und sezerniert. Der Syntheseverlauf ist durch einen gleichmäßigen Anstieg, einen Spitzen-
wert etwa 1–3 h nach Mitternacht und einen danach einsetzenden Abfall gekennzeichnet, ohne erkennbare Pulsatilität. Der sichere Nachweis eines Defizits ist schwierig. Die genaueste Methode zur Messung der Melatoninrhythmik besteht in der Messung aus dem Blut im stündlichen Abstand während der Nacht oder die Bestimmung des Metaboliten 6-Hydroxy-Melatoninsulfat im Morgenurin. Die höchsten Melatoninwerte werden etwa 3 Monate nach der Geburt während der Nacht erreicht und fallen danach steil um etwa 80 % bis zum Ende der Pubertät ab. Bei Erwachsenen sinken die Melatoninkonzentrationen nochmals deutlich ab, so dass bei älteren Menschen im Vergleich zu jungen Erwachsenen erheblich niedrigere Melatoninkonzentrationen gefunden werden. Parallel zur im Alter abnehmenden Melatoninproduktion nehmen Schlafstörungen zu. Durch abendliche Melatoningaben wird die Zeit bis zum Einschlafen erheblich verkürzt und die Schlafdauer verlängert Die einfache orale Melatoningabe führt wegen eines hohen First-Pass-Effects in der Leber und einer kurzen Halbwertszeit nur zu einer kurzzeitigen Erhöhung des Melatoninspiegels im Blut, und wohl deswegen wird nur selten eine Durchschlafwirkung erzielt. Für den Jetlag, der mit der Regulierung des Schlaf-Wach-Zyklus in Verbindung gebracht werden kann, liegen einige Erfolg versprechende Publikationen vor. Eine aussagekräftige GCP-Studie wurde nicht durchgeführt. Die Einnahme von Melatonin zur falschen Tageszeit kann Nebenwirkungen nach sich ziehen. Besteht eine Veränderung des Schlafprofils mit einem Absinken des Melatonins im Laufe der Nacht, so könnten die zum früheren Zeitpunkt gegebenen Melatonindosierungen eher zur Verstärkung von Durchschlafstörungen führen. Vor einer Substitution sollte die individuelle Rhythmik gemessen werden. Zur Verbesserung des Durchschlafens stehen auch Kapseln zur Verfügung, die das Hormon zeitlich verzögert abgeben.
4.5.1 Wirkung auf die Haut
Der Melatoninrezeptor MSR-1 entscheidet in seiner Ausprägung und Funktionsweise über Haarfarbe und Hauttönung und hatte im Rahmen der Evolu-
45 4.6 · Somatotropes Hormon STH/GH
tion Bedeutung. Welche Bedeutung der zelluläre Rezeptor darüber hinaus besitzt, ist für die Beziehung zum Altern nicht bekannt. Melatonin besitzt die Eigenschaft, als Radikalfänger zu wirken, besonders gegenüber dem stark schädigenden Hydroxylradikal (OH-), das auch für Schäden an der DNS verantwortlich ist und Malignome auslösen kann. Die antioxidative Wirkung spielt bei der Karzinomentstehung, aber auch beim Alterungsprozess eine wichtige Rolle. Hierdurch hat Melatonin zweifelhafte Berühmtheit als »Jungbrunnen« errungen. Bei Tumorerkrankungen wurde ein hemmender Einfluss beobachtet, andererseits aber auch über tumorstimulierende Wirkungen von Melatonin berichtet. Ob diese interessante Eigenschaft des Moleküls jedoch auch in vivo und in physiologischen Konzentrationen beim Menschen wirkt, ist unbekannt. Der Melatoninpräkursor Serotonin weist hingegen eine wesentlich größere antioxidative Potenz auf. Andere, der Melatoninforschung Auftrieb gebende Untersuchungsergebnisse waren die Lebenszeiterhöhungen von Mäusen um etwa 20% nach Melatoningabe. Die Interpretation, dass Melatonin ein lebensverlängerndes Hormon darstellt, ist auf diese Versuche zurückzuführen. Es gibt allerdings keine einzige Studie, die die Verzögerung von Alterungsprozessen durch Melatonin belegt. In der Dermatologie ergeben sich für Melatonin möglicherweise Perspektiven bei Hauterkrankungen wie dem atopischen Ekzem, der Psoriasis und dem Haarwachstum. In topischer Anwendung hat Melatonin eine suppressive Wirkung auf die Ausbildung eines UV-Erythems.
4
Beispiel
Melatonin Lactose-Monohydrat q. Mischung pro Kapsel M. f. 100 Kapseln
3 mg
Somatotropes Hormon STH/GH
4.6
Das Wachstumshormon GH (»growth hormone«) – auch bezeichnet als STH (somatotropes Hormon) – wird im Hypophysenvorderlappen synthetisiert und pulsweise in die Blutzirkulation abgegeben. GnRH, der stimulierende Releasingfaktor, und Somatostatin (SS), der wesentliche Inhibitor, nehmen auf diese Pulse Einfluss. Das Wachstumshormon weist neben der fördernden Wirkung auf das Längenwachstum im Kindesalter auch beim Erwachsenen zahlreiche wichtige Stoffwechselfunktionen auf. Die übergeordnete Bedeutung liegt in der Bereitstellung und Mobilisation von Energie- und Leistungsreserven. GH wirkt lipolytisch, senkt das Serumcholesterin und wirkt als Insulinantagonist. Es ist anabol und fördert den Muskel- und Knochenaufbau einschließlich der Pumpleistung des Herzmuskels, normalisiert die Fettverteilung sowie das psychische Wohlbefinden. Die anabolen Effekte von GH werden erfolgreich in der Tiermast genutzt und im Sport missbräuchlich eingesetzt.
GH-Wirkungen 4 4 4 4
Lipolyse Insulinantagonimus Anabol Psychisches Wohlbefinden
Möglicher Melatonineinsatz in der Dermatologie 4 4 4 4
Atopisches Ekzem Psoriasis Haarausfall UV-Erythem
Zur Substitution stehen über die internationale Apotheke beziehbare Fertigpräparate in 1 mg und 3 mg Dosis oder als Rezeptur zur Verfügung.
