Serge Zacher
I Manfred Reuter
Regelungstechnik für Ingenieure
"Klassische Regelungstechnik in Verbindung mit intell...
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Serge Zacher
I Manfred Reuter
Regelungstechnik für Ingenieure
"Klassische Regelungstechnik in Verbindung mit intelligenter Regelung'" optimal für . V I I" meme or esungen. Prof. Dr.-Ing. E. Schneider, FH Rosenheim
"Stoffauswahl entspricht voll meinen Vorstellungen. Darstellung des Stoffes ist, wie
schon in den vorhergehenden Auflagen, besonders für Studierende geeignet. Dieses lehrbuch beinhaltet alles, was zum Verständnis der Regelungstechnik erforderlich ist."
Prof. Dr. -Ing. Helmut Bode, HTW Dresden
"Die Aufnahme der sog. Hinweise zur Zustandsregelung für zeitkontinuierliche Systeme in den Anhang verleiht diesem lehrbuch einen weiterem Aspekt zum Universallehrbuch der Regelungstechnik. Dieses lehrbuch ist m. E. das beste praxisorientierte Buch auf dem Gebiet der Regelungstechnik, geeignet für Fachschulen u. Berufsakademien.lch habe es in bei den Schularten seit 1992 eingesetzt." Dipl. -Ing. Wolfgang Hoyer
"Klare und verständliche Darstellung des Themas, gut geeignet für BachelorStudierende und auch zum Selbststudium." Professor Dr.-Ing. Stefan Raber
"Übersichtliche Gliederung, verständliche Erläuterungen mit guten praxisnahen Beispielen, Formelzeichenverzeichnis und ausführlicher Anhang mit übersichtlichen Tabellen ...ein wirklich exzellentes Lehrbuch für Ingenieure." Dr.-Ing. B. Klug, TU Cottbus
"Sehr gute Erklärung der Inhalte, sehr gut aufgemacht, kann man jedem Studierenden zusammen mit dem Übungsbuch als das Lehrbuch für Regelungstechnik empfehlen!"
www.viewegteubner.de
Professor Dr.-Ing. Günther Kastner, HS Weingarten
--.
Serge Zacher
I Manfred Reuter
Regelungstechnik für Ingenieure Analyse, Simulation und Entwurf von Regelkreisen 13., überarbeitete und erweiterte Auflage Mit 397 Abbildungen, 96 Beispielen und 32 Aufgaben STUDIUM
11 VIEWEG+
TEUBNER
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 1972 2., durchgesehene Auflage 1975 3 Nachdrucke 3., neubearbeitete Auflage 1981 4., durchgesehene Auflage 1983 5., überarbeitete und erweiterte Auflage 1986 6., durchgesehene Auflage 1988 7., überarbeitete und erweiterte Auflage 1989 8., verbesserte Auflage 1991 Nachdruck 1992 9., überarbeitete und erweiterte Auflage 1994 10., vollständig neubearbeitete Auflage 2002 11., korrigierte Auflage 2004 12., korrigierte und erweiterte Auflage 2008 13., überarbeitete und erweiterte Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten © Vieweg+Teubner Verlag Lektorat: Reinhard
I Springer Fachmedien Wiesbaden Dapper I Walburga Himmel
GmbH 2011
Vieweg+Teubner Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.viewegteubner.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: STRAUSS GMBH, Mörlenbach Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8348-0900-1
v Vorwort zur 1. Auflage
Das vorliegende Buch stellt eine Einführung in die Grundlagen der Regelungstechnik unter besonderer Berücksichtigung der Laplace-Transformation dar und ist für Studenten an Fachhochschulen gedacht. Die zum Teil sehr ausführliche Darstellung soll, wenn nötig, auch ein selbständiges Einarbeiten in das Stoffgebiet ermöglichen. Zur Untersuchung der einzelnen Regelkreisglieder werden die klassischen Methoden wie: Differentialgleichung, Sprungantwort, Frequenzgang, Ortskurve und BodeDiagramm angewandt. Diese sind die Voraussetzung für die in der modernen Regelungstheorie benutzten Verfahren der z-Transformation und der Betrachtung im Zustandsraum. Nach der Einführung der Grundbegriffe der Steuerung und Regelung in Kapitell, wird in Kapitel 2 die mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder erörtert. Ausgehend vom Zeitverhalten der Grundtypen von Regelkreisgliedern in Kapitel 3, werden in Kapitel 4 die Regelstrecken ausführlich behandelt. Für jede Streckenart werden sowohl elektrische als auch für den Maschinenbauer geeignete Beispiele durchgerechnet. Zur Ermittlung des charakteristischen Verlaufs der einzelnen Sprungantworten wird abwechselnd je ein Beispiel nach der klassischen und eines mittels Laplace-Transformation gelöst. Bei der Behandlung der Regeleinrichtungen (Kapitel 5) wird gleichzeitig deren typisches Verhalten an einfachen Regelstrecken untersucht. Über den Störfrequenzgang und die entsprechende Differentialgleichung werden deren Vor-und Nachteile, z. B. der Einfluß der einzelnen Reglerparameter auf die bleibende Regelabweichung und die Dämpfung aufgezeigt. Die für den Regelungstechniker wichtige Darstellung im Bode-Diagramm ist in Kapitel 6 zusammengefaßt. Zur Stabilitätsbetrachtung von Regelkreisen (Kapitel 7) werden die Kriterien von Hurwitz, Nyquist, die Behandlung im Bode-Diagramm und das Zweiortskurvenverfahren abgeleitet und an Beispielen ausführlich erläutert. Das Zweiortskurvenverfahren dient ferner der Behandlung von Nichtlinearitäten mittels der Methode der harmonischen Balance in Kapitel 9. Für verschiedene Nichtlinearitäten werden die Beschreibungsfunktionen abgeleitet. Anschließend werden in Kapitel 10 Zwei- und Dreipunktregler ohne und mit Rückführung erläutert. Das abschließende Kapitel 11 behandelt kurz die Wirkungsweise des Analogrechners. Ferner wird auf die Programmierung der wichtigsten Regler und Regelstrecken eingegangen. Den Anhang (Kapitel 12) bilden eine kurzgefaßte Ableitung der Laplace-Transformation sowie zusammenfassende Tabellen. Zum Schluß möchte ich mich bei meinen Kollegen, den Herren Dipl.-Ing. E. Böhmer, Dipl.-Ing, W. Mengel und Dr.-Ing. W. Zimmermann bedanken, die mir durch Ratschläge und Anregungen geholfen haben. Ferner danke ich dem Verlag Friedr. Vieweg & Sohn und seinen Mitarbeitern, insbesondere Herrn A. Schubert für die stets gute Zusammenarbeit. Siegen, im Januar 1972
Man/red Reuter
VI
Vorwort zur 13. Auflage
"Seit vier Jahrzehnten leistet Reuter seinen wesentlichen Beitrag zur Ausbildung von Diplom-Ingenieuren im Bereich Regelungstechnik. .. Zum Buch greifen Studenten, wenn ein Problem bei der Diplomarbeit entsteht, Ingenieure von renommierten Autoherstellern verwenden es zur Lösung von betrieblichen Aufgabenstellungen." schrieb ich im März 2008 im Vorwort zur 12. Auflage. Das war meine dritte Auflage, die ich seit 2002 aktualisiert habe, und ich hatte damals keine Absicht, noch eine weitere Auflage zu verfassen. Viel mehr konzentrierte ich mich an "Übungsbuch Regelungstechnik", das in diesem Jahr als 4. Auflage im Verlag Vieweg+Teubner erschien. Jedoch die durchaus positiven Meinungen von mehr als hundert Rezensenten und die Nachfrage seitens Studenten führte dazu, dass das Buch sehr schnell vom Verlagslager verschwand. Der Verlag stellte mich vor ein Dilemma: Das Buch für das kommende Semester unverändert weiter drucken oder wieder, wie damals im Jahre 2002, gründlich überarbeiten. Gerade zu dieser Zeit kam die Buchbewertung einer KolleginProfessorin, die keine Wahl zu Überlegungen ließ: "Sehr gute Herangehensweise durch ausführliche mathematische, nachvollziehbare Grundlagen, viele praxisnahe Beispiele zur Veranschaulichung der Materie, geeignete Matlab-Beispiele zur Verwendung in meiner Vorlesung, sehr breites Spektrum (lineare-nichtlineare Regelungstechnik), Reglerauslegung (praktisch-analytisch) und trotzdem sehr kompaktes Buch." Also haben wir uns mit dem Verlag auf eine Kompromisslösung geeinigt, die nun in der vorliegenden 13. Auflage stattgefunden hat, nämlich: • Die grundlegenden Kapitel der Regelungstechnik, die keine Änderungen in den letzten zehn Jahren erwiesen haben, sind unverändert gehalten. Die Ausnahme sind einige veraltete Beispiele und Methoden wie Amplituden- und Phasenlineal (Seiten 159-163) sowie die Seiten 272-274, 299-300, 304-305, 308-309 der vorherigen Auflage, die aktualisiert oder aus dem Buch herausgenommen wurden. All diese Seiten stehen als pdf-Dateien im OnlinePlus-Bereich des Verlags zum Download zur Verfügung. • Die modernen Teile des Buches sind vollständig überarbeitet. Das sind die digitale Regelung (Kapitel 11) sowie die modellbasierte und wissensbasierte Regelung (Kapitel 12). Es entstanden zwei neue Kapitel: Die Zustandsregelung (Kapitel 13) und die Grundlagen der Regelkreisanalyse mit MATLAB (Kapitel 14) . • Das Kapitel 12 "Intelligente Regelung" ist mit neuen Beispielen der prädiktiven und adaptiven Regelungen ergänzt. Der Leser findet im Buch wieder das kleine deutsch-englische Fachwörterbuch und das englisch-deutsche Formelzeichenverzeichnis sowie die aktualisierte Literaturliste. Besonderer Dank für die freundliche Atmosphäre, Unterstützung und jederzeit konstruktive Zusammenarbeit gilt den beteiligten Mitarbeitern des Vieweg+Teubner Verlags, insbesondere Herrn Ewald Schmitt und Herrn Reinhard Dapper. Wiesbaden, im August 2010
Serge Zacher
VII
Inhaltsverzeichnis Formelzeichen 1
Einleitung (von M. Reuter und S. Zacher) 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6
2
Mathematische Behandlung von Regelkreisen (von M. Reuter) 2.1 2.2 2.3
2.4
2.5 2.6
3
Das Prinzip der Regelung Darstellung im Wirkungsplan Gerätetechnische Ausführung eines Regelkreises Das Prinzip der Steuerung Beispiele für einfache Regelkreise Beispiele für vermaschte Regelkreise
XIII
1 3 5 7 8 9 12 15
Beharrungszustand und Zeitverhalten eines Regelkreisgliedes 15 Das Aufstellen der Diffenrentialgleichung 17 Lösung der Differentialgleichung 19 2.3.1 Spezielle Eingangsfunktionen 19 2.3.2 Lösung der Differentialgleichung bei sprunghafter Verstellung der 21 Eingangsgröße 2.3.3 Lösung der Differentialgleichung durch Trennen der Veränderlichen 22 23 2.3.4 Lösung der Differentialgleichung durch geeigneten Ansatz 2.3.5 Lösung mittels Laplace-Transformation. Die Übertragungfunktion .. 25 2.3.6 Lösung der Differentialgleichung bei sinusförmiger Eingangsgröße .30 Beschreibung von Regelkreisen im Frequenzbereich 34 2.4.1 Der Frequenzgang 34 2.4.2 Die Ortskurve 36 39 2.4.3 Beziehung zwischen Ortskurve und Sprungantwort 2.4.4 Das Bode-Diagramm 41 Beschreibung von Regelkreisen mit Übertragungsfunktionen .42 2.5.1 Verbindungsmöglichkeiten von Regelkreisgliedern .42 Behandlung des statischen Verhaltens .44 2.6.1 Statische Kennlinien 45 2.6.2 Statischer Regelfaktor 47 2.6.3 Linearisierung mit analytischen Verfahren .48 2.6.4 Linearisierung mit grafischen Verfahren 50
Regelstrecke (von M. Reuter)
51
3.1 3.2
53 53
P-Strecken ohne Verzögerung P-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung
VIII 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 3.8 3.9
4
P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung 59 Strecken höherer Ordnung 70 Schwingungsfähige P-Strecken 2. Ordnung 75 I-Strecken ohne Verzögerung 83 86 I-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung Strecken mit Totzeit T t ••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• 92 Regelstrecken mit Totzeit und Verzögerung 1. Ordnung 96
Regeleinrichtungen (von M. Reuter) 4.1 4.2
4.3
5
Inhaltsverzeichnis
Elektronische Regler mittels Operationsverstärker Führungs- und Störverhalten des geschlossenen Regelkreises 4.2.1 Führungsübertragungsfunktion 4.2.2 Störübertragungsfunktion Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 4.3.1 P-Regeleinrichtung 4.3.1.1 P-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-TI-Strecke 4.3.2 I-Regeleinrichtung 4.3.2.1 I-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-Tj-Strecke 4.3.2.2 I-Regeleinrichtung zur Regelung einer I-Strecke 4.3.3 PI-Regeleinrichtung 4.3.3.1 PI-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-Tj-Strecke 4.3.3.2 PI-Regeleinrichtung zur Regelung einer I-Strecke 4.3.4 D-Verhalten 4.3.5 PD-Regeleinrichtung 4.3.5.1 PD-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T2-Strecke 4.3.6 PID-Regeleinrichtung 4.3.6.1 PID-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T2-Strecke
99 101 104 104 106 106 106 108 112 l14 117 118 120 124 125 127 131 135 140
Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren (von M. Reuter)
143
5.1
Bode-Diagramme einfacher Frequenzgänge
143
5.1.1 Bode-Diagramm eines Po-Gliedes 5.1.2 Bode-Diagramm eines I-Gliedes 5.1.3 Bode-Diagramm eines D-Gliedes 5.1.4 Bode-Diagramm eines P-Gliedes mit Verzögerung 1. Ordnung 5.1.5 Bode-Diagramm eines PI-Gliedes 5.1.6 Bode-Diagramm eines PD-Gliedes 5.1.7 Bode-Diagramm eines P-T2-Gliedes Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm 5.2.1 Konstruktion des Bode-Diagramms mittels Einzelfrequenzgängen 5.2.2 Konstruktion mittels Asymptoten (aktualisiert von S. Zacher) Numerische Berechnung des Bode-Diagramms
144 144 146 147 148 150 152 153 153 156 163
5.2
5.3
Inhaltsverzeichnis
IX
6
Stabilitätskriterien (von M. Reuter)
167
6.1 6.2
168 174
6.3
6.4
7
8
Stabilitätskriterium nach Hurwitz Stabilitätskriterium nach Nyquist 6.2.1 Graphische Ermittlung der Ortskurve bei gegebener PolNullstellenverteilung 6.2.2 Ableitung des Nyquist-Kriteriums 6.2.3 Anwendung des Nyquist-Kriteriums Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm 6.3.1 Vereinfachtes Nyquist-Kriterium 6.3.2 Stabilitätsgüte und Phasenrand Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren 6.4.1 Konstruktion der negativ inversen Ortskurve der Strecke
175 178 180 185 190 191 195 197
Das Wurzelortskurvenverfahren (von M. Reuter)
201
7.1 7.2
Analytische Berechnung der Wurzelortskurve Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven
203 213
Entwurf von linearen Regelkreisen (von S. Zacher)
221
8.1 8.2
221 224 224 228 233 236 236 238 243 243 245 248 251 251 252 254 256 258 258 261 262 265 265
8.3 8.4
8.5
8.6
8.7
Gütekriterien des Zeitverhaltens Praktische Einstellregeln 8.2.1 Grob approximierte Strecke 8.2.2 Fein approximierte Strecke Integralkriterien Einstellregeln im Frequenzbereich 8.4.1 Betragsoptimum 8.4.2 Symmetrisches Optimum Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken 8.5.1 Instabile P-T]-Glieder 8.5.2 Instabile P-T2-Glieder 8.5.3 Beispiele von instabilen Regelstrecken Vermaschte Regelung 8.6.1 Regelung mit Hilfsregelgrößen 8.6.2 Kaskadenregelung 8.6.3 Begrenzungsregelung 8.6.4 Störgrößenaufschaltung Mehrgrößenregelung 8.7.1 Regelstrecken mit mehreren Ein- und Ausgangsgrößen 8.7.2 Strukturen der Mehrgrößenregelung 8.7.3 Entwurf eines Diagonalreglers 8.7.4 Stabilität der Zweigrößenregelung 8.7.5 Entwurf eines Entkopplungsreglers
X
9
Inhaltsverzeichnis
Nichtlineare Glieder im Regelkreis (von M. Reuter)
271
9.1 9.2
275 276 277 279 282 285 287 288 292
9.3
Harmonische Balance Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen 9.2.1 Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit Sättigung 9.2.2 Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit toter Zone 9.2.3 Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit Hysterese 9.2.4 Beschreibungsfunktion eines Dreipunktreglers ohne Hysterese Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen 9.3.1 Dreipunktregler mit nachgeschaltetem Stellmotor 9.3.2 Untersuchung eines Regelkreises mit Ansprechempfindlichkeit
10 Unstetige Regelung (von M. Reuter) 10.1 Idealer Zweipunktregler an einer P-Strecke höherer Ordnung 10.2 Zweipunktregler mit Hysterese an einer P-Strecke 1. Ordnung 10.3 Zweipunktregler mit Rückführung 10.3.1 Zweipunktregler mit verzögerter Rückführung 10.3.2 Zweipunktregler mit verzögert-nachgebender Rückführung 10.4 Dreipunktregler 10.4.1 Dreipunktregler mit Rückführung
11 Digitale Regelung (von S. Zacher) 11.1 Digitale Regeleinrichtungen 11.2 Abtastregelung 11.2.1 Wirkungsweise von digitalen Regelkreisen 11.2.2 Rechenzeit 11.2.3 Beschreibungsmethoden 11.3 Quasikontinuierliche Regelung 11.3.1 Wahl der Abtastperiode 11.3.2 Praktische Einstellregeln 11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich 11.4.1 Differenzengleichungen 11.4.2 Aufstellen der Differenzengleichungen 11.4.3 Lösung der Differenzengleichungen mittels Rekursion 11.4.4 Exakte Lösung der Differenzengleichungen 11.4.5 Digitalisierung analoger Regelalgorithmen 11.4.6 Stabilitätsbedingung für Abtastsysteme 11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich 11.5.1 Die z-Transformation 11.5.2 Die z-Übertragungsfunktionen 11.5.3 Digitale Übertragungsfunktionen von einzelnen Elementen 11.5.4 Digitale Führungsübertragungsfunktionen 11.5.5 Stabilitätskriterien für digitale Regelkreise
295 296 302 305 306 310 312 313 315 315 319 320 323 324 327 327 327 330 330 330 331 331 335 341 343 343 346 348 351 352
Inhaltsverzeichnis
XI
12 Intelligente Regelung (von S. Zacher)
357
12.1 Modellbasierte Regelung 12.1.1 Kompensationsregler 12.1.2 Smith-Prädiktor 12.1.3 PFC-Regler (Predictive Function Contra1) 12.1.4 Regler mit einem adaptiven Filter.. 12.1.5 Regler mit endlicher Einstellzeit 12.2 Fuzzy-Regler 12.2.1 Funktionsweise und Aufbau eines Fuzzy-Reglers 12.2.2 Fuzzy-Mengen und Zugehörigkeitsfunktionen 12.2.3 Regelbasis und Inferenz 12.2.4 Defuzzifizierung 12.3 Neuro-Regelung 12.3.1 Grundmodell eines künstlichen Neurons 12.3.2 Mehrschicht-KNN und Backpropagation 12.3.3 Regelkreisstrukturen mit KNN
13 Zustandsregelung (von S. Zacher) 13.1 Zustandsebene 13.1.1 Zustandsebene eines linearen Systems 13.1.2 Stabilitätsuntersuchung in der Zustandsebene 13.1.3 Zustandsrückführung eines nichtlinearen Systems 13.2 Zustandsraum 13.3 Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit 13.4 Entwurf von Regelkreisen mittels Polzuweisung 13.4.1 Zustandrückführung 13.4.2 Vorfilter 13.4.3 Ausgangsrückführung 13.4.4 Störgrößenaufschaltung 13.4.5 Beobachterentwurf 13.5 Optimale Zustandsregelung nach LQ-Kriterien 13.5.1 Optimale Zustandsrückführung 13.5.2 Entwurf eines optimalen Beobachters
14 Regelkreisanalyse mit MATLAB I Simulink (von S . Zacher) 14.1 14.2 14.3 14.4 14.5 14.6
Grundlagen der MATLAB-Pragramrnierung Grafik mit MATLAB Contral System Toolbox Bode-Diagramm mit MATLAB WOK mit MATLAB Einführung in MATLAB / Simulink
357 357 359 361 364 367 371 371 372 374 375 377 377 379 383 387 387 388 390 394 397 400 .402 402 404 405 408 410 .413 414 .416 417 .417 421 426 429 432 .438
XII
Inhaltsverzeichnis
Anhang
441
Lösungen der Übungsaufgaben (von M. Reuter und S. Zacher) Rechenregeln der Laplace-Transformation (von M. Reuter) Korrespondenztabelle (von M. Reuter) Sätze der Laplace- und z-Transformation (von M. Reuter) Tabelle der Laplace- und z-Transformation (von M. Reuter) Tabelle der wichtigsten Regelkreisglieder (von M. Reuter)
.441 .465 466 .467 .468 .470
Literaturverzeichnis (von S. Zacher)
.476
English-German Symbols Directory (von S. Zacher)
483
Fachwörter Deutsch-Englisch (von S. Zacher)
.491
Sachwortverzeichnis
505
XIII
Formelzeichen Fläche, Querschnitt, Schwingungsamplitude, Gewindesteigung Systemmatrix bzw. Dynamikmatrix Systemmatrix des Beobachters Koeffizienten der charakteristischen Gleichung P(w) Betragsreserve (Amplitudenreserve) ao, a 1... Koeffizienten der Differentialgleichung, der Fourier-Zerlegung, der z-Übertragungsfunktion, Beiwerte der Eingangsgröße und deren Ableitungen Steuermatrix bzw. Eingangsmatrix Dämpfungskonstante
C C
Co Co c D d d E e e( 00)
F
f
G G(j w)
Koeffizienten der Differentialgleichung, der Fourier-Zerlegung, der z-Übertragungsfunktion, Beiwerte der Ausgangsgröße und deren Ableitungen Kapazität, Kondensator, Integrationskonstante, Konzentration Beobachtungsmatrix bzw. Ausgangsmatrix Koppelfaktor, Koeffizient, Controlability Matrix Federkonstante, spezifische Wärme Dämpfungsgrad, Determinante Dicke, Sollwert eines Neuronausgangs Störgrößenvektor Fehler eines künstlichen neuronalen Netzes Regeldifferenz bleibende Regeldifferenz e(t) bei t ----7 00 Kraft Funktion, Frequenz Erfüllungsgrad einer Fuzzy-Regel, auch Matrix Frequenzgang
IG(jw)ldB Amplitudengang in dB G(s) Übertragungsfunktion G(z) z-Übertragungsfunktion Ggesch(S) Übertragungsfunktion des geschlossenen Kreises GH(S)
Übertragungsfunktion des Haltegliedes
GHS(Z)
z-Übertragungsfunktion Halteglied/Strecke
Go(s)
Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises
GM(S)
Übertragungsfunktion des gewünschten Regelverhaltens
GR(S)
Übertragungsfunktion der Regeleinrichtung
Gs(s)
Übertragungsfunktion der Regelstrecke
Gy(s)
Übertragungsfunktion des Vorfilters
XIV
Formelzeichen
Gvorw(s) Übertragungsfunktion des Vorwärtszweigs Gw(s)
Führungsübertragungsfunktion
Gz(s)
ia
Störübertragungsfunktion Gewichtsfunktion, Erdbeschleunigung Höhe, Füllstandshöhe, magnetische Feldstärke Systemmatrix eines Systems mit Zustandsrückführung Abstand, Höhe (Abweichung vom Arbeitspunkt), Übergangsfunktion Einheitsmatrix Strom Ankerstrom
ie J
Erregerstrom Massenträgheitsmoment, auch Funktional, Integralkriterium
j K K
imaginäre Einheit j = ~ Übertragungsbeiwerte, Koeffizienten, Konstante Zustandsrückführung
g
H H h
I
KD
Differenzierbeiwert
Kd
Störgrößenaufschaltung
KI
Integrierbeiwert
Kkr
kritischer Proportionalbeiwert
Ko
Kreisverstärkung
Kp
Proportionalbeiwert
KpM
Proportionalbeiwert des Modells
KpR
Proportionalbeiwert des Reglers
Kpr
Proportionalbeiwert des Smith-Prädiktors
Kps
Proportionalbeiwert der Strecke
Kpw
Proportionalbeiwert des geschlossenen Kreises (Führungsverhalten)
KpSy
Proportionalbeiwert der Strecke beim Stellverhalten
Kpsz
Proportionalbeiwert der Strecke beim Störverhalten
KS
Übertragungsbeiwert der Strecke
Ky k L
Ausgangsrückführung Wärmedurchgangszahl, Konstante Leistung, Induktivität, Länge Rückführung des Beobachters Laplace-Transformierte von [...] Länge Masse, Moment Ordnung des Zählerpolynoms der Übertragungsfunktion, Masse Windungszahl einer Wicklung Vorfilter, Scaling Factor
L L[...] I M
m N
N
Formelzeichen Nennerpolynom Beschreibungsfunktion Drehzahl, Anzahl von Halbwellen, Ordnung der Übertragungsfunktion n-I
Anzahl der Pole auf der imaginären Achse
nz
Anzahl der Pole in der linken s-Ebene
nr
Anzahl der Pole in der rechten s-Ebene Observability Matrix Leistung, Druck Vektor der Polstellen Polynom der charakteristischen Gleichung im w-Bereich Polynom der charakteristischen Gleichung im z-Bereich
Ob
P P
P(W) P(z)
Qabs
elektrische Heizleistung Druck, Polstelle Wärmemenge, Durchflüßmenge, Güteindex positiv semidefinierte symmetrische Matrix Betrag der linearen Regelfläche
QITAE
zeitgewichtete Betragsfläche
Qlin
lineare Regelfläche
Qqrs
quadratische Regelfläche Durchfluss elektrischer bzw. magnetischer Widerstand, Gaskonstante positiv definierte symmetrische Matrix
Pe p
Q
Q
q R
R RF
r
statischer Regelfaktor Radius Schnittpunkte der Ortskurve bzw. des Bode-Diagramms Beobachtbarkeitsmatrix Modellmatrix, Matrix des Beobachters Steuerbarkeitsmatrix komplexe Variable s=CY+jOJ Nullstellen Polstellen Zeitkonstante, Periodendauer Abtastzeit Anregelzeit Ausregelzeit Ersatzzeitkonstante Schwingungsperiode Ausgleichszeit Länge des Prädiktionshorizontes
xv
XVI
Formelzeichen Integrierzeit Zeitkonstante des Modells Nachstellzeit Verzögerungszeitkonstante des Reglers Totzeit Verzugszeit Vorhaltzeit Zeitkonstante eines geschlossenen Regelkreises Zeit Ausschaltzeit Einschaltzeit Koordinate des Wendepunktes
tlO, tso U U
U
UD V
V V(s) v
v W
x
x x(t)
x(O) x( 00)
Zeitpunkte für die Regelgröße von 10%,50% stationäres Wertes Spannung zeitlich veränderliche Spannung (Abweichung vom Arbeitspunkt), auch Eingangsgröße Eingangsvektor bzw. Stellgrößenvektor Differenzspannung des Operationsverstärkers Ventil, Volumen, Verstärkungsgrad Hilfsmatrix zur Ermittlung der Ausgangsrückführung Übertragungsfunktion einer Mehrgrößenstrecke in V-kanonischer Struktur Geschwindigkeit, Ausgang verdecktes Neurons Transferfunktion eines Neurons Gewicht eines Neurons Führungsgröße, Sollwert, Operator der bilinearen Transformation Höhe des Sollwertsprungs Regelgröße, Weg Regelbereich Regelgröße (Abweichung vom Arbeitspunkt), Weg Zustandsvektor Sprungantwort Anfangswert bei t = 0 Beharrungswert bei t ~ 00 Ausgangsgröße (allgemein) Amplitude der Ausgangsgröße Sättigungszone Endwert Eingangsgröße (allgemein)
xeO
Eingangssprung
Formelzeichen
XVII
Amplitude der Eingangsgröße Hysteresebreite Mittelwertabweichung Xm
Überschwingweite
2xo
Schwankungsbreite Rückführgröße
xref
Referenzgröße Sollwert
XSO
tote Zone Zeit-Prozentkennwert
Yh
Stellbereich
Yo Y
Stellgröße im Arbeitspunkt Stellgröße Ausgangsvektor
YR
Stellgröße am Ausgang der Regeleinrichtung Impedanz z-Transformierte von [...] Zählerpolynom
Xt
y
Z Z[ ... ] Z(5)
Zo Z
Zo
a
ß
r
A
J
17 ()
tJ
A /1(... )
P (j
r v if>
rp
Störgröße im Arbeitspunkt Störgröße, komplexe Variable bei z-Transformation, Nullstelle bei Matlab Höhe des Störsprungs Abklingkonstante, Aktivierung, Konstante der Korrespondenztabelle, Skalierungsfaktor, Winkel, Winkelposition Kennkreisfrequenz, Kreisfrequenz des ungedämpften Systems, Zeitskalierungsfaktor, auch Aktivierung eines Neurons spezifisches Gewicht Kennzeichnung von Größenänderung Impulsfunktion, Nadelimpuls Zähigkeit von Gasen, Lernschrittkonstante Schwellenwert Temperatur Wurzel der homogenen Differentialgleichung, Eigenwerte, auch Wärmeleitfähigkeit Zugehörigkeitsfunktion Dichte Einheitssprung Zeit, Maschinenzeit Anzahl der Schnittpunkte der Ortskurve bzw. des Phasengangs Wärmestrom, Fluss, Erregerfluss Winkel, Phasenverschiebungswinkel
XVIII
lfRd 0/( W)
w
Formelzeichen Phasenreserve Phasengang Kreisfrequenz, Winkelgeschwindigkeit Durchtritts(kreis)frequenz Eck(kreis)frequenz Eigenkreisfrequenz kritische Kreisfrequenz
Indizes A
Anker-
a
Abfluss- , Ausbreitung-
akt
aktueller Wert
C
Feder- , Kondensator-
D
Dämpfer- , Differenzier-
F
Filter-
f
Feder-
G
Gewicht-
HT
Häher-Tiefer
M
Motor- , Moment-, auch Modell-
m.R.
"mit Regler"-Verhalten
n
negativ
o
Anfangspunkt-, Arbeitspunkt-, aufgeschnittener (offener) Kreis, Leerlauf
o.R.
"ohne Regler"-Verhalten
P
positiv
TG
Tachogenerator-
W
Wasser-
1
1 Einleitung Die Regelungstechnik gehört zu den Grundlagenfächern der Ingenieurwissenschaften, die sich mit der selbsttätigen Regelung einzelner Arbeitsvorgänge sowie geschlossener Produktionsabläufe befasst. Die zunehmende Automation ist durch die rapide Verbreitung von Regelungssystemen und durch eine Expansion ihres Anwendungsbereiches gekennzeichnet. Mit Hilfe von Prozessrechnern werden auch komplexere Regelalgorithmen digital realisiert. Durch die Bustechnologie und die Vernetzung ist es heute möglich kompliziertere Systeme zu regeln, als dies mit den klassischen Regeleinrichtungen möglich war. Das Wesentliche einer Regelung besteht in einem Rückkopplungszweig, der dazu dient, die zu regelnde Größe (die Regelgröße) von Störeinflüssen unabhängig zu machen, so dass sie stets einen vorgegebenen Wert beibehält. In technischen Anlagen sind die zu regelnden Größen physikalischer Natur, so z. B. Druck, Temperatur, Drehzahl, Durchfluss, Flüssigkeitsstand, Strom, Spannung usw. Der Beginn der Regelungstechnik lässt sich nicht genau datieren. Bereits 1765 hat Polsunoweinen Regler zur Wasserstandsregelung in einem Kessel über Schwimmer und Absperrklappe erfunden. Eine größere Bedeutung erlangte der 1788 von farnes Watt erfundene Zentrifugalregulator, der zur Drehzahlregelung von Dampfmaschinen benutzt wurde. Wie Bild 1.1 zeigt, besteht der Zentrifugalregulator aus zwei Massen 1, die durch die Arme 2 pendelnd gelagert sind. Bei Rotation der Welle 3 werden die beiden Massen infolge der Zentrifugalkraft nach außen bewegt. Diese Kraft wirkt über das Gestänge 4 auf die Muffe 5. Als Gegenkraft ist die Feder 6 wirksam, die der durch die Zentrifugalkraft auf die Muffe ausgeübten Kraft das Gleichgewicht hält. Einer bestimmten Federspannung entspricht eine ganz bestimmte Drehzahl.
~DamPf Bild 1.1
Zentrifugalregulator
S. Zacher M Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-9837-1_1, © Vieweg+Teubner Verlag I Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
2
1 Einleitung
Nimmt aus irgendeinem Grund die Dampfzufuhr zu und damit die Drehzahl, so wird infolge der größeren Zentrifugalkraft die Feder stärker gespannt, die Muffe angehoben und das Ventil etwas geschlossen. Dadurch wird die Dampfzufuhr gedrosselt, bis die ursprüngliche Drehzahl wieder erreicht ist. Sinkt nun infolge einer höheren Belastung die Drehzahl ab, so würde bedingt durch die Rückkopplung das Ventil so weit geöffnet, bis der durch die Feder eingestellte Sollwert wieder erreicht wird. Der Mensch ist immer bestrebt, empirisch Gefundenes theoretisch zu konsolidieren. Die erste vollständige Theorie des Regelkreises gelang (1868) Clerk Maxwell und (1877) Wyschnegradski. Ein weiteres Problem besteht darin, dass in einem Regelsystem, bedingt durch den Rückkopplungszweig, beim Auftreten einer äußeren Störung eine unerwünschte Erscheinung auftreten kann, die gegebenenfalls zur Zerstörung der Anlage führt und als Instabilität bezeichnet wird. Diese Erscheinung trat erstmals bei der Regelung von Wasserturbinen auf und wurde zuerst von Routh (1877) und Hurwitz (1895) theoretisch gelöst. Später wurde eine weitere Zahl von Stabilitätskriterien entwickelt, mit deren Hilfe es möglich ist, die Bedingungen festzustellen, die zur Instabilität führen und welche Maßnahmen zu treffen sind, um dies zu beseitigen. Diese Entwicklung wurde stark von der Elektrotechnik geprägt, da die Regeleinrichtungen aus analogen Bauelementen wie Operationsverstärker bestanden. Mit Konrad Zuse, der den ersten freiprogrammierbaren digitalen Computer der Welt fertig stellte, fängt der Umbruch der Regelungstechnik an. 30 Jahre später kommt der erste Mikroprozessor auf den Markt (1971) und revolutioniert die Technik von analog zu digital mit einer wachsenden Anzahl von Anwendungen. Heute sind Automatisierungssysteme ohne Mikroprozessoren, Computer und speicherprogramrnierbaren Steuerungen (SPS) undenkbar. Ein Produktionssystem lässt sich als Pyramide, wie im Bild 1.2 gezeigt, darstellen. In der Feld- und Prozessebene findet man alle Komponenten des Regelkreises: Regelstrecke, Messfühler (Sensoren), Regler, Steller.
Feldebene
Prozess '-
Bild 1.2
...>..c
Produktionssystem als Automatisierungspyramide
_
1.1 Das Prinzip der Regelung
3
Erst im 20. Jahrhundert entdeckte man, angeregt durch die Erfolge der Regelungstechnik, dass die Prinzipien der Regelung nicht allein auf technische Vorgänge beschränkt sind, sondern ebenso im biologischen und sozialen Bereich auftreten. Betrachten wir z. B. den menschlichen Körper, so werden Blutdruck, Blutzuckergehalt, Körpertemperatur usw. ständig durch messende und regulierende Organe in engen Grenzen konstant gehalten. Auch im Zusammenleben verschiedener Lebewesen finden wir regelnde Gesetzmäßigkeiten. So fressen z.B. die Haie die Schollen. Gibt es aus irgendeinem Grund zu viele Schollen, so sind die Lebensbedingungen der Haie besonders günstig. Sie vermehren sich also. Eine größere Anzahl von Haien bedeutet eine Verminderung der Anzahl der Schollen und damit eine Verschlechterung der Lebensbedingungen der Haie, die sich dann ebenfalls wieder reduzieren. Nach einigen Pendelungen stellt sich ein stabiles Gleichgewicht ein bis eine neue Störung auftritt. All diese, in den verschiedensten Wissensgebieten, wie Technik, Biologie, Psychologie, Soziologie, Ökonomie usw. auftretenden analogen Probleme und Gesetzmäßigkeiten legen eine übergeordnete Wissenschaft nahe, für die Norbert Wiener (1948) den Begriff Kybernetik prägte. Die Kybernetik, als verbindende Brücke zwischen den Wissenschaften gedacht, hat sich nicht als eine selbständige, übergeordnete Disziplin durchsetzen können. Nur in der Biologie versuchte die Bio-Kybernetik die im menschlichen Gehirn stattfindenden Vorgänge durch Modelle zu simulieren und zu erklären. 1962 veröffentlicht Frank Rosenblatt sein Konzept der Neurodynamik. 12 Jahre später wurde der erste computergesteuerte Roboter entwickelt. Wenn diese und die nachfolgende Rechenautomaten auch partiell leistungsfähiger sind, so ist die Analogie mit den Regelvorgängen in der Biologie doch nur unvollkommen. Die Verhältnisse in der Biologie sind weit komplizierter, weil an der Regelung einer einzigen Größe sehr viele Faktoren beteiligt sind und eine gegenseitige Abhängigkeit vieler Regelkreise besteht. Heute werden die Untersuchungen in diesem Bereich von Computational Intelligenz oder SoJt-Computing übernommen. Darunter versteht man Fuzzy-Logik, künstliche neuronale Netze, genetische Algorithmen, Data Mining, Image-Prozessing und andere Methoden, mit dem Bestreben, Regelalgorithmen zu finden, deren Funktionen dem menschlichen Verhalten immer ähnlicher werden.
1.1 Das Prinzip der Regelung Die Wirkungsweise und die Begriffe der Regelung sollen an einem einfachen, oft zitierten Beispiel behandelt werden. Raumtemperaturregelung
Es soll die Temperatur 19ist in einem Raum auf einem vorgegebenen Wert 19 so ll (dem Sollwert) gehalten werden. Die Wärmezufuhr erfolgt durch Dampf oder Heißwasser über einen Radiator. Ohne Regler müsste man zunächst ein Thermometer in den Raum bringen, um festzustellen, ob die gewünschte Temperatur 19 soll vorhanden ist. Liegt der Istwert 19 ist
4
1 Einleitung
unterhalb des Sollwertes tJ soll dann wird man das Heizkörperventil mehr aufdrehen. Im umgekehrten Fall entsprechend zudrehen, bis die gewünschte Temperatur vorhanden ist (tJ ist = tJ sol]). Die Differenz zwischen Soll- und Istwert nennt man Rege/differenz tJ e, d. h. (tJ e = tJ soll - tJ ist). Diese Art der Regelung, bei der der Mensch tätig ist, bezeichnet man als manuelle Regelung oder Handregelung.
Es ist nun zu untersuchen, weshalb an einem einmal richtig eingestellten Heizkörperventil überhaupt noch nachträglich Verstellungen zur Aufrechterhaltung der gewünschten Temperatur notwendig sind. Man erkennt leicht, dass sich z. B. die Außentemperatur ändern kann. Nehmen wir an, die Außentemperatur tJ a sinkt, so wird das Wärmegefälle (tJ ist
-
tJ a) größer und damit die Wärmeabgabe durch die Wände und
Fenster; die Temperatur tJ ist fällt. Ferner kann es vorkommen, dass der Energiegehalt des Wassers oder des Dampfes schwankt und somit einer bestimmten Ventilstellung keine konstante Energiemenge pro Zeiteinheit zugeordnet werden kann. Weitere störende Einflüsse können entstehen durch das Öffnen von Fenstern oder durch Veränderung der Anzahl der im Raum befindlichen Personen. All diese Einflüsse, die eine Abweichung von der geforderten Temperatur tJ soll verursachen, nennt man Störgrößen. Da diese Störgrößen nicht konstant sind, ist eine Regelung erforderlich, die sofort eingreift und die Wirkung der Störung beseitigt. Um die Raumtemperatur von Hand auf den Sollwert tJ soll zu regeln, hatten wir folgende Funktionen auszuführen: 1. Messen der zu regelnden Größe 2. Vergleichen der Regelgröße mit dem Sollwert 3. Erzeugen eines geeigneten Stellbefehls 4. Verstellen des Stellorgans. Um die Raumtemperatur selbsttätig zu regeln, müssen die erwähnten vier Funktionen einer Rege/einrichtung übertragen werden, wie in Bild 1.3 schematisch gezeigt ist. MF
Messfühler Regler STV Stellventil y Stellgröße Störgröße z Temperatur-Istwert zJist zJsoll Temperatur-Sollwert Außentemperatur zJ a R
-'Öa
y
=t:l m Tl T2 ist 2
b) für m TIT2 = 1 bzw. W=
1
~
-yTI T2 2
ist
c) Für große m-Werte, d. h. I< m TIT2 ist Re(G s ) ß( D > 1) werden die beiden Pole negativ s-Ebene reell (aperiodischer Fall).
b) Für a =
ß
jw
(D = 1) ergibt sich eine doppelte Polstelle,
mit SI = s2 = - a (aperiodischer Grenzfall).
jw
--.----+--+ ( j
c) Für a < ß (0< D < I) werden die beiden Pole konjugiert komplex
512
=-a±jß~I-D2
(gedämpfte Schwingung). d) Für a = 0 (D = 0) wird der Realteil der beiden Pole
1It-----
, :---a---. ,,,
jw
(j
)
jw
Null, d. h. die Pole werden rein imaginär sl,2 = ±jß (ungedämpfte Dauerschwingung).
ß (j
ß e) Für a < 0 (D < 0) ist die Abklingkonstante negativ, die beiden Pole haben einen positiven Realteil
51,2
=+a±jß~1-D2
(aufklingende Schwingung).
jw
- - ---lil
,, ,, ,, , , a-:, ,,
(j
-----fc
Für das durch die Übertragungsfunktion (3.28) beschriebene System sind nur die Fälle a) und b) möglich (D ~ 1), denn
67
3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung
Mit der Abkürzung a=
~ TTl
2
bzw.! = a
~ TTl2
wird
Daraus folgt a = + I bzw. Tl = T2. Die Dämpfung des Systems ist dann
D = 1 (ein Minimum), da für a
=+ I die 2. Ableitung 2
d D 1 --2-=3>0 ist.
da
a
Für Tl *- T2 ist die Dämpfung stets größer als Eins. Bild 3.12 zeigt die Sprungantworten eines Systems 2. Ordnung bei verschiedener Dämpfung.
i
----+ t
Bild 3.12 Sprungantworten eines Systems 2. Ordnung bei verschiedenen Dämpfungen I - aperiodischer Fall D>I 2 - aperiodischer Grenzfall D= I 3 - gedämpfte Schwingung 0 1 ( xi ) n Xi+l
lVe (Xi) a=-·ln -A-
Jr
•
xi+l
(3.70)
Andererseits ist
1
(3.71)
Mit GI. (3.70) in GI. (3.71) erhalten wir schließlich
D = ----r======
1+ (1
Xi
n Xi+l
(3.72)
)2
Mittels der Beziehung (3.72) lässt sich die Dämpfung eines schwingungsfähigen Systems aus einer experimentell aufgenommenen Sprungantwort bestimmen. ~
Aufgabe 3.3
Ermitteln Sie für den in Beispiel 3.5 behandelten fremderregten Gleichstrommotor anhand des Wirkungsplanes (Bild 3.19) das dynamische Verhalten bei Belastung, und zwar: a) Die Übertragungsfunktion Gs(s) = n(s) / ML(S) b) Die Sprungantwort n(t) für ML(t) = MLO·o(t), mit MLO(S) = 200 Nm. c) Den Verlauf der Ortskurve.
82
3 Die Regelstrecke
•
Beispiel 3.6
Bild 3.21 Mechanisches System mit P-Tz-Verhalten br = 4 Nms (Dämpfungsbeiwert bezogen auf den Drehwinkel im Bogenmaß)
C r = 40 Nm (Federkonstante bezogen auf den Drehwinkel im Bogenmaß) z J = 0,4 Nms (Trägheitsmoment)
Das mechanische System (Bild 3.21) besteht aus einem Dämpfungsglied (ähnlich einer Föttinger-Kupplung), einer Torsionsfeder und einer trägen Masse mit dem Trägheitsmoment J. Erregt wird das System durch die Winkelgeschwindigkeit m:. Das durch das Dämpfungsglied übertragene Moment ist proportional der Differenz der Winkelgeschwindigkeiten m: und lüj.
(3.73) Dieses Moment wirkt auf die Feder mit der Federkonstante Cr und tordiert diese um den Winkel ip] -
<Pa :
(3.74) Gleichzeitig wird durch das eingeleitete Moment Me die Masse mit dem Trägheitsmoment J beschleunigt
M
m
(t) = J . dOJ a (t)
dt
bzw.
(3.75) Infolge Me = Mf = M m folgt aus (3.74) und (3.75) Qe sinkt der Flüssigkeitsstand und die abgegriffene Spannung hat die gezeichnete
Bild 4.1 Flüssigkeitsstandregelung mit einer Regeleinrichtung ohne Hilfsenergie
Bild 4.2 Flüssigkeitsstandregelung mit einer Regeleinrichtung mit Hilfsenergie
S. Zacher M Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-9837-1_4, © Vieweg+Teubner Verlag I Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
4 Regeleinrichtungen
100
Polarität, das Motorventil öffnet. Dadurch wird Qe größer, der Flüssigkeitsstand steigt bis u = O. Ist Qa < Qe, so steigt der Flüssigkeitsstand, die abgegriffene Spannung hat nun die entgegengesetzte Polarität, d. h. das Motorventil wird geschlossen, was zur Abnahme des Flüssigkeitsstandes führt und damit zu einer Abnahme der Spannungsdifferenz bis der Motor steht.
b) Stetige und unstetige Regeleinrichtungen Man unterscheidet ferner zwei unterschiedliche Regeltechniken, die sich im Laufe der Entwicklung herausgebildet haben: mittels stetiger Regeleinrichtung, mittels unstetiger Regeleinrichtung. Als stetig wird eine Regeleinrichtung bezeichnet, wenn die Stellgröße YR im Beharrungszustand jeden Wert innerhalb des Stellbereiches annehmen kann. Die in den Bildern 4.1 und 4.2 gezeigten Regeleinrichtungen sind stetig. Eine Regeleinrichtung wird als unstetig bezeichnet, wenn die Ausgangsgröße YR nur wenige diskrete Werte annehmen kann.
Bild 4.3 zeigt den Bimetallregler zur Konstanthaltung der Bügeleisentemperatur. Im kalten Zustand sind die Kontakte und damit der Stromkreis geschlossen. Mit zunehmender Erwärmung krümmt sich die Bimetallfeder nach oben und unterbricht den Kontakt nach Erreichen einer ganz bestimmten Temperatur. Dreht man die Sollwertschraube weiter nach oben, so erhält die Bimetallfeder eine größere Vorspannung und trennt die Kontakte erst bei einer höheren Temperatur. Bei geöffneten Kontakten kühlt sich das Bügeleisen sowie die Bimetallfeder ab, bis die Kontakte geschlossen werden und die Aufheizung erneut beginnt. Damit kann die Stellgröße nur die zwei Werte EIN und AUS annehmen.
230V
Bild 4.3
Bimetallregler (unstetiger Regler) zur Konstanthaltung der Bügeleisentemperatur
Man bezeichnet solche Regeleinrichtungen als Zweipunktregler. Der Nachteil eines solchen Zweipunktreglers ist, dass die Regelgröße den Sollwert nicht genau innehält, sondern um diesen pendelt. Für viele Zwecke ist die Toleranz, mit der der Sollwert eingehalten wird, vollkommen ausreichend. Gegenüber einem stetigen Regler ist der Zweipunktregler einfacher im Aufbau und daher billiger. Die unstetigen Regeleinrichtungen wurden ursprünglich für Regelaufgaben verwendet, bei denen keine hohen Anforderungen an die Regeleinrichtung gestellt wurden. Heute werden unstetige Regeleinrichtungen in etwas aufwendigerer Form (elektrisch und elektronisch) auch zur Regelung von schwieriger zu regelnden Regelstrecken eingesetzt.
4.1 Elektronische Regler mittels Operationsverstärker
101
4.1 Elektronische Regler mittels Operationsverstärker Im Folgenden werden die Grundformen klassischer elektronischer Regler und deren Aufbau mittels Operationsverstärker behandelt. Solche Operationsverstärker können aus diskreten Elementen aufgebaut oder als integrierte Linearverstärker in einem einzigen Siliziumkristall (auf einem Chip) untergebracht sein. Verstärker in diskreter Bauweise enthalten im Allgemeinen verhältnismäßig wenige Transistoren und ihr Verstärkungsfaktor (VO > 5000) ist deshalb um eine Größenordnung kleiner als der von integrierten Operationsverstärkern (Vo> 50 000), die etwa die dreifache Anzahl an Transistoren aufweisen. Es soll hier nicht auf den z.T. sehr komplizierten inneren Aufbau von Operationsverstärkern eingegangen werden, sondern wir wollen den Operationsverstärker als einen Gleichspannungsverstärker betrachten, dessen Verstärkung (meist in mehreren Stufen) im Leerlauf Vo beträgt. Der Operationsverstärker kann näherungsweise durch das in Bild 4.4 gezeigte Ersatzschaltbild beschrieben werden.
Bild 4.4 Ersatzschaltbild des Operationsverstärkers
Die heute zum Einsatz kommenden Operationsverstärker haben einen Ausgangswiderstand von Ra = 100 Q. Dieser ist gegenüber von Lastwiderstand ZL und Rückführungswiderstand Zr in der Größenordnung> 10 kQ vernachlässigbar und wird im weiteren mit Ra = Za = 0 angenommen. Damit folgt aus dem Ersatzschaltbild: i 1 = ie
i2
+ ir
= i3 - ie
Vo 'uD=u a
~
~
~
U1 -uD -U3
Z1 u2 -u3
Z2 ua uD=-'
Vo
uD
uD +U3 -u a
Ze
Zr
=-+
U3
uD
Z3
Ze
---
(4.1)
(4.2)
(4.3)
102
4 Regeleinrichtungen
Die Ausgangsspannung U a wird durch die Betriebsspannungen begrenzt und liegt in der Größenordnung von ca. ± 10 V. Gemäß GI. (4.3) wird für Vo > 5000 die Differenzspannung UD < 2 mV und somit in den GIn. (4.1) und (4.2) vernachlässigbar. Aus GI. (4.1) folgt
~-U3[-1 +_1 ]=_~ Zl
Zl
Zr
(4.4)
Zr
und aus GI. (4.2)
~_U3[_1_+_1]=0 Z2
Z2
Z3
bzw. (4.5) Mit (4.5) in (4.4) erhalten wir schließlich Zr Z3 Zl +Zr u a =-ul-+u2-·-----'------'--Zl Zl Z2 +Z3
(4.6)
Aus der GI. (4.6) lassen sich nun einige Grundschaltungen ableiten.
a) Invertierende Schaltung Für Z3 = 0 und U2 = 0 wird Zr
(4.7)
Ua = - U l - '
Zl
d. h., die Ausgangsspannung dem Faktor
Zr / Zl
Ua
ist die invertierte Eingangsspannung, gewichtet mit
(Bild 4.5). Zur Kompensation des Einflusses des Eingangsruhestroms wird Z3 nicht gleich Null, sondern Z3 =R3 =Zrll Zl/w=O gewählt. Infolge der vernachlässigbaren Diffe-
Bild 4.5 Invertierende Schaltung
renzspannung UD "" 0, liegt der invertierende Eingang des Operationsverstärkers (Punkt A in Bild 4.5) nahezu auf Massepotential und wird vielfach als "virtuelle Masse" bezeichnet.
