Roland Berger Strategy Consultants – Academic Network Herausgeberrat Prof. Dr. Thomas Bieger, Universität St. Gallen Prof. Dr. Rolf Caspers, European Business School, Oestrich-Winkel Prof. Dr. Guido Eilenberger, Universität Rostock Prof. Dr. Dr. Werner Gocht, RWTH Aachen Prof. Dr. Karl-Werner Hansmann, Universität Hamburg Prof. Dr. Alfred Kötzle, Europa Universität Viadrina, Frankfurt/Oder Prof. Dr. Kurt Reding, Universität Gesamthochschule Kassel Prof. Dr. Dr. Karl-Ulrich Rudolph, Universität Witten-Herdecke Prof. Dr. Johannes Rüegg-Stürm, Universität St. Gallen Prof. Dr. Leo Schuster, Katholische Universität Eichstätt Prof. Dr. Klaus Spremann, Universität St. Gallen Prof. Dr. Dodo zu Knyphausen-Aufseß, Otto-Friedrich-Universität Bamberg Dr. Burkhard Schwenker, Roland Berger Strategy Consultants
Weitere Publikationen des Academic Network T. Bieger · N. Bickhoff · R. Caspers D. zu Knyphausen-Aufseß · K. Reding (Hrsg.) Zukünftige Geschäftsmodelle XII, 279 Seiten. 2002. ISBN 3-540-42744-9 N. Bickhoff · C. Böhmer · G. Eilenberger K.-W. Hansmann · M. Niggemann · C. Ringle K. Spremann · G. Tjaden Mit Virtuellen Unternehmen zum Erfolg VI, 125 Seiten. 2003. ISBN 3-540-44246-4 G. Corbae · J. B. Jensen · D. Schneider Marketing 2.0 VI, 151 pages. 2003. ISBN 3-540-00285-5 R. Caspers · N. Bickhoff · T. Bieger (Hrsg.) Interorganisatorische Wissensnetzwerke XI, 353 Seiten. 2004. ISBN 3-540-20182-3 L. Schuster · A. W. Widmer (Hrsg.) Wege aus der Banken- und Börsenkrise X, 527 Seiten. 2004. ISBN 3-540-21106-3 N. Bickhoff · M. Blatz · G. Eilenberger S. Haghani · K.-J. Kraus (Hrsg.) Die Unternehmenskrise als Chance X, 440 Seiten. 2004. ISBN 3-540-21433-X K. Spremann (Hrsg.) Versicherungen im Umbruch IX, 543 Seiten. 2005. ISBN 3-540-22063-1 B. Schwenker · S. Bötzel Auf Wachstumskurs V, 147 Seiten. 2006. ISBN 3-540-26755-7 S. Dutta · A. De Meyer · A. Jain · G. Richter (Eds.) The Information Society in an Enlarged Europe X, 290 pages. 2006. ISBN 3-540-26221-0 M. Blatz · K.-J. Kraus · S. Haghani (Eds.) Corporate Restructuring XII, 180 pages. 2006. ISBN 3-540-33074-7
Garnet Kasperk Michael Woywode Ralf Kalmbach
Erfolgreich in China Strategien für die Automobilzulieferindustrie
Mit 58 Abbildungen und 20 Tabellen
123
Dr. Garnet Kasperk Prof. Dr. Michael Woywode Lehrstuhl für Internationales Management Templergraben 64 52056 Aachen E-mail:
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[email protected] Ralf Kalmbach Roland Berger Strategy Consultants Mies-van-der-Rohe-Str. 6 80807 München E-mail: ralf
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ISBN-10 3-540-29839-8 Springer Berlin Heidelberg New York ISBN-13 978-3-540-29839-7 Springer Berlin Heidelberg New York Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2006 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Einbandgestaltung: Erich Kirchner, Heidelberg Herstellung: LE-TEX Jelonek, Schmidt & Vöckler GbR, Leipzig Satz: Reproduktionsfertige Vorlage der Autoren Gedruckt auf säurefreiem Papier
42/3100/YL - 5 4 3 2 1 0
INHALTSVERZEICHNIS Einführung .............................................................................................................1 TEIL 1: RAHMENBEDINGUNGEN FÜR DIE AUTOMOBIL- UND AUTOMOBILZULIEFERINDUSTRIE .............................................................5 1 Wirtschaftliche und soziale Entwicklung – der Weg aus der Isolation zur Integration in die Weltwirtschaft.............................................................7 1.1
Auf konsequentem Modernisierungskurs zu rasantem Wachstum .........7
1.2
Ein Land der Gegensätze – Bevölkerungsdichte, Arbeitsmarkt und Kaufkraft....................................................................9
1.3
Blick in die Zukunft – Risikofaktoren für die wirtschaftliche Stabilität............................................................14
2 Rechtsstruktur der VR China und der Beitritt zur WTO..........................15 2.1
Das chinesische Rechtssystem – schwer durchschaubar für ausländische Investoren ..................................................................15
2.2
Der WTO-Beitritt und seine Folgen für nationale Gesetze und Regelungen .................................................16
3 Die Politik setzt die Vorgaben: der 10. Fünfjahresplan (2001-2005).........18 4 Die Automobil- und Automobilzulieferindustrie sowie der Verkehrssektor im Rahmen des 10. Fünfjahresplans ................20 4.1
Automobilproduktion ...........................................................................21
4.2
Automobilzulieferer..............................................................................22
4.3
Verkehrssektor......................................................................................26
TEIL 2: DIE AUTOMOBILINDUSTRIE IN CHINA – STATUS QUO UND PERSPEKTIVEN ............................................................31 5 Der Automobilmarkt in China von 1953 bis zur Gegenwart .....................33 5.1
Die großen Player im chinesischen Automobilsektor...........................36 5.1.1 Einheimische Automobilkonzerne ............................................36 5.1.2 Akteure aus dem Ausland und ihre Kooperationspartner ..........39
5.2
Standorte der Automobilhersteller........................................................41
VI
5.3
Struktur des chinesischen Automobilsektors ........................................42 5.3.1 Wachstumsperspektiven durch steigende Nachfrage ................42 5.3.2 Angebotsseite: Verschärfter Kampf um Marktanteile ...............46 5.3.3 Preisentwicklung im Abwärtstrend ...........................................50
5.4
Chancen und Risiken des chinesischen Automobilmarktes..................50
6 Überblick über den Autozuliefermarkt in China........................................59 6.1
Marktentwicklung: Wachstum und Konsolidierung als dominierende Trends.......................................................................59
6.2
Die Struktur des Zuliefermarktes..........................................................60 6.2.1 Lokale Produzenten ...................................................................61 6.2.2 Ausländische Zulieferer.............................................................63
6.3
Kosten und Preise im Zuliefersektor.....................................................64
6.4
Nachfrage: Der Ersatzteilmarkt wächst rasant......................................67
6.5
Aktuelle Herausforderungen des chinesischen Automobilzuliefermarktes.........................................69
TEIL 3: ERFOLGSFAKTOREN FÜR DEN CHINESISCHEN AUTOMOBILZULIEFERMARKT ................73 7 Schritt für Schritt zum Erfolg: Position bestimmen, Risiken erkennen, Potenziale ausschöpfen ..................................................................................75 8 Die passenden Markt- und Produktstrategien als Schlüssel zum Erfolg ................................................................................76 8.1
Was ist das Motiv des China-Engagements? ........................................76
8.2
Was ist die strategische Positionierung des Unternehmens? ................78
8.3
Nach welchem Konzept ist das Wertschöpfungsnetzwerk konfiguriert?.....................................81
8.4
Unternehmensstrategie und Konfiguration von Wertschöpfungsumfängen .............................................................82 8.4.1 Technologieführer .....................................................................83 8.4.2 Aussichtsreiche Hybrid-Strategien für Unternehmen vor Ort ...86
8.5
Maßnahmen zu Stärkung der Wettbewerbsposition in China...............92
VII
9 Mögliche Formen des Markteintritts im Überblick....................................93 9.1
Export – die Option für Nischenanbieter jenseits der Preiskonkurrenz .................................................................96
9.2
Repräsentanzen – die Möglichkeit des indirekten Markteintritts..........97
9.3
Lizenzvergabe und Franchising – Markteintritt mit überschaubaren Investitionen....................................98
9.4
Direktinvestitionen – Geduld und genaue Kalkulation als Voraussetzung für den Erfolg .......................................................100 9.4.1 Joint Ventures – Varianten und deren Vor- und Nachteile in der Praxis.............................................................................103 9.4.2 Wholly Foreign Owned Enterprises (WFOE) .........................113 9.4.3 Mergers & Acquisition (M&A) – eine neue Option des Markteintritts.........................................115
10 Gewusst wo – die Wahl des richtigen Standortes......................................117 10.1
Lohnniveau und Qualifikation von Arbeitskräften .............................118
10.2
Ballungszentren versus Hinterland .....................................................121
10.3
Sonderwirtschaftszonen ......................................................................121
11 Marketing und Vertrieb als Erfolgsfaktoren für ausländische Investoren ........................................................................124 11.1
Kampf gegen Kopien und Verbesserung der Logistik – Herausforderungen an den Vertrieb im Ersatzteilmarkt .....................124
11.2
Der Zusammenhang von starken Marken und einer starken Vertriebsorganisation ....................................................125
11.3
Zuverlässigkeit und intensiviertes Key Account Management – Herausforderungen für den Vertrieb an Automobilhersteller .............128 11.3.1 Präzise Logistik wird wichtiger...............................................128 11.3.2 Key Account Management gewinnt an Bedeutung .................129
12 Gewerbliche Schutzrechte – Risiken des Technologieabflusses begrenzen .............................................130 12.1
Rechtliche Rahmenbedinungen ..........................................................131
12.2
Praktische Hinweise zum Schutz gewerblicher Rechte ......................134
VIII
13 Management der kulturellen Besonderheiten oder: der menschliche Faktor ...............................................................................137 13.1
Soziokulturelle Besonderheiten ..........................................................137
13.2
Interkulturelle Kommunikation ..........................................................139
13.3
Die „7 Gs“ als Brücke zwischen den Kulturen – Hinweise zumVerhandlungsstil ..........................................................141
13.4
Personalmanagement – die richtigen Mitarbeiter gewinnen und richtig führen ...............................................................................146
Fazit ....................................................................................................................153 Anhang ...............................................................................................................155 1 Wichtige Gesetze der Volksrepublik China...............................................155 2 Inhalt des Equity-Joint-Venture-Vertrags.................................................157 3 Inhalt der Articles of Association ...............................................................158 Literatur .............................................................................................................161
Einführung China hat derzeit weltweit die größte Anziehungskraft für internationale Investoren. Seit fast drei Jahrzehnten werden fast kontinuierlich jährliche Wachstumsraten des Bruttosozialprodukts von mehr als 7% erreicht, die Prognosen für die nächsten Jahre sind ähnlich optimistisch. Mit dem WTO-Beitritt im Dezember 2001 ist ein Großteil der internationalen Konzerne ins Land gestürmt – etwa 450 der „Fortune 500“ sind jetzt vor Ort – und mit ihnen viele mittelständische Unternehmen. Im Automobilsektor waren die Wachstumsraten der letzten Jahre mit 40-75% exorbitant: China ist zum viertgrößten Automobilmarkt der Welt geworden. Setzt sich die Entwicklung so fort, werden bis zum Jahr 2020 160 Mio. Chinesen ein Auto kaufen und die Volksrepublik damit auf Platz eins der Automobilmärkte der Welt befördern. Automobilzulieferer profitierten in den letzten Jahren von dieser sensationellen Entwicklung des Automobilmarktes. Bis auf wenige Ausnahmen sind alle der weltweit tätigen Top-50-Zulieferer und eine Reihe von mittelständischen Unternehmen ihren Kunden gefolgt. Viele von ihnen sind mittlerweile zu der Erkenntnis gelangt, dass der Automobilmarkt in China nicht nur ein riesiges Potenzial bietet, sondern auch erhebliche und teilweise schlecht kalkulierbare Risiken birgt. Überschätztes Absatzpotenzial in bestimmten Teilmärkten, langwierige Verhandlungen mit lokalen Partnern und Behörden, wenig qualifizierte Arbeitskräfte und der Technologieklau sind nur einige der Herausforderungen, mit denen Unternehmen konfrontiert sind. Für Automobilbauer und Zulieferer markierte das Jahr 2005 den Beginn einer neuen „Ära“, denn seit Januar 2005 entfallen in Folge des Beitritts Chinas zur WTO die „local-content“-Bestimmungen. Im Jahr 2006 erreichen die Importzölle für Automobilhersteller und Zulieferer, die die Anbieter im chinesischen Markt viele Jahre geschützt haben, mit 25 bzw. 10% ihren vorläufigen Tiefpunkt. Durch diese Liberalisierungsmaßnahmen verschärft sich der Wettbewerb erheblich, was im Zusammenspiel mit wachsenden Überkapazitäten im Automobilbau zu harten Preiskämpfen führt. Der Kostendruck wird teilweise weitergereicht an Zulieferer, die ihrerseits auch eigene Preiskämpfe ausfechten. Die bisher auf Grund geringer Stückzahlen wenig effizienten Produktionen deutscher Automobilzulieferer stehen zunehmend im Wettbewerb mit ehrgeizigen und lernfähigen chinesischen Konkurrenten und nun auch mit verbilligten Importen. Automobilproduzenten forcieren die Konsolidierung der Automobilzulieferer im chinesischen Markt und werden dabei unterstützt von den Zielen, die die chinesische Regierung im 10. Fünfjahresplan formuliert hat. Die prognostizierten Wachstumsraten für den chinesischen Automobil- und Automobilzuliefermarkt sind immer noch hoch. Die anstehende Phase der Konsoli-
2
dierung werden aber nur solche Unternehmen überleben, die ihre China-Strategie jetzt an die sich ändernden Gegebenheiten anpassen – und Wettbewerbsvorteile aus der Gesamtunternehmensstrategie für das China-Geschäft realisieren sowie umgekehrt auch Vorteile des Standortes China für die globale Wertschöpfung nutzen. Kurz gesagt: Die Rolle des Standortes China muss neu definiert werden und einen festen Platz in der Gesamtstrategie eines Unternehmens erhalten. Überlebensfähige strategische Optionen für den chinesischen Markt können deutsche Automobilzulieferer nur dann entwickeln, wenn sie die wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Besonderheiten des Landes verstehen – und diese für den Automobilzuliefersektor nutzbar machen können. Teil 1 dieses Buches bietet deshalb gundlegende Informationen über diese Rahmenbedingungen. Eine detaillierte Analyse der derzeitigen Struktur, der heutigen und zukünftigen Entwicklungen im Automobil- und Automobilzuliefermarkt schließt in Teil 2 an. Relevante Rahmenbedingungen Automobil- und Autozulieferer Strategieoptionen • • • • •
Markteintrittsformen Standortwahl Gewerbliche Schutzrechte Marketing und Vertrieb Der menschliche Faktor
Abb. 1: Aufbau des Buches Teil 3 stellt deutschen Automobilzulieferern Strategieoptionen für den chinesischen Markt vor. Die Unternehmensstrategie muss perfekt durch die Konfiguration der Wertschöpfungskette unterstützt werden. Gerade dieser Harmonisierungsgrad der Internationalisierungsstrategie mit der Gesamtunternehmensstrategie unterscheidet zukünftig über Erfolg und Versagen im chinesischen Markt. Die Analyse kompatibler Strategie- und Konfigurationsmöglichkeiten ist deshalb Kernstück dieses Kapitels. Die Standortstrategie ist wiederum eng verknüpft mit der Entscheidung für eine bestimmte Form des Markteintritts sowie die Wahl des Standortes. Diese Fragen hängen wiederum eng zusammen mit der Bereitschaft von Unternehmen, sich der Gefahr des Technologieabflusses auszusetzen. Den Wettbewerb um Marktanteile werden diejenigen Unternehmen gewinnen, die ihre Produkte sowie ihr Marken- und Vertriebsmanagement perfekt an die Bedürfnisse der chinesischen Käufer anpassen. Dies erfordert eine aktive Auseinander-
3
setzung mit den Besonderheiten der chinesischen Kultur. Nur dann wird es Unternehmen auch gelingen, den „menschlichen Faktor“ bei ihrem China-Geschäft zu begreifen. Ziel des Buches ist es, Unternehmen Strategiealternativen für den chinesischen Markt und Lösungsansätze für solche Probleme aufzuzeigen, an denen Unternehmen im chinesischen Markt häufig scheitern. Von den vielfältigen Informationen, die in diesem Buch zusammengetragen sind, können aber nicht nur Automobilzulieferer und Automobilproduzenten sowie vor- und nachgelagerte Branchen profitieren. Da auch produzierende Unternehmen anderer Branchen mit ganz ähnlichen Problemen konfrontiert sind, werden auch sie in diesem Buch wichtige Hinweise für ihr erfolgreiches China-Engagement finden.
Teil 1: Rahmenbedingungen für die Automobilund Automobilzulieferindustrie
1
Wirtschaftliche und soziale Entwicklung – der Weg aus der Isolation zur Integration in die Weltwirtschaft
Seit fast drei Jahrzehnten wächst die chinesische Wirtschaft fast kontinuierlich um jährlich 7-9%. Die Basis für dieses exorbitante Wachstum legte die in den 70erJahren einsetzende Reformpolitik, die einen nahezu einzigartig schnellen und weitreichenden ökonomischen Transformationsprozess initiierte, der Hunderte Millionen Chinesen aus der Armut geführt hat.
1.1
Auf konsequentem Modernisierungskurs zu rasantem Wachstum
Den Beginn der Liberalisierungs- und Öffnungspolitik in der VR China markierte Deng Xiaoping, damals stellvertretender Ministerpräsident, mit seiner Forderung der „Vier Modernisierungen“ des Landes; er stellte dringenden Reformbedarf in den Sektoren Landwirtschaft, Industrie, Armee und Wissenschaft fest. Der daraufhin eingeschlagene Modernisierungskurs bedeutete das Ende der außenwirtschaftlichen und außenpolitischen Isolation. Die Volksrepublik öffnete sich für ausländische Investoren. Die bis dahin relativ geschlossene Zentralverwaltungswirtschaft wurde zunehmend durch marktwirtschaftliche Elemente aufgelockert; der Einfluss nicht-staatlicher Organisationen und die individuellen Gestaltungsspielräume der Bürger wurden vergrößert; Verantwortung wurde in Kommunen und private Haushalte verlagert – allerdings ohne dabei die politische Kontrolle gänzlich aufzugeben. Zugleich begann die Regierung eine erst zögerliche, dann konsequente außenwirtschaftliche Liberalisierung und setzte auf die Integration in den Welthandel. Ein besonders wichtiger Meilenstein für die Öffnung der Märkte war der Beitritt zur Welthandelsorganisation (WTO) im Dezember 2001. Wie Abbildung 2 zeigt, lagen die Zuwachsraten des Bruttoinlandsprodukts (BIP)1 von 1995 bis 2002 stets zwischen 7 und 9%. Für 2003 sah der 10. Fünfjahresplan ein Wachstumsziel von 7% vor, das mit 9,1% jedoch deutlich überschritten wurde. 2004 betrug das Wachstum 9,5%, es verlangsamte sich im ersten Halbjahr 2005 leicht auf 9%.
1
BIP 2001: 10.479,1 Mrd. Yuan (1.094 Mrd. EUR); Anteil des Primärsektors 15,2%, Anteil des Sekundärsektors 51,2%, Anteil des Tertiärsektors 33,6%; BIP 2003: 11.669,4 Mrd. Yuan (1.219 Mrd. EUR); Anteil des Primärsektors 14,5%, Anteil des Sekundärsektors 53,4%, Anteil des Tertiärsektors 32,1% (alle Angaben ohne Hongkong, Macau und Taiwan); Quelle: National Bureau of Statistics (2005), China China Statistical Yearbook 2004. Beijing.
8
Mrd. RMB Yuan 8.000
16% jährliche Wachstumsrate
7.000
14%
6.000
12%
5.000
10%
4.000
8%
3.000
6% BIP zu konstanten Preisen
2.000
4%
1.000
2%
0
0% 1980
1985
1990
1995
2000
2005
Abb. 2: Entwicklung des chinesischen BIP 1980-2005 (Quelle: International Monetary Fund: World Economic Outlook, verschiedene Jahre, eigene Darstellung) 22
21 19
19 17
17
16
11
3
Autoteile
Telekommunikation
Kunststoffe
Bauindustrie
Umwelt
Software
Pharma
Agro- MedizinChemie technik
2
Flughafeninfrastruktur
Abb. 3: Ausgewählte Zielmärkte Chinas 2005 [Mrd. USD] (Quelle: eigene Darstellung) Dieser außerordentliche Wachstumsprozess wurde in erster Linie von einem starken Zustrom ausländischer Direktinvestitionen getragen, der zur Entwicklung strategischer Industrien seit Ende der 80er-Jahre in das Land fließen konnte. Mittlerweile ist China das Land mit dem umfangreichsten Zufluss ausländischer Direktinvestitionen weltweit und hat seinen Anteil am Welthandel auf 6,2% (2004) ausgebaut. Ein großer Teil der Direktinvestitionen war in Hightech-Industrien
9
konzentriert. Nicht nur im Automobilsektor, sondern beispielsweise auch im Bereich der Telekommunikation und des Baugewerbes entwickelt sich China mit hoher Geschwindigkeit zu einem der wichtigsten Märkte der Welt (siehe Abbildung 3). Bereits in der Vergangenheit hat China Schlagzeilen als größter Absatzmarkt für Mobiltelefone und als weltgrößter IT-Exporteur gemacht.2 Derzeit stehen nirgendwo auf der Welt so viele Baukräne wie in der Volksrepublik. Und im Jahr 2020 wird China voraussichtlich der größte Automobilmarkt der Welt sein.
1.2
Ein Land der Gegensätze – Bevölkerungsdichte, Arbeitsmarkt und Kaufkraft
Trotz dieser einzigartigen Entwicklung ist der mit 1,306 Mrd. Einwohnern (Stand 2005)3 bevölkerungsreichste Staat der Welt (20% der Weltbevölkerung) nach Klassifikation der Weltbank nach wie vor ein Entwicklungsland. Rund 60% der Chinesen leben auf dem Land und etwa 40% in den Städten, wobei die Bevölkerungsdichte sehr ungleichmäßig ist; in den küstennahen Ballungsgebieten leben über 400 Einwohner pro Quadratkilometer, in Zentralchina etwa 200 und in Westchina knapp 10 Einwohner pro Quadratkilometer (siehe Abbildung 4, S. 11).4 Der Wirtschaftsboom der letzten Jahre hat einen Zustrom vom Land zu den städtischen Ballungszentren an der Ostküste ausgelöst, wo die dynamische Industrialisierung eine Vielzahl neuer Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnet hat. Dies führte zu einer deutlichen Veränderung der sektoralen Beschäftigungsstruktur. Nach offiziellen Angaben erhöhte sich die Anzahl der Erwerbstätigen von 680 Mio. (1995) auf 744 Mio. im Jahr 2003. 1995 waren noch 52,2% der Erwerbstätigen im landwirtschaftlichen Sektor, 23% im verarbeitenden Sektor und 24,8% im Dienstleistungssektor tätig. Bis 2003 verschob sich die Beschäftigungsverteilung weitgehend vom landwirtschaftlichen (49,1%) zum dienstleistungsorientierten Sektor (29,3%). Der verarbeitende Sektor verlor sogar geringfügig Anteile (21,6%). Wie Abbildung 5 zeigt wurden im Jahr 2003 mehr als die Hälfte des Bruttosozialproduktes in der Industrie erwirtschaftet und nur noch knapp 14% in der Landwirtschaft.
2
Vgl. Frühbrodt, L. (2005): China überholt die USA als weltgrößter IT-Exporteur. In: Die Welt vom 13. Dezember 2005.
3
51,5% Männer, 48,5% Frauen in folgenden Altergruppen: bis 14 Jahre 22,4%, von 15 bis 64 Jahre 70,3%, über 65 Jahre 7,3%. Quelle: National Bureau of Statistics (NBS) (2004): National Economic Indicators. Beijing (alle Angaben ohne Hongkong, Macau und Taiwan).
4
Das ergibt eine landesweite durchschnittliche Bevölkerungsdichte von 134 Einwohnern pro km2.
10
Abb. 4: Bevölkerungsverteilung in der VR China (Quelle: China Association of Automobile Manufacturers (2004): Automotive Industry of China 2004. Beijing; eigener Entwurf)
Heilongjiang
Jilin Xinjiang Liaoning
Inner Mongolia Beijing
Shanxi
Ningxia
T ianjin
Hebei
Shandong Qinghai
Gansu Shaanxi
Bevölkerungsdichte Einwohner/km2 (2003)
Henan
Jiangsu Anhui
T ibet
Hubei
Shanghai
Sichuan Chongqing
0-100 100-250 250-500 500-750 >750
Guizhou
Zhejiang Hunan
Fujian Yunnan Guangxi
Guangdong
Chinesische Provinzen 1.000 km
Jiangxi
Hainan
11
Die Zahl der registrierten Arbeitslosen in städtischen Gebieten stieg von 1995 bis zum Jahr 2003 von circa 6 Mio. auf etwa 10 Mio.5 Nach Schätzungen der Asiatischen Entwicklungsbank liegt die Arbeitslosigkeit in den Städten aber bei mindestens 8,5%. Über die Arbeitslosigkeit auf dem Land liegen keine offiziellen Angaben vor; die Asiatische Entwicklungsbank schätzt die Zahl der Arbeitslosen in ländlichen Gebieten auf etwa 140-160 Mio. Diese Arbeitslosenquote von rund 30% ist unter anderem bedingt durch die vermehrte industrielle Nutzung des Ackerbodens sowie die erhöhte Effizienz der landwirtschaftlichen Produktion (zum Beispiel durch Aufhebung des Volkskommunenkonzepts), die eine Reduzierung von Arbeitskräften ermöglichte.6 Die hohe Diskrepanz zwischen dem Anteil am BSP und der Beschäftigung in der Landwirtschaft im Jahr 2003 (siehe Abbildung 5) gibt einen Hinweis auf das hohe Maß an versteckter Arbeitslosigkeit in diesem Sektor. Ein ungeheuer großes Arbeitskräftepotenzial drängt nun vom Land in die Städte. Bruttosozialprodukt
Beschäftigung
13,8% 22,6% 33,3% 49,1%
29,3% 52,9%
Landwirtschaft
Industrie und Baugewerbe
Services
Abb. 5: Anteile der Wirtschaftssektoren an Bruttosozialprodukt und Beschäftigung (Quelle: NBS (2005): China Statistical Yearbook 2004. Beijing; eigene Darstellung) Insgesamt wird die Arbeitslosenquote auf etwa 20% geschätzt, sodass die Schaffung neuer Arbeitsplätze beschäftigungspolitisch oberste Priorität besitzt. Laut dem 10. Fünfjahresplan kann der steigenden Anzahl der Arbeitskräfte „grundsätz-
5
NBS (2005): China Statistical Yearbook 2004. Beijing (alle Angaben ohne Hongkong, Macau und Taiwan).
6
Institut für Asienkunde (2000): Der chinesische Arbeitsmarkt. In: Mitteilungen Nr. 306. Hamburg.
12
lich nur mit einem schnellen Wirtschaftswachstum begegnet werden“, wobei vor allem mit der „Weiterentwicklung des privaten Sektors ein Beschäftigung sicherndes Wachstum“7 gefördert werden soll. Bei der Schaffung von Arbeitsplätzen setzt der Entwicklungsplan vermehrt auf ausländische Investoren und private Unternehmen, da der staatliche Bereich infolge der Sanierung bzw. Schließung von Staatsbetrieben eher Arbeitsplätze reduziert. Die schnelle Industrialisierung ausgewählter Zonen des Küstenstreifens hat zu einer gerade für Entwicklungsländer typischen dualen Wirtschaftsstruktur geführt. In der VR China haben sich erhebliche Unterschiede in der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung herausgebildet, insbesondere ein Einkommensgefälle nicht nur zwischen Stadt und Land, sondern auch innerhalb der Städte. Von 1983 bis 2003 erhöhte sich das verfügbare durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen (PKE) in den Städten bzw. an der Küstenregion weitaus stärker als in den ländlichen Regionen.8 Die Einkommensschere zwischen Stadt und Land beginnt sich aber zu schließen, denn die Differenz zwischen den Einkommenssteigerungsraten verringerte sich in den letzten Jahren kontinuierlich.9 Die VR China verfügt nicht über einen homogenen Wirtschaftsraum. Es besteht ein starkes Gefälle von der Küste hin zu dem westlich gelegenen Hinterland, wie die in Abbildung 6 dargestellte Verteilung der Kaufkraft demonstriert. Man kann sagen, dass die ökonomische Leistungserbringung – sowohl absolut als auch pro Kopf –, die Kaufkraft, die Infrastrukturausstattung und der technologische Stand der Industrie mit wachsender Entfernung von der Küste abnehmen.10 Allerdings schreitet in den letzten Jahren der Industrialisierungsprozess Richtung Westen voran. Zunehmend bilden sich Ballungszentren von Industriebetrieben auch an Orten im Landesinneren, die bereits verkehrstechnisch erschlossen sind. Für die weitere Industrialisierung ist der politisch angestrebte Ausbau der Infrastrukturen in China eine wesentliche Voraussetzung.
7
Zhu R. (2001): Bericht über den Grundriss des 10. Fünfjahresplans. Beijing.
8
Verfügbares PKE in den Städten: 334 Yuan (34,88 EUR) 1978, 7703 Yuan (804 EUR) 2002, 8.412 Yuan (878 EUR) 2003; verfügbares PKE auf dem Land: 134 Yuan (14 EUR) 1978, 1724,76 Yuan (180 EUR) 2002, 2.622 Yuan (273 EUR) 2003; (alle Angaben ohne Hongkong, Macau und Taiwan). Quelle: NBS (2004): National Economic Indicators. Beijing.
9
Im 1. Halbjahr lag die Steigerungsrate auf dem Land mit 16,1% sogar über der in den Städten mit 11,9%.
10
Fan, G. (2003): Jahresbericht 2002 zum Index des Fortschritts der Etablierung einer Marktwirtschaft in den Regionen Chinas, Beijing 2003.
Abb. 6: Geografische Verteilung des Bruttoinlandsprodukts der VR China (Quelle: CAAM (2004), a.a.O., eigener Entwurf)
Heilongjiang
Jilin Xinjiang Liaoning
Inner Mongolia Beijing
Shanxi
Ningxia
T ianjin
Hebei
Shandong Qinghai
Gansu Shaanxi
Bruttoinlandsprodukt pro Kopf (2003) [USD]
Henan
Jiangsu Anhui
T ibet
Hubei
Shanghai
Sichuan Chongqing
0-50 50-150 150-500 500-1.000 >1.000
Guizhou
Zhejiang Hunan
Jiangxi Fujian
Yunnan Guangxi
Guangdong
Chinesische Provinzen 1.000 km
Hainan
13
14
1.3
Blick in die Zukunft – Risikofaktoren für die wirtschaftliche Stabilität
Ob sich das exorbitante wirtschaftliche Wachstum der Volksrepublik China ohne Krisen fortsetzen kann, hängt von einer Reihe unterschiedlicher Faktoren ab. Trotz nachhaltiger Kontrolle des Bevölkerungswachstums11 muss China jährlich rund 16 Mio. Menschen zusätzlich versorgen und damit circa 10 Mio. Arbeitsplätze neu schaffen.12 Der wirtschaftliche Erfolg der vergangenen 25 Jahre basiert nicht zuletzt darauf, dass China durch Familienplanung und Geburtenkontrolle (Ein-KindPolitik) eine Bevölkerungsexplosion verhindert hat.13 Dieses Ziel verfolgt die chinesische Regierung weiter, und entsprechend den Forderungen des 10. Fünfjahresplans soll der natürliche Zuwachs der chinesischen Bevölkerung während der Laufzeit des Entwicklungsplans im Jahresdurchschnitt nicht höher als 9‰ sein (2005: 0,58 %); bis Ende 2010 soll die Bevölkerungszahl auf maximal 1,4 Mrd. Menschen steigen. Ökonomisch wird die Stabilität der Entwicklung zum Beispiel davon abhängen, ob die politische Führung konsistente wirtschaftspolitische Ziele vorgeben und diese mit dem vorhandenen wirtschaftspolitischen Instrumentarium wirkungsvoll durchsetzen kann. Die Restrukturierung des maroden Bankensystems und vieler ineffizienter Staatsbetriebe sind weitere Risikofaktoren. Entscheidend für die Wachstumsdynamik wird auch die Frage sein, wie das Angebot der Rohstoffindustrie sowie der Energie- und Transportbereich mit den Nachfragesteigerungen infolge des hohen Wirtschaftswachstums Schritt halten können. Eine weitere Einflussgröße für das Wirtschaftswachstum stellt der Außenhandel dar. Die hohen ausländischen Direktinvestitionen14 der letzten Jahre wirken sich zwar kurzfristig auf eine Erhöhung der Importe von Maschinen und Anlagen aus und begrenzen damit den Handelsbilanzüberschuss, mittelfristig schaffen diese Investitionen jedoch neue Produktionskapazitäten, deren Auslastung stark von der Exportfähigkeit der Produkte abhängt.
11
Nach Angabe des NBS lag die Bevölkerungszuwachsrate 2001 bei 0,5%, 2002 und 2003 bei 0,6% (Durchschnitt weltweit 2003 1,5%).
12
NBS (2003): Statistical Bulletin on National Economy. Beijing.
13
Die Asiatische Entwicklungsbank schätzt, dass sich ohne diese Maßnahmen die Bevölkerungszahl um zusätzliche 500-550 Mio. Einwohner erhöht hätte.
14
2002 betrugen die vereinbarten ausländischen Direktinvestitionen 82,77 Mrd. USD, 2003 waren es 115,07 Mrd. USD (der größte Teil aus Hongkong/Macau, gefolgt von den USA; Deutschland 2002 915 Mio. USD, 2003 1,3 Mrd. USD).
15
2
Rechtsstruktur der VR China und der Beitritt zur WTO
Die VR China ist ein relativ junges Mitglied der Weltwirtschaftsgemeinschaft und im Umgang mit „kapitalistischen“ Nationen teilweise noch ungeübt. Auf der einen Seite sind Ausländer oftmals mit Problemen oder Ungleichbehandlung durch verschiedene Behörden konfrontiert. Scheinbar eindeutige Gesetze und Regelungen werden in der Praxis häufig zum Vorteil von Einheimischen ausgelegt. Auf der anderen Seite wurden zur Steigerung der Attraktivität des Investitionsstandortes viele Gesetze zur Bevorzugung von ausländischen Unternehmen entwickelt. Diese formal bzw. gesetzlich verankerte Ungleichbehandlung von ausländischen und inländischen Unternehmen wird seit dem Eintritt in die Welthandelsorganisation (WTO) im Jahr 2001 schrittweise abgebaut.
2.1
Das chinesische Rechtssystem – schwer durchschaubar für ausländische Investoren
Im Allgemeinen ist das chinesische Recht nicht einheitlich kodifiziert, sodass Gesetze und Regelungen in verschiedenen Gesetzestexten und Verordnungen zu finden sind. Umso wichtiger ist es daher für ein ausländisches Unternehmen, das einen Markteintritt in China plant, sich einen Überblick über alle unternehmensrelevanten Texte zu verschaffen. Die fast unüberschaubare Anzahl an chinesischen Gesetzen wird in der Volksrepublik unterschiedlichen Ebenen zugeteilt. Man unterscheidet internationales Recht, nationales Recht und regionales Recht. Grundsätzlich hat höherrangiges Recht Vorrang gegenüber niederrangigem Recht. Aber oft findet zusätzlich der Grundsatz „spezielles Recht steht über allgemeinem Recht“ Anwendung. In der Praxis ist jedoch nicht selten unklar, welches Recht hierarchisch übergeordnet ist und demzufolge angewendet werden soll (siehe Abbildung 7). Häufig ist es in China deshalb letztendlich Auslegungssache der Gerichte, welches Recht greift. Dies erklärt auch die unterschiedliche Behandlung von gleichartigen Problemen bei einigen ausländischen Unternehmen. Aus diesem Grund sollte in Verträgen zwischen den Parteien von vornherein festgelegt werden, welches Recht zur Anwendung kommt. Wurde dies versäumt, wird in der Regel dasjenige Recht als geltend festgelegt, welches das einheimische Unternehmen bevorzugt.
16
Internationales Recht (multilateral: z.B. WTO-Regeln, UN-Kaufrecht bilateral: z.B. dt.-chin. Abkommen)
Fließen in die nächste Ebene ein ...
Allgemeines Recht
Nationales Recht (z.B. allg. Grundsätze des Zivilrechts der VR China, Gesellschaftsrecht der VR China, Vertragsrecht der VR China, Außenwirtschaftsrecht)
Regionales Recht bzw. Recht bestimmter Sonderwirtschaftszonen (z.B. wirtschaftliche und technologische Entwicklungszonen)
Spezielles Recht
Abb. 7: Ebenen des Rechtes der VR China (Quelle: eigene Darstellung)
2.2
Der WTO-Beitritt und seine Folgen für nationale Gesetze und Regelungen
Am 11. Dezember 2001 ist China offiziell in die Welthandelsorganisation (WTO) eingetreten. Die WTO will den internationalen Güter- und Dienstleistungsaustausch durch drei zentrale Abkommen stärken: •
das Abkommen über den Handel mit Industriegütern und landwirtschaftlichen Produkten (GATT),
•
das Abkommen über den Dienstleistungshandel (GATS) und
•
das Abkommen über handelsbezogene Rechte des geistigen Eigentum (TRIPS).
Während das „General Agreement on Tarifs and Trade“ (GATT) neben der Reduktion von Handelshemmnissen auch auf diverse Markteintrittsstrategien Bezug nimmt, zum Beispiel Regelungen zu Joint Ventures und Tochtergesellschaften, steht im Rahmen von TRIPS der Schutz von Urheberrechten sowie sonstigen Rechten des geistigen Eigentums im Vordergrund – ein wichtiger Aspekt für ausländische Unternehmen in China. Mit dem Beitritt zur WTO verpflichtete sich jedes Mitgliedsland, die Regeln der WTO in nationale Gesetze umzusetzen. Die VR China hat damit begonnen, Zölle
17
und weitere Markteintrittsbeschränkungen graduell zu senken bzw. abzubauen.15 Auf Grund der in China verfolgten Strategie der Importsubstitution waren Importe solcher Güter generell verboten, die auch im Inland verfügbar waren oder die den Absatz inländischer Güter gefährdeten. Ein Produkt mit Nachfrage im Inland sollte möglichst auch im Inland produziert werden. Güter wurden zudem unterschiedlichen Kategorien zugeordnet, die den Grad der Einführbarkeit kennzeichneten (von „erlaubt“ bis „nicht erlaubt“). Seit Beginn der marktwirtschaftlichen Orientierung und dem Beitritt Chinas zur WTO werden diese Grundsätze an die Regeln der WTO angepasst. Allerdings erfolgt diese Harmonisierung langsam. Güter und Branchen werden in Abhängigkeit von ihrer Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes nach wie vor unterschiedlich kategorisiert. Es wurde zum Beispiel eine Kategorie der „unterstützten Güter“ eingeführt; mit ihr wird das Ziel verfolgt, ausländisches Knowhow in die VR China zu transferieren. Ausländische Unternehmen, die Güter dieser Kategorie produzieren, werden durch Steuererlasse und -reduktionen gefördert. Durch professionelle, staatliche Service-Unternehmen (zum Beispiel FESCO – Foreign Enterprises Service Corporation) werden zusätzlich Hilfestellungen bei der Geschäftsaufnahme angeboten. Um die inländische Automobil- und Automobilzulieferindustrie zu schützen, waren der Import von Automobilen und ausländischem Zubehör mit hohen Zöllen belastet. Zusätzlich waren Einfuhrlizenzen erforderlich, oder es galten Importquoten, insbesondere für Automobile und Motoren. Tabelle 1 fasst die Liberalisierungsmaßnahmen für den Automobil- und Automobilzuliefersektor zusammen, die dem WTO-Beitritt folgten. Die Einfuhrquoten für ausländische Automobile wurden sukzessive von einem Ausgangsvolumen von 6 Mrd. USD jährlich um 15% erhöht und zum 1. Januar 2005 ganz abgeschafft. Die durchschnittlichen Einfuhrzölle für Automobile und Automobilzubehör wurden in den letzten Jahren schrittweise gesenkt und erreichen im Juli 2006 ihren vorläufigen Tiefpunkt bei 25% für Automobile und auf 10% für Autozubehör. Um inländischen Zulieferern weiterhin einen Vorteil gegenüber ausländischen Unternehmen zu verschaffen, unterliegen importierte Autos oder Autoteile aber nach wie vor einer Reihe von zeitaufwendigen Kontrollen, die sich beispielsweise an Sicherheits-, Qualitäts- oder Umweltschutzstandards orientieren. Die im Jahr 2004 erlassenen neuen Richtlinien für den chinesischen Automobilsektor definieren vor allem Standards bezüglich Verkehrssicherheit, Umweltschutz, Energiesparen und Diebstahlschutzsystemen. Einer der neuesten Vorgaben ist der bindende Standard über den maximalen Treibstoffverbrauch von Fahrzeugen. Hier wird die Obergrenze des Treibstoffverbrauchs in zwei Stufen ge-
15
Eine vollständige Konformität mit den Regeln der WTO ist bis 2006 vorgesehen.
18
senkt. Beispielsweise dürfen Fahrzeuge bis maximal 2 Tonnen seit 1. Juli 2005 höchstens 12,8 Liter Treibstoff pro 100 Kilometer verbrauchen, ab 1. Januar 2008 wird dieser Wert noch einmal um 10% auf 11,5 Liter reduziert.16 Zusätzlich zu diesen staatlichen Standards gibt es ministerielle sowie lokale und betriebsinterne Standards. Deshalb ist die Orientierung genau so schwierig wie bei den rechtlichen und steuerlichen Regelungen. Hauptsächlich ist das Zertifikationszentrum China Certification Centre for Automotive Products (CCAP) zuständig. Vor dem Beitritt zur WTO
Nach dem Beitritt zur WTO
Zölle
200% in den 1980er-Jahren; 80-100% in der 1990er-Jahren
Ab Juli 2006: 25% für Auto und 10% für Zubehör
Einfuhrquoten für ausländische Automobilhersteller
6 Mrd. RMB Yuan (627 Mio. EUR) pro Jahr
Anstieg der Fahrzeugquote um 15% pro Jahr; seit 2005 keine Beschränkungen mehr
„local content“Anforderungen
40% im ersten Jahr der Produktion; Anstieg auf 60% im zweiten und 80% im dritten Jahr
Aufhebung der „local content"-Quoten ab 2005
Ausländische Beteiligung bei Verkauf und Distribution
Begrenzt auf Großhandel durch Joint Ventures; Verbot gemeinsamer Verkaufsorganisationen für Import- und Joint-Venture-Fahrzeuge
Sowohl für Groß- wie auch Einzelhandel von eigenen Fahrzeugen zugelassen; Integrierte Verkaufsorganisation ab 2006 erlaubt
Fahrzeugfinanzierung für chinesische Kunden
Verbot der Finanzierung
Erlaubnis der Finanzierung durch ausländische Nicht-Bank-Finanzinstitute, zunächst in ausgewählten Städten, später landesweit
Tabelle 1: Veränderung der Rahmenbedingungen auf dem chinesischen Automobilmarkt nach dem WTO-Beitritt (Quelle: Wieder, M./Marz, L. (2004): Zehn Jahre Zeit zu handeln. Chinas Motorisierung zwischen Klima-Kollaps und automobilem Quantensprung. In: WZB-Mitteilungen, Heft 104)
3
Die Politik setzt die Vorgaben: der 10. Fünfjahresplan (2001-2005)
Seit 1953 werden die politischen Rahmenbedingungen für die volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung der VR China durch Fünfjahrespläne bestimmt, die vom Zentralkomitee (ZK) der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) aufgestellt und vom Nationalen Volkskongress gebilligt bzw. verabschiedet werden.
16
Vgl. Qualitätsnetz der Provinz Zhejiang (2004): Erster bindender Standard über Maximumwert des Treibstoffverbrauchs von Fahrzeugen wurde verabschiedet. Nachricht vom 29.10.2004.
19
Der letzte veröffentlichte Fünfjahresplan (10. Fünfjahresplan für die volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung der VR China 2001-2005) und auch der vorhergehende 9. Fünfjahresplan (1996-2000) sind darauf ausgerichtet, die Ziele der so genannten Deng-Xiaoping-Theorie17 zu verwirklichen. Deng formulierte Mitte der 80er-Jahre des vorigen Jahrhunderts einen dreistufigen Entwicklungsplan mit folgenden Zielen: •
Die erste Stufe sah die Verdoppelung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gegenüber 1980 und die Lösung der Ernährungsfrage vor. Dies wurde im Wesentlichen Ende der 80er-Jahre erreicht.
•
In einem zweiten Schritt sollte bis Ende des 20. Jahrhunderts das BIP gegenüber 1980 vervierfacht werden; dieses Ziel wurde bereits 1995 erreicht.
•
Als dritter Schritt soll bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts die Modernisierung des Landes weitgehend abgeschlossen werden und das durchschnittliche ProKopf-Einkommen mit 3.000 USD das Niveau eines mittelmäßig entwickelten Landes erreichen. Im Endstadium dieser dritten Entwicklungsstufe soll China bis zur Mitte dieses Jahrhunderts an der Spitze der führenden Wirtschaftsmächte der Welt stehen.
Diese übergeordneten Ziele bestimmen die wichtigsten „Leitlinien und Kampfziele“ des 10. Fünfjahresplans:18 1)
Steigerung der inländischen Nachfrage zur Beibehaltung eines hohen Wirtschaftswachstums (7% p.a.; 2005: BIP 12,5 Mrd. Yuan (1,305 Mrd. EUR) (Preise von 2000), BIP/Kopf 9400 Yuan (982 EUR),
2)
Beschleunigung der landwirtschaftlichen Entwicklung und Steigerung des Einkommens der ländlichen Bevölkerung (5%),
3)
Optimierung der Industriestruktur (vor allem Reform der Staatsbetriebe) und verstärkte Förderung der Industrialisierung, wobei der Automobilindustrie neben der chemischen Industrie, der Leicht-, Maschinen- und Brennstoffindustrie eine Schlüsselrolle zugewiesen wird,
4)
Verstärkter Ausbau der Verkehrsinfrastruktur zur Schaffung eines modernen Transportsystems (bis 2005: ca. 25.000 km Autobahnen, etwa 30.000 km Nationalstraßen),
17
Deng Xiaoping (1904-1997) führte die KPCh von 1976 bis 1997. Seit 1989 hatte er zwar formal keine Ämter mehr in Staat und Partei inne, dennoch blieb er bis zu seinem Tod einer der einflussreichsten Politiker Chinas.
18
Botschaft der VR China (2002): Bericht des Generalsekretärs Jiang Zemin auf dem XVI. Parteitag der KPCh, CIIC, Berlin.
