Beate Kremin-Buch Strategisches Kostenmanagement
Beate Kremin-Buch
Strategisches Kostenmanagement Grundlagen und mod...
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Beate Kremin-Buch Strategisches Kostenmanagement
Beate Kremin-Buch
Strategisches Kostenmanagement Grundlagen und moderne Instrumente Mit Fallstudien
4., uberarbeitete Auflage
GABLER
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Pubiikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet uber abrufbar.
Professor Dr. Beate Kremin-Buch lehrt Rechnungswesen und Controlling an der Fachhochschule Ludwigshafen.
1. Auflage 1998
3., uberarbeitete Auflage Februar 2004 4., uberarbeitete Auflage April 2007 Alle Rechte vorbehalten © Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2007 Lektorat: Jutta Hauser-Fahr I Walburga Himmel Der Gabler Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschlief^lich aller seiner Telle ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung aufterhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden diirften. Umschlaggestaltung: Ulrike Weigel, www.CorporateDesignGroup.de Druck und buchbinderische Verarbeitung: MercedesDruck, Berlin Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany
ISBN 978-3-8349-0329-7
Vorwort zur vierten Auflage Das „Strategische Kostenmanagement" hat sich mittlerweile etabliert. Das macht die vierte Auflage erforderlich. Hierfiir wurden die Textpassagen emeut iiberarbeitet und diverse Erganzungen vorgenommen. Der Relaunch war stets von dem Bestreben getragen, die von den Lesem sehr gesch^tzte Kompaktheit des Buches nicht aufzubrechen. Hoffentlich ist das gelungen und es entsteht nicht der Eindruck „in magnis et voluisse sat est". Wie immer gilt mein tiefempfundener Dank meinem Mann, Prof. Dr. Joachim Buch, und unserem Sohn, Oliver Buch. Beide geben mir die Kraft, mit den Unzulanglichkeiten meiner Arbeit leben zu konnen. AuBerdem danke ich den zahlreichen Lesem, die sich die nicht selbstverstandliche Mtihe gemacht haben, auf Ungenauigkeiten oder weiteren EriSuterungsbedarf hinzuweisen. Selbstverstandlich gehen alle noch verbliebenen Fehler allein zu meinen Lasten. Uber weitere Anregungen und Kritik wUrde ich mich sehr freuen. Frankfurt, im Februar 2007
Beate Kremin-Buch
VI
Vorwort
Vorwort zur ersten Auflage Das strategische Kostenmanagement gewinnt gegentiber der traditionellen Kostenrechnung zunehmend an Bedeutung. Bei Durchsicht der Literatur fallt jedoch auf, dass die Instrumente des strategischen Kostenmanagement, insbesondere ii das Fixkostenmanagement, ^ die Prozesskostenrechnung, » das Target Costing, H das Product Lifecycle Costing, ii das Cost Benchmarking, haufig isoliert dargestellt werden. Es ist daher ein besonderes Aniiegen dieses Lehrbuches, die Instrumente nicht nur pragnant und leicht verstandlich mit vielen Zahlenbeispielen zu charakterisieren, sondem dartiber hinaus ihren kombinierten Einsatz zu beschreiben. Dazu dienen zahlreiche Fallstudien, die dem Leser die Integration schrittweise verdeutlichen. Wie immer gilt mein besonderer Dank meinem Mann, dessen konstruktive Kritik stets den Kern der Sache trifft und der wesentlich zum Gelingen des Buches beigetragen hat. Sollten dennoch Fehler verblieben sein, gehen sie selbstverstandlich zu meinen Lasten. Fiir Anregungen und Kritik ware ich dankbar. Frankfurt, im Marz 1998
Beate Kremin-Buch
Inhaltsverzeichnis Vorwort zur vierten Auflage
V
Vorwort zur ersten Auflage
VI
Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Abkiirzungs- und Symbolverzeichnis 1. Grundlagen des strategischen Kostenmanagement 1.1 Von der Kostenrechnung zum strategischen Kostenmanagement
VII X XIII 1 1
1.2 Management zur Beeinflussung der Kosten 1.2.1 Kostenniveau-Management 1.2.2 Kostenverlauf-Management 1.2.3 Kostenstruktur-Management
13 13 14 20
2. Instrumente des strategischen Kostenmanagement
23
2.1 Fixkostenmanagement 2.1.1 Zielsetzungen 2.1.2 Erhohung der Fixkostentransparenz als Grundlage fur Abbauentscheidungen 2.1.2.1 Kostenartenmethode 2.1.2.2 Vertragspotenzialdatenbanken 2.1.2.3 Eigentumspotenzialdatenbanken 2.1.3 Abbauhemmnisse fixer Kosten 2.1.4 Kritische Wlirdigung 2.2 Prozesskostenrechnung 2.2.1 Entwicklungsgriinde 2.2.2 Merkmale 2.2.3 Prozesskostenstellenrechnung 2.2.4 Prozessorientierte Kalkulation 2.2.5 GemeinkostencontroUing 2.2.6 Ausgewahlte Probleme bei der Einfuhrung und Anwendung der Prozesskostenrechnung 2.2.7 Kritische Wurdigung 2.2.8 Integration von Prozesskostenrechnung und Fixkostenmanagement
23 23 24 24 26 31 32 33 34 34 36 40 62 78 87 88 93
VIII
Inhaltsverzeichnis
2.3 Target Costing 2.3.1 Grundidee 2.3.2 Schlusselkonzept 2.3.3 Zielkostenspaltung 2.3.4 Integration von Target Costing und Prozesskostenrechnung 2.3.5 ZielkostenkontroUdiagramm 2.3.6 Spezielle Aspekte des Target Costing 2.3.6.1 Target Costing in besonderen Branchen 2.3.6.2 Target Costing als Controllingansatz im Lean Management 2.3.6.2.1 Grundzuge des Lean Management 2.3.6.2.2 Unterstiitzung des Lean Management durch das Target Costing 2.3.6.3 Multi Market Target Costing 2.3.6.3.1 Problemkranz 2.3.6.3.2 Anforderungen an ein Multi Market Target Costing 2.3.7 Kritische Wurdigung 2.4 Product Lifecycle Costing 2.4.1 Grundidee 2.4.2 Investitionsorientierter Ansatz 2.4.2.1 RechengroBen 2.4.2.2 Konzept 2.4.3 Deckungsbeitragsorientierter Ansatz 2.4.3.1 RechengroBen 2.4.3.2 Konzept 2.4.4 Kritische Wurdigung 2.4.5 Integration von Target Costing, Product Lifecycle Costing und Prozesskostenrechnung 2.5 Cost Benchmarking 2.5.1 Grundztige des Benchmarking 2.5.2 Zielsetzung des Cost Benchmarking 2.5.3 Abgrenzung von Cost Benchmarking und Kaizen Costing 2.5.4 Cost Benchmarking-Prozess 2.5.5 Kritische Wurdigung 2.5.6 Integration von Target Costing, Prozesskostenrechnung und Cost Benchmarking
117 117 119 123 132 140 143 143 153 153 158 161 161 164 177 181 181 184 184 186 198 198 198 202 204 227 227 237 237 238 239 241
Inhaltsverzeichnis
3. Strategisches Kostenmanagement zur Steigerung des Shareholder Value
IX
263
3.1 Problemfeld
263
3.2 Charakteristik des Shareholder Value und der MessgroBen EVA™undCFROI 3.2.1 Shareholder Value 3.2.2 Economic Value Added (EVA™) 3.2.3 Cash Flow-Return on Investment (CFROI)
264 264 269 271
3.3 Unterstiitzung des Shareholder Value durch das Strategische Kostenmanagement 3.3.1 Ansatzpunkte zur Steigerung des Shareholder Value und seiner periodischen MessgroBen EVA™ und CFROI 3.3.2 Ausgewahlte Instrumente des Strategischen Kostenmanagement 3.3.2.1 Fixkostenmanagement 3.3.2.2 Prozesskostenrechnung
272 273 273 275
3.4 Fazit
278
272
Literaturverzeichnis
279
Stichwortverzeichnis
289
Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Kostenstrukturveranderungen deutscher Industrieuntemehmen im Zeitablauf... 7 Abb. 2: Entstehung der Wertschopfting
9
Abb. 3: Verwendung der Wertschopfiing
10
Abb. 4: Entstehung und Verwendung der Wertsch5pfung bei der Friatec AG
11
Abb. 5: Wertschopfiingskette nach Porter
12
Abb. 6: Ursachen von Erfahrungseffekten
16
Abb. 7: Erfahrungsraten im Erfahrungskurvenkonzept
17
Abb. 8: Erfahrungskurve
19
Abb. 9: Struktur eines Fixkostenmanagement-orientierten Kostenartenplans fur Personalkosten
24
Abb. 10: Fixkostenmanagement-orientierter Betriebsabrechnungsbogen
25
Abb. 11: Feldbeschreibung einer Vertragspotenzialdatenbank
27
Abb. 12: Ubersicht uber Vertragsarten
28
Abb. 13: Vertragsanalyse nach Ktindigungsfristen
30
Abb. 14: Feldbeschreibung einer Eigentumspotenzialdatenbank
31
Abb. 15: Kalkulationsschema der traditionellen Vollkostenrechnung und der Prozesskostenrechnung Abb. 16: Aufbau der Prozesskostenrechnung
37 40
Abb. 17: Fragebogen zur Istaufhahme der Organisationsstruktur nach Nordsieck (1964)
45
Abb. 18: Prozesshierarchie
46
Abb. 19: Beziehungen zwischen Kostentreibem und Kostentragem
51
Abb. 20: Verdichtung von Teilprozessen zu Hauptprozessen in einem Industriebetrieb
52
Abb, 21: Prozesshierarchie in einem Krankenhaus
53
Abb. 22: Kostentreiber-ZProzesskoeffizienten-Struktur
54
Abb. 23: Prozessorientierte Kalkulation einer Angioplastie
62
Abb. 24: GemeinkostencontroUing in der Prozesskostenrechnung
86
Abb. 25: SchlUsselkonzept des Target Costing
119
Abb. 26: Methoden der Conjoint-Analyse
125
Abbildungsverzeichnis
XI
Abb. 27: Informationen eines cost table
131
Abb. 28: Zielkostenkontrolldiagramm
142
Abb. 29: Anwender von Target Costing in Japan
143
Abb. 30: Vergleich des industriellen mit dem krankenhausorientierten Target Costing
149
Abb. 31: Specifical Clinical Pathway of Care
150
Abb. 32: Schltisselkonzept des Lean Management
154
Abb. 33: Preisdifferenzierung bei IKEA
162
Abb. 34: Produktdifferenzierung bei VW
163
Abb. 35: MMTCLanderspezifische Zielkosten eines Konsumguts
165
Abb. 36: MMTCLanderspezifische Gewichtung der Funktionen eines Konsumguts Abb. 37: MMTC_Ausma6 der FunktionenerfuUung eines Konsumguts durch
166
die Produktkomponenten Abb. 38: MMTC_Auspragungen der Produktkomponenten eines Konsumguts Abb. 39: MMTCLanderspezifische Bedeutung der Produktkomponenten eines Konsumguts (1) Abb. 40: MMTCLanderspezifische Bedeutung der Produktkomponenten eines Konsumguts (2)
166 167 168 169
Abb. 41: MMTC_Landerspezifische Zielkostenanteile der Produktkomponenten eines Konsumguts
170
Abb. 42: MMTCAusgangskonfiguration der Produktkomponenten
171
Abb. 43: MMTCModifizierte Konfiguration der Produktkomponenten
176
Abb. 44: Lebenszyklus eines Produkts
181
Abb. 45: Lebenszyklusbezogene Kosten- und Erloskategorien
182
Abb. 46: Anteile unterschiedlicher Bereiche an Kostenfestlegung und Kostenanfall bezogen auf die Produktselbstkosten
183
Abb. 47: Fehlerkostenprogression
197
Abb. 48: Produktlebenszyklusbezogene Deckungsbeitragsrechnung als Fortfiihrung periodischer Deckungsbeitragsrechnungen Abb. 49: Lebenszyklusrechnung into Abb. 50: Lebenszyklusrechnung in ti
199 208 213
Abb. 51: Lebenszyklusrechnung in t2
215
Abb. 52: Lebenszyklusrechnung in ty
218
XII
Abbildungsverzeichnis
Abb. 53: Beispiele fiir Benchmarks
228
Abb. 54: Benchmarking-Arten nach dem Vergleichspartner
229
Abb. 55: Bewertung der Benchmarking-Arten
232
Abb. 56: Beispiel fur einen Benchmarking-Prozess
236
Abb. 57: Schematische Herleitung des Shareholder Value
269
Abkiirzungs- und Symbolverzeichnis ./.
abzuglich
A.
Angioplastie
Abb.
Abbildung
abbaub., abb.
abbaubar
abbf.
abbaufahig
ABC
Activity Based Costing
ABS
Anti-Blockiersystem
ACA
Adaptive Conjoint-Analyse
AG
Aktiengesellschaft
akt.
aktivierte
ASR
Antriebsschlupfregelung
At
Auszahlungen am Ende der Periode t
Aufl.
Auflage
AUS-$
Australien Dollar
Ausprag.
Auspragung
B.
Beschafflingsvorgang
BASF
Badische Anilin- und Soda-Fabrik
Bd.
Band
Beob.
Beobachtung
Besch.-Abw.
Beschaftigungsabweichung
Best.
Bestellung
BFuP
Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis
bzw.
beziehungsweise
CA
Conjoint-Analyse
ca.
circa
CAPM
Capital Asset Pricing Model
CBCA
Choice-Based Conjoint-Analyse
XIV
Abkurzungs- und Symbolverzeichnis
CD
Compact Disc
CFROI
Cashflow-Returnon Investment
c.p.
ceteris paribus
CVA
Cash Value Added
D
Deutschland
DAX
Deutscher Aktienindex
DC
Drifting Costs
d.h.
das heiBt
DRG
Diagnosis Related Groups
EDS
Elektronische Differenzialsperre
EDV
Elektronische Datenverarbeitung
ESP
Elektronisches Stabilitatsprogramm
Et
Einzahlungen am Ende der Periode t
etal.
et alteri (und andere)
etc.
et cetera
€
Euro
EVA™
Economic Value Added
F
Frankreich
F.
Funktion
f., ff.
folgende
FEK
Fertigungseinzelkosten
Fert.-Auftr.
Fertigungsauflrag
Fert.-Std., F.-Std.
Fertigungsstunde (n)
FGK
Fertigungsgemeinkosten
Fs.
Fertigungsstufe
F&E
Forschung und Entwicklung
Ft
Spielraum fiir Funktionsverbesserung
G
GroBbritannien
GmbH
Gesellschaft mit beschrankter Haftung
GPKR
Grenzplankostenrechnung
Abkiirzungs- und Symbolverzeichnis GWA
Gemeinkosten-Wertanalyse
H.
Heft
HCA
Hybride Conjoint-Analyse
HP
Hauptprozess
hrsg.
herausgegeben
I
Italien
i
KalkulationszinsfuB
i.d.R.
in der Kegel
i.e.S.
im engeren Sinne
IT
Informationstechnologie
JfB
Journal fur Betriebswirtschaft
K
Kapitalwert
km
Kilometer
Komp.,,K.
Komponente (n)
K*
Kostensenkungsbedarf
Kostenstellenrechn.
Kostenstellenrechnung
kbits
kilo binary digits
kW
Kilowatt
1
Liter
LF
Lieferant
LG
Leasing
Imi
leistungsmengeninduziert
Imn
leistungsmengenneutral
^3
Kubikmeter
m Masch. -Std., M.-Std.
Maschinenstunde (n)
m.a.W.
mit anderen Worten
MEK
Materialeinzelkosten
MGK
Materialgemeinkosten
MIS
Management-Informations-System
MJ
Mannjahr
XV
XVI
Abklirzungs- imd Symbolverzeichnis
MMTC
Multi Market Target Costing
Mon., M.
Monat (e)
n
Lebenszyklus
Nr.
Nummer
0. a.
Oder ahnliche (s)
P.
Prozess
P., Per.
Periode
p. a.
per annum
Pkw
Personenkraftwagen
P.-Nr.
Personalnummer
£
Englische Pfiind
Pos., P.
Position
QS
Qualitatssicherung
r
Zinssatz beim Kapitalwert von Null
Rep.
Reparatur
ROI
Return on Investment
S.
Seite
SGP-$
Singapore Dollar
Sp.
Spalte
St.
Stuck
Z
Summe
T.
Teil (e)
t
Periodenindex
TC
Target Costs
TCA
Traditionelle Conjoint-Analyse
TDM
Tausend Deutsche Mark
TP
Teilprozess
trad.
traditionell
u.a.
unter anderem
USA
United States of Amerika
Abktirzungs- und Symbolverzeichnis US-$
United States Dollar
USP
unique selling proposition
usw.
und so weiter
V.
von
Var.
Variante
var.
variabel
VDI
Verein Deutscher Ingenieure
Verr.-Satz
Verrechnungssatz
Vertr.
Vertrieb
Verw.
Verwaltung
vgl.
vergleiche
Vol.
Volume
VW
Volkswagen
w.
Wartung
wacc
weighted average cost of capital
WiSt
Wirtschaftswissenschaftliches Studium
WISU
Das Wirtschaftsstudium
z.B.
zum Beispiel
ZBB
Zero-Base-Budgeting
ZfB
Zeitschrift fur Betriebswirtschaft
zfbf
Zeitschrift fiir betriebswirtschaftliche Forschung
ZfCM
Zeitschrift fur Controlling und Management
ZI
Zielkostenindex
ZS
Zuschlagssatz
(1+ir
Abzinsungsfaktor
XVII
1.
Grundlagen des strategischen Kostenmanagement
1.1
Von der Kostenrechnung zum strategischen Kostenmanagement
Betrachtet man die Entwicklung der Kostenrechnung im Zeitablauf, so steht am Anfang die traditionelle Vollkostenrechnung. Wie ihr Name schon sagt, verrechnet die VoUkostenrechnung die vollen Kosten auf die Kostentrager (Endprodukte), d.h. die Einzelkosten sowie den jeweiligen Anteil der Kostentrager an den Gemeinkosten. Unter den Kostentrager-Einzelkosten versteht die Vollkostenrechnung solche Kosten, die sich flir die Kostentrager direkt erfassen lassen. Dazu gehoren z.B. die Fertigungslohne, weil sich die zeitliche Beanspruchung der Fertigungskostenstellen durch die Endprodukte erfassen und mit dem entsprechenden Lohnsatz bewerten lasst. Unter den Kostentrager-Gemeinkosten versteht sie solche Kosten, die sich nur fiir mehrere Kostentrager gemeinsam erfassen lassen. Ein Beispiel fiir solche Gemeinkosten ist das Gehalt des Meisters in der Fertigung. Der Verrechnung der vollen Kosten auf die Kostentrager liegt das Verursachungsprinzip in folgender Interpretation zu Grunde: Letztlich entstehen alle Kosten im Unternehmen nur deshalb, weil die Kostentrager als Endprodukte am Markt abgesetzt werden. Folglich miissen auch die Kostentrager alle Kosten tragen bzw. mussen alle Kosten auf die Kostentrager verrechnet werden. Die Verrechnung der vollen Kosten auf die Kostentrager fmdet sich auch in den Systemen der Plankostenrechnung, namlich in der starren Plankostenrechnung und der flexiblen Plankostenrechnung auf Vollkostenbasis. Als Systeme der Plankostenrechnung werden alle Verfahren bezeichnet, bei denen fiir bestimmte Planperioden im Voraus die Verbrauchsmengen und die Preise aller Kostenguter geplant und daraus Plankosten abgeleitet werden. Im Zeitablauf wurde die Vollkostenrechnung heftig kritisiert. Folgende Kemprobleme wurden erkannt: 1. Willkurliche Verrechnung der Gemeinkosten, 2. Kalkulationsproblem, 3. Proportionalisierung fixer Kosten.
Grundlagen des strategischen Kostenmanagement Zu 1. Willkurliche Verrechnung der Gemeinkosten In der traditionellen Vollkostenrechnung werden Gemeinkosten in mehreren Phasen geschlusselt: H In der ersten Phase schltisselt man im Rahmen der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung die Einzelkosten der Hilfskostensteilen - das sind gleichzeitig die Gemeinkosten der Endkostenstellen - auf die Endkostenstellen. H In der zweiten Phase werden die Kosten der Endkostenstellen - das sind gleichzeitig die Gemeinkosten der Kostentrager - auf die Kostentrager geschliisselt. So werden z.B. die Materialgemeinkosten auf der Basis der Materialeinzelkosten verteilt. Jede Schliisselung von Gemeinkosten ist aber willktirlich, weil es gerade Kennzeichen der Gemeinkosten ist, fiir mehrere Objekte wie Kostenstellen oder Kostentrager gemeinsam anzufallen. Aus dieser Sicht ist die Schliisselung von Gemeinkosten generell abzulehen. Zu 2. Kalkulationsproblem Bei der Ermittlung von Angebotspreisen nach dem Schema VoUkosten + Gewinnaufschlag = Angebotspreis wird der Angebotspreis alleine aus den aktuellen Gegebenheiten im Untemehmen abgeleitet. Anders ausgedruckt: Die Nachfrage- und Konkurrenzsituation wird nicht berucksichtigt. Dadurch besteht die Gefahr, dass man sich „aus dem Markt" kalkuliert. Zu 3. Proportionalisierung fixer Kosten Fixe Kosten sind Kosten, die von einer EinflussgroBe (z.B. der Beschaftigung) unabhangig sind. Variable Kosten sind Kosten, die von einer EinflussgroBe (z.B. der Beschaftigung) abhSngig sind. Durch die Verrechnung der voUen Kosten auf die Endprodukte werden die Fixkosten proportionalisiert. Dadurch kann es zu Fehlentscheidungen kommen.
Von der Kostenrechnung zum strategischen Kostenmanagement Beispiel: Ein Produkt wird in zwei Varianten hergestellt: Variante A
Variante B
10 000 Stuck
8 000 Stiick
Preis/Stuck
10€
14 €
Variable Kosten/Stiick
5€
66
Menge/Periode
Die Fixkosten der Periode betragen 108 000 €, d.h. je Stiick 108 000 e : 18 000 Stuck = 6 €/Stuck Bei Verrechnung der vollen Kosten auf die Endprodukte ergibt sich dann folgende Rechnung: A
B
Preis/StUck
10€
14€
variable Kosten/Stuck
5€
6€
- fixe Kosten/Stiick
6€
6€
= Nettoergebnis/Stilck
-1€
+ 2€
-
Aus dieser Rechnung lasst sich folgende Entscheidung ableiten: Elimination von Variante A, da sie ein Verlustbringer ist. Diese Entscheidung ware aber eine Fehlentscheidung, wie der Vergleich der Periodenergebnisse mit und ohne Elimination zeigt. Periodenergebnis mit Elimination von Variante A: Umsatz
8 000SttickBxl4€/Stuck =
112000€
-
variable Kosten
8 000 Stuck Bx 6€/Stuck =
48 000 €
-
Fixkosten
= Verlust
108 000 € - 44 000 €
i
Grundlagen des strategischen Kostenmanagement Periodenergebnis ohne Elimination von Variante A: Umsatz
- variable Kosten
8 000 Stuck B X 14 e/Stuck =
112 000 €
10 000 Stuck A X 10 €/StUck =
100 000 €
8 000 Stuck Bx 6e/StUck =
48 000 €
10 000 Stuck Ax 5€/Sttick =
50 000 €
- Fixkosten
108 000 6
= Gewinn
+ 6 000 €
Erkiarung: Die Elimination von A ware eine Fehlentscheidung, weil die Variante zwar keinen Nettogewinn/Stuck erbringt, aber einen Beitrag zur Deckimg der Fixkosten in Hohe von 5 €/Stuck bzw. 50 000 €/Periode. Dieser geht bei der Elimination verloren: Preis/StUck
10€
- variable Kosten/Sttick
5€
= Beitrag zur Deckung der fixen Kosten/Stuck
5e
1
50 000 €
1
44 000 €
1
10 000Stuckax5€/Stuck = Beitrag zur Deckung der fixen Kosten/Periode Probe: Periodenergebnis mit Elimination
-
+ Beitrag zur Deckung der fixen Kosten (Produkt A)
+ 50 000 6
= Periodenergebnis ohne Elimination
+
6 000 €
Von der Kostenrechnung zum strategischen Kostenmanagement Aus der Kritik an der Vollkostenrechnung entwickelten sich verschiedene Teilkostenrechnungen. Gemeinsames Kennzeichen aller Teilkostenrechnungen ist, dass sie nur Telle der Kosten auf die Kostentrager verrechnen. Der wesentliche Unterschied bei den Teilkostenrechnungen besteht darin, dass sie unterschiedliche Teilkosten auf die Kostentrager verrechnen. Das amerikanische Direct Costing, die Fixkostendeckungsrechnung sowie die flexible Plankostenrechnung auf Teilkostenbasis (Grenzplankostenrechnung) verrechnen als Teilkosten die variablen Kosten. Dabei ermitteln das Direct Costing und die Fixkostendeckungsrechnung die variablen Kosten auf Grund des Abhangigkeitsverhaltens gegeniiber einer BezugsgroBe - der Beschaftigung. Dagegen ermittelt die flexible Plankostenrechnung auf Teilkostenbasis die variablen Kosten anhand eines komplexen BezugsgroBensystems, das alle wesentlichen KosteneinflussgroBen erfasst. Hinter der Zurechnung der variablen Kosten auf die Kostentrager steht wiederum das Verursachungsprinzip, allerdings in einer anderen Interpretation als in der traditionellen Vollkostenrechnung. Danach verursachen die Kostentrager nur die Kosten, die sich andem, wenn sich die Herstellung der Kostentrager mengenmaBig andert - und das sind die variablen Kosten. Folglich sind auf die Kostentrager auch nur die variablen Kosten zu verrechnen. Dagegen spielt die Differenzierung in fixe und variable Kosten bei der Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung nach Riebel (1990) nur eine untergeordnete Rolle. Sie verrechnet als Teilkosten auf die Kostentrager nur die Einzelkosten der Kostentrager. Einzel- und Gemeinkosten werden hierbei aber anders interpretiert als in der klassischen Vollkostenrechnung. Die klassische Vollkostenrechnung spricht von Kostentrager-Einzelkosten, wenn sich Kosten fur einen Kostentrager direkt erfassen lassen. Die Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung spricht davon abweichend dann von Kostentrager-Einzelkosten, wenn sich Kosten nach dem Identitatsprinzip dem Kostentrager direkt zurechnen lassen. Das Identitatsprinzip konkretisiert das Verursachungsprinzip. Es besagt, dass nur solche Kosten und Kostentrager einander gegeniiberzustellen sind, die auf einen identischen dispositiven Ursprung (auf eine identische Entscheidung) zuruckzufuhren sind. Gemeinkosten der Kostentrager sind entsprechend solche Kosten, die sich nach dem Identitatsprinzip nicht einem Kostentrager alleine, sondem nur mehreren Kostentragem gemeinsam zurechnen lassen, Kostentrager-Einzelkosten nach der Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung konnen variable Kosten der Kostentrager sein, mtissen es aber nicht. So werden z.B. in der flexiblen Plankostenrechnung auf Teilkostenbasis Fertigungszeitlohne als variable Kosten der Kostentrager angesehen. Dagegen sind sie in der Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung Kostentrager-Gemeinkosten, well sie auf Grund von zeitbezogenen Arbeitsvertragen gezahlt werden und nicht zusatzlich mit einem Kostentrager anfallen. GleichgUltig, welche Telle der Kosten die unterschiedlichen Teilkostenrechnungen auf die Kostentrager verrechnen, nennt sich die Differenz zwischen den Preisen/Sttick und den Teilkosten/Stuck stets Deckungsbeitrag/Stuck
Grundlagen des strategischen Kostenmanagement bzw. zwischen den Erlosen/Periode und den Teilkosten/Periode stets Deckungsbeitrag/Periode Dadurch soil zum Ausdruck kommen, dass kein Nettogewinn, sondem nur ein Beitrag zur Deckling solcher Kosten erwirtschaftet wurde, die bei der Ermittlung der Deckungsbeitrage noch nicht berticksichtigt wurden. Zum Periodenergebnis kommt man, indem man von dem Deckungsbeitrag/Periode die noch nicht beriicksichtigten Kosten absetzt. Die Diskussion in der Kostenrechnung wurde lange Zeit von der grundsatzlichen Frage bestimmt, ob die Verrechnung der variablen Kosten nach dem Verursachungsprinzip bzw. der Einzelkosten nach dem Identitiatsprinzip auf die Kostentrager zu den richtigen Kosteninformationen fiihrt. Dann aber kam eine ganz anders gelagerte Kritik sowohl an der klassischen Vollkostenrechnung, als auch an den gebrauchlichen Teilkostenrechnungen auf. Ihnen wurde vorgeworfen, fiir viele aktuelle und insbesondere strategische Fragestellungen keine relevanten Kosteninformationen liefem zu konnen. Der Grund hierfur sei darin zu sehen, dass sie in den zwanziger bis funfziger Jahren zur Losung von Problemen konzipiert worden seien, die sich wesentlich von den heutigen Problemen unterscheiden. Damals war die starre Massenproduktion mit wenigen Varianten vorherrschend, die Produkte hatten im Markt einen relativ langen Lebenszyklus, die Untemehmen waren stark arbeitsteilig und hierarchisch organisiert. In der Kostenstruktur dominierten die direkten Kosten. Direkte Kosten sind die Kosten solcher Bereiche, die direkt an der Leistungserstellung beteiligt sind (z.B. Fertigungskostenstellen). Heute sieht alles grundlegend anders aus. Der erhohte Wettbewerbsdruck zwingt die Untemehmen zu mehr Flexibilitat. Um am Markt bestehen zu konnen, mussen sie die Variantenzahl ihrer Produkte erhohen, die Produktqualitat verbessem, die Produktlebenszyklen verktirzen, die Lieferzeiten senken und ihre Aktivitaten intemationalisieren. Die Intemationalisierung der Markte fuhrt auf den meisten angestammten Markten tendenziell zu einem sinkenden Preisniveau und damit sinkenden Deckungsbeitragen. Es herrscht ein hoher Automatisierungsgrad, Uberall werden flache Organisationsstrukturen angestrebt, die Arbeitsteilung wird zunehmend rtickgangig gemacht. Die Technologiesprunge werden immer groBer. Vorbereitende, planende, steuemde, uberwachende und koordinierende Tatigkeiten m Forschung und Entwicklung, Beschaffung, Logistik, Arbeitsvorbereitung und Programmierung, Produktionsplanung und -steuerung, Instandhaltung, Qualitatssicherung, Auftragsabwicklung, Vertrieb, Rechnungswesen, Personalentwicklung etc. gewinnen im Vergleich zur eigentlichen Produktionsaufgabe immer mehr an Gewicht. Das hat Auswirkungen auf die Kostenstruktur: « Die Kosten der indirekten - d.h. der nicht direkt an der Leistungserstellung beteiligten - Bereiche weisen hohe Steigerungen auf Das gilt z.B. fur die Vertriebs- und Verwaltungsgemeinkosten. « Gleichzeitig sinken die Kosten der direkten Bereiche, z.B. weil die fortschreitenden automatisierten Produktionstechnologien zu einer kontinuierlichen Abnahme der Fertigungsl5hne (= Fertigungseinzelkosten) fuhren.
Von der Kostenrechnung zum strategischen Kostenmanagement Nachfolgend sind die im Zeitablauf eingetretenen Kostenstrukturanderungen deutscher Industrieuntemehmen dargestellt (vgl. Remer, 2005, S. 10): Fruher(1960er Jahre)
Heute (2007)
Vertriebs- und Verwaltungsgemeinkosten: 15% Vertriebs- und Verwaltungsgemeinkosten: 30% Fertigungsgemeinkosten: 10%
Fertigungsgemeinkosten: 20% Fertigungseinzelkosten: 45% Fertigungseinzelkosten: 10%
Materialgemeinkosten: 10% Materialgemeinkosten: 5%
Materialeinzelkosten: 30% Materialeinzelkosten: 25%
Abb. 1: Kostenstrukturveranderungen deutscher Industrieuntemehmen im Zeitablauf
Grundlagen des strategischen Kostenmanagement Zusammenfassend kairn man also sagen, dass - im Gegensatz zu fruher - heute die fixen Gemeinkosten ein tJbergewicht in der Kostenstruktur haben. In manchen Untemehmen sind die direkten variablen Kosten bereits eine eher vemachlassigbare GroBe geworden. Es hat also eine Kostenstrukturverschiebung stattgeflinden, die die strategische Ausgangssituation der Untemehmen verandert und die Anforderungen an die Kostenrechnung wesentlich erweitert hat. Das fiihrte zur Entwicklung des strategischen Kostenmanagement. Das strategische Kostenmanagement lasst sich wie folgt charakterisieren (vgl. Mannel, 1992, S. 289): Unter strategischem Kostenmanagement versteht man Strategien und MaBnahmen sowie Instrumente, um die Kosten vorteilhaft zu gestalten. Im Vordergrund des strategischen Kostenmanagement steht also nicht mehr so sehr die richtige Kostenerfassung bzw. Kostenzuordnung, sondem vielmehr die (friihzeitige) Kostenbeeinflussung. Das heilJt aber nicht, dass das strategische Kostenmanagement die Ubliche Kostenrechnung tiberfliissig macht. Vielmehr muss es zu einem Miteinander von Kostenrechnung und Kostenmanagement kommen. Denn auf der einen Seite kann Kostenmanagement nur dann erfolgreich durchgefuhrt werden, wenn im Rahmen der Kostenrechnung eine aussagefahige Erfassung und Abbildung der Kosten erfolgt. Und auf der anderen Seite ergSnzt Kostenmanagement die Kostenrechnung, weil die Informationsbediirfiiisse im operativen und strategischen Management verschieden sind. Die ublichen Kostenrechnungen sind primar auf den direkten Bereich der Produktion ausgerichtet. D.h. sie beginnen erst in der Produktionsphase mit der Steuerung und Kontrolle der Kosten, indem sie z.B. die Herstell- oder die Selbstkosten ermittebi. Im Gegensatz dazu bezieht sich das strategische Kostenmanagement auf alle wertbildenden Aktivitaten in der Wertschopfiingskette (Value Chain).
Von der Kostenrechnung zum strategischen Kostenmanagement Unter Wertschopfting versteht man die von einem Untemehmen in einer Periode erbrachte Eigenleistung (Mehrwert). Sie ergibt sich aus der Differenz der Leistung eines Unternehmens und den von ihm bezogenen Vorleistungen frtiherer Produktionsstufen (= Entstehung der Wertschopfting).
Material (-aufwand)
Umsatzerlose
\>
Abschreibungen *
W)
§
Fremddienste
tA -*-* ^ 'cio ^ (D
J
(D
Bestandsveranderungen Wertschopfting andere akt. Eigenleistungen Sonstiges, z.B. Zinsertrage | * Verteilung der Anschaffungskosten immaterieller und materieller GUter des Anlagevermogens auf Perioden Abb. 2: Entstehung der Wertschopfting
Grundlagen des strategischen Kostenmanagement
10
Die Wertsch5pfiing steht den am Wertschopfiingsprozess Beteiligten (= Anspruchsgruppen) in Form von Einkommen zu (= Verwendung der Wertschopfung).
00
Arbeitseinkommen (Lohne und Gehalter, Sozialversicherung, betriebliche Altersversorgung)
Mitarbeiter
Zinsen
Glaubiger
ex o
Staat (Steuem) Gewinn
Eigentumer (Dividende) Untemehmen (Rticklagen)
Abb. 3: Verwendung der Wertschopfung Die Wertschopfung ist die am ehesten geeignete Kennzahl, um die GroBe von Untemehmen mit unterschiedlicher Produktionstiefe oder Kapitalintensitat oder mit sehr verschiedenen Tatigkeiten zu messen (vgl. Busse von Colbe, 1984, S. 570). Problematisch ist allerdings die Periodisierung (Wertschopfung ist die Eigenleistung in einer Periode), insbesondere bei der Bemessung der Abschreibungen (vgl. Busse von Colbe, 1984, S. 570). Deshalb wird h^ufig empfohlen, die Wertschopfung vor Abschreibungen (= Bruttowertsch5pfung) und die Wertschopfung nach Abschreibungen (= Nettowertschopfiing) anzugeben. Nachfolgend wird die Entstehung und Verwendung der Wertschopfung bei der Friatec AG (Keramik- und Kunststoffwerke), Mannheim, als Praxisbeispiel wiedergegeben (vgl. Friatec AG, 2003).
11
Von der Kostenrechnung zum strategischen Kostenmanagement
Entstehung der WertschSpfung (in T€)
Umsatzerl6se Bestandsveranderungen
./.
2002
2001
171 956
192 372
3 564
950
0
12
168 392
193 334
13 032
7 142
Andere aktivierte Eigenleistungen Gesatntleistung Sonstige betriebliche ErtrSge
48
Ertrage aus Beteiligungen Sonstige Zinsen und ahnliche Ertrage
2 753
3 343
62 347
72 601
• Sonstige Aufwendimgen
27 342
31815
Bruttowertschopfung
94 488
99 451
• Abschreibungen
8 582
11821
NettowertschOpfung
85 906
87 630
Vorleistungen: •
Materialaufwand
(WertschOpfling vor Abschreibungen)
(Wertschopfiing nach Abschreibungen) Verwendung der Wertschopfung (in T€) Nettowertschopfung
85 906
87 630
70 255
77 144
1 733
828
584
335
12 117
8 385
1217
938
da von an: •
Mitarbeiter
• Offentliche Hand •
Darlehensgeber
• Aktionare •i Untemehmen
Abb. 4: Entstehung und Verwendung der Wertschopfung bei der Friatec AG
12
Grundlagen des strategischen Kostenmanagement
Die Wertschopfiingskette umfasst alle Aktivitaten, die zur Wertschopfung beitragen sollen:
Untemehmens-Infrastruktur Human Riesource Management
I
Technolo^ie, Forschung und Entwicklung Beschaffi^ng interne Logistik
Produktion exteme Logistik
Marketing/ Verkauf
Primaraktivitaten
Abb. 5: Wertschopfungskette nach Porter Da empirische Studien belegen, dass die Herstellkosten von Produkten zu 70-80% in der Entwicklungs- und Konstruktionsphase determiniert werden und das strategische Kostenmanagement vor allem auf eine umfassende undfruhzeitigeBeeinflussung der Kosten zielt, sind insbesondere die Aktivitaten in Forschung und Entwicklung in der Wertschopfiingskette Ansatzpunkte ftir das strategische Kostenmanagement. Es gibt mehrere Moglichkeiten zur Beeinflussung von Kosten. Dazu geh5ren vor allem (vgl. dazu Reifi/Corsten 1992, S. 1480-1489): M die Beeinflussung des Kostenniveaus im Rahmen eines Kostenniveau-Management, M das Aufzeigen des Kostenverlaufs im Rahmen eines Kostenverlauf-Management, « die Beeinflussung der Kostenstrukturen im Rahmen eines Kostenstruktur-Management.
Management zur Beeinflussung der Kosten
11
Management zur Beeinflussung der Kosten
1.2.1
Kostenniveau-Management
13^
Ziel des Kostenniveau-Management ist die Reduzierung des allgemeinen Kostenniveaus, d.h. der Hohe der Kosten. Dazu gibt es mehrere Ansatzpunkte. Man kann versuchen, die ^ Hohe der Gesamtkosten, » Hohe der Kosten in einzelnen Organisationseinheiten, a H5he der Stuckkosten zu reduzieren. Geeignete MaBnahmen zur Reduktion des Kostenniveaus sind beispielsweise a die Reduzierung von Durchlaufzeiten, • das Ausschopfen von Automatisierungspotenzialen, • die Wahl kostengtinstigerer Standorte fur Hauptverwaltung bzw. betriebliche Teilbereiche, beispielsweise aufgrund niedrigerer Lohn- oder Steuersatze, 8 der Abschluss von Dienstleistungsvertragen fiir innerbetriebliche Serviceleistungen, • die Vermeidung von Doppelarbeit, « das betriebliche Vorschlagswesen, * Entscheidungen zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug unter Kostenaspekten (Outsourcing). Zu den Instrumenten, die das strategische Kostenmanagement im Hinblick auf eine Senkung des Kostenniveaus bereitstellt, gehoren insbesondere B die Prozesskostenrechnung, die Kostensenkungen in den indirekten Bereichen erzielen will, • das Target Costing, das explizit die Stiickkosten senken will, » das Product Lifecycle Costing, das die Lebenszykluskosten minimieren will, a das Cost Benchmarking, das fiir jeden der Ansatzpunkte zur Reduzierung der Kosten eingesetzt werden kann.
14
Grundlagen des strategischen Kostenmanagement
Altere Instrumente, die zur Reduktion der Kosten eingesetzt werden konnen, sind z.B.: » das Zero-Base-Budgeting (ZBB), ^ die Gemeinkosten-Wertanalyse (GWA). Zero-Base-Budgeting wird zur Planung von Gemeinkosten in den Untemehmen eingesetzt. Grundidee ist dabei, geplante Tatigkeiten mit Hilfe von Kosten-Nutzen-Analysen jeweils „from base zero" aus zu rechtfertigen, d.h. als wurde das Untemehmen erst gegrtindet. (Zum Zero-Base-Budgeting vgl. z.B. Dreyfack/Seibel, 1978). Ziel der Gemeinkosten-Wertanalyse ist es, die Gemeinkosten ohne Verlust von Nutzen zu senken. Das bedeutet, dass die Leistungsempfanger im Untemehmen nach wie vor mit den ben5tigten innerbetrieblichen Leistungen versorgt werden soUen - aber zu geringeren Kosten. Das soil durch den Abbau nicht notwendiger Leistungen und durch rationellere Leistungserstellung erreicht werden. (Zur Gemeinkosten-Wertanalyse vgl. z.B. Ruber, 1987). Zero-Base-Budgeting und Gemeinkosten-Wertanalyse unterscheiden sich in der Art des Vorgehens.
1.2.2
Kostenverlauf-Management
Gestaltungsobjekt dieses Managementbereichs sind die Kostenverlaufe, insbesondere das Kostenverhalten in Abhangigkeit von der Beschaftigung. Dabei lassen sich proportionale, progressive und degressive Kostenverlaufe unterscheiden. Ziel des Kostenverlauf-Management ist es, das Kostenverhalten durch die Realisiemng von Degressionseffekten vorteilhaft zu gestalten. Im Focus stehen dabei vor allem Fixkostendegressionen. Sie werden angestrebt, weil mit ihnen der Deckungsbedarf/StUck sinkt. Erreichen lassen sie sich im Rahmen eines wirkungsvollen Kapazitatsauslastungsmanagement beispielsweise dadurch, dass man B Leerzeiten minimiert, » Nutzungsgradpramien vorgibt, » die Betriebszeiten der Anlagen ausdehnt, ii die Arbeitszeit flexibilisiert.
Management zur Beeinflussung der Kosten
15
In engem Zusammenhang mit dem Kostenverhalten stehen die Komplexitatskosten (vgl. dazu Mannel, 1992, S. 290). Unter Komplexitatskosten versteht man Mehrkosten, die entstehen, well Produkt-, Varianten-, Kunden-, Auftrags-, Materialvielfalt usw. zu einer Leistungskomplexitat filhren. Zu den Instrumenten, die das strategische Kostenmanagement zur vorteilhaften Gestaltung des Kostenverlaufs bzw. der Komplexitatskosten bereitstellt, gehoren insbesondere H das Fixkostenmanagement, » die Prozesskostenrechnung. Weitere Instrumente des Kostenverlauf-Management sind beispielsweise M kurzfristige Kostenanalysen, H mehrperiodige Kostenvergleiche, ^ das Erfahrungskurvenkonzept, das auch Mengengesetz der Erfahrungskurve (experience curve) genannt wird. Bei der Erfahrungskurve handelt es sich um ein Konzept, das die Entwicklung der Stiickkosten in Abhangigkeit von der produzierten Menge beschreibt. Das Konzept wurde 1925 im US-amerikanischen Flugzeugbau entwickelt. Es geht davon aus, dass es bei wiederholtem Auftreten identischer Situationen zu einer Routinisierung und Effizienzsteigerung - anders ausgedrtickt: zu Erfahrungseffekten - kommt. Diese Erfahrungseffekte miinden in sinkenden Stiickkosten, haben verschiedene Ursachen und lassen sich wie folgt systematisieren (vgl. Coenenberg, 2003, S. 185-187):
16
Grundlagen des strategischen Kostenmanagement
Erfahrungseffekte Statische Effekte
Dynamische Effekte
Kostensenkungen auf Grund statischer Kostensenkungen auf Grund dynamiEffekte entstehen „automatisch" (im scher Effekte entstehen nicht „automaSinne von selbst erfolgend) dadurch, tisch", sondem auf Grund von bewussdass die jahrliche Ausbringungsmenge ten Aktionen. steigt. > Fixkostendegression
1
Die Stiickkosten sinken, weil sich die (unveranderten) Fixkosten auf mehr Stiicke verteilen und es dadurch zu einer Reduktion des Fixkostenanteils je Stuck kommt. > BetriebsgroBeneffekt (Economies of Scale) Die Stiickkosten sinken auf Grund von Vorteilen aus der Betriebsgro6e. Beispiele fiir solche Vorteile sind das Ausnutzen von Marktmacht beim Aushandeln von Mengenrabatten Oder die Poolung von know how in Forschung und Entwicklung.
> Ubungserfolg durch wiederholte Arbeitsverrichtung (Lemkurve) Die Stiickkosten sinken z.B. durch sinkende Fertigungszeiten oder die Verringerung der Ausschussquote. > Technologischer Fortschritt Sinkende Stiickkosten ergeben sich, wenn die Einfuhrung neuer Technologien z.B. dazu fuhrt, dass Produkte durch Standardisierung und modularen Aufbau in groBeren Stiickzahlen schneller hergestellt werden konnen. > Rationalisierung Sinkende Stiickkosten ergeben sich beispielsweise durch Prozessoptimierung (Verbesserung bestehender Ablaufe) oder ein Prozess-Redesign (Neugestaltung der Ablaufe).
Abb. 6: Ursachen von Erfahrungseffekten In welchem AusmaB die Stiickkosten sinken, ergibt sich aus der Erfahrungsrate. Sie bezeichnet den Prozentsatz, auf den sich bei einer Verdopplung der kumulierten Produktionsmenge die Stiickkosten der letzten produzierten Einheit (= „Grenz-StUckkosten") senken lassen. Eine Erfahrungsrate von 80% bedeutet demnach, dass jeweils nach der Verdopplung der kumulierten Produktionsmenge die Stiickkosten der letzten produzierten Einheit auf 80% des vorausgegangenen Niveaus - also um 20% - sinken. Die 20% geben die in der Erfahrungskurve enthaltenen Kostensenkungen an, die aus dem Komplement [1 - Erfahrungsrate] resultieren. Die Erfahrungsrate wird auf der Grundlage vergangenheitsbezogener Kosteninformationen bestimmt. In der Pra-
Management zur Beeinflussung der Kosten
17
xis kann man in Abhangigkeit von der jeweiligen Fertigungstechnologie von folgenden Erfahrungsraten ausgehen (vgl. Ziegenbein, 2004, S. 231): Erfahrungsrate
Fertigungstechnologie
95%
Flexibel automatisierte Fertigung
90%
Maschinelle Fertigung
75%-85%
Gemischte Fertigung und Montage
70%
Einzelfertigung bzw. kleine Sttickzahlen
Abb, 7: Erfahrungsraten im Erfahrungskurvenkonzept Aus diesen Prozentsatzen wurde als Faustregel abgeleitet, dass die Sttickkosten bei einer Verdoppelung der Produktionsmenge um 20%-30% sinken. Beispiel zum Erfahrungskurvenkonzept: Ein Untemehmen der Pharmaindustrie produziert erstmals im Jahr 2007 ein neues Medikament in der GroBenordnung von 1 Mio. Kapseln. Die Stuckkosten der letzten in 2007 produzierten Einheit betragen voraussichtlich 1 €/Kapsel. In den Folgejahren sind die nachstehenden Produktionsmengen eingeplant: Jahr
Geplante Produktionsmenge
2008
1 Mio. Kapseln
2009
2 Mio. Kapseln
Die Erfahrungsrate liegt in diesem Untemehmen bei 80%. Auf der Basis dieser Daten ergeben sich nach dem Erfahrungskurvenkonzept folgende Stuckkostenreduktionen und Sttickkosten:
18
Grundlagen des strategischen Kostenmanagement
Jahr
Menge (Mio.)
kumuliert (Mio.)
2007
1,0
1,0
2008
1,0
2,0
Erfahrungskurvenkonzept
StOckkosten der letzten produzierten Einheit 1,00 €/K.
> Verdopplung
0,80 €/K.
> Stuckkosten 20%+ > 1 €/K. X 0,2 = 0,2 €/K. > 1€/K. - 0,2 €/K. = 0,80 €/K. 2009
2,0
4,0
> Verdopplung
0,64 €/K.
> Stuckkosten 20%4' > 0,80€/K. X 0,2 = 0,16 €/K. > 0,80 €/K. - 0,16 €/K. = 0,64 €/K. Nun ist es nattirllch nicht so, dass die Sttickkosten durch die Erfahrungsrate schlagartig beim letzten produzierten Stiick der verdoppelten Menge um den angegebenen Betrag sinken und vorher konstant bleiben. Das Sammeln von Erfahrungen ist ein kontinuierlicher Prozess, in dessen Folge auch die Sttickkosten kontinuierlich sinken. Allerdings sinken sie keinesfalls linear, sondem bei den ersten StUcken der sich ausdehnenden Menge mehr, als bei den letzten Stticken. Anders ausgedriickt: Man hat es mit sinkenden Degressionseffekten zu tun. Das ist plausibel. Wenn man lemt, indem man fortlaufend ein Stiick eines Produktes nach dem anderen bearbeitet, dann ist der Lemerfolg bei den ersten Stucken groBer, als bei den letzten Stticken - entsprechend mtissen die Sttickkosten bei den ersten Stucken um einen hoheren Betrag sinken, als bei den letzten Stucken. Graphisch lasst sich die Reduktion der Stuckkosten in Abhangigkeit von der Ausweitung der kumulierten Produktionsmenge durch eine Hyperbel beschreiben. Der nicht-lineare Verlauf der Hyperbel kompliziert die Nutzung der Informationen fur die Zwecke der Kostenrechnung bzw. des Kostenmanagement. Das wird besonders bei Plankalkulationen deutlich. Um Plankalkulationen durchfuhren zu konnen, muss man die durchschnittlichen Stuckkosten bei der geplanten Produktionsmenge kennen. Nichts anderes ist praktikabel. Die geplante Produktionsmenge leitet sich aber aus der Absatzplanung, den Lagerbestanden sowie den Kapazitatsrestriktionen ab und muss daher keinesfalls zu einer Verdopplung der kumulierten Produktionsmenge fiihren. Fiir die geplante Produktionsmenge muss man nun zunachst die Gesamtkosten kennen, um daraus anschlieliend die durchschnittlichen Stuckkosten - hier unter Berucksichtigung der Auswu-kungen der Erfahrungskurve ableiten zu konnen. Die Gesamtkosten ermittelt man durch Summation der „StiickGrenzkosten" der einzelnen Einheiten der geplanten Produktionsmenge. Da es sich
Management zur Beeinflussung der Kosten
19
um eine Hyperbel handelt, ergeben sich die Gesamtkosten naherungsweise durch Integration (vgl. dazu Coenenberg, 2003, S. 181-192). Um den mathematischen Zusammenhang griffiger darzustellen, wird die Erfahrungskurve ublicherweise in eine doppelt-logarithmische Darstellung iiberftihrt. D.h., man logarithmiert die kumulierten Produktionsmengen und die davon abhangigen Stiickkosten, die sich unter Berticksichtigung der Erfahrungskurve ergeben. Das Ergebnis der Logarithmierung ist eine log-lineare Trendfimktion (Regressionsgerade), deren Neigung bei zunehmender Produktionsmenge dem konstanten Degressionsbetrag der Stiickkosten entspricht. Der Degressionsbetrag sagt aus, um welchen Betrag die logarithmierten Stiickkosten sinken, wenn sich die Produktionsmenge verdoppelt. Dabei gilt folgender Zusammenhang. Je kleiner die Erfahrungsrate ist, umso groBer werden die Kostensenkungen und umso hohere Werte ergeben sich fiir den Degressionsbetrag (vgl. dazu Coenenberg, 2003, S. 190). Die folgende Abbildung zeigt die sich aus dem obigen Beispiel ergebende Hyperbel und die daraus abgeleitete log-lineare Trendfunktion:
doppelt-logarithmische Darstellung
arlthmetische Darstellung 0,4 -,
^ \
1.2
0 B5
X^
1 0-8
i
X
0.2
1 -0,2
*^^^^--^.__
1
1 -0.4
9,5
\o0.5
11,5
\^
-0,6
^ 0,6 . -0,8
lis
\.
M
f
12,5
-^
"X^^ ——N
0.4 • 0.2 )
1.000
2.000
3.000
4.000
5.000
6.000
kumufierte Produktionsmenge in Tausend Stuck
7 000
6.0 00
-1,2 log kumuNerte Produktionsmenge
Abb. 8: Erfahrungskurve AbschlieBend zum Erfahrungskurvenkonzept muss eines noch deutlich hervorgehoben werden. Die aus dem Erfahrungskurvenkonzept abgeleitete Senkung der Stuckkosten tritt zum weitaus tiberwiegenden Mafi nicht einfach automatisch ein. Insofem sind die angegebenen Kosteneinsparungen als Kostensenkungspotenziale zu verstehen, die durch entsprechende Mafinahmen gezielt ausgenutzt werden miissen. Und selbst wenn geeignete MaBnahmen ergriffen werden, kann nicht erwartet werden, dass die ermittelten Kostensenkungen eben in dieser GroBenordnung tatsachlich auch eintreten. Denn wenn von den MaBnahmen Fixkosten betroffen sind, lassen sich diese naturlich nicht beliebig, sondem wenn, dann nur in Quanten abbauen. Dererlei Quanten ergeben sich beispielsweise aus Vertr^gen (vgl. dazu 2.1 Fixkostenmanagement und 2.2. Prozesskostenrechnung).
20
Grundlagen des strategischen Kostenmanagement
1.2.3
Kostenstruktur-Management
Unter einer Kostenstruktur versteht man die Zusammensetzung der Kosten aus unterschiedlichen Kostenblocken, -kategorien bzw. -arten. Ziel des Kostenstruktur-Management ist die vorteilhafte Gestaltung der Kostenstrukturen, insbesondere die vorteilhafte Gestaltung des Verhaltnisses von 9 fixen und variablen Kosten, 9 Einzel- und Gemeinkosten. Haufig werden Einzelkosten und variable Kosten sowie Gemeinkosten und fixe Kosten einfach gleichgesetzt. Das ist nicht ganz richtig, weil der Unterscheidung unterschiedliche Kriterien zu Grunde liegen. Der Unterscheidung in fixe und variable Kosten liegt die Frage zu Grunde, wie sich die Kosten in AbhSngigkeit von einer Kosteneinflussgr56e (z.B. der Ausbringungsmenge) verhalten. Dagegen basiert die Differenzierung in Einzelund Gemeinkosten darauf, ob sich Kosten fur einzelne Bezugsobjekte (z.B. einen KostentrSger) oder nur fur mehrere Bezugsobjekte gemeinsam erfassen lassen. Grundsatzlich kann man von folgendem Zusammenhang ausgehen: 9 Emzelkosten sind gleichzeitig variable Kosten. Traditionell werden als Beispiel fiir variable Einzelkosten die Kosten fiir Material genannt, das in einen Kostentrager eingeht. * Gemeinkosten konnen sowohl fixe, als auch variable Kosten sein. Das ubliche Beispiel fur fixe Gemeinkosten sind Gehalter. Ein Beispiel fur variable Gemeinkosten sind Werkzeugkosten. Die Kostenstrukturen werden immer schwieriger „beherrschbar", weil die Anteile der fixen Kosten sowie der Gemeinkosten an den Gesamtkosten standig steigen. So lasst sich z.B. die klassische Vorstellung, Fertigungslohne seien variabel, schon lange nicht mehr halten. Denn Fertigungslohne miissen auf Grund von Arbeitsvertr^gen unabhangig von der Ausbringung bezahlt werden. Und auch die Materialkosten als weiteres klassisches variables Kostenelement miissen dem Block fixer Kosten zugerechnet werden, wenn das Untemehmen mit Vorlieferanten relativ starre Liefervertrage mit genau terminierten Abnahmezeitpunkten und -mengen abgeschlossen hat (vgl. Frohling/Weis, 1992, S. 136). Die Zunahme fixer Kosten muss aber nicht immer negativ sein. So k5nnen Fixkosten zugleich Elastizitats- bzw. Flexibilitatskosten darstellen (vgl. dazu Frohling/Weis, 1992, S. 137). Das ergibt sich daraus, dass sich Untemehmen mit der Beschaffung von fixkostenintensiven Potenzialen in der Kegel Flexibilitatsvorteile kaufen. So kann z.B. ein flexibles Fertigungssystem relativ schnell auf die Produktionserfordemisse eines neuen Produkts umgestellt werden. Weitere Grunde fur den Anstieg derfixenKosten sind z.B.:
Management zur Beeinflussung der Kosten
21^
* Ersatz von Arbeitskraften durch Maschinen (Tendenz zur Mechanisierung, Maschinisienmg und Automatisierung), « Erhohung der fixen Lohnkosten durch die Sozialgesetzgebung oder die Erhohung freiwilliger sozialer Leistungen. Die jUngere Wirtschaftspolitik zeigt allerdings, dass sich der Staat mittlerweile bemiiht, die Fixkosten der Untemehmen zu senken bzw. Abbauhemmnisse fixer Kosten zu verringem. Damit soil sichergestellt werden, dass die Untemehmen der Bundesrepublik Deutschland wettbewerbsfahig bleiben. So wird insbesondere versucht, die Lohnnebenkosten zu senken. Zum 1.10.1996 wurde eine 80 %ige Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gesetzlich gestattet, wobei die Untemehmen und Gewerkschaften (iber die Einfuhmng selbst verhandehi (Tarifautonomie). Oder es wird dariiber diskutiert, das Urlaubs- bzw. das Weihnachtsgeld drastisch zu senken. Weitere Mafinahmen zur Senkung der fixen Kosten sind z.B. S der Ersatz zeitabhangiger Entgelte durch ergebnisabhangige Entgelte, S das Anordnen unbezahlten Urlaubs bei Auslastungsproblemen. Auch der Anteil der Gemeinkosten an den Gesamtkosten steigt standig, insbesondere dadurch, dass die eigentliche Produktionsaufgabe im Vergleich zu den Aktivitaten in den indirekten Bereichen immer mehr in den Hintergrund gerat. Daruber hinaus tragen zum Anstieg der Gemeinkosten bei (vgl. Freimuth, 1987, S. 98) S die Erstellung unnotiger Leistungen, • ein zu hoher Perfektionsgrad bei der Leistungserstellung, •
Doppelarbeit,
* burokratische Ablaufe.
22
Grundlagen des strategischen Kostenmanagement
Sowohl fixe Kosten als auch Gemeinkosten haben mehr oder weniger groBe zeitliche Dimensionen. Diese zeitlichen Dimensionen resultieren z.B. aus Bindungen, die von den Untemehmen aus rechtlichen, technischen oder organisatorischen Grunden eingegangen wurden. So wird z.B. ein Versicherungsvertrag Uber eine bestimmte Mindestlaufzeit abgeschlossen, die die zeitliche Dimension der zugehorigen Pramienzahlungen darstellt. Die zeitlichen Dimensionen spielen bei der Beherrschung dieser Kosten eine besondere Rolle, weil sie die Abbaubarkeit der Kosten einschranken bzw. nur zu bestimmten Zeitpunkten ~ den Dispostionszeitpunkten - moglich machen. Die meisten Kostenrechnungen ignorieren die zeitlichen Dimensionen von Fixkosten und Gemeinkosten. Das erkennt man z.B. daran, dass diese Kosten periodisiert werden, d.h. „mit der Rucksichtslosigkeit einer Guillotine" (Rieger, 1928, S. 210) zerschnitten und zeitanteilig den jeweiligen Perioden zugeordnet werden. Eine Ausnahme davon stellt die Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung nach Riebel dar, in der der Abbildung der zeitlichen Dimensionen von Kosten und deren Beeinflussungsmoglichkeiten breiter Raum gewidmet wird (vgl. dazu Riebel, z.B. 1989). Das strategische Kostenmanagement stellt insbesondere die Instrumente » Fixkostenmanagement, M Prozesskostenrechnung, « Target Costing, » Product Lifecycle Costing, H Cost Benchmarking bereit, um die Kostenstruktur eines Untemehmens vorteilhaft zu gestalten.
