BIBLIOTHEK DER GRIECHISCHEN LITERATUR Band 4
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HERA U S G E G E B E N VON P ETER ...
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BIBLIOTHEK DER GRIECHISCHEN LITERATUR Band 4
BIBLIOTHEK DER GRIECHISCHEN LITERATUR
HERA U S G E G E B E N VON P ETER WIRTH UND WILHELM GE S S EL
BAND 4
EIN B A N D D E R ABTEILUN G BYZ ANTINI S TIK H E RA U S GE GE B E N V O N P E TER W IRTH
ANTO N HIERS EMANN S TUTTGART 1 97 3
NIKEPHOROS GREGORAS
Rhomäische Geschichte HISTORIA RHOMAIKE
ÜBERSETZT UND ERLÄUTERT VON JAN LOUIS VAN DIETEN
ERSTER TEIL ( KAPI T E L I-VII)
A N T O N HIER S E MANN S T U T T GART 19 7 3
©
1973
ANTON HmRsEMANN, STUTTGART
AlleRechte vorbehalten , insbesondere die des Nachdrucks und der Über setzung. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet , dieses urheberrechtlich geschützte Werk oder Teile daraus in einem photomechanischen, audiovisuellen oder sonstigen Verfahren zu vervielfältigen und zu verbreiten. Diese Genehmigungs pflicht gilt aus drücklich auch Im die Verarbeitung, Vervielfältigung oder Verbreitung mittels D atenverarbeitungsanlagen. Schrift: Bembo-Antiqua Monotype. Satz und Druck: Allgäuer Zeitungs verlag, Kem pten. Bindearbeit: Großbuchbinderei Ernst Riethmüller. Stuttgart. Einbandgestaltung von Alfred Finsterer, Stuttgart ISBN
(7772 7309 0
-
Printed in Germany
INHALT
VORWORT .
.VII
EImBrruNG
I
Leben des Nikephoros Gregoras Gregoras' Persönlichkeit . . . .
I
Das Geschichtswerk. . . . . . Der erste Teil des Geschichtswerkes {Kapitel I-VII) GREGORAS' WERKE A. Schriften profanen Inhalts I.Grammatik: . . . . . 11. Literarische Interpretation . III.
Rhetorik . . .
48 48 49 49 50 52 53
IV. Epistolographie
V. Historiographie
VI. Mathematik. VII. Musikologie
VIII. Astronomie . IX. Philosophie . X. Poesie ... B.Schriften religiösen Inhalts. I.Geistliche Beredsamkeit
11. Hagiographie . III.
44 44 44 44
.
.
.
.
Dogmatik (Dogmatische Polemik)
54 54 56 58
NIKEPHOROS GREGORAS: RHoMÄIsCHE GESCmCHTE (Übersetzung) Vorwort. Kapitel I. Kapitel 11 Kapitel III Kapitel IV Kapitel V
63 69 74 89 101 125 V
INHALT Kapitel VI Kapitel
1 44 17 3
VII
ANMERKUNGEN ZUR ÜBERSETZUNG Zum Vorwort ZU Kapitel I ZU Kapitel Zu Kapitel
11 . III
Zu Kapitel IV Zu Kapitel V . Zu Kapitel VI Zu Kapitel VII
2II 2II 218 229 236 254 265 281
L1TERATURVERZEICHNIS .
3°1
ABKÜRZUNGEN
308
REGISTER
3°9
VI
•
VORWORT
Die Erstausgabe eines Teiles der schien im. Jahre
1562 in Basel.
Historia Rhomaike des Nikephoros Gregoras er
Herausgeber war der bekannte Humanist Hierony
mus Wolf, der sie seinem Mäzen Anton Fugger widmete. Wolf verfügte nur über eine mangelhafte und unvollständige Handschrift (Cod. Monac. gr.
153),
und so
blieb seine Ausgabe auf die ersten elf Kapitel (gr. Logoi, lat. Libri) beschränkt. Die lateinische Übersetzung, die er dem griechischen Text beifügte, war nicht ohne Verdienst, aber auch nicht frei von größeren und kleineren Fehlern, und vor allem: Wolf unterdrückte systematisch, was er als überflüssige Rhetorik betrachtete. Eine zweite, bessere Edition mit einer wertvollen Einleitung und einer der Wolfschen überlegenen lateinischen Übersetzung besorgte im. Jahre
1702
für das
Pariser Corpus byzantinischer Historiker einer der bedeutendsten Mitarbeiter dieser Reihe, Johannes Boivin, dem für die ersten elf Kapitel die Pariser Hand schriften Cod. Paris. gr.
1723
und
172 5 , sowie eine Kollation vom Vaticanus gr. 165
durch Friedrich Rostgaard zur Verfügung standen, und der aus Cod. Paris. gr. 1724,
164, die Kapitel 12-18, aus Paris. gr. 3°75, der im. Auftrag von Rostgaard aus Vatic. gr. 1095 kopiert worden war, die Kapitel 19-24 hinzufügen konnte; da der Parisinus graecus 3075
eine durch ChristophAuer angefertigte Abschrift des Vaticanus gr.
sich als eine sehr mangelhafte Kopie erwies, ließ Boivin zweifelhafte Lesarten dieser Handschrift
in
Rom noch einmal nachkollationieren.
Eine Neuausgabe von Boivins Text in zwei Bänden, mit nur wenigen Verbes serungen, erschien
1828-1 830 im. Bonner Corpus Scriptorum Historiae Byzantinae;
Herausgeber war Ludwig Schopen. Vervollständigt wurde diese Ausgabe im. Jahre
18 55
mit einem dritten Band von Immanuel Bekker, der den Rest von Kapitel 24
24-26 mittels einer von Heinrich Brunn angefertigten Kopie des Vaticanus graecus 1°95, den Rest ausAbschriften, die Wladi mir Brunet für ihn aus den Codd. Paris. gr. 1276 und 3075 erstellte. Für eine lateini und die Kapitel
25-37
edierte, die Kapitel
sche Übersetzung sorgten Studenten in Berlin und Bonn, die man für diese Arbeit nicht loben kann. Eine kritische Ausgabe der
Historia Rhomaike des Nikephoros Gregoras steht
also noch aus, wird aber von mir für das Corpus Fontium Historiae Byzantinae, Series Berolinensis, herausgegeben im. Verlag Walter de Gruyter & Co., Berlin, vorbereitet.
Diese Vorbereitungen umfassen natürlich nicht nur die direkte vn
V O RW O R T Kollation der bereits erwähnten,
nicht als Abschriften
zu
eliminierenden
Codices, sondern auch die Untersuchung der bis jetzt nicht herangezogenen Handschriften, wie Coislinianus
137, Laudianus gr. 24, Marcianus gr. 405, die 67, 71 und 72, Taurinensis gr. C. ill. 2, Vindobonensis Suppl. gr. 166, die Escorial-Hss Y. L 7 und T. L 2, Barberinianus 184, Laurentianus gr. LVI 14, Genevensis gr. 3 5, British Museum Addit. 16405, die Teile des Ge Ottoboniani gr.
schichtswerkes enthalten, und der Handschriften anderer Schriften unseres Autors, die er in seine Historia aufgenommen hat. Der Vorschlag der Herausgeber dieser Reihe, parallel zu diesen Vorbereitungen eine erstmalige deutsche Übersetzung des Werkes in Angriff zu nehmen, war also für mich nicht ohne Reiz, und ich freue mich, nun den ersten Band vorlegen zu können. Auf eine Verantwortung der gewählten übersetzungsweise glaube ich verzich ten
zu
können. Der griechischkundige Leser wird selbst urteilen; für den, der des
Griechischen nicht mächtig ist, möchte ich nur betonen, daß ihm keine in jeder Hinsicht wortwörtliche Wiedergabe des griechischen Textes vorliegt; eine solche wäre bei dem rhetorischen Überfluß, der Gegoras' Stil kennzeichnet, nicht nur ungenießbar, sondern in deutscher Sprache einfach unmöglich. Ich habe aber nicht, wie Wolf, tverkürzend« übersetzt. Bleibt mir, dem Herausgeber, Herrn Dr. Peter Wirth, München, für viele nütz liche Hinweise, wie auch für das Mitlesen der Korrektur, dem Verlag für die an genehme Zusammenarbeit und die Gestaltung der Ausgabe, und meiner Frau für ihre Hilfe bei der Erstellung des Registers herzliehst zu danken. München, den
Vill
I.
Mai
1973
Ian Louis van Dieten
EINLEITUNG
Das Geschichtswerk des Nikephoros Gregoras, das hier zum ersten Male in deutscher Sprache vorgelegt wird, ist ein Glied in einer Kette historiographischer Werke, an deren Anfang Herodotos steht. Freilich, wenn man sich mehr am Inhalt als an der Form orientiert, ist es eher das Erbe der Historiker des Römerreiches, das Gregoras in seinem Werk Rhomaike historia (Römische Geschichte) antritt und weitergibt. Doch wäre es irreführend, dasselbe als »Römische Geschichte« zu prä sentieren. Zu verschieden waren das am Ir. Mai 330 gegründete Neue Rom am Bosporos und sein byzantinisches Reich von der alten Weltmetropole am Tiber und von dem Reich der römischen Cäsaren. Die direkten Vorfahren unseres Autors sind die berühmten Geschichtsschreiber von Byzanz, deren Werken es zu · verdanken ist, daß das christianisierte un d gräzisierte Imperium Romanum über seine 1000 Jahre Staatsgeschichte (330-1453) hinaus im Bewußtsein aller Miterben in Ost und West weiterlebt. Prokopios von Kaisareia (6. Jh.), Michael Psellos (IO./II. Jh.), Anna Komnene (n./I2. Jh.), Niketas Choniates (12./13. Jh.), Laonikos Chalkokondyles (15. Jh.), um nur die wichtigsten Namen zu nennen, bilden den historiographischen Rahmen, in welchem auch Nikephoros Gregoras seinen Platz hat; ihre Leistungen sind es, an welchen die seine zu messen istl.
LEBEN D E S NIKEPHOROS GRE GORAS Als Nikephoros Gregoras im Jahre 1315 im Alter von etwa 20 Jahren nach
Konstantinopel kam, regierte seit über 30 Jahren Kaiser Andronikos 11. Palaiologos (1282-1328) über das zum Kleinstaat gewordene byzantinische Reich. Den Kom nenenkaisern, Alexios I. (I08I-In8}, Johannes 11. (In8-II43) und Manuel I. (II43-II80), war es noch gelungen, verlorene Gebiete im Nordosten und im Süd westen zurückzugewinnen. Bei Manuels Tod erstreckte sich die Nordgrenze des Reiches von Sebenico an der Adria über Sirmium bis zur Donaumündung und schloß sogar die Krimstädte Cherson und Theodosia (Kaffa) ein. Der kleinasiatische 1 Zu
den Historikern von Byzanz s.
KRUMBACHER S. 219:ff. ; MORAVCSIIC
Byzantino
turc. Bd. I; OSTROGORSKY: Gesch. S. 19-22. 73-7. 123-6. 176-81. 262-4· 290-3 . 346-8.
3 8 5--93. I
EINLEITUNG Teil des Reiches lag hauptsächlich westlich derLinie Amastris-Ankyra-Philomilion Seleukeia, aber auch ein schmaler Küstenstreifen südlich des Schwarzen Meeres mit den Städten Sinope und Trapezunt, Kilikien mit den Städten Tarsos, Adana, Anazarbos und Germanikeia, Koilesyrien mit Antiochien und die Insel Zypern ge horchten noch dem byzantinischen Kaiser. Seit ManueIs Tod jedoch hatte es nur noch Gebietsverluste gegeben, und durch den sogenannten Vierten Kreuzzug (1203-1204) schien das byzantinische Reich beinahe endgültig von der Landkarte gestrichen. Allerdings erreichten die Byzantiner von Nikaia aus eine erstaunliche Restauration, die zur Rückeroberung der alten Hauptstadt führte (1261), und Michael VIll. Palaiologos (1258-1282), der Gründer einer neuen Dynastie, herrschte wieder über den nordwestlichen Teil Kleinasiens, über Thrakien, Makedonien, Thessalien und den Epeiros, über Inseln wie Chios, Lesbos, Lemnos, Thasos und andere mehr. Aber Michael hatte die finanziellen Mittel und die militärischen Kräfte des Reiches überfordert, und sein Sohn, Andronikos 11., hatte keine glück liche Hand bei seinen Versuchen, den einsetzenden Verfall aufZuhalten. Doch auch einem größeren Staatsmann und Feldherrn hätten die Mittel gefehlt, gegen die wachsende Macht der Serben und der Osmanen erfolgreich anzukämpfen2• Diese wenig erfreuliche politische Lage seines Vaterlandes nahm aber unter den Interessen des jungen Gregoras nicht den ersten Platz ein. Diese galten vielmehr Wissenschaft und Literatur, die unter dem sehr gebildeten Andronikos II. eine große Blüte erlebten. Der talentierte Gregoras verdankte seine Bildung seinem Onkel und Erzieher, dem Bischof Johannes von Herakleia Pontike (heute tür kisch Eregli), wo er um 1295 das Licht der welt erblickte3• Von seinen Eltern wissen wir so gut wie nichts. Nur beiläufig bezeugt Gregoras in einem Brief an Nikephoros Metochites, daß sein Vater kein namhafter Gelehrter war, wie der Vater des Adressaten, der berühmte Theodoros Metochites4• Im Geschichtswerk hebt er hervor, daß er von seinen Eltern im rechten Glauben erzogen wurde 5. Der Grund, warum Gregoras sonst nirgends von ihnen spricht, ist wohl, daß er sie noch vor seinem zehnten Lebensjahr verlor6• Mehr wissen wir vom Bruder seiner 2 Zu dieser Periode der byzantinischen Geschichte s. OSTROGORSKY: Gesch. S. 290ff. 3 Vgl. GRECU, Vasile: Das Geburtsjahr des byzantinischen Geschichtsschreibers Nike
phoros Gregoras. In: Bulletin de la section historique de l'Acadernie roumaine. Bd. 27 (I946). s. 56-61. Als
�NLXlXy6p� TC;> 'HPlXxAE:W't11« bezeichnet sich Gregoras: Florentios
S·490,20. 4 BEZDEKI: Ep. L, S. 249,32 ff. ; GUILLAND: Correspondance Nr. 26, S. 14. 5 Gregoras: Gesch. S. I048,23-I 049, 1. 6 Gregoras: Leben des Bischofs Johannes von Herakleia S. 55,5ff. ed. LAURENT.
2
LEBEN D E S N1KEPHOROS GRE GORAS Mutter, dem Bischof von Herakleia Pontike, der von diesem Zeitpunkt an (ca. 1304) seinen Neffen bei sich aufuahm; denn Gregoras hat seine Dankbarkeit in einer Biographie seines Wohltäters verewigt'. Dieser (geb. ca.
1249) hatte nach kurzem
Dienst am Hof bei Theodora Dukaina, Kaiserin an der Seite Michaels VIII
.,
der
Welt entsagt und eine kirchliche Laufbahn vorgezogen. Da er ein Gegner der Union von Lyon
(1274) war, welche Michael VIII der byzantinischen Kirche .
aufgezwungen hatte, mußte er sich, um der Verfolgung zu entkommen, verstecken und konnte in dieser Zeit nur noch heimlich seine Lehrmeister in der Hauptstadt besuchen. Nachdem aber Michaels Nachfolger, Andronikos II., die nur von einer Minderheit widerwillig akzeptierte Union mit Rom rückgängig gemacht hatte
(1282), wurde er
im Alter von 44 Jahren zum Bischof ernannt, zuerst von Niko
medeia und kurze Zeit darauf (um
1300) von Herakleia am Schwarzen Meer.
Diesem Mann verdankte Gregoras das Fundament seiner Bildung. Bei ihm wurde ..
er in die Lehre Platons eingeweiht und von ihm wurde er auch in die Grundgedanken der orthodoxen Theologie eingeführt8• Um der außerordentlichen Begabung des jungen Nikephoros gerecht zu werden, reichten aber die Bildungsmöglich keiten einer Provinzstadt nicht aus; nur die Reichshauptstadt konnte bieten, was seine Wißbegierde brauchte,
In Konstantinopel gewann Gregoras bald das besondere Vertrauen des gelehrten Patriarchen Johannes XIII . Glykys
(1315-1319), dem er vermutlich von seinem
Onkel vorgestellt worden war. Dieser vermittelte dem begabten jungen Mann die Kenntnis der aristotelischen Logik und besonders grammatikalische und literarische Bildung, wofür ihn der dankbare Schüler in seinem Geschichtswerk lobend er wähnt!'. Vielleicht auf Anregung Johannes' Glykys entstand als Jugendwerk eine Abhandlung über Grammatik, die unter Gregoras' Namen überliefert ist, ver mutlich aber nur eine Art Herausgeberarbeit darstelltlO• Was der Lehrmeister von seinem Schüler hielt, gab er dadurch
zu
erkennen, daß er ihm die Abfassung des
Prooimions zu seinem Testament anvertrautell. Von noch größerer Bedeutung
7 Vgl. unten S. 57: Gregoras' Werke Nr. 62. 8 Vgl. LAURENT, Vitalien: La personnalite de Jean d' Heraclee, oncle et precepteur de DERS.: Einleitung zur 'ApXerov I16v"t"ou. Bd. 6 (1934/5). S. 29-
Nicephore Gregoras. In: ·EM7JV�XcX. Bd. 3 (1930). S. 297-315; Ausgabe der Vita Johannis Heracleensis. In: 32.
9 Gregoras: Gesch. S. 270,6ff. Vgl. auch Gregoras: Brief an Basileios Glykys Gohannes' Sohn), BEZDEKI: Ep. XI, S. 3I8f.; Gun.LAND: Correspondance Nr. 42, S. 91f. 10 Vgl. unten S. 44: Gregoras' Werke Nr. I. II Gregoras: Gesch. S. 289,21ff.; vgl. unten S. 48: Gregoras' Werke Nr. 22.
3
EINLEITUNG war für Gregoras, daß er auch das besondere Vertrauen des Theodoros Metochites gewann, mit dem ihn vielleicht Johannes Glykys bekannt gemacht hat. Metochites war nicht nur der erste Berater des Kaisers, mit dem Besitz faktisch der ganzen Regierungsgewalt, sondern er war auch einer der gelehrtesten Männer seiner Zeit, der neben einer umfangreichen politischen Tätigkeit eine erstaunliche literarische und wissenschaftliche Aktivität entfaltete. Er verfügte über ein enzyklopädisches Wissen und wurde zum Neubegründer der Astronomie als WlSsenschaft12• Theo doros Metochites war es auch, der dem Aristotelismus seiner gelehrten Kollegen Georgios Pachymeres und Nikephoros Chumnos, der Erben Nikephoros Blemmy des', den Platonismus entgegensetzte, ohne deswegen Aristoteles ganz zu verpönen, dessen Logik und Physik er schätzte13• Dieser Mann fand nach anfänglicher Zu rückhaltung an Gregoras' Charakter und Begabung solchen Gefallen, daß er ihn wie einen eigenen Sohn behandelte und ihn in alle seine Kenntnisse einweihte. Im Geschichtswerk widmet Gregoras mehrere Seiten der Argumentation, mit welcher er Metochites überredet haben will, ihn in die Astronomie einzuführen. Diese Ge danken sind auch quasi als Vorwort zu Metochites' Werk über die Astronomie überliefert. Der Passus im Geschichtswerk ist kaum eine authentische Wiedergabe eines Vortrags, den Gregoras vor Metochites gehalten hatte, sondern vielmehr eine nachträgliche Ausarbeitung und Niederschrift der Argumente, die er bei einem seiner ersten Besuche bei Metochites vorgebracht haben dürfte. Ob die Verbindung mit Metochites' Werk auf dessen Bitte erfolgte oder von Gregoras erst nach dem Tod seines Lehrmeisters vorgenommen wurde, als er sich um die Herausgabe von dessen Werken kümmerte, läßt sich nicht sicher entscheiden14. Daß die Einweihung in die Astronomie als eine ganz besondere Gunst galt, erklärt sich auch daraus, daß Andronikos II., selbst Amateur-Astronom, diese Wissenschaft als eine esoterische behandelt wissen wollte15• Gregoras beantwortete Metochites' Gunstbeweise damit, daß er seinen Sohn Nikephoros und seine Tochter Eirene unterrichtete16• 12 Zu diesem vielleicht größten und sicher originellsten byzantinischen Gelehrten seines Jahrhunderts s. BBCK: Metochites. Sein Vorläufer und Lehrmeister in der Astronomie war Manuel Bryennios. Metochites brachte keine grundlegenden neuen EIDsichten, sondern er inventarisierte das früher Errungene und verschaffte einer gewissermaßen verdächtigen Wissenschaft Ansehen; er machte sie >salonfähigersten Minister< Andronikos' 1lI., Johannes Kantakuzenos. Durch ihn erhielt er den Auftrag,
im Kloster Christi des Unergründlichen in
Areiopagiten
unterrichten. Auch der Kaiser selbst war ihm wohlgesinnt55• Bar
zu
der Lehre Dionysios' des
laam war aber übermäßig ehrgeizig und wollte sich als der große Lehrer eines rück ständigen Byzanz aufspielen. Gregoras scheint sich darwn sehr bald in zwei kleinen Traktaten gegen den besonders unter den Jüngeren Anhang findenden Eindringling
51 Vgl. Gregoras: Brief
an
Chrysoloras, bei Gun.LAND: Correspondance Nr. 33, S. 135-
145· 52 Vgl. Gregoras: Florentios S. 492 und Ergänzung Polemis S. 59; Gesch. S. 555,6ff. 53 Gregoras: Florentios S. 495. V gl. auch Brief an Demetrios Kabasilas, BEZDEKI: Ep. XXII, S. 308,13-15.
54 Gregoras: Florentios S. 497,7ff.
dazu Wmss: Kantakuzenos S. XPLCi't"OÜ "t'oü 'AKIX."t'1XA1J7t"t'ou s. JANIN: Egl. Mon. S. 504ff. Papst Benedikt XII. (1335-1342) bezeichnet BarIaam in einem Brief aus dem Jahre 1339
55 Gregoras: Gesch. S. 555,14-15. 919,17-18. 923,5ff.; 103 f. Zum Kloster
sogar als Abt des Klosters, s. PG 151, 1331 A. 10
LEBEN D E S NIKEPHOROS GREGORAS gerichtet zu haben, zuerst in einer widerrede wider jene, die behaupten, daß es unter den Menschen keine Demut gebe (Anfang 1331) und dann im Philomathes (Sommer 1331)56. Barlaam forderte Gregoras zu einer öffentlichen Diskussion auf. Dieser wollte anfangs nicht, lieB sich aber dann doch von Freunden dazu überreden. Dabei spielte Johannes Kantakuzenos die Hauptrolle. Denn auch mit ihm war Gregoras seit einiger Zeit freundschaftlich verbunden: bald nach der Machtüber nahme durch Andronikos III. und Kantakuzenos hatte er, ohne seine alten Freunde zu verraten, die Gunst auch der neuen Machthaber gesucht und in gewissem Maße gefunden. Vermutlich hat er sich Kantakuzenos unter anderem durch die Widmung seines Kommentars zu Synesios' Traumbuch empfohlen57• Kantakuzenos also ver anlaßte, daß Gregoras es mit Barlaam aufuahm58• Im Disput, der in Kantakuzenos' Palast stattfand59, zeigte Gregoras sich seinem Gegner überlegen, wenn auch nicht so, wie er es selbst in seinem >Rapport< über die Diskussion, dem Dialog Florentios, darstellt. Ein Halblateiner wie Barlaam hatte in Byzanz von vorneherein keine Chance, in einem solchen Disput zu siegen. Daß aber Gregoras nicht nur in seinen eigenen Augen der Sieger war, bezeugt auch ein weniger verdächtiger Zeuge, Gregorios Akindynos60. Der Dialog Florentios ist übrigens weniger wichtig als Rapport der Diskussion denn als Kritik am Aristotelismus61• Barlaam war vom Ausgang des Disputs sehr enttäuscht, und Gregoras will ihn selbst am meisten über seine Niederlage getröstet haben62. Barlaam gab nicht sofort auf, sondern rüstete sich für eine zweite Auseinandersetzung unter anderem dadurch, daß er sich von Schülern Gregoras' über dessen astronomische Vorlesungen unterrichten lieB63. Er unterlag aber auch in einem zweiten Disput und bekam darauf den Spott der Konstantinopolitaner so zu spüren, daß er lieber nach Thessalonike zurückkehrte, 56 Siehe unten S. 52: Gregoras' Werke Nr. 40 und 41; dazu POLBMIs : Antilogia S. 5462. 57 Siehe unten S. 52: Gregoras' Werke Nr. 39. 58 Gregoras: Florentios S. 501f. Zuvor soll man aber Barlaam zu seiner Herausforderung mit dem Hinweis ermuntert haben. daß die Machthaber Gregoras die Annahme ver bieten könnten, s. ebd. S. 499f.; vgl. auch S. 492,Iff. 59 Ebd. S. SOL 60 Vgl. POLBMIs: Antilogia S. SI Anm. 2. Gregoras selbst lobt im Florentios S. 497,2326, nur das gute Gedächtnis seines Gegners. 61 Siehe dazu GUILLAND: Essai S. 165ff.;
SEVCENKO: PoJemique S. 96. Auch in seinen
.Lösungen von Problemen« (s. unten S. 53: Gregoras' Werke Nr. 44) zeigt Gregoras nicht allzuviel Respekt vor Aristoteles' Autorität. 62 Gregoras: Florentios S. 533 f. 63 Ebd. S. 534,Iff. II
EINLEITUNG wo er weiter gegen Gregoras agierte64• Dieser aber wurde als Retter der Ehre von Byzanz gefeiert. Sein Ansehen bei den neuen Machthabern stieg, und er wurde mit Geschenken und Ehrbeweisen belohnt65• Gregoras war nun ein berühmter Gelehrter, zu dessen Vorlesungen man auch von außerhalb Konstantinopels kam, und seine Werke wurden viel gelesen und abgeschrieben66• Es scheint, daß in dieser Zeit andere versuchten, sich mit Vor hersagen kommender Sonnenfinsternisse großzumachen, über welche Gregoras in seinen Vorträgen gesprochen hatte. Sie stifteten dadurch im abergläubischen Byzanz Unruhe, und der Kaiser sah sich veranlaßt, Gregoras Zurückhaltung zu befehlen. Dieser berichtet darüber in einem Brief an seinen Freund Michael Kaloei das, in welchem er dennoch für den 14. Mai 1333 eine noch bedeutendere Sonnen eklipse voraussagt als die früher für den 30. November 1331 von ihm angekündigte, die inzwischen eingetreten war67• Im Jahre 1332 verlor Gregoras kurz hintereinander zwei seiner besten Freunde, denen er auch in schlechten Tagen die Treue bewahrt hatte: am 13. Februar des Jahres starb Andronikos 11., der einige Zeit zuvor (1330) gegen seinen Willen das Mönchskleid und den Namen Antonios hatte annehmen müssen. Genau einen Monat später, am 13. März, schied auch Theodoros Metochites dahin, welcher seine letzten Tage (seit der Rückkehr aus der Verbannung 1330) im von ihm prachtvoll restaurierten Chorakloster zus ammen mit Gregoras verlebt hatte68• Andronikos 11. hatte sich noch am Abend vor seinem Tod bis tief in die Nacht mit Gregoras und anderen Freunden über philosophische Themen unterhalten. Sein Enkel, der ihn in Armut und Elend hatte sterben lassen, ließ ihn jetzt mit großem Pomp im Lipskloster beisetzen. Auf Bitten der Tochter des verstorbenen Kaisers, Simonis, 64 Ebd. S. S3S, 1 3 ff. 65 Ebd. S. 53s,I9ff. 66 Gregoras: Gesch. S. 103 8, 1-2. 10SI,Sff. 67 GUULAND: Correspondance Nr. 3 5, S. 147- 1 5 5 . In Wirklichkeit gab es eine Eklipse
März 1 3 3 I; vielleicht liegt im Brief ein überlieferungsfehler vor: fLoc(OU Im fLocp·dou. Eine Berechnung des Gregoras Im die Daten der Eklipse vom 16. Juli 1 3 3 0 ist im Cod. Mare. gr . 3 2 5 (5 1 8) , f. 1-8V überliefert. Vgl. SEVCENKO: PoIemique S . 260 am 14.
Anm. 1 . 68 Gregoras: Florentios S . 497,1. Gregoras lebte schon seit seiner Jugend ununterbrochen hier, s. Gregoras: Gesch. S. 1045, 19. Zu dieser Periode s. Gesch. S. 460,4ff. und Brief an Athanasios
Palaiologos, BEZDEKI: Ep.
m, S. 342-345; GUULAND: Correspondance
Nr. 36, S. 87-89. Vgl. auch BEZDEKI: Ep. XXX, S. 109,19-21 ; GUULAND: Correspon dance Nr. 1 3 5, S. 130. Zum Chorakloster, heute Kabrie Djami, The Kariye Djami. 3 Bde. New York 1966.
12
s.
UNDERWOOD, Paul:
LEBEN DES NIKEPHOROS GRE GORAS der Witwe des serbischen Zaren Stephan Uros II. Milutin, hielt Gregoras die Grab rede. Er sprach darin ohne jede Zurückhaltung seine Bewunderung und seine Freundschaft für den gestürzten Herrscher aus69• Auch auf Metochites hielt Gregoras eine Trauerrede70• Dieser hinterließ ihm als Erbe nicht nur das genannte Kloster, sondern auch seinen wissenschaftlichen und literarischen Nachlaß 71. Ein dritter Todesfall gab Gregoras Gelegenheit, sich dem neuen Kaiser gefällig zu zeigen: als im Jahre 1333 die Mutter Andronikos' ill. starb, durfte er eine Trostrede halten, die er zu einem nicht geringen Teil zu einer Lobrede auf den Sohn der Verstorbenen zu gestalten wußte72• Das Jahr 1333 brachte Gregoras auch eine offizielle Anerkennung seiner Kompe tenz in Sachen Theologie. Andronikos ill. hatte wieder Verhandlungen mit Rom angeknüpft, um die Möglichkeit einer neuen Kirchenunion zu untersuchen. Die Union von Lyon (1274) hatte Michael Vill. nur einer kleinen Gruppe aufzwingen können, und Andronikos II. hatte sie sofort nach der übemahrne der Regierung auch offiziell preisgegeben. Sein Sohn strebte aber wieder eine politische Verbindung mit Rom an73• Dem Papst war nichts willkommener, und so trafen, noch ehe die Vorverhandlungen weit genug gediehen waren, zwei päpstliche Gesandte in Konstantinopel ein, die direkte Unionsverhandlungen einleiten sollten. Der Patri arch und die Bischöfe, deren theologische Kenntnisse für eine Diskussion mit den beiden Dominikanerbischöfen nicht ausreichten, gerieten in große Verlegenheit. 69 Siehe unten S. 47: Gregoras' Werke Nr. 15. 70 Ebd. Nr. 16. 71 Daß Gregoras sich um letzteren gekümmert hat, beweist unter anderem die in vier
't"oG Q"OCPCil't"IX't"OU fLe:yciAou Aoyo6�'t"ou KUpOG 0e:oSc::.pou 't"oG Me:'t"oXt't"ou. S. Cod. Vatic. gr. 303,I.2v; Vatic.
erhalten gebliebenen Hss gefundene Eintragung von Gregoras' Hand:
gr. 1365,1; Paris. gr. 1776,1; Paris. gr. 2003,3. Vielleicht machte Gregoras diese Ein tragungen, als er sich mit einerAusgabe der Opera omnia des Metochites befaßte. Vgl. SEVCENxO, Ihor: Observations sur les recueils des Discours et des Poemes de Theodore Metochite et sur la Bibliotheque de Chora a Constantinople. In: Scriptorium. Bd. 5 (1951). S. 279-288; DERS.: Polemique S. 281-283, besonders 282 Anm. 3; DERS.: Auto graphs S. 444 mit Abb. V und VI. Es war vielleicht auch unter Gregoras' Aufsicht, daß um diese Zeit (bald nach Metochites' Tod) der prachtvolle Pergamentcodex Vindob. phil. gr. 95 mit sämtlichen rhetorischen Schriften Metochites' angefertigt wurde. Vgl. HUNGER, Herbert: Theodoros Metochites als Vorläufer des Humanismus in Byzanz.
In: BZ Bd. 45 (1952). S. 13 mitAnm. 5 und 6; DERS.: Katalog der griechischen Hand schriften der Österreichischen Nationalbibliothek, I. Codices Historici. Codices Philo sophici et Philologici. Wien I96I. S. 205f. 72 Siehe unten S. 47: Gregoras' Werke Nr. 17. 73 Siehe BOSCH: Andronikos III. S. I20ff. I39ff.
13
EINLEITUNG Der Patriarch beriet mit dem Kaiser, und man bat Gregoras, in der Diskussion die byzantinische Kirche
zu
vertreten. Dieser aber, ein überzeugter Antilateiner74,
freilich ohne die lateinische Theologie wirklich zu kennen, hielt nichts von Unions gesprächen und wußte die Synode zu überreden, auf das Gesprächsangebot über haupt nicht einzugehen. Man würde, so glaubte er, doch nur aneinander vorbei reden75. Der Kaiser zog daraufhin Barlaam für weitere Verhandlungen mit Rom hinzu76. Im übrigen war das Jahrzehnt von 1330-1340 für Gregoras eine Periode, in welcher er sich ungestört seinen Vorlesungen wld seiner produktiven literarischen und wissenschaftlichen Tätigkeit widmen konnte. Er erfreute sich besonders der Freundschaft des mächtigsten Mannes im Reiche, Johannes Kantakuzenos, mit dem er rege korrespondierte77. Noch andere bedeutende Männer gehörten
zu
seinen
Korrespondenten, darunter vor allem Alexios Philanthropenos, der einst die Kaiser würde angestrebt hatte78. Auch
um
den Kaiser zu loben, fand Gregoras wohl
öfter Gelegenheit. Erhalten ist ein Brief, in welchem er ihm zu einem militärischen Erfolg (vermutlich in Thrakien 1337) gratuliert und ihn lobt, da er weit von der Hauptstadt für die Sicherheit des Reiches kämpft79. Der Kaiser zeigte Gregoras seinerseits seine Hochachtung unter anderem insoweit, als er ihn zum Prozeß gegen den eines Umsturzversuchs überführten Despoten Demetrios heranzog (1337). Das milde Urteil veranlaßte Gregoras, den Kaiser in seinem Geschichtswerk
zu
preisen80• Die große Wendung in Gregoras' Leben brachte das Jahr 1341. Am 15. Juni dieses Jahres starb Andronikos ill. Gregoras genoß bei ihm bis zuletzt großes Anse hen. Kurz vor seinem Tod, am 10. Juni, hatte der Kaiser eine Synode einberufen, um
über eine Anklage Barlaams gegen Gregorios Palamas
zu
urteilen, worüber
unten ausführlicher zu sprechen sein wird80a• Auch Gregoras war
zur
Teilnahme
an dieser Synode aufgefordert worden; er hatte aber ablehnen müssen, da er, wie so oft in seinem Leben, von schwerer Migräne geplagt wurde. Der Kaiser soll es 74 Er wird deswegen von Akindynos in einem Brief hoch gelobt, vgl. Gun.LAND: Correspondance S. 2 76f.; MERCATI: Notizie S. 12 mit Anm. 2. 75 Gregoras: Gesch. S. 501,I2 ff. Unten S. 58: Gregoras' Werke Nr. 67. 76 Siehe BosCH: 1.c. in Anm. 73; dazu WEISS: Kantakuzenos S. 103 Anm. 678. 7 7 Siehe Gun.LAND: Correspondance S. 390 Index, der 2 1 Briefe von Gregoras an Kanta kuzenos aus der Zeit vor 1340 verzeichnet. 78 Gregoras: Gesch. S. 195,18ff.; vg1. S. 360,16ff. 534,6:ff. Gun.LAND: Correspondance S·390f. 79 Siehe Gun.LAND: Correspondance Nr. 52, S. 96f. 80 Gregoras: Gesch. S. 53 1,I2ff. 80a S. 17. 14
LEBEN DES NIKEPH OROS GREGORAS sehr bedauert haben, daß gerade er nicht unter den Zuhörern war, als er seine von allen gepriesene Rede vor der Synode VOrtrug8l• Noch während seiner letzten Krankheit appellierte Andronikos ill. an Gregoras' astronomische Kenntnisse, um zu erfahren, ob die Sterne seine Genesung vorhersagten. In seinem Geschichtswerk teilt Gregoras uns nicht mit, was er geantwortet hat, sondern nur, daß die Gesand ten, die seine Antwort überbringen sollten, den Kaiser nicht mehr am Leben fan den82• Als Gregoras drei Tage später sich
zum
Palast begab, bat ilm die Kaiserin,
unterstützt vom Patriarchen und von Johannes Kantakuzenos, die Totenklage auf den verstorbenen Kaiser zu halten. Auch diese Rede naltm Gregoras später in sein Geschichtswerk auf83• Andronikos' Tod stürzte das Reich erneut in einen Bürgerkrieg. Sein Sohn Jo hannes V. war noch nicht zehn Jahre alt. Es kam zu einem erbitterten Kampf, wer nach dem Willen seines Vaters die Regentschaft führen sollte. Auf der einen Seite stand Johannes Kantakuzenos, der von Anfang an Andronikos ill.
zur
Seite
gestanden und schon zu dessen Lebzeiten nahezu die ganze Regierungsgewalt in seiner Hand hielt, auf der anderen die Kaiserwitwe Anna von Savoyen, un terstützt von allen Feinden des Kantakuzenen und von allen, die sich von der Re gentschaft einer Frau größere Vorteile versprachen, darunter zuvörderst Patriarch Johannes XIV. Kalekas (1334-1347) und der schlaue Flottenkommandant Alexios Apokaukos. Als Kantakuzenos, um eine drohende Gefahr im europäischen Reichs teil abzuwenden, außerhalb der Hauptstadt weilte, wurde er von seinen Gegnern zum
Staatsfeind erklärt, sein Besitz geplündert und sein Anhang ins Gefängnis ge
worfen. Als Antwort darauf ließ dieser sich in Didymoteichos zum Kaiser ausrufen. Mit Hilfe des thrakischen Adels, der auch Andronikos
ill.
gegen seinen Großvater
unterstützt hatte, und der ,Palarniten« siegte nach zeitweiligen schweren Rück schlägen schließlich Kantakuzenos. Am 3. Februar 1347 zog er in die Hauptstadt ein, deren Besatzung zu
ihm
übergetreten war. Sein Sieg war auch der Sieg des
>Hesychastenführers< Gregorios Palamas, dessen Auftreten die entscheidende Wen dung in Gregoras' Leben bestimmt hat84• 81 Gregoras: Gesch. S. 559, 3 ff. Die Stelle ist von GUULAND: Essai S. 2 5 so interpretiert worden: .Le Basileus deplora, au milieu des applaudissements du synode entier, I'absence d'un si habile theologien et d'un si bon orthodoxe.« D as ist mehr, als Gregoras behauptet. 82 Gregoras: Gesch. S. 559,2 0ff. 83 Ebd. S. 560,8ff. ; unten S. 4 7 : Gregoras' Werke Nr. 1 8. 84 Zu dieser E pisode s. OSTROGORSKY: Gesch. S. 42 0ff. ; WEISS: Kantakuzenos S. 2 3ff. Über Gregorios Palamas s. MEYENDORFF: Palamas, passim; weitere Lit. bei STIBRNON, Danie1: Bulletin sur le P alamisme. In: Rev. etud. byz. Bd. 3 0 (1 972). S. 2 31-341. •
.
