Christoph Sandstede Verhandlungen unter Unsicherheit auf Industriegütermärkten
Christoph Sandstede
Verhandlungen unter Unsicherheit auf Industriegütermärkten Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Markus Voeth
RESEARCH
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Dissertation Universität Hohenheim, 2009 D100
1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010 Lektorat: Ute Wrasmann | Sabine Schöller Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2062-1
V _________________________________________________________________________
Geleitwort Industrielle Vermarktungsprozesse sind typischerweise durch eine hohe Interaktionsintensität zwischen Anbieter und Nachfrager gekennzeichnet. Da industrielle Leistungen häufig technologisch sehr komplex sind und zudem auf Industriegütermärkten auf beiden Marktseiten in der Regel eine nur relativ geringe Anzahl an Marktteilnehmern vorhanden ist, werden Leistungen und Gegenleistungen auf Industriegütermärkten zumeist im Rahmen eines mehr oder weniger intensiven Austauschprozesses zwischen den Transaktionspartnern festgelegt. Da allerdings die Beteiligten in der Regel über unterschiedliche Präferenzen verfügen, müssen sich die Interaktionspartner auf eine für beide Parteien akzeptable Lösung verständigen. Kurz gesagt: Sie müssen verhandeln. Eine wesentliche Aufgabe des Marketings auf Industriegütermärkten ist folglich darin zu sehen, sich mit dem Verhandlungsverhalten, aber auch den zugrunde liegenden Zielen und Motiven des Einkaufs zu beschäftigen, um hieraus Schlussfolgerungen für die Marktbearbeitung zu ziehen. Auch wenn Verhandlungen konstituierendes Merkmal von industriellen Transaktionsprozessen sind, darf nicht übersehen werden, dass Verhandlungen auf Industriegütermärkten sehr unterschiedlich ablaufen. Da es nicht das Industriegut gibt, sondern Industriegüter eine sehr große Heterogenität aufweisen, unterscheiden sich Verhandlungen auf Industriegütermärkten sowohl hinsichtlich der verfolgten Verhandlungsziele, als auch hinsichtlich der eingesetzten Verhandlungsstrategien und der ablaufenden Prozesse. Zum Beispiel ist davon auszugehen, dass Verhandlungen im Rahmen des Einkaufs oder des Vertriebs standardisierter, geringwertiger Industriegüter (z. B. Schrauben) anders ablaufen, als dies bei der Beschaffung oder dem Vertrieb komplexer Großanlagen (z. B. Steinkohlekraftwerke) der Fall ist. Der wesentliche Unterschied ist hierbei in der sehr unterschiedlichen Unsicherheitsposition der Verhandlungsparteien zu sehen. Während bei standardisierten, geringwertigen Industriegütern die Leistungen feststehen und zumeist zumindest Listenpreise im Hinblick auf die Gegenleistungen vorhanden sind, existieren bei Verhandlungen über komplexe Großanlagen kaum Informationen über die zu erbringende Leistung sowie über einen hierfür angemessenen Preis. Stattdessen müssen sich die Marktparteien hierauf erst im Rahmen einer Verhandlung verständigen. Im Kern unterscheiden sich Verhandlungen im Industriegütermarketing folglich vor allem im Hinblick auf die Unsicherheit der Transaktionspartner über das Verhandlungsobjekt und die Verhandlungsgegenstände. Obwohl Unsicherheit damit eine besondere Bedeutung für viele Verhandlungen auf Industriegütermärkten zukommt, wurden die Besonderheiten von Verhandlungen unter Unsi-
VI _________________________________________________________________________ cherheit bislang weder in der Verhandlungsforschung noch in der IndustriegütermarketingForschung intensiv diskutiert und analysiert. Daher ist das von Christoph Sandstede gewählte Thema wissenschaftlich als besonders bedeutsam einzustufen. Wie bei einem solchen Thema, zu dem bislang kaum wissenschaftliche Untersuchungen vorliegen, geschweige denn umfangreiches empirisches Material herangezogen werden kann, sinnvoll und angemessen ist, nähert sich Christoph Sandstede dem Untersuchungsphänomen, indem er eine sehr aufwendige deskriptive Analyse von Verhandlungsprozessen unter Unsicherheit und – zur Abgrenzung – unter Sicherheit durchführt. Hierbei zeigt sich, dass das Auftreten von Unsicherheit zu teilweise völlig anderen Mechanismen in Verhandlungen führt. Daher ist es für Marketing und Vertrieb wichtig, bei der Festlegung der eigenen Verhandlungsziele und Strategien die Unsicherheitsposition der Gegenseite in die Planung einzubeziehen. Da die Arbeit interessante Ansatzpunkte für die Verhandlungspraxis bietet und zudem verschiedene weitergehende Forschungsfragen anstößt, wünsche ich der Arbeit in Wissenschaft und Praxis breite Beachtung.
Prof. Dr. Markus Voeth
VII _________________________________________________________________________
Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Marketing der Universität Hohenheim und wurde im Oktober 2009 durch die Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften als Dissertation angenommen. Im Laufe dieser Zeit habe ich viele Personen kennenlernen dürfen, die mich in unterschiedlicher Art und Weise beeinflusst, und teilweise auch einen Anteil am Entstehen dieser Arbeit haben. Aus diesem Grund möchte ich meinen Wegbereitern und Wegbegleitern an dieser Stelle Danke sagen. Besonderer Dank gebührt meinem akademischen Lehrer, Herrn Prof. Dr. Markus Voeth. Er hat bei mir die Begeisterung für das Themenfeld Verhandlungsforschung geweckt sowie mein Interesse für Fragestellungen des Industriegütermarketings verstärkt. Auf zahlreichen Doktorandenseminaren hat er mir wichtige Impulse gegeben, mir zugleich jedoch auch die notwendigen Freiräume gewährt. Er hat schließlich auch dafür gesorgt, dass ich trotz des „Laufens an der langen Leine“ zum Ziel gefunden habe. Auch für die vielfältigen Erfahrungen, die ich während meiner Zeit am Lehrstuhl für Marketing sammeln durfte, bin ich ihm sehr dankbar. Vieles wird mir noch lange in Erinnerung bleiben. Darüber hinaus danke ich meiner Zweitgutachterin, Frau Prof. Dr. Mareike Schoop. Auch sie hat das Promotionsvorhaben bereits in einem sehr frühen Stadium unterstützt, Ideen beigesteuert und durch ihre schnelle und profunde Begutachtung zu einem positiven Abschluss beigetragen. Schließlich bedanke ich mich herzlich bei Herrn Prof. Dr. Karsten Hadwich, der bei meinem Kolloquium den Prüfungsausschussvorsitz inne hatte und u.a. durch sein Interesse für meine Arbeit zu einer guten Prüfungsatmosphäre beigetragen hat. Dank gebührt aber auch meinen Wegbegleitern. Hier möchte ich zunächst auf die „alte Generation“ meiner ehemaligen Kollegen eingehen: Mit Frau Jun.-Prof. Dr. Uta Herbst habe ich mein erstes Büro teilen dürfen. Sie hat zu einem sehr guten Start in die universitäre Arbeitswelt beigetragen und durch ihre vielfältigen Aktivitäten darüber hinaus dafür gesorgt, dass mir nie langweilig wurde. Dr. Axel Gawantka sowie Dr. Renate Rose habe ich beide in der Endphase ihrer Dissertationsprojekte kennenlernen dürfen. In ihnen habe ich zwei Freunde gewinnen können, die bei mir bereits früh für die notwendige Fokussierung auf das Ziel gesorgt haben. Zur ersten Generation gehört auch Dr. Stefan Sandulescu, bei dem ich mich besonders bedanken möchte, weil er mir nicht nur in seinem letzten Jahr am Lehrstuhl sondern bis heute stets ein guter Freund sowie kompetenter Ansprechpartner ist. Hinsichtlich der „ständigen Wegbegleiter“ bedanke ich mich bei Sina Barisch, die mich
VIII _________________________________________________________________________ fast während meiner gesamten Zeit am Lehrstuhl begleitet hat und insbesondere bei der Organisation und Durchführung der für die vorliegende Arbeit maßgeblichen Verhandlungssimulation stark unterstützt hat. Ebenfalls über eine lange Wegstrecke hat mich Dr. Isabel Tobies begleitet und mit vielfältigen Ideen unterstützt. Ganz besonders herzlich bedanken möchte ich mich bei meinem engsten Wegbegleiter, Dr. Christian Niederauer, mit dem ich mich ebenfalls annähernd während der gesamten Hohenheimer Zeit sowohl auf der fachlichen als auch privaten Ebene u.a. intensiv zum Themengebiet der Unsicherheit auseinandergesetzt habe und der mir nicht nur dadurch ein guter Freund geworden ist. Auch den weiteren Lehrstuhlmitarbeitern Joachim Pelz, Björn Rentner, Jeanette Loos, Frank Liess, Victoria Tagieva sowie den ebenfalls in der Verhandlungsforschung tätigen Mitgliedern des gleichnamigen Forschungsclusters Sabine Schwarz und Daniel Schwarz sei herzlich gedankt. Diesbezüglich sind auch die wissenschaftlichen Hilfskräfte des Lehrstuhls zu erwähnen, die mir beispielsweise durch Literaturbeschaffungen eine gute Hilfe waren. Hervorzuheben ist besonders Steffen Munk, der mich im Rahmen seiner Diplomarbeit hinsichtlich der Kodierung der vorgenommenen Verhandlungssimulation unermüdlich unterstützt hat. Schließlich ist auch Monika Fielk zu danken, die die nachstehende Arbeit nicht nur hinsichtlich orthographischer und grammatikalischer Unzulänglichkeiten Korrektur gelesen, sondern auch für die notwendige administrative Unterstützung gesorgt hat. Alle genannten Wegbegleiter haben gemeinsam und jeder individuell für teilweise fachlichen Austausch, ganz wesentlich aber für eine gute Atmosphäre und Kurzweil gesorgt, die neben außeruniversitären Freundschaften zur konzentrierten Umsetzung eines derartigen Projektes ebenfalls notwendig sind. Abschließend sind vor allem meine Eltern als tatsächliche Wegbereiter zu erwähnen. Durch Ihre Unterstützung in sämtlichen Lebenslagen sowie Förderung meiner Interessen und Begabungen haben Sie das Fundament für die vorliegende Arbeit gelegt. Danke!
Christoph Sandstede
IX _________________________________________________________________________
Inhaltsverzeichnis Geleitwort ............................................................................................................................ V Vorwort ............................................................................................................................ VII Inhaltsverzeichnis .............................................................................................................. IX Abbildungsverzeichnis .................................................................................................... XV Tabellenverzeichnis ...................................................................................................... XVII Abkürzungsverzeichnis .................................................................................................. XIX
1 Einleitung ........................................................................................................................ 1 1.1 Problemstellung und Zielsetzung ............................................................................ 1 1.2 Aufbau der Arbeit .................................................................................................... 7 2 Die Bedeutung von Unsicherheit in industriellen Verhandlungen .......................... 11 2.1 Verhandlungen als Bestandteil des industriellen Transaktionsprozesses.............. 11 2.2 Geschäftstypenspezifische Unsicherheit in industriellen Verhandlungen ............ 16 2.2.1
Geschäftstypenansatz nach Backhaus (1997) als Untersuchungsrahmen ............................................................................. 16
2.2.2
Die Interaktionsansätze im Industriegütermarketing .............................. 22
2.2.3
Konkretisierung des Unsicherheitsbegriffs ............................................. 28
3 Die Wirkung von Unsicherheit auf Verhandlungen als Gegenstand bisheriger Forschung ..................................................................................................................... 31 3.1 Unsicherheit in der Verhandlungsforschung ......................................................... 31 3.1.1
Ansätze der Verhandlungsforschung ...................................................... 31 3.1.1.1
Analytisch-präskriptive Ansätze ............................................. 33
3.1.1.2
Deskriptiv-verhaltenswissenschaftliche Ansätze.................... 38
3.1.1.3
Negotiation Analysis .............................................................. 41
X _________________________________________________________________________ 3.1.1.4 3.1.2
Praxisorientierte Ansätze ........................................................ 42
Die Wirkung von Unsicherheit in der Verhandlungsforschung – Bestandsaufnahme der Literatur ............................................................. 44
3.2 Unsicherheit als Gegenstand unterschiedlicher Forschungsansätze ..................... 51 3.2.1
Klassisch-mikroökonomisches Verständnis von Unsicherheit ............... 52 3.2.1.1
Darstellung des klassisch-mikroökonomischen Verständnisses von Unsicherheit ............................................ 52
3.2.1.2
Bewertung des klassisch-mikroökonomischen Verständnisses von Unsicherheit ............................................ 53
3.2.2
Informationsökonomisches Verständnis von Unsicherheit ..................... 56 3.2.2.1
Darstellung des informationsökonomischen Verständnisses von Unsicherheit ............................................ 56
3.2.2.2
Informationsökonomische Maßnahmen zur Unsicherheitsreduktion ........................................................... 59
3.2.2.3
Bewertung des informationsökonomischen Verständnisses von Unsicherheit ............................................ 63
3.2.3
Das Unsicherheitsverständnis in der Theorie des wahrgenommenen Risikos ..................................................................................................... 64 3.2.3.1
Darstellung des Unsicherheitsverständnisses in der Theorie des wahrgenommenen Risikos ............................................... 64
3.2.3.2
Maßnahmen zur Unsicherheitsreduktion in der Theorie des wahrgenommenen Risikos ............................................... 68
3.2.3.3
Bewertung des Unsicherheitsverständnisses in der Theorie des wahrgenommenen Risikos ............................................... 72
3.3 Zusammenfassende Bewertung ............................................................................. 74 4 Auswahl einer Methodik zur Analyse des Verhandlungsprozesses unter Unsicherheit ................................................................................................................. 77 4.1 Methodische Einordnung der zu entwickelnden Untersuchung ............................ 77 4.2 Anforderungen an die Erhebung ........................................................................... 80 4.3 Darstellung grundlegender Methoden der Datengewinnung in der Verhandlungsforschung......................................................................................... 83
XI _________________________________________________________________________ 4.3.1
Empirische Verhandlungsforschung anhand von Fallstudien ................. 83
4.3.2
Empirische Verhandlungsforschung anhand von Befragungen .............. 85
4.3.3
Empirische Verhandlungsforschung anhand von Experimenten ............ 88
4.3.4
Zusammenfassender Überblick und Auswahl einer geeigneten Methode ................................................................................ 93
4.4 Die Inhaltsanalyse als Instrument der Datenauswertung in der empirischen Verhandlungsforschung......................................................................................... 95 4.4.1
Darstellung der Methodik ....................................................................... 95
4.4.2
Abschließende Bewertung der Methodik ................................................ 99
5 Konzeption und Ergebnisse der Verhandlungssimulation .................................... 102 5.1 Zielsetzungen und Vorgehen ............................................................................... 102 5.2 Das Untersuchungsdesign ................................................................................... 103 5.2.1
Die Fallstudien der Verhandlungssimulation ........................................ 103 5.2.1.1
5.2.1.2
5.2.2
Die Fallstudie „Repowering“ (Produktgeschäft) .................. 104 5.2.1.1.1
Die Ausgangssituation ..................................... 104
5.2.1.1.2
Die Akteure am Markt ..................................... 105
5.2.1.1.3
Die Verhandlungsgegenstände ........................ 105
Die Fallstudie „Offshore“ (Zuliefergeschäft) ....................... 106 5.2.1.2.1
Die Ausgangssituation ..................................... 106
5.2.1.2.2
Die Akteure am Markt ..................................... 107
5.2.1.2.3
Die Verhandlungsgegenstände ........................ 108
Die Auswahl der Simulationsteilnehmer .............................................. 109
5.3 Realisierung der Verhandlungssimulation .......................................................... 111 5.3.1
Aufbau und Umsetzung des Experimentes ........................................... 111
5.3.2
Der Rahmenfragebogen und Manipulationsüberprüfung...................... 115
5.3.3
Transkription und Kodierung der Simulation ....................................... 118 5.3.3.1
Transkriptionsprozess ........................................................... 118
5.3.3.2
Entwicklung und Anwendung eines geeigneten Kategoriensystems ................................................................ 119
XII _________________________________________________________________________ 5.3.3.2.1
Notwendigkeit eines geeigneten Kategoriensystems in der empirischen Verhandlungsforschung................................... 119
5.3.3.2.2
Entwicklung eines Standardkategoriensystems ............................. 121
5.3.3.2.3
Integration Untersuchungskontextspezifischer Kategorien ................................... 129
5.3.3.3
5.3.3.4
Reliabilität ............................................................................ 135 5.3.3.3.1
Reliabilität der Kodiereinheiten ...................... 136
5.3.3.3.2
Reliabilität der Kodierung ............................... 138
Validität ................................................................................ 141
5.4 Darstellung der Ergebnisse .................................................................................. 142 5.4.1
5.4.2
5.4.3
Verhandlungsvorbereitung .................................................................... 142 5.4.1.1
Dauer .................................................................................... 143
5.4.1.2
Struktur ................................................................................. 143
Verhandlungsprozess ............................................................................ 145 5.4.2.1
Verhandlungsdauer ............................................................... 145
5.4.2.2
Verhandlungsverhalten ......................................................... 146 5.4.2.2.1
Angebotsverhalten ........................................... 150
5.4.2.2.2
Informationsverhalten ..................................... 156
5.4.2.2.3
Beziehungsbezogenes Verhalten ..................... 160
5.4.2.2.4
Prozessbezogenes Verhalten ........................... 166
5.4.2.2.5
Anomalien ....................................................... 167
Verhandlungsergebnis ........................................................................... 169 5.4.3.1
Vertragsabschlüsse ............................................................... 170
5.4.3.2
Verhandlungszufriedenheit ................................................... 171
5.5 Zusammenfassende Ergebnisbeurteilung ............................................................ 176 5.5.1
Implikationen der Ergebnisse ................................................................ 176
5.5.2
Limitationen der Untersuchung............................................................. 181
6 Schlussbetrachtung und Ausblick ............................................................................ 183 6.1 Zusammenfassung ............................................................................................... 183
XIII _________________________________________________________________________ 6.2 Ausblick auf den weiteren Forschungsbedarf ..................................................... 187 Anhangverzeichnis .......................................................................................................... 189 Literaturverzeichnis ........................................................................................................ 237
XV _________________________________________________________________________
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1:
Aufbau der Arbeit ........................................................................................ 7
Abbildung 2:
Einordnung der Verhandlungsphase in den Phasenansatz ........................ 14
Abbildung 3:
Geschäftstypenansatz nach Backhaus ....................................................... 18
Abbildung 4:
Abgrenzung von Geschäftstypen in Abhängigkeit der Quasirente ........... 20
Abbildung 5:
Systematisierung der Interaktionsansätze.................................................. 23
Abbildung 6:
Ökonomischer Unsicherheitsbegriff .......................................................... 29
Abbildung 7:
Systematisierung der Verhandlungsliteratur ............................................. 33
Abbildung 8:
Das neoklassische Paradigma .................................................................... 52
Abbildung 9:
Das neoinstitutionelle Paradigma (Neue Institutionenökonomik)............. 57
Abbildung 10: Maßnahmen zur Handhabung des wahrgenommenen Risikos .................. 69 Abbildung 11: Methoden der Verhandlungsforschung zur Gewinnung der Datengrundlage.......................................................................................... 80 Abbildung 12: Idealtypischer Ablauf der Inhaltsanalyse .................................................. 97 Abbildung 13: Das Verallgemeinerungsmodell als kombiniertes Forschungsmodell..... 100 Abbildung 14: Ablaufschritte der Untersuchungsdurchführung ..................................... 114 Abbildung 15: Entwicklung des Kategoriensystems ....................................................... 120 Abbildung 16: Dauer der Verhandlungen ........................................................................ 146 Abbildung 17: Kategorienanteile während der Verhandlung im Produktgeschäft .......... 147 Abbildung 18: Kategorienanteile während der Verhandlung im Zuliefergeschäft.......... 148 Abbildung 19: Phasenspezifisches Angebotsverhalten ................................................... 154 Abbildung 20: Phasenspezifisches Forderungsverhalten ................................................ 155 Abbildung 21: Phasenspezifisches Kompromissverhalten .............................................. 155
XVI _________________________________________________________________________ Abbildung 22: Phasenspezifischer direkter Informationsaustausch ................................ 157 Abbildung 23: Phasenspezifischer indirekter Informationsaustausch ............................. 159 Abbildung 24: Phasenspezifisches kompetitives Beziehungsverhalten .......................... 162 Abbildung 25: Phasenspezifisches kooperatives Beziehungsverhalten .......................... 163 Abbildung 26: Phasenspezifisches Prozessmanagement ................................................. 167 Abbildung 27: Phasenspezifische Anomalien ................................................................. 169
XVII _________________________________________________________________________
Tabellenverzeichnis Tabelle 1:
Studien über Unsicherheit im Transaktionsprozess ...................................... 48
Tabelle 2:
Kalkulationsbeispiel der Fallstudie Repowering ........................................ 106
Tabelle 3:
Kalkulationsbeispiel der Fallstudie Offshore-Windkraft............................ 108
Tabelle 4:
Manipulationsüberprüfung „Geschäftstyp“ ................................................ 116
Tabelle 5:
Manipulationsüberprüfung der anbieterseitigen Unsicherheit.................... 117
Tabelle 6:
Manipulationsüberprüfung der nachfragerseitigen Unsicherheit ............... 118
Tabelle 7:
Kategorien des Standardkategoriensystems ............................................... 122
Tabelle 8:
Fallstudienspezifische Kategorien .............................................................. 130
Tabelle 9:
Cohens ߢ-Werte pro Kategorie ................................................................... 140
Tabelle 10:
Dauer der Verhandlungsvorbereitung......................................................... 143
Tabelle 11:
Einzel- versus Verhandlungsvorbereitung im Team .................................. 144
Tabelle 12:
Aspekte der Verhandlungsvorbereitung ..................................................... 145
Tabelle 13:
Ergebnisse der schrittweisen Diskriminanzanalyse .................................... 149
Tabelle 14:
Kategorien und Häufigkeit des Angebotsverhaltens .................................. 151
Tabelle 15:
Kategorien und Häufigkeit des direkten Informationsaustausches ............ 156
Tabelle 16:
Kategorien und Häufigkeit des indirekten Informationsaustausches ......... 158
Tabelle 17:
Kategorien und Häufigkeit beziehungsbezogener Kommunikation ........... 161
Tabelle 18:
Selbsteinschätzung – Beziehungsbezogenes Verhalten.............................. 164
Tabelle 19:
Selbsteinschätzung – Prozessbezogenes Verhalten in Analogie zum Harvard-Verhandlungskonzept ................................................................... 165
Tabelle 20:
Häufigkeit des Prozessmanagements .......................................................... 166
Tabelle 21:
Kategorien und Häufigkeiten von Anomalien ............................................ 168
XVIII _________________________________________________________________________ Tabelle 22:
Zufriedenheit mit dem Verhandlungsprozess ............................................. 171
Tabelle 23:
Zufriedenheit mit dem Verhandlungsergebnis ........................................... 173
Tabelle 24:
Besonderheiten in der Verhandlungsvorbereitung unter Unsicherheit ....... 176
Tabelle 25:
Besonderheiten im Verhandlungsprozess unter Unsicherheit .................... 178
Tabelle 26:
Besonderheiten im Verhandlungsergebnis unter Unsicherheit................... 179
XIX _________________________________________________________________________
Abkürzungsverzeichnis A
Anbieter
Abb.
Abbildung
ABWL
Allgemeine Betriebswirtschaftslehre
Aufl.
Auflage
B2B
Business-to-Business
BATNA
Best Alternative to a Negotiated Agreement
BDR
Behavioral Decision Research
bzw.
beziehungsweise
C.R.
Composite reliability
d.h.
das heißt
EEG
Erneuerbare-Energien-Gesetz
et al.
et alii (und andere, lat.)
evtl.
eventuell
f.
folgende (Seite/Spalte)
ff.
fortfolgende (Seiten/Spalten)
ggf.
gegebenenfalls
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
HILCA
Hierarchische Individualisierte Limit-Conjoint Analyse
Hrsg.
Herausgeber
IMP-Group
Industrial Marketing and Purchasing Group
i.d.R.
in der Regel
m.a.W.
mit anderen Worten
min
Minuten
MW
Megawatt
N
Nachfrager
Nr.
Nummer
n.s.
nicht signifikant
XX _________________________________________________________________________ o.a.
oben aufgeführt
OPR
Overall Perceived Risk
PG
Produktgeschäft
PTA
Perspective Taking Ability
QR
Quasirente
S.
Seite(n)
SOR
Stimulus-Organismus-Response
Sp.
Spalte(n)
u.a.
unter anderem
usw.
und so weiter
vgl.
vergleiche
VNM
Von Neumann-Morgenstern
vs.
versus
z.B.
zum Beispiel
ZG
Zuliefergeschäft
ZOPA
Zone of Possible Agreements
zzgl.
zuzüglich
1 _________________________________________________________________________
1 Einleitung 1.1 Problemstellung und Zielsetzung „Like it or not, you are a negotiator.“1 Für den betriebswirtschaftlichen Erfolg stellen Verhandlungen einen der wichtigsten unternehmerischen Prozesse dar.2 Dabei können Verhandlungen in allen Arten und Bereichen von Unternehmen beobachtet werden. Insbesondere im Industriegüterbereich sind Verhandlungen zwischen Anbieter und Nachfrager von besonderer Bedeutung,3 denn „there is no more important function in industrial selling […] than negotiation.“4 Im Gegensatz zum Konsumgütermarketing, bei dem es sich – abgesehen von einigen hochwertigen Gütern – um standardisierte Leistungen handelt, die zu festen Preisen vertrieben werden, sind Industriegüter vielfach Einzelanfertigungen, für die es oftmals keine Listenpreise gibt. Es besteht folglich die Notwendigkeit zu verhandeln, da Leistung und Gegenleistung zu Beginn des industriellen Vermarktungsprozesses häufig noch nicht feststehen.5 Dabei ist in den letzten Jahren zu beobachten, dass die Bedeutung von Verhandlungen noch weiter ansteigt, da Industriegüterhersteller immer individuellere Problemlösungen anbieten und derart individualisierte Produkte durch eine zunehmende Komplexität und damit Erklärungsbedürftigkeit gekennzeichnet sind.6 Wenngleich sich verschiedene Forschungsbereiche insbesondere in den letzten Jahren verstärkt mit Verhandlungen auseinander gesetzt haben, ist immer noch zu konstatieren, dass es in der Literatur viele Studien zu Verhandlungen im intra-organisationalen Bereich gibt, 1
Fisher et al. (2004), S. xiii.
2
Vgl. Balakrishan et al. (1993), S. 637; Voeth/Herbst (2009), S. V.
3
Vgl. Backhaus/Voeth (2007), S. 376ff. Neben dem Industriegüterbereich wird Verhandlungen auch im Dienstleistungssektor eine hohe Bedeutung zugeschrieben. Vgl. Solomon et al. (1985), S. 99ff.;
4
Alexander et al. (1994), S. 25. Unter Industriegütern versteht man dabei Produkte, die Organisationen (Unternehmen und Behörden) beschaffen, um damit Leistungen zu erstellen, die – anders als im Konsumgütermarketing – nicht an Endkunden, sondern an andere Unternehmen distribuiert werden. Vgl. Engelhardt/Günter (1981). Dieses Verständnis impliziert, dass eine Zuordnung von Gütern zur Gruppe der Industrie- oder Konsumgüter nicht durch die technische Beschaffenheit des Produktes determiniert ist, sondern sich vielmehr über den Nachfrager (Konsument vs. Organisation) ergibt.
5
Vgl. Backhaus/Voeth (2007), S. 376ff. sowie auch Anderson/Narus (2004), S. 100ff., die speziell auf den Aspekt der Kooperation eingehen.
6
Vgl. Dwyer et al. (1987), S. 11ff.; Jacob/Kleinaltenkamp (2004), S. 601ff.; Reichwald/Piller (2006), S. 191 ff. sowie zur Individualisierungsstrategie Backhaus/Voeth (2007), S. 553ff.
2 _________________________________________________________________________ während dies für inter-organisationale Verhandlungen – also Verhandlungen zwischen zwei oder mehreren Organisationen – nicht der Fall ist: „The increasing frequency and complexity of inter-organizational relationships suggests that inter-organizational negotiations should represent an area of increasing concern to management and academicians. Unfortunately, there is little theorizing about, nor study of, these negotiations.“7 Wird die Bedeutung von Verhandlungen in diesem Bereich zwar von einigen Wissenschaftlern erkannt,8 so finden Verhandlungen in der betriebswirtschaftlichen Literatur generell und in der Marketingwissenschaft speziell, nur sehr geringe und wenn überhaupt einseitige Beachtung.9 Standardwerke und Lehrbücher zum Industriegütermarketing kennzeichnen die Verhandlungsphase immerhin als wichtige Phase des Vermarktungsprozesses. Eine ausführliche Analyse des Verhandlungsprozesses, seiner möglichen Auswirkungen und die daraus abzuleitenden Handlungsempfehlungen für das Marketing der Industriegüterhersteller fehlen allerdings bislang fast völlig.10 Dies verwundert, ist es doch zur Ergebnisoptimierung sowohl für Anbieter als auch Nachfrager erstrebenswert, das Verhandlungsverhalten des jeweiligen Verhandlungspartners besser zu verstehen und die eigenen Akteure bestmöglich auf das zu erwartende Verhandlungsverhalten vorzubereiten. Hierbei gilt es jedoch zu beachten, dass sich Verhandlungen in Abhängigkeit der zu beschaffenden Leistung unterscheiden und es nicht die typische Verhandlung gibt. Dies lässt sich beispielsweise durch den Vergleich einer typischen Kaufsituation im Konsumgütermarketing mit der im Industriegütermarketing illustrieren: „People go into a shop, buy a ballpoint pen, lay the money on the counter, and that’s it. […] But hardly anybody goes into a shop to order a chemical plant and promises to pay upon delivery.“11 Durch die Wahl des Vermarktungsgegenstandes in dem o.a. Zitat wird deutlich, dass insbesondere industrielle Verhandlungen oftmals durch eine erhebliche Unsicherheit für beide Marktseiten gekennzeichnet sind, die dadurch entsteht, dass die Leistungserstellung zumeist erst nach Vertragsabschluss erfolgt, damit vor bzw. während der Verhandlung nicht tangibel ist und sowohl für Anbieter als auch Nachfrager u.a. Möglichkeiten zu opportunistischem Verhalten bestehen. Gleichwohl sind aber auch Situationen im 7
Kleinman/Palmon (2000), S. 17.
8
Vgl. z.B. Angelmar/Stern (1978) S. 93; Kirsch/Kutschker (1972), S. 1; Backhaus et al. (1985), S. 435 oder Voeth/Rabe (2004), S. 1017.
9
Vgl. Graham (1987), S. 164; Hasler-Dierauer (2007), S. 41f.; Perdue et al. (1986), S. 171.
10
Vgl. für die bislang wenigen international veröffentlichten Studien Alexander et al. (1991); Angelmar/Stern (1978); Clopton (1984); Campbell et al. (1988); Graham (1986); Graham et al. (1988); McAlister et al. (1986); Soldow/Thomas (1984).
11
Schmidt/Wagner (1985), S. 421.
3 _________________________________________________________________________ Industriegütermarketing denkbar, bei denen standardisierte Produkte wie beispielsweise Verpackungsmaterialien vermarktet werden. Um Verhandlungen auf Industriegütermärkten systematisch zu untersuchen, lässt sich das Industriegütermarketing in unterschiedliche Geschäftstypen unterteilen, wobei dem Ansatz von Backhaus et al. (1994) bzw. Backhaus (1997) als weit verbreitetem Ansatz gefolgt werden soll, der diesbezüglich theoretisch fundiert in die vier Geschäftstypen des Produktund Systemgeschäfts (Fokus anonymer Markt) sowie des Anlagen- und Zuliefergeschäfts (Fokus auf den Einzelkunden) unterteilt. Aus der näheren Betrachtung dieser Geschäftstypen wird schnell deutlich, dass sich Verhandlungen innerhalb dieser einzelnen Geschäftstypen voneinander unterscheiden werden: Verhandlungen um die Errichtung eines Elektrizitätskraftwerkes werden anders ablaufen als beispielsweise im Fall von CommodityGütern wie beispielsweise normierter Schmierstoffe. So ist im Produkt- und Systemgeschäft von einer tendenziell geringeren Interaktion auszugehen, da hier Leistungen für den Massenmarkt erstellt werden und erst die Fertigung und dann der Vertrieb stattfindet. Hier stehen folglich die konkrete Ausgestaltung des Produktes (Leistung) und zumeist auch der standardisierte Listenpreis (Gegenleistung) bereits fest und die Verhandlungsakteure sind einem eher geringeren Unsicherheitsausmaß ausgesetzt.12 Allerdings wird auch in diesen Geschäftstypen häufig über verschiedenste Verhandlungsbestandteile, wie beispielsweise Rabatte und Finanzierungsformen, verhandelt. Eine besondere Bedeutung besitzen Verhandlungen vor allem jedoch beim Anlagen- und Zuliefergeschäft, da hier meist komplexe Leistungen durch die Anbieter kundenindividuell verhandelt und oftmals erst danach entwickelt werden, was zu einer ausgeprägten Unsicherheit zwischen den Verhandlungsakteuren führt. Zentraler Verhandlungsgegenstand ist hier neben der konkreten Ausgestaltung der Leistung zudem auch der Preis, die jeweils kundenindividuell zu bestimmen sind. Zudem ergibt sich in diesen Geschäftstypen für den Anbieter die Frage, inwiefern er überhaupt in der Lage ist, mit seinen gegebenen Ressourcen das gewünschte Produkt mit den sich ggf. im Laufe der Verhandlung oder später ändernden Spezifikationen herzustellen. Neben den eigentlichen Produktspezifikationen und dem Preis sind im Zuliefer- und Anlagengeschäft weitere produktbegleitende Verhandlungsbestandteile abzustimmen.13 Mögliche produktbegleitende Leistungen sind so beispielsweise Lieferung, Montage, Managementverträge, Personalschulungen, Wartung, Inspektion, Garantie, Umtauschrecht sowie die Übernahme von Reparaturen. Auch die der Leistung entgegenstehende Gegenleistung 12
Vgl. hierzu auch Guserl (1996), S. 520 sowie speziell zum Systemgeschäft auch Tobies (2009), S. 16ff.
13
Vgl. zum sich verändernden Beschaffungsverhalten von einer singulären Fokussierung auf den Preis auf andere wichtige Kriterien auch Gadde/Håkansson (1994), S. 27ff.
4 _________________________________________________________________________ ist mit Unsicherheiten behaftet. So besteht für den Anbieter beispielsweise Unsicherheit bezüglich der Zahlungsbereitschaft, da sich diese im Laufe des Leistungserstellungsprozesses durch interne oder externe Einflüsse ändern kann.14 Ferner besteht für den Anbieter Unsicherheit in Bezug auf den eigentlichen Zahlungszeitpunkt, der im Zuliefer- und Anlagengeschäft i.d.R. nach Leistungserstellung liegt. Neben diesen Aspekten sind weitere Unsicherheitsquellen wie beispielsweise eine mögliche Finanzierung der Produkte sowie Vertragsstrafen bei verspäteter oder – aus Sicht des Nachfragers – fehlerbehafteter Lieferung der vereinbarten Produkte zu untersuchen. Damit sind Verhandlungen als fester Bestandteil von Industriegütermärkten anzusehen, deren Ausgestaltung und Intensität je nach zugrunde liegendem Geschäftstyp variieren kann. Aus diesen Ausführungen wird deutlich, dass Unsicherheit als entscheidende Kontextvariable mit Wirkung auf die Verhandlungsphase und besonders den Verhandlungsprozess anzusehen ist. Auch vorliegende Arbeiten zur Wirkung von unterschiedlichen Ausgangssituationen bei Neale/Bazerman (1992) bzw. von Kontextfaktoren bei Dupont (1996) deuten bereits daraufhin.15 Umso verwunderlicher ist es, dass weder zu den Auswirkungen von Unsicherheit auf den Verhandlungsprozess bislang umfangreiche Studien vorliegen, noch das Wissen um das Verhandlungsverhalten auf Industriegütermärkten generell umfangreich ausgeprägt ist.16 Diese Forschungslücke gilt es zu schließen. Es ist deshalb das Ziel der vorliegenden Arbeit, das Verhalten von Anbietern und Nachfragern auf Industriegütermärkten in Verhand-
14
Vgl. Niederauer (2009), S. 16.
15
„Beyond the uncertainty that negotiators have about what their counterparts want, negotiators are also often uncertain as to why their counterparts have these preferences. As much of the research reviewed in this chapter suggests, negotiators’ desires and behaviors are frequently situationally determined. That is, although negotiators’ personalities undoubtedly play a role in shaping negotiations, the processes and outcomes of negotiations are substantially influenced by aspects of the bargaining context that affect negotiators’ perceptions and behaviors.” Neale/Fragale (2006), S. 38. Empirische Studien haben beispielsweise gezeigt, dass u.a. das vorhandene Unsicherheitsausmaß erheblichen Einfluss auf die Einschätzung der Beschaffungssituation hat. Vgl. beispielsweise Cardozo (1980), S. 264ff. Håkansson/Östberg (1975) weisen darüber hinaus darauf hin, dass diese Unsicherheit auch Einfluss auf die Verhandlung haben wird. Vgl. Håkansson/Östberg (1975) sowie auch Barnes/Ayars (1977) und Bottom (1998). So konstatiert auch Plinke/Heger (1983): „Bei standardisierten Produkten (Produktgeschäft) kann von einem geringen Ungewissheitsgrad im Interaktionsprozess ausgegangen werden, so dass die Intensität der Interaktionen und die Zahl der Prozessbeteiligten stark reduziert ist. Dagegen wird bei hochkomplexen Produkten (Systemgeschäft, Integrationsgeschäft) das Bestreben nach ungewißheitsreduzierenden Interaktionen steigen und zugleich die Zahl der Prozeßbeteiligten zunehmen.“ Plinke/Heger (1983), S. 12f.
16
Vgl. hierzu auch Dupont (1996), S. 53 und die tabellarische Übersicht auf S. 58ff.; Hasler-Dierauer (2007), S. 46; Neale/Bazerman (1992), S. 161ff.
5 _________________________________________________________________________ lungssituationen unter hoher Unsicherheit empirisch zu erfassen.17 Um die Unterschiede dieses Verhaltens herauszuarbeiten, bietet sich ein Vergleich mit Verhandlungssituationen unter geringer Unsicherheit an. Damit soll erstmals eine detaillierte und möglichst umfassende Beschreibung von Verhandlungsprozessen unter Unsicherheit auf Industriegütermärkten vorgelegt werden.18 Da der Großteil des Verhandlungsprozesses aus interpersonaler Kommunikation besteht, ist es sinnvoll, den Schwerpunkt der Arbeit auf der Beschreibung des eigentlichen Interaktions- und Kommunikationsverhaltens zwischen Anbieter und Nachfrager zu legen. Damit folgt diese Arbeit zum einen dem Aufruf von Schoop et al. (2006), besonders der Analyse von Verhandlungskommunikation ein stärkeres Gewicht beizumessen, statt ausschließlich monetäre Verhandlungsergebnisse zu betrachten.19 Zum anderen folgt diese Arbeit durch den zur Anwendung kommenden Untersuchungsrahmen auch der Forderung von Voeth (2007), den Geschäftstypenansatz durch begleitende empirische Forschung zu ergänzen.20 Ausgehend von der Auffassung der Betriebswirtschaftslehre im Allgemeinen und der Marketing-Disziplin im Speziellen als angewandte Wissenschaftsdisziplin21 soll die vorliegende Arbeit also vor allem Beschreibungen und Erklärungen der Wirklichkeit bieten. Durch eine umfassende Problembeschreibung sowie der detaillierten Darstellungsweise des Verhandlungsverhaltens sollen neben der wissenschaftlich fundierten Vorgehensweise darüber hinaus auch Hinweise und Empfehlungen für Praktiker hinsichtlich des real zu erwartenden Verhandlungsverhaltens gegeben werden. Die dieser Arbeit zugrunde liegenden Forschungsfragen lauten daher:
Welche Geschäftstypen lassen sich auf Industriegütermärkten voneinander unterscheiden und was sind die Gründe für das Entstehen von unterschiedlich hohen Unsicherheitsausmaßen aus Nachfrager- und Anbietersicht auf Industriegütermärkten?
17
Einschränkend ist anzumerken, dass nicht der Anspruch erhoben wird, sämtliche Formen von Unsicherheit in einer Verhandlungssituation darzustellen oder eine vollständige Abbildung des Verhandlungsverhaltens vorzunehmen. Vielmehr sind im Verlauf der Arbeit Annahmen und Beschränkungen zu treffen, um das Untersuchungsobjekt „Unsicherheit in Verhandlungen“ zumindest teilweise zu beleuchten.
18
Versteht man darüber hinaus Verhandlungen als eine wesentliche Schnittstelle zwischen Marketing und Vertrieb, so folgt die vorliegende Arbeit der Forderung von Homburg (2000) nach einer verstärkten Behandlung des Vertriebsmanagements in der Marketingforschung. Vgl. Homburg (2000), S. 343f.
19
Vgl. Schoop et al. (2006), S. 231ff. sowie Schoop et al. (2008), die zu einer Analyse des Verhandlungsprozesses aufrufen und das Konstrukt der Kommunikationsqualität einführen.
20
Voeth (2007), S. 341.
21
Vgl. zur anwendungsorientierten Auffassung der Betriebswirtschaftslehre Raffée (1974), S. 64ff.; Ulrich (1981), S. 1ff.
6 _________________________________________________________________________
Welche Wirkungen hat ein hohes Ausmaß dieser Unsicherheit im Vergleich zu einem geringen Ausmaß an Unsicherheit auf die Verhandlungsphase, bestehend aus Verhandlungsvorbereitung, Verhandlungsprozess und Verhandlungsergebnis?
Welche Besonderheiten sollten Verhandlungsakteure ausgehend von den ermittelten Ergebnissen bei Verhandlungen in unterschiedlichen Geschäftstypen beachten?
Zur Beantwortung dieser Forschungsfragen ist eine systematische Vorgehensweise notwendig, die im Folgenden erläutert wird.
7 _________________________________________________________________________
1.2 Aufbau der Arbeit Die notwendigen Schritte zur Beantwortung der dargestellten Forschungsfragen erfolgen gemäß der in Abbildung 1 dargestellten Struktur. 1. Einleitung 1. Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
2. Aufbau der Arbeit
2. Bedeutung von Unsicherheit in industriellen Verhandlungen
1. Verhandlungen als dominante Teilprozesse im industriellen Transaktionsprozess
2. Geschäftstypenspezifische Unsicherheit in industriellen Verhandlungen
3. Die Wirkung von Unsicherheit auf Verhandlungen als Gegenstand bisheriger Forschung
1. Unsicherheit in der Verhandlungsforschung
2. Unsicherheit als Gegenstand unterschiedlicher Forschungsansätze
4. Auswahl einer Methodik zur Analyse des Verhandlungsprozesses unter Unsicherheit
1.Methodische Einordnung der Untersuchung
2. Anforderungen an die Erhebung
3. Darstellung und Auswahl einer Methode zur Datengewinnung
4. Inhaltsanalyse als Instrument der Datenauswertung
5. Die empirische Untersuchung
1. Zielsetzung und Vorgehen
2. Das Untersuchungsdesign
3. Realisierung der Verhandlungssimulation
4. Ergebnisse
6. Zusammenfassung und Implikationen für Theorie und Praxis
Abbildung 1: Aufbau der Arbeit
Zunächst erscheint es notwendig, sich mit einigen Grundlagen von Verhandlungen auseinander zu setzen und das in dieser Arbeit verwendete Begriffsverständnis von Verhandlungen zu definieren. Hierzu werden in Kapitel 2 zunächst industrielle Verhandlungen allgemein beschrieben, in den industriellen Transaktionsprozess eingeordnet sowie die besondere Bedeutung der Verhandlungsphase herausgestellt. Im Anschluss daran wird der
8 _________________________________________________________________________ auf Backhaus et al. (1994) zurückzuführende Geschäftstypenansatz nach Backhaus (1997) dargestellt, dessen Unterscheidung in vier Geschäftstypen in Abhängigkeit der anbieterund nachfragerseitig vorliegenden Quasirenten bzw. Unsicherheit als Untersuchungsrahmen dienen soll. Aufgrund der besonderen Bedeutung der Analyse des Interaktionsverhaltens von Anbietern und Nachfragern erfolgt darauf eine Darstellung der für die Verhandlungsforschung und das Industriegütermarketing bedeutende Interaktionsansätze, bei der die zuvor vorgestellten Geschäftstypen den unterschiedlichen Interaktionssituationen zugeordnet werden. Den Abschluss des Kapitels 2 bildet Kapitel 2.2.3 mit der Konkretisierung des Unsicherheitsbegriffs, in dem dargestellt wird, welches Unsicherheitsverständnis dem Geschäftstypenansatz und dieser Arbeit zugrunde liegt und was die Gründe für die Entstehung dieser Unsicherheit sind, womit im Wesentlichen die erste der angeführten Forschungsfragen nach den Gründen für Unsicherheit in industriellen Transaktionen beantwortet werden kann. Nachdem folglich die Gründe für das Vorliegen von Unsicherheit bekannt sind, gilt es hieran anknüpfend die möglichen Wirkungen von Unsicherheit auf Verhandlungen zu erfassen. Hierzu wird zu Beginn von Kapitel 3 zunächst eine umfassende Literaturanalyse der zu diesem Problemfeld vorliegenden Arbeiten vorgenommen, deren Systematisierung und Beurteilung in Kapitel 3.1.1 zunächst eine Darstellung der unterschiedlichen Ansätze der Verhandlungsforschung vorangestellt wird. Da die Analyse der vorliegenden Studien jedoch ergibt, dass die vorliegenden Studien lediglich fragmentierte Erklärungsansätze bieten, ist es notwendig, daraufhin auf einer abstrakteren Ebene theoretische Ansätze und damit verbundene empirische Studien vorzustellen, die Unsicherheit und deren Wirkung als zentralen Forschungsgegenstand zum Inhalt haben. Die Auswahl der Ansätze erfolgt dabei in Anlehnung an Kaas (2000), der drei Paradigmen zur Fundierung der Marketingforschung
für
geeignet
hält.
Diesbezüglich
wird
zunächst
auf
das
klassisch-
mikroökonomische Verständnis von Unsicherheit eingegangen. Da dieser Ansatz jedoch unter anderem mit sehr restriktiven und für den Bereich der Verhandlungen unrealistischen Annahmen arbeitet, wird daraufhin der informationsökonomische Ansatz sowie schließlich die Theorie des wahrgenommenen Risikos als klassischer Ansatz der Verhaltenswissenschaften zum Untersuchungsbereich der Unsicherheit vorgestellt. Nach einer allgemeinen Darstellung dieser Ansätze unter Berücksichtigung der ihnen zugrunde liegenden Annahmen erfolgt jeweils eine Bewertung im Hinblick auf ihre Eignung zur Lösung der Forschungsfragen und der damit verbundenen Anwendung auf Verhandlungen.
9 _________________________________________________________________________ Die Analyse dieser Ansätze offenbart, dass einerseits eine Vielzahl an Wirkungen von Unsicherheit, wie beispielsweise ein erhöhter Informationsaustausch zwischen Anbieter und Nachfrager, abgeleitet werden können. Erscheinen die Ansätze zunächst grundsätzlich als theoretische Fundierung geeignet, so lassen sich andererseits aus diesen Theorien keine weiteren Aussagen bzw. Prognosen über das für Verhandlungen maßgebliche Interaktionsverhalten bzw. das konkret zu erwartende Verhandlungsverhalten, wie es beispielsweise im Angebotsverhalten und der beziehungsbezogenen Kommunikation zum Ausdruck kommt, treffen. Hieraus folgt, dass aufgrund des hohen Innovativitätsgrads dieser Arbeit eine eigene Studie notwendig erscheint, womit die vorliegende Arbeit als explorativ bzw. empirisch-induktiv bezeichnet werden kann und damit in der Tradition verhaltenswissenschaftlicher Verhandlungsansätze, speziell der empirischen Verhandlungsstudien, steht.22 Die zentralen Aussagen der in Kapitel 3 vorgestellten Theorien können demzufolge nur als eine Art Leitlinie zur Untersuchung der Auswirkungen von Unsicherheit auf den Verhandlungsprozess herangezogen werden. Nachdem in Kapitel 4 zunächst unter wissenschaftstheoretischen Gesichtspunkten die methodische Einordnung der Untersuchung erfolgt, werden darauf aufbauend die Anforderungen an die zu entwickelnde Studie und die damit verbundene Datenerhebung und Datenauswertung abgeleitet. Hierauf folgt die Darstellung und Analyse der Datenerhebung in der Verhandlungsforschung. Unter Abwägung der jeweiligen Vor- und Nachteile erscheint die Durchführung einer Verhandlungssimulation geeignet, die Wirkung von Unsicherheit auf das Verhandlungsverhalten zu erfassen. Als optimale Methode der Datenauswertung wird darauf die Inhaltsanalyse gewählt und vorgestellt, der eine Transkription der Verhandlungssimulationen voranzustellen ist, um das Verhandlungsverhalten vollständig, detailliert und intersubjektiv nachvollziehbar darstellen zu können. Ausgehend von der zuvor getroffenen Methodenauswahl werden in Kapitel 5 zunächst das Untersuchungsdesign sowie die Realisierung der Verhandlungssimulation systematisch vorgestellt. Hierzu gehören die Beschreibung des entwickelten Kategoriensystems sowie
22
Vgl. zu diesem Ansatz auch Dupont (1996), S. 51. Vgl. Backhaus/Weiber (2007), Sp. 525 sowie zum Forschungsziel im B2B-Marketing auch Gummeson (2003), S. 482ff. Vgl. für eine ähnliche explorative Vorgehensweise in der Verhandlungsforschung vor dem Hintergrund einer innovativen Fragestellung beispielsweise Mosterd/Rutte (2000), S. 227ff. Dabei wird ein statisches Konzept verfolgt, bei dem Verhandlungsprozess und -ergebnis von einer Bestimmungsvariable (Unsicherheit) abhängen, während dynamische Ansätze versuchen, das Verhandlungsergebnis aus dem Verhandlungsprozess heraus zu erklären. Vgl. zu dieser Einordnung Koch (1987), S. 108ff. sowie zu dieser Art Forschungsziel beispielsweise Easton/Håkansson (1996), S. 409f.; Merten (1995), S. 316.
10 _________________________________________________________________________ eine vertiefte Diskussion der Vorgehensweise und Sicherstellung der Güte im Rahmen der Transkription bzw. Kodierung von Verhandlungen. Das Kategoriensystem besteht dabei aus zwei Teilen: Zum einen erfolgt durch die Analyse aller bisher vorliegenden inhaltsanalytischen Verhandlungsstudien die Bildung eines Standardkategoriensystems.23 Zum anderen wird dieses Standardkategoriensystem durch ein untersuchungsspezifisches Kategoriensystem ergänzt, welches sowohl anhand deduktiver Überlegungen unter Rückgriff auf die in Kapitel 3 vorgestellten Theorien als auch induktiv anhand des vorliegenden Datenmaterials entwickelt wird. Die nachfolgende Transkription und Kodierung erfolgt darauf unter Verwendung strenger Gütekriterien. Schließlich bildet die detaillierte Analyse und Darstellung von Verhandlungsvorbereitung, Verhandlungsprozess und Verhandlungsergebnis den Hauptteil der Arbeit, wobei diesbezüglich Verknüpfungen und Erklärungsansätze zu den beobachteten Verhaltensweisen unter Bezug auf die in Kapitel 3 vorgestellten Theorien sowie darüber hinausgehende empirische Studien angeführt werden. Kapitel 5 schließt mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse und unter besonderer Berücksichtigung der für derart innovative Forschungsprojekte, wie der durchgeführten Verhandlungssimulation, geltenden Limitationen ab. Den Abschluss der Arbeit bildet Kapitel 6, in dem die gesamte Vorgehensweise der Untersuchung zusammengefasst und die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit vor dem Hintergrund der daraus für Forschung und Praxis resultierenden Implikationen reflektiert werden.
23
Vgl. Anhang 1.
11 _________________________________________________________________________
2 Die Bedeutung von Unsicherheit in industriellen Verhandlungen 2.1 Verhandlungen als Bestandteil des industriellen Transaktionsprozesses Zu einer Verhandlungssituation kommt es zwangsläufig immer dann, wenn sich Parteien bezüglich eines Entscheidungsproblems gegenseitig jeweils in ihrem Sinne beeinflussen und schließlich einigen wollen. Der Tatbestand der Einigung verdeutlicht darüber hinaus, dass Verhandlungen zeitlich abgeschlossen und i.d.R. auf Präferenzunterschiede zwischen den Verhandelnden zurückzuführen sind. Diese können sowohl in der Politik, in Tarifkonflikten oder Transaktionen zwischen Wirtschaftssubjekten vorkommen.24 Verhandlungen werden also immer dann relevant, wenn Parteien über unterschiedliche Präferenzen und Informationen verfügen. Aufgrund der Vielzahl der Forschungsdisziplinen die sich mit Verhandlungen beschäftigen sowie aufgrund der vielseitigen Situationen, in denen es zu Verhandlungen kommen kann, gibt es deshalb in der Literatur noch keine allgemein anerkannte Definition von Verhandlungen. So verstehen Bazerman/Carroll (1987) beispielsweise unter einer Verhandlung einen „process by which two or more interdependent parties who do not have identical preferences across decision alternatives make joint decisions.“25 Darüber hinaus betonen Kennan/Wilson (1993) die zwischen den Verhandlungspartnern bestehende unterschiedliche Ausstattung mit Informationen, die Informationsasymmetrie.26 Ergänzend weist Cross (1969) auf die Freiwilligkeit von Verhandlungen hin.27 Während einige Autoren Verhandlungen eher als Aufteilung eines feststehenden Gewinns zwischen zwei Parteien interpretieren, sehen andere Definitionen eher das gemeinsame Ziel von Verhandlungspartnern, überhaupt eine beiderseitige Besserstellung und im betriebswirtschaftlichen Kontext auch einen parteiübergreifenden Gewinn, zu erreichen. Diese beiden Sichtweisen werden in der angloamerikanischen Literatur zumeist unter den Be-
24
Unter einer Transaktion wird der Austausch von Werten zwischen zwei Parteien verstanden. Vgl. Kotler (1972), S. 48.
25
Bazerman/Carroll (1987), S. 248.
26
„Bargaining is substantially a process of communication necessitated by initial differences in information known to the parties separately.” Kennan/Wilson (1993), S. 46.
27
„[…] whenever the allocation of gains among participants to an agreement is subject to their own choice rather than predetermined by their circumstances.” Cross (1969), S. 3. Vgl. hierzu auch Kutschker/Kirsch (1978), S. 10.
12 _________________________________________________________________________ griffen „bargaining“ und „negotiation“ diskutiert.28 Besonders deutlich wird diese Unterscheidung bei Hopmann (1995), der von zwei Paradigmen in der Verhandlungsforschung spricht: „bargaining and problem solving. For the bargaining paradigm, indicators of flexibility include concession rates, initiation of new proposals, and other soft behaviors. For the problem-solving perspective, flexibility is usually indicated by a search for a better, mutually beneficial solution to problems that satisfy the needs, identities, and interests of all parties.“29 Um beide Perspektiven zu vereinen, sollen in dieser Arbeit Verhandlungen als zeitlich begrenzte soziale Interaktion zwischen zwei oder mehreren Parteien verstanden werden, die aufgrund parteispezifischer unterschiedlicher Informationen und Präferenzen versuchen, eine gegenseitige Besserstellung zu erreichen. Hierfür versuchen die Verhandlungsakteure in der Verhandlung spezifische Strategien und Taktiken anzuwenden, die in unterschiedlichen Verhaltensweisen ihren Ausdruck finden und damit den Charakter und den Verlauf der Verhandlung prägen.30 Um den Ablauf des Verhandlungsprozesses besser erklären zu können, ist es zunächst notwendig, Verhandlungen hinsichtlich der vor- und nachgelagerten Prozesse in zeitlicher Hinsicht abzugrenzen. Dabei ist festzustellen, dass Verhandlungen Bestandteil eines in mehreren Phasen ablaufenden Transaktionsprozesses sind. Verhandlungen spielen dabei insbesondere bei industriellen Transaktionsprozessen eine herausragende Rolle, da in Bezug auf Leistung und Gegenleistung ein interaktiv auszuhandelndes Entscheidungsproblem vorliegt, das unter wechselseitiger Einflussnahme von Anbieter und Nachfrager auf die individuellen Bedürfnisse beider Partner ausgehandelt wird.31
28
Roth (1991), S. 35; So lautet der Titel von Neale/Northcraft (1991) „Behavioral Negotiation Theory“, im Text sprechen die Autoren allerdings von „dyadic bargaining“, S. 147.
29
Hopmann (1995), S. 24. Vgl. für weitere Sichtweisen beispielsweise Deutsch/Krauss (1960), S. 181; Walton/McKersie (1965), S. 35. So hat sich insbesondere in der Spieltheorie die Praxis etabliert, Verhandlungen zwischen zwei Parteien und wenn eine einstimmige Übereinkunft von Nöten ist, als „bargaining“ zu bezeichnen.
30
In dieser Arbeit werden unter Verhandlungen ausschließlich Face-to-Face Verhandlungen verstanden. Darüber hinaus lässt sich insbesondere im B2B-Bereich in den letzten Jahren verstärkt der Einsatz von elektronischen Verhandlungssystemen beobachten. Vgl. Schoop (2008).
31
Diese Arten von Verhandlungen werden als inter-organisationale Verhandlungen bezeichnet und werden ausschließlich in dieser Arbeit betrachtet. Davon zu unterscheiden sind intra-organisationale Verhandlungen, die innerhalb eines Unternehmens oder einer Organisation stattfinden. Auf diese Arten von Verhandlungen wird in dieser Arbeit nicht näher eingegangen. Zwar sind intra-organisationale Verhandlungen notwendige Bedingung für das Zustandekommen inter-organisationaler Verhandlungen, haben aber für Vermarktungsbemühungen – sieht man einmal vom differenzierten Umgang mit den aus mehreren Personen bestehenden Buying Centern bzw. Selling Centern ab – nur indirekt Bedeutung. Vgl. zum Grundbegriff der Buying Center-Analyse Webster/Wind (1972a) und Webster/Wind (1972b) sowie für eine neuere
13 _________________________________________________________________________ Auf Industriegütermärkten zeichnen sich Transaktionsprozesse i.d.R. durch phasenspezifische Aktivitäten der Transaktionsbeteiligten aus. Idealtypisch beginnt der Transaktionsprozess vor der eigentlichen Verhandlungsphase mit einer ersten Feststellung des Nachfragerbedarfs. Nachfolgende Phasen konkretisieren die technischen und ökonomischen Bedürfnisse des Nachfragers und führen im optimalen Fall zu einem Kaufabschluss und weiteren After Sales-Maßnahmen. Die Analyse der verschiedenen Phasen industrieller Transaktionen ist dabei Gegenstand unterschiedlicher wissenschaftlicher Untersuchungen gewesen. So lassen sich je nach Forschungshintergrund und Detaillierungsgrad bis zu neun verschiedene Phasen unterscheiden.32 Die Mehrzahl der unterschiedlichen Phasenablaufkonzepte beschränkt sich allerdings auf wenige Phasen. Ein weit verbreiteter Phasenansatz, der auf Backhaus/Günter (1976) zurückgeht, differenziert dabei zwischen der Voranfragephase, Angebotserstellungsphase, Kundenverhandlungsphase und Projektabwicklungs- und Gewährleistungsphase.
In der Voranfragephase erkennt der Nachfrager die grundsätzlichen Bedürfnisse und prüft entsprechende Lösungsmöglichkeiten, führt wenn notwendig Vorstudien durch und erstellt schließlich Anfragen bzw. Ausschreibungsunterlagen. Wenngleich die Voranfragephase keine formellen Anfragen enthält, treten Anbieter und Nachfrager i.d.R. dennoch in einen ersten Kontakt zur Auswahl und Bewertung möglicher zu beschaffender Leistungen. Da Nachfrager in dieser Phase ihre Aktivitäten auf die Suche nach potenziellen Anbietern fokussieren sowie erste Selektionen durchführen, steht die eigentliche Transaktion noch nicht im Mittelpunkt der unternehmerischen Überlegungen.
In der sich anschließenden Angebotserstellungsphase liegen die Aktivitäten eher auf Seite des Anbieters, der in dieser Phase ein Angebot erstellt und dies ggf. unter Einbeziehung des Nachfragers spezifiziert. In dieser Phase sind für beide Parteien sowohl Marktstruktur als auch Bedürfnisse klarer als in der ersten Phase.
Nach der Beurteilung eingehender Angebote durch den Nachfrager schließt sich in einer dritten Phase die eigentliche Verhandlungsphase an, die sich weiter in Verhandlungsvorbereitung,33 den eigentlichen Verhandlungsprozess sowie den Ver-
Analyse beispielsweise Brinkmann (2006). Vgl. zum Prinzip von Leistung und Gegenleistung Bagozzi (1974), S. 79ff.; Bagozzi (1975), S. 32ff.; Bagozzi (1978), S. 535ff. 32
Vgl. für einen Überblick Backhaus/Voeth (2007), S. 45.
33
Vgl. zur Bedeutung einer fundierten Verhandlungsvorbereitung beispielsweise Dupont (1996), S. 62f.; Peterson (2001), S. 37ff.; Strache (1991), S. 14ff. sowie Schmitz et al. (2006).
14 _________________________________________________________________________ handlungsabschluss mit dem Verhandlungsergebnis untergliedern lässt (vgl. Abbildung 2).34 Sowohl in der Verhandlungsvorbereitung als auch im Verhandlungsprozess werden in dieser Phase Leistungsbestandteile konkretisiert und ggf. geändert, zum anderen wird über leistungsergänzende Faktoren wie beispielsweise produktbegleitende Dienstleistungen sowie Garantien und Gewährleistungen verhandelt. Die Verhandlungsphase schließt idealtypisch mit einem Verhandlungsergebnis, der Auftragsvergabe, ab. Sollten sich die Partner nicht einigen können, so kann der Phasenverlauf an dieser Stelle jedoch auch mit einem Abbruch enden.35
Schließlich folgt die Projektabwicklungs- und Gewährleistungsphase. In dieser Phase wird das Produkt erstellt bzw. ausgeliefert und der Verwendung zugeführt. Während des Betriebes der ausgelieferten Anlage steht der Anbieter je nach Komplexität der vermarkteten Leistung mit dem Nachfrager im Kontakt, um mit Hilfe weitergehender Maßnahmen die Kundenzufriedenheit positiv zu beeinflussen.36
Voranfragephase
Angebotserstellungsphase
Verhandlungsphase
Projektabwicklungs- und Gewährleistungsphase
Verhandlungsvorbereitung
Verhandlungsprozess
Verhandlungsergebnis
Abbildung 2: Einordnung der Verhandlungsphase in den Phasenansatz
In dieser Arbeit wird – wie in der allgemeinen Verhandlungsforschung zumeist auch – der eigentliche Verhandlungsprozess als Kern der Verhandlungsphase behandelt. Es ist jedoch nicht zu vernachlässigen, dass ein entscheidender Faktor für das Gelingen der Verhandlung und ein erfolgreiches Verhandlungsergebnis im Sinne eines hohen Gewinnes bzw. einer großen Zufriedenheit mit der Leistung und dem Ergebnis in einer fundierten Verhand34
Vgl. Schmidt/Wagner (1985), S. 425ff. Freilich lässt sich diese Einteilung noch weiter differenzieren. So unterscheiden beispielsweise Lewicki et al. (2003) sieben einzelne Phasen. Vgl. Lewicki et al. (2003), S. 53, während Kirsch/Kutschker (1972) inhaltlich in technische, kaufmännische und juristisch ausgerichtete Verhandlungsrunden unterteilen. Vgl. Kirsch/Kutschker (1972), S. 16.
35
Vgl. Lewicki et al. (2006), S. 437ff.
36
Vgl. grundlegend zum Konstrukt der Kundenzufriedenheit sowie Maßnahmen zur Erreichung von Kundenzufriedenheit Homburg (2008), zum Zusammenhang von Kundenzufriedenheit und -loyalität Homburg/Giering (2000) sowie speziell bei Industriegütern Homburg/Rudolph (2001) und van Doorn (2007).
15 _________________________________________________________________________ lungsvorbereitung liegt.37 Darüber hinaus ist anzumerken, dass auch in den der Verhandlungsphase vor- und nachgelagerten Phasen Verhandlungen zumindest teilweise eine Rolle spielen können. So ist es beispielsweise denkbar, dass es bereits in der Voranfragephase zu Verhandlungen bezüglich des Zeithorizonts von Ausschreibungen kommt, oder es in der abschließenden Projektabwicklungs- und Gewährleistungsphase zu Verhandlungen um die Durchsetzung von Regressansprüchen kommt. Generelle Beschreibungen über die Einordnung und den Ablauf industrieller Verhandlungen können allerdings nur ein Grundraster zur Analyse von Verhandlungen legen bzw. einzelne Aspekte dieser Verhandlungen untersuchen.38 Für eine Beschreibung der Verhandlungsprozesse in industriellen Verhandlungen ist der Untersuchungsgegenstand jedoch zuerst einer geeigneten Klassifizierung in Form einer Typologie zu unterziehen, um die Vielfalt spezifischer Transaktionen und damit Verhandlungsprozesse zu einer homogenen Gruppe zusammenzufassen.39 Da in Verhandlungen sowohl Anbieter als auch Nachfrager agieren, eignet sich hier besonders der Geschäftstypenansatz nach Backhaus (1997), der zu den marktseiten-integrierenden Typologien im Industriegütermarketing zu zählen ist und im Folgenden vorgestellt wird.40
37
Vgl. für diese allgemein gebräuchliche Einteilung beispielsweise Graham (1987), S. 165.
38
So untersucht beispielsweise Geiger (2007) den Einfluss von Verhandlungsmacht auf den Verhandlungsprozess und das Verhandlungsergebnis, während Herbst (2007) mit der Hierarchischen Individualisierten Limit-Conjoint Analyse (HILCA) ein Verfahren zur Präferenzmessung in industriellen Verhandlungen anwendet.
39
Vgl. Backhaus/Voeth (2007), S. 181ff.; Rowe/Alexander (1968), S. 38.
40
Vgl. Backhaus/Voeth (2007), S. 189ff.
16 _________________________________________________________________________
2.2 Geschäftstypenspezifische Unsicherheit in industriellen Verhandlungen 2.2.1 Geschäftstypenansatz nach Backhaus (1997) als Untersuchungsrahmen Unter Rückgriff auf die zur Neuen Institutionenökonomik zählende Transaktionskostentheorie und unter besonderer Betonung der Faktoren Spezifität und Unsicherheit entwickeln Backhaus et al. (1994) zunächst eine Systematisierung von drei Geschäftstypen in deren Folge Backhaus (1997) schließlich den zwischen vier Vermarktungssituationen differenzierenden Geschäftstypenansatz vorlegt, der heute eine große Verbreitung in der Industriegütermarketing-Forschung und Praxis erlangt hat.41 Der Entwicklung dieses Geschäftstypenansatzes liegt die übergeordnete Zielstellung zugrunde, dass „die vorrangigen Absatzprobleme […] bereits im Vorfeld von Vermarktungsaktivitäten sauber strukturiert, – systematisch und nicht ad hoc – zu Typen zusammengefasst und in gezielte Marketingaktivitäten“42 umgesetzt werden. Der Geschäftstypenansatz von Backhaus (1997) basiert dabei insbesondere auf Unsicherheitsart und -ausmaß, dem sowohl Anbieter als auch Nachfrager ausgesetzt sind. Dabei wird auf einer zeitlichen Ebene zwischen Ex-ante-Unsicherheit, also Unsicherheiten die vor dem Kauf vorliegen und erst nach dem Kauf relevant werdende Ex-post-Unsicherheit unterschieden. Während die Ex-ante-Unsicherheit durch Suchprozesse bereits vor dem Kauf beseitigbar ist, gilt dies für die Ex-post-Unsicherheit nicht, wenngleich diese bereits vor dem Kauf in das Entscheidungskalkül mit einbezogen wird. Die Ex-post-Unsicherheit entsteht dabei durch gegenseitige spezifische Investitionen der Transaktionspartner ineinander, durch die auch nach Vertragsschluss und Erbringung von Leistung und Gegenleistung eine gegenseitige Anbieter-Nachfrager-Bindung existiert.43 Diese Abhängigkeit kann mittels des Konstrukts der Quasirente operationalisiert werden, die die Differenz des Ertrags einer Investition in ihrer besten Verwendung zum Ertrag in ihrer nächstbesten Verwendung ausdrückt.44 Die Quasirente tritt also auf, wenn von einer oder beiden Vertragsparteien spezifische Investitionen aufgewendet werden müssen, die außerhalb der beab41
Während Backhaus et al. (1994) zunächst im Wesentlichen das Produkt-, Anlagen- und Systemgeschäft voneinander unterscheiden, führt Backhaus (1997) hierzu ergänzend als vierten Geschäftstyp das Zuliefergeschäft ein. Vgl. zur Verbreitung des Geschäftstypenansatzes beispielsweise Büschken et al. (2007).
42
Backhaus et al. (1994), S. 14.
43
Vgl. hierzu und im Folgenden Backhaus/Voeth (2007), S. 195ff. Jung/Spremann (1989) nennen dies Transaktionsrisiko. Vgl. Jung/Spremann (1989), S. 94ff.
44
Vgl. ausführlich zur Quasirente beispielsweise Klein et al. (1978), S. 298ff.
17 _________________________________________________________________________ sichtigten Transaktion jedoch nur einen geringen Wert haben. Je nach Spezifitätsgrad kann die Quasirente dabei ein unterschiedlich hohes Ausmaß annehmen. „Die Quasirente signalisiert daher das mit steigender Spezifität wachsende Gefährdungspotenzial spezifischer Investitionen, den amount at stake, aus Sicht des spezifisch investierenden Unternehmens.“45 Bei Verhaltensannahme des Opportunismus äußert sich dieses Gefährdungspotenzial dahingehend, dass ein Anbieter (Nachfrager) die spezifischen Investitionen des Nachfragers (Anbieter) nach Vertragsschluss durch seine monopolartige Stellung ausnutzt und beispielsweise versprochene Leistungen nur schleppend oder zu erhöhten Preisen anbietet.46 Bezüglich der Entstehung der Quasirente ist zwischen Anbieter- und Nachfragerseite zu unterscheiden: Auf der Nachfragerseite ergibt sich die Quasirente über eine Abfolge von zum Zeitpunkt der Erstbeschaffung unbestimmter Transaktionen. Bei einem derartigen, offenen Planungshorizont ist es für den Nachfrager nicht möglich, evtl. durch den Anbieter zu verantwortende Leistungsmängel zu definieren. Hingegen liegt bei Transaktionen mit genau festgelegten Liefermengen und geschlossenem Planungshorizont keine Quasirente vor. Die in diesem Fall ausschließlich vorliegende Ex-ante-Unsicherheit kann wie o.a. durch Informationsübertragungen bereits vor dem Kauf auf ein adäquates Maß gesenkt und im Nachgang evtl. auftretende Leistungsmängel beispielsweise durch Konditionalverträge geregelt werden.47 Anbieterseitig liegt eine Quasirente vor, wenn zum Betrachtungszeitpunkt weder ein Verkauf der Leistung an andere Nachfrager noch eine spätere Weiterverwendung möglich ist. Eine Übersicht der so zu unterscheidenden Geschäftstypen bietet Abbildung 3.
45
Backhaus/Voeth (2007), S. 197. Vgl. hierzu beispielsweise auch Hallikas et al. (2002), S. 3519, die das Problem der Abhängigkeit bzw. Unsicherheit insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen sehen.
46
Vgl. hierzu auch Schmidt/Wagner (1985), S. 422ff.
47
Vgl. zum Informationsaustausch beispielsweise Kaas (1990), S. 539ff. und die dort angegebene Literatur sowie Kapitel 3.2.2.2. Vgl. zu den genannten Vereinbarungen und Vertragsregelungen beispielsweise Molter (1986), S. 43ff. sowie Merz (1992), S. 229ff.
18 _________________________________________________________________________ Anbieter QR Keine Anbieter QR Nachfrager QR
Focus Kaufverbund
Focus Einzeltransaktion
Zuliefergeschäft
Systemgeschäft
Anlagengeschäft
Produktgeschäft
Keine Nachfrager QR
Focus Einzelkunde Focus anonymer Markt, Marktsegment
Abbildung 3: Geschäftstypenansatz nach Backhaus Quelle: Backhaus/Voeth (2007), S. 202.
Darüber hinaus weisen Backhaus/Voeth (2007) daraufhin, dass das Vorliegen von Quasirenten noch nichts über die faktische Verteilung der Quasirente sagt, sondern dies Gegenstand von Verhandlungen unter dem Einfluss von Marktform und den darin vorzufindenden Machtverhältnissen ist.48 Der einfachste aller möglichen Fälle stellt das Produktgeschäft dar, bei dem die „Verkaufsund Beschaffungsprozesse nach hochgradig standardisierten, stets wiederkehrenden Mustern ab[laufen]:“49 Weder auf Seite des Anbieters noch auf Seite des Nachfragers liegt eine Ex-post-Unsicherheit vor. Der Nachfrager bindet sich nicht über eine einzelne Transaktion hinaus an den Anbieter und dieser richtet seine Leistung nicht spezifisch auf diesen einen Nachfrager aus, sondern hält ein weitgehend standardisiertes, auf die Bedürfnisse des anonymen Marktes gerichtetes Angebot vor. In diesem Geschäftstyp liegt in Abhängigkeit der Leistung nach Vertragsschluss lediglich eine allgemeine Qualitätsunsicherheit vor.50 Investiert der Anbieter hingegen spezifisch in einen einzelnen Kunden (Quasirente auf Seite des Anbieters) und liegt eine zeitlich klar abgegrenzte Transaktion vor, so handelt es 48
Vgl. Backhaus/Voeth (2007), S. 198 sowie die dort angegebene Literatur.
49
Backhaus et al. (1994), S. 28.
50
Vgl. Backhaus/Voeth (2007), S. 200 sowie S. 205ff. für die Vermarktungsbesonderheiten des Produktgeschäftes.
19 _________________________________________________________________________ sich um ein Anlagengeschäft, welches sich durch eine hohe anbieterseitige Unsicherheit auszeichnet. Liegt eine Quasirente aufgrund des zeitlichen Kaufverbundes nur auf Seite des Nachfragers vor, so handelt es sich um ein Systemgeschäft, bei dem der Anbieter seine Leistungen an den anonymen Markt richtet und deren Vermarktung in einer sukzessiven und zeitlich unbestimmten Beschaffungsreihenfolge erfolgt.51 Während es sich beim Systemgeschäft um standardisierte Leistungen handelt, werden im Zuliefergeschäft individualisierte Leistungen vermarktet, die speziell nach den Spezifikationen eines Kunden erstellt, dann aber in einem Kaufverbund kontrahiert werden. Da sich hier Anbieter und Nachfrager aneinander binden und eine Substituierung des jeweiligen Partners nur unter hohen Kosten möglich wäre, entstehen auf beiden Seiten Quasirenten. Da jedem einzelnen Geschäftstyp jedoch eine unterschiedliche Konstellation bezüglich der vorliegenden Quasirente, und damit ein unterschiedlicher Unsicherheitsgrad, zugrunde liegt, ist anzunehmen, dass sich dies auch auf die Verhandlungsprozesse in diesen Geschäftstypen auswirkt und sich selbige voneinander unterscheiden.52 Während im Produktgeschäft um die Lieferung bzw. Übergabe einer standardisierten Leistung zu einem zeitlich fixierten Zeitpunkt verhandelt wird und somit keine Quasirenten vorliegen, markiert das Zuliefergeschäft das andere Extrem, bei dem aufgrund der Individualisierung und des Kaufverbundes auf Seiten von Anbieter und Nachfrager Quasirenten vorliegen (vgl. Abbildung 4). Verschiedene Forschungsbemühungen haben so beispielsweise gezeigt, dass insbesondere Hochtechnologie-Märkte durch Unsicherheit gekennzeichnet sind. Diese Unsicherheit beruht auf heterogenen, sich häufig verändernden Technologien und den damit ständig wechselnden Anforderungen an die Anbieter.53 Zudem hat der Nachfrager meist keine vorhergehende Erfahrung mit diesen Technologien.54
51
Vgl. hierzu auch Tobies (2009), S. 16ff.
52
Vgl. hierzu auch Herbst (2007), S. 11f.
53
Vgl. Glazer (1991), S. 1ff.; Norton/Bass (1987), S. 1069ff.; Teece (1986), S. 285ff.
54
Vgl. von Hippel (1986), S. 791; Schmidt/Wagner (1985), S. 422.
20 _________________________________________________________________________
Quasirente?
Nein
Produktgeschäft
Ja, bei…
Anbieter
Anbieter & Nachfrager
Nachfrager
Anlagengeschäft
Zuliefergeschäft
Systemgeschäft
Abbildung 4: Abgrenzung von Geschäftstypen in Abhängigkeit der Quasirente Quelle: Backhaus/Voeth (2007), S. 201.
Während die von Backhaus/Voeth (2007) sowohl auf Seiten des Anbieters als auch Nachfragers potenziell vorliegende Unsicherheit in zeitlicher Hinsicht (Ex-post bzw. Ex-ante) unterteilt wird, wäre darüber hinaus auch eine Unterteilung nach inhaltlichen bzw. sachlichen Unsicherheitsursachen denkbar.55. Es kann jedoch bezweifelt werden, ob die Marktakteure die verschiedenen Ursachen der vorliegenden Unsicherheiten überhaupt eindeutig trennen können.56 Deshalb erscheint es zweckmäßig, von einer Unterscheidung hinsichtlich der vorliegenden Unsicherheitsarten zu abstrahieren, da diese für die Untersuchung des Verhandlungsprozesses keinen weiteren Erkenntnisbeitrag liefert und ausschließlich die durch den Geschäftstypenansatz postulierte und mithilfe der Quasirente operationalisierte Höhe des Unsicherheitsausmaßes zu betrachten. Wie aus Abbildung 4 hervorgeht, bilden das Produkt- und Zuliefergeschäft diesbezüglich die beiden Extreme: Während im Produktgeschäft keine Quasirenten und damit nur ein geringes Unsicherheitsausmaß vorliegen, besteht im Zuliefergeschäft aufgrund sowohl 55
So schlagen beispielsweise Håkansson/Wootz (1975) ursprünglich ausschließlich für Nachfrager und dann konkreter für beide Marktparteien Ford et al. (2003) eine Unterteilung in Bedürfnis-, Markt- und Transaktionsunsicherheit (Nachfragerseite) vor, während anbieterseitig zwischen Kapazitäts-, Anwendungs- und ebenfalls Transaktionsunsicherheit unterschieden wird. Vgl. hierzu Ford et al. (2003), S. 45ff. und Håkansson/Wootz (1975), S. 46ff. Zwar kann eine derartige Unterteilung zur Problemstrukturierung sinnvoll sein, letztlich sind aber ebenso beliebige andere Unterteilungen denkbar. Vgl. beispielsweise die Unterteilung der Risiken in der perceived risk Theorie bei Bettman (1973) in „inherent risk“ und „handled risk“; Bottom (1998) oder bei Cunningham et al. (2005) in „Financial“, „Performance“, „Physical“, „Psychological“, „Social“ und „Time Risk“. Vgl. hierzu auch Kapitel 3.2.3.
56
Vgl. beispielsweise Haller (1999), S. 69; Niederauer (2009), S. 40.