4.1 Elektronische Regler mittels Operationsverstärker
103
b) Nichtinvertierende Schaltung Für U1 = 0 und Z3 = u a = Uz
00
in Bild 4.4 wird
[~: + 1]
(4.8)
mit der in Bild 4.6 gezeigten Schaltung. Für Zr = 0 und Zl =
00
folgt aus GI. (4.8) (4.8a)
Die sich so ergebende Schaltung hat einen hohen Eingangs- und einen niedrigen Ausgangswiderstand.
22 o-----L_J---+-----l +
j
Sie wird als Impedanzwandler zur Entkopplung von Netzwerken benutzt. Der Widerstand Zz ist nicht unbedingt erforderlich. Wählt man Zz =R z =Zlll ZrIOJ=ü'
a
U20----1- - - + - - - - - - - - - 0 u
so kann auch hier der Einfluss des Eingangsruhestroms kompensiert werden.
Bild 4.6 Nichtinvertierende Schaltung
c) Differenzschaltung Aus (4.6) folgt für Zz = Zl und Z3 = Zr die in Bild 4.7 gezeigte
Schaltung zur Differenzbildung der beiden Eingangsspannungen Ua
= (u2
Zr - ul)-. (4.9) Zl
Bild 4.7 Differenzschaltung
d) Additionsschaltung
iJ..
Z\
Schaltet man in der in Bild 4.5 gezeigten Inverterschaltung einen weiteren Eingangswiderstand Zz hinzu (Bild 4.8), so gilt für den Knotenpunkt A (virtuelle Masse)
~
Z2
u\
",j
Zr
A
+
Bild 4.8 Additionsschaltung
bzw.
104
4 Regeleinrichtungen (4.10)
und mit Zz = Zl u a = -(ul
Zr
+ uz)-· Zl
Das heißt, die Ausgangsspannung ist gleich der negativen Summe der beiden Eingangsspannungen multipliziert mit Zr / Zl.
4.2 Führungs- und Störverhalten des geschlossenen Regelkreises Bevor wir spezielle Regelkreise betrachten, soll zuvor in allgemeiner Form das Führungs- und Störverhalten eines Regelkreises ermittelt werden. Im Bild 4.9 ist der Wirkungsplan eines Regelkreises dargestellt, worin Gs(s) die Übertragungsfunktion der Regelstrecke und GR(s) die Übertragungsfunktion der Regeleinrichtung bedeuten.
z
~x
------~
Bild 4.9 Wirkungsplan des Regelkreises
Bei der Beurteilung eines Regelkreises interessieren u.a.: a) das dynamische Verhalten der Regelgröße x auf eine Sollwertänderung, das so genannte Führungsverhalten und b) die dynamische Reaktion der Regelgröße x auf eine Störung, das so genannte Störverhalten. Im Idealfall sollte die Regelgröße stets gleich der Führungsgröße sein und eine Störung sofort kompensiert werden, so dass keine Auswirkung auf die Regelgröße erfolgt. Beide Forderungen sind nicht realisierbar. 4.2.1 Führungsübertragungsfunktion Aus dem Wirkungsplan (Bild 4.9) folgt YR (s) = [w(s) - x(s)]G R (s)
(4.11)
+ z(s)]GS (s).
(4.12)
und x(s) = [YR (s)
Mit (4.11) in (4.12) folgt
4.2 Führungs- und Störverhalten des geschlossenen Regelkreises X(s) = {[ w(s) - x(s)]G R (s)
105
+ z(s)]G s (s)
bzw. x(s)[l
+ G R (s)Gs (s)] = w(s)G R (s)Gs (s) + z(s)Gs (s)
Wir betrachten zunächst den Fall, dass für w =
WI
xI (s)[l + G R (s)GS (s)] = wl (s)G R (s)GS (s)
Nehmen wir nun an, dass bei gelgröße dass gilt:
X
.
(4.13)
x = Xl ist, d. h.
+ z(s)GS (s).
(4.14)
z = konst. w den Wert Wz annimmt, dann wird sich Re-
ebenfalls ändern und wir wollen den neuen Wert mit xz bezeichnen, so
Xz (s)[l + G R (s)Gs (s)] = Wz (s)G R (s)Gs (s) + z(s)G s (s).
(4.15)
Subtraktion der GI. (4.14) von GI. (4.15) liefert [xz (s) - xl (s)]· [1 + G R (s)G s (s)] = [wz (s) - wl (s)]· G R (s)Gs (s).
(4.16)
Betrachten wir nur die Änderungen und bezeichnen diese mit
bzw.
so wird x(s)[l
+ G R (s)Gs (s)] = w(s)G R (s)Gs (s).
(4.17)
Das Verhältnis der Laplace-transformierten Regelgröße zur Führungsgröße wird als Führungsübertragungsfunktion (4.18) bezeichnet. Vielfach ist die Aufgabe gestellt, in einem Regelkreis mit mehreren Ein- und Ausgangsgrößen die Abhängigkeit zwischen einer bestimmten Ausgangsgröße X a und einer bestimmten Eingangsgröße Xe ZU ermitteln. Bezeichnet man den Zweig zwischen Ein- und Ausgang als den Vorwärtszweig und den zwischen Aus- und Eingangsgröße als Rückführungszweig, so erhalten wir ganz allgemein 1 G
1
(4.19)
( ) - GRückf. (s)
Vorw. s
Hierbei ist die im Kreis nach Bild 4.9 vorhandene Vorzeichenumkehr zu beachten.
4 Regeleinrichtungen
106
4.2.2 Störübertragungsfunktion Betrachten wir nun die Änderung der Regelgröße x (Ausgangsgröße) auf eine Änderung der Störgröße z (Eingangsgröße), so können wir nach dem im vorherigen Abschnitt Gesagten sofort die zugehörige Übertragungsfunktion angeben. Im Vorwärtszweig liegt Gs(s) und im Rückführzweig - GR(S), bedingt durch die Vorzeichenumkehr. Nach Gleichung (4.19) ist dann Gz(s)= x(s) = z(s)
I _1_+ (s) GR Gs(s)
bzw. G (s) = x(s) = GS (s) z z(s) I+GR(s)GS(s)
(4.20)
die gesuchte Störübertragungsfunktion.
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen Entsprechend den in Kapitel 3 behandelten Regelstrecken werden auch die Regeleinrichtungen nach ihrem Zeitverhalten unterschieden. Nicht alle Regeleinrichtungen sind zur Regelung von bestimmten Regelstrecken geeignet. So führt z. B. wie in diesem Kapitel gezeigt wird, die Regelung einer I-Strecke mit einer I-Regeleinrichtung zu Dauerschwingungen. Andere Kombinationen können zur Instabilität führen.
4.3.1 P-Regeleinrichtung Bild 4.10 zeigt den Wirkungsplan eines Reglers mit der Regeldifferenz e als Eingangsgröße und der Stellgröße YR des Reglers als Ausgangsgröße.
--+~
Die Bezeichnung P-Regler besagt, dass die Ausgangs-
Bild 4.10 Wirkungsplan des P-Reglers
größe YR proportional der Eingangsgröße eist: YR (t) = K PR . e(t) .
e~
(4.21)
KpR ist der Proportionalbeiwert, der in weiten Grenzen eingestellt werden kann. Aus
(4.21) folgt die Übertragungsfunktion des P-Reglers YR (s)
GR(s)=--=K pR . e(s)
(4.22)
Die Sprungantwort einer solchen Regeleinrichtung ist, bei Vernachlässigung der immer vorhandenen Verzögerungen, ebenfalls eine Sprungfunktion mit
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
107
YR (t) = K PR . eo . (J(t) .
Bild 4.11 zeigt die technische Realisierung eines elektronisches P-Reglers mittels der in Abschnitt 4.1 behandelten Invertierschaltung. Mit
Zr = Rr und Zl = Rl folgt aus GI. (4.7) die Übertragungsfunktion
G R (s)
= YR (s) = u a (s) = -KPR' e(s)
(4.23)
Ul (s)
Bild 4.11 P-Regeleinrichtung mittels Operationsverstärker
R r = 100 kQ und Rl = 10 kQ würde z. B. ein KpR = 10 ergeben. Das negative Vorzeichen kann vielfach anderweitig ausgeglichen werden, indem z. B. die Regeldifferenz nicht positiv, sondern negativ zugeführt wird oder ein nachfolgendes Stellglied eine weitere Vorzeichenumkehr bewirkt. •
Beispiel 4.1
In Bild 4.12a ist eine pneumatische Regeleinrichtung nach dem Düse-Prallplatte-System gezeigt. Die Regeldifferenz e = w - x bestimmt über den Waagebalken den Abstand h zwischen Düse und Prallplatte. Durch den mit h veränderlichen Druckabfall an der Auslassdüse wird der Steuerdruck variiert. Die statische Kennlinie YR = fee) bzw. YR = feh) ist nicht linear (Bild 4.12b). Der Verlauf der Kennlinie ist abhängig vom Verhältnis des Düsen- zum Vordrosseldurchmesser d / d v . Durch eine Gegenkopplung kann die Kennlinie linearisiert werden.
I I I I
a)
b)
I
+---- -~-~-"'"I-- I
o
d/4 - h
Bild 4.12 Pneumatische P-Regeleinrichtung nach dem Düse-Prallplatte-System (a) und die statische Kennlinie (b) Der Durchmesser der Austrittsdüse ist ca. 0,5 ... 1,5 mm. Bei entfernter Prallplatte ist der Austrittsquerschnitt ein Maximum. Hat die Prallplatte zur Düse den Abstand h, so ist der Ringquerschnitt
für den Luftaustritt maßgebend. Für h = d / 4 wird
AR = A max
.
Somit verliert die Prallplatte ihre Steuerwirksamkeit für einen Abstand h > d / 4 zur Düse.
4 Regeleinrichtungen
108
4.3.1.1 P-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-Tl-Strecke Dynamisch erscheint eine P-Regeleinrichtung ideal zur Regelung geeignet, allerdings erzeugt sie am Ausgang nur dann eine Stellgröße, wenn eine Regeldifferenz am Eingang vorhanden ist. Der bezüglich seines Führungs- und Störverhaltens zu untersuchende Regelkreis ist in Bild 4.13 dargestellt, mit der Übertragungsfunktion der Strecke Gs(s)=x(s)= K ps y(s) l+sTl
(4.24) Bild 4.13 Wirkungsplan des Regelkreises, bestehend aus einer P-T ]-Strecke und einer P-Regeleinrichtung
und der Regeleinrichtung G R (s)
YR (s)
=- - = K PR'
(4.25)
e(s)
a) Führungsverhalten Zur Ermittlung des zeitlichen Verlaufs der Regelgröße x(t) auf eine Sollwertänderung benutzen wir die in Anschnitt 4.2.1 abgeleitete Führungsübertragungsfunktion (4.18). Mit den Übertragungsfunktionen (4.21) und (4.25) des Regelkreises ist dann Gw(s)=x(s)= GR(s)GS(s) = KpRK ps wes) I+G R (s)G S (s) 1+ KpRK ps +sTl
(4.26)
Für einen Sollwertsprung w(t)
= Wo . (J(t)
wes)
0-.
= Wo s
folgt aus (4.26) nach x aufgelöst x(s)=
KpRK ps 1+ KpRK ps
1
(
s 1+ s
T
1
1+ KpRK ps
wo·
(4.27)
J
Nach Rücktransformation in den Zeitbereich erhalten wir x(t) =
mit
K
PR
K
t
PS
I+K pR K ps
--
(1- e T )wo '
(4.28)
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
109
Wie Bild 4.14 zeigt, wird der vorgegebene Sollwert Wo von der Regelgröße x auch im stationären Endzustand nicht erreicht. Aus GI. (4.28) folgt für t ~ 00 x(oo) =
KpRK ps 1+ KpRK pS
wo.
und die bleibende Regeldifferenz e( 00 ) =
Wo - x( 00 )
=
1
1+ KpRK ps
x(t)
Wo .
(4.29)
e( (0)
i Wo
KpRK pS
1+ KpRK ps
Bild 4.14 Führungssprungantwort des Regelkreises nach Bild 4.13
'wo
! o -f---+------'------'--+--- t
Wie GI. (4.29) zeigt, kann die bleibende Regeldifferenz durch Vergrößern von KpR verringert werden. Dies führt jedoch bei Strecken 2. Ordnung zur Verringerung der Dämpfung und bei Strecken noch höherer Ordnung zur Instabilität des geschlossenen Regelkreises. Hierin besteht der Hauptnachteil des P-Reglers.
b) Störverhalten Die Abhängigkeit der Regelgröße x beim Auftreten einer Störgröße ermitteln wir mit Hilfe der Störübertragungsfunktion (4.20) und den gegebenen Übertragungsfunktionen GR und Gs. K pS
Für eine sprungförmige Störgröße mit z(t)
= Zo
. (J(t)
wird
mit T= _ _T---,l~_
1+ KpRK ps
0--.
z(s)
=~ s
110
4 Regeleinrichtungen
Interessiert man sich nur für den stationären Endzustand, so ist es bei komplizierteren Regelkreisen einfacher x( 00) im Bildbereich mittels des Grenzwertsatzes der Lap1aceTransformation zu ermitteln. Danach ist lim x(t) = lim s . x(s) t---7 oo
(4.31)
S---70
und es folgt aus (4.30) sofort
K PS . 0 1 + K PR K PS s
x(oo) = lim x(t) = lim t
S ---7
---700
x(oo)= lim x(t) = t ---700
s
(l + sT)
. Zo
ps
(4.32)
K z00 1 + K PR K PS
Wie Bild 4.15 zeigt, ist auch das Störverhalten nicht voll befriedigend. Die infolge der Störgröße auftretende bleibende Regeldifferenz kann zwar durch Vergrößern von KpR verringert, aber nicht vollkommen beseitigt werden.
x(t)
t
Bild 4.15 Stärverhalten des Regelkreises nach Bild 4.13 für z(t)= zo·(j(t)
0+-....L---'------------1-
°
-- t
Im folgenden Beispiel soll gezeigt werden, dass sich ein Regelkreis, bestehend aus einer P-T2-Strecke und einem P-Reg1er im stationären Endzustand genauso verhält, aber die Dämpfung mit zunehmendem KpR verringert wird. •
Beispiel 4.2
Gegeben ist der in Bild 4.16 gezeigte Regelkreis mit
K PS - x( s) _ GS ( s ) y(s) sZT:j+sTI +l
YR (s)
G R (s) = - - = K ps, e(s)
Bild 4.16 Regelkreis bestehend aus einer P-T2-Strecke und einer P-Regeleinrichtung KpS = 0,5; KpR = 16;
Tl = 3 s;
TZ = 1 s
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
111
Gesucht sind: a) Die Dämpfung DI der ungeregelten Strecke. b) Die bleibende Regeldifferenz bei einem Sollwertsprung w(t)= wo·a(t). c) Die Dämpfung D2 des geschlossenen Kreises. Zu a): 2
KpSßI
Mit ßI
=-
1
T2
und al
T
= _1_ 2T{
2
1
2
s + s 2al + ßI
erhalten wir die Dämpfung der ungeregelten Strecke
a Tl D=-=-=15>1. ß 2T2 ' Zu b): Durch Einsetzen von GR und GS in GI. (4.18) erhalten wir die Führungsübertragungsfunktion
G ()= x(s) = w s
w(s)
KpRK pS 2 2 s T2 +sTI +1 + KpRK pS
(4.33)
Für w(s)= wO /s ergibt sich
x(s) =
K PR K PS .W 2 2 0 s(s T2 +sTI +1+K pR K pS )
(4.34)
und daraus nach dem Grenzwertsatz
x(oo) = lim x(t) = lim s· x(s) = wO' lim G w (s) t---?oo
x( 00 ) =
K
PR
s---?O
K
. Wo
PS
1+ KpRK ps
s---?O
.
(4.35)
Die bleibende Regeldifferenz
e( 00 ) = Wo - x( 00 ) = ist identisch mit GI. (4.29). Zu c): Aus GI. (4.33) folgt
1
I+K pR K ps
. Wo
(4.36)
112
4 Regeleinrichtungen
Hierin ist 2 _ 1 + K PR K PS
ß2
-
T2 2
Tl
und a2 = 2Tf .
Für den geschlossenen Regelkreis errechnet sich die Dämpfung zu
a2 D2 = = ß2
Tl
------;=~===
2T2~1+KpRKps
~1+ KpRK ps
(4.37)
D 2 =0,5 0
ps K zo0 1+ K PR K PS
(4.113)
Da wir nur die Änderung von x infolge z betrachten und nicht die Absolutwerte, stellt (4.113) die durch z verursachte bleibende Regeldifferenz dar. Durch Vergleich von (4.113) mit der in Abschnitt 4.3.1.1 für einen Regelkreis mit P-Regler abgeleiteten
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
135
Beziehung (4.32) wird evident, dass eine PD-Regeleinrichtung ebenso wie eine PRegeleinrichtung nicht in der Lage ist, den Einfluss einer Störung vollkommen zu kompensieren, sondern nur auf K ps
----=-=-- Zo 1+ KpRK ps
zu mindern. Die Gegenüberstellung in Bild 4.37 zeigt, dass die beiden Forderungen nach möglichst gutem Führungs- und Störverhalten kontrovers sind und nicht gleichzeitig erfüllt werden können. So wird z. B. das Führungsverhalten am günstigsten, wenn Ty gleich der größten Streckenzeitkonstante gewählt wird. Das Störverhalten ist dann aber keineswegs optimal. Ein Kompromiss, der ein befriedigendes Führungs- und
Störverhalten liefert, wird für D = 11 J2 erreicht. Der Nachteil der PDRegeleinrichtung ist die bei der Regelung von P-Strecken auftretende bleibende Regeldifferenz. Wie durch die GI. (4.79) zum Ausdruck kommt, bringt die Regelung von I-Strecken mittels PI-Regler Schwierigkeiten bezüglich der Dämpfung, während der Einsatz eines PD-Reglers zumindest für das Führungsverhalten keine bleibende Regeldifferenz ergibt. ~
Aufgabe 4.6
Gegeben ist ein Regelkreis bestehend aus einer I-Strecke mit
und einer PD-Regeleinrichtung. Ermitteln Sie die Sprungantwort für
W(t) = Wo . (J(t) .
4.3.6 PID-Regeleinrichtung Durch Kombination der drei grundsätzlichen Zeitverhalten (P, I und D) gelangt man zur PID-Regeleinrichtung, deren Stellgröße YR gleich der Addition der P-, 1- und DRegeleinrichtungen ist und durch die folgende Gleichung beschrieben wird:
J
de(t) YR (t) = K PR e(t) + K I e(t)dt + K D - dt bzw.
J
KI K D de(t)] . YR(t)=K pR e(t)+-e(t)dt+---[ K pR K pR dt Mit den bereits bekannten Zeitkonstanten K K T =~ und T =_D_ n K y K I
pR
(4.114)
(4.115)
4 Regeleinrichtungen
136 wird YR (t) = K PR e(t) + - 1 [ T
n
Je(t)dt + Ty -de(tdt-J] .
(4.116)
Die Übertragungsfunktion der idealen PID-Regeleinrichtung folgt aus (4.116) durch Laplace-Transfonnation zu
[1
]
YR (s) GR(s)=--=K pR l+-+sTy . e(s) sTn
(4.117)
Bringen wir diesen Ausdruck auf einen gemeinsamen Nenner, so wird YR (s) s2TnTy + sTn + 1 G R (s) = - - = K PR ---"-----'------~e(s) sTn
(4.118)
Die Nullstellen dieses Ausdrucks liegen bei sI2=1- [ -1±
.
2Ty
Pf4T
Y 1--• . Tn
(4.119)
Für Tn ~ 4 Ty liegen zwei reelle Nullstellen vor und der Zähler in (4.118) lässt sich in zwei reelle Linearfaktoren zerlegen YR(s) , (1+sT~)(1+sT;) GR(s)=--=K pR , e(s) sTn .,
T~
T'
l1llt K pR =K pR - ; Tn
n
=-~.'
(4.120) T' = __ 1
sI
y
s2
Die Form (4.120) ist besonders geeignet, wenn Polstellen der Strecke durch Nullstellen der Regeleinrichtung kompensiert werden sollen. Ferner ist diese Zerlegung vorteilhaft zur Darstellung im Bode-Diagramm. Zwischen den Parametern der GIn. (4.118) und (4.120) bestehen die folgenden Beziehungen:
, ( T;)
(4.121)
K PR = K PR 1 + T~
Sowohl in (4.118) als auch in (4.120) ist der Zähler von höherer Ordnung als der Nenner, d. h. eine solche PID-Regeleinrichtung ist physikalisch nicht realisierbar. Zur Ermittlung der Sprungantwort erhalten wir mit e(t) = eo . O'(t)
aus GI. (4.117)
0--.
e(s) = ~ s
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen YR (s) = KPRe o
[.!. s
++ s Tn
+Ty
137 (4.122)
-.
Durch Rücktransformation in den Zeitbereich folgt aus (4.122) die Sprungantwort der idealen PID-Regeleinrichtung YR(t)=KPReo[l+
;n
YR
+Ty 5(t)}4.123)
i
mit dem in Bild 4.38 dargestellten Verlauf.
Zur Realisierung einer PID-Regelo einrichtung gibt es viele Möglichkeiten, - - - - - - - - - - ~-----i----''------ t z. B. durch parallele Erzeugung des P-, 1Tn----.rl--- Tn und D-T I-Anteils mittels der Schaltung nach Bild 4.11,4.19 sowie 4.30 und Addition der Ausgangsgrößen durch einen Summierer (Bild 4.8).
Bild 4.38 Sprungantwort eines idealen PIO-Reglers
Bild 4.39 zeigt eine vielfach angewandte Schaltung, ähnlich der PD-T 1Regeleinrichtung nach Bild 4.33. Das in der Rückführung liegende T-Glied ist allerdings durch den als Impedanzwandler geschalteten Operationsverstärker OP2 entkoppelt (s. a. Abschnitt 4.1, Bild 4.6, GI. (4.8a». Man spricht hier von aktiver Rückkopplung, während in Bild 4.33 eine passive Rückkopplung vorliegt. Am nichtinvertierenden Eingang des OP2 liegt die durch den Spannungsteiler gebildete Spannung
(4.124)
Bild 4.39
l
PIO-T 1-Regeleinrichtung mit aktiver Rückführung
YR(s)
0----------'-+-------''-----4-------0-
Für den invertierenden Eingang V.M. gilt
i1(s) = i z (s)
(4.125)
4 Regeleinrichtungen
138 . . () e(s) mIt I[ s = - -
(4.126)
R[
X2(S)
sC 2
=-X2(s)
1
(4.127)
1+ sC 2 R 2
R2+-sC 2
Setzen wir (4.126) und (4.127) in (4.125) unter Berücksichtigung von (4.124) ein, so folgt: YR(s) R 2 (1+SC2R2)[1+sC3(R3+Rp)] GR(s)=--=-e(s) R[ sC 2R 2 (1+sC 3R p )
(4.128)
und mit den Abkürzungen , R K pR = -2 ;
R[
,
Tn =C 2 R 2 ;
,
T y =C3 (R 3 +R p );
T[=C 3R p ;
YR(s) , (l+sT~)(l+sT~) GR (s) = - - = K pR - - - - = - - - - - - - - ' - - - e(s) sT~ (1 + sT[)
(4.129)
Hierin ist T[ die die Verzögerung bewirkende parasitische Zeitkonstante. Die Übertragungsfunktion des realen PID-T [-Reglers kann man sich durch Reihenschaltung des idealen PID-Reglers nach (4.120) und eines P-T [-Gliedes mit 1 G(s)=-1+ sT[
entstanden denken. Für Rp = 0 bzw. T[ = 0 geht GI. (4.129) in GI. (4.120) über.
•
Sprungantwort
Zur Ermittlung der Sprungantwort der PIDT [-Regeleinrichtung lösen wir (4.129) nach
YR
i
YR(S) auf und erhalten mit e(t) = eo . O'(t)
0--.
e(s) =
~ s
und Vernachlässigung des negativen Vorzeichens K pR (1 + sT~ )(1 + sT~ ) YR(s)=eoT'T ( ) n [ 2 1 s s+T[
(4.130)
Bild 4.40 Sprungantwort einer PID-T [-Regeleinrichtung
Durch Rücktransformation in den Zeitbereich mittels Residuensatz erhält man
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
(s
+tc st (1 +
139
+~) (T~ + T~ + 2sT~T~) - (1 + sT~ )(1 + sT~)
('+ ;J
~
sT~)(1 ST~). + 1 s+Tl
'
n
T~ T~)
+TI2(1 - - )(1 - - C- ;]) bzw. Tl Tl
T'
T~ Je
-T]t •
cO·
(4.131)
Mit den Beziehungen (4.121) kann die Übertragungsfunktion (4.129) in 2
G (s) - K R
-
PR
s TnTy +sTn +1 sTn (1 + sTI )
(4.132)
umgeformt werden. Für die Sprungantwort erhalten wir dann die Beziehung Tl t Tl Ty -T: YR (t)=K pR l - - + - - ( l - - - - ) C t1 CO, Tn Tn Tn Tl
1
r
(4.133)
Aus den GIn. (4.131) und (4.133) folgt für t = 0 , T~ Ty YR (0) = K PR - Co = K PR - Co . Tl Tl
Für große t-Werte erhalten wir die Gleichung der Asymptote:
T~
, [ 1+--,-+-, -11 t] co=KpR [1T-l- +t] YRA(t) = K pR - co· Tn Tn Tn Tn
Diese nimmt für t = Tl den folgenden Wert an:
,(
T~) Co = K PR Co . YRA (Tl) = K PR 1 + T~ Bild 4.40 zeigt den Verlauf der Sprungantwort. • Frequenzgang und Ortskurve Der Frequenzgang des PID-TI-Reglers folgt aus (4.132), indem wir s durchjw ersetzen
140
4 Regeleinrichtungen (4.134)
Zur Diskussion des Ortskurvenverlaufs zerlegen wir (4.134) in Real- und Imaginärteil 2
Tn -1] + OJ TnTy1] Tn [I+(OJ1])2]
Re (G ) = K R
PR
Im
(i)
i
Re
Bild 4.41 zeigt den Ortskurvenverlauf des PID-, PID-T)- und PID-T2-Reglers. I~--+-I;---t- K -Ty ----+I ,...pR 1]
PID-T)-Regler: aJ
Re (GR)
Im (GR)
0
K PR (I- ;:)
-00
K pR
0
Ty K pR T)
0
1
~Tn(Ty-T) 00
4.3.6.1
Bild 4.41 Ortskurvenverlauf des PID-, PID-T)-und PID-T2-Reglers
PID-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-Tz-Strecke
Im Folgenden soll der Regelkreis nach Bild 4.42 untersucht werden.
Jz
KpR,Tn,Ty
K pS ,T),T22
t- -ll~::::J~6-.L..lrc J
w -0 e
+
I
GR(s)
+
Bild 4.42 Regelkreis gebildet aus einer P-T2-Strecke und einer PID-Regeleinrichtung
x
Gs(s)
Die Regelstrecke habe eine Dämpfung D > 1, mit der Übertragungsfunktion x(s)
K ps
K ps
Y(s)
s2 T22 + sT) + 1
(1 + sTa )(1 + sTb )
GS(S)=--=
.
,mIt Tb >Ta.
(4.135)
Für die Übertragungsfunktion der Regeleinrichtung wählen wir GI. (4.120), in der der Zähler in Linearfaktoren zerlegt ist. YR(s) , (l+sT~)(I+sT~) GR (s) = - - = K pR , sTn e(s)
(4.136)
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
141
a) Führungsverhalten
Die Führungsübertragungsfunktion lautet mit (4.135) und (4.136) in (4.18) G (s) = x(s) = w
1
wes)
,
(4.137)
sT~ (1 + sTa )(1 + sTb )
"
K PR K PS (1 + sTn )(1 + sTy
)
+1
Es ist naheliegend, in GI. (4.137) T~ gleich der größten Zeitkonstante der Strecke (z. B. T~ = Tb) zu wählen und T; = Ta' Somit kürzen sich die beiden Linearfaktoren heraus und reduzieren die Ordnung des Systems auf G (s) = x(s) = w
wes)
1, 1+s-,----'-'--Tn
(4.138)
KpRK pS
Zur Ermittlung des stationären Endwertes von x(t) für W(t) = wo' (j(t)
0--.
wes) = Wo
s
erhalten wir aus GI. (4.137) x(s) = G w (s)· wes) = G w (s). Wo
s
und mittels Grenzwertsatz (4.139)
x(oo) = lim x(t) = lim s· x(s) = wo' lim G w (s) = wo. t---'too
s---'tO
s---'tO
Unabhängig von der Wahl von T~ und T; und unabhängig von der Ordnung der P-Strecke wird durch den I-Anteil die bleibende Regeldifferenz gleich Null. e(oo)=wo -x(oo)=O.
(4.140)
b) Störverhalten
Mit (4.135) und (4.136) in (4.20) erhalten wir die Störübertragungsfunktion Gz (S )
sT~Kps
= x(s) =
z(s)
sTn (1 + sTa )(1 + sTb ) + K pR K ps (l I
I
I
Bedingt durch den I-Anteil wird der Einfluss der Störgröße für t beseitigt. Aus (4.141) folgt x(s) = G z (s)· z(s) , und mit z(t) = zo . (j(t)
0--.
z(s) =
I
•
(4.141)
~
00
vollkommen
+ sTn )(1 + sTy )
~ s
erhalten wir x(s) = G z (s) . ~. Der Grenzwertsatz liefert s
(1.141a)
142
4 Regeleinrichtungen x(oo)= 1im x(t) = 1im s·x(s)=zo· 1im Gz(s)=O. t~=
s~o
(4.142)
s~o
Im Gegensatz zum Führungsverhalten kann die Ordnung von (4.141) nicht reduziert werden. Wählen wir auch hier T~ =Tb und T; =Ta , so folgt aus (4.141) G (s) = x(s) = z
z(s)
sTbK PS (1 + sTa )(1 + sTb )(K pR K PS
+ sTb )
bzw. (4.143)
Für die gewählten Reglerparameter sind, wie GI. (4.143) zeigt, sämtliche Pole des Kreises negativ reell und somit das System stabil. Dies ist nicht generell so. Wie in Kapitel 6 gezeigt werden wird, kann bei ungünstiger Wahl von Tn bzw. T~ das System instabil werden. In diesem Fall, der explizit vorliegenden Pole erhalten wir für (1.l41a) und aus (4.143) mittels Residuensatz die Sprungantwort
(4.144)
mit dem in Bild 4.43 gezeigten Verlauf. Der dritte Term in der eckigen Klammer von GI. (4.144) wird für großes K pR K PS vernachlässigbar klein. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass von den in diesem Kapitel behandelten Regeleinrichtungen der PID-Regler, infolge der
x
i -----------1---------
drei Parameter KpR, Tn und T y , am anpassungsfähigsten ist. Durch den I-Anteil tritt sowohl beim Führungs- als auch beim Störverhalten eine vorübergehende aber keine bleibende Regeldifferenz auf.
00
Ferner kann die Ordnung des Systems durch geeignete Wahl der Parameter reduziert werden.
Bild 4.43 Störsprungantwort des Regelkreises nach Bild 4.42 für T~ =Tb und T; =Ta
__ t
143
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren Das Bode-Diagramm dient neben der Ortskurve zur graphischen Darstellung des Frequenzganges. Während man bei der Ortskurvendarstellung den Frequenzgang G(jOJ) = x a (jm) xe (jOJ)
nach Betrag und Phase in einem einzigen Diagramm in der Gaußschen Zahlenebene darstellt, werden im Bode-Diagramm der Betrag von G und der Phasenwinkel rp in zwei getrennten Diaframmen als Funktionen der Kreisfrequenz OJ aufgetragen. Für die Darstellung von G I = J( OJ) ist sowohl OJ auf der Abszisse als auch das Amplitudenverhältnis IG I auf der Ordinate im logarithmischen Maßstab geteilt. In einem zweiten Diagramm ist dann der Phasenwinkel rp im linearen über der Kreisfrequenz OJ im logarithmischen Maßstab aufgetragen. Durch die logarithmische Darstellung erhält man leicht zu konstruierende Asymptoten des wirklichen Kurvenverlaufs I G I = J( OJ). Bei der Hintereinanderschaltung von mehreren Frequenzgängen ergibt sich der Gesamtfrequenzgang aus dem Produkt der einzelnen Frequenzgänge. Der besondere Vorteil der Darstellung eines solches Frequenzganges im Bode-Diagramm besteht darin, dass durch die Logarithmierung die Produktbildung auf eine einfache Addition zurückgeführt wird.
5.1 Bode-Diagramme einfacher Frequenzgänge Im Folgenden sollen die Bode-Diagramme von Regelkreisgliedern mit elementarem Zeitverhalten behandelt werden, deren Frequenzgänge bereits in den vorherigen Kapiteln abgeleitet wurden. Häufig wird der Amplitudengang wie in der Nachrichtentechnik üblich, in Dezibel (dB) aufgetragen. Definitionsgemäß gilt 1
G(jOJ) I dB = 20 .lgl G(jOJ)
I·
(5.1)
Bei der Darstellung des Amplitudenganges IG(jOJ) I ist Folgendes zu beachten: a)
Für die Ordinate und Abszisse ist der gleiche logarithmische Maßstab zu verwenden (z. B. 50 mmlDekade oder wie bei logarithmisch geteiltem Papier 62,5 mmlDekade).
b)
Die lV-Achse wird stets so gelegt, dass sie die Ordinate bei
I G(jOJ) I
= 1 bzw.
I G(j OJ) IdB = 0 schneidet. c)
Durch die logarithmische Teilung der OJ - Achse lässt sich die Frequenz OJ = 0 nicht darstellen. Im Schnittpunkt der OJ - Achse mit der Ordinate wählt man OJ gleich einer lOer Potenz, die dem darzustellenden Problem angepasst ist, d. h. 2 (l0-1 ... 10- ) ·1/Tx . Hierin ist Tx die größte Zeitkonstante des Systems.
S. Zacher M Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-9837-1_5, © Vieweg+Teubner Verlag I Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
144
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren
5.1.1 Bode-Diagramm des Po-Gliedes Der Frequenzgang eines Po-Gliedes ist: . x a (jm) G(jm) = . = K p = konstant xe(jm) G(jm) = I G(j01) I e j9J (W) .
Daraus folgt:
IG(j01) 1= K p
Bild 5.1 zeigt für
und 1, so lässt sich das P-T2-Glied in zwei P-T I-Glieder zerlegen. Die Darstellung von in Reihe geschalteten Gliedern in Bode-Diagramm soll im folgenden Abschnitt behandelt werden.
5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm 5.2.1 Konstruktion des Bode-Diagramms mittels Einzelfrequenzgängen Sehr häufig treten in einem Regelkreis Reihenschaltungen der im vorigen Abschnitt behandelten einfachen Übertragungsglieder auf. So kann z. B. ein PIO-Glied als Reihenschaltung eines PI- und eines PD-Gliedes aufgefasst oder in ein 1- und zwei PDGlieder zerlegt werden. Sind n Glieder mit den Frequenzgängen GI (J m), G2(J m), ... Gn(}m) in Reihe geschaltet, so ist der Gesamtfrequenzgang gleich dem Produkt der einzelnen Frequenzgänge G(jm) = GI (jm) . G 2 (jm)· ... · G n (jm) .
(5.23)
Zur Darstellung des Gesamtfrequenzganges im Bode-Diagramm wird G(jm) in Betrag und Phase zerlegt. G(jm) = I G(jm) Iejrp(OJ) .
Auf GI. (5.23) angewandt ergibt:
(5.24)
154
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren
G(j())) = I GI (j()))
Ie jqJj (m) ·1 G 2 (j())) Ie j f/J2(m) .. ··1 G n (j())) Ie jqJn (m)
I
G(j())) = GI (j())) 1·1 G 2 (j()))
I· .. ··1 G n (j())) I· e j (lpj+qJ2+ .. ·+qJn) .
(5.25)
Durch Vergleich der GIn. (5.25) und (5.24) folgt
I G(j())) I= I GI (j())) 1·1 G 2 (j())) 1· .. ··1 G n (j())) I
(5.26)
und rp(())) =
rpl (())) + rp2 (())) + ... + rpn (())) .
(5.27)
Infolge der logarithmischen Darstellung des Amplitudenganges aus GI. (5.26) durch Logarithmieren
IG( j ())) I erhält man (5.28)
oder
I G(j())) IdB
=20lgl GI (j())) 1+ 20lg I G 2 (j())) I + ... + 20lg I G n (j()))
I
(5.29)
n I G(j())) IdB = I I Gi (j())) IdB . i=l
I G( j())) I dB ergibt sich Ordinaten der Amplitudengänge I GI (j())) I dB,
Das heißt, der Amplitudengang des Gesamtfrequenzganges durch einfache Addition der einzelnen
IG2(}())) IdB, ... , IGn(}())) IdB. Das Gleiche gilt auch für die Asymptoten. Den Phasengang r;X.())) erhält man, entsprechend GI. (5.27), ebenfalls durch Addition der ein-
zelnen Phasengänge ffJJ (())), CfJ2( ())), ... , ffJn( ())). •
Beispiel 5.1
Zwei P-T j-Glieder und ein PD-Glied sind in Reihe geschaltet, mit den Übertragungsfunktionen
K P_l_ GI (s) = __ l+sTI
Kpl = 2
Tl = 5 s
G 2 (s)= K p2 1+ sT2
KP2=4
T2 = 1 s
G3 (s) = K p3 (1 + sTy )
Kp3 = 8
Ty = 0,25 s.
Der Amplituden- und Phasengang der Einzelfrequenzgänge sowie das Bode-Diagramm der Gesamtanordnung ist zu konstruieren. Zunächst werden die Asymptoten der einzelnen Amplitudengänge gezeichnet, gemäß den Abschnitten 5.1.4 und 5.1.6, mit den Eckfrequenzen:
5.2 Darstcllung in Reihc gcschaltclcr Glieder im Bodc-Diagramm I 02-1 lVEl =-= , S
T,
155
I I-I lVE2 =-= S
T2
Am zweckmäßigsten verwendet man einen logarithmischen Maßstab mit 50 mOl/Dekade oder logarithmisch geteiltes Papier mit 62,5 mrnfDekade. Der resultierende Asymptolenverlauf von IG(jo) IdB ergibt sich durch Addition der Asympto-
tcn von IGl(jo) IdB. IG2(jo) IdB und IG3(jo) IdB· 102
40
I I
IGldB
30
20
IGI
5
IG)I_
2 10 5
10
o 5 -10
2
,
,, , ,,
-20
90'
2
,, ,, ,, ,, ,, :
~
I
:
~
:, , : :
I I I I
:
I I
I
...1-
-----------~------l----30'
,,:
_
II I I I
o'-k~:±='~~~~ 2 1 10- 2
10-
2
_ 30"
5
10
2
5
_wl.,-r
_ 60' - 90"
---------------
--::::-::-:--=-=--=-.=:::::==--=_
• Bild 5.8
Bode-Diagramm dreier in Reihe geschalteter Glieder GI(.I). G2(S) und G3(S)
156
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren
Von OJ = 0 bis OJ = OJEl ist der Verlauf der resultierenden Asymptote eine Parallele zur Abszisse. Im Bereich OJEl < OJ< OJE2 laufen die Asymptoten von IG2(jOJ)
I und IG3(jOJ) I paral-
lel zur Abszisse, während die Asymptote von I GI (j OJ)
(1: 1) hat. Die resultie-
I die Steigung -
rende Asymptote hat in diesem Bereich ebenfalls eine Steigung - (I: I). Von OJ = OJE2 bis OJ = OJE3 haben die Asymptoten von IGl (jOJ)
I und IG2(jOJ) I je eine Steigung von -
(I: 1), was zu
einer resultierenden Asymptote von - (2: 1) führt. Für OJ > OJE3 kommt die Asymptote von
I G3(jOJ) I
mit der Steigung + (I: 1) hinzu und kompensiert die Steigung einer der beiden
Asymptoten IGI (jOJ) Steigung - (1: 1) hat.
I oder IG2(jOJ) I, so dass die resultierende Asymptote für OJ > OJE3 die
Betrachtet man die Amplitudengänge IGj(jOJ) I, IG 2 (jOJ) I und IG 3(jOJ) I in Bild 5.8, so sieht man, dass sie untereinander kongruent sind. Das heißt, man kann mittels einer Schablone den wahren Verlauf von IGI (j 0)) I, IG 2(j OJ) I und IG 3(j 0)) I zeichnen, indem man diese je nach der Eckfrequenz in der Zeichenebene entsprechend verschiebt, bzw. zum Zeichnen von G 3(jOJ) gegenüber IGI(jOJ) I bzw. IG 2(jOJ) I, parallel zur OJ-Achse umklappt. Das Gleiche gilt für den Phasengang. Zum Zeichnen von /PJ(co) wird die Schablone an der OJ-Achse gespiegelt.
I
I,
Eine andere Möglichkeit zur Gewinnung des exakten Amplituden- und Phasenganges besteht darin, anstelle der Schablone ein Lineal zu benutzen. Das Amplituden- sowie das Phasenlineal sind für einen logarithmischen Maßstab von 50 mmlDekade entwickelt. Der Vorteil besteht darin, dass außer dem gesuchten Amplitudengang lediglich die Asymptoten der einzelnen Frequenzgänge und die des Gesamtfrequenzganges gezeichnet werden müssen. Das Diagramm gewinnt dadurch an Übersichtlichkeit. Der Gedanke, der dem Amplitudenlineal zugrunde liegt, ist im Anhang erläutert und steht im OnlinePlus-Bereich des Verlags zum Download zur Verfügung.
5.2.2 Konstruktion mittels Asymptoten Man kann das Bode-Diagramm einer Reihenschaltung der n Glieder mit den Frequenzgängen GI (jOJ), G2(jOJ), ... Gn(jOJ) direkt nach dem Gesamtfrequenzgang (5.23)
Go (jOJ) = GI (jOJ)' G2 (jOJ)' .... Gn (jOJ) skizzieren, ohne vorher die einzelnen Frequenzgange zu bestimmen und danach zu addieren, wie es im vorherigen Abschnitt beschrieben wurde. Trägt man die Ordinaten
IGo(jOJ) IdB in Dezibel und die Abszissen in Dekaden auf, so entspricht die in vorherigen Abschnitten definierte Steigung -(1:1) einer Steigung von -20 dB/Dek, die Steigung -(2: 1) ist dann in diesen Dimensionen -40 dB/Dek usw. Bei der Bestimmung des gesamten Amplitudenganges geht man aus folgenden Eigenschaften von einzelnen Frequenzgängen aus: 1) Ist ein I-Glied im Gesamtfrequenzgang Go(jOJ) vorhanden, z. B. wie unten: G ('OJ)= K pI K P2 K I (1+ joJI'n) o} jOJTn (1 + j OJ1i)(1 + jOJT2 ) ,
5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm
157
dann hat die Asymptote des gesamten Amplitudenganges im Bereich der kleinen OJ- Werte, d. h. bei OJ~ «1, die negative Steigung (1:1) bzw. -20 dB/Dek. Dies folgt aus der Annahme, dass sich der Gesamtfrequenzgang bei OJTt« 1 zu einem einzelnen I-Glied reduziert:
So ein I-Glied hat bekanntlich die Steigung der Asymptote von -20 dB/Dek und schneidet die OJ - Achse bei
- K 10- KpIKpzKI .
li{)-
Tn
2) Ist kein I-Glied im Gesamtfrequenzgang Go(jOJ) vorhanden, z. B. G ('OJ)= Kp1 Kpz (l+ jOJTy ) o } (1 + j OJTt)(1 + j OJTz ) , verläuft die Asymptote des Amplitudenganges im Bereich der kleinen OJ- Werte horizontal bzw. mit der Steigung 0 dB/Dek und schneidet die Ordinatenachse bei I Go(jOJ) I dB = 20·1gKp = 20 ·lg(KpIKpz )·
Bei weiterem Verlauf des Amplitudenganges bei der ersten Eckfrequenz OJEl gilt die Näherung 201g1 Go(jOJ)
Tt »1,
I'" 201g K p - 20 ·lg(OJT1)·
Dies bedeutet, dass sich die Steigung der Asymptote des Amplitudenganges bei der Eckfrequenz OJEl Tt »1 um -20 dB/Dek ändert und beträgt folglich
o dB/Dek -
20 dB/Dek = - 20 dB/Dek
Trifft jedoch zuerst die Eckfrequenz OJEy Ty »1 auf, wobei die Zeitkonstante Ty die differenzierende Wirkung hat bzw. sich im Zähler des Gesamtfrequenzganges befindet, dann gilt die folgende Asymptotengleichung: 201g1 GO(jOJ)
I'" 20lg K p + 20 ·lg(OJT1)
Für die Steigungsänderung bedeutet dies die Erhebung um +20 dB/Dek, so dass die die Steigung der Asymptote des Amplitudenganges nach der Eckfrequenz OJEy
o dB/Dek + 20 dB/Dek = + 20 dB/Dek beträgt. 3) Die oben im Punkt 2 beschriebene Ermittlung der Steigungsänderung bei der ersten Eckfrequenz kann für alle nachfolgende Eckfrequenzen verallgemeinert werden, nämlich: die Steigungsänderung nach jeder Eckfrequenz OJEk betrifft ±20 dB/Dek, wobei
158
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren
+20 dB/Dek einer differenzierenden Zeitkonstante Tk im Zähler des Gesamtfrequenzganges und -20 dB/Dek einer Zeitkonstante Tk im Nenner des Gesamtfrequenzganges (Verzögerung) entspricht. Die Konstruktion des Amplitudenganges des Bode-Diagramms mittels Asymptoten wird am vorherigen Beispiel 5.1 erläutert. Der gegebene Gesamtfrequenzgang Go(s) = GI (s)G (s)G (s) = KplKP2 K p3(1 + sTv ) 2 3 (l + sli)(l + sT2 )
hat keinen I-Anteil, d. h. die erste Asymptote im Bereich der kleinen 0) - Werte verläuft horizontal bzw. mit der Steigung 0 dBlDek und fängt bei der folgenden Ordinate an:
I G(jOJ) I dB
= 20·lgKp = 20·lg(KI K 2 K 3 ) = 20·lg(2·4·8) = 36,1236
Da sich die Zeitkonstante Tl, die der kleinsten Eckfrequenz entspricht, im Nenner des Gesamtfrequenzganges befindet, hat die nächste Asymptote bei
U-EI =
1
02- 1
TI = ,
s
die Steigung (0 dBlDek - 20 dBlDek) = -20 dBlDek. Bei der nächsten Eckfrequenz
U-Ez = -1 = 1s 1 Tz
wirkt Zeitkonstante Tz wiederum verzögert, d. h. die Steigung der Asymptote wird noch um -20 dBlDek geändert: (- 20 dBlDek - 20 dB/Dek) = -40 dB/Dek. Die Zeitkonstante Tv befindet sich im Zähler des Gesamtfrequenzganges und hat differenzierende Wirkung, so dass die Steigung der Asymptote bei der Eckfrequenz
1 4%3=-= S
1
Ty
um +20 dB/Dek geändert wird: (- 40 dB/Dek + 20 dBlDek)
=-20 dBlDek.
Somit ergibt sich der im Bild 5.9 gezeigte Verlauf der Asymptoten des Amplitudenganges. Um den wahren Verlauf des Amplitudenganges zu erreichen, sollen die Ordinaten bei jeder Eckfrequenz um ± ~G = 3 dB korrigiert werden.
Das Phasengang ergibt sich in ähnlicher Weise wie der Amplitudengang, wobei der folgende Zusammenhang zwischen Steigung des Amplitudenganges und dem Phasenwinkel im Bereich der kleinen ü.) - Werte bzw. bei OJ~ «I besteht: Gesamtfrequenzgang Go(jw)
Steigung der Asymptote im Bereich der kleinen 0)- Werte
Phasenwinkel im Bereich der kleinen 0)- Werte
Ohne I-Anteil
o dBlDek
0°
Mit I-Anteil
-20 dB/Dek
-90°
Mit Doppel-I-Anteil
-40 dB/Dek
-180°
5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm
IGol dB
1
40dB
%1=
0,2
159
S·l
I I
:
o--~-~-~_--o'~---------~dB ......-..:::.. ----f
--_
-""
dB -zo--
Dek
"" t_~_":.~,_ 3dB -------~,+,
20dB
f
I I
'
>,
-40 dB Dek
I/''
0 wird für t----f oo
x( 00) = 00
(aufklingende Schwingung),
•
Für a
= 0 ergibt sich eine Dauerschwingung x=konstant.
Setzen wir GI. (6.10) in (6.9) ein, so folgt: a3(a 3 ± joo3a 2 - 3aoo 2
=+=
joo 3 ) + a2(a 2 ± joo2a -
(0
2
)
+ al (a ± joo) + ao =0. (6.11)
Zur Erfüllung dieser Gleichung muss sowohl der Real- als auch der Imaginärteil Null sem.
170
6 Stabilitätskriterien Re:
3
2
2
2
a3(a -3aO) ) +a2(a - 0) ) +a1a+ao = 0 3
2
2
a3a +a2a +aja+ao =0) (3a3a+a2)'
Im:
a30)3
=+=
ai
(6.12)
± OJ(3a3a2 + 2a2a+al) = 0
= 3a3a 2 + 2a2a + a,
(6.13)
a3
Mit (6.13) in (6.12) folgt:
a~a3 + a2a3a2 + aja3a + aOa3 = (3a3a2 + 2a2a + aj)(3a3a + a2) bzw.
(6.14)
Unter der Voraussetzung, dass alle Koeffizienten positiv sind, kann man aus GI. (6.14) folgende Bedingungen ableiten: • Ist aja2 - aOa3 > 0, so ist anegativ (abklingende Schwingung, der Kreis ist stabil). • Für aj a2 - aOa3
=
0 ist a= 0 (Fall der Dauerschwingung, Stabilitätsgrenze).
• Ist aja2 - aOa3 < 0, so ist a> 0 (aufklingende Schwingung, der Kreis ist instabil). Dieser Zusammenhang lässt sich durch eine Determinante D ausdrücken. aj
a3
D= ao
{> 0
a2
=0
stabil Stabilitätsgrenze
0 und a3 > 0 aja2 - aOa3 > 0 (stabil).
(6.17)
Dieses Ergebnis ist identisch mit der zuvor abgeleiteten Beziehung (6.15). Für eine Differentialgleichung 4. Ordnung (n = 4) folgt:
D=
al
a3
0
0
ao
a2 : a4
0
__________ J
0
al
a3
0
o
ao
a2
a4
-------------
0
al
a3
=a4 ao
a2
a4 ,
0
al
a3
D=a4(ala2 a 3 -aoaj -af a 4)
(6.18)
und bei Stabilität (für a4 > 0) (6.19)
ala2a3 -aoaj -afa4 >0.
Für eine
charak~erist~sche, Gleichung
,
,
,
,
,
al : a3 : as
_____ ,
'0
5. Grades (n = 5) folgt aus GI. (6.16)
0
I
o o o o
ao
a2
a4
0
0
al
a3
as
Der Faktor as in der 5. Zeile und 5. Spalte kann unberücksichtigt bleiben wie in GI. (6.18). Es verbleiben nur noch die ersten vier Zeilen und Spalten. Entwickeln wir diese nach der 4. Spalte, so folgt:
6 Stabilitätskriterien
172
Nach einer Zwischenrechnung erhält man bei Stabilität (aOa3 -ajaz)(azas -a3 a 4)-(aOas -aja4)
•
z >0.
(6.20)
Beispiel 6.1
Gegeben ist ein Regelkreis, bestehend aus einer P-T2-Strecke und einer PI-Regeleinrichtung mit den folgenden Übertragungsfunktionen
Kps = 0,5 = 30 s
Tj 2
ps
GS(s)= 2 zK und GR(S)=KPRll+_l_). s Tz + sTj + 1 sTn
T2 = 200 s2 KpR = 10
Tn =4s Gesucht: a) Ist der Regelkreis stabil? b) Auf welchen Wert müsste Tn vergrößert werden, um die Stabilitätsgrenze zu erreichen? e) Bei gleicher Nachstellzeit wie unter a) soll durch Hinzunahme eines D-Anteils die Stabilitätsgrenze erreicht werden. Wie groß muss T y gemacht werden?