4.6.1 Veränderungen im Alter
Alterungsvorgänge wirken sich vermutlich vorwiegend auf der hypothalamischen Ebene aus. Somatostatin scheint mit dem Alter zuzunehmen und damit verstärkt zu inhibieren. Die pulsatile GH-Produktion nimmt schon ab dem 20. Lebensjahr um etwa 14% pro Lebensdekade ab und sistiert nach dem
46
4
Kapitel 4 · Endokrinologische Aspekte der Hautalterung
60. Lebensjahr bei vielen Menschen weitgehend. Dieser Vorgang wird als Somatopause bezeichnet. Die GH-Abnahme wird darüber hinaus verstärkt durch viszerale Adipositas und körperliche Inaktivität sowie die Abnahme von Östrogen bei Frauen. Das beim Mann zu Östradiol aromatisierte Testosteron fördert hingegen die GH-Freisetzung. Der Nachweis eines GH-Mangels ist schwierig, da tagsüber die GH-Serumkonzentrationen oft unter der Nachweisgrenze liegen und es in kurz anhaltenden nächtlichen Pulsen sezerniert wird. Daher ist zusätzlich die Bestimmung des basalen Insulin-likeGrowth-Factor-1 (IGF-1) wichtig, der bei GH-Mangel erniedrigt ist; zur Dokumentation des GH-Defizits sind auch Stimulationstests (z. B. Arginintest oder Insulintoleranztest) erforderlich. Ein Teil der Effekte von GH wird durch IGF-1 vermittelt, das in der Leber unter dem Einfluss von GH produziert wird und seine Wirkungen ubiquitär entfaltet. Ferner bilden zahlreiche Gewebe basal und stimuliert durch GH IGF-1. Auch IGF-1 fällt mit zunehmendem Alter ab. Bei 65- bis 85-jährigen Männern beträgt er nur noch die Hälfte gegenüber 25- bis 45-Jährigen. Es ist wahrscheinlich, dass GH und IGF-I die Funktionen des Testosterons bei älteren Männern übernehmen. Für die Haut ist es von Bedeutung, dass IGF-I auch die Fibroblastenproliferation erhöht. Um den Einfluss von GH auf Alterungsparameter und seine Assoziation mit der menschlichen Langlebigkeit zu untersuchen, wurden von Ruiz-Torres et al. IGF-I-Serumspiegel bei 250 gesunden Probanden untersucht. Männer (um das Alter von 70 Jahren) mit IGF-I-Serumspiegeln, die jungen Männern (bis zum Alter von 39 Jahren) entsprechen, zeigten keine altersverbundene Abnahme des Testosteronspiegels, keine Abnahme in der Muskelmasse und keine Zunahme in der Fettmasse. Diese Personen zeichneten keine besonderen Hormonmetabolismuseigenschaften oder Ernährungsgewohnheiten aus. Senioren, die eine gekennzeichnete Abnahme der IGF-I-Konzentrationen zeigten, starben in einem jüngeren Alter als Männer desselben Alters, deren IGF-I-Niveaus nicht abgenommen hatten. Obwohl Änderungen von IGFWerten bei weiblichen Probanden in dieser Studie nicht so prominent waren, legen In-vitro-Experi-
mente von Zouboulis et al. eine indirekte molekulare Wirkung von Östrogen auf der IGF-I/IGFI-R-Signalkaskade auf den Alterungsprozess von Hautzellen nahe.
4.6.2 Substitution bei krankhaften
Störungen Die gentechnologische Herstellung von humanem GH ermöglicht die Substitution bei hypophysär bedingtem GH-Mangel. Defizite können deutlich gebessert oder beseitigt werden. Inzwischen gibt es auch Therapieansätze für Krankheiten, denen nur ein partieller oder kein GH-Mangel zugrunde liegt. Unter Therapie des GH-Mangels kommt es zu folgenden Wirkungen: 4 Psyche: Die positiven Effekte auf die Lebensqualität sind zwar eindrucksvoll, aber oft schwierig nachzuweisen, da der Patient an seine Situation adaptiert ist. Mit Hilfe eines Fragebogens und von Vitalitätstests vor und unter Therapie lässt sich die Steigerung der Parameter allerdings gut belegen, wie Steigerung des Antriebs, der Stimmungslage, Gedächtnisleistung oder der Libido. 4 Veränderung der Körperzusammensetzung: Durch bioelektrische Impedanzmessung, aber auch durch CT können die eindrucksvolle Reduktion des Fettanteils und des Gesamtgewichts sowie die Zunahme der Muskelmasse nachgewiesen werden. 4 Stoffwechsel: GH-Behandlung steigert die basale Stoffwechselrate um 16%, wirkt lipolytisch und senkt Cholesterin um 25%. Belastungstests zeigen eine Zunahme der maximalen Sauerstoffaufnahme unter Behandlung um 24% und der Muskelkraft um 20%. Allerdings wird die Mortalität nicht positiv beeinflusst und die Aktivität natürlicher Killerzellen nimmt ab.
4.6.3 Substitution gegen das Altern
Da die Symptomatik junger Erwachsener mit hypophysärem GH-Mangel den typischen Beschwerden älterer Menschen ähnelt, lag es nahe, auch gesunde ältere Menschen mit GH zu behandeln.
47 4.6 · Somatotropes Hormon STH/GH
Altern führt zu 4 Abnahme von Knochen- und Muskelmasse, 4 dünner, trockener Haut, 4 Zunahme der Fettmasse, vermindertem fettfreiem Gewebe und Extrazellulärwasser, 4 Stammfettsucht, erhöhtem Taille-Hüfte-Quotient, 4 vermindertem psychischem Wohlbefinden und 4 reduzierter renaler, kardialer und anderer körperlicher Leistungsfähigkeit. Aufsehen erregte die erste Studie, bei der 12 gesunde Männer im Alter von 61–73 Jahren 0,03 mg GH/kg KG 3-mal pro Woche erhielten. GH führte hier zu einer signifikanten Zunahme der fettfreien Körpermasse, der Muskulatur, einer Abnahme der Fettmasse um 2,4 kg und einem Anstieg der Knochendichte. Allerdings traten zahlreiche Nebenwirkungen auf, wie Karpaltunnelsyndrom, Gynäkomastie oder die Entwicklung eines Diabetes mellitus, eines Blutdruckabfalls und einer Hepatitis. Enttäuschend war, dass trotz der Zunahme der Muskelmasse kein funktioneller Nutzen für ältere Männer (Ergometrie, Messung der Muskelkraft, Lungenfunktionsprüfung sowie psychologische und kognitive Tests) nachweisbar war und eine GH-Therapie die günstigen Effekte von körperlichem Training nicht weiter verbesserte. i Die positiven Effekte einer GH-Behandlung auf die Körperstruktur älterer Männer gehen mit zahlreichen Nebenwirkungen und keinem messbaren Nutzen für die Körperfunktion einher.
Die Wirkungen auf zellulärer Ebene sind noch widersprüchlicher, die langfristigen Folgen noch weitgehend unklar. Einerseits aktiviert IGF-1 einen Rezeptor, der die Zellen vor dem programmierten Zelltod (Apoptose) schützt, andererseits stimuliert dies gleichzeitig Tumorwachstum, insbesondere im Kolon. Akromegale entwickeln signifikant häufiger Malignome des Gastrointestinaltrakts. Männer mit IGF-1Werten im oberen Viertel des Normbereichs entwickeln 2- bis 4-mal häufiger ein Prostatakarzinom als Männer mit Werten im unteren Normbereich.
Wirkungen auf die Haut Nicht nur GH, sondern auch eine mittlerweile mögliche Substitution mit IGF-1 steigert die Neubildung
4
von Typ-I-Kollagen. Dies könnte bei dermatologischen Therapieansätzen wie Resurfacing, nichtablativem Subsurfacing oder der Kollageninduktion nach bestimmten Fillern adjuvant hilfreich sein. Über eine gezielte lokale Applikation liegen kontrollierte Studien noch nicht vor.
