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Denk-Anstoß für Leute, die gern etwas weiter und tiefer denken:
Was Sie über Metaphern und Stories wissen sol...
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Denk-Anstoß für Leute, die gern etwas weiter und tiefer denken:
Was Sie über Metaphern und Stories wissen sollten Copyright-Hinweis: Ein Teil dieses Textes ist sowohl eine Seminar-Unterlage, © 1998, 2000, 2002 als auch ein Merkblatt in meinem mvg-Taschenbuch: StoryPower (mit Genehmigung des Verlages).
Wörter als Bausteine des Denkens Bitte legen Sie unbedingt Schreibzeug griffbereit, denn spätere Aufgaben werden sich auf Ergebnisse von früheren beziehen (ich will nicht vorgreifen, aber es lohnt sich diesmal wirklich, Notizen zu machen). Beginnen wir mit einer kleinen Denksport-Aufgabe Angenommen, Sie wollten die Buchstaben dieses Alphabetes (unten) in logische Kategorien einsortieren, wie sähen Ihre Entscheidungs-Kriterien aus?
A, b, C, d, e, F, G, h, i, J, K, l, m, N, o, P, Q, r, s, T, u, v, w, X, y, Z. Letzte Chance, selber etwas herauszufinden, ehe Sie umblättern!
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Haben Sie eine dieser drei Möglichkeiten gewählt?
3. 2. 1.
Groß- bzw. Kleinschreibung: A, b, C, d, e, F, G, h, i, J, K, l, m, N, o, P, Q, r, s, T, u, v, w, X, y, Z (Kleinbuchstaben wurden durchgestrichen) Vokale contra Konsonanten: A, b, C, d, e, F, G, h, i, J, K, l, m, N, o, P, Q, r, s, T, u, v, w, X, y, Z. (A E I O U sind Vokale) Die Form der Buchstaben: A, b, C, d, e, F, G, h, i, J, K, l, m, N, o, P, Q, r, s, T, u, v, w, X, y, Z.(A F K N T v w X y Z setzen sich alle aus nur geraden Linien zusamen) Es folgt eine Sortier-Variante in Anlehnung an eine ähnliche Kategorisierungs-Aufgabe von Andrew GOATLY1
Kästchen sortieren
Aufgabe 1: Sortieren Sie diese sechs Mini-Bilder in verschiedene Kategorien (Bitte unbedingt Notizen machen!). Bitte begründen Sie exakt, welche Kriterien zu welcher Zuordnung geführt haben.
Ihr Ergebnis................................................................................................ Grundlage ist meine Variante einer Übung aus Andrew GOATLYs brillantem Fachbuch („The Language of Metaphors“).Das Buch ist eine großartige Quelle für alle, die wirklich TIEF forschen wollen, die sich jedoch von ziemlich „trockener“ Fachsprache nicht abschrecken lassen. 1
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Aufgabe 2: Nun prüfen Sie, wieviele weitere Kategorisierungs-Möglichkeiten Sie sich für jene sechs Kästchen ausdenken können, wobei Sie jedesmal wieder exakt begründen, welche Einteilung diesmal zu der neuen Zuordnung geführt hat.
Ihr Ergebnis............................................................................................. Aufgabe 3: a) SOFORT Wie viele Kategorisierungs-Möglichkeiten sind Ihnen (alleine) eingefallen?
Ihr Ergebnis............................................................................................ b) SPÄTER Sprechen Sie mit anderen Menschen und poolen Sie Ihre Ideen. Wieviele Möglichkeiten sind es inzwischen geworden?
Ihr Ergebnis............................................................................................ Jetzt wird es spannend: Wie viele Ihrer Möglichkeiten haben die sechs Kästchen genau in zwei Kategorien á jeweils drei Kästchen eingeteilt? __________
Aufgabe 4: Fallen Ihnen zu der letztgenannten Zielstellung noch weitere Möglichkeiten ein, wenn Sie noch einmal nachdenken?