•
15
EINLEITUNG Der Hesychastenstreit85 war von dem oben genannten Barlaam. ausgelöst worden. Dieser war, wie wir gesehen haben, nach seiner Niederlage in Konstantinopel nach Thessalonike zurückgekehrt. Hier, in der Nähe des heiligen Berges Athos, lernte er den Hesychasmus kennen, allerdings in einer Form, die ihn veranlaßte, diese aske tisch-mystische Übung lächerlich zu finden und sie als ein Produkt des Messalianis mus abzutun. Die absolute stille und Ruhe (Hesychia) galt schon den frühchristli chen Einsiedlern Ägyptens als Voraussetzung der mystischen Kontemplation. Orien talische Einflüsse schufen eine Verbindung zwischen körperlicher Haltung, Anhal ten des Atems, Wiederholung einer Gebetsformel und der auf die Schau vorberei tenden Hesychia. Die göttliche Schau selbst wurde
als ein überirdisches Licht er
fahren. Die Hesychasten, Erben unter anderem der Lehre des Symeon Neos Theolo gos (II. Jh.) 86, setzten es mit dem Taborlicht gleich, das sie für > unerschaffen< (a ktistos) hielten. Der große Propagandist dieser Lehre unmittelbar vor dem Auftre ten Barlaarns war Gregorios Sinaites87;
zum
Mittelpunkt der Bewegung wurde der
Athos. Als Barlaam den Hesychasmus angriff und als ketzerisch bezeichnete, glaub te er vielleicht, nun fertigzubringen, was
ihm in Konstantinopel nicht gelungen
war: die Überlegenheit seines westlichen Rationalismus über das rückständige und abergläubische byzantinische Denken zu demonstrieren. Aber wenn er geglaubt haben sollte, Gegner vor sich zu haben, die leichter zu besiegen wären als Gregoras, so hatte er sich geirrt. In Gregorios Palamas fanden die Athosmönche einen erst klassigen Verteidiger. Er hatte sich schon zuvor gegen die Relativierung jeglicher dogmatischen Beweisführung gewendet, durch welche Barlaam versuchte, den dogmatischen Kampf um das Filioque aus der Weh zu schaffen. Barlaam hatte sich natürlich gewehrt und erweiterte nun die Auseinandersetzung durch seine Angriffe auf die hesychastische Gebetsmethode. Palarnas versuchte zuerst in mehreren persön lichen Gesprächen, Barlaam zu bewegen, seine Angriffe einzustellen. Auch Grego rios Akindynos, ein Mönch bulgarischer Abstammung, der in Thessalonike nament-
85 Siehe dazu JUGIE, Martin: Palamas und Palamite (Controverse). In : DTC Bd. XI, 2 (1932). Sp. 1 7 35-181 8 (noch immer die beste Darstellung); BECK: Kirche S. 3 22- 332 ; DERS.: Hesychasmus und P alamismus. In : Handbuch der Kirchengeschichte. Hrsg. von Hubert JEDIN. Bd. m, 2. Freiburg i.Br. 1 968. S. 6 00-6 07; zum politischen Aspekt be sonders WEISS: Kantakuzenos S. 1 03ff. Weitere Lit. bei STIERNON: o.c. 86 Über ihn s. HAUSHERR , Irenee: Un grand mystique byzantin. Vie de Symeon le Nou veau Theologien par Nicetas Stethatos (Orientalia christiana, 1 2). Roma 1 928; KODER, Johannes in: Symeon le Nouveau Theologien. Hymnes.T.I (Sources chretiennes, 1 56). Paris 1 969. S. 1 7f (Lit.). 87 Über ihn s . LAURENT , Vitalien: Gregorios Sinaites. In: LTK Bd. 4 (196 0). Sp. 1 21 4 f.
16
LEBEN DES NIKEPHOROS GREGORAS lich bei Thomas Magistros studiert hatte, mit Palamas befreundet war und sich für die Ideen Barlaams interessierte88, bemühte sich, mäßigend aufBarlaam einzuwir ken. Als dieser nicht nachgab, schrieb Palamas seinen ersten Traktat zur Verteidi gung der Hesychasten, in dem er seinen Gegner übrigens nicht nennt. Barlaam ließ die Schrift nicht unbeantwortet. Dann trat eine Pause ein, da Barlaam 1339 im Auf trag des Kaisers und des Kantakuzenos, die ihn wohl nur zu diesem Zweck noch protegierten, wegen eines Unionsgesprächs nach Avignon ging. Palamas nutzte die Gelegenheit, um in einem neuen Traktat Barlaam zu widerlegen. Im Jahre 1340 kehrte dieser in den Osten zurück und nahm nach neuen ergebnislosen Gesprächen mit seinen Gegnern den Kampf wieder auf. Gegenstand der Kontroverse war bald nicht mehr die hesychastische Methode, um zur Gottesschau zu gelangen, sondern die Schau selbst. Ein ungeschaffenes Licht konnte nach Barlaam nur mit Gott iden tisch sein. Das Taborlicht aber, dessen Nicht-Identität mit Gott außer Frage stand, wäre demnach etwas Geschaffenes, aber dann auch zeitlich begrenzt und den Hesy chasten nicht mehr sichtbar. Für Palamas war das Taborlicht weder mit Gottes Wesen (ousia) identisch noch deswegen unbedingt geschaffen, sondern eine der ewigen Wirkungen (energeiai, dynameis) Gottes in der Welt, durch welche dieser sich den Menschen offenbare. Barlaam veröffentlichte nun ein Werk Gegen die Messalianer und brachte die Mönche dadurch so sehr gegen sich auf, daß er es für besser hielt, nach Konstantinopel auszuweichen. Dort bezichtigte er Palamas beim Patriarchen der Ketzerei. Palamas wurde aufgefordert, in die Hauptstadt zu kom men, um sich zu verteidigen. Der Prozeß fand vor der genannten Synode vom 10. Juni 1341 statt. Der Ankläger verlor und wurde selbst verurteilt, während Palamas' Lehre für orthodox erklärt ward. Barlaam sah sich bald darauf gezwungen, Byzanz endgültig zu verlassen und kehrte nach Italien zurück. Er ließ aber in Byzanz nicht nur Feinde zurück. Palamas' Lehre kam auch mehreren Byzantinern neu und unor thodox vor. So fand er sofort einen neuen Gegner in Gregorios Akindynos, der ihn auf der Synode vom Juni 1341 verteidigt hatte, jedoch in der Hoffuung, daß Palamas seine Lehre in einigen Punkten änderte. Als er sich in dieser Hoffuung ge trogen sah, wandte er sich gegen ihn. Vor allem einen Unterschied zwischen Wesen und Wirkung Gottes wies Akindynos energisch zurück. Er wurde aber bald, im August 1341, von der Synode verurteilt. Zugleich wurde Palamas' Sieg durch die Veröffentlichung des Synodalbeschlusses vom 10. Juni besiegelt89• 88 Über ihn s. LOENERTZ : Dix-huit lettres; MEYENDORFF: Palarnas S. 6 r ff. 68ff. und pas sim (aber der Narne fehlt l eider im Index) ; {"tir seine Werke ebd. S. 4or f. 40 7f.; neuere Lit. bei STlERNON o. c. (in Anm. 84). 89 Vgl. MEYENDORFF : Palamas S. 6s ff. ; WEISS: Kantakuzenos S. ro6ff.
17
EINLEITUNG Auch Gregoras konnte schließlich nicht umhin, sich zu Wort zu melden. Er sah, wie verhängnisvoll für Kirche und Staat der Kampf war, und bat beide Parteien zu schweigen. Ohne Erfolg. Selbst wollte er sich nicht an der Diskussion beteiligen und er entschloß sich darum, dem Hofe fernzubleiben und nur seiner Arbeit zu leben90• Bald ergab sich jedoch ein Anlaß, der ihn zwang, diesem Entschluß untreu zu wer den: ein lateinischer Astrologe war aufgetaucht, der aus den Sternen den baldigen Tod des Kantakuzenos und die Vernichtung der Feinde des Reiches prophezeite. Unwillig mußte Gregoras sich dem Befehl der Kaiserin fügen, den Mann anzu hören und über seine prophetische Begabung zu urteilen. Er ließ von dem armen Lateiner nicht viel übrig und zog sich dadurch den Haß der lateinischen Kaiserin zu91• Im übrigen lebte er zurückgezogen und vertiefte sich nun vor allem in die Theologie. Dieses Studium machte ihn zu einem überzeugten Gegner des Palamas. Die enge Freundschaft mit Kantakuzenos hatte Palamas inzwischen eine Nieder lage eingebracht. Er war nämlich nach seinem Sieg vom 10. Juni 1 341 in Konstanti nopel geblieben und propagierte dort seine Lehre. Im März 1342 wurde er aber vom Patriarchen aufgefordert, sich gegen Kantakuzenos auszusprechen, und als er sich weigerte, verurteilte man bald darauf seine Schriften aus der Zeit nach August 1341 als unorthodox und befahl ihre Verbrennung92• Im Herbst 1 3 42 erreichte der Patriarch sogar, daß Palamas wegen des Verdachts der Unterstützung des Kanta kuzenos in ein Kloster interniert wurde, und als er einige Monate später in der Ha gia Sophia Asyl suchte, weil er sich bedroht glaubte, führte dies im Mai 1343 zu seiner Gefangensetzung im PaIast93. lnzwischen drang Akindynos beim Patriarchen auf eine Synodalverurteilung des Palamas, die schließlich am 4. November 1 344 erfolgte. Auch die Kaiserin lehnte zu diesem Zeitpunkt Palamas' Lehre ab94• Seine 90 Gregoras : Gesch. S. 720,loff. Diese Periode behandelt Gregoras auch in seiner ersten Widerlegung des Palamas, vgl. die Inhaltsangabe bei BEYER: Gregoras als Theologe S. 178. Gregoras muß einmal in guten Beziehungen zu Palamas gestanden haben. Er ließ ihn nämlich eine seiner Schriften an Joseph den Philosophen überbringen, wie wir aus einem Brief des Akindynos erfahren. Vgl. BOIVIN S. LXIX. Daß es sich dabei um. die Verhandlung über das Osterfest gehandelt hat, wie BOIVIN S. LXXI annahm, läßt sich nicht beweisen, vgl. Max TREU in BZ Bd. 8 (1899). S. 63 ; GUIllAND : Correspon dance S. 275, Nr. VI mit Anm. 3 . 91 Gregoras : Gesch. S. 722, 21 ff. ; BEYER: l.c. 92 Vgl. MEYENDORFF : Palamas S. 96ff. ; WEISS : Kantakuzenos S. I I 3 ff. 93 MEYENDORFF: Palamas S. 103 ff. 94 Ebd. S. IIOff. 403 ; vgl. auch MERCATI: Notizie S. 197ff. ; Gregoras: Gesch. S. 780, 15-781, 1 ; DÖLGER: Reg. 2910; MEYENDORFF: Palamas S. I I I mit Anm. 73 ; BEYER: Gregoras als Theologe S. 18I. 18
LEBEN DES NIKEPH OROS GREGORAS Niederlage blieb aber ohne Folgen. Im September 1346 wurde der Bruch zwischen Kaiserin und Patriarch, der sich seit längerer Zeit anbahnte, offenbar, und die Kai serin versuchte nun, den im Palast gefangengehaltenen Palamas auf ihre Seite zu ziehen95• Dieser hatte übrigens auch als Gefangener den dogmatischen Kampf fort setzen können. Akindynos hatte während dieser Auseinandersetzung mehrmals versucht, Gregoras
zu
seinem Mitkämpfer zu machen, dieser aber hatte bislang
in seinem Schweigen beharrt. Das gefiel offenbar der Kaiserin nicht, die auch den berühmten Gelehrten auf ihrer Seite sehen wollte. Sie bestellte ihn deshalb zum Schiedsrichter in ihrer Kontroverse mit dem Patriarchen betreffs Palamas. Gregoras glaubte zu spüren, daß sie ihm dafür ihre Gunst in Aussicht stellte, aber auch, daß er ihren Zorn erfahren würde, wenn er sich gegen sie entschied, letzteren um so mehr, da sie ihm die Erniedrigung ihres Landsmannes, des erwähnten Astrologen, nicht verziehen hatte. Er gab ihr trotzdem zu verstehen, daß er nichts von theologi schen Neuigkeiten halte und bei der bewährten Lehre der Väter bleiben wolle. Die Kaiserin forderte ihn nun auf, seine Meinung schriftlich festzulegen. Es war Gregoras klar, daß sie ihm seine Antwort sehr übelgenommen hatte und daß die Aufforderung ihn zu Fall bringen sollte. Von diesem Augenblick an hielt er es für seine Pflicht, offen die Lehre des zu
palamas zu bekämpfen, und begann seine Freunde
ermuntern, ebenfalls die Orthodoxie zu verteidigen96• Ob er der Bitte der Kai
serin, sich schriftlich
zu
äußern, sofort nachkam, erzählt uns Gregoras in seinem
Geschichtswerk nicht97• Er teilt uns aber mit, daß er von nun an jeden Tag mit seiner Verbannung rechnete98•
95 Vgl. MEYENnORFF : Palamas S. II3 ff. ; WEIss: Kantakuzenos S. I2off. 96 Gregoras : Gesch. S. 769,r ff. ; BEYER : Gregoras als Theologe S. 178 f. Gregoras agierte nicht nur mündlich gegen Palamas bei seinen Freunden in Konstantinopel, sondern auch durch Briefe, die er in andere Teile des Reiches sandte, sogar in die Hochburg des Palamismus, nach Thessalonike. Vgl. BOlVIN S. LXI ; MERCATI: Notizie S. 56f. mit Anm· 5. 97 Das Wort >Widerreden< bei Gregoras: Gesch. S. 770,6 ist offensichtlich nicht, wie GUILLAND : Essai S. 30 tut, auf die ersten >Logoi antirrhetikoi< zu beziehen, sondern auf die obengenannte antipalamitische Propaganda. 98 Gregoras: Gesch. S. 772,22ff. An dieser Stelle, d. h. zumjahre 1346, ist eine Klage über den Einsturz der Kuppel der Hagia Sophia am 19. Mai dieses Jahres zu erwähnen, die wohl bald nach dem Ereignis (sicher vor der Vollendung des Wiederaufbaus am 6. Oktober r346) verfaßt wurde und wahrscheinlich Gregoras zugeschrieben werden muß, ja vielleicht sogar im Autograph erhalten ist (Cod. Vatic. gr. II2,IIv-I2) ; s. dazu KURusEs, Stephanos : Al cl:V't"L�:f)q,e:L� m:PL ,(;)''/ eG)('lT(i)v 't"oü x60"fLoU xocL ij XOC't"IX 't"o ho� 1346 7r7WO"L� ,oü 7pOU)),ou TIj� 'Ay[oc� �ocp[oc�. In: EEB� Bd. 37 (1969/70).
19
EINLEITUNG Die Kaiserin versuchte inzwischen, durch besonderen Eifer für die Sache des Palamas, ihre Stellung gegenüber Kantakuzenos zu verbessern, unter anderem ver dammte sie Akindynos zu Gefängnis : dieser konnte aber entkommen99• Sie berief auch eine Synode ein, die Palamas' Hauptfeind, den Patriarchen Johannes Kalekas, absetzen und Barlaams und Akindynos' Verurteilung erneuern sollte. Am 2. Fe bruar 1347 tagte diese Synode 1oo• Um Palamas' Sieg zu feiern, gab die Kaiserin abends ein Galadiner In der gleichen Nacht zog Kantakuzenos in Konstantinopel ein. Gregoras konnte aufatmen. Die Gefallr der Verbann ung war fürs erste abgewen det. Eine alte Freundschaft verband ilm mit dem Sieger des Tages. Seit Jallren hatte er mit ihm korrespondiert. Freilich wußte er, daß auch Palamas Kantakuzenos' Gunst genoß und daß dieser in seinem Kampf um die Macht den Palamiten einiges ver dankte 101• Es kann ihm auch nicht verborgen gewesen sein, daß Kantakuzenos sein eigenes Grab schaufeln würde, falls er es wagte, sich gegen Palamas zu wenden. Der neue Machthaber durfte den Palamiten kaum weniger bieten, als die Kaiserin ilmen gegeben hatte. So berief auch Kantakuzenos eine Synode ein, die Kalekas' Abset zung, Akindynos' Verurteilung und die Rehabilitation des Palamas bestätigte102• Er ging freilich nicht so weit, daß er Palamas zum Patriarchen ernannte, setzte aber dafür einen von dessen pro:6liertesten Anhängern, den Mönch Isidoros , auf den patriarchalen Thron der Hauptstadt, und dieser erhob Palamas zum Erzbischof von Thessalonike 103• Dieser eindeutigen Stellungnahme zum Trotz glaubte Gregoras seinen Freund zur wallren Orthodoxie zurückführen zu können, oder wenigstens hielt er es für seine Pflicht, zu versuchen, die Seele seines Freundes zu retten. Er redete oft und in aller Offenheit auf ilm ein und ließ nichts unversucht, doch der Erfolg blieb aus 104• .
s. 2 I I-240 mit 'E1tLfLe:'l"PO" : 'H t" XW8LXL Vatic. gr. I I2 cX"W\lUfL0C; fLO"Cil8LOC e:tc; '1"7]" eiyEoc" LOCPLCl\I, S. 241-250 (ed. S. 247-250). 99 Vgl. LOENERTZ: Dix-huit lettres S. 1 3 5 . 100 Vgl. Kantakuzenos III 9 8 : Bd. II , S. 604,2 fL ; MEYENDORFF: Palamas S. I I 9 ; WEISS :
Kantakuzenos S. 123. 101 Gregoras: Gesch. Bd. III, S. 37,9fL Dazu WE1SS: Kantakuzenos S. 122. 102 Vgl. MEYENDORFF: Palamas S. 129( Kalekas starb bald darauf, am 29. Dezember 1 347,
im Exil, vgl. MERCATI: Notizie S. 228 Anm . I ; s. auch WEISS: Kantakuzenos S. 123 · 103 Vgl. MEYENDORFF: Palamas S. 1 3 0 fL 104 Gregoras: Gesch. S. 8 2 1 , I 2 fL Vgl. WEISS: Kantakuzenos S. 1 3 I . GUILL AND: Essai S . 3 1 f. schreibt über Gregoras' Versuche, Kantakuzenos
zur
Einsicht
zu
bringen, u . a.
(unter Verweis auf Gesch. S. 823) : . Tantot, ecrit-il, je leflattais, tantot, je lui adressais de savants discours, ou j 'appelais les Peres de l' Eglise a mon aide . . . «. Von Kirchenvätern
20
LEBEN DES NIKEPHOROS GREGORAS Da er selbst nichts erreichte und spürte, wie Kantakuzenos allmählich eine feindliche Haltung gegen ihn annahm, bat er unter anderem einen uns weiter nicht bekannten Freund Metrophanes, beim Kaiser für die Orthodoxie einzutreten und dazu beson ders die Gunst der neuen Kaiserin in Anspruch zu nehmen, die allein noch die Nie derlage der Orthodoxie verhindern könnte10 5• Mit Hilfe dieses Mannes oder auch allein gelang es Gregoras, in Abwesenheit des Kaisers die Kaiserin für seinen Stand punkt zu gewinnen, und sein Einsatz für die Orthodoxie bewirkte, daß sein Name
bald in aller Mund war106• Seine Gegner warnten aber sogleich Kantakuzenos, der zusammen mit dem Patriarchen sich bemühte, Gregoras zum Schweigen
zu
bewe
gen. Dieser hatte nämlich auch den Führer der Kirche angegriffen, weil er einige neue, seiner Ansicht nach häretische Hymnen eingeführt hätte. Als sprach, die neuen Hymnen
zu
man
ihm ver
verbrennen und die alten wiedereinzuführen, ließ
sich Gregoras beschwichtigen10 7• Man feierte die Versöhnung mit einem Gelage. Gregoras strebte aber weiterhin eine Diskussion mit Palamas an, wohl in der HoflD.ung, durch seine dialektische überlegenheit dabei einen Sieg zu erringen, wie einst gegen Barlaam. Schließlich ließ Kantakuzenos sich auch bewegen, eine solche Diskussion anzuberaumen. Aber obschon Gregoras besser abschnitt, vergaß Kantakuzenos nicht, wem er allein schon aus politischer Vernunft seine Gunst zu schenken hatte. Solange er aber seinen Thron nicht gefährdet sah, blieb er auch taub
für palamitische Aufforderungen, etwas gegen seinen alten Freund
zu unterneh men108. Allerdings machte ein an sich nicht sehr bedeutender Vorfall Gregoras klar,
daß er nicht länger persona grata war. Kantakuzenos' Gemahlin, die neue Kaiserin, hatte ihn gebeten, für sie ein Dankgebet
zu
Ehren der Muttergottes
zu
verfassen,
um ihren Einzug in die Stadt und die Erlösung aus allen vorausgegangenen Gefah ren zu feiern. Der Theotokos sollte auf einem ihrer Feste dafür gedankt werden. Als Kantakuzenos das Gebet zu lesen bekam, war er beleidigt, daß auf diese Weise seine ist aber S. 823 nirgends die Rede; nur mahnt Gregoras Kantakuzenos, »die von den Vätern gezogenen Grenzen nicht
zu
verrücken« (vgl. Provo 22, 28).
105 Siehe Gun.LAND : Correspondance Nr. 151, S. 23 3 ff. 106 Gregoras : Gesch. S . 825,6ff. 107 Ebd. S. 826, I2ff. Die Episode ist von Gun.LAND : Essai S. 32 mißverstanden worden.
Die Stelle, S. 828, 12-1 5, wo Gregoras von der Verbrennung der Hymnen Isidors und der Wiedereinf"ührung der alten spricht, interpretierte er so (S. 32
Anm.
5) :
»La liberte de parole fut rendue a ceux qui en avaient ete prives et les deCTets d'Isidore furent braUs.« Ob Kantakuzenos wirklich Isidors Hymnen hat verbrennen lassen, ist zweifel
haft; jedenfalls sind sie trotzdem überliefert, vgl. 64
u.
MEYENDORFF : Palamas S.
140
Anm.
65.
108 Gregoras : Gesch. S. 828,2 1 ff.
2I
EINLEITUN G eigenen Verdienste geschmälert wurden. Die Kaiserin verzichtete darum auf die Feier, die sie für den Jahrestag des Einzugs hatte einführen wollen, und Gregoras bedauerte besonders, daß damit auch sein schönes Gebet unbekannt blieb109• Er pflegte aber weiterhin seine Beziehungen
zum
neuen Kaiserhaus; so unterließ er es
zum Beispiel nicht, Matthaios Kantakuzenos im Jahre 1348 zu einem Sieg über die in Thrakien eingefallenen Türken ausführlich zu gratulieren110• Gegen Ende 1349 starb Patriarch Isidoros, welcher sich allgemein unbeliebt ge macht hatte1ll. Kantakuzenos und seine Frau boten nun Gregoras, den sie zuvor vergebens mit Geschenken und Versprechungen umworben hatten, die Patriar chenwürde an. Aber er lehnte das Angebot ab1l2. Darauf wurde der Athosmönch Kallistos gewählt. Dieser war offenbar nicht allen Palamiten willkommen, so daß eine Spaltung nicht auf sich warten ließ. Kantakuzenos konnte jedoch die Einheit wiederherstellen1l3. Außerdem gelang ihm jetzt, die Zelotenherrschaft in Thessalo nike zu beseitigen, so daß Palamas in seine Bischofsstadt einziehen konnte. Damit hielt Kantakuzenos die Zeit für gekommen, durch ein neues kirchliches Urteil über die Lehre des Palamas dem Hesychastenstreit ein Ende zu setzen. Er hatte seit vier Jahren versprochen, ein Ökumenisches Konzil einzuberufen; da aber vom ganzen rhomäischen Reich nur noch die Provinz Thrakien übriggeblieben war (so Grego ras), begnügte er sich damit, die thrakischen Bischöfe zu vers ammeln und unter 109 Gregoras : Gesch. Bd. III, S. 108,4ff. Auch diese Stelle ist von GUll.LAND : Essai S. 42
mißverstanden worden. Nach seiner Darstellung erfuhr Gregoras während seiner
Haft von seinem Freund
Agathangelos, daß Kantakuzenos verboten hatte,
.de lire a
une fete religieuse, une priere a la Vierge, que Gregoras auait composee sur la demande de la Basilissa Irene.« In Wirklichkeit erzählt Gregoras Agathangelos von diesem Verbot und
führt es als Beispiel daIür an, daß er im Geschichtswerk einiges ausgelassen hat,
um
Kantakuzenos zu schonen. Das Gebet ist erhalten geblieben ; s. unten S. 5 5 : Gregoras' Werke Nr. 5 1 . I IO Vgl. G un.iAND : Correspondance Nr. 1 52, S. 237ff.; s .
dazu Gregoras :
Gesch. S .
83 5.23 ff. I II Siehe Gregoras : Gesch. S. 870,8 ff. Kantakuzenos IV 1 6 : Bd. III, S. 105,23 f schreibt,
daß er starb, nachdem er zwei Jahre auf gottgefällig e Weise die Herde gehütet hatte. I IZ Gregoras : Gesch. S. 871,zzff. II3 Gregoras : Gesch. S. 876,3 ff. schreibt über die Auseinandersetzung zwischen dem
Patriarchen und den Bischöfen nicht, wie GUILLAND : Essai S. 33 Anm. 7 interpretiert :
.I!s I'accusaient de Messalianisme, et lui reprochaient surtout de les persecuter sous le plus futile pretexte«, sondern, daß der Patriarch auf die Beschuldigung der Bischöfe mit
Prozessen antwortete, indem er dem einen Grabschändung, einem anderen Unzucht oder Bogomilismus, Simonie usw. vorwarf.
22
LEBEN DES NIKEPHOROS GREGORAS diesen wiederum nahezu nur solche, die sich bereits für Palamas entschieden oder sogar deswegen trotz völliger Unfähigkeit oder Unwürdigkeit ihren Bischofsstuhl erhalten hatten. Diese Kirchenmänner sollten also der >Häresie< des Palamas zum Sieg über die Orthodoxie verhelfen114• In dieser Situation sah Gregoras es als seine Pflicht an, den Kaiser vor der Abhaltung einer solchen >Räubersynode
ewiges Schweigegebot< auferlegt, wurde er von der Außenwelt ab geschnitten und nallm man ihm sogar seine Diener132. Kantakuzenos war aber im mer noch daran interessiert, eine Versöhnung zwischen Gregoras und Palamas herbeizuführen. Er scheiterte jedoch an der Intransigenz beider Parteien133. Darauf 125 In diesem Tomos »gegen den Bischof von Ephesos und Gregoras., der nach dem Gregoras anhänger Johannes von Kyparissos : Palamiticae transgressiones, PG 1 52, 677D vom Patriarchen Philotheos Kokkinos mit Hilfe von Neilos Kabasilas verfaßt wurde, ver suchte man u. a. nachzuweisen, daß die rührenden Palamasgegner die Schriftstellen und Väterzitate entweder nicht richtig wiedergegeben oder falsch verstanden hätten. Dieser Tomos wurde später von Prochoros Kydones kritisiert, der indes selbst ver urteilt wurde (im April 1368). Vgl. MERCATI: Notizie S. 7 f. 25. 126 Gregoras : Gesch. S. 1028,21ff. Vgl. Bd.
m, S. 66, 1 ff. m, S . 268,21 ; MEYENDORFF : Palamas
127 Vgl. DÖLGER: Reg. 2982; Gregoras : Gesch. Bd. S. I48 ff. 128 Gregoras : Gesch. Bd.
m, S. 66,9ff.
129 Ebd. S. 103 1, 3 ff. 130 Ebd. Bd.
m, S. 66,14ff.
1 3 1 Siehe dazu Theodoros Dexios : Fragment bei MERCATI: Notizie S. 268 Mitte. 132 Gregoras : Gesch. S. 1013,4ff. GUILLAND : Essai S. 3 7 f. u. 50 machte einen Unter schied zwischen Hausarrest und Haft im Chorakloster, da er offensichtlich übersah, daß Gregoras seit langem im Chorakloster wohnte (vgl. Gregoras : Gesch. S. 1045,1 8-20). 1 3 3 Gregoras : Gesch. S. 1037ff.
25
EINLEITUNG wurde Gregoras' Haft verschärft. Die Mönche des Choraklosters, das er selbst zusammen mit Theodoros Metochites restauriert und verschönert und das er von diesem geerbt hatte, wurden zu seinen Bewachern bestellt, und obgleich sie alle erst unter ihm in das Kloster Aufuahme gefunden hatten, erfüllten sie ihre Aufgabe mit einer für Gregoras enttäuschenden Strenge134 • Trotzdem schlugen auch wei tere Versuche, ihn umzustimmen, fehl135• Auch sein früherer Freund Demetrios Kabasilas schaltete sich vergebens ein. Mehr als zwei Bücher seines Geschichtswer kes hat Gregoras der Wiedergabe seiner Diskussion mit Kabasilas und einem unge ten Theologen, der diesen begleitete, gewidmet (XXll 4-XXN 2 : S. 1050-
nann
I I45)136. Als die beiden nichts erreichten, gaben sie Gregoras
zu
verstehen, daß ihn
als Lohn für seine Hartnäckigkeit nichts Gutes erwarte. Namentlich würde
man
auf kaiserlichen Befehl seine Homilien auf Heilige137, die an den betreffenden Fest tagen in der Kirche vorgelesen wurden, verbrennen und seinen Leichnam nicht be erdigen, sondern außerhalb der Stadt wegwerfen. Auch hievon ließ sich Gregoras nicht beeindrucken. Die direkte Folge des ergebnislosen Gesprächs war auch dies mal eine noch strengere überwachung 1 3 B• Doch gelang es einem früheren Schüler, Agathangelos, der seinem lehrmeister die Treue hielt, während dessen vierjähriger Haft bis zu fün.6nal die Wächter zu umgehen und Gregoras über die wichtigsten Ereignisse in der Außenwelt
zu
be-
134 Ebd. S. 1044,17ff. 135 Ebd. S. 1047,20ff. 136 Für drei Briefe Gregoras' an Demetrios Kabasilas s. GUULAND : Correspondance Nr. 7, 8 und 155. Letzterer, in welchem Gregoras über Verfolgung klagt, wurde vielleicht kurz vor seiner Inhaftierung geschrieben. Es sei hier noch darauf hingewiesen, daß der Disput von GUILLAND : Essai S. 39 falsch inszeniert wird. G. schreibt: »Du reste, a peine entre aupres de Gregoras, Cavasilas fut r�ioint par l'un des hauts dignitaires, attacMs
a la personne du Patriarche Calliste . . . Car, ecrit Gregoras, il bait loisible a chacun de penetrer chez moi, se/on son bon plaisir, comme suivant le proverbe, il est permis au premier venu de couper une branche a un chene abattu.« Gregoras : Gesch. S. 1057, worauf G. ver weist, sagt nur, daß der anonyme Theologe sich erst etwas später in den Disput ein mischte. In Wirklichkeit war er es, wie Gregoras : Gesch. S. 1050 mitteilt, der als Ge sandter des Patriarchen Gregoras' Bewachern befahl, Kabasilas Eintritt zu verschaffen. Denn es stand niemandem frei, bei Gregoras einzudringen. Der Vergleich mit der gefällten Eiche wird Gregoras eingegeben durch den energischen und feindlichen Angriff, mit welchem der Theologe sich zu Wort meldet. Nichts hinderte ihn daran, betont Gregoras dazu, .denn es war schon jedem erlaubt, mein Schicksal mit Füßen zu treten und zu verachten, allein wie ich war und von allen Seiten von Wächtern umgeben«.
137 Vgl. unten S. 56-8 : Gregoras' Werke Nr. 60ff. 138 Gregoras : Gesch. S. I I44, I I ff.
LEBEN DES NIKEPHOROS GREG ORAS richten. Zum ersten Mal drang er in der Nacht vom 8. Dezember 1 3 5 1 zu ihm vor139• Agathangelos war etwa im August desselben Jahres von einer zwanzig jährigen Auslandsreise zurückgekehrt und er füllte die Besuchszeit
zum
größten
Teil mit seinem Reisebericht, den Gregoras an dieser Stelle in sein Geschichtswerk eingeflochten hat140• Allerdings hielt er seinen Freund dazu an, besonders über die Haltung der anderen Kirchen in der Palamaskontroverse zu erzählen. Auch hatte Agathangelos nach seiner Rückkehr in Konstantinopel in Erfahrung gebracht, war um Gregoras strenger als alle anderen Palamasgegner überwacht wurde. Wie dieser selber, kaum ganz objektiv, mitteilt14l, waren es folgende Gründe : 1 . Man wollte ver hindern, daß er in seinem Geschichtswerk die dogmatischen Streitigkeiten behandeln und in alle Welt ausposaunen würde, wie er unter tödlichen Bedrohungen die Orthodoxie verteidigt habe.
2. Gregoras hatte, solange er frei war, nicht aufgehört,
am Hofe gegen Palamas zu agieren und sogar dem Kaiser selbst wiederholt die schlimms ten Vorwürfe gemacht. Dies und seine Freimütigkeit auf der >Räubersyn ode< hatte
man
ihm nicht verziehen. 3 . Man wollte ihn daran hindern, seine Dro
hung wahr zu machen, daß er das Ergebnis der genannten Synode schriftlich wider lege. 4. Man fürchtete, daß er seine vielen Schiller, die überall hohe Posten bekleide ten, samt ihren Verwandten und Freunden gegen die Palarniten aufhetzen und so einen Volksaufstand hervorrufen könne. 5. Seine Vorhersage, der Deposition des Synodaltomos auf dem Altar der Kirche der göttlichen Weisheit werde die Ver wüstung des Reiches als Strafe Gottes folgen, erfüllte sich nur zu deutlich, und diese Beschämung glaubten die Palarniten nur durch Gregoras' Tod wettmachen zu kön nen. Zum letzten Punkt betonte Agathangelos, daß
man
freilich hoffte, Gregoras
werde auch so bald seinem Seelenleiden und seinen chronischen KopfSchmerzen er liegen, aber man habe doch auch daran gedacht, ihn heimlich
zu
erwürgen. Mag
sein, daß einige Palamasanhänger sich in diesem Sinne geäußert haben, unglaub-
139 Ebd. Bd. m, S. 3-75. 140 VgI. dazu auch GUll.LAND : Correspondance Nr. 1 56, S. 253 ff. In diesem Brief an Lepentrenos, den Agathangelos auf Zypern kennengelernt hatte und mit dem Grego ras auf diesem Weg Freundschaft anknüpft, bittet er um Auskunft über Land und Volk von Zypern und über einige andere Gebiete, die Lepentrenos bereiste. Für Lepentrenos' Antwort s. GUll.LAND : Correspondance Nr. XXI, S. 285ff. I41 Gregoras : Gesch. Bd. m, S. 61-67. Die Wiedergabe dieser Gründe bei GUILLAND : Essai S. 41 ff. ist in mehreren Punkten nicht richtig. Hervorgehoben sei nur, daß G. aus Buch XXV 37 Bd. m, S. 63 ff. folgert: ,Par ailleurs, aprfs la publication du =
Tome Palamitique, Gregoras avait montre, dans ses Premiers Antirrhhiques, les grossieres erreurs contenues dans la doctrine de Palamas.c
27
EINLEITUNG würdig ist, daß Kantakuzenos oder Palamas je einen Mord gegen Gregoras geplant haben sollten. Wenn sie ihn tatsächlich auf diese Weise hätten beseitigen wollen, hätte sie zu diesem Zeitpunkt niemand daran hindern können. In dieser Hinsicht scheint Gregoras zu sehr darauf bedacht, seine Bereitschaft zum Martyrium groß herauszustellen. Agathangelos bot Gregoras auch an, ihm alles, was er über den Inhalt des Syno daltomos in Erfahrung gebracht hatte, darzulegen, damit dieser eine kurze Wider legung verfassen könne. Dieser hielt aber den Zeitpunkt für eine solche Schrift noch für inopportun und betrachtete es auch als notwendig, dazu den vollständigen Text des Dokumentes vor sich zu haben. Agathangelos' zweiter Besuch erfolgte ein halbes Jahr nach dem ersten, also etwa im Juni I3 52142. Er berichtete über die Ergebnisse vom Sommer 1351 bis zum Früh jahr 1352 und selbstverständlich besonders über alles, was mit Palamas zu tun hatte, unter anderem, daß die Kaiserin vergebens versucht habe, ihrem Gemahl klarzu rnachen, daß die Rückschläge, mit welchen er zu kämpfen hatte, Gregoras Recht gaben, und daß der Metropolit der Russen den Palamismus verurteilt hatte. In den vierzig Tagen zwischen dem zweiten und dritten Besuch des Agathangelos ging es Gregoras gesundheitlich besser, und er fand die Kraft, sein Geschichtswerk um 10 Bücher (Logoi) zu erweitern143• Er übergab diese seinem Freund, als er im August wiederkam, damit man sie kopieren und verbreiten könnte. Als Anhang war ein schriftliches Glaubensbekenntnis beigefügtl44.. Agathangelos seinerseits hatte die von Gregoras verlangten Hostien mitgebracht und konnte ihm außerdem einen weiteren wichtigen Dienst erweisen : schon vor zwanzig Tagen hatte Gre goras beim heimlichenWasserholen in der Nacht seinen Fuß verletzt, und die Wun142 Gregoras : Gesch. Bd. III, S. 75-129. 143 Ebd. S. 130-137. Es dürfte sich um die 10 Libri antirrhetici posteriores gegen den Tomos von 135 I handeln, die später nicht in dieser Form in das Geschichtswerk aufgenommen wurden. Verbreitet wurden sie rUrs erste sicher nur im Kreis der Freunde des Gregoras. Patriarch Philotheos konnte seine Widerlegung des Werkes erst verfassen, nachdem Johannes V. es ihm zu diesem Zweck zugeschickt hatte. Vgl. MERCATI: Notizie S. 242f[ Völlig zu Unrecht also schließt GUll.LAND : Essai S. 43 aus Gregoras : Gesch. Bd. III, S. 173 f[ .n (Greg.) parvenait alors, grt1ce aux renseignements d'Agathangelos, a Tediger ses Livres de Rifutation contre le Tome Palamitique, les seconds Antirrhetiques et Teussissait ajeter par lil le desarrois parmi ses ennemis.« Gun.LAND : Essai S. 250 läßt Gregoras
übrigens schon während der Synode von 1351 auf die zweite Widerlegung des Palamas verweisen (Gesch. S. 9441). 144 Gregoras : Gesch. Bd. III, S. 137f. Zum dritten Besuch des Agathangelos s. ebd. S. 134-174·
LEBEN DES NIKEPHOROS GREGORAS de hatte angefangen
zu
eitern, so daß er sich seitdem mit abgestandenem Wasser
hatte begnügen müssen1 45 • Auch lieferte Agathangelos natürlich wieder das neueste Material für die Fortsetzung des Geschichtswerkes. Beim Abschied sprach Gregoras erneut davon, daß man ihn vielleicht eines Tages ermorden würde. Er erwartete bald wieder Besuch von den >Eintagstheologencipo�. Bd. II (1903). S. 66-75. 174 PG 152, 733 Cf736A. 34
GRE GORAS' PERS Ö NLICHKEIT sein Leichnam beerdigt wurde ; ja man trug ihn zum Spott herum. Das gleiche Schicksal erfuhren Ignatios von Antiochien und später Prochoros Kydones175• Obgleich Gregoras in dem eben genannten Johannes Kyparissiotes und anderen, wie Theodoros Dexios und Isaak. Argyros, Nachfolger fand176, die den Kampf fort setzten, war Palamas' Sieg nicht mehr aufzuhalten. Dessen Lehre gehört bis auf den heutigen Tag zum unbestrittenen Erbe der orthodoxen Kirche. Nikephoros Gre goras aber, dessen Namen Johannes von Kyparissos als »der Mann, der mit wachem Geist Siege gegen die Feinde der Wahrheit erringt« erklärtl77, wurde noch im 1 5. Jal1I hundert am Fest der Orthodoxie in der Kirche von Thessalonike anathematisiert178•
GREGORAS' P ERS Ö NLICHKEIT Gregoras war zunächst ein Gelehrter, hatte aber auch literarische Ambitionen. Als Literat war Gregoras nicht gerade originell. Er war ein großer Bewunderer
Platons und hat ihn auch zum Teil für seinen Stil zum Vorbild genommen, aller dings mit mäßigem Erfolg. Zu sehr stand er, wie fast alle seiner Zeitgenossen, unter dem Einfluß der Rhetorik, die zum Rüstzeug der damaligen Bildung gehörte, ja diese geradezu beherrschte. Dabei hatte er offenbar eine natürliche Neigung zur sogenannten >asiatischen< Rhetorik mit wem blendenden Schein. Überflüssige Exkurse, lange, überladene Sätze, gekünstelte Originalität, übertriebenes Pathos, gesuchte Brillanz, eklektische Nachahmung verschiedener Autoren früherer Zeiten (Lukian, Synesios, Aristides) sind seine größten Schwächen179• Sie machen die Lek türe seiner Werke, auch des Geschichtswerkes, nicht gerade zu einem literarischen Vergnügen, ändern indes nichts daran, daß die soliden Kenntnisse, die er zu vermit teln hat, unser Interesse verdienen. 175 176 177 178
Ebd. 736 A/B und MERCATI: Notizie S. 52 f. Siehe dazu MERCATI: Notizie S. 225 fI PG 152, 73 6A 4-8. Siehe MERCATI: Notizie S. 55fI Der Text des Anathems aus Cod. Vatic. gr. 172, f. 167 ebd. S. 56 Anm. 4: Tci> cXfLO"ciX'll N�x7JHistoria Romana< bildet die erste Hälfte des Jahres 135 I . Einer der Gründe, welche Gregoras' Freund Agathangelos für dessen strenge Überwachung ermittelte, war, wie wir gesehen haben, zu verhindern, daß er sein Geschichtswerk mit einer Behandlung der palamitischen Kontroverse erweitere. Man wußte also, daß Gregoras Geschichte schrieb, und dies läßt sich am besten erklären, wenn man annimtm , daß der erste Teil damals schon veröffentlicht war. Auch das Vorwort zum zweiten Teil verrät uns nichts über die Zeit der Abfas sung ; mehrere Stellen in diesem Teil sprechen dafür, daß Gregoras vor der Synode von I351 kaum damit begonnen hat. Freilich erwähnt Gregoras in seinem ersten Gespräch mit Agathangelos (Bd. ill, S. 58 f.), daß er in seinem Geschichtswerk über die lobenswerten Taten des Kantakuzenos vor der Machtübernahme gesprochen und in seinen ersten Logoi anti"hetikoi die Geschichte des Palamismus in dieser Zeit behandelt hat. Sein Geschichtswerk befaßte sich zwar auch noch mit der Zeit nach der Regierungsübernahme durch Kantakuzenos, aber ohne Polemik, da er 187 Gregoras : Gesch. S. 558,14ff.