Vorgehen bei Substitution von Erwachsenen ohne Hypophysenerkrankung Behandlungen sind bislang nicht durch »evidencebased«-Studien wissenschaftlich belegt. Sie sollten daher als individueller Heilversuch deklariert und die Patienten umfangreich aufgeklärt werden. Eine relative Behandlungsindikation mit systemischer GH- oder IGF-1-Gabe ist nur bei ausgeprägtem klinischem Beschwerdebild mit reduzierter Muskelmasse, Adipositas (Body-Mass-Index, Taille-HüfteVerhältnis), Abgeschlagenheit und reduzierter Leistungsfähigkeit gegeben. Als Ausgangsparameter und zur Verlaufskontrolle kann zusätzlich die Hautdicke erfasst werden. Die IGF-1-Konzentration im Serum sollte zwei Standardabweichungen unter dem Medianwert eines gesunden 40-Jährigen liegen. Wie vor Substitution bei GH-Defizienz kann die Durchführung zweier unabhängiger Stimulationstests hilfreich sein (Hypoglykämietest, alternativ Infusion von 0,5 g L-Argininhydrochlorid oder auch GnRH-Test: 1 μg/kg KG GnRH).
Cave Hypoglykämie
Neben den anthropometrischen Daten wie Bodymass, dem Anamnesebogen zur Lebensqualität und den Hormonen STH und IGF-1 sollten folgende Werte bestimmt werden: 4 Knochenmarker 4 T3, T4 4 Kortisol 4 17-β-Östradiol 4 SHBG 4 Testosteron 4 DHEAS 4 evtl. Prolaktin 4 Lipidstatus
48
Kapitel 4 · Endokrinologische Aspekte der Hautalterung
Ein Ausgangsbild der Hypophyse durch Röntgen, Sono, CT oder MRT ist bei Defizienz nötig, bei Somatopause fakultativ.
reinen Selbstzahlerbereich, in der Regel wohl auch bei privat Versicherten, da es sich nicht um die Behandlung einer konsumierenden Krankheit, sondern eine Lifestylemedikation handelt.
Dosierung
4
Im 1. Monat kann mit 0,15 mg/Tag (z. B. Norditropin SimpleXx) begonnen werden. Bessert sich die Symptomatik und/oder IGF-1 über 50%, kann auch bei moderaten Nebenwirkungen im 2. Monat die Dosis beibehalten werden. Klingen darunter evtl. Nebenwirkungen ab, erfolgt die weitere Dosierung ab dem 3. Monat in Abhängigkeit vom IGF-1-Wert und klinischer Symptomatik und kann um 0,08– 0,15 mg/Tag angepasst werden. Im Falle von Besserung der Beschwerden, aber Persistieren von Nebenwirkungen sollte die Dosis reduziert werden. Kommt es unter 0,15 mg/Tag im 1. Monat zu keiner Besserung, kann ab dem 2. Monat auf 0,3 mg/Tag und in den folgenden auch weiter erhöht werden. Die Eingangsparameter sollten anfangs alle 3, dann alle 6 Monate überprüft werden. Nach anhaltender Besserung kann die Therapie auch abgesetzt und die Symptomatik im Anschluss überprüft werden. Aus Sicherheitsgründen sollten neben Tumormarkern (Prostata, Mamma, Darm) überprüft werden: Hämoccult-Test, Lipide, Koronarsymptome, Diabetes. i Kontraindikation besteht bei Tumorerkrankungen, aktiv oder in der Anamnese, insbesondere Kolonkarzinom, beim Diabetes und schweren Organerkrankungen.
Abgebrochen wird, wenn solche Symptome oder Krankheiten auftreten, weiterhin bei Karpaltunnelsyndrom und bei Überschreiten der 97. Perzentile der Alters- und Geschlechtsnorm unter möglichst niedriger STH-Dosis. Besondere Vorsicht, Dosisanpassung und Hormonkontrolle ist geboten bei folgenden weiteren Hormongaben und -abweichungen: 4 Hydrokortison/Kortisonazetat 4 L-Thyroxin 4 Sexualsteroide 4 Blutdruckmedikation 4 Diabetestherapie Die nicht unerheblichen Kosten für Diagnostik und Therapie von Alterserscheinungen gehören in den
Alternativen zur Hormonsubstitution Alternativen zur Hormonsubstitution liegen in gezielter Umstellung der Lebensgewohnheiten. Adipositas, vor allem viszeral, und körperliche Inaktivität verstärken die GH-Abnahme. Körperliche Anstrengung stimuliert die GH-Ausschüttung – eine Tatsache, die den Vorteil körperlicher Aktivität als Schutz vor dem Altern nahe legt. Ein sehr intensives körperliches Training und Erreichen eines normalen bis subnormalen Gewichts kann die basale GH-Produktion auch an Tagen ohne körperliche Anstrengung verdoppeln. Im Alter ist diese Stimulationsmöglichkeit jedoch begrenzt bzw. führt zu keinen signifikanten Erhöhungen der basalen GH-Sekretion. Fasten erhöht akut die GH-Freisetzung, chronische Reduktion der Nahrungszufuhr ist allerdings in dieser Hinsicht nicht untersucht und könnte bei Älteren auch nicht erstrebenswert sein. Fetthaltige Kost bremst und freie Fettsäuren steigern die GHFreisetzung. GH wird vermehrt im Schlaf freigesetzt. Ausreichender Schlaf könnte unterstützend wirken, wissenschaftliche Belege eines therapeutischen Nutzens gegen nicht krankhafte Alterserscheinungen fehlen aber auch hier.
Zusammenfassende Beurteilung Die bisher nur wenigen und kurzfristigen Studien zum Einsatz von GH bei älteren Männern zeigen übereinstimmend günstige Auswirkungen auf die Körperzusammensetzung mit einer Zunahme der Muskel- und Abnahme der Fettmasse. Ein klinisch relevanter funktioneller Nutzen, beispielsweise Zunahme von Muskelkraft oder Senkung der Frakturrate, wurde aber nicht belegt. Ältere Menschen reagieren sehr empfindlich auf GH mit dosisabhängigen Nebenwirkungen. Die langfristigen Folgen im Hinblick auf die Entwicklung von Malignomen sind unbekannt, erste Daten zeigen deutliche Risiken. Daher muss der Einsatz von GH in der Somatopause derzeit klinischen Studien oder experimentell zu wertenden individuellen Heilversuchen vorbehalten bleiben.
49 4.9 · Androgene – »aging male«
4.7
Schilddrüsenhormone
T3- und T4-Produktion der Schilddrüse werden von TSH stimuliert, das vom Hypophysenvorderlappen unter Kontrolle des hypothalamischen TRH freigesetzt wird. Mit dem Alter nehmen T4 und TRH ab. Hypothyreose kann bei Älteren Symptome der Apathie enthalten und andere Erkrankungen vortäuschen. Mit dem Alter nimmt auch hier das Risiko des Auftretens maligner Erkrankungen, z. B. kalter Knoten, zu, diese machen aber nur 0,5–1,5% aller Malignome aus. Von erheblicher praktischer Relevanz in der Perimenopause ist die Tatsache, dass latente Fehlfunktionen der Schilddrüse ähnliche Symptome verursachen wie der Abfall der Sexualhormone.
Praxistipp Wenn eine Hormonsubstitution nicht den gewünschten positiven Effekt zeigt, empfiehlt es sich, vor einer Umstellung die Schilddrüse zu überprüfen.
Da Sexualsteroide die Bindungsproteine für Schilddrüsenhormone etwas ansteigen lassen und damit die Hormonwirkung abschwächen, ist bei Patientinnen unter thyreostatischer Therapie und auch unter Thyroxin eine Anpassung notwendig, und zwar sowohl bei der physiologischen hormonellen Umstellung im Klimakterium als auch zu Beginn einer Substitution. Denn schon eine geringe subklinische Hyperthyreose erhöht das Risiko eines Vorhofflimmerns und verschlechtert eine Osteoporose.