2.
Instmmente des strategischen Kostenmanagement
2.1
Fixkostenmanagement
2.1.1
Zielsetzungen
Zielsetzungen des Fixkostenmanagement sind die * Erhohung der Fixkostentransparenz, » vorteilhafte Gestaltung des Fixkostenblocks. Grundlage fiir ein erfolgreiches Fixkostenmanagement ist eine entsprechend differenzierte Kostenrechnung, die neben den reinen Kosteninformationen weitere Informationen bereitstellt. Dazu gehoren z.B. Informationen uber (vgl. dazu z.B. Koch, 1986, S. 54): » Eingegangene Bindungsdauem bei Vertragen. Unter einer Bindungsdauer versteht man den „Zeitraum, fur den ein Untemehmen vertraglich oder gesetzlich fest an bestimmte Ausgaben, Auszahlungen bzw. Kosten, Lieferungen oder Leistungen gegeniiber seinen Partnem oder dem Staat gebunden ist oder fur den es Anspruch auf bestimmte Erlose (Einzahlungen) oder Lieferungen oder Leistungen (LFberlassung von Nutzungspotenzialen) hat. Verlangert sich die vertragliche Bindung, wenn nichtfristgerechtgektindigt wird, automatisch um einen bestimmten Zeitraum, wird dieser Bindungsintervall genannt." (Riebel, 1990, S. 706). Eine bindungsdauerbezogene Differenzierung der Fixkosten konnte z.B. wie folgt aussehen: Fixkosten
Jahr
10 000 € 20 000 € 5 000 € 8 000 €
Miete Gabelst. Miete Gabelst. Miete Gabelst. Miete Gabelst.
< Monat < Quartal < Jahr > Jahr
5 000 € 18 000 € 12 000 € 9 000 €
Summe Miete Gabelst.
43 000 €
Summe Miete Gabelst.
44 000 €
Abb. 10: Fixkostenmanagement-orientierter Betriebsabrechnungsbogen
26
Instmmente des strategischen Kostenmanagement
Die Kostenartenmethode hat einen wesentlichen Nachteil. Er besteht darin, dass die ausschlieBlich zeitliche Differenzierung der Fixkosten die Bestimmungsfaktoren der Fixkosten nicht erkennen lasst. Anders ausgedrtickt: Man hat keine Informationen, welche Sachverhalte den Fixkosten zu Grunde liegen und infolgedessen auch keine konkreten Anhaltspunkte zum Fixkostenabbau. Aus diesem Griind erscheint es sinnvoll, direkt an den Bestimmungsfaktoren der Fixkosten anzusetzen. Man kann die Bestimmungsfaktoren danach unterscheiden, ob » sie sich im Eigentum des Untemehmens befinden (Eigentumspotenziale), Oder ob S das Untemehmen auf Grund vertraglicher Vereinbarungen Nutzungsrechte erworben hat (Vertragspotenziale). Vertrags- und Eigentumspotenziale lassen sich durch Vertrags- und Eigentumspotenzialdatenbanken abbilden (vgl. dazu Reichmann/Oecking, 1994, S. 253-261).
2.1.2.2 Vertragspotenzialdatenbanken Die Daten fiir eine Vertragspotenzialdatenbank stammen entweder aus Vorsystemen (z.B. dem Personalinformationssystem) oder miissen auf der Grundlage einzelner Vertrage erhoben werden. Eine Vertragspotenzialdatenbank konnte wie folgt aufgebaut sein (in Anlehnung an Reichmann/Oecking, 1994, S. 255 und Decking, 1995 b, S. 458):
Fixkostenmanagement
27
Feldbezeichnung
Notwendigkeit
VERTRAGSTABELLE
muss
Vertragsnummer
Anmerkungen
kann Referenzadresse zu Vorsystemen / Vertragspartner
X
Vertragspartner (Name)
X
Bezeichnung der Person / Firma
Vertragspartner (Adresse)
X
StraBe / Stadt / Land
Vertragsobjekt
X
Kennzeichnung des Objekts
Vertragsbeginn
X
Datum
Bindimgsdauer
X
Zeitraum der Bindung
Verlangerungsintervall
X
Zeitraum der Bindung bei Verstreichen des Ktindigungstermins
Ktindigungsfrist
X
monatlich, quartalsweise, jahrlich etc.
Zahlungsbetrag
X
Hohe
Zahlungscharakter
X
monatlich, quartalsweise etc.
Veranderungsdatum
X
nachstes Analysedatum des Vertrages
Folgekosten
X
geschatzte Folgekosten bei Vertragsbeendigung
Organisationseinheit
X
zugehorige Organisationseinheit des Vertrages
Abb. 11: Feldbeschreibung einer Vertragspotenzialdatenbank
28
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Erlauterungen: B Durch die Vertragsnummer wird das Vertragspotenzial eindeutig gekennzeichnet. Daher erscheinen die Felder „Vertragspartner (Name)" und „Vertragspartner (Adresse)" als Kaim-Felder. S Das Feld Vertragsobjekt ist als Kann-Feld gekennzeichnet, weil sich aus der Art der Vertrage schon erste Anhaltspunkte hinsichtlich der Abbaubarkeit von Fixkosten ergeben konnen, aber nicht mtissen. So lasst sich z.B. vermuten, dass ein Untemehmen eher auf Beratungsvertrage als auf Energieversorgungsvertrage verzichten kann. Die folgende Abbildung zeigt die Vertragsarten in einer LFbersicht (vgl. Reichmann/Oecking, 1994, S. 257). Vertrage Arbeitsvertrage
Beratungs vertrage
Energieversorgungsvertrage
Leasingvertrage
Mietvertrage
Versicherungsvertrage
Sonstige Vertrage
Abb. 12: LFbersicht uber Vertragsarten » Die Felder „Vertragsbeginn", „Bindungsdauer", „Verlangerungsintervair' und „Ktindigungsfrist" sind fur das Fixkostenmanagement Muss-Felder, weil sie die Grundlage fiir wichtige Vertragsanalysen darstellen. So kann man z.B. die Vertrage nach Kundigungsfristen sortiert auswerten. * Der „Zahlungsbetrag" und der „Zahlungscharakter" sind Muss-Felder, weil das Fixkostenmanagement durch sie Informationen liber die Hohe der Fixkosten erhalt, die bei Kundigung des jeweiligen Vertrags abbaubar sind. Reichmann/Oecking sehen statt der Felder „Zahlungsbetrag" und „Zahlungscharakter" ein Muss-Feld „Monatlicher Betrag" vor und nehmen in dieses Feld auch alle nicht monatlichen Zahlungen auf, indem sie sie anteilig auf die Monate umrechnen (vgl. Reichmann/Oecking, 1994, S. 256). Ein solches Feld ist hier nicht vorgesehen, weil es die Realitat nicht wirklichkeitsnah abbildet und daher flir ein wirkungsvolles Fixkostenmanagement gefahrlich ist. Es kann namlich der Eindruck entstehen, dass bei entsprechenden Vertragskundigungen in jedem Monat die im Feld ausgewiesenen Fixkosten wegfallen. Das ist aber bei alien nicht monatlichen Zahlungen eine Fehlinformation. AulJerdem wird durch eine solche Darstellung die Chance vertan, die Daten aus der Kostenrechnung gleichzeitig fur eine zeitpunktgenaue Liquiditatsplanung zu nutzen. Folglich wird hier vorgeschlagen, die Muss-Felder „Zahlungsbetrag" und „Zahlungscharakter" vorzusehen. Die sich daraus ergebenden Informationen versorgen das Fixkostenmanagement zusammen mit den Muss-Feldem „Vertragsbeginn", „Bindungsdauer" und „Kundigungsfrist" mit wirklichkeitsnahen und ftir Abbauentscheidungen relevanten Informationen und lassen sich unmittelbar fiir die Liquiditatsplanung nutzen. Weist ein Vertrag z.B. folgende Merkmale auf:
Fixkostenmanagement
29
Vertragsbeginn
1.7.2006
Bindimgsdauer
3 Jahre
Verlangerungsintervall
1 Jahr
Kundigungsfrist
6 Wochen auf das Quartalsende
Zahlungsbetrag
10 000 €
Zahlungscharakter
quartalsweise, vorschussig
ergibt die Analyse am 1.4.200 7 folgende Informationen fur das Fixkostenmanagement: fruhestmSgliches Ende des Vertrages
30.6.2009 1
spatester Kimdigungstermin
15.5.2009
irreversibel vordisponierte Fixkosten
9x 10 000€/Quartal =
90 000 €
abbaubare Fixkosten bei Kundigung zum nachsten Termin
4x 10 000€/Quartal =
40 000 e/Jahr ab 1.7.2009
11 Das Ver^nderungsdatum ist ein Muss-Feld, weil es das Datum einer m5glichen Veranderung der Ktlndigungsfrist des Vertrages und damit eine Basisinformation des Fixkostenmanagement angibt. Das Veranderungsdatum ist z.B. bei Arbeitsvertragen interessant, weil sich die Ktindigungsfrist von Arbeitnehmem mit zunehmender Betriebszugeh5rigkeit verlangert. Dementsprechend muss zu einem bestimmten Datum die Ktindigungsfrist im Vertrag abgeandert werden. 1 Wenn man die Auswirkungen der MaUnahmen zum Fixkostenabbau richtig beurteilen will, miissen auch eventuelle Folgekosten wie Konventionalstrafen in das Kalktil miteinbezogen werden. Daher stellt das Feld „Folgekosten" ein Muss-Feld dar. AUerdings ist die SchStzung der Folgekosten nicht immer einfach.
30
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
9 Die Organisationseinheit ist eine interessante Information fiir das Fixkostenmanagement, weil dadurch z.B. kostenstellenbezogene Analysen der Fixkosten mSglich werden. Sie ist aber keine unbedingt erforderliche Information und daher nur als KannFeld gekennzeichnet. Auf der Gnmdlage der beschriebenen Datenbank sind vielfaltige Analysen der Fixkosten nach den verschiedensten Kriterien moglich, z.B. * Abfrage aller innerhalb eines Zeitraums kiindbaren Vertrage, * Anteil der kurzfristig kundbaren Vertrage an der Gesamtzahl, » Abbauanalysen nach Organisationseinheiten. Das folgende Beispiel zeigt einen Auszug aus einer Vertragsanalyse im Beschaffungsbereich nach Kiindigungsfristen: Kundigungsfrist
Betrag
Zahlungscharakter
Vertrags-Nr.
Vertragspartner
Organisationseinheit
Monat
2 500€ monatlich
P.-Nr.4711
J. Mall
Einkauf
Monat
5 000€ monatlich
P.-Nr.4712
H. Ruck
Labor
Monat
30 000 € monatlich
LF333
Lieferant Miiller
Einkauf
Z Monat
37 500 € P.-Nr.4713
B. Sander
Lager
Leasing AG
Lager
Hypo-Bank
Labor
Quartai
4 000€ monatlich
Quartal
16 400 6 quartalsweise LG121
Quartai
15 000 6 monatlich
E Quartai
43 400 6
Z Monat + Quartai
80 900 6
K.-Nr. 33569
Abb. 13: Vertragsanalyse nach Kiindigungsfristen
31
Fixkostenmanagement
2.1.2.3 Eigentumspotenzialdatenbanken Analog zu den Vertragspotenzialdatenbanken kann eine Sammlung von Informationen fur die Eigentumspotenziale durchgeflihrt werden. Eine Eigentumspotenzialdatenbank k5nnte wie folgt aufgebaut sein (in Anlehnung an Decking, 1994, S. 103): Feldbezeichnung EIGENTUMSDATENTABELLE
Notwendigkeit muss
Bezeichnung
X
Potenzialkennung
X
VerauUerungsgeschwindigkeit
X
AnschaffUngswert
X
Nutzungsdauer
X
Abschreibung/Jahr
X X
Restbuchwert Resterlos
kann
X
Zeitwert
X
Organisationseinheit
X
Abb. 14: Feldbeschreibung einer Eigentumspotenzialdatenbank Erlauterungen: • Die Potenzialkennung entspricht der Vertragsnummer bei der Vertragspotenzialdatenbank, d.h. sie iibemimmt die Funktion einer eindeutigen Zuordnung. « Die VerauBerungsgeschwindigkeit gibt die Zeitspanne an, in der ein Eigentumspotenzial verkauft oder vermietet werden kann. 8 Bei linearer Abschreibung ergibt sich der Abschreibungsbetrag/Jahr, indem man die Differenz zwischen AnschaffUngswert und Resterlos durch die Nutzungsdauer dividiert. Lineare Abschreibungen stellen Fixkosten dar. Daher ist der Abschreibungsbetrag eine wichtige Information fiir das Fixkostenmanagement, weil die Fixkosten in jedem Jahr der Restnutzungsdauer um diesen Betrag sinken, wenn das Eigentumspotenzial verauBert wird.
32
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Auch Eigentumspotenzialdatenbanken lassen sich nach den verschiedensten Kriterien auswerten, z.B. H nach Veraufierungsgeschwindigkeiten, 1^ nach Organisationseinheiten (z.B. Kostenstellen).
2.1.3
Abbauhemmnisse fixer Kosten
Es gibt verschiedene Faktoren, die den Abbau fixer Kosten hemmen konnen. Dazu gehoren (vgl. Corsten, 1985, S. 534-535, Stiverknip, 1968, S. lOOff): • Rechtliche Faktoren Neben VertrSgen und den darin festgeschriebenen Bindungsdauem bzw. -intervallen konnen gesetzliche Regelungen die Abbaubarkeit fixer Kosten hemmen. So kann z.B. die Freisetzung von Arbeitskraften bei rticklaufiger Beschaftigung durch gesetzliche Kundigungsschutzbestimmungen verhindert werden, so dass die Personalkosten erst mit erheblicher zeitlicher Verzogerung abgebaut werden konnen. M Unternehmenspolitische Faktoren Es gibt Kostenarten, deren Abbau unter Beachtung der zeitlichen Fristen zwar grundsatzlich moglich ist, gegen den aber unternehmenspolitische Grttnde sprechen. Dazu gehoren z.B. > Forschungs- und Entwicklungskosten Ein Abbau fiihrt mittel- bis langfi-istig dazu, dass ein Untemehmen technologisch nicht mehr wettbewerbsfahig ist. > Personalkosten Der Abbau von Personal kann den Verlust von know how zur Folge haben. > Instandhaltungskosten Ein Abbau kann zu Uberproportional hoheren Reparaturkosten flihren, weil die Maschinen nicht ausreichend gewartet werden. > Kosten fiir innerbetriebliche Aus- und Weiterbildung Ein Abbau wu-kt sich negativ auf die Qualifikation der Mitarbeiter aus. > Kosten fflr Werbung und Offentlichkeitsarbeit Ein Abbau kann den Bekanntheitsgrad am Markt schw^chen und damit Umsatzeinbufien auslosen.
Fixkostenmanagement
33
8 Technisch-organisatorische Faktoren Potenziale, z.B. Maschinen, sind nicht beliebig teilbar. Infolgedessen lassen sich die Fixkosten der Potenzialfaktoren bei einem Beschaftigungsruckgang nicht proportional reduzieren. • Psychologisch-gesellschaftliche Faktoren Aus sozialem Verantwortungsgefiihl kann es zu zeitlichen Verschiebungen erforderlicher AnpassungsmaBnahmen kommen. Dies ist vor allem bei erforderlichen Freisetzungen von Arbeitskraften moglich.
2,1A
Kritische Wiirdigung
Der Nutzen eines leistungsfahigen Fixkostenmanagement wird dessen Kosten in der Regel tibersteigen. Daher ist der Aufbau eines Fixkostenmanagement grundsatzlich jedem Untemehmen zu empfehlen. Blickt man in die Vergangenheit, zeigt sich, dass die Uberlegungen zum Fixkostenmanagement nicht vollig neu sind. Wegweisende Gedanken dazu finden sich bei Riebel schon 1970 unter dem Titel „Die Bereitschaftskosten in der entscheidungsorientierten Unternehmerrechnung" und 1979 unter dem Titel „Zum Konzept einer zweckneutralen Grundrechnung" (vgl. Riebel, 1970 und 1979). So befasst sich Riebel intensiv mit der Abbildung der zeitlichen Dimensionen von Bereitschaftskosten, die prinzipiell mit beschaftigungsfixen Kosten deckungsgleich sind. Unter Bereitschaftskosten versteht Riebel Kosten, die auf Grund erwartungsbedingter Beschafftings- und Bereitstellungsentscheidungen entstehen und nicht von Art, Menge und Erlos der tatsachlich erbrachten Leistungen abhangen. Im Zusammenhang mit den Bereitschaftskosten beschreibt er Potenzialfaktoren mit rechtlich festliegender Bindungsdauer und Potenzialfaktoren mit im voraus noch unbestimmter Nutzungsdauer. Er hebt die Dispositionsbeschrankungen durch Bindungsdauem und Kundigungsfiristen hervor und pladiert im Hinblick auf Abbautiberlegungen fiir einen differenzierten Ausweis der zeitlichen Dimension der Kosten in einer Grundrechnung. Die Grundrechnung ist als zweckneutrale Datenbasis fiir eine Vielzahl von Auswertungsrechnungen zu verstehen und umfasst damit auch die Informationsbausteme, die in den Vertragspotenzial- und Eigentumspotenzialdatenbanken vorgesehen sind. Die Ideen Riebels lieBen sich zur damaligen Zeit noch nicht realisieren, weil die EDV nicht leistungsfahig genug war. Heute ist das anders. So verarbeitet z.B. die SAP AG wesentliche Ansatzpunkte Riebels in ihrer Software.
34
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
2.2
Prozesskostenrechnung
2.2.1
Entwicklungsgriinde
Die Vertreter der Prozesskostenrechnung sind der Ansicht, dass die lierk5mmlichen Kostenrechnungssysteme - und hier meinen sie insbesondere die traditionelle Vollkostenrechnung und die flexible Plankostenrechnung auf Teilkostenbasis (Grenzplankostenrechnung) - den Kostenstrukturverschiebungen weder bei der « Kalkulation noch bei der » Kostenplanung und -kontrolle gerecht werden. Sie argumentieren wie folgt: Kalkulation Bei inhomogener Material-, Produkt-, Auftrags- oder Vertriebsstruktur ist offensichtlich, dass die tiblichen Gemeinkostenverrechnungen die spezifische Inanspruchnahme der indirekten Bereiche durch die Kostentrager nicht berucksichtigen. Beispiele: In der Vollkostenrechnung und haufig auch in der Grenzplankostenrechnung (vgl. dazu z.B. Kilger, 1983, S. 78) fungieren die Materialeinzelkosten als SchlUssel zur Verrechnung der Materialgemeinkosten auf die Kostentrager. Die Materialeinzelkosten stellen aber keinen geeigneten SchlUssel zur Verrechnung der Materialgemeinkosten dar. So ist z.B. fur die Kosten einer Materialbestellung (= Materialgemeinkosten) irrelevant, wieviel die bestellten Materialeinheiten kosten. Der Bestellaufwand und damit die Kosten der Bestellung sind in jedem Fall gleich, d.h. unabhangig von den Materialeinzelkosten. In der Sprache der Prozesskostenrechnung sagt man: Die Materialeinzelkosten "treiben" die Materialgemeinkosten nicht und memt damit, dass die Materialeinzelkosten die Materialgemeinkosten nicht beeinflussen. Dasselbe gilt, wenn indirekte Fertigungsgemeinkosten (keine Maschinenkosten!) auf der Basis von Fertigungslohnen oder liber Maschinenstundensatze auf die Kostentrager verrechnet werden (vgl. dazu Horvath/Mayer, 1989, S. 215). Fertigungsl5hne oder Maschinenstunden sind keine geeignete BezugsgroBe z.B. flir die Kosten der Arbeitsvorbereitung oder der Produktionssteuerung. Diese hangen vielmehr davon ab, ob » es sich um komplexe oder nicht komplexe Produkte handelt, 9 eine hohe oder niedrige AuflagengroUe gewahlt wird, » Standardprodukte oder exotische Varianten produziert werden. Vor diesem Hintergrund lasst sich sehr sch5n zeigen, dass die tiblichen Verrechnungen der indirekten Gemeinkosten zu ungenauen Kosteninformationen und damit zu strategischen Fehlentscheidungen fiihren (vgl. dazu Horvath/Mayer, 1989, S. 215-216): Der Pla-
Prozesskostenrechnung
35
nungs-, Steuerungs- und Koordinationsaufwand ist bei komplexen Produkten mit kleiner AuflagengroBe wesentlich hoher als bei einfacheren GroBserienprodukten. Bei entsprechend hohen indirekten Gemeinkosten konnen Zuschlagssatze zu erheblichen Verzerrungen fiihren. Im Vergleich zu den komplexen Produkten in kleiner AuflagengroBe weisen auflagenstarke GroBserienprodukte wesentlich hohere Materialeinzelkosten, Fertigungslohne etc. auf und bekommen daher auch hohere Gemeinkostenanteile zugeschltisselt. Da sie weniger Planungs-, Steuerungs- und Koordinationsaufwand als die komplexen Produkte kleiner AuflagengroBe aufweisen, werden die auflagenstarken GroBserienprodukte zu teuer und die komplexen Produkte kleiner AuflagengroBe zu billig kalkuliert. Dadurch weisen die GroBserienprodukte zu geringe und die komplexen Produkte zu hohe Nettogewinne auf. Richtet sich ein Untemehmen nach diesen Zahlen, wird das Produktionsprogramm um immer mehr niedervolumige Varianten erweitert. Das fuhrt wiederum zu einem Gewinneinbruch, weil a der Gemeinkostenanteil signifikant ansteigt, wenn das Produktionsprogramm ausgeweitet wird und der Anteil niedervolumiger Varianten steigt, « bei steigendem Gemeinkostenanteil die Fehler bei der Verrechnung der indirekten Gemeinkosten immer schwerwiegender werden und dadurch ein Teufelskreis entsteht, der die Gewinne immer mehr sinken lasst. Kostenplanung und Kostenkontrolle Die Vertreter der Prozesskostenrechnung sind auBerdem der Ansicht, dass weder die Vollkostenrechnung noch die Grenzplankostenrechnung in ausreichendem MaBe Kostenplanung und Kostenkontrolle in den indirekten Bereichen betreiben: 9 Die Vollkostenrechnung erreiche ohnehin keine Transparenz in den indirekten Bereichen, weil sie die Kosten nicht ausreichend differenziert. •
Auch die Grenzplankostenrechnung erreiche keine Transparenz in den indirekten Bereichen. Der Hauptkostenanteil in den indirekten Bereichen sei namlich als fix anzusehen und werde damit nicht weiter analysiert, sondem en bloc in die Periodenrechnung ubemommen. Dem kann so allerdings nicht uneingeschrankt zugestimmt werden. Vorwiegend fixe Kosten weisen nur bestimmte indirekte Bereiche auf, z.B. die Verwaltung. Dagegen sieht die Grenzplankostenrechnung in den fertigungsnahen indirekten Bereichen differenzierte BezugsgroBen vor, so dass sich ein mehr oder weniger groBer Teil der Plankosten dieser Bereiche variabel (proportional) verhalt. So ist z.B. der Anteil der variablen Kosten im Kostenplan der LKW-Transporte eines Modellbetriebs bei der BezugsgroBe Kilometer fast doppelt so hoch wie der Anteil der fixen Kosten (vgl. Kilger, 1993, S. 483). Weitere BezugsgroBen ftir indirekte Bereiche - die von Kilger als geeignet fur die Kostenkontrolle bezeichnet werden - sind u.a.: Anzahl bearbeiteter Angebote, Anzahl Bestellungen, Anzahl gepnifter Rechnungen, Anzahl Zugange, Anzahl Abgange, Anzahl bearbeiteter Kundenauftrage, Anzahl Versandauftrage (vgl. Kilger, 1988, S. 338).
36
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
2.2.2
Merkmale
H Zielsetzungen der Prozesskostenrechnung Die Zielsetzungen leiten sich aus der Kritik an den herkSmmlichen Kostenrechnungssystemen ab: 1. Verursachungsgerechtere Verteilung der Gemeinkosten auf die Produkte durch Berucksichtigung der spezifischen Inanspruchnahme der indirekten Bereiche durch die Produkte (—^ verbesserte, weil beanspruchungsgerechte Kalkulation). 2. Verbesserung des Gemeinkostencontrolling bzw. der Planung und Kontrolle in den indirekten Bereichen durch Erhohung der > Leistungstransparenz (—> Welche Leistungen werden eigentlich erbracht?) > Kostentransparenz (—> Was kostet welche Tatigkeit und welches sind die kostenbeeinflussenden / kostentreibenden Faktoren?) in den indirekten Bereichen. Die hohere Transparenz ist die Grundlage fiir Rationalisierungen bzw. Gemeinkostenreduktion. S Grundsatzlicher Ansatz zur Zielerreichung Der grundsatzliche Ansatz zur Zielerreichung besteht darin, aus den traditionell weitgehend fixen Gemeinkosten der indirekten Bereiche proportionate Kosten in Abhangigkeit von Transaktionen (Prozessen) in den indirekten Bereichen zu machen. Zur Kostensenkung wird vorgeschlagen, die Anzahl der nicht notwendigen Transaktionen zu reduzieren und die erforderlichen Transaktionen effizienter zu gestalten (vgl. Braun, 1996, S. 4). Die Prozessbetrachtung ist keineswegs neu. Es finden sich viele Quellen aus vergangenen Jahren, die sich mit dem Thema mehr oder weniger intensiv befassen. Bine dieser Quellen ist die Betriebsorganisation von Nordsieck (vgl. Nordsieck, 1964). Hier wird z.B. bezuglich der Aufgabe eines Untemehmens ausgefiihrt: „ ... Dabei zeigte sich die Erfiillung der Aufgabe als ein Prozefi der Leistung. Es wird damit begreiflich, dass Aufgabengliederung im Grunde genommen nur bedeuten kann: Unterteilung des Prozesses der Erfiillung der Aufgabe in einzelne Teilbereiche und Teilabschnitte entsprechend dem Prozess und Ablauf der Leistung." (Nordsieck, 1964, S. 10). 1 Vorlaufer der Prozesskostenrechnung Aus der Kritik an den traditionellen Kostenrechnungssystemen lasst sich schon erkennen, daB die traditionelle Vollkostenrechnung ein Vorlaufer der Prozesskostenrechnung ist. Haufig wird die Prozesskostenrechnung sogar abfallig als ein Riickfall in die traditionelle Vollkostenrechnung getadelt. Das ist nicht unbedingt der Fall, wie der Vergleich der Kalkulationsschemata beider Rechnungen zeigt (vgl. dazu Abb. 11).
37
Prozesskostenrechnung
Prozesskostenrechnung
traditionelle Vollkostenrechnung Materialeinzelkosten
Materialeinzelkosten
+ Fertigungseinzelkosten
+ Fertigungseinzelkosten
+ Anteil an alien Gemeinkosten
+ Gemeinkosten der direkten Bereiche uber BezugsgroBen
(mit den ublichen Schltisseln* verteilt)
= Traditionelle Selbstkosten
+ nach spezifischer Inanspruchnahme der indirekten Bereiche geschltisselte Gemeinkosten = Prozessorientierte Selbstkosten
Abb. 15: Kalkulationsschema der traditionellen Vollkostenrechnung und der Prozesskostenrechnung * Zu den ublichen Schltisseln gehoren beispielsweise > Zuschlagssatz fur Materialgemeinkosten: Materialgemeinkosten Materialeinzelkosten > Zuschlagssatz fur Fertigungsgemeinkosten: Fertigungsgemeinkosten Fertigungseinzelkosten Die traditionelle Vollkostenrechnung verrechnet grundsatzlich alle Gemeinkosten auf die Kostentrager. Dagegen verrechnet die Prozesskostenrechnung grundsatzlich (neben den Gemeinkosten der direkten Bereiche) nur die Teile der Gemeinkosten auf die Kostentrager, die der spezifischen Inanspruchnahme der indirekten Bereiche durch die Kostentrager entsprechen. Nur insoweit dariiber hinaus auch noch die Gemeinkosten auf die Kostentrager geschltisselt werden, fur die kein Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der indirekten Bereiche durch die Kostentrager hergestellt werden kann, ist die Prozesskostenrechnung eine klassische Vollkostenrechnung. Ein Beispiel fur solche Gemeinkosten sind die Kosten der Betriebsabrechnung, die fur die Erstellung des Betriebsabrechnungsbogens und die Durchfuhrung der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung anfallen.
38
Instrumente des strategischen Kostenmanagement Der AnstoB zur Verrechnung der Kosten der indirekten Bereiche nach der spezifischen Inanspruchnahme durch die Kostentrager kam zu Begirni der achziger Jahre aus den USA. Zu dieser Zeit waren die Entwicklung und der Stand der Kostenrechnung in den USA mit den deutschen Verhaltnissen nicht ganz vergleichbar. Die Vollkostenrechnung dominierte stark, wobei die Verrechnung der Gemeinkosten haufig auf eine sehr vereinfachende Weise erfolgte. Selbst ein Untemehmen wie Hewlett Packard verrechnete bis Mitte der achziger Jahre die gesamten Gemeinkosten im prozentualen Verhaltnis zu den Fertigungslohnen (= Lohnzuschlagskalkulation bzw. absorption costing). Dieses Vorgehen wurde als zu rudimentar erkannt. Die Suche nach neuen Konzepten begann. Teilkostenrechnungssysteme kamen dabei nicht in Betracht. Als Argument gegen Teilkostenrechnungen wurde u.a. angeftihrt, dass bei wachsendem Anteil der fixen Gemeinkosten die Summe der den Einheiten unmittelbar zurechenbaren Kosten immer geringer und damit die Kalkulation immer weniger aussagekraftig werden wtirde (vgl. Cooper/Kaplan, 1988, S. 21). Stattdessen wurde das Activity Based Costing (ABC) entwickelt. Das Activity Based Costing ist von dem Grundgedanken getragen, dass die Hohe der Gemeinkosten nur zu einem geringen Teil von WertgroBen wie Materialeinzelkosten Oder Herstellkosten bestimmt wird. Die gemeinkostentreibenden Faktoren - genannt Cost Driver - werden vielmehr in den Aktivitaten der gemeinkostenverursachenden Bereichen gesehen. In ihnen drlickt sich die Leistung dieser Bereiche aus und damit sollte die Verrechnung der Gemeinkosten auch tiber die Aktivitaten der Gemeinkostenbereiche erfolgen. Wichtig ist, dass sich das ABC grundsatzlich auf alle Gemeinkosten-Bereiche bezieht. Anders ausgedriickt, umfasst es also die direkten Bereiche (= Fertigungskostenstellen) und die indirekten Bereiche (= „verborgene Fabrik", wie Produktionsplanung und Produktionssteuerung, Qualitatssicherung und Instandhaltung). Im Gegensatz zu den USA hat im deutschsprachigen Raum die Verrechnung von Gemeinkosten der direkten Bereiche tiber eine Vielzahl von Kosteneinflussgrofien wie Maschinenstunden, Rtiststunden und Fertigungsstunden eine lange Tradition. In der Vollkostenrechnung ist sie unter der Bezeichnung Verrechnungssatzkalkulation bekannt. AuBerdem ist sie eine Domane der Grenzplankostenrechnung (= flexible Plankostenrechnung auf Teilkostenbasis). Insofem sah man im deutschsprachigen Raum vor allem Handlungsbedarf bei der Verrechnung der Gemeinkosten der indirekten Bereiche. Basierend auf den Grundgedanken des ABC und unter kraftigem Ruckgriff auf Uberlegungen der Verrechnungssatzkalkulation bzw. der Grenzplankostenrechnung wurde die Prozesskostenrechnung entwickelt. Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal des amerikanischen Activity Based Costing einerseits und der deutschen Prozesskostenrechnung andererseits besteht demnach darin, dass das ABC grundsatzlich fur den Einsatz im gesamten Untemehmen konzipiert wurde, wahrend sich die Anwendung der Prozesskostenrechnung auf die indirekten Bereiche beschrankt. Daher lasst sich das ABC auch als eigenstandige Alternative zu traditionellen Voll- und Teilkostenrechnungen ansehen, wahrend die Prozesskostenrechnung lediglich eine Erganzung bzw. partielle Alternative zu bestehenden Kostenrechnungen ist.
Prozesskostenrechnung
39
Fasst man die vorangegangenen Uberlegungen zusammen, so ist festzustellen, dass neben der traditionellen VoUkostenrechnung und dem amerikanischen ABC auch die Grenzplankostenrechnung als Vorganger der Prozesskostenrechnung angesehen werden kann. Exkurs zur Grenzplankostenrechnung: Die Grenzplankostenrechnung ist vom Grundsatz her eine Teilkostenrechnung, die auf der Trennung der Kosten in fixe und variable Bestandteile basiert und nur die variablen Kosten auf die Kostentrager verrechnet. Sie wird aber haufig parallel auch als VoUkostenrechnung durchgefiihrt. Traditionell stehen die direkten Gemeinkostenbereiche (= Fertigungsstellen) bei der Kalkulation und der Wirtschaftlichkeitskontrolle im Vordergrund. Zentrale GroBe zur Verrechnung der (variablen) Gemeinkosten auf die Kostentrager sind die BezugsgroUen (= KosteneinflussgroBen), z.B. die Maschinenstunden. Die Wirtschaftlichkeitskontrolle wird in Form eines Soll-Ist-Vergleichs durchgefuhrt. S Verbreitung der Prozesskostenrechnung Zahlreiche Untemehmen wenden die Prozesskostenrechnung mittlerweile an oder planen ihre flSchendeckende Einfiihrung. Dabei handelt es sich einmal um groUe und mittlere Industrieuntemehmen wie IBM, DaimlerChrysler, BASF, Siemens, BMW, Hewlett Packard, Porsche, Alcatel-SEL oder Gardena. Zunehmend wird die Prozesskostenrechnung aber auch im Dienstleistungssektor eingesetzt, z.B. bei der Berliner Lufthansa Airport Service Gesellschaft (B.L.A.S.) oder in den St. Vincentius-Krankenhauser Karlsruhe. • Aufbau der Prozesskostenrechnung Wie fast alle Kostenrechnungssysteme bedient sich auch die Prozesskostenrechnung der Kostenarten-, -stellen- und -tragerrechnung:
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
40
KostentragerGemeinkosten
KostentragerGemeinkosten Direkte Bereiche: Verrechnungssatzkalkulation bzw. GPKR
Kostenartenrechnung
Kostentragerrechnung
Indirekte Bereiche: Prozesskostenrechnung
Kostentrager-Einzelkosten
Abb. 16: Aufbau der Prozesskostenrechnung
2.2.3
Prozesskostenstellenrechnung
Die Prozesskostenstellenrechnung vollzieht sich in folgenden Schritten: 1. Tatigkeitsanalyse, 2. Prozessdefinition und Bildung einer Prozesshierarchie, 3. Ermittlung von Kostentreibem / BezugsgroBen, 4. Ermittlung von Kostentreibermengen, 5. Planung der Prozesskosten, 6. Ermittlung von Prozesskostensatzen. 1. Tatigkeitsanalyse In den indirekten Bereichen werden verschiedene Tatigkeiten durchgeflihrt. Unter einer Tatigkeit versteht man einen Vorgang in einer Kostenstelle, der Ressourcen in Anspruch nimmt oder verbraucht. Die Aufhahme der Tatigkeiten in den indirekten Bereichen einschlielJlich der Feststellung des Zeitaufwands je Tatigkeit ist die grundlegende Voraussetzung flir eine Prozesskostenrechnung.
Prozesskostenrechnung
41
Damit sich die konzeptionelle Starke der Prozesskostenrechnung entfalten kann, muss es sich bei den Tatigkeiten um repetitive, homogene Tatigkeiten handeln. Das lasst sich folgendermaBen begrunden. Wie aus den aufgefuhrten Schritten der Prozesskostenstellenrechnung vermutet werden kann, ist die Ermittlung der Kostens^tze fur die Tatigkeiten bzw. die Prozesse aufwandig und damit nur dann gerechtfertigt, wenn die Kostensatze nicht einmal oder selten, sondem vielfach Anwendung fmden konnen. Das ist aber nur dann der Fall, wenn sich die Tatigkeiten haufig wiederholen. Aber es gentigt nicht, dass die Tatigkeiten repetitiv sind. Idealerweise miissen sie auch homogen sein. Denn es wird im letzten Schritt der Prozesskostenstellenrechnung pro Tatigkeit bzw. pro Prozess nur ein uniformer Prozesskostensatz ermittelt, der in seiner Hohe lediglich dann die von der jeweiligen Tatigkeit bzw. dem jeweiligen Prozess verursachten Kosten widerspiegelt und damit brauchbar - well wirklichkeitsnah ist ~, wenn die Tatigkeiten bzw. Prozesse gleichartig sind, d.h. immer die gleichen Ressourcen beanspruchen oder verbrauchen. Zur Feststellung der Tatigkeiten und des jeweiligen Zeitbedarfs kommen verschiedene Erhebungstechniken in Frage. Dabei kann man auf vorhandene Informationsquellen zurtickgreifen oder spezielle Untersuchungen durchfuhren. • Vorhandene Informationsquellen Als Unterlagen konnen beispielsweise Stellenbeschreibungen, Organigramme, Aufbau- und Ablaufdiagramme bzw. Arbeitsprozessbogen herangezogen werden. Die Nutzung vorhandener Informationsquellen hat nattirlich den Vorteil eines reduzierten Erhebungsaufwandes. • Spezielle Untersuchungen In den meisten Fallen gentigen die vorhandenen Informationsquellen dem Informationsbedarf der Prozesskostenrechnung aber nicht, so dass spezielle Untersuchungen durchgefuhrt werden miissen (vgl. Braun, 1999, S. 52). Zu diesen speziellen Untersuchungen rechnet man: > Interviews Ublicherweise wird empfohlen, strukturierte Interviews entweder mit den Kostenstellenleitem und/oder alien Mitarbeitem in den Kostenstellen durchzufiihren (vgl. Michel/Torspecken/Jandt, 1998, S. 237). Dabei wird eine Befragung der Kostenstellenleiter haufig als ausreichend angesehen (vgl. Michel/Torspecken/Jandt, 1998, S. 237, Reckenfelderbaumer, 1998, S. 56). > Selbstaufschreibung Hierbei werden die benotigten Informationen durch die Mitarbeiter selbst in schriftlicher Form erfasst. > Dauerbeobachtung Unter Dauerbeobachtung wird ein „permanentes, optisches und akustisches Verfolgen von Prozessen Uber einen langeren Zeitraum" verstanden (Miiller, 1998, S. 132).
42
Instrumente des strategischen Kostenmanagement > Multimomentverfahren Es handelt sich dabei um ein Stichprobenverfahren.
Neben der Frage der Erhebungstechnik muss geklart werden, ab welcher GroCenordnung ein Arbeitsschritt erfasst werden soil (vgl. Michel/Torspecken/Jandt, 1998, S. 237). Eine Tatigkeit kann zum Beispiel die „Zahlung einer Rechnung" sein, detaillierter aber auch in folgenden Tatigkeiten ausgedriickt werden: „Eingangsrechnung mit Stempel versehen", „Rechnung auf Plausibiliat priifen", „Daten in das System eingeben", „erzeugte Belegnummer auf Rechnung notieren", „Zahlung anweisen", „Weiterleitung der Rechnung zur Verfilmung", danach „Ablage der Rechnung". Bei der Antwort auf die Frage nach dem Detaillierungsgrad der Erhebung muss die ZweckmaBigkeit des Vorgehens im Vordergrund stehen. Sind die anstehenden Fragen geklart und ist die Erhebung durchgefiihrt, werden die Tatigkeiten und ihr Zeitbedarf in Form einer Tatigkeitsliste zusammengefasst. Beispiele: Tatigkeiten im Einkauf Angebote einholen
10 Mmuten
Angebote bearbeiten
20 Minuten
Rechnungen priifen
lOMinuten
Tatigkeiten im Labor Analysenummem auf Proben und Auftrage aufbringen
5 Minuten
PrUftmgen durchflihren
30 Minuten
Prilfungen bewerten
10 Minuten
Fehlerklassifizierungen erstellen
10 Minuten
Beanstandungen erstellen
lOMinuten
Prozesskostenrechnung
43
Folgende Liste zeigt ausschnittweise Tatigkeiten und Zeiten, die in einem Untemehmen im Zusammenhang mit einer Betriebssystemumstellung in der EDV erhoben bzw. gemessen wurden: Ermittelte Tatigkeiten und Umbauzeiten fiir eine Betriebssystemumstellung 1,75 Minuten
PC-Gehause offhen Netzteil, CD-ROM-Laufwerk, Diskettenlaufwerk, Tastatur und Drucker anschliefien
'
1,50 Minuten
Freischaltung drucken
3,25 Minuten
Transfersoftware
2,50 Minuten
Festplatte einbauen
5,00 Minuten
Speicher einbauen
0,75 Minuten
Update durchfuhren
1,50 Minuten
CD's installieren
15,00 Minuten
Freischaltungsformular drucken und faxen, mit Hotline telefonieren
2,50 Minuten
PC-Gehause schlielJen und Aufkleber aufbringen
4,00 Minuten
Freischaltcode eingeben
1,00 Minuten
Die Tatigkeitsanalyse ist nicht auf eine reine Erhebung der Tatigkeiten und des dazugehorigen Zeitaufwands beschrankt. Vielmehr ist schon bei diesem Schritt auf Ineffizienzen in den indirekten Bereichen zu achten. So muss beispielsweise hinterfragt werden, » wer die Tatigkeiten im Untemehmen abnimmt, d.h., wer die Leistungsempfanger sind, H ob die Tatigkeiten fur die Leistungsempfanger ntitzlich und notwendig sind und damit einen wertsteigemden Charakter haben (value activities), oder ob sie entfallen k5nnen, weil sie zur Durchfuhrung eines bestimmten Vorgangs nicht zwingend erforderlich sind (non value activities) (vgl. Muller, 1998, S. 103),
44
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
ii ob die wertsteigemden Tatigkeiten im derzeitigen Umfang und Detaillierungsgrad beibehalten werden sollen, oder ob sie auch mit einer geringeren Ressourceninanspruchnahme bzw. einem geringeren Ressourcenverbrauch durchgefiihrt werden konnen. Probleme: ii In den indirekten Bereichen kann der Anteil repetitiver, homogener Tatigkeiten eher gering sein. « Es gibt bisher weder operationale Regeln in der Literatur, noch empirische Erkenntnisse hinsichtlich des „optimalen" Volumens der zu definierenden Tatigkeiten. a Als wesentliches Problem bei alien Erhebungstechniken - sowohl die Aufhahme der Tatigkeiten an sich, als auch die Festellung des Zeitbedarfs betreffend - wird die Akzeptanz seitens der Arbeitnehmervertreter gesehen. Denn sie verstehen die Tatigkeitsanalyse haufig in erster Linie als Instrument der aktiven MitarbeiterkontroUe (vgl. Frohling, 1994, S. 151). Es wird daher empfohlen, entweder die Arbeitnehmervertreter frtihzeitig in das Vorhaben einzubeziehen und (Jberzeugungsarbeit zu leisten, oder mit Vereinfachungen und Schatzungen zu arbeiten - z.B. beztiglich des Zeitbedarfs einzelner Teilprozesse -, so dass die Zustimmung der Arbeitnehmervertreter uberfliissig wird (vgl. Frohling, 1994, S. 152). « ErfahrungsgemaB stoBt die Tatigkeitsanalyse nicht nur auf Widerstande bei den Arbeitnehmervertretem, sonder auch bei der Belegschaft selbst. Das fuhrt hSufig dazu, dass die Ergebnisse von Befragungen bzw. Aufzeichnungen der Mitarbeiter - insbesondere hinsichtlich ihrer Zeitverwendung - beeinflusst bzw. gestaltet werden. ii Je genauer die Tatigkeitsanalyse durchgefiihrt wird, desto exakter sind die Basisdaten und desto brauchbarer sind die Ergebnisse der Prozesskostenrechnung. Ansonsten ergibt sich auch hier das Problem, das so treffend mit „garbage in - garbage out" beschrieben wird. D.h. die Ergebnisse der nachfolgenden Rechenoperationen sind umso angreifbarer, je schlechter die Basisdaten die Wirklichkeit abbilden. Ebensowenig wie die Prozessbetrachtung, ist auch das Erheben von Tatigkeiten mittels Fragebogen sowie die Suche nach Ineffizienzen bei der Austibung der Tatigkeiten neu. So schlagt Z.B. Nordsieck schon 1964 vor, u. a. folgende Fragen zur Istaufhahme der Organisationsstruktur zu stellen (S. 69):
Prozesskostenrechnung
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Name Abteilung Dienststelle Wem haben Sie zu berichten?
Aktionen, fiber die vorher berichtet werden muss. Aktionen, liber die nachtraglich berichtet werden muss. Aktionen, tiber die nicht berichtet zu werden braucht.
Beschreiben Sie vollstandig die Pflichten, wie sie Ihnen zur Zeit obliegen, so wie Sie sie verstehen (als ein Teil dieses Berichtes ist auch tiber die korrespondierenden Beziehungen zu anderen Abteilungen des Aufgabenbereichs oder zu Abteilungen anderer Aufgabenbereiche oder zu AuBenstehenden zu berichten). Fiihren Sie (mit Herkunft und Veranlassung) samtliche Berichte auf, welche Sie a) erhalten, b) selbst verfassen und weitergeben. Geben Sie dabei an, ob taglich, wochentHch, monatlich oder nach Bedarf. Berichten Sie tiber alle Ihnen fur die Erkenntnis Ihrer Verantowrtung und Arbeitssituation wichtig und wertvoll erscheinenden Einzelheiten, machen Sie Verbesserungsvorschlage, soweit Ihnen dies moglich ist und zweckmaCig erscheint. Auch Ihr Urteil tiber die gegenwartige Organisationsstruktur des Untemehmens wtirde interessieren. Abb. 17: Fragebogen zur Istaufhahme der Organisationsstruktur nach Nordsieck (1964) 2. Prozessdefinition und Bildung einer Prozesshierarchie Die Tatigkeiten werden zunachst zu Teilprozessen und schlieBlich zu Hauptprozessen verdichtet. Unter einem Teilprozess versteht man eine Kette von Tatigkeiten, die in einer Kostenstelle auf die Erbringung einer bestimmten Leistung ausgerichtet sind. Teilprozesse sind also kostenstellenbezogen. Z.B. gehoren in der Kostenstelle „Lager" u.a. die Tatigkeiten „Material suchen" und „Material auslagem'' zum Teilprozess „Fertigungsauftragskommissionierung". Unter einem Hauptprozess versteht man eine Kette von kostenstellenbezogenen Teilprozessen, die auf die Erbringung einer kostenstelleniibergreifenden Leistung ausgerichtet sind. So gehoren z.B. zum Hauptprozess „Fertigungsauftragsabwicklung" u.a. die Teilprozesse „Fertigungsauftragskommissionierung" (Kostenstelle: Lager) und „Fertigungsauftragssteuerung" (Kostenstelle: Fertigungssteuerung). Durch die Verdichtung entsteht eine Prozesshierarchie:
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
46 Beispiel:
Verdichtung zu Hauptprozessen
Serienmaterial beschaffen
Hauptprozess
/^f^ Bestellabwicklung
QS / Prufiing
Teilprozesse
/ Tatigkeiten
Analyse-Nr. vergeben
Analyse durchfiihren
Analyse bewerten
\
• ••
Abb. 18: Prozesshierarchie Es ist zwar die Kegel, gleichwohl aber nicht zwingend, dass sich ein Hauptprozess aus mehreren Teilprozessen unterschiedlicher Kostenstellen zusammensetzt. Denkbar sind auch folgende Szenarien: 1 Ein Hauptprozess setzt sich aus mehreren Teilprozessen einer einzigen Kostenstelle zusammen. » Ein Teilprozess geht anteilig in mehrere Hauptprozesse ein (vgl. Reckenfelderbaumer, 1994,8.60), » Ein Teilprozess stellt einen unechten Hauptprozess dar. Das ist der Fall, wenn eine Verdichtung nicht mCglich oder sinnvoll ist (vgl. Gotze, 2004, S. 215, Olshagen, 1995, S. 39).
Prozesskostenrechnung
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Probleme: « In der Literatur wird kein methodischer Vorschlag gemacht, wie die Verdichtung der kostenstellenbezogenen Teilprozesse zu kostenstelleniibergreifenden Hauptprozessen konkret zu realisieren ist. „Das Finden von Teil- und Hauptprozessen ist im konkreten Projekt eine schwierige Aufgabe und verlangt viel Erfahrung. Der Weg ist nicht so eindeutig wie hier im Beispiel dargestellt. Denn bei der Differenzierung von Teilprozessen muss man schon eine Vorstellung tiber mOgliche Hauptprozesse haben. Andemfalls hat man keine Anhaltspunkte, in welcher Weise das Aufgabenvolumen der Kostenstelle strukturiert und in Teilprozesse aufgeteilt werden soil. AUerdings konnen bei der Tatigkeitsanalyse neue Anregungen fur die Hauptprozesse entstehen. So durchlauft man oft mehrere Schleifen, bis die endgtiltige Prozessstruktur und Prozesshierarchie feststeht." (Mayer, 1990, S. 310). * Gelingt es nicht in ausreichendem MaB, Teilprozesse zu Hauptprozessen zusammenzufassen, eriibrigt sich eine sinnvolle Anwendung der Prozesskostenrechnung. 1 Um eine wirksame Kontrolle des Betriebsgeschehens zu ermoglichen, sind ftlr die Hauptprozesse sogenannte Prozessverantwortliche (Process Owner) zur Betreuung der kostenstelleniibergreifenden Aufgabenstellungen zu benennen. Hinweise, wie man dies fiir die Praxis konkret realisieren kann, sind in der Literatur kaum zu fmden. Das strukturierte Vorgehen der Verdichtung von Tatigkeiten zu kostenstellenbezogenen Teilprozessen und von kostenstellenbezogenen Teilprozessen zu kostenstelleniibergreifenden Hauptprozessen ist ein Spezifikum der deutschen Prozesskostenrechnung, das sie - neben den unterschiedlichen Einsatzbereichen (vgl. dazu S. 38) - vom amerikanischen Activity Based Costing unterscheidet. Dort spielen kostenstellenbezogene und kostenstelleniibergreifende Uberlegungen keine Rolle. Vielmehr werden die Tatigkeiten lediglich aus Praktikabilitatsgriinden zusammengefasst (vgl. Stoi, 1998, S. 33). Unterscheidung von Tatigkeiten und Teilprozessen Die Teilprozesse in den indirekten Bereichen werden danach unterschieden, ob ihr Arbeitsvolumen • von der Leistungsmenge des indirekten Bereichs abhangt (= Imi-Prozesse, d.h. leistungsmengeninduzierte Prozesse), H Oder von der Leistungsmenge des indirekten Bereichs unabhangig ist (= Imn-Prozesse, d.h. leistungsmengenneutrale Prozesse). Beispiele: Wenn sich die Leistungsmenge "Zahl der Analysen" andert, andert sich das Arbeitsvolumen des Prozesses "Qualitatssicherung/Priiftmg" = Imi-Prozess. Dagegen Andert sich das Arbeitsvolumen der Prozesse "Abteilung leiten", „Mitarbeiter beurteilen", „Weiterbildungen durchfuhren" oder „Grundlagenforschung" nicht, wenn sich die Zahl der Analysen andert = Imn-Prozesse.
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Instrumente des strategischen Kostemnanagement
Diese Unterscheidung ist von grundlegender Bedeutung. Im nachsten Schritt der Prozesskostenstellenrechnung werden namlich nur flir Imi-Prozesse Kostentreiber als Grundlage einer „verursachungsgerechten" Gemeinkostenverrechnung gesucht. Die Kosten der Imn-Prozesse werden dagegen i.d.R. nach MaBgabe der Imi-Kosten verrechnet (geschltisselt). Probleme: M Strenggenommen bleibt unklar, was unter der angesprochenen Leistungsmenge zu verstehen ist und wie die betreffende GroBe gemessen werden soil. S Die Suche nach Abh^ngigkeiten vom Leistungsvolumen kann mit unterschiedlicher Sorgfalt betrieben werden. Bei einer ungenauen Differenzierung in Imi- und ImnProzesse und nachfolgend in Imi- und Imn-Kosten besteht die Gefahr, dass die Aussage der Prozesskostenrechnung auf Grund des schlechten Datenmaterials ungenau wird. • In diesem Zusammenhang ist auch die Kritik Frohlings zu sehen (vgl. dazu 1992, S. 728). Er macht der Einteilung der Tatigkeiten in Imi- und Imn-Prozesse den Vorwurf, artifiziell (ktinstlich) zu sein. Er begrtindet diese Kritik wie folgt: Gelingt es, fur eine bestimmte TStigkeit entsprechende MaBgroBen der Kostenverursachung zu defmieren, resultieren daraus automatisch leistungsmengeninduzierte Prozesskosten. Erscheint dem Controller der Anteil an Imn-Kosten einer bestimmten Kostenstelle zu hoch, konnen diese uber die ktinstliche Einfiihrung von MaBgroBen in Imi-Kosten umdefiniert werden - mit entsprechenden Auswirkungen auf den Aussagegehalt der auf diese Weise beeinflussten Ergebnisse. Auch die Differenzierung in Imi- und Imn-Prozesse ist ein AUeinstellungsmerkmal der deutschen Prozesskostenrechnung, d.h. im amerikanischen Activity Based Costing gibt es diese Unterscheidung nicht. Die Kosten werden dort einheitlich als proportional zur jeweiligen Cost-Driver-Menge angesehen (vgl. Stoi, 1999, S. 33). 3. Ermittlung von Kostentreibern/BezugsgroBen In diesem Schritt werden Grundgedanken der Grenzplankostenrechnung - namlich die Suche nach KosteneinflussgroBen in den direkten Bereichen - auf die indirekten Bereiche ubertragen. Ftir jede Imi-TStigkeit bzw. fur die Teil- und Hauptprozesse wird gefragt, welches quantitative Merkmal die Kosten der Tatigkeit bzw. des Prozesses beeinflusst bz^v. treibt. Daher nennt man das Merkmal auch Kostentreiber (in Anlehnung an die amerikanische Bezeichnung Cost Driver).
Prozesskostenrechnung
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Beispiele: Tatigkeiten
Kostentreiber
Angebote einholen
Zahl der Angebote
PrUfungen durchfuhren
Zahl der Prufungen
Beanstandungen erstellen
Zahl der Fehler
Teilprozesse
Kostentreiber
Serienmaterial bestellen
Zahl der Bestellungen
QS-Prufung Rohstoffe
Zahl der Proben
Serienmaterial lagem
m"^ - Lagerraum
Hauptprozesse
Kostentreiber
Serienmaterial beschaffen
Zahl der Beschaffiingsvorgange
Als Kostentreiber werden teilweise auch Minuten genannt (vgl. z.B. Greulich/Thiele, 1997, S. 33), doch passt das strenggenommen nicht zum Kostentreiberansatz der Prozesskostenrechnung, da Kostentreiber die jeweilige KosteneinflussgroBe wiederspiegeln sollen. „Minuten" sind jedoch keine KosteneinflussgroBe, sondem nur der zeitmafiige Ausfluss des Wirkens einer KosteneinflussgroBe (vgl. Buch/Kremin-Buch, 2005, S. 48). Die Kostentreiber sind die zentralen GroBen der Prozesskostenrechnung. An sie sind verschiedene Anforderungen zu stellen. Die wichtigsten Anforderungen sind: 1. Es sollte eine (proportionale) Beziehung zwischen Kostenstellenkosten und Kostentreibem bestehen. 2. Es sollte eine nachvollziehbare Beziehung zwischen Kostentreibem und Kostentragem/Endprodukten bestehen. Zu 1. Beziehungen zwischen Kostenstellenkosten und Kostentreibem „Als MaBgr5Be eignen sich nur solche GroBen, die mengenmaBig erfassbar sind und die einen nachvollziehbaren und willktirfreien Zusammenhang zwischen MaBgroBe und den zu messenden Sachverhalten gewahrleisten. Ftir GroBen, die als Kostentreiber Verwendung finden sollen, resultiert daraus die Forderung, dass zwischen der Anzahl geleisteter Kostentreibereinheiten und der Kostenhohe eine hohe Korrelation bestehen muss. Am
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Instrumente des strategischen Kostenmanagement
aussagefShigsten und daher bei der Auswahl der Kostentreiber auch anzustreben, ist eine proportionale Beziehung zwischen Kostentreiber und Kostenhohe." (Braun, 1994, S. 55) Die Kostentreiber sind die eigentlichen BezugsgroBen fiir die Verrechnung der anfallenden indirekten Gemeinkosten. Sie treten an die Stelle der bisher gebrauchlichen Bezugsbzw. SchliisselgroCen, z.B. an die Stelle der Materialeinzelkosten oder der FertigungsI5hne in der traditionellen Zuschlagskalkulation. Wenn keine Beziehung zwischen den Kostenstellenkosten und den Kostentreibem besteht, ist eine Verrechnung der Kostenstellenkosten uber die Kostentreiber nicht sinnvoll. Beispiel: Wenn sich die Kosten fUr den Prozess "Bestellungen abwickeln" mit steigender Zahl der Bestellungen nicht erhohen, ist es nicht sinnvoll, einem Auftrag mit einem zus^tzlichen Bestellbedarf fiir die zusatzliche Bestellung anteilig Kosten des Prozesses „Bestellungen abwickeln" anzulasten. Denn die durch den Auftrag zusatzlich ausgeloste Bestellung hat in Wahrheit keine zusatzlichen Kosten ausgel5st. Man kann sogar noch genauer argumentieren. Es muss nicht nur eine Beziehung zwischen Kostenstellenkosten und Kostentreibem bestehen, sondem die Beziehung sollte auch proportional sein. Das ergibt sich daraus, dass zum Schluss der Kostenstellenrechnung Prozesskostensatze z.B. €/Angebot einholen ermittelt werden, d.h. fur jedes „Angebot einholen" immer dieselben Kosten verrechnet werden. Dieses Vorgehen ist nur sinnvoll, wenn die Kostenstellenkosten immer um denselben Betrag steigen, wenn z.B. ein Angebot mehr eingeholt wird (= proportionale Beziehung zwischen Kosten und Kostentreibem). zu 2. Beziehungen zwischen Kostentreibem und KostentrSgern/Endprodukten Nur wenn man Kostentreiber findet, die nicht nur in Beziehung zu den Kostenstellenkosten stehen, sondem auch noch in eine nachvollziehbare Beziehung zu den Kostentr^gem (i.d.R. die Endprodukte) gebracht werden konnen, ist eine Verrechnung der Gemeinkosten nach MaBgabe der spezifischen Inanspmchnahme der indirekten Bereiche durch die Kostentrager moglich. Die folgenden Beispiele zeigen, dass es bei produktnahen Prozessen eher als bei produktfemen Prozessen moglich ist, eine plausible Beziehung zwischen den Kostentreibem und den Kostentragem herzustellen. Das ist eine wichtige Erkenntnis fiir die Kalkulation, weil daraus die Notwendigkeit zweier unterschiedlicher Kalkulationsverfahren resultiert (vgl. dazu S. 62 ff.).