21 _________________________________________________________________________ anbieter- als auch nachfragerseitiger Quasirenten ein hohes Unsicherheitsausmaß. Deshalb sollen Verhandlungen in diesen beiden Geschäftstypen betrachtet werden und der Verhandlungsprozess in den Geschäftstypen des Anlagen- und Systemgeschäfts aufgrund ihrer „Mittelposition“ aus forschungsökonomischen Überlegungen nicht näher untersucht werden. Bevor die Analyse dieser geschäftstypenspezifischen Verhandlungen erfolgen kann, ist zunächst auf den dieser Arbeit zugrunde liegenden Analyseansatz einzugehen: Aufgrund der in Verhandlungen auf Industriegütermärkten notwendigen Interaktion zwischen Anbieter und Nachfrager sind die aus dem Konsumgütermarketing bekannten Stimulus-Response (SR-Modell) und Stimulus-Organism-Response-Modell (SOR-Modell)57 hierzu weniger geeignet.58 Wie o.a. wird auf Industriegütermärkten neben dem Preis meist eine Vielzahl von Entscheidungstatbeständen diskutiert, durch die vielschichtige Interdependenzen von Kauf- und Verkaufsanstrengungen zwischen Anbieter und Nachfrager entstehen. Um derartige Transaktionen und damit Verhandlungen realitätsadäquat zu erfassen, sind isolierte Betrachtungen von Buying und Selling Center folglich nicht zielführend. Stattdessen bedarf es der Betrachtung ihrer Interaktion miteinander und der Anwendung sogenannter Interaktionsansätze, die im Folgenden unter Bezug auf die dargestellten Geschäftstypen vorgestellt werden.59
57
Das SR- und SOR-Modell geht davon aus, dass der Nachfrager bzw. das nachfragende Unternehmen auf ein konkretes Angebot (Stimulus) mit Kauf oder Nicht-Kauf reagiert und sich die Vermarktungsaktivitäten des Anbieters nur einseitig auf den Nachfrager auswirken, ohne dass eine direkte Rückkoppelung erfolgt. Zusätzlich zum SR-Modell geht man im SOR-Modell davon aus, dass psychische Prozesse im Inneren des Käufers beeinflussend auf den Kaufentscheidungsprozess wirken. Vgl. für nähere Ausführungen Kroeber-Riel et al. (2009), S. 17. Vgl. beispielsweise zu den Eigenschaften von innovativen Industriegütern Gemünden (1981), S. 21ff.
58
Vgl. Backhaus/Voeth (2007), S. 103ff., Bonoma/Johnston (1978), S. 215; Gummeson (2003), S. 484f. und Webster/Wind (1972a), S. 12. Darüber hinaus unterscheidet sich das Beschaffungsverhalten auf Industriegütermärkten von der Kaufentscheidung auf Konsumgütermärkten vor allem aufgrund des organisationalen Beschaffungsverhaltens.
59
Vgl. Backhaus/Büschken (1997), S. 13ff.; Backhaus/Voeth (2007), S. 105 sowie Butler et al. (1997), S. 7ff. Unter einem Buying Center wird das einkaufentscheidende Gremium verstanden, das aus einer Gruppe verschiedener und als beschaffungsrelevant eingestufter Unternehmensvertreter verschiedener Abteilungen und Funktionen besteht. Das auf Anbieterseite gegenüberstehende Verkaufsteam wird als Selling Center bezeichnet. Vgl. Backhaus/Voeth (2007), S. 39f.
22 _________________________________________________________________________
2.2.2 Die Interaktionsansätze im Industriegütermarketing Für die theoretische Analyse von Verhandlungen ist es sinnvoll, Transaktionsprozesse durch Interaktionsmodelle abzubilden, da hierdurch eine systematische Erfassung der Realität möglich ist.60 Anhand dieser Modelle erfolgt die Beschreibung und die Erklärung von Marktverhalten, um hierauf aufbauend im optimalen Fall Verhalten von Marktparteien prognostizieren und Handlungsempfehlungen geben zu können.61 Die Interaktionsansätze sind dabei nicht einseitig auf die Verkäufer- oder Einkäuferseite ausgerichtet, sondern fassen beide Akteure zusammen und untersuchen diese in ihrem sozialen Gruppengefüge.62 Dabei wird die Interaktion als ein Prozess verstanden, bei dem sich beide Parteien aktiv am Entscheidungsprozess unter Berücksichtigung ihrer individuellen Erwartungen gegenseitig beeinflussen.63 In zahlreichen Interaktionsstudien wird vorwiegend das Ergebnis eines Transaktionsprozesses durch die Beziehungen zwischen den beteiligten Akteuren erklärt. Um den Erkenntnisbeitrag dieser Interaktionsstudien bewerten zu können, ist eine Systematisierung sinnvoll. Diese kann nach vielerlei Kriterien erfolgen. In der vorliegenden Arbeit soll der Systematisierung von Backhaus/Voeth (2007) gefolgt werden, die die Interaktionsansätze nach Art und Anzahl der miteinander interagierenden Akteure aufteilen.64 Sie unterscheiden dyadisch-personale, multi-personale und dyadisch-organisationale sowie multi-organisationale Ansätze voneinander.
60
Vgl. Kern (1990), S. 14.
61
Vgl. Eichhorn (1979), S. 65; Meffert (1971), S. 326ff.; Tostmann (1982), S. 5ff.
62
Der Grundgedanke der Interaktionsansätze ist auf Homans (1950), S. 36 zurückzuführen: „When we refer to the fact that some unit of activity of some man follows, or, if we like the word better, is stimulated by some unit of activity of another, aside from any question of what these units may be, then we are referring to an interaction.“ Ein erster Transfer des Interaktionsbegriffes ist auf Evans (1963) zurückzuführen, der darauf hinweist, dass statt einer isolierten Betrachtung der Interaktionspartner zur Erklärung des Verkaufserfolges die gegenseitigen Handlungen der Akteure simultan zu betrachten seien. Darüber hinaus ist anzumerken, dass auch mehr als zwei Akteure miteinander in Interaktion treten können. Vgl. Ford/Håkansson (1986), S. 28f.
63
Vgl. Schoch (1969), S. 53.
64
Vgl. hierzu und im Folgenden Backhaus/Voeth (2007), S. 105ff. Als ein weiteres Systematisierungskriterium wäre die Extension der Ansätze vorstellbar, auf die aber im Folgenden nur am Rande eingegangen wird. Diesbezüglich wird in Struktur-, Prozess- und Netzwerkansätze unterschieden. Vgl. hierzu z.B. Kern (1990), S. 17ff.
2 >2
Anzahl der Interaktionspartner
23 _________________________________________________________________________
Dyadisch-personale Interaktionsansätze
Dyadisch-organisationale Interaktionsansätze
Multi-personale Interaktionsansätze
Multi-organisationale Interaktionsansätze
Personen
Organisationen
Art der Interaktionspartner
Abbildung 5: Systematisierung der Interaktionsansätze
Personale Interaktionsasätze Dyadisch-personale Interaktionsansätze beziehen sich auf den persönlichen Verkauf, bei dem zwei Akteure miteinander verhandeln. Große Bedeutung innerhalb dieser Ansätze haben Studien, bei denen Analysen über Ähnlichkeiten zwischen Käufern und Verkäufern im Vordergrund stehen. Diese Studien werden als Matching-Studien bezeichnet, da sie versuchen, dass Ergebnis der Interaktion – Vertragsschluss oder Vertragsablehnung – durch ähnliche demographische, kognitive und persönliche Merkmale zwischen den Akteuren zu erklären.65 In seiner Pionierstudie nennt Evans (1963) diesbezüglich die Gleichartigkeit von ökonomischen, sozialen, physischen und Persönlichkeitsmerkmalen als determinierend für den Verkaufserfolg.66 Schoch (1969) relativiert diese Sichtweise in seiner Untersuchung am Beispiel des Verkaufs von Investitionsgütern und folgert aus seinen Ergebnissen, dass nicht bestimmte objektiv vorhandene Eigenschaften, sondern die durch die Akteure gegenseitig wahrgenommene Ähnlichkeit positiv auf den Transaktionsverlauf wirkt.67 Auch anhand einer Untersuchung aus dem Dienstleistungsbereich von Riordan et al. (1977) konnte dieses Phänomen bestätigt werden.68 Es ist davon auszugehen, dass diese Situation des „Personal Selling“ zwischen Zwei-Personen-Gruppen vorwiegend bei relativ einfachen Beschaffungsproblemen vorliegen wird, wie dies teilweise im Produktgeschäft,
65
Vgl. Backhaus/Voeth (2007), S. 106f.; Kern (1990), S. 19ff.
66
Vgl. Evans (1963), S. 76ff.
67
Vgl. Schoch (1969), S. 309ff.
68
Vgl. Riordan et al. (1977), S. 534ff.
24 _________________________________________________________________________ beispielsweise bei Verhandlungen um die Beschaffung von standardisierten Verpackungsmaterialien, denkbar wäre. Sollen jedoch Leistungen kontrahiert werden, die über ein besonders großes Volumen oder einen hohen Erklärungsbedarf verfügen, so dürfte diese Form der Interaktion eher die Ausnahme denn die Regel darstellen. Sobald im insbesondere für Industriegütermärkte realistischeren Fall mehr als zwei Personen an einer Interaktion beteiligt sind, handelt es sich um multi-personale Interaktionsansätze. Hier sind die bei mehreren Personen entstehenden Status-, Macht- und Koalitionsbildungsprobleme dominierender Untersuchungsgegenstand dieser Ansätze. So untersuchen beispielsweise Brass/Burkhardt (1993) wie sich eine durch Hierarchie begründete Machtposition auf die Wahrnehmung und das Verhalten von Transaktionspartnern auswirkt.69 Allerdings ist anzumerken, dass die Mehrzahl der multi-personalen Interaktionsansätze lediglich untersucht, wie ein Verkäufer mit einer Gruppe von potenziellen Nachfragern
interagiert
–
die
insbesondere
auf
Industriegütermärkten
vorherrschende
Multipersonalität wird also oft nur auf der Nachfragerseite, jedoch nicht auf der Anbieterseite, dem „Selling Center“, erfasst. Der Nachteil der personalen Interaktionsansätze ist ferner vor allem darin zu sehen, dass organisationale Einflussgrößen von der Betrachtung ausge-klammert werden und damit für das Marketing nur einen geringen Erklärungsgehalt besitzen. Schließlich wird der Transaktionsprozess in den meisten Studien unter Bezugnahme auf Konsumgütermärkte untersucht.70
Organisationale Interaktionsansätze Größere Erklärungskraft bieten hier die organisationalen Interaktionsansätze, die sowohl Einflussgrößen zwischen Organisationen und Personen (intra-organisationale Beziehungen) als auch zwischen anbietenden und nachfragenden Organisationen (interorganisationale Beziehungen) untersuchen. Insbesondere letztere sind für das Marketing von großem Interesse und können weiter in dyadisch-organisationale und multiorganisationale Interaktionsansätze unterteilt werden. Diese Ansätze beschreiben Transaktionen als einen Vorgang, der im sozialen Umfeld gesehen werden muss. Als Begründer der dyadisch-organisationalen Interaktionsansätze und damit als wichtige Grundlage für die vorliegende Arbeit, werden Håkansson/Östberg (1975) genannt, die mit ihrer Studie
69
Vgl. Brass/Burkhardt (1993), S. 441ff.
70
Vgl. Kern (1990), S. 29ff.
25 _________________________________________________________________________ untersuchen, wie sich die Komplexität einer industriellen Kaufsituation auf die wahrgenommene Unsicherheit und letztlich auf die Interaktion auswirkt.71 Um die durch die Komplexität hervorgerufene wahrgenommene Unsicherheit zu reduzieren, weisen die Autoren auf verstärkte Interaktion sowie letztendlich den Aufbau von Geschäftsbeziehungen hin. Markiert diese Studie wie oben erwähnt den Beginn der dyadisch-organisationalen Interaktionsansätze, so ist jedoch anzumerken, dass es sich hierbei – wie die Autoren selbst anmerken – um ein ausschließlich theoretisch und nicht empirisch fundiertes Modell handelt.72 Einen weiteren dyadisch-organisationalen Ansatz legt Gemünden (1980) vor, der die Vermarktungsinteraktion innovativer Produkte hinsichtlich ihrer Effizienz untersucht. Ausgehend von den empirischen Ergebnissen entwickelt er zwei Interaktionsmodelle:73 Das Delegationsmodell ist demnach bei relativ anspruchslosen Lösungskonzeptionen vorteilhaft. Bezogen auf den o.a. Geschäftstypenansatz ist so davon auszugehen, dass bei standardisierten Leistungen wie im Produkt- und Systemgeschäft überwiegend dieses Modell und damit ein „herstellerdominanter Entscheidungsprozess ohne wesentliche Verhandlungsaktivitäten“74 vorliegt, bei der der Anbieter seine Leistung mit nur geringem Aufwand und ohne kundenspezifische Anpassung verkaufen kann. Bei anspruchsvollen Lösungskonzeptionen, wie dies bei individualisierten Leistungen im Anlagen- und Zuliefergeschäft der Fall ist, sollten hingegen sowohl Anbieter als auch Nachfrager gleichberechtigt das Zusammenarbeitsmodell anwenden. Koch (1987) schließt aus den Ergebnissen der beiden zuvor genannten Studien, dass sich die miteinander in Interaktion tretenden Organisationen hinsichtlich des Verhandlungsrahmens und des Verhandlungsinhalts entsprechen und folgt mit der Formulierung von Kongruenzhypothesen den dyadischpersonalen Untersuchungen von Evans (1963) und Schoch (1969).75 Jedoch ist anzumerken, dass die empirische Untersuchung nur einen Teil der Hypothesen stützen kann. Kapitza (1987) betont in seiner empirischen Untersuchung zusätzlich zur Bedeutung von
71
Vgl. Håkansson/Östberg (1975). Eine stärkere Fundierung des Konzeptes der wahrgenommenen Unsicherheit findet sich im selben Jahr bei Håkansson/Wootz (1975), die damit erstmalig die aus dem Konsumgütermarketing stammende Theorie der wahrgenommenen Unsicherheit (perceived-risk theory) im Industriegütermarketing anwenden. Zur Theorie der wahrgenommenen Unsicherheit vgl. ausführlich Cox (1967) sowie Kapitel 3.2.3 dieser Arbeit.
72
Vgl. Håkansson/Östberg (1975), S. 122f.
73
Vgl. hierzu und im Folgenden Gemünden (1980), S. 21ff.; Gemünden (1981), S. 319ff.
74
Backhaus/Voeth (2007), S. 111.
75
Vgl. Koch (1987), S. 256ff.
26 _________________________________________________________________________ Größe und Struktur des Buying-Centers besonders den Einfluss von Verhandlungsdauer sowie Verhandlungsintensität auf den Verhandlungserfolg.76 Multi-organisationale Ansätze haben sich schließlich aus der Erkenntnis entwickelt, dass die Interaktion insbesondere bei komplexen Vermarktungsprozessen durch eine Vielzahl unterschiedlicher Organisationen gekennzeichnet ist. So ist es unmittelbar einsichtig, dass neben Anbieter und Nachfrager auch weitere Gruppen wie Banken, Beratungsunternehmen, Logistikunternehmen und weitere Spezialisten am Interaktionsprozess beteiligt sein können. Das Episoden- und Potenzialkonzept von Kutschker/Kirsch (1978) zählt dabei zu den umfassendsten Ansätzen. Als Transaktionsepisode bezeichnen sie dabei alle „Entscheidungs-, Planungs- und Verhandlungsprozesse innerhalb und zwischen den Organisationen.“77 Jede Transaktionsepisode ist dabei in ein Beziehungsgeflecht zwischen Anbieter und Nachfrager eingebunden, welches durch frühere Aktivitäten und Prozesse sowie die damit verbundenen Erfahrungen der beiden Organisationen miteinander beeinflusst wird.78 Diese sogenannten Potenziale sind sowohl das Ergebnis eigener Marketing-Aktivitäten als auch die Folge exogener Entwicklungen wie beispielsweise technologischer Innovationen.79 Ausgehend von diesem Potenzialkonzept gehen Kutschker/Kirsch (1978) davon aus, dass Anbieter und Nachfrager zum Potenzialaufbau und der damit verbundenen Unsicherheitsreduktion bewusst langfristige Geschäftsbeziehungen anstreben, da diese einen Einfluss auf Transaktionen haben.80 Zu den Ergebnissen von Kutschker/Kirsch (1978) ist kritisch anzumerken, dass das konkrete Verhalten in Verhandlungen nicht direkt untersucht wurde. Stattdessen wurde das generelle Verhalten von Hersteller- und VerwenderOrganisationen anhand eines Fragebogens untersucht.81 Noch umfassender als der Ansatz von Kutschker/Kirsch (1978) ist das Interaktionsmodell der IMP-Group (Industrial Marketing und Purchasing Group), welches Ideen und Konzep76
Vgl. Kapitza (1987), S. 63ff.
77
Kutschker/Kirsch (1978), S. 3.
78
Vgl. für eine zusammenfassende Darstellung der Beziehungsentwicklung zwischen Anbietern und Nachfragern auf Industriegütermärkten beispielsweise Ford (1980), S. 342.
79
Vgl. Kutschker/Kirsch (1978), S. 9.
80
Betrachtet man weiterführende Studien hierzu, so ergibt sich ein uneinheitliches Bild. Während Ford (1984) und Kapitza (1987) zeigen können, dass Geschäftsbeziehungen einen positiven Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit einer Verhandlungseinigung haben, bestätigt Theile (2004) die Ergebnisse von Kapitza (1987) nur tendenziell, indem er insbesondere den Einfluss der Intensität der bisherigen Geschäftsbeziehung und den Anteil der persönlichen und begleiteten Kontakte hervorhebt. Kern (1990) zeigt in seiner konfirmatorischen Analyse jedoch, dass Geschäftsbeziehungen die Wahrscheinlichkeit eines Geschäftsabschlusses nur unwesentlich erhöhen. Ferner stellt er auch weitere – bislang als anerkannt geltende – Zusammenhänge einzelner Interaktionsansätze in Frage.
81
Vgl. zu weiterer Kritik an dieser Untersuchung Koch (1987), S. 246ff.
27 _________________________________________________________________________ te vieler Interaktionsansätze integriert. Dieser Ansatz wird auch als Netzwerkmodell bezeichnet und besteht aus den vier Hauptelementen Interaktionsprozess, Interaktionspartnern, Umwelt sowie der Atmosphäre, in der die Interaktion stattfindet.82 Trotz der Betrachtung des Interaktionsprozesses als Hauptelement ist jedoch anzumerken, dass die IMPGroup ihren Blick, wie auch die anderen erläuterten Ansätze, hauptsächlich auf den Aufbau von Geschäftsbeziehungen richtet und deshalb einzelne Verhandlungsprozesse nur am Rande betrachtet, was mit der Komplexität industrieller Interaktionen begründet wird.83 Aus der Analyse der Interaktionsansätze wird deutlich, dass die Form der Interaktion vom zugrunde liegenden Geschäftstyp abhängt. Darüber hinaus kann festgehalten werden, dass Interaktionsprozesse durch zahlreiche Faktoren beeinflusst werden können, die dabei teilweise untereinander interdependent sind. Diese einzelnen Faktoren werden in einer Reihe von Einzelstudien untersucht, die dabei teilweise zu widersprüchlichen Ergebnissen kommen.84 Ein allgemein anerkannter und empirisch fundierter Interaktionsansatz liegt folglich bislang nicht vor. Dies dürfte vor allem auf das Datenbeschaffungsproblem zurückzuführen sein, durch das die empirische Überprüfbarkeit erschwert wird. Anzumerken ist ferner, dass die vorgestellten Ansätze den Verhandlungsprozess als wichtigsten Teilprozess der Interaktion zwar identifizieren, diesen jedoch nicht oder nur unzureichend untersuchen und demnach als eine Art „black box“ behandeln.85 Dies ist verständlich, da bei den Interaktionsansätzen nicht nur die einzelne Interaktion, sondern die Abfolge mehrerer, zusammenhängender Interaktionen im Vordergrund steht. Deshalb fokussieren sich die bisherigen Forschungsbemühungen vor allem auf die Zusammenhänge zwischen den o.a. Unterscheidungskriterien und dem Verhandlungsergebnis. Damit liefern die Interaktionsansätze wichtige Grundlagen zur Untersuchung von industriellen Verhandlungen. Es fehlt jedoch der Konkretisierungsgrad, um Entscheidungsunterstützung beispielsweise anhand von Verhaltensregeln während des Verhandlungsprozesses im Sinne einer praxisnahen und anwendungsorientierten Marketingforschung zu geben.86 Ausgehend von der dargestellten mangelnden (empirischen) Untersuchung des eigentlichen Verhandlungsprozesses und des in Kapitel 2.2.1 vorgestellten Geschäftstypenansatzes ist deshalb im Folgenden zu untersu-
82
Vgl. für eine ausführliche Darstellung Backhaus/Voeth (2007), S. 114ff. sowie die dort angegebene Literatur.
83
Vgl. Håkansson (1982), S. 1 und Fitzgerald (1989), S. 36.
84
Vgl. beispielsweise Backhaus/Voeth (2007), S. 116ff. und Kern (1990).
85
Vgl. zur „black box“ die intervenierende Variable im theoretischen Bezugsrahmen der Verhandlungsstrukturanalyse bei Koch (1987), S. 254.
86
Vgl. Herbst (2007), S. 62f.
28 _________________________________________________________________________ chen, inwiefern sich der Faktor „Unsicherheit“ auf den Verhandlungsprozess auswirkt. Bevor die diesbezüglichen Wirkungen analysiert werden können ist jedoch zunächst zu konkretisieren, wie Unsicherheit entsteht und welches Verständnis von Unsicherheit dem Geschäftstypenansatz und dieser Arbeit zugrunde liegt.
2.2.3 Konkretisierung des Unsicherheitsbegriffs Dem Geschäftstypenansatz liegt der ökonomische Unsicherheitsbegriff zugrunde, der in der Literatur auf zwei Ebenen verwendet wird. Zunächst werden Situationen voneinander unterschieden, in denen vollkommene Informationen bezüglich aller entscheidungsrelevanten Sachverhalte und zukünftigen Ereignisse bekannt sind und Situationen, in denen diesbezüglich nur unvollkommenes Wissen vorliegt. Im Fall vollkommener Informationen spricht man von Sicherheit, während bei Abweichungen von diesem Informationsstand Unsicherheit vorliegt.87 „By certainty is meant a situation in which each available action is associated in the actor’s mind with a single, certain consequence. The rule of rational choice under certainty […] requires him to choose that action whose consequence he most prefers. The rule is meaningless when an individual must act under uncertainty, i.e., when he associates with a given action a set of possible outcomes, some of which may be favorable and some unfavorable.”88 Auf einer zweiten Ebene ist der Unsicherheitsbegriff, je nach Art der Abweichung von vollkommener Information, Bestandteil von weiteren Unterscheidungen in Risiko und Ungewissheit.89 Sofern den möglichen Ereignissen eine Eintrittswahrscheinlichkeit p zugemessen werden kann (0 p 1), spricht man von Risiko. Falls hingegen nur eine subjektive Vorstellung über die Eintrittswahrscheinlichkeit, jedoch keine objektivierbare Größe p vorliegt, spricht man von Ungewissheit oder Unsicherheit im engeren Sinne.90 Von Unwis-
87
Vgl. Bamberg et al. (2008), S. 19f. bzw. S. 41f. Abweichend davon wird bei Abweichungen von vollkommener Information auch der Begriff der Ungewissheit verwendet. Vgl. Bea et al. (2004), S. 325f.
88
Ellsberg (1975), S. 39.
89
Diese Unterscheidung ist zurückzuführen auf Knight (1921).
90
Vgl. Backhaus et al. (1994), S. 20; Gottwald (1990), S. 17. Der Vollständigkeit halber ist jedoch anzumerken, dass Bamberg et al. (2008) dies ebenfalls als Risikosituation bezeichnet. Vgl. Bamberg et al. (2008), S. 19.
29 _________________________________________________________________________ sen ist auszugehen, wenn zukünftig eintretende Ereignisse weder der Sache nach und demzufolge auch nicht bezüglich der Eintrittswahrscheinlichkeit bekannt sind.91
Informationsstand vollkommen
unvollkommen
Sicherheit
Unsicherheit i.w.S. vollständiges Wissen p bekannt
Risiko
unvollständiges Wissen
p unbekannt
Ungewissheit bzw. Unsicherheit i.e.S.
Unwissen
Abbildung 6: Ökonomischer Unsicherheitsbegriff Quelle: In Anlehnung an Backhaus et al. (1994), S. 21.
Obwohl die in Abbildung 6 dargestellte Klassifikation in der betriebswirtschaftlichen Literatur weite Verbreitung gefunden hat, werden die verwendeten Begriffe zum Teil unterschiedlich bzw. synonym verwendet.92 Einigkeit besteht jedoch darin, dass Unsicherheit in einem starken Zusammenhang mit dem individuellen Informationsstand steht. Aus diesem Grund erscheint es daher zweckmäßig, von einer weiteren Definition abzusehen. Vielmehr soll im Folgenden Unsicherheit als Abweichung von vollkommener Information bei vollständigem Wissen (p zumindest subjektiv bestimmbar) verstanden werden. Anhand der o.a. Ausführungen lässt sich vermuten, dass je nach Geschäftstyp und dort vorliegendem Unsicherheitsgrad der Verhandlungsprozess unterschiedlich ablaufen wird. Während im Produktgeschäft lediglich geringe Unsicherheit bzw. unter Umständen sogar Sicherheit vorliegt, werden Verhandlungsakteure im durch hohe Unsicherheit gekennzeichnetem Zuliefergeschäft, in dem über Leistungen verhandelt wird, die zum Verhandlungszeitpunkt noch gar nicht existieren, ein anderes Verhandlungsverhalten aufweisen. 91
Backhaus et al. (1994) sprechen in diesem Fall von „beschränkter Rationalität“, weisen aber ausdrücklich auf die irreführende Verwendung dieses Begriffes hin, da in diesem Modellansatz lediglich auf die eng gesetzten Wissensrestriktionen, nicht jedoch auf die intellektuellen Beschränkungen des Entscheidungsträgers abgehoben wird. Vgl. Backhaus et al. (1994), S. 20.
92
Vgl. beispielsweise Schönborn (2005), S. 49f. sowie die dort angegebene Literatur.
30 _________________________________________________________________________ Aus diesen Gründen ist es für Anbieter wie Nachfrager von großer Bedeutung, sich einerseits der vorliegenden Situation bewusst zu sein und andererseits zu wissen, mit welchen Maßnahmen auf wahrgenommene Unsicherheit reagiert werden kann bzw. mit welchen Maßnahmen des Verhandlungspartners zu rechnen ist, um hierdurch die Verhandlungsphase bestmöglich abzustimmen und sich entsprechend auf den zu erwartenden Verhandlungsverlauf einzustellen. Im Folgenden sollen deshalb sowohl die vorliegende Verhandlungsliteratur als auch vorliegende theoretische Ansätze zur Wirkungsweise von Unsicherheit auf Verhandlungen analysiert werden. Nach einer Systematisierung der vorliegenden Verhandlungsliteratur wird im Folgenden deshalb zunächst anhand einer Literaturanalyse die Wirkungsweise von Unsicherheit auf das Verhandlungsverhalten untersucht, worauf bestehende theoretische Zugänge zur generellen Wirkung von Unsicherheit vorgestellt und im Hinblick auf ihre Eignung als theoretische Fundierung des zugrunde liegenden Forschungsvorhabens analysiert werden.93
93
Damit stellt das dargestellte Problem der Unternehmenspraxis einen „Scheinwerfer“ dar, der auf eine Vielfalt von Forschungsansätzen gerichtet ist, die zu nutzen sind, um in deren Kontext das jeweilige Problem präziser darstellen zu können. Vgl. zur Interpretation von Problemen der Unternehmenspraxis als „Scheinwerfer“ Kirsch et al. (2007), S. 155ff. und 186ff.
31 _________________________________________________________________________
3 Die Wirkung von Unsicherheit auf Verhandlungen als Gegenstand bisheriger Forschung Um einen Überblick über den aktuellen Stand der Verhandlungsforschung zur Wirkungsweise von Unsicherheit zu erhalten, wird im Folgenden zunächst eine umfangreiche Literaturanalyse durchgeführt, der zur besseren Systematisierung eine Darstellung der in der Verhandlungsforschung zu unterscheidenden Ansätze vorangestellt wird. Zwar kann den analysierten Artikeln eine Vielzahl von Unsicherheitswirkungen entnommen werden, jedoch untersuchen die vorliegenden Studien jeweils spezifische Einzelfragestellungen, weshalb es in der Verhandlungsforschung an einem umfassenden Erklärungsansatz zur Wirkung von Unsicherheit auf Verhandlungen fehlt. Aus diesem Grund werden darauf zwei mirkoökonomische sowie ein verhaltenswissenschaftlicher Ansatz zur Wirkung von Unsicherheit vorgestellt, deren Anwendbarkeit auf das Untersuchungsobjekt Verhandlungen abschließend bewertet wird.
3.1 Unsicherheit in der Verhandlungsforschung 3.1.1 Ansätze der Verhandlungsforschung Die Verhandlungsforschung hat eine lange und höchst unterschiedliche Forschungstradition. Die große Anzahl an Veröffentlichungen zu Verhandlungen macht eine vollständige Erfassung und Klassifizierung fast unmöglich.94 Hinsichtlich der unterschiedlichen Forschungsansätze lassen sich dennoch verschiedene Kategorien bilden, die von der Literatur als besonders relevant hervorgehoben werden. Dabei können die wissenschaftlich fundierten, theoretischen Ansätze von den eher praxisbezogenen Ansätzen abgegrenzt werden.95 Auf einer wissenschaftlich-theoretischen Ebene lassen sich weiter zum einen die analytisch-präskriptiven und zum anderen die deskriptiv-verhaltenswissenschaftlichen Ansätze voneinander unterscheiden, die in der von Raiffa (1982) begründeten Negotiation Analysis einer Synthese unterzogen wurden.96 Die daneben stehende große Anzahl praxisorientierter Management-Literatur zielt im Wesentlichen darauf ab, anekdotengleich – teils mit wissenschaftlichem Hintergrund – Tipps für erfolgreiche Verhandlungsführung geben. 94
Vgl. Eliashberg et al. (1994), S. 5.; Firth (1995), S. 10; Hasler-Dierauer (2007), S. 41; Hausken (1997), S. 511ff.; Koch (1987), S. 107 und Putnam/Roloff (1992), S. 3ff.
95
Vgl. Voeth/Rabe (2004).
96
Vgl. Herbst (2007), S. 106ff.; Young (1991), S. 16.
32 _________________________________________________________________________ Auf einer zweiten Ebene lassen sich darüber hinaus die Veröffentlichungen hinsichtlich des untersuchten Verhandlungstyps klassifizieren. Diesbezüglich kann im Wesentlichen in gesellschaftspoltische, intra-organisationale und inter-organisationale Verhandlungen unterscheiden werden.97 Gesellschaftspolitische Verhandlungen umfassen dabei vor allem politische Verhandlungen zwischen Staaten, wie sie insbesondere zu Zeiten des Kalten Krieges, aber auch heutzutage, beispielsweise im Rahmen von Verhandlungen zu Umweltstandards oder parteipolitischen Koalitionen, üblich waren bzw. sind.98 Während intraorganisationale Verhandlungen innerhalb einer Organisation zwischen Einzelpersonen oder Gruppen geführt werden, finden inter-organisationale Verhandlungen zwischen Organisationen statt. Dies stellt damit auch den aus betriebswirtschaftlicher Perspektive klassischen Fall einer Verhandlung zwischen Anbieter und Nachfrager dar. In der Zusammenschau können Veröffentlichungen aus dem Gebiet der Verhandlungsforschung folglich nach Art des Forschungsansatzes und Art des Forschungsfeldes systematisiert werden.
97
Der Vollständigkeit halber muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass auch andersartige Klassifizierungen möglich sind. Auf einer etwas weniger abstrakten Ebene unterscheiden Eliashberg et al. (1994) hinsichtlich des Forschungsfeldes beispielsweise fünf Kategorien. Ausgehend von einer umfangreichen Literaturanalyse unterscheiden sie „Marketing Negotiations“, „Political Negotiations“, „Labor/Management Negotiations“, „Legal Negotiations/Arbitration“ und „Interpersonal Negotiations“ voneinander. Die „Marketing Negotiations“ entsprechen im weitesten Sinne denen in dieser Arbeit untersuchten industriellen Verhandlungen. Darüber hinaus legt Koch (1987) im Wesentlichen eine ähnliche, an einigen Stellen jedoch detailliertere Klassifikation vor. Vgl. Koch (1987), S. 107ff.
98
Vgl. beispielsweise Iklé (1964).
gesellschaftspolitisch
I
IV
inter-organisational
II
V
intra-organisational
Art des Forschungsfeldes
33 _________________________________________________________________________
III
VI
analytisch-präskriptive Ansätze
deskriptivverhaltenswissenschaftliche Ansätze
VII
VIII
IX
praxisorientierte Ansätze
Negotiation Analysis
Art des Forschungsansatzes
Abbildung 7: Systematisierung der Verhandlungsliteratur
Zusammenfassend ist anzumerken, dass es nicht den einen besten Ansatz der Verhandlungsforschung gibt. Vielmehr stellen die unterschiedlichen Ansätze Teile des Ganzen dar, die helfen können, dass Phänomen „Verhandlungen“ besser zu verstehen. So spricht Thompson (2006) auch von einem mehrseitigen Prisma, in dem „[each] approach complements the other approaches.”99 Dieser Systematisierung nach Art des Forschungsansatzes folgend werden die in Abbildung 7 dargestellten Ansätze und ihre wesentlichen Aussagen im Folgenden näher beschrieben, um hierauf aufbauend eine Literaturanalyse zur möglichen Wirkung von Unsicherheit auf Verhandlungen durchzuführen und damit den aktuellen Forschungsstand der Verhandlungsliteratur zu dieser Fragestellung darzustellen.
3.1.1.1 Analytisch-präskriptive Ansätze Die Beziehungen zwischen Verhandlungsakteuren stellen gewissermaßen die feinste Analyseeinheit für die meisten ökonomischen Theorien dar. Aus diesem Grund findet sich im Bereich der Spieltheorie eine Vielzahl an Studien, die damit gleichzeitig den Ursprung der Verhandlungsforschung darstellen. Unsicherheit und deren Wirkung auf realitätsnahes 99
Thompson (2006), S. 5.
34 _________________________________________________________________________ Verhandlungsverhalten spielt jedoch aus Sicht der Spieltheorie für die Verhandlungsakteure keine bzw. eine vernachlässigbare Rolle:100 Anstatt das real zu beobachtende Verhandlungsverhalten zu erklären, konzentrieren sich die Spieltheoretiker im Großteil der vorhandenen Studien auf die logischen Optionen der Spieler und versuchen aufgrund von Wahrscheinlichkeitsaussagen die unter rationalen Gesichtspunkten nutzenmaximierende Auswahlentscheidung der Spieler vorherzusagen. Rapoport (1959) definiert die den spieltheoretischen Ansätzen zugrunde liegende Situation als eine, „in which two individuals whose interests are not coincident are in control of different sets of choices and endeavor to make their respective choices in such a manner as to emerge with an advantage.“101 Dabei werden den Spielern traditionell die Annahmen der
vollkommenen Rationalität,
vollkommene Information sowie
eine vereinfachte Nutzenfunktion
unterstellt.102 Raiffa (1982) ergänzt weiter, dass „‚the rules of the game‘ are so well understood by the ‚players‘ that each can think about what the others are thinking about what he is thinking, ad infinitum.“103 Die erste systematische Analyse einer derartigen Verhandlung wurde von Edgeworth (1881) vorgelegt.104 In seinem Beitrag geht er dabei von zwei Wirtschaftssubjekten aus. Jedes Wirtschaftssubjekt verfügt über ein spezifisches Gut. Edgeworth (1881) weist mittels seines „Edgeworth-Box-Spiels“ nach, dass sich beide Wirtschaftssubjekte durch den Tausch dieser Güter besser stellen als in der Ausgangssituation – das Tauschergebnis wird als individuell rational und effizient prognostiziert. Über die resultierende und optimal anzustrebende Verteilung werden hingegen keine Aussagen getroffen.105
100
So ist auch die Analyse von Verhandlungsspielen unter unvollständiger Information bisher am wenigsten weit entwickelt. Vgl. Ausubel et al. (2002), S. 1936 und für eine beispielhafte Studie zu Verhandlungen unter unvollständigen Informationen Parco/Rapoport (2004), S. 539ff.
101
Rapoport (1959), S. 51.
102
Die Spieler maximieren ihren individuellen Nutzen und lassen Nutzenbetrachtungen des Gegenspielers außen vor. Vgl. Neale/Northcraft (1991), S. 150. Damit gleichen die Annahmen denen der klassischen Mikroökonomie. Vgl. Kapitel 3.2.1.
103
Raiffa (1982), S. 2.
104
Edgeworth (1881), S. 19ff.
105
Vgl. Holler/Illing (2006), S. 193.
35 _________________________________________________________________________ Innerhalb der Spieltheorie lassen sich nicht-kooperative von kooperativen Spielen im Hinblick auf die vorliegende Situation voneinander unterscheiden.106 In der einfachsten Form unterstellen beide Theorieströmungen vollständige Information – sowohl über die andere Verhandlungspartei als auch über die vorliegende Verhandlungssituation.107 Bei nicht-kooperativen Spielen können die Spieler bzw. Verhandlungspartner nicht miteinander kommunizieren und somit auch keine bindenden Vereinbarungen treffen. In kooperativen Spielen ist es den Entscheidungsträgern hingegen erlaubt, verbindliche Abmachungen zu treffen, was wiederum eine Kommunikation zwischen beiden voraussetzt. Darüber hinaus wird die exogene Durchsetzung dieser Abmachungen beispielsweise in Form eines unabhängigen Dritten vorausgesetzt. Damit kommen diese Arten von Spielen dem in dieser Arbeit verwendeten Verhandlungsbegriff (vgl. Kap. 2.1) näher, als die nicht-kooperativen Spiele. Die zu den kooperativen Spielen vorliegenden Arbeiten lassen sich weiter in axiomatische, behavioristische und strategische Verhandlungsspiele untergliedern.108 Unter axiomatischen Ansätzen werden Ansätze verstanden, die zur Analyse von Verhandlungssituationen und -ergebnissen herangezogen werden können.109 Die Basis dieser Ansätze ist in der Arbeit von von Neumann/Morgenstern (1944) zu sehen. Unter der Annahme individueller Nutzenfunktionen und dem Ziel, diese durch interdependente Entscheidungen jeweils zu maximieren, wurde die sogenannte VNM-Nutzenfunktion als kardinales Maß für die Einschätzung von Alternativen eines Individuums110 zur wichtigen Grundlage der Spieltheorie.111 Aufbauend auf diesem nur verkürzt dargestellten Ansatz von von Neumann/Morgenstern (1944)112 geht Nash (1950a) davon aus, dass das Verhandlungsergebnis bestimmten Axiomen folgt:113
Unabhängigkeit von äquivalenter Nutzentransformation, d.h. das Verhandlungsergebnis soll nicht durch eine willkürliche Standardisierung der Nutzenfunktion
106
Vgl. hierzu und im Folgenden Holler/Illing (2006), S. 189ff. sowie auch Althammer (1992), S. 857ff.; Althammer (1993), S. 32ff. und Bamberg et al. (2008), S. 161ff.
107
Roth (1991), S. 36.
108
Vgl. Holler/Illing (2006), S. 191; Nash (1950b), S. 158.
109
Vgl. Voeth/Rabe (2004), S. 1021.
110
Vgl. Holler (1992), S. 12.
111
Vgl. Luce/Raiffa (1957), S. 115ff. und Young (1975), S. 25.
112
Vgl. für eine ausführliche Darstellung beispielsweise Luce/Raiffa (1957) und Young (1975).
113
Holler/Illing (2006), S. 195f.
36 _________________________________________________________________________ durch beliebige Wahl der Auszahlung zugrunde liegender Variablen beeinflusst werden.
Symmetrie des Verhandlungsspiels, d.h. es wird ein interpersoneller Nutzenvergleich unterstellt.
Unabhängigkeit von irrelevanten Alternativen, d.h. dass nur ein für beide Parteien bestehender definierter Konfliktpunkt und das Verhandlungsergebnis selbst relevant sind.
Pareto-Optimalität, d.h. ein Verhandlungsergebnis ist nur dann akzeptabel, wenn sich kein Spieler besserstellen kann, ohne dass sich ein anderer verschlechtert.
Mit dem Nash-Gleichgewicht weist Nash (1950a) nach, dass es sich bei Verhandlungen nicht um Nullsummenspiele handelt, sondern ein Anreiz zur Kooperation besteht. Darüber hinaus zeigt Nash (1950a), dass die von von Neumann/Morgenstern (1944) entwickelten Lösungen auch für mehr als zwei Spieler gelten.114 Obwohl die Nash-Lösung als die in der Wissenschaft am weitesten akzeptierte spieltheoretische Lösung für das Verhandlungsproblem gilt, wird auch berechtigte Kritik an diesem Modell geübt, die sich an kritischen Beiträgen zu den einzelnen Axiomen festmacht. So führt Harsanyi (1975) beispielsweise an, dass die von Nash (1950a) angeführten Axiome empirisch insgesamt nicht haltbar sind.115 Ausgehend von dieser Kritik entwickelten daraufhin andere Theoretiker unter Verwendung veränderter oder weiterer Axiome alternative Lösungen des Verhandlungsproblems.116 Da axiomatische Verhandlungsmodelle untersuchen, inwieweit die Axiome bei der Beschreibung von Verhandlungsergebnissen gelten, bleibt die Betrachtung des Spielerverhaltens während der Verhandlung vernachlässigt. Diese Lücke versuchen die behavioristischen Verhandlungsmodelle zu füllen. Diese Ansätze untersuchen beispielsweise die während der Verhandlung idealerweise zu treffenden Konzessionen und die zugehörigen Konzessionsgrenzen. Diesbezüglich hat das auf Zeuthen (1930) zurückzuführende ZeuthenHarsanyi-Spiel eine weite Verbreitung in der spieltheoretischen Literatur gefunden, wel-
114
Vgl. Nash (1950a), S. 17ff.
115
Vgl. Harsanyi (1975), S. 74ff. Für weitere Kritik beispielsweise Bishop (1963) und ausführlich Holler/Illing (2006), S. 212ff.
116
Vgl. beispielsweise Kalai/Smorodinsky (1975).
37 _________________________________________________________________________ ches die Abfolge von Konzessionen mit der individuellen Risikogrenze bzw. „Kampfneigung“ erklärt.117 Von den axiomatischen und behavioristischen Verhandlungsmodellen sind schließlich die strategischen Verhandlungsspiele zu unterscheiden. Diese enthalten Modellierungen zur Analyse von Interaktionen, die ohne verbindliche Abmachungen geführt werden. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang beispielsweise politische Verhandlungen zwischen Regierungen bzw. Staaten.118 Hieraus wird ersichtlich, dass sich diese Art von Verhandlungsmodellen nicht auf die in dieser Arbeit zugrunde gelegten Auffassung von Verhandlungen anwenden lässt, da in betriebswirtschaftlichen Verhandlungen allgemein und industriellen Verhandlungen speziell immer auf einen Vertragsabschluss abgezielt wird. Die Spieltheorie vermittelt ein wichtiges Hintergrundverständnis, um das grundlegende Verhalten in dyadischen Verhandlungssituationen erfassen und verstehen zu können.119 In einigen Bereichen lässt sich die Spieltheorie deshalb auch sehr gut als Analysetool der vorliegenden Verhandlungssituation einsetzen.120 Darüber hinaus hat die Spieltheorie maßgebliche Impulse gegeben, Forschungsarbeiten zum Verhandlungsverhalten mit verhaltenswissenschaftlichem Charakter anzustoßen. In diesem Zusammenhang sind insbesondere Arbeiten zu nennen, die versuchen, den Einfluss bestimmter struktureller Variablen auf den Verhandlungsprozess bei dyadischen Verhandlungen zu ermitteln.121 Raiffa (1982) merkt jedoch zusammenfassend an, dass Spieltheoretiker „examine what ultrasmart, impeccably rational, superpeople should do in competitve, interactive situations. They are not interested in the way erring folks like you and me actually behave, but in how we should behave if we were smarter, thought harder, were more consistent, were all knowing.“122 So konnten auch empirische Untersuchungen des realen Verhandlungsverhaltens nachweisen, dass die sämtlichen spieltheoretischen Modellen zugrunde liegenden Annahmen, insbesondere der vollständigen Rationalität, in der Realität nicht anzutreffen und somit nicht 117
Vgl. für eine ausführliche Darstellung Holler (1992), S. 33; Holler/Illing (2006), S. 242.
118
Holler/Illing (2006), S. 248.
119
Vgl. beispielsweise Weber (1985); Myerson (1991); Siebe (1991) und Young (1991).
120
Vgl. beispielsweise den Einsatz eines spieltheoretischen Modells bei Verhandlungen um Versicherungen Kihlstrom/Roth (1982).
121
In diesem Zusammenhang nennen Neale/Northcraft (1991), S. 151 beispielsweise Verhandlungsmacht, Zeitbeschränkungen der Verhandlung sowie integratives Potenzial. Auch die vorliegende Arbeit ist mit der Fokussierung auf die Verhandlungen zugrunde liegende Unsicherheit in diese Art von Arbeiten einzuordnen.
122
Raiffa (1982), S. 21.
38 _________________________________________________________________________ haltbar sind.123 Darüber hinaus ist zu kritisieren, dass die Spieltheorie sich mit Ausnahme der behavioristischen Modelle ausschließlich auf den der Verhandlung zugrunde liegenden Kontext fokussiert. Dabei werden insbesondere das Verhalten und die Kognition der Verhandlungsakteure nicht untersucht, welches in realen Verhandlungen überhaupt erst den Verhandlungsprozess kennzeichnet und zu Verhandlungsergebnissen führt. Stattdessen geht die Spieltheorie davon aus, dass der Kontext einer Verhandlung bereits das Ergebnis determiniert.124 Auch Voeth/Herbst (2009) folgern deshalb, dass die aus spieltheoretischen Überlegungen abgeleiteten generellen Empfehlungen zur Verhandlungsführung nur mit Vorsicht zu betrachten seien und daher nur in Grundzügen zum Management betriebswirtschaftlicher Verhandlungen geeignet sind.125 Folglich sind Arbeiten aus diesem Bereich eher weniger geeignet, Hinweise und Lösungsmöglichkeiten für das Verhandlungsverhalten unter Unsicherheit bereitzustellen.
3.1.1.2 Deskriptiv-verhaltenswissenschaftliche Ansätze Deskriptiv-verhaltenswissenschaftliche Ansätze beschreiben den Einfluss individueller Verhaltensdeterminanten sowie situativer Faktoren auf das Verhandlungsverhalten und das Verhandlungsergebnis.126 Kennzeichnend für diese Ansätze ist vor allem die Vielzahl an Wissenschaftsgebieten, die sich in diesem Feld betätigen, darunter vor allem die Psychologie, Sozialpsychologie, Soziologie, Rechtswissenschaften aber auch die Betriebswirtschaftslehre, was die Bezeichnung als „wissenschaftliches Potpourri“127 rechtfertigt. Diese Ansätze geben die spieltheoretische Annahme der vollständigen Rationalität auf und unterstellen den Verhandlungsakteuren beschränkte Rationalität. Die Vielzahl der vorliegenden
123
Vgl. Bazerman/Neale (1991), S. 110; Neale/Bazerman (1992), S. 157ff. sowie für einen Anwendungsfall Le Flanchec (2004), S. 274.
124
Vgl. Neale/Northcraft (1991), S. 151.
125
Vgl. Voeth/Herbst (2009), S. 20f. Für eine verständliche und umfassende Darstellung der Beiträge der Spieltheorie zur Verhandlungsforschung vgl. beispielsweise Weber (1985); Myerson (1991).
126
Vgl. Thompson (1990), S. 515.
127
Voeth/Herbst (2009), S. 16, die diesen Begriff jedoch für die gesamte wissenschaftliche Verhandlungsforschung verwenden.
39 _________________________________________________________________________ Arbeiten lässt sich unterteilen in theoretisch-konzeptionelle und empirisch-induktive Beiträge.128 In theoretisch-konzeptionellen Beiträgen werden i.d.R. unter Rückgriff auf Beobachtungen von Verhandlungssituationen einerseits und soziologischen und/oder psychologischen Theorien bzw. Theorieelementen andererseits (idealtypische) Verhandlungsmodelle entwickelt. So untersucht beispielsweise Schelling (1960), inwiefern während eines Verhandlungsprozesses auftretende unterschiedliche Optionen einen Einfluss auf die endgültige Entscheidung haben.129 Auch Douglas (1962) und Walton/McKersie (1965) verstehen Verhandlungen als Prozess. Während Douglas (1962) drei aufeinander folgende Verhandlungsphasen unterscheidet, so differenzieren Walton/McKersie (1965) nicht zwischen zwingend sequentiell ablaufenden Phasen, sondern zwischen den Sequenzen des distributiven und integrativen Verhandelns.130 Ausgehend von diesen Phasen werden im Hinblick auf idealerweise anzuwendende Verhandlungstaktiken phasenbezogene Empfehlungen gegeben. Bei den empirisch-induktiven Ansätzen standen in den 1960er und 1970er Jahren vor allem die Untersuchung des Einflusses situativer Unterschiede wie beispielsweise unterschiedliche Incentivierungen, Macht, Zeitbeschränkungen, Anzahl an Verhandlungspartnern sowie die Anwesenheit von Dritten im Vordergrund.131 Rubin/Brown (1975) beziffern die Anzahl der hierzu erschienenen Arbeiten bereits im Jahre 1975 auf über 1.000.132 Dabei liegt der Fokus weniger stark auf der Prognose optimaler Lösungen, sondern vorwiegend in der
128
Vgl. Pruitt (1981), S. 10; Dupont (1996), S. 51, der weiter zwischen qualitativen und statistischen Ansätzen unterscheidet.
129
Vgl. Schelling (1960). Nachdem seine Herangehensweise zunächst spieltheoretisch geprägt war, entwickelte er im Laufe seiner Studien einen allgemeineren Ansatz. Vgl. Pruitt (1981), S. 57.
130
Bei distributiven Verhandlungen handelt es sich um Nullsummen-Verhandlungen und damit den einfachsten Fall einer Verhandlung. In distributiven Verhandlungen steht der von beiden Verhandlungsakteuren insgesamt zu realisierende Gewinn („Win-Set“) bereits fest, es ist unter Berücksichtigung der jeweiligen Aspirations- und Reservationspreise – in der sogenannten ZOPA (Zone of Possible Agreement) von Verkäufer und Käufer ein Kaufpreis zu ermitteln. Vgl. Raiffa (1982), S. 45ff.; Raiffa et al. (2002). Der Unterschied zu integrativen Verhandlungen besteht darin, dass bei diesen der verhandlungsparteiübergreifende Gewinn unterschiedlich hoch ausfallen kann. Durch geschickte Aufteilung und Befriedigung der akteurspezifischen Präferenzen und Prioritäten ist es so möglich, das Win-Set zu vergrößern. Vgl. Follet (1940), S. 31ff.; Walton/McKersie (1965) zitiert nach Walton/McKersie (1991), S. 126ff.
131
Vgl. hierzu und im Folgenden Bazerman et al. (2000), S. 280f. Vgl. zu Incentivierungen Axelrod/Mary (1968), zu Macht Marwell et al. (1969) oder aktueller Geiger (2007), zu Zeitbeschränkungen Pruitt/Drews (1969) oder aktueller Voeth/Weißbacher (2005); zur Anzahl an Verhandlungsbeteiligten Marwell/Schmitt (1972) sowie Pruitt/Johnson (1972) zum Einfluss von Dritten.
132
Vgl. Rubin/Brown (1975), S. 289.
40 _________________________________________________________________________ Beschreibung des zu beobachtenden Verhandlungsverhaltens.133 Aufgrund der Schwierigkeit, reale Verhandlungen zu beobachten und diese Ergebnisse dann auch zu verwerten, greift der Großteil der empirisch angelegten verhaltenswissenschaftlichen Studien i.d.R. auf (teilweise auch spieltheoretische) Experimente zurück,134 bei denen oftmals der Einfluss einzelner Determinanten auf die von den Verhandlungsakteuren angewendeten Strategien und Taktiken untersucht wird. Obwohl sich diese Ansätze generell gut für die Erfassung der Wirkung von Unsicherheit auf den Verhandlungsprozess eignen würden, liegen hierzu jedoch nur wenige deskriptiv-verhaltenswissenschaftliche Studien vor.135 Ausgehend von der Annahme, dass individuelle Unterschiede der Verhandlungsakteure einen Einfluss auf den Verhandlungsprozess und das -ergebnis haben,136 sind in dieser Zeit darüber hinaus hunderte von Untersuchungen durchgeführt worden, bei denen einzelne soziodemographische Unterschiede modelliert wurden.137 Aufgrund der Zusammenschau aller Arbeiten und ihrer teils widersprüchlichen Ergebnisse sehen viele Autoren in den soziodemographischen Unterschieden allerdings nur wenig Potenzial für die Prognose von Verhandlungsergebnissen.138 Die „cognitive revolution“ führte gegen Ende der 1970er Jahre zu verstärkten Forschungsbemühungen mit dem Fokus auf den Verhandlungsakteur als Entscheider, wodurch die Strömung des Behavioral Decision Research (BDR) entstand.139 Verhandlungen werden dabei generell als interaktive Entscheidungssituationen unter Unsicherheit aufgefasst, wodurch Abweichungen von optimalen Ergebnissen und damit rationalem Verhalten ökonomisch-analytischer Modelle erklärt werden.140 Ein Großteil der vorliegenden Untersuchungen konzentriert sich auf den Nachweis der Nutzung kognitiver Heuristiken durch die Verhandlungsakteure.141 Dabei wird die realistische Annahme unterstellt, dass die Verhandlungsakteure aus denen ihnen zur Verfügung stehenden Informationen möglichst rationale Entscheidungen treffen wollen. Besondere Beachtung hat dabei die Erforschung der Art
133
Vgl. Dupont (1996), S. 51.
134
Voeth/Rabe (2004), S. 1023.
135
Vgl. Kapitel 3.1.2.
136
Vgl. Druckman (1977), S. 29.
137
Vgl. Bazerman et al. (2000), S. 281 und Barry/Friedman (1998), S. 345ff. sowie die dort angegebene Literatur.
138
Vgl. Lewicki et al. (2006), S. 375ff.; Pruitt/Carnevale (1993), S. 198ff.
139
Vgl. Bazerman et al. (2000), S. 280 und S. 282.
140
Vgl. Bazerman/Carroll (1987), S. 252f.; Bazerman/Neale (1991), S. 110; Bazerman et al. (2000), S. 282f.
141
Vgl. Bazerman et al. (2000), S. 282; Bazerman (2006), S. 7ff.
41 _________________________________________________________________________ der individuellen Informationsverarbeitung erfahren,142 woraufhin Anfang der 1990er Jahre einige Beiträge erneut den sozialen und interaktiven Kontext der Informationsverarbeitung von Verhandelnden hervorgehoben haben.143 Ausgehend von diesen Beiträgen erfuhren die sozialpsychologischen Ansätze neuen Auftrieb. Bazerman et al. (2000) identifizieren dabei vier Hauptforschungsrichtungen: Die Untersuchung sozialer Beziehungen, das Auftreten von Egozentrismus bzw. Fairness, Selbstüberschätzung sowie Emotionen in Verhandlungen.144 Insgesamt bieten die verhaltenswissenschaftlich-deskriptiven Ansätze und hier insbesondere die empirisch gestützte Literatur bessere Erklärungsansätze zum Verhandlungsprozess und -ergebnis als die analytisch-spieltheoretische Literatur. Insbesondere die Ansätze des BDR liefern dabei mit der Betrachtung kognitiver Heuristiken Ansätze zur Erklärung des Verhandlungsverhaltens unter Unsicherheit, wenngleich dies aufgrund der Vielzahl der teilweise widersprüchlichen Arbeiten erschwert wird. Zudem sind sie empirisch fundiert, obwohl die Generalisierbarkeit aufgrund der oftmals stark vereinfachten Versuchsanordnung als Laborexperiment nur eingeschränkt gegeben ist.145 Darüber hinaus wurde in den meisten dieser Experimente nicht das Verhandlungsverhalten direkt untersucht. Vielmehr wurde dies im Nachhinein bei den einzelnen Probanden mittels eines Fragebogens und Selbsteinschätzungen abgefragt. Viele dieser Ergebnisse sind schließlich auch unter Vorbehalt zu betrachten, da diese – wenn überhaupt – empirisch nicht großzahlig wiederholt worden sind.146
3.1.1.3 Negotiation Analysis Ausgehend von Raiffa (1982) entwickelte sich mit den oben erläuterten BDR-Ansätzen die neuere theoretische Strömung der „Negotiation Analysis“, die ihren Ausgangspunkt vor allem in der Entscheidungstheorie und Spieltheorie hatte.147 Dabei ist sie im Kern keine 142
Vgl. z.B. Einhorn (1982); Tversky/Kahnemann (1974); Tversky/Kahnemann (1982).
143
Vgl. Thompson et al. (1995), S. 5ff. sowie die dort angegebene Literatur.
144
Vgl. hierzu und im Folgenden Bazerman et al. (2000), S. 283ff.
145
Vgl. Pruitt/Carnevale (1993), S. 11. Diesbezüglich wird gefordert, dass die Verhandlungsforschung zunehmend Probleme von praktischer Relevanz mit Bezug zur Realität statt theoretischer Fragestellungen in Experimenten untersuchen solle. Vgl. hierzu Eliashberg et al. (1994), S. 17.
146
Vgl. Voeth/Rabe (2004).
147
Vgl. Bazerman et al. (2000); Sebenius (1992), S. 18; Eine derartige gesonderte Gliederung der theoretischen Ansätze mit einem gesonderten Punkt „Negotiation Analysis“ findet sich in der deutschsprachigen Literatur erstmals bei Herbst (2007) und Voeth/Herbst (2009).
42 _________________________________________________________________________ neue Theorie, sondern stellt gewissermaßen eine Synthese aus analytisch-präskriptiven und verhaltenswissenschaftlich-deskriptiven Ansätzen dar. Wie o.a. können rein analytischpräskriptive Ansätze zur Analyse realer Verhandlung nur eingeschränkt verwendet werden, da es in der Spieltheorie zahlreiche mögliche Gleichgewichte gibt und zum anderen eine oder beide Verhandlungsparteien nicht rational handeln und sich somit nicht strategisch als Nutzenmaximierer verhalten.148 Deshalb integriert Raiffa (1982) die analytischpräskriptiven und die deskriptiv-verhaltenswissenschaftlichen Ansätze und erläutert das Zustandekommen optimaler Verhandlungsergebnisse auf Basis rationaler Erwägungen. Darauf aufbauend beschreibt er dann praktisch, welche Verhaltensweisen in einer Verhandlung zu diesen Ergebnissen führen.149 So möchte Raiffa (1982) im Sinne eines präskriptiven Ansatzes Verhandlungsakteuren helfen und Hilfestellungen geben, wie man sich zu verhalten hätte. Besonderes Augenmerk richtet er dabei auf eine integrative Verhandlungsführung, um den gemeinsamen Gewinn wenn möglich zu vergrößern. Schließlich analysieren die Ansätze der Negotiation Analysis im Allgemeinen keine Gleichgewichte, sondern vielmehr die „Zone of Possible Agreement“ (ZOPA) – als Verhandlungsergebnis kommt also nicht ein bestimmter Punkt sondern ein eingegrenzter Einigungsbereich in Frage.150 Damit schafft die Negotiation Analysis gewissermaßen die Brücke zwischen den theoretisch- sowie empirisch-fundierten und den im Folgenden zu erläuternden, praxisorientierten Ansätzen.
3.1.1.4 Praxisorientierte Ansätze Parallel zur Entwicklung der vorgestellten theoretischen Ansätze der Verhandlungsforschung entwickelten sich vor allem in den 1980er und 1990er Jahren praxisorientierte Ansätze, die auch als „managementorientierte Ratgeberliteratur“ bezeichnet werden können. Aus der Vielzahl der vorliegenden und kaum überschaubaren Arbeiten151 greifen einige von diesen theoretische Modelle auf152 und wenden diese auf reale oder fiktive Verhandlungsfälle an, um so Praktikern konkrete und leicht verständliche Verhaltenstipps für Ver148
Vgl. Sebenius (1992), S. 19.
149
Vgl. Bazerman et al. (2000), S. 282; Sebenius (1992), S. 20. Als Wegbereiter der „Negotiation Analysis“ können insbesondere die Arbeiten von Schelling (1960); Schelling (1966) und Walton/McKersie (1965) angesehen werden.
150
Vgl. Sebenius (1992), S. 20ff.
151
Vgl. beispielsweise für den deutschsprachigen Raum Birkenbihl (2006); Heussen (2007); Lewicki et al. (1998); Püttjer/Schnierda (2007); Saner (2008); Schranner (2001); Schrank/Litschke (2002).
152
Vgl. Kapitel 3.1.1.1, 3.1.1.2 sowie 3.1.1.3.
43 _________________________________________________________________________ handlungen zu vermitteln. Große Verbreitung auch in der Wissenschaft hat hier das – inzwischen in 22. Auflage vorliegende – Harvard-Verhandlungskonzept von Fisher/Ury (1981) gefunden.153 Das Harvard-Verhandlungskonzept geht dabei von den vier Grundelementen einer Verhandlung „Menschen“, „Interessen“, „Möglichkeiten“ und „Kriterien“ aus. Im Einzelnen wird empfohlen:154 1. Die gedankliche und argumentative Trennung von Menschen und Problemen während der Verhandlung. Hierdurch kann die Lösungsfindung während einer Verhandlung vereinfacht werden, da zwischenmenschliche Konflikte nicht auftreten. 2. Die Abkehr von Fixierungen auf Positionen während des Verhandlungsprozesses. Stattdessen sollten die Interessen beider Verhandlungsakteure in den Vordergrund gerückt werden, da andernfalls evtl. vorliegendes integratives Potenzial von Verhandlungen nicht aufgedeckt werden kann. 3. Die Entwicklung alternativer Problemlösungsvorschläge bereits vor Beginn des Verhandlungsprozesses, um so Sackgassen und ein mögliches Scheitern der Verhandlung zu vermeiden. 4. Den Ansatz objektiver Bewertungskriterien bei der Beurteilung der Angebote des Verhandlungspartners.
Neben dem Harvard-Verhandlungskonzept hat auch der Ansatz von Lax/Sebenius (1986) Verbreitung gefunden, welche die Interdependenzen zwischen integrativen und distributiven Verhandlungen und damit zwischen „Managing the Tension Between Creating and Claiming Value,“155 und dem Dilemma von Verhandlungsführern unter praktischen Gesichtspunkten untersuchen.156 Positiv ist hervorzuheben, dass die praxisorientierten Ansätze ein erstes Verständnis für die Bedeutung von Verhandlungen in der Praxis sowie die daraus folgende Notwendigkeit einer tiefergehenden Beschäftigung mit Verhandlungen schaffen. Erschwert wird dies je153
Vgl. hierzu auch Dupont (1996), S. 55f.
154
Vgl. hierzu und im Folgenden Fisher/Ury (1981), S. 21ff. bzw. in der aktuellen Auflage Fisher et al. (2004), S. 15ff.
155
Sebenius (1992), S. 30.
156
Vgl. hierzu auch Dupont (1996), S. 54f.
44 _________________________________________________________________________ doch durch die große Anzahl populärwissenschaftlicher Beiträge, welche die Übersicht über dieses Feld erschweren. Ansätze für die zur systematischen Analyse der Wirkungsweise von Unsicherheit auf Verhandlungen bieten diese Ansätze demzufolge nur eingeschränkt. Stattdessen erklären sie eher anhand von allgemein gehaltenen „Kochrezepten“, wie mit Unsicherheit in Verhandlungen umgegangen werden sollte.157
3.1.2 Die Wirkung von Unsicherheit in der Verhandlungsforschung – Bestandsaufnahme der Literatur Basierend auf der o.a. Klassifikation der Verhandlungsforschung wurden in einer umfassenden Literaturanalyse international referierte Beiträge nach Anhaltspunkten für das zu erwartende Verhandlungsverhalten unter Unsicherheit untersucht. Da diese Wirkung von Unsicherheit auf das Verhalten jedoch oftmals nicht nur auf das Thema Verhandlungen eingegrenzt wird, erscheint es notwendig, nicht nur Arbeiten zu berücksichtigen, die ausdrücklich „Verhandlungsverhalten unter Unsicherheit“ zum Gegenstand haben, sondern auch solche Arbeiten mit einzubeziehen, die offensichtlich Verhalten unter Unsicherheit in Transaktionen bzw. Austauschbeziehungen generell zum Gegenstand haben.158 Zudem wurde zugunsten einer Abstract-Analyse auf eine allein stichwortbezogene Analyse verzichtet. Grundlage für die Literaturrecherche ist die Einordnung von Henning-Thurau et al. (2004) sowie Homburg (2000), nach deren Ranking relevant erscheinende, international referierte Beiträge aus ausgewählten Marketing-Journals der A-Klassifikation der letzten 30 Jahre von 1979 bis 2008 systematisch untersucht wurden.159 Da die dieser Arbeit zugrunde liegende Forschungsfrage aus dem Industriegütermarketing stammt, wurde darüber hinaus das Journal „Industrial Marketing Management“ in die Untersuchung aufgenommen. Schließlich wurden für den angegebenen Zeitraum die verhandlungswissenschaftlichen Journals „Negotiation Journal“, „Group Decision and Negotiation“ sowie „International Negotiation“ analysiert, die in den verwendeten Rankings nicht verzeichnet sind, da
157
Vgl. hierzu beispielsweise Wheeler (2004a) und Wheeler (2004b) aus der Literaturanalyse in Kapitel 3.1.2.
158
Während Arbeiten mit einem direkten Bezug zur Verhandlungsforschung nach ihrem Typ (vgl. Abbildung 7) zugeordnet wurden, wurde dies für Artikel ohne Bezug zu Verhandlungen nicht durchgeführt.
159
Dies sind im Einzelnen: „Journal of Marketing”, „Journal of Marketing Research”, „Journal of the Academy of Marketing Science”. Die Zeitschrift „Organizational Behavior and Human Decision Processes“ wurde trotz der Einordnung von Henning-Thurau et al. (2004) in den Bereich „Personal und Organisation“ in die Untersuchung aufgenommen, da insbesondere Verhandlungsforscher in dieser Zeitschrift häufig publizieren.
45 _________________________________________________________________________ in ihnen im Vergleich zu anderen Journals nur eine relativ geringe Anzahl von Artikeln publiziert wird. Aus der chronologischen Auflistung der zahlreichen, bisher erschienenen Forschungsarbeiten (vgl. Tabelle 1) kann zunächst gefolgert werden, dass Unsicherheit als zentrale Verhaltensdeterminante für Austauschprozesse erkannt wurde, deren Wirkung auf den Verhandlungsprozess konkret aber bislang nicht umfassend empirisch untersucht worden ist.
46 _________________________________________________________________________
Autor(en) & Jahr
Studientitel
Untersuchungsinhalt
Zeitschrift
Typ
Empirie
Locander/ Hermann (1979)
The Effect of SelfConfidence and Anxiety on Information Seeking in Consumer Risk Reduction
Auswirkungen von Persönlichkeitsvariablen auf die Informationssuche bei Kaufentscheidungen unter Unsicherheit
Journal of Marketing Research
–
Ɣ
Meyer (1981)
A Model of Multiattribute Judgments Under Attribute Uncertainty and Informational Constraint
Modellentwicklung und Test der Produktevaluation durch Konsumenten bei unsicheren Alternativen
Journal of Marketing Research
–
Ɣ
Puto et al. (1985)
Risk Handling Strategies in Industrial Vendor Selection Decisions
Untersuchung der Auswirkung von wahrgenommener Unsicherheit auf die Anbieterauswahl
Journal of Marketing
–
Ɣ
Samli et al. (1988)
International Industrial Buyer Behavior: An Exploration and a Proposed Model
Entwicklung eines Modells zur Erfassung des industriellen Einkaufsverhaltens unter der Berücksichtigung von Unsicherheitsfaktoren
Journal of the Academy of Marketing Science
–
Ɣ
Nordewier et al. (1990)
Performance Outcomes of Purchasing Arrangements in Industrial Buyer-Vendor Relationships
Entwicklung und empirische Überprüfung eines Modells zum Einfluss von AnbieterNachfrager Beziehungen bei Wiederholungskäufen unter Unsicherheit
Journal of Marketing
–
Ɣ
Murray (1991)
A Test of Services Marketing Theory: Consumer Information Acquisition Activities
Informationsnutzung unter hoher wahrgenommener Unsicherheit bei Dienstleistungen
Journal of Marketing
–
Ɣ
Bunn (1993)
Taxonomy of Buying Decision Approaches
Entwicklung eines Klassifikationsschemas von Kaufverhalten und -situationen (u.a. Unsicherheit)
Journal of Marketing
–
Ɣ
Ravenscroft et al. (1993)
Bargaining Behavior in a Transfer Pricing Experiment
Auswirkung unsicherer Marktkapazitäten, Incentivierungen und begrenztem Zeithorizont auf das Verhandlungsverhalten
Organizational Behavior and Human Decision Processes
III
Ɣ
47 _________________________________________________________________________
Ganesan (1994)
Determinants of LongTerm Orientation
Untersuchung der zu langfristigen AnbieterNachfrager Beziehungen führenden Einflussfaktoren (u.a. Unsicherheit)
Heide/Weiss (1995)
Vendor Consideration and Switching Behavior for Buyers in HighTechnology Markets
Auswirkung hoher Unsicherheit bei HighTech Produkten auf das Auswahlverhalten neuer Zulieferer durch Einkäufer
Journal of Marketing
–
Larrick/Boles (1995)
Avoiding Regret in Decisions with Feedback: A Negotiation Example
Auswirkung des Einflusses von Feedback auf die Wahl sicherer oder risikobehafteter Wahlalternativen in Verhandlungen
Organizational Behavior and Human Decision Processes
I/II/III
Bunn/Liu (1996)
Situational Risk in Organizational Buying: A Basis for Adaptive Selling
Auswirkung des Einflusses von zwei Risikodimensionen auf den Beschaffungsprozess
Industrial Marketing Management
–
Westbrook (1996)
Risk Coordinative Maneuvers During BuyerSeller Negotiations
Auswirkung der persönlichen Risikoeinstellung auf das Verhandlungsverhalten
Industrial Marketing Management
V/VIII
Chasek (1997)
A Comparative Analysis of Multilateral Environmental Negotiations
Vergleich von realen Verhandlungen (Fallstudien); Erklärung des Prozesses von politischen Verhandlungen unter hoher Unsicherheit
Group Decision and Negotiation
IV
Ɣ
Bottom (1998)
Negotiator Risk: Sources of Uncertainty and the Impact of Reference Points on Negotiated Agreements
Erklärung von Konzessionsverhalten in Abhängigkeit der individuellen Risikopräferenz während Verhandlungen
Organizational Behavior and Human Decision Processes
II
Ɣ
Mishra et al. (1998)
Information Asymmetry and Levels of Agency Relationships
Entwicklung eines Modells und empirische Überprüfung zu Prinzipal-Agenten Beziehungen unter Informationsasymmetrie (Unsicherheit)
Journal of Marketing Research
–
Ɣ
Buvik/John (2000)
When Does Vertical Coordination Improve Industrial Purchasing Relationships
Das Ausmaß vertikaler Koordination zwischen Anbieter und Nachfrager in Abhängigkeit externer Unsicherheit
Journal of Marketing
–
Ɣ
Negotiations to Set Up Joint Ventures in China
Beschreibung des Verhandlungsprozesses beim Aufbau von Joint Ventures in China (u.a. gekennzeichnet durch hohe Unsicherheit)
Negotiation Journal
VIII
Ɣ
Faure (2000)
Journal of Marketing
–
Ɣ
Ɣ
Ɣ
48 _________________________________________________________________________
GürhanCanli/Rajeev (2004)
When Corporate Image Affects Product Evaluations: The Moderating Role of Perceived Risk
Auswirkung von wahrgenommener Unsicherheit auf das Informationsverhalten während des Kaufprozesses
Journal of Marketing Research
–
Ɣ
Le Flanchec (2004)
How to Reduce Uncertainty in a Context of Innovation: The Case of IBM's Negotiation of its European Works Council
Beeinflussung des Verhandlungsverhaltens durch Unsicherheit bezüglich eigener Präferenzen
International Negotiation
IX
(Ɣ)
Parco/ Rapoport (2004)
Enhancing Honesty in Bargaining Under Incomplete Information: An Experimental Study of the Bonus Procedure
Effekt von Bonuszahlungen auf die falsche Darstellung des Reservationspreises
Group Decision and Negotiation
I/II/III
Ɣ
Wheeler (2004a)
Overcoming Stage Fright: How to Prepare for a Negotation
Beschreibung der Möglichkeiten zur Bewältigung von Angst (u.a. hervorgerufen durch Unsicherheit) im Verhandlungsprozess
Negotiation
VIII
Wheeler (2004b)
Turn Chaos to Your Advantage
Beschreibung der Möglichkeiten flexiblen Agierens zur erfolgreichen Führung unsicherer Verhandlungen
Negotiation
VIII
Susskind (2006a)
What's Special About Technology Negotiations?
Darstellung von Verhaltensweisen bei Verhandlungen um High-Tech Produkte (u.a. gekennzeichnet durch Unsicherheit)
Negotiation
VIII
Tenbrunsel/ Diekmann (2007)
When You're Tempted to Deceive
Darstellung der Faktoren die zu Täuschungen im Verhandlungsprozess führen (u.a. bei Unsicherheit)
Negotiation
VIII
Castaño et al. (2008)
Managing Consumer Uncertainty in the Adoption of New Product: Temporal Distance and Mental Simulation
Darstellung der Unsicherheitsarten und Reduzierungsmaßnahmen bei der Einführung neuer Produkte
Journal of Marketing Research
–
Tabelle 1: Studien über Unsicherheit im Transaktionsprozess
(Ɣ)
Ɣ
49 _________________________________________________________________________ Wenngleich sich für die Analyse des Verhandlungsprozesses unter Unsicherheit besonders deskriptiv-verhaltenswissenschaftliche Ansätze eignen würden, wurde dies bislang erst in zwei Arbeiten, und dort lediglich ansatzweise, vollzogen. Relativ viele Arbeiten zur Wirkung von Unsicherheit in Verhandlungen können hingegen den praxisorientierten Ansätzen zugeordnet werden, die jedoch in der Mehrzahl auf eine empirische Überprüfung ihrer Aussagen verzichten. Bis auf eine weitere Ausnahme aus dem Bereich der analytischpräskriptiven Ansätze arbeiten alle weiteren Beiträge zum Forschungsgegenstand Unsicherheit und dessen Auswirkung auf Austauschbeziehungen zumindest teilweise empirisch. Während es sich hierbei größtenteils um Befragungen handelte, wenden einige Arbeiten auch Experten- und Tiefeninterviews an.160 Der Großteil der Arbeiten stammt dabei aus dem Feld des Konsumgütermarketings, in dem zumeist Entscheidungen einzelner Konsumenten betrachtet werden. Lediglich die Arbeiten von
Bunn
(1993),
Bunn/Liu
(1996),
Buvik/John
(2000),
Heide/Weiss
(1995),
Puto et al. (1985) und Westbrook (1996) befassen sich im weitesten Sinne mit Fragestellungen des Industriegütermarketings, wobei ausschließlich Westbrook (1996) direkt auf Verhandlungen eingeht. Aus der Analyse der Beiträge lassen sich im Wesentlichen folgende Hinweise zum Verhalten der Marktpartner unter Unsicherheit ziehen:
Der Großteil der vorliegenden Literatur betont die Notwendigkeit bzw. Handlungsweise, unter Unsicherheit zusätzliche Informationen zu generieren.161
Während Wheeler (2004a) in seinem praxisorientierten Ansatz ferner die hohe Bedeutung einer ausführlichen Verhandlungsvorbereitung betont,162
führt Unsicherheit im Verhandlungsprozess unter bestimmten Bedingungen zu einer Abnahme von kooperativen163 bzw.
160
Zunahme unethischer und aggressiver Verhaltensweisen.164
Vgl. Bunn (1993); Faure (2000); Samli et al. (1988). Vgl. hierzu auch Puto et al. (1985), die betonen, dass ausschließlich subjektive Angaben der an der Beschaffung beteiligten Personen nach der erfolgten Beschaffungsentscheidung zur Analyse herangezogen werden. Vgl. Puto et al. (1985), S. 92.
161
Vgl. hierzu beispielsweise Castaño et al. (2008), S. 334; Bunn (1993), S. 42; Heide/Weiss (1995), S. 38f.; Puto et al. (1985), S. 90.
162
Vgl. Wheeler (2004a), S. 3.
163
Vgl. Ravenscroft et al. (1993), S. 414ff. und Westbrook (1996), S. 285f.
50 _________________________________________________________________________
Insbesondere das Anbieter-Image ist für Nachfrager bei der Produktbeurteilung unter Unsicherheit von großer Bedeutung,165
wobei besonders Vertrauen in den Transaktionspartner als Informationsquelle eine herausgehobene Bedeutung erfährt.166
Aus der Zusammenschau der vorliegenden Arbeiten ergibt sich ein uneinheitliches Bild. Zunächst fällt auf, dass keiner der vorliegenden Artikel einen umfassenden Überblick über die Wirkungsweise von Unsicherheit auf das Verhandlungsverhalten zu geben vermag. Während der Großteil der Arbeiten zwar die aufgeführte Notwendigkeit zur Informationsgenerierung bzw. zum Informationsaustausch betont, so verfolgen die Studien jeweils eigenständige Ziele und konzentrieren sich auf unterschiedlichste Verhaltensweisen. Eine Erklärung hierfür kann zum einen in den unterschiedlichen Forschungshintergründen der Autoren sowie zum anderen in der unterschiedlichen Definition des jeweils vorliegenden Unsicherheitsbegriffs gesehen werden:167 Während einige Studien wie beispielsweise Wheeler (2004b) und Le Flanchec (2004) Unsicherheit eher ohne theoretische Fundierung „ad hoc“ definieren, so verwenden beispielsweise Gürhan-Canli/Rajeev (2004), Locander/Hermann (1979), und Murray (1991) Unsicherheit im Sinne der Theorie des wahrgenommenen Risikos.168 Darüber hinaus sind die vorliegenden Studien auch aufgrund ihrer unterschiedlichen Untersuchungsobjekte nur schwer miteinander zu vergleichen, sodass außer der aufgeführten Einzelergebnisse zur Wirkung von Unsicherheit in Austauschprozessen keine weitergehenden und generalisierbaren Ergebnisse existieren. Schließlich ist anzumerken, dass die bislang vorliegenden Studien der Verhandlungsforschung größtenteils auf der Auskunftsbereitschaft und -fähigkeit von Verhandelnden bzw. sonstigen Probanden beruhen. Eine objektive Erfassung und Beschreibung des Verhandlungsverhaltens unter Unsicherheit liegt bislang nicht vor.
164
Vgl. Tenbrunsel/Diekmann (2007), S. 10.
165
Vgl. Gürhan-Canli/Rajeev (2004), S. 203.
166
Vgl. Murray (1991), S. 18; Susskind (2006a), S. 4.
167
Vgl. hierzu auch die Ausführungen in Kapitel 2.2.3.
168
Vgl. Gürhan-Canli/Rajeev (2004), S. 198; Locander/Hermann (1979), S. 269; Murray (1991), S. 11.