Ihr neues Ergebnis?............................................................................................ Wenn Sie mitgedacht und mitgespielt haben, dann sind Sie jetzt offen für einen der wesentlichsten Gedanken über die Art, wie wir die Welt denkend erfassen, den Andrew GOATLY uns anbietet. Es ist bahnbrechend. Übrigens wird Ihnen das Nachfolgende viel mehr bedeuten, wenn Sie wirklich zuerst nachgedacht und sich (zumindest kurz) an den Aufgaben versucht haben. Es geht nicht darum, wie „gut“ Ihre Ergebnisse sind, sondern darum, daß Sie ganz bewußt „in Kategorien“ zu denken versucht haben, ehe Sie weiterlesen. Sie wissen, es gibt nur ein einziges erstes Mal einen Text (wie diesen) zu lesen.
Letzte Chance, die Aufgaben zu lösen, ehe Sie weiterlesen.
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Wer mitmacht, kann wirklich fundamentale Ein-SICHT-en gewinnen. Es ist Ihre Wahl. Mit diesen kleinen Aufgaben bietet GOATLY uns die Chance, etwas sehr wichtiges zu begreifen. Nämlich: so wertvoll Klassifizierungen und Kategorisierungen für gewisse Denk-Prozesse sind, so sollte man doch immer begreifen:
Jede Klassifizierung bewirkt immer 2 gegensätzliche Dinge gleichzeitig: 1.
Sie betont einige Aspekte der Sache bewußt durch HERVORHEBUNG.
2. Sie läßt andere Elemente (unter den Tisch) fallen; dies entspricht gleichsam einer UNTERSCHLAGUNG.
Beispiele: Wenn Sie die Kästchen bei der vierten Aufgabe z.B. danach sortiert haben, wieviele Elemente das Kästchen enthält, dann fielen die Nummern 1, 4 und 6 in die eine EinElement-Kategorie, 2, 3 und 5 hingegen in die (andere) Zwei-Element-Kategorie. Haben sie hingegen darauf geachtet, ob die „o“ und „x“ groß oder klein waren, dann beachten Sie andere Kategorien, die Sie jetzt hervorheben. Haben Sie hingegen darauf geachtet, ob in der Mitte des Kästchens ein „x“ oder ein „o“ sitzt, dann müssen Sie Nummern 1, 2 und 6 zusammenpacken und „gegen“ die Nummern 3, 4 und 5 sortieren.
Bei der Kästchen-Aufgabe sehen wir das Prinzip ganz klar, aber wir begreifen noch nicht unbedingt, wie bahnbrechend diese Idee ist. Dies wird aber schnell glasklar, wenn GOATLY den „simplen“ Gedanken mit folgender Idee verbindet. Er sagt bezüglich jeder Schilderung von Wirklichkeit:
Immer müssen wir einige Aspekte weglassen, weil wir andere hervorheben. Dadurch aber zeichnen wir jeweils ein völlig anderes Bild. In einem Spezial-Seminar „Sprache als Instrument des Denkens“ (vgl. mein gleichnamiges e-book) setze ich manchmal einen speziellen Text ein (in dem ein Mann beschrieben wird). Die Teilnehmer/innen notieren nach dem Lesen ihre ersten Asso-
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ziationen und eine kurze Beurteilung dieser Person. Wenn Sie aktiv mitmachen wollen, dann bitte gleich!
Aufgabe 5: Bitte lesen Sie den Text nur ein einziges Mal (so wie Sie etwas, das Ihnen jemand erzählt, ja in der Regel auch nur einmal hören) und notieren dann sofort Ihre ersten spontanen Assoziationen zu dieser Person: Inzwischen hat es sich herausgestellt, daß dieser arbeitslose Familienvater schon seit langem seine Miete nicht bezahlt hat und sowohl von der Suppenhilfe als auch von der Schlafstelle für Obdachlose profitiert... Ihre ersten spontanen ASSOZIATIONEN: Welche „ersten Eindrücke“ hinterläßt die Schilderung dieser Person in Ihnen? .......................................................................................... .......................................................................................... .......................................................................................... .......................................................................................... .......................................................................................... ..........................................................................................