Prozesskostenrechnung
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indirekter Bereich
Prozess
Produktnahe
Kostentreiber Beziehung zu den Kostentragem
Lager
Ein- und Auslagerungen durchftihren
produktnah
Stticklistenpositionen
unmittelbar nachvollziehbare Beziehung erkennbar, weil diverse Ein- und Auslagerungen in Stucklistenpositionen im Zusammenhang mit der Herstellung eines Kostentragers erforderlich sind
Fertigungssteuerung
Fertigungsauftrage steuem
produktnah
Zahl der Fertigungsstufen
unmittelbar nachvollziehbare Beziehung erkennbar , weil die Kostentrager bei der Herstellung Fertigungsstufen durchlaufen
Controlling
Betriebsabrechnungsbogen erstellen
produktfem
Zahl der Kos- unmittelbar nachvoUtenarten und ziehbare Beziehung zu Kostenstellen den Kostentragem nicht erkennbar
Lohnabrechnung
Lohnabrechnungen erstellen
produktfem
Zahl der Lohnabrechnungen
unmittelbar nachvollziehbare Beziehung zu den Kostentragem nicht erkennbar
Abb. 19: Beziehungen zwischen Kostentreibem und Kostentragem Man fasst die beiden Anfordemngen an die Kostentreiber auch unter dem Stichwort „doppelte Funktionalitat" zusammen. Der Ausdmck stammt aus der Grenzplankostenrechnung und besagt, dass die BezugsgroBen ihrer Hohe nach sowohl zu den variablen Stellenkosten als auch zur Ausbringungsmenge an Kostentragem proportional sind. Nur unter diesen Voraussetzungen ist eine BezugsgroUe nicht nur ein geeigneter Indikator fur die Kostenstellenkontrolle, sondem auch zugleich vemrsachungsgerechter VerrechnungsmaBstab fur die Kalkulation (vgl. z.B. Glaser, 1992, S. 287). Kritiker der Prozesskostenrechnung sehen diese doppelte Funktionalitat in den indirekten Leistungsbereichen selten gegeben. Diese Ansicht vertritt auch Kilger: Da die indirekten Bereiche „in der Kegel nicht unmittelbar erzeugnisbezogen tatig werden, sind ihre BezugsgroBen zwar zur Leistungsmessung und daher fiir die Durchfuhrung des Soll-Ist-Kostenvergleichs geeig-
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Instrumente des strategischen Kostenmanagement
net, nicht aber fur die unmittelbare kalkulatorische Weiterverrechnung auf die betrieblichen Erzeugnisse." (Kilger, 1993, S. 327). Zur Bildung von Hauptprozessen und Kostentreibern: In der Literatur wird Mufiger empfohlen, nur Teilprozesse mit identischen Kostentreibern zu einem Hauptprozess zusammenzufassen (vgl. z.B. Glaser, 1992, S. 278). Dadurch soil sichergestellt werden, dass in der sich an die Kostenstellenrechnung anschlieUenden Kalkulation uber Hauptprozesse (vgl. dazu Fallstudie I, S. 64 ff.) die Kosten allein auf der Basis der KosteneinflussgroCe verrechnet werden, der sie einheitlich unterliegen. Mayer (1990, S. 309 f.) verdichtet z.B. die Teilprozesse li Kaufteile disponieren, ii Fertigungsauftrage steuem, i^ Materialbereitstellung, it Qualitatstiberwachung, die alle den Kostentreiber „Anzahl der Fertigungsauftrage" haben, zum Hauptprozess „Fertigungsauftrage abwickeln". Entsprechend weist der Hauptprozess den Kostentreiber „Anzahl der Fertigungsauftrage" auf. In der Praxis lasst sich das nicht inuner so umsetzen. Die folgenden Beispiele aus unterschiedlichen Branchm belegen das. So ergab die Verdichtung von Teilprozessen zu Hauptprozessen in einem Industriebetrieb mit dem Geschaftsfeld Leiterplattenfertigung bei zwei Hauptprozessen folgendes Bild: Teilprozesse
Hauptprozesse HP
Kostentreiber
Kostenstelle
TP
Kostentreiber
Beschaffung Chemikalien
Anzahl Materialbelege
Einkauf
Bestellung Chemikalien
Anzahl Bestellungen
Wareneingang
Annahme Chemikalien
Anzahl Materialbelege
Qualitatswesen
Priifiing Chemikalien
Anzahl Materialbelege
Vertrieb
Auftrag bearbeiten
Anzahl Auftrage
Lager
Ware verpacken
Anzahl Packstiicke
Verwaltung
Ware versenden
Anzahl Sendungen
Kundenauftragsabwicklung
Anzahi Kundenauftrage
Abb. 20: Verdichtung von Teilprozessen zu Hauptprozessen in einem Industriebetrieb
Prozesskostenrechnung
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In einem Krankenhaus kSnnte sich beispielsweise folgende Prozesshierarchie ergeben (vgl. Gussow/Greulich/Ott, 2002):
Hauptprozess: Angioplastie Kostentreiber: Zalil der Angioplastien
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Teilprozess: Aufhahme der Patienten in der Verwaltung
Teilprozess: Hygiene aufder Normalstation
Teilprozess: Laboruntersuchungen
Kostentreiber: Zahl der Patienten
Kostentreiber: Pflegetage
Kostentreiber: Zahl der Untersuchungen
Abb. 21: Prozesshierarchie in einem Krankenhaus Fur die Kalkulation ergibt sich aus unterschiedlichen Kostentreibem bei Teil- und Hauptprozessen kein Problem, wenn die sogenannten Prozesskoeffizienten bekannt sind. Prozesskoeffizienten geben an, wie oft eine Tatigkeit zur Erbringung eines Teilprozesses bzw. wie oft ein Teilprozess zur Erbringung eines Hauptprozesses durchgeftihrt werden muss (vgl. Mohlmann/Magatzki/Kadelbach, 2000, S. 494). Fur den Hauptprozess „Angioplastie" ist beispielsweise ft)lgende Kostentreiber-ZProzesskoeffizienten-Struktur denkbar (vgl. Buch/Kremin-Buch, 2005, S. 50), wobei bei der Tatigkeit „Essen zur Station bringen" ein zweistufiges Vorgehen fiir die Kalkulation erforderlich ist:
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Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Kostentreiber Tatig. keiten
Teilprozesse
Hauptprozess
Prozesskoeffizient
Patienten aufiiehmen Zahl der Pati/ entlassen enten
nicht notwendig
Essen zur Station bringen
Zahl der Stationen
Essen austragen
Pflegetage
nicht notwendig
Hygiene
Pflegetage
nicht notwendig
Laboruntersuchungen
Angeforderte Laboruntersuchungen
0 Zahl der Laboruntersuchungen pro Herzkatheterpatient
Echokardiographie
Zahl der Herzkatheterpatienten
nicht notwendig
Patienten entlassen
Zahl der Patienten
nicht notwendig
Patientenmanagement
Zahl der Patienten
nicht notwendig
Unterbringung
Pflegetage
0 Verweildauer je Herzkatheterpatient
Pflege
Pflegetage
0 Verweildauer je Herzkatheterpatient
Diagnostik
Zahl der Herzkatheterpatienten
nicht notwendig
Angioplastie
Zahl der Angioplastien
nicht notwendig
Belegungstage pro Station
0 Verweildauer pro Herzkatheterpatient
Abb. 22: Kostentreiber-ZProzesskoeffizienten-Struktur L^sst sich ein derartiger Zusammenhang nicht herstellen, ist eine Verdichtung nicht moglich.
Prozesskostenrechnimg
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Ein anderes Problem ergibt sich, wenn ein Teil- oder Hauptprozess mehr als einer KosteneinflussgroBe unterliegt. Beispiel: Die Kosten des Hauptprozesses „Fertigungsauftragskommissionierung" hangen z.B. ab von « der Zahl zu kommissionierender Stiicklistenpositionen und • der Stiickzahl, die je Position entnommen wird. In solchen Fallen bieten sich zwei Losungswege an: a.
Horvath/Mayer (1993, S. 18) schlagen vor, den Prozessen nur den Hauptkosteneinflussfaktor zuzuordnen. Im Beispiel ware das die Zahl der Stiicklistenpositionen. Untersuchungen haben namlich ergeben, dass nur ca. 20% des Kommissionierungsaufwands durch die Stiickzahl, aber 80% durch die Zahl der Stiicklistenpositionen verursacht wird. Dieses Vorgehen lehnt sich an die Grenzplankostenrechnung an, in der Kilger ftir die Bezugsgrofiendifferenzierung zum selben Problem wie folgt Stellung genommen hat: „Durch eine entsprechend groBe Anzahl von Bezugsgr56en ist es theoretisch zwar in alien Fallen moglich, samtliche relevanten Kosteneinflusse richtig zu erfassen, die Plankostenrechnung ist aber nicht nur ein kostentheoretisches System, sondem ein Verfahren der Kostenrechnung, das in der Praxis funktionieren muss." (Kilger, 1993, S. 313)
b. Die Kosten der Prozesse werden so aufgeteilt und verrechnet, wie die EinflussgroBen die Prozesskosten bestimmen. Im vorgenannten Fall wtirden also 20% der Kosten des Hauptprozesses „Fertigungsauftragskommissionierung" tiber die zu kommissionierten Sttickzahlen auf die Kostentrager verrechnet und 80% uber die Zahl der Stiicklistenpositionen (vgl. dazu auch Fallstudie II: Prozessorientierte Kalkulation (indirekterProdukt/Prozesszusammenhang), S. 71 ff.) In der Literatur werden Kostentreiber gelegentlich in strategische und operative Kostentreiber unterschieden (vgl. z.B. Zirkler, 1999, S. 354-355). Dabei konkretisiert die vorgenannte Definition eines Kostentreibers - namlich, dass ein Kostentreiber ein quantitatives Merkmal ist, das die Kosten eines Prozesses beeinflusst (vgl. S. 48) - die operativen Kostentreiber. Operative Kostentreiber sind auf die laufende Geschaftstatigkeit gerichtet. Dagegen zielen strategische Kostentreiber auf strategische Entscheidungen und deren Umsetzung. Unter strategischen Kostentreibem versteht man langfristige und nachhaltige Ursachenkomplexe des Kostenniveaus (vgl. Zirkler, 1999, S. 355).
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Instmmente des strategischen Kostenmanagement
Beispiele fur strategische Kostentreiber sind: » Anlageneffektivitat, « Zeitwahl (Entscheidungen uber den Zeitpunkt des Markteintritts), » Standort, « Fertigungstiefe (make or buy), • Erfahnmg (Erfahrungskurve, Lemkurve). Wenn im Folgenden von Kostentreibern gesprochen wird, sind ausschlieBlich operative Kostentreiber gemeint. 4. Ermittiung von Kostentreibermengen Um Verzerrungen durch kurzfristige Ereignisse zu vermeiden, wird meist ein Zeitraum von einem Jahr oder mehr bei der Planung der Kostentreibermengen (= Prozessmengen) empfohlen. Das Schrifttum der Prozesskostenrechnung enthalt keine eigenen Empfehlungen zur Bestimmung der Kostentreibermengen. Es verweist vielmehr auf bekannte Quelien oder Verfahren, die zur Ermittiung der ben5tigten Informationen beitragen kSnnen. Horvdth/Mayer (1989, S. 217) z.B. schlagen vor, bei der Ermittiung der Kostentreibermengen auf ein Verfahren der Grenzplankostenrechnung zur Planung der BezugsgroBenmengen zuruckzugreifen. Es handelt sich um die Engpassplanung (zur Engpassplanung vgl. Kilger, 1993, S. 337-341). Bei Anwendung dieses Verfahrens werden die Kostentreibermengen auf der Grundlage des erwarteten relevanten Engpasses der Planperiode festgelegt. In der Kegel wird der Absatz der relevante Engpass sein, an dem sich dann auch die Prozessmengen der indirekten Bereiche orientieren mtissen. Bei der Planung der Kostentreibermengen wird als wesentlicher Vorteil der Prozesskostenrechnung die Verdichtung von Tatigkeiten und Teilprozessen zu kostenstellenubergreifenden Hauptprozessen genannt. Erst die Kenntnis der Hauptprozesse wurde eine vemiinftige Planung in den Kostenstellen moglich machen. Eine detaillierte, aufeinander abgestimmte Kostenstellenplanung ware nicht moglich, wenn unzShlige Tatigkeiten bzw. Teilprozesse unabhangig voneinander geplant werden. Sie wurde aber moglich, wenn man bei der Planung mit den wenigen kostenstelleniibergreifenden Hauptprozessen beginnt, deren Mengenvolumina plant und davon ausgehend - entlang der Prozesshierarchie - die notwendigen Teilprozesse und Tatigkeiten sowie die dadurch erforderlichen Kapazitaten sowie deren Kosten in den einzelnen Kostenstellen ableitet. Das klingt uberzeugend, kann aber praktisch ein Problem sein. Es muss namlich eine plausible Produkt/Prozessmengenstruktur - ahnlich einer Sttickliste - definiert bzw. hinterlegt werden.
Prozesskostenrechnung
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Beispiel: Ausgehend vom geplanten Produktionsprogramm muss man festlegen, H wie oft welche Hauptprozesse erforderlich sind, l welche Teilprozessmengen bzw. Tatigkeitsmengen durchschnittlich zur eimnaligen Durchfiihrung eines Hauptprozesses erforderlich sind (Festlegung der Prozesskoeflfizienten (vgl. dazu noch einmal S. 53). Auft)auend auf dieser Mengenstruktur, lassen sich die erforderlichen Teilprozessmengen/Tatigkeitsmengen m den Kostenstellen ableiten. In der Literatur fmden sich keine Beispiele flir den Auft^au solcher Produkt/Prozessmengenstrukturen. 5. Planung der Prozesskosten Wenn feststeht, wie oft die einzelnen kostenstelleniibergreifenden Hauptprozesse und die Teilprozesse sowie Tatigkeiten in den Kostenstellen in der geplanten Periode durchgefiihrt werden, werden die Kosten der Tatigkeiten bzw. der Teilprozesse in den indirekten Kostenstellen geplant. Hierbei handelt es sich in erster Linie um Personalkosten, in zweiter Linie um Raum-, Strom- und Bliromaterialkosten. Fur die Kostenplanung stehen zwei Altemativen zur Verftigung: a. Analytische Planung der Prozesskosten Bei der analytischen Kostenplanung gilt der Grundsatz, nicht von den Istkosten der Vergangenheit auszugehen. Vielmehr werden auf der Basis der Planprozessmengen alle Kostenarten mit Hilfe technisch-kostenwirtschaftlicher Analysen originar geplant. Die analytische Kostenplanung ist sehr aufwendig. In der Praxis wird daher - wenn uberhaupt meist eine vereinfachte analytische Kostenplanung durchgeftihrt. Sie besteht in einer analytischen Planung der Personalkosten und einer proportionalen Umlage der tibrigen Kosten der indirekten Bereiche. b. Retrograde Bestimmung der Prozesskosten, ausgehend von Kostenstellen budgets auf der Grundlage von Zuordnungsschltisseln wie „Mannjahre" Die retrograde Ermittlung der Planprozesskosten ist weniger aufwendig und wird daher in der Praxis haufig bevorzugt. Bei der retrograden Ermittlung werden die Kostenstellenbudgets auf die einzelnen Prozesse entsprechend der Mannjahre aufgeteilt, die zur Prozessverrichtung vorgesehen sind. Bin Mannjahr ist die MaBgroBe fiir die Arbeitsleistung, die eine Person pro Jahr erbringt. Dabei wird eine Substituierbarkeit von Zeit und Personenzahl unterstellt, z.B. 1 Mannjahr = 1 Person, die ein Jahr arbeitet = 2 Personen, die V2 Jahr arbeiten = V2 Person, die 2 Jahre arbeitet. Die ftir jeden Prozess benotigten Mannjahre sind dabei vorrangig auf der Grundlage von Interviews mit den Kostenstellenleitem festzulegen. Dabei erweist sich der im Rahmen der Tatigkeitsanalyse erhobene bzw. geschatzte Zeitbedarf pro Tatigkeit als hilfreich.
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Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Beispiel: Die Kostenstelle „Einkauf' hat ein Jahresbudget von 600 000 €. Das Interview mit dem Kostenstellenleiter hat folgende Zuordnung von Mannjahren auf die Teilprozesse der Kostenstelle ergeben: Teilprozesse
Kostentreiber
Rahmenvertrage abschliefien
Rahmenvertrage
Abrufe tiber Rahmenvertrage
Kostentreibermengen
Mannjahre
70
0,7
Abrufe
1 500
0,9
Bestellungen Serienmaterial
Einzelbestellungen
2 000
1,8
Bestellungen Gemeinkostenmaterial
Bestellungen
1 000
0,9
Lieferantenkontakte halten
Lieferanten
100
0,7
Abteilung leiten
1,0
E Mannjahre
6,0
Die Zuordnung des Kostenstellenbudgets uber die Mannjahre ergibt dann folgende Prozesskosten: 600 000 6 : 6,0 Mannjahre = 100 000€/Mannjahr
Prozesskostenrechnung
Teilprozesse
Kostentreiber
Rahmenvertrage abschlieUen
Rahmenvertrage
Abrufe uber Rahmenvertrage
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Kostentreibermengen
Mann- Imi-Prozessjahre kosten
70
0,7
70 000 €
Abrufe
1 500
0,9
90 000 €
Bestellungen Serienmaterial
Einzelbestellungen
2 000
1,8
180 000 6
Bestellungen Gemeinkostenmaterial
Bestellungen
1000
0,9
90 000 €
100
0,7
70 000 €
Kontakte mit Lie- Lieferanten feranten halten Abteilung leiten
1,0
Summe
6,0
Imn-Prozesskosten
100 000 € 500 000 €
100 000 €
Die Kenntnis der kostenstellenbezogenen Teilprozesse sowie der kostenstelleniibergreifenden Hauptprozesse und ihrer Kosten schafft eine bisher nicht vorhandene Kostentransparenz in den indirekten Bereichen. Die Teilprozesse und die Hauptprozesse zeigen Ansatzpunkte fur Kosteneinsparungen im indirekten Bereich auf. MaBnahmen zur Kosteneinsparung konnen sich zum einen darauf richten, die Prozesse kostengiinstiger zu gestalten (z.B. durch EDV-Einsatz oder die Verbesserung von Ablaufstrukturen). Zum anderen konnen sie darauf abzielen, die Prozesse mengenmaBig zu verringem (z.B. durch die Verringerung der Zahl der Produktvarianten). 6. Ermittlung von Prozesskostensatzen Analog den Zuschlags- bzw. Verrechnungssatzen in der Vollkostenrechnung und den Kalkulationssatzen der Grenzplankostenrechnung werden auch in der Prozesskostenrechnung am Ende der Kostenstellenrechnung Kostensatze - die Prozesskostensatze ermittelt. Sie werden zur Kalkulation benotigt, d.h. sie ermoglichen die Verrechnung der Kosten der indirekten Bereiche auf die Kostentrager. Die Ermittlung von Prozesskostensatzen dient also der Anbindung der Prozesskostenstellenrechnung an die prozessorientierte Kalkulation.
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Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Entsprechend der Differenzierung von Tatigkeiten bzw. Prozessen in Imi- und ImnProzesse werden in der Prozesskostenrechnung auch zwei Prozesskostensatze gebildet, namlich der ii Imi-Prozesskostensatz und der ii Umlagesatz (Inm-Prozesskostensatz), die zusammen den Gesamtprozesskostensatz ergeben. Imi-Prozesskostensatz Ein Imi-Prozesskostensatz ergibt sich durch Division der geplanten Kosten einer ImiTatigkeit bzw. des Imi-Prozesses durch die Menge ihrer bzw. seines Kostentreibers. Der Imi-Prozesskostensatz gibt an, wieviel die einmalige Durchfiihrung bzw. Inanspruchnahme der entsprechenden Imi-Tatigkeit kostet bzw. wieviel die einmalige Durchfiihrung bzw. Inanspruchnahme des entsprechenden Imi-Prozesses kostet. Beispiel: Rahmenvertrage abschlieBen 70 000 € : 70 Rahmenvertrage = 1 000 €/Rahmenvertrag Wtirde man nur die Kosten der Imi-Prozesse kalkulieren, wUrden die Kosten der ImnProzesse bei der Kalkulation vemachlassigt. D.h., es wtirden nicht alle Kosten auf die Kostentrager verrechnet werden. Soil die Prozesskostenrechnung eine VoUkostenrechnung in dem Sinne sein, dass alle Kosten auf die Kostentrager verrechnet werden, miissen auch noch die Imn-Kosten umgelegt werden. Das geschieht, indem man flir die ImnKosten sogenannte Umlages^tze (Imn-Prozesskostensatze) bildet. Umlagesatz (Imn-Prozesskostensatz): Die hnn-Kosten werden im Verhaltnis der Imi-Prozesskosten verteilt. (Summe Imn-Prozesskosten : Summe Imi-Prozesskosten) x 100 = Zuschlagssatz in %
Umlagesatz (€/P.) = Imi-Kostensatz x Zuschlagssatz (%) Gesamtprozesskostensatz: Der Gesamtprozesskostensatz eines Prozesses ergibt sich aus der Addition des Imi-Prozesskostensatzes und des Umlagesatzes.
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Prozesskostenrechnung Zusammenfassende Ubersicht uber die Prozesskostenstellenrechnung Teilprozesse
Kostentreiber
Treibermengen
Prozesskosten
ImiSatz
ImnSatz
Gesamtkostensatz
(€)
(€/P.)
(€/P.)
(€/P.)
70
70 000
1 000
200
1200
Rahmenvertrage abschlieBen
Imi
Abrufe uber Rahmenvertrage
Imi Abrufe
1 500
90 000
60
12
72
Bestellungen Serienmaterial
Imi Einzelbestellungen
2 000
180 000
90
18
108
Bestellungen Gemeinkostenmaterial
Imi
Bestellungen
1 000
90 000
90
18
108
Kontakte mit Lieferanten halten
Imi
Lieferanten
100
70 000
700
140
840
Abteilung leiten
Imn
Summe
Rahmenvertrage
100 000 600 000
Zur Ermittlung der UmlagesStze - Beispiel: "Rahmenvertrage abschlieBen": lOOOOOeimn-Kosten : 500 000 € Imi-Kosten = 20% 1 000 €/P. Imi-Kostensatz x 20% = 200 €/P. Umlagesatz
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Instmmente des strategischen Kostenmanagement
2.2.4
Prozessorientierte Kalkulation
Eine Zielsetzung der Prozesskostenrechnung besteht darin, eine verursachungsgerechtere Kalkulation dadurch zu erreichen, dass bei der Kalkulation die spezifische Inanspruchnahme der indirekten Bereiche durch die Kalkulationsobjekte (Kostentrager) beriicksichtigt wird. Daher spricht man auch von einer beanspruchungsgerechten Kalkulation. Dementsprechend ist die entscheidende Frage bei der Kalkulation: Welche Prozesse nimmt ein Kalkulationsobjekt in Anspruch? Diese Frage lasst sich teilweise problemlos beantworten, teilweise erfordert sie jedoch weitergehende Uberlegungen oder auch Vereinfachungen und Annahmen. Problemlos ist die Antwort immer dann moglich, wenn ein direkter Zusammenhang zwischen dem Kalkulationsobjekt und den im Untemehmen ablaufenden Prozessen herstellbar ist - d.h., wenn die Prozesse produktnah sind. Folgende Beispiele sollen das verdeutlichen. Im Gesundheitssektor konnte die Kalkulation einer Angioplastie folgendermaUen aussehen (in enger Anlehnung an Gussow/Greulich/Ott, 2002, S. 187): Prozessorientierte Kalkulation einer Angioplastie Kostensatz/ Teilprozess
I
1
21 €/Aufiiahme
21€/A.
Hygiene
5
42 €/ Hygiene
210 €/A.
Visite
5
20 €/Visite
100 €/A.
260 €/Diagnostik
260 €/A.
Kostenstelle
Teilprozess
Station
Aufiiahme
Tatigkeiten
AnKostenzahl satz/Tatigkeit
: med. Institution
Diagnostik
:
•
Labor
4
40 €/Labor
Echokardiographie
1
lOOe/Echokardiographie
Kosten Abb. 23: Prozessorientierte Kalkulation einer Angioplastie
3 146€/A.
Prozesskostenrechnung
63
Beispiel fiir die Kalkulation eines produktnahen Prozesses im Industriebetrieb: Die Prozesskostenstellenrechnung eines Untemelimens weist fiir den Prozess „Lagerverwaltung" folgende Daten auf: Prozess
Kostentreiber
Kostentreibermenge
Prozesskosten
Prozesskostensatz
Lagerverwaltung
Zahl der Stucklistenpositionen
lOOOOPositionen
100 000 €
10€/P.
Das Untemehmen fertigt die Komponente x in der LosgroBe 40. Fiir jede Komponente sind 20 unterschiedliche Fremdbezugsteile notwendig, die losbezogen aus dem Lager kommissioniert werden. In diesem Fall betragen die Kommissionierprozesskosten fiir Ix: 10€/Pos.
Prozesskosten fiir eine Stiicklistenposition
20 Positionen
zu kommissionierende Stticklistenpositionen Prozesskosten fiir 20 Stticklistenpositionen
200 €
20Pos. X lOe/Pos.-
40 Stuck
LosgrGBe x -> Kommissionierprozesskosteii fiir 1 x
5€/x
200 € : 40 Stuck x =
Fiir die Falle, in denen kein direkter Kalkulationsobjekt/Prozess-Zusammenhang herstellbar ist - d.h., in denen die Prozesse produktfem sind -, haben Horvath/Mayer (1989, S. 218-219) folgende Losung entwickelt. Sie gehen davon aus, dass Sttickzahlen und Variantenzahlen die HaupteinflussgroBen fiir das Entstehen indirekter Kosten sind. Darauf aufbauend schatzen siefiirjeden Prozess den prozentualen Anteil der Planprozessmenge, der stlickzahlabhangig bzw. variantenzahlabhangig entsteht. Auf dieser Grundlage lassen sich die sttickzahlabhangigen und variantenzahlabhangigen Prozesskosten kalkulieren. Man nennt diese Art der Kalkulation auch Variantenkalkulation. Beispiel fiir die Variantenkalkulation eines produktfemen Prozesses: Ein Untemehmen stellt drei Varianten her:
Stiickzahl/Periode
Variante A
Variante B
Variante C
5 000
4 000
1000
64
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Der Prozess „Varianten betreuen" verursacht 24 000 e/Periode. Es wird angenommen, dass der Prozess und damit auch seine Kosten zu 50% durch die hergestellten Stticke und zu 50% durch die Variantenzahl bestimmt wird. In diesem Fall betragen die Betreuungsprozesskosten z.B. fur jedes Stiick der Variante C: C stUckzahlabhangige Betreuungsprozesskosten: 1,20 €/St.
12 000 € : 10 000 StUck = 1,20 €/Stuck variantenzahlabhSngige Betreuungsprozesskosten:
4 000 eA'ar.: 1 000 St./Var. = 4,00€/St.
12 000 € : 3 Varianten = 4 000 CA'ariante
5,20 €/St.
-> Betreuungsprozesskosten
Die Kalkulationsverfahren werden nun noch einmal anhand von Fallstudien verdeutlicht. Fallstudie I zeigt eine prozessorientierte Kalkulation bei einem direkten Zusammenhang zwischen Kalkulationsobjekt und Prozessen. Fallstudie II veranschaulicht eine prozessorientierte Kalkulation bei einem indirekten Kalkulationsobjekt/Prozesszusammenhang und zeigt auBerdem die Unterschiede zur traditionellen Zuschlagskalkulation auf. Fallstudie I: Direkter Kalkulationsobjekt/Prozesszusaminenhang Die Verdichtung kostenstellenbezogener Teilprozesse zu kostenstelleniibergreifenden Hauptprozessen habe folgendes Ergebnis gebracht (vgl. Horvath/Mayer, 1993, S. 25-26): Menge
ImiKosten
GesamtKosten
Imi-Kostensatz
Gesamt- ! kostensatz
5 000
650 T€
750 T€
130€/P.
150 €/P.
2 Lagerverwaltung
Zahl der 40 000 Stiicklistenpositionen
340 T€
400 T€
8,50 €/P.
10€/P.
3 Fertigungsbzw. Montageauftragssteuerung
Zahl der Fertigungsstufen
30 000
540 T€
600 T€
18e/P.
20e/P.
iNr. Hauptprozesse
Kostentreiber
1 Beschaffung Zahl der Serienmate- Bestellunrial liber Rah- gen menvertrage
Prozesskostenrechnung
65
Endprodukt: Das Untemehmen montiert u.a. das Endprodukt z in der MontagelosgroBe 5 in 3 Fertigungsstufen. Ftir 1 z werden benotigt: H 1 fremdbezogene Komponente, H 10 fremdbezogene Einzelteile, •
1 eigengefertigte Komponente.
Die insgesamt 12 Telle werden montagelosbezogen aus dem Lager kommissioniert. Die Montageeinzelkosten betragen 40 €/Sttick z. Zur fremdbezogenen Komponente Die fremdbezogene Komponente ist Serienmaterial, das Uber Rahmenvertrage in der LosgroBe 10 zum Stiickpreis von 90 € beschafft und eingelagert wird. Zu den Fremdbezugsteilen Die 10 unterschiedlichen Fremdbezugsteile sind ebenfalls Serienmaterial, das uber Rahmenvertrage jeweils in der DurchschnittslosgroBe von 1 000 (Mehrfachverwendungsteile) zum durchschnittlichen Stiickpreis von 1 € beschafft und eingelagert wird. Zur eigengefertigten Komponente Die eigengefertigte Komponente wird in 10 Fertigungsstufen in der LosgroBe 20 hergestellt. FUr jede eigengefertigte Komponente sind 20 unterschiedliche Fremdbezugsteile notwendig, die losbezogen aus dem Lager kommissioniert werden. Die Fremdbezugsteile fur die eigengefertigte Komponente sind Serienmaterial, das liber Rahmenvertrage jeweils in der DurchschnittslosgroBe 100 zu einem durchschnittlichen Stuckpreis von 4 € beschafft-und eingelagert wird. Die Fertigungseinzelkosten fiir die eigengefertigte Komponente betragen 50 €/Komponente. Die Kalkulation der Herstellkosten ftir ein Stuck des Endprodukts z vollzieht sich in mehreren Schritten: 1. Bestimmung der Materialeinzelkosten fiir 1 z 2. Bestimmung der Fertigungseinzelkosten fur 1 z 3. Bestimmung der Prozesskosten fiir 1 z a. Beschaffiingsprozesskosten (HP 1) Es sind verschiedene Beschaffungen notig, namlich -
Beschaffung derfremdbezogenenKomponente,
-
Beschaffung der Fremdbezugsteile,
-
Beschaffung der Fremdbezugsteile fur die eigengefertigte Komponente.
66
Instrumente des strategischen Kostenmanagement b. Lagerprozesskosten (HP 2) Es sind verschiedene Ein- und Auslagerungsvorgange notig, namlich -
Einlagerung derfremdbezogenenKomponente,
-
Einlagerung der Fremdbezugsteile,
-
Einlagerung der Fremdbezugsteile fur die eigengefertigte Komponente,
-
Kommissionierung fUr die eigengefertigte Komponente,
-
Einlagerung der eigengefertigten Komponente,
-
Kommissionierung fur das Endprodukt z,
-
(die Einlagerung des Endprodukts z gehort nicht zu den Herstellkosten, sondem bezieht sich auf einen Zeitraum nach der Herstellung).
c. Fertigungs- bzw. Montageauftragssteuerungskosten (HP 3) Es sind verschiedene Fertigungs- bzw. Montagevorgange zu steuem, namlich -
Fertigung der eigengefertigte Komponente,
-
Montage des Endprodukts z.
Die Kalkulation selbst sieht dann wie folgt aus: 1. Bestimmung der Materialeinzelkosten fiir 1 z - filr 1fremdbezogeneKomponente
1 K./z X 90 e/K. =
- fUr 10 Fremdbezugsteile
lOT./zx 1€/T. =
90e/z loe/z
- fllr 20 Fremdbezugsteile
20 T./z X 4 €/T. =
80 e/z 180 €/z
2. Bestimmung der Fertigungs- bzw. Montageeinzelliosten fQr 1 z - fur die Montage der 12 Teile
40€/z
- fiir die eigengefertigte Komponente
50€/z 90€/z
Prozesskostenrechnung
67
3. Bestimmung der Prozesskosten a. Beschaffungsprozesskosten (HP 1) Beschaffung der fremdbezogenen Komponente 150 €/B.
- Prozesskosten fur einen Beschaffungsvorgang
lOK./B.
- LosgrOBe - Beschaffiingsprozesskosten/Komponente
150 €/B.: 10K./B.=
- Bedarf fiir 1 z
= 1 K . ^ 1 K./zxl5€/K. =
15€/K. 15€/z
Beschaffung der 10 Fremdbezugsteile 150€/B.
- Prozesskosten ftr einen Beschaffungsvorgang
1 000 T./B.
- LosgroBe (je Teil) - Beschaffungsprozesskosten/Teil
150 €/B.: 1000T./B. = (bzw. 1500 6: 10 000 T.)
- Bedarf flir 1 z
= 10T.->10T./zxO,15€/T. =
0,15 €/T. 1,50 €/z
Beschaffung der 20 Fremdteile fiir die eigengefertigte Komponente - Prozesskosten fur einen Beschaffungsvorgang
150e/B.
- LosgroBe (je Teil)
100 T./B.
- Beschaffungsprozesskosten/Teil
150 €/B.: 100 T./B. = (bzw. 3 000 € : 2 000 T.)
-Bedarf fur 1 z
= 20T. ^20T./zxl,50e/T. =
1,50 €/T. 30€/z
68
Instrumente des strategischen Kostenmanagement b. Lagerprozesskosten (HP 2) Einlagerung der fremdbezogenen Komponente - Prozesskosten fur eine Stiicklistenposition
10€/P.
- LosgroBe
10K./P.
- Einlagerungsprozesskosten/Komponente
10€/P.: 10K./P. =
-Bedarffurl z
= 1 K. -^ 1 K./Z X 1 e/K. =
1€/K. l€/z
Einlagerung der 10 Fremdbezugsteile - Prozesskosten fiir eine Stucklistenposition
10€/P. 1 000 T.
- LosgrOBe (je Teil) - Einlagerungsprozesskosten/Teil
10€/P.: 1000T./P.= (bzw. 100€: 10 000 T.)
-Bedarffurl z
= 10T.-^ 10T./zxO,01€/T. =
0,01 €/T. 0,10 €/z
Einlagerung der 20 Fremdbezugsteile fur die eigengefertigte Komponente - Prozesskosten fiir eine Stucklistenposition
10€/P.
- LosgrSBe (je Teil)
100 T.
- Einlagerungsprozesskosten/Teil
10€/P.: lOOT./P. = (bzw. 200 € : 2 000 T.)
- Bedarf fur 1 z
= 20T.^20T./zx0,10€/T. =
0,10 €/T. 2€/z
Prozesskostenrechnung
69
Kommissionierung fiir die eigengefertigte Komponente - Prozesskosten fiir eine Stucklistenposition
10€/P.
- zu kommissionierende Stiicklistenpositionen
20 P.
- Prozesskosten fiir 20 Positioner!
20 P. X 10€/P.=
200 € 20 K.
- LosgroBe der eigengefertigten Komponente - Kommissionierprozesskosten/Komponente
200 € : 20 K. =
- Bedarf fur 1 z
= 1K.-^1 K./zx 10€/K. =
10€/K. 10 €/z
Einlagerung der eigengefertigten Komponente - Prozesskosten fur eine Stucklistenposition
10€/P. 20 K.
- LosgroBe - Einlagerungsprozesskosten/Komponente
10€/P. :20K./P.=
-Bedarffur I z
= 1 K. -> 1 K./z X 0,50 €/K. =
0,50 €/K. 0,50 €/z
Kommissionierung fiir den Montageauftrag - Prozesskosten fiir eine Stucklistenposition
10€/P.
- zu kommissionierende Stiicklistenpositionen
12 P.
- Prozesskosten fiir 12 Positionen
12P.xlO€/P.=
- MontagelosgroBe z - Kommissionierprozesskosten/z
120 € 5z
120e:5z =
24€/z
70
Instrumente des strategischen Kostenmanagement c. Fertigungs- bzw. Montageauftragssteuerungsprozesskosten (HP 3) Fertigungssteuerung der eigengefertigten Komponente - Prozesskosten flir eine Fertigungsstufe
20 €/Fs.
- Fertigungsstufen - Prozesskosten fiir 10 Fertigungsstufen
10 Fs. 10 Fs. x20€/Fs. =
200 €
- LosgroBe der eigengefertigten Komponente
20 K.
- Fertigungssteuerungsprozesskosten/Komp.
200 € : 20 K. =
- Bedarf flir 1 z
= 1K->1 K./zx 10€/K.=
10€/K. 10€/z
Steuerung des Montageauftrags - Prozesskosten fur eine Fertigungsstufe
20 €/Fs.
- Fertigungsstufen
3Fs.
- Prozesskosten fiir 3 Stu- 3 Fs.x 20 €/Fs. = fen
60 6 5z
- MontagelosgroBe z - Fertigungssteuerungsprozesskosten/z
12 €/z
60 € : 5 z =
Zusammenfassung der Ergebnisse: MEK
180,00 €
+ FEK
90,00 €
z
270,00 €
+ HPl
15,00 €+1,50 € + 30,00 6
I
46,50 e
+ HP2
1,00 € + 0,10 € + 2,00 € + 10,00 € + 0,50 € + 24,00 €
37,60 €
+ HP3
10,00 €+12,00 €
s s
= HK fttr 1 z
22,00 € 376,10 €
Prozesskostenrechnung
71
Fallstudie II: Indirekten Produkt/Prozesszusammenhang (Variantenkalkulatlon) Bin Untemehmen stellt drei Varianten eines Produkts her: Varianten
A
B
c
Materialeinzelkosten (€/Stlick)
50
50
50
90 000
20 000
10 000
StUckzahl
Auszug aus der Prozesskostenstellenrechnung: Prozess
Kostentreiber
Rahmenvertrage abschlieBen
Rahmenvertrage
Abrufe uber Rahmenvertrage Bestellungen Serienmaterial
Prozessmenge
ImiProzesskosten (€)
ImnProzesskosten (€)
Gesamtpro- j zesskostensatz (€/P.)
70
70 000
1200
Abrufe
1 500
90 000
72
Einzelbestellungen
2 000
180 000
108
Bestellungen GeBestellunmeinkostenmaterial gen
1000
90 000
108
100
70 000
840
Kontakte mit Liefe- Lieferanten ranten halten Abteilung leiten Summe
100 000 500 000
100 000
72
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Es wird angenommen, dass die Prozessmengen durch die hergestellten Sttickzahlen und durch die Zahl der Produktvarianten in folgender Weise bestimmt werden: Prozesse
stUckzahlabhMngige Prozessmenge
variantenzahlabhangige Prozessmenge
Rahmenvertrage abschlieBen
10%
90 %
Abrufe (iber Rahmenvertrage
50%
50%
Bestellungen Serienmaterial
50 %
50 %
Bestellungen Gemeinkostenmaterial
50%
50 %
Kontakte mit Lieferanten
10%
90%
Im Folgenden werden die Materialkosten fiir je ein Sttick jeder Produktvariante nach der Prozesskostenrechnung und nach der traditionellen Zuschlagskalkulation ermittelt. Kalkulation nach der Prozesskostenrechnung: 1. Ermittlung der stiickzahl- und variantenzahlabhangigen Prozessmengen Prozessmengen
stiickzahlabhSngig
variantenzahlabhSngig
Rahmenvertrage abschlieBen
70
10% = 7
90% = 63
Abrufe tlber Rahmenvertrage
1500
50% = 750
50% = 750
Bestellungen Serienmaterial
2 000
50% = 1 000
50% = 1 000
Bestellungen Gemeinkostenmaterial
1000
50% = 500
50% = 500
100
10%= 10
90% = 90
Prozesse
Kontakte mit Lieferanten halten
73
Prozesskostenrechnung 2. Ermittlung der stiickzahl- und variantenzahlabhangigen Prozesskosten Prozesse
stiickzahlabhSngige Prozesskosten
variantenzahlabhangige Prozesskosten
Rahmenvertrage abschlielJen
7 Prozesse x 1 200 €/P. = 8 400€
63 Prozesse x 1 200 €/P. = 75 600 €
Abrufe iiber Rahmenvertrage
750 Prozesse x 72 €/P. = 54 000 €
750 Prozesse x 72 €/P. = 54 000 €
Bestellungen Serienmaterial
1 000 Prozesse X 108€/P. = 108 000 6
1 000 Prozesse X 108 €/P.= 108 000 €
Bestellungen Gemeinkostenmaterial
500 Prozesse X 108€/P. = 54 000 €
500 Prozesse X 108€/P. = 54 000 €
Kontakte mit Lieferanten halten
10 Prozesse X 840 €/P.= 8 400€
90 Prozesse x 840 e/P. = 75 600 €
Fiir die Kalkulation der Stuckkosten verfahrt man wie folgt weiter: » Da sich die sttickzahlabhangigen Prozesskosten auf alle Stiicke gemeinsam - d.h. die Stucke aller Varianten zusammen - beziehen, werden sie durch die Gesamtstiicke dividiert. Unabhangig davon, zu welcher Variante ein Sttick gehort, erhalt es daher denselben Kostenbetrag. 9 Die variantenzahlabhangigen Prozesskosten beziehen sich dagegen auf die Zahl der Varianten. Entsprechend sind sie durch die Zahl der Varianten zu dividieren: Pro Variante ergibt sich dadurch derselbe Kostenbetrag. K Dividiert man weiter den Kostenbetrag jeder Variante durch die zugehorige Stiickzahl der jeweiligen Variante, erhalt man die Kosten je Sttick einer Variante. Sie variieren von Variante zu Variante: Die Stiickkosten hochvolumiger Varianten fallen geringer aus, als die Stuckkosten niedervolumiger Varianten. M Schliefilich mussen zu den stiickzahl- und variantenzahlabhangigen Prozesskosten noch die Materialeinzelkosten addiert werden. Das Ergebnis sind die Materialkosten je Stiick einer Variante nach der Prozesskostenrechnung.
'
74
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
3. Ermittlung der stQckzahlabhangigen Stuckkosten Prozesse
stiickzahlabhangige Stuckkosten
Rahmenvertrage abschlieBen
8 400 6: 120 000 St. =
0,07 6/Stiick
Abrufe iiber Rahmenvertrage
54 000€: 120 000 St. =
0,45 e/Stuck
Bestellungen Serienmaterial
108 000 6: 120 000 St. =
0,90 e/Stuck
54 000 6 : 120 000 St. =
0,45 6/Stuck
8 400 6: 120 000 St. =
0,07 6/Stuck
Bestellungen Gemeinkostenmaterial Kontakte mit Lieferanten halten
1,94 6/Stuck
Summe 4. Ermittlung der Kosten/Variante
KostenA^ariante
Prozesse Rahmenvertrage abschlieBen
75 600 6 : 3 Varianten =
25 200 6/Variante
Abrufe uber Rahmenvertrage
54 000 6 : 3 Varianten =
18 000 6A^ariante
Bestellungen Serienmaterial
108 000 6: 3 Varianten =
36 000 6/Variante
Bestellungen Gemeinkostenmaterial
54 000 6 : 3 Varianten =
18 000 6/Variante
Lieferantenkontakte halten
75 600 6 : 3 Varianten =
25 200 6/Variante
75
Prozesskostenrechnung 5. Ermittlimg der variantenzahlabhangigen Sttickkosten Prozesse RahmenvertrSge abschlieBen
Abrufe ilber Rahmenvertrage
Bestellungen Serienmaterial
Prozesse Bestellungen Gemeinkostenmaterial
Kontakte mit Lieferanten halten
Summe
A
B
C
25 200 €/Var.
25 200 €/Var.
25 200 €A/ar.
: 90 000 St./Var. =
: 20 000 St./Var. =
: 10 000St.A^ar.=
0,28 €/Smck
1,26€/Stuck
2,52 €/Stuck
18 000€A^ar.
18 000€/Var.
18 000€A/ar.
: 90 000 St./Var. =
: 20 000 St.AVar. =
: 10 000St.A'ar.=
0,20 e/Stuck
0,90 e/Stuck
l,80€/StUck
36 000 €/Var.
36 000 €A^ar.
36 000 €/Var.
: 90 000 St./Var. =
: 20 000 St./Var. =
: 10 000St./Var.=
0,40 €/Stuck
1,80€/Stuck
3,60 €/Stuck
A
B
C
18 000€A'ar.
18 000€/Var.
]8 000€/Var.
: 90 000 St./Var. =
: 20 000 St./Var. =
: 10 000St./Var.=
0,20 €/StUck
0,90 €/Stuck
l,80e/Sttlck
25 200 CA'ar.
25 200 €/Var.
25 200 €/Var.
: 90 000 St./Var. =
: 20 000 St./Var. =
: 10 000St./Var. =
0,28 €/Stuck
1,26€/Stuck
2,52 €/Stuck
1,36 €/Stflck
6,12€/Stflck
12,24 €/Stflck
Insgesamt ergeben sich damit folgende Prozesssttickkosten: A
B
C
stUckzahlabhSngige Sttickkosten
1,94 €/St.
1,94 €/St.
1,94 €/St.
variantenzahlabhangige Sttickkosten
1,36 €/St.
6,12 €/St.
12,24 €/St.
Summe
3,30 €/St.
8,06 €/St.
14,18 €/St.
76
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Probe: A:
3,30 e/Stuck X 90 000 Stuck =
297 000 €
B:
8,06 €/StUck X 20 000 StUck =
161200 6
C:
14,18 e/StUck X 10 000 Stuck =
141 800 €
I
600 000 €
6. Ermittlung der Materialsttickkosten
Materialeinzelkosten Prozesskosten MaterialstQckkosten
A
B
C
50,00 €/St.
50,00 €/St.
50,00 e/st.
3,30 €/St.
8,06 €/St.
14,18 €/St.
53,30 €/St.
58,06 €/St.
64,18 €/St.
Kalkulation nach der traditionellen Zuschlagskalkulation: 1. Ermittlung des Zuschlagssatzes fur Materialgemeinkosten Zuschlagssatz = Materialgemeinkosten : Materialeinzelkosten
Materialgemeinkosten (MGK)
+
Z
Imi-Kosten
500 000 €
Imn-Kosten
100 000 € 600 000 €
Prozesskostenrechnung
77
Materialeinzelkosten (MEK) 90 000 Stuck X 50 €/StUck =
4 500 000 €
+
20 000 Stuck X 50 €/Stuck =
1 000 000 €
+
10 000 Stuck X 50 €/Stiick =
500 000 €
Z
6 000 000 €
Zuschlagssatz = 600 000 € MGK : 6 000 000 € MEK = 10% 2. Ermittlung der Materialstiickkosten A Materialeinzelkosten
B
C
50,00 €/St.
50,00 €/St.
50,00 €/St.
5,00 €/St.
5,00 €/St.
5,00 e/st.
55,00 €/St.
55,00 €/St.
55,00 €/St.
Anteil an den Materialgemeinkosten 10%x50€ = Materialstiickkosten
Die Quintessenz aus den Voniberlegungen ist, dass bei prozessorientierter Kalkulation Varianten mit geringen Stuckzahlen im Vergleich zur traditionellen Zuschlagskalkulation ein Mehrfaches an Gemeinkosten zugeteilt bekommen. Dadurch erscheinen Varianten mit geringen Stiickzahlen weniger erfolgreich als in der traditionellen Rechnung. Umgekehrt erscheinen Varianten mit hohen Stiickzahlen erfolgreicher als in der traditionellen Rechnung. Die Prozesskostenrechnung wirkt also der klassischen Fehlsteuerung entgegen, das Produktionsprogramm um viele niedervolumige Varianten zu erweitem, die bestandig steigende Gemeinkosten in den indirekten Bereichen zur Folge hatten. Mit dieser Erkenntnis ist allerdings ein „aber" verbunden. Denn die Markte sind heute durch differenzierte Kundenwunsche gekennzeichnet. Es gilt also, einen betriebswirtschafthch sinnvollen Kompromiss zwischen Variantenvielfalt und Gemeinkostenanstieg bei den Entscheidungen liber das Produktionsprogramm zu fmden. AuBerdem muss man sich dariiber im Klaren sein, dass die dargestellte Variantenkalkulation eine erhebliche Schwachstelle aufweist: „Die Festlegung der prozentualen Anteile fiir volumen- bzw. variantenabhangige Prozessmengen und damit Prozesskosten. Es existiert namlich kein Verfahren, mit dessen Hilfe die Trennung der Prozessmengen und Prozesskosten in volumen- bzw. variantenabhangige Bestandteile in objektiver Weise erfolgen konnte. Der unvermeidbare Ruckgriff auf Schatzungen birgt die Gefahr, dass Kalkulationsergebnisse gezielt mani-
78
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
puliert werden. Selbst wenn dies nicht der Fall ist, bleibt eine erhebliche Ungenauigkeit in den Kalkulationsergebnissen, die von der Anwendung der Variantenkalkulation abraten lassen." (Joos-Sachse, 2002, S. 270).
2.2.5
GemeinkostencontroUing
Das GemeinkostencontroUing der Prozesskostenrechnung will mehr it Leistungstransparenz schaffen, indem die Tatigkeiten der Kostenstellen detailliert aufgefuhrt werden, ii Kostentransparenz schaffen, indem den einzelnen Tatigkeiten in den Kostenstellen Kosten zugeordnet werden. Dadurch soUen Unwirtschaftlichkeiten sichtbar werden, die als Konsequenz Rationalisierungen durch Reduktion unproduktiver Gemeinkosten (eliminating non value added costs) bzw. Kapazitatsanpassungen zur Folge haben. Das GemeinkostencontroUing in der Prozesskostenrechnung umfasst folgende Schritte: 1. Ermittlung der Istkosten 2. Ermittlung der Istprozessmenge 3. Ermittlung der Prozesssollkosten 4. Abweichungsanalyse Eskann M kostenstellentibergreifend fiir die Hauptprozesse, ii Oder kostenstellenbezogen fur die dort ablaufenden Teilprozesse durchgefuhrt werden. Beispiel zum kostenstelleniibergreifenden GemeinkostencontroUing fur Hauptprozesse: In einem Untemehmen hat die Verdichtung von Teil- zu Hauptprozessen u.a. folgende Struktur ergeben: Hauptprozess: Fertigungsauftrage abwickeln Teilprozess: Kaufteile disponieren
Teilprozess: Fertigungsauftrage steuem
Teilprozess: Material bereitstellen
Teilprozess: Qualitatsuberwachung
Prozesskostenrechnung
79
Sowohl der Hauptprozess als auch die Teilprozesse weisen den Kostentreiber „Zahl der Fertigungsauftrage" auf (vgl. Mayer, 1990, S. 309 f.). Ftir die Planperiode wird mit 1000 Fertigungsauftragen gerechnet. Fur die Teilprozesse zeigt ein Auszug aus der Prozesskostenstellenrechnung folgende Daten: Kostenstelle Teilprozess
Kostentreiber
Prozessmenge
Prozesskosten
Prozesskostensatz
Einkauf
Kaufteile disponieren
Zahl der Fertigungsauftrage
1 000
30 000 €
30€/TP
Fertigungssteuerung
Fertigungsauftrage steuem
Zahl der Fertigungsauftrage
1 000
100 000 €
100€/TP
Lager
Materialbereitstellung
Zahl der Fertigungsauftrage
1 000
20 000 €
20€/TP
Labor
Qualitatstiberwa- Zahl der Fertichung gungsauftrage
1 000
100 000 €
100€/TP
» Zeitpunkt to: Ermittlung der Plankosten fur den Hauptprozess Bei den geplanten 1 000 Fertigungsauftragen ergeben sich folgende Plankosten fur den Hauptprozess: Kaufteile disponieren
30 e/Fert.-Auftr.
Fertigungsauftrage steuem
100€/Fert.-Auftr.
Materialbereitstellung
20 €/Fert.-Auftr.
Qualitatsuberwachung
100€/Fert.-Auftr.
Z Plankosten eines Fertigungsauftrags
250 €/Fert.-Auftr.
E Plankosten des Hauptprozesses
1 000 Fert.-Auftr. x 250 €/Fert.-Auftr. =
250 000 6
80
Instrumente des strategischen Kostenmanagement Zeitpunktti: Gemeinkostencontrolling 1. Ermittlung der Istkosten Unter den Istkosten versteht man die tatsachlich angefallenen Kosten. Analog zu den Istkosten der Plankostenrechnungen ist auch die Ermittlung preisbereinigter Istkosten denkbar. Eine Analyse der Kostenstruktur hat ergeben, dass die Kosten der indirekten Bereiche des Untemehmens ausschliefilich fix in Bezug auf die Beschaftigung der Kostenstellen sind. Infolgedessen entsprechen die Istkosten des Hauptprozesses seinen Plankosten, weil sie sich bei Beschaftigungsanderungen nicht automatisch andem. Z Istkosten des Hauptprozesses
250 000 €
2. Ermittlung der Istprozessmengen Unter der Istprozessmenge versteht man die tatsachlich angefallenen Prozesse. Da es sich um MengengroBen handelt, ist eine direkte Messung moglich. Es wird von einer Auslastung in Hohe von 80% ausgegangen, D.h., tatsachlich werden nicht die geplanten 1 000, sondem nur 800 Fertigungsauftrage abgewickelt. 3. Ermittlung der Prozesssollkosten Die Prozesssollkosten werden wie folgt ermittelt: Prozesssollkosten = Plan-Prozesskostensatz x Istprozessmenge Die Prozesssollkosten geben an, wie hoch die Kosten bei altemativen Istprozessmengen sein durfen. Das lasst sich folgendermaUen verdeutlichen. Der PlanProzesskostensatz sagt aus, wieviel die Durchftihrung eines Prozesses planmaBig kostet. Multipliziert mit der Istprozessmenge ergeben sich die Kosten, die insgesamt bei der Istprozessmenge aufgrund der Planungen anfallen diirfen. Die Prozesssollkosten sollen die notwendige Transparenz in den indirekten Bereichen schaffen: Sie sind die Grundlage ftir Diskussionen liber die angemessene Hohe der Gemeinkosten. Abweichungen - d.h. Uberschreitungen der Prozesssollkosten durch die Istkosten - sollen Gemeinkostenabbau initiieren.
Prozesskostenrechnung
81
Fiir den Hauptprozess ergeben sich folgende Sollkosten: 30 €/Fert.-Auftr. x 800 Fert.-Auftr. =
24 000 €
100 €/Fert.-Auftr. x 800 Fert.-Auftr. =
80 000 6
Materialbereitstellung
20 €/Fert.-Auftr. x 800 Fert.-Auftr. =
16 000 6
Qualitatstiberwachung
100 e/Fert.-Auftr. x 800 Fert.-Auftr. =
80 000 6
Kaufteile disponieren Fertigungsauftrage steuem
200 000 6 i
Z Prozesssollkosten des Hauptprozesses
4. Ermittlung der Abweichungen von 1st- und Prozesssollkosten des Hauptprozesses Prozesssollkosten
Istkosten
Abweichung
Abweichungsart
200 000 6
250 000 6
50 000 6
Kostentiberschreitung
Der Ausweis der Kostentiberschreitung wird den fiir den Hauptprozess verantwortlichen Process Owner veranlassen, mit den Kostenstellenleitem tiber die Kostenstellenkosten zu diskutieren und nach Moglichkeiten fiir einen Gemeinkostenabbau zu suchen. Die ermittelte Abweichung lasst sich allerdings kritisch hinterfragen. Es handelt sich namlich um die aus der flexiblen Plankostenrechnung auf Vollkostenbasis altbekannten Beschaftigungsabweichung, die durch die Proportionalisierung fixer Kosten entsteht. Haufig werden die Abweichungen auch Leerkosten genannt. Im Beispiel betragt die Beschaftigung 80%, folglich sind 80% der Fixkosten Nutzkosten und 20% sind Leerkosten: 20% von 250 000 € =
50 000 €
Die Gleichsetzung von Beschaftigungsabweichungen und Leerkosten ist in der Literatur nicht unumstritten. So merkt z.B. Brlihl (1995, S. 77) an, dass Leerkosten keine tatsachlichen Kostenabweichungen sind. Sie stellen lediglich den Teil der fixen Kosten dar, der auf nicht genutzte Kapazitaten entfallt. Unbestritten ist dagegen, dass der Ausweis von Leerkosten entscheidungstheoretisch problematisch ist, weil sich die Fixkosten nicht beliebig abbauen lassen. So ist es auch wieder in der Prozesskostenrechnung. Wenn ein Prozess weniger durchgefiihrt wird, reduzieren sich die Gemeinkosten in den indirekten Bereichen eben nicht automatisch um den
82
Instrumente des strategischen Kostenmanagement Prozesskostensatz. Anders ausgedruckt: In der Kegel konnen die Istkosten den SoUkosten gar nicht entsprechen. Somit zeigt die Beschaftigungsabweichung lediglich das langfristige Kosteneinsparpotenzial, nicht aber die Kosten, die bei wirtschaftlichem Handeln in einer Periode hatten eingespart werden mussen.
Beispiel zum kostenstellenbezogenen Gemeinkostencontrolling (in weiter Anlehnung anBruhl, 1995): Kostenstelle Einkauf W Zeitpunkt to! Ermittlung der Planprozesskosten Gesamte Plankosten laut Kostenstellenbudget
600 000 €
Insgesamt benCtigte Mannjahre = Plan-Maimjahre
6,0 e/MJ 100 000€/MJ
Plankosten/Mannjahr
Planmenge
geplante Mannjahre
Plankosten
Imi-Prozesskostensatz
Rahmenvertrage abschlieCen
70
0,7
70 000 €
1 000 €/P.
Abrufe iiber Rahmenvertrage
1 500
0,9
90 000 €
60€/P.
Teilprozesse
: Zeitpunkt tii Gemeinkostencontrolling 1. Ermittlung der Istkosten Die Auslastung der Kostenstelle betragt 70%. Die Kosten sollen zu 20% variabel und zu 80% fix in Bezug auf die Beschaftigung der Kostenstelle sein. Da jetzt im Gegensatz zum vorausgegangenen Beispiel - die Kosten nicht mehr ausschlieBlich fix in Bezug auf die Beschaftigung sind, entsprechen die Istkosten der Kostenstelle bzw. die Istkosten der Prozesse nicht einfach den Plankosten der Kostenstelle bzw. den Plankosten der Prozesse. Vielmehr gelten folgende Zusammenhange: > Trennung der Plankosten in fixe und variable Bestandteile Plan-Gesamtkosten
variable Kosten (20%)
fixe Kosten (80%)
600 000 €
120 000 6
480 000 €
Prozesskostenrechnimg
83
> Trennung der Plankosten der Teilprozesse infixeund variable Bestandteile Plankosten variable Kosten (20%)
Teilprozesse
fixe Kosten (80%)
Rahmenvertr^ge abschlieBen
70 000 €
14 000 6
56 000 €
Abrufe uber Rahmenvertrage
90 000 €
18 000 €
72 000 €
: > Ermittlung der Istkosten der Kostenstelle bei 70% Beschaftigung variable Kosten
fixe Kosten
Istkosten
120 000 €x 70% = 84 000 €
480 000 €
564 000 €
Die Prozesskostenrechnung sieht vor, dass die Istkosten auf der Basis der geplanten Mannjahre auf die Teilprozesse in der Kostenstelle verteilt werden. Dahinter verbirgt sich die Annahme, dass die geplanten Mannjahre den Mannjahren im 1st entsprechen. > Ermittlung der Istkosten/Mannjahr 564 000 € : 6,0 Mannjahre = 94 000 €/Mannjahr > Verteilung der Istkosten auf der Grundlage der geplanten Mannjahre Teilprozesse
Istkosten
Rahmenvertrage abschlieBen
94 000 €/MJ X 0,7 MJ = 65 800 €
Abrufe liber Rahmenvertrage
94 000 €/MJ X 0,9 MJ = 84 600 €
'
84
Instrumente des strategischen Kostenmanagement > Trennung der Istkosten der Teilprozesse in variable und fixe Bestandteile Teilprozesse
Istkosten
variable Kosten
fixe Kosten
Rahmenvertrage abschlieBen
65 800 €
14 000 €x 70%
56 000 6
= 9 800 € Abrufe tiber Rahmenvertrage
84 600 6
18 000 6x70%
72 000 6 j
= 12 600 6 : 2. Ermittlung der Istprozessmengen Bei einer Auslastung von 70% ergeben sich folgende Istprozessmengen: Planprozessmenge
Istprozessmenge
Rahmenvertrage abschlieBen
70
49
Abrufe tiber Rahmenvertrage
1 500
1 050
Teilprozesse
• 3. Ermittlung der Prozesssollkosten Plan-Prozesskostensatz
Istmenge
Rahmenvertrage abschlieBen
loooe/p.