51 _________________________________________________________________________
3.2 Unsicherheit als Gegenstand unterschiedlicher Forschungsansätze Da die Verhandlungsforschung bislang also keine umfassenden Ansätze zur Wirkung von Unsicherheit auf das Verhandlungsverhalten hervorgebracht hat, sind im Folgenden zunächst generelle Ansätze darzustellen, die im Kern Entscheidungen unter Unsicherheit untersuchen. Im Anschluss an die Darstellung dieser Ansätze erfolgt vor dem Hintergrund der Besonderheiten von Verhandlungen eine abschließende Bewertung. Als „Paradigmata im Sinne einer Theorieverankerung des Marketing“169 lassen sich diesbezüglich nach Kaas (2000) mit dem neoklassischen, neoinstitutionellen und neobehavioristischen drei Ansätze anführen, die in den letzten Jahrzehnten weite Verbreitung gefunden haben und als allgemein anerkannt gelten.170 Allen Ansätzen ist gemein, dass sie Entscheidungen einzelner Akteure unter Unsicherheit analysieren, wobei die vorliegende Art der Unsicherheit sowie die jeweiligen Handlungsmöglichkeiten aus unterschiedlichen theoretischen Blickwinkeln und Annahmen untersucht werden. Im Folgenden sollen deshalb die für das Marketing bedeutendsten Theorien dieser Ansätze vorgestellt werden. Hierzu ist zunächst die klassisch-mikroökonomische Theorie darzustellen, um ausgehend von den Defiziten dieses Ansatzes auf die Informationsökonomie sowie schließlich die perceived-risk Theorie bzw. Theorie des wahrgenommenen Risikos als verhaltenswissenschaftlichen Erklärungsansatz von Unsicherheit und die in diesen Ansätzen jeweils vorgestellten Maßnahmen zur Unsicherheitsreduktion einzugehen. Durch die ausführliche Darstellung dieser drei Ansätze und einer eingehenden Bewertung bezüglich ihrer Eignung zur Beantwortung der Forschungsfrage soll dadurch dem von Aufderheide (2004) konstatierten Theorieekletizismus, der in der Marketingforschung verbreiteten Beliebigkeit in der Anwendung der dargestellten Ansätze, begegnet werden.171
169
Kaas (2000), S. 60.
170
Vgl. hierzu und im Folgenden Kaas (2000), S. 60ff. Unter dem neoklassischen Ansatz wird dabei die klassisch-mikroökonomische Theorie (oder auch Mikroökonomie, neoklassische Theori bzw. Neoklassik) verstanden, aus der der neoinstitutionelle Ansatz bzw. die Neue Mikroökonomische Theorie hervorgegangen ist.
171
Vgl. Aufderheide (2004), S. 51.
52 _________________________________________________________________________
3.2.1 Klassisch-mikroökonomisches Verständnis von Unsicherheit 3.2.1.1 Darstellung des klassisch-mikroökonomischen Verständnisses von Unsicherheit Die klassisch-mikroökonomische Theorie der Volkswirtschaftslehre172 untersucht, wie einzelne Marktteilnehmer, Unternehmen und Haushalte Entscheidungen treffen.173 Abbildung 8 enthält diesbezüglich die wesentlichen Theorien der Mikroökonomie, die das Entscheidungsverhalten der Marktakteure unter Sicherheit bzw. Unsicherheit zu erklären versuchen. Entscheidungen bei
Theorien
Sicherheit
Nutzen- und Gewinnmaximierung bei Nebenbedingungen, Preis- und Markttheorie bei Sicherheit
Strategische Unsicherheit
Spieltheorie bei symmetrischer Information
Exogene Unsicherheit
Klassische Entscheidungstheorie, Kontingente Kontrakte, Arrow-Debreu-Märkte
Abbildung 8: Das neoklassische Paradigma Quelle: Kaas (2000), S. 62.
Allen diesen Ansätzen ist die Modellierung des normativen Leitbildes vom homo oeconomicus gemein, der unter stark vereinfachten Annahmen agiert:174
Rationales Handeln: Den Ausgangspunkt aller Entscheidungen bilden klar strukturierte Ziele, die die Akteure mithilfe der zur Verfügung stehenden Mittel rational verfolgen, wobei positive und negative Anreize das Handeln des Individuums bestimmen. Dabei sind die Reaktionen auf diese Anreize vorhersehbar, da sie stabil und systematisch sind. Die Akteure handeln dabei stets nach dem ökonomischen
172
Im Folgenden werden die Begriffe mikroökonomische Theorie, Mikroökonomie, neoklassische Theorie, und Neoklassik synonym verwendet.
173
Vgl. Kreps (1994), S. 1. Während die mikroökonomische Theorie zwar als ein Modell des individuellen Verhaltens konzipiert ist, liegt der Hauptzweck jedoch in der Erklärung des typisch durchschnittlichen Verhaltens. Vgl. Kirchgässner (2008), 59ff.
174
Vgl. hierzu und im Folgenden Billen (2003), S. 25ff. und die dort angegebene Literatur sowie für einen umfassenden Überblick auch Rolle (2005), S. 174ff.
53 _________________________________________________________________________ Prinzip: Bei gegebenen Ressourcen wird das Maximum bzw. ein vorgegebenes Ziel mit minimalem Ressourceneinsatz erreicht.
Vollkommene Informationen: Die Wirtschaftssubjekte sind vollständig über die Angebote aller anderen Marktteilnehmer informiert und kennen alle Handlungsalternativen sowie die zugehörigen Preise in Entscheidungssituationen. Da die gehandelten Güter homogen sind, ist der homo oeconomicus darüber hinaus in der Lage, über den Preis Güterqualitäten einzuschätzen, sodass jeder möglichen Alternative die daraus folgenden Handlungskonsequenzen zugeordnet werden können.
Feststehende Präferenzen: Entscheidungen werden anhand im Zeitablauf stabiler Präferenzen getroffen. Den Marktteilnehmern ist es jederzeit möglich, alle potenziellen Handlungsergebnisse in eine Präferenzreihenfolge zu bringen.
Individuelle Nutzenmaximierung: Die Nutzenmaximierung ist das oberste Ziel, auf das sich die rationalen Marktteilnehmer konzentrieren. Dabei zählt allein die persönliche Nutzenmaximierung, die von den Nutzenfunktionen anderer Individuen unabhängig ist. Wenn es also nicht den persönlichen Interessen dient, ist dem homo oeconomicus sowohl das Wohlergehen der Mitmenschen egal, noch ist es ihm andererseits möglich, sich beispielswiese aus Missgunst über das Leid der Marktpartner zu freuen.
Zusammengefasst stellt der homo oeconomicus eine methodische Hilfsfigur dar, um hiermit wirtschaftstheoretische Phänomene auf den ökonomischen Kern reduzieren und erklären zu können.175 Im Folgenden wird deshalb analysiert, ob dieses mikroökonomische Menschenbild geeignet ist, das Verhandlungsverhalten unter Unsicherheit zu erklären.
3.2.1.2 Bewertung des klassisch-mikroökonomischen Verständnisses von Unsicherheit Die Modellvorstellung des homo oeconomicus ist einerseits aufgrund seiner reduktionistischen Sichtweise für die Analyse des menschlichen Verhaltens nützlich. Andererseits ist der klassisch-mikroökonomische Ansatz aufgrund der restriktiven, ihm zugrunde liegenden Annahmen Gegenstand umfangreicher Kritik, da diese in ihrer Gesamtheit in der Realität 175
Vgl. Rolle (2005), S. 122.
54 _________________________________________________________________________ nicht gegeben sind.176 Zwar untersucht die Theorie Entscheidungen unter Unsicherheit, beschränkt sich dabei allerdings auf exogene Unsicherheiten über die Zustände der Welt und abstrahiert dabei zugleich von endogenen Unsicherheiten.177 Mag zwar insbesondere im Industriegütermarketing eine bessere Informationslage der Marktakteure als beispielsweise im Konsumgüterbereich vorliegen, so ist doch die Annahme vollkommener Informationen als unrealistisch einzustufen, da Märkte in der Realität durch unvollkommene Information marktinterner Bedingungen und hier speziell durch asymmetrische Informationen zwischen Anbieter und Nachfrager gekennzeichnet sind. Backhaus et al. (1994) sprechen in diesem Zusammenhang insbesondere aufgrund des Nichtvorliegens von Informationsbeschaffungskosten auch vom „Nirwana-Geschäft“, in dem Marketing überflüssig oder nur auf die Preispolitik zu reduzieren ist.178 Da in dem Modell homogene Güter unterstellt werden, werden damit auch Vorlieben der Nachfrager für bestimmte Produkte von vorneherein ausgeschlossen. Darüber hinaus ist es ebenso realitätsfremd, den Marktteilnehmern zu unterstellen, alle entscheidungsrelevanten Größen zu kennen. Während sich in einfachen Experimenten die Annahme der individuellen Nutzenmaximierung durchaus nachweisen lässt, so gelingt dies in realitätsnäheren Untersuchungen nicht.179 Bezogen auf die Kritik zur individuellen Nutzenmaximierung wird oftmals angeführt, dass der homo oeconomicus ausschließlich aus egoistischen Motiven handele und altruistisches Verhalten vermeide. Dies ist jedoch nicht zwingend zutreffend, da auch altruistische Verhaltensweisen der individuellen Nutzenmaximierung dienen können.180 Dennoch scheint diese Annahme für die Analyse von Verhandlungen weniger geeignet zu sein. So konnte beispielsweise Herbst (2007) nachweisen, dass Verhandlungsakteure neben ergebnisbezogenen Präferenzen in Verhandlungen auch nicht-ergebnisbezogenen, prozessualen Präferenzen wie Offenheit, Fairness und Ehrlichkeit eine hohe Bedeutung beimes-
176
So kritisierte bereits Veblen (1899) die Annahmen der Rationalität und die alleinige Orientierung am ökonomischen Nutzen. Vgl. Veblen (1899), S. 68ff. sowie zu den einzelnen Kritikpunkten beispielsweise auch Adler (1996), S. 5; Göbel (2002), S. 29ff.
177
Exogene Unsicherheit bedeutet symmetrische und für alle Marktteilnehmer gleichermaßen geltende Unsicherheit. Endogene Unsicherheit bezieht sich hingegen auf zwischen den Marktteilnehmern asymmetrische, d.h. unterschiedlich ausgeprägte Unsicherheit. Vgl. Hirshleifer/Riley (1979), S. 1376f.; Kaas (2000), S. 61,
178
Vgl. hierzu und im Folgenden Backhaus et al. (1994), S. 29ff.
179
Vgl. beispielsweise Simon (1959), S. 258f.
180
Vgl. Rolle (2005), S. 176.
55 _________________________________________________________________________ sen.181 Teilweise in Verhandlungen anzutreffendes irrationales Verhalten lässt sich mit diesem Menschenbild demzufolge nicht erklären.182 Im Hinblick auf die Präferenzannahmen ist es in Verhandlungen ebenfalls unrealistisch, diese als zeitlich stabil zu unterstellen. So ist es nämlich insbesondere in industriellen Verhandlungen denkbar, dass sich beispielsweise räumliche, zeitliche oder sachliche Präferenzen durch die Gewinnung neuer Informationen seitens des Marktpartners noch während der Verhandlung verändern. Selbst wenn Verhandlungsakteure über geordnete und konsistente Präferenzen verfügen, so ist es darüber hinaus fraglich, ob sich diese auch im Verhandlungsprozess niederschlagen. Schließlich bezieht sich ein Großteil der Kritik an den Modellannahmen auf die Unterstellung rationalen Handelns unter Unsicherheit.183 Rationale Entscheidungen sind dabei nämlich nur möglich, wenn auch alle relevanten Informationen vorliegen, was wie o.a. stets nicht der Fall sein dürfte.184 Darüber hinaus unterliegen Marktakteure einer Einschränkung in ihrer Informationsverarbeitungskapazität sowie zeitlichen Restriktionen, sodass lediglich eine vereinfachte Vorstellung über die Entscheidungssituation aufgebaut und oftmals gewohnheitsmäßig reagiert wird.185 Speziell im Verhandlungskontext beschreiben beispielsweise Bazerman/Neale (1983) und Bazerman/Chugh (2006), dass Verhandlungsakteure systematisch gegen Rationalitätsannahmen verstoßen.186 So ist beispielsweise zu beobachten, dass irrelevanten Informationen Ergebnisrelevanz beigemessen wird, oder überdurchschnittlich stark auf bereits vorliegenden Informationen aufgebaut und weitere relevante Informationen vernachlässigt werden.187 Liegt Unsicherheit vor, so steigt darüber hinaus aufgrund von Wahrnehmungsverzerrungen die Wahrscheinlichkeit individueller Abweichungen von rationalem Verhalten.188 Folglich ist es eine realitätsfremde Annahme, dass
181
Vgl. Herbst (2007), S. 200ff.
182
Vgl. beispielsweise die Ausführungen bei Bazerman/Neale (1991), S. 109ff.; Bazerman/Neale (1992), S. 157ff.; Neale/Fragale (2006), S. 27ff.
183
Vgl. beispielsweise Gottwald (1990), S. 25f. sowie die dort angegebene Literatur.
184
Selbst in einfacheren Experimenten mit Erwachsenen bei vollständiger Information ist oftmals kein rationales Handeln zu beobachten. Vgl. beispielsweise Simon (1959), S. 260f.
185
Vgl. Billen (2003), S. 28 sowie die dort angegebene Literatur.
186
Vgl. Bazerman/Neale (1983), S. 51ff.; Bazerman/Chugh (2006), S. 7ff.
187
Vgl. für eine umfassende Darstellung Neale/Bazerman (1992), S. 160.
188
Vgl. Bazerman et al. (1988), S. 205.
56 _________________________________________________________________________ sich Verhandlungen stets rational führen ließen und Verhandlungsführer vernünftig handeln bzw. rational auf Irrationalitäten reagieren würden.189 Bei der Beurteilung der klassisch-mikroökonomischen Theorie wird deutlich, dass diese generell durchaus geeignet sein kann, Verhalten von Marktteilnehmern auf einer abstrakten Ebene zu erklären. Unter Berücksichtigung der restriktiven Annahmen ist jedoch die Unbrauchbarkeit dieses Ansatzes für das Marketing generell und die Verhandlungsforschung speziell zu konstatieren,190 da bei Vorliegen der erläuterten Annahmen Verhandlungen nicht beeinflusst werden könnten. Ausgehend von dieser Kritik beachtete die Marketingforschung bis in die 1980er Jahre zum Großteil verhaltenswissenschaftliche Theorien und konzentrierte sich parallel dazu auf eine neue mikroökonomische Forschungsrichtung, bei der die Unsicherheitsprobleme der Marktpartner im Vordergrund stehen und die deshalb zunächst erläutert werden soll.
3.2.2 Informationsökonomisches Verständnis von Unsicherheit 3.2.2.1 Darstellung des informationsökonomischen Verständnisses von Unsicherheit Im Gegensatz zur klassisch-mikroökonomischen Theorie bezieht die vor allem in Deutschland verbreitete Neue Mikroökonomik bzw. Neue Institutionenökonomik neben der exogenen (Ereignis- bzw. Umweltunsicherheit) auch endogene (Markt-)Unsicherheit, also auf asymmetrischen Informationen beruhende Unsicherheitsprobleme der Marktpartner, in die Analyse ein.191 Während es auf neoklassischen Märkten keine Transaktionskosten gibt und somit auch keine Maßnahmen zu ihrer Reduzierung erforderlich sind, bemüht sich die neoinstitutionelle Theorie durch Aufgabe der restriktiven Annahmen um mehr Realitätsnähe und analysiert die Auswirkungen, die die Transaktionskosten für die individuellen Entscheidungen und den Marktprozess haben.192 Daneben wird in den Ansätzen der Neuen Institutionenökonomik (vgl. Abbildung 9) u.a. auch die beschränkte Rationalität der
189
Vgl. Hasler-Dierauer (2007), S. 5.
190
Vgl. beispielsweise bereits Albert (1967), S. 331ff.
191
Vgl. hierzu beispielsweise Adler (1996); Göbel (2002); Kaas (2000); Weiber/Adler (1995) sowie zur Umwelt- bzw. Marktunsicherheit Hirshleifer/Riley (1979), S. 1376ff. und Kaas (1990), S. 541.
192
Vgl. Kaas (2000), S. 60ff.
57 _________________________________________________________________________ Marktakteure berücksichtigt,193 wobei die asymmetrische Informationsverteilung als Schlüsselfaktor zur Erklärung des realen Marktverhaltens angesehen wird.194 Entscheidungen bei
Theorien
Informationsasymmetrie (hidden information, adverse selection)
Informationsökonomik, Signaling, Screening, Spieltheorie bei asymmetrischer Information
Informationsasymmetrie (hidden action, moral hazard)
Prinzipal-Agenten-Theorie, Spieltheorie bei asymmetrischer Information
Spezifische Investitionen (hidden intention)
Transaktionskosten-Theorie
Abbildung 9: Das neoinstitutionelle Paradigma (Neue Institutionenökonomik) Quelle: Kaas (2000), S. 62.
Innerhalb der Neuen Institutionenökonomik lassen sich wiederum verschiedene Theorien unterscheiden, von denen der Informationsökonomie eine besondere Bedeutung zukommt, da sie speziell das Marktverhalten bei unvollkommenen Informationen und damit Unsicherheit untersucht. Die weiteren in Abbildung 9 aufgeführten Theorien greifen hingegen lediglich auf zentrale Aussagen der Informationsökonomie zurück, untersuchen jedoch im Schwerpunkt andere Teilgebiete. So untersucht die Prinzipal-Agenten-Theorie beispielsweise die vertragliche Gestaltung von Austauschbeziehungen während die Transaktionskosten-Theorie im Wesentlichen die Ausführung von Transaktionen und deren Effizienz unter bestimmten institutionellen Rahmenbedingungen analysiert.195 Aufgrund ihrer grundlegenden Betrachtung der Unsicherheit und der dieser zugrunde liegenden asymmetrischen Informationsverteilung kann damit die Informationsökonomie gewissermaßen als Fundament der übrigen Ansätze angesehen werden.196 Die Unsicherheit entsteht laut der Informationsökonomie aufgrund der Informationsasymmetrien beim jeweils schlechter informierten Marktpartner sowie daraus, dass die zur Verfügung stehenden Informationen nicht
193
Vgl. Adler (1996), S. 21; Göbel (2002), S. 109 und S. 133.
194
Vgl. Izquierdo/Izquierdo (2007), S. 858.
195
Vgl. für eine kompakte Darstellung der unterschiedlichen Theorien des neoinstitutionellen Paradigmas beispielsweise Dietrich (2007), S. 67ff.
196
Vgl. Billen (2003), S. 31 und die dort angegebene Literatur sowie grundlegend zur Informationsasymmetrie Spremann (1990), S. 561ff.
58 _________________________________________________________________________ kostenlos zur Verfügung stehen. Jede der beteiligten Parteien kann dabei über Informationsvorsprünge bzw. -defizite verfügen:197 Während der Anbieter wahrscheinlich über genaue Informationen zu den eingesetzten Technologien, Funktionsweisen und die Qualität seiner (zu produzierenden) Produkte verfügt, fällt es ihm hingegen schwer, die wirklichen Bedürfnisse des Nachfragers korrekt einzuschätzen. Folglich ist es notwendig, dass sich der Nachfrager mit seinem Know-how, Ressourcen und Informationen in den Leistungserstellungsprozess mit einbringt. Hieraus folgt allerdings wiederum erneutes Unsicherheitspotenzial, da der Anbieter in diesem Fall den Leistungserstellungsprozess nicht mehr vollständig kontrollieren kann. Konkret ist diesbezüglich zwischen Integrationsfähigkeiten und Integrationswillen zu unterscheiden.198 Die Informationssituation des Nachfragers stellt sich hingegen spiegelbildlich dar. Insbesondere im Fall individualisierter und erst noch in der Zukunft zu produzierender Produkte (Leistungsversprechen), deren Eigenschaften nur schlecht oder gar nicht beurteilbar sind, liegt ein hohes Unsicherheitsausmaß vor.199 Diesbezüglich ist zwischen der Leistungsfähigkeit einerseits und dem Leistungswillen andererseits zu unterscheiden. Bezüglich der Leistungsfähigkeit des Anbieters besteht beim Nachfrager ein Informationsdefizit beispielsweise hinsichtlich der Qualifikation zur Leistungserstellung, die sich durch Kompetenz und Zuverlässigkeit des Anbieters operationalisieren lässt. Der Leistungswille beschreibt hingegen die vom Anbieter zu unternehmenden Anstrengungen zur Leistungserstellung, die der Nachfrager vor der Kaufentscheidung ebenfalls nicht beurteilen kann.200 Hingegen stehen bei Transaktionen von standardisierten Austauschgütern die Leistungseigenschaften der Produkte bereits vor Vertragsabschluss fest. Die Unsicherheit des Nachfragers bezieht sich in diesem Fall lediglich auf die Ausprägungen der einzelnen Charakteristika. In allen Fällen besitzt der Nachfrager i.d.R. jedoch einen Informationsvorsprung bezüglich seiner eigenen Bedürfnisse und Rahmenbedingungen.201 Die Informationsökonomie konzentriert sich somit auf die Informationsasymmetrien zwischen Anbieter und Nachfrager sowie die daraus entstehenden Unsicherheiten bei der Kaufentscheidung. Das Ziel der Informationsökonomie besteht letztlich darin, das Infor-
197 198
Vgl. Akerlof (1970), S. 489ff.; Kaas (1992), S. 886f. Vgl. Gawlik (2004), S. 222 sowie die dort angegebene Literatur.
199
Vgl. Niederauer (2009), S. 36f.
200
Vgl. Schade/Schott (1993a), S. 19ff.; Schade/Schott (1993b), S. 501.
201
Vgl. beispielsweise Göbel (2002), S. 323ff. und Kaas (1990), S. 540ff.
59 _________________________________________________________________________ mationsverhalten der Marktpartner unter Berücksichtigung der Informationskosten zu analysieren, da davon ausgegangen wird, dass das Informationsniveau bezüglich der Marktunsicherheit durch Aktivitäten von Anbieter und Nachfrager nicht statisch, sondern im Verlauf des Kaufprozesses vor der endgültigen Beschaffungsentscheidung beeinflussbar bzw. verbesserbar ist.202 Eine Verbesserung des Informationsniveaus ist notwendig, da sich aus den vorliegenden Informationsasymmetrien die Möglichkeit zu opportunistischem Verhalten ergibt.203 So ist es aus Sicht des Anbieters erforderlich, einerseits seine eigene, andererseits die Unsicherheit des Nachfragers zu reduzieren.204 Umgekehrt hat der Nachfrager für eine optimale Beschaffungsentscheidung zum einen die Unsicherheit bezüglich der zu beschaffenden Produkte zu reduzieren und andererseits die vorhandenen Bedürfnisse dem Anbieter bestmöglich darzustellen. Hierzu ist es notwendig, sich mit den jeweiligen Unsicherheitsreduktionsmaßnahmen der Informationsökonomie auseinanderzusetzen, die den zentralen Gegenstand dieser Theorie darstellen.
3.2.2.2 Informationsökonomische Maßnahmen zur Unsicherheitsreduktion Die beiden wesentlichen Strategien zur Unsicherheitsreduktion in der Informationsökonomie sind das Screening sowie das Signaling:
Screening bezeichnet Maßnahmen der Informationsgewinnung, die von der nicht bzw. schlechter informierten Seite durchgeführt werden.205 So werden insbesondere
202
Vgl. Adler (1996), S. 34f.; Kaas (1995), Sp. 971ff.; Weiber/Adler (1995), S. 61ff. Damit stellt die (Markt-)Unsicherheit in der Informationsökonomie eine endogene Größe dar, die durch geeignete Maßnahmen und Verhaltensweisen zwischen Anbieter und Nachfrager bestimmt wird und verändert werden kann, während in der klassisch-mikroökonomischen Theorie diese Möglichkeit nicht in Betracht gezogen wird (vgl. Kapitel 3.2.1).
203
Vgl. Spremann (1990), S. 570. Welche Folgen eine extrem asymmetrische Informationsverteilung haben kann, hat Akerlof (1970) in seinem berühmten „Lemon“-Beispiel dargestellt, der anhand eines Gebrauchtwagenmarktes zeigt, dass im Zeitablauf sowohl das durchschnittliche Preisniveau als auch das durchschnittliche Qualitätsniveau sinkt. Vgl. Akerlof (1970), S. 488ff.
204
205
So könnte ansonsten aus Anbietersicht die Gefahr bestehen, dass ein „Kunde sonst auch ein wirklich gutes Angebot nicht von einem schlechten unterscheiden kann.“ Göbel (2002), S. 323. Vgl. Kaas (1990), S. 541. Oftmals wird unterstellt, dass es sich ausschließlich beim Nachfrager bzw. Kunden um die schlechter informierte Marktpartei handelt. Vgl. beispielsweise Billen (2003), S. 48; Göbel (2002), S. 326. Im untersuchten Fall des Zuliefergeschäfts und bei individualisierten Leistungen bzw. Geschäftsbeziehungen besteht darüber hinaus jedoch auch auf der Anbieterseite Unsicherheit aufgrund von nicht vorliegenden In-
60 _________________________________________________________________________ Nachfrager Preise und Qualitäten unterschiedlicher Leistungsangebote zwischen in Frage kommenden Anbietern untersuchen, um das Informationsniveau zu erhöhen.206 Aus Anbietersicht bedeutet Screening „die Fähigkeit […] Probleme und Notwendigkeiten, die Bedürfnisse und Geschmäcker, die Verhaltensweisen und Lebensstile der Nachfrager ausfindig zu machen.“207
Signaling hingegen bezeichnet die Informationsübertragung von Informationsvorsprüngen durch den „Informationsbesitzer“ an die schlechter informierte Marktseite. So wird ein Anbieter beispielsweise durch Aussendung zielgerichteter Signale versuchen, sein Angebot von evtl. vorhandenen Wettbewerbsangeboten abzuheben, indem der oftmals misstrauische Nachfrager über Produkte, Preise und besonders die Qualität informiert wird.208 Umgekehrt ist es allerdings auch denkbar, dass der Nachfrager zu Signaling-Maßnahmen greift, um den schlechter informierten Anbieter z.B. von seiner Bonität und Vertrauenswürdigkeit zu überzeugen bzw. um die zu beauftragende Leistung zu spezifizieren.209
Screening und Signaling beziehen sich folglich auf den Informationstransfer zwischen den Marktpartnern, die auf diese Weise Informationsasymmetrien und ihre individuelle Unsicherheit abbauen. Dabei besteht zwischen den Marktpartnern ein wechselseitiges Verhältnis, da der Nachfrager (Anbieter) nur diejenigen Informationen erhält, die ihm zuvor vom Anbieter (Nachfrager) übertragen worden sind.210 Nelson (1970) und Darby/Karni (1973) weisen ferner daraufhin, dass insbesondere aus Nachfragersicht die Verbesserung des jeweiligen Informationsstands dabei maßgeblich von den Beurteilungsmöglichkeiten bezüglich der Qualität eines Leistungsangebots abhängt, die ihrerseits das Ausmaß der Unsicherheit sowie die Höhe der Informationskosten bestimmen.211 So spricht Nelson (1970) von Suchgütern („search goods“), wenn deren Qualität vom Nachfrager inspiziert und somit formationen, und Anbieter wie Nachfrager verfügen über gegenseitige Informationsvorsprünge und -defizite. Vgl. Kaas (1991), S. 357ff. und Kaas (1995), Sp. 971. 206
Während Stigler (1961) in seinem Ansatz von homogenen Gütern ausging und lediglich die Suche nach dem günstigsten Preis annahm, erweiterten Nelson (1970) sowie Darby/Karni (1973) diesen Ansatz um den Aspekt der Qualitätsunsicherheit.
207
Kaas (1990), S. 540.
208
Vgl. Kaas (1990), S. 540f.; Kaas (1995), Sp. 972; Kirmani/Rao (2000), S. 66.
209
Vgl. Kaas (1991), S. 362.
210
Vgl. Adler (1996), S. 46. Spence (1976) spricht diesbezüglich von „opposite sides of the same coin“. Spence (1976), S. 592.
211
Vgl. Darby/Karni (1973), S. 67ff.; Nelson (1970), S. 311ff.
61 _________________________________________________________________________ schon vor dem Kauf zu geringen Informationskosten ermittelt werden kann und unterscheidet diese von Erfahrungsgütern („experience goods“), deren Qualitätsmerkmale erst nach der Nutzung aufgrund der gemachten Erfahrungen beurteilt werden können.212 Im ersten Fall bestehen die Leistungen aus sogenannten Sucheigenschafen („search qualities“), im zweiten Fall aus Erfahrungseigenschaften („experience qualities“). Darby/Karni (1973) ergänzen diese grundlegende Einteilung wenig später durch die Kategorie der Vertrauenseigenschaften („credence qualities“), bei deren Vorliegen die Qualität von Leistungen auch nach der Nutzung nicht mit vollständiger Sicherheit beurteilt werden kann. Darüber hinaus weichen sie von der Annahme ab, dass eine Leistung ausschließlich durch einen einzigen Eigenschaftstyp gekennzeichnet sei und sehen die Such-, Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften als komplementär zueinander an.213 Neben den bisher genannten Unsicherheitsreduktionsmaßnahmen wird in der Informationsökonomie darüber hinaus die Verwendung von Informationssubstituten diskutiert.214 Auf diese wird als Indikatoren zurückgegriffen, wenn die Leistungen vor dem Kauf nicht direkt beobachtbare Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften aufweisen oder wenn die direkte Informationssuche als zu aufwendig empfunden wird.215 Diesbezüglich ist zwischen
212
Vgl. Nelson (1970), S. 312ff. sowie hierzu auch Adler (1996), S. 41ff.
213
Vgl. Darby/Karni (1973), S. 68f. Auch Nelson (1981) schließt sich in einer folgenden Arbeit dieser Sichtweise an. Vgl. Nelson (1981), S. 42 sowie für eine empirische Überprüfung beispielsweise Arnthorsson et al. (1991). Darüber hinaus geben Darby/Karni (1973) die Prozessbetrachtung auf, und betonen die Schwierigkeiten der Leistungsbeurteilung zu einem bestimmten Zeitpunkt und nicht den Prozess der Informationsgewinnung durch Suche oder Erfahrung. Vgl. Billen (2003), S. 37. Vor dem Hintergrund der in dieser Arbeit untersuchten Geschäftstypen ist diesbezüglich davon auszugehen, dass im Produktgeschäft aufgrund des Vorliegens von beurteilbaren Gütern größtenteils Sucheigenschaften vorliegen, während im Zuliefergeschäft Erfahrungs- und z.T. Vertrauenseigenschaften überwiegen, da die Güter individuell gefertigt und bei Kaufabschluss i.d.R. noch nicht beurteilt werden können.
214
Vgl. beispielsweise Adler (1998), S. 343.
215
Billen (2003) unterteilt diesbezüglich in Art der Unsicherheitshandhabung (direkte vs. indirekte Leistungsinformation) sowie Fokussierung konkreter Leistungseigenschaften (leistungsbezogene vs. leistungsübergreifende Information). Vgl. Billen (2003), S. 56 sowie die dort angegebene Literatur.
62 _________________________________________________________________________ 1. leistungsbezogenen Informationssubstituten und 2. leistungsübergreifenden Informationssubstituten
zu unterscheiden.216 Leistungsbezogene Informationssubstitute beziehen sich direkt auf die jeweiligen Leistungseigenschaften des Angebots. Die Wirksamkeit dieser Informationssubstitute wird in der Informationsökonomie mit den hierfür notwendigen Kosten des Aussendens eines dementsprechenden Signals erklärt. Als Beispiele leistungsbezogener Informationssubstitute werden u.a. der Preis, die Höhe der Werbeausgaben und insbesondere Garantieleistungen diskutiert. Leistungsübergreifende Informationssubstitute beziehen sich hingegen auf eine globalere und von der Leistung unabhängige Darstellung des jeweiligen Marktpartners, insbesondere auf dessen Stellung im Markt.217 Diesbezüglich sind vor allem das Firmenimage bzw. die Reputation des Anbieters bzw. Nachfragers zu nennen.218 Nach Kaas (1995) erlangt ein Unternehmen Reputation bzw. einen guten Ruf „aufgrund seiner Produktqualität, seiner fachlichen Kompetenz und Zuverlässigkeit“,219 die es sich allgemein im Markt erworben hat und damit die wichtigste Institution zur Überwindung der Folgen von Informationsasymmetrie darstellt. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund des zu untersuchenden Verhandlungsverhaltens im Zuliefergeschäft, in dem die Leistung individuell nach den Spezifikationen des Nachfragers erstellt wird, wodurch eine konkrete Beurteilung der Leistung vor Vertragsschluss nicht möglich ist.220
216
Vgl. hierzu und im Folgenden Adler (1996), S. 104ff.
217
Vgl. Adler (1996), S. 114ff.; Adler (1998), S. 343 sowie Spremann (1988), S. 613ff. und für eine neuere Untersuchung Kirmani/Rao (2000), S. 66ff.
218
Vgl. Weiber/Adler (1995), S. 67. Zur Reputation bemerkt Spremann (1988): „Je größer die Qualitätsunsicherheit ist, […] je vager die Verwirklichung bekundeter Absichten, desto ausgeprägter ist die positive Wirkung von Reputation.“ Spremann (1988), S. 613. Insbesondere Marken spielen diesbezüglich eine große Rolle. So weisen Regier et al. (2008) beispielsweise den positiven Einfluss des Markennamens auf die Kaufabsicht bei radikalen Innovationen nach. Vgl. Regier et al. (2008), S. 205ff. Vgl. zur Bedeutung der Reputation bei der Qualitätseinschätzung vor der Kaufentscheidung auch Arnthorsson et al. (1991), S. 217ff.; Gerhard (1995), S. 120ff. sowie Erlei et al. (2007), S. 251ff.
219
Kaas (1995), Sp. 977.
220
Abschließend ist zu anzumerken, dass die direkten Unsicherheitsreduktionsstrategien an der Ursache der Unsicherheit, der mangelnden Information, angreifen. Informationssubstitute hingegen reduzieren lediglich die Wirkung der Informationsdefizite. Vgl. Billen (2003), S. 53.
63 _________________________________________________________________________
3.2.2.3 Bewertung des informationsökonomischen Verständnisses von Unsicherheit Die Informationsökonomie bietet durch die Aufgabe der restriktiven Annahmen der Neoklassik einen guten Analyserahmen für Informationsübertragungsprozesse zwischen Anbieter und Nachfrager im Vorlauf von Kaufentscheidungen. Insbesondere die Klassifizierung von Leistungen anhand vorliegender Such-, Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften ist bezüglich der Analyse von Problemen bei der Informationsübertragung und Informationsbeschaffung äußerst hilfreich. Diese „Typologie der Leistungseigenschaften“ ermöglicht es, systematisch die Ursachen von Unsicherheit aufzudecken. Es ist allerdings auffällig, dass die überwiegende Mehrheit der informationsökonomischen Grundlagen-, wie auch die empirische Literatur – vermutlich aufgrund ihrer Nähe zur Marketingforschung – i.d.R. eine nachfragerorientierte Perspektive einnimmt und von Informationsdefiziten allein auf Seiten der Nachfrager ausgeht.221 Wenngleich die Informationsökonomie lediglich den isolierten Kauf betrachtet und damit die beim Zuliefergeschäft bestehende Langfristigkeit und den in dieser Arbeit zu untersuchenden Kaufverbund ignoriert, ist ihre generelle Eignung als Analyserahmen zur Untersuchung von Interaktionen zwischen Anbieter und Nachfrager zu konstatieren, was insbesondere in ihrer weit verbreiteten Akzeptanz zum Ausdruck kommt.222 Allerdings ist anzumerken, dass die Übertragung dieser Theorie auf das Untersuchungsobjekt industrieller Verhandlungen nicht vollständig möglich ist. So ist beispielsweise der Erklärungsgehalt der Informationsökonomie im Hinblick auf das über das Informationsverhalten hinausgehende Verhandlungsverhalten, wie beispielsweise die angewendeten Taktiken, die Anzahl abgegebener und abgelehnter Angebote oder die Unterscheidung des Verhandlungsprozesses in Sequenzen, als eher gering zu bewerten.223 Darüber hinaus gibt der vorgestellte Ansatz keine Erklärungen bzw. Prognosen über das wechselseitige Interaktionsverhalten sowie den Verhandlungsprozess der Marktpartner ab, welches in Verhandlungen jedoch eine große Bedeutung hat.224 Schließlich gibt der informationsökonomische Ansatz keine Hinweise auf „das System der psychischen und sozialen Determinanten von Kaufentscheidun221
Vgl. diesbezüglich beispielsweise eines der Grundlagenwerke von Adler (1996).
222
Vgl. zur Beschränkung auf isolierte Käufe Billen (2003), S. 70ff.
223
Vgl. zu einer ähnlichen Kritik auch Gawantka et al. (2006), S. 48f.
224
Vgl. beispielsweise Voeth/Herbst (2009), S. 166ff. So kann beispielsweise Bauer/Bayón (1995) zentrale Aussagen zu der dem informationsökonomischen Ansatz verwandten, Prinzipal-Agenten-Theorie bei Anwendung auf bilaterale Beziehungen zwischen Anbietern und Nachfragern empirisch nicht bestätigen, und führt dies auf die Wechselseitigkeit von Kontraktgüterbeziehungen zurück. Vgl. Bauer/Bayón (1995), S. 95ff.
64 _________________________________________________________________________ gen.“225 Da selbst bei industriellen Verhandlungen und insbesondere unter hoher wahrgenommener Unsicherheit davon ausgegangen werden kann, dass die Akteure von derartigen Determinanten beeinflusst werden, erscheint die Untersuchung des Verhandlungsprozesses ohne größeren Verhaltensbezug nicht sinnvoll. Im Folgenden ist deshalb das verhaltenswissenschaftliche Verständnis und die daraus folgenden Wirkungen von Unsicherheit darzustellen. Diesbezüglich hat im Wesentlichen die Theorie des wahrgenommenen Risikos große Verbreitung erfahren, bei der es zu untersuchen gilt, inwiefern diese insbesondere durch die Betonung der subjektiven Wahrnehmung von Unsicherheit weitere Ansatzpunkte zur Klärung der Forschungsfragen bieten kann.
3.2.3 Das Unsicherheitsverständnis in der Theorie des wahrgenommenen Risikos 3.2.3.1 Darstellung des Unsicherheitsverständnisses in der Theorie des wahrgenommenen Risikos Neben der Neuen Mikroökonomik und der darin einzuordnenden Informationsökonomie entwickelten sich als Reaktion auf die klassisch-mikroökonomische Theorie auch verhaltenswissenschaftliche Ansätze, die unter dem Oberbegriff des neobehavioristischen Ansatzes diskutiert werden.226 Diese werden vor allem im Konsumgütermarketing, speziell in der Konsumenten- bzw. Käuferverhaltensforschung, verwendet und haben zum Ziel, das Nachfragerverhalten möglichst realitätsnah abzubilden. Hierzu finden Erkenntnisse aus unterschiedlichen geistes- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen – beispielsweise der Psychologie und Soziologie – Berücksichtigung.227 Dabei bieten verhaltenswissenschaftliche Ansätze aus dem Marketing keine „geschlossene Theorie“, sondern eine Vielzahl von Partialtheorien, die sich aufgrund der vielfältigen Verhaltensmöglichkeiten jedoch nicht vermeiden lassen.228 Innerhalb dieser verhaltenswissenschaftlichen Ansätze wird deutlich, dass sich annähend sämtliche verhaltenswissenschaftliche Forschungsarbeiten zur Beschaffungsunsicherheit auf die perceived-risk Theorie bzw. Theorie des wahrgenommenen Risikos beziehen, die erstmals von Bauer (1960) vorgestellt wurde und daraufhin vielfache
225
Kaas (2000), S. 65.
226
Vgl. beispielsweise Kaas (2000), S. 63ff. sowie grundsätzlich zur Verwendung verhaltenswissenschaftlicher Ansätze im Marketing Müller-Hagedorn (1983), S. 205ff.
227
Vgl. Kroeber-Riel et al. (2009), S. 3ff.; Kuß/Tomczak (2007).
228
Vgl. Kroeber-Riel et al. (2009), S. 8f.
65 _________________________________________________________________________ Erweiterungen sowie eine weite Verbreitung erfahren hat.229 Alle verschiedenen Ansätze zu diesem Konstrukt verfolgen jedoch das einheitliche Ziel der Analyse von Verhaltensweisen eines Käufers als Folge subjektiv wahrgenommener Risiken, denen er sich in Entscheidungssituationen in der Vorkaufphase gegenübersieht. Dabei lässt sich der Begriff des wahrgenommenen Risikos so umschreiben, „that any action of a consumer will produce consequences which he cannot anticipate with anything approximating certainty, and some of which at least are likely to be unpleasant.“230 Auf diesem Zitat von Bauer (1960) basieren die meisten Arbeiten zur operationalen Erfassung des wahrgenommenen Risikos. Dabei wird unterstellt, dass sich das wahrgenommene Risiko als eine Funktion aus zwei Komponenten, nämlich 1. dem erwarteten Verlustumfang bzw. den negativen Konsequenzen der zur Disposition stehenden Beschaffungsentscheidung, also der Bedeutung bzw. Schwere des möglichen Verlusts, sollten negativen Kauffolgen tatsächlich eintreten, sowie 2. der subjektiven Unsicherheit, dass die Handlungskonsequenzen negativ ausfallen werden, also der subjektiv eingeschätzten Wahrscheinlichkeit, dass bestimmte negative Konsequenzen aus einem Kauf resultieren werden,
zusammensetzt.231 Der erwartete Verlustumfang (1.), der „amount at stake“ setzt sich dabei wiederum aus der Bedeutung der angestrebten Ziele, Art und Umfang der zu erwartenden negativen Sanktionen (finanzieller und sozio-psychologischer Art) bei Nichterreichen der Ziele sowie dem Umfang der für die Zielerreichung benötigten Mittel zusammen.232 Die subjektive Unsicherheit bzw. Wahrscheinlichkeit der Verlustrealisation (2.) ist zurückzuführen auf unvollkommene Informationen über Art und Umfang der anzustrebenden 229
Vgl. Mitchell (1999), S. 164.
230
Bauer (1960), S. 389 und Bauer (1967), S. 24.
231
Vgl. Cox (1967), S. 37f.; Cunningham (1967), S. 83 sowie ausführlich Panne (1977), S. 49ff. Für den Industriegüterbereich messen Choffray/Johnston (1979) industrielles Kaufrisiko im Sinne der Theorie des wahrgenommenen Risikos und unterscheiden dabei in die Wahrscheinlichkeit von Auswirkungen und die Intensität dieser Auswirkungen auf die Organisation. Vgl. Choffray/Johnston (1979), S. 333ff. Darüber hinaus besteht eine weitere Möglichkeit zur Erfassung des wahrgenommenen Risikos in der Unterscheidung zwischen den Komponenten Unsicherheit und Wichtigkeit. Vgl. Gerhard (1995), S. 19. Da diese Unterscheidung jedoch einerseits keine so weite Verbreitung wie der ursprüngliche Ansatz nach Cox (1967) und Cunningham (1967) gefunden hat, der darüber hinaus in einer Meta-Analyse verschiedener Risikomodelle von Mitchell (1999) sehr gute Bewertungen hinsichtlich der Kriterien Verständnis, Vorhersage, Reliabilität, Validität und Praktikabilität erhalten hat, sowie für den Fortgang der weiteren Arbeit von untergeordneter Bedeutung ist, wird auf die Darstellung dieses Ansatzes im Folgenden verzichtet.
232
Vgl. Cox (1967), S. 38 und Panne (1977), S. 51 sowie die dort angegebene Literatur.
66 _________________________________________________________________________ Ziele, Zielpräferenzen und -konflikte in Entscheidungsgremien, die Höhe des anzustrebenden Zielerreichungsgrades sowie die Eignung und Vollständigkeit der erfassten Handlungsalternativen zur Zielerreichung.233 Zusammenfassend lässt sich unter dem wahrgenommenen Risiko also die subjektiv wahrgenommene Gefahr einer suboptimalen Zielerreichung verstehen, die ihrerseits aufgrund von Verlusten infolge einer fehlerhaften Entscheidung sowie der Bewertung dieser Gefahr durch den Entscheidungsträger eintritt. Während diese zweidimensionalen Betrachtungen gewissermaßen die Grundlage darstellen, haben sich zahlreiche weitere Forschungsarbeiten darum bemüht, die Komponente des erwarteten Verlustumfangs inhaltlich in voneinander unabhängige Risikoarten zu unterteilen, um so die Analyse und die darauf aufbauenden Handlungsanweisungen zu verfeinern.234 So legen Jacoby/Kaplan (1972) eine zusammenfassende Literaturanalyse aller bis dahin erschienenen Klassifizierungen vor. Demnach lässt sich das wahrgenommene Risiko in folgende Teilrisiken zerlegen:235
Das finanzielle Risiko beschreibt die Wahrscheinlichkeit eines finanziellen Verlustes beim Kauf eines Produktes, sofern dieses nicht über die erforderlichen Leistungseigenschaften verfügt. Die Verluste können dabei monetär bzw. nicht-monetär (z.B. bei Opportunitätskosten) auftreten.
Das technisch-funktionale Risiko beschreibt die Gefahr, dass das zu beschaffende Produkt qualitative Mängel aufweist und in dessen Folge nur bedingt einsetzbar ist.
Gesundheitliches Risiko beschreibt die Gefahr, dass die Beschaffungsentscheidung für den Entscheider bzw. Dritte negative Auswirkungen auf Gesundheit oder Leben haben kann.
233
Vgl. Immes (1993), S. 27.
234
So unterteilt beispielsweise Cox (1967) den Verlustumfang in ökonomische, funktionale sowie psychosoziale Aspekte. Vgl. Cox (1967), S. 71. Demgegenüber unterscheidet Cunningham (1967) in soziale, finanzielle, funktionale und gesundheitliche Konsequenzen. Vgl. Cunningham (1967), S. 91ff.; während Roselius (1971) in Verlustrisiken, Verletzungsrisiken, Risiken für das Selbstwertgefühl und monetäre Risiken klassifiziert. Vgl. Roselius (1971), S. 58. Vgl. beispielhaft für Risiken im Anlagengeschäft auch die Vielzahl möglicher Risiken in einer Art „Risiko-Batterie“ bei von Lindeiner-Wildau (1986), S. 22ff.
235
Vgl. hierzu und im Folgenden Jacoby/Kaplan (1972), S. 383; Kaplan et al. (1974), S. 287ff.; Panne (1977), S. 62 sowie Zikmund/Scott (1974), S. 410ff. Allerdings gibt es auch Studien, die nicht alle genannten Teilrisiken bzw. Risikofacetten empirisch nachweisen können. Vgl. beispielsweise Peter/Tarpey (1975), S. 32. Im organisationalen Bereich wird auf Einkäufer-Seiten bei Håkansson/Wootz (1979) zwischen „market uncertainty“, „need uncertainty“ sowie „transaction uncertainty“ unterschieden. Cardozo (1980) ergänzt hierzu noch die „technical uncertainty” sowie die „acceptance uncertainty”. Vgl. Cardozo (1980), S. 273. Valla (1982) unterscheiden hingegen zwischen „technical risk“, „financial risk“, „delivery risk“, „service risk“ und „risk related long-term relationships“. Vgl. Mitchell (1999), S. 175f.
67 _________________________________________________________________________
Psychisches Risiko bildet die Gefahr ab, dass die Alternative gewählt wird, von der nach dem Erwerb festgestellt wird, dass sie nicht den Vorstellungen entspricht, sodass beim Käufer daraufhin Unzufriedenheit auftritt.
Soziales Risiko drückt die Gefahr des Entscheidungsträgers aus, eine Wahl zu treffen, die seine relevante Umwelt nicht getroffen hätte, was soziale Ansehensverluste innerhalb seiner Bezugsgruppe zu Folge haben kann.
Methodisch gehen die unterschiedlichen Arbeiten zur Bestimmung des wahrgenommenen Risikos ähnlich vor. Aus der multiplikativen Verknüpfung dieser, von den Probanden anhand einzelner Items bewerteten, Teilrisiken (Verlustumfang) mit der subjektiven Unsicherheit lässt sich eine Größe für das subjektiv in einer Entscheidungssituation vorliegende Risiko („OPR = Overall Perceived Risk“) ermitteln.236 Das wahrgenommene Risiko wird im Grundtyp folglich als Summe der mit der subjektiven Unsicherheit (ܷ ) gewichteten negativen Konsequenzen (ܥ ) verstanden:
ܱܴܲ ൌ ܷ ܥ כ ୀଵ
Allerdings verzichten auch einige Studien auf die Messung dieser einzelnen Risikoarten und bilden die wahrgenommene Unsicherheit mit einem einzigen Item ab.237 Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass das wahrgenommene Risiko eine dynamische Größe darstellt, die sich im Laufe des Kaufentscheidungsprozesses verändert. So unterscheidet Bettman (1972) diesbezüglich zwischen „inherent risk“ und „handled risk“.238 Wird der Nachfrager zu Beginn des Kaufentscheidungsprozesses mit dem für eine bestimmte Klasse von Produkten inhärenten bzw. „typischen“ Initialrisiko konfrontiert, so trifft er bestimmte Risikoreduktionsmaßnahmen, um seine wahrgenommene Unsicherheit auf sein individuelles Anspruchsniveau, das Residualrisiko zu senken. Eine Kaufentscheidung kann dabei nur erfolgen, wenn das Residualrisiko kleiner bzw. gleich dem Initialrisi-
236
Vgl. hierzu beispielsweise Gürhan-Canli/Rajeev (2004), S. 200; Jacoby/Kaplan (1972), S. 388ff; Kaplan et al. (1974), S. 287ff. sowie die grundlegende Darstellung zu den Berechnungsmöglichkeiten des wahrgenommenen Risikos Dowling (1986), S. 193ff. sowie Stern et al. (1977), S. 314ff.
237
Vgl. beispielsweise Cunningham et al. (2005), S. 363 und Spence et al. (1970), S. 365.
238
Vgl. hierzu und im Folgenden Bettman (1972), S. 394ff. und Bettman (1973), S. 184ff.
68 _________________________________________________________________________ ko ist.239 Aus diesen Ausführungen wird deutlich, dass Risiken verstärkt wahrgenommen werden, wenn sich Konsumenten einer für sie neuartigen Kaufsituation gegenüber sehen, mit der sie vorher noch nicht konfrontiert waren.240 Ferner wird deutlich, dass auch die Theorie des wahrgenommenen Risikos vornehmlich die Reduktion dieser Unsicherheit behandelt, wobei insbesondere die Subjektivität der Unsicherheit des einzelnen Entscheidungsträgers im Fokus der Betrachtungen steht.
3.2.3.2 Maßnahmen zur Unsicherheitsreduktion in der Theorie des wahrgenommenen Risikos Es kann generell konstatiert werden, dass Einkäufer das Ziel verfolgen, das wahrgenommene Risiko zu senken.241 Hierzu bieten sich verschiedene Maßnahmen an. Während sich ein Großteil der Literatur zur Theorie des wahrgenommenen Risikos mit messtheoretischen Fragen und der Bestimmung des Risikos auf Ebene einzelner Produktkategorien beschäftigt,242 wird in einigen Arbeiten auch eine Vielzahl von verschiedenen Maßnahmen zur Risiko- bzw. Unsicherheitsreduktion diskutiert, die oftmals willkürlich und unsystematisch dargestellt werden.243 So folgert beispielsweise Jacoby/Kaplan (1972): „[…] the risk literature contains numerous instances where findings of one study either conflict with or cannot be directly compared with those of another.”244 Mit Bezug auf die Darstellung der beiden Komponenten bietet sich jedoch eine generelle Systematisierungsmöglichkeit zur Reduktion des wahrgenommenen Risikos an, die im Folgenden als Klassifizierung möglicher Maßnahmen genauer dargestellt werden soll. Zum einen ist dies die 239
„Wenn das von einem Konsumenten wahrgenommene Kaufrisiko eine individuelle Toleranzschwelle übersteigt, versucht der Konsument, das Risiko zu reduzieren. Er benutzt dazu Reduktionstechniken, die den Ablauf des Entscheidungsprozesses beeinflussen.“ Kroeber-Riel et al. (2009), S. 437.
240
Vgl. Kern (1990), S. 37; Mitchell (1999), S. 164.
241
Vgl. beispielsweise Puto et al. (1985), S. 89ff.
242
Vgl. beispielsweise Arndt (1967), S. 289ff.; Choffray/Johnston (1979), S. 333ff.; Cox/Rich (1964), S. 32ff.; Cunningham et al. (2005), S. 357ff.; Perry/Hamm (1969), S. 351ff.; Peter/Ryan (1976), S. 184ff.; Spence et al. (1970), S. 364ff.; Subba et al. (2007), S. 1035ff.
243
So legt Roselius (1971) beispielsweise eine grundlegende Arbeit zur Risikoreduktion innerhalb der Arbeiten zur Theorie des wahrgenommenen Risikos vor. Im Einzelnen führt er die Orientierung anhand vorhandener Bestätigungen, Produkttreue, Orientierung am Produktimage, Orientierung an Testergebnissen privater Testinstitute, Orientierung am Image der Einkaufsstätte, Gratisproben, Geld-zurück-Garantien, Orientierung an Testergebnissen staatlicher Institutionen, Shopping im Sinne vom direkten Vergleich in verschiedenen Einkaufsstätten, Orientierung an der geforderten Preishöhe sowie persönliche Empfehlungen auf. Vgl. hierzu Roselius (1971), S. 56ff.
244
Jacoby/Kaplan (1972), S. 382.
69 _________________________________________________________________________
Beseitigung der einzelnen Risikoursachen (ätiologische Risikopolitik) und zum anderen die
Verringerung der negativen Konsequenzen bzw. des Verlustumfangs (palliative Risikopolitik).245
Maßnahmen zur Reduktion des wahrgenommenen Risikos
Ätiologische Risikopolitik
Informationsbeschaffung
Palliative Risikopolitik
Beeinflussung von p
Informationsverarbeitung
Risikoübertragung
Anwendung von Heuristiken
Flexibilität
Risikostreuung
Abbildung 10: Maßnahmen zur Handhabung des wahrgenommenen Risikos
Ätiologische Risikopolitik Im Bereich der ätiologischen Risikopolitik, also der Beseitigung der einzelnen Risikoursachen, werden im Wesentlichen zur Prävention von Risiken vier verschiedene, übergeordnete Maßnahmen vorgeschlagen.246 Zum einen sollten Nachfrager (analog zur Informationsökonomie) zusätzliche Informationen beschaffen.247 Neben internen Informationen kommen diesbezüglich insbesondere außerbetriebliche Informationen beispielsweise in Form von systematischen Verfahren zur Datenerhebung zum Einsatz.248 Ziel dieser Informationsbeschaffung ist die Erreichung eines maximalen Informationsstandes, der einerseits
245
Vgl. hierzu und im Folgenden Immes (1993), S. 75ff. und die dort angegebene Literatur sowie Panne (1977), S. 327ff.; Roselius (1971), S. 56ff. und Schiller et al. (2004), S. 67ff.
246
Diese Maßnahmen setzen wiederum voraus, dass sich die Risiken überhaupt durch den Nachfrager beeinflussen lassen. Im Begriffsverständnis der neuen mikroökonomischen Theorie (vgl. Kapitel 3.2.2) handelt es sich also um sogenannte endogene Unsicherheiten.
247
Diesbezüglich gehen verhaltenswissenschaftliche Ansätze davon aus, dass die Informationsneigung als individuelle Prädisposition zu verstehen ist. Diese ist wird wiederum durch das Produktinvolvement und das situative Involvement beeinflusst. Vgl. Kroeber-Riel et al. (2009), S. 303.
248
Da die Theorie des wahrgenommenen Risikos bis auf wenige Ausnahmen ausschließlich Anwendung auf den Konsumgüterbereich findet, wurden die Aussagen teilweise auf den Industriegüterbereich angepasst. So wird in der originären Literatur unter interner Wissenssuche die Durchsuchung des Gedächtnisses nach relevantem Wissen verstanden. Vgl. Bettman (1979), S. 37ff. sowie die dort angegebene Literatur.
70 _________________________________________________________________________ durch die maximale Informationsaufnahme und Informationsverarbeitungskapazität des Entscheidungsträgers, andererseits durch die Kosten dieser Risikoreduktionsmaßnahmen beschränkt ist.249 Bezüglich des Umgangs mit den beschafften Informationen (Informationsverarbeitung) hat der Entscheider daraufhin drei verschiedene Möglichkeiten. Eine Alternative wäre, die Risikoinformationen zu ignorieren oder zu vermeiden. So sind in der Praxis beispielsweise Unternehmen zu beobachten, die langfristige, strategisch notwendige Entscheidungen zugunsten von kurzfristigen Maßnahmen nicht durchführen, weil sie vorliegende Informationen entweder bewusst ignorieren oder vermeiden, da diese die Risikowahrnehmung erhöhen würden.250 Eine dritte Möglichkeit der Informationsverarbeitung ist schließlich in der Korrektur der Information zu sehen. Hierunter ist die Überzeugung des Entscheidungsträgers zu verstehen, das Risiko positiv beeinflussen zu können. Die Risikoinformation wird somit nicht akzeptiert, sondern unter einem anderen Blickwinkel betrachtet bzw. verändert.251 Als dritte Maßnahme ist die direkte Beeinflussung von Wahrscheinlichkeiten, also die Verringerung der (subjektiv wahrgenommenen) Wahrscheinlichkeit für das Eintreten negativer Konsequenzen, anzuführen. Seitens des Anbieters zählt hierzu beispielsweise ein verstärkter Ressourceneinsatz in der Kommunikations- und Distributionspolitik, da hierdurch die Wahrscheinlichkeit einer Nichtauftragsannahme seitens des Nachfragers verringert wird. Umgekehrt können Nachfrager die Wahrscheinlichkeit beeinflussen, indem sie sich im Vorfeld einer wichtigen Investitionsentscheidung eine intensive Beurteilung des betreffenden Gutes vornehmen, um so die „Wahrscheinlichkeit einer Nicht-Zielerfüllung“252 direkt zu beeinflussen. Schließlich stellt die Anwendung von Faustregeln bzw. heuristischen Methoden insbesondere bei schlecht definierten, unvollständigen Entscheidungssituationen ein Mittel dar, um durch Vereinfachung bzw. Zerlegung in Teilprobleme die Risiken zu reduzieren.253 Als
249
Vgl. darüber hinaus insbesondere zu den möglichen sozialökonomischen Determinanten des Informationsverhaltens von Konsumenten Kuhlmann (1970), S. 120ff.
250
Vgl. Cyert/March (1977), S. 132.
251
Vgl. hierzu sowie zu den einzelnen Determinanten der Informationsverarbeitung auch Gemünden (1985), S. 27ff.
252
Immes (1993), S. 82.
253
Vgl. Chaiken et al. (1989), S. 212ff.; Frese (1971), S. 283ff.; Tversky/Kahnemann (1974), S. 1124ff.
71 _________________________________________________________________________ Beispiel kann diesbezüglich bei Konsumenten die empirische nachgewiesene Präferenz für Markenprodukte bzw. Markentreue angeführt werden.254
Palliative Risikopolitik In der palliativen Risikopolitik wird an der Verringerung der negativen Konsequenzen angesetzt, während die faktischen Risikoursachen bestehen bleiben. Damit wird der Risikoeintritt also bewusst in Kauf genommen, denn lediglich dessen Folgen sollen korrektiv gemindert werden.255 So bietet sich mit den Maßnahmen der Risikoübertragung eine Möglichkeit, das Risiko beispielsweise über Versicherungen auf Dritte oder im Falle von Garantien auf den Anbieter abzuwälzen.256 Mittels derartiger Garantien bleibt das wahrgenommene finanzielle Risiko zwar bestehen, jedoch lässt sich dadurch das wahrgenommene Risiko infolge von mangelbehafteten Gütern für Folgeaufwendungen mindern.257 Von Risikostreuung wird gesprochen, wenn der Nachfrager versucht, die örtliche, zeitliche, sachliche oder personenbezogene Konzentration von Gefahrenquellen zu vermeiden. Exemplarisch wird in sachlicher Hinsicht in der Literatur die Möglichkeit diskutiert, die zu beschaffenden Güter zu teilen. Beispielsweise haben Konsumenten oftmals die Möglichkeit, zwischen verschieden großen Packungsgrößen zu wählen und werden sich bei hohem wahrgenommenem Risiko zunächst für kleinere Einheiten entscheiden, um so bei Nichtgefallen den finanziellen Verlust in Grenzen zu halten.258 Darüber hinaus werden viele Produkte auch in Form eines Systems angeboten, bei dem der Nachfrager die Einzelleistungen sukzessive erwerben kann und so die potenziellen Gefahrenquellen in zeitlicher Hinsicht streut.259 Bezüglich der personenbezogenen Konzentration von Gefahrenquellen wäre auch eine denkbare Maßnahme, das wahrgenommene Risiko durch Verteilung auf mehrere Nachfrager beispielsweise in Form einer Einkaufsgemeinschaft zu verteilen.260 Ferner 254
Vgl. Cunningham (1967), S. 507ff.; Peter/Tarpey (1975), S. 29; Sheth/Venkatesan (1968), S. 307.
255
Vgl. Schiller et al. (2004), S. 68.
256
Vgl. beispielsweise Roselius (1971), S. 57; Puto et al. (1985), S. 96.
257
Vgl. hierzu und im Folgenden Immes (1993), S. 85f. sowie die dort angegebene Literatur.
258
Vgl. Kuhlmann (1970), S. 91f. und Panne (1977), S. 336 und
259
Vgl. hierzu für Industriegüter das Systemgeschäft bei Backhaus/Voeth (2007), S. 401ff.
260
Vgl. zu diesem Konzept des „Collective Risk“ Giesler (2003), S. 124ff. und in Bezug auf den Untersuchungsgegenstand Verhandlungen Lax/Sebenius (1986), S. 99f.
72 _________________________________________________________________________ könnte eine weitere Möglichkeit zur Verringerung der negativen Konsequenzen auch in der Streuung des Risikos liegen, sofern der Nachfrager identische Leistungen von mehreren verschiedenen Anbietern beziehen könnte.261 Schließlich wird unter Flexibilität die Fähigkeit des Entscheidungsträgers verstanden, auf neue Zustände der Umwelt zu reagieren, die von den vorherigen Bedingungen stark abweichen. Sollten folglich negative Konsequenzen als Folge der Beschaffungsentscheidung eintreten, würde ein gewisses Maß an betrieblicher Flexibilität hinsichtlich Produktion, Absatz und Finanzen die negativen Konsequenzen teilweise ausgleichen können. So wird der Nachfrager Güter mit einem eher geringen Spezialisierungsgrad bevorzugen, die er in der späteren Produktion möglichst flexibel an Nachfrageschwankungen anpassen kann.262 Hinsichtlich der Flexibilität im Finanzbereich wird der Nachfrager versuchen, durch den Anbieter
die
eigene
Liquidität
zu
erhöhen,
was
beispielsweise
durch
eine
(Vor-)Finanzierung der Leistung durch den Anbieter erfolgen kann.
3.2.3.3 Bewertung des Unsicherheitsverständnisses in der Theorie des wahrgenommenen Risikos Indem die Theorie des wahrgenommenen Risikos das Risiko als grundlegende Verhaltensdeterminante für Nachfrager betrachtet, stellt sie neben der Informationsökonomie einen möglichen Ansatz zur Beschreibung und Erklärung auch industrieller Kaufentscheidungen dar.263 Der Versuch der Erklärung von psychischen und sozialen Determinanten von Kaufentscheidungen ist als großer Vorteil der Theorie des wahrgenommenen Risikos, wie auch des neobehavioristischen Ansatzes allgemein, gegenüber der beiden mikroökonomischen Paradigma zu bewerten.264 Darüber hinaus verdeutlicht das Konstrukt des wahrgenommenen Risikos, dass das Vorliegen eines faktischen Risikos nicht allein genügt, um das Kaufentscheidungsverhalten zu beeinflussen. Denn wenn ein Individuum sich der Risikosituation nicht bewusst ist, dann ist dieses Risiko – bezogen auf die Beschaffungssituation – nicht existent und wird das Verhalten nicht beeinflussen. Folglich erweitert das Konstrukt des
261
Vgl. Puto et al. (1985), S. 90.
262
Vgl. hierzu und im Folgenden Immes (1993), S. 87ff., der diesbezüglich von „Mehrverfahrensmaschinen“ spricht.
263
Vgl. beispielsweise Hawes/Barnhouse (1987), S. 287ff.; Cardozo/Cagley (1971), S. 329ff.; Puto et al. (1985), S. 89ff., die in ihren Studien die Theorie des wahrgenommenen Risikos auf industrielle Kaufentscheidungen anwenden.
264
Vgl. Kaas (2000), S. 65.
73 _________________________________________________________________________ wahrgenommenen Risikos die bereits vorgestellten Ansätze um die Tatsache, dass der Entscheidungsträger Kenntnis über die Unsicherheit haben muss, damit diese überhaupt erst Bedeutung für das Handeln erlangt. Das vorgestellte Konzept ergänzt darüber hinaus die Aussagen der Informationsökonomie, da neben der Informationsübertragung weitere Risiko-Reduzierungsmaßnahmen dargestellt werden. Neben diesen Vorteilen sind jedoch in Bezug auf die Erklärung von Verhandlungsverhalten unter Unsicherheit durch die Theorie des wahrgenommenen Risikos zahlreiche Nachteile zu nennen: „Unfortunately, this construct has more often than not been defined in different ways by different investigators.“265 Auch die verbreitete Diskussion über die „korrekte“ uni- oder multriattributive Messung des Unsicherheitsniveaus für verschiedene Produkte bzw. Produktkategorien und die Beschreibung der Informationsprozesse bieten diesbezüglich nur geringen Nutzen.266 Darüber hinaus legt die verhaltenswissenschaftliche Unsicherheitsforschung wie die Informationsökonomie ihren Analysefokus häufig lediglich auf Risiko-Reduzierungsmaßnahmen in frühen Phasen der Beschaffungsentscheidung. Es wird also der Frage nachgegangen, unter welchen Bedingungen nach Möglichkeiten zur Unsicherheitsreduzierung gesucht und vor allem welche Quellen hierzu in Anspruch genommen werden.267 Für die Analyse des Verhandlungsprozesses, der, wie in Kapitel 2.1 bereits angeführt, eine eher späte Phase im Beschaffungs- bzw. Transaktionsprozess darstellt, sind diese Analysen jedoch von geringerer Bedeutung. Problematisch ist ferner die weitgehende Konzentration des Konzeptes auf traditionelle Kaufsituationen auf Konsumgütermärkten zu sehen, in denen i.d.R. gar keine Verhandlungen stattfinden.268 Nur wenige Arbeiten unternehmen den Versuch, wesentliche Ideen der Theorie der wahrgenommenen Unsicherheit auf Industriegütermärkte zu übertragen.269 Diese Arbeiten untersuchen jedoch nicht die Beschaffung vollständiger Leistungen, sondern beschränken sich auf Teile oder weniger komplexe Industriegüter. Diese Übertragung wird analog zum Großteil der informationsökonomischen Literatur zumeist ausschließlich für die Nachfragerperspektive vorgenommen, da die vorliegenden Arbeiten größtenteils 265
Jacoby/Kaplan (1972), S. 382.
266
Hinsichtlich der unterschiedlichen Ansätze zur Messung des wahrgenommenen Risikos bzw. des Konzeptes allgemein gelangt Dowling (1986) zur kritischen Aussage, dass „Perceived risk is a somewhat fuzzy concept“ und mahnt dabei die ungenügende theoretische Fundierung sowie den mangelnden Konsens bezüglich des Konzeptes in bisherigen Arbeiten an. Vgl. Dowling (1986), S. 194ff.
267
Vgl. Kroeber-Riel et al. (2009), S. 304ff.
268
Vgl. Cunningham et al. (2005), S. 360.
269
Vgl. beispielsweise Barnes/Ayars (1977); Cardozo/Cagley (1971); Copley/Callom (1971); Håkansson/Wootz (1975) sowie Immes (1993).
74 _________________________________________________________________________ von besser informierten Anbietern und schlechter informierten Nachfragern ausgehen. Somit bleibt bei der Analyse der Anbieter mit seinen Unsicherheiten, deren Bedeutung und den daraus folgenden Handlungsmöglichkeiten unberücksichtigt.270 Daraus folgend werden auch keine Rückkopplungsbeziehungen zwischen Anbieter und Nachfrager analysiert, die aus den durch das Empfinden von Risiko bzw. Unsicherheit beeinflusste Handlungsweisen der Nachfrager entstehen können. So ist es beispielsweise denkbar, dass eine Verhandlungspartei auf die vermehrte Forderung von Angeboten mit einem ebensolchen Verhalten reagieren könnte. Das Konstrukt des wahrgenommenen Risikos folgt also im Wesentlichen dem S-O-R Ansatz, statt die Handlungsmöglichkeiten unter Unsicherheit als gegenseitiges Handeln zwischen Anbieter und Nachfrager mithilfe des Interaktionsparadigmas zu untersuchen. Schließlich ist aufgrund der zahlreichen widersprüchlichen Ergebnisse der vorliegenden Literatur zum Konstrukt der wahrgenommenen Unsicherheit anzumerken, dass auch heute noch wenig über das Konsumentenverhalten unter unvollständigen Informationen (Unsicherheit) bekannt ist.271
3.3 Zusammenfassende Bewertung Die Analyse der vorliegenden Literatur aus dem Bereich der Verhandlungsforschung zu den Wirkungen von Unsicherheit einerseits sowie die Darstellung der theoretischen Ansätze andererseits haben deutlich gemacht, dass sich keine „Unsicherheitstheorie“ finden lässt, die geeignet wäre, die Wirkung und damit das Verhandlungsverhalten unter Unsicherheit umfassend zu erklären. Unsicherheit ist vielmehr ein Konstrukt, das im Rahmen verschiedener theoretischer Ansätze unterschiedlich verwendet wird. Aus der Betrachtung der vorliegenden Verhandlungsliteratur lassen sich lediglich vereinzelte Hinweise zur Wirkung von Unsicherheit in Transaktionssituationen ableiten, die darüber hinaus – wenn überhaupt – das eigentliche Verhandlungsverhalten empirisch nicht objektiv und direkt erfassen, sondern ausschließlich mithilfe von Befragungen arbeiten. Auch aus der ausführlichen Analyse der drei in Frage kommenden Ansätze zur theoretischen Fundierung in der Marketingforschung ergab sich, dass jeder einzelne dieser Ansätze
270
Vgl. Stern et al. (1977), S. 318.
271
Vgl. beispielsweise die Anmerkungen bei Kivetz/Simonson (2000), S. 427f.
75 _________________________________________________________________________ aus unterschiedlichen Gründen nicht zur theoretischen Fundierung der Forschungsfrage geeignet ist:
Der klassisch-mikroökonomische Ansatz wird aufgrund der ihm zugrunde liegenden restriktiven Annahmen und der damit verbundenen Abstraktion von, in Verhandlungen zwischen Anbieter und Nachfrager auftretender, endogener Unsicherheit nicht weiter verfolgt.
Auch die Informationsökonomie lässt sich nicht vollständig auf das Untersuchungsobjekt Verhandlungen anwenden. Zwar wird mit den grundsätzlichen Unsicherheitsreduktionsmaßnahmen wie Screening und Signaling eine bedeutende Wirkung von Unsicherheit vorgestellt, jedoch trifft die Informationsökonomie keine darüber hinausgehenden verhaltensspezifischen Aussagen wie beispielsweise bezüglich der zum Einsatz kommenden Taktiken oder dem zu beobachtenden Angebotsverhalten unter Unsicherheit und bezieht sich schließlich nicht direkt auf die für Verhandlungen maßgebliche Interaktion zwischen Anbieter und Nachfrager.
Die Theorie des wahrgenommenen Risikos hingegen betont in zahlreichen Studien besonders die Subjektivität von Unsicherheit und führt verschiedenste Verhaltensweisen auf das Vorliegen von Unsicherheit zurück. Die große Vielfalt der in diesem Bereich publizierten Studien hat jedoch auch zur Folge, dass sich bislang keine einheitliche Definition für Unsicherheit herausgebildet hat und sich stattdessen eine Vielzahl von Studien auf die unterschiedlichen Möglichkeiten der Messung von Unsicherheit konzentriert. Darüber hinaus ist neben der Beschränkung auf Konsumgütermärkte und der damit zumeist verbundenen Analyse ausschließlich der auf Nachfragerseite vorliegenden Unsicherheit nachteilig, dass die Theorie des wahrgenommenen Risikos fast ausschließlich Situationen in frühen Phasen des Beschaffungsprozesses beschreibt und sich nicht direkt auf Verhandlungen bezieht, die erst in einer späteren Phase des Transaktionsprozesses zu beobachten sind.272
Zusammenfassend ist festzustellen, dass ein umfassendes Hypothesensystem zum Verhandlungsverhalten unter Unsicherheit bislang nicht vorliegt, da dies aufgrund der unterschiedlichen theoretischen Herangehensweisen der vorliegenden Arbeiten einerseits und der Besonderheiten von Verhandlungen andererseits nicht möglich erscheint. Auch ist ein
272
Vgl. Kapitel 2.1.
76 _________________________________________________________________________ koordiniertes Bemühen im Sinne eines einzelnen theoretischen Erklärungsansatzes noch nicht deutlich zu erkennen. Deshalb eignen sich die vorgestellten Ansätze nicht zur umfassenden Fundierung der zugrunde liegenden Forschungsfrage sondern stellen durch die vorliegenden Erkenntnisse vielmehr eine Art Leitlinie für den weiteren Forschungsprozess dar.273 Alle aufgeführten Theorien betonen nämlich insbesondere die Bedeutung des Informationsaustausches unter Unsicherheit, der auch bei Verhandlungen eine bedeutende Rolle einnehmen dürfte. Zu den möglichen Auswirkungen der Unsicherheit auf die Interaktion als zentrales Merkmal des Verhandlungsprozesses werden jedoch keine Aussagen bzw. theoretischen Bezugspunkte bereitgestellt. Da sich aus der Darstellung der verschiedenen in Frage kommenden Theorien zur Wirkung von Unsicherheit ergeben hat, dass sich die Erkenntnisse zum Untersuchungsobjekt bislang in einem frühen Stadium befinden, ist im Folgenden eine eigene empirische Studie sowie methodische Herangehensweise zu entwickeln, wie Verhandlungen unter Unsicherheit am Beispiel des Zuliefergeschäfts erfasst werden kann. Dabei soll neben der Betrachtung von Verhandlungsvorbereitung und Verhandlungsergebnis der Fokus vor allem auf der Erfassung und Analyse des Verhandlungsprozesses liegen, da dieser mit der hier stattfindenden Interaktion zwischen Anbieter und Nachfrager den Kern der Verhandlungsphase darstellt. Um die Besonderheiten dieses Verhaltens herauszuarbeiten, bietet sich dabei ein Vergleich des Verhandlungsprozesses unter geringerer Unsicherheit im Produktgeschäft mit dem unter hoher Unsicherheit im Zuliefergeschäft an.274 Bevor eine derartige Studie jedoch entwickelt werden kann, ist es zunächst die hiermit zum Ausdruck kommende Vorgehensweise in die betriebswirtschaftliche Forschung und hier speziell in die Marketingforschung einzordnen.
273
So werden zentrale Aussagen der vorgestellten Theorien zu Wirkung von Unsicherheit beispielsweise bei der Erstellung des Kategoriensystems berücksichtigt. Vgl. hierzu Kapitel 5.3.3.2.
274
Vgl. Kapitel 2.2.1.
77 _________________________________________________________________________
4 Auswahl einer Methodik zur Analyse des Verhandlungsprozesses unter Unsicherheit 4.1 Methodische Einordnung der zu entwickelnden Untersuchung Eine angewandte Wissenschaft wie die Marketingforschung muss Erkenntnisse liefern, die einen Beitrag zur Lösung von praxisrelevanten Problemen leisten. Seit jeher existiert in der Betriebswirtschaftslehre generell und in der Marketingforschung speziell ein Diskurs über den „richtigen Weg dieser Erkenntnis“. Im Wesentlichen lassen sich zwei Extreme auf einem Kontinuum voneinander unterscheiden:
Auf der einen Seite steht das in der deutschen Marketingforschung dominierende, dem kritischen Rationalismus nach Popper (2005) verpflichtete, deduktivnomologische Forschungsparadigma,275 das von
dem empirischen Induktivismus verpflichteten, eher qualitativen Forschungsparadigma, zu unterscheiden ist.276
In Arbeiten zum ersten Forschungsparadigma werden Hypothesen aus vorhandenen Theorien systematisch abgeleitet, die daraufhin unter Verwendung eines meist aufwendigen Instrumentariums mithilfe großer Stichproben und zumeist multivariater Analysemethoden überprüft werden, woraus schließlich oftmals weitere Forschungslücken aufgedeckt werden.277 Während es also in diesem kritisch rationalen Paradigma im Kern um die Übertragung vorhandener Theorien in unterschiedliche Kontexte sowie die kritische Prüfung von Hypothesen geht,278 so betont insbesondere Desphande (1983) die Notwendigkeit auch explorativ und qualitativ ausgerichteter Forschung, um Erkenntnisfortschritte zu erzielen
275
Wenngleich die Dominanz sowie Verdienste dieses Paradigmas insbesondere in der Marketingforschung nicht in Zweifel gezogen werden sollen, sprechen Srnka (2007) und Tomczak (1992) in ihren kritischen Beiträgen auch von „Pseudo-kritischem Rationalismus“ sowie „Mainstream-Marketingforschung“. Die Hauptkritik der Autoren bezieht sich dabei vor allem auf den vielfach zu beobachtenden „Dataismus“ bzw. „naivem Empirismus“, bei dem unter Rückgriff auf Theorien mehr oder weniger willkürlich ad-hoc Hypothesen in einem iterativen Prozess überprüft werden, die zunehmend inhaltsleere und für den Erkenntnisfortschritt im Marketing nicht förderliche Ergebnisse produzieren. Vgl. Srnka (2007), S. 247ff.; Tomczak (1992), S. 77ff. sowie darüber hinaus auch grundsätzlich Mühlbacher (2000), S. 445ff.
276
Vgl. Kuß (2009), S. 106; Tomczak (1992), S. 77. Für einen ausführlichen Überblick über die Kontroversen zur Auseinandersetzung der Paradigmen auch Kelle (2008), S. 25ff. sowie die dort angegebene Literatur.
277
Vgl. Dyllick/Tomczak (2009), S. 74; Schweitzer (2000), S. 70; Tomczak (1992), S. 77.
278
Vgl. Srnka (2007), S. 249.
78 _________________________________________________________________________ und innovative Theorieansätze erst entwickeln zu können: „[There] is general consensus that marketing science is dominated by a logical empiricist view of social reality. This implies that the majority of marketing scholars are far more involved in theory verification than in theory generation. Moreover, the methodologies that have been developed and tested in marketing research are increasingly those suited to confirming propositions or hypotheses rather than to discovering new propositions or hypotheses.”279 Dabei verfolgt qualitative Forschung im Wesentlichen das Ziel, ein tiefes Verständnis des Untersuchungsgegenstandes zu erlangen.280 In den vorangegangenen Abschnitten konnte gezeigt werden, dass statt umfassender Analysen zum Verhandlungsverhalten unter Unsicherheit eher allgemeine Betrachtungen zum Austauschprozess zwischen Anbieter und Nachfrager sowie lediglich Hinweise und einige empirische Belege zum Verhalten speziell von Nachfragern vorliegen.281 Darüber hinaus scheitert eine Einordnung der bereits aufgezeigten Erklärungsansätze in den Rahmen einer allgemeinen und auf breiter Basis anwendbaren Theorie bislang, was nicht zuletzt auch auf mangelnde Vergleichbarkeit der bislang in diesem Bereich durchgeführten Studien zurückzuführen ist. Demzufolge liegt bei der vorliegenden Arbeit ein innovatives Forschungsvorhaben vor, bei dem sich Theoriewahlentscheidungen im Sinne einer streng deduktiven Vorgehensweise oftmals als riskant und falsch erweisen können.282 Als Folgerung hieraus erscheint eine eigene Studie sowie exploratives Vorgehen angebracht zu sein, bei dem „offen (d.h. mit möglichst einem geringen Maß an theoretischen Konzepten, die Datenerhebung und -analyse prägen) auf den Forschungsgegenstand zugegangen wird.“283 Damit wird auch die Forderung von Tomczak (1992) erfüllt, demzufolge es in der betriebswirtschaftlichen Forschung generell, sowie in der Marketingforschung speziell, Ziel sein sollte, „weg von der ziellosen Wissensakkumulation hin zu einem zielgerichteten Wissensfortschritt zu kommen.“284 Wenngleich insbesondere Feyerabend (1976) dazu aufruft, sich 279
Desphande (1983), S. 105f.