4.7.1 Wirkung auf die Haut
Von den Wirkungen auf die Haut sind Hyperhidrose bei Überfunktion und Hypohidrose sowie teigige Haut bis zum Myxödem bei Unterfunktion bekannt. Da auch in fortgeschrittenen Jahren beide Fehlfunktionen vorkommen, aber nicht altersspezifisch sind, ist zwar die Schilddrüse diagnostisch immer als Kofaktor zu berücksichtigen, produziert selbst aber kein Hormon, dem man eine Mitwirkung an Alterserscheinungen zuschreibt.
4
i Schilddrüsenhormone werden nicht ursächlich mit Alterungsprozessen in Verbindung gebracht.
4.8
Parathormon
Parathormon steigert die Knochendichte und wird aus den Nebenschilddrüsen freigesetzt. Durch die tägliche subkutane Injektion von sowohl 20 μg als auch 40 μg Parathormon (Aminosäuren 1–34) konnte bei postmenopausalen Frauen mit Osteoporose das Risiko für Wirbelbrüche und andere Skelettfrakturen gesenkt und die Knochenmineraldichte insgesamt gesteigert werden. In einer randomisierten, placebokontrollierten Studie an 1637 postmenopausalen Frauen war das Hormon dem Placebo überlegen. Die vielversprechenden Ergebnisse sind überschattet vom vorzeitigen Studienabbruch wegen Osteosarkomen – eine Beobachtung, die sich jedoch in anderen Studien oder bei Patienten mit primärem Hyperparathyreoidismus nicht bestätigte. Die Zunahme der Knochendichte lässt vermuten, dass auch eine Kollagenzunahme der Haut unter Parathormon erfolgen könnte. Kontrollierte Untersuchungen, die Parathormon für diese Indikation empfehlenswert erscheinen lassen, sind derzeit nicht bekannt.
4.9
Androgene – »aging male«
Männer sterben rund 7 Jahre früher als Frauen. Bis zu 1,6% pro Jahr nimmt ihr Testosteronspiegel mit zunehmendem Alter ab. Ein Klimakterium wie bei der Frau als abrupten Ausfall der Gonadenfunktion erleidet der alternde, gesunde Mann zwar nicht, wohl aber vergleichbare Symptome wie Gelenk- und Muskelschmerzen, Schlafstörungen, depressive Verstimmung und sexuelle Probleme. Bei älteren Männern sollen GH und IGF-I allerdings die Funktionen des Testosterons übernehmen. Eine Hormonsubstitution mit Androgenen soll dem partiellen Androgendefizit des alternden Mannes (PADAM) entgegenwirken, wie die Hormonersatztherapie bei der postmenopausalen Frau. Etwa 20–35% der Männer über 60 Jahre haben laut Schätzungen einen relativen Androgenmangel, objektive Parameter sind international nicht definiert.
50
Kapitel 4 · Endokrinologische Aspekte der Hautalterung
4.9.2 Symptome und Hormonwerte Symptome des PADAM 4 4 4 4
Gelenk- und Muskelschmerzen Schlafstörungen Depression Sexuelle Probleme
4 4.9.1 Grundlagen
Testosteron, das zentrale Hormon des Mannes, wird mit 6–7 mg täglich zu 95% in den Leydig-Zellen des Hodens und in geringem Maße in der Nebennierenrinde produziert. Durch 5-α-Reduktase wird es in die biologisch aktive Form überführt und in der Haut, dem Haarfollikel, der Prostata, der Leber, aber auch in Fettgewebe und Mammazellen zu 17-β-Östradiol aromatisiert. Als Metabolite entstehen mit 70μg/Tag Dihydrotestosteron (DHT) beziehungsweise in deutlich geringeren Mengen (. Abb. 4.1) mit 10 μg/Tag Östradiol. LH reguliert im Regelkreis die Freisetzung des Testosterons. Inhibin aus Sertolizellen, IGF-1 und viele andere Mediatoren können Einfluss nehmen. Normwerte liegen bei 3–12 ng/ml. Testosteron korreliert mit sexuellem Interesse und kognitiven Leistungen, senkend wirken Stress und Ausdauersport. . Abb. 4.1. Biologische Wirkungen von Testosteron und seinen Metaboliten. (Nach Fahlenkamp et al. 2000)
Bei Männern kommt es in den mittleren Lebensjahren zu einer allmählichen Abnahme der Testosteronproduktion und -konzentration sowie parallel von Dehydroepiandrosteron (DHEA) und DHEASulfat (DHEAS) im Serum. Eine gleichzeitige Zunahme des sexualhormonbindenden Globulins (SHBG) beschleunigt den Abfall des ungebundenen, biologisch aktiven Testosterons, umgekehrt, als es bei Frauen beobachtet wird. Testosteronmetabolite wie das Östradiol sinken parallel, aber nicht überproportional in ihrer Konzentration ab. 20% der 60-jährigen Männer und 35% der über 80-jährigen haben einen Testosteronspiegel unterhalb der unteren Referenzgrenze von 12 nmol/l. Die Auswirkungen sind nicht immer klar. Die Bewertung der Testosteronkonzentration als Ursache von Symptomen des Hypogonadismus (. Tab. 4.4) wird im höheren Lebensalter durch eine Vielzahl von Einflussfaktoren erschwert: Beschwerden wie die Beeinträchtigung körperlicher und geistiger Aktivität oder sexueller Funktionen sind bei Männern im hohen Lebensalter multifaktorieller Genese, nicht nur alleine bedingt durch einen Hormonmangel. Osteoporosebedingte Frakturen »treffen« Männer 10 Jahre später als Frauen. Der positive Effekt der Testosteronsubstitution mit Normalisierung der Knochendichte ist gut dokumentiert. Eine Testoste-
51 4.9 · Androgene – »aging male«
4
. Tab. 4.4. Präparate zur Testosteronsubstitution. (Nach Fahlenkamp et al. 2000) Applikation
Dosierung
Anwendung
Oral/sublingual
Bemerkung Unzureichende Wirkspiegel, variable Resorption, Compliance?
Testosteronundecanoata p.o. (Andriol)
2- bis 4-mal 40 mg/Tag
Supplementierung
Testosteroncyclodextrin s.l.
(z. B. 3-mal 5 mg/Tag)
In klinischen Studien
Mesterolon (Vistimon)
Keine direkte Testosteronwirkung, nicht aromatisierbar, daher keine Östrogenwirkung, Steigerung des freien Testosterons durch Verdrängung aus der SHBG-Bindung
Lokal – dermal Testosterongel transdermal (Testogel)
Täglich
Substitution
Skrotale Applikation nicht immer möglich
Testosteronpflastera
Skrotale Haut
1 Pflaster/Tag
Substitution und Supplementierung (z. B. Testoderm 15 mg)
Skrotale Applikation nicht beliebt, ungünstiger DHT-Anstieg, gleichmäßige Wirkspiegel
Nichtskrotale Haut
1 oder 2 Pflaster/Tag
Substitution und Supplementierung (z. B. Androderm 2,5 mg)
Gleichmäßige Wirkspiegel, 10% Hautreizungen
Testosteronenanthata i.m. (z. B. Testoviron Depot, 250 mg Testosteron-Depot)
2–3 Wochen
Substitution
Bewährtes Standardpräparat, intramuskuläre Injektionen, schwankende Wirkspiegel
Testosteronimplantat, Implantation unter die Abdominalhaut
3–6 Implantate pro Substitution, 200 mg/6 Monate
Substitution
Testosteronundecanoat i.m
(z. B. 1.000 mg/10–12 Wochen)
In klinischen Studien
Testosteronbucciclat i.m
(z. B. 600 mg/12 Wochen)
In Entwicklung
Intramuskulär
aPräparate in Deutschland zugelassen.
ronsubstitution normalisiert bei hypogonadalen Männern die Libido und sexuelle Funktionen, Antrieb, Stimmungslage und kognitive Funktionen, jedoch nicht bei Männern ohne Hypogonadismus. i Nur bei Männern mit Hypogonadismus normalisiert eine Testosteronsubstitution körperliche und seelische Funktionen.