49
Abrufe iiber Rahmenvertrage
60 6/P.
1050
Teilprozesse
:
Prozesssollkosten 49 000 6 : 63 000 6
Prozesskostenrechnung
85
4. Ermittlung der Abweichungen von 1st- und Prozesssollkosten Prozesssollkosten
Istkosten
Beschaftigungsabweichungen
Rahmenvertrage abschlieBen
49 000 €
65 800 €
16 800 €
Abrufe liber Rahmenvertrage
63 000 €
Teilprozesse
Kosteniiberschreitung 84 600 €
21 600 € Kosteniiberschreitung
: Ergebnis: Der Gemeinkostenreduktionsbedarf bei den beiden Prozessen betragt 38 400 €. Wiederum lassen sich die ermittelten Kostenuberschreitungen Uberprufen, indem man die Kenntnis liber die Beziehung von Beschaftigungsabweichung und Leerkosten anwendet: Teilprozesse
Fixkosten
Leerkosten
X
Nichtauslastung
Beschaftigungsabweichung
Rahmenvertrage abschlieBen
56 000 € X 30% -
16 800 6
Abrufe liber Rahmenvertrage
72 000 € X 30% =
21 600 €
• Die zuvor zahlenmaBig beschriebenen Schritte des GemeinkostencontroUing der Prozesskostenrechnung lassen sich libersichtlich in einer Graphik zusammenfassen und damit griffig veranschaulichen, wobei die Graphik eng an die liblichen Darstellungen der Plankostenrechnungen im Zusammenhang mit der Wirtschaftlichkeitskontrolle in den Kostenstellen angelehnt ist:
86
Instmmente des strategischen Kostenmanagement
(Gemein-) Kosten
^
Istkosten
Plankosten
Besch.- ' I
Abw. Imi-Kosten Sollkosten
Imn-Kosten Prozessmengen Istmenge
Planmenge
Abb. 24: Gemeinkostencontrolling in der Prozesskostenrechnung Wenn die Abweichungsanalyse Kostenuberschreitungen ergeben hat, ist nach MalJnahmen zur Gemeinkostenreduktion zu suchen. Solche MaBnahmen konnen z.B. sein: « Aktives Kapazitatsmanagement, 9 Kontinuierliche Prozessoptimierung, a Prozess-Redesign. Aktives Kapazitatsmanagement (vgl. z.B. Kampmann, 1995, S. 152 ff.) Durch ein aktives Kapazitatsmanagement sollen die Leerzeiten und damit die Leerkosten reduziert werden. MaBnahmen bei Unterauslastung sind z.B. Uberstundenabbau, Mitarbeiterausleihe (body leasing) an Prozesse mit Uberlastung oder Mitarbeiterschulung fiir spatere Ausleihen an uberlastige Prozesse. In diesem Zusammenhang wirkt sich ein hoher Anteil an Teilzeitarbeitskraften mit flexiblen Arbeitszeiten positiv aus. Kontinuierliche Prozessoptimierung Oft werden bereits bei der Tatigkeitsanalyse Ressourceninanspruchnahmen aufgedeckt, die fllr das Untemehmen keinen oder nur bedingten Wert haben. Dazu gehoren z.B. Transportzeiten, Liegezeiten, Doppelarbeiten, Reklamationen, Suchen und Abstimmungen. Diese Ressourceninanspruchnahmen stellen ein erhebliches Rationalisierungspotenzial dar. So kann man z.B. versuchen, Liege- und Transportzeiten zwischen den einzelnen Vorgangen zu minimieren. Dadurch wird die Prozessdurchlaufzeit erheblich reduziert. Die Prozessoptimierung soil zur Eliminierung uberflussiger und Verbesserung not-
Prozesskostenrechnung
87
wendiger Tatigkeiten ftihren. Sie hat also nicht nur unter Zeit-, sondem auch unter Kosten- imd Qualitatsaspekten zu erfolgen. ZweckmaBigerweise werden die OptimierungsmaCnahmen von einem Prozessoptimierungsteam erarbeitet. Dieses defmiert zunachst einen Idealprozess. Dieser Idealprozess wird mit dem Istprozess verglichen, um Schwachstelien zu identifizieren. Die Vermeidung uberfltissiger Arbeiten sowie die Verbesserung notwendiger Tatigkeiten stellt auch im Lean Managment einen Arbeitsschritt dar (vgl. dazu 2.3 Target Costing als Controllingansatz im Lean Management). Das lasst vermuten, dass die Prozesskostenrechnung das Lean Management unterstutzen kann. Prozess-Redesign Wahrend Prozessoptimierung eine Verbesserung bereits bestehender Ablaufe darstellt, kann man unter Prozess-Redesign die Neugestaltung von Prozessen verstehen. ProzessRedesign entspricht dem Konzept des Business-Reengineering, das durch das In-FrageStellen von Bewahrtem und das Aufheben der klassischen Arbeitsteilung einen hoheren Kundennutzen und damit eine bessere Wettbewerbsfahrigkeit erreichen will. ProzessRedesign wird z.B. erforderlich, wenn ein Untemehmen feststellt, dass ein bestimmtes Geschaftsfeld in „Eigenfertigung" dauerhaft zu unwirtschaftlich ist. In diesem Fall sollte ein Outsourcing erwogen werden.
2.2.6
Ausgewahlte Probleme bei der Einfuhrung und Anwendung der Prozesskostenrechnung
^ Vor der Einfuhrung der Prozesskostenrechnung sollte eine Abwagung von Aufwand und Nutzen erfolgen. So wird z.B. in der Kalkulation der groBte Nutzen vom Einsatz der Prozesskostenrechnung bei einer inhomogenen Produkt- oder Auftragsstruktur bzw. bei uneinheitlicher Inanspruchnahme der Ressourcen der indirekten Leistungsbereiche durch die Produkte bzw. Auftrage erwartet (vgl. Horvath/Mayer, 1998, S. 77). Solche Unterschiede ergeben sich z.B. bei mehr oder weniger verwendeten Materialarten, einer geringen oder hohen Fertigungstiefe, GroBserienproduktion oder exotischen Varianten, groB- oder kleinvolumigen Auftragen und aufwandigen oder weniger aufwandigen Vetriebswegen (vgl. Horvath/Mayer, 1998, S. 78). ii Es miissen sich Kostentreiber fmden lassen, die die an sie gestellten Anforderungen erfiillen. Das ist haufiger nicht der Fall, weil viele Prozesse in den indirekten Bereichen produktfem sind und sich somit keine nachvollziehbaren und rechenbaren Beziehungen zwischen Kostentreibem und Kostentragem formulieren lassen. 1 Wenn man fur eine Kostenstelle mehrere Kostentreiber braucht und die bestehenden EDV-Systeme (z.B. zur Plankostenrechnung) nur eine BezugsgroBe pro Kostenstelle vorsehen, miissen die EDV-Systeme erweitert werden. 9. HSufig muss die Datenerfassung erheblich ausgeweitet werden, weil viele Daten nicht zur Verfugung stehen, die die Prozesskostenrechnung braucht. Dazu gehoren z.B. Zeitangaben liber Tatigkeiten.
Instrumente des strategischen Kostenmanagement ii Der bestehende Kostenstellenplan eines Unteraehmens kann sich als nicht geeignet erweisen. HSufig mtissen mehr Kostenstellen abgegrenzt werden, z.B. im Verwaltungsbereich. ^ Wenn in einer Kostenstelle uberwiegend Imn-Prozesse anfallen, ist die Prozesskostenrechnungfragwiirdig.Denn dann k5mien die Kosten dieser Prozesse nur uber Umlagesatze auf die Kostentrager verrechnet werden, nicht aber verursachungsgerecht nach der spezifischen Inanspruchnahme durch die Kostentrager. Lmn-Prozesse werden nSmlich von den Kostentragem nicht in Anspruch genommen. ii Die Einflihrung der Prozesskostenrechnung kann nicht auf einmal erfolgen. Das flihrt fiir eine gewisse Zeit zu einem Nebeneinander von Kostenrechnungssystemen mit der entsprechenden Verwirrung. Moglich ist auch, dass es systemtechnisch schwierig ist, nebeneinander sowohl traditionelle Zuschlags- bzw. Verrechnungssatze und die Kostensatze der Prozesskostenrechnung zu ermitteln. ii Die Einflihrung der Prozesskostenrechnung erfordert den Einsatz erheblicher betrieblicher Ressourcen. In der Literatur wird der Zeitbedarf fur die Implementierung auf ca. 3 Mannjahre geschatzt (vgl. dazu Gopfert/Rummel, 1988). ii Die Anwendung der Prozesskostenrechnung setzt einen hohen Informations- und Schulungsaufwand voraus.
2.2.7
Kritische Wiirdigung
M Uneingeschrankt positiv ist, dass die Prozesskostenrechnung uberhaupt Transparenz in den indirekten Bereichen schafft. Andere Kostenrechnungssysteme vemachlassigen diese Bereiche vollig. Alleine das Auflisten der einzelnen Tatigkeiten kann schon Hinweise auf uberflUssige oder Uberdimensionierte Leistungen geben, deren Abbau Oder Reduktion bei entsprechenden Entscheidungen (iber die Gemeinkostenarten zum Gemeinkostenabbau fuhren k5nnen. Allerdings ist der Ansatz nicht neu, Tatigkeiten in den Gemeinkostenbereichen aufzulisten und dabei nach iiberfltissigen oder uberdimensionierten Tatigkeiten bzw. Kostensenkungspotenzialen zu forschen. Ahnlich gehen das Zero-Base-Budgeting und die Gemeinkostenwertanalyse vor (vgl. dazu S. 14). 1 Von den Befurwortem der Prozesskostenrechnung werden vor allem die „strategischen Informationsvorteile" der Prozesskostenrechnung gewtirdigt. Strategische Informationsvorteile sind der 1. Allokationseffekt, 2. Degressionseffekt, 3. Komplexitatseffekt.
89
Prozesskostenrechnung zu 1. Allokationseffekt
Im Rahmen der Prozesskostenrechnung erfolgt die Zuordnung der Gemeinkosten auf die Produkte unabhangig von der Hohe traditioneil wertorientierter Zuschlagsbasen (z.B. Material-, Lohneinzelkosten). Stattdessen ist man bestrebt, die Gemeinkosten nach der Inanspruchnahme betrieblicher Ressourcen auf die einzelnen Produkte zu verteilen. Man spricht in diesem Zusammenhang davon, dass die Prozesskostenrechnung eine beanspruchungsgerechte (nicht verursachungsgerechte) Zurechnung der Gemeinkosten der indirekten Bereiche vomimmt. NaturgemaB ergibt sich dadurch eine andere Zuweisung (Allokation) der Gemeinkosten auf die Kostentrager als in der traditionellen VoUkostenrechnung. Beispiel (in enger Aniehnung an Reckenfelderbaumer, 1994, S. 94): Bin Untemehmen stellt drei Varianten eines Produkts her. Die Materialeinzelkosten variieren von Variante zu Variante. Die Inanspruchnahme der indirekten Bereiche ist bei alien Varianten gleich. Dann ergibt sich nach der Prozesskostenrechnung und der traditionellen Zuschlagskalkulation folgende Allokation der Materialgemeinkosten: KostentrSger
MEK
1 Stack Variante A
30,00 €
trad. MGK- MGK-Verteilung Zuschlagsatz mit Prozess25% kostensatz 7,50 €
15,00 6
Allokationseffekt
+ 7,50 6 (+100%)
Variante B
50,00 €
12,50 €
15,00 6
+ 2,50 6 ( + 20 %)
Variante C
100,00 6
25,00 6
15,00 6
-10,00 6 (- 40 % )
z
180,00 €
45,00 6
45,00 6
Es wird deutlich, dass die traditionelle Zuschlagskalkulation flir Kalkulationsobjekte mit geringen Einzelkosten zu wenig und ftir Kalkulationsobjekte mit hohen Einzelkosten zu viele Gemeinkosten kalkuliert.
90
Instrumente des strategischen Kostenmanagement zu 2. Degressionseffekt Bezogen auf ein Produkt sagt dieser Effekt, dass sich mit steigenden Stiickzahlen die Stiickkosten fur die interne Abwicklung von Materialbestellungen, KundenauftrSgen etc. verringem. Beispiel: Vertriebsgemeinkosten (in enger Aniehnung an Coenenberg/Fischer, 1991, S.33) Die Vertriebsgemeinkosten entstehen durch die Bearbeitung eines Kundenauftrags (Abwicklung, Ausgangskontrolle, Auslagerung, Versand, Buchung). Ihre Gesamthohe ist aber nicht abMngig von der bestellten Stuckzahl. Im Beispiel verursacht die Abwicklung eines Kundenauftrags Prozesskosten in H5he von 450 €, unabhangig von der GroBe des Auftrags.
Stuck
Her- Vertriebs- StUck- Herstell- Vertriebsstellgemein- kosten kosten gemeinkosten kosten kosten (€/St.) (€) ProzessZuschlag(€) kostensatz 5% rechnung (€) (€)
StUckkosten
Degressionseffekt
(e/st.)
(€/St.)
1
1000
50
1050
1000
450
1450
+
400
5
5 000
250
1050
5 000
450
1090
+
40
10
10 000
500
1050
10 000
450
1045
20
20 000
1 000
1050
20 000
450
1 022,50
36 000
1 800
36 000
1 800
5 - 27,50
Es wird deutlich, dass bei Anwendung der traditionellen Vollkostenrechnung ti Stiicke aus Auflragen mit geringer Stuckzahl zu niedrig kalkuliert werden, weil solche Auftrage vergleichsweise geringe Herstellkosten aufweisen und daher uber den Zuschlagssatz auch nur vergleichsweise geringe Vertriebsgemeinkosten zugeordnet bekommen, H StUcke aus AuftrSgen mit hohen Stiickzahlen zu hoch kalkuliert werden, weil solche Auftrage vergleichsweise hohe Herstellkosten aufweisen und daher Uber den Zuschlagssatz auch vergleichsweise hohe Vertriebsgemeinkosten zugeordnet bekommen.
Prozesskostenrechnung
91
zu 3. Komplexitatseffekt Komplexe Produkte sind solche, die aus einer groBeren Zahl von Teilen oder Bauelementen bestehen. Fur ihre Produktion ist ein hSheres MaC an gemeinkostentreibenden Tatigkeiten erforderlich (z.B. Materialwirtschaft, Fertigungssteuerung oder Qualitatssicherung). Die Komplexitat eines Produktes ist also ein gemeinkostentreibender Faktor. Der Komplexitatseffekt entsteht nun dadurch, dass im Vergleich zur traditionellen Zuschlagskalkulation komplexe Produkte in der Prozesskostenrechnung mit mehr Gemeinkosten belastet werden. Beispiel: Ein Untemehmen stellt Produkt A in zwei und Produkt B in vier Fertigungsstufen her. Produkt
Fertigungseinzelkosten (€/St.)
Fertigungs- traditio- Fertigungsgemeinkosten nelle gemein= Fertigungs- Fertikosten = Prozesssteuerungsgungskosten kosten der kosten FertigungsZuschlagssatz (€/St.) steuerung 225% (€/St.) (€/St.)
Fertigungs- Komplekosten nach xitatseffekt Prozesskostenrech(€/St.) nung (€/St.)
A
2 000
4 500
6 500
3 000
5 000
- 1 500
B
2 000
4 500
6 500
6 000
8 000
+ 1 500
^
4 000
9 000
13 000
9 000
13 000
^ „Es steht auBer Frage, dass die Prozesskostenrechnung dem insbesondere von seiten der Praxis geauBerten Wunsch nach Einbeziehung fixer Gemeinkosten in die Kalkulation besser gerecht wird, als die traditionelle Vollkostenrechnung," (Reckenfelderbaumer, 1994, S. 121). ii Man kann sich aber auch kritisch zur Prozesskostenrechnung auBem. Neben diversen Einzelproblemen (vgl. 2.2.3 Prozesskostenstellenrechnung) richtet sich der Hauptkritikpunkt darauf, dass die Prozesskostenrechnung fixe Gemeinkosten proportionaHsiert. In der Literatur zur Teilkostenrechnung herrscht seit langem Einigkeit dariiber, dass die Fixkostenproportionalisierung zu Fehlentscheidungen bei der Beurteilung der Vorteilhaftigkeit von Produkten bzw. zu Fehleinschatzungen im Rahmen des GemeinkostencontroUing fuhren kann (vgl. dazu auch S. 2 ff).
92
Instrumente des strategischen Kostenmanagement Beispiel: Fur ein Produkt hat die prozessorientierte Kalkulation folgendes Ergebnis gebracht: Materialeinzelkosten
180,00 €/St.
+ Fertigungseinzelkosten
90,00 €/St.
+ Beschafifungsprozesskosten
46,50 e/St.
+ Lagerprozesskosten
37,60 €/St.
+ Fertigungssteuerungsprozesskosten
22,00 €/St.
Z106,10€/St.
376,10 €/St.
376,10 €/St.
= Herstellkosten
I 270,00 €/St.
Da die Prozesskosten a potiori Personalkosten sind, ist ihr tiberwiegender Teil als Fixkosten zu klassifizieren. Geht man beispielsweise von einem Fixkostenanteil in H5he von 80% aus, so sind von den insgesamt 106,10 €/St. Prozesskosten 84,88 €/St. fixe Kosten und 21,22 €/St. variable Kosten. Wenn jetzt z.B. der am Markt realisierbare Preis flir das Produkt 320 C/St. betragt, erscheint die Herstellung und der Absatz des Produkts nach der Prozesskostenrechnung nachteilig, w^eil je Sttick ein Verlust - vor sonstigen Kosten, z.B. den Lagerkosten des Endproduktes, sowie Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten - in Hohe von Preis ./. Herstellkosten = Verlust
320,00 €/St. 376,10 e/St. 56,10 €/St.
(vor sonstigen Kosten sow^ie Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten) eintritt. Aus dieser Sicht mtisste die Herstellung und Vermarktung des Produkts also unterbleiben. Die Entscheidung zur Eliminierung des Produkts ware aber eine Fehlentscheidung. Denn die Fixkosten entstehen nicht zusatzlich mit jedem Stiick, sondem auf Grund von Entscheidungen zur Sicherung der Betriebsbereitschaft. Tatsachlich erbringt der Absatz jedes einzelnen Stlicks einen Deckungsbeitrag - in Form der Differenz aus dem Preis bzw. Erlos und den variable Kosten - in Hohe von
Prozesskostenrechnung
93
Preis bzw. ErlOs
320,00 €/St.
./. Materialeinzelkosten
180,00 €/St.
./. Fertigungseinzelkosten
90,00 €/St.
./. variable Prozesskosten
21,22 €/St.
= Deckungsbeitrag
28,78 €/St.
Dieser Deckungsbeitrag tragt zur Deckung der Fixkosten bei und entgeht, wenn das Produkt nicht hergestellt und nicht verkauft wird. Ganz ahnlich ist die Kritik am Gemeinkostencontrolling. Es wird unterstellt, dass sich die Gemeinkosten urn den Prozesskostensatz reduzieren lassen, wenn ein Prozess einmal weniger durchgefuhrt wird. Das ist aber nicht der Fall, weil es sich bei den Kosten der indirekten Bereiche vorwiegend um Personalkosten handelt. Sie werden auf Grund von Arbeitsvertragen gezahlt und verandem sich nicht automatisch (bzw. konnen nicht in beliebigen Quanten abgebaut werden), wenn sich die Beschaftigung der Kostenstelle andert. Dessen ungeachtet werden sie mit der Beschaftigung proportionalisiert. Tatsachlich sind die Prozesssollkosten lediglich das rechnerische Kostenaquivalent bei altemativen Beschaftigungen eines indirekten Bereichs. Das Problem wird auch von den Vertretem der Prozesskostenrechnung gesehen. Das zeigt sich an der Argumentation, dass Abweichungen beim Gemeinkostencontrolling nur Beschaftigungsabweichungen sind und lediglich ein Anhaltspunkt flir Diskussionen tiber die angemessene Hohe der Gemeinkosten sein sollen. Dagegen kann man wiederum einwenden, dass sich ein solcher Anhaltspunkt auch einfacher als mit den Prozesskosten gewinnen lasst - und zwar mit einer reinen Mengenrechnung. Es wurde namlich reichen, die Planprozessmengen mit den Istprozessmengen abzugleichen. Dauerhafte Uberschreitungen der Planmengen durch die Istmengen deuten auf Uberkapazitaten hin und sind ein einfacher Indikator fur Diskussionen tiber einen Gemeinkostenabbau. Eine solche Mengenrechnung ware ein Beitrag zum Lean Controlling.
2.2.8
Integration von Prozesskostenrechnung und Fixkostenmanagement
Da die Prozesskostenrechnung die Kosten nicht in fixe und variable Kosten unterteilt, gehen bei ihrer Anwendung die Informationen des Fixkostenmanagement verloren (vgl. Reichmann/Frohling, 1993, S. 66-67). Das zeigt sich z.B. in der
94
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
« Prozesskostenstellenrechnung Bei den Prozesskosten handelt es sich nicht um eine originare Kostenart. Vielmehr setzen sich die Kosten eines Prozesses aus mehreren originaren und uberwiegend fixen Kostenarten zusammen. So gehen z.B. in die Kosten des Prozesses „Angebote einholen" fixe Personalkosten (Mitarbeiter der Einkaufsabteilung), teilweise variable Btiro- und Geschaftsausstattungskosten (benutzte DV-Systeme, Software und verwendetes Btiromaterial) und fixe Raumkosten (kalkulatorische Miete) ein. Die libliche Prozesskostenstellenrechnung enthalt keine Informationen tiber die Beschaftigungsgradabhangigkeit und die zeitlichen Bindungsdauem der originaren Kostenarten. 9 Prozessorientierte Kalkulation Auch die Prozesskostenkalkulation bietet >
keine Transparenz der Kosten im Hinblick auf eine Differenzierung in variable und fixe Kostenschichten und
>
keine Informationen tiber die Beeinflussbarkeit der Prozesskosten (Abbaufahigkeit anteiliger fixer Prozesskosten).
In der Literatur findet man daher Ansatze zur Integration von Prozesskostenrechnung und Fixkostenmanagement, um die Vorteile beider Instrumente nutzen zu konnen. Eine solche Integration beschreibt die Fallstudie III. Fallstudie III: Fixkostenmanagement- und prozessorientierte Kostenstellenrechnung und Kalkulation (in enger Anlehnung an Reichmann/Frohling, 1993, S. 67-73) Ein Untemehmen produziert vier Varianten in folgenden Sttickzahlen: A
B
C
D
100 000 Stuck
150 000 Stuck
180 000 Stuck
120 000 Stuck
Die (variablen) Einzelkosten pro Stuck betragen: A
B
C
D
10€/StUck
12 €/StUck
9 €/Stuck
l,50€/StUck
Prozesskostenrechnung
95
Insgesamt betragen demnach die Einzelkosten: A:
100 000 Stuck
X
10€/Stuck =
1 000 000 €
+ B:
150 000 Stuck
X
12€/Stuck =
1 800 000 €
+ C:
180 000 Stuck
X
9 € Stiick =
1 620 000 €
+ D:
120 000 Stuck
X
1,50€/Sttjck =
180 000 6 4 600 000 €
Die variablen Gemeinkosten betragen insgesamt 460 000 € und verteilen sich wie folgt auf die Varianten: A
B
C
D
100 000 €
180 000 6
162 000 6
18 000 6
Daraus ergeben sich folgende Gemeinkosten pro Sttick: A
B
c
D
100 000 6
180 000 6
162 000 6
18 000 6
100 000 Stuck
150 000 Stuck
180 000 Stack
120 000 Stuck
= 1 6/Sttick
= l,20e/Stuck
= 0,90 e/Stuck
= 0,15e/StUck
Die gesamten Fixkosten betragen 900 000 €. Sie sind wie folgt abbaubar:
> 6 Monate
< 6 Monate
250 000 6
< 1 Jahr
375 000 6
>
275 000 6
1 Jahr
900 000 6
96
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Die originare Prozesskostenstellenrechnung liefert auszugsweise folgende Informationen: Kostenstelle: Warenannahme Teilprozesse
Imi KostenImn treiber
Plankosten
Planmenge
(€)
Imi-Satz
ImnSatz
Gesamtkostensatz
(€)
(€)
(€)
(l)Paletten mit Gabelstapler entladen
Imi Zahl der zu entladenden Paletten
38 500
1000
38,50
3,85
42,35
(2) Manuelle Warenerfassung
Imi Zahl der zu erfassenden Artikel/Palette
26 500
13 250
2,00
0,20
2,20
(3) Stichprobenweise Kontrollen
Imi Zahl der zu kontrollierenden Artikel/Palette
10 000
4 000
2,50
0,25
2,75
(4) Kostenstelle leiten
Imn
43,00
4,30
47,30
Summe
7 500 82 500
Zur Kostenstellenrechnung Die Integration der Informationen des Fixkostenmanagement zur BeschaftigungsgradabhSngigkeit und zu den zeitlichen Bindungsdauem der originSren Kosten fiihrt zu der folgenden modifizierten Prozesskostenstellenrechnung:
97
Prozesskostenrechnung
Teilprozesse
Imi Imn
Kostentreiber
Plankosten(€)
Planmenge
Imi-Satz (€)
ImnSatz (€)
Gesamtkostensatz (€)
(l)Paletten mit Gabelstapler entladen
Imi
Zahl der zu entladenden Paletten
38 500
1000
38,50
3,85
42,35
(2) Manuel- Imi le Warenerfassung
Zahl der zu erfassenden Artikel/Palette
26 500
13 250
2,00
0,20
2,20
Imi
Zahl der zu kontrollierenden Artikel/Palette
10 000
4 000
2,50
0,25
2,75
43,00
4,30
47,30
Verr.- AbbauSatz (€) termine
Verrechnung auf Prozesse
20,00 6M.
2
12,5%
< 1 Jahr 3
50,0%
4
37,5%
1
100%
Treibstoff
var.
Liter
Abschreibungen
fix
Monat
1 500
—
1 500 >lJahr
1
100%
Zinsen
fix
Monat
200
"~~"
200 >6M.
1:
100%
1:
100%
0,80
< 1 Jahr var. Reparatur/Wartung Summe
Mamistunden
400 82 500
10
40
98
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Erlauterungen: ISt Die Bezugsgr56e ist ein Begriff aus der flexiblen Plankostenrechnung auf Teilkostenbasis (Grenzplankostenrechnung) (vgl. Kilger 1993, S. 312-313). BezugsgroBen stellen wie die Kostentreiber in der Prozesskostenrechnung Einflussgr56en auf die Kosten - hier die Kosten der Kostenstelle „Warenamiahme" - dar. 9 Die Kostenarten „Treibstoff', „Abschreibungen", „Zinsen" und „Reparatur/Wartung" werden jeweils zu 100% auf den Prozess (1): „Paletten mit Gabelstaplem entladen" verrechnet, weil sie sich allein auf den Gabelstapler beziehen. ii Personalkosten fallen dagegen fur alle Prozesse an. Daher werden sie auch auf alle Prozesse verrechnet. Geht man z.B. davon aus, dass fiir den Teilprozess (1) „Paletten mit Gabelstaplem entladen" > 60% des Personals eingesetzt werden, dessen Kosten innerhalb von 6 Monaten abbaubar sind und > 0% des Personals eingesetzt werden, dessen Kosten in einem Zeitraum von 6 Monaten bis zu einem Jahr abgebaut werden konnen setzen sich die Planprozesskosten des Teilprozesses (1) unter Beriicksichtigung der ubrigen originaren Kostenarten wie folgt zusammen: Personalkosten
60% von 60 000 € =
36 000 €
(< 6 Monate abbaubar) + Treibstoff + Abschreibungen
400 € 1 500 €
+ Zinsen
200 6
+ Reparatur / Wartung
400 €
= Planprozesskosten
38 500 €
Geht man davon aus, dass fur den Teilprozess (2): „Manuelle Warenerfassung" > 40% des Personals eingesetzt wird, dessen Kosten innerhalb von 6 Monaten abbaubar sind und > 12,5% des Personals eingesetzt wird, dessen Kosten in einem Zeitraum von 6 Monaten bis zu einem Jahr abgebaut werden konnen, setzen sich die Planprozesskosten des Teilprozesses (2) wie folgt zusammen:
99
Prozesskostenrechnung
Personalkosten
40% von 60 000 € =
24 000 €
12,5% von 20 000 € =
2 500 €
(< 6 Monate abbaubar) + Personalkosten (> 6 Monate < 1 Jahr abbaubar) 26 500 €
= Planprozesskosten
Zur Kalkulation Da es sich bei der Warenannahme als Teil der Logisitik um einen produktnahen Bereich handelt, kann ein direkter Zusammenhang zwischen den Varianten und den fur sie erforderlichen Prozessen hergestellt werden: Teilprozesse (1) Paletten mit Gabelstapler entladen
Gesamtkostensatz (€/P.)
Mengenvolumen
Gesamtkostensatz pro Stuck (€/SHlck)
42,35
300 Paletten (fUr A)
0,1271
400 Paletten (ftlr B)
0,1129
200 Paletten (fur C)
0,0471
100 Paletten (ftlr D)
0,0353
1 000 Paletten (2) Manuelle Warenerfassung
2,20
1 000 Artikel (ftlr A)
0,0220
4 250 Artikel (ftlr B)
0,0623
5 000 Artikel (ftlr C)
0,0611
3 000 Artikel (ftlr D)
0,0550
13 250 Artikel (3) Stichprobenweise KontroUen
2,75
400 Artikel (ftlr A)
0,0110
1 000 Artikel (fUr B)
0,0183
1 900 Artikel (fur C)
0,0290
700 Artikel (ftlr D)
0,0160
4 000 Artikel
100
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
ErMuterungen: 9 Der Gesamtprozesskostensatz/Produkteinheit ergibt sich grundsatzlich aus: Gesamtprozesskostensatz/Teilprozess x Mengenvolumen Stiickzahl/Variante Fur den Teilprozess (1) ergibt sich dementsprechend: 42,35 €/Prozess x 300 Paletten (fiir A) = 0,1271 €/Stuck 100 000Smck/(A) Bevor die eigentliche Kalkulation erfolgen kann, sind noch weitere Voruberlegungen anzustellen: B Bin Teil der variablen und fixen Gemeinkosten soil ja prozessbezogen verrechnet werden, d.h. sie mussen von den gesamten Gemeinkosten abgesetzt werden. Dabei wird bei den variablen Gemeinkosten „impliziert - analog etwa der Verteilung der variantenzahlabhangigen Prozesskosten auf die einzelnen Varianten -, dass diese Reduktion pro Produkt bzw. Variante in gleicher Hohe erfolgt." (Reichmann/Frohling, 1993, S. 72). Danach ergibt sich fur die variablen Gemeinkosten folgende Rechnung: A variable Gemeinkosten vor prozessorientierter Verrechnung
100 000 €
B
C
180 000 € 162 000 €
D 18 000 €
- prozessorientiert zu verreciinen de variable Gemeinkosten: Treibstoff 400 € : 4 =
100 €
100 €
100 €
100 €
Reparatur/Wartung 400 e : 4 =
100 €
100 €
100 €
100 €
99 800 €
179 800 €
161 800 €
17 800 €
= variable Gemeinkosten nach prozessorient. Verrechnung
Prozesskostenrechnung
101
Fiir die fixen Gemeinkosten ergibt sich folgende Rechnung:
-
Fixe Kosten vor prozessorientierter Verrechnung
900 000 €
davon < 6 Monate abbaufahig
250 000 €
davon > 6 Monate < 1 Jahr abbaufahig
375 000 €
davon > 1 Jahr abbaufahig
275 000 €
prozessorientiert zu verrechnende Fixkosten -
-
Lohn/Gehalt davon < 6 Monate abbaufahig
60 000 €
davon > 6 Monate < 1 Jahr abbaufahig
20 000 €
Abschreibung > 1 Jahr abbaufahig
-
81700 6
1 500 €
Zinsen > 6 Monate < 1 Jahr abbaufahig
= Fixe Kosten nach prozessorientierter Verrechnung
200 6 818 300 6
davon < 6 Monate abbaufahig
190 000 6
davon > 6 Monate < 1 Jahr abbaufahig
354 800 6
davon > 1 Jahr abbaufahig
273 500 6
1
102
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
SchlieBlich sind vor der eigentlichen Kalkulation die Prozesskostensatze Fixkostenbindungsdauer-orientiert zu differenzieren: A
B
C
D
Prozesskostensatz /Stuck
0,1271
0,1129
0,0471
0,0353
davon < 6 Monate abbaubar
0,1104
0,0981
0,0409
0,0307
davon < 1 Jahr abbaubar
0,1226
0,1089
0,0454
0,0341
davon > 1 Jahr abbaubar
0,1271
0,1129
0,0471
0,0353
Prozesskostensatz/StUck
0,0220
0,0623
0,0611
0,0550
davon < 6 Monate abbaubar
0,0181
0,0513
0,0503
0,0453
davon < 1 Jahr abbaubar
0,0220
0,0623
0,0611
0,0550
0,0110
0,0183
0,0290
0,0160
0,0110
0,0183
0,0290
0,0160
Teilprozess(l): Paletten mit Gabelstapler entladen
Teilprozess (2): Manuelle Warenerfassung
Teilprozess (3): Stichprobenweise Kontrolle Prozesskostensatz/Stiick davon < 6 Monate abbaubar davon < 1 Jahr abbaubar
Prozesskostenrechnung
103
Erlauterungen: * Teilprozess (1): Paletten mit Gabelstapler entladenA^ariante A 1. Schritt: Ermittlung des Gesamtprozesskostensatzes (vgl. S. 96) Imi-Kosten:
38 5006: 1 000 Prozesse =
38,50 e/Prozess
Imn-Kosten:
3 850 € : 1 000 Prozesse =
3,85 €/Prozess
Gesamtprozesskostensatz
42,35 €/Prozess
2. Schritt: Ermittlung des Gesamtprozesskostensatzes/Stuck (vgl. S. 38) 42,35 e/Prozess x 300 Paletten
= 0,1271 €/Stuck
100 000 Stuck (A) 3. Schritt: Differenzierung der Prozesskosten nach Abbaubarkeit Imi-Kosten Von den 38 500 € sind: variable Kosten bzw. < 6 Monate abbaubar Personalkosten
36 000 €
Treibstoff
400 €
Reparatur/Wartung
400 €
Sunime
36 800 €
nur > 6 Monate < 1 Jahr abbaubar Zinsen
200 €
nur > 1 Jahr abbaubar Abschreibungen
1 500 €
104
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Imn-Kosten > 6 Monate, < 1 Jahr abbaubar Personalkosten
3 850€
4. Schritt: Differenzierung der Prozesskostensatze/Stuck nach Abbaubarkeit variable Kosten bzw. < 6 Monate abbaubar 36 800 € : 1 000 Prozesse = 36,80 €/Prozess x 300 Paletten
36,80 €/Prozess = 0,1104€/StUck
100 000 Stuck (A) nur > 6 Monate < 1 Jahr abbaubar 4 050 € : 1 000 Prozesse = 4,05 e/Prozess x 300 Paletten
4,05 €/Prozess = 0,0122 e/StUck
100 000 Stuck (A) nur > 1 Jahr abbaubar 1 500 € : 1 000 Prozesse = 1
l,50€/Prozess x 300 Paletten 100 000 Stuck (A)
l,50€/Prozess = 0,0045 €/Stuck
i
105
Prozesskostenrechnung 5. Schritt: Zusammenstellung der Ergebnisse Prozesskostensatz /Stiick
0,1271 €/Stuck
davon < 6 Monate abbaubar
0,1104€/StUck
davon < 1 Jahr abbaubar 0,1104€/Stuck + 0,0122 € Stuck 0,1226 e/Stuck
= 0,1226 €/Stuck davon > 1 Jahr abbaubar 0,1226 e/StUck + 0,0045 €/Stuck = 0,1271 €/Stuck
0,1271 e/StUck
Teilprozess (2): Manuelle Warenerfassung/Variante A 1. Schritt: Ermittlung des Gesamtprozesskostensatzes (vgl. S. 96) Imi-Kosten:
26 500€: 13 250 Prozesse =
2,00 €/Prozess
Imn-Kosten:
2 650€: 13 250 Prozesse =
0,20 €/Prozess
Gesamtprozesskostensatz
2,20 €/Prozess
2. Schritt: Ermittlung des Gesamtprozesskostensatzes/Stiick (vgl. S. 99) 2,20 €/Prozess x 1 000 Artikel 1
100 000 Stuck (A)
= 0,0220 €/Stuck
106
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
3. Schritt: Differenzierung der Prozesskosten nach Abbaubarkeit Imi-Kosten Von den 26 500 € sind: < 6 Monate abbaubar Personalkosten
24 000 €
nur > 6 Monate < 1 Jahr abbaubar Personalkosten
2 500€
Imn-Kosten > 6 Monate < 1 Jahr abbaubar 2 650 €
Personalkosten
4. Schritt: Differenzierung der Prozesskostensatze/Stiick nach Abbaubarkeit < 6 Monate abbaubar
1
24 000 6 : 13 250 Prozesse =
l,8113€/Prozess
1,8113 e/Prozess x 1 000 Paletten
= 0,0181 €/Stuck
100 000 Stuck (A)
nur > 6 Monate < 1 Jahr abbaubar 5 150€: 13250Prozesse = 0,3887 €/Prozess x 1 000 Artikel 100 000 Stuck (A)
0,3887 €/Prozess = 0,0039 e/Stuck
Prozesskostenrechnung
107
5. Schritt: Zusammenstellung der Ergebnisse Prozesskostensatz /StUck
0,0220 e/Stuck
davon < 6 Monate abbaubar
0,0181 €/StUck
davon < 1 Jahr abbaubar 0,0181 e/StUck + 0,0039 €/Stuck 0,0220 €/StUck
= 0,0220 e/Stuck Die Stuckkostenkalkulation sieht dann wie folgt aus:
variable Einzelkosten
A
B
C
D
(€/St.)
(€/St.)
(€/St.)
(€/St.)
10,0000
12,0000
9,0000
1,5000
variable Gemeinkosten ohne Prozesskosten (vgl. S. 100) Rest-Gemeinkosten StUckzahlA'^ariante A: 99 800 6 : 100 000 Stuck = 0,9980 €/StUck
0,9980
B: 179 800 € : 150 000 Stuck = 1,1987 e/Stuck
1,1987
C: 161 800 € : 180 000 Stuck = 0,8989 e/Stiick
0,8989
D: 17 800 € : 120 000 Stuck = 0,1483 e/StUck
0,1483
108
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Fixe Kosten ohne Prozesskosten (vgl.S. 101) 1) Ermittlung des Zuschlagssatzes ZS =
Rest-Fixkosten gesamte variable Kosten
ZS =
818 300 6 4 600 000 € + 460 000 € 0,16171936758 bzw. 0,1617 bzw. 16,17%
2) Verteilung auf die Varianten FixkostenA^ariante = %-Satz X variable KostenA'ariante A: 0,1617... x l 100 000 6 = 177 891 € B: 0,1617...x 1980 000 6 = 320 205 6 C: 0,1617... X 1782 000 6 = 288 184 6 D: 0,1617... X 198 000 6 = 32 020 6
A
B
c
D
(e/st.)
(e/st.)
(e/st.)
(6/St.)
Prozesskostenrechnung
109
A
B
C
D
(6/St.)
(6/St.)
(6/St.)
(6/St.)
3) Verteilung auf das Stilck €/SttSck =
Fixkosten/Variante SttlckzahlA^ariante
A: 177 8916: 100 000 Stuck = 1,7789 €/StUck
1,7789
B: 320 205 6 : 150 000 Stuck = 2,1347 e/Stuck
2,1347
C: 288 184 € : 180 000StUck = 1,6010 €/Stuck
1,6010
D: 32 020 6 : 120 000 Stuck = 0,2668
0,2668 €/Stuck 4) Differenzierung nach Abbaubarkeit a) Abbaubarkeit < 6 Monate 1. Ermittlung des Zuschlagssatzes (ZS) ZS=
190 000 6 4 600 000 6 + 460 000 6 0,0375494071 Ibzw. 0,0375 bzw. 3,75%
1
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
no
A
B
C
D
(e/st.)
(e/st.)
(e/st.)
(e/st.)
2. Verteilung auf die Varianten Fixkosten < 6 Mon./Variante = %-Satz X variable Kosten/Variante A: 0,0375... x l 100 000 6 = 41304 6 B: 0,0375... X 1980 000 6 = 74 348 6 C: 0,0375... x 1 782 000 6 = 66 913 6 D: 0,0375... X 198 000 6 = 7 435 6 3. Verteilung auf das Stuck 6/Stuck = Fixkosten < 6 Mon. abbaubar/Variante Stilckzahl/Variante A: 41304 6 : 100 000StUck = 0,4130 6/Stuck B: 74 348 6 : 150 000 Stuck = 0,4957 6/Stuck C: 66 913 6 : 180 000 Stuck = 0,3717 6/StUck
davon < 6 Mon. abbaub. 0,4130 davon < 6 Mon. abbaub. 0,4957 davon < 6 Mon. abbaub. 0,3717
Prozesskostenrechnung
D: 7 435 € : 120 000 Stuck = 0,0620 e/StOck b) Abbaubarkeit nur > 6 Monate < 1 Jahr 1. Ermittlung des Zuschlagssatzes ZS=
354 800 € 4 600 000 € + 460 000 € 0,07011857707 bzw. 0,0701 bzw. 7,01%
2. Verteilung auf die Varianten A: 0,0701... x l 100 000 € = 77 130 6 B: 0,0701... X 1980 000 6 = 138 835 6 C: 0,0701... X 1782 000 6 = 124 9516 p:
0,0701... X 198 000 6 = 13 884 6
3. Verteilung auf das Stilck A: 77 130 6 : 100 000Sttlck = 0,7713 e/Sttick
111
A
B
c
D
(6/St.)
(e/st.)
(e/st.)
(e/st.) davon < 6 Mon. abbaub. 0,0620
112
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
A
B
C
D
(€/St.)
(€/St.)
(€/St.)
(e/st.)
B: 138 835 € : 150 000 Stuck = 0,9256 €/SHlck C: 124 9 5 1 6 : 180 000 Stuck = 0,6942 €/StUck D: 13 884 € : 120 000 Stuck = 0,1157€/StUck
c) Abbaubarkeit < 1 Jahr A:
0,4130 €/StUck + 0,7713 e/Stuck =
B:
1,1843 €/Stuck 0,4957 €/StUck
+ 0,9256 e/StUck = C:
1,4213 €/Stuck 0,3717 e/StUck
+ 0,6942 €/Stuck = D:
1,0659 €/Stuck 0,0620 €/Stuck
+ 0,1157€/Stack = 0,1777e/Stuck
davon < 1 Jahr abbaub. 1,1843 davon < 1 Jahr abbaub. 1,4213 davon < 1 Jahr abbaub. 1,0659 davon < 1 Jahr abbaub. 0,1777
113
Prozesskostenrechnung
d) Abbaubarkeit nur > 1 Jahr 1. Ermittlung des Zuschlagssatzes 273 500 €
ZS =
4 600 000 € + 460 000 € 0,05405138339 bzw. 0,0541 bzw. 5,41%
2. Verteilung auf die Varianten A: 0,0541... x l 100 000 6 = 59 457 € B: 0,0541... X 1980 000 € = 107 022 6 C: 0,0541... x l 782 000 6 = 96 319 6 D: 0,0541... X 198 000 6 = 10 702 6 3. Verteilung auf das Stuck A: 59 457 6: 100 000 Stuck = 0,5946 6/Stuck B: 107 022 6: 150 000 Stuck = 0,7135 6/StUck C: 96 319 6: 180 000StUck = 0,5351 6/Stuck
A
B
C
D
(€/St.)
(€/St.)
(€/St.)
(€/St.)
114
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
A
B
C
D
(e/st.)
(€/St.)
(€/St.)
(€/St.)
D: 10 702 6 : 120 000 Stuck = 0,0892 €/Stuck
e) Abbaubarkeit > 1 Jahr A:
1,1843 €/StUck + 0,5946 €/StUck =
1,7789 e/StUck 1,4213 e/StUck
B:
+ 0,7135 e/Stuck = 2,1348 bzw. 2,1347 e/StUck
davon > 1 Jahr abbaub. 1,7789 davon > 1 Jahr abbaub. 2,1347
(Rundungsdifferenz) C:
1,0659 €/Stttck + 0,5351 €/Stuck =
D:
1,6010 e/Stuck 0,1777 €/StUck
+ 0,0892 e/StQck = 0,2669 bzw. 0,2668 €/StUck (Rundungsdifferenz)
davon > IJahr abbaub. 1,6010 davon > 1 Jahr abbaub. 0,2668
115
Prozesskostenrechnung
A
B
C
(€/St.)
(€/St.)
(€/St.)
D (€/St.) 1
Prozesskosten (vgl. S. 99) Teilprozess(l): Paletten mit Gabelstapler entladen Satz/Stuck
0,1271
0,1129
0,0471
0,0353
davon < 6 Mon. abbaub. 0,1104
davon < 6 Mon. abbaub. 0,0981
davon < 6 Mon. abbaub. 0,0409
davon < 6 Mon. abbaub. 0,0307
davon < 1 Jahr abbaub. 0,1226
davon < 1 Jahr abbaub. 0,1089
davon < 1 Jahr abbaub. 0,0454
davon < 1 Jahr abbaub. 0,0341
davon > 1 Jahr abbaub. 0,1271
davon > 1 Jahr abbaub. 0,1129
davon > 1 Jahr abbaub. 0,0471
davon > 1 Jahr abbaub. 0,0353
0,0220
0,0623
0,0611
0,0550
davon < 6 Mon. abbaub. 0,0181
davon < 6 Mon. abbaub. 0,0513
davon < 6 Mon. abbaub. 0,0503
davon < 6 Mon. abbaub. 0,0453
davon < 1 Jahr abbaub. 0,0220
davon < 1 Jahr abbaub. 0,0623
davon < 1 Jahr abbaub. 0,0611
davon < 1 Jahr abbaub. 0,0550
Teilprozess (2): Manuelle Warenerfassung Satz/Stuck
116
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
A
B
C
D
(€/St.)
(e/st.)
(€/St.)
(€/St.)
Teilprozess (3): Stichprobenweise Kontrolle Satz/StUck
Summe der Kosten/Stilck
0,0110
0,0183
0,0290
0,0160
davon < 6 Mon. abbaub.
davon < 6 Mon. abbaub.
davon < 6 Mon. abbaub.
davon < 6 Mon. abbaub.
davon < IJahr abbaub. 0,0110
davon < IJahr abbaub. 0,0183
davon < IJahr abbaub. 0,0290
davon < 1 Jahr abbaub. 0,0160
12,9370
15,5269
11,6371 2,0214
Summe der Kosten:
Variante A
12,9370 €/Stttck x 100 000 Stuck =
1 293 696,30 €
Variante B
15,5269 e/Stuck x 150 000 StUck =
2 329 044,35 6
Variante C
11,6371 €/St(lck X 180 000 StUck =
2 094 678,91 €
Variante D
2,0214 €/Sttick x 120 000 StUck =
242 580,44 6
Summe
5 960 000,00 €
Probe:
Einzelkosten
4 600 000,00 e
+ variable Gemeinkosten
460 000,00 6
+ fixe Gemeinkosten
900 000,00 6
= Summe
5 960 000,00 6
Target Costing
117
Kritische Wiirdigung Der Vorteil dieser Kalkulation liegt insbesondere darin, dass die Informationen ttber die Inanspruchnahme der indirekten Bereiche durch die Kostentrager und die daraus resultierenden Kosten mit Informationen zur Abbaubarkeit der fixen Gemeinkosten verbimden werden. Diese Transparenz ist vor allem fiir Uberlegungen zu den Preisuntergrenzen der Produkte bzw. zur Preisbeurteilung von Bedeutung. Kritisch kann man vor allem anmerken, dass die Fixkosten in der Kalkulation proportionalisiert werden. Dies ist ein Kemproblem, das wie in der traditionellen Vollkostenrechnung zu Fehlentscheidungen fuhren kann (vgl. dazu 1.1 Von der Kostenrechnung zum strategischen Kostenmanagement). Vor diesem Hintergrund ist auch die Diskussion mtiIJig, ob die Verteilung der Fixkosten ohne Prozesskosten auf der Basis der gesamten variablen Kosten oder auf der Basis der (variablen) Einzelkosten plus der variablen Gemeinkosten ohne Prozesskosten oder allein auf der Basis der (variablen) Einzelkosten erfolgen sollte (vgl. S. 108). Reichmann/Frohling halten dieser Kritik allerdings entgegen, dass das Problem der Fixkostenproportionalisierung bei der Zielsetzung eines stiickbezogenen Vollkostenausweises durch keine Kostenrechnungsmethodik gel5st werden kann (vgl. Reichmann/Frohling, 1993, S. 70).
2.3
Target Costing
2.3.1
Grundidee
Target Costing ist ein streng marktorientiertes Konzept zur Kostenplanung, -steuerung und -kontrolle. Das Konzept stammt aus Japan und wird dort mit „Genka Kikaku" bezeichnet. Target Costing wird vor allem von Untemehmen angewendet, die auf wettbewerbsintensiven Markten agieren. Ein Beispiel fur einen solchen Markt ist der Markt fur elektronische Bauteile. Elektronische Bauteile sind durch immer ktirzere Lebenszyklen gekennzeichnet, weil ihre Entwicklung immer schneller voranschreitet. Die Telle mlissen permanent kleiner, leichter und leistungsfahiger werden, sonst ist das Untemehmen im Markt chancenlos, weil seine Produkte uberaltert sind. Die Produktion dieser Telle erfordert demnach eine standige Innovationsbereitschaft. Forschung und Entwicklung haben einen besonderen Stellenwert. In diesem Kontext verspricht Target Costing besondere Leistungsfahigkeit im Hinblick auf die Beeinflussung des Kostenniveaus, der Kostenstruktur sowie des Kostenverlaufs. Hintergrund der Konzeptentwicklung war der Verlust der Wettbewerbsfahigkeit japanischer Untemehmen Mitte der siebziger Jahre. Target Costing wurde also konzipiert, um die Wettbewerbsfahigkeit und damit die Gewinnsituation japanischer Untemehmen wieder zu festigen.
118
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Um das zu erreichen, wurden als ZielgroBe die Stuckkosten der Produkte festgelegt. Mit Hilfe des Target Costing sollen also die Sttickkosten der Produkte gesenkt werden. Es handelt sich folglich um einen Ansatz des produktbezogenen Kostenmanagement. Ausgangspunkt zur Reduktion der Sttickkosten war die Umkehr der bisher im Rahmen der traditionellen Kostenrechnung Ublichen Frage: Was wird ein Produkt kosten? (Technology-Driven Costing) in die Frage: Was darf ein Produkt kosten? (Market-Driven Costing) Die Frage, was ein Produkt kosten darf, kann mit unterschiedlichen Methoden beantwortet werden, z.B. U Out of Competitor Das Produkt darf nur soviel kosten, wie bei der Konkurrenz. » Out of Standard Costs Das Produkt darf nur soviel kosten, wie sich aus den Istkosten bestehender Produkte unter Beachtung von Konstruktionsanderungen und Kostensenkungspotenzialen im Produktionsprozess ableiten lasst. Fur das stark marktorientierte Target Costing ist jedoch vor allem folgende Methode relevant und wird hier weiter verfolgt: 9 Market into Company Bei dieser Methode wird die Frage, was ein Produkt kosten darf, durch folgendes SchlUsselkonzept beantwortet.
Target Costing
2.3.2
IJ^
Schltisselkonzept Zielpreis ./. angestrebter Gewinnspanne = vom Markt erlaubte Kosten = Zielkosten Drifting Costs
Abb. 25: Schltisselkonzept des Target Costing Erlauterungen: » Zunachst wird ein Produkt mit definierten Eigenschaften und festgelegter Qualitat ausgesucht. In erster Linie handelt es sich dabei um ein neues Produkt. Dahinter steht folgende Erkenntnis. Die meisten Kosten eines Produkts (ca. 90%) fallen zwar in der Arbeitsvorbereitung und Fertigung, im Einkauf und in der Materialwirtschaft sowie in Vertrieb und Verwaltung an, werden aber zu ca. 70% in der vor dem Produktionsstart liegenden Entwicklungs- bzw. Konstruktionsphase festgelegt bzw. beeinflusst (vgl. Verein Deutscher Ingenieure, 1987, S. 3). Beispiele fur BeeinflussungsmOglichkeiten von Kosten in der Entwicklungs- und Konstruktionsphase sind: > Wahl zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug von Produktkomponenten, > Bestimmung des Fertigungsverfahrens, > Festlegung des Materialeinsatzes, > Einsatz von Einheitsbaugruppen und Normteilen, > Reduktion der Teilevielfalt (Senkung der Prozesssteuerungskosten), > Vermeidung von Entsorgungskosten durch produktintegrierten Umweltschutz. Es ist also nur folgerichtig, dass ein Konzept mit dem Ziel „Senkung der Sttickkosten" so friih wie moglich im Lebenszyklus eines Produktes ansetzt - eben dann, wenn die Einflussmoglichkeiten auf die Kosten am groBten sind. Das wird realisiert, wenn Target Costing die Zielkosten fiir neue Produkte schon vor der Entwicklungs- und Konstruktionsphase vorgibt. S Fur das ausgesuchte Produkt wird ein Zielpreis bestimmt. Der Zielpreis eines neuen Produktes ist der erwartete Absatzpreis. Er wird haufig ermittelt, indem aus den Er-
120
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
gebnissen einer Befragung (z.B. durch Marktforschungsinstitute oder durch AuBendienstmitarbeiter) die Preisbereitschaft potenzieller Kunden festgestellt wird. Eine weitere M5glichkeit zur Zielpreisfmdung stellen Konkurrenzanalysen dar. Denkbar ist auch, dass ein Untemehmen einen bestimmten Preis fixiert, um sich in einem ausgewShlten Marktsegment zu positionieren. ii Von dem Zielpreis wird der angestrebte Gewinn abgezogen. Er bemisst sich in der Kegel nach der geplanten Umsatzrendite. Erg^nzend empfehlen sich MaUnahmen zur Erhohung der Umschlagshaufigkeit des Kapitals, um den ROI eines Untemehmens vorteilhaft zu gestalten (vgl. dazu S. 159 f). iti Der Saldo aus Zielpreis und angestrebtem Gewinn sind die vom Markt erlaubten Kosten. In Ubereinstimmung z.B. mit Horvath/Niemand/Wolbold (1993, S. 11) werden sie hier als die Zielkosten des Produkts angesehen. Die Zielkosten sind definiert als die maximalen Kosten, die ein Produkt mit definierten Eigenschaften und festgelegter Qualitat unter Beachtung von Marktanforderungen und Konkurrenzprodukten verursachen darf (vgl. Horvdth/Niemand/Wolbold, 1993, S. 11). Eine Uberschreitung der Zielkosten fUhrt dazu, dass der angestrebte Erfolg nicht erreicht wird. Bei neuen Produkten sind die Zielkosten auf die gesamte Lebensphase des Produkts bezogen. Anders ausgedriickt, umfassen sie alle Kosten des Produkts von den Entwicklungskosten bis hin zu den Entsorgungskosten. Da das Target Costing auf dem Vollkostengedanken basiert (vgl. Freidank, 1999, S. 358), handelt es sich bei den Zielkosten um Ziel-Vollkosten. W Die vom Markt erlaubten Kosten bzw. Zielkosten werden mit den sogenannten Drifting Costs - die auch als Produktstandardkosten bezeichnet werden - verglichen. Unter den Drifting Costs versteht man die Kosten, die das neue Produkt unter Beibehaltung bestehender Technologien und Prozesse (z.B. Konstruktions-, Entwicklungsund Fertigungsverfahren) voraussichtlich verursachen wird. Da die Zielkosten VoUkosten sind, mtissen auch die Drifting Costs auf Vollkostenbasis ermittelt werden. Sie setzen sich demnach zusammen aus: > den Einzelkosten des Produkts (Materialeinzelkosten und Fertigungseinzelkosten), > den anteiligen Gemeinkosten der direkten Bereiche (z.B. Fertigungsbereich), die man mit Hilfe direkter BezugsgroBen oder iiber Prozesse zuordnen kann, > den anteiligen Gemeinkosten der indirekten Bereiche (z.B. Material- oder Logistikbereich), die dem Produkt uber Prozesse zugeordnet oder mittels Prozents^tzen angelastet werden kSnnen. In der Regel ergibt der Vergleich eine Uberschreitung der Zielkosten durch die Drifting Costs (vgl. dazu auch W5he, 2000, S. 1195). In dem Fall zeigt die Differenz den Kostensenkungsbedarf beim betrachteten Produkt, Eine Zielkosteniiberschreitung kann z.B. daraus resultieren, dass verschiedene Eigenschaften eines Produkts durch
Target Costing
121
die Kunden nicht honoriert werden (overengineering). Dann ist die Preisbereitschaft der Kunden im Vergleich zu den Drifting Costs zu gering. • Abweichend von der Definition der Zielkosten als Differenz zwischen Zielpreis und erwartetem Gewinn, gibt es aber auch andere Vorstellungen uber die Zielkosten. So versteht z.B. Toyota unter den Zielkosten die Differenz zwischen den Drifting Costs und den vom Markt erlaubten Kosten (vgl. Horvath/Niemand/Wolbold, 1993, S. 12). Hier dokumentieren also die Zielkosten die Vorgabe flir die Kostensenkung. » Der zuvor beschriebene Fokus des Target Costing auf neue Produkte bedeutet aber nicht, dass der Einsatz von Target Costing bei alteren Produkten bzw. in spateren Lebensphasen eines Produktes - z.B. in der Produktionsphase - nicht sinnvoll sein kann. Das wird am Beispiel der Papierfabrik Montclair deutlich (zu dieser Feldstudie vgl. Shank/Fisher, 2000, S. 98-107). Die Fabrik wurde schon Ende des neunzehnten Jahrhunderts errichtet und produziert seit (iber fiinfzig Jahren im Wesentlichen dieselben Produkte. Dabei handelt es sich um gestrichene und ungestrichene Qualitatspapiere fiir anspruchsvolle Zwecke wie Broschtiren, Kataloge, Magazine, Jahresberichte und Etiketten. Sie entstehen durch Veredelung der zugekauften trockenen Faserstoffarten „neues Hartholz", „neues Weichholz" und „Altpapier". Da die Fabrik seit langerer Zeit Verluste machte, entschloss man sich zu handeln. Ein Problemprodukt war das Papier „Forest Green Carnival". Das Papier wies u.a. folgende Daten auf: Verkaufspreis
2 200 $/Tonne
Standardkosten der Produktion
2 900 $/Tonne
Der Verkaufspreis deckte also nicht einmal die Standardkosten der Produktion und folglich auch nicht die der Produktion folgenden Vertriebskosten. Das Papier war demnach ein Verlustbringer - weit entfemt davon, den angestrebten Gewinn zu erwirtschaften. Der Verkaufspreis flir ein in etwa vergleichbares Papier des Konkurrenten Ajax Paper Company lag mit 1 466 $/Tonne deutlich unter dem Verkaufspreis von Montclair. Der Verkaufspreis von Montclair war nur durchsetzbar, weil die Abnehmer „Forest Green Carnival" als ein erstklassiges und darum teureres Spezialprodukt wahmahmen. Manche Kunden waren zur Zahlung des Aufpreises bereit, andere nicht. Damit war eine Preiserhohung auf Grund der Wettbewerbssituation ausgeschlossen. Also beschloss man den Einsatz von Target Costing, um durch eine Senkung der Kosten pro Tonne in die Gewinnzone zu gelangen. Das groBte Einsparpotenzial wurde bei den Standardkosten der Produktion vermutet. Folglich ging man einen Schritt weiter als im vorgenannten Schlusselkonzept und ermittelte nicht die Zielkosten des Produkts, sondem eine Teilmenge daraus: die Ziel-Produktionskosten. Dazu wurden vom Zielpreis der angestrebte Gewinn und die Kosten abgezogen, die der Produktion nicht zuzurechnen sind (z.B. Vertriebskosten).