280
Vgl. Lamnek (2005), S. 35ff.
281
Vgl. Kapitel 3.
282
Vgl. Kuhn (1974), S. 254. Ein ähnliches Vorgehen schlug hierzu auch Sheth (1981) in einem frühen Stadium der Konsumentenforschung vor: „It is, therefore, premature to conduct deductive research […] we must do [a] considerable amount of empirical inductive research. In short, we must learn how to crawl before we start walking or worse yet, running.” Vgl. Sheth (1981), S. 356.
283 284
Srnka (2007), S. 250. Vgl. Tomczak (1992), S. 82. Diese Forderung wird durch ein Zitat von Gummeson (2003) besonders plakativ beschrieben: „The ideal researcher in business and marketing is an Indiana Jones hunting hidden treasures and a Sherlock
79 _________________________________________________________________________ nicht mit methodischen Fragen aufzuhalten, sondern die am besten geeigneten Methoden zur Analyse des Untersuchungsgegenstandes anzuwenden,285 ist dabei allerdings besonderes Augenmerk auf die Kritik der Vertreter des kritischen Rationalismus zu legen, der induktiven und auf Entdeckungszusammenhänge ausgerichteten Forschung fehle es an methodischer Strenge.286 Aus diesem Grund ist im Folgenden sicherzustellen, dass die
Vorgehensweise der Untersuchung systematisch und die einzelnen Verfahrensschritte der Untersuchung begründet erfolgen sowie
objektiv sind, d.h. dass die erzielten Ergebnisse intersubjektiv überprüfbar sind.287
Vor dem Hintergrund erster theoretischer Überlegungen in Kapitel 3 ist also im Folgenden eine Methodik zu entwickeln, um das Untersuchungsobjekt „Verhandlungen unter Unsicherheit“ unter explorativen Gesichtspunkten möglichst vollständig erfassen und so ein tieferes Verständnis für das Verhandlungsverhalten von Anbietern und Nachfragern unter Unsicherheit gewinnen zu können.288 „The approach is inductive. Many venues are open to the researcher: historical precedents of negotiations, case studies, content analysis of proceedings, empirical tests of hypotheses. Some of this methodology is purely qualitative, other is statistical.”289 Im Folgenden wird deshalb auf die Möglichkeiten der Datenerhebung und -analyse in der Verhandlungsforschung eingegangen, um darauf aufbauend eine Methode auszuwählen und ein entsprechendes Studiendesign zu entwickeln.290
Holmes solving the mystery of The Speckled Band. Both are researching, courageous and passionate explorers. Walking in their footsteps, B2B researchers should not be bureaucrats and administrators of regulated research rituals. They should be entrepreneurs and their priority should be to find market treasures and solve marketing mysteries.” Vgl. Gummeson (2003), S. 491. 285
Vgl. Feyerabend (1976) sowie hierzu auch Gummeson (2003), S. 491.
286
Diesbezüglich ist der Fehler zu vermeiden, in der Induktion ein der Deduktion analoges Schlussverfahren zur Begründung und Rechtfertigung von Hypothesen zu sehen. Vgl. Raffée (1995), S. 43 und Schweitzer (2000), S. 69 sowie die dort angegebene Literatur.
287
Vgl. Schauenberg (2005), S.46f. So bemerken hierzu auch Kroeber-Riel et al. (2009), dass dem Vorwurf des Theorieelektizismus und der Verwendung interdisziplinärer Ansätze nur dadurch begegnet werden kann, indem Forscher offen legen, welchen Forschungsansatz sie verfolgen. Vgl. Kroeber-Riel et al. (2009), S. 8f.
288
Vgl. zu einem ähnlichen Vorgehen Graham (1987), S. 163ff.
289
Dupont (1996), S. 51.
290
Vgl. hierzu Auer-Srnka (2009), S. 16.
80 _________________________________________________________________________
4.2 Anforderungen an die Erhebung Um die Wirkung der in Kapitel 2.2 erläuterten Unsicherheit auf den Verhandlungsprozess und das Verhandlungsverhalten darzustellen, ist eine geeignete Methodik zur Analyse und dem Vergleich der Verhandlungsprozesse im eher sicheren Produkt- und unsicheren Zuliefergeschäft auszuwählen. Hierfür sind zunächst zwei Fragen zu beantworten: 1. Mithilfe welcher Methodik kann eine geeignete Datengrundlage generiert werden? 2. Mit welcher Analysemethode sind diese Daten daraufhin in geeigneter Weise auszuwerten?
Zur Beantwortung der ersten Frage und damit zur Gewinnung einer geeigneten Datengrundlage für marktforscherische Zwecke steht eine Reihe von Datenerhebungsmethoden zur Verfügung.291 Nicht alle dieser grundlegenden Methoden lassen sich auf das Untersuchungsobjekt Verhandlung anwenden. Eine Übersicht der für die Verhandlungsforschung infrage kommenden Methoden bietet Abbildung 11.
Datengrundlage
Erhebung von Primärdaten
Befragung
Experiment
qualitativ
Laborexperiment
quantitativ
Feldexperiment
Verwendung von Sekundärdaten
Beobachtung
Interne Daten
Externe Daten
teilnehmende Beobachtung nicht teilnehmende Beobachtung
Fallstudien
Abbildung 11: Methoden der Verhandlungsforschung zur Gewinnung der Datengrundlage
Zu unterscheiden sind diesbezüglich die Erhebung von Primärdaten sowie die Verwendung von Sekundärdaten. Es ist festzustellen, dass der überwiegende Teil verhandlungswissen291
Vgl. für eine generelle und nicht spezifisch auf Verhandlungsforschung bezogene Übersicht und Diskussion beispielsweise Homburg/Krohmer (2006), S. 263ff. Für eine verbale Darstellung verhandlungsspezifischer Methoden De Dreu/Carnevale (2005), S. 194ff.
81 _________________________________________________________________________ schaftlich-empirischer Studien auf Primärdaten aufbaut.292 Buelens et al. (2007) kommen in einer umfangreichen Inhaltsanalyse von insgesamt 1.108 untersuchten Studien zu dem Ergebnis, dass insgesamt 88 Prozent der untersuchten Studien auf den Ergebnissen von Experimenten basieren.293 Auch Agndal (2007) kommt in einer separat durchgeführten Studie zu tendenziell ähnlichen Ergebnissen: Dabei stellen Experimente mit 63 Prozent den größten Teil der untersuchten Artikel, 26 Prozent der Studien basieren auf Befragungen sowie 4 Prozent auf Fallstudien. Bezüglich dieser Auswertungen ist einschränkend jedoch anzumerken, dass die verwendeten Methoden sich gegenseitig nicht ausschließen, sondern durchaus auch gemeinsam angewandt werden können (Triangulation).294 Beobachtungen spielen – obwohl theoretisch denkbar – in verhandlungswissenschaftlichen Studien keine bedeutende Rolle.295 Da ferner eine nichtteilnehmende (verdeckte) bzw. teilnehmende (offene) Beobachtung realer Verhandlungen nicht dokumentiert ist, der Zugang zu Verhandlungen für Forscher starken Einschränkungen (z.B. Geheimhaltung) unterliegt sowie Dritte höchstens zum Zwecke der Mediation zur Verhandlungsbeobachtung zugelassen werden,296 wird im Folgenden auf die Darstellung von Beobachtungen realer Verhandlungen verzichtet.297 Da es kein per se optimales Verfahren der Datenerhebung gibt, sind bei der Auswahl der nachstehend vorgestellten und generell infrage kommenden Datenerhebungsmethoden insbesondere vier Faktoren zu berücksichtigen:298
Das Untersuchungsvorhaben,
die Zielgruppe,
292
Vgl. Agndal (2007), S. 6; Buelens et al. (2007), S. 328.
293
Vgl. Buelens et al. (2007), S. 328. Vgl. für eine ähnliche Studie mit einer zusätzlichen Unterscheidung nach Forschungsbereichen De Dreu/Carnevale (2005), S. 197ff.
294
Triangulation stellt eine Forschungsstrategie dar, bei der verschiedene Methoden auf das gleiche Phänomen angewendet oder verschiedenartige Daten zur Erforschung eines Phänomens herangezogen werden. Dadurch soll einerseits eine höhere Validität erreicht und andererseits systematische Fehler vermieden werden. Vgl. Carnevale/De Dreu (2004), S. 343; De Dreu/Carnevale (2005), S. 201f. Einige Autoren sehen in der Triangulation darüber hinaus ein eigenes Qualitätskriterium. Vgl. beispielsweise Denzin/Lincoln (2008), S. 7 sowie von Kardorff (2008), S. 247ff. sowie die dort angegebene Literatur.
295
Vgl. Agndal (2007), S. 6; Buelens et al. (2007), S. 328.
296
Vgl. Nauta/Kluwer (2004), S. 458. Vgl. grundlegend zur Mediation Carnevale/Pruitt (1992) sowie verhandlungsspezifisch beispielsweise zur Rolle von Mediation in Nachbarschaftsstreitigkeiten Duffy et al. (1991), bei Rechtsstreitigkeiten Folberg/Taylor (1984), bei polizeilichen Interventionen Palenski (1984) sowie der Entscheidungsfindung in Organisationen Karambayya/Brett (1989).
297
Nach Böhler (2004), S. 103 eignen sich so Beobachtungen auch lediglich zur Erfassung relativ einfacher Sachverhalte wie beispielsweise die Laufwege im Einzelhandel. Phänomene wie die systematische und umfassende Erfassung von Verhandlungsverhalten zählen hingegen eher zu komplexeren Aufgaben.
298
Vgl. hierzu und im Folgenden Hüttner/Schwarting (2002), S. 89; Kaya (2007), S. 50.
82 _________________________________________________________________________
die erforderliche Informationsqualität und
die Zeit- und Kostenrestriktionen.
Bezüglich der darauf folgenden Datenauswertung, der Analyse der Interaktion zwischen Anbieter und Nachfrager, sind folgende Anforderungen zu erfüllen:
Der Ablauf der Verhandlung soll objektiv nachvollziehbar sein. Es soll die lückenlose und chronologische Darstellung aller Aktivitäten von Anbieter und Nachfrager gewährleistet sein.
Reliabilität und Validität der Datenauswertung ist durch ein detailliertes und intersubjektiv nachprüfbares Vorgehen sicherzustellen.
Dieser Struktur folgend werden im Folgenden zunächst infrage kommende Datenerhebungsmethoden vorgestellt und im Hinblick auf ihre Eignung analysiert und bewertet, um nach einer Entscheidung für eine entsprechende Datenerhebungsmethode ein hierauf passendes Datenauswertungsverfahren darzustellen.
83 _________________________________________________________________________
4.3 Darstellung grundlegender Methoden der Datengewinnung in der Verhandlungsforschung 4.3.1 Empirische Verhandlungsforschung anhand von Fallstudien Sieht man von der Auswertung zuvor beschaffter Daten ab, stellt die Verhandlungsforschung anhand von Fallstudien die einzige Methode mithilfe von Sekundärdaten dar.299 Diese Forschungsmethodik analysiert reale, in der Vergangenheit liegende Verhandlungen, wobei die Aufzeichnungen zu diesen Verhandlungen aus internen und externen Quellen stammen können.300 Oftmals werden diese durch weitere Befragungen (vgl. Kapitel 4.3.2) ergänzt.301 Durch die Verhandlungsforschung mittels Fallstudien können zwei Ziele verfolgt werden.302 Einerseits kann durch die neutrale Analyse vergangener Verhandlungen ein explorativer Ansatz verfolgt werden, indem alle relevanten Fakten analysiert werden, die zu einem bestimmten Verhandlungsergebnis geführt haben, wodurch diese Verhaltensweisen für die Zukunft als „best practices“ Verwendung finden können.303 Andererseits können Fallstudien zu konfirmatorischen Zwecken herangezogen werden, um spezifische Theorien und Konzepte der Forscher anhand realer Verhandlungen auf deren Gültigkeit zu überprüfen.304 Bezüglich der Untersuchungsart unterscheidet Zartman (2005) zwischen Einzelfallbetrachtungen und vergleichenden Betrachtungen mehrerer Fallstudien. Bei Einzelfallbetrachtungen wird durch den Forscher eine vorliegende Verhandlung ausgewählt und anhand bestehender Konzepte und Theorien dahingehend untersucht, wie ein bestimmtes Verhandlungsergebnis zustande gekommen ist. Die Verhandlung stellt dabei die abhängige Variable, die erklärende Theorie die unabhängige Variable dar. Ein derartiger Einsatz von Fallstudien setzt voraus, dass die verwendete Theorie bereits in der Wissenschaft verankert ist, 299
Nach Zartman (2005), S. 3 sind Fallstudien „one of, if not the, most frequently used methods for conducting research on negotiation.“ Einschränkend ist jedoch zu erwähnen, dass sowohl Agndal (2007), S. 6 als auch Buelens et al. (2007), S. 328 diese Aussage in ihren Studien nicht bestätigen können. Vgl. grundlegend zur Forschung mithilfe von Fallstudien Heimerl (2009), S. 381ff. sowie Stake (1994), S. 236ff.
300
Interne Quellen wären beispielsweise unternehmensinterne Aufzeichnungen (Verhandlungsprotokolle) der Verhandlungsakteure. Vgl. Druckman (2005), S. 163. Als externe Quelle können beispielsweise die Medienberichterstattungen über Verhandlungen von öffentlichem Interesse angeführt werden. In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass Bonoma (1985) die Meinung vertreten, dass die Anwendung fallstudienbasierter Forschung zwingend die Beobachtung des Verhaltens durch einen Forscher oder eine eingewiesene Person erfordert. Vgl. Bonoma (1985), S. 204.
301
Vgl. Bonoma (1985), S. 206; Eisenhardt (1989), S. 11.
302
Vgl. hierzu und im Folgenden Zartman (2005), S. 3ff.
303
Vgl. Churchill/Iacobucci (2005), S. 80; McDaniel/Gates (2005), S. 56.
304
So weisen etwa Bonoma et al. (1977) und Bonoma (1985), S. 202 darauf hin, dass auch sorgfältig durchgeführte Befragungen und Experimente nicht die wahre Natur von Interaktionen abbilden können.
84 _________________________________________________________________________ oder dass der Fall induktiv genutzt werden kann, um eine derartige Theorie abzuleiten. Im Fall der vergleichenden Fallstudienforschung wird versucht, möglichst viele Verhandlungsfälle bezüglich der Ähnlichkeit des Untersuchungsobjektes zusammenzufassen, um diese als Informationsgrundlage für weitergehende Analysen heranzuziehen. Je mehr Fälle dabei zusammengefasst werden können, desto mehr erklärende Faktoren können identifiziert werden.305 Im Gegensatz zur angeführten Einzelfallbetrachtung ist es hierbei Ziel, aufgrund der Vielzahl an Verhandlungsfällen eine möglichst breite Informationsgrundlage zu erhalten, um daran anschließend Regelmäßigkeiten und hieraus Konzepte und Theorien zu entwickeln. Insbesondere in leichter zugänglichen Verhandlungsbereichen wie beispielsweise bei internationalen Verhandlungen zwischen Staaten werden Fallstudien als beliebte Untersuchungsmethodik der Verhandlungsforschung angewendet.306 Der größte Vorteil liegt unbestritten in der Realitätsnähe dieses Verfahrens. Eine umfassende Datengrundlage über das Verhandlungsverhalten vorausgesetzt,307 liegt eine weitere Stärke der Fallstudienanalyse mittels Einzelfallbetrachtung in einer tiefgehenden Analyse und der Möglichkeit, verschiedene Einflussvariablen auf das Verhandlungsverhalten sowie den -prozess zu identifizieren. Problematisch an diesem Vorgehen ist jedoch, dass nicht zweifelsfrei geklärt werden kann, ob das beobachtete Verhalten generalisierbar, oder nur auf den Einzelfall betrachtet Relevanz besitzt. Auch die Tatsache, dass in der Vergangenheit liegende Fälle untersucht werden, deren Besonderheiten nicht zwangs-läufig in die Zukunft projiziert werden können, trägt zu diesem Problem bei.308 Um diesem Problem zu begegnen, empfiehlt es sich, die vergleichende Fallstudienanalyse anzuwenden und damit mehrere Verhandlungen zu untersuchen. Schwierig gestaltet es sich jedoch hierbei, eine möglichst große Anzahl von ähnlichen Fällen zusammenzutragen, die dann zu bestimmten Segmenten zusammengefasst werden können. Da es sich bei Verhandlungen jedoch wie o.a. um besonders komplexe Phänomene handelt, liegt eine zentrale Schwierigkeit in dem teilweise methodisch nicht sauber durchgeführten Vergleich: „apples and oranges are often crammed into the same indicator, sensitive concepts are crudely 305
Vgl. Zartman (2005), S. 4f.
306
Vgl. Hopmann (2002), S. 76f.; Mestdagh/Buelens (2003), S. 19 sowie für ein aktuelles Beispiel Ghauri/Firth (2009), S. 29ff.
307
Vgl. zu den Schwierigkeiten eine geeignete und aussagekräftige Datengrundlage zu erhalten beispielsweise Matz (2004). Vgl. zu einer gelungenen Verknüpfung von Daten aus Fallstudien und Experimenten Babcock/Taylor (1996).
308
Vgl. Burns/Bush (2006), S. 120.
85 _________________________________________________________________________ operationalized, the variables used for analysis are often so distant from the phenomena named in the theory that it is hard to be sure the theory is being tested, and process dynamics are almost invariably lost.“309 Der durch dieses Zitat angesprochene Zwiespalt zwischen möglichst großer Exaktheit einerseits und statistischer Auswertbarkeit andererseits wird auch von Jarman (2005) aufgegriffen, der darauf verweist, dass Verhandlungsforscher oftmals zugunsten statistisch korrekter Auswertungen die eigentliche Untersuchung von Ursache-Wirkungszusammenhängen vernachlässigen würden.310 Eine allgemeine Schwäche der Fallstudienanalyse liegt darüber hinaus in der fehlenden Manipulierbarkeit der Verhandlungen, um wenige, spezielle Einflussfaktoren zu analysieren bzw. ungewollte Störfaktoren zu kontrollieren. Da die Manipulation des Einflussfaktors „Unsicherheit“ und des damit verbundenen Geschäftstyps vor dem Hintergrund der zugrunde liegenden Forschungsfrage jedoch zwingend notwendig ist sowie aufgrund der schwierigen Datensituation erscheint eine Fallstudienanalyse nicht geeignet.
4.3.2 Empirische Verhandlungsforschung anhand von Befragungen Befragungen stellen eine bedeutende Methode der Datengewinnung in der Verhandlungsforschung dar.311 Anhand von Befragungen können so beispielsweise die Präferenzen von Verhandlungsakteuren bezüglich ökonomischer und nicht-ökonomischer Präferenzen in Bezug auf Verhandlungen abgefragt werden.312 Des Weiteren lassen sich mittels Befragungen die Überzeugungen der Akteure, beispielsweise über den erwarteten Verhandlungsverlauf, angestrebte bzw. angewendete Strategien und Taktiken313 sowie vorhandene Verhandlungserfahrungen ermitteln. Mithilfe der hierdurch gewonnenen Daten können daraufhin Erkenntnisse über kausale Zusammenhänge zwischen den genannten Angaben und dem Verhandlungsprozess bzw. -ergebnis gewonnen werden. Darüber hinaus eignen sich diese Daten, um Unterschiede in den Einschätzungen zwischen verschiedenen Grup309
Vgl. Zartman (2005), S. 12.
310
Vgl. Jarman (2005), S. 337 sowie ursprünglich zu dieser Kritik, allerdings aus der Teamforschung Cohen/Bailey (1997).
311
Vgl. Agndal (2007), S. 6;
312
Vgl. für ein Beispiel zur Messung nicht-ökonomischer Präferenzen von Verhandlungsakteuren mittels der HILCA Herbst (2007).
313
Vgl. zu Verhandlungsstrategien- und Taktiken grundlegend Voeth/Herbst (2009), S. 122ff. sowie beispielsweise Bacharach/Lawler (1981a), Bacharach/Lawler (1981b), Elahee/Brooks (2004), Fisher et al. (2004), Håkansson et al. (1977), Pullins et al. (2000), Weingart et al. (1990) und für eine Anwendung von Befragungen um den Verhandlungsverlauf zu erfassen beispielsweise Calantone et al. (1997), S. 19ff.
86 _________________________________________________________________________ pen oder zeitliche Einstellungs- und Verhaltensveränderungen der Verhandlungsakteure zu gewinnen.314 Befragungen lassen sich auf mehreren Ebenen unterscheiden. Zunächst kann zwischen qualitativen und quantitativen Befragungen unterschieden werden. Qualitative Befragungen, wie beispielsweise Tiefeninterviews oder Gruppendiskussionen, sind auf eine begrenzte und ausgewählte Anzahl von Befragten ausgerichtet.315 Dabei können sowohl die Fragen als auch die Antwortmöglichkeiten flexibel gestaltet sein und zwischen den einzelnen Befragten sehr stark voneinander abweichen.316 Insbesondere bei Experteninterviews ist dies gewünscht. Diese werden anhand eines groben Leitfadens geführt, damit genügend Spielraum für dynamische Entwicklungen des Gesprächs und damit eine möglichst breite und tiefe Informationsgewinnung ermöglicht wird.317 Qualitative Befragungen eignen sich deshalb insbesondere für die Befragung einzelner Personen, die über spezifisches Wissen oder aufgrund ihrer Funktion an besonders wichtigen Verhandlungen teilgenommen haben, wie es beispielsweise bei Regierungsvertretern oder Unternehmens- und Arbeitnehmervertretern in Lohnverhandlungen der Fall ist. In der Verhandlungsforschung häufiger werden hingegen quantitative, schriftliche Befragungen angewendet.318 Hierbei wird den Befragten i.d.R. postalisch, per Fax oder E-Mail ein Fragebogen zugesandt und um die Beantwortung und Rücksendung des Fragebogens gebeten. Bei dieser Art der Befragung sind die Antwortmöglichkeiten im Vergleich zur qualitativen Befragung also standardisiert und damit auch einfacher mittels quantitativer Methoden der Datenanalyse auszuwerten.319 Für quantitative Befragungen sprechen insbesondere die Abwesenheit von InterviewerEffekten,320 die Ansprache auch schwer erreichbarer Berufskreise,321 sowie vor allem die geringen Kosten einer derartigen Befragung. Unter Interviewer-Effekten ist das bei qualita314
Vgl. Weisberg et al. (2000), S. 13f.
315
Vgl. Kuß (2007), S. 55ff. Vgl. weiter für einen Überblick über die verschiedenen qualitativen Verfahren wie beispielsweise Tiefeninterview und Gruppendiskussion Kepper (2008), S. 175ff.
316
Vgl. Homburg/Krohmer (2006), S. 263.
317
Vgl. zur Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von Experteninterviews vor dem Hintergrund wirtschaftswissenschaftlicher Fragestellungen beispielsweise Bähring et al. (2008), S. 89ff.
318
Vgl. z.B. Agndal (2007), S. 6; Buelens et al. (2007), S. 328f.
319
Vgl. Homburg/Krohmer (2006) und zu Methoden der multivariaten Datenanalyse Backhaus et al. (2008). Neben schriftlichen sind natürlich auch Face-to-Face sowie telefongestützte Befragungen möglich (vgl. Berekoven et al. (2006), S. 100ff.), welche in der Verhandlungsforschung allerdings weniger eingesetzt werden.
320
Vgl. für eine zusammenfassende Darstellung beispielsweise Böhler (2004), S. 95ff. sowie Raab et al. (2004), S. 98ff.
321
Aufgrund ihrer exponierten Stellung in Organisationen werden Verhandlungsführende als schwer erreichbarer Berufskreis klassifiziert.
87 _________________________________________________________________________ tiven Befragungen vorhandene Problem zu verstehen, dass der Interviewer durch sein Äußeres und sein Auftreten Gefälligkeitsantworten bei den Interviewten hervorruft. Ferner besteht die Gefahr, dass der Interviewer die Aussagen der Probanden falschen Kategorien zuordnet und damit die nachgelagerte Datenanalyse erschwert.322 Schwer erreichbare Berufskreise sind eher mit der quantitativen Befragung zu erreichen, weil diese sich die Zeit zur Beantwortung der Fragen relativ frei einteilen können. Dennoch haben auch quantitative Befragungen, sieht man einmal von gestützten Befragungen ab, in der Verhandlungsforschung oftmals sehr geringe Rücklaufquoten, welche durch einen hohen Fragebogenumfang weiter negativ beeinflusst werden kann. Darüber hinaus besteht die Gefahr von Missverständnissen, da quantitative Fragen nicht weiter erklärt werden können.323 Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass quantitative Befragungen bei Abfragen von Einstellungen zum Einsatz kommen sollten, wenn diese vom Verhandlungsakteur selber angegeben werden können. Ist das Forscherinteresse hingegen eher explorativer Natur und in der Entdeckung komplexer Zusammenhänge begründet, so bieten sich daneben auch qualitative Befragungen wie beispielsweise Tiefen- oder Experteninterviews an. Ein grundlegendes Problem aller Befragungen liegt jedoch bei deren Einsatz zur Ermittlung von Informationen über das konkrete Verhandlungsverhalten. Die von den Probanden in Befragungen zur Verfügung gestellten Daten werden zwangsläufig von einem „self report bias“ geprägt sein. Das bedeutet, dass die Befragten nicht das tatsächliche Verhandlungsverhalten wiedergeben, sondern lediglich das von ihnen empfundene und erinnerte Verhandlungsverhalten angeben werden.324 Wenn ein Befragter sich beispielsweise fest vorgenommen hat, im Sinne des von Fisher et al. (2004) postulierten HarvardVerhandlungskonzeptes zu verhandeln, dann wird er – trotz der Nichtbeachtung dessen Grundsätze – auch nach der Verhandlung unter Umständen davon überzeugt sein, so verhandelt zu haben. Tatsächlich hat er aber möglicherweise ein ganz anderes, z.B. unfaires, Verhandlungsverhalten gezeigt, woraufhin auch die Verhandlungspartner mit anderem als dem ursprünglich geplanten Verhandlungsverhalten reagiert haben könnten. Das Verhand322
Vgl. Hüttner/Schwarting (2002), S. 89.
323
Gummeson (2003) geht noch weiter, indem er angibt, dass Befragungen im B2B-Kontext aufgrund der geringen Rückläufe nicht geeignet sind, ein adäquates Abbild der Realität zu erzeugen. Befragungen seien nicht geeignet, komplexe Vorgänge zu erfassen, da sie lediglich die „Oberfläche eines Eisbergs berührten.“ Vgl. Gummeson (2003), S. 487.
324
Vgl. zu dieser Problematik in der Verhandlungsforschung Weingart et al. (2004), S. 442; Wilson et al. (1995), S. 213 sowie Adams et al. (1999) für eine großzahlige Meta-Analyse zur Existenz des self-report bias im Medizinsektor. Trotz dieser Probleme werden Befragungen aufgrund ihrer einfachen Durchführung häufig zur Erfassung des Verhandlungsverhaltens benutzt. Vgl. für eine Anwendung von Befragungen zur Erfassung der Verhandlungsstrategien und -taktiken beispielsweise Perdue/Summers (1991), S. 175ff.
88 _________________________________________________________________________ lungsverhalten der Akteure stellt jedoch den wichtigsten Punkt in der Beschreibung des Verhandlungsprozesses dar, weshalb die ausschließliche Verwendung von Befragungen zur Beantwortung der dieser Arbeit zugrunde liegenden Forschungsfrage abgelehnt werden muss. Lediglich als ergänzende Datenquelle erscheint der Einsatz von Befragungen hier sinnvoll.
4.3.3 Empirische Verhandlungsforschung anhand von Experimenten Bei Experimenten ist das Feldexperiment vom Laborexperiment zu trennen,325 die sich im Wesentlichen aufgrund des Ortes der Verhandlung voneinander unterscheiden lassen. Feldexperimente werden in der Realität durchgeführt, während Laborexperimente in künstlichen Umgebungen stattfinden,326 weshalb bei ersteren – eine hinreichend große Stichprobe vorausgesetzt – prinzipiell eine Generalisierbarkeit der Ergebnisse möglich ist (externe Validität). Die Versuchspersonen wissen dabei nicht, dass sie an einem Experiment teilnehmen.327 Da jedoch keine vollständige Kontrolle über die Störvariablen gegeben ist, das beobachtete Verhalten also auch durchaus durch andere unabhängige Variablen beeinflusst werden könnte (geringe interne Validität), eine Manipulation realer Verhandlungen unrealistisch und zudem die Zulassung der Forscher – ähnlich wie bei Beobachtungen – zu realen Verhandlungen nur schwer möglich sein wird, spielen Feldexperimente trotz ihrer hohen externen Validität in der Verhandlungsforschung nur eine untergeordnete Rolle.328 Hingegen stellt das Laborexperiment das dominierende Instrument in der experimentellen Verhandlungsforschung dar,329 was zu einem Großteil auf die weitgehende Kontrolle von möglichen Störgrößen, die potenziell auch die abhängige Variable beeinflussen könnte, zurückzuführen sein dürfte: „Die strikte Kontrolle untersuchungsbedingter Störvariablen macht Laboruntersuchungen zu Untersuchungen mit hoher interner Validität, in denen sich Veränderungen der abhängigen Variablen mit hoher Wahrscheinlichkeit ursächlich 325
Vgl. Bortz/Döring (2006), S. 57. Seltener ist hingegen die Unterscheidung von Pruitt (2005), der zwischen „field experiments“, „laboratory experiments“ und „observational field studies“ differenziert (Pruitt (2005), S. 34f.).
326
Vgl. Pruitt (2005), S. 33. Künstliche Umgebungen können dabei nicht nur räumlich im physischen Sinne aufgefasst werden. So sind unter künstlichen Umgebungen beispielsweise auch Webseiten zu verstehen (vgl. Cha Yeow (2005), S. 116).
327
Vgl. Kaya (2007), S. 59 sowie für einen Überblick speziell zu Feldexperimenten Boruch (1997), Cook/Payne (1979) und Mosteller/Boruch (2002).
328
Vgl. die Ergebnisse von Agndal (2007) und Mestdagh/Buelens (2003). Häufiger wird das Feldexperiment in der der Verhandlungsforschung nahestehenden Konfliktforschung eingesetzt. Vgl. beispielsweise Pruitt (2005).
329
Vgl. Mestdagh/Buelens (2003), S. 16.
89 _________________________________________________________________________ auf die unabhängigen Variablen zurückführen lassen.“330 Innerhalb der Laborexperimente kann wiederum zwischen dem klassischen Laborexperiment und der sogenannten Simulation unterschieden werden.331 Bei klassischen Experimenten werden bezüglich der Teilnehmer möglichst identische Gruppen gebildet, um einen störungsfreien InterGruppenvergleich zu ermöglichen und so die Wirkung von Manipulationen an einer oder mehreren unabhängigen Variablen im Verhandlungsverlauf zu überprüfen.332 Bei einer gesonderten Gruppe werden somit keine bzw. andere Manipulationen vorgenommen, da diese als Kontrollgruppe fungiert. Die so erzielten Beobachtungen können interpretiert sowie zur Hypothesenentwicklung und -bestätigung herangezogen werden.333 Problematisch ist an diesen Experimenten oftmals die Einfachheit der zu bearbeitenden Fragestellung bzw. Versuchsanordnung, die vielfach die o.a. mangelnde externe Validität nach sich zieht.334 Simulationen als zweite Form der experimentellen Verhandlungsforschung greifen dieses Problem auf: Durch die bestmögliche Nachstellung realer Verhandlungssituationen unter Laborbedingungen wird so versucht, einen Ausgleich zwischen interner und externer Validität gleichermaßen herzustellen. Untersuchungsgegenstand in Simulationen sind i.d.R. dyadische Rollenspiele.335 Verhandlungen können dabei internationale Verhandlungen zwischen Staaten,336 Job- und Gehaltsverhandlungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie klassische Verkaufsverhandlungen zwischen Anbieter und Nachfrager sein.337 Letztere bilden zugleich die mit Abstand größte Gruppe aller dokumentierten Simulationen.338 Die Teilnehmer an diesen Simulationen sind in den meisten Fällen Studierende, wobei teilweise Bestrebungen festzustellen sind, dass zumindest Studierende mit einem fortgeschrittenen Studienstadium als Probanden gewonnen werden, die teilweise
330
Bortz/Döring (2006), S. 57, vgl. auch Levine/Parkinson (1994), S. 49ff.; Pruitt (2005), S. 39.
331
Vgl. Druckman (2005), S. 66ff.
332
Vgl. Raab et al. (2004), S. 193.
333
Vgl. beispielsweise Pruitt (2005), S. 39. Vgl. ausführlich zu Beobachtungen in der qualitativen Forschung auch Ruso (2009), S. 525ff.
334
Vgl. beispielsweise das Experiment von Güth et al. (1982), die dessen Übertragbarkeit auf reale Situationen selber infrage stellen. Vgl. Güth et al. (1982), S. 368.
335
Vgl. zum hohen Realitätsgrad von Rollenspielen Ginsburg (1979), S. 4ff.; Stahlke (2001), S. 56ff.
336
Dabei ist anzumerken, dass Experimente in den Politikwissenschaften erste seit jüngerer Zeit verbreitete Anwendung finden. Vgl. Wilkenfeld (2004), S. 430f.
337
Vgl. für Ergebnisse aus derartigen Anbieter-Nachfrager Simulationen Geiger (2007) (hierbei handelt es sich um eine inhaltsanalytische Untersuchung), Herbst (2007), Sandstede/Voeth (2008), Voeth/Herbst (2005) sowie Voeth/Weißbacher (2005).
338
Vgl. Mestdagh/Buelens (2003), S. 19.
90 _________________________________________________________________________ über erste Verhandlungserfahrung verfügen.339 Studierenden-Stichproben zeichnen sich dabei insbesondere durch ihre hohe Homogenität aus, die es erlaubt, die interessierenden Effekte zu isolieren.340 Die Probanden erhalten i.d.R. rollenspezifische Informationen und verhandeln dann einen ein- oder mehrperiodigen, möglichst realitätsnahen Fall. Im Allgemeinen beschränken sich die Analysen bei Experimenten auf das erzielte Verhandlungsergebnis, das in Form eines Vertrages und individueller Gewinne nach der Verhandlung vorliegt. Oftmals ist diesen Verhandlungsexperimenten zusätzlich ein Fragebogen vorund/oder nachgeschaltet, mit dessen Hilfe die Forscher Persönlichkeitseigenschaften und Einstellungen gegenüber der Verhandlung und der gegnerischen Partei abfragen. In selteneren Fällen werden diese Verhandlungen auch per Audio- oder Videoaufnahme aufgezeichnet. Im Falle von Online-Verhandlungen stehen Verhandlungsprotokolle direkt in schriftlicher Form für eine anschließende Auswertung zur Verfügung. Besonders häufig werden Experimente zur Entwicklung bzw. Weiterentwicklung von Theorien und zur Generierung erster Erkenntnisse auf neueren Forschungsfeldern eingesetzt.341 Dabei sind einige zentrale Vor- und Nachteilen zu beachten. Wesentlicher Vorteil ist darin zu sehen, dass sich Beziehungen und kausale Zusammenhänge komplexer Prozesse mit dieser Methodik besonders gut nachweisen und Ursachen von Effekten präzise unterscheiden lassen.342 Sofern ein Zusammenhang zwischen zwei Variablen X und Y angenommen wird, so gibt es dafür im Allgemeinen vier mögliche Erklärungen: 1. X beeinflusst Y, 2. Y beeinflusst X, 3. ein möglicher dritter Faktor Z beeinflusst sowohl X als auch Y, oder 4. die Korrelation zwischen X und Y ist zufällig.
339
Vgl. Buelens et al. (2007), S. 332.
340
Vgl. Backhaus et al. (2008), S. 377 sowie die dort angegebene Literatur.
341
Vgl. Franklin (1999), S. 162ff. Des Weiteren eignen sich Experimente in der Verhandlungsforschung auch zu Lehrzwecken. Vgl. hierzu und zu weiteren Vor- und Nachteilen von Experimenten bzw. Verhandlungssimulationen Inbar/Stoll (1972), S. 251ff. Vgl. grundlegend zu wirtschaftswissenschaftlichen Experimenten Weber (1976), S. 92ff.
342
Vgl. Kotler et al. (2007), S. 172 und für entsprechende Anwendungen beispielsweise DePaulo/Morris (2005), S. 15ff.; Mann et al. (2002), S. 365ff.
91 _________________________________________________________________________ Möglichkeit 4 kann durch statistische Signifikanztests leicht überprüft werden. Ferner können bei einem sorgfältig geplanten Experiment und unter der Bedingung, dass X die manipulierte Variable darstellt, ebenfalls die Möglichkeiten 2 und 3 ausgeschlossen werden.343 In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die gewünschte Manipulation unabhängiger Variablen in einer Detailliertheit erfolgen kann, wie sie beispielsweise bei Beobachtungen oder Feldexperimenten nicht möglich ist. Durch diese Manipulation der Verhandlungssituation wird es ermöglicht, im Vorfeld der Verhandlung theoretische Überlegungen bezüglich des Verhandlungsdesigns anzustellen. Darüber hinaus ist es dem Verhandlungsforscher bei der Durchführung von Experimenten möglich, spezifische Details des Verhandlungsprozesses sorgfältig wie unter einem „wissenschaftlichen Mikroskop“ zu analysieren. Schließlich ermöglicht der Einsatz von Experimenten auch die Erprobung neuer Strategien in einem sicheren explorativen Rahmen, bevor diese bei realen Verhandlungen zur Anwendung kommen. Des Weiteren ermöglichen es Experimente, die Zahl der Einflussvariablen in Abhängigkeit des Untersuchungsziels zu beschränken.344 Dies führt zu dem positiven Effekt, dass möglicherweise mit der unabhängigen Variable in der Realität korrelierende Variablen bewusst ausgeblendet werden können.345 Als Nachteil von Verhandlungsexperimenten ist die oftmals unterstellte mangelnde Realitätsnähe zu nennen. So unterscheiden sich Verhandlungsexperimente anhand einer Reihe von Faktoren von realen Verhandlungen. Zum einen äußert sich dies in den oftmals angewandten Zeitbeschränkungen. Zwar laufen Verhandlungen in der Realität auch unter Zeitdruck ab, allerdings selten ohne ein definitiv vorgegebenes Verhandlungsende, wie dies häufig in Verhandlungsexperimenten – schon alleine aus organisatorischen Gründen – vorgegeben wird.346 Darüber hinaus werden Verhandlungsexperimente meist singulär durchgeführt („one-shot negotiation“), ohne den in der Praxis oftmals angestrebten Aufbau oder Erhalt einer langfristigen Geschäftsbeziehung zum Verhandlungspartner aufzugreifen.347 Ferner werden Verhandelnden, besonders in klassischen Laborexperimenten, Nutzenwerte und Prioritäten genau spezifiziert vorgegeben, anstatt diese durch die Verhandlungsakteure 343
Vgl. Pruitt (2005), S. 35.
344
Vgl. Wilkenfeld (2004), S. 435.
345
Vgl. Pruitt (2005), S. 36f. Darüber hinaus werden Laborexperimente außerhalb der Verhandlungsforschung befürwortet, um innerhalb kurzer Zeit und unter guten Geheimhaltungsbedingungen zum Test von Marketing-Strategien durchzuführen. So können neuartige Stimuli modelliert und beobachtet werden, die in der Realität normalerweise so nicht zu beobachten sind. Vgl. Sawyer et al. (1979), S. 60ff.
346
Vgl. für in der Realität zu beobachtende Zeitbeschränkungen beispielsweise Voeth/Herbst (2009), S. 44 sowie S. 143f. Für eine Übersicht zu Untersuchungen von Verhandlungen unter Zeitdruck in Experimenten Lamm (1975), S. 51.
347
Vgl. für ein gelungenes Beispiel eines mehrperiodigen Verhandlungsexperimentes Herbst (2007).
92 _________________________________________________________________________ selbst festlegen zu lassen.348 Einer der größten Kritikpunkte an experimenteller Verhandlungsforschung wird jedoch im weit verbreiteten Einsatz von Studierenden als Verhandlungsakteure gesehen.349 Auch wenn der Anteil an Experimenten mit Studierenden in den letzten Jahren abgenommen hat, so werden immer noch rund Dreiviertel aller Experimente mit Studierenden durchgeführt,350 wobei der Einsatz zumeist nicht inhaltlich sondern ausschließlich mit der Erzielung größerer Fallzahlen bzw. gar nicht begründet wird. Die Vorteile des Einsatzes von Studierenden in Verhandlungsexperimenten ergeben sich erst durch einen Vergleich mit den Alternativen. So sind die Akquise und der Einsatz von erfahrenen Praktikern mit hohem Koordinationsaufwand verbunden und folglich zeit- und kostenintensiv.351 Würde man stattdessen auf den Einsatz von Praktikern bestehen, so wären manche Forschungsprojekte aufgrund mangelnder Stichprobengröße gar nicht erst durchführbar.352 Kritiker zweifeln jedoch an der externen Validität von Verhandlungsexperimenten mit studentischer Beteiligung: Wenn das Ziel der Untersuchungen in einem besseren Verständnis von Verhandlungsverhalten liege, dann müssten auch erfahrene Verhandlungsakteure als Probanden herangezogen werden.353 Diese Position wird jedoch von zahlreichen Studien entkräftet, die nachweisen, dass das Verhandlungsverhalten von Studierenden nicht vom Verhandlungsverhalten von Praktikern abweicht.354 Um der Kritik jedoch offenbar gerecht zu werden, kann in den letzten Jahren eine Art Kompromiss zwischen den Po348
Vgl. Köhne (2008); Pruitt (1981), S. 11f.; Schoop et al. (2007).
349
Vgl. beispielsweise Agndal (2007), S. 43 und Sears (1986), S. 515ff. sowie die dort angegebene Literatur.
350
Während zwischen 1965 und 1994 rund 80,5 Prozent aller Experimente in der Verhandlungsforschung mit Studierenden als Verhandlungsakteure durchgeführt wurden, war dies im Zeitraum 1995-2004 nur in 70,4 Prozent der untersuchten Experimente der Fall. In 6,2 Prozent der untersuchten Experimente zwischen 1995-2004 bestanden die Probanden sowohl aus Praktikern und Studierenden. In weiteren 6,2 Prozent der Experimente wurde die Profession der Probanden nicht erwähnt. Lediglich in 13,6 Prozent der untersuchten Studien nahmen Praktiker an den Verhandlungsexperimenten teil, wovon nicht einmal die Hälfte (4,8 Prozent) Personen waren, deren Hauptaufgabe in Verhandlungsführung liegt („Professional Negotiators“). Vgl. Mestdagh/Buelens (2003), S. 24. Interessant sind ferner die Ergebnisse von Buelens et al. (2007), die aufzeigen, dass insbesondere der Einsatz von Studierenden der Betriebswirtschaftslehre in Verhandlungsexperimenten signifikant zugenommen hat. Vgl. Buelens et al. (2007), S. 332.
351
Vgl. beispielsweise Hopmann (2002), S. 72; Lerner (1978), S. 305f.; Mestdagh/Buelens (2003), S. 24. Einen interessanten Ansatz zur Lösung dieses Problems verfolgen van Poucke/Buelens (2002), die die identische Verhandlungssimulation über sechs Jahre mit immer neuen Praktikern und somit letztlich eine Stichprobengröße von 384 Teilnehmern bzw. 192 Verhandlungen erzielen. Vgl. van Poucke/Buelens (2002), S. 69.
352
Moore/Murnighan (1999), S. 350.
353
Vgl. Mestdagh/Buelens (2003), S. 25.
354
Vgl. Bazerman/Neale (1992), S. 105ff., Camerer (2003), S. 65; De Dreu et al. (1995), S. 106ff.; Loewenstein/Thompson (2006), S. 77ff.; Neale/Northcraft (1986), S. 305ff.; Northcraft/Neale (1987), S. 89ff; Roth (1995), S. 253f. und Croson (2005), S. 138 sowie die dort angegebene Literatur. Darüber hinaus wird teilweise argumentiert, dass sich alle Menschen in ihrem normalen Alltag in Verhandlungssituationen wiederfinden, ergo als erfahren anzusehen sind, und es damit keiner Praktiker bedarf. Vgl. Moore/Murnighan (1999), S. 350.
93 _________________________________________________________________________ sitionen beobachtet werden: So nimmt der Einsatz von – größtenteils berufserfahrenen – Studierenden der Betriebswirtschaftslehre in Verhandlungsexperimenten zu, während der Einsatz von Studierenden anderer Fachbereiche sukzessive abgenommen hat, was eine Steigerung der externen Validität nach sich ziehen dürfte.355 Schließlich ist bei der teilweise gerechtfertigten und nicht abschließend zu klärenden Kritik jedoch nicht die Frage nach den Unterschieden im Verhandlungsverhalten in Experimenten und der Realität entscheidend. Vielmehr ist sicherzustellen, dass diese möglicherweise bestehenden Unterschiede keinen Einfluss auf die Beziehungen der untersuchten Variablen haben. Darüber hinaus ist es als Vorteil anzusehen, überhaupt belastbare Daten des Verhandlungsverhaltens vorliegen zu haben, da ein Großteil der Verhandlungsliteratur hierzu auf theoretischen Vermutungen und nicht empirisch gesicherten Erkenntnissen beruht.356
4.3.4 Zusammenfassender Überblick und Auswahl einer geeigneten Methode Die vorangegangenen drei Abschnitte haben verdeutlicht, dass „there is no one best way, no one best plan, no single orderly arrangement that best produces understanding about negotiation.“357 Alle drei vorgestellten und in der empirischen Verhandlungsforschung bedeutenden Erhebungsmethoden weisen sowohl Vor- als auch Nachteile auf. Die Wahl der geeigneten Methode zur Datengenerierung ist somit unter Berücksichtigung des Untersuchungsziels einerseits und der methodenspezifischen Vor- und Nachteile andererseits zu treffen. So konnte gezeigt werden, dass die Arbeit mit Fallstudien vor allem ein sehr tiefgehendes Verständnis von historischen Verhandlungen ermöglicht. Durch die genaue Analyse dieser Fallstudien ist es daher möglich, Anstöße für die Entwicklung neuer Theorien zu geben. Da die Anzahl an gleichartigen Fallstudien sowie die zielgerichtete Manipulation einzelner unabhängiger Variablen nur schwierig bzw. gar nicht möglich ist, kommen Fallstudien zur Bearbeitung der dieser Arbeit zugrunde liegenden Forschungsfrage nicht in Betracht. Befragungen als zweite vorgestellte Methodik eignen sich besonders, um den Status Quo insbesondere hinsichtlich Einstellungen der Verhandlungsakteure vor bzw. nach den Verhandlungen zu erfassen. Aufgrund des möglichen Interviewer-Effektes sowie des „self-report-bias“ eignen sie sich jedoch nicht, das Verhandlungsverhalten umfassend 355
Vgl. Mestdagh/Buelens (2003), S. 25 sowie Fußnote 350.
356
Vgl. Pruitt (1981), S. 12.
357
Carnevale/De Dreu (2004), S. 341.
94 _________________________________________________________________________ valide zu erfassen.358 Hingegen bietet diesbezüglich die experimentelle Vorgehensweise die Möglichkeit, durch Kontrolle der äußeren Bedingung und gleichzeitiger Manipulation der unabhängigen Variablen, das Verhandlungsverhalten zu erfassen. Weber (1976) merkt zum Einsatz von Experimenten an, dass es „keine besseren Methoden in der Ökonomie gibt, menschliches Entscheidungsverhalten zu analysieren […].“359 Mit Experimenten lassen sich folglich Verhaltensweisen beobachten und Einsichten gewinnen, die durch andere Methoden nur schwer zu erzielen wären. Damit kommt Experimenten eine bedeutende Rolle im Rahmen von innovativen Forschungsvorhaben zu.360 Berücksichtigt man hierbei die gegenüber reinen Laborexperimenten geäußerte Kritik, zu realitätsferne Verhandlungsobjekte in einer ebenso solchen Art und Weise zu untersuchen, so erscheinen realitätsnahe Simulationen zur Datenerhebung und Erreichung des dieser Arbeit zugrunde liegenden Untersuchungszieles geeignet. Wie gezeigt, stellt die Simulation einen idealen Kompromiss im Trade-off zwischen interner und externer Validität dar: Während klassische Laborexperimente bei hoher interner Validität dem Problem ausgesetzt sind, in der Realität auftretende komplexe Verhandlungsprozesse nur ungenügend abbilden zu können,361 so kann dies mit Simulationen erreicht werden. Mithilfe der Einbettung dieses Experimentes in eine möglichst realitätsnahe Fallstudie wird die externe Validität erhöht, ohne die Vorteile eines klassischen Laborexperimentes aufzugeben. Ferner sollte – unter der Berücksichtigung der gegenüber studentischen Stichproben geäußerten Kritik – bei der Durchführung einer Simulation auf Studierende fachbezogener Studiengänge höherer Semester zurückgegriffen werden. Dabei sollte die Simulation per Audio- oder Videoaufnahme festgehalten werden und durch weitere Datenerhebungsmethoden unterstützt werden, was in der empirischen Verhandlungsforschung wie oben aufgeführt unter dem Begriff „triangulation“ diskutiert wird.362 Diese Unterstützung der Daten358
Vgl. zu Verzerrungen zwischen tatsächlichem und berichtetem Verhalten auch Diller (2006), S. 616; Neu/Graham (1994), S. 139f. sowie spezielle auf das Untersuchungsobjekt Verhandlung bezogen Weingart et al. (2004), S. 442. Aufgrund dieser Ausführungen darf beispielsweise bezweifelt werden, ob das von Schoch (1969) mittels Befragung erfasste Verhandlungsverhalten dem tatsächlichen Verhandlungsverhalten entspricht. (Vgl. Schoch (1969), S. 326).
359
Weber (1976), S. 95.
360
Wilkenfeld (2004), S. 430; Snyder (1963), S. 1ff.
361
Vgl. Druckman (2005), S. 57f.
362
Vgl. Buelens et al. (2007), S. 323; De Dreu/Carnevale (2005), S. 201; Hopmann (2002), S. 26; Kelle (2008), S. 49ff.Moore/Murnighan (1999), S. 351f. So konnte beispielsweise in einer Untersuchung von kulturell unterschiedlichen Verhandlungsstilen eine Kombination von Felduntersuchungen, Telefoninterviews, Simulationen sowie anschließender Videoanalysen tatsächlicher Verhandlungen zu aufschlussreichen Ergebnissen führen. Vgl. Graham (1993).
95 _________________________________________________________________________ erhebung mittels Simulation sollte dabei durch eine Befragung erfolgen, mit der weitere Verhaltensdaten ansatzweise erfasst werden können. Nachdem hiermit Möglichkeiten und Grenzen der Datenerhebung in Verhandlungen vorgestellt, deren Grenzen aufgezeigt und abschließend vor dem Hintergrund der vorliegenden Forschungsfrage die Methodik der Simulation mit unterstützender Befragung ausgewählt wurde, ist im nächsten Schritt zu klären, wie die mittels Simulation zu erhebenden Daten möglichst objektiv, reliabel und valide (vgl. Kapitel 4.2) auszuwerten sind.
4.4 Die Inhaltsanalyse als Instrument der Datenauswertung in der empirischen Verhandlungsforschung 4.4.1 Darstellung der Methodik Da Verhandlungen „constituted by communication“363 sind und die Kommunikation damit die entscheidende Variable in der Verhandlungsforschung darstellt, wurde bereits Anfang der 1980er Jahre gefordert, den Verhandlungsprozess nicht länger als „black box“ zu behandeln.364 Dabei sieht man sich mit einem methodischen Problem konfrontiert, da die Verhandlungsinteraktion zunächst als qualitatives Datenmaterial in Form von (Internet-) Protokollen oder Audio- bzw. Videoaufzeichnungen erfasst werden muss.365 Sofern jedoch derartige Informationen vorliegen, können diese mittels einer Inhaltsanalyse ausgewertet werden, bei der die qualitativen Daten in quantitatives Datenmaterial überführt werden.366 Durch systematische Auswertung dieses quantifizierten Datenmaterials können daraufhin Informationen über das tatsächliche Verhalten – im Gegensatz zu Befragungen oder Beobachtungen, die beide zwangsläufig subjektiven Werturteilen unterliegen – der Verhan-
363
Holmes (1992), S. 83.
364
Vgl. Bacharach/Lawler (1981b), S. 2, Putnam/Jones (1982), S. 171ff.
365
Hierin mag auch einer der Gründe für die von Ruso (2009) beschriebene geringe Verbreitung qualitativer Datenerhebungsmethoden in der Marktforschung generell liegen. Vgl. Ruso (2009), S. 529.
366
Vgl. für eine komprimierte Darstellung zur historischen Entwicklung inhaltsanalytischer Techniken vor dem Hintergrund qualitativer Forschung Manning/Cullum-Swan (1994), S. 463ff. Anstatt das Verhandlungsverhalten direkt zu erfassen gibt es dennoch zahlreiche Studien, die vermutlich aus Kostengründen den Verhandlungsprozess ausschließlich mittels Rahmenfragebögen zu erfassen versuchen. Vgl. beispielsweise Campbell et al. (1988), S. 54ff. Daneben ist es auch denkbar, die Verhandlung im Anschluss durch die Verhandlungsteilnehmer oder durch Dritte anhand vorgegebener Kriterien bewerten zu lassen.
96 _________________________________________________________________________ delnden gewonnen werden.367 Damit stellt die Inhaltsanalyse einerseits ein geeignetes Instrument zur Analyse von Verhandlungskommunikation und damit des Verhandlungsprozesses dar,368 andererseits ist ihre Verbreitung und tatsächliche Anwendung – vermutlich aufgrund des damit einhergehenden Aufwands – sehr gering.369 Früh (2007) beschreibt die Inhaltsanalyse als „eine empirische Methode zur systematischen, intersubjektiv nachvollziehbaren Beschreibung inhaltlicher und formaler Merkmale von Mitteilungen, meist mit dem Ziel einer darauf gestützten interpretativen Inferenz auf mitteilungsexterne Sachverhalte.“370 Um die qualitativen Daten in quantitativ auswertbares Datenmaterial zu transformieren, ist die Verhandlungskommunikation in Kodiereinheiten zu unterteilen und bestimmten, im Hinblick auf die zu untersuchende Fragestellung festzulegenden Kategorien zuzuordnen. Der Tranformationsprozess von qualitativen zu quantitativen Daten erfolgt dabei nach Srnka et al. (2006) einer idealtypischen Abfolge einzelner Schritte (vgl. Abbildung 12).
367
Demzufolge kann die Analyse der Verhandlungsinteraktion Hinweise liefern, welche Strategien in bestimmten Arten von Geschäftstypen zum Einsatz kommen und darüber hinaus zu einem positiven Abschluss führen.
368
Vgl. grundlegend zur Inhaltsanalyse Holsti (1969) und Anhang 1 für im Rahmen einer Literaturanalyse alle identifizierten Inhaltsanalysen im Bereich der Verhandlungsforschung.
369
Vgl. zum immensen Aufwand einer Inhaltsanalyse Hopmann (2002), S. 72. Vgl. zur Inhaltsanalyse in der Verhandlungsforschung beispielsweise Alexander et al. (1991), S. 131 sowie Anhang 1 für eine Auflistung aller bisher durchgeführten inhaltsanalytischen Untersuchungen von Verhandlungen.
370
Früh (2007), S. 27. Holsti (1969) beschreibt die Inhaltsanalyse als „technique for making inferences by objectively and systematically identifying specified characteristics of messages.“ Holsti (1969), S. 14.
97 _________________________________________________________________________
Datengewinnung
Qualitätsprüfung
Zwischenergebnis
Eignung, Vollständigkeit & Korrektheit
Qualitative Datenbasis
Inter-coder Konsistenzprüfung
Transkript
Reliabilitätsprüfung
Kodierbare Einheiten
Inter-coder Konsistenzprüfung
Kategorienschema
Reliabilitätsprüfung
Quantitative Datenbasis
Erhebung bzw. Auswahl des Datenmaterials Fallstudie (Expertengespräch) Befragung (Fragebogen) Experiment (Video-/ Audioaufzeichnung) Verschriftlichung des Datenmaterials
Transkription
Analyse-Stufe 1 KodierEinheiten
Analyse-Stufe 2 Kategorisierung
Analyse-Stufe 3 Kodierung
Durchführung der Transkription
Transkriptionsregeln
Einteilung des Datenmaterials in Kodier-Einheiten Durchführung der Einteilung
Regeln für Einteilung
Entwicklung eines Kategorienschemas Deduktives Vorgehen
Induktives Vorgehen
Kategorisierung der Kodiereinheiten Regeln, Definitionen, Ankerbeispiele
Zuweisung des Codes
Endergebnis Beitrag zur Theorie-Entwicklung (induktiv ermittelte Kategorien)
Basis für quantitative Analyse („quantifiziertes“ Datenmaterial)
Abbildung 12: Idealtypischer Ablauf der Inhaltsanalyse Quelle: Srnka et al. (2006), S. 47; Srnka/Koeszegi (2007), S. 35.
In einem ersten Schritt sind zunächst qualitative Daten der Verhandlungskommunikation zu generieren, die darauf in einem Folgeschritt transkribiert werden sollen. Diesbezüglich wird wie oben beschrieben i.d.R. Audio- bzw. Videomaterial aus Beobachtungen bzw. Experimenten herangezogen. Im Idealfall liegen diese Daten bereits in Schriftform vor,371 andernfalls sind die Mitschnitte zunächst zu transkribieren, was mit hohem Zeit- und Kostenaufwand verbunden sein kann.372 Nachdem die qualitativen Daten in Schriftform vorliegen, ist in einem dritten Schritt zu entscheiden, wie einzelne Kodiereinheiten festgelegt werden sollen. Unter einer Kodiereinheit wird dabei der minimale Textbestandteil verstanden, der unter eine Kategorie fallen 371
Dies können z.B. Verhandlungsprotokolle von realen Verhandlungen sein. Darüber hinaus bieten sich beispielsweise auch Internetprotokolle online-basierter Verhandlungen für Inhaltsanalysen an, wenngleich die Qualität dieser Form der Verhandlungskommunikation aufgrund der Abwesenheit realistischer Faceto-Face Kommunikation fraglich erscheint.
372
Vgl. hierzu auch Srnka/Koeszegi (2007), S. 36.
98 _________________________________________________________________________ kann.373 Zur Festlegung der Kodiereinheiten wird die Möglichkeit der formalsyntaktischen von der inhaltlich-semantischen Kodierung unterschieden.374 Bei der formalsyntaktischen Kodierung werden einzelne Wörter, Sätze oder Äußerungen („speaking turn“) als Kodiereinheit festgelegt. Zentrale Vorteile sind hier die hohe Verlässlichkeit sowie die leichte Anwendbarkeit. So ist beispielsweise die Gefahr eine Fehlkodierung als sehr gering einzustufen, da die Kodierungsanweisungen in diesem Fall semantisch klar sind und der Kodierer nicht zwangsläufig über tiefere Kenntnis des Untersuchungskontextes verfügen muss. Fehlinterpretationen sind folglich i.d.R. ausgeschlossen. Wird die einzelne Kodiereinheit jedoch zu klein, beispielsweise als Satz, gewählt, können sich stilistische Eigenheiten der Verhandlungsakteure systematisch im Ergebnis niederschlagen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Verhandlungsakteur viele einzelne Sätze zu ein und demselben Themengebiet von sich gibt. Um dieser Gefahr zu begegnen, bietet sich die inhaltlich-semantische Kodierung an, bei der einzelne Sinneinheiten („thought unit“ bzw. „sense unit“) kodiert werden. Unter einer Sinneinheit wird dabei eine zusammenhängende Passage verstanden, in der Aussagen zu demselben Gegenstand gemacht werden. Dies hat zur Folge, dass bei dieser eher großen Wahl einer Kodiereinheit innerhalb der Sinneinheit auch Informationen zu anderen Gegenständen enthalten sein können. Da MehrfachKategorisierungen jedoch nicht zulässig sind und sich der Kodierer für die dem Verhalten repräsentativste Kategorie entscheiden muss, können diese Informationen verloren gehen.375 Hierdurch wird deutlich, dass inhaltlich-semantische Kodierungen in der Anwendung Nachteile haben: Die einzelne Kodiereinheit ist schwieriger zu identifizieren und der Kodierer muss mit dem Untersuchungsgegenstand sehr vertraut sein, was bei mehreren Kodierern zwangsläufig eine geringere Übereinstimmung zur Folge hat. Dies ist jedoch bei korrekter Anwendung mit einer sehr viel höheren Genauigkeit des erfassten Inhalts verbunden.376 Ferner ist im Vorfeld der Untersuchung zu klären, inwiefern Einwürfe der gegnerischen Verhandlungspartei zu einer erneuten Vergabe der Kodierung führen. Aufgrund der höheren Genauigkeit ist deshalb meist eine Kategorisierung anhand von Sinneinheiten empfehlenswert.377 Nachdem die Entscheidung bezüglich der Kategorisierungsart getroffen
373
Vgl. Druckman (2005), S. 261; Früh (2007), S. 82ff.; Mayring (2008), S. 53.
374
Vgl. hierzu und im Folgenden Früh (2007), S. 92ff. Neben Kodiereinheiten werden in der Inhaltsanalyse auch noch Analyseeinheiten sowie Messeinheiten unterschieden. Im Fall der in dieser Arbeit durchgeführten inhaltsanalytischen Untersuchung von Verhandlungsprozessen, sind letztere mit Kodiereinheiten gleichzusetzen. Vgl. Früh (2007), S. 93f.
375
Vgl. Weingart et al. (2004), S. 447.
376
Vgl. Poole et al. (1987), S. 230.
99 _________________________________________________________________________ ist, ist die transkribierte Verhandlungskommunikation vor der eigentlichen Kodierung in Kodiereinheiten zu unterteilen. In einem anschließenden vierten Schritt ist die Entwicklung eines geeigneten Kategoriensystems vorzunehmen, welches die Verhandlungskommunikation möglichst vollständig erfassen sollte. Ferner ist sicherzustellen, dass eine intersubjektiv nachvollziehbare, ausreichende Differenzierung zwischen den einzelnen Kategorien gewährleistet ist.378 Hierzu sind die Gütekriterien der Verlässlichkeit (Reliabilität) sowie Gültigkeit (Validität) zu erfüllen.379 Schließlich erfolgt die eigentliche Kodierung der als Transkript vorliegenden Verhandlungskommunikation.
4.4.2 Abschließende Bewertung der Methodik Die Inhaltsanalyse ermöglicht es, Kommunikation in systematischer und regelgeleiteter Art und Weise zu analysieren. Dabei wird das Ziel verfolgt, Rückschlüsse auf bestimmte Aspekte der Kommunikation zu ziehen. Begreift man Verhandlungen als Interaktionsprozess, in der Kommunikation die zentrale Aktivität darstellt, so drängt sich die Anwendung einer Inhaltsanalyse geradezu auf.380 Insbesondere um den bereits genannten „information bias“ auszuschließen, da „Self-report instruments actually tap the perceived social appropriateness of conflict styles”,381 soll eine Transkription der Verhandlungssimulation mit anschließender Inhaltsanalyse angewendet werden.382 Im Wesentlichen unterliegt die Inhaltsanalyse zwei Limitationen:
Zum einen wird in der Inhaltsanalyse ausschließlich die verschriftliche Kommunikation analysiert. Nonverbales Verhalten wie beispielsweise die Körperhaltung, Gesten und Emotionen wird hingegen i.d.R. nicht betrachtet.383
377
Insbesondere im Hinblick auf die Erfassung von sachlichen, beziehungs- und prozessbezogenen Kommunikationsinhalten erscheint dies sinnvoll. Vgl. Srnka et al. (2006), S. 46; Srnka/Koeszegi (2007), S. 36 sowie die dort angegebene Literatur. Vgl. für eine Übersicht der bisher vorliegenden inhaltsanalytischen Verhandlungsstudien Anhang 1.
378
Vgl. Thompson et al. (1989), S. 142.
379
Vgl. Druckman (2005), S. 258; Weingart et al. (2004), S. 446.
380
Vgl. Druckman/Hopmann (2002), S. 288.
381
Wilson et al. (1995), S. 213.
382
Mit einem derartigen information bias ist z.B. auch bei der Studie von Campbell et al. (1988) zu rechnen, die eine Laborsimulation mithilfe derart gewonnener Informationen analysieren.
383
Vgl. diesbezüglich für einen ersten Ansatz Srnka et al. (2006), S. 39ff.
100 _________________________________________________________________________
Zum anderen erfordert die Inhaltsanalyse bei der Kategorisierung teilweise erheblichen Interpretationsaufwand, der bei nachlässiger Anwendung auch Potenzial für Fehlinterpretationen und damit verfälschte Ergebnisse bietet.384
Als Alternativen zur Inhaltsanalyse wären auch freiere Textinterpretationsansätze wie beispielsweise die Objektive Hermeneutik oder Psychoanalytische Textinterpretation denkbar. Da die Zuordnung von Textbestandteilen zu Kategorien in diesen Verfahren jedoch weniger streng regelgeleitet erfolgt, ist die Datenauswertung mit den o.a. Verfahren bei größeren Stichproben nur schwer anzuwenden, weshalb die Inhaltsanalyse im vorliegenden Untersuchungskontext als überlegenes Instrument angesehen werden kann.385 Die Integration qualitativer (Verhandlungssimulation) und quantitativer Forschungsmethoden (Inhaltsanalyse) stellt damit eine ideale Möglichkeit dar, das dieser Arbeit zugrunde liegende Forschungsziel zu erreichen. Somit liegt dieser Arbeit das von Srnka (2007) entwickelte integrierte Modell, genauer das Verallgemeinerungsmodell, zugrunde, mit dessen Hilfe in einem systematischen Prozess u.a. das Ziel verfolgt wird, „den betrachteten Forschungsbereich konzeptionell zu erhellen […].“386
Qualitative Daten
Qualitative Analyse
Quantitative Analyse
theoretische & empirische Erkenntnisse
Abbildung 13: Das Verallgemeinerungsmodell als kombiniertes Forschungsmodell Quelle: Srnka et al. (2006), S. 47.
Sofern im Rahmen des Transformationsprozesses der qualitativen Daten und der nachfolgenden quantitativen Analyse also systematisch unter Verwendung relevanter Gütekriterien vorgegangen wird, ist diese gemischte Vorgehensweise („Mixed-Method Design“) geeignet, den Ansprüchen an Wissenschaftlichkeit zu entsprechen und neue Erkenntnisse bereitzustellen.387 Im Folgenden ist also je eine Verhandlungssimulation im Produkt- und 384
Darüber hinaus beschreibt Merten (1995), dass im Bereich der „Informationsdeskription“ die Gefahr des Missbrauchs von Inhaltsanalysen (vor allem für politische Zwecke) besonders hoch ist. Hierzu kommt es immer dann, wenn gegen die o.a. Regeln der Inhaltsanalyse verstoßen wird. Vgl. Merten (1995), S. 351ff.
385
Vgl. Mayring/Brunner (2009), S. 678.
386
Srnka (2007), S. 254.
387
Vgl. Angerer et al. (2006), S. 115; Auer-Srnka (2009), S. 16.
101 _________________________________________________________________________ Zuliefergeschäft zu entwickeln, nach deren Durchführung das aufgezeichnete Verhandlungsverhalten transkribiert und mittels einer Inhaltsanalyse nach festzulegenden Kategorien kodiert und analysiert wird.
102 _________________________________________________________________________
5 Konzeption und Ergebnisse der Verhandlungssimulation 5.1 Zielsetzungen und Vorgehen „Designing a simulation is an endless process.“388 Aufbauend auf den vorangegangen Ausführungen ist im Folgenden deshalb ein strukturiertes Untersuchungsdesign zu entwickeln, mit dessen Hilfe unter Verwendung der Inhaltsanalyse die Struktur und der Ablauf von Verhandlungsprozessen auf Industriegütermärkten unter Unsicherheit dargestellt werden kann. Wie bereits in Kapitel 2.2.1 angedeutet, soll hierzu ein Vergleich von Verhandlungen unter geringer Unsicherheit (Produktgeschäft) mit Verhandlungen unter hoher Unsicherheit (Zuliefergeschäft) vorgenommen werden. In diesem Zusammenhang sind folgende Punkte zu beachten:
Zunächst sind Fallstudien zu entwickeln, die geeignet sind, die Geschäftstypen des Produkt- sowie Zuliefergeschäfts mit ihren spezifischen Charakteristika sowohl für Anbieter als auch Nachfrager darzustellen, um ein geschäftstypenspezifisches Verhandlungsverhalten so realitätsnah wie möglich simulieren zu können. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Kriterien zur Wahrung der internen Validität eines Experimentes eingehalten werden.389
Darauf ist eine geeignete Auswahl an Verhandlungssubjekten zu treffen, deren Verhalten geeignet ist, auf reales Verhandlungsverhalten schließen zu lassen.
Nach der Festlegung der Verhandlungssubjekte ist ein Konzept für die Durchführung der Verhandlungssimulation zu erstellen, in dessen Verlauf Daten zur späteren Analyse erhoben werden können.
Zum Zwecke der Inhaltsanalyse ist ein umfassendes Kategoriensystem zu entwickeln, welches es ermöglicht, den Verhandlungsprozess reliabel und valide abzubilden.
388
Inbar/Stoll (1972), S. 252.
389
Vgl. zu den Kriterien zur Wahrung der internen Validität Geiger (2007), S. 151ff. und die dort angegebene Literatur sowie Kapitel 5.3.3.4 dieser Arbeit. Im Folgenden wird der Begriff Fallstudie synonym mit dem Begriff Verhandlungssimulation verwendet. Mit dem Begriff Fallstudie wird hier die (fiktive) Informationsgrundlage für die Verhandlungen bezeichnet. Hiermit ist im Folgenden nicht das klassische Begriffsverständnis (realer) fallstudienbezogener Verhandlungsforschung gemeint. Vgl. auch Kapitel 4.3.1.
103 _________________________________________________________________________
Nach diesen Vorarbeiten sind schließlich umfassende inhaltsanalytische Auswertungen zur Erfassung des Verhandlungsprozesses vorzunehmen. Diese Auswertungen werden durch die ausgewählte Darstellung von Einzelfragestellungen im Rahmen einer Befragung der Probanden vor und nach der Verhandlungssimulation (Rahmenfragebogen) „flankiert“. So werden neben der gewünschten Manipulation der Fallstudien Fragen zur Verhandlungsvorbereitung und zum Verhandlungsergebnis gestellt, da diese Daten mit der Inhaltsanalyse nicht erfasst werden können. Darüber hinaus sollen die Verhandelnden nach ihrer Verhandlung auch zu einer Selbsteinschätzung bezüglich des Verhandlungsprozesses befragt werden, um die Ergebnisse der vorzunehmenden Inhaltsanalyse zu vervollständigen.390
5.2 Das Untersuchungsdesign 5.2.1 Die Fallstudien der Verhandlungssimulation Um die Simulation so realitätsnah wie möglich zu gestalten und eine möglichst gute Übertragbarkeit auf reale Verhandlungssituationen zu erreichen, wurden die aus zwei Teilen bestehenden Fallstudien „Offshore“ (Zuliefergeschäft) und „Repowering“ (Produktgeschäft) aus dem Bereich des Windenergiesektors erstellt.391 Offshore und Repowering sind jeweils dyadische, einperiodige und integrative Verhandlungssimulationen mit zwei organisationalen Verhandlungspartnern: Einem Windanlagenhersteller (Anbieter) sowie einem institutionellen Investor (Nachfrager). Die Fallstudien sind dabei zweistufig in Basis- und rollenspezifische Informationen untergliedert: 1. Anbieter und Nachfrager erhalten identische Basisinformationen, mit deren Hilfe sie in die Branche, deren Akteure und die allgemeine Problemlage sowie das avisierte Geschäft eingeführt werden.
390
Vgl. hierzu auch die Ausführungen zur Triangulation in Kapitel 4.2 und 4.3.4.
391
Die Fallstudien wurden dabei fiktiv aber in enger Anlehnung an realistische Branchenproblemstellungen und realistischer Daten durch Recherche bei relevanten Anbietern und Nachfragern sowie dem Bundesverband WindEnergie e.V. erarbeitet. Der Windenergiesektor wurde bewusst gewählt, weil die Produkte und Anwendungen dieser Branche von einer für ein Industriegut besonders hohen allgemeinen Bekanntheit gekennzeichnet sind. Dadurch wird die Identifikation der Simulationsteilnehmer mit der Verhandlungssituation erleichtert. Allgemein kann in den letzten Jahren ein leichter – wenngleich nicht statistisch signifikanter – Trend zu realistischeren Verhandlungssimulationen anstatt reiner Laborexperimente beobachtet werden. Vgl. Buelens et al. (2007), S. 329.
104 _________________________________________________________________________ 2. Daneben erhalten Anbieter und Nachfrager rollenspezifische Informationen, die die gewünschte Art von Informationsasymmetrie erzeugen und damit erst eine Verhandlung ermöglichen.
Bei gleichem Umfang sind in jeder Verhandlungssimulation fünf Themenkomplexe zu verhandeln. Damit greift die vorliegende Arbeit auch die Kritik von Balakrishan et al. (1993) auf, die anmerken, dass sich der Großteil der Verhandlungsforschung auf (untypische) Austauschbeziehungen um lediglich einen Gegenstand bezieht.392 Darüber hinaus ist es in den im Folgenden darzustellenden, der Simulation zugrunde liegenden Fallstudien, nicht zwingend erforderlich, zu einem Verhandlungsabschluss zu kommen.393 Um darüber hinaus eine hohe Identifikation der Verhandlungsteilnehmer mit dem Kontext der Fallstudien sowie der Verhandlungssimulation sicherzustellen und ein rollenspezifisches Verhalten zu erleichtern, sind in den Fallstudien rollenspezifische Informationen zu den agierenden Personen und deren innerorganisatorischen Funktionen angegeben.394 Die Manipulation der Fallstudien im Sinne der in Kapitel 2.2 dargestellten Unsicherheit erfolgt dabei in strikter Anlehnung an die dargestellten Spezifika der Geschäftstypen.
5.2.1.1 Die Fallstudie „Repowering“ (Produktgeschäft) 5.2.1.1.1 Die Ausgangssituation Aufgrund technischer Entwicklungen insbesondere im Bereich der Effizienzsteigerungen werden vermehrt alte Windenergieanlagen durch neuere, effizientere Anlagen ersetzt. Ohne Beanspruchung neuer Flächen können bestehende Anlagen durch eine geringere Anzahl an Anlagen ersetzt werden. Dies ermöglicht auch an eigentlich ungünstig gelegenen Standorten eine erhöhte Stromproduktion zu geringeren Erzeugungskosten. Diese Art von Ersatzbeschaffungen wird branchenüblich unter dem Begriff „Repowering“ zusammengefasst und wird durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) finanziell gefördert.395
392
Vgl. Balakrishan et al. (1993), S. 637.
393
Dies begünstigt eine realitätsnähere Verhandlungsführung. Die Verhandlungspartner werden nicht zu unrealistischem Verhandeln und Vertragsabschluss zu unvorteilhaften Konditionen gezwungen.
394
Vgl. für eine ähnliche Konstruktion der Fallstudien beispielsweise Cardozo/Cagley (1971), S. 330ff.
395
Vgl. EEG (2008).
105 _________________________________________________________________________ Da es sich bei Windanlagen im sogenannten Onshore-Bereich um standardisierte Produkte handelt, die einmalig und ohne langfristige gegenseitige Bindungen zwischen Anbieter und Nachfrager erworben werden können, handelt es sich bei dem vorliegenden Geschäftstyp um ein Produktgeschäft.396
5.2.1.1.2 Die Akteure am Markt Die Firma Windergy ist als Windanlagenhersteller tätig. Dieser Hersteller baut komplette Windräder und unterhält eine eigene Entwicklungsabteilung, um auch Rotoren, Getriebe oder Türme kontinuierlich zu verbessern. Hierdurch konnten in den letzten Jahren beträchtliche Effizienzsteigerungen der angebotenen Anlagen verzeichnet werden. Darüber hinaus ist Windergy für seine kundenorientierten Innovationen bekannt. Die Rolle des Nachfragers wird in der Fallstudie Repowering durch die Firma ÖkoInvest dargestellt, die als Betreiber und Dienstleister Projekte aus dem Bereich der regenerativen Energien plant, erstellt, finanziert und im Namen der Gesellschaft als auch für Dritte vermarktet. Im Simulationsfall erwägt ÖkoInvest die Erneuerung eines bestehenden, älteren Windparks.397
5.2.1.1.3 Die Verhandlungsgegenstände Für eine von der ÖkoInvest gewünschte Repowering-Maßnahme verhandeln beide Akteure bei gegebener Mengenvorgabe über fünf Vertragsbestandteile: Den Preis für die neuen Anlagen, die Erstellung entsprechender Fundamente, die Bereitstellung entsprechender Netzanschlüsse zur Einspeisung des erzeugten Stromes, einen produktbegleitenden Wartungsvertrag zu für den erwarteten Lebenszyklus fixen Konditionen sowie eine Übernahme der bestehenden Altanlagen. Eine beispielhafte Kalkulation für eine Einigung auf verschiedene Vertragsbestandteile bietet Tabelle 2.398
396
Vgl. zu den Charakteristika und zum Marketing im Produktgeschäft Backhaus/Voeth (2007), S. 205ff.
397
Vgl. auch für die Fallstudie Repowering und den zugehörigen Vertrag Anhang 2 und Anhang 3.
398
Dabei handelt es sich um ein Kalkulationsbeispiel mit den Erlös- und Kostenangaben der Version A der Fallstudie.
106 _________________________________________________________________________ Verhandlungsgegenstand
1
Preis für eine Anlage
2
Fundamenterstellung
3
Netzanschluss der Anlagen
Alternativen
Kalkulationsgrößen Anbieter in €
Kalkulationsgrößen Nachfrager in €
offen
5,2 Mio. (Preis p. Anlage 650.000)
18,512 Mio. (Preis p. Anlage 650.000)
ja
400.000
0
nein
0
- 560.000
ja
64.000
0
nein
0
- 80.000
4
Preis für die Wartung der Anlage
offen
5,6 Mio. (Preis f. Wartung 8 Mio.)
- 8 Mio. (Preis f. Wartung 8 Mio.)
5
Übernahme der Altanlagen
offen
150.000 (bei Zahlung von 10.000 von N nach A)
- 10.000 (bei Zahlung von 10.000 von N nach A)
Tabelle 2: Kalkulationsbeispiel der Fallstudie Repowering
Aus den Kalkulationsgrößen wird ersichtlich, dass es sich bei den Verhandlungsgegenständen 1 und 4 um distributive Elemente handelt. Die Verhandlungsgegenstände 2 und 3 bieten hingegen eindeutig integratives Potenzial. Auch Verhandlungsgegenstand 5 bietet bei Austausch der rollenspezifischen Informationen integratives Potenzial.399 Unter Betrachtung der vorliegenden Kostenspannen sind darüber hinaus die einzelnen Verhandlungsgegenstände von unterschiedlicher Wichtigkeit für die Verhandlungsakteure.400
5.2.1.2 Die Fallstudie „Offshore“ (Zuliefergeschäft) 5.2.1.2.1 Die Ausgangssituation Im Gegensatz zur Fallstudie „Repowering“ werden in der Fallstudie „Offshore“ die Probleme der traditionellen Errichtung und Nutzung von Windenergieparks wie beispielsweise gesellschaftliche Ablehnung und vor allem mangelnde Auslastung thematisiert und als Lösung der vorliegenden Probleme das zukunftsweisende Geschäftsfeld der Errichtung von Offshore-Anlagen im offenen Meer adressiert, das aktuelle und in den kommenden Jahren durch technische Neuentwicklungen großes Potenzial verspricht.