20
5)
Vermehrte Anstrengungen zur Förderung der Bereiche Wissenschaft, Forschung, Bildung und Ausbildung als wesentliche Grundlage der Entwicklung (2005: Anteil am BIP ca. 1,9%),
6)
Erschließung Zentral- und Westchinas sowie die Förderung einer harmonischen Entwicklung zwischen den Regionen.
Nach einer OECD-Studie ist es fraglich, ob die Entwicklungsziele sowie die darauf basierenden ehrgeizigen Prognosen unter den gegenwärtigen Bedingungen nachhaltig realisierbar sind; die Zweifel resultieren vor allem aus drei untereinander zusammenhängenden Risikofaktoren:19 1)
dem chronischen Missverhältnis von Kapital- bzw. Ressourceneinsatz und der wirtschaftlichen Wertschöpfung,
2)
der segmentierten Wirtschaft, für deren Teilsysteme je nach Eigentumsverhältnissen unterschiedliche ordnungspolitische Rahmen- sowie Wettbewerbsbedingungen gelten, und
3)
dem prekären Zustand der öffentlichen Finanzen sowie des staatlichen Bankensystems, das sich durch die rapide zunehmende Verschuldung bereits am Rand der Insolvenz bewegt.
Andererseits verfolgt die chinesische Regierung ihre geplanten Ziele außerordentlich konsequent. Der Zufluss ausländischer Direktinvestitionen beispielsweise wird nach wie vor in Sektoren von strategischer Bedeutung gelenkt und staatliche Unternehmen in diesen Sektoren werden weiterhin unterstützt.
4
Die Automobil- und Automobilzulieferindustrie sowie der Verkehrssektor im Rahmen des 10. Fünfjahresplans
Im 10. Fünfjahresplan wird der Automobilindustrie sowie den Teile- und Komponentenzulieferern die Rolle von Schlüsselindustrien zugewiesen; die chinesische Regierung verfolgt das Ziel, eine unabhängige und eigenständige Automobilindustrie aufzubauen.20 Es besteht kein Interesse, China in einen Expansionspunkt für die europäische, amerikanische oder japanische Industrie zu verwandeln. Aus chinesischer Sicht ist ausländischen Autoproduzenten und Zulieferern in der
19
OECD (2002): China in the World Economy. The Domestic Policy Challenges. Paris.
20
Jahresproduktion nach dem 10. Fünfjahresplan (2001-2005) 2,9 Mio. Einheiten. 2002 wurden bereits 3,4 Mio. Autos unterschiedlicher Art hergestellt; die Massenmotorisierung soll 2015-2020 erreicht werden.
21
Volksrepublik eine ergänzende Rolle zugedacht. Über diese Funktion können sie niemals hinauswachsen.
4.1
Automobilproduktion
Der 10. Fünfjahresplan betrachtet die Automobilindustrie als „Motor der Wirtschaftsentwicklung“, denn nicht nur der Automobilbau selbst, sondern auch damit verbundene Dienstleistungen (zum Beispiel Vertrieb, Service, Versicherungen) sowie Spillover-Effekte auf andere Branchen (zum Beispiel Zulieferer, Stahl, Gummi, Erdöl) und der Aus- bzw. Aufbau der Verkehrsinfrastruktur sollen wesentlich zum wirtschaftlichen Wachstum beitragen. Die Automobilindustrie in China ist bis heute von der Planwirtschaft geprägt, chinesische Automobilproduzenten sind fast ausschließlich Staatsbetriebe. Ein weiteres Branchenmerkmal ist die Zersplitterung und Dezentralisierung der Automobilindustrie; die Ursache dafür liegt in der staatlichen Planung in den 70erund 80er-Jahren des vorigen Jahrhunderts, als die Regierung aus militärischen Gründen buchstäblich in jeder Provinz ein Automobilwerk baute.21 Momentan werden in 27 chinesischen Provinzen Fahrzeuge entwickelt oder hergestellt, in 21 dieser Provinzen produzieren etwa 2443 Betriebe Pkws. Allerdings wurden im Jahr 2002 nur 117 Automobilhersteller als „Complete Automobile Manufacturers“ eingestuft.22 Der Großteil dieser Hersteller produziert kleine Stückzahlen für isolierte regionale Märkte und verfügt über seine eigene Zuliefererkette. Nach wie versuchen Lokal- und Provinzregierungen ihre lokale Automobilindustrie zu schützen. Das führt zum Beispiel dazu, dass Pekinger Taxiunternehmen verboten ist, Santanas aus Shanghai anzuschaffen; die Shanghaier wiederum wollen keine Taxen der mit Toyota produzierten Marke „Xiali“ aus Tianjin auf ihren Straßen sehen. Inländische Handelsbarrieren, kleine – meist wirtschaftlich auf die Dauer nicht überlebensfähige – Automobilhersteller und Zulieferer, ineffiziente Produktionsbedingungen, die Unzulänglichkeit industrieller technischer Standards und das Fehlen moderner Produktions- bzw. Fahrzeugtechnologien infolge zu geringer Forschungs- und Entwicklungs-Aktivitäten – diese Defiziten nennt der 10. Fünfjahresplan als die Ursachen dafür, dass sich die Automobilindustrie noch nicht zu einem „Motor des Wirtschaftswachstums“ entwickelt hat und international noch nicht wettbewerbsfähig ist.
21
Chunli, L. (2001): Chinas Automobilindustrie in der Globalisierung, IWMI, Universität Bremen. Bremen.
22
Vgl. CAAM (2004), a.a.O.
22
Um diese Schwächen zu kompensieren, das heißt die chinesische Automobilindustrie international wettbewerbsfähig zu machen und ihr tatsächlich eine Schlüsselfunktion bei der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes zuzuweisen, sieht der 10. Fünfjahresplan eine Doppelstrategie vor:23 •
Einbindung internationaler Automobilkonzerne beim Aufbau der eigenen Automobilindustrie vorrangig über (Minderheits-) Joint Ventures zur Nutzung von Kapital, vor allem aber von technischem Know-how aus dem Ausland,
•
Konsolidierungsvorgaben zur Förderung von Konzentrationsprozessen in der heimischen Automobilindustrie. Hier ist geplant, die chinesische Automobilindustrie auf zwei bis drei Unternehmensgruppen zu konzentrieren, deren Marktanteil 2005 bei 70% liegen soll.
Neben diesen direkt auf die Automobilindustrie zielenden Maßnahmen enthält der 10. Fünfjahresplan „flankierende“ Maßnahmen, um die Nachfrage nach Automobilen weiter zu stärken: •
Einführung von Konsumentenkrediten zur Finanzierung des Autokaufs,
•
erhöhte Transparenz des Steuersystems und sinkende Steuer- bzw. Abgabenlast,
•
Reduzierung der Verkehrsproblematik (vor allem in den Städten) durch Einführung von Verkehrsmanagementsystemen,
•
Bau von (preiswerten) Park- und Stellplätzen.24
Dieser Maßnahmenkatalog macht deutlich, wie systematisch die chinesische Regierung den Aufstieg der chinesischen Automobilindustrie plant. Die weiteren Kapitel dieses Buches werden zeigen, wie weit sie bei der Umsetzung ihres Planes schon gekommen ist.
4.2
Automobilzulieferer
Genau wie die Struktur der Automobilproduzenten ist die Zuliefererstruktur stark fragmentiert: Jede Provinz deckt die gesamte Wertschöpfungskette ab, es gibt keine Komplementärproduktion zwischen den Unternehmen und Provinzen; das führt zu einer ineffizienten Kleinmengenproduktion, die der Nachfrage nicht gerecht wird und eine regional differenzierte Produktionsvielfalt unterschiedlicher
23
Botschaft der VR China (2002), a.a.O.
24
Zurzeit gibt es zum Beispiel in Beijing mehr als 2 Mio. Motorfahrzeuge. Es stehen jedoch nur 600.000 Parkplätze zur Verfügung; einzelne Hausverwaltungen verlangen bis zu 7.500 EUR pro Stellplatz im Jahr.
23
Qualitäten zur Folge hat.25 Bisher sind Zulieferer kaum in der Lage, mehrere verschiedene Komponenten herzustellen oder Baugruppen bzw. ganze Systeme anzubieten, und so werden die Automobilhersteller von Hunderten verschiedener Teileproduzenten beliefert, die sich gewöhnlich in ihrer Nähe angesiedelt haben. Eine Austauschbarkeit von Teilen zwischen verschiedenen Modellen ist praktisch nicht gegeben. 26,27 Dieses „Versorgungssystem“, der Mangel an Standardisierung von Autoteilen sowie die Vielzahl an industriellen Standards verhindern die Entwicklung einer modernen Zulieferindustrie. Ein weiteres Hemmnis ist die unzureichende Verkehrsinfrastruktur. Von deren Verbesserung erhofft sich die Zulieferindustrie große Vorteile: Wenn erst einmal der Verkehr „funktioniert“, lassen sich anspruchsvollere Zulieferketten aufbauen und Unternehmen an verschiedenen Standorten von einem Werk aus beliefern. Ein anderes Problem für die Zulieferindustrie ist der wachsende Markt für illegal kopierte Autoteile. Bei VW Shanghai beträgt der Umsatz mit Zulieferteilen etwa 140 Mio. EUR im Jahr, das ist aber nur ein Drittel des Marktes, den Rest machen illegal kopierte Teile aus. Früher haben Fälscher nur technisch einfache Teile nachgeahmt (Scheinwerfer, Windschutzscheiben), doch mit wachsender Erfahrung werden nun auch komplizierte Teile wie Ölpumpen, Getriebe und ganze Motorblöcke kopiert. Chinas Regierung startete im Sommer 2003 eine groß angelegte Kampagne gegen das Kopierwesen, jedoch bisher ohne große Wirkung, da das Gewerbe teilweise organisiert ist wie die Mafia. Um diese Hindernisse für den Aufbau einer eigenständigen und unabhängigen chinesischen Automobilindustrie zu überwinden, sind im 10. Fünfjahresplan vor allem folgende Maßnahmen vorgesehen:28 •
Modernisierung der Struktur der Zulieferindustrie mit dem Ziel, die Komponentenproduktion auf vier bis sechs Hersteller zu konzentrieren,
•
Reduzierung der Teileimporte durch Einführung neuer (Massen-) Produktionsverfahren unter einheitlichen, international anerkannten Standards,
•
Erhöhung der Qualität der Teileproduktion in Zusammenarbeit mit ausländischen Herstellern,
25
Sintic, B. (2003): Struktur und Entwicklung der chinesischen Automobilindustrie. In: China aktuell, Nr. 20, Oktober 2003, S. 1137-1145.
26
VW-Shanghai wird z.B. von über 300 Teileherstellern beliefert.
27
Depner, H. (2003): Globale Produktionsnetze und Entwicklungsländer: Die Automobilindustrie in China. In: Praxis Geographie 2/2003, S. 22-25.
28
Botschaft der VR China (2002), a.a.O.
24 •
Modernisierung von Organisations- und Logistikformen.
Der Zubehörsektor soll stark umstrukturiert werden. Derzeit hat er eine gemischte Struktur; Fahrzeughersteller müssen die von ihnen benötigten Teile nicht nur von OEM29 (Erststufen-Lieferanten), sondern auch von Lieferanten der zweiten Stufe bestellen. Wegen kleiner Produktionsmengen, uneinheitlicher Standards und unzureichender Verkehrsinfrastrukturen ist die Beschaffung von Autokomponenten aufwendig. Deshalb unterstützt die Regierung den Zusammenschluss von kleinen Zulieferern, eine stärkere Produktspezialisierung sowie die Produktion komplexer Zubehörsystemen. Der Zuliefersektor soll einen Produktionswert von 25% der gesamten Automobilbranche erreichen. Die größten fünf bis zehn Zulieferer sollen sich 60% des chinesischen Marktes teilen und 30% ihres Umsatzes soll exportiert werden. Idealerweise sollen diese Unternehmen über starke Fähigkeiten im Bereich Forschung und Entwicklung (F&E) verfügen und statt einzelner Teile komplette Systeme oder Module liefern. Trotz der Abschaffung von „local content“Vorschriften soll der Anteil der nationalen Wertschöpfung schrittweise gesteigert werden. Diese Maßnahmen sollen zu Kostensenkungen von durchschnittlich 20% führen. Im Vertrieb ist die Situation ganz ähnlich. Ursprünglich waren in China ausländische Direktinvestitionen im Groß- und Einzelhandel verboten. Kürzlich hat China jedoch den Handel mit Autos und Autoteilen neu geordnet und den Vertrieb von Autos und Autoteilen stufenweise geöffnet. Seit 11. Dezember 2004 ist die Eröffnung von 100-prozentigen Tochtergesellschaften ausländischer Firmen im Handel mit Autoteilen als „beschränkt zulässig“ klassifiziert. Demnach dürfen ausländische Investoren derzeit noch keine Mehrheit an Unternehmen im Bereich Kfz, Zeitschriften, Pestizide, Kunstdünger, Tabak etc. halten, die mehr als 30 Niederlassungen in China haben. Bis zum 11. Dezember 2006 sollen jedoch diese Beschränkungen im Einzelhandel komplett aufgehoben werden. Dies kann zu einer deutlichen Verbesserung der Vertriebsstrukturen führen. Konkret formuliert der 10. Fünfjahresplan folgende Maßnahmen für die Automobilzulieferindustrie: •
Die Qualität der Automobilprodukte im Bereich Sicherheit soll dramatisch erhöht werden.
•
Abgasgrenzwerte und Brennstoffverbrauch sollen weiter gesenkt werden.
•
Neue Modelle von Omnibussen und Schwerlastkraftwagen sollen serienmäßig mit ABS-Systemen ausgestattet werden.
29
Original equipment manufacturer.
25 •
Der Abgasgrenzwert von Kfz sollen die EURO 2 Norm erreichen. 30
•
Die Lambda-Regelung durch 3-Wege-Katalysator soll bei Fahrzeugen mit Ottomotor serienmäßig eingesetzt werden.
•
Der Einsatz von Ladeluftkühlern, Hochdruckeinspritzung und Oxidationskatalysatoren soll für Dieselmotoren verstärkt werden.
•
Der Verbrauch pro 100 km muss für alle Fahrzeug um 10% reduziert werden.
Als Schwerpunkte der Entwicklung und Anpassung der Produktion sind vorgesehen: •
Systemprodukte oder Autozubehör wie elektronische Einspritzsysteme, Bremssysteme, Lenksysteme und Klimaanlagen, die ein Entwicklungspotenzial besitzen und schon bei der Massenproduktion in nationalisierten Kraftfahrzeugtypen eingebaut sind, müssen intensiver unterstützt werden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern.
•
Die Herstellung von Hightech-Produkten (zum Beispiel Airbag-Systeme, automatische Getriebe und 3-Wege-Katalysatoren usw.) soll ausgebaut werden,
•
Die Exportprodukte oder die bei der Massenproduktion von nationalisierten Kraftfahrzeugtypen eingesetzten arbeitsintensiven und materialintensiven Produkte (zum Beispiel Alu-Felgen, Kabel, Autositze und Stoßfänger) sollen weiterentwickelt werden.
•
Die Lowtech-Produktion, die wenig Entwicklungspotenzial hat (zum Beispiel Gummidichtringe, Befestigungsteile und Luftventilfedern usw.) wird nach der Marktregulierung konsolidiert.
•
Die Produktion von Automobilzubehör mit veralteter Technik (zum Beispiel Vergaser) wird beschränkt,
•
Produkte, die die Umwelt schwer belasten, zum Beispiel Klimaanlagen mit CFC-12, sollen nicht mehr hergestellt werden.
Die im 10. Fünfjahresplan für den Automobil- und Automobilzuliefersektor formulierten Ziele dienen vor allem einem Zweck: die in China hergestellten Produkte weltmarktfähig zu machen. Deshalb sind Effizienzsteigerungen durch Konsolidierungsmaßnahmen, vor allem aber der Aufbau eigener Forschungs- und Entwicklungskompetenzen ein dringliches Anliegen der chinesischen Regierung.
30
EURO 2 Norm bestimmt den Emissionsgrenzwert von CO (4,9 g/kWh), HC (1,1g/kWh) und NOx (7,0 g/kWh), vgl. o.V. 2004k.
26
4.3
Verkehrssektor
Eine wichtige Voraussetzung für die Realisierung der volkswirtschaftlichen Ziele des 10. Fünfjahresplans ist der Auf- und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Auf Grund der großen Landfläche und der vielfältigen geologischen Bedingungen sind mineralische Rohstoffe, vor allem Kohle, über alle Provinzen Chinas verteilt, allerdings mit regionalen Schwerpunkten für bestimmte Rohstoffe. Bevölkerung und Industriestandorte sind an den höher entwickelten Küstenregionen konzentriert; der Großteil der Rohstoffe und insbesondere der Energiequellen, aber auch der Nahrungsmittelproduktion ist dagegen im Nordwesten bzw. Nordosten des Landes zu finden. Daraus ergibt sich ein extrem hoher Transportbedarf.31 Überlastete Eisenbahnstrecken und Straßen, zu geringe Durchschnittsgeschwindigkeit der Züge wegen Überlänge, zu wenig Allwetter-Straßen, zu geringe Tragfähigkeit der Straßen und andere Engpässe bei den Transportwegen von den Rohstoffquellen im Landesinneren zu den industriellen Zentren an der Küste verzögern oft die Lieferungen. Nicht selten kommt es deshalb zu Stromausfällen und demzufolge zu Unterbrechungen der Produktion. Die Qualität der Verkehrsinfrastruktur in der VR China ist geografisch äußerst heterogen.32 Zwischen der Ostküste und dem chinesischen Hinterland herrscht ein ausgeprägtes Gefälle der Standortqualität, wobei insbesondere die Regionen Beijing und Tianjin im Norden, Shanghai, Jiangsu und Zhejiang im Westen sowie Guangdong im Süden der Ostküste flächendeckend über Standortvorteile verfügen. Über vertretbare Standortqualitäten verfügen zudem zentrale Orte im küstennahen Hinterland, die Knotenpunkte im überregionalen Verkehrssystem (Eisenbahnverbindungen und überregionale Straßenverbindungen) darstellen. Auf Grund der schlechten verkehrstechnischen Erschließung weiter Teile Zentral- und Westchinas scheiden diese Regionen für die Ansiedlung von Industrien mit vernetzten Wertschöpfungsketten gegenwärtig weitgehend aus. In der VR China dominieren beim Frachttransport über lange Strecken der Eisenbahnverkehr und die Binnenschifffahrt; zusätzlich beherrscht der Eisenbahnverkehr auch die Personenbeförderung. Im Nahverkehr wird dagegen sowohl der Personen- als auch der Waren- und Güterverkehr auf der Straße abgewickelt.
31
Über 80% der Kohlenvorräte befinden sich in den nördlichen Provinzen Innere Mongolei, Shanxi und Shaanxi (bis zu 2000 km entfernt) und auch 85% der Ölreserven in Nord- sowie Nordostchina (bis zu 1800 km entfernt).
32
Am Lehrstuhl für Internationales Management der RWTH Aachen wurde mit Hilfe eines Geografischen Informationssystems (GIS) eine umfassende Infrastrukturbewertung für die VR China durchgeführt. Hierzu wurde ein Infrastrukturindex für die gesamte Landesfläche gebildet, der sich aus Dichteberechnungen der Eisenbahnnetze, der Autobahnen und Regionalstraßennetze, sowie der Entfernungen zu den sechs internationalen Flughäfen und den 16 bedeutendsten Seehäfen der VR zusammensetzt.
27
Eisenbahn Das chinesische Eisenbahnnetz besteht aus mehreren Hauptlinien, die von Norden nach Süden bzw. von Osten nach Westen führen; außerdem gibt es zahlreiche Nebenlinien und lokal betriebene Strecken. Über zehn Eisenbahnlinien sind grenzüberschreitend und haben Anschluss an die Netze in Russland, Nordkorea und Vietnam. Allerdings erstreckt sich das Eisenbahnnetz nicht gleichmäßig über das Land, die meisten Strecken befinden sich in den östlichen Küstengebieten sowie in Nordostchina. Ende des Jahres 2002 betrug die Gesamtlänge der sich in Betrieb befindenden Eisenbahnstrecken rund 72.000 km, davon 23.100 km doppelgleisig und 17.900 km elektrifiziert.33 Diese Strecken sind aber chronisch überlastet, was den Frachttransport erheblich verzögern kann. Um Abhilfe zu schaffen, wird das Streckennetz laufend erweitert und für höhere Geschwindigkeiten ausgebaut. Binnen- und Küstenschifffahrt Die Binnen- sowie die Küstenschifffahrt weisen in der VR China eine lange Tradition auf und haben vor allem beim Gütertransport nach wie vor große Bedeutung: Der Anteil des Warenverkehrs am gesamten Transportaufkommen stieg von 42% (1992) auf 53% (2002), der Anteil an der Passagierbeförderung reduzierte sich von 6% (1992) auf weniger als 1% (2002). Abgewickelt werden diese Transporte auf den über 110.000 km langen schiffbaren Flüssen (zum Beispiel Jangtse, Perlfluss, Heilongjiang mit Nebenflüssen) sowie einem verzweigten Kanalsystem, dessen Anfänge bis auf die Han-Dynastie zurückgehen.34 Die Beförderungszeiten auf den Wasserwegen sind – unter anderem wegen fehlender Lager- und Umschlagkapazitäten – länger als beim Eisenbahn- oder Straßentransport. Deshalb soll nach dem Ausbau der Verkehrsträger Schiene und Straße ein Großteil der Gütertransporte von den Wasserwegen auf die Eisenbahn bzw. den Lkw verlagert werden.35 Straßenverkehr Zum Jahresende 2002 umfasste das chinesische Straßennetz 1,8 Mio. km, davon entfallen rund 30.000 km auf Autobahnen;36 für den Schwertransport sind insgesamt knapp 260.000 km geeignet.37 Nach der chinesischen Kategorisierung gehören etwa 35% des Straßennetzes zur gehobenen Güteklasse (Asphalt-, Bitumen-
33
China Internet Center (2004). Beijing.
34
Die Han-Zeit wird von 206 v. Chr. bis 220 n. Chr. datiert.
35
Wirtschaftswoche (2003): Sonderausgabe China Nr. 1. Düsseldorf.
36
Die durchschnittliche Dichte beträgt 18,4 km/100 km2.
37
China Internet Information Center (2004): The tenth five year plan of P. R. of China. Beijing.
28
oder Zementdecke), ca. 25% zur so genannten mittleren Kategorie (Schotterbelag) und etwa 25% zur niedrigen Güteklasse (befestigte Erdstraßen), die verbleibenden 15% des Straßennetzes sind unbefestigte Erdstraßen.38 Innerhalb der städtischen Ballungszentren ist das Straßennetz mittlerweile akzeptabel, aber zwischen den Ballungszentren mangelt es bisher an Quantität und auch Qualität. In den wirtschaftlich bedeutenden Küstenregionen ist das Straßennetz am besten entwickelt, aber auch dort gibt es noch eine Reihe von Engpässen. Insbesondere die Verbindungen zwischen Ballungszentren sind oftmals überlastet. Überregionale Straßen in Richtung Osten wurden in den letzten Jahren zwar vermehrt gebaut, oft führen aber nach wie vor einfache Wege von Ort zu Ort, die bei den starken sommerlichen Regenfällen nur schwer passierbar sind. Mit der Leistungssteigerung der inländischen Automobilindustrie sowie dem erhöhten Bedarf an Rohstoffen, Nahrungsmitteln und Energie bzw. durch die Zunahme privat genutzter Personenkraftwagen steigt der Bedarf an gut ausgebauten Überland-, aber auch an städtischen Straßen momentan schnell. Luftfahrt Vor reichlich einem Jahrzehnt war eine Reise per Flugzeug für die meisten Chinesen ein Zeichen von „Würde oder Reichtum“, inzwischen gehören Flüge zum Alltag.39 Auf den 1015 inländischen Flugverbindungen werden in erster Linie Passagiere befördert, der Warentransport spielt dagegen noch keine besondere Rolle: Der Anteil der beförderten Passagiere an der gesamten Personenbeförderung stieg von 6,9% (1992) auf 9,8% (2004), der Anteil der Luftfracht von 0,8% (1992) auf ca. 2% (2002).40 Es wird erwartet, dass sich das Passagieraufkommen in den nächsten Jahren stark erhöhen wird; auch beim Frachttransport werden Zuwachsraten prognostiziert, wenn auch in weit geringerem Umfang als bei der Passagierbeförderung. Der 10. Fünfjahresplan sieht einen umfassen Ausbau der Bereiche Verkehrs- und Transportwesen vor, um das steigende Güter- und Passagieraufkommen bewältigen zu können.41 Für die einzelnen Verkehrsträger sind im Entwicklungsplan
38
Xinhua News Agency (2004): 10.000 Homemade BMW sold in Past Year.
39
Mok, V. (1998): Economic Development in Chinese Societies. Hongkong.
40
Statistisches Bundesamt (2003): Länderprofil China. Wiesbaden (alle Werte ohne Hongkong, Macau und Taiwan).
41
Für die einzelnen Verkehrsträger werden folgende Zuwachsraten erwartet: Straße: Fracht 6%, Personen 8%; Eisenbahn: Fracht 2%, Personen 4%; Wasser: Fracht 3%, Personen weniger als 1%; Luft: Fracht 1%, Personen 7% (alle Werte ohne Hongkong, Macau und Taiwan); Quelle: China today, Beijing 2001.
29
folgende Hauptziele formuliert, wobei ein wesentlicher Teil davon auf die „groß angelegte Erschließung Westchinas“ ausgerichtet ist.42 •
•
•
Eisenbahn Im Rahmen des 10. Fünfjahresplans sind für den Eisenbahnverkehr rund 350 Mrd. Yuan (36,56 Mrd. EUR) vorgesehen, die in erster Linie für folgende Maßnahmen verwendet werden sollen: −
Erweiterung des Eisenbahnnetzes in Westchina,
−
Ausbau (Elektrifizierung, Doppelgleise) und technische Umgestaltung der jeweils acht Hauptlinien von Nord nach Süd bzw. von Ost nach West, zur Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit,
−
Bau von Hochgeschwindigkeitsstrecken (z.B. Beijing-Shanghai),
−
Modernisierung der technischen Einrichtungen bzw. des rollenden Materials,
−
Erweiterung des U- bzw. S-Bahnnetzes in Großstädten, Reformierung der Eisenbahnverwaltung zur Erlangung einer größeren Unabhängigkeit von der politischen Administration.
Binnen- und Küstenschifffahrt Auf diesen Verkehrssektor entfallen im Rahmen des 10. Fünfjahresplans Investitionen in Höhe von etwa 250 Mrd. Yuan (26,1 Mrd. EUR) vor allem zur Realisierung folgender Maßnahmen: −
Ausbau der Hauptschifffahrtslinien (z.B. Yangtse, Perlfluss, Kaiser-Kanal), um darauf längere Abschnitte mit Schiffen über 1000 Bruttoregistertonnen (BRT) befahren zu können,
−
Verbesserung bzw. Erweiterung des Container-Transportsystems,
−
Vergrößerung der Lager- und Umschlagskapazitäten.
Straßenverkehr Während der Laufzeit des 10. Fünfjahresplan werden für den Straßenverkehr die größten Zuwachsraten von allen Verkehrsträgern vorhergesagt; rund 40%, ca. 450 Mrd. Yuan (57 Mrd. EUR), aller Investitionen in das Transport- und Verkehrswesen sind zum Ausbau des Straßennetzes vorgesehen, so für −
42
den Ausbau der wichtigsten Nationalstraßen (fünf von Nord nach Süd und sieben von Ost nach West),
Zhu, R. (2001): Bericht über den Grundriss des 10. Fünfjahresplans. Beijing.
30
•
−
die Verlängerung bzw. den Ausbau von drei Autobahnen in Nord-SüdRichtung sowie von zwei Autobahnen in Ost-West-Richtung,
−
die Erweiterung des Straßennetzes zwischen den Autobahnen bzw. zur Anbindung ländlicher Regionen an das Autobahnnetz,
−
die Asphaltierung von Land- und Kreisstraßen in einer Gesamtlänge von über 25.000 km,
−
die Einführung „intelligenter Verkehrssysteme“, für organisatorische und strukturelle Reformen im Bereich des Straßenverkehrswesens zur Vergrößerung der Selbständigkeit bzw. der Unabhängigkeit von der politischen Administration.
Luftfahrt Rund 280 Mrd. Yuan (29,25 Mrd. EUR) sieht der laufende Fünfjahresplan für die Verbesserung bzw. Erweiterung des Luftverkehrs vor; die Investitionen fließen in erster Linie in −
die Erweiterung und Verdichtung des inländischen Streckennetzes (Schwerpunkt liegt in Westchina),
−
Bau- bzw. Ausbau von Flughäfen (vor allem in Westchina),
−
Modernisierung des Flugsicherungssystems,
−
Kauf von modernen, und damit wirtschaftlicheren Kurz- bzw. Mittelstreckenflugzeugen
Insgesamt sind die Pläne zur Ausbau der Infrastruktur ambitioniert. Bis Ende des Jahres 2005 hat die chinesische Regierung bei der Umsetzung der Pläne erneut große Konsequenz gezeigt.
Teil 2: Die Automobilindustrie in China – Status quo und Perspektiven
5
Der Automobilmarkt in China von 1953 bis zur Gegenwart
Seit 1990 wuchs der chinesische Automobilmarkt um jährlich durchschnittlich 35%. Mit einem Produktionsvolumen von 4,4 Millionen Fahrzeugen war China im Jahr 2004 bereits der viertgrößte Automobilproduzent der Welt. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Produktion um mehr als 80%, die Verkäufe um etwa 75%.43 Setzt sich diese Entwicklung fort, wird China im Jahr 2010 voraussichtlich der drittgrößte und im Jahr 2020 sogar der größte Automobilmarkt der Welt sein. Das Wachstumspotenzial des chinesischen Marktes ist also immens – und Automobilhersteller wie auch Zulieferer müssen dieses Potenzial ausnutzen, wollen sie im globalen Wettbewerb nicht zurückfallen. Die internationalen Autokonzerne planen demzufolge den Ausbau ihrer Produktionskapazitäten in China, um ihre Kunden besser beliefern zu können und im Kampf um Marktanteile erfolgreicher zu sein. Als Konsequenz aus der Umsetzung von WTO-Regelungen sinken die Zölle und Mengenbeschränkungen und die Wettbewerbsintensität vor Ort steigt rapide. Heftige Preiskämpfe zeichnen sich ab. Vor diesem Hintergrund stehen Automobilbauer und Zulieferer vor der großen Herausforderung, sich jetzt sehr schnell auf veränderte Wettbewerbsbedingungen einzustellen. Die Entwicklungen der Automobil- und Automobilzulieferindustrie hängen eng zusammen. Um als Automobilzulieferer in China erfolgreich zu sein, müssen die historische Entwicklung, die derzeitige Struktur und die zukünftigen Herausforderungen des Automobilsektors verstanden werden. Daher wird im Folgenden zunächst der Automobilmarkt in China dargestellt. Die chinesische Automobilindustrie hat eine Geschichte von über 50 Jahren. Die erste Automobilproduktionsstätte in China wurde 1953 mit Hilfe der Sowjetunion errichtet.44 In den folgenden Jahren stieg die Anzahl der Hersteller aus militärstrategischen Gründen ständig an, in jeder Provinz wurden Autowerke gebaut. 1980 gab es 56 Autohersteller in China. Charakteristisches Merkmal für die chinesische Automobilindustrie zu jener Zeit war die hohe Fertigungstiefe: Jeder Autohersteller verfügte über die gesamte Wertschöpfungskette, und nicht nur die Herstellung, sondern auch der Absatz erfolgte innerhalb von isolierten Gebieten.45 Schwerpunkt der Produktion waren Nutzfahrzeuge, insbesondere solche mit einem Gewicht von 4-5 Tonnen. Im Gegensatz zur Lkw-Produktion war die Pkw-Produktion lange Zeit bedeutungslos. Der erste Pkw „Dong Feng“ wurde zwar schon
43
Vgl. Xinghua News Agency (2004), a.a.O.
44
Vgl. Weider, M. (2004): China – Automobilmarkt der Zukunft? Discussion paper SP III 2004-105. Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung.
45
Vgl. Lee, C. (2001): Chinas Automobilindustrie in der Globalisierung. Berichte des Arbeitsbereichs China Forschung, Nr. 15. Universität Bremen.
34
1958 hergestellt, die Produktionsmenge in den folgenden Jahren hatte aber eher symbolische Bedeutung. Noch lange blieben die Produktionsziffern niedrig: So liefen zum Beispiel 1982 in ganz China nur 4.030 Pkw vom Band. Die Lkw-Produktion dagegen betrug mehr als das 30-fache. Anfang der 80er-Jahre stiegen im Zuge der vorsichtigen Liberalisierungsmaßnahmen die wirtschaftlichen Wachstumsraten. Zugleich entfielen Regelungen, die Regierungsmitgliedern niedrigen Ranges die Nutzung öffentlicher Dienstwagen verboten hatten.46 Dies hatte zur Folge, dass die inländische Produktion schon 1984 die schnell wachsende Nachfrage nach Pkws nicht mehr befriedigen konnte. Der Pkw-Import übertraf 1985 die heimische Produktion sogar um das 20-fache. Die hohen Importzölle führten zum massenhaften Schmuggel von Pkws; die Anzahl der geschmuggelten Fahrzeuge lag 1985 bei etwa 350.000 Stück.47 Unter diesen Umständen beschloss die Regierung im Rahmen ihrer Importsubstitutionspolitik, die inländische Automobilproduktion mit Hilfe ausländischer Technologien und ausländischem Kapital zu fördern. Erstmalig wurde ausländischen Automobilherstellern der Eintritt in den chinesischen Markt ermöglicht, allerdings nur in Form einer Kooperation mit einem chinesischen Partner. Die weitgehend autonomen Provinzen konkurrierten um diese Investitionszuflüsse, um die positiven Wachstumseffekte der boomenden Automobilindustrie in der eigenen Provinz zu realisieren. So entstand eine Vielzahl von Produktionsstätten mit geringer Produktionskapazität, die jeweils ihr eigenes Zuliefernetzwerk in ihrer Nähe entwickelten. Volkswagen war das erste ausländische Unternehmen, das in den chinesischen Automobilmarkt eintrat, gefolgt von Beijing Jeep. 1985 gründeten Shanghai Automotive Industry Co. (SAIC) und Volkswagen gemeinsam Shanghai Volkswagen Automotive Co. Ltd., das den Santana montierte. Volkswagen hatte damit vorübergehend eine Monopolstellung im chinesischen Pkw-Markt erlangt. Hohe Importzölle und Preise, die etwa 60% über dem Weltmarktniveau lagen, sicherten VW trotz hoher Produktionskosten über lange Jahre stattliche Gewinne. Angesichts des großen Erfolgs von VW und der zunehmenden Liberalisierungspolitik folgten viele andere ausländische Automobilhersteller dem Vorbild des deutschen Automobilkonzerns. Manche machten den ersten Schritt in die Volksrepublik aber wesentlich später als beabsichtigt, da die Suche nach einem geeigneten Joint-Venture-Partner und die anschließenden Verhandlungen den Markteintritt einiger ausländischer Unternehmen erheblich verzögerten. So dauerten bei-
46
Vor 1984 war der Besitz eines Dienstwagens eher ein Statussymbol, und nur Beamte höheren Ranges durften dieses Privileg genießen.
47
Vgl. Scholz, A./Postler, J. (2004): China: Marktorientierte Produktion am Beispiel der Automobilindustrie und ihrer Zulieferer. Universität Bremen.
35
spielsweise die Verhandlungen von General Motors und Honda jeweils mehr als vier Jahre. In Tabelle 2 sind Informationen zu den Produktionsaktivitäten ausländischer Automobilhersteller aufgeführt. Es wird deutlich, dass alle großen Automobilproduzenten der Welt bis 2003 in China produzierten. Produktionsbeginn
Ausländischer Investor
Kooperation
Modelle
1984
Volkswagen
JV mit BAIC
Santana, Santana 2000, Passat Polo
1985
DaimlerChrysler
JV mit SAIC
Jeep Cherokee, Mitsubishi Pajero
1988
Peugeot/PSA
JV mit Guang Zhou Auto Co.
1998 beendet
1991
Volkswagen/Audi
JV mit FAW
Audi A6, Audi 100, Audi 200, Jetta, Bora
1992
Citroen/PSA
JV mit Dong Feng
Fukang
1995
Suzuki
JV mit Chang An
Alto, Cultus
1999
General Motors
JV mit SAIT
Buick (Regal, Century, GL8, Sail)
2002
Honda
JV
Accord, Odyssey
Toyota
JV mit TAIC
Vios, Corolla
Ford
JV mit Chang An
Fiesta, Mondeo
2003
BMW
JV mit Brilliance
3er BMW (seit 2005: 5er BMW)
2003
Nissan
JV mit Dong Feng
March, Sunny, Cefiro
Tabelle 2: Ausländische Automobilhersteller auf dem chinesischen Markt (Quelle: eigene Zusammenstellung) Mit dem Zufluss ausländischer Direktinvestitionen nahm das Produktionsvolumen sprunghaft zu. Insbesondere seit 2001 sind die Produktions- und Absatzzahlen im Pkw-Sektor außerordentlich gestiegen; und seit dem Jahr 2002 werden deutlich mehr Pkw als Lkw produziert (siehe Abbildung 8). Dieser Schnittpunkt signalisiert zugleich den Beginn einer neuen, reiferen Phase des chinesischen Automobilmarktes.
36
5.000.000 4.500.000
Gesamt
4.000.000 3.500.000 3.000.000 2.500.000 2.000.000
PKW
1.500.000
LKW
1.000.000
Bus
500.000 0 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003
Abb. 8: Automobilproduktion in der VR China (Quelle: CAAM (2004), a.a.O., S. 49) Es gilt jedoch zu berücksichtigen, dass China ein noch sehr junger Markt ist. Im weltweiten Vergleich hinken die in der Volksrepublik produzierten Automobile in puncto Qualität hinterher. Viele Käufer sind Erstkäufer, und ein Automobil ist nach wie vor ein Luxusgut und bleibt für viele Chinesen ein unerfüllbarer Traum.
5.1 5.1.1
Die großen Player im chinesischen Automobilsektor Einheimische Automobilkonzerne
Die großen staatlichen chinesischen Automobilkonzerne sind die Shanghai Automotive Industry Corporation Group (SAIC), die FAW Group Corporation und die Dongfeng Motor Corporation.48 Die chinesische Regierung hat es gut verstanden, Joint Ventures mit ausländischen Automobilproduzenten innerhalb dieser Konzerne so zu etablieren, dass sie ein breites Produktspektrum anbieten können. Durch ihre Kooperationen waren diese chinesischen Automobilkonzerne in der Lage, ihre Bedeutung im chinesischen Automobilsektor erheblich zu steigern. In Tabelle 3 sind Informationen zu den veröffentlichten Partnerschaften der drei großen Konzerne, den produzierten Modellen, dem Produktionsvolumen im Jahr 2002 und dem geplanten Produktionsvolumen im Jahr 2007 zusammengetragen.
48
Angaben zu den drei großen chinesischen Konzernen aus CAAM (2004): a.a.O.
37
Unternehmen
Gründung
Eigentumsverhältnisse
Modelle
Mitarbeiter Kapazität 2002 2007
SHANGHAI AUTOMOTIVE INDUSTRY CORPORATION Shanghai VW
1984
Shanghai GM
1998
SAIC Chery
2001
SAIC-GM-Wuling
2001
50% VW 25% SAIC 25% andere 50% 50% 80% Anhui Government 20% SAIC 50% SAIC 34% GM 16% Wuling
Santana B2 Santana 2000 Passat, Polo Buick Sail (Yantai) GL, GLX, GL8 Wagon, Kleinbusse, Mini, Lkw Quirui Fengyun, Quiyun, QQ, Dongfangle Wuling City Breeze, Sunshine, Minivans, Pickups, Chevrolet Spark
10.000
280.000 700.000
3.000
179.000 400.000
1.700
50.398 350.000
4.000
145.000
6.000
191.695 660.000
Weitere Kooperationen: Ford (Innenausstattung, Sitze, Kunststoffteile), Volvo (Busse), Bosch (Motorsteuerungssysteme), Isuzu (Lkw (zusammen mit GM)), ZF (Lenksysteme) FIRST AUTO WORKS FAW-VW (VW/Audi)
1989
FAW Hainan (Mazda) Tianjin FAW Xiali
1994
FAW Car
1997
1968 2002
60% FAW 30% VW 10% Audi FAW Car Mazda 51% FAW 34% TAIG 15% Streubesitz 66% FAW 34% Streubesitz
Jetta, Golf, Bora Audi A4, Audi A6 Mazda Familia, Premacy
800
20.000 150.000
Juna, Shenya, Echo, Xiali 2000, Vios
850
86.990 400.000
Oberklasse-Limousinen: Hongqi Mingshi, Jixing, 98 New star Centuri Star, Mazda M6
N.A.
30.000 130.000
Weitere Kooperationen: Scania (Schwere Lkw), Daewoo (Motoren, Getriebe, Gusskomponenten), DaimlerChrysler (Pkw) DONGFENG MOTOR COMPANY DPCA
1992
31% Dongfeng Citroen C5, Xsara, Picasso 27% Citroen Dongfeng Fukang 42% andere Dongfeng Kia 2002 50% Kia Hyundai Accent, Kia Pride, Yueda Kia Qianlima II 25% Yueda 25% Dongfeng Dongfeng Motor 2003 65% Dongfeng Nissan Sunny, Celfiro 35% Yulon Fengshen 2000 50% Dongfeng Nissan Bluebird, Villager, Sunny 50% Nissan Weitere Kooperationen: Honda (Motoren), Cummins (Dieselmotoren), Renault Taiwan Yulong
5.163
72.000
300.000
N.A.
20.000
200.000
N.A.
0
550.000
2.500
38.897
240.000
Chevrolet Audi A4, Audi A6
700
4.500
50.000
BMW 3er und 5er
N.A.
2.000
30.000
1.200
200.000
N.A.
0
150.000
200.000
450.000
BRILLIANCE Jinbei GM
2001
Brilliance BMW
2002
50% GM 50% Shenyang Brilliance N.A.
Weitere Kooperationen: Huachen (Pkw), Shenyang Automotive (Pkw, Minibusse), Ningho (Autoglas) CHANGAN MOTORS Changan Suzuki Automobile
1995
51% Chongqing Changan 35% Suzuki 15% Nisshio Iwai Trading
Alto, Cultrus
Changan Ford Automobile
2001
50% Chongqing Changan 50% Ford
Fiesta, Mondeo, Maverick
Chongquing Changan Automobile
1984
58% Changan Group 5% Suzuki
Changan Xingyun, Star
N.A.
Tabelle 3: Kooperationen der chinesischen Automobilkonzerne (Quelle: eigene Zusammenstellung)
38 •
Die Shanghai Automotive Industry Corporation Group (SAIC) hat sich auf das Pkw-Geschäft konzentriert und beschäftigt etwa 60.000 Mitarbeiter in insgesamt 55 Tochtergesellschaften. Sie bietet aus dem Joint Venture mit VW die Typen Polo, Golf, Santana und Passat an. Seit 1998 kooperiert SAIC auch mit General Motors. Im Jahr 2003 verkaufte SAIC etwa 800.000 Fahrzeuge. Mit weiteren Kooperationspartnern ist SAIC auch im Automobilzulieferbereich vertreten. Seit 2001 produziert SAIC auch in Zusammenarbeit mit der Provinz Anhui unter eigener Marke (SAIC Chery) Automobile im Kleinwagen- und Mittelklassesegment.
•
Die FAW Group Corporation ist in der Lage, durch ihre unterschiedlichen Joint Ventures mit Volkswagen, Audi, Mazda und Toyota, ergänzt durch die Pkws der eigenen Produktion, das gesamte Produktspektrum vom Klein- bis zum Luxuswagen anzubieten. Zusätzlich ist FAW im Nutzfahrzeugbereich tätig. Im Jahr 2003 verkaufte FAW insgesamt 902.000 Fahrzeuge, die Gewinne stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 34,6%. Die Kraftfahrzeugproduktion konnte von 15.365 im Jahr 2000 auf 519.865 im Jahr 2003 gesteigert werden.
•
Auch die Dongfeng Motor Corporation (DFM) ist ein nahezu voll integriertes Automobilunternehmen, das Transportfahrzeuge, Personenkraftwagen und auch Autokomponenten, -ersatzteile und Ausstattung anbietet. DFM ist an Joint Ventures mit Peugeot und Citroen, Honda, Kia und Nissan beteiligt. Insgesamt verkaufte DFM im Jahr 2003 473.000 Fahrzeuge. Die Produktion von Pkw konnte 53.900 im Jahr 2000 auf 219.210 im Jahr 2003 gesteigert werden.
Die chinesischen Automobilkonzerne haben im Vergleich zu ihren westlichen Partnern Aufholbedarf insbesondere in Bezug auf technologisches Know-how, Management-Know-how sowie in den Bereichen Logistik, Marketing und Vertrieb. Um international wettbewerbsfähige Automobile zu produzieren, ist der Aufbau eigener technologischer Kompetenzen oberstes Ziel. Ausländische Unternehmen geben im Rahmen ihrer Joint Ventures ihr Wissen natürlich möglichst nur in eingeschränktem Umfang weiter. Zunehmend engagieren die chinesischen Unternehmen Ingenieure oder auch Designer aus westlichen Industrieländern, um ihre Marke möglichst schnell zu stärken. Experten gehen davon aus, dass es dennoch fünf bis zehn Jahre dauern wird, bis die Konzerne ihre Automobile aus eigener Produktion auf dem Weltmarkt anbieten können. Im Jahr 2003 haben die Konzerne begonnen, ihre Organisation zu restrukturieren. Ziel der Reorganisation ist es, Synergiepotenziale auszuschöpfen, die bisher auf Grund der dezentralen Organisation vernachlässigt wurden. Bei ihren Konsolidierungsbestrebungen werden die Unternehmen auch von Seiten der Regierung unterstützt. FAW hat als internes Ziel für die nächsten Jahre die Konsolidierung des Managements im gesamten Konzern sowie eine verstärkte Dienstleistungsorientierung formuliert. Bereits in den vergangenen zwei Jahren wurde eine Reihe von
39
Kundenbefragungen durchgeführt, um neue Marketing- und Vertriebspraktiken zu entwickeln. Die drei Giganten entwickeln so zunehmend marktorientierte Konzernstrukturen. 5.1.2
Akteure aus dem Ausland und ihre Kooperationspartner
5.1.2.1 Shanghai Volkswagen und FAW Volkswagen Das Joint Venture Shanghai Volkswagen (SVW) zwischen der Shanghai Automotive Industry Co. (SAIC) und der Volkswagen AG besteht seit 1985. Zuerst wurden der Santana, später der Santana 2000, der Passat, der Polo und der Golf hergestellt. 1991 hatte VW ein weiteres Joint Venture, das First Automotive WoksVolkswagen (FAW-VW), mit einer Gesamtinvestition von 4,2 Mrd. Yuan (439 Mio. EUR) gegründet, das 1996 mit der Produktion der Modelle Jetta, Bora und Golf begann und auch den Audi produziert.49 FAW-VW beschäftigt etwa 300.000 Ingenieure. Als Pionier unter den ausländischen Investoren in der Automobilindustrie erhielt VW erhebliche Unterstützung sowohl von der Zentralregierung als auch von regionalen und lokalen Behörden sowie durch die Provinzregierungen. Die Hilfestellung bestand neben Steuervergünstigungen vor allem in der Zusicherung des Devisen- und Materialzugangs. Die lokalen Kooperationspartner brachten Ressourcen wie Produktionsanlagen und Personal in das Joint Venture ein. Weiterhin wurde mit Unterstützung der zentralen Regierung ein landesweites Lieferanten- und Distributionsnetz aufgebaut. Bis heute ist das Zuliefernetzwerk infolge der Ansiedlung von VW in Shanghai das dichteste in ganz China. Im November 2003 exportierte VW 600 Polos nach Australien. Zum ersten Mal in der chinesischen Automobilgeschichte wurden „Made in China“-Autos in ein Industrieland exportiert. VW plant, die Produktionskapazitäten in den nächsten fünf Jahren auf 1,6 Millionen Autos zu verdoppeln, außerdem sollen mittelfristig verstärkt Autos aus China exportiert werden.50 5.1.2.2 GM China Investment Corporation (GM China) General Motors ist erst 1997 in den chinesischen Markt eingetreten. Mit SAIC hat das Unternehmen GM China Investment Corporation ein Joint Venture Shanghai General Motors (Shanghai GM) gegründet. Außerhalb von Shanghai sind Produktionswerke in Yan Tai und ein Werk in Shengyang entstanden.