122
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Als Zielpreis wurde der Preis pro Tonne des Konkurrenten Ajax Paper Company festgelegt. Nach Beriicksichtigung der Abzugsposten ergaben sich folgende Ziel-Produktionskosten: Zielpreis
1 466 $/Tonne
./. angestrebter Gewinn
120 $/Tonne
./. Kosten, die der Produktion nicht zuzurechnen sind
184$/Tonne
=
vom Markt erlaubte Produktionskosten
=
Ziel-Produktionskosten
1 162$/Tonne
Der Kostensenkungsbedarf bei den Standardkosten der Produktion betrug demnach: Standardkosten der Produktion
2 900 S/Tonne
./. Ziel-Produktionskosten
1 162 $/Tonne
=
1 738 $/Tonne
Kostensenkungsbedarf
Konfrontiert mit dieser Zielkostenvorgabe bzw. mit dem Kostensenkungsbedarf konzentrierten sich verschiedene Teams auf die vier wichtigsten Kostenelemente der Produktion: > Faserstoffkosten Ein Projektteam fand heraus, dass man den Anteil des Altpapiers an den Faserstoffen deutlich erhohen konnte, ohne dass die Qualitat des fertigen Papiers litt. Voraussetzung war allerdings eine sorgfaltige Reinigung des Altpapiers. Die Substitution von neuem Hart- und Weichholz durch Altpapier fuhrte zu einer Kosteneinsparung von 60%. > Papiermaschinenkosten Bislang waren die Rustkosten fur die Produktion von „Forest Green Carnival" auf Grund langer Rustzeiten erheblich. Eine Analyse ergab, dass die groBten Zeitverluste immer dann auftraten, wenn der richtige Ton flir eine Designerfarbe wie „Forest Green" gesucht wurde. Ein Projektteam fand heraus, wie sich die Suchzeit erheblich verkurzen lieB. Namlich dadurch, dass die Produktion mit einem Faserstoff beginnt, der farblich dem spater gewiinschten Papierfarbton ahnelt - im Fall von „Forest Green Carnival" also ein grtiner Faserstoff Bisher war das auf Grund des hohen Anteils an neuem Hart- und Weichholz schwierig, weil diese Faserstoffarten nicht griin sind. Mit der Erhohung des Altpapieranteils bot sich aber die Moglichkeit, verstarkt grtines Altpapier einzusetzen. Da grunes Altpapier am
Target Costing
123
Markt kaum gefragt war, gab es praktisch unbegrenzte Mengen zu sehr niedrigen Preisen. Ein anderes Projektteam entwickelte eine hauseigene Software, die die gewiinschte Abtonung ftir „Forest Green Carnival" in 40 Minuten statt in zwei Stunden m5glich machte, wenn grtines Altpapier im Einsatz war. Bei sinkenden RUstzeiten und Rtistkosten sowie einer hoheren Ausbringung an Papier konnten die Papiermaschinenkosten pro Tonne deutlich gesenkt werden. > Farbemittelkosten Da die Produktion nun mit einem erheblich hoheren Anteil an grunem Altpapier begann, waren flir den Farbton Forest Green deutlich weniger Farbemittel erforderlich. Entsprechend sanken die Farbemittelkosten. > Veredelungskosten Die Veredelungskosten konnten durch die Einfiihrung eines betrieblichen Vorschlagswesens deutlich verringert werden. Im Ergebnis flihrte die Kombination der von den Projektteams angestoBenen Verbesserungen tatsSchlich zu der angestrebten Reduktion der Produktionskosten pro Tonne in Hohe von 1 738 $/Tonne bzw. zu (neuen) Standardkosten der Produktion in Hohe von 1 162 $/Tonne. Damit war der Turnaround gelungen. Der Einsatz von Target Costing hat sich also auch bei einem alteren Produkt als auBerst erfolgreich erwiesen.
2.3.3
Zielkostenspaltung
„Eine groUe Schwierigkeit beim Arbeiten mit Zielkosten stellt allerdings folgender Sachverhalt dar: Zielkosten werden fur ein Produkt als Ganzes festgelegt." (Deisenhofer, 1993, S. 97). Es fehlen also Kostenvorgaben fiir einzelne Produktkomponenten (= Telle Oder Baugruppen eines Produktes). Dies wird umso problematischer, je gr56er die Anzahl der Komponenten eines Produktes ist. Denn mit steigender Anzahl von Komponenten steigt die Anzahl der Verantwortlichen fiir das Produkt in den einzelnen Phasen seines Lebens. So benotigt man z.B. umso mehr Verantwortliche in Forschung und Entwicklung sowie in der Produktion, je komplexer ein Produkt ist. Je groBer aber die Zahl der Verantwortlichen fur ein Produkt ist, desto schwieriger wird die Einhaltung der Zielkosten bzw. die Identifikation der Verantwortlichen bei Uberschreitungen der Zielkosten. Aus diesem Grund werden die Zielkosten haufig auf die Komponenten eines Produktes heruntergebrochen: Man spaltet die Zielkosten, um ihre Einhaltung komponentenweise Uberwachen zu k5nnen. Dabei kann sich allerdings ein Problem ergeben. Manche Kosten im Leben eines Produktes lassen sich nicht sinnvoll auf die Komponenten spalten. Das ist z.B. bei den Vertriebskosten der Fall. Sie beziehen sich nicht auf einzelne Produktkomponenten, sondem auf alle Komponenten gemeinsam - denn es werden ja nicht die einzelnen Komponenten vertrieben, sondem das ganze Produkt. Der Problematik kann man auf zweierlei Weise begegnen:
124
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
ffi Man ignoriert das Problem und spaltet die Kosten trotzdem. Dieses Vorgehen ist vergleichbar mit der Schlusselung echter Gemeinkosten auf KostentrSger im Rahmen der traditionellen Vollkostenrechnung. • Man subtrahiert die Kosten vor der Zielkostenspaltung von den Zielkosten. Als Residuum ergeben sich die Zielkosten i.e.S. (ganz ahnlich dem Vorgehen bei der Papierfabrik Montclair, vgl. dazu noch einmal S.121). Die Zielkosten i.e.S. werden im Folgenden komponentenweise aufgespalten. Ein Abzug der Kosten von den Zielkosten vor deren Spaltung bedeutet aber nicht, dass die abgezogenen Kosten anschlieBend nicht mehr kontrolliert werden miissen. Vielmehr sind sie als Budget zu begreifen, dessen Abdeckung im Verlauf der Lebensphasen des Produkts verfolgt werden muss. Denn bei einer Uberschreitung der budgetierten Kosten werden die Zielkosten des Produkts genauso verfehlt, wie bei einer Uberschreitung der Zielkostenanteile einzelner Komponenten. Die komponentenweise Zielkostenspaltung vollzieht sich in vier Schritten: 1, Schritt: Gewichtung der Produktfunktionen Jeder Kunde verbindet mit einem Produkt bestimmte Erwartungen. Diese Erwartungen werden von den Produkten dadurch erfuilt, dass sie verschiedene Funktionen mehr oder weniger gut ausiiben. So iibt z.B. ein Auto die Funktionen > Kategorie (z.B. Mittelklasse, Oberklasse), > Sicherheit (z.B. ABS, ESP, Airbags), > Gepackraumvolumen (z.B. 440 1, 500 1), > Kilowatt (z.B. 130 kW, 150 kW), > Hubraum (z.B. 2,5 1, 3 1), > KraftstoffVerbrauch (z.B. 10 1/100 km, 14 1/lOOkm), > Ausstattung (z.B. Leder, Stoff), > Preis(z.B. 50 000 6, 60 000 6) aus, um die Kundenerwartungen zu befriedigen und zum Kauf anzuregen.* Der erste Schritt der Zielkostenspaltung besteht nun darin, alle Funktionen eines Produktes zu erfassen und aus Kundensicht zu bewerten. Anders ausgednickt: Die zunachst erfassten Funktionen miissen anschlieBend gewichtet werden. Bei den Funktionen werden harte und weiche Funktionen unterschieden (vgl. dazu Horvath, 1993, S. 230-231), um die Kundenerwartungen besser erfassen zu konnen (vgl. dazu z.B. Muller/Wolbold, 1993, S. 127-128). Harte Funktionen sind die Gebrauchsfiinktionen eines Produkts, die zu seiner Aus technischer Sicht beschreibt eine Funktion den Zusammenhang zwischen einem Haupt- und einem Tatigkeitswort. So konnte beispielsweise die Funktion „Sicherheif' mit „Insassen schtitzen" umschrieben werden.
Target Costing
125
technischen und wirtschaftlichen Nutzung erforderlich sind (z.B. Kilowatt). Sie sind objektiv tiberprtifbar. Weiche Funktionen werden auch als Geltungsfunktionen bezeichnet und beschreiben Funktionen eines Produktes, die tiber die technische und wirtschaftliche Nutzung hinausgehen (z.B. Prestige, Asthetik). Sie unterliegen einer subjektiven Beurteilung. Weiche Funktionen sind im Konsumgtiterbereich von groBer Bedeutung, wahrend sie bei Investitionsgtitem weniger stark zur Kaufentscheidung der Kunden beitragen (vgl. Lewicki, 2000, S. 30). Zur systematischen Ermittlung und Gewichtung der Funktionen eines Produktes wird im Strategischen Kostenmanagement die Conjoint-Analyse empfohlen (vgl. z.B. Kucher/Simon, 2002, S. 197-199). Conjoint-Analyse Die Conjoint-Analyse („Verbundsmessung") ist eine Kundenbefragung, mit der psychologische Werturteile gemessen werden. Ziel ist es, die Praferenzen (potenzieller) Kunden fur alternative Produktkonzepte zu erklaren, zu beeinflussen und vorherzusagen. Man unterscheidet verschiedene Formen der Conjoint-Analyse, deren Struktur nachfolgend im Uberblick dargestellt ist. Conjoint-Analyse (CA) Neuere Ansatze
Traditionelle Conjoint-Analyse (TCA) FuU-ProfileMethode
Trade-OffMethode
Dekompositorische Methoden z.B. Choice-BasedConjoint-Analyse (CBCA)
Hybride Methoden
Z.B.
> Hybride ConjointAnalyse (HCA) > Adaptive ConjointAnalyse (AC A)
Abb. 26: Methoden der Conjoint-Analyse « Traditionelle Conjoint-Analyse (TCA) Die traditionelle Conjoint-Analyse ist ein dekompositorisches Verfahren. Dekompositorisch bedeutet, dass keine Einzelurteile uber Produktfunktionen erhoben werden, sondem die Bedeutung einzelner Produktfunktionen aus dem Praferenzurteil der potenziellen Kunden uber die Gesamtheit der Funktionen einzelner Produktvarianten mit Hilfe mathematisch-Zstatistischer Methoden abgeleitet werden (vgl. z.B. Kajtiter, 2000, S. 166).
126
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Beispiel (vgl. wikipedia 1/2007): Um seine Strategie planen zu konnen, ist es fiir einen Automobilhersteller wichtig zu wissen, welche Bedeutung die Merkmale „Hersteller", „PS- bzw. kW-Zahl" und „Farbe" fiir die Kaufentscheidung des Nutzers haben. Im Rahmen der Conjoint-Analyse wurden nun aus diesen Merkmalen eine Reihe altemativer Produktkonzepte kombiniert. Ein solches Produktkonzept konnte lauten: „Roter Audi mit 170 PS". Die befragten (potenziellen) Kunden geben jetzt zu dieser und den anderen Gesamtproduktkonzepten jeweils ein Votum ab. Mittels mathematisch-Zstatistischer Iterations- und Simulationsverfahren werden anschliefiend aus den Angaben der Kunden deren Praferenzen beztiglich der einzelnen Merkmale und Merkmalsauspragungen ermittelt („dekomponiert"). So konnte sich beispielsweise ergeben, dass sich die Probanden beim Kauf eines Neuwagens in erster Linie am Hersteller orientieren, wobei der Hersteller BMW bevorzugt wird. Im Gegensatz zu dekompositorischen Methoden gehen kompositorische Verfahren umgekehrt vor, indem sie Einzelurteile Uber Produktfunktionen erheben und diese zu einer Praferenz fUr das Gesamtprodukt verknupfen (vgl. Thaden, 2002, S. 4-7). Bei den traditionellen dekompositorischen Verfahren der Conjoint-Analyse sind die Full-Profile-Methode und die Trade-Off-Methode von praktischer Relevanz. Die Methoden unterscheiden sich hinsichtlich der Menge der in der Analyse abgefragten Produktfunktionen. Bei der Full-Profile-Methode werden zur Beschreibung eines Produktes alle (vgl. Skiera/Gensler, 2007, S. 5) bzw. zahlreiche (vgl. Hock/Barone, 2004, S. 9) Produktfimktionen herangezogen. Bei der Trade-Off-Methode beschrankt man sich dagegen auf zwei Produktfunktionen (vgl. Skiera/Gensler, 2007, S. 5). Daher wird die Trade-Off-Methode auch haufiger als „Zwei-Faktor-Methode" bezeichnet. Der Vollstandigkeit halber sei erwahnt, dass in der Literatur zur ConjointAnalyse statt von Produkten und Produktfunktionen von Stimuli und Eigenschaften gesprochen wird. Der Grund hierftir liegt darin, dass in Conjoint-Analysen nicht nur reale Produkte untersucht werden (konnen), sondem auch hypothetische Produkte oder Dienstleistungen. „Stimuli" ist in diesem Zusammenhang der neutrale Oberbegriff fiir diese unterschiedlichen Untersuchungsobjekte und beschreibt ganz allgemein die in der Analyse betrachtete Kombination der Funktions- bzw. EigenschaftsausprSgungen besagter Untersuchungsobjekte (vgl. Skiera/Gensler, 2007, S. 4). Gestaltungsimmanent stellt die Full-Profile-Methode hohere Ansprtiche an die Probanden, als die Trade-Off-Methode. Dafiir ist aber das Design realitatsnaher als bei der Trade-OffMethode. AuBerdem ist zu berticksichtigen, dass es bei der Full-Profile-Methode zum sogenannten Positionseffekt kommen kann, weil die Reihenfolge der Eigenschaften in einem Stimulus die relative Wichtigkeit der Eigenschaften beeinflussen kann (vgl. Skiera/Gensler, 2007, S. 5). Gleichwohl ist die Full-Profile-Methode in der Praxis wesentlich weiter verbreitet, als die Trade-Off-Methode (vgl. Wittink et al., 1994, S. 45, Hock/Barone, 2004, S. 9). Eine gemeinsame Schwache der Verfahren der traditionellen Conjoint-Analyse besteht darin, dass die Methoden allein auf die Produktpraferenzen und nicht auf die tatsachliche Kaufentscheidung abzielen (vgl. Voeth, 2004, S. 723). In der realen Kaufsituation konnen sich also Abweichungen zur Vorhersage auf der Grundlage der Conjoint-Analyse ergeben. Um diese und weitere Schwachen
Target Costing
127
der traditionellen Verfahren zu uberwinden, wurden im Laufe der Zeit zahlreiche neuere Ans^tze der Conjoint-Analyse entwickelt. 9 Neuere AnsStze Es gibt neuere Ansatze, die wie die traditionelle Conjoint-Analyse dekompositorisch aufgebaut sind. Dazu gehort beispielsweise die Choice-Based-Conjoint-Analyse. Der grundlegende Unterschied dieser Analyse gegentiber alien anderen Conjoint-Ansatzen ist, dass von den Testpersonen „tatsachliche", „echte" Auswahlentscheidungen verlangt werden und nicht nach Praferenzen oder Kaufwahrscheinlichkeiten gefragt wird (vgl. Schubert, 1995, S. 381). Daneben gibt es aber auch neuere Ansatze, die dekompositorische und kompositorische Datenerhebungen kombinieren. Sie werden als hybride Methoden bezeichnet, weil hybrid eben gemischt, von zweierlei Herkunft, aus Verschiedenem zusammengesetzt, bedeutet. Eine Form der hybriden Methoden ist durch ihre Bezeichnung unmittelbar in der Struktur der Conjoint-Analyse zu verorten, namlich die sogenannte Hybride Conjoint-Analyse. Sie kombiniert ein Punktbewertungsmodell zur individuellen Abfrage der Wichtigkeit der Produktmerkmale und der jeweils gewtinschten Merkmalsauspragung (kompositorischer Teil) mit einem Conjoint-Ansatz (dekompositorischer Teil). Eine weitere Form der hybriden Methoden stellt die Adaptive ConjointAnalyse (ACA) dar. Dabei handelt es sich um ein Verfahren, das nur rechnergesttitzt durchfiihrbar ist. Als adaptiv - d.h., sich anpassend - wird es deshalb bezeichnet, weil die Eingaben der Probanden bereits wahrend des Interviews vom Rechner verarbeitet und dazu verwendet werden, die jeweils nSchste Fragebogenseite zu entwickeln. Das Interview passt sich also der individuellen Praferenzestruktur der einzelnen Nutzer an, um mOglichst aussagekraftige Informationen aus der Befragung Ziehen zu konnen. Die Adaptive Conjoint-Analyse zahlt zu den hybriden Methoden, weil ganzheitlich zu beurteilende Produktkonzepte (dekompositorischer Teil) auf Grund der im vorherigen Schritt erfragten relativen Wichtigkeit einzelner Merkmale und Merkmalsauspragungen (kompositorischer Teil) erzeugt werden (vgl. Backhaus et al., 2006, S. 612). Allerdings sind auch die neueren Ansatze nicht nachteilsfrei. So kann man beispielsweise bei der Adaptiven Conjoint-Analyse Vorbehalte in Bezug auf ihre inhaltliche Validitat haben. Validitat ist der MaBstab ftir die Gtiltigkeit einer wissenschaftlichen Untersuchung. Hier gibt sie an, ob das gemessen wurde, was zu messen war. Listet man die Vor- und Nachteile der Methoden im Einzelnen auf, zeigt sich, dass keine generell tiberlegen ist. Die Wahl einer bestimmten Methode ist also eine Einzelfallentscheidung und hangt von der Gewichtung der jeweiligen Vor- und Nachteile durch den Informationsempfanger ab. Um das Auto-Beispiel als Grundlage der komponentenweisen Zielkostenspaltung fortfiihren zu k5nnen, wird bezuglich der Ergebnisse einer durchgefiihrten Conjoint-Analyse Folgendes angenommen. Die Analyse soil z.B. ergeben haben, dass den potenziellen Kunden die Funktion „Kategorie" etwa viermal soviel Wert ist, wie die Funktion „Gepackraumvolumen". In diesem Fall bekommt die Funktion „Kategorie" ein viermal so
128
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
hohes Gewicht zugeordnet, wie die Funktion „Gepackraumvolumen". Alle Funktionen zusammen haben das Gewicht 1 oder 100%, weil alle Funktionen zusammen die Leistungen des Produkts zu 100% erfiillen. Beispiel (in Anlehnung an Deisenhofer 1993, S. 103-105): Funktionen
Gewicht
F,
Kategorie
0,2
Fa
Sicherheit
0,1
F3
Gepackraumvolumen
0,05
diverse
0,65
F4 - F16
1
1,00
Summe
Nun sind die Funktionen des Produkts gewichtet, aber es ist noch keine Verbindung zu den Produktkomponenten hergestellt, auf die die Zielkosten ja schlieBlich verteilt werden sollen. Die Verbindung ergibt sich daraus, dass die Funktionen eines Produktes durch die Produktkomponenten ausgetibt werden. Manche Funktionen werden durch mehrere Produktkomponenten ausgeiibt, andere nur durch eine Produktkomponente. Im Beispiel braucht man etwa die Produktkomponenten „Motor/Elektrik", „Karosserie", „Fahrwerk" etc., damit ein Auto die oben genannten Funktionen austiben kann. Die Komponenten werden mit den Funktionen verkniipft, indem manflirjede Komponente festlegt, in welchem AusmaB sie zur Erfiillung der Funktionen beitragt. Die Festlegung kann z.B. ergeben, dass die Komponente „Motor/Elektrik" zur Funktion „Kategorie" im AusmaB von 20% beitragt. Die Summe der Prozente muss bei jeder Funktion 100% ergeben, weil die Komponenten insgesamt jede Funktion zu 100% erfiillen. Fur das Beispiel ergibt sich im Einzeben: Komponenten
F,
F2
F3
F4-F16
K,: Motor/Elektrik
0,2
0,1
0,05
0,15
Ka: Karosserie
0,3
0,1
0,6
0,2
K3 - K5: andere
0,5
0,8
0,35
:
Summe
1,0
1,0
1,0
:
i
129
Target Costing 2. Schritt: Ermittlung der Bedeutung der Produktkomponenten Wenn man nun fur jede Komponente > das AusmaB, mit dem sie eine Funktion erfullt, > mit der Bedeutung der Funktion multipliziert, > und tiber die Funktionen summiert,
dann ergibt sich die Bedeutung der Komponente an diesem Produkt. Die Bedeutung der Komponenten ist wichtig, weil sie den Schltissel flir die Verteilung der Zielkosten auf die Produktkomponenten darstellen. Beispiel:
K,
K2
Summe = Bedeutung
F,
F2
0,2 X 0,2 = 0,04
0,1 xO,l = 0,01
0,05 X 0,05 = 0,15x0,65 = 0,0975 0,0025
0,15
0,3 X 0,2 = 0,06
0,1x0,1 = 0,01
0,6 X 0,05 = 0,03
0,23
F3
F4 - F16
0,2 X 0,65 = 0,13
:
: Summe
1,0
3. Schritt: SpaltungA^erteilung der Zielkosten Die Zielkosten werden entsprechend der Bedeutung der Produktkomponenten verteilt. Geht man fur das Beispiel davon aus, dass die Zielkosten 50 000 € betragen, ergeben sich fur die Komponenten Ki und K2 folgende Zielkostenanteile: Zielkosten x Bedeutung =
Zielkostenanteil
K,
50 000 6x0,15 =
7 500 €
K2
50 000 € X 0,23 =
11 500 €
:
:
Summe
50 000 €
130
Instrumente des strategischen Kostemnanagement
4. Schritt: Komponentenweiser Vergleich der Drifting Costs und der Zielkostenantelle
Um Kostenuber- oder -unterschreitimgen bei den Komponenten feststellen zu konnen, mtissen die Zielkostenanteile der Komponenten mit dem Anteilen der Komponenten an den Drifting Costs des Produkts verglichen werden. Folglich miissen diese Anteile ermittelt werden. Dabei ist zu beachten, dass keine Kostenbestandteile berticksichtigt werden, die vor der Zielkostenspaitung zum Abzug gebracht wurden (vgl. dazu noch einmal S. 124). Denn deren Einhaltung wird ja unabhSngig von den Komponenten im Rahmen eines Budgetabgleichs kontrolliert. Fur das Beispiel werden folgende Annahmen uber die Drifting Costs der Produktkomponenten gemacht: absoluter Anteil an den Drifting Costs
relativer Anteil an den Drifting Costs
K,
15 000 6
0,25
K2
10 800 6
0,18
K3-K5
T. Drifting Costs-Anteile = Drifting Costs des Produkts
•
60 000 6
:
1,00
Der Vergleich der komponentenbezogenen Zielkostenanteile und der Drifting Costs zeigt bei Komponente Ki eine Zielkostenuberschreitung in Hohe von 7 500 € ./. 15 000 € = 7 500 €. Bei der Komponente K2 ergibt sich eine Zielkostenunterschreitung in Hohe von 11500€./. 10 800€ = 700€. • Zu Zielkostentiberschreitungen Eine Zielkostenuberschreitung zeigt an, dass die Kosten einer Komponente aus Kundensicht zu hoch sind. Anders ausgednickt: Der Kunde honoriert den Ressourceneinsatz des Untemehmens bei dieser Komponente nicht. Folglich mtissen die flir die Zielkosten Verantwortlichen priifen, welche KostensenkungsmaBnahmen moglich sind. Hierbei kann auf das „Design to Cost" zuriickgegriffen werden. Design to Cost ist im Wesentlichen ein ingenieurbezogenes Konzept. Es greift hauptsachlich auf technische Methoden zurtick, um die Zielkosten zu erreichen. Zu den Methoden des Design to Cost gehoren z.B. die Wertgestaltung (value engineering) und cost tables (vgl. Horvath/Seidenschwarz/Sommerfeldt, 1993, S. 14). Die Wertgestaltung setzt in der Entwicklungs- und Konstruktionsphase eines neuen Produktes an und hat das Ziel, das Verhaltnis zwischen den Kosten und dem Wert eines Produktes zu optimieren (vgl. Bucksch/Rost, 1985, S. 350). Anders ausgednickt
131
Target Costing
geht es darum, ein Produkt in seinen Funktionen und Eigenschaften benutzerfreundlich und kundennah zu gestalten und gleichzeitig die Kosten von vomherein gering zu halten (vgl. Bucksch/Rost, 1985, S. 350). Daraus lasst sich der Leitgedanke der Wertgestaltung ableiten: „Nicht so gut wie m5glich", sondem „nur so gut, wie notig" (vgl. Bucksch/Rost, 1985, S. 358). (Zu einem Praxisbeispiel der Wertgestaltung vgl. Bucksch/Rost, 1985, S. 351-357). Cost tables sind Tabellen oder Datenbanken, die Informationen Uber Kosten von Baugruppen und Teilen bei unterschiedlicher Konstruktion, Materialzusammensetzung und Herstellung liefem. Mit Hilfe dieser Daten konnen Kostenwirkungen von Variantenkonstruktionen bei veranderten Produktionsverfahren transparent gemacht werden. Nachfolgend wird ein cost table fur das fiktive Beispiel eines Taschenlampengehauses dargestellt (in Anlehnung an Serfling/Schultze, 1997a, S. 70): Ausfilhrung:
16 cm LSnge
12 cm LSnge MEK
FEK
GK
E
MEK
FEK
GK
z
Plastik
26
2€
10€
14€
3€
26
lie
166
rostfreier Stahl
5€
3€
17€
25 €
6€
3€
186
27 €
Aliuninium
3€
2€
11€
16 €
4€
2€
12 €
18€
Materialart:
Abb. 27: Informationen eines cost table Neben dem Design to Cost ist das Cost Benchmarking eine weitere Methode, um Kosten zu senken. Dazu werden kostenorientierte Kennzahlen eines Untemehmens innerbetrieblich bzw. mit den Kennzahlen konkurrierender oder auch branchenfremder Untemehmen verglichen. Das Ziel besteht darin, vom Benchmarking-Partner zu lernen und dadurch das eigene Kostenniveau positiv zu beeinflussen (vgl. dazu 2.5 Cost Benchmarking, S, 227 ff.). Zu Zielkostenunterschreitungen Eine Zielkostenunterschreitung signalisiert, dass der Komponente eine hohere Kundeneinschatzung zukommt, als es ihrem derzeitigen Kostenanteil entspricht. Hier sollte das Untemehmen mehr Ressourcen einsetzen, um eine Funktionsverbesserung der Komponente zu erreichen. Eine Funktionsverbesserung kann als besonderer Vorteil des Produktes herausgestellt werden {= unique selling proposition). Dadurch kann der Kunde veranlasst werden, das Produkt den Konkurrenzprodukten am Markt vorzuziehen. So versucht derzeit Porsche, sich durch eine neuartige Keramikbremse (Porsche Ceramic Composite Break = PCCB) vom Konkurrenten Mercedes abzusetzen (vgl. dazu Weigel, 2000, S. A 1). Die Keramikbremse ist zwar in der Herstellung teurer als die herkommliche Graugussbremse, aber fur den Kunden ergeben sich zwei
132
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Vorteile. Zum einen halt die Keramikbremse deutlich langer als eine herk5mmliche Bremse. Zum anderen spricht sie schneller an. Man braucht also weniger Kraft, um eine gleich gute oder sogar bessere Bremswirkung zu erzielen, als bei der herkommlichen Bremse. Dies ist ein Verkaufsargument gegeniiber der Konkurrenz. Hilfsweise kann man auch auf Funktionsverbesserungen verzichten und einer „zu gtinstigen" Komponente eine kalkulatorische Ausgleichsfixnktion zuschreiben. Das wird man gegebenenfalls tun, wenn sich abzeichnet, dass sich die Zielkostenanteile anderer Komponenten nicht realisieren lassen. In diesem Fall besteht die Moglichkeit, dass sich die Zielkosten - wenn schon nicht komponentenweise, so doch gesamtproduktbezogen - realisieren lassen. Das ist aber nicht optimal, weil damit der Spielraum fiir die Funktionsverbesserungen verschenkt wird.
2.3.4
Integration von Target Costing und Prozesskostenrechnung
In der Literatur setzt sich zunehmend die Meinung durch, dass Target Costing mit der Prozesskostenrechnung kombiniert werden sollte. In diesem Fall werden die Drifting Costs nach der Prozesskostenrechnung ermittelt (vgl. z.B. Freidank, 1999, S. 358). Wie eine solche Integration von Target Costing und Prozesskostenrechnung aussehen kann, zeigt die Fallstudie IV. Fallstudie IV: Kombination von Target Costing und Prozesskostenrechnung (Die Daten des Target Costing sind eng angelehnt an Mliller/Wolbold, 1993.) Einem Untemehmen der Elektroindustrie liegt eine Anfi*age einer GroBbank uber eine Variante eines Belegerfassungssystems vor, das die Bank zur Belegerkennung und -verarbeitung einsetzen will. Das Untemehmen liberlegt, die neue Variante in einer GroBenordnung von 40 Stiick/Jahr am Markt einzufiihren. Der erwartete Absatzpreis betragt 70 000 e/StUck. Im Rahmen seines Kostenmanagement betreibt das Elektro-Untemehmen Target Costing. Die geplante Umsatzrendite betragt 10%. Die Funktionen des Systems und ihre Bedeutung (Gewichte) fur die Kunden konnen folgender Tabelle entnommen werden:
133
Target Costing
Bedeutung (Gewicht)
Funktionen Fi!
Belege aufhehmen
0,05
F2:
Belege vereinzeln
0,12
F3:
Verarbeitungsgeschwindigkeit
0,07
F4:
Felder erkennen
0,112
F5:
Aufschrift erkennen
0,12
Fe'.
Belege codieren
0,04
F7:
Ablaufsteuem
0,08
Fg - F14:
ubrige Funktionen
0,408
Summe
1,00
Zur Ausubung der Funktionen tragen folgende Produktkomponenten wie folgt bei: Funktionen Komponenten
F,:
Ki: Belegaufnahme
0,86
K2: Bedienfeld
0,14
¥2:
F3:
F4:
F*:
F7:
FgFH:
1,00
0,33
0,47
K3: Erkenungsmodul
0,13
0,65
K4 - K7: Obrige Komponenten
0,54
0,35
1,00
1,00
Summe
F5:
1,00
1,00
1,00
1,00
0,44
0,56
0,53
7,00
1,00
1,00
7,00
134
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Die Drifting Costs der Produktkomponenten werden auf der Basis des aktuellen Entwicklungsentwurfs des Belegerfassungssystems unter Zuhilfenahme der Prozesskostenrechnung kalkuliert. Im Einzelnen ist von folgenden Daten auszugehen: 9 Das Untemehmen montiert das Belegsystem in der LosgroBe 5 in 3 Fertigungsstufen. Die reinen Montageeinzelkosten betragen 2 766 €. Die sieben Komponenten werden montagelosbezogen aus dem Lager kommissioniert. B Die Komponenten Ki und K2 werden von verschiedenen Lieferanten viermal im Jahr in der LosgroBe 10fremdbezogenund eingelagert. Die Stuckkosten betragen: K,
8 000€
K2
3 000€
S Die Komponente K3 wird in der LosgroBe 10 in 5 Fertigungsstufen eigengefertigt. Fiir jede Komponente sind 10 verschiedene Fremdbezugsteile erforderlich, die losbezogen aus dem Lager kommissioniert werden. Die Fremdbezugsteile werden jeweils in der LosgroBe 40 zum durchschnittlichen Stuckpreis von 500 € einmal im Jahr von einem Lieferanten beschafft und eingelagert. Die reinen Fertigungskosten fiir die eigengefertigte Komponente betragen 4 000 €. K Auszug aus der Prozesskostenstellenrechnung: HP Hauptprozess
Kostentreiber
Gesamtprozesskostensatz 100 €/P.
1 Fremdteile beschaffen
Anzahl Bestellungen
2
Lagerverwaltung
Zahl der Stucklistenpositionen
20 e/p.
3
Montage-ZFertigungsauftragssteuerung
Zahl der Fertigungsstufen
50 €/P.
Varianten einfuhren
Anzahl Varianten
4 000 €/P.
5
Varianten betreuen
Anzahl Varianten
2 000 €/P.
6
Lieferanten betreuen
Anzahl der Lieferanten
4 000 €/P.
7
Auftragsabwicklung Inland
Anzahl Auftrage
^4
30 €/P.
i
Target Costing
135
Nachfolgend werden die Zielkosten des Belegsystems insgesamt und die Zielkostenanteile sowie die Drifting Costs der Produktkomponenten Ki, K2 und K3 bestimmt. AnschlieBend werden die Komponenten danach klassifiziert, ob bei ilinen aus der Sicht des Target Costing ein Kostensenkungsbedarf oder ein Spielraum fiir Funktionsverbesserungen besteht. 1. Ermittlung der Zielkosten des Belegerfassungssystems
Zielpreis ./.
10 % Umsatzrendite
=
Zielkosten
70 000 € 7 000 € 63 000 €
Die Zielkosten lassen sich nicht in voller Hohe auf die Komponenten aufspalten, weil in ihnen auch solche Kosten enthalten sind, die fiir alle Komponenten gemeinsam entstehen. Diese Kosten werden vor der Spaltung von den Zielkosten abgesetzt (budgetiert) und ihre Einhaltung separat verfolgt. Im vorliegenden Fall gehoren dazu: M Die Montageeinzelkosten, weil sie fur das Zusammenfugen aller Komponenten anfallen. H Die Prozesskosten des Hauptprozesses 3: „Montageauftragssteuerung", weil die Montage aller Komponenten gesteuert wird. » Die Prozesskosten fiir die Einlagerung des fertigen Belegsystems (Hauptprozess 2), weil die Einlagerung das Endprodukt betrifft. H Die Prozesskosten des Hauptprozesses 4: „Varianten einfiihren" und des Hauptprozesses 5: „Varianten betreuen", weil sich diese Kosten auf die Varianten und die ihnen zugehorigen Stuckzahlen, nicht aber auf die Produktkomponenten beziehen. M Die Prozesskosten fur die Kommissionierung von Kundenauftr^gen (Hauptprozess 2) und die Prozesskosten des Hauptprozesses 7: „AuflTagsabwicklung Inland", weil nicht einzelne Produktkomponenten, sondem das Endprodukt kommissioniert bzw. vertrieben wird.
136
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Dementsprechend sieht die Rechnung fiir ein Belegsystem wie folgt aus: 1
Zielkosten -
Montageeinzelkosten
-
Prozesskosten fur die Montage des Endprodukts (HP 3)
63 000 € 2 766 €
3 Fertigungsstufen x 50 €/Stufe = 150 € i
150 € : 5 (Losgrofie Endprodukt) = 30 € -
Prozesskosten fur die Einlagerung des Endprodukts (HP 2) 20 €/Position : 5 (LosgroBe Endprodukt) - 4 €
-
100 €
Prozesskosten HP 5: „Varianten betreuen" 2 000 €/Variante : 40 Sttick/Variante = 50 e/Stuck
-
4€
Prozesskosten HP 4: „Varianten einfuhren" 4 000 e/Variante : 40 Stuck/Variante = 100 €/Stuck
-
30 €
50 6
Prozesskosten HP 2 fur die Kundenauftragskommissionierung Es wird davon ausgegangen, dass die Kundenauftrage jeweils nur ein Belegerfassungssystem umfassen. -> 1 Position = 20 €
-
20 €
Prozesskosten HP 7: „Auftragsabwicklung Inland" -^ 1 Auftrag mit einem Belegerfassungssystem = 30 €
= Zielkosten i.e.S.
30 € 60 000 €
137
Target Costing 2) Zielkostenspaltung
a) Ermittlung der Bedeutung der Komponenten (= Verteilungsschltissel fur die Zielkosten) F,:
k, r'
F2:
Fj:
F4:
F5:
Fs:
F7:
0,86 X 1,00 X 0,33 X 0,05 = 0,12 = 0,07 = 0,0430 0,1200 0,0231
0,1861
0,14 X 0,05 = 0,0070
Kj
I
Fg-u:
0,47 X 0,08 = 0,0376
0,0446
0,13 X 0,65 X 1,00 X 0,44 X 0,07 = 0,112= 0,12 = 0,04 = 0,0091 0,0728 0,1200 0,0176
0,2195 :
K4-7
r
1,0000
b) Ermittlung der Zielkostenanteile der Komponenten Ki, K2 und K3 Komponenten
Zielkosten i.e.S. x Bedeutung =
Zielkostenanteil i.e.S.
K,:
60 000 € x 0,1861 =
11 166 €
k2:
60 000 € x 0,0446 =
2 676 €
kj:
60 000 € x 0,2195 =
13 1706
: Summe
: 60 000 €
138
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
3) Ermittlung der Drifting Costs der Komponenten Kj, K2 und K3 K,(€) Komponenten/Stiickpreis
8 000
K3(€) 3 000
+ Fremdbezugsteile/Stiickpreis 500 e/StUck X 10 Stuck = 5 000 €
5 000
+ Fertigungseinzelkosten
4 000
+ Beschaffungsprozesskosten (HP 1) 100 €/Best.: 10 Ki/Best. = 10 €/K,
10 10
100 e/Best. : 10 Ks/Best. = 10 E/Kj 100 €/Best.: 40 Fremdbezugsteile/Best. = 2,50 €/Fremdbezugsteil Bedarf fiir 1 K3: 10 Fremdbezugsteile
25
-> 10 Telle X 2,50 €/Teil = 25 6 + Lagerprozesskosten (HP 2) Einlagerung von Kj, K2 und den Fremdbezugsteilen 20 €/Pos.: 10 K, (LosgroBe) = 2 €/K,
2 2
20 €/Pos. : 10 K2 (LosgroBe) = 2 €/K2 20 €/Pos. : 40 Telle (Losgr56e) = 0,50 €/Teil -> Bedarf fiir 1 K3: 10 Telle
5
-> 10 Telle X 0,50 €/Teil = 5€ Kommissionierung fur K3 20 e/Pos. X 10 Positionen (Telle) = 200 €
20
200 € : 10 K3 (Losgr56e) = 20 €/K3 Zwischensumme
8012
3 012
9 050
139
Target Costing
Zwischensumme
K,(€)
K2(€)
K3(€)
8 012
3 012
9 050
+ Lagerprozesskosten (HP 2) Einlagerung K3 20 e/Pos. X 1 Position = 20 € 2
20 € : 10 K3 (Losgr66e) = 2 E/K.^ Kommissionierung fiir das Belegsystem 20€/Position:5K, = 4 € / K ,
4 4
20 €/Position : 5 K2 = 4 e/Ka
4
20 €/Position : 5 K3 = 4 e/Kj + Prozesskosten Fertigungsauftragssteuerung fur K3 (HP 3) 50 €/Stufe X 5 Stufen = 250 €
25
250 € : 10 (LosgrOBe K3) = 25 € + Prozesskosten Lieferanten betreuen (HP 6) 4 000 €/Lieferant: 40 K, = 100 €/K,
100 100
4 000 €/Lieferant: 40 K2 = 100 C/Kj 4 000 e/Lieferant: 400 Teile = 10 €/Teil ->Bedarffur 1 K3: lOTeile -^10TeilexlO€/Teil=100€ = Summe
100 8 116
3 116
9 181
ZielZielZielkosten- kosten- kostenunterliberunterschrei- schrei- schreitung tung tung
140
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Ergebnis: Aus der Sicht der Kunden verursacht die Komponenten K2: „Bedienfeld" in der Beschaffimg bzw. Produktion zu hohe Kosten. Hier besteht also ein Kostensenkungsbedarf. Dagegen kommen den Komponenten Ki: „BelegaujBiahme" und K3: „Erkennungsmodul" hohere Kundeneinschatzungen zu, als es ihrem Kostenanteil entspricht. Hier besteht ein Spielraum fiir Funktionsverbesserungen. Er sollte durch das Untemehmen ausgenutzt werden, um bei den Kunden zusStzliche Praferenzen fur das Belegerfassungssystem zu schaffen.
2.3.5
Zielkostenkontrolldiagramm
Haufig wird der Kostenreduktionsbedarf bzw. der Spielraum ftir Funktionsverbesserungen bei den einzelnen Komponenten durch die Bildung eines Zielkostenindexes (Zl) ausgedrtickt. Der Zielkostenindex stellt das komponentenbezogene Verhaltnis der relativen Drifting Costs zu den relativen Zielkosten dar. Er wird also gebildet, indem man den Anteil, den die Komponente an den Drifting Costs des gesamten Produkts hat (in %), in Beziehung zur Bedeutung der Komponente (= Zielkostenanteil der Komponente in %) setzt. Davon abweichend gibt es andere Moglichkeiten zur Bildung von Zielkostenindices. So setzt z.B. Lewicki (2000, S. 30) - gerade umgekehrt - die relativen Zielkosten zu den relativen Drifting Costs ins Verhaltnis. Gelegentlich wird der Zielkostenindex auch gebildet, indem der Anteil der Komponente an den Drifting Costs (in €) in Beziehung zu den Zielkostenanteilen der jeweiligen Komponente (in €) gesetzt wird. Sofem man die relativen oder absoluten Drifting Costs ins Verhaltnis zu den relativen Oder absoluten Target Costs setzt, signalisiert ein ZI > 1, dass die jeweilige Komponente "zu teuer" ist. Es sollte nach KostensenkungsmaBnahmen gesucht werden. Das ist im Ausgangsbeispiel zur Zielkostenspaltung bei Komponente K der Fall (vgl. S. 130). Hier betragt der relative Zielkostenindex
Ist ZI < 1, ist die Komponente "zu billig". Es sollten Funktionsverbesserungen der Komponente vorgenommen werden. Im Ausgangsbeispiel zur Zielkostenspaltung ist das bei Komponente K2 der Fall (vgl. S. 130). Hier betragt der relative Zielkostenindex
Target Costing
141
Ein Zielkostenindex von 1 gilt als optimal, weil dann bei den Komponenten keinerlei Kostenreduktionsbedarf mehr besteht und alle Spielraume fiir Praferenzen schaffende Fimktionsverbesserungen ausgeschopft wurden. In diesem Kontext ist allerdings auf Folgendes hinzuweisen. Die Informationen der Zielkostenindices bezuglich eines Kostensenkungsbedars, eines Spielraums fiir Funktionsverbesserungen oder der Nichtexistenz eines Handlungsbedarfs bei einer Komponente konnen widerspriichlich sein, je nachdem, ob bei der Beurteilung der Komponente relative oder absolute Zielkostenindices Anwendung fmden. Beispiel: K,
K2
z
Absolute Drifting Costs
120 €
80 €
200 €
Absolute Target Costs
120 €
40 €
160 6
Relative Drifting Costs
120 € : 200 € = 0,6
80 € : 200 € = 0,4
1,0
Relative Target Costs
120 € : 160 6 = 0,75
40 € : 160 € = 0,25
1,0
Absoluter Zielkostenindex
120 6: 120€=1 optimal
80 € : 40 € = 2 „zu teuer"
Relativer Zielkostenindex
0,6 : 0,75 = 0,8 „zu billig"
0,4:0,25 = 1,6 „zu teuer"
Die widersprtichlichen Informationen bei der Komponente Ki (optimal bzw. „zu billig,,) kommen zustande, weil die Bezugsbasen bei der Ermittlung der relativen Drifting Costs bzw. der relativen Target Costs unterschiedlich sind (200 € versus 160 €). Uberlegen hinsichtlich der Aussagefahigkeit sind natlirlich die Zielkostenindices auf der Basis der absoluten Drifting Costs und Target Costs. Denn sie geben den Kostenreduktionsbedarf, den Spielraum fiir Funktionsverbesserungen bzw. die Nichtexistenz eines Handlungsbedarfs bei den einzelnen Komponenten sachlogisch einwandfi-ei an. Gleichwohl kommen in der Praxis hauptsachlich relative Zielkostenindices zur Anwendung. Die (relativen) Zielkostenindices lassen sich in ein Diagramm eintragen. Es wird als Zielkostenkontrolldiagramm oder Value Control Chart bezeichnet.
142
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
relative DC 45 1
X=Y
40 35 j
Kostenreduktionsbedarf
30 Spielraum Gir Funktionsverbesserung
25 I 20
Y,=(x2-q2)'/'
q 15 Zielkostenzone
10 I 5 0
- 1 —
1
25
35
—1
40
45
Bedeutung (x) bzw. Zielkostenanteil
Abb. 28: ZielkostenkontroUdiagramm Erl^uterungen zum ZielkostenkontroUdiagramm: M Es ist nicht zu erwarten, dass bei jeder Produktkomponente genau deren Zielkosten erreicht werden kSnnen (ZI = 1). Daher wird von der Untemehmensfiihrung im ZielkostenkontroUdiagramm mit Hilfe von Exponentialfunktionen eine Zone defmiert, innerhalb derer die Zielkosten einzelner Produktkomponenten als erfullt angesehen werden. Der Verlauf der Zone ist typisch, d.h., die erlaubten Abweichungen vom Optimalwert ZI = 1 dUrfen bei Komponenten mit geringerer Bedeutung grolier sein, als bei Komponenten mit hoher Bedeutung. Das ist so, weil bei gleichen Indices bei Komponenten mit geringerer Bedeutung > die Zielkosten absolut um geringere Betrage verfehlt werden, bzw. > absolut weniger Spielraume filr Funktionsverbesserungen verschenkt werden. H Bei welchem Wert (q) die Zone auf der Ordinate bzw. Abszisse im Einzelfall beginnt, Mngt vom jeweiligen Untemehmen ab (vgl. Freidank, 1999, S. 373). Die Zone wird z.B. umso enger gesetzt, je hoher das Zielerreichungspotenzial innerhalb des Unternehmens ist. Dies ist unter anderem vom Erfahrungsgrad der Beteiligten abhangig.
143
Target Costing
» Erst wenn ein Index auBerhalb der Zone liegt, besteht Handlungsbedarf, d.h. mussen bei Indices > 1 KostensenkungsmaBnahmen eingeleitet und konnen bei Indices < 1 Funktionsverbesserungen vorgenommen werden. Im Beispiel liegt die Komponente Ki auBerhalb und die Komponente K2 innerhalb der definierten Zone. D.h. bei K2 wUrde die Abweichung vom optimalen Zielkostenindex toleriert, wahrend bei Ki nach KostensenkungsmaBnahmen gesucht werden mtisste. Die Spaltung der Zielkosten macht die ausgepragte Kunden- bzw. Marktorientierung des Target Costing sehr deutlich, weil die Zielkostenverteilung auf der Basis der Werteinschatzungen der Kunden vorgenommen wird. Nach Beginn von Produktion und Verkauf muss immer wieder gepriift werden, ob die Zielkosten auch wirklich eingehalten werden, d.h., es muss eine Kostenkontrolle erfolgen. Wenn die Zielkosten nicht eingehalten werden, werden wieder KostensenkungsmaBnahmen gesucht. Insgesamt ist aber festzustellen, dass die Kostenkontrolle im Target Costing auf Grund der primaren Ausrichtung an der Produktentstehung eine viel kleinere Rolle spielt, als die Kostenplanung und Kostensteuerung.
2.3.6
Spezielle Aspekte des Target Costing
2.3.6.1 Target Costing in besonderen Branchen Target Costing ist in Japan seit langem weit verbreitet. Das zeigt die nachfolgende Tabelle, die die Anzahl befragter Untemehmen - absolut und in Prozent - angibt, die Target Costing gemaB einer Erhebung von Sakurai aus dem Jahr 1992 anwenden (vgl. Sakurai 1992, S. 15): Anwendung als Managementinstrument Oder als Instrument filr Techniker
Keine Verwendung
Elektrogerate
41 (70%)
18(30%)
Transportmittel
30 (83%)
6(17%)
Prazisionsinstrumente
7 (50%)
7 (50%)
Allgemeine Maschinen
20 (59%)
14(41%)
Metallprodukte
5 (36%)
9 (64%)
103 (66%)
54 (34%)
Branchen
Gesamt
Abb. 29: Anwender von Target Costing in Japan
144
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Aber auch in Deutschland wird Target Costing seit mehreren Jahren erfolgreich praktiziert. Es kommt unter anderem bei Untemehmen wie der Audi AG, LTG Lufttechnische GmbH sowie der IBM Deutschland GmbH zum Einsatz. Target Costing wurde ursprunglich fur Untemehmen der Stiickguterfertigung - z.B. fiir Untemehmen der Automobilbranche - entwickelt. Mittlerweile wird es aber in den unterschiedlichsten Branchen angewendet bzw. angedacht. Beispiele dafflr sind Target Costing in » der Stromversorgung (vgl. Hoitsch/Goes/Burkhard, 2001, S. 145-155), 9 Kreditinstituten (vgl. Zimmermann/Gmndmann, 2001, S. 79-85), m Femsehproduktionen (vgl. Hock, 2003, S. 68-73), » Krankenhausem (vgl. Bticker, 6/2006). Im Folgenden wird das Target Costing in Femsehproduktionen und in Krankenhausem kurz thematisiert. 9 Target Costing in Femsehproduktionen Beim Markt fur Femsehproduktionen handelt es sich um ein Nachfrage-Oligopol. Wenigen groBen Nachfragem in Gestalt der Sender stehen viele kleine Anbieter (= Produzenten) gegenliber. Dadurch stehen die Produzenten tendenziell unter Preisdmck. Das Target Costing eroffiiet hier die Moglichkeit filr die Produzenten, sich wirtschaftlich am Markt behaupten zu konnen. Ausgehend vom Ansatz des Market into Company (vgl. S. 118 ff.) ist bei der Konkretisiemng des Schlusselkonzepts des Target Costing zunachst der Zielpreis - hier flir erne Femsehproduktion - Uber den Markt zu bestimmen. Bei Femsehproduktionen erfolgt die Zielpreisfindung durch Verhandlungen, in denen die Preisbereitschaft der Sender und die Preisvorstellungen der Produzenten auf der Grundlage einer konzipierten Femsehsendung (hier im Format einer neuen Talk Show) in Einklang gebracht werden. Ftir erne Talk Show, die vierzigmal im Jahr gesendet werden soil, ergibt sich bei einem Gesamtzielpreis von 880 000 € ein Zielpreis von 22 000 €/Sendung. Vom verhandelten Zielpreis wird die angestrebte Umsatzrendite abgezogen, um auf die vom Markt erlaubten Kosten (= Zielkosten) zu kommen. Bei 10% Umsatzrendite betragen die Zielkosten einer Sendung dann 22 000 € ./. 2 200 € = 19 800 €. Zur komponentenweisen Zielkostenspaltung setzen sich die Mitglieder des Projektteams (Redakteure, Verantwortliche ftir Herstellung und Finanzen) mit den Kundenanfordemngen auseinander. Beispielhaft konnte sich daraus folgende Gewichtung der Funktionen einer Talk Show ergeben:
145
Target Costing
Gewicht
Funktionen F,
Potenzielle Einschaltquote
0,5
F2
Attraktivitat fur Werbekunden
0,1
F3
Integritat ins Gesamtprogramm
0,3
F4
FSrderung des Senderimages
0,1
Summe
1,00
Im nachsten Schritt erstellt das Projektteam eine vollstandige Aufstellung der Komponenten der Sendung imd legt auf der Grundlage von Erfahrungen, Kontakten und Gesprachen fest, in welchem AusmaB die Komponenten zur Erfullung der Funktionen beitragen. Beispiel: Komponenten
F,: Einschaltquote
Attraktivitat
Integritat
Senderimage
K,: Allgemein/Ausstattung (z.B. Dauer der Sendung, Anzahl der Kameras, mit/ohne Publikum)
0,12
0,3
0,3
0
K2: Moderator/in (Bekanntheit, Alter)
0,43
0,35
0,3
0,35
K3: Redaktion (Qualifikation der Redakteure, z.B. filr Themenfindung und Gasteakquisition)
0,2
0,1
0,3
0,2
K4: GSste (Anzahl)
0,2
0,05
0,1
0,3 1
K5: Ort (Studio, Hotel)
0,05
0,2
0
1,0
1,0
1,0
Summe
F3:
'
F4:
0,15
1,0 1
146
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Die Multiplikation >
des Ausmafies, mit dem die jeweilige Komponente die jeweilige Funktion erfiillt,
>
mit den Funktionsgewichten
>
und die Summation (iber die Funktionen
ergibt dann die Bedeutung der Komponenten der neuen Talk Show: Summe = Bedeutung
F,
F2
F3
F4
K,: Allgemein/Ausstattung
0,12x0,5 = 0,06
0,3x0,1 = 0,03
0,3 x 0,3 = 0,09
0x0,1 = 0
K2: Moderator/in
0,43 X 0,5 = 0,35x0,1 = 0,215 0,035
0,3 X 0,3 = 0,35 x 0,1 = 0,09 0,035
0,375
K3: Redaktion
0,2 X 0,5 = 0,1
0,1x0,1 = 0,01
0,3 X 0,3 = 0,09
0,2x0,1 = 0,02
0,22
K4: Gaste
0,2 X 0,5 = 0,05x0,1 = 0,1 0,005
0,1 x0,3 = 0,03
0,3x0,1 = 0,03
0,165
0,05 X 0,5 = 0,2x0,1 = 0,02 0,025
0 X 0,3 = 0
0,15x0,1 = 0,015
0,06
K5: Ort
Sunime
0,18
1,0
Wie vermutet werden konnte, kommt dem Moderator/der Moderatorin als Komponente der Talk Show die gr56te Bedeutung zu.
Target Costing
147
Die Spaltung der Zielkostenftihrtzu folgendem Ergebnis: Zielkosten x Bedeutung =
Zielkostenanteil
K]: Allgemeines/Ausstattung
19 800 € X 0,18 =
3 564 6
K2: Moderator/in
19 800 6 X 0,375 =
7 425 6
K3: Redaktion
19 800 € X 0,22 =
4 356 6
K 4: Gaste
19 800 6 X 0,165 =
3 267 6
KyOn
19 800 6 X 0,06 =
1188 6 19 800 6
Summe
Ftir den komponentenweisen Vergleich der Zielkostenanteile und der Anteile an den Drifting Costs (= Zielkosten-Controlling) werden nun auf der Basis von Bestandsaufnahmen und Schatzungen des Herstellungsleiters der Produktionsfirma unter Ruckgriff auf Erfahrungswerte und bei unveranderten Rahmenbedingungen die Drifting Costs der Talk Show sowie ftir die einzelnen Komponenten die absoluten und realtiven Anteile an den Drifting Costs ermittelt. Ausgehend von gesamten Drifting Costs in Hohe von 21 800 € sind folgende Drifting Costs-Anteile denkbar: absoluter Anteil an den Drifting Costs
Z =
relativer Anteil an den Drifting Costs
Ki: Allgemeines/Ausstattung
4 360 6
0,22
K 2- Moderator/in
8 500 6
0,39
K 3: Redaktion
4 300 6
0,197
K 4: Gaste
2 900 6
0,133
K5:0rt
1 740 6
0,08
21 800 6
1,00
Drifting Costs-Anteile Drifting Costs der Talk Show
148
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Der komponentenweise Vergleich der absoluten wie auch der relativen Zielkostenanteile und der Drifting Costs-Anteile zeigt, dass die Komponenten > AIlgemeines/Ausstattung, > Moderator/in, > Ort zu hohe Drifting Costs aufweisen, wahrend bei den Komponenten > Redaktion, > Gaste ein Spielraum fiir Funktionsverbesserungen besteht. AbschlieBend sind beispielhaft Ansatzpunkte fiir Kosteneinsparungen und Funktionsverbesserungen bei der Talk Show aufgelistet: > Bei der Komponente „Allgemeines/Ausstattung" konnte man die Anzahl der eingesetzten Kameras reduzieren. > Bei der Komponente „Ort" bietet sich ein Wechsel der Location an, z.B. vom teuren AuBendreh in das preiswertere Studio. > Moglicherweise reduzieren sich bei einem Ortswechsel auch die Moderatorenkosten, namlich sofem Reisekosten entfallen. Eine Honorarktirzung beim Moderator/der Moderatorin sollte - wenn uberhaupt - SuBerst sensibel vorangetrieben werden. > Bei den Gasten konnte man in Grenzen Substitutionen vomehmen, weil z.B. hohere Reisekosten akzeptiert werden konnen. 181 Target Costing in Krankenhausem (in enger Anlehnung an Biicker, 2006) Die Einfuhrung des DRG-basierten Entgeltsystems im Jahre 2003 setzt die Krankenhauser nach wie vor unter hohen Kosten- und Leistungsdruck. Die DRG (Diagnosis Related Groups = Diagnosebezogene Fallgruppen) bezeichnen ein okonomischmedizmisches Klassifikationssystem. Es klassifiziert Patienten anhand von Diagnosen und der sich anschlieBenden Behandlung in Fallgruppen, die nach dem okonomischen Aufwand der Leistung des Krankenhauses zur Wiederherstellung der Patienten unterteilt und bewertet sind. In Deutschland wird das System zur VergUtung einzelner Krankenhausfalle verwendet. Wenn Krankenhauser wirtschaftlich sein wollen, miissen sie mit den durch die Krankenhausfalle verursachten Kosten unter den Fallpauschalen bleiben. Es ist offensichtlich, dass sich hier ein Anwendungsbereich fiir das Target Costing ergibt. Denn die Fallpauschalen kann man als Zielpreise ansehen und die Ermittlung der Zielkosten und ihre Spaltung als geeignete MaBnahme, um die von den Krankenhausem angestrebte „Umsatzrendite" zu erreichen. Eine besondere Anforderung fiir das Controlling ergibt sich in diesem Fall dadurch, dass in dieser Branche nicht nur okonomische, sondem auch ethisch-moralische Uberlegungen Relevanz besitzen.
Target Costing
149
Stellt man das industrielle Target Costing dem Target Costing in Krankenhausem gegeniiber, lassen sich folgende Unterschiede und Gemeinsamkeiten herausarbeiten: Variablen des Target Costing
Industrie
Krankenhaus
Markt
Kunde
Patient
Objekt
Produkt
Leistung
Zielpreis
Weichen Preis ist der Kunde bereit, zu bezahlen?
DRG
Zielkosten
Zielpreis abzuglich der angestrebten Umsatzrendite.
Zielpreis abzUglich der angestrebten „Umsatzrendite".