399
Vgl. Anhang 2.
400
Vgl. zu diesem Vorgehen auch Herbst (2007), S. 171f.
107 _________________________________________________________________________ Da es bislang nur wenige Referenzprojekte an Offshore-Anlagen gibt, darunter kein Referenzprojekt im spezifizierten Gebiet und sowohl Anbieter als auch Nachfrager erstmalig in diesem Geschäftsfeld aktiv werden möchten, handelt es sich bei diesem Geschäftstyp um eine individualisierte Leistung. Das Charakteristikum des Kaufverbundes wird bei der vorliegenden Fallstudie dadurch erfüllt, indem die Verhandlungsakteure neben dem Referenzwindpark weitere (identische) Offshore-Windparks planen. Es handelt sich folglich um ein Zuliefergeschäft.401
5.2.1.2.2 Die Akteure am Markt Als Akteure verhandeln in dieser Fallstudie wiederum die Betreibergesellschaft ÖkoInvest mit dem Hersteller Windergy. Die rollenspezifischen Informationen sind im Vergleich zur Fallstudie des Produktgeschäftes dahingehend verändert, dass Windergy aufgrund enormer Fortschritte in Forschung und Entwicklung erstmals die Erstellung eines OffshoreWindparks ermöglichen kann. Es handelt sich damit auf der Anbieterseite um eine individualisierte Fertigung. ÖkoInvest als Betreiber hat großes Interesse an dem Einstieg in das durch das EEG geförderte Offshore-Segment.402
401
Vgl. zu diesem Vorgehen auch Bauer/Bayón (1995), S. 87 und zu einer ähnlichen (realen) Fallstudie Susskind (2006a), S. 3ff. Vgl. zu den Charakteristika und zum Marketing im Zuliefergeschäft Backhaus/Voeth (2007), S. 473ff.
402
Vgl. EEG (2008) sowie die Fallstudie Offshore und den zugehörigen Vertrag im Anhang.
108 _________________________________________________________________________ 5.2.1.2.3 Die Verhandlungsgegenstände Zum erfolgreichen Vertragsschluss des von ÖkoInvest in den Verhandlungen zu spezifizierenden Offshore-Windparks ist von den Verhandlungsakteuren – identisch zum Vertrag der Fallstudie „Repowering“ – eine Einigung über fünf Vertragsbestandteile zu erzielen: Die Verhandlungsakteure haben sich neben dem Gesamtpreis für den Windpark auf die darin zu errichtende Anzahl einzelner Windenergieanlagen,403 die voraussichtliche Lebensdauer der Anlagen404 sowie eine Zukunftskomponente zur zukünftigen Errichtung identischer Windparks zu einigen, deren Erlöse jedoch nicht durch die Nachfrager beeinflusst werden können und somit mit Ex-post Unsicherheit behaftet sind. Eine beispielhafte Kalkulation für eine Einigung auf verschiedene Vertragsbestandteile bietet Tabelle 3.405 Verhandlungsgegenstand
Alternativen
Kalkulationsgrößen Anbieter in €
Kalkulationsgrößen Nachfrager in €
195 Mio. (Preis p. Anlage 11 Mio., bei 20 Stück)
227,976 Mio. (Preis p. Anlage 11 Mio., bei 20 Stück)
1
Preis für eine Anlage
offen
2
Anzahl der im Windpark zu errichtenden Anlagen406
0-35
- 3,4 Mio. (var. Kosten p. Anlage)
19,04 Mio. (Erlös p. Anlage bei 2012 und 20 Jahre Laufz.)
20 Jahre
0
0
30 Jahre
- 2,5 Mio. (p. Anlage)
9,52 Mio. (p. Anlage)
2010
- 9,0 Mio. (einmalig)
6,0588 Mio. (p. Anlage)
2011
- 4,5 Mio. (einmalig)
0,0187 Mio. (p. Anlage)
2012
0 (einmalig)
0 (p. Anlage)
offen (1-8 Anlagen)
Identische Kalkulationsstruktur wie Erstanlage
Identische Kalkulationsstruktur wie Erstanlage
3
4
5
Prognostizierte Lebensdauer
Bereitstellungszeitpunkt
Optionen (Preis und Anzahl) für weitere Anlagen
Tabelle 3: Kalkulationsbeispiel der Fallstudie Offshore-Windkraft
403
Die Anzahl der Anlagen beeinflusst dabei Ertrag und Kosten des gesamten Offshore-Windparks.
404
Die Lebensdauer des gesamten Offshore-Windparks wird durch die qualitative Güte der Anlagen und die damit verbundenen Kosten bestimmt.
405
Dabei handelt es sich um ein Kalkulationsbeispiel mit den Erlös- und Kostenangaben der Version A der Fallstudie. Ferner ist anzumerken, dass die Angaben für die Verhandlungsgegenstände insbesondere auf die unter „Verhandlungsgegenstand 1“ aufgeführten Annahmen beziehen.
406
Darüber hinaus sind bei einer Menge von mehr als 5 Anlagen seitens des Anbieters neue Hallenkapazitäten zu errichten, für die pro weitere 5 Anlagen einmalig 5 Mio. anfallen. Vgl. Anhang 4.
109 _________________________________________________________________________ Während wie in der Fallstudie Repowering zwei Verhandlungsgegenstände (1 und 5) distributiv einzustufen sind, so ergibt sich für die Verhandlungsgegenstände 2 bis 4 integratives Potenzial. Bezüglich dieser Verhandlungsgegenstände bestehen darüber hinaus unterschiedliche Präferenzstrukturen der Verhandlungsakteure.407
5.2.2 Die Auswahl der Simulationsteilnehmer Professionelle Verhandler verfügen über ein großes Repertoire an Erfahrungen und Erwartungen.408 Sie wissen i.d.R., wie sie bevorstehende Verhandlungen bestmöglich zum Abschluss bringen können und welche Strategien zur Erreichung einer Lösung am geeignetsten sind.409 Als Nachteil ist beim Einsatz von Praktikern in der Marktforschung und hier speziell in der Verhandlungsforschung jedoch das Datenbeschaffungsproblem anzuführen. So sind Praktiker einerseits nur schwer davon zu überzeugen, Angaben zu ihrem Verhandlungsverhalten zu machen. Andererseits handelt es sich bei Verhandlungen um ein in der betrieblichen Praxis sensibles Themenfeld, welches Unternehmen nur ungern offenlegen.410 Besonders schwer dürfte die Generierung einer umfangreichen PraktikerStichprobe bei der hier vorzunehmenden Verhandlungssimulation fallen, da diese einen hohen zeitlichen Aufwand erfordert, in der die jeweiligen beruflichen Verpflichtungen nicht erfüllt werden können.411 Da in der zugrunde liegenden Forschungsfrage aber das originäre Verhandlungsverhalten im Verhandlungsprozess von Interesse ist, wurden aus diesem Grund zur Bearbeitung der entwickelten Fallstudie bewusst Studierende ausgewählt, die zwar über das nötige Grundlagenwissen zur Verhandlungsführung als auch zur Lösung des Falls verfügen, allerdings noch nicht mit ausgereiften Routinen vertraut sind, wodurch sich das in den Verhandlungen im Zuliefergeschäft vorliegende und im Vergleich zum Produktgeschäft höhere Unsicherheitsausmaß stärker auf den Verhandlungsprozess auswirken dürfte. Damit folgt die407
Vgl. diesbezüglich auch aufgrund der verschiedenen Zusammenhänge der Verhandlungsgegenstände untereinander Anhang 4.
408
Vgl. zum Ausdruck des „Verhandlers“ auch Anmerkung 2 bei Lamm (1975), S. 128.
409
Vgl. Donohue/Taylor (2007), S. 322 und Buelens et al. (2007), S. 336. Voeth/Herbst (2009) unterscheiden diesbezüglich in Verhandlungs- und Aufgabenerfahrung. Darüber hinaus wird die weit verbreitete Auffassung widerlegt, dass häufiges Verhandeln automatisch zu Verhandlungsprofessionalität führt. Vgl. Neale/Bazerman (1992), S. 168f.; Thompson (2005), S. 9f.; Thompson (2006), S. 78f. und Voeth/Herbst (2009), S. 63 sowie die dort angegebene Literatur.
410
Vgl. hierzu auch die Anmerkungen in Kapitel 4.2.
411
Vgl. hierzu auch die Ausführungen bei Herbst (2007), S. 184ff.
110 _________________________________________________________________________ se Untersuchung u.a. der Argumentation und dem Vorgehen von Kirsch/Kutschker (1972) und Raiffa (1982) sowie einer Vielzahl weiterer Studien, die ebenfalls Studierende als Untersuchungssubjekt auswählen.412 Ferner erfolgte diese Auswahlentscheidung unter Berücksichtigung der in Kapitel 4.3.3 unter anderem aufgeführten Vor- und Nachteile des Einsatzes von Studierenden in Verhandlungssimulationen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die hohe Homogenität einer Studierenden-Stichprobe zu erwähnen, während hingegen eine Stichprobe von Praktikern mit unterschiedlichem Erfahrungsgrad und Bildungsniveau zu stärkeren Verzerrungen und damit einer erschwerten Interpretation der Ergebnisse führen könnte. Die Persönlichkeitscharakteristika hingegen spielen bei der Auswahl der Studienteilnehmer eine vernachlässigbare Rolle: So zeigen Morris et al. (1999) in ihrer Studie, dass die Verhaltensweisen von Verhandlungsakteuren eher durch den Kontext der Verhandlungssituation als durch die Persönlichkeitscharakteristika der Verhandlungsakteure beeinflusst werden.413 Schließlich handelte es sich bei den Teilnehmern um eher erfahrenere Studierende des Hauptstudiums, die im Sommersemester 2007 an der Universität Hohenheim eine ABWLVorlesung mit dem Schwerpunkt „Verhandlungen“ besuchten.414 Die Teilnahme an dieser Vorlesung war freiwillig.415 Darüber hinaus sind die Studierenden durch vorherige Ankündigungen darauf aufmerksam gemacht worden, dass sie fakultativ an einer realitätsnahen Verhandlung teilzunehmen haben, wobei das Abschneiden in diesen Verhandlungen jedoch nicht Gegenstand der Benotung darstellte.416 Um die Teilnehmer davon abzuhalten, Ergebnisse der vorherigen Verhandlungen auszutauschen bzw. ihr Verhalten denen vorheriger Verhandlungsakteure anzupassen, wurden sie auf die Einhaltung bestimmter Regeln,
412
Mestdagh/Buelens (2003) ermitteln in ihrer umfangreichen Inhaltsanalyse relevanter Forschungsarbeiten, dass in den letzten fünf Jahrzehnten in 74 Prozent der analysierten Arbeiten Studierende als Probanden eingesetzt wurden. Vgl. Mestdagh/Buelens (2003), S. 24 sowie Buelens et al. (2007), S. 331 die sogar einen verstärkten Einsatz von Studierenden als Probanden in den letzten Jahren beobachten. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen auch Sieber/Saks (1989), die in einer Umfrage unter U.S.-amerikanischen Psychologielehrstühlen ermittelten, dass in ¾ aller Laborexperimente, Studierende eingesetzt werden.
413
Vgl. Morris et al. (1999).
414
Vgl. Raiffa (1982), S. 25ff. Vgl. auch Inbar/Stoll (1972), S. 259ff. für den Einsatz von Verhandlungssimulationen als Lehrinstrument.
415
Die teilnehmenden Studierenden aus den Diplom-Studiengängen der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Hohenheim haben je nach Studiengang mindestens eine von insgesamt sechs angebotenen Vorlesungen aus dem Bereich der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre (ABWL) zu wählen (vgl. beispielsweise für Studierende der Wirtschaftswissenschaften Universität Hohenheim (2006), S. 22).
416
Die Benotung der Veranstaltung erfolgte aus einer Abschlussklausur und der gewissenhaften Verhandlungsteilnahme, die durch die Abgabe eines Strategiepapiers bei dem sowohl das Verständnis der Fallstudie als auch Wissen vorheriger Vorlesungen abgeprüft wurde. Der Verhandlungsprozess und das erzielte Verhandlungsergebnis waren jedoch nicht Gegenstand der Benotung. Damit vermeidet die vorliegende Studie eine Vielzahl von Problemen. Vgl. hierzu beispielsweise Inbar/Stoll (1972), S. 260ff.
111 _________________________________________________________________________ wie beispielsweise Verschwiegenheit bezüglich ihrer rollenspezifischen Informationen, hingewiesen.417 Zusätzlich wurden die Fallstudien durch Abwandlungen der Zahlenbeispiele uneinheitlich gestaltet, sodass zu jeder Fallstudie zwei unterschiedliche Versionen (A und B) als Informationsgrundlage für die Verhandlungssimulation zur Verfügung standen.418
5.3 Realisierung der Verhandlungssimulation 5.3.1 Aufbau und Umsetzung des Experimentes Im Vorlauf der Verhandlungssimulation sind die Fallstudien zu testen. Neben einer Überprüfung der gewünschten Manipulation bezüglich der simulierten Geschäftstypen ist hierbei insbesondere auf die „Playability“ zu achten. Im Einzelnen ist
die Verständlichkeit und Eindeutigkeit der Fallstudie sowie der Verhandlungsregeln,
die Verständlichkeit und Eindeutigkeit des bei Verhandlungseinigung auszufüllenden Vertrages, sowie
die Angemessenheit der dargestellten Informationen
sicherzustellen, um eine kognitive Belastung der Probanden weitgehend ausschließen zu können.419 Um diese Punkte sowie die erwünschte Manipulation zu erreichen, wurden beide Fallstudien nach Anfertigung in einem Pre-Test von jeweils acht Personen gelesen und auf Verständlichkeit überprüft. Zusätzlich wurde jede Fallstudie jeweils zweimal von Studierenden-Teams unter denselben Rahmenbedingungen der angestrebten Hauptstudie bearbeitet und probeverhandelt.420 Im Nachgang der Probeverhandlungen wurden aufgrund von persönlichen Rückmeldungen der Pre-Test-Teilnehmer einige Details in den Fallstudien deutlicher formuliert. Eine Anpassung der geschäftstypenspezifischen Manipulation der
417
Vgl. zu einem derartigen „Code of Honor and Ethics“ auch Raiffa (1982), S. 30ff.
418
Vgl. Anhang 6.
419
Vgl. hierzu und im Folgenden auch Inbar/Stoll (1972), S. 279ff.
420
Vgl. zur Notwendigkeit von Testdurchgängen bei Simulationen Barton (1970), S. 48ff.
112 _________________________________________________________________________ Fallstudien war nicht notwendig, da die dargestellten Geschäftstypen in beiden Pre-Tests erkannt wurden.421 Für die Hauptuntersuchung konnten im Rahmen der o.a. Lehrveranstaltung 316 Studierende für die Verhandlungssimulation gewonnen werden. Da auch in realen Verhandlungen i.d.R. mehrere Personen sowohl auf Nachfrager als auch Anbieterseite verhandeln,422 wurden die Studierenden in Teams zu zwei Personen aufgeteilt.423 Aufgrund vorliegender Forschungsergebnisse zum Problemlösungsverhalten von Teams in komplexen bzw. unsicheren Situationen kann davon ausgegangen werden, dass Teams im Vergleich zu einzelnen Akteuren eher in der Lage sind, Probleme zu lösen.424 Da jedoch sowohl im durch Unsicherheit gekennzeichneten Zuliefergeschäft als auch im weniger von Unsicherheit gekennzeichneten Produktgeschäft Teams gegeneinander verhandeln, sind für beide Versuchsgruppen identische Bedingungen gegeben, weshalb keine Verzerrungen zu erwarten sind. Insgesamt wurden folglich 79 Verhandlungen simuliert, wovon 38 Verhandlungen (76 Teams) die Fallstudie Repowering (Produktgeschäft) und 41 Verhandlungen (82 Teams) die Fallstudie Offshore (Zuliefergeschäft) bearbeiteten. Damit konnte die für qualitative Untersuchungen und statistische Zwecke geforderte Mindestgröße von 30 Fällen deutlich überschritten werden.425 Während eine Präferenzabgabe für den Teampartner möglich und weitestgehend berücksichtigt wurde, wurden die jeweils gegnerischen Teams randomisiert am Tag der eigentlichen Verhandlungssimulation zugeteilt. Somit konnte sichergestellt werden, dass die Verhandlungsparteien nicht im Vorfeld rollenspezifische Informationen austauschen.426 Das Durchschnittsalter der Probanden betrug 23,6 Jahre, 59,7 Prozent waren männlich, 40,3 Prozent weiblich.427
421
Der Großteil der empirischen Verhandlungsforschung verzichtet auf eine Überprüfung der vorgenommenen Manipulationen, was kritisch zu sehen ist. Vgl. Buelens et al. (2007), S. 336. Die Prüfung der Fallstudienmanipulation in die Geschäftstypen Produktgeschäft sowie Zuliefergeschäft erfolgte anhand einer sechsstufigen Likert-Skala mithilfe eines Fragebogens welcher den Teilnehmern vor der Simulation zur Bewertung vorgelegt wurde. Die Ergebnisse der T-Tests für beide Dimensionen (Individualisierungsgrad sowie zeitlicher Verbund) sind für beide Variablen hoch signifikant. Vgl. Anhang 7.
422
Vgl. Backhaus et al. (2008), S. 367.
423
Aufgrund krankheitsbedingten Ausfalls am Tag der Simulation verhandelte ein Verhandlungsakteur ohne den zugeordneten Teampartner.
424
Vgl. zum Teamverhalten in komplexen bzw. unsicheren Situationen beispielsweise Diederichs (2005), S. 49ff.; Papies (2006), S. 34ff. und Watts Sussman/Guinan (1999), S. 23ff. sowie die jeweils angegebene Literatur.
425
Vgl. Srnka et al. (2006), S. 45 sowie die dort angegebene Literatur.
426
Darüber hinaus wurde den Studierenden im Vorfeld kommuniziert, dass eine weitergehende Manipulation der Fallstudien in unterschiedliche Versionen stattfinden würde. So wurden von jeder Fallstudie jeweils
113 _________________________________________________________________________ Nach sechs einführenden Veranstaltungen, die insbesondere aktuelle Erkenntnisse zu Verhandlungen als Möglichkeit der situativen Koordination zum Inhalt hatten, wurden die Studierenden mit dem grundlegenden Ablauf der Verhandlungssimulation einerseits, sowie mit den in den Fallstudien behandelten Geschäften und der Branche andererseits vertraut gemacht. Darauf folgten drei vorlesungsfreie Wochen, wobei die ersten beiden Wochen für die interne Gruppenarbeit und die letzte Woche für die eigentliche Simulation der Verhandlungen vorgesehen waren. Zu Beginn von Woche 1 wurden den Verhandlungsteams die Basisfallstudien per E-Mail zugänglich gemacht. Nach einer Woche Vorbereitungszeit wurden darauf in Woche 2 die rollenspezifischen Geheiminformationen versandt, anhand derer die Studierenden ihre individuelle Strategie in Form eines Strategiepapieres festlegten. Zu Beginn der Woche 3 wurden schließlich die Verhandlungssimulationen an zwei Tagen parallel in vier Räumen am Lehrstuhl für Marketing der Universität Hohenheim durchgeführt. Zur Erfassung des Verhandlungsprozesses und zur späteren Transkription wurden sämtliche Verhandlungen per Video aufgezeichnet. Um neben den eigentlichen Verhandlungen auch den Prozess der Verhandlungsvorbereitung sowie Einstellungen zum Verhandlungsergebnis abfragen zu können, wurden vor und nach der Verhandlungssimulation an jeden einzelnen Teilnehmer per E-Mail Links zu einem Online-Fragebogen versendet.428 Am zugewiesenen Verhandlungstermin erschienen die einzelnen Teilnehmergruppen, die daraufhin ihren jeweiligen Verhandlungsgegnern zugeteilt und einen entsprechenden Raum zugewiesen bekamen. Die Zweier-Teams wurden auf beide Seiten eines Tisches platziert sowie letzte verbale Instruktionen durch die Untersuchungsleiter gegeben. Nach der Beantwortung von evtl. seitens der Probanden auftretenden Fragen, wurde die Verhandlung gestartet und die Untersuchungsleiter verließen den Raum. Die angestrebte, maximale Verhandlungszeit betrug 45 Minuten. Erzielten die Verhandlungsakteure bis zum Verstreichen dieser Zeit keine Einigung, betrat einer der Untersuchungsleiter den Raum und wies die Verhandlungsakteure auf das nahende Ende der Verhandlung hin. Ein von außen erwirkter Verhandlungsabbruch sollte an dieser Stelle jedoch zunächst vermieden werden, um den Verhandlungsakteuren weiterhin die Chance auf eine Vertragseinigung zu gewähren, und den Aspekt des Zeitdruckes nicht zu forcieren, da dieser nicht in Zusam-
eine Version A und eine Version B erstellt. Die Studierenden wurden allerdings im Unklaren gelassen, wie viele unterschiedliche Versionen es im Endeffekt geben würde und welche Version ihnen jeweils zugänglich gemacht wird. 427
Da die Zuteilung zu den Fallstudien und jeweiligen Rollen nach Zufallsverfahren erfolgte, bestehen bezüglich Alter und Geschlecht keine Unterschiede zwischen den Verhandlungssimulationen (p 0,05).
428
Trotz der Verhandlung im Team sollte so die Beeinflussung der Individuen durch die jeweiligen Teammitglieder in der Abfrage der persönlichen Einstellungen vermieden werden.
114 _________________________________________________________________________ menhang mit der Forschungsfrage steht.429 Die Verhandlungen wurden jedoch in jedem Fall nach 60 Minuten für beendet erklärt, da eigene Erfahrungen aus anderen Verhandlungssimulationen sowie weitere empirische Studien ergeben haben, dass die Qualität von Verhandlungsergebnissen durch die Gewährung von zusätzlicher Verhandlungszeit nicht steigt.430 Die einzelnen Ablaufschritte der Untersuchungsdurchführung können Abbildung 14 entnommen werden. Woche 1
Zusendung der Basisfallstudie und Vorlage für das Strategiepapier
Vorstellung der Verhandlungsfälle und Verhandlungsorganisation
Woche 2
Zusendung der rollenspezifischen Geheiminformationen und des Verhandlungszeitpunktes
Verhandlungsvorbereitung individuell und im Team
Abgabe des Strategiepapiers
Woche 3
79 Verhandlungen an 2 Tagen.
Zuteilung von Verhandlungsgegnern und Raum
Verhandlung, Dauer max. 45-60 min
maximal 4 parallel
Fragebogen
Videoaufzeichnung
Verhandlungsabbruch bzw. Vertragsschluss Fragebogen
Abbildung 14: Ablaufschritte der Untersuchungsdurchführung
In den zwei folgenden Lehrveranstaltungen fand eine Nachbesprechung der Verhandlungssimulation und seiner grundlegenden Ergebnisse statt. Darüber hinaus hatten die Studierenden die Möglichkeit, bei gegenseitiger Zustimmung zur Selbstevaluation eine Kopie ihrer Videoaufzeichnung der Verhandlungssimulation zu erhalten.
429
Viele Verhandlungsteilnehmer waren zu diesem Zeitpunkt derart in ihre simulierte Rolle und die Verhandlung vertieft, dass sie den Zeitaspekt aus den Augen verloren hatten. Zu starker Zeitdruck könnte darüber hinaus negative Effekte auf die Informationsverarbeitung generell sowie auf die Erschließung integrativer Vertragsbestandteile speziell haben. Vgl. De Dreu (2003), S. 280ff sowie Mosterd/Rutte (2000), S. 227ff. Darüber hinaus wurde nachgewiesen, dass verstärkter Zeitdruck sich u.a. in Form weniger ambitionierter Ziele niederschlägt. Vgl. Pruitt/Drews (1969), S. 43ff.
430
Vgl. Thompson (2005), S. 76. Ähnlich verfahren auch Campbell et al. (1988), S. 51.
115 _________________________________________________________________________
5.3.2 Der Rahmenfragebogen und Manipulationsüberprüfung In den Befragungen vor und nach den Verhandlungen wurden verschiedene Fragen zum Verständnis der Fallstudien sowie verschiedene Items zur Unsicherheitswahrnehmung der Situation gestellt. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass die Probanden die den Fallstudien inhärente Unsicherheit in Abhängigkeit des jeweiligen Geschäftstyps wahrnehmen.431 Darüber hinaus wurden Variablen zur Verhandlungsvorbereitung, der eigenen Wahrnehmung des Verhandlungsprozesses seitens der Teilnehmer sowie zum Verhandlungsergebnis erhoben.432 Keine Fragen wurden zu persönlichen Merkmalen (außer demographische Angaben) gestellt, da die verhandlungswissenschaftliche Literatur diesbezüglich zu höchst unterschiedlichen Ergebnissen kommt und sich in den letzten Jahren die Erkenntnis verbreitet hat, dass sich individuelle Differenzen als erklärende Variablen in der Verhandlungsforschung nicht eignen.433 Die Prüfung der experimentellen Manipulation der beiden Versuchsgruppen (Fallstudie Produktgeschäft mit niedriger Unsicherheit; Fallstudie Zuliefergeschäft mit hoher Unsicherheit) erfolgte jeweils auf einer sechsstufigen Likert-Skala. So wurde die Einordnung der Geschäftstypen aus den Fallstudien anhand der Einschätzung der Dimensionen Individualisierungsgrad (von 1 = kundenindividuell bis 6 = standardisiert) und Kaufverbund (von 1 = überhaupt nicht bis 6 = sehr stark) analog der horizontalen bzw. vertikalen Achse im Geschäftstypenansatz überprüft.434 Dabei wurden die Probanden einzeln befragt, um Einflüsse des jeweiligen Teampartners auszuschließen. Die Ergebnisse des dargestellten UTests nach Mann-Whitney sind für beide Variablen höchst signifikant (p 0,001), weshalb von einer erfolgreichen Manipulation der Fallstudien ausgegangen werden kann.435
431
Vgl. hierzu Kapitel 2.2.
432
Vgl. hierzu ausführlich die Ergebnisdarstellung in Kapitel 5.4.1, 5.4.2 und 5.4.3.
433
Während einige Studien zwar wiederholt zeigen konnten, dass individuelle Persönlichkeitsunterschiede in Einzelfällen den Verhandlungsprozess beeinflussen (vgl. z.B. Lewicki/Litterer (1985) und Rubin/Brown (1975)), können Druckman (1977), Hamner (1980) und Hermann/Kogan (1977) keine signifikanten Ergebnisse erzielen. Auch Neale/Northcraft (1991), S. 175, ziehen daher ein nüchternes Fazit bezüglich des Einflusses von persönlichkeitsorientierten Merkmalen auf den Verhandlungsprozess.
434
Vgl. Backhaus/Voeth (2007), S. 202.
435
Nach Durchführung eines Kolmogorov-Smirnov-Tests wurde aufgrund der Ablehnung der Normalverteilungsannahme wurde ein nichtparametrischer U-Test nach Mann-Whitney durchgeführt. Vgl. Bühl (2008), S. 318ff.
116 _________________________________________________________________________
Variable
Manipulation
***
Individualisierungsgrad
Kaufverbund***
Mittelwert
Standardabweichung
ܠത
s
Produktgeschäft (n = 152)
3,91
1,23
Zuliefergeschäft (n = 163)
2,57
1,15
Produktgeschäft (n = 152)
2,63
0,99
Zuliefergeschäft (n = 163)
4,19
0,95
* p 0,05; ** p 0,01; *** p 0,001
Tabelle 4: Manipulationsüberprüfung „Geschäftstyp“
Darüber hinaus wurde für beide Fallstudien rollenspezifisch für Anbieter und Nachfrager die wahrgenommene Unsicherheit der jeweils beschriebenen Fallstudien vor den Verhandlungen anhand von fünf Items (1 = stimme ganz und gar nicht zu; 6 = stimme voll und ganz zu) abgefragt. Während in Bezug auf die Darstellung der Theorie des wahrgenommenen Risikos auch die Bedeutung der Verhandlung und des damit verbundenen Geschäfts abgefragt wurde,436 beziehen sich die weiteren Items auf die in Kapitel 2.2 dargestellten, geschäftstypenspezifischen Unsicherheiten.437 Dabei ist ersichtlich, dass die Anbieter im Zuliefergeschäft im Vergleich zum Produktgeschäft der Verhandlung sowohl eine höhere Bedeutung zusprechen, als auch aufgrund der kundenindividuellen Lösung die Verhandlung als komplexer einschätzen.438 Wenngleich die Anbieter in beiden Geschäftstypen die Realisierung der Windkraftanlagen für eher möglich halten, so zeigen sich die Anbieter im Zuliefergeschäft diesbezüglich signifikant verhaltener. Auch bezüglich der zu treffenden Preiseinigung in der Verhandlung äußern die Anbieter im Zuliefergeschäft eine signifikant größere Unsicherheit. Schließlich ergibt sich bezüglich der Einschätzung der jeweiligen Nachfrager ein höchst signifikanter Unterschied. Anbieter der Fallstudie im Zuliefergeschäft haben somit sehr viel größere Schwierigkeiten, die für einen erfolgreichen Geschäftsabschluss notwendigen Fähigkeiten des Nachfragers einzuschätzen. 436
Vgl. die zwei Komponenten des wahrgenommenen Risikos in Kapitel 3.2.3.
437
Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass mit den dargestellten Ergebnissen in Tabelle 5 und Tabelle 6 weder Vollständigkeit noch eine neue Skala zur Unsicherheitsmessung eingeführt werden soll. Wie die theoretischen Ausführungen in Kapitel 3 gezeigt haben, handelt es sich bei Unsicherheit vielmehr um ein Konstrukt, zu dem verschiedenartige Messansätze diskutiert werden. Da die Messmethodik nicht Gegenstand der zu bearbeitenden Forschungsfragen ist, dienen die dargestellten Ergebnisse lediglich der Manipulationsüberprüfung der Fallstudien hinsichtlich eines hohen bzw. geringen Unsicherheitsausmaßes.
438
Aufgrund der Nichtnormalverteilung der Variablen wurde sowohl bei der anbieterseitigen als auch der nachfragerseitigen Manipulationsüberprüfung ein U-Test nach Mann-Whitney durchgeführt.
117 _________________________________________________________________________
Nr.
Produktgeschäft
Zuliefergeschäft
(n = 82)
(n = 81)
Item ܠത
s
ܠത
s
1
Die Verhandlung ist für die Verhandlungsparteien von großer Bedeutung.
4,28***
(1,17)
4,89***
(1,01)
2
Die Verhandlung kann aufgrund der kundenspezifischen Bedürfnisse des Betreibers sehr komplex werden.
3,50***
(1,28)
4,44***
(1,14)
3
Ich habe Zweifel an der Realisierbarkeit der geforderten Windenergieanlagen.
1,86*
(0,89)
2,21*
(1,01)
4
Der Verhandlungspartner wird sich voraussichtlich nicht an die Absprachen bezüglich der Kosten halten können.
2,57*
(0,82)
2,94*
(0,94)
5
Es ist schwer einzuschätzen, ob der Verhandlungspartner über die notwendigen Fähigkeiten zum erfolgreichen Abschluss des gesamten Projektes verfügt.
3,09***
(1,16)
4,10***
(0,97)
* p 0,05; ** p 0,01; *** p 0,001
Tabelle 5: Manipulationsüberprüfung der anbieterseitigen Unsicherheit
Auch die Manipulationsüberprüfung der nachfragerseitigen Unsicherheit ergibt, dass die Fallstudie im Zuliefergeschäft mit einem signifikant höheren wahrgenommenen Unsicherheitsausmaß im Vergleich zur Fallstudie im Produktgeschäft verbunden ist (vgl. Tabelle 6), wenngleich die Unterschiede zwischen Produkt- und Zuliefergeschäft im Vergleich zur Einschätzung der Anbieter nicht höchst signifikant sind.
118 _________________________________________________________________________
Produktgeschäft
Zuliefergeschäft
(n = 76)
(n = 82)
Item ܠത
s
ܠത
s
1
Die Verhandlung ist für die Verhandlungsparteien von großer Bedeutung.
4,57*
(1,02)
4,89*
(1,04)
2
Es ist für uns schwierig, die exakte Ausgestaltung der Windenergieanlagen zu spezifizieren.
3,28**
(1,18)
3,85**
(1,16)
3
Ich habe Zweifel an der Realisierbarkeit der geforderten Windenergieanlagen.
2,07**
(0,88)
2,67**
(1,26)
4
Der Verhandlungspartner wird sich voraussichtlich nicht an die Absprachen bezüglich der Kosten halten können.
2,43*
(0,90)
2,74*
(0,80)
5
Es ist schwer einzuschätzen, ob der Verhandlungspartner über die notwendigen Qualifikationen zum erfolgreichen Abschluss des gesamten Projektes verfügt.
2,97**
(1,22)
3,89**
(1,14)
* p 0,05; ** p 0,01; *** p 0,001
Tabelle 6: Manipulationsüberprüfung der nachfragerseitigen Unsicherheit
Aus den vorliegenden Ergebnissen kann also gefolgert werden, dass zum einen
die in den Fallstudien jeweils dargestellten Geschäftstypen des Produktgeschäfts sowie des Zuliefergeschäfts von den Probanden erkannt wurden. Zum anderen,
dass das wahrgenommene Unsicherheitsausmaß im Zuliefergeschäft aus Sicht von Anbietern und Nachfragern signifikant höher als das Unsicherheitsausmaß im Produktgeschäft ist.
5.3.3 Transkription und Kodierung der Simulation 5.3.3.1 Transkriptionsprozess „Qualitative Forschung erfordert Auswertungsmethoden, die auf ein qualitativ hochwertiges Datenmaterial aufbauen.“439 Das Ziel der Transkriptionserstellung ist damit auch die 439
Höld (2009), S. 657.
119 _________________________________________________________________________ Herstellung eines dauerhaft verfügbaren Protokolls, das die Verhandlungsinteraktion wirklichkeitsgetreu wiedergibt, und dabei so aufbereitet ist, dass es für die darauffolgende Inhaltsanalyse brauchbar ist. Wie in Kapitel 4.4.1 dargestellt, wurde deshalb das gesamte Videomaterial im Nachgang an die Verhandlungen vom Untersuchungsleiter wörtlich transkribiert.440 Dabei wurden unter Beachtung der von Kuckartz et al. (2008) vorgeschlagenen Regeln jeder gesprochene Satz in Anlehnung an die Vorgehensweise der literarischen Umschrift transkribiert441 und den jeweiligen Verhandlungsteams zugeordnet.442 Auch Sprechpausen und Beratungsunterbrechungen innerhalb der Verhandlungsteams wurden mit der Angabe der jeweiligen Zeitdauer vermerkt. Das Ergebnis waren 79 in schriftlicher Form vorliegende Verhandlungen, die die Grundlage der weiteren Untersuchung bilden.443
5.3.3.2 Entwicklung und Anwendung eines geeigneten Kategoriensystems 5.3.3.2.1 Notwendigkeit eines geeigneten Kategoriensystems in der empirischen Verhandlungsforschung Wie gezeigt, erfordert die realitätsnahe Erfassung von Verhandlungsprozessen die Anwendung der Inhaltsanalyse. Dabei hängt das Ergebnis der Inhaltsanalyse maßgeblich vom angewendeten Kategoriensystem ab, von denen eine Vielzahl vorliegt, die sich jedoch z.T. stark voneinander hinsichtlich des Untersuchungsgegenstandes und der Kategorien unterscheiden.444 Bei der Entwicklung eines Kategoriensystems ist einerseits die (theoriegeleitete) Neuentwicklung als auch die Adaption eines bestehenden Kategoriensystems denkbar. Befürworter von Neuentwicklungen argumentieren mit der möglichen Erreichung einer hohen Validität. Kategoriensysteme sind dazu gedacht, den Kern der spezifisch vorliegen-
440
Vgl. Höld (2009), S. 657ff.
441
Bei der literarischen Umschrift wird Dialekt und Umgangssprache mit dem gebräuchlichen Alphabet wiedergegeben, wobei die Besonderheiten der gesprochenen Sprache erhalten bleiben. Vgl. zu den drei verschiedenen Vorgehensweisen der wörtlichen Transkription Höld (2009), S. 660.
442
Nach einem ausführlichen Test zur Verfügung stehender (auch Transkriptions-spezifischer) Software, wurden die Videodateien hierzu mit dem kostenlos erhältlichen Medienplayer Winamp der Firma Nullsoft abgespielt. Die zentralen Vorteile dieses Programms liegen im kostenlosen Zugang, der benutzerfreundlichen Bedienoberfläche mit der Möglichkeit die Abspielsequenz bequem zu stoppen und fünf Sekunden zurück zu spulen. Darüber hinaus ermöglichte der Equalizer dieses Programms die individuelle Tonregelung qualitativ schlechterer Aufnahmen.
443
Der gesamte Zeitaufwand für Transkriptionen beträgt in Abhängigkeit der Audioqualität i.d.R. das vierbis achtfache der zu transkribierenden Kommunikation. Vgl. hierzu beispielsweise auch Kvale (1996), S. 169, der von der mindestens fünffachen Zeit spricht. In der vorliegenden Studie betrug der Zeitaufwand für die Transkription ca. 300 Stunden.
444
Vgl. beispielsweise Angelmar/Stern (1978), S. 94 sowie die dort angegebene Literatur. Vgl. für eine Übersicht inhaltsanalytischer Kategoriensysteme in der Verhandlungsforschung Anhang 1.
120 _________________________________________________________________________ den Fragestellung möglichst genau zu erfassen. Darüber hinaus sind die Kategorien im Allgemeinen nicht datenunabhängig und der Vergleich verschiedener Studien ist nicht immer zweckmäßig. Demgegenüber spricht für die Adaption bestehender Kategoriensysteme eine besonders hohe Reliabilität, da bestehende Systeme bereits auf ihre Eignung in ähnlichen Anwendungsfällen überprüft wurden.445 Ferner ermöglicht die Anwendung eines bereits bestehenden Systems einen studienübergreifenden Vergleich verschiedenster Verhandlungsprozesse, was vor dem Hintergrund der sehr vielfältigen Fragestellungen speziell in der betriebswirtschaftlichen Verhandlungsforschung dringend geboten erscheint.446 Um die Vorteile beider Verfahren zu kombinieren und insbesondere vor dem Hintergrund der Fülle an ständigen Neuentwicklungen verschiedenster Kategoriensysteme (vgl. Anhang 1), wurde in dieser Arbeit deshalb zweistufig vorgegangen.447 Ausgehend von einer umfassenden Analyse aller bisher bekannten inhaltsanalytischen Verhandlungsstudien wurde ein Standardkategoriensystem entwickelt, welches um neu entwickelte und auf die Forschungsfrage ausgerichtete, kontextspezifische Kategorien ergänzt wurde. Das Vorgehen illustriert Abbildung 15.
Erfassung aller in bisherigen Studien verwendeten Kategorien
Sortieren nach Suchbegriffen, entfernen identischer Kategorien
Inhaltliche Interpretation der übrigen Kategorien, Zusammenfassung, Abgrenzung, Verfeinerung
StandardKategoriensystem
Deduktive Entwicklung von kontextspezifischen Kategorien
Induktive Entwicklung von Kategorien am Textmaterial
Kontextspezifisches Kategoriensystem
Kategoriensystem der Untersuchung
Abbildung 15: Entwicklung des Kategoriensystems
445
Vgl. Druckman (2005), S. 259.
446
Die wiederholte Anwendung identischer Kategoriensysteme könnte somit wesentlich zu einem Erkenntnisgewinn in der Verhandlungsforschung beitragen, da so auch direkte Vergleiche einzelner Studien möglich werden würden.
447
Druckman (2005) spricht in diesem Zusammenhang davon, dass „conflict analysts‘ preference for original categories has led to a plethora of content analysis systems in CA&R. One implication of this preference has been limited comparative research on topics in this field.” Druckman (2005), S. 259.
121 _________________________________________________________________________ 5.3.3.2.2 Entwicklung eines Standardkategoriensystems Da vermutet werden kann, dass eine Vielzahl der in inhaltsanalytischen Verhandlungsstudien verwendeten Kategorien sich lediglich bezüglich der Bezeichnungen, nicht aber aufgrund der definitorischen Bedeutung voneinander unterscheiden, wurde ein Standardkategoriensystem entwickelt, das als Ausgangspunkt und „Grundstock“ inhaltsanalytischer Verhandlungsforschung dienen kann.448 Zu diesem Zweck wurden in einem ersten Schritt alle verwendeten vom Wortlaut her unterschiedlichen 91 Kategorien der bislang bekannten 35 inhaltsanalytischen Verhandlungsstudien ermittelt. Nach einer weiteren inhaltlichen Interpretation unter Berücksichtigung der Untersuchungsgegenstände und Definitionen wurden inhaltlich identische Kategorien solange miteinander verschmolzen, bis am Ende dieses Prozesses ein Kategoriensystem mit neun übereinstimmenden und studienübergreifend verwendeten Kategorien stand (vgl. Tabelle 7).449 Bei den nicht berücksichtigten Kategorien handelt es sich um sehr allgemeine und nicht direkt zuordenbare Kategorien sowie um Kategorien, die für spezifische Forschungsfragestellungen entwickelt wurden.
448
Es wird von einigen Autoren darauf hingewiesen, dass die Kategorien in einem iterativen Prozess aus deduktiven und induktiven Instrumenten gewonnen werden sollten (vgl. beispielsweise Srnka/Koeszegi (2007), S. 35), sowie auf den spezifischen Untersuchungskontext abgestimmt sein sollte (vgl. beispielsweise Donohue (1981b), S. 277). Insbesondere vor dem Hintergrund einer zwar kleinen, aber sich stärker verbreitenden, inhaltsanalytischen Verhandlungsforschung ist jedoch eine Fragmentierung der Kategoriensysteme zu beobachten (vgl. Anhang 1), die eine Entwicklung von Standardkategorien notwendig erscheinen lassen. Diese aus bestehenden Kategoriensystemen entwickelten Standardkategorien sind auch als Vorschlag für künftige inhaltsanalytische Studien zu verstehen. So ist die Verwendung dieser Kategorien zeitsparend. Darüber hinaus wird durch die Verwendung weitgehend einheitlicher Kategoriensysteme erst möglich, Ergebnisse der weitgehend uneinheitlichen Verhandlungsforschung miteinander zu vergleichen. Diese Standardkategorien können damit als „Grundgerüst“ der inhaltsanalytischen Verhandlungsforschung genutzt, und durch induktiv gewonnene, fallspezifische Kategorien ergänzt werden, da neben einer Standardisierung darauf zu achten ist, dass „die Inhaltsanalyse nicht zu starr und unflexibel wird. Sie muß auf den konkreten Forschungsgegenstand ausgerichtet sein.“ Mayring (2008), S. 117. Darüber hinaus wird mit der Entwicklung eines Standardkategoriensystems der nicht-kontrollierbaren Informationsselektion begegnet. Vgl. hierzu Ruso (2009), S. 529 sowie die dort angegebene Literatur.
449
Da der Großteil der inhaltsanalytischen Verhandlungsstudien in Englisch verfasst ist, wurde zur Ermittlung eines möglichst reliablen deutschen Standardkategoriensystems neben der einfachen Übersetzung ins deutsche auch die Rückübersetzungsmethode angewandt. Vgl. hierzu Brislin (1970), S. 185ff.
122 _________________________________________________________________________ Nr.
Kategorie
Beschreibung
1
Einzelofferte
Abgabe oder Annahme eines Angebotes, das sich nur auf einen Verhandlungsgegenstand bezieht.
2
Paketofferte
Abgabe oder Annahme eines Angebotes, das sich auf mindestens zwei Verhandlungsgegenstände bezieht.
3
Forderung eines Angebotes
Eine Partei fordert die andere auf, ein Angebot zu machen.
4
Informationsaustausch über Präferenzen und Positionen
Eine Partei fragt nach bzw. liefert Informationen darüber, welche Lösungsmöglichkeiten sie innerhalb eines Verhandlungsgegenstandes präferiert. Darstellung von Fakten des Verhandlungskontexts. Argumente zur Begründung eines eigenen Angebots.
5
Informationsaustausch über Prioritäten
Eine Partei fragt nach bzw. liefert Informationen über die Wichtigkeit einzelner Verhandlungsgegenstände (Priorität) oder macht Angaben über ihre variablen Kosten und/oder der Erlössituation zum Zwecke der beiderseitigen Gewinnmaximierung.
6
Prozessmanagement
Metakommunikation zur Gestaltung des Verhandlungsprozesses, z.B. Vorschlag, Paketofferten zu verhandeln statt Einzelofferten; Vorschlag, welche Verhandlungsgegenstände zuerst verhandelt werden sollten; Vorschlag, variable Kosten offenzulegen, um den beiderseitigen Gewinn zu maximieren; Vorschläge zur Anwendung eines Verteilungsprinzips.
7
Drohungen/Warnungen
Drohungen, die Verhandlung abzubrechen. Verweise auf die eigene BATNA. Letzte Angebote. Lügen/ Täuschungen der anderen Partei, die enttarnt werden.
8
Zurückweisung und negative Reaktion
Zurückweisung von Argumenten und Angeboten der anderen Partei. Negative Reaktionen wie Beleidigungen, Spott, Angriffe der Person und Schuldzuweisungen
9
Private Kommunikation/ Smalltalk/Floskeln
Begrüßungen, Verabschiedungen, Gelächter, Unterhaltung zum allgemeinen Tagesgeschehen.
Tabelle 7: Kategorien des Standardkategoriensystems
123 _________________________________________________________________________ Einzelofferten Bei den dieser Studie zugrunde liegenden Verhandlungssimulationen handelt es sich wie o.a. in beiden Fällen um Mehrthemenverhandlungen. In dieser Art von Verhandlung steht es den Teilnehmern frei, sich bezüglich jedes einzelnen Verhandlungsgegenstandes individuell zu einigen, was auch in der Praxis oft beobachtet werden kann. Hierbei handelt es sich oftmals um den für das Gesamtprodukt zu zahlenden Preis, wobei dies zumeist dann geschieht, wenn die Verhandlungsakteure der Ansicht sind, dass es sich um eine distributive Verhandlung handelt und integrative Aspekte einer Mehrthemenverhandlung in Vergessenheit geraten.450 Aber auch bezüglich der weiteren Verhandlungsgegenstände ist eine schrittweise Vorgehensweise von Angebot- und Gegengebot möglich. Wird so vorgegangen, so hat dies häufig zur Folge, dass es bei jedem einzelnen Themenkomplex zu einem Kompromiss kommt.451 Darüber hinaus ist anzumerken, dass bei einer derartigen Vorgehensweise ein Ausgleich nach Präferenzen und Prioritäten über Themenkomplexe hinweg, bei dem eine Partei bei einem für sie weniger wichtigen Gegenstand eine Schlechterstellung akzeptiert, um dafür bei einem für sie wichtigeren Gegenstand eine Konzession der anderen Partei zu erhalten, nicht stattfinden kann. Zwar werden durch die Abgabe bzw. Annahme von Einzelofferten indirekt Informationen zwischen den Verhandlungsakteuren über die einzelnen Themenkomplexe ausgetauscht, jedoch werden keine Informationen über die Priorität der Themenkomplexe untereinander ausgewechselt.452 Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass in empirischen Studien ein negativer Zusammenhang zwischen dem häufigen Gebrauch von Einzelofferten („Feilschen“) und dem Verhandlungsergebnis nachgewiesen werden konnte.453
450
Vgl. hierzu beispielsweise Thompson (2005), S. 80f.
451
Einigen Studien zufolge ist dieser Kompromiss unter anderem davon abhängig, welche Partei das Erstangebot abgibt. Vgl. hierzu beispielsweise Galinsky/Mussweiler (2001), S. 657ff. und Galinsky (2004), S. 3ff.
452
Vgl. Geiger (2007), S. 124f.
453
So konnte beispielsweise Weingart et al. (1996), S. 1211 nachweisen, dass Einzelofferten als distributive Verhandlungstaktik einen negativen Einfluss auf das Verhandlungsergebnis haben. Vgl. hierzu ferner Geiger (2007), S. 125 sowie die dort angegebene Literatur.
124 _________________________________________________________________________ Paketofferten Von Paketofferten wird gesprochen, sobald mehr als ein Verhandlungsgegenstand von einer Offerte eines Verhandlungsakteurs betroffen ist.454 Im Gegensatz zu Einzelofferten ermöglichen diese integrativere Verhandlungsergebnisse:455 Durch sogenanntes „logrolling“ und dem Ausgleich von Interessen zwischen den einzelnen Themenkomplexen ist es möglich, das Verhandlungsergebnis sowohl für Anbieter als auch Nachfrager zu steigern.456 Ein derartiges integratives Potenzial ergibt sich im Fall von Verhandlungen um mehrere Verhandlungsgegenstände dabei aus Unterschieden hinsichtlich 1. subjektiver Nutzen der einzelnen Verhandlungsgegenstände, 2. verfügbarer Ressourcen, 3. (unsicherheitsbehaftete) Zukunftserwartungen und die damit verbundenen 4. Risikoneigungen
der Verhandlungsakteure. Im Vergleich zu Einzelofferten ist mit der Abgabe und Annahme von Paketangeboten auch der Austausch von Informationen über Prioritäten des Verhandlungspartners möglich. Dabei werden diese Informationen jedoch nicht direkt ausgetauscht, sondern zwischen Anbieter und Nachfrager mit Angebot und Gegenangebot in Form eines „heuristic trial and error“-Verfahrens ermittelt, durch das im optimalen Fall der gemeinsame Verhandlungsgewinn steigt.457 Alternativ zu diesem zeitaufwändigen heuristischen Prozess ist es darüber hinaus denkbar, dass bereits zu Beginn einer Verhandlung, bzw. wenn sich die Verhandlungsakteure beispielsweise in einer Patt-Situation befinden, eine Verhandlungspartei A für sie verschiedene Paketangebote von gleich hohem Nutzen offeriert, die ihrerseits alle Themenkomplexe umfassen. Wenn Verhandlungspartei B darauf eingeht und eines der offerierten Paketangebote annimmt, so wird diese Paketofferte für B das nutzenmaximale Angebot sein.458
454
Vgl. Thompson (2005), S. 82.
455
Vgl. hierzu beispielsweise Weingart et al. (1996), S. 1211.
456
Vgl. Lewicki et al. (2003), S. 127; Lewicki et al. (2006), S. 91; Loewenstein/Thompson (2006), S. 77ff.; Morley/Stephenson (1977), S. 56; Spangle/Isenhart (2003), S. 83.
457
Vgl. Tutzauer/Roloff (1988), S. 362f.;
458
Vgl. Thompson (2005), S. 81ff.
125 _________________________________________________________________________ Forderung eines Angebotes Eine Verhandlungspartei A fordert die andere Partei B auf, ein Einzel- oder Paket-Angebot abzugeben, wenn A sich über seine eigenen Präferenzen im Unklaren ist oder seine Präferenzen nicht preisgeben möchte. Bei dieser Art von Kommunikation handelt es sich folglich nicht um eine auf gegenseitigen Informationsaustausch ausgerichtete, sondern eine „abwartende“ bzw. „Hinhalte-“Taktik, die darauf ausgelegt ist, einseitig Informationen von Partei B zu erhalten.
Informationsaustausch über Präferenzen und Positionen Es wäre jedoch falsch anzunehmen, dass Verhandlungsakteure nicht auch von sich aus Informationen erfragen bzw. in ihrem Eigeninteresse preisgeben. Andernfalls würden Verhandlungen sehr schnell zu einem vorzeitigen Ende kommen, da auch die gegnerische Partei keine Informationen geben würde. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Partei B sehr wahrscheinlich auch Informationen preisgeben wird, sofern Partei A in Vorleistung tritt und mit der Informationsdarlegung beginnt.459 Der Informationsaustausch erfüllt nach Roemer et al. (1999) zwei Funktionen: Einerseits können die Verhandlungsakteure so ihren angestrebten Nutzen aus der Verhandlung beschreiben, andererseits versuchen sie, mit dem Informationsaustausch den Nutzen des Verhandlungsgegners in ihrem eigenen Sinne zu ändern.460 Tauschen die Verhandlungspartner allerdings lediglich Informationen über Präferenzen und Position aus, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie kein optimales Verhandlungsergebnis erreichen, da oftmals derartige Positionen von der anderen Verhandlungspartei mit Gegenpositionen beantwortet werden.461 Statt über ihre wahren Interessen und Bedürfnisse zu verhandeln, wird so häufig über Positionen debattiert, ohne integratives Potenzial auf-
459
Vgl. Thompson (2005), S. 80 sowie die dort angegebene Literatur.
460
Vgl. Roemer et al. (1999), S. 40 sowie die dort angegebene Literatur. Zum Informationsaustausch allgemein ist einschränkend anzumerken, dass die Informationen nicht zwingend alle vollständig einer rationalen Prüfung unterzogen werden. So kann davon ausgegangen werden, dass Verhandlungsakteure bewusst Informationen suchen, die ihre Einstellungen bzw. Entscheidungen unterstützen und hingegen Informationen vermeiden, die diesen widersprechen. Letztere Individuen versuchen damit, derartige Dissonanzen zwischen Einstellungen und Informationen zu vermeiden. Vgl. Deffuant/Huet (2007), S. 816ff.
461
So werden in einer Studie beispielsweise in 54 Prozent der Fälle Argumente mit Gegenargumenten beantwortet. Vgl. Weingart et al. (1993), S. 513.
126 _________________________________________________________________________ zudecken.462 Positionen kennzeichnen dabei zumeist das Ziel der Verhandlungspartei, weshalb insbesondere zu Beginn einer Verhandlung mit einem derartigen Informationsaustausch gerechnet werden kann.463 Des Weiteren tritt ein Informationsaustausch über Positionen häufig in Zusammenhang mit der Abgabe von Offerten auf, um das jeweilige Angebot mit Argumenten zu unterstützen. Dabei werden diese Fakten als eine Art „FairnessNorm“ zur Begründung der Offerte verwendet.464
Informationsaustausch über Prioritäten Beim Informationsaustausch über Prioritäten handelt es sich um Fragen bzw. Informationsangaben über die relative Wichtigkeit einzelner Verhandlungsgegenstände für die jeweilige Seite, die allgemein den integrativen Verhandlungsstrategien zugeordnet wird.465 Die positive Wirkung des Informationsaustausches über Prioritäten auf das Zustandekommen integrativer Verträge wurde in vielen empirischen Studien nachgewiesen.466 Allerdings ist anzumerken, dass Verhandlungsakteure oftmals nicht in der Lage sind, diese Potenziale aufzudecken, da es ihnen an der „Perspective Taking Ability“ (PTA) mangelt.467
Prozessmanagement Unter Prozessmanagement wird in Verhandlungen Metakommunikation zur Gestaltung des Verhandlungsablaufs verstanden.468 Prozessmanagement kommt zum Einsatz, um Grundregeln der Verhandlung, wie beispielsweise Vorgehensweise, Kommunikationsregeln oder Fairness-Standards, festzulegen. Insbesondere zu Beginn von als sehr schwierig wahrgenommenen Verhandlungen ist dieses Verhalten vorzufinden.469 Darüber hinaus wird Pro462
Vgl. beispielsweise Kuthe (2005), S. 381ff. sowie grundlegend Fisher et al. (2003), S. 21ff.
463
Vgl. Thompson (2005), S. 78.
464
Vgl. hierzu und im Folgenden Geiger (2007), S. 121.
465
Vgl. hierzu und im Folgenden Geiger (2007), S. 133; Lax/Sebenius (1986), S. 90ff.; Thompson (2005), S. 77ff.
466
Vgl. beispielsweise Greenhalgh/Chapman (1998), S. 481; Olekalns et al. (1996), S. 74; Olekalns/Smith (2003a); S. 244; Olekalns/Smith (2003b), S. 110; Pruitt/Lewis (1975), S. 630; Weingart et al. (1996), S. 1211.
467
Vgl. beispielsweise Bazerman/Neale (1983), S. 59ff. und die dort angegebene Literatur sowie zur „Fixed-Pie Perception“ Bazerman/Carroll (1987), S. 256 sowie Thompson (2005), S. 74f.
468
Vgl. Lewicki et al. (2006), S. 167f.
469
Vgl. Gillespie/Bazerman (1998), S. 150ff.; Thompson (2005), S. 87f.
127 _________________________________________________________________________ zessmanagement in Pattsituationen angewendet und hilft dadurch, den Verhandlungsprozess nicht vorzeitig abbrechen zu lassen.470 Derartige „Sackgassen“ können beispielsweise durch wiederholte Sequenzen distributiver Taktiken,471 oder wenn eine Partei durch die andere in eine Situation des „take it or leave it“ gebracht wurde, entstehen.472 Durch bewusste Anwendung von Prozessmanagement wird nämlich die Beziehung zum Verhandlungsgegner verbessert.473 Schließlich ist vor dem Hintergrund des zum Einsatz kommenden Untersuchungsdesigns anzumerken, dass die Anwendung von Prozessmanagement während einer Verhandlung nicht durch Zeitdruck beeinflusst wird.474
Drohungen/Warnungen Drohungen und Warnungen stellen ein Hauptmittel der Verhandlungsführung dar475 und finden sich deshalb ebenfalls in fast allen inhaltsanalytischen Kategoriensystemen. Diese können in einer Verhandlung sinnvoll sein, sofern ein Verhandlungsakteur die Wichtigkeit seiner Argumentation sowie seine eigene Macht hervorheben möchte.476 Diesbezüglich wird beispielsweise häufig (unter Verweis auf die BATNA) angedroht, die Verhandlung abzubrechen, oder es werden „letzte Angebote“ abgegeben. Darüber hinaus liegt eine Drohung vor, wenn eine Verhandlungspartei argumentiert, auf das potenzielle Verhalten der anderen Partei in einer bestimmten Art und Weise zu reagieren (Bestrafung).477 Sofern die Drohung glaubwürdig ist und schwerwiegende Folgen für die bedrohte Verhandlungspartei nach sich ziehen kann, sind Drohungen durchaus geeignet, ein erwünschtes Verhalten herbeizuführen.478 Für die drohende Verhandlungspartei können Drohungen jedoch aus mehreren Gründen problematisch sein. Zum einen kann die Reaktion der anderen Partei nicht ohne weiteres vorhergesagt werden. So ist es beispielsweise möglich, auf die Drohung eine 470
Vgl. hierzu beispielsweise die Studie von Brett et al. (1998), S. 410ff.
471
Vgl. Olekalns/Smith (2003a), S. 248.
472
Vgl. Lewicki et al. (2006), S. 59f.; Geiger (2007), S. 137f. sowie die dort angegebene Literatur.
473
Vgl. Olekalns/Smith (2003a), S. 236ff. sowie auch Olekalns/Smith (2000), die Prozessmanagement als kooperative Strategie bezeichnen. Vgl. Olekalns/Smith (2000), S. 530.
474
Vgl. Mosterd/Rutte (2000), S. 238. Darüber hinaus konnte ein positiver Einfluss von Prozessmanagement auf den Gesamtgewinn nachgewiesen werden. Vgl. Pruitt/Lewis (1975), S. 626.
475
Vgl. Angelmar/Stern (1978), S. 95 und für eine Anwendung in einer Verhandlungssimulation beispielsweise Bacharach/Lawler (1981a), S. 223ff. Vgl. grundlegend zu Drohungen in Verhandlungen Schelling (1960).
476
Vgl. Lewicki et al. (2003), S. 210 sowie Tedeschi et al. (1970), S. 69ff.
477
Wird die Form der Bestrafung genau spezifiziert, so handelt es sich um explizite Drohungen. Im anderen Fall der bloßen Andeutung spricht man von impliziten Drohungen. Vgl. Sinaceur/Neale (2005), S. 63ff.
478
Vgl. beispielsweise die Ergebnisse von Faley/Tedeschi (1971), S. 194ff.
128 _________________________________________________________________________ entsprechende Gegendrohung zu erhalten.479 Zum anderen ist es für die bedrohte Verhandlungspartei A unter Umständen nicht ersichtlich, wie glaubwürdig die Drohung der Partei B ist. Sind die Drohungen schließlich ausgesprochen, steht die drohende Partei unter Zugzwang, ihre angekündigten Handlungen auch auszuführen. Geschieht dies nicht, macht sich die drohende Partei unglaubwürdig und verliert ihr Gesicht.480 Um diesem Tatbestand vorzubeugen und der bedrohten Partei zu signalisieren, dass die vorgenommene Drohung ernst zu nehmen ist, bieten sich Commitments an.481 Durch ein derartiges Commitment schränkt die drohende Verhandlungspartei ihren Entscheidungsspielraum ein, indem die Ausführung der Bestrafung bei Nichtbeachtung der Aufforderung durch die bedrohte Partei für die drohende Partei die günstigste Handlungsalternative darstellt.482 Empirisch konnte nachgewiesen werden, dass Drohungen negativ mit der Informationsnachfrage der bedrohten Partei und negativ mit dem übergreifenden Verhandlungsgewinn korreliert sind.483
Zurückweisung und negative Reaktion Zu Zurückweisungen kommt es im Allgemeinen, wenn die äußernde Partei mit dem Verhandlungslauf, den Argumenten und Offerten der Gegenseite bzw. den daraus resultierenden Gewinnsituationen nicht einverstanden ist.484 Sind darüber hinaus diese Tatbestände aus Sicht der äußernden Partei nicht gerechtfertigt, so kann es zu emotionalen negativen Reaktionen wie Beleidigungen, Spott, Angriffen der Person und Schuldzuweisungen kommen, die ihrerseits wiederum entweder negative Reaktionen oder eine weitere Ausführung der vorgebrachten Argumente der angegriffenen Verhandlungspartei hervorrufen.485 Zurückweisungen und negative Reaktionen stellen keine planbare Verhandlungstaktik dar. Vielmehr ergeben sich derartige Äußerungen in Abhängigkeit vom Verhandlungsverlauf und der Persönlichkeit der Verhandlungsakteure.486 Während der Großteil der inhaltsanalytischen Studien diese Kategorie berücksichtigt, sind die Wirkungen von Zurückweisungen 479
Vgl. Deutsch/Krauss (1960), S. 188.
480
In diesem Fall spricht man von einem „Bluff“ dessen Aufdeckung durch den Verhandlungspartner Auswirkungen auf den weiteren Verhandlungsverlauf haben kann. Vgl. Lewicki et al. (2003), S. 210; Lytle et al. (1999), S. 42.
481
Vgl. Schelling (1960), S. 121ff.
482
Vgl. Lewicki et al. (2006), S. 54ff. sowie zur Illustration auch das Beispiel bei Geiger (2007), S. 127.
483
Vgl. Fry et al. (1983), S. 12; Weingart et al. (1990), S. 20.
484
Vgl. hierzu auch Lewicki et al. (2006), S. 156ff., die sich auf negative Emotionen beziehen.
485
Vgl. Allred (2000), S. 236ff.; Bies/Tripp (1998), S. 49ff.
486
Vgl. zur Emotionalität in Verhandlungen auch Voeth/Herbst (2009), S. 166ff., die in habituelle und situative Emotionen unterscheiden.
129 _________________________________________________________________________ und negativen Reaktionen noch nicht umfassend untersucht worden.487 Aus Experimenten mit negativen Emotionen kann allerdings gefolgert werden, dass deren Auftreten die Fähigkeit der Verhandlungsakteure zum Erkennen von gegenseitigen Interessen und relevanten Informationen sowie das Aufdecken von integrativem Potenzial behindern.488
Private Kommunikation/Smalltalk/Floskeln Bei dieser Kategorie handelt es sich schließlich um Kommunikation, die in keinem Zusammenhang mit der Fallstudie und der Verhandlungssimulation steht. Diese Kategorie findet jedoch – mit unterschiedlichen Bezeichnungen – im Großteil der vorliegenden Kategoriensysteme Anwendung, da diese beispielsweise durch den Austausch privater Informationen oder Randbemerkungen helfen können, eine Beziehung zwischen den Verhandlungspartnern aufzubauen bzw. zu verbessern. Kommunikation dieser Kategorie findet in Relation zu anderen Kategorien in den vorliegenden inhaltsanalytischen Verhandlungsstudien relativ wenig Anwendung.489
5.3.3.2.3 Integration Untersuchungskontext-spezifischer Kategorien Die Entwicklung der Kategorien 10 bis 18 erfolgte unter Bezug auf die Forschungsfrage in einem iterativen Prozess aus deduktiven Überlegungen zu den bereits vorgeschlagenen bzw. teilweise empirisch nachgewiesenen Unsicherheitsreduktionsmaßnahmen (vgl. Kapitel 3.2.2.2 und 3.2.3.2) sowie induktiv anhand des Datenmaterials. Die in diesen Kapiteln angeführten Maßnahmen zur Unsicherheitsreduktion fungierten folglich als Leitlinien. Sofern die genannten Maßnahmen auch in den transkribierten Verhandlungen zum Ausdruck kamen und eine eindeutige Zuordnung in vermehrten Fällen möglich war, wurde 487
So weisen Fry et al. (1983) z.B. in dem Falle, dass sich die Verhandelnden nicht kennen, eine schwach signifikante negative Korrelation zwischen der Verwendung von Zurückweisungen und dem parteiübergreifendem Gewinn nach. Vgl. Fry et al. (1983), S. 12. Darüber hinaus wurde ein negativer Zusammenhang zwischen negativen Reaktionen und Verhandlungszufriedenheit nachgewiesen. Vgl. Neu et al. (1988), S. 444. Vgl. Geiger (2007), S. 129 sowie die dort angegebene Literatur für einige weitere Erkenntnisse. Ein Grund für diese Aussparung könnte sein, dass bislang – vor allem im Harvard-Verhandlungskonzept – eher eine möglichst sachgerechte Verhandlungsführung propagiert wurde. Vgl. Fisher et al. (2004).
488
Vgl. Gonzalez et al. (2004), S. 40.
489
Vgl. beispielsweise die Kategorie „Inaction“ bei Mosterd/Rutte (2000), S. 234f.; die Kategorie „Private Communication“ bei Koeszegi et al. (2006), S. 451ff. sowie „Floskeln, Smalltalk, Sonstiges“ bei Geiger (2007), S. 177.
130 _________________________________________________________________________ eine derartige Kategorie gebildet. Eine Übersicht der verwendeten Kategorien bietet Tabelle 8.
Nr.
Kategorie
Beschreibung
10
Betonung der Gemeinsamkeiten/Vertrauensbekundungen
Äußerungen zur positiven Beziehung der miteinander verhandelnden Unternehmen. Eine Partei äußert sich gegenüber dem Marktpartner dahingehend, dass Entwicklungen einen positiven Verlauf nehmen werden. Positive/„lobende“ Kommentare über die Gegenseite.
11
Genereller Informationsaustausch über Unternehmen und Produkte
Eine Partei stellt das Unternehmen und dessen Produkte näher vor. In diese Kategorie fallen auch generelle Äußerungen über die Vor- bzw. Nachteilhaftigkeit des avisierten Geschäftsfelds.
12
Betonung der Kompetenz
Eine Partei betont die eigenen (und/oder die) Fähigkeiten und Fertigkeiten (des Marktpartners) bezogen auf bestimmte Anforderungen.
13
Betonung der Zuverlässigkeit
Eine Partei betont die eigene (und/oder die) Verlässlichkeit (des Marktpartners) bezogen auf bestimmte Anforderungen.
14
Betonung der Marktposition
Eine Partei betont die eigene (und/oder die) Position (des Marktpartners) im relevanten Markt.
15
Faustregeln/Heuristiken
Eine Partei versucht, komplexe Probleme, die sich offenbar nicht vollständig lösen lassen, mit Hilfe einfacher Regeln zu lösen (z.B. Argumentation mit dem Erfahrungskurvenkonzept).
16
Signalisieren von Fairness/ Kompromissbereitschaft
Eine Partei signalisiert eine gerechte und ehrliche Haltung gegenüber dem Marktpartner. Betonung eines starken Entgegenkommens. Eine Partei zeigt sich bereit, einen Konflikt durch Einsicht bzw. Verzicht der gestellten Forderungen aufzulösen.
17
Kommunikation innerhalb des Verhandlungsteams
Die Verhandlung wird aufgrund der Beratung innerhalb einer oder beider Verhandlungsteams für mehr als 10 Sekunden unterbrochen.
18
Pause/Unterbrechung
Die Verhandlung wird ohne sicht- und hörbare Aktivitäten der Verhandlungsteams untereinander und miteinander für mehr als 10 Sekunden unterbrochen.
Tabelle 8: Fallstudienspezifische Kategorien
Betonung der Gemeinsamkeiten/Vertrauensbekundungen Bereits die Literaturanalyse in Kapitel 3.1.2 hat gezeigt, dass Vertrauen in den Transaktionspartner unter Situationen unter hoher Unsicherheit eine große Bedeutung erfährt. Ver-
131 _________________________________________________________________________ trauen stellt „the extent to which a person is confident in, and willing to act on the basis of, the words, actions and decisions of another“490 dar. Um die Betonung von Gemeinsamkeiten bzw. Vertrauensbekundungen handelt es sich in Verhandlungssituationen also dann, wenn die Verhandlungsakteure im Glauben sind, dass der jeweilige Verhandlungspartner eher kooperativ orientiert ist.491 Neben indirekten vertrauensbildenden Maßnahmen, wie den Charakteristika des Verhandlungspartners und der Verhandlungssituation,492 kommt es in Verhandlungen auch zur direkten Betonung von Gemeinsamkeiten sowie gegenseitigen Vertrauensbekundungen.493 Diese sind primär darauf gerichtet, Sympathie beim Verhandlungspartner hervorzurufen, um dadurch die Beziehung zwischen den Verhandelnden zu verbessern. So wirkt eine angenehme Verhandlungsatmosphäre positiv auf die Kompromiss- und Kooperationsbereitschaft der Beteiligten und verringert dadurch die Unsicherheit sowie Komplexität zu schließender Verträge.494 Ferner führen Srnka et al. (2006) an, dass gegenseitige Sympathie zu weniger Gegenargumenten und damit einer erhöhten Kaufwahrscheinlichkeit und Kundenbindung führt.495
Genereller Informationsaustausch über Unternehmen und Produkte Die Kategorie „Genereller Informationsaustausch über Unternehmen und Produkte“ kennzeichnet den Informationsaustausch auf einer übergeordneten Ebene, der nicht direkt mit den einzelnen Verhandlungsgegenständen in Zusammenhang steht und der darüber hinaus nicht unmittelbar gewinnwirksam ist. Vielmehr wird in derart kategorisierter Kommunikation das Unternehmen (z.B. die Unternehmenshistorie), dessen Produkte (z.B. mit Verweis auf Produktbroschüren und -daten) bzw. allgemein das Geschäftsfeld (z.B. mit Verweise auf die Zukunftsaussichten des Sektors) vorgestellt. Während alle in Kapitel 3.2 dargestell490
McAllister (1995), S. 25. Vgl. hierzu auch Lewicki et al. (2003), S. 287.
491
Vgl. Kimmel et al. (1980), S. 9ff.; Shankarmahesh et al. (2004), S. 428 sowie die dort angegebene Literatur. Dieser Zusammenhang konnte auch in empirischen Studien bestätigt werden. Vgl. Weingart et al. (1993), S. 513. Ferner ist anzumerken, dass Vertrauen nicht nur als abhängige, sondern auch als unabhängige Variable betrachtet werden kann. So weisen Elahee/Brooks (2004) in einer Studie daraufhin, dass das Vertrauensniveau in Verhandlungen von der Internationalität der Verhandlung abhängt. Vgl. Elahee/Brooks (2004), S. 397ff.
492
Vgl. Doney/Cannon (1997), S. 38ff. Aus einer umfangreichen Literaturanalyse leitet Ebert (2009) acht Einflussfaktoren für Vertrauen ab: Transaktionskosten, Zukunftserwartungen, Abhängigkeit, Umwelt, Person, Zufriedenheit, Reputation sowie Sicherheit. Vgl. Ebert (2009), S. 78. Vgl. zum Vertrauensmanagement allgemein auch Schade/Schott (1993b), S. 500f.
493
Vgl. beispielsweise Håkansson et al. (1979), S. 87; Håkansson/Wootz (1979), S. 30f.
494
Vgl. Bunn/Liu (1996), S. 229; Gao et al. (2003), S. 397ff.; van Kleef et al. (2004), S. 61ff.
495
Vgl. Srnka et al. (2006), S. 40 und die dort angegebene Literatur sowie für eine Studie über die Entstehung von Vertrauen im persönlichen Verkauf Buber/Reiger (2009), S. 47ff.
132 _________________________________________________________________________ ten Theorien die Bedeutung des Informationsaustausches betonen, stellt diese Kategorie im Sinne der Informationsökonomie ein Mittel der leistungsübergreifenden Informationssubstitution dar.496
Betonung der Kompetenz Durch die Betonung der eigenen Kompetenz bzw. der des Verhandlungspartners äußern Verhandlungsakteure Fähigkeiten und Fertigkeiten, bestimmte Anforderungen im Zusammenhang mit der Leistungserstellung erbringen zu können. Insbesondere in Situationen hoher Unsicherheit ist es wahrscheinlich, dass Verhandlungsakteure von dieser SignalingMaßnahme im Sinne der Informationsökonomie Gebrauch machen. So weisen beispielsweise Barnes/Ayars (1977) darauf hin, dass Anbieter in Situationen von hoher wahrgenommener Unsicherheit in Interaktionen besonders ihre Kompetenz und vertrauensfördernde Maßnahmen ergreifen sollten.497 Während die Betonung der Kompetenz in der vorliegenden Verhandlungssimulation von den Probanden zumeist als leistungsbezogenes Informationssubstitut eingesetzt wurde, ist auch eine leistungsübergreifende Verwendung denkbar.
Betonung der Zuverlässigkeit Im Gegensatz zur vorherigen Kategorie handelt es sich bei Betonungen der Zuverlässigkeit um eine Signaling-Maßnahme, die nicht besondere Kompetenzen, sondern lediglich Verlässlichkeit bezogen auf bestimmte Anforderungen wie beispielsweise eine fristgerechte Lieferung zum Inhalt haben. Dabei haben alle Verhandlungsparteien ein hohes Interesses an Zuverlässigkeit, jedoch besteht i.d.R. keine Möglichkeit, diesbezügliche Aussagen zu überprüfen.498
496
Diesbezüglich ist auch auf die Ergebnisse der Literaturanalyse in Kapitel 3.1.2 zu verweisen, bei der dem Anbieter-Image eine besondere Bedeutung im Falle der Produktbeurteilung unter Unsicherheit zugewiesen wurde.
497
Vgl. Barnes/Ayars (1977), S. 191.
498
Diesbezüglich verweisen beispielsweise Voeth/Herbst (2009) darauf, dass Verhandlungsakteure ein sehr hohes Interesse an Verlässlichkeit besitzen. Vgl. Voeth/Herbst (2009), S. 112f.
133 _________________________________________________________________________ Betonung der Marktposition Eine Verhandlungspartei betont die eigene Position im relevanten Markt, um durch dieses, auf vergangenen Erfolgen aufbauende, Signaling (z.B. Marktanteile) als idealer Geschäftspartner zu wirken. So konnte auch empirisch nachgewiesen werden, dass Unternehmen mit einer guten Marktposition besonders in Situationen hoher Unsicherheit bevorzugt werden.499 Bei der Betonung der Marktposition handelt es sich im Sinne der Informationsökonomie um ein leistungsübergreifendes Informationssubstitut.
Faustregeln/Heuristiken Wie oben ausgeführt, handelt es sich bei den simulierten Verhandlungen teilweise um Situationen mit komplexen Problemen. Wie die Darstellung der Unsicherheitsreduktionsmaßnahmen im Rahmen der Theorie des wahrgenommenen Risikos gezeigt haben, besteht eine mögliche Maßnahme dabei in der Anwendung von Heuristiken, die auch in den vorliegenden Verhandlungen nachgewiesen werden konnte.500 Demnach kann davon ausgegangen werden, dass Akteure die Entscheidungen unter Unsicherheit zu treffen haben, auf vereinfachende Faustregeln und Heuristiken vertrauen, sofern sich die Probleme nicht unmittelbar oder nur mit hohem Aufwand (beispielsweise durch Informationsaustausch) lösen lassen.501 Die Anwendung von Faustregeln und Heuristiken erfordert dabei weniger kognitive Anstrengungen von den Akteuren,502 und kann deshalb während des Verhandlungsprozesses bevorzugt angewendet werden.
499
Vgl. Cardozo/Cagley (1971), S. 331.
500
Vgl. Kapitel 3.2.3.2.
501
Vgl. Frese (1971), S. 283ff.; Tversky/Kahnemann (1974), S. 1124ff.
502
Vgl. beispielsweise Chaiken et al. (1989), S. 213.
134 _________________________________________________________________________ Signalisieren von Fairness/Kompromissbereitschaft Unter Fairness wird in Verhandlungen „der Wunsch von Verhandlungsakteuren nach angemessenen und verhältnismäßigen Forderungen der jeweils anderen Verhandlungsseite [verstanden].“503 Kategorisiert wurde deshalb in der vorliegenden Verhandlungssimulation Kommunikation, bei der eine Verhandlungspartei ihre (vermeintlich) gerechte und ehrliche Haltung gegenüber dem Verhandlungspartner signalisiert.504 Dies kann beispielsweise durch eine besondere Betonung des Entgegenkommens in Form einer Angebotsanpassung oder des Verzichts bzw. Modifikation bereits gestellter Forderungen geschehen. Empirische Studien konnten diesbezüglich nachweisen, dass fair agierende Verhandlungsakteure kooperatives Verhandlungsverhalten aufweisen, sofern die Verhandlungspartner sich ebenfalls fair verhalten.505 Die Einführung dieser Kategorie erfolgte weitgehend induktiv anhand des Datenmaterials.
Kommunikation innerhalb des Verhandlungsteams Die Bildung dieser Kategorie erscheint sinnvoll, da in Zweier-Teams verhandelt wurde. Kommunikation innerhalb des Verhandlungsteams bezeichnet alle Absprachen die gruppenintern und unter Ausschluss des Verhandlungsgegners getroffen wurden.506 Die Kategorie wurde vergeben, wenn sich eine oder beide Verhandlungsteams intern für mehr als zehn Sekunden beraten haben.
Pausen/Unterbrechungen Auffällig waren in den Verhandlungen schließlich eine vermehrte Anzahl von Pausen und Unterbrechungen. In besonders schwierigen bzw. ausweglosen Verhandlungssituationen gerät der Verhandlungsprozess offenbar ins Stocken. Dies ist im Allgemeinen darauf zurückzuführen, dass die Verhandlungsakteure kognitiv überfordert sind und entweder auf 503
Voeth/Herbst (2009), S. 112.
504
Diesbezüglich muss angemerkt werden, dass ausschließlich die Transkripte anhand der festgelegten Kodierungsregeln der entsprechenden Kategorie zugewiesen wurden. Inwiefern das Signalisieren von Fairness und Kompromissbereitschaft seitens einer Partei einer aufrichtigen Haltung entstammt, ist nicht ersichtlich.
505
Vgl. Maxwell et al. (2003), S. 399ff. Hierbei handelt es sich damit also um einen Fall von Reziprozität. Vgl. dazu auch Voeth/Herbst (2009), S. 135ff.
506
Eine derartige Variable „group talk“ findet sich auch bei Kern et al. (2005), S. 29f.
135 _________________________________________________________________________ Vorschläge der Verhandlungspartner warten oder über weitere Vorschläge zum weiteren Vorgehen nachdenken. Die Kategorie wurde vergeben, wenn beide Verhandlungsteams für mehr als zehn Sekunden weder sicht- noch hörbare Aktivitäten tätigten.