49
Vgl. CAAM (2004a): 50 Jahre chinesische Automobilindustrie.
50
Vgl. Weider, M. (2004), a.a.O.
40
Inzwischen wurden mehrere Joint Ventures zwischen GM China und verschiedenen chinesischen Autoherstellern gegründet – was dazu beitrug, dass sich GM zum stärksten Konkurrenten für VW in China entwickelte. 2003 konnte GM China 386.710 Autos in China verkaufen, dies entsprach im Vergleich zum Vorjahr einer Wachstumsrate von 46%. Derzeit produziert GM in China verschiedene Modelle wie den Buick Regal, den Buick Excelle, den Buick Sail, den Chevrolet Spark, den Chevrolet Blazer SUV. Im August 2004 hat GMAC-SAIC Automotive Finance Co. Ltd., ein Joint Venture zwischen GMAC und Shanghai Automotive Group, ihren Betrieb aufgenommen. Dies war die Geburtsstunde der ersten Autokredit-Firma in China. General Motors ist momentan der zweitgrößte Pkw-Produzent in China und legt großen Wert auf diesen Markt, da seiner Einschätzung nach die weltweite Wettbewerbsposition stark vom China-Geschäft abhängt. Bis 2006 will GM seine Produktionskapazitäten um 50% erweitern.51 5.1.2.3 Andere internationale Autohersteller BMW entschied sich recht spät für die Ausweitung des China-Engagements. Seit 1994 hatte BMW eine eigene Repräsentanz in China und konzentrierte sich auf den Vertrieb von importierten Autos. 2002 setzte BMW knapp 6.700 Autos in China ab, damit wurde China (inklusiv Taiwan und Hong Kong) nach Deutschland und den USA der weltweit drittgrößte Absatzmarkt für die 7er Reihe. Ein Joint Venture gründete BMW fast zehn Jahren nach seinem Markteintritt im Juli 2003 mit der Brilliance China Automotive Holding. Der erste BMW 325i lief im September 2003 vom Band der Produktionsstätte in Shenyang. In den ersten neun Monaten im Jahre 2004 verkaufte BMW in China 12.461 Autos, was einer Steigerung um 30% im Vergleich zur gleichen Periode des Vorjahres entsprach. 63% davon waren in China produzierte Pkws (BMW318i, 325i, 520i, 525i und 530i).52 Mittelfristig wird die Fertigungskapazität auf 30.000 Fahrzeuge ausgeweitet. PSA Peugeot Citroën ist ein Jahr später als Volkswagen nach China gegangen. 1985 hatte Peugeot ein Joint Venture mit Guangzhou Auto Co. gegründet, das sich am Anfang auf Nutzfahrzeuge und später auch auf Pkw konzentrierte. 1997 zog sich Peugeot aber wegen schlechter lokaler Bedingungen und geringer Umsätze vom chinesischen Automobilmarkt zurück. Die spätere Kooperation von Citroën mit Dongfeng Motor seit 1992 in Wu Han war ebenfalls nicht sehr erfolgreich. Dennoch wurde dieses Engagement 2002 durch den Beitritt Peugeots erweitert. Ab 2006 plant PSA die Produktionskapazität im Werk bei Wu Han um weitere 30.000 Fahrzeugen zu erhöhen.
51
Vgl. Wieder, M. (2004), a.a.O.
52
Vgl. Wang, L. (2002): Der Kooperationsvertrag von PSA Peugeot Citroen und Dongfeng wird morgen unterzeichnet. In: People's Daily vom 24.10.2002.
41
1995 gründete Ford mit Jiangling Motor Company ein Joint Venture und produziert seit 1997 den Transit Quanshun. Außerdem ist Ford noch in der Autoteileproduktion aktiv. 2001 begannen Ford und Chongqing Changan eine Kooperation im Pkw-Markt. Seit Januar 2003 produziert das gemeinsame Unternehmen Ford Fiestas im Werk in Chongqing. Im Juli 2004 konnte das Werk bereits 50.000 Autos liefern.53 Das japanische Unternehmen Toyota hat eine lange Geschichte in China. Schon 1984 begann Daihatsu, die Tochtergesellschaft von Toyota, eine Kooperation mit Tianjin Automotive Xiali Co. In den 90er-Jahren hat Toyota in Tianjin und den umliegenden Gebieten mehrere Joint Ventures für die Autoteileproduktion gegründet. 2002 begann Toyota dann eine weitere strategische Kooperation mit FAW. Ziel ist es, bis zum Jahr 2010 30.000 bis 40.000 Fahrzeuge in China abzusetzen.54 Auch Toyota hat sein Angebot in China erweitert, inzwischen werden der Toyota Corolla, Terios, Vios, Century, Camry, Previa, Rav4, Land Cruiser, Land Cruiser Prado, Hiace und Coaster in China hergestellt und abgesetzt. Honda übernahm die Produktionsanlagen von Guangzhou Peugeot im Jahr 1998 und produziert seitdem den Honda Accord in Guangzhou. 2003 gründete Honda ein Joint Venture mit Dongfeng, das seit 2004 den CR-V baut. Die Kooperation mit Dongfeng begann eigentlich bereits 1994, am Anfang im Autoteile-, später im Motorbaubereich. Bis 2006 soll die Fertigungskapazität auf 530.000 Einheiten verdoppelt werden. Davon sind 50.000 Fahrzeuge für den Export vorgesehen.55 Zu den großen internationalen Autoherstellern zählen noch Daimler Chrysler in Bei Jing, Fiat in Nan Jing, Suzuki in Chong Qing, Mazda in Hai Nan, Nissan in Hu Bei, Hyundai in Bei Jing und Kia in Jiang Shu.
5.2
Standorte der Automobilhersteller
Auf Grund der historisch bedingten dezentralen Entwicklung ist die Standortstruktur der Automobilhersteller in China stark regionalisiert. Während sich ausländische Produzenten, die früh in den Markt eingetreten sind, auf die Megastädte des Küstenstreifens im Osten der Volksrepublik konzentriert haben, nutzen später hinzugekommene Unternehmen die Kostenvorteile im Landesinneren. Zunehmend entwickeln sich so auch abseits der östlichen Ballungszentren Automobilstandorte, wie beispielsweise Chongqing, der Standort der Automobilunternehmen Changan Automobile und Changan Ford.
53
Vgl. Ford (2004): Introduction about Changan Ford.
54
Vgl.Toyota (2004): Toyota in China – A Decades-Long Relationship Blooms.
55
Vgl. Honda (2004): Honda will die Produktionskapazität in China verdoppeln.
42
Automobilzulieferer haben bei eigenen Standortentscheidungen die Qual der Wahl. In den kommenden Jahren werden weitere Standorte der Automobilproduktion hinzukommen, und die Ausbringungsmengen der bestehenden Produktionsstandorte werden auf Grund der dynamischen Marktentwicklung stark fluktuieren. Die bisher in Abbildung 9 erkennbare Konzentration der großen Produktionsvolumina in Shanghai, Changchun, Peking und Guangzhou wird in den nächsten Jahren zu Gunsten von Standorten im Landesinneren aufgelöst werden.
5.3 5.3.1
Struktur des chinesischen Automobilsektors Wachstumsperspektiven durch steigende Nachfrage
Die Nachfragestruktur im chinesischen Automobilsektor hat sich erheblich verändert, seit der Kauf von Pkw 1984 auch für Beamte außerhalb der Führungsschicht möglich wurde. War vorher der Autobesitz ein Privileg, das ausschließlich „hohen Kadern“ vorbehalten war, gehörte nach 1984 ein Auto zur „Grundausstattung“ der höheren Beamten, die stark von der Entwicklung der Wirtschaft in China profitierten. 1991 wurden noch etwa die Hälfte aller Pkw an Beamte verkauft. Das Wachstum des Automobilmarktes lebt aber vor allem von dem zunehmenden Wohlstand der wachsenden Mittel- und Oberschicht im Osten des Landes, die jährlich mehr als 5.000 EUR verdient. Seit Ende der 90er-Jahre wächst diese Klientel schnell. Mit der Zunahme des Einkommens und des Privatvermögens stehen die Ausgaben für Wohnungen, Computer, Wertpapiere und Automobile an der Spitze des Konsums.56 2004 verdienten zwar nur 0,46% der Chinesen mehr als 5.000 EUR im Jahr, dies entsprach aber 6 Millionen potenziellen Kunden. Bis zum Jahr 2007 wird diese Käuferschicht voraussichtlich um jährlich 21% auf etwa 15 Millionen anwachsen. Wie Abbildung 10 zeigt, wird diese potenziell kaufkräftige Mittel- und Oberschicht bis zum Jahr 2010 weiter zunehmen, allerdings wird voraussichtlich mehr als die Hälfte der chinesischen Bevölkerung einer Einkommensschicht angehören, die zwischen 2.250 und 5.000 EUR im Jahr verdient.
56
So liegt nach Angaben des staatlichen Statistikamtes zurzeit die Sparquote bei durchschnittlich 24% des verfügbaren Einkommens der städtischen Bevölkerung und bei etwa 2% auf dem Land. Bis Ende 2003 war ein privates Sparguthaben in Höhe von 11,2 Mrd. Yuan (ca. 1,16 Mrd. EUR) angesammelt (+19,6% gegenüber 2002).
Abb. 9: Die räumliche Verteilung der Automobilproduktion in der VR China (Quelle: CAAM (2004), a.a.O., eigener Entwurf)
Harbin
Shenyang Beijing
Linghai
T ianjin
Yancheng Nanjing Shanghai
PKW-Produktion 1. Halbjahr 2004
Wuhan Chongqing Xiangtan
367.320 150.000 35.000
Wuhu Ningbo Jingdezhen
Fuzhou
Qujing Changchun Liuzhou Guangzhou Shenzhen
Chinesische Provinzen Haikou
1.000 km
43
44
56,5%
33,9%
33,1%
30,4%
19,1% 13,1%
11,3% 2,6% < 1.550 EUR 2000
1.550-2.250
2.250-5.000
> 5.000 EUR
2010
Abb. 10: Entwicklung der Einkommenssegmente (Quelle: National Bureau of Statistics, Beijing 2003) Ob sich die Kaufkraft der chinesischen Bevölkerung tatsächlich wie prognostiziert entwickelt, hängt entscheidend davon ab, ob die VR China das herausragende Wachstum der letzten Jahre fortsetzen kann. Wenn dies gelingt, wird die Bedeutung privater Käufer für die Automobilhersteller stark wachsen, wie Abbildung 11 zeigt. Bis zum Jahr 2001 stellten die privaten Haushalte bereits 35% der Nachfrager nach Automobilen. Voraussichtlich wird ihr Anteil bis zum Jahr 2011 auf 70% wachsen.
12%
34%
23%
28%
25%
11%
Taxis
13% 6%
Unternehmen Staat
70%
Privater Kauf
25% 15%
48%
31% 35%
6% 1991
18% 1996
2001
2011
Abb. 11: Absatz von Personenkraftwagen nach Segmenten (Quelle: Roland Berger Strategy Consultants (2003): Your best partner in China. Shanghai/Barcelona) Mit dem Einkommenszuwachs der chinesischen Automobilkäufer einerseits und der zunehmenden Erfahrung im Umgang mit Automobilen andererseits ändert sich auch das nachgefragte Produktspektrum. Infolge des steigenden Anteils privater
45
Autokäufer der mittleren Einkommensschicht verlagert sich zukünftig die Nachfrage von Automobilen der Niedrigpreisklasse zunehmend auf Automobile der Mittelklasse (Abbildung 12). Derzeit entfallen etwa 30% der Nachfrage auf Automobile der Mittelklasse. Abbildung 12 prognostiziert, dass sich dieser Anteil bis zum Jahr 2010 auf 40% erhöht. Diese Nachfrageverschiebung signalisiert die sich ändernde Erwartungshaltung der Nachfrager. Bisher waren viele Chinesen Erstkäufer und legten weniger Wert auf die Qualität als auf den Preis. Beim Kauf von westlichen Autos war vor allem der diffuse Eindruck entscheidend, dass sie besser sind als die alten chinesischen Autos. Die zunehmende Erfahrung im Umgang mit Automobilen hat die Ansprüche der Kunden erhöht. Erwartet werden Modelle, die an den chinesischen Geschmack adaptiert sind. Im Gegensatz zu westlichen Kunden sind Chinesen dabei stärker an Komfort als an Leistung orientiert. Beispielsweise spielt die Optik des Wageninneren beim Kauf eine entscheidende Rolle, weniger die Motorleistung. Auch die Anforderungen an Sicherheit und Umweltschutz im Zusammenhang mit dem Automobilkauf steigen – eine große Chance für deutsche Automobilproduzenten. 100% 23%
100%
100%
15%
10%
10%
15%
15%
15%
100%
12% 37%
22%
30%
43%
40%
38%
35%
2002
2005
2007
2010
Niedrigpreisklasse
Mittelklasse
40%
Oberklasse
Sonstige
Abb. 12: Marktprognose des chinesischen Pkw-Marktes nach Segmenten57 (Quelle: Roland Berger Analysis) Beim Erwerb eines Mittelklassewagens ist auch die Demonstration von Status und Exklusivität wichtig. Die Anpassung der Modelle internationaler Automobilher-
57
Niedrigpreisklasse: RMB 80.000-150.000; Mittelklasse RMB 150.000-350.000; Oberklasse RMB 350.000-450.000; Sonstige: enthält Miniautomobil-Segment (unter RMB 80.000) und Luxusklasse (über RMB 450.000).
46
steller an die Bedürfnisse der chinesischen Kunden ist ein entscheidender Faktor im Wettbewerb um Marktanteile. Verschiedene Hersteller, wie zum Beispiel Toyota, haben bereits reagiert und Designzentren in China aufgebaut, um die spezifischen Bedürfnisse und Vorlieben der chinesischen Kunden in ihren Fahrzeugen besser berücksichtigen zu können. Der neue Jetta von VW wird beispielsweise von einem chinesisch-deutschen Team in China entwickelt und bezogen auf das Design vor Ort gestaltet. Gerade hat VW Shanghai ein neues Modell des Passat auf den chinesischen Markt gebracht, das für den chinesischen Abnehmer entwickelt wurde. Das Modell wird als großer Erfolg gefeiert.58 5.3.2
Angebotsseite: Verschärfter Kampf um Marktanteile
Insgesamt gab es im Jahr 2003 115 unabhängige Automobilproduzenten in China, davon etwa 52 Joint Ventures zwischen chinesischen und ausländischen Firmen. Die Pkw-Produktion konzentriert sich auf diese chinesisch-ausländischen Joint Ventures (97%), während einheimische Produzenten die Produktion von Nutzfahrzeugen dominieren. Die einzelnen Betriebe haben nach wie vor relativ geringe Produktionskapazitäten und produzieren dementsprechend zu vergleichsweise hohen Kosten. Nur 10 der 115 Automobilhersteller produzierten im Jahr 2003 mehr als 100.000 Pkws. Diese zehn Produzenten konzentrierten im Jahr 2004 etwa 72% der Gesamtausbringung auf sich, wie Abbildung 13 verdeutlicht. Der frühe Markteintritt hat VW mit seinen beiden Joint Ventures viele Jahre lang zu einer dominanten Marktposition verholfen. 1990 entfielen auf VW etwa 70% der Marktanteile. Mit zunehmendem Wettbewerb schmolz dieser Vorsprung. VW musste Marktanteile abgeben – in erster Linie an GM und Peugeot/Citroen –, konzentrierte im Jahr 2003 aber immer noch etwa 35% der Ausbringung auf sich. Bis zum ersten Quartal 2005 sank dieser Anteil allerdings auf knapp 20%;59 heute liegt er bei etwa 15%. Erklärungen für diesen Verlust von Marktanteilen sind zum einen der Marktzutritt internationaler Konkurrenten, die zu vergleichsweise niedrigeren Preisen anbieten, und zum anderen eigene Versäumnisse: So hat VW seine Automobile nicht schnell genug an die sich wandelnden Bedürfnisse chinesischer Konsumenten angepasst. Viele chinesische Käufer sind derzeit der Auffassung, dass asiatische Automobilhersteller bisher ein besseres Gefühl für ihre Bedürfnisse bewiesen haben.
58
Das Modell ist länger als ein deutscher Passat, da die Käufer in der Regel auf der Rückbank sitzen und dort ein großzügiges Platzangebot schätzen. Zudem wird sehr viel mehr Chrom verwendet.
59
Vgl. Kaufmann, L. et al. (2005): China Champions. Wiesbaden.
47
Die dramatische Veränderung von Marktanteilen der Pkw-Anbieter im chinesischen Markt lässt sich für die Jahre 2000 und 2004 leicht nachvollziehen. In rasender Geschwindigkeit haben insbesondere die neu in den Markt eingetretenen Automobilproduzenten Marktanteile für sich gewinnen können. In jüngster Zeit haben auch chinesische Unternehmen einen durchaus beachtlichen Anteil des Marktes für sich erobert, insbesondere Changan und Chery. Die Markenbindung beim zweiten Automobilkauf ist bisher gering, und die Ansprüche der Konsumenten verändern sich derzeit erheblich, sodass der Kampf um Marktanteile im Moment in seiner entscheidenden Phase ist. Entscheidend in diesem Kampf sind ein kulturell adaptiertes Markenmanagement und ein gutes Gespür für die Bedürfnisse der chinesischen Käufer. Mit dem Markteintritt der großen internationalen Automobilkonzerne hat sich das Spektrum der im chinesischen Markt angebotenen Modelle sehr schnell erweitert. Abbildung 14 zeigt die Modelle der Jahre 1995 und 2001.
Rest Beijing Jeep (DaimlerChrysler) Guangzhou Honda Shanghai GM
5% 5%
3% 1% Shanghai VW
Chang An Suzuki
9%
Dongfeng Peugeot
9%
TNC (Daihatsu, Toyota)
35%
15%
18% FAW VW
Shanghai VW 15% Rest
28% 12%
Chery FAW-Toyota Dongfeng Peugeot Chang An FAW-Xiali Tianjin
3% 4% 4%
9% 5%
FAW VW
Guangzhou Honda
8% 6%
6%
Shanghai GM
Beijing Hyundai
Abb. 13: Marktanteile der Pkw-Produzenten im chinesischen Markt im Jahr 2000 (oben) und 2004 (Quelle: CAAM (2004), a.a.O., eigene Berechnungen)
48
Pkw-Modelle in China 1995
Pkw-Modelle in China 2001
Verkaufspreis [RMB '000 Yuan]
Verkaufspreis [RMB '000 Yuan]
Kleinstwagen
Kleinwagen
Untere Mittelklasse
Obere Mittelklasse
Kleinst- Kleinwagen wagen
Luxuswagen
400
Untere Obere Mittel- Mittelklasse klasse
Luxuswagen
400 VWAudi A6 Honda Accord
300
Honda Accord 2.0
300
VW Passat Audi 100 Red Flag 7221
Citroen Picasso
Cherokee 7260
GM Buick
Brilliance Zhongua PAW Bluebird PAW Red flag Mazda Premacy
VW Bora VW Polo VW Santana 2000 Citroen TAIC XialiDC VW Jetta 2000 Yuelin Encore Changan VW Santana GL Alto Nanya Palio GM sail 100 SAIC Cherry Changan Qinchuan Lingyang Kia Pride Xiaofuxin Geely Changan Yunque TAIC Xiali
200
200
VW Santana VW Jetta TAIC Xiali
100
Peugeot 505 Citroen EX
Changan Alto Yunque
0
0 0,6
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
0,6
1,1
1,6
2,1
2,6
Hubraum [l]
3,1
3,6
Hubraum [l]
Abb. 14: Veränderung der Vielfalt der Pkw-Modelle auf dem chinesischen Markt (Quelle: eigene Darstellung) Während im Jahr 2000 von 17 Herstellern 22 Pkw-Modelle angeboten wurden, produzierten Ende 2003 bereits 32 Produzenten 62 verschiedene Modelle. Im Jahr 2003 brachte alleine SAIC zwölf neue Modelle auf den Markt. Bisher konzentrieren sich die Automobilproduzenten mit ihren Modellen relativ stark auf ausgewählte Marktsegmente. Dies wird aus Tabelle 4 deutlich, die zwischen den vier Segmenten im Automobilmarkt, nämlich Mini- und Kleinwagen, Mittel- und Luxusklasse, unterscheidet. Automobilsegment
Automobilproduzenten
Mini
Geely Auto Group Changan Auto Co. Ltd Changhe Auto Group
39% 38% 14%
91%
FAW-VW Shanghai-VW Tianjing Xiali
27% 26% 15%
68%
Shanghai-VW FAW-VW Dongfeng Nissan
53% 19% 13%
85%
Guangzhou Honda Shanghai GM FAW-VW
15% 13% 13%
41%
Kleinwagen
Mittelklasse
Luxusklasse
Anteil am Marktsegment
Marktanteil der drei größten Produzenten
Tabelle 4: Konzentration der Automobilproduzenten auf Marktsegmente im Jahr 2004 (Quelle: Roland Berger Strategy Consultants (2003), a.a.O.)
49
Einzig FAW-VW sind heute sowohl im Kleinwagen, Mittel- und Luxusklassesegment vertreten. Automobilkonzerne, die Automobile in mehreren Segmenten anbieten, haben Vorteile: Sie können Wachstumsverschiebungen zwischen den unterschiedlichen Segmenten besser kompensieren. Damit steigt aber auch die Komplexität der Konsumentencharakteristika, die von den Unternehmen antizipiert und in den Produkten berücksichtigt werden müssen. In den Mini- und Kleinwagensegmenten ist der Preis entscheidend, gefolgt von anderen Aspekten wie Qualität, Sicherheit und Komfort. Der Markt für Kleinwagen wird zunehmend von den mittlerweile potenten chinesischen Produzenten dominiert. Im Mittelklassesegment konkurrieren bisher in erster Linie ausländische Marken, allerdings drängen langsam auch chinesische Automobilkonzerne mit ihren eigenen Marken in diesen Markt vor. Abbildung 15 zeigt eine Prognose von Roland Berger, in der dargestellt ist, wie die großen Automobilproduzenten im Jahr 2010 in den verschiedenen Segmenten vertreten sein werden. Kleinst-/ Kleinwagen
Mittelklassewagen
BMW
Luxuswagen
17% 16%
Honda Hyundai
5%
PSA
10%
43%
3%
6%
43%
16%
4%
7% 10%
Toyota Suzuki
30%
11%
Renault Nissan Volkswagen
VAN
7%
DCX GM
SUV
4% 12%
29%
4% 2%
9%
18%
4%
6% Hongqi
10% Beijing
35% Beijing
16%
Chinesen
3% Geely 7% Xiali
Sonstige
41%
36%
12%
27%
26%
Gesamt
100%
100%
100%
100%
100%
Abb. 15: Repräsentanz der OEMs in Wachstumssegmenten (Quelle: Roland Berger Strategy Consultants (2003), a.a.O.) Nach Analysen von Roland Berger ist zu erwarten, dass nur wenige Automobilproduzenten in einzelnen Marktsegmenten eine dominante Stellung besitzen werden. Zu den Auserwählten könnten GM im Luxussegment und VW im Standardsegment gehören. Bei derartigen Langfristprognosen in einem dynamischen Markt sollte man auch mit Überraschungen rechnen. Man kann aber mit Sicherheit davon ausgehen, dass sich der Wettbewerb um Marktanteile verschärfen wird; zugleich werden damit aber die Anforderungen an Innovationsgeschwindigkeit, Qualität und Preis steigen. Wie ein Messeteilnehmer der IAA 2005 in Frankfurt ein wenig
50
melancholisch kommentierte: „The gold rush is over.“ Diese Entwicklung zeigt sich bereits jetzt in der Entwicklung der im chinesischen Automobilmarkt erzielbaren Preise. 5.3.3
Preisentwicklung im Abwärtstrend
Die Preise für Automobile lagen auf Grund hoher Zölle, erheblicher Kosten für Komponenten und landesspezifische Abgaben in China teilweise 60% höher als in Europa, den USA und Japan.60 Trotz überdurchschnittlich hoher Produktionskosten, insbesondere bedingt durch die geringen Produktionsvolumina der Automobilhersteller und Automobilzulieferer, erreichten internationale Automobilkonzerne in China eine durchschnittliche Profitabilität von 20% (im Vergleich zum Weltmarktniveau von 5%).61 Die Reduktion der Importzölle und der intensivierte Wettbewerb haben bereits zu einem regelrechten Verfall der Autopreise geführt: Von 1995 bis 2001 sanken die Preise im Durchschnitt um 31%, 2002 um weitere 7-8%.62 Wegen der verbleibenden Einfuhrzölle werden im Jahr 2007 die für Pkw erzielbaren Preise die globalen Vergleichspreise aber schätzungsweise immer noch um etwa 15% übertreffen.63 Allerdings sind die Produktionskosten eines Automobils in China derzeit etwa 18% höher als in Industrieländern.
5.4
Chancen und Risiken des chinesischen Automobilmarktes
Die Wachstumsprognosen für den chinesischen Automobilmarkt sind gut. Trotz der hohen Wachstumsraten der letzten Jahre ist die Pkw-Dichte in China noch gering: Auf 1000 Einwohner kommen weniger als 10 Pkw (siehe Abbildung 16). Im Vergleich dazu ist die Pkw-Dichte in Westeuropa heute etwa 50-mal höher.
60
Vgl. Maass, H. (2003): Ein Chinese fährt selten allein. In: Der Tagesspiegel vom 7.10.2003.
61
Die Kosten für Komponenten lagen teilweise trotz des niedrigen Lohnkostenniveaus in China 20 bis 30 % über den Weltmarktpreisen
62
Vgl. Kaufmann, L. et al. (2005): China Champions. Wiesbaden. Der Preis für den Passat 2.8 V6 fiel von 2002 auf 2003 um 15 %, für einen Cherokee BJ7250EA mussten Käufer in diesem Zeitraum sogar 29 % weniger bezahlen. Vgl. Manager Magazin 11/05, S. 166: Im Sommer 2005 musste VW die Preise für den Santana und den Golf um bis zu 14% senken, während die Preissenkungen von GM etwas moderater ausfielen.
63
Vgl. Roland Berger Strategy Consultants (2003), a.a.O.
51
PKW/Einwohner ['000] Italien Frankreich
500
Slowenien Portugal Tschechien
Belgien
Schweiz Japan Großbritannien USA Niederlande
Spanien
SÄTTIGUNG
Litauen Polen 250
Slowakei
Indien 0
Deutschland
Südkorea Russland Brasilien Mexiko Südafrika Türkei WACHSTUMSPOTENZIAL
CHINA
6.000
18.000
30.000
38.000
BIP/Einwohner [USD]
Abb. 16: Fahrzeugdichte in Relation zum BIP pro Kopf (Quelle: Sonnenschein, M. (2004): Germany goes East – Was bleibt für den Standort Deutschland übrig?) Wenn sich im chinesischen Automobilmarkt die imposanten Wachstumsraten der letzten Jahre weiter fortsetzen, würden im Jahr 2010 etwa 9,6 Millionen Autos in China verkauft. Dies entspräche 50% des US-Marktes. Aber selbst dann wäre die Marktpenetration nur 5%, während sie in den USA, Europa und Japan 50-60% beträgt. Abbildung 17 verdeutlicht, dass sich in vielen Regionen der VR China die Pkw-Dichte null annähert. Das unausgeschöpfte Nachfragepotenzial des chinesischen Automobilmarktes ist also immer noch hoch. Allerdings zählt ein Auto in China nach wie vor zu den Luxusgütern. Auch wenn die chinesische Regierung die Förderung des privaten Automobilkonsums als wichtigen Punkt in den 10. Fünfjahresplan aufgenommen hat, ist der Besitz eines Autos generell teuer. Durch hohe Zölle und die vom Staat festgelegten Preise waren bis vor kurzem Importfahrzeuge bis zu 60%, in China hergestellte Autos bis zu 40% teurer als die gleichen Modelle in Europa. Zusätzlich werden beim Autokauf etwa 10% Luxussteuer fällig, dazu kommen verschiedene Abgaben wie Straßen- und Kennzeichensteuer (in Beijing 161 EUR jährlich, das heißt 1.620 Yuan). Ferner erheben die Provinzen und auch die Ortschaften Wegezoll: So muss man für die 1.400 km lange Autobahn von Beijing nach Shanghai insgesamt 107 EUR (circa 1.070 Yuan) Mautgebühren zahlen, etwa den Preis für ein Flugticket.64 Die Wartezeiten für die Zulassung eines privat genutzten Autos sind lang. In Shanghai zum Beispiel werden Autokennzeichen verlost.65
64
Chinas Automobilindustrie, www.chinalink.de 2004.
65
Nach einer Umfrage der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften aus dem Jahre 2003 haben etwa ein Drittel aller Konsumenten, die noch kein Auto besitzen, bereits einen Führerschein und zählen somit zu den potenziellen Käufern.
52
Weiterhin ist die Entwicklung der Benzinpreise für die Nachfrage nach Automobilen wichtig. Dennoch ist ein Anstieg der privaten Nachfrage nach Automobilen in den nächsten Jahren auf Grund der prognostizierten Kaufkraftentwicklung der chinesischen Bevölkerung wahrscheinlich, denn für die Mittelschicht steht der eigene Pkw für Unabhängigkeit und Individualität und ist insbesondere ein Ausdruck für das Streben nach Wohlstand sowie ein Statussymbol zur Abgrenzung gegenüber ärmeren Bevölkerungsschichten.66 Neben fallenden Preisen durch zunehmenden Wettbewerb tragen zum erwarteten Anstieg der Nachfrage auch eine Reihe von Maßnahmen bei, mit denen die chinesische Regierung den Kauf von Automobilen erleichtern will. Hierzu zählen die Abschaffung von hohen autobezogenen Gebühren bzw. Steuern verschiedener Behörden, die Förderung der Infrastruktur wie Parkplatzausbau oder Einrichtung von Tankstellennetzen und die Durchsetzung von staatlichen Standards. Seit November 2003 können ausländische Automobilhersteller zudem Finanzierungsmöglichkeiten für den privaten Autokauf anbieten. Die Bedeutung der Finanzierung in verschiedenen Ländern ist in Abbildung 18 dargestellt. Da bisher in China etwa 90% der Automobile bar bezahlt wurden, könnte aus dem Zugang zu Krediten ein enormes Nachfragepotenzial resultieren, vor allem bei der Käuferschicht mit einem Einkommen von unter 5.000 EUR. Die Nutzung von Finanzierungsmöglichkeiten läuft in der Volksrepublik derzeit allerdings noch schleppend an. Der Beratungsaufwand ist enorm hoch, da chinesische Konsumenten keinerlei Erfahrung mit Kreditfinanzierung haben. Gerade für internationale Automobilkonzerne ist aber das Know-how beim Angebot und der Vermittlung von Finanzierungsmöglichkeiten ein großer Wettbewerbsvorteil und eine gute Möglichkeit, chinesische Kunden an ihre Marke zu binden.
66
Euroforum-Konferenz (2004), Automobilbericht China. Mainz.
Abb. 17: Pkw-Dichte in der VR China (Quelle: CAAM (2004), a.a.O., eigener Entwurf)
Heilongjiang
Jilin Xinjiang Liaoning
Inner Mongolia Beijing
Shanxi
Ningxia
T ianjin
Hebei
Shandong Qinghai
Gansu Shaanxi
Henan
Jiangsu
PKW-Dichte PKW pro Einwohner
Anhui Hubei T ibet
Shanghai
Sichuan Chongqing
0-0,0080 0,0080-0,0100 0,0100-0,0150 0,0150-0,0200 >0,0200
Guizhou
Zhejiang Hunan
Jiangxi Fujian
Yunnan Guangxi
Guangdong
Chinesische Provinzen 1.000 km
Hainan
53
54
WELT-DURCHSCHNITT
85%
65%
70%
55%
10%
USA
Deutschland
Indien
Taiwan
China
Abb. 18: Anteil der Finanzierung bei Fahrzeugkäufen (Quelle: Roland Berger Strategy Consultants (2003), a.a.O.) Ein derzeit nicht kalkulierbares Risiko für Automobilhersteller im chinesischen Markt sind Überkapazitäten. Die Produktionskapazitäten haben sich durch den Zufluss ausländischer Direktinvestitionen gerade seit 2000 sprunghaft erhöht. Dies wird aus Tabelle 5 deutlich, in der die Zahl der Produktionsbetriebe für Pkws sowie deren Produktionsvolumina in der chinesischen Automobilindustrie zwischen 1956 und 2003 dargestellt sind. Jahr
Anzahl der Betriebe
Produktionsvolumen [Stück]
1956
1
1.654
1960
16
22.574
1970
45
87.166
1980
56
222.288
1990
117
509.242
2000
118
2.077.371
2002
115
3.262.947
2003
115
4.443.422
Tabelle 5: Kfz-produzierende Unternehmen und Produktionsvolumen der Automobilbranche in China 1956-2003 (Quelle: CAAM (2004), a.a.O., eigene Darstellung) Um größere Skaleneffekte zu erzielen, planen nun nahezu alle Automobilproduzenten eine Ausweitung – meist sogar eine Verdopplung – ihrer Produktionskapazitäten in den nächsten fünf Jahren. Der enorme Zuwachs der Produktionskapazität schürt schon seit längerem die Angst vor signifikanten Überkapazitäten im chinesischen Automobilsektor. Roland Berger Strategy Consultants vermutet, dass in den letzten Jahren die Produktionskapazitäten deutlich schneller ausgeweitet wurden als sich die tatsächlichen
55
Produktionszahlen erhöht haben. Bestand hier 2003 eine geschätzte Unterauslastung von etwa 800.000 Einheiten, soll sich diese Lücke bis 2008 auf 1,7 Mio. Einheiten erhöhen. Diese Entwicklung ist in Abbildung 19 dargestellt. Andere Schätzungen gehen sogar davon aus, dass die Nachfragelücke wesentlich größer sein wird, da die Produktionskapazität schneller wächst, als in Abbildung 19 prognostiziert. Unternehmen
Kapazität 2004 [Stück]
Geplante Kapazität bis 2010 [Stück]
Volkswagen
450.000
1.600.000
General Motors
450.000
1.300.000
Toyota
450.000
600.000
Hyundai
300.000
430.000
Honda
270.000
520.000
Ford/Mazda
200.000
400.000
Citroen/Peugeot
150.000
300.000
Kia
100.000
400.000
Tabelle 6: Kapazitätsplanung der OEMs in China (Quelle: Manager Magazin 11/05: Brennpunkt Asien)
Pkw6 Produktion und Kapazität 5 [Mio. Stück]
5,4 4,9
3,6
4
3,5 3,1
2,7
3
5,5 Kapazität
5,0 3,8
Produktion
2,7 2,3
1,9
1,9
2 1,2 1 0 2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
Abb. 19: Langfristige Überkapazitäten im Markt (Quelle: Roland Berger Strategy Consultants (2003), a.a.O.) Ausländische, aber auch chinesische Automobilbauer, werden deshalb zunehmend die Pkws exportieren, die in China produziert wurden, sich dort aber nicht absetzen lassen. Damit verstärkt sich ein Trend, der bereits in den letzten Jahren begonnen hat. Noch übersteigen die Importe von Automobilen die entsprechenden Ex-
56
porte Chinas deutlich. Dieses Verhältnis könnte allerdings bereits in den nächsten Jahren auf den Kopf gestellt werden. Mittelfristig könnte China ein bedeutender Auto-Exporteur werden. Laut dem stellvertretenden chinesischen Handelsminister beabsichtigt China sein Exportvolumen an Automobilen und Automobilzubehör von 8 Mrd. USD im Jahr 2003 auf 70-100 Mrd. USD im Jahr 2010 zu steigern. Damit beginnt nicht nur die Weltmarktexpansion chinesischer OEMs, gleichzeitig könnte sich China zu einer Exportplattform für ausländische OEMs entwickeln. Schon heute exportieren viele Automobilhersteller aus ihren chinesischen Fabriken, in den meisten Fällen allerdings in Entwicklungsländer. Honda war das erste internationale Automobilunternehmen, das eine Produktionsstätte in China ausschließlich für den Export nach Europa und Asien aufgebaut hat. Dazu einige Kommentare aus Medien und von Branchenkennern: •
„Guangzhou Honda is ranked the best quality plant of Honda“ (Media)
•
„GZ Honda-produced Accord is regarded as the best quality among all Honda overseas manufacturing plants rated by Japanese experts“ (GZ Honda)
•
„The china plant is one of the Top 3 plants for Audi worldwide.“ (Analyst reports)
•
„Shanghai VW is consistently ranked among Top 5 plant by quality of VW world facilities“ (Analyst reports)
•
„The Passat made in China is even better than the ones in Germany“ (German engineers)
Allerdings hängt die Exportfähigkeit der chinesischen Automobile von der Entwicklung der technologischen Kompetenz der chinesischen Unternehmen ab. Bisher ist dies die größte Hürde für chinesische Unternehmen. Aus den JointVenture-Produktionen werden Exporte in den asiatischen Raum steigen, ein Export auf den europäischen Markt ist aber bisher unwahrscheinlich. Die Investitionen für Forschung und Entwicklung im chinesischen Automobilsektor haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen, insbesondere die der Privatwirtschaft. Abbildung 20 zeigt, dass ausländische Unternehmen insbesondere in den Jahren 2002 und 2003 Aktivitäten im Bereich Forschung und Entwicklung (FuE) nach China verlagert haben. Nahezu jeder große Automobilhersteller hat mittlerweile ein FuE-Zentrum in seine Aktivitäten in China integriert. Derzeit befinden sich die mit Abstand größten FuE-Kapazitäten in Changchun und Guangzhou, wie Abbildung 21 auf S. 58 zeigt.
57
1998
Automobile
1999
Fahrzeugumrüstung
2000
Motorräder
2001
2002
Motoren
2003
Fahrzeugteile und Zubehör
Abb. 20: Ausgaben für Forschung und Entwicklung in der chinesischen Automobilindustrie [100 Mio. Yuan] (Quelle: CAAM (2004), a.a.O., eigene Darstellung) Jedoch stellt sich die Frage nach der Zielrichtung dieser Aktivitäten im Bereich Forschung und Entwicklung: Wollen die internationalen Konzerne mit ihren Investitionen in erster Linie die Anpassung ihrer Modell an den chinesischen Markt verbessern? Oder sollen im Rahmen der Joint-Venture-Produktion tatsächlich Qualitätsverbesserungen erzielt werden, die dann international konkurrenzfähige Automobile zur Folge haben? Ein Export der Autos aus Joint-Venture-Produktionen in China würde für ausländische Konzerne bedeuten, dass sie ihren Automobilen aus anderen Produktionsstätten weltweit Konkurrenz machen, aber den Gewinn mit ihren chinesischen Joint-Venture-Partnern teilen müssen Wenn allerdings internationale Konzerne Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten für den Gesamtunternehmensverbund nach China verlagern, bedeutet das, dass China nicht länger als isolierter Standort ohne Verbindung zur Gesamtunternehmensstrategie betrachtet werden kann; das China-Engagement wäre in Zukunft ein wichtiger Erfolgsfaktor für global agierende Automobilhersteller und Automobilzulieferer. Demzufolge würden chinesische Standorte eine zunehmend bedeutendere Rolle im internationalen Netzwerk der Automobil- und Automobilzulieferunternehmen spielen. Umso wichtiger ist es, dass sich die Führungsspitze von Unternehmen Gedanken über die Beiträge des China-Engagements zum Gesamtkonzern macht. Die Integration des chinesischen Standortes in die globalen Wertschöpfungsprozesse ist hier ein wichtiges Stichwort, das wir später noch ausführlich erörtern werden (vgl. Teil 3, Kapitel 8).
58
Abb. 21: F&E-Aktivitäten der Automobilindustrie in der VR China (Quelle: CAAM (2004), a.a.O., eigener Entwurf)
Harbin
Changchun
Beijing T ianjin Qingdao Luoyang
Zhengzhou
Nanjing
Privatwirtschaftliche F&E-Aktivitäten (2004) F&E-Mitarbeiter
Oberingenieure
W uhan
Laborfläche [m2]
Chongqing Nanchang Changsha
3.500
750
60.000
1.750 875
375 188
30.000 15.000
Chinesische Provinzen 1.000 km
Yulin
Hainan
Guangzhou
Shanghai Hangzhou
59
6 6.1
Überblick über den Autozuliefermarkt in China Marktentwicklung: Wachstum und Konsolidierung als dominierende Trends
Ähnlich wie bei den Autoherstellern ist auch die Struktur der Autozulieferindustrie sehr fragmentiert. Seit der Gründung von FAW 1956 entwickelte nahezu jeder neue Automobilhersteller ein Netzwerk von planwirtschaftlich zugeordneten Zulieferern. Im Rahmen der staatlichen Förderung des Automobilsektors wurde in kürzester Zeit eine große Zahl kleiner und mittelständischer Zulieferer aufgebaut, die sich jeweils in der Nähe eines Automobilproduzenten ansiedelten und kleinere Stückzahlen eines engen Produktsegments herstellten. Insgesamt entwickelte sich so eine große Menge ineffizienter kleiner und spezialisierter Automobilzulieferunternehmen. Anfang der 80er-Jahre erreichte die Anzahl der Autoteile-Produzenten ihre Höchstmarke: Mehr als 2.000 Produzenten wurden registriert, dazu kamen noch über 3.000 Zulieferer.67 Nur durch die protektionistischen Maßnahmen des Staates war es möglich, so viele unwirtschaftliche Autoteile-Produzenten zu erhalten, die nahezu ausschließlich Produkte für den lokalen Markt herstellten.68 Ausländische Automobilproduzenten importierten in den 80er-Jahren zunächst einen Großteil der benötigten Vorprodukte. Seit Beginn der 90er-Jahre folgte aber eine Reihe westlicher Zulieferunternehmen wie Delphi, Bosch und ZF Sachs ihren in China tätigen Automobilproduzenten und mittlerweile sind die meisten der Top-50-Zulieferer der Welt ihren Kunden nach China nachgezogen. Insgesamt betreiben rund 200 internationale Zulieferfirmen Geschäfte in China, deutsche Automobilzulieferer produzieren in circa 100 Produktionsanlagen. Anfangs war die Produktion von Autoteilen und -komponenten nur im Rahmen eines Joint Ventures möglich. Deutsche Automobilzulieferer brachten vor allem in den 90er-Jahren massiv Kapital und Technologien in chinesisch-deutsche Joint Ventures ein. Gleichzeitig zwangen Importbeschränkungen die OEMs zu umfangreichen Investitionen in lokale Zulieferer, sodass der Anteil der lokal produzierten Komponenten und Teile schnell wuchs. Abbildung 22 zeigt beispielsweise die schnelle Erhöhung lokaler Produktionsanteile des VW Santana. Seit Ende der 90er-Jahre beziehen die meisten großen ausländischen Automobilproduzenten mehr als 80% ihrer Komponenten vor Ort.
67
Vgl. Scholz, A./ Postler, J. (2004): a.a.O.
68
Vgl. Lee, C. (2001): a.a.O.
60
15%
3%
30% Importteile
73% 85%
97%
70% Lokale Produkte
27% 1985
1990
1995
2000
Abb. 22: Lokale Produktionsanteile beim VW Santana B2 (Quelle: Roland Berger Strategy Consultants (2003), a.a.O.) Die Investitionen führten zu einer enormen Verbesserung der Produktqualität; mittlerweile wird in Produktsegmenten mit niedrigem und mittlerem Technologieanspruch ein Qualitätsstandard erreicht, der nahezu mit deutschen Produktionsstätten vergleichbar ist. Das Problem ineffizienter Strukturen infolge des geringen Produktionsvolumens konnten allerdings viele Zulieferer noch nicht lösen, da die räumliche Abgrenzung der Regionen beibehalten wurde. Auch werden bisher weitgehend einzelne Komponenten zugeliefert. Kaum ein Zulieferer ist in der Lage, ganze Baugruppen oder Systeme anzubieten. Insofern ist der Automobilzuliefermarkt im Vergleich zum Automobilmarkt noch weniger entwickelt.