Aufgabe 6: Bitte beantworten Sie folgende Fragen (genau so spontan) 1. Würden Sie der Person im Geschäftsleben vertrauen? ❐ Ja ❐ nee, eher nicht.... ❐ Nie 2. Würden Sie der Person privat vertrauen? ❐ Ja ❐ nee, eher nicht.... ❐ Nie 3. Würden Sie die Person gern näher kennenlernen wollen? ❐ Ja ❐ nee, eher nicht.... ❐ Nie 4. WürdenSie mit der Person gern öffentlich gesehen werden (z.B. im Theater, im Restaurant, auf der Gartenparty Ihrer Nachbarn? ❐ Ja ❐ nee, eher nicht.... ❐ Nie
Letzte Chance, die Aufgaben zu lösen, ehe Sie weiterlesen.
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Es ist (fast) derselbe Text für alle Teilnehmer, aber es gibt vier minimal voneinander abweichende Varianten: In jeder wird für den Mann in der Mini-Story ein anderes Wort verwendet, nämlich: 1. Penner 2. Familienvater 3. Drogendealer oder 4. Künstler. Die Assoziationen der Teilnehmer ähneln sich pro Text-Variante sehr. Aber - Sie ahnen es, die Beurteilungen der Gruppen 1 - 4 unterscheiden sich dramatisch voneinander. Der Penner wird als „mild unsympathisch“ eingestuft, der Drogendealer als „Schwein“, der Familienvater als „gut“...
Selber experimentieren überzeugt am besten! Vielleicht möchten Sie das Experiment wiederholen?
Trainings-Aufgabe: Möglichst oft durchführen! Wählen Sie einen kurzen Text über jemanden aus (z.B. das Kurz-Portrait eines Prominenten in einer TV-Zeitschrift). Bringen Sie diesen Text in einen Computer und schon können Sie verschiedene Versionen anfertigen, indem Sie jeweils nur ein Wort austauschen. Diese Versionen drucken Sie aus und tragen Sie in der Brieftasche herum. Wann immer sich eine Gelegenheit ergibt, bitten Sie eine/n Ihrer Gesprächspartner/innen um eine schnelle spontane Beurteilung der beschriebenen Person. Sie werden immer wieder erleben: Wenn ich jemanden als Penner bezeichne bzw. wird jemand mir als Penner „vorgestellt“ und hinterfrage ich dieses Etikett nicht (wie die meisten Menschen), dann werden völlig andere Aspekte der Wirklichkeit AUSGEBLENDET (IGNORIERT, GELEUGNET), als wenn ich über einen Familienvater nachdenke. Das passiert jedem, aber es ist uns (meint GOATLY), normalerweise nicht bewußt. Was auf der Ebene der Wörter gilt, gilt auf komplexere Art für Metaphern und Stories. Übrigens bezeichne ich eine Metapher als eine Mini-Story, die aus der Redewendung, manchmal nur einem einzigen Wort besteht. Denn jede Metapher „erzählt ihre Story“. Beispiele: 1. Wenn die Amerikaner irgendeinem neuen Skandal einen Namen geben, dem die Endung „-gate“ angehängt werden, dann enthält diese Metapher die ganze Story von Watergate in einer Nußschale: 1. Politiker/Bürokraten/Amtsträger haben etwas Gesetzloses getan.