5.3.3.3 Reliabilität Im vorliegenden Fall wurde die Kodierung vollständig von zwei Kodierern anhand eines Kodierleitfadens durchgeführt, der während der ebenfalls erfolgten Probekodierung erstellt und laufend ergänzt wurde.507 Um die korrekte Kodierung und das Verständnis der vorliegenden Verhandlung durch beide Kodierer sicherzustellen, wurde sowohl vor Erstellung sowie nochmals während der Verfeinerung des Handbuches eine Kodiererschulung durchgeführt.508 Die Kodierung der Verhandlungen wurde inhaltlich-semantisch vorgenommen. Dies hat im Vergleich zur formal-syntaktischen Kodierung den Vorteil, dass sich die schlichte Anzahl von Verhandlungsaussagen sowie sprachliche Eigenheiten der Verhandlungsakteure im Ergebnis nicht systematisch niederschlagen. So ist es bei dieser Art der Kodierung unerheblich, wenn Verhandlungsakteure beispielsweise viele kurze Sätze, andere Verhandlungsakteure hingegen lange und ausschweifende Formulierungen nutzen, da die Anzahl der Kodiereinheiten unabhängig von der Periodenlänge nur aufgrund des Inhalts vergeben wird. Der Nachteil inhaltlich definierter Kodiereinheiten liegt in einer erschwerten Anwendbarkeit, welcher jedoch aufgrund des o.a. verbesserten Aussagegehaltes in Kauf genommen wurde.509 Ferner wurden Doppelkodierungen bei nicht eindeutigen Aussagen der Verhandlungsakteure zugelassen, wenngleich dies selten vorkam.510 Liegt die komplette Kodierung der Transkription vor, so ist diese vor einer inhaltlichen Auswertung zunächst auf Reliabilität und Validität zu prüfen. Die Reliabilität ist dabei Voraussetzung für die Objektivität der Inhaltsanalyse.511 Mithilfe von Reliabilitätstests 507
Vgl. zu diesem Vorgehen beispielsweise Mayring (2008), S. 55. Um den Aufwand der Kodierung zu verringern, ist auch die Beschränkung auf eine stichprobenartige Doppelkodierung denkbar. Vgl. hierzu Geiger (2007), S. 178f.
508
Im vorliegenden Fall wurde die Kodierung nach der Transkription vorgenommen. Es ist aber ebenso denkbar, eine Kodierung vorzunehmen, während die Interaktion abläuft. Vgl. für einen derartigen Ansatz beispielsweise Bakeman/Gottman (1997), S. 40ff.
509
Vgl. Früh (2007), S. 92f.
510
Vgl. zu diesem Vorgehen beispielsweise Roemer et al. (1999), S. 52.
511
Vgl. Früh (2007), S. 188.
136 _________________________________________________________________________ lassen sich so einerseits die Güte des Kategoriensystems und andererseits die Sorgfalt der Kodierung beurteilen.512 Gemessen wird dabei zunächst die Übereinstimmung beider Kodierer am vollständig kodierten Textmaterial (Interkoder-Reliabilität). Diesbezüglich sind zwei verschiedene Ebenen der Reliabilität, nämlich die Reliabilität der Kodiereinheiten von der Reliabilität der Kodierung, zu unterscheiden.
5.3.3.3.1 Reliabilität der Kodiereinheiten Zunächst ist die Reliabilität der Kodierung („unitizing reliability“) zu ermitteln, d.h. inwiefern die Kodierer – nach Einigung auf eine Kodierung nach Sinneinheiten – bezüglich der Auswahl der zu kodierenden Texteinheiten übereinstimmen.513 Als Reliabilitätsmaß hierfür hat sich in der inhaltsanalytischen Forschung das von Guetzkow (1950) eingeführte „Guetzkows U“ etabliert, das von der Mehrzahl der Forscher als das relevante Reliabilitätsmaß betrachtet wird:514 ܷൌ
ሺܱଵ െ ܱଶ ሻ ሺܱଵ ܱଶ ሻ
„Guetzkows U“ misst dabei den prozentualen Unterschied zwischen der Anzahl der festgelegten Kodiereinheiten zwischen zwei Kodierern. ܱଵ stellt die Anzahl der von Kodierer 1 festgelegten Kodiereinheiten und ܱଶ die Anzahl von Kodierer 2 dar. Es wird ein möglichst kleiner Wert für ܷ angestrebt, wobei die Übereinstimmung beider Kodierer bei einem Wert von null ihr Maximum erreichen würde.515 Bei der vorliegenden Untersuchung konnte ein Wert von ܷ = 0,0064 erreicht werden, was im Vergleich mit anderen bekannten Studien als sehr gut gewertet werden kann.516
512
Vgl. Weingart et al. (2004), S. 448. Vgl. für kritische Anmerkungen zur Berechnung der Interkoder-Reliabilität Lisch/Kriz (1978), S. 87ff. sowie Ritsert (1975), S 70.
513
Vgl. hierzu und im Folgenden Folger et al. (1984), S. 118ff.
514
Vgl. Guetzkow (1950), S. 55.
515
Vgl. Guetzkow (1950), S. 55. Wird die Kodierung von mehr als zwei Kodierern durchgeführt, bietet sich die Anfertigung einer Matrix mit einzelnen Werten für Guetzkows U analog der Matrix für Kodiererübereinstimmung von Früh (2007) an. Vgl. Früh (2007), S. 193.
516
Von den wenigen bekannten, inhaltsanalytischen Verhandlungsstudien, die Angaben über Guetzkows U machen, weisen lediglich die Studien von Geiger (2007), S. 180 und Pesendorfer/Koeszegi (2007), S. 405 mit 0,005 bzw. 0,0043 einen leicht besseren Wert auf. Vgl. auch Anhang 1.
137 _________________________________________________________________________ „Guetzkows U“ trifft jedoch keine Aussage über die prozentuale Übereinstimmung identisch identifizierten Kodiereinheiten. So wäre ein „Guetzkows U“ von null theoretisch möglich, obwohl beide Kodierer jeweils völlig unterschiedliche Kodiereinheiten gewählt haben. Zur Lösung dieses Problems empfehlen Angelmar/Stern (1978) die Berechnung des „index of coterminability“, der den prozentualen Anteil der übereinstimmend abgegrenzten Kodiereinheiten in Bezug auf die Summe von Übereinstimmungen und Nichtübereinstimmungen angibt.517 Für ein optimales Ergebnis wäre ein Wert von eins anzustreben. Die hier durchgeführte Einteilung von Kodiereinheiten erreicht eine Übereinstimmung von 74 Prozent, was vor dem Hintergrund anderer Studien ebenfalls als gut einzuschätzen ist.518
517
Vgl. Angelmar/Stern (1978), S. 97. Alle identfizierten inhaltsanalytischen Verhandlungsstudien (vgl. Anhang 1) bis auf Angelmar/Stern (1978) und Geiger (2007) verzichten auf die Berechnung dieses Indizes. Guetzkow (1950) weißt jedoch relativierend darauf hin, dass das Fehlen von „coterminability“ zu weniger Fehlern in der späteren Kategorisierung als ein geringes Guetzkow U führen würde. Vgl. Guetzkow (1950), S. 54. M.a.W. ist also die unitizing reliability die notwendige Voraussetzung für das Vorliegen von interpretative reliability. Vgl. Hewes (1985), S. 556.
518
Vgl. Angelmar/Stern (1978), S. 97 die einen Wert von 0,59 vorweisen sowie Geiger (2007), S. 180 der einen Wert von 0,84 angibt.
138 _________________________________________________________________________ 5.3.3.3.2 Reliabilität der Kodierung Nachdem durch diese Kennzahlen die Reliabilität der Kodiereinheiten als gut eingeschätzt werden kann, ist im nächsten Schritt die Reliabilität der Kodierung („interpretative reliability“) zu untersuchen. Hierbei kann sowohl die Reliabilität über alle Kategorien für das gesamte Kategoriensystem („overall reliability“) als auch pro Kategorie („categoryby-category reliability“) bestimmt werden.519 Das in diesem Zusammenhang einfachste Reliabilitätsmaß der „coder-reliability“ wurde hierzu von Holsti (1969) vorgeschlagen:520 ܥǤ ܴǤ ൌ
ʹܯ ܰଵ ܰଶ
ܯsteht dabei für die Anzahl der übereinstimmenden Kodierungen und ܰଵ sowie ܰଶ für die Gesamtanzahl der Kodierungen von Kodierer 1 bzw. Kodierer 2. Der Koeffizient ܥǤ ܴǤ drückt demnach das Verhältnis der mittleren Übereinstimmung aller übereinstimmenden Kodiererkombinationen zur Gesamtzahl aller Kodierungen aus.521 Im Optimalfall kann ein Wert von eins erreicht werden, Angaben über akzeptable Niveaus von ܥǤ ܴǤ bestehen bislang nicht in der Literatur, dies liegt nach Früh (2007) in der subjektiven Einschätzung des Forschers, jedoch sollten bei sorgfältiger Vorarbeit Werte von mindestens 0,75 erreichbar sein.522 Dieser Wert wird in der vorliegenden Kodierung mit einem ܥǤ ܴǤ = 0,78 leicht übertroffen. Speziell in der inhaltsanalytischen Verhandlungsforschung wird darüber hinaus meist Cohens ț als Reliabilitätsmaß angegeben, da dies zudem die Anzahl an Übereinstimmungen um die Zahl der durch Zufall zu erwartenden Übereinstimmungen bereinigt:523 ߢൌ
െ ͳ െ
Dabei steht für den Anteil der Kodiereinheiten, bezüglich derer die Kodierer übereinstimmen. gibt den Anteil an, bei dem eine zufällige Übereinstimmung der Kodierer erwartet werden kann. Unter der Annahme, dass jede Kodiereinheit dieselbe Wahrscheinlichkeit einer korrekten Kategorisierung hat, beträgt der Wert für 1/k, wobei k die An519
Vgl. Hewes (1985), S. 557.
520
Vgl. Holsti (1969), S. 140.
521
Vgl. Früh (2007), S. 190.
522
Vgl. Früh (2007), S. 191
523
Vgl. Cohen (1960), S. 40; Perreault/Leigh (1989), S. 137f.
139 _________________________________________________________________________ zahl an Kategorien angibt.524 Fleiss et al. (2003) legen für Cohens ߢ folgende Gütebewertungen fest:
0,4 – 0,6 ist als ordentlich (befriedigend),
0,6 – 0,75 als gut (gut) sowie Werte
> 0,75 als sehr gut (exzellent) zu bewerten.525
In der nachstehenden Tabelle findet sich eine Übersicht sowohl über die erreichten Cohens Ɉ-Werte der Probekodierung als auch die Werte der gesamten Kodierung jeweils pro Kategorie.526 Dabei fällt auf, dass durchgängig gute bis sehr gute Werte für Cohens Ɉ erzielt wurden. Der Gesamtwert der Interkoder-Reliabilität über alle Kategorien betrug Ɉ = 0,76, was insbesondere vor dem Hintergrund der verhältnismäßig zahlreichen Kategorien als sehr gut einzustufen ist.527
524
Vgl. Weingart et al. (2004), S. 448 sowie die dort angegebene Literatur.
525
Vgl. Fleiss et al. (2003), S. 604. Vgl. für eine weniger strenge Klassifizierung Landis/Koch (1977), S. 165.
526
Vor der abschließenden Kodierung wurde eine Anzahl von jeweils fünf Verhandlungen pro Geschäftstyp per Zufallsauswahl ausgewählt und von beiden Kodierern zur Probe kodiert. Durch praktische Anwendung konnten so auftretende Probleme und Schwächen bezüglich der Auswahl der Kategorien des Kategoriensystems entdeckt werden. Diese insgesamt 10 von 79 Verhandlungen finden in den späteren Kodiervorgang keinen Eingang.
527
Vgl. Weingart et al. (2004), S. 450. Auch vor dem Hintergrund der vorliegenden inhaltsanalytischen Verhandlungsstudien ist dieser Wert als sehr gut einzuschätzen (vgl. Anhang 1). Die sieben identifizierten Studien, die einen höheren wert für Cohens ߢ ausweisen, haben mit durchschnittlich 10,7 Kategorien weniger Kategorien, wodurch der Wert verkleinert und Cohens ߢ vergrößert wird.
Vgl. zum Zweck der Angabe dieser „Category-by-category-measures“ Folger et al. (1984), S. 124f.
Für die Gesamteinschätzung der Reliabilität wurde die Einteilung von Cohens ߢ nach Fleiss et al. (2003), S. 604 verwendet. Dabei war maßgeblich, dass sowohl die Interkoder-Reliabilität als auch die IntrakoderReliabilität mindestens eines Kodierers die erforderliche Gütebewertung erfüllt.
140 _________________________________________________________________________ Interkoder-Reliabilität KategorieNr.
Intrakoder-Relibilität
Gesamtbewertung der Reliabi-
Probekodierung
Gesamtkodierung
Kodierer 1
Kodierer 2
Cohens ૂ
Cohens ૂ
Cohens ૂ
Cohens ૂ
1
0,68
0,82
0,93
0,75
+++
2
0,66
0,82
0,96
0,79
+++
3
0,73
0,81
0,91
0,71
+++
4
0,40
0,70
0,85
0,87
++
5
0,56
0,72
0,87
0,76
++
6
0,63
0,76
0,75
0,69
++
7
0,54
0,81
0,90
0,70
+++
8
0,63
0,76
0,83
0,68
+++
9
0,78
0,84
0,88
0,89
+++
10
0,51
0,67
0,85
0,71
++
11
0,68
0,65
0,89
0,81
++
12
0,63
0,76
0,97
0,86
+++
13
0,41
0,67
0,83
0,76
++
14
0,75
0,76
1,00
0,70
+++
15
0,49
0,61
0,76
0,76
++
16
0,55
0,76
0,92
0,75
+++
17
1,00
0,99
1,00
1,00
+++
1,00
0,96
1,00
1,00
+++
18
+ ordentlich
lität
++ gut +++ sehr gut Tabelle 9: Cohens ࣄ-Werte pro Kategorie
Zusätzlich wurde die Intrakoder-Reliabilität ermittelt, wozu aus den beiden Fallstudien jeweils drei Verhandlungstranskripte per Zufallsauswahl ermittelt und von beiden Kodierern einen Monat nach der ersten Kodierung erneut separat kodiert wurden. Insgesamt wurden also von jedem Kodierer sechs Verhandlungen doppelt kodiert. Vor dem Hintergrund der ermittelten Intrakoder-Reliabilitäten (vgl. Tabelle 9) ist festzuhalten, dass beide Kodierer kategorienübergreifend sehr gute Ergebnisse erzielen.
141 _________________________________________________________________________ Aufgrund aller ermittelter Reliabilitätsmaße kann davon ausgegangen werden, dass aufgrund der Unabhängigkeit von einzelnen Kodierern eine hohe Objektivität der Inhaltsanalyse erreicht wird. Damit ist zugleich die notwendige Bedingung für die Validität des Kategoriensystems erfüllt.528
5.3.3.4 Validität In einem zweiten Schritt kann die eigentliche Beurteilung der Validität der Kodierung erfolgen. Die Kodierung ist nur dann als valide anzusehen, wenn das Kategoriensystem das misst, was es messen soll. Es stellt sich folglich die Frage, ob die vorgenommene Kodierung der Transkription auch wirklich den Bedeutungsgehalt der Verhandlungen im Sinne der zugrunde liegenden Forschungsfrage wiedergibt.529 Bei der Entwicklung des Kategoriensystems wurde festgelegt, was gemessen werden soll und wie sich die einzelnen Kategorien voneinander unterscheiden. Darüber hinaus wurden konkrete Regeln erstellt, nach denen das zu kodierende Material den Kategorien zugeordnet wurde.530 Da in der vorliegenden Untersuchung der Forscher zum einen selbst an der Kodierung aller Transkriptionen beteiligt war und zum anderen sämtliche gemessene Reliabilitäten der Kodierung („Forscher-Codierer-Reliabilität“)531 sehr gut sind, darf davon ausgegangen werden, dass das Kategoriensystem das misst, was beabsichtigt ist. Deshalb ist von gegebener Augenscheinvalidität, allgemein als „face validity“ bezeichnet, auszugehen.532 Neben der Augenscheinvalidität wird in der Literatur eine Vielzahl von Validitätsformen diskutiert, für die aber im Rahmen der hier vorliegenden Simulation mit anschließender Inhaltsanalyse keine Validierungsvorschläge mit anwendbaren Messinstrumenten vorliegen.533
528
Vgl. Bortz/Döring (2006), S. 200 und Geiger (2007), S. 182.
529
Vgl. Früh (2007), S. 196 sowie zur Reliabilität und Validität von Verhandlungssimulationen auch Inbar/Stoll (1972), S. 278ff.
530
Vgl. Kodierungshandbuch Tabelle 7 und Tabelle 8.
531
Früh (2007), S. 197f.
532
Vgl. Folger et al. (1984), S. 136f.; Früh (2007), S. 196ff., sowie für ein identisches Vorgehen Geiger (2007), S. 182. Da die vorgenommene Verhandlungssimulation mit den ihr zugrunde liegenden Fallstudien darüber hinaus sehr realitätsnah angelegt ist, und die Hauptakteure mit realistischen Merkmalen und Zielen beschreibt, kann auch im Sinne von Inbar/Stoll (1972) von vorliegender Validität gesprochen werden. Vgl. die kritischen Anmerkungen, insbesondere Punkt 3, zur Validität bei Verhandlungssimulationen Inbar/Stoll (1972), S. 281ff.
533
So ist z.B. ferner die Inhalts-, Kriteriums- sowie Konstruktvalidität zu nennen. Vgl. beispielsweise Früh (2007), S. 196ff. sowie Folger et al. (1984), S. 136ff. Der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass ein
142 _________________________________________________________________________ Somit ist neben der notwendigen Bedingung der Reliabilität der Kodierung durch die Beteiligung des Forschers auch die hinreichende Bedingung der inhaltsanalytischen Vorgehensweise erfüllt. Für die folgenden Auswertungen kann deshalb davon ausgegangen werden, dass die Untersuchungsergebnisse sich jederzeit unabhängig vom Kodierer reproduzieren lassen und genau das gemessen wird, was vom Forscher beabsichtigt war.
5.4 Darstellung der Ergebnisse 5.4.1 Verhandlungsvorbereitung Vor Eintritt in eine Verhandlung entwickeln die Verhandlungsakteure individuell oder gemeinsam einen Plan, wie die teilweise komplexen Probleme des bevorstehenden Verhandlungsprozesses gehandhabt werden sollen.534 Im Rahmen der Verhandlungsvorbereitung ist nach einer Bewertung aller zur Verfügung stehender Informationen festzulegen, welche konkreten Ziele in der Verhandlung verfolgt werden sollen, da „pre-negotiaion planning is critical for the estabilshment of a successful partnership.“535 Nach der Erfassung bzw. Abschätzung der thematischen Zusammenhänge, der eigenen Stärken und Schwächen, insbesondere aber auch der Handlungsmöglichkeiten der Gegenseite, sind Optionen zu entwickeln und zu bewerten, worauf eine grobe, vorausschauende Strategie festzulegen ist, wie innerhalb und über was mit dem gegnerischen Verhandlungspartner verhandelt werden soll.536 Generell erfolgt Planung um zukünftige Unsicherheit zu reduzieren sowie das Risiko von Fehlentscheidungen zu minimieren.537 Da derartige Planungen informell und implizit ablaufen,538 sind die Möglichkeiten zur Erfassung der Verhandlungsvorbereitung beschränkt: Neben der Erfassung der Vorbereitungsdauer bietet sich eine Erhebung der Vorbereitungsstruktur an. Großteil der vorliegenden inhaltsanalytischen Verhandlungsstudien gänzlich auf die Diskussion der Validität verzichtet. Während beispielsweise Geiger (2007) noch relativ ausführlich auf die Überprüfung der Validität eingeht (vgl. Geiger (2007), S. 182), werden diese Angaben beispielsweise bei Koeszegi et al. (2006) mit Verweis auf das planvolle Vorgehen knapp gehalten. Vgl. Koeszegi et al. (2006), S. 451. Die weiteren Artikel nehmen zur Validität in keiner Form Stellung. Vgl. hierzu die in Anhang 1 aufgeführten Studien. Vgl. zu einer ähnlichen Kritik bezüglich der mangelnden Angabe der Reliabilität sowie Validität Folger et al. (1984), S. 117 und die aktuellen Ergebnisse einer umfassenden Literaturanalyse von Auer-Srnka (2009), S. 7ff. 534
Vgl. Kirsch/Kutschker (1972), S. 42.
535
Rognes (1995), S. 12.
536
Vgl. Lewicki et al. (2003), S. 52; Peterson (2001), S. 38f. sowie ausschließlich zur Verhandlungsvorbereitung Schmitz et al. (2006) und Voeth/Herbst (2009), S. 82ff.
537
Vgl. Foster (1993), S. 123f. sowie die dort angegebene Literatur.
538
Vgl. Kirsch/Kutschker (1972), S. 51; Peterson (2001), S. 38.
143 _________________________________________________________________________
5.4.1.1 Dauer Vor Beginn der Verhandlungssimulation wurden die Probanden im Rahmenfragebogen nach einer Angabe ihrer gesamten Vorbereitungsdauer für die Verhandlungsdurchführung gebeten. Die entsprechenden Ergebnisse und Unterschiede in der Vorbereitungsdauer zwischen den unterschiedlichen Geschäftstypen können Tabelle 10 entnommen werden. Dauer der Verhandlungsvorbereitung
Zuliefergeschäft (n = 163)
Produktgeschäft (n =152)
pro Item in %
kumuliert in %
pro Item in %
kumuliert in %
1 Stunde
0
0
0
0
1-2 Stunden
0
0
0
0
3-4 Stunden
4,91
4,91
4,61
4,61
5-6 Stunden
12,88
17,79
27,63
32,24
7-8 Stunden
23,93
41,72
21,71
53,95
> 8 Stunden
58,28
100
46,05
100
gesamt
100
100
Tabelle 10: Dauer der Verhandlungsvorbereitung
Aus den Angaben der Probanden ist ersichtlich, dass sich die Verhandlungen in den beiden Geschäftstypen hinsichtlich der verwendeten Vorbereitungszeit voneinander unterscheiden. Der Median im Zuliefergeschäft liegt bei > 8 Stunden, der Median im Produktgeschäft bei 7-8 Stunden. Die Durchführung eines Mann-Whitney-U-Tests ergab diesbezüglich einen sehr signifikanten Unterschied (p 0,01).539 Im Vergleich zum Produktgeschäft bereiten sich Verhandlungsakteure im Zuliefergeschäft demzufolge länger vor,540 wenngleich dies keine Aussagen zur Struktur bzw. Art der Vorbereitung zulässt.
5.4.1.2 Struktur Deshalb wurden die Probanden zudem befragt, wie und auf welche Aspekte sie sich auf die Verhandlungsdurchführung vorbereitet haben. So war auf einer Konstantsummenskala 539
Bei den vorgegebenen Antwortmöglichkeiten handelt es sich um ein ordinales Datenniveau, was die Anwendung eines nichtparametrischen Tests erforderlich macht. Vgl. auch Backhaus et al. (2008), S. 109.
540
Vgl. hierzu auch die Aussagen von Wheeler (2004a), S. 3 sowie die Ausführungen in Kapitel 3.1.2.
144 _________________________________________________________________________ anzugeben, ob sich die Verhandlungsteilnehmer alleine oder im Team auf die Verhandlung vorbereiteten und auf welche Aspekte sie sich hierbei konzentriert haben. Verhandlungsvorbereitung (Einzel- vs. Team)
Produktgeschäft (n = 152)
Zuliefergeschäft (n = 163)
gemeinsam im Team**
73,91
67,92
alleine**
26,09
32,08
gesamt
100
100
* p 0,05; ** p 0,01; *** p 0,001
Tabelle 11: Einzel- versus Verhandlungsvorbereitung im Team
Dabei wird deutlich, dass sich die Probanden im Zuliefergeschäft vermehrt einzeln statt im Team auf die Verhandlung vorbereitet haben. So ergaben Mann-Whitney-U-Tests jeweils sehr signifikante Unterschiede zwischen dem Zuliefer- und Produktgeschäft.541 Der entsprechende Mittelwert für eine individuelle Vorbereitung im Zuliefergeschäft liegt bei 32,08 Prozent, während Probanden im Produktgeschäft angeben, im Mittel 26,09 Prozent der Vorbereitung in Einzelarbeit verbracht zu haben.
541
Aufgrund der Nichtnormalverteilung der Items musste ein nichtparametrischer Test angewandt werden. Zur Prüfung auf Normalverteilung wurde zunächst ein Kolmogorov-Smirnov-Test durchgeführt. Da eine signifikante Abweichung von der Normalverteilung bei p 0,05 bestand, wurde statt eines T-Tests nach Student der nichtparametrische U-Test nach Mann und Whitney zum Vergleich der Items angewendet. Vgl. zu den angeführten Testverfahren beispielsweise Bühl (2008), S. 119f.
145 _________________________________________________________________________
Aspekte der Verhandlungsvorbereitung
Produktgeschäft (n = 152)
Zuliefergeschäft (n = 163)
Kosten und Kalkulation***
46,14
50,67
Argumentation und Taktik
42,75
38,81
Aufgabenverteilung im Team
11,11
10,52
gesamt
100
100
**
* p 0,05; ** p 0,01; *** p 0,001
Tabelle 12: Aspekte der Verhandlungsvorbereitung
Auch bezüglich der einzelnen Aspekte der Verhandlungsvorbereitung lassen sich Unterschiede feststellen. So fokussieren sich die Verhandlungsakteure im unsicheren Zuliefergeschäft stärker auf die rein ökonomischen Aspekte Kosten und Kalkulationen (p 0,001), während Verhandlungsakteure im Produktgeschäft sich im Vergleich zum Zuliefergeschäft stärker auf die Ausarbeitung von Argumentationen und Taktiken konzentrieren (p 0,01) und sich damit durch eine stärkere Umsetzungsorientierung auszeichnen. Bezüglich der Aufgabenverteilung im Team bestehen zwischen den beiden Gruppen jedoch keine signifikanten Unterschiede.
5.4.2 Verhandlungsprozess 5.4.2.1 Verhandlungsdauer Die durchschnittliche Verhandlungsdauer betrug fallstudienübergreifend 37,5 min. Hieraus wird zum einen deutlich, dass eine Einigung auch ohne Ausnutzung der maximal verfügbaren Zeit im Rahmen der Verhandlungssimulation möglich war. Zum anderen wird bei Betrachtung der beiden Geschäftstypen deutlich, dass die Verhandlungen im Zuliefergeschäft signifikant länger dauerten (T-Test, p 0,003).542
542
Bezüglich der Verhandlungsdauer kann nach Durchführung eines Kolmogorov-Smirnov-Tests von Normalverteilung ausgegangen werden (p 0,05). Des Weiteren ist zur Durchführung der Verhandlungssimulationen anzumerken, dass die Manipulationen in Version A und Version B (vgl. 5.3.1) keinen Einfluss auf die Verhandlungsdauer gehabt hat.
146 _________________________________________________________________________
01:00 00:55 00:50 00:45
00:41
00:41
Of f shore A
Of f shore B
00:40 00:35
00:34
00:34
Repowering A
Repowering B
00:30 00:25 00:20 00:15 00:10 00:05 00:00
Abbildung 16: Dauer der Verhandlungen
Die längere Verhandlungsdauer im Zuliefergeschäft deutet bereits daraufhin, dass sich eine Einigung im Zuliefergeschäft schwieriger gestaltet, was u.a. durch die Menge ausgetauschter Informationen bedingt sein könnte. So gibt McQuiston (1989) in seiner Studie auch die für das Zuliefergeschäft relevanten Faktoren Neuartigkeit und Wichtigkeit als generelle Prädiktoren für die Menge ausgetauschter Informationen an, konnte diesen Zusammenhang bislang jedoch nicht nachweisen.543 Eine detailliertere Analyse des Informationsverhaltens erfolgt in Kapitel 0.
5.4.2.2 Verhandlungsverhalten Um zunächst eine grundsätzliche Sicht auf die Struktur des Verhalten im Verhandlungsprozess in den unterschiedlichen Geschäftstypen zu bekommen, ist in Abbildung 17 und Abbildung 18 die Verteilung der zugeordneten Kategorien für das Produktgeschäft sowie das Zuliefergeschäft dargestellt. Zur Berechnung dieser Verteilung wurde für jede Verhandlung die Summe an Nennungen pro Kategorie durch die Summe der Nennungen aller Kategorien dividiert, um eine Maßzahl für die unterschiedlichen Anteile während der Kommunikation zu erhalten.544 Erst durch diese relative Maßzahl wird ein Vergleich der geschäftstypenspezifischen Verhandlungsprozesse möglich.
543
Vgl. McQuiston (1989), S. 75ff.
544
Um eine bessere Vergleichbarkeit des Verhandlungsverhaltens zu ermöglichen, wurden relative statt der häufig angegebenen absoluten Werte des kodierten Verhaltens (vgl. Weingart et al. (2004), S. 452) ange-
147 _________________________________________________________________________ Kommunikation innerhalb der Pause/Unterbrechung 0,8% Gruppe 7,3% Faustregeln/Heuristiken 0,3% Signalisieren von Fairness/ Kompromissbereitschaft 9,5%
Einzelofferte 7,9% Paketofferte 8,3%
Betonung der Marktposition 1,2%
Forderung eines Angebotes 5,7%
Betonung der Zuverlässigkeit 1,0% Betonung der Kompetenz 3,9% Genereller Informationsaustausch über Unternehmen und Produkte 2,4% Betonung der Gemeinsamkeiten/ Vertrauensbekundungen 6%
Informationsaustausch über Präferenzen und Positionen 22,2%
Private Kommunikation/Smalltalk/ Floskeln 6,3% Zurückweisung und negative Reaktion Drohungen/Warnungen 7,1% 5,1%
Informationsaustausch über Prioritäten 1,0%
Prozessmanagement 4,1%
Lesebeispiel: 7,9 Prozent der Statements im Produktgeschäft wurden als Einzelofferten klassifiziert.
Abbildung 17: Kategorienanteile während der Verhandlung im Produktgeschäft
Während einzelne Unterschiede bezüglich des Kategorienanteils, wie beispielsweise für das Zuliefergeschäft der sehr viel größere Anteil an Informationsaustausch sowohl von Präferenzen und Positionen als auch von Prioritäten gegenüber den Verhandlungen im Produktgeschäft, leicht ersichtlich sind, sind für darüber hinausgehende Aussagen zum Verhandlungsprozess tiefergehende Analysen zweckmäßig. Dabei wird Gummeson (2003) gefolgt, der im Hinblick auf qualitativ ausgerichtete Forschung anmerkt, dass „data should be accounted for in a transparent, rich and complete way and not leaving out contradictory data.“545
geben. Vgl. zu diesem Vorgehen Bakeman/Gottman (1997), S. 93f.; Graham (1985), S. 88ff.; Roemer et al. (1999), S. 41 sowie z.B. Weingart et al. (1996), S. 1211. Aufgrund gleichgroßer Skalenabschnitte und des vorhandenen natürlichen Nullpunktes handelt es sich hierbei um eine Verhältnisskala. Vgl. hierzu Backhaus et al. (2008), S. 9. 545
Gummeson (2003), S. 485.
148 _________________________________________________________________________ Kommunikation innerhalb der Pause/Unterbrechung Gruppe 0,7% 5,4% Faustregeln/Heuristiken Signalisieren von Fairness/ 1,1% Kompromissbereitschaft 7,4% Betonung der Marktposition 1,3% Betonung der Zuverlässigkeit 2,2%
Einzelofferte 0,6%
Paketofferte 13,1%
Forderung eines Angebotes 3,8%
Betonung der Kompetenz 2,9% Genereller Informationsaustausch über Unternehmen und Produkte 4,5% Betonung der Gemeinsamkeiten/ Vertrauensbekundungen 6%
Informationsaustausch über Präferenzen und Positionen 29,1%
Private Kommunikation/Smalltalk/ Floskeln 5,9% Zurückweisung und negative Reaktion Drohungen/Warnungen Prozessmanagement 6,9% 2,0% 1,4%
Informationsaustausch über Prioritäten 4,2%
Abbildung 18: Kategorienanteile während der Verhandlung im Zuliefergeschäft
Um zunächst einen besseren Überblick über die große Anzahl und der geschäftstypen- und damit unsicherheitsspezifischen Verwendung der Kategorien bzw. Kommunikationsmuster zu bekommen, sind diejenigen Kategorien zu ermitteln, die zur Unterscheidung des relativ sicheren Produktgeschäfts und des relativ unsicheren Zuliefergeschäfts besonders geeignet sind. Hierzu bietet sich die Anwendung einer schrittweisen Diskriminanzanalyse als multivariates Verfahren an, mit der untersucht werden kann, ob sich Gruppen hinsichtlich verschiedener Variablen – hier Kategorien – voneinander unterscheiden, und welche Variablen zu dieser Unterscheidung geeignet sind, d.h. wie hoch deren diskriminatorische Bedeutung ist.546 Dabei wird in mehreren Schritten jeweils diejenige Variable in die Diskriminanzfunktion einbezogen, die das verwendete Gütemaß Wilks-Lambda (ȁ) maximiert. Da Wilks-Lambda ein inverses Gütemaß ist, deuten Werte nahe null auf eine gute Trennfähigkeit der Diskriminanzfunktion hin. Neben dieser deskriptiven Interpretation ist Wilks-Lambda zusätzlich in die Zufallsvariable ߯ ଶ zu überführen, mit der die
546
Da im vorliegenden Fall das Wissen um die Gruppenzugehörigkeit vorliegt, und die sogenannte Gruppenvariable (Geschäftstyp) als abhängige Variable nominal skaliert ist, und die Merkmalsvariablen (Kategorien) als unabhängige Variablen jeweils metrisches Datenniveau aufweisen, sind die Voraussetzungen zur Anwendung der Diskriminanzanalyse erfüllt. Vgl. ausführlich Backhaus et al. (2008), S. 181ff. Wie im vorliegenden Fall empfiehlt sich die schrittweise Diskriminanzanalyse aufgrund der vielen unabhängigen Variablen. Vgl. Bühl (2008), S. 482. Vgl. zu einem ähnlichen Vorgehen beispielsweise Bunn/Liu (1996), S. 445.
149 _________________________________________________________________________ Diskriminanzfunktion in ihrer Gesamtheit auf Signifikanz getestet werden kann.547 Die Basis
für
die
Beurteilung
der
einzelnen
Merkmalsvariablen
bilden
die
Diskriminanzkoeffizienten. Schritt
Aufgenommene Variable
1
Einzelofferte
2
Faustregeln/Heuristiken
3
Standardisierte kanonische Diskriminanzfunktionskoe ffizienten
Wilks-Lambda (ȁ)
0,493
0,509
- 0,400
0,420
Informationsaustausch über Prioritäten
0,603
0,351
4
Prozessmanagement
0,634
0,303
5
Drohungen/Warnungen
- 0,486
0,238
6
Kommunikation innerhalb des Verhandlungsteams
0,416
0,208
Tabelle 13: Ergebnisse der schrittweisen Diskriminanzanalyse
Zum einen zeigen die Ergebnisse der schrittweisen Diskriminanzanalyse (vgl. Tabelle 13), dass durch den Einbezug von insgesamt 6 Kategorien die Diskriminanzfunktion schrittweise verbessert werden konnte (ȁ = 0,208). Zum anderen werden die Verhaltensweisen im Verhandlungsprozess angegeben, welche besonders geeignet sind, um zwischen den beiden untersuchten Geschäftstypen zu unterscheiden. Anhand der standardisierten Diskriminanzkoeffizienten lässt sich die Wichtigkeit der einzelnen Kategorien innerhalb der Dis-kriminanzfunktion erkennen, sodass bereits hier deutlich wird, bezüglich welcher Verhaltensweisen sich Verhandlungen unter Unsicherheit von Verhandlungen unter geringer Unsicherheit unterscheiden lassen. So besitzen besonders die Kategorie Prozessmanagement mit einem Wert von 0,634 sowie Informationsaustausch über Prioritäten mit einem Wert von 0,603 für den standardisierten kanonischen Diskriminanzfunktionskoeffizienten die größte diskriminatorische Bedeutung.548 Für ߯ ଶ errechnet sich im vorliegenden Fall ein
547
Wilks-Lambda (ȁ) stellt das allgemein gebräuchliche Gütemaß zur Beurteilung der Trennkraft der Disଵ ௧¡௧ௌ௧௨௨ ൌ . Zur Durchführung kriminanzfunktion dar. Es berechnet sich wie folgt: Ȧ ൌ ଵାఒ
ீ௦௧௦௧௨௨
eines Signifikanz-Tests ist dieses Gütemaß in die Variable ߯ ଶ zu transformieren. Die hierfür nötige Forାீ mel stellt sich wie folgt dar: ߯ ଶ ൌ െቂܰ െ െ ͳቃ Ȧ, mit N der Anzahl an Fällen, J der Anzahl an ଶ Variablen und G der Anzahl an Gruppen. Vgl. Backhaus et al. (2008), S. 202. 548
Für die Beurteilung der diskriminatorischen Bedeutung spielt das Vorzeichen der Koeffizienten keine Rolle. Vgl. Backhaus et al. (2008), S. 208.
150 _________________________________________________________________________ Wert von ߯ ଶ = 116,223. Für 6 Freiheitsgrade entspricht dies einer höchst signifikanten (p 0,001) Diskriminanzfunktion. Die dargestellten Kategorien sind folglich in hohem Maße dazu geeignet, die Geschäftstypen Produktgeschäft und Zuliefergeschäft zu klassifizieren. Betrachtet man die ermittelten Variablen inhaltlich, so wird deutlich, dass es sich dabei um Kategorien handelt, die
das Angebotsverhalten (Einzelofferte),
das Informationsverhalten (Faustregeln/Heuristiken, Informationsaustausch über Prioritäten),
das prozessbezogene Verhalten (Prozessmanagement),
das beziehungsbezogene Verhalten (Drohungen/Warnungen) sowie sogenannte
Anomalien (Kommunikation innerhalb des Verhandlungsteams)
beschreiben. Diese einzelnen Verhaltensarten bilden damit im Folgenden die Grundlage der weiteren Untersuchung, in der die zu jeder Verhaltensart zugeordneten Kategorien detailliert untersucht werden.549 Hierzu werden neben den Ergebnissen der Inhaltsanalyse auch ausgewählte Selbsteinschätzungen der Verhandlungsteilnehmer diskutiert, die nach der Verhandlung im zweiten Rahmenfragebogen abgegeben wurden.550 Damit folgt diese Arbeit Gummeson (2003), der zur Gewinnung eines möglichst vollständigen Bildes fordert, Auswertungen nicht nur auf eine Verhandlungspartei (Anbieter oder Nachfrager) zu beschränken, sondern das Verhalten von Anbietern und Nachfragern zu analysieren.551
5.4.2.2.1 Angebotsverhalten Wie bereits bei der Entwicklung des Kategoriensystems erwähnt, kann bei Angeboten zwischen Einzel- und Paketofferten unterschieden werden.552 Darüber hinaus ist die Forderung 549
Eine ähnliche Unterteilung zur Analyse des Verhandlungsprozesses findet sich beispielsweise auch bei Koeszegi et al. (2006), S. 452ff. und Srnka et al. (2006), S. 48ff. Vgl. darüber hinaus zu den frühen Anfängen der Interaktionsanalyse Bales (1950) sowie mit Bezug auf Verhandlungsverhalten Walcott/Hopmann (1978), S. 251ff.
550
Vgl. zu dieser „Triangulation“ Kapitel 4.2 und 4.3.4.
551
Vgl. Gummeson (2003), S. 487f.
552
Vgl. Kapitel 5.3.3.2.
151 _________________________________________________________________________ nach Angeboten sowie das bewusste Signalisieren von Kompromissbereitschaft dem Angebotsverhalten zuzuordnen.553 In der nachfolgenden Tabelle 14 finden sich deshalb rollenspezifische Angaben zur Verwendung dieser Kategorien. Ebenfalls angegeben sind die statistischen Signifikanzunterschiede für Anbieter und Nachfrager zwischen den beiden Geschäftstypen sowie in Klammern die jeweiligen Standardabweichungen.554
Nr.
Anbieter
16
ܠത
s
ܠത
8,18a, ***
(6,18)
0,59***
(1,48)
(5,05)
***
(1,28)
6,97
8,80 7,44
***
0,51
s
13,67
***
(5,80)
(5,13)
11,49
***
(4,44)
(4,30)
Anbieter
3,28
(2,60)
2,45
(2,25)
Nachfrager
7,61*
(5,66)
4,87*
(3,65)
Forderung eines Angebotes
Signalisieren von Fairness/ Kompromissbereitschaft
***
***
Paketofferte Nachfrager
3
(n = 41)
Einzelofferte Nachfrager
2
Zuliefergeschäft
(n = 38)
Kategorie
Anbieter 1
Produktgeschäft
Anbieter Nachfrager
13,24
***
4,39
(5,67) (3,90)
8,72
***
4,95
(4,65) (3,50)
* p 0,05; ** p 0,01; *** p 0,001 a
Lesebeispiel: 8,18 Prozent der Anbieter-Statements im Produktgeschäft sind Einzelofferten.
Tabelle 14: Kategorien und Häufigkeit des Angebotsverhaltens
Aus der tabellarischen Darstellung wird deutlich, dass im Produktgeschäft signifikant mehr Einzelofferten von beiden Verhandlungspartnern unterbreitet werden als im Zuliefergeschäft, während in letzterem Geschäftstyp der Fokus auf Paketofferten liegt. Betrachtet 553
So erschließt sich aus den Transkriptionen, dass oftmals auf das Signalisieren von Fairness und Kompromissbereitschaft die Forderung nach einem neuen Angebot bzw. die Ab- oder Annahme eines Angebotes erfolgte.
554
Zur Berechnung der Mittelwertunterschiede wurde für diese wie auch für die identisch aufgebauten Tabellen der Folgekapitel zunächst mithilfe eines Kolmogorov-Smirnov-Tests eine Prüfung auf Normalverteilung durchgeführt. Sofern eine signifikante Abweichung von der Normalverteilung bei p 0,05 bestand, wurde statt eines T-Tests nach Student der nichtparametrische U-Test nach Mann und Whitney zum Vergleich der Kategorien angewendet. Keine Normalverteilung auf Anbieterseite liegt vor bei den Kategorien Einzelofferte, Informationsaustausch über Prioritäten, Prozessmanagement, Drohungen/Warnungen, Betonung der Marktposition, Betonung der Zuverlässigkeit, Faustregeln/Heuristiken sowie Pause. Keine Normalverteilung auf Nachfragerseite liegt vor bei den Kategorien Einzelofferte, Informationsaustausch über Prioritäten, Prozessmanagement, Drohungen/Warnungen, Betonung der Kompetenz, Betonung der Zuverlässigkeit, Betonung der Marktposition, Faustregeln/Heuristiken sowie Pause. Vgl. zu den angeführten Testverfahren beispielsweise Bühl (2008), S. 119f.
152 _________________________________________________________________________ man jedoch den Anteil von Offerten insgesamt, so wird deutlich, dass im Produktgeschäft der Anteil an dieser Kategorie höher als im Zuliefergeschäft ist, was teilweise auch eine Folge der vermehrten Angebotsforderungen sein dürfte. Der Hauptgrund für das beobachtete Verhalten dürfte aber darin zu sehen sein, dass im Produktgeschäft konkrete Leistungen vorliegen, während im Zuliefergeschäft zunächst die zwischen beiden Transaktionspartnern vorliegende Unsicherheit reduziert werden muss, bevor ein sinnvoller Austausch von Angebot und Gegenangebot möglich ist. Darüber hinaus ist das auf Seiten der Anbieter im Produktgeschäft hohe Ausmaß an Kompromissbereitschaft auffällig. In der Zusammenschau dieser vier Subkategorien kann das Angebotsverhalten im Produktgeschäft eher als eine Art „Feilschen“ im Sinne des ursprünglichen Begriffs „bargaining“, hingegen im Zuliefergeschäft eher von einer Verhandlung im Sinne von „negotiation“ gesprochen werden.555 So konnte diesbezüglich auch bereits in einer experimentellen Studie industriellen Kaufverhaltens nachgewiesen werden, dass in Situationen hoher Unsicherheit höhere Preise eher akzeptiert werden, statt intensiv über geringere Preise zu verhandeln.556 Dies könnte damit ein Erklärungsansatz für das geringe Ausmaß an „Feilschen“ darstellen. Bei dieser Art der Verhandlungsführung sowie der Konzentration auf einzelne Verhandlungsgegenstände im Produktgeschäft besteht darüber hinaus auch die Gefahr, mögliches integratives Potenzial in der Verhandlungssituation nicht aufzudecken.557 Neben diesem statischen Bild des Verhandlungsprozesses ist darüber hinaus auch die dynamische Veränderung des Verhandlungsverhaltens zu betrachten.558 Hierzu ist es zweckmäßig, den Verhandlungsprozess in aufeinander folgende Phasen zu unterteilen. Die Bestimmung einer bestimmten Anzahl von Verhandlungsphasen ist letztlich willkürlich. Wichtig ist jedoch das Bewusstsein dafür, dass sich Kommunikationsinhalte innerhalb des Zeitablaufes in einer bestimmten Weise verändern. So werden bestimmte Verhaltensweisen intensiviert oder auch durch andere Verhaltensweisen substituiert.559 Für die nachfolgende Phasenbetrachtung wird dem wohl bekanntesten Ansatz von Douglas (1962) gefolgt, der idealtypisch drei aufeinander folgende Phasen unterschiedet.560 Während es in der ersten Phase um die Initiierung der Verhandlung, das gegenseitige Kennenlernen und 555
Vgl. zu den Unterschieden der Begrifflichkeiten Kapitel 1.
556
Vgl. Cardozo/Cagley (1971), S. 333.
557
Vgl. Thompson (2005), S. 216. Vgl. hierzu auch den kompromissbereiten Verhandlungsstil bei Voeth/Herbst (2009), S. 165.
558
Vgl. Weingart et al. (2004), S. 452.
559
Vgl. Backhaus/Voeth (2007), S. 106.
560
Vgl. Douglas (1962) und Kapitel 3.1.1.2 sowie beispielhaft für eine Anwendung Voeth/Herbst (2005), S. 25ff. Weitere Phasen finden sich darüber hinaus beispielsweise bei Peterson (2001), S. 37ff.
153 _________________________________________________________________________ die Erläuterung von Positionen geht, werden in der darauffolgenden Phase i.d.R. Argumente im Hinblick auf das Verhandlungsobjekt und die einzelnen Verhandlungsgegenstände ausgetauscht sowie – sofern notwendig – die Leistung spezifiziert. In der dritten Phase geht es dann um die Herbeiführung einer Einigung bzw. die ergebnislose Beendigung der Verhandlung sowie die Festlegung der hierzu notwendigen Austauschkonditionen.561 Für eine derartige sequentielle Analyse wurde jede Verhandlung während der Transkription in drei gleich lange Teile unterteilt, unabhängig davon ob von den Probanden die maximal zugestandene Verhandlungszeit vollständig genutzt oder bereits vorher einen Verhandlungsabschluss erreicht wurde.562 Wie die kumulierte Darstellung von Einzel- und Paketofferten in Abbildung 19 zeigt, handelt es sich beim Angebotsverhalten in der Tat um einen dynamischen Prozess, in dem Angeboten oftmals Gegenangebote folgen.563 Ferner bestätigt die Verhandlungssimulation auch das idealtypische Muster für Phase 3, in der – mit Ausnahme von Anbietern im Produktgeschäft – die meisten Angebote abgegeben bzw. angenommen werden.564 Schließlich ist aus der Darstellung ersichtlich, dass im Zuliefergeschäft in den ersten Phasen beim paarweisen Vergleich von Anbietern sowie Nachfragern im Produkt- und Zuliefergeschäft signifikant weniger Angebote vorgelegt werden. Hingegen steigt das Angebotsverhalten bei beiden Marktpartnern im Zuliefergeschäft kontinuierlich, von Phase 1 zu 2 signifikant (p 0,05) und von Phase 2 zu 3 schließlich höchst signifikant (p 0,001) an.565
561
Vgl. hierzu auch Kratz (1975), S. 168ff.
562
Folglich besteht eine 60minütige Verhandlung aus drei Phasen á 20 Minuten, während in einer 30 Minuten andauernden Verhandlung jede Phase 10 Minuten umfasst. Vgl. zur Entwicklung und den Grundlagen der Sequenzanalyse allgemein Bakeman/Gottman (1997) und Bakeman/Gottman (1997) sowie die dort angegebene Literatur.
563
Vgl. hierzu auch die Anmerkungen bei Lewicki et al. (2006), S. 166.
564
Erläuterung zur Legende: A = Anbieter, N = Nachfrager, PG = Produktgeschäft, ZG = Zuliefergeschäft.
565
Zum nichtparametrischen, paarweisen Vergleich dieser abhängigen Stichproben wurde, wie auch zu den weiteren Folgeabbildungen, ein Wilcoxon-Test durchgeführt. Vgl. Bühl (2008), S. 323ff.
154 _________________________________________________________________________ 0,30 0,26**
0,25 0,20**
0,20
0,22 0,18
0,15
0,13**
0,15**
0,10
0,13** 0,09**
0,10
0,05
0,08** 0,07
0,17**
Angebote A/PG Angebote N/PG Angebote A/ZG Angebote N/ZG
0,00 Phase 1
Phase 2
Phase 3
* p 0,05; ** p 0,01; *** p 0,001
Abbildung 19: Phasenspezifisches Angebotsverhalten
Bezüglich des phasenspezifischen Forderungsverhaltens ergibt sich beim Vergleich zwischen Produkt- und Zuliefergeschäft ein ähnliches Bild. Während die Verhandlungsakteure im Produktgeschäft verglichen mit den Akteuren im Zuliefergeschäft in der ersten und zweiten Phase einen höheren Anteil an Angebotsforderungen im Vergleich zum übrigen Verhalten aufweisen, nehmen die Angebotsforderungen sowohl von Anbietern als auch Nachfragern im Zuliefergeschäft während des Verhandlungsverlaufs kontinuierlich zu (vgl. Abbildung 20). Bemerkenswert ist schließlich, dass phasenübergreifend in beiden Geschäftstypen tendenziell eher Nachfrager Forderungen nach Angeboten stellen, wenngleich dieser Unterschied nur für Phase 2 signifikant (p 0,05) nachgewiesen wurde.
155 _________________________________________________________________________ 0,10
0,09*
0,09 0,08
0,08
0,07 0,06 0,05*
0,05
0,06 0,06
Forderungen A/PG Forderungen N/PG
0,05
0,04 0,03 0,02
0,05*
0,04
0,03*
0,03
Forderungen A/ZG Forderungen N/PG
0,02 0,01
0,01 0,00
Phase 1
Phase 2
Phase 3
* p 0,05; ** p 0,01; *** p 0,001
Abbildung 20: Phasenspezifisches Forderungsverhalten
Wie auch schon aus der statischen Darstellung ersichtlich (vgl. Tabelle 14), ist das bewusste Signalisieren von Fairness und damit verbundene Kompromissbekundungen im Zuliefergeschäft auch phasenübergreifend und rollenunabhängig signifikant weniger häufig zu beobachten als im Produktgeschäft. Bemerkenswert ist diesbezüglich auch, dass es im Gegensatz zum Produktgeschäft selbst in der letzten Verhandlungsphase zu keinem Anstieg dieser Verhaltensweise kommt, wenngleich dieser Unterschied im Produktgeschäft nur auf Nachfragerseite von Phase 1 zu 3 signifikant ist (p 0,001). 0,16 0,14***
0,14
0,15***
0,12 0,11***
0,10
Kompromiss A/PG 0,08
Kompromiss N/PG
0,06
0,05**
0,06***
Kompromiss A/ZG Kompromiss N/ZG
0,04 0,02 0,00
0,02***
0,02 0,01 0,01*** Phase 1
0,01** Phase 2
0,01*** 0,01*** Phase 3
* p 0,05; ** p 0,01; *** p 0,001
Abbildung 21: Phasenspezifisches Kompromissverhalten
156 _________________________________________________________________________ 5.4.2.2.2 Informationsverhalten Durch den Austausch von Informationen versuchen die Verhandlungsparteien, die einzelnen Verhandlungsgegenstände zu identifizieren und bezüglich unterschiedlicher Prioritäten und Positionen Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen, da sonst „the result will be a less adequate definition of the problem; fewer alternatives will be less explored. […] When the information is relatively low, the parties will produce relatively low-grade solutions.”566 Hinsichtlich des Informationsverhaltens kann neben dem direkten Informationsaustausch über die Darlegung von Präferenzen und Positionen sowie Prioritäten auch der indirekte Informationsaustausch über Informationssurrogate unterschieden werden.567
Direkter Informationsaustausch
Nr.
4
5
Produktgeschäft
Zuliefergeschäft
(n = 38)
(n = 41)
Kategorie
Informationsaustausch über Präferenzen und Positionen
Informationsaustausch über Prioritäten
Anbieter Nachfrager Anbieter Nachfrager
ܠത
s
ܠത
s
19,91***
(8,70)
27,73***
(7,09)
23,23*
(9,09)
27,67*
(8,32)
*
0,90 0,89
***
(1,49) (1,46)
*
(3,16)
***
(4,48)
2,49 5,69
* p 0,05; ** p 0,01; *** p 0,001
Tabelle 15: Kategorien und Häufigkeit des direkten Informationsaustausches
Sowohl aus der statischen (vgl. Tabelle 15) als auch der dynamischen Betrachtung (vgl. Abbildung 22), die die Kategorien „Informationsaustausch über Präferenzen und Positionen“ sowie „Informationsaustausch über Prioritäten“ kumuliert darstellt, ist ersichtlich, dass die Verhandlungsakteure im Zuliefergeschäft durchgehend signifikant mehr Informationen austauschen als ihre Pendants im Produktgeschäft.568 Insbesondere der im Produkt566
Vgl. Walton/McKersie (1965), S. 140.
567
Vgl. hierzu auch die Ausführungen zu leistungsübergreifenden Substituten im Rahmen des informationsökonomischen Ansatzes. Vgl. Kapitel 3.2.2.2.
568
Einschränkend ist diesbezüglich anzumerken, dass auch die in der Simulation verwendete Zeitbeschränkung einen Einfluss auf den geringeren Informationsaustausch im Produktgeschäft gehabt haben könnte,
157 _________________________________________________________________________ geschäft zu verzeichnende signifikant geringere Austausch von Informationen über Prioritäten bestätigt die in Kapitel 5.4.2.2.1 getroffene Interpretation, dass es sich bei Verhandlungen im Produktgeschäft eher um distributive und auf Feilschen, statt problemorientierte und auf die Aufdeckung des vorhandenen integrativen Potenzials ausgerichtete Verhandlungen handelt. Bemerkenswert ist darüber hinaus auch, dass der Anteil an Informationsaustausch in beiden Geschäftstypen und sowohl bei Anbietern als auch Nachfragern im Verlauf der Verhandlung kontinuierlich sinkt, was darauf zurückzuführen sein dürfte, dass sowohl Präferenzen und Positionen als auch Prioritäten zunehmend geklärt und dadurch auf beiden Seiten bestehende Unsicherheiten beständig abgebaut werden. Lediglich die Nachfrager im Zuliefergeschäft haben in Phase 1 und 2 einen erhöhten Bedarf an direktem Informationsaustausch, da dieser in beiden Phasen auf einem ähnlich hohen Niveau bleibt und der Unterschied zwischen 43,70 Prozent Anteil an direktem Informationsaustausch in Phase 1 und 40,08 Prozent in Phase 2 statistisch nicht signifikant ist. 0,50 0,45
0,46***
0,40
0,44**
0,35
0,34** 0,35***
0,30 0,25
0,40***
0,25**
0,31*** 0,22***
Direkte Inf ormation A/PG Direkte Inf ormation N/PG Direkte Inf ormation A/ZG
0,20 0,15
0,18***
0,10
0,17* 0,16** 0,11*
Direkte Inf ormation N/ZG
0,05 0,00 Phase 1
Phase 2
Phase 3
* p 0,05; ** p 0,01; *** p 0,001
Abbildung 22: Phasenspezifischer direkter Informationsaustausch
da diese bei distributiv verhandelnden Akteuren dazu führen kann, dass der ohnehin zwischen den Verhandlungsakteuren reduzierte Informationsaustausch noch weiter reduziert wird. Vgl. Carnevale/Lawler (1986), S. 654.
158 _________________________________________________________________________ Indirekter Informationsaustausch Betrachtet man den indirekten Informationsaustausch, so führt der Vergleich der verschiedenen Kategorien mittels T-Test bzw. bei Nichtnormalverteilung U-Test nach MannWhitney zu dem in Tabelle 16 zusammengefassten Ergebnis, bei dessen Betrachtung sich ein uneinheitliches Bild ergibt. In beiden Geschäftstypen werden am häufigsten generelle Unternehmens- und Produktinformationen ausgetauscht.569 Im Zuliefergeschäft ist der Anteil diesbezüglichen Verhaltens sehr signifikant bzw. höchst signifikant größer als im Produktgeschäft. Offenbar reicht in diesen Verhandlungen der direkte Informationsaustausch zur Unsicherheitsreduzierung nicht aus, sodass auch auf diese Maßnahme zurückgegriffen wird. Zusätzlich wird die Betonung der Zuverlässigkeit im Zuliefergeschäft vermehrt angewendet. Auch der Rückgriff auf Faustregeln und Heuristiken unterscheidet sich, wenn auch insgesamt auf geringem Niveau, auf Nachfragerseite höchst signifikant von der relativen Häufigkeit zwischen den beiden Geschäftstypen.
Nr.
Produktgeschäft
Zuliefergeschäft
(n = 38)
(n = 41)
Kategorie ܠത
11
12
13
14
15
Genereller Informationsaustausch über Unternehmen und Produkte
Anbieter Nachfrager
s ***
2,00
2,48
**
(2,19) (2,53)
ܠത 4,08
s ***
(2,49)
**
(3,52)
4,69
Anbieter
5,13
(3,36)
3,77
(3,09)
Nachfrager
1,91
(2,04)
1,61
(2,64)
Betonung der Kompetenz
Betonung der Zuverlässigkeit
Anbieter Nachfrager
***
1,29
0,38
**
(1,56) (1,16)
2,86
***
(2,22)
**
(1,62)
1,30
Anbieter
1,41
(1,93)
1,19
(1,28)
Nachfrager
0,83
(1,36)
0,99
(1,32)
Anbieter
0,39
(0,97)
0,50
(0,96)
Betonung der Marktposition
Faustregeln/Heuristiken Nachfrager
***
0,14
(0,50)
1,55
***
(1,86)
* p 0,05; ** p 0,01; *** p 0,001
Tabelle 16: Kategorien und Häufigkeit des indirekten Informationsaustausches
569
Vgl. zu den Kategorien die der Normalverteilungsannahme entsprechen bzw. nicht entsprechen Fußnote 554.
159 _________________________________________________________________________ In ähnlich hohem Maß betonen die Verhandlungsakteure in beiden Geschäftstypen ihre Kompetenz sowie Marktposition, wobei dieses Verhalten verständlicherweise eher von den Anbietern gezeigt wird. Fasst man die einzelnen Kategorien zusammen, so wird ersichtlich, dass dem indirekten Informationsaustausch insgesamt mit einem Anteil von bis zu 15,49 Prozent in der ersten Phase eine große Bedeutung zukommt (vgl. Abbildung 23). 0,18 0,16
0,15*
0,14 0,12
0,12
0,10
0,11*
0,11
0,06
Indirekte Information A/PG Indirekte Information N/PG
0,10
0,08 0,07
0,07
0,08 0,07 0,06
Indirekte Information A/ZG Indirekte Information N/ZG
0,06
0,04
0,04
0,02 0,00 Phase 1
Phase 2
Phase 3
* p 0,05; ** p 0,01; *** p 0,001
Abbildung 23: Phasenspezifischer indirekter Informationsaustausch
Besonders in Phase 1 ist der Anteil indirekter Information im Zuliefergeschäft signifikant höher als im Produktgeschäft. Während dieser Zusammenhang bei den Anbietern signifikant ist, so ist der Unterschied bei den Nachfragern noch als schwach signifikant zu bezeichnen (p 0,055). Betrachtet man den indirekten Informationsaustausch im Verhandlungsverlauf, so zeigt sich ähnlich dem direkten Informationsaustausch eine kontinuierliche Abnahme über die Phasen hinweg. Lediglich im Produktgeschäft beträgt anbieterseitig sowohl in Phase 1 als auch in Phase 2 der Anteil des indirekten Informationsaustausches am Gesamtverhalten 11,49 Prozent bzw. 11,48 Prozent. Damit können diese Ergebnisse tendenziell auch für den Verhandlungsprozess die Aussagen der Informationsökonomie bestätigen, nach der insbesondere die Unternehmensreputation ein Mittel zur leistungsübergreifenden Informationssubstitution und damit Unsicherheitsreduzierung darstellt.570
570
Vgl. hierzu auch Kapitel 3.2.2.2.
160 _________________________________________________________________________ 5.4.2.2.3 Beziehungsbezogenes Verhalten Das beziehungsbezogene Verhalten der Verhandlungspartner kann in kompetitive und kooperative Verhaltensweisen unterteilt werden.571 Während beide Verhaltensweisen oftmals als gegenseitige Extreme auf einer Dimension wahrgenommen werden,572 weisen Neale/Fragale (2006) darauf hin, dass beide Verhaltensweisen parallel auftreten können. So stellen die meisten Verhandlungssituationen „mixed-motive conflicts“ dar, in denen zunächst vor allem kooperativ verhandelt wird, um integratives Verhandlungspotenzial zu ergründen. Erst im Zeitablauf werden darauffolgend kompetitive Verhaltensweisen zur Sicherung des entsprechenden Gewinnanteils – bewusst oder unbewusst – angewendet.573 Während kompetitives Verhalten insbesondere durch die Kategorien „Drohungen/Warnungen“ sowie „Zurückweisung und negative Reaktionen“ auf Angebote und Argumente der Gegenseite gekennzeichnet ist, zeichnet sich kooperatives Verhalten besonders durch die „Betonung von Gemeinsamkeiten und Vertrauensbekundungen“ sowie auch privater Kommunikation zwischen den Verhandlungspartnern, ohne direkten Bezug zur eigentlichen Verhandlungsaufgabe, aus.574 Wie aus der nachfolgenden Tabelle 17 zu entnehmen ist, ergibt sich ausschließlich bezüglich des Einsatzes von Drohungen/Warnungen ein höchst signifikanter Unterschied, da diese Kategorie im Produktgeschäft auf der Seite der Nachfrager sehr häufig angewendet wird.
571
Vgl. Alexander et al. (1994), S. 27. Für diese beiden grundlegenden Verhaltensweisen, die je nach Autor mit Strategien oder auch Taktiken umschrieben werden, wird in der Verhandlungsliteratur eine Vielzahl unterschiedlicher Begriffe verwandt, wenngleich das identische Verhalten gemeint ist. So benennen Dwyer et al. (1987) diese Verhaltensweisen beispielsweise als „Problem Solving“ und „Aggressive Bargaining“, die nach Aussage der Autoren damit auch die beiden Basisstrategien auf Industriegütermärkten darstellen. Vgl Dwyer et al. (1987), S. 176 sowie beispielsweise auch Walton/McKersie (1991), S. 4ff.
572
Vgl. beispielsweise Fisher et al. (2004), S. xiv; Perdue/Summers (1991), S. 186.
573
Vgl. Neale/Fragale (2006), S. 32 sowie die dort angegebene Literatur. Zum Begriff der integrativen Verhandlung äußert sich Raiffa (1982) wie folgt: „there are two parties and several issues to be negotiated. […] The parties are not strict competitors. It is no longer true that if no party gets more, the other necessarily has to get less: they both can get more. They can cooperate in order to enlarge the pie that they eventually will have to divide.” Vgl. Raiffa (1982), S. 131.
574
Vgl. Alexander et al. (1991), S. 140ff.; Alexander et al. (1994), S. 27; Lewicki et al. (2006), S. 263f.; Thompson (2005), S. 273ff.
161 _________________________________________________________________________
Nr.
9
10
(n = 41)
ܠത
s
ܠത
s
2,36
(2,51)
2,19
(2,27)
7,59***
(4,85)
1,68***
(2,12)
Anbieter
6,89
(4,83)
6,19
(5,46)
Nachfrager
7,10
(6,06)
6,56
(5,51)
Anbieter
8,15
(4,88)
8,51
(5,46)
Nachfrager
6,90
(5,00)
8,47
(5,99)
Anbieter
4,25
(3,30)
5,79
(4,15)
Nachfrager
7,37
(3,80)
8,78
(4,27)
Drohungen/Warnungen Nachfrager
8
Zuliefergeschäft
(n = 38)
Kategorie
Anbieter 7
Produktgeschäft
Zurückweisung und negative Reaktion
Private Kommunikation/ Smalltalk/Floskeln Betonung der Gemeinsamkeiten/ Vertrauensbekundungen
* p 0,05; ** p 0,01; *** p 0,001
Tabelle 17: Kategorien und Häufigkeit beziehungsbezogener Kommunikation
Bezüglich der weiteren Kategorien sind lediglich nicht signifikante Tendenzaussagen möglich. So liegt der Anteil an Zurückweisungen und negativen Reaktionen als Facette kompetitiven Verhaltens im Produktgeschäft sowohl anbieter- als auch nachfragerseitig leicht über dem Niveau des Zuliefergeschäfts. Hingegen ist der Anteil im Zuliefergeschäft rollenübergreifend sowohl an privater Kommunikation als auch hinsichtlich der Betonung von Gemeinsamkeiten und Vertrauensbekundungen leicht über dem des Produktgeschäftes.575 Es kann somit davon ausgegangen werden, dass die Verhandlungsakteure im Produktgeschäft eher kompetitiv, hingegen im Zuliefergeschäft eher kooperativ agieren: Aufgrund der im Zuliefergeschäft auch nach Vertragsschluss vorliegenden Unsicherheit für beide Transaktionspartner haben diese offenbar ein Interesse an einer, auch nach der Verhandlung bestehenden, guten Beziehung.576
575
Dies deckt sich mit den Aussagen von Håkansson/Östberg (1975), die anmerken, dass insbesondere Vertrauen in risikoreichen und komplexen Projekten eine große Rolle spielt. Vgl. Håkansson/Östberg (1975), S. 115. Darüber hinaus weisen Crosby et al. (1990) nach, dass die Vermarktung von komplexen Dienstleistungen zu Großteilen von der u.a. durch Vertrauen geprägten Beziehungsqualität abhängt. Vgl. Crosby et al. (1990), S. 68ff. Vgl. umfassend zur Bedeutung von Vertrauens unter Unsicherheit auch Welpe (2008), S. 1251.
576
„Every negotiator has two kinds of interests: in the substance and in the relationship”. Fisher et al. (2004), S. 20.
162 _________________________________________________________________________ Fasst man jeweils beide Kategorien zur Kategorie „kompetitives Verhalten“ (Kategorie 7 + 8) bzw. „kooperatives Verhalten“ (Kategorie 9 + 10) zusammen und betrachtet den Phasenablauf in der Verhandlung, so kann die oben erwähnte, kontinuierliche Zunahme kompetitiven Verhaltens für beide Geschäftstypen bestätigt werden (vgl. Abbildung 24). Lediglich die Nachfrager im Produktgeschäft weisen in Phase 2 den höchsten Anteil an kompetitivem Verhalten auf. 0,25
0,20
0,19***
0,15
komp. Verhalten A/PG 0,12*
0,10 0,06 0,05
0,10 0,10*** 0,09
0,13 0,12 0,11 0,11
komp. Verhalten N/PG komp. Verhalten A/ZG komp. Verhalten N/ZG
0,06* 0,05
0,00 Phase 1
Phase 2
Phase 3
* p 0,05; ** p 0,01; *** p 0,001
Abbildung 24: Phasenspezifisches kompetitives Beziehungsverhalten
Bezüglich des phasenspezifischen kooperativen Verhaltens (vgl. Abbildung 25) kann die oben getroffene Tendenzaussage aus der statischen Betrachtung bestätigt werden. Mit Ausnahme der Phase 1 liegt nämlich der Anteil der kooperativen Verhaltensweisen der Verhandlungspartner im Zuliefergeschäft über dem des Produktgeschäfts. Während die Verhandlungsakteure im Produktgeschäft insbesondere in Phase 2 einen signifikant geringeren Anteil kooperativer Verhaltensweisen zeigen, bleibt dieser im Zuliefergeschäft zwischen Phase 1 und 2 auf einem ähnlich hohen und statistisch nicht signifikant voneinander unterschiedlichem Niveau.
163 _________________________________________________________________________ 0,25
0,20
0,15
0,17***
0,20 0,18 0,17
0,13**
0,13
0,18 0,15 0,15
0,16
0,10
koop. Verhalten A/PG koop. Verhalten N/PG koop. Verhalten A/ZG
0,09***
koop. Verhalten NG/ZG
0,08** 0,05
0,00 Phase 1
Phase 2
Phase 3
* p 0,05; ** p 0,01; *** p 0,001
Abbildung 25: Phasenspezifisches kooperatives Beziehungsverhalten
Neben den angeführten Verhaltensweisen sind darüber hinaus insbesondere kompetitive Verhandlungen oftmals durch unethisches Verhalten gekennzeichnet, indem beispielsweise falsche Informationen, wie nicht einzuhaltende Versprechen oder bewusste Lügen, zum Einsatz kommen.577 Da die Erfassung dieser Verhaltensweisen mittels der Inhaltsanalyse nur schwer möglich ist,578 wurden hierzu die Verhandlungsteilnehmer um eine Selbsteinschätzung anhand einer sechsstufigen Likert-Skala (1 = stimme gar nicht zu; 6 = stimme voll und ganz zu) gebeten (vgl. Tabelle 18).579
577
Vgl. Thompson (2005), S. 166ff.
578
So ist es für den Kodierer beispielsweise nicht immer eindeutig ersichtlich, ob Aussagen der Verhandlungsakteure bewusste Falschaussagen und Lügen darstellen oder auf versehentlichem Unverständnis der zugrunde liegenden Tatsachen beruhen. Vgl. für einen offenbar konträren Standpunkt die Kategorie „Täuschung, Lüge“ bei Geiger (2007), S. 177 sowie grundsätzlich zu Lügen in Verhandlungen Lewicki (1983), S. 68ff.
579
Aufgrund der Nichtnormalverteilung der Items wurde ein U-Test nach Mann und Whitney durchgeführt. Vgl. zu den dargestellten Ergebnissen auch Sandstede/Voeth (2008), S. 4.
164 _________________________________________________________________________
Item
Wir haben den Verhandlungspartner nicht gegen (vermeintliche) Wettbewerber ausgespielt.
Wir haben keine Informationen verbreitet, die sich nachträglich als unwahr erweisen.
Wir haben Angaben gemacht, auf die sich der Verhandlungspartner verlassen kann.
Wir haben den Verhandlungspartner ausreden lassen und sind auf seine Fragen eingegangen.
Produktgeschäft
Zuliefergeschäft
(n = 152)
(n = 163)
ܠത
s
ܠത
s
Anbieter
4,82**
(1,21)
5,27**
(1,06)
Nachfrager
4,30***
(1,46)
4,99***
(1,35)
Anbieter
4,22*
(1,55)
4,84*
(1,33)
Nachfrager
4,63*
(1,54)
5,18*
(1,21)
Anbieter
4,68
(1,18)
4,86
(1,14)
Nachfrager
5,16
(1,03)
5,33
(0,82)
Anbieter
5,49*
(0,76)
5,17*
(0,96)
Nachfrager
5,37
(0,86)
5,33
(0,80)
* p 0,05; ** p 0,01; *** p 0,001
Tabelle 18: Selbsteinschätzung – Beziehungsbezogenes Verhalten
Da der zuvor angesprochene „self-report bias“ sowohl für die Verhandler im Produkt- als auch Zuliefergeschäft zutrifft, erscheinen die im Nachgang der Verhandlung getroffenen Eigenaussagen zumindest geeignet, die Ergebnisse der Inhaltsanalyse zu vervollständigen. So kann aus den vorliegenden Bewertungen geschlossen werden, dass sowohl Anbieter- als auch Nachfragerverhalten im Zuliefergeschäft kooperativer ausgerichtet ist als im Produktgeschäft. Damit ergibt sich ein weiteres wichtiges Teilergebnis der Analyse, dass sich die Kooperativität nämlich nicht nur auf den höheren Austausch direkter und indirekter Informationen bezieht (vgl. Kapitel 0), sondern auch im Beziehungsverhalten der Parteien untereinander widerspiegelt. Diese Aussage wird schließlich durch die Abfrage nach der persönlichen Selbsteinschätzung zum jeweiligen Verhandlungsverhalten in Einklang mit dem Harvard-Verhandlungskonzept gestützt, bei der die einzelnen Säulen des Konzeptes wiederum auf einer sechsstufigen Likert-Skala (1 = stimme gar nicht zu; 6 = stimme voll und ganz zu) zu bewerten waren (vgl. Tabelle 19).580
580
Vgl. Fisher et al. (2004) sowie Kapitel 3.1.1.4. Aufgrund der Nichtnormalverteilung der Items wurde ein U-Test nach Mann und Whitney durchgeführt. Vgl. zu den dargestellten Ergebnissen auch Sandstede/Voeth (2008), S. 4.
165 _________________________________________________________________________
Produktgeschäft
Zuliefergeschäft
(n = 152)
(n = 163)
Item
Wir haben Menschen und Probleme getrennt voneinander behandelt.
Wir haben nicht Positionen sondern Interessen in den Mittelpunkt unserer Verhandlung gestellt. Bei der Entwicklung von Lösungsmöglichkeiten für unsere Verhandlung haben wir darauf geachtet, Lösungsmöglichkeiten für beide Verhandlungsparteien zu berücksichtigen. Wir haben die unterschiedlichen Angebote der Verhandlungsgegner anhand objektiver Kriterien bewertet.
ܠത
s
ܠത
s
Anbieter
4,78
(1,34)
4,69
(1,16)
Nachfrager
4,92
(1,12)
5,10
(1,04)
Anbieter
4,71
(0,83)
4,70
(1,02)
Nachfrager
4,69*
(1,15)
5,02*
(0,90)
Anbieter
4,29**
(1,08)
4,83**
(0,95)
Nachfrager
4,41*
(1,06)
4,74*
(0,94)
Anbieter
4,69
(0,91)
4,48
(0,90)
Nachfrager
4,79
(0,85)
5,00
(0,79)
* p 0,05; ** p 0,01; *** p 0,001
Tabelle 19: Selbsteinschätzung – Prozessbezogenes Verhalten in Analogie zum Harvard-Verhandlungskonzept
Bis auf wenige Ausnahmen seitens der Anbieter geben im Vergleich zum Produktgeschäft die Verhandlungsakteure im Zuliefergeschäft, insbesondere die Nachfrager, an, eher in Analogie zum Harvard-Verhandlungskonzept verhandelt zu haben. Besonders deutlich wird das damit zum Ausdruck gebrachte kooperative Verhandlungsverhalten durch den signifikanten bzw. hoch signifikanten Unterschied bezüglich der Entwicklung von Lösungsmöglichkeiten, die für beide Verhandlungsparteien von Nutzen sind.
166 _________________________________________________________________________ 5.4.2.2.4 Prozessbezogenes Verhalten Neben den bislang eher inhaltlich gekennzeichneten Verhaltensdarstellungen gilt es, das Prozessmanagement der Verhandlungsakteure zu analysieren.581 Wie Tabelle 20 zu entnehmen ist, weisen diesbezüglich Anbieter und Nachfrager im Produktgeschäft einen höchst signifikant höheren Anteil als im Zuliefergeschäft auf.
Nr.
Zuliefergeschäft
(n = 38)
(n = 41)
Kategorie
Anbieter 6
Produktgeschäft
ܠത
s
ܠത
3,81***
(3,12)
1,19***
(1,39)
(3,76)
***
(1,69)
Prozessmanagement Nachfrager
3,82
***
1,33
s
* p 0,05; ** p 0,01; *** p 0,001
Tabelle 20: Häufigkeit des Prozessmanagements
Auch über den gesamten Verhandlungsverlauf kann bestätigt werden, dass in jeder Phase, wenngleich nicht immer signifikant, die Verhandlung strukturierende Kommentare im Produktgeschäft einen größeren Anteil am gesamten Verhalten haben als im Zuliefergeschäft (vgl. Abbildung 26). Interessant ist schließlich das Ergebnis, dass sich der Anteil der Kategorie Prozessmanagement unabhängig vom Geschäftstyp über den Verhandlungsverlauf verringert. Folglich einigen sich im Großteil der Verhandlungen die Akteure zu Beginn der Verhandlung über einen anzustrebenden Ablauf, dem sie dann in den folgenden Phasen folgen.582
581
Vgl. hierzu auch die inhaltsanalytischen Untersuchungen von Hyder et al. (2000); Olekalns/Smith (2003a); Olekalns/Smith (2003b); Kern et al. (2005); Koeszegi et al. (2006); Nastase et al. (2007); Pesendorfer/Koeszegi (2006).
582
Zwar war dieses Ergebnis seitens der Literatur (vgl. Brett et al. (1998), S. 410ff.) und aufgrund logischer Überlegungen anzunehmen, doch bietet die vorliegende Studie nach Kenntnis des Autors die erste belastbare Bestätigung dieses Verhaltens in einer inhaltsanalytischen Untersuchung.
167 _________________________________________________________________________ 0,08 0,07***
0,07 0,06
0,06*
0,05
Prozessmanagement A/PG 0,04
Prozessmanagement N/PG
0,04*
0,03
0,02*
0,02
0,02***
0,01
Prozessmanagement N/ZG
0,01*
0,02* 0,01
0,01
0,01 0,00*
0,00 Phase 1
Prozessmanagement A/ZG
0,03
Phase 2
Phase 3
* p 0,05; ** p 0,01; *** p 0,001
Abbildung 26: Phasenspezifisches Prozessmanagement
Zunächst mag dieses Ergebnis verwundern, da unter unsicheren Bedingungen auch ein starkes Bemühen um ein besonders strukturiertes Vorgehen der im Zuliefergeschäft verhandelnden Akteure erwartet werden könnte. Dies gelingt dort allerdings offenbar nicht. Vielmehr strukturieren die Verhandlungsakteure im Produktgeschäft ihr, in den vorangegangen Kapiteln ausgeführtes, eher distributives Verhandlungsverhalten beispielsweise durch Vorschläge dahingehend, welche Verhandlungsgegenstände wann verhandelt werden sollten. Durch dieses Prozessmanagement ist davon auszugehen, dass sich der distributive Verhandlungsprozess dadurch erst recht manifestiert. Darüber hinaus fällt bei der qualitativen inhaltlichen Bewertung der Kodierung auf, dass Prozessmanagement insbesondere dann zur Anwendung kommt, wenn sich die Verhandlung in einer „Sackgasse“ befindet bzw. in einem Streit zu enden droht.583
5.4.2.2.5 Anomalien Schließlich sind die Anomalien im Verhandlungsverhalten zu analysieren, zu denen sowohl die interne Kommunikation innerhalb des jeweiligen Verhandlungsteams als auch Pausen bzw. Unterbrechungen ohne erkennbare Aktivitäten innerhalb der Verhandlungskommunikation gezählt werden, die als Hinweis auf kognitive Überforderung gelten und
583
Vgl. zu ähnlichen Beobachtungen Olekalns/Smith (2003a), S. 248.
168 _________________________________________________________________________ insbesondere in Täuschungssituationen vermehrt nachgewiesen werden konnten.584 Aus Tabelle 21 lässt sich entnehmen, dass diese Anomalien in den Verhandlungen beider Geschäftstypen relativ häufig vorkommen, lediglich auf der Nachfragerseite im Produktgeschäft ist der Anteil an Kommunikation innerhalb des Verhandlungsteams signifikant größer als im Zuliefergeschäft.