6.2
Die Struktur des Zuliefermarktes
2001 verfügten die zehn größten Zulieferer über einen Marktanteil von 20%, das heißt, 80% des Zubehörmarktes entfielen auf die restlichen mehr als 2.300 Zulieferer. Die zehn größten Automobilzulieferer in China sind mit ihren Umsätzen und Gewinnen in Tabelle 7 aufgeführt. Während die chinesischen Zulieferunternehmen meist die Segmente der einfacheren Produkte wie Schrauben, Kugellager und Innenausstattung dominieren, sind ausländische Zulieferer führend bei technologisch anspruchsvolleren elektronischen Teilen und Getrieben, wie aus Tabelle 8 ersichtlich wird. Derzeit bedienen chinesische und internationale Zulieferfirmen noch unterschiedliche Markt- und Kundensegmente. Die lokalen Zulieferer dominieren bei der Belieferung von billigen Massenautos, während ausländische Unternehmen bei Premium-Autos Wettbewerbsvorteile haben. Gerade im stark wachsenden Mittelklassesegment konkurrieren ausländische Anbieter zunehmend auch mit chinesischen Anbietern um Marktanteile. Einige potente chinesische Wettbewerber sind mittlerweile in der Lage, zu wesentlich geringeren Preisen ein vergleichbares Angebot bei nur geringen Quali-
61
tätsabstrichen anzubieten. Zwar haben chinesische Zulieferer in vielen Fällen noch Nachholbedarf in Bezug auf Technologien, Management und Effizienz, sie arbeiten aber sehr intensiv daran, diese Fähigkeiten zu erlangen, um die ausländischen Zulieferer auch in deren angestammten Segmenten zu gefährden. Es dürfte nur noch fünf bis maximal zehn Jahre dauern, bis chinesische Zulieferer auch in den Premium-Segmenten vertreten sein werden. Erste Beispiele dafür liefern die Unternehmen Wangfeng und Wanxiang. Ausländische Investoren bevorzugten zum Schutz ihrer komparativen Vorteile und wegen des hohen Ausbildungsbedarfs chinesischer Mitarbeiter in der Produktion Investitionen in arbeitsintensive Autoteile. Bis heute werden deshalb Kernkomponenten für Automobile, wie zum Beispiel Motoren, zu einem Großteil importiert. 6.2.1
Lokale Produzenten
Große chinesische Autohersteller wie FAW, SAW oder SAIC haben oft eigene Zulieferunternehmen. Diese erweitern nicht nur das Autoteileangebot, sondern sie versuchen außerdem, im Fahrzeugbau Fuß zu fassen, um auch dort von hohen Wachstumsraten profitieren zu können. Ein Beispiel ist Shanghai Hui Zhong Automotive Manufacturing Co. Ltd., das 1992 von Shanghai Automotive Industry Corporation Group (SAIC) und Shanghai Industrial Investment (Holdings) Co. LTD. gegründet worden ist. Das Unternehmen beliefert Shanghai Volkswagen und Shanghai General Motors mit Chassis, zusätzlich beschäftigt es sich aber auch mit dem Bau von Lastkraftwagen und Vans. Andere Unternehmen konzentrieren sich eher auf einfache Autozubehörteile und versuchen mit zahlreichen Joint Ventures, ihr Produktangebot sukzessive zu erweitern. Manchmal ist es daher schwer festzustellen, ob das Unternehmen ein lokaler Produzent oder ein ausländisches Unternehmen ist. Von wenigen Ausnahmen abgesehen wird aber bisher aus den Produktionen chinesischer Zulieferer nur der inländische Markt bedient. Zulieferer Wan Xiang Group Co. Dongfeng Honda Engine Co. Ltd
Umsatz
Gewinn
1.043
85
453
94
Shanghai Huizhong
401
45
Wuxi Weifu Group Co. Ltd
377
15
Hunan Huoju
242
17
Shanghai Yanfeng AutomotiveTrim Co. Ltd.
166
39
Shanghai Automobile
165
32
United Automotive Electronic System Co. Ltd.
165
46
Xiangfan Dongfeng
150
17
Shanghai Yanfeng Gohnoson Seating Co. Ltd
149
14
Tabelle 7: Die zehn größten Autozulieferer in China, 2001 [Mio. USD] (Quelle: Tse, D. (2003): China Markets Yearbook)
62
Produktart
Gesamtproduktionsmenge [Stück]
Marktführer
Kardan Welle Schmierstofffilter Scheibenglas Spritzdüse Kupplungsscheibe Autositz Generator Ventilstang Aufhängungsfederung Schmierstoffkühler Planetgetriebe Instrumententafel Motormanagement-System Kugelkopf -Traggelenk Einzelradaufhängung Klimaanlage Antriebskegelräder Bremsen Druckregler U-Schraube Sitzgestell Herzschraube für Blattfeder ABS Aufhängungs-Federung Achsschraube Schwungrad-Zahnkranz Differential Assembly Parkdistanz-Kontrolle Einspritzanlage Luftfeder-Aggregate LPG&CNG Behälter
33.385.138 14.287.042 12.990.000 (m²) 7.899.379 6.712.202 6.524.189 4.814.563 4.754.289 4.073.287 3.273.104 3.144.820 2.586.244 1.985.172 1.886.242 1.859.770 1.439.473 1.360.097 879.296 810000 539.645 422.497 367.950 333.825 310.000 273.661 64.477 23.949 2.050 1.178 776
Wanxiang Qianchao Co., Ltd. Banbu Filter Co., Ltd. Fuyao Glass Industry Group Co., Ltd. Wuxi Weifu High-Technology Co., Ltd. Hangzhou West Lake Auto Parts Group Changchun Fawer-Johnson Controls Automotive Systems Co., Ltd. Shanghai Valeo Automotive Elektical Systems Co., Ltd. Pingyang Auto Parts Factory for Diesel Motor Guangzhou Huade Automobile Spring Co., Ltd. Zhejiang Yinglun Machinery Co., Ltd. Jiangsu Airship Gear Corp. Yanfeng Visteon Automotive Spring Systems Co., Ltd. United Automotive Electronic System Co., Ltd. Shaoxin Auto Parts Factory Shanghai Huizhong Automotive Manufacturing Co., Ltd. Shanghai Delphi Auto A/C Systems Co., Ltd. Jiangsu Airship Gear Corp. Guizhou Xingan Machinery Co., Ltd. Jiangshu Hualun Auto Parts Manufacture Co., Ltd. Changchun Xuyang Industry Group Co., Ltd. Jingjiang Ludi Auto Parts Co., Ltd. Shanghai Automotive Brake Actuation Co., Ltd. Tianjin Spring Manufacture Co., Ltd. Guizhou High Strength Bolts Factory Qindao Jinghuan Auto Parts Co., Ltd. Guangxi Yingshan Diesel Motor Factory Xiamen Thung Thih Electron Co., Ltd. Shanxi Yuchi Xingtiandi Motor Manufacture Group Jinan SAF Axle Co., Ltd. Changzhou Aircraft Manufacture Limited Company
Produktionsanteil des Marktführers 73% 53% 47% 56% 66% 21% 19% 84% 94% 66% 83% 22% 64% 66% 66% 55% 95% 61% 60% 59% 90% 95% 92% 97% 62% 54% 100% 90% 100% 100%
Tabelle 8: Zulieferer ausgewählter Produkte und Marktanteile 2003 (Quelle: o.V. (2004): Zhong Guo Qi Che Gong Ye Niau Jian 2003. Beijing) (Die Entwicklung und Strategie der chinesischen Autozuliefererindustrie, eigene Übersetzung) Die Wan Xiang Group Co. ist einer dieser Sonderfälle; Wan Xiang wurde 1969 in Xiao Shan gegründet, einer kleinen Stadt in der Nähe von Hang Zhou, der Hauptstadt der Provinz Zhejiang. Am Anfang war das Unternehmen nur eine kollektive Werkstatt für die Herstellung von landwirtschaftlichen Werkzeugen. Erst 1979 begann man mit der Produktion von Kardan. In den 90er-Jahren konzentrierte sich Wan Xiang auf den ausländischen Markt und gründete ein Tochterunternehmen in den USA. Später wurde das Produktsortiment erweitert, heute werden außer Kardan noch Bremssysteme, Stoßdämpfer, Gummidichtungsteile, Lager, Fahrgestelle und Treibsysteme hergestellt. 2002 hatte Wan Xiang eine dominante Position auf dem Kardanmarkt erreicht (73,28% des Gesamtmarktes). Das Unternehmen hat mittlerweile mehrere Tochterunternehmen in Amerika und Europa und erwirtschaftete 2004 einen Jahresumsatz von 2,01 Mrd. EUR.69
69
Vgl. Wanxiang Group Corporation (2004): Brief Introduction.
63
6.2.2
Ausländische Zulieferer
6.2.2.1 Delphi Automotive CO. (Delphi) Als Branchen-Leader im Autozubehörsektor hat Delphi in China seit 1994 insgesamt mehr als 500 Mio. USD investiert. Heute besitzt Delphi acht Joint Ventures, zwei 100-prozentige Tochterunternehmen und seit Ende des Jahres 2004 ein Forschungs- und Entwicklungszentrum in China, in das 50 Mio. USD investiert wurden. Mit ungefähr 500 technischen Fachleuten, Ingenieuren und Wissenschaftlern kann das technische Zentrum in Shanghai starke lokale technische Unterstützung bieten. Die Haupttochterunternehmen von Delphi in China sind: Shanghai Delphi International Battery, Beijing Delphi Wanyuan Engine Management Systems, Shanghai Delphi Emission Control Systems, Delphi Shanghai Dynamics and Propulsion Systems, Shanghai Delphi Automotive Door Systems und Shanghai Delphi Auto A/C Systems; sie beliefern fast alle Fahrzeughersteller in China. 2003 erzielte Delphi in China einen Umsatz von 850 Mio. USD, das entsprach einem Wachstum von 46% gegenüber dem Vorjahr. In den folgenden Jahren erwartete Delphi in der Volksrepublik einen Wachstumszuwachs von 15-20%.70 Es ist also nicht das China-Geschäft, das Delphi gegenwärtig Probleme bereitet. Vielmehr sind es Standorte in den alten Industrieländern, insbesondere den USA, wo in der jüngsten Vergangenheit viel Geld verloren wurde. 6.2.2.2 Robert Bosch GmbH (Bosch) Der größte deutsche Automobilzulieferer, Bosch, ist ebenfalls stark in China engagiert und das sowohl im OEM- als auch im After-Sales-Geschäft. Im Rahmen der OEM-Aktivitäten liefert Bosch Systeme für Autobenzinmotoren, Dieselmotoren, Chassis, Karosserien sowie Multimedia- und Elektroniksysteme. Im AfterSales-Markt bietet Bosch außer Autozubehör noch Prüf- und Messinstrumente an. Bosch hatte im Jahr 2003 einen Umsatz von 1,3 Mrd. EUR (1,56 Mrd. USD) in China realisiert. Das Unternehmen erwartet eine Vervierfachung seiner Umsätze in China bis zum Jahr 2012. Um dieses Ziel zu erreichen, hat Bosch seine Produktionskapazität in der Volksrepublik erheblich erweitert; dies geschieht zum einen durch die Errichtung neuer Werke, zum anderen durch den Kauf bestehender chinesischer Zulieferbetriebe. Beispielsweise tätigte Bosch seine größte ausländische Investition im Jahr 2005 in der Stadt Wu Xi, Provinz Jiang Su. Zusammen mit der Wu Xi Weifu Group wurden 411 Mio. EUR in ein Joint Venture investiert, an dem der chinesische Partner einen Anteil von 33% hält.
70
Vgl. Dai, Y. (2004): Delphi confident in auto industry. In: China Daily vom 21.07.2004.
64
6.2.2.3 Visteon Corporation (Visteon) Seit 1993 ist Visteon auch in China vertreten. Bis heute hat Visteon dort mehr als 12 Joint Ventures und ein Handelsunternehmen gegründet. Die Yanfeng Visteon Automotive Trim Systems Co. Ltd ist ein Joint Venture von SAIC und Visteon; ferner ist Visteon an sechs weiteren Joint Ventures in China beteiligt. Visteon beliefert hauptsächlich Cockpit-, Sicherheits- und Sitzsysteme sowie Autoinnenund -außensysteme an SVW, Shanghai GM, FAW-VW, DPCA (Dongfeng Peugeot Citroen Automobile Company Ltd.), Fengshen Automobile, Changan Ford, Beijing Hyundai, BJC (Beijing Jeep Corporation Ltd.), SAIC-Chery und Futian. 2003 betrug der Umsatz von Visteon in China 4,12 Milliarden Yuan (430 Mio. EUR). Ende 2003 hat Visteon seinen Asien-Pazifischen Hauptsitz vom japanischen Yokohama nach Shanghai verlegt – ein sichtbares Zeichen für das große Vertrauen, das Visteon in die Entwicklung des chinesischen Autozuliefermarktes setzt. Auf dem chinesischen Autozubehörmarkt engagieren sich noch viele andere namhafte internationale Zulieferer wie Denso, Lear, Continental, TRW, Thyssen Krupp oder ZF Sachs. Sie alle haben schon zahlreiche Joint Ventures oder 100prozentige Tochtergesellschaften in China gegründet. Mit ihren fortschrittlichen Technologien haben sie heute noch Wettbewerbsvorteile gegenüber rein lokalen Zulieferern, die lernfähigen chinesischen Unternehmen absorbieren die technologischen Fähigkeiten aber schnell.
6.3
Kosten und Preise im Zuliefersektor
Aus den ineffizienten Strukturen resultieren vergleichsweise hohe Kosten: Insgesamt liegen die Kosten der Zulieferindustrie in China trotz niedrigerer Lohnkosten knapp 20% höher als in Deutschland.71 Trotzdem profitierten Automobilzulieferer auf Grund der hohen Importzölle und der Importkontingente in den letzten Jahren von steigenden Umsatzerlösen und hohen Gewinnmargen. In Abbildung 23 ist die eindrucksvolle Entwicklung der Umsatzerlöse der Automobilproduzenten und Automobilzulieferer dargestellt.
71
Vgl. Bradsher, K. (2003): China's Factories Aim to Fill the World's Garages. In: New York Times vom 2.11.2003.
65
9.000 8.000 7.000 6.000 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000 0 1990
1991
Fahrzeugteile und Zubehör
1992
1993
Automobile
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
Gesamt
Abb. 23: Entwicklung der Umsatzerlöse in der Automobilzulieferindustrie [RMB 100. Mio. Yuan] (Quelle: CAAM (2004), a.a.O., eigene Darstellung) Im Durchschnitt lag die Umsatzrendite der Automobilzulieferer in China in den letzten Jahren bei 7%. Einzelne Hersteller konnten noch deutlich höhere Margen realisieren. Inzwischen sinken im chinesischen Markt die erzielbaren Preise merklich, einerseits durch zunehmende Intensivierung des Wettbewerbs, andererseits durch Liberalisierungen in Folge des WTO-Beitritts (siehe Abbildung 24). Bereits jetzt sind die Folgen der sukzessiven Importzollsenkungen, die im Jahr 2006 vorerst bei 10 % enden wird, deutlich spürbar. Von 1998 bis zum Jahr 2004 sind für Bremssysteme beispielsweise die Preise um bis zu 40% gefallen. Während im Jahr 2002 die Einfuhr von Autoteilen noch relativ moderat um 18% wuchs, wurden bereits im nächsten Jahr Autoteile im Wert von 6,3 Mrd. USD importiert – ein Wachstum von 109% gegenüber dem Vorjahr. Die Abbildungen 24 und 25 zeigen die eindrucksvolle Entwicklung der Im- und Exporte von Fahrzeugteilen und -zubehör. Die Gewinnverteilung in der Automobilbranche zwischen Autoherstellern und Zulieferern ist nicht ausgeglichen. Trotz des boomenden Automarktes in China erzielen die Zulieferer einen geringeren Gewinn als die Autohersteller. Die Preissenkungen seit 2002 haben diese ungünstige Situation weiter verschärft, was vor allem auf zwei Faktoren zurückzuführen ist: Die Autohersteller haben den Preissenkungsdruck auf ihre Zulieferer übertragen, um Gewinneinbußen zu vermeiden. Gleichzeitig begann die sukzessive Senkung der Importzölle.
66
9.000 Gesamtvolumen Fahrzeugteile und Zubehör 5.000
0 1991
Automobile gesamt PKW 2003
Abb. 24: Entwicklung der Exportstruktur der VR China [Mio. USD] (Quelle: CAAM (2004), a.a.O., eigene Darstellung)
16.000
10.000
0 1991
Gesamtvolumen
Automobile gesamt Fahrzeugteile und Zubehör PKW
2003
Abb. 25: Entwicklung der Importstruktur der VR China [Mio. USD] (Quelle: CAAM (2004), a.a.O., eigene Darstellung) Laut einer Statistik des Auto Yearbook 2003 betrug im Jahre 2002 die durchschnittliche Gewinnquote von 138 Autozulieferern 6,4%, wovon die Autoglaszulieferer mit 20% und Gummiteilezulieferer mit 10,6% den höchsten Gewinn erzielt hatten und die Lagerhersteller einen Verlust von 8,3% aufwiesen. Zudem hatten ausländische und lokale Zulieferer unterschiedliche Gewinnquoten. Von den zehn größten Autozulieferern konnten 2001 ausländische Zulieferer 20% Gewinn erwirtschaften, während auf lokale Produzenten nur 7% entfielen.
67
100%
100% 80% 65%
65%
60%
Weltmarktpreise
1998
ABD-Bremsen
2002
2005
Kabelbaum
Abb. 26: Preisverfall für Autoteile (Quelle: Roland Berger Strategy Consultants (2003), a.a.O.)
6.4
Nachfrage: Der Ersatzteilmarkt wächst rasant
Kunden der Automobilzulieferer sind sowohl die Automobilhersteller als auch Endkunden, die Ersatzteile nachfragen. Beide Märkte sind in den letzten Jahren rasant gewachsen: Der Ersatzteilmarkt ist allein zwischen 1995 und 2004 von 0,7 Mrd. USD auf geschätzte 4,8 Mrd. USD hochgeschnellt. Auch der Markt für die Zulieferung von Teilen an OEM ist heute mit rund 14,5 Mrd. USD fast dreimal so groß wie vor zehn Jahren (5,4 Mrd. USD 1995). Internationale Automobilhersteller in China kaufen vorrangig von den internationalen Zulieferfirmen, die ihnen in dieses Land gefolgt sind. Beziehen sie weiterhin aus ihren Ursprungsländern, geschieht dies meist zu einem im Vergleich zum dortigen Niveau erheblichen Preisabschlag. Der intensive Wettbewerb zwischen Automobilproduzenten erhöht deren Druck auf die Automobilzulieferer, wie Abbildung 27 zeigt. Ausgeprägt sind Forderungen nach Preissenkungen und Qualitätsverbesserungen. Zugleich verlagern Automobilproduzenten zunehmend Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten – und damit Kapitalbedarf und Risiko – auf ihre Zulieferer. Abbildung 28 prognostiziert, dass der Fertigungsanteil, insbesondere aber der Entwicklungsanteil, von Automobilzulieferern bis zum Jahr 2010 deutlich zunehmen wird. Der Anteil an der im Automobilsektor erbrachten Wertschöpfung könnte um etwa 10% auf 75 % steigen.
68
Druck zu Preisreduktionen
Qualitätsanforderungen
Bereitschaft, Attraktivität als Kostensenkungen Partner zu belohnen
Vertrauensniveau als Geschäftspartner
100 80 60 40 20 0 -20 -40 -60
General Motors
Ford
Volkswagen
BMW
Renault-Nissan
PSA
DaimlerChrysler
Abb. 27: Verhalten der OEMs gegenüber Zulieferern (Quelle: eigene Darstellung nach Angaben aus www.supplierbusiness.com)
Fertigungsanteil
Entwicklungsanteil
50% Zulieferer
72%
80%
Gesamtanteil 35%
70%
65% Automobilhersteller
25%
75%
50% 28%
20%
30%
2000
2010
2000
2010
2000
2010
Abb. 28: Restrukturierung der Wertschöpfungskette (Quelle: Roland Berger Strategy Consultants (2003), a.a.O.) Die frühzeitige Synchronisation und Vereinheitlichung von Business-Plänen oder die frühzeitige Einbeziehung der Zulieferer in Konzeptphasen und Entwicklung bedeutet auch eine wesentlich stärkere Verzahnung von Herstellern mit ihren Zulieferern. Gleichzeitig geht damit auch der Wunsch der Automobilhersteller einher, die Zahl ihrer Zulieferer zu verringern. Gefragt sind also Systemanbieter, die fertige Module und Systeme liefern können. So hat VW beispielsweise in Europa die Zahl seiner direkten Zulieferer von 1.500 (1990) auf nur 950 (2003) reduziert; das Ziel ist eine weitere Verringerung auf 100 Zulieferer. Dieselbe Tendenz gilt für andere OEM. Für die Zulieferindustrie bedeutet das eine weitere Konsolidierung. Die steigende Nachfrage nach systemischen Angeboten birgt aber auch eine Chance für die deutschen Automobilzulieferer im chinesischen Markt. Sie sind ihren potenziellen chinesischen Konkurrenten in Bezug auf Fähigkeiten
69
wie das Management komplexer Systeme und Logistik sowie auch das Markenmanagement noch deutlich überlegen. Der chinesische Ersatzteilmarkt wächst zwar um jährlich mehr als 20%, allerdings von einem niedrigen Niveau. Hier konkurrieren ausländische Zulieferer und ihre autorisierten Vertragshändler mit lokalen Anbietern, die oftmals auch stark in den Markt für Fälschungen verwickelt sind. Entscheidend für den Erfolg im chinesischen Ersatzteilmarkt sind in erster Linie geeignete Absatz- und Vertriebskanäle. Hinweise hierzu sind in Teil 3, Kapitel 11 zu finden.
6.5
Aktuelle Herausforderungen des chinesischen Automobilzuliefermarktes
Die letzten Jahre waren für Zulieferer in China äußerst profitabel und die Prognosen für die Zukunft fallen optimistisch aus. Die gesamte Produktion von Autoteilen in China wird bis 2008 voraussichtlich um 32% pro Jahr wachsen, die Exporte sogar um 88% pro Jahr. Die Bedeutung des After-Sales-Marktes wird stark zunehmen, er bietet großes Potenzial, allerdings sind ausländische Zulieferer gerade hier mit chinesischen Anbietern und einem hohen Anteil an Fälschungen konfrontiert. Der Anteil der Fälschungen im chinesischen Ersatzteilmarkt wird auf 50% geschätzt. In Abbildung 29 ist die Entwicklung des chinesischen Marktes für Automobilteile getrennt für den OEM- und After-Sales-Markt dargestellt. OEMs haben 2003 für rund 5 Mrd. USD Teile in China eingekauft. Ford und GM haben bereits angekündigt, dass sie vor dem Ende dieses Jahrzehnts für jeweils mehr als 10 Mrd. USD in China einkaufen wollen. Die Aussichten für Unternehmen im chinesischen Automobilzuliefermarkt sind gut, wenn die veränderten Anforderungen an erfolgreiche Strategien schnell erkannt und die Risiken – soweit möglich – antizipiert werden Der von den Automobilproduzenten ausgehende Konsolidierungsdruck ist hoch und wird durch die im 10. Fünfjahresplan definierten Ziele von der chinesischen Regierung noch verstärkt. Wie viele Unternehmen diesen Konsolidierungsprozess überleben werden, lässt sich schwer vorhersagen. Abbildung 30 zeigt eine Schätzung von Roland Berger Strategy Consultants. Demzufolge wird in den nächsten fünf Jahren die Hälfte bis zwei Drittel der Automobilzulieferunternehmen in China in anderen Unternehmen aufgehen oder gänzlich vom Markt verschwinden. Wenn der Umstrukturierungsprozess planmäßig abgeschlossen ist, sind die Markteintrittsbarrieren für neue ausländische Zulieferer groß. Bis dahin unterstützt die chinesische Regierung ausländische Zulieferer, die zur Modernisierung der Automobilzulieferindustrie beitragen können. Für viele kleine und mittelständische Zulieferer bedeutet dies, dass die Entscheidung über die Markteintrittsform jetzt gefällt werden sollte.
70
155 Mrd. USD
62%
OEM-Markt
38%
After-SalesMarkt
50 Mrd. USD
36% 20 Mrd. USD 64% 36%
2000
64% 36% 2005*
2010*
* Schätzung
Abb. 29: Der chinesische Markt für Automobilteile (Quelle: Roland Berger Strategy Consultants (2003), a.a.O.)
Anzahl Zulieferer 2000
Anzahl Zulieferer 2005
1st tier
120-150
100-120
20-30
2nd tier
1.000-1.200
800-1.000
250-350
3rd tier
4.000-4.500
3.000-3.500
1.250-1.500
Gesamt
5.120-5.850
3.900-4.620
1.520-1.880
–
20%
50%
Reduktion
Anzahl Zulieferer nach 2010
Abb. 30: Konzentrationsprozess der chinesische Zulieferindustrie (Quelle: Roland Berger Strategy Consultants (2003), a.a.O.) Die skizzierten Entwicklungen zeigen, dass die Herausforderungen für Automobilzulieferer groß sind. Um an dem prognostizierten Marktwachstum zu partizipieren, müssen Unternehmen ihre China-Strategie genau definieren. Zum einen müssen möglichst schnell Skaleneffekte realisiert werden. Dieses Produktionsmengenwachstum lässt sich durch den verstärkten Export der in China produzierten Autoteile – sowohl in den eigenen Unternehmensverbund als auch zu ausländischen Nachfragern – und durch die Belieferung weiterer Kunden in China erreichen. Deutsche Zulieferer beispielsweise sind bisher sehr stark an den deutschen OEMs orientiert. Es sollten zusätzlich sowohl andere ausländische Automobilproduzenten als auch chinesische Automobilbauer bedient werden.
71
Werden die Expansionspläne der chinesischen Regierung umgesetzt, gewinnen chinesische OEMs als Kunden wesentlich an Bedeutung. Gleichzeitig müssen Automobilzulieferer darüber nachdenken, neben ihren Premium-Produkten solche Produkte für den chinesischen Markt zu entwickeln, die im Mittelklassesegment in Zukunft konkurrenzfähig sind. Das können zum Beispiel Produkte sein, die die deutschen Qualitätsanforderungen nicht 100-prozentig erfüllen, aber dafür wesentlich kostengünstiger erzeugt werden – auch durch Rückgriff auf die Outsourcing-Option auf chinesische Zulieferfirmen. Kostensenkungspotenziale können aus Skaleneffekten, aber auch aus der Verbesserung der internen Strukturen resultieren. Die Aktivitäten deutscher Zulieferer für unterschiedliche Automobilbauer in China sind nicht zuletzt wegen der regionalen Zersplitterung erstaunlicherweise bisher weitgehend unkoordiniert. Eine Auflösung dieser starken Fixierung auf einzelne Kunden und Provinzorientierung ist ebenso entscheidend für interne Effizienzgewinne wie die Integration der Aktivitäten in der Volksrepublik in die globale Wertschöpfungskette. Zulieferer müssen diese strategischen Aspekte berücksichtigen, dabei aber auch für die speziellen Risiken des chinesischen Marktes gerüstet sein. Dies erfordert insbesondere Kenntnisse im Umgang mit Technologieklau und die Anpassung des Personalmanagements an chinesische Besonderheiten (vgl. hierzu Teil 3, Kapitel 12 und 13).
Teil 3: Erfolgsfaktoren für den chinesischen Automobilzuliefermarkt
7
Schritt für Schritt zum Erfolg: Position bestimmen, Risiken erkennen, Potenziale ausschöpfen
Die Ausführungen in Teil 2 haben es ganz deutlich gezeigt: Westliche Firmen, die sich zum jetzigen Zeitpunkt Gedanken zum Aus- oder Aufbau von China-Aktivitäten machen, stehen einem attraktiven, aber stark umkämpften Markt gegenüber. Eine große Anzahl westlicher Firmen der Automobilbranche ist den Schritt nach China schon vor Jahren gegangen, und auch die Anzahl aufstrebender chinesische Unternehmen ist mittlerweile hoch. Dennoch haben deutsche Automobilzulieferer keine Wahl: In der einen oder anderen Weise müssen sie den Standort China in ihrer Strategie berücksichtigen, da der Wettbewerb in den westlichen Märkten längst von dort beeinflusst wird. Zum einen hat die Weltmarktexpansion chinesischer Automobilzulieferer bereits begonnen, zum anderen sind die großen Automobilzulieferer vor Ort – und sie nutzen die verschiedene Vorteile dieses Standortes nicht nur, sondern sie spielen sie zunehmend auch im internationalen Wettbewerb aus. Weiterhin fordern Kunden in China bereits heute Preisabschläge auf Produkte, die in Europa hergestellt wurden; das „chinesische Preisniveau“ setzt sich in vielen Produktsegmenten langsam durch. Ein Unternehmen, das die Potenziale des chinesischen Marktes für sich nutzen will, sollte eine stringente Analyse der eigenen Marktposition und Wettbewerbsfähigkeit vornehmen, bevor Aktivitäten in China angestoßen werden. Ein übliches Denkschema für Unternehmenslenker ist hier die SWOT-Analyse (Strenghts, Weaknesses, Opportunities, Threats), mit der sich Erfolgspotenziale und Risiken strukturiert erarbeiten lassen. Auf Basis dieser unternehmensspezifischen Analyse der Stärken und Schwächen kann dann die Strategie entwickelt werden. Im folgenden Kapitel werden Strategiealternativen für deutsche Automobilzulieferer in China erläutert. Gerade in der Volksrepublik scheitert allerdings selbst eine perfekte Strategie, wenn bei der Geschäftstätigkeit vor Ort lokale Besonderheiten nicht ausreichend berücksichtigt werden. Der Lokalisierungsdruck ist besonders in China in verschiedener Hinsicht hoch. So schließt an die Ausführungen zu Marktund Produktstrategien die systematische Aufbereitung von Erfahrungen und Informationen an, die Einfluss auf die erfolgreiche Umsetzung einer China-Strategie haben. Vor diesem Hintergrund behandelt der vorliegende Teil folgende Aspekte: •
Markt- und Produktstrategien,
•
Markteintrittsform,
•
Standortwahl,
•
Marketing und Vertrieb,
•
Schutz gewerblicher Rechte,
•
Management kultureller Besonderheiten.
76
Die in diesen Kapiteln behandelten Themen stellen eine Fülle von Informationen in Form von Konzepten, Best-Practice-Lösungen und Daten zur Verfügung, die allerdings fallspezifisch – unter Rücksichtnahme auf die grundsätzlichen Überlegungen – zur Durchführung einer strukturierten Analyse angewendet werden können.
8
Die passenden Markt- und Produktstrategien als Schlüssel zum Erfolg
Ausgangspunkt der Analyse eines Auf- oder Ausbaus von Unternehmensaktivitäten in China sind generelle Überlegungen zu strategischen und operativen Eigenschaften des Unternehmens selbst, die mit dem Motiv eines China-Engagements in Einklang gebracht werden müssen. Dabei sind die folgenden drei Fragen zu beantworten: •
Was ist das Motiv des China-Engagements?
•
Was ist die strategische Positionierung des Unternehmens?
•
Nach welchem Konzept ist das Wertschöpfungsnetzwerk gegenwärtig konfiguriert?
In den nächsten Abschnitten werden relevante Konzepte zur Klärung dieser Fragen aufgezeigt.
8.1
Was ist das Motiv des China-Engagements?
Befragungen von Unternehmen haben ergeben, dass deren internationale Aktivitäten durch eine Vielzahl von Motiven begründet sein können. Hier haben sich drei Motive immer wieder als dominant herauskristallisiert: •
Absatzmotiv: Gewinn oder Erhalt von Kunden,
•
Kostenmotiv: Verbesserung der Kostenstruktur,
•
Gesamtstrategiemotiv: Übergreifende Motive zur Steigerung des Unternehmenserfolges.
Ein Land wie China kann für Unternehmen in Hinsicht auf jedes dieser Motive höchst interessant sein. Als Absatzmarkt bietet es eine ungeheuer große Anzahl an Endkunden, sowie die daraus abgeleitete hohe Nachfrage der Automobilhersteller. Wie bereits erläutert, hat fast jeder Global Player der Automobilindustrie ein Standbein in China. Als kostengünstiger Produktionsstandort hat China weltweit eine führende Position, unabhängig davon, ob die in China hergestellten Produkte oder Komponenten vor Ort oder in anderen Teilen der Welt verkauft werden sol-
77
len. Schließlich kann ein China-Engagement auch aus gesamtstrategischen Überlegungen heraus zur Steigerung des globalen Unternehmenserfolges attraktiv sein. So können zum Beispiel spezielle Unternehmensfunktionen wie Produktion, Einkauf oder sogar Forschung und Entwicklung effektiver und preiswerter aus China heraus für den gesamten Konzern betrieben oder globale Verbundvorteile verstärkt werden. Natürlich können mit einem China-Engagement verschiedene Motive der Internationalisierung gleichzeitig verbunden sein. Dies wird anschaulich an den Abbildung 31 dargestellten Ergebnissen eine Befragung von 20 europäischen multinationalen Unternehmen, die im Jahr 2001 ihre Beweggründe für ihre China-Aktivitäten angegeben haben.
Marktzugang
80%
Kostenvorteile
57%
Bestandteil der Globalisierungsstrategie
48%
Strategie erfordert „local sourcing”oder TechnologieTransfer Langfristige technische und wirtschaftliche Allianzen
46% 39%
Günstige Rahmenbedingungen und Anreize im Zielland
33%
Reaktion auf Wettbewerber
Sonstige
33% 7%
Abb. 31: Motive für den Transfer von Unternehmensressourcen nach China (Quelle: Benett et al. (2001): Technology Transfer to China: a study of strategy in 20 EU industrial companies. In: International Journal of Technology Management, Vol. 21, Nos. 1/2, S. 151-176) Für die folgenden Überlegungen ist es also wichtig, sich die Sonderstellung Chinas in Bezug auf die genannten drei Leitmotive vor Augen zu halten. Durch seine enorme Attraktivität als Absatzmarkt und Produktionsstandort gewinnt das Land fast zwangsläufig auch aus gesamtstrategischer Sicht für Unternehmen an Bedeutung, was für andere Auslandsmärkte keineswegs der Fall ist. Obwohl im Zuge der hier angestellten Markteintrittsüberlegungen das Absatzmotiv im Vordergrund steht, sollte daher die Kombination unternehmerischer Motive für China berücksichtigt werden. Ausgehend von der Rolle, die China für ein Unternehmen spielen soll, muss ein Unternehmen nun Überlegungen zur eigenen strategischen Positionierung im Weltmarkt (bzw. in der Volksrepublik) anstellen.
78
8.2
Was ist die strategische Positionierung des Unternehmens?
Obwohl Märkte in China eigenen Regeln zu folgen scheinen, gibt es grundlegende Erkenntnisse im Bereich der Unternehmensstrategie, die langfristig in der Lage sein werden, auch den Erfolg oder Misserfolg der in China tätige Unternehmen zu erklären. Mögliche generische Strategien, die von Unternehmen verfolgt werden können, sind Kostenführerschaft oder Technologieführeschaft/Differenzierung.72 Aus Erkenntnissen der klassischen Strategieforschung (Porter 1980) geht hervor, dass Unternehmen dann erfolgreich sind, wenn sie entweder die Strategie Kostenführerschaft oder die Strategie der Technologieführerschaft verfolgen und das gesamte Unternehmen dem gewählten Ziel nach ausgerichtet wird. Kostenführer bedienen in ihren Märkten den Massenmarkt, woraus niedrige Margen und ein hohes Absatzvolumen resultieren. Umgekehrt bedienen Technologieführer das Premium-Segment und erzielen damit hohe Margen und niedriges Absatzvolumen. Als spezielle Strategie der Technologieführerschaft lässt sich – speziell für den Automobilzulieferbereich – die Position des Systemanbieters identifizieren. Durch eine zunehmende Integration einzelner Bauteile oder Komponenten zu gesamten Systemen (zum Beispiel Bremssysteme, Bordnetz-Systeme usw.) werden Zulieferer für OEMs zu unersetzlichen Partnern mit einer festen Rolle in der Supply Chain. Innerhalb der zunehmenden Optimierung der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit der Automobilindustrie können sich Zulieferer so eine starke Verhandlungsposition vis-a-vis den OEMs erarbeiten – was im Idealfall mit hohen Margen trotz hoher Absatzvolumina belohnt wird. Ein Risiko ist hier allerdings die steigende gegenseitige Abhängigkeit von Zulieferer und Abnehmer durch hohe partnerspezifische Investitionen. Dies ist in jüngster Vergangenheit bereits einigen Zulieferern, wie beispielsweise Visteon oder Delphi, zum Verhängnis geworden. Die organisatorische Ausrichtung der beiden generischen Strategietypen Technologieführer oder Kostenführer weist starke Unterschiede auf: Da Technologieführer zum Erhalt der „Unique Selling Position“ ihre Leistungen kontinuierlich durch Innovationen oder neue Konzepte der Leistungserbringung steigern müssen, sind hohe Aufwendungen für Forschung und Entwicklung, Marketing oder ähnliche Overhead-Funktionen notwendig. Kostenführer dagegen versuchen diesen Overhead so weit wie möglich zu reduzieren, da nur das absolute Kostenniveau des Leistungsbündels zählt. Hier wird vorwiegend auf Vorsprung durch Skalen- und Lerneffekte gesetzt. Eine Kombination beider Ausrichtungen, die bei hohen Mar-
72
Der Positionierungstyp „Fokus“ wird hier zunächst vernachlässigt bzw. als Sub-Strategie der Technologieführerschaft verstanden.
79
gen und zugleich großem Absatzvolumen zu dem absolut höchsten Unternehmensgewinn führen würde, ist demnach nur schwer möglich. Über die letzten Jahre hinweg wurden jedoch einige Konzepte entwickelt, die den beschriebenen Trade-off relativieren. Diese als hybride Strategien bezeichneten Strategien wurden teilweise erst durch moderne Produktionstechnologien ermöglicht (zum Beispiel Mass Customization, siehe Pine 1994)73 oder setzen überlegenes Management voraus. Abbildung 32 zeigt eine Typologie hybrider Wettbewerbstrategien nach Fleck (1995). Es wird danach unterschieden, auf welche Weise eine Unternehmensstrategie Kostenführerschaft und Technologieführerschaft/Differenzierung miteinander verbindet. Bei so genannten entkoppelten Hybridstrategien werden entweder verschiedene Ansprüche zur selben Zeit, jedoch an unterschiedlichen Orten verfolgt (multilokale Hybridstrategie), oder aber am gleichen Ort, jedoch zu unterschiedlichen Zeitpunkten (sequenzielle Hybridstrategie). Bei beiden Formen wird zu einem gegebenen Zeitpunkt oder an einem einzelnen Ort jeweils nur eine Basisstrategie verfolgt. Ein Beispiel für eine multilokale Hybridstrategie ist die Bearbeitung von unterschiedlichen Marktsegmenten in verschiedenen Ländern durch ein Unternehmen.74 Ein Beispiel für eine sequenzielle Hybridstrategie ist das Outpacing: Produkte, die zunächst technologisch überlegen sind, werden beim Auftreten von Wettbewerb preislich angepasst, dann werden sie durch Innovation erneut überlegen usw. (Gilbert/Strebel 1989). Oft zitiertes Beispiel ist hier Toyota, das mit dem Toyota Production System über viele Jahre hinweg erfolgreich Kostenführerschaft und Technologieführerschaft verbinden konnte. Schließlich werden Strategien als simultane Hybridstrategien bezeichnet, bei denen zeitgleich und in sich schlüssig Kosten- und Differenzierungsziele verfolgt werden. Prominentes Beispiel ist hier der Ansatz der Mass Customization nach Pine (1994), bei dem ein den Kundenwünschen angepasstes Produkt mit Massenproduktionsmethoden hergestellt wird.
73
Vgl. Porter, M.E. (1980): Competitive Strategy, The Free Press, New York. Pine, B. J. (1994): Maßgeschneiderte Massenfertigung. Neue Dimensionen im Wettbewerb. Wien. Fleck, A. (1995): Hybride Wettbewerbsstrategie. Zur Synthese von Kostenund Differenzierungsvorteilen. Wiesbaden. Gilbert, X./Strebel, P.(1989): From Innovation to Outpacing. In: Business Quarterly, Vol. 54/1, S. 19-22.
74
Eine spezielle multilokale Hybridstrategie ist die duale Internationalisierungsstrategie nach Meffert, die Globalisierungs- oder Integrationsvorteile (Kostenaspekt) und Lokalisierungsvorteile (Differenzierungsaspekt) verbindet. Siehe: Meffert, H. (1986): Marketing im Spannungsfeld von weltweitem Wettbewerb und nationalen Bedürfnissen. In: ZfB, 56. Jg., Nr. 8, S. 689-712
80
Am gleichen Ort
Sequenzielle Hybridstrategien
Simultane Hybridstrategien
An verschiedenen Orten
(multilokale und sequenzielle Hybridstrategien)
Multilokale Hybridstrategien
Räumliche Dimension
Zu verschiedenen Zeitpunkten (sequenzielle)
Zur gleichen Zeit
Zeitliche Dimension
Abb. 32: Typologie hybrider Wettbewerbsstrategien (Quelle: Fleck (1995), a.a.O., S. 61) Alle hybriden Strategien haben gemein, dass sie durch eine Kombination von Differenzierung und Kostenorientierung höhere Gewinne ermöglichen sollen als jede der generischen Strategien in ihrer Reinform. Nachteilig an hybriden Strategien ist allerdings der erhöhte Aufwand für Koordination und Organisation. Die Anforderungen an ein Unternehmen, um den hierfür notwendige „Spagat“ durchzuhalten, sind jedoch enorm hoch, weshalb solche Positionierungen auch als sehr riskant anzusehen sind. Alle diskutierten strategischen Positionierungen werden in Abbildung 33 dargestellt.
Volumen Technologieführer/Differenzierung
Marge
Hybridstrategien z.B. Outpacing SystemAnbieter
Kostenführerschaft
Integration
Abb. 33: Strategische Positionierungen (Quelle: eigene Darstellung)
81
8.3
Nach welchem Konzept ist das Wertschöpfungsnetzwerk konfiguriert?
Eine Studie von Roland Berger Strategy Consultants hat ergeben, dass europäische Unternehmen aus der Automobil- und Maschinenbauindustrie ihre internationalen Wertschöpfungsumfänge anhand von vier Grundkonzepten ausrichten können (siehe Abbildung 34).75 Jedes dieser Konzepte kann für sich genommen erfolgreich sein, hat aber unterschiedliche Implikationen für die Erschließung, Bearbeitung und Integration von Märkten außerhalb des eigentlichen Heimatlandes. global
Globaler Markterschließer
Global Footprint Champion
Bedient die wichtigsten Weltmärkte aus eigenen Fertigungsund Vertriebsstandorten (VorOrt-Präsenz)
Wählt für jede Unternehmensfunktion optimalen Standort und nutzt Ressourcen effizient im globalen Netzwerk
Heimatstandort-Wertschöpfer
Regionaler Kostensenker
Nutzt die Ressourcen und Stärken des Standortes Deutschland und bedient aus heimischen Werken lokale und globale Kunden
Verlagert lohnkostenintensive Fertigungs- und Montageschritte in Niedriglohnländern und nutzt Osteuropa oder Ostasien als verlängerte Werkbank
Marktzugang
fokussiert fokussiert
Ausnutzung Kosteneffizienz
global
Abb. 34: Gestaltungsvarianten der internationalen Unternehmenstätigkeit (Quelle: Geissbauer, R./Schuh, G. (2004): Global Footprint Design, Studie von Roland Berger Strategy Consultants und des WZL Aachen) Der Heimatstandort-Wertschöpfer konzentriert sich auf den Export der Produkte, die im Heimatland entwickelt und produziert wurden. Die Strategie zeichnet sich grundsätzlich durch einen hohen Grad der Zentralisierung aus. Sowohl die Beschaffung als auch meist Vertriebs- und Marketingaktivitäten werden zentral organisiert, die Anpassung an die Exportzielmärkte ist entsprechend gering. China kann durch einen Heimatstandort-Wertschöpfer als Absatzmarkt zum Beispiel durch Export oder Lizensierung erschlossen werden. Hingegen würde der Aufbau von Wertschöpfungsaktivitäten in China der Positionierung widersprechen. Bei der Strategie der regionalen Kostensenkung werden arbeitsintensive Wertschöpfungsstufen in Niedriglohnländer ausgelagert. In der Regel werden Zwischenprodukte hergestellt oder Endprodukte aus zugelieferten Bauteilen montiert.
75
Vgl. Gleissbauer, R./Schuh, G. (2004): Global Footprint Design. Studie von Roland Berger Strategy Consultants und des WZL Aachen.
82
Die sonstigen betrieblichen Funktionen bleiben weitgehend zentralisiert. Für einen regionalen Kostensenker ist China sowohl als Absatzmarkt als auch als Produktionsstandort interessant. Hier wäre es konsistent, vereinzelte Zwischenprodukte in China zu fertigen, diese in die Wertschöpfungskette einzuspeisen und gegebenenfalls diese resultierenden Produkte analog dem Heimatstandort-Wertschöpfer in China zu vertreiben. Der globale Markterschließer zielt auf weltweite Präsenz ab. Produktions- und Vertriebsstätten in den Zielmärkten ermöglichen eine lokale Bedienung dieser Märkte. Auch weitere Funktionen wie zum Beispiel Beschaffung oder auch Forschung und Entwicklung werden in den Ländern mit der Zeit verstärkt, einerseits um lokale Vorteile auszunutzen, andererseits um einen hohen Grad der lokalen Anpassung zu erreichen. China ist sowohl durch die enorme Marktgröße als auch durch die niedrigen Lohnkosten für globale Markterschließer von großer Relevanz. Es können lokale Produktions- und Vertriebsaktivitäten aufgebaut werden, die die systematische Erschließung des chinesischen Marktes mit vor Ort produzierten oder angepassten Produkten erlauben. Die Strategie des Global Footprint Champion erfordert die Allokation der Einzelaktivitäten entlang der Wertschöpfungskette auf die jeweils optimalen Standorte. Die bedienten Standorte werden nicht mehr als unabhängig voneinander betrachtet, sondern der Beitrag jedes Standortes in einem globalen Netzwerk wird klar definiert und evaluiert. Ein Global Footprint Champion nimmt eine differenzierte Sichtweise zum Standort China ein, wobei der Beitrag von Aktivitäten zum globalen Unternehmenserfolg bewertet wird. Nicht nur als Absatzmarkt oder als Produktionsstandort ist China attraktiv. China hat auch das Potenzial, weltweit führende Forschungs- und Entwicklungsstandorte oder auch Centers of Excellence für bestimmte Produkte oder Technologien zu beherbergen. Es ist an dieser Stelle zu betonen, dass jede der hier genannten Konfigurationen erfolgreich sein kann; die Entwicklung zum Global Footprint Champion ist nicht zwingend erforderlich. International tätige Automobilzulieferer versuchen auf verschiedenen Wegen, die Konfiguration ihrer Wertschöpfungsaktivitäten fortlaufend zu optimieren, jedoch stellen die hohen Anforderungen an einen Global Footprint Champion nach wie vor eine besondere Herausforderung dar.
8.4
Unternehmensstrategie und Konfiguration von Wertschöpfungsumfängen
Aus der Zusammenstellung der oben genannten Konzepte lässt sich für Europäische Automobilzulieferer generell ableiten, wie sich eine Einbindung Chinas in das vorhandene Unternehmensnetzwerk gestalten ließe. Ein Unternehmen sollte seine Gesamtunternehmensstrategie einer der dargestellten Kombinationen zuordnen, bevor es eine Analyse des China-Engagements durchführt.