DAS GESCHICHTSWERK nicht mehr frei reden konnte. Er wollte das aber nachholen, falls Gott ihm Leben und Freiheit schenkte, und dann nichts ungesagt lassen. Daraus ergibt sich, daß das Ge schichtswerk, als Gregoras inhaftiert wurde, vielleicht schon bis etwa zum Jahre 1351 gediehen war, der zweite Teil aber kaum in seiner jetzigen Form. Schon am Anfang des zwölften Buches (S. 588) findet sich ein Hinweis auf die Verfolgung durch die Palamiten, der Gregoras ausgesetzt war. Wir haben indes schon in der Biographie unseres Autors gesehen (oben S. 22), daß er noch bis zum Jahre 1350 von Kantakuzenos und dessen Gattin umworben wurde. Im dreizehnten Buch (S. 645-7) warnt Gregoras seine Leser, etwa zu glauben, daß er über Kantaku zenos nicht objektiv berichte. Weder wolle er das Lob, das dieser verdient, noch den Tadel, wo dieser angebracht ist, übertreiben. Er wolle vielmehr der wahrheit ent sprechend zeigen, wie Kantakuzenos' Tugenden ihm das verdiente Lob einbrachten, und wie er später für begangenes Unrecht Unglück erntete. An welche Rückschläge hier zu denken ist, mit welchen Kantakuzenos >bestraft< wurde (etwa an seine er zwungene Abdankung im November 1354?), muß offenbleiben. Im vierzehnten Buch (S. 714) kündigt Gregoras an, über weitere Zeichen des Zornes Gottes zu be richten, falls das Leben ihm dazu Zeit lasse. Es ist nicht ausgeschlossen, daß diese Äußerung mit der Angst, ermordet zu werden, die Gregoras in seiner Haft quälte, zusammenhängt. Der Schiffbruch der Kirche, von welchem wenige Zeilen danach die Rede ist, erfolgte in Gregoras' Augen nicht vor der Synode von 1 3 5 1 ; zuvor gab es noch irnrner Hoffuung, daß dieser vermieden werden könnte. Im sechzehn ten Buch (S. 819f.), im Bericht über die Ereignisse des Jahres 1347 (nach September), unterbricht Gregoras seine Erzählung mit folgenden Ausführungen : .An diesem Punkt meiner Geschichte angelangt, will ich kurz zusammenfassen, was ic.' , um keinen Neid zu erwecken, bis jetzt übergangen habe: die meisten Menschen sind geneigt, ihren Nächsten zu tadeln, wenn er über sich selbst Guces erzählt. Ich weiß auch, daß die Verleumdung alle gerechten Menschen angreift, denn das ist ihre Art, die Wahrheit zu be kämpfen. Zudem war, solange das Böse sich im Stadium der Entstehung und im Verborge nen befand, und die Lage Hoffnung aufeinen guten Ausgang bot, die Zeit, die zum Reden gezwungen hätte, noch nicht gekommen. Jetzt aber ist das Böse ans Licht getreten, und die Funken aus dem feindlichen Lager haben einen großen Brand wider die Wahrheit entfacht. Nun liegt für alle Menschen die Zukunft im Dunkeln, und auch ich könnte sterben, ohne zu1I0r die Ursachen dieses Unheils zu erkennen. Darum ist zu befürchten, daß mein Anteil in diesem Kampf den kommenden Generationen verborgen bleiben könnte, wie ich nämlich dem Sturm, der die Kirche verwirrte, Widerstand leistete, wie ich zum Kaiser gegangen bin und wie ich mich (für die Orthodoxie) eingesetzt habe.« Auch diese Stelle setzt die Niederlage der Antipalamiten auf der Synode von 1351 voraus. Auffalel nd ist, daß
39
EINLEITUNG Gregoras seine Befürchtung, unerwartet zu sterben, nicht mit konkreten Bedro hungen durch die Palamiten, sondern nur mit der allgemeinen Unsicherheit des menschlichen Schicksals begründet. Das dürfte am ehesten auf die Zeit nach seiner Befreiung (im November 1 3 54) zutreffen. Gleichsam ein drittes Vorwort bilden die Ausführungen, mit welchen Gregoras (S. 8 8 1) seinen Bericht über die Synode von 1 3 5 1 samt Vor- und Nachgeschichte einleitet. Er hat zuvor (S. 8 80) den Anfang des venezianisch-genuesischen Krieges erwähnt, unterbricht aber den Bericht darüber mit den Worten : ,Die Rüstungsmaß
nahmen kündigten einen schweren und langen Krieg an. Nun ist es freilich nicht angebracht, den Anfang einer Unternehmung zu loben oder zu tadeln, sondern erst das Ende läßt ein gültiges Urteil zu. Darum will ich meine Erzählung hier kurz (!) unterbrechen und mich anderen Begebenheiten zuwenden. Es handelt sich um Ereignisse, die ich mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt habe, und ich kann dann auch den späteren Generationen dar über einen völlig zuverlässigen Bericht hinterlassen188.( Hierauf betont Gregoras, wie schon in der ersten Einleitung, daß es bei der Geschichtsschreibung vor allem auf die Wahrheit ankomme. Das, worüber er so genau berichten will, sind, so fügt er hin zu, die Stürme, welche durch Kantakuzenos' Schuld über die Kirche kamen. Eine besonders bemerkenswerte Stelle enthält der Bericht über die Diskussion, welche Gregoras, von der Außenwelt abgeschlossen, im Chorakloster mit Demetri os Kabasilas und einem ungenannten Theologen hatte189• Gregoras erklärt darin ganz unvermittelt,
daß Migräne es ihm unmöglich machte, den Disput weiter bis
in alle Einzellieiten wiederzugeben. Auch wollte er vermeiden, alles zu erzälllen, um
seinen früheren Freund Kabasilas zu schonen. Auf Bitten seiner Freunde habe er
aber nach einer kleinen Erholungspause seinen Bericht wieder aufgenommen, dabei jedoch die Argumente gegen Palamas' Lehre, die er schon ein Jahr früher ( 0 in seinen Antirrhetikoi (posteriores) veröffentlichte, ausgelassen. Diese Bemerkung scheint nur dann sinnvoll, wenn man annimtm , daß sie in einem Vortrag vor Freun den gemacht wurde. Sie überrascht, da Gregoras zu Beginn des Rapports mit kei nem Wort auf diesen Charakter des Berichtes hingewiesen hat. Eine Bestätigung dieser Interpretation bildet ein weiterer Hinweis Gregoras' auf seine Migräne, dies mal als Entschuldigung, weshalb er bestimmte Ausführungen aus Proklos unter läßt190• In einem Vortrag ist eine solche Entschuldigung verständlich, in einem Buch kaum. Hinzu kommen einige Stellen, wo Gregoras sich an Zuhörer wendet:
188 Dieses Vorwort ist GUULAND : Essai S. 240 entgangen. 1 89 Gregoras : Gesch. S. I I I I,U:ff. 190 Ebd. S. 1093,uff.
40
DER ERSTE TEIL D ES GES CHICHTSWERKES S.
I I21,18f. II3 1,12. II32,1 8 f. II36,16. Einen
solchen Vortrag kann Gregoras na
türlich erst nach seiner Freilassung gehalten haben. Dazu paßt, daß er zweimal in diesem Rapport betont, daß die Hitze des Kampfes vorüber sei : S.
II19f.
1097f.
und S.
Daß diesem Vortrag Aufzeichnungen zugrunde gelegen haben, die er un
mittelbar nach dem Disput während der Haft niederschrieb, versteht sich von selbst. Zwischen dem zweiten und dem dritten Besuch seines Freundes Agathangelos, also etwa im Juli
13 52, verfaßte Gregoras, wie er uns selbst mitteilt191, zehn >Logoi
Büchen), in welchen er vor allem die Palamaskontroverse und die Synode vom JalIre
1351 behandelte. Diese fügte er seinem Geschichtswerk hinzu. Er übergab sie
auch Agathangelos
zum
Abschreiben und
zur
Verbreitung. Den Abschluß dieser
>Logoi< bildete ein Glaubensbekenntnis, das Gregoras im Bericht über Agathange los' dritten Besuch eingefügt hat. Schon daraus geht hervor, daß das Geschichts werk, so wie
wir es
heute besitzen, die zehn von Gregoras im Juli
1352
verfaßten
>Logoi< nicht unverändert enthält. Diese werden freilich in etwa dem Bericht über die genannte Synode im Geschichtswerk
=
Buch XVIII
5-XXI 3
entsprochen ha
ben; walmcheinlich aber sind sie, von späteren Änderungen abgesehen, mit den zweiten
.Logoi antirrhetikoic in 10 Büchern gleichzusetzen, die auf anderem Wege
auf uns gekommen sind192• Der Bericht im Geschichtswerk ist eine überarbeitung aus der Zeit nach der Befreiung aus der Haft. Die Bücher XXX-XXXI und XXXII XXXV sind nichts anderes als zwei theo logische Traktate in Dialogform, die in das Geschichtswerk aufgenommen worden sind193• Die Bücher XXXVI und XXXVII, die das Werk beschließen, scheinen fast gleichzeitig mit den Ereignissen der JalIre
1355-1358,
die sie behandeln, ver
faßt zu sein. Das Werk blieb offenbar unvollendet, wohl da der Tod den Autor über raschte.
DER ERSTE TEIL D E S GES CHICHTSWERKES
(Kapitel I-VII)
Für den Zeitabschnitt, den Gregoras in den ersten sieben >Kapiteln< behandelt, standen ihm zwei Hauptquellen zur Verfügung : die Werke des Georgios Akropoli tes (für die JalIre
1203-1261)
und des Georgios Pachymeres (für die JalIre
1242-
I9I Ebd. Bd. m, S. I36,IOff.; vgl. oben S. 28 mit Anm. I43. I92 Siehe unten S. 60: Gregoras' Werke Nr. 7I. I93 Ebd. Nr. 72 und 73. 41
EINLEITUNG ca. 1 3 10)194. Im wesentlichen bringt er denn auch eine gedrängte Darstellung der von seinen Vorgängern ausführlicher behandelten Ereignisse. Er hat aber aus ande ren Quellen nicht unwichtige Ergänzungen eingeflochten. Das Bild, das Gregoras sich von dieser Periode gemacht hat, sieht etwa so aus : Die Eroberung Konstantinopels im Jahre 1 204 führte zur Bildung von drei griechi schen Reichen: Nikaia, Epeiros und Trapezunt, und von drei lateinischen: Kon stantinopel, Thessalonike und eines nicht benannten Gebietes unter Ludwig von Blois. Die Schlacht bei Adrianopel am 14. April 1205 bewahrte Nikaia vor der Er oberung durch die Lateiner. Der Sieg Theodoros' I. Laskaris über den Sultan von !konion (vermutlich im Juni 12I I) lieferte den Beweis, daß Gott die nie dergeschlagene Macht der Rhomäer wieder aufrichten wollte. Die Energie des ersten nikänischen Kaisers beseitigte die tödliche Bedrohung während der ersten Jahre des Reststaates der Byzantiner, die Klugheit seines Nachfolgers Johannes
ill.
Batatzes festigte diesen durch den Bau einer Flotte, durch diplomatisches Geschick und Stärkung der Wirtschaft. Der Sieg über die Söhne Theodoros' r., die ihren Schwager mit lateinischer Hilfe stürzen wollten, erweiterte das nikänische Reich um nahezu das gesamte Gebiet der Lateiner auf kleinasiatischem Boden. Der Ver such des Theodoros Angelos von Epeiros, Konstantinopel und damit die Kaiser krone zu erobern, mußte scheitern, da er sich gegen den legitimen von Gott ge wollten Kaiser in Nikaia erhob ; darum wurde er im Jahre 1 3 30 von Ivan Asen II. von Bulgarien geschlagen und gefangengenommen. Der nikänische Kaiser konnte darauf einen Teil des alten europäischen Reichsgebiets zurückerobern und mit den Bulgaren ein vorteilhaftes Bündnis schließen, das auch aufkirchlichem Gebiet wirk sam wurde. Der Einbruch der Mongolen in Europa und Kleinasien schwächte die Bulgaren und die Seldschuken, was automatisch den Byzantinern zugute kam : Thrakien bis zum Oberlauf der Marica, Makedonien bis
zum
Vardar, die Stadt
Thessalonike fielen Batatzes in die Hände. Der Herrscher von Epeiros und Thessalien konnte in seine Schranken gewiesen werden. Außerdem vermochte Batatzes durch die Ansiedlung der vor den Mongolen weichenden Kumanen die Verteidigungs kraft des Reiches zu stärken. Johannes'
ill. Nachfolger Theodoros II. Laskaris konnte
sich behaupten und aus unruhen bei den Bulgaren Nutzen ziehen. Ein gefährlicher Thronanwärter entstand ihm in Michael Palaiologos, einem Urenkel Alexios' Angelos. Dieser konnte,
zum
ill.
Vormund des minderjährigen Nachfolgers Theodors,
194 Eine kritische Ausgabe der
XPOVLKl) cruyypcxcplj des Georgios Akropolites besorgte HErsENBERG, August: Georgii Acropolitae Opera, I. Lipsiae 1903. Für Pachymeres ist man noch auf die Ausgabe im Bonner Corpus angewiesen.
DER ERSTE TEIL DE S GES CHICHTSWERKES Johannes IV., bestellt, bald die Regierungsgewalt und die Krone an sich reiBen. Eine byzanzfeindliche Koalition Sizilien-Epeiros-Achaia konnte im Jahre 1259 bei Pelagonia vernichtend geschlagen werden, was dem neuen Kaiser wichtige Stützpunkte auf der Peloponnes einbrachte, und nicht viel später, 1261, konnte Konstantinopel im Handstreich zurückerobert werden. Freilich erlitt Michael VIII. auf der Peloponnes auch Rückschläge, doch wußte er andererseits den Despoten von Epeiros durch eine Heirat an sich zu binden. Mit Hilfe eines lateinischen Überläufers, Licario, faßte der byzantinische Kaiser auch auf Euboia wieder Fuß. Das Bündnis mit Genua war nicht in jeder Hinsicht vorteilhaft. Gegen seinen gefährlichsten Feind und Rivalen, Karl von Anjou, war Michael durch diplomatisches Geschick erfolg reich. Seine Hauptwaffe gegen Karl, die Union mit Rom durch das Konzil von Lyon (1274), bescherte jedoch der Reichskirche Unruhen und Spaltungen. Gegen die Bulgaren konnte Michael noch Vorteile erringen und Übergriffe der Genuesen bestrafen, aber gegen das Vordringen der neuen türkischen Staaten in Klein asien blieben seine Abwehrmaßnahmen erfolglos. Andronikos' II. erste Sorge war es, durch Beendigung der Union mit Rom die Einheit der Reichskirche wieder herzustellen. Er erreichte sein Ziel nur teilweise. Kirchliche Unruhen blieben an der Tagesordnung. Eine verhängnisvolle Maßnahme des neuen Kaisers war die Streichung der Ausgaben für die Flotte. Der Verlust der Macht zur See war für Byzanz der Anfang vom Ende. In einen Krieg zwischen Genua und Venedig hin eingezogen zahlte Byzanz die Zeche. Andronikos' Mißtrauen fähigen Rhomäern gegenüber hieß ihn ausländische Truppen ins Land holen, Alanen und Katalanen. die ihren Brotherren mehr Schaden zufügten als ihren Feinden. Unglückliche Folgen hatte für das Reich auch die zweite Ehe des Kaisers mit Jolante von Mont ferrat, von den Byzantinern Eirene genannt, die eine Teilung des Reichsgebietes zugunsten ihrer Söhne herbeizuführen versuchte. Vom Kaiser zurückgewiesen, hoffte sie, über die Nachfolge des Krals von Serbien, ihres Schwiegersohnes, zum Ziel zu kommen. Aber ihre Tochter blieb kinderlos, und ihre Söhne konnten sich in Serbien nicht eingewöhnen. Die einzige Folge war die Stärkung des aufstreben den Serbien.
43
GREGORAS'
WERKE
A. S CHRIFTEN PROFANEN INHALTS I. GRAMMA TrK 1 . Abhandlung über Grammatik (über Ausnahmen von grammatikalischen Regeln). Hrsg. unter dem Namen des Choiroboskos in : MOSCHOPULOS, Manuel : Grammati cae artis graecae methodus. Basileae 1540. S. 255-257. VgI. Gun.LAND : Essai S. XVI. XVlII. xx . XXIV.ff. ; dazu LINDSTAM in: BZ Bd. 29 (1929/30). S. 306 f. 2. Abhandlung über Syntaxis. überliefert im Cod. Laur. LVII 34, foI. 6v-8v. Vgl. BANDINI, Anselmo : Catalogus codicum mss. BibI. Med. Laur. Bd. 11. Sp. 3 8 8.
11.
LITERARIS CHE INTERPRET A TrON
3. Kommentar zu einem Satz aus Aristides : Lobrede auf Rom (11,91 KEIL) in einem Brief an Fepagomenos. Hrsg. von Gun.LAND : Correspondance Nr. 48, S. 175-187.
III. RHETORIK a) >Frunkreden< (Schulübungen) 4. Lobrede auf Herakleia Fontike, die Geburtsstadt des Redners. Erwähnt von Gregoras selbst in einem Brief an Demetrios Kabasilas, s. Gun.LAND : Correspondance Nr. 7, S. 19,12-24. Nicht überliefert. Ein Teil dürfte in einem der Briefe Gregoras' verarbeitet sein, s. Gun.LAND : Correspondance Nr. 45, S. 157-165, der zum größten Teil dem Lob Herakleias gewidmet ist und einen überblick über die Geschichte der Stadt bietet. S. auch Gregoras : Brief an den Hegumenos Maxi mos vom Chortaiteskloster, BEZDEKI: Ep. XXXI, S. 356,12-15 (vgI. Gun.LAND : 44
GRE GORAS' WERKE Correspondance Nr.
44,
S. 93). Vgl. GUILLAND : Essai S. XXXI. XXXV. 9· 135.
267. 5. Lobrede auf den Mandelbaum. Dazu Gregoras : Brief an Nikephoros Metochites, BEZDEKI : Ep. L, S. 249 f. (vgl. GUILLAND : Correspondance Nr. 26, S. 14, mangelhafte ZusammenfassWlg. Gre goras hat offenbar das Werk dem Adressaten zu lesen gegeben, vielleicht auch es ihm gewidmet. Dieser hat anscheinend kritisiert, daß Gregoras seine Zeit mit dem Lob von Pflanzen vertreibt, die doch bar jeder WahrnehmWlg oder Emp findWlg sind. Gregoras verteidigt sich. Er weiB, wie weit er gegenüber anderen Rednern zurückbleibt. Das verschlägt ihm die Rede. Er übt darum für sich zu Hause Wld bleibt den Zusammenkünften der Gelehrten fern. Er wagte es aber wohl, einen Blick aus dem Fenster zu werfen, und fand einen Mandelbaum, nicht anders als das Wasser oder den Lorbeerbaum, zu schön, als daß er ihm ein Lob hätte vorent halten können. Im übrigen kann ihm niemand Vorwürfe machen, ob er nWl schweigt oder nicht. Das Wort ist für ihn kein väterliches Erbe, wie für den Adressaten, dessen Vater, wie kein anderer, berühmt Wld gelehrt ist. Nikephoros wird geschmäht werden, wenn er nicht dem Beispiel seines Vaters folgt) . Ausgabe fehlt. Vgl. BoIVIN S. LI ; GUILLAND : Essai S. XXff. XXVI. XXXllI. 1 3 5 f. 6 . Rede der platäensischen Gesandten vor den Spartanern. Ausgabe fehlt. Vgl. BoIVIN S. XLIX; GUILLAND : Essai S. XXff. XXVI. XXXI.II 129-132. 7. Lobrede auf den König von Zypern (Hugo N. von Lusignan, 1324-1360). Erwähnt von Gregoras in einem Brief: s. GUILLAND : Correspondance Nr. 122, S. 124f. Da Gregoras bezeugt, er habe die Gesta des Königs von Zypern in seine Histona Romana aufgenommen, kann der Brief nicht, wie Guilland will, in die Jahre 13 30-1340, sondern muß nach 1 354 datiert werden. Hrsg. Wlter dem Namen des Thomas Magistros in PG 145,397-404. Vgl. GUILLAND : Essai S. 151 Anm. 4; DERS. : Correspondance S. 351 ; RAYBAUD, Uon-Pierre : Le gouvernement et l'administration centrale de l'empire byzantin sous les premiers Paleologues (1258-13 54). Paris 1968. S. 19f. b) Kaiserreden
8. Rede vor Andronikos II. : auf die Vernunft Wld die Eloquenz des Kaisers (1322). 45
EINLEITUNG Wahrscheinlich für diese Rede bedankt sich Bryennios aus Thessalonike bei Gre goras, s. den Brief des Bryennios an Gregoras bei BOIVlN s. XC f. ; vgL GurLLAND : Correspondance Nr. VII, s. 275 f. GUILLAND : ebd. Anm. 5, hält es für unmöglich, zu bestimmen, über welches Elogium. auf den Kaiser Bryennios spricht. Die Rede im ionischen Dialekt (s. unten Nr. IO) scheidet aber aus, da Bryennios den Attizis mus der Sprache hervorhebt, und das Lob für die Peroratio trifft nur für diese Rede und nicht für die zweite (s. unten Nr. 9) zu, die einen geradezu einfachen Abschluß hat (s. BEZDEKI : Ep. IX, S. 3 68,39-3 69,3 ; ed. LEONE S. 5 IO,2I7-223). Ausg. : Gesch. S. 328,9-3 39,20. Auch getrennt überliefert. Das Vorwort b ei BEZDEKI : Ep. VII. VgL BOIVlN s. LI; GUILLAND : Essai S. I46f. 9. Rede vor Andronikos ll. : Ausgangspunkt ist die Begeisterung des Kaisers für Platon. Hrsg. VOn BEZDEKI : Ep. IX, S. 364-3 69 ; kritische Ausgabe bei lEoNE, Petrus A. M. : Nicephori Gregorae ad imperatorem Andronicum. II Palaeologum. orationes. In : Byzantion Bd. 4 I (I971). S . 497-5I9, S . 503-IO (mit italienischer Zusammen fassung S. 516-8). VgL BOIVlN S. LI; GUILLAND : Essai S. XVII. XXff. xxvm. XXXll. I47f. 10. Rede vor Andronikos ll. : in ionischem Dialekt. Hrsg. von BEZDEKI: Ep. X, S. 369-372; kritische Ausgabe bei LEONE : o. c. S. 5Io5I5 (Zusammenfassung S. 5I8f.). VgL BOIVlN S. LI; GUILLAND : Essai S. xvmf. XXI. XXIll. XXVI. XXVIll. XXXl.l I47. I!. Rede vor Andronikos ID. Hrsg. von WESTERMANN, Anton: Excerptorum. ex BibI. Paul. Lips. libr. rnss. Bd. I. Leipzig I864. VgL BOIVlN S. LI; GUILLAND : Essai S. XIX. XXll. XXXI. I50. c) Weitere Ansprachen 12. An Theodoros Metochites : Bitte um. Einweihung in die Astronomie. Gregoras : Gesch. S. 322,I9-327,5. Auch getrennt überliefert. VgL BOIVlN S. XLVII ; GUILLAND : Essai S. XXI. XXIll f. XXVI. 7; unten S. 50, Nr. 32. =
I3. An Andronikos ll. : zur Begründung der Ablehnung der Würde eines Charto phylax. Gregoras : Gesch. S. 340,I2-348,2. Auch getrennt überliefert. VgL BOIVlN S. LI; GUILLAND : Essai S. xxf. XXV. 9. =
GREG ORAS' WERKE d) Totenklagen (Grabreden) 14. Modell einer Totenklage : auf einen Bruder. Überliefert im Cod. Vatic. gr. 1086, fol. 20V-22V. Ausgabe fehlt. Vgl. BOIVIN s. Lill f. ; GUILLAND : Essai S. XXII XXXIII 129. 132-4. .
.
15. Auf Andronikos II. Gregoras : Geseh. S. 465,5-472,6. Auch getrennt überliefert. Vgl. BOIVIN S. LII; GUILLAND : Essai S. XIX. XXI. XXIII. XXV. 157. =
16. Auf Theodoros Metocrutes. Gregoras : Geseh. S. 475,1-481,13 . Auch getrennt überliefert. Vgl. BOIVIN S. Lill; GUILLAND : Essai S. XXI. XXll. XXV. 157. =
17. Auf Xene, die Mutter Andronikos' ill. Gregoras : Geseh. S. 490,14-495,II. Auch getrennt überliefert. Vgl. BOIVIN S. Lill ; GUILLAND : Essai S. 157f. =
18. Auf Andronikos ill. Gregoras : Gesell. S. 560,13-565,13 . Auch getrennt überliefert. Vgl. BOIVIN S. Lill ; GUILLAND : Essai S. XX. XXll. XXXV. 158. =
e) Vorworte zu offiziellen oder privaten Dokumenten
) ZU kaiserlichen Goldbullen
IX
19. Nr. 1 . Beginn : >PolIon onton . . .( (Es gibt vieles . . .). überliefert im Cod. Vatic. gr. 1086, fol. 216v-217Y. Vgl. BOIVIN S. LII; GUILLAND : Essai S. XXIV. XXXIII 141 f. .
20. Nr. 2. Inc. >Ontos hekaterou kalou . . .( Gedes von beiden schönen Dingen . . .) . Überliefert im Cod. Vatic. gr. 1086, fol. 23 5r-v. Vgl. GUILLAND : Essai l. c.
ß) Zu Testamenten 21. Modell für das Vorwort eines Testamentes. überliefert im Cod. Vatic. gr. 1086, fol. 212V-213. Vgl. BOIVIN S. LII; GUILLAND : Essai S. XXll. XXXIII. 144. 47
EINLEITUNG 22. Für das Testament des Patriarchen Johannes Glykys. Gregoras : Gesch. S. 289,23-292,11. Auch überliefert im Cod. Vatic. gr. 1086, fo1. 2Io-2IIV. Vgl. BoIVIN S. LII; GUILLAND : Essai S. XXIII. I45f. =
23. Für das Testament des peloponnesischen Großsynkellos. Überliefert im Cod. Vatic. gr. 1086, fol. 2I3v-2I4. Vgl. BoIVIN S. LII; GUILLAND : Essai I. c. 24. Für das Testament eines Mönches. überliefert im Cod. Vatic. gr. 1086, fol. 2I3r·v. Vgl. BoIVIN S. Essai I. c.
LI;
GUILLAND :
f) Bittschriften 25. Bittschrift an den Kaiser (Modell). Überliefert im Cod. Vatic. gr. 1086, fol. 2 Izr·v. Vgl. BoIVIN S. LU; GUILLAND : Essai S. XXIII. XXXIII. 139. (In diese Kategorie gehören gewissermaßen auch viele Briefe unseres Autors.)
IV. EPIS T O L O GRAPHIE Hrsg. (unvollständig) von BEzDBKI : Ep. und GUILLAND : Correspondance. Vgl. BoIVIN S. LIV-LVIII ; GUILLAND : Essai S. XVI-XXVIII. XXXI. XL; Corres pondance S. XII ff.
V. HISTORIOGRAPHIE (und einige für die Geschichtsschreibung wichtige Briefe) 26. Bericht über eine Gesandtschaft an den serbischen Hof. Briefan Andronikos Zaridas, hrsg. von BEZDBKI: Ep. VI, S. 348-353 ; GUILLAND : Correspondance Nr. 12, S. 3 1-5 1. Auch in einem Brief an einen Athanasios im Cod. Urbin. gr. 151, fol. 8I-8r, der sich nur durch die Einführung von dem obengenannten unterscheidet. Zum größ ten Teil aufgenommen in das Geschichtswerk, S. 375,4-3 83 ,22. =
GREGORAS' WERKE 26a. Lob für einen Sieg des Alexios Philanthropenos. Hrsg. von GUILLAND : Correspondance Nr. 47, S. 167-173. 26b. Glückwünsche für Andronikos III. zu einem Sieg in Thrakien. Zusammenfassung bei GUILLAND : Correspondance Nr. 52, S. 96f. 26 c. Glückwünsche für Matthaios Kantakuzenos zu einem Sieg über die Türken. Hrsg. von GUILLAND : Correspondance Nr. 1 52, S. 237-243 (241,15-243,2 Gesch. 839,2-18).
=
27. Rhomäische Geschichte. Hrsg. (unvollständig) von Hieronymus WOLF, Basileae 1562 ; (ebenfalls unvoll ständig) von Johannes BOIVIN, Parisiis 1702 ; von Ludovicus SCHOPEN (Vo1. I und II) Immanuel BEKKER (Vo1. III) , Bonnae 1829130. 1855. Kritische Ausgabe wird von mir vorbereitet. -
VI. MATHEMATIK 28. Lösung eines mathematischen Problems. Hrsg. von HEmERG, Johann: Euclidis elementa, V. Lipsiae 1 898. S. 723 f. Vgl. GUILLAND : Essai S. 272. 29. Scholia zu Nikomachos von Gerasa (Schol. 5 5 nach 1, 7, 3 und Scho1. 61 nach 7, 5). Überliefert auf Gregoras' Namen im Cod. Magliab. 16, fo1. 12 u. 1 3 , ohne Namen im Cod. Angel. gr. I, fo1. 9r u. 9v• Vg1. GUILLAND : Essai S. XXXIII 271 f. I,
.
VII. MUSIKOLOGIE 30. Revision und Ergänzung der verstümmelt überlieferten Harmonielehre des Ptolemaios und Notizen hiezu. Erwähnt von Gregoras in einem Brief an Kaloeidas, s. BEZDEKl: Ep. XXIII, S. 252,33-40 ; vg1. GUILLAND : Correspondance Nr. 51, S. 96. Um dieses Werk bittet Nikolaos Pepagomenos Gregoras, s. GUILLAND : Correspondance Nr. XVII, S. 28r. Vg1. GUILLAND : Essai S. XXXI. XXXIII 272-275 ; DÜRING, Ingemar: Die .
49
EINLEITUNG Harmonielehre des Klaudios Ptolemaios (Göteborgs Högskolas Arsskrift, 36). Göteborg 1930. S. LX. LXII f. LXXVllI-LXXXIII. LXXIX Anm 1. XCVllI-C. .
3 1 . Die vollkommene Harmonie. Eine kurze Notiz, überliefert im Cod. Paris. gr. 1846, fol. 185v, Ross. gr. 16, fol. 239v, Vatic. gr. 209, fol. 182r-v, Vatic. gr. 1693 , fol. 159v. Vgl. GUILLAND : Essai S. XVII. XXXII. 275.
VIII. ASTRONOMIE p. Brief an Theodoros Metochites, den Verfasser des Werkes : Ermunterung zur Astronomie im Cod. Vatic. gr. 1087, fol. Ir-v Nr. 12 oben. Vgl. BoIVIN S. XLVII; GUILLAND : Essai S. XXIV ; SEVCJENKO : PoIemique S. 113 Anm 5. 280ff. =
.
p a. Astronomie und falsche Voraussagen. Brief an Pepagomenos (vgl. Gesch. S. 447,5 ff.). Hrsg. von GUILLAND : Correspondance Nr. 19, S. 73-83 Gesch. S. 448,12-454,6. =
pb. Das Studium vergangener und künftiger Sonneneklipsen. Brief an Johannes Chrysoloras. Hrsg. von GUILLAND : Correspondance Nr. 33, S. 135-145. Vgl. BoIVIN S. XLVII. LVIII ; GUILLAND : Essai S. 278. pc. Die Voraussage von Sonnenfinsternissen. Brief an Michael Kaloeidas. Hrsg. von GUILLAND, Correspondance Nr. 35, S. 147-155. p d. Verteidigung der Astronomie gegen ihre Verleumder. Brief an den Metro polit von Apros. Auf diesen Brief spielt vielleicht eine Epistel des Akindynos an Gregoras bei BOIVIN S. LXIX an; vgl. GUILLAND : Correspondance Nr. VI, S. 275 mit Anm I. Hrsg. von GUILLAND : Correspondance Nr. 49, S. 189-193. Vgl. BoIVIN S. XLVII. LVII ; GUILLAND : Essai S. 277. .
p e. Der Einfluß des Himmels und der Himmelskörper auf Erde und Menschen. Brief. Adressat unbekannt. Hrsg. von GUILLAND : Correspondance Nr. 116, S. 21 1-219. 50
GREGORAS' WERKE 33. Die Natur der Sonne und des Feuers. Rapport über eine Diskussion mit lateinischen Gelehrten. Brief an Demetrios Kabasilas. Auch aufgenommen in : Lösungen verschiedener Probleme (unten Nr. 44). Hrsg. von BEZDEKI : Ep. XVI, S. 309-3 11. Vg1. GUULAND : Correspondance Nr. 155, S. 250. 34. Expose der Berechnungen der Sonneneklipsen nach der Großen Syntax des Ptolemaios und den dazugehörigen Kanones. Überliefert im Cod. Marc. gr. 325, fo1. 1-9. Vg1. GUULAND : Essai S. XXXII. 279. 35. Plaidoyer für eine Kalenderreform. Erwähnt in einem Brief an Michael Kaloeidas, ed. BOIVIN S. LXIXf. ; BEZDEKI : Ep. xxm S. 252,12-16; vg1. GUULAND : Correspondance Nr. 51, S. 95. Überliefert in Briefen an Demetrios Kabasilas, ed. BEZDEKI : Ep. XX, S. 330-3 36, ergänzt von GUULAND : Correspondance S. 3 16 (zu BEZDEKI S. 334,8) , und an Joseph den Philosophen, vgl. BOIVIN S. LXXI Anm. 2, sowie im Geschichtswerk, S. 364,13-372,18. Vgl. BOIVIN S. XLVIII ; GUULAND : Essai S. XXf( 283-285 ; LAURENT : Gregoras Sp. 456. 465. ,
3 6. Eine verbesserte Osterberechnung. Um Angaben über seine Osterberechnung bittet Georgios Lapithes Gregoras in einem Brief, ed. BOIVIN S. LIXf. ; vg1. GUULAND : Correspondance Nr. XVI, S. 28r. Hrsg. von PETAVIUS, Dionysius : Uranologium, Paris 1630 (mir nicht zugänglich) . Vgl. BOIVIN S. XLVIII ; GUULAND : Essai S. XVII. XXXII 284 mit Anm. 2 ; LAURENT : Gregoras Sp. 465. .
3 7. Wie konstruiert man ein Astrolab ? Erwähnt in Briefen an Michael Kaloeidas, ed. BEZDEKI: Ep. xxm S. 252,16-32, vgl. GUULAND : Correspondance Nr. 51, S. 95, und an Demetrios Kabasilas, ed. BEZDEKI: Ep. XVI, S. 308,3 1-309,7, vg1. GUULAND : Correspondance Nr. 155, ,
S. 249· Überliefert in ca. 30 Hss. Ausgabe fehlt. Vg1. BOIVIN S. XLVIIf. ; GUULAND : Essai S. XVII. XIX. XXXII 279-282 ; MOGENET, Jean : Les deux Traites sur l'Astro labe de Nicephore Gregoras. In: Federation belge des societes scientifiques, IDe Congres National des Sciences. Bd. 1 (1950) . S. 25f. (mir nicht zugänglich) ; VERPEAUX : Choumnos S. 163 ; SEVCENKO : Autographs S. 440-442. .
51
EINLEITUNG 3 8. Wie konstruiert man ein Astrolab ? Zweite erweiterte Ausgabe. Erwähnt im unter Nr. 3 7 erwähnten Brief an Demetrios Kabasilas, 1. c. S. 309,7-9.
IX. PHIL O S OPHIE 39. Kommentar zum Traumbuch des Synesios von Kyrene. Erwähnt in den unter Nr. 37 erwähnten Briefen, ed. BEZDEKI, S. 252,23 f. und S. 308,17-32. Hrsg. von PETAVIUS, Dionysius : Opera Synesü. Parisüs 1632. S. 3 51-429 ( PG 149,521-642). TERZAGID, Nicolaus : Synesü Cyrenensis opuscula. Hymni et Opus cula fase. 2 (Scriptores graeci et latini). Romae 1944. (Zu Synesios' Werk s. : Das Traumbuch des Synesios von Kyrene. Übersetzung und Analyse der philosophi schen Grundlagen von Wolfgang LANG. Tübingen 1926.) Das Werk war vielleicht Johannes Kantakuzenos gewidmet, s. SEVCENKO : Autographs S. 43 5-442. Vg1. BOIVIN S. LII ; TERZAGID, Nicolaus : Sul commento di Niceforo Gregora al 7te:pl eW7tVLWV di Sinesio. In: Studiital. di filo1. dass. Bd. 12 (1904). S. 181-217; GUILLAND : Essai S. XXVI. XXXI. 209-2II und passim (s. Index : Commentaire) ; LAURENT : Gregoras Sp. 463 ; BEYER: Gregoras als Theologe S. 171 f. =
40. Widerrede gegen die Leugner der Demut. Hrsg. von POLEMIS : Antilogia S. 62-69 und von bONE, Petrus A. M. : Nicephori Gregorae »Antilogia« et .Solutiones Quaestionum«. In: Byzantion. Bd. 40 (1970). S. 480-487. Vg1. BOIVIN S. LID; GUILLAND : Essai S. XVill. XXf[ XXV XXVIII XXXI.I 136-13 8 und passim (s. Index: Refutation) ; LAURENT : Gregoras Sp. 463 ; POLEMIs : Antilogia S. 44f[ ; LEONE : 1. c. Praefatio S. 471-474. .