Haut Testosteron reduziert die epidermale Barrierefunktion der Haut. Bereits männliche Feten zeigen eine langsamere Barriereentwicklung als weibliche. Gleiche Korrelationen wurden unter Testosteronmangel (erhöhte Barriere, bessere Barriereerholung) als auch unter Testosteronsubstitution (reduzierte epidermale Barriere) nachgewiesen. Die Oberfläche
52
Kapitel 4 · Endokrinologische Aspekte der Hautalterung
der Keratinozyten ist bei Männern so niedrig wie bei Frauen nach der Menopause ohne Substitution. Nur prämenopausale Frauen zeigen höhere Werte. Männer scheinen demnach »verletzbarer« an der Haut zu sein.
Prostata
4
Zwillingsstudien zeigen, dass weder erhöhte DHTnoch Testosteronkonzentrationen im Serum mit dem Auftreten eines Karzinoms oder einer benignen Prostatahyperplasie einhergehen. Östrogene dagegen aktivieren in vitro den Androgenrezeptor in der Prostata und erhöhen die PSA-Sekretion. Eine intensive Überwachung der Prostata ist aber ein essentieller Bestandteil jeder Therapie mit Sexualhormonen, besonders im fortgeschrittenen Lebensalter.
Kardiovaskuläres System Testosteron hat sowohl atherogene als auch antiatherogene Effekte. Es führt bei beiden Geschlechtern zu einer Abnahme der HDL-Serumkonzentration, stimuliert die Erythropoese und damit den Hämatokrit. Dem gegenüber stehen antiatherogene Wirkungen wie eine Verminderung der Lipoprotein-(a-)Konzentration, positive Effekte auf die Gerinnung und die abdominale Adipositas.
Haarausfall Eine beginnende Lichtung der Haare empfinden Männer als erstes Zeichen des Älterwerdens. Haarausfall bei Frauen kann erfolgreich mit Antiandrogenen und Östrogenen begegnet werden, für Männer sind als medikamentöse Maßnahmen Finasterid oral und 17-α-Östradiol lokal zugelassen. i Haarausfall bei Männern: Indikation für Finasterid.
Finasterid wurde ursprünglich als 5-α-ReduktaseHemmer zur Therapie der benignen Prostatahyperplasie (BPH) entwickelt. Es hemmt die Umwandlung des Testosterons in seinen am Rezeptor wirksamen Metaboliten Dihydrotestosteron am Haarbalg und im Serum. Bei 86% der Probanden gelang es, den Haarausfall zu stoppen. Jeder zweite Mann profitierte durch ein sichtbares Dichterwerden der Haare bereits nach 6-monatiger Therapie unter einer Dosis von 1 mg/Tag bei geringer Nebenwirkungsrate.
Diagnose des relativen Hypogonadismus Bestehen klinisch erfassbare Symptome (s. Nieschlag u. Eckardstein 2000), die bei Hypogonadismus oder im Rahmen eines Climactericum virile vorkommen, so sollten auch der Hormonstatus und der Vitalitätsstatus abgeklärt werden. Niedrige Testosteronkonzentrationen ohne klinische Symptome sind primär keine Indikation zur Substitution. Verlaufskontrollen können im Zweifel Klarheit verschaffen. Die Berechnung des freien Testosterons aus SHBG und Gesamttestosteron und Messung von LH erhöht die diagnostische Sicherheit. Ebenso gehören dazu DHEA, T3/T4, Androstendion und Östrogene. Positive Effekte einer Substitution sind nur zu verzeichnen, wenn tatsächlich vor der Therapie erniedrigte Testosteronspiegel vorlagen. Folgende Parameter finden zur Diagnose des Hypogonadismus und zur Überwachung der Testosterontherapie beim Erwachsenen Verwendung (Nieschlag u. Eckardstein 2000): 4 Psychische und sexuelle Parameter 5 Allgemeines Wohlbefinden 5 Geistige und körperliche Aktivität 5 Libido 5 Erektion 5 Sexuelle Aktivität 4 Somatische Parameter 5 Körperproportionen 5 Körpergewicht 5 Muskelmasse und -kraft 5 Fettverteilung 5 Behaarung(Bart, Pubes, Stirnhaargrenze) 5 Sebum 5 Stimmbruch 4 Laborparameter 5 Testosteron und SHBG im Serum (daraus Berechnung des freien Testosterons) 5 LH 5 Erythropoese (Hk, Erys, Hb) 5 Prostata/Samenblasen: Ejakulatvolumen 5 Prostatagröße/-binnenmuster (Palpation, transrektale Ultraschalluntersuchung) 5 PSA im Serum 5 Uroflow 5 Knochendichte Die Androgene können in weitere Androgene oder Östrogene und Steroide transformiert werden z. B.
53 4.9 · Androgene – »aging male«
α-4-Androstendion, Testosteron, Dihydrotestosteron, Östradiol, Östron und Androstendiol. Darüber hinaus sind neuroaktive Interaktionen von DHEA und die Beeinflussung verschiedener Verhaltensfunktionen in Diskussion.
DHEA (Dehydroepiandrostenon) DHEA ist ein Zwischenprodukt in der Steroidbiosynthese (. Abb. 4.1) und wahrscheinlich ohne eigene Wirkung. Im Alter von 25 Jahren produziert ein Mann noch 35 mg/Tag DHEA, mit 80 Jahren nur noch 7 mg/pro Tag. Das DHEA fällt um 3,1% pro Jahr, das DHEAS (Dehydroepiandrostenonsulfat) um 2,2% gegenüber einem Testosteronabfall von 0,4% pro Jahr. DHEA hat eine Halbwertszeit von 25 min, DHEAS von 11 h. DHEA wird in den USA von Tausenden unkontrolliert als Nahrungsmittelzusatz geschluckt, in der allgemein verbreiteten Meinung, es sei ein Quell ewiger Jugend. Im Gegensatz dazu bleibt es in Deutschland als Arzneimittel rezeptpflichtig. Die Indikationsstellung zur Substitution sollte sich an der altersabhängigen Reduktion des Hormonspiegels im Sinne einer ersten sog. »Adrenopause« orientieren. Die Messung von isoliertem DHEA spielt in der Diagnostik und Therapie des Hypogonadismus des älteren Mannes keine Rolle. DHEA muss als zirkulierendes Prohormon angesehen werden, aus dem in der Körperperipherie zahlreiche Steroidhormone wie Testosteron, Östron, Östradiol, Dihydrotestosteron generiert werden. Die orale Gabe von DHEA wird geschlechtsspezifisch metabolisiert: 4 Bei Frauen führt es zu einem signifikanten Anstieg von zirkulierendem Androstendion, Testosteron und Dihydrotestosteron. 4 Bei Männern wurde eine Zunahme von 17-OHProgesteron, Östron und 17-β-Östradiol, nicht aber von Testosteron und Dihydrotestosteron beobachtet. Sollte also das Ziel sein, einen erniedrigten DHEA-Spiegel zu substituieren, so gibt man besser Testosteron bei Männern – es sei denn, man wünscht einen erhöhten Östrogenspiegel.