Nr.
17
18
Produktgeschäft
Zuliefergeschäft
(n = 38)
(n = 41)
Kategorie
Kommunikation innerhalb des Verhandlungsteams
ܠത
s
ܠത
s
Anbieter
8,66
(5,93)
6,68
(6,03)
Nachfrager
9,74*
(6,65)
6,25*
(5,83)
Anbieter
1,34
(1,72)
1,39
(3,49)
Nachfrager
1,22
(1,67)
1,58
(4,83)
Pause/Unterbrechung
* p 0,05; ** p 0,01; *** p 0,001
Tabelle 21: Kategorien und Häufigkeiten von Anomalien
Betrachtet man das phasenspezifische Auftreten von Anomalien als kumulierte Darstellung beider Kategorien in Abbildung 27, so ist zunächst der geringe Anteil während der ersten Verhandlungsphase zu erwarten gewesen, da diese Phase u.a. von einem hohen Anteil an Informationsaustausch dominiert wird und Pausen bzw. Kommunikation innerhalb des Verhandlungsteams eher atypisch sind.585 Während der Anteil der Anomalien rollen- und fallstudienunabhängig von Phase 1 zu Phase 2 sehr signifikant (N/PG) bzw. höchst signifikant steigt, so ist der Anteil in Phase 3 im Vergleich zu Phase 2 nur bei Anbietern und Nachfragern im Produktgeschäft höchst signifikant höher, während der Anteil an Anomalien im Zuliefergeschäft in den Phasen 2 und 3 auf einem ähnlichen Niveau verharrt.
584
Vgl. Srnka et al. (2006), S. 43f. und 48 sowie die dort angegebene Literatur.
585
Vgl. hierzu auch Kapitel 0.
169 _________________________________________________________________________ 0,25 0,21*** 0,20*
0,20
0,15
Anomalien A/PG
0,12 0,13* 0,12 0,11
0,10
0,09 0,05
0,06 0,05
Anomalien N/PG Anomalien A/ZG
0,08***
Anomalien N/ZG
0,04 0,04
0,00 Phase 1
Phase 2
Phase 3
* p 0,05; ** p 0,01; *** p 0,001
Abbildung 27: Phasenspezifische Anomalien
Offenbar gerät die Verhandlung im Produktgeschäft in Phase 3 oftmals ins Stocken bzw. beraten sich die Verhandlungsteams intern über das weitere Vorgehen bzw. der Annahme oder Ablehnung der vorgebrachten Argumente und Angebote der Gegenseite. Auch die dynamische Betrachtung der Anomalien bestätigen damit die Aussagen der vorangegangenen Abschnitte zu einem eher distributiv geprägten Verhandlungsverhalten im Produktgeschäft.
5.4.3 Verhandlungsergebnis Obwohl sich jeder Verhandlungsakteur nach Abschluss einer Verhandlung nach seinem eigenen Abschneiden fragt, ist das Verhandlungsergebnis und damit die Verhandlungsleistung in der Praxis oftmals nur schwer zu bestimmen und zu vergleichen.586 Da den Verhandlungsakteuren im Anschluss an Verhandlungen aus der betrieblichen Praxis der individuelle Gewinn beider Parteien nicht bekannt ist, wird das Verhandlungsergebnis oftmals anhand subjektiver Einschätzungen der Verhandlungsakteure operationalisiert.587
586
Vgl. Neale/Fragale (2006), S. 40; Roemer et al. (1999), S. 44. Da sich aufgrund der zugrunde liegenden Forschungsfrage die Fallstudien der Verhandlungssimulationen voneinander unterscheiden, ist von einem Vergleich der individuellen und übergreifenden Verhandlungsgewinne abzusehen.
587
Vgl. Backhaus et al. (2008), S. 368.; Thompson (1990), S. 515ff.
170 _________________________________________________________________________ Neben dem offensichtlichen Vergleich der Anzahl an Verkaufsabschlüssen bietet sich daher der Vergleich der Zufriedenheit mit dem Ergebnis an, die ein subjektives Maß für das Verhandlungsergebnis bzw. den Verhandlungserfolg darstellt und in industriellen Austauschprozessen als wesentliche Ergebnisvariable angesehen wird.588 Besonders hervorzuheben ist diesbezüglich die ihr zukommende motivierende Wirkung auf die Marktakteure, sowie eine erhöhte Wahrscheinlichkeit der Umsetzung des verhandelten Vertrages, als auch die Neigung, weitere Geschäfte mit dem Verhandlungspartner zu tätigen.589 Ferner ist davon auszugehen, dass neben dem reinen Ergebnis auch der Verhandlungsprozess maßgeblich auf die Zufriedenheit der Verhandlungsakteure wirkt.590 Im Folgenden ist also neben der Anzahl an Verkaufsabschlüsse die Zufriedenheit mit dem Verhandlungsprozess von der Zufriedenheit mit dem erzielten Ergebnis voneinander zu unterscheiden.
5.4.3.1 Vertragsabschlüsse Neben einem erfolgreichen Vertragsabschluss ist es ebenso möglich, dass Anbieter und Nachfrager Verhandlungen ohne Ergebnis abbrechen. Während sich Verhandlungsakteure im Produktgeschäft in allen 38 Verhandlungen einigen und einen gegenseitig akzeptierten Vertragsschluss erzielen konnten, wurden im Zuliefergeschäft die Verhandlungen nach Erreichen der maximal vorgegebenen Verhandlungszeit 3 von 41 Verhandlungen (7,32 Prozent) ohne Einigung („deadlock“) abgebrochen.591 Dies deutet darauf hin, dass es Verhandlungsakteuren im Zuliefergeschäft tendenziell schlechter gelingt, die vorhandene Zeit und andere zur Verfügung stehende Ressourcen zu nutzen, um eine Einigung zu erzielen.592
588
Vgl. Agndal (2007), S. 39f.; Alexander et al. (1994), S. 25ff.; Dwyer/Walker (1981), S. 106; Ruekert/Churchill (1984), S. 226ff.
589
Vgl. Geiger (2007), S. 40; Samli et al. (1988), S. 23; Sharland (2001), S. 551ff.; Thompson (2005), S. 68.
590
Vgl. Graham (1987), S. 165.
591
Vgl. zu einem ähnlichen Vorgehen der Analyse auch Alexander et al. (1994), S. 35.
592
Vgl. auch Pruitt (1971), S. 205ff.; Pruitt/Lewis (1975), S. 621ff. Andererseits ist jedoch auch denkbar, dass es generell zu einer hohen Quote von Vertragsabschlüssen kam, da die Verhandlungsakteure (Studierende) ihrer gegnerischen Partei (Kommilitonen) keinen Misserfolg angedeihen lassen wollten. Vgl. zu dieser Interpretation auch Srnka et al. (2006), S. 52.
171 _________________________________________________________________________
5.4.3.2 Verhandlungszufriedenheit Zufriedenheit mit dem Verhandlungsprozess Die Zufriedenheit mit dem Verhandlungsprozess wurde mithilfe von drei Items auf einer sechsstufigen Likert-Skala (1 = stimme gar nicht zu; 6 = stimme voll und ganz zu) abgefragt.593 Aus den Ergebnissen für Cronbachs Alpha, als einer der am häufigsten verwendeten Reliabilitätskoeffizienten,594 kann für beide Geschäftstypen gefolgert werden, dass die Messung der latenten Variable Prozesszufriedenheit mit den drei Items reliabel ist.595 Wie den in Tabelle 22 dargestellten Mittelwerten entnommen werden kann, sind alle Verhandlungsteilnehmer mit dem Verlauf des Verhandlungsprozesses zufrieden.596
Nr.
1
2
3
Produktgeschäft
Zuliefergeschäft
(n = 152)
(n = 163)
Item
Mit dem Verhandlungsverlauf bin ich zufrieden.
Alle Vorgänge während dieser Verhandlung stimmten perfekt mit meinem Ziel überein.
Insgesamt gesehen verlief die Verhandlung wie geplant.
ܠത
s
ܠത
s
Anbieter
4,87*
(1,02)
4,47*
(1,37)
Nachfrager
4,25
(1,18)
4,34
(1,49)
Anbieter
4,42*
(1,10)
3,95*
(1,52)
Nachfrager
3,80
(1,06)
3,78
(1,53)
Anbieter
4,33
(1,01)
4,22
(1,78)
Nachfrager
3,96
(1,19)
3,83
(1,49)
Cronbachs Alpha
0,845
0,891
* p 0,05; ** p 0,01; *** p 0,001
Tabelle 22: Zufriedenheit mit dem Verhandlungsprozess
593
Novemsky/Schweitzer (2004) messen die Zufriedenheit mit dem Verhandlungsprozess erstmalig mithilfe eines einzigen Items, der Gesamtzufriedenheit. Vgl. Novemsky/Schweitzer (2004), S. 188. Da für die Zufriedenheit mit dem Verhandlungsprozess nach Kenntnis des Autors jedoch darüber hinaus bislang keine allgemeingültig akzeptierte Skala vorliegt, und zudem eine Multidimensionalität des Konstruktes angenommen werden kann, wird die Prozesszufriedenheit anhand von drei Items gemessen.
594
Vgl. beispielsweise Schmitt (1996), S. 350ff.
595
Vgl. Schmitt (1996), S. 351; Cortina (1993), S. 98ff.
596
Insbesondere vor dem Hintergrund des Einsatzes von Studierenden als Verhandler kann durch dieses Ergebnis belegt werden, dass der Verhandlungsprozess nach professionellen und realistischen Gesichtspunkten ablief. Dies deckt sich mit der qualitativen Einschätzung der am Transkriptionsprozess beteiligten Personen.
172 _________________________________________________________________________ Jedoch ist auffällig, dass bis auf die Nachfrager bei Item 2 alle Verhandlungsteilnehmer im Geschäftstyp Zuliefergeschäft tendenziell unzufriedener als die Verhandler im Geschäftstyp Produktgeschäft sind. Für Item 1 und 2 ergab ein aufgrund der Nichtnormalverteilung durchgeführter Mann-Whitney-U-Test, dass dieser Unterschied seitens der Anbieter schwach signifikant (p 0,05) ist.
Zufriedenheit mit dem Verhandlungsergebnis Im Anschluss an die Verhandlung sollten die Verhandlungsakteure zudem ihre Zufriedenheit anhand des erzielten Ergebnisses einschätzen. Wie o.a. kommt dieser Einschätzung im Hinblick auf zukünftiges Verhalten eine große Bedeutung zu. So ist beispielsweise denkbar, dass weniger zufriedene Verhandlungsakteure mit demselben Transaktionspartner in der Zukunft nicht mehr verhandeln möchten bzw. sich im Extremfall nicht an die im Vertrag geschlossenen Rahmenbedingungen halten.597 Im Wesentlichen wirken auf die Zufriedenheit mit dem Verhandlungsergebnis die individuelle Nutzenmaximierung der Verhandlungsakteure, der Grad zu dem die Erwartungen an die Verhandlung erfüllt wurden, sowie der aus dem Verhandlungsergebnis generierte soziale Nutzen, den eine Verhandlungspartei beim Vergleich des erwarteten individuellen Gewinns mit dem jeweiligen Verhandlungsgegner empfindet.598 In Anlehnung an die Skala von Campbell et al. (1988) und Alexander et al. (1994) wurde die Zufriedenheit mit dem Ergebnis anhand vier Items ebenfalls auf einer sechsstufigen Likert-Skala (1 = stimme gar nicht zu; 6 = stimme voll und ganz zu) gemessen:599 Dabei wurde das erzielte Ergebnis (1), das Ergebnis relativ zu den Idealvorstellungen (2), die Selbsteinschätzung der Leistung (3) sowie die Teamleistung (4) bewertet. Während die Messung der Ergebniszufriedenheit im Produktgeschäft als sehr reliabel zu bezeichnen ist, so ist die Reliabilitätsmessung im Zuliefergeschäft nur als schwach
597
Vgl. Barry/Oliver (1996), S. 139; Neale/Fragale (2006), S. 40.
598
Vgl. Novemsky/Schweitzer (2004), S. 186ff., die darüber hinaus erstmals nachweisen, dass auch der Vergleich mit anderen Verhandelnden die schon einmal in einer ähnlichen Situation waren, einen Einfluss auf die Verhandlungszufriedenheit haben („external social comparision“).
599
Vgl. Alexander et al. (1994), S. 35; Campbell et al. (1988), S. 60. Hingegen messen Tutzauer/Roloff (1988) die Zufriedenheit mit dem Verhandlungsergebnis unidimensional. Vgl. Tutzauer/Roloff (1988), S. 369.
173 _________________________________________________________________________ reliabel zu bezeichnen, da sie gerade noch das allgemein gebräuchliche Anspruchsniveau von 0,7 erreicht.600
Nr.
Produktgeschäft
Zuliefergeschäft
(n = 152)
(n = 163)
Item
Mit dem erzielten Ergebnis bin ich zufrieden.
1
Verglichen mit einer idealen Verhandlung bin ich mit dieser Verhandlung sehr zufrieden.
2
Mit meiner Leistung bin ich zufrieden.
3
Insgesamt haben wir das Verhandlungsergebnis erzielt, das wir verdient haben.
4
Cronbachs Alpha
ܠത
s
ܠത
s
Anbieter
5,03***
(0,97)
4,50***
(1,01)
Nachfrager
4,51**
(1,11)
4,04**
(1,12)
Anbieter
4,67***
(1,01)
4,04***
(1,27)
4,14
(1,09)
3,80
(1,26)
4,70***
(0,91)
4,15***
(0,87)
4,24
(1,16)
4,13
(0,93)
4,80***
(0,95)
4,17***
(1,07)
4,46*
(1,03)
3,95*
(1,30)
Nachfrager Anbieter Nachfrager Anbieter Nachfrager
0,885
0,698
* p 0,05; ** p 0,01; *** p 0,001
Tabelle 23: Zufriedenheit mit dem Verhandlungsergebnis
Im Vergleich zur Zufriedenheit mit dem Verhandlungsprozess sind die Angaben zur Zufriedenheit mit dem Ergebnis (vgl. Tabelle 23) noch eindeutiger: Relativ zu den Akteuren im Zuliefergeschäft sind die Verhandler im Produktgeschäft zufriedener mit dem erzielten Verhandlungsergebnis, was sich unabhängig von der Marktposition in einer durchgängig höheren Bewertung der Items ausdrückt. Bis auf die Items 2 und 3 für die Nachfragerseite sind die Unterschiede diesbezüglich zudem durchgängig signifikant bis höchst signifikant.601
600
Bei der Interpretation ist zudem zu berücksichtigen, dass der Wert für Cronbachs Alpha (im Vergleich zur Prozesszufriedenheit) durch vier im Gegensatz zu drei Items einerseits, und durch die höhere Stichprobengröße im Zuliefergeschäft andererseits, abgeschwächt wird. Vgl. Cortina (1993), S. 98ff.
601
Nachdem auch bei diesem Items mithilfe eines Kolmogorov-Smirnov-Tests eine signifikante Abweichung von der Normalverteilung festgestellt werden konnte, wurden die einzelnen Items zwischen den geschäftstypenspezifischen Gruppen mit einem Mann-Whitney-Test auf signifikante Unterschiede überprüft.
174 _________________________________________________________________________ Obwohl bislang nur wenig über das Zustandekommen von Verhandlungszufriedenheit bekannt ist,602 so bieten sich dennoch mögliche Erklärungsansätze für die Ergebnisse der vorliegenden Studie: Eine mögliche Erklärung für die deutlich geringere Zufriedenheit im Zuliefergeschäft kann in der auch noch nach Vertragsschluss vorherrschenden Unsicherheit der Verhandler gesehen werden. So folgern beispielsweise Neale/Fragale (2006) aus empirischen Studien, dass die Verhandlungszufriedenheit maßgeblich durch die Wahrnehmung und Annahmen über die erzielten Verhandlungsergebnisse beeinflusst wird.603 Da die Verhandler im Zuliefergeschäft allerdings auch nach Vertragsschluss im Gegensatz zum Produktgeschäft Ex-post-Unsicherheiten und einem möglichen opportunistischen Verhalten der Gegenseite ausgesetzt sind, fällt es ihnen umso schwerer, das erzielte Verhandlungsergebnis einzuschätzen. So war es auch den Akteuren in der Simulation des Zuliefergeschäfts nicht möglich, unmittelbar nach Verhandlungsabschluss ihren Verhandlungsgewinn zu bestimmen. Ferner ist davon auszugehen, dass sich die Verhandlungszufriedenheit aus intra- und interpersonalen Vergleichsprozessen zusammensetzt.604 Auch nach den durchgeführten Simulationen fand zwischen den Probanden ein Vergleichsprozess statt. Da die Verhandlungsakteure im Zuliefergeschäft dabei allerdings wie o.a. aufgrund der Komplexität des abzuschließenden Vertrages keine auf Fakten basierenden Vergleichsmöglichkeiten hatten, kann hierdurch die geringere Ergebniszufriedenheit erklärt werden.605 Diesbezüglich ist zu erwähnen, dass die Zufriedenheit der Verhandlungsakteure dabei nicht durch die monetäre Gewinnhöhe, sondern primär vom relativ besseren Abschneiden im Vergleich zu anderen beeinflusst wird.606 Mit Bezug auf die durchgeführten Simulationen kann schließlich nicht ausgeschlossen werden, dass die Verhandler die zu verhandelnden Gegenstände – trotz de facto identischer Anzahl – im Vergleich zu den Probanden im Produktgeschäft als komplexer wahrgenommen haben. Diesbezüglich untersucht beispielsweise Naquin (2003) den Zusammenhang zwischen der Anzahl von Verhandlungsgegenständen und der Zufriedenheit mit dem Verhandlungsergebnis. Dabei kann nachgewiesen werden, dass die Zufriedenheit mit ansteigender Anzahl von Verhandlungsgegenständen abnimmt. Dies hängt offenbar damit zu602
Vgl. Koeszegi et al. (2006), S. 444.
603
Vgl. Neale/Fragale (2006), S. 40 sowie die dort angegebene Literatur.
604
Vgl. hierzu und im Folgenden Neale/Fragale (2006), S. 41ff.
605
Diesbezüglich sind auch die Ergebnisse von Novemsky/Schweitzer (2004) erwähnenswert, die empirisch belegen, dass die Verhandlungszufriedenheit bei Abwesenheit jeglicher Vergleichsmöglichkeiten mit dem Verhandlungsgegner eine niedrigere Zufriedenheit aufweisen, als bei Vorliegen von – positiven wie negativen – Vergleichen. Vgl. Novemsky/Schweitzer (2004), S. 186ff.
606
Vgl. Novemsky/Schweitzer (2004), S. 196.
175 _________________________________________________________________________ sammen, dass mit steigender Anzahl an Verhandlungsgegenständen auch der potenziell zu erzielende Gewinn steigt. Da die Verhandlungsakteure diesen Gewinn bereits erwartet haben, werden sie oftmals enttäuscht, sofern sie ihre Erwartungen nicht erfüllen konnten.607
607
Vgl. Naquin (2003), S. 97ff.
176 _________________________________________________________________________
5.5 Zusammenfassende Ergebnisbeurteilung 5.5.1 Implikationen der Ergebnisse Ausgehend von der dreistufigen Analyse der durchgeführten Verhandlungssimulation lässt sich das Gesamtbild wie folgt beschreiben: Verhandelnde im Produktgeschäft verwenden auf die als wichtig erachtete Verhandlungsvorbereitung (vgl. Tabelle 24) signifikant weniger Zeit als Verhandelnde in dem durch Unsicherheit gekennzeichneten Zuliefergeschäft. Dabei führt die hier vorliegende Unsicherheit dazu, dass sich die Verhandelnden im Zuliefergeschäft statt im Team eher in Einzelarbeit auf die Verhandlung vorbereiten. Aufgrund der im Zuliefergeschäft vorherrschenden Unsicherheit und oftmals hohen Komplexität ist dies kritisch zu bewerten, da bezweifelt werden kann, ob die Verhandlungsakteure durch diese Art der Vorbereitung wirklich alle relevanten Informationen erfassen, sowie geeignete Verhandlungsstrategien und -taktiken mit der hierfür notwendigen Entwicklung von Aspirations- und Reservationspreisen sowie einer geeigneten BATNA entwickeln können. So kommt dieser Aspekt beispielsweise auch dadurch zum Ausdruck, dass Verhandelnde im Produktgeschäft sich signifikant stärker mit Fragen bezüglich der Argumentation statt mit der Erfassung der Kosten sowie der Kalkulation befassen.
Verhandlungsphase
Ergebnis
längere Vorbereitungsdauer individuelle Vorbereitung statt im Team Verhandlungsvorbereitung
Konzentration auf ökonomische Aspekte statt auf Argumentation und Taktik
Tabelle 24: Besonderheiten in der Verhandlungsvorbereitung unter Unsicherheit
Im Verhandlungsprozess hingegen ist das Verhandlungsverhalten zwischen Anbieter und Nachfrager im Produktgeschäft als eher distributiv zu beschreiben (vgl. Tabelle 25). So werden im Produktgeschäft signifikant häufiger Angebote abgegeben, wobei hierbei zu vermerken ist, dass es sich besonders häufig um Einzelofferten handelt. Im Vergleich zum Zuliefergeschäft, bei dem deutlich mehr Paketofferten als Einzelofferten abgegeben werden, besteht damit die Gefahr, integratives Potenzial der Verhandlung nicht aufzudecken. Bezüglich des Informationsverhaltens wurden die Aussagen der Informationsökonomie
177 _________________________________________________________________________ sowie der Theorie des wahrgenommenen Risikos bestätigt.608 So tauschen die Akteure im Zuliefergeschäft sowohl mehr direkte Informationen als auch indirekte Informationen aus, um die vorhandene Unsicherheit abzubauen. Auch hier ist zudem anzumerken, dass Verhandelnde im Produktgeschäft signifikant geringere Anteile beim Informationsaustausch von Prioritäten aufweisen, was jedoch als wesentliche Voraussetzung zur Erzielung von integrativen Verhandlungsergebnissen angesehen wird. Bezüglich des indirekten Informationsaustauschs unterscheiden sich beide Geschäftstypen insbesondere im Austausch genereller Unternehmens- bzw. Produktinformationen, die nicht in direktem Zusammenhang mit der Verhandlung stehen. Betrachtet man die einzelnen Kategorien des Beziehungsverhaltens miteinander, so wird deutlich, dass die Verhandlungen im Produktgeschäft härter und aggressiver geführt werden. Die Betrachtung des Phasenablaufes verdeutlicht darüber hinaus, dass sich dies nicht nur auf einzelne Phasen beschränkt, sondern über die gesamte Verhandlung bestehen bleibt. Auch ethische Standards, wie beispielsweise die Angabe zutreffender Informationen sowie das sachorientierte Verhandeln nach dem HarvardVerhandlungskonzept, spielen in Verhandlungen im Produktgeschäft eine eher untergeordnete Rolle. Zwar versuchen die Verhandlungsakteure im Produktgeschäft prozessorientiert, d.h. systematisch vorzugehen, was jedoch oftmals den o.a. Austausch von Einzelofferten und schließlich in der letzten Phase des Verhandlungsprozesses das verstärkte Vorkommen von Anomalien zur Folge hat.
608
Vgl. Kapitel 3.2.2 und 3.2.3.
178 _________________________________________________________________________
Verhandlungsphase
Ergebnis
Dauer längere Verhandlung Angebotsverhalten mehr Paketofferten insgesamt weniger Angebote „negotiation“ statt „bargaining“ weniger Signalisieren von Fairness/Kompromissbereitschaft Informationsverhalten stärkerer direkter Informationsaustausch indirekter Informationsaustausch nicht eindeutig: höherer genereller Informationsaustausch über Unternehmen und Produkte, jedoch keine weiteren Unterschiede hinsichtlich der Betonung von Zuverlässigkeit, Kompetenz Verhandlungsprozess
und Marktposition nachfragerseitig verstärkte Anwendung von Faustregeln und Heuristiken Beziehungsbezogenes Verhalten nachfragerseitig weniger Drohungen/Warnungen eher kooperatives Verhalten Akteure verhandeln eher im Sinne des Harvard-Konzeptes geschäftstypenunabhängige Zunahme des kompetitiven Verhaltens während des Verhandlungsprozesses Prozessbezogenes Verhalten geringerer Anteil an Prozessmanagement Anomalien in der letzten Phase des Verhandlungsprozesses weniger Anomalien
Tabelle 25: Besonderheiten im Verhandlungsprozess unter Unsicherheit
Vor dem Hintergrund der dargestellten Verhaltensweisen im Produktgeschäft ist es zunächst verwunderlich, dass sowohl Anbieter als auch Nachfrager im Zuliefergeschäft teil-
179 _________________________________________________________________________ weise signifikant unzufriedener mit dem Verhandlungsprozess sowie dem Verhandlungsergebnis sind als ihre Pendants im Produktgeschäft (vgl. Tabelle 26).
Verhandlungsphase
Ergebnis
Zufriedenheit mit dem Verhandlungsprozess Verhandlungsakteure sind unzufriedener mit dem Verhandlungsprozess Verhandlungsergebnis Zufriedenheit mit dem Verhandlungsergebnis Verhandlungsakteure sind unzufriedener mit dem Verhandlungsergebnis
Tabelle 26: Besonderheiten im Verhandlungsergebnis unter Unsicherheit
Ein hierfür angeführter Erklärungsansatz könnte darin liegen, dass das endgültige (monetäre) Ergebnis im Zuliefergeschäft auch nach der Verhandlung von Verhaltensweisen der jeweiligen Gegenpartei abhängt und nicht vollständig durch eigenverantwortliche Maßnahmen der betreffenden Partei bestimmt werden kann. Hat die Unsicherheit im Zuliefergeschäft also während der Verhandlung ein eher integratives bzw. kooperatives Verhandlungsverhalten zur Folge, so wirkt sie aufgrund der mangelnden Erfolgseinschätzung des erreichten Ergebnisses für die Verhandlungsakteure im Anschluss der Verhandlung eher negativ auf die empfundene Verhandlungszufriedenheit. Damit hat die vorliegende Verhandlungssimulation gezeigt, dass Unsicherheit einen entscheidenden und diskriminierenden Einfluss auf Verhandlungen hat: Es konnte nachgewiesen werden, dass sich Verhandlungen im durch hohe anbieter- und nachfragerseitige Unsicherheit im Zuliefergeschäft sowohl bezüglich der Verhandlungsvorbereitung, des eigentlichen Verhandlungsprozesses, als auch des Verhandlungsergebnisses teilweise signifikant von Verhandlungen im durch weniger Unsicherheit gekennzeichneten Produktgeschäft unterscheiden. Wurde darüber hinaus meist, beispielsweise in der Studie von Perdue et al. (1986), angenommen, dass kooperatives Verhalten in industriellen Verhandlungen die Norm darstellt,609 so ist dies generell den vorliegenden Ergebnissen nach zu urteilen nicht zutref609
Vgl. Perdue et al. (1986), S. 174f.
180 _________________________________________________________________________ fend, sondern ist jeweils immer im Zusammenhang mit dem zugrunde liegenden Geschäftstyp und dem hierin vorliegenden Unsicherheitsausmaß zu sehen. Für die Unternehmenspraxis ergeben sich hieraus mehrere Implikationen sowohl für die Verhandlungsvorbereitung, den Verhandlungsprozess als auch das Verhandlungsergebnis:
Je nach vorliegendem Geschäftstyp und dem damit verbundenen Unsicherheitsausmaß können Verhandlungsteams bereits im Rahmen der Verhandlungsvorbereitung das zu erwartende Verhalten antizipieren. So ist es beispielsweise unter hoher Unsicherheit im Vorfeld von Verhandlungen angebracht, sich möglichst gut mit Informationen auszustatten, um im Rahmen des Informationsaustausches auf die zu erwartenden Fragen des Verhandlungspartners reagieren zu können. Darüber hinaus ist es in durch hohe Unsicherheit gekennzeichneten Verhandlungen für das Verhandlungsteam noch wichtiger, sich die eigenen Prioritäten zu vergegenwärtigen, da der diesbezügliche Informationsaustausch, verglichen mit den durch relativ geringe Unsicherheit gekennzeichneten Verhandlungen im Produktgeschäft, einen hohen Anteil erfährt. Neben diesen, eher die Verhandlungsvorbereitung betreffenden Implikationen, sind die Ergebnisse für Unternehmen zudem zur Besetzung ihrer Verhandlungsteams von großer Bedeutung:
Um optimale Ergebnisse im Verhandlungsprozess zu erzielen, sind aufgrund des unterschiedlich verlaufenden Verhandlungsprozesses auch entsprechend geeignete Verhandler einzusetzen. So sollten diese beispielsweise im eher durch distributive Verhandlungstaktiken gekennzeichneten Produktgeschäft auch entsprechend agieren können, also beispielsweise auf eine häufige Abfolge von Angeboten entsprechende Gegenangebote vorlegen oder auf häufige Drohungen und Warnungen der Gegenseite gefasst sein und entsprechend reagieren können. Neben dieser Fragestellung der Teambesetzung können ausgehend von den vorgelegten Ergebnissen bei fehlenden Fähigkeiten und Fertigkeiten auch entsprechende, geschäftstypenspezifische Schulungen der Verhandlungsteams sinnvoll sein.610
Ferner können die Ergebnisse zur Zufriedenheit mit dem Verhandlungsergebnis im Rahmen eines Customer Relationship Managements genutzt werden. Da sich gezeigt hat, dass Unsicherheit negativ auf die Zufriedenheit mit dem Verhandlungs-
610
Damit wird der Vorschlag von Herbst (2007) aufgegriffen, die im Rahmen eines VerhandlungsControllings die optimale Besetzung von Verhandlungsteams sowie teamindividuelle Schulungen in Abhängigkeit der konkreten Verhandlungsaufgabe empfiehlt. Vgl. Herbst (2007), S. 212f.
181 _________________________________________________________________________ prozess und dem Verhandlungsergebnis wirkt, ist es im Rahmen einer – wie im Zuliefergeschäft – auf Langfristigkeit ausgerichteten Geschäftsbeziehung sinnvoll, im Nachgang einer durch Unsicherheit gekennzeichneten Verhandlung entsprechende Maßnahmen zur Reduzierung bzw. Beseitigung der Unzufriedenheit des Geschäftspartners zu treffen. Da diese Unzufriedenheit zum Großteil auf die nach wie vor vorhandenen Unsicherheit zurückzuführen ist,611 sind diesbezüglich insbesondere umfangreiche Informationsmaßnahmen denkbar, die den Verhandlungspartner über die einzelnen Schritte der zu entwickelnden Leistung informieren. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass Unternehmen die vorgelegten Ergebnisse auch beim Eintritt in neue Geschäftstypen nutzen können, um die Konsequenzen eines derartigen Wechsels auf die Verhandlungsphase besser abschätzen zu können.
5.5.2 Limitationen der Untersuchung Bezüglich der Limitationen ist zunächst auf den explorativen Charakter der vorliegenden Studie einzugehen. Es konnte gezeigt werden, dass diese Vorgehensweise aufgrund der Innovativität des Themas sowie der damit verbundenen geringen Literaturbasis gerechtfertigt ist, da in der Industriegütermarketing-Literatur und den angrenzenden Fachbereichen bislang keine Studien zum Geschäftstypen-spezifischen Verhandlungsverhalten generell und zur Wirkung von Unsicherheit auf den Verhandlungsprozess speziell vorliegen. Darüber hinaus ist die Simulationsdurchführung als „one-shot“ Verhandlung anzuführen, während in der realen Unternehmenspraxis Aspekte der Kundenbindung auch im industriellen Bereich insbesondere in den letzten Jahren eine große Bedeutung erlangt haben. Dem ist zu entgegnen, dass Verhandlungen im Produktgeschäft jedoch in der Realität nach wie vor als einzelne und in sich abgeschlossene Verhandlungen durchgeführt werden und durch den Verhandlungsgegenstand „Optionen für weitere Anlagen“ im Zuliefergeschäft eine Zukunftskomponente simuliert wurde. Vor dem Hintergrund der Forschungseffizienz sollte diese Limitation demzufolge lediglich bei zukünftigen inhaltsanalytischen Verhandlungsstudien berücksichtigt werden, die explizit die Untersuchung von Geschäftsbeziehungen in Verhandlungen zum Inhalt haben.
611
Vgl. diesbezüglich die Ausführungen zur Ex-post-Unsicherheit in Kapitel 2.2.1.
182 _________________________________________________________________________ Auch wird in diesem Zusammenhang gegenüber der experimentellen Verhandlungsforschung oftmals Kritik zum Einsatz unerfahrener Verhandlungsakteure, in diesem Fall Studierende, vorgebracht. Dieser Kritik kann, wie in Kapitel 5.2.2 dargestellt, dahingehend begegnet werden, dass es einerseits das Forschungsziel dieser Arbeit war, das „originäre“ Verhandlungsverhalten unter Unsicherheit abzubilden und andererseits abweichendes Verhandlungsverhalten von Verhandlungsprofis gegenüber Verhandlungsamateuren durch empirische Studien teilweise widerlegt werden konnte. Ferner ist anzufügen, dass sich die vorliegende Studie bei der Erfassung des Verhandlungsverhaltens auf die verbalen Äußerungen fokussiert und das unter Umständen ebenso wichtige nonverbale Verhalten nicht berücksichtigt.612 Zukünftige Studien werden diesbezüglich zu zeigen haben, ob und wie der Einfluss beispielsweise von Emotionen auf den Verhandlungsprozess und das Verhandlungsergebnis wirkt. Schließlich mag ein letztes Defizit in der anzuzweifelnden Generalisierbarkeit der gewonnenen Erkenntnisse liegen. Diese Kritik ist einerseits berechtigt, handelt es sich doch um eine Verhandlungssimulation und damit ein künstliches Laborexperiment. Diesbezüglich sind insbesondere die der Simulation zugrunde liegenden Fallstudien zu nennen: Zwar konnte nachgewiesen werden, dass die Probanden, verglichen mit dem Produtkgeschäft, die Fallstudie unsicherer empfunden haben. Dennoch handelt es sich bei den Fallstudien um sehr spezifische und zudem anhand subjektiver Maßnahmen modellierte Situationen. Einschränkend ist demgegenüber allerdings einzuwenden, dass die Simulation erst durch diese Maßnahmen das nötige Realitätsmaß aufweist und darüber hinaus im Vergleich mit anderen inhaltsanalytischen Verhandlungsstudien mit einer relativ großen Stichprobe durchgeführt wurde. Damit stellt die vorliegende Arbeit einen ersten Ansatzpunkt zur Erforschung des Verhandlungsverhaltens auf Industriegütermärkten dar, der selbstverständlich durch weitere, wenn möglich noch größere Stichproben umfassende, Replikationsstudien überprüft und ausgeweitet werden sollte.
612
Vgl. diesbezüglich einen ersten Ansatz bei Srnka et al. (2006), S. 39ff.
183 _________________________________________________________________________
6 Schlussbetrachtung und Ausblick 6.1 Zusammenfassung Insbesondere durch die fortschreitende Spezialisierung und Individualisierung der Produktion steigt die Bedeutung von Verhandlungen in den letzten Jahren noch mehr an, sodass auch die betriebswirtschaftliche Forschung hier zunehmend Forschungsbedarf erkennt, der allerdings erst in einigen wenigen Studien, insbesondere von Arbeiten die ihren Ursprung im Industriegütermarketing haben, aufgenommen wurde. Dennoch steht die Befassung in der Literatur mit dieser Thematik, besonders mit der wirklichkeitsgetreuen Beschreibung des Verhandlungsverhaltens, in eklatantem Gegensatz zu dessen Bedeutung und Anforderungen. So ist es einerseits für die Industriegütermarketing-Forschung wichtig, Einblicke in das Verhandlungsverhalten innerhalb unterschiedlicher Geschäftstypen zu erlangen, während es andererseits für Praktiker von großer Wichtigkeit ist, das eigene sowie das Verhandlungsverhalten der jeweiligen gegnerischen Partei bereits im Vorhinein einschätzen zu können: So konstatieren Fisher et al. (2004): „Understanding the other side’s thinking is […] a useful activity that will […] solve your problem.“613 Weiter folgern mit Bezug hierauf Gulbro/Herbig (1996): „The way one succeeds in negotiations is by fully understanding others, using that understanding to one's own advantage to realize what each party wants from the negotiations, and turning the negotiations into a win-win situation for both sides.”614 Wie in Kapitel 2 dargestellt werden konnte, stellen Verhandlungen zweifelsohne einen wichtigen Bestandteil des industriellen Transaktionsprozesses dar. Dabei zeichnen sich Verhandlungen im Industriegütermarketing je nach vorliegendem Geschäftstyp besonders durch ein unterschiedlich hohes Unsicherheitsausmaß für Anbieter und Nachfrager aus, welches vor allem bei Verhandlungen um individualisierte Leistungen wie im Zuliefergeschäft hoch, hingegen bei standardisierten Leistungen im Produktgeschäft ein verhältnismäßig geringes Ausmaß einnimmt. Um Anhaltspunkte für die Wirkung von Unsicherheit auf den Verhandlungsprozess zu erhalten, wurde in Kapitel 3 zunächst eine umfassende Literaturanalyse sowohl der vorliegenden Verhandlungsforschungs-Literatur als auch darüber hinausgehender Artikel zur Wirkung von Unsicherheit auf Transaktionsprozesse allgemein durchgeführt, aus der eini613
Fisher et al. (2004), S. 22.
614
Gulbro/Herbig (1996), S. 236.
184 _________________________________________________________________________ ge, zumeist unsystematische Erkenntnisse gewonnen werden konnten. Darauf wurden die drei wichtigsten Ansätze vorgestellt, die sich im Wesentlichen mit dem Konstrukt der Unsicherheit befassen. Dabei konnte nach einer ausführlichen Analyse aus unterschiedlichen Gründen gefolgert werden, dass trotz wichtiger Erkenntnisse die theoretischen Ansätze der klassisch-mikroökonomischen Theorie, der Informationsökonomie sowie der verhaltenswissenschaftliche Ansatz der Theorie des wahrgenommenen Risikos eher weniger geeignet sind, das Verhandlungsverhalten auf Industriegütermärkten unter Unsicherheit abzubilden bzw. die Verhaltensweisen umfänglich zu prognostizieren. Aufgrund der wenigen vorhandenen theoretischen Zugänge einerseits und der im Industriegütermarketing mangelnden Studien andererseits wurde daraufhin gefolgert, dass ein exploratives und empirischinduktives Vorgehen zur Lösung der Forschungsfragen angebracht ist. So wurden in Kapitel 4 nach einer methodischen Einordnung der Untersuchung systematisch die infrage kommenden Methoden zur Erlangung einer entsprechenden Datenbasis dargestellt und analysiert, sowie schließlich die Verhandlungssimulation als laborexperimentelle Methode ausgewählt. Zur Auswertung der hierdurch zu gewinnenden Daten wurde die Methodik der Inhaltsanalyse vorgestellt sowie die Gesamtuntersuchung in diesem Zusammenhang dem Verallgemeinerungsmodell der integrierenden, qualitativ-quantitativ vorgehenden Forschung zugeordnet. In Kapitel 5 wurden daraufhin die Zielsetzung sowie das generelle Vorgehen der vorzunehmenden Verhandlungssimulation systematisch an den zugrunde liegenden Anforderungen dargestellt. Hierzu wurden Fallstudien entwickelt, die mit dem gesamten Untersuchungsdesign vorgestellt wurden, woraufhin der Prozess der Transkription und Inhaltsanalyse am Fall dargestellt wurde. Nach ausführlicher Darstellung der bei Inhaltsanalysen vorliegenden Reliabilitäts- und Validitätsproblematiken wurden daraufhin die Ergebnisse der den Verhandlungen vor- bzw. nachgeschalteten Rahmenfragebögen sowie der Inhaltsanalyse, gegliedert nach Verhandlungsvorbereitung, Verhandlungsprozess und Verhandlungsergebnis, dargestellt, wobei der Schwerpunkt gemäß den zu Beginn der Arbeit aufgeworfenen Forschungsfragen auf der Darstellung des Verhandlungsprozesses lag. In Übereinstimmung mit den in Kapitel 3 dargestellten theoretischen Ansätzen konnte so beispielsweise nachgewiesen werden, dass Verhandlungsakteure unter Unsicherheit in der Tat einen höheren Anteil der Verhandlungszeit auf den Austausch direkter und indirekter Informationen verwenden. Darüber hinaus konnten jedoch auch Verhaltensweisen aufgedeckt werden, die durch die theoretischen Ansätze nicht erklärt werden. So weist das Verhandlungsverhalten unter geringer Sicherheit beispielsweise durchgehend kompetitivere bzw. distri-
185 _________________________________________________________________________ butivere Züge auf. Dies macht sich im verstärkten Angebotsaustausch, insbesondere von Einzelofferten, aber auch bezüglich des ethischen Verhaltens bemerkbar. Schließlich war festzuhalten, dass Verhandelnde unter Unsicherheit trotz des eher kooperativen bzw. integrativen Verhandlungsverhaltens unzufriedener mit dem Verhandlungsprozess sowie mit dem Verhandlungsergebnis sind. Vor dem Hintergrund der in Kapitel 5.5.2 angeführten Limitationen sind zusammenfassend die Stärken der vorliegenden Studie anzuführen.
Die hier vorgestellte Untersuchung liefert erste Erkenntnisse zu den Wirkungen von Unsicherheit auf den Verhandlungsprozess. Vorliegende Theorien zur Unsicherheit erklären zwar die Ursachen und die grundsätzlichen Handlungsweisen von Akteuren unter Unsicherheit, geben aber keine Hinweise auf die Wirkung selbiger auf das konkrete Verhandlungsverhalten. Hierbei ist besonders hervorzuheben, dass sich die vorliegende Studie nicht auf die Abfrage des Verhandlungsverhaltens beschränkt, sondern das reale Verhandlungsverhalten mithilfe einer Simulation und nachfolgender Inhaltsanalyse erfasst, deren Anwendung in der Verhandlungsforschung trotz der dargestellten methodischen Vorteile sehr selten ist.
Insbesondere das entwickelte Kategoriensystem ist im Vergleich zu den bislang vorliegenden Studien eines der umfangreichsten und bietet aufgrund der Ableitung und Einbeziehung von Standardkategorien großes Potenzial, auch in zukünftigen inhaltsanalytischen Verhandlungsstudien zum Einsatz zu kommen. Um die studienübergreifende Reliababilität auch vor dem Hintergrund anderer Untersuchungskontexte zu erhöhen und das vorgestellte Standardkategoriensystem zu verfeinern, wäre eine Offenlegung der Reliabilitäten auch durch andere Verhandlungsforscher wünschenswert.615
Darüber hinaus bietet die vorliegende Studie insbesondere für Praktiker Erklärungsansätze für bestimmtes Verhandlungsverhalten und damit auch in beschränkter Form eine Vorhersagefunktion, unter welchen Umständen mit bestimmtem Verhandlungsverhalten und -ergebnissen zu rechnen ist.
So ist es für Verhandelnde im Industriegütermarketing-Kontext wichtig zu wissen, wie Praktiker in Verhandlungen vorzugehen haben, bzw. was die Verhandelnden, gleich ob als 615
Vgl. hierzu auch die Anmerkungen bei Hopmann (2002), S. 79f., der darüber hinaus auf die Entwicklung einer einheitlichen „research agenda“ drängt. Vgl. hierzu auch bereits Woodside/Reingen (1981), S. 1ff.
186 _________________________________________________________________________ Anbieter oder Nachfrager, in Abhängigkeit vom zugrunde liegenden Geschäftstyp erwartet. Unternehmen ist es anhand der vorliegenden Ergebnisse so beispielsweise möglich, ihre Verhandlungsakteure adäquat zu schulen und mit den notwendigen Informationen auszustatten. So konnte beispielsweise gezeigt werden, dass im Produktgeschäft unter geringer Unsicherheit die Verhandlungen deutlich distributiver geführt werden: Neben einem deutlich höheren Anteil an Angeboten wurde diesbezüglich ebenso auf die Gefahr hingewiesen, dass unter Vorliegen geringer Unsicherheit oftmals der Fokus zu stark auf das sukzessive Verhandeln einzelner Verhandlungsgegenstände gelegt wird, statt Paketofferten zu verhandeln. Hieraus kann gefolgert werden, dass im Produktgeschäft generell und unter geringer Unsicherheit speziell, oftmals integratives Potenzial in Verhandlungen nicht aufgedeckt und somit Anbieter und Nachfrager nicht das maximal mögliche Ergebnis erreichen. So kann nämlich das Wissen, worauf bestimmte Verhaltensweisen bzw. Ergebnisse zurückzuführen sind, Einsichten bringen, die für die Anwendung und Vorhersage bei zukünftigen Situationen von Nutzen sein können.616 Ferner kann den Ergebnissen entnommen werden, dass die Akteure im Zuliefergeschäft oftmals auch indirekte Informationen austauschen, was von Praktikern in diesen Geschäftstypen durch die Entwicklung entsprechender Signale bereits im Rahmen der Verhandlungsvorbereitung berücksichtigt werden sollte. So können sich Nachfrager im Produktgeschäft beispielsweise auf die vermehrte Betonung der Kompetenz seitens des Anbieters vorbereiten und sich – im Falle von distributiven Verhandlungsgegenständen – eine entsprechende „Gegenstrategie“ entwickeln. Ferner ist das Wissen um übliche Verhaltensweisen für Praktiker auch bezüglich der erwarteten Konformität in diesen Verhandlungen bedeutend. Verhält sich beispielsweise ein Unternehmensvertreter in einer unüblichen Art und Weise, z.B. unter Anwendung einer unüblichen Strategie, so ist es denkbar, dass der Verhandlungspartner daraufhin die Verhandlung nicht mit dem gewünschten Vertragsschluss abschließen wird. Schließlich können sich auch Unternehmen und Verhandlungspraktiker an den Ergebnissen orientieren, um ihr Verhandlungsverhalten anzupassen, sofern sie einen Geschäftstypenwechsel in Erwägung ziehen bzw. diesen bereits vollzogen haben.617
616
Vgl. hierzu auch Lamm (1975), S. 123.
617
Vgl. zu den Gründen und den Arten von Geschäftstypenwechseln Backhaus/Voeth (2007), S. 543ff.
187 _________________________________________________________________________
6.2 Ausblick auf den weiteren Forschungsbedarf Zur Durchführung der Inhaltsanalyse ist anzumerken, dass zukünftige Forschungsanstrengungen sich auf die Vereinfachung des gesamten Transkriptions- und Kodierungsprozesses richten sollten, da die nur geringe Verbreitung von Inhaltsanalysen in der Verhandlungsforschung weitestgehend auf den damit einhergehenden hohen Arbeitsaufwand zurückzuführen sein dürfte. Bezüglich der Transkription kann zudem in den nächsten Jahren mit Fortschritten durch den praxistauglichen Einsatz von Spracherkennungssoftware gerechnet werden, durch deren Einsatz die in Verhandlungen getätigte Kommunikation automatisch in schriftliche Form umgewandelt werden können.618 Die darauffolgende, notwendige Kodierung könnte langfristig auch automatisch durchgeführt werden. Erste Untersuchungen auf diesem Gebiet haben ergeben, dass eine automatische Zuordnung von Texteinheiten nach Programmierung linguistischer Musterbeispiele möglich ist.619 Darüber hinaus erscheint es ebenfalls notwendig, empirische Untersuchungen über die Risikobereitschaft industrieller Entscheidungsträger durchzuführen. Diese liegen bislang nur unzureichend und ausschließlich für Nachfrager im Konsumgüterbereich vor. Diese Untersuchungen legen nahe, dass auch die Risikobereitschaft industrieller Verhandlungsakteure einen Einfluss auf den Verhandlungsprozess haben könnte.620 Trotz verstärkter Bemühungen um Anwendung quantitativer Methoden ist vor allem zunächst qualitative Forschung erforderlich, um das Wissen über Verhandlungen zu erweitern. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass bislang keine allgemeingültige Verhandlungstheorie existiert.621 Die betriebswirtschaftliche Verhandlungsforschung steht noch am Anfang, die komplexen Interaktionen in Verhandlungen zu erfassen und zu verstehen. Vor diesem Hintergrund ist eine Verbreitung dieser Forschungsrichtung sowohl anhand von Fallstudien, aber besonders anhand von Experimenten bzw. Simulationen anzustreben. Diese Art der Verhandlungsforschung bietet eine wichtige Alternative zur bislang dominanten Forschung mittels Befragungen,622 da sich nur so das „wahre“ Verhandlungsverhalten abbilden lässt. Die geringe Verbreitung dieser qualitativ-quantitativen ausgerichteten Forschungsansätze liegt offenbar in der mangelnden Verbreitung der nötigen
618
Vgl. Höld (2009), S. 666.
619
Vgl. Hopmann (2002), S. 78f.; Nastase et al. (2007), S. 337ff.; Sinkovics/Penz (2009), S. 979ff.
620
Vgl. beispielsweise Mathews et al. (1971).
621
Vgl. Buelens et al. (2007), S. 337f.; Hopmann (2002), S. 75.
622
Vgl. die Ausführungen in Kapitel 4.3.2.
188 _________________________________________________________________________ Infrastruktur, den fehlenden finanziellen Mitteln und einer mangelnden „culture of the laboratory.“623 Darüber hinaus ist es notwendig, noch überzeugender als bisher darauf hinzuweisen, dass die Ergebnisse betriebswirtschaftlicher Verhandlungsforschung mittels Simulationen helfen können, den realen Verhandlungsprozess besser zu verstehen sowie effektiver und effizienter zu gestalten.
623
Wilkenfeld (2004), S. 436. Vgl. zu den Problemen und Voraussetzungen von Verhandlungssimulationen auch Inbar/Stoll (1972), S. 252ff. sowie zu fehlenden finanziellen Mitteln auch Kirsch/Kutschker (1972), S. 51f.
189 _________________________________________________________________________
Anhangverzeichnis Anhang 1: Übersicht über inhaltsanalytische Verhandlungsstudien ................................. 190 Anhang 2: Die Fallstudie „Repowering“ (Produktgeschäft) ............................................. 196 Anhang 3: Der Vertrag „Repowering“ (Produktgeschäft) ................................................ 212 Anhang 4: Die Fallstudie „Offshore” (Zuliefergeschäft) .................................................. 213 Anhang 5: Der Vertrag „Offshore“ (Zuliefergeschäft)...................................................... 233 Anhang 6: Variation der Fallstudieninhalte....................................................................... 234 Anhang 7: Manipulationsüberprüfung des Pre-Tests ........................................................ 235
Donohue (1981a)
5
Response Codes: Attacking (Topic Change, Initiation), Defending (Conditional Other support, Nonsupport, Answer), Regressing (Other Support, Disconfirmation, Other); Cue Codes: Attacking (Charge Fault, Threaten/Promise, Offer, Charge and Deny), Defending (Deny Fault, SelfSupport), Regressing (Concession, Other)
Explicit Information Exchange (Requesting, Giving), Heuristic Trial and Error, Distributive Behavior (Threats, Heavy Commitments, Put-downs, Arguments), Implicit Information Exchange (Statements of Preference Between Offers, Directional Information)
0,06
Syntaktische Festlegung der Kodiereinheiten
0,034; coterminability 0,69
0,73-0,75
prozentuale Übereinstimmung 0,87-1,0
0,62-0,65
Bei syntaktischer Festlegung der Kodiereinheiten kann kein Guetzkows U berechnet werden. Vgl. auch Kapitel 5.3.3.3.
Kimmel et al. (1980)
4
Promises, Threats, Recommendations, Warnings, Rewards, Punishments, Commitments, Self-Disclosure, Questions, Commands, Other, Threats and Warnings
prozentuale Übereinstimmung 0,76
Reliabilität der Kodierung (Cohens K)
Sofern offensichtlich im Kern identische Studien mit denselben Datensätzen publiziert wurden, so sind diese nicht in einer separaten Zeile verzeichnet.
Angelmar/Stern (1978)
3
Ask/Give Thruthfull Information, On-role Patter, Make a Positional Commitment, Threat, Request Reaction to Own Proposal, Multi-Issue Offers, Systematic Concessions
Reliabilität der Kodierungseinheiten (Guetzkows U)625
625
Pruitt/Lewis (1975)
2
Orientation (Giving and Asking for Information), Evaluation, Suggestion, Positive Social Emotion, Negative Social Emotion
Kategorien
624
Landsberger (1955)
Studie624
1
Nr.
Anhang 1: Übersicht über inhaltsanalytische Verhandlungsstudien
190
Donohue (1981b)
Putnam/Jones (1982)
Fry et al. (1983)
Donohue et al. (1984)
Graham (1985)
Neu et al. (1988); Neu/Graham (1994)
6
7
8
9
10
11
Questions, Self-Disclosures, Admonitions, Commitments, Prescriptions, Hedges, Repairs, Use of “We”, Presumptive “You”, Simultaneous Talk, Pauses, Speech Rate Changes, Volume Changes, Pitch, Laughter
Promise, Threat, Recommendation, Warning, Reward, Punishment, Positive Normative Appeal, Negative Normative Appeal, Commitment, SelfDisclosure, Question, Command
Responding Tactics: Attacking (Deny Fault with Personal Rejections, Topic Change, Assert Rights/Needs), Defending (Reject Proposal, Reject Rationale/Utterance, Extension), Integrating (Proposal Other Support, Rationale/Utterance, Other Support, Extension Question, et cetera); Cueing Tactics: Attacking (Assert Proposal/Offer, Charge Fault/Responsibility, Decision), Defending (Substantation, Clarification Request, Deny Relevance), Integrating (Offer Concession, Information Concession, Conciliation/Flexibility, et cetera)
Heuristic Trial and Error Processes (Many Offers, Larger Concessions on Issues of Lower Priority, Systematic Concession Making, Requesting Other’s Reaction), Information Exchange (6 Information Types along Three Axis: Numerical/Priority, Ask/Give, Truthful/False), Distributional Tactics (Threats, Put-Downs, Commitments, Vigorous Rejections, Patter, Persuasive Arguments)
Substantive Behaviors (Initiations, Acceptances, Rejections, Retractions), Strategic Behavior (Commitments, Threats, Promises, Demands), Persuasive Behavior (Self-Supporting Arguments [Statistical, Example, Analogy, Causal], Other-Supporting Arguments, Attacking Arguments), Task Behavior (Requests Information, Provides Information, Requests Reaction, Provides Reaction, Clarification, Exploratory Problem Solving), Affective Behavior (Positive Affect, Negative Affect), Procedural Behavior
Response Codes: Attacking (Topic Change, Initiation), Defending (Conditional Other support, Nonsupport, Answer), Regressing (Other Support, Disconfirmation, Other); Cue Codes: Attacking (Charge Fault, Threaten/Promise, Offer, Charge and Deny), Defending (Deny Fault, SelfSupport), Regressing (Concession, Other)
0,03
0,05
0,05-0,07
0-0,67 („marginale reliability“, Guetzkows U?)
0,59-0,69 (coder reliability)
(Guetzkows P)
0,82-0,92
0,75-0,88 für Hauptkategorien (Scotts P)
(Guetzkows P)
0,73-0,75
191
Tutzauer/Roloff (1988)
Weingart et al. (1990)
Alexander et al. (1991)
Weingart et al. (1993)
Alexander et al. (1994)
12
13
14
15
16
Cuing Tactics: Attacking (Nonconcessional Offer, Charge Fault, Derogation, Threat/Promise, Procedural Change), Defending (Position Support, Deny/Question Information), Integrating (Offer Concession, Additional Information, Flexibility, Question, Opening, Other/Unclassifiable); Responding Tactics: Attacking (Topic Change, Assert Wants, Personal Rejection), Defending (Offer Rejection, Point Rejection, Support/Rejection), Integrating (Approve Offer, Other Support, Extension Question, Information Provision, Other/Unclassifiable)
Single-Issue Offers, Multi-Issue-Offers, Preference Information, Priority Information, Substantiation of Position, Understanding of Other Parties’ Level Preference, Understanding of Other Parties’ Priorities, Understanding of Other Parties’ Positions, Delayed Reciprocity Suggested, Mutuality of Concerns, Procedural Comments, Questions, Agreement-Disagreement
Cueing: Attacking (Nonconcessional Offers, Charge Fault, Derogation, Promises and Threats, Procedural Change), Defending (Position Support, Deny/Question Information), Integrating (Offer Concessions, Additional Information, Flexibility, Questions, Opening), Other; Responding: Attacking (Topic Change, Assert Wants, Personal Rejection), Defending (Offer Rejection, Point Rejection, Support/Rejection), Integrating (Approve Offer, Other Support, Extension Question, Information Provision), Other
Opening Offers, Reciprocity or Complementary of Tactics (Single Issue Offer, Multiple Issue Offer, Trade-off Suggestion, Asking for Information, Providing Information, Recognition/Awareness/Concern for the Other, Negative Reaction, Positive Reaction to Other’s Statement, Threats or Warnings), Progression of Offers
Giving Information, Seeking Information, Pressure Tactics, Simultaneous Offers, Concession Toughness
Syntatktische Festlegung der Kodiereinheiten
Syntatktische Festlegung der Kodiereinheiten
Syntaktische Festlegung der Kodiereinheiten
Syntaktische Festlegung der Kodiereinheiten
0,01
0,74-0,76
0,75-0,76
0,75-0,76
0,89
0,54-0,88
192
Olekalns et al. (1996)
Weingart et al. (1996)
O'Connor/Carnevale (1997)
Giebels et al. (1998)
Lytle et al. (1999)
Roemer et al. (1999)
Giebels et al. (2000)
17
18
19
20
21
22
23
Forcing: Persuasive Arguments, Threats, Putdowns; Problem Solving: Information Exchange about Priorities, Preferences, or Numerical Values
Questions, Informational Statements, Commitments, Commands/Requests, Conditionals, Consistency Appeals, Psychological Tools, Garrulous Behaviors
Procedural Remarks, Positive Expectations, Interests, Rights, Facts, Attacks, Intimidations, Concessions, Requests for Proposals, Tentative Proposals, Absolute Proposals, Residual
Forcing Behaviors: Persuasive Arguments, Exit-Threats, General Threats, Putdowns; Problem Solving Behavior: Seeking Information about Profits and Priorities
Give Numerical Information, Give Priority Information, Request Information, Make Threats, Make Positional Commitments, Give Warnings, Make an Offer, Reject an Offer
Distributive: Single Issues Offers, Info-Preferences, Substantiation, QuesPreferences, Ques-Substantiation; Integrative: Multi-Issues Offers, InfoPriorities, Ques-Priorities; Other: Positive Reactions, Miscellaneous, Procedural Comments
Cuing Tactics: Positional Information (Deny Relevance, Give Positional Info, Initial Offers, Treats/Promises), Restructuring (Find Fault, Restructuring, Openings, Seek Positional Info), Priority Information (Seek Priority Info, Give Priority Info, Indicate Flexibility), Concessions (Request Acceptance, Offer Concession); Responding Tactics: Positional Information (Give Positional Info, Seek Positional Info, Reject Argument, Continue Discussion, Personal Insult, Topic Change), Priority Information (Give Priority Info, Seek Priority Info, Accept Offer), Rejection (Reject Offer, Assert Wants, Accept Argument) 0,09
Syntaktische Festlegung der Kodiereinheiten
0,79-0,89
0,87
0,89
0,75-0,89 für jede Kategorie
0,74-0,75
193
Hyder et al. (2000)
Mosterd/Rutte (2000)
Olekalns/Smith (2000)
Olekalns/Smith (2003a)
Olekalns/Smith (2003b)
Kern et al. (2005)
24
25
26
27
28
29
Integrative Information Sharing, Value Creation, Distributive Information Sharing, Value Claiming, Push to Closure, Process Management
Demands, Priority Information, Positional Information, Process Management, Multi-Issue Offers, Proposal Modification, Substantiation
Contention, Priority Information, Positional Information, Process Management, Multi-Issue Offers, Proposal Modification
Cuing: Contending (Denying Relevance of Opponent’s Position, Making and Repeating Offers, Using Threats and Promises, Attributing Faith to Opponent), Positional Information (Making Open-Ended Statements, Giving Arguments Supporting Own Position, Requesting Additional Information about an Opponent’s Position), Priority Information (Proposing an New Way of Proceeding, Requesting or Providing Information about the Value of Issues, Suggesting a Range of Options or Trade-Offs), Conciliation (Proposing Modifications to an opponent’s Offer, Offering Opponent an Concession); Responding: Positional Information (Giving Information About Own Position, Seeking Information about Other’s Position, Rejecting Others Position), Priority Information (Requesting or Providing Information About the Value of Issues, Accepting an Opponent’s Offer), Contending (Explicit Rejection of Opponent’s Offer Accompanied by Personal Insult, Statement of Requirements with Expectation of Compliance), Constructive Exploration (Continuing Discussion, Introducing a New Topic, Accepting Opponent’s Point of View)
Discuss Procedure, Inaction, Problem Solving, Contending (Offensively Claiming, Defensively Claiming, Begging and Persuading)
Distributive: Single Issue Offers, Give/Seek Preference Information & Substantation, Process Comments Referring to 1 Issue; Integrative: Multi-Issue Offers, Give/Seek Priority Information, Process Comments Referring to Multiple Issues, Delayed Reciporcity; Neutral: Positive Reaction, Miscellaneous
0,06
Syntaktische Festlegung der Kodiereinheiten
0,09
> 0,8
0,74
0,74
0,74-0,75
0,82
0,75-0,89
194
Koeszegi et al. (2006)
Srnka et al. (2006)
Pesendorfer/Koeszegi (2006)
Pesendorfer/Koeszegi (2007)
Nastase et al. (2007)
Geiger (2007)
30
31
32
33
34
35
Einzelofferte; Paketofferte; Forderung eines Angebots; Informationsaustausch über Prioritäten und variable Kosten; Informationsaustausch über Präferenzen, Positionen und wichtige Fakten; Drohungen, Warnungen, Commitments und Bluffs; Zurückweisung und negative Reaktion; Täuschung, Lüge; Prozessmanagement; Kompromissbereitschaft; Positive Beziehungsnachricht; Technikbedingte Bemerkung, Floskeln, Smalltalk, Sonstiges
Content: Substantive Negotiation Behaviour, Task-Oriented Behavior, Persuasive Argumentation, Tactical Behaviour; Relationship: Affective Behaviour, Private Communication; Process: Communication Protocol, Procedural Communication; Text-Specific Communication Units
Create Value: Agree/Accept/Concede, Make a Multi Issue Offer, Make Positive Comments; Integrative Information: Ask About Preferences, State Issue Preferences, Make Off-Task Comments; Claim Value: Substantiate Position, Show Negative Reaction, Make Single Issue Offer, Use Threats; Distributive Information: State Facts for Own Interest, Suggest to Discuss One Issue
Content: Substantive Negotiation Behavior, Task-Oriented Behavior, Persuasive Argumentation, Tactical Behavior; Relationship: Affective Behavior, Private Communication; Process: Communication Protocol, Text-Specific Sommunication Units, Procedural Communication
Informiert über das Produkt/Angebot, holt Information ein, versucht zu überzeugen, taktiert, äußert sich emotional, zeigt Verständnis und persönliche Zuwendung, Abbruch&Fragmente, Wiederholungen, Phrasen&Füllwörter, Pausen, andere Anomalien
Content: Substantive Negotiation Behavior, Task-Oriented Behavior, Persuasive Argumentation, Tactical Behavior; Relationship: Affective Behavior, Private Communication; Process: Procedural Communication, Communication Protocol, Text Specific Communication Units
0,005; coterminability 0,84
0,016
0,0043
0
0,55-1,0
0,91
0,86
0,84-,86
0,82
0,84
195
____ ______________________________ _______ 196________________________________________ uktgeschäfft) Anhang 2: Die Fallstudie „Repoweriing“ (Produ Allgeemeine Info formationen n für beide Parteien P 1. Eiinführung g Spättestens seit vermehrrten Presse eberichten über die „Klimakata „ strophe“ und dem Al Gore-Film G „ „Eine unbe equeme Wahrheit“ W oder dem HollywoodH -Blockbustter „The Day After Tom morrow“ ist die Klimakkatastrophe weltweit in aller Mu unde. Vera antworte globale Erwärmung E g und den n damit verbundelich für die dadurch umsschriebene del ist dass Treibhaussgas CO2, welches bei b der Verrbrennung fossiler nen Klimawand e Rohsstoffe zur Gewinnung elektrisccher Energie (z.B. in Kohlekrafttwerken) entsteht. Auch h die USA und China a erkennen n mittlerwe eile die Pro oblematik u und versuc chen mit eigenen Klima aschutzplänen, Ansä ätze zur Reduzierun R ng bzw. V Verminderu ung des Ansttiegs der CO C 2-Emisssionen zu präsentiere p en (FAZ, 05.06.2007 0 7). Neben diesem Umw weltaspekt erkennen n insbeson ndere rohs stoffarme Länder wiie Deutsch hland – abge esehen vo on der End dlichkeit fosssiler Bren nnstoffe – die Notwe endigkeit, ihre i Importa abhängigkeit von Ro ohstoffen zur z Energie eerzeugun ng zu senkken, um hierdurch langfristige Versorgungssicherheit zu gewährrleisten. So o spielt der Zugang zu z Rohne wesenttliche Rolle e in einer Vielzahl ((teils bewa affneter) stofffen bereitss heute ein Konfflikte. Rohsstoffreiche e Nationen nutzen hin ngegen ihrre Machtpo osition zurr Durchsetzung teils massiver m Preissteigerrungen.
Abb.. 1: Preisssteigerungen von Ro ohöl als Beispiel B fürr Preissteiigerungen fossiler Enerrgieträger Nich ht zuletzt aus a diesem m Grund werden w in der Bunde esrepublik Deutschla and seit langer Zeit ern neuerbare Energien in vielfältig ger Weise gefördert. Ziel der BundesB erung ist es, e mit dem m sog. „Ern neuerbare--Energien-G Gesetz“ de en Anteil erneuere regie bare er Energien n an der Stromverso S orgung bis s 2010 au uf mindeste ens 12,5 % (eine Verd dopplung gegenüber g r dem Jahr 2000) un nd bis 202 20 auf mindestens 20 % zu erhö öhen. Die Windenerg gie wird dabei zukünftig mit einem e Sch hwerpunkt bei der Nutzzung von Offshore-W O Windenergiie einen sttetig wach hsenden Beitrag leistten. Bis 2030 0 soll der Anteil A der Windenerrgie an derr Stromerzzeugung vo on jetzt rund 5 %
____________________________________________ ______________________________ _______ 197 auf mindesten m s 25 % (O Onshore: 10 %, Offs shore: 15 %) % steigen n. Das Prin nzip der Wind denergie verdeutlicht v t Abbildung g 2.
Abb.. 2: Prinzip p der Windenergie (B Bundesverb band Wind dEnergie e.V.) Durcch die vielfältige Förrderung de er Windene ergie hat sich s in De eutschland mittlerweile e eine „Windkraft-Ind dustrie“ eta abliert, die von den Herstellern H n der Windkraftanlagen und dere en Zulieferrer bis hin zu profess sionellen Anlagenbet A treibern alle Wertöpfungsstu ufen umfassst. Durch die kontinu uierliche Erweiterung E g des Know w-hows schö konn nte die Grö öße, Qualität und Eff ffizienz derr Anlagen in den letzzten Jahren kontinuierlich geste eigert werd den (vgl. Abbildung A 3), 3 sodass diese Unternehmen mittlere weltweit führend im m Bereich der d Winden nergie sind d. weile
Abb.. 3: Leistun ngssteigerrung von Windenergi W ieanlagen. Aufgeführt sind jew weils die größ ßten Anlage en (Bunde esverband WindEnerg gie e.V.)
_________________________________________________________________________ 198 Insgesamt gibt es weltweit nur 8 Hersteller von Windkraftanlagen, die eine unterschiedliche Bandbreite von Anlagen in gleichbleibender Qualität in Serienfertigung herstellen. Seit Beginn der Windkraft-Technik stehen die Anlagen verteilt über das gesamte Bundesgebiet an möglichst windgünstigen Standorten. Waren zu Anfang besonders einzelne Anlagen die Regel, werden heutzutage mehrere Anlagen in Form von Windparks errichtet, die durch Großinvestoren wie Banken, Energieversorger oder Betreibergesellschaften über geschlossene und offene Fonds finanziert und betrieben werden. Dabei erwies sich die Windenergie als lukratives Geschäft, da die Vergütung des ins Netz eingespeisten Stromes pro kWh626 durch den Gesetzgeber langfristig geregelt ist, und die Energieversorger verpflichtet sind, diesen Strom auch abzunehmen. Trotz der augenscheinlichen Vorteile einer umweltfreundlichen Energiegewinnung gibt es eine Reihe von Kritikpunkten an der Onshore-Windkraft, also der landgebundenen Errichtung von Windkraftanlagen. Die Kritiker sind vorwiegend in Bürgerinitiativen organisiert (mehr als 500!) und kämpfen gegen Windkraftanlagen. Die meist vorgebrachten und durchaus ernst zu nehmenden Gründe lauten wie folgt: x
x x x
Beeinträchtigung der Gesundheit der Anwohner durch o ständige, vor allem monotone Geräuschentwicklung, o Schattenschlag verursacht durch die Rotorblätter, o und den Diskoeffekt (Reflektionen des Sonnenlichts). Immobilien verlieren ihren ideellen und materiellen Wert Verschandelung der Landschaft („Verspargelung“) Belastung der Umwelt: o Tiere: z.B. Störung der Vogelwelt durch Bau in der Nähe von Brutplätzen. o Natur: z.B. durch regelmäßig erforderliche Asphaltierung der Zugangswege zur Windkraftanlage und Errichtung großflächiger Fundamente aus Beton.
2. Repowering Aufgrund dieser anhaltenden Kritik und vor allem aufgrund der Steigerung der Leistungsfähigkeit einzelner Anlagen (vgl. Abbildung 3) haben „Repowering“Maßnahmen zu einem neuen Bauboom im Windkraftsektor geführt: Windenergie626
Die Kilowattstunde ist die gebräuchlichste Maßeinheit für Energie bzw. Arbeit. Es gilt: Arbeit ist Leistung in Kilowatt (kW) mal Zeit in Stunden (h). Der Energieverbrauch von Strom und Fernwärme sowie seit Kurzem auch von Erdgas wird in kWh angegeben. Kilowatt ist eine Einheit für Leistung (Anschlusswert) und bedeutet 1.000 Watt. Um daraus eine Energiemenge errechnen zu können, muss mit der Einschaltzeit multipliziert werden. Beispielsweise verbraucht eine Glühlampe mit 100 Watt Leistung (0,1 kW) in 10 Stunden eine Kilowattstunde (kWh) Strom und erzeugt ein Kraftwerk mit einer Leistung von 5 Megawatt (MW) bei Vollbetrieb in 10 Stunden 50 Megawattstunden (MWh) = 50.000 kWh.
_________________________________________________________________________ 199 anlagen sind für eine Lebensdauer von etwa 20 Jahren ausgelegt. Durch die rasante Entwicklung der Technologie in den letzten Jahren ist es häufig wirtschaftlich vertretbar, auch schon vor Ablauf der technischen Lebensdauer eine oder mehrere alte, kleine Anlagen durch neue, größere Anlagen zu ersetzen. Insgesamt werden für das Repowering folgende Gründe angeführt: x x x x x
Mehr Windstrom auf gleicher Fläche: Ohne Beanspruchung neuer Flächen wird die Windstromproduktion vervielfacht. Weniger Windenergieanlagen: Die Anzahl der Windkraftanlagen wird deutlich reduziert und damit das Landschaftsbild verbessert. Höhere Effizienz, geringere Kosten: Moderne Windkraftanlagen nutzen das Windenergieangebot besser aus. Die Erzeugungskosten für den Windstrom sinken deutlich. Bessere Optik: Moderne Windkraftanlagen haben deutlich geringere Drehzahlen und wirken auch damit optisch verträglicher als schnell rotierende ältere Anlagen Mehr Naturschutz: Vereinzelte Planungsfehler der Vergangenheit können geheilt werden.
In Deutschland gibt es für das Repowering alter Windenergieanlagen finanzielle Anreize über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Erste Erneuerungsprojekte wurden bereits in Niedersachsen und Schleswig-Holstein durchgeführt. Neben den finanziellen Vorteilen bietet das Repowering die Möglichkeit mit weniger neuen Windenergieanlagen mehr Energie als mit ursprünglich mehr alten Anlagen in Strom zu wandeln. Doppelter Energieertrag bei halber Anlagenzahl ist eine gängige Faustregel und grundlegendes Ziel des Repowering. Einzelstandorte können beim Repowering zu Windparks zusammengelegt und Planungsfehler aus den Pionierjahren der Windenergienutzung (z.B. zu geringe Abstände zur Wohnbebauung) korrigiert werden. Allerdings spielen bei dem Repowering auch neue Auflagen und Gesetze (beispielsweise TA-Lärm und neue Abstandsregelungen – 1000 m statt 500 m Abstand zur Wohnbebauung) eine entscheidende Rolle. Für die noch verwendbaren alten Anlagen hat sich mittlerweile ein internationaler Gebrauchtanlagenmarkt entwickelt, der sich insbesondere auf Anlagen fokussiert, die in dieser Form noch gebaut werden. Oft werden die Altanlagen jedoch auch als Ersatzteillager genutzt.
____ ______________________________ _______ 200________________________________________
Abb.. 4: Das Prrinzip Repo owering
Abb.. 5: Beispie el für Repo owering: Windpark W Simonsberg g
_________________________________________________________________________ 201 3. Die Akteure Hersteller Windanlagenhersteller sind eine eigenständige Branche, deren Wurzeln sowohl im Maschinenbau als auch in der Elektro- und Informationstechnik liegen. Hersteller bauen komplette Windräder, viele haben eigene Entwicklungsabteilungen, um auch Rotoren, Getriebe oder Türme kontinuierlich zu verbessern und bieten zunehmend Dienstleistungen rund um die Hightech-Kraftwerke an. Ob Systemanbieter, die ihre Komponenten bei Zulieferern einkaufen und zu einem eigenständigen Ganzen montieren, oder Produzenten mit einer hohen Fertigungstiefe, das Ziel lautet immer: Qualität und Kundenorientierung. Dabei haben den Unternehmen das Know-how und die Innovationskraft ihrer Mitarbeiter nicht nur Marktvorteile zwischen Alpen und Ostsee verschafft. Weltweit gefragte Spitzentechnologie reift in Deutschland vom Prototyp zur Serie. Verständlich, dass Internationalisierung mittlerweile als wesentliche Säule der unternehmerischen Wachstumsstrategie gilt – sowohl Großunternehmen als auch Mittel-ständler mit wenigen hundert Beschäftigten erschließen sich mittlerweile diesen Markt, der für weltweit agierende Konzerne mit mehreren Tausend Mitarbeitern längst zum Alltag gehört. Gleichzeitig steigern Full-Service-Anbieter die Attraktivität ihrer Anlagen durch komplette Wartungskonzepte. Neben einigen weiteren Herstellern ist besonders die 1984 von Heiner Wübben im niedersächsischen Aurich gegründete Firma Windergy zu nennen, die in über zwei Jahrzehnten die Windenergie durch Forschung und Entwicklung sowie durch kontinuierliche Verbesserung der Fertigung „hoffähig“ gemacht hat. Betreiber Betreiber und Dienstleister planen, erstellen, finanzieren und vermarkten Windenergieanlagen – sowohl im Namen der eigenen Gesellschaft als auch für Dritte. Einige bieten darüber hinaus die Betriebsführung für schlüsselfertige Anlagen an, errichten den Netzanschlusspunkt samt Umspannwerk, betreuen die technische Überwachung der Anlage oder den gesamten kaufmännischen Bereich. Typisch für die Branche ist so z.B. das 1993 durch Dr. Eric Schulze gegründete Unternehmen ÖkoInvest, das neben einer Vielzahl von Windenergieanlagen auch Projekte im Bereich Photovoltaik und Biogas verfolgt. Eine lange Wertschöpfungskette, so genannte Full-Service-Kompetenz, gekoppelt mit bestem Know-how über Windenergieanlagen sowie einem guten Draht zu Banken/Geldgebern sind das Erfolgsgeheimnis marktführender Projektierer. Nicht immer ist allerdings die gesamte Kompetenz im Unternehmen selbst vorhanden. Schlanke Betriebe arbeiten in einem Netzwerk, wo sie bei Bedarf schnell auf das Wissen externer Fachleute zugreifen können. Finanzdienstleister und Fondsvermittler stellen Transparenz und Anlegersicherheit in den Mittelpunkt ihrer Akquisition. Ihr Geschäftserfolg hängt von der Fähigkeit ab, solide zu finanzieren und die Projekte effizient umzusetzen.
_________________________________________________________________________ 202 Rollenspezifische Informationen für Hersteller (Version A) Im Hause Windergy war man stolz auf die Entwicklung, die die Windkraft in den letzten Jahren genommen hatte. Dies auch völlig zu Recht, hatte Windergy doch durch kontinuierliche Entwicklung und Leistungssteigerungen einzelner Windkraftanlagen zur Effizienzsteigerung und damit auch zum Erfolg der Betreiber von Windkraftanlagen (höhere Stromerzeugung = mehr Ertrag) beigetragen. Aber auch neben der Leistungssteigerung hatte Windergy in den letzten Jahren viele Innovationen am Markt etabliert. Beispielsweise war es die Idee von Windergy gewesen, ein automatisches Abschaltsystem für die Windkraftanlagen zu entwickeln: So hängt die „Menge“ auf der Erlösseite der Betreiber im Windkraftgeschäft natürlich von der Stärke des Windes ab. Bei Flaute schalten sich die Anlagen automatisch aus (Kosten des Betriebs größer als der Ertrag), bei Sturm schalten sie sich aufgrund von Beschädigungsgefahr ebenfalls automatisch aus. Einen Abriss der Unternehmenshistorie bietet Abbildung 1.
1984 1986 1988 1993 1995 1996 1997 1998 2000 2001
2002 2004 2005
2006
Gründung durch Heiner Wübben Entwicklung der ersten Windergy Windenergieanlage W-15/16 mit 55 kW Realisierung des ersten Windergy Windparks mit 10 x W-16 Bau des ersten firmeneigenen Produktionsgebäudes Entwicklung und Installation der W-17 / 80 kW und der W-32 / 300 kW Beginn der Serienproduktion der W-40 / 500 kW Bau einer Fertigungsstätte zur Serienproduktion von Rotorblättern Serienproduktion der W-30 / 230 kW in Indien Installation des Prototypen der W-66 / 1.500 kW in Aurich Erwerb einer Fertigungsstätte in Brasilien Installation einer Meerwasserentsalzungsanlage mit Energieversorgung durch eine Windenergieanlage auf Teneriffa Beteiligung an der SKET Maschinen- und Anlagenbau GmbH in Magdeburg Aufbau der E-66 Produktion in Magdeburg Verleihung des Deutschen Umweltpreises an den Firmeninhaber Heiner Wübben Aufbau einer neuen Fertigung für Windenergieanlagen in MagdeburgRothensee Erweiterung der weltweiten Produktionsfläche auf 285.000 m 2 Aufbau einer neuen Rotorblatt-Produktionsstätte in der Türkei Aufbau der ersten W-70 / 2 MW Nennleistung mit neuer Rotorblattgeneration Ausbau der Anlagen-Produktion W-70, W-48, W-33 Neubau einer Fertigungsstätte für Fertigteilbetontürme in Emden Erweiterung der weltweiten Produktionsfläche auf 370.000 m2 Erfolgreiche Inbetriebnahme des Prototypen W-82 nahe Aurich Bau eines neuen Hauptverwaltungsgebäudes in Aurich
Abb. 1: Firmenhistorie Windergy Traditionsgemäß wurden die Windkraftanlagen „W-xx“ genannt, wobei W für Windergy und die nachfolgende Zahl für den Rotordurchmesser steht. Eine Übersicht der zurzeit in Serienproduktion befindlichen Anlagen bietet Abbildung 2. Die Listenpreise beziehen sich jeweils auf die Basisversion mit der jeweils geringsten Nabenhöhe. Sollte der Kunde einen höheren Turm wünschen, so entstehen Windergy zusätzliche Kosten in Höhe von 2.500 € pro Meter, die dem Kunden
____________________________________________ ______________________________ _______ 203 entw weder nicht berechne et oder au uf den Liste enpreis au ufgeschlagen werden n – hier wird von Fall zu z Fall entsschieden. Aus der Abbild dung wird ebenfalls ersichtlich, e dass sich h Windergyy bislang komplett k auf den d sogenannten „Onshore-Be ereich“, also den Bau u von Windenergieanlage für einen Einsatz im Binnenland im Le eistungsspektrum biss 2.300 kW W konzentrriert hat. elt Winderg gy bereits noch leistungsstärkkere Generatoren, qualitativ Zwar entwicke hwertige Windenergie W eanlagen sind s mit Anlagen jen nseits der 2 2,3 MW Ne ennleishoch tung g jedoch no och nicht zu bauen.