.
41. Philomathes oder Über die Frevler. Hrsg. von BEZDEKI : Ep. LXXXII, S. 3 56-364. Vg1. BOIVIN S. LID; GUILLAND : Essai S. XVill f[ XXV. XXXII. 163 f. und passim (s. Index) ; LAURENT : Gregoras sp. 463 ; POLEMIS : Antilogia passim. 42. Florentios oder Über die Weisheit. Erwähnt von Gregoras : Gesch. S. 556, 1 f[ 901,9-1 1. Hrsg. von JAHN, Albertus : Gregorae Philosophi Dialogus. Graece ex Cod. Basil. F. VIII 4. In : Neue Jahrbücher für Philologie und Paedagogik ( Jahns Jahr bücher). Supplementbd.. 10 (1 844). S. 485-556 mit Korrekturen ebd.. Bd. I I (1 845) . .
52
=
GRE GORAS' WERKE s . 3 87-392 ; Fragmente bei PARISOT, Valentin: Cantacuzene, homme d'etat et historien. Paris 1845, übernommen in PG 149,643-648. Eine Lücke in JAHNS Aus gabe S. 495,22/23 (entsprechend seiner Vorlage) ergänzt von POLEMIS : Antilogia S. 5 8 Anm 2. Vg1. BoIVIN S. XLVI; Gun.LAND : Essai S. XXII. XXXI. 165-169 und passim (s. Index) ; LAURENT : Gregoras Sp. 463 ; POLEMIS : Antilogia passim. .
43 a. Kritik unsinniger Prophezeiungen. Brief an Pepagomenos. Hrsg. von Gun.LAND : Correspondance Nr. 19, S. 73-83 ; s. auch Gesch. S. 448, 22454, 6. 43 b. Schicksal und Zufall. Brief an Pepagomenos. (Enthält auch Erkenntnis theorie.) Hrsg. von Gun.LAND : Correspondance Nr. 53, S. 195-199. 43 c. Schicksal und Vorsehung. Brief an Maximos Magistros. Hrsg. von Gun.LAND : Correspondance Nr. 60, S. 201-205. 44. An Frau Kaiserin Helena Palaiologina. Lösungen verschiedener Probleme, die sie in wiederholten Gesprächen mit ihm vorlegte. Hrsg. von LEoNE, Petrus A. M. : Nicephori Gregorae »Antilogia« et »Solutiones Quaestionum«. In: Byzantion. Bd. 40 (1970). S. 488-513. Zuvor Problem 1 und 11 von BEZDEKI: Un manuscrit inedit de Nicephore Gregoras. In: Anuarul Institu rului di Studii clasice Univ. din Cluj. Bd. 1,2 (1923). S. 41-47 ; Problem III-V und VII-VIII von BEZDEKI : Un petit manuel byzantin de philosophie a l'usage des dames. Ebd. Bd. III (1936/40). S. 1-28 (auch als Sonderdruck) ; Problem VI von BEZDEKI : Ep. LXXX, S. 354 (französische Obersetzung durch BEZDEKI in : Anuarul usw. Bd. III, S. 28-33). Vgl. Gun.LAND : Essai S. XXVI. XXXI.II 46. I I9. 218-233 und Correspondance S. XI ; LAURENT : Gregoras Sp. 463 ; POLEMIS : Antilogia S. 61 mit Anm 2; LEONE : I. c. Praefatio S. 474-478. .
X.
P OESIE
45. Epitaph auf Michael Asen im Namen seiner Frau Eirene (25 elegische Disti chen). Hrsg. von MERCATI, Silvio G. : Sulle poesie di Niceforo Gregora. In : Bessarione. Bd. 22 (1918). S. 95f. ( MERCATI, Silvio G. : Collectanea Byzantina I, Roma 1970. =
53
E INLEITUNG s.
148f.). Vgl. MERCATI : Einleitung l. c. 92f. (r46f.) ; GUILLAND : Essai S. XXV. 161.
XXXIII.
46. Namens (>hös apotehern der Klöster, beim Klerus, ich möchte beinahe sagen, bei allen Marktaufsehern W1d Inhabern irgendeines öffent lichen Amtes, denn sie erinnerten sich der geistlichen Strenge des Mannes. Sie konnten auch dem Kaiser nicht glauben, als er über das Erdbeben W1d die Prophe zeiW1g des Athanasios zum Volke sprach. Ja, man flüsterte, daß der Kaiser diesen Ruhrnestitel für Athanasios erdichtete, da er dem Mann größeres Ansehen I zu sichern wünschte. Auch wolle er dadurch sein Verlangen nach ilun annehmbar machen. Doch wußte der Kaiser durch Geschenke W1d einschmeichelnde Worte einige Bischöfe W1d Mönche auf listige Weise für seinen Plan zu gewinnen. Mit ilmen begab er sich zu Fuß langsamen Schritts zum Aufenthaltsort des Athanasios bei Xerolophos371 • Er führte mit ihm die nötigen BesprechW1gen über den Thron und überredete ilm, die Abzeichen der Patriarchenwürde anzulegen. Eine neue 1 74
ÜBERSETZ UNG : KAPITEL VII
Weihe und die damit verbundenen Feierlichkeiten wären nicht nötig, sagte der Kaiser, denn er wäre schon längst gültig geweiht, auch wenn er seine Würde zwi schendurch anscheinend aus Schmerz niedergelegt habe. Eine Woche darauf bestieg Athanasios den patriarchalen Thron372• Damals hielt sich auch der Patriarch des ägyptischen Alexandrien in der Kaiser stadt auf, ein ehrwürdiger Mann, dessen tiefe Weisheit seine Lebensfülrrung prägte und der denn auch beim Kaiser große Achtung und wohlwollen genoß. Dieser sah, wie der Kaiser für Athanasios schwärmte, und hörte, wie er dauernd mitBewunde rung und großem Lob von ihm sprach. Er versuchte sogar mit seiner ganzen Über zeugungskraft, ihn als dem hehren Chrysostomos ebenbürtig herauszustellen. Der alexandrinische Patriarch kritisierte darum auf geistreiche Art die Äußerungen des Kaisers und seinen, linde gesagt, unangebrachten Enthusiasmus373• Er tat das unge fähr mit diesen Worten : »Es war einmal ein Schuster, der hatte eine weiße Katze, die jeden Tag in seinem Haus eine Maus jagte. Eines Tages fiel diese Katze versehent lich mitten in das Becken, in dem sich die Brühe befand, / mit welcher der Schuster das Leder schwärzte. Als sie mit Mühe herauskroch, war sie schwarz. Die Mäuse glaubten nun, die Katze werde, nachdem sie die Mönchskutte angelegt hatte, kein Fleisch melrr fressen. Darum zerstreuten sie sich olme Furcht durch das Haus und schnüffelten überall von unten bis oben nach Nalrrung. Als sich der Katze dieses Schauspiel bot und sie die gewaltige Beute erblickte, konnte sie nicht alle auf ein mal fangen, wie gern sie das auch gewollt hätte. Zwei aber erwischte sie doch und vertilgte sie. Alle übrigen flüchteten und wunderten sich, daß die Katze noch grau samer geworden war, seit sie die Mönchskutte angelegt hatte.« »Ich fürchte«, sagte der Patriarch von Alexandrien, » daß auch dieser Athanasios, da e r nun als Lohn für seine Prophezeiungen den patriarchalen Thron bekommen hat, aus Stolz darüber seine frühere unbeugsame Härte durch eine noch weit größere in den Schatten stellen wird.« 2. In diesen Jalrren gab es auch Krieg zwischen den beiden Königen Karl von Italien und Theuderich von Sizilien374• Sizilien ist eine große und volkreiche Insel, nicht mehr als dreißig Meilen vom Festland entfernt, wenn man den Abstand zwi schen Kap Skyllaion in Italien und der Stadt Messina an der sizilischen Küste mißt375• Karl verlangte und plante seit langem, Sizilien zu unterwerfen. Er baute heimlich eine Flotte und traf auch, so gut er konnte, alle anderen Vorbereitungen, um / selbständig einen Krieg zu Wasser und zu Lande führen zu können. Als schließlich die Feindschaft offen ausbrach, schien Karl zuerst eine große Gefalrr für Theude rich, der nicht auf den Kampf vorbereitet war. Er setzte oft mit seiner ganzen Infan-
175
ÜBERSETZUNG: KAPITEL VII
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terie und seiner ganzen Reiterei vom Festland auf die Insel über und bedrängte seinen Feind außerordentlich. Zwei Jahre verwüstete er so dessen Land. Im Winter kehrte er nach Hause zurück und im Frühling startete er immer glänzendere Feld züge. Der Zufall brachte aber damals einen Lateiner namens Rontzerios [Roger de Flor] auf den Plan. Dieser hatte in Iberien und in Galatien jenseits und südwestlich von den Alpen ein Heer von Leuten aus den niedersten Schichten gesammelt, er probt in Land- und Seekriegen, und damit nicht weniger als vier Trieren bemannt. Mit diesen führte er ungestraft ein Piratenleben und wurde der gefürchtetste See räuber, den es je gab376• Er griffnicht nur die von Norden und Süden ein- und aus fahrenden Handelsschiffe an, sondern suchte auf seinen Irrfahrten sogar große Inseln heim und wurde zu einer Bedrohung der Küstengewässer. Sizilien war nun von allen Seiten durch die See- und Landstreitkräfte Karls eingeschlossen und Theuderich Sall sich genötigt, ausländische Bündnisse zu suchen. Er bat den genann ten Rontzerios, zu ihm zu kommen, und beauftragte ihn, von überall her etwa tau send andere vortreffliche Reiter mitzubringen. So hoffte er das feindliche Heer Karls tapfer und energisch bekämpfen zu können. Rontzerios stellte aus seiner Flotten mannschaft tausend Mann / Fußvolk und tausend Mann Reiterei auf und kam damit zum König. Dadurch wendete sich das Blatt : sofort kehrten alle Städte Siziliens, die Karl erobert und unterworfen hatte, zu Theuderich zurück, denn sie waren nicht gewohnt, ein fremdes Joch zu ertragen. Als Karl das erfuhr, schmerzte es ihn sehr, und er war sozusagen dem Wahnsinn nahe, da er seine langjährigen Hoffnungen begraben und die schon beinahe in die Scheuer eingebrachte Ernte plötzlich, gleichsam durch Schiffbruch im Hafen377, verlorengehen sah. Deshalb erschien er Ende des Frühlings mit einer gewaltigen Streitmacht. Der Kampf mit Theuderich, der nun zahlenmäßig und qualitativ stär ker war, endete aber nicht, wie er es beabsichtigt hatte. Nachdem dieses Jahr so zu Ende gegangen war, setzte Karl zum Frühlingsanfang sozusagen ganz Italien nach Sizilien über, um den langen Krieg zu entscheiden und zu beenden. Er verlor aber diesmal noch mehr Leute und kehrte geschlagen nach Hause zurück. Dabei führte er sozusagen ein ganzes Lager von Qualen mit sich. Da er jetzt nirgends mehr einen Ausweg sah, schickte er Theuderich eine Gesandtschaft, um über einen Friedensver trag und eine Heiratsverbindung ihrer Kinder zu verhandeln [1302)378. 3. Die beiden Könige wurden sich einig, legten die Waffen nieder und lebten forthin in ungetrübtem Frieden miteinander. Theuderichs Verbündete mußten nun sehen, wo sie sich hinwenden konnten, um den Weg zum Gewinn zu finden ; sie
ÜBERSETZ U N G : KAPITEL VII besaßen keine festen Wolmungen oder Landgüter, die sie zu einer sclmellen Rück kehr hätten bewegen können. Sie kamen aus den verschiedensten Richtungen, I der eine hier-, der andere dorther, und sie waren mittellos und arm zusammengeströmt, um sich durch Räuberei zu bereichern ; deswegen führten sie in überseeischen Gebie ten ein unstetes Leben. Ihr damaliger Anführer Rontzerios entschloß sich nun, Kaiser Andronikos durch Gesandte anzubieten, wenn er es wollte, zu ihm zu kom men und an seiner Seite die Türken zu bekämpfen. Das Angebot der Gesand ten wurde vom Kaiser sehr willig angenommen, und so verließ Rontzerios Sizilien und kam mit zweitausend Mann zu ihm [1303) 379. Tausend davon nannte er Kata lanen379', da sie zum größten Teil aus diesem Volk stammten, die übrigen tausend Amogavaren ; so nennt man in der lateinischen Sprache das Fußvolk im Krieg, und da er diese tausend auch als Infanteristen aufstellte, betitelte er sie auch mit diesem Namen38o• Der Kaiser machte Rontzerios sofort nach seiner Ankunft zu seinem Verwandten, indem er ihm seine Nichte Maria, die Tochter Asans, zur Frau gab, und erhob iIm zur Würde des Megas DUX381• Als aber kurz darauf noch ein anderer Katalane, Pirinkerios Tentzas [Berenguer de Enten..a] , der von Rontzerios herbeigerufen worden war, nach Konstantinopel kam, verlieh der Kaiser Rontzerios selbst die Würde des Kaisars und Pirinkerios Tentzas die des Megas Dux382. Die Ausgaben aber, die für die Kleidung, die Geschenke und den jährlichen Sold dieser Truppe gemacht wurden, erklommen solche Höhe, daß sie in kurzer Zeit die kaiserliche Kasse leerten. Nachdem alles geregelt war, mußte man nach Asien hinüberfahren, um die Feinde zu bekämpfen. Wozu aber erzählen, wieviel Böses sie bei ilrrem Durchzug den Rhomäern zufügten, I die in den verstärkten Ortschaften Asiens we Zuflucht gesucht hatten? Männer und Frauen behandelten sie nicht besser als Sklaven, Hab und Gut verschleuderten sie ungestraft, als wäre es w Eigentum. Kein Wunder, daß sie dafür auf wem Weg viele Verwünschungen ernteten, mit welchen die unglücklichen Rhomäer sie aus der Tiefe ilrrer Seele und unter vielen Tränen verfluchten. Das geschall im ersten Jahr. Im nächsten Frühling [1304)383 zogen sie ab, um die Feinde, die Philadelphia be lagerten, zu vertreiben. Die Bewolmer von Philadelphia kämpften nämlich mit zwei Übeln, nach außen mit dem Gegner, der sie schon lange einschloß, nach innen aber mit einem viel schlimmeren Feind : dem Mangel an dem Lebensnotwen digen und mit dem Hunger. Diese Aufgabe erfüllten die Katalanen vortrefflich und sehr tapfer. Dabei unterstützte sie Gottes Hand um der großen Tugend des hei ligen Bischofs der Stadt willen, des Gottesmannes Theoleptos384• Als nämlich die Feinde den disziplinierten Aufmarsch, die glänzende Ausrüstung und den uner1 77
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schütterlichen Angriffswillen der Lateiner sahen, packte sie die Angst, und sie lie fen davon. Sie zogen sich nicht nur weit von der Stadt zurück, sondern beinahe bis über die früheren Grenzen der Rhomäer. So groß und stark war dieses Heer und so vortrefflich zusammengestellt, was Waffen, Kriegserfahrung und Anzahl betrifft ; denn die Lateiner wurden auf diesem Feldzug nicht nur von der Elite der Rhomäer, sondern auch von der ganzen Streitmacht der Alanen begleitet385. Es rief denn auch bei den Feinden eine derartige Bestürzung hervor, I daß viele damals die Behaup tung wagten : hätte der Kaiser nicht aus irgendwelchen Befürchtungen verhindert, daß sie weiter vorrückten, hätte nichts sie daran hindern können, in kurzer Zeit alle Städte und Gebiete, die den Rhomäern gehörten, fiei von Feinden dem Kaiser zu übergeben. Das war aber Gerede von Leuten, die nur die unmittelbare Gegen wart sehen und das, was darüber hinausgeht, nicht verstehen können. Es war wahr haftig ein längst beschlossenes Urteil Gottes, daß der rhomäische Staat vom äußer sten Mißgeschick betroffen werden sollte. Deswegen schien durch den unergründ lichen Rat der Vorsehung dem Nützlichen immer vieles im Wege zu sein, das Schädliche aber durch Zusammentreffen mannigfaltiger Umstände gefördert zu werden. Die genannte Aufgabe aber wurde Ende des Frühjahrs leicht erfüllt38 6• Da man keine Begleiter hatte, um den fmsteren und grundlosen Weg zu erhellen und begehbar zu machen, konnte man nicht weiter ziehen. Man sah, daß ein Feld zug über die Grenzen nicht ohne große Verluste bliebe, wenn man ohne Begleiter ausrücken wollte. Rontzerios, der schon viele Kriege durchgemacht und dabei reiche Erfahrung gesammelt hatte, war auch nicht so unvernünftig, solche Risiken einzu gehen. Darum kehrte man
um
und ging auseinander. Die Rhomäer zogen nach
Hause und die Alanen ebenfalls. Die Lateiner folgten dem Kaisar Rontzerios, durch zogen die Städte, die den unglücklichen Rhomäern noch geblieben waren, und rich teten sie übel zu. Sie kehrten sich als Feinde gegen die, von denen sie herbeigerufen worden waren. Als Grund gaben sie an, daß sie ihren jährlichen Sold aus der kaiser lichen Kasse nicht erhalten hatten, und erklärten es I für notwendig, den Besitz der Rhomäer zu verzehren, bevor der Hunger sie selbst verzehre ; denn diese hät ten sie herbeigerufen, erfüllten aber jetzt ihre Versprechungen nicht. Da konnte man nun sehen, wie die Besitzungen der unglücklichen Rhomäer gänzlich ausge raubt, wie Mädchen und Frauen vergewaltigt, wie Greise und Priester gefangen weggeführt wurden, wie die Unglücklichen alle anderen Racheakte erleiden muß ten, die die Feindseligkeit der Lateiner immer neu erfand. Viele sahen die blanke Axt an ihren Hals gelegt, mit der Drohung, sofort sterben zu müssen, wenn sie nicht große Lösesummen versprachen. Einige gaben alles her und konnten nack ter als eine Mörserkeule387 entkommen, andere aber waren nicht in der Lage, sich
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freizukaufen und wurden einer dieses, ein anderer jenes Körperglieds beraubt. Sie boten auf den Straßen ein erbärmliches Schauspiel, bettelnd um ein Stück Brot oder ein Geldstück, indem sie zeigten, daß ihnen keine anderen Mittel ge blieben waren, um für sich zu sorgen, als ihre Zunge und Ströme von Tränen. Als der Kaiser das hörte, hielt er es für völlig unerträglich, daß das rhomäische Land viel schlimmer als von Feinden verheert würde. Er glaubte auch, daß es den Zorn Gottes gegen die wecken mußte, die das katalanische Heer aus fremdem Land herbeigerufen hatten. Es war aber nicht einfach, sie für das Unrecht zu bestrafen, denn die kaiserliche Streitmacht war lächerlich gering. Ein K1lll stgriff mußte ihn aus dieser Verlegenheit retten. Er ließ den Kaisar Rontzerios mit seinem ganzen la teinischen Heer nach Thrakien übersetzen [1304/5) 388. In Asien war den Rhomäern nichts mehr geblieben, / weder Geld noch Nalrrung für den Bauch ihrer Henker. Rontzerios entschloß sich nun, seine Leute bis auf zweihundert Mann als Besatzung in Kalliupolis zurückzulassen und sich mit den zweihundert zu Kaiser Michael zu begeben, der sich damals mit dem Heer im drrakischen Orestias aufhielt. Er wollte von ihm den festgesetzten Jalrressold fordern und, wenn nötig, diese Forderung mit Drohungen unterstützen. So geschah es, und der Kaiser, der ihm zuvor schon groll te, geriet dabei in solche Wut, daß er ilm von mehreren Soldaten mit gezoge nem Schwert umstellen und vor dem Palast niederhauen ließ [im April 1 305] . Zu sammen mit ihm tötete man auch einige seiner Leute. Die meisten freilich konnten unbemerkt durch die Flucht der Gefahr entkommen. Sie flüchteten in größter Eile und berichteten als ersten den Lateinern in Kalliupolis, was vorgefallen war389• 4. Die Soldaten glaubten, durch diese Tat den Stolz und den Übermut der La teiner gebrochen zu haben. Sie dachten, erreicht zu haben, daß die Lateiner sich jetzt mäßigen und mit Leib und Seele den Rhomäern gehorchen würden. Sie wür den einverstanden sein, eins von beiden zu wählen : entweder bereitwillig den Rho mäern zu dienen oder widerwillig den Weg, den sie gekommen waren, zurückzu gehen. So denken kann nur ein Geist, der am Boden kriecht und den die Natur tief in die dunkle Materie getaucht hat. Ein solcher Geist kann nicht einsehen, daß die Vor sehung unsere Taten überwacht und das, was wir uns zuvor haben zuschulden kom men lassen, zum Unterpfand ihres Ausgangs nimmt. Wir vergessen das gerne und gehen dem unangenehmen Gedanken daran I aus dem Wege, aber die Gerechtig keit notiert es in ihren Agendis und wartet den Sommer und die Zeit des Dreschens ab. Dann gibt sie jedem die Ernte, die seiner Saat entspricht. Wenn der Mensch das einsehen wollte, würde er aus den Geschehnissen selbst lernen, daß wer Gott390 nicht
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zum Helfer hat, von Land und Meer und Luft bekämpft wird, die ihm als einem entlaufenen sklaven Gottes und einem Sünder gegen die Gerechtigkeit kräftig zusetzen. Der Mensch würde lernen, wer er ist, und dann sich selbst ermahnen, gegen einen Beschluß von oben, wie er auch ausfalle, nicht anzukämpfen. Er würde nichts mit Gewalt erreichen wollen, sondern ruhig bleiben und seine Zeit mit Würfelspiel verkürzen und lieber mit dem Strom in ungewüuschte Richtung als ge gen den Strom fahren. Es ist ja weit besser, sich untätig von dem Strom mittreiben zu lassen, als durch seine Aktivität dem Lauf der Zeit gleichsam eine Handhabe ge gen sich selbst zu bieten. Das wäre ungefähr das gleiche, wie wenn jemand aus Angst vor dem Feuer, das eben sein Haus umgibt, nicht sofort mit allen Mitteln ver suchen würde, dies einzudämmen oder ganz zu löschen, sondern ganze Bündel trockenes Holz darauf würfe oder eine Menge Öl hineingösse ; oder, wie wenn je mand bei heftigem Nordwind, der furchtbare Wellen einander überschlagen läßt, es freiwillig unternähme, sich mit einem Schifflein den Fluten in den Weg zu stellen. Das ist etwas, was niemand ein lächelndes und freundliches Gesicht zeigt, / sondern gegen jeden feindlich die Hand erhebt und unwillkürlich ein schlimmes Ende bringt. Viele Beweise für das, was ich gesagt habe, kann ich hier nicht anführen, aber eins liefern auf alle Fälle die damaligen Ereignisse. Die Rhomäer unterließen nichts, was getan werden mußte, um die Sache in Ordnung zu bringen, und doch kehrte sich alles gegen sie. Die rhornäischen Heerführer waren zu Unrecht in Ver dacht geraten, und die einen kamen ins Gefängnis, die anderen verloren völlig das kaiserliche Wohlwollen. Darum kamen fremde Verbündete, zuerst die Massage ten, dann die Lateiner, und brachten über die Rhomäer vielfältigeres Unheil als erklärte Feinde. Auch wir haben oben aus dem Vielen einiges erwähnt. Wenn man das richtig und ohne Voreingenommenheit betrachtet, wird man darin deutliche Zeichen von Gottes Zorn erkennen und eine kleine Strafe für große Sünden. Das deutlichste Zeichen war der Tod Kaisar Rontzerios'. Die Rhomäer bereuten es,
ihn herbeigerufen
zu haben, und um das wiedergutzumachen, töteten sie
ihn. Sie
glaubten, daß sein Tod das Ende des Unheils bedeutete. Es wurde aber wider Er warten der Anfang von viel schlimmeren und schwerwiegenderen Ereignissen, wie ich in der Fortsetzung meiner Erzählung berichten werde. So steht fest : wenn die göttliche Vorsehung die Pläne und Taten der Menschen nicht unterstützt, neh men sie ein schlimmes Ende und erreichen das absolute Gegenteil ihrer Ziele. Dem Ratgeber hilft dann sein Rat und dem Tapferen seine Tapferkeit nichts, sondern / die klugen Überlegungen führen zu einem törichten Ergebnis und die tapferen und mannhaften Taten ernten eine erniedrigende und schändliche Niederlage. Ich muß zurück zum Ausgangspunkt meines Exkurses. Als die Lateiner in Kalliu180
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polis die Ermordung des Kaisars erfuhren, metzelten sie zuerst alle in Kalliupolis wolmenden Rhomäer in waffenfähigem Alter nieder und machten die Stadt durch hervorragende Befestigung der Mauern zu einer starken Festung und Operations basis. Darauf teilten sie ihr Heer in zwei Teile und bemannten mit dem einen Teil ihre eigenen Trieren, acht Stück insgesamt. Zum Flottenkommandant ernannten sie Pirinkerios Tentzas. Er sollte im Hellespont den auf- und abfahrenden rhomäischen Frachtschiffen auflauern und sie erbeuten. Die übrigen bewafflleten sich und zogen auf Beute aus. Sie wurden zum Verderben für das übrige Thrakien, das sie Tag und Nacht plünderten und verheerten. Die Vorsehung brauchte aber nicht lange, um für den Untergang des Pirinkerios und seiner Flotte eine günstige Gelegenheit herbeizuführen. Schon bald kamen sechzelm Trieren aus Genua angefahren, die wegen der Gerüchte über Seeräuberei ausgezeiclmet gerüstet waren. Olme das zu wissen, stießen die Katalanen mit ilmen zusammen, und wurden zum Teil eine Beute des Meeres, zum Teil des Schwertes. Der Flottenkommandant Pirinkerios wurde zusammen mit vielen aus seinem Gefolge lebend gefangengenommen und an seine Stammesbrüder verkauft [] I . Mai 1 3 05)391. Nachdem die Katalanen so ihre Macht zur See und einen großen Teil illres Heeres verloren hatten, blieben sie viele Tage voll Angst vor der unsicheren Zukunft un beweglich in ihrer Feste. Sie wurden / mutlos und furchtsam. Es beschlich sie eine entsetzliche Angst vor den Massageten ; denn sie erinnerten sich, daß sie während des gemeinsamen Feldzuges in Asien aus nichtigem Anlaß gegen sie gekämpft und viele von ilmen getötet hatten392• Auch vor den tlrrakischen Truppen fürchteten sie sich ; noch vortags und vorvortags waren sie ausgezogen, um ihr Land zu verwü sten, hatten ungestraft deren Häuser angezündet und niemand einen Grund belassen, sie milde zu behandeln. Sogar ein Vertrag mit dem Kaiser schien ilmen, auch wenn sie dazu kommen wollten, nicht risikofrei.
In allergrößte Angst ver
setzte sie das Gerücht, daß Kaiser Michael bald mit einem großen Heer gegen sie anrücken werde. Darum zogen sie um ihre Feste einen tiefen Graben, errichteten ringsherum einen wall mit Palisaden und bereiteten sich auf eine Belagerung vor. Aus ihrer Beute hatten sie schon zuvor große Lebensmittelvorräte angelegt. Die Zeit verging aber, olme daß der Angriff des Kaisers erfolgte. Darum schmiedeten die Katalanen andere Pläne. Sie waren in eine solche Bedrängnis geraten, daß sie im fremden Land nicht olme Furcht leben konnten. Die vielfältigen, von allen Seiten ständig drohenden Gefahren zermürbten sie.
In dieser Notlage dachten sie
sich ein böses Mittel aus, das für die Rhomäer schlimmes Unheil in sich barg. Sie verhandelten durch Gesandte mit den Türken auf dem gegenüberliegenden Ufer über ein Bündnis und erhielten von ilmen sofort fünfhundert Mann (ihre eigene ISI
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Zahl betrug dreitausend) und nicht viel später noch / viele andere, die als Überläu fer kamen393• Mit diesen zogen sie häufig aus und verheerten das umliegende Land. Dabei machten sie sämtliche Herden von Pferden, Rindern und Kleinvieh mitsamt ihren Besitzern zur Beute. Da die Rhomäer und ihre Kaiser das nicht länger ertra gen kOllilten, rüstete man sich von beiden Seiten zum Krieg. Die Katalanen und Türken hielten sich damals Uuni/Juli 1305] zwischen den beiden Städten Kypsella und Apros auf. Kaiser Michael zog mit den thrakischen und makedonischen Streitkräften, verstärkt durch die Truppen der Massageten und Turkopulen in die Ebene von Apros und errichtete dort sein Lager394• Diese Turko pulen waren ein Korps von tausend Mann, die, wie ich erzählt habe395, Sultan Aza tines gefolgt waren, als er zu den Rhomäern überlief. Als dieser mit den europäi schen Skythen wieder von dort wegzog, wie ich berichtete396, waren sie nicht mit ihm mitgegangen. Sie hatten das Zusammenleben mit den Rhomäern begrüßt und durch die Taufe den wahren Glauben angenommen. Seitdem waren sie auch in das rhomäische Heer eingegliedert worden. Es vergingen nur wenige Tage, da erschie nen einige Späher mit der Nachricht, daß die Feinde kämen. Der Kaiser erhob sich sofort und befahl dem Heer, die vVaffen anzulegen. Die Offiziere sollten sich auf ihre Posten begeben und ihre Unterführer mit ihren Abteilungen für den Kampf auf stellen. Da man sah, daß der Feind sich in dreifacher Schlachtformation aufgestellt hatte, orilllete man die eigene Aufstellung genauso. Den linken Flügel erhielten die Turkopulen zusammen I mit den Massageten zugevviesen, den rechten die Elite der makedonischen und thrakischen Reiterei ; die übrigen Reiter, die große Masse, nahmen mit dem Fußvolk die Mitte ein. Der Kaiser ritt an den Abteilungen ent lang und ermunterte sie zu einem mutigen Angriff. Bei SOllilenaufgang [10. Juli 1 305] marschierten auch die Feinde und machten Front gegen die Rhomäer. Auf den beiden Flügeln standen die Türken, in der Mit te wegen illter schweren BewaflTI.ung die Katalanen. Die Massageten wollten schon lange vom Kaiser abfallen, denn sie konnten sich mit den rhomäischen Sitten nicht befreunden. Sie hatten auch schon heinilich Angebote von europäischen Skythen er halten und jetzt, mitten im Krieg, offenbarten sie plötzlich ilrr falsches Vorhaben397. Kaum war von beiden Seiten das Zeichen zum Angriff gegeben, da stellten sie sich abseits lmd unterstützten weder die Rhomäer, noch kämpften sie an der Seite der Feinde. Das gleiche taten auch die Turkopulen, sei es, daß beide dieses verbreche rische Vorgehen miteinander abgemacht hatten, sei es, daß die Turkopulen aus einer augenblicklichen Eingebung heraus so handelten398• Das brachte die Rho mäer auf dem Höhepunkt des Kampfes in äußerste Schwierigkeiten und schenkte den Feinden mühelos das ganze Kriegsglück. Die gewaltige Gefahr, die so uner1 82
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wartet auf das Heer zukam, säte solche Furcht in die Herzen der Soldaten und stif tete so große Unruhe und Verwirrung in ihren Reihen, wie wenn aufhoher See ein heftiger Nordwind sich auf ein Frachtschiff stürzt, Taue und Segel zerreißt und mit Gewalt versucht, das Schiff selbst in die Tiefe zu versenken. Der Kaiser I sah, wie seine Truppen plötzlich in Verwirrung gerieten und wie die meisten sich zur Flucht wandten. Er eilte zu seinen Strategen und Lochagen, rief sie unter Tränen bei ihren Namen und spornte sie an, das Glück der Rhomäer nicht einfach so an die Feinde zu verschenken. Diese kümmerten sich aber wenig um das, was er sagte, und flüchteten, ohne sich umzusehen. Als der Kaiser sah, wie verzweifelt die Lage war und wie der größte Teil des Fußvolkes von den Feinden erbarmungslos niederge macht und zertreten wurde, begriff er, daß die Zeit gekommen war, um sich ohne Rücksicht auf sich selbst für seine Untergebenen einzusetzen. Er entschloß sich, ein offenes Risiko einzugehen, um die feige Haltung seiner Truppen unter Anklage zu stellen. Er wandte sich an seine Begleiter (das waren sehr wenige) und sagte : » Män ner, jetzt ist der Augenblick da, in dem der Tod besser ist als das Leben und leben bitterer als sterben.« So sprach er, bat Gott um Hilfe und stürzte sich mit den Seinen auf den Feind. Er tötete einige ihrer Vorkämpfer, durchbrach ihre Schlachtordnung und verursachte nicht wenig Verwirrung im feindlichen Heer. Er wurde aber auch selbst samt seinem Pferd von allen Seiten mit vielen pfeilen beschossen. Selbst blieb er freilich unvervVundet, aber sein pferd stürzte und dadurch lief er Gefahr, von den Feinden umzingelt zu werden. Bald wäre es auch zu diesem Unglück gekommen, wenn nicht einer aus seinem Gefolge aus Sympathie das Leben des Kaisers mit sei nem eigenen erkauft hätte. Er gab dem Kaiser sein eigenes Pferd, wodurch dieser der drohenden Gefahr entrinnen lmd sich retten konnte ; der Mann, der von seinem Pferd abgestiegen war, wurde von den Feinden I zertreten und verlor sein Leben. Der Kaiser kehrte von dort nach Didymoteichos zurück. Von seinem Vater, dem Kaiser, wurde er sehr gerügt, da er als Herrscher keine der Kaiserwürde entsprechen den Taten vollbracht hatte. Wenn er sein eigenes Leben wage, setze er auch das Schicksal der Rhomäer aufs Spiel, das damit automatisch verknüpft sei. Die Feinde nahmen die Verfolgung auf, töteten die einen und nahmen andere gefangen. Als es Abend wurde, stellten sie die Verfolgung ein. Frühmorgens beraubten sie die Lei chen der Gefallenen, verteilten die Beute und zogen plündernd und brandstiftend durch die Dörfer Thrakiens. Wenige Tage später liefen die genannten Turkopulen zu den Katalanen über. Sie wurden mit Freude empfangen und als Stammesbrüder den Türken von Khalil zugeteilt. Khalil hieß der Anführer der Türken399• Nicht lange danach empörten sich Pharentzas Tzymes (Ferran Ximenez de Aren6s) und Pirinkerios Tentzas gegen ihren Anführer Rekaphortos (Bernat de
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Rocafort) 400. Sie erklärten es für ungeziemend, daß sie, Männer von Adel, unter dem Befehl eines Mannes standen, der von niedriger Geburt und aus dem Arbeiter stand war. Um es kurz zu machen : um den Streit zu entscheiden, griffen sie zu den Waffen. Pirinkerios Tentzas fiel sofort im Kampf und Pharentzas Tzymes flüchtete zum Kaiser. Ihm wurde wider Erwarten ein so glänzender Empfang zuteil, daß er zum Megas Dux erhoben wurde und Theodora, die verwitwete Nichte des Kaisers,
zur Frau bekam [Anfang Juli I 3 0 7] 40 1 .