Zu a) Aus GI. (6.1) wurde die Differentialgleichung des geschlossenen Regelkreises entwickelt. Die für die Stabilitätsuntersuchung maßgebende charakteristische Gleichung entspricht der linken Seite von GI. (6.1): x(s) [_1_ + GR
GS(s)
(S)] = 0
bzw.
1 --+GR(s)=O. Gs(s)
(6.21 )
Durch Einsetzen der gegebenen Übertragungsfunktionen GR(S) und Gs(s) in GI. (6.21) folgt: 3
Z
Z
s TnTz +s TnTj +sTn(l+KPRKpS)+KpRKpS =0. '-r--' '-v-" , ''--------v----Q3
Q2
QI
Qo
Für die Koeffizienten ergeben sich folgende positive Werte: 2 a3 = Tn T2 = a2 =Tn~
800 s3; 2
=120s ;
al
=Tn(l+KPRKps)=24s;
aO = K PR K PS = 5.
6.1 Stabilitätskriterium nach Hurwitz
173
Die Hurwitz-Determinante für eine charakteristische Gleichung 3. Grades, die wir bereits abgeleitet haben, führt zu
D = a3 (a[aZ - aOa3) bzw. a[aZ -aOa3 = 2880 s3 - 4000 s3 = -1120 s3 .
D < 0, d. h. der Regelkreis ist instabil. Zu b)
An der Stabilitätsgrenze ist D
=0 bzw.
ala2 = aOa3
z
1000 s = 5,55 s . 30s·6 Für Tn > 5,55 s ist der Regelkreis stabil. Dies ist noch keine Aussage über die Regelgüte. So würde z. B. für Tn = 6 s die Dämpfung des Systems immer noch zu gering sein. Zu c) Durch den zusätzlichen D-Anteil erhält die charakteristische Gleichung folgende Form: 3
2
2
s T n T 2 +s Tn(T[ +TyKpRKPS)+sTn(l+KPRKpS)+KpRKpS =0. Durch Nullsetzen der entsprechenden Kenngrößen folgt dies auch aus. GI. (6.5). Gegenüber a) hat sich lediglich der Koeffizient az geändert. a2 =Tn(TJ
+ TyKpRKpS)'
An der Stabilitätsgrenze ist wieder D = 0 bzw. ala2 = aOa3
Für T y > 2,33 s ist der Regelkreis stabil. Die Kreisfrequenz, mit der die Regelgröße an der Stabilitätsgrenze schwingt, erhält man aus GI. (6.12) bzw. (6.13), denn im Fall der Dauerschwingung ist a= O. Aus GI. (6.12) folgt für a= 0
174
6 Stabilitätskriterien
und aus GI. (6.13)
Abschließend kann gesagt werden, dass bei einer P-T2-Strecke die Stabilität durch Vergrößern von Tn und Tv vergrößert wird, d. h. Verkleinerung des 1- und Vergrößerung des D-Anteils. ~
Aufgabe 6.1
Eine P-T3-Strecke mit K ps G s (s) = -----'....:::'---(l+sT1 )3
wird von einer P-Regeleinrichtung geregelt. GR (s) = K pR
Gesucht: a) Für welches KpR = KpRkr wird der Kreis instabil? b) Wie groß ist dann die mittlere bleibende Regeldifferenz e( 00) für w(t) = wo ·o(t)? c) Mit welcher Frequenz W= Wkr schwingt die Regelgröße an der Stabilitätsgrenze?
6.2 Stabilitätskriterium nach Nyquist Der vorangegangene Abschnitt hat gezeigt, dass das Hurwitz-Kriterium relativ einfach zu handhaben ist. Es versagt jedoch, wenn der Regelkreis ein Totzeitglied enthält, das nicht durch eine gewöhnliche Differentialgleichung beschrieben werden kann. In diesem Fall wird die charakteristische Gleichung transzendent und die Anwendung des Hurwitz-Kriteriums ist nur näherungsweise möglich, wenn der Term e -sT( in eine Potenzreihe entwickelt wird. Demgegenüber ist das Nyquist-Kriterium universeller und schließt die Untersuchung von Totzeitsystemen mit ein. Zur Herleitung des Nyquist-Kriteriums betrachten wir den in Bild 6.1 gezeigten Regelkreis, dessen Führungs- und Störübertragungsfunktion bereits in Abschnitt 4.2 mit Gw(s)=
GR(s)GS(s) = Go(s) und I+GR(s)GS(s) I+Go(s)
G (s) =
Gs (s) 1+ G R (s)Gs (s)
z
Gs(s)
I+Go(s)
(6.22)
(6.23)
abgeleitet wurden. Hierin ist die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises: Go (s) = G R (s)Gs (s) .
(6.24)
6.2 Stabilitätskriterium nach Nyquist
175
Bild 6.1
Wirkungsplan des Regelkreises Die charakteristische Gleichung des geschlossenen Systems folgt durch Nullsetzen des Nenners von (6.22) bzw. (6.23) zu I+Go(s)=O.
(6.25)
Maßgebend für die Stabilität eines Systems ist, dass alle Nullstellen von [l + Go(s)], die identisch sind mit den Polen von Gw(s) bzw. Gz(s), in der linken s-Halbebene liegen. Das Nyquist-Kriterium betrachtet den Verlauf der Ortskurve von [l + Go(jm)], die durch Parallelverschiebung von GO(jm) um + 1 in positiv reeller Richtung entsteht. Wie Bild 6.2 zeigt, kann man für die Ortskurve [1 + Go(j m)] den Punkt (- 1, jO) als neuen Ursprung betrachten. Nach Nyquist ist die Winkeländerung des Zeigers [1 + GO(jm)] im Bereich m= 0 ...
00
bei Stabilität abhängig von der Polverteilung von Go(jm), wie in Abschnitt 6.2.2 gezeigt werden wird.
tIm
-1
(f)=OO
--.
Re
Bild 6.2
Zusammenhang zwischen GoUOJ) und [1 +GoUOJ)]
6.2.1 Graphische Ermittlung der Ortskurve bei gegebener PolNullstellenverteilung Gegeben sei die Übertragungsfunktion GO(s) in Linearfaktoren Go(s)=K. (s-sn1)(s-sn2)(s-sn3)'" (s - sp1 )(s - sp2 )(s - sp3) ...
(6.26)
Die in GI. (6.26) expliziten Pole und Nullstellen lassen sich, wie in Bild 6.3 gezeigt, in der s-Ebene darstellen. Betrachten wir den Frequenzgang von GI. (6.26), so wird G ('m)=K (jm-s n 1)(jOJ-s n2)(jOJ-s n 3)'" o ) (jm-sp1)(jm-sp2)(jm-sp3)'"
(6.27)
Für einen bestimmten m - Wert stellt jeder der Linearfaktoren in GI. (6.27) einen
176
6 Stabilitätskriterien
Bild 6.3 Pol-Nullstellenverteilung in der s-Ebene
Zeiger dar, der von dem betreffenden Pol bzw. der Nullstelle zum Punkt iOJ auf der ima-ginären Achse zeigt. Die Länge des Zeigers entspricht dem Betrag des Linearfaktors, und die Phasenverschiebung ist der Winkel, den der Zeiger mit der positiv reellen Achse einschließt. GI. (6.27) erhält dann die Form Go (jOJ) = K li OJ li OJ -
snllli OJ - sn211i OJ - sn31··· ej(tpnl+..·-tpPI-"') . spllli OJ - sp21li OJ - sp31···
(6.28)
Der Betrag des resultierenden Zeigers an die Ortskurve Go(jOJ) ergibt sich durch Multiplikation bzw. Division der einzelnen Zeigerlängen liOJ - snd bzw. liOJ - Spi I und dem Faktor K. Entsprechend erhalten wir den resultierenden Phasenwinkel durch Addition bzw. Subtraktion der -=25, 0,8 wird der geschlossene Kreis stabil. Der Fahrstrahl von (-1, jO) an die gestrichelte Ortskurve beschreibt jetzt eine Winkeländerung von Lltp = + l[, wie durch GI. (6.48) gefordert. Der Einfluss der beiden anderen Regelparameter ergibt sich aus der Betrachtung des Schnittpunktes der Ortskurve mit der negativ reellen Achse. Es ist dann
Im (GO) = O. Damit folgt aus GI. (6.51) 2 ~ -Tn OJ = - - TnTy~
(6.52)
Mit (6.52) in (6.50) erhalten wir im Schnittpunkt
Re(Go) = -KpRK ps
y TnT TI(~ -Tn )
(6.53)
Im
t
- . Re
-1
---
"...
0)=
00
w
Re (Go)
Im (GO)
0
-00
+00
-0,8
0
0
0
~Tj -Tn TnTyTj 00
Bild 6.9 Ortskurvenverlauf GO(jw) des durch GI. (6.47) gegebenen Systems Wie Bild 6.9 zeigt, muss bei Stabilität die Winkeländerung
Lltp =
+ ffsein. Dies wird erreicht,
wenn die Ortskurve GO(jw) den kritischen Punkt links liegen lässt, d. h. für
(6.54)
Re(G o ) 1.
Daraus ermitteln wir für die drei Parameter:
(6.55)
6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm T, (T, - T )
T > I y
Tn >
1 n = KPRKPSTn
0 25 s oder
T,T,
I 1
TI
185
+ KpRKpSTy
'
= 4,17 s .
Die Stabilität des Regelkreises nach Bild 6.8 wird durch Vergrößern von KpR, T v und T n erhöht, also größerem P- und D-Anteil aber kleinerem I-Anteil. ~
Aufgabe 6.2
Überprüfen Sie die Ergebnisse von Beispiel 6.1 mittels Nyquist- Kriterium.
6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm Das im vorherigen Abschnitt 6.2 beschriebene Nyquist-Kriterium in Ortskurvendarstellung ist sehr anschaulich, jedoch in seiner Anwendung recht unhandlich, besonders wenn es darum geht, den Einfluss von Parameteränderungen oder zusätzlicher Glieder, die z. B. im kritischen Bereich eine Phasenanhebung bzw. Amplitudenabsenkung bewirken, zu erkennen. Demgegenüber bietet das Bode-Diagramm einige Vorzüge bei der Darstellung des Frequenzganges Go(Jm) des aufgeschnittenen Kreises, auf die wir bereits in Abschnitt 5.2 bei der Behandlung in Reihe geschalteter Glieder hingewiesen haben. Im Folgenden soll nun das Nyquist-Kriterium in das Bode-Diagramm übertragen werden. Danach ist gemäß Bedingung (6.43) ein System stabil, wenn der Fahrstrahl [l + Go(jm)] beim Durchlaufen der Ortskurve von m= 0 ... 00 eine Winkeländerung Ir
AqJ=(2n r +ni)'2
ausführt. In dieser Form ist das Nyquist-Kriterium nicht ohne Weiteres im BodeDiagramm anwendbar, da bei bekanntem Verlauf von Go(Jm) nach Betrag und Phase im Bode-Diagramm der Verlauf von [1 + Go( jm)] im Gegensatz zur Ortskurvendarstellung, nur mittels Hilfen (Hall- oder Nichols-Diagramm) ermittelt werden kann. Es soll nun gezeigt werden, dass aus der Anzahl und Art der Schnittpunkte zwischen der Ortskurve [1 + Go(Jm)] und der links des kritischen Punktes (-1, jO) gelegenen negativ reellen Achse, auf die gesamte Winkeländerung des Fahrstrahls [1 + Go(Jm)] geschlossen werden kann. Schneidet die Ortskurve [1 + Go(Jm)] die negativ reelle Achse links von (-I,jO), so bezeichnen wir den Schnittpunkt als positiv (S = + 1), wenn die Ortskurve bei zunehmender Frequenz aus dem 2. in den 3. Quadranten wechselt und als negativen Schnittpunkt (S = - 1) beim Wechsel vom 3. in den 2. Quadranten. Die Gesamtzahl der Schnittpunkte v besteht aus Vp positiven und Un negativen, so dass gilt (6.56)
186
6 Stabilitätskriterien
Nehmen wir zunächst an, dass Go(}w) keine Pole im Ursprung hat, dann beginnt die Ortskurve Go(}w) für
W=
0 auf der positiven reellen Achse. Ferner wissen wir, dass
für alle realen Systeme Go(}w) für w ---7 00 im Ursprung endet. Im Folgenden werden die Schnittpunkte fortlaufend mit zunehmender Frequenz nummeriert. Bild 6.10 zeigt für den Fall, dass nur positive Schnittpunkte vorliegen, den Ortskurvenverlauf [1 + Go(Jw)] und die Winkeländerung Alp bezüglich des Fahrstrahls [1 + Go(Jw)]. Im
Im
t
t
LlqJ=-41t
0)=0 -Re
LlqJ =+ 41t
Bild 6.10 Winkeländerung LlqJ bei aus-
Bild 6.11 Winkeländerung LlqJ bei aus-
schließlich positiven Schnittpunkten Up = 2
schließlich negativen Schnittpunkten Vn = 2
Die gesamte Winkeländerung ergibt sich zu Alp= vp . (+2n").
Entsprechend ergibt sich, wie Bild 6.11 zeigt, beim Vorliegen von ausschließlich negativen Schnittpunkten eine Winkeländerung von Alp = v n . (-2n") .
Ist, wie in Bild 6.12 gezeigt, von den v Schnittpunkten einer negativ, so ist unabhängig von der Aufeinanderfolge die gesamte Winkeländerung Alp = (v p -1)· 2JZ".
Entsprechend erhält man für Up positive und Vn negative Schnittpunkte (6.57)
Alp = (v p - v n )· 2JZ". Im
t
LlqJ =+ 41t
0)=0 -Re
Bild 6.12 Winkeländerung LlqJ = + 2.7l" für Up
= 2;
Vn = I
6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm
187
Hat die Übertragungsfunktion Go(}aJ) Pole im Ursprung, so beginnt die Ortskurve im Unendlichen, wie wir bereits in Abschnitt 6.2 gesehen haben. Die Anfangslage des Fahrstrahls [1 + Go(jaJ)] ist dann um nj'(- 1lf2) gedreht. Betrachten wir als erstes den Fall eines Pols im Ursprung nj = 1. Der Fahrstrahl beginnt für aJ= 0 bei -joo und legt, wie die Bilder 6.13 und 6.14 zeigen, bis zum Erreichen des 1. positiven oder negativen Schnittpunktes gegenüber GI. (6.57) einen zusätzlichen Winkel von + 1lf2 zurück, so dass gilt Lltp = (v p -
Jr (für 2
vn ) . 2Jr + -
nj =
1).
(6.58)
Im
Im
t
t
-
-1
Re
-
Re
J[
Atp= - -
2
Bild 6.13 Winkeländerung Atpbis zum 1. positiven Schnittpunkt (nj = 1) Für
nj =
Bild 6.14 Winkeländerung Atpbis zum 1. negativen Schnittpunkt (nj = 1)
2 (Doppelpol im Ursprung) beginnt die Ortskurve Go(}aJ) bei -
00.
Hier ist
der Zusammenhang nicht so eindeutig wie bei nj = 1 und bedarf einer weiteren Fallunterscheidung. Bild 6.15 zeigt die verschiedenen Winkeländerungen, die der Fahrstrahl von aJ = 0 bis zum Erreichen des 1. positiven Schnittpunktes zurücklegen kann. Vergleicht man Bild 6.15a) mit Bild 6.10, so ist der Winkel bis zum Erreichen des positiven Schnittpunktes in Bild 6.15a) um Jr gegenüber Bild 6.10 reduziert. In Bild 6,15b) ist der Winkel LllAJ,l um + Jrgegenüber Bild 6.10 vergrößert.
[1+ Go(jlü)]
Sj = +1 a) Atp =0
1
Im
--
1 So=+"2
Re
b) Atp =+ 21t
1
--
1m
Re
[1+ Go(jlü)]
Bild 6.15 Winkeländerung des Fahrstrahls [1 + Go(jlü)] von lü= 0 bis zum Erreichen des 1.
positiven Schnittpunktes So = + 1, a) Anfang verläuft im 2. Quadranten b) Anfang verläuft im 3. Quadranten
188
6 Stabilitätskriterien
Der Unterschied im Verlauf des Anfangsstücks der beiden Ortskurven in Bild 6.l5a) und 6.l5b) besteht darin, dass in a) die Ortskurve für kleine 0)- Werte im 2. Quadranten und in b) im 3. Quadranten verläuft. Die negative reelle Achse ist die Grenzlinie zwischen dem 2. und 3. Quadranten. Der Übertritt von der negativ reellen Achse in den 2. Quadranten (Bild 6.l5a) lässt sich als halber negativer Schnittpunkt (So = 112) interpretieren und entsprechend in Bild 6.l5b) als halber positiver Schnittpunkt (So = + 1/2), so dass bei Berücksichtigung dieser Festlegung wieder GI. (6.57) gilt.
Bild 6.16 zeigt den Zusammenhang für Schnittpunktes.
ni
= 2 bis zum Erreichen des 1. negativen
jIrn
jIrn
--
-Re
Re
b) L1tp=-21t
a) L1tp =0
Bild 6.16 Winkeländerung des Fahrstrahls [I + GO(jOJ)] von OJ= 0 bis zum Erreichen des 1. negativen Schnittpunktes SI = - 1
Man kann sich leicht überzeugen, dass die Beziehung (6.57) auch gilt, wenn kein Voll-Schnittpunkt links des kritischen Punktes liegt. Zusammenfassend erhalten wir für ni = 0
oder 2 (6.59)
für ni = 1.
Das Nyquist-Kriterium kann nun abhängig von den Schnittpunkten formuliert werden. Bei Stabilität muss GI. (6.59) der Bedingung (6.43) genügen, d. h. (2n r
+ ni) Jr = (vp 2
- v n )·
0 2Jr + Jr { 2
für ni = 0
oder 2
für ni = 1.
(6.60)
Kürzen wir in GI. (6.60) durch Jrund setzen ni ein, so folgt für ni = 0
oder 1
(6.61)
für ni =2. Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass für ni = 2 der halbe positive bzw. halbe negative Schnittpunkt in GI. (6.61) berücksichtigt werden muss. Anhand von Bild 6.17 soll die prinzipielle Anwendung erläutert werden. Das betrachtete System habe eine doppelte Polstelle im Ursprung aber keine Pole in der rechten
6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm
189
s-Halbebene (n r = 0; ni = 2). Wir bezeichnen die Frequenz für die IGO(jmd)1 = 1 bzw. IGO(jmd)1 dB = 0 dB wird als die so genannte Durchtrittsfrequenz m= md.
Es zählen nur die Schnittpunkte links des kritischen Punktes, d. h. im Bode-Diagramm der Bereich, in dem IGO(jmd)1 = > 1 ist. In Bild 6.17 ist dieser identisch mit m < md. Schneidet Go(jm) die negativ reelle Achse, so ist ({Jo (m)
= i ·180° , mit i = ±l, ±3, ±S,...
0° +-------1------17"--
Bild 6.17 Stabilitätsbetrachtung nach Nyquist anhand der Schnittpunkte im Bode-Diagramm (nr = 0; ni = 2)
Im interessierenden Bereich ist SI = + 1 ein positiver Schnittpunkt, da mit wachsender Frequenz die Phase zunimmt. Entsprechend ist S2 = - 1 ein negativer Schnittpunkt (Phase nimmt ab). Der asymptotische Verlauf von /A)(m)
~
- 180° für m ~ 0 wird
vereinbarungsgemäß als ein halber negativer Schnittpunkt So = - 1/2 (Phase nimmt ab) gewertet. Somit erhalten wir für das betrachtete System 1 1 v p -v n =So +SI +S2 =-"2+ 1 - 1 =-"2'
(6.62)
Die Bedingung (6.61) fordert aber für ni = 2 V
p
-vn
n +1
1
= -r - = + 2 2'
(6.63)
und wird durch GI. (6.62) nicht erfüllt, d. h. der geschlossene Kreis ist instabil. Wir erkennen leicht aus Bild 6.17, dass durch Verkleinern der Kreisverstärkung (z. B. KpR) der gesamte Amplitudengang IGo(jm)1 parallel nach unten verschoben wird (gestrichelte Kurve). Der Phasengang bleibt unverändert. Die Durchtrittsfrequenz md rückt damit nach links. Fällt md zwischen die Schnittpunkte SI und S2, so wird
190
6 Stabilitätskriterien 1
1
v P -vn =So +SI =--+1=+2 2' wie durch GI. (6.63) gefordert. Der geschlossene Kreis ist stabil. Eine weitere Verringerung der Kreisverstärkung rückt OJ d noch weiter nach links, bis schließlich, wenn der Durchtritt OJ d zwischen So und SI erfolgt, nur noch So im Bereich IGo(j OJ)I > 1 liegt. Es ist dann 1
vp-vn=So=--· 2 Das heißt, das geschlossene System ist ebenfalls instabil.
6.3.1 Vereinfachtes Nyquist-Kriterium Das durch Bild 6.17 erläuterte Nyquist-Kriterium in der Schnittpunktform gilt allgemein. In praxi sind Systeme, deren Übertragungsfunktionen Go(s) Pole in der rechten s-Halbebene besitzen, äußerst selten. Beschränken wir uns auf den weitaus häufigsten Fall, dass der aufgeschnittene Kreis keine Pole mit positivem Realteil und höchstens einen Doppelpol im Ursprung hat (n r = 0; nj = 0, I, 2), so ist eine weitere Vereinfachung bei der Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm möglich. Unter der Voraussetzung n r = 0 sollen die Fälle nj = 0 oder 1 und nj = 2 im Folgenden nacheinander diskutiert werden. 1. Für nj = 0 bzw. nj = I beginnt der Phasengang q;o(OJ) bei 0° bzw. - 90°. Die Bedingung (6.61) fordert bei Stabilität
Bild 6.18 Stabilitätsbetrachtung nach Nyquist anhand der Schnittpunkte im Bode-Diagramm
0°+-------------+.,,..::....""7
(nr = 0; nj = 1)
6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm
191
d. h., es müssen gleich viele positive und negative Schnittpunkte vorhanden sein. Ist Vp = vn = 0, so ist für alle m-Werte stets lJ{j(m) > - 180°. Bild 6.18 zeigt lJ{j(m) für Vp = Vn = 1. Stabilität ist nur möglich, wenn md links des negativen Schnittpunktes SI oder rechts des positiven Schnittpunktes S2 liegt, d. h. für 1J{j( md) >- 180°. Es ist leicht einzusehen, dass dies für beliebige Vp = Vn gilt.
2. Für nj = 2 (n r = 0) beginnt der Phasengang 1J{j( m) bei -180°. Bei Stabilität muss nach Bedingung (6.61) V
p
- V
n
nr + 1 =-= 2
1 2
.
+- sem.
Zur Diskussion können wir Bild 6.17 heranziehen. Das System ist infolge
nj
= 2
mit So = - 112 bzw. So = + 112 vorbelastet, je nach dem, ob lJ{j(m) für kleine mWerte unter oder über der (- 180 0 )-Linie verläuft. In Bild 6.17 beginnt lJ{j(m) mit So = - 112. Stabilität kann durch einen weiteren positiven Schnittpunkt SI erreicht
werden. Die Durchtrittsfrequenz 0-l:J liegt dann rechts von SI und es ist 1J{j( m d) > -180°. Jeder zusätzliche negative Schnittpunkt S2 erfordert zur Kompensation einen zusätzlichen positiven Schnittpunkt S3. Das heißt, Stabilität liegt immer dann vor, wenn für IGoU 0-l:J)1 = 1 1J{j( m d) > -180° ist. Verläuft 1J{j( m) für kleine mWerte über der (- 180 0 )-Linie, so ist So = + 112. Das System ist stabil, wenn keine weiteren negativen und Positiven Schnittpunkt hinzukommen oder paarweise in der Reihenfolge (SI = - 1, S2 = +1), (S3 = - 1, S4 = +1), und usw. Stets führt dies zu 1J{j( md) > -180°. Das vereinfachte Nyquist-Kriterium lässt sich dann wie folgt formulieren: Besitzt die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises Go(s) keine Pole mit positivem Realteil (n r = 0) und höchstens einen Doppelpol im Ursprung (nj = 0, 1, 2), so ist das geschlossene System stabil, wenn bei der Durchtrittsfrequenz 0-l:J, d. h. für IGoUO-l:J)1 = 1, die Phasenverschiebung
(6.64)
1J{j( m d) > -180° ist.
6.3.2 Stabilitätsgüte und Phasenrand Das vereinfachte Nyquist-Kriterium (6.64) fordert bei Stabilität, dass für IGo(jO-l:J)I = 1 der zugehörige Phasenwinkel lJ{j(jmd) > - 180° ist. Die Dämpfung des geschlossenen Kreises wird um so geringer, je mehr sich 1J{j(}md) dem Wert - 180° nähert. Als qua-
192
6 Stabilitätskriterien
1itatives Maß für die Stabilitätsgüte dient der Abstand von q:t)(j md) zur (- 180 0 )-Linie und wird als Phasenrand oder Phasenreserve IfRd bezeichnet. Wie Bild 6.18 zeigt, ist (6.65) Als Erfahrungswerte gelten: •
bei Führungsverhalten
IfRd > 40° ... 70° und
•
bei Störverhalten
IfRd > 30°.
Bild 6.19 zeigt den Phasenrand anhand des Ortskurvenverlaufs Go(jm). Im
t
+1
--+ Re -1
•
Bild 6.19 Phasenrand If'Rd, Schnittpunkt der Ortskurve GO(jOJ) mit dem Einheitskreis
Beispiel 6.3
Gegeben ist eine Regelstrecke mit Verzögerung I Ordnung und Totzeit gemäß Beispiel 3.10 (Mischbehälter mit nachfolgender langer Leitung), deren Übertragungsfunktion lautet -sTI - K PS GS ( s ) - - - - e . l+sT]
Diese wird von einer PI-Regeleinrichtung mit
G(s) R
= K PR
[1+_1_] sTn
geregelt. Die Kenngrößen haben folgende Werte: Kps = 0,8 KpR = 10 T] = 100 s Tn = 20 S Tl = 10 s (hier größer als in Beispiel 3.10) Gesucht sind im Bode-Diagramm: a) Ist der geschlossene Regelkreis stabil (CJ1Rd)? b) Welchen Wert muss KpR annehmen, wenn CJ1Rd = 40° sein soll? Zunächst werden die Asymptoten von IGR(jOJ)1 und IGs(jOJ)1 bzw. IGo(jOJ)1 gezeichnet. Dabei ist zu beachten, dass der Betrag des reinen Totzeitgliedes Eins ist. Die Eckfrequenzen liegen bei:
6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm
193
1 = 10-2 sund -I -I. wEl = wE2 = 1 - =5. 10-2 S TI
Tn
Mittels Amp1ituden- und Phasenlineal ermittelt man dann die in nachfolgender Tabelle angegebenen Werte und zeichnet den Amplituden- und Phasengang (Bild 6.20).
rpTt
Die Winkelwerte
für das Totzeitglied ergeben sich in einfacher Weise aus
fPr.t (w) = w· Tt , d. h., rpr.t proportional
01
Für w = 0,1 ist fPr. (w) = w· Tt = 0,1 T t t
~
fPr. (w) = 5,73°
~
fPr.t (w) = 573° usw.
t
1 ~ Für w = - ist rpr. = 1 Tt t
~ = 10 Für w = -10.1st rpr. Tt t OJ /
s-I
LlG pTI
dB LlGrt
dB Ll~
dB LlGo
dB
q:pn / 0 tpr't / 0 0 (stabil)
Bild 6.21 Stabilitätsprüfung mittels Zweiortskurvenverfahren
Es ist
-1 Gs (jOJd) -1 GS(jOJd)
=1-ll.e-ilS0o.1 =1
1 l.e-if/Js(O)) Gs (jOJd)
1 l·e-i(lSOo+f/Js). GS(jOJd)
Mit qJ ( ;sl ) =
-(180° + qJs)
folgt der in Bild 6.21 angegebene Phasenrand zu qJRd (OJd) = qJR (OJd) - qJ ( G
s
(~~d) )
b) Il'Rd < 0 (instabil)
6.4 Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren
197
bzw. lfJRd (lüd) = lfJR (lüd)
+ lfJs (lüd) + 180
(6.69)
0 •
Da lA.l = /lR + Cf>s ist, ist GI. (6.69) identisch mit GI. (6.65). Nach dem Zweiortskurvenverfahren ist demnach ein System stabil, wenn für lü = lü d, das heißt
IGR (jlüd)1 = IGS~j~dJ der Phasenrand /lR(lüd) > 0 ist, bzw. der Zeiger GR(jlüd) gegenüber dem Zeiger
-1 voreilt. Für /lR( lü d) = 0 arbeitet der Regelkreis an der Stabilitätsgrenze.
6.4.1 Konstruktion der negativ inversen Ortskurve der Strecke Für eine P-Strecke mit der Übertragungsfunktion Gs (s) =
K ps
1+ sTI
2
2
(6.70)
3 3
+ s T2 + s T3 + ...
erhalten wir den negativ inversen Frequenzgang
T33 3 -1 1 . Tl T2 2 - - - = - - - - J - - l ü + - -2l ü +--lü GS(jlü) K ps K ps K ps K ps
+ ...
(6.71)
Diese Gleichung lässt sich als Zeigerpolygon in der Gaußschen Zahlenebene darstellen (Bild 6.22). Das Zeigerpolygon beginnt mit dem Zeiger -lIKps auf der negativ reellen Achse. Der zweite Term -jTllü/Kps in GI. (6.71) repräsentiert einen Zeiger in negativ imaginärer Richtung. Daran schließt der reelle Zeiger T22 lü 2 / K PS an usw. Für jede Frequenz ergibt sich ein Zeigerpolygon, dessen Endpunkt einen Punkt der Ortskurve darstellt. Für lü = 0 beginnt die Ortskurve auf der negativ reellen Achse im Abstand -lIKps vom Ursprung. Die Ortskurve lässt sich in einfacher Weise konstruieren, wenn man zunächst für eine bestimmte Frequenz (z. B. lüI = 1 S-I) das Zeigerpolygon zeichnet. Multipliziert man
lül mit 2; 3; ..., so wird der erste Zeiger auf der negativ reellen Ach-
se unverändert bleiben, die Länge des zweiten Zeigers -jTllü /Kps wird mit 2; 3; ... multipliziert (wächst linear), die des dritten T22 lü 2 / K PS wächst quadratisch usw.
198
6 Stabilitätskriterien
fIrn "-
"-
"-
"-
'\
/
ß)
\v
\
\
\ \
-allü]
/ /
/
/
/
/
/
/
/
/
Bild 6.22 Konstruktion der negativ inversen Ortskurve einer P-Strecke mit: a) 1. Ordnung b) 2. Ordnung c) 3. Ordnung d) 4. Ordnung
/,\)
--
Re
/
-a(2lül
Ti
a] = - - , az = - -
K ps
a z 3z
-a]-4lül
a)
T].
2
az 2 ZlüjZ
-aj"3lü]
{()f
--I
K ps
3
b) 4
a 4 ZlüjZ z
Bei I-Strecken beginnt die negativ inverse Ortskurve im Ursprung. Da in GI. (6.71) der erste Term -11Kps verschwindet, fällt der erste Zeiger in die negativ imaginäre Achse. Das folgende Beispiel soll das Zweiortskurvenverfahren näher erläutern. •
Beispiel 6.4
Eine P-T2-Strecke mit der Übertragungsfunktion K pS
GS (s)=-2-2---=...c'------s T2
+ sT] + 1
KpS
= 0,5
Tl 2 T2
=3s =2s
2
wird von einem nicht idealen P-Regler mit Verzögerung 1. Ordnung geregelt
Ta
= 1 s.
Der Regelkreis ist mittels Zweiortskurvenverfahren auf seine Stabilität zu untersuchen. Wir zeichnen zunächst die negativ inverse Ortskurve der Strecke. Diese folgt aus 2
-1
1 . T] T2 2 - - - - J--m+--m K pS
K pS
-]
Für lü1 = 0,5 s ist
-1 - - - = - 2 - j3+1. GS(jmj)
K pS
6.4 Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren
199
Für 2lü[ = 1 S-1 wird
-1
-2- j6+4 usw.
Die Ortskurve des P-T[-Reglers ist ein Halbkreis im 4. Quadranten mit dem Durchmesser KpR. Wie Bild 6.23 zeigt, schneiden sich die beiden Ortskurven. Gemäß der Bedingung (6.70) suchen wir die Kreisfrequenz OJ= OJd, für die
bzw.
Daraus folgt
Im
i
-2
-4
4
2 2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
--+
Re
Bild 6.23 Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren (P-T2-Strecke und P-T[2
T2 °htung ), nnt al = -T1 ; a2 = Rege1emnc 0
0
K pS
K pS
0
200
6 Stabilitätskriterien
Diese kubische Gleichung in 01
2
= 2,196 s
01
2
hat nur eine reelle Lösung
-1
bzw. ein reales (positives) -1
01= O1d = 1,482 s .
Damit folgt:
tan /PR = und
-((}d Ta =
-1,482
J
((}dTl tan --1 = =-131 (G l-(((}dTZ)Z ' s
Der Phasenrand
ist negativ, bzw. für 01= O1d eilt GR(j01d) dem Zeiger -l/GS(j01d) nach, d. h. der geschlossene Regelkreis ist instabil. Wie Bild 6.23 zeigt, schneiden sich die beiden Ortskurven für KpR < 18 nicht mehr, der Kreis ist dann stabil. Für einen idealen P-Regler (Ta = 0) reduziert sich die Ortskurve GR(j01) zu einem Punkt auf der positiv reellen Achse im Abstand KpR zum Ursprung. Es ist offensichtlich, dass ein solcher Regler erst im Zusammenspiel mit einer P-T3-Strecke instabil werden kann. Die negativ inverse Ortskurve einer P-T3-Strecke durchläuft den 3., 4. und 1. Quadranten (Bild 6.22). Von Bedeutung ist der Schnittpunkt der Ortskurve -l/GS(j01) mit der positiv reellen Achse, der stets rechts von KpR liegen muss, um die Stabilität des Regelkreises zu gewährleisten.
201
7 Das Wurzelortskurvenverfahren Das dynamische Verhalten eines Regelkreises ist abhängig von der Polverteilung des geschlossenen Kreises und wird durch die Wahl der Regelparameter beeinflusst. Mit den in Kapitel 6 behandelten Stabilitätskriterien war eine Aussage über die relative Lage der Pole des geschlossenen Kreises zur Stabilitätsgrenze möglich, ohne die absolute Pollage explizit zu berechnen. Demgegenüber gestattet das von dem amerikanischen Regelungstechniker W. R. Evans 1948 erstmals vorgestellte Wurzelortskurvenverfahren die Änderung der Lage der Pole des geschlossenen Kreises anhand der Pol-Nullstellen-Konfiguration des aufgeschnittenen Kreises in Abhängigkeit von der Variation jeweils eines Regelparameters zu bestimmen. Ein Nachteil des Wurzelortskurvenverfahrens besteht darin, dass es sich nicht auf Systeme mit Totzeit anwenden lässt. Die Pole des geschlossenen Kreises ergeben sich aus der charakteristischen Gleichung l+Go(s)=O bzw.
(7.1)
Go(s)=-l.
(7.2)
Darin ist Z(s)
(7.3)
Go(s) = GR (s)· Gs(s) = - - =-1 N(s)
durch eine gebrochen rationale Funktion mit dem Zählerpolynom Z(s) und dem Nennerpolynom N(s) darstellbar. Wir können uns ferner Go(s), wie in GI. (6.26), in Linearfaktoren zerlegt vorstellen. Go(s)=K·
(s - sNl )(s - sN2 )(s - sN3) ... (s - sNm) =-l. (s-spl)(s-sp2)(s-sp3) ... (s-spn)
(7.4)
Hierin sind SNi die Nullstellen (i = 1, 2... m) und SPj die Polstellen (j = 1, 2...n) des aufgeschnittenen Kreises und werden als bekannt vorausgesetzt. Gesucht sind nun die s-Werte, für die GI. (7.4) erfüllt wird. Der geometrische Ort aller s-Werte, die der GI. (7.4) genügen, ist die Wurzelortskurve (WOK). Ähnlich wie bei der Herleitung des Nyquist-Kriteriums (s. Abschnitt 6.2.1) können wir die Linearfaktoren in GI. (7.4) als Zeiger in der s-Ebene darstellen.
(s -
SNl)
--
o
()
Bild 7.1 Linearfaktoren in Gi. (7.4) als Zeiger in der s-Ebene
S. Zacher M Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-9837-1_7, © Vieweg+Teubner Verlag I Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
202
7 Das Wurzelortskurvenverfahren
Im Gegensatz zu Abschnitt 6.2.1 suchen wir den resultierenden Zeiger nicht in Abhängigkeit von jm, sondern von S = () + jm. Bild 7.1 zeigt für ein System Go(s) mit einer Nullstelle und zwei Polen einen Punkt S in der s-Ebene, für den die GI. (7.4) erfüllt ist. Ersetzen wir in GI. (7.4) jeden der Linearfaktoren (Zeiger) durch seinen Betrag und seine Phase, so wird Go(s)=K
1s-sNlle JIf1N1 .
·1 s-sNzle
Jlf1N2
.
·····1 s-sNml eJlf1Nm .
Is-sPlleJIpp1·1 s-spzle JIpp2 . ....
1
=-1.
(7.5)
s-sPnleJlpNn
Hierin sind lpNi bzw. lpPj die Winkel, die die jeweiligen Zeiger mit der positiv reellen Achse einschließen, bzw. lpNi =
arctan
Im (s - SNi)) . ( Re (s - sNi)
(7.6)
Für N = P ergeben sich die Winkel der Zeiger im Nenner von GI. (7.5). Es liegt nahe, GI. (7.5) nach Betrag und Phase aufzuspalten, und wir erhalten die Gleichungen:
IGo(s)I=K 1S-SNlI·1 s-sNzl·1 S-SN31·····1 s-sNml 1s-sPll·1 s-spzl·1 s-sPJi·····1 s-sPnl
=1
(7.7)
= ± (2i + 1) lT
(7.8)
und lpo
=lpNl + lpNZ + lpN3 + ... -lpPl -lppz
-lpP3 - ...
i = 0, 1,2,3... Anstelle von GI. (7.8) können wir tan lpo = 0 oder, da auch tan lpo =
(7.9)
Im(G )
0 =0,
Re (Go)
Im (Go) =0.
(7.10)
betrachten. Ein wesentlicher Vorteil des WOK-Verfahrens besteht darin, dass der veränderliche Parameter K in der Winkelbedingung GIn. (7.8), (7.9) oder (7.10) nicht mehr vorkommt. Wir werden im Folgenden sehen, dass der WOK-Verlauf (der geometrische Ort aller Pole) allein aus diesen Bedingungen gewonnen werden kann. Für einfache Systeme ist es möglich, mittels der GI. (7.9) oder GI. (7.10) den Verlauf der WOK in der s-Ebene analytisch zu berechnen. Die Lage der Pole als Funktion des Parameters K bestimmt sich dann mit GI. (7.7) zu K=
1s-sPll·1 s-sPzl·1 s-sPJi·····1 s-sPnl 1s - SNll·1 S - sNZI·1 S - SN31· ····1 S - sNm 1.
(7.11)
7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve
203
Wie GI. (7.11) zeigt, wird für s = SPj (j = 1, 2...n) K = 0, und für S = SNi (i = 1, 2...m) ergibt sich K = 00. Dies gibt Aufschluß über den Verlauf der WOK in den Extremwerten von K. Bestimmen wir die Lage der Pole in Abhängigkeit von 0 ~ K ~ 00, so beginnt die WOK für K = 0 in den Polen des aufgeschnittenen Kreises und endet für K = 00 in dessen Nullstellen bzw. im Unendlichen. Wie wir noch sehen werden, ist jeder Pol SPj von Go(s) der Ursprung eines Astes der WOK. Bei realen Systemen ist der Grad des Zählerpolynoms m stets kleiner höchstens gleich dem des Nennerpolynoms n. Von den n Ästen der Wurzelortskurve enden m in den Nullstellen und (n - m) im Unendlichen. Aus der uns bekannten Tatsache, dass komplexe Pole immer nur konjugiert komplex auftreten können, ergibt sich, dass die WOK stets symmetrisch zur (J-Achse verläuft. Es genügt also, die WOK in der oberen Halbebene zu ermitteln. Die analytische Auswertung der GIn. (7.10) und (7.11) ist nur bei einfachen Systemen möglich. Zur Bestimmung der WOK komplizierter Systeme bedient man sich entweder eines graphischen Probierverfahrens unter Zuhilfenahme der so genannten Spirule oder der numerischen Berechnung mittels Digitalrechner. Für das graphische Verfahren ist es hilfreich, dass die einzelnen Äste der WOK in den Polen von Go(s) für K = 0 beginnen. Ein benachbarter Punkt, der die GIn. (7.7) und (7.8) erfüllt, kann relativ leicht gefunden werden. Die im Folgenden abgebildeten WOK wurden mit dem MATLAB berechnet und ausgedruckt. Für gängige Regelkreiskonfigurationen gibt es WOK-Kataloge, in denen die charakteristischen Verläufe der WOK in Abhängigkeit der Pol-Nullstellenverteilung von Go(s) zusammengestellt sind. Ein weiterer Vorzug des WOK-Verfahrens besteht darin, dass es sich ganz entsprechend der Darstellung kontinuierlicher Systeme in der s-Ebene, ebenso auf diskrete Systeme in der z-Ebene anwenden lässt (s. Abschnitt 11.5.3).
7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve In den folgenden Beispielen wird das Verfahren näher erläutert. Beispiel 7.1 Für den einfachen Regelkreis in Bild 7.2 soll die Wurzelortskurve mit KpR als veränderlichem Parameter bestimmt werden. Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises lautet: Go(s) =G R (s)· GS(s);
Bild 7.2 Regelkreis bestehend aus einer PTj-Strecke und einem PI-Regler, Kps
= 0,5; Tj = 2 s; Tn = 1 s
204
7 Das Wurzelortskurvenverfahren
Die Pole von Go(s) liegen bei SPI
=0;
1
sp2 = - - ,
TI
1 die Nullstelle bei sN! = - - .
Tn
Setzen wir in GI. (7.12) s = (j+ jw, so folgt
GO(O",jm)=
K
PR
K
(
PS.
1 . 0"+-+ jm
T
J
n
( O"+jm ' ) ( 0"+ TI1 +jm .
TI
(7.13)
.
J
Gemäß GI. (7.7) ergibt sich der Verlauf der Wurzelortskurve aus
tan qJO =
Im(G O) Re(G O)
=0
bzw. es genügt
Im (Go) = Re (N)· Im(Z) - Re (Z)· Im (N) =0 zu betrachten. Damit erhalten wir aus GI. (7.13)
Diese Gleichung wird erfüllt für: a)
m=O
(7.14)
~J=O.
1
b) m 2 =_0"2 _0"2 _ __=_(0"+_I_J2 +_I_(_I__ Tn TnTJ Tn Tn Tn TI
(7.15)
Der erste Teil der Wurzelortskurve verläuft nach GI. (7.14) auf der (j-Achse. Für den zweiten Teil der Wurzelortskurve kann GI. (7.15) (im vorliegenden Fall für Tn < Tl) auf die Form
(7.16) gebracht werden. Dies ist die Gleichung eines Kreises in der s-Ebene mit dem Radius r=
_1_ (_1_ Tn
Tn
~J TI
und dem Mittelpunkt
(m = 0; 0" = - _1_J . T n
Bild 7.3 zeigt den WOK-Verlauf, der mit dem Befehl rlocus(num,den, 'k') von MATLAB berechnet wurde. Nach GI. (7.14) wäre zu erwarten, dass die gesamte (j-Achse Teil der WOK ist.
7.1 Analytische Berechnung der Wurzclortskurve 0.83
0.91
•
0.6 0.96
0.58
0,72
0.'
•
6,4235
8.8153
0.99
"'"
0.2
s-EBENE
A
Imaginäre
Achse
1,3724·
• 11,3251
0.2
0.
0.'"
0.2
0.'
•.5
Iiild 7.3 WOK des Regelkreises nach Bild 7.2 mit GO(5) =
~
0
0.5
K pR (I+sT ) n
,T"
Wie Bild 7.3 zeigt, sind aber die Bereiche SNI < a< SP2 und a> 0 ausgenommen. und zwar weil hier GI. (7,6) verletzt ist. Betrachten wir z. B. rur (0= 0 einen Punkt SNI < a< SP2. so ist
/PO=qJNI-/PPI-qJP2 =O-;r-;r=-2;r*(2i+I);r. Für einen Punkt mit
(0
= 0 und
/Po = /PNI -qJPI -
a > 0 ist
qJP2 =0-0-0
* (2i + 1)11".
In diesen Bereichen ist zwar tan tru = 0 aber tru kein ungeradzahliges Vielfaches von H.
Ermittlullg der Lage der Pole allfder WllrzeJortsklln'e als PlI"ktioll VOll Kp Die Abhängigkeit der Lage der Pole des geschlossenen Kreises vom veränderlichen Parameter KpR ergibt mit GI. (7.5) auf GI. (7.13) angewandt
206
7 Das Wurzelortskurvenverfahren
(7.17)
bzw.
(hW
Tl
K pR = - - . K ps
2J [(H*J'
(H;J
+w
+w
2
(7.18)
2
Betrachten wir zunächst den Teil der Wurzelortskurve, der auf der o:-Achse verläuft, so erhalten wir mit Gi. (7.14) in GI. (7.17)
KpRK pS
Tl
lai'la + *1 la+
:J
(7.19)
Im Bereich SP2 < a < SPI ist:
a KpR I.
•
,
,
.... :
~:
..
=t:
.,
~!
.'" •
..
~
.,,
~i
.
,
•
,,
Jl:
,; ::::
!
.;,:
, ~;,
,
•
,
1 • Il.~< :
. , ,•. ..
"
\
.~\:
.,,
••
'k,'
-,
"I!
/',
.
.,
.,
Bild 7.4 Wurzelortskurve des Regelkreises nach Bild 7.2 G (')= KpRK ps . (s+sNI)
o
Tl
s(s+sP2)
rur T. =ls: OSS· 0 3s und 02Ss n
""
•
7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve
209
Im Bereich KpRi ~ KpR ~ KpRZ hat das geschlossene System konjugiert komplexe Pole auf dem Kreis der WOK. Für KpR = KpRZ treffen sich die beiden Kreishälften im Doppelpol (0"
=-l-l.[i,
aJ
= 0) , um sich für KpR > KpRZ erneut zu verzweigen.
Während der eine Ast
für KpRZ > KpR ~ 00 auf der o:-Achse nach rechts in die Nullstelle SNi von Go läuft, strebt der andere mit zunehmendem KpR nach a= -00. Die bisherige Betrachtung konzentrierte sich auf die Ermittlung der WOK in Abhängigkeit vom Regelparameter KpR. Um den Einfluss des zweiten Regelparameters Tn auf die WOK zu zeigen, gibt es zwei Möglichkeiten: a)
Durch schrittweise Veränderungen von Tn werden die zugehörigen WOKn anhand der zuvor gefundenen Gleichungen bestimmt. Bild 7.4 zeigt die WOKn für Tn = 1s; 0,5 s; 0,3 s und 0,25 s.
b)
Die charakteristische Gleichung 1 + Go(s) = 0 wird in die Form
gebracht und die WOK in Abhängigkeit von lITn ermittelt.
Als weiteres Beispiel soll im Folgenden ein Regelkreis betrachtet werden, dessen Übertragungsfunktion Go(s) drei negativ reelle Pole aufweist. Beispiel 7.2 Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises lautet KpRK pS
(7.26)
mit
ai = Ti + Tz+ T3 = 3,5 s Z
az = Ti Tz + TiT3 + TZT3 = 3,5 s 3
a3 = TiTZT3 = 1 s . wes)
----. ~ +
-
K pR
-----+
x(s)
K ps
(1 + sTl )(1 + sT2 )(1 + sT3 )
Bild 7.5 Regelkreis mit drei negativ reellen Polen des aufgeschnittenen Kreises Ti = 1 s; Tz = 2 s; T3 = 0,5 s
Setzen wir in GI. (7.26) s = O"±jOJ, so folgt .
Go(O",JaJ)
=
[1 + 0" a,
+ (0"
2
2
- aJ )a2
+ (0"
3
KpRK ps 2
- 30"aJ )a3] ± jaJ[aj
+ 20" a2 + (30"
2
2
- aJ )a3]
(7.27)
7 Das Wurzelortskurvenverfahren
210 Die WOK ergibt sich gemäß GI. (7.9) aus
tan ({Jo =
Im(Go)
Re(G o )
=0
bzw. ImG
o
= ±K
K
PR
lüEal PS
+ 20" a2 + (30"
2
NENNER
2
-lü )a3]
= O.
(7.28)
GI. (7.28) ist erfüllt für
(7.29)
lü=O
und (7.30) Ausgangspunkte der WOK sind für K = KpR Kps = 0 die Pole des aufgeschnittenen Kreises SPI
1 1-1 =--=s 1]
Betrachten wir als erstes den Teil der WOK, der auf der negativen 0" -Achse (lü = 0) verläuft. Die Winkelbedingung iAJ = (2i + l)n wird erfüllt für die Bereiche sPI SO" S sp2
und
Durch GI. (7.30) wird der Verlauf der beiden WOKn-Äste beschrieben, für die lü* 0 ist. Im Verzweigungspunkt ist lü= 0 und es folgt aus GI. (7.30) al
+ 20" a2 + 30"2 a3 = 0
bzw. (7.31) Mit den Zahlenwerten erhalten wir 0"1 =
-0,726 s-1 l
0"2 =-1,608s- .
Wie aus Bild 7.6 ersichtlich ist, ist nur 0"1 ein echter Verzweigungspunkt, während 02 in den Bereich fällt, der gegen die Winkelbedingung verstößt. Im Schnittpunkt der WOK mit der jo> Achse (Stabilitätsgrenze) ist 0"= 0 und es folgt aus GI. (7.30)
_+~1 --+1871 _, s -I .
lükr--
a3
211
7.1 Analytische Berechnung der Wurzclortskurve
" ,
""
",
"'
o K:21
K~jl,25
1.5
0.95
,~
.
•
A,
'I
..
"
Imaginäre
""~
Kz2,3o
K:21
s·EBENE Reelle Achse
>
K:ll,25
K:2,3 0
-1.5
K:5
0.95
K~11,25 •
0.89
""
"'
"~
• K:21
,
ßild 7.6 Wurzelonskurve des Regelkreises nach Bild 7.5 mit
" .I'pl
= -I; sp2 = -0,5: .I'p) = -2 rur
K
Go (s) = .,----.,------".,---,--,(~.
sPl)(s
SP2 Hs
Sp})
berechnet mit folgenden MATLAB-Befehlen: num = [0 0 0 11: den = [3 3.5 3,5 1[; rlocus(num,den, 'k'); hold on; grid: [k,pl == rlocfind(num,den): Weitere Punkte im interessierenden Bereich der WOK (j)==f(d) ergeben sich durch Einsetzen diskreter a-Wenc in die GI. (7.30).
a
,-I w s~1
- 0.726
-0.6
- 0.5
- 0.4
-0.3
-0.2
0
+0.5
0
±0.616
± 0.866
± 1.086
± 1.292
± 1.49
± 1.871
± 2.784
°
Die Markierung der WOK in Abhängigkeit vom Parameter K = KpRKrs folgt aus GI. (7.27). Durch die Winkelbedingung bzw. [m (Go) == lIereinfacll1 sich GI. (7.27) und es wird
ICoCa.w)l= 11
+ (1 al + «(12
KpRK ps - (J)2 )al
+ (a 3 -3(1(J)2 )a31
Ermitteln wir zunächst die KpRKps·Werte auf der a-Achse rur
UJ ==
=1.
0, so ist
(7.32)
212
7 Das Wurzelortskurvenverfahren
und mit den Zahlenwerten Gj, Gj, G3 eingesetzt, folgt KpRKps =11+0.3 + 3,50"(l + 0")
I·
(7.33)
Mit GI. (7.33) berechnen sich die nachfolgenden KpRKps-Werte (s. Bild 7.6). ()
s-j
- 0,5
- 0,726
- 1
-2
- 2,5
-3
-4
-5
KpRKps
0
0,079
0
0
1,5
5
21
54
Zur Bestimmung der KpRKps-Werte auf den beiden Wurzelortskurvenästen für aJ ren wir aJ2. Mit GI. (7.30) in GI. (7.27) folgt
3
2
KpRKps = I+O"a, +0" a2 +0" a3 -(a2 +30"a3) I
"* 0 eliminie-
aj + 20" a2 + 30"2 a31 a3 .