Zielkostenspaltung
Produktkomponenten
Prozesse
Fokus
Okonomische Aspekte
Okonomische und ethischmoralische Aspekte
Abb. 30: Vergleich des industriellen mit dem krankenhausorientierten Target Costing Ein wesentlicher Unterschied zum industriellen Target Costing besteht darin, dass beim krankenhausbezogenen Target Costing die Zielkosten nicht nach Produktkomponenten, sondem nach Prozessen gespalten werden. Das verdeutlicht die Affmitat von Target Costing und Prozesskostenrechnung, die auch im nachfolgenden Kapitel thematisiert wird. Im Krankenhaus findet die prozessorientierte Denkweise vor allem in der Definition der Clinical Pathways of Care ihren Niederschlag. Clinical Pathways of Care beschreiben die Aktivitaten, die erforderlich sind, um die Gesundheit bestimmter Fallgruppen von Patienten wiederherstellen zu konnen. Fur die Fallgruppe „Koronare Herzerkrankungen" konnte der Specifical Clinical Pathway of Care beispielsweise wie folgt ausgepragt sein:
150
Instrumente des strategischen Kosterananagement
Fallgruppe
Koronare Herzerkrankungen
Zeitrahmen
Maximal 3-4 Tage
Teilprozesse
Voruntersuchungen
(Beispiele)
> Rontgen > EKG > Labor Herzkatheterdiagnostik > Indikation anhand von Voruntersuchungen priifen > Darstellung der HerzkranzgeMe mit Kontrastmittel Pflege > Patientenaufiiahme mit Anamnese und Information > Patientenbetreuung (z.B. Waschen, psychosoziale Betreuung) Arztlicher Dienst > Informationsgesprache > Festlegung von Therapien > Nachuntersuchungen Hotellerie > Unterbringung in Krankenzimmem > Verpflegung
Abb. 31: Specifical Clinical Pathway of Care Der Kostenreduktionsbedarf bzw. der Spielraum ftir Funktionsverbesserungen bei den einzelnen Teilprozessen des Specific Clinical Pathway of Care fur die Fallgruppe „Koronare Herzerkrankungen" kann nun wie folgt bestimmt werden: > Zunachst mussen die Funktionen der zu erbringenden Krankenhausleistung erfasst und aus Patientensicht bewertet werden. Als Funktionen kommen z.B. in Betracht: • Professionalitat und Gtite, • Zeitrahmen, • Angenehmer Aufenthalt.
Target Costing
151
Nun miissen die Patienten die Funktionen hinsichtlich der Bedeutung gewichten, die sie ihnen subjektiv beimessen. Die bevorzugte Methode der Datenerhebung sind im Krankenhaus Interviews anhand von standardisierten Fragebogen. Die Erhebung* durch Bticker hat folgende Ergebnisse gebracht: Gewichtung
Funktionen Professionalitat und Gtite
43,5% = 0,435
Zeitrahmen
29,5% = 0,295
Angenehmer Aufenthalt
27,0% = 0,270
z
100%= 1,000
> Sodann ist das AusmaB festzulegen, mit dem die Teilprozesse des Specific Clinical Pathway of Care zur Erfullung der Funktionen beitragen. Die Festlegung des AusmaBes der Funktionenerflillung durch die Teilprozesse erfolgt durch die Arzte und die Stationsleitung. Es konnte sich folgende Zuordnung ergeben: Funktionen/ Teilprozesse Voruntersuchung
Professionalitat und GUte
Zeitrahmen
Angenehmer Aufenthalt
24,7% = 0,247
24,7% = 0,247
19,5% = 0,195
8,8% = 0,088
12,2% = 0,122
20,3% = 0,203
100% =1,000
100%= 1,000
100% =1,000
: Pflege *
I
*n = 30
152
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
> Daran anschliefiend ist die relative Bedeutung der Teilprozesse zu ermitteln. Sie entspricht den relativen Zielkostenanteilen der Teilprozesse. Funktionen/ Teilprozesse
Professionalitat und Gtite
Voruntersuchung
Zeitrahmen
Angenehmer Aufenthalt
I
0,247 X 0,435 = 0,107445
0,247 X 0,295 = 0,072865
0,195x0,270 = 0,05265
0,23
0,088 X 0,435 = 0,03828
0,122x0,295 = 0,03599
0,203 X 0,270 = 0,05481
0,13
• Pflege
•
I
1,00
> SchlieBlich erfolgt der teilprozessbezogene Vergleich der relativen Zielkostenanteile mit den relativen Drifting Costs. Die Drifting Costs der Leistung bzw. der Teilprozesse zur Leistungserbringung werden hauptsachlich auf der Basis der • Gehalter der Arzte, • Gehalter der Pflegekrafte, • Kosten ftir Apparaturen, • Kosten ftir Material, • Rtistkosten (z.B. im Operationssaal) ermittelt. Nimmt man beispielsweise an, dass die relativen Drifting Costs des Teilprozesses „Voruntersuchiing" die Wertigkeit 0,25 und die des Teilprozesses „Pflege" die Wertigkeit 0,3 aufweisen, so ftihrt der teilprozessbezogene Vergleich zu folgendem Ergebnis:
Target Costing
153
Teilprozess
Relative Zielkosten
Relative Drifting Costs
Fazit
Voruntersuchung
0,23
0,25
Kostenunterschreitung Es miissen MaBnahmen zur Verbesserung der Funktionen ergriffen werden.
0,13
0,30
Kosteniiberschreitung Es miissen MalJnahmen zur Reduktion der Kosten eingeleitet werden.
: Pflege
: Eine Mafinahme zur Verbesserung der Funktion „Angenehmer Aufenthalt" im Rahmen der „Voruntersuchung" konnte darin bestehen, dem Patienten mehr Zeit zu widmen und damit noch gezielter auf seine Informationsbedurfhisse einzugehen. MalJnahmen zur Reduktion der Kosten sind vor allem in der Untersuchung der Teilprozesse im Hinblick auf ihre Effizienz und die sich daran anschlieUende Prozessoptimierung zu sehen. So konnte sich beim Teilprozess „Pflege" und dort speziell bei der „Patientenaufhahme mit Anamnese und Information" ein Rationalisierungspotenzial abzeichnen, wenn haufiger die Abwicklung durch fehlende Unterlagen nicht reibungslos verlauft oder Abstimmungsprobleme auftauchen.
2.3.6.2 Target Costing als Controllingansatz im Lean Management 2.3.6.2.1 Grundziige des Lean Management Lean Management ist allgemein ein Konzept zur Untemehmensfiihrung, das aus Japan stammt. Es ist ebenso wie das Target Costing auf den Verlust von Wettbewerbsfahigkeit Mitte der siebziger Jahre zurUckzufuhren (Olkrise). Mit Lean Management sollte die Wettbewerbsfahigkeit und damit die Gewinnsituation japanischer Untemehmen wieder gefestigt werden. Durch die Einfuhrung von Lean Management versuchen Untemehmen im Vergleich zu ihren Wettbewerbem 8 weniger Kostengiiter zu verbrauchen, d.h. die Gesamtkosten zu senken, bzw. H bessere Leistungen ftir den Markt zu erbringen, d.h. den Kundenwiinschen besser entgegen zu kommen.
154
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
So wird im Lean Management z.B. angestrebt, ii die Mitarbeiter in der Montage zu reduzieren, 1 die Entwicklungsstunden fur Produkte zu reduzieren, H die Bestande zu reduzieren, ® die Zulieferer zu reduzieren, ii ktirzere Lieferzeiten zu haben, H immer schneller mehr Modelle zu produzieren. Das Schltisselkonzept im Lean Management lasst sich wie folgt darstellen: Qualitat
Abschaffung von Verschwendung
Abb. 32: Schltisselkonzept des Lean Management Dahinter steht folgender Grundgedanke: Wenn man die von den Kunden nachgefragten Produkte in bester Qualitat herstellt und die Verschwendung abschafft, sinken die Gesamtkosten und man kommt den Kundenwunschen besser entgegen. Grundsatzliche Ansatzpunkte zur Realisierung dieses Schliisselkonzepts sind: 9 Ganzheitliche Betrachtung der Untemehmensfunktionen, ii Konzentration auf die Wertschopfiing, ii Kaizen, ® Markt- und Kundenorientierung. ii Zur ganzheitlichen Betrachtung der Untemehmensfunktionen Ganzheitliche Betrachtung der Untemehmensfunktionen bedeutet, dass nicht einzelne Bereiche wie die Fertigung schlank gemacht werden sollen (Insellosungen), sondem alle Bereiche gleichermafien. Das setzt die Abstimmung aller Untemehmensfunktionen von der Produktentwicklung iiber die Beschaffung/Logistik, Fertigung bis hin zum Vertrieb und der Entsorgung voraus. In neuerer Zeit werden ganzheitliche Betrachtungen des Untemehmensgeschehens haufig unter dem Stichwort „Geschaftsprozesse" bzw. „Geschaftsprozessoptimiemng" diskutiert. Unter einem Geschaftsprozess versteht man die Zusammenfassung aller logisch verbundenen Tatigkeiten, die quer tiber die betrieblichen Funktionen zur Erreichung eines bestimmten Ziels erforderlich sind (zu Geschaftsprozessen vgl. z.B. Hohmann, 1999, S. 141-143). Ein Beispiel fiir einen Geschaftsprozess ist die Kundenauftragsabwicklung. Prozessausloser ist der Kundenauftrag. Durch den Auftrag wird eine Folge von Funktionen wie Kundenauftragsbearbeitung, Lagerreserviemng, Lieferscheinerstellung, Versand und Fakturiemng ausgelost. Weitere Beispiele flir Geschaftsprozesse sind die Produktentwick-
Target Costing
155
lung, Kundenangebotsbearbeitung, Personalbeschaffting, Serviceabwicklung oder Beschaffiing. Im Rahmen der GescMftsprozessoptimierung wird versucht, die Geschaftsprozesse so efFizient wie moglich zu gestalten. Dies geschieht Ublicherweise dadurch, dass man eine 1st-Analyse der Geschaftsprozesse macht, eine Optimallosung erarbeitet und die Erkenntnisse anschlieBend umzusetzen versucht. Zur Konzentration auf die WertschOpfung Konzentration auf die Wertschopfung (vgl. dazu noch einmal S. 9 ff.) heiBt, dass im Rahmen der ganzheitlichen Betrachtung die wertschopfenden Tatigkeiten (valueadded-activities) erhoht und die nicht wertschopfenden Tatigkeiten (non value-addedactivities) minimiert bzw. eliminiert werden. In diesem Zusammenhang unterscheidet Tomys (1995, S. 71-73) vier Arten von Tatigkeiten bzw. Leistungen: > Nutzleistungen Nutzleistungen sind geplante Tatigkeiten, die den Wert eines Produktes steigem. Die ftir Nutzleistungen eingesetzten Ressourcen werden von den Kunden am Markt durch den erzielbaren Preis gewiirdigt. Beispiele ftir Nutzleistungen sind Fertigungszeiten, Montage, Entwicklung, Einkauf und Marketing. > Stutzleistungen StUtzleistungen sind geplante Tatigkeiten, die die Nutzleistungen unterstuzten. Sie selbst sind jedoch nicht wertschopfend und sollten daher minimiert werden. Beispiele ftir Stutzleistungen sind Transporte, Wareneingang, Zwischenpriifiing und Rtistvorgange. > Blindleistungen Blindleistungen sind ungeplante Tatigkeiten, die auf Grund von unvorhergesehenen Ereignissen erforderlich werden. Sie sind nicht wertschopfend und sollten daher minimiert bzw. eliminiert werden. Beispiele ftir Blindleistungen sind Zwischenlagerungen, Vorhaltung von Sicherheitspuffem, Transporte von und zu Puffem und Konstruktionsanderungen nach Freigaben. > Fehlleistungen Fehlleistungen sind ungeplante Tatigkeiten, die wertverzehrend wirken. Daher sind sie grundsatzlich zu eliminieren. Ein Beispiel ftir wertverzehrende Tatigkeiten sind Nachbesserungen. Sie erbringen am Markt keinen Pfennig Mehrwert und stellen den Preis ftir nicht beherrschte Wertschopftingsprozesse dar. Weitere Beispiele ftir wertverzehrende Tatigkeiten sind Ausschuss, Fehlerfolgen, Sortierprtiftmg und interne sowie exteme Storungen.
156
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
• Zu Kaizen Kaizen ist eine Philosophie und bedeutet sinngemaB "Veranderung zum Besseren". GrundsStzlich gilt, dass alles noch weiter verbessert werden kairn. Kaizen erwartet von jedem Mitarbeiter, dass er zu jeder Zeit an jedem Problem mitdenkt und Verbesserungsvorschlage macht. So sorgte z.B. ein BASF-Mitarbeiter mit einer simplen Veranderung der Anschlusslticke in einem Produktionsbetrieb fiir eine Mehrproduktion von rund tausend Tonnen eines dringend benotigten Pflanzenschutzmittels im Jahr (vgl. Mannheimer Morgen, 2001, S. 24). Dafur bekam der Mitarbeiter - der ubrigens in der Vergangenheit schon 36 Verbesserungsvorschlage gemacht hat- eine Pramie von 170 000 DM (vgl. Mannheimer Morgen, 2001, S. 24). Aber es kommt nicht nur auf Verbesserungen von derart groBem AusmaB an. Viel wichtiger sind die kleinen, nicht immer gleich sichtbaren Schritte, die aber eine ungeheure Breitenwirkung und Nachhaltigkeit haben. „Manchmal sind es auch die kleinen Dinge, die ein grolJes Untemehmen (hier: DaimlerChrysler) voranbringen: Warum sollte man eigentlich eine Spritzpistole nicht mit einer einfachen Schopfkelle auffullen? Das spart viel Zeit, Farbe und noch mehr Reinigungslosung fur die verklebten Finger." (Scholl, 2001, S. 17). Bei DaimlerChrysler schatzt man die auf die Ideen der Mitarbeiter zunickgehenden Kosteneinsparungen im Jahr 2000 auf 7 Millionen DM (vgl. Scholl, 2001, S. 17). Letztendlich hat Kaizen zum Ziel, alle Kostensenkungspotenziale auszuschopfen und mit Untersttitzung der Mitarbeiter zur „Null-Fehler-Qualitat" zu gelangen(vgl. Horvath/Seidenschwarz/Sommerfeldt, 1993, S. 16). ii Zur Markt- und Kundenorientierung Die Konzentration auf die Wertschopfimg macht eine strikte Markt- und Kundenorientierung erforderlich. Denn die Grundlage jeder Wertschopfimg ist der Wert, den die Kunden den Produkten beimessen bzw. beimessen werden. Ein Produkt bester Qualitat ist flir den Kunden wertlos, wenn es seinen Kundenwunschen nicht entspricht. Wertschopfimg ist zwar auch durch Lageraufl^au moglich, aber Lager sind j a immer nur die Vorstufe zum Verkauf an den Kunden. Markt- und Kundenorientierung driickt sich z.B. in folgenden Punkten aus: > Qualitat Es werden nicht einfach Produkte in bester Qualitat hergestellt, sondem nur die vom Kunden benotigten Produkte in bester Qualitat. > Innovationen In vielen Markten ist eine Zunahme von Innovationen zu beobachten. Das liegt hauptsachlich in den aufgetretenen Sattigungserscheinungen der Markte in den Industrielandem, veranderten Kundenbedtirftiissen, Veranderungsgeschwindigkeiten in der Technik sowie einer Globalisierung des Wettbewerbs. Diese Veranderungen ubertragen sich auch auf den Verlauf der Produktlebenszyklen. Die Produkt-Markt-Zyklen werden immer ktirzer. So sind z.B. „uber 50% der Produkte der SIEMENS AG mittlerweile junger als vier Jahre und der Produkt-Markt-
Target Costing
157
Zyklus von Pkws hat sich sogar schon in unseren Breitengraden von neuen auf fiinf bis sechs Jahre verkurzt." (Dogl, 2000, S. 125). > Lieferzeiten Kurze Lieferzeiten sind mittlerweile ein strategischer Erfolgsfaktor geworden. Das zeigt sich z.B. im Versandhandel, der mit immer ktirzeren Zustellungszeiten wirbt. Stellt man die Schlusselkonzepte von Target Costing und Lean Management gegenuber, zeigen sich die engen Beziehungen zwischen Target Costing und Lean Management: it Beide Konzepte haben Kostensenkungen zum Ziel. Target Costing verfolgt das Ziel der Stuckkostensenkung. Lean Management versucht die Gesamtkosten zu senken. ti Beide Konzepte sind extrem markt- bzw. kundenorientiert. Beim Target Costing wird der Zielpreis und damit die Zielkosten direkt aus dem Markt abgeleitet. Lean Management ist vollstandig auf den Markt ausgerichtet. it Beide Konzepte streben eine Koordination aller Unternehmensfunktionen an. Das ergibt sich beim Target Costing daraus, dass die Zielkosten lebensphasenbezogen sind - also die Kosten aller Bereiche von der Produktentwicklung bis zur Entsorgung einbezogen werden. Das heifit aber, dass der Target Costing-Prozess nur ftmktioniert, wenn alle Abteilungen von der Entwicklung, dem Einkauf, der Produktion, dem Vertrieb, der Kostenrechnung bis hin zum Zulieferer von Beginn der Entwicklung an intensiv im Team zusammenarbeiten. Lean Management strebt die Koordination aller Unternehmensfunktionen schon deswegen an, weil es Insellosungen explizit ablehnt. ii Bei beiden Konzepten haben neue Produkte einen hohen Stellenwert. Das Schltisselkonzept des Target Costing zielt in erster Linie auf neue Produkte ab. Im Lean Management werden bewusst immer mehr und immer schneller neue Produkte und Modelle auf den Markt gebracht. Diese Gemeinsamkeiten lassen vermuten, dass das Target Costing das Lean Management wirkungsvoll unterstiitzen kann.
158
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
2.3.6.2.2 Unterstiitzung des Lean Management durch das Target Costing M Neue Modelle und Produkte Im Target Costing warden schon den Konstrukteuren und Entwicklem Zielkosteninformationen vorgegeben, die schlieBlich iiber alle Untemehmensfiinktionen zur Produktion und dem Vertrieb kostengtinstiger Produkte fiihren sollen. Dieser Ansatz gewinnt natiirlich um so mehr Bedeutung, je mehr ein Untemehmen neue Modelle und Produkte auf den Markt bringt - und das ist bei Anwendung des Lean Management der Fall. Also unterstutzt das Target Costing das Lean Management wirkungsvoller als jedes andere Kostenrechnungssystem, weil bei den anderen Kostenrechnungssystemen der Schwerpunkt der Kostenplanung und -steuerung nach dem Produktionsstart liegt. B Delegation Eine wichtige organisatorische MaBnahme des Lean Management zur Erreichung seines Schltisselkonzepts ist die Delegation von Aufgabenkomplexen, Entscheidungsbefugnissen und Verantwortung. Das sieht man z.B. daran, dass im Lean Management - im Gegensatz zu anderen Formen der Untemehmensfuhrung - die Fertigungsmitarbeiter wieder mit machtigen Kompetenzen ausgestattet werden. So kann jeder Mitarbeiter in der Fertigung die Produktion bei auftretenden Mangeln stoppen. Die konsequente Delegation von Entscheidungsbefiignissen und Verantv^ortung schafft durch Motivation die notwendigen Voraussetzungen fur ein echtes Verpflichtungsgefiihl mit Produkt und Aufgabe. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von „Humankapitalorientierung", die den einzelnen Mitarbeiter als strategischen Erfolgsfaktor des Untemehmens ansieht (vgl. Pfeiffer/WeiB, 1994, S. 73-82). Diesen Ansatz unterstutzt und erweitert das Target Costing. Es iibertragt namlich den Mitarbeitem bzw. Teams zusatzlich zu ihrer Verantwortung fur ihre Tatigkeit auch die Kostenverantwortung, d.h. die Verantwortung fur die Einhaltung der Zielkosten. M Information/Kommunikation Neben einer verstarkten Delegation setzt Lean Management auf verstSrkte Information und Kommunikation bei alien Mitarbeitem. Z.B. wird das feed back der Kunden nicht nur den Vertriebsmitarbeitem bekannt, sondem auch an die Mitarbeiter in der Fertigung ubermittelt. Dadurch sollen die Mitarbeiter in der Fertigung nicht fiir einen anonymen Markt arbeiten, sondem auch dariiber informiert sein, wie ihre Arbeit vom Kunden aufgenommen wird. Solche Informationen schaffen Motivation. Ausgepragte Information und Kommunikation erleichtert die im Lean Management angestrebte personelle Flexibilitat, d.h. den haufigen Wechsel von Arbeitsplatzen innerhalb des Untemehmens, Mitarbeit in wechselnden Projektgmppen etc.. Auch das schafft Motivation und schlieUt gemeinsame Problemlosungspotenziale auf Auch an diesem Punkt fiigt sich das Target Costing als Controllingansatz gut in das Lean Management ein. Die Kosteninformationen, z.B. die Kostenvorgaben fur die Entwickler und Konstrukteure, werden den Mitarbeitem nicht einfach mitgeteilt. Vielmehr gibt es Kommitees, die mit Mitarbeitem der verschiedensten Bereiche (Kostenrechnung, Einkauf,
Target Costing
159
Fertigung etc.) besetzt sind. Sie gehen in die einzelnen Entwicklungs- und Produktionsbereiche hinein, sammeln dort Informationen, erarbeiten und vermitteln den Mitarbeitem Kostenvorgaben und versuchen zusammen mit den Bereichen Kostensenkungsideen umzusetzen. Z.B. werden in der Fertigung Kostensenkungsideen geme mit den Vorarbeitem diskutiert. Die interdisziplinare Besetzung der Kommitees sorgt dafur, dass die Kommitees und die Untemehmensbereiche dieselbe Sprache sprechen. Das ist eine Voraussetzung dafur, dass die Kosteninformationen des Target Costing umfassend vermittelt werden. 9 Kaizen Target Costing und die Kaizen-Philosophie des Lean Management erganzen sich zu einem abgestimmten Kostensteuerungskonzept. Durch die Vorgabe der Zielkosten bekommt Kaizen ein Minimalziel, zu dessen Realisierung es durch eine kontinuierliche Verbesserung der Untemehmensprozesse beitragt. So lassen sich z.B. durch Berticksichtigung von Erfahrungs- und Lemkurven Kostensenkungen erreichen, die durch die Degression der Fertigungszeiten aufgrund geiibterer Handgriffe moglich sind. ii Just-in-Time-Betrieb Lean Management fuhrt zu einem konsequenten Just-in-Time-Betrieb, also einem synchronen Zusammenwirken aller Produktionsbereiche einschlieBlich der Zulieferer, weil dadurch vor allem die Lagerbestande erheblich reduziert werden. Daneben konnen sich moglicherweise auch die Fertigungszeiten reduzieren, weil nichts mehr vom Lager geholt werden muss. Der Just-in-Time-Betrieb hat Auswirkungen auf die Kapitalrendite und die Zuliefererstrukturen. Kapitalrendite Man kann das im Untemehmen eingesetzte Kapital nicht nur aus der Sicht der Mittelherkunft als Summe aus Eigen- und Fremdkapital definieren, sondem auch aus der Sicht der Mittelverwendung als Summe von Anlage- und Umlaufverm5gen. Dann wird schnell klar, dass die Reduktion der Lager (Vorrate) im Just-in-Time-Betrieb zu einer Erhohung der Umschlagshaufigkeit des Kapitals fiihrt, weil bei gleichbleibenden Umsatzen das Umlaufvermogen und damit das eingesetzte Kapital sinkt: Umsatz Umschlagshaufigkeit des Kapitals = Kapital Eine Erhohung der Umschlagshaufigkeit des Kapitals ist erwunscht, weil dadurch die Kapitalrendite steigt. Die Kapitalrendite ergibt sich namlich aus der Multiplikation der Umschlagshaufigkeit des Kapitals mit der Umsatzrendite:
160
Instmmente des strategischen Kostenmanagement
Gewinn T Tm*5flt!7rPTiHitp
=
Umsatz
Gewinn ivapitairenuite (KUij — — "" • — Kapital
Gewinn
Umsatz X
Kapital
••
Umsatz
Das Target Costing unterstiitzt hier das Lean Managment perfekt, weil es auf die zweite Komponente der Kapitalrentabilitat zielt: die Umsatzrendite. Der im Schlusselkonzept des Target Costing vom Zielpreis abgezogene angestrebte Gewinn bemisst sich namlich nach der geplanten Umsatzrendite. Zusammenfassend k5nnen also Lean Management und Target Costing gemeinsam die Kapitalrendite eines Untemehmens erhohen, weil die Verfolgung der Umsatzrendite durch das Target Costing die korrespondierende MaBnahme zur Verringerung der Lager (Vorrate) durch den Just-in-Time-Betrieb und die damit verbundene Erhohung der Umschlagshaufigkeit des Kapitals ist. Zuliefererstrukturen Wenn Just-in-Time gefertigt wird, sind die Zulieferer von besonderer Bedeutung. Die Produktion steht namlich, wenn die Zulieferer nicht rechtzeitig liefem. Die Bedeutung der Zulieferer im Lean Management zwingt dazu, traditionelle Zuliefererstrukturen zu uberdenken. Statt loser Beziehungen zu vielen Zulieferem, pflegt man intensive Beziehungen zu nur wenigen Zulieferem. Der Informationsfluss zwischen dem fremdbeziehenden Untemehmen und den Zulieferem wird wesentlich verstarkt. Die Zulieferer mussen genaue Kenntnisse der Produktionsablaufe und des Materialbedarfs bekommen, um synchron zur Produktion liefem zu konnen. Das Target Costing unterstiitzt die intensiven Beziehungen zu den Zulieferem bzw. weitet sie noch aus. Denn den Zulieferem werden nicht mehr wie bisher fertige Konstruktionsplane geliefert, zu denen sie ihre Angebotspreise machen. Vielmehr werden siefrUhzeitigund umfassend in das Untemehmen eingebunden, indem ihnen die Verantwortung fur die Konstmktion von ganzen Komponenten tibertragen wird und die entsprechenden Preisobergrenzen genannt werden, die sich aus den Zielkostenanteilen fiir die Komponenten ergeben. Haufig haben die Untemehmen und die Zulieferer gemeinsam besetzte Teams, die versuchen, Kostensenkungspotenziale bei den Zulieferem zu nutzen. Zu diesen Kostensenkungspotenzialen gehoren z.B. die Senkung der Ausschussquote und die Verwendung von weniger Werkzeugen. Das bedeutet natiirlich, dass der Zulieferer seine Kostenstruktur transparent machen muss. Dafiir wird ihm aber auch ein Zielgewinn zugestanden. Der Lieferant wird zum Partner des Untemehmens im Kampf um die Zielkosten.
Target Costing
161
2.3.6.3 Multi Market Target Costing* 2.3.6.3.1 Problemkranz Immer mehr Untemehmen agieren als Global Player. Ein Global Player integriert alle Wertschopfiingsprozesse in ein ganzheitliches System und baut sogenannte Weltmarken auf. Eine der bekanntesten Weltmarken ist Coca-Cola. Die Orientierung an nationalen MSrkten steht also ex definitione nicht im Fokus von Global Playem. Beispiele fur solche „Spieler" sind neben der Coca-Cola-Company die Untemehmen DaimlerChrysler, SAP, IKEA, Bayer und Volkswagen. Das traditionelle Target Costing beriicksichtigt keine globalen Aspekte. Das zeigt sich beispielsweise daran, dass globale Strategien wie die Preis- und/oder die Produktdifferenzierung nicht dargestellt werden konnen. •
Preisdifferenzierung Preisdifferenzierung bedeutet, dass fur gleichartige Produkte unterschiedliche Preise verlangt werden. Voraussetzung fiir diese Differenzierung ist, dass der Markt trennbar ist. Das ist bei Absatzmarkten in unterschiedlichen Landem in hohem MaB gegeben. So kann man z.B. Preise in Abhangigkeit von der landerspezifischen Zahlungsfahigkeit bzw. Zahlungsbereitschaft der Kunden differenzieren.
•
Produktdifferenzierung Produktdifferenzierung bedeutet, dass ein Produkt in unterschiedlichen Varianten hergestellt und vertrieben wird. Eine Form dieser Differenzierung ist das Down- bzw. Upgrading. Beim Downgrading wird fiir weniger entwickelte Lander eine vereinfachte und damit preisgtinstigere Variante angeboten. Analog ist ein Upgrade fur hochentwickelte Lander moglich. Ein weiteres Beispiel fiir eine Produktdifferenzierung ist das Angebot von modular aufgebauten Produkten (Baukastensystem). Hierbei richtet sich der Grundtyp des Produktes an Kunden mit prinzpiell gleichen Anforderungen. Nur gewisse Produktkomponenten werden variiert - im Fall der Global Player landerspezifisch. Die Beispiele zur Produktdifferenzierung sollen durch die „Value-Added-Services" beschlossen werden. Dabei erhalt der Kunde die Moglichkeit, den Nutzen eines bestehenden Produktes durch den Erwerb von zusatzlichen Dienstleistungen - wie Wartung Oder Pflege - zu steigem.
Die fehlende Berucksichtigung der Preis- und/oder der Produktdifferenzierung ist ein Manko des klassischen Targt Costing, well sich Global Player dieser Strategien naturgemaB geme bedienen. Das verdeutlichen beispielhaft die folgendenden Abbildungen. Die
* in enger Anlehnung an Ortelbach, 3/2005, S. 163-171
162
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
erste gibt ausschnittweise die Preisdifferenzierungsstrategie von IKEA wieder.* Die zweite zeigt eine Produktdifferenzierung von VW.t Land
Wahrung
Bett Malm
€
Sofa Sandhem
€
Schrank Rakke
€
Deutschland
€
99
99,00
699
699,00
249
249,00
England
£
61,6
90,16
475
695,26
200
292,74
us-$
149
124,58
899
751,67
299
250,00
Australien
AUS-$
229
143,26
1299
812,64
599
374,73
Frankreich
e
79
79,00
749
749,00
289
289,00
Spanien
€
79
79,00
649
649,00
289
289,00
Italien
e
99
99,00
649
649,00
289
289,00 j
Polen
Zloty
349
89,87
2 999
772,24
1 199
308,74
Russland
Rubel
3 990
116,51
26 990
788,11
16 990
496,11
Schweden
Kronen
1395
147,59
6 495
687,17
2 695
285,13
Singapur
SGP-$
268
132,18
745
367,43
595
293,45
Renminbi
—
—
3 995
412,69
3 999
413,10
USA
China
GrSBte Preisdifferenz
68,59
445,21
247,11
Abb. 33: Preisdifferenzierung bei IKEA Es gibt also zwischen den Landem zum Teil erhebliche Preisunterschiede flir dasselbe Produkt. Beispielsweise kostet der Schrank „Rakke" in Russland in etwa das Doppelte wie in Deutschland und das Bett „Malm" in Frankreich und Spanien nur in etwa halb soviel wie in Schweden.
Die Daten sind den Webseiten des Untemehmens entnommen (vgl. dazu IKEA, 2005). t Die Daten sind den Webseiten des Untemehmens entnommen (vgl. dazu VW, 2005).
163
Target Costing
Auszugsweiser Vergleich der serienmaBigen Ausstattung VW Golf Basismodell Deutschland
USA
Stil Media
wahlbar
Heiz-/Frischluftsystem
Klimaanlage
—
CD/Kasette
nur vome
X
Montageschiene filr CD-Wechsler
—
X
Seitenfacher im Gepackraum
—
X
Armlehnen in Vorder-ZHinterttiren
—
X
Innenliegender Heckkiappengriff
—
X
Haiterung flir Verbandskasten/Wamdreieck
X
"""
Gurt Wamsignalton
X
Ausstattungsgegenstand Polsterung Temperierung
Audio Elektrische Fensterheber
•
"
Heckscheibenwischer
X
"'"
Tire Mobility Set
X
"""
X
"""
\ ASR (Traktionskontrolle, Antriebsschlupfregelung) EDS (Elektronische Differentialsperre, bessere Traktion im Gelande, besseres Kurvenhandling)
X
Wegfahrsperre
X
"
"
•
"
•
"
Abb. 34: Produktdifferenzierung bei VW Wie man sehen kann, liegt der Fokus des in Deutschland angebotenen Basismodells eher auf dem Aspekt der Sicherheit. Im Vergleich dazu steht in den USA eher der Komfort im Vordergrund. Vor dem Hintergrund dieses Problemkranzes wurde das Multi Market Target Costing entwickelt, das der Globalisierung der Markte Rechnung tragen soil.
164
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
2.3.6.3.2 Anforderungen an ein Multi Market Target Costing Folgende Anforderungen lassen sich formulieren: * Entwicklung eines produktubergreifenden Planes Dieser Plan schafft die Rahmenbedingungen fur ein koordiniertes Agieren des Unternehmens auf seinen verschiedenen Markten. Er legt fest, welche Produkte auf > welcher Plattform basieren, > welchen Markten uberhaupt und wenn ja, in welcher (mehr oder weniger stark) differenzierten Variante zu welchem Preis angeboten werden. Der diesen Informationen vorausgehende Abstimmungsprozess muss die Interdependenzen der unterschiedlichen Marktstrukturen und die Auswirkungen der grundsatzlichen, produktubergreifenden Entscheidungen auf das Kostenniveau, den Kostenverlauf und die Kostenstruktur berticksichtigen. Dazu muss er schrittweise folgende Variable optimieren: > produktbezogene Marktvorgaben So gibt es z.B. unterschiedliche Zulassungsvoraussetzungen fiir Pkw in USA und Deutschland. > Zahlungsbereitschaft der Kunden in den unterschiedlichen Landem Eine Marktuntersuchung von Siemens hat etwa gezeigt, dass die Bereitschaft von Kunden zur Bezahlung neuer Breitbanddienste (wie interaktivem Femsehen, Videos on demand, Videotelefon, Wireless over Landline u.a.) im intemationalen Vergleich stark schwankt. Dabei ist die Zahlungsbereitschaft eng mit den Kosten verbunden, die fur die iibertragene Datenmenge zu bezahlen ist und die von Land zu Land stark differiert. In Deutschland kosten z.B. 100 kbits/s ungefahr 50 USCent, in Slowenien mehr als das Dreifache (vgl. dazu dsl-review 2006). > Arbitrageneigung der Kunden In der Vergangenheit gab es beispielsweise Reimporte bestimmter Pkw aus den USA nach Deutschland mit nachfolgender Umrlistungen fiir den heimischen Markt zur Ausnutzung des landerspezifischen Preisgefalles. > Technische Realisierbarkeiten Eine Prufung der technischen Realisierbarkeit ist z.B. bei Prorammideen im EDVBereich notwendigerweise erforderlich, um Fehlinvestitionen zu minimieren. Die Variablen sind optimiert, wenn eine Konfiguration gefunden ist, die hinsichtlich der Kostenwirkung nicht mehr verbessert werden kann.
Target Costing
165
ti Anpassung der Methodik des traditionellen Target Costing Ortelbach schlagt auf der Grundlage der Oberlegungen von Rosier (1996) folgende Anpassung vor: > Definition eines fiktiven Basisproduktes Dieses Basisprodukt besteht aus den Produktkomponenten, die bei alien Landervarianten eines Produktes identisch sind. > Definition der l^nderspezifischen Erganzungen Das sind Produktkomponenten, die nicht in das Basisprodukt eingehen. Hintergrund der Uberlegung ist, die Zielkosten fiir das Basisprodukt einheitlich zu bestimmen und nur die Zielkosten der Erganzungen landerspezifisch zu ermitteln. Die Anpassung fiihrt dazu, dass die Kostenspaltung im herkOmmlichen Target Costing urn einen Schritt erganzt wird. Dies lasst sich an folgendem Beispiel verdeutlichen. Beispiel: Das Beispiel gliedert sich in die Fallgestaltung und die Anwendung der Methodik. > Fallgestaltung Ein europaischer Hersteller von Haushalts- und Elektroger^ten will ein neues Modell eines Ktihlschranks entwickeln und auf mehreren intemationalen Markten anbieten. Aus dem produktubergreifenden Plan lassen sich folgende Daten ableiten: Markte Deutschland
Grol3britannien
Frankreich
Italien
500 €/Stuck
600 €/Stuck
560 €/Sttick
680€/Stuck
./. angestrebte Umsatzrendite 15%
75 €/Stuck
90 €/Stuck
84 €/Stuck
102€/Sttick
= landerspezifische Zielkosten
425 €/Stuck
510€/Stuck
476 €/Stiick
578€/Sttick
20 000 Stuck
5 000 Stuck
15 000 Stiick
10 000 Stiick
Schltlsselkonzept des Target Costing Zielpreis
erwartete Absatzmenge / Periode
Abb. 35: MMTCLSnderspezifische Zielkosten eines Konsumguts
166
Instrumente des strategischen Kostenmanagement Die Gewichtung der Produktflinktionen durch die Kunden variiert landerspezifisch: F,: Kuhleigenschaft
F2: Stromverbrauch
F3: Handhabung
F4: Design
I
Deutschland
0,6
0,15
0,15
0,1
1,0
GroCbritannien
0,6
0,2
0,15
0,05
1,0
Frankreich
0,5
0,15
0,15
0,2
1,0
Italien
0,55
0,1
0,2
0,15
1,0
Land
Abb. 36: MMTCLanderspezifische Gewichtung der Funktionen eines Konsumguts Das AusmaB, mit dem die Produktkomponenten die Produktfunktionen erfiillen, ist dagegen nicht landerspezifisch ausgepragt: F,
F2
Ki: Kuhlaggregat
0,8
0,65
K2: Gehause
0,2
0,15
K3: Innenausstattung 0,2
K4: Steuerungselektronik
F3
0,25 0,4
0,35
0,35
0,1 0,55
K5: Geratetiir
I
F4
1,0
1,0
1,0
1,0
Abb. 37: MMTC_Ausma6 der Funktionenerfullung eines Konsumguts durch die Produktkomponenten Durch die Erfahrungen mit den Vorgangermodellen kann das Untemehmen jede Produktkomponente in drei verschiedenen Auspragungen fertigen, die sich hinsichtlich des Kostenniveaus, der Kostenstruktur und der Qualitat wie folgt unterscheiden:
Target Costing
167
Produktkomponenten
C3
1
OH
Anwendung der Methodik Basierend auf den beschriebenen Daten werden nun die ianderspezifischen Zielkostenanteile der Produktkomponenten und die Konfiguration der Ianderspezifischen AusprSgungen der Produktkomponenten bestimmt.
168
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
1. Ermittlung der landerspezifischen Zielkostenanteile der Produktkomponenten a) Ermittlung der Bedeutung der Komponenten F,
F2
F3
F4
I = Bedeutung
D
0,6 X 0,8 = 0,48
0,15x0,65 = 0,0975
0,15x0 =0
0,1x0 =0
0,5775
GB
0,6 X 0,8 = 0,48
0,2 X 0,65 = 0,13
0,15x0 =0
0,05 X 0 =0
0,61
F
0,5 X 0,8 = 0,4
0,15x0,65 = 0,0975
0,15x0 =0
0,2x0 =0
0,4975
I
0,55 X 0,8 = 0,44
0,1 x 0,65 = 0,065
0,2x0 =0
0,15x0 =0
0,505
D
0,6 X 0,2 = 0,12
0,15x0,15 = 0,0225
0,15x0,25 = 0,0375
0,1 xO =0
0,18
GB
0,6 X 0,2 = 0,12
0,2x0,15 = 0,03
0,15x0,25 = 0,0375
0,05 x 0 =0
0,1875
F
0,5 X 0,2 = 0,1
0,15x0,15 = 0,0225
0,15x0,25 = 0,0375
0,2x0 =0
0,16
I
0,55 X 0,2 = 0,11
0,1x0,15 = 0,015
0,2 X 0,25 = 0,05
0,15x0 =0
0,175
D
0,6x0 =0
0,15x0 =0
0,15x0,4 = 0,06
0,1x0,35 = 0,035
0,095
GB
0,6x0 =0
0,2 x 0 =0
0,15x0,4 = 0,06
0,05 x 0,35 = 0,0175
0,0775 1
F
0,5x0 =0
0,15x0 =0
0,15x0,4 = 0,06
0,2 X 0,35 = 0,07
0,13
I
0,55 x 0 =0
0,1 xO =0
0,2 X 0,4 = 0,08
0,15x0,35 = 0,0525
0,1325
K,
K2
K3
Abb. 39: MMTC_Landerspezifische Bedeutung der Produktkomponenten einesKonsumguts(l)
Target Costing
169
Fi
F2
F3
F4
Z = Bedeutung
D
0,6x0 =0
0,15x0,2 = 0,03
0,15x0,35 = 0,0525
0,1 x 0 , l = 0,01
0,0925
GB
0,6x0 =0
0,2 X 0,2 = 0,04
0,15x0,35 = 0,0525
0,05x0,1 = 0,005
0,0975
F
0,5x0 =0
0,15x0,2 = 0,03
0,15x0,35 = 0,0525
0,2x0,1 = 0,02
0,1025
I
0,55 X 0 =0
0,1 x0,2 = 0,02
0,2 X 0,35 = 0,07
0,15x0,1 = 0,015
0,105
D
0,6x0 =0
0,15x0 =0
0,15x0 =0
0,1 x0,55 = 0,055
0,055
GB
0,6x0 =0
0,2x0 =0
0,15x0 =0
0,05 x 0,55 = 0,0275
0,0275
F
0,5x0 =0
0,15x0 =0
0,15x0 =0
0,2 X 0,55 = 0,11
0,11
I
0,55x0 =0
0,1x0 =0
0,2x0 =0
0,15x0,55 = 0,0825
0,0825
K4
K5
Abb. 40: MMTCLanderspezifische Bedeutung der Produktkomponenten eines Konsumguts (2)
170
Instrumente des strategischen Kostenmanagement b) Multiplikation der landerspezifischen Bedeutung einer Produktkomponente mit den landerspezifischen Zielkosten des Produktes
K,
ka
ka
K4
K5
1=
Deutschland
GroBbritaimien
Frankreich
Italien
0,5775
0,61
0,4975
0,505
X 425 €/St.
x510€/St.
x 476 €/St.
X 578 e/St.
= 245,43 €/St.
= 311,10€/St.
= 236,81 €/St.
= 291,89 e/St.
0,18
0,18
0,16
0,175
X 425 e/St.
x510€/St.
X 476 €/St.
X 578 e/St.
= 76,50 e/St.
= 95,62 €/St.
= 76,16 €/St.
= 101,15 e/St.
0,095
0,0775
0,13
0,1325
X 425 €/St.
x510€/St.
X 476 €/St.
X 578 €/St.
= 40,38 €/St.
= 39,52 e/St.
= 61,88 €/St.
= 76,58 €/St.
0,0925
0,0975
0,1025
0,105
x425€/St.
x510€/St.
X 476 e/St.
X 578 €/St.
= 39,31 €/St.
= 49,73 €/St.
= 48,79 e/St.
= 60,69 e/St.
0,055
0,0275
0,11
0,0825
X 425 €/St.
x510€/St.
X 476 €/St.
X 578 e/St.
= 23,38 €/St.
= 14,03 €/St.
= 52,36 e/St.
= 47,69 e/St.
425 €/St.
510 €/St.
476 €/St.
578 €/St.
TC Abb. 41: MMTC_Landerspezifische Zielkostenanteile der Produktkomponenten eines Konsumguts 2. Konfiguration der landerspezifischen Auspragungen der Produktkomponeneten Ortelbach schlagt folgende Ausgangkonfiguration auf der Basis der Vorgangermodelle vor:
Target Costing
1 Q
171
K,
K2
K3
K4
K5
Podukt
AusprSg.
A
A
A
A
A
AAAAA
Qualitat
75%
75%
60%
50%
25%
68,51%
TC €/St.
245,43
76,50
40,38
39,31
23,38
425,00
DC e/St.
190,00
70,00
56,00
47,50
24,00
387,50
K+ Ft t55,43 €/St .= % 29,17%
t6,50 9,29%
+ 15,62 27,89%
+8,19 17,24%
+0,62 2,58%
t37,50 9,68%
Ausprag.
A
B
A
B
A
ABABA
Qualitat
75%
85%
60%
75%
25%
74,34%
TC €/St.
311,10
95,62
39,52
49,73
14,03
510,00
DC €/St.
190,00
115,00
56,00
62,50
24,00
447,50
KlFt tl21,l €/St .= % 63,74%
+ 19,38 + 16,48 + 12,77 +9,97 16,85% 29,43% 20,43% 41,54%
t62,50 13,97%
Ausprag.
B
C
C
B
B
BCCBB
Qualitat
100%
100%
100%
75%
75%
94,69%
TC€/St.
236,81
76,16
61,88
48,79
52,36
476,00
DC€/St.
320,00
110,00
91,00
62,50
59,00
642,50
+6,64 11,25%
+ 166,50 25,91%
o
>-•
K4Ft 483,19 133,84 +29,12 + 13,71 €/St = % 26,00% 30,76% 32,00% 21,94%
f5
Ausprag.
B
C
C
C
C
BCCCC
Qualitat
100%
100%
100%
100%
100%
100%
Tce/st.
291,89
101,15
76,58
60,69
47,69
578,00
Dce/st.
320,00
110,00
91,00
100,00
90,00
711,00
K*Ft €/St.= %
128,11 8,78%
+8,85 8,05%
+ 14,42 +39,31 +42,31 15,85% 39,31% 47,01%
Abb. 42: MMTC_Ausgangskonfiguration der Produktkomponenten
+ 133,00 18,71%
172
Instrumente des strategischen Kostenmanagement Erlauterungen: • Landerspezifisch werden flir jede Produktkomponente ihre angedachte Auspragimg, das Qualitatsniveau, die zuvor ermittelten Zielkostenanteile, die zugehorigen Drifting Costs sowie die sich aus dem Vergleich der Zielkostenanteile mit dem Anteil der Komponente an den Drifting Costs ergebende Information „Kostensenkungsbedarf (Kl)" oder „Spielraum fiir Funktionsverbesserung (Ft)" angegeben. • Die Ausgangskonfiguration ist durch eine hohe Vielfalt beztiglich der Auspragungen der Produktkomponenten gekennzeichnet. • Das Qualitatsniveau der einzelnen Lander weicht stark voneinander ab. • Die Qualitat des Gesamtprodukts ergibt sich aus dem - mit den Zielkostenanteilen gewichteten - Durchschnitt der Qualitaten der Produktkomponenten. Durch die Gewichtung mit den Zielkostenanteilen flielit die unterschiedliche Wertigkeit der Produktkomponenten aus Kundensicht mit in die Rechnung ein. Beispiel: Qualitat des Gesamtproduktes AAAAA (Deutschland) 245,43 €/St. X 0,75 + 76,50 €/St. X 0,75 + 40,38 €/St. X 0,6 + 39,31 €/St. X 0,5 + 23,38 e/St. X 0,25 = 291,1755 €/St.: 425,0000 €/St. =
291,1755 €/St. 68,51%
Die Anteile der Produktkomponenten an den Drifting Costs ergeben sich wie folgt. Zu den jeweiligen variablen StUckkosten der Produktkomponenten wird der Betrag an fixen Kosten addiert, der sich durch die Division der jeweiligen Fixkosten durch die jeweilige Absatzmenge der Gesamtprodukte mit der betrachteten Auspragung der Produktkomponente ergibt. Die Gesamtmenge der Produkte kann Anwendung finden, weil bei jeder Produktkomponente eine 1:1 Beziehung zum Endprodukt besteht. Man braucht namlich ein Ktihlaggregat, ein Gehause, eine Innenausstattung, eine Steuerungselektronik und eine Geratetiir ftir einen Kuhlschrank.
Target Costing
173
Beispiele: Produktkomponenten
Auspragung Absatzmarkte
D:
K,
K4
A
B GB: 5 000St/P.
20 000 St./P.
+ GB:
5 000 St./P.
+
FF: 15 000St./P.
25 000 St./P.
20 000 St./P.
Fixe Kosten
1 000 000 €/Periode
150 000€/Periode
Fixe Kosten
1 000 000 e/Periode
150 000€/Periode
: 25 000 StUck/Periode
: 20 000 Stuck/Periode
= 40 €/Stuck
= 7,50 e/Stuck
150€/Stuck
55 €/Stuck.
150€/St.+ 40e/St.
55 €/St. + 7,50 €/St.
= 190€/St.
= 62,50 €/St.
Variable Kosten Drifting Costs
Ein Kostenreduktionsbedarf (Kl) besteht, wenn der Anteil der Drifting Costs einer Produktkomponente groBer als ihr Zielkostenanteil ist. Der Kostenreduktionsbedarf wird absolut und in % (bezogen auf den jeweiligen Anteil der Produktkomponente an den Drifting Costs) angegeben. Beispiel: GroBbritannien, K4: Steuerungselektronik Kostensenkungsbedarf absolut
12,77 €/St.
relativ
12,77 €/St. X 100 : 62,50 C/St. - 20,43%
Ein Spielraum fiir Funktionsverbesserungen (Ft) besteht, wenn der Anteil der Produktkomponente an den Drifting Costs kleiner als ihr Zielkostenanteil ist. Auch der Spielraum ftir Funktionsverbesserungen wird zum einen absolut und zum anderen in % (bezogen auf den jeweiligen Anteil der Produktkomponente an den Drifting Costs) angegeben.
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
174
Betrachtet man die landerspezifisch ausgestalteten Produkte in ihrer Gesamtheit, so verfehlt das Untemehmen bei den erwarteten Absatzmengen seine Zielkosten um insgesamt: D
Ft
37,50 e/St. X 20 000 St./Periode =
750 000 e/Per.
GB
Ft
62,50 €/St. X 5 000 St./Periode =
312 500€/Per.
F
K*
166,50 €/St. X 15 000 St./Periode =
2 497 500 €/Per.
I
Kl
133,00 €/St. X 10 000 St./Periode =
1 330 000 €/Per.
s
Ki
2 765 000 €/Per.
Im Folgenden ist also die Ausgangskonfiguration schrittweise so zu modifizieren, dass die Kosten- bzw. Renditeziele des Unteraehmens erreicht werden. Ein Ansatzpunkt fur die Modifikationen ergibt sich daraus, dass die Ausgangskonfiguration nicht immer ganz zu der landerspezifischen Bedeutung der Produktkomponenten passt. Vor diesem Hintergrund sind folgende Anderungen der Ausgangskonfiguration denkbar: Deutschland Die Bedeutung von Ki liegt bei 0,5775. D.h., aus Kundensicht ist Ki von besonderer Bedeutung fur die Kaufentscheidung. Aus diesem Grund kann man erwSgen, die Produktkomponente nicht in der Auspragung A mit einer Qualitat von 75% einzubauen, sondem mit der Auspragung B und einer Qualitatvon 100%. Die Komponenten K2 bis K5 bleiben unverandert. Grofibritannien Die Bedeutung von Ki liegt mit 0,61 noch hoher als die Bedeutung in Deutschland. Daher ist auch hier eine Modifikation der Auspragung A mit einer Qualitat von 75% in die Auspragung B mit einer Qualitat von 100% angezeigt. Wie schon in Deutschland, bleiben die Komponenten K2 bis K5 unverandert.
Target Costing
175
Frankreich K2 weist nur eine Bedeutung in Hohe von 0,16 auf, ist aber in der Ausgangskonfiguration mit der Auspragung C and einem Qualit^tsniveau von 100% eingeplant. Hier erscheint die Auspragung B mit einer Qualitat von 85% ausreichend. K3 hat eine Bedeutung von nur 0,13. Gleichwohl sieht die Ausgangskonfiguration hier die Auspragung C mit einer Qualitat von 100% vor. Hier ist die Auspragung A mit einer Qualitat von 60% eine Alternative. Die Komponenten Ki, K4 und K5 bleiben unverandert. Italian Auch in Italien betragt die Bedeutung von K2 nur 0,175. Insofem ist auch hier ein Ersatz der Auspragung C mit einer Qualitat von 100% durch die Auspragung B mit einer Qualitat von 85% zu erwagen. K4 ist bei ihrer geringen Bedeutung von 0,105 in der Ausgangskonfiguration trotzdem mit der Auspragung C und einer Qualitat von 100% vorgesehen. Dasselbe gilt fiir die Komponente K5. Fur beide Komponenten erscheint die Auspragung A - bei K4 mit einer Qualitat von 50% und bei K5 mit einer Qualitat von 25% - ausreichend. Ki und K3 erfahren keine Veranderung. Berlicksichtigt man diese Anderungen ergibt sich folgendes Bild einer im ersten Schritt modifizierten Konfiguration:
176
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
K,
K2
K3
K4
K5
Podukt
AusprSg.
B
A
A
A
A
BAAAA
Qualitat
100%
75%
60%
50%
25%
82,95%
TC €/St.
245,43
76,50
40,38
39,31
23,38
425,00
DC e/St.
300,00
70,00
50,00
43,33
22,86
486,19
K+ Ft €/St=%
454,57 18,19%
t6,50 9,29%
49,62 19,24%
44,02 9,28%
t0,52 2,28%
461,19 j 12,59%
Ausprag.
B
B
A
B
A
BBABA
Qualitat
100%
85%
60%
75%
25%
89,59%
TC €/St.
311,10
95,62
39,52
49,73
14,03
510,00
o DC €/St. O K*Ft €/St.=%
300,00
81,67
50,00
62,50
22,86
517,03
48,83 38,63%
47,03 1,36%
c
til,10 3,7%
113,95 410,48 412,77 17,08% 20,96% 20,43%
Ausprag.
B
B
A
B
B
BBABB
Qualitat
100%
85%
60%
75%
75%
87,09%
TC €/St.
236,81
76,16
61,88
48,79
52,36
476,00
DC €/St.
300,00
81,67
50,00
62,50
59,00
553,17
K+Ft €/St=%
+63,19 21,06%
15,51 6,75%
46,64 11,25%
477,17 13,95%
Ausprag.
B
B
C
A
A
BBCAA
Qualitat
100%
85%
100%
50%
25%
85,94%
TC €/St.
291,89
101,15
76,58
60,69
47,69
578,00
DC e/St.
300,00
81,67
115,00
43,33
22,86
562,86
K+Ft
48,11 2,7%
t24,83 108,6%
tl5,14 2,69%
e/st.=%
tll,88 413,71 23,76% 21,94%
119,48 438,42 117,36 23,85% 33,41% 40,07%
Abb. 43: MMTCModifizierte Konfiguration der Produktkomponenten
Target Costing
177
Die besser an die Bedeutung der Produktkomponenten aus Kundensicht angepasste Modifikation der Konfiguration schlagt sich in der Kostenposition des Untemehmens bei diesem Projekt nieder. Sie verbessert sich im Vergleich zur Ausgangskonfiguration um fast ein Ftinftel: D
Ki
61,19 €/St.x 20 000 St./Per.=
1 223 800 €/Per.
GB
K4
7,03 €/St. X 5 000 St./Per. =
35 150€/Per.
F
K+
77,17 €/St.x ]5 000St./Per. =
1 157 550€/Per.
I
Ft
15,14 €/St.x 10 000 St/Per. =
151400€/Per.
\J
z
K+ modifizierte Konfiguration Kl
Ausgangskonfiguration
2 265 100€/Per. 2 765 000 €/Per.
Absolute Verbesserung der Kostenposition
499 900 e/Per.
Relative Verbesserung der Kostenposition
18,08%
Da die Zielkosten aber immer nocii nicht erreicht sind, sind weitere tjberlegungen und daraus folgende Modifikationen der Konfiguration erforderlich, um der Zielkostenerreichung noch naher zu kommen.
2.3.7
Kritische Wiirdigung
Als Vorteile des Target Costing konnen vor allem genannt werden: H Markt-ZKundenorientierung Angesichts hart umkampfter Kaufermarkte stellen technologie-orientierte - d.h. an den spezifischen Gegebenheiten des Untemehmens ausgerichtete - Kostenrechnungskonzepte immer weniger einen geeigneten Beitrag zur Wertschopfung von Untemehmen dar. Sie mtissen zunehmend durch marktorientierte - d.h. an den Kunden des Untemehmens ausgerichtete - Konzeptionen ersetzt bzw. erganzt werden. Target Costing gehort zu diesen Kostenrechnungskonzepten. ii Klare Zielvorgaben Die Zielkostenanteile stellen fur die Mitarbeiter prazise Kostenvorgaben dar.
178
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
i^ Kostensenkung/Kostenbeeinflussung Das traditionelle Cost-Plus-Verfahren versucht eine Kostentiberwalzung in Preisen. Im Gegensatz dazu zwingt Target Costing zu systematischen Anstrengungen hinsichtlich Kosteneinsparungen, um den Markterfordemissen gerecht zu werden. Als Probleme des Target Costing kann man vor allem ansehen: it Subjektivitat bei der Ermittlung der Zielkosten der Produkte Bei den Zielkosten handelt es sich nicht um eine objektive GroBe, sondem um Kosten, die von subjektiven Einschatzungen - wie dem gesch^tzten Zielpreis oder dem angenommenen Kostensenkungspotenzial - abhangen. Dieser subjektive Charakter kann fur die Motivation der Mitarbeiter ein Problem sein, weil die Zielkosten jederzeit angezweifelt werden k5nnen. M Voraussetzung fur die Spaltung der Zielkosten auf Produktkomponenten Die Spaltung der Zielkosten auf Produktkomponenten setzt voraus, dass bereits in der Konstruktionsphase konkrete Anhaltspunkte (iber die Teilestruktur eines Produktes z.B. aus Vorgangermodellen - vorhanden sind. Das ist bei komplexen und hoch innovativen Produkten hSufiger nicht der Fall Dann bietet sich die Funktionsmethode fur die Zielkostenspaltung an. Bei dieser Methode werden die Zielkosten entsprechend der Gewichtung der Funktionen durch die potenziellen Kunden auf die Funktionen des Produkts verteilt (vgl. Freidank, 1999, S. 366). Beispiel: Die Befragung potenzieller Kunden hat folgende Gewichtung der Funktionen eines Autos ergeben: Funktionen
Gewicht
F,
Qualitat/ZuverlSssigkeit
0,2
F2
Fahreigenschaften
0,1
F3
Raumangebot
0,05
diverse
0,65
F4 - F16
Summe
1,00
Bei Zielkosten in Hohe von 50 000 € ergeben sich dann folgende Zielkostenanteile der Funktionen:
j
179
Target Costing
Zielkosten x Bedeutung =
Zielkostenanteil
F,
50 000 € X 0,2 =
10 000 €
F2
50 000 €x 0,1 =
5 000 €
F3
50 000 € X 0,05 =
2 500 €
F4 - F16
50 000 € X 0,65 =
32 500 €
Siimme
50 000 €
Durch die Spaltung der Zielkosten auf die Funktionen soil diefruhzeitigeMarktorientierung der Konstrukteure an den Kundenbedurfhissen gewahrleistet werden (vgl. Franz, 1992, S. 132). ^ Subjektivitat bei der Bestimmung der Zielkostenanteile Die Hohe der Gemeinkostenbudgets - die von den Zielkosten subtrahiert werden, weil sie sich sinnvoll nicht komponentenweise spalten lassen - wird subjektiv festgelegt. Auch die > Beschreibung der Produktftinktionen, > Gewichtung der Produktfiinktionen, > Festlegung des AusmaUes, mit dem die Komponenten die Funktionen erfullen, sind alles willkiirliche, nicht intersubjektiv uberprufbare Festlegungen. Entsprechend sind die ermittelten Zielkostenanteile der einzelnen Produktkomponenten bzw. Funktionen willktirlich festgelegt und logisch-zwingend nicht begrundbar. M Ermittlungsaufwand Die Ermittlung der Zielkostenanteile fur die Produktkomponenten bzw. Funktionen ist bei komplexen Produkten mit einer Vielzahl von Funktionen und Komponenten aufwandig. it Koordinationsaufwand Target Costing erfordert einen hohen Koordinationsaufwand, weil eine kostenorientierte Abstimmung vor allem der Untemehmensbereiche Marketing, Forschung und Entwicklung sowie Fertigung im Hinblick auf den Produktlebenszyklus notwendig ist (vgl.Freidank, 1999, S. 355). H Untemehmensinteme Widerstande Target Costing fiihrt zu einer gezielteren Arbeit aller Untemehmensbereiche im Hinblick auf die Einhaltung der Zielkosten. „Arbeitnehmer, die in der alten Situation mehr Vorteile fiir sich sahen, werden sich offensichtlich oder unterschwellig gegen
180
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
das neue Konzept wehren. Sie storen den Umorientierungsprozess nachhaltig. Sind diese Arbeitnehmer in leitender Funktion, kann der Erfolg, besonders in der Umbruch- und Einfuhrungsphase, nachhaltig gefthrdet sein." (Serfling/Schultze, 1997a, S. 59). Dem Problem kann allerdings durch eine gezielte Offentlichkeitsarbeit im Haus Oder auch durch Anreizsysteme begegnet werden, die eine Entlohnung an die Einhaltung der Zielkosten binden (vgl. Serfling/Schultze, 1997a, S. 60). M Strategische Fehlentscheidungen bei Kostensenkungsmalinahmen „Ein langfristig wirksamer und schwer zu korrigierender Fehler ist ein iibertriebenes Outsourcing wichtiger Baugruppen des Produktes, urn Kosten einzusparen." (Serfling/Schultze, 1997a, S. 59). Outsoucing kann zum Verlust von Kemkompetenzen und zu einer unerwunschten Abhangigkeit vom Partner fiihren. 1 Keine Beriicksichtigung von Absatzveranderungen Bislang wird im Konzept des Target Costing nicht berucksichtigt, dass sich durch das neue Produkt bei substitutiven Erzeugnissen aus dem Produktspektrum desselben Untemehmens Absatzverringerungen und dadurch ErlOsschmalerungen ergeben konnen, die sich nachteilig auf den Erfolg des Untemehmens auswirken (vgl. Coenenberg/Fischer/Schmitz, 1994, S. 27). ii Keine Beriicksichtigung von Kapazitatsengpassen Ebenso wird bislang vemachlassigt, dass es bei der Einfuhrung eines neuen Produkts auf Grund von Kapazitatsengpassen zur Verdrangung von anderen Produkten und damit zu entgehenden Deckungsbeitragen kommen kann, die sich wiederum nachteilig auf den Erfolg des Untemehmens auswirken (vgl. Coenenberg/Fischer/Schmitz, 1994, S. 27). M Vollkostenansatz Die Zielkosten sind Vollkosten. Der Vollkostencharakter ist unproblematisch, wenn man an das Bestreben des Target Costing denkt, die Kosten eines Produkts moglichst friihzeitig zu beeinflussen. Denn eine vorteilhafte Gestaltung der Kosten sollte sich nicht auf die einem Produkt zurechenbaren Kosten beschranken, sondem alle Kosten umfassen. Anders ist der Vollkostencharakter zu beurteilen, wenn man an den Vergleich der Zielkosten und der Drifting Costs eines Produktes oder seiner Komponenten denkt. Da die Ermittlung der Drifting Costs im Target Costing nicht geregelt ist, sind mehrere Ermittlungsmoglichkeiten denkbar. So kann man die Drifting Costs z.B. mit Hilfe der klassischen Vollkostenrechnung oder der Prozesskostenrechnung bestimmen. Da die klassische Vollkostenrechnung aber zu anderen Produkt-Vollkosten als die Prozesskostenrechnung ftihrt (vgl. dazu noch einmal S. 64ff.), ist die Beurteilung eines Produktes oder seiner Komponenten hinsichtlich Kostensenkungsbedarf oder Spielraum flir Funktionsverbesserungen auch vom Ermittlungsverfahren der Drifting Costs abhangig. Das ist unbefriedigend, weil dadurch der Vergleich der Zielkosten und der Drifting Costs intersubjektiv nicht pruflDar ist.
