PARKER prellt die Erbschleicher Axel Forell »Zuerst ist auf mich geschossen worden«, sagte Mary-Ann Pembroke im Brustto...
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PARKER prellt die Erbschleicher Axel Forell »Zuerst ist auf mich geschossen worden«, sagte Mary-Ann Pembroke im Brustton tiefster Entrüstung. »Man stelle sich vor, auf mich, eine Blaublütige, und das im Frieden. Aber das war nicht alles, Liebste!« »Was du nicht sagst!« Lady Agatha fühlte sich schon wieder ganz in ihrem Element, denn nach ihrer Meinung gab es in ganz England nur eine Detektivin, und die hieß Agatha Simpson. Josuah Parker stand mit dem Rolls-Royce der Lady Pembroke an der Freitreppe zu Schloß Faraday. Der Butler und seine Herrin wußten, daß die Besitzerin Angst um ihr Leben hatte. Dem Schuß auf sie war nämlich ein nächtlicher Einbruch gefolgt und die schriftliche Bedrohung aus ausgeschnittenen Zeitungsschnipseln: »… du mußt sterben!« Parker ließ die Damen einsteigen, setzte sich selbst ans Steuer, beschleunigte den Wagen und passierte die steinerne Brücke über den Schloßgraben. Dahinter öffnete sich der Park, und die Straße schlängelte sich durch Wald- und Wiesenparzellen. Plötzlich sprang ein Eichhörnchen direkt auf die Straße und überquerte sie in possierlichen Sprüngen. Parker trat auf die Bremse, um das Tier nicht zu gefährden, doch da sah er schon die blitzenden Dinger, die über den Hang flogen und auf die Straße segelten. Die beiden vorderen Pneus machten Bekanntschaft mit den Teppichnägeln, und mit säuselndem Geräusch entwich die Luft… Die Hauptpersonen: Lady Mary-Ann Pembroke, die Besitzerin von Schloß Faraday, lebt in ständiger Angst. Pamela Redford, die Nichte, hat es mit einer lebenden Klapperschlange zu tun. Lord Matthew Bronk, er weiß, warum er Pamela umwirbt. Dudley Stitches, er wirft mit Teppichnägeln und nimmt unfreiwillig ein Bad im See. Lord Anthony Plumb, ein passionierter Golfspieler mit Spielschulden.
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Cory Condi, der Gangsterboß von der Mafia, macht Bekanntschaft mit Parkers Melone. Dazu das komplette PARKER-Team: Josuah Parker, Agatha Simpson, Mike Rander, Kathy Porter, McWarden und Horace Pickett. »Was ist denn das?« keifte Mary-Ann Pembroke, als Josuah Parker entschlossen stoppte, nach seinem Universal-Regenschirm griff und sich an die frische Luft begab. Dabei war ihm deutlich bewußt, daß frische englische Landluft auch bleihaltig sein konnte. Er beugte sich in den Fond. »Pardon, Myladys, ein winziges Malheur, das von unbekannter Hand uns zugedacht ist. Meine Wenigkeit versucht herauszufinden, ob der Täter eventuell mit sich reden läßt.« Josuah Parker enterte mit der Eleganz eines durchtrainierten Athleten den Hang zur Linken, wobei er sich einige Male mit dem Bambusgriff des Regenschirmes an schenkelstarken Bäumen emporzog. Oben sah er den Wald vor lauter Bäumen nicht, entdeckte jedoch eine flache Mulde auf der Anhöhe, in deren Laub sich deutlich Spuren abzeichneten. So deutlich waren die Spuren allerdings auch wieder nicht, daß sie Auskunft über die Person gegeben hätten, die sie hinterlassen hatte. * Butler Parker verlor etwas von seiner gemessenen Würde, als er den Steilhang mehr hinunterrutschte als ging. Er hielt es für aussichtslos, den Attentäter zu verfolgen, der wahrscheinlich längst über alle Berge war. Außerdem entsprach es nicht seinem Temperament. Inzwischen hatten Agatha Simpson und Mary-Ann Pembroke den Rolls-Royce verlassen. Sie umstanden lustlos die platten Vorderreifen und schauten hilfesuchend nach Parker. Der Butler öffnete als erstes den Kofferraum und stellte wenig später mit kundigen Augen fest, daß es erstens nur einen Reservereifen gab und daß der zweitens auch platt war. »Mit Ihrer Erlaubnis, Myladys«, setzte er zu einer Erklärung an, »möchte ich vorschlagen, daß ich im Schloß oder im nächsten Ort nach Hilfe Ausschau halte.«
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»Wie sehe ich denn das?« verlangte Mary-Ann Pembroke zu wissen. »Uns schutz- und wehrlose Frauen wollen Sie in dieser Einöde allein zurücklassen.« Parker verbeugte sich. »Mylady, Sie befinden sich unter dem persönlichen Schutz von Lady Simpson. Ihnen wird kein Härchen ihrer kostbaren Frisur gekrümmt werden, wenn meiner Wenigkeit diese Voraussage erlaubt ist.« »Und wer hat die Nägel auf die Straße geworfen?« wollte Lady Pembroke weiter wissen, natürlich nicht von Parker, sondern von der passionierten Detektivin. Die hob ihre imposanten Schultern. »Ich schließe mich der Meinung meines Butlers an, Liebste, daß wir keine Luft mehr in den Reifen haben, weil diese komischen Nägel uns in die Quere gekommen sind.« »Hätte uns nicht das liebliche Eichkätzchen zum Bremsen genötigt«, fügte Parker hinzu, »hätten wir aus allen vier Reifen die Luft verloren und womöglich die Fähigkeit, das Fahrzeug zu steuern. Ich verweise in aller Bescheidenheit auf den Abgrund zur Rechten, der uns hätte verschlingen können .« Hufschlag wurde laut. Um die Biegung von der Talseite her kam ein Reiter in schwarzem Dreß. Er parierte seine Fuchsstute durch und blickte verblüfft auf das Stilleben. Josuah Parker begann gerade die Teppichnägel einzusammeln und in eine Plastiktüte zu tun, die er im Kofferraum entdeckt hatte. »Lord Bronk!« rief Mary-Ann Pembroke erfreut. »Der Himmel schickt Sie uns. Dieser Butler meistert die Situation nie!« Der Lord mochte Mitte dreißig sein und schwang seine sportlich durchtrainierte Figur elegant aus dem Sattel. »Meine Damen, es ist mir ein Vergnügen, Ihnen helfen zu dürfen. Welches Malheur ist denn passiert?« Agatha Simpson musterte den jungen Mann von Kopf bis Fuß und schien Wohlgefallen an ihm zu finden. »Ein Mordanschlag«, stellte sie kategorisch fest. »Jemand wollte uns aus der Liste der Lebenden streichen, sozusagen rigoros entfernen. Oder was sagen Sie dazu, Mister Parker?« »Zu meinem großen Bedauern, Mylady, muß ich hören, daß die Fähigkeiten meiner Wenigkeit verkannt werden.« Parker verstaute die letzten Teppichnägel und hatte offenbar die wenig schmeichelhafte Bemerkung der Lady Pembroke ohne Mienenspiel geschluckt. Indessen hatte Bronk sich bei Agatha Simp-
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son vorgestellt und die Plattfüße begutachtet. »Ich hole Hilfe!« versprach er, saß auf und galoppierte davon. Kaum war er hinter der nächsten Biegung in Richtung Schloß verschwunden, da näherte sich von der anderen Seite ein Wagen mit ratterndem Motor. Viel zu schnell driftete er durch die Kurve, reichlich spät erkannte der Fahrer das Hindernis auf der Straßenmitte in Gestalt des Rolls-Royce – Bremsen kreischten unmelodisch, und genau drei Zoll vor dem Kühler des Rolls-Royce kam der Sportwagen zum Stehen. Es handelte sich um einen Lamborghini, der unter Brüdern dreißigtausend Pfund gekostet haben mochte. Allerdings lag das Jahre zurück, denn inzwischen zeichnete sich der Sportwagen zwar durch neuen Lack aus, war aber keineswegs jünger als zehn Jahre. »Potzdonner!« rief der Fahrer und begab sich ins Freie. »Welch eine seltsame Versammlung! Aber Tantchen, da bist du ja… Was ist denn nur mit deinem wunderschönen Rolls passiert?« Mary-Ann Pembroke ging wie eine Furie auf ihren Neffen los. »Nicht nur, daß meine schönen Reifen ruiniert sind, um ein Haar hättest du uns mit deinem Renner auf die Hörner genommen. Nur ein Idiot kann so rasen.« »Pardon, Tantchen.« Der etwas über dreißig Jahr alte Mann schob seine Autokappe aus der Stirn hoch und verbeugte sich vor Lady Simpson. »Wenn Sie gestatten – Lord Preston Pembroke, in direkter Linie verwandt mit Lady Mary-Ann Pembroke. Irre ich mich, oder sind Sie Lady Simpson?« »In der Tat, im Raten sind Sie gut, Lord.« Preston Pembroke wandte sich an Parker: »Dann müssen Sie der berühmteste aller Butler sein. Ich habe schon viel von Ihnen gehört.« Parker lüftete die Melone und machte eine vollendete Verbeugung. »Euer Lordschaft überhäufen mich mit unverdienten Komplimenten.« »Ehre, wem Ehre gebührt. Merkwürdig, daß Sie gleich zwei Plattfüße haben. Lag Glas auf der Fahrbahn?« »Nein, Teppichnägel«, erläuterte die Schloßherrin. »Wir wollten meinen Bruder Nigel vom Flugplatz abholen, aber dazu ist es jetzt zu spät, schätze ich. Soll er sich ein Taxi nehmen, falls er es bezahlen kann.« »Ich könnte ihn holen, Tantchen.«
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»Nichts dergleichen. Für heute ist mein Bedarf an Ausflügen in die weite Welt gedeckt. Du wirst die Güte haben, Lady Simpson und mich zum Schloß zu bringen.« »Mit Vergnügen, Tantchen. Auch wenn es im Fond reichlich beengt ist, hoffe ich…« »Natürlich wirst du dich in den Fond setzen. Ich habe mich entschlossen, dein sogenanntes Auto selbst zu steuern.« Preston Pembroke schaute so verdutzt drein, als wäre ihm die gefüllte Brieftasche abhanden gekommen. Mary-Ann Pembroke machte ihre Worte wahr und zwängte sich hinter das Steuer. Agatha Simpson, die noch nie gewußt hatte, was Angst ist, setzte sich ohne Umschweife auf den Beifahrersitz, und Preston blieb nichts anderes übrig, als seine langen Beine in den engen Fond zu zwängen. Der Motor röhrte wie ein Hirsch in der Brunft. Lady Pembroke setzte den Renner gut zwei Yards zurück, legte den Vorwärtsgang ein und fegte haarscharf am Kotflügel des Rolls-Royce vorbei, daß kein Daumennagel dazwischen gepaßt hätte. Die Reifen radierten durch die nächste Kurve, und der Butler beschloß, sich bei dieser Dame über nichts mehr zu wundern. Er überlegte, ob er sich den Spuren des Attentäters auf dem Steilhang widmen sollte, da sah er aus den Augenwinkeln einen Sonnenblitz, und zwar genau dort, wo der unbekannte Teppichnagelwerfer gelegen hatte. In der Sekunde danach befand sich Parker bereits hinter dem Rolls und tat so, als interessiere er sich für nichts anderes als den rechten vorderen Plattfuß. Unter dem Rand seiner Melone hinweg blinzelte er zwischen den Bäumen hindurch und erkannte einen Gewehrlauf, der jetzt etwas zurückgezogen wurde. Der Butler taxierte die Entfernung und entschloß sich, zum Angriff zu blasen. Die vielgerühmte Waffe, der Universal-Regenschirm, war innerhalb zwei Augenblicke in ein Blasrohr verwandelt. Parker setzte eine Ampulle ein und visierte vor der Windschutzscheibe des Rolls jenen Punkt oben auf der Höhe an, wo eben noch der Gewehrlauf zu sehen war. Mit dem Treibsatz jagte er die Ampulle aus dem Blasrohr. Sie war so schnell, daß er sie nicht verfolgen konnte. Oben zwischen den Baumstämmen stieg ein kaum wahrnehmbares Wölkchen auf. Bei dem Inhalt der zerplatzten Ampulle handelte es sich um ein wirkungsvolles Gas, das über die Atemwege eindrang und in kurzer Zeit für einen wohltätigen Schlaf sorgte.
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Josuah Parker hörte einige schwer zu definierende Geräusche, die sich nach räuspern, spucken und mit den Armen fuchteln anhörten – dann wurde es still. Er hängte den Regenschirm über den linken Unterarm und begab sich nach oben. * Der Mann hielt ein gefährlich aussehendes Repetiergewehr wie die Braut im Arm und lächelte friedfertig vor sich hin. Obwohl sich die Wirkung einer Gasampulle in der freien Natur nicht sicher abschätzen ließ, ging Parker davon aus, daß von Seiten des Unbekannten in der nächsten halben Stunde keine Gefahr drohte. Der verträumte Gesichtsausdruck des Gentleman mochte über seine Veranlagung hinwegtäuschen. Das Gesicht erinnerte an das eines Wiesels, und vielleicht hatte sein Besitzer auch sowas Blutrünstiges an sich. Warum sonst hätte er sich nicht nur mit einem Gewehr, sondern auch noch mit einem kurzläufigen Revolver bewaffnen sollen, den er in einer geschmeidigen Halfter unter der linken Achsel aufbewahrte. Diese Waffe entfernte Parker mit spitzen Fingern aus ihrem Behältnis, stieß zuerst die Patronen aus der Trommel und erlaubte sich dann, den Schlagbolzen abzumontieren. Beim Repetiergewehr verfuhr er in gleicher Weise, da erfahrungsgemäß Schußwaffen ohne Schlagbolzen ihre Gefährlichkeit verloren und höchstens noch als Schlagstöcke oder Keulen Verwendung finden konnten. Wieselgesicht gab seufzend Atemzüge von sich, als leide er unter einem Alptraum. Vielleicht lag er auch nur unbequem, und sein Unterbewußtsein wollte dagegen Protest einlegen. Josuah Parker entnahm der linken Jackentasche des Mannes eine Brieftasche, in der er einen gültigen Führerschein entdeckte. Er lautete auf den schönen Namen Dudley Stitches. Das Foto wies Wieselgesicht als Träger dieses Namens aus. Er wohnte in London und übte den Beruf eines Matrosen aus. Momentan betätigte er sich aber als bewaffneter Wegelagerer. Hatte er womöglich die Teppichnägel geworfen? Der Butler notierte den Namen Dudley Stitches in seinem Gedächtnis und begab sich wieder auf die Straße, denn dort näherte
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sich ein Auto. Es kam aus dem nächsten Ort und gehörte dem Kfz-Monteur. Er hatte zwei Rolls-Reifen mitgebracht und wechselte die in affenartiger Geschwindigkeit. »Teppichnägel, was?« äußerte er mundfaul. »Komische Kiste.« »In der Tat möchte ich Ihnen beipflichten«, erwiderte Parker. »Wissen Sie zufällig, ob in Ihrer Stadt Fremde abgestiegen sind, zum Beispiel aus London?« »Keine Ahnung!« Der Monteur zog die Radmuttern fest, warf die defekten Reifen auf seinen Transporter, wendete quer über die Straße und hinterließ nur noch eine blaue Auspuffwolke. Josuah Parker nahm den Platz am Steuer wieder ein und fuhr ans Ziel der Lady Pembroke: zum Flugplatz Faraday. Er gehört zu Meredith und verfügt nicht nur über eine Graspiste, sondern sogar über eine betonierte Start- und Landebahn. Einige Maschinen versehen Zubringerdienste zu den großen Flughäfen, zum Beispiel nach London-Heathrow. Von dort wurde Lord Nigel Lowell erwartet, der jüngere Bruder der Lady Pembroke. Von seiner Herrin hatte der Butler gehört, daß der Lord etwa Mitte sechzig war und als schrullig galt. Vor allem hätte seine Zuneigung zu harten Drinks wie Whisky pur und Gin tonic Geltung, aber er verschmähte auch Ginger Ale nicht oder einen Sherry. Er habe gerade einen Aufenthalt an der Riviera hinter sich, obwohl er sich so etwas eigentlich gar nicht leisten könne. Dafür müsse seine Schwester Lady Mary-Ann Pembroke dann immer tief in die Tasche greifen, wenn er nicht als Zechpreller eingebuchtet werden solle. Die Maschine aus London war gelandet und stand vor dem Abfertigungsgebäude. Sogar das Gepäck war schon entladen worden. Lord Nigel Lowell befand sich an der Bar des Flugplatzrestaurants und inhalierte gerade den zweiten Whisky. Er war wenig über mittelgroß, hatte eisgraues Haar und einen eisgrauen Schnauzbart, aber seltsamerweise rabenschwarze Augenbrauen. Seine Stimme füllte mühelos jeden Saal. »Sind Sie sicher«, dröhnte sie durch die Bar, »daß meine Schwester, die Lady Pembroke, sich noch nicht hat blicken lassen?« Parker pirschte sich von der Seite an den Lord mit der Stentorstimme heran. »Mit Verlaub, Mylord«, sprach er gedämpft und lüftete die Melone. »Es ist mir eine besondere Ehre, Sie namens
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der Lady Pembroke willkommen heißen zu dürfen. Darf ich der Hoffnung Ausdruck geben, daß Sie einen ausgezeichneten Flug hatten?« Der Lord fixierte den Butler durch ein Monokel, das er flugs vor’s linke Auge klemmte. Der Anblick schien man zu gefallen. »Sie sehen aus wie ein Faktotum aus der Zeit der Queen Victoria, aber Sie imponieren mir. Ja, ich hatte einen ansprechenden Flug. Ober, noch einen Whisky, wenn ich bitten darf. James, regulieren Sie bitte die Kleinigkeit.« Josuah Parker zog die Geldbörse und löhnte, obwohl ihm diese Methode des Lords mißfiel. Dann bemächtigte er sich des Gepäcks und schaffte es in den Rolls Royce, während der Lord den Whisky in den Schlund kippte. Der Alkohol stimmte ihn sichtlich fröhlich. Er beharrte darauf, nicht im Fond des Rolls Royce Platz zu nehmen, sondern auf dem Beifahrersitz. »Wie lange sind Sie schon in Diensten meiner Schwester?« wollte er wissen. »Überhaupt nicht, wenn ich mir diese knappe Antwort erlauben darf, Mylord.« korrigierte Parker. »Lady Simpson weilt auf Faraday, und ich genoß den Vorzug, mich ihr anschließen zu dürfen.« »Agatha Simpson, das alte Schlachtschiff«, rief der Lord vergnügt. »Hat sie ihren Roman endlich geschrieben?« »Sie ist mit einer sehr umfangreichen Stoffsammlung immer noch beschäftigt, Mylord.« »Das dauert aber schon mindestens Jahre, mein Freund. Wie ich das einschätze, wird daraus nie etwas.« »Pardon, Mylord, gestatten Sie, daß ich das anders sehe. Mylady wird immer wieder durch Kriminalfälle in Atem gehalten und kommt deshalb nicht dazu, ihre Ideen und Gedanken zu Papier zu bringen. Nach der unmaßgeblichen Meinung meiner Wenigkeit wird sie eines Tages sicher einen Bestseller schreiben.« »Hihihi, mit dieser Meinung stehen Sie aber allein auf weiter Flur. Manchmal zweifle ich sogar daran, daß Lady Simpson überhaupt des Schreibens kundig ist.« Darauf enthielt sich Butler Parker einer Antwort. Er hielt es für unter seiner Würde, auf die Anwürfe eines angetrunkenen Gentleman zu reagieren. Der Flugplatz lag etwa zwei Meilen außerhalb von Meredith in reizvoller Hügellandschaft. Es herrschte nur wenig Verkehr auf
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der Landstraße. Dennoch fuhr Parker gemächlich und überschritt nur knapp die Fünfzig-Meilen-Marke. Gerade bekam er das Ortsschild von Meredith zu Gesicht, da begann das Lenkrad in seiner linken Hand sich plötzlich zu bäumen. Im gleichen Sekundenbruchteil erfolgte eine Detonation, und eine Stichflamme schlug aus dem Kofferraum, dessen Deckel sich in einen Schmetterling verwandelte und davonflatterte. Der Lärm war beträchtlich, die Feuersbrunst auch. »Pardon, Mylord«, sagte Parker gemessen. »Es wäre zu empfehlen, diese ungastliche Stätte zu verlassen.« Dem widersprach Lord Nigel Lowell nicht. Er hatte es sogar sehr eilig, dem Rolls zu entfliehen. Josuah Parker folgte seinem Beispiel, vergaß allerdings weder die Melone noch seinen UniversalRegenschirm oder gar die Aktentasche, die er unter dem Sitz abgelegt hatte. * Inspektor Robert Simmons, ein Fünfziger, sah aus wie sechzig und bewegte sich bedächtig wie ein Greis von über siebzig. Er ließ sich Bericht erstatten von dem Konstabier Pat Garrison, der als erster mit einem Streifenwagen erschienen war. Lord Lowell saß am Straßenrand, und inhalierte aus einer Taschenflasche Whisky, sein Lebenselixier. Nicht ein Härchen war ihm gekrümmt worden. Auf die Frage des Inspektors, ob er eine Erklärung für die Explosion wüßte, zuckte er die Schultern, nahm noch einen Schluck und meinte lakonisch: »Bombe.« Der Inspektor verzog das Gesicht und wandte sich an den Butler. »Haben Sie den Rolls der Lady Pembroke mal aus den Augen gelassen auf der Fahrt zum Flugplatz?« Parker strich liebevoll über den Griff des UniversalRegenschirmes, den er über den linken Unterarm gehängt hatte. »Man könnte der Auffassung zuneigen«, äußerte er, »daß die Bombe möglicherweise zu spät explodiert ist.« »Zu spät? Was soll das?« bellte der Inspektor ungehalten. »Mit allem gebotenen Respekt vor Ihrer Intelligenz, Sir, sei mir doch gestattet, eine Vermutung in Worte zu kleiden.« »O Mann!« schnaufte Pat Garrison, ein massiv gebauter Klotz
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von einem Mann. »Nun kleiden Sie schon.« »Gewiß, Sir. Lassen Sie mich vorausschicken, daß der Kofferraum des Rolls leer war, bis ich das Gepäck Lord Lowells einzuladen hatte. Seine Lordschaft kam von London mit der Zubringermaschine, deren Flugzeit mehr als eine halbe Stunde beträgt. Erlauben Sie mir die Überlegung, daß die Bombe in das Gepäck seiner Lordschaft geschmuggelt worden ist und während des Fluges explodieren sollte. Für diese Annahme spricht, daß die Gewalt der Detonation sich in Grenzen hielt, denn sonst wären seine Lordschaft und meine Wenigkeit bis halb zu den Sternen emporgeschleudert worden.« Das griesgrämige Gesicht des Inspektors wurde noch mißgelaunter. »Spekulationen«, murrte er. »Dummes Geschwätz. Ich bleibe dabei, die Bombe ist Ihnen auf dem Weg zum Flugplatz oder dort auf dem Parkplatz untergeschoben worden.« »Man kann gegen diese Ihre Meinung Einwände erheben«, widersprach Parker. »Aber nichts liegt mir ferner als das. Mit Ihrer gütigen Erlaubnis möchte meine Wenigkeit jetzt ein Taxi für seine Lordschaft bestellen.« Nigel Lowell drückte den letzten Tropfen aus dem Flachmann und kam schwankend näher. »Dieses ist ein berechtigtes Anliegen und ein gutes Wort«, sagte er mit leicht anstoßender Zunge. »Ich möchte hiermit kund und zu wissen tun, daß in meinem Gepäck auf gar keinen Fall eine Bombe gewesen sein kann. Dann ist der Fall entschieden, Punkt, Streusand drauf!« Inzwischen stauten sich in beiden Fahrtrichtungen Fahrzeuge, und Neugierige aller Schattierungen drängten sich um das ausgebrannte Wrack des Rolls-Royce. Butler Parker erkannte unter den Betrachtern der Szene plötzlich Mike Rander und neben ihm Kathy Porter. Mike Rander, Anwalt in London, war offenbar gerade mit dem Wagen eingetroffen und hatte Kathy Porter mitgebracht. Es war offenes Geheimnis, daß die beiden irgendwann ihr Verhältnis legalisieren würden. Der Butler tat so, als hätte er sie nicht gesehen. Er ging in sehr aufrechter Haltung zur Autowerkstatt und telefonierte nach einem Taxi. Dann beschloß er, die Nummer von Horace Pickett zu wählen. Sie arbeiteten viel miteinander, obwohl Pickett mal einer der geschicktesten Taschendiebe war. Dem sechzigjährigen Mann sah
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diese Vergangenheit niemand an, vielmehr hatte er das Gehabe eines pensionierten Offiziers und wurde auch oft für einen solchen gehalten. »Mister Pickett«, sagte Josuah Parker in seiner würdevollen Art. »Man hat heute das eine oder andere Malheur gehabt, und es hat ganz den Anschein, als stecke volle Absicht dahinter, nicht nur meine Wenigkeit zu ihren Ahnen zu versammeln.« »Was Sie nicht sagen«, staunte Horace Pickett. »Kann ich etwas für Sie tun?« »In der Tat, Mister Pickett, Sie sind groß im Erraten meiner Gedanken. Es handelt sich um einen gewissen Dudley Stitches, dessen Physiognomie gravierende Ähnlichkeit mit einem Wiesel hat. Dieser Mensch hat eine überaus gemeingefährliche Neigung zu Schußwaffen. Sie würden meiner Wenigkeit willkommene Unterstützung gewähren, wenn Sie sich dieses Gentleman annehmen und einiges über ihn in Erfahrung bringen könnten.« »Ihr Wunsch ist mir Befehl, Mister Parker. Hat man einen Anhaltspunkt, wo der Mensch wohnen könnte?« »Man hat.« Der Butler nannte die Londoner Adresse aus dem Führerschein, obwohl er sie für falsch hielt. Immerhin konnte Horace Pickett daran vielleicht anknüpfen. »Ich tue mein Bestes. Wo erreiche ich Sie?« Auch das gab Parker bekannt, dann legte er auf. Als er das winzige Büro der Autowerkstatt verließ, sah er Dudley Stitches vorn an der Tanksäule, bei der Selbstbedienung angezeigt war. Er beschäftigte sich intensiv mit dem Benzinschlauch und starrte hinüber zu dem verbrannten Rolls-Royce. Butler Parker strafte ihn mit Mißachtung und begab sich zu seiner Lordschaft. Der Konstabier hatte inzwischen den Stau aufgelöst, so daß sogar das Taxi durchkam. * »Mein schönes Auto ist ruiniert!« lamentierte Mary-Ann Pembroke. »Liebste Agatha, erklär’ mir bitte, wie es dazu kommen konnte… Dein Butler hat auf der ganzen Linie versagt.« Das war einige Stunden später. Der Tag neigte sich dem Ende zu, und durch die hohen Fenster von Schloß Faraday schickte die Sonne blaßgoldene Strahlen.
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Die Gesellschaft hatte sich in der großen Halle des Schlosses versammelt. Lady Pembroke wollte mit ihrer Familie verschiedene Dinge klären, die offenbar im Zusammenhang mit ihrer letztwilligen Verfügung standen. Butler Parker wußte von Lady Agatha schon einiges vertraulich darüber, doch es wäre nie über seine Lippen gekommen. »Liebste Mary-Ann«, äußerte Agatha Simpson gerade und schien entzückt zu sein, daß sich durch die Explosion ein Abenteuer ankündigte. »Es ist zu Beginn eines Kriminalfalles immer schwierig, die Täter zu benennen. Doch meine ich, daß mein Butler schon über hellseherische Fähigkeiten verfügen müßte, wenn er die Explosion hätte verhindern wollen. Hatte ich Ihnen, Mister Parker, für diesen Fall nicht schon bestimmte Anweisungen gegeben?« Der Butler stand etwas abseits der Gruppe, die sich in den alten Ledersesseln rings um den flackernden Kamin versammelt hatte. Die Schönste unter ihnen war zweifellos Pamela Anna Redford, eine Nichte Lady Pembrokes, die Mitte zwanzig sein mochte und von Lord Matthew Bronk umworben wurde; jenem Reiter, der als erster bei dem mit Teppichnägeln verzierten Rolls Royce eingetroffen war. Der Mann stand übrigens hinter Pamela Redford und stützte beide Hände auf die Rückenlehne ihres Sessels. Pamela am nächsten saß Lord Nigel Lowell mit auf die Brust gesenktem Haupt und schlummerte. Es war wohl zuviel der Aufregung und auch des Whisky gewesen. Der Schläfer wiederum wurde flankiert von Lord Preston Pembroke, einem leidenschaftlichen Jäger, der immer noch unverheiratet war und dem Grundsatz fröhnte, warum wegen einer es mit allen verderben. In der Runde fehlten noch Lord und Lady Plumb. Sie waren gerade erst eingetroffen und machten sich auf ihrem Zimmer noch frisch. »Ich bitte um Vergebung, Mylady«, sagte Parker auf Lady Simpsons Frage. »Mir ist kein Auftrag erinnerlich. Wenn mir eine Bemerkung erlaubt ist, so möchte ich anfügen, daß es sich offenbar um eine importierte Bombe gehandelt hat, die mit großer Wahrscheinlichkeit in Lord Lowells Gepäck geschmuggelt worden ist.« »Das sage ich doch«, rief die passionierte Detektivin begeistert. »Eine importierte Bombe! Woher hätte sie auch kommen können, nicht wahr? Sie hören, liebste Mary-Ann, diesmal galt der An-
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schlag nur deinem Bruder, nicht dir selbst.« Die Schloßherrin seufzte schwer. »Niemand nimmt Rücksicht auf mein schwaches Herz. Ich sehe es noch kommen, daß ich eines Morgens aufwache und tot bin. Nur wegen all dieser Aufregungen.« Preston Pembroke beugte sich zu ihr hinüber und lächelte: »Liebste Tante, wir werden alles tun, um jede Unbill von dir fernzuhalten. Wenn du es wünschst, lege ich mich mit geladener Waffe vor deiner Schlafzimmertür auf die Lauer. Diese Unholde, die dir Leid zufügen wollen, werden wir zu Paaren treiben.« James, der Butler Lady Pembrokes, trat ein und trug ein Paket vor sich her. »Pardon«, säuselte er und hielt sich gerade. »Dies wurde eben abgegeben. Es ist eine Sendung für Lady Redford.« Butler James hatte die Sechzig schon erreicht, war weißhaarig und die Würde in Person. Er bewegte sich nie schneller als im Schneckentempo. Es hieß, daß er in stillen Stunden manche Flasche Rotspon gemeinsam mit Lady Pembroke leeren würde. »Ha!« rief Agatha Simpson. »Das ist äußerst verdächtig. Mister Parker, an was pflege ich in solchen Momenten zu denken?« Josuah Parker verbeugte sich gemessen. »Gewöhnlich an eine Bombe oder an sonstige Unfreundlichkeiten des täglichen Lebens, Mylady.« »So ist es. Und warum denke ich in diesem besonderen Fall wohl daran?« »Man könnte von der Voraussetzung ausgehen«, sagte Butler Parker, »daß alle hier im Schloß befindlichen Familienmitglieder zu den bevorzugten Erben der Lady Pembroke zählen. Vielleicht läßt sich daraus schließen, daß die Erbberechtigten besonderen Gefahren ausgesetzt sind, was zum Beispiel der Anschlag auf Lord Lowell bewiesen hat.« Preston Pembroke, der sich durch eine Körpergröße von mehr als sechs Fuß auszeichnete, allerdings durch ein wenig entwickeltes Gehirn benachteiligt war, wischte mit der rechten Pranke durch die Luft. »Der Mann spinnt. Noch haben wir nicht geerbt. Noch geht es unserer verehrten Tante gesundheitlich hervorragend. Und was mich betrifft, so bin ich überzeugt, daß wir auch den neunzigsten Geburtstag unserer Mary-Ann Pembroke noch bei bester Gesundheit feiern werden. Mach einfach das Päckchen auf, Pamela! Vielleicht hast du noch einen heimlichen Verehrer außer Matt Bronk.«
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Pamela Anna Redford nahm zögernd das Päckchen aus der Hand von Butler James entgegen. Man merkte ihr an, daß sie verunsichert war. Agatha Simpson nickte ihr gönnerhaft zu und meinte: »Es muß nicht gerade eine Bombe sein, Kindchen. Vielleicht es nur ein vergifteter Kuchen oder mit Zyankali präpariertes Konfekt.« Matthew Bronk beugte sich über Pamela Redford und fragte geradezu bescheiden: »Darf ich es öffnen, Lady Pamela? Ich möchte jede Gefahr für Leib und Leben von Ihnen fernhalten.« Sie lächelte. »Das ist lieb von Ihnen. Aber ich meine, es wäre Aufgabe Butler Parkers, das zu erledigen. Er dürfte auch über das nötige Fingerspitzengefühl verfügen.« Parker verbeugte sich. »Man fühlt sich sehr geehrt, daß man auf solche Weise ausgezeichnet wird. Sollte es sich um einen gefährlichen Inhalt handeln, stelle ich das am besten unter Ausschluß der Öffentlichkeit fest.« »Quatsch!« fuhr Preston Pembroke auf. »Wenn ich schon ein solches Theater erleben muß… Her mit der Schachtel!« Er riß sie Josuah Parker förmlich! aus der Hand, der sie gerade von Pamela übernommen hatte. Mit einem Taschenmesser schnitt er das Verpackungsband an zwei Stellen durch, fetzte das Packpapier rücksichtslos ab und zog den Deckel vom steifen Karton. In der nächsten Sekunde wich Lord Pembroke entgeistert und nicht gerade heldenhaft zurück. Aus dem Karton stieg zischend das breitköpfige Haupt einer Klapperschlange empor. Sie stieß blitzschnell zu und erwischte Preston Pembroke an der Hand. Er schrie auf wie am Spieß. »Sie hat mich erwischt! Eine Klapperschlange! Ich muß sterben!« Es war erstaunlich, wie schnell Lord Bronk reagierte. Er zog eine kleine flache Pistole aus seiner hinteren Hosentasche und schoß im gleichen Augenblick, in dem Butler Parker die Klapperschlange hinter dem dreieckigen Kopf fassen wollte. Der Kopf wurde zerschmettert, und die Kugel streifte noch den Sessel, in den Preston Pembroke zurückgesunken war. Kreidebleich war der Mann, hielt die rechte Hand, in die das Reptil sich verbissen hatte, und stöhnte. »Ein Arzt!« rief seine Tante, während Parker schon nach der Hand griff. »Mit Verlaub, Mylord«, sagte er, »wenn ich mir die Wunde mal anschauen darf?«
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»Verstehen Sie davon auch etwas?« knirschte Preston. »Ich habe eine Weile in den Staaten gelebt und einige Male Kontakt mit einer Klapperschlange gehabt.« Josuah Parker nahm die Bißstelle sehr genau in Augenschein. Es zeichneten sich oberflächlich auf der Haut die Zähne der Schlange ab, aber es fehlte der typische Eindruck der Giftzähne. Die Haut war nicht mal geritzt. Der Butler wandte sich an Pamela Redford, die zum Telefon eilte. »Es ist unnötig, einen Arzt zu bemühen, Mylady. Lord Preston ist überhaupt nicht verletzt worden. Zum Glück hat der Schlangenbiß ihn nur gestreift. Wenn es erlaubt ist, entferne ich jetzt das Reptil.« Lord Preston Pembroke konnte sein Glück noch nicht fassen. Er betrachtete seine Hand, als wäre sie abgetrennt gewesen und gerade wieder angenäht. Bei Parker bedankte er sich nicht, und Lord Bronk fuhr er an: »Um ein Haar hätten Sie mir die Hand abgeschossen. Sie schießwütiger Narr! Es war doch gleich zu sehen, daß die Schlange absolut harmlos war und keine ernsten Absichten hatte. Außerdem habe ich reaktionsschnell meine Hand zurückgezogen. Deshalb konnten die Giftzähne überhaupt nicht wirksam werden.« Bronk schwieg dazu. Josuah Parker legte die Schlange in den Karton zurück und nahm sie mit auf sein Zimmer im ersten Stock des Schlosses. Ein ziemlich großes und sehr kühles Zimmer war es, denn die Mauern des Schlosses waren mindestens drei oder vier Fuß dick. Mit der Lupe untersuchte der Butler den zum großen Teil zerschmetterten Kopf der Schlange. Dennoch konnte er zweifelsfrei feststellen, daß die Giftzähne überhaupt nicht vorhanden waren. Jemand hatte sie gezogen, um Pamela Redford zu erschrecken, sie aber nicht ernsthaft zu gefährden. * Butler Parker begab sich in den Wirtschaftstrakt des alten Schlosses. Plötzlich hörte er aus einem der weitläufigen Gänge im linken Seitentrakt ein Röcheln und Keuchen, das schnell abebbte. Er ging nicht lange mit sich zu Rat, sondern eilte in jene Richtung,
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aus der die unheimlichen Geräusche gedrungen waren. Der Gang war kahl und leer. Lediglich einige alte Ritterrüstungen standen in unregelmäßigen Abständen aufgereiht. Parker verharrte in der Einmündung des Ganges einen Augenblick stocksteif. Unterlag er einer Sinnestäuschung – oder hatte sich tatsächlich die vierte Rüstung in der Reihe eben noch bewegt? Als durch viele Kriminalfälle geübter und gewitzter Mann glaubte der Butler nicht an eine Sinnestäuschung. Er bewegte sich lautlos vorwärts, hob das Visier der ersten Rüstung, dann das der zweiten und dritten. Bei der vierten zögerte er und schaute sich um, ehe er den matt schimmernden Stahl hob. Bis dahin war er Lady Sue Plumb noch nicht vorgestellt worden, der Schwester Preston Pembrokes, die mit dem vorzüglichen Golfspieler Lord Anthony Plumb verheiratet war. Sie hatte sich auf ihr Zimmer zurückgezogen, um sich vom Reisestaub zu befreien. Unter dem Visier der stählernen Kopfbedeckung hervor starrte ihn Lady Sue an. Ihre Augen sahen ein wenig verdreht aus, das Gesicht war blaurot angelaufen. Schnell entfernte Parker den hindernden Helm vom zarten Kopf der Lady. Er fing gerade an, sie von der Rüstung zu befreien, als hinter ihm eine Tür knarrte und ein Schritt laut wurde. Er erblickte, sich umwendend, einen drahtigen, nicht eben kleinen Mann mit fuchsrotem Haar und ebensolchem Schnurrbart. »Was machen Sie denn da?« dröhnte ein auffallend tiefer Baß. Josuah Parker lüftete die Melone, die auch jetzt sein Haupt zierte. »Wenn Sie erlauben, Mylord, Parker mein Name, in Diensten der Lady Simpson. Man hörte verdächtige Geräusche, Mylord, und beschloß ihnen nachzugehen. Gehe ich nicht fehl in der Annahme, daß es sich um Lady Plumb handelt?« Der Besitzer des fuchsroten Schnurrbarts erstarrte förmlich, ehe er aktiv wurde. »In dieser Rüstung steckt sie?« bellte er. »Und ich suche sie schon seit einer Viertelstunde. Ich bin es sattsam leid, mich ewig verschaukeln zu lassen.« »Mit Ihrer Erlaubnis, Mylord, möchte ich gehorsamst an eine andere Möglichkeit denken.« »An welche denn, Parker?« Natürlich handelte es sich bei dem Gentleman um Lord Plumb, der tatkräftig mit zupackte, um seine Frau aus dem Gefängnis der Rüstung zu befreien. Sue Plumb regte sich noch immer nicht, und
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die Farbe ihres Gesichtes gab zu Besorgnis Anlaß, fand Parker. Sobald sie den Brustharnisch entfernt hatten, drohte die Lady nach vorn zu fallen. Ihre Augen verdrehten sich immer noch, und Parker konstatierte einen blauen Fleck an der Schläfe. War sie dort mit einem harten Gegenstand geschlagen worden? Aber welcher Rohling schlug wohl eine echte Lady? Ohne weiter Umstände hob er die Dame auf und trug sie in jenes Zimmer, das ihr Mann eben verlassen hatte. Er legte sie auf das Bett und befreite sie von den stählernen Beinkleidern. Sie trug ein längsgestreiftes Kleid, das ihre etwas pummelig geratene Figur wohl schlanker machen sollte. »Sie ist doch nicht tot?« erkundigte sich Lord Plumb in nicht gerade besorgtem Ton. »Mitnichten, Mylord. Man könnte von einer Ohnmacht sprechen, die möglicherweise zurückzuführen ist auf einen harten Schlag an die Schläfe.« »Ach. Haben Sie das gesehen?« »Wenn ich die Aufmerksamkeit Ihrer Lordschaft auf die Beule an der Schläfe richten darf?« Anthony Plumb tastete mit rauher Hand darüber hin. »Und wer soll das getan haben?« raunzte er. »Etwa ich?« »Es sei fern von mir, solches auch nur zu denken!« verwahrte sich Parker, der inzwischen den Puls an der Halsschlagader ertastete und ihn ziemlich schwach und deutlich verlangsamt fand. Lord Anthony Plumb raffte sich endlich dazu auf, einen Arzt zu holen. Er verließ das Zimmer. Der Butler zog seine Taschenflasche, gefüllt mit echtem französischen Cognac, und setzte sie vorsichtig an die vollen Lippen der Lady. Sobald ihre Zunge benetzt wurde, regte sich der Schluckreflex, und nach einer kleinen Weile schlug Sue Plumb ihre bernsteinfarbenen Augen auf. Sie musterte Parker, ehe sie nach einigen Sekunden verständlich murmelte: »Und wer sind Sie?« Parker lüftet die Melone. »Josuah Parker mein Name, zugehörig jener bevorzugten Familie, die es sich zur Ehre anrechnen darf, schon zu Zeiten der Queen Victoria als Butler tätig gewesen zu sein. Ist mir die Bemerkung erlaubt, höchste Freude darüber zu empfinden, Mylady wieder wach zu sehen?« »Mein Gott«, seufzte Sue Plumb. »So etwas habe ich im Leben noch nicht gehört. Sie sind Lady Simpsons Butler, nicht wahr? Man erzählt sich Wunderdinge von Ihnen.«
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»Die Bescheidenheit gebietet mir, mich dazu nicht zu äußern, Mylady.« Lord Plumb polterte wieder herein, im Gefolge ein Herr in Schwarz mit schief sitzender Krawatte und einer abgewetzten Ledertasche an der Hand. Plumb blieb abrupt stehen und schaute seiner Gattin tief in die Augen. »Du bist ja wach! Und ich renne hinter dem Arzt her… Dies ist Dr. Prewitt.« »Du Scheusal!« rief die Frau. »Ich wette, du selbst hast dich drüben in der Nische versteckt und mir eins über den Kopf gegeben…« »Aber meine Liebe, du bist verwirrt«, brummte der Göttergatte. »Ich bin nicht verwirrt, und ich bin nicht deine Liebe! Scher dich hinaus und von mir aus zum Teufel!« Josuah Parker überließ das Feld dem Arzt und kehrte dem Raum einen Schritt hinter Anthony Plumb den Rücken. Der schüttelte sorgenvoll sein Haupt und knurrte: »Gespenster sieht sie am hellen Tag. Mich zu verdächtigen! Unglaublich!« Der Butler enthielt sich eines Kommentars. Auf dem Gang kam Lady Simpson angerauscht. »Was höre ich da«, rief sie schon von weitem. »Lady Plumb hat es erwischt? Ich wette, das hat mir gegolten. Nirgends bin ich vor Gangstern sicher.« Josuah Parker verneigte sich devot und beschloß, keine Stellung zu beziehen. Das Verhalten seiner Herrin, die überall sich selbst in Gefahr sah – und das nur zu gern – war ihm geläufig. »Was unternähme ich jetzt gegen diese Höllenbrut, Mister Parker?« wollte sie wissen. »Mylady könnten zum Beispiel veranlassen, in die Stadt zu fahren und Kontakt zu Mister Rander aufzunehmen. Er wollte in diesem Fall einige Erkundigungen einziehen.« »Ich veranlasse«, nickte sie gnädig. »Mister Rander soll sich aber nicht auf dem Schloß blicken lassen. Lady Pembroke will ihr Testament erst dann durch ihn neu abfassen lassen, wenn sie ihre Verwandtschaft auf Herz und Nieren geprüft hat.« »Sehr wohl, Mylady. Man darf gespannt sein, wie diese Prüfung ausfällt.« »Miserabel, Mister Parker, miserabel. Ich kann sie kaum erwarten.«
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* Butler Parker trug nicht den Covercoat, als er bei dem hübschen kleinen Motel von Meredith vorfuhr, sondern nur den schwarzen Zweireiher und dazu einen ebensolchen Binder über weißem Eckkragen. Niemand hatte seinem hochbeinigen Monstrum auf dem Weg vom Schloß hierher Steine oder gar Teppichnägel in den Weg gelegt. Dieses Auto mit dem kastenförmigen Aufbau sah altertümlich aus, aber es handelte sich um ein umgebautes Taxi mit einem hochgezüchteten Rennmotor unter der Haube und einigen Raffinessen als Extras, die etwaigen Gegenspielern erhebliches Kopfzerbrechen bereiteten. Josuah Parker hatte keine Verfolger auf dem Weg bemerkt. Dennoch war er überzeugt, daß es Leute gab, die in Bezug auf seine Person heimtückische Pläne hegten. Er gab viel auf Vorahnungen, und jetzt sagte ihm sein siebter Sinn, daß Verdruß ins Haus stand. Er hielt es für unnötig, sein hochbeiniges Monstrum abzuschließen. Diese Gegend Old-Englands betrachtete er als weitgehend frei von Kriminalität und Auswüchsen wie Autodiebstahl. Außerdem gab es für Leute dieses Schlages lohnendere Objekte direkt vor dem Hotel. Zum Beispiel einen Buick mit unglaublich viel Chrom rundherum. Oder auch den Bentley Mike Randers, der so gut wie neu war und einen stolzen Betrag gekostet hatte. Butler Parker hängte seinen aufgerollten Universal-Regenschirm über den linken Unterarm, obwohl der Wetterfrosch im Radio optimistisch verkündet hatte, daß es in den nächsten Tagen sonnig bliebe. Solchen Vorhersagen begegnete Parker allerdings mit gehörigem Mißtrauen. Gemessenen Schrittes betrat er das Mittelklassehotel, hielt sich aber im Foyer nicht auf und ging weiter in das rechter Hand befindliche Restaurant. Er entdeckte Kathy Porter und Mike Rander in einer Nische. Die beiden sahen aus wie ein verliebtes Paar – und das waren sie nun auch seit einiger Zeit. Kathys braunes Haar bekam in der dezenten Beleuchtung einen Stich ins Rötliche, ihre dunklen Augen schimmerten, und Josuah Parker fand sie wieder mal entzückend. Er hielt es auch für richtig, daß Lady Simpson sie nicht mit ins Schloß genommen hatte, zumal sie zusammen mit Mike Rander
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damit beschäftigt war, diverse Erkundigungen einzuziehen. Der Butler durfte in der Nische Platz nehmen und ließ seine Blicke schweifen. Schnell senkte er den Kopf und betrachtete den Mann, der ihm gleich auffiel, unter verhangenen Lidern. Es war eine Weile her, seit er Cory Condi kennengelernt hatte. Damals hatte der Gangsterboß nur eine bescheidene Nebenrolle in einem Fall gespielt. Aber Condis Anwesenheit an diesem Platz verhieß nichts Gutes. Dem Gangster sah man die italienische Abstammung kaum an. Er gab sich wie ein geschniegelter Dandy, hatte sein schwarzes, an den Schläfen weißes Haar reichlich mit Pomade traktiert und trug fast an jedem Finger einen schweren Ring mit funkelnden Steinen. In seiner Begleitung befand sich ein stark geschminktes weibliches Wesen mit allen Vorzügen ihres Geschlechts. Die Dame trug ein schulterfreies Kleid mit atemberaubendem Ausschnitt und eine fünffach geschlungene Perlenkette. Ganz zu schweigen von den schweren Klunkern, den Armbändern und Brillanten an ihren zarten Fingern. Bei Parkers Anblick hatte sich Cory Condi dunkel gefärbt. Das Erkennen war also beiderseits, die Freude aber eindeutig nur auf Parkers Seite. Freude darüber nämlich, daß er einen Gegenspieler im Visier hatte. »Man hat schon gespeist, wenn die Frage erlaubt ist?« erkundigte sich Josuah Parker. »Man hat noch nicht«, entgegnete Mike Rander. »Ich werde mir erlauben, Sie heute abend einzuladen, Parker.« »Man weiß die Ehre zu schätzen, Sir. Gegen eine Kleinigkeit hätte mein unwerter Magen keine Einwände vorzubringen.« Kathy Porter lächelte. »Wieso ist Ihr Magen unwert, Mister Parker?« Er schaute sie verblüfft an. »Habe ich unwert gesagt? Es muß mir wohl herausgerutscht sein. Pardon! Darf man sich erkundigen, ob sie nach den Familienmitgliedern der Lady Pembroke geforscht haben?« Mike Rander nickte. »Es war im Grund relativ einfach. Auf einen Nenner gebracht, sieht es so aus, daß Lady Pembroke das Geld hat, auf das alle hoffen. Sie sind nämlich so gut wie pleite, gleich ob es sich um den Bruder Nigel Lowell handelt oder um den Neffen Preston Pembroke oder dessen Schwester Sue Plumb mit ih-
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rem Mann Anthony. Ganz zu schweigen von der süßen Pamela Anna Redford, die ja nur eine Verwandte zweiten oder gar dritten Grades ist.« »Man höre und staune«, nickte der Butler. »Lady Pembroke hat den Familientag ja wohl einberufen, weil sie in den letzten Wochen verschiedene Drohungen erhalten hat.« Kathy Porter schnitt eine Grimasse. »Ich hatte aber nicht den Eindruck, daß die Lady vor Furcht erstarrt oder in Panik geraten wäre.« »Es ist nicht ihr Naturell«, fügte Mike Rander an. »Sie hat Haare auf den Zähnen und die Befehlsgewalt fest in der Hand. Das war schon zu Lebzeiten ihres Gatten so, den sie ganz schön kommandiert hat.« »Stammt möglicherweise das Vermögen von ihrer Seite?« wollte Parker wissen, während er einen schrägen Blick auf Cory Condi schickte. Der erhob sich gerade und begab sich ins Foyer, offenbar um zu telefonieren. »Der verstorbene Lord Pembroke – nein, er ist nicht verstorben, sondern bei einem Autounfall ums Leben gekommen – war ein Lebemann, der es aber verstanden hat, durch gewagte Börsenspekulationen ein gewaltiges Vermögen zu erwerben. Außerdem heißt es, daß er beim Roulette in Monte Carlo zu den Gewinnern zählte, und zwar hat er nicht nur ein paar kleine Fische mit nach Hause genommen, sondern Gewinne in Millionenhöhe.« »Das ist in der Tat bemerkenswert, Sir«, sagte Parker. »Meine Wenigkeit hörte, daß Lady Pembrokes Gatte auch beim Wetten an der Rennbahn von unglaublichem Glück gesegnet war.« »Das ist richtig. Noch kurz vor dem Unfall hat er bei mehreren Dreierwetten über hunderttausend Pfund gewonnen.« »Und all das schöne Geld«, seufzte Kathy Porter, »bewacht Lady Mary-Ann Pembroke jetzt wie eine Glucke ihre Küken. Wenn es nach ihr ginge, müßte das Personal noch Geld mitbringen für den Vorzug, bei ihr arbeiten zu dürfen. Sie ist eine sehr sparsame Frau.« Butler Parker wiegte den Kopf. »Wenn eine Korrektur erlaubt ist – die Lady ist nicht sparsam, sondern geizig. Aber warum sollte heute wohl ihr Bruder, Lord Lowell, in die Luft geblasen werden, um diesen despektierlichen Ausdruck zu gebrauchen?« Mike Rander hob die Schultern. »Ich wette, damit soll den schriftlichen Drohungen Nachdruck verschafft werden. Früher war
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Lady Pembroke ihrem Bruder sehr zugetan. Seit er sich aber dem stillen Suff ergeben hat, ist es mit der geschwisterlichen Liebe vorbei.« Cory Condi kam aus dem Foyer zurück und schaute stur an dem Butler vorbei. Offenbar hatten seine Tischdame und er schon gespeist, denn er ließ die Rechnung kommen. »Preston Pembroke«, fuhr Josuah Parker fort, »soll ein leidenschaftlicher Jäger sein, der viel Geld für Safaris und ähnliche überflüssige Spielereien ausgegeben hat. Er fährt einen Lamborghini. Sir, es dürfte die Frage berechtigt sein, ob der Wagen schon bezahlt ist?« »Natürlich nicht«, entgegnete Mike Rander. »Die Schulden Preston Pembrokes belaufen sich auf mindestens hunderttausend Pfund. Er vertröstet seine Gläubiger mit dem Hinweis auf das hohe Alter seiner Tante.« »Sie ist überaus rüstig und kann viele von uns überleben«, meinte Butler Parker. »Wenn es gestattet ist, Sir, möchte ich ein kurzes Telefonat führen.« »Bitte sehr, Mister Parker«, nickte Kathy Porter. Cory Condi hatte das Restaurant verlassen und bestieg gerade den chromblitzenden Buick, als Butler Parker das Foyer betrat und auf die Telefonzelle zusteuerte. Aus einem Ledersessel erhob sich ein ziemlich massiv aussehender Mann von der Marke Preisringer oder Catcher und strebte im gleichen Augenblick der Zelle zu. Parker war einen Schritt schneller, fühlte sich plötzlich an der Schulter gepackt und herumgewirbelt. »Nicht so vorwitzig, mein Junge«, heiserte das Muskelpaket. »Ich bin jetzt dran.« Josuah Parker trat einen halben Schritt beiseite und sagte nahezu unterwürfig: »Wie es Ihnen beliebt, Sir.« Der Muskelmann grinste, legte eine riesige Hand auf Parkers Kopf und versuchte ihn zu drücken. Das war des Guten zuviel. Der Butler rammte beide Hände nach oben, packte den Arm des Gorillas an zwei genau kalkulierten Stellen und benutzte ihn als Hebel. Der Muskelberg kam plötzlich in rotierende Bewegung, flog mit der Stirn gegen die seitliche Kante der Telefonzelle, drehte sich weiter und landete unter beträchtlichem Gebrüll auf dem Rücken. Butler Parker griff mit einer kaum sichtbaren Bewegung in eine der diversen Innentaschen seines Zweireihers und zog eine winzi-
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ge Nadel hervor, mit der er einen gezielten Stich im Oberarm des Riesen landete. Der wollte sich gerade aufraffen und sich wie ein Catcher ins Kampfgetümmel stürzen. Das wiederum war nicht nach dem Geschmack des Butlers. Die winzige Injektionsmenge aus der Hohlnadel genügte, um auch aus dem Muskelberg einen äußerst friedfertige Menschen zu machen. Er kam zwar noch schwankend auf die Füße und holte mit der geballten rechten Faust aus, doch auf halbem Weg schien diese Faust eigene Gedanken zu bekommen und sank langsam nach unten. Ein geradezu kindisches Grinsen überflog die Miene des Catchers. Er begann zu kichern, verdrehte glückselig die Augen und kehrte zu seinem Sessel zurück. Der Portier in der Loge, der schon im Begriff war, die Polizei zu alarmieren, verfolgte das Geschehen mit wachsendem Staunen. Möglicherweise zweifelte er an seinem Verstand und traute seinen Augen nicht, als Butler Parker jetzt gemächlich die Zelle betrat und die Tür hinter sich zuzog. * »Mister Pickett«, sagte Josuah Parker, nachdem er den Teilnehmer in London erreicht hatte, »hat es Ihnen gefallen, in der früheren Angelegenheit schon tätig zu werden.« Horace Pickett, der mal zu den Eigentumsumverteilern gehört hatte, jetzt aber vom Saulus zum Paulus bekehrt war, galt als Parkers unentbehrlicher Mitarbeiter, auf dessen Ermittlungen stets Verlaß war. »Mister Parker«, sagte er, »ich habe mich sofort nach diesem gewissen Mister Dudley Stitches umgehört. Er hat bisher drei Haftstrafen verbüßt, darunter eine wegen schwerer Körperverletzung, aber auch wegen Wettbetruges.« »Man geht doch nicht fehl in der Annahme, daß er nicht auf eigene Kappe arbeitet?« »Mitnichten. Stitches hat eine ganze Weile ein Wettbüro betrieben, illegal natürlich, ist damit aber auf den Bauch gefallen.« »Darf man fragen, weshalb?« »Er hat versucht, Jockeys zu bestechen und ist damit der Gilde der Mafia in die Quere gekommen. Jetzt arbeitet er für diese Fir-
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ma.« »Zum Beispiel für einen gewissen Cory Condi?« »Das wissen Sie schon? Warum hetzen Sie mich dann durch die Gegend, Mister Parker?« »Man wußte es nicht, Mister Pickett, aber es ließ sich erraten. Gehört zu Condis Leuten eventuell auch ein Mann von mehr als sechseinhalb Fuß mit dem Aussehen eines Schimpansen und den Muskeln eines Gorilla?« »Ich wette, Sie meinen Corky Oleson. Er war mal Catcher und hat manchen Kampf gewonnen. Er hat eine Glatze, nicht wahr?« »Man könnte sagen, ihm fehlen einige Haare, Mister Pickett. Ich bin Ihnen höchst verbunden.« »Ist meine Anwesenheit dort auf dem platten Land erforderlich, Mister Parker?« »Ihr Kommen dürfte bis auf weiteres nicht vonnöten sein. Darf man bitten, sich weiterhin um Informationen zu bemühen, die im Zusammenhang stehen mit Mister Condi?« »Oh, das ist nicht einfach, denn der Bursche hat sich nach allen Seiten wasserdicht abgeschottet«, meinte Horace Pickett. »Man vertraut grenzenlos Ihren überdimensionalen Fähigkeiten, Mister Pickett. Ist Ihnen schon mal ein Lord mit Namen Pembroke begegnet?« »In der Tat, aber der ist tot. Ein Unfall. Er war einer der brillantesten Pferdekenner. Wenn er im Wettschalter erschien, geriet die ganze Branche in Aufruhr.« »Unter seinen werten Neffen ist keiner, den Sie kennen?« »Nicht daß ich wüßte.« »Meine Wenigkeit wäre Ihnen verbunden, wenn Sie ihr Augenmerk auf den Namen Pembroke oder auch Plumb richten würden. Darf man Ihnen einen schönen Abend wünschen?« »Sie dürfen, Mister Parker. Ich erwidere die guten Wünsche.« Der Butler bedankte und verabschiedete sich. Als er die Zelle öffnete, fiel sein Blick auf den Gorilla, der selig lächelnd im Sessel saß und eine Melodie vor sich hinsummte. Die Nadel der Glückseligkeit hatte ihn getroffen und der Wirklichkeit entrückt. * Beim Menü, das kurz danach im Restaurant aufgetragen wurde,
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sprach niemand über die letzten Ereignisse. Butler Parker hatte einen exquisiten Rotspon zum Rehrücken ausgewählt und gab sich ganz dem Genuß hin. Anwalt Mike Rander brachte später das Gespräch auf den Fall Pembroke. »Glauben Sie, Parker, daß einer der Erbberechtigten für die Anschläge verantwortlich zu machen ist?« Josuah Parker betupfte mit der weißen Serviette die Lippen, ehe er antwortete: »In der Tat stellt es sich so dar. Es könnte natürlich auch sein, daß ein Außenstehender es so haben will, daß wir alle glauben, ein Erbe möchte vorzeitig in den Genuß des Geldes kommen. Dann, Sir, stellt sich die Frage nach dem Warum, wenn ich das in aller Bescheidenheit anfügen darf.« Kathy Porter seufzte schon wieder. »Gräßlich die Vorstellung, daß jemand nach dem Leben eines anderen trachtet. Wie wollen Sie Lady Pembroke beschützen, Mister Parker?« »Das Betrübliche ist«, entgegnete der Butler, »daß Mylady sich allen Bemühungen widersetzt. Das Schloß ist ein weitläufiges Gemäuer, und meine Wenigkeit kann sich nicht wie Zerberus, der Höllenhund, auf ihre Schwelle legen. Außerdem wäre das höchst unschicklich.« »Unschicklich hin, unschicklich her«, widersprach Mike Rander, »in Ausnahmesituationen gelten keine Regeln mehr. Halten Sie es für möglich, Parker, daß auch Lady Simpson in Gefahr ist?« Josuah Parker gestattete sich ein leichtes Lächeln. »Wie Sie wissen, Sir, ist Mylady immer und überall in Gefahr, wo sie sich blicken läßt. Das liegt zum einen Teil an ihrer imposanten Persönlichkeit, zum anderen daran, daß sie schon viele Kriminalfälle gelöst hat und somit immer wieder den Haß der Gangster auf sich zieht.« »Fein gesagt«, nickte Kathy Porter. »Um Mylady fürchtet man sich nicht«, fuhr Parker fort. »Aber zwei Dinge vermöchten zu denken geben.« »Was bitte?« Der Anwalt lachte. »Übrigens habe ich selten einen Menschen kennengelernt, der so präzise denken kann wie Sie, Parker.« »Zuviel der Ehre für meine Wenigkeit«, wehrte der Butler die Schmeichelei ab. »Zuerst bekam Pamela Redford, die Patennichte Lady Pembrokes, ein Päckchen zugestellt. Es enthielt eine lebende Klapperschlange. Lord Matthew Bronk hat das liebliche Tier leider erschossen.«
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»Aber Mister Parker«, entgegnete Kathy Porter. »Eine Klapperschlange ist in meiner Vorstellung so ungefähr das Gegenteil eines lieblichen Tieres. Wenn es seine Giftzähne in Pamela Redfords Schwanenhals geschlagen hätte…« »Es hatte keine Giftzähne mehr!« Parker wiegte den Kopf. »Dieser Umstand macht sehr zu schaffen. Und was sagen Sie, Miß Porter, daß wenig später Lady Plumb mit einer Beule! am Kopf in einer eisernen Ritterrüstung im Obergeschoß gefunden wurde?« »Du lieber Himmel!« staunte der Anwalt. »Wie ist sie denn da hineingekommen?« »Diese Frage, Sir, konnte die Lady wegen einer Bewußtseinstrübung leider nicht beantworten. Ein Unbekannter dürfte sich in einer Fensternische versteckt und die Dame niedergeschlagen haben. Diese Verwilderung der Sitten ist nicht gut zu heißen. Es wäre natürlich sehr von Nutzen, wenn man beispielsweise das Testament der verehrenswerten Lady Pembroke kennen würde.« Mike Rander nagte an der Unterlippe und sagte nachdenklich: »Für morgen bin ich ins Schloß geladen. Die Lady will ihr Testament entscheidend ändern. Bisher scheinen alle erbberechtigten Nichten und Neffen in etwa gleicher Weise bedacht worden zu sein. Jetzt will sie den einen oder anderen wohl aussondern. Sie fühlt sich nämlich von schwarzen Schafen umgeben.« Dazu äußerte sich Parker nicht, nippte noch mal am Glas und empfahl sich. »Ich wollte, ich könnte Ihnen helfen, Mister Parker«, sagte Kathy Porter. »Sicher wird es eine schlimme Nacht für Sie im Schloß.« »Man wird das Beste daraus zu machen versuchen«, meinte der Butler. * Das hochbeinige Monstrum stand am gleichen Platz. Ein fahler Halbmond schaute durch die Baumwipfel neben dem Hotel. Irgendwo jaulte ein Hund. Ein Käuzchen schrie in der Nähe, ehe es sich auf lautlosen Schwingen auf Nachtjagd begab. Josuah Parker blickte in leichter Sorge zum Hotel zurück. Er vermißte den Muskelberg, den er zuletzt im Zustand glücklicher
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Verzückung in einem Polstersessel des Empfangs gesehen hatte. Seine Hoffnung, die chemische Keule würde mindestens eine Stunde anhalten, hatte offenbar getrogen. Es mußte an den gewaltigen körperlichen Ausmaßen des Hünen liegen, daß die Wirkung so schnell verpufft war. Vielleicht hatte er sich aber auch nur an die frische Nachtluft begeben und meditierte irgendwo unter den Bäumen. Josuah Parker bestieg sein hochbeiniges Gefährt, setzte sich im Polster zurecht und ließ den Motor an. Er streichelte das Gaspedal nur, so daß die bullige Kraft des Rennmotors unter der Haube nicht hörbar wurde. Als der Butler gerade angefahren war und vom Parkplatz auf die Straße einbiegen wollte, stieß plötzlich ein harter Gegenstand gegen seinen Nacken. »Ganz ruhig bleiben«, zischte eine Stimme. »Sie werden genau das tun, was ich sage, sonst ist Sense.« Parkers Fuß senkte sich auf die Bremse und trat sie sanft durch. Seine Stimme klang gemessen und kühl wie immer. »Was befehlen Euer Gnaden? Mein bescheidener Wagen sieht zwar einem Taxi nicht unähnlich, aber eine Lizenz für Personenverkehr ist meiner Wenigkeit bisher nicht offeriert worden.« »Witzbold! Dir vergeht das Lachen, das verspreche ich dir. Was ich in der Hand und an deinem Genick halte, ist eine Pistole, und zwar eine ausgewachsene Siebenfünfundsechziger. Alles klar?« »Ihrer unwiderstehlichen Art, Sir, kann man nicht widersprechen. Man wiederholt: Was befehlen Euer Lordschaft?« Der Mann hinter Parker kicherte. Im Rückspiegel konnte der Butler die Hälfte des Gesichtes sehen, und es wunderte ihn nicht, daß er Stitches vor oder vielmehr hinter sich hatte: Dudley Stitches, der Mann mit der Vorliebe für großkalibrige Gewehre, Revolver und offenbar nun auch Pistolen. »Fahr stadtauswärts, du komischer Knilch. Ich kann’s fast nicht glauben, daß du mich heute nachmittag ins Land der Träume geschickt hast.« »Ihre Ausdrucksweise widerspricht den guten Manieren des Umgangstones«, reagierte Parker erstaunt. »Meine Wenigkeit kann sich nicht erinnern, Euer Gnaden schon mal begegnet zu sein.« »Du lügst. Ich hatte die Straße mit Nägeln tapeziert.« Butler Parker wandte den Kopf und schaute Dudley Stitches ge-
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rade ins Gesicht. »Erstaunlich, aufweiche Ideen die Menschen kommen. Wenn nun der Rolls-Royce die Böschung hinabgefahren wäre? Alle Reifen konnten beinahe gleichzeitig ihren Geist aufgeben. So etwas nennt man unter Experten einen Mordversuch.« Die Waffe in der Hand des Gangsters war keine Pistole, sondern genau der Revolver, dem Butler Parker den Zahn in Form des Schlagbolzens gezogen hatte. Das zu wissen war tröstlich, denn nun konnte der nächste Akt der Vorstellung folgen. Es handelte sich bei Parkers Auto um eine Trickkiste auf Rädern mit diversen Extras. So waren zum Beispiel in das Polster des Beifahrersitzes wie auch in die Sitze im Fond in regelmäßigen Abständen Nadeln jener Qualität eingebaut, wie Parker sie mit Erfolg bei dem Muskelberg Corky Olesons verwendet hatte. Mit einem Blick in den Spiegel überzeugte Josuah Parker sich, daß Dudley Stitches ziemlich genau hinter ihm saß. Er fuhr deshalb ziemlich rasant an. Das hatte zur Folge, daß Stitches fest ins Polster gedrückt wurde. Auch der Druck der Waffe in Parkers Genick ließ nach. Im Bruchteil einer Sekunde betätigte Josuah Parker einen bestimmten Hebel unter dem Armaturenbrett. Dudley Stitches schrie auf, denn die Nadel hatte ihn vehement in die Kehrseite getroffen und sich dann noch einige Millimeter in die verlängerte Rückenpartie des Gangsters gebohrt, ehe sie ihre segensreiche Ladung einspritzte. Hierbei handelte es sich um ein rasch wirkendes Mittel, das binnen weniger Minuten eine Lähmung erzeugte. Allerdings erlahmte der Widerstand Stitches’ nicht sofort. Es klickte sogar noch, als er den Abzug des Revolvers betätigte, aber ohne Schlagbolzen konnte die Waffe keine Patrone zur Zündung bringen. Sekunden danach fiel Stitches in sich zusammen und streckte sich im Fond zum Schlafen aus. * Konstabier Pat Garrison hatte noch Dienst auf der Polizeistation. Als Parker die Wache betrat und wie immer seine Melone um einige Zoll hob, erregte er bei den zwei Bobbys, die außer dem Konstabier anwesend waren, Heiterkeit. »Mit Ihrer gütigen Erlaubnis«, sagte Josuah Parker, »bringe ich
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die eine oder andere Frage vor und hoffe, daß Sie nicht nur Beantwortung findet, sondern auch ein gewisses Hilfsversprechen auslöst.« »O Mama«, sagte der eine Bobby halblaut, aber noch gut vernehmlich, »der hat ‘ne Meise unterm Pony.« Konstabier Garrison trennte sich von einem Protokoll und trat an die Barriere. »Was kann ich für Sie tun?« fragte er und hatte sichtlich Mühe, seine Heiterkeit zu unterdrücken. »Meine Wenigkeit befindet sich sozusagen, in einer brenzlichen Lage, Sir«, sagte Parker. »Ein fremdes Individuum hat es für nötig erachtet, sich an Bord meines ehrwürdigen Wagens zu begeben. Leider war dieses Subjekt bewaffnet und hat den Revolver dazu mißbraucht, meine Nackenpartie zu massieren.« »Mit einem Revolver, hm hm.« Der Konstabier feixte nicht mehr, sondern legte die Stirn in Dackelfalten. »Er hat zugeschlagen oder geschossen?« »Weder noch, Sir. Die Berührung mit dem kalten Metall der Laufmündung war meiner Wenigkeit höchst unangenehm. Als dieser ungebetene Gast dann schießen wollte, ging es schon deshalb nicht, weil heute nachmittag der Schlagbolzen seine Waffe verlassen hatte.« Garrison kniff ein Auge zu. Er war sichtlich irritiert. »Ich denke, es ist ein fremdes Subjekt?« »Gewiß, Sir. Er hat sich mir keineswegs vorgestellt, wohl aber heute nachmittag mit Teppichnägeln seine Grüße übermittelt. Daraufhin hat meine Wenigkeit ihn einer Spezialbehandlung unterzogen und bei der Gelegenheit die Waffe ihrer Wirkung beraubt.« »War das vor dem Bombenanschlag oder nachher?« »Vor der Bombe, wie Sie, Sir, den Vorfall zu nennen belieben. Es ist mir äußerst peinlich und auch unangenehm, daß von den Bagatellen keine Meldung erfolgt ist.« »Das wäre allerdings besser gewesen. Und wo befindet sich das Subjekt jetzt?« »Immer noch in meinem Wagen, und zwar in einer gewissen Schlafhaltung. Der lästige Zeitgenosse ist nicht zu bewegen, das ihm nicht gehörende Domizil zu verlassen, obwohl es sich nur um einen Schlafwagen handelt.« »0 Mama«, reagierte der Bobby wieder und rollte die Augen. »Wenn ich das Lissy erzähle, hält sie mich glatt für krank.«
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»Man empfiehlt Ihnen, einen Arzt aufzusuchen, Sir«, sagte Butler Parker. »Auch kalte Brustwickel sind oft nützlich.« Der Konstabier kam durch die Schranke hinter der trennenden Barriere hervor, legte Parker eine Hand auf die Schulter und begab sich mit ihm hinaus zum hochbeinigen Monstrum. Er fand natürlich Dudley Stitches im Fond schlafend vor, von einer Lähmung befallen, die nur der Butler erklären konnte, doch der fand sich dazu nicht bereit. »Merkwürdig«, sagte Garrison, kratzte sich hinterm Ohr und nahm den Revolver des Gangsters auf. »Er schläft wie ein Murmeltier. Sie haben ihm doch keine übergezogen?« »Aber Sir!« entrüstete sich Josuah Parker. »Meine Wenigkeit ist immer ein überaus friedfertiger Mensch und könnte nicht mal eine Maus erschlagen.« »Okay. Ich stecke den Mann in die Ausnüchterungszelle. Erstatten Sie Anzeige, Mister Parker?« »Wegen dieser Lappalie? Mitnichten, Sir!« Die Bobbies transportierten Dudley Stitches in die Zelle. Butler Parker versprach zur Unterzeichnung eines Protokolls wieder hereinzuschauen und fuhr Richtung Schloß Faraday davon. * Im Gesindetrakt brannte noch Licht. Butler Parker hätte das Schloß ohnehin nicht über die Freitreppe und durch das Hauptportal betreten, das verbot ihm seine angeborene Bescheidenheit. Vielmehr benutzte er den Nebeneingang und kam gerade zurecht, um zu hören, daß der Kammerdiener Rod Bulgar sich mit dem Butler James in der Wolle hatte. Josuah Parker betrat die Küche, in der diese Auseinandersetzung stattfand, nicht ohne anzuklopfen. Aber niemand beachtete ihn. Die beiden Kampfhähne standen einander gegenüber. »Pardon«, sagte Parker. »Meine Wenigkeit möchte keineswegs stören, sondern nur darauf aufmerksam machen, daß es Lady Pembroke möglicherweise gar nicht angenehm sein könnte, wenn sie solche Töne hören muß.« Bulgar wirbelte mit einer Schnelligkeit herum, die man seiner schwammigen Gestalt gar nicht zugetraut hätte. Er war nicht gerade klein geraten, und seine Hände waren nicht so fein, wie man
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sich die eines Kammerdieners vorstellt. Nun hatte Mary-Ann Pembroke schon seit ewigen Zeiten Ärger mit ihrem Personal. Es gab keinen, der es ihr recht machen konnte, und so war Rod Bulgar in den letzten Jahren schon der fünfte oder sechste ihrer Leibdiener. Das hatte Parker schon in Erfahrung gebracht, ehe er das Schloß betrat. Nur Butler James hielt sich schon eine ganze Weile in dem Job, aber wohl auch nur, weil er jede Beschimpfung durch seine Herrin hinnahm. Er war mit fünfzig Jahren auch nicht mehr der Jüngste, während Rod Bulgar eben dreißig sein mochte. Dieser Bulgar maß Parker mit funkelnden Blicken: »Ich lasse mich von keinem anmisten, klar? Ich versehe meinen Job mit größter Sorgfalt, aber dieser Mistkäfer hat immer und ewig was. Wollen Sie etwa auch stänkern?« Josuah Parker schaute lächelnd von einem zum anderen. »Nichts liegt mir ferner. Meine Wenigkeit mischt sich grundsätzlich nicht in anderer Leute Angelegenheiten und darf sich wärmstens empfehlen. Gute Nacht, Gentlemen!« Den Universal-Regenschirm über den linken Unterarm gehängt, verließ er die große Küche. Der sprichwörtliche Geiz der Lady Pembroke drückte sich unter anderem auch darin aus, daß die langen Gänge und Flure nur hin und wieder sporadisch von Lampen beleuchtet wurden. Die meisten Korridore lagen sogar in totaler Finsternis, und nur durch Fensterritzen fiel ein Hauch kalten Mondlichtes. Parker bewegte sich geräuschlos in Richtung zu seinem Zimmer. Dann überlegte er es sich anders und betrat den Gang, der vor Lady Pembrokes Zimmerflucht endete. An diesem Gang lag auch der Raum, den Pamela Redford bewohnte. Sie hielt sich schon sehr lange auf dem Schloß auf und ließ sich immer wieder von ihrer Tante schikanieren. Tatsächlich hatte sie die Arbeit einer Zofe bei ihr zu verrichten und wurde zu allen möglichen Handreichungen herangezogen, obwohl auch eine richtige Zofe angestellt war. Vor Pamelas Zimmertür bewegte sich etwas. Butler Parker sah nur einen Schatten, der noch dunkler war als die Umgebung. Sofort reagierte er und tauchte in einer der Fensternischen unter. Der Schatten bewegte sich und versuchte die Tür zu öffnen. Als das mißlang, klopfte er an. »Pamela«, hörte Parker den Hauch einer Stimme. »Ich bin’s,
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Matt, öffnest du bitte?« Eine Weile blieb es still. Dann wurde die Tür leise geöffnet, aber Pamela ließ Lord Bronk nicht eintreten, sondern hauchte ihn an: »Was fällt dir ein? Wenn Tante es sieht, wirft sie dich und auch mich hochkant hinaus.« »Aber, Darling, ich…« »Kein Wort weiter! Außerdem muß ich erst nachprüfen, ob du es mit der Treue wirklich so ehrlich meinst, wie du immer sagst.« Die Tür schloß sich wieder. Matthew Bronk stand davor und regte sich eine Weile nicht. Dann machte er kehrt und kam den Gang entlang. Er schien tief in Gedanken versunken zu sein, denn er entdeckte Butler Parker in der Nische nicht. * Gerade wollte Parker sich in Bewegung setzen, als sich wieder eine Tür öffnete. Natürlich hatte er sich die Belegung der Gästezimmer in diesem Trakt des Schlosses genau gemerkt und konnte deshalb feststellen, daß Lord Nigel Lowell sich auf nächtliche Tour begab, der Bruder der Lady Pembroke. Auch Lowell schlurfte leise an dem Butler vorbei, ohne einen Blick nach links oder rechts zu richten. Offenbar war das Attentat mit der Bombe auf ihn gänzlich ohne Eindruck geblieben. Josuah Parker löste sich erst eine Weile später aus seinem Versteck. Im Dunkel der Nacht ging er lautlos und dennoch gemessenen Schrittes die Treppe hinab – auf Lord Lowells Spuren. Der alte Herr begab sich durch die Halle, in der er ein paar schwach leuchtende Wandlampen anknipste, schnurstracks in die Bibliothek. Sie wurde, wie Parker von Butler James gehört hatte, seit Lord Pembrokes Tod nicht mehr benutzt. Lowell ging zielstrebig zu einer bestimmten Stelle des linken Wandregals, das mit Büchern vollgestellt war! Das sah Josuah Parker von der Halle aus, denn die Tür zur Bibliothek blieb einen Spalt breit offen stehen. Der Lord betätigte einen Knopf oder Hebel, das war auf die Distanz nicht genau auszumachen. Das Regal schwang in seinem Oberteil auf einer Breite von gut drei Fuß zur Seite – und dahinter wurde eine gut bestückte Bar sichtbar. Gleich darauf gluckerte Stoff in ein Whiskyglas. Geradezu ver-
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klärt hob Lowell es in die Höhe, betrachtete offensichtlich vergnügt den goldgelben Whisky und kippte ihn dann. Butler Parker kam zu der Auffassung, daß der Lord gut aufgehoben war und alkoholischen Genüssen auch ohne Gesellschaft frönen konnte. Er hielt es auch für vergeudete Zeit, sich die Nacht um die Ohren zu schlagen bei der Bewachung von Lady Pembroke und Lady Simpson sowie den anderen Gästen des Schlosses. Ehe er sein Zimmer betrat, lauschte er an der Tür. Es lag auf der Hand, daß er an bevorzugter Stelle auf der Wunschliste der Gegner stand. Aber es war nichts zu hören. Da er die Tür nicht abgeschlossen hatte und somit jedermann sich leicht Zutritt verschaffen konnte, ging er auf Nummer sicher, blieb seitlich neben der Tür stehen, drückte die Klinke herab und gab der Tür einen Stoß, daß sie sich sperrangelweit öffnete. Doch nichts geschah. Er langte um die Ecke und betätigte den Lichtschalter, aber keine Helligkeit folgte. Jemand hatte sich entweder die Mühe gemacht, die Sicherung auszuschrauben oder auch nur die Birne aus der Fassung. Vielleicht gehörte das nur zu einer Art von Nervenkrieg und war ganz harmlos. Wahrscheinlich aber steckte mehr dahinter. Josuah Parker glitt in sein Zimmer, schloß behutsam die Tür und lehnte sich dagegen. Nur durch einen Spalt im Vorhang vor dem Fenster sickerte etwas Mondlicht, sonst war es finster wie im Bauch eines Wales. Der Butler griff in die unergründlichen Tiefen jener versteckten Taschen seines Zweireihers und förderte eine Bleistiftlampe zum Vorschein. Sie war fast so lichtstark wie Laser, wenn auch nicht so punktgenau. Er war sicher, daß in der Dunkelheit eine besonders abgefeimte Überraschung seiner harrte, aber zunächst enthüllte das Licht der Lampe nichts. Er mußte an eine Bombe denken, denn dieses Spielzeug hatten die Leute von der Gegenseite ja schon mal bei Nigel Lowell verwendet. In einem Raum wie diesem mußte eine Explosion verheerende Folgen haben. Zuerst leuchtete Parker unters Bett, dann in den Nachtschrank und dahinter. Nichts… Er leuchtete in den altertümlichen Schrank, der noch aus der Viktorianischen Zeit stammte. Wieder nichts. Also keine Bombe? Was wohl sonst für ein Mordwerkzeug? Mit spitzen Fingern faßte er das Oberbett, denn ihm fiel auf, daß es einige Falten aufwies, die es vorhin nicht hatte. Sachte zog er
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es vom Kopfkissen weg und weiter nach unten, während er mit der Lampe jede Falte ableuchtete. Plötzlich erfolgte ein Zischen und Rasseln. Der Kopf einer Klapperschlange stieg vom weißen Bettlaken empor und zielte nach Parkers Hand. Er zog sie blitzschnell zurück und leuchtete die Schlange scharf an. Als sie das zweite Mal zustieß, packte er mit der Linken zu und erwischte sie direkt hinter ihrem dreieckigen Kopf. Er hielt ihr ein Kissen direkt vor das Maul. Das wütende Reptil biß sofort hinein und verspritzte diesmal ihr ganzes Gift. Es gab keinen Zweifel daran, daß sie ihre Giftzähne noch in voller Schönheit besaß. Sie waren nicht ausgebrochen wie bei jenem Liebespräsent, das Pamela Redford bekommen hatte. Josuah Parker steckte die Klapperschlange in einen Karton, den er im staubigen Schrank fand. Er schloß die Tür ab und begab sich zur Ruhe. * Der Tisch im Speisesaal war gedeckt. Butler James stand steif wie sein eigenes Standbild neben dem Eingang, bereit zur Bedienung. Alle hatten Platz genommen – bis auf Lady Pembroke und ihren Bruder Lord Lowell. Sogar Agatha Simpson saß schon an der Tafel, obwohl sie zur Pflege ihres Teints morgens gern ein Stündchen länger schlief. »Mein lieber Mister Parker«, begrüßte sie ihren Butler. »Ich bin sehr überrascht, daß in dieser Nacht nichts geschehen ist, was meinen Seelenfrieden hätte stören können. Ich war sehr darauf gefaßt, von Gangstern überfallen zu werden, daß ich kaum ein Auge zugetan habe.« »Das ist in der Tat bedauerlich, Mylady«, erwiderte Parker. »Auch ich hatte von gewissen Subjekten mehr Initiative erwartet. Dabei beließen sie es, meiner Wenigkeit eine Klapperschlange ins Bett zu praktizieren.« Die Detektivin wiegte den Kopf. »Immerhin, auch mit einer Klapperschlange ist nicht immer zu spaßen. Ich hätte sie natürlich beim Kopf genommen und aus dem Fenster geworfen.« »Eine Klapperschlange?« fragte Lord Matthew Bronk, der eine
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Hand der neben ihm sitzenden Pamela ergattert und mit Küssen traktiert hatte. »Sie belieben zu scherzen, Parker. In unseren Breiten gedeihen solche Reptilien nicht.« »Dem möchte ich beipflichten, Mylord«, entgegnete Parker gemessen. »Deshalb gehe ich davon aus, daß sie mir von einem besonders guten Freund zugedacht wurde. Sie sollte mein Bett wärmen, obwohl bekannt sein dürfte, daß es sich bei Schlangen um Kaltblüter handelt.« »Und wo ist das Biest jetzt?« »In einem Karton, mit Verlaub. Man wird das niedliche Tier dem nächsten Zoo als Geschenk übermitteln.« In diesem Augenblick erschien Mary-Ann Pembroke. Noch hatte niemand gewagt, mit dem Mahl zu beginnen. Von allen Seiten erklang jetzt der Morgengruß für die Schloßherrin, die irgendwann beerbt werden sollte. »Guten Morgen«, sagte die Lady und ließ ihren Blick schweifen. »Wo ist Lord Lowell, mein Bruder? James, haben Sie ihn nicht geweckt?« Butler James bewegte seinen Kopf einen Zoll nach links und einen Zoll nach rechts. »Das ist nicht meines Amtes, Mylady. Mister Bulgar hätte das wohl übernehmen sollen.« »Phhh! Agatha, meine Liebe, hast du wohl geruht? Du siehst süß aus wie ein Marzipanferkelchen.« »Ich gebe dir dieses reizende Kompliment sofort zurück, meine Beste«, sagte Agatha Simpson. »Würde wohl dein Butler Parker nach meinem Bruder sehen können?« »Aber natürlich. Mister Parker, Sie brauchen mich nicht zu bedienen, zumal ich ohnehin nur eine Kleinigkeit zu mir nehme. Sehen Sie bitte nach Lord Lowell.« »Sehr wohl, Mylady.« Josuah Parker spazierte die Treppe hinauf und begegnete auf dem oberen Absatz dem Kammerdiener Bulgar. »Pardon«, sagte Parker, »kommen Sie vielleicht gerade von Lord Lowell?« »No«, lautete die patzige Antwort. »Er meldet sich nicht. Ich wette, der ist voll und schnarcht, daß sich die Balken biegen.« Parker maß ihn mit strafendem Blick. Ein Bediensteter hat sich nicht zu erlauben, so despektierlich über seine Herrschaft zu sprechen. »Meine Wenigkeit würde sich nie erlauben, in dieser Weise…«
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Bulgar ging kommentarlos weiter die Treppe hinunter. Parker klopfte an Lord Nigel Lowells Zimmer und bekam keine Antwort. Er probierte die Klinke – die Tür öffnete sich. Das Bett des Lord war unberührt. Das Fenster stand offen, der Wind bauschte die Gardine. Auf dem Teppich lag eine leere Flasche. Der Butler begab sich ans Fenster und schaute hinaus. Über den Schloßgraben hinweg ging der Blick auf den verwilderten Park mit den jahrhundertealten Bäumen und dem Rasen. Der Graben mochte gut dreißig Yard breit sein. An einigen Stellen hatten sich Seerosen angesiedelt. Leichter Wind kräuselte die Wasseroberfläche, und die Sonne zauberte silberne Reflexbahnen. Aber das zog Parkers Blick nicht an. Auch nicht der morsche Kahn, der ein Stück weiter rechts auf der anderen Seite des Grabens an einem Anleger vertäut war. Vielmehr bewegte sich ein Mann zwischen den Weidenbüschen am Ufer. Er hielt eine Hacke oder Harke in Händen und trug einen grünen Latzoverall. Das Haar wuchs tief in die Stirn, eine dicke Knollennase stach aus einem wuchernden Bart hervor, der außerdem von wulstigen Lippen zerteilt wurde. Der Mann auf der anderen Seite des Ufers stieß mit der Harke nach einem Etwas, das unter den Seerosen fast verborgen war. Butler Parker konnte nicht erkennen, um was es sich handelte. Aber nun erreichte die Harke des Mannes ihr Ziel, verhakte sich darin und wurde gezogen – und eine Hand tauchte aus dem Wasser und fiel wieder kraftlos zurück. Der bärtige Mann öffnete die Lippen zu einem Laut, ließ die Harke los, machte spornstreichs kehrt und verschwand im Gebüsch. Parker hatte den Mann erst einmal gesehen, und zwar bei seiner Ankunft auf Schloß Faraday. Er erinnerte sich, daß James ihn als Gärtner vorgestellt hatte, aber den Namen wußte er nicht mehr. James hatte lediglich angemerkt, der Gärtner versehe zwar seine Arbeit zur vollsten Zufriedenheit, aber im übrigen ticke es bei ihm nicht richtig. Er sei ein absoluter Sonderling und außerdem taubstumm. Der Butler verließ seinen Logenplatz am Fenster, durchmaß das Zimmer und kehrte in den Speisesaal zurück. »Leider«, sagte er, »muß meine Wenigkeit zum größten Bedauern kundtun, daß seine Lordschaft sich nicht im Zimmer befindet. Man muß befürchten, daß seiner Lordschaft etwas Ungewöhnli-
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ches zugestoßen ist.« »Papperlapapp«, sagte Lady Pembroke. »Wie ich meinen Bruder kenne, hat er sich in eine Flasche verliebt und ist darüber in irgendeiner Ecke eingeschlafen.« Agatha Simpson schaute ihren Butler an. »Gehe ich recht in der Annahme, daß Sie mehr wissen als Sie bisher gesagt haben, Mister Parker?« Der zuckte die Achseln. »Es gehört nicht zu meiner Art, Kenntnisse von irgendwelchen Dingen aufzudrängen. Jedoch wäre Mylady dringend zu empfehlen, die Polizei hinzuzuziehen. Man könnte zum Beispiel im Schloßgraben eine eingehende Inspektion unternehmen.« »Es ist doch niemand ertrunken?« schien die Detektivin bestürzt. »Es erweckt zumindest den Anschein, Mylady.« Lord Preston Pembroke sprang auf und stieß dabei seine Tasse Tee um. »Ich bin die Geheimniskrämerei allmählich leid. Was ist mit meinem Onkel Nigel geschehen?« Josuah Parker machte ein unbewegtes Gesicht wie ein Pokerspieler. »Man hat mir zugewunken, Mylord, leider nur für den Bruchteil einer Sekunde und unter einer Seerose hinweg. Der Gärtner hat den Mann entdeckt und ist sofort geflüchtet. Es ist anzunehmen, daß er ihn für einen Wassergeist gehalten hat.« Mary-Ann Pembroke aß ihren Haferbrei ungerührt weiter. »Schluß mit der Debatte!« bestimmte sie. »Rufen Sie von mir aus die Polizei, Parker. Aber wahrscheinlich ist Lord Nigel Lowell betrunken gewesen und aus dem Fenster gestürzt.« * Chief-Superintendent McWarden wurde genau in diesem Augenblick von Butler James angemeldet. Der untersetzte, bullig wirkende Yard-Mann betrat die Szene in Begleitung jenes Kriminalisten, der das Attentat gegen den Rolls-Royce der Lady Pembroke zu Protokoll genommen hatte, jenes Attentat, das in Wahrheit natürlich Lord Lowell gegolten hatte. Oder – auch diese Möglichkeit war nicht von der Hand zu weisen – war die Bombe schon in der Luxuskarosse gewesen, ehe Lord Nigel Lowell zustieg? Parker jedenfalls verwies diese Version nicht
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ganz ins Reich der Fabel. »Einen guten Morgen allerseits«, wünschte McWarden in Unkenntnis der schrecklichen Tatsachen. »Mylady, Sie erlauben, daß ich bei der heiligen Handlung des Frühstücks störe? Ich bin eigens aus London angereist, weil wir Kenntnis von dem Attentat gegen Lord Lowell erhalten haben. Ich kann ihn doch wohl sprechen?« Mary-Ann Pembroke setzte ihre unnahbarste Miene auf und deutete mit ausgestreckter Hand auf Butler Parker. »Fragen Sie den Menschen da, ob das noch möglich ist.« Agatha Simpson schaltete sich ein. »Mein lieber McWarden, ich würde ja zum Frühstück und zu einem Täßchen Tee bitten, wenn der Anlaß nicht so traurig wäre. Außerdem steht mir die Rolle der Gastgeberin nicht zu, aber es ist Ihnen ja wohl schon zu Ohren gekommen, daß ich wieder mal in einen haarsträubenden Kriminalfall verwickelt bin.« »In der Tat«, nickte der Chief-Superintendent. »Ich habe einiges verlauten hören. Um so interessierter bin ich, von Ihnen der Lösung des Rätsels näher gebracht zu werden. Was, bitte, ist mit Lord Lowell geschehen?« »Man muß befürchten, daß er im Schloßgraben ein sehr feuchtes Grab gefunden hat. Nicht wahr, Mister Parker, ist es nicht so?« Josuah Parker verneigte sich in Richtung McWarden. »Wenn es meiner Wenigkeit erlaubt ist, Sir, ein erläuterndes Wort zu sprechen? Jemand, den meine Wenigkeit für den taubstummen Gärtner hält, hat sich mit einem Gegenstand, der einer Harke ähnlich sieht, im Schloßgraben zu schaffen gemacht. Unter den Seerosen erhob sich daraufhin eine Hand, als beabsichtigte sie zu winken. Verzeihen Sie einem alten, müden und relativ verbrauchten Mann, wenn ich aufgrund dieser Hand nicht mit Bestimmtheit sagen kann, ob sie Lord Lowell gehört.« »Er hat getrunken«, behauptete Lady Pembroke wieder. »Er trank immer und bei jeder Gelegenheit.« McWarden ging nicht darauf ein. »Ich schlage vor, daß wir Nachforschungen in dieser Richtung anstellen. Mister Parker, würden Sie mich bitte zur Fundstelle begleiten?« »Sir, Ihr Wunsch ist mir Befehl.« Agatha Simpson erhob sich zu majestätischer Fülle und Größe. »Ich werde mich zurückziehen und über die Lösung des Falles nachdenken, obwohl sie geradezu in der Luft liegt. Mister Parker,
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Sie werden mich inzwischen würdig vertreten.« Die Lady schwang ihren Pompadour mit dem darin verborgenen Hufeisen, ohne den sie nicht denkbar war. Josuah Parker übernahm die Führung McWardens und des Inspektors Robert Simmons. * Zuerst suchten sie das Ufer jenseits des Schlosses ab. Den Gärtner bekamen sie nicht zu Gesicht. Seine Harke lag auch nicht mehr im Schloßgraben. Er schien sie geholt zu haben. Inzwischen hatte Inspektor Simmons Verstärkung vom Polizeirevier angefordert, um die Leiche zu bergen. Josuah Parker fand die Stelle sofort wieder, wo die Hand aufgetaucht war. Der Wasserspiegel lag in trügerischer Ruhe. Nichts war von einer Leiche zu sehen. Dicke Karpfen und schlanke Forellen schwammen träge unter den Seerosen dahin. Weder in den Büschen am Ufer noch im feuchten Gras waren Spuren zu entdecken. Butler Parker begab sich ohne Eile bis zu jenem Anleger etwa fünfzig Schritte weiter, wo das Boot vertäut war. Es war ein klobiger Kahn mit zwei Sitzbänken und auf jeder Seite einem Ausleger, in denen die Ruder hingen. Die Blätter der Ruder waren beide feucht, und an einem hing noch das frische Blatt einer Seerose. Jemand war erst kürzlich mit dem Boot gefahren. Josuah Parker stieg ins Boot, nahm auf der Ruderbank Platz und löste das Tau. Sein Blick fiel auf die gegenüberliegende Seite des Schlosses. Dort gab es eine verrostete Eisentür in der dicken Mauer. Der Butler legte ab und trieb das Boot mit wenigen Ruderschlägen dorthin, wo sich die Leiche verbergen mußte. Gerade kamen mehrere Cops an und meldeten sich bei Inspektor Simmons. Parker stoppte das Boot und schob mit einem Ruderblatt die wuchernden Seerosen beiseite. Langsam trieb die Hand des Toten nach oben, und dann half der Butler mit dem Ruder nach. Lord Nigel Lowell tauchte aus dem trüben Wasser und schaute aus toten Augen ins Leere. »Wenn Sie in Ihrer großen Güte erlauben würden, Sir, daß ich mich zurückziehe?« fragte Parker wenig später McWarden, als die
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Leiche auf dem hohen Ufer lag. Er saß noch immer im Boot. »Ich erlaube natürlich«, nickte McWarden und starrte grimmig auf den toten Lord. Josuah Parker ruderte zunächst an jene Eisenpforte heran, die sich kaum von der Schloßmauer abhob. Sie war, wie gesagt, von Rost zernagt, nicht aber das Schloß. Es war erst vor kurzem frisch eingeölt worden. Ob der Keller des Schlosses ein Geheimnis barg? * Lord Matthew Bronk kam aus der Bibliothek mit einem Buch in der Hand. Er nickte Parker zu, der gerade die Halle durchmaß, und fragte: »Haben Sie Lord Pembroke gesehen? Ich suche ihn.« »Mir war die Freude nicht vergönnt, Mylord«, erwiderte Butler Parker. »So so. Haben Sie etwa tatsächlich Lord Lowells Leiche entdeckt?« »Es läßt sich leider nicht leugnen, daß der Tote im Wasser mit Lord Nigel Lowell identisch ist.« »Welch ein Jammer! Es war doch kein Mord?« »Man wird sich von Seiten der Polizei mit dieser Frage eingehend beschäftigen, Mylord. Äußerliche Gewalteinwirkung war nicht festzustellen.« Bronk zuckte die Achseln. »Dann wird es wohl so sein, wie Lady Pembroke gesagt hat: Er ist aus dem Fenster gestürzt.« »Sehr wohl, Mylord. Wie Mylord meinen. Mir fällt ein, daß Mylady ein Buch aus der Bibliothek wünscht. Sie erlauben?« Parker betrat an Lord Bronk vorbei die Bibliothek. Von der nächtlichen Ausschweifung Nigel Lowells war nichts mehr zu sehen. Da gab es weder eine leere noch eine halbvolle Flasche noch ein gebrauchtes Glas. Es lag auch keine Asche auf dem Teppich oder in einem Aschenbecher. Wer den Lord auf dem Gewissen hatte, der hatte sorgfältig gearbeitet. Der Butler ging langsam an den hohen Regalen vorbei und tat, als suchte er ein bestimmtes Buch. Lord Bronk steckte den Kopf zur Tür herein und fragte: »Kann es sein, daß Lord Pembroke weggefahren ist, Parker? Ist er Ihnen womöglich begegnet?« »Zu meinem größten Bedauern kann ich Ihnen nicht mit einer Antwort dienen, Mylord.« Parker nahm ein Buch aus dem Regal
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und studierte den Titel. Lord Bronk verschwand. Ohne Eile näherte sich Josuah Parker jenem Regalteil, der sich durch geheimen Federdruck ausklinken ließ. Er mußte nicht lange suchen, bis er den verborgenen Hebel entdeckt hatte. Das Teilstück des Regals schwenkte aus, und Parker half nach, bis die Bar mit all ihren Gläsern und Flaschen in voller Schönheit vor ihm prangte. Die leere Whiskyflasche stand gleich vorn links und daneben das Glas, das Lowells Lippenspuren trug. Er hatte also die Flasche geleert. War sie voll gewesen? Wenn ja, dann mußte der Mann sinnlos betrunken gewesen sein. Hätte er dann noch die Energie aufgebracht, Flasche und Glas wegzuräumen und die verborgene Bar wieder zu schließen? Plötzlich war da ein Geräusch zu hören wie Ächzen oder Stöhnen. Unwillkürlich schaute Butler Parker sich um, doch schnell wurde ihm klar, daß das Geräusch hinter einer Wand erklang. Nach einem Augenblick war es wieder still. Unheimlich still. Josuah Parker legte das Ohr lauschend an die Innenseite der geöffneten Bar… Nichts! Aber er war seiner Sache absolut sicher, daß er das Ächzen gehört hatte. Da war es wieder – schwächer noch als eben, wie ein sterbender Seufzer. Und ganz deutlich klang der Laut neben der Bar hervor. Mit sensiblen Fingerspitzen tastete der Butler die Innenseite der Bar ab. Plötzlich entdeckte er einen eingelassenen Sperrhebel, der etwas größer war als jener, mit dem die Bar ausgefahren werden konnte. Er drückte auf den Hebel, aber nichts rührte sich. Dann kam er darauf, daß der Hebel herausgezogen werden konnte. Das etwa drei Fuß breite Regal neben der Bar ließ sich sofort danach nach hinten schwingen. Das Tageslicht, das von der Bibliothek in den finsteren Gang dahinter drang, reichte aus, um Sue Plumb zu erkennen. Sie lag auf nacktem Steinboden und war sehr weit weg… * Josuah Parker bettete die schöne Lady auf dem Ledersofa, das
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zur Ausstattung der Bibliothek gehörte. Er ertastete einen zwar schwachen, aber regelmäßigen Puls und sah, daß die Pupillen erweitert waren. Jemand hatte der Dame ein Betäubungsmittel gegeben. Aber nicht nur das. An der linken Schläfe blühte ein Veilchen – also hatte man den schönen Kopf auch noch mit einem harten Gegenstand traktiert. Josuah Parker schloß die Geheimtür zu dem Gang und klappte ebenfalls das Regal vor die Bar. Es lag auf der Hand, daß Lady Sue Plumb in die Obhut eines Arztes gehörte. Seine Kenntnisse reichten nicht aus, sie hinreichend zu versorgen und zu betreuen. Aber da dies nun schon der zweite Anschlag auf die Gesundheit der Lady war, hieß es vorsichtig sein. Vielleicht sollte auch sie wie Lord Lowell im Schloßgraben enden? Mit einem Blick aus dem Fenster vergewisserte sich der Butler, daß vor dem Seitentrakt des Schlosses niemand zu sehen war. Er benutzte die Tür durch den Wintergarten, der sich an die Bibliothek anschloß, und trug Lady Sue über ein paar Stufen in den Rosengarten an der Seite des Schlosses. Von dort bis zu seinem hochbeinigen Monstrum waren es nur wenige Schritte. Es gelang ihm, die Lady ungesehen in den Fond des Monstrums zu verbringen. Er deckte sie mit einer Decke zu und begab sich noch mal ins Schloß, und zwar auf dem gleichen Weg, also durch den Wintergarten. Mit einem Buch in der Hand verließ er die Bibliothek zur Halle hin. Dort gab Lord Bronk gerade dem Kammerdiener Rod Bulgar den Auftrag, ihm ein Jagdgewehr zu besorgen. »Tut mir leid, Mylord«, entgegnete Bulgar, »erstens weiß ich nicht, wo ich ein Gewehr finden kann, und zweitens gehört das nicht zu meinen Aufgaben.« Preston Pembroke war auch zugegen. Er lachte und meinte, sie brauchten ohnehin kein Gewehr, weil seine Tante die Jagd in ihrem Revier untersagt hätte. »Allerdings«, fügte er hinzu, »gilt das nicht für den Keiler, der die Felder des Pächters verwüstet hat. Wenn wir ihn aufstöbern und vielleicht sogar erlegen könnten, wären wir Weltmeister. Mister Parker, haben Sie zufällig ein Gewehr zur Verfügung?« »Mit dem größten Bedauern muß ich die Frage verneinen, Mylord«, erwiderte Parker. Er trug das dicke Buch vor sich her die Treppe hinauf und brachte es zu Agatha Simpson. »Ich soll das doch nicht etwa lesen?« empörte sie sich. »Was steht denn drin?«
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»Es handelt von der Geschichte der englischen Lords, Mylady.« » Schlimm genug. Was gibt es Neues, Mister Parker? Ich höre, man hat den armen Lowell geborgen?« »Leider, Mylady, muß meine Wenigkeit sein Ableben bestätigen. Zu meiner größten Besorgnis ist auch Lady Sue etwas zugestoßen. Sie liegt im Fond des Wagens. Wenn nun Mylady mit zum Hospital fahren würden…« »Zu einer Privatklinik, mein Guter!« Agatha Simpson schien in Fahrt zu geraten. »Hoffentlich werden wir unterwegs verfolgt, damit es endlich mal aufhört mit der ewigen Langeweile.« »Dafür kann man nie garantieren, Mylady, wenn auch schon davon auszugehen ist, daß unsere Gegner nicht ruhen noch rasten, um uns zu unseren Vorfahren zu versammeln.« * Die Untersuchung in der Privatklinik, durch den Chefarzt, den Lady Simpson persönlich kannte, ergab sich, daß Sue Plumb mit Morphin betäubt worden war. »Geben Sie ihr das beste Einzelzimmer der Ersten Klasse«, verfügte Agatha Simpson. »Lassen Sie niemand zu ihr, außer ihrem Oberarzt und einer Schwester ihres Vertrauens. Man trachtet nicht nur Lady Sue, sondern auch mir nach dem Leben, und zwar pausenlos. Mir macht das naturgemäß nichts aus. Ich bin es gewohnt, daß auf mich geschossen wird. Aber dieses arme Kind kann keinen Stoß vertragen.« Als sie die kleine Klinik verlassen hatten, setzte Butler Parker den Kurs auf das Hotel, in dem Kathy Porter und Mike Rander Zimmer genommen hatten. Der chromblitzende Buick des Gangsterbosses Cory Condi stand wieder davor. Im Foyer des Hotels saß in einem Sessel der Muskelberg Corky Oleson. Sein breitflächiges Gesicht mit der plattgehauenen Nase und den Blumenkohlohren färbte sich dunkel, sobald er Butler Parker erblickte. Er ballte die Fäuste, rührte sich aber nicht vom Fleck. Am Empfang stand Cory Condi ohne Begleitung und redete auf den Portier ein, ohne daß ein Wort zu verstehen war. Josuah Parker hütete sich davor, seine Herrin darauf hinzuweisen, daß sie in Condi einen hochkarätigen Gangster vor sich hatte. Sie beachtete
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den Mann auch gar nicht, sondern steuerte das Restaurant an. Kathy Porter und Mike Rander saßen in einer Nische und hatten Papiere vor sich ausgebreitet. Beide erhoben sich und begrüßten die Detektivin geradezu ehrerbietig. Sie dankte es mit majestätischer Würde. »Mein Lieber«, wandte sie sich an Mike Rander, »von allen werden ungeklärte Fragen an mich herangetragen. Natürlich hätte ich sie längst beantwortet, wenn ich nicht durch meine schriftstellerische Arbeit so in Anspruch genommen wäre.« Seit Jahr und Tag bereitete Agatha Simpson ein literarisches Meisterwerk vor, das nicht nur Agatha Christie in den Schatten stellen sollte. Leider war sie aber noch nicht über den Anfang hinausgekommen. Aber niemand aus ihrem näheren Umkreis widersprach, wenn sie wieder mal von ihrer Schriftstellerei berichtete. »Gewiß, Mylady«, entgegnete Mike Rander. »Es ist erstaunlich, mit welcher Geistesschärfe Sie Fälle wie den im Moment zu lösen imstande sind. Was wären wir alle ohne Mylady!« »Nicht wahr«, nickte sie geschmeichelt. »Stellen Sie sich vor, der arme Lord Lowell, Lady Pembrokes leiblicher Bruder, weilt nicht mehr unter uns.« »Nein«, fuhr Rander auf. »Ich denke, er hat das Attentat gut und unbeschadet überstanden?« »Zuerst hat er zuviel Whisky und dann zuviel Wasser getrunken. Meine Freundin Mary-Ann gibt dem Alkoholmißbrauch die Schuld. Mister Parker, wie ist meine Meinung zu der Angelegenheit? Ich habe wieder mal zuviel im Kopf, so daß ich mich nicht um alles kümmern kann.« Der Butler deutete eine gemessene Verbeugung an. In seinem wie immer glatten Gesicht regte sich kein Muskel. »Mylady«, sagte er, »haben die kühne Schlußfolgerung gezogen, daß es sich nicht nur um den Tod des Ertrinkens handeln könnte, sondern möglicherweise um die Vollendung des Mordanschlages, der bei dem Attentat mißlungen war.« Mike Rander nickte. »Das hätte viel für und wenig gegen sich.« »Schrecklich«, sagte Agatha Simpson und erschauerte. »Ein Mord in meiner unmittelbaren Nähe! Wobei ich meiner Sache absolut sicher bin, daß diese Kerle auch mich im Visier haben und bisher nur noch nicht den Mut hatten, zur Tat zu schreiten.« »Es wäre besser«, schaltete sich Kathy Porter fürsorglich ein,
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»wenn Sie sich aus der Schußlinie halten würden, Mylady.« »Mein liebes Kind«, wurde sie belehrt, »es ist mein Schicksal, daß ich zweifelhafte Subjekte anziehe wie das Licht die Motten, und seinem Schicksal soll man und kann man nicht entfliehen. Mister Parker, welchen Verdacht habe ich doch geäußert?« »Mylady meinten, es könnte sich um ein Manöver eines Erbberechtigten handeln, der nicht schnell genug an Lady Pembrokes Geld kommen kann.« »Ach«, staunte Mike Rander, »ein sehr interessanter Aspekt. Wodurch ist er zu erhärten?« »Durch die Tatsache«, fügte der Butler hinzu, »daß alle Erbberechtigten arme Kirchenmäuse sind. Wenn einer von ihnen, so meinte Mylady, genug kriminelle Energie aufbringt, um nicht nur Lady Pembroke zu ihren Ahnen zu versammeln, sondern auch die Miterben außer Kurs zu setzen, haben wir ein Motiv und auch den Täter.« »Ich habe das wieder mal glasklar durchdacht, nicht wahr?« sagte die Detektivin stolz. »Mit einer solchen Beweisführung könnte jeder Anwalt vor jedem Gericht glänzen.« »Sie sagen es, Mylady«, nickte Mike Rander. »Ich hätte eine solch geniale Schlußfolgerung nie für möglich gehalten.« Agatha Simpsons Augen glänzten, als sie den Butler anschauten. »Aber«, meinte sie in leicht fragendem Ton, »wem traue ich denn nun eigentlich so eine Häßlichkeit zu wie diese komischen Nägel auf der Straße?« »Selbstverständlich einem Handlanger, Mylady.« Butler Parker beugte sich zum Ohr seiner Herrin und raunte: »Wenn Mylady ihre Blicke in Richtung Bar bemühen würden? Dort sitzt ein Gentleman, der das nicht ist, sondern ein hochkarätiges Mitglied der Mafia. Mylady haben sich völlig zu. Recht schon die Frage vorgelegt, was dieser Gentleman in einer Stadt wie Meredith zu tun haben könnte.« »Oh!« Die Lady rollte die Augen. Das war ein Zeichen erwachender Kampfeslust. »Ich habe ihn natürlich sofort durchschaut mit seinen finsteren Machenschaften. Er hat also die Teppichnägel gestreut.« »Streuen lassen, Mylady«, korrigierte Parker. »Ein solcher Mensch macht sich nie selbst die Finger schmutzig.« »Wie wahr! Aber ich werde mir jetzt die Finger an ihm beschmutzen und ihm den Whisky in den Rachen stoßen.«
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Butler Parker sah Schwierigkeiten heraufziehen und beschwichtigte: »Halten Mylady das für einen klugen Schachzug? Mylady sind doch immer der Meinung, daß man so lange wie möglich mit verhangenem Visier kämpfen sollte. Meine Wenigkeit hat von Mylady gelernt, daß man nie zu früh die Karten offen legen sollte.« »Das ist in der Tat mein Prinzip. Ich habe es im Eifer des Gefechtes momentan nicht gegenwärtig gehabt. Wie heißt dieser Gentleman, der keiner ist?« »Cory Condi«, erwiderte Mike Rander, der der Unterhaltung ebenso belustigt gefolgt war wie Kathy Porter. »Übrigens haben meine Nachforschungen ergeben, daß Anthony Plumb erhebliche Spielschulden bei Condis Buchmachern hat.« »Ah, das bringt uns der Lösung näher«, ereiferte sich Lady Simpson. »Diesem angeheirateten Plumb habe ich nie getraut. Aber warum will er seine eigene Frau zuerst aus diesem Jammertal erlösen?« »Um eine falsche Fährte zu legen?« riet Kathy Porter. »Das ist es, Kindchen«, triumphierte Lady Agatha. »Aber um mich hereinzulegen, muß man sehr früh aufstehen. Ich wette, Anthony Plumb ist der Kopf hinter den Kulissen. Zusammen mit diesem Arondi.« »Condi«, verbesserte der Butler nachsichtig. »Sag ich doch. Wir sollten aufbrechen und den Gangstern das Handwerk legen. Ich fühle mich jetzt so recht in Form.« Zum Aufbruch kam es indes noch nicht. Vom Foyer her betrat der Gorilla das Restaurant, den Butler Parker abends zuvor vermittels einer winzigen Injektion ins Land süßer Träume geschickt hatte. Corky Oleson hieß der Hüne, der sich langsam umschaute und dann den Butler ins Auge faßte. Alles geschah bei diesem bärenstarken Mann ziemlich langsam, vor allem wohl das Denken. Falls sein Hirn überhaupt geeignet war, kompliziertere Vorgänge zu erfassen und zu verarbeiten. Breitbeinig und mit wuchtigen Schritten kam er näher, diesmal offensichtlich gewillt, seinen starken Fäusten Geltung zu verschaffen und den Gegner – Butler Parker – zu Mus zu verarbeiten. Josuah Parker versenkte die linke Hand verstohlen in eine seiner zahlreichen Westentaschen und ertastete wieder eine Nadel, deren Spitze mit einer Kappe abgeschirmt war. Er schnippte die Kappe mit Daumen und Zeigefinger ab und hielt die Nadel spritz-
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bereit, als Corky Oleson ihn erreichte. Die Pranke des Mannes fiel auf Parkers rechte Schulter. »Du hast mich gestern zum Affen gemacht, du kleiner Stinker!« dröhnte das heisere Organ des Riesen. »Dafür bin ich dir was schuldig.« »Aber, Mister Oleson, Sie pflegen eine Sprache, die zu verurteilen ist! Meine Wenigkeit verteilt Denkzettel stets gratis und franco«, erwiderte der Butler. »Das ist ein Prinzip bei mir.« An Oleson vorbei sah Butler Parker, daß Condi an der Bar sich vorsichtig so gedreht hatte, daß ihm nichts von der Szene entging. Ihm konnte geholfen werden. Oleson schien nachzudenken, allerdings ohne Erfolg. »Ich mache dich jetzt so klein mit Hut«, deutete er zwischen Daumen und Zeigefinger an. »Wenn du vorher noch beten willst…« »Gebete erledigt man ohne die beklagenswerte Anwesenheit eines Menschen, der Ihnen nacheifert. Ist Ihnen schon mal aufgefallen, Mister Oleson, daß Sie einen sehr großen Mund haben? Und den nehmen Sie, mit Verlaub, auch noch sehr voll.« Oleson grunzte wie ein Bär vor dem Angriff. Er holte mit der rechten Faust aus und zielte nach Parkers Kinn. Aber Josuah Parker konnte unglaublich schnell sein, wenn es darum ging, Schläge zu vermeiden. Er nahm nicht nur den Kopf, sondern auch den Oberkörper beiseite. Oleson wurde von der Wucht seines Schlages bis weit über den Tisch getragen. Er bot der Nadel in Parkers linker Hand beliebig viel Angriffsflächen. Diesmal zielte der Butler auf die pralle Kehrseite des Hünen. Er stach ziemlich tief. Da es sich bei dem Inhalt der Injektionsspritze um einen Stoff handelte, der sich über feinste Äderchen sofort verteilte, trat die Wirkung schnellstens ein. Noch aber war es nicht soweit. Der Catcher wollte sich wieder aufrichten, hatte jedoch die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Lady Simpson holte mit ihrem perlenbestickten Pompadour aus, in dem sich wohlverpackt der Glücksbringer befand – das Hufeisen. Sie schwang das Täschchen hoch und ließ es über Olesons Schädel wippen. Normalerweise konnte ein solcher Schlag, geführt von Lady Simpsons Arm, einen Gegner auf die Bretter legen. Nicht so Corky Oleson. Er schüttelte den Kopf und betrachtete Agatha Simpson aus höchst verwunderten Augen.
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»Sie«, grunzte er, »das war mehr als ein Wespenstich. Soll ich Ihnen auch die Perücke massieren?« Josuah Parker hatte inzwischen seinen Sitzplatz verlassen und sich zwei Schritte entfernt aufgebaut. Mit lässig hängenden Armen stand er da. Natürlich hatte er die leere Injektionsspritze längst wieder in einer Westentasche untergebracht. »Mister Oleson«, sagte er mit seiner freundlichsten Stimme, »wir sollten uns über alle Differenzen unterhalten, die eventuell zwischen uns bestehen könnten.« Sehr langsam wandte der Catcher den zottigen Schädel. Er ballte wieder die Fäuste und trottete auf Parker zu. Lady Simpson wollte sich von hinten an ihn heranmachen und ihm noch einen Schlag mit dem Glücksbringer versetzen, doch dann unterließ sie es. Der Catcher begann nämlich eine Melodie zu summen, wobei ein ganz eigentümliches Lächeln seine wulstigen Lippen umspielte. Er griff einen Stuhl und setzte sich. Sekunden später schien er nur noch der Ruhe zu pflegen… * Im Schloß herrschte trotz aller Aufregung eine erstaunliche Ruhe, sozusagen Friedhofsruhe. Lady Pembroke trug schwarz, denn sie trauerte nicht nur um ihren Bruder, sondern auch um den schönen Rolls-Royce, der durch die Bombe den Geist aufgegeben hatte. Auch das Personal und die Gäste trugen schwarz, abgesehen von Superintendent McWarden, der sich im gewohnten Glencheck-Anzug präsentierte. Inzwischen hatte er Vernehmungen durchgeführt, aber nichts herausgefunden. Auch nicht über das spurlose Verschwinden der Lady Sue Plumb. Es müsse befürchtet werden, sagte er zu Lady Simpson, als sie mit Butler Parker ins Schloß zurückkehrte, daß ihr etwas zugestoßen sei. Agatha Simpson hielt es nicht für nötig, ihn aufzuklären. Vielleicht hatte sie auch schon aus ihrem Gedächtnis verdrängt, daß sie selbst mit Butler Parker die fragliche Person in Sicherheit gebracht hatte. »Meine Liebe«, sagte sie zu Mary-Ann Pembroke, »ich muß dringend der Ruhe pflegen. Dieser Fall hält mich über Gebühr in
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Atem.« »Davon merke ich wenig«, meinte die Schloßherrin leicht mürrisch. »Dein Butler hat meinen schönen Rolls-Royce ruiniert, und meinen überaus geliebten Bruder konnte er auch nur tot entdecken. Ich nehme das persönlich übel.« Josuah Parker enthielt sich in vornehmer Zurückhaltung eines Kommentars. Er war schon öfter verkannt worden. Er folgte seiner Herrin ins Obergeschoß und bis vor ihre Zimmertür. Sie schaute ihn strafend an. »Mister Parker, verfolgen Sie mich bitte nicht auf Schritt und Tritt. Ich gedenke zu meditieren.« »Gewiß, Mylady. Mit Ihrer Erlaubnis, Mylady, möchte ich zuerst einen Blick in Ihr Zimmer werfen. Die Subjekte, mit denen wir zu tun haben, könnten einen Anschlag auf Mylady verüben wollen.« »Darauf warte ich schon mit Inbrunst, Mister Parker. Man möge kommen, man wird mich gewappnet finden.« »Mit Verlaub, Mylady, gegen ein heimtückisches Gift könnte Hilfe zu spät kommen. Würden Mylady die große Güte haben und einen Schritt zur Seite treten?« Parkers große Höflichkeit bewog Agatha Simpson, ohne Widerrede beiseite zu treten. Der Butler öffnete, ebenfalls seitlich neben der Tür stehend, die Klinke mit dem Griff seines UniversalRegenschirmes. Er schob die Tür schnell so weit wie möglich auf… … und in der nächsten Sekunde kam ein gefiederter Pfeil geflogen, abgefeuert von einer Armbrust, und zwar mit so beträchtlicher Schußgewalt, daß jede eintretende Person mit Sicherheit durchbohrt worden wäre. Agatha Simpson war weit davon entfernt, entsetzt oder gar schockiert zu sein. Sie schüttelte lediglich ihr Haupt, spazierte durch die nun harmlose Tür in ihr Zimmer und betrachtete die Armbrust. Sie war auf zwei Sesseln arretiert. Der Schuß war ausgelöst worden durch eine Nylonschnur, die mit der Tür verbunden war. Eine einfache, aber sinnreiche Konstruktion. Nur war die Detektivin weit davon entfernt, in Lobeshymnen für ihren Butler auszubrechen. Sie nickte ihm lediglich gnädig zu. »Sie sehen, Mister Parker, daß meine angeborene Vorsicht wieder mal recht behalten hat. Sie wären natürlich sehenden Auges in Ihr Unglück marschiert.« »Es läßt sich nicht leugnen, Mylady. Die größere Geistesschärfe ist nun mal auf Ihrer Seite. Erlauben, Mylady, daß meine Wenig-
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keit sich zurückzieht?« »Sie würden mich nur in meiner Meditation stören. Ich habe darüber nachzudenken, wer für die Falle verantwortlich ist. Habe ich etwa schon eine Idee, Mister Parker?« »Mylady haben so viele Ideen, daß sie jetzt erst mal vorsortiert werden müssen.« »Ach ja. Darum meine Meditation.« Josuah Parker empfahl sich. Er schloß behutsam die Zimmertür, schaute sich auf dem Flur um und faßte den Entschluß, alle Zimmer zu überprüfen. Es konnte ja sein, daß es noch mehr solch tückischer Fallen gab. * Die Suite von Lady Sue und Lord Anthony Plumb lag gleich nebenan. Die Tür war abgesperrt, doch widerstand sie Parkers Spezialbesteck nur ein bis drei Sekunden. Wieder stieß der Butler die Tür mit der Krücke des Schirmes auf. Doch nichts geschah. Er spazierte in das Zimmer und sah auf Anthony Plumbs Nachttisch eine vollautomatische Pistole liegen, ein besonders feines Stück mit eingelegtem Elfenbein in den Griffschalen. Mit spitzen Fingern nahm Josuah Parker die Waffe auf und betrachtete sie. Ein volles Magazin steckte in der Kammer, eine Patrone im Lauf. Anthony Plumb jedenfalls war gewappnet, um allen Fährnissen des Lebens zu begegnen. Der Butler schloß die Tür sorgfältig wieder ab, ehe er sich in sein Zimmer begab, natürlich unter allen nötigen Vorsichtsmaßregeln. Aber die heimtückischen Gegner hatten keine tödliche Falle mit der Tür gekoppelt. Ein Warnsignal schlug in Parker an. Er traute dem Frieden nicht. Mitten in der Tür blieb er stehen und überschaute mit Argusaugen das karg möblierte Zimmer. Die Klapperschlange im Schrank fiel ihm ein, die er noch in einem Zoo abliefern wollte. Ein schäbiger Teppich breitete sich vor der Tür durch das halbe Zimmer aus. Die Sonne fiel schräg durch das hohe Fenster und reflektierte auf einem glänzenden Faden, der dicht über dem Teppich gespannt war und vom Tischbein bis zum Schrank verlief. Josuah Parker pfiff eine leise Melodie, schloß die Tür hinter sich,
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zog seine Gabelschleuder und legte eine Tonmurmel ein. Er zielte sorgfältig auf die dünne Perlonschnur und traf sie auf Anhieb. Es gab einen schwirrenden Ton, eine Schranktür flog auf, und das dahinter fest installierte Schrotgewehr entlud sich mit wahrem Donnerknall. Bestimmt erschrak die Klapperschlange sich zu Tode. Butler Parker näherte sich vorsichtig dem Schrank von der Seite her, aber er enthielt keine weiteren Überraschungen. Dennoch ließ sich nicht leugnen, daß der oder die Gangster eine genau ausgetüftelte Konstruktion angebracht hatten, ein geradezu teuflisches Todesinstrument. Auf dem Flur wurde es gleich danach lebendig. Agatha Simpsons durchdringendes Organ ließ sich zuerst vernehmen. »Mister Parker, haben Sie einen Gangster erschossen?« Dann rief Superintendent McWarden: »Woher kam der Schuß? Wer ist getroffen worden?« Josuah Parker öffnete seine Zimmertür, legte den Schirm in die linke Armbeuge und sagte würdevoll: »Mylady, Sir, es ist nicht der Rede wert. Ein Schrotgewehr hat im Zimmer einige Verwüstungen angerichtet und kostbare alte Möbel durchsiebt. Meine Wenigkeit erfreut sich jedoch bester Gesundheit.« McWarden kam schnaufend die Treppe herauf, gefolgt von Inspektor Robert Simmons und dem Konstabier. Agatha Simpson schüttelte strafend das Haupt. »Aber Mister Parker, dieser Lärm ist ungehörig. Lassen Sie sich das gesagt sein. Ich wollte gerade anfangen zu meditieren.« »Pardon, Mylady, meine Wenigkeit wird sich bemühen, es nicht wieder vorkommen zu lassen«, entgegnete Parker. McWarden inspizierte mit seinen Untergebenen die tödliche Falle und auch die Klapperschlange, die in ihrem Karton friedlich zusammengeringelt schlief. Josuah Parker wies auch auf die Falle in Lady Simpsons Zimmer hin, nicht aber auf die geladene Pistole Anthony Plumbs. Er verließ sein Zimmer auf leisen Sohlen, begab sich die Treppe hinab, fand die Halle leer und die angrenzende Bibliothek auch. Eine Weile verharrte er vor der Stelle in der Bücherwand, an der die Bar ausgefahren werden konnte. Er lauschte, doch in dem Geheimgang daneben und dahinter regte sich nichts. Dann fuhr er die Bar aus und gleich darauf den Zugang zum unterirdischen Gewölbe. Er trat ein und erschauerte unwillkürlich,
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denn ein modrig-kalter Lufthauch schwappte ihm entgegen. Er knipste die Bleistiftlampe mit dem scharfen Blendstrahl an – und leuchtete auf Lord Preston Pembroke, der auf der fünften Stufe von oben lag und sich nicht regte. Er hatte die Augen geschlossen, ein Arm hing schlaff auf der nächsten Stufe, und es hatte ganz den Anschein, als hätte er das irdische Jammertal verlassen. * Lord Preston Pembrokes Puls tickte noch, aber er war nur an der Aorta zu ertasten. Das Licht der Bleistiftlampe enthüllte eine dunkle Beule an der linken Schläfe. Parker hob ein Augenlid an und fand, wie er befürchtet hatte, die Pupille vergrößert. Jemand hatte den jungen Lord mit einer Spritze traktiert… genau so wie Lady Sue Plumb. Akute Lebensgefahr schien jedoch nicht zu bestehen. Josuah Parker entschied sich dafür, zunächst die Treppe zu inspizieren und ihr bis zum Fuß zu folgen. Die Stufen waren ungleich behauen und ohne Mörtel aneinandergesetzt. Saubere Steinmetzarbeit. Nach etwa dreißig Stufen befand sich rechter Hand eine verrostete Eisentür mit altertümlichem Schloß. Parker ging daran vorbei und weiter die Stufen hinunter. Auch an deren unterem Ende befand sich eine Eisentür, aber sie sah anders aus als von der Wasserfront des Schloßgrabens. Das Türschloß hielt Parkers Bemühungen nicht lange stand. Es war frisch geölt und intakt. Die schwere Tür schwang nach innen auf- und dahinter gab es noch eine zweite Eisentür, die mit Sicherheit jüngeren Datums war. Sie besaß kein Schloß wie die andere, sondern wurde von außen durch einen Sperriegel gehalten. Unter diesem Riegel befand sich eine Klappe, die durch ein Scharnier beweglich war. Butler Parker griff hindurch und erreichte mühelos das Vorhängeschloß draußen. Er öffnete es nicht, sondern schaute nur durch die Klappe auf den Schloßgraben. Er konnte das Boot schräg gegenüber am Anleger erkennen. Kein Mensch war weit und breit zu sehen. Parker schloß die Innentür wieder und kehrte zu jener Eisentür zurück, die rechts abzweigte. Auch ihr Schloß war nicht nur frisch
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geölt, sondern sogar neu eingesetzt worden. Jemand hatte sich sehr intensiv mit den Geheimnissen des alten Schlosses befaßt. Hinter der Tür öffnete sich ein niedriger Felsengang, in dem der Butler gerade aufrecht gehen konnte. Er folgte ihm im Licht seiner Bleistiftlampe, bis er vor einer weiteren Eisentür endete. Sie schwang, als Parker sie geöffnet hatte, nach innen auf. Dahinter befand sich ein Regal mit Weinflaschen, das sich auf Rollen zur Seite schieben ließ. Josuah Parker überlegte nicht lange, sondern schleppte Lord Preston Pembroke auf seinem breiten Rücken in den Weinkeller. Von dort gab es einen direkten Zugang zum Wirtschaftstrakt des Schlosses. Als er vorsichtig in die Küche schaute, hielt sich dort nur Butler James auf. Er polierte Silber. In dem Mann fand Josuah Parker die Hilfe, die er brauchte, um Preston Pembroke in sein hochbeiniges Monstrum zu verfrachten, das er seitlich an das Schloß heranfuhr und neben dem Küchenausgang parkte. Butler James versprach hoch und heilig, zu keinem Menschen zu sprechen und das Geheimnis zu wahren. * Preston Pembroke war mit einer karierten Reisedecke bedeckt, als der Butler das Schloß verließ. Das hochbeinige Monstrum, ehemals ein Londoner Taxi, tuckerte ohne Eile dahin, und Parker erfreute sich wieder mal an der schönen Parklandschaft rings um das Schloß. Er bemerkte sogar ein Rudel von Rehen, das am Waldrand äste. Wahrscheinlich waren die Tiere deshalb so zutraulich, weil Lady Pembroke in ihrem Revier ein Schießverbot erlassen hatte. Als er einen Hohlweg passierte, sah Parker darin einen Wagen stehen. Er erhaschte einen Blick darauf, dann war er schon vorbei. Es kam ihm so vor, als handele es sich um ein schrottreifes Fahrzeug mit überdimensionaler Rammstoßstange. Er dachte sich gleich etwas dabei, denn soviel er wußte, gehörte der Wald mit dem Hohlweg noch zu Lady Pembrokes Besitz. Knapp zwei Minuten später hatte er den Wagen im Rückspiegel. Er sah gemeingefährlich aus. Die untere Stoßstange war gut und gern zehn Zoll breit und wirkte massiv. An ihr festgeschweißt war
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eine zweite, nicht ganz so breite Stoßstange, die in halber Höhe vor dem Kühler stand. Ähnliche Fahrzeuge hatte Josuah Parker schon bei zirkusähnlichen Veranstaltungen gesehen, wenn es den Fahrern darum ging, die Gegner von der Piste zu drängen und selbst als einzige übrig zu bleiben. Bei diesen Crash-Vergnügen gab es am Ende nur Schrotthaufen. Josuah Parker behielt den Verfolger im Rückspiegel im Auge und setzte sein gemächliches Tempo fort. Er sah, aus einer Kurve kommend, wie der Verfolger beschleunigte und sich an seine rechte Seite drängen wollte. Parker schaltete herunter und gab dem Rennmotor unter der Haube die Sporen. Sein hochbeiniges Monstrum tat genau in diesem Augenblick einen Satz nach vorn, als der Fahrer hinter ihm seiner Schrottkarre einen heftigen Drall nach links gab. In seiner Absicht lag es, Parkers schönes Auto möglichst nicht nur mit Beulen zu verunzieren, sondern es in den neben der Straße fließenden Bach zu befördern. Josuah Parker hatte eine Menge dagegen einzuwenden. Er merkte, daß auch sein Gegner nicht gerade untermotorisiert war. Unmittelbar hinter dem Heck seines hochbeinigen Monstrums vollführte die Schrottkarre einen heftigen Schlenker, verlor aber nicht die Bodenhaftung. Gleich darauf heftete er sich wieder an Parkers Fersen. Die Straße blieb unübersichtlich. Es folgten einige scharfe Kurven. Hinter einer von ihnen lag ein idyllischer kleiner See, auf dem sich gewöhnlich hübsche Krickenten tummelten. Diesen See bezog Butler Parker gleich in seine strategischen Überlegungen ein. Er ließ den Gegner wieder auf Griffnähe herankommen, beschleunigte diesmal stärker und drückte unmittelbar vor der letzten Kurve vor dem See auf einen Knopf unterhalb des Armaturenbrettes. Dieser Knopf löste einen sinnreichen Mechanismus aus, denn hinten unmittelbar neben dem Auspuff befand sich ein zweites Rohr, das der Butler selten benutzte. Es war sozusagen seine stille Reserve für besondere Fälle. Ein solcher Fall schien ihm jetzt vorzuliegen, denn er hing sehr an seinem alten Automobil und hätte es ungern um einen Baum gewickelt. Er betätigte also den bewußten Knopf, und aus dem Rohr quoll hinten eine wabernde Wolke, die mit dem Begriff Nebel
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nur unzureichend beschrieben werden konnte. Dieser Nebel hatte nämlich eine dunkelrote Färbung und die Eigenschaft, sich schnell über die ganze Straße auszudehnen und nach oben zu wölken. So ließ es sich nicht vermeiden, daß der Verfolger urplötzlich im Finstern stand. Er hatte aufgeholt bis auf Handtuchbreite und beschleunigte in diesem Augenblick immer noch. Auch der Butler beschleunigte heftig und zog den Wagen, sobald er die Kurve übersehen konnte, scharf von links nach rechts und gleich wieder zurück. So kam es, daß die ganze Straße in blutroten Nebel getaucht war. Die Kurve war sehr scharf eine sogenannte Hundekurve, die nach hinten hin immer enger wurde. Parker durchfuhr sie mit full speed und bremste erst, als die Gerade neben dem schönen kleinen See vor ihm lag. In der Ferne konnte er schon die Türme von Meredith sehen. Hinter ihm klatschte es laut. Natürlich hatte Josuah Parker die Nebelzufuhr längst gedrosselt. Er fuhr scharf links an den Straßenrand, nahm den Universal-Regenschirm vom Beifahrersitz, stieg aus und hängte ihn über ‘ den linken Unterarm. Sein selbstgefertigter roter Nebel war geräusch- und geschmacklos. Er hatte eben nur Nebeleigenschaften, indem er die Sicht versperrte. Auf dem See breiteten sich hübsche, ringförmige Wellen aus. In ihrer Mitte schwamm, etwa fünf Yards vom Ufer entfernt, die Schrottkarre mit der Rammstoßstange. Aus ihrem Seitenfenster blickte niemand anders als Dudley Stitches. Parker erkannte das Wieselgesicht, obwohl der kleine Mann sich mit einer riesigen Autobrille und einem Sturzhelm maskiert hatte. »Das Wasser ist heute sehr naß, Mister Stitche«, verkündete Josuah Parker. »Meine Wenigkeit erlaubt sich zu hoffen, daß Sie mit Erfolg einen Schwimmkurs absolviert haben. Man kann Ihnen leider nicht behilflich sein, denn es besteht eine Allergie gegen zu kühles Wasser. Gewöhnlich zieht das einen Schnupfen nach sich.« »Fahr zur Hölle!« kreischte Dudley Stitches. »Nach Ihnen, Sir. Kann man noch etwas für Sie tun? Möglicherweise die Feuerwehr alarmieren? Allerdings werden Sie für die Kosten aufkommen müssen. So streng sind hier die Bräuche.« Das Wasser gluckerte. Noch schwamm der Schrottwagen auf einer Luftblase, aber sachte sank er immer tiefer. Dudley Stitches sah ein, daß er dort nicht überwintern konnte. So verließ er die ungastliche Stätte seines Autos und begann mit
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emsigen Schwimmstößen, die ihn auch schnell ans rettende Ufer brachten. Dort blieb er mit keuchendem Atem liegen und starrte den Butler haßerfüllt an. Der nickte dem Gangster zu und sagte freundlich: »Der Krug geht so lange zu Wasser, bis er eines Tages ganz und gar entzwei bricht. Meine Wenigkeit ist nicht nachtragend, Mister Stitches, aber Sie könnten sich in Zukunft einiger Zurückhaltung befleißigen, sonst werden Sie sich in der Tat einen Schnupfen zuziehen. Bis zur Stadt sind es nur noch zwei Meilen. Wenn Sie schnell laufen, sind Sie bis dahin trocken… Wünsche gute Verrichtung!« Josuah Parker ging gemessenen Schrittes zu seinem Wagen, stieg ein und fuhr ohne Eile nach Meredith zur Privatklinik. * »Meine Wenigkeit«, sagte der Butler eine Stunde später zu Kathy Porter und Mike Rander, »meine Wenigkeit kommt sich vor wie eine Kreuzung aus barmherzigem Samariter und Transportarbeiter.« Mike Rander lachte nur kurz, dann wurde seine Miene wieder besorgt und umwölkte sich. »Ich befürchte das Schlimmste, Parker«, sagte er. »Es ist nur Ihrem guten Riecher zu verdanken, daß sowohl Lady Sue Plumb wie auch Lord Preston Pembroke vor einem schrecklichen Schicksal bewahrt werden konnten. Sehen Sie es nicht auch so, daß auch Lady Agatha jederzeit von dieser schönsten aller Welten in eine andere befördert werden kann, wie es ja schon oft versucht worden ist?« »Gewiß, Sir, möglich ist alles und unmöglich wenig auf dieser Welt. Allerdings möchte ich anmerken dürfen, daß Mylady sich wie immer groß in Form befindet und es ohne Übertreibung mit mehreren Gangstern oder fördern aufnehmen kann.« »Und Lady Pembroke?« warf Kathy Porter ein. Parker nickte. »Ich gebe Ihnen recht, Mylady ist in Lebensgefahr. Aus diesem Grund erwägt meine Wenigkeit eine besondere Maßnahme, die allerdings ein wenig außerhalb der Legalität ist.« »Was bitte haben Sie vor?« wollte Mike Rander wissen. »Meine Wenigkeit versucht logische Schlüsse zu ziehen. Offenbar ist es doch so, daß alle Erbberechtigten und die Erbtante außer Kurs gesetzt werden sollen.«
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»Nicht alle«, widersprach Kathy Porter. »Einer will ja erben, folglich muß er überleben.« »Und folglich«, warf Mike Rander ein, »brauchen wir nur zu warten, bis alle bis auf den einen oder die eine tot sind.« Er lachte. »Natürlich meine ich das nicht ernst. Wer steht auf der Liste der Verdächtigen ganz oben, Parker?« »Meine Wenigkeit eignet sich schlecht zum Raten, Sir. Bei Pferdewetten liegt man leider meist falsch, aber ich tippe auf Lord Anthony Plumb.« »Sehr richtig«, nickte der Anwalt. »Ich habe nämlich in Erfahrung gebracht, daß Lady Sue Plumb die Scheidung betreibt. Und weiter steht fest, daß Anthony Plumb bei Cory Condi bis übers Dach verschuldet ist. Wettschulden.« Josuah Parker nickte. »Und da Condi sich hier aufzuhalten beliebt, kann man davon ausgehen, daß er – wie es im Volksmund heißt seine Finger bis zu den Ellbogen im Spiel hat. Er will sein Geld wiederhaben. Aber er bekommt es nur, wenn Anthony Plumb noch nicht geschieden ist – und wenn der Erbfall bald eintritt.« »Sehr logisch gedacht«, lobte Kathy Porter. »Cory Condi bezahlt die Killer. Ich frage mich nur, ob Anthony Plumb seine Frau und Preston Pembroke mit den Spritzen betäubt hat.« »Gut möglich«, meinte Mike Rander. »Er ist ein stabiler Mann mit sportgestählten Muskeln.« »Und es kann davon ausgegangen werden«, folgerte Butler Parker, »daß sowohl die Lady wie der Lord ein nasses Grab im Schloßgraben finden sollten. Wann will Lady Pembroke ihr Testament ändern, wenn meine Wenigkeit sich die Frage erlauben darf?« Rander zuckte die Achseln und trat ans Fenster der Suite, die er im Hotel bewohnte. »Sie ist eine sehr eigenwillige Lady, wie Sie selbst wissen, Parker. Aber Sie haben vorhin Ihren Faden verloren. Was haben Sie vor?« Josuah Parker setzte seine unschuldigste Miene auf. »Meine Wenigkeit trägt sich mit dem Gedanken, Lady Pembroke zu entführen, und zwar möglichst heute noch.« »Aha. Natürlich nur zu ihrem eigenen Schutz.« »Sie sagen es, Sir. Es ist so gut wie ausgeschlossen, Lady Pembroke in dem weitläufigen Schloß zuverlässig zu bewachen. Wie sich heute herausgestellt hat, gibt es verborgene unterirdische
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Gänge. Einen hat meine Wenigkeit entdeckt, aber das schließt nicht aus, daß es noch andere gibt.« »Und wohin wollen Sie die Lady verfrachten, Parker?« »Am besten in die Klinik. Man könnte so vorgehen, daß Lady Pembroke sich selbst als Opfer der Gangster sieht.« »In der Tat keine schlechte Idee«, pflichtete Kathy Porter bei. »Aber es wird nicht leicht werden.« »Bei Lady Pembroke gibt es nichts, was leicht zu bewerkstelligen wäre«, sagte Josuah Parker und sah in diesem Augenblick beinahe griesgrämig drein. »Mylady ist die schwierige Aufgabe zuteil geworden, ihre Freundin Lady Pembroke vor den Fährnissen dieses Lebens zu bewahren. Darin muß meine Wenigkeit sie nach Kräften unterstützen.« »Das ist gebongt«, nickte Mike Rander. »Brauchen Sie unsere Hilfe?« »Pardon, Sir, aber einem Anwalt stehen Maßnahmen außerhalb der Legalität nicht gut zu Gesicht. Es könnte auch das eine oder andere schief laufen. Das muß eine unbedeutende Figur wie die meine auf ihre Kappe nehmen.« »Vielleicht könnten Sie Pickett dabei gebrauchen.« »Er ist in London und kann nicht so schnell herbeizitiert werden. Man wird sehen, welche Gelegenheit sich bietet.« Butler Parker nahm seinen Universal-Regenschirm auf, hängte ihn über den linken Unterarm, schwenkte seine Melone und verabschiedete sich in wie immer ehrerbietiger Haltung. Er spazierte die Treppe vom ersten Stock des kleinen Hotels hinunter. Auf den letzten Stufen kam ihm niemand anders entgegen als der fein geschniegelte und gebügelte Mister Cory Condi. Allein. Butler Parker blieb auf der fünften Stufe von unten stehen und verneigte sich. »Wenn Sie erlauben, Sir, mein unwerter Name ist Parker.« Der Mafia-Boß maß ihn mit funkelndem Blick. »Und was soll das?« »Ist mir die Frage erlaubt, Sir, ob ich die Ehre habe mit dem sehr unwerten Mister Condi?« Das Gesicht des Gangsters füllte sich mit Röte. »Haben Sie unehrenhaft gesagt, Sie Kröte?« zischte er. »Mit Ihrer Erlaubnis, Sir, das hat sich meine Wenigkeit erlaubt. Oder finden Sie es etwa ehrenhaft, wenn Sie mit kriminellen Wetten den Leuten Geld aus der Tasche ziehen? Oder Rauschgift ins
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Land schmuggeln und es mit tausend Prozent Gewinn verkaufen? Ist es ehrenwert, wenn Sie Jugendliche infizieren? Mit Ihrer gütigen Erlaubnis, Sir – Sie sind das, was der Volksmund mit einem gewissen Borstentier bezeichnet!« Cory Condi hatte es wohl noch nie nötig gehabt, Dreckarbeit selbst zu erledigen. Dazu hatte er Kreaturen wie Corky Oleson oder Dudley Stitches. Aber jetzt platzte ihm der Kragen. Wahrscheinlich sah er, der stabil gebaut war und sicher Bodybuilding betrieb, in Butler Parker keinen ernstzunehmenden Gegner. Obwohl er zwei Stufen tiefer als Parker in strategisch ungünstiger Position war, ging er zum Angriff über. Er schwang seine Faust hoch, um sie in Parkers Magen zu versenken. Indessen wechselte der Butler den Schirm vom linken Unterarm in die rechte Hand. Dessen Krücke war mit Blei ausgegossen, und sie landete voll an Condis Kinn. Der Gangsterboß ging im Zeitlupentempo in die Knie, setzte die Hände auf die zweite Stufe darüber und schüttelte den Kopf wie ein Betrunkener vor dem Winterschlaf. Josuah Parker griff in eine seiner unergründlichen Taschen und zog eine Spritze hervor. Er fand die Gelegenheit äußerst günstig und setzte sie in Condis Kehrseite. Es handelte sich um ein harmloses Mittel, das den Betroffenen in einen tiefen Schlaf von mehreren Stunden Dauer versetzte. Die leere Spritze verschwand wieder in einer Westentasche. Der Butler spazierte an dem schlummernden Gangster vorbei, hängte den Schirm auf den linken Unterarm und begab sich an die Rezeption. Er tat, als sehe er Corky Oleson nicht, der sich hinter ihm in einem Sessel räkelte. »Pardon«, sagte er zum Portier, »man stört Sie höchst ungern, aber meiner Wenigkeit ist aufgefallen, daß es einem Ihrer Gäste auf der Treppe unwohl geworden ist. Ein momentaner Schwächeanfall, wie mir deucht.« Corky Oleson erhob sich, ließ die Gelenke knacken und bewegte sich auf leisen Sohlen hinter Butler Parker. Seine Pranke fuhr durch die Luft, um Parkers Schulter zu rammen – doch der wich elegant einen Schritt zur Seite. Olesons Pranke krachte auf die Kante der Rezeption. »Au!« schrie er. »Ist das Ihr Brötchengeber, der da auf der Treppe liegt und sich von den Strapazen ausruht?« fragte Parker harmlos.
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Oleson hörte gar nicht hin. »Diesmal machst du mich nicht wieder schwach, du Hundesohn!« knirschte er und schlenkerte seine Hand, ehe er sie zur Faust ballte, um sie in Richtung von Parkers Kinn auf die Reise zu schicken. Josuah Parkers Universal-Regenschirm tat wieder mal seine Schuldigkeit. Die Krücke voran, sauste er nach oben, fand bei Oleson keine Deckung vor und landete zielsicher am Kinn des Hünen. »Es tut mir unendlich leid«, sagte Parker mitfühlend. »Manche Menschen lernen nicht mal durch ihre Niederlagen.« Der Riese verdrehte die Augen und wollte sich mit einer Hand am Tisch der Rezeption festhalten, rutschte aber daran herunter und legte sich schlafen. »Er hat ein Glaskinn«, stellte Parker fest. »Das ist für einen Menschen, der sich mit Boxen und ähnlichen Dingen befaßt, sehr fatal. Meine Wenigkeit darf sich empfehlen.« Der Portier schaute auf den schlummernden Corky Oleson und dann hinüber zur Treppe. Cory Condi war einer von jenen Gästen, die lässig zehn Pfund Trinkgeld aus der Westentasche hinlegen. Ihn auf der Treppe schlafen zu lassen, widersprach den Prinzipien des Hauses. Corky Oleson bewegte vorsichtig den Schädel hin und her, stellte fest, daß er noch am Hals befestigt war, und beschloß sich zu erheben. Er schwankte noch ein wenig, erinnerte sich an den verwünschten Butler namens Parker und fluchte ingrimmig. Dann sah er die Beine seines Herrn und Meisters auf der Treppe liegen. Der Portier bemühte sich um den Schlafenden. Oleson tappte hinüber, lud sich seinen Gebieter über die Schulter und schleppte ihn die Treppe hinauf in seine Suite. * Plumb benahm sich beinahe hysterisch. Er schrie. Superintendent McWarden an, der sich noch immer im Schloß befand und jetzt als Gast Aufnahme gefunden hatte. Aber das änderte nichts an der Tatsache, daß zwei Erbberechtigte verschwunden waren. »Es ist unerhört«, sagte Mary-Ann Pembroke, »daß solches unter meinem Dach geschieht. Kann es nicht doch sein, daß Preston sich auf die Jagd begeben hat, trotz meines ausdrücklichen Ver-
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botes?« Butler James stand hinter ihr und sagte mit bedauerndem Kopf schütteln: »Das muß leider verneint werden, Mylady. Es handelt sich, wie es den Anschein hat, um eine sehr mysteriöse Sache.« Womit er zweifellos recht hatte. McWarden tischte eine Theorie auf, die der Wahrheit sehr nahe kam. »Mylady«, wandte er sich an die Schloßherrin, »gibt es möglicherweise Pläne und Grundrisse von Schloß Faraday, aus denen hervorgeht, ob geheime Gänge und Verliese existieren?« Lady Pembroke winkte unwirsch ab. »Larifari. Sie versuchen sich doch nur herauszureden, weil Sie nicht weiterwissen.« Agatha Simpson beschäftigte sich inzwischen schon intensiv mit der Vorspeise. Es gab nichts, was ihren Appetit verdarb. Sie schien völlig geistesabwesend zu sein und beteiligte sich kaum am Gespräch. Jetzt hingegen meinte sie, wobei sie Lord Plumb fixierte: »Ich könnte mir in einem Fall ein Ehedrama vorstellen. Anthony, wann sind Sie mit Ihrer Gattin zuletzt aneinander geraten?« Der Gefragte schnitt eine Grimasse, die Frage war ihm sichtlich peinlich. Er räusperte sich: »Ich will nicht leugnen, daß Sue und ich nicht immer einer Meinung waren… äh… sind. Aber das hat mit dem Verschwinden meiner Gattin absolut nichts zu tun. Ich bin untröstlich und begreife nicht, wie es dazu kommen konnte.« »In einem kleinen hübschen Hotel«, fuhr die Detektivin fort, »habe ich ein übel beleumdetes Subjekt gesehen, das innigen Kontakt zur Mafia unterhält oder gar ein Boß derselben ist. Sagt Ihnen der Name Bondi etwas, Anthony?« Wie fast immer, wurde die Lady auch jetzt von ihrem Gedächtnis im Stich gelassen. Butler Parker, der sich in ihrer Nähe befand, enthielt sich der Stimme. »Bondi?« rätselte Anthony Plumb und wischte eine Schweißperle von der Stirn. »Der Name ist mir noch nie begegnet.« »Lügen haben kurze Beine«, meinte Agatha Simpson. »Oder sind es Füße, Mister Parker?« »Beine, Mylady«, äußerte er respektvoll. »Ich würde gern wissen«, fuhr Parkers Herrin ungeniert fort, »wieviel Spielschulden Sie haben, Anthony. Sind es mehr als hunderttausend Pfund? Dieses Subjekt namens Zanki ist nämlich Buchmacher. Sagt Ihnen das noch immer nichts?« Mary-Ann Pembroke fuhr auf. »Wettschulden, Anthony? Ist das
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die Wahrheit? Mein seliger Mann hat nie auch nur einen Penny Schulden beim Wetten gemacht. Heraus mit der Sprache, Anthony!« Lord Plumb wand sich wie ein Regenwurm. »Nun ja«, gestand er, »ich hatte in den letzten Wochen ein bißchen Pech, aber es hält sich in Grenzen.« »In welchen Grenzen?« fragte Mary-Ann Pembroke erregt. »Mein gutes Geld ist mir zu schade, um es für Wettschulden zum Fenster hinauszuwerfen.« »Ich werde die Schulden selbst tilgen, liebe Tante.« »Wovon denn, mein Bester? Mir ist bekannt, daß du vor kurzem dein letztes Pferd verkaufen mußtest, nur um dich und Sue über Wasser zu halten. Das ist nun meine Verwandtschaft! Nicht zu glauben! Ich werde euch alle enterben!« Lord Anthony Plumb knüllte seine Serviette zusammen, warf sie auf den Tisch und stand auf, bevor er fast den eigenen Stuhl umstieß. »Der Appetit ist mir vergangen«, verkündete er. »Ich reise ab. Mir steht ohnehin nicht der Sinn danach, in diesem elenden Gemäuer das Leben zu verlieren wie Lord Lowell.« Mary-Ann Pembroke blickte ihm konsterniert nach. McWarden wiegte das Haupt, sagte aber nichts. Agatha Simpson hingegen ließ sich von Butler Parker noch etwas von der delikaten Vorspeise reichen – Krabben in Knoblauchsauce. Da es nicht ihr Geld kostete, schwelgte sie in Hochgenüssen. Der weitere Verlauf des Diners war in keiner Weise bemerkenswert. Lady Pembroke ließ kein gutes Haar an ihrer Verwandtschaft, obwohl es doch den Anschein hatte, als sei nicht nur ihr Bruder ums Leben gekommen, sondern auch Lady Sue Plumb und Lord Preston Pembroke. Nur die Nichte Pamela Redford nahm sie von der Kritik aus. Sie war aber auch ein überaus graziöses und liebes Wesen. Lord Matthew Bronk hielt sich bei Tisch mit seinem Liebesleben zurück. Da er in der Nachbarschaft zu Hause war, verabschiedete er sich gleich nach dem Diner, stieg auf sein Schlachtroß und ritt davon. »Ich würde ja zum Schutz Pamelas hierbleiben«, sagte er zu McWarden, »aber das wäre höchst unschicklich. Außerdem weist Miß Pamela mir rigoros die Tür.« »Hier herrschen Ehrbarkeit und Sitte!« ließ Mary-Ann Pembroke
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dazu vernehmen. »Gewiß, Mylady.« Lord Bronk verneigte sich tief, ehe er sich entfernte. * Um Mitternacht verließ Butler Parker seine Kemenate. Es war eine mondhelle Nacht, und durch die Fensternischen fiel gedämpftes Licht auf den weitläufigen Flur. Zwischen den Nischen standen die alten Rüstungen der Rittersleute. Die meisten waren höchst unbequem und nur unter tätiger Mithilfe von Bediensteten anzulegen. Eine jedoch hatte Butler Parker herausgefunden, die man sehr praktisch von hinten besteigen konnte, ohne hundert Schnallen festzuzurren. Da an diesem Flur die Zimmer der Ladys lagen, entschloß sich Parker, in die Rüstung zu klettern. Er machte dabei kaum mehr Geräusche als eine Maus in der Speisekammer, und er richtete sich auf längeres Warten ein – falls die Gegenseite in dieser Nacht überhaupt etwas unternahm. Wenn nicht, würde er binnen kurzem tätig werden und seine Pläne in die Tat umsetzen. Es mochte eine halbe Stunde vergangen sein, als auf den oberen Stufen der Treppe ein dunkler Schatten erschien. Die Person bewegte sich äußerst vorsichtig und leise, sie war in den Schatten der Nacht kaum wahrzunehmen. Vor Parkers Zimmer verhielt die Person, die ganz in Schwarz gekleidet zu sein schien. Sie hob ein Gefäß, das etwa wie ein Feuerlöschgerät aussah, an das Schlüsselloch der Tür. Gleich darauf war ein Zischen zu hören, das auf ausströmendes Gas schließen ließ. Nach mehreren Minuten war das Gefäß offenbar leer. Die Person setzte es in einer Fensternische ab und versuchte die Tür zu Parkers Zimmer zu öffnen. Natürlich war sie abgeschlossen. Der Gasmann hatte keinen Nachschlüssel zur Hand oder hielt es nicht der Mühe wert, nach seinem Opfer zu sehen. Er ging auf leisen Sohlen den Gang entlang, kam in Griffnähe an Parker vorbei und näherte sich der Tür, hinter der die Schloßherrin in ihrem Himmelbett schlief. Der Gasmann verhielt den Schritt und lauschte an der Tür, ging dann aber weiter und verharrte vor jenem Zimmer, das Superintendent McWarden bezogen hatte.
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Parker blieb stocksteif in seiner Rüstung stehen. Die Figur bei McWardens Tür war kaum auszumachen, dafür war aber ein leises, klickendes Geräusch zu hören. Offenbar öffnete die Person die Tür mit einem Nachschlüssel. Tatsächlich war sie gleich darauf verschwunden. Parker war nun doch besorgt, denn wenn McWarden das Opfer eines Mordanschlages wurde… Es dauerte höchstens drei Minuten, bis die Person wieder erschien. Nicht der geringste Laut war zu hören. Vor Agatha Simpsons Tür blieb der geheimnisvolle Täter diesmal stehen und hantierte am Schloß herum. Der Butler hielt es für richtig, aus der, Ritterrüstung zu klettern, denn wenn seiner Herrin ein Härchen gekrümmt wurde, sah es finster aus. Er wartete, bis die schwarzgekleidete Person die Zimmertür geöffnet hatte, dann huschte er auf lautlosen Sohlen hinüber. Er hielt seine Bleistiftlampe bereit, doch als er die Tür erreichte, flammte im Zimmer plötzlich das Licht auf. Josuah Parker wurde Zeuge, wie Agatha Simpson gleich einem Racheengel ihren Pompadour mit dem Glücksbringer darin hochschwang und auf den Schädel der Person niederkrachen ließ, deren Gesicht mit einer schwarzen Maske verhüllt war. »Dieser Mensch«, sagte die Detektivin, sobald sie ihren Butler erblickte, »erdreistet sich, ungebeten das Zimmer einer Lady zu betreten und das noch dazu mit einer Spritze in der Hand.« »Unglaublich, diese Verwilderung der Sitten, Mylady«, pflichtete ihr Parker bei. »Ist es erlaubt, einzutreten?« »Kommen Sie, Mister Parker. Was ist das für ein Individuum?« »Wenn Mylady gestatten, werde ich dem Subjekt die Larve vom Gesicht nehmen .« »Ich gestatte.« Aber offenbar hatte der Glücksbringer in Lady Simpsons Pompadour nicht richtig getroffen. Jedenfalls vollführte der maskierte Mann auf dem Fußboden eine halbe Rolle rückwärts, schnellte dann die Beine nach vorn und traf den überraschten Butler mit den Schuhsohlen in den Bauch. Parker flog rückwärts und landete weich in einem Sessel. Agatha Simpson holte zum zweitenmal mit ihrem Glücksbringer aus, doch da federte der nächtliche Besucher schon mit einem Satz empor und schoß die Tür hinaus. »Shocking«, sagte Agatha Simpson. »Mein Hufeisen ist auch
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nicht mehr, was es mal war. Und Sie lassen sich von diesem Individuum einfach niedertreten. Unglaublich!« »Meine Wenigkeit ist untröstlich, Mylady«, sagte Josuah Parker. Er betastete seinen Bauchraum und fand ihn noch an der gewohnten Stelle, nur leicht schmerzend. Als er auf den Flur leuchtete, war von dem Mann schon nichts mehr zu sehen. Sie hatten es mit einem cleveren Gegner zu tun. »Wer war der Kerl?« wollte die Detektivin wissen. Butler Parker zuckte die Achseln. »Die Figur erinnerte meine Wenigkeit an einen bestimmten Mann, aber die Bewegungen erschienen für diesen Menschen zu schnell, Mylady.« »Ich finde es jedenfalls unerhört von diesem Subjekt, daß es sich von mir niederschlagen läßt und dann trotzdem flieht. Natürlich ist er in mein Zimmer eingedrungen, um mich meuchlings zu ermorden.« »Das ist in der Tat auch meine Befürchtung, Mylady. Übrigens hat er auch Mister McWarden besucht. Wenn Mylady erlauben, werde ich nachschauen, ob der Superintendent unversehrt ist!« »Ich komme natürlich mit«, bestimmte Agatha Simpson resolut wie immer. Sie ging voran in McWardens Kemenate. Sie fanden den YardMann auf dem Teppich vor dem Bett liegend. Er war völlig angekleidet und hatte offenbar die Nacht auf Wache für Lady Pembroke verbringen wollen. Parker dachte sich, daß McWarden im Sessel eingeschlafen und von dem Täter überrascht worden war. Der Pieks der Betäubungsspritze hatte ihn wohl wach gemacht, doch das hatte ihm nichts mehr genutzt. Er hatte sich lediglich noch erheben und auf dem Teppich zusammenbrechen können. Der Butler hievte den gar nicht so leichten Mann ins Bett. Die Ärzte in der Klinik hatten festgestellt, daß der Täter ein relativ harmloses Betäubungsmittel verwandt hatten. Darum war McWarden nicht in akuter Lebensgefahr. Dennoch entschloß er sich, Dr. Prewitt anzurufen. Während er von der Halle im Erdgeschoß aus telefonierte, kam Pamela Redford die Treppe herunter. Sie trug Jeans und über einer karierten Hemdbluse einen schwarzen Pulli. Offenbar hatte Dr. Prewitt einen gesegneten Schlaf, denn er reagierte immer noch nicht auf das Wecken des Apparates. Vielleicht hatte er ihn auch nicht an seinem Nachtlager stehen.
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Josuah Parker bedeckte die Sprechmuschel mit der Hand und sagte zu Pamela: »Pardon, Madame, Sie sollten nicht in der Nacht durch das Schloß spazieren. Es könnte gefährlich werden.« Pamela Redford lachte. »Weil ich möglicherweise eine Erbin bin? Ich glaube das nicht, Mister Parker. Ich bin von den Geräuschen wach geworden und möchte mir etwas zu trinken holen.« »Wenn Sie erlauben, bringe ich Ihnen etwas auf Ihr Zimmer, Madam.« »Aber nein, Mister Parker, Sie müssen nicht für mich arbeiten. Lassen Sie sich nicht stören.« Sie ging weiter zum Wirtschaftstrakt, während Parker sich überlegte, ob er auflegen und ihr folgen sollte. Aber in diesem Moment meldete sich höchst ungnädig Dr. Prewitt: »Was gibt’s denn mitten in der Nacht?« »Verzeihen Sie vielmals die Störung, Doktor Prewitt«, sagte Parker. »Meine Wenigkeit ruft vom Schloß an. Mister McWarden ist etwas zugestoßen – man vermutet eine Spritze mit einem Betäubungsmittel.« »Hölle und Kanonenrohr!« schimpfte der Arzt. »Ausgerechnet dem Superintendenten ist das passiert? Das kann ich. mir nicht entgehen lassen. Ich komme sofort. Köstlich, das ist der Witz des Jahres!« »Meine Befürchtung, Mister Prewitt ist die, daß Mister McWarden dies nicht als Witz auffassen wird.« Aber Doc Prewitt lachte nur und legte auf. Josuah Parker hielt es für besser, daß er nach Pamela Redford schaute. Nach seiner Überlegung war sie wohl am wenigsten in Gefahr, doch er konnte sich irren. Als er die Küche erreichte, brannte zwar das Licht der Deckenlampe, aber von der jungen Frau war nichts zu sehen. Auf dem Tisch stand ein Glas, der Kühlschrank war leicht geöffnet, darauf eine Flasche Mineralwasser. Dann sah Butler Parker den Wattebausch gleich neben der Tür zum Vorratsraum. Er hob ihn auf und schnupperte daran. Er war zweifelsfrei mit Chloroform getränkt. Hatte der Muskelmann in den wenigen Augenblicken des Telefonats zugeschlagen? Josuah Parker verlor keine Sekunde, öffnete die Tür zum Vorratsraum, fand das Weinregal vorschriftsmäßig an seinem Platz und schob es vorsichtig beiseite. Die kaschierte Tür dahinter war
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abgeschlossen, doch sie widerstand seinen Bemühungen nur wenige Augenblicke. Wenn der Täter auf diesem Weg Pamela Redford entführt hatte, war sein Vorsprung vielleicht noch einzuholen. Der finstere Gang hinter der Tür schien leer zu sein. Einige Sekunden blieb Butler Parker reglos stehen und lauschte. Aber in der tiefen Stille gab es kein noch so winziges Geräusch. Doch! Da war etwas… Nicht lauter, als trippele eine Maus über das nackte Gestein des Felsenganges – irgendwo in der Finsternis. Josuah Parker riskierte es nicht, die Bleistiftlampe in Betrieb zu nehmen. Er tastete sich behutsam an der Wand des Ganges entlang, bis er die Eisentür vor der Treppe in die Tiefe erreichte. Sie war nur angelehnt, nicht abgeschlossen. Er öffnete sie und lauschte wieder. Unten am Ende der Treppe knirschte es leise. Dort drehte sich die Eisentür in den Angeln. Dann fiel ein fahler Lichtschein herein, als auch die zweite Tür sich bewegte. Der Butler zögerte nicht mehr und lief die Stufen hinab zum Schloßgraben. Dabei fiel ihm ein, daß er keine taugliche Waffe bei sich hatte, weder seinen Universal-Regenschirm noch die Gabelschleuder. Er hätte sich für diese Expedition besser ausrüsten sollen… Der Schlüssel knirschte in der Innentür und dann außen. Parker kam in jedem Fall zu spät, aber seine Neugier war nicht so leicht zu stillen. Er ließ die Bleistiftlampe kurz aufflammen und fand, wie zu erwarten, die letzten Stufen der Treppe vor sich leer. Das Schloß in der inneren Eisentür widerstand seinem Dietrich kaum mehr als zehn Sekunden. Ganz leicht und ohne Geräusch schwang er sie nach innen auf. Wieder dauerte es nur Sekunden, bis er den Schieber der Außentür geöffnet und das Vorhängeschloß ebenfalls entfernt hatte. Behutsam stieß er die Tür für zwei Handbreiten auf, gerade so weit, daß er hindurchblicken konnte. Das Boot, das vorhin noch am Anleger schräg gegenüber vertäut gelegen hatte, befand sich jetzt in der Mitte des Schloßgrabens. Der Mann mit der schwarzen Maske ruderte, ein anderer saß auf der rückwärtigen Bank und steuerte. Von Pamela Redford war nichts zu sehen, sie schien auf den Planken des Bootes zu liegen.
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Eine Wolke schob sich vor den blassen Mond und verdunkelte die Szene. Butler Parker bedauerte, daß er seine Gabelschleuder nicht dabei hatte, obwohl es bei der Dunkelheit schwer gewesen wäre, jemand zu treffen. Aber an den Ruderbewegungen des Maskenmannes glaubte er ihn deutlich zu erkennen. Am Anleger gegenüber wurde das Boot festgemacht. Der maskierte Mann hob die Last aus dem Boot – Pamela Redford! Der andere folgte ihm, und gleich darauf wurden sie von der Dunkelheit und den Büschen verschluckt. Josuah Parker schloß sorgfältig die beiden Eisentüren und kehrte in die Oberwelt zurück. * »Eine Entführung gewissermaßen vor meiner Nase und unter meinen Augen, unerhört!« plusterte sich Agatha Simpson auf. »Warum haben Sie mich nicht alarmiert, Mister Parker? Ich hätte die Gangster überwältigt und ihrer gerechten Strafe zugeführt.« »Mylady mögen meiner Wenigkeit verzeihen«, sagte Parker ehrerbietig. »In der Hitze des Gefechts ist es mir unterlaufen, daß ich diese einfache Regel übersehen habe.« »Nun gut, es ist nicht mehr zu ändern. Merken Sie es sich fürs nächste Mal, Mister Parker. Was wollte ich gerade sagen?« »Mylady wollten dem Gedanken Ausdruck geben, daß es sich bei dem nächtlichen Besucher um einen Bewohner des Schlosses handeln könnte.« »Sie sagen es! Habe ich vielleicht sogar eine bestimmte Person im Auge?« »Mylady haben sofort ein scharfes und sehr mißtrauisches Auge auf den sogenannten Kammerdiener Rod Bulgar geworfen. Dieser Mann versteht von seinem Beruf als Kammerdiener, wie Mylady gleich erkannt haben, mit Verlaub zu sagen, soviel wie die Kuh vom Eistanz.« »Natürlich ist mir das sofort aufgefallen. Und je mehr ich darüber nachdenke, um so größer ist die Ähnlichkeit des maskierten Mannes mit diesem Rudgol.« »Bulgar, Mylady, Bulgar.« »Das sage ich ja. Wir sollten ihn greifen uns in Ketten legen, oder besser noch, ihn in den Kerker des Schlosses werfen. Gibt es
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den überhaupt?« »Das entzieht sich der Kenntnis meiner Wenigkeit.« Das Gespräch fand in der Halle statt. Im Schloß schlief man noch, niemand hatte von den geheimnisvollen Vorgängen Kenntnis genommen. Agatha Simpson hatte sich von Butler Parker mit Sherry versorgen lassen und fand es mal wieder aufregend abenteuerlich. Draußen fuhr ein Wagen vor. Dr. Prewitt bemühte sich um äußerste Diskretion und machte so wenig Lärm wie möglich, als der Butler ihm öffnete. Prewitt schüttelte den Kopf. »Ein ausgewachsener Superintendent von Scotland Yard wird aufs Kreuz gelegt, köstlich, köstlich! Wenn ich das in meinem Bridge-Club erzähle, glaubt mir das kein Mensch. Wo finde ich den Patienten?« »Wenn Euer Ehren meiner Wenigkeit folgen würden?« Lady Agatha Simpson hob ihr volles Glas und prostete dem Arzt zu. »Sorgen Sie dafür, daß McWarden schnellstens wieder auf die Beine kommt. Er ist zwar nicht der geistreichste Kriminalist, aber meistens sehr amüsant. Für wen sollte ich wohl in Zukunft die Kriminalfälle lösen, wenn ihm etwas Menschliches zugestoßen sein sollte.« »Ich tue mein Bestes, Mylady«, versprach Dr. Prewitt. Josuah Parker geleitete ihn zu McWardens Zimmer. Der ChiefSuperintendent lag noch in gleicher Stellung. Dr. Prewitt untersuchte ihn gründlich und kam zu dem Schluß, daß eine Einweisung in die Klinik nicht nötig war. »Ich spritze ihm ein Mittel zur Kreislaufstützung«, sagte er. »McWarden wird allerdings bis tief in den Vormittag hinein schlafen. Es gibt kein direktes Gegenmittel gegen ein solche Betäubungsspritze, wie er sie bekommen hat.« Die Zimmertür öffnete sich. Herein schritt – angetan mit einem weit fallenden, geblümten Morgenrock über ihrem Nachtgewand – Lady Mary-Ann Pembroke. »Was geht hier in meinem Schloß vor?« gab sie in nicht gerade leisem Tonfall von sich. »Wer veranstaltet solchen Lärm zu nächtlicher Stunde? Natürlich wieder Sie, Mister Parker. Und was ist mit Mister McWarden geschehen? Haben Sie ihn umgebracht?« Josuah Parker enthielt sich der Stimme, wenigstens vorerst. Dr. Prewitt schaute flüchtig auf, während er eine Fertigspritze aus seiner umfangreichen Tasche nahm und begann, die Vene bei
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McWarden anzustauen. »Sie können davon ausgehen, Mylady«, sagte er, »daß Mister Parker einiges für McWarden getan hat. Sonst würde ich ihm jetzt zum Beispiel nicht meine ärztliche Unterstützung zukommen lassen!« »Hat er eine Herzattacke?« »Nein. Jemand hat ihn mit einem Betäubungsmittel traktiert. Das allerdings ist der Herzleistung nicht eben zuträglich.« »Und wer hat das getan? Mister Parker, ich und Lady Simpson vertrauen Ihnen voll und ganz unsere Gesundheit und die unserer Gäste an. Geben Sie zu, daß Sie ein Versager sind?« »Mylady«, erwiderte Parker tonlos. »Ich bin zerknirscht und gestehe, daß ich gewisse Dinge nicht vorhersehen konnte. Da ich leider kein Hellseher bin…« Hier fiel die Detektivin ein, die gerade die Tür hereinspaziert kam und den Disput gehört hatte: »Meine liebe Mary-Ann, es mißfällt mir in höchstem Maß, wie du Mister Parker immer wieder herunterputzt. Unter diesen Umständen kann kein Mensch seine volle Leistungsbereitschaft bringen. Es würde mich wundern, wenn Mister Parker in diesem überaus schwierigen Fall seine Mitarbeit aufkündigen würde. Er ist es von mir nicht gewohnt, dauernd kritisiert zu werden.« Lady Pembroke machte ein Gesicht wie eine beleidigte Leberwurst. »Tatsache ist«, verkündete sie, »daß ich maßlos enttäuscht bin von deinen Fähigkeiten, liebe Agatha. Ich muß ja fürchten, daß auch ich mit Spritzen traktiert oder gar vom Leben zum Tod befördert werde.« »Das hatte ein Gangster mit mir vor. Ich habe ihm leider nur eine winzige Beule am Schädel verpaßt. Und dann ist er hingegangen und hat deine liebe Nichte Pamela entführt.« Mary-Ann Pembroke war gewiß aus hartem Holz geschnitzt, doch diese Nachricht traf ihren Nerv. »Nein!« keuchte sie. »Nicht Pamela! Sie ist die einzige unter allen meinen Verwandten, die mehr als einen Schuß Pulver wert ist. Ihr wollte ich doch den größten Teil meines Vermögens vermachen.« »Aha?« nickte die Detektivin. »Da haben wir das Motiv. Sie soll nicht in den Genuß ihres Erbes kommen und beiseite geschafft werden.« Butler Parker hielt es für an der Zeit, die gastliche Stätte zu ver-
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lassen. Er begab sich zunächst in den Seitentrakt des Schlosses, in dem die Zimmer der Dienerschaft untergebracht waren. Da er nicht wußte, welches Zimmer Rod Bulgar bewohnte, öffnete er nacheinander alle Türen. Butler James schlief fest den Schlaf des Gerechten. Die Zofe Lissy träumte scheinbar von schrecklichen Ereignissen, denn sie warf sich hin und her. Auch das andere Personal pflegte der Ruhe. Nur Rod Bulgars Bett war leer. Daraufhin verließ der Butler das Schloß und begab sich zu dem Anleger, an dem das Boot vertäut lag. Im Schein einer Handlampe verfolgte er die Spur der beiden Männer durch das feuchte Gras und die baumbestandenen Parzellen des Parks bis zu einem asphaltierten Weg. Ein Ölfleck, der noch frisch glänzte, verriet, daß hier ein Auto gewartet hatte. Leider verriet er nicht das Kennzeichen und die Marke des Wagens. * Der Anruf kam, als die dezimierte Belegschaft des Schlosses beim Frühstück saß. Der Kammerdiener Rod Bulgar war nicht zum Dienst erschienen. In seinem Schrank hing nur noch die Livree. Sonstiges Eigentum hatte er offenbar schon vorher weggeschafft. Da auch Lord Anthony Plumb nach der Verdächtigung durch Lady Pembroke das Schloß verlassen hatte, saßen nur Agatha Simpson und Lady Pembroke bei Tisch, bedient von Butler James und Butler Parker. Superintendent McWarden schlummerte noch. Dr. Prewitt hatte schon vor Beginn der Sprechstunde nach ihm gesehen und seinen Zustand als zufriedenstellend bezeichnet. Im Hintergrund der Halle, beim Telefon, saß Inspektor Simmons von der City Police in Bereitschaft. Butler Parker hatte ihn noch in der Nacht alarmiert und von Pamela Redfords Entführung in Kenntnis gesetzt. Auf Grund der Sachlage hatte der Inspektor es für richtig erachtet, neben dem Telefon ein Tonbandgerät aufzubauen, um eventuell eingehende Erpresseranrufe aufzunehmen. Der Butler legte seiner Herrin gerade eine mit Honig beträufelte
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Schnitte Kaviarbrot vor, als das Telefon anschlug. »Nehmen Sie das Gespräch an, Mister Parker«, verlangte Mary-Ann Pembroke. »Sehr wohl, Mylady.« Parker ging gemessenen Schrittes zum Apparat, während Simmons schon die Taste des Tonbandgerätes drückte. Josuah Parker nahm den Hörer und sagte: »Good Morning. Hier spricht Butler Parker in Schloß Faraday.« Die Stimme, die ihm ans Ohr schlug, klang unnatürlich verzerrt. Aber natürlich war das zu erwarten gewesen, denn welcher Entführer entlarvt sich schon selbst durch normalen Tonfall. »Ich will Lady Pembroke sprechen, dalli, klar?« sagte der Mann mit unnatürlich hoher Quietschstimme. »In welcher Angelegenheit bitte?« erkundigte sich der Butler mit gewohnter Höflichkeit. »Das geht dich einen feuchten Kehrricht an!« giftete der Entführer. »Mitnichten, Sir. Ich habe strikten Auftrag, Lady Pembroke nicht zu stören, es sei denn, es wäre Wichtiges zu melden.« »Es ist wichtig, du Spinner. Oder habt ihr noch nicht bemerkt, daß Pamela Redford verschwunden ist?« »Miß Pamela geruht noch zu ruhen, Sir. Warum sollte sie verschwunden sein?« »Weil wir sie gekidnappt haben, du Schlauberger. Ist das klar? Gekidnappt! Hol jetzt die Tante an den Apparat, oder es geht der Kleinen dreckig.« »Sir, Ihre Ausdrucksweise ist die Sprache der Gosse. Sie sollten sie mal in die Reinigung geben. Meine Wenigkeit wird versuchen, Lady Pembroke zu finden.« Natürlich zog Parker das Gespräch extra in die Länge. Inzwischen hatte Inspektor Simmons nämlich über sein Funktelefon schon die Zentrale benachrichtigt, von der aus das Gespräch bis zu seinem Ursprung verfolgt werden konnte. »Lady Pembroke!« rief Butler Parker laut. »Ist es Mylady möglich, ein wichtiges Telefonat anzunehmen? Hier ist jemand, der behauptet, er habe Miß Pamela in seiner Gewalt.« Mary-Ann Pembroke kam angerauscht und fauchte hinein: »Was wollen Sie? Meine Nichte schläft noch.« So war es vorher abgesprochen worden, um die Entführer am Apparat so lange wie möglich hinzuhalten. Über den eingebauten Verstärker, den der Inspektor inzwischen zugeschaltet hatte, konnte jeder im Raum die Antwort des Gangs-
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ters mithören: »Wenn ich Ihnen sage, daß wir Ihre Nichte in unserer Gewalt haben, dann können Sie jeden Betrag darauf wetten. Kapieren Sie das, Tante?« »Ich bin nicht Ihre Tante, Sie unverschämter Strolch! Ich will mit meiner Nichte sprechen.« »Später, Tante, später.« Der, Mann kicherte. Das Gespräch schien ihn zu amüsieren. »Jetzt hören Sie sich in Ruhe an, was wir fordern, wenn Sie Ihre süße, schnuckelige Nichte wiedersehen wollen. Wir fordern eine halbe Million Pfund in gebrauchten Scheinen, nicht numeriert. Haben Sie das gecheckt?« Die Schloßherrin kaute und schluckte daran. Sie war momentan sprachlos, bis es dann aus ihr herausbrach: »Eine halbe Million? Sie sind eine halbe Million mal verrückt, Sie Scheusal! Ich werde nicht nur die Polizei auf Sie hetzen, sondern auch Lady Simpson und ihren berühmten Butler Parker.« »Darüber können wir nur lachen. Wenn Sie nicht zahlen, sehen Sie Ihre süße Nichte nie wieder – oder nur als tote Leiche. Sie hören wieder von uns. Ende!« »Lümmel!« sagte Mary-Ann Pembroke im Brustton der Verachtung und legte auf. Inspektor Simmons stand über Funk mit seinem Revier in Verbindung. Es dauerte nur noch eine Minute, bis er erfuhr, daß die Fangschaltung der Telefongesellschaft Erfolg hatte. Der Anruf war von einer Telefonzelle in der Stadtmitte von Meredith aus erfolgt. Ein Streifenwagen war dahin unterwegs. Butler Parker erwartete kein Wunder und folglich auch nicht, daß der anrufende Entführer damit geschnappt würde. Er wandte sich an Lady Simpson, die immer noch mit dem Frühstück beschäftigt war und gerade eine weitere Tasse starken Kaffee orderte. Butler Parker schenkte ein und fragte: »Erlauben Mylady, daß ich mich für kurze Zeit entferne und zum Beispiel Mister Rander von dem Geschehen in Kenntnis setze? Auch möchte ich auf dem Weg gleich Lord Bronk benachrichtigen, daß seine Verlobte ein trauriges Schicksal erlitten hat.« »Eine hervorragende Idee. Ich komme mit.« Lady Pembroke schüttelte heftig den Kopf. »Du willst mich in dieser schrecklichen Situation allein lassen, liebste Agatha? Das ist kein feiner Zug von dir.« »Ich muß, Liebste, wenn ich in diesem verzwickten Fall voran-
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kommen will.« »Nun gut. Und wer schützt mich vor den Anschlägen der Mordbanditen?« »Die Polizeigewalt in Gestalt von Inspektor Simmons ist anwesend. Dir kann nichts passieren.« Agatha Simpson nahm den Pompadour mit dem Glücksbringer – dem Hufeisen – darin vom Tisch, leerte die Tasse Kaffee in erstaunlicher Geschwindigkeit und war bereit zum Ausflug in die weite Welt. * Lord Matthew Bronk bewohnte kein Schloß, sondern ein altertümliches Landhaus auf seinem Gestüt. Der Weg dorthin zweigte von der Straße nach Meredith ab und führte durch ein ausgedehntes Waldgelände. Das hatte Josuah Parker bei Butler James schon in Erfahrung gebracht. Auch die Tatsache, daß Lord Bronk nach dem Tod seiner Eltern die Arbeit auf dem Gestüt einem Verwalter überließ und sich meist in London und auf den großen Rennbahnen aufhielt. Die Detektivin machte es sich im Fond des hochbeinigen Monstrums bequem, an dessen Steuer Butler Parker schon bald nach Verlassen des Schlosses in jenen Weg abbiegen konnte. Der Wald, der ihn aufnahm, hatte einen Bestand von gut zweihundertjährigen Eichen und Buchen. Aus der Geländekarte, die der Butler gleich nach Eintreffen auf Schloß Faraday eingesehen hatte, ging hervor, daß zu dem Gestüt auch eine alte Wassermühle gehörte sowie zwei verlassene Farmhäuser, die früher von Pächtern bewohnt worden waren. »Ein erstaunlich schöner Wald, Mister Parker«, gab Agatha Simpson von sich. »Gehört er Lord Bronk?« »Leider nicht, Mylady. Butler James sagte mir, daß Lord Bronk ihn schon vor Jahren veräußert hat.« »An wen?« »Das wußte James leider nicht, Mylady. Aber mitten im Wald soll es eine sehr hübsche Jagdhütte geben, die dem jetzigen Waldbesitzer gehört.« »Ich bin nicht an Jagd interessiert, wie Sie wissen sollten, Mister Parker.« »Meine Wenigkeit erinnert sich durchaus, daß Mylady diesem
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blutrünstigen Vergnügen nichts abgewinnen können.« Im Rückspiegel sah Parker ein chromblitzendes Auto auftauchen, eine Art Schlachtschiff auf vier Rädern. Beim zweiten Hinschauen bemerkte er, daß es sich um den Wagen des Gangsterbosses Cory Condi handelte. Er behielt sein gleichmäßiges und ruhiges Tempo bei. Der Buick holte auf und ließ gleich darauf ein Vierklanghorn ertönen. »Welcher unverschämte Lüstling erdreistet sich, uns zu verdrängen?« wollte Agatha Simpson wissen. »Mister Condi, Mylady. Das heißt, am Steuer sehe ich eine Figur, die große Ähnlichkeit mit einem gewissen Dudley Stitches hat.« Obwohl der Weg sehr schmal war, setzte der Fahrer des Buick zum Überholen an. Als sein Kühler rechts neben Parker erschien, streichelte er das Gaspedal ein bißchen mehr. Mühelos schoß sein Monstrum von Auto davon und ließ den Buick im Nu um zehn Längen hinter sich. Das stachelte den Ehrgeiz Dudley Stitches’ an. Auch er beschleunigte scharf und holte wieder auf. Als er die hintere Stoßstange des Monstrums erreichte, ließ Parker den Rennwagenmotor aufröhren. Wie ein Hirsch stürmte das Monstrum davon und ließ dem Buick keine Chance. Der Wald öffnete sich und gab den Blick frei auf eingezäunte Weiden und einen Übungsparcours, auf dem mehrere Pferde trainiert wurden. Im Sattel eines braunen Hengstes erkannte Parker den Besitzer des Gestüts, Lord Matthew Bronk. Der Fahrer des Buick hatte das Rennen längst aufgegeben. Der Butler verließ die asphaltierte Straße und bog auf einen Schotterweg ab, der parallel zur Übungsbahn verlief. Mit einem Seitenblick sah er, daß der Buick der Straße folgte und zu den Ställen hinüberfuhr. Bronk stoppte den Galopp seines Hengstes, parierte durch und wartete am Rand des Schotterweges, bis Lady Simpson und Butler Parker ausgestiegen waren. »Welch eine freudige Überraschung!« rief er. »Wie Sie sehen, bin ich gerade bei der Morgenarbeit.« »Sehr lobenswert«, nickte die Detektivin. »Es ist einige Jahre her, seit ich im Sattel gesessen habe. Es gab kaum jemand, der mir bei der Parforcejagd folgen konnte. Die Fuchsjagd allerdings habe ich immer verabscheut… Der Hengst steht hoch im Blut,
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Lord Bronk.« »Mein wertvollstes Tier, Mylady. Unverkäuflich natürlich. Hat schon drei Rennen gewonnen.« »Ausgezeichnet.« Agatha Simpson schickte einen mißbilligenden Blick zu den Ställen hinüber. Dort entstieg Cory Condi gerade dem Buick. Dudley Stitches war ihm dabei behilflich, indem er den Schlag öffnete und wieder schloß. »Dieses Subjekt«, sagte Agatha Simpson mit viel Empörung in der Stimme, »gehört zu Ihrem Bekanntenkreis?« »Oh, Sie meinen Mister Condi? Er interessiert sich schon seit einiger Zeit für einige meiner Tiere und kann sich bisher nur noch nicht entschließen, welches er erwerben will.« »Einem solchen Menschen würde ich nicht einen Hosenknopf verkaufen, geschweige denn ein Rennpferd. Oder wissen Sie. nicht, Mylord, daß dieses abscheuliche Individuum zu den bekanntesten Gangstern in Old England gehört?« »Aber Mylady! Sie machen mich ganz irre. Ich habe diesen Gentleman einige Male auf verschiedenen Rennbahnen gesehen und stets in besten Kreisen.« »Natürlich. Dort schließt er seine illegalen Wetten ab. Mister Parker, was wollte ich noch zu diesem Thema sagen?« »Mit Verlaub, Mylady, meine Wenigkeit erinnert sich an Nachforschungen, die ergeben haben, daß ein gewisser Mister Condi der Mafia angehört oder ihr zumindest nahesteht. Mister Condi handelt nicht nur mit Rauschgift, sondern verleiht auch Geld zu Wucherzinsen, besonders an diejenigen seiner Kunden, die es nicht lassen können, in seinen illegalen Büros Wetten abzuschließen.« »Horror!« rief Lord Bronk. »Das ist der reinste Horror. Und ich bin ahnungslos wie eine Jungfrau.« »Wenn mir die Bemerkung erlaubt ist«, fuhr Butler Parker fort, »so möchte ich anfügen, daß dieser Mister Condi schon vielen Leuten Sand in die Augen gestreut hat. Und zwar gleich schubkarrenweise. Meine Wenigkeit bedauert sehr, Euer Lordschaft eine sehr betrübliche Nachricht überbringen zu müssen.« »Oh! Ist im Schloß schon wieder was passiert? Etwa der Lady Pembroke?« »Zum Glück nicht. Miß Pamela ist in der vergangenen Nacht entführt worden.« Bronks Hand krampfte sich fester um die Zügel. Seine Backen-
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knochen sprangen hervor. »Das ist nicht wahr«, reagierte er wie heiser: »Sagen Sie, daß das nicht wahr ist!« Josuah Parker zuckte die Achseln. »Meine Wenigkeit konnte Miß Pamela leider nicht überzeugen, daß sie im Schloß sich nicht einer allzu großen Sicherheit hingeben durfte.« »Das Kindchen«, sagte Agatha Simpson, »hat nach Mitternacht Durst bekommen und etwas zu trinken besorgen wollen. Seither ist sie verschwunden, spurlos, wie es so schön in Berichten immer wieder heißt.« Der Butler hielt es für überflüssig, die Story genau zu erzählen. Lord Bronk erwachte aus seiner Erstarrung und brüllte Parker an: »Lady Pembroke hat Wunderdinge von Ihnen erzählt, aber Sie haben auf der ganzen Linie versagt! Unter Ihren Augen ist sie entführt worden. War’ ich doch im Schloß geblieben. Ich allein hätte Pamela schützen und davor bewahren können.« Josuah Parker verneigte sich. »Meine Wenigkeit ist untröstlich, Mylord. Leider ist auch Superintendent McWarden außer Gefecht, so daß die Last der Aufklärung ganz auf den Schultern der hiesigen Polizei liegt.« »Unglaublich! Die klärt das nie auf. Und Ihnen, Mister Parker, traue ich jetzt auch nichts mehr zu.« »Euer Lordschaft verkennen die Situation«, sagte Parker in seiner bescheidenen Art. »Nicht meine Wenigkeit löst Kriminalfälle, sondern Lady Simpson. Und ich bin völlig sicher, daß es ihr auch diesmal gelingen wird, die Nuß zu knacken.« »Nun ja«, gab Lord Bronk kleinlauter als vorher zu. »Ich habe mich vielleicht etwas vergaloppiert. Schreiben Sie das bitte meiner Erregung zu. Was kann ich tun? Sie sehen mich verzweifelt.« »Gehen Sie zur Bank, Matthew, und heben Sie eine halbe Million Pfund ab. Das ist die Forderung der Erpresser.« »O Gott! Das kann ich nicht aufbringen, niemals.« Josuah Parker griff an die Melone und lüftete sie leicht, »Lady Pembroke überlegt noch, ob sie das Geld flüssig macht. Sie müßte einige Aktien verkaufen, von denen sie sich nur schwer trennt. Mylady, meine Wenigkeit erlaubt sich, daran zu erinnern, daß in der Stadt wichtige Termine warten.« »Ach ja, ich wußte doch, daß ich etwas vorhatte. Wie viele Verdächtige habe ich jetzt auf der Liste, Mister Parker?« »Vier, es können auch fünf sein.« Agatha Simpson lächelte Lord Bronk strahlend an. »Sehen Sie,
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Matt, wir sind nicht untätig. Fünf Verdächtige, das ist mehr als ich normalerweise in einem Kriminalfall hatte. Leben Sie wohl, Matt, und fallen Sie nicht vom Pferd. Ich weiß, daß das weh tut.« Der Butler hielt seiner Herrin den Schlag zum Fond offen. Sie stieg ein, und er schob sich ans Steuer. Lord Bronk stand neben seinem braunen Hengst wie sein eigenes Denkmal. Mike Rander und Kathy Porter verließen gerade das Hotel, um dem Schloß einen Besuch abzustatten, wie der Anwalt sagte. Er wurde langsam ungeduldig in Hinsicht auf das Testament, das Mary-Ann Pembroke ja ändern wollte. »Das wäre ein unnützer Weg«, entschied die ältere Dame. »Da mein Frühstück heute ziemlich kärglich ausgefallen ist und ich auch nicht meinen vegetarischen Tag habe, genehmige ich mir ein zweites Frühstück.« Dem konnte niemand widersprechen. Kaum hatte sie im Restaurant Platz genommen, als der Buick vorfuhr. Cory Condi schien es zu mißfallen, daß Parkers hochbeiniges Monstrum vor dem Hotel parkte. Er gab seinem Chauffeur den Befehl, wieder abzudampfen. Agatha Simpson bestellte sich Ham and Eggs, obwohl sie darauf schwor, daß sie stets streng für ihre Figur lebte. Josuah Parker entschied sich für einen Tee. Er war es auch, der über die neuste Entwicklung berichtete. »Meine Wenigkeit ist sich fast hundertprozentig sicher«, fügte er an, »daß der verschwundene Kammerdiener Rod Bulgar einer der Entführer ist. Da er nicht an seinen Arbeitsplatz zurückgekehrt ist, hat man davon auszugehen, daß er die entführte Pamela Redford bewachen dürfte.« Die Detektivin nickte nachdenklich. »Meine Arbeitsweise hat sich wieder mal bewährt. Dieser sogenannte Kammerdiener ist mir vom ersten Augenblick an verdächtig vorgekommen, dieses Subjekt… Allein die Art, wie er sich bewegt, mußte mißtrauisch machen. Jetzt werden Giftmischer, Vergaser und Betrüger schon unters Personal geschmuggelt. Shocking, Mister Parker! Wen habe ich noch in Verdacht?« Josuah Parker verneigte sich im Sitzen. »Mylady vermuten wohl nicht zu unrecht, daß der Gangsterboß Condi die Hände im Spiel hat. Deshalb haben Mylady auch angeregt, daß meine Wenigkeit ein Gespräch mit Mister Pickett führt.« »Richtig. Es wäre mir fast wieder entfallen, zumal ich den Kopf
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ungeheuer voll habe. Ich bin seit gestern nicht mal mehr zum Meditieren gekommen. Fast hätte ich ein Kapitel meines neuen Buches in Angriff genommen, doch dieser Fall mit all seinen Verästelungen steht mir hinderlich im Weg.« Josuah Parker begab sich zur Telefonzelle im Foyer des Hotels. Er bekam Horace Pickett, den früheren Eigentumsumverteiler, sofort an den Apparat. Parker hatte ihn nie direkt als Dieb bezeichnet, zumal er in der Art eines modernen Robin Hood nur die Brieftaschen reicher Leute erleichtert und sich um das Wohl armer Londoner Mitbürger bemüht hatte. »Sehr gut, daß Sie anrufen, Mister Parker«, sagte Pickett, den viele wegen seiner vornehmen Haltung, für einen pensionierten Offizier hielten. »Ich habe inzwischen die Liste der Personen, die Sie mir durchgegeben haben, weiter überprüft. Ein Name ist besonders auffällig. Es heißt, daß dieser Mann bei Mister Condi mit nahezu zweihunderttausend Pfund in der Kreide steht. Sein ganzer Besitz soll verpfändet sein.« »Ein interessanter Hinweis«, nickte der Butler vor sich hin. »Man wird Ihnen den Namen nennen, Mister Pickett, und wäre sehr überrascht, wenn meine Wenigkeit damit falsch läge.« Er nannte den Namen und Pickett rief verwundert: »Genau richtig. Ich frage mich oft, wozu Sie mich überhaupt noch bemühen, wenn Sie doch schon alles wissen.« »In diesem Fall«, sagte Parker bescheiden wie immer, »habe ich mich auf meine Intuition verlassen. Meine Wenigkeit ist leider nicht mit hellseherischen Fähigkeiten gesegnet. Haben Sie etwas über diesen Kammerdiener names Bulgar herausgefunden?« »Leider nicht. Allerdings hat Cory Condi bis vor kurzem einen Diener beschäftigt, auf den die Personenbeschreibung paßt.« »Es spielt nur noch eine mindere Rolle. Meine Wenigkeit kann jetzt mehr zur Unterstützung der Bemühungen von Mylady tun. Ihnen herzlichen Dank, Mister Pickett.« »Ich wollte, ich hätte mehr tun können, Mister Parker. Werden Sie bald wieder in London sein?« »Dieser Fall dürfte spätestens morgen abgeschlossen sein. Leben Sie wohl, Mister Pickett!« »Ihnen wünsche ich ein gutes Gefühl, Mister Parker. So long!« Josuah Parker kehrte ins Restaurant zurück, wo Agatha Simpson sich. mit erstaunlichem Appetit über eine immense Portion Ham und Eggs hergemacht hatte. Auch der Tee war inzwischen
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serviert worden. Parker nippte an seiner Tasse und fand ihn zu heiß. »Mylady dürfen Grüße von Mister Pickett im Empfang nehmen«, sagte er. »Dieser Rod Bulgar scheint bis dato Diener bei Cory Condi gewesen zu sein.« »Wie ich schon sagte«, triumphierte die ältere Dame. »Alle Spuren führen zu Condi! Wir sollten ihn uns greifen und an seiner Krawatte so lange aufhängen, bis er die schöne Arie singt.« »Mylady lassen sich immer von tiefen Empfindungen leiten«, nickte Parker. »Das ehrt Mylady, ist aber leider außerhalb der Legalität.« Anwalt Rander wirkte leicht ungeduldig. »Fassen wir also zusammen, was sich inzwischen abgespielt hat. Dank Ihnen, Parker, konnten Lady Sue Plumb und Lord Preston Pembroke aus dem geheimen Gang befreit werden. Warum mag man sie nur betäubt haben?« »Ja«, sinnierte Lady Simpson, »warum eigentlich, Mister Parker? Mir war doch dazu schon die richtige Lösung eingefallen.« Josuah Parker verneigte sich in ihre Richtung und nippte am Tee, ehe er erwiderte: »Mylady hatten die Schlußfolgerung gezogen, daß die Erbberechtigten sterben sollten – bis auf eine Person selbstverständlich, die dann das ganze Erbe von Lady Pembroke bekommen würde.« »Aha, richtig. Ich tippe auf Anthony Plumb.« »Mister Plumb hat jede Menge Schulden bei Mister Condi, eine sehr richtige Folgerung. Er hat sich auch abgesetzt, aber meine Wenigkeit hält ihn nicht für einen Mörder, denn wir sollten nicht vergessen – und Mylady haben das auch nicht übersehen – daß Lord Nigel Lowell im Schloßgraben zu Tode gekommen ist. Mylady befürchten deshalb, daß auch Lady Sue und Lord Preston Pembroke auf die gleiche abscheuliche Art und Weise vom Leben zum Tod gebracht werden sollten. Die Betäubung hätte bis zur Nacht vorgehalten, denn die Dosis des Mittels war sehr hoch gewählt. Wie übrigens auch bei Superintendent McWarden. Ein Herzkranker hätte die Spritze kaum überlebt.« »Hat dieser Rod Bulgar das getan?« fragte Kathy Porter. »Mit großer Wahrscheinlichkeit«, entgegnete Josuah Parker. »Meine Wenigkeit schließt das daraus, daß er den geheimen Gang kennt und auch an Pamela Redfords Entführung beteiligt war.« »Wir werden diesen Strolch aufspüren und der gerechten Strafe
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zuführen«, lächelte die Detektivin und schob das letzte Stück Schinken zwischen das Gehege ihrer Zähne. Sie schaute zur Uhr und meinte: »Wir sollten fahren, Mister Parker. Wir kommen sonst zu spät zum Lunch.« »Sehr wohl, Mylady. Erlauben Sie, daß ich Mister Rander einen Vorschlag unterbreite?« »Tun Sie, was Sie für richtig halten.« »Meine Wenigkeit möchte einen ausgedehnten Spaziergang durch den Forst vorschlagen. Zu diesem Zweck wäre es allerdings besser, man hätte einen neutralen Wagen zur Verfügung. Es ist davon auszugehen, daß Mylady kein Interesse an längeren Fußmärschen haben.« »Pfui, Mister Parker. Warum sollte ich mich sportlicher Ertüchtigung in dieser Form unterziehen? Ich muß außerdem unbedingt wieder mal meditieren, um diesen Fall der Lösung zuzuführen, das heißt, natürlich habe ich ihn praktisch schon gelöst. Wenn Sie sich unbedingt mit Mister Rander zusammen körperlich ertüchtigen wollen, tun Sie das bitte. Miß Kathy wird mich mit Mister Randers Wagen sicher zum Schloß bringen.« So wurde es abgemacht. In einem Anfall von Großzügigkeit zahlte Agatha Simpson Butler Parkers Tee mit, obwohl sie das um ein halbes Pfund ärmer machte. * Der Leihwagen war ein Jeep mit einem Verdeck in original Tarnfarben. Das Vehikel war hart gefedert und hatte Allradantrieb, war also geländegängig. Sie ließen Butler Parkers hochbeiniges Monstrum beim Autoverleih zurück, und Mike Rander übernahm das Steuer des Jeep. Josuah Parker saß auf dem Beifahrersitz, hatte sich den zuusammengerollten Universal-Regenschirm zwischen die Beine gestellt und die Melone verwegen aufs rechte Ohr geschoben. Diesmal hatte er die Gabelschleuder dabei und auch alle wichtigen Utensilien für einen längeren Dschungelkrieg. »Befehlen Sie, wohin die Reise gehen soll!« sagte Mike Rander lässig. »Meine Wenigkeit hat noch nie im Leben einen Befehl erteilt, Sir«, entgegnete Parker. »Es gibt in besagtem Forst zwei alte
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verlassene Häuser, die früher von Pächtern bewohnt worden sind. Sie stehen im Meßtischblatt eingezeichnet, das man immer dabei haben sollte. Außerdem gibt es noch eine alte Wassermühle, ebenfalls seit vielen Jahren nicht mehr in Benutzung.« »Verstehe, Parker, Sie vermuten, daß man Pamela Redford dort versteckt hält.« »Es liegt nahe, Sir. Jedenfalls würde meine Wenigkeit dort immer zuerst suchen.« »Sie haben mich überzeugt. Und wenn wir viele Meilen durch finsteren Urwald marschieren und uns den Weg mit Macheten freischlagen, müßten, ich wäre dabei. Haben Sie auch eine Pistole im Gepäck, Parker?« »Aber Mister Rander! So etwas benutzt man nie. Es könnte ja jemand damit verletzt oder gar umgebracht werden. Das sei immer fern von mir.« Sie verließen das Städtchen Meredith und bemerkten keinen Verfolger hinter sich. Mike Rander fuhr so schnell, daß die kleinen Unebenheiten und Bodenwellen der Straße sich in Sprungschanzen verwandelten. »Ich tippe auf die alte Mühle«, sagte er. »Wasser plätschert, ein riesiges hölzernes Mühlrad fault vor sich hin, Wasserratten kriechen aus ihren Löchern in den Uferböschungen.« »Räuberromantik«, kommentierte Parker. »Warum mag man sich jetzt zur Entführung von Pamela Redford entschlossen haben?« »Meine Wenigkeit hat sich dazu eine bestimmte Meinung gebildet.« »Nichts anderes habe ich erwartet, Parker. Und welche, bitte?« »Die Gangster, Sir, haben Lord Lowell getötet und zwei weitere Opfer so gut wie abserviert, um es mal in der Sprache des Volkes zu sagen. Sie sollten morgens tot im Schloßgraben entdeckt werden und uns vor eine unlösbare Aufgabe stellen. Am Schluß mußte dann nur noch Lady Pembroke beseitigt werden, damit ihr Erbe an eine einzige Person fallen konnte.« »Das sagten Sie schon. Und an wen bitte? Etwa an Lord Anthony Plumb?« »Er wäre nach dem gewollten Tod seiner Frau mit Sicherheit von Lady Pembroke als erster enterbt worden, weil er nicht zur Familie gehört.« »Aber dann bleibt ja nur noch Pamela Redford übrig, die man
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entführt hat!« »Meine Wenigkeit tippt auf diese als die wahrscheinlichste Möglichkeit.« Mike Rander schüttelte den Kopf. »Aber Parker, das ist doch unlogisch. Glauben Sie etwa, daß Pamela Redford bei ihrer eigenen Entführung mitgewirkt hat?« »Das hat sie gewiß nicht, Sir. Die Rechnung des Täters war von Anfang an darauf abgestellt, daß Pamela Redford der Liebling Lady Pembrokes ist und höchstwahrscheinlich einen großen Teil ihres Erbes zugesprochen bekommt. Deshalb ist ja schon ein vergeblicher Anschlag auf Lady Pembroke verübt worden.« »Ich denke, sie sollte erst zuletzt sterben?« »Meine Wenigkeit geht davon aus, daß ein gewisser Cory Condi auf die Idee gekommen ist, Pamela das gesamte Erbe zuzuschanzen. Ein Mann wie Condi sieht in einem Wesen wie Pamela das Opferlamm, das leicht geschoren werden kann. Aber die Anschläge bis auf einen brachten nur Mißerfolge.« »Hm. Richtig. Und Sie haben Condi als Auftraggeber für die Anschläge entlarvt. Also gab er die Mordpläne auf.« »Man weiß nicht, ob er sie ganz zu den Akten gelegt hat. Bei einem Mann wie Condi muß man mit einem erheblichen Maß an krimineller Energie rechnen. Er wollte Geld sehen, und zwar schnell. Dies ist einem solchen Mann immer lieber, als wenn er jahrelang mit viel Geduld warten muß.« »Ich verstehe.« »Condi«, fuhr Josuah Parker fort, »ist natürlich nicht der einzige Boß der Unterweltorganisation. Auch er empfängt Befehle von einer höheren Instanz. Man darf annehmen, daß verfügt worden ist, so schnell wie möglich Geld anzuschaffen.« »Sie scheinen ziemlich sicher zu sein, daß Lady Pembroke für ihre Nichte Pamela zahlt. Was meinen Sie dazu, Parker?« »Meine Wenigkeit enthält sich, wenn es erlaubt ist, der Stimme.« Sie passierten den kleinen See, in dem Dudley Stitches ein unfreiwilliges Bad genommen hatte. Von seinem Schrottwagen war nichts mehr zu sehen. Sie wurden immer noch nicht verfolgt. Darauf achtete der Butler besonders. Nach wenigen Meilen verließen sie die Straße und bogen in einen unbefestigten Waldweg ab. Vor Jahren hatten ihn die Pächter der Farmen benutzt, jetzt wurde er nur noch beim Holzeinschlag
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benötigt. Als sie von der Straße aus nicht mehr zu sehen waren, stoppte Mike Rander und deutete auf eine gut sichtbare Reifenspur, die sich in das laubbedeckte Erdreich eingegraben hatte. »Sieht ziemlich frisch aus«, meinte er. »Sehr wohl, Sir. Man kann davon ausgehen, daß die Entführer einen Wagen benutzt haben, aber natürlich kann auch der Jagdpächter hier gefahren sein.« »Man wird sehen.« Nach dem Meßtischblatt auf Butler Parkers Knien war es bis zu den beiden Farmen etwa gleich weit. Der Weg gabelte sich nach ungefähr zwei Meilen im Forst. Es zeigte sich, daß dort die Spur des Autos nach links abbog. »Wie weit noch bis zum Farmhaus?« fragte Mike Rander. Butler Parker maß es genau nach. »Eine halbe Meile schätzungsweise, Sir.« »Dann empfiehlt es sich, den Wagen zurückzulassen. Die Gangster könnten durch das Motorengeräusch aufgeschreckt werden.« Einige Schritte weiter gab es eine kleine Lichtung, wo der Jeep gut Platz fand. Es sah höchst merkwürdig und keineswegs waidgerecht aus, als der Butler im schwarzen Zweireiher mit Melone und Schirm über dem linken Unterarm an der Seite des Anwalts durch den Wald schritt. Sie hielten sich neben dem Weg unter den riesigen Eichen und Buchen des lichten Hochwaldes. Erst als der Weg sich senkte und einen Knick nach halblinks machte, bekamen sie durch die Stämme der Bäume den Blick auf das verwahrloste Farmgebäude frei. Es lag in einer Entfernung von mehr als zweihundert Metern. Auf dem letzten Stück gab es keinen Wald mehr, sondern offenes Brachland und eine ehemalige Weide, deren Pfähle morsch zusammengefallen waren. Auch einige Büsche hatten sich dort angesiedelt. Dies war die Nordseite des Farmhauses. Dort gab es nur zwei hochgelegene Fenster mit verrosteten Gittern davor. Der Stall daneben war aus Feldsteinen ausgeführt, sein Dach teilweise zusammengefallen, aber von Schwalbenpärchen bewohnt, die ihre Nester an die Wände geklebt hatten. Von einem Fahrzeug war nichts zu sehen, doch das wollte nichts besagen.
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Mike Rander deutete auf einen Taleinschnitt rechter Hand, einen ausgetrockneten ehemaligen Bachlauf. Er versprach gute Deckung. Tatsächlich verschwanden sie im Anpirschen an das Objekt fast ganz darin, zumal auch die Büsche noch Deckung gaben. Als sie die nördliche hintere Hausecke erreichten, gab es noch keinen Hinweis darauf, daß jemand sich hier aufhielt. Unbewohnter konnte gar kein Haus sein als dieses. Die Rolle eines Indianers auf dem Kriegspfad war gar nicht so neu für Josuah Parker. Er vergewisserte sich, daß seine Utensilien griffbereit waren und schlich an Haufen von Unrat vorbei zum vorderen – der südlichen - Hausecke. Dort gab es mehrere Fenster ohne Scheiben, aber mit offenen Schlagläden. Und da hörte er es… »Stinklangweilig«, sagte eine Stimme, in der unschwer die des Hünen Corky Oleson zu erkennen war. »Worüber regst du dich auf?« erwiderte ein anderer, nämlich der ehemalige Kammerdiener Rod Bulgar. »Ich drehe ganz gern mal Däumchen. Unser Täubchen sitzt im Schlag, wir werden ein paar große Scheine abstauben, und fertig ist der Lack. Schneller kannste die Moneten nicht verdienen.« Mike Rander nickte beiläufig, als Parker eine seiner gefürchteten »Gasbomben« hervorzauberte und in die Schlaufe der Gabelschleuder legte. Er trat einen Schritt vor, zielte genau und schoß die Tonkugel schräg durch das Fenster in den Raum, in dem die beiden Gangster sich aufhielten. Es gab nur einen leisen Knall, als das Geschoß gegen die Wand prallte und zerplatzte. In zwei Sekunden verbreitete sich das Gas und löste bei Oleson und Bulgar Hustenanfälle aus. Fluchtartig verließen sie die ungastliche Stätte, preßten Taschentücher vor Mund und Nase und torkelten so in Butler Parkers Schußfeld. Er bediente zuerst Corky Oleson mit einer Tonkugel aus der Gabelschleuder, dann Rod Bulgar. Beide legten sich Parterre und entschlummerten ins Reich der Träume. * Sie fanden Pamela Redford in einem der vergitterten oberen Räume. Gefesselt und geknebelt lag sie auf einem einigermaßen bequemen Feldbett. Sogar zugedeckt hatte man sie.
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Die junge Frau war noch benebelt von einer Spritze, die man ihr gegeben hatte, die aber nicht sehr hoch dosiert zu sein schien. Jedenfalls konnte die Entführte auf eigenen Füßen die Treppe hinabsteigen, die so steil war wie eine Hühnerleiter. Da lagen Bulgar und Oleson nebeneinander auf dem Tennenboden, Hände und Füße gefesselt und Knebelpflaster über den Lippen. Pamela Redford betrachtete sie wie seltene Insekten. »Für wen haben die es getan?« wollte sie wissen. Butler Parker wurde einer Antwort enthoben, denn plötzlich hörte man Hufschlag. Zwei Reiter kamen vom südlichen Waldsaum angetrabt. Wenig später parierten sie ihre Pferde kurz vor dem Farmhaus, und Cory Condi rief: »Bulgar, wo steckst du?« Josuah Parker verließ das Haus an der Seite von Pamela Redford. »Rod Bulgar ist verhindert, Euer Hochwohlgeboren. Wenn Sie mit meiner Wenigkeit vorlieb nehmen wollen?« Pamela Redford regte sich nicht, sondern starrte nur ungläubig und dann mit Abscheu auf den Mann, der sie hatte heiraten wollen: Lord Matthew Bronk. Er saß im Sattel des braunen Hengstes wie sein eigenes Standbild. »Meine Wenigkeit«, sagte der Butler gemessen, »hat Sie schon in der Nacht erkannt, Mylord, als Sie mit Bulgar die Entführung bewerkstelligt haben.« Cory Condi, der es sonst gewohnt war, alle Drecksarbeiten von seinen Subjekten ausführen zu lassen, griff in seine rechte Jackentasche. Doch Parker war schneller. Aus seiner Hand flog die stahlblechgefütterte Melone wie ein Diskus und landete zielsicher an Condis Hals. Die Pistole, die der Gangster halb aus der Tasche gezogen hatte, kippte aus seiner Hand und fiel in den Sand. »Hilfe!« keuchte Condi. »Ich bin verletzt, ich ersticke.« »Das könnte durchaus zutreffen, wenn Sie sich nicht ruhig verhalten, Sir«, erwiderte Parker. Pamela Redford trat langsam auf ihren Verlobten zu. »Du hast das schmutzige Spiel mitgemacht, mit diesem Gangster… Pfui Teufel!« Lord Bronk ächzte und wurde grau im Gesicht. »Er hat mich gezwungen. Er hatte mich in der Hand.« »Spielschulden in Höhe von einer viertel Million Pfund«, erläuterte Parker. »Mein Gewährsmann hat das herausgefunden. Sie werden sich der irdischen Gerechtigkeit beugen müssen, Mylord.« Matthew Bronk gab auf. Er sah ein, daß er keine Chance mehr
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hatte. Cory Condi wurde wegen des Malheurs mit der Melone untersucht und war dabei klein und ein mieser Bursche, der in nichts mehr an den ehemaligen Gangsterboß erinnerte. * Mary-Ann Pembroke versammelte an diesem Abend ihre gesamte noch lebende Verwandtschaft und die Gäste des Schlosses in der Halle um sich. Es gab ein kaltes Büfett und französischen Champagner und echten schottischen Whisky. Im Mittelpunkt stand natürlich Lady Agatha Simpson. Sie hatte beim Büfett gehörig zugelangt und bediente sich eben wieder mit Rehrücken, Hawaii-Salat und Pastete. Butler Parker trug ihr das Glas Champagner nach, denn sie hatte nur zwei Hände. »Natürlich«, sagte sie zum wiederholten Mal, »war mir von vornherein klar, daß dieser windige Lord Bronk es auf Pamelas Geld abgesehen hatte, das ihr noch gar nicht gehört. Es lag doch auf der Hand, daß keiner von deinen Erben, liebste Mary-Ann, als Mörder in Frage kam.« »Wirklich?« entgegnete die Schloßherrin spitz. »Da war ich gar nicht so sicher.« »Wenn meiner Wenigkeit eine Bemerkung erlaubt sein sollte«, schaltete sich Butler Parker ein, »so möchte ich darauf hinweisen, daß Lord Bronk sich einige Male verdächtig gemacht hat. Zum Beispiel, als er die Schlange erschoß, die gar keinen Giftzahn mehr hatte und folglich das Leben Miß Redfords gar nicht gefährden konnte. Meine Wenigkeit darf wohl hoffen, daß Mylady mir alle meine vielen Fehler und Versäumnisse verzeihen wird.« Mary-Ann Pembroke wandte sich um. Etwas wie Wärme kam in ihren Blick. »Ich habe Sie verkannt, Mister Parker. Ihnen verdankt meine liebste Nichte die Freiheit. Sie haben sich um unsere Familie verdient gemacht.« »Und unter anderem«, fiel Agatha Simpson ein, »habe ich Lady Sue und Preston das Leben gerettet, als ich sie in die Klinik geschafft habe. Sie sollten beide sterben.« »Gewiß«, nickte Josuah Parker mit »und unter anderem«, fiel Agatha der unbewegten Miene eines Pokerspielers. »Mylady waren wie immer nicht zu schlagen.«
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-ENDENächste Woche erscheint BUTLER PARKER Auslese Band 290 Günter Dönges
PARKER läßt die Legionäre zittern
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