Setzen wir für Gj, Gj, G3 die Zahlenwerte ein, so wird
K PR K PS = 1-11,25 - 31,50" - 280"2 - 80"
3
(7.34)
1
mit den nachfolgend errechneten KPRKps-Werten. ()
-j
- 0,726
-0,5
-0,25
0
+ 0,25
+ 0,5
KpRKps
0,079
1,5
5
11,25
21
35
-
s
Der Schnittpunkt der WOKn-Äste mit der jaJ -Achse für () = 0 ergibt sich auch einfach mit Hilfe des Hurwitz-Stabilitätskriteriums. Aus der charakteristischen Gleichung 3
Z
ao ,-A-.,
l+G O(s)=s a3+s aZ+sal+l+K pR K pS =O folgt an der Stabilitätsgrenze
alaZ -aOa3 =0 bzw.
7.2 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven Die in Bild 7.6 gezeigte Wurzelortskurve wurde mit MATLAB berechnet. Für K = die drei WOKn-Äste in den Polstellen Spl, SP2, Sp3.
213
°
beginnen
Während der von Sp3 ausgehende Ast mit zunehmendem K auf der negativ reellen Achse nach ( ) ~ -00 läuft, laufen die beiden von SPI und SP2 ausgehenden Äste zunächst auf der negativ reellen Achse aufeinander zu und treffen im Verzweigungspunkt
(}l =
-0,726 S -1 K = 0,079
zusammen. Für K > 0,079 treten die beiden WOKn-Äste aus dem Verzweigungspunkt aus, laufen symmetrisch zur reellen Achse (konjugiert komplexes Polpaar) und schneiden für K = 11,25 «()= 0) die imaginäre Achse. Das System wird für K> 11,25 mit () >
°
instabil.
7.2 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven Die im Folgenden als Regeln angegebenen geometrischen Eigenschaften dienten ursprünglich als Hilfsmittel zur Konstruktion von Wurzelortskurven. Da graphische Verfahren heute gegenüber numerischen Verfahren mittels Digitalrechner immer mehr in den Hintergrund treten, dienen diese Regeln zum einen zur Überprüfung numerisch gewonnener Daten und zum anderen können damit die Tendenzen von Parameteränderungen abgeschätzt und die Auswirkungen, die das Hinzufügen zusätzlicher Pol- und Nullstellen (z. B. Lead-Lag-Glied) zur Folge hat, qualitativ beurteilt werden.
Regel 1
Beginn und Ende der WOKn-Äste
Sämtliche Äste der WOK beginnen für K = 0 in den Polen Kreises Go(s) und enden für K
~
00
in den Nullstellen
SNi
SPj
des aufgeschnittenen
von GO(s) bzw. im Unend-
lichen. Den Beweis liefert GI. (7.11). Für S = SPj (j = Ln) wird K = 0 und für (i = l...m) wird K = 00. Ferner wird für n > m K = 00, wenn S ~ 00.
S = SNi
Da bei realen Systemen der Grad m des Zählerpolynoms von Go(s) stets kleiner höchstens gleich dem Grad des Nennerpolynoms ist (m :S;n), enden von den n Ästen m in den Nullstellen und (n - m) Äste laufen ins Unendliche.
Regel 2
Symmetrie der WOK bezüglich der reellen Achse
Da komplexe Pole und Nullstellen immer nur konjugiert komplex auftreten, ist die WOK symmetrisch zur reellen Achse.
Regel 3
Verschiebung der Pol-Nullstellenkonfiguration parallel zur reellen Achse
Eine Verschiebung der gesamten Pol-Nullstellenkonfiguration von Go( s) parallel zur reellen Achse ändert die Lage der WOK zur imaginären Achse, hat aber keine Änderung der Form der WOK zur Folge.
214
7 Das Wurzelortskurvenverfahren
Regel 4
Verlauf der WOK auf der reellen Achse
Von der reellen Achse der s-Ebene sind die Bereiche Teil der WOK, von deren Punkte aus betrachtet die rechts davon gelegene Summe der auf der reellen Achse gelegenen Pole und Nullstellen ungerade ist. Konjugiert komplexe Pole und Nullstellen liefern keinen Beitrag für Punkte auf der reellen Achse und können unberücksichtigt bleiben.
Regel 5
Schwerpunkt der Asymptoten
Ist n > m, so laufen (n - m) WOKn-Äste ins Unendliche. Die Asymptoten an die ins Unendliche strebenden Äste schneiden sich in einem Punkt auf der reellen Achse, dem n
m
LSPj -LSNi
Wurzelschwerpunkt 5 s =
Regel 6
j=1
(7.35)
i=1
n-m
Anstiegswinkel der Asymptoten
Die Anstiegswinkel der Asymptoten ergeben sich zu (1 + 2i)
(jJi = - - - J r
m-n
Regel 7
(i = 0, 1,2, ... ,n - m - 1).
Austrittswinkel aus einem konjugiert komplexen Polpaar
Die beiden Austrittswinkel sich zu (jJPA1,2 =
lfPAi
m
n
1=
J= j;tA] ,A2
aus einem konjugiert komplexen Polpaar ergeben Jr
L. 1 (jJNi - . L (jJPj ±-. 1 2
Entsprechend ergeben sich für die beiden Eintrittswinkel plexes Nullstellenpaar (jJNE 1,2 = -
Regel 8
(7.36)
m
n
1= i;tEJ,E2
J=
(7.37)
lfNEi
in ein konjugiert kom-
Jr
L (jJNi + L. 1(jJPj ±-2 . . ·1
(7.38)
Austrittswinkel aus einem r-fachen Pol auf der reellen Achse
Aus einem r-fachen Pol auf der reellen Achse treten r WOKn-Äste aus. Die Austrittswinkel berechnen sich aus
7.2 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven ~Pi
=
(v -
,u - 1-
2i)
r
·ff
215
(i = 1,2,3,... r).
(7.39)
Konjugiert komplexe Pol- bzw. Nullstellenpaare liefern keinen Winkelbeitrag und können in (7.39) unberücksichtigt bleiben. Ebenso haben die auf der reellen Achse links von der r-fachen Polstelle gelegenen Pole und Nullstellen den Winkelbeitrag Null. Nur die rechts der r-fachen Polstelle liegenden ,u Pole ergeben -,u' ff und die v Nullstellen + v' JZ: In eine r-fache Nullstelle auf der reellen Achse enden r WOKn-Äste unter den Eintrittswinkeln ~Ni
Regel 9
=-
(v -
,u -1- 2i) r
'ff
(i
= 1,2,3'00' r).
(7.40)
Verzweigungspunkte der WOK
Ein Verzweigungspunkt K = KA liegt vor, wenn zwei oder im Allgemeinen r WOKnÄste mit zunehmendem K auf einen Punkt zulaufen und ebenso viele WOKn-Äste für K > KA aus dem Verzweigungspunkt austreten. Der Verzweigungspunkt ergibt sich
durch Lösen der Gleichung m
1
n
1
L: s-sNi -L:-=O. S-SPj i=1
(7.41)
j=1
Das zu lösende Polynom ist infolge n ;? m vom Grade n und für großes n nur numerisch lösbar. Speziell für die Verzweigungspunkte auf der reellen Achse, folgt für 0)= 0 bzw. S = (j m
1
n
L: (j-sNi -L: (j-SPj =0. i=1
(7.42)
j=1
Regel 10 Winkel zwischen den ein- bzw. austretenden WOKn-Ästen eines Verzweigungspunkts Der Winkel zwischen zwei benachbarten, aus dem Verzweigungspunkt austretenden WOKn-Ästen ist 2ff r
(7.43)
A~P2 = - .
Ebenso ergibt sich für den Winkel zwischen zwei benachbarten, gungspunkt eintretenden WOKn-Ästen
In
den Verzwei-
216
7 Das Wurzelortskurvenverfahren 21r
(7.44)
AqJN2 = - .
r
Der Winkel zwischen je emem m den Verzweigungspunkt em- und austretenden WOKn-Ast ist (7.45)
r=2
r=4
Bild 7.7 Verzweigungspunkte für r = 2,3 und 4
Bild 7.7 zeigt Verzweigungspunkte für r = 2, 3, 4. Die Richtungen der Zeiger sind abhängig von der konkreten Pol-Nullstellenverteilung. So zeigen die beiden Verzweigungspunkte in Bild 7.3 für K = 0,343 und K = 11,66 unterschiedliche Richtungen bezüglich der eintretenden WOKn-Äste. Entsprechend unterschiedlich sind die Richtungen der austretenden WOKn-Äste. Regel 11 Schnittpunkte der WOK mit der imaginären Achse Die Schnittpunkte der WOK mit der imaginären Achse (Stabilitätsgrenze) ergeben sich aus GI. (7.4) für CY= bzw. s = JOJ zu
°
n m
KO .
n n
(jOJ- sNi) +
(jOJ- SPj) = 0.
(7.46)
j=1
i=1
Da in GI. (7.46) sowohl die Realteile als auch die Imaginärteile gleichzeitig verschwinden müssen, ergeben sich zwei Gleichungen zur Bestimmung von OJ und K. Vielfach gelangt man durch Auswertung der charakteristischen Gleichung mittels eines Stabilitätskriteriums (z. B. Hurwitz) an der Stabilitätsgrenze schneller zum Ziel. Regel 12 Ermittlung eines unbekannten WOKn-Punktes für ein bestimmtes K Ist m :": : n - 2, so gilt n
L>Pj j=1
n
= LSP2(K) = konst.
(7.47)
2=1
Da komplexe Pole immer nur konjugiert komplex auftreten, fallen bei der Summenbildung die imaginären Anteile heraus und es genügt die Bildung der Summe über die Realteile
7.2 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven n
217
n
(7.48)
LRe(spj)= LRe(sP,,1(K» =konst. j=l
,,1=1
Diese Regel kann hilfreich sein, wenn es darum geht, ein noch unbekanntes sn (reell oder konjugiert komplex) für ein bestimmtes K zu ermitteln. Es sei nochmals betont, dass die Beziehung (7.48) auf Systeme m ::; n - 2 beschränkt ist. Die Anwendung und Zweckmäßigkeit der im Vorangegangenen behandelten Regeln 1, ... 12 soll anhand der nachfolgenden Beispiele erläutert werden. •
Beispiel 7.3
Eine PT2-Strecke mit der Übertragungsfunktion
GS(S)=
K pS
K pS =0,4;
2 2 1 + sTl + S T2
Tl =0,8s;
T22 = 0,2s 2
wird von einem PDTl-Regler geregelt:
GR(s)=K pR
l+sTy 1+ sT3
' mit
T3 =0,2s.
Ty =2 s;
Der Verlauf der WOK soll mit K - KpR als veränderlichem Parameter anhand der Regeln diskutiert werden. Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises lautet
-G () G ( )- KpRKpSTy Go () s - R s· S s ' 2
T2 T3
(s-sNl) , (s - sPl )(s - sp2 )(s - sp3)
mit 1 1 05sNl =--=, s ;
Ty
1 5sp3 =--=s 1. T3
Tl
sP12 =---±
,
2T}
(
-
2
Tl
2T}
]
1
. -1
--=(-2±J)s
T}
K = KpRKpSTy
T}T3
Regel 1 Als erstes werden die Pole und Nullstellen des offenen Kreises in die s-Ebene gezeichnet (s. Bild 7.8). Jeder der drei Pole ist Ausgangspunkt eines WOKn-Astes. Da nur eine Nullstelle SNI
vorliegt, enden von den drei WOKn-Ästen zwei im Unendlichen.
Regel 4 Der Bereich sP3
~
(J' ~
SNI
der reellen Achse ist Teil der WOK.
218
7 Das Wurzelortskurvenverfahren
Regel 5 Nach GI. (7.35) erhalten wir den Wurzelschwerpunkt n
m
ISpj -ISNi s: _ j=l
us -
= - 2 - 2 - 5 + 0,5 s-] = -425 s-] 2 '
i=l
n-m
Regel 6 Die Anstiegswinkel der beiden Asymptoten folgen aus GI. (7.36) ({Ji
(1 + 2i)
i =0,1, 2, ..., (n - m -1)
= - - - . Jr m-n
3 2
({Jl = --Jr.
Regel 7 Die Austrittswinkel aus den konjugiert komplexen Polen sPlund SP2 ergeben sich nach GI. (7.37) zu ({J Al
= ({JNl -
({JP3
+ 90 0 = (180 0
-
~
arctan _1_) - arctan + 900 = 218 0 1,5 3
Regel 9 Mit GI. (7.42) errechnet sich die Lage des Verzweigungspunktes
1
m
n
1
ICY- ICY -i=l
sNi
j=l
SPj
1
CY+ 0,5
1 CY+2-j
1
CY+2+j
_1_=0. CY+5
Daraus folgt (a 2
+ 4a + 5)·4,5 - (2a + 4)(a 2 + 5,5a + 2,5) = 0
bzw. 2a 3 + 1O,5a 2 + 9a -12,5 = O. Die Lösungen dieses Polynoms 3. Grades sind:
Es liegen demnach zwei Verzweigungspunkte al und a2 vor. Der dritte Verzweigungspunkt liegt außerhalb des gültigen Bereichs.
Oj
Regel 10 Im vorliegenden Fall sind die beiden Verzweigungspunkte jeweils doppelte Polstellen (r = 2). Der Winkel zwischen den symmetrisch ein- und austretenden WOKn-Ästen ist nach GI. (7.45)
7.2 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven
219
Regel 11 Die Ermittlung der Schnittpunkte mit der imaginären Achse erübrigt sich, da es, wie der WOKn-Verlauf zeigt, keine Schnittpunkte gibt. Das heißt, das System ist unbegrenzt stabil.
Regel 12 Infolge (n-m) = 2 können der dritte Pol und die K-Werte in den Verzweigungspunkten nach GI. (7.48) berechnet werden. n
m
j=1
i=1
LRe(spj)= LRe(sp,i)=(-2-2-5) s-1 =-9s-1. Für den Verzweigungspunkt
0"1 =
-2,615 S-1 liegt der dritte Pol auf der reellen Achse bei
0"13 =(-9+2.2,6l5)s-1 =-3,77s- l .
Entsprechend berechnet sich für den zweiten Verzweigungspunkt 0"2
= -3,349 s -I
der dritte
Pol zu 1
0"23 = (-9+2·3,349)s-1 =-2,302s- .
Exemplarisch sollen noch die K-Werte in den Verzweigungspunkten bestimmt werden. Allgemein gilt nach GI. (7.4) n
Il(S-Spj) j=1
K=---'-------m
I l (s-sNi) i=1
Im ersten Verzweigungspunkt ist
K = _ (-2,615 + 2 - j)( -2,615 + 2 + j)( -2,615 + 5) s-2 1
(-2,615 + 0,5)
Im zweiten Verzweigungspunkt ist
K2 = K
(-3,349 + 2 - j)( -3,349 + 2 + j)( -3,349 + 5) -2 (- 3,349 + 0,5)
2 - (1,349 + 1) ·1,651 s -2 = 1,634 s -2. 22,849
S
220
7 Das Wurzelonskurvenverfahren
In Bild 7.8 ist der mit dem folgenden MATLAB-Skript berechnete Wurzelortskurververlauf dargeslellt:
»KpR .. 1; KpS = 0.4; »T1 '" 0.8; » T2_2 '" 0.2; »
Tv '" 2;T3 '" 0.2;
»b1 '" KpR·KpS·Tv;
» bO .. KpWKpS; »a3 = T2_2·T3; »a2 = T1·T3+T2_2; »a1 '" (T3+T1); »aO .. 1; »num",[O
0 b1 bOl
»den= [a3 a2 a1 aOl » rloeus (num, den, 'k') » hold on; grid
•
"
,
..
$·EBENE
i
, •• ,
,.
"
• Imagirtare
Auslri_inkel
.-
Achse
" -1
~_
••
I " .,
"
,.
.,
Bild 7.8 Wurzelortskurve zu Beispiel 7.3 mit
I +sTy GO(s) = K PR K PS - - - - . . . , , - , ; ' - - -
(l+sTI +s2 rh(l+sT)
,. ., ..
"
,
221
8 Entwurf von linearen Regelkreisen In Kapitel 4 wurden verschiedene Regeleinrichtungen mit einfachen Regelstrecken zu Regelkreisen zusammengesetzt und bei Führungs- und Störverhalten untersucht. Als Güteparameter wurden die bleibende Regeldifferenz und die Dämpfung betrachtet. Ein optimal eingestellter Regelkreis soll mit möglichst geringer Regeldifferenz einerseits und möglichst großer Dämpfung andererseits arbeiten. Diese Forderungen widersprechen sich. Beispielsweise führt die Vergrößerung des P- bzw. des I-Anteils eines Reglers bei Regelkreisen mit P-Strecken zur Verringerung der bleibenden Regeldifferenz, gleichzeitig jedoch auch zur Verringerung der Dämpfung und somit zur Instabilität. Die optimale Reglereinstellung erfolgt durch eine Kompromisslösung, die wiederum von der speziellen Regelaufgabe abhängt. Ein wünschenswertes Regelkreisverhalten soll mehrere Gütekriterien optimal oder in gegebenen Grenzen halten. Außer Amplituden- und Phasenreserve, Pol- und Nullstellen, bleibender Regeldifferenz und Dämpfung gehören zur Regelgüte die An- und Ausregelzeit und die Überschwingweite. Diese Merkmale lassen sich aus Sprungantworten direkt ablesen oder aus Differentialgleichungen bzw. Übertragungsfunktionen mit Hilfe von Stabilitätskriterien und Wurzelortskurven (Kapitel 6 und 7) berechnen. Somit ist der Erfolg beim Reglerentwurf im Wesentlichen von Kenntnissen der Regelstrecke abhängig. Nachfolgend wird gezeigt, wie der Regelkreisentwurf direkt im Zeitbereich oder indirekt durch die Optimierung von Frequenzkennlinien erfolgt.
8.1 Gütekriterien des Zeitverhaltens Bild 8.1 zeigt den zeitlichen Verlauf der Regelgröße bei einem Führungssprung. Daraus lassen sich die wichtigsten Gütekriterien des Zeitverhaltens, d. h. die bleibende Regeldifferenz, die Dämpfung, die An- und Ausregelzeit, die Überschwingweite, wie nachfolgend gezeigt wird, nach "Faustforrneln" ermitteln. x
i
maximale Überschwingweite
bleibende Regeldifferenz e(=)
_t
Bild 8.1 Sprungantwort des Führungsverhaltens. Die Güteparameter sind nach DIN 19226, TeilS, eingetragen
S. Zacher M Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-9837-1_8, © Vieweg+Teubner Verlag I Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
222 •
8 Entwurf von linearen Regelkreisen Bleibende Regeldifferenz
Die Regelkreise, die nur aus P-Gliedern mit oder ohne Verzögerung bestehen, weisen immer eine bleibende Regeldifferenz auf. Dies gilt auch für die Glieder mit D-Anteil. Sind in einem Regelkreis mit P-Regler ein oder mehrere Glieder mit I-Anteil vorhanden, so ist der zeitliche Verlauf der Regeldifferenz e(t) vom Ort, an dem die Störgröße angreift und deren zeitlichen Verlauf abhängig. Greift die Störgröße am Ausgang des I-Gliedes an, so wird die Regeldifferenz vollständig ausgeregelt. Tritt die Störgröße am Eingang des I-Gliedes ein, so kann die bleibende Regeldifferenz e( 00) entweder aus der mathematischen Beschreibung des Regelkreises, wie in Kapitel 4 gezeigt wurde, oder direkt aus dem Wirkungsplan des Regelkreises anhand der Eigenschaften eines I-Gliedes ermittelt werden. Diese Eigenschaft besteht darin, dass die Ausgangsgröße eines I-Gliedes überhaupt nur dann einen Beharrungszustand erreichen kann, wenn die Eingangsgröße des I-Gliedes gleich Null wird. •
BeispieI8.!
Am Eingang des I-Gliedes in Bild 8.2 wird im Beharrungszustand stets ys(oo) =0.
Dies führt beim Führungsverhalten mit dem Sprung w(t) y(oo) = 0,
=wo zu
YR(oo) =0 und weiterhin zu e( 00) = 0, d. h. zu keinen bleibenden Regeldifferenz.
Bild 8.2 Wirkungsplan eines Regelkreises mit drei Eingangsgrößen w, ZI und Z2
Wirkt nun sprungförmig die Störgröße Zl (t) = ZlQ, so soll diese im Beharrungszustand durch y(oo) = - ZlO
kompensiert werden, da es aus dem Wirkungsplan des Bildes 8.2 Ys(oo) = y(oo) + ZIO = 0 folgt. Für y( 00) = -
Z 10
wird weiterhin
1 YR (00) = ---zlQ'
K ps
was zu einer bleibenden Regeldifferenz führt: I I e(oo) = - - - ,--zlQ K pS K pS
Greift die Störgröße Z2(t) am Ausgang des I-Gliedes an, so ist dieser Fall gleichbedeutend mit dem Führungsverhalten, d. h. e( 00) = O.
8.1 Gütekriterien des Zeitverhaltens
•
223
Überschwingweite
Die Überschwingweite X m ist die größte Abweichung der Regelgröße vom Sollwert während des Übergangsprozesses von einem Beharrungszustand in einen neuen Beharrungszustand beim Führungs- oder Störverhalten. Die Überschwingweite kann verhältnismäßig durch den Beharrungswert x( 00) ausgedruckt werden, z. B. in Bild 8.1 beträgt die Überschwingweite ca. 30% des Beharrungswertes, d. h. X m = 0,3 x( 00).
•
Anregel- und Ausregelzeit
Die Anregelzeit Tan ist ein Maß für die Schnelligkeit einer Sprungantwort. Sie wird als die Zeitspanne zwischen der Eintrittzeit eines Stör- oder Führungssprungs und dem Zeitpunkt, wenn die Regelgröße erstmalig in einen vorgegebenen Toleranzbereich eintritt, definiert. Der Toleranzbereich wird meist als ± (2 bis 4) % des Endbeharrungszustandes x( 00) vereinbart. Die Ausregelzeit Taus zeigt, wie lange dauert der Übergangsprozess von einem Beharrungszustand x(O) in einen neuen Beharrungszustand x( 00). Der Übergangsprozess gilt als abgeschlossen, wenn die Regelgröße in den Toleranzbereich ± (2 bis 4) % des Endbeharrungszustandes x( 00) zum dauernden Verbleib eintritt.
•
Dämpfung
Die Sprungantwort in Bild 8.1 entspricht einem P-T2-Verhalten (s. Abschnitt 3.5): Gw(s)=K pw ' ß
2
s
2
1
+s·2a+ß
2 .
Den exakten Wert der Dämpfung D = a/ßkann man nach GI. (3.72) des Abschnitts 3.5 berechnen. Die Anzahl n der Halbwellen der Sprungantwort lässt sich aus den Zusammenhängen der gedämpften Schwingung ableiten:
n=~ ~2 -1. Angenähert kann die Dämpfung direkt aus der Sprungantwort abgelesen werden: 1
Dz-. n Beispielsweise weist die Sprungantwort in Bild 8.1 n = 3 Halbwellen auf. Die Dämpfung D liegt damit bei 0,33. Aus dem Abschnitt 3.5 folgen die Formeln für die Berechnung der Ausregelzeit Taus und der Periodendauer Te bzw. der Frequenz % der gedämpften Schwingung:
T aus
= In 25
a
z
3,22
a
T = 2;r = e
OJe
2;r ß~1-D2'
224
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
8.2 Praktische Einstellregeln Eine anspruchsvolle Einstellung des Reglers kann dann erfolgen, wenn ein genügend genaues Modell der Regelstrecke vorliegt. In den Fällen, wenn die mathematische Beschreibung der Regelstrecke nicht bzw. nur angenähert bekannt ist, haben sich die empirischen Einstellregeln mit Erfolg bewährt, deren Vorteil darin besteht, dass kein mathematischer Aufwand notwendig ist. Die praktischen Einstellregeln werden nachfolgend nach dem Genauigkeitsgrad des Streckenmodells eingeteilt. Somit werden wir zwischen den grob und fein approximierten Regelstrecken unterscheiden. Die experimentelle Ermittlung der mathematischen Beschreibung der Regelstrecke wird in der Fachliteratur als Identifikation bezeichnet. Darunter versteht man die Untersuchung des experimentell ermittelten Übergangsverhaltens der Regelstrecke, wenn am Eingang die speziellen Testfunktionen angewendet werden. Die Identifikation als Werkzeug zur Modellbildung wird im Buch nicht betrachtet. Die Eingangsfunktionen, wie die Sprungfunktionen, die Anstieg- und Rampenfunktionen, die Impulsfunktionen und die stochastischen Eingangssignale, wurden bereits im Abschnitt 2.3.1 eingeführt. Hier wird nur die Parameterschätzung anhand von Sprungantworten der Regelstrecke x(t) auf eine sprungförmige Änderung der Stellgröße y(t) behandelt. 8.2.1 Grob approximierte Strecke Ziegler-Nichols- Verfahren
Liegt keine mathematische Beschreibung einer Regelstrecke vor, ist jedoch gegeben, dass diese sich wie eine Reihenschaltung eines Verzögerungsgliedes I.Ordnung (PT I-Glied) und eines Totzeitgliedes Tt oder wie ein P-Tn-Glied verhält, so kommt sofort die Einstellregel nach Ziegier und Nichols zur Anwendung. Zunächst wird am Regelkreis experimentiert. Der Regler wird als P-Regler eingestellt und die Verstärkung KpR solange vergrößert, bis der Regelkreis an die Stabilitätsgrenze gelangt, d. h. Dauerschwingungen ausführt. Dabei wird der kritische Wert von KpR = KPRkr abgelesen und die kritische Periodendauer Tkr der Dauerschwingung gemessen. Die empfohlenen Kenngrößen für verschiedene Reglertypen sind: Parameter KpR
P-Regler
PI-Regler
PID-Regler
0,5· KPRkr
0,45· KpRkr
0,6· KPRkr
0,83·Tkr
0,5· Tkr
Tn
-
Tv
-
-
0,125· Tkr
Die oben angegebene Tabelle gibt die günstige Einstellung des Störverhaltens. Der Regelverlauf ist dabei mit ca. D = 0,2 bis D = 0,3 schwach gedämpft.
8.2 Praktische Einstellregeln
225
Wendetangenten- Verfahren Viele industrielle Regelstrecken lassen sich angenähert als P-T n- oder I-Tn-Strecken darstellen. Aus den Sprungantworten können Verzugszeit Tu bzw. Tl und Ausgleichszeit Tg sowie Proportional- und Integrierbeiwerte Kps oder K,s durch eine grobe Approximation mittels der Wendetangente, wie in Bild 8.3 gezeigt, bestimmt werden. x(t)
x(t)
t
t
x( 00)
!
o Tu
Bild 8.3
=T
-t t
Approximierung der Sprungantwort nach einem Sprung der Stellgröße y(t) = yo·o(t).
Die nach dem Ziegler-Nichols-Verfahren empfohlene Einstellung kann mit den grob geschätzten Parametern der Regelstrecke auch rechnerisch ermittelt werden. Für eine Regelstrecke, die z. B. aus einem Totzeitglied und einem Verzögerungsglied 1. Ordnung mit den Zeitkonstanten Tu und Tg besteht und mit einem P-Regler mit Verstärkung KpR geregelt wird Go(s) = K pR .
K PS
l+sTg
·e
-sT.
(8.1)
u,
soll die Nyquist-Stabilitätsbedingung (6.64) bei der Dauerschwingung erfüllt werden:
IGo (j lUd)1 = 1, wenn
Go(s) = KPRKpsKrs (l+sTn ) sZTn (l + sTI )
Gs(s) = KpsK rs s(l + sTI )
GR(s)= KpR(I+sTn) sTn Gs = b)
G (s) = K pR (1 + sTn) R sTn Gs =
c)
KpsK rs s (l + sTI)(l + sTz )
KpsK rs s (1 + sT] )(1 + sTz )
G = K PR (l + sTn )(1 + sTy ) R sTn
Tl
~5.yz
=> TE =1] +Tz 1] > Tz> T3
=> Ty =Tz
Go(s) = KpRKpsKIS (l+sTn ) (l + sTE ) sZTn
Go(s)= KpRKpsKrs (l+sTn ) (l + sT]) sZTn
8.4 Einstellregeln im Frequenzbereich
239
Im Folgenden wird das Verfahren am Beispiel (8.26) hergeleitet. Aus den Frequenzgang des aufgeschnittenen Regelkreises (8.26) . )_KpRKpsKIS l+ j OlTn _(K IO )2 l+jOlTn o jOl . - -. G( (j Ol)2 Tn 1+ jOlT1 jOl 1+ jOl Tt
(8.27)
'
wobei K [0 = K PR K PsK IS / Tn ist, wird der Amplituden- und der Phasengang 1+ (OlTn )2 1+ (OlT1 )2
(8.28) (8.29)
ermittelt. Für
IGo(j Old)1 = 1 und /ftl( lüct ) > -180° bei der Durchtrittsfrequenz lüct wird
der geschlossene Regelkreis nach dem Nyquist-Kriterium stabil. Die Optimierung besteht nun darin, dass das Maximum der Phase des offenen Regelkreises /ftl( Ol) bei der Durchtrittsfrequenz lüct gesucht wird. Um die Kreisfrequenz Ufu zu bestimmen, für die /ftl( Ufu) ein Maximum ist, differenzieren wir (8.29) und setzen die Ableitung gleich Null ein: dqJo(Ol) _ Tn _ Tt =0 dOl - 1+(OlTn )2 1+(OlT1 )2 .
Daraus folgt: (8.30) d. h. der Phasenrand /ftl( lüct ) wird ein Maximum bei der Durchtrittsfrequenz lüct = Ufu. Setzen wir (8.30) in GI. (8.28) ein, so folgt unter Beachtung der Stabilitätsbedingung (8.31) bzw. KpRKpSKIS = Olm .
(8.32)
Beim Symmetrischen Optimum wird der Regler so eingestellt, dass die Durchtrittsfrequenz lüct = Olm das geometrische Mittel der beiden Eckfrequenzen OlE2
OlE] = 1/ Tu
und
= 1/ li annimmt. Dafür wird der Faktor
T
n k=bzw. Tn =kTI Tl
(8.33)
240
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
eingeführt. Daraus folgt UEI = 11 ~ = %J. /.Jk und UE2 = 11 11 =
%J..Jk . Aus Stabili-
tätsgründen muss ~ > 11 gewählt werden, d. h. es gilt die Bedingung k > 1. Nach Kessler wird als Standardeinstellung für symmetrisches Optimum k = 4 empfohlen. Setzen wir GI. (8.32) in (8.26), so wird die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises (8.26) in folgende Form gebracht Go (s) =
I
lU m - 2 - ·
1+ sTn
s Tn 1+ sTI
(8.34)
.
Das Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Kreises lässt sich symmetrisch bezüglich der Durchtrittsfrequenz l"4:I = lU m darstellen, wie Bild 8.13 zeigt. Aus dem symmetrischen Verlauf des Amplituden- und Phasenganges resultiert die Bezeichnung des Verfahrens Symmetrisches Optimum. Durch den Faktor k wird die Bandbreite definiert. Aus GIn. (8.30) und (8.33) folgt lU m =
I
.Jk. Tl
(8.35)
. 1+-_ _ k - - - . I
IT
IT
I
odBI--
-"-_-4>-_~------T--'l-----
, :, , ,,, ,,, ,
-----+
(J)
-----+
(J)
,
---------------~-------------
i
Bild 8.13 Bode-Diagramm nach dem Symmetrischen Optimum mit D = 0,707 und xm=30%
8.4 Einstellregeln im Frequenzbereich
241
Setzen wir diesen Wert in GI. (8.29), so ergibt sich unter Beachtung lfJRd (lü m ) =
-Jr -
lfJo (lü m )
der Zusammenhang zwischen k und der Phasenreserve lfJRd k =cot 2(900 - lfJRd) .
(8.36)
2
Beispielsweise errechnet sich die maximale Phasenreserve für k = 4 zu lfJRd = 37°. Die optimale Reglereinstellung ergibt sich aus GIn. (8.32) und (8.35): KpRopt =
1
~ "1/ k . K PS . K IS . Tl
Für k = 4 folgt daraus speziell für Standardeinstellung KpRopt
lü m
=
1
2 . K PS . K IS . Tl
= lüd =-
1
2TI
und
.
(8.37)
Aus GIn. (8.34) und (8.35) bestimmen wir die Übertragungsfunktion des geschlossenen Kreises für das Führungsverhalten (8.38) Für k = 4 wird
:Tn = 411, und aus (8.38) folgt
1+ sTn G w (s) = 3 3 3 2 3 2 2 s ·2 Tl +s ·2 Tl +s·2 Tl +1
bzw. (8.39) Die Polstellen haben die Werte 1 sI = - - bzw. nach (8.37) sI = -lü m und 2TI
s23 '
=
-1 ±
j.J3 .
4TI
Die Übertragungsfunktion (8.39) mit der Polstelle SI wird wie folgt dargestellt: G (s)=I+sTn .ß2. 1 , w s - sI s2 + s2a + ß2
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
242
mit a = _1_ und 4TI
ß 2 = _1_ . Die beiden anderen Pole s 2 3 = - ß (D ± ~ D 2 -1) 2 2 T?
'
sind für 0 < D < 1 konjugiert komplex, d. h.
S
23 =
-a ± j ß ~1- D 2 , und liegen, wie
Bild 8.14 zeigt, auf einem Kreis mit dem Radius l4n . Für k = 1 ist Tn = Tl, a = 0 bzw. D = 0 und der Kreis ist instabil. Liegt k im Bereich 1 < k < 9 bzw. 0 < D < 1, treten zwei konjugiert komplexe Pole mit negativem Realteil auf. Für k = 9 bzw. D = 1 sind die Pole gleich und reell mit
was einem aperiodischen Grenzfall entspricht. Bild 8.14 Polverteilung in der s-Ebene
Die Sprungantwort hat bei k = 4 die Dämpfung D = 0,5 und die maximale Überschwingweite von X m = 43,4% (Bild 8.15). Bei der Dämpfung von x(t)
D=
i
1 J2 =0,707,
die dem Betragsoptimum (siehe Abschnitt 8.3.1) entspricht, beträgt die Überschwingweite X m = 30% bei der Phasenreserve von l/'Rd = 45°.
01-"'---1-------1--------------. t
Bild 8.15 Führungssprungantwort für k = 4 und D = 0,5 des Symmetrischen Optimums
8.5 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken
243
8.5 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken 8.5.1 Instabile P-TI-Glieder Ein instabiles P-Glied mit Verzögerung 1. Ordnung wird analog einem stabilen P-T 1Glied mittels DGL 1. Ordnung beschrieben, al
xa (t) + aoxa (t) = bOxe (t),
jedoch mit einem negativen Koeffizienten al oder ao, z. B. TI
xa (t) -
x a (t)
=K
xe (t)
oder - TI xa (t) + x a (t)
=K
xe (t) .
Nach dem Hurwitz-Kriterium erkennt man sofort, dass es sich dabei um ein nichtstabiles Verhalten handelt. Dies folgt auch aus der Übertragungsfunktion xa(s) K xa(s) K G(s)=--= oder G ( s ) = - - = - - , xe(s) -1+sTI xe(s) l-sTI
die eine Polstelle
SI
= +~ TI
in der rechten s-Ebene hat. Hier ist also n r
= 1 bei n = 1.
Die Lösung der DGL bei sprunghafter Verstellung der Eingangsgröße xe(t) ist in Bild 8.16 gezeigt. Sie entspricht der GI. (2.11), jedoch die Ausgangsgröße xa(t) steigt: t
t o
----. t
Bild 8.16 SprungantwOft eines instabilen P-TI-Gliedes
Aus dem Frequenzgang G(jOJ) =
K
-1+ jOJ~
folgen der Amplitudengang
und der Phasengang als Differenz zwischen Phasen des Zählers und des Nenners qJ( OJ)
= arctan 0 -
OJT,
OJT,
arctan __I =- arctan __I = -Jr + arctan OJ ~ . -1 -1
244
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
Ein stabiles und ein instabiles P-TI-Glied sind in Tabelle unten gegenübergestellt. Man sieht sofort, dass die Arnplitudengänge gleich und nur die Phasengänge unterschiedlich sind. Eine Polstelle in der rechten s-Halbebene dreht den Phasenwinkel von - ff auf - ff /2, d. h. in positiver Richtung, während die Phase der gleichen Polstelle in der linken Halbebene sich in negative Richtung ändert. Stabiles P-TI-Glied
Instabiles P-TI-Glied Differentialgleichung
x
TI a (t) + x a (t) = K
x
I
xe (t)
TI a (t) -
Xa (t) = K Xe (t)
Sprungantwort t
--
x a (t) = K
xeo(l-e
-
Tl)
t
Xa (t) = K XeO (e Tl -1)
Übertragungsfunktion K G(s)=-1+ sTI
K
G(s) =
-1 + sTI
Amplitudengang IG(jO})1 =
~
K
1+(0}1])2
Phasengang rp( O}) = - arctan 0} Tl
rp( O}) = -
I
ff
+ arctan 0} 1]
Ortskurve Im
m=oo - - K
Im
-lw=o
~(;
w=Or--- K -
~~
Re
(J)=OO
Re
Bode-Diagramm
leldB
leldB
t
201!K
OdB
"--w -w 0° -----~------
rp: w)
t
~
~dB/Dek 111\ I
-90°
- 180° ----------------------
t
2011K
OdB
rp: w)
t
~dBlDek 1fT] I
0°
- 90° - 180°
"--w -w
I I I
~~~=~
8.5 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken
245
8.5.2 Instabile P-Tz-Glieder Hat der Nenner eines schwingungsfähigen P-T2-Gliedes negative Koeffizienten, z. B.
ß2 s + s . 2a -
G(s)=K 2
ß
2 oder G(s)=K 2 ß2 s - s . 2a -
ß
2
(8.40)
oder bei der Dämpfung D = a = 0 bzw. a= 0
ß
ß2 G(s) = K
s
2
-ß
(8.41)
2 '
so handelt es sich um ein instabiles Verhalten. Falls die Nenner von (8.40) keine komplex konjugierte Polstellen besitzen, lassen sich die Übertragungsfunktionen auf zwei P-Tl-Glieder zerlegen, wie unten in Tabelle gezeigt ist. Das Bode-Diagramm solcher Glieder kann leicht durch einfache Addition der Ordinaten der einzelnen Kennlinien ermittelt werden. a) zwei P-T1-Glieder mit unterschiedlichen Zeitkonstanten
b) zwei P-T1-Glieder mit gleichen Zeitkonstanten K G(s)= 2 2 s Tl -1
K
---.---
o dB f---.L---+------'----"'_---
o dB f---.L---+------'~--
_OJ
_OJ
cA OJ)
t 0°
1J11 (OJ)
1J11 (OJ)
:
- 90° --------------::-=-"""-----::=~ I
- 90°
-----------j---~-~--
1J1z( OJ)
- 180° I---;;;.....,~-----270° -----------------------------
-270° -------------------------
Man erkennt daraus, dass sich die Asymptote des Amplitudengangs bei der Eckfrequenz, die der rechten Polstelle entspricht, um -40 dB/Dek ändert, während sich die Asymptote bei der Eckfrequenz der linken Polstellen nur um -20 dB/Dek ändert. Auch bei den Phasengängen merkt man die Unterschiede, z. B. im Fall b) der obigen
246
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
Tabelle ändert sich die Phase des instabilen Gliedes bei der Eckfrequenz nicht. Eine Phase von -Jrsoll jedoch gleich am Anfang zugewiesen werden. Für Bode-Diagramm instabiler P-T2-Glieder gelten also die folgenden Regeln: Der Anfangsteil des Phasengangs liegt bei -180°, da eine Polstelle mit positivem Realteil in der rechten s-Ebene eine Phasenverschiebung von -Jrmitbringt. Bei der Eckfrequenzen der rechten Polstellen beträgt die Phasenänderung +90°, wie beim D-Verhalten. Bei den Eckfrequenzen der rechten Polstellen ändern sich die Asymptoten des Amplitudenganges um -40 dB/Dek, wie bei einer doppelten linken Polstelle. •
Beispiel 8.5
Gegeben ist ein Regelkreis mit einer instabilen Regelstrecke und dem PD-TI-Regler:
GS(s) = mit und
=0,025 s T y = 0,05 s
Kps = 3,16
TI
KpR = 1
K pS
2 2
(l + sTI )(s T2 -1)
'
T2 = 0,015 s
TR = 0,005 s.
Gesucht: a) das Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Regelkreises; b) der kritische Proportionalbeiwert K pRkr des Reglers, bei dem der Regelkreis grenzstabil ist. Zu a):
Aus der Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises
3,16 (1 + sTv ) erhalten wir: n = 4 (Ordnung von Go) n/ = 3 (Anzahl der Pole in der linken s-Ebene) nr = 1 (Anzahl der Pole in der rechten s-Ebene) nj
°
=
(Anzahl der Pole auf der imaginären Achse)
Die Stabilität wird nach dem Nyquist-Kriterium im Bode-Diagramm geprüft. Im Bild 8.17 ist das Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Kreises Go(jOJ) mit den Eckfrequenzen 0)
=_1_=20s-1 , v ~
0)1
=~=40s-1, 0)2 =_1_=66,7s-1 ~
~
°
gezeigt. Da kein I-Glied vorhanden ist, verläuft die Anfangsasymptote mit der Steigung dB/Dek durch die Ordinate 20 19 (KpR Kps) = 20 19 3,16 = 10 dB.
Der Phasengang fängt wegen einer Polstelle mit positivem Realteil nicht bei 0° an, wie es bei stabilen Systemen der Fall wäre, sondern bei -180° und wird bei allen Eckfrequenzen um ± 90° geändert, außer der Eckfrequenz OJ2, die der Polstelle mit positivem Realteil entspricht. Nach dem Fall b) der obigen Tabelle gibt es an dieser Stelle keine Phasendrehung. Das BodeDiagramm des Bildes 8.17 mit Schnittpunkten So und SI entspricht einem instabilen Kreis, da
8.5 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken 1 Tv
20dB
1
1
1
~l
Tz
_+~ i
__~,~""""'d,.....
1-0....d-B-/D~e=k;;;;;;q;;O::::::·----1·--~-+-·OdB
247
_ neue OdB-Linie
~ -·L-~-r~4-~·--:-~-~-----
+-------+--~--+-~_r__+~~r__-~iid_-~c-'--'~~-~~-
10
2
3
4-
5
6 ::78
IOz
______________ ~----------------~-----------J---------~
,,, ,
,,,
I
--------------~
I
I
----------t
,
~
LldR
_
--+
o)/S-I
'' '' I
------i--------+
~
10 3 56! 7 8 9 i 102 2 3 4 5 6 7 8 0° t----+-----+-----+'- - i - '----+7-7-,---~------
,
--+
0)/
s-I
,
-180° -270°
_.1._--------------------------------------
,
0) ~,
, '
-----.----------....: -----+--~---= 1 :' , ,: S0 = + - : : i 2 ' " , _ __________L L L _____ _________ __L
_
_
Bild 8.17 Bode-Diagramm des Regelkreises mit instabiler Regelstrecke die geforderte Stabilitätsbedingung (6.61) für
nj
= 0
n 1 (v -v ) = -r = p n 2 2 durch die Summe der Schnittpunkte nicht erfüllt ist:
1
1
(v -v )=SO +Sl =+--1=--. P n 2 2 Zu b):
Verschiebt man die O-dB-Linie um LldB '" 10 dB nach oben, d. h. LI K = 3,16, so wird die Bedingung (6.61) erfüllt, da der Schnittpunkt SI nicht mehr in Betracht kommt:
Der kritische Proportionalbeiwert des Reglers beträgt damit
1 K pRkr =K pR ·-=0,316. LlK Die weitere Verkleinerung von KpR ist jedoch nicht möglich, weil bei KpR < KPRkr auch der Schnittpunkt So nicht mehr berücksichtigt wird, was auf die Instabilität des Kreises hinweist. Die Stabilitätsbedingung (6.61) wird nur bei einem Wert von KpRkr erfüllt, was praktisch nicht realisierbar ist. Es soll eine neue Nullstelle, z. B. der Kompensation
Ty
TNI =
Tz eingeführt werden. Zusammen mit
= TI wird die Bedingung KpR > KPRkr sicher zur Stabilität führen.
248 ~
8 Entwurf von linearen Regelkreisen Aufgabe 8.2
Eine instabile P-T I-Strecke soll mit dem PD-T 1-Regler geregelt werden.
K pS
GS(s)=--l-sT] Gegeben sind: Kps = 0,25 und Tv = Tl = 0, I s. Die Zeitkonstante TR ist vemachlässigbar klein. Gesucht: der Proportionalbeiwert des Reglers KpR, bei dem der Regelkreis stabil wird.
8.5.3 Beispiele von instabilen Regelstrecken Die Instabilität einer Regelstrecke entsteht in der Regel aus zwei Gründen: •
wegen zwei oder mehr in Reihe geschalteten I-Gliedern
•
wegen Mitkopplung im Wirkungsplan der Strecke.
Die klassischen Beispiele von instabilen Strecken sind Invertiertes Pendel, Magnetschwebekörper und Ladebrücke (Bild 8.18). •
Invertiertes Pendel: Ein senkrecht stehender Stab, der durch die horizontalen
Wagenbewegungen Xw stabilisiert wird. Stellgröße ist die Kraft F x auf den Wagen. Regelgröße ist der Winkel (jJ. •
Magnetschwebekörper: Eine Kugel mit der Masse m, die von einer Magnetspule angezogen und in einer gewünschten Position X gehalten wird. Im stationären Zustand befindet sich die Magnetkraft der Magnetspulen im Gleichgewicht mit der
Erdanziehungskraft. Stellgröße ist die Magnetkraft Fm der Magnetspule. Regelgröße ist die Lage X(t) der Kugel. - F +__ ----+ + F
- Y +--- -------. + Y m\
,, ,, ~-f:)
,, ,, ,, ,, ,, ,
Xl:
x(1)
------+:
Bild 8.18 Kran als instabile Regelstrecke: Stellgröße ist die Kraft F auf die Laufkatze des Kranes bzw. die Beschleunigung Y. Regelgröße ist die Lage X(t) der Last. Als Hilfsregelgröße kann die Auslenkung dienen.
Die Stabilisierung der oben genannten instabilen Regelstrecken gewinnt an praktischer Bedeutung z. B. beim Transport einer aufrecht stehenden Last, beim Anfahren einer Magnetschwebebahn, beim Laden eines Schiffes oder eines Gütezuges ohne Überschwingungen. Die Ermittlung von genauen Zeitkonstanten der instabilen Regelstrecken ist anhand zwei Beispielen in nachfolgender Tabelle gezeigt. In beiden Fällen ist die Instabilität durch die Erdanziehung verursacht. Im Wirkungsplan führt dies zur Reihenschaltung von zwei I-Gliedern und zur Mitkopplung.
8.5 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken
249
Die Bezeichnungen sind: Kraft (j), Länge (l), Masse (m), Strom (i), Weg (x) in horizontaler oder vertikaler Richtung (s. Seite 49 für Groß- und Kleinschreibung). Indizes sind: Gravitation bzw. Gewicht (G), Magnet (m), Reaktion des Scharniers (R), Stab (s), Wagen (w). Die Länge des Stabes beträgt 2Z, das Trägheitsmoment ist J = m s Z2 .
:';"i"'''['''" Magnetschwebekörper
Fm
Fm
FmO
~ Xo
Invertiertes Pendel ,
rp
Fs ,,
i
,
Xo
( )-------t
FRy
a ![F FRx C ,
.X
, ,,
Fa
X
--.Xs
)
\. )
Fw
-----~
X
w
'///////////////////////
Stationärer Zustand
(Fm)o =Fa =m'g
(FRy)O = Fa = msg
Ys = Zcos rp
(Fw)O = (FRx)O
Xs = Xw
+ Zcos rp
Dynamisches Verhalten
FRx =ms ' X s ; Fw -FRx =mw ,X w FRy -Fa =-ms'y';
Fm -Fa =-m'X
JijJ= -FRxl sin cp+ FRyl coscp Linearisierte Gleichungen für kleine Abweichungen vom Arbeitspunkt Magnetkraft
fm = K j ·i m -K x ·x Wagen
Kugel (Beschleunigung)
fm =-m' x(t)
Kugel (Geschwindigkeit)
x(t) =
Kugel (Weg)
x(t) =
fx(t)dt fx(t)dt
fw - fRx =m w 'x w
Stab (horizontal)
fRx =m s ,xs =
Stab (vertikal)
fRy =m s ' g
Stab (Schwerpunkt)
JijJ= Z· fRy' rp-Z· fRx
= m s . Xw + msZ . ijJ
Die Magnetkraft Fm hängt nichtlinear vom Strom Im und von der Position X der Kugel ab. Der Zusammenhang Fm =f(X, Im) kann experimentell ermittelt und graphisch in einem Diagramm als Kennlinienfeld dargestellt werden. Mit Hilfe von
250 K Pi
8 Entwurf von linearen Regelkreisen =
(dFm ) und K Px dIrn 0
=
(dFm dX
J 0
wird die Magnetkraft Fm im Arbeitspunkt
Fmo = m'g in Abhängigkeit von dem Strom Im des Elektromagneten und der Lage X der Kugellinearisiert. Die linearisierten Wirkungspläne und die Übertragungsfunktionen der beiden Strecken sind unten in der Tabelle zusammengefasst. Es handelt sich dabei um das instabile P-T2-Verhalten mit nz = 1 Pol in der linken und nr = 1 Pol in der rechten s-Ebene. Magnetschwebekörper
Invertiertes Pendel Wirkungsplan
im
im ~ K"+~
J.&EJ~~ + '+t@' m
w
msl
Übertragungsfunktion G ( ) _ rp(s) _ -K pS ' ß2 s s s2 - ß2 !w(s)
x(s) -K ps ·ß2 GS(s)=--= .Im () S -s 2 + ß 2
Parameter K pi K ps = - K px
1 K ps =-. g
1 m w +m s
ß2 =!L. m w +m s
ß2 = K px
l
m
2m w +m s
Praktisches Beispiel mit Zahlenwerten m=15,7kg = 9,81 rnIs 2
g
Kpi = 0,244 N/A Kpx = 12,6 N/m
= 3,5 kg ms = 0,5 kg
F mO = mg = 154 mN ImO
mw
= 119 A
Kps = 0,019 rnIA
GS(s) = T= 0,0353 s
1= 0,8 m g
= 9,81
rnIs
2
Kps = -0,0255 l/N
K pS s2 T 2 -1
I
T= 0,391 s
Die Zeitkonstanten der Stellglieder (Magnetspule, Motor, Leistungsverstärker) sind viel größer als die eigenen Zeitkonstanten der Regelstrecke. Die oben behandelten Entwurfsmethoden werden dadurch uneffektiv. Um die gesamten Zeitkonstanten des Regelkreises zu reduzieren, werden in der Regel die Hilfsregelgrößen herangezogen, z. B. der Strom Im im Fall des Magnetschwebekörpers. Dies führt zur so genannten vermaschten Regelung, die im nachstehenden Abschnitt behandelt wird.