Die Massageten hatten zuvor durch Gesandte
/ heimlich mit den Skythen einen
Vertrag geschlossen und angekündigt, daß sie mit il1Ien ganzen Familien zu ilmen überliefen. Jetzt nahmen sie ilrre Frauen und Kinder und wollten über das Haimos gebirge ziehen, das heute die Grenze zwischen Rhomäern und Bulgaren bildet. Hier, am Fuß des Gebirges, überfielen die Turkopulen und Katalanen sie mit vereinten Kräften und schlachteten bis aufwenige allewembarenMänner ab [Sommer r306]402. Sie hatten nämlich seit langem Feldzüge zusammen mit den Massageten mitgemacht und oft miteinander den Gewinn und die Beute geteilt. Bei den Teilungen war es zu nicht geringen Streitigkeiten gekommen, und sie hatten immer den geringeren Teil erhalten, da sie als die Schwächeren gegen die Stärkeren den Kampf nicht auf nehmen konnten. Darum warteten sie ilrre Zeit ab und hegten schweigend in ilrrem Innern ilrren Groll. Dies nun war der Augenblick, in dem sie ilm mit Erfolg aus brechen ließen. So war das. 5. Kaiser Andronikos' Gattin Eirene war eine emgeizige Natur und wollte,
daß
ilrre Kinder und Kindeskinder bis in Ewigkeit die Herrschaft über die Rhomäer erbten. Diese kaiserliche Macht sollte in den Namen ilrrer Nachkommen auch die Erinnerung an sie verewigen. Sie wollte aber auch etwas Unerhörtes : diese Herr schaft sollte nicht nach der von Anfang an bei den Rhomäern herrschenden eine Monarchie sein, nein, sie wollte die Städte und Gebiete der Rhomaer nach lateini scher Sitte403 verteilen, und über jedes Gebiet sollte dann einer ilrrer Söhne als über sein persönliches Erbe und Besitz regieren. Er sollte es von seinem Vater überneh men, genau wie nach dem herrschenden Gesetz bei gemeinen Leuten der Reichtum und der Besitz / von Vater auf Sohn übergehen, und so sollte er dies später auch selbst wieder an seine Kinder und Nachfolger weitergeben. Sie war ja ein Kind der La teiner und wollte diese von dort übernommene neue Sitte bei den Rhomäern einfüh ren. Dazu veranlaßte sie vor allem die Eifersucht, die sie gegenüber dem erstgebore nen Sohn des Kaisers hegte, ich meine Kaiser Michael, den der Kaiser mit seiner ersten Frau aus Ungarn gezeugt hatte. Ich habe ja404 oben erwähnt, daß er von ilrr zwei Söhne hatte, Kaiser Michael und Despot Konstantinos. Von dieser Eirene aus
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der Lombardei hatte er eine Tochter, Simonis, über welche ich oben405 erzählt habe, daß sie dem Kral von Serbien als Braut zugesandt wurde, und drei Söhne, Johannes, Theodoros und Demetrios406• Diese alle wollte sie zu Kaisern machen. In Rang und auch bei der Teilung des Reiches sollten sie zwar nach dem Erstgeborenen Michael kommen, aber ansonsten sollten sie autonom und selbstherrlich und niemandem hörig sein. Da die Kaiserin sah, daß ihr Malm, der Kaiser, ihr mit mehr als der nor malen ehelichen Liebe zugetan war, glaubte sie ilm auch hinsichtlich ihrer Pläne mit den Kindern sich gefügig machen zu können. Sie hörte nicht auf, ihn Tag und Nacht damit zu belästigen, und versuchte, ihm allmählich einzureden, er solle eins von beidem tun : entweder Kaiser Michael die kaiserliche Macht nehmen und diese unter ihre Söhne aufteilen, oder, als zweite Möglichkeit, ihre Söhne als Mitinhaber an seiner Macht beteiligen. Der Kaiser / antwortete, daß er unmöglich die kaiser lichen Gesetze aufheben könne, die viele Jahrhunderte hindurch unabänderlich gültig gewesen wären. Die Kaiserin geriet darüber allmählich in Zorn und nahm ihrem Mann, dem Kaiser, gegenüber die verschiedensten Haltungen an. Einmal be nahm sie sich gekränkt und des Lebens überdrüssig, dann wieder gab sie sich spröde und geziert und verlangte von ilnem Gatten quasi als Kaufpreis für den ehelichen Verkehr die Zustimmung zu ihrem Plan mit den Kindern. Als dies wiederholt ge schah und ohne daß jemand etwas davon wußte, konnte der Kaiser es schließlich nicht mehr ertragen. Die Glut seiner Liebe erlosch allmählich und es begann stattdes sen ein leidenschaftlicher Kampf, der aber den meisten noch verborgen blieb. Schließlich aber hatte der Kaiser es auch satt, mit ihr das Bett zu teilen. So stand seine Gattin Eirene wider Erwarten in kürzester Zeit ihrer Hoffuun gen beraubt da und sann in ihrem Innern auf Rache. Da sie dazu keine andere Mög lichkeit sah, reiste sie ab nach Thessalonike [1 303], was dem Kaiser gar nicht ge fiel407• Er fürchtete nämlich, daß sein eheliches Mißgeschick jetzt der großen Menge bekannt würde. Sie aber wollte ihren Mann, den Kaiser, deswegen noch mehr er niedrigen und hing ihre gemeinsamen [Schlafzimmer-] Geheinmisse mit ihrem Mann an die große Glocke. Sie hütete sich wohl, diese Dinge öffentlich vor der Volksmenge auszuplaudern, aber ihren vertrautesten Leuten, Männern und Frauen, flüsterte / die sich sonst so vornehm gerierende Frau jedem und jeder alle Einzelheiten ins Ohr. Sie fühlte sich beleidigt und verhöhnte wütend die Sanftmut ihres Mannes. Sie kannte weder Furcht vor Gott noch Scham vor den Menschen, diese übermütige und unverschämte Frau, und machte ihren Mann und sich selbst schlecht durch die Preisgabe von Geheinmissen, die nicht einmal die frechste Dime, ohne rot zu werden, erzählen könnte. Das eine Mal nahm sie diesen und jenen Mönch beiseite und beschuldigte ihren Mann der Dinge, die ihr gerade einfielen, 18S
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das andere Mal erzählte sie adligen Besucherinnen diese Dinge und noch andere dazu. Auch ihrem Schwiegersohn, dem Kral von Serbien, schrieb sie Sachen, die man nicht mitteilen kann. Dabei stellte sie sich selbst immer ein Zeugnis der Ehr barkeit und Sittsamkeit aus, ersann aber gegen ihren Mann jede Beleidigung. Nichts ist so schwankend wie die Einstellung einer Frau. Auch nichts ist so ge neigt, glaubwürdige Verleumdungen und falsche Beschuldigungen auszudenken und die eigenen Fehler auf Unschuldige abzuwälzen. Wenn sie gehaßt wird, gibt sie vor zu hassen ; wenn sie liebt, behauptet sie, geliebt zu werden ; wenn sie stiehlt, sagt sie, daß sie bestohlen wird ; sie behauptet, daß sie wohl begehrt wird, aber we gen ihrer Keuschheit den Liebhaber verschmäht. Dazu schämt sie sich nicht, damit zu prahlen und sich zu brüsten, und fürchtet nicht, widerlegt zu werden. Sie weiß, daß solche Verleumdungen leicht geglaubt und von zügellosen Leuten gern gehört werden, und darum läßt sie ihre Zunge lauter tönen als eine Trompete. Freimütig beschwört sie bei Himmel und Erde alles mit Meineiden. Wenn sie sich auch noch durch Herkunft und Macht auszeichnet, wird dadurch eine Widerlegung der Be schuldigungen schon von weitem zurückgewiesen, und das Opfer, gegen das die böse Zunge sich richtet, braucht dann Gottes Wohlwollen und ein großes Meer, / um sich von allen Beleidigungen und falschen Beschuldigungen reinzuwaschen. Der Kaiser aber war sanftmütig und fürchtete ihre Zunge, und was mehr ist, er hatte Angst, daß sie ihren Schwiegersohn, den Kral von Serbien, zum Krieg gegen die Rhomäer aufhetzte. Darum erwies er ihr jeden Dienst, erfüllte sowohl in den Angelegenheiten des Staates wie im privaten Bereich alle ihre Bitten und räumte ihr als Kaiserin mehr Macht ein, als ihr zustand. So versuchte er, den Skandal vor der Menge zu vertuschen. Sie aber verzichtete auf die Hilfe des Kaisers für ihre Söhne, die sie, wie ich erzählt habe, über Gebühr verlangt hatte, und versuchte von da an im Alleingang ihr Ziel zu erreichen. Kein Machtmittel, das ihr zur Verfügung stand, ließ sie dabei unbenutzt. Sie erfuhr nun, daß der Herzog von Athen eine unverheiratete Tochter hatte, und bot ihm durch Gesandte als Mann für seine Tochter ihren zweiten Sohn Theodor an408• Sie verlangte dafür eine Abmachung, daß sie von der einen Seite und er von der anderen einen Krieg gegen den Herrscher der Pelasger und Thessa lier beginnen würde, und daß man nicht aufhören würde, bis man ihn aus dem Weg geräumt hätte409• Mit seiner Herrschaft würde man dann ihren Sohn Theodor bekleiden, und sie sollte dessen eigenes und bleibendes Herrschaftsanteil werden. Aber sie wurde in ihren Hoffnungen getäuscht. D arum sandte sie Theodor mit viel Geld in ihre Heimat, die Lombardei, um dort die Tochter eines Mannes namens Spinula zu heiraten, eines kleinen Adeligen ohne großes Ansehen41o• Der lateinische 186
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Adel legt nämlich im allgemeinen keinen großen Wert auf Heiratsverbindungen mit den Rhomäern, nicht einmal mit den Kaisern. f Kaiserin Eirene war übrigens auch selbst nicht aus dem hochangesehenen Adel ; sonst hätte man sie nicht so leicht als Braut zu den Rhomäern geschickt. Sie war die Tochter eines Markgrafen und der Rang eines Markgrafen ist bei den Lateinern nicht einer der höchsten ; was im rhomäischen Heer der kaiserliche Bannerträger ist, das ist bei den Lateinern der Markgraf Ich will aber der Deutlichkeit halber hierüber ausführlicher sprechen. Als die Macht der Römer sich ausbreitete und sozusagen bis an den Himmel reichte - denn ihre Konsuln und Kaiser unterwarfen, die einen Afrika und Libyen, die anderen Galatien und Iberien und das keltische Land und wieder andere den größten Teil von Asien und Europa bis hin zu Tanais und Gadeira - da strömten von allen Seiten häufig die Träger des römischen Jochs in die Herrscherstadt Rom zusammen, lokale Heerführer, Satrapen, Stammesfürsten, Statthalter von Gebieten und Städten. Die einen kamen, um sich den Cäsaren und Augusti vorzustellen, die anderen, um einen Rang und einen Posten im Senat oder im Heer der Kaiser zu erlangen. Es kamen aber nicht nur diese, sondern auch viele andere berühmte und gelehrte Männer, um der Ehre wegen das römische Bürgerrecht zu erwerben und sich mit einem der angesehenen Namen Roms auszeichnen zu lassen; so z.B. der Hebräer Joseph aus Palästina und Ptolemaios, der von allen die besten Bücher über Astronomie ge schrieben hat. Der erste, Joseph, hieß seither Flavius, der andere, Ptolemaios, Clau dius. / Damals also strömten von überallher die Führer der Parther, der Perser und der übrigen Völker in Rom zusammen, und der eine erhielt diesen, der andere jenen Titel411• Der russische Herrscher bekam von Konstantin dem Großen die Stellung und die Würde des Epi tes trapezes, der peloponnesische die des Prinkeps, der Gou verneur von Attika und Athen die des Megas Dux, der von Boiotien und Theben die des Megas Primikerios, der der großen Insel Sizilien die des Rex und andere wiederum andere. Wozu aber die einzelnen Titel behandeln, wenn die Zeit die Erinnerung daran verschüttet hat? Einige hat sie völlig unserer Kenntnis entzogen und sie von den Strömen des Vergessens fortführen lassen, andere läßt sie unver standen von den Menschen weiter benutzen. Es war mit diesen Titeln, als sie ge schaffen wurden, nicht so, wie jetzt zu unserer Zeit. Jeder Titel durfte von dem Provinzstatthalter, der i1m zuerst erhielt, an seinen Nachfolger weitergegeben wer den. Einige davon nun sind im Laufe der Zeit so entstellt, daß sie nur noch dunkel ihre ursprüngliche Bedeutung zu erkennen geben. Den Herrscher von Boiorien und Theben nennt man heute Megas Kyrios statt Megas Primikerios, da man die erste Silbe hat fallenlassen. Genauso nennt man den Herrscher von Attika und
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Athen Dux statt Megas DUX412• Um zu meinem Ausgangspunkt zurückzukehren :
In jener Zeit erhielt auch der Gouverneur dieser Provinz das Amt des Markgrafen, eine unbedeutende Würde, die SeLTler Provinz / entsprach. Diese liegt ungefähr zwischen den Alpen und dem südlichen Iberien413• Der Markgraf bekam dieses Gebiet zugeteilt mit der immerwährenden Auflage, wenn ein Kaiser aus diesem Volk erstünde, bei ilim die Aufgabe des Bannerträgers zu übernehmen. Ich kehre zu meinem Thema zurück. Kaiserin Eirene sandte ihren zweiten Solm Theodor dorthin, damit er selbst und seine Nachkommen nicht die Sklaven des erstgeborenen Kaisers würden. Es war ilrr lieber, daß er die Konfession der Lateiner teilte und weniger geehrt in der Feme lebte, als daß er bei den Rhomäern Ansehen genoß, dafür aber samt seinen Kindern und Kindeskindern im Dienste des von ihr gehaßten Erstgeborenen und dessen Kindern und Kindeskindern stünde. Sie gab
ilim in Hülle und Fülle rhomäisches Geld mit. So trotzte sie ihrem Mann, dem Kai ser, und erfüllte, was den einen ilrrer Söhne, den Markgrafen Theodor betrifft, ihr brennendes Verlangen. Schon früher hatte sie sich die größte Mühe gegeben, auch ihren ersten Sohn Johannes ins Ausland zu verheiraten, und sie hatte selrr viel Geld aufgewendet, um
ilm zum Herrscher über Ätolien, Akarnanien und das ganze umliegende Gebiet von Epeiros zu machen. Sie hatte jedoch ihren Plan auf keine Weise verwirklichen kön nen414• Bei einem anderen Plan mit ihrem Sohn aber hatte der Kaiser rechtzeitig ihr Vorhaben vereitelt415• Er sagte, daß er als Vater sich nicht weniger als die Mut ter um den Sohn kümmere, und fügte hinzu, daß die Macht des Vaters größer sei als die der Mutter. Nichts könne also verhindern, daß eher der Wunsch des Vaters / als der der Mutter in Erfüllung gehe. Damals genoß der Mesazon, ein kluger Mann mit großer politischer Erfalrrung und Einsicht, die besondere Gunst des Kaisers und hatte großen Einfluß auf ilm. Er war darum auch schwerreich. Dieser Mann, der epi tu kanikleiu Nikephoros, überlistete mit schmeichelnden Worten und Auf merksamkeiten den nachgiebigen Charakter des Kaisers. Er erbat und bekam den genannten Sohn des Kaisers Johannes als Mann für seine Tochter, trotz der lauten Klagen und des Widerstandes der Mutter und Kaiserin. Er bekam ilm also, aber weder er, noch sein Schwiegersohn hatten viel von der Ehe. Bevor vier ganze Jalrre vergingen, starb Johannes kinderlos und ließ Mutter, Schwiegervater und Gattin in Trauer zurück416• So hatte die Zeit wie eine Charybdis auch die Hoffnungen der Mutter auf diesen Sohn geraubt und versenkt. Es blieben ihr nur noch die Hoffnungen aufihre Toch ter, die Kralaina, und auf ihren Sohn Demetrios. Der Kral wurde nun von seiner Schwiegermutter, der Kaiserin, mit rhomäischem Geld überschüttet ; einmal sandte 188
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sie e s ihm, dann wieder wurde er nach Thessalonike eingeladen, u m dort mit Geld überhäuft zu werden. Es war so viel, daß es gereicht hätte, um hundert Trieren aus zurüsten und die Rhomäer dauerhaft zu schützen. Wozu soll ich die unerhörten und nie dagewesenen Pläne aufzählen, die der ungebührliche Ehrgeiz dieser vornehmen Herrin erfand? Sie wollte ihre Tochter mit den Abzeichen der Kaiserwürde schmük ken, / denn ihr sollte nichts fehlen von dem Schmuck, der einer rhomäischen Kaise rin von alters her durch die Gesetze zuerkannt war. Da sie ihren Wunsch nicht an ders verwirklichen konnte, nahm sie einen Kopfschmuck, der mit vielen Steinen und bunten Perlen besetzt war, so wie der ihres Gatten, des Kaisers Andronikos, und krönte damit das Haupt ihres Schwiegersohnes. Dann begann sie von dem Zeit punkt an jedes Jahr immer kostbarere hinzuzufügen. Die kostbaren und herrlichen Gewänder, mit denen sie ihn und ihre Tochter, die Kralaina, häufig beschenkte, wer kann sie zählen ? Wer kann die zahl der kaiserlichen Kleinodien feststellen, die sie den Rhomäern raubte und dem Kral von Serbien gab ? So verhölmte sie die Sanft mut des Kaisers und erfüllte ihren eigenen Wunsch. Dieser Wunsch war : die Reich tümer der kaiserlichen Schatzkammer in den Schoß ihrer Kinder und besonders ihrer Tochter, der Kralaina, zu leeren. Sie hoffte ja auch, die Kinder
zu
sehen, die
ihre Tochter für den Kral zur welt brächte. Darum eilte sie der Zeit voraus und speicherte für sie den rhomäischen Reichtum. Wenn dann endlich die Schwäche der Rhomäer die Gelegenheit dazu böte, sollten sie mit Hilfe dieses Reichtums über das rhomäische Reich herfallen und das Kaisertum, das man ihnen nicht freiwillig überlassen hatte, den Rhomäern gegen ihren Willen entreißen. Die Kaiserin be merkte nicht, daß sie immer nur für sich menschliche Pläne schmiedete und über haupt nicht in ihre Überlegungen einbezog, daß alles / von Gottes Hand abhängt und daß jeder Gott als Feind erkennt, der, obwohl er nur ein Mensch ist, auf Dinge sinnt, die über das menschliche Maß hinausgehen, und der die erfolgreiche Vollen dung seiner Pläne und Unternehmungen nicht in Gottes Hand legt. So war es auch hier. Kaiserin Eirene hegte große Hoffllungen für ihre Kinder, aber sie versuchte, sie mit menschlichen Mitteln und ohne Gott zu verwirklichen. Sie schöpfte, wie ich gesagt habe, mit beiden Händen das Vermögen der Rhomäer aus und verschenkte es an deren Feinde. Die Dinge liefen aber nicht, wie sie es wünschte, sondern brach ten die Nichtigkeit ihrer Planung
ans
Licht. Das gerechte Urteil Gottes brachte sie,
"vie es scheint, zu Fall. Als illre Tochter acht Jahre alt war, verkehrte der mehr als vierzigjährige Kral mit ihr und verletzte dabei ihre Gebärmutter417• Infolgedessen konnte aus ihr kein Kind mehr geboren werden. Nachdem die Kaiserin also auch dieser Hoffllung beraubt war, versuchte sie wie der etwas anderes und gönnte sich keine Ruhe. Sie schmeichelte dem Kral mit vielen
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unzähligen Geschenken und überredete ilm, da er keine Hoffnung mehr hatte, von der Kralaina ein Kind zu bekommen, einen anderen Kurs zu wählen418• Er sollte die Nachfolge auf dem Thron der Triballer auf einen der Brüder der Kralaina übertra gen. Das waren Demetrios und Theodor, der Markgraf, der erste damals noch nicht erwachsen, der andere schon Vater von Kindern und in der Lombardei ansässig, wo
hin, wie ich erzählt habe419, seine Mutter ihn als StanImhalter gesandt hatte. Zuerst schickte sie Demetrios zum Kral, damit er, wie gesagt, zum Nachfolger ernannt werde. Sie gab ihm alles Nötige für ein luxuriöses und komfortables Leben mit. / Er wurde auch vom Kral mit Freude empfangen, aber das unwirtliche und trostlose Land setzte ihm mit aller Kraft zu und machte es ihm unmöglich, dort zu bleiben und auf lange Zeit zu wohnen. Die Mutter wurde so auch in den Hoffnungen, die sie auf ilm gesetzt hatte, enttäuscht und sah ilm nach kurzer Zeit von dort zu ihr zurückkehren. Darum ließ sie ihren anderen Sohn, den Markgrafen Theodor, mit glattrasiertem Kinn420 aus der Lombardei kommen. Ihn sandte sie auf die gleiche Weise aus, damit er Nachfolger des Krals von Serbien werde. Auch ilm empfing der Kral mit Freude. Die Unwirtlichkeit und Fremdheit des Landes machten aber, daß auch er sich nicht lange dort aufhielt. Auch er kehrte zurück, grüßte seine Mut ter, die jetzt aller Hoffnungen, die sie auf ihre Söhne gesetzt hatte, beraubt war, und kehrte zu seiner Frau in die Lombardei zurück421. So geschall das damals. Wie es weiterging, werde ich später erzählen. Jetzt müssen wir zu den Katalanen zurückkehren : Nach dem Kampf bei Apros fühlten sie sich stark durch ihren Sieg und durch das Bündnis mit den Turkopulen, die, wie ge sagt422, die Rhomäer im Stich gelassen hatten und zu ilmen übergelaufen waren. Zwei ganze Jalrre [1305-1 306] durchzogen sie wiederholt plündernd das Küsten gebiet und das Landesinnere bis hin nach Maroneia und Rhodope und bis nach Bizye und machten es zu einer menschenleeren Wüste. Dann hatten sie keine Hoffnung mehr, von dort ihren Lebensunterhalt holen zu kö=en, und sie entschlossen sich weiterzuziehen. / Plündernd, was ilmen vor die Füße kam, hofften sie, so einen für sie geeigneten bleibenden Wohnsitz zu fmden. Sie zogen durch das Küstengebirge der Rhodope [zwischen April und Juli 1 3 07]423 und bereicherten sich ungestraft mit einer großen Beute. Die zalli der Türken, Reiterei und Fußvolk zusammen, betrug über zweitausend, die der Katalanen, ebenfalls Reiter und Fußvolk, über fünftau send424• Es war mitten im Herbst, zur Zeit, da Arkturus aufgeht, als sie in die Dörfer von Makedonien einfielen, um sich mit Lebensmitteln für den Winter einzudecken. Nachdem sie auch dort das meiste zerstört und sich eine reiche Beute erplündert hat ten, errichteten sie bei Kassandreia ihr Lager. Kassandreia war früher eine berühnlte Stadt, jetzt aber fast ohne Einwohner. Die Gegend um die Stadt war für ein Winter190
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lager geeignet und nahm, wie gesagt, auch das umherirrende Heer der Katalanen auf. Sie bildet nämlich eine lange Landzunge, die von beiden Seiten von großen Meerbusen eingeschlossen wird. Darin schütten sie in der winterlichen Jahreszeit den reichen Anfall von Schnee ab425• 6. Zu Frühlingsanfang
[1308] brachen sie von dort aufund griffen die Städte von
Makedonien an. Am meisten versprachen sie sich dabei von Thessalonike. Sie über legten, daß diese Stadt groß und schwerreich war, besonders jetzt, da, wie sie hör ten, zwei Kaiserinnen, Eirene und Maria, sich in ihr aufhielten426• Darum glaubten sie, wenn sie erst diese Stadt in ihre Macht bekämen, könne sie nichts mehr daran hindern, von ihr als Operationsbasis aus I die Herren von ganz Makedonien zu wer den. Diesem Plan kam aber der Kaiser zuvor. Zu allererst sandte er Leute aus, die bei Christupolis427 vom Meer bis zur Spitze des naheliegenden Berges eine lange Mauer errichteten ; dadurch wurde diese Stelle zu einer Sperre, die es jedem un möglich machte, gegen den Willen des Kaisers von Makedonien nach Thrakien oder von Thrakien nach Makedonien zu ziehen. Er wußte aber auch, daß die kata lanische Streitmacht drohte, zum Frühlingsanfang gegen Makedonien und die Städte von Makedonien auszurücken. Darum wählte er erfahrene Heerführer aus und sandte sie nach Makedonien, um dort Truppen zu mobilisieren, die die Städte Makedoniens gegen eine eventuelle Belagerung durch die Feinde ausreichend schützen könnten. Auch sollten sie genügend Lebensmittel aus den Siedlungen aus serhalb der Mauern in die Städte bringen und alles andere richtig anordnen. Im Falle einer Belagerung sollten die Verteidiger nicht von innen durch Hunger schwerer in Bedrängnis gebracht werden als durch den Feind von außen. Als der Frühling schon angebrochen war, zogen die Feinde von Kassandreia weg. Ein Teil lagerte ganz in der Nähe der Vororte von Thessalonike, andere gingen auf Beute aus. Sie fanden aber die ganze Gegend von den Bewohnern verlassen. Ihr Kleinvieh und ihre Rinder hatten sie mitgenommen, und auch die Städte waren mit starken Truppen besetzt. D arum entschlossen sie sich, nach Thrakien zurückzukeh ren, denn es war ihnen klar, daß sie es sich nicht erlauben konnten, dort zu sitzen, ihre Zeit zu vertun und sich selbst zugrunderichten zu lassen. Sie führten nämlich, ohne die nötigen Lebensmittel bei sich zu haben, eine zahlreiche Reiterei und viele I Kriegsgefangene mit ; dabei zählten sie selbst nicht weniger als achttausend Mann42 8 • Es bestand unverkennbar die Gefahr, zu verhungern. Kaum aber war dieser Be schluß der Masse der Soldaten bekannt, da erfuhren sie von den Kriegsgefangenen, daß der Weg nach Thrakien nicht offen war. Die vor kurzem bei Christupolis er richtete lange Mauer verschloß ihnen den Zugang vollkommen. Diese Kunde kam
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für die Katalanen völlig unerwartet. Es versetzte sie in Schrecken und machte sie ratlos. Sie wußten nicht, was aus ihnen werden solle. Sie sahen sich von Hunger be droht und fürchteten, daß die Nachbarvölker des rhomäischen Makedoniens, die jedes für sich ihren Angriff erwarteten, einander gegen sie aufhetzten. Wenn diese, illyrier, Triballer, Akarnanier und Thessalier, ein Kriegsbündnis schlössen, könn ten sie von ihnen eingekreist und alle bis auf den letzten Mann niedergemacht wer den, ohne daß es für sie einen rettenden Ausweg gab. Gleichsam in die Enge ge trieben, entschlossen sie sich, eher tollkühn als mutig die Sache anzupacken. Ihr Entschluß war : olme Zögern sclmellstens vorwärts zu rücken und entweder Thes salien zu unterwerfen, das ihnen alles Lebensnotwendige in Überfluß böte, oder auch eins der hinter Thessalien bis zur Peloponnes hin liegenden Gebiete zu erobern. So wollten sie sich in irgendeiner Gegend niederlassen und ihren langen Irrweg be enden, oder, als zweite Möglichkeit, mit einem der Küstenvölker einen Vertrag schließen,
um
ungehindert nach Hause fahren zu können429• Sie brachen also von
dort auf und erreichten in drei Tagen die Berge an der Grenze / Thessaliens, den Olymp, den Ossa und den Peleion. Direkt in der Nähe errichteten sie ihr Lager, verwüsteten die Gegend und versahen sich reichlich mit den nötigen Lebensmitteln. Folgendes hätte ich beinahe übergangen. Wir müssen also etwas zurückgehen, da mit meine Erzählung ordnungsgemäß fortschreitet. Wie ich mitgeteilt habe430, zogen mit den Lateinern auch dreitausend Türken mit. Elfhundert davon, sagte ich, stellten die Leute, die nach Sultan Azatines' Flucht zu den Skythen unter Füh rung von Melik zurückgeblieben waren. Sie hatten die heilige Taufe empfangen und waren in das rhomäische Heer aufgenommen worden. Durch die Nachfolge ihrer Kinder hatte sich ihre Zahl vermehrt. Später waren sie von den Rhomäern abgefallen und zu den Katalanen übergelaufen. Das war unmittelbar vor der Schlacht bei Apros. Die Mehrzahl der Türken bildeten aber die Leute, die unter Führung von Khalil aus Asien herübergekommen waren, um den Katalanen als Söldner im Krieg beizustehen. Als die Katalanen, wie gesagt, nach Thessalien marschierten, begannen die Türken sich gegen sie aufzulehnen. Sie setzten kein Vertrauen mehr in das Zu sammengehen mit ihnen und hielten es auf die Dauer für sich für nicht ganz unge fährlich. Die Anführer der Türken, Melik und Khalil, kamen darum mit dem Führer der Katalanen zusammen und eröffueten Verhandlungen über ein friedliches Aus einandergehen. Dieser erfüllte ihre Bitte gern. Die Katalanen brauchten ja die Hilfe der Türken nicht mehr, seit sie das rhomäische Gebiet verlassen hatten. Man verteilte in angemessener Weise / die Kriegsgefangenen und die Beute, die man mitführte, und ging froh auseinander431• Über die weitere Geschichte der Türken werde ich unten noch mehr zu erzählen haben.
ÜB E R S ETZUNG: K A PI T E L VII 7. Nachdem die Katalanen sich von den Türken getrennt hatten, blieben sie allein
und überwinterten [I308-I309], wie gesagt, vor den Bergen Olymp und Ossa432• Als der Frühling kam, brachen sie von dort auf und zogen über die Gipfel der Ber ge und durch das dazwischen gelegene Tempe. Noch ehe der Sommer eintraf, fie len sie in die thessalische Ebene ein. Sie fanden dort eine vortreff liche und frucht bare Gegend und blieben das ganze Jahr [I309-I3 IO]. In dieser Zeit verwüsteten sie das Land und zerstörten, ohne auf Widerstand zu stoßen, alles, was nicht von Stadt mauern geschützt wurde. Der thessalische Staat war damals schwach, denn sein Herrscher war jung und ohne jede Erfahrung in der großen Politik433• Er litt außerdem an einer chronischen Krankheit und konnte jeden Augenblick sterben. Mit ihm wäre auch die Sebastokratorenherrschaft, die er von seinen Vorfalu:en geerbt hatte, erloschen. Er hatte zwar kurz zuvor Eirene, die uneheliche Tochter des Kaisers Andronikos geheiratet, aber er hatte mit ihr kein Kind gezeugt, das ihm hätte nachfolgen können434• Darum waren die dortigen Angelegenheiten nicht, wie sie hätten sein sollen, und es drohten für die Zukunft noch größere Unruhe und Aufruhr, denn es war noch völlig unklar, wer die Nachfolge anträte. Da also der Herrscher des Landes todkrank war und die Feinde / wie ein Feuer das Gebiet angriffen und zer störten, entschloß der Rat der Vornehmsten des Landes, auf die Feinde mit Geld einzuwirken und mit üppigen Geschenken die GesiImung der Anfülu:er zu kaufen, ehe diese Dinge ihnen von feindlicher Hand geraubt würden. Sie wollten ihnen auch Fülu:er versprechen, die sie nach Achaia und Boiotien begleiteten, einem herr lichen und fruchtbaren Gebiet mit vielen Reizen und am meisten von allen geeig net zum Wohnen. Und falls die Katalanen Bündnisse benötigten, auch dazu wären sie gerne bereit, und sie wollten ihnen Freunde sein auf Lebenszeit. Das gefiel auch den Lateinern und entsprach ganz ihrem Wunsch. Sie sagten sich nämlich: ))Wenn wir es auf Krieg und Kampf ankommen lassen, wird das Land verwüstet und sein Reichtum zerstört. Wir kommen dann wieder vom überfluß zum Mangel an allem, worauf unsere ganze Anstrengung gerichtet ist. Dazu weiß niemand außer Gott, wem der Sieg zufällt. Uns Menschen ist das immer zweifelhaft und nie klar. Ein glücklicher Ausgang wird von allen Menschen gleichermaßen erhofft, und unsere Gegner rechnen sich nicht weniger den Sieg aus als wir. Was den Sieg angeht, so haben wir kein Erbrecht darauf für die Zukunft, und auch die Erwartung, die sie vielleicht hegen, kann falsch sein. Die Unwegsamkeit der Berge, mit welchen die Natur das Land von vielen Seiten her befestigt hat, bietet seinen Besitzern Sicher heit wld gibt ihnen Mut, uns aber machen die hochgelegenen Festungen eine Be lagerung unmöglich. Darum, wie die Sache auch sei, leicht wird es für uns, / die wir fern von unserem Vaterland in der Fremde urnherirren, auf keinen Fall sein. Es 193
ÜBERS E TZUN G : K APITEL VII wäre denn auch sehr unvernünftig, die Möglichkeit, ohne Mühe so viel Geld zu be kommen und dazu noch solche Freunde und Verbündete auszuschlagen und um un sicherer Hoftllungen willen großen Gefahren entgegenzugehen.« Aufgrund dieser Einsichten und Überlegungen schlossen die Katalanen zu den genannten Bedingun gen einen Vertrag mit den Thessaliern435. Zu Frühlingsanfang [ 1 310] erhielten sie von ihnen das Geld und die Begleiter und zogen über die Berge an der anderen Gren ze von Thessalien. Sie durchzogen den Thermopylenpass und lagerten in Lokris am Fluß Kephisos. Dieser große Fluß entspringt dem Parnaß und strömt in östliche Richtung. Er bildet die Südgrenze gegen das opuntische und epiknemidische Louis, die Nord- und Ostgrenze für das ganze Inland von Achaia und Boiotien. Er bleibt sehr breit und unverzweigt bis in die Ebenen von Lembadia [Levadia] und Haliar tos und teilt sich dann in zwei Flüsse mit den Namen Asopos und Ismenos. Der Aso pos strömt durch das attische Land ins Meer, der Ismenos mündet bei Aulis in die Meerenge von Euboia, dort, wo einst die Helden von Hellas vor Anker gegangen sein sollen, als sie sich für die Ausfahrt gegen Troja sammelten436• Der Herrscher von Athen und Theben und dem ganzen Gebiet437 erfuhr vom Heranrücken der Feinde. / Dieser Herrscher hieß, wie ich oben gesagt habe438, Großprimikerios, 'wurde aber durch Entstellung der Aussprache im Volksmund Großkyrios genannt. Als nun die Katalanen ihn baten, sein Gebiet durchziehen zu dürfen, wohin sie gehen möchten, gestattete er es ihnen nicht489• Ja, er sprach mit großer Überheblichkeit und Verachtung über sie, als brauche man sich nicht viel um sie zu kümmern. So mobilisierte er während des Herbstes und des Winters, bis zum Frühling, seine Streitkräfte. Auch die Katalanen rüsteten sich; sie wollten ent weder im Krieg fallen oder in Zukunft ruhrnvoll leben. Als der Frühling kam
[13II], zogen die Katalanen über den Kephisos und kampierten nicht weit vom Fluß in Boiotien. Dort hofften sie, die Schlacht liefern zu können. Die zahl der katalanischen Reiter betrug
3500, die ihres Fußvolkes 4000. In letztere Abteilung
waren auch viele gute Bogenschützen aus den Kriegsgefangenen eingegliedert wor den. Als sie hörten, daß die Feinde bald erschienen, pflügten sie dort, wo sie sich entschlossen hatten, zu kämpfen, die ganze Erde um. Dann gruben sie ringsum einen Graben und leiteten durch Kanäle aus dem Fluß reichlich Wasser in die Ebene. So machten sie einen pfuhl daraus, der den pferden keinen festen Untergrund bot. Im Schlamm eingeklemmt, würden sie ihre Hufe kaum bewegen können. Als der Frühling halb vorbei war440, erschien der Herrscher des Landes mit einem großen Heer. Es war zusammengewürfelt aus Thebanern, Athenern, Platäern und einer Auswahl von Louern, Phokäern und Megarem. Er verfügte über mehr als
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6400 Reiter, / 8000 Mann Fußvolk und ein Übermaß an Eigendünkel und Hochmut.
ÜBER S E TZU N G : KAPITEL VII Er hoffte nicht nur, die Katalanen sofort zusammenzuhauen, sondern auch das ganze Gebiet und sämtliche Städte bis hin nach Byzanz sich unterwerfen zu können. Doch das Gegenteil geschah. Da er auf sich selbst baute und den Ausgang der Dinge nicht in die Hand Gottes legte, wurde er im Nu zum Gespött der Feinde. Er sah näm lich die Ebene mit dichtem grünen Gras bewachsen und ahnte überhaupt nicht, was geschehen war. Darum ermutigte er mit lautem Geschrei seine Leute und stürmte mit seiner ganzen Reiterei gegen die Feinde, die unbeweglich
am
Rande
der Ebene standen und den Angriff abwarteten. Noch bevor sie bis zur Mitte der Ebene gekommen waren, blieben die pferde stecken. Die nasse Erde gab unter dem stürmischen Ritt besonders nach und hielt die Pferde wie mit starken Fesseln ge fangen. Ein Teil der pferde wälzte sich mit ihren Reitern im Schlamm, andere ver loren ihre Herren und irrten durch die Ebene, wieder andere blieben mit ihren Hu fen so tief stecken, daß sie wie Reiterstatuen an einer Stelle verharrten. Dieser Vor gang ermutigte die Katalanen; sie umzingelten die Feinde und töteten sie mit Pfei len bis auf den letzten Mann. Dann setzten sie sofort mit der Reiterei den Flüchten den nach und verfolgten sie bis Theben und Athen. Durch ihren unerwarteten Angriff eroberten sie diese Städte leicht, samt ihrem Reichtum, Frauen und Kindern. So fiel wie beim Würfelspiel plötzlich die Macht den Katalanen zu, und so konnten sie ihre lange Irrfahrt glücklich beenden. Seitdem haben sie / bis auf den heutigen Tag nicht aufgehört, die Grenzen ihrer Herrschaft nach und nach zu erweitern441• Das war die Geschichte der Katalanen.