181
Product Lifecycle Costing
2.4
Product Lifecycle Costing
2.4.1
Grundidee
Das Konzept des Lifecycle Costing wurde zum ersten Mai Anfang der sechziger Jahre in den USA vom United States Department of Defense als Entscheidungshilfe fllr die BeschafRmg von Waffensystemen eingesetzt (vgl. Seldon, 1979, S. Iff., Dhillon, 1989, S. 29ff). Hintergrund war, dass das United States Department of Defense durch gektlrzte Budgets eine Ausgabenanalyse vorgenommen hatte. Diese zeigte, dass ein erheblicher Teil der Ausgaben nicht flir Anschaffiingen anfielen, sondem fur die Instandhaltung und den Betrieb der zuvor beschafften Systeme. Dadurch wurde deutlich, dass bei der Auftragsvergabe fur die Systeme nicht nur deren Anschaffungskosten, sondem auch die zu erwartenden Folgeausgaben aus dem gesamten Lebenszyklus der Systeme relevant und daher bei der Entscheidungsfindung zu beriicksichtigen sind. Spater wurde das Konzept des Lifecycle Costing in den USA auch zur Wirtschaftlichkeitsbeurteilung und Gestaltung komplexer GroBprojekte des industriellen Anlagenbaus eingesetzt. In den USA ist es bei bestimmten offentlichen Auftragen sogar vorgeschrieben (vgl. Pfohl/Wtibbenhorst, 1983, S. 143, Wtibbenhorst, 1984, S. 5 ff, 13 ff). Mittlerweile wird mit diesem Konzept auch die Wirtschaftlichkeit von Produkten analysiert, wie schon an der Bezeichnung Product Lifecycle Costing erkennbar ist. Das Product Lifecycle Costing basiert auf der Erkenntnis, dass ein Produkt Uber seinen gesamten Lebenszyklus hinweg zu Kosten und Erlosen fiihrt. Der Lebenszyklus eines Produktes und die zugehorigen Aktivitaten konnen wie folgt dargestellt werden (vgl. Back-Hock, 1992, S. 706): Entstehungszyklus • Umfeldanalyse, Ideensuche * Altemativenauswahl » Forschung
Marktzyklus
Nachsorgezyklus
B Markteinfiihrung
M Garantie
a Marktdurchdringung
S Wartung, Reparatur
B Marktsattigung
B Entsorgung
8 Marktdegeneration
8 Entwicklung • Vorbereitung von Produktion und Absatz Abb. 44: Lebenszyklus eines Produkts
182
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Entsprechend kann man die Kosten und Erl6se differenzieren (vgl. Back-Hock, 1988, S. 26, Mannel, 1996, S. 74): Entstehungszyklus Vorlaufkosten
Vorlauferlose
Marktzyklus
Nachsorgezyklus
Begleitende Erlose
Folgekosten
Folgeerlose
- technologi- - Subventio- - Einfth- Aktionsersche Vornenfur rungskoslose laufkosten F&E ten (Erst- laufende (F&E) einfuhrimg, Erlose - SteuerverRelaunch) - vertriebligunstigun- Abbauerche Vor- laufende gen durch lose laufkosten Kosten F&E (z.B. - AuslaufkoMarktsten forschung)
- Wartungskosten
- Wartungserlose
- Reparaturkosten
- ReparaturerlOse
- Garantiekosten
- Verwertungserlose aus dem Recycling
- sonstige Vorlaufkosten (z.B. Organisation) - Anpassungs-/Anderungskosten (z. B. Prouktverbesserung)
Begleitende Kosten
- Kosten fur Ausmusterung
- sonstige Erlose - Kosten fiir (z.B. ErEntsorgung satzteilerlose) - Kosten fur Verwertung - sonstige Folgekosten (z.B. Ersatzteilhaltung)
Abb. 45: Lebenszyklusbezogene Kosten- und Erloskategorien Insbesondere die Vorlauf- und die Folgekosten haben in den vergangenen Jahren besondere Bedeutung erlangt (vgl. dazu Mannel, 1996, S. 74). Der Anstieg der Vorlaufkosten resultiert daraus, dass die Untemehmen immer mehr in Forschung, Entwicklung und Konstruktion sowie in die perfekte Vorbereitung der Herstellung investieren miissen, urn durch Qualitat, Mengen- und Termintreue, Innovationskraft und Innovationsgeschwindigkeit ihre Stellung im verscharften und intemationalisierten Wettbewerb behaupten zu konnen. So kann z.B. das Gesamtvolumen der Vorlaufkosten in der Automobilindustrie in die Milliarden € gehen (vgl. Schirmer, 1990, S. 894). Der Anstieg der Folgekosten z.B. fiir Entsorgung und Verwertung - erklart sich nicht zuletzt aus dem gestiegenen Umweltbewusstsein. Die Beachtung des Umweltbewusstseins der Bevolkerung durch die
Product Lifecycle Costing
183
Untemehmen ist bereits zu einem relevanten Wettbewerbsfaktor geworden und wird es immer mehr werden. AuBerdem mtissen die Untemehmen zunehmend gesetzliche Regelungen zum Umweltschutz befolgen. Bisher verrechnen die meisten Untemehmen die Vorlauf- und Folgekosten zu Lasten der Perioden, in denen sie anfallen. Das hat zur Folge, dass „sie als Gemeinkostenbestandteile Produkte belasten, die diesen Kostenanfall mit Sicherheit nicht ausgelost haben. Insofem kommt es zum Ausweis falscher Periodenergebnisse." (Mannel, 1996, S. 74). Um dieses Problem zu losen, braucht man ein Instmment zur mehrperiodigen Planung, Steuemng und Kontrolle der totalen Kosten und Erlose eines Produkts uber dessen gesamten Lebenszyklus. Ein solches Instmment ist das Product Lifecycle Costing. Anders ausgedruckt: Das Product Lifecycle Costing gibt die in der Praxis immer noch praferierte Periodisiemng des Erfolges mit all ihren Problemen auf. Niemand hat das Problem der Periodisiemng eindringlicher beschrieben als Rieger. Er prangert schon 1928 an, dass periodentibergreifende Vorgange im Untemehmen „mit der Riicksichtslosigkeit eine Guillotine" willkiirlich zerschnitten werden und somit Periodisiemngen niemals eine geeignete Gmndlage fur untemehmerische Entscheidungen schaffen konnen (vgl. Rieger, 1928,8.219). Hauptaufgaben des Product Lifecycle Costing sind: H Minimierung der Lebenszykluskosten Dabei setzt das Product Lifecycle Costing vor allem auf die aktive Beeinflussung der Kosten- und Leistungsmerkmale im Entstehungszyklus. Die Notwendigkeit einer fruhzeitigen Kostenbeeinflussung resultiert aus dem Beziehungszusammenhang zwischen Kostenfestlegung und Kostenanfall. Nach einer Untersuchung des Vereins Deutscher Ingenieure (1987, S. 3) besteht eine unverhaltnismaBige Relation zwischen Kostenfestlegung und Kostenanfall: Kostenfestlegung
Kostenanfall
Entwicklung und Konstmktion
70%
6%
Arbeitsvorbereitung und Fertigung
20%
36%
Einkauf und Materialwirtschaft
7%
40 %
Vertrieb und Verwaltung
3%
18%
Bereiche
Abb. 46: Anteile unterschiedlicher Bereiche an Kostenfestlegung und Kostenanfall bezogen auf die Produktselbstkosten „In diesem empirisch bestatigten PhSnomen kommt die diametrale Beziehung zum Ausdmck, dass mit der Konzipierung eines Produkts bzw. einer Produktart und den der Produktion vorgelagerten Aktivitaten - insbesondere Forschung, Entwicklung
184
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
irnd Konstruktion - bereits zu einem groBen prozentualen Anteil die spater wShrend der Realisierungsprozesse anfallenden Kosten festgelegt werden. Im Vergleich dazu ist der in Prozent ausgedruckte Kostenanfall wesentlich geringer." (Zehbold, 1996, S. 47). Zur fruhzeitigen Kostenbeeinflussung gehoren auch Uberlegungen dahingehend, ob und inwieweit eine Kostenerhohung in den Phasen vor der Produkteinftihrung in spateren Lebenszyklusphasen zu Kostensenkungen fiihren konnen. Als Faustregel wird diesbezuglich genannt, dass eine Geldeinheit Kostenerhohung fur Produktkonzeption, -konstruktion und -entwicklung spater acht bis zehn Geldeinheiten im Produktionsund Vertriebsbereich einspart (vgl. Shields/Young, 1991, S. 39). ii Laufende Rentabilitatsermittlung „Actually, ownership costs are meaningless without corresponding measures of system availability and performance over the time." (Womer, 1983, S. 621). Daraus folgt, dass das Product Life Cycle Costing zu einer Ergebnisrechnung erweitert werden muss, die wahrend des gesamten Produktiebenszyklus zu jedem Zeitpunkt die Rentabilitat des Produkts angeben kann (ahnlich Zehbold, 1996, S. 48).
2.4.2
Investitionsorientierter Ansatz
2.4.2.1 RechengroBen Im investitionsorientierten Ansatz des Product Lifecycle Costing werden die Rechengr5Ben Kosten und Erl5se durch die RechengroBen Auszahlungen und Einzahlungen ersetzt. Dahinter stehen folgende Uberlegungen. Kosten werden ublicherweise im Sinne des wertmSBigen Kostenbegriffs definiert. Danach werden Kosten als ii bewerteter H leistungsverbundener M Gtiterverzehr verstanden. Da die meisten Kostenrechnungen kurzfristig ausgerichtet sind, ist den so defmierten Kosten die Periodisierung immanent. Beispiel: Ein Untemehmen hat einen Versicherungsvertrag tiber 12 Monate abgeschlossen. Die JahresprSmie betrSgt 24 000 €. Ublicherweise werden die Kosten des Versicherungsvertrags in der monatlichen Ergebnisrechnung periodisiert, d.h. in jedem Monat werden 1/12 der JahresprSmie - also 2 000 € - als Kosten ausgewiesen. Sowohl der wertmaBige Kostenbegriff, als auch die Periodisierung der Kosten sind in der Vergangenheit vielfach kritisiert worden (vgl. insbesondere Riebel, 1990, z.B. S. 411418). Haupts^chlich ist Folgendes einzuwenden:
Product Lifecycle Costing
185
ii Es muss kein Giiterverzehr vorliegen, damit Kosten entstehen. Das zeigt z.B. die Diskussion iiber den Kostencharakter von Steuem. » Die Bewertung des Giiterverzehrs und damit die Hohe der Kosten ist unbestimmt. Als Bewertungsansatze kommen z.B. Anschaffungspreise, Tagespreise oder Wiederbeschaffungspreise in Frage. ii Durch die Periodisierung der Kosten werden die betrieblichen Vorgange nicht wirklichkeitsnah abgebildet. Dadurch kann es zu Fehieinschatzungen und Fehlentscheidungen kommen. So entsteht im Beispiel des Versicherungsvertrages durch die Periodisierung der falsche Eindruck, dass sich monatlich 2 000 € Versicherungskosten abbauen lassen. Im investitonsorientierten Ansatz des Product Lifecycle Costing spielen diese Probleme keine Rolle. M Die Totalbetrachtung eines Produktlebenszyklus bietet die Moglichkeit, ohne Periodisierung auszukommen. Wozu sollte man in einer Totalbetrachtung z.B. Investitionen in Form von Abschreibungen periodisieren? • Man kommt auch ohne den wertmaBigen Kostenbegriff und seine Probleme aus, weil man das Ergebnis des betrachteten Produktlebenszyklusses einfach durch die Gegeniiberstellung der Ein- und Auszahlungen darstellen kann, die im Zusammenhang mit dem Produkt anfallen. Die Verwendung von Ein- und Auszahlungen als RechengroBen im Product Lifecycle Costing hat erhebliche Vorteile: 9 Ein- und Auszahlungen gehoren zu den originaren RechengroBen. Originare RechengroBen sind solche GroBen, die konkret messbar sind. Neben den Ein- und Auszahlungen gehoren dazu insbesondere noch (vgl. Riebel, 1984, S. 216): > Zahlungsmittelbestand, > Ein- und Ausgaben, > Mengen von Realgutem (z.B. Sachguter). Im Gegensatz zu den abgeleiteten fiktiven RechengroBen - wie den Kosten nach dem wertmaBigen Kostenbegriff - sind originare RechengroBen intersubjektiv nachpriifbar. Durch die Verwendung originarer RechengroBen und die Abkehr von ktinstlichen Abrechnungsperioden ist das investitionsorienterte Product Lifecycle Costing von alien traditionellen Kostenrechnungen am ehesten der Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung nach Riebel verwandt. Auch in der Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung wird mit originaren RechengroBen gearbeitet. Das zeigt sich besonders daran, dass an Stelle des wertmaBigen Kostenbegriffs mit dem entscheidungsorientierten Kostenbegriff gearbeitet wird. Nach dem entscheidungsorientierten Kostenbegriff sind Kosten die durch die Entscheidung tiber ein betrachtetes Objekt ausgelosten zusatzlichen - nicht kompensierten - Ausgaben (Auszahlungen) (vgl.
186
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Riebel, 1990, S. 427). Ebenso wird in der Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnimg die Periodisierung von Kosten abgelehnt. Start dessen werden die Kosten gemSB ihrer zeitlichen Dimension auf die entsprechenden Perioden zxigerechnet. Z. B. wtirde man die Kosten des Versicherungsvertrages auf Grund der 12-monatigen Bindungsdauer als Jahreseinzelkosten bezeichnen und nur einem Jahr oder gr56eren, nicht aber kleineren Zeitabschnitten zuordnen. Die Konsequenz dieser Vorgehensweise ist eine Hierarchie verschiedenster Zeitraume und zugehoriger Kosten, deren Interpretation bzw. Auswertung fur untemehmerische Entscheidungen in der Praxis haufig als zu schwierig angesehen wird. Die kiinstliche Kluft wird geschlossen, die zwischen Kostenrechnung und Investitionsrechnung durch die Verwendung unterschiedlicher RechengroBen besteht. Die Notwendigkeit einer Verknlipfung von Investitions- und Kostenrechnung wird in der Literatur immer wieder betont (vgl. z.B. Riebel, 1990, S. 629-630). Fiir eine Verzahnung sprechen vor allem folgende Aspekte (vgl. Kupper, 1990, S. 253-255): > Sowohl die Investitionsrechnung als auch die Kostenrechnung liefem Informationen fur die Planung und Kontrolle. > Tendenziell untersttitzt die Investitionsrechnung eher den langerfristigen, die Kostenrechnung den kurzfristigen Bereich. Das Kriterium der Fristigkeit erm5glicht aber keine eindeutige Abgrenzung zwischen den Rechnungen, weil der Ubergang zwischen den Planungsfristen flieBend ist. > Da die ubergeordneten Untemehmensziele fmanzwirtschaftlich definiert sind, kann die Kostenrechnung die Wirkungen auf die Zahlungsstrome nicht linger vemachlassigen. > Nur originare RechengroBen stellen eine klare empirische Grundlage fiir Planungs- und Kontrollrechnungen dar.
2.4.2.2 Konzept Investitionen werden i. d. R. durch einen Zahlungsstrom gekennzeichnet, der mit einer Auszahlung beginnt und in spateren Zahlungszeitpunkten Einzahlungen bzw. Einzahlungen und Auszahlungen erwarten lasst. Dabei wird dem zeitlichen Anfall der Zahlungen eine wesentliche Bedeutung beigemessen. Die Bedeutung ergibt sich aus dem Zeitwert des Geldes. Der Zeitwert des Geldes drtickt aus, dass eine „Einzahlung heute" mehr wert ist, als eine „Einzahlung morgen". Das folgt daraus, dass eine „Einzahlung heute" zinsbringend bis morgen angelegt werden kann. Der Zeitwert des Geldes wird in den dynamischen Verfahren der Investitionsrechnung bertlcksichtigt. Mit ihnen konnen Investitionsaltemativen im Hinblick auf mehrperiodige Erfolgsziele wie Kapitalwert, Endwert, Intemer ZinsfiiB o.a. beurteilt werden, die sich aus den ZahlungsgroBen berechnen. Die dynamischen Verfahren der Investitionsrechnung finden auch im investitionsorientierten Product Lifecycle Costing Anwendung, wie das folgende Beispiel zeigt.
187
Product Lifecycle Costing
Anwendungsbeispiel fiir das Product Lifecycle Costing (in Anlehnung an Coenenberg/Fischer/Schmitz, 1994, S. 2 ff): Ausgangsdaten Ein Untemehmen will ein neues Gerat der medizinischen Diagnostik auf dem Markt einfilhren. Das Modell soil laut Planung in einer Kleinserie aufgelegt werden (insgesamt ca. 1 000 Stuck). Es handelt sich um ein Produkt der „oberen Mittelklasse", das sowohl fur groBere Arztpraxen, als auch kleine Krankenhauser konzipiert wurde. Zahlungsreihe Der Zahlungsreihe fur das Produkt in der Stuckzahl 1 000 liegt ein Planungshorizont von 10 Jahren zu Grunde. Folgende Ein- und Auszahlungen (in Mio. €) werden gesch^tzt: Entstehungszyklus Jahr
Nachsorgezyklus
Marktzyklus
s
2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
Einzahlungen (Et)
Verkauf
94
99
87
77
89
Wartung
45
50
57
68
75
18
5
446 64
404
45
Auszahlungen (A.) Entwicklung
11
108
14
18
14
28
12
18
19
22
Herstellung
38
40
35
30
31
174
Vertrieb
20
12
27
15
8
82
Wartung
14
17
25
18
15
Investitionen
Entsorgung Verwaltung
15
15
15
23
23
71
23
23
23
12
8
109
11
11
22
18
18
196 1
_. J
188
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Erlauterungen: ii Der Entstehungszyklus umfasst die Jahre 2004 bis 2006. In ihm fallen nur Auszahlungen und zwar fur Entwicklung, Investitionen und Verwaltung an. If Der Marktzyklus beginnt 2007 und endet 2011. Neben diversen Auszahlungen werden aus dem Verkauf und der Wartung Einzahlungen erzielt. 8 Der Nachsorgezyklus umfasst die Jahre 2012 und 2013. In ihm werden Einzahlungen nur noch durch die Wartung derfiruherabgesetzten Gerate erzielt. Es fallen keine Herstellkosten und keine Vertriebskosten mehr an, sondem nur noch Auszahlungen fur Wartung, Entsorgung und Verwaltung. ii Die Verwaltungskosten sind prozessorientiert ermittelt. Ihr Verlauf erklart sich daraus, dass das Produkt im Entstehungszyklus und im Nachsorgezyklus wesentlich weniger verwaltungstechnische Prozesse in Anspruch nimmt, als im Marktzyklus. Anwendung der Kapitalwertmethode Bei Anwendung der Kapitalwertmethode wird der Zeitwert des Geldes berticksichtigt, indem alle zukiinftigen Ein- und Auszahlungen auf den Zeitpunkt der ersten Zahlung abgezinst (diskontiert) werden. Die abgezinsten Zahlungen werden als Barwerte bezeichnet. Die Abzinsung erfolgt mit einem Zinssatz, der die gewlinschte Mindestverzinsung der Investition darstellt (Kalkulationszinssatz). In der Investitionsrechnung wird als gewunschte Mindestverzinsung meist der Zinssatz angesetzt, den der Investor flir Fremdkapital entrichten muss bzw. der ihm entgeht, wenn er zu Gunsten der Investition auf eine alternative Geldanlage verzichtet. Charakteristisch fiir die Kapitalwertmethode ist auUerdem die Annahme, dass die wahrend der Lebensdauer anfallenden Einzahlungsiiberschtisse zum KalkulationszinsfuB angelegt werden konnen (Wiederanlagepramisse). Im Beispiel wu*d mit einem Kalkulationszinssatz i = 12 % gerechnet. Der Kapitalwert (K) einer Investition ist die Differenz aus der Summe der Barwerte aller Einzahlungen (Et) und der Summe der Barwerte aller Auszahlungen (AJ, beide bezogen auf den Zeitpunkt der ersten Zahlung. Anders ausgedrtickt ist der Kapitalwert die Summe der auf den Zeitpunkt der ersten Zahlung abgezinsten Einzahlungsuberschusse / -unterdeckungen der Perioden:
K - Z w E t ( l + i ) - ^ 2 ^ At(l+i)-^ t=0 t=0 bzw. n
K - Z (Et-At)(l+i)t=0 (1 + i) = Abzinsungsfaktor
Product Lifecycle Costing
189
Ermittlung des Kapitalwertes i = 12 %
2004
2005
2006
2007
2008
Einzahlungen (E.) Verkauf
94
99
Warning
45
50
Auszahlungen (At)
Entwicklung
11
14
18
14
28
12
18
19
22
Herstellung
38
40
Vertrieb
20
12
Wartung
14
17
Investitionen
Entsorgung 15
15
15
23
23
(EfA,) nominal
-26
-41
-51
+ 11
+7
nominal kumuliert
-26
-67
-118
-107
-100
(E,-A,) diskontiert
-26
-36,61
- 40,66
+ 7,83
+ 4,45
diskontiert kumuliert
-26
-62,61
- 103,27
- 95,44
- 90,99
Verwaltung
190
i = 12 %
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
2009
2010
Verkauf
87
77
89
Wartung
57
68
75
18
5
2011
2012
2013
I
Einzahlungen (E.) 446 64
45
404
Auszahlungen (A.) Entwicklimg
108 71
Investitionen Herstellung
35
30
31
174
Vertrieb
27
15
8
82
Wartung
25
18
15
Entsorgung Verwaltxing
12
8
109
11
11
22
23
23
23
18
18
196
(E,-At) nominal
+ 16
+ 54
+ 87
+ 23
+8
+ 88
nominal kumuliert
-84
-30
+ 57
+ 80
+ 88
+ 88
+ 9,08
+ 27,36
+ 39,35
+ 9,29
+ 2,89
- 3,02
-81,91
- 54,55
- 15,20
-5,91
-3,02
- 3,02
(E,-At) diskontiert diskontiert kumuliert
Product Lifecycle Costing
191
Erlauterungen: 1 Die Werte der Zeile „(Et - At) nominal" ergeben sich, wenn man fur jedes Jahr die Differenz zwischen den Ein- und Auszahlungen bildet. W Die Werte der Zeile „nominal kumuliert" ergeben sich, indem man die Ein- bzw. Auszahlungstiberschtisse der einzelnen Jahre addiert. Beispiel: Der Wert des Jahres 2010 ergibt sich aus der Addition von - 26 + - 41 + - 51 + 11 + 7 + 16 4-54 = -30. H Die Werte der Zeile „(Et - At) diskontiert" ergeben sich, indem man die Ein- bzw. Auszahlungstiberschtisse der Jahre mit 12% p. a. abzinst. Beispiel: Der Wert des Jahres 2010 ergibt sich aus 54(1+0,12)"^ = + 27,36 ii Die Werte der Zeile „diskontiert kumuliert" ergeben sich, indem man die diskontierten Ein- bzw. Auszahlungstiberschtisse der einzelnen Jahre addiert. Beispiel: Der Wert des Jahres 2010 ergibt sich aus der Addition von - 26 + - 36,61 + - 40,66 + 7,83 + 4,45 + 9,08 + 27,36 = - 54,55 ti Der Kapitalwert des Produkts ergibt sich aus der Summe der diskontierten Ein- bzw. Auszahlungstiberschtisse der einzelnen Jahre bzw. unmittelbar aus den diskontierten kumulierten Ein- bzw. Auszahlungstiberschtissen. Er betr^gt im Beispiel - 3,02. Ein negativer Kapitalwert bedeutet, dass das Produkt uber seinen Lebenszyklus die gewunschte Mindesverzinsung nicht erreicht. Welche konkrete Verzinsung das Produkt erbringt, lasst sich mit Hilfe der Intemen ZinsfuBmethode ermitteln.
192
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Anwendung der Internen Zinsfufimethode Der interne ZinsfiiB einer Investition gibt an, mit welchem Prozentsatz sich das investierte Kapital im Jahr verzinst. Es ist der Zinssatz, bei dem der Kapitalwert einer Investition Null ist. Dementsprechend ergibt sich der interne ZinsfuB, indem man die Formel fur den Kapitalwert gleich Null setzt
(Et.At)(l+r)-^ t=0
und nach r aufl5st (r steht hier an Stelle von i, weil mit einem Kapitalwert von Null der Zinssatz determiniert ist). Eine nahere Betrachtung der Formel macht schnell deutlich, dass der interne ZinsfuB nicht so einfach wie der Kapitalwert zu ermitteln ist. Das Hauptproblem fiir das Anwendungsbeispiel zum Product Lifecycle Costing besteht darin, dass eine Gleichung zu losen ist, in der der gesuchte Wert in einer hoheren Potenz auftritt und die Zahlungsreihe keine gleichmaBigen RlickflUsse tiber die Zeit aufweist. In solchen Fallen ist keine exakte, sondem nur eine naherungsweise Ermittlung des internen ZinsfuBes moglich. Hier wird der interne ZinsfuB mit Hilfe einer linearen Interpolation bestimmt. Ermittlung des internen ZinsfuBes des Produkts durch lineare Interpolation Rechenschritte: 1. Zu zwei Versuchszinssatzen ri und r2 werden die dazugehorigen Kapitalwerte Ki und K2 bestimmt. Die Kapitalwerte sollten unterschiedliche Vorzeichen haben. 2. Die erste NSherungslosung wird wie folgt bestimmt: K, rj = r, +
• (r2-ri) Ki - K2
3. Die weiteren Naherungslosungen werden analog ermittelt. Ki 14-11 +
•
Ki -K3 r5.n analog
(1*3-ri)
Product Lifecycle Costing
193
zu 1. Zwei Versuchszinssatze und zwei Kapitalwerte Aus der Kapitalwertberechnung ist bekannt, dass bei einem KalkulationszinsfuB von 12% (= r2) der Kapitalwert - 3,02 (= K2) betragt. Demzufolge muss ein Zinssatz (= rO, bei dem ein positiver Kapitalwert (= Ki) entsteht, kleiner als 12% sein. Versuchszinssatz ri = 11,3%. 41
51
1,113
1,238769
K, = - 26 -
Ki = - 26 - 36,84 - 41,17 + 7,98 + 4,56 + 9,37 + 28,41 + 41,12 + 9,77 + 3,05 = 0,25. Da sich bei ri = 11,3% ein positiver und bei Y2 = 12% ein negativer Kapitalwert ergibt, liegt der interne ZinsfuB des Produkts zwischen 11,3% und 12%. zu 2. Erste Naherungslosung 0,25 r3= 0,113 +
(0,12-0,113) 0,25 + 3,02
r3= 11,3535% 41
51
1,113535
1,23996019622
K3= -26
+
K3 = - 26 - 36,82 - 41,13 + 7,97 + 4,55 + 9,35 + 28,33+ 40,98 + 9,73 + 3,04 = 0. Ergebnis: Im vorliegenden Fall ergibt sich schon aus der ersten Interpolation der interne ZinsfuB des Produkts mit 11,3535%), d.h. das Produkt verzinst sich jahrlich mit 11,3535%). Die gewunschte Mindestverzinsung in Hohe von 12% wird also nicht erreicht. Simulation zur Verbesserung der Rentabilitat des Produkts Aufbauend auf der Faustregel, dass eine Geldeinheit Kostenerhohung fur Produktkonzeption, -konstruktion und -entwicklung spater acht bis zehn Geldeinheiten im Produktionsund Vertriebsbereich einspart (vgl. Shields/Young, 1991, S. 39), kann man folgende Simulationsrechnung zur Verbesserung der Rentabilitat des Produkts anstellen:
194
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
variierte Zahlungsreihe: Entstehungszyklus Jahr
Marktzyklus
Nachsorgezykius
2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
I
Einzahlungen (E.) Verkauf
94
99
87
77
89
Wartung
45
50
57
68
75
446 64
45
404
Auszahlungen (A.) Entwicklung
11 + 1= 12
Investitionen
14
18
14
28
12
18
19
22
18
109
5
71
Herstellung
40 35 30 31 38 -1 = -1 = - 1 = - 1 = -1 = 37 39 29 30 34
Vertrieb
27 15 8 12 20 -1 = - 1 = -1 = -1 = - 1 14 7 11 26 19 14
Wartung
17
25
18
15
Entsorgung Verwaltung
15
15
15
23
23
23
23
23
169
77 12
8
109
11
11
22
18
18
196
Product Lifecycle Costing
195
Aus dieser Zahlungsreihe ergibt sich bei einer Abzinsung wiederum mit der gewUnschten Mindestverzinsung in Hohe von 12% folgender Kapitalwert: Ermittlung des Kapitalwertes i = 12 %
2004
2005
2006
2007
2008
Einzahlungen (E.) Verkauf
94
99
Wartung
45
50
Auszahlungen (At)
14
18
14
28
12
18
19
22
Herstellung
37
39
Vertrieb
19
11
Wartung
14
17
Entwicklung
12
Investitionen
Entsorgung 15
15
15
23
23
-27
-41
-51
+ 13
+9
nominal kumuliert
-27
-68
-119
-106
-97
(E,-A,) diskontiert
-27
-36,61
- 40,66
+ 9,25
+ 5,72
diskontiert kumuliert
-27
- 63,61
-104,27
- 95,02
-89,30
Verwaltung (EfA,) nominal
196
i = 12 %
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
2009
2010
2011
2012
2013
E
Einzahlungen (E.) Verkauf
87
77
89
Wartung
57
68
75
18
5
446 64
45
404
Auszahlungen (A.) Entwicklung
109 71
Investitionen Herstellung
34
29
30
169
Vertrieb
26
14
7
77
Wartung
25
18
15
Entsorgung Verwaltung (EfA,) nominal nominal kumuliert
12
8
109
11
11
22
23
23
23
18
18
196
+ 18
+ 56
+ 89
+ 23
+8
+ 97
-79
-23
+ 66
+ 89
+ 97
+ 97
(EfA,) diskontiert
+ 10,21
+ 28,37
+ 40,26
+ 9,29
+ 2,89
+ 1,72
diskontiert kumuliert
- 79,09
- 50,72
- 10,46
-1,17
+ 1,72
+ 1,72
Ergebnis: Bereits die Erh5hung der Entwicklungskosten um 1 Million € in 2001 ftihrt bei der Annahme, dass im Produktions- und Vertriebsbereich Kosteneinsparungen in Hohe von 10 Millionen € moglich sind, zu einem positiven Kapitalwert des Produkts in Hohe von 1,72 Millionen €. Ein positiver Kapitalwert bedeutet, dass eine hohere Verzinsung als die gewUnschte Mindestverzinsung - hier 12% - erreicht wird. Das Produkt ist jetzt also vorteilhaft. Die tatsachliche Verzinsung des Produkts lasst sich wieder mit Hilfe der Intemen ZinsfiiBmethode durch lineare Interpolation ermitteln.
197
Product Lifecycle Costing Interne ZinsfuBmethode
Nach diversen Interpolationen ergibt sich als intemer ZinsfiiB des Produkts 12,3645%. 41
51
K= -27 1,123645
1,26257808602
K = - 27 - 36,49 - 40,39 + 9,16 + 5,65 + 10,05 + 27,82+ 39,35 + 9,05 + 2,80 = 0. Neben der von Shields/Young (1991, S. 39) aufgestellten Faustregel kann man sich weitere Regeln bei der Simulation zur Verbesserung der Rentabilitat eines Produktes zu Nutze machen. So zeigt z.B. die folgende Abbildung eine Studie der Elektroindustrie 0ber die Fehlerkostenprogression (vgl. Br5ckelmann, 1995, S. 57):
Entwicklung/Fertigungsplanung
Beschaffiing
Fertigung
Kunde
Hersteller -, 10€
!,-€
Nutzung
10,-€
100,-€
ein Fehler kostet in unterschiedlichen Phasen Abb. 47: Fehlerkostenprogression „Die Fehlerkostenprogression zeigt, dass durch eine fruhzeitige Fehlererkennung eine tausendfache Kosteneinsparung (bzw. Kostenvermeidung) erfolgen kann. Werden nun Mittel fur das Qualitatsmanagement zu einem sehrfrUhenZeitpunkt des Qualitatskreises eingesetzt, dann kann ttber die Hebelwirkung der Fehlerkostenprogression eine starke Minimierung bei den Fehlerkosten realisiert werden." (Br5ckelmann, (1995, S. 57)
198
2.4.3
Instrumente des strategischen Kostemnanagement
Deckungsbeitragsorientierter Ansatz
Der deckungsbeitragsorientierte Ansatz beruht im Wesentlichen auf Mannel (vgl. dazu Mannel, 1996, S. 74-78).
2.4.3.1 Rechengrofien Da Mannel ein entschiedener Kritiker des wertmafiigen Kostenbegriffs ist (vgl. Mannel, z.B. 1993, S. 74-75), kann man die in diesem Ansatz verwendeten Kosten im Sinne des entscheidungsorientierten Kostenbegriffs interpretieren. Insofem ergibt sich bei den Rechengrofien materiell kein Unterschied zu den Auszahlungen im investitionsorientierten Konzept.
2.4.3.2 Konzept Auch das deckungsbeitragsorientierte Konzept verzichtet auf die Periodisierung, indem es alle uber den Lebenszyklus des Produkts anfallenden Kosten und Erl5se einander gegentiberstellt. Im Unterschied zum investitionsorientierten Ansatz wird jedoch - wie generell in der Kostenrechnung - auf eine Diskontierung verzichtet, d.h. der Zeitwert des Geldes bleibt unberucksichtigt. Die Grundstruktur des Konzepts verdeutlicht die folgende Abbildung (vgl. dazu Mannel, 1996, S. 75-76, Zehbold, 1996, S. 49-51):
199
Product Lifecycle Costing
Kosten, Erlose, Ergebnis
Erlose, proportionale Kosten, fixe Kosten, Deckungsbeitrage
Produktlebenszyklus
Deckungsbeitrag 4. Jahr
Deckungsbeitrage, Vorleistungskosten, Nachleistungskosten
Produktions- und Vermarktungsphase
Ergebnis
Amortisationszeitpunkt •
Produktions- und Vermarktungsphase
Abb. 48: Produktlebenszyklusbezogene Deckungsbeitragsrechnung als Fortfuhrung periodischerDeckungsbeitragsrechnungen
200
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
ErlSuterungen: H Obere Graphik In der oberen Graphik werden die Kosten und Erlose so ausgewiesen, wie sie im Zeitablauf des Produktlebenszyklusses anfallen. Dabei wird von Folgendem ausgegangen: > Sowohl in der Vorlauf-, als auch in der Nachlaufphase fallen nur Kosten, aber keine Erl5se an. > In der Produktions- und Vermarktungsphase entstehen im Zusammenhang mit dem Produkt sowohl fixe als auch variable Kosten. Zu den fixen Kosten gehoren z.B. ein Teil der Hilfslohne oder kalkulatorische Zinsen. Die fixen Kosten werden vereinfachend als periodische Gesamtkostenbl5cke ausgewiesen. Die variablen Kosten werden vereinfachend als mengenproportional angesehen. Zu den variablen Kosten gehoren z.B. die Materialeinzelkosten des Produkts. > Den kumulierten Kosten der Vorlauf-, Produktions- und Vermarktungsphase sowie der Nachlaufphase stehen die kumulierten Erlose aus dem Verkauf des Produkts gegentiber. Sie fallen entsprechend allein in der Produktions- und Vermarktungsphase an und werden vereinfachend als mengenproportional angesehen. Die in der oberen Graphik aufgebaute Produktlebenszyklusrechnung weist jedoch zwei Nachteile auf: 1. Sie informiert nicht direkt uber die Deckungsbeitrage, die von dem Produkt in den einzelnen Jahren der Produktions- und Vermarktungsphase erwirtschaftet werden. Dabei wird der Deckungsbeitrag eines Jahres wie folgt defmiert: ( Preis (€/Stuck) - variable Kosten (€/Stuck)) X
Absatzmenge im Jahr (Sttick/Jahr)
./.
jahresbezogener Fixkostenblock (€/Jahr) Deckungsbeitrag des Produkts /Jahr (C/Jahr)
2. Sie lasst den Amortisationszeitpunkt der Vor- und Nachleistungskosten nicht erkennen. Daher schlieCen sich an die obere Graphik zwei weitere Graphiken an.
Product Lifecycle Costing
201
H Mittlere Graphik Die mittlere Graphik zeigt die Deckungsbeitrage des Produkts je Jahr der Produktions- und Vermarktungsphase, indem sie in jedem Jahr die erzielten Erlose den jahresspezifischen Fixkosten zuztiglich den variablen Kosten des Produkts je Jahr gegenuberstellt. Die mittlere Graphik stellt also eine periodische, produktbezogene Deckungsbeitragsrechnung dar. fi Untere Graphik Die untere Graphik addiert zunachst die Vor- und Nachleistungskosten aus der oberen Graphik und weist diese Kostensumme als „Deckungslast" fur die Jahre der Produktions- und Vermarktungsphase aus. Die Deckungslast einer Periode - hier der Produktions- und Vermarktungsphase - umfasst den Anteil von Kosten, der der Periode zwar nicht spezifisch zurechenbar ist, aber gleichwohl durch die Deckungsbeitrage der Periode abgedeckt werden soil (vgl. dazu z.B. Riebel, 1990, S. 707). Die Abdeckung der Deckungslast wird durch die Gegentiberstellung mit den kumulierten Deckungsbeitragen aus der mittleren Graphik verfolgt. Fiir das Beispiel wird deutlich, dass sich die Vor- und Nachleistungskosten des Produkts erst in der ersten Halfte des vierten Jahres der Produktions- und Vermarktungsphase amortisieren. Dass heiBt, dass das Produkt ab diesem Zeitpunkt einen Reingewinn erzielt. H Totalgewinn (Ergebnis) Der Totalgewinn des Produkts ist in der oberen und unteren Graphik gleich hoch. Allerdings wird er in der oberen Graphik ermittelt, indem die totalen Erlose den totalen Kosten gegenubergestellt werden. Dagegen ergibt er sich in der unteren Graphik, indem die Deckungsbeitrage der Produktions- und Vermarktungsphase den kumulierten Vor- und Nachleistungskosten gegentibergestellt werden. H Anwendungsnutzen Auch die Vertreter des deckungsbeitragsorientierten Ansatzes sehen die besondere Bedeutung ihrer Lebenszyklusrechnung nicht darin, den Erfolg eines Produkts liber den gesamten Produktlebenszyklus zu ermitteln. „Das letztendlich auflaufende Produktlebenszyklusergebnis ist zwar keineswegs eine unwichtige Information, als Istergebnis hat es jedoch vor allem bei relativ langen Produktlebenszyklen keinen besonders hohen Wert." (Mannel, 1996, S. 75). Besondere Bedeutung wird der Produktlebenszyklusrechnung dagegen in denfrUhenPhasen des Produktlebenszyklusses zugeschrieben, well in diesem Stadium eine noch weitreichende Moglichkeit zur Einflussnahme auf die Erfolgsvariablen besteht. Strategische Entscheidungen, die in den frlihen Phasen des Produktlebenszyklus getroffen werden mussen, profitieren von der rechnerischen Antizipation der gesamten Erfolgsauswirkungen im Produktlebenszyklus (vgl. z.B. Zehbold, 1996, S. 51). Zu diesen Entscheidungen geh5ren z.B, die > grundsatzliche Frage nach der Aufiiahme eines Produkts in das Produktprogramm, > langfristige Preispolitik.
202
2,4.4
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Kritische Wiirdigung
Als wesentliche Vorteile des Product Lifecycle Costing sind insbesondere zu nennen: K Das Product Lifecycle Costing fuhrt zu einer periodeniibergreifenden und damit wirklichkeitsnahen Abbildung der Ein- und Auszahlungen bzw. der Erlose und Kosten. Damit werden Ergebnisverf^lschungen vermieden, wie sie in der traditionellen Kostenrechnung durch folgendes Vorgehen entstehen: Verrechnung der Vor- und Nachleistungskosten zu Lasten der Perioden, in denen sie anfallen. Diese Verrechnunsmodalitat hat zur Folge, dass die Vor- und Nachleistungskosten als Gemeinkostenbestandteile die Produkte belasten, die diese Kosten gar nicht ausgelost haben. » Das Product Lifecycle Costing unterstutzt strategischer Entscheidungen in den fruhen Phasen des Produktlebenszyklusses. Dadurch wird eine Verbesserung des Produkterfolgs liber den gesamten Lebenszyklus moglich. Die traditionelle Kostenrechnung eroffiiet diese Moglichkeit nicht, weil sie periodenbezogen und statisch ausgelegt ist. » Das investitionstheoretische Konzept ist dem deckungsbeitragsorientierten Ansatz insofem Uberlegen, als es den Zeitwert des Geldes durch Diskontierung berucksichtigt und die Kluft zwischen Kostenrechnung und Investitionsrechnung schlieBen hilft. H Der deckungsbeitragsorientierte Ansatz ist dem investitionsorientierten Ansatz insofem uberlegen, als er die ublicherweise von der Kostenrechnung erwarteten Informationen - z. B. uber periodenbezogene Deckungsbeitrage - liefem kann. Der Hauptnachteil des Product Lifecycle Costing besteht darin, dass die zur Unterstutzung strategischer Entscheidungen in den fruhen Phasen des Produktlebenszyklus notwendige Antizipation der gesamten Erfolgsauswirkungen eines Produkts uber dessen Lebenszyklus mit verschiedenen Unsicherheiten belastet ist: ii So greift man bei der Planung der Ein- und Auszahlungen bzw. der Erlose und Kosten m der Produktions- und Vermarktungsphase haufig auf den in der MarketingLiteratur gebrauchlichen Produktlebenszyklus (vgl. dazu z.B. Wohe, 1996, S. 645646) zurtick. Nach diesem Produktlebenszyklus teilt sich die Produktions- und Vermarktungsphase ihrerseits in fiinf weitere Phasen auf > die Phase der Einfuhrung des Produkts, > die Wachstumsphase, > die Reifezeit, > die Sattigung, > die Degeneration bis zum Tod des Produkts. Nach diesem Konzept wirkt jede Phase anders auf die Ein- und Auszahlungen bzw. Erlose und Kosten des Produkts. So laufen z.B. in der Einfuhrungsphase die Einzahlung bzw. Erl5se des Produkts nur langsam an, wahrend die Auszahlungen bzw. Kosten fur Vertrieb besonders hoch sind. Dagegen steigen die Einzahlungen bzw. Erlose
Product Lifecycle Costing
___^
?21
in der Wachstumsphase sprunghaft an. In der Reifephase steigen die Auszahlungen bzw. Kosten fur Verpackungspolitik und Verkaufsforderung, dagegen k5nnen die Auszahlungen bzw. Kosten fur die Herstellung durch Lemkurveneffekte deutlich sinken. Das Problem besteht nun darin, dass sich die dem Produkt-Lebenszyklus zu Grunde liegende Vorstellung vom Werden und Vergehen nicht generell halten iSsst (vgl. dazu schon DhallaA'uspeh, 1976). Ein Produkt ist kein Mensch oder Tier, das zwangsl^ufig die Phasen Geburt - Wachstum - Reife - Alter - Tod durchlauft. Es gibt eine Ftille von Beispielen, die andere Verl^ufe dokumentieren. > So gab es in Deutschland beim elektronischen Haustier „Tamagochi" praktisch keine Einfuhrungsphase - das Produkt ging sofort in die Wachstumsphase. Ebenso abrupt war es anschliefiend wieder vom Markt verschwunden. > Der Motorroller „Vespa" schien schon gestorben, als er dank ModemisierungsmaBnahmen eine Reinkamation erlebte. > Andere Produkte scheinen eine nicht enden wollende Reifephase zu durchleben. Gute Beispiel dafur sind schottischer Whiskey oder bestimmte franzosische Parfums. Das hat zur Folge, dass die in der Planung typischerweise unterstellten Verlaufe von Ein- und Auszahlungen bzw. Erlose und Kosten nicht eintreten mtissen. ffl Sieht man von dem Problem ab, dass Ein- und Auszahlungen bzw. Erlose und Kosten in der Produktions- und Vermarktungsphase nicht typisch verlaufen mussen, besteht ein weiteres - allerdings nicht systemimmanentes - Planungsproblem. Es ergibt sich daraus, dass grundsatzlich Unsicherheit tiber die Hohe der Ein- und Auszahlungen bzw. Erlose und Kosten im Verlauf des Lebenszyklus besteht. Dies gilt umso mehr, je langer der Lebenszyklus ist (vgl. dazu Pfohl/Wiibbenhorst 1983, S. 150). Im Hinblick auf die Realisierung des Product Lifecycle Costing sind auch folgende Aspekte zu beachten: » Die Konzeption des Product Lifecycle Costing ist nur mit einer ad^quaten EDVtechnischen Unterstutzung zu realisieren. Die Prognose, Simulation und Planung von Produktlebenszyklusergebnissen erfordert den Einsatz eines leistungsstarken Management-Informations-Systems (MIS). Eine einheitliche Datenbasis (Data Warehouse, vgl. dazu Hannig, 1996, S. 1-3), die allerdings uber mehrere Jahre zusammengeflihrt werden muss, ist eine vielversprechende Grundlage fur den Aufbau eines EDV-gestiitzten, lebenszyklusbezogenen Produkt-Controlling. ii Da das Product Lifecycle Costing den GroBteil seiner Informationen aus den technischen Bereichen eines Untemehmens bezieht, ist eine intensive Zusammenarbeit zwischen Betriebswirtschaftslehre und Ingenieurwissenschaflten erforderlich, um Schnittstellenprobleme m5glichst friihzeitg zu unterbinden. Wie im Target Costing, ist also auch beim Product Lifecycle Costing der Einsatz interdisziplinSr besetzter Teams erforderlich.
204
2.4.5
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Integration von Target Costing, Product Lifecycle Costing und Prozesskostenrechnung
Ein wesentliches Charakteristikum der Zielkosten ist, dass sie auf die gesamte Lebensphase eines Produkts bezogen sind, d.h. alle Kosten des Produkts von den Entwicklungskosten bis bin zu den Entsorgungskosten vorgeben. Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, M die Einhaltung der Zielkosten uber die Lebensphasen des Produkts zu verfolgen, « die Entwicklung des Produkterfolgs tiber die Lebensphase zu verfolgen, um bei problematischen Entwicklungen moglichst fruhzeitig AnpassungsmaBnahmen ergreifen zu konnen. Datenlieferant zur Kontrolle der Zielkosten sowie des Produkterfolgs muss eine mehrperiodig angelegte Rechnung sein. Daher bietet es sich an, das Product Lifecycle Costing zur Unterstutzung des Target Costing heranzuziehen. Beriicksichtigt man auCerdem, dass die Drifting Costs des Produkts immer haufiger mit Hilfe der Prozesskostenrechnung ermittelt werden, bietet sich dariiber hinaus eine prozessorientierte Ausgestaltung des Product Lifecycle Costing an. Wie eine solche Integration von Target Costing, Product Lifecycle Costing und Prozesskostenrechnung aussehen kann, beschreibt die Fallstudie V. Fallstudie V: Kombination von Target Costing, Product Lifecycle Costing und Prozesskostenrechnung (Die Daten fur das Target Costing sind angelehnt an Coenenberg/Fischer/Schmitz, 1994, S. 2-14). Einem Untemehmen der Medizintechnik liegt ein Auftrag fiir eine Spezialanfertigung eines Gerats zur medizinischen Diagnostik vor. Das GerSt erftillt folgende Funktionen und weist folgende Produktkomponenten auf:
Product Lifecycle Costing
205
Funktionen
Produktkoinponenten
Fi: Raumbedarf
Ki! Magnet
F2: Patientendurchsatz
K2: Electronic Cabinet
F3: Bildqualitat
K3: Patientenliege
F4: Montagezeit
K4: Systemkomponenten
F5: 3 D - Akquisition
K5: Gradientenspule
F6: Zuverlassigkeit
K6: Hochfrequenz-Kabine
F7: Bedienbarkeit
K7: Montage/Installation (beim Kunden)
j
Ein Gerat mit diesen Funktionen und Produktkomponenten darf aus Sicht des Kunden nicht mehr als 400 000 € kosten. Im Ralimen seines Kostenmanagement betreibt das Untemehmen Target Costing und ein prozessorientiertes Product Lifecycle Costing, um tiber die Auftragsannahme entscheiden zu konnen. ErfahrungsgemaB treten im Untemehmen Zielkostenuberschreitungen haufiger bei den Herstellkosten auf. Folglich ermittelt das Untemehmen - vergleichbar mit dem Vorgehen der Papierfabrik Montclair (vgl. S. 121) - nicht nur die Zielkosten des Gerats insgesamt, sondem auch die Ziel-Herstellkosten. Bei einer geplanten Umsatzredite von 5% ergeben sich als Zielkosten des Gerats: Zielpreis ./.
angestrebter Gewinn (bei 5% Umsatzrendite)
=
Zielkosten
400 000 € 20 000 € 380 000 €
Von den Zielkosten werden alle Kosten abgezogen, die der Herstellung nicht zurechenbar sind. Das Residuum sind die Ziel-Herstellkosten:
206
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
=
Zielkosten
./.
Entwicklungskosten
50 000 €
./.
MarketingA^ertrieb
4 000 €
./.
Verwaltung
16 000 6
./.
Wartung/Reparatur
10 000 €
=
Ziel-Herstellkosten
380 000 €
300 000 €
Die Ziel-Herstellkosten werden mit den erwarteten Herstellkosten des Gerats verglichen. Sie werden auf der Basis von Erfahrungswerten unter Zuhilfenahme der Prozesskostenrechnung kalkuliert. Im Einzelnen ergeben sich folgende Kosten: Herstellkosten Materialeinzelkosten + Fertigungseinzelkosten einschlieBlich der Montage beim Kunden + Sondereinzelkosten der Fertigung + anteilige Gemeinkosten der direkten Bereiche
Spezialanfertigung 160 000 6 90 000 e 4 000 € 30 000 €
+ Prozesskosten der indirekten Bereiche ii Beschaffung
8 000 €
M Lager/Logistik
10 000 €
H Fertigungs-ZMontageauftragssteuerung
12 000 6
= erwartete Herstellkosten
314 000 €
Product Lifecycle Costing
207_
Der Kostensenkungsbedarf betragt demnach
Ziel-Herstellkosten
300 000 €
./.
erwartete Herstellkosten
314 000 €
=
Kostensenkungsbedarf
14 000 €
wenn man davon ausgeht, dass die der Herstellung nicht zurechenbaren Kosten eingehalten werden. Weiterhin geht das Untemehmen in seiner Planung von folgenden Daten aus: H Die Entwicklungs- und Konstruktionszeit wird mit einem Jahr veranschlagt. Es wird erwartet, dass in der Entwicklungs- bzw. Konstruktionszeit KostensenkungsmaBnahmen erarbeitet werden konnen, die die Herstellkosten urn 14 000 € senken. Das Untemehmen geht also davon aus, dass die Zielkosten eingehalten werden k5nnen. M Das Gerat wird im zweiten Jahr seines Lebenszyklusses produziert und abgesetzt. Ji Der Nachsorgezyklus wird mit 5 Jahren veranschlagt, in denen Wartung und Reparaturen anfallen. Beim Nachsorgezyklus handelt es sich um einen Garantiezyklus, d.h. in diesem Zeitraum kann nicht mit Erlosen gerechnet werden. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Wartungs- und Reparaturkosten gleichmaliig auf den Nachsorgezyklus verteilen. H Die dem Produkt zugeordneten Verwaltungskosten betragen pro Jahr 2 000 €, mit Ausnahme des Produktions- und Absatzjahres. In diesem Jahr werden sie mit 4 000 € veranschlagt, well durch die Spezialanfertigung dieser Zeitraum verwaltungsintensiver als die anderen Jahre ist. Auf der Grundlage der vorgenannten Planungsdaten kann die Lebenszyklusrechnung in to z.B. wie folgt aussehen:
208
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Kosten/Erlos in T€ 400-
Umsatzrendite bei 20 T€ Gewinn = 5 %
380-
Rep.AV. Verw.
376372-
ReD./W. Verw.
Erlos
Rep./W. Verw.
368-
Rep./W, Verw.
364-
Rep.AV. Verw.
360Vertrieb 356-
HerstellKosten
i 56 H
Verw.
52 Entwick Einbindung der Mitarbeiter, > Benchmarking, > QuaHtatsverbesserungsprozess zusammensetzte. Neu und von besonderer Bedeutung war vor allem das Benchmarking. H Definitionen Benchmark Unter einem Benchmark versteht man einen VergleichsmaBstab bzw. eine Richt-/OrientierungsgroIJe. Benchmarking Unter Benchmarking versteht man einen kontinuierlichen, systematischen Prozess, in dem grundsatzHch alles Beobachtbare und Messbare mit korrespondierenden Grofien anderer Untemehmen oder anderer Untemehmensbereiche verglichen wird. Ziel dieses Vergleichs ist die Offenlegung von Leistungsdifferenzen und die Gewinnung von Informationen, mit denen das eigene Untemehmen bzw. der eigene Bereich seine relative Position verbessem kann. Die Kontinuitat des Benchmarking impliziert, dass nach jeder erfolgreichen Umsetzung weitere Verbessemngspotenziale gesucht werden. In diesem Sinne ist Benchmarking auch als erster Entwicklungsschritt auf dem Weg zu einer lemenden Organisation aufzufassen (zu einer lemenden Organisation vgl. z.B. Kremin-Buch/Unger/Walz, 2000). Benchmarking richtet sich nicht nur auf marktnahe Bereiche wie z.B. die Produktgestaltung, sondera auch auf die innerbetriebliche Leistungserstellung. Insofem geht Benchmarking weiter als die klassische Konkurrenten- bzw. Wettbewerbsanalyse. Benchmarking ist insbesondere in den
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
228
USA von hoher Bedeutung. So ist dort z.B. die Vorlage von Benchmarking-Untersuchungen eine Voraussetzung zur Erlangung eines Staatsauftrags (vgl. Serfling/Schultze, 1997a, S. 71). Aber auch in Deutschland fordem immer mehr Kunden (z.B. die IBM Deutschland) von ihren Zulieferern die Prasentation von Benchmarking-Studien. Benchmarking-Objekte Benchmarks konnen inhaltlich sehr unterschiedlich sein. Haufig werden monetSre oder nicht monetare Kennzahlen als Benchmarks verwendet. Beispiele: Monetare Kennzahlen
Nicht monetare Kennzahlen
9 Kosten im Verhaltnis zum Umsatz
M Lieferzeiten
H Umsatzrentabilitat
S Durchlaufzeiten
M Umsatz pro Mitarbeiter
» AnzahlFehler
» Logistikkosten
« Anzahl Reklamationen
» Prozesskosten
• Anzahl Zwischenlager
9 Cash Flow
•
Umschlagshaufigkeit
Abb. 53: Beispiele fur Benchmarks Aber auch das fertige Produkt, die angebotene Dienstleistung oder Arbeitsprozesse konnen Benchmarks sein. Arten des Benchmarking Man kann Benchmarking nach verschiedenen Kriterien unterscheiden, namlich nach > dem Benchmarking-Objekt in: Prozess- oder Produkt-Benchmarking, > dem Zeithorizont in: Strategisches, taktisches und operatives Benchmarking, > der Zielsetzung in: Qualitats-Benchmarking oder Kosten-Benchmarking.
229
Cost Benchmarking Weit verbreitet ist auch die Unterscheidung nach dem Vergleichspartner in:
Vergleichspartner
Internes Benchmarking
Extemes Benchmarking
KonkurrenzBenchmarking
Funktionales Benchmarking
Abb. 54: Benchmarking-Arten nach dem Vergleichspartner Zum internen Benchmarking Beim mtemen Benchmarking werden die Benchmarking-Objekte verschiedener Sparten und Geschaftsbereiche eines Untemehmens miteinander verglichen. Internes Benchmarking kann aufdecken, dass es trotz zentralisierter Arbeitsanweisungen und Richtlinien haufig Unterschiede in den Arbeitsprozessen einer Organisation gibt. Diese Unterschiede sind das Ergebnis von geographischen oder entwicklungsgeschichtlichen Unterschieden, der Mentalitat und Motivationsfahigkeit von Fiihrungskraften sovy^ie der Mentalitat der Mitarbeiter an den verschiedenen Standorten. Internes Benchmarking kann ermitteln, dass einige der bestehenden Arbeitsprozesse in einem Bereich der Organisation effizienter ausgefiihrt werden, als in anderen Bereichen. Dadurch hilft es, den Leistungsstandard in der ganzen Organisation zu erhohen. Internes Benchmarking wird haufig vor einem extemen Benchmarking eingesetzt.