251
8.6 Vermaschte Regelung
8.6 Verrnaschte Regelung 8.6.1 Regelung mit Hilfsregelgrößen In den bisher behandelten Regelkreisen erfolgt die Bildung der Regeldifferenz durch die Messung der Regelgröße und den Vergleich mit dem Sollwert. Nach einem geeigneten Regelalgorithmus wird daraus die Stellgröße gebildel, um die Regeldifferenz auszuregeln. In einem einschleifigen Kreis greift der Regler bei Beseitigung von Störgrößen erst dann ein, wenn eine Regeldifferenz bereits vorliegt. Bei großen Zeitkonstanten der Regelstrecke fUhrt dies zur Schwingungen oder zur Instabilität. Zur Vermeidung dieser Nachteile kann die Struktur eines Regelkreises so verändert werden, dass die SlÖrungen stark reduziert und ohne große ZeitverLögerung auf den Reglereingang übertragen werden. Solche Strukturveränderung fUhrt zu einer ver· I/1l/Schlell Regelung, die sich dann realisieren lässt, wenn die Störungen oder Hilfsregelgrößen messbar und über ein Stellglied beeinflussbar sind. Die Reg1ereinstellung nach den bisher behandelten Optimierungsverfahren soll durch Strukturoptimierung nicht beeinflusst werden. Die Verfahren der Strukturoptimierung werden, wie in Bild 8.19 gezeigt, nach den Abgriffsorlen des Signals auf Stör-, Stell- und Hilfsregclgrößenaufschaltung unterteilt. Nachfolgend werden nur einige davon behandelt.
i-S,ö;g;ö.,;;~i,ö-,;;,;;;g----[~::(;;}-- ---- --- -------- ---- ------1 :~~;;~~~; : : :
: :_
: go t
'.!....-------' :
...... ~_eJl~_n_z_~'!s~~cJ~.~I_u_'yL . . Teil(Ovcrridcrcgclung): k :strccc
i--------: ' ,' ,--------. : :
: --+,,_',.+: GoR(S) 1'-,
'+ : : Soll-
:
Hilfsstcllgrößenaufschaltung
I
:---------,
:
,--+:
:
:--------: I: 'I ' GII.3(S):, '----.---' ---+----,
Gs,(S)
GIU('~) ~--;
: Haup\reglcr : + .i. :uuuu~ '_!.f-':'~1~~~ c>;-"-e,...t....':,'~ GR(s) I ~.~'+':-',.·:r~~-,-(~;-i l J G Sl (s) l.....,,~~ i t~ ~ G S2 (s) t-;"'" + IL_-.Jr:; -+ , .---""'1 " 1+ .f.: +
w,n
-:
,, , :c
Tcilmecke I
Kaskadenregclullg (unlerlagcrtcr .- Folgcregelkrcis)
'. : :
,,, ,,,
Teilstrecke 2
: : :: ,
,, Hilfsrcgelgrößcnaufschaltung :
~-------------------------------------
..... ----------------,
Hauplregclkrcis (Führungsregclkrcis)
ßild 8.19 Aufstellung von verschiedenen Verfahren der Strukturoptimierung an einem Kreis
252
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
8.6.2 Kaskadenregelung Bei Regelstrecken mit großen Zeitkonstanten ist es oft schwierig, mit einer einschleifigen Regelung ein befriedigendes Ergebnis zu erzielen. Wenn es möglich ist, die Strecke zu unterteilen und eine Hilfsregelgröße zu messen, wie z. B. Xl in Bild 8.20, greift man zu einer Kaskadenregelung. Der Hilfsregelgröße Xl wird ein eigener Regler OR! zugeordnet, der als Folgeregier oder Hilfsregler bezeichnet wird. Der übergeordnete Regler GR2 (Führungsregler oder Hauptregler) gibt dann dem Folgeregier GR! die Führungsgröße Wl vor.
Bild 8.20 Wirkungsplan der Kaskadenregelung
Ohne Kaskadenregelung gilt für das Führungsverhalten G w (s) =
G R2 (s)· G Sl (s) . G S2 (s) 1 + G R2 (s) . G Sl (s) . G S2 (s)
---"-=---'-----"'-'------'--------"'-'='---'---
(8.42)
und für Störverhalten: (8.43) Mit Kaskadenregelung sind die Übertragungsfunktionen: G
= G w () s
GRlGSI G R2 1 + G G S2 RI SI
I+G
G
G
(8.44)
RI SI G R2 S2 I+GRIGSI
(8.45)
Aus dem Vergleich (8.42) mit (8.44) und (8.43) mit (8.45) ist es zu sehen, dass der Regelkreis durch eine geeignete Wahl des Reglers GRl so eingestellt werden kann, das ein gewünschtes Verhalten, z. B. mit kleineren Zeitkonstanten, erreicht wird.
8.6 Vermaschte Regelung
253
Ein Beispiel der zweischleifigen Kaskadenregelung wird im Folgenden betrachtet. Man passt zunächst den Folgeregier GR1(S) an die Teilstrecke GS1(s) an und gibt so dem inneren Regelkreis ein gewünschtes Zeitverhalten. Dieser ist dann Bestandteil der Regelstrecke G2 (s), für die der äußere Regler GR2 (S) dimensioniert werden muss. •
Beispiel 8.6
Im Bild 8.21 ist der Wirkungsplan einer Kaskadenregelung mit einer P-T2-Strecke gegeben. Die Streckendaten sind: KpSI = 2
TI
3
KpS2 =
T2
= I s
= 0,2 s.
Die Kennwerte des Folgereglers KpR! und Tn ! sollen so eingestellt werden, dass die Verzögerungszeitkonstante des Folgeregelkreises 50 mal kleiner als die Streckenzeitkonstante Tl wird.
Bild 8.21 Kaskadenregelung einer P-T2-Strecke mit PI-Führungsregler und PI-Folgeregier Um die gewünschte Zeitkonstante zu ermitteln, werden die Übertragungsfunktionen des Folgekreises GOl (s) und Gw ! (s) berechnet:
GOl(s)=GRI(s)·GSI(s)=
KpRI(I+sTnl) sTnl
K pSI
.-1 + sTI
Nach der Kompensation mit Tn ! = TI = I s folgt
1
G wl (s) =
1
1+-GOI (s)
1 1 + s.
T nl K pSI ·K pRI
l+sTwl
Der Folgeregelkreis hat ein P-T I-Verhalten mit der Zeitkonstante Tw!, die nach der Aufgabenstellung 1/50 von Tl betragen soll:
Twl
Tnl
Tl
K pSI . K pRI
50
=-----"-'~-
Daraus ergibt sich
K pRI =
50·Tnl =25.
K pSI . Tl
254
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
8.6.3 Begrenzungsregelung Die Begrenzungsregelung, auch Overrideregelung genannt, besteht aus zwei oder drei Regelkreisen, wie in Bild 8.22 gezeigt ist. Zum einen ist es der Hauptregelkreis (Main-Regler GR), zum anderen ein oder zwei Begrenzungsregelkreise (Overrideregler GoRl und GoR2 ), die mit unterschiedlichen Sollwerten und Prozessvariablen parallel arbeiten und über eine Auswahlbox das Stellsignal für die Regelstrecke liefem. Die Auswahlbox ist ein Vergleichsglied, welches die Stellgrößen des Haupt- und der beiden Begrenzungsregler auf den größeren bzw. den kleineren Wert vergleicht. Über einen Select-Befehl hat man die Möglichkeit, diese Auswahl entweder automatisch nach dem Maximum oder Minimum durchführen lassen, oder den jeweiligen Ausgang nach bestimmten Kriterien freizuschalten. Die Umschaltung soll allerdings stoßfrei erfolgen. Die Begrenzungsregelung ist besonders gut für Strecken geeignet, bei denen sowohl die Regelgröße x auf den vorgegebenen Sollwert w gebracht, als auch eine weitere Größe (Begrenzungsgröße) vorgegebene Grenzwerte gmax und/oder gmin nicht überschreiten soll. Beispielsweise soll in einem Ofen die Temperatur konstant gehalten werden und gleichzeitig der Druck den maximal zugelassenen Wert nicht überschreiten. Ein weiteres Beispiel ist ein Vakuum-Ofen, in dem die Kammertemperatur immer um 5°e bis lOoe wärmer als die Temperatur des Werkstückes ist. Wird das Thermoelement nahe dem Werkstück platziert, kann die Regelung zu unerwünschten Effekten wie überhöhter Temperatur der Heizelemente bzw. zur Überschreitung des gewünschten Sollwerts führen. Um diese Probleme zu umgehen, platzieren oft die Ofenhersteller ein Thermoelement in der Brennkammer nahe den Heizelementen, was zu thermischen Gradienten führt. Die ideale Lösung ist die Overrideregelung mit zwei separaten Regelkreisen und zwei Thermoelementen, wobei ein Thermoelement dicht an den Heizelementen, das zweite am Werkstück sitzt. Für die Regelung der Brennkammertemperatur wird dann der Regelkreis mit dem niedrigsten Ausgangssignal benutzt. -tBegrenZUngSregler gmin
-----.
+
Sollwert
IG
I
oR/s) f---...,
Hauptregler
+~
~I
GRCc) Mi, Begrenzungsregler
r
IGoR2 (S)I
! Z
Ausgangs-Auswahlbox
M"
~T'i1"~'kC
Bild 8.22 Wirkungsplan einer Begrenzungsregelung (Overrideregelung)
Teilstrecke
8.6 Verrnaschte Regelung
255
oe
r
300
C\'W'"
200
100 ".
g(t)
".
O-+--+-..--........---.-......---r----.-+---r--
o
5
10
Bild 8.23 Theoretische Verläufe der Temperaturkurven bei der Begrenzungsregelung mit den Eingangs-Rampenfunktionen (der Begrenzungsregler hat einen höheren Sollwert als der Hauptregler)
15 -----+ t / min
Bild 8.23 zeigt die theoretischen Verläufe der Hauptregelgröße x(t) und der Hilfsregelgröße Xl (t) bei einer Rampenfunktion w(t) = KI' t als Sollwert des Hauptreglers und den entsprechenden Rampenfunktionen eines Begrenzungsreglers. Bei der praktischen Realisierung, z. B. im Vakuum-Ofen (Bild 8.24) stellt man sofort fest, dass eine exakte Ausregelung der Temperatur am Ofengut möglich ist. In der Aufheizphase regelt der Overrideregler die Temperatur an den Heizelementen. Nach mehrmaligem Wechsel zwischen Main- und Override-Regler (Temperaturausgleich im Ofen) übernimmt schließlich der Main-Regler die Regelungsaufgabe bei konstantem Sollwert. Die Temperatur der Heizzone Mitte sinkt unter den Sollwert des Overridereglers. Der Overrideregler vergrößert seine Ausgangsleistung, und somit ist sicher gestellt, dass der Main-Regler die Regelung der Strecke behält. 710 700
-- ..:-:..7-------=-.;;
Istwert Overrideregler
690 680 670 660 650 640 630 620
Sollwert Mainregler
Sollwert Overrideregler
Istwert Mainregler ,------------------,
Overrideregelung des Vakuum-Ofens mit Ausgang auf Min-Auswahl: Mainregler - Ofengut Overrideregler - Heizzone Mitte Autheizung: Rampe von 595°C auf 700°C
610 600 590 580 +-L~~~~~~~--~~~_~~~LL 10:53:4210:56:2710:59:1311:01:5911:04:4511:07:30 11:10:1611:13:0211:15:4811:18:3311:21:1911:24:0511:26:51
Bild 8.24 Beispiel einer Overrideregelung (Quelle: Schuy, Marco: Diplomarbeit, FH Wiesbaden, FB JET, 2001, mit freundlicher Genehmigung von Eurotherm Deutschland GmbH)
256
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
8.6.4 Störgrößenaufschaltung Eine Beseitigung der Auswirkung von Störgrößen durch eine Regelung hat den Nachteil, dass der Regler immer erst korrigierend eingreifen kann, wenn eine Regeldifferenz vorliegt. Wegen der Verzögerungen in der Strecke erscheint die Störung erst verspätet am Eingang des Reglers. Um eine Auswirkung der Störgröße auf die Regelgröße völlig zu verhindern und dabei die vorhandene optimale Reglereinstellung auszunutzen, schaltet man die messbare Störgröße über ein korrigierendes Glied GRz auf den Streckeneingang oder, wie Bild 8.25 zeigt, vor dem Regler auf. Bild 8.25 Stärgräßenaufschaltung auf den Reglereingang
Die Aufschaltung erfolgt oft über ein differenzierendes Glied, damit im Beharrungszustand keine Verfälschung der Regeldifferenz entsteht. Die Stabilität des Kreises wird durch diese Maßnahme auch nicht beeinflusst. Die Regelparameter können so eingestellt werden, als sei GRz nicht vorhanden. Nach der Art der Aufschaltung wird der Einfluss der Störgröße in unterschiedlichem Maße kompensiert. Bei der vollständigen Kompensation gilt nach dem Störsprung zo: x(t) = 0 bzw. x(s) = 0
G yZ (s)
x(s)=Gz(s)·zo = - - ' z o =0.
l+G o
Daraus folgt die Kompensationsbedingung für die Vorwärts-Übertragungsfunktion (8.46) Für die in Bild 8.20 gezeigte Störgrößenaufschaltung mit G yZ (s) = -G Rz (s)G R (s)G s (s)
+ G s (s) = 0
wird die Bedingung (8.46) mit dem korrigierenden Glied G
Rz
1 (s)--- G (s) R
erfüllt. Das korrigierende Glied GRz(S) kann mit Hilfe von einfachen Re-Netzwerken technisch realisiert werden. In der Praxis erfolgt eine vollständige Kompensation der Störgröße nur selten, weil die genaue Nachbildung von GRzCS) zu aufwendig und nur ausnahmsweise möglich ist.
257
8.6 Vermaschte Regelung •
Beispiel 8.7
Für den in Bild 8.26 gezeigten Regelkreis sollen die Übertragungsfunktion und die Parameter des Korrekturgliedes GRz(S) so ermittelt werden, dass eine vollständige Kompensation der Störgröße erreicht wird. Der P-Regler ist mit KpR = 1,2 eingestellt. Die Streckenparameter sind: Kpsz = 2 T] = 0,32
-]
5 = 0,5 s
Krs = 0,16 s
Kpsy =
T2
S
+
K pR
+
GR
K rs
K pSy' T 2
~6
~x
GSy
Bild 8.26 Wirkungsplan der Störgrößenaufschaltung zu Beispiel 8.7 Die Vorwärts-Übertragungsfunktion Gvz wird nach dem Überlagerungsprinzip wie folgt bestimmt und gleich Null gesetzt: Gvz (s) = -GSz (s)G SI (s)
+ G Sy (s)GSI (s) -
G Rz (s)G R (s)G Sy (s)G SI (s) =
Daraus ergibt sich die Übertragungsfunktion des Korrekturgliedes: G Rz (s) =
(GSy - G Sz )GSI
---=------G R GSyG SI
bzw. K pSy
K pSz
1 + sT2
1 + sTl
- - - - - - -
G Rz (s) =
--=---------'--
K pSy -K pSz +s'(KpSyTl -K pSz T 2 )
KpRKpSy
K PR K PSy (1 + sTl )
1+ sT2 Damit ist GRz ein D-T ]-Glied
l+sT 1 + sTl
z GR (s)=K p . - z
.
mit K pz
=
z
K pSy - K pSz KpRKpSy
= 0,5
und Tz
K PSyTl - K PSzT2 - - - - ' - - - - - - = 0,2 s . K pSy - K pSz
°
258
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
8.7 Mehrgrößenregelung Die Industrieanlagen werden oft als Regelstrecken mit mehreren Regelgrößen, die intern miteinander verkoppelt und von mehreren Stellgrößen beeinflusst sind, betrachtet. Zur Regelung solcher Strecken ist ein Mehrgrößenregler geeignet. Der Entwurf von Mehrgrößenreglern erfolgt normalerweise mit Hilfe der Matrizen- bzw. Vektorrechnung. Im Folgenden werden wir auf diese Beschreibung verzichten und die Mehrgrößenregelung vereinfacht für den Fall der Zweigrößenregelung behandeln. 8.7.1 Regelstrecken mit mehreren Ein-/ und Ausgangsgrößen Von den meist bekannten Mehrgrößenstrecken mit zwei Eingangsgrößen Yl, Y2 sind die Mischwasserbereitung mit dem Ausgang H (der Füllstand) und dem Ausgang T (die Temperatur der Mischung), oder das Behältersystem mit Ausgangsgrößen Hl, H2 (die Füllstände) zu nennen (Bild 8.27).
t
-t -
_
H
-
H]
--
L'---_ _-= a) Mischbehälter
b) Zweitanksystem
Bild 8.27 Beispiele industrieller Mehrgrößenstrecken Ein anderes Beispiel ist in Bild 8.28 gezeigt. Zwei RCL-Vierpole sind miteinander
I I
über einen Widerstand R2 verbunden. Damit entsteht eine Zweigrößenstrecke mit Spannungen Uel (s), Ue2(S) als Eingangs- und Ual (s), Ua2(S) als Ausgangsgrößen. i]
----+
R]
-----+
"oll "0,1
URI
i2
----+
e
1
L
1"~
R2
-----+ uR2
i3
----+
R3
"01
-----+ uR3
Bild 8.28 RCL-Netzwerk als Mehrgrößenstrecke
s -- ",1 - -(s) G11 () Uel (s) () U a2 S G21 ( s ) = -Uel (s)
s -- ",1 - -(s) G 12 () U e2(s) () u 2 s G22 (s) = a u e2(s)
.. fur Ue 2(S) = Ü
.. furuel(S)=Ü
8.7 Mehrgrößenregelung
259
Unter Annahme, dass alle Widerstände gleich sind, d. h. Rl = R2 = R3, kann man die Übertragungsfunktionen nach den Kirchhoffschen Sätzen mittels Laplace-Transformation analog dem Beispiel 2.3 des Abschnitts 2.3.5 wie folgt darstellen:
1 1 GI2 ( s ) = - · - - - - - - 2 s2 T32 +s(TI +T2 )+1
mit Zeitkonstanten
1 L Tl = - . 2 R
3 2
T2 =-RC
T32
= LC.
Nach dem Überlagerungsprinzip gilt für lineare Strecken:
+ G 12 (s) U e 2 (s) u a2 (s) = G 21 (s) u e l (s) + G 22 (s) u e 2 (s).
U al
(s) = G11 (s)
Ue1
(s)
(8.47)
Die Struktur der Strecke nach GI. (8.47) zeigt Bild 8.29. Solche Struktur wird als PStruktur bezeichnet. Wenn zwischen den Stellgrößen Yl, Y2 und den Regelgrößen Xl, X2 eine feste Zuordnung besteht, die durch G11 (s) und G22(S) bestimmt wird, kann die Zweigrößenregelung als nichtgekoppelte Regelung mit zwei Einzelreglern mit Übertragungsfunktionen GR1(S) und GR2(S) realisiert werden. Die Über-
+
tragungsfunktionen G11(S), G22(S) werden dadurch als Hauptstrecken und Gn(s), G21 (s) als Koppelstrecken bezeichnet.
Bild 8.29 P-Struktur einer Regelstrecke
Betrachten wir nun das Beispiel 2.4 des Abschnitts 2.3.5. Erweitern wir dieses Beispiel mit einer Masse m2 und Federn, wie in Bild 8.30 dargestellt, so entsteht ein mechanisches System mit den Wegen X el (s), X e2(S) als Eingangsgrößen und X a l (s), X a2(S) als Ausgangsgrößen. Aus dem Kräftegleichgewicht (2.27) für die Feder-Kräfte FCl' FC2, FC3 und die Dämpfer-Widerstandskraft FD nach GI. (2.26) ergibt sich die Be-
schreibung des Systems zu
260
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
Bild 8.30 Mechanisches Feder-Masse-Dämpfer System als Mehrgrößenstrecke mit V-Struktur
Nach der Laplace-Transformation erhalten wir die einzelnen Übertragungsfunktionen XI (s)
K CI
xI(s)
K C2
YI (s)
s 2T22 + sTI + I
x2 (s)
K C2 +K CI
x2 (s)
K C3 2 2 s T4 + sT3 + I
x2 (s)
K C2
xI(s)
K C2 +K C3
Y2 (s)
1+ sTI2 2 2 s T2 + sTI + I 1+ sT21 2 2 s T4 + sT3 + I
mit Zeitkonstanten
Die Übertragungsfunktionen, die einen Ausgang abhängig von dem anderen beschreiben, werden durch V(s) bezeichnet, d. h. xI (s)
_XI(S)
Gll (s)Vl2(s) = - -
G11 () s ---
x2 (s)
YI (s)
Das betrachtete mechanische System wird analog GI. (8.47) durch das folgende Gleichungssystem, jedoch eines anderen Typs, beschrieben: XI (s) = G l1 (s)[YI (s)
+ V12 (s) x2 (s)] + V21 (s) xI (s)].
x2 (s) = G 22 (s)[Y2 (s)
(8.48)
Die Strecke mit rückgekoppelten V(s)-Gliedern, die in Bild 8.31 abgebildet ist, wird als V-Struktur bezeichnet. Diese Struktur unterscheidet sich von der P-Struktur durch
8.7 Mehrgrößenregelung
261 vertauschte Additions- und Verzweigungsstellen. Die Umrechnung von GIn. (8.47) und (8.48) und umgekehrt, sowie die Umwandlung des Wirkungsplanes einer P-Struktur in eine V-Struktur ist möglich, jedoch können dabei die Übertragungsfunktionen bzw. die Wirkungspläne verkompliziert werden. Dies bedeutet, dass jede technisch realisierbare Regeistrecke nach einer bestimmten Struktur aufgebaut ist und so es zweckmäßig ist, diese Struktur auch bei der mathematischen Beschreibung beizubehalten.
Y2
-0 +
Bild 8.31 V-Struktur einer Regelstrecke
8.7.2 Strukturen der Mehrgrößenregelung Die einfachste Struktur der Zweigrößenregelung ist im Bild 8.32 gezeigt. Zwei Regler GRI(S) und GR2(S) regeln jeweils eine Regeldifferenz el = Wl - Xl und e2 = W2 - X2 aus. Diese Regelungsstruktur wird Diagonalregler genannt, weil der Gesamtregler als Diagonalmatrix mit den beiden Einzelreglern dargestellt werden kann:
G
S =(GR1(S)
R( )
0
G
0 R2
I.
(S))
,ooooooo{:ooo __ oooooo __ ooo __ oooooo __ ooo __ ooooooooooo __ oooo°
:
_
W~I GR1 (S)
Diagonalregler :
I
Yl
Strecke
Bild 8.32 Wirkungsplan eines Regelkreises mit dem Diagonalregler
Nachteilig bei dieser Struktur ist die starke gegenseitige Wirkung der beiden Kopplungsstrecken. Die Voraussetzungen zum Einsatz eines Diagonalreglers sind: •
Die Zahl der Regelgrößen r und der Stellgrößen m sind gleich, d. h. r = m
•
Die Hauptstrecken haben P-Verhalten mit oder ohne Verzögerung
•
Die Koppelstrecken haben kein I-Verhalten.
262
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
Viel effektiver ist dagegen die Entkopplungsregelung, bei der die Übertragungsmatrix auch die Entkopplungsregler GRds) und GR21(S) beinhaltet: GR(s)=
G R11 (S) (G R21 (s)
GR12(S)j . G R22 (s)
Der Wirkungsplan eines entkoppelten Reglers ist in Bild 8.33 gezeigt. Beim Entwurf des Regelkreises werden zuerst die Entkopplungsglieder GRds) und GR21(S) so eingestellt, dass die Wirkung der Kopplungsglieder der Regelstrecke aufgehoben wird. Danach erfolgt die Einstellung der beiden Hauptregler für die jeweilige entkoppelte Regelgröße nach den bekannten Einstellverfahren für einschleifige Regelkreise. Die Nachteile dieses Verfahrens: •
Die Entkopplungsglieder sind oft kompliziert oder technisch schwer realisierbar
•
Die Einführung von Entkopplungsglieder ist technologisch nicht immer erwünscht.
Bild 8.33 Wirkungsplan eines Regelkreises mit dem entkoppelten Regler
8.7.3 Entwurf eines Diagonalreglers Der Entwurf eines Diagonalreglers (Bild 8.34) umfasst folgende Maßnahmen: •
Entscheidung über die Zuordnung von Stellgrößen zu Regelgrößen
•
Auswahl des Typs der Hauptregler GRI (s) und GR2(S)
•
Einstellung von Hauptreglern GRI (s) und GR2(S), wie im Eingrößenfall.
Die gegenseitige Wirkung von Hauptregelkreisen wird mit Hilfe des Koppelfaktors C(s) = G 21 (s)· G12 (s) G11 (s)· G 22 (s)
(8.49)
bemessen. Sind die Kopplungsstrecken G12(S) bzw. G21(S) Glieder mit D-Verhalten, so wirkt nur die dynamische Verkopplung, die im Beharrungszustand verschwindet.
8.7 Mehrgrößenregelung
263
Der Koppelfaktor im stationären Betrieb, d. h. bei t ~ 00 oder s ~ 0, wird als statischer Koppelfaktor bezeichnet. Bei Co = sind die Hauptkreise nicht verkoppelt.
°
Co = G 21 (0) . G I2 (0) G II (0) . G 22 (0)
Durch das Vorzeichen des statischen Koppelfaktors wird entschieden, ob eine Mit- oder Gegenkopplung im Hauptregelkreis vorliegt. Die posItIve Kopplung (Co > 0) ist durch die schlechte Regelbarkeit gekennzeichnet. Günstiger für die Stabilität ist die negative Kopplung. Bild 8.34 Diagonalregler mit einer Strecke in P-kanonischer Struktur
Zur Herleitung des Einstellverfahrens eines Diagonalreglers wird das Führungsverhalten bei den ab- und eingeschalteten Einzelreglern diskutiert: •
Wird der zweite Einzelregler abgeschaltet, d. h. GR2(S) = 0, so wird die Hauptregelstrecke GII (s) abgekoppelt und vom ersten Hauptregler GRI (s) in einem einschleifigen Kreis geregelt. Dabei gilt GOI (s) = G RI (s)G Il (s) und G wl (s) =
•
G RI (s)G Il (s)
1+ G RI (s)G Il (s)
.
Wird der erste Einzelregler abgeschaltet, d. h. GRI (s) = 0, so wird die Teilstrecke G22(S) abgekoppelt und vom zweiten Hauptregler GR2(S) geregelt:
G 02 (s) = G R2 (s)G 22 (s) und G w2 (s) =
•
G R2 (s)G 22 (s)
1 + G R2 (s)G 22 (s)
.
(8.50)
Nun betrachten wir das Führungsverhalten des ersten Kreises mit GR I (s) beim Eingangssprung WI, wenn der zweite Hauptregler GR2(S) nicht abgeschaltet ist,
°
jedoch keinen Eingangssprung, d. h. W2 = hat. Der Hauptregler GR I (s) ist in diesem Fall von der Gesamtstrecke nicht abgekoppelt und regelt, wie in Bild 8.35 gezeigt, eine virtuelle Regelstrecke G*1l (s) aus:
* ()_ G II s - GII () s·
[1 - G 21 (s)·G
12 (s) . ---=-==------==---G R2 (S).G 22 (S)] GII (s)· G 22 (s) 1 + G R2 (s)· G 22 (s)
(8.51)
264
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
Bild 8.35 Regelkreis mit resul-
* (s) bei tierender Strecke G II
Xl
I---~t-----_
W2=0
Die resultierende Regelstrecke (8.51) lässt sich unter Beachtung von GIn. (8.49) und (8.50) wie folgt darstellen
(8.52) Analog gilt für die resultierende Regelstrecke für das Führungsverhalten des zweiten Kreises mit GR2(S) bei nicht abgeschalteten ersten Hauptregler GRI (s):
* (s) = G 22 (s)· [1- C(s)· G wl (s)]. G 22 •
(8.53)
Beispiel 8.8
Eine Regelstrecke mit P-Struktur soll mit einem Diagonalregler nach dem Bild 8.34
geregelt werden. Die Streckenparameter sind: G
mit
ll
(s) =
K Pll 1 + sTll
KplI = 1 TII = Is
G
22
(s) =
K P22 1 + sT22
G 12 (s) = K PI2
G 21 (s) = K P21
Kp21 = 0,5
KpI2 = 1.
Kp22 = 2 T22 = 2s
Die Führungsübertragungsfunktion des 1. Regelkreises beim abgeschalteten 2. Einzelregler ist GOI(s) = KIRIKpl1
s (1 + sTll )
Gwl(s)=
KIRIKpl1 s (1 + sTil) + KIR I K Pli
Damit gilt für das statische Verhalten (wenn t ---700 bzw. S ---7 0): Gw](O) = l. Die Führungsübertragungsfunktion des 2. Regelkreises beim abgeschalteten 1. Einzelregler ist:
und damit für das statische Verhalten: Gw 2(0) = l. Der statische Koppelfaktor der Regelstrecke errechnet sich zu: Co = G 21 (0) . G I2 (0) = K P21 . K PI2 = 0,25 G II (0) . G 22 (0) K Pli . K P22 Daraus ergeben sich die resultierenden Regelstrecken nach GIn. (8.52) und (8.53):
* (s) = G ll (s)· [1- Co . G w2 (0)] = G ll (s)· [1- CO] G ll * (s) = G 22 (s)· [1- Co . G wl (0)] = G 22 (s) . [1- Co] . G 22
265
8.7 Mehrgrößenregelung Die Übertragungsfunktion des offenen 1. Hauptregelkreises entspricht dem Grundtyp A
G*Ol(S)= G
Rl
(S)G*ll (s) = K IRl . K pll (l-C )= 0,75K IRl K pll O s 1+ sTll s (1 + sTll )
und kann nach dem Betragsoptimum optimal eingestellt werden:
K IRl =
1
2· 0,75K PllTll
= 0,67 s -I .
Analog ergibt sich die optimale Reglereinstellung für den 2. Hauptregelkreis
* * 0,75KIR2Kp22 G 02 (s) = G R2 (s)G 22 (s) = -------'=-"-------"--'=:::... S (1 + sT22 )
=>
K IR2 = 0,17 s -I .
8.7.4 Stabilität der Zweigrößenregelung Aus der Führungsübertragungsfunktion G*wl (s) des geschlossenen Regelkreises * ( )= G wl s
* (s) G R1 (s)G11 *
1 + G R1 (s)G]] (s)
ergibt sich die charakteristische Gleichung N] (s) = [1 + G ] (s)G]] (s)].
R
[1-
G Rl (s)G ll (s)C(s)G w2 1 + G Rl (s)G ll (s)
(S)] = 0.
(8.54)
Daraus folgen zwei Gleichungen: 1 + GRl (s)G]] (s) =
°
1- C(s)G wl (s)G w2 (s) = 0.
(8.55) (8.56)
Für den zweiten Hauptkreis bei abgeschaltetem ersten Regler gilt analog GI. (8.55) 1 + G R2 (s)G 22 (s) = 0.
(8.57)
Die Stabilitätsbedingung: Ein Zweigrößenregelkreis ist genau dann stabil, wenn sich alle Wurzeln der charakteristischen GIn. (8.55), (8,56), (8.57) in der linken s-Halbebene befinden.
8.7.5 Entwurf eines Entkopplungsreglers Eine Strecke mit m Stellgrößen und r Regelgrößen kann mit Hilfe einer (r, m)-Matrix Gs(s) beschrieben werden. Ist m = r, so kann auch der Regler mit der (m, r)-Matrix GR(S) dargestellt werden. Beispielsweise wird ein Regelkreis mit m = r = 2 mit fol-
genden Matrizen beschrieben und im Wirkungsplan des Bildes 8.36 dargestellt.
266
8 Entwurf von linearen Regelkreisen Bild 8.36 Mehrgrößenregelkreis mit Wirkungslinien als vektorielle Signale: x = (Xl, x2,
x r );
y = (yl, Y2,
Ym)·
Damit wird das Regelkreisverhalten wie bei einem einschleifigen Regelkreis, jedoch vektoriell, ausgedrückt. Dies gilt auch für die Übertragungsmatrix des offenen Kreises (8.58) und die Führungsübertragungsmatrix des geschlossenen Kreises Gw(s) = [Ir +GO(s)]-I·GO(s),
wobei Ir die r-reihige Einheitsmatrix ist. Die Matrix
Ir +Go(s) = Ir +Gs(s) ·GR (s) wird als Rückführdifferenzmatrix bezeichnet.
Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit Ein System heißt steuerbar, wenn Steuerungen y(x) existieren, die das System aus einem beliebigen Anfangszustand x A in einen beliebigen Endzustand xE überführen können. Ein System heißt beobachtbar, wenn für jeden Anfangszustand
XA(tO)
einen
Endzustand XE(tA) berechnet werden kann. Die Erläuterung ist in Bild 8.36 gezeigt. y y a)
b)
Bild 8.37 Mehrgrößenstrecke, die aus zwei Teilstrecken SI und S2 besteht: a) S I und S2 sind steuerbar und beobachtbar; b) die beiden Teilstrecken sind beobachtbar, jedoch nur die Teilstrecke S I ist steuerbar; c) Die Teilstrecke S2 ist nicht beobachtbar.
Autonome Regelung Im Gegensatz zur einschleifigen Regelung unterscheidet man bei einer Mehrgrößenregelung verschiedene Regelungsziele, die durch die Stufen der Entkopplung definiert werden. Die Regelung in einem entkoppelten Regelkreis, dessen Kopplungsstrecken G12(s), G21(S) usw. kompensiert sind, wird als autonome Regelung genannt. Man unterscheidet folgende Arten der Autonomie:
267
8.7 Mehrgrößenregelung •
Eigenautonomie: die Änderungen einer Regelgröße haben keinen Einfluss auf die anderen Regelgrößen.
•
Führungsautonomie: die Änderungen einer Führungsgröße haben keinen Einfluss auf die anderen Regelgrößen; jede Führungsgröße beeinflusst nur die zugeordnete Regelgröße.
•
Störautonomie: Jede an einer Hauptstrecke angreifende Störgröße wirkt nur auf die entsprechende Regelgröße. Aus Eigen- und Führungsautonomie folgt nicht unbedingt die Störautonomie.
Die Zusammenhänge der autonomen Regelung werden im Folgenden ohne Herleitung vorgestellt. Notwendige und hinreichende Bedingung für Eigen- und Führungsautonomie besteht darin, dass die Matrix Go(s) (8.58) eine Diagonalmatrix Go(s) = Gs(s), GR (s)
mit den Elementen GOk(S) mit k = 1, ... r ist. Bei Erfüllung dieser Bedingung wird die Mehrgrößenregelung entkoppelt. Es entstehen r entkoppelte Eingrößenregelungen mit den Übertragungsfunktionen GOk(S) der offenen Kreise.
Zerlegung der Übertragungsmatrix Die Übertragungsmatrix GR(S) des Reglers kann in eine Diagonalmatrix GH(S) und eine Entkopplungsmatrix GE(S), wie in Bild 8.38, zerlegt werden. G R (s) = GE(s)· GH(s)
Die Entkopplungsmatrix GE(S) mit passiven Regelungsgliedern soll die Kopplungsglieder der Strecke kompensieren. Die Elemente der Diagonalmatrix GH(S) sind die Regler der entkoppelten Hauptregelkreise. Die Entkopplungsbedingung führt in diesem Fall zu bzw. (8.59) wobei GES(S) eine Diagonalmatrix ist, deren Elemente so gewählt werden, dass die Kopplungsglieder der Strecke kompensiert werden.
+ Hauptregler
Entkopplung
x
Strecke
Bild 8.38 Zerlegung der Übertragungsfunktion des Reglers auf GH(S) und GE(S)
268
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
Regler in P-Struktur, Regelstrecke in P-Struktur Für eine Strecke in P-Struktur GS (s) = (Gll (s)
G21 (s)
G12 (S») G22 (s)
ergibt sich aus GI. (8.59)
unter Beachtung der GI. (8.49) die Entkopplung 1
(
1 GE(s)= . 1- C(s) - GR21 (s)
. - GR12 (S») mit 1
G
Rl2
(s)=G I2 (S) G (s)
G R21 (s) =
ll
G 21 (s) G 22 (s)
(8.60) .
die im Wirkungsplan des Bildes 8.39 mit dem statischen Koppelfaktor Co gezeigt ist.
Bild 8.39 Entkopplungsregler in P-Struktur für eine Strecke in P-Struktur
Regler in P-Struktur, Regelstrecke in V-Struktur Für eine Strecke in V-Struktur V12 (s) Gll (s) )
V21 (s) G22 (s)
Die Kopplungsregler kann man einfacher realisieren, wenn die Abgriffsorte von Eingangssignalen die Rückführgrößen Xl und X2 sind, wie in Bild 8.39 gezeigt ist. Die Kopplungsstrecken werden damit innerhalb der Mehrgrößenregelstrecke kompensiert:
269
8.7 Mehrgrößenregelung V 21 (s)· Xl = G R21 (s)· Xl V 12 (s),x2 =G R12 (s)'x2
. ll1lt
Kopplungsregler
G R21 (s) = V 21 (s) G R12 (s)=V12 (s).
IG~,(,)I +1 e2IGR2iS)II---+------~
Bild 8.40 Entkopplungsregler in P-Struktur für eine Strecke in V-Struktur • Beispiel 8.9 Der im Abschnitt 1.6 betrachtete Molekularfilter (Bild 1.16) hat zwei Regelgrößen, Druck XI und Durchfluss X2, mit entsprechenden Stellgrößen, Ventil YV44 und Ventil YV42. Die Regelstrecke wird als P-Struktur mit folgenden Übertragungsfunktionen identifiziert:
G 21 () s --
K P21 1 + sT21
G
. e -sTt21
22
(s) =
K P22 . e -sTt22 2 2 T2 s +Tl s+l
Die Parameter sind: Kpll
=0,1025
Kp12
=-0,1135
Kp21 = -0,0425
Kp22
=-0,168
Tll = 1,8 s
T12= 1,1 s
T21 = 0,4 s
T2 = 0,016 s Tl = 0,001948 s
Ttll = 0,805 s
Tt 12 = 0,4 s
Tt 21 = 0,1 s
Tt22 = 0,524 s
Als Hauptregler für Druck wird der PI-Regler GRII und für Durchfluss der PlD-Regler GR22 eingesetzt. Es wird zuerst der statische Kopplungsfaktor berechnet:
Co = G 21 (0) G 12 (0) G ll (0) G 22 (0)
K
K
P21 P12 = -0,2801. KpllKp22
Danach errechen sich die optimalen Parameter der beiden Regler zu: KpRl = 8,521 T n l = 1,8 s KpR2 = 0,0318 T n 2 = 0,0499 s
T v 2 = 0,0124 s
270
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
Die Kopplungsregler GRI2(S) und GR21(S) werden nach (8.60) ermittelt
1 + 1,8s -(-O,7)J 1107 ~--e G Rl2 () .\" =, l+l,b
jedoch durch P-Regler mit KpRl2 == I, [07 und KpR21 == 0.253 angenähert, Das MATLAB/Simulink-Modell des Zwcigrößcnregelkreises mit Entkopplung ist im Uild 8.41 gezeigt. Ocr PIO-Regler soll invertierend wirken, um das negative Vorzeichen der Regclslrecke auszugleichen. Die simulierten Sprungantwortcll stellt Bild 8.42 dar. Zum Zeitpunkt t = 10 s wird der Sprung der Führungsgröße Durchfluss 11'1 = 2 V und bei t = 190 s der Sprung der Führungsgrößc Dmck "'2 = I V eingegeben. Zum Vergleich sind auch die Ergebnisse einer Simulation ohne Entkopplung gezeigt. Die positive Auswirkung der Enlkopplung ist sichtbar.
•
·1.107
0,2$
•
-..2=1 bei t= 19ls
-0.100 Q,C0J252€E 2 +O.001948ö ..l
""
_-
"Ud 8.41 Simulation des Mehrgrößcnregelkreises zum Beispiel 8.9 mit MATLAB/Simulink
--""..... 'I
I
''!".'
•
•
"'!"'
".,,"..........
.. _.•
.....
-+
•
•
..
---• . -. .... . . -+.
fl-~-~··············I
•
•
••
•
•
"Ud 8.42 Sprungantworten des Mehrgrößcnkreises ohne Entkopplung (links) und mit Entkopplung (rechts): die Regelgröße Druck reagiert nicht auf den Sprung der Führungsgröße Durchfluss und umgekehrt (Quelle: Berg, Oliver: Diplomarbcit. FH Wiesbaden. FB lET, 2001)
271
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis Die in den bisher behandelten Kapiteln ermittelten Gesetzmäßigkeiten gelten nur im linearen Bereich. Die statischen Kennlinien der meisten Regelkreisglieder zeigen jedoch einen nichtlinearen Verlauf, so dass streng genommen alle Systeme als nichtlinear behandelt werden müssten. Ist ein Regelkreis auf einen Sollwert XSI eingestellt, so sind die Abweichungen vom Sollwert i. A. gering, und der Regelkreis kann in diesem Bereich als linear angesehen werden. Wird der Regelkreis auf einen anderen Sollwert XS2 eingestellt, so wird, wenn nichtlineare Glieder im Kreis sind, das Verhalten bezüglich Dämpfung, Optimaleinstellung usw. anders sein als beim Sollwert XSl.
Bild 9.1 zeigt die idealisierten Kennlinien einiger nichtlinearer Regelkreisglieder gegenüber der linearen Kennlinie. Die Ein- und Ausgangsgrößen sind Xe und X a.
a)
b)
c)
-+
d)
Bild 9.1 Idealisierte Kennlinien typischer nichtlinearer Regelkreisglieder a) linear d) Hysterese b) Begrenzung (Sättigung) e) Zweipunktcharakter c) Ansprechempfindlichkeit f) Dreipunktcharakter
Die Sättigung ist eine Erscheinung, die bei allen Regelkreisgliedern auftritt. So kann z. B. bei einem Verstärker mit dem Verstärkungsgrad Kp die Ausgangsgröße nur einen bestimmten Wert X a max annehmen; dem entspricht eine maximale Eingangsgröße X amax x emax = --.
Kp
(9.1)
Überschreitet die Eingangsgröße diesen Maximalwert, so kann die Ausgangsgröße nicht weiter folgen, der Verstärker ist übersteuert. Die Ansprechempfindlichkeit oder tote Zone tritt z. B. bei Messfühlern auf. Das heißt, die Messgröße muss erst einen bestimmten Wert erreichen, bevor der Messfühler anspricht und ein Signal abgibt. Vielfach ist diese Ansprechempfindlichkeit (oder der Schwellenwert) so gering, dass die Kennlinie als linear angesehen werden kann. Die Hysterese, wie sie z. B. bei der Stopfbuchsenreibung an Ventilen auftritt, kommt dadurch zustande, dass sich die Fasern an der Oberfläche der Stopfbuchsenpackung bei Richtungswechsel erst umkehren müssen. Ferner tritt Hysterese bei Relais auf, die bei einem bestimmten Erregerstrom anziehen. Wird dann der Strom langsam reduziert, so fällt das Relais bei einem Strom ab, der geringer ist als der Einschaltstrom.
S. Zacher M Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-9837-1_9, © Vieweg+Teubner Verlag I Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
272
Das Zweipunktverhalten ist charakteristisch für die unstetigen Regler (Bimetallregler, Relais usw.). Obwohl die Bimetallfeder eine kontinuierliche Bewegung ausführt, kann die Ausgangsgröße nur die beiden Zustände Ein und Aus annehmen. Eine Dreipunktcharakteristik wird meist durch Messwerkregler (Dreh- oder Kreuzspulmesswerk) mit oberem und unterem Grenzwert erzeugt. Auch hier ist die Bewegung des Messwerks kontinuierlich, während die Ausgangsgröße nur drei konkrete Werte annehmen kann: RECHTS - EIN, AUS, LINKS - EIN. Die Bilder 9.Ie) und f) zeigen idealisierte Kennlinien. Reale Zwei- und DreipunktB regler sind stets mit Hysterese behaftet. Vielfach ist es vorteilhaft, die gekrümmte Kennlinie eines nichtlinearen Gliedes durch einen idealisierten Polygonzug anzunähern oder umgekehrt. Bild 9.2 zeigt die Magnetisierungskennlinie einer Erregerwicklung und gestrichelt ihre Annäherung. Man unterscheidet zwischen stetigen und unstetigen Nichtlinearitäten.
--+H
Bild 9.2 Wahre und angenäherte Kennlinie eines nichtlinearen Gliedes
Die Wirkung von Nichtlinearitäten wird nachfolgend an einem Beispiel gezeigt. •
Beispiel 9.1
Gegeben sind die Übertragungsfunktionen von Strecke Gs(s) und Regler GR(s): K
Gs (s) = -2=----::2:----'S"------ mit Ks = 0,5; s T2 +sT] +1
TI = 5 s;
(9.2)
G R (s) = K pR + KIR s
T n= 2 s bzw. K IR = K pR / Tn = 3,2s· 1
(9.3)
mit K pR= 6,4;
Der Regelkreis enthält folgende Nichtlinearitäten: •
die Begrenzung (Sättigung) des Reglers nach dem Bild 9.1b mit dem maximalen Wert XB
•
die Ansprechempfindlichkeit (tote Zone) nach dem Bild 9.1c mit
=± 0,5.
Xt
Es soll die Regelgüte des Regelkreises mittels einer Simulation mit MATLAB/Simulink untersucht werden. Zuerst stellt man durch die Lösung der charakteristischen Gleichung S2 T:f+s1]
+1=0
(9.4)
fest, dass die gegebene Strecke zwei Polstellen P-Tl-Gliedem simuliert werden kann:
SI
= -1 und Sz = -0,25 hat und somit mit zwei
KS = Ks .-4(s + l)(s + 0,25) 1+ s 1+ 4s
(9.5)
Der Wirkungsplan des simulierten Regelkreises und die Sprungantworten nach dem Sollwertsprung w = 1 bei verschiedenen Positionen von Schaltern Manual Switch 1 und Manual Switch 2 sind in Bild 9.3 dargestellt. Die Regelgüte des linearen Kreises wird durch Nichtlinearitäten verschlechtert: Im Regelkreis mit toter Zone entsteht eine bleibende Regeldifferenz e(oo) (Bild
273
9.1 Harmonische Balance
9.2. links); mit der Begrenzung steigt der Dämpfungsgmd. auch eine bleibende Regeldifferenz ist möglich (Bild 9.2. rechts).
... W.. 1
•
.-+-
"'PID PIO Controller KpR=6.4
Manual Switch 1
•• •
KIE3.2
• ,., • 0.5
••
Saturation xB
KpS.O.5 Tl.1s
•• ••
Dead
Manual Switch 2
,
T2.4s 45+1
••
Zone xt
'5 mit toter Zone
,
ohne 8el;llenwng
•
ohne tale Zone
I
0.5
°O:'----C5;----;'O--~'' -fi wandert die Ortskurve wieder zum Nullpunkt zurück, den sie für xe / x t = erreicht.
bis zum Maximalwert bei
00
Im
1
t
Bild 9.18 Ortskurve der Beschreibungs-1
00
20 8 6 4 A
3
~+Xl
2
->
Re
funktion eines Dreipunktreglers mit xB
k=-=4 xt
-1
9.3 Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen Die Beschreibungsfunktion in Verbindung mit dem Zweiortskurvenverfahren ist zur Stabilitätsuntersuchung von Regelkreisen, die Nichtlinearitäten enthalten, besonders geeignet.
288
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
Wie in Bild 9.19 gezeigt, werden die linearen Glieder in der Übertragungsfunktion G(s) bzw. dem Frequenzgang G(jOJ) zusammengefasst. Zur Beschreibung des nichtlinearen Gliedes dient die Beschreibungsfunktion N(x e ). Das Verfahren der Harmonischen Balance betrachtet den geschlossenen Regelkreis an der Stabilitätsgrenze, d. h. es existiert eine stabile Dauerschwingung. Für die Ausgangsgröße des linearen Teils in Bild 9.19 gilt (9.33)
xe (jOJ) = G(jOJ)' e(jOJ) .
Diese wirkt auf den Eingang der Nichtlinearität mit der Beschreibungsfunktion N(x e ) und erzeugt am Ausgang die Grundschwingung (9.34) Bild 9.19 Nichtlinearer Regelkreis im Zustand der Harmonischen Balance
Setzen wir GI. (9.34) in GI. (9.33) ein, so folgt unter Berücksichtigung, dass e(jOJ) = -xal (jOJ)
(9.35) Dies ist die charakteristische Gleichung des nichtlinearen Regelkreises und wird auch als Gleichung der Harmonischen Balance bezeichnet. Zur Anwendung des in Abschnitt 6.4 behandelten Zweiortskurvenverfahrens bringen wir GI. (9.35) in die Form 1 N(x e )=- G(jOJ)'
(9.36)
A
(9.36) ist eine komplexe Gleichung, deren Real- und Imaginärteile gleich sein müssen. Daraus ergeben sich zwei Gleichungen zur Ermittlung der Amplitude und der Kreisfrequenz OJ der Dauerschwingung. Zur graphischen Auswertung wird, in Analogie zu linearen Regelkreisen, einmal die Ortskurve der Nichtlinearität und zum anderen die negativ inverse Ortskurve der linearen Glieder in einem gemeinsamen Diagramm dargestellt.
xe
9.3.1 Dreipunktregler mit nachgeschaltetem Stellmotor zur Druckregelung Das Schema einer Druckregelung mittels Dreipunktregler ist in Bild 9.20 dargestellt. Der vom Messfühler gemessene Druck p wird in einem Messurnformer in eine proportionale Spannung U x umgeformt: U x (s) 1V GMu(s)=--=K 1 =--. p(s) 1bar
289
9.3 Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen Die Regeldifferenz
wird dem Dreipunktregler mit nachgeschalteten Leistungsrelais zugeführt. Bezeichnet man e als Eingangsgröße und die geschaltete Motorspannung als Ausgangsgröße, so hat der Dreipunktregler die in Bild 9.21 gezeigte Kennlinie. Regelstrecke
Bild 9.20 Druckregelstrecke mit Dreipunktregler
Die Ansprechempfindlichkeit beträgt Xt = 0, I V; die am Ausgang geschaltete Span-
i
nung XE = 220 V. Der nachgeschaltete Zweiphasen-Kondensatormotor hat folgende Übertragungsfunktion
SOUls mit K 2 = - - und T2 =0,5s. 220V
i
x B = 220 V
,1
Bild 9.21 Kennlinie des Dreipunktreglers
Die Motorwelle treibt über ein Getriebe die Ventilspindel mit einem Vorschub von 0,04 mrn pro Umdrehung der Motorwelle. mrn U
G o (s)=K 3 =0,04-.
Die Übertragungsfunktion der Strecke lautet bar I . G() s s -P(s)-K - S ,rmt K s =0,1- und Ts = 2s. y(s) 1+ sTs mrn
290
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
In Bild 9.22 ist der Regelkreis nochmals im Wirkungsplan dargestellt. Die Zusammenfassung der linearen Glieder ergibt die resultierende Übertragungsfunktion (9.37)
G(s) = GM (s)· GO (s)· G S (s)· G MU (s)
bzw. den Frequenzgang G( 'OJ) =
K j K 2 K 3K S jOJ(l + jOJT2 )(1 + jOJTs )
}
(9.38)
und den negativ inversen Frequenzgang 1 G(jOJ)
(9.39)
----
1
Gs
~
+
-11 -
x=p
lJfl N
Go ~
~ Bild 9.22 Wl,ku"g,p'" des in Bild 9.20 gezeichL neten Regelkreises
~~l e UX GMU I~--o,=-
l~
Die Beschreibungsfunktion des Dreipunktreglers ist nach GI. (9.32) (9.40) mit k = xB = 220 V = 2200.
xt
0,1 V
Zur Konstruktion der Ortskurve von N(x e ) werden die in Abschnitt 9.2.4 für k = 1 aufgestellten Tabellenwerte mit k = 2200 multipliziert. N(x e )max =
3.-Ir k = 1400.