8. Die Türken zersplitterten sich nach der Trennung von den Katalanen in zwei Gruppen; die eine folgte Khalil, die andere Melik. Melik war früher mit seinen Leu ten getauft worden und hatte vom Kaiser reichlich Sold erhalten. Später hatte er sei nen Treueid gebrochen, die Gebote und Gesetze der Religion mißachtet und war zu den Feinden der Rhomäer übergelaufen. Darum hatte er absolut keine Hoffuung, mit den Rhomäern noch Freundschaft schließen zu können, und folgte lieber einer Einladung des Krals von Serbien, als den Rhomäern unter die Augen zu kommen. Mit tausend Reitern und fünf hundert Mann Fußvolk begab er sich dorthin und übergab dem Kral von Serbien auf Befehl Waffen und Pferde. Er und seine Leute sollten künftig ein bürgerliches Leben führen. Nur wenn Krieg es erforderte, sollte eine vom Kral zu bestimmende Zahl die Waffen wiederaufuehmen und mit dem Heer der Triballer ausrücken442•
Khalil blieb mit 1300 Reitern und achthundert Mann Fußvolk in Makedonien und versuchte, mit den Rhomäern ein Abkommen zu schließen. Er stellte zwei For derungen: man sollte ihn durch die Bergenge bei Christupolis ziehen lassen, mit
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ÜBER S E T Z U N G : KAPITEL VII rhomäischen Schiffen über den Hellespont setzen und mit der gesamten Beute in seine Heimat zurückkehren lassen. Der Kaiser hörte die Gesandtschaft an und erin nerte sich, welch furchtbaren / Schaden sie dem Gebiet der Rhomäer zugefügt hat ten. Darum wünschte er sie wie eine schwere Last schnellstens abzuschütteln. Er sandte sogleich seinen besten Heerführer Senachereim, damals Großstratopedarch, mit dreitausend Mann Reiterei und ließ die Türken von Makedonien nach Thra kien und bis zum Hellespont begleiten443• Die Anführer und Soldaten der Rhomäer sahen, wie die Feinde mit einer Riesenbeute aus Pferden, Geld und anderem Reich tum aus dem rhomäischen Land nach Asien übersetzen wollten, und es schien ihnen llilerhört, dies zuzulassen. Vielleicht dauerte sie die Lage des rhomäischen Staates, vielleicht wurden sie verführt durch die Hoffuung auf Gewinn und Beute, jeden falls stellten sie Überlegungen an, die mit dem Abkommen in Widerstreit waren. Sie stellten den Türken keine Schiffe für die Überfahrt nach Asien und entschlossen sich, sie nachts anzugreifen. Das entging den Türken nicht. Deshalb verlegten sie ihr Lager und bereiteten sich auf den Kampf mit den Rhomäern vor. Ja, sie über rannten eine der nahegelegenen Festungen und rüsteten sich, um diese als Opera tionsbasis für den Kampf und den Krieg gegen die Rhomäer zu nutzen. Das zer schlug den Plan der Rhomäer und zwang sie, in großer Entfernung von den Türken zu lagern, bis sie den Kaiser über den Vorfall unterrichtet hätten. Damit ging viel Zeit verloren, denn die rhomäischen Herrscher haben, weiß ich weshalb, die Ge wohnheit, dringende Angelegenheiten sorglos zu behandeln. Die Barbaren waren inzwischen nicht untätig. Sie holten sich in kurzer Zeit aus Asien / bei ihren Stam mesbrüdern nicht geringe Verstärkung. Darauf unternahmen sie fortlaufend plötz liche und unerwartete Streifzüge, bald hierhin, bald dorthin, und verwüsteten das Land. Die Anführer der rhomäischen Truppen fanden es höchst unpassend, tatenlos zuzusehen, wie das Land verwüstet wurde. Sie wollten dem vorbeugen, daß die Feinde noch dreister würden und daß die Lage der Rhomäer sich noch verschlim merte. Darum hielten sie es für nötig, Kaiser Michael zu zwingen, das gesamte Heer zusan1IDenzuziehen, die Feste zu belagern und die Feinde zu vernichten. So geschah es, und alle Truppen mit ihren Anführern versammelten sich um den Kaiser. Das war noch nicht alles. Sogar eine Menge Leute, welche nach Ackerboden und Spaten rochen, strömten ZUSan1IDen und brachten ihre Hacken und Spaten mit. Sie zogen nicht so sehr deshalb aus, um Krieg zu führen, als vielmehr, um eine bereitliegende Beute einzuheimsen; sie wollten nicht nur die Feinde vernichten, sondern auch die Festung selbst ausräumen. So brachen unter der Führung des Kaisers die Strategen mit ihren Truppen auf und marschierten gegen die Feinde, begleitet von einer Menge Handels- und Landvolk, von nach Hacke und Spaten riechenden Leuten, die
ÜBE R S ETZUNG: K A PI T E L VII alle spontan mitzogen. Die meisten von diesen hatten keine Erfahrung und sahen nur die Chance auf Gewinn. Die damit verbundenen Gefahren übersahen sie ganz und gar. Die Feinde sahen sich im gegnerischen Land umzingelt und dem Gegner zahlenmäßig weit / unterlegen; darum traten sie mutig der selbstgewählten Gefahr entgegen. Die Rhomäer hingegen zeigten sich genau in dem Maße nachlässig und zogen gegen sie, ohne sich um Kriegstaktik zu kümmern, da sie an Rüstung und Zahl den Feind übertrafen. Sie waren sich offenbar dessen nicht bewußt, daß nichts in der welt beständig und sicher ist, sondern daß, wie Platon sagt, alles Menschliche Gottes Spielzeug ist444, daß alles ohne ersichtlichen Grund auf- und niedergeht und einen unberechenbaren wechselhaften Lauf nimmt. Zuerst hatte allein schon das Gerücht die Feinde in Furcht vor den rhomäischen Truppen versetzt, und sie hatten sich schon mehr zu den Toten als zu den Lebenden gerechnet. Als sie jetzt aber sahen, wie undiszipliniert diese aufmarschierten, faßten sie neuen Mut für den Kampf. Ihre Besitztümer und Frauen und alles, was sie für den bevorstehenden Waffengang nicht benötigten, brachten sie innerhalb von Wällen und Gräben in Sicherheit, die sie zuvor zu ihrem eigenen Schutz sorgfältig angelegt hatten. Dann wählten sie ihre besten Reiter aus und bewaffueten sie ausgezeichnet. Die Gruppe zählte nicht weniger als siebenhundert Mann. Sie llilternahmen einen Ausfall und rannten plötzlich auf die kaiserliche Standarte zu. Diese war weder an einer sicheren Stelle aufgerichtet, noch hatte man sich
mn
eine hinreichende und diszi
plinierte Überwachung bemüht. Der plötzliche Ansturm der Feinde verwirrte zu allererst jenen zusammengelaufenen Haufen Landvolk, der sogleich und unauf halt sam die Flucht ergriff. Darauf stahlen sich in kleinen Gruppen auch andere davon und schließlich flüchteten alle unverwandt, ohne daß es einen Kampf gegeben hatte. Der Kaiser allerdings wollte das Heer zur Aufstellung sammeln, doch er fand bei niemandem Gehör. Da gab er es auf und ging traurig / und weinend den gleichen Weg. Er betrachtete das Geschehene als eine deutliche Strafe Gottes für seine alten und neuen Sünden. Die meisten Anführer schämten sich über die undisziplinierte Flucht und leisteten einige Zeit Widerstand. Sie lenkten den Angriff der Feinde auf sich und verhinderten so, daß sie die flüchtenden Rhomäer und den Kaiser selbst verfolgten. Schließlich wurden sie von der gesamten Streitmacht der Feinde um zingelt und ergaben sich. Die Feinde setzten sie gefangen und verteilten das Geld des Kaisers unter sich, wie auch die kaiserlichen Insignien, die sich im Zelt des Kai sers befanden. Darunter war auch die Kopf bedeckung des Kaisers, die, wie üblich, mit Steinen und Perlenreihen besetzt war. Khalil soll sie sich selbst aufgesetzt und dabei den Kaiser verspottet und lächerlich gemacht haben445•
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ÜBER S E TZUNG: KAPITEL VII 9. Um diese Zeit abdizierte Patriarch Athanasios und weihte sich dem beschauli chen Leben in seiner Zelle im Xerolophosviertel [September 1309]446. Der Grund hierfür war folgender: einige Leute, die einen tiefen Groll gegen ihn hegten, konnten es nicht ertragen, ihn so lange im Besitz seines hohen Postens zu sehen. Damals ging schon das achte Jahr zu Ende, seitdem er zum zweiten Mal den patriarchalen Thron bestiegen hatte. Darum ersannen sie eine abscheuliche und gottlose Hinterlist gegen ihn: Athanasios lebte, auch als er noch im Besitz der patriarchalen Macht war, meistens in seiner Zelle bei Xerolophos. Das nutzten sie aus, um die Fußbank I des Patriarchenthrones zu stehlen. Darauf malten sie das Bild des Erlösers Christus und links und rechts davon Kaiser Andronikos mit einem Zaum im Mund und Patriarch Athanasios, der ihn daran hinter sich her zog, wie ein Rosselenker sein Pferd. So stellten sie die Fußbank wieder an seine Stelle zurück, ich meine vor den patriar chaien Thron. Darauf mimten einige, dies unerwartet gesehen zu haben, und be schuldigten den Patriarchen verleumderisch einer gottlosen Haltung gegenüber dem Kaiser. Der Kaiser hieß die Verleumder vor ihm erscheinen und stellte fest, daß ohne Zweifel sie selbst dieses gottlose Verbrechen inszeniert hatten. Darum verurteilte er sie zu langjährigem schweren Kerker. Der Patriarch war aber unzufrieden, daß er sie nicht weit härter bestraft hatte, und dankte sofort ab. Zwei Jahre verstrichen, dann bestieg Niphon, der Metropolit von Kyzikos, den patriarchalen Thron [11. April 1310)447. Da der Kaiser es so wollte, gaben die Bi schöfe nach und erhoben ihn auf den hohen Posten des Patriarchen. Dem Mann fehlte nicht nur in höherem Maße als üblich jede weltliche Bildung, sondern auch die kirchliche; er konnte mit eigener Hand keinen Buchstaben zu Papier bringen. Er hatte von der Bildung nur mit den Fingerspitzen genippt448 und sich anson sten mit seinem natürlichen Talent begnügt. Er war von Natur aus sehr klug und begabt, und wenn er sich dem Studium überlassen hätte, wäre er sicher zu den größten Gelehrten zu rechnen gewesen. Bei ihm überwogen jedoch die Geldgier, niedriger Ehrgeiz und das Verlangen nach weltlichem Ruhm. Diese beschäftigten seine ganze natürliche Klugheit I und sogen gewissermaßen wie die Ebbe Tag und Nacht alle seine Sorgen auf. Darum denn auch war er äußerst erfahren in allen wirtschaftlichen Angelegenheiten: Baumpflanzung, Weinbau, Baugewerbe, kurz gesagt, in allem, was die Scheunen und die Weinkeller füllt und die Geldbörse platzen läßt und derer es jedes Jahr größere verlangt. Schweigen wir über Luxus in Klei dung, über den Besitz von stolzen, hochnackigen Pferden, über exquisite Speisen, die nicht dick machen und die Hautfarbe nicht verderben. Auch den Frauen widmete er einen Teil seiner Sorgen und das nicht nachlässig und gleichgültig, sondern als wäre es sozusagen eine unabdingbare Notwendigkeit. Dieser Zug veranlaßte ihn auch, die
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ÜBER S ETZUN G : KAPI T E L VII
Aufsicht über die Verwaltung der Angelegenheiten und der Besitzungen von Frauen an sich zu ziehen, ich meine, von zwei Frauenklöstern - Pertze und Krataiu hießen sie449• Das gab ihm einerseits Gelegenheit, sich von den Einkünften dieser Klöster Geld anzueignen, angeblich wegen Baukosten, und andererseits, sich dort öfters mit dem nötigen Aufwand und Luxus aufzuhalten. Gegenüber Leuten mit Eigen schaften oder Fähigkeiten, die im allgemeinen allen Menschen und besonders den Kaisern gefallen, / benahm er sich äußerlich, als wäre er ihr Freund, aber heimlich haßte er sie alle und nährte in sich Neid und Mißgunst gegen sie. Er zögerte auch nicht, die Ohren des Kaisers immer wieder mit Lästerungen, bald gegen diesen, bald gegen jenen zu belästigen, und benahm sich ähnlich wie die Libysche Schlange: in Libyen soll es nämlich eine Schlange geben, die einer Natter gleicht und die sich mit soviel Sand überschüttet, daß sie von den Passanten nicht gesehen werden kann. Nur das geöfIllete Maul guckt aus dem Sand hervor und bereitet mit der Zunge den Spazierenden ein unerwartetes Verderben450• Nur in einer Sache scheint Niphon dem Kaiser einen guten Rat gegeben zu haben und auch diesen nicht spontan, sondern, da er das brennende Verlangen des Kaisers in dieser Angelegenheit kannte, erweckte er den Eindruck, zu diesem Plan beigetra gen zu haben: er wirkte nämlich mit beim Zustandekommen des kaiserlichen De krets, daß die Arseniten, die sich einmal aus nichtiger Ruhmsucht von der univer salen Kirche Gottes getrennt hatten, wieder aufgenommen werden sollten451• Sie und ihre Nachkommen sollten nicht länger der Gefalrr des geistigen Todes ausge setzt sein und nicht auch noch andere irreführen und ins gleiche Verderben stür zen. Der Kaiser stimmte dem Rat des Patriarchen zu, da er selbst schon lange das gleiche wollte. Darauf strömten von vielen Seiten zalilieiche Arseniten zusanrrnen, gleichsam wie Riesen an einem Tag aus Felsen und Sträuchern entsprossen452• Sie waren in zerrissene Lumpen gehüllt und trugen in der Tiefe ihrer Herzen verbor gen ihre maßlose nichtige Ruhmsucht. Sie brachten beschwerliche und die Ohren kränkende Gesuche vor, um der Menge zu beweisen, daß sie sich nicht / ohne Grund abgesondert hatten. An erster Stelle verlangten sie, daß der LeiclUlam des Patriarchen Arsenios aus dem Kloster des hl. Andreas auf elrrenvolle Weise in die Große Kirche der göttlichen Weisheit überführt würde. Zweitens, daß dem Priester stand eine Buße auferlegt würde und zwar eine vierzigtägige Suspendierung vom Opferdienst. Drittens, daß auch das ganze Volk gemäß bestimmten Bedingungen durch Fasten und Gebet eine reinigende Buße ablegen sollte. Dazu stellten sie noch andere genauso unsinnige Forderungen. Der Kaiser bemühte sich indes, sie alle zu erfüllen, um das große Gut des Friedens und der Eintracht zu gewinnen. Die aus dem Schisma Heimgekehrten wollten aber auch noch mit entsprechenden Ehrungen 199
ÜBE R S E T Z U N G : KAPITEL VII
belohnt werden, mit der Führung von Metropohtien, mit dem Vorstand von Klö stern, mit Einfluß am Hof, mit der Einnahme von jährlichen Einkünften. Alle, die nicht auf diese Weise entlohnt wurden, lösten sich bald wieder aus der Gemein schaft und leben seitdem erneut nach ihrer früheren eigentümlichen Art und in ihren Splittergruppen. Der Patriarch nun bestieg, von den versammelten Arseniten selbst dazu aufgefordert, den Ambon, und vor dem Leichnam des Arsenios verkündete er, mit den liturgischen Gewändern bekleidet, quasi im Namen des ArselllOS über das ganze Volk die Lossprechung453. 10. In dieser Zeit wurden die Barbaren nach dem oben erwähnten Sieg so dreist wie überhaupt möglich: sie verwüsteten und verheerten auf die schlimmste Weise das rhomäische Land in Thrakien. Fast zwei volle Jahre [12II-1212] konnten die Rhomäer ihre Städte nicht verlassen, um zu pflügen und zu säen. Das erfüllte / die Kaiser mit tiefem Schmerz und qualvollen Sorgen. Die Hoffllung auf Rettung durch die rhomäischen Truppen hatten sie schon völlig aufgegeben. Sie hatten endlich ver standen, daß sich gegen diese der Zorn Gottes erhoben hatte, aber die Gründe dieses göttlichen Zornes waren ihnen unverständlich, ich weiß nicht warum. Ihre ganze Sorge war deshalb, irgendwoher Söldnertruppen als Verbündete herbeizuschaffen. Damit verging nicht wenig Zeit. Sie berechneten nämlich, daß die Ausgaben hoch und für die kaiserliche Kasse kaum noch zu tragen sein würden, da diese jetzt gerade infolge der Verheerung des Landes mehr denn je unter Geldnot litt. Die Lage duldete aber kein tatenloses Zusehen, und darum bat Kaiser An dronikos durch eine Gesandtschaft seinen Schwiegersohn, den Kral von Serbien, um militärische Hilfe [Ende 1212]454. Ehe die Hilfe von dort ankam [1313], ließ der Herr, der alles zustandebringt und zum Besten wendet, einen Mann aufstehen und erfüllte ihn mit männlichem Eifer: es war ein Mann aus dem Adel, ein Mit glied des Senats und Verwandter des Kaisers, PlUles Palaiologos, der später vom Kaiser mit dem Stab des Protostrators ausgezeichnet wurde455. Dieser lebte am Hof und genoß wegen seiner aufrichtigen und warmen Zuneigung zum Kaiser und wegen seines vornehmen Lebenswandels das allergrößte Wohlwollen des Kaisers. Er scmen aber ohne Ausbildung und Erfahrung in militärischen Angelegenheiten, denn er war körperlich schwach und kränklich. Außerdem widmete er sich nur den göttlichen Dingen, verbrachte I die meiste Zeit in Kirchen und machte es sich zur Aufgabe, alles Heilige ehrfurchtsvoll zu verehren. Diesen Mann bedrückte es, Kai ser Andronikos von schweren Sorgen geplagt zu sehen. Er ging zu ihm und sagte: »Laß mich zu den rhomäischen Streitkräften gehen und ein kleines Heer auswählen mit den Lochagen und Taxiarchen, die ich selbst will, und gib mir reichlich Mittel, 200
ÜBER S ETZU NG: KAPITE L VII um die Mannschaften und die Lasttiere mit dem Nötigen zu versorgen. In mein Herz hat sich die wohltuende, feste und unerschütterliche Hoffllung auf Gott ge senkt, die mich überredet, Ilmen zu versichern, daß Sie mich baldigst einen Sieg über diese Barbaren werden davontragen sehen«. Der Kaiser ließ sich durch diese Worte überreden und sagte dazu: »Mit Recht fmdet Gott keinen Gefallen an den Muskehl des Mannes [Ps. 146, 10] oder an der Größe seiner Kraft [Ps. 32, 16], wie er selbst durch den Propheten David verkündete, sondern an einem reumütigen Herzen und einem demütigen Sinn [Ps. 33, 18 bzw. 50, 17; 146, 3 + Dan. Th. 3,
39]. Meinem Sohn, Kaiser Michael, zürnt er, glaube ich, wegen der Sünden seiner Vorfahren, und darum leiht er
ihm seine Unterstützung nicht. Diesem Mann aber
mit seinem heiligen Lebenswandel und Charakter wird er sie vielleicht geben; delID kostbarer ist beim Herrn Heiligkeit und ein Leben ohne Sünden als bewaffllete Macht. Ich habe mich umgeschaut auf Erden und gesehen, heißt es in der Schrift,
daß nicht dem Schnellen der Lauf, nicht den Mächtigen der Krieg, nicht dem Wei sen das Brot, nicht den Klugen der Reichtum und nicht den Gelehrten die Gunst sicher ist, denn von Zeit und Zufall sind sie alle abhängig [Ecclesiastes 9,
} Der
rr «.
Kaiser erfüllte Philes palaiologos I gerne jede Bitte und gab ihm Geld und Waffen und Pferde, soviel er wollte und welche er wollte. Nachdem Philes das alles erhal ten hatte, wie er es wünschte, weckte er zuallererst durch allerlei Gunstbeweise und Geschenke bei seinen Soldaten den Angriffsmut; er verteilte dazu Geld, Pferde, Waffen und Trinkbecher. Er löste sogar einmal seinen eigenen Gürtel und schenkte
ilm einem Soldaten und einem anderen gab er seinen Dolch. Er teilte auch das Le ben seiner Soldaten und war eines Sinnes mit ilmen. Er versprach für die Zeit nach dem Kampf Ehrenposten und große Geschenke, je nachdem jeder kämpfen würde. Später malmte er sie, jedes Unrecht zu vermeiden, und verteilte viel Geld an die Priester, damit sie für ilm und sein Heer beteten. Auch hielt er es für nötig, heimlich Späher auszusenden, bevor er aus der Kaiserstadt auszog, um das Lager der Feinde zu beobachten. Er wollte ja nicht auf gut Glück ausziehen. So erfuhr er, daß Khalil vor drei Tagen tausend Mann Fußvolk und zweillUndert Reiter ausgewählt und ausgesandt hatte, um das Land um Bizye zu plündern und
ihm von dort eine
reiche Beute mitzubringen. Er zog darauf schnellstens aus, denn er wollte mit den Feinden vor ihrer Ankunft im Lager, während sie noch mit der Beute auf dem Rückweg waren, zusammentreffen. Drei Tage nach dem Aufbruch aus den Vororten der Kaiserstadt erreichte er einen Fluß, den die Einheimischen Xerogypsos nennen: das Land ist dort flach und die Ebene ist bestens geeignet, um ein Lager zu errichten und eine Schlacht zu liefern. Da schlug er also die Zelte auf und wies jedem seinen Platz in der Schlacht-
201
ÜBERSETZUN G: KAPITEL VII ordnung zu: den Taxiarchen, / den Lochoi, den Lochagen, dem Nachtrab; er er munterte sie häufig mit freundlichen Worten, prostete ihnen zu und tat alles, was die Kampf bereitschaft der soldaten fördert. Zwei Tage verstrichen, da kamen um Mit ternacht die Späher mit der Nachricht, die Feinde seien in der Nähe; mit einer gro ßen Beute, Männern, Frauen, kleinen Kindern und Vieh befänden sie sich auf dem Rückweg. Mit Sonnenaufgang erschienen die Feinde. Auch sie sahen von weitem das feindliche Lager, welches durch den Glanz seiner waffen erstrahlte. Sie machten Halt und rüsteten sich für den Kampf. Zuallererst stellten sie ihre Wagen in einem Kreis auf und führten ihre Kriegsgefangenen gefesselt darin zusammen samt der übrigen Beute. Dann bestreuten sie ihr Haupt mit Staub, streckten ihre Hände aus zum Himmel und nahmen die Waffen auf. Schon sahen sie auch das rhomäische Heer, in Reih und Glied geordnet, gegen sich vorrücken. Hinter Fußvolk und Reiterei ritt Philes und dirigierte seine Truppen, die er mit allerlei Worten zum Kampf anfeuerte. Als erster sprang der Taxiarch des rechten Flügels mit seiner Ab teilung auf die Phalanx der Barbaren ein. Er verwundete den
ihm gegenüber
stehenden Feind tödlich und warf ihn vom pferd und nach ihm einen zweiten. Dar auf wurde sein eigenes Pferd getroffen und er zog sich aus dem Kampf zurück. Das erschütterte einen Augenblick die rhomäische Schlachtordnung und ermutigte die Feinde. Mit undeftnierbarem Lärm und Geschrei wollten sie zur Verfolgung anset zen, aber Philes verhinderte das. Er ritt an seinen Truppen, / Fußvolk und Reiterei, entlang und rief ilmen ermunternde Worte zu. Und während er selbst lmter vielen Tränen Gottes Hilfe anrief und ilm bat, nicht zuzusehen, wie die Herrschaft der Rhomäer in kurzer Zeit ganz zugrundegehen würde, Behte auf der anderen Seite, jammernd und schreiend, mit heißen Seufzern und Träl"len, die Masse der Kriegs gefangenen um Hilfe von oben. Jetzt kam es zum Handgemenge zvvischen dem Fußvolk der Rhomäer und der Barbaren; man traf und wurde getroffen, man tötete und wurde getötet. Es war ein mächtiges und gewaltiges Gefecht, denn beide Heere kämpften mit großer Tapferkeit. Mit dem Gros der Reiterei umstellte Philes die feindliche Streitmacht. Dann brach er mit den Bewaffueten auf der Flanke in die feindliche Schlachtordnung ein, drang bis zur Mitte vor und verursachte Verwir rung und Chaos. Die Barbaren hielten nicht stand und wußten nicht mehr, was tun. So wurden sie vollkommen eingeschlossen und erbarmungslos niedergemetzelt. Die Rhomäer töteten sie alle bis auf wenige Reiter und beeilten sich
dann, den Zu
gang zum Chersonnesos zu erreichen. Ihr Ziel war es, die übrigen Barbaren wie in einem Netz zu fangen, um sie anschließend leicht vernichten zu können. Dort ange kommen, bauten sie ihr Lager auf und genossen die Siegesfeier, wie auch die Ehren beweise und Geschenke des Kaisers. Dieser sandte zudem sofort fünf Trieren, die im 202
ÜB ERSETZUNG: KAPITEL VII Hellespont patrouillieren und verhindern sollten, daß heimlich I eine Trupperunacht von den Barbaren auf dem gegenüberliegenden Ufer zu Khalil übersetze. So war die Lage, als das schon viel früher herbeigerufene Hilfskorps der Triballer eintraf, eine Elitetruppe von zweitausend Reitern456• Außerdem erschien der Podesta der Latei ner von Galata am Hellespont mit acht Trieren und Belagerungsmaschinen; er bot den Rhomäern spontan seine Hilfe an457• Nun näherten sich von der einen Seite das rhomäische und das serbische Heer und von der anderen das Heer der Trieren der Stadt, worin die Barbaren sich auf hielten. Getrennt nach Volk und Stamm kampier ten sie rings um die Stadtwälle. Die Rhomäer und die Lateiner waren gewandt im Belagerungskampf. Sie stellten ringsherum allerlei starke Wurfrnaschinen auf und beschossen die Stadt mit einer Menge von Steinen. Sie brachten den Barbaren große Verluste an Menschen und Tieren bei. Das taten sie ohne Unterbrechung Tag und Nacht. Die Barbaren sahen ihren Untergang schon vor Augen und entdeckten kei nen Fluchtweg, da sie auf allen Seiten von starken Streitkräften eingeschlossen waren. Sie entschlossen sich darum, auf folgende Weise alles aufS Spiel zu setzen: man wollte heimlich nachts einen Angriff unternehmen, und zwar lieber auf das rhomäi sche Heer als auf die anderen, denn man war gewöhnt, es zu besiegen, und hielt die Rhomäer noch für verängstigt aufgrund ihrer früheren Mißerfolge. Durch einen Sieg über die Rhomäer hoffte man, auch die anderen Armeen zu verwirren und so eine Unterbrechung der Belagerung zu bewirken. Zum ersten Mal aber bekamen sie damals zu spüren, daß sie die Rhomäer falsch einschätzten. Diese bemerkten sofort den Angriff I der Barbaren, denn sie hielten bewaffuet Wache und wechselten ein ander im Laufe der Nacht häufig ab. Die Feinde wurden zurückgeschlagen, als ob sie eine starke Feste angegriffen hätten, und kehrten beschämt um. Sie wollten es aber dabei nicht lassen, denn die Belagerung trieb sie in die Enge. Darum entschlos sen sie sich, es noch einmal bei den Triballern zu versuchen. Bei diesen widerfuhr ihnen aber das gleiche, und nun gerieten sie in äußerste Verzweif lung. Am nächsten Tag um Mitternacht warfen sie ihre Waffen weg und gingen mit vollen Armen und Börsen zu den Trieren. Sie wollten sich in die Obhut der Lateiner begeben, denn da sie diesen nichts Böses getan hatten, hofften sie, von ilmen auch nichts Böses zu er leiden. Die Nacht war aber dunkel, da der Mond nicht schien, und so flüchteten die meisten, da sie den Weg nicht kannten, ohne es
zu
merken, zu den Trieren der
Rhomäer. Auf der Flucht vor dem Rauch fielen sie ins Feuer458, nämlich in die Hände der Rhomäer, die ihnen schnellstens das Geld wegnahmen und sie dann gnadenlos niedermachten. Die Lateiner töteten die zu ihnen Geflüchteten nicht alle, sondern nur die, die viel Geld mitgebracht hatten. Es sollte nicht bekannt werden, was sie an sich genommen hatten, da es sonst von den Rhomäern zurückgefordert 2°3
ÜBERSETZUNG: KAPITEL VII werden könnte. Die anderen ließ man am Leben und hielt sie gefangen. Einige davon übergaben sie später dem Kaiser, die übrigen verteilten sie unter sich als Sklaven. So ereigneten sich diese Dinge [1313]459. 11. Im nächsten Jahr wurde Niphon von seinem patriarchalen Thron / gestoßen [März 1314] 460. Er wurde beschuldigt, er habe sich oft und auf viele Arten Kirchen gut angeeignet und aus Habgier unrechtmäßige und dem patriarchalen Thron un würdige neue Einnahmequellen erfunden. Er zog sich zurück und richtete sich den aufs Meer gerichteten Teil des Peribleptosklosters zur Wohnung ein461. Inzwischen verstrich ein Jahr,
dann wurde Johannes Glykys auf den patriarchalen Thron er
hoben [12. Mai 1315]462. Dieser war zu diesem Zeitpunkt Logothet tu Dromu und hatte eine Frau und Söhne und Töchter. Er war einer der größten Gelehrten und hielt sich wie kein anderer an die edle Sprache der Athener. Ihre Form und Art waren für
ilm wie ein göttliches Urbild. An Geistesschärfe, Urteilskraft und Tugend übertraf er alle bei weitem. Darum erhielt er auch, wie es sich gebührte, als Kampfpreis den Patriarchenthron. Seine Frau trat sofort ins Kloster ein, und auch er selbst wollte aus Ehrfurcht vor dem Thron das Mönchskleid annehmen, aber der Kaiser hielt ilm von diesem Vorhaben zurück. Seit kurzer Zeit verbreitete sich eine verdorbene Flüssigkeit durch seine Glieder, und zu bestimmten Zeiten des Jahres hatte er darunter schwer zu leiden. Nach der Verordnung der Ärzte hatte er deshalb Fleisch zu essen, und deswegen wurde es ilim nicht gestattet, das Mönchskleid anzunehmen. Vom Umgang mit diesem Mann habe auch ich profitiert, soviel es mir möglich war. Tag und Nacht habe ich mich zusammen mit ilim der Wissenschaft gewidmet, und seine Worte sind für mich von großem Nutzen ge wesen. Ich war damals / zwanzig Jahre alt, und in mir blühte die Liebe zur Wissenschaft. Der mächtige Mann neben dem Kaiser, der in seinem Namen alle Staatsangelegen heiten regelte, war in dieser Zeit Theodoros Metochites. Er war Logothet tu Geni ku463• Der Kaiser hing mit einer solchen Zuneigung an ilim, daß er vor ilim über haupt keine Geheimnisse hatte. Er tat alles, was dieser Mann wollte, und unterließ andererseits auch alles, was il1lll nicht gefiel. Er hatte auch schon seinen Enkel Jo hannes, den einzigen Sohn des Porphyrogennetos, zu dessen Schwiegersohn ge macht464. Solange der Vater dieses Johannes lebte, hatte der Kaiser sich aus Haß ge gen jenen von ilim abgewendet, als dieser aber gestorben war, hatte er den gerade erwachsenen jungen Mann bei sich aufgenommen und sehr lieb gewonnen. Er hatte ilm auch sofort mit der Würde des Panhypersebastos ausgezeichnet und diese aus Liebe zu ilim ansehnlicher gemacht als sie früher war: er gestattete ilim, Kleider, 204
ÜBE R S ETZ UNG: K APIT E L VII Schuhwerk und Pferdeschmuck in gelber Farbe zu verwenden, damit er unter den vornehmen Leuten am Hof der angesehenste sei. Diesen jungen Mann, der sein be sonderes Wohlwollen genoß, machte der Kaiser zum Schwiegersohn des Logothe ten Theodoros, aus Hochachtung für dessen hervorragende Eigenschaften. Theo doros war nämlich groß und gut gebaut und zog durch seinen freundlichen Blick aller Augen auf sich. Durch seine angeborene literarische Begabung, seine Ausdauer bei der Arbeit und sein starkes und präzises Gedächtnis / war er bis zum Gipfel der Weisheit vorgedrungen. Er konnte, wenn man ihn befragte, mit solcher Leichtig keit alles, das Alte und das Neue vorbringen, als ob seine Zunge ein Buch wäre. Wer mit ihm verkehrte, brauchte nahezu keine Bücher. Er war eine lebendige Bibliothek und ein immer zur Verfügung stehendes Arsenal von dem, was man suchte. So weit übertraf er alle, die sich je mit der Wissenschaft befaßt haben. Nur eins könnte man
ihm vielleicht vorwerfen, daß er sich in seinem Stil nach keinem der alten Redner richten wollte. Auch wollte er seine schwierigen Gedankengänge nicht durch einen heiteren und aufgeweckten Vortrag erleichtern, und er war nicht bereit, seinen schöpferischen Geist irgendwie zu zügeln. Seiner gewissermaßen eigentümlichen lmd eigenwilligen Natur folgend gab er gleichsam eine Sturmflut von Wörtern von sich. Dadurch verletzte er die Ohren der Hörer, wie die Dornen einer Rose den ver letzen, der sie pflücken will. Von der rednerischen Begabung des Mannes kann sich jeder aus den vielen inhaltsreichen und nutzbringenden Schriften, die er verfaßt hat, ein Bild machen. Am meisten muß man aber an ihm bewundern, daß ihn nichts je vom Lesen und Schreiben abgehalten hat, obgleich er vom gewaltigen Trubel der Politik bedrängt wurde und ihnimmer neue Sorgen überschwemmten. Mit größtem Geschick kümmerte er sich um beides. Von frühmorgens bis abends regelte er im Palast die Angelegenheiten des Staates und war mit großem und brennendem Eifer ganz und gar bei dieser Sache. Literarische und wissenschaftliche Studien schienen
ihm dann völlig fremd / zu sein. Als er sich aber später von dieser Beschäftigung los sagte, gab er sich voll und ganz dem Studium hin, als wäre er ein Gelehrter, dem die Politik vollkommen fremd war. Ich könnte über diesen Mann noch viel mehr erzählen, will es aber für später auf heben465• 12. Kaiserin Eirene lebte aus den Gründen, die ich erwähnt habe, sehr lange in Thessalonike. Um diese Zeit entschloß sie sich, nach der Stadt Drama zu gehen. Sie hatte das auch zuvor manchmal getan, um sich zu erholen, wenn sie den Aufenthalt in Thessalonike satt hatte. Kurz nach ihrer Ankunft dort wurde sie von schwerem Fieber überfallen, das sie bald aus dem Leben wegraffte [1317]. Zur Beerdigung ihrer Mutter kam die Kralaina aus dem Land der Triballer, die den Leichnam nach 205
ÜBE R S ETZUNG: KAPITEL VII Konstantinopel begleitete lUld ihn im Pantokratorkloster beisetzen ließ466. Ihren großen Reichtum gab der Kaiser zum Teil ilu:en Kindern, zum Teil verwendete er
ihn zur RestaurierlUlg der Großen Kirche der göttlichen Weisheit. Er hatte nämlich von angesehenen Architekten erfahren, daß der nördliche lUld der östliche Teil der Kirche mit der Zeit baufällig geworden war lUld bald einzustürzen drohe, falls man nichts lUlternähme. Darum stellte der Kaiser aus dem Besitz der Kaiserin, wie gesagt, viele Tausende Goldmünzen für die Bauarbeiten zur VerfüglUlg. Er ließ auf tiefen FlUldamenten die seitlichen pyramidenförrnigen Stützpfeiler errichten, die wir heute sehen, lUld bannte dadurch die drohende Gefahr467. Es lohnt sich, / an dieser Stelle zu behandeln, wie der Kaiser in dieser BeziehlUlg war. Die übrigen Kaiser, die zu Ehren Gottes kirchliche Gebäude errichteten, wur den dazu von einem gewissen Ehrgeiz angeregt, der sich kaum von nichtiger Ruhm sucht lUld eitlem Stolz lUlterscheidet. Wo das aber der Fall ist, raubt es der Tat ihren hohen Wert, so wie der Wurm in einem Apfel dessen Schönheit nimmt. Kaiser Andronikos hatte eine bessere EinstelilUlg: er erschöpfte seinen ganzen Eifer lUld seinen Elu:geiz darin, die bestehenden Gebäude zu verschönern, auf passende Weise instandzuhalten lUld die mit der Zeit auftretenden Mängel mit geeigneten Maßnah men energisch zu bekämpfen. Das hielt er für besser, als die bestehenden einstürzen zu lassen, um aus Ehrgeiz neue von Grlllld auf neu zu bauen. Bei letztgenanntem Vorgehen scheint sich ein gewisser Neid einzuschleichen, der dazu überredet, die von früheren Bauherren errichteten Gebäude verfallen zu lassen. Zugleich mit den Bauwerken soll auch die Erinnerung an die Erbauer verschwinden lUld ersterben, lUld während sich über diese ein tiefes Schweigen legt, sollen die neuen Monumente blei ben lUld den Ruhm ihres Errichters verkünden, so wie die neuen Zweige die Schön heit lUld die Kraft des neuangebrochenen Frühlings zeigen. Im anderen Fall führt ernsthafte überleglUlg das Szepter des Urteils lUld des Gerichts; diese läßt keine lUlsauberen Motive zu lUld nimmt Gott zum Zeugen, wenn sie die Waage des Ge wissens hält. Aus diesem Grlllld kümmerte sich der Kaiser um die alten Kirchen, sorgte für ihre InstandhaltlUlg lUld ließ sie stützen. Dabei kostete ilm das viel mehr Geld, als wenn / er neue hätte errichten wollen. über die Städte, die er in Asien lUld Europa zum Teil restaurierte, zum Teil neu baute, will ich nicht sprechen. Nur die Bauwerke in Konstantinopel, die durch die Sorge dieses Kaisers bis heute bestehen,
will ich erwähnen. Da ist beim Eugeniostor die große Pauloskirche; weiter die Kirche der zwölf Jünger lUld Apostel Christi; Teile der Stadtmauer von Konstanti nopel, die er erneuerte, lUld andere, die er von GrlUld auf errichtete; schließlich die große lUld berühmte Kirche der göttlichen Weisheit46B. Um diese hätte er sich noch mehr kümmern wollen, aber die plötzlich wie ein Sturm hereinbrechende TeillUlg 206
ÜBER S E T Z U N G : KAPI TEL VII des Reiches und die damit verbundenen Unruhen, worüber ich im Folgenden be richten werde, hielten ihn von diesem Vorhaben ab. Beinahe hätte ich folgendes übergangen: Im zweiten Amtsjahr des Patriarchen Johannes Glykys, im Jahre 6825 seit der Erschaffung der Welt [1317], ließ ein hefti ger Wind aus dem Norden das bronzene Kreuz aus der Hand der auf einer Säule stehenden Statue im Vorhof der Großen Kirche der göttlichen Weisheit abstür zen469. Der Kaiser beeilte sich sehr, um auch das an seine frühere Stelle zurückzu bringen: man konstruierte von der Basis ab um die Säule herum ein hölzernes Ge rüst mit vielen Srufen bis zu der Statue. Beim Besteigen dieses Gerüstes fanden die Arbeiter, die das Werk ausführten, das ganze Eisen, das das Pferd / der Statue von beiden Seiten stützte, schwer verrostet. Es drohte Gefahr, daß bald zusammen mit den Stützen auch die wunderschöne Statue herabstürzte und diese Sehenswürdigkeit für die Kaiserstadt verlorenginge. Es war das einzige von tausend ähnlichen und gleich wertvollen Kunstwerken, was übriggeblieben und sowohl den Bränden als auch der Habgier der Lateiner entgangen war470• Man ersetzte die alten Stützen durch neue, bessere und stärkere, die dem Pferd der Statue Sicherheit und Festig keit verliehen. Dann nahm man auch das Kaisersymbol vom Kopf der Statue herunter und den Reichsapfel aus der Hand und brachte sie durch eine dickere Goldverkleidung zu größerem Glanz. Die Oberfläche der Säule war auch von oben bis unten voll Löcher, denn die Lateiner hatten, als sie die bronzene Verklei dung entfernten, auch die Nägel herausgezogen. Man verkleidete darum die ganze Säule mit einer festen glatten Schutzschicht illld dichtete und verdeckte die Löcher. Als nach so vielen Jahren zu meiner Zeit wieder die Gelegenheit gegeben war, zur Statue heraufzusteigen, glaubte ich, diese benutzen zu müssen. Ich wollte mit den anderen hinauf und das wunderbare Schauspiel ausführlich genießen. So tat ich, und ich betrachtete nacheinander sorgfältig alle EinzeTheiten. Die Höhe der Säule kann man zu jeder Zeit leicht aus ihrem Schatten nachmessen und darum halte ich es für unnötig, darüber zu sprechen. Was aber sonst niemand sagen kann, das will ich als Augenzeuge präzise berichten471: / Der Umfang des Kopfes der Statue beträgt eine Klafter eines gutgewachsenen Mannes. Für die Entfernung von den Schultern bis zur Spitze der Kaiserkrone ergibt sich das gleiche Maß. Jeder Fin ger ihrer Hände mißt eine Spanne. Die Länge der Fußsohle beträgt 32/3 Spannen oder vier Spannen weniger ein DritteL Das Kreuz auf dem Reichsapfel ist vier Spannen lang und drei breit. Der Reichsapfel hat einen l1ilialt von drei öffentlichen Maßen. Das Pferd mißt von Brust bis Schwanz drei Klafter. Ebenfalls fast drei Klafter ist der Umfang seines Nackens. Der Abstand von der Nasenspitze des Pfer207
ÜBERS ETZ UN G : KAPITEL VII des bis zu den Ohren beträgt ein Klafter. Die Dicke seiner Unterschenkel bemißt dem Umfang nach fünf Spannen. Sein Überwurf ist mit Sternen übersät und mit Blättern und Zweigen geschmückt; er sieht denen sehr ähnlich, die aus dem Osten, aus China, hierherkommen. Im darauffolgenden Jahr [März 131S] verehelichte der Kaiser seinen Enkel An
dronikos mit einer deutschen Frau, Eirene [März 1318]472. Früher pflegte man diese Deutschen die Galater des Westens zu nennen. Darauf zog Kaiser Michael mit seiner Gattin, Kaiserin Maria, weg nach Thessalonike. Dort schied er nach gut einem Jahr aus dem Leben [12. Oktober 1320]473. Das war
ihm auch bei seiner Abreise voraus
gesagt worden, und darum hatte er sich auch gefürchtet, sich dorthin zu begeben. Er war trotzdem gegangen, da damals bei den Thessaliern und Pelasgern / Un ruhen ausbrachen, worüber ich gleich nachher berichten werde. Was die genannte Voraussage betrifft, war das so: im Palast zu Adrianopel entdeckte man vor der Pforte, etwas oberhalb des oberen Türpfostens einen Kreis, der dort gezogen war. Um den Kreis herum waren vier Tiere gezeiclmet, ein Löwe, ein Leopard, ein Fuchs und ein Hase, und darüber ein Orakel in Versform, das auf rätselhafte Weise das Ende eines Palaiologenkaisers in Thessalonike voraussagte. Der Kreis befand sich etwa zwei Mannslängen über der Erde. Es schien darum zweifelhaft, ja kaum zu glauben, daß ein Mensch ihn dort angebracht haben könnte. Er hätte kaum die Zeit gehabt, eine Leiter aufzustellen, darauf zu steigen und mit der nötigen Ruhe die Zeichnung anzufertigen; denn der Kaiser war im Palast, und es gingen andauernd unzählige Leute ein und aus. Da es also kein Mensch gewesen sein kann, der die Zeichnung anbrachte, muß ich dazu in Erinnerung rufen, was ich oben über diese Dinge ausgeführt habe474. Indes, meine Erzählung muß uns nach Thessalien und zu den dortigen Ereignis sen führen. Wenn ich damit fertig bin, will ich
dann wichtigere Themen in Angriff
nehmen. Ich habe erzählt47S, wie die Herrschaft über die Thessalier und Pelasger schließlich Johannes Dukas zugefallen war. Dieser war jung und kränklich und sah, wie sich darum die Lage in seinem Gebiet zum Schlimmsten entwickelte. Er fürch tete denn auch, daß einer seiner adeligen Untertanen rebellieren und die Herr schaft an sich ziehen könnte. Deswegen verhandelte er mit Kaiser Andronikos und heiratete dessen uneheliche / Tochter Eirene. Er lebte aber nur drei Jahre mit ihr zusammen und starb dann kinderlos [1318]476. So blieb sein Herrschaftsgebiet ohne Nachfolger, und die dortigen Provinzen und Städte fe i len schloß sich unter Führung der genannten Tochter dem Kaiser an, andere unterwar fen sich bestimmten Mächtigen des Landes, wieder andere wurden von den Kata lanen unterjocht, die damals Boiotien durchstreiften477• Die göttliche und heilige 208
279
ÜBE R SE TZUNG: KAPI TE L VII
Synode sandte wiederholt Mahnbriefe an die Thessalier, Phthioten und Pelasger. Sie drohte auch allen mit fürchterlichen Strafen, die sich nicht dem Kaiser unter werfen und wie früher mit den übrigen Provinzen ein rhomäisches Reich bilden wollten, aber sie erreichte genauso wenig wie früher. So war das.