230
^
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Zum externen Benchmarking Beim externen Benchmarking werden Prozesse, Ablaufe oder andere BenchmarkingObjekte des eigenen Untemehmens mit denen anderer Untemehmen verglichen. Dabei kann weiter unterschieden werden, ob es sich bei dem fremden Untemehmen um einen direkten Konkurrenten oder ein branchenfremdes Untemehmen handelt. Im ersten Fall spricht man von Konkurrenz-Benchmarking, im zweiten Fall von fiinktionalem Benchmarking. Zum Konkurrenz-Benchmarking Das Konkurrenz-Benchmarking hat eine besondere Bedeutung, weil die relative Marktposition des eigenen Untemehmens im Vergleich zum Wettbewerber ermittelt wird und man somit Transparenz uber die eigene Stellung am Markt erhalt. In vielen Fallen stellen die Geschaftspraktiken der Konkurrenten allerdings keine WeltklasseLeistungen dar. Der Lemerfolg aus dem Benchmarking ist dann nicht optimal. Dennoch sind diese Informationen sinnvoll, weil sie das eigene Untemehmen mit Angaben versorgt, die sich wahrscheinlich auf die Meinung der Kunden, Lieferanten, Aktionare etc. auswirken. Zum funktionalen Benchmarking Der Schlussel zu langfristigem Erfolg liegt nicht in der Gleichheit mit der eigenen Konkurrenz, sondem in der Uberlegenheit. Untemehmen mtissen daher versuchen, vom „Weltmeister" (best practice) zu lemen bzw. zum „Weltmeister" zu werden. Hierfur eignet sich besonders das funktionale Benchmarking, das die eigenen Ablaufe etc. mit denen branchenfremder Untemehmen vergleicht. So bieten sich z.B, in Forschung und Entwicklung best practices aus vielen Branchen an (vgl. dazu GlaB, 2001, S. 24): H Simulation Untemehmen der Luft- und Raumfahrtindustrie sind Vorreiter fiir Simulationstechnologien. Der erste Prototyp muss bereits flugtauglich sein und provisorische Entwicklungsmuster konnen sich diese Untemehmen nicht leisten. Wenn also ein Untemehmen das Ziel hat, die Anzahl der Prototypen in der Entwicklung zu reduzieren, sollte es sich einen Benchmarking-Partner aus der Luft- und Raumfahrtindustrie suchen. H Serientiberftihmng Fiir die Optimiemng der Schnittstelle von der Entwicklung zur Produktion fmden sich geeignete Benchmarking-Partner in der Computerindustrie. Ohne ein perfektioniertes Schnittstellenmanagement wSren dort Einfiihmngszeiten von neuen Prozessoren von einem Dreivierteljahr und weniger nicht denkbar.
Cost Benchmarking
231
ti Marktnahe Produktentwicklung Dienstleistimgsuntemehmen in den USA sind fuhrend, wenn es um die Kundenorientierung in der Entwicklung geht. « Baukastensystematik Der Regalsystembau in der Mobelindustrie gibt zahlreiche Inputs fur die Standardisierung von Bauteilen bzw. Komponenten. S Projektmanagement Das bekannte Mammutprojekt des nachtlichen Flughafenumzugs von Munchen I nach Mtinchen II ist ein Beispiel fiir Spitzenleistungen in der Abwicklung komplexer, extrem zeitkritischer GroBprojekte. Durch die Ubertragung uberlegener Vorgehensweisen konnen Leistungssprtinge erreicht werden, die mit Konkurrenz-Benchmarking oder intemem Benchmarking nicht zu erzielen sind. So lemte z.B. die Firma Xerox vom weltgroBten Versender von Fischereizubehor, wie man den Ablauf „Kommissionierung von Kundenauftragen" wesentlich einfacher, effizienter und billiger gestalten kann. Gerade diese Offenheit ftir bessere Ablaufe und der Zwang zu kreativem Durchdenken der eigenen Prozesse zeichnet funktionales Benchmarking aus. Bewertung der Benchmarking-Arten Zusammenfassend und erganzend lassen sich die Benchmarking-Arten wie folgt bewerten (vgl. dazu Spendolini, 1992, S. 17 und Pieske, 1994, S. 20):
232
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Art
Vorteile
Internes Benchmarking
• relativ einfache und schnel- S Konkurrenz zwischen den le Datenerfassung durch einzelnen UntemehmensbeNutzung vorhandener Rereichen behindert den Benporting-Systeme und einchmarking-Prozess heitliche Datenbasis • Betriebsblindheit, d.h. begrenzter Blickwinkel, wo« geringe Kosten durch „revolutionare" Lo» Einbindung der Mitarbeiter sungsansatze nicht durcherhoht die Akzeptanz dacht werden 9 innerhalb des Untemehmens wird „eine Sprache" gesprochen, wodurch Missverstandnisse vermieden werden
KonkurrenzBenchmarking
• Relevanz der Informationen 9. bei relativ starken Unternehmen fehlende Verftir das eigene Geschaft gleichspartner • vergleichbare Prozesse und a relativ groBe Probleme bei Produkte der InformationsbeschafM eindeutige Positionierung fung im Vergleich zu den Mitbewerbem • Branchenblindheit, d.h. die Konkurrenz ist oftmals nicht der Weltbeste
Funktionales Benchmarking
» relativ hohes Potenzial, neue branchenuntypischen Losungen zu finden ® Forderung der Kreativitat im Untemehmen
Nachteile
a geringere Prozess- und Produktvergleichbarkeit S hoher Aufwand bei der Anpassung gefundener Losungen an das eigene Unternehmen
M einfacherer, offenerer InS hoher Zeitaufwand formationsaustausch, da kein Wettbewerbsverhaltnis besteht 9 groBe Leistungssprtinge werden moglich Abb. 55: Bewertung der Benchmarking-Arten
Cost Benchmarking
?^
ii Der Benchmarking-Prozess In Anlehnung an A. T. Kearney (A Global Management Consulting Firm with offices in more than 60 cities and 35 countries, vvww.atkearnev.com) voUzieht sich der Benchmarking-Prozess in acht Schritten (vgl. dazu auch Kreuz, 2002, S. 96-97): 1. Schritt Zunachst wird ein Benchmarking-Team gebildet. Es sollte sich aus Mitarbeitem unterschiedlicher Abteilungen zusammensetzen, die auf den jeweiligen Gebieten Spezialisten smd. 2. Schritt Danach sind die Benchmark-Objekte festzulegen und der Umfang des Benchmarking abzustimmen. Mogliche Benchmarking-Objekte sind Produkte, Kennzahlen, Ablaufe (Teil- und Hauptprozesse), Kosten, etc.. 3.
Schritt
Sodann beginnt die Suche nach dem Benchmark-Partner bzw. die Beschaffung der Benchmarks. Quellen flir Benchmarks beim Konkurrenz-Benchmarking oder beim fiinktionalen Benchmarking sind: > Berichte, > andere offentlich zugangige Quellen, z.B. Branchen-Zahlen, > Erfahrungen aus Firmenbesuchen („Intelligence Service") > Einschaltung neutraler Consultants, Diese Consultants fuhren gezielt Benchmark-Studien im Auftrag von Untemehmen durch, wobei die Anonymitat der jeweils befragten, anderen Untemehmen gew^ahrt bleibt. Der Computerhersteller NCR (the networked computed resource of AT & T) ist diesen Weg erfolgreich gegangen, indem ein US Consulting Untemehmen eingeschaltet wurde. > Gesprache mit anderen Untemehmen, > Nutzung vorhandener Datenbanken. 4. Schritt Im nachsten Schritt werden die eigenen Daten flir den Vergleich aufbereitet und die Daten des Benchmarking-Partners zusammengetragen. 5. Schritt Nun werden die Daten verglichen und Probleme analysiert. Dazu bieten sich verschiedene Benchmark-Techniken an, z.B.:
234
Instrumente des strategischen Kostenmanagement Drill-Down-Technik Die Drill-Down-Technik ahnelt dem Vorgehen beim Aufstellen von Kennzahlensystemen. Man geht von oben nach unten vor. Ausgangspunkt ist der Vergleich des Benchmarks mit der eigenen GroBe. Daran anschlieBend versucht man, schrittweise die Einflussfaktoren fur die verglichene GroBe offenzulegen und tastet sich damit immer nSher an die eigentliche Ursache fiir die Abweichung heran. Beispiele: Die Telekom filhrte ein Benchmarking mit funf anderen TelekommunikationsUntemehmen durch (British Telecom, France Telecom, Swedish Telecom, Nippon Telegraph and Telephon und Meritech Bell Atlantic). Dabei wurde u.a. festgestellt, dass die Investitionsquote der Telekom in den Jahren 1985 bis 1990 wesentlich hoher war, als die der Vergleichsuntemehmen. Nettoinvestitionen bei Sachanlagen Investitionsquote = Sachanlagevermogen zu historischen Anschaffungspreisen Die Telekom hatte also technologisch besser entwickelt sein miissen, als die anderen Untemehmen. Das war aber nicht der Fall. Die Telekom hatte eher eine Folger- als eine Fiihrerposition im Hinblick auf die technologische Ausstattung. Der Grund dafiir war, dass die Telekom nicht zuletzt aufgrund industriepolitischer Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland uberhohte Einkaufspreise an lokale Lieferanten zu zahlen hatte. Zwei Untemehmen der Elektronikbranche haben ihre Entwicklungskosten miteinander verglichen. Daraus sollte ein Ruckschluss auf die Fahigkeit der Unternehmen gezogen werden, in der Zukunft innovative und erfolgreiche Produkte auf den Markt bringen zu konnen. Im einen Untemehmen waren die Entwicklungskosten erheblich hoher als im anderen Untemehmen. Daraus hatte man schlieBen konnen, dass das erstgenannte Untemehmen besser fur die Zukunft auf den Markten gerUstet war als das letztgenannte. Bei nSherer Analyse zeigte sich jedoch, dass im erstgenannten Untemehmen die Werkzeugkonstmktion der Entwicklung zugeordnet war, im letztgenannten Untemehmen aber der Produktion (vgl. GlaB, 2001, S. 25). Folglich lieB sich aus den ausgewiesenen Entwicklungskosten nur bedingt auf die Entwicklungsaktivitaten der Untemehmen schlieBen. Uber das Problem der Verfalschung von Kennzahlen durch willktirliche Kostenzuordnungen hinaus, hatte sich beim reinen Vergleich der Entwicklungskosten ein weiteres Problem ergeben konnen. Die Hohe der Entwicklungskosten sagt nicht immer etwas Uber die Fahigkeit aus, innovative und erfolgversprechende Produkte zu fmden. Insbesondere in der IT-Branche erweisen sich viele Entwicklungsprojekte und damit deren Kosten als Fehlinvestitionen.
Cost Benchmarking
235
Traffic-lighting-Technik Anhand von periodischen Vergleichen und dem Beobachten der Entwicklung der Benchmarks werden den untersuchten Gr56en die Ampelfarben rot, gelb und grtin zugeordnet. Griin bedeutet, dass die Gr66e im unkritischen Bereich liegt. Sie wird dann im Benchmark-Prozess nicht weiter analysiert. Gelb bedeutet, dass die GrCBe im kritischen Bereich liegt und rot, dass der Bereich sehr kritisch ist. Gelbe und rote GroBen werden dann mit Hilfe der Drill-Down-Technik weiter analysiert. Kritische Werte am Beispiel der Ausbringungsmenge: unter dem Break-Even-Point Break-Even-Point Uber dem Break-Even-Point
sehr kritisch
rot
kritisch
gelb
unkritisch
grtin
6. Schritt: In diesem Schritt werden die Ziele des Untemehmens defmiert und konkrete Mafinahmen zur Zielerreichung entwickelt. Dabei sind kreative Losungen zu finden, mit denen das Untemehmen den Abstand zum Benchmarking-Partner verkiirzen kann und letzlich selbst zu einem Spitzenuntemehmen wird. 7. Schritt: SchlieUlich erfolgt die Implementierung, d.h., die Mafinahmen zur Zielerreichung werden eingeleitet. 8. Schritt: AbschlielJend werden die Ergebnisse des Benchmarking analysiert und diskutiert. Beispiel fiir einen Benchmarking-Prozess Der wirtschaftliche Erfolg neuer Produkte im Wettbewerbsmarkt hangt vom Treffen des gegebenen Marktfensters ab. Folglich ist die Entwicklungszeit (time-to-market) „ruckwMs" vom Marktfenster zum Entwicklungsstart zu planen, wobei die Entwicklungszeit moglichst kurz sein sollte. Bei zu langen Entwicklungszeiten besteht die Gefahr, dass sich die Kundenbedtirfiiisse zwischenzeitlich andem und das Produkt schon bei seinem Markteintritt technologisch veraltet ist (vgl. lansiti/MacCormack, 2000, S. 116). AuBerdem sind kurze Entwicklungszeiten auch aus Kostengrunden anzuraten. Vor dem geschilderten Hintergrund ist das folgende Balkendiagramm zu sehen:
236
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
-5 4-
Entwicklungszeit (Monate) '^
Marktfenster offen
Benchmark
0 +1 - | -
+2 4+3 + Produkte
Zeit
Abb. 56: Beispiel fur einen Benchmarking-Prozess Bei dem ersten Produkt wurde das Marktfenster nicht getroffen (+2) und die Entwicklungszeit war mit sechs Monaten viel zu lang. Das zeigt der Vergleich mit dem Benchmark, bei dem die Entwicklungszeit nur drei Monate betrug. Bei den letzten drei Produkten wurde das Marktfenster getroffen und die Entwicklungszeit reduziert. Beim letzten Produkt betrug sie nur noch zwei Monate. Sie ist aber immer noch nicht so gut wie der Benchmark, dessen Entwicklungszeit nur noch einen Monat betragt. An diesem Beispiel kann man deutlich sehen, dass Benchmarks dynamische Parameter sind, die sich fortlaufend Uber die Zeit verbessem. Denn im Zeitablauf ist die Entwicklungszeit des Benchmarks von drei auf einen Monat gesunken.
Cost Benchmarking
2.5.2
237
Zielsetzung des Cost Benchmarking
Cost Benchmarking ist eine spezielle Form des Benchmarking, die primar auf die Senkung des Kostenniveaus ausgerichtet ist. Aus dem Vergleich mit anderen Untemehmen Oder anderen Untemehmensbereichen sollen Informationen gewonnen werden, wie das eigene Untemehmen seine Kostenposition verbessem kann, um „der Beste der Besten" zu werden. Die Bestimmung der relativen Kostenposition des eigenen Untemehmens sowie die Analyse der Kostenunterschiede und ihrer Ursachen bilden den Ausgangspunkt flir die angestrebte Beeinflussung der Kostenantriebskrafte und damit der eigenen Kostenstruktur.
2.5.3
Abgrenzung von Cost Benchmarking und Kaizen Costing
Cost Benchmarking darf nicht mit Kaizen Costing verwechselt werden. Die Instrumente weisen folgende Gemeinsamkeiten und Unterschiede auf (vgl. Horvath/Lamla, 1995): H Beides sind Instrumente, die die Kostenposition eines Untemehmens vorteilhaft beeinflussen woUen. ii Ziel des Cost Benchmarking ist es, das Kostenniveau in spiirbaren Quantenspriingen zu senken. Dagegen ist es das Ziel des Kaizen Costing, eine stetige Kostensenkung in kleinen Schritten zu erreichen (continuous improvement). • Der Zeithorizont ist beim Cost Benchmarking langfristig, beim Kaizen Costing kurzfristig. H Betrachtungsobjekte beim Cost Benchmarking sind die Kosten. Betrachtungsobjekte beim Kaizen Costing sind die im Untemehmen ablaufenden Prozesse. ii Cost Benchmarking wird durch ein Benchmarking-Team durchgefiihrt. Kaizen Costing wird von alien Mitarbeitem angewendet, besonders von denen der operativen Ebene. Im Zusammenhang mit der Einbeziehung aller Mitarbeiter in den Kaizen-Prozess spricht man auch von shopfloor-VerbessemngsmaBnahmen, die Ineffizienzen an den Arbeitsplatzen beseitigen sollen (vgl. Monden, 1999, S. 347). Ineffizienzen am Arbeitsplatz entstehen durch verschiedene Arten von Verschwendung (vgl. Monden, 1999, S. 348), z.B. > durch den ubermaliige Einsatz von Produktionskapazitaten (z.B. zu viele Angestellte, zuviel Ausrustung etc.), > bei zu hoher Produktion oder ubermaBiger Vorarbeit, > durch unnotiger Transporte, uberhohtem Lagerbestand, ubermaBiger Lagerverwaltung und iibertriebenen Qualitatstiberprufungen.
238
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
ffl Cost Benchmarking ist ein Instrument, das fallweise eingesetzt wird. Kaizen Costing wird dagegen standig angewendet. ii Sofem Cost Benchmarking mit Konkurrenten oder branchenfremden Untemehmen durchgefUhrt wird, trSgt es aus dem Markt abgeleitete Kostenziele in das Untemehmen herein. Das ist beim Kaizen Costing nicht der Fall.
2.5.4
Cost Benchmarking-Prozess
In der Literatur herrscht Einigkeit daruber, dass sich Cost Benchmarking und Prozesskostenrechnung gut erg^nzen (vgl. z.B. Serfling/Schultze, 1997b). Der Grund dafiir ist, dass Cost Benchmarking gerade in den indirekten Bereichen - also dem Einsatzgebiet der Prozesskostenrechnung - hohe Kostensenkungspotenziale verspricht. Das ist so, weil ii in diesen Bereichen Interessenkonflikte mit Konkurrenten geringer als in den direkten Bereichen sind, d.h. ein Konkurrenz-Benchmarking eher Aussicht auf Erfolg hat, ti em brancheniibergreifender Vergleich am ehesten mSglich ist, d. h. Cost Benchmarking als funktionales Benchmarking ausgestaltet werden kann. Daher erlSutert das nachfolgende Beispiel den Cost Benchmarking-Prozess in Zusammenhang mit der Prozesskostenrechnung. Beispiel (vgl. Horvath/Gleich/Lamla, 1993, S. 214-215): Untemehmen A hat das Untemehmen B als Partner fiir ein Cost Benchmarking gewinnen k5nnen. Als Benchmarking-Objekt wurden die Kosten des Prozesses Montageauftrag abwickeln sowie seiner Subprozesse Auftrag terminieren Material disponieren Arbeit verteilen und Arbeitspapiere bereitstellen Arbeitsfortschritt tiberwachen ausgewahlt. Die Kosten des Prozesses sowie seiner Subprozesse wurden bei beiden Untemehmen auf der Basis von Kostenanalysen nach der Prozesskostenrechnung ermittelt:
Cost Benchmarking
Benchmarking-Objekt
239
Untemehmen A
Untemehmen B
Differenz A/B 8,50 €
Prozess: „Montageauftrag abwickeln"
55,00 €
46,50 €
Subprozess: „Auftrag terminieren"
10,80 €
9,80 €
1,00 €
Subprozess: „Material disponieren"
22,70 €
17,20 €
5,50 €
Subprozess: „Arbeit verteilen und Arbeitspapiere bereitstellen"
12,90 €
10,90 6
2,00 €
Subprozess: „Arbeitsfortschritt (iberwachen"
8,60 €
8,60 €
0,00 €
Von den Subprozessen fallt vor allem der Prozess „Material disponieren" ins Auge, weil seine Kosten bei Untemehmen B um 5,50 € bzw. ca. 25% niedriger sind, als bei Unternehmen A. Auf der Suche nach der Ursache fiir die Kostenabweichung zeigt sich, dass Untemehmen B ein hochmodemes, automatisches, zentral gelegenes Hochregallager hat. Untemehmen A hat dagegen dezentrale Lager, die umfangreiche Dispositions- und Logistikprozesse erforderlich machen. Daraufhin werden bei Untemehmen A folgende Kostensenkungsziele gesetzt: 1 Kurzfristig sollen die Kosten des Subprozesses von 22,70 € auf 19,50 € gesenkt werden. Das soil dadurch erreicht werden, dass die bestehenden Lager und die Logistikprozesse optimiert werden. K Langfristig sollen die Kosten des Subprozesses auf 16,20 € gesenkt werden. Das soil durch den Bau eines zentralen Hochregallagers erreicht werden. Das langfristige Kostenziel, das unter den Kosten des Untemehmens B liegt (17,20 €), resultiert aus der Philosophie des Benchmarking: Es geht nicht damm, so gut wie der Beste zu werden, sondem ihn zu uberfltigeln.
2.5,5
Kritische Wiirdigung
Als Vorteile des Benchmarking bzw. Benchmark Costing sind zu nennen: • Durch den Vergleich mit dem Benchmark-Partner lemt man die eigenen St^rken und Schwachen kennen und kann somit die eigene Position im Wettbewerbsumfeld bestimmen. W Benchmarking bzw. Cost Benchmarking sind Werkzeuge, um systematisch und ohne Zeitverlust von anderen zu lemen: Das Rad muss nicht immer wieder neu erfunden werden. Dabei geht es nicht damm, „Erfolgsrezepte" anderer Untemehmen oder Be-
240
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
reiche einfach zu kopieren bzw. unreflektiert auf das eigene Problem anzuwenden. Es geht vielmehr darum, Ablaufe, Prozesse etc. von Untemehmen, die auf einem bestimmten, speziellen Teilgebiet fuhrend sind, a
kennenzulemen,
M mit den eigenen zu vergleichen, ffi die wesentlichen Bestimmungsfaktoren der besseren Prozesse zu erkennen, ii diese sinnvoll neu zu kombinieren, ti an die Struktur und Kultur des eigenen Untemehmens anzupassen, iSl zu implementieren (vgl. hierzu wie zu dem Folgenden Walz/Bertels, 1995, S. 176-177). Wesentliche Probleme des Benchmarking bzw. Cost Benchmarking sind Folgende: ii Der beste Benchmarking-Partner muss gefunden werden. ti Die Informationsbeschaffling kann sich als schwierig erweisen. In wettbewerbsintensiven Branchen wird haufig befurchtet, dass durch ein Konkurrenz-Benchmarking sensible Informationen liber Erfolgsfaktoren und damit Wettbewerbsvorteile preisgegeben werden. Diese Eintrittsbarriere kann allerdings gesenkt werden, wenn die Teilnahme an einem Benchmarking-Projekt anonym bleibt. Die Wahmehmung der gegenseitigen Anonymitat der Teilnehmer wird durch Einschalten eines neutralen Vermittlers gewahrleistet. Dieser ubemimmt - in der Funktion eines Clearing-Centers - die Erhebung der Rohdaten und deren Aufbereitung sowie die Ermittlung und Weitergabe der anonymisierten Benchmarks. Haufig besteht ein Problem auch darin, dem Benchmarkmg-Partner keine adaquaten Gegenleistungen anbieten zu konnen. ii Nicht immer lasst sich die Vergleichbarkeit der Benchmark-Objekte mit den Benchmarks ohne weiteres herstellen. So verursacht z.B. ein Vergleich von Geschaftsprozessen „msbesondere im funktionalen Benchmarking, als Uberbetrieblicher Performancevergleich elementarer Prozesse oder Funktionen, groBe Schwierigkeiten, da sich diese Vergleiche i.d.R. auf unterschiedliche Branchen und Produkte beziehen." (Fraikin/Kaupp, 1998, S. 8).
Cost Benchmarking
241
In diesem Zusammenhang ist auch auf den sogenannten ABAGU-Effekt (Alles Ganz Anders Bei Uns-Effekt) bei den Mitarbeitem hinzuweisen, die sich vor Vergleichen furchten, bei denen sie nicht als Beste abschneiden (vgl. Kreuz, 2002, S. 94). Der Effekt ist das grolJte Hindemis eines Benchmarking. Er lasst sich haufig erst dann abbauen, wenn „Best Practice Visits" organisiert werden, die die Mitarbeiter von der Qualitat des Benchmarking-Partners tiberzeugen (vgl. Kreuz, 2002, S. 95). Eng verbunden mit der Problematik ist die Schwierigkeit, die sich aus dem Benchmarking ergebenden Anpassungen bzw. LFbertragungen auf eigene Strukturen und die eigene Kultur vorzunehmen. « Die Implementierung - z.B. die Dokumentation der zentralen Merkmale der relevanten Ablaufe sowohl beim Partner als auch im eigenen Untemehmen - ist aufwendig.
2.5.6
Integration von Target Costing, Prozesskostenrechnung und Cost Benchmarking
Die Kombination von Prozesskostenrechnung und Cost Benchmarking lasst sich zusatzlich um das Target Costing erweitem. Wie die Integration der drei Instrumente aussehen kann, beschreibt die Fallstudie VI. Fallstudie VI: Kombination von Target Costing, Prozesskostenrechnung und Cost Benchmarking (Die Daten des Target Costing sind angelehnt an Jacob, 1993, S. 170-176 bzw. Niemand, 1993,8.328-331.) Ein Untemehmen im Anlagenbau hat sich auf die Herstellung von Dosentrocknungsanlagen fur die Getrankeindustrie spezialisiert. Es baut Anlagen, in denen gepresste und lackierte Dosen getrocknet werden. Das Untemehmen verhandelt mit einem Kunden iiber den Bau einer speziellen Trocknungsanlage mittlerer Leistung. Der Kunde erwartet, dass die Anlage folgende Hauptfunktionen erfullt und hat sie ihrer Bedeutung nach gewichtet:
242
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Funktionen
Erlauterungen
Warmestrom
Voraussetzung fUr die Lacktrocknung
0,20
F2:
Dosentransport
Die Dosen mtissen die Anlage durchlaufen, d.h. sie mtissen transportiert werden.
0,20
F3:
Verfiigbarkeit
Zeit in der die Anlage verfiigbar ist. Nicht verfugbar ist sie z.B. bei storungsbedingten Ausfallzeiten sowie bei Wartung und Reparatur.
0,15
F4:
Ausschuss
Menge der fehlerhaft getrockneten Dosen
0,10
F5:
Anlagenleistung
Trocknungskapazitat (Dosen/Minute)
0,10
F6:
Betriebskosten
Kosten des laufenden Betriebs
0,10
F7:
Anlagenvariabilitat
Ver^nderlichkeit der Anlage
0,05
Fg:
Wartung
Bedarf an Wartung
0,10
|F,:
r
Gewicht
1,00
Aus den Daten kann ersehen werden, dass fur den Kunden nicht nur die klassischen Funktionen einer Dosentrocknungsanlage wie „Warmestrom" oder „Dosentransport" von Bedeutung sind, sondem auch die Funktionen „Verfugbarkeit", „Betriebskosten" und „Ausschuss". Fiir eine Anlage mit den genannten Merkmalen ist der Kunde bereit, 260 000 € zu bezahlen. Das Untemehmen strebt eine Umsatzrendite in Hohe von 10% an. Zur Austibung der Hauptfunktionen tragen folgende Produktkomponenten in folgendem AusmaB bei:
Cost Benchmarking
243
Fi
Fz
F3
F4
Fs
F6
FT
Fg
Ki: Transportband
0,1
0,4
0,2
0,2
0,25
0,3
0,2
0,35
K2: Mess- und Regeltechnik
0,2
0,05
0,2
0,2
0,05
0,1
K3: Heizanlage
0,6
0,1
0,2
0,3
0,25
0,3
K4: KUhlzone
0,05
0,05
0,05
0,05
0,1
K5: Gehause
0,05
0,1
0,05
0,05
0,05
0,1
0,15
0,25
0,2
0,15
0,25
0,1
0,2
0,05
0,1
0,05
0,05
0,1
0,05
0,1
0,05
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
1,00
K^: Transfersystem
0,1
K7: Abluftsystem Summe
1,00
0,1 0,4
0,25 0,05
Erlautemngen: H Das Transportband transportiert die Dosen durch die Trocknungsanlage. ii Die Mess- und Regeltechnik sorgt flir die mechanische bzw. computergesttitzte Steuerung der Dosen innerhalb der Trocknungsanlage. ® Die Heizanlage trocknet die Dosen. ii In der Ktihlzone werden die getrockneten Dosen gekiihlt. ii Das Gehause umschlieBt die technischen Bauteile der Anlage. H Das Transfersystem regelt die Ubergabe der Dosen von der Druckmaschine - die die Dosen bedruckt und der Trocknungsanlage vorgeschaltet ist - auf die Trocknungsanlage. U Das Abluftsystem regelt die Abluft.
244
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
« Beispiele fiir die Gewichtung: > Das Gehause tragt in keiner Weise zur Funktion 1: „Lack trocknen" bei. Daher weist die Komponente fur die Funktion 1 den Wert 0 auf. > Jede Komponente kann die Ursache dafiir sein, dass die Anlage fehlerhafte Dosen produziert. Allerdings hat z.B. ein Fehler in der Mess- und Regeltechnik eine wesentlich gr56ere Menge an fehlerhaften Dosen zur Folge als ein Schaden am Gehause der Anlage. Daher tragt die Komponente K2: Mess- und Regeltechnik in hoherem AusmaB (0,2) zur Realisierung der Funktion 4: „Ausschuss" bei, als die Komponente K5: Gehause (0,05). Bei der Ermittlung der Drifting Costs der Dosentrocknungsanlage bzw. ihrer Komponenten greift das Untemehmen auf seine bisherigen Erfahrungen bei der Herstellung von Trocknungsanlagen zuriick und projiziert die aktuelle Kostensituation im Untemehmen auf das neue Produkt. Die Drifting Costs werden mit einer Vollkostenrechnung ermittelt, die wie folgt aufgebaut ist: 1. Ermittlung der Materialeinzelkosten fiir eigengefertigte Komponenten, 2. Ermittlung der Beschafifiingspreise furfremdbezogeneKomponenten, 3. Ermittlung der Fertigungs- bzw. Montagelohne (Fertigungs- bzw. Montageeinzelkosten) sowie des Anteils an den Gemeinkosten der direkten Bereiche (z.B. Kosten fur Werkzeuge, Hilfslohne, Reparaturkosten) tiber die BezugsgroBen > > > >
Rtiststunden, Maschinenstunden, Fertigungsstunden, Montagestunden,
4. prozessorientierte Ermittlung des Anteils an den Gemeinkosten der indirekten Bereiche (z.B. Materialbereich). Im Einzelnen ist von folgenden Daten auszugehen: • Das Untemehmen montiert die Anlage in 7 Fertigungsstufen. Dazu sind 30 Montagestunden und 20 Maschinenstunden erforderlich. » Von den Produktkomponenten fertigt das Untemehmen nur die Heizanlage (K3) selbst. Die Heizanlage ist eine Sonderanfertigung und wird daher in der Losgrolie 1 hergestellt. Sie iSsst sich weiter in folgende Baugmppen bzw. -telle untergliedem: > > > > > > >
Brenner, Brennkammer, Ventilator, Kompensator, HeiBluftauslasskanal, Lenk- und Luftverteilbleche, Rucklaufkanal.
Cost Benchmarking
245
> Zum Brenner -
Der Brenner besteht aus 20 verschiedenen Fremdbezugsteilen. Davon sind 10 Telle Mehrfachverwendungsteile und werden jeweils in der LosgroBe 100 zum durchschnittlichen Stuckpreis von 500 € beschafft und eingelagert. Die restlichen 10 Telle werden von unterschledlichen Lieferanten speziell fur die Trocknungsanlage zum durchschnittlichen Stuckpreis von 800 € beschafft und eingelagert.
-
Der Brenner wird in 10 Fertigungsstufen hergestellt. Die erforderlichen Komponenten bzw. Telle werden aus dem Lager kommissioniert. Zur Herstellung sind 4 RiJststunden, 70 Maschinenstunden und 80 Fertigungsstunden erforderlich.
-
Die Verrechnungssatze in den direkten Bereichen betragen: 50 e/Ruststunde 120 €/Maschinenstunde 100 €/Fertigungsstunde 90 €/Montagestunde
> Zu den restlichen Baugruppen bzw. -teilen fiir K3 Die restlichen Baugruppen bzw. -telle werdenfremdbezogen.Dabel gilt: -
Die Lenk- und Luftverteilbleche lassen slch in mehreren Trocknervarianten einsetzen. Sie werden Jewells in der LosgroBe 100 zum durchschnittlichen Stuckpreis von 10 € beschafft und eingelagert, Fiir die Trocknungsanlage werden 20 Bleche benotigt.
-
Die sonstlgen Baugruppen bzw. -telle werden speziell ftir die Sonderanfertlgung von unterschledlichen Lieferanten beschafft und eingelagert. Dabel gilt:
Preis/Sttick
Brennkammer
Ventilator
12 000 6
6 000€
KompenHelBluft- Rucklaufsator kanai auslasskanal 5 000 6
4 000 6
4 000 6
246
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
H Die restlichen Komponenten werden fremdbezogen und ebenfalls eingelagert. Die Beschaflfiingspreise derfrerndbezogenenKomponenten sind:
Preis/Stuck
K,
K2
K4
K5
K*
K7
55 000 €
27 000 €
12 000 €
16 000 €
31000 6
15 000 €
Auszug aus der Prozesskostenstellenrechnung: Hauptprozesse (HP) und Teilprozesse (TP)
Kostentreiber
HP I:
Frerndkomponenten bzw. -telle beschaffen
Zahl der Bestellungen
420 €
TP 1:
Bestellungen abwickeln
Zahl der Bestellungen
200 €
TP 2:
Rechnimgsprufiing
Zahl der Bestellungen
90 €
TP 3:
Marktbeobachtungen
Zahl der Bestellungen
130€
HP H:
Lagerverwaltung
Zahl der Stiicklistenpositionen
80€
TP 1:
Dispositionen
Zahl der Stiicklistenpositionen
30 €
TP 2:
Logistik
Zahl der Stiicklistenpositionen
50 €
HP HI: Fertlgungs- bzw. Mon- Zahl der Fertigungsstufen tageauftragssteuerung TP 1:
Auftrag terminieren
TP 2:
Arbeit verteilen und Arbeitspapiere erstellen
TP 3:
Arbeitsfortschritt (iberwachen
Prozesskostensatze der HPundTP
200 €
Zahl der Fertigungsstufen
60 €
Zahl der Fertigungsstufen
70€
Zahl der Fertigungsstufen
70€
HP IV: Projektmanagement
Zahl der Projekte
840 €
HP V:
Zahl der Kundenauftrage
500 €
Kundenauftragsabwlcklung
Cost Benchmarking
247
Nachfolgend werden ermittelt: » die Zielkosten der Trocknungsaniage, H die Zielkosten i.e.S. der Trocknungsaniage, » die Zielkostenanteile i.e.S. der Produktkomponenten, iSi die Drifting Costs i.e.S. der Produktkomponenten. 1. Ermittlung der Zielkosten der Dosentrocknungsanlage Zielpreis ./. 10%Umsatzrendite = Zielkosten
260 000 6 26 000 e 234 000 e
2. Ermittlung der Zielkosten i. e. S. Zielkosten
234 000 €
./. Montagekosten der Gesamtanlage in den direkten Bereichen -> 30 Montagestunden x 90 € Montagestunde =
2 700€
-> 20 Maschinenstunden x 120 €/Maschinenstunde =
2 400€
./. Prozesskosten fur Montage des Endprodukts (HP III) -> 7 Fertigungsstufen x 200 €/Fertigungsstufe = 1 400 € -> 1 400 € : 1 (LosgroBe Endprodukt) =
1400 6
./. Prozesskosten fiir die Einlagerung des Endprodukts (HP II) -^ 1 Stucklistenposition = 80 € ./. Prozesskosten Projektmanagement (HP IV)
80 6 840 €
./. Prozesskosten flir die Kommissionierung des Endprodukts (HP II) ^ 1 Stucklistenposition = 80 € ./. Prozesskosten Kundenauftragsabwicklung (HP V) =
Zielkosten i. e. S.
80 6 500 € 226 000 €
248
Instrumente des strategischen Kostemnanagement
3. Zielkostenspaltung a. Ermittlung der Bedeutung der Komponenten F,
k, ka K3
k4
K5
kfi
\KJ
I
Fa
F3
F4
F5
Fe
F7
Fs
z
0,1 X 0,2 = 0,02
0,4 x 0,2 = 0,08
0,2 X 0,15 = 0,03
0,2 X 0,1 = 0,02
0,25 X 0,1 = 0,025
0,3 X 0,1 = 0,03
0,2 X 0,05 = 0,01
0,35 X 0,1 = 0,035
0,25
0,2 X 0,2 = 0,04
0,05 X 0,2 = 0,01
0,2 X 0,15 = 0,03
0,2 X 0,1 = 0,02
0,05 X 0,1 = 0,005
0,1 X 0,1 = 0,01
Ox 0,05 = 0
0,1 X 0,1 = 0,01
0,125
0,6 X 0,2 = 0,12
0,1 X 0,2 = 0,02
0,2 X 0,15 = 0,03
0,3 X 0,1 = 0,03
0,25 X 0,1 = 0,025
0,3 X 0,1 = 0,03
0,4 x 0,05 = 0,02
0,25 X 0,1 = 0,025
0,3
Ox 0,2 = 0
0,05 X 0,2 = 0,01
0,05 X 0,15 = 0,0075
0,05 X 0,1 = 0,005
0,05 X 0,1 = 0,005
0,1 X 0,1 = 0,01
Ox 0,05 = 0
0,05 X 0,1 = 0,005
0,0425
Ox 0,2 = 0
0,05 X 0,2 = 0,01
0,1 X 0,15 = 0,015
0,05 X 0,1 = 0,005
0,05 X 0,1 = 0,005
0,05 X 0,1 = 0,005
0,1 X 0,05= 0,005
0,15 X 0,1 = 0,015
0,06
0,lx 0,2 = 0,02
0,25 X 0,2 = 0,05
0,2 X 0,15 = 0,03
0,15 X 0,1 = 0,015
0,25 X 0,1 = 0,025
0,1 X 0,1 = 0,01
0,2 X 0,05= 0,01
0,05 X 0,1 = 0,005
0,165
Ox 0,2 = 0
0,1 X 0,2 = 0,02
0,05 X 0,15 = 0,0075
0,05 X 0,1 = 0,005
0,1 X 0,1 = 0,01
0,05 X 0,1 = 0,005
0,1 X 0,05 = 0,005
0,05 X 0,1 = 0,005
0,0575
0,2
0,2
0,15
0,1
0,1
0,1
0,05
0,1
1,00
Cost Benchmarking
249
b. Ermittlung der Zielkostenanteile I.e.S. der Produktkomponenten Zielkostenanteil i.e.S.
Bedeutung
X
Zielkosten i.e.S. =
k,
0,25
X
226 000 € =
56 500 €
|K2
0,125
X
226 000 € =
28 250 €
|K3
0,3
X
226 000 € =
67 800 €
k.
0,0425
X
226 000 € =
9 605 €
K5
0,06
X
226 000 € =
13 560 6
ks
0,165
X
226 000 € =
37 290 €
0,0575
X
226 000 e =
12 995 €
Komponente
K7
Summe
226 000 €
4. Ermittlung der Drifting Costs i.e.S. der Produktkomponenten K,
K2
K3
K4
K5
K6
K7
(€)
(€)
(€)
(€)
(€)
(€)
(€)
1. Materiaieinzelkosten der eigengefertigten Komponente Brenner 10 Telle X 500 e/Teil 1 = 5 000 € 10 Telle X 800 €/Teil = 8 000€
5 000 8 000
250
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
K,
K2
K3
K4
K5
K6
K7
(€)
(€)
(€)
(€)
(e)
(€)
(€)
Restliche Baugruppen und -telle -> Lank- u. Luftverteilbleche 20BlechexlO €/Blech = 200 €
200
-> Brennkammer
12 000
-» Ventilator
6 000
-> Kompensator
5 000
-^ HeiBluftkanal
4 000
-> Rucklau&anal
4 000
2. Beschaffungspreise der fremdbezogenen Komponenten -> Preise
12 000 16 000 31000 15 000
55 000 27 000
3. Fertlgungs- bzw. Montageldhne sowie Antell an den Gemeinkosten der direkten Bereiche Brenner 4 RUststd. X 50 € /RUststd. = 200 €
200
251
Cost Benchmarking
K,
K2
K3
K4
K5
K6
K7
(€)
(€)
(€)
(€)
(€)
(€)
(€)
70 Masch.-Std. x 120 €/Std. = 8 400 €
8 400
80Fert.-Std.xlOO€ /Std. = 8 000 €
8 000
4. Prozesskosten der indirekten produktnahen Bereiche a. Fremdkomponenten bzw. -teile beschaffen (HP I) Beschaffungen ffir die Heizaniage (K3) Brenner -> Mehrfachverwendungsteile 420e/Best.: lOOTeile/Best. = 4,20 C/Teil Bedarffflr1 K3 = 10 Teile 10 Teile x 4,20 €/Teil = 42 6
42
252
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
K,
K2
K3
K4
K5
K6
K7
(€)
(€)
(€)
(€)
(€)
(€)
(€)
-> restliche Teile 420 €/Best.: 1 Teil /Best. = 420 €/Teil Bedarffur 1 K3 = 10 Teile 10 Teile X 420 €/Teil = 4200€
4 200
Restliche Baugruppen und Teile -^ Lenk- und Luftverteilbleche 420 €/Best.: 100 Teil/Best. = 4,20 e/Teil BedarffUr 1 K3 = 20 Teile 20 Teile x 4,20 €/Teil = 84 €
84
-> Sonstige 420 €/Best.: 1 Teil/Best. = 420 €/Teil -> Brennkammer
420
-> Ventilator
420
-> Kompensator
420
-> HeiBluftauslasskanal
420
-> RUcklaufkanal
420
253
Cost Benchmarking
K,
K2
K3
K4
K5
K6
K7
1 (€)
(€)
(€)
(€)
(€)
(€)
(€)
420
420
420
420
Beschaffungen der fremdbezogenen Komponenten 420 €/Best.: 1 Komp. /Best. = 420 e/Komp.
420
420
b. Lagerverwaltung (HP II) Einlagerung der fremdbezogenen Telle fur die Heizanlage (K3)
20 Teile fur den Brenner + 1 Brennkammmer + 1 Ventilator + 1 Kompensator + 1 Hei61uft.-Kanal + 20 Lenk- und Luftverteilbleche + 1 Rucklaufkanal = 45 Stiicklistenpos. 80 €/Position x 45 Positionen = 3 600 € Einlagerung der fremdbezogenen Komponenten 80 €/Position
3 600
254
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Jede Komponente = 1 StUcklistenposition
K,
K2
K3
K4
K5
K6
K7
(€)
(€)
(€)
(€)
(€)
(€)
(€)
80
80
80
80
80
80
80
80
80
80
Kommissionierung der fremdbezogenen Telle fur die Heizanlage (K3) 20 Teileftlrden Breimer + 1 Brennkammmer + 1 Ventilator + 1 Kompensator + 1 HeiBluft.-Kanal + 20 Lenk- und Luftverteilbleche + 1 RUcklaufkanal = 45 StUcklistenpos. 80 e/Position x 45 Positionen = 3 600 €
3 600
Einlagerung der Heizanlage 80
80 e/Position Kommissionierung fur das Endprodukt 80 €/Position Jede Komponente = 1 StUcklistenposition
80
80
80
255
Cost Benchmarking
K,
K2
K3
K4
K5
K6
K7
(€)
(€)
(€)
(€)
(€)
(€)
(€)
c. Fertigungssteuerung der eigengefertigten Komponente (HP III) 200 e/Fert.-Stufe x 10Fert.-Stufen = 2 000 € : 1 (Losgr66e) = 2 000 € = Drifting Costs i.e.S. der P.-Komponenten
2 000
55 580 27 580 76 586 12 580 16 580 31580 15 580
Die Drifting Costs i.e.S. der Gesamtanlage ergeben sich aus der Addition der Drifting Costs i.e.S. der Produktkomponenten. Im Beispiel betragen sie 236 066 €. 5. Gegeniiberstellung der Zielkostenanteile i.e.S. und der Drifting Costs i.e.S. der Produktkomponenten Kostenuberschreitung/Funktionsverbesserungsbedarf
Zielkostenanteil i.e.S.
Drifting Costs i.e.S.
|K,
56 500 €
55 580 6
920 6 Funktionsverbesserungsbedarf
k2
28 250 €
27 580 6
670 6 Funktionsverbesserungsbedarf
|K3
67 800 €
76 586 6
8 786 6 Kostentlberschreitung
|K4
9 605 6
12 580 6
2 975 6 Kosteniiberschreitung
K5
13 560 6
16 580 6
3 020 6 KostenUberschreitung
Ks
37 290 €
31580 6
5 710 6 Funktionsverbesserungsbedarf
K7
12 995 €
15 580 6
2 585 6 KostenUberschreitung
226 000 €
236 066 6
10 066 6 KostenUberschreitung
Komponente
Summe
256
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
Ergebnis: Die Uberschreitung der Zielkosten betragt bei den Produktkomponenten in Summe 10 066 e. Das sind weniger als 5%. Vor diesem Hintergrund schlieBt das Untemehmen den Vertrag mit dem Kunden ab und setzt Cost Benchmarking ein, um die Zielkosten einzuhalten und den angestrebten Gewinn zu realisieren. Nachfolgend werden die Auswirkimgen eines Cost Benchmarking beispielhaft fur die Komponente mit der groBten Zielkosteniiberschreitung - das ist K3 mit 8 786 € - dargestellt. 6. Cost Benchmarking Um Ansatzpunkte fiir eine Reduktion der Kosten dieser Komponente zu bekommen, betreibt das Untemehmen ein Cost Benchmarking mit ausgewahlten Konkurrenten. Das Cost Benchmarking fuhrt u.a. zu folgenden Erkenntnissen: 1. Bei der Beschaffiing von Fremdkomponenten bzw. -teilen setzt ein Konkurrent ein elektronisches Bestellsystem ein, das zu einer erheblichen Reduktion der durchschnittlichen Bestellabwicklungszeit und damit der Kosten des Teilprozesses „Bestellungen abwickeln" fuhrt. Die Kosteneinsparung beim Konkurrenten wfa-d mit 15% angegeben. 2. Derselbe Konkurrent verzichtet auf detaillierte Marktbeobachtungen. Er stellt seine Beobachtungen nur anhand von Verbandszahlen an. Dadurch hat er die Kosten des Teilprozesses „Marktbeobachtungen" um 50% senken konnen. 3. Ein Konkurrent setzt im Lager selbstandig arbeitende Teams und leistungsfahigere Gabelstapler ein. Dadurch wird die Handlingzeit wesentlich reduziert und die Kosten fur das Handling einer Stucklistenposition sinken um 20%. 4. Derselbe Konkurrent pflegt intensive Beziehungen zu seinen Zuiieferem. Beide unterhalten gemeinsam besetzte Teams, die bei den Zuiieferem nach Kostensenkungspotenzialen suchen. Durch diese Teams konnten z.B. die Ausschussquoten bei den Zuiieferem gesenkt und der Einsatz von Werkzeugen reduziert werden. Die bei den Zuiieferem erzielten Kostensenkungen werden zum Teil an den Konkurrenten weitergegeben. Das fuhrt zu einer Reduktion der Beschaffungspreise um 10%. 5. Ein Konkurrent fertigt die Brenner der Heizanlagen in neun Fertigungsstufen. Dadurch sind weniger Fertigungssteuemngsprozesse erforderlich und der Bedarf an Riist-, Maschinen- und Fertigungsstunden liegt durchschnittlich um 5% niedriger. 7. Ermittlung der m5glichen Kosteneinsparungen Bei konsequenter Ubemahme der Verbessemngen sind folgende Kosteneinsparungen bei der Heizanlage (K3) moglich:
257
Cost Benchmarking
VOR Cost KostensenBenchmarkung king
NACH Cost Benchmarking
1. Materialeinzelkosten Brenner -> Mehrfachverwendungsteile Kosteneinsparpotenzial (vgl. 4.) 10%x5 000€ = 500€
5 000€
500 6
4 500 6
8 000€
800 6
7 200 6 j
200 €
20 6
180 6
12 000 6
1200 6
10 800 6
6 000 6
600 6
5 4006
-^ spezielle Teile Kosteneinsparpotenzial (vgl. 4.) 10%x8 000€ = 800€ restliche Baugruppen bzw. -teile fttr K3 -> Lenk- und Luftverteilbleche Kosteneinsparpotenzial (vgl. 4.) 10%x200e = 20€ -> Brennkammer Kosteneinsparpotenzial (vgl. 4.) 10%x 12 0006= 1 200 € -» Ventilator Kosteneinsparpotenzial (vgl. 4.) 10% X 6 000 € = 600 € -> Kompensator Kosteneinsparpotenzial (vgl. 4.) 10% X 5 000 6 = 500 6
5 000 6
500 6
4 500 6
258
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
VOR Cost KostensenBenchmarkung king
NACH Cost Benchmarking
-^ HeiBluftkanal Kosteneinsparpotenzial (vgl. 4) 10%x4 000e = 400€
4 000 6
400 6
3 600 6
4 000 6
400 6
3 600 6
200 6
106
190 6
8 4006
420 6
7 980 6
8 000 6
400 6
7 600 6
-» RUcklaufkanal Kosteneinsparpotenzial (vgl. 4.) 10% X 4 000 6 = 400 6 2. Fertigungs- bzw. MontageI5hne sowie Anteil an den Gemeinkosten der direkten Bereiche Brenner -> Riiststunden Kosteneinsparpotenzial (vgl. 5.) 5% X 4 Std. = 0,2 Std. 0,2Std.x50e/Std. = 10 6 -> Maschinenstimden Kosteneinsparpotenzial (vgl. 5.) 5% X 70 Std. = 3,5 Std. 3,5Std. xl20 6/Std. = 420 6 -> Fertigungsstunden Kosteneinsparpotenzial (vgl. 5.) 5% X 80 Std. = 4 Std. 4Std.xl00e/Std. =400 6
Cost Benchmarking
259
VOR Cost Kostensenkung Benchmarking
NACH Cost Benchmarking
3. Prozesskosten der indirekten Bereiche a. Fremdkomponenten bzw. -teile beschaffen (HP I) -> bisherige Prozesskostensatze HP I:
420 e/Bestellung
TP 1:
200 €/Bestellung
TP 2:
90 €/Bestellung
TP3:
130€/Bestellung
Kosteneinsparpotenzial bei TP 1 (vgl. 1.) 15% X 200 €/Best. = 30 e/Best. Kosteneinsparpotenzial bei TP 3 (vgl. 2.) 50% X 130 €/Best. = 65 e/Best. -> neue Prozesskostensatze HP I:
325 e/Bestellung
TPl:
170 e/Bestellung
TP 2:
90 e/Bestellung
TP3:
65 e/Bestellung
Brenner -> Mehrfachverwendungsteile 325 e/Best. : 100 Teile /Best. = 3,25 e/Teil BedarffurlK3= 10 Teile 10 Teile X 3,25 e/Teil = 32,50 e
42 e
9,50 e
32,50 e
260
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
VOR Cost Kostensenkung Benchmarking
NACH Cost Benchmarking
-^ restliche Teile 325 €/Best.: 1 Teil /Best. = 325 €/Teil iBedarffur 1 K3 = 10 Teile 10Teilex325e/Teil = 3 250€
4 200 6
950 6
3 250 €
84 €
19€
65 €
2 100 €
475 6
1 625 €
Restliche Baugruppen und Teile fiir K3 1 ~> Lenk- und Luftverteilbleche 325 e/Best.: lOOTeil/Best. = 3,25 €/Teil BedarffUrlK3 = 20 Teile 20 Teile x 3,25 €/Teil = 65 € -> Sonstige 325 e/Best. : 1 Teil/Best. = 325 e/Teil -> Brennkammer
325 €
-> Ventilator
325 €
-> Kompensator
325 €
-> HeiBluftauslasskanal
325 €
-> RUcklaufkanal
325 € 1 625 €
Cost Benchmarking
261 VORCost KostensenBenchmarkung king
NACH Cost Benchmarking
b. Lagerverwaltung (HP II) -> bisheriger Prozesskostensatz HP II:
80 €/Smcklistenposition
Kosteneinsparpotenzial bei HP II (vgl. 3.) 20%x80e/Pos. = 16€/Pos. -^ neuer Prozesskostensatz HP II: 64 e/Stucklistenposition -> Einlagenmg der Fremdteile fur K3 3 600€
720 €
2 880€
3 600€
720 €
2 880€
80 €
16€
64 €
80 €
16€
64 €
9 F.-Stufen x 200 e/Fert.-Stufe = 1 800 €
2 000€
200 €
1800€
Drifting Costs i.e.S. der Heizaniage K3
76 586,0 €
8 375,5 €
68 210,5 6
Zielkostenanteil i.e.S.
67 800,0 €
67 800,0 €
Kostenuberschreitung
8 786,0 €
410,5 €
64 €/Pos. X 45 Positionen = 2 880 € -> Kommissionierung fur K3 64 e/Pos. X 45 Positionen = 2 880 € -> Einlagenmg von K3 K3 = 1 Stiicklistenposition -> Kommissionierung fiir das Endprodukt K3 = 1 Stucklistenposition c, Fertigungssteuerung (HP III) Kosteneinsparpotenzial: 1 Fert.-Stufe (vgl. 5.)
262
Instrumente des strategischen Kostenmanagement
8. Ergebnis Das Cost Benchmarking war erfolgreich. Bei der Heizanlage K3 konnte die Abweichung der Drifting Costs i.e.S. von den Zielkosten i.e.S. von 8 786 € um 8 375,5 € auf 410,5 e reduziert werden. D.h., dass man dem Zielkostenanteil sehr nahe gekommen ist. Sofem die Heizungsanlage nach diesen Kostensenkungen innerhalb der Zielkostenzone des Zielkostenkontroildiagramms liegt, sind keine weiteren Kostensenkungsbemuhungen mehr erforderlich. Liegt sie auBerhalb der Zielkostenszone, muss nach weiteren Kostensenkungspotenzialen gesucht werden (vgl. dazu noch einmal 2.3.5 Zielkostenkontrolldiagramm).
3.
Strategisches Kostenmanagement Steigerung des Shareholder Value*
3.1
Problemfeld
zur
Untemehmen werden hSufig kritisiert, wenn sie sich offen zum Shareholder ValueKonzept bekennen. RegelmaBig traf und trifft diese Kritik beispielsweise die Deutsche Bank. Ihr wird vorgeworfen, trotz glanzender Ergebnisse die Interessen ihrer Mitarbeiter durch massiven Stellenabbau zu verletzen und allein im Interesse ihrer Investoren (shareholder) zu agieren. So sagte etwa Ursula Engelen-Kefer, die damalige stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, in der Neuen Presse zur Untemehmensfuhrung der Deutschen Bank: „Steigerung der Rendite auf 25% und mehr als 6 000 Menschen entlassen - deutlicher habe ich eine reine Fixierung auf shareholder value noch nie gesehen." (vgl. tagesschau, 2/2005). Abgesehen von Zweifeln daran, dass sich der Shareholder Value nachhaltig durch massiven Stellenabbau erhohen lasst (vgl. z.B. den Kurseinbruch von Siemens nach der Ankiindigung eines Stellenabbaus am 28.1.2005, Thomson Financial Datastream, 2/2005), ist die Kritik an der Ausrichtung der Untemehmensfiihrung am Shareholder ValueKonzept vom Ansatz her verfehlt. Das Ziel des Shareholder Value-Konzepts besteht in einer langfristigen Untemehmenswertmaximierung. Sie kommt nicht nur GroBuntemehmen mit hohen Beteiligungsportefeuilles zugute, sondem auch breiten Teilen der Bevolkerung, die in der Vergangenheit ihre Erspamisse in der Hoffhung auf hohe Renditen in Aktien investiert haben. Untemehmen sind daher gehalten, ihre Fuhrung auf die Interessen der Shareholder auszurichten. Zur Steigerung des Shareholder Value gibt es wesentlich vielversprechendere Ansatze als den Personalabbau. Eine nachhaltige Steigerung des Shareholder Value erfordert vielmehr eine ganzheitliche Betrachtung der Untemehmensprozesse und den Einsatz entsprechender wertorientierter Performance-Messgr56en. Hier kommen vor allem die MessgroIJen Economic Value Added (EVA^"^) und der Cash Flow-Return on Investment (CFROI) in Betracht (vgl. Lange/Martensen, 2003, S. 260261). Nachfolgend wird dargestellt, inwieweit die Instrumente des Strategischen Kostenmanagement den Shareholder Value direkt oder indirekt uber EVA^'^ und CFROI unterstutzen kSnnen. Vorab werden jedoch der Shareholder Value sowie die Messgr5Ben EVA^^ und CFROI kurz charakterisiert. * Modifizierter und an das vorliegende Lehrbuch angepasster Nachdruck des gleichnamigen Beitrages, der zuerst erschien in: Neue Entwicklungen im Rechnungswesen, Prozesse optimieren, Berichtswesen anpassen, Kosten senken, hrsg. v. Ulrich Brecht, Wiesbaden 2005, S. 31-49. Die Autorin dankt dem Gabler Verlag in aller Form fur die freundliche Genehmigung der Wiederverwendung des Beitrages.
264
Strategisches Kostenmanagement zur Steigerung des Shareholder Value
32
Charakteristik des Shareholder Value und der MessgroBen EVA™ und CFROI
3.2.1
Shareholder Value
Eigenfinanzierung tiber die Kapitalmarkte spielte fur deutsche Untemehmen im intemationalen Vergleich lange eine geringe Rolle. Mittlerweile aber wachst der Kapitalbedarf auch der deutschen Untemehmen fiir Restrukturierungen, Wachstum und insbesondere fur die mit den Globalisierungsstrategien verbundenen Investitionen (vgl. tse-hamburg, 2/2005). Dieser steigende Kapitalbedarf ist nur noch uber die Kapitalmarkte zu finanzieren. Vor diesem Hintergrund gewinnen die Interessen vor allem der institutionellen Anleger - aber nattirlich auch der Halter von Anteilen im Streubesitz - an Bedeutung. Beiden ist gemeinsam, dass ihr primarer ErfolgsmaBstab die erzielte Rendite auf das von ihnen eingesetzte Kapital ist (= return on investment). Diese Rendite errechnet sich, indem die Dividendenzahlungen, Kursgewinne bzw. -verluste und Bezugsrechte (= total return) auf das investierte Kapital bezogen werden. Dividendenzahlungen, Kursgewinne bzw. -verluste und Bezugsrechte sind aber nicht unabhangig vom Wert des Investments der Anteilseigner. Anders ausgedruckt: Sie sind nicht unabhangig vom Shareholder Value. Aus Sicht der Anteilseigner ist daher das primare Ziel des Untemehmens, den Shareholder Value zu steigem. Der Shareholder Value ist wie folgt definiert: Shareholder Value = Untemehmenswert - Fremdkapital Den Anteilseignem steht vom Untemehmenswert nur das zu, was nicht den Fremdkapitalgebem geh5rt. Folglich ist zur Ermittlung des Shareholder Value vom Untemehmenswert der Marktwert des Fremdkapitals abzuziehen. Der Untemehmenswert ergibt sich, indem die zuktinftig erwarteten cash flows mit dem Kapitalkostensatz diskontiert werden. Das ist plausibel: Kein Anleger wiirde mehr in ein Untemehmen investieren, als er unter Berticksichtigung seiner geforderten Mindestverzinsung im Zeitablauf amortisieren kann. Gleichwohl ergeben sich bei der Ermittlung des Untemehmenswertes zwei Probleme. Sie liegen in der Ermittlung der erwarteten cash flows und des Kapitalkostensatzes. ii cashflows In der Literatur gibt es divergierende Meinungen dartiber, wie die cash flows zu ermittehi sind. Zum einen konnen sie berechnet werden, indem von den betrieblichen Einzahlungen die betrieblichen Auszahlungen, die Ersatzinvestitionen und die Steuerzahlungen abgezogen werden (vgl. Buhner, 1993, S. 751). Der so bestimmte cash flow steht dann fiir Zins- oder Dividendenzahlungen, Erweitemngsinvestitionen, Schuldentilgung oder fur eine Kapitalherabsetzung zur Verftigung. Dieser cash flow wird als operating cash flow bezeichnet (vgl. Buchner, 1994, S. 513). Der Vemach-
Charakteristik des Shareholder Value und der MessgroBen EVA^'^ und CFROI
265
lassigung der Erweiterungsinvestitionen