Da sich die Ortskurve von N(xe ) nur auf die positiv reelle Achse erstreckt, genügt es, den Schnittpunkt der Ortskurve von - l/G(jOJ) mit der positiv reellen Achse zu ermitteln. Im Schnittpunkt der beiden Ortskurven müssen die folgenden Bedingungen erfüllt sein: Im[_ _l_] = ImrN(x e )] und G(jOJ)
(9.41)
9.3 Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen
l_]
Re[ _ _ = Re[N(xe )]. G(jm)
291 (9.42)
Mit GI. (9.39) folgt aus GI. (9.41)
md = - -1 - = 1-] s
~T2Ts
Für m= md wird Re[ _ _l_]= 1 . T2 +Ts =2750. G(jm) K]K 2 K 3 K S T2TS Das heißt, die beiden Ortskurven von N(x e ) und - l/G(jm) schneiden sich nicht, da der Schnittpunkt von - l/G(jm) mit der positiv reellen Achse außerhalb von N max liegt. Somit ist der Regelkreis unbegrenzt stabil. Es soll nun noch der Fall untersucht werden, wenn die Ansprechempfindlichkeit von 0,1 V auf Xt = 0,04 V reduziert wird. Dadurch folgt für k = 5500 und
Nun wird die Ortskurve der Beschreibungsfunktion von - l/G(jm) geschnitten, und zwar treten zwei Schnittpunkte auf bei Xe
= 1,11 (Schnittpunkt 1)
Xe
= 12,29 (Schnittpunkt 2)
xt
und xt
Hiervon ist der Schnittpunkt 1 labil. Durch eine geringe Störung wird der Regelvorgang in den stabilen Schnittpunkt 2 umspringen und eine Dauerschwingung mit m = 1 s-] ausführen. Die Labilität des Schnittpunktes 1 kann man sich an Bild 9.17 klar machen. Für xe / x t < J2 hat N = f (xe / x t ) eine positive Steigung, d. h. bei Vergrößerung der Eingangsamplitude xe wird N(x e ) also gewissermaßen der Verstärkungsgrad des Reglers größer. Befindet sich der Regelkreis im Schnittpunkt 1 und tritt eine Störung auf, die zu einer geringfügigen Vergrößerung von xe führt, so wird infolge der zunehmenden Verstärkung des Reglers aus der Dauerschwingung eine aufklingende
292
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
xe /
Schwingung. Diese wächst an bis für x t > 12 der stabile Schnittpunkt 2 erreicht wird. Bild 9.23 zeigt die graphische Darstellung nach dem Zweiortskurvenverfahren. IM
t
1
---
G(jOJ)
1000
5000
-1000 0,5
Bild 9.23 Graphische Stabilitätsuntersuchung
-1000
Die Amplitude der Regelgröße x = p ergibt sich aus: ux(s)
xe(s)
pes)
pes)
GMu(s)=--=--=K l bzw.
Im Schnittpunkt 2 ist A
p
xe = 2,29 . x t . Damit folgt
=- I . 2,29 . x t = 0,092 bar. K1
9.3.2 Untersuchung eines Regelkreises mit Ansprechempfindlichkeit In Bild 9.24 ist ein Regelkreis gezeichnet, dessen Messfühler eine Ansprechempfindlichkeit aufweist. Die Übertragungsfunktionen von Regler und Strecke lauten: I GR(s)=sTI
KS
Gs(s)=-z-z-----"---
Bild 9.24 Wirkungsplan eines Regelkreises mit Ansprechempfindlichkeit des Messfühlers
s Tz
+ sTI + I
TI = 0,2 s;
KS = 0,5;
Tl = 5 s;
z T:j=4s .
Die Beschreibungsfunktion der Nichtlinearität ist gemäß Abschnitt 9.2.2
9.3 Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen
293 (9.43)
mit
Die Zusammenfassung der linearen Glieder ergibt
Ks
G(s) = G R (s)G s (s) = --2-2-"------sTI (s T2 + sTI + 1)
bzw. den negativ inversen Frequenzgang 1 1 2 - - - .- = - - [ - w TITI G(jw) Ks
.
2 2
+ JwTI(l-w T2
(9.44)
)].
Da die Beschreibungsfunktion (GI. (9.43)) reell ist, verläuft die Ortskurve von N(xe ) auf der positiv reellen Achse. Es genügt demnach die Berechnung des Schnittpunktes der Ortskurve von - l/G(jw) mit der positiv reellen Achse. Im Schnittpunkt ist. Im[- _1_] = G(jw)
1 = 05wd = s ' T2
°und es folgt aus GI. (9.44) 1
Der zugehörige Realteil errechnet sich aus GI. (9.44) für Re[-
Wd
zu
1 ]= TI TI =0,5. G(jwd) KsTi
Wie Bild 9.25 zeigt, schneidet die Ortskurve 1 von -l/G(jw) die Beschreibungsfunktion N(xe ). Die sich in diesem Schnittpunkt einstellende Dauerschwingung ist labil, da gemäß Bild 9.13 N(x e ) mit zunehmendem xe anwächst, mit abnehmendem xe abnimmt. N(x e ) kann als Verstärkungsgrad der Nichtlinearität interpretiert werden. Eine geringe Erniedrigung der Schwingamplitude führt zu abklingenden, eine Erhöhung zu aufklingenden Schwingungen. Man spricht deshalb von einer "Stabilität im Kleinen". Bei zunächst stabilem Regelverhalten kann der Kreis durch auftretende Störungen instabil werden, ein höchst unerwünschtes Verhalten. Aus Bild 9.25 ist ersichtlich, wie groß der Regelparameter TI gemacht werden muss, damit unbegrenzte Stabilität herrscht. Die Ortskurve 1 von - 1 /G(jw) schneidet die
294
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
IM
r
/'
\s
I
0,5
---
-
G(jOJ)
xe 2
/
G(jOJ)
2 "" >-\c;\ /'
.,,/
.-
Xt
- -I -
<S>
/'
/'
/'
.,,/
-
(i)
/ RE
-0,5
Bild 9.25 Stabilitätsuntersuchung eines Regelkreises mit Ansprechempfindlichkeit Kurve I für TI = 0,2 s , Kurve 2 für TI = 0,6 s.
positiv reelle Achse für m = md = 1 / T2.
Diese Frequenz ist unabhängig von
Tr. Für
Re[-l/G(jmd)] >1 gibt es keinen Schnittpunkt der Ortskurven von - l/G(jm) und N(xe ). Daraus folgt: 1
] = TI Tl > l.
G(jmd)
KsTi
Re[-
Ti TI> K s -=O,4s. Tl
In Bild 9.25 ist für TI = 0,6 s > 0,4 s die Ortskurve 2 von -l/G(jm) gestrichelt eingezeichnet. Dieser Regelkreis ist unbegrenzt stabil, es treten keine Dauerschwingungen auf. ~
Aufgabe 9.1
Wie ist das Stabilitätsverhalten des zuvor behandelten Regelkreises, wenn Xt = a) TI< 0,4 s,
b) Tr> 0,4 s?
°
und
295
10 Unstetige Regelung Bei einem stetigen Regler hat die statische Kennlinie YR = fee) den in Bild 10.1 gezeigten Verlauf. Verändert man die Eingangsgröße e kontinuierYR lich von emin bis e max , so ändert sich die Stellt größe ebenso kontinuierlich über den gesamten Stellbereich Yh. Betrachtet man demgegenüber die Kennlinie des einfachsten unstetigen Reglers (Zweipunktregler, Bild 10.2), so kann die Stellgröße nur zwei diskrete Zustände annehmen YR = 0 und YR = YRmax . Bild 10.1
Statische Kennlinie YR = fee) eines stetigen Reglers
YR
t
I-"""T"YRmax
~ Bild 10.2
Die gerätetechnische Verwirklichung von unstetigen Reglern in Form von Relais, Bimetallschaltern, Kontaktthermometern usw. ist denkbar einfach und preiswert. Wie beim stetigen Regler wird dem Zweipunktregler die Regeldifferenz zugeführt.
Statische Kennlinie eines Zweipunktreglers ohne Hysterese
Ist die Regeldifferenz e = w - x positiv, so schaltet der Zweipunktregler ein, ist sie Null oder negativ, so schaltet der Zweipunktregler ab. Der Hauptnachteil der einfachen unstetigen Regler besteht in der pendelnden Arbeitsbewegung der Stellgröße und somit der Regelgröße um den Sollwert. Ursprünglich wurden diese einfachen unstetigen Regler (vorwiegend Zweipunktregler) zur Regelung einfacher Regelkreise (Raumtemperatur, Bügeleisentemperatur, Kühlschranktemperatur usw.) benutzt. Durch geeignete Maßnahmen können die Schwankungen der Regelgröße um den Sollwert auf ein innerhalb der Genauigkeitsgrenze von Messgeräten liegendes Maß gesenkt werden, so dass sie heute auch zur Regelung komplizierter Regelstrecken verwendet werden. Allerdings sind die elektrischen und elektronischen Regler recht aufwendig, so dass der Preisunterschied im Vergleich zu den stetigen Reglern nicht allzu groß ist. Für Regelstrecken, bei denen eine hohe Stellleistung erforderlich ist, wird eine unstetige Regeleinrichtung mittels Thyristoren, Triacs oder Ähnlichem stets billiger sein als eine entsprechende stetige Regeleinrichtung.
S. Zacher M Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-9837-1_10, © Vieweg+Teubner Verlag I Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
296
10 Unstetige Regelung
10.1 Idealer Zweipunktregler an einer P-Strecke höherer Ordnung Bild 10.3 zeigt einen Wasserdurchlauferhilzer, dessen Temperatur von einem Kontaktthcrmomclcr geregelt wird. Bei Inbetriebnahme der Anlage wird die Heizwicklung eingeschaltet und erwärmt das Wasser. Infolge des Temperaturansliegs steigt die Quecksilbersäule des Kontaktthermomelers. Im unteren Ende des Glaskolbens ist ein Platinkontakt eingeschmolzen, während ein zweiter Platindraht von oben in den Glas-
kolben ragt, der in der Höhe verstellbar ist. Wird das uniere Ende des oberen Platindrahtes auf die Solllcmpcratur eingestellt, so wird. wenn die Quecksilbersäule diese erreicht, die Relaiswicklung kurzgeschlossen und die Heizung ausgeschaltet. Bei Temperaturabnahme wird die Quecksilbersäule den Kontakt unterbrechen und die Heizung erneut einschalten usw.
=======t:;::=J=;===== ~p --~
KOnlaktthermometer Bild 10.3 Wa~serdurchlauferhjt zer mit KOnlaktthermorneter zur TemperaiUrregelung
Es soll nun das zeitliche Verhalten eines Zweipunktreglers an vorliegender Strecke behandelt werden. Diese ist mindestens von 2. Ordnung. Schaltet man die Heizspirale ein, so wird die Temperatur im Behälter nach einer e-Funktion ansteigen. Eine weitere Verzögerung I. Ordnung bildet der Glasmantel des Thermometers. Taucht man dieses plötzlich in eine Flüssigkeit mit einer anderen Temperatur, so steigt die Quecksilbersäule ebenfalls nach einer e-Funktion. Vereinfachend soll diese Strecke 2. Ordnung mit Verzugs- und Ausgleichszeit durch eine reine Totzeit Tl und ein Verzögerungsglied I. Ordnung mit der Zeitkonstanlen Tl angenähert werden. Ferner soll der Schaltpunkt des Zweipunktreglers in beiden Richtungen exakt gleich sein. Diese Forderung wird von dem Kontakuhermometer ziemlich genau erHiIlt. Den entsprechenden Wirkungsplan des Regelkreises zeigt Bild 10.4.
+
Bild 10.4 Wirkungsplan eines Regelkreises mit Zweipunktregler zur Regelung eincr P-TI-Tl-Strcckc
Betrachtet man die Strecke zunächst ohne Regler, so wird nach Einschalten der Heizwicklung die Wassertempcratur nach Verlauf der Totzeit Tt nach einer e-Funktion mit
297
10.1 Idealer ZweipunkfregJer an einer P-Strecke höherer Ordnung
der Zeitkonstanten TI ansteigen, bis zum Endwert XE, Schaltet man danach die Heizwicklung ab, so fallt die Wassertemperatur nach Verlauf der Totzeit ebenfalls nach einer e-Funktion ab. Vereinfachend wird angenommen, dass die Zeitkonstanten der Erwärmungs- und Abkühlungskurven gleich sind, was in praxi nicht immer der Fall ist. Die Regelstrecke wird nun mit dem Zweipunktregler in Betrieb genommen, wobei der Sollwert so eingestellt ist, dass er zwischen der Anfangstemperatur temperalUr XE liegt. Zunächst ist die Temperatur x =
XA
XA
und der End-
und die Regeldifferenz
e = 11' - XA positiv, so dass der Zweipunktregler einschaltet und die Wassertemperatur in der zuvor beschriebenen Weise ansteigt. Beim Erreichen des Sollwertes schaltet der Regler ab, die TemperalUr steigt infolge der Totzeit bis zum Wert XI weiter an, um dann entsprechend der Temperaturabkühlungskurve abzufallen. Wird der Sollwert unterschritten, so schaltet wie in Bild 10.5 gezeigt die Heizung erneut ein. Nach Verlauf der Totzeit. in der die Temperatur bis auf den Wert X2 abfällt, beginnt die Temperatur wieder anzusteigen. Dieser Vorgang wiederholt sich periodisch mit einer Temperaturschwankung zwischen Xl und X2 mit der Amplitude xo um den Wert X3.
-T,
x
X
A
= 0
+-+
--- ---
.L
=.I:..:-,,-=-~-~-~-=-~-~-
T,
To Uild J0,5 Verlauf der Regel- und Stellgröße eines Regelkreises, bestehend aus einer P-T1Strecke mit Totzeit und einem Zweipunktregler
Ermittlullg der Schwallkltllgsbreite Zxo ulld der MittelwertabweiclulI/g xMA Für den oberen Grenzwert der Dauerschwingung erhält man XI =w+(xE -w)·(l-e
mit XE = KSYRmax'
-"
TI),
(10.1 )
298
10 Unstetige Regelung
Entsprechend folgt für den unteren Grenzwert x2: _ T(
x2 = w· e TI
(10.2)
Subtrahiert man GI. (10.2) von GI. (10.1), so erhält man die Schwankungsbreite
_71 2· Xo
= xl
- x2
= xE
(10.3)
. (1- e 1]).
Die Schwankungsbreite 2xo wird um so größer, je größer die Totzeit Tt und je kleiner die Zeitkonstante Tl ist. Für Tt / Tl
xo =
XE
---7
00
wird 2·xo =
bzw. die Schwingamplitude
12. Bemerkenswert ist, dass xo unabhängig vom Sollwert ist. Wie Bild 10.6
zeigt, weicht der Mittelwert der Regelschwingung XMA
XE
X3
vom Sollwert ab. Die Differenz
j
wird als Mittelwertabweichung bezeichnet. Es gilt:
x3 =
xI+x2
2
=
'21
l
xE . (1- e
T( -y:
I) + 2w·
e
T( -T:
I
(10.4)
-------------------------~~=-~----_.
W3
I
="6 xE +--i-+--+""""f---'''-...;;;;~'''''''I---~_d:_--~d_*----'''''''_:f__ T(
Bild 10.6
-
Zeitlicher Verlauf der Arbeitsbewegung in Abhängigkeit vom Sollwert bei Zwei-
punktregelung einer P-TI-Strecke mit Totzeit
Die Kurvenform der Regelschwingung ist vom Sollwert abhängig (Bild 10.6). Für kleine w- Werte hat die Erwärmungskurve einen steilen Verlauf und die Abkühlungskurve verläuft flach. Im oberen Bereich für große w-Werte ist es umgekehrt.
10.1 Idealer ZwcipunkfregJer an einer P-Strecke höherer Ordnung
299
Symmetrischer Betrieb Legt man den Sollwert in die Mitte des Regelbereiches IV = XE 12. so wird XMA
=
O. d.
h. .'1'3 fjlh mit dem Sollwert zusammen. Im solchen, so genannten symmetrischen Betrieb, kann man einige Nähemngen vornehmen, was eine vereinfachte Berechnung von Schwingungsparameter ermöglicht. Zunächst wird angenommen, dass le=t.=7~
gilt, woraus laut Bild 10.6 die Schwingdauer wie folgt bestimmt wird: TO =21e +2I(1=4T,
Die Simulation mit MATLAB/Simulink fLir ein Beispiel beim symmetrischen Betrieb 11'
= XE /2 = 0,5 bestätigt diese Annahme (Bild 10.7).
•• Wo
• •
~O.5
•
0.5s+1 Kps .. 1; Tl ..0.5s
.,
•
Tt .0,2s
• To Workspace
•
Clock To Workspac
T, 0 0
0.5
1.5
2
2.5
ßild 10.7 MATLAB/Simulink-Modell und Sprunguntworten eines Regclkreises mit dem Zweipunktrcg1er (Rela)') ohnc Hystcrese und eincr P-Tl-Streckc (K ps = I: Tl = 0.5 s: T, = 0.2 s)
Weiterhin kann man den Verlauf der Regelgröße bei einer kleinen Schwankungsbreite 2xo linear betrachten. Aus der Ähnlichkeit der Dreiecks ABC und Aab folgt dann laut dem Bild 10.7 die BeziehungAB/BC = ab/Ab.
10 Unstetige Regelung
300
Setzt man die Werte ein: AB = x EI2, BC = Tl. ab = X(J, Ab = Tl, so erhält man eine Faustformel, die nur für einen symmetrischen Betrieb und nur für eine kleine Schwankungsbreite gilt: XE 'Fr xo=-'-
2
Tl
Nach dieser Formel soll die Amplitude X(J der Arbeitschwingung im obigen Beispiel
Xo =1.-. 0,2 =02 2 0,5
'
betragen. In Wirklichkeit bzw. bei der Simulation nach dem Bild 10.7 ist die Amplitude X(J der Arbeitschwingung
Xo = 0,6486 - 0,5 = 0,1486 "" 0,15 . Der Fehler von 0,05 deutet darauf hin, dass die Faustformel nur bei groben Berechnungen anzuwenden ist. Im Weiteren wird im Buch auf diese Faustformel verzichtet. Schaltfrequenz und Schwingdauer
Gemäß Bild 10.5 ist die Schwingdauer (10.5)
To = 2Tt +tl +t2'
Ferner ist: (10.6) Durch Einsetzen von GI. (10.1) in GI. (10.6) ergibt sich: (10.7)
Für t2 folgt
_2 W - X2 = (XE - x2 )(1- e
1])
_t2
e
Tl
1
W- X2
XE - W
XE -x2
XE -x2
=1-----=--
Mit GI. (10.2) in GI. (10.8) erhält man
10.1 Idealer Zweipunktregler an einer P-Strecke höherer Ordnung
301
_'Ft xE -we
Tl
t 2 = T] . In ----'='-------
(10.9)
Setzt man die GIn. (10.7) und (10.9) in GI. (10.5) ein, so erhält man für die Schwingdauer folgenden Ausdruck
(10.10)
GI. (10.10) ist in Bild 10.8 durch die Funktion Ta/T] = f (w / XE) für Tt /T] = 0,25 dargestellt. Sie zeigt für w = 0,5 XE ein Minimum der Schwingdauer bzw. ein Maximum der Schwingfrequenz. Für ein anderes Verhältnis Tt/Tl ergeben sich zwar andere Werte, jedoch liegt das Minimum stets bei w = 0,5 XE. Bild 10.9 zeigt ebenfalls für Tt / Tl = 0,25 das Verhältnis von Ein- zu Ausschaltzeit te / ta, das für w = 0,5 XE gleich eins wird. 3
3
\
\
/
J
/
. .,v:
r-rI
oo Bild 10.8
,I 0,2 0,4 0,6 0,8
J 1/
W
1,0- xE
Abhängigkeit der Schwingdau-
er Ta vom Sollwert w für Tt/Tl = 0,25
1/
oo
Bild 10.9
I I
W
0,2 0,4 0,6 0,8
- -xE 1,0
Verhältnis von Ein- und
Ausschaltzeit als Funktion W/xE für Tt/T] = 0,25
Der Regelbereich liegt ungefähr zwischen w = 0,2 XE und w = 0,8 XE. Für größere bzw. kleinere Werte von w nimmt die Schwingdauer stark zu. Ferner verharrt der Regler dann für längere Zeit in der ein- bzw. ausgeschalteten Lage. Im Hinblick auf die
°
Schwankungsbreite wird eine möglichst kleine Totzeit angestrebt, da für Tt = die Schwankungsbreite 2xa gleich Null wird. Allerdings wird für Tt = die Schwingdauer Null und die Schaltfrequenz unendlich. Mit zunehmender Schaltfrequenz steigt jedoch die Kontaktbeanspruchung, so dass bei mechanischen Relais ein Kompromiss zwischen minimaler Schwankungsbreite und maximal zulässiger Schaltfrequenz getroffen werden muss.
°
302
10 Unstetige Regelung
10.2 Zweipunktregler mit Hysterese an einer P-Strecke 1. Ordnung Reale Zweipunktregler sind stets mit Hysterese behaftet. Das heißt, dass infolge von Reibung, magnetischen Einflüssen usw. das_Einschalten bei einem höheren Wert der Eingangsgröße liegt als das Ausschalten. Bild 10.10 zeigt den Wirkungsplan einer P-Strecke 1. Ordnung, die von einem Zweipunktregler mit Hysterese geregelt wird.
Bild 10.10 Regelkreis gebildet aus einer P-Strecke I. Ordnung und einem Zweipunktregler mit Hysterese
Ohne Regler würde die Regelgröße nach dem Einschalten verzögert nach einer eFunktion mit der Zeitkonstanten T auf den Endwert XE ansteigen. Vereinfachend wird angenommen, dass die Zeitkonstanten des Ein- und Ausschaltvorganges gleich sind (Bild 10.11). Befindet sich der Regler an der Strecke, wobei der Sollwert auf o::; W ::; XE eingestellt sei, so ist nach Inbetriebnahme zunächst X = 0 und XE = W - X = w. Folglich schaltet der Zweipunktregler ein und die Regelgröße steigt gemäß der Einschaltkurve an. Infolge der Hysterese schaltet der Zweipunktregler beim Erreichen des Sollwertes noch nicht ab, sondern erst bei x = W + XL. Bei abgeschaltetem Regler fällt die Regelgröße entsprechend der Abschaltkurve bis auf den Wert x = W - XL ab, um dann erneut einzuschalten. Dieser Vorgang wiederholt sich periodisch mit der konstanten Schwankungsbreite 2·XL.
---
o -+----+---------------=-=-=-"-'-=....-~-~-~ -- t
Bild 10.11 Verlauf der Regelgröße einer Strecke 1. Ordnung, die von einem Zweipunktregler mit Hysterese geregelt wird
10.2 Zweipunktregler mit Hysterese an einer P-Strecke 1. Ordnung
303
Es soll nun die Abhängigkeit der Einschalt- und Ausschaltdauer te und ta sowie die Schwingdauer Ta bzw. die Schaltfrequenz 1 la=Ta
ermittelt werden. Aus Bild 10.11 erhält man für die Einschaltzeit folgende Beziehung: -~
2· xL = (XE - W + xL> . (1- e T),
e
-~
T =
1- __2_·_X-=L'------_ xE -W+XL
(10.11) Entsprechend folgt die Ausschaltzeit W -
xL =
-~ (w + xL) . e T
(10.12) Sowohl te als auch ta sind direkt proportional der Zeitkonstanten T der Strecke. Mit zunehmender Hysteresebreite für
W
XL
wird die Ein- und Ausschaltzeit größer. Ferner wird
= 0,5 XE die Ein- gleich der Ausschaltzeit te = tao Durch Addition der GIn.
(10.11) und (10.12) erhält man die Schwingdauer Ta. Ta =T·
[1n xE xE -
W
+ XL +
W - xL
1n
W
+ xL ]
W - xL
(10.13)
.
In Bild 10.12 ist die GI. (10.13) durch die Funktion Ta / T = f (w / XE) mit XL / XE als Parameter graphisch dargestellt. Für mum, um dann für
W
< 0,2
XE
und
W
W
= 0,5 XE hat die Funktion jeweils ein Mini-
> 0,8
XE
stark anzusteigen. Zur Erzielung einer
möglichst kleinen Schwankungsbreite ist man bestrebt, die Hysterese
XL
so klein wie
möglich zu machen. Dem steht entgegen, dass mit abnehmendem XL Ta abnimmt und die Schaltfrequenz unzulässig ansteigt. Die maximale Schaltfrequenz liegt vor für W
= 0,5 XE. Für diesen Wert erhält man aus GI. (10.13):
304
10 Unstetige Regelung 0,5· xE
+xL
T Omin = T . 2 ·ln ----=----=-
0,5'XE -xL
1+2 xL xE
TOmin = 2T ·ln---=1-2 xL xE
Einen guten Näherungswert erhält man für 2 XL / XL
xL
xE
xE
xE
« 1 durch Reihenentwicklung
TOmin z2·T·2·2-=8·T·-. Daraus folgt die maximale Schaltfrequenz: xE
fOmax
Ta T
1
1,6
.
\
1,4 1,2
\
1,0
\
0,8
\
0,6 0,4
\
0,2
o
8 T
z
xL xE
\
o
~
"
'0,2
(10.14)
'xL
I I I I I I I
0,1 \i
11
/ V I 0,0~1I
V 0,01
..:> v
0,4 0,6 0,8
Bild 10.12
/
Abhängigkeit der Schwingdauer TO vom
---+ -
w
Sollwert w, mit XL / XE als Parameter
xE
Die exakten Parameter der Arbeitsschwingung kann man mittels einer Simulation bestimmen. Die Voraussetzung dafür sind, natürlich, die genauen Kenntnisse über Streckenparameter. Sind beispielsweise die Parameter einer P-Tt-Regelstrecke wie im Bild 10.7 gegeben (Kps = 1; Tl = 0,5 s; Tt = 0,2 s) und hat der Zweipunktregler mit gleichen Stellgrößen YRmin = 0, YRmax = 1 eine Hysterese von XL = ± 0,1, so wird der im Bild 10.7 gezeigte Relay-Block wie folgt konfiguriert: Switch on point 0.1 Switch off point -0.1 Output when on I Output when 0
Die simulierte Sprungantwort bei w = x EI2 = 0,5 ist im Bild 10.13 gezeigt.
305
10.3 Zwcipunktregler mit RückfLihrung 0.8
A
0.7
'0
To = 0.5 I 52.....{).5052=0. I Xo
= 0.7224.....{).5 = 0.224
y
TO 0.5
> .:0.5152
1.5
2
2.5
nild 10.13 Simulierte Sprungantwort und Schwingungsparameter eines Regelkreises mit einem Zweipunktregler mit Hysterese XL '" ± 0.1 und einer P-TI-Strecke
10.3 Zweipunktregler mit Rückführung Die Abschnitte 10.1 und 10.2 haben gezeigt, dass bei einer Regelung mittels Zweipunktregler der Regelverlauf maßgebend von den Eigenschaften der Strecke beeinnusst wird. So ist z. B. bei einer Strecke mit Totzeit und Verzögerung sowohl die Schwingdauer als auch die Schwingamplitude vom Verhältnis Tl! TI abhängig. Durch Anwendung einer RückfLihrung können diese ständigen Pendelungen der Regelgröße um den Sollwert nahezu beseitigt werden. Ferner ist es möglich, durch geeignete Rückführglieder dem Zweipunktregler ein Zeitverhalten aufzuzwingen, ähnlich dem der stetigen Regler. Man spricht dann von einer sletigiihlllicheil Regelul/g. Den Wirkungsplan eines solchen Regelkreises zeigt Bild 10.14.
xr-I I, N G,
e
+
+
x,
lI!Jt I
J'R
x
+
nild 10.14 Wirkungsplan eines Regelkreises. dessen Strecke von einem Zweipunklregler mit RückfUhrung C r geregelt wird
10 Unstetige Regelung
306
10.3.1 Zweipunktregler mit verzögerter Rückführung Der in Bild 10.14 dargestellte Zweipunktregler mit Rückführglied stellt bereits einen Regelkreis in sich dar. Bevor jedoch näher auf dessen Wirkungsweise eingegangen wird, soll eine Beziehung bei rückgekoppelten stetigen Reglern in Erinnerung gerufen werden. Schaltet man in den Rückführzweig eines idealen stetigen Verstärkers mit dem Verstärkungsgrad V = 00 ein Glied mit der Übertragungsfunktion Gr(s) (Bild 10.15), so ist die Übertragungsfunktion des rückgekoppelten Verstärkers _ YR (s) _ V G R () s e(s) l+V·G r (s)
1 Gr(s)
(10.15)
Bild 10.15
Wirkungsplan eines Zweipunktreglers mit verzögerter Rückführung
Besteht das Rückführglied aus einer Verzögerung 1. Ordnung, mit Kr GR(s)=--, l+sTr
(10.16)
so folgt für den rückgekoppelten Verstärker die Übertragungsfunktion YR (s) 1 GR (s)=--=-(l+sTr ), e(s) Kr
d. h. ein PD-Verhalten. Ein ähnliches Ergebnis erhält man, wenn der Zweipunktregler mit Hysterese ein P-T 1Glied als Rückführung erhält (Bild 10.15). Das zeitliche Verhalten des rückgekoppelten Zweipunktreglers ist in Bild 10.16 dargestellt. Ändert man die Eingangsgröße des rückgekoppelten Zweipunktreglers sprunghaft e(t) = eo·o(t), so ist zum Zeitpunkt t = 0
Xe
= eo, da
Xr
zunächst Null ist. Am Ausgang
des Reglers und somit am Eingang des Rückführgliedes Gr liegt die Sprungfunktion YR(t) = YRO·o(t}. Die Ausgangsgröße xr(t) des Rückführgliedes antwortet mit einem verzögerten Anstieg (10.17) wie in Bild 10.14 gezeigt. Infolge des Anstiegs der Rückführgröße verringert sich xe (t) = eo - x r (t) .
10.3 Zweipunktregler mit Rückführung
307 Für Xe XL der Zweipunktregler erneut einschaltet. Betrachtet man anstelle
t -- t
e-xr k - - - - - .
t
c)
t
--
der Impulsfunktion YR(t) den Mittelwert )IR (t), so ist ersichtlich, das )IR (t) gegenüber dem eingeschwungenen Zustand zunächst einen größeren Mittelwert )lRmax (t) annimmt (PD-Verhalten). Bei genügend hoher Schaltfrequenz kann man dieses Verhalten einem stetigen gleichsetzen. Das zeitliche Verhalten des Zweipunktreglers mit verzögerter Rückführung ist ganz analog dem des in Abschnitt 10.2 behandelten Regelkreises. Nach GI. (10.14) ergibt sich für e = 1/2 YRoKr die maximale Schaltfrequenz fOmax =
YRO' Kr 8 T . r ·XL
(10.18)
-- t
und kann durch Verändern von Tr, variiert werden. Ändert man Kr, so ändert sich auch das Verhältnis von Ein- zu Ausschaltdauer. Bild 10.16 Zweipunktregler mit verzögerter Rückführung: a) Sprung der Regeldifferenz; b) Rückführgröße; c) Xe = e - X r; d) Stellgröße des Reglers; e) Mittelwert der Stellgröße
Setzt man in GI. (10.11) anstelle von Xe den Wert YROKr und für w die Regeldifferenz Xd,
so erhält man K e t e = Tr .1n [YROKr-e+XL]= Tr .1n [1+XL/(YRO r - )] . YRoK r -e-xL I-XL /(YRoK r -e)
(10.19)
Aus GI. (10.19) ist zu ersehen, dass te mit zunehmendem Kr abnimmt. Im Gegensatz hierzu ist die Ausschaltzeit gemäß GI. (10.12) unabhängig von Kr
10 Unstetige Regelung
308
(10.20) Bildet man aus den GIn. (10.19) und (10.20) das Verhältnis te / ta, so ist dieses unabhängig von Tr und wird mit zunehmendem Kr kleiner. te
ta
In[YROKr -e+XLJ YRoK r -e-xL
(10.21)
In[e+XLJ e-xL
Aus Bild 10. 16d) und e) folgt im Beharrungszustand _ te 1 YR =yP =YRO'--=YRO'--· te +ta l+~ te
(10.22)
Wie bereits anhand der GI. (10.21) diskutiert, wird ta / te mit zunehmendem Kr größer und nach GI. (10.22) YP' bzw. der Proportionalbeiwert K p = YR / e, kleiner. Durch Tr kann also die Schaltfrequenz und durch Kr sowohl die Schaltfrequenz als auch der PAnteil verändert werden. Es soll der Zweipunktregler mit verzögerter Rückführung an einer Strecke 1. Ordnung nach Bild 10.17 betrachtet werden. Die Übertragungsfunktion der Strecke lautet
G
s Gs(s)=--, 1+ sT wobei T = 2Tr und Kr = Ks gewählt wurde.
lC!Jt N
z
KS,T
11~~I'-----.t ~EJr w
e
xe
Bild 10.17 Wirkungsplan eines Zweipunktreglers mit verzögerter Rückführung an einer Strecke I. Ordnung
Nimmt man den Regelkreis in Betrieb, so sind zunächst x und
Xr
gleich Null und
Xe = e = w, d. h. der Zweipunktregler schaltet ein. Damit liegt am Ausgang des Reg-
lers und an den Eingängen von Strecke und Rückführung der Sprung YR(t) = YRO·o(t). Die Ausgangsgrößen der Strecke und des Rückführgliedes steigen verzögert an mit den Zeitkonstanten T bzw. Tr. Infolge Tr < T steigt X r schneller an als x. Wie der zeitliche Verlauf in Bild 10.18 zeigt, schaltet der Zweipunktregler für
10.3 Zweipunktregler mit Rückführung X+X r >w+xL
bzw.
309
xe =W-X-Xr +xL
Der Vorgang wiederholt sich in der in Bild 10.18 dargestellten Weise. Wählt man die Zeitkonstante Tr des Rückführgliedes klein gegenüber T der Strecke, so wird die Schaltfrequenz fast ausschließlich durch Tr bestimmt.
\
\
W
t .........
.........
................................
"- .........
.....
""' ..........
--. -t
t
YRo
+
-t
Bild 10.18 Verlauf der Regelgröße x und der Stellgröße YR des in Bild 10.17 gezeichneten Regelkreises bei einem Sollwertsprung
Wie aus Bild 10.18 ersichtlich, ist die Schwingamplitude von x nun nicht mehr gleich XL, sondern kleiner. Ferner tritt, wie bei einem linearen PD-Regler eine bleibende Regeldifferenz e( 00) auf. Diese wird um so kleiner, je kleiner man Kr wählt. Für die Konstruktion des in Bild 10.18 gezeigten Regelverlaufs wurden Tr und Kr so gewählt, dass die charakteristischen Schwingungen noch sichtbar sind. Bei günstiger Wahl von Tr und Kr können die Schwingamplitude und die bleibende Regeldifferenz noch wesentlich verkleinert werden. Der zeitliche Verlauf der Regelgröße x sowie der Rückführgröße X r entsprechen dem bei einem Sollwertsprung wo. Das Beispiel eines Zweipunktreglers mit verzögerter Rückführung zur Temperaturregelung eines Durchlauferhitzers ist im OnlinePlus-Bereich des Verlags zum Download ausgestellt.
10 Unstetige Regelung
310
10.3.2 Zweipunktregler mit verzögert-nachgebender Rückführung Schaltet man in den Rückführzweig eines Zweipunktreglers mit Hysterese eine verzögert-nachgebende Rückführung (Bild 10.19), so zeigt der Regler ein PID-ähnliches Verhalten. Für einen linearen Verstärker wurde der Fall der verzögert-nachgebenden Rückführung in Abschnitt 4.3.6 bereits behandelt. Die Sprungantwort des Rückführgliedes in Bild 10.19 setzt sich aus zwei e-Funktionen zusammen, so dass eine verzögert-nachgebende Rückführung auch durch zwei Verzögerungen 1. Ordnung mit unterschiedlichen Zeitkonstanten, wie in Bild 10.20 dargestellt, gebildet werden kann.
Bild 10.19 Wirkungsplan eines
Bild 10.20 Zweipunktregler mit verzögert-
Zweipunktreglers mit verzögertnachgebender Rückführung
nachgebender Rückführung, erzeugt durch Parallelschaltung von zwei P-T[-Gliedern
Für die Ermittlung der Sprungantwort des Zweipunktreglers mit verzögertnachgebender Rückführung legen wir die Anordnung nach Bild 10.20 zugrunde. Gibt man auf den Eingang des rückgekoppelten Zweipunktreglers nach Bild 10.20 eine Sprungfunktion e(t) = eO·(J'(t), so ist zunächst X r gleich Null und der Zweipunktregler schaltet ein. Am Ausgang des Reglers sowie an den Eingängen von GI und G2 liegt der Sprung YRO' o(t). Die Ausgangsgrößen
Xl (t)
und X2(t) steigen nach
e-Funktionen mit den Zeitkonstanten Tl und T2 an. Für x2 -xl >e-xL
bzw.
xe =e- x 2 +XI +xL
der Zweipunktregler wieder einschaltet. Es ergibt sich der in Bild 10.21 gezeigte zeitliche Verlauf von YR(t). Nach der 1. Einschaltung (D-Anteil) ist die Pulsbreite zunächst klein und nimmt dann zu, bis zum
10.3 Zweipunktregler mit Rückführung
311
ständigen Einschalten. Bildet man den Mittelwert )IR (t), so sieht man den PIDähnlichen Verlauf. Die technische Realisierung erfolgt, indem in die Rückführung des Zweipunktreglers ein verzögert-nachgebendes Netzwerk, wie in Bild 10.22 gezeigt, geschaltet wird. Der Vorteil einer solchen Anordnung ist, dass wie bei einem linearen PID-Regler die bleibende Regeldifferenz e( 00) Null wird. x
i a)
-- --
--t
/'
/'
.- .-'-
Bild 10.21 Zweipunktregler mit verzögert-nachgebender Rückführung a) Rückführgrößen Xl, X2 b) Stellgröße des Reglers c) Mittelwert der Stellgröße des Reglers
+ Verzögert-nachgebende Rückführung
:-----------------, I
I
I I I
l
~-----
Bild 10.22 Zweipunktregler mit verzögert-nachgebendem Rückführglied
312
10 Unstetige Regelung
10.4 Dreipunktregler Für Stellglieder mit Motorantrieb sind Zweipunktregler ungeeignet, weil sie es nicht gestatten, die Drehrichtung zu ändern. Diesen Mangel beseitigt der Dreipunktregler. Ein weiterer Vorteil des Dreipunktreglers mit nachgeschaltetem Stellmotor besteht darin, dass ein Beharrungszustand, ohne die beim Zweipunktregler stets vorhandenen Dauerschwingungen, erreicht werden kann. Bild 10.23 zeigt die Kennlinie eines Dreipunktreglers mit Hysterese.
Im Gegensatz zum Zweipunktregler besitzt der Dreipunktregler einen oberen und unteren Grenzwert. Wird die Regelgröße z. B. über ein Motorventil beeinflusst, wie bei der Temperaturregelung des Durchlauferhitzers in Bild 10.24, so liegt der Sollwert in der Mitte zwischen dem oberen und unteren Grenzwert.
Xa
i
-
2xL
~ ~
t
+-xt
.t
t xao -xe
Bild 10.23 Kennlinie eines Dreipunktreglers
-
+
I I
~ I
Bild 10.24 Temperaturregelung eines Durchlauferhitzers mittels Dreipunktregler mit Hysterese
Die Temperatur im Durchlauferhitzer wird mit einem Widerstandsthermometer RT gemessen. Ist die Regelgröße gleich dem Sollwert, so ist die Brücke abgeglichen, das gepolte Relais stromlos und der Motor steht. Steigt die Temperatur über den Sollwert, so nimmt der Wert von RT zu und die Brücke hat die eingezeichnete Polarität. Das im Brückenzweig liegende Relais wird so erregt, dass der Motor das Ventil schließt. Sinkt die Temperatur unter den Sollwert, so wird RT kleiner und die Brückenspannung hat die entgegengesetzte Polarität. Infolgedessen wird das Relais entgegengesetzt magnetisiert, und der Motor öffnet das Ventil. Vielfach wird anstelle eines Zweipunktreglers, zur Verminderung der Schwankungsbreite, ein Dreipunktregler verwendet. So zeigt Bild 10.25 einen elektrisch beheizten Glühofen, dessen Heizleistung über zwei Heizwicklungen zugeführt wird. Beim Anfahren sind beide Heizwicklungen Wl und W2 eingeschaltet, wobei Wl z. B. 90 % und W2 20 % der erforderlichen Heizleistung liefern. Wird der untere Grenzwert, der mit
10.4 Dreipunktregler
313 x
w
00 R
W2 NI/'v'\l\Nv------t''t----+--------'
Bild 10.25 Temperaturregelung in einem Glühofen mittels Dreipunktregler
dem Sollwert identisch ist, überschritten, so schaltet W2 ab, während W\ eingeschaltet bleibt. Beim Erreichen des oberen Grenzwertes wird auch noch W\ abgeschaltet. Normalerweise arbeitet dann der Dreipunktregler wie 11O%t-------n ein Zweipunktregler und schaltet nur W2 zu und ab. 90% ------------- cL-Dadurch wird die Schwankungsbreite innerhalb von YR maximal 20 % des Sollwertes liegen. Bild 10.26 zeigt t die zugehörige Kennlinie.
o
W
00 _ x
Bild 10.26 Kennlinie des Dreipunktreglers bei Temperaturregelung gemäß Bild 10.25, oG = obere Grenzwert
10.4.1 Dreipunktregler mit Rückführung Durch eine Rückführung kann auch dem Dreipunktregler ein bestimmtes Zeitverhalten gegeben werden. Bild 10.27 zeigt den Wirkungsplan eines Dreipunktreglers mit verzögerter Rückführung und nachgeschaltetem I-Glied. Durch diese Anordnung erhält die Regeleinrichtung ein PIVerhalten. Bild 10.27 Wirkungsplan eines Dreipunktreglers mit verzögerter Rückführung und nachgeschaltem I-Glied
Gibt man auf den Eingang der Regeleinrichtung einen Sprung e(t) = eo·(T(t), so wird der Dreipunktregler eingeschaltet, weil die Rückführgröße X r zunächst Null ist. Dies
314
10 Unstetige Regelung
hat zur Folge, dass am Eingang des I-Gliedes und am Eingang des Rückführgliedes der Sprung
XaO
liegt. Infolgedessen steigt YR linear mit der Zeit an und
Xr
nach einer
e-Funktion mit der Zeitkonstanten Tr .Für xe = e - x r < x t - 2xL ' bzw. x r > e - x t
+ 2xL
schaltet der Dreipunktregler ab. Betrachtet man als Ausgangsgröße YR den Winkel, um den eine Motorwelle sich gedreht hat, so behält YR nach Nullwerden von X a (Motorspannung), den Wert bei. Die Rückführgröße X r entlädt sich, bis bei Xe =e-x r >Xt, bzw. Xr <e-Xt
der Dreipunktregler erneut einschaltet, und der Motor weiter läuft. Bild 10.28 zeigt den Verlauf von X n X a und Yr. e
i
a)
\
--t
I
L~
Xl
•
\ "
"-
.
.
.
j
1-2xL
--- --b)
--t
c)
- 2xL
-- t
xa
i
d)
__ t
YR
i
e)
--t
Bild 10.28 Dreipunktregler mit verzögerter Rückführung und nachgeschaltetem I-Glied; a) Sprung der Regeldifferenz b) zeitlicher Verlauf der Rückführgröße X r c) Zeitlicher Verlauf von Xe = eo-xr d) Stellgröße des Reglers e) Stellgröße der Regeleinrichtung
315
11 Digitale Regelung Unter einer digitalen Regelung versteht man die Behandlung eines Regelkreises, in dem eine analoge Regelstrecke von einem programmierbaren Prozessrechner, bestehend aus CPU, Speicher, Ein- und Ausgangsmodulen, Analog-Digital- und DigitalAnalog-Wandlern, geregelt wird. Solche Regelungen werden auch als DDC (DirectDigital-Contral) bezeichnet. Die Rechenprozesse und die Signalumwandlungen verlangsamen die Regelvorgänge, was ein erheblicher Nachteil der digitalen Regelung ist. Dass sich die Regelungstechnik in diese Richtung entwickelt hat, ist den folgenden Vorteilen des digitalen Instrumentariums zu verschreiben: •
Die als Regler programmierten Prozessrechner sind leistungsfähiger und preisgünstiger als analoge Regler.
•
Ein digitaler Regler kann verschiedene Regelgrößen nacheinander abfragen und eine größere Anzahl Regelungen gleichzeitig ausführen.
•
Es wird ermöglicht, sowohl die klassischen analogen PID-Algorithmen zu digitalisieren, als auch neue "intelligente" Regelverfahren, wie Strukturumschaltung, adaptive Regelung, Fuzzy- und Neuroregelung, einzusetzen.
•
Das fein approximierte Modell der Regelstrecke kann in einem digitalen Regler einfach nachgebildet werden, was zu neuen modellbasierten Regelverfahren führt.
•
Die Regelungs- und die Steuerungsalgorithmen einer Strecke lassen sich einheitlich programmieren und realisieren.
Doch der größte Vorteil besteht darin, dass die Methoden und Werkzeuge der Informationstechnologie im vollen Umfang für die Regelungszwecke anwendbar sind. Die Kopplung und der Datenaustausch an übergeordnete Prozessleitsysteme wird vereinfacht. Der PC-Einsatz für Regelzwecke ist sowohl über Feldbusse für den Zugriff auf Sensoren und Aktoren, als auch über Systembusse der Prozessleitebene wie allgemein verbreitete Netze Ethernet und Internet möglich. Und schließlich kann das Engineering eines Regelkreises, angefangen von Simulation, über den Regelkreisentwurf und Inbetriebnahme bis hin zur Erstellung der Dokumentation, einheitlich von einer Software verwaltet werden.
11.1 Digitale Regeleinrichtungen Die gesamte digitale Regelungstechnik ist heute einem schnellen Wandel unterworfen. Die auf dem Markt vorhandene Vielzahl von Messwerterfassungskarten, Umsetzern, Konfigurierungstools mit der zugehörigen Hardware veralten schnell. Sowohl die Hard- als auch die Software sind stark geräteabhängig. Der innere Aufbau und der Befehlsvorrat von Mikroprozessoren verschiedener Hersteller unterscheiden sich zum Teil erheblich.
S. Zacher M Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-9837-1_11, © Vieweg+Teubner Verlag I Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
316
11 Digitale Regelung
Als digitale Regler kommen Mikrorechner, Mikrocontroller, PC, IPC, SPS, Soft-SPS, PLS (Prozessleitsysteme) zum Einsatz; die Reglertypen sind unten in der Tabelle zusammengefasst. Komponenten Kopplung mit dem Prozess Integrierte Schaltkreise mit CPU, RAM/ROM Einplatinenrechner Nur eine Platine mit integrierten Prozessorbausteinen, mit externen AlD, DIA und Taktgenerator Mikrocontroller Ein Chip mit eingebauten E/A, A/D, DIA, mit externem Taktgenerator Digitale Regler Mikrorechner
EI}8@J~====1
Prozess
~-----I ~
DDC-Regler (Direct-DigitalControl)
Spezieller Mikrorechner ,mit E/A, AID, DIA, fest oder frei programmierbar:
a)[g]
ePD E/A
ePD
ePD E/A
a) Kopplung über PC b) Peer-to-PeerKopplung
b)r-fCPUl Bus 2~t--
SPS-Regler (Speicherprogrammierbare Steuerungen)
Spezieller Mikrorechner mit E/A, AID, DIA, frei programmierbar mit externem PC
PC (Personal Computer)
Universeller Mikrorechner mit Systemsoftware und Schnittstellen Spezieller Mikrorechner mit Bus- und AID-, DIA-Karten, DAQ, OPC-Server
IPC (lndustrie-PC)
Soft-SPS (Slot-SPS)
IPC mit SPS-Software
I
Prozess
I Prozess I Prozess
1 Prozess I
I~Bus2~ ~~======I Prozess I
I
[g]
E/A
SPS AlD Bus:l==== Prozess 'I I- ePD DIA
1
~
ePD
E/A
r---""1-I AlD
I
~====:j Prozess I
~
ePD
101
SPS- E/A ;1 AID Bu~===~ Prozess Karte DIA
:E/A
J~U AlD Bus~=====:jProzess I ePD :: DIA
PLS Mikrorechnersystem (Prozessleitsystem) mit E/A, AID, DIA, PNK, BNK und BusKomponenten
I
o ~~~t------ll
1 BNK 1J
l - PNK
-
Prozess I
11.1 Digitale Regeleinrichtungen
317
Bei Prazessleitsystemen (PLS) handelt es sich um dezentrale Rechnersysteme, die die Produktionsprozesse von mehreren Ebenen überwachen (Bild 11.1). Die PLSAufgaben sind Messwerterfassung (Sensorik), SCADA (Supervisory Contral and Data Acquisition), Antrieb von Stellgeräten (Aktorik), Regelung, Steuerung, Planung usw. Die PLS-Komponenten sind: BBK (Bedien- oder Beobachterkomponente), auch ABK (Anzeige-/ Bedienkomponente) genannt, die als eine Standard-Hardware (z. B. eine Workstation) aufgebaut ist. Hier werden Daten zur Darstellung auf dem Bildschirm von einer groben Übersicht bis zum einzelnen Regelkreis geeignet aufbereitet. PNK (Prazessnahekomponente), die aus einer Zentraleinheit und Einschüben für die Buskopplung, den E-/A-Baugruppen, sowie für die Ankopplung von untergeordneten Systemen (SPS, DDC) besteht. Von BNK erhalten PNK die Sollwerte für die Regelungen. Bussysteme für die Kommunikation, wie PROFIBUS-DP, PROFIBUS-PA, Ethernet TCP/IPusw.
o o SCADA-Station OPC-Server
HI-BUS
View-lBackup Station
MODBUS
DDC
SCADA-Station 2000 Variablen
3964R
EES
Alarm-Station
Pr()fibus DP
Werksnetz TCP//P
SCADA-Station
Profibus DP '-'1 PNK.
Controller ,-------'-----,
I I
Prozessebene I
Bild 11.1 Beispiel eines dezentralen Prozessleitsystems (PLS) mit PNK, BNK und Bussystemen «mit freundlicher Genehmigung von SCHOTT GLAS, Mainz, 2002)
PLS mit herstellerunabhängigen Komponenten und mit einer offener BusKommunikation, die auf der Basis des Client-Server-Prinzip aufgebaut sind, nennt man Offene PLS. Die Schnittstellen der offenen Kommunikation stellt OLE (Object Linking and Embedding) zur Verfügung. Die PLS-Komponenten von verschiedenen
318
1I Digitale Regelung
Herstellern werden miteinander über den so genannten OPC-Server (OLE für Process Control) verbunden.
In Bild 11.2 ist gezeigt, dass man die Kennwerte des Reglers in einem Fenster der Bedienobcrnüche des Prozcssleitsyslcms (PLS) einstellen und das Regelkreisverhalten im Trendfenster beobachten kann. um optimale Regelgütc zu erreichen. Besonders
in der Inbctriebnahmephase oder im Notfall ist dies vom Vorteil.
l-
Direkt
V Integrierend Totzeit ArbeItspunkt
Totzone
jvor....-v.st..kung Filterzeit
Verttlrkung 11 Td
Bild J 1.2
s
0.0 50.'
•••1.'
1.00 3.15
s
3.0
I
0.00
•
J
, L
,. '0••
.
•• .0 ,
Sw
I .,.
•
AU_li 87.9
Konfigurierungs- und Trendfenster des PLS SattLine (ASB Automation ProdUCIS)
Ein wesentlicher Nachteil von PLS-Rcglcm ist die große Reaktionszeit. Ein D-Anteil beschleunigt den Regelvorgang, kann jedoch zu drastischen Änderungen des SteIlsignals und zur Instabilität fLihren, falls das Messsignal mit Störungen übertragen wird. Die vorhandenen Algorithmen. z. B. Fuzzy-Regelung oder Alltotuning, sind bei schnellen oder komplizierten Regelstrecken oft uneffektiv. So wird die Regelung mit PLS fLir Industriezwecke, d. h. fLir Strecken mit großen Zeitkonstanten, empfohlen. Für Industrieanwendungen kommt die Programmierung von digitalen Reglern selten vor. Die Regelalgorithmen werden von Herstellern meist vorgefertigt, so ist nur eine Konfigurierung erforderlich. DafLir werden zuerst die Hardware-Adressen festgelegt, dann die Messweneingänge mit den dazugehörigen Messfühler-Kennlinien. Danach Hingt die Parametrierung des Reglers an, die in der Einstellung von Reglerkennwerten und Proponionalbereichen, der Festlegung von Sollwerten, Zeiten usw. besteht. Es werden die Betriebsarten des Reglers und die mögliche Strukturumschaltung definiert. Eine einheitliche und herstellerunabhängige Konfigurierung von digitalen Reglern ist durch die Norm IEC 61131-3 erleichtert. Diese Norm wurde von der IllIel'llariollal Electrotechnical COlllmissio/l festgelegt und hat seit 1994 den Status einer europäi~ schen und deutschen Norm. Durch die Vereinheitlichung von Programmiersprachen ist es damit möglich, die DDC- und SPS-Regler sowie die PLS verschiedener Hersteller fLir Regelungszwecke zu programmieren. Da die digitalen Regler in einem System fLir Regelungs-, Steuerungs- und Prozessüberwachungsaufgaben integriert sind, wird die Simulation und die Visualisierung von Regelvorgängen ermöglicht.