Wirkungen Verbesserungen der Befindlichkeit und der erektilen Dysfunktion sowie eine Zunahme der Muskelkraft und von freiem IGF-1 wurden nach Gabe von 50 mg
4
DHEA beschrieben. Wirkungen von DHEA im Tierversuch können allerdings nicht auf den Menschen übertragen werden. Bei Frauen mit Nebennierenrinden-(NNR-)Insuffizienz verbesserte die Substitution Befindlichkeit und Sexualität, insbesondere Depressivität und Ängstlichkeit. Bei gesunden älteren Männern hingegen zwischen 50 und 70 Jahren mit niedrigem endogenem DHEA, aber initial fehlender Beeinträchtigung ihres Befindens blieb DHEA (50 mg/Tag über 1 Jahr) wirkungslos. i Nur bei gestörtem Allgemeinbefinden scheint die DHEA-Substitution ein therapeutisches Potenzial zu besitzen. Ältere Männer mit teilweisem Androgenmangel erfahren eine progressive Verbesserung in der Stimmung, der Abgeschlagenheit und den Gelenkschmerzen nach einem Jahr der DHEA-Substitution mit 25 mg/Tag.
Schlussfolgerungen Damit lassen sich wichtige Schlussfolgerungen ziehen. Altersabhängig niedriges DHEA ist nicht zwingend mit einer Einschränkung der Befindlichkeit assoziiert. DHEA scheint in der Lage, bei gestörtem Wohlbefinden antidepressiv und anxiolytisch zu wirken, bei normaler Befindlichkeit wird dagegen eine weitere Verbesserung des Befindens nicht zu erreichen sein. Die Gabe von DHEA sollte sich somit nicht primär an der altersabhängig niedrigen endogenen Hormonsekretion, sondern am Beschwerdebild orientieren. Bezüglich der kurzfristigen Nebenwirkungen erscheint DHEA zwar wenig problematisch, die Substitutionstherapie von DHEA bleibt jedoch als individueller Heilversuch zu werten.
Androstendion Androstendion ist im Vergleich zu DHEA bisher kaum untersucht. Da Androstendion ebenfalls in der Körperperipherie in aktive Sexualsteroide umgewandelt werden kann, könnte das Wirkprofil in Teilen dem des DHEA entsprechen. Tatsächlich konnte unter Gabe von Androstendion eine Erhöhung des Östradiols bei jungen Männern nachgewiesen werden. Die in der Laienpresse propagierte muskelanabole Wirkung von Androstendion (300 mg pro Tag) ist in kontrollierten Studien bisher nicht bestätigt, jedoch ist die Beeinflussung hormonabhängiger Tumore denkbar.
54
Kapitel 4 · Endokrinologische Aspekte der Hautalterung
Testosteron
4
Die Substitution mit Androgenen ist nützlich für Knochendichte, Muskelaufbau, Fettverteilung und damit für die Figur. Testosteron wirkt möglicherweise auch schützend auf die Koronargefäße. Untrainierte zeigten unter dem Einfluss von Testosteron in einer Studie eine Zunahme der Muskulatur. Durch die Kombination von regelmäßigem Training und der Gabe von Testosteron wurden noch deutlichere Resultate erzielt. Der Missbrauch von Testosteron als Anabolikum ist wohl daher bei Athleten und im Rahmen des Bodybuildings sicherlich weit verbreitet.
4.9.3 Therapeutischer Einsatz
Testosteron Sofern bei älteren Männern tatsächlich ein Hypogonadismus vorliegt, der durch klinische Symptome und niedrige Serumtestosteronspiegel (unter 12 nmol/l) festgestellt wird, kann ihre Lebensqualität durch eine Testosteronsubstitution deutlich erhöht werden. Die Risiken dabei sind: 4 Erhöhtes Thrombose-/Embolierisiko 4 Polyzythämie 4 Schlafapnoe 4 Gynäkomastie 4 Natrium-Wasser-Retention Für die Therapie des Hypogonadismus im Senium werden derzeit niedrig dosierte, kurz wirksame Präparate empfohlen, die natürliches Testosteron enthalten. Bei der Präparatewahl sollte die Erzielung physiologischer Serumkonzentrationen ein Hauptkriterium sein. Für die Behandlung mit Testosteron stehen verschiedene Präparate zur Verfügung (. Tab. 4.4), die sich in Applikationsform und Kinetik unterscheiden. Orale Präparate werden nur unsicher resorbiert, so dass sie sich vorwiegend zur vorübergehenden Supplementierung bei noch teilweise erhaltener endogener Testosteronproduktion eignen. Transdermale Systeme sind gerade beim älteren Patienten für eine Substitution geeignet, da sie zu Testosteronserumspiegeln im unteren bis mittleren Normalbereich führen und jederzeit entfernt werden können, sollte dies z. B. wegen einer Erkrankung der Prostata
erforderlich werden. Aus diesem Grund sind injizierbare Testosteronester mit Depotwirkung weniger zu empfehlen; obendrein führen sie zumindest vorübergehend zu supraphysiologischen Serumspiegeln, die vom Patienten als wenig angenehm empfunden werden.
Cave Vorsicht bei Testosteronpräparaten mit Depotwirkung, wenn die Gefahr einer Prostataerkrankung besteht.
Bei den transdermalen Systemen kann zwischen einer auf das Skrotum aufzutragenden Membran (beispielsweise Testoderm) und einem Okklusivpflaster (beispielsweise Androderm) gewählt werden, wobei letzteres häufiger zu Hautirritationen führt.
Lokale DHEA-Applikation Labrie et al. (1997) fanden eine Zunahme der Knochendichte unter der an dieser Stelle applizierten DHEA-Creme sowie eine Verbesserung des Schleimhautepithels der Vagina bei unverändertem Endometrium nach Lokaltherapie. Zur Behandlung sind nur Cremegrundlagen geeignet, die mit den Hormonen kompatibel sind und eine Freisetzung erlauben. Beispiel einer solchen Rezeptur ist: DHEA 2% Periderm Intensiv Crème ad 250,0
Nebenwirkungen Zur Abschätzung der Risiken muss geklärt werden, welche Konzentrationen in welchem Endorgan wünschenswert sind, ohne dass in einem anderen unerwünschte Folgen auftreten (. Tab. 4.5). Ein diagnostiziertes Prostatakarzinom ist eine klare Kontraindikation für eine Testosteronsubstitution, ebenso eine positive Familienanamnese, ein Schlafapnoesyndrom, eine chronische obstruktive respiratorische Erkrankung, eine Polyzythämie und die obstruktive Form der benignen Prostatahyperplasie (BPH).