83
Global Footprint Champion
Konfiguration der Wertschöpfung
Globaler Markterschließer Regionaler Kostensenker HeimatstandortWertschöpfer Kostenführerschaft
Technologieführerschaft
Hybride Strategie
Systemanbieter
Strategie
Abb. 35: Kombinationen von Strategiealternativen und Konfigurationsmöglichkeiten der Wertschöpfungskette (Quelle: eigene Darstellung) Diskutiert werden im Folgenden die Kombinationen von Unternehmensstrategie und Wertschöpfungskonzeption, die im Hinblick auf die Bearbeitung des chinesischen Automobilzuliefermarktes Erfolg versprechend sind. Deutsche Automobilzulieferer treten nahezu durchgängig als Technologieführer auf. Die Strategie der Kostenführerschaft wird deshalb nicht diskutiert, zumal in China gerade in dieser Hinsicht lokale Anbieter überlegen sind. Da hybride Strategien ein hohes Maß an Komplexität aufweisen, sind sie mit den Wertschöpfungskonfigurationen der Heimatstandort-Wertschöpfer und der regionalen Kostensenker höchstens theoretisch vereinbar, da der Vorteil dieser beiden Konfigurationsansätze gerade der überschaubare Organisationsaufwand ist. Die hybriden Strategien werden daher nur im Zusammenhang mit den Wertschöpfungskonzeptionen Globaler Markterschließer und Global Footprint Champion analysiert. 8.4.1
Technologieführer
Aktuell ist die Wettbewerbsfähigkeit chinesischer Automobilzulieferer vor allem bei arbeits- und materialintensiven Produkten hoch, während die Wettbewerbsfähigkeit bei komplexen Teilen und Herstellungprozessen derzeit noch relativ niedrig ist, wie Abbildung 36 zeigt. Chinesische Zulieferer besitzen beispielsweise bei Kabeln, Reifen, Karosserien, Stoßstangen, Treibstofftanks, Autotüren, Autositzen die größten Wettbewerbsvorteile, da die technologischen Anforderungen der Produkte relativ niedrig sind. Bei Motoren, automatischen Getrieben, ABS und Airbags sind ausländische Produzenten noch im Vorteil. Im Bereich der einfacheren Teile und Komponenten ist
84
es aber nahezu unmöglich, mit den chinesischen Produzenten zu konkurrieren, es sei denn, man hat zusätzliche Wettbewerbsvorteile, die beispielsweise aus einem systemischen Angebot resultieren. Entwicklungspfad Value added
Navigationssystem Armaturenbrett EU-Chip
Hoch
Getriebe/ Lenkung
Klimaanlage ABS Schweinwerfer Innenausstattung Lichtmaschine
Mittel
Radaufhängung
Bremsbelag
Gurt
Lager
Elektromotor Sitz
Reifen
Stoßstange Luftfilter
Dichtungen Lenkrad
Treibstofffilter
Gering
Jetzt
Klimakompressor Stoßdämpfer
Einzelrelais/ -schalter
Hupe
Keilriemen
„hard tools“
Gering
Mittel
Hoch
International wettbewerbsfähig
Arbeits-/ materialintensiv
Beispiele
Wettbewerbsfähig
Beschreibung
Beispiel
• Arbeitsintensiv • Materialintensiv • Nicht leicht transportierbar
• Sitze • Batterien • Räder • Stoßstange • Gurte
Schwach
• Modul- oder systemorientiert
• Stoßdämpfer • Bremssystem
• Schlüsselmodule/-systeme mit komplexem Know-how
• Integriertes Cockpit • Servolenkung
Extrem schwach
• Technologieintensiv
• Airbag • Automatikgetriebe • ABS, ECU • GPS
Abb. 36: Entwicklung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit in China hergestellter Autoteile (Quelle: Roland Berger Strategy Consultants (2003), a.a.O.)
85
Deutsche Unternehmen der Automobilzulieferindustrie können in China mit einer reinen Strategie der Technologieführerschaft dann erfolgreich sein, wenn sie ihre komparativen Vorteile strategisch zum Einsatz bringen. Heimatstandort-Wertschöpfer haben durch die gesunkenen Einfuhrzölle die Chance, eine erfolgreiche Bearbeitung des chinesischen Autozubehörmarktes durch den Export ihrer Produkte zu erreichen. Allerdings ist diese Strategie nur Erfolg versprechend, wenn hoch spezialisierte Teile oder Komponenten geliefert werden. Dies trifft auf Unternehmen mit spezieller Technologie zu, die in Nischenmärkten arbeiten. Ein herkömmliches Produkt aus dem Ausland besitzt keine Überlegenheit gegenüber einheimischen Produkten von lokalen Zulieferern, zu denen auch die ausländischen Zulieferer mit Produktion in China zählen. Eine Strategie der regionalen Kostensenkung, das heißt die Verlagerung arbeitsintensiver Wertschöpfungsstufen in Niedriglohnländer, verfolgen deutsche Automobilzulieferer in erster Linie in Osteuropa. Hier können einzelne Bauteile oder Komponenten nach relativ kurzer Weiterbildung der lokalen Mitarbeiter in guter Qualität und zu wesentlich günstigeren Lohnkosten als in Westeuropa produziert werden. Die logistischen Anforderungen sind auf Grund der geografischen Nähe beherrschbar. In China wird der Markteintritt deutscher Automobilzulieferer überwiegend durch die großen deutschen Automobilhersteller forciert; das Absatzmotiv dominiert das Kostenmotiv. Automobilzulieferer haben meist mit der Produktion ausgewählter Teile in China begonnen und Kerntechnologien weiterhin von ihren europäischen Produktionsstätten importiert. Derzeit wird der lokale Anteil der Produktion schnell erhöht und eine Strategie der globalen Markterschließung verfolgt. Unternehmen aus dem Betriebsmittelsegment, die bisher nur ausgewählte Teile ihrer Endprodukte in China produzieren, wählen diese Vorgehensweise aus verschiedenen Gründen. Erstens sind die technologischen Anforderungen so hoch, dass deutsche Arbeitnehmer in der Produktion bevorzugt werden, zweitens können Kerntechnologien außerhalb von China besser vor Produktpiraterie geschützt werden und drittens würde eine vollständige Verlagerung der Produktion nach China einen Preisverfall auf europäischen Absatzmärkten nach sich ziehen. Die Lebensdauer dieser Strategie ist aber begrenzt, da die Preiskonkurrenz zunehmend von in China ansässigen Unternehmen getrieben wird. Globale Markterschließer konnten in China viele Jahre Lohnkostenvorteile nutzen – wenn auch die Gesamtproduktionskosten teilweise über westeuropäischem Niveau lagen – und belieferten von diesen Produktionsstätten ausschließlich den chinesischen Markt. Das China-Engagement wurde losgelöst von den sonstigen Aktivitäten behandelt und vor Ort für den Ort produziert. Viele deutsche Unternehmen haben diese Phase genutzt, um den Umgang mit chinesischen Mitarbeitern, Zulieferern und Kunden zu lernen und die Qualität ihrer in China produzierten Waren an europäische Standards anzugleichen. Mit zunehmender Qualität der chinesischen Konkurrenzprodukte und der Marktpräsenz vieler weltweit tätiger
86
Automobilzulieferer greift auch diese Strategie zu kurz, da nur das Absatz- und Kostenpotenzial des chinesischen Standortes genutzt werden, der Beitrag des Engagements in China für den Gesamtunternehmenserfolg aber nicht klar definiert ist. 8.4.2
Aussichtsreiche Hybrid-Strategien für Unternehmen vor Ort
Unternehmen, die zukünftig ihre Wettbewerbsposition im chinesischen Automobilzuliefermarkt erfolgreich verteidigen wollen, müssen das gesamte Potenzial des chinesischen Standortes nutzen. Das bedeutet, dass Unternehmen sich drei Herausforderungen zugleich stellen müssen: 1.
Das Absatzmarktpotenzial verstärkt nutzen,
2.
Kosteneinsparungspotenziale konsequent realisieren und
3.
die potenziellen Beiträge des Standortes China für die Gesamtstrategie des Unternehmens definieren.
8.4.2.1. Potenzial des Absatzmarktes besser nutzen Das Absatzmarktpotenzial wurde bisher von deutschen Automobilzulieferern nur eingeschränkt ausgeschöpft. Eine Erweiterung des strategischen Ansatzes (Entwicklung hybrider Strategien) ermöglicht jedoch eine bessere Ausnutzung dieses Potenzials.
Premiumsegment
Zielmarkt Industrienationen
Premiumsegment
Mediumsegment
Mediumsegment
Low End
Zielmarkt China
Keine geeigneten Produkte
Low End
Abb. 37: Produktpyramide europäischer Automobilzulieferunternehmen in Europa und China (Quelle: eigene Darstellung)
87
Wie aus Abbildung 37 ersichtlich wird, entsprechen die Produkte von europäischen Low-End-Automobilzulieferunternehmen in etwa den Produktanforderungen im chinesischen Premiumsegment. Dies hat zur Folge, dass europäische Technologieführer zum einen Produkte im chinesischen Markt anbieten, die „overengineered“ sind, zum anderen mit ihren Produkten nur ein sehr kleines Absatzmarktsegment erreichen, da sie hohe Qualität zu hohen Preisen anbieten. Hinzu kommt die Erfahrung vieler westlicher Unternehmen, dass Produkte aus dem Low-End-Bereich in europäischen Märkten nicht zwangsläufig für das Standard- oder Premiumsegment in China geeignet sind. Die Anforderungen an die lokale Anpassung von Produkten sind generell hoch. Verfolgen also deutsche Automobilzulieferer eine Strategie der Technologieführerschaft, so bieten sie auf dem chinesischen Markt hochpreisige Qualitätsprodukte für ein kleines Marktsegment an. Wie bereits in Teil 3 ausgeführt, konzentriert sich das Wachstum der Nachfrage in den nächsten Jahren auf Automobile des niedrigen und mittleren Preisniveaus. Gerade in diese Segmente dringen derzeit chinesische Automobilbauer vor. Da die Gewinnmargen im chinesischen Automobilzuliefermarkt drastisch sinken, sollten Unternehmen darüber nachdenken, ihr Produktspektrum auf diese Automobilproduzenten und auch auf andere Segmente auszudehnen. Unabhängig vom klassischen Premiumprodukten sollte ein Angebot an qualitativ einfacheren, aber kostengünstigeren „China-Produkten“ für das mittlere Segment ergänzt werden (multilokale Strategie). Dieses neue Produktangebot kann mit lokalen Zulieferern gelingen, die vom Zeitpunkt des Markteintritts an aufgebaut werden. Mittlerweile bietet sich zur Realisierung dieser Strategie auch der Aufkauf chinesischer Unternehmen an. Es gibt bereits eine Reihe von Beispielen für deutsche Unternehmen, die vereinfachte Varianten ihrer eigenen Produkte unter anderem – meist chinesischem Namen – herstellen. Einerseits kann mit einem erweiterten Produktangebot das chinesische Absatzmarktpotenzial besser genutzt werden, andererseits kann mit diesen Low-Cost-Linien auch der Markteintritt in andere asiatische Länder gelingen, in denen die technologischen Ansprüche an Produkte noch vergleichbar niedrig sind, zum Beispiel in Indien. Es ist auch denkbar, dass sich ein globaler Markterschließer oder ein Global Footprint Champion dazu entschließt, die landesspezifischen Aktivitäten in China nach einer gänzlich anderen Strategie auszurichten als in Europa. Die grundsätzlichen Fähigkeiten zur Koordination unterschiedlicher Aktivitäten zwischen Ländermärkten sind bereits vorhanden, sodass die Verfolgung einer china-spezifischen Strategie möglich erscheint. Das könnte zum Beispiel bedeuten, ausschließlich ein Marktsegment für preiswerte Standardteile und -komponenten zu bedienen und seine Premiumprodukte weiterhin nach China zu exportieren. Diese Strategie bietet den Vorteil, dass das außerordentlich starke Image in Deutschland entwickelter und produzierter Technologien und die Gewinnmargen vorerst hoch bleiben; der Standort China wird konsistent mit einer durchweg lokalisierten
88
Strategie bearbeitet. Zu diesem Zweck ist es sinnvoll, ein chinesisches Unternehmen aus diesem Marktsegment aufzukaufen und durch die Überlegenheit in Bezug auf Management- und Vertriebskompetenz gegenüber den chinesischen Konkurrenten abzugrenzen. Die Herausforderung bei der multilokalen Hybridstrategie besteht in der Konfiguration der Unternehmensaktivitäten: Die verschiedenen Rollen der Produktionsstandorte weltweit und innerhalb Chinas müssen so gestaltet sein, dass jeder Standort einen nachvollziehbaren und klar definierten Beitrag zum Erfolg des Gesamtunternehmens leisten kann. 8.4.2.2 Kosteneinsparungspotenzial ausschöpfen Eine Herausforderung für deutsche Automobilzulieferer in China ist die bessere Ausnutzung des Kosteneinsparungspotenzials. Bisher können Unternehmen den Vorteil niedriger Lohnkosten nicht realisieren, da sie geringe Stückzahlen an geografisch verstreuten und wenig koordinierten Standorten produzieren. Eine parallele Verfolgung von Differenzierungs- und Kostenvorteilen auf China zu übertragen (simultane Hybridstrategie), ist eine große Herausforderung. Sie gelingt nur dann, wenn ein Unternehmen aus der Position einer technologischen Überlegenheit das eigene Leistungsbündel zu so guten Preisen anbietet, dass auch bei den Kostenvorteilen eine Führungsposition erreicht wird. Viele europäische Unternehmen haben ihre europäischen Produkte zu chinesischen Konditionen angeboten und waren damit zwangsläufig technologisch überlegen. Allerdings ging damit zumeist auch eine Reduktion der Gewinnmarge bis hin zur „Subventionierung“ des Marktes einher. Es stellt sich also die Frage, wie ein Unternehmen die eigenen Strukturen anpassen kann, um ein überragendes Leistungsbündel auf lokalem Preisniveau anzubieten. Heimatstandort-Wertschöpfer haben hier die Möglichkeit, schlichtweg „Dumping“ zu betreiben und bestehende Produktlinien zu niedrigen Preisen in China zu verkaufen. Es ergeben sich dann Kostenvorteile durch Kapazitätsauslastung und Skaleneffekte, die ausschließlich an den chinesischen Markt weitergegeben werden. Diese Strategie ist deshalb nur sinnvoll, wenn zum Beispiel in Vorbereitung eines Markteintritts eine Marke im chinesischen Markt verbreitet werden soll. Regionale Kostensenker haben dagegen die Möglichkeit, entsprechend ihrem Geschäftsmodell kostensensitive Unternehmensaktivitäten nach China zu verlagern und sich so dem chinesischen Marktniveau anzunähern, allerdings mit den bereits erläuterten Einschränkungen. Schießlich werden Globale Markterschließer und Global Footprint Champions ihre china-spezifischen Aktivitäten so ausrichten, dass globale Verbundvorteile auf China übertragen werden und ein überragendes Leistungsbündel zu konkurrenzfähigen Preisen angeboten werden kann. Dieses überragende Leistungsbündel
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kann beispielsweise in einem systemischen Angebot bestehen, das zusätzlich von globalen Beschaffungsvorteilen profitiert. Systemanbieter erzielen den Großteil ihrer Umsätze im Erstausrüstungsgeschäft, also in Zusammenarbeit mit den OEMs. Im Fall von führenden, global aktiven Systemanbietern steht der Markteintritt nach China außer Frage, da diese Unternehmen ihren Kunden in neue Ländermärkte folgen, wobei auch der Aufbau neuer Standorte koordiniert betrieben wird. In diesem Fall ist auch der Absatz hauptsächlich auf die abgeleitete Nachfrage der großen Hersteller konzentriert. Für Systemanbieter, die potenzielle Neukunden in China gewinnen wollen, hängt die Bearbeitung des Marktes China enorm von der gegebenen Konfiguration der Wertschöpfungsaktivitäten ab. Heimatstandort-Wertschöpfer und regionale Kostensenker müssten enorme Anstrengungen unternehmen, um chinesische (oder ausländische) Neukunden in China zu akquirieren. Wer bereits als globaler Markterschließer oder Global Footprint Champion aufgestellt ist, kann die Akquisition von solchen Kunden wesentlich leichter realisieren. Letztlich erfordert eine bessere Ausnutzung des Kosteneinsparungspotenzials neben einer Reihe von Einzelmaßnahmen, die in Abbildung 38 zusammengefasst werden, eine stärkere Koordination der Aktivitäten in China. Dies gelingt zum Beispiel durch eine Holding-Struktur, für die sich etwa ZF Sachs entschieden hat. Die Koordination der geografisch verstreuten Aktivitäten erleichtert sowohl eine verstärkte Nutzung von Synergieeffekten, etwa durch gemeinsame Beschaffung, als auch die Gestaltung eines besser abgestimmten (systemischen) Angebots für Automobilproduzenten. Gerade auch die zentrale Steuerung des Markenmangagements wird zukünftig ein entscheidender Erfolgsfaktor im chinesischen Automobilzuliefermarkt sein. Die Koordination der lokalen Aktivitäten ist darüber hinaus die Vorraussetzung für eine bessere Positionierung des Standortes China im gesamten Wertschöpfungsnetzwerk des Unternehmens. Vorbehalte gegen intern entstehende Konkurrenz erklären zu einem großen Teil die bisherige „Separation“ des Standortes China. Da die großen Automobilzulieferunternehmen jedoch beginnen, diese Rolle Chinas in ihrem Wertschöpfungsnetzwerk neu zu definieren, haben Unternehmen in Zukunft keine Wahl mehr. Eine neue Rolle kann der Standort China aber nur übernehmen, wenn eine starke lokale Organisation bereit ist, neue Aufgaben im Wertschöpfungsnetzwerk zu übernehmen. 8.4.2.3 Auf dem Weg zum Global Footprint Champion Um einerseits die Vorteile aus dem Unternehmensverbund für den Standort China und andererseits die Potenziale des chinesischen Standortes für den Unternehmensverbund realisieren zu können, muss die Betrachtung Chinas als geschlossener Produktions- und Absatzstandort aufgegeben werden. Viele deutsche Unternehmen in China entwickeln jetzt ihre Produktionsstätten in China zu voll ent-
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wickelten Tochtergesellschaften weiter und definieren deren Beitrag zum Erfolg des Unternehmensverbunds neu. Dies bedeutet beispielsweise, dass Forschungsund Entwicklungsabteilungen oder aber Einkaufs- und Vetriebsorganisationen mit der Absicht aufgebaut werden, auch über den Standort China hinaus die Verantwortung für diese Bereiche zu übernehmen. Mit dieser Weiterentwicklung ändert sich aber auch der Beitrag des Standort Chinas zur Wertschöpfungskette. Beispielsweise für Geschäftsbereiche, die ihren größten Absatzmarkt in China haben, werden in naher Zukunft globale Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten von Unternehmen wie Siemens und Freudenberg nach China verlagert. Einkaufs- und Vertriebsorganisationen werden für den gesamten asiatischen Raum in China etabliert. Gleichzeitig haben die in China produzierten Waren ein Qualitätsniveau erreicht, das den Export in den Unternehmensverbund erlaubt. So könnte der Standort China im Unternehmensverbund beispielsweise eine Führungsrolle für (Vor-) Produkte einnehmen, in denen das Land komparative Vorteile besitzt; das deutsche Unternehmen könnte dann von den zusätzlichen Wettbewerbsvorteilen profitieren, die aus dem Unternehmensverbund resultieren. Da dies meist ein Produktsegment betrifft, das ein deutsches Automobilzulieferunternehmen selber nicht wettbewerbsfähig anbieten kann, ist der Kauf eines chinesischen Unternehmens sinnvoll, um in diese Produktsegmente vorzudringen. Das macht allerdings wiederum nur Sinn, wenn diese Produkte auch im Gesamtunternehmensverbund benötigt werden. Eine solche Integration Chinas in die globale Wertschöpfungskette ermöglicht einen Quantensprung bei der effizienten Arbeitsteilung innerhalb global operierender Unternehmen. Die Änderung der Rolle Chinas in der Wertschöpfungskette des Unternehmens gelingt nicht von heute auf morgen, sondern entwickelt sich mit dem Lernen über den chinesischen Standort. Unternehmen, die bereits viele Jahre vor Ort etabliert sind, haben hier große Vorteile, da sie jetzt in der Lage sind, diese Neuorientierung erfolgreich umzusetzen. Eine gemeinsame Studie von Roland Berger Strategy Consultants und der Original Equipment Suppliers Association (OESA) hat Best-Practice-Beispiele von Automobilzulieferern in diesem Bereich untersucht. Ein effektiver Ansatz, um die Konfiguration Global Footprint Champion zu erreichen, ist die Errichtung eines globalen Hub-and-Spoke-Netzwerkes, das die Ressourcen und Fähigkeiten global optimiert. Die Abbildung 38 illustriert den Aufbau eines solchen Netzwerks. Ein globales Hub-and-Spoke-Netzwerk beinhaltet vier Hauptelemente: •
Es findet eine Bündelung von Produktfamilien in den „lead centers of excellence“ statt, die die globale Gesamtverantwortung für Produktentwicklung, Tests, Konstruktion, Standardisierung von Designs und Prozessen haben. Diese Lead Centers koordinieren alle relevanten Themen für „ihre“ Produkte.
91 •
Die regionalen „hubs“ führen diese Strategien aus und passen sie an die jeweiligen nationalen Besonderheiten an. Die regionalen „hubs“ werden von „mother plants“ kontrolliert, die direkt mit einem „global lead center“ verbunden sind und koordinieren die geteilten Services in einer Region über die Tochtergesellschaften hinweg.
•
Die lokalen „spokes“ sind in der unmittelbaren Nähe der Fertigung des Kunden angesiedelt. Sie konzentrieren sich auf die Endmontage und sind die Schnittstelle zur Kundenproduktion, während sie von den meisten OverheadFunktionen befreit sind.
•
Die „shared services centers“ zielen darauf ab, die Support-Prozesse zu optimieren, indem einzelne Dienstleistungen oder auch Konstruktionsaufgaben und Berechnungen in Niedriglohnländer verlagert werden; dies wird beispielsweise durch elektronische Plattformen für Simultaneous Engineering ermöglicht.
Eine solche Organisationsstruktur erlaubt Automobilzulieferern optimal von den unterschiedlichen Faktorbedingungen zu profitieren. Durch die Integration des Niedriglohn- und Niedrigkosten-Standortes China in ein global gemanagtes Geschäftsmodell können Unternehmen globale Wettbewerbsvorteile generieren. Globales „lead center“ • Bündelung von Produktfamilien • Globale Gesamtverantwortung für „ihre“ Produkte
Regionale „hubs“ • Indirekte Funktionen werden gebündelt und gemeinsam vorgehalten • Investitionsintensive Teilefertigung
Lokale „spokes“ • Montage beim Kunden
„shared service centers“
• Weit gehend befreit von OverheadFunktionen
• Entwicklung/ Konstruktion • Indirekte Funktionen
Abb. 38: Globales Hub-and-Spoke-Netzwerk (Quelle: Roland Berger Strategy Consultants (2003), a.a.O.)
92
8.5
Maßnahmen zu Stärkung der Wettbewerbsposition in China
Jedes Unternehmen sollte sich selbst in Bezug auf die heutige und auch zukünftige Unternehmensstrategie und die passende Wertschöpfungskonfiguration definieren. „Reinformen“, wie in Abbildung 34 dargestellt, wird es in der Praxis kaum geben, da Unternehmen ihre Strategie mit zunehmender China-Erfahrung dynamisch verändern. Unternehmen muss der Spagat zwischen einem hohen Grad der Lokalisierung ihrer China-Strategie bei gleichzeitig optimaler Einbindung des Standortes in die Gesamtunternehmensstrategie gelingen. Ob dies funktioniert, hängt stark davon ab, wie ein Unternehmen gegenwärtig international aufgestellt ist, das heißt, nach welchem Konzept die internationalen Wertschöpfungsaktivitäten konfiguriert sind. Für den Standort China bietet sich eine duale Vorgehensweise an, um eine optimale Ausschöpfung der Potenziale und gleichzeitig eine optimale Rolle des Standortes in der Wertschöpfungskette des Unternehmens zu erreichen (siehe Abbildung 39). Herausforderungen
Schlüsselfragen
Lokale Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit
• Vertiefung der lokalen Präsenz – Markt-Know-how und lokale Management-Expertise erweitern, mit Kunden und Zulieferern eng zusammenarbeiten und sich gemeinsam weiterentwickeln – Aktive Etablierung der Marke • Kosteneinsparungspotenziale ausschöpfen – Outsourcing an lokale Zulieferer – Ausweiten des lokalen Einkaufs – Exportsteigerungen • Koordination der lokalen Aktivitäten
Globale Integration
• China in die globale Kapazitätsplanung integrieren und Teile der Produktion für das globale Netzwerk nach China verlagern bzw. von dort beziehen • Überprüfung, ob die Aktivitäten in China in einer Produktfamilie so dominant sind, dass China in Zukunft den Lead übernehmen könnte
Abb. 39: Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Automobilzulieferunternehmen in China (Quelle: eigene Darstellung) Um ihre Wettbewerbsfähigkeit in China zu stärken, müssen deutsche Automobilzulieferer einen hohen Grad der Lokalisierung erreichen. Dieser spiegelt sich in der Anpassung der Produkte an die Bedürfnisse der chinesischen Konsumenten wider. Eine enge Zusammenarbeit mit Zulieferern und Kunden ist hierfür entscheidend, lokale Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten erleichtern in dem reifenden Markt die Verteidigung des Technologievorsprungs. Zunehmend wich-
93
tig ist die Etablierung der Marke, da das Markenbewusstsein chinesischer Käufer steigt (vgl. Kapitel 11). Das Maßnahmebündel zur Ausschöpfung von Kosteneinsparungspotenzialen (siehe Abbildung 39) umfasst neben dem Outsourcing von nicht schützenswerten Technologien auf lokale Zuliefererunternehmen auch die Ausweitung des lokalen Einkaufs. Ausländische Zulieferer sind unter Druck, zu einem wesentlich höheren Grad als bisher lokal einzukaufen. Der lokale Einkauf in China ist bisher bei vielen ausländischen Zulieferfirmen noch unterentwickelt, muss aber schnell zulegen. Um die Vorteile des Local Sourcing auszuschöpfen, müssen westliche Zulieferfirmen mit ihren lokalen Sub-Zulieferern eng kooperieren und in sie investieren, damit eine hohe Qualität der Produkte gewährleistet werden kann. Wenn dies gelingt, ist es möglich, ein Netzwerk von spezialisierten Sub-Zulieferern aufzubauen, das sich dann auf die Produktion spezieller Komponenten konzentriert. Auf diese Weise können Automobilzulieferer die Produktionskosten senken, und die strengen chinesischen Regulierungen lassen sich zum Aufbau von Wettbewerbsvorteilen nutzen. Die Möglichkeit, weiter gehende Kosteneinsparungspotenziale zu realisieren, setzt die koordinierte Entwicklung der bisher verstreuten Aktivitäten eines Unternehmens in China voraus. Dies ist zugleich Voraussetzung für eine stärkere Integration Chinas in das globale Wertschöpfungsnetzwerk des Unternehmens. Die Wettbewerbsfähigkeit im chinesischen Markt kann zudem durch Diversifikation unterstützt werden. Deutsche Zulieferunternehmen sind bisher sehr stark an deutschen Automobilproduzenten orientiert. Setzt die chinesische Regierung ihre Expansionspläne wie geplant um, werden chinesische Automobilproduzenten als Kunden wesentlich wichtiger werden. Gleichzeitig müssen Automobilzulieferer andenken, neben ihren Premium-Produkten auch Produkte für den chinesischen Markt zu entwickeln, die im Mittelklassesegment konkurrieren können. Die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit im chinesischen Automobilzuliefermarkt einerseits und die zunehmende Einbindung der China-Aktivitäten in die globale Wertschöpfungskette des Unternehmens andererseits sind komplementär. Wenn das China-Geschäft in die globalen Wertschöpfungsstrukturen eingebunden wird, hilft dies nicht nur dem China-Geschäft selbst, sondern ebenso der globalen Effizienz der Unternehmen.
9
Mögliche Formen des Markteintritts im Überblick
Die im Juni 2004 von der National Development and Reform Commission (NDRC) erlassene neue Entwicklungspolitik für die Chinesische Automobilindustrie (ECA) setzt den eingeschlagenen Kurs der Konsolidierung fort. Zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Automobilbranche und Vermeidung wieder-
94
holter Investitionen sind demzufolge die Anforderungen an einen Markteintritt genau definiert. Auto- und Motorradhersteller sowie ihre Produkte werden von NDRC und AQSIQ76 geprüft und ihre Namen in einer Liste veröffentlicht. Ein Neueintritt in den Markt sowie die Erweiterung des Produktsortiments oder der Produktionsmenge müssen von beiden Behörden genehmigt werden. Unprofitable Autohersteller werden entweder geschlossen oder sie können als Autoteilehersteller fungieren bzw. sich mit anderen inländischen Autoherstellern zusammenschließen. Es ist nicht möglich, dass ausländische Autohersteller durch Akquisition bestehender einheimischer Betriebe in den Markt eintreten; sie müssen sich nach wie vor mit maximal 50% an einem Joint Venture beteiligen. Ausgenommen hiervon sind solche Gemeinschaftsunternehmen, die nur für den Export errichtet werden, allerdings erfordert dies eine Genehmigung durch das chinesische State Council. Weiterhin müssen neu gegründete Unternehmen mindestens 2 Mrd. Yuan investieren (etwa 208 Mio. EUR), wovon 800 Mio. Yuan (etwa 83 Mio. EUR) als Eigenkapital eingebracht werden müssen. Ein ausländischer Autohersteller darf zudem höchstens zwei Joint Ventures in China gründen, die nur Personenwagen, kommerzielle Wagen oder Motorräder herstellen. Das erklärte Ziel der chinesischen Regierung, die technologische Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Unternehmen zu fördern, zeigte sich 2003 in einem Gesetzesentwurf: Er sah vor, dass bis zum Jahr 2010 die Hälfte aller in China verkauften Fahrzeuge von heimischen Gesellschaften entwickelt und produziert werden müssen. Nach heftigen Protesten ausländischer Produzenten wurde dieser Entwurf fallen gelassen. Der Zwang zum Transfer von technologischem Know-how besteht jedoch weiterhin. Aktivitäten im Bereich Forschung und Entwicklung sind die Vorraussetzung für alle neuen Hersteller. Das neu zu errichtende Forschungs- und Entwicklungscenter erfordert mindestens eine Investition von 500 Mio. Yuan (ca. 52 Mio. EUR), die aber in der Gesamtinvestition von 2 Mrd. Yuan enthalten sind.77 Der Import von Fahrzeugen beschränkt sich auf sieben Häfen: Dalian, Tianjin, Shanghai, Huangpu, Manzhouli, Shen Zheng und Xinjiang Alashankou. Seit 2005 darf kein Auto über die Freihandelszonen importiert werden. Der Import von Gebrauchtwagen, Gebrauchtmotorrädern sowie deren Teilen ist verboten. Für Automobilzulieferer bringen die Richtlinien der ECA keine neuen Einschränkungen mit sich. Sie dürfen auch ohne chinesischen Partner in den Markt eintreten. Ihnen stehen alternative Möglichkeiten des Eintritts in den chinesischen Markt offen, die alle eines Antrags und dann einer Genehmigung beim Ministry of
76
General Administration of Quality Supervision, Inspection and Quarantine of the People´s Republic of China.
77
10.000 Stücke für LKW, 50.000 für Personenwagen mit 4-Zylinder-Motor, 30.000 für Personenwagen mit 6-Zylinder-Motor.
95
Foreign Trade and Economic Cooperation (MOFTEC) bzw. einer örtlichen Tochter (Commission of Foreign Trade and Economic Cooperation – COFTEC) bedürfen. Vor einem Eintritt in den chinesischen Markt China gibt es eine Reihe von Fragen, die ein Unternehmen beantworten sollte. Wie in Kapitel 8 bereits ausgeführt, eröffnet die gleichzeitige Ausnutzung des Markt- und Kosteneinsparungspotenzials des chinesischen Automobilzuliefermarktes Möglichkeiten, die ein deutsches Unternehmen sowohl für die Standortbearbeitung als auch für die Optimierung der gesamten Wertschöpfungskette nutzen kann. Abbildung 40 fasst die wesentlichen Fragestellungen zusammen, deren Beantwortung die Festlegung einer unternehmensspezifischen Markteintrittsstrategie erlaubt. Herausforderungen
Schlüsselfragen
Nutzung des Marktpotenzials
• Ist es ein Markt für unsere Produkte? • Welche Produkte können wir unter Berücksichtigung lokaler und globaler Wettbewerbsbedingungen wie positionieren? • Sollen wir diese Produkte in den Markt exportieren oder lokal produzieren? • Sollen wir alleine oder mit einem lokalen Partner produzieren und vertreiben? • Wo und wie sollen wir beginnen?
Ausnutzung des Kostensenkungspotenzials
• Welche Produkte oder Komponenten sollten aus China bezogen werden? • Wie sollen diese Produkte bezogen werden: aus eigener Produktion, mit eigener Einkaufsorganisation? • Wie können wir Qualität, Zuverlässigkeit, Flexibilität, Innovationsgrad und Preisniveau gewährleisten?
Abb. 40: Strategische Schlüsselfragen (Quelle: eigene Darstellung) Erfolgreiche Unternehmen in China haben den chinesischen Markt generell schrittweise erschlossen, sind also dem Internationalisierungspfad weitgehend gefolgt. Grundsätzlich steigen entlang des Internationalisierungspfads (Abbildung 41) die Ressourcenbindung und damit das Risiko für das Unternehmen. Direktinvestitionen sind gegenwärtig die bedeutendste Markteintrittsform in China, da die Volksrepublik als einer der zukunftsträchtigsten Märkte der Welt gilt und Unternehmen frühzeitig Präsenz zeigen wollen. Die Investitionen sind aber mit einer Reihe von Risiken behaftet, fordern hohen Kapitaleinsatz und lange Amortisationszeiten, was gerade kleineren und mittleren Unternehmen Schwierigkeiten bereitet. In vielen Fällen werden sinnvolle Alternativen zu einer Direktinvestitionen nicht ausreichend in die Überlegungen zur Form des Markteintritts einbezogen. Die Vor- und Nachteile verschiedener Markteintrittsformen sollten
96
sehr gründlich analysiert werden, um in Abhängigkeit von der Branche und den Charakteristika des jeweiligen Unternehmens die richtige Wahl zu treffen. Typisch ist nach einer Phase des reinen Exports die Errichtung einer Repräsentanz oder die Gründung von Vertriebsstätten. Ein weiter gehendes Engagement in der Produktion begann früher mit einer Lizenzvergabe an einen chinesischen Partner, mit dem später ein Joint-Venture-Vertrag geschlossen wurde. Heute erweitern Unternehmen ihr Engagement oftmals von Repräsentanzen direkt auf ein Joint Venture oder eine 100-prozentige Tochtergesellschaft.
• Akquisition • Fusion • 100% Tochtergesellschaft • Joint Venture • Repräsentanz • Lizenzvereinbarung
1980er
1990er
2000 und später
Abb. 41: Entwicklung der Markteintrittsformen in der VR China seit Öffnung des Marktes (Quelle: eigene Darstellung)
9.1
Export – die Option für Nischenanbieter jenseits der Preiskonkurrenz
Export ist zukünftig für solche Anbieter attraktiv, die Produkte in sehr speziellen technologischen Nischen anbieten und die weder mit Anbietern gleicher Produkte konkurrieren, die bereits im chinesischen Markt etabliert sind, noch von Käufern in China zur Anpassung ihrer Produkte oder Lokalisierung der Produktion gezwungen werden. Automobilhersteller fordern von ihren Zulieferern weitgehende Präsenz im chinesischen Markt, oder aber sie verlangen auch von ihren in Europa ansässigen Zulieferern ein Angebot auf chinesischem Preisniveau. Betriebsmittelhersteller in Deutschland berichteten, dass deutsche Automobilhersteller in China den Preis, der in Europa gezahlt wird, einfach um 40% reduzieren. Insofern ist der reine Export von Produkten lediglich für Nischenanbieter interessant, die nicht im Preiswettbewerb mit vergleichbaren Produkten stehen.
97
9.2
Repräsentanzen – die Möglichkeit des indirekten Markteintritts
Repräsentanzen sind eine Form des Markteintritts, die mit abschätzbarem Risiko verbunden ist und die Koordination zwischen lokalen Kunden und ausländischen Zulieferern erleichtert. In China ist die Präsenz vor Ort, das gezeigte Commitment, die wirtschaftliche und soziale Einbettung in das jeweilige Umfeld außerordentlich wichtig. Entscheidende Kontakte zu Behörden, Kunden und auch Zulieferern können leichter entwickelt werden, wenn ein Unternehmen ein „lokales Gesicht“ hat. Das Unternehmen hat die Möglichkeit, den chinesischen Markt kennen zu lernen und das Investitionsvolumen bleibt überschaubar. Entscheidend für den Erfolg der Repräsentanz ist es, bereits vor der Gründung einen geeigneten inländischen (chinesischen) „Sponsor“ zu finden. Dieser dient nicht nur als chinesischer Partner oder Repräsentant des ausländischen Unternehmens gegenüber chinesischen Behörden, sondern sollte auch verschiedene administrative Tätigkeiten übernehmen, die eine gute Kenntnis der landesspezifischen Regelungen und der Kultur erfordern, wie zum Beispiel die Personalverwaltung. Als Sponsoren können auch so genannte Service-Unternehmen dienen. Eine der größten in China ist die FESCO (Foreign Enterprises Service Corporation). Obwohl es die Möglichkeiten gibt, sich an einem so genannten „Firmenpool“ zu beteiligen, um die „Eintrittskosten“ zu senken, sind der Aufbau und der Unterhalt von Repräsentanzen in China mit relativ hohem Aufwand sowohl monetärer als auch nicht monetärer Art verbunden.78,79 Da eine Repräsentanz selbst keinen Umsatz erzielen kann, werden nur indirekt Umsatzsteigerungen bei der Mutterunternehmung erfasst. Der aufwendigen Suche nach einem geeigneten chinesischen Partner und dem Aufwand für die notwendigen juristischen Vereinbarungen steht also ein eher geringer Erfolgsbeitrag der Repräsentanz gegenüber, da die Tätigkeiten auf die Geschäftsanbahnung und -vermittlung, Produktvorstellung und Erstellung von Marktstudien beschränkt sind. In der Regel wird eine Repräsentanz für drei Jahre genehmigt. Eine Erneuerung ist möglich und sollte spätestens 30 Tage vor Ablauf beantragt werden. Wichtig ist auch zu berücksichtigen, dass alle Güter, die für Repräsentanzen eingeführt werden, mit den üblichen Einfuhrabgaben belegt werden. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die chinesische Regierung nur ein geringes Interesse an der Errichtung ausländischer Repräsentanzen hat. Tabelle 9 fasst die allgemeinen Vor- und Nachteile einer Repräsentanz in China zusammen.
78
In China sind verhältnismäßig viele Behördengänge notwendig, da man für jede geschäftliche Tätigkeit eine Genehmigung bzw. Lizenz braucht.
79
Wolff, L.C. (1999): Das internationale Wirtschaftsrecht der VR China. Heidelberg.
98
Vorteile
Nachteile
• Marktbeobachtung und Erwerb von lokaler Erfahrung
• Relativ geringer Grad der Vernetzung mit lokalen Stellen
• Darstellung der Marke
• Geringe Förderung durch Gastland
• Förderung des Exports
• Keine Produktanpassung
• Vergleichsweise geringes Investitionsvolumen
• Wechselkurse
Tabelle 9: Vor- und Nachteile einer Repräsentanz (Quelle: eigene Darstellung) Die Repräsentanz ist eine vorsichtige Möglichkeit zur ersten Kontaktaufnahme mit dem Absatzmarkt. Sie eignet sich dann als Markteintrittsform, wenn entweder der Absatzmarkt zu klein ist für ein weiter gehendes Engagement, die Präsenz in einem sich noch entwickelnden Absatzmarkt (zum Beispiel auch Indien) einer frühzeitigen Platzierung der Marke oder dem Aufbau von Kontakten mit Kooperationspartnern dienen soll, weiter gehende Aktivitäten auf Grund verschiedener Risiken aber (noch) nicht sinnvoll erscheinen. Insgesamt bleibt das Wissen auf eine Person konzentriert und ist verloren, falls dieser Mitarbeiter das Unternehmen verlassen sollte.
9.3
Lizenzvergabe und Franchising – Markteintritt mit überschaubaren Investitionen
Ein Lizenzvertrag überträgt ein gewerbliches Schutzrecht (zum Beispiel Patente, Gebrauchsmuster, Urheberrechte) oder auch nicht geschützte Kenntnisse (etwa Verfahrens- und Management-Know-how) gegen eine Lizenzgebühr. Die Lizenz ist gewöhnlich zeitlich befristet und die Nutzungsrechte werden räumlich und sachlich genau definiert, um den Missbrauch durch den Lizenznehmer zu verhindern. Lizenzen bieten die Möglichkeit, Markteintrittsbeschränkungen zu umgehen und trotz geringem Investitionsvolumen lokale Produktionskostenvorteile zu nutzen. Besonders wichtig in China ist die Aufnahme von Geheimhaltungsklauseln in den Lizenz-Vertrag, auch wenn diese in China nicht so bindend interpretiert werden
99
wie in Deutschland (vgl. Kapitel 12 und 13).80 Die Gefahr des Technologieabflusses ist groß und Lerneffekte, die ein wichtiges Ziel deutscher Investoren in China sind, bleiben aus. Viele deutsche Unternehmen der Automobilzulieferindustrie, wie etwa ZF Sachs oder Freudenberg, haben die Lizenzvergabe zur Erschließung des asiatischen Marktes genutzt, später aber den Lizenznehmer zu ihrem Joint-Venture-Partner gemacht. Heutzutage ist die Lizenz aber keine gängige Markteintrittsform mehr für den chinesischen Markt, da die Markteintrittsbarrieren erheblich gefallen sind. Sie könnte allerdings bei der Erschließung von Niedrigpreissegmenten durch deutsche Unternehmen wieder an Bedeutung gewinnen. Tabelle 10 fasst die Vor- und Nachteile der Lizenz als Markteintrittsform zusammen. Vorteile
Nachteile
• Gesicherter Eintritt bei geringem Risiko
• Hoher Kontrollaufwand insbesondere in Bezug auf Intellectual Property
• Markteintritt und Vertriebskanäle chinesischer Partner
• Autarke Geschäftspolitik des Lizenznehmers
• Umgehung von Markteintrittsbarrieren
• Keine eigenen Lernprozesse
Tabelle 10: Vor- und Nachteile von Lizenzvereinbarungen (Quelle: eigene Darstellung) Beim Franchising überträgt ein Franchise-Geber einem Franchise-Nehmer das Recht, bestimmte Güter oder Leistungen auf eigene Rechnung in einem klar abgegrenzten Gebiet zu vertreiben. Dabei kann und muss der Franchise-Nehmer den Namen, die Marke, aber auch das Marketing und Organisationskonzept des Franchise-Gebers übernehmen. Die Gebühr für diese Nutzung liegt bei 1-10% des Umsatzes. Der Franchise-Geber hat dafür die Pflicht, den Franchise-Nehmer auszubilden und ständig zu informieren und das Recht, die Konformität seiner Aktivitäten zu überprüfen. Insgesamt entsteht so ein Netzwerk vertikal kooperierender selbstständiger Unternehmen, mit dem eine hohe Marktpräsenz erzielt werden kann.81 Dies eröffnet deutschen Automobilzulieferern in China die Möglichkeit, trotz der Größe und Heterogenität des Landes ein weitreichendes Vertriebsnetz aufbauen zu können. Unternehmen wie Bosch Trading, aber auch Good Year und
80
Vgl. Welge, M./Holtbrügge, D. (2006): Internationales Management. 4. Auflage, Stuttgart.
81
Vgl. Welge, M./Holtbrügge, D. (2006), a.a.O.
100
andere Unternehmen, nutzen diese Möglichkeit der Markterschließung, wie in Kapitel 11weiter ausgeführt wird. Tabelle 11 fasst wiederum die Vor- und Nachteile des Franchising zusammen. Vorteile
Nachteile
• Umfangreiche Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten des Franchise-Gebers
• Aufwendige Steuerungsund Kontrollsysteme
• Weltweit einheitlicher Auftritt ohne großes Investitionsvolumen
• Unabhängigkeitsstreben erfolgreicher Franchise-Nehmer
Tabelle 11: Vor- und Nachteile des Franchising (Quelle: eigene Darstellung)
9.4
Direktinvestitionen – Geduld und genaue Kalkulation als Voraussetzung für den Erfolg
Seit Mitte der 90er-Jahre haben Direktinvestitionen eine entscheidende Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung der VR China erlangt. Derzeit führt China die Liste der Empfängerländer ausländischer Direktinvestitionen an. Die Erfolge ausländischer Investoren sind allerdings sehr unterschiedlich. Einige Unternehmen haben fast zehn Jahre lang hohe Gewinne erwirtschaftet, während andere auch nach zehn Jahren ihr China-Geschäft nach wie vor bezuschussen müssen oder frustriert das Land verlassen. Gerade vor dem Hintergrund der in Teil 2 erläuterten wachsenden Herausforderungen im Automobilzulieferbereich müssen Unternehmen die politischen und sektorspezifischen Risiken für eine Direktinvestition genau gegen die potenziellen Beiträge dieser Investition zum Gesamtunternehmenserfolg abwägen. Direktinvestitionen in China erfordern sehr langen Atem. Der Markteintritt kann sich durch die aufwendige Partnersuche und langwierige Genehmigungsverfahren über Jahre hinziehen und bringt eine hohe zeitliche Belastung des Topmanagements mit sich. Gerade für mittelständische Unternehmen ist dieser enorme persönliche Einsatz eine schwere Hürde. Zusatzkosten für diese lange Vorbereitungsphase und im Folgenden hohe Investitions- und Schulungskosten lokaler Mitarbeiter oder auch Zulieferer verlängern die Amortisationszeiten erheblich und schmelzen die Arbeitskostenvorteile weg.82 Eine Investition erfordert also eine sehr genaue Kalkulation unter Einbezug aller Kosten.
82
Derzeit liegen die Stundenlöhne in China bei 1,1 USD im Vergleich zu 27,8 USD im Durchschnitt der EU, 21,6 USD in Japan, 23,1 USD in den USA und 35,8 USD in
101
Gewinn
6%
AfA und Zinsen
12%
24%
VORTEIL
Steuern Energie
5% 3%
6%
Gewinn
Löhne und Gehälter
24%
Material/Fremdleistungen
50%
48%
Deutschland
China
10% 2% 3% 8%
AfA und Zinsen Steuern Energie Löhne und Gehälter
Material/Fremdleistungen
Abb. 42: Kostenvergleich Deutschland-China (Quelle: eigene Darstellung) Abbildung 42 zeigt einen ungefähren Vergleich der Kosten zwischen den Standorten Deutschland und China. Ein potenzieller Kostenvorteil von knapp 30% resultiert in erster Linie aus Ersparnissen bei Lohn- und Gehaltszahlungen. Ist die Bedeutung dieser Kosten proportional niedrig, reduziert sich dieser Kostenvorteil. Die Grobkalkulation berücksichtigt zudem nicht die Kosten der Vorbereitung des China-Engagements und auch keine Investitionen in Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen lokaler Mitarbeiter. Eine rein kostengetriebene Direktinvestition in China ist deshalb vor dem Hintergrund sinkender Markteintrittsbarrieren nicht Erfolg versprechend. Das wesentlich gewichtigere Argument für eine Direktinvestition in China ist die in vielen Bereichen erforderliche marktgetriebene Lokalisierung der Produktion, die sowohl die Akzeptanz der deutschen Produkte vor Ort erhöht als auch die Anpassung der Produkte und Dienstleistungen an den chinesischen Bedarf erleichtert. Viele Jahre hatten deutsche Automobilzulieferer keine Wahl – das Joint Venture war die einzig mögliche Form einer Direktinvestition in China.83 Das hat sich
Deutschland. Diese Vorteile werden weiterhin bleiben, da sich die Lohnkosten für Mitarbeiter in der Produktion in China nur recht langsam erhöhen, insbesondere durch den Zustrom der ländlichen Bevölkerung in die Städte und die anstehende Entlassungswelle staatlicher Unternehmen. 83
Bisher waren Joint Ventures die bevorzugte Direktinvestitionsform von 83 befragten deutschen Zulieferern. Nur 8% wiesen die Form einer Repräsentanz oder einer Handelsgesellschaft in China aus. 20 Zulieferer produzierten bereits in China, sie hatten 38 Tochterunternehmen gegründet, 29 davon in Form eines Joint Venture. Zusätzlich existierten neun 100%-Tochtergesellschaften.