209
A N MERKUNGEN (Wenn i n diesen Anmerkungen auf andere Stellen i n Gregoras' Geschichtswerk verwiesen wird, geschieht das durch Angabe der Seiten der Bonner Ausgabe des griechischen Tex tes, die in dieser Übersetzung im Kolumnentitel jeder Seite angegeben sind.)
ZUlIl
Vorwort
1 Wenn bei Gregoras von Asien die Rede ist, ist immer Kleinasien gemeint ; ich habe es aber für besser gehalten, im Text der Übersetznng Asien stehen zu lassen. 2 Es dürfte sich hier um ein von mehreren Autoren verfaßtes politisches Pam phlet handeln. Zu
Kapitel I
3 Es ist nicht klar, ob die Kaisererhebung im Sommer 1205 oder die kirchliche Krönung im März 1208 gemeint ist. Zur Sache s. VAN DIETEN : Nik. Chon. S. 1 5If. u. 154; für das Alter Theodoros' 1. ebd. S. 143 . 4 Das Ausscheiden der meisten Gegenkandidaten Theodoros' 1. in Kleinasien (Theodoros Mankaphas in Philadelphia, Manuel Maurozomes im Mäandertal, Theo doros Sabas in Amisos, ein Aldobrandino in Attaleia) wird von Gregoras simpli fiziert. Über diese Gegner s. Nik. Chon. : Rede NI. 14, S. 129 ff. (Übersetzung GRABLER S. 221 ff.) ; dazu VAN DIETEN : Nik. Chon. S. 143 ff. ; vgl. auch GARDNER: Lascarids S. 75· 79· In Trapezunt (Trapezus, Trabzon), der wichtigsten Stadt der Region Kolchis am östlichen Südufer des Schwarzen Meeres, hatten sich nur wenige Tage vor der Eroberung Konstantinopels, im April 1204, zwei im J. I I 8 5 an den georgischen Hof geß.üchtete Enkel Kaiser Andronikos' 1. (II 83-I I8 5), Alexios nnd David, mit Hilfe ihrer Tante, der Kaiserin Thamar von Georgien, als selbständige Herrscher installiert. Während der 22-jährige Alexios in Trapezunt residierte, besetzte sein jüngerer Bruder vorübergehend Sinope nnd Herakleia Pontike. Aber schon 1214 eroberte Theodoros Laskaris dieses Gebiet zurück, während im gleichen Jahr Alexios zum Vasall der Seldschuken herabsank. Das kleine Kaiserreich konnte trotzdem ein mehr oder weniger selbständiges Leben führen, bis es im September 146r durch die Osmanen erobert wurde. Über die Entstehung des Reiches s. VASILIEV, Alexan2II
AN MERKUNGEN: 4 der : The Foundation of the Empire of Trebizond. In : Speculum. Bd. II (1936). S .
3-3 7; ergänzend dazu DERS. : Mesarites as a Source. Ebd. Bd. 13 (193S). S. I Soff. Zur Geschichte von Trapezunt s. MrLLER, William : Trebizond, the Last Greek Empire of the Byzantine Era 1204-1461. Historical Introduction, Select Bibliography by Anastasius C. BANDY, New Enlarged Edition. Chicago 1969 (der Text der Erstaus gabe selbst, London 1926, blieb unverändert) ; JANSSENS, Emile : Trebizonde en Col chide (Universite de Bruxelles. Travaux de la Faculte de Philosophie et Lettres, 40) . Bruxelles 1969. S. 64-163 . Zum Namen der trapezuntinischen Kaiser : Megas Kom nenos s. (außer der älteren Lit. bei OSTROGORSKY : Gesch. S. 3 5 1 Anm. 3) LAMPSIDES, Odysseus : Le titre MEYIXC; KotJ-v"YJv6c;. In : Byzantion. Bd. 3 7 (1967). S. I I4-25 ; DERS. : Bessarions Zeugnis über den Titel MEYIXC; KOtJ-v'YJv6c;. In : ' ApXeT.ov II6V'Tou. Bd. 30 (1970). S. 3 S6-97; POLEMlS, Demetrios : A Note on the Origin of the Tide MEYIXC; KotJ-v"YJv6c;. In: Neo-Hellenika. Bd. I (1970). S. I S-29 ; HEMMERDINGER, Bertrand : MEYIXC; KotJ-v"YJv6c; Calque de Hohenstaufen. In : Byzantion. Bd. 40 (1970). S. 3 3-5 ; LAMPSIDES, Odysseus : MEYIXC; KOtJ-v"YJv6c; Hohenstaufen. Ebd. S. 543-5 ; S CHREINER, Peter : Zur Bezeichnung »Megas« und »Megas Basileus« in der byzantini schen Kaisertitulatur. In : Bu�lXv"nvoc. Bd. 3 (1971). S. 1 75-92. -
In Thessalien und Epeiros entstand ein selbständiges griechisches Reich erst als Folge der Eroberung Konstantinopels im J. 1204. Michael I. Angelos Komnenos Dukas von Epeiros (1204-1215) (zu ihm
S.
POLEMlS : Doukai Nr. 45) war ein unehe ihm ebd. Nr. 40) , des
licher Sohn des Sebastokrators Johannes Dukas Angelos (zu
Sohnes des Konstantinos Angelos, der durch seine Heirat mit Theodora Komnene, der Tochter Kaiser Alexios' I. (IOSI-I I I S), den Aufstieg des Geschlechts der Ange loi inauguriert hatte (über ihn STIERNON, Lucien : Notes de prosopographie et de titulature byzantines. Constantin Ange (pan)sebastohypertate. In : Rev. etud. byz. Bd. 19 (1961). S. 373-S3). Michael, der also ein Vetter der Kaiser Isaak 11. Angelos
(II85-II95) und Alexios III. Angelos (I I95-1203) war, gehörte einige Zeit zu den Griechen, die versuchten im Dienste des Bonifaz von Montferrat, des lateinischen Königs von Thessalonike, der die Frau Isaaks 11., Margarete von Ungarn, geheiratet hatte, Karriere zu machen. Eine Revolte im Thema Nikopolis gab ihm Gelegenheit, sich dort an die Stelle des ermordeten Senachereim zu setzen. Ein Versuch, den frän kischen Eroberern die Pe!oponnes streitig zu machen, schlug aber fehl. Michael wur de im Sommer 1205 bei Kuntura geschlagen. Er zog sich darauf in sein von natür lichen Grenzen geschütztes Gebiet zurück, das er leicht verteidigen konnte und das durch den Zustrom von Griechen aus den von den Kreuzfahrern besetzten Reichs teilen eine bedeutende Bevölkerungszunalune zu verzeichnen hatte. Michaels Macht erstreckte sich aber nicht, wie Gregoras behauptet, über Thessalien, das
212
ANMERKUNGEN: 5-7 zum lateinischen Königreich von Thessalonike gehörte. Den Titel Despot, der seinem Nachfolger Michael II. (123 1-kurz vor 1267) vom nikäischen Kaiser zuer kannt wurde (vgl. unten Anm 78 zu S. 49), hat Michael I. noch nicht geführt ; .
sein Reich war also auch noch kein >Despotat< (vgl. dazu zusammenfassend OSTRO
GORSKY : Gesch. S. 3 5 7 Anm. 2) . Beachtung verdient, daß Michael von Gregoras gerne der >Ätolier< genannt wird, wie auch das ganze >Despotat< von ihm oft als Ätolien oder Ätolien und Epeiros bezeichnet wird. (Über das epeirotische Reich [Ereignisse bis 1261 n. Chr.] NrcoL, Donald M. : The Despotate of Epiros. Oxford 1957. Wichtige Korrekturen und Ergänzungen zu NrcOL bei STIERNON, Lucien : Les origines du Despotat d'Epire. A propos d'un livre recent. In : Rev. etud. byz. Bd. 1 7 (1959). S. 90-126. Zu den Anfängen Michaels I. von Epeiros s. außerdem HEYD : Commerce Bd. I ,
S. 270 f. ; MrrLER : Latins S. 41 f. ; GARDNER : Lascarids S.
8 8-91 ; LONGNON : Empire latin S. 124( ; B ON : Moree S. 61-3 ; PRINZING: Bedeu tung S. 102-5. 1 10-4. 5
»bis auf den heutigen Tag« : Das Kaiserreich von Trapezunt bestand, wie ge
sagt (s. Anm 4), bis 1461. Der Epeiros hörte spätestens 1 3 3 7 auf, ein selbständiges .
Reich zu sein (so Gregoras :
Gesch. S.
553) ; demnach müßten vorliegende Zeilen
vor diesem Zeitpunkt geschrieben sein. 6
Ludwig von Blois heißt bei Gregoras, wie bei Nik. Chon. :
Gesch. S. 714,
12-3
u. ö. 0 x6 fL"Y) kleine< Mönchsgewand anzu nehmen; gelegentlich auch, wenn die Krankheit schlimmer wurde, das >großeGeneralissimus der kaiserlichen Truppen
des Ostens und des WestensRechte< waren von Michael
11. von Epeiros bei der
Heirat Manfreds mit seiner Tochter Helena anerkannt worden. Im Frühjahr 1259 wutde Berat von den nikäischen Truppen erobert. Vgl. NrCOL : The Date S. 69f.
nias 2,36.
ll6
Vgl. Homer :
117
Diese Kriegslist erwähnen die anderen Quellen nicht. Doch wiegt dieses
Schweigen nicht die innere Wahrscheinlichkeit auf, welche den Bericht des Gregoras unverdächtig erscheinen läßt. Trotzdem dürfte der Übertritt des unehe lichen Sohnes Michael� 11. von Epeiros, Johannes, der sich im Heer Willielms von Villehardouin befand, für die Haltung seines Vaters entscheidend gewesen sein. Vgl. GARDNER : Lascarids S. 247 f. ; LONGNON : Empire latin S. 224f. ; NrcOL : Epiros S. 179-82 ; GEANAKOPLOS : Mich. Palaeol. S. 67-73 . ll8
Gregoras' Kurzdarstellung der Schlacht tut den Verbündeten Michaels
von Epeiros Unrecht. Die fränkischen Truppen des Fürsten von Achaia stellten sich mutig dem Kampf, unterlagen aber der Übermacht. Vgl. GARDNER : Lascarids S. 248 f. ; MrLLER : Latins S. I I I f. ; CHAPMAN : Michel Paleol. S. 3 6 ; LONGNON: Empire latin S. 225 ; NrcOL : Epiros S. 1 82. Zur Bedeutung der Schlacht s. besonders GEANAKOPLOS : Mich. Palaeol. S. 73 f.
l l9
Manfred von Sizilien war nicht persönlich gekommen, sondern hatte
vierhundert deutsche Ritter entboten, die ZUSanlffien mit den Franken kämpften; sie entkamen nicht, sondern unterwarfen sich. Vgl. GEANAKOPLOS : Mich. Palaeol. S. 63 f.
Zu Kapitel IV 120
Der Tag der Schilderhebung und somit der Tag der ersten Kaiserprokla
mation ist nach Gregoras nicht, wie oft irrtümlich behauptet wird (so z.B. GEANA-
A N M ER K U N G E N : KOPLOS :
121
Mich. Palaeol. S. 45 Anm 66; OSTROGORSKY: Gesch. S. 369 Anm I) der Dezember. Dieser Tag wird einige Zeilen weiter unten als das Datum erwähnt, an dem Patriarch Arsenios Michael und seine Anhänger, die ihn auf den Sdllld erhoben hatten, wieder einmal dem jungen Kaiser Johannes IV. Laskaris Treue schwören ließ. Wieviel Zeit zwischen der Schilderhebung (in Nymphaion, nicht in Magnesia, vgl. WIRTH : Begründung S. 86f.) und der Leistung des Treueides (in Nikaia ? oder nachdem der Patriarch sich nach Nymphaion begeben hatte ?) verstrich, bleibt in der Darstellung des Gregoras unklar. Dieser verzeichnet nur noch, daß zwischen Leistung des Treueides und Krönung weniger als ein Monat verstrich. Als Jahr der Schilderhebung und der Krönung ergibt sich aus Gregoras' Angaben das Jahr 1259, denn beide Ereignisse fanden, so behauptet er, während der kriegerischen Auseinandersetzung auf der Peloponnes statt, und die Nachricht des dort erkämpften Sieges erreichte den Palaiologen, kurz nachdem er Kaiser geworden war. Da die Schlacht bei Pelagonia zwischen Juni und November 1259 geliefert wurde, wären Schilderhebung und Krönung Michaels VIII. also auf November und Dezember 1259 zu datieren. Konsequent setzt Gregoras denn auch unten S. 8 3 den Feldzug Alexios' Strategopulos, der = Rückeroberung Konstantinopels führte (25. Juli 1261), zwei Jahre nach der Thronbesteigung Michaels und der Schlacht bei Pelagonia an. Pachymeres Bd. I , S. 90ff. und die Kurzchronik vom Jahre 1 3 52 (s. u.) zwingen uns aber, diese Daten zu korrigieren. Die beiden genannten Quellen überliefern unabhängig voneinander den I . Januar 1259 als Datum der Krönung Michaels. Der Sieg bei Pelagonia ging also diesem Ereignis nicht voraus, sondern folgte ihm. Gregoras hat beides zeitlich zu eng miteinander verknüpft. Für eine grundlegende Erörterung dieses Problems s. WIRTH : Begründung. Vgl. auch LOENERTZ : Chron. breve S. 3 3 3 . 342-4 ; LAURENT : Reg. 1341-5. Zusätzlich ist zu beachten, daß Patriarch Arsenios in seinem Testament, PG 140, Sp. 949 D 4ff. die Erhebung Michaels erwähnt, ohne von einem neuen Treueid aus diesem Anlaß zu sprechen, wie er das zuvor bei der Ernennung zum Vormund und zum Despoten getan hat (s. Anm 110 zu S. 69 und Anm. 1 1 1 zu S. 71). Es scheint darum fraglich, ob es nach der Schilderhebung und vor der Krönung, so wie Gregoras es darstellt, eine spezielle Erneuerung des Treueides gegeben hat. Vielmehr dürfte bei unserem Autor eine Verdoppelung des bei der Krönung geleisteten Eides vorliegen. 121 Daß der Schilderhebung die Krönung bald folgte, schreibt auch Patriarch Arsenios in seinem Testament, PG 140, Sp. 952 B 9 f. Gregoras dürfte bei seiner Angabe �es verstrich kein Monat« an den 25. Dezember gedacht haben ; dieser Tag kommt aber nicht in Frage, da der Ausgangspunkt seiner Chronologie falsch ist. .
.
I.
.
237
A NMERKU N G E N : 122-129
122 Im Griechischen : »ein vorzügliches Vogelzeichen« aus Homer : Ilias 12,243 . 123 Zu den hier genannten Personen und Würden s. Anm I I 3 zu S. 72. Alexios .
Strategopulos war in Griechenland zurückgeblieben, um den Krieg gegen Michael II. von Epeiros fortzusetzen. Er mußte sich bald nach Thessalonike zurückziehen.
Ihm wurde seine Beförderung brieflich mitgeteilt. Vgl. NrcoL : Epiros S. 186-8. 124 Wilhelms Freilassung erfolgte erst drei Jahre später (Anfang 1262). Zu den Ereignissen der Zwischenzeit s. WIRTH, Peter : Von der Schlacht bei Pelagonia bis zur Wiedereroberung Konstantinopels. In : BZ Bd. 55 (1962). S. 30-7. Wilhelm von Villehardouin erkannte den byzantinischen Kaiser als seinen Lehensherrn an und erhielt dafür den Titel Großdomestikos (Generalissimus). Die drei Festungen, die er ausliefern mußte, waren Monembasia, Maina und Mistra (nicht Sparta, wie Gregoras antikisierend schreibt). Außerdem verlor er das Gebiet um Kinsterna und vielleicht Geraki. Dies war der Anfang des Niedergangs der fränkischen und des Aufstiegs der byzantinischen Macht in der Peloponnes. Vgl. Mn.LER : Latins S. II 3-6 ; CHAPMAN : Michel Paleol. S. 54( ; LONGNON: Empire latin S. 228-3 0 ;
ZAKYTHENOS : Moree Bd.
I,
S . 15-25 ; GEANAKOPLOS : Mich. Palaeol. S . 154 ( ;
BON : Moree S . 122-5.
125 Die Operationen Konstantinos' Palaiologos (über ihn Anm I I 3 zu S. 72) .
waren nicht so erfolgreich, wie Gregoras sie darstellt. Nach einem vielversprechen den Beginn wurden die Byzantiner zuerst 1263 bei Prinitza und dann noch einmal 1264 (?) bei Makry Plagi geschlagen. Außerdem erlitt die byzantinisch-genuesische Flotte bei Settepozzi (Spetzai bei der Insel Hydra) im Frühsommer 1263 gegen die Venezianer eine empfmdliche Niederlage. Beides verschweigt Gregoras. Sicher ist aber, daß nach dem Tod Wilhelms 11. von Villehardouin (I. Mai 1278) die Byzan tiner von der inneren Anarchie im Fürstentum Achaia profitierten. Gregoras erwähnt aber in seinem Geschichtswerk weiter unten die Peloponnes nur noch bei läufig (s. S. 362). Vgl. CARO : Genua Bd. I, S. 1 30-2 ; Mn.LER : Latins S. 120-4;
CHAPMAN : Michel Paleol. S. 55-62. 69-71 ; LONGNON : Empire latin S. 23 1-4 ; ZAKYTI-IENOS : Moree Bd. I, S. 32-43 ; GEANAKOPLOS : Mich. Palaeol. S. 1 53-60.
171-5 ; THIRIET : Rom. ven. S. 146( ; BON : Moree S. 129-3 5. 126 Zum Datum s. LAURENT : Chronol. Patr. (1208-1 309) S. 140. 127 Das schreibt auch Arsenios selbst in seinem Testament. Vgl. PG 140, Sp. 953 A 10-3 · 128 Nikephoros II. war Patriarch vom März 1260 bis Februar 1261. Vgl. LAURENT : Chronol. Patr. (1208-1309) S. 140-2. 129 Unten S. 87 bezeichnet Gregoras die Festung Galata als unbedeutend und klein. Pachymeres Bd. I, S. 122,1 ff. bezeugt, daß sie nicht leicht zu nehmen war.
A N ME R K U N G E N :
130-133
Zu Galata s. SCHNEIDER, Alphons-M. und NOMIDES, Miltiades-I. : Galata. Topo graphisch-archäologischer Plan. Istanbul 1944. 130 Zum Ausdruck vgl. Stobaios : Anthologie CXI 12: »Pindaros nannte die Hoffnungen Träume von Wachenden« ( frg. 234 BOECKH; lSpurium< frg. 289 SNELL). Die Hoflllung des Palaiologen, Konstantinopel einnehmen zu können, beruhte auf einem Versprechen des in byzantinischer Gefangenschaft lebenden Lateiners Anseau de Toucy. Dieser glaubte, durch Kontaktnahme mit seiner Familie in der Stadt die Pforten der Stadt für Michael öflllen zu können. Er konnte aber sein Versprechen nicht einlösen. Darauf schloß Michael mit dem lateinischen Kaiser einen Waffen stillstandsvertrag für ein Jahr (bis August I26I). Vgl. GARDNER : Lascarids S. 25I f. ; CHAPMAN : Michel Paleol. S . 40 ; GEANAKOPLOS : Mich. Palaeol. S . 75-9 ; WIRTH, Peter : Von der Schlacht (o. c. in Anm I24) S. 3 5. I 3 I Die Mongolen von Iran überschritten in den Jahren 1259/I260 den Euphrat und rückten bis Palästina vor, wo sie allerdings, was Gregoras nicht erwähnt, am 3 . September I260 beim Goliathsquell ('Ayn Djälüt) von den mamlukischen Truppen geschlagen wurden. Vgl. CAHEN : Pre-Ottoman Turkey S. 279. 1 3 2 Hülägü, der neue Ilkhän von Iran, dem vom Großkhän das zuvor vom Herrscher der Goldenen Horde, Batu, abhängige Sultanat Rum unterstellt worden war, hatte dessen Statthalter Baydju befohlen, die Steppe südöstlich des Kaspischen Meeres zu räumen und auf das kleinasiatische Hochland auszuweichen. Dieser ver fuhr so ohne kriegerische Absichten. Die Seldschuken fühlten sich indes bedroht und entschlossen sich zum Kampf. Nach der Niederlage flüchtete der seldschukische Sultan zuerst zu den Turkmenen von Ladig (Laodikeia) und von dort weiter zum nikäischen Kaiser. Im Mai 1257 konnte er mit Hilfe byzantinischer Verstärkungen nach Konya (!konion) zurückkehren, mußte aber nach einigen Jahren geteilter Herrschaft mit seinem Bruder Rukn al-Dm im Sommer I261 erneut flüchten und seinem Bruder die Alleinherrschaft überlassen. Dieser zog am I3. August I26I in Konya ein. Vgl. CAHEN : Pre-Ottoman Turkey S. 275-9. Melik ist Ghiyäth al-Dm Mas 'üd ll. ; er wird hier irrtümlich Bruder, aber unten S. I 3 7 richtig Sohn von Azatines ('Izz al-Dm Kay Käwüs ll.) genannt. Zum Namen Melik in den byzantini schen Quellen s. LAURENT : Melikes S. 3 6I f. 368 (der Gregoras' Fehler übernimmt). GEANAKOPLOS : Mich. Palaeol. S. 8I weist darauf hin, daß Michael den Mongolen von Iran versprach, den Sultan festzuhalten, und dafür von diesen Neutralität in seinem Kampf mit den Lateinern erwartete. 1 3 3 Vgl. Anm 120 zu S. 78. Ätolien und Akarnanien bildeten nur den südlichen Teil der Territorien des Epeiros ; Gregoras bezeichnet aber damit das ganze >Despo tatEpi ton deeseon< und Theodoros Metochites >Logothet ton agelon< nennt. Der Unterschied erklärt sich wohl daraus, daß Pachymeres die Ämter bezeichnet, welche die beiden bekleideten, als sie ausgesandt wurden, Gregoras die, zu welchen sie nach ihrer Rückkehr befördert wurden. Der >Epi ton deeseon< war der für die an den Kaiser gerichteten Bittschriften zuständige Beamte, der >Logothet ton agelon< der Beauftragte für die Transportmittel des Kaisers und seines Gefolges auf Feldzügen, zu dieser Zeit wohl nur noch ein Ehrenamt. Der >Logothet tu dromu< war jalrrhundertelang (8. Jh.-ca. 1200) einer der ersten Fllilktionäre des Reiches, etwa Minister des Inneren und des Äußeren zugleich, um diese Zeit aber kaum mehr als ein funktionsloser Würdenträger, der in der Liste des Ps.-Kodinos (um 1 3 50) den 27. Rang einnimtm . Der >Logothet ton oikeiakonOheim< des Kaisers apostro phiert, obgleich er nur der Enkel einer >Vaterschwester< Andronikos' 11. ist. Für Gregoras' Briefe an ilm s. GUILLAND : Correspondance Nr. 27. 28. 34. 3 8. 47. 63 . Zu seiner Person ebd. S. 3 72-4 und GUILLAND : Recherehes Bd. I, S. 246f. Über seine Erfolge gegen die Türken s. Pachyrneres Bd. 2, S. 2IO ff. ; WITTEK : Mentesche S. 41-3. In den Angaben über seine Revolte ist Gregoras zurückhaltend ; sein Be richt ist aus Pachymeres Bd. 2, S. 2 12,IOff. zu ergänzen. 341 Der Ausdruck »aus tiefer Scholle« ist Aischylos : Sieben gegen Theben 593 entnommen. Gregoras verwendet ihn auch in einem seiner Briefe, vgl. GUILLAND : Correspondance Nr. 48, S. 1 8 3 ,24. Libadarios war ein Mann von angesehenem Adel ; sein Vorname ist unbekannt. Als Protovestiarites nahm er den 19. Rang in der Ämterhierarchie ein. Sein Amt ist wohl zu unterscheiden von dem des Proto vestiarios (Vorstand der kaiserlichen Garderobe) , der in der Liste des Ps.-Kodinos an sechster Stelle erscheint. Über ihn s. GUILLAND : Recherehes Bd. I, S. 50S f. 342 Nach Pachymeres Bd. 2, S. 220,1 8 ff. hatte Libadarios die Provinzen um Neokastra zu verwalten, während Philanthropenos die Provinzen Asien, Lydien und Kelbianos zugewiesen bekam. 343 Die sprichwörtliche Redensart : »es gibt im Hause des Zeus keinen dritten Krug« geht auf Homer : Ilias 24,527f. zurück, wo es heißt, daß auf der Schwelle des Zeus zwei Krüge stehen, der eine mit bösen, der andere mit guten Gaben, die er unter die Menschen verteilt. Dadurch wird das menschliche Leben eine Mischung aus Glück und Unglück. Eine dritte Möglichkeit, d. h. ein Leben ohne Leid, gibt es nicht. Das gleiche Bild verwendet Gregoras in einem Brief an Philanthropenos, s. GUILLAND : Correspondance, Nr. 47, S. 167,8-12. Vgl. zu dieser Redensart KARATHANASIS : Sprichwörter Nr. 3 . 3 44 Zur Darstellung der Tyche im 14. Jh. s. BEcK : Metochites S. 34. 96 ff. 345 Kreta war im März 1204 Bonifaz von Montferrat zugesprochen, von ihm .
.
A NM E R K U N G E N : 346-3 50 aber schon am 12. August 1204 für Geld und militärische Unterstützung an Venedig abgetreten worden. 1206 wurde die Insel vom Piraten Enrico Pescatore, Graf von Malta, erobert, der sich mit Hilfe Papst Innozenz' III . und Genuas bis 1212 der Inbesitznahme durch Venedig widersetzen konnte. Seit 1212 wurde Kreta von Genua den Venezianern überlassen. Ein Versuch Johannes' HI. Batatzes, durch Unterstützung der griechischen Rebellen auf der Insel um 1233 die byzantinische Oberhoheit wiederherzustellen, verlief erfolglos. Die Rückeroberung Kretas war auch im Vertrag von Nymphaion vorgesehen; Versuche Michaels VIII
.,
sie zu
verwirklichen, brachten die Venezianer um 1264 nur vorübergehend in Bedrängnis. Im Vertrag mit Venedig von 1265/8 erkannte Michael die Herrschaft der Dogenstadt über die Insel an. Diese Anerkennung wurde im Vertrag vom 19. März 1277 von Michael VIII. und noch einmal im Jahre 1285 von Andronikos H. erneuert. Die griechischen Rebellen der Insel, besonders die führenden Familien (u. a. die Chor tazzi), sahen sich darauf gezwungen, nach Konstantinopel ins Exil auszuwandern. Sie wurden vom Kaiser in Kleinasien angesiedelt. Um sie handelt es sich hier. Vgl. HEYD : Co=erce S.
276-8 1. 470-2 ; MILLER : Latins S. 47 [ ; THIRIET : Rom. ven.
S. 75 [ 8 7 f. 95-9· 1 39· 152f. BORSARI, Silvano : 11 dominio veneziano a Creta nel
XIII secolo. Napoli 1963. S. 52-4. 346 Zu diesem bekannten Sprichwort s. Zenobios III 68 und Diogenianos IV 46. 347 Vgl. Zenobios III 47 mit Anm und Diogenianos IV 41 mit Anm 348 Der Kaiser überließ nicht alles der Vorsehung. Er machte Libadarios für die Niederwerfung der Revolte große Versprechungen (um den 6. Januar 1296), vgl. DÖLGER : Reg. 2185. Eine spätere Gesandtschaft an den Abtrünnigen selbst, Anfang Januar 1297, sollte diesen durch das Angebot der Kaisarwürde zur freiwilligen Unterwerfung bewegen. Vgl. DÖLGER : Reg. 2199. Philanthropenos war aber in .
.
zwischen schon von Libadarios festgeno=en und geblendet worden. Libadarios wurde zum Großstratopedarch befördert (s. Anm 443 zu S. 255). Vgl. GUILLAND : .
Recherches Bd.
I,
S. 505 [ Zu dieser Episode s. auch GRUMEL, Venance : Le mois
de Marie des Byzantins. In : Ech. Or. Bd. 3 1 (1932). S. 265 f.
349
Theodoros war der jüngste Sohn Michaels VIII geb. ca. 1263. Er war mit .,
einer Tochter des Libadarios verheiratet. Da sein kaiserlicher Bruder ihn nur zum Sebastokrator, nicht aber zum Despoten ernennen wollte, schlug er alle Würden aus. Das Datum seines Todes (sicher nach 13 10) ist unbekannt. Vgl. PAPADOPULOS : Genealogie Nr. 43 .
3 50 Die Datierung dieses Erdbebens, das mit Nachstößen bis zum 17. Juli dauerte, nach Pachymeres Bd. 2, S. 23 3 , 5 ff. Vgl. SCHMID : Zur Chronologie S. 8 5 ; GRUMEL : Chronol. S . 48 1. Andronikos befand sich gerade im Damatryspalast an
277
A N M E R K U N G E N : 3 5 1-3 53 der kleinasiatischen Küste. Vgl. JANIN : Cple S. 148. Zur Michaelssäule vor der Apostelkirche, die nur aus Gregoras bekannt zu sein scheint, s. JANIN: Egl. Mon. S. 44·
351
Die Loslösung Serbiens von Byzanz war schon unter Andronikos I. Kom
nenos (II 83-I I85) von Stephan I. Nemanja vollzogen worden. In der ersten Hälfte des 13. Jh. spielte Serbien, wie auch Albanien, in der Politik der Kaiser von Nikaia keine große Rolle und die Beziehungen des Epeiros und Thessaliens zu diesen Nach barn fanden nicht Gregoras' Interesse. Mit Recht kann man bemängeln, daß er nicht einmal erwähnt, daß Stephan Uros I. (1243-1276) sofort nach seiner Thronbestei gung eine Allianz mit Nikaia schloß und daß seinem Beispiel, zum Nachteil des Epeiros, auch Albanien folgte GIRECEK : Serben S . 3 IO () . Auch die von Michael IL von Epeiros angezettelte und von Serbien unterstützte albanische Rebellion vom J. 1257, die West-Makedonien wieder in Michaels Hände brachte, wäre zu be handeln gewesen (vgl. NICOL : Epiros S . 161-6) ; ferner die Unterstützung, die Nikaia in der Schlacht von Pelagonia 1259 von den Serben erhielt, und der An schluß des mit einer französischen Prinzessin verheirateten Stephan Uros L an Kar! von Anjou (nach 1267). Der eigentliche Aufstieg Serbiens, den Gregoras hier im Auge hat, begann unter Stephan Uros 11. Milutin (1282-1321), der gleich in seinem ersten Regierungsjahr Skopje eroberte und seitdem seine Einfälle in byzantinisches Gebiet nicht mehr einstellte. Er eroberte bis 1298 noch Tetovo, Stip, Veld, Kicevo und Debar. Vgl. JIRECEK : Serben S . 3 3 3 ff. So ist es verständlich, daß die Initiative zu den Verhandlungen, die Gregoras von einer serbischen Gesandtschaft eröffnen läßt, in Wirklichkeit vom byzantinischen Kaiser ausging, welcher hoffte, durch eine Heiratsverbindung den dauernden Übergriffen des Serbenkönigs ein Ende bereiten zu kömlen. Die Weigerung der Eudokia (über sie s. Anm. 259 zu S. 149 ; vgl. auch JANSSENS : Trebizonde S. 92f.) führte erst zur hier erwähnten drohenden Haltung Milutins, dem eine Verbindung mit dem byzantinischen Kaiserhaus im Hinblick auf den Machtkampf mit seinem Bruder Stephan Dragutin willkommen war. Vgl. OSTROGORSKY : Gesch. S. 403.
3 52 Milutins erste Frau war eine Tochter des Sebastokrators Johannes I. von Thessalien, der hier irrtümlich Herrscher von Vlachien genannt wird; die zweite war eine Schwester Ladislaus'
IV. von Ungarn ; die dritte eine Schwester Theodors
Svetoslav von Bulgarien (1300-1322) und Tochter des bulgarischen Zaren Georg I. Terter (1280-1292). Vgl. JIRECEK : Serben S. 323. 3 39f.
353
Andronikos' Angebot, dem Kral seine eigene Tochter zur Frau zu geben,
erfolgte in der zweiten Hälfte des Jahres 1298 ; vgl. DÖLGER : Reg. 2209. Die wich tigen Verhandlungen wurden von Theodoros Metochites geführt, dessen Gesandt-
A NM E R K U N GE N : 3 54-3 59
schaftsbericht erhalten geblieben ist (hrsg. von SATHAS, Konstantin : ME(J"(Wu\lLX� B LßALo&1jX"YJ. Bd. I [1872] . S. I54-93 ) ; s. dazu SEVCENKO : Polemique S. I40 und S. 10 Anm 3. Zu Simonis s. LASKARIs, Michael : Vizantiske princeze u srednjevekov noj Srbiji. Prilog istoriji vizantisko-srpskih odnosa od kraja XII do sredino XV veka. Beograd I926. S. 53-82; PAPADOPULOS : Genealogie Nr. 65. Nach Pachymeres war sie zu diesem Zeitpunkt 6 Jahre alt. 3 54 Das genaue Datum der Abreise, den 6. Februar I299, gibt Pachymeres in seinem Bericht Bd. 2, S. 273,7-279,3 . 3 5 5 Michael Kutrulis, der Sohn Michaels Ir . von Epeiros und der Theodora Petraliphaina (vgl. Anm 74 zu S. 47), hieß mit vollständigem Namen Demetrios Michael Dukas Angelos Kutrulis. Er hatte 1278 eine Tochter Michaels VIII. und Schwester Andronikos' Ir., Anna, geheiratet. Die Ehe mit der Exgattin Milutins wurde im Sommer 1301 geschlossen. Später geriet er in den Verdacht des Hoch verrats und wurde am 1 3 . März 1 3 04 samt Frau und Kindern eingekerkert. Vgl. JlRECEK: Serben S. 34I ; PAPADOPULOS : Genealogie Nr. 47; SCHMID : Zur Chronolo gie S. 8 5 ; DÖLGER : Reg. 221 6 ; POLEMIS : Doukai S. 96 mit Anm 4 ; LAURENT : Reg. 1582. 3 56 Der byzantinische Kaiser erreichte eine (vorübergehende) Einstellung der serbischen Feindseligkeiten, mußte aber dafür mit dem Verzicht auf die von Milutin oberhalb der Linie Ochrid-Prilep-Stip eroberten Länder bezahlen, die seine Tochter dem Serbenkönig als Mitgift einbrachte. Vgl. JIRECEK: Serben S. 3 3 5. 340 ; DÖlGER : Reg. 2216. 221 8. 3 57 Andronikos war zu diesem Zeitpunkt 39 Jahre alt (vgl. Anm I44 zu S. 87 und Anm 249 zu S. 144). Demnach müßte Milutin fast 44 Jahre gezählt haben, als er die fünfjährige Simonis heiratete. Um den Unterschied zu mildern, dürfte Gregoras Milutins Alter von 43 auf 40 abgerundet haben. 3 5 8 Als Massageten werden von den byzantinischen Autoren für das 4. bis 6. Jh. die Hunnen, für das 6. Jh. die Alttürken und im 1 3 . Jh. die Tataren bezeichnet. Die Gleichsetzung von Massageten und Alanen fmdet man auch bei Ammianus Marcellinus 3 1,2,12 und in Byzanz z. B. bei Johannes Kinnamos S. 148,13. Vgl. MORAVCSIK : Byzantinoturc. Bd. 2, S. 183 f. Hier handelt es sich um Alanen, die vor dem Ansturm der Mongolen aus Südrußland ausgewichen waren und sich nördlich der unteren Donau niedergelassen hatten. Vgl. Pachymeres Bd. 2, S. 307, 1-310,6, der ihre zahl mit 16000 angibt. Ihre Christianisierung war durch byzan tinische Missionare von Sebastopolis aus erfolgt. 359 Andronikos Ir. erlaubte ihnen, sich in Kleinasien anzusiedeln, vgl. DÖLGER : Reg. 2241. .
.
.
.
.
279
A N M E R K U N G E N : 360-365
360 Demen (ö'ii fLOL
=
>BürgerschaftenHebdomaios< = >am siebten Tagam Samstag< bedeuten könnte. LAURENT : Chronol. Patr. (1208-1309) S . 148 und Chronol. Patt. (1294-13 50) S. 148 versteht Hebdomaios so. Der Samstag wäre in diesem Fall der 22. Juni gewesen. Eine solche Angabe hätte hier aber wenig Sinn, so daß es mir wahrscheinlicher erscheint, daß Gregoras ein Fehler in der Chrono logie unterlaufen ist. 3 73 Patriarch Athanasios II. von Alexandrien (1276-13 16) war ein scharfer Geg ner Athanasios' I. Ein Grund dafür war sicher auch, daß dieser seinerseits versuchte, den Kaiser zu bewegen, ihn wie auch den Bischof von Tyrus aus Konstantinopel auszuweisen. Vgl. BOIVIN zur Stelle, ed. Bonn. S. 1200 ; GILL, Joseph : Emperor Andronicus II and Patriarch Athanasius I. In : Byzantion. Bd. 42 (1972). S. I I--9. 3 74 Karl von Italien ist Karl II. Anjou von Neapel (1285-1309), Theuderichos von Sizilien ist Fadrique oder Friedrich II. von Aragon, als König von Sizilien Friedrich III. (1296-13 3 7). Den Namen Theuderichos anstelle des üblichen Ferderi chos hat auch Pachymeres. Vgl. Anm 157 zu S. 92. Der angiovinisch-aragonesische Krieg dauerte von I282 (Sizilianische Vesper) bis 1302 (Friede von Caltabellotta). 3 75 Die Breite der Meerenge von Messina wird von Gregoras unbegreiflich hoch angegeben. Ca. 30 Meilen = 45 km, vgl. SCHILBACH : Byz. Mettol. (o.c. .
.
.
.
ANMERKUNGEN: in Anm
.
471
zu S.
376-3 79 276)
S.
3 3 fE in Wirklichkeit mißt die
Seestraße nur
antiken Autoren bieten unterschiedliche Angaben ; Strabon
12
Stadien, Thukydides
20
6/7
3,6 km.
Die
Stadien, Polybios
Stadien. Vielleicht hat Gregoras seine Angabe aus
einem unbekannten zweitrangigen Geographen. Es ist aber auch möglich, daß ein '
3) als "A' ( 30) gelesen hat. Die Hss Vatic. gr. 165 und Paris. gr. 1 723 haben statt 30 Meilen 230 Stadien, was als eine Umrechnung von 30 Meilen zu
Kopist ein y ( =
=
betrachten ist.
376
Roger de Flor, geb. ca.
1266/7
als Solm eines deutschen Falkners (Richard
Blum) im Dienste Kaiser Friedrichs 11. (gefallen in der Schlacht von Tagliacozzo) und der Tochter eines vornehmen Bürgers von Brindisi, stieg vom Schiffsjungen auf einem Templerschiff auf zum Kapitän der größten Galeere des Ordens. Be schuldigt, sich auf unrechtmäßige Weise bereichert
zu haben, mußte er, um der
Fesmahme durch den Großmeister des Ordens zu entgehen, nach Genua flüchten. Er wurde Pirat und konnte sich bald mit einem eigenen Schiff Friedrich ill. von Sizilien (
=
Friedrich 11. von Aragon) zur Verfügung stellen, welcher ihn zum
Vize-Admiral ernannte. In dieser Funktion wurde er der gefürchtetste Seeräuber seines Jahrhunderts. Seine Mannschaften kamen aus Katalonien, Aragon, Mallorca, Languedoc und Navarra. Vgl. SCm.UMBERGER : Almugavares S. l fE ; DADE : Ver
80. Zur Angabe »Galatien jenseits und südwestlich von den Alpen« s. Anm 413 zu S. 240. 3 77 Dieses Sprichwort ist mir im Griechischen sonst nur aus Nik. Chon . : Reden S. 145,4f., lateinisch auch aus Hieronymus : Contra Ioannem Hierosolymitanum 37 bekannt . 3 78 Beim Frieden von Caltabellotta 1302 wurde die Heirat Friedrichs ill. von suche S.