55 Weiterführende Literatur
4
. Tab. 4.5. Mögliche Effekte einer Testosterontherapie im Senium Positive Effekte
Negative Effekte
4 4 4 4 4 4
4 4 4 4 4
a
Verbesserung kognitiver Funktionen a Zunahme von Muskelkraft a Abnahme des Fettgewebeanteils a Zunahme der Knochendichte a Verbesserung von Libido und sexueller Funktion Verbesserung der kardiovaskulären Funktion
Gynäkomastie Akzeleration nicht erkannter Prostatamalignome Verschlechterung einer Schlafapnoe Polyglobulie Verschlechterung der kardiovaskulären Funktion
Effekte sind durch kontrollierte klinische Studien belegt.
4.10 Kontraindikationen für die Testosteronsubstitution 4 Prostatakarzinom bzw. positive Familienanamnese 4 Schlafapnoesyndrom 4 COPD 4 Polyzythämie 4 BPH
Das potenzielle Risiko einer Stimulation von klinisch okkulten Tumoren der Prostata scheint nach den – bisher maximal 3 Jahre – laufenden Studien zwar nicht sehr hoch zu sein, ist jedoch für eine Langzeitbehandlung völlig offen. Eine Zunahme des androgenetischen Haarausfalls kann durch gleichzeitige Gabe von Finasterid selektiv unterbunden werden. Die Qualität der Haut könnte von einer Testosteronsubstitution profitieren: Trockene Altershaut produziert dann mehr Sebum, und zumindest über Östrogene als Metabolit wird die Kollagensynthese gesteigert. Eine Zunahme von Muskel- und Abnahme von Fettmasse mag auch ästhetisch erwünscht sein.
4.9.4 Androgene bei Frauen
Erhöhte Androgenwerte führen bei Frauen zu den bekannten Erscheinungen der Androgenisierung mit Hirsutismus, Alopezie und Akne. Am häufigsten sind Androgenerhöhungen verursacht durch polyzystische Ovarien. Die Libido kann allerdings durch niedrige Dosierungen gesteigert werden, daher wirkt DHEA bei Frauen z. T. stimulierend und anabol.
Fazit für die Praxis
Die in den letzten Jahren vorgelegten Studien zum DHEA lassen jetzt erstmals ein therapeutisches Potenzial (Verbesserung von Lebensqualität, Sexualität) für dieses Steroidhormon erkennen, das durch weitere, umfassendere Studien abgesichert werden muss. Ein niedriger Hormonspiegel allein ist keinesfalls ein hinreichender Behandlungsanlass. Eigeninitiative weg vom gourmethaften und bewegungsarmen Lebensstil hin zu einem gesunden »Lifestyle« verspricht bessere Erfolge, kommt der Figur zugute, fördert den Schlaf und hält jünger als die Substitution eines isolierten Hormons. Wer substituiert wird, sollte auch seine Lebensführung überprüfen.
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Kapitel 4 · Endokrinologische Aspekte der Hautalterung
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4
II
Hautverjüngung/ »skin-rejuvenation« 5
Konservative Maßnahmen: Chemisches Peeling
– 61
Nanna Y. Schürer, Claudia Billmann-Krutmann
6
Faltenbehandlung mit Botulinumtoxin A und besondere Indikationen – 75 Petra Becker-Wegerich
7
Skin Resurfacing: Laserverfahren
– 101
Roland Kaufmann
8
Faltenbehandlung mit nichtablativen Systemen: IR-Laser, IPL/LED, PDT, Fraxel und Radiofrequenz
– 113
Rolf-Markus Szeimies, Luís Antonio Ribeiro Torezan
9
Füllmaterialien
– 133
Nanna Y. Schürer, Claudia Billmann-Krutmann
10
Altersbedingte Fettgewebeveränderungen: Lipolyse, Cellulitebehandlung – 151 Franz Hasengschwandtner
11
Das verjüngte Bein (Epilation, Phlebologie) – 167 Helger Stege
12
Hautverjüngung: ethnische Besonderheiten Nanna Y. Schürer, Luitgard Wiest
– 179
5 5 Konservative Maßnahmen: Chemisches Peeling Nanna Y. Schürer, Claudia Billmann-Krutmann
5.1
Einleitung
– 61
5.2
Praxis
5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4 5.2.5 5.2.6
Praktische Erfahrung – 62 Prävention – 62 Peelingmittel – 63 Plan – 63 Patientenauswahl – 63 Prozedur – 63
– 62
5.3
Chemische Grundlagen
5.3.1 5.3.2 5.3.3 5.3.4 5.3.5
Alphahydroxysäuren – 68 Betahydroxysäure – 68 Trichloressigsäure – 68 Jessner-Lösung – 68 Retinsäure – 68
5.4
Indikationen – 69
5.1
Einleitung
– 68
Ein Peeling erfolgt invasiv oder konservativ mit dem Ziel, die Hautstruktur nach vorausgehender Regeneration der Dermis und/oder Epidermis zu verbessern. Mittels verschiedener Verfahren kann das Abschälen (Syn.: Peeling) der Haut induziert werden (. Tab. 5.1). . Tab. 5.1. Peelingverfahren Methoden
Medien
Enzymatisch
Lipasen, Proteasen, Papain, Trypsin
Mechanisch
Rubbelpartikel (Kräuter, Kleie, Tonerde, Silikate)
Physikalisch
Laser, Dermabrasion
Chemisch
Fruchtsäuren, Salizylsäure (und Derivate), Retinsäure, Trichloressigsäure, Krotonöl, Phenol, Resorcinsäure
5.5
Wirkung – 69
5.5.1 5.5.2 5.5.3 5.5.4
Alphahydroxysäuren – 69 Betahydroxysäure – 70 Trichloressigsäure – 70 Retinsäure – 71
5.6
Nebenwirkungen
5.6.1 5.6.2 5.6.3 5.6.4
Alphahydroxysäuren – 71 Betahydroxysäure – 72 Trichloressigsäure – 72 Retinsäure – 72
– 71
5.7
Kontraindikationen – 73
5.7.1
Schwangerschaft/Stillperiode
5.8
Fazit für die Praxis
– 73
– 73
Weiterführende Literatur
– 74
Je nach Eindringtiefe der Chemikalien wirkt das Peeling unterschiedlich auf Epidermis und Dermis (Fulton u. Porumb 2004). Es werden 3 Peelingebenen unterschieden (. Tab. 5.2). . Tab. 5.2. Peelingebenen Klassifikation
Tiefe des Peelings
Synonyma
Oberflächliches Peeling
Epidermal: Stratum corneum bis gesamte Epidermis
Soft-Peel Easy-Peel Erfrischungs-Peel Lunch Time Peel
Mittleres Peeling
Bis in das Stratum papillare
Weekend-Peel
Tiefes Peeling
Bis in das Stratum reticulare
Die Tiefe des Peelings ist von ineinandergreifenden Faktoren abhängig (. Tab. 5.3).
62
Kapitel 5 · Konservative Maßnahmen: Chemisches Peeling
. Tab. 5.3. Faktoren, die die Tiefe des Peelings beeinflussen Molekül
Pks-Wert
Konzentration
pH-Wert der Lösung, Neutralisation, Pufferung
Einwirkzeit Menge und Auftragungstechnik
5
Häufigkeit der Prozedur
Zeit zwischen den Sitzungen
Hautzustand
Dicke, anatomische Lokalisation, Vorbehandlung
Die oberflächlichen, epidermalen Peelings schränken weder im beruflichen noch privaten Leben ein und zählen deshalb zu den konservativen, nichtinvasiven Hautverjüngungsverfahren. Das folgende Kapitel befasst sich mit den konservativen chemischen, d. h. mit oberflächlichen bis mitteltiefen Peelings.