102
mittlerweile geändert: Inzwischen sind im Automobilzulieferbereich 100-prozentige Tochtergesellschaften erlaubt, und zusätzlich wurde die Möglichkeit von Akquisitionen eröffnet. Im Folgenden werden deshalb die rechtlichen Anforderungen sowie die Vor- und Nachteile des Joint Ventures und der Tochtergesellschaft erörtert. Beide Formen ausländischer Direktinvestitionen unterliegen zwingend dem chinesischen Recht. Die Möglichkeiten, abweichende ausländische Regelungen umzusetzen, sind sehr beschränkt. China und Deutschland haben ein Investitionsschutzabkommen abgeschlossen, das am 18. März 1985 in Kraft getreten ist. Nach diesem Abkommen sind folgende Kapitalanlagen geschützt: „Alle nach den jeweils geltenden Rechtsvorschriften zugelassenen Vermögenswerte, Eigentum an beweglichen und unbeweglichen Sachen, Anteilsrechte an Gesellschaften, Ansprüche auf Geld, Urheberrechte, Rechte des gewerblichen Eigentums, technische Verfahren, Know-how, Handelsmarken und Handelsnamen und Konzessionen.“84 Zusätzlich gibt es den „Catalogue For the Guidance of Foreign Investment Industries“, vom State Council (7. Januar 2003), in dem zwischen unterstützten, beschränkten, verbotenen und erlaubten Direktinvestitionen unterschieden wird. Während beispielsweise die Fertigung von Schlüsselautomobilzubehörteilen und der Aufbau und das Betreiben von Technologieforschungszentren für die Automobil- und Motorradindustrie gefördert wird, sind der Import kompletter Automobile, der Import von Automobilmotoren und die Instandhaltung sowie das Zerlegen und die Wiederverwertung alter Automobilteile nach wie vor nur mit Einschränkungen möglich. Diese Regelungen ändern sich langfristig allerdings auch im Zuge der Umsetzung der WTO-Bestimmungen. Dennoch ist erkennbar, dass die chinesische Regierung weiterhin sehr strategisch den Aufbau der eigenen – meist staatlichen – Unternehmen fördert. Generell bedeutet dies auch, dass nur solche ausländischen Investitionen erlaubt sind und unterstützt werden, die im Einklang mit der nationalen Wirtschaft sowie der sozialen Entwicklung der VR China stehen.85 Generelle Ziele im Zusammenhang mit der Genehmigung ausländischer Investitionen sind: •
fortschrittliche Technologien und Management-Erfahrungen aus dem Ausland anzuziehen,
•
das Niveau der Nutzung ausländischen Kapitals zu erhöhen um eine rationale Ressourcenallokation zu erreichen,
•
die Beschäftigung sicherzustellen sowie
84
Investitionsschutzabkommen zwischen China und Deutschland: §I,1.
85
The State Council (2003): Catalogue for the Guidance of Foreign Investment Industries (Annex: Interim Provisions on Guiding Foreign Investment Direction, Art. 1).
103 •
den fairen Wettbewerb und die Sicherheit der Volkswirtschaft zu gewährleisten.
9.4.1
Joint Ventures – Varianten und deren Vor- und Nachteile in der Praxis
9.4.1.1
Equity Joint Ventures
Equity Joint Ventures (EJV), insbesondere zwischen aus- und inländischen Unternehmen, sind in China sehr verbreitetet und zählen zu den ältesten Investitionsformen in der Volksrepublik. Ein EJV besteht aus einem ausländischen Unternehmen (mit einer mind. 25% registrierten Kapitalbeteiligung am Gesamt-JV)86 und einem inländischen Unternehmen. Das einzubringende Kapital hängt bei einem EJV von der Gesamtinvestitionssumme ab, wie Tabelle 12 zeigt. Gesamtinvestitionsvolumen
Einzubringendes Kapital mindestens
< 3 Mio. USD
70% der Gesamtinvestition
3-10 Mio. USD
50% der Gesamtinvestition (aber bei unter 4,2 Mio. USD Gesamtinvestition mindestens 2,1 Mio. USD)
10-30 Mio. USD
40% der Gesamtinvestition (aber bei unter 12,5 Mio. USD Gesamtinvestition mindestens 5,0 Mio. USD)
> 30 Mio. USD
33,3% der Gesamtinvestition (aber bei unter 36 Mio. USD Gesamtinvestition mindestens 12,5 Mio. USD)
Tabelle 12: Prozentualer Anteil des zu registrierenden Kapitals bei unterschiedlichem Gesamtinvestitionsvolumen (Quelle: eigene Zusammenstellung) Rechtlich geregelt werden EJV durch das „Gesetz der VR China über Gemeinschaftsunternehmen mit chinesischer und ausländischer Beteiligung“ (4. April 1990) und Durchführungsbestimmungen zum EJV-Gesetz (20. September 1980) sowie durch das auch hier geltende Gesellschaftsgesetz der VR China. Ein EJV ist mit einer deutschen GmbH vergleichbar, da es – anders als bei einer Repräsentanz oder Zweigniederlassung – nach chinesischem Recht als juristische Person anerkannt wird. Nichtsdestotrotz ist eine natürliche oder juristische Person chinesischer Staatsangehörigkeit unabdingbar.
86
Je nachdem in welcher Branche wird auch eine obere Beteiligungsgrenze angesetzt. Eigentlich ist dies beim Automobilzubehörmarkt nicht der Fall; es sollte aber auf jeden Fall vorher nochmals nachgeprüft werden.
104
Die richtige Ausgestaltung des Joint-Venture-Vertrags ist für den Erfolg der Kooperation äußerst wichtig. In ihm sind alle Rechte und Pflichten der Kooperationspartner sorgfältig aufgelistet, auch diejenigen Pflichten, die vor der Aufnahme der Geschäftstätigkeit relevant sind. Dies betrifft unter anderem die Höhe der Beteiligungen der Firmen. Das ausländische Unternehmen muss zu mindestens 25% am EJV beteiligt sein. Das reale Verhältnis resultiert aus dem jeweiligen prozentualen Anteil der mit in das EJV eingebrachten Güter, Technologien und Devisen. 1
Partnersuche
2
Letter of Intent
3
Vorabgenehmigung des Projektvorschlags und der vorläufigen Durchführbarkeitsstudie
4
Verhandlungen
5
Vertragsunterzeichnung
6
Genehmigung
Abb. 43: Die wichtigsten Stufen der Gründung eines Equity Joint Ventures (Quelle: eigene Darstellung) Der Vertrag basiert auf der zuvor von den Partnern zu entwickelnden Absichtserklärung, dem „Letter of Intent“. Aus diesem werden (relativ unverändert) die dort festgehaltenen Punkte in den rechtlich verbindlichen EJV-Vertrag (in chinesischer Sprache) übertragen.87 Forderungen, die im Letter of Intent nicht (korrekt) festgehalten worden sind, lassen sich nur schwer bei der Gestaltung des EJV-Vertrags korrigieren. Deshalb sollte von Anfang an besonderer Wert auf das Vorgehen bei Unstimmigkeiten zwischen den Partnern gelegt werden, da hier oftmals Probleme entstehen. Haben die Partner den Letter of Intent verfasst, ist eine erste Basis für weitere Annäherungen gelegt. Nach der Vorabgenehmigung des Projektvorschlags beginnen die Detailverhandlungen. Empfehlenswert ist es, mit Aufnahme der Verhandlungen, spätestens jedoch bei der schriftlichen Festlegung der ausgear-
87
Es ist möglich, auch den offiziellen Vertrag zusätzlich in einer anderen Sprache festzuhalten. Empfohlen wird Englisch. Zusätzlich sollte bei mehrsprachig vorhandenen Verträgen festgehalten werden, welche Ausfertigung des Vertrags bei Streitigkeiten hinzugezogen werden soll.
105
beiteten Bedingungen, einen Vertreter der Genehmigungsbehörde (MOFTEC oder COFTEC) hinzuzuziehen, um später auftretende Probleme mit staatlichen Stellen zu vermeiden.88 Um letztendlich eine Genehmigung für das EJV zu erhalten, sind einige Dokumente abzugeben (siehe Abbildung 44); außerdem muss ein nicht geringer Zeitaufwand für Behördengänge eingeplant werden. Das oberste Organ eines EJV ist das Board of Directors (BoD). Dieses besteht aus mindestens drei Mitgliedern: jeweils einem Vertreter der beiden Unternehmen und dem Vorsitzenden (das heißt dem CEO); dieser ist zugleich gesetzlicher Vertreter des Unternehmens, sodass ein Board-Mitglied des ausländischen Unternehmen „nur“ Vize-Vorsitzender sein kann. 1
Joint-Venture-Vertrag
2
Anhänge
3
Durchführbarkeitsstudie
4
Liste der Mitglieder des Board of Directors
5
Formular zur Registrierung des/der gesetzlichen Vertreter/s des EJV
6
Unterschriftsvollmachten
Abb. 44: Bei der Genehmigungsbehörde vorzulegende Dokumente für die Gründung eines Equity Joint Ventures EJV werden für eine Dauer von 10 bis 30 Jahren genehmigt, können aber weitgehend problemlos verlängert werden. Bei einer Auflösung bzw. einem Ausstieg aus dem EJV sind die Einwilligung der anderen Partner des EJV’s sowie die Zustimmung der Direktoren und der ursprünglichen Registrierungsbehörde notwendig. 9.4.1.2 Cooperative oder Contractual Joint Ventures Im Gegensatz zu Equity Joint Ventures sind Cooperative oder Contractual Joint Ventures (CJV) Zusammenschlüsse von ausländischen und inländischen Firmen für kurzfristige Projekte, zu denen alle Formen von Build-Operate-Transfer-Pro-
88
Standardinhalte eines Joint-Venture-Vertrags in China sind im Anhang aufgelistet.
106
jekten, Hotelprojekten oder Anlagegeschäften zählen. Unter diesen Bedingungen ist es für die beteiligten Firmen wichtiger, einen frühzeitigen „Return on Investment“ zu erhalten als eine langfristige Präsenz in China aufzubauen. Endet das Engagement, endet normalerweise auch die Zusammenarbeit. Es wird zwischen CJVs mit juristischer Rechtspersönlichkeit und CJVs ohne juristische Rechtspersönlichkeit unterschieden. Bei CJVs mit juristischer Persönlichkeit wird der ausschüttungsfähige Gewinn für die Tilgung der angelieferten Anlagen genutzt. Die Vorteile eines CJV bzw. seine Unterschiede zum EJV lassen sich wie folgt zusammenfassen:89 •
CJVs sind, wie oben erwähnet, nicht zwingend als GmbHs chinesischen Rechts zu gründen, sondern können auch ohne eigene Rechtspersönlichkeit sein. Gilt Letzteres, bleiben die Einlagen im Eigentum der Partner, falls nicht anders vereinbart. Einnahmen und Verluste stehen aber im gemeinschaftlichen Eigentum der Partner.
•
Anteile an Gewinn und Verlust richten sich nach der Vereinbarung der Parteien, nicht nach dem prozentualen Anteil am CJV. Für die ausländische Beteiligung am eingetragenen Kapital besteht kein Mindestsatz.
•
Sacheinlagen müssen nicht notwendigerweise bewertet werden.
•
Kapitaleinlagen können vor Vertragsende repatriiert werden.
•
Die Sitzverteilung ist im BoD nicht notwendigerweise mit mindestens einem Mitarbeiter eines jeden Unternehmens zu besetzen, sondern kann wiederum nach Vereinbarung der Firmen zusammengesetzt werden.
•
Das Liquiditätsverfahren kann flexibler gestaltet werden.
Geregelt werden CJV durch das CJV-Gesetz, die Durchführungsbestimmungen zum CJV-Gesetz sowie durch das Gesellschaftsrecht. Trotz der vergleichsweise lockeren Regeln sind dennoch einige Aspekte zu beachten: •
Trotz der nur „provisorischen“ Zusammenarbeit ist eine einheitliche Buchführung notwendig.
•
Dem Board of Directors bzw. Joint Management Committee ist die Entscheidung wichtiger Fragen vorbehalten.
•
Ein vergleichsweise flexibles Liquiditätsverfahren ist zwar möglich, aber nur unter der Voraussetzung, dass bei der Repatriierung der Einlagen des ausländischen Partners vor Vertragsablauf alle „fixed assets“ an den chinesischen Partner fallen.
89
Wolff, L.-C. (1999): a.a.O., S. 95.
107 •
Es müssen zusätzlich vor der Auflösung des CJV alle seine Verluste ausgeglichen werden.
9.4.1.3 Joint Ventures in der Praxis Ein Joint Venture bietet generell eine Reihe von Vorteilen, aber auch Nachteilen, die in Tabelle 13 zusammengefasst sind. Ausländische Investoren hatten in China viele Jahre keine Wahl – ein Joint Venture war die einzig mögliche Form einer Direktinvestition, die mit dem Ziel verbunden war, vor Ort für den chinesischen Absatzmarkt zu produzieren. Mit einem Joint Venture konnten die umfangreichen Marktzutrittsbarrieren – insbesondere hohe Zölle und Mengenbeschränkungen – im Automobil- und Automobilzulieferbereich umgangen werden. Vorteile
Nachteile
• Alternative bei Exportbeschränkungen oder Verbot von WFOE
• Abhängigkeit bei Entscheidungen, verlangsamter Entscheidungsprozess
• Beschleunigter Markteintritt
• Staatliche Einflussnahme möglich
• Marktkenntnis und Netzwerke lokaler Partner
• Hoher Koordinationsaufwand
• Reduzierter Kapitalbedarf
• Abfluss von Know-how
• Lernen von Partnern
• Erfolgsmessung und Profitabilität • Geringere Integration in das Unternehmen als bei WFOE
Tabelle 13: Vor- und Nachteile von Joint Ventures Der große Vorteil eines Joint Ventures ist für deutsche Investoren in China aber nach wie vor die lokale Vernetzung des chinesischen Partners, insbesondere der Zugang zu Kunden, Zulieferern und Behörden, wie Abbildung 45 verdeutlicht. Diese Vernetzung hat in China eine weitaus höhere Bedeutung als etwa in Deutschland, wie in Kapitel 13 noch weiter gehend erläutert wird. Darüber hinaus ist ein wichtiges Ziel deutscher Unternehmen das generelle Lernen über unternehmerische Aktivitäten in chinesischen Märkten, insbesondere die Führung chinesischer Mitarbeiter. Hier bietet ein Joint Venture die Möglichkeit, die Führungspraktiken chinesischer Manager mit westlichen Führungskonzepten zu verbinden.
108
Die chinesischen JV-Beteiligten verfolgen im Rahmen der Kooperationen mit einem deutschen Partner dagegen in erster Linie das Ziel, Zugang zu modernen Technologien und Managementmethoden zu erlangen. Zugang zu Produktionsprozesstechnologien
90%
10%
Zugang zu Produkttechnologien
87%
13%
Zugang zu Produktions-Know-how
86%
14%
Zugang zu neuen Produktmodellen
83%
17%
Lernen von Personalmanagementmethoden und -techniken
78%
22%
Zugang zu ausländischen Zulieferern
77%
23%
Lernen vom Partner
70%
30%
Vertriebskanäle außerhalb Chinas
62%
38%
Reagieren bei Druckausübung der Regierung
58%
42%
Zugang zu Markt-Know-how
48%
52%
Aufbau von lokalen Zulieferern
38%
62%
Zugang zu Vertriebskanälen in China
27%
73%
Zugang zum lokalen Arbeitsmarkt
19%
81%
Lernen, wie man chinesische Arbeitskräfte führt
18%
82%
Lernen über China
12% Chinesische Mutterfirma
88% Ausländische Mutterfirma
Abb. 45: Ziele deutscher und chinesischer Kooperationspartner (Quelle: eigene Darstellung) De facto erfüllen deutsche Unternehmen diese Ziele aus Sicht der chinesischen Kooperationspartner nur eingeschränkt. Deutsche Unternehmen bringen zwar vorrangig produktionsbezogenes Wissen in das JV ein, während chinesische Partner Arbeitskräfte, Infrastrukturen und Beziehungen beitragen.90 Der Grad der Zufriedenheit der chinesischen Joint-Venture-Partner fällt aber sehr unterschiedlich aus. Nach etwa zwei Jahrzehnten gemeinsamer Arbeit in Joint-Venture-Unternehmen sind chinesische Partner der Ansicht, dass der Technologietransfer deutscher Unternehmen auf ihre chinesischen Partner zu zurückhaltend ist und nicht ausgereicht hat, die technologische Kompetenzlücke zwischen chinesischen und deutschen Automobilbauern und -zulieferern zu schließen. Generelles Ziel im chinesischen
90
Verfassung der VR China (Neufassung vom 29. März 1993), Art. 10: „Der Boden in den Städten steht im Eigentum der Staates. Der Boden in den Dörfern und den Vororten der Städte steht im Kollektiveigentum. […] bebaute Grundstücke, persönliches Ackerland und persönliche Bergparzellen sind ebenfalls kollektives Eigentum.“ China, als sozialistischer Staat, erlaubt daher keinen Privatbesitz von Grundstücken. Für „Eigentümer“ ist es dennoch möglich das Land, welches sie nutzen möchten, auf bestimmte Zeit (bis 50 Jahre) zu „kaufen“ (Landverwaltungsgesetz der VR China (Neufassung vom 1. Januar 1999).
109
Automobilbau ist es nun, eigene technologische Kompetenzen zur Entwicklung eigener (Marken-)Automobile aufzubauen, um eigenständig weltmarktfähige Automobile entwickeln und produzieren zu können.
Zurückhaltung beim Technologietransfer
60%
45%
Mangelndes Verständnis lokaler Besonderheiten
Kultur und Kommunikation
30%
Profitabilität
30%
Abb. 46: Gründe für die Unzufriedenheite chinesischer Joint-Venture-Partner (Quelle: IBM Business Consulting (2006): Inside China – The Chinese view their automotive future) Obwohl chinesische Partner unzufrieden sind, dass sie keinen Zugang zu Kerntechnologien ihrer deutschen Partner haben, stufen sie die Kooperation nicht durchgängig als erfolglos ein. Forschung und Entwicklung sowie Produktentwicklung sind die Bereiche, die mit Abstand die größte Unzufriedenheit auslösen, während viele andere produktions- und absatzmarktorientierte Funktionen als erfolgreich eingestuft werden. Auch deutsche Partner in chinesisch-deutschen Joint-Venture-Unternehmen äussern sich sehr unterschiedlich über den Erfolg der Kooperation. Oftmals bringen chinesische Partner nicht die Vetriebsnetzwerke ein, die sich deutsche Partner erhofft haben – die nötigen Investitionen in diesem Bereich fallen dann weitaus umfangreicher aus als erwartet. Zu Enttäuschungen führt auch die unzureichende Transparenz der Entscheidungen von chinesischen Joint-Venture-Partnern, die teilweise aus der Vermischung geschäftlicher und politischer Ziele resultieren. Die unterschiedlichen Zielsetzungen chinesischer und deutscher Joint-VenturePartner und eine grundsätzliche Vorsicht bei der Zusammenarbeit führen zur Unsicherheit bezüglich der Gestaltung der Kooperation. Chinesische Unternehmen im Automobilbau fürchten, dass sie den eigenen Markt an ihre ausländischen Partner und zusätzlich Exportpotenziale verlieren, da sie noch nicht die Fähigkeit zur Produktion qualitativ hochwertiger Automobile entwickeln konnten. Ausländische Investoren dagegen fürchten, dass sie ihre Konkurrenten von morgen fördern. Diese Spannungen lassen sich nur schwer auflösen; sie verhindern die Ent-
110
stehung einer einheitlichen Firmenkultur und einer geeinten Mitarbeiterschaft, die das Unternehmen innovativ nach vorne treibt. Hinzu kommen unterschiedliche Auffassungen über operative Ziele. Im Automobilzulieferbereich sind die Schwierigkeiten ähnlich. Der entscheidende Faktor bei der Entwicklung eines erfolgreichen Joint Ventures ist deshalb gerade in China der Aufbau gegenseitigen Vertrauens. Eine gute und vertrauensvolle Beziehung zum Kooperationspartner ist außerordentlich wichtig für den Geschäftserfolg und braucht Zeit (siehe Abbildung 47). 4%
sehr zufrieden
23%
zufrieden
73%
unzufrieden
63%
30% 7% Erfolgreiche Investoren
Weniger erfolgreiche Investoren
Abb. 47: Zufriedenheit mit dem Kooperationspartner (Quelle: Roland Berger Strategy Consultants (2003), a.a.O.) Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder der Aufbau von Vertrauen gelingt und die Partnerschaft wächst in den ersten Jahren so zusammen, dass von beiden Seiten die wesentlichen Stärken eingebracht werden – oder aber die Partnerschaft sollte konsequent aufgelöst werden. Letztere Tendenz ist sowohl von Seiten deutscher als auch chinesischer Joint-Venture-Partner derzeit zunehmend zu beobachten. So äußerte etwa ein chinesischer Partner den Wunsch, das Joint Venture von seinem deutschen Partner im Automobilzulieferbereich alleine zu übernehmen („We want our guests to go home.“). Auch deutsche Investoren versuchen gegenwärtig nach einer Lernphase von fünf bis zehn Jahren die Anteile des chinesischen JV-Partners zu übernehmen. In diesem Fall ist es wichtig, darauf zu achten, dass aus dem ehemaligen Partner kein Konkurrent wird. Dem kann beispielsweise entgegengewirkt werden, indem man ihn weiterhin als Zulieferer einbezieht.
111
Das Bangen um den Schutz der Kerntechnologien gilt in Kombination mit den erläuterten langwierigen Abstimmungs- und Änderungsprozessen als ein wesentlicher Grund, dass ausländische Zulieferer zunehmend auch von der Möglichkeit Gebrauch machen, ein 100-prozentiges Tochterunternehmen zu gründen. (siehe Abbildung 48). 49% 39% 28%
16% 9%
7%
J.V. < 50%
erfolgreiche Firmen
9%
18%
16%
8%
J.V. 50%
J.V. > 50%
Vertragliches J.V.
100% Tochtergesellschaft
weniger erfolgreiche Firmen
Abb. 48: Wahl alternativer Markteintrittsformen (Quelle: Roland Berger Strategy Consultants (2003), a.a.O.) Für Unternehmen, die bisher wenig Erfahrung in China gesammelt haben, kann es aber nach wie vor sinnvoll sein, vorerst die Vertriebsstrukturen und die sonstigen Beziehungen eines lokalen Partners zu nutzen. Das Verhältnis zu diesem Partner ist dann aber entscheidend für den Erfolg des China-Engagements; gerade deshalb ist die Analyse der wahren Fähigkeiten, Kontakte und auch Finanzen des Partners sehr wichtig. Abbildung 49 fasst wesentliche Kriterien zusammen, die ein deutsches Unternehmen in den verschiedenen Phasen der Partnerselektion überprüfen sollte. Zu den strategischen Kriterien zählen zum Beispiel das Produktspektrum eines potenziellen Kooperationspartners in China, sein Standort und auch seine Marktposition. Auch die Analyse der finanziellen Situation des Partners ist wichtig. Im Hinblick auf die vorrangigen Ziele deutscher Investoren ist dann eine Analyse der Distributionskanäle des chinesischen Unternehmens wichtig. Der Wille und die Fähigkeit zur Kooperation sind schwer zu analysieren. Hier muss sich ein potenzieller Investor stark auf sein Gefühl verlassen.
112
Kriterien
SELEKTIONSTRICHTER
Selektionsphase
Long list (50-200) • • • •
Strategische Kriterien
Produkt Standort Größe Marktposition
Vorselektion desk-research
Short list (5-10)
Analytische Kriterien
• • • •
Stärken von Marketing und Distribution Kooperationswille und -fähigkeit Qualität des Managements Technologische Position
Detailuntersuchungen und Interviews
Targets (1-3)
Individuelle Kriterien
• Rechtliche Due Dilligence • Finanzielle Due Dilligence • Unternehmens-/Projektanalyse • Management Audit
Due Dilligence
Verhandelte Verträge
Abb. 49: Selektionsverfahren der Kooperationspartnerwahl (Quelle: Roland Berger Strategy Consultants (2003), a.a.O.) Die Suche nach einem geeigneten JV-Partner ist heute aufwendig, da wirklich geeignete Unternehmen oftmals schon Partnerschaften eingegangen und damit „vergeben“ sind. In Gesprächen mit mehreren Unternehmen wurde empfohlen, statt halbherzig einen nur bedingt geeigneten Partner aus der Industrie zu akzeptieren lieber einen Industriefremden als Joint-Venture-Partner zu wählen (zum Beispiel eine Provinzbehörde). Das hat den Vorteil, dass dieser nicht zu stark in das Geschäft des ausländischen Unternehmens interveniert, zugleich aber behördliche Verfahren beschleunigen und lokale Netzwerke erschließen kann. Ein ausländischer Zulieferer kann die notwendigen Beziehungen zu Behörden, zu Zulieferern und insbesondere zu Kunden ohne Kooperation mit einem chinesischen Partner nur schwer aufbauen. International tätige Anwaltskanzleien empfehlen mittlerweile die Gründung einer Tochtergesellschaft in China als WFOE. Die juristische Person bzw. der gesetzliche Vertreter der WFOE wird als in Hong Kong ansässige GmbH gegründet. Der benötigte chinesische Partner wiederum kann dann an dieser Hong Kong chinesischen Ltd. beteiligt werden. Diese Konstruktion bietet zwei Vorteile: Es kann westliches Recht angewendet werden, und die Auflösung der Kooperationsbeziehung mit dem chinesischen Partner gestaltet sich einfacher. Allerdings ist es nicht leicht, einen chinesischen Partner zu finden, der sich auf solch ein Konstrukt einlässt.
113
9.4.2
Wholly Foreign Owned Enterprises (WFOE)
Wholly Foreign Owned Enterprises sind die jüngste Form der ausländischen Direktinvestition in die VR China. Der Vorteil an dieser Art des Markteintritts liegt eindeutig in der 100-prozentigen Teilhabe am ausländischen Tochterunternehmen; das heißt, es braucht kein chinesischer Partner einbezogen zu werden. Leider sind WFOE nicht in allen Bereichen bzw. Branchen erlaubt, zum Beispiel nicht in der Automobilproduktion. In der Automobilzulieferindustrie sind WFOE mittlerweile möglich. Vorteile
Nachteile
• Eigenständige, unmittelbare Präsenz
• Volles Länderrisiko
• Unabhängigkeit von Dritten
• Ressourceneinsatz hoch
• Integration in eigene Strategie
• Kostspielige Akquisitionen oder aufwendige Neugründungen
• Einfluss und Kontrolle
• Personalsuche
• Einheitlicher Auftritt, Standardisierung
• Schlechte Reversibilität
• Schutz von sensiblem Know-how
• Aufwendige Vernetzung mit lokalen Institutionen
Tabelle 14: Vor- und Nachteile von Tochtergesellschaften (Quelle: eigene Darstellung) Rechtliche und administrative Basis eines WFOE ist das Gesetz über WFOE, in Verbindung mit den Durchführungsbestimmungen zum Gesetz über WFOE und MOFERT’s-Erläuterungen zum DBWFOE-Gesetz, sowie dem Gesellschaftsgesetz der VR China. Diese formulieren unter anderem folgende Voraussetzungen: 1.
Das Unternehmen muss vorteilhaft für die Entwicklung der chinesischen Wirtschaft sowie in der Lage sein, besondere wirtschaftliche Erfolge zu erzielen und mindestens folgende Anforderungen erfüllen: −
Nutzung fortschrittlicher Technologien und Ausrüstung, die hilfreich sind, um neue Produkte zu entwickeln, Energie und Rohmaterialien zu sparen, vorhandene Produkte zu verbessern und Importe zu ersetzen.
−
Erreichen einer Exportquote von 50% oder mehr des Gesamtproduktionswertes des WFOE bei ausgeglichenem Verhältnis von Deviseneinnahmen
114
zu Devisenausgaben oder einem Überschuss von Deviseneinahmen zu Devisenausgaben.91 2.
Zusätzlich müssen, wie bei JVs, bei Antragsstellung für eine „Business License“ folgende Dokumente eingereicht werden: a) Genehmigungsantrag (in chinesischer Sprache), b) Durchführbarkeitsstudie, c) Satzung des WFOE, d) Liste der gesetzlichen Vertreter des Unternehmens (dies kann wie oben beschrieben eine juristische Person sein, bspw. eine Hong Kong chinesische Ltd.) bzw. der Kandidaten für den BoD, e) Referenzen und aktuelle Bankauskunft, f) (positive) Vorabstellungsnahme der lokalen Volksregierung, g) Liste der zu importierenden Güter und Materialien, h) andere Dokumente.
Innerhalb von 90 Tagen wird dann über den Antrag entschieden und innerhalb von 30 Tagen kann daraufhin die Geschäftslizenz erteilt werden.92 Nach der juristischen Gründung der WFOE sind vom ausländischen Unternehmen die satzungsmäßig vereinbarten Bar- oder Sacheinlagen zu erbringen.93 Die Regelungen der Neugründung gelten auch für die Restrukturierung bzw. Umwandlung anderer Unternehmensformen (zum Beispiel die Auflösung der Zusammenarbeit mit dem chinesischen Partner) in ein WFOE. Das JV und das WFOE sind sich in Bezug auf die gesetzlichen Regelungen sehr ähnlich. Der Genehmigungsweg, die zur Genehmigung erforderlichen Dokumente sowie der Zeitaufwand (besonders im Zusammenhang mit den Behörden) sind vergleichbar. Der einzige große Unterschied liegt in den Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit einem chinesischen Partner. Falls das ausländische Unternehmen also bereits einige Erfahrung mit China hat, Beziehungen aufbauen konnte und zusätzlich über eine sensible Technologie verfügt, sollte das Unternehmen eher das WFOE wählen.
91
Wholly Foreign Owned Enterprise-Gesetz, Art. 3.
92
Durchführungsbestimmungen zum Wholly Foreign Owned Enterprise-Gesetz (DBWFOE-Gesetz), Art. 13.
93
DBWFOE-Gesetz, Art. 31.
115
9.4.3
Mergers & Acquisition (M&A) – eine neue Option des Markteintritts
Seit 12. April 2003 wurde durch die „Vorläufigen Vorschriften über Zusammenschluss mit und Erwerb von inländischen Unternehmen durch ausländische Investoren“ eine neue Möglichkeit des Markteintritts in der VR China eröffnet. Seit Erlass der Vorschrift können sich ausländische Unternehmen mit inländischen Unternehmen zusammenschließen (Mergers) und ausländische Unternehmen können inländische Unternehmen in ihre Gesellschaft eingliedern (Acquisition). Diese M&A-Vorschriften sind ein weiterer Schritt zur internationalen Öffnung des chinesischen Marktes. Schon jetzt ist ersichtlich, dass diese Art des Markteintritts auf positive Resonanz stößt. Die Vorteile einer Akquisition werden gerade in der heutigen Zeit in dem schnellen Markteintritt und der Möglichkeit des vergleichsweise höheren Tempos der Marktpenetration gesehen (siehe Tabelle 15). Vorteile
Nachteile
• Schneller Markteintritt
• Selektion geeigneter Akquisitionskandidaten
• Schnelle Marktpenetration
• Hoher Kapitaleinsatz und hohes Risiko
• Zugang zu knappen Ressourcen
• Vorteile nur nutzbar, wenn Integration gelingt
• Zugang zu Markt-Know-how
Tabelle 15: Vor- und Nachteile von Akquisitionen Eine Fusionen oder Akquisition ist allerdings nicht in allen Branchen möglich, sondern wird gemäß dem „Branchenkatalog zur Lenkung ausländischer Investitionen“94 behandelt. Es ist für ein ausländisches Unternehmen nicht möglich, sich in „verbotene“ Branchen einzukaufen. Weitere Einschränkungen bestehen auch darin, dass das Prinzip der „Wettbewerbsgerechtigkeit“ verfolgt werden muss und zusätzlich „keine übermäßige Konzentration“ herbeigeführt werden darf, infolge derer Wettbewerb ausgeschaltet oder eingeschränkt wird. Auch darf das öffentliche Interesse keinen Schaden nehmen95 und die Vorgabe, eine chinesische Kontrollmehrheit bzw. eine relative chinesische Kontrollmehrheit einzuhalten, darf
94
Vorläufige Vorschriften über Zusammenschluss mit und Erwerb von inländischen Unternehmen durch ausländische Investoren, §4, Abs. 2.
95
Vorläufige Vorschriften über Zusammenschluss mit und Erwerb von inländischen Unternehmen durch ausländische Investoren, §3.
116
nicht verletzt werden.96 Zuständig bei einer Fusion sind erneut die staatlichen Institutionen MOFTEC bzw. COFTEC. Wie auch bei den anderen Markteintrittsformen sind bei diesen Behörden eine Reihe von Dokumenten einzureichen.97 Für die Durchführung einer Fusion sind der Genehmigungsbehörde folgende Dokumente – in chinesischer Sprache – vorzulegen:98 •
Einstimmiger Beschluss der Gesellschafter der erworbenen Gesellschaft über das Einverständnis des Erwerbs der entsprechenden Gesellschafteranteile durch das ausländische Unternehmen,
•
Antrag auf rechtmäßige Umgründung der erworbenen inländischen Gesellschaft,
•
neuer Gesellschaftervertrag und die Satzung des dann umgeformten ausländischen Unternehmens,
•
Vereinbarung über den Erwerb von Gesellschafteranteilen der inländischen Gesellschaft bzw. die Vereinbarung über die Zeichnung der Kapitalerhöhung der inländischen Unternehmung durch das ausländische Unternehmen,
•
Finanzprüfungsbericht des letzten Geschäftsjahres der inländischen Gesellschaft,
•
Ausweise zur persönlichen Identifizierung bzw. Dokumente zum Nachweis der Geschäftsbetriebe und der Kreditwürdigkeit der Investoren, den Bericht über die Lage der Unternehmen, in die die erworbene inländische Gesellschaft investiert hat,
•
Kopien der Geschäftslizenzen der inländischen Gesellschaft sowie der ausländischen Gesellschaft,
•
Sicherungspläne für die Belegschaft der inländischen Gesellschaft,
•
sonstige nach den Vorschriften geforderte Dokumente.
Besondere Beachtung finden Vermögensgüter, die aus staatlichem Eigentum stammen. Sie sind nach „betreffenden Vorschriften zur Verwaltung staatlicher Vermögensgüter zu bestimmen“99 und in den Verkaufs- bzw. Übernahmepreis ein-
96
Vorläufige Vorschriften über Zusammenschluss mit und Erwerb von inländischen Unternehmen durch ausländische Investoren, §4, Abs. 2.
97
Vorläufige Vorschriften über Zusammenschluss mit und Erwerb von inländischen Unternehmen durch ausländische Investoren, §12.
98
Vorläufige Vorschriften über Zusammenschlussmit und Erwerb von inländischen Unternehmen durch ausländische Investoren, §4, Abs. 2.
99
Vorläufige Vorschriften über Zusammenschluss mit und Erwerb von inländischen Unternehmen durch ausländische Investoren, § 8.
117
zurechnen. Zusätzlich besteht ein Schutz der Gläubiger. Dies bedeutet, dass auf das übernehmende ausländische Unternehmen auch alle Forderungen und Verbindlichkeiten der inländischen Gesellschaft übergehen.100
10 Gewusst wo – die Wahl des richtigen Standortes Die Entscheidung für einen Standort ist sehr wichtig für neu zu gründende Tochterunternehmen. Sie kann erheblichen Einfluss auf die Anfangsinvestition, die Lohnkosten, die Attraktivität für Arbeitnehmer, die Beschaffungskosten, die Transportkosten und auch die Besteuerung haben. Auch die Einstellung und der Umgang der Behörden mit ausländischen Investoren sind in den verschiedenen Regionen des Landes sehr unterschiedlich. Zunehmend wichtig bei der Standortentscheidung wird die Verlässlichkeit der Stromversorgung wie auch die Geschwindigkeit des Infrastrukturausbaus. Mitarbeiterkategorie
Ort
Assistentin zweisprachig
Shanghai
4.500-6.000
6.750- 9.000
Ningbo
2.500-4.000
3.750-6.000
Techniker einsprachig
Ningbo
2.000-3.500
3.000-5.250
Uniabsolventen ohne Berufserfahrung
Shanghai
2.500-4.500
3.750-6.750
Ningbo
1.500-3.500
2.250-5.250
Shanghai
6.000-8.000
9.000-12.000
Ningbo
4.000-6.000
6.000-9.000
Ningbo
ab 12.000
ab 18.000
Erfahrene Ingenieure
Chinesische Manager
Bruttogehalt pro Monat in RMB
Typische Kosten pro Jahr in EUR
Abb. 50: Gehaltsbeispiele für verschiedene Mitarbeiterkategorien in Shanghai und Ningbo (Quelle: Europe China Solutions, Roetgen, 2005)
100
Vorläufige Vorschriften über Zusammenschluss mit und Erwerb von inländischen Unternehmen durch ausländische Investoren, §7.
118
10.1 Lohnniveau und Qualifikation von Arbeitskräften Das Lohnniveau ist der auffälligste Faktor bei der Standortwahl. Die Bewohner Beijings, Shanghais und Guangdongs erreichen das höchste Einkommensniveau, während in den Städten Nord- oder Zentralchinas höchstens die Hälfte dieses Niveaus zu erwarten ist (siehe Abbildung 6 in Teil 1). Entsprechend variieren auch die Löhne, Gehälter und die Mieten (siehe Abbildung 50). Auch die Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte ist regional sehr unterschiedlich. Einerseits hängt diese von den Universitäten und sonstigen Ausbildungsstätten ab, die sich in den großen Städten des Küstenstreifens konzentrieren, andererseits von den bereits getätigten Investitionen im Automobilzulieferbereich. Die Automobilproduzenten haben sich in verschiedenen Wirtschaftsförderzonen des Landes angesiedelt, wie Abbildung 51 zeigt. Hier finden Unternehmen auch die notwendigen Infrastrukturen. Ebenso sind die dort zuständigen Behörden im Umgang mit Unternehmen des Automobil- und Automobilzulieferbereichs geübt, was die behördlichen Genehmigungsverfahren enorm beschleunigen kann. In konzentrierten Ballungsgebieten der Automobilindustrie sind qualifizierte Arbeitskräfte leichter zu finden als in anderen Regionen. Chinesische Arbeitnehmer sind sehr stark an ihren Wohnort gebunden, weshalb die Chancen gering sind, gute Arbeitnehmer an einen anderen Ort zu locken. Mit den wachsenden Anforderungen chinesischer Abnehmer an Automobile wird für Automobilhersteller und ihre Zulieferer auch die Zusammenarbeit mit Forschungs- und Entwicklungsinstitutionen wichtig, wenn sie keine eigenen Kapazitäten in diesem Bereich aufbauen. Die öffentlichen Forschungseinrichtungen des Automobilsektors sind bisher in Peking und an zwei Standorten im Landesinneren konzentriert (siehe Abbildung 52).
1-15 15-75 >75
Chinesische Provinzen
700 km
119
Abb. 51: Die Standortstruktur der Unternehmen im chinesischen Automobilsektor (Quelle: CAAM (2004), a.a.O., eigener Entwurf)
Anzahl Unternehmen der Automobilindustrie je Stadt
120
Abb. 52: Räumliche Verteilung öffentlicher Forschungseinrichtungen im Automobilsektor (Quelle: CAAM (2004), a.a.O., eigener Entwurf)
Harbin Changchun
Beijing T ianjin
Shiyan Zhenjiang
Öffentliche F&E-Aktivitäten (2004) F&E-Mitarbeiter
Laborfläche [m2]
750
40.000
375 188
20.000 10.000
Chinesische Provinzen 1.000 km
Chengdu
Shanghai Wuhan Changsha
Fuzhou
Guangzhou
121
10.2 Ballungszentren versus Hinterland Shanghai ist heute die wettbewerbsfähigste Stadt in China in Bezug auf Wirtschaft, Finanzen, Logistik und Messewesen – aber sie ist auch die teuerste Stadt.101 In den letzten Jahren entwickelten sich auch die umliegenden Provinzen durch die in Shanghai (Standort von Shanghai VW und Shanghai GM), Ji Lin (Standort von FAW und FAW-VW) und Guang Dong (Standort von Guang Zhou Honda) konzentrierten Zulieferindustrien. Etwa 10% der Gesamtzubehörproduktion erfolgten im Jahr 2002 im Raum von Shanghai; Jiang Shu und Zhe Jiang, die jeweils südlich und nördlich von Shanghai liegen, hatten einen Anteil von 8%. Die Provinzen Guang Dong, Liao Ning, Shan Xi, Ji Lin und Hu Bei hatten einen weiteren Anteil von 32%, die restlichen 51% wurden in 23 anderen Provinzen Chinas hergestellt.102 Diese Ballungszentren der chinesischen Automobilzulieferindustrie sind kundennah. Dies ist wichtig, da ein deutscher Zulieferer nicht nur die Nähe zu bereits vorhandenen Kunden hat, sondern in der Regel auch zu anderen potenziellen Kunden. Weiterhin bietet ein solches Ballungszentrum den Vorteil der Lieferantennähe. Dies reduziert Transportkosten und erhöht die Wahrscheinlichkeit zeitnaher Lieferungen, was gerade im Hinblick auf die zunehmende Verzahnung von Automobilproduzenten mit ihren Zulieferern immer wichtiger wird. Tendenziell nehmen die Kosten für Personal und Miete mit Entfernung vom Küstenstreifen ab. Durch zunehmenden Ausbau des Straßennetzes sind für Automobilzulieferer – insbesondere für eine spezielle chinesische Produktlinie – Ballungszentren der Automobilindustrie interessant, die etwas weiter im Landesinneren liegen. Beschränkt sich ein Unternehmen aber auf eine Repräsentanz, gibt es kaum eine Alternative zu den großen Städten an der Küste.
10.3 Sonderwirtschaftszonen Unter Sonderwirtschaftszonen (SWZ) versteht man Freihandelszonen, Exportförderzonen, wirtschaftliche und technologische Entwicklungszonen, Hightech-Entwicklungszonen oder eine Mischung daraus. Vorteile einer Exportförderzone (EPZ) sind, dass Einfuhrabgabenfreiheit auf Warenlieferungen gewährt wird und Produktion erlaubt ist. Lieferungen aus dem chinesischen Markt in die EPZ sind steuerfrei. In den 15 Freihandelszonen des Landes sind neben Lagerung und Handel nur einfache Verarbeitungsprozesse genehmigungsfähig.
101
Vgl. Ni, P. (2004): Annual Report on Urban Competitiveness. Way to Mutual Prosperity. Beijing.
102
Vgl. KPMG Financial Advisory Services (2004): China Automotive and Components Market.
122
Angesichts des Erfolgs der ersten Sonderwirtschaftszonen in China seit 1979 lag die Gründung von Sonderwirtschaftszonen in den 90er-Jahren im Trend. Mehr als 700 Sonderwirtschaftszonen verschiedener Stufen (staatliche, provinziale oder Stadtsonderwirtschaftszonen) wurden gegründet, die meisten davon befanden sich an der Küste. Da in China neben dem staatlichen Rahmengesetz noch Regelungen der jeweiligen Provinz und Städte hinsichtlich der Sonderwirtschaftszonen verabschiedet wurden, hatten diese Sonderwirtschaftszonen sehr unterschiedliche Regelungen. Mittlerweile hat aber eine deutliche Annäherung an die Regelungen der Shen-Zhen-Sonderwirtschaftszone stattgefunden.103 Auch die Unterschiede zu den städtischen Gebieten, die an Sonderwirtschaftszonen angrenzen, schwinden mit der zunehmenden Industrialisierung Chinas. Im Vergleich zu umliegenden Gebieten bieten Sonderwirtschaftszonen immer noch Vorteile in Bezug auf die Besteuerung ausländischer Unternehmen, wie Tabelle 16 zeigt. Unternehmenstyp
Allgemein Offene Gebiete und SWZ von Provinzen
Herstellende Unternehmen
30%
24%
Nicht herstellende Unternehmen, davon
30%
30%
1. High-Tech Projekte, Forschungszentren oder Projekte mit langer Amortisationsdauer
30%
15%, beinhaltet auch die vom Staat geförderten Projekte in Mittel- und Westchina
2. Exportorientierte Unternehmen nach der Steuerermäßigungsperiode, so lange mehr als 70% ihrer Einnahmen aus Exporten erzielt werden
15%
12%
3. Finanzunternehmen mit einer Investition von mindestens 10 Mio. USD und einer Betriebsperiode von mindestens 10 Jahren
30%
15%, wenn diese vom State Council gebilligt werden
4. Projekte Energie, Verkehr, Hafenbau oder andere vom Staat geförderte Projekte
15%
15%
Tabelle 16: Übersicht der Besteuerung ausländischer Unternehmen in China Ausländische Unternehmen, das heißt Unternehmen mit mindestens 25% Auslandsbeteiligung, unterliegen generell einer Körperschaftssteuer von 33%, zusammengesetzt aus 3% nationaler und 30% lokaler Körperschaftssteuer. Herstellende Unternehmen haben in offenen Gebieten und Sonderwirtschaftszonen der Provinzen einen Steuervorteil, da sich der Steuersatz hier auf 24% reduziert. Nicht herstellenden Unternehmen der Hightech-Branche und Forschungszentren wird
103
Die Shen-Zhen-Sonderwirtschaftszone war die erste Sonderwirtschaftszone in China. Vgl. Bolz, K./Loesch, D./Pissulla, P. (1990): Freihandels- und Sonderwirtschaftszonen in Osteuropa und in der VR China. Hamburg.