319
11.2 Abtastregelung
Normalerweise sind die Konfigurierullgswerkzeuge mit selbsteinstellendeIl Regelalgorithmcn ausgcstaltct (Autotuning), die allerdings meist nur rur langsamc Regclstreckcn zu empfehlen sind. •
Beispiel!I.I: Konfigurierung eines ODe-Reglers
Die Hardware-Komponenten werden vom Benutzer auf dem Bildschirm als Text direkt gewählt und beschalteL Vom Programm werden die Messbereiche, Kommunikations- und Visualisierungselemente angefragt. wonach der Regler mit Hilfe des Konfig-Wizards konfiguriert werden kann. Dies erfolgt in klar verständlicher Weise. wie beispielsweise in Bild 11.3 Hir ein Thermoelement-Eingang gezeigt ist. Die Konfiguration wird in den ODe-Regler heruntergeladen und während des Betriebs online angesteuert.
.
Sla
I
Bild 11.3 Beispiel einer Regler-Konfigurierung (mit freundlicher Genehmigung von EurOlherm Deutschland GmbH. 2(03)
11.2 Abtastregelung In einem digitalen Regelkreis wird eine kontinuierliche Regelstrecke von einer digitalen Regeleinriehtung geregelt. Dafür muss die dem Rechner zugeführte kontinuierlich gemessene Regelgröße in digitaler Form vorliegen. Die Digitalisierung erfolgt mit einem Analog/Digital-Wandler, der die Regelgröße nur in konstanten Zcitabsländen, Ablas/zeit oder Abws/periode TA genannt, abfragt. Einen digitalen Regelkreis kann man sich gedanklich aus zwei Teilen bestehend vorstellen, wie in Bild 11.4 gezeigt.
320
11 Digitale Regelung
nämlich aus linearen zeltmvarianten Gliedern, kurz LZI, und einem diskret arbeitenden Takt- bzw. Impulsgeber. Die Regelung von Regelkreisen, in denen x(t) wenigstens ein Signal nicht kontinuierlich, sondern zeitdiskret ist, nennt man Abtastregelung. Solche Regelkreise lassen sich Bild 11.4 Konzeptueller Aufbau nicht, wie die kontinuierlichen, mittels Difdigitaler Regelung ferentialgleichungen im Zeitbereich bzw. mittels Laplace-Transformation im Bildbereich beschreiben. Neben kontinuierlichen Funktionen, z. B. x(t) treten auch Folgen von abgetasteten Signalen wie x(kTA) auf und sollen mit anderen, als denen der kontinuierlichen Methoden behandelt werden. Die Signale zwischen den Abtastpunkten werden nicht berücksichtigt, was Fehler verursachen kann. Bild 11.5 zeigt, dass gleiche abgetastete Impulsfolgen aus zwei verschiedenen Sprungantworten gebildet werden können.
x(t)
/~l~rr xß)
t
____ --9"'-=----4---+-
2T
x(kTA ) kT
__
t
A A Die Untersuchungen von Abtastsystemen wurden seit 1924 durchgeführt. Rerich und Bild 11.5 Beispiel einer fehlerGrdina befassten sich mit der Abtastregehaft gewählten Abtastperiode lung von hochtourigen Dampfmaschinen und behandelten dabei die Dynamik mit Differentialgleichungen. Die ersten einheitlichen Beschreibungen von linearen Abtastsystemen findet man bei Oldenbourg, Sartorius, Zypkin (1948 - 1958).
11.2.1 Wirkungsweise von digitalen Regelkreisen Wie an analoge werden auch an digitale Regler drei Grundaufgaben gestellt: •
die Regelgröße messen und die Regeldifferenz bilden;
•
einen geeigneten Regelalgorithmus erzeugen;
•
eine beträchtliche Leistung an Stellglieder übertragen.
Im Gegensatz zu analogen sind bei digitalen Regeleinrichtungen die Regelalgorithmen und die Verstärkungsfunktionen gerätetechnisch voneinander getrennt. Die mittels Mikroprozessoren (CPU) berechneten Stellgrößen werden binär ausgegeben oder durch Digital-Analog-Umsetzer (DIA) in Ströme (0 bis 20 mA) oder Spannungen (0 bis 10 V) umgesetzt.
Die Verstärkungsfunktion und die Anpassung an die Strecke übernehmen die nachgeschalteten Leistungsverstärker, Relais, Motoren usw.
11.2 Abtastregelung
321
In Bild 11.6 ist eine kontinuierliche Regelstrecke gezeigt, die mit digitalen Elementen, wie Mikrorechner, Analog-Digital-Wandler (A/D) und Digital-Analog-Wandler (DIA) geregelt wird. Die Istwerte x(t), bei denen es sich um ganz verschiedenartige physikalische Größen handeln kann, etwa Durchflüsse, Drücke, Temperaturen, Spannungen usw., werden durch die Messumformer auf ein Einheitssignal transformiert. Die Wandlung oder die Abtastung der stetigen Regelgröße x(t) erfolgt meist in äquidistanten Zeitabständen (Abtastzeit TA) durch den vorgeschalteten A/D-Wandler. Aus dem kontinuierlichen Signal x(t) entsteht die diskrete Folge x(kTA), die für die Abtastzeit TA konstant gehalten wird. Im Rechner wird aus dieser Istwertfolge x(kTA) und der eingegebenen Führungsfolge w(kTA) die Regeldifferenzfolge e(kTA) gebildet. Anhand eines im Rechner gespeicherten Programms, z. B. dem digitalisierten PIDRegelalgorithmus, wird dann die Stellgrößenfolge YR(kTA) berechnet und über den DIA-Wandler als geglättetes Stellsignal Y*R(kTA) ausgegeben.
Mess-
1 - - - - - - umformer
I
~-----'
Bild 11.6
I
Wirkungsplan eines Regelkreises mit digitalem Regler
Mit großer Geschwindigkeit und hoher Genauigkeit sollen die analogen Signale x(t) von AlD-Wandler abgetastet und in eine zeitdiskrete Folge umgeformt werden. Die Zahlenfolge wird in eine stufenförmige Funktion x(kTA), die so genannte Treppenkurve, umgewandelt. Funktionsmäßig besteht ein A/D-Wandler aus einer Abtastung (Sampie) und einer Speicherung (Hold). Ein Abtast-/Halteglied (S&H) mit der Abtastzeit TA ist in Bild 11.7 dargestellt.
12= -. t
Bild 11.7
x(kTA )
,, ,,
/
Abtaster
"'---
----'
/
/
,
/
,
--
x*(kTA )
--
Halteglied
- . kTA ~
..il.-
Umwandlung von analogen Signalen mit Abtast-/Halteglied-Schaltung
-.kTA
322
11 Digitale Regelung
Ein analoges Eingangssignal steht digitalisiert erst nach einer Wandelzeit bzw. Totzeit Tt am Ausgang des Wandlers dem Regler zur Verfügung. Diese Totzeit beträgt Tt
TA
=2'
(11.1)
wie in Bild 11.4 durch einen Vergleich zwischen analogem Eingangssignal x(t) und den aus der Treppenkurve x*(kTA) interpoliertem Ausgangssignal schematisch gezeigt ist. Die mathematische Herleitung findet man im nachfolgenden Beispiel. •
Beispiel 11.2
Die Treppenkurve am Ausgang eines Haltegliedes entsteht aus einer Folge von Rechteckimpulsen, wobei jeder einzelne Impuls als Überlagerung von zwei Einheits-Sprungfunktionen
dargestellt werden kann (Bild 11.8). Die LaplaceTransformierten von Sprungfunktionen sind:
1 L[CJ(t)]=-, S
i
_
x*(kT A) _
L
TA~
I
S
I____ ~ L (j( t-Ta )
Am Eingang des Haltegliedes wirkt eine t5 - Funktion, die im Bildbereich als
J(t) = dCJ(t) dt
1 L[J(t)]=s·-=l
=>
S
dargestellt wird. Daraus ergibt sich die Übertragungsfunktion des Haltegliedes zu
GH(S)= L[CJ(t)-CJ(t-TA )] L[J(t)]
=~_~e-sTA S
S
mit dem entsprechenden Frequenzgang
1_e- jmTA GH(jW)=--.- JW Durch Ansätze
kann GH(jc0 in folgende Form gebracht werden: . roTA
. )_ e
GH ( JW -
- J--
2
. roTA
(e
J--
2
. roTA
-e
j.2. wTA 2
- J--
2)
_
I I I I
o
L[CJ(t-TA)]=~·e-STA .
(jU)
_
Bild 11.8 Zur Ermittlung der Übertragungsfunktion eines Haltegliedes
= 1_es
sTA
(11.2)
323
11.2 Abtastregelung
Bei tiefen Frequenzen wTA «
I bnn das Halteglied wie folgt angenlihen werden:
.wTA
GH(jm) "'TA ·e
~,--
2
was einem Totzeilglied mit der Totzeit (11 I) enlspricht.
11.2.2 Rechenzeit Die Rechenzeit TM.. auch Rec!lelllotz.eit genannt, ist die Zeit. die der Regler benötigt, um die Stellgröße )'k aus einer Impulsfolge von Regeldifferenzen ek, ek.l. ek.2 zu berechnen. In Bild 11.9 ist schematisch dargestellt, wie der Regelalgorithmus von der Beziehung zwischen Rechenzeit TM. und Abtastzeit TA abhängig ist, nämlich: •
Im Fall TR 1 instabil
i
Stabilitätsgrenze bei r= I -1,0
1,0 ----. Re(z)
z-Ebene
Iz I > I
OJ
instabil
Stabilitätsgrenze bei = I
Iz I
o
----. Re(w)
~
Bild 11.26 Zusammenhang zwischen z-Ebene und w-Ebene
Durch das Einsetzen von (11.30) in die Differenzengleichung (11.7) und Multiplikation mit (1- w)n kann die charakteristische Gleichung (11.9) P( Z) =anz n +an-lZ n-l + ... +alZ 1 +aoZ 0 = 0
11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich
355
in eine neue Polynomgleichung transformiert werden: P(w)=Anw
n
+ An_Iw n- 1 + ... +Alw l + Aow o =0.
(11.31)
Unten sind die Koeffizienten Ai der GI. (11.31) für Systeme mit n = 1,2,3 aufgelistet. n I
2
AI
A2
A3
ao + al
- ao + al
-
-
aO+al+a2
- 2ao + 2a2
aO-al+a2
-
Ao
3
ao + al + a2 + a3 - 3ao - al + a2 + 3 a3
3ao - al - a2 + 3a3
-aO+al-a2+ +a3
c) Hurwitz-Stabilitätskriterium Durch die w- Transformation gelingt es, das Stabilitätskriterium nach Hurwitz, wie bei analogen Systemen, anzuwenden: Für Stabilität eines digitalen Regelkreises müssen alle Koeffizienten Ai der charakteristischen Gleichung P(w) = 0 (11.31) vorhanden und größer Null sein, d. h. Ai
}
* 0 und Ai> 0 für i = 1,2, ..., n.
Beispielsweise kann man für das System 2. Ordnung P(z)=a2z2 +alz+aO =0 bzw. 2
P(w)=A 2 w +Alw+Ao =0
nach Hurwitz-Kriterium die Stabilitätsbedingungen (11.20) aus der obigen Tabelle für a2 = 1 herleiten:
{
A2 =
ao -al +1
AI =
- 2ao
AO =
al< 1+ aO
>0
+2 >0 ao + al + 1 > 0
=>
{
ao -I- a O·
d) Nyquist-Stabilitätskriterium Wie im analogen Fall kann das Stabilitätskriterium nach Nyquist auch für digitale Systeme durch die Winkeländerung des Zeigers [1 +GO(j w)] im Bereich w = 0 ... 00 abhängig von der Polverteilung von Go(z) gezeigt werden. Im digitalen Fall wird jedoch der Frequenzbereich 0
~
w::;
00
durch einen Streifen 0
~
w::; WA ersetzt, wobei
wA = 2;r / TA ist. Die vereinfachte Fassung des Nyquist-Kriterium für den Fall, dass
die Übertragungsfunktion Go(z) keine Pole außerhalb des Einheitskreises der z-Ebene besitzt, lautet:
356
1I Digitale Regelung Der geschlossene digitale Regelkreis ist genau dann stabil, wenn der vom
}
kritischen Punkt (-I, jO) an die Ortskurve Go(jOJ) gezogene Fahrstrahl beim Durchlaufen der Orlskurve im Bereich 0:5 rung von L1tp = 0 beschreibt.
co 5{ C(JA eine
Winke lände-
e) Wllne/ortskllrve Das in Kapitel 7 für kontinuierliche Regelkreise beschriebene WOK-Verfahren in der s-Ebcnc kann ebenso auf diskrete Regelkreise in der z-Ebene angewandt werden. Darur soll die z-Übenragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises Go(z) in Uncarfaktoren zerlegt vorliegen:
G (Z)=K(Z-ZN1)(Z-ZNZ) ...(Z-ZNm) .
o
(z - zp]) (z - ZP2)"'(Z - zPn)
Darin sind ZNi (i = 1,2, ... , m) Nullstellen und ZPj (j = 1,2, ... ,1/) PolstelleIl der Übertragungsfunktion GO(z) in der z-Ebene. Dic Stabilität wird wic im kontinuierlichcn Fall untcrsucht. Ein mit MATLAB erzeugtes Beispiel ist im Bild 11,27 dargestellt.
MATLAB-Skript Bl =2; BO=-1; A2", 1; Al = -0.67-0.82; AO = 0.67 • 0.82; num ",[Bl ~BO); den=[A2, A1, AO) zgrid ('new'); rlocus(num, den)
Bild 11,27 WOK eines Regelkreises Go(z)= K
Strecke mit Ku == 1,2; bl == 1.67; (11I11I1.
deli) wird Kkr
bo == 0,82; (/1
b] z-bo
(Z- a l)(z- a 2)
mit P-Regler und P-T2-
== 0,67; U2 == 0,82. Mit dem Befehl k == locfilld
= 0.57 als Schnittpunkt der WOK mit dem Einheitskrcis abgelesen.
357
12 Intelligente Regelung Unter intelligenten Regelsystemen versteht man Systeme mit Elementen (z. B. Regler, Messfühler), die zwecks optimaler Prozessführung mit eigenen mathematischen oder logischen Algorithmen, d. h. mit eigenen CPU' s und Speichern, ausgestattet sind. Solche Elemente reagieren flexibel auf mögliche Fehler und Parameteränderungen. Nachfolgend werden die intelligenten Regelalgorithmen in zwei Gruppen eingeteilt:
•
modellbasierte Regelalgorithmen, die das mathematische Streckenmodell als Bestandteil des Reglers enthalten;
•
wissensbasierte Regelalgorithmen, die experimentell aus der Analogie mit biologischen Systemen oder menschlichem Verhalten gewonnen werden.
12.1 Modellbasierte Regelung Mit einem Mikroprozessor, einem PC oder einer SPS als Regler ist man nicht mehr an die klassischen PID-Algorithmen gebunden und kann die komplizierteren Regelalgorithmen entwickeln. In erster Linie versucht man das Modell der Regelstrecke in einem Regelalgorithmus zu berücksichtigen, um die Eigenschaften der Strecke noch vor dem Eintreten eines Störsignals bzw. vor der Bildung der Stellgröße zu berücksichtigen. Voraussetzungen sind, dass ein exaktes Modell der Strecke vorliegt und dass die Antwortzeit des Reglers durch die Bearbeitung des Algorithmus nicht drastisch verzögert wird. Solche Verfahren, bei denen das Streckenmodell ein Bestandteil des Reglers ist, nennt man modellbasierte Verfahren.
12.1.1 Kompensationsregler Das Konzept der Kompensationsregelung ist sehr einfach, nämlich die Übertragungsfunktion der Strecke Gs(s) soll durch die des Reglers GR(S) so kompensiert werden, dass daraus eine gewünschte Übertragungsfunktion GM(S) des geschlossenen Regelkreises entsteht. Der Kompensationsregler GR(S) besteht also aus zwei Teilen. Der erste Teil beinhaltet die reziproke Übertragungsfunktion lIGs(s), mit dem die Übertragungsfunktion der Strecke Gs(s) kompensiert wird. Der zweite Teil wird anhand der gewünschten Übertragungsfunktion GM(S) bestimmt: G
s - GR(s)GS(s) -G s w( )-I+G (s)G (s) - M() R S
(12.1)
Aus GI. (12.1) folgt die Übertragungsfunktion des Reglers (Bild 12.1): G (s) = R
GM(s) ._1_. I-G M (s) GS(s)
S. Zacher M Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-9837-1_12, © Vieweg+Teubner Verlag I Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
(12.2)
358
12 Intelligente Regelung
Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises hängt nicht mehr von der Strecke ab: G o( s ) -- G R ()G s S ( s ) --
GM (s) . -1- . G S ( s ) -_ GM (s) I-G M (s) GS(s) I-G M (s)
(12.3)
Der Kompensationsregler nach (12.2) ist nur für Führungsverhalten und nur für Strecken ohne Ausgleich und ohne Totzeit anwendbar. :-------------------------Ji~~l~;-:
,,
, + : -
1
GM
,L
GS
, ,, : '
Strecke x
,: l
Bild 12.1 Wirkungsplan des Regelkreises mit Kompensationsregler
Für einen stabilen Regelkreis soll das Nennerpolynom der GI. (12.3) keine Polstellen in der rechten s-Halbebene besitzen. Dies soll bei der Wahl der gewünschten Übertragungsfunktion GM(S) berücksichtigt werden. Aus GI. (12.2) folgt, dass auch die Strecke keine Pol- und Nullstellen in der rechten Halbebene haben darf, sonst wird der Regler und damit der Gesamtkreis instabil. •
Beispiel 12.1
Gegeben: a) Die Parameter der P-TZ-Regelstrecke KpS = 5, Tl = 1,25 s, TZ = 0,2 s; b) Die gewünschte Übertragungsfunktion des Regelkreises mit Tw = 0,02 s GM(s) =
1 (l+sTw )
2'
Gesucht: die Übertragungsfunktion des Kompensationsreglers. Die Lösung erfolgt nach GI. (12.2)
(l+s1i)(1+sT2 ) _ K ps
(l+s1i)(1+sT2 ) 2K ps ·sTw (1+0,5·sTw )
bzw.
G (s) = R
1i 2KpsTw
(1 + s1i )(1 + sT2 ) s1i (1 + s . O,5Tw )
Dies entspricht der Übertragungsfunktion eines PID-T 1-Reglers
- K (1 + sTn )(1 + sTv ) GR ( s ) - PR sTn (1 +sTR ) mit Kennwerten Tn = Tl = 1,25 s, TR = 0,5·Tw = 0,01 s
12.1 Modellbasierte Regelung
359
12.1.2 Smith-Prädiktor Ein nach GI. (12.2) konfigurierter Kompensationsregler GR(S) wird im Fall einer Regeistrecke mit Totzeit Gs(s) = e
-sTt
unendlich viel Nullstellen besitzen, was durch die reziproke Übertragungsfunktion der Regelstrecke bedingt ist: _1_=e sTt Gs(s)
Um das Prinzip des Kompensationsreglers auch auf Strecken mit Totzeit zu erweitern, wird die Regelstrecke als ein Totzeitglied und eine Teilstrecke ohne Totzeit Gs(s) dargestellt (Bild 12.2a). Die Übertragungsfunktion des Regelkreises ist: GR (s) G s (s) e-sTt G (s ) = ---'-'--_....:::....-_---=W -~T. 1 + G R (s) Gs (s) e . t
(12.4)
Durch die Verschiebung der Verzweigungsstelle der Rückführung, wie in Bild 12.2b gezeigt ist, wird die Wirkung des Totzeitgliedes aufgehoben und folglich der Entwurf eines Kompensationsreglers nach GI. (12.2) möglich. Die Übertragungsfunktion des Regelkreises ist in diesem Fall: G:(s)=
Kpr(s) Gs(s) e- sTt I+K pr (s)G S (s)
(12.5)
Man nennt den in Bild 12.2b als Kpr bezeichneten Regler Smith-Prädiktor nach den Namen des Entwicklers (Berkley-University, 1957) und weil der Regler mit Hilfe des Streckenmodells das Verhalten des Regelkreises "voraussehen" kann. Der Regierteil Kpr wird wie ein Standard-Regler, z. B. PID, oder wie ein Kompensationsregler mit Hilfe des gewünschten Verhaltens GM(S) konfiguriert. In beiden Fällen soll die Übertragungsfunktion GR(S) des Reglers und die des Reglerteils Kpr(s) so gewählt werden, dass die Übertragungsfunktion (12.5) gleich der ursprünglichen Übertragungsfunktion (12.4) bleibt, d. h. G: (s) = G w (s). Regler
Strecke
~ ~ a)
Bild 12.2
b)
Regelkreis mit Totzeitglied (a) und die Umformung des Wirkungsplans (b)
360
12 Intelligente Regelung
Daraus folgt die Übertragungs[unktioll des Reglers:
_ GR () S -
Kpr(s)
( 12.6)
I+Kpr(s)GS(s)(l-e sTI)
Aus GI. (12.6) iSI ersichIlieh, dass die Ordnung des Nennerpolynoms größer als die des Zählers ist, was die Realisierung des Smitll-Prädiktors fLir Strecken mit Totzeit ermöglicht. DafLir ist allerdings eine exakte rnalhematische Beschreibung der Regelstrecke erforderlich. Der Wirkungsplan des Smith·Prädiktors nach GI. (12.6) ist in Bild 12.3 dargestellt. Strecke
'"
+
Bild 12.3
•
Wirkungsplan eines Regelkreises mit Smilh-Prädiklor flif Strecken mit Totzeit
Beispiel 12.2
Bild 12.4 zeigt einen simulicrlen Regelkreis bestehend aus einer P-T2-Regelslrecke mit der Totzeit und des Smilh-Priidiklors. Der RegIeneil
Kpr--~~15 20-e1V o 5 10 eakt
t
Bild 12.22 Die Zugehärigkeitsfunktionen J11 und J12 (links) und die t-CoNorm (rechts)
•
Das Komplement J1K der Fuzzy-Menge J1 wird mit dem logischen Operator NOT gebildet, d. h. J1K = NOT (J1) = 1 - J1.
374
12 Intelligente Regelung
12.2.3 Regelbasis und Inferenz
Regelbasis Die Fuzzy-Sets der Ein- und Ausgangsgrößen eines Fuzzy-Reglers sollen miteinander durch gewisse Regeln verbunden werden. Jede Regel besteht aus einem WENN-Teil (Prämisse bzw. Bedingung) und einem DANN-Teil (Konklusion bzw. Schlussfolgerung). Im Allgemeinen besteht die Prämisse aus zwei linguistischen Eingangswerten, dessen gemeinsamer Erfüllungsgrad mathematisch bestimmt wird. Die gebräuchlichsten Operatoren sind die UND-Verknüpfung und die ODER-Verknüpfung. Die Regelbasis ist die Gesamtheit aller Regeln. •
Beispiel 12.6
Die Regelbasis einer Füllstandsregelung mit einer Eingangsgröße e = w - x (Regeldifferenz) und zwei Ausgangsgrößen (VentilJüllen und Ventil_leeren) sieht wie folgt aus: REGEL:
Regeldifferenz
1
2 3
WENN
positiv negativ Null
Ventil_leeren
DANN
open close close
VentilJüllen
UND
close open close
Inferenz: Erfüllungsgradjeder Regel Ziel der Inferenz ist die Auswertung der Regelbasis. Durch eine Zusammenfassung der Teilentscheidungen der einzelnen Regeln mit Operatoren wird eine Schlussfolgerung gezogen, die einer bestimmten Ausgangsvariablen zugewiesen wird. Regeln, deren DANN-Teil nicht Null ist, heißen aktive Regeln. Falls mehrere Regeln aktiv sind, muss man die Erfüllungsgrad G jeder Regel überprüfen. Der Erfüllungsgrad ist der kleinste der Zugehörigkeitsgrade der linguistischen Terme (MinimumOperator bzw. UND-Verknüpfung). Der Erfüllungsgrad der Konklusion kann maximal nur so groß werden, wie der einer Prämisse. Den Erfüllungsgrad einer Prämisse kann man z. B. mit den UND Operatoren berechnen. In der Regelbasis werden alle Regeln aufgestellt, die einen sinnvollen Zusammenhang von Eingangs- und Ausgangsvariablen darstellen. Die Gliederung der Regelbasis kann tabellarisch oder bei zwei linguistischen Eingangsvariablen auch in Matrixform erfolgen. Am Ausgang der Regelbasis erhält man eine Anzahl von Regeln, die bei einem gegebenen Eingangswert unterschiedlich erfüllt sein können. Die Zusammenfassung der verschiedenen Regeln und ihrer Ausgangsmenge zu einer unscharfen Vereinigungsmenge (ODER- Verknüpfung) nennt man Akkumulation. •
Beispiel 12.7
Ein Fuzzy-Regler hat zwei Eingangsgrößen el, e2 und eine Ausgangsgröße y. Die Fuzzy-Sets für Ein- und Ausgangsgrößen sind gegeben (Bild 12.23). Der Erfüllungsgrad jeder der nachfolgenden Regeln soll für elakt = -4 und e2akt = -2 bestimmt werden.
12.2 Fuzzy-Regler •
Regel 1: Regel 2:
375
WENN el Negativ WENN el Null
UND UND
DANN Y ist Klein. DANN y ist Mittel.
WENN-Teil
DANN-Teil
i Regel!: Jil Negativ 1,0
Ji 2
Null
!.:O
_f! J ~ ~,~
Jil= 0,6
GI = MIN (JiI,Jil) --- =06
Jiy 1,0
f\
i - -----'--------- -
\
I
0,0
-8
-4
0
4
8-
el
0,0
-8
2
.
Mittel
Klein
\ I
4
I
\
6
I
\
-i Groß
f\
\
\ \
\
\
8-yN
telakt
I t6t-,~~0
Regel 2:
0,0
Ji I 2
Null
p,1,0
-8
-4
0
4
---::
8_
el
telakt
0,0
Ji y
Null
-8
-4
,
i
0
+
Mittel
1,0
4
8_
e2
0,00
2
4
6
Groß
8-yN
e2akt
Bild 12.23 Ermittlung von Erfüllungsgraden der Fuzzy-Regeln des Beispiels 12.6 Für die gegebenen aktuellen Werte der Eingangsgröße sind die Zugehörigkeitsfunktionen aus der ersten Regel:
f.11 = 0,8
f.12 = 0,6.
Daraus ergibt sich der Erfüllungsgrad der Regel 1:
GI = MIN (jil. f.12) = MIN (0,8 0,6) = 0,6. Analog wird der Erfüllungsgrad der Regel 2 bestimmt:
G2 = MIN (jil. f.12) = MIN (0,2 0,6) = 0,2.
12.2.4 Defuzzifizierung Das Ergebnis der Fuzzy-Inferenz ist eine unscharfe Menge, wie der DANN-Teil in Bild 12.23 zeigt. Daraus soll nun wieder eine exakte (scharfe) Stellgröße gebildet werden. Für die Umwandlung können verschiedene Methoden angewendet werden, z. B. Maximum- oder Schwerpunktmethode. Nach der Schwerpunktmethode CoG (Center 0/ Gravity) werden die Ausgangsterme gemeinsam als eine Fläche interpretiert und die Abszissen der Flächenschwerpunkte YI, Y2, ... bestimmt. Da alle Regeln zugleich mit dem Erfüllungsgrad GI, G2, ... gelten sollen, wird die resultierende Fuzzy-Menge f.1res als ODER-Verknüpfung (MaximumOperator) der Ausgangstermen für jede Regel ermittelt. Der Flächenschwerpunkt Yakt bildet einen festen Wert für die Stellgröße y:
376
12 Intclligentc Rcgclung
( 12.17)
GI. (12.17) gibt allcrdings dcn angcnähcrtcn Wcrt dcs Schwcrpunktcs an. was rur dic pmktischen Anwendungen genügt. •
8eispiel 12.8
"
1.0
Klein
Mille!
,', ,', , "
A"
Groß
, " ",' ,/ i, \ , ,/ i \ ,' ,' , ' " :,'" i \/
0.8
G j =0.6_0.6
OA
..
:' i,' " 0.2 - -------":'0----:,' ,,:;
G" = 0.2 -
0,0
\
\'"
f----t--'t----"--,--"-c: o
2:
, , , ,, ,
JI ""
b1
""
1,0
4
6
8 -
)'/V
!JI rcs = MAX (JI Klein' JI MiIlCI)
0.8
~:/
\ i
0,2/1 4~::l.-~ O.O~
o
2
4
6
8 _
)'/V
Die Fuzzy-Inferenz nach dem DANN-Teil des Beispiels 12.7 ist in Bild 12.24a gezeigt. Die resultierende Menge Pres wird nach dem Maximum-Operator gebildet und stellt sich somil die Einhüllende der Funktionen
J.1 Klein und p MillCl dar (Bild 12.24b). Die Erfüllungsgrade GI und G2 werden vom Beispiel 12.7 übernommen: Die Schwerpunklabszissen von Termen Klein, Miltel, Groß werden aus dem Bild 12.23 bestimml: )'1 =:
Y Klein
=:
2.5 V
)'2 =)' MillCI
= 5.0
Y3
'" 7.5 V.
=YGroß
V
)';Ü;'
Bild J2.24 Defuzzilizierung der Stellgröße)'
Der Fliichenschwerpunkt wird nach GI. (12.17) berechnet: Yakt
GI . Ypl =:
+ G 2 . Yp2
GI +G 2
0.6· 2,5V + 0,2· SV
0,6+0,2
3,12SV.
( 12.18)
Wiederholt man die Berechnung der Stellgröße Yakl nach GI. (12.18) rur verschiedene Werte von Eingangsgröße Jakl> so kann die statische Ausgang-! Eingang-Kennlinie bestimmt werden. Im Anhang (siehe OnlinePlus·Bereich des Verlags) ist gezeigt. wie man einen Fuzzy-Regler mil der F11zz)' Logic Too/ho),' von MATLAB enlwerfen kann.
12.3 Neuro-Regelung
377
12.3 Neuro-Regelung Der Begriff des künstlichen Neurons wurde erstmals von den Neurophysiologen W.S. McCulioch und dem 18-jährigen Mathematiker W. Pitts (1943) eingeführt. Das erste künstliche Neuron war nicht lernfähig und wurde als ein logisches Schwellenwertelement mit mehreren Eingängen und einem Ausgang, das nur zwei Zustände annehmen kann, aufgebaut. Grundlage des Lernverfahrens kam erst 1949 nach einer Hypothese des Psychologen Donald Hebb, die besagt, dass das Lernen im Gehirn durch Änderung der Synapsenstärken erfolgt. Das Aufkommen der Rechnertechnik hat die Möglichkeit eröffnet, die einzelnen Neuronen in ein künstlichen neuronalen Netz (KNN) zu verbinden und mit veränderlichen Parametern zu simulieren. Die Lernfähigkeit eines Netzes besteht darin, die eigenen Gewichtungen so einzustellen, dass der Fehler zwischen Ist- und Sollwert des Netzausgangs für eine bestimmte Klasse der Eingänge möglichst minimal wird. Der Einsatz von künstlichen neuronalen Netzen für die Automatisierungstechnik hat bereits seit Mitte der sechziger Jahre begonnen. In den achtziger Jahren nahm die Zahl der Anwendungen stark zu. Hieraus entstanden neue Identifikationsmethoden und neue Regelungskonzepte mit Emulator- und Actor-Netzen. Da fast alle der mehr als 20 bekannten Netzmodelle für spezielle Anwendungen wie Klassifikation, Bildverarbeitung, Muster- und Spracherkennung entwickelt worden sind, haben sich nur einige für die Automatisierungstechnik herauskristallisiert, wie Perceptronen und CMAC-Netze, Hopfield-Netze, Kosko's BAM und Cooper's RCE. Heute versteht man unter KNN adaptive Algorithmen, die in erster Linie für Identifikation, Klassifikation, Bild- und Sprachverarbeitung geeignet sind und als SoftwareProdukte, wie NeuroCheck, NeuroModel, NeuroSolutions, um nur einige zu nennen, angeboten werden. 12.3.1 Grundmodell eines künstlichen Neurons Das einfachste künstliche Neuron hat zwei Eingänge und einen Ausgang, der nur zwei Zustände, z. B. (-1, +1) oder (0, 1) annehmen kann (Bild 12.25). Der aktuelle Ausgang y des Neurons wird in zwei Schritten bestimmt. Im ersten Schritt wird der Aktivierungswert amit den gegebenen Eingängen Xl, x2 und Schwellenwert () berechnet: (12.19) Im zweiten Schritt wird der Ausgangswert y mit Hilfe einer Aktivierungs- bzw. Transferfunktion y = f(a) berechnet. Alsf(a) kommen eine Reihe mathematischer Funktionen in Frage. Im vorliegenden Beispiel wird eine binäre Aktivierungsfunktion mit y = +1 für a ~ 0 und y = -1 für a< 0 betrachtet. Jeder Kombination von Eingangswerten entspricht ein bestimmtes Kriterium. Ein Kriterium kann z. B. sein, ob sich der Eingangspunkt oberhalb (Klasse A) oder unterhalb (Klasse B) einer Grenzgerade befindet, wobei der Sollwert des Neuronenausgangs für Eingangswerte aus der Klasse A d = +1 und für Klasse B d = -1 ist.
378
12 Intelligente Regelung
X2
Schwellenwert (Bias)
Gewichte
Wl
B
~t=1
a
+ +
2
Transferfunktion
Aktivierung
~ +1
-1
a
4
6 - XI
Sollwert
d
Y Netz- + ausgang
E Feh\er
Bild 12.25 Struktur eines KNN mit binärem Ausgang
Nehmen wir an, dass die zu erkennenden Klassen durch eine Gerade getrennt sind: Xz = a·x\ + b,
z. B. mit a = 0,5 und b = 1.
Für das Neuron wird die Grenze zwischen Musterklassen durch die Gleichung a = 0 abgebildet, d. h. a = W\X\+ Wzxz - ()= 0 bzw. W\
()
Xz = - - x \ +-. Wz Wz
Aus dem Koeffizientenvergleich mit der Gerade Xz =
~=b Wz Bei
()=
(12.20) a ·x\
+ b folgt:
- W\ =a Wz
2 wird die Grenze korrekt mit den folgenden Gewichten abgebildet:
()
2
Wz =-=-=2 b 1 W\ = -a . WZ = -0,5 . 2 = -1
Die Musterklasse A ist damit durch die Aktivierung a> 0 und den Ausgang Y = + 1 gekennzeichnet. Für die Klasse B ergibt sich a< 0 und damit y = -1. Da dem KNN keine Gewichte vorgegeben werden, ist es die Aufgabe des Lernvorgangs, sie so lange zu verändern, bis die Grenzgerade korrekt abgebildet wird. Als Fehlermaß gilt dabei die Differenz E zwischen dem Ist-Ausgang y und dem SollAusgang d. Der Lernalgorithmus besteht in Änderung von Gewichten, z. B.: W\ (neu) = W\ + TJ·(d - Y)'X\
(12.21)
Wz (neu) = Wz + TJ·(d - y)·xz.
(12.22)
Die Iterationsschrittweite (Lernschrittweite) TJ bestimmt die Konvergenzgeschwindigkeit. Normalerweise gilt: 0 < TJ < 1. Meist wird das Fehlermaß jedoch nicht nach je-
379
12.3 Neuro-Regelung
dem Eingangspaar berechnet, sondern über alle Ein/-Ausgangs-Paare aufsummiert, um den Gesamtfehler E zu minimieren. •
Beispiel 12.9
6
Spl ~--------
Sp3
X----
Gegeben ist ein trainiertes KNN mit der in Bild 12.25 gezeigten Struktur. Die Kennwerte sind:
Sp5
WI = I W2= 0,5 e = I. Das KNN wurde trainiert, die Stabilität eines Kreises in der s-Ebene zu erkennen (Bild 12.26). Dafür sind die folgenden Eingänge dem KNN gesetzt:
'-----~
4
I
I I
-6
2
-4 :-2 I
I I
sN
I I
I
)1(-----
I
6
- - - . (J
I
I I I I
4
=x 1
XI =
-2
x2 = jco.
-4
I
)t------------
-----~
sp2
_6
I
a
Die stabilen Zustände sind durch einen Parameter d = - I und die instabilen durch d = + 1 gekennzeichnet. Es soll das KNN getestet werden.
Bild 12.26 Die Pol-lNullstelen-Verteilung
Zunächst überprüfen wir nacheinander die Eingänge nach dem Bild 12.26. Für die Polstelle SPI ist die Aktivierung nach GI. (12.19)
a=xI+O,5 ·x2-8 = (-6) + 0,5·5 -1 =-4,5.
°
Für a< folgt aus der Transferfunktion y = -1. Da auch d = -1 gilt, ist die Erkennung korrekt. Auch für Polstelle SP3 gibt das KNN die korrekte Antwort:
a=xI+O,5 ·x2-8 = (-3) + 0,5·3 -1 = -2,5
y=-1
y=-1
o~
b)
• ,
o
.",--"-,--""--,----1,,
""
•
.".\,__"_"-",,__-;__--1,,, ""
Bild 12.31 Lernvorgang: a) Beginn mit W =[ 2. -2), b = -0.25; b) Ende nach 5 Schrillen
12.3 Neuro-Regelung
383
12.3.3 Regelkreisstrukturen mit KNN Mit KNN als Regler sind neue Regelkreisstrukturen vorstellbar: •
mit einem Netz als Regler
•
mit zwei Netzen: als Regler und als Beobachter
•
mit einem Regler und einem Netz als Beobachter
Die KNN-Eingänge sind die Zustandsgrößen des Regelkreises, die Ausgänge sind je nach KNN-Funktion entweder Stellgrößen oder Kennwerte des Reglers. Für den Lernalgorithmus wird im Regelkreis eine zusätzliche "Lern-Rückführung" eingebaut, die jedoch zeitlich von der "normalen" Kreis-Rückführung getrennt wirkt. Ein-Netz- Verfahren
Bei der neuronalen Zustandsregelung (Bild 12.32) erhält das KNN an seinem Eingang die Regeldifferenz e(t) und ihre Ableitungen, sowie die Vektoren der Stell- und Regelgrößen y(t) und x(t).
w
1: ~az L
+r- e
w ij
gewüng;hter AUSJang x - + d
---
Regelstrocke
Bild 12.32 Zustandsregelung (Ein-Netz-Verfahren)
Regelkreis überwa::htes Lernen
Da der Ausgang des KNN unmittelbar die Stellgröße y(t) ist, wird das Netz in diesem Fall als Aktionsnetz, kurz A-Netz, bezeichnet. Analog dem Kompensationsregler, wird das A-Netz trainiert, eine inverse Übertragungsfunktion der Regelstrecke I/Gs(s) nachzubilden, d. h. die eigenen Gewichte ltji so einzustellen, dass die Differenz zwischen dem Ausgang d (Sollwert) der reziproken Übertragungsfunktion und dem aktuellen Netzausgang y minimal wird. • BeispieI12.12 Die Regelgröße x(t) ist der Drehwinkel der Rotorachse eines Servomotors (Bild 12.33). Die Regelung erfolgt ohne Überschwingung. überwachtes Lernen
bJJ
"...
bJJ
w+
e
"2
;:l
'" 1;: 'N
'" 1;: 'N
'N
'N
N
N
&:
FAM-Netz
c2
'"
Cl
y
1, T)
K)
x
Bild 12.33 Positionsregelung mit Ein-NetzStruktur (NeuroZustandsregelung)
384
12 Intelligente Regelung
Zwei-Netze- Verfahren Das in Bild 12.34 gezeigte Verfahren ist mit zwei Netzen realisiert. Zunächst wird das Emulatornetz, kurz E-Netz, mit den Ein- und Ausgängen der Regelstrecke trainiert. Danach wird das A-Netz trainiert, wie in obigem Fall der neuronalen Zustandsregelung, jedoch wird hier über das E-Netz gelernt.
Regelkreis
unüberwachtes Lernen
Bild 12.34 Neuronale prädiktive Regelung (ZweiNetze-Struktur) •
Im Vergleich zur klassischen Regelung übernimmt das E-Netz die Rolle eines Beobachters und das A-Netz die eines Reglers.
Beispiel 12.13
y
Die Strecke ist ein Wagen mit dem Pendel, der im stabilisierten Zustand in der Mitte der Laufbahn gehalten werden soll (Bild 12.35). Die Zustandsgrößen sind: - der Winkel des Pendels rp (t) - die Lage des Wagens x(t) - die Ableitung drp(t)/ dt - die Ableitungen dx(t)/dt.
Bild 12.35 Regelstrecke: das inverse Pendel
)-------1.,
"c." Q)
A-Netz
Zustandsgröße
Bild 12.36 Stabilisierung des Pendels mit Zwei-Netze-Struktur
Die Stellgröße y(t) ist die Kraft, die schlagartig auf den Wagen wirkt (z. B. y = ±1O N). Bei der neuronalen prädiktiven Regelung (Bild 12.36) wird keine Untersuchung der Systemdynamik durchgeführt, sondern experimentell die Lerndaten gewonnen. Die Gewichtsänderung findet in einem Bereich von 162 binären Eingangssignalen (6 Bereiche für die Zustandsgröße rp (t) und 3 Bereiche für anderen Zustandsvariablen) statt. Erhöht man die Anzahl von Eingängen, so wird die Trainingszeit verlängert. Ansonsten geht die Qualität der Regelung verloren.
Die gewünschten Ausgänge für das E-Netz sind in Bild 12.36 mit S bezeichnet. Sie werden aus Versuchen mit dem Regelkreis gewonnen. Der Ausgang des E-Netzes d wird zum Lernen des A-Netzes als gewünschter Ausgang (Sollwert) verwendet. Für eine Stellgröße, die zum stabilen Zustand führt, wird d = 0, ansonsten wird d = -1 gesetzt.
12.3 Neuro-Regelung
385
Regler-Netz-Verfahren
w+
e
y
Regler
x
Regelstrecke
Kennwerte des Reglers KpR,
K pR , T v ~
Regelkreis
Eine Regler-Netz-Struktur ist im Bild 12.37 gezeigt. Die Gewichte Wji sind die
~etz I
I
~()
i L
Ll
unüberwachtes Lernen
Tn oder Tv , die für verschiedene Arbeitspunkte des Regelkreises durch das KNN optimal eingestellt werden. Eine weitere Modifikation dieses Verfahrens besteht darin, dass der Regler durch ein A-Netz ersetzt wird.
Bild 12.37 Regler-Netz-Struktur
Duale bzw. hybride Regelkreise So nennt man Regelkreise, die aus konventionellen regelungstechnischen Gliedern mit konstanten Parametern, so genannten LZI-Gliedern (lineare zeitinvariante Glieder, siehe z. B. Abschnitt 11.1) und aus wissensbasierten KNN-Elementen, die sich mit keinen mathematischen Verfahren beschreiben lassen, gebildet werden. Es gibt folgende Verfahren zur Behandlung von dualen Regelkreisen: a) Kooperative Behandlung, wenn KNN offline betrieben wird, d. h. zuerst Lernen, dann Regeln, wie es in obigen Strukturen mit KNN der Fall ist. b) Hybride Behandlung, wenn KNN online als Regler gilt. Dies kann, wie das nachfolgende Beispiel zeigt, nur unter bestimmten Vereinfachungen erfolgen. •
Beispiel 12.14
Eine I-T2-Strecke soll mit einem P-Regler möglichst schnell und ohne Überschwingung geregelt werden. Die Parameter sind gegeben: Kps = 1,6, Tl = 0,1 s, T2 = 0,5 s, Krs = 0,2 S-l. Den Entwurf des Regelkreises beginnen wir mit konventionellen Methoden und ermitteln zuerst den Proportionalbeiwert KpR des P-Reglers nach dem Betragsoptimum. Aus der Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises: Go(s)
KpRKpSKIS
=_------'-''-0...--''--''------''''_
s (1 + sTI )(l + sT2 )
mit der Ersatzzeitkonstante TE = Tl
+ T2
= O,6s ergibt sich die optimale RegIereinsteIlung:
1
I
2 ·1,6 . O,2s - ·O,6s
= 2,6
Dann ergänzen wir den Regelkreis mit Neuro-Fuzzy-Elementen, wie in Bild 12.38 gezeigt ist. Die Fuzzifizierung erfolgt mit Hilfe von drei Parallelzweigen. Die Inferenz ist durch die KNN-
386
12 Intelligente Regelung
Algorithmen mit der anschließenden Addition ersetzt worden. In jedem Zweig sind P-GliedcT
vorhanden. die aus den oben berechneten optimalen Wert KpR = K = 2.6 crmiuclt werden. z. B. rur den mittleren Zweig 05K = 1.3.
Saturat,on (0,1)
W sn=1 b:szO
'.6 0.18+1
Imegrato,
Rege).
Pure linear
W NU=OEIS D_NU=O 05
S, Graph,
8ild 12.38 Wirkungsplan des Regelkreises mit Ncuro-Fuzzy-Reglcr in MATLAB/Simulink
Mit Fuzzy- und Neuro-Elementen kann die Kennlinie des Reglers an
06 P.R&gler
05
" 05
'~'7/
01
"
"
,
,
6
,
,~
"
die Strecke besser angepasst ....'crden. Zu diesem Zweck ist im mittleren Zweig das lineare Neuron Pure fil/ear mit kleinerer Steigung der Kennlinie als die bei den beiden Tal! sigmoid Neuronen eingestellt. Die Saturation-Neuronen mit Gewichten IVjl1 = -w..../JIl bilden die benötigten S3ttigungsabschnitte des Fuzzy-Sets. Die Gewichte IV und Bill.\' (Schwellenwert) bund - b richten sich nO
-:: :::;:::..,
':::::::!::--U ."'...~~-
X,
Wirbelpunkt
Xl
Sauelpunkt
~~ ~~ -
----------
t
______________
Tabelle 13.2
t
---------
------------ -
t
----
-----
----
______________
-
Zustandskurven bei ao = 0 oder al = 0 ao= 0
al=O
dX2 -=-a[ dx[
x2dx2 = -aOx[dx[ 2
2
~+~=l
x2 =-ajx+C
aoC
C
I
II
III
IV
al>O
al 0
ao< 0
X2
~ "'-
XI
~~ stabil
t
~ Xl
instabil
-. 11 XI
Wirbelpunkt
o
Xl
Asymptotisch instabil
392
13 Zustandsregelung
Tabelle 13.3
Knotenpunkte bei der Bedingung
I
II
al > 4ao IV
III
al>O
ao> 0
al 0
al>O
aoO
K2 O.
414 •
13 Zustandsregelung
Beispiel13.14
Die Matrix [10 11 12; 1 2 3; 4 5 6] hat Eigenwerte Al ist somit positiv semidefiniert. Die Matrix [2 0 0; 0 0 2; 0 0 1] hat Eigenwerte Al definiert.
= 16,9373; A2 = 1,0627; A3 = 0 und
= 1; A2 = 2; A3 = 2 und ist somit positiv
13.5.1 Optimale Zustandsrückführung Die Aufgabe der optimalen Regelung besteht darin, eine Steuerung u*(t) so zu finden, dass das Kriterium 1 minimal wird. Zur Lösung dieser Aufgabe wird es zuerst angenommen, dass die Strecke bzw. das System A stabil ist; der Anfangswert des Intergralkriteriums 10 = 0 ist und dass u(t) = 0 ist. In diesem Fall gilt:
1=
fo '
xO' e A't
. Q .e At xO' d t =
'-".-'
'-,--'
x'
X
f'
xO'
0
f
e A'tQe At . xO' d t = Xo' e A'tQe Atdt· Xo '--------v-----
'--------v-----
PoP
bzw. (13.29) unter Beachtung
P = feA'tQeAt dt.
(13.30)
o Die nachfolgende schrittweise Bearbeitung der GI. (13.30)
P= feA'tQeAtdt=eA'tQA-leAtl~- fA'eA'tQA-leAtd
o P = -QA -I
0
-
A' feA'tQeAt dt. A- 1
o
'-".-'
P
P =-QA-1-A' PA- 1 führt zur Gleichung
A'P+PA=-Q,
(13.31)
die als Ljapunow's-Gleichung genannt wird.
Ist ein geschlossenes System H = A - BK mit Zustandsrückführung K, mit dem Eingang u = -K x und mit folgenden Systemgleichungen gegeben
13.5 Optimale Zustandsregelung nach LQ-Kriterien
415
x=Ax+Bu y=c x,
so wird die Ljapunow's Gleichung wie folgt aussehen:
H'P+PH=-Q, wobei Q = KRK ist. Daraus wurde folgende Gleichung hergeleitet
A'P+PA-PBR-1B'P+Q=O, die als Riccati-Gleichung bekannt ist.
Die optimale Regelung wird erreicht, wenn die Lösung der Riccati-Gleichung, nämlich die Matrix P, in die Gleichung K =R-1B'P eingesetzt wird. Das ist die gesuchte Zustrandrückführung, die zum minimalen Wert des LQ-Kriterums führt. •
Beispiel13.15
Gegeben ist das System
A=(~~) B=(~)
C=(l 0)
D=O.
Gesucht ist die Zustandsführung K, bei der das LQ-Kriterium mit gegebenen Gewichtsmatrizen
Q =( ~
~) und R =1
minimal wird. Die Lösung mit MATLAB-Skript: A=[Ol;OO];
% Eingabe der Systemgleichungen
B = [0; 1]; C = [1 0]; D = 0; xO
= [1; 0];
% Anfangsbedingung
System = ss(A,B,C,D);
% Systemgleichungen ohne Zustandsrückführung
rankectrb(System))
% Prüfung der Beobachtbarkeit
Q = [2 1; 1 2];
% Eingabe der Gewichtsmatrix Q (positv semidefiniert)
R
= 1;
[K, P, E] = lqr(A, B, Q, R);
% Eingabe der Gewichtsmatrix R (positiv definiert) % Minimierung des LQ-Kriteriums
H=A-B*K; cl = ss(H, B, C, D);
% Das geschlossene System mit der Zustandrückführung
J = xO'*P*xO
% LQ-Kriterium
initialecl, xO)
% Grafische Ausgabe der Sprungantwort
13 Zustandsregelung
416 Die Ergebnisse: K = [1.4142
2.1974]
J = 7.1333
P = [2.1075 1.4142; 1.4142 2.1974] Die Eigenwerte des geschlossenen Systems: E = -1.0987 ± 0.4551 i
13.5.2 Entwurf eines optimalen Beobachters Die Berechnung der Rückführmatrix Leines LQ-optimalen Beobachters erfolgt genau so, wie die Berechnung der optimalen Zustandsrückführung K: [K, P, E] = Iqr(A, B, Q, R); Jedoch anstelle Matrix A kommt die Matrix A' und anstelle Matrix B die Matrix C' zum Einsatz, d. h. [K, P, E] = Iqr(A', C', Q, R); L=K' •
Beispiel13.16
Gegeben ist das System D=O.
Gesucht ist die Zustandsführung K, bei der das LQ-Kriterium mit gegebenen Gewichtsmatrizen
0)
R=(O.1
°
0.1
minimal wird. Die Lösung mit MATLAB-Skript:
o -1];
A = [0 -1 2; -2 -5 0; -6 B=[31;02;43];C=[1
% Eingabe der Systemgleichungen
-1; 2 -12]; D=O;
System = ss(A,B,C,D);
% Systemgleichungen
rank(ctrb(System))
% Prüfung der Beobachtbarkeit
Q = [2 0 0; 0 2 0; 0 0 1];
% Eingabe der Gewichtsmatrix Q (positiv semidefn.)
R= [0.1 0; 0 0.1];
% Eingabe der Gewichtsmatrix R (positiv definiert)
[K, P, E] = Iqr(A', C', Q, R);
% Minimierung des LQ-Kriteriums
L=K'
% Umrechnung Laus K (Transponieren)
3.2442 Das Ergebnis: L= [
0.1207
2.1145 ] -0.5387
-3.7540
2.7161
417
14 Regelkreisanalyse mit MATLAB I Simulink Generell ist zwischen einer offline- und online-Simulation zu unterscheiden, obwohl sich die Grenze immer mehr verwischt. Dabei ist Folgendes zu beachten: •
Die offline-Simulation wird mit reellen Zeitkonstanten des Regelkreises parametriert, der Verlauf der Simulation wird im PC beschleunigt oder verlangsamt.