5.2
Praxis
5.2.2 Prävention
Vorsicht ist besser als Nachsicht. Im Zeitalter der Qualifizierung ist das Peeling in Deutschland immer noch ein Stiefkind ohne Leitlinie, im Gegensatz zu den USA (Coleman 1994). Im Vergleich zu anderen ablativen Verfahren ist die Anzahl der Faktoren, die das chemische Peeling beeinflussen, größer. Vor dem Eingriff ist zu entscheiden, welche Substanzen, Konzentrationen und Applikationstechniken geeignet sind. Diese Entscheidung ist abhängig von der praktischen Erfahrung des Arztes, vom Befund, von der Diagnose und den Bedürfnissen des Patienten. Folglich ist es sinnvoll, vor dem ersten Peeling den Patienten dezidiert zu befragen (. Tab. 5.4) – mit einem Handspiegel, um die gewünschte Korrektur zeigen zu können. Repräsentative Photos helfen bei der Erklärung, was während und nach der Schälbehandlung passiert. . Tab. 5.4. Fragebogen vor dem Peel Nehmen Sie Kontrazeptiva? Andere Hormone? Leiden Sie an Fieberbläschen? Liegen Sie regelmäßig in der Sonne?
Voraussetzung für ein erfolgreiches Peeling sind Kenntnisse der Chemie, der Dermatologie sowie ein Einfühlungsvermögen für den Patienten. Wird ein Peeling durchgeführt, sind die »6 wichtigen P’s« zu berücksichtigen: 4 Praktische Erfahrung 4 Prävention 4 Peelingmittel 4 Plan 4 Patientenauswahl 4 Prozedur
Wenn ja, bräunen Sie leicht? Bekommen Sie nach Entzündungen Pigmentflecken? Leiden Sie an einer Krankheit? Wenn ja, an welcher? Nehmen Sie Medikamente? Wenn ja, welche? Haben Sie schon einmal eine Abschleifung oder ein chemisches Peeling durchführen lassen?
5.2.1 Praktische Erfahrung
Verwenden Sie Vitamin-A-Säure bzw. Retin A?
Je mehr praktische Erfahrung ein Arzt mit der Durchführung eines Peelings hat, umso besser können gewünschte und unerwünschte Wirkungen eingeschätzt werden.
Mussten Sie sich Operationen im Gesicht unterziehen? Mussten Sie über längere Zeit Kortison einnehmen? Haben Sie Allergien? Leiden Sie an Hautreizungen?
Ja
Nein
63 5.2 · Praxis
5.2.3 Peelingmittel
5
Dieselben Wirkstoffe werden für die Nachbehandlung verwendet.
Verschiedene Chemikalien und deren Kombinationen eignen sich für ein Peeling. Da die Substanzen sich in ihrer Struktur voneinander unterscheiden, unterscheiden sich auch Wirkungen und Nebenwirkungen. . Tabelle 5.5 sind die zurzeit am meisten verwendeten Substanzen mit schälenden Eigenschaften zu entnehmen. Aufgeführt sind Chemikalien mit unterschiedlichen Grundstrukturen. Kombinationsmöglichkeiten und Varianz der Galenik erklären die Menge der kommerziell erhältlichen Peelings.
Frühere Anwendungen Frühere topische Anwendungen von Tretinoin, Glykolsäure oder andere Schälbehandlungen müssen dokumentiert werden. Es muss festgestellt werden, ob sich der Patient Dermabrasionen bereits unterzogen hat. Es ist auch wichtig, den Einsatz von Bleichmitteln, Elektrolyse, Rasuren, Depilationsmitteln oder Wachsen zu erfragen, da dies die Penetration des Peelingreagens erhöhen kann.
Topographische Verhältnisse . Tab. 5.5. Substanzen, die sich für konservative Peelings eignen Peelingmittel
Verwendete Konzentration
Alphahydroxysäuren
20–50%
Resorcin
15%
Trichloressigsäure
10–20%
Salicylsäure(derivate)
10–30%
Auch die topographischen Verhältnisse müssen berücksichtigt werden: Gesicht und Nacken sind reicher an Adnexstrukturen. Die epidermale Proliferation an diesen Hautarealen ist besser gewährleistet als an Rücken, Brust, Unterarmen oder Händen. Die lichtgeschädigte Haut ist oft unempfindlicher, was häufig Kombinationspeelings erfordert.
5.2.5 Patientenauswahl
Retinsäure
5.2.4 Plan
Ein Peeling ist nur ein Teil des »Plans«. Vor- und Nachbehandlung sind für das Ergebnis enorm wichtig. Vor dem Peeling muss die Haut vorbereitet werden. Ziel der Vorbereitungsphase (3–4 Wochen) ist, 1. den Fettgehalt und pH-Wert der Haut zu senken, 2. die Hornschicht zu verdünnen, damit sich die epidermodermale Wirkung der Peelingsubstanz gleichmäßig entfalten kann, und 3. die Reduktion postinflammatorischer Hyperpigmentierung.
Vorbehandlung Zur Vorbehandlung bieten sich Rezepturen und Fertigpräparate, die Alphahydroxysäuren (AHA) und/ oder deren Salze, Polyhydroxysäuren, Retinoide, Salizylsäure, Azelainsäure sowie Vitamine E und C (Antioxidanzien), Kojisäure, Hydrochinon (seit Juni 2000 nicht mehr als Kosmetikum zugelassen) und/ oder andere bleichende Wirkstoffe enthalten, an.
Der Patient muss beim ersten Arztbesuch richtig eingeschätzt werden. Die Klassifizierung der Hautalterung nach Fulton (2006) hilft bei der Auswahl des geeigneten Verfahrens (. Tab. 5.6). Eine Person mit Hauttyp I–II nach Fitzpatrick, die diese Behandlung wünscht, eine gute Compliance hat und dem behandelnden Arzt vertraut, ist der ideale Patient. Die Aufklärung des Patienten ist enorm wichtig, fördert das Vertrauen und erspart spätere Unannehmlichkeiten. Vor dem ersten Peeling sollten dem Patienten schriftliche Verhaltensregeln ausgehändigt werden. Es sollte dokumentiert sein, dass es sich bei dieser Behandlung um eine medizinisch nicht notwendige, kosmetische Behandlung handelt und die Sonnenexposition nach dem Peeling zu meiden ist. Der Patient bezeugt mit seiner Unterschrift, dass er das Dokument gelesen und verstanden hat.
5.2.6 Prozedur
Vor dem Peeling ist eine gründliche Hautreinigung zwingend: Stark geschminkte Patientinnen werden
64
Kapitel 5 · Konservative Maßnahmen: Chemisches Peeling
. Tab. 5.6. Hautalterungsindex nach Fulton (2006) Faktoren
Punkte (n)
Hauttyp
Negroid (1)
Asiatisch (2)
Mediterran (3)
Kaukasisch (4)
Raucher
Seit 5 Jahren (2)
Seit 10 Jahren (4)
Seit 15 Jahren (6)
Seit 20 Jahren (8)
Lichtexposition
Keine (2)
Manchmal (4)
Meistens (6)
Immer (8)
Falten