123
ein ermäßigter Steuersatz von 15% gewährt, wenn sich diese in einer nationalen Sonderwirtschaftszone, einem offenen Gebiet oder in einer Sonderwirtschaftszone der Provinzen befinden. Auch längerfristige Investitionszusagen werden gefördert: ein produktionsorientiertes ausländisches Unternehmen mit einer Betriebsdauer von mindestens zehn Jahren erhält in den ersten beiden Gewinnjahren eine Körperschaftssteuerbefreiung und in den darauf folgenden drei Jahren eine Reduzierung der Körperschaftssteuer um 50%. Technologisch fortschrittliche Unternehmen erhalten zusätzlich zu den ersten drei Jahren weitere drei Jahre Steuervergünstigungen in Höhe von 50%. Wenn das Unternehmen für mindestens fünf Jahre in China ist, kann es seine Gewinne in China reinvestieren und erhält nach Genehmigung des Steueramtes eine Steuerrückzahlung von 40% der bereits entrichteten Körperschaftsteuer seiner Investitionssumme. Wenn das ausländische Unternehmen in exportorientierte Fabriken oder in Unternehmen mit fortschrittlicher Technologie investiert, ist eine Steuerrückzahlung von bis zu 100% möglich. Für Betriebsstätten werden pauschal mindestens 10% von der Bruttovertragssumme als Besteuerungsgrundlage genommen. Eine Repräsentanz von produktionsorientierten Unternehmen, die ihre Produkte direkt in China verkaufen, zahlt prinzipiell keine Körperschaftssteuer. Trotz der angekündigten Durchsetzung des Inländergleichbehandlungsprinzips infolge des WTO-Beitritts wurden die günstigeren Steuerregelungen für Unternehmen in Sonderwirtschaftszonen bisher nicht völlig abgeschafft. Sollte dies geschehen, bieten SWZ dennoch einige attraktive Vorteile: •
In Sonderwirtschaftszonen gibt es nur eine zuständige Behörde, sodass die Gründung eines Unternehmens wesentlich unkomplizierter und schneller erfolgen kann als in anderen Gebieten.
•
Sonderwirtschaftszonen genießen generell wirtschaftliche Privilegien. Da der Erfolg einer SWZ mit dem Erfolg der lokalen Regierung gleichgesetzt wird, sind die Bemühungen der Lokalregierungen groß, in der Konkurrenz mit anderen Sonderwirtschaftszonen durch besondere Anreize für ausländische Investoren zu bestehen. Neben dem Angebot einer niedrigeren Steuerlast ist es einigen lokalen Regierungen gelungen, Fördermöglichkeiten wie etwa günstigere Mieten, administrative Gebühren und Kreditkonditionen durchsetzen.
•
Viele Sonderwirtschaftszonen verfügen über eine gute Infrastruktur und über gute Transportmöglichkeiten. Dies ist in China noch nicht selbstverständlich; die infrastrukturelle Erschließung in den verschiedenen Sonderwirtschaftszonen des Landes ist noch sehr unterschiedlich.
Die Standortbedingungen in China ändern sich derzeit schnell. Investoren müssen sich deshalb zeitnah über die aktuellen Bedingungen der jeweiligen Sonderwirtschaftszone informieren, wenn sie eine Investition planen.
124
11 Marketing und Vertrieb als Erfolgsfaktoren für ausländische Investoren Die richtige Wahl der Absatz- und Vertriebskanäle ist ein entscheidender Faktor für den Erfolg eines jeden China-Engagements. Allein die Größe des Landes mit seinen 9,6 Millionen Quadratkilometern stellt in diesem Bereich eine besondere Herausforderung dar. Absatz- und Vertriebsentscheidungen betreffen dabei sowohl die Zusammenarbeit mit den Automobilherstellern als auch den Vertrieb von Ersatzteilen zum Endkunden. Die richtige Ausgestaltung der Distribution entscheidet daher gleich in zweifacher Hinsicht darüber, ob Unternehmen ihre Geschäftsziele in China erreichen: Eine effiziente Absatzorganisation auf dem Ersatzteilmarkt – also die Wahl der Vertriebspartner versus den Aufbau eines eigenen Vertriebsnetzes sowie auch die Gestaltung am Point of Sale – trägt dazu bei, Kunden zu gewinnen oder zu halten. Bei der Zusammenarbeit mit OEMs stehen demgegenüber vor allem Fragen der logistischen Distribution – also der physischtechnischen Überführung der Ware zum Kunden (Lieferzuverlässigkeit, effiziente Auftragsabwicklung, Wahl der richtigen Transportmittel und -wege sowie des Standortes) – im Vordergrund. In beiden Märkten haben sich in den vergangenen Jahren spezifische Herausforderungen herauskristallisiert, die im Folgenden näher beschrieben werden (siehe Abbildung 53). Herausforderung Distribution
Vertrieb von Einzelteilen
Vertrieb von Zulieferteilen
Absatzkanal
Logistische Distribution
Counterfeiting
Key Account Management
Abb. 53: Herausforderung an den Vertrieb (Quelle: eigene Darstellung)
11.1 Kampf gegen Kopien und Verbesserung der Logistik – Herausforderungen an den Vertrieb im Ersatzteilmarkt Wie bereits dargestellt, wächst der chinesische Ersatzteilmarkt mit fast 24% pro Jahr sehr rasch, wenn auch von einem niedrigen Niveau aus. Grundsätzlich teilt sich der Ersatzteilmarkt in zwei Bereiche: die Vertriebskanäle der OEM und ihrer
125
autorisierten Händler auf der einen Seite, die unabhängigen Ersatzteilhändler auf der anderen Seite. Auf diesem Markt der unabhängigen Anbieter sind sowohl multinationale Teilehersteller als auch in einem hohen Maß lokale Anbieter aktiv. Multinationale Teilehersteller beauftragen in der Regel ihre eigenen Handelsvertreter oder Franchise-Nehmer. Lokale Anbieter verfügen naturgemäß in den meisten Fällen nur über eine geringe Größe und zeichnen sich in der Regel durch einen weit geringeren Professionalisierungsgrad aus. Der hohe Verbreitungsgrad dieser lokalen Anbieter, die häufig in den Handel mit gefälschten Teilen verstrickt sind, limitiert bisher die Marktdurchdringung und die Profitabilität der von den Autoherstellern autorisierten Teileanbieter in China: Lokale Teilehändler stellen insbesondere im Medium- und Low-End-Bereich eine nicht zu vernachlässigende Größe dar, auch weil sie gefälschte Ersatzteile um bis zu 50-80% günstiger anbieten. Besonders Stoßdämpfer, Bremsscheiben und Scheinwerfer werden in großen Mengen von diesen lokalen Händlern vertrieben. So werden etwa zwei Drittel der Ersatzteile von Volkswagen Shanghai für produzierte Fahrzeuge von unabhängigen (und häufig mit gefälschten Teilen handelnden) Anbietern vertrieben. Der Eintritt in den Ersatzteilmarkt ist also nicht ohne Risiko. Hält man sich die starke Nachfrage nach Kraftfahrzeugen vor Augen, ist dennoch davon auszugehen, dass der chinesische Ersatzteilmarkt in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen wird. Für viele Chinesen ist der erstmalige Kauf eines Autos die Investition ihres Lebens. Dementsprechend ausgeprägt wird mit zunehmender Auto-Erfahrung in China auch das Bedürfnis nach bestmöglichem Werterhalt werden. Dies wird die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Ersatzteilen in Zukunft treiben. Und diese Ersatzteile werden nicht nur von OEM-autorisierten Händlern vertrieben werden, sondern auch von den Teileherstellern und den mit ihnen kooperierenden Großhändlern.
11.2 Der Zusammenhang von starken Marken und einer starken Vertriebsorganisation Der Aufbau einer schlagkräftigen Vertriebsorganisation wird zu einer wichtigen Herausforderung für die Teilehersteller. Ein gutes Vertriebsnetzwerk und eine landesweite Präsenz der Points of Sales sind vor allem deshalb wichtig, weil sie die Markenetablierung der Teilehersteller unterstützen. Letztere ist entscheidend für Erfolg oder Misserfolg, weil im gesamten chinesischen Automobilmarkt die Bedeutung von Marken stark zugenommen hat. Marken üben erheblichen Einfluss auf die Kaufentscheidungen der Endkunden aus: Die Chinesen werden markenbewusster.
126
Wenn die Teilehersteller also auf dem Ersatzteilmarkt erfolgreich sein wollen, müssen sie ihre eigenen Marken stärken.104 Hier bieten sich derzeit große Chancen, weil die Bindung an bestimmte Marken in China bisher weit weniger ausgeprägt ist als in entwickelten Industrieländern. Die wenigen Chinesen, die sich bereits das zweite Auto kaufen, erwerben nur selten zweimal hintereinander ein Auto derselben Marke. In China tut dies gerade einmal jeder Vierte, in westeuropäischen Ländern beträgt der Anteil der Kunden, die sich wieder für die gleiche Marke entscheiden, rund 74%. Eine langfristige Markenbindung ist in China gerade erst in der Entwicklung begriffen – und das ist der Grund, warum sich gerade jetzt die Gelegenheit bietet, starke Marken zu etablieren. Dabei gibt es – wie an anderer Stelle bereits ausgeführt – eine unbedingte Notwendigkeit der lokalen Anpassung des Markenmanagements. Eine chinesische Studie zum Konsumentenverhalten unterstützt diese Aussage. Die Chinesen bewerten zwar die funktionalen Eigenschaften ausländischer Marken höher als die der inländischen, ihre tatsächlichen Kaufentscheidungen werden aber mehr von den symbolischen und sozialen Eigenschaften der Marke bestimmt.105 Deshalb ist es wichtig, in den Werbekampagnen die für China geeigneten Botschaften zu transportieren. Viele Unternehmen, unter ihnen Toyota, Nike und McDonald, mussten Werbekampagnen zurückziehen, weil sie kulturell bedingte Empfindungen der Chinesen nicht ausreichend berücksichtigt haben. Die kulturellen Werte, etwa die hierarchische Orientierung und der Respekt vor Älteren, die Zugehörigkeit zur Familie und Netzwerken, die Selbstkontrolle und Konfliktscheu (vgl. Kapitel 13), aber auch neuere Werte wie Technologieorientierung und ausgeprägtes Modebewusstsein wirken sich auf das Kaufverhalten aus. Eine Marke zeichnet sich im Zusammenhang mit der ausgeprägten Kontextorientierung der Chinesen durch Identität aus, nicht durch künstliches Image. Diese Identität beruht auf Herkunft, Geschichte und Persönlichkeit und lässt sich zum Beispiel durch bewegende Geschichten aus dem Alltag und der Geschichte vermarkten. Bilder und Symbole sind wesentlich wichtiger als Zahlen und Fakten.106 Eine effiziente Absatz- und Vertriebsorganisation ist eine wichtige Vorbedingung für eine starke Marken-Performance. Starke Marken müssen landesweit präsent und für den Kunden allerorts und jederzeit verfügbar sein. Hinzu kommt, dass die Wahrnehmung der Marke nicht zuletzt auch durch eine ansprechende Ausgestal-
104
„Gerade deutsche Unternehmen sind viel zu produkt- und technikorientiert. Ihren Marken mangelt es an Identität, Position und an systematischer und geduldiger Markenführern.“ – Dr. Fuchs, Geschäftsführer der Chinabrand Consulting Limited, München.
105
Vgl. Ballhaus, J. (2005): Zukunftsmarkt China. In: Absatzwirtschaft – Zeitschrift für Marketing, 5/2005, S. 30-35.
106
Vgl. Ballhaus, J. (2005): a.a.O.
127
tung der Points of Sale (POS) und die Qualität der Service- und Beratungsdienstleistungen vor Ort bestimmt wird. Die Art und Weise, wie der Einzelhändler die Produkte am POS präsentiert und verkauft, beeinflusst die Möglichkeiten, Kunden anzuziehen, zu gewinnen und diese schließlich langfristig an sich zu binden. Die riesige Anzahl potenzieller Kunden und die Fläche des Landes machen es für die Teilehersteller weitgehend unattraktiv, ein vollständig eigenes Vertriebsnetz aufzubauen. Eine indirekte Absatzorganisation – beispielsweise in Form von Franchising – bietet den Vorteil, kein eigenes kapitalintensives Vertriebsnetzwerk errichten zu müssen. Allerdings laufen die Hersteller dadurch auch Gefahr, Veränderungen der Kundenpräferenzen zu spät wahrzunehmen und in eine starke Abhängigkeit von ihren Vertriebspartnern zu geraten. In der Konsequenz kommt daher der sorgfältigen Auswahl der Vertriebspartner und dem regelmäßigen Austausch mit ihnen entscheidende Bedeutung zu. Die meisten OEM vertreiben ihre Ersatzteile über ihre autorisierten Vertragspartner. Multinationale Teilehersteller verlassen sich in der Regel auf FranchisingNetzwerke oder autorisierte Handelsvertreter. Besonders Franchising, also eine vertikale Kooperation, in der der Franchise-Nehmer gegen Entrichtung einer Gebühr weisungsgebunden den Vertrieb von Produkten abwickelt, ist für viele das Mittel der Wahl: Für die Franchise-Geber ermöglicht dies eine Expansion zu geringen Kosten und die Nutzung von lokalem Know-how; der Franchise-Nehmer dagegen profitiert von einem niedrigeren unternehmerischen Risiko und der bereits vorhandenen Markenreputation. Michelin verfügt heute in China über rund 200 Franchise-Shops, Bridgestone betreibt rund 30 Franchise-Shops und 250 Vertragshändler und 950 Verkaufsstellen, während Good Year mit 130 Vertragshändlern und 50 Franchise-Partnern vor Ort ist. Auch Bosch Trading verfügt über mehr als 350 Franchise-Shops, denen Logo, Equipment, technologisches Know-how und Management-Know-how, Datenbanken und Service-Training zur Verfügung gestellt werden. Bosch verfügt dabei über Wettbewerbsvorteile gegenüber den OEM-Vertragswerkstätten, weil die Arbeitskosten bei Bosch rund 40% niedriger sind. Für die Zukunft plant Bosch den Aufbau eines Service-Netzwerks von über 10.000 Franchise-Shops und will damit 5% des Marktes in China für sich gewinnen. Chinesische Teilehersteller organisieren ihren Vertrieb dagegen über Groß- und Einzelhändler. Die größten chinesischen Vertriebsgesellschaften sind dabei Firmen wie Zhong Qi Lian Trading oder Zhong Che Auto Trading. Für deutsche Automobilzulieferer vor Ort ist es wichtig, die weit verstreuten Vertriebsaktivitäten in China unter Kontrolle zu halten. Vertriebskanäle und -praktiken sollten zunehmend harmonisiert werden, das Markenmanagement möglichst zentralisiert. Ein effektives – und damit zentralisiertes – Controllingsystem für den Vertrieb ist unabdingbar.
128
Der Wahl der richtigen Absatz- und Vertriebsstrategien kommt auch eine entscheidende Bedeutung zu, wenn es darum geht, das Eindringen von gefälschten Teilen in die Vertriebswege zu verhindern. Dies ist von zentraler Wichtigkeit: Zwar wird ein Teil der gefälschten Produkte auf Flohmärkten etc. verkauft, aber eine größere Anzahl von gefälschten Produkten lässt sich nur über offizielle Absatzkanäle an den Mann bringen. Dieses Risiko lässt sich durch spezielle Übereinkünfte mit dem Logistik-Dienstleistern reduzieren. So sollten zum Beispiel Verträge die Klausel beinhalten, dass der gewählte Logistikanbieter keine Aushilfskräfte für den Transport beschäftigen darf, sondern nur reguläre Angestellte, die zuvor auf ihre Zuverlässigkeit überprüft worden sind. Zudem sollten die Verträge detaillierte Übereinkünfte bezüglich der Verfolgung und Überwachung von Sendungen beinhalten. Auch das Renommee des Anbieters sollte bei der Auswahl eine Rolle spielen. Weiterhin sollten die Angestellten am Point of Sale dafür ausgebildet sein, Fälschungen zu erkennen und über die rechtlichen Konsequenzen eines möglichen Fehlverhaltens informiert werden (weitere Ausführungen hierzu in Kapitel 12).
11.3 Zuverlässigkeit und intensiviertes Key Account Management – Herausforderungen für den Vertrieb an Automobilhersteller Der Verkauf von Teilen und Komponenten an die Automobilhersteller macht den Löwenanteil des Umsatzes aus – und die Bedeutung der Teilehersteller steigt weiter. Der Anteil der Zulieferer an der gesamten Wertschöpfung wird in den kommenden Jahren von heute 60-70% auf 70-80% im Jahr 2010 zunehmen (vgl. auch Abbildung 29). Über kurz oder lang wird sich dieser Trend auch in China verstärkt manifestieren – und daraus ergeben sich zwei Konsequenzen im Hinblick auf den Vertrieb: Erstens steigt durch die Integration von Zulieferern und OEM auch die Bedeutung von Lieferzuverlässigkeit und damit von präziser Logistik, um den Anforderungen von Just-in-Time und Just-in-Sequence-Produktion gerecht zu werden. Zweitens erfordert die Konsolidierung ein verstärktes Key-Acount-Management, wenn man als Zulieferer wettbewerbsfähig bleiben möchte. 11.3.1
Präzise Logistik wird wichtiger
Logistische Distribution gewinnt für Zulieferer mehr und mehr an Bedeutung. OEM und Zulieferer müssen ihrer Produktionsprozesse aneinander anpassen, und das erfordert auf der Seite der Zulieferer absolute Termintreue. In Deutschland liefern schon heute rund 50% aller Teilehersteller just in time oder sogar just in sequence. Die Teile werden also präzise zu dem Zeitpunkt angeliefert, zu dem sie benötigt werden, mit einer Abweichung von maximal 90 Minuten.
129
Eine logistische Abstimmung von Zulieferern und OEM ist daher essenziell. 80% der Modulzulieferer bestätigen, dass eine gemeinsame Logistikplanung mit dem OEM, die bereits in der Phase der Produktentwicklung stattfindet, die Ergebnisse erheblich verbessert. Zulieferer, die zusammen mit ihrem OEM-Kunden planen, berichten von deutlich weniger Schwierigkeiten und Beschwerden als andere Unternehmen. 85% Prozent aller Zulieferfirmen in Deutschland halten daher eine Verbesserung der Absatzplanung für wesentlich: Optimierung der logistischen Distribution ist derzeit eine der Hauptfragen für Zulieferer. Hinzu kommt, dass auch in der Beschaffung der Zulieferer in China selbst erhebliches Optimierungspotenzial besteht, das bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Die Lokalisierung der Beschaffung ist bei den Zulieferern noch sehr viel geringer ausgeprägt als bei den Automobilherstellern. Um das Ziel einer Optimierung der Logistik zu erreichen, spielt die Wahl von Logistik-Dienstleistern, die sich durch absolute Termintreue auszeichnen, eine zentrale Rolle. 11.3.2
Key Account Management gewinnt an Bedeutung
Konsolidierung und zunehmender Wettbewerb in der Zulieferindustrie erhöhen auch in China die Notwendigkeit eines gezielten Key Account Managements. Selbst die Tatsache, dass man die europäische Muttergesellschaft zum Kunden hat, garantiert noch lange nicht, dass man deswegen auch die chinesische Tochtergesellschaft als Kunden gewinnt. Der Grund dafür sind vor allem die Joint Ventures, in denen die ausländischen Partner vielfach nur eine Vorauswahl der möglichen Kooperationspartner treffen können, während der chinesische Partner dann das letzte Wort hat. Daraus ergeben sich vielfältige Konsequenzen. •
Der Aufbau einer qualifizierten chinesischen Absatzorganisation ist von entscheidender Bedeutung, weil die Verbindungen zwischen Geschäftspartnern in China oft sehr viel enger sind, als es europäische Manager für möglich halten. Die besten Vertriebsmanager in China setzen ihre gesamte Arbeitszeit, aber auch einen großen Teil ihrer Freizeit dafür ein, eine enge Beziehung zum Kunden aufzubauen. Sogar die Familie wird dafür eingespannt. Die Männer sind nicht nur Geschäftspartner, sondern verbringen auch ihre Freizeit miteinander, beispielsweise beim Sport, während ihre Frauen zusammen einkaufen und ihre Kinder sogar die gleichen Schulen besuchen. Es ist offensichtlich, dass solche Beziehungen vor allem von Menschen aufgebaut werden können, die am Ort des Kunden leben und mit der Kultur und Landessprache (und, wenn man die kulturelle und sprachliche Diversität Chinas berücksichtigt, sogar mit dem jeweiligen Dialekt) vertraut sind. Zulieferer, die in China erfolgreiches Key Account Management betreiben wollen, müssen also fähige Chinesen anstellen und weiterbilden, die diese Aufgaben sowohl auf der professionellen als auch auf der sozialen Ebene verwirklichen können. Nur exzellent ausgebildetes Personal ermöglicht damit den Aufbau einer dezentralen Vertriebsorganisation.
130 •
Chinesische Kunden haben andere Präferenzen und Beschaffungspraktiken als europäische Automobilhersteller. So bevorzugen chinesische Hersteller in der Regel Zulieferer, die lokal produzieren, um Probleme bei der Zollabfertigung und Logistik zu minimieren. Oft haben chinesische Hersteller nur dann Vertrauen in die Wettbewerbsfähigkeit und Lieferfähigkeit ihrer Zulieferer, wenn diese vor Ort fertigen.
Insgesamt spielen die richtigen Absatz- und Vertriebswege und -formen eine wichtige Rolle für den Erfolg von Automobilzulieferern in China. Dies trifft sowohl im Hinblick auf den Ersatzteilmarkt als auch das Geschäft mit den Automobilherstellern zu. Zulieferer, die in China aktiv werden wollen (oder schon sind), sollten daher ihr Augenmerk auf die Entwicklung der entsprechenden Strategien sowie den Aufbau einer leistungsstarken Absatz- und Vertriebsorganisation richten.
12 Gewerbliche Schutzrechte – Risiken des Technologieabflusses begrenzen107 Weltweit werden nach Schätzungen von Experten gefälschte Waren im Wert von etwa 200 Mrd. USD gehandelt. Das entspricht etwa 5% des globalen Handelsvolumens. Der Anteil von Fälschungen am Gesamtumsatz des Ersatzteilhandels wird weltweit auf rund 8-10% oder bis zu 12 Mrd. USD geschätzt. China ist nach Thailand der zweitgrößte Markt für Produktimitate. Für einige Regionen, zum Beispiel Zhejiang, Jiangsu und Anhui, ist das Kopieren von Markenprodukten der wichtigste Wirtschaftsfaktor. Der Anteil von Fälschungen im Ersatzteilmarkt liegt in China bei etwa 50%.108 In der Vergangenheit war die Nachfrage nach gefälschten Teilen auch der Tatsache geschuldet, dass Originalteile teuer und zudem schwer erhältlich waren. Heute noch sind Originalteile nicht selten 300-500% Prozent teurer als Fälschungen, die teilweise durchaus erträglich gut funktionieren – und dadurch sogar für qualitätsbewußte Kunden attraktiv sind. Dies ist natürlich nicht immer der Fall. Automobilzulieferern entsteht Schaden nicht nur durch entgangene Umsätze, sondern auch durch den Verlust von Reputation der Marke, etwa, wenn der Endkunde das ge-
107
In Anlehnung an Steffens, K. (2004): Das WTO-Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) und das chinesische Recht. In: Heuser, R./Klein, R.: Die WTO und das neue Auslandsinvestions- und Außenhandelsrecht der VR China – Gesetze und Analysen. Hamburg. S. 319-330.
108
Laut einer Studie der Commercial Times haben 56% der Autofahrer in China gefälschte Teile und Komponenten in ihren Autos gefunden.
131
fälschte Produkt gar nicht erst als solches identifizieren kann und einen schnellen Verschleiß der illegalen Kopie dann dem Hersteller des Orginals zuschreibt. Zunehmend sind Originalhersteller mit Schadenersatzforderungen konfrontiert, die eine Folge mangelhafter Produktqualität der Fälschungen sind. Die gesetzlichen Grundlagen zum Schutz geistigen Eigentums haben sich mit dem Beitritt Chinas zur WTO verbessert, die gerichtliche Einforderung der Rechte ist aber immer noch langwierig und ohne Erfolgsgarantie; zudem beschädigen ausländische Unternehmen durch eine gerichtliche Auseinandersetzung mit chinesischen Unternehmen ihren Ruf. Erste Erfolge gerichtlicher Auseinandersetzungen großer ausländischer Investoren (zum Beispiel Microsoft) und die zunehmende Einflussnahme heranwachsender chinesischer Firmen, denen durch Produktpiraterie chinesischer Unternehmen Schaden zugefügt wird, nähren die Hoffnung auf bessere zukünftige Einklagbarkeit der gewerblichen Schutzrechte. Auch der Druck durch Teilehersteller und OEMs auf die chinesische Regierung wächst. Gleichzeitig nimmt die Preisorientierung der Konsumenten zu Gunsten einer stärkeren Qualitätsorientierung ab und steigert deren Sensibilität in Bezug auf Originalität der Produkte. Andererseits beginnen die bisher meist kleinen „Piraten-Firmen“ Allianzen zu bilden und steigern damit sowohl ihre Effizienz als auch die Qualität ihrer Produkte. Eine Unterscheidung der Produkte ist für chinesische Käufer, die das Originalprodukt noch nie gesehen haben, fast unmöglich. Begünstigt wird der Handel mit gefälschten Ersatzteilen auch nach wie vor durch einen lokalen Patriotismus. Der Handel mit Fälschungen erhöht das Steueraufkommen der Kommunen und sichert Arbeitsplätze. Nach einem Report des China Quality Monitor Bureau wurden von der Polizei allein im Jahr 2004 exakt 3.342 Hersteller und 1.985 Händler von gefälschten Teilen festgestellt. Dennoch hat die chinesische Regierung bisher keinen Weg gefunden, mit diesem Problem effektiv umzugehen. Solange die Strafen für Fälscher in China im Vergleich zu den enormen Profiten so gering bleiben wie bisher, ist der Anreiz zur Herstellung von Kopien groß. So bleibt das Risiko des Technologieabflusses erheblich – der sorgsame Umgang mit Technologien ist für ausländische Investoren ein Thema mit höchster Priorität.
12.1 Rechtliche Rahmenbedinungen Erst seit neuerer Zeit kann in China von einem bestehenden Recht des geistigen Eigentums gesprochen werden.109 Mit dem Beitritt in die Pariser Verbandsübereinkunft (PVÜ) im Jahre 1985, spätestens aber mit dem Beitritt in die WTO und damit der Verpflichtung zur Einhaltung des Abkommens über handelsbezo-
109
Unter geistigem Eigentum werden alle Urheberrechte, verwandte Rechte, Marken geographische Angaben, gewerbliche Muster, Patente, Topographien integrierter Schaltkreise und Geschäftsgeheimnisse erfasst.
132
gene Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS), hat sich dieser Bereich spürbar entwickelt. Dies lässt sich an den Veränderungen der relevanten Gesetze und dem Erlass neuer Gesetzte und Verordnungen seit dem Jahr 2001 erkennen (siehe Tabelle 18).110 Gesetze und Regelungen
Gültig seit
Trademark Law of the People‘s Republic of China
01.03.1983
27.10.2001
Patent Law of the People's Republic of China
01.04.1985
25.08.2001
Law of the PRC against unfair competition
01.12.1993
Procedures for the Registration and Administration of Collective Marks and Certification Marks
01.03.1995
Implementing Regulations on Patent Law of the People‘s Republic of China
01.07.2001
Regulations on the Protection of Layout-Design of Integrated Circuits
01.10.2001
Regulations on Computer Software Protection
01.01.2002
Regulations on Technology Import & Export Administration
01.01.2002
Impelementing Regulations on Trademark Law of the People‘s Republic of China
15.09.2002
Letzte Änderung
28.12.2002
Measures on Compulsory Licensing of Regulations Governing Customs Protection 01.07.2004 of Intellectual Property Right Interpretations by the Supreme People‘s Court and the Supreme People‘s Procuratorate on Several Issues of Concrete Application of Laws in Handling Criminal Cases of Infringing Intellectual Property
22.12.2004
Regulations of the People‘s Republic of China on the Customs Protection of Intellectual Property
01.03.2004
Tabelle 17: Rechte des geistigen Eigentums in der VR China (Quelle: MOFCOM (2004): Status Regarding Legislation in Terms of IPR in China) Höherrangiges Recht hat auch in China Vorrang vor niederrangigem Recht. China bzw. die chinesische Verfassung definiert internationales Recht (und damit auch die Bestimmung der WTO) eindeutig in den Allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts von 1986 (§142, II) insofern, dass dieses Recht einen „Mantel“ über das nationale Recht legt und somit alle nicht durch nationale Gesetze geregelten und nicht konforme Bestimmungen dem internationalen Gesetz unterliegen. Die Vorgaben der WTO haben also Vorrang. De jure wird dies auch von China eingehalten. Die Umsetzung dieser rechtlichen Vorschriften erfolgt aber nicht zwangsläufig, allerdings ist das Vorgehen offizieller Stellen mit Fälschern konsequenter geworden, wie das folgende Beispiel zeigt. Ein ausländisches Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes hat ein Joint Venture mit einem chinesischen Unternehmen gegründet. Für die Personalfrage war das chinesische Unternehmen zuständig und stellte dementsprechend die Mitarbeiter. Nachdem das Personal ausgebildet worden und einige Zeit vergangen war, stellte der Verantwortliche des ausländischen Unternehmens eine starke Personal-
110
Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights (TRIPS), Art. 1, Nr.2.
133
fluktuation fest: Die alten Mitarbeiter verließen die Firma und wurden durch neue ersetzt. Eines Tages beobachtete der ausländische Verantwortliche einen seiner ehemaligen Mitarbeiter, als dieser in ein gegenüberliegendes Gebäude hineinging. Er folgte ihm – und fand sich in einer „Kopie“ seines Joint-Venture-Unternehmens wieder. Dort sah er noch weitere ehemalige Mitarbeiter. Es war ein Imitat des eigentlichen Unternehmens entstanden, das exakt die gleichen Produkte wie das JV herstellte. Auf Druck der ausländischen Firma wurde das Unternehmen auf der anderen Straßenseite geschlossen und die verantwortlichen chinesischen Mitarbeiter bestraft. Dieses Beispiel lässt erkennen, dass bei der Umsetzung vorhandenen Rechts bereits Erfolge erzielbar sind. Noch vor einigen Jahren hätte keine der zuständigen Behörde reagiert; dennoch ist ein weiter Weg zurückzulegen, bis eine mit westlichem Niveau vergleichbare Rechtssicherheit erreicht werden kann. Relevanter als die Frage, ob die chinesische Regierung die Vorgaben der WTO in chinesisches Recht umwandelt, ist also diejenige, wie diese Gesetze eingehalten bzw. durchgesetzt werden. Oftmals dringen die Regelungen nicht bis auf die Regionalebene durch bzw. werden von den dortigen Beamten nicht verfolgt. So findet bislang nur auf Betreiben des geschädigten Unternehmens eine Untersuchung statt; auch offensichtliche Verletzungen bestehender Rechte werden von lokalen Behörden häufig geduldet. Die Strafe für Fälscher beschränkt sich bisher auf vergleichsweise geringe Geldbußen; eine aktive Zerstörung der Produkte unterbleibt. Diese Problematik variiert je nach Entwicklungsstand der verschiedenen Regionen des Landes, sodass nicht mehr von einem Markt gesprochen werden kann, sondern auch in Bezug auf Intellectual Property von mehreren Märkten gesprochen werden muss.111 Tendenziell ist der Schutz des geistigen Eigentums in den Küstenregionen leichter als im Landesinneren. Da die Umsetzung der WTO-Vorgaben zur Zeit noch in vollem Gange ist, ist zum heutigen Zeitpunkt noch nicht klar ersichtlich, wie sich die schon geänderten und noch zu verändernden Gesetze in der Praxis durchsetzen. Je intensiver sich der ausländische Investor in sein chinesisches Umfeld einbettet, je besser seine Kontakte zu lokalen Behörden und lokalen Anwälten sind, desto höher sind auch seine Chancen auf gerichtlichen Erfolg. Allerdings sei nochmals betont, dass diese Verfahren lange dauern und das vorrangige Ziel des geschädigten Unternehmens, nämlich die Produktkopien so schnell wie möglich aus dem Markt zu entfernen, auf außergerichtlichem Weg besser erreicht werden kann. Dies ist auch der Grund, dass nach der aufwendigen Beweissicherung durch das geschädigte Unternehmen und der schriftlichen Abmahnungen der Fälscher und Markenkopierer ausländische Unternehmen versuchen, mit Unterstützung lokaler Anwälte eine außergerichtliche Lösung herbeizuführen. Bleiben diese Verhand-
111
Vgl. Steffens, K. (2004): a.a.O., S. 330.
134
lungen ohne Erfolg, hat das geschädigte Unternehmen die Wahl zwischen verwaltungsrechtlichen, gerichtlichen Schritten oder einer staatlich geleiteten Mediation.112 Im Falle einer juristischen Vorgehensweise sind für Patentverletzungen die Administrative Authorities for Patent Affairs, für Markenverletzungen die Administration of Industry and Commerce und bei Urheberrechtsverletzungen die National Copyright Administration zuständig. Für Produktpiraterie ist das Technology Supervision Bureau zuständig.
12.2 Praktische Hinweise zum Schutz gewerblicher Rechte Der beste Schutz vor Know-how-Abfluss sind vorbeugende Maßnahmen. Sie rechtzeitig zu ergreifen, ist stets besser als eine nachträgliche rechtliche Auseinandersetzung. Import ist der sicherste Weg, wenn es um den Schutz vor Know-howAbfluss geht; er kann aber die Nachahmung und die Fälschung nicht immer verhindern, wenn die Produktionstechnologie relativ einfach nachvollziehbar ist. Im Falle einer Direktinvestition ist die Wahl eines 100-prozentigen Tochterunternehmens eine effektive Rechtsform, da der Vertrieb unter eigener Kontrolle bleibt. Bei der Gründung eines Joint Ventures ist die Angst vor Know-how-Abfluss berechtigt. Vor der Vertragsunterzeichnung zur Gründung eines Joint Ventures ist eine detaillierte Festlegung über die Nutzung, die Nutzungsdauer und Nutzungsbedingungen der Marke, Technologie oder des Patents wichtig. Das „Law of the PRC against unfair Competition“ gewährt noch zusätzlichen Schutz für Betriebsund Geschäftsgeheimnisse ausländischer Zulieferer. Eine Zwischenform, die Vorteile von Export und Direktinvestitionen kombiniert, ist die CKD/SKD-Produktion.113 Damit lassen sich zugleich Betriebsgeheimnisse schützen und Gewinntransferbeschränkungen umgehen. Die Steuer auf Einnahmen entfallen, und das günstige Lohnniveau kann genutzt werden. Zukünftige Vorteile des Standortes China, dessen Beitrag zum Gesamtunternehmenserfolg sowie dessen Bedeutung in der integrierten Wertschöpfungskette müssen genau gegen Nachteile eines potenziellen Technologieabflusses abgewogen werden (siehe Tabelle 18).
112
Vgl. Ballhaus, J. (2005): Gegen den Klau hilft nur die Offensive. In: Absatzwirtschaft – Zeitschrift für Marketing, Nr. 5, S. 40 f.
113
Completely Knocked Down (CKD) bzw. Semi Knocked Down (SKD) bedeutet, dass ein Produkt, zum Beispiel ein Fahrzeug oder eine Maschine, im Ursprungsland komplett bzw. teilweise zerlegt und exportiert wird. Die Montage erfolgt dann im Zielland.
135
Implizites Wissen
Explizites Wissen
Core-Wissen
Geheim halten Im Inland schützen
Patentieren Rechtlich verteidigen
Non-Core-Wissen
In der Organisation/ Kooperation halten
Ergebnisse verkaufen/ verbreiten
Tabelle 18: Umgang mit gewerblichen Schutzrechten in Unternehmen (Quelle: eigene Darstellung) Je einzigartiger die Technologie und je zentraler die Technologie für den Erfolg des Unternehmens, desto vorteilhafter erscheint es bisher, die Technologie nicht in China zu produzieren oder zu entwickeln. Unternehmen sollten ein IntellectualProperty-Audit durchführen, das ihre Verletzlichkeit im chinesischen Markt offen legt. Dieses IP-Audit beinhaltet eine Bewertung des Beitrags jedes Produktes und Prozesses zum Endprodukt und zur Gesamtprofitabilität. Ziel ist die Identifizierung derjenigen Stufen der Wertschöpfungskette mit dem höchsten Wertbeitrag, die um jeden Preis geschützt werden müssen. Weitere Schritte im IP-Audit sind Analysen, wie Produktpiraten in anderen Fällen und bei anderen Firmen vorgegangen sind und welches Verkaufsvolumen gefährdet ist. Während der Geschäftstätigkeit sollten alle Verletzungen geistiger Eigentumsrechte genau dokumentiert werden, um die vielfältigen Formen des Wissensabflusses besser vorhersehen zu können. Entscheidet sich ein Unternehmen dennoch für eine Investition, ist es sinnvoll, proaktiv Maßnahmen umzusetzen, die die Wahrscheinlichkeit eines Technologieabflusses senken. Finanzielle Ressourcen für die Durchführung dieser Maßnahmen sollten selbstverständlicher Teil der Budgetplanung sein. Abbildung 54 zeigt das Spektrum an Maßnahmen, das einem Unternehmen zum Schutz seines geistigen Eigentums zur Verfügung steht. Technologien, Produkte und Markenzeichen sollten durch Patente, Urheberrechte und Markenrechte juristisch abgesichert werden, bevor sich eine „Piratenfirma“ diese Rechte sichert.114 Die Verfahren sind zwar relativ langwierig, die Kosten der Patentanmeldung sind aber relativ niedrig und liegen in China bei etwa 100 USD für chinesische und 1.000 USD für ausländische Firmen. Je offensichtlicher der kopierbare Vorteil, desto größer ist die Gefahr der Piraterie. Geschützt werden kann aber nur, was bei Kopien leicht nachgewiesen werden kann. Insofern sind
114
In China findet das Prinzip des „first filing and first registration“ Anwendung im Gegensatz zum „First invention and first use“-Prinzip, das in Industrieländern gebräuchlich ist.
136
identifizierbare Markenzeichen und besondere Bauteile schützenswerter als beispielsweise Prozesse, da hier das Kopieren schwer nachzuweisen ist. Hilfreich bei der Identifikation von Kopien ist es, die eigenen Produkte mit besonderen Erkennungsmerkmalen zu versehen, wie zum Beispiel Prägungen, Versiegelungen der Verpackung und Hologramme. Urheber- und Markenrechte sichern
Patentierung von Ergebnissen (nicht von Prozessen)
Rechtliche Vorgehensweise
Schulung/Sensibilisierung von Mitarbeitern, Zulieferern, Kunden
Verhandlung mit Fälschern unter Einbezug lokaler Anwälte
Schutz des geistigen Eigentums
Breites Serviceangebot
Abb. 54: Innerbetriebliche Maßnahmen zum Schutz geistigen Eigentums (Quelle: eigene Darstellung) Wichtig sind aber auch Schutzmaßnahmen im Betrieb. Zum einen geht die Produktpiraterie häufig von eigenen Mitarbeitern aus, zum anderen ist das Bewusstsein gutwilliger Mitarbeiter über die Folgen des Wissensabflusses nicht ausgeprägt. Die Nachahmung bewunderter Fähigkeiten und Kenntnisse hat in China in vielen Bereichen Tradition, ist doch nach Konfuzius der einfachste Weg, klug zu handeln, der durch Nachahmung. Hilfreich sind Schulungen, die Mitarbeitern ein Bewusstsein für die Bedeutung gewerblicher Schutzrechte vermitteln und zugleich über rechtliche Folgen des Missbrauchs informieren. Außerdem muss das Wissen um die vielfältigen Möglichkeiten des gewollten und ungewollten Know-howAbflusses vermittelt werden. Von solchen Weiterbildungen sollten Mitarbeiter in sämtlichen Bereichen der Firma profitieren, insbesondere aber solche in vertriebsnahen Beschäftigungen. Sensibles Wissen gerade aus der Forschung und Entwicklung sollte nur einem möglichst kleinen Kreis genau identifizierbarer Mitarbeiter zugänglich sein. In allen Verträgen sollten Klauseln enthalten sein, die Mitarbeiter zum Stillschweigen verpflichten. Ein klares Differenzierungspotenzial haben Marken gegenüber kopierten Produkten durch ein umfangreiches Serviceangebot, das die chinesischen Kunden mehr und mehr zu schätzen wissen. Die Marke wird wahrgenommen als komplexes Vertrauenssystem aus qualitativ hochwertigem Produkt und komplementären Leistungen, wie beispielsweise Beratung, Kundendienst und Hotline. Diese Leistungen sind nicht kopierbar und sollten von Markenanbietern vermehrt in den Vordergrund gestellt werden.
137
Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen ist eine ständige Beobachtung des Marktes in Bezug auf Kopien notwendig. Deshalb ist es auch wichtig, Zulieferer, Kunden und sonstige Kooperationspartner über die Folgen des Technologieklaus zu informieren und für seine vielfältigen Formen zu sensibilisieren. Oftmals liefern gerade ihre Beobachtungen Hinweise auf Kopien im Markt.
13 Management der kulturellen Besonderheiten oder: der menschliche Faktor In Bezug auf den Erfolg von Kooperationen, die Qualität der Zusammenarbeit mit Lieferanten, die Akzeptanz von Produkten, die Wirksamkeit des Marketing oder auch die Motivation der Mitarbeiter – meist ist es auch in China gerade der „menschliche Faktor“, der ausländischen Unternehmen Probleme bereitet. Die chinesische Kultur hat nur wenige Gemeinsamkeiten mit der deutschen Kultur, eher befinden sich beide Kulturen an unterschiedlichen Enden eines „Kulturstrahls“ (siehe Abbildung 55). Unternehmen ohne interkulturell erfahrene Manager werden in China scheitern. Eine noch so perfekte Strategie lässt sich nur dann erfolgreich umsetzen, wenn eine durchgängige Lokalisierung gelingt. Die Anforderungen an die Produktgestaltung, den Vertrieb und das Marketing wurden bereits erläutert. In den folgenden Abschnitten werden einige Besonderheiten der chinesischen Kultur und deren Einflüsse auf die Verhandlungsführung und das Personalmanagement erläutert.
13.1 Soziokulturelle Besonderheiten Die Volksrepublik China ist nicht nur ein anderer Kulturkreis, sondern eine „eigene Welt“ mit einer Jahrtausende alten Geschichte und Kultur, verschiedenen Sprachen, Dialekten und Gebräuchen. Die Chinesen selbst bezeichnen sich als Angehörige des „Reichs der Mitte“. Diese Selbstwahrnehmung spiegelt sich in der chinesischen Kultur in vielfältiger Weise wider. Die Fläche Chinas beträgt das 25Fache der Fläche Deutschlands; es gibt große sprachliche wie mentalitätsspezifische Unterschiede zwischen Nordchinesen (zum Beispiel aus der „nördlichen Hauptstadt“ Beijing) und Kantonesen im Süden des Landes, die etwa den Unterschieden zwischen einem Bewohner des Polarkreises und einem Sizilianer entsprechen.115 Auf Grund dieser enormen Vielfalt kann man nur versuchen, einige grundlegende Eigenschaften und geschäftliche Verhaltensweisen der chinesischen Bevölkerung herauszuarbeiten, um folgenschwere Missverständnisse und Irritati-
115
Vgl. Hofstede, G. (1996): Interkulturelle Kommunikation. Zur Interaktion zwischen Menschen verschiedener Kulturen. Opladen.
138
onen zu vermeiden. Da es „die Chinesen“ nicht gibt, sind die folgenden Darstellungen vereinfacht und lediglich als Einstieg in den langwierigen Prozess des Aufbaus interkultureller Kompetenz gedacht. Empirische Forschungen zu charakteristischen Ausprägungen von Kulturen arbeiten ein Spektrum von Unterschieden zwischen Kulturen heraus und ermöglichen eine oberflächliche Einschätzung der besonders weit voneinander abweichenden Charakteristika der chinesischen und deutschen Kultur.116 Eine zentrale kulturelle Größe, hinsichtlich derer sich China und Deutschland stark unterscheiden, ist die Kontextgebundenheit des menschlichen Denkens, Fühlens und Handelns. Die Kontextgebundenheit – grob die Einbettung der Überlegungen und Entscheidungen in einen größeren Zusammenhang – ist in der chinesischen Kultur sehr hoch, in der deutschen Kultur eher niedrig (siehe Abbildung 55). Schweizer Deutsche
Nordeuropäer
Franzosen
Nordamerikaner
Italiener
Engländer
Araber
Lateinamerikaner
Chinesen
niedrig
hoch Kontextabhängigkeit
explizit
implizit Informationsvermittlung
• Austausch von Informationen
• Beziehungsebene herstellen/pflegen
• Präzise, direkte Ansprache
• Indirekte Verteilung von Botschaften
• Problemlösungsorientiert
• Harmonieorientiert
Abb. 55: Kontextorientierung in der Kommunikationssituation (Quelle: eigene Darstellung) Dies hat eine Reihe von Implikationen für das Verhalten der Mitglieder der jeweiligen Kultur. Geschehnisse, Aktivitäten, Gespräche werden stets mit einem weiteren Bezugsrahmen verbunden. Wichtig sind demzufolge auch Traditionen und Identität, die auf Herkunft, Geschichte und Persönlichkeit basieren. In stark kontextgebundenen Kulturen ist die Schaffung und Pflege der Beziehung oberstes Ziel der Interaktion und zugleich Basis für weitere Interaktionen. Erst eine solche Basis, die wesentlich damit zusammenhängt, dass jeder der Interaktionspartner „Gesicht“ zeigt und dem anderen gibt, lässt die Diskussion von Geschäften zu. Je
116
Einen Überblick zu kulturvergleichenden Studien bietet Kutschker, M./Schmid, S. (2002): Internationales Management. München.
139
intensiver diese persönlichen Beziehungen, desto klarer wird die Zugehörigkeit zu diesem Beziehungs-Netzwerk. Das Denken und Leben in größeren Zusammenhängen impliziert damit langfristige Orientierung für stark kontextgebundene Kulturen. In Kulturen mit niedriger Kontextgebundenheit werden dagegen einzelne Aktivitäten, wie zum Beispiel Verhandlungen, unabhängig von persönlichen Beziehungen behandelt. Ein geschäftliches Treffen steht für sich und orientiert sich ausschließlich an Fakten, ist vorrangig orientiert an Lösungen und nicht an Beziehungen. In der chinesischen Kultur ist zudem die Akzeptanz von und die Orientierung an Hierarchien sehr viel ausgeprägter als etwa in Deutschland; der Respekt vor Älteren ist groß.117 Der Patriarch einer chinesischen Familie ist derjenige, der strenge Disziplin vorlebt, aber auch die Fürsorgepflicht für die Mitglieder seiner Familie wahrnimmt, während jüngere Familienangehörige ihm Treue und Gehorsam entgegenbringen. In chinesischen Unternehmen sind formale Kommunikationsstrukturen zu erwarten, die Entscheidungen der Ranghöchsten als klare Anweisungen an hierarchisch unterstellte Mitarbeiter weiterleiten. Hierarchien sind auch in deutschen Unternehmen vorhanden, allerdings definiert die erbrachte Leistung den Status ebenso wie die zugeordnete Rolle, sodass auch an Hierarchien vorbei kommuniziert werden kann. Mitarbeiter niedriger Hierarchiestufen entwickeln so ein höheres Maß an Eigeninitiative und Selbstbewusstsein. Für die unternehmerische Praxis sind diese kulturell bedingten Verhaltens- und Kommunikationsmuster von entscheidender Bedeutung.