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2. Sie wollten nicht, daß es herauskam. 3. Journalisten haben es enthüllt und dann 4. haben Beteiligte erst gelogen, ehe sie gezwungen werden mußten, die Wahrheit zu sagen. Das ist 5. Betrug am amerikanischen Volk! 2. Denken Sie an Gleichnisse großer Meister. Wenn Jesus davon spricht, daß wir mit dem Pfunde (mit den Talenten) wuchern sollten, dann wissen alle, die das Gleichnis kennen, Bescheid, denn der Begriff „Pfund“ („Talent“) ist inzwischen eine ausgewachsene Metapher geworden. Und genau das ist ein Knackpunkt: Wir müssen Vorwissen mitbringen, um Metaphern (und Stories) zu begreifen. So lesen wir z.B. im alten Testament die Story einer Frau namens Rachel, die mit ihrem Mann in dessen Heimatland zieht (vergleichbar mit einem Umzug von Bayern nach Karlsruhe, oder umgekehrt) und den Hausgott stiehlt, im Hause ihres Vaters. Diesen verbirgt sie unter ihrem Gewand. Man bemerkt den Diebstahl und reist der kleinen Karawane nach, sucht den Hausgott, findet ihn aber nicht. Man will auch sie durchsuchen, aber sie lügt und behauptet, derzeit ihre Monatsblutung zu haben und die Häscher kehren wortlos um. So kann sie den gestohlenen Hausgott mitnehmen. Wir begreifen diese Story nicht, weil wir nicht mehr wissen, was damals jeder wußte, der die Geschichte hörte oder las: 1. Frauen galten einmal im Monat als unrein und durften nicht berührt werden. Man nahm auch an, daß eine Frau in diesem Zustand den Hausgott niemals an ihrer Person verstecken würde, denn (aus Männersicht) war das undenkbar. Deshalb kehrten die Suchenden um. Aber noch wissen wir nicht, warum sie das überhaupt getan hat. 2. Wer den Hausgott hat, der erbt. Somit drückt Ihr Diebstahl tiefstes Mißtrauen gegen ihren Ehemann bzw. seine Familie aus (man denke nur an Indien, wo Frauen von der Familie ihres Mannes oft mißhandelt oder getötet werden). Wenn Sie nach Ankunft im Land seiner Väter merken würde, daß diese Leute bettelarm sind oder daß sie nicht gut behandelt wird, dann könnte sie entweder als Erbin auftreten und sich Respekt verschaffen oder sich eine Rückreise erkaufen. Aber selbst, wenn wir das nötige Vorauswissen mitbringen, entgeht uns oft, das die GOATLY-Regel für Klassifizierungen natürlich auch hier gilt:
Jede Metapher/Story betont manche Aspekte (HERVORHEBUNG) und unterdrückt andere (UNTERSCHLAGUNG). Da das Hervorgehobene per definitionem gut sichtbar wird (bzw. nicht überhört werden kann), steht es gleichsam im Licht, während das Unterschlagene ein Schattendasein fristet. Dabei ist es unerheblich, ob die Person, die uns eine
Übrigens wollen wir den Begriff selbst näher betrachten: Metapher leitet sich vom Griechischen her µεταπηερειν). Es bedeutet wörtlich hinübertragen“; also „tragen“ wir die Bedeutung einer Sache „hinüber“ zu einer anderen. Der Fluß-ARM oder der Berg-RÜCKEN sind einfache Metaphern, denn wir übertragen die Idee von Armen (eines Tieres oder Menschen) auf den Fluß und die Idee unseres Rückens auf den Berg.
die Idee unseres Rückens auf den Berg. Seite 8
Metapher/Story anbot, dieses bewußt tat oder nicht. In dem Moment, in dem wir hervorheben, daß wir von einem „Penner“ reden, ist unerheblich, ob der arme Mann Familie hat. Wissen wir, jemand ist ein Drogendealer, heben wir das Kriminelle, das Böse hervor und unterschlagen alles, was ihn „menschlich“ erscheinen lassen könnte. Betonen wir hingegen den Familienvater, ist schwer vorstellbar, daß er ein Künstler sein könnte. Auch Neil POSTMAN (vgl. „Keine Götter mehr - Das Ende der Erziehung“) betont, daß eine Metapher keinesfalls ein Redeschmuck oder eine sprachliche Zierde ist, wiewohl sie uns in Schule und Ausbildung gerne so „verkauft“ werden. Er stellt fest: Im Gegenteil...