•
Die online-Simulation, auch Echtzeit- oder HIL-Simulation (Hardware-in-theLoop) genannt, ist eine 1: I-Abbildung des untersuchten Regelverhaltens. Wie die Bezeichnung HIL besagt, muss dafür eine physikalische Anlage oder deren Hardware-Modell mit der gerätetechnischen Anbindung an PC vorhanden sein.
Als Simulationswerkzeug für das Buch wurde MATLAB (Vertreiber MathWorks GmbH Deutschland) gewählt. Dies von der Industrie und Forschung anerkannte Programm wurde 1970 an den Universitäten von New Mexico und Stanford entwickelt. Die Software besteht aus einem Basismodul und etlichen Toolboxen für regelungstechnische Anwendungen, wie Control System, Optimization, Signal Processing, Fuzzy Logic, Neural Network. MATLAB verfügt über eine interaktive Benutzeroberfläche und einen Interpreter, so dass die textuellen Befehle direkt ausgeführt und die Quellcode-Dateien abgearbeitet werden können. Aus MATLAB können andere C-Programme aufgerufen werden. Das Regelkreisverhalten kann offline und online mit Programm-Tools wie Matlab, Simulink und Stateflow analysiert, eingestellt und visualisiert werden. In diesem Abschnitt wird auf die Grundbefehle des Basismoduls und die Menüs des MATLAB/Simulink-Programms sowie auf die Befehle der Control System Toolbox eingegangen. In den nachfolgenden Abschnitten werden auch Fuzzy Logic Toolbox und Neural Network Toolbox behandelt.
14.1 Grundlagen der MATLAB-Programmierung Wie die Abkürzung MATLAB (Matrix Laboratory) besagt, ist das Basismodul für die Operationen mit (m, n) - Matrizen wie Multiplikation oder Eigenwertberechnung geeignet. Da die skalaren Matrizen der Dimension (1, 1) sind, umfasst das Basismodul alle elementaren mathematischen und logischen Funktionen. Nach dem Aufruf des Programms öffnet sich das Fenster des Basismoduls (Workspace) und wartet auf eine Eingabe mit einem Prompt ». In diesem MATLAB-Command Fenster wird der Programmtext eingetragen oder die Funktionen aufgerufen. Alle vorher ausgeführten Anweisungen werden in einer Liste gespeichert und können von der CommandHistory in das MATLAB-Command Fenster kopiert werden. Die Blockset-Erweiterung von MATLAB ist die Toolbox MATLAB/Simulink, die über eine graphische Oberfläche zur Eingabe von Wirkungsplänen und zur Ausgabe von Simulationsergebnissen verfügt. Die Ergebnisse können durch einen Oszilloskop-
S. Zacher M Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-9837-1_14, © Vieweg+Teubner Verlag I Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
418
14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
Block in das Basismodul übertragen und dort weiter bearbeitet werden. Die Toolboxen oder die Hilfe dazu kann man durch die Eingabe im Workspace aufrufen, z. B. »simulink oder »help fuzzy
Variablen und Datentyp Die Variablen sind Zeilenvektoren (1, n), Spaltenvektoren (m, 1) und Matrizen (m, n). Matrizen werden durch eckige Klammern umrahmt dargestellt, die Spalten werden dabei durch ein Komma, ein Leerraum oder einen Zeilenvorschub voneinander getrennt, z. B. für eine Matrix mit m = 2 und n = 3 G=
lall al2 al31 a21
a22
a23
gilt: » G = [a11, a12, a13; a21, a22, a23j;
oder »G= [
a11
a12
a13
a21
a22
a23];
Wie bei den Feldern üblich, kann auf die Elemente einer Matrix durch Indizes zugegriffen werden. Durch Eingabe G(1, 2) wird z. B. das Element a12 aufgerufen. Die Variablen dürfen aus 31 Zeichen bestehen, das erste muss eine Buchstabe sein. Es wird zwischen Groß- und Kleinbuchstaben unterschieden, was mit » casesen off
oder »casesen on
unterdrückt oder aktiviert werden kann. Nach jedem Befehl werden die Ergebnisse ausgegeben, es sei denn, sie sind mit einem Semikolon abgeschlossen, z. B. » y = 5 * sin (4 * pi * t);
Die Konstante pi ist vordefiniert. Auch imaginäre Zahlen sind durch Variablen i oder j vordefiniert, was die Operationen mit komplexen Zahlen durchführen lässt, z. B. die
Summe von zwei komplexen Zahlen SI = al + jbl und S2 = a2 + jb2: » s1
=
a1 + i * b1; s2
=
a2 + i * b2; s3
=
s1 + s2;
Von den vordefinierten Variablen soll noch eps erwähnt werden. Sie besitzt einen Wert von 2.2204e - 016, ist damit sehr klein und wird benutzt, um die nicht zugelassenen Operationen wie Dividing by zero zu vermeiden. Standardmäßig sind alle Variablen vom Datentyp Double Real mit 64 Bit (fließkommazahlen mit doppelter Genauigkeit). Ohne Formatierung werden die Zahlen normalerweise mit 4 NachkommastelIen ausgegeben, es sei denn, dass der auszugebende Wert zu klein ist. In diesem Fall wird automatisch auf die Ausgabe mit Exponent umgeschaltet. Die Ausgabe von Zahlen kann man auch mit dem Befehljormat ansteuern: » format lang e; omega
wird die Variable omega in Exponentenform und mit dem Befehl » format lang; phase
die Variable phase mit 14 NachkommastelIen ausgegeben.
14.1 Grundlagen der MATLAB-Programmierung
419
Befehle und Funktionen Die mathematischen Ausdrücke werden in Ausgabevariablen gespeichert, z. B.: »a »
= 2.4;
b = a + 1.2
oder mit der vordefinierten Variable ans, wie answer, ausgegeben, z. B. » a ans
= 2.4
In einer Zeile können mehrere Befehle eingegeben werden. Der Übertrag eines Ausdrucks in die nächste Zeile erfolgt durch Eingabe von drei oder mehreren Punkten: » Re = -D * cos (alfa); Im = omega * (1-...
D) * 0.4;
Für nachfolgende Beispiele mit Matrizen-Operationen sollen zuerst m = 2 und n = 3, sowie die Matrizen G =[1,2,3; 4, 5, 6] und Q = [1, 2; 3, 4] eingegeben werden. MATLAB-Befehl
Matrixfunktion Dimension
»size (G)
Rang
» rank (G)
Diagonale
Ausgabe »ans
= 2 3
»ans
=
»ans
=
2 1
»diag (G)
5
Determinante
»deI (0)
Inverse Matrix
»inv (0)
»ans
-2 -2.0000
=
»G'
Einheitsmatrix der Dimen» eye (size (0)) sion (m, m) bzw. size(Q)
1.0000
1.5000 -0.5000 »ans
Transponierte Matrix
=
»ans
1 2
4
3
6
1
5
= 0
0 1
Spezielle (m, n)-Matrix, » ones (m, n) die nur Einsen enthält
1 1
1 1
1 1
Spezielle (m, n)-Matrix, » zeros (m, n) die nur Nullen enthält
0 0
0 0
0 0
Zufallsmatrix (m, n)
» rand (m, n)
0.8310 0.0346
0.0535 0.5297
0.6711 0.0077
420
14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
In einer Zeile können mehrere Befehle eingegeben werden. Der Übertrag eines Ausdrucks in die nächste Zeile erfolgt durch Eingabe von drei oder mehreren Punkten: " Re = -D * cos (alfa); Im = omega * (1-... D) * 0.4;
Eine Übersicht der im Programm vorhandenen Variablen wird mit dem folgenden Befehl in Form einer Liste erstellt: " who
Wie es bei höheren Programmiersprachen üblich ist, bietet MATLAB die Steuerkonstrukte wie bedingte Anweisungen (if... else if. .. else), Auswahlanweisungen (switch. .. case), bedingte Schleifen (while... end) und Zählschleifen (for... end) an, z. B.: »
for i
=
1 : 60
xk = 2 + c1 * (z1
A
k) + c2 * (z2
A
k)
bar (k, xk, 'w') hold on end
Neben arithmetischen Operationen gibt es Vergleichsoperationen wie< (d. h. kleiner als) und logische Operationen &, -, I (UND, ODER, NOT). Mit diesen Befehlen werden z. B. die Elemente von Matrizen Gl und G2 wie folgt gebildet: " A = [ 2, 5; 0, 4 ];
% Eingabe: Matrix A
" B
% Eingabe: Matrix B
= [
0, 3; 0, 1 ];
" G1 = A & B
% Ausgabe: G1 = [ 0, 1; 0, 1 ]
" G2 = AlB
% Ausgabe: G2 = [1 1; 0 1 ]
Die Zeilen mit % sind Kommentarzeilen.
Erstellen von Programmen und Funktionen Mit MATLAB kann man einzelne Befehle im interaktiven Modus benutzen oder eine Befehlsfolge wie ein Programm (Matlab-Skript) zusammenfassen. Das Programm kann mit dem MATLAB- oder einem beliebig anderen Texteditor geschrieben und in einer rn-Datei, mat-Datei oder ASCll-Datei abgespeichert werden. Die Datei mit der Erweiterung *.m kann mit dem Menü-Befehl File/New erstellt und abgespeichert werden, z. B. aufgabe.m. Diese Datei wird dann mit dem DOS-Befehl " aufgabe
% Aufruf von rn-Datei
wieder geladen oder mit Menü-Anweisung File/Open geöffnet. Einige nützliche Befehle für die Dateienverwaltung sind unten zusammengefasst. MATLAB-Befehl
Wirkung des Befehls
" fprint (id, 'info', X)
Ausgabe der Variable X aus der ASCII-Datei mit dem Identifikator id in eine Textdatei
" id = fopen (aufgabe.dat,'w')
Datei aufgabe.dat öffnen
"fclose (id)
ASCII-Datei mit dem Identifikator id schließen
14.2 Grafik mit MATLAB
421
14.2 Grafik mit MATLAB Ein leeres Grafik-Fenster wird in MATLAB figure genannt. Ein Grafik-Fenster kann in mehrere Unterfenster, subplot, unterteilt werden. Die Parameter von figure sind Nummer, die Parameter von subplot sind die Koordinaten zeile, spalte, zähler. Grundbefehle der Grafik-Operationen Befehl »
figure [(h)];
»
plot (y);
»
subplot (212);
»gcf
» legend (5, p)
Wirkung des Befehls Ein neues Fenster unter der laufenden Nummer h (handle) öffnen bzw. ein vorhandenes Fenster Nr. h aufrufen Die Grafik der Variable y erstellen Das Ausgabefenster wird in zwei Teilfenster unterteilt. Position des aufgerufenen Fensters ist: 2. Zeile, 1. Spalte, Zähler = 2 Aktuelle Nummer eines Grafik-Fensters (get handle to currentfigure) anzeigen Eine Box für Text-Kommentar mittels s (String) auf der p Position erzeugen. Es gilt für die Position: 1 oder 2 - rechte oder linke obere Ecke; 3 oder 4 - untere Ecke usw.
» box on
Die Rahmen eines Diagramms erstellen
» box off
Die Rahmen eines Diagramms löschen Einstellen von Bereichen der Koordinaten-
» axis [(-5 2 -4 4)];
achsen (Xmin, x max, Ymin, Ymax)· Hier ist: -5< x< 2 und -4 < Y < 4
» titel ('Bode-Diagramm');
Überschrift der Grafik
» text (-2, 1, '51 ');
Beschriftung in einer Grafik: den Text sI unter x =-2 und Y = 1 positionieren
» xlabel ('Re'); » ylabel ('Im');
Beschriftung der Achsen. Hier ist Re für die x-Achse und 1m für die y-Achse
» grid
Gitternetz anzeigen
» hold on
Eine neue Grafik zu einer vorhandenen Grafik hinzufügen (Überlappung)
» hold off
hold on-Betrieb abschalten
» elf
Aktuelle Fenster löschen (cleare current jigure), früher » elg
» delete (figure(2));
Fenster Nr. 2 löschen
» clase (3); oder »clase all;
Fenster Nr. 3 oder alle Fenster schließen
422
14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
Die Skalierung kann mit semilogx und semilogy im logarithmischen Maßstab der xund y-Achse sowie die Ausgabe in Polarkoordinaten mit polar(Winkel, Radien, Optionsparameter) erfolgen. Mit loglog werden die beiden x- und y-Achsen logarithmisch skaliert. Für die graphische Darstellung zweidimensionaler Daten gibt es folgende Möglichkeiten: Balkendiagramm bar (x, y), Liniendiagramm stem (x, y, format), Treppenkurve stairs (x, y), Histogramm hist (x, y), Fehlerintervall errorbar (x, y, I, u ).
Speichern und Drucken eines Grafik-Fensters Zum Drucken und zur Speicherung vonfigures ist der print-Befehl mit Syntax »
print [ -ddevice] [ -options] dilename>
geeignet. Nur einige Optionen dieses Befehls sind in nachfolgender Tabelle erwähnt. Befehl » orint -f1; » print -f1 -dmeta 'grafik_1 '; » print -f1 -dmeta -append 'bild'; » print -f1 -depsc 'grafik_1 ';
Wirkung des Befehls Figure I auf dem Standarddrucker ausgeben Figure I in Metafile-Format als Datei grafik_I. emf speichern Figure 1 in die Datei bild.em! senden, nicht überschreiben Figure I in Color PostScript als Datei grafik_I. eps speichern
Grundformen des plot-Befehls Es gibt mehrere Optionen des plot-Befehls, einige davon sind unten aufgeführt. •
Mit dem Befehl plot(Y), wobei Yeine (m, n)-Matrix ist, werden die n Spalten als Vektoren betrachtet und die m Vektoren hintereinander dargestellt.
•
Sind x und y zwei Vektoren gleicher Art, z. B. zwei Spaltenvektoren (n, 1) mit Elementen Xl, x2, ... Xn und YI, Y2, ... Yn, so werden mit dem Befehl plot(x, y) die Punkte mit Koordinaten (Xk, Yk) durch Linien verbunden.
•
In der Grundform plot(t, y) wird die Variable y(t), z. B. y = sin(2m), grafisch dargestellt.
•
Mit dem Befehl plot(t, yl, t, y2) kann man zwei Signale yl(t) und y2(t) in einem Bild darstellen, allerdings sollen die Farbe, Art der Linien oder die Markierung der Punkte zusätzlich gewählt werden.
•
Der Befehl plot([y1', y2'], t) erstellt eine Grafik, die die Ausgabe des Befehls plot(t, [y1 " y2' J) um 90° gedreht darstellt (gilt nur ab Version 5).
•
Ist Z eine Matrix mit komplexen Elementen, so wird mit dem Befehl plot(Z) der Imaginärteil abhängig vom Realteil in der komplexen Ebene abgebildet, z. B. » a1 = 1; »Z=[a1
b1 = 2; i*b1];
»plot (Z)
Nachfolgend werden die Grundformen von plot anhand von Beispielen erläutert.
14.2 Grafik mit MATLAB
423
Darstellung eines Vektors Im Fall y = [all] wird mit plot(y, ' *') ein Punkt * unter x = 1 und y = all positioniert. Im Fall n = 2 (zwei Spalten) wird der Vektor y = [all, alz] wie in Bild 14.1 gezeigt abgebildet.
3.5
2.5
1.5
»
% Befehle
»
y = [0 4] ;
»
plot (y)
0.5 O~-~--~-~--~_-----.J
1.2
I
1.4
1.6
1.8
Bild 14.1 Vektor y = [all, al2] mit zwei Spalten
Farbzeichen und Linientypen Für Variablen x, y können mit dem plot - Befehl die Farbe, der Linientyp und die Markierung der Punkte eingestellt werden.
'b' 'c' 'g' 'k'
= = = =
blue cyan green black
Farbzeichen 'm' = 'r' = 'w' = 'y' =
magenta red white yellow
, , , , --
' .' , , -
Linientypen = = = =
Punkten-Markierung
solid dashed dotted dash-dot
'+'
' , , , --
'*'
Bild 14.2 zeigt die Ausgabe eines Programms, das die Punkte mit den Koordinaten (xl, yl), (x2, y2) und (x3, y3) durch Geraden mit Farbe black verbindet. 1.8 1.6 1.4
»% Befehle
1.2
» X = 0.8 0.6 0.4
[0 1 4];
»
y = [0 1 2];
»
plot (x, y, , k ')
0.2 0
0
0.5
Bild 14.2
1.5
2.5
3.5
Verbindung von 3 Spalten bzw. Punkten (0, 0), (1,1) und (4,2)
424
14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
Darstellung eines Signals im Zeitbereich Die Eingabe einer Zeitspanne erfolgt durch die Anweisung »
1 = O:della:max,
wobei delta für die Schrittweite und max für die rechte Grenze des Zeitrasters steht. In Bild 14.3 ist die Ausgabe eines Programms gezeigt, das erst im Zeitraster 0< t< 1 ein harmonisches Signal y( t) erzeugt und dann zu einer horizontalen Linie übergeht.
" % Mallab-Programm »
1 = 0:0.01 :1;
" y1 = 5*sin(4*pi*I); »
plol (I, y1);
" hold on;
»x = [0 0] ; " plOI (x, 'k'); 1.5
Bild 14.3
Verknüpfung von zwei Signalen
Pol-Nullstellen-Darstellung Für die Ausgabe einer Matrix G mit komplexen Elementen ist die explizite Form des plot-Befehls geeignet, z. B. mit Farbe- (black) und Punkten- (0) Markierung: " plOI (real(G), imag(G), 'ko');
Bild 14.4 zeigt die grafische Darstellung von Pol- und Nullstellen eines Regelkreises mit der Übertragungsfunktion
0.8 0.6
o
0.4 0.2
G(s) = Z(s) .
o
Q
N(s)
·0.2 -0.4
o
-0.6 ·0.8 -1
'-----~--~--~--_---'
·0.6
-0.5
Bild 14.4
·0.4
-0.3
·0.2
Unten ist das entsprechende MATLAB-Programm gegeben. Die Bereiche der x, y-Achsen werden vom Programm automatisch eingestellt.
Pol-Nullstellenverleilung
»
N = [ -0.5 +0.5*i, -0.5 -0.5*i, -0.2+i, -0.2-i, -0.4];
»
Z = [-0.6, -0.3];
»
plOI (real (Z), imag (Z),' wo', real (N) , imag (N), , k * , )
14.2 Grafik mit MATLAB
425
Manuelle Bereichseinstellung
Mit Hilfe der Funktion A = axis, die mit vier Parametern [Xmin, xmax , Ymin, Ymax] definiert wird, können die Bereiche manuell eingestellt werden. Um z. B. nur die Grenzen Xmin und Ymax gegenüber der automatischen Bereichseinstellung zu ändern, könnte der Aufruf der Funktion wie folgt aussehen: »
axis ( [ -6, A(2), A(3), 5] );
3D-Darstellung
Erweitert man den plot-Befehl zu »
plot3 ( x, y, z, 'k * , );
so wird die Grafik dreidimensional mit schwarzen Punkten * ausgegeben. Ein Beispiel der nichtlinearen statischen Kennlinie, die für 50 Punkte berechnet wird, »
x=(0:50) / 10;
»
plot3 ( ( 1-x ), ( 3*x ), ( 1-0.5*x ).*( 1-0.5*x ),' k- ' )
ist in Bild 14.5 gezeigt. Mit dem Befehl »
[X, Y] = meshgrid (x, y);
wird aus Variablen x und Y eine Matrix berechnet, deren Zeilen und Spalten die Vektoren x, Y sind. Eine Funktion, z. B. W = (Y - 1).* (X - 1) + Y.* X;
kann mit folgenden Grafikfunktionen als Maschenund Kachelplots dargestellt werden:
2.5 2
1.5
0.5
o
15
10
o
5
o Bild 14.5
2
-2 -4
3D-Grafik mit demplot3-Befehl
»
contour (X, Y, W, N);
2D-Darstellung mit N Konturlinien
»
contour3 (X, Y, W);
3D-Höhenlinienplot (perspektivisch)
»
mesh ( X, Y, W );
3D-Gitterdarstellung
»
surf ( X, Y, W );
3D-Flächen (Kachelplot)
Editieren von Grafiken
Die Grafiken in Plotfenster (Figure) lassen sich mit dem MATLAB-Editor getrennt als fig-Datei abspeichern, perspektivisch manipulieren (View/Camera Toolbar) und für das Erstellen der Dokumentation nachbearbeiten (Tools/EditPlot oder Insert usw.). Beim Drucken ist File!Preferences/Figure Copy Template!Copy Options zu beachten.
426
14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
14.3 Control System Toolbox Diese Toolbox ist ein Zusatz zu MATLAB für regelungstechnische Aufgaben. Die Ermittlung von Kennlinien erfolgt mit dem Control System Toolbox einfach durch Aufruf von Funktionen, die wahlweise unten gezeigt sind. Contral System Toolbox Funktion
Wirkung
»
step
Sprungantwort
»
dstep
Sprungantwort eines digitalen Kreises
»
impuls
Gewichtsfunktion
»
nyquist
Ortskurve
»
bode
Bode-Diagramm
»
roots
Wurzeln der charakteristischen Gleichung
»
pzmap
Pol-lNullstellenverteilung in der s-Ebene
»
rlocus
Wurzelortskurve
Dem Benutzer wird es lediglich überlassen, die Übertragungsfunktion des zu untersuchenden Regelkreises G(s)= Z(s) N(s)
in eine entsprechende Form zu bringen. Grundsätzlich gibt es dafür drei Möglichkeiten, die nachfolgend anhand von Beispielen erläutert werden: sm
+ b rn-I s m-I + ... + b 2 s 2 + b 1s + b 0
•
Polynomform
G(s) =
•
Pol/Nullstellen-Darstellung
(s - sN! )(s - sN2 )...(s - sNrn) G( s) = K 0 -------'=.:...-'-------'-""-'---'-----"-'-"''-'-(s-spI)(s-sP2) (s-spn)
•
Linearfaktoren-Form
G(s)=K
1
2
sn +an_IS n- + ... +a2s +aIs+aO
(1 + sTNI )(1 + sTN2 ) (1 + sTNm) (1 + sTpi )(1 + sTP2 )... (1 + sTpn )
.
Polynomform Hierfür werden Zähler und Nenner der Übertragungsfunktion als Polynome dargestellt, z. B. 2
G(s) = Z(s) = 2s +s+1 N(s) s3+7s2+9s+1'
die dann im MATLAB als Vektoren eingegeben werden: » »
num = [2 1 1]; den = [1 7 9 1];
14.3 Contral System Toolbox
427
Für ein P-T2-Glied G(s) =
1
a
.
mIt D=s2+ 2a . s +ß2 ß
ist eine spezielle MATLAB-Funktion ord2(ß, D) vorhanden. Sind z. B. und D = 0,5, so wird die Übertragungsfunktion wie folgt eingegeben: »
Inum, den]
ß = 2,0
S-l
ord2 (2.0, 0.5);
=
Ein Totzeitglied Tt wird mit einer Pade-Funktion n-ter Ordnung appraximiert: G(s)=e
-sr.t =1-sT +-(sT 1 2 1 3 t t ) --(sTt ) + .... 2!
3!
Die MATLAB-Funktionpade (Tt, n) ist z. B. für die Totzeit Tt = 0,5 sund n = 1: »
Inum, n]
=
pade (0.5, 1);
Die Beispiele von MATLAB-Funktionen für die Polynomform sind unten gegeben. Contral System Toolbox Funktion
Wirkung
»
bode (num, den)
Erstellen des Bode-Diagramms
»
dCQain (num,den)
Berechnung der Kreisverstärkung Ko bzw. G(Q)
»
printsys (num, den)
Bildschirmausgabe der Übertragungsfunktion
»
step (num, den)
Ermittlung der Sprungantwort
Pol-Nullstellen-Darstellung Eine durch Pol- und Nullstellen vorgegebene Übertragungsfunktion (s - sNl )(s - sN2 )... (s - sNm)
G(s) = K 0 --'--'-"----------''-=---------'-'-'-''---(s-spl)(s-sp2) ... (s-spn)
wird mit der Funktion zp2tfin eine Polynomform transferiert: = I sN1 p = [sP1 »k = Ko; » Z »
»
I num, den]
sN2 ... sNm]; sP2... sPn]; =
zp2tf ( z, p, k);
Normalform mittels Linearfaktoren Liegt die Übertragungsfunktion zerlegt in Linearfaktoren vor: G(s)=K
(1 + sTNl)(1 + sTN2 ) ...(1 + sTNm)
(1 + sTpI )(1 + sTP2 ) ... (1 + sTpn )
,
so sollte sie entweder in Polynomform oder Pol-/Nullstellen-Darstellung umgewandelt werden. Im letzten Fall werden die Pol- und Nullstellen ermittelt:
428
14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink 1
Zl = - - TNI
1
PI=--
Tpl
Z2
1
=---
T N2 1
P2=-TP2
die dann mittels der Funktion zp2tjin die Polynomform transferiert werden: " z = [z1 z2 ]; » p = [p1 p2 ]; » k = K * (TN1 * TN2 *... ) / (TP1 * TP2 *... ); » [ num, den] = zp2tf (z, p, k); •
Beispiel 14.1
Es soll die Sprungantwort eines P-Tl-Gliedes K pS K pS G S (s) = - - bzw. G S (s) = -------"--"-----1+ sTI Tl (s + sPl)
k
s
+ sPI
mit Kennwerten KpS = 2 und Tl = 0,5 s simuliert werden. Das MATLAB-Programm lautet: » z = [ ];
% keine Nullstellen
»p
= [-2]; % Polstelle bei -1/T1 »k = 4; % Proportionalbeiwert k = KPSIT1 » [ num, den] = zp2tf (z, p, k); » step (num, den); Alternativ dazu kann man die Übertragungsfunktion in Polynomform darstellen
GS(s)=
°.s + K
PS
1 + sTI
=
°.
s +2 . 0,5 . s + 1
Dann sieht das MATLAB-Programm wie folgt aus: »num= [0 2]; »den = [0,5 1]; » step (num, den) ~ Aufgabe 14.1 Gegeben ist die Übertragungsfunktion des geschlossenen Kreises
G(s)=
KO , (s - sPI )(s - sp2)
mit Ko =0,041, Sp! = -0,29, Sp2 = -0,11. Die Sprungantwort des Kreises soll simuliert werden. ~ Aufgabe 14.2 Die Übertragungsfunktion des geschlossenen Regelkreises
KO G(s) = -2-2-=----s T 2 + sTI + 1 mit K o = 0,4, Ti = 0,1 s 2 und Tl = 0,6 s ist gegeben. Gesucht ist die Sprungantwort.
14.4 Bode-Diagramm mit MATLAB
429
14.4 Bode-Diagramm mit MATLAB Das Bode-Diagramm kann mit dem MATLAB-Basismodul programmiert oder mit dem Contral System Toolbox aufgerufen werden.
Programmieren mit Basismodul Das nachstehende Programm enthält MATLAB-Befehle zur grafischen Darstellung des Bode-Diagramms eines P-TI-Gliedes im Frequenzbereich 10-2 s-1 bis 104 s-1: G(jOJ) =
K , 1+ jOJT
mit K = 10 und T = I s. Der Amplituden- und Phasengang werden nach rp( m) = - arctan mT
berechnet und im logarithmischen Maßstab in zwei Fenster ausgegeben. Programmtext »
title ('Bode-Diagramm eines P-T1-Gliedes');
»
K = 10;
»
T
=
» W =
1; logspace(-2,4);
% Überschrift der Grafik % Eingabe von Parametern % Eingabe des Frequenzbereiches
OJ
von 10-2 s-l bis 104 s-l.
% Argument mT
»
om
»
absG1
»
= 20*log1 O(K); absG2 = -1 0*log1 0(1 +om.*om); absG = absG1 + absG2;
% Berechnung des Amplitudengangs % und Umrechnung mittels % lOer Logarithmen in Dezibel
»
subplot(211);
% Das erste von zwei Fenstern öffnen
»
semilogx(om, absG);
% Ausgabe des Amplitudengangs % im halblogarithmischen Maßstab
»
grid;
% Gitternetz anzeigen
»
subplot(212);
% Das zweite Fenster öffnen
»
phi
»
semilogx(om, phi*180/3.14);
% Ausgabe des Phasengangs % im halblogarithmischen Maßstab % in Grad
»
grid;
% Gitternetz anzeigen
»
=
w*T;
Kommentar
= -atan(om);
% Berechnung des Phasengangs
14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
430
•
Beispiel 14.2
Das Bode-Diagramms eines Totzeitgliedes G(s) = e -sTt
mit T t = 0,5 s soll im Frequenzbereich 0,01
S-l
-4
"
'.'1 I
~ .- .-
,_.-_.--
-2
-J
1-" .- .-
I I I L..l.-l
:: ::::~
'Eil ~
I I I I -l I I
-1
-:3
Reelle Achse
Bild 14.10 WOK nach Einführung einer Nullstelle SN] = -0,67 und einer Polstelle Sp4 =-6 Zum Testen der Entwurfsergebnisse im Zeitbereich kann die Sprungantwort simuliert werden:
= 25.9443; z = [- 0.67]; »
k
P = [-3.0000 + 1.0000 i -3.0000 + 1.0000 i - 6 [num1 ,den1] = zp2tf (z, p, k); den2
=
num1 +den1;
step(num1, den2, 'k')
% Eingabe: Koeffizient Ko % Eingabe: Nullstellen z und Polstellen p 0]; % Zero-Pol to Polynomform umwandeln %Nenner der Übertragunsgfunktion Gw(s) % Sprungantwort: Linienfarbe schwarz
Bild 14.11 zeigt die simulierte Sprungantwort für das FührungsverhaHen.
14.5 WOK mit MATLAB
437
Sprungantwort nach Korrektur
Bild 14.11 Sprungantwort des geschlossenen Regelkreises, eingestellt nach Bild 14.10
15
Zeitt Is
Wird der analoge Regler durch einen gleichwertigen digitalen ersetzt, wird das vorherige Programm wie folgt fortgesetzt, die Sprungantwort ist im Bild 14.12 gezeigt: »TA
= 0.5;
% Eingabe: Abtastschritt
[dnum, dden] = c2dm (num1, den2, TA, 'zoh');
% Digitalisieren mit linker Intervallgrenze
dstep (dnum, dden, 'k');
% Sprungantwort: Linienfarbe schwarz
Sprungantwort des digitalen Kreises mit Abtastzeit TA = 0.5 s
1
---------------------------------------------
Bild 14.12 Sprungantwort des digitalen Regelkreises, digitalisiert mit der linken Intervallgrenze
10
15
20
.25
J[I
35
40
45
50
Abtastschritte k
Im Bild 14.12 wurde die Abtastzeit TA unangemessen groß gewählt, um das Diagramm anschaulicher zu machen. Für die Digitalisierung mit rechter Intervallgrenze wird in der Anweisung anstelle des Parameters 'zoh' (zero-order hold) der Parameter 'foh' (first-order hold) eingesetzt.
438
14 Regelkreisanalyse mit MATLAB I Simulink
14.6 Einführung in MA TLAB I Simulink MATLAB/Simulink ist eine Ergänzung zum Basismodul. das vollständig in MATLAB integriert ist, jedoch eine eigene Entwicklungsumgebung hat. Man kann damit sowohl eigene C-Programme einbinden, als auch die erstellten CQuellprogramme generieren und weiter mit dem Real-Time Workshop in Echtzeitanwendungen importieren. Mit MATLAB/Simulink kann man: •
die Regelkreise nach den Wirkungsplänen sofort in ein Programm umwandeln
•
einzelne Blöcke durch einen Doppclklick auf das Blocksymbol konfigurieren
•
mit der Menü-Anweisung Simulation/Parameters die Schrittweite und die Dauer der Simulation einstellen
•
mit der Menü-Anweisung 5il/1/1lalion/S/(Irfen die Simulation ausfLihren und in einem Scope· oder Figure-Fenster ausgeben.
Eill eil/faches Model/lIlld die BibliothekeIl Das Fenster der Bibliotheken wird durch die Eingabe silllUlink im MATLABKommandofenster aufgerufen oder über das Fenster LllImch Pad eröffnet. Über das Menü File/New ruft man das neue Fenster rur den Modellaufbau auf. Die Eingabe der Modellstruktur und die Parametrierung von Blöcken erfolgt in diesem Fenster. Das verfasste Modell kann durch ein MATLAB/Simulink-Menü gestartet werden. Vorher sollten die Parameter der Simulation in einem Dialogfenster Simulatioll Parameters: 1I1ltitled eingestellt werden. Dies wird durch die Menü-Anweisung Simulatioll/Parameters geöffnet. Danach wird die Start- und Stopzeit, der Typ des Integrationsschrittes (Variable .\·tep oder Fixet! .\"fep) und des Integrationsverfahrens (solver option) eingegeben. Ein Beispiel des Modells ist in Bild 14.13 gezeigt.
~:'~9
Sum
GR(')
[]'~'J-T~CJ 2,+1 "'(0)
x~)
SP""'ll" .n_~
Bild 14.13 Simulierter Regelkreis mit ScopeAusgabe
Eine Simulation kann man auch aus dem MATLAB-Command-Fenster bzw. aus einern MATLAB-Programm mit dem plot-Befehl aufrufen. Dafür sollten die Simulationsergebnisse in Form eines Zeit vektors t, einer Zustandsmatrix x und einer Ausgangsmatrix y gebildet werden, wie beispielsweise in Bild 14.14 gezeigt ist. Man kann einen MATLAB/Simulink~Block über die Menü~Anweisung EditlEdit~Mask oder Optiolls/Mask in einen neuen selbstgellannten Block umwandeln. Ein Simulink-Modell, das aus mehreren Blöcken besteht, lässt sich in einen neuen benutzerdefinierten Block (Untersystem) einbinden. Dies erfolgt über die Anweisung EditlCreare-Subsysrem oder OptiollslGroup. Nach Anklicken der Menü-Zeile LookUnder-Mask wird der Inhalt des komprimierten Modells in einem Fenster angezeigt.
439
14.6 EinHihrung in MATLAB J Simulink
~
Ck>=
s--->O
s--->O
°
Vergleicht man die Sprungantwort mit dem Verlauf der Ortskurve, so sieht man: Das System verhält sich im Zeitbereich für t = wie im Frequenzbereich für 0)= 00, bzw. für t = 00 wie im Frequenzbereich für 0)= 0.
G(j W) IOJ=o = K p G(j·W)
IOJ== =Kp
Ty
T.[
•
Aufgabe 3.1 Aus Gi. (3.16) folgt die Übertragungsfunktion
- x( s) _ K PS GS ( S ) y(s) 1+ sT[
y(jw)
Daraus ergeben sich:
2
o .o.:,._~2__4_ _6_ _8_-Q-:.:Re o
bzw. der Frequenzgang
. ) - x(jW) _ Gs ( jW -
Im
K ps 1+ jwT[
-2
-4
10
-6
8
Bild A.3 Ortskurvenverlauf des P-T[-G1iedes zu Aufgabe 3.1 mit Kps = 10, T[ = 0,1 sund O)E =
Aufgabe 3.2 .. K ps Aus Gi. (3.16) folgt die Ubertragungsfunktion Gs (s) = - - mit
l+sI]
-[
lIT[ = 10 s
444
Anhang
Durch die Substitution (Ra + sLa) anstelle von Ra wird die Ankerinduktivität berücksichtigt, und wir erhalten:
Mit T2 =
La ergibt sich die Übertragungsfunktion der Strecke bei Berücksichtigung von Ra +Rb
La ZU einem P-T2-Glied: Gs*(s)=
K ps (1 + s~)(1 + sT2 )
Aufgabe 3.3 a) Aus Bild 3.19 folgt
Gs () s --~ML(s)
R
I+s~
2:rr· (co)
2
Mit den Abkürzungen
K PS =
T2 =
R 2:rr(co)
JR (cO)2
1 2 = 0,00877 --2
Ws
=005s '
ergibt sich die Übertragungsfunktion zu GS ( s )
K PS (1 + s~)
=
s
2
~T2
+sT2 +1
.
Das negative Vorzeichen ist durch die Abnahme der Drehzahl bei zunehmender Belastung bedingt.
.
1
b) Mit ML(s)=-·M LO und s
ß 2=_I_=10 ~T2 folgt
2 s- 2 ., a=_1_=25s-l. ' , 2T1
OJ=
Iß2_ a 2
"\j
=9,68s- 1
445
Lösungen der Übungsaufgaben
n(s)=GS(s)·ML(s)=-Kpsß
2
2
l+sI]
2
s(s +s·2a+ß )
MLQ.
Mittels der Beziehungen 13 und 11 der Korrespondenztabelle ergibt die Rücktransformation in den Zeitbereich
n(t) = -K ps
[1_e- at (cos OJt_I-OJa;2T2 sin OJt)] M
LO '
c) Das negative Vorzeichen soll bei der Ortskurvendarstellung unberücksichtigt bleiben. Es bedeutet, dass jeder Punkt der Ortskurve zusätzlich um 180 0 gedreht wird. 1
7
Im
mit der Zerlegung
\
9
0)=00
-1 9,5
-2
-3
(fJ /s
u(t)=
o
~
t
fi(r)dr+U(Ü).
o
Für Anfangswert u(O) = 0 erhalten wir t
u(t)=
~fi(r)dr
0--.
o
u(s) = _1_ i(s) .
sC
Aufgabe 3.7 a) Anhand von Bild 3.31 folgt sofort Fb (t) = K [vs (t) - va (t)] . b) Die vom Linearmotor erzeugte Kraft dient der Beschleunigung der Masse m
dv (t)
m-a-+K va(t) = K vs(t) dt
c) Die Übertragungsfunktion folgt durch Laplace-Transformation
_ va(s) _ _ 1_ GSI () S . vs(s) l+sTI
d) Der Zusammenhang zwischen Weg x und Geschwindigkeit
v (t) = dx(t) a
dt
Damit erhält man
0--.
Va
ist
448
Anhang
e) Mit v s (s) = v sO
s
x/rn
folgt x( s)
= Gs (s) . -v sO = s
2
1
s (l + sT1)
v sO .
Die Rücktransformation in den Zeitbereich entspricht der GI. (3.100) O-+-""'T'-~-.-----.--.-----.----.--.---
o
2
3
t
- ) : fI
4
Bild A.8 Sprungantwort zu Aufgabe 3.7 (I-TI-Glied für VsO = 1 m/s) Aufgabe 4.1 a) Aus Bild 4.17 ergibt sich die Führungsübertragungsfunktion
G (s) = x(s) = K PR K IS w w( s) s + K PR K IS Für Wes) = Wo s
folgt
Nach dem Grenzwertsatz gilt
lim x(t) = lim s . x(s) = wO' t---7 oo
S---70
d. h. die bleibende Regeldifferenz verschwindet. e( 00 ) = Wo - x( 00 ) = 0 .
b) Entsprechend folgt aus Bild 4.17 die Störübertragungsfunktion
G (s) = x(s) = z
z(s)
Mit
z(s)=~ s
wird
K IS s+KpRK IS
449
Lösungen der Übungsaufgaben
und nach dem Grenzwertsatz
lim x(t)= lim s·x(s)=~, s~o K pR
t~oo
In diesem Fall ist e( 00) = x( 00) =
~, K pR
da in der Stärübertragungsfunktion x nicht den Absolutwert, sondern nur die Änderung infolge
z darstellt.
c) Bei einem Führungssprung wird der vorgegebene Wert von der Regelgröße asymptotisch erreicht, d. h. die bleibende Regeldifferenz wird Null. Dagegen wird der Einfluss eines Störsprungs mit zunehmendem KpR verringert aber nicht beseitigt. Aufgabe 4.2 Die Störübertragungsfunktion lautet Gz(S)=x(s)= z(s)
2 S
sKIS +KIRK IS
Für z(t) = Zo . (J(t)
0--.
z(S) =
~ s
ist
und nach Rücktransformation folgt als Sprungantwort
eine Dauerschwingung mit der Amplitude Zo
IS
~ -KIR
um den Nullpunkt. D. h. die mittlere Regeldifferenz wird zu e(oo)=O.
450
Anhang
Aufgabe 4.3 R R
Bild A.9 PI-Regler mittels Operationsverstärker zu Aufgabe 4.3
R
Aus dem Schaltbild folgt die Übertragungsfunktion
GR(s)= YR(s) e(s)
=R z (1+_1_), R]
. Rz wonn K pR = und
sCR
Tn =CR.
RI
Aufgabe 4.4
Für Tn = Tl erhält man aus GI. (4.71)
Daraus folgt mit
ß
z=
KpRK pS .
T]
z
'
1 K pR = - - .
K ps
Die minimale Dämpfung beträgt
D=1.
451
Lösungen der Übungsaufgaben Aufgabe 4.5 Der Frequenzgang des PD-T2-Reglers lautet
. ) - YR (jOJ) _ K 1+ jOJTy GR ( JOJ - PR e(jOJ) 1-(OJT2 )2 + jOJTI
.
Zur Kurvendiskussion wird GRVOJ) in Real- und Imaginärteil zerlegt 2
Re (G ) = K R
PR
2
1- ( OJ T2 ) + OJ Tt Ty [(1- (OJT2 )2]2 + (OJTI )2
0,6
10 Re -10
50 -10
1,0
j
Bild A.I0 Ortskurvenverlauf ZU Aufgabe 4.5 (PD-T2-Glied)
1,4
- 30
Aufgabe 4.6 Die Führungsübertragungsfunktion des Regelkreises ergibt sich zu
x(s) KpRKIS(l+sTy) G w (s) = - = _ _----"....0-"------=--_-----'--_ _ w(s) K PR K IS + s(l + K PR KISTy ) bzw. mit der Abkürzung KpRK IS a = -----':....::..:..----""'---
1+ KpRKISTy
Gw(s)= x(s) =a1+sTy w(s) s +a Für w(t) = Wo . CY(t)
0--.
wird
x(s)=a
1 +sTy s(s
+ a)
wo.
w(s) = Wo
s
452
Anhang
Nach Rücktransformation in den Zeitbereich folgt
x
i Bild A.ll Führungssprungantwort zu Aufgabe 4.6
-------1----------------- ---wodFv o--+----~---------- 2,3 s wird die Ortskurve in der in Bild A.13 gezeigten Weise verformt. Die resultierende Winkeländerung ist dann, wie bei Stabilität gefordert, Alp = 1m
Jr
+-. 2
10
Re I
1-30
-ZO
10
I I
vAsymptote
I I I I I I I I I
Bild A.13 Stabilitätsbetrachtung nach Nyquist: P-T2-Strecke und PID-Regler (stabil)
--20
-30
Aufgabe 8.1 Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises lautet:
K PR K PS (l + sTn ) GO (s) = -----"-''-'----''--'''-'--------'''-'----sTn (1 + sT1)(l + sTz )(1 + sT3 ) Zunächst wird die größte Zeitkonstante der Regelstrecke mit der Zeitkonstante des Reglers kompensiert, d. h.
Tn = Tgrößte= Tl = 8,5 s.
456
Anhang
Da T2 :2: 5· T3 gilt, werden die beiden restlichen Zeitkonstanten durch eine Zeitkonstante TE ersetzt:
Damit entspricht die Übertragungsfunktion des offenen Kreises dem Grundtyp A. Nach dem Betragsoptimum für Grundtyp A folgt:
Aufgabe 8.2 Für die gegebenen Werte Tv schnittenen Kreises zu
= Tl und TR = 0 ergibt sich die Übertragungsfunktion des aufge-
1 + sT GO(s) = K O - - -I ,
l-sTI
worin Ko = KPR Kps ist. Es gilt n r = I und nj = O. Um das Bode-Diagramm zu ermitteln, wird KpR = I bzw. 20 IgKo = -12 dB angenommen. Die Null- und Polstelle haben gleiche Realteile, jedoch mit unterschiedlichen Vorzeichen. Dadurch kompensieren sich die positive und negative Steigungen des Amplitudengangs gegenseitig im Bode-Diagramm (Bild A.14).
IGl dB
i
10-2
t
OdB
201gKo
+
LldB, , " +20 dBlDek
:",
,~:O dB/Oek
- 20 dB+-----+------::.---
rß 0))
i
90°
10-2
0° I-"-"'-----=--+'-"------:::;--~--
Bild A.14 Bode-Diagramm des offenen Kreises
l+sT
I GO(s)=K O- l-sTI
Die Stabilitätsbedingung nach dem vollständigen Nyquist-Kriterium (6.61) (im vorliegendem Fall Vp - Ur. =0,5) wird erst dann erfüllt, wenn die O-dB-Linie um 41B = 12 dB bzw. LI K = 4 nach unten verschoben wird, weil dann der einzige halbe positive Schnittpunkt (So Betracht kommt. Der geschlossene Kreis wird bei KpR > LI K bzw. KpR> 4 stabil.
Aufgabe 9.1 Für Xl = 0 ist der Regelkreis linear. Die charakteristische Gleichung folgt aus
1
- - - - - + 1 = 0 bzw. G R (s)GS(s)
= + 1/2) in
Lösungen der Übungsaufgaben
-
457
S3 TIT22 +s2 TITi +sTI +Ks =0. ~
G3
~
'---,-'
GI
G2
Go
Nach Hurwitz muss bei Stabilität
2 ala2 -aOa3 =T?TI -K s TIT2 >0 bzw.
sein. Demzufolge ist im Fall a) (TI< 0,4 s) das System instabil und im Fall b) (TI> 0,4 s) stabil. Aufgabe 11.1 Der Wirkungsplan des analogen Regelkreises ist im Bild A.15 gezeigt. Der geschlossene Kreis hat den P-T I-Verhalten
G
s _ GO(s) w( )-I+G (s)
o
KIRK ps s 1 + _K-=IR=-=-----K-=--p=-S s
KIRKpS s
+ KIRK pS
1+
1 1
KIRKpS
s
mit der Zeitkonstante
1
----,1- = 0,0625 s
2s- ·8
und dem Proportionalbeiwert Kpw = 1. Beim Eingangsprung wo =2 erreicht die Regelgröße den Beharrungszustand x( 00) = Kpw ·wo = 2, wie die Kurve in Bild A.16 zeigt. Wird der analoge Regler durch einen digitalen I-Regler ersetzt, kommen die Differenzengleichungen in Betracht: •
Regler: Yk = Yk-I
+ KIR . TA
ek + ek-I . --"'-----"'---=--
2
•
Additionsstelle: ek = wk - xk
•
Regelstrecke:
xk = K PS . Yk
Bild A.15 Wirkungsplan des analogen Regelkreises
Ersetzt man Yk-I und Yk durch Xk-I und Xk
Yk-I =
Xk-I
K
pS
'
so ergibt sich die Gleichung des geschlossenen Regelkreises zu
-Xk- -_ -xk-I - + K IR' TA' K pS K pS
ek
+ ek-I _ xk-I - - + K IR' TA' _W--"k'------_X-"k~+_W__"k'-----'--1_-_x--"k"----_=__I 2
K pS
2
458
Anhang
Unter Beachtung Wk_1 = \\\ ftif den Eingangssprung findet man schließlich die rekursive Formel rur die abgetastete Regelgröße:
Daraus folgt flir die Kennwerte des Regelkreises:
I
1
2-2s- ·8·0,05s ·8·0,05$ x" = I-O,5·2s. xk_l + I . IVk_1 1+0,5-2$ 1· · ,05s 1+0,5·2.\" ·8·0,05s 8 O
bzw. Xk
= 0,43· xk_l + 0,57, IVk_1
Die Sprungantwon wird berechnet. angefan-
=
=
gen von xo 0 und \1'0 2. Daraus ergibt sich das poTt-Verhalten (Bild A.16):
xl =0,43·0JKl+057·2=1.I4
X(I)
t
2.0
f-
x2 =0,43·1,14+0,57·2=[,63 x3 = 0.43·1,63+0.57·2 = 1,84
1.0
=0,43·1,84+0.57·2=1.93 Xs =0,43·1.93+057·2= 1.97
o
""4
x6 =0,43·1.99+057·2=1.99
1/
Bild A.16 Sprungantworten zu Aufgabe 11.1
Aufgabe 11.2 Der gegebene analoge I-Algorithmus wird zuerst differenziert
und nach der Rechleckregel mit r = kTA unter folgendem Ansatz digitalisien (Bild A.17): 07
e(r) "" ek_l
0.6
Yk = Yk-l
0.5
+ K JTAek_1
'
0'
wonach die U'k)-Folge aus der gegebenen
03
(ek)-Folge ek = 2(kTA )2 berechnct wird,
0.2
Um das Ergebnis zu prüfcn. kann man dic gegebene Eingangsfunktion als Step-Block e = 4 mit dem nachgeschahctcn Doppel-IGlied mit MATLAB/Simulink simulieren, wie in Bild A.18 gezeigt isl. Die Begrenzung e(t) = 0,5 ist mit dem Block Salltmt;011 und die AbtaslUng mit Zero·Order-Hold Blöcken berücksichtigt.
0' 00
0.2
0'
0.6
0.8
Bild A.17 Ein- und Ausgangsfunktionen des analogen und digitalisierten I-Algorithmus
459
Lösungen der Übungsaufgaben
--,
e(l)
Integraler 1 ~
Step e.4
, •
~
, •
Sal..-a1ion .on 0 bis 0.5 ~
Inlegralo< 2
"'
.~
~
, Ki.2
~
sampIe time 0.5
,
•
~
T0 Wor1<space Sample1ime 0.1
Ze_.,,~-.JSum2_ ~AnteiL Integrator
Muxl
To Workspacel
G-----+= To Workspace2
Ctock
EJ
plol~.y)
Bild A.21 MATLAB/Simulink-Programm des Regelkreises mit dem "klassischen" PI-Regler
, ", " " ."., ." .'.
Mit dem Befehl
"'01 (I.
y)
wird die Sprungantwort ausgegeben. die in Bild A.22 dargestellt ist. Der Sprung der Führungsgröße 11"0 = I erfolgt zum Zeitpunkt r = 5 s.
0
Aus dcm Bild A.22 folgt. dass PIRegler instabil ist.
der Regelkreis mit dem
..
,
"
'"
~
'"
Bild A.22 Sprungalltwort des Kreises mit PI-Regler zu Aufgabe 12.6
Aufgabe 12.2 Es werden alle vier Eingangswerte (0. 0). (0. I). (I. 0) und (I. I) nacheinander dem KNN vorgegeben. Die Netzantwort y = I wird zur Klasse A und y = 0 zur Klasse B zugeordnct. Die Lösung ist im Bild A.23 gczeigt. Daraus erkennt man sofort. dass das KNN dic logische Funktion XOR gelernt hat. Charakteristisch fUr die Mehrschicht-KNN ist die Klassifizierung mit Hilfe von mchreren Geraden. Das entsprechende MATLAB-Programm ist unten gezeigt. x1: 1; x2: 1;
% Eingabe für Punkt (1, 1)
Av
% Aktivierung des verdeckten Neurons
= -
6.4 • x1 - 6.4 • x2 + 2.2;
v = 1 1(1 + exp (- Av) );
% Ausgang des verdeckten Neurons
462
Anhang Ay
=
--4.2 • xl -4.2' x2 - 9.4 • v + 6.3;
if Ay > 0
% Aktivierung des Ausgangsneufons % Transfertunklion
y .. 1;
% Klasse A
plot (xl, x2, 'x');
% Graphische Darstellung mit .x"-Zeichen
elseif Ay < 0 y = 0;
% Klasse B
plot (xl, x2,'o');
% Graphische Darstellung mit ·c"-Zeichen
eod
% Ende der if-Blocks
hold on
% Die Grafik im Fenster halten
X2
KlSH9
A
x
o
Klaue S
0
o Klasse B
o
-X
- - T]I-
1
t
Tabellen
471
Bode-Diagramm
Ortskurve
=~Kp-j
,
Re
~(O)r
201gKp: (0
0°
• •
t
r
'G'dBlt.201gKp " : '
VRe
~ (0)
cq, = I/TI
(0
"
,
111,'1 -20 dB/Dek
-9g: f ~mm'
F'ci} R
a
1S t !+1-'
TI=RC
u m
11,) ~=o G O