13.2 Interkulturelle Kommunikation118 Kommunikation ist eine Form von Wissens- und Gefühlsaustausch. Dieser Austausch erfolgt vor allem durch die Sprache, aber auch nonverbal durch Gesten und Mimik. Beispielsweise ist ein Kopfnicken in China nicht als Einverständniserklärung zu interpretieren; es bedeutet lediglich „Ich habe verstanden, was Du gesagt hast.“ Interkulturell wird die Kommunikation stets dann, wenn Personen unterschiedlicher kultureller Prägungen bzw. Hintergründe aufeinander treffen. Sie haben verschiedene Orientierungen und Wertvorstellungen, beispielsweise in Bezug auf Religion, Verhalten in Gesellschaft und Familie sowie Rituale des Kennenlernens. Sie drücken kommunikative Sachverhalte und Gefühle unter-
117
Vgl. z.B. Hofstede, G. (1997): Lokales Denken, globales Handeln. In: Kulturen, Zusammenarbeit und Management. München.
118
Zur interkulturellen Kommunikation vgl. Guirdham, M. (1999): Communication across Cultures. London. Victor, D. (1992): International Business Communication, New York.
140
schiedlich aus. Zugleich werden empfangene Informationen unterschiedlich aufgenommen und interpretiert, sodass der Prozess der Informationswahrnehmung kulturell bedingt zu völlig anderen Ergebnissen führen kann. Mit jedem Gespräch sind Erwartungen verbunden, die von der empfundenen Rolle, vorhergehenden Informationen und Interaktionen abhängig sind und nicht immer bewusst gesteuert werden. Während der Kommunikation kommen individuelle Wahrnehmungs-, Interpretations- und Bewertungsmuster zum Tragen, sodass kommunizierte Inhalte bei zwei Gesprächspartnern zu völlig unterschiedlichen Empfindungen oder empfangenen Informationen führen können. Die Intensität der Störungen wächst mit der kulturellen Distanz.
Erwartungen
Der Kommunikationsprozess
Störfaktoren
Sender
Wahrnehmung Informationen werden unbewusst selektiert
Rollen Statusempfinden
Kodierung
Selbstwahrnehmung
Nachricht Medium
Vorherige Information
Empfänger Dekodierung
Vorherige Interaktionen
Interpretation Kulturspezifische Interpretationsmuster
Antwort
Bewertung Kulturell geprägtes Wissen bestimmt „intuitive“ Bewertung
Abb. 56: Störfaktoren im Kommunikationsprozess (Quelle: eigene Darstellung) Hohe Kontextgebundenheit – wie zum Beispiel in der chinesischen Kultur – ist verbunden mit indirektem Kommunikationsstil. Die Ausführungen haben vor allem zum Ziel, die persönliche Basis mit dem Kommunikationspartner zu stärken und ihm „Gesicht“ zu geben. Das Gespräch wird begleitet von dem ständigen „Erfühlen“ der Atmosphäre zwischen den Gesprächspartner, dabei bleiben viele Informationen unausgesprochen, da sie im Vergleich zu der Herstellung und Stärkung der gemeinsamen Basis unwesentlich erscheinen. Selbstkontrolle ist wichtig und Konflikte werden vermieden, um das Gesicht des Gegenübers wie auch das eigene Gesicht zu wahren. Die Kommunikation ist durchweg beziehungs- und nicht lösungsorientiert. Anders in Kulturen mit niedriger Kontextgebundenheit: Die persönliche Basis ist vorerst unwesentlich. Die Kommunikation ist geprägt von zielgerichtetem Faktenaustausch. Informationen werden sachlich ausgetauscht – auch unangenehme –, um ein Problem möglichst effizient zu lösen. Es ist leicht vorstellbar, wie schnell
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Gesprächspartner unangenehme Emotionen bei ihrem jeweiligen Gegenüber auslösen, wenn sie kein Bewusstsein für diese grundlegenden Unterschiede haben. Die Kenntnis des Kommunikationsmusters eines Gesprächspartners ist wesentlich für den Verlauf der Kommunikation. Sie erlaubt es, das Kommunikationsverständnis des Gesprächspartners angemessen einzustufen und den eigenen Kommunikationsstil für die Dauer der Kommunikation anzupassen, insbesondere im Hinblick auf die vorab identifizierbaren kritischen Charakteristika. Hohe Kontextabhängigkeit
Niedrige Kontextabhängigkeit
Bedeutung von Worten in der Kommunikation
Niedrig
Hoch
Bedeutung nonverbaler Kommunikation
Hoch
Niedrig
Detailorientierung und Buchstabentreue
Niedrig
Hoch
Aufmerksamkeit für Absichten
Hoch
Niedrig
Kommunikativer Ansatz
Indirekt
Direkt
Tabelle 19: Niedrige und hohe Kontextabhängigkeit und verbale Kommunikation (Quelle: eigene Darstellung)
13.3 Die „7 Gs“ als Brücke zwischen den Kulturen – Hinweise zumVerhandlungsstil Die erläuterten Kommunikationsmuster prägen auch geschäftliche Verhandlungen entscheidend. Erwarten Deutsche am Ende der Verhandlungen einen detailliert ausgearbeiteten Vertrag, so messen Chinesen einem solchen Regelwerk weniger Bedeutung bei; für sie ist eine Absicherung der Beziehung wichtiger. Für Deutsche sind Verhandlungen und ein zu Stande gekommener Vertrag endgültig, dagegen sieht der chinesische Partner im Vertrag eher eine Willenserklärung, die immer wieder den Umständen entsprechend angepasst werden kann. Chinesische Partner wirken in deutschen Augen deshalb in Verhandlungen oft übertrieben höflich, unehrlich (sogar manchmal „falsch“, umständlich und kompliziert, kaum sach- bzw. zielorientiert und wenig verlässlich), da einmal ausgehandelte Verträge gerne nachverhandelt werden. Bei den Chinesen dagegen gelten Deutsche als schwierige Verhandlungspartner, die alles bis ins Detail regeln wollen, oft verletzend direkt, stur, oberlehrerhaft, ungeduldig, unflexibel und am Ver-
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handlungspartner als Mensch desinteressiert sind. Um eine Brücke zwischen den beiden Kulturen zu schlagen, sollten für eine erfolgreiche Verhandlungsführung die „7 Gs“ als Verhandlungshilfen beachtet werden. 119 Die Wahrscheinlichkeit, in China erfolgreich Verhandlungen zu führen, steigt mit Berücksichtigung der folgenden Verhaltensweisen. Hohe Kontextgebundheit
Niedrige Kontextgebundenheit
Verhandlung
Beziehungsorientiert, vage
Ergebnisorientiert, bestimmt
Basis
Gegenseitiges Vertrauen Abhängig von Personen
Geltendes Rechtssystem Unabhängig von Personen
Steuerung interpersonellen Verhaltens
Individuelle Interpretation
Externe Regeln und Regulierungen
Bedeutung geschriebener Wörter
Niedrig; wichtiger ist die Absicht des Vertrages
Hoch; Formulierungen werden interpretiert und analysiert
Inhalte
Unkonkret
Detailliert
Einstellung zum Recht
Flexibel
Starr
Änderungen/Abweichungen
Langfristiger Beziehungsaufbau ist Priorität, Inhalte des Vertrages können sich mit der Beziehungsentwicklung flexibel ändern
"Vertrag bleibt Vertrag" Unflexibel in Bezug auf Änderungen
Tabelle 20: Verhandlung und Verträge bei hoher und niedriger Kontextgebundenheit (Quelle: eigene Darstellung)
Gesicht wahren – Gesicht geben Das Schlimmste, was während der Verhandlungen geschehen kann, ist der durch unbedachtes und fahrlässiges Verhalten verursachte Gesichtsverlust des chinesischen Verhandlungspartners oder auch der eigene Gesichtsverlust. Der Begriff „Gesicht“ hängt in China mit der Gruppenorientierung des Individuums zusammen; alles, was einem Chinesen Prestige, Anerkennung und Achtung innerhalb seiner Gruppe gibt, verschafft ihm „Gesicht“. Eine Voraussetzung für das „Gesicht geben“ ist, dass man zunächst sein eigenes Gesicht wahrt. Das bedeutet, Gelassenheit und Contenance in hektischen Situation bewahren, keine Kritik an womöglich schlechten Zuständen in China (Sauberkeit, Hotel, Verkehr), höfliches Auftreten, dem Verhandlungspartner aufmerksam zu-
119
Eigene Zusammenstellung unter Verwendung von Blume, A. (2003): Zu jedem Land den richtigen Ton – Verhandlungen im Reich der Mitte. Ludwigshafen.
143
hören und ihn nicht unterbrechen, absolute Pünktlichkeit, denn die wird von einem „Tugendländer“ (wörtliche Übersetzung von Deutscher) verlangt. In einem zweiten Schritt kann dem chinesischen Partner dann während der Verhandlungen „Gesicht gegeben“ werden, zum Beispiel durch ein Lob der Gastfreundschaft, der guten Zusammenarbeit aber auch der kulturellen oder wirtschaftlichen „Errungenschaften“ der VR China. Wird man von chinesischer Seite selber gelobt (etwa für gute Kenntnisse über China, Deutschland baut die besten Autos), so sollte dieses abgestritten werden; auf ein Lob zum Beispiel mit „Danke“ zu antworten, wird zu deutlichen Irritationen beim chinesischen Gesprächspartner führen, da dies als arrogantes und überhebliches Verhalten gilt. Andere Gelegenheiten, Gesicht zu geben sind beispielsweise eine Einladung in ein besonders gutes Hotel mit reichhaltigem Essen auszusprechen, hochrangige Personen mit dem vollständigen Titel anzureden und geschmackvolle, der Bedeutung der Situation angemessene Geschenke zu überreichen. Zur Gesichtswahrung zählt in China auch der indirekte Kommunikationsstil. Sollte die Verhandlungssituation sehr verfahren sein, so hilft häufig ein gesichtswahrendes „misunderstandig due to the language“ und ein gutes Abendessen. Diese ganzen Verhaltensregeln erscheinen recht anstrengend und wenig zielgerichtet, aber für den Verhandlungs- und Geschäftserfolg ist „Gesicht wahren“ und „Gesicht geben“ eine unabdingbare Voraussetzung. Geduld Der Unterschied der Kulturen hat großen Einfluss auf die Dauer der Verhandlungen; Geduld ist eine Kardinaltugend der Chinesen. In deutschen Augen dauert es eine Ewigkeit, bis Chinesen endlich zum eigentlichen Thema kommen, nämlich zum Geschäftlichen, denn Chinesen versuchen auf Grund ihres Harmoniebedürfnisses und ihrer Gruppenorientierung zunächst einmal eine gute persönliche Atmosphäre zu schaffen, aber auch die Stärken und Schwächen des Gegners zu eruieren. In den im 5. Jahrhundert entstandenen Buch der „36 Strategeme“ von General Tan Daoji ist aufgeführt, wie man durch Zermürbung des Gegners, eine flexible Vorgehensweise sowie anhand der Ziele, Schwächen, und Stärken des Verhandlungspartners im Krieg und bei Verhandlungen die Oberhand gewinnt. Diese taktischen Vorgehensweisen beherrschen die chinesische Verhandlungsführung von heute in nicht geringem Maße. So kann es durchaus vorkommen, dass beim ersten Treffen überhaupt nicht über das Geschäftliche gesprochen wird, sondern ausführlicher Small Talk gepflegt wird. Dabei sollte auch nach dem persönlichen Empfinden, der Familie, den Hobbys etc. des Verhandlungspartners gefragt werden; dies nicht zu tun, ist in chinesischen Augen geradezu unhöflich. Kommt es dann zum eigentlichen Fachgespräch, so folgt dies dem Motto „das Leichteste zuerst“; über wichtige Punkte wird ge-
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wöhnlich erst nach langer Verhandlungsdauer gesprochen.120 Ungeduld und „Stress“ führen unweigerlich zu einem Gesichtsverlust. Gege „Gege“ ist der „man behind the curtain“; es ist diejenige, meist ältere Person, die häufig nur im Hintergrund agiert oder erst zu einem späteren Zeitpunkt an den Verhandlungen teilnimmt. Wenn es gelingt, diese Person, oft ein älterer wortkarger Mann, zu identifizieren, ist das für den weiteren Verhandlungsverlauf von großem Nutzen. Es empfiehlt sich, besonders auf dessen Vorschläge, Einwände und Anmerkungen einzugehen, denn vom „Gege“ hängt in hohem Maße der Erfolg oder Misserfolg der Verhandlungen ab. Es kann vorkommen, dass Verhandlungspartner plötzlich ausgewechselt werden, und ein neuer, ausgeruhter Partner die Gespräche führt; auch das gehört zur chinesischen Verhandlungstaktik, lautet doch das vierte Strategem von General Tan Daoji „Ausgeruht den erschöpften Feind erwarten“. Guanxi Mangels Rechtssicherheit spielen persönliche Beziehungen in China eine entscheidende Rolle; neben Know-how ist auch Know-who von Bedeutung. Die Übersetzung von ‚Guanxi’ mit „Beziehungen“ greift zu kurz, vielmehr umfasst dieser Begriff die wechselseitige Verpflichtung, die auf Vertrauen und gegenseitiger Hilfestellung basiert, etwa nach dem Motto „Hilfst Du mir, so helfe ich Dir; habe ich Dir einmal geholfen, und Du hilfst mir nicht, hast Du Dein Gesicht verloren.“ Durch die richtigen „Guanxi“ sichert sich ein Chinese in einem wenig rechtssicheren Umfeld ab, und das „Guanxi-Netzwerk“ erlaubt ihm Erfolg, Aufstieg und Karriere, aber auch „Gesicht“. Es ist also zu empfehlen, schon im Rahmen der Verhandlungen gute und freundschaftliche Beziehungen zum zukünftigen Geschäftspartner zu entwickeln und diese Beziehungen danach fortzuführen und zu vertiefen. Sind erst einmal die richtigen „Guanxi“ geknüpft, wird in China vieles einfacher und reibungsloser ablaufen als zuvor. Viele Geschäftsbeziehungen zwischen Chinesen und Ausländern sind jedoch gescheitert – oder kamen gar nicht erst zu Stande –, weil ausländische Investoren die von den Chinesen so abschätzig titulierte „Seemöventaktik“ anwandten: „Man fliegt mit viel Gekreische an, lässt Mist ab und flattert schnell
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Es empfiehlt sich, auf jeder Verhandlungsseite einen Protokollanten zu bestimmen, der die Teilergebnisse detailliert festhält. Diese Protokolle sollten am Ende der Verhandlungsrunde von den Verhandlungsführern auf beiden Seiten abgezeichnet werden. Unterbleibt dies, so können vom Verhandlungspartner immer wieder Vorhaltungen gemacht werden, sich nicht an bereits vereinbarte Punkte zu halten, auch wenn dem gar nicht so ist.
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wieder davon.“ Ob es um die Dauer der Genehmigungsverfahren in Verbindung mit dem Markteintritt, den Zugang zu öffentlichen Aufträgen, vorrangige Behandlung bei der Stromversorgung, Zugang zu guten Universitätsabsolventen oder die Nutzung eines Grundstücks zur Erweiterung der Produktionsanlagen geht – ein gepflegtes Beziehungsnetzwerk hilft bei der Erreichung der Ziele. Eine für beide Beteiligten vorteilhafte Beziehungspflege ist für Chinesen selbstverständlich. Das Prinzip des „face giving“ ist auch hier bedeutsam. Ein Unternehmen kann lokalen Behörden, Universitäten oder auch China als Reich der Mitte Gesicht geben, indem es zum Beispiel die Behörde (in deren Anwesenheit) vor potenziellen Investoren lobt, Tochterunternehmen in China nach westlichen Umwelt-, Qualitäts- und Sicherheitsstandards zertifizieren lässt oder auch von China aus regionale Umwelt- oder Sozialprojekte startet. Chinesen sind Strategen. Bündnisse werden geknüpft, um für beide Seiten eine Win-win-Situation zu schaffen. Für deutsche Zulieferer in China ist – unabhängig von ihrer Größe – das Beziehungsgefüge mit Kunden, lokalen Zulieferern, Behörden und der sozialen Umgebung des Unternehmens ein entscheidender Erfolgsfaktor. Geschäftsessen Essen zählt zu den beliebtesten Beschäftigungen der Chinesen und gibt einen nahezu perfekter Rahmen ab, um festgefahrene Verhandlungen wieder in Gang zu bringen; aber auch bei erfolgreichen Verhandlungen sollte spätestens nach deren Abschluss zu einem gemeinsamen Essen eingeladen werden. Was, wie und wie laut gegessen wird, unterscheidet sich recht stark von europäischen Sitten: Selten geht es leise zu bei Geschäftsessen, die häufig aus 15 oder mehr Gängen bestehen. Lautes Schmatzen, Schlürfen und oft auch Spucken ist an der Tagesordnung und nach fortgeschrittenem Alkoholgenuss nehmen die Essen vor allem am Abend oft „familiäre Züge“ an. Im Verlauf des Geschäftsessens, für das niemals eine getrennte Rechnung verlangt werden darf, wird der Gastgeber einen Toast ausbringen und eine kurze, höflich-freundschaftliche Tischrede halten, die nach einer kleinen Pause in ähnlichem Stil erwidert werden sollte. Geschenke Auch in China erhalten kleine Geschenke die Freundschaft; die Betonung liegt auf „klein“, denn die Geschenke sollten eindeutig nichts mit Bestechung bzw. Korruption zu tun haben.121 Kleine Geschenke wie Alkoholika, Rauchwaren, Süßigkeiten sowie typische deutsche Souvenirs (Bildbände vom Rhein, Bierkrüge oder Ähnliches) sind sehr willkommene Präsente und gemäß der Hierarchie der chinesischen Verhandlungspartner zu verteilen.
121
Korruption zählt zu den „fünf großen Übeln“ (Kampagne Mao Zedongs 1952 gegen Bestechung, Steuerhinterziehung, Diebstahl von Staatseigentum, Betrügereien bei der Erfüllung staatlicher Aufträge sowie Diebstahl von Wirtschaftsinformationen).
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Zu beachten ist dabei zum einem, dass die Geschenke auf Grund der symbolischen Wirkung farbenfroh (etwa rot oder gelb) und nicht weiß bzw. schwarz verpackt sein sollten, und zum anderen, dass sie in keinem Zusammenhang mit der Zahl 4 (si) stehen; denn das Wort „si“ wird wie der Begriff „sterben“ ausgesprochen und die Zahl 4 gilt dementsprechend als Unglückszahl. Gewogener Dolmetscher Ein weiterer Schlüssel zum Verhandlungs- und Geschäftserfolg besteht darin, den richtigen Dolmetscher zu finden. Immer wieder ist von geschäftlichen Misserfolgen zu hören, die auf unprofessionelle Dolmetscher zurückzuführen sind.122 Professionelle Dolmetscher sind nicht nur bloße Übersetzer des Gesagten, sie sind auch Mittler zwischen den Kulturen und sollten hochsensibel für „Zwischentöne“ sein, die der deutschen Verhandlungsseite verborgen bleiben. Ein guter Dolmetscher übersetzt nicht immer nur wörtlich, sondern auch sinngemäß, das heißt, er schwächt einerseits eventuelle deutsche Kritik ab und macht sie für Chinesen durch indirekte Kommunikation „erträglich“. Er versteht es andererseits aber auch, Misstöne zu deuten, die von chinesischer Seite zur Wahrung der Gesichter nur andeutungsweise zu hören sind. Zusätzlich zu diesen interkulturellen Fähigkeiten benötigt der Dolmetscher einen umfangreichen fachspezifischen Wortschatz. Es ist deshalb sinnvoll, schon im Vorfeld der Verhandlungen besondere Begriffe mit ihm zu klären bzw. genauer zu erläutern. Die Auswahl und Vorbereitung eines geeigneten Dolmetschers ist also recht zeitintensiv und sollte rechzeitig in die Planung einbezogen werden.
13.4 Personalmanagement – die richtigen Mitarbeiter gewinnen und richtig führen Nach erfolgreichen Verhandlungen beginnt für deutsche Investoren die eigentliche Herausforderung: die richtigen Manager und Mitarbeiter einzusetzen und die richtigen Führungstechniken umzusetzen. Kulturelle Aspekte nehmen Einfluss auf alle wesentlichen Bereiche des Personalmanagements, die in Abbildung 57 dargestellt sind. Eine simple Übertragung bewährter Vorgehensweisen und Maßnahmen führt deshalb in China nicht zum Erfolg. Besonders wichtig sind aber Anpassungen bei der Personalgewinnung und -führung.
122
Dolmetschen wird in China als eine vergleichsweise niedrige Dienstleistung angesehen; so ist es vorgekommen, dass der Dolmetscher seine eigenen Interessen verfolgte, indem er sich inhaltlich in die Verhandlungen einschaltete, um sich besser darzustellen bzw. um sich aufzuwerten. Bei sprachlichen Ungenauigkeiten wird dann auch nicht nachgefragt, denn dadurch könnte er an Gesicht verlieren.
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Die Auswahl der Führungskräfte für das China-Engagement ist entscheidend und sollte deshalb Aufgabe des Topmanagements sein. Von Beginn der China-Aktivitäten an zahlt es sich aus, wenn ein deutsches Unternehmen sich der Bedeutung und der Sensibilität dieses Themas bewusst ist und ihm hohe Aufmerksamkeit widmet. Personalgewinnung und -entwicklung
Personalmotivation und entlohnung
Personalmanagement
Personalführung
Personaleinsatz
Abb. 57: Aspekte des Personalmanagements (Quelle: eigene Darstellung) Der Aufbau des Engagements in China wird oft von einer deutschen Führungskraft geleitet, einem Expatriate-Manager. Deutsche Führungskräfte vor Ort müssen einerseits in der Lage sein, sich in die Besonderheiten der chinesischen Kultur hineinzuversetzen; andererseits ist es ihre Aufgabe, die Ziele und Werte der Muttergesellschaft zu verfolgen und umzusetzen. Beide Fähigkeiten sind selten in einer Person vereint. Klassische Auswahlkriterien wie etwa Dauer der Berufserfahrung und fachliche Kompetenz reichen nicht aus; ebenso wichtig sind Auslandserfahrung und kulturelles Verständnis. Ohne diese Qualitäten wird der Führungskraft schwer fallen, chinesische Mitarbeiter zu führen oder auch mit Geschäftspartnern zu kooperieren. Andererseits ist es für chinesische Manager ohne Auslandserfahrung schwierig, die Unternehmensziele und -kultur der deutschen Muttergesellschaft zu verstehen und umzusetzen. Erfolgreiche deutsche Unternehmen in China beginnen meist mit einer Doppelspitze. Ein deutscher Manager aus dem Stammhaus baut zusammen mit einem chinesischen Manager, der im Idealfall schon eine Weile im deutschen Stammhaus gearbeitet hat, das China-Geschäft auf. Dies hat den zusätzlichen Vorteil, dass mit einem lokalen Manager, der das Unternehmen verlässt, nicht das gesamte China-Wissen abfließt. In vielen Fällen hat sich eine sinnvolle Arbeitsteilung ergeben: Deutsche Manager konzentrieren sich auf Funktionen wie etwa Forschung und Entwicklung, Finanzen und Rechnungswesen sowie das Qualitätsmanagement, während lokale Manager die Produktion und den Vertrieb verantworten. Übernimmt ein chinesischer Manager das China-Geschäft komplett, sollte ein
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gutes Vertrauensverhältnis durch ein gutes Kontrollsystem ergänzt werden, auch um einen totalen Wissensabfluss im Falle eines Ausscheidens dieses Managers zu verhindern. Die Einbindung einheimischer Manager ist einer der Haupterfolgsfaktoren für Automobilzulieferer. Die Suche nach geeigneten Personen ist allerdings nicht einfach. Bestenfalls hat ein chinesischer Manager – zum Beispiel nach einem Studium in Deutschland – im deutschen Stammhaus gearbeitet und kennt die Kultur der deutschen Unternehmung. Gerade in den letzten Jahren ist aber auch in China eine neue Generation von fähigen und meist international ausgebildeten Managern herangewachsen, sodass Führungspotenziale auch vor Ort zu finden sind. Momentan sind chinesische Manager oft noch auf der zweiten ManagementEbene angesiedelt. Eine zunehmende Substitution von Expatriates ist auf Grund der kulturellen Eignung und auch aus Kostengründen aber schon erkennbar. Bisher sind die Kosten für Expatriates etwa zehnmal so hoch wie für einheimische Manager mit vergleichbarer Qualifikation. Der Wettbewerb der ausländischen Firmen um einheimische Talente verschärft sich aber derzeit so schnell, dass deren Gehälter sprunghaft ansteigen. Die Rekrutierung fähiger Manager ist generell schwierig, da Formalqualifikationen sehr schwer zu beurteilen sind, tatsächliche Qualifikationen aber sehr unterschiedlich ausfallen.123 Hilfreich ist hier die Einbindung eines lokalen Recruitment-Agenten. Gute Beziehungen zu Universitäten helfen bei der Anwerbung guter Mitarbeiter, der Beziehungsaufbau ist aber mittel- bis langfristig angelegt. Außerordentlich wichtig sind das Training und die Weiterbildung der chinesischen Manager. So viele von ihnen wie möglich sollten Zeit im deutschen Unternehmen verbringen, um die Unternehmenskultur zu erleben, die strategischen Ziele, Best Practices und den Führungsstil kennen zu lernen. Es ist wichtig, dass das chinesische Management die Unternehmenskultur und -atmosphäre fühlt. Dies ist die Voraussetzung, damit sie in China weiterverbreitet werden kann. Auch der Austausch von Fachkräften spielt eine wichtige Rolle für den Technologietransfer, die Entwicklung länderübergreifender Kommunikationsstrukturen und das Zugehörigkeitsgefühl. Letztendlich muss die Unternehmenskultur auch bei allen anderen Mitarbeitern ankommen – und das stellt hohe Ansprüche an die Führung. Fähige Manager zu haben ist zwar notwendig, aber nicht hinreichend für den Erfolg. Abbildung 58 verdeutlicht, wie wichtig der richtige Umgang mit chinesischem Personal für den Erfolg der Unternehmenstätigkeit in China ist. Generell gelten chinesische Mitarbeiter als motiviert. Einer der kulturellen Faktoren, der eine Adaption westlichen Führungsverhaltens nötig macht, ist die im Vergleich zu Deutschland ausgeprägte Hierarchieorientierung. „The sense of
123
Im Jahr 2004 haben in China etwa 440.000 Ingenieure ihre Ausbildung mit sehr unterschiedlicher Qualifikation abgeschlossen (in Deutschland waren es 40.000).
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hierarchy is absolute. Hierarchy overrules process“, so die Einschätzung eines Produktionsleiters in China. Konsequenzen für die Führung chinesischer Mitarbeiter sind zum Beispiel klare und personengebundene Anweisungen, deren Umsetzung eng kontrolliert und streng sanktioniert wird. 82%
77%
61%
29%
Bei Produktstart erfolgreiche Unternehmen
Aktuell weniger erfolgreiche Unternehmen
Abb. 58: Probleme mit einheimischem Personal (Quelle: Roland Berger Strategy Consultants (2003), a.a.O.) Zur Hierarchieorientierung gehört auch, dass die Akzeptanz einer Führungskraft deutlich abnimmt, wenn diese das Fehlverhalten eines Untergebenen nicht ahndet. Der Vorgesetzte nimmt die Rolle eines strengen, aber vorbildlichen Patriarchen ein, während der „Geringere“ sich zu Gehorsamkeit verpflichtet. Wichtig sind die Kongruenz der Anweisungen des mittleren und oberen Managements und auch die Kenntnis „interner“ chinesischer Hierarchien, die stark vom Senioritätsprinzip geprägt sind. Im Gegensatz zur Notwendigkeit direkter und klarer Anweisungen ist die direkte Diskussion von Problemen heikel, was wiederum großes Feingefühl bei der Äußerung von Kritik erfordert. Das Prinzip des „Gesichtwahrens“ erfordert indirekte Kommunikation, der aber trotzdem klare Sanktionen folgen. Dies wird von deutschen Managern oft als Widerspruch empfunden, ist aber lediglich eine zu akzeptierende kulturelle Ausprägung. Eine deutsche Führungskraft sollte sich zudem bewusst sein, dass Probleme von Seiten chinesischer Mitarbeiter nicht offen kommuniziert werden: „Employees hide the truth to look good or avoid penalties“, fasst eine Führungskraft in China ihre Erfahrungen zusammen. Traditionell orientierten sich Arbeitsverträge in China am Sanktions- und nicht am Anreizprinzip. Die Angst vor Fehlern ist nach wie vor ausgeprägt, ebenso gering ist die Offenheit für Veränderungen. Mitarbei-
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ter versuchen demzufolge, beispielsweise Maschinenfehler in der Produktion zu verschweigen und entwickeln ein erstaunlich hohes Ad-hoc-Potenzial, wenn es darum geht, Probleme zu vertuschen oder eilige Problemlösungen herbeizuführen. Andererseits bedingt die traditionelle Orientierung an einer Führungsspitze eine wenig entwickelte Kreativität; eine abwartende Haltung dominiert. Eine offene und partizipative Unternehmenskultur kann kreative Potenziale freisetzen, aber diese Entwicklung braucht eine Weile, selbst wenn die Führungskraft diese Werte vorlebt und Eigeninitiative der Mitarbeiter konsequent gefördert wird. Die Erfahrungen sind hier sehr unterschiedlich und reichen von einem Jahr bis zu zwei oder drei Jahren. Ebenso langwierig ist die Entwicklung eines westlichen Qualitätsund auch Sicherheitsverständnisses. In allen Fällen helfen die Vorbildfunktion des zuständigen Managers, Anreizsysteme (auch finanzieller Art) und eine konsequente Sanktionierung von Regelabweichungen, insbesondere in Bezug auf Qualität und Sicherheit. Entscheidend für die Verankerung des Kreativitätsanspruchs, des Qualitäts- und des Verantwortungsbewusstseins ist die Etablierung der deutschen Unternehmenskultur, die sich in mancher Hinsicht wiederum chinesischen Gegebenheiten anpassen muss. Die Unternehmenskultur nach China zu transferieren, erfordert sehr hohes Commitment. Um dieses Commitment zu zeigen, muss das ChinaEngagement Chefsache sein. Der CEO in großen Unternehmen, der Geschäftsführer in kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie andere Personen des Führungsteams müssen mehrmals im Jahr persönlich in China sein, um ihr Commitment intern und extern zu kommunizieren. Das ist ein symbolischer, aber äusserst wichtiger Schritt. Dies trägt auch dazu bei, die Bindung chinesischer Mitarbeiter an ein zumindest teilweise deutsches Unternehmen zu erhöhen. Insbesondere in vertriebsnahen Funktionen ist die Fluktuation sehr hoch (siehe Abbildung 59).
Produktion 2% Forschung und Entwicklung 20%
Finanzen 25%
Marketing und Vertrieb 25%
Abb. 59: Die Fluktuationspyramide (Quelle: eigene Darstellung)
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Chinesische Manager, die das Unternehmen verlassen, nehmen ihr gesamtes technologisches und sonstiges Wissen mit und bringen es in das nächste Unternehmen ein, ebenso Mitarbeiter aus der Produktion. Es liegt deshalb auf der Hand, die Fluktuation möglichst gering zu halten. Deutsche Unternehmen mit niedrigen Fluktuationsraten zeichnen sich durch eine Reihe von Maßnahmen aus, die die Bindung chinesischer Manager und Mitarbeiter an das Unternehmen erhöhen. •
Chinesen sind gerne stolz auf ihren Arbeitgeber. Dieser Stolz kann aus einer angesehenen, für Qualität bekannten Marke resultieren, aber auch gute Öffentlichkeitsarbeit und soziales Engagement sind wichtige Faktoren. Ebenso stolz sind chinesische Mitarbeiter, wenn das Unternehmen nach westlichen Standards (zum Beispiel ISO) zertifiziert ist.
•
Eine familiäre Atmosphäre und eine mit den chinesischen Werten kompatible Firmenkultur binden.
•
Karrierepfade und Weiterbildungsmöglichkeiten sowie die Aussichten auf internationale Erfahrungen sind für Chinesen wichtig. Dies wird unterstützt durch ein professionelles System der Personalevaluation und -beförderung.
Trotz aller Investitionen in eine erhöhte Mitarbeiterbindung besteht eine Abwanderungsgefahr, undurchsichtiges Netzwerkdenken führt sogar zur Abwanderung halber Belegschaften zu einer neu gegründeten chinesischen Firma. Schlüsselpositionen wie Finanzierung, Rechnungslegung und Qualitätsmanagement sollten deshalb in größeren Unternehmen eher von westlichen Mitarbeitern besetzt werden. In kleineren Unternehmen sind ein gutes Kontrollsystem und regelmäßige Kontrollbesuche unerlässlich. Häufige Kontakte per Telefon bzw. E-Mail sind ein grundsätzlicher Steuerungsweg, außerdem verlangen viele Unternehmen regelmäßige Berichte, um die Geschäftsentwicklungen zu kontrollieren. Weiterhin werden regelmäßige Treffen mit Managern der Zweigstelle oder Schulungen chinesischer Fachkräfte im Ausland arrangiert, um persönliche Kontakte herzustellen, die für die Kommunikation zwischen Mutter- und Tochterunternehmen nützlich sind. Das Ausmaß der Kontrolle hat aber ihre Grenzen. Beim chinesischen Manager, der normalerweise relativ große Entscheidungsfreiheit hat, ließe sich das Steuerungsziel effektiver durch ein passendes Anreizsystem erreichen. Bei der Gestaltung eines Anreizsystems ist grundsätzlich eine Entscheidung über die Höhe des fixen und variablen Anteils der Vergütung relevant. Eine fixe Vergütung umfasst nicht nur das Gehalt, sondern auch den Kauf einer Wohnung bzw. eines Autos oder die Zahlung der Krankenversicherung, Rentenversicherung, Arbeitsversicherung usw. Dies motiviert den Manager oft stärker als Geld allein. Bei der Bestimmung einer variablen Vergütung ist die Wahl der Bemessungsgrundlage wichtig. Um die Bemühungen des Managers entsprechend zu belohnen, müssen gewinnorientierte Kriterien ergänzt werden, beispielsweise um die Zahl der neu gewonnen Kunden, den Erfolg von Marktstudien und die Entwicklung neuer Servicekonzepte.
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Das Personalmanagement an die kulturellen Besonderheiten in China anzupassen, bedeutet allerdings nicht, dass ein deutsches Unternehmen bewährte Techniken über Bord wirft und in der Volksrepublik völlig neue Ansätze entwickelt. Die Herausforderung besteht darin, bewährte Techniken dann an chinesische Gegebenheiten anzupassen, wenn sich durch eine – oft nur geringfügige – Änderung oder Ergänzung eine wesentlich bessere Wirkung erzielen lässt.
Fazit Der chinesische Automobilmarkt wird in den kommenden Jahren weiterhin hohe Wachstumsraten erreichen. Strittig ist lediglich, ob dieses Wachstum kontinuierlich oder exponentiell sein wird. Externe Faktoren, wie die Abhängigkeit von Ölimporten und die steigenden Benzinpreise, das unzureichende Straßennetz und die nur langsame Entwicklung des Finanzierungsmarktes für Automobilkäufe können das Wachstum bremsen. Dennoch – auch mittlere Wachstumsprognosen befördern den chinesischen Automobilmarkt weltweit in die Spitzengruppe: 2012 wird China voraussichtlich Deutschland als drittgrößten Automobilproduzenten überholen und bis zum Jahr 2020 auch Japan und die USA hinter sich lassen. In jedem Fall steht fest: Ohne China geht es nicht – weder für Automobilproduzenten noch für Automobilzulieferer; allerdings wachsen die Anforderungen für Unternehmen vor Ort derzeit rasant. Die goldenen Zeiten neigen sich dem Ende zu, gefragt sind rasche Innovationen in Bezug auf Standortstrategien für China. Deutsche Automobilproduzenten profitieren gegenüber ihren heranwachsenden chinesischen Konkurrenten von ihrer technologischen Überlegenheit. Sie sind weit voraus, was Produkte, Prozesse aber auch Managementerfahrung angeht. Aller Voraussicht nach wird es 10 bis 20 Jahre dauern, bis chinesische Unternehmen diese Lücke schließen können. Deshalb ist es erklärte Absicht der chinesischen Regierung, nun außerhalb der ausländisch-chinesischen Joint Ventures technologische Kompetenz insbesondere in puncto Produktqualität und -design aufzubauen. Dass sie ihre ökonomischen Ziele sehr konsequent verfolgt, hat die chinesische Führung im vergangenen Jahrzehnt bereits mehrfach bewiesen. Diese Aufholjagd könnte also durchaus schneller vonstatten gehen als bisher angenommen. Chinesische Automobilproduzenten haben bereits begonnen, ausländische Ingenieure zu beschäftigen, ihre Zusammenarbeit mit weltweit tätigen Automobilzulieferern zu verstärken und ausländische Automobilunternehmen zu kaufen. Deutsche Automobilproduzenten können sich Marktanteile insbesondere im stark wachsenden Mittelklassesegment sichern – wenn sie den chinesischen Konsumenten besser verstehen. Dies erlaubt sowohl die Entwicklung „passender“ Automobile, als auch das richtige Markenmanagement. Die Marke muss mit Geschichte und Erfahrung, Kompetenz in Technologie, Finanzierung und Service befrachtet werden und durch lokal adaptierte Werbung und Vertriebsstrukturen schnell etabliert werden. Große Vorteile können deutsche Automobilbauer aus der derzeit schnellen Bewusstseinsbildung chinesischer Käufer in Bezug auf Sicherheit und Umwelt ableiten. Eine stabile Basis bieten auch die deutschen Automobile aus dem Luxuswagensegment – chinesische Käufer werden diese weiterhin aus Deutschland importieren wollen.
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Über den Export ihrer in China hergestellten Automobile müssen sich Automobilproduzenten dringend Gedanken machen. Bisher werden von den Produktionsstätten in China höchstens andere asiatische Entwicklungsländer beliefert. Die Integration des Standortes China in das globale Wertschöpfungsnetzwerk deutscher Unternehmen wird vermieden, einerseits um das Preisniveau in westlichen Märkten aufrechtzuhalten, andererseits um diese Exportgewinne nicht mit den chinesischen Partnern teilen zu müssen. Dass dieser Zustand dauerhaft haltbar ist, scheint Illusion. Im Gegensatz zum Automobilmarkt hat die Weltmarktexpansion chinesischer Automobilzulieferer längst begonnen. Weltweit sind die Preise in Produktsegmenten mit niedrigem bis mittleren Technologieanspruch in den vergangenen Jahren drastisch gefallen. Nicht nur durch das Angebot chinesischer Unternehmen, aber auch. Die Möglichkeit, sich dem Wettbewerb mit asiatischen Anbietern zu entziehen, haben Unternehmen im Automobilzulieferbereich nur noch durch technologisch anspruchsvolle Produkte und durch ein systemumfassendes Angebot. Bisher profitieren Unternehmen vor Ort von ihrer Überlegenheit in den Bereichen Technologie und Managementerfahrung. Die Umsetzung internationaler Standards in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Umweltschutz würde vorläufig helfen, diesen Vorsprung auf dem chinesischen Automobilzuliefermarkt auszuspielen. Chinesische Konkurrenten holen aber im Zuliefermarkt schneller auf als beim Automobilbau. Deutsche Unternehmen müssen deshalb ihre Vorteile aggressiver einsetzen, um die Potenziale des chinesischen Standortes tatsächlich realisieren zu können. Das Absatzmarktpotenzial kann von deutschen Automobilzulieferunternehmen besser ausgeschöpft werden, wenn sie zusätzlich zu ihren hochqualitativen Produkten eine zweite, „chinesische“ Produktlinie entwickeln, ihren Kundenstamm auf chinesische Automobilbauer diversifizieren und den Export der in China hergestellten Produkte stärker vorantreiben. Geeignete Vertriebsstrukturen und ein zentralisiertes, kulturell adaptiertes Markenmanagement sind ebenso essenziell. Das Kosteneinsparungspotenzial ist bisher insbesondere auf Grund kleiner Produktionsmengen und unzureichender Koordination der Aktivitäten in China nicht realisiert. Das nötige Maßnahmebündel umfasst beispielsweise Outsourcing an lokale Zulieferer und die konsequente Ausweitung des Einkaufs vor Ort. Die Integration der geografisch verstreuten, unkoordinierten Aktivitäten ermöglicht Synergieeffekte, aber auch ein besser auf die Bedürfnisse der Automobilbauer zugeschnittenes Angebot. Zugleich ist eine starke Organisation in China Voraussetzung für die Neudefinition dieses Standortes im globalen Wertschöpfungsnetzwerk des Unternehmens. Wird die geschlossene Betrachtung Chinas als Produktions- und Absatzmarkt zu Gunsten einer globalen Rolle im Gesamtunternehmensverbund aufgegeben, bedeutet dies einen Quantensprung bei der effizienten Arbeitsteilung in global operierenden Unternehmen. Die innovativen Designer der Wertschöpfungskette werden den zunehmend globalen Wettbewerb um Markenund Marktanteile für sich entscheiden.
Anhang 1
Wichtige Gesetze der Volksrepublik China
Rechtsverfolgung •
Arbitration Law of the PRC (1.9.1995)
•
Provision on the Registration Commissions (1.9.1995)
•
Provisions on Collecting Arbitration Fees by Arbitration Commissions (1.9.1995)
Allgemeines Zivilrecht und Handelsrecht •
Foreign Economic Contract Law of the PRC (1.7.1985)
•
General Principles of the Civil Law of the PRC (1.1.1987)
•
Some Explanations of the Supreme People’s Court regarding the Applicability of the Foreign Economic Contract Law (19.10.1987)
•
Economic Contract Law of the PRC (Neufassung v. 2.9.1993)
•
PRC Foreign Trade Law (1.7.1994)
•
MOFTEC Regulations on Export License Control of the PRC (1.6.1996)
Gewerblicher Rechtschutz, Technologietransfer, Wettbewerbsund Verbraucherschutzrecht •
PRC Regulations (24.5.1985)
•
Procedures for the Examination and Approval of Technology Import Contracts (18.9.1985)
•
Detailed Rules and Regulations for the Implementation of the Regulations on Administration of Technology Import Contracts of the PRC (20.1.1988)
•
Copyright Law of the PRC (1.6.1991)
•
Copyright Law Implementing Rules (1.6.1991)
on
Technology
Import
Contract
Administration
156 •
Regulation on the Implementation of the International Copyrights Act (25.9.1992)
Repräsentanzen, Gesellschaftsrecht und Direktinvestitionsrecht •
Regulations regarding the Implementation of the Law of the PRC on Equity Joint Ventures (20.9.1983)
•
Wholly Foreign Owned Enterprise Law of the PRC (12.4.1986)
•
Bestimmungen des Staatsrates der VR China zur Förderung ausländischer Investitionen (11.10.1986)
•
Provisional Regulations concerning the Ratio between Registered Capital and Total Amount of Investment of Sino-Foreign Equity Joint Ventures (1.3.1987)
•
Several Provisions Concerning the term of Capital Contribution by each Party for Chinese – Foreign Equity Joint Ventures (1.3.1988)
•
Law of the PRC on Chinese-Foreign Cooperative Joint Ventures (13.4.1988)
•
Regulations of the PRC on the Administration of Registration as Enterprise Legal person (1.7.1988)
•
Law of the PRC on State-owned Industrial Companies (1.8.1988)
•
Law of the PRC on Equity Joint Ventures (4.4.1990)
•
Rules for the Implementation of the Wholly Foreign Owned Enterprise Law of the PRC (12.9.1990)
•
Interim Provisions concerning the Terms of Chinese-Foreign Equity Joint Ventures (22.10.1990)
•
MOFERT’s Explanations regarding the Rules for the Implementation of the Wholly Foreign Owned Enterprise Law of the PRC
•
Interim Provisions Concerning Certain Issues on the Establishment of Foreign Investment Companies Limited by Shares (10.1.1995)
•
Detailed Rules of the MOFTEC on the Approval and Control of Resident Representative Offices of Foreign Enterprises (17.3.1995)
•
Detailed implementing Rules of the Law of the PRC on Sino-Foreign Cooperative Joint Ventures
•
Listing of Foreign Investment Shares Inside China by a Company Limited by Shares Provisions Implementing Rules (25.12.1995)
157 •
MOFTEC; Problems Concerning the ‘Establishment of Companies with an Investment Nature by Foreign Investors Tentative Provisions’ Explanation (Erlass v. 16.2.1996)
•
Measures for the Liquidation of Foreign Investment Enterprises (9.7.1996)
•
MOFTEC, Implementation of Several Articles of the ‘PRC Sino-Foreign Cooperative Joint Venture Law Implementing Rules’ Explanation (Erlass v. 22.10.1996)
•
Guidance List for Foreign Investment (1.1.1998)
Arbeitsrecht •
Trade Union Law of the PRC (3.4.1992)
•
Regulations on Labour Management in Foreign-funded Enterprises (11.8.1994)
•
Labour Law of the PRC (1.1.1995)
Sachenrecht, Miete/Pacht, Baurecht •
Law of the PRC on the Administration of Land (1.1.1987)
Steuerrecht •
Regulations Concerning Encouragement of Foreign Investment (11.10.1986)
•
Regulations of the PRC Concerning Foreign Invested Enterprise Income Tax (1.7.1991)
Sonstiges •
Law of the PRC on Exclusive Economic Zones and Continental Shelves (26.6.1998)
2
Inhalt des Equity-Joint-Venture-Vertrags
•
General Provisions
•
Parties of the Joint Venture
158 •
Establishment of the Joint Venture
•
Purpose, Scope and Scale of Production and Business
•
Total Amount of Investment and Registered Capital
•
Responsibilities of Each Party to the Joint Venture
•
Transfer of Technology
•
Selling of Products
•
Board of Directors
•
Business Management Office
•
Purchase of Equipment
•
Preparation and Construction
•
Labour Management
•
Taxes, Finance and Audit
•
Duration of the Joint Venture
•
Disposal of Assets After the Expiration of the Duration
•
Insurance
•
Amendment, Alteration and Discharge of the Contract
•
Liabilities for Breach of Contract
•
Force Majeure
•
Applicable Law
•
Settlement of Disputes
•
Language
•
Effectiveness of the Contract and Miscellaneous
3
Inhalt der Articles of Association
•
General Provisions
•
Purpose and Scope of Business
•
Total Amount of Investment and the Registered Capital
•
Board of Directors
159 •
Business Management Organization
•
Finance and Accounting
•
Profit Sharing
•
Staff and Workers
•
Trade Union Organization
•
Duration, Termination and Liquidation
•
Rules and Regulations
•
Supplementary Articles
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