Abb.. 2: Produkktportfolio Insbesondere das Them ma „Repow wering“ hat in den le etzten Jah hren einen n immer ßeren Ante eil am Umsatz ausgem macht. Da die ersten n Anlagen bereits in die d Jahgröß re kommen un nd für heu utige Verhältnisse fa ast schon lächerliche e Nennleis stungen k erzielen, beschre eiten imme er mehr Be etreiber die esen Weg und ervon 30 - 100 kW W durch neu ue, leistun ngsfähigere e Windene ergieanlage en: Die setzen ihre Windparks hnologie ne euerer Anllagen ist ausgereifter, Generatoren und R Rotorblätte er arbeiTech ten effizienter. e Aufgrund des guten n Namens, der mittle erweile we eltweit für Qualität Q erste er Güte ste eht – ist inssbesonderre Winderg gy eine ersste Adresse e für Aufträ äge dieser Art. A So erre eichte Wüb bben kürzlich folgend de Email (vvgl. Abbildu ung 2).
_________________________________________________________________________ 204
Von:
[email protected] An:
[email protected] Betreff: Repowering Sehr geehrter Herr Wübben, was ich Ihnen bereits bei einem unserer letzten Besuche an Ihrem Messestand auf der „EcoPower 2007“ berichtet habe, ist nun amtlich. Der Gesamtvorstand hat beschlossen, dem technischen Fortschritt Rechnung zu tragen, und unseren seit 1990 bestehenden Windpark „Deutschland Nordwest“ zu erneuern. Momentan betreiben wir dort insgesamt 15 Windkrafträder des Typs GE-Windpower 250, welche damals von Ihrem Mitbewerber geliefert wurden. Jedes der Windkrafträder verfügt über eine Nennleistung von 250 kW bei einer Nabenhöhe von 50 m, einem Rotordurchmesser von 29,5 m sowie einer Turm-Masse von 32 t. Insgesamt kann dieser Standort mit dem heutigen Wissen als eher wenig geeignet eingestuft werden. Dennoch sind Zufahrtswege zu allen Anlagen (wichtig für die Wartung) sowie ein zuverlässiges Netz zur Stromeinspeisung vorhanden, weshalb wir an diesem Standort festhalten möchten. Unsere Windaufzeichnungen der letzten 17 Jahre deuten auf eine mittlere Windgeschwindigkeit von 9 m/s in einer Nabenhöhe von 70 m hin. Da die Baugenehmigung ebenfalls eine Nabenhöhe von maximal 70 m vorsieht, und vor dem Hintergrund der dargestellten Windsituation möchten wir die bestehenden Anlagen durch 8 Windkraftanlagen vom Typ W-48 ersetzen. Zusätzlich können wir uns auch über einen Wartungsvertrag für die angestrebte Standardnutzungsdauer von 20 Jahren unterhalten. Bitte unterbreiten Sie mir ein entsprechendes Angebot auch bezüglich des Netzanschlusses, der notwendigen Fundamente sowie einer evtl. Anschlussverwertung für die nicht mehr benötigten GE-Windpower 250. Mit freundlichen Grüßen, Ihr E. Schulze
Abb. 2: Email von Eric Schulze (ÖkoInvest) an Heiner Wübben (Windergy) „Ein schöner Auftrag – zwar Standard, aber kein Problem“, entfuhr es der Prokuristin Diana Schnieder, als ihr Heiner Wübben die freudige Nachricht über diesen potenziellen Auftrag überbrachte. „Ich habe Schulze bereits telefonisch geantwortet, wir erwarten eine kleine Delegation der ÖkoInvest am 2./3. Juli zu Verhandlungen bei uns in Aurich. Wir sollten uns schleunigst die genauen Kosteninformationen aus dem Controlling besorgen, um für diese Verhandlungen gerüstet zu sein. Die wollen bestimmt ordentlich an unserem Listenpreis drehen: Um den Auftrag zu bekommen, habe ich Schulze am Telefon gegenüber erwähnt, dass es sich „nur“ um Listenpreise handele…“, erwiderte Wübben.
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Von:
[email protected] An:
[email protected] Betreff: Kosteninformationen Sehr geehrter Herr Wübben, in Zusammenarbeit mit unserem Einkauf sowie Herrn Möller als unserem Marktbeobachter liefere ich Ihnen unten stehend die gewünschten Informationen. -
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Wie sie selber wissen, ist die Fertigung der W-48 zwar sehr zeit- und arbeitskostenintensiv, läuft bei uns aber schon als Serienproduktion. Das heißt, die Qualität ist zu 100 % gewährleistet. Pro Anlage entstehen uns dabei variable Kosten von 420.000 €. Dazu kommen natürlich noch variable Zusatzkosten für den höheren Turm (20 zusätzliche Meter ergeben 20 x 2.500 € = 50.000 €). Beim derzeitigen Listenpreis bleibt uns also ein schöner Deckungsbeitrag. Zusätzlich ist allerdings noch der Transport zu berechnen. Zwar ist die W-48 nicht außerordentlich groß, einen Schwertransport brauchen wir jedoch auch hier, der mit 9.000 € pro Anlage anzusetzen ist. Fixe Kosten sind bei der geringen Stückzahl von 8 zu vernachlässigen, da wir momentan keine ausgelasteten Kapazitäten haben. Zur Wartung: Wie auf der letzten Geschäftsleitersitzung besprochen, bieten wir nur noch ausschließlich Wartungspakete an. Insgesamt kostet uns die Wartung einer Anlage im Mittel 35.000 € pro Anlage und Jahr (bei einer Lebensdauer von 20 Jahren also 700.000 Mio. € pro Anlage). Also entstehen uns bei der Übernahme der Wartung ca. 5,6 Mio. € (8 x 0,7 Mio. €) an Wartungskosten. Diese Kosten müssen gedeckt werden. Es steht Ihnen frei, einen entsprechenden Pauschalbetrag für ein „Wartungspackage“ mit Schulze zu verhandeln. Aufgrund der Erfahrung von ÖkoInvest, sollte deren Verhandlungsdelegation wissen, dass sie bei anderweitiger Vergabe der Wartung an Drittanbieter mit ungefähren Kosten von 10 % des Listenpreises (gerechnet ohne Fundament und Netzanschluss) pro Jahr rechnen müssen. Durch unseren guten Draht zum zuständigen Netzbetreiber und aufgrund des bereits vor Ort bestehenden Stromnetzes könnten wir den Netzanschluss für 8.000 € pro Anlage einrichten. Neue Fundamente bzw. Fundamentverstärkungen sind aufgrund des sehr viel höheren Gewichtes der W-48 ( 250 t) in der Tat notwendig. Das können unsere Jungs für 50.000 € pro Anlage erledigen. Eine Anschlussverwertung der 15 alten Anlagen vom Typ GE-Windpower 250 erscheint Möller schwierig. In Frage kommt nur der Wiederverkauf an ein Schwellenland. Hier können wir Schulze maximal 10.000 € pro Windkraftanlage bieten, um noch auf 0 rauzukommen.
Alles in allem ein Routineprojekt, das uns guten Umsatz und eine Auslastung unserer Kapazitäten verspricht. Mit freundlichen Grüßen, H. Spieker, Leiter Bereichscontrolling – Mittlere Anlagen
Abb. 3: Email aus dem Bereichscontrolling an Heiner Wübben Mit diesen Informationen versorgt, erstellte Heiner Wübben eine entsprechende Verhandlungsstrategie und stellte ein entsprechendes Verhandlungsteam zusammen.
_________________________________________________________________________ 206 Aufgabe: Handeln Sie mit der ÖkoInvest einen möglichst guten Festpreis für die Lieferung von 8 Anlagen des Typs W-48. Dieser Preis soll zu einem Zeitpunkt anfallen. Im von Ihnen auszufüllenden Vertrag ist der Preis einer Anlage anzugeben, der am Ende mit der feststehenden Menge von 8 Anlagen multipliziert wird. Ebenfalls ist über die anfallende Wartung, den Netzanschluss jeder einzelnen Anlage, die Fundamente und die evtl. Anschlussverwertung der GE-Windpower 250 zu verhandeln. (Gehen Sie aus Vereinfachungsgründen davon aus, dass alle in der Fallstudie genannten Zahlungen zu einem Zeitpunkt anfallen. Vernachlässigen Sie dynamische Effekte. Verhandeln Sie nur die im Vertrag genannten Vertragsbestandteile. Sondervereinbarungen sind nicht möglich. Berechnungsgrundlage für den Erfolg Ihrer Verhandlung ist der für Ihr Unternehmen Windergy erzielte Gewinn.)
_________________________________________________________________________ 207 Rollenspezifische Informationen für Betreiber (Version A) Im Hause ÖkoInvest war man stolz auf die Entwicklung, die erneuerbare Energien in den letzten Jahren genommen hatten. Dies auch völlig zu Recht, hatte ÖkoInvest durch die Bereitstellung von Kapital in Form offener und geschlossener Fonds doch einen Großteil zur Verbreitung und ökonomischen Nutzung erneuerbarer Energien beigetragen. Gegründet wurde ÖkoInvest 1993 durch Dr. Eric Schulze, einen promovierten Physiker, der schon früh das Potenzial erneuerbarer Energien und hier insbesondere der Windenergie und der Photovoltaik (vornehmlich Sonnenenergie) erkannte und gemeinsam mit Finanzexperten mittels Fonds Geld von institutionellen und privaten Anlegern „einsammelte“, um eine Vielzahl von Wind- und Solarparks zu erstellen, zu betreiben und die erzielten Einnahmen durch die Einspeisung des gewonnenen Stromes teilweise wieder an die Anteilseigner auszuschütten. Anfang 2001 errichtete ÖkoInvest zudem die ersten BiogasAnlagen, in denen die bei der Vergärung pflanzlicher Abfallstoffe entstehenden Gase in sogenannten Blockheizkraftwerken mittels Verbrennungsmotoren und damit angetriebener Generatoren zu Strom umgewandelt werden. Insgesamt verwalteten Schulze und seine 45 Mitarbeiter so mittlerweile mehr als 20 Projekte mit einem gesamten Fondsvolumen von 750 Mio. €, wovon der größte Fonds mit Abstand ein gerade neu erstellter Windpark mit einem Gesamtvolumen von 100 Mio. € darstellte. Aber auch ältere Anlagen waren im Portfolio der ÖkoInvest vertreten. Im Zuge der rasanten Entwicklung von Windenergieanlagen hatte man sich im Hause ÖkoInvest für den Windpark Nordwest für ein sogenanntes Repowering entschlossen: Die Technologie neuerer Anlagen ist ausgereifter, Generatoren und Rotorblätter arbeiten effizienter. Die Zahl der in diesem Windpark angesiedelten Anlagen soll von 15 auf 8 reduziert werden, bei wesentlicher Steigerung der Leistung. Der Preis den ÖkoInvest vom Netzbetreiber für den Strom erhalten würde (und momentan auch erhält), ist vom Gesetzgeber festgeschrieben und richtet sich auch nach den vor Ort anzutreffenden mittleren Windgeschwindigkeiten. Für den Windpark Nordwest werden nach erfolgtem Repowering die ersten 5 Jahre mit 8,53 Cent pro kWh vergütet werden, für die folgenden 15 Jahre sind 5,39 Cent pro kWh garantiert. Bei einer gesamten Lebensdauer der Anlage von angenommenen 20 Jahren war die preisliche Komponente der Erlösseite also sicher. Die „Menge“ hängt im Windkraftgeschäft natürlich von der Stärke des Windes ab. Bei Flaute schalten sich die Anlagen automatisch aus (Kosten des Betriebs größer als der Ertrag), bei Sturm schalten sie sich aufgrund von Beschädigungsgefahr ebenfalls automatisch aus. Da der Windpark Nordwest bereits seit 17 Jahren bestand, hatte ÖkoInvest wertvolles Know-how gesammelt. Für einen aktualisierten Park mit Anlagen die über eine Nabenhöhe von 70m verfügen würden, ist mit einer Laufleistung von 3.000 h pro Jahr und Anlage zu rechnen. Das bedeutete das der Park eine jährliche Gesamtleistung von 19.200.000 kWh erzielen würde (800 kW Nennleistung * 3.000h * 8 Anlagen). Aufgrund des guten Namens, der mittlerweile weltweit für Qualität erster Güte steht, ist insbesondere der Hersteller Windergy eine erste Adresse für Aufträge dieser Art. Zunächst informierte sich Schulze ausführlich über die Historie sowie das Produktportfolio von Windergy (vgl. Abbildungen 1 und 2).
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1984 1986 1988 1993 1995 1996 1997 1998 2000 2001
2002 2004 2005
2006
Gründung durch Heiner Wübben Entwicklung der ersten Windergy Windenergieanlage W-15/16 mit 55 kW Realisierung des ersten Windergy Windparks mit 10 x W-16 Bau des ersten firmeneigenen Produktionsgebäudes Entwicklung und Installation der W-17 / 80 kW und der W-32 / 300 kW Beginn der Serienproduktion der W-40 / 500 kW Bau einer Fertigungsstätte zur Serienproduktion von Rotorblättern Serienproduktion der W-30 / 230 kW in Indien Installation des Prototypen der W-66 / 1.500 kW in Aurich Erwerb einer Fertigungsstätte in Brasilien Installation einer Meerwasserentsalzungsanlage mit Energieversorgung durch eine Windenergieanlage auf Teneriffa Beteiligung an der SKET Maschinen- und Anlagenbau GmbH in Magdeburg Aufbau der E-66 Produktion in Magdeburg Verleihung des Deutschen Umweltpreises an den Firmeninhaber Heiner Wübben Aufbau einer neuen Fertigung für Windenergieanlagen in MagdeburgRothensee Erweiterung der weltweiten Produktionsfläche auf 285.000 m 2 Aufbau einer neuen Rotorblatt-Produktionsstätte in der Türkei Aufbau der ersten W-70 / 2 MW Nennleistung mit neuer Rotorblattgeneration Ausbau der Anlagen-Produktion W-70, W-48, W-33 Neubau einer Fertigungsstätte für Fertigteilbetontürme in Emden Erweiterung der weltweiten Produktionsfläche auf 370.000 m2 Erfolgreiche Inbetriebnahme des Prototypen W-82 nahe Aurich Bau eines neuen Hauptverwaltungsgebäudes in Aurich
Abb. 1: Firmenhistorie Windergy Traditionsgemäß wurden die Windkraftanlagen „W-xx“ genannt, wobei W für Windergy und die nachfolgende Zahl für den Rotordurchmesser steht. Eine Übersicht der zurzeit in Serienproduktion befindlichen Anlagen bietet Abbildung 2. Die Listenpreise beziehen sich jeweils auf die Basisversion mit der jeweils geringsten Nabenhöhe. Aus der Abbildung 3 wird ebenfalls ersichtlich, dass sich Windergy bislang komplett auf den sogenannten „Onshore-Bereich“, also den Bau von Windenergieanlage für einen Einsatz im Binnenland im Leistungsspektrum bis 2.300 kW konzentriert hat. Zwar entwickelt Windergy bereits noch leistungsstärkere Generatoren, qualitativ hochwertige Windenergieanlagen sind mit Anlagen jenseits der 2,3 MW Nennleistung jedoch noch nicht zu bauen.
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Abb.. 2: Produkktportfolio h ausführlichen Gesp prächen im m Unterneh hmen und einer e Analyyse durch exterNach ne Experten, E e einigte man n sich auf die d W-48 als a geeigne ete Windkrraftanlage. Und so trat Schulze S da araufhin mit Windergy und Herrrn Wübben n per E-Ma ail in Konta akt (vgl. Abbiildung 3).
Von:
[email protected] V A
[email protected] An: B Betreff: Repoowering Sehr geehrterr Herr Wübbeen, S w ich Ihnenn bereits bei einem unsereer letzten Beesuche an Ihrrem Messestaand auf der was „EcoPower 2007“ berichttet habe, ist nun n amtlich. Der Gesamttvorstand hatt beschlossen n, d technischhen Fortschrritt Rechnungg zu tragen, und dem u unseren seit 1990 beestehenden W Windpark „D Deutschland Nordwest“ N zuu erneuern. Momentan M beetreiben wir dort insgesamt 15 Windkraftträder des Tyyps GE-Winddpower 250, welche dam mals von Ihrem m Mitbewerb ber g geliefert wurdden. Jedes deer Windkraftträder verfüg gt über eine Nennleistung N g von 250 kW W bei einer Nabenhhöhe von 50 m, m einem Rootordurchmessser von 29,55 m sowie einner Turm-Masse v 32 t. von Innsgesamt kannn dieser Staandort mit deem heutigen Wissen als eher e wenig geeignet eingeesttuft werden. Dennoch sinnd Zufahrtsw wege zu allen n Anlagen (w wichtig für diie Wartung) sos w ein zuverrlässiges Netzz zur Stromeeinspeisung vorhanden, wie v w weshalb wir aan diesem Sttando festhalten möchten. Unnsere Windaaufzeichnung ort gen der letzteen 17 Jahre ddeuten auf ein ne m mittlere Winddgeschwindiggkeit von 9 m/s m in einer Nabenhöhe N v 70 m hinn. Da die Bau von ugen nehmigung ebbenfalls einee Nabenhöhe von maximaal 70 m vorsiieht, und vorr dem Hinterrg grund der darrgestellten Windsituation W n möchten wiir die besteheenden Anlagen durch 8 W Windkraftanl agen vom Tyyp W-48 erseetzen. Zusätzzlich könnenn wir uns aucch über einen n
_________________________________________________________________________ 210 Wartungsvertrag für die angestrebte Standardnutzungsdauer von 20 Jahren unterhalten. Bitte unterbreiten Sie mir ein entsprechendes Angebot auch bezüglich der für jede Anlage notwendigen Netzanschlüsse, der notwendigen Fundamente sowie einer evtl. Anschlussverwertung für die nicht mehr benötigten GE-Windpower 250. Mit freundlichen Grüßen, Ihr E. Schulze
Abb. 3: E-Mail von Eric Schulze (ÖkoInvest) an Heiner Wübben (Windergy) Insbesondere der letzte Satz war ihm wichtig. Die Kosten für einen Netzanschluss durch den Netzbetreiber war mit 10.000 € pro Windkraftanlage anzusetzen, wenn ÖkoInvest den Anschluss selber organisieren und bezahlen würde. Das Fundament welches aufgrund des sehr viel höheren Gewichtes der W-48 (> 250 t) durch ein spezialisiertes Bauunternehmen erneuert werden musste, würde pro Anlage mit 70.000 € zu Buche schlagen. Eine Anschlussverwertung hatte Windergy für die alten Anlagen nicht – aufgrund des Alters kam wohl nur die Verschrottung (15.000 € pro Anlage) in Frage. Bezüglich der Wartung galt in der Branche die Faustformel, das jede einzelne Anlage pro Jahr Wartungskosten von 10 % des Kaufpreises verursachen würde. Hierfür gab es spezialisierte Firmen, Schulze hoffte jedoch, ein günstiges „All-inclusive-Wartungspaket“ mit Windergy verhandeln zu können. Nur wenige Tage später erhielt Schulze von Wübben einen Telefonanruf, in dem dieser große Freude über das Interesse an den zuverlässigen und vielfach erprobten Anlagen vom Typ W-48 äußerte. Dabei verwies er nochmals auf die Liste mit den Produktbeschreibungen (vgl. Abbildung 2) sowie die darin enthaltenen Listenpreise. Im Interesse einen neuen Kunden zu gewinnen, konnte sich Wübben aber den Satz „Das sind Listenpreise, wir gucken mal, ob man da noch etwas machen kann“, nicht verkneifen. Dennoch war Schulze Geschäftsmann, und er wusste, dass es noch 7 weitere Her-steller auf dem Markt gab. Zudem handelte es sich um ein Standardgeschäft, stellten Windkrafträder für den Onshore-Bereich heutzutage doch ein standardisiertes Produkt dar. Und so entsprach die Anlage vom Typ N-800 des Herstellers Nordeks zum Stückpreis von 810.000 € (Nabenhöhe 70m, Nennleistung 800 kW, inkl. Anlieferung/Transport) ebenfalls genau seinen Spezifikationen. Da Nordeks jedoch noch sehr klein war, und nicht über die nötigen Kontakte verfügte, konnte dieser Anbieter lediglich die angefragten Anlagen vom Typ N-800 liefern. Um die Netzanschlüsse, Fundamente, Wartung und die Anschlussverwertung müsse sich ÖkoInvest aber selber kümmern. Mit diesen Informationen versorgt entwarf Eric Schulze eine entsprechende Verhandlungsstrategie, und stellte ein entsprechendes Verhandlungsteam zusammen.
_________________________________________________________________________ 211 Aufgabe: Handeln Sie mit der Windergy einen möglichst guten Festpreis für die Lieferung von 8 Anlagen des Typs W-48 aus. Dieser Preis soll zu einem Zeitpunkt anfallen. Im von Ihnen auszufüllenden Vertrag ist der Preis einer Anlage anzugeben, der am Ende mit der feststehenden Menge von 8 Anlagen multipliziert wird. Ebenfalls ist über die anfallende Wartung, Netzanschluss, die Fundamente und die evtl. Anschlussverwertung der GE-Windpower 250 zu verhandeln. (Gehen Sie aus Vereinfachungsgründen davon aus, dass alle in der Fallstudie genannten Zahlungen zu einem Zeitpunkt anfallen. Vernachlässigen Sie dynamische Effekte. Verhandeln Sie nur die im Vertrag genannten Vertragsbestandteile. Sondervereinbarungen sind nicht möglich. Berechnungsgrundlage für den Erfolg Ihrer Verhandlung ist der für Ihr Unternehmen ÖkoInvest erzielte Gewinn.)
_________________________________________________________________________ 212 Anhang 3: Der Vertrag „Repowering“ (Produktgeschäft) Gruppen-Nr. (Windergy): Gruppen-Nr. (ÖkoInvest): Beginn der Verhandlung: ___: ___ Uhr Ende der Verhandlung: ___: ___ Uhr Vertrag zwischen Windergy (Hersteller) und ÖkoInvest (Betreiber) über die Lieferung und ggfs. Wartung von 8 Windkraftanlagen des Typs W-48.
Ƒ Ƒ
Die Verhandlungspartner konnten sich auf keinen Vertrag einigen und wählen (falls vorhanden) ihre jeweilige Alternative Die Verhandlungspartner schließen einen Vertrag zu folgenden Bedingungen:
Konditionen: (vorgegeben: Menge der Anlage W-48: 8 Stück) a)
Ƒ Ƒ c) Ƒ b)
Preis für eine Anlage W-48: _______________Euro inkl. Fundament inkl. Netzanschluss für 8 Anlagen
Ƒ Ƒ
exkl. Fundament exkl. Netzanschluss für 8 Anlagen
Wartung a) Eine Wartung der Anlagen durch Windergy wird durchgeführt.
Ƒ Ja Ƒ Nein
b) Preis für die Wartung der 8 Anlagen W-48 während der 20 Jahre: _______Euro Übernahme der 15 Alt-Anlagen a) Windergy verwertet die 15 Alt-Anlagen.
Ƒ
Ja
Ƒ
Nein
b) Preis für die Übernahme der 15 Alt-Anlagen: _________Euro
Ƒ Ƒ
Windergy zahlt an ÖkoInvest ÖkoInvest zahlt an Windergy
____________________________________________ ______________________________ _______ 213 Anhang 4: Die Fallstudie „Offshore”” (Zulieferg geschäft) Allgeemeine Info formationen n für beide Parteien P 1. Eiinführung g eberichten über die „Klimakata „ strophe“ und dem Spättestens seit vermehrrten Presse Al Gore-Film G „ „Eine unbe equeme Wahrheit“ W oder dem HollywoodH -Blockbustter „The Day After Tom morrow“ ist die Klimakkatastrophe weltweit in aller Mu unde. Vera antworte globale Erwärmung E g und den n damit verbundelich für die dadurch umsschriebene del ist dass Treibhaussgas CO2, welches bei b der Verrbrennung fossiler nen Klimawand e Rohsstoffe zur Gewinnung elektrisccher Energie (z.B. in Kohlekrafttwerken) entsteht. Auch h die USA und China a erkennen n mittlerwe eile die Pro oblematik u und versuc chen mit eigenen Klima aschutzplänen, Ansä ätze zur Reduzierun R ng bzw. V Verminderu ung des Ansttiegs der CO C 2-Emisssionen zu präsentiere p en (FAZ, 05.06.2007 0 7). Neben diesem Umw weltaspekt erkennen n insbeson ndere rohs stoffarme Länder wiie Deutsch hland – abge esehen vo on der End dlichkeit fosssiler Bren nnstoffe – die Notwe endigkeit, ihre i Importa abhängigkeit von Ro ohstoffen zur z Energie eerzeugun ng zu senkken, um hierdurch langfristige Versorgungssicherheit zu gewährrleisten. So o spielt der Zugang zu z Rohne wesenttliche Rolle e in einer Vielzahl ((teils bewa affneter) stofffen bereitss heute ein Konfflikte. Rohsstoffreiche e Nationen nutzen hin ngegen ihrre Machtpo osition zurr Durchsetzung teils massiver m Preissteigerrungen.
Abb.. 1: Preisssteigerungen von Ro ohöl als Beispiel B fürr Preissteiigerungen fossiler Enerrgieträger Nich ht zuletzt aus a diesem m Grund werden w in der Bunde esrepublik Deutschla and seit langer Zeit ern neuerbare Energien in vielfältig ger Weise gefördert. Ziel der BundesB erung ist es, e mit dem m sog. „Ern neuerbare--Energien-G Gesetz“ de en Anteil erneuere regie bare er Energien n an der Stromverso S orgung bis s 2010 au uf mindeste ens 12,5 % (eine Verd dopplung gegenüber g r dem Jahr 2000) un nd bis 202 20 auf mindestens 20 % zu erhö öhen. Die Windenerg gie wird dabei zukünftig mit einem e Sch hwerpunkt bei der Nutzzung von Offshore-W O Windenergiie einen sttetig wach hsenden Beitrag leistten. Bis 2030 0 soll der Anteil A der Windenerrgie an derr Stromerzzeugung vo on jetzt rund 5 %
____ ______________________________ _______ 214________________________________________ auf mindesten m s 25 % (O Onshore: 10 %, Offs shore: 15 %) % steigen n. Das Prin nzip der Wind denergie verdeutlicht v t Abbildung g 2.
Abb.. 2: Prinzip p der Windenergie (B Bundesverb band Wind dEnergie e.V.) Durcch die vielfältige Förrderung de er Windene ergie hat sich s in De eutschland mittlerweile e eine „Windkraft-Ind dustrie“ eta abliert, die von den Herstellern H n der Windkraftanlagen und dere en Zulieferrer bis hin zu profess sionellen Anlagenbet A treibern alle Wertöpfungsstu ufen umfassst. Durch die kontinu uierliche Erweiterung E g des Know w-hows schö konn nte die Grö öße, Qualität und Eff ffizienz derr Anlagen in den letzzten Jahren kontinuierlich geste eigert werd den (vgl. Abbildung A 3), 3 sodass diese Unternehmen mittlere weltweit führend im m Bereich der d Winden nergie sind d. weile
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Abb.. 3: Leistun ngssteigerrung von Windenergi W ieanlagen. Aufgeführt sind jew weils die größ ßten Anlage en (Bunde esverband WindEnerg gie e.V.) 2. Onshore Windkraft W Seit Beginn de er Windkra aft-Technikk stehen die Anlagen n verteilt ü über das gesamte g Bund desgebiet an möglicchst windgünstigen Standorten S n. Waren zzu Anfang besonderss einzelne Anlagen die d Regel, werden heutzutage h e regelrech hte Windpa arks errichttet (vgl. Ab bbildung 4)), die durch h Großinve estoren wie e Banken, Energieve ersorger oderr Betreiberrgesellscha aften über geschloss sene und offene o Fon nds finanziert und betriieben werd den.
Abb.. 4: „Onsho ore-Windpark“ Dabei erwies sich s die Windenergie W e als lukratives Gescchäft, da d die Vergütu ung des N einge espeisten Stromes S prro kWh627 durch d den Gesetzge eber langfristig geins Netz 627
Diie Kilowattstunnde ist die gebrääuchlichste Maaßeinheit für En nergie bzw. Arbbeit. Es gilt: A Arbeit ist Leistun ng in Kilowaatt (kW) mal Zeit Z in Stunden (h). Der Energgieverbrauch vo on Strom und Fernwärme F sow wie seit Kurzem m auch von Errdgas wird in kW Wh angegeben.. Kilowatt ist eiine Einheit für Leistung L (Anscchlusswert) undd bedeutet 1.000 0 Watt. Um
_________________________________________________________________________ 216 regelt ist und die Energieversorger verpflichtet sind, diesen Strom auch abzunehmen. Trotz der augenscheinlichen Vorteile einer umweltfreundlichen Energiegewinnung gibt es eine Reihe von Kritikpunkten an der Onshore-Windkraft, also der landgebundenen Errichtung von Windkraftanlagen. Die Kritiker sind vorwiegend in Bürgerinitiativen organisiert (mehr als 500!) und kämpfen gegen Windkraftanlagen. Die meist vorgebrachten und durchaus ernst zu nehmenden Gründe lauten wie folgt: x Beeinträchtigung der Gesundheit der Anwohner durch o ständige, vor allem monotone Geräuschentwicklung, o Schattenschlag verursacht durch die Rotorblätter, o und den Diskoeffekt (Reflektionen des Sonnenlichts). x Immobilien verlieren ihren ideellen und materiellen Wert x Verschandelung der Landschaft („Verspargelung“) x Belastung der Umwelt: o Tiere: z.B. Störung der Vogelwelt durch Bau in der Nähe von Brutplätzen. o Natur: z.B. durch regelmäßig erforderliche Asphaltierung der Zugangswege zur Windkraftanlage und Errichtung großflächiger Fundamente aus Beton.
daraus eine Energiemenge errechnen zu können, muss mit der Einschaltzeit multipliziert werden. Beispielsweise verbraucht eine Glühlampe mit 100 Watt Leistung (0,1 kW) in 10 Stunden eine Kilowattstunde (kWh) Strom und erzeugt ein Kraftwerk mit einer Leistung von 5 Megawatt (MW) bei Vollbetrieb in 10 Stunden 50 Megawattstunden (MWh) = 50.000 kWh.
_________________________________________________________________________ 217 3. Zukunftsmarkt: Offshore Viele dieser Kritikpunkte beziehen sich ausschließlich auf die so genannten Onshore-Anlagen, weshalb die Zukunft zumeist im Offshore-Bereich gesehen wird. Auf dem Meer wehen die Winde stärker und stetiger, weshalb die Energieausbeute von Windenergie-Anlagen schätzungsweise um 40 % höher als an Land ist. Deshalb können so genannte Offshore-Windparks in den kommenden Jahren einen erheblichen Beitrag zur Energieversorgung leisten.
Abb. 5: Offshore-Windpark Nach Schätzungen der European Wind Energy Association (EWEA) werden in Europa noch in diesem Jahrzehnt 10.000 MW (Megawatt) Offshore-Leistung installiert, bis 2020 sollen es dann 70.000 MW sein. Bereits heute drehen sich vor den Küsten Dänemarks, Schwedens, Großbritanniens und Irlands die Rotoren von über 300 Anlagen mit zusammen 600 MW. Und auch in Deutschland ist der Startschuss gefallen: 40 Projekte sind in Nordund Ostsee beantragt. Davon sind bereits 21 Projekte genehmigt, realisiert sind bisher jedoch nur zwei Testanlagen bei Emden (4,5 MW-Anlage) sowie bei Rostock (2,3 MW-Anlage). Der deutsche Rückstand in Sachen Offshore erklärt sich durch ein aufwändiges Genehmigungsverfahren und hohe Umweltauflagen. Um Auswirkungen auf das Landschaftsbild auszuschließen, werden die OffshoreWindparks – im Gegensatz zu skandinavischen und britischen Projekten – weit vor der Küste in bis zu 40 Meter tiefem Wasser errichtet. Die technischen Anforderungen (Turmbau, Kabellegung, Wartung) sind hierbei um ein Vielfaches höher als beim Bau von Anlagen direkt vor der Küste. Trotz großer Hindernisse lohnt sich der umweltverträgliche Ausbau der Windenergie auf See nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch. So werden bei Herstellern und Zulieferfirmen etwa 10.000 neue Arbeitsplätze entstehen und Investitionen von mehreren Milliarden Euro in die Küstenregionen fließen. 20.000 bis 25.000 MW „Offshore“ bis zum Jahr 2030 ist das erklärte Ziel der Bundesregierung. Ihre Stromproduktion würde dann mehr als 15 % des deutschen Strombedarfs decken.
_________________________________________________________________________ 218 Technologische Herausforderungen Die Verfügbarkeit der Offshore-Windkraftanlagen wird entscheidende Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit der Windparks haben. Da Wartung und Reparatur auf See sehr stark von den Wetterbedingungen abhängig sind, spielt die Zuverlässigkeit eine sehr viel größere Rolle als bei Onshore-Windkraftanlagen. Schlechte Wetterbedingungen und raue See könnten andernfalls zu wochenlangem Stillstand einer Anlage führen. Im Vergleich zu Onshore-Windparks müssen OffshoreWindparks zudem deutlich größer sein, um die erheblichen Zusatzkosten für die Fundamentierung („Gründung“) und Netzanbindung auszugleichen und einen wirtschaftlichen Betrieb zu ermöglichen. Experten sprechen davon, dass sich Windparks nur mit einer installierten Leistung von über 100 MW rechnen. Die Investoren eines Windparks brauchen daher Arbeitskräfte, Windturbinen, Stahl, Beton, Kabel, Transport und Logistik im Wert von mehreren hundert Millionen Euro – denn nicht nur die Errichtung, auch die Wartung und Instandhaltung über die Laufzeit verursacht enorme Kosten. Die Offshore-Projekte würden den deutschen Küsten also einen enormen Wachstumsschub bringen. Das Investitionsvolumen beträgt rund 45 Milliarden Euro. Aber in Deutschland können von der Planung bis zur Stromproduktion gut und gerne zehn Jahre vergehen: Pro Offshore-Park müssen bis zu zwölf verschiedene Behörden ihre Genehmigung geben – und das dauert. Frühestens Ende 2007 werden sich neben Emden und Rostock weitere OffshoreRotoren vor deutschen Küsten drehen (und dies zunächst auch nur zu Testzwecken). Anders als Deutschland haben Großbritannien und Dänemark schon Offshore-Projekte von über 600 MW Leistung realisiert. Die dänische Regierung will bis 2030 sogar rund 35 % des dänischen Strombedarfs über Windkraftanlagen decken. Heute sind es bereits 20 %. Die meisten Firmen, die in der deutschen AWZ628 planen, wollen deshalb möglichst leistungsstarke Anlagen einsetzen. Solche Anlagen, die an die Meeresverhältnisse angepasst sind und ihre Zuverlässigkeit an Land bereits erwiesen haben, werden erst nach einigen Jahren Probebetrieb serienmäßig verfügbar sein. Die Windpark-Planer und Anlagenhersteller werden angesichts dieser neuen und hohen Anforderungen viel dazulernen müssen. Ein übereilter Ausbau der OffshoreWindenergie birgt die Gefahr erheblicher infrastruktureller, wirtschaftlicher oder technischer Rückschläge in sich. Planer und Hersteller müssen zunächst Erfahrungen mit bewährten Windkraftanlagen und mit der Netzanbindung sammeln.
628
AWZ: Ausschließliche Wirtschaftszone; bezeichnet das Gebiet jenseits des Küstenmeers bis zu einer Erstreckung von 200 Seemeilen ab der Basislinie. Im Rahmen seiner Hoheitsbefugnisse darf der Küstenstaat künstliche Inseln, Anlagen und Bauwerke wie z.B. Bohrinseln errichten und wissenschaftliche Meeresforschung betreiben.
____________________________________________ ______________________________ _______ 219 Beeinträchtigungen der Natur Aberr auch beii Offshore--Anlagen ist mit Bee einträchtigu ungen der Umwelt zu z rechnen. Die hierzzu notwendigen Untersuchung gen sind erst e im Entstehungss stadium und noch längst nicht ab bgeschlosssen. Das deutsche d U Umweltmin isterium fin nanziert m zur öko ologischen n Begleitfo orschung der d Offsho ore Winde energieein Pro-gramm über hinauss sind Unte ersuchungen Bestandteil der G GenehmigungsaufNutzzung. Darü lagen durch da as Bundessamt für Se eeschiffahrrt und Hydrographie (BSH). Alle e beanarks führen n zudem eigene Stud dien durch.. Eine beis spielhaftragtten Offshore Windpa te Aufstellung A der vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deu utschland (BUND) ( vorg gebrachten Kritikpunkkte bietet Abbildung A 6. 6
Abb.. 6: Kritikpu unkte des BUND an Offshore-W Windparks (BUND, 2001)
_________________________________________________________________________ 220 4. Die Akteure Hersteller Windanlagenhersteller sind eine eigenständige Branche, deren Wurzeln sowohl im Maschinenbau als auch in der Elektro- und Informationstechnik liegen. Hersteller bauen komplette Windräder, viele haben eigene Entwicklungsabteilungen, um auch Rotoren, Getriebe oder Türme kontinuierlich zu verbessern und bieten zunehmend Dienstleistungen rund um die Hightech-Kraftwerke an. Ob Systemanbieter, die ihre Komponenten bei Zulieferern einkaufen und zu einem eigenständigen Ganzen montieren, oder Produzenten mit einer hohen Fertigungstiefe, das Ziel lautet immer: Qualität und Kundenorientierung. Dabei haben den Unternehmen das Know-how und die Innovationskraft ihrer Mitarbeiter nicht nur Marktvorteile zwischen Alpen und Ostsee verschafft. Weltweit gefragte Spitzentechnologie reift in Deutschland vom Prototyp zur Serie. Verständlich, dass Internationalisierung mittlerweile als wesentliche Säule der unternehmerischen Wachstumsstrategie gilt – sowohl Großunternehmen als auch Mittel-ständler mit wenigen hundert Beschäftigten erschließen sich mittlerweile diesen Markt, der für weltweit agierende Konzerne mit mehreren Tausend Mitarbeitern längst zum Alltag gehört. Gleichzeitig steigern Full-Service-Anbieter die Attraktivität ihrer Anlagen durch komplette Wartungskonzepte. Neben einigen weiteren Herstellern ist besonders die 1984 von Heiner Wübben im niedersächsischen Aurich gegründete Firma Windergy zu nennen, die in über zwei Jahrzehnten die Windenergie durch Forschung und Entwicklung sowie durch kontinuierliche Verbesserung der Fertigung „hoffähig“ gemacht hat. Betreiber Betreiber und Dienstleister planen, erstellen, finanzieren und vermarkten Windenergieanlagen – sowohl im Namen der eigenen Gesellschaft als auch für Dritte. Einige bieten darüber hinaus die Betriebsführung für schlüsselfertige Anlagen an, errichten den Netzanschlusspunkt samt Umspannwerk, betreuen die technische Überwachung der Anlage oder den gesamten kaufmännischen Bereich. Die Zahl der Betreiber nimmt nach wie vor kontinuierlich zu. Aus Branchenkreisen ist zu erfahren, dass auch die 1993 durch Dr. Eric Schulze gegründete – eigentlich auf Photovoltaik und Biogas spezialisierte – ÖkoInvest in das Windenergiegeschäft einsteigen möchte. Eine lange Wertschöpfungskette, so genannte Full-Service-Kompetenz, gekoppelt mit bestem Know-how über Windenergieanlagen sowie einem guten Draht zu Banken/Geldgebern sind das Erfolgsgeheimnis marktführender Projektierer. Nicht immer ist allerdings die gesamte Kompetenz im Unternehmen selbst vorhanden. Schlanke Betriebe arbeiten in einem Netzwerk, wo sie bei Bedarf schnell auf das Wissen externer Fachleute zugreifen können. Finanzdienstleister und Fondsvermittler stellen Transparenz und Anlegersicherheit in den Mittelpunkt ihrer Akquisition. Ihr Geschäftserfolg hängt von der Fähigkeit ab, solide zu finanzieren und die Projekte effizient umzusetzen. Zukunftschancen erschließen sich Dienstleister durch Offshore-Projekte vor deutschen Küsten und auf neuen Märkten im Ausland.
_________________________________________________________________________ 221 Rollenspezifische Informationen für Hersteller (Version A) Im Hause Windergy war man stolz auf die Entwicklung, die die Windkraft in den letzten Jahren genommen hatte. Dies auch völlig zu Recht, hatte Windergy durch kontinuierliche Entwicklung und Leistungssteigerungen einzelner Windkraftanlagen zur Effizienzsteigerung und damit auch zum Erfolg der Betreiber von Windkraftanlagen (höhere Stromerzeugung = mehr Ertrag) beigetragen. Einen Abriss der Unternehmenshistorie bietet Abbildung 1.
1984 1986 1988 1993 1995 1996 1997 1998 2000 2001
2002 2004 2005
2006
Gründung durch Heiner Wübben Entwicklung der ersten Windergy Windenergieanlage W-15/16 mit 55 kW Realisierung des ersten Windergy Windparks mit 10 x W-16 Bau des ersten firmeneigenen Produktionsgebäudes Entwicklung und Installation der W-17 / 80 kW und der W-32 / 300 kW Beginn der Serienproduktion der W-40 / 500 kW Bau einer Fertigungsstätte zur Serienproduktion von Rotorblättern Serienproduktion der W-30 / 230 kW in Indien Installation des Prototypen der W-66 / 1.500 kW in Aurich Erwerb einer Fertigungsstätte in Brasilien Installation einer Meerwasserentsalzungsanlage mit Energieversorgung durch eine Windenergieanlage auf Teneriffa Beteiligung an der SKET Maschinen- und Anlagenbau GmbH in Magdeburg Aufbau der E-66 Produktion in Magdeburg Verleihung des Deutschen Umweltpreises an den Firmeninhaber Heiner Wübben Aufbau einer neuen Fertigung für Windenergieanlagen in MagdeburgRothensee Erweiterung der weltweiten Produktionsfläche auf 285.000 m2 Aufbau einer neuen Rotorblatt-Produktionsstätte in der Türkei Aufbau der ersten W-70 / 2 MW Nennleistung mit neuer Rotorblattgeneration Ausbau der Anlagen-Produktion W-70, W-48, W-33 Neubau einer Fertigungsstätte für Fertigteilbetontürme in Emden Erweiterung der weltweiten Produktionsfläche auf 370.000 m2 Erfolgreiche Inbetriebnahme des Prototypen W-82 nahe Aurich Bau eines neuen Hauptverwaltungsgebäudes in Aurich
Abb. 1: Firmenhistorie Windergy Traditionsgemäß wurden die Windkraftanlagen „W-xx“ genannt, wobei W für Windergy und die nachfolgende Zahl für den Rotordurchmesser steht. Eine Übersicht der zurzeit in Serienproduktion befindlichen Anlagen bietet Abbildung 2. Die Listenpreise beziehen sich jeweils auf die Basisversion mit der jeweils geringsten Nabenhöhe. Sollte der Kunde einen höheren Turm wünschen, so erhöht sich der Listenpreis um 2.500 € pro Meter. Aus der Abbildung wird ebenfalls ersichtlich, dass sich Windergy bislang komplett auf den sogenannten „Onshore-Bereich“, also den Bau von Windenergieanlagen für einen Einsatz im Binnenland im Leistungsspektrum bis 2.300 kW konzentriert hat. Bezüglich der Generatorleistung ist Windergy allerdings schon ein gehöriges Stück weitergekommen: So ist Heiner Wübben momentan besonders Stolz auf einen ersten Prototypen – der W-100 – mit einer Nennleistung von 4.500 kW bei
____ ______________________________ _______ 222________________________________________ einer Nabenhö öhe von 120 m und einem Ro otordurchm messer von 100 m, der vor kurzzem in der Nähe des Firmensitzzes in Auric ch zu Testtzwecken e errichtet wu urde.
Abb.. 2: Produkktportfolio re Folge dieser Als unmittelba u d Testtanlage (die regionale e und überregionale Presse bericchtete aussführlich, die d Einweihung wurd de schließ ßlich durch h den Bundesumweltm minister vo orgenomm men), werte ete Heiner Wübben eine e Anfrage durch die d Betreibe ergesellsch haft ÖkoIn nvest in Pe erson von Herrn Dr. Eric Schu ulze (vgl. Abb. A 3). Schu ulze und Wübben W wa aren sich bereits b bei mehreren n Messen zzum Them ma alternativve Energie en über den n Weg gela aufen.
Von:
[email protected] V A
[email protected] An: B Betreff: Realiisation Winddpark 2010 Sehr geehrterr Herr Wübbeen, S w ich Ihnenn bereits bei einem unsereer letzten Beesuche an Ihrrem Messestaand auf der was „EcoPower 2007“ berichttet habe, ist nun n amtlich. Der Gesamttvorstand hatt beschlossen n, a auch den Bereeich Windkrraft in unser Portfolio P auffzunehmen. Wie W Sie ja w wissen, haben n wir u bislang leediglich auf Solarparks uns S unnd Biogas-A Anlagen konzzentriert. Auffgrund ersterr Erfoolge von Konnkurrenzunteernehmen (w wenn auch nu ur in Küstennnähe und im kleinen Maß ßsttab) wollen wir w nun auchh im Offshoree-Bereich ex xpandieren. Durch D die Auuflage eines neun en Fonds sollte es uns mööglich sein, genügend g Kap pital für die Errichtung eeines „Windp park 2 2010“ in der AWZ A vor Juuist zu beschaaffen. Eine exakte Speziffizierung derr benötigten W Windanlagen n ist aufgrundd mangelnderr Daten und Erfahrungsw werte aus dem m OffshoreW Windkraftber reich sehr schhwierig. Einee erste diesbeezüglich bereits abgeschllossene und von u in Auftragg gegebene Studie uns S geht von v folgendeen Eckdaten aus: a
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Mindestens 20 Einzelanlagen mit einer Nennleistung von 5 MW pro Anlage Errichtung möglichst im Jahr 2010 Auslegung für eine Lebensdauer von 30 Jahren „Schlüsselfertige“ Lieferung, d.h. Übergabe der Anlage inkl. „Gründung“ im 38 m tiefen Wasser Die Netzanbindung erfolgt nach dem Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz durch den Netzbetreiber WEW.
Freilich ist der diesbezügliche Antrag durch die involvierten Ämter wie beispielsweise das BSH noch nicht genehmigt. Dennoch wäre ich Ihnen sehr verbunden, wenn Sie die Möglichkeiten einer Realisierung dieser Großanlage einmal in Ihrem Hause ausloten könnten. Meine Experten werden in Kürze mit den Entwicklern Ihres Hauses Kontakt aufnehmen, um Detailspezifikationen wie beispielsweise die Beschaffenheit des Untergrunds so gut wie möglich zu eruieren. Auch die Wartung soll im Planungszeitraum von 30 Jahren von Ihnen durchgeführt werden. Uns ist bewusst dass es sich bei diesem geplanten Projekt um eine äußerst komplexe Angelegenheit handelt. Jedoch würden wir uns freuen, wenn wir zu einem entsprechenden Abschluss kommen würden. Sollte dieser Windpark ein Erfolg werden, könnte ich mir eine weitere Zusammenarbeit gut vorstellen. Insgesamt haben wir 8 weitere Anträge auf Zuteilung identischer Windparks in der AWZ gestellt. Ob und wie viele dieser Anträge positiv beschieden werden, ist jedoch ungewiss. Sollten diese Windparks ebenfalls genehmigt werden, benötigen wir die Errichtung im Jahr 2012. Mit freundlichen Grüßen, Ihr E. Schulze
Abb. 3: Email von Eric Schulze (ÖkoInvest) an Heiner Wübben (Windergy) „Das wäre der Einstieg in den Offshore-Bereich und würde unser bisheriges Wachstum noch beschleunigen und langfristig zementieren“, entfuhr es der Prokuristin Diana Schnieder erfreut, als ihr Heiner Wübben die freudige Nachricht überbrachte. „Eine einzelne dieser Anlagen würde so – je nach Wind – pro Jahr zwischen 14 und 20 Mio. kWh liefern. Das ist gigantisch. Damit könnte man dann eine ganze Kleinstadt mit Strom versorgen!“ Die Zahl des erzeugten Stroms ist deshalb variabel, da sich die einzelne Windenergieanlage sowohl bei zu schwachem Wind (Rotation der Rotoren erzeugen nicht genügen Strom) als auch bei zu starkem Wind abschalten (zu schnelle Rotation der Rotoren zieht Beschädigungsrisiko nach sich). Hierfür hatte Windergy bereits vor einigen Jahren eine komplett automatisierte und wartungsfreie Abschaltautomatik entwickelt. Ganz anders sahen das hingegen Herr Springer (Leiter Marktbeobachtung) und Frau Buschmann (Leiterin Strategie). „Selbst wenn es uns möglich sein sollte – was ich immer noch bezweifeln möchte – eine derart komplexe Anlage zu erbauen, bleiben immer noch die Unwägbarkeiten bezüglich der zukünftigen Marktentwicklung. Ich bin mir keineswegs sicher, ob Offshore-Windkraft überhaupt ein Potenzial für die Zukunft hat. Zu bedenken ist schließlich, dass die Umweltlobby in Deutschland eine ganz schöne Macht entfalten kann. Sobald irgendwie erwiesen werden sollte, dass Offshore-Anlagen negative Auswirkungen auf die Natur ha-
_________________________________________________________________________ 224 ben, wird der ganze Zukunftszauber nämlich schnell gestoppt werden! Darauf möchte ich in Deutschland wetten!“, äußerte sich Springer. Und Frau Buschmann ergänzte: „Neben dieser Unwägbarkeit von Seiten des Umweltschutzes häufen sich in letzter Zeit auch Berichte und Studien, die von den Gefahren für die Wirtschaft sprechen. Was ist, wenn ein Schiff mit einer der Anlagen kollidieren sollte? Was ist, wenn sich die für die Fischerei wichtigen Fischbestände dezimieren? Da braucht es nicht einmal Umweltschützer, um den weiteren Ausbau der OffshoreParks zu beenden!“ „Und was ist eigentlich mit ÖkoInvest selber?“, fragte Steffen Mink (Projektabwicklung) kritisch. „Ich habe da mal ein wenig recherchiert. Mit dem Einstieg ins Offshore-Geschäft begibt sich ÖkoInvest in eine ganz andere Liga. Bisher verwaltet ÖkoInvest ein Fondsvolumen von geschätzten 650 Mio. €. Werden die am Markt überhaupt soviel Kapital aufnehmen können, um den zu vereinbarten Preis zahlen zu können? Schließlich haben die noch nie Geschäfte mit uns oder unseren Wettbewerbern gemacht! Mir fehlen einfach die Informationen!“ Diese kritischen Anmerkungen waren natürlich Sprengstoff für die Geschäftsleiterrunde, in der dann auch ziemlich hitzig diskutiert wurde. Letztlich setzte sich aber Wübben mit seiner eher positiven Haltung durch. Nach Abwägung der Vor- und Nachteile signalisierte man ÖkoInvest schließlich, dass man sich – trotz aller Unwägbarkeiten – generell zur Erstellung dieser Anlage im Stande sah. Folglich sollten am 2./3. Juli Verhandlungen zwischen ÖkoInvest und Wübben abgehalten werden, die zum Abschluss eines Vertrages führen sollen. Wübben und Schnieder stellten ein Team von Ingenieuren und Marktexperten zusammen, um für die Verhandlungen die notwendigen „Knackpunkte“ herauszuarbeiten. Wie es für Wübben üblich war, ließ er sich die wesentlichen Ergebnisse in einem kurzen Abriss in einer Email vorlegen (vgl. Abbildung 3).
Von:
[email protected] An:
[email protected] Betreff: Anlagenspezifika Sehr geehrter Herr Wübben, wie mit Ihnen vereinbart, sende ich Ihnen untenstehend die möglichen Produktspezifika für den projektierten Windpark 2010. Alles natürlich unter Vorbehalt, so können sich die reinen Produktionskosten pro Anlage aufgrund schwankender Rohstoffpreise oder Lerneffekten auch noch um ca. 10% nach oben oder unten ändern. - Nach umfangreichen Auswertungen der verfügbaren Winddaten vor Juist, empfehlen wir eine
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optimale Nabenhöhe von 125 m. Dieser Turm hätte damit ein Gesamtgewicht von 2.500 t (Durchmesser am Grund 12 m, nach oben hin verjüngend mit einem Durchmesser auf Höhe der Gondel von 4 m). Das Gesamtgewicht ergibt sich aufgrund der für die raue Nordsee notwendigen Massivbauweise bestehend aus einem Stahlgeflecht mit besonders wasserresistentem Beton. Kosten pro Turm: 750.000 €. Der stromerzeugende Generator muss von uns komplett neu entwickelt werden. Eine Zulieferung durch andere Hersteller ist nicht möglich, da derart wartungsarme (bedingt durch die geographische Lage sind schnelle Reparaturen nicht ohne weiteres möglich) Generatoren mit einer hohen Nennleistung von 5 MW nicht verfügbar sind. Für die reine Entwicklung veranschlagen wir einmalig 10 Mio. €, in der arbeitszeitintensiven Fertigung veranschlagen wir 1 Mio. € pro Generator.
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Die Gondel (beherbergt den Generator, sitzt im Zentrum der Rotoren) inkl. sämtlicher elektronischer Anlagen wird 250.000 € pro Stück kosten, da sie zum einen eine gute Kühlung des Generators, zum anderen zuverlässigen Schutz vor Spritz- und Salzwasser bieten muss. Die Rotoren werden aus Kohlefaser gefertigt werden, um bei der enormen Größe von 52 m pro Rotorblatt ein verhältnismäßig niedriges Gewicht von 22 t pro Rotorblatt zu erzielen. Insgesamt benötigen wir drei Rotorblätter pro Anlage, was zu Kosten von 900.000 € führt (300.000 € pro Rotorblatt). Aufgrund der enormen Größe der Rotoren würden wir diese neue Windenergieanlage gerne W-114 nennen. Standardmäßig wird diese Anlage eine Lebensdauer von 20 Jahren aufweisen (wie unsere Onshore-Windenergieanlagen auch). Verständlich ist uns der Wunsch der ÖkoInvest nach einer Anlage für 30 Jahre natürlich auch, dennoch stellt uns dies vor große Herausforderungen. Zum einen ist hierfür eine umfangreiche Qualitätsuntersuchung erforderlich (einmalige Kosten in Höhe von 2.000.000 €), zum anderen fallen pro Anlage Zusatzkosten in Höhe von 500.000 € für höherwertige Materialien an. Uns bleibt nur noch extrem wenig Zeit, die Anlage noch bis Ende 2010 zu installieren. Wahrscheinlich macht ÖkoInvest so einen Druck, um einen erhöhten Vergütungssatz für den Strom bei den Netzbetreibern durchsetzen zu können. Realistisch ist für uns aber die Herstellung der Betriebsbereitschaft im Jahr 2012. Für jedes Jahr vorher müssten wir die Personalmannschaft durch Zeitarbeitsfirmen erheblich aufstocken, was uns für jedes Jahr früher 4,5 Mio. € kosten würde (also 9 Mio. € für einen Start im Jahr 2010). Zusätzlich haben wir noch ein weiteres Kapazitätsproblem bezüglich der Fertigungshallen. Derzeit können wir lediglich 5 Windenergieanlagen derartigen Ausmaßes parallel fertigen. Für alles was darüber hinaus geht, brauchen wir neue Hallen. Jede Halle hat dabei eine Kapazität von maximal 5 Windenergieanlagen, für die inkl. der notwendigen Einrichtung/Maschinenausstattung einmalig 5 Mio. € anfallen würden. (Bei einer Bestellung von 20 x W 114 also 3 zusätzliche Hallen für insgesamt 15 Mio. €). Für die von ÖkoInvest gewünschte Wartung ist es sehr schwer, einen Kostensatz anzugeben. Für eine derartige Anlage ist an Land mit ca. 50.000 € Wartungskosten pro Anlage und Jahr zu rechnen. Da die Anlagen auf der Nordsee nur schwer zugänglich sein werden, und in jedem Fall Spezialschiffe und bei Problemen mit den Rotoren teilweise Hubschrauber zum Einsatz kommen müssen (der Einsatz eines Kranes ist auf dem offenen Meer nicht möglich), rechnen wir mit uns entstehenden Kosten in Höhe von 100.000 € pro Anlage und Jahr. Sollten wir die Wartung übernehmen, müssen wir folglich mit 100.000 € x Anzahl Jahre x Anzahl der W-114 kalkulieren. Was wir ÖkoInvest dafür in Rechnung stellen, liegt in dem Verhandlungsgeschick unserer Verhandlungsdelegation. Schließlich noch der Punkt „Fundament/Gründung“. Diesbezüglich haben wir – wie Sie wissen – keinerlei Erfahrungen. Für diese Tätigkeit müssten wir ein Unternehmen für maritime Spezialaufgaben beauftragen, die diese Tätigkeit für 500.000 € pro Fundament übernehmen würden (insgesamt wird natürlich für jede einzelne Anlage ein Fundament benötigt; die Gesamtkosten belaufen sich dann also auf 500.000 € x Anzahl der W-114). Allerdings ist immer noch die Unsicherheit, dass noch niemand zuvor ein Fundament in 38 m Tiefe mitten in der Nordsee für eine Windkraftanlage erstellt hat, die insgesamt gute 3.100 t wiegen wird!!
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Alles in allem schließlich ein herausforderndes Projekt, das unsere Firma sicherlich an seine Grenzen führen wird, das aber aus Sicht unserer Taskforce großes Potenzial verspricht. Mit freundlichen Grüßen, „W-114“ Taskforce
Abb. 2: E-Mail der Taskforce an Heiner Wübben Mit diesen Informationen versorgt erstellte Heiner Wübben eine entsprechende Verhandlungsstrategie und stellte ein entsprechendes Verhandlungsteam zusammen. Rollenspezifische Informationen für Betreiber (Version A) Im Hause ÖkoInvest war man stolz auf die Entwicklung, die erneuerbare Energien in den letzten Jahren genommen hatten. Dies auch völlig zu Recht, hatte ÖkoInvest durch die Bereitstellung von Kapital in Form offener und geschlossener Fonds doch einen Großteil zur Verbreitung und ökonomischen Nutzung erneuerbarer Energien beigetragen. Gegründet wurde ÖkoInvest 1993 durch Dr. Eric Schulze, einem promovierten Physiker, der schon früh das Potenzial erneuerbarer Energien und hier insbesondere der Photovoltaik (vornehmlich Sonnenenergie) erkannte und gemeinsam mit Finanzexperten mittels Fonds Geld von institutionellen und privaten Anlegern „einsammelte“, um eine Vielzahl von Solarprojekten zu erstellen, zu betreiben und die erzielten Einnahmen durch die Einspeisung des gewonnenen Stromes teilweise wieder an die Anteilseigner auszuschütten. Anfang 2001 errichtete ÖkoInvest zudem die ersten Biogas-Anlagen, in denen die bei der Vergärung pflanzlicher Abfallstoffe entstehenden Gase in sogenannten Blockheizkraftwerken mittels Verbrennungsmotoren und damit angetriebener Generatoren zu Strom umgewandelt werden. Insgesamt verwalteten Schulze und seine 45 Mitarbeiter so mittlerweile mehr als 20 Projekte mit einem gesamten Fondsvolumen von 750 Mio. €, wovon der größte Fonds mit Abstand ein „Biogas-Park“ mit einem Gesamtvolumen von 100 Mio. € darstellte. Schon lange hatten sich Schulze und seine Mitarbeiter für das Thema Windkraft interessiert, sich jedoch aufgrund teils massiver Proteste von Windkraftgegnern und aufgrund teilweise zweifelhafter Qualität und unausgereifter Fertigungsprozesse der Hersteller gegen einen Einstieg in dieses Geschäft entschieden. Mit dem zögerlichen Beginn der „Offshore-Bewegung“ ließ Schulze allerdings sein generelles „NEIN“ zu Windkraft fallen: Allen „Unkenrufen“ zum Trotz sah er in der Offshore-Nutzung der Windenergie – trotz jeglicher fehlender Erfahrung seitens ÖkoInvest – großes Potenzial. Zum einen ist die Windkraftnutzung auf dem Meer aufgrund des stärkeren und beständigeren Windes sehr viel besser möglich als an Land, zum anderen gibt es keine Anwohner, die sich durch die Windkrafträder gestört fühlen können. Mit dieser Meinung stand er im Unternehmen zwar nicht alleine dar, allerdings war auch knapp die Hälfte seiner Mitarbeiter gegen diesen Schritt. „Wir kennen den Markt überhaupt nicht“, war sicherlich die am häufigsten geäußerte Kritik. Diese war auch durchaus angemessen. So wurde die zukünftige Entwicklung der Offshore-Windkraft von einigen Lobbygruppen zwar als rosig ausgemalt, aber echte Langzeiterfahrungen mit der Technik (und deren Auswirkungen auf die Umwelt oder beispielsweise die Wirtschaft – man denke nur an
____________________________________________ ______________________________ _______ 227 Schiiffskollision nen mit de en Windkra aftanlagen oder die potenziellen Auswirrkungen auf die d Fischerrei) gab ess noch nich ht. Nach h weiteren n Rechercchen zum Thema Offshore-W O Windenergie e beauftra agte die ÖkoInvest sch hließlich ein unabhän ngiges Institut mit einer Machb barkeitsstu udie soA möglicher Windpark-G W Gebiete so owie der S Spezifizieru ung der wie mit der Auswahl duktanforde erungen. Als A vielverrsprechend des Gebiet wurde e ein Bereich h in der Prod AWZ Z nördlich von Juist als a günstig g bestimmtt, in desse en Umgren nzung max ximal 35 einzelne Wind dkrafträderr den Offsshore-Wind dpark bilde en könnte en. Hierfürr wurde ÖkoInvest seittens des In nstitutes empfohlen, sofort die notwendig gen Geneh hmigungen zu beantra agen, um möglichst m b bereits 201 10 den Windpark zu erstellen und u ans Netzz zu gehen n. Danebe en hatte da as Institut weitere 8 potenzielle e Gebiete ausgewiessen, in denen ebenfalls Windpa arks mit ide entischen Spezifikatio S onen wie vor v Juist mög glich wären n. Große Herausforrderungen würde natürlich die Erstellu ung der Wind dkraftanlag gen mit sicch bringen. Neben de er Veranke erung im M Meeresbod den (ungefä ähre Meere estiefe 38 m) würden n die für eine wirtsch haftliche N Nutzung no otwendigen Anlagen eine e komp plette Neue entwicklung g bedeuten. Um mö öglichst vie el Strom e sollte jede e einzelne Windkrafttanlage ein ne Nennleistung von n 5 MW zu erzeugen, prod duzieren kö önnen (bei z.B. insg gesamt 20 Anlagen im i Windpa ark würde die gesamte Nennleiistung 100 0 MW betra agen). Die Vergütung g erfolgt p pro kWh du urch die esen nicht verhandellbar und richtet sich nach der Novelle Netzzbetreiber, ist mit die des Erneuerba aren Energ giegesetzess von 2004 4 (vgl. Abb bildung 1).
Abb.. 1: Offsho ore-Vergütu ung in Cen nt/kWh nac ch der EEG G Novelle Dabei erhalten n Anlagen die bis 20 010 ans Netz gehen eine gesiicherte Vergütung 1 Jahre. Sollte S ÖkoInvest also o schon 20 010 ans Netz gehen, wäre die Vergüfür 12 tung g in Höhe von v 8,57 Cent C pro kW Wh für 12 Jahre gessichert. Wiie sich die Vergütung g nach diessen gesich herten 12 Jahren en ntwickeln würde, w ist vvom Gese etzgeber abhä ängig und noch unssicher. Beii einer spä äteren Ferrtigstellung g als 2010 0 richtet sich die Vergütung pro kWh k nach Abb. A 1, de er Satz für die Jahre ab 2013 is st ebenfalls noch von den Entscheidunge en des Ges setzgeberss abhängig g. Der eige entliche Netzzanschlusss erfolgt nach dem m Infrastrrukturplanu ungsbesch hleunigungs sgesetz
_________________________________________________________________________ 228 durch den Netzbetreiber WEW, weder Hersteller noch Betreiber müssen die hierfür anfallenden Kosten tragen. Aber nicht nur bezüglich der Preiskomponente der Erlösseite besteht (zumindest ab Jahr 12) Unsicherheit, auch der Wind wird nicht konstant wehen. Studien haben ergeben, dass eine einzelne dieser 5 MW Anlagen vor Juist – je nach Wind – pro Jahr zwischen 14 und 20 Mio. kWh liefern wird. Die Zahl des erzeugten Stroms ist variabel, da sich die einzelnen Windenergieanlagen sowohl bei zu schwachem Wind (Rotation der Rotoren erzeugen nicht genügend Strom) als auch bei zu starkem Wind abschalten (zu schnelle Rotation der Rotoren zieht Beschädigungsrisiko nach sich). Auf mehreren Messebesuchen, wie beispielsweise der „EcoPower 2007“ hatte Schulze bereits versucht, sich einen Überblick über die Branche zu verschaffen. Ihm war dabei der Eindruck entstanden, dass sich noch keiner der Windkraftanlagen-Hersteller umfassend auf dem komplexen Gebiet der OffshoreWindkraftanlagen positioniert hatte. Die Realisierung dürfte deshalb äußerst schwierig werden. „Wir sollten uns von den Offshore-Träumen vorerst verabschieden!“, hatte ihm sein Partner Lutz Fernkorn vor dem Messebesuch noch geraten. „Wir sollten erst einmal anderen „Pionieren“ das Feld überlassen. Wer garantiert uns, dass wir einem Onshore-Anlagenhersteller vertrauen können? Wer garantiert uns, dass die Anlagen pünktlich und zum vereinbarten Preis und zu belastungsfähiger Qualität erstellt werden? – Niemand!“, ergänzte Fernkorn seine Kritik noch mit dieser rhetorischen Frage. Schulze nahm diese Anmerkungen durchaus ernst, zumal ÖkoInvest selber erst einmal genügend Fondsmittel zur Finanzierung dieser sicherlich nicht gerade günstigen Projekte einwerben musste. Während des Messebesuchs war Schulze insbesondere die Firma „Windergy“ aus dem niedersächsischen Aurich aufgrund einiger Erfolge im Onshore-Bereich aufgefallen, die er noch am ehesten für geeignet hielt, eine derartige Anlage zu erstellen. Diese Firma war mit ihrem Gründer Heiner Wübben bereits seit Anfang des Windenergiebooms dabei. Eine Chronologie der Firmenhistorie ist auf der Homepage von Windergy abrufbar (vgl. Abbildung 2).
1984 1986 1988 1993 1995 1996 1997 1998 2000 2001
Gründung durch Heiner Wübben Entwicklung der ersten Windergy Windenergieanlage W-15/16 mit 55 kW Realisierung des ersten Windergy Windparks mit 10 x W-16 Bau des ersten firmeneigenen Produktionsgebäudes Entwicklung und Installation der W-17 / 80 kW und der W-32 / 300 kW Beginn der Serienproduktion der W-40 / 500 kW Bau einer Fertigungsstätte zur Serienproduktion von Rotorblättern Serienproduktion der W-30 / 230 kW in Indien Installation des Prototypen der W-66 / 1.500 kW in Aurich Erwerb einer Fertigungsstätte in Brasilien Installation einer Meerwasserentsalzungsanlage mit Energieversorgung durch eine Windenergieanlage auf Teneriffa Beteiligung an der SKET Maschinen- und Anlagenbau GmbH in Magdeburg Aufbau der E-66 Produktion in Magdeburg Verleihung des Deutschen Umweltpreises an den Firmeninhaber Heiner Wübben Aufbau einer neuen Fertigung für Windenergieanlagen in MagdeburgRothensee Erweiterung der weltweiten Produktionsfläche auf 285.000 m2
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2002 2 2 2004 2 2005
2 2006
Aufbau einer neuen Rotorrblatt-Produk A ktionsstätte in n der Türkei A Aufbau der errsten W-70 / 2 MW Nennleistung mit neuer Rotorb blattgeneration A Ausbau der Anlagen-Prod A duktion W-70 0, W-48, W-3 33 N Neubau einerr Fertigungssstätte für Ferrtigteilbetontü ürme in Emden E Erweiterung d weltweite der en Produktion nsfläche auf 370.000 m2 E Erfolgreiche Inbetriebnahm me des Proto otypen W-82 2 nahe Aurich h B eines neu Bau uen Hauptve erwaltungsge ebäudes in Aurich A
Abb.. 2: Firmen nhistorie Windergy W Bisla ang hatte sich s Winde ergy ausscchließlich auf a Onshorre-Windkra aftanlagen spezialisierrt. Dies wa ar insofern verständliich, steckte e doch dass Thema „„Offshore“ noch in den Kindersch huhen. Übe erregionale es Aufsehe en erzeugtte Winderg gy im letzte en Jahr hin-ssichtlich einer Verbe esserung der d Genera atorleistung g durch die Inbetrieb bnahme einer Testanla age mit ein ner Nennle eistung von n guten 4,,5 MW. Dies war na ach perm Wübben n aber bisllang nur eiine Testan nlage und bei b weisönlichen Gessprächen mit w die ande eren von Windergy W in n Serie pro oduziertem noch nichtt auf Serienniveau wie W räder. Zudem war diese Anlag ge auch nur auf dem m Land ins stalliert, ten Windkraftr und wies noch h nicht die notwendig gen Spezifika für den n Offshore--Einsatz auf. Eine n Produktp portfolios von v Winderrgy bietet A Abbildung 3: 3 Übersicht des derzeitigen
Abb.. 3: Produkktportfolio Um die Machb barkeit dess von Schu ulze auf „W Windpark 2010“ getau uften Proje ektes zu prüfe en, wandte e sich diesser darauffhin an Wü übben mit einer deta aillierten ProduktP spezzifikation (vvgl. Abbildu ung 4).
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Von:
[email protected] An:
[email protected] Betreff: Realisation Windpark 2010 Sehr geehrter Herr Wübben, was ich Ihnen bereits bei einem unserer letzten Besuche an Ihrem Messestand auf der „EcoPower 2007“ berichtet habe, ist nun amtlich. Der Gesamtvorstand hat beschlossen, auch den Bereich Windkraft in unser Portfolio aufzunehmen. Wie Sie ja wissen, haben wir uns bislang lediglich auf Solarparks und Biogas-Anlagen konzentriert. Aufgrund erster Erfolge von Konkurrenzunternehmen (wenn auch nur in Küstennähe und im kleinen Maßstab) wollen wir nun auch im Offshore-Bereich expandieren. Durch die Auflage eines neuen Fonds sollte es uns möglich sein, genügend Kapital für die Errichtung eines „Windpark 2010“ in der AWZ vor Juist zu beschaffen. Eine exakte Spezifizierung der benötigten Windanlagen ist aufgrund mangelnder Daten und Erfahrungswerte aus dem OffshoreWindkraftbereich sehr schwierig. Eine erste diesbezüglich bereits abgeschlossene und von uns in Auftrag gegebene Studie geht von folgenden Eckdaten aus: -
Mindestens 20 Einzelanlagen mit einer Nennleistung von 5 MW Errichtung möglichst im Jahr 2010 Auslegung für eine Lebensdauer von 30 Jahren „Schlüsselfertige“ Lieferung, d.h. Übergabe der Anlage inkl. „Gründung“ im 38 m tiefen Wasser Die Netzanbindung erfolgt nach dem Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz durch den Netzbetreiber WEW.
Freilich ist der diesbezügliche Antrag durch die involvierten Ämter wie beispielsweise das BSH noch nicht genehmigt. Dennoch wäre ich Ihnen sehr verbunden, wenn Sie die Möglichkeiten einer Realisierung dieser Großanlage einmal in Ihrem Hause ausloten könnten. Meine Experten werden in Kürze mit den Entwicklern Ihres Hauses Kontakt aufnehmen, um Detailspezifikationen wie beispielsweise die Beschaffenheit des Untergrunds so gut wie möglich zu eruieren. Auch die Wartung soll im Planungszeitraum von 30 Jahren von Ihnen durchgeführt werden. Uns ist bewusst dass es sich bei diesem geplanten Projekt um eine äußerst komplexe Angelegenheit handelt. Jedoch würden wir uns freuen, wenn wir zu einem entsprechenden Abschluss kommen würden. Sollte dieser Windpark ein Erfolg werden, könnte ich mir eine weitere Zusammenarbeit gut vorstellen. Insgesamt haben wir 8 weitere Anträge auf Zuteilung identischer Windparks in der AWZ gestellt. Ob und wie viele dieser Anträge positiv beschieden werden, ist jedoch ungewiss. Sollten diese Windparks ebenfalls genehmigt werden, benötigen wir die Errichtung im Jahr 2012. Mit freundlichen Grüßen, Ihr E. Schulze
Abb. 4: Email von Eric Schulze (ÖkoInvest) an Heiner Wübben (Windergy) Um die ausstehenden Genehmigungen für den „Windpark 2010“ zu beschleunigen und die Herstellung bis 2010 sicherzustellen, war ein Gesamtbetrag von 4 Mio. € fällig. Der Großteil dieses Betrages war für weitere Machbarkeits- und Unbedenklichkeitsstudien aufzuwenden, die seitens des Gesetzgebers gefordert waren. Der kleinere Teil sollte für bewusste Lobby-Maßnahmen verwendet werden, um die potenziellen Gegner von Windparks „möglichst klein zu halten“. Aus Behördenkreisen wusste Schulze, dass der Baugenehmigung für den Windpark 2010 dann
_________________________________________________________________________ 231 so gut wie nichts mehr im Wege stehen würde. Die Wahrscheinlichkeit der Genehmigungserteilung für die weiteren 8 Windparks war ungewiss. Wie es Schulze bereits vermutet hatte, ließ die Antwort nicht lange auf sich warten. Generell wäre ein derartiger Windpark schlüsselfertig lieferbar, jedoch lägen noch viele Unsicherheiten z.B. in der Entwicklung derart leistungsfähiger Generatoren, sowie der Erstellung des Fundaments. Man freue sich, am 2./3. Juli in gegenseitige Verhandlungen zu treten, die dann hoffentlich zu einem Vertragsabschluss führen würden. Folglich erstellte Schulze eine entsprechende Verhandlungsstrategie und stellte ein entsprechendes Verhandlungsteam zusammen.
_________________________________________________________________________ 232 Aufgabe: Handeln Sie mit der Windergy einen möglichst guten Festpreis für die Erstellung des Windpark 2010 aus. Dieser Preis soll zu einem Zeitpunkt anfallen. Die Anzahl der im Windpark 2010 zu errichtenden Windenergieanlagen ist ebenfalls im Vertrag festzuhalten und muss mit der Windergy verhandelt werden. Ebenfalls ist über den Bereit-stellungstermin der Anlage sowie über die prognostizierte Lebensdauer zu verhandeln. Verhandeln Sie ferner die Preise für die Erstellung weiterer 8 (zusätzlich zum Windpark 2010) identischer Windparks. Ob und wie viele dieser Windparks tatsächlich genehmigt und erstellt werden können, ist ungewiss. Mit der Erstellung ist ab 2012 zu rechnen. (Gehen Sie aus Vereinfachungsgründen davon aus, dass alle in der Fallstudie genannten Zahlungen zu einem Zeitpunkt anfallen. Vernachlässigen Sie dynamische Effekte. Verhandeln Sie nur die im Vertrag genannten Vertragsbestandteile. Sondervereinbarungen sind nicht möglich. Berechnungsgrundlage für den Erfolg Ihrer Verhandlung ist der für Ihr Unternehmen ÖkoInvest erzielte Gewinn.)
_________________________________________________________________________ 233 Anhang 5: Der Vertrag „Offshore“ (Zuliefergeschäft) Gruppen-Nr. (Windergy): Gruppen-Nr. (ÖkoInvest): Beginn der Verhandlung: ___: ___ Uhr Ende der Verhandlung: ___: ___ Uhr Vertrag zwischen Windergy (Hersteller) und ÖkoInvest (Betreiber) über die Erstellung eines Windpark 2010 in der AWZ vor Juist inkl. Wartung.
Ƒ Ƒ
Die Verhandlungspartner konnten sich auf keinen Vertrag einigen und wählen (falls vorhanden) ihre jeweilige Alternative Die Verhandlungspartner schließen einen Vertrag zu folgenden Bedingun-
gen: Konditionen: a) Preis für die „schlüsselfertige“ Erstellung einer Windenergieanlage: _____ Euro b) Anzahl der im Windpark zu errichtenden Anlagen: _______ (maximal 35 Stück) Spezifika der Anlage: Prognostizierte Lebensdauer der Anlage:
Ƒ
20 Jahre
Ƒ
30 Jahre
Bereitstellungszeitpunkt: Die Lieferung startet zum Jahr:
Ƒ Ƒ
2010
Ƒ
2011
2012
Option für weitere Anlagen: Die Verhandlungspartner einigen sich darauf, bis zu 8 identische Windparks zu erstellen. Die Preise für jeden einzelnen zusätzlichen Windpark werden in folgender Tabelle vermerkt (sowohl identische als auch abweichende Preise möglich). Preis 1. Windpark: ____________ Euro
Preis 5. Windpark: ____________ Euro
Preis 2. Windpark: ____________ Euro
Preis 6. Windpark: ____________ Euro
Preis 3. Windpark: ____________ Euro
Preis 7. Windpark: ____________ Euro
Preis 4. Windpark: ____________ Euro
Preis 8. Windpark: ____________ Euro
_________________________________________________________________________ 234 Anhang 6: Variation der Fallstudieninhalte Fallstudie Offshore: Version Information: Jährliche Windleistung A pro Anlage B Kosten für Lobbyarbeit
A B Anzahl zu verhandeln- A der Windräder B
Betreiber Hersteller 14 – 20 Mio. 14 – 20 Mio. kWh kWh 13 – 19 Mio. 13 – 19 Mio. kWh kWh 4 Mio. € / 6 Mio. € / 8 8 9 9
Fallstudie Repowering: Information: Jährliche Laufdauer pro Anlage Zahl in Zukunft evtl. noch zu erstellender Anlagen Beim Hersteller anfallende Kosten für die Wartung einer Anlage pro Jahr
Version A B A B
Betreiber 2.900 h 3.000 h 8 9
Hersteller / / 8 9
A B
/ /
35.000 30.000
_________________________________________________________________________ 235 Anhang 7: Manipulationsüberprüfung des Pre-Tests Variable
Manipulation
Mittelwert
Standardabweichung
Individualisierungsgrad**
Produktgeschäft (n = 8)
3,63
0,74
Zuliefergeschäft (n = 8)
2,13
0,99
Produktgeschäft (n = 8)
2,38
0,92
Zuliefergeschäft (n = 8)
4,25
1,04
Kaufverbund
**
* p 0,05; ** p 0,01; *** p 0,001
Individualisierungsgrad (von 1 = kundenindividuell bis 6 = standardisiert) Kaufverbund (von 1 = überhaupt nicht bis 6 = sehr stark)
_________________________________________________________________________ 237
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