.
Sizilien mit Eleonore von Anjou, der Tochter Karls 11., vereinbart. Die Angabe : »ihrer Kinder« ist also ungenau.
3 79
Der Antrag Rogers erfolgte Anfang
1303 .
Zuvor hatte Friedrich ill . ver
sucht, die Katalanen an Karl von Valois loszuwerden, der als Gemahl der lateinischen Titularkaiserin von Konstantinopel, Katharina von Courtenay, einen Angriff auf Byzanz geplant hatte. Dieser zeigte sich aber zu diesem Zeitpunkt nicht daran interessiert. Kaiser Andronikos 11. nahm das Angebot an. Vgl. CARÜ : Zur Chrono logie S. lunya S.
1 14f. ; SCm.UMBERGER : Ahnugavares S. 14ff. ; NICOLAU D'OLWER : Cata 5 1 f. ; DADE: Versuche S. 80fE ; D ÖLGER : Reg. 2248. Die Katalanen waren
in Byzanz als Seefahrer und Kaufleute nicht unbekannt, vgl. REYD : Co=erce Bd.
I,
S.
475-9 ;
GIUNTA : Arag. e Catal. Bd.
2,
S.
38 . 82-5. 140-2.
Im Jahre
1296
hatte Andronikos 11. Kaufleuten aus Aragon, Katalonien, Mallorca, Valencia, Toledo das Recht eingeräumt, im Reich Handel zu treiben, vgl. DÖLGER : Reg.
ANMERKU N G E N : 3 79 a-3 82 21 84. Für die Quellen zur Geschichte der Katalanischen Kompanie s. SETTO N : Cat. Dom. S. 5 Anm. 1 6 . Die von Gregoras gegebene Zahl 2000 ist zu niedrig. Pachymeres Bd. 2, S. 393,9 spricht von 8000. Muntaner Kap. 201, dem in diesem Punkt mehr Autorität zukommt als dem byzantinischen Historiker, gibt folgende Zahlen : 1500 Reiter, 4000 Amogavaren
=
leichte Fußtruppen, 1000 Fußknechte.
Er vergiBt auch nicht zu erwähnen, daß diese Soldaten von ihren Frauen, Kindern und Freundinnen (»Amigues«) begleitet wurden. Vgl. SETTON : Cat. Dom. S. 3 . 3 79 a
Gregoras schreibt Katelanen ; es schien mir nicht ratsam, diese Schreib
weise in der Übersetzung beizubehalten. 3 80
Zum Namen Amogavaren oder Almugavaren s. LAMMEN S, Henri : Remar
»al-11loghawer, soldat qui court la campagile pour faire une razzia, une algarade dans le sens etymologique de ce dernier mot«. Die Araber bezeichneten mit diesem Namen ihre Grenzkrieger, ques sur les mots fran�ais derives de l'arabe. Beyrouth 1 896. S. 276 :
vgl. WITTEK : Mentesche S. VIII und 43 . Beute zu machen war das Hauptziel dieser Abenteurer-Soldaten. 3 81
Darüber war man schon in einem zweiten Vertrag zwischen Roger und
dem Kaiser im Frühjahr 1 303 übereingekommen. Zugleich war die Besoldung der Truppen vereinbart worden. Vgl. DÖLGER : Reg. 2252. Die Ausführung der Vertragsbestimmungen erfolgte sofort nach der Ankunft der Kompanie in Kon stantinopel (September 1303, vgl. CARO : Zur Chronologie S. U 5 0 . Zugleich wurde ein neuer Vertrag zur Bekräftigung der früheren Vereinbarungen abge schlossen. Vgl. DÖLGER : Reg. 2258. Die Nichte des Kaisers, Maria, die Roger zur Frau bekam, war die Tochter Ivan Asens III . von Bulgarien (1279-1280), der mit Andronikos' 11. Schwester Eirene verheiratet war. Sie war noch nicht r6 Jahre alt (vgl. PAPADOPULOS : Genealogie Nr. 44). Das Amt des Megas Dux
=
Oberster
Kommandant der Flotte wird von Gregoras hier zum ersten Mal genannt, obgleich eine Reihe von Vorgängern Rogers in diesem Amt aus der Zeit nach 1204 bekannt ist, darunter Michael VIII (vor der Machtergreifung), Alexios Philanthropenos und .
Licario. Zu diesem Amt (der Titel Megas Dux seit Alexios I. Komnenos I08I-I I r 8) s. GUILLAND : Recherches Bd. r, S. 53 5-62. 3 82
Berenguer de Entenp, von Gregoras »ein anderer Katalane« genannt, ob
wohl Roger de Flor keiner war, ein Kampfgefährte Rogers im Dienste Friedrichs III. von Sizilien, wurde im September 1 3 04 von Andronikos 11. aufgefordert, mit
seinen Leuten unter den gleichen Bedingungen wie Roger bei ihm in Dienst zu treten. Pachymeres Bd. 2, S. 393 , 10-3 berichtet, daß er schon vor Roger und unauf gefordert gekommen war, um seine Dienste anzubieten. Ersteres stimmt sicher nicht. Möglich ist aber, daß die Aufforderung des Kaisers für das Kommen Enten�as 285
nicht entscheidend war. Es scheint, daß dieser von Friedrich III. auch den Auftrag hatte, Gerüchte über einen Streit zwischen dem byzantinischen Kaiser und der Kompanie zu untersuchen und nötigenfalls zugunsten seiner Landsleute einzugreifen. Enten�a landete Oktober 1 3 03 mit 300 Reitern und 1000 Almugavaren in Kalliu polis und erhielt dort von Andronikos 11. auf Vorschlag Rogers eine Einladung, vor ihm zu erscheinen. Mitte Dezember traf er in Konstantinopel ein. Zu Weihnachten ernannte der Kaiser ihn zum Megas Dux. Ob Roger schon im Oktober die Kaisar würde erhalten hatte oder ob seine Ernennung erst im Februar erfolgte, läßt sich nicht mit Sicherheit bestimmen. Vgl. CARO : Zur Chronologie S. I I7 ; SCr-ILUM
BERGER : Almugavares S. 125 f[ ; NrCOLAU D ' OLWER : Catalunya S. 69-72 ; DADE : Versuche S. 88 f[ ; DÖLGER : Reg. 2269. 2273 f. 2277. Rogers Vorgänger als Kaisar war Alexios Strategopulos, sein Nachfolger der Sohn des Konstantinos Porphyro gennetos ; vgl. oben S. 79 ; unten S. 374 ; GUILLAND : Recherehes Bd. 2, S. 34. 383
Das heißt : im Frühling nach der Ankunft Rogers (September 1 3 03) ; über
die Ankunft Berenguers de Enten�a hat Gregoras zu früh berichtet und mit »kurz darauf« irreführend datiert. Zum Folgenden ist zu bemerken, daß es noch keine befriedigende Studie über den kleinasiatischen Feldzug der Katalanen gibt, vgl.
LEMERLE : Aydin S. 1 5 Anm. 5 . 3 84
Theoleptos von Philadelphia (1250-ca. 1325 ; über ihn s . GUILLAND : Cor
respondance S. 3 79-82 ; GOUILLARD, Jean : Theolepte de Philadelphie. In : DTC Bd. 1 5 , 1 [1946] . Sp. 339-41 ; SALAVILLE, Severien : Deux documents [o.c. in Anm. 283 zu S. 166] S. 120) war seit der >Säuberung< der Kirche nach dem Tod Michaels VIII. Bischof der Stadt. Er war ein hervorragender Seelsorger und Theologe. Nikephoros Churnno s, ein Feind Rogers de Flor, schreibt in seiner Totenklage auf den Bischof ihm allein die Rettung der Stadt zu (ed. BorSSONNADE : Anecd. Gr. Bd. 5, S. 23 1-3 ; vgl. VERPEAUX : Chournno s S. 47). Sein Anteil kann nur moralisch gewesen sein ; ohne die Katalanen wäre die Stadt verloren gewesen. Der Entsatz erfolgte Mai 1 304. Vgl. CARO : Zur Chronologie S. I I6. 385
Diese waren also nicht alle aus Kleinasien weggezogen, wie Gregoras oben
S. 205 schreibt. 3 86
Die Katalanen drangen bis zum Eisernen Tor vor. Ihr Erfolg kommt einem
vernichtenden Urteil über das byzantinische Heer und seine Führer gleich. Vgl. Muntaner Kap. 205 f[ ; CARO : Zur Chronologie S. I I 6 f. ; S CHLUMBERGER : Almuga vares S. 5 I f[ ; NrCOLAU D ' OLWER : Catalunya S. 5 8 f[ ; WITTEK : Mentesche S. 43 f. ; LEMERLE : Aydin S. 1 5-8 ; OSTROGORSKY : Gesch. S. 406. 387
Eine gute Mörserkeule ist vollkommen glatt ; daher diese Redensart; vgl.
Georgios v. Zypern Codex Leid. III 20 ; KARATHANAsrs : Sprichwörter 129. 286
A N M ERKUN G E N : 3 8 8-394 388
Der Vorwand war, daß sein Sohn Michael vor Adrianopel von den Bul
garen bedrängt würde. Pachymeres Bd. 2, S. 480, I 2 ff , der dieses keinen Vorwand, sondern einfach den Grund nennt, datiert die Aufforderung des Kaisers zwischen 2 3 . August und 29. September 1 3 04. VgL CARO : Zur Chronologie S. I I 7 ; SCHLUM BERGER : Almugavares S. 109ff. ; NICOLAU D'OLWER : Catalunya S. 65 ff ; DÖLGER : Reg. 2268. Roger überwinterte mit seinen Truppen in Kalliupolis. 3 89
Zur Vorgeschichte der Ermordung s. SCHLUMBERGER : Almugavares S.
146 ff ; DÖLGER : Reg. 2278. 2279. 228 1 . Nach Pachymeres Bd. 2, S. 523, 10-12 begab Roger sich mit nur 150 Mann zu Michael nach Adrianopel ; Muntaner Kap. 2 1 5 spricht von 300 Reitern und etwa 1000 Mann Infanterie. Das Fußvolk kam viel leicht nicht mit in die Stadt und ist darum von den byzantinischen Historikem nicht berücksichtigt worden (vgL DADE : Versuche S. 98 Anm. 546) . Zur Ermor dung s. SCmUMBERGER : Almugavares S. 1 5 1 ff ; NICOLAU D'OLWER : Catalunya S. 74-7 ; DADE : Versuche S. 98-100. Zum Datum s. CARO : Zur Chronologie S. 1 1 7 ( ; DADE : Versuche S. 99 Anm. 548, der für Mai 1 305 plädiert ; SETTON : Cat.Dom. S. 4. 390
tios
Der nachfolgende Absatz ist ein Gemeinplatz, den Gregoras auch im Floren
hat, wie schon BOIVIN in einer Anmerkung zur Stelle, ed. Bonn. S. 1204, no
tierte. 391
Zur Piraterie und Gefangennahme des Berenguer de Enten�a s. Muntaner
Kap. 2 1 8 ; HEYD : Commerce Bd. I, S. 45 1 ; CARO : Genua Bd. 2, S. 3 08 ff ; ScmUM BERGER : Almugavares S. 1 69 ff ; NICOLAU D'OLWER : Catalunya S. 79f. ; DADE : Ver suche S. 101. I I I ff ; zum Datum s. CARO : Zur Chronologie S. I I 8. 392
Die Alanen waren Roger unterstellt gewesen. Schon während der Über
winterung auf der Halbinsel von Kyzikos 1 3 03-1 3 04 war es zwischen Katalanen und Alanen zum offenen Kampf gekommen, da letztere von Roger benachteiligt wurden. Dabei war der Sohn des Alanenführers Georgios ermordet worden. Die ser war es denn auch, der mit seinen Leuten den Mord an Roger und seiner Be gleitung in Adrianopel verübte. VgL Pachymeres Bd. 2, S. 422 ff ; 525,lOff CARO : Zur Chronologie S. I I6 ; S CmUMBERGER : Almugavares S. 65 ( 1 54-6 ; NICOLAU D'OLWER: Catalunya S. 57· 75. 393
Schon Berenguer de Enten�a soll vor seiner Gefangennahme 1 500 Türken
in Dienst genommen haben. Es handelt sich um Türken aus Aydin. VgL Muntaner Kap. 228 ; SCHLUMBERGER : Almugavares S. 2 12 ( ; DADE : Versuche S. 105 ; WIT TEK : Mentesche S. 59. 3 94
Dies geschah
im
Auftrag Andronikos' 11., vgL DÖLGER : Reg. 2279. Zur
Schlacht bei Apros, die anschließend erörtert wird, s. SCmUMBERGER : Almugavares
A N M E R K U N G E N : 395-403 S. I93 f( ; NrcOLAu O'OLWER : Catalunya S. 82 ; DAoE : Versuche S. 103 (, der als Datum Ende Juli 1305 errechnete (s. Anm. 569). 395
Oben S. 8 2 ; vgl. auch Anm 204 zu S.
396
Oben S. 10of.
397
Die europäischen >SkythenPrimi( soll also im Laufe der Zeit verschwunden sein. In Wirklichkeit ist Kirios die Übersetzung für Sire, wie die Franzosen den Herrn von Theben ur sprünglich nannten. Theben war eine >Seigneuriec Die Griechen fügten diesem Titel Megas (Groß) hinzu. Auch Athen war ursprünglich eine Seigneurie. Den Titel Herzog (Duc, Dux) soll nach der Chronik von Morea Guy I. de La Roche im J. 1259 von Ludwig IX. von Frankreich erhalten haben. Vgl. MILLER : Latins S . 107. BON : Moree S. 120 stellt diese Überlieferung in Frage und glaubt, daß als erster Guy's Sohn WilheIm (1280-1287) den Titel Herzog geführt hat. (Doch schreibt er S. 704 : Guy I. . . . depuis 1260 duc). 413
Als südliches Iberien, oder wörtlicher übersetzt Unteriberien, betrachtet
Gregoras Spanien, vgl. Florentios S. 494,1 5 . Aufschlußreich für seine geographischen Vorstellungen über Italien ist eine andere Stelle
im Florelltios, nämlich
S. 493 ,9-1 3 .
Dort schreibt er, daß die Römer ganz Italien eroberten und Neapel zur Ostgrenze, Marseille und die Alpen zur Westgrenze machten. Später, fährt er fort (Z. 14-1 8), eroberten sie auch noch Tarent und erweiterten ihre Macht bis zum Ionischen Golf. 414
Im Jahre 1290 war der Despot Nikephoros I. von Epeiros gestorben. Seine
Witwe Anna, eine Tochter der Schwester Michaels VIII . , Eulogia, übernahm für ihren unmündigen Sohn Thomas die Regentschaft (bis 1 3 1 3) . Die byzantinische Kaiserin dürfte für ihren Sohn eine Heirat mit Annas Tochter Thamar ins Auge gefaßt haben, die später Philipp von Tarent heiratete. 415
In einem Brief des Patriarchen Athanasios an Andronikos II., hrsg. von A.
E. LAIOU in : Byzantion. 38 (1968). S. 404-6 (mit englischer Übersetzung S. 407-1O) (vgl. Anm . 410 zu S. 237) ist davon die Rede, daß Johannes, von seiner Mutter ge zwungen und im Einvernehmen mit dem Kaiser selbst, die Herrschaft über das der Kaiserin aufgrund ihrer Geburt zustehende Land (d.h. Montferrat) anstrebte. Der Patriarch protestiert dagegen, da niemand dafür bürgen kann, daß der junge Prinz im fremden Land den rechten Glauben bewahren wird. Ursprünglich wollten also Kaiser und Kaiserin ihren ältesten Sohn nach Montferrat senden. Daß man davon abrückte und dem Patriarchen halbwegs entgegenkam, indem man den jüngeren
A N M E R K U N G E N : 416-422
Theodoros dann dafür auswählte, fand vermutlich seinen Grund darin, daß JohaJ.l nes im Falle eines vorzeitigen Todes des Thronfolgers Michael IX. die Thronrechte in Byzanz zugefallen wären. Es ist aber nicht klar, ob Gregoras hier diesen Plan im Auge hat. VgL LAIOU : o . c. ; LAURENT : Reg. S. 574 NI. 8. 416
Der >Epi tu kanikleiu< (kaiserlicher Schriftführer ; zum Amt s. DÖLGER,
Franz : Der Kodikellos des Christodulos in Palermo. In : Diplomatik. S. 50-65) war kein besonders hochgestellter Beamter (19. Rang bei Ps.-Kodinos). Nikephoros Chumnos (von ihm ist hier die Rede) erhielt dieses Amt Anfang 1295. Zu seiner Ab stammung s. VERPEAUX, Jean : Notes prosopographiques sur la famille Choumnos. In : Byzantinoslav. Bd. 20 (1959). S. 252-66 ; zu seiner Person s. VERPEAUX : Choum nos ; SEVCENKO : Pol6mique passim (Index S. 303 f. ; Lit. S. 4 Anm
.
) Als Günstling
I .
des Kaisers war er zugleich >Mesazon< und somit nach dem Kaiser der mächtigste Mann im Reich, bis er diese Funktion aJ.l Theodoros Metochites verlor (um 13051 6). Die Heirat seiner Tochter Eirene, die später als Nonne den Namen Eulogia an nallm, mit dem Sohn des Kaisers fand kurz nach Ostern 13 03 statt. Die Braut war nicht, wie Gregoras Bd. 3 , S. 238, 13-17 schreibt, 16, sondern
II
Jwe alt, und sie
verlor ihren Mann nicht nach einer zweijährigen, sondern nach einer vierjährigen Ehe, Ende 1307. VgL VERPEAUX : Chournno s S. 42 ff. 48 Anm. 4. Die Witwe zog sich darauf in das von ihr wiedererbaute Kloster >des menschenliebenden Erlösers< zurück, wo sie 1 3 60 starb. VgL JANIN : EgL Mon. S. 527-9. 417
Zu diesen Altersangaben s. oben Anm. 353 zu S. 203 und Anm 3 5 7 zu .
S. 204· 418
Im
Griechischen : »auf die zweite Art zu fwen« ; vgL oben Anm 94 zu .
S. 60. 419
Oben S. 237·
420
Die Griechen trugen einen Bart. Dieser Unterschied wurde im Kirchen
streit hochgespielt. Er spielte schon eine Rolle bei der Exkommunikation des Mi chael Kerullarios durch Kardinal Humbert vom 1 6. Juli 1054 und in der Antwort des Patriarchen (Synodalerlaß) vom 20. Juli 1054; s. HERGENROETHER, Joseph : Photius, Patriarch von Konstantinopel : sein Leben, seine Schriften, und das grie chische Schisma. Bd. 3 . Regensburg 1 896. S. 759. 762. Vgl. HOFMEISTER, Philipp : Der Streit um des Priesters Bart. In : Zs. Kirchengesch. Bd. 62 (1943 /4) . S. 72-94. 421
Theodor kam 1 3 16/7 nach KonstantinopeL Ob er sich wirklich auch nach
Serbien begeben hat, wie Gregoras schreibt, ist zweifelhaft. Er kehrte vor Juni 1 3 19 nach Montferrat zurück. VgL LASKARIS : Princeze (o. c. in Anm 3 5 3 zu S. 203) S. .
73 ft: 422
Oben S. 230. 291
ANMERKUNGEN: 423-43 2 42 3
Zu diesem Datum s. CARO : Zur Chronologie S. 123 [
424
Gregoras schwankt in der Angabe der Zahlen. Unten S. 247 setzt er die
Gesamtzahl von Katalanen und Türken auf8000 ; S. 248 spricht er von 3000 Türken, davon 1 100 unter Führung von Melik (nicht der Sohn 'Izz al-Dins Kay Kawäs Ir., vgL LAURENT : M6likes S. 361
Anm 4 u. S. 362), für dessen Korps er S. 229 die zahl .
1000 gegeben hat. S. 254 verteilt er 3600 Türken über 1000 Reiter und 500 Mann Fußvolk unter Melik und 1 3 00 + 800 unter Führung von Khalil. Die Zalll der Katalanen wird S. 252 mit 3 500 Reitern und 4000 Mann Infanterie (darunter viele Bogenschützen aus den Kriegsgefangenen) angegeben. VgL auch Anm. 440 zu S. 253 · 425
Kassandreia, das antike Potidaia, liegt auf der Landenge von Pallene, die
Gregoras hier zu schildern versucht. Zum Aufenthalt der Katalanen in dieser Ge gend s. SCHLUMBERGER : Almugavares S. 3 1 1 ff. ; NrcOLAu D ' OLWER: Catalunya S. 96 ff.; DADE : Versuche S. 129 ff. 426
Die Gattinnen Andronikos' Ir. (vgL S. 2 3 5) und Michaels IX. Der Angriff
auf Thessalonike wurde vom byzantinischen Kommandanten Chantrenos abge sclllagen. VgL SCHLUMBERGER : Almugavares S. 3 3 8 ; NrcOLAu D'OLWER : Catalun ya S. 97[ ; DADE : Versuche S. 130[ 427
Heute Kavalla, in der Antike Neapolis. Die Stadt wurde 1 3 80 von den Tür
ken erobert. VgL JANIN, Raymond : Christopolis. In: DHGE 12 (1953 ) . Sp. 779-8 1 ;
LEMERLE : Philippes passim (s. Index : Christoupolis u. Neapolis) .
Anm 424 zu S. 247.
428
VgL
429
Gregoras ist sicher nicht so gut über die Überlegungen und Pläne der
.
Katalanen informiert gewesen, wie er vorgibt. Bemerkenswert ist, daß er über die zum Teil von Venedig inspirierten Versuche Karls von Valois, die Katalanen für sich zu gewinnen, um mit ihrer Hilfe das Erbe seiner Frau Katharina von Courtenay zurückzuerobern, kein Wort verliert. Siehe dazu SCHLUMBERGER : Almugavares S. 302 ff. ; NrcOLAu D ' OLWER : Catalunya S. 94ff. ; DADE : Versuche S. 1 I 1 ff. ; LONG
NON : Empire latin S. 296-8 ; OSTROGORSKY : Gesch. S. 408 [ 430
Oben S . 245.
43 I
Nach Theodulos Rhetor
(
=
Thomas Magistros ; über ihn s. GUILLAND :
Correspondance S. 348-53) : Rede für Chantrenos ed. BorSSONADE : Anecd. Gr. Bd. 2, S. 194 und Muntaner Kap. 241 trennten die Türken sich erst nach dem Kampf in Boiotien von den Katalanen. MILLER : Latins S . 222 mit
Anm I nimmt an, daß .
wenigstens ein Teil der Türken zu diesem Zeitpunkt seinen eigenen Weg ging. Das müssen die Türken unter Khalil gewesen sein ; vgL 432 292
Anm. 443 zu S. 255.
»Vor« heißt von Byzanz aus gesehen : nördlich der beiden Berge. Von einer
ANMERKUNG EN: 433-439 Überwinterung ist oben S.248 allerdings nicht gesprochen. Es kann nur der Winter 1308/9 gemeint sein, der in Kassandreia verbracht wurde. 433
Herrscher von Thessalien war damals Johannes II. Angelos Dukas, vgl.
Anm 409 zu S.237. .
434
Diese Stelle steht im Widerspruch zu einer Angabe unten S. 278. Dort
schreibt Gregoras, daß Johannes nach dreijähriger Ehe mit Eirene kinderlos starb. Da Johannes 1318 verstarb, müßte die Ehe 1315 geschlossen worden sein. Hier ist aber offensichtlich vom Jahre 1309/10 die Rede und »kurz zuvor« kann also nicht später als 1309 angesetzt werden. Manuel Philes spricht in einem der Witwe ge widmeten Gedicht von einer Ehe von 9 Monaten, s.MARTINI, Aemilio: Manuelis Philae carmina inedita. Napoli 1900. S. 126. Man ist geneigt, hier 9 Monate in 9 Jahre zu korrigieren. Vgl.MILLER: Latins S. 222 Anm 2.POLEMIS : Doukai S. 98 .
Anm.10 scheint diese Stelle übersehen zu haben. 435
Nicht nur diese Überlegungen, sondern auch Siege des Chantrenos sollen
die Katalanen vertragsbereit gemacht haben; so Theodulos Rhetor: Rede für Chantrenos ed. BorSSONADE: Anecd. Gr. Bd. 2, S. 197f. Vgl. SCHLUMBERGER : Almugavares S.346ff.; NICOLAU D'OLWER: Catalunya S. 100ff.; DADE: Versuche S. 132; SETTON: Cat.Dom. S.10. 436
Die Beschreibung des Kephisos (mit Fehlern) nach Ptolemaios 3,14,12.
Zum Lager der Griechen vor der Ausfahrt gegen Troja s. Homer: llias 2,303 mit Scholia und Eustathios' Kommentar zur Stelle p.225f. ( p. 342f. VAN DER VALK); =
Hesiodos: Werke 651 ff.; Euripides: Iphigeneia in Aulis 14 u.ö. 437
Im Gegensatz
zu
oben S.239 scheint Gregoras hier Athen und Theben als
ein Herrschaftsgebiet zu betrachten. Theben war 1204 von seinem Eroberer Bonifaz von Montferrat Albertino von Canossa anvertraut worden, und als dieser Griechen land verließ (1210/11), hatten Otto de La Roche und Geofttoy I. de Villehardouin, jeder die Hälfte der Seigneurie erhalten.Letzterer trat seinen Anteil an seinen Nef fen Guy I. de La Roche ab, der 1225 Otto in Athen nachfolgte.Guy I. teilte gegen 1240 die Seigneurie mit seinem Schwager Bela von Saint-Omer, und diese Teilung blieb bis 1311 bestehen.In Athen war 1308 Walter von Brienne Guy TI. nachgefolgt. Co-seigneur von Theben war 1296-1311 Nicolas ill . von Saint-Omer. Vgl. LONGNoN: Empire latin S.76. 118f. 177; BON: Moree S.68.186. 707. 438
S.239·
439
Diese Darstellung ist nicht richtig. Walter von Brienne hatte sich zuerst
mit den Katalanen verbündet und mit ihrer Hilfe einen Teil von Süd-Thessalien erobert. Nachdem er sich so gegen den Sebastokrator Johannes TI., der von Anna von Epeiros und Andronikos TI. unterstützt wurde, behauptet hatte, wollte er seine 293
ANMERKUN G EN: 440-443
unbequemen Verbündeten wieder los werden, besonders da einige die von ihnen eroberten Festungen Thessaliens nicht herausgeben wollten. Er zahlte nun einem Teil der Katalanen ihren Sold und bot ihnen Land an, befahl aber den anderen, sein Gebiet zu verlassen. Der Versuch, so die Kompanie zu spalten, mißlang jedoch, und dadurch wurde eine kriegerische Auseinandersetzung unvermeidlich. Vgl. SCHLUMBERGER: Almugavares S. 361-9; NrCOLAu D'OLWER: Catalunya S. 103-6; LONGNON: Empire latin S. 298f; SETTON: Cat. Dom. S. 7f. 440 Diese Angabe ist ungenau. Das Datum der Schlacht am Kephisos war Montag, der 15. März 1311. Die Truppen Walters von Brieune bestanden natür lich nicht aus echten >Athenern< usw., sondern aus den fränkischen Eroberern dieser Städte und Gebiete. Die Stärke der Streitmächte wird in den verschiedenen Quellen unterschiedlich angegeben. Für die Katalanen und ihre Verbündeten s. Anm. 424 zu S. 245. Gregoras' Zahlen für das fränkische Heer dürften etwas zu hoch sein. Die aragonesische Version der Chrol1ik VOll Morea gibt 2000 Reiter und 4000 Mann Infanterie an (Libro de los !echos 549, ed. A. MOREL-FATIo. Genf 1895). Völlig un glaubwürdig ist hier Muntaner Kap. 240, der mit einem Total von 24.000 die Zahl der Gegner zu Ehren der Katalanen unnötig übertreibt. Vgl. SCHLUMBERGER: Almugavares S. 370-82; MrLLER: Latins S. 225-9; NrCOLAU D'OLWER: Catalunya S. 106-9; LONGNON: Empire latin S. 299(; SETTON: Cat. Dom. S. 9-12; BON: Moree S. 187f 441 Nach der Schlacht eroberten die Katalanen Theben und den größten Teil des Herzogtums von Athen, später auch das fränkische Gebiet in Mittelgriechen land. Sie unterstellten sich mit ihren Eroberungen Friedrich III. von Sizilien, der einen Regenten entsandte, Berenguer Estanyol. Vgl. SCHLUMBERGER: Almugavares S. 382fT.; NrcOLAu D'OLWER: Catalunya S. 109fT.; LONGNON: Empire latin S. 300f.; SETTON: Cat. Dom. S. 13f Die katalanische Herrschaft in Athen dauerte bis 1387/8. 442 Zur Frage, wann die Türken sich von den Katalanen treunten, s. Anm. 43I zu S. 249. Melik trat mit seinen Leuten in den Dienst Stephans Uros ll. Milutin von Serbien, rebellierte bald darauf, wurde aber besiegt. Vgl. JIRECEK: Serben S. 346; DÖL GER: Reg. 2344. 443 Khalil wurde 1310/13II vom byzantinischen Kaiser freier Abzug und überfahrt über den Hellespont mit von ihm gestellten Schiffen vertraglich zuge sichert. Vgl. DÖLGER: Reg. 2318. Der Rückzug bis Kalliupolis verlief trotzdem nicht ohne Plünderungen. Der Großstratopedarch Senachereim entstammte einer Familie aus Medien, die sich als Nachfahrin des assyrischen Königs dieses Namens betrachtete. Pachymeres Bd. 2, S. 549,19 neunt ihn Senachereim Angelos; sein 294
ANMERKUNGE N: 444-449 Vorname ist unbekannt. Vgl. GUILLAND : Recherches Bd. I, S. 506f. Den Titel Großstratopedarch gab es erst seit der nikäischen Periode des byzantinischen Rei ches; der Inhaber stand vielleicht über dem Großdomestikos; s. ebd. S. 498-52I. 444
Siehe Platon: Gesetze p. 803 c.
445
Diese Niederlage Michaels IX. war vielleicht der Anlaß, daß Andronikos Ir.
eine erste Bitte um Hilfe gegen die Türken an Stephan Uros ll. Milutin von Serbien richtete. Gregoras erwähnt unten S. 263 eine solche Bitte, die erst später erfolgt sein dürfte. Aus Danilo, s. DANICrc: Zivoti kraljeva i archiepiskopa srpskich, napisao archiepiskop Danilo i drugi. Zagreb I866. S. I45f. sind zwei Hilfegesuche Androni kos' ll. an den Kral von Serbien bekannt. Das zweite scheint am ehesten mit dem von Gregoras erwähnten gleichzusetzen zu sein. Vgl. DÖLGER: Reg. 2344 und 2346. 446
Zum Datum s. LAURENT : Chronol. Patr. (I208-I309) S. I49. Athanasios
abdizierte also im siebten Jalrr seines zweiten Patriarchats und nicht, vvie Gregoras einige Zeilen weiter unten schreibt, im achten. Die Abdankungsurkunde ist erhal ten geblieben, hrsg. in: PG I42, Sp. 492-6. Athanasios nennt sich darin (Sp. 493 C (
I-3) schwach und fast blind, spricht aber den Grund für seinen Rücktritt nicht klar aus.
Ausführlich äußert er sich sowohl zu seiner ersten, wie auch zu seiner zweiten
Abdankung in einem ebenfalls erhaltenen Brief, hrsg. in: PG I42, Sp. 496-5°0. Gre goras nennt hier nicht den tieferen Grund für den Verzicht des Patriarchen. Dieser lag in der Tatsache, daß seine Strenge auf allgemeinen Widerstand stieß, so daß man ihn, wohl auch der Kaiser, loswerden wollte. Vgl. BOIVIN Anm. zur Stelle, ed. Bonn. S. I2I2-5; LAURENT: Reg. I666. 447
Auch hier irrt sich Gregoras in der Chronologie. Es kam zu einer Sedisva
kanz von nur sieben Monaten. Vgl. LAuRENT: Chronol. Patr. (I208-I309) S. I49. Zur Person des neuen Patriarchen s. LAURENT : Crises religieuses S. 25I-5. 448
Zu diesem Sprichwort s. Zenobios I 6I mit Anm .
449
Das erstgenannte Kloster, gegründet von einem Mitglied der Familie Pert
ze, wird unter Patriarch Gregorios ll. (I283-I289) zum ersten Mal erwälmt. Die Lage ist unbekannt. Das Kloster >Christu tu Krataiu< (Christi des Gewaltigen oder des Starken) fmdet vor Gregoras, der es unten Bd. 3, S. 244 zum Jahre I355 noch einmal zur Sprache bringt, keine Erwähnung. Vgl. JANIN : Egl. Mon. S. 396f. 5IOf. Im Cod. Vatic. gr. I65 ist an dieser Stelle vielleicht von Gregoras selbst eine Te:h.1:
änderung vorgenommen worden, durch welche Patriarch Niphon geschont wird. Leider ist der Zettel, welcher die korrigierten Zeilen überklebt und den neuen Text enthält, nur etwa zur Hälfte erhalten. In diesem neuen Text ist aber offenbar nur die Rede davon, daß Niphon die Einnahmen der beiden genannten Klöster zur Lin derung der Not anderer Klöster und zur Restauration baufälliger Kirchen oder 295
A N M E RKUNG E N: 450-457 Klöster
(?) verwendete. Die Behauptung, daß er sich fürstlich bewirten ließ, ist ver
schwunden, und der nachfolgende Satz wird als eine Verleumdung der Masse ein geführt. 450
Vgl. Aelian: De natura anilllaliu111 8,13. Gregoras bringt diesen Vergleich
auch im Brief an den Protosebastos Nr. LXI, S. 246, 23-6 BEzD. Bei Aelian ist aller dings nicht die Rede von libyschen Schlangen. Das Wort )libysch) ist hier wie bei vielen antiken Autoren synonym mit )afrikanischperibleptos< (peribleptos: >von allen
Seiten gesehenLogothet tu
GenikuMesazon< die Leitung des Staates von Nikephoros Chumnos übernommen haben. VgL SEVCENK O: Polemique S. 147-52. Zu seiner Person und 297
seinem Werk s. GUILLAND: Correspondance Nr. 14, S. 63-71; BECK: Metochites. Weitere Lit. bei SEVCENKO: Polemique S. 3 Anm I. 464 Zu Konstantinos Porphyrogennetos s. oben S. 186ft: Johannes (über ihn s. PAPADOPULOS: Genealogie Nr. 38, dessen Daten zu korrigieren sind), war vor Ende April 1305 zum Panhypersebastos emannt worden; die Ehe wurde kurz nach 1305 geschlossen. Eine Tochter aus dieser Ehe, Maria, geb. spätestens 1313/4, wurde um 132516 Kralaina von Serbien, vgl. unten S. 373f. 456. Über sie s. PAPADOPULOS: Genealogie Nr. 39. Ein Sohn, dessen Name unbekannt ist, zeichnete sich im Kampf bei Rusokastron am 18. Juli 1322 aus, s. unten S. 486f. Vgl. SEVCENKO : Polemique S. 149f. 465 Zu diesem Urteil vgl. SEVCENKO: Polemique S. 35ft:, mit weiterer Lit. Im Brief, in welchem Gregoras Metochites zum Erscheinen seiner Miscellanea be glückwünscht, hat er natürlich nur Lob für dessen Stil; s. Brief XLVII bis, S. 259 BEZD.; GUILLAND: Correspondance Nr. 15, S. 8. 466 Eine Totenklage auf die verstorbene Kaiserin verfaßte Alexios Lamprenos, ein Gedicht auf sie Manuel Philes, vgl. POLEMIS: Doukai S. 119 Anm. 5. Für eine kurze Monographie über sie s. Anm. 289 zu S. 168. Zum Pantokratorkloster s. Annl. 140 zu S. 85. 467 Diese Stützpfeiler an den Süd- und Nordaußenwänden sind im 17. Jalrr hundert neu verkleidet worden. Vgl. SCHNEIDER, Alfons-Maria: Die Hagia Sophia zu Konstantinopel. Berlin 1939. S. 30 und Abb. 11 links . Vgl. auch JANIN: Egl. Mon. S. 459. 468 Die Pauloskirche beim Eugeniostor wird sonst nirgends erwähnt, wenig stens nicht unter diesem Namen. Vielleicht ist sie gleichzusetzen mit der Kirche zu den hl. Petros und Paulos im Orphanotropheion, die von Justin IL im J. 578 erbaut wurde und meistens Pauloskirche genannt wird. Vgl. JANIN: Egl. Mon. S. 399f. Die Apostelkirche war die zweitberühnlteste Kirche von Konstantinopel; ursprüng lich errichtet von Konstantin dem Großen, war sie von Justinian L völlig neugebaut worden. Die Einweihung fand am 28. Juni 550 statt. Eine wichtige Restaurierung wurde unter Basileios L (867-886) durchgeführt. Im J. 1461 wurde sie abgerissen; an ihrer Stelle wurde von Moharnmed Ir. eine Moschee errichtet. Vgl. ebd. S. 4150. An die Ausbesserung der Stadtmauem unter Andronikos II. erinnert sein Wap pen auf einem der Wehrtürme der Mauer um den Kontoskalionhafen. Vgl. JANIN: Cple S. 299. Die anderweitig bezeugte Ausbesserung des Sophienhafens durch Andronikos Ir. wird von Gregoras nicht erwähnt. Siehe ebd. S. 232; DÖLGER: Reg. 2080. Zu den Arbeiten an der Hagia Sophia s. die vorige Anm 469 Es handelt sich um die oft beschriebene Ehrensäule mit der Bronzestatue .
.
ANM E RKUNGEN: 470-477
Justinians 1. zu Pferd. Die Säule war im J. 54 3 oder 544 errichtet worden. Der Kai ser war gen Osten gewendet und hob die rechte Hand zum Zeichen für die Perser, die Grenzen des rhomäischen Reiches zu respektieren. In der linken Hand hielt der Kaiser die Weltkugel mit Kreuz. Anfang des 16. Jahrhunderts wurde die Säule von den Türken vernichtet und die Statue einige Zeit später in der Kanonengießerei eingeschmolzen. Vgl. JANIN: Cple S. 74-6 (mit Quellenangabe; Gregoras wird kaum berücksichtigt). 470
Über die Vernichtung der Bronzestatuen Konstantinopels durch die La
teiner s. Nik. Chon.: Gesch. S. 856ff. (Übersetzung GRABLER Bd. 3, S. 2Pff.). 471
Die Höhe der Statue soll 70 Ellen gewesen sein, vgl. zur Stelle BoIVIN ed.
Bonn. S. 1221. Die im Folgenden von Gregoras verwendeten Maße betragen (nach SCHILBACH, Erich: Byzantinische Metrologie [Handbuch der Altertumswissenschaft, XII 4]. München 1970): 1 Klafter
187,4 cm (oder, wenn ein >kaiserlicher< Klaf
=
ter gemeint sein sollte, 210,8 cm oder sogar 216,7 cm; nach einer byzantinischen Quelle entspricht ein Klafter »der Länge eines mittelgroßen aufrecht stehenden Mannes von den Fußspitzen bis zu den Fingerspitzen des erhobenen rechten Armes«, s. SCHILBACH
S. 24); 1 Spanne
=
23,4 cm ( SCHILBACH S. 19f); 1 Maß
=
ca. 10 Liter (SCHILBACH
S. II2f. bezeichnet das >metron thalassion< als das meist übliche; über ein >metron politikonpoliti kon< (>öffentlichoffiziell