Metaphern beeinflussen den Wahrnehmungs-Prozeß so stark, daß man geradezu von einem WahrnehmungsOrgan sprechen muß. Und er stellt fest, daß nicht nur Redner Metaphern verwenden sondern jeder Mensch, insbesondere Wissenschaftler, wiewohl wir durch die Schule beeinflußt in der Regel glauben, diese Leute würden uns rein sachlich „berichten“, was sie „fänden“. Schon EINSTEIN meinte:
Die Theorie bestimmt, was wir überhaupt finden können. Denn unser Vorwissen hat Vorstellungen in unsere Köpfe gepflanzt, die wie Filter wirken, welche hineinlassen, was in das Konzept „hineinpaßt“ und außen vor lassen, was nicht paßt. Somit steht die Vor-Stellung zwischen uns und der Welt, die wir wahrnehmen wollen. Nun stellt POSTMAN fest:
Keine wissenschaftliche Theorie kann ohne Metaphern vorgetragen werden, weil schon Grundbegriffe wie Zeit, Raum, Ausdehnung etc. Metaphern sind! Aufgabe 7: Nehmen Sie ganz normale Begriffe wörtlich und fragen sich, welche Ideen, Bilder, Vorstellungen „darin stecken“, welche Stories sie also enthalten. Aus-DEHN-ung – was impliziert das? Ent-WICK-lung? Ent-DECK-ung? Übrigens habe ich deshalb vor Jahren begonnen, Begriffe und Redewendungen zu zeichnen (sog. KaGa.s, vgl. mein großes Analograffiti-Buch!), weil man so langsam be-greift, was ein Begriff alles enthält und welche Erwartungen diese Inhalte in uns aufbauen... Durch Metaphern und Stories sehen wir die Welt, die jene Metaphern und Stories uns sehen lassen, nein „sehen machen“! Demzufolge „machen“ bestimmte Metaphern und Stories eine andere „Welt“ als andere Stories. Und:
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Durch WEITERE Metaphern und Stories er-WEITER-n wir unsere Welt! Wir „erweitern“ (eine Metapher!) unseren „Horizont“ (auch eine Metapher!) und helfen uns, mehr wahrzunehmen (auch eine Metapher!). Wenn ich weiß, daß jener Mann sowohl ein Familienvater als auch obdachlos ist, wenn ich weiß, daß andere ihn als Penner bezeichnen und wenn ich weiß, daß er ein wenig mit Drogen dealt (um seinen eigenen Gebrauch zu finanzieren), dann wird meine Wahrnehmung stetig differenzierter und damit der komplexen Persönlichkeit, die er sicher ist, bestimmt gerechter.
Kampf oder Krieg? Und wenn ich lerne, daß ein KAMPF gegen etwas nicht unbedingt als KRIEG bezeichnet werden muß, bzw. daß beide Metaphern sehr unterschiedliche Vorstellungen in uns auslösen, dann sehe ich mehr. Beispiel:
Im Januar 2002 tobte die internationale Diskussion, weil die Bündnispartner der Amerikaner forderten, die „detainees“ (= die Taliban-Gefangenen) seien unbedingt als Kriegsgefangene gemäß Genfer Konvention zu behandeln. Tja, liebe LeserInnen, das sind Metaphern! Wann wurde jemand in einem Krieg als Soldat gefangen? Wann ist eine Ansammlung von Kampfhandlungen gegen andere ein Krieg, wann ein Kampf? Ist es nur ein Krieg, wenn einem Land offiziell der Krieg erklärt wurde oder reicht es, eine Gruppe Einwohner eines Landes zum Feind zu erklären und gegen sie einen sogenannten Krieg zu führen? Paßt das zusammen, wenn ich die Leute dort als Terroristen bezeichne aber gleichzeitig behaupte, einen Krieg gegen sie zu führen? Ist das nicht vielleicht doch eher ein Kampf? usw. Die Amerikaner sind gegen die Einstufung als Kriegsgefangene. Daher betonen sie, daß es sich um kriminelle Elemente handelt. Aber auch wir Deutschen haben diese Debatte bereits hinter uns: Als die Rädelsführer der RAF inhaftiert waren, forderten sie, man müsse sie als Kriegsgefangene behandeln, sie hätten ihre Terrorakte schließlich aus politischen Gründen begangen. Der Aufschrei bei uns! Trotzdem fordern einige derselben Leute heute lautstark, die Amerikaner sollen ihre gefangenen Terroristen als „nationale Soldaten“ einstufen.
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Das haben sie sich gewissermaßen durch eine Metapher selbst eingebrockt, als sie den KAMPF gegen Terror zu einem KRIEG erklärt hatten. Dies wiederum wurde wahrscheinlich stark von der Metapher Jihad (dem sog. heiligen „Krieg“) der islamistischen Terroristen beeinflußt. Würde man jihad genau betrachten, wofür der Begriff eigentlich steht (Zwang mit Waffengewalt), dann wäre klar, daß ein Mafiosi, der einen Menschen einfach erschießt, um etwas zu erhalten/erzwingen im Grunde analog handelt...
Das ist die gigantische Macht der Metaphern. Sie heben einige Aspekte hervor und unterschlagen andere. Deshalb sind wir blind und taub für jene Aspekte, die eine spezifische Metapher verbirgt. Deshalb schlagen uns Kenner der Materie immer wieder vor, möglichst häufig die Metaphern zu wechseln, bzw. für eine wichtige Thematik gleich mehrere Metaphern (parallel) zu entwickeln, sammeln, vorzutragen. Auf diese Weise wird das Bild „runder“. Dies hat wichtige Auswirkungen auf unser Leben. Um nur zwei anzudeuten (nach dem Motto: „Selber denken macht Spaß”): 1. Wer in einem Umfeld voller Haß-Geschichten auf bestimmte Bürger seines Landes aufgewachsen ist, wird diese Menschen durch andere Filter sehen als jemand, der sie nicht so bezeichnet: Die Metaphern als WahrnehmungsOrgan! Welche Gefühle werden in Ihnen wach, wenn Polizisten als „Bullen“ bezeichnet werden, welche, wenn wir von unserer Ordnungsgewalt sprechen? Wie nennen Sie sie? 2. Wer weit mehr Verlierer-Metaphern gehört hat, leidet weit mehr (von Beruf Opfer!) als jemand, der mit Freude-Metaphern aufgewachsen war bzw. derzeit von Freude-Metaphern umgeben ist. Aber wer um die Macht von Metaphern und Stories weiß, muß nicht länger hilfloses Opfer sein: Wir können Metaphern und Geschichten bewußt auswählen, mit denen wir uns umgeben wollen. Ein weit unterschätzter Einsatz von Metaphern und Stories ist die Zielstellung, uns emotional zu verbessern: Hier wählen wir bewußt Metaphern und Stories, die das Positive hervorheben. Sie können auch ein wunderbares Gegenmittel zum Alltag sein, z.B. zu einer halbstündigen Nachrichten-Sendung mit viel emotionalem Schmutz (von Erpressern über Terroristen über Unfälle über Skandale und und und). Wenn wir uns inspirierenden Gedanken aussetzen, weil wir emotional das Positive HERAUSHEBEN und das Negative WEGLASSEN wollen, dann können wir unsere Stimmungen dramatisch verbessern. Mit solchen Aktionen – schaffen wir ein Gegengewicht, zu dem vielen „anderen“, das uns täglich begegnet.
(Vgl. auch meine Taschenbücher: StoryPower und Humor – an Ihrem Lachen soll man Sie erkennen – Sommer 2001, beide inzwischen 2. Aufl.).
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Was nehmen unsere Metaphern für uns wahr? Neil POSTMANs Warnung und Verheißung lautete (vgl. oben): Wir können Lassen Sie mich Ihnen noch eine (sowohl geuns Metaphern als Wahrnehmungsorgane vorstellen. Versuchen kürzte als auch erweiwir einmal, unsere berufliche oder private Situation metaphorisch zu formu- terte) Gedankenkette aus meinem neuen lieren. „ABC-Kreativ“ Angenommen, Sie suchen eine Metapher für Ihr Leben, was fiele Ihnen Buch anbieten (es erscheint da so ganz spontan ein? vorauss. April 2002). Das Leben ist wie (ein/e) ______________________________? Auch hier gibt wieder: erst nachdenken, dann weiterlesen, wenn Sie aktiv mitdenken wollen... Haben Sie nachgedacht? Beispiele: Das Leben ist wie ein Fluß, ... wie eine Ausbildung, ... wie eine Theateraufführung, ... wie eine Ferienreise oder ... wie ein Karussell. Nun könnten wir weiterfragen: „Warum (das)?“, z.B. „Warum ist das Leben wie ein Karussell?” und den Antworten lauschen, die in uns aufsteigen. Eine KleinGruppe im Seminar: Das Leben ist ein Karussell, weil... a) ... weil jede Runde mehr vom selben ist b) ... weil es am meisten Spaß macht, wenn ein anderer die Karten bezahlt c) ... weil man in jeder Runde ein anderes Tier (den hohen Hals der Giraffe, den sicheren breiten Löwenrücken) einnehmen kann d) ... weil alles immer in Bewegung ist. Fragen Sie sich : 1. Welche weiteren Erklärungen fallen Ihnen spontan ein? 2. Wollen Sie Ihre ersten Assoziationen aufschreiben? Solche Denk-Übungen helfen uns, eine Menge darüber zu erfahren, wie wir gewisse Dinge „sehen“. Denken Sie z.B., das Leben sei (wie) ein Karussell, weil alles immer gleich ist (a), dann werden Sie durch das Langeweile-Wahrnehmungsorgan wohl kaum viel Faszinierendes im Leben entdecken können. „Sehen“ Sie das Leben hingegen als Karussell, weil alles immer in Bewegung ist (d), dann werden Sie durch dieses Wahrnehmungsorgan eine ganz andere Welt wahrnehmen. Allerdings müssen wir uns über eins im Klaren sein: Im ersten Ansatz „sehen“ wir an der Metapher vor allem, was sie betont, hervorhebt, unterstreicht, oder besonders ver-deutlich-t. Erinnern wir uns, Andrew GOATLY wies darauf hin, daß jeder Metapher eine Doppelfunktion innewohnt:
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Zum einen hebt sie manche Aspekte einer Sache hervor, aber andere Aspekte werden durch die Metapher unterdrückt, ausgelassen, weggefiltert. Metaphorisches Denken kann um so hilfreicher sein, je klarer wir uns darüber sind, daß jede Metapher (und jede Erklärung für Metaphern) unsere Wahrnehmungen und Deutungen dessen, was wir wahrnehmen, dramatisch verändern kann. Deshalb erwähnten wir auch die Forderung, lieber mehr als weniger Metaphern zu entwickeln, denn: Je mehr Metaphern wir für wichtige Themen unseres Lebens erfinden und gedanklich weiterentwickeln, desto REICH-haltiger werden unsere Wahrnehmungen und desto differenzierter werden unsere Deutungen des Wahrgenommenen. Wir können auch sagen: Je mehr Metaphern wir für dieselben (Aspekte von) Situationen suchen, desto umfassender wird unsere Betrachtungsweise und desto vielfältiger sind mögliche Einsichten, die wir gewinnen können. Fazit: 1. Wenn wir öfter daran denken, daß die meisten Beschreibungen der Wirklichkeit (von Forschungsergebnissen über Situationen und Fragestellungen bis hin zu Problemen, die wir lösen wollen) metaphorische Aspekte haben, dann können wir sowohl unseren Blickwinkel als auch unsere Chancen für Lösungen dramatisch erweitern. 2. Je häufiger wir das Bilden von Metaphern (im „Trockendock”) trainieren, desto besser werden wir diese Fertigkeit beherrschen, so daß wir sie auch konkret zum Lösen von Problemen heranziehen können, weil wir unser Kompetenz-Niveau rechtzeitig erhöht haben (vgl. „G“, oben). Dazu dienen Übungen wie folgende, wobei Sie jedes Beispiel viele Male angehen - Man kann sie gerne sollten. Manchmal schriftlich, manchmal im Kopf, (s. Rand). auch unterwegs, an der Kasse im • Meine Arbeit ist wie ein.....? Warum? Weil .... Supermarkt,an der • Meine Partnerschaft ist wie ein.....? Warum? Weil .... roten Ampel oder • Meine Freundschaft (mit...) ist wie ein...? Warum? Weil .. .. beim Gassigehen durchführen! _______________________________________________
Dieser Beitrag enthielt Zitate aus dreien meiner Bücher: 1. StoryPower und 2. Humor – an Ihrem Lachen soll man Sie erkennen (Sommer 2001, beide inzwischen 2. Aufl.), sowie: 3. meinem neuen Buch „ABC-Kreativ“ (April 2002 ) 4. GOATLY, Andrew Critical Reading and Writing: An Introductory Coursebook; Routledge 2001 5. POSTMAN, Neil Das Verschwinden der Kindheit; Fischer 1983 Wir amüsieren uns zu Tode; Fischer 1985 Die zweite Aufklärung; Berliner Taschenbuchverlag 2001 Keine Götter mehr. Das Ende der Erziehung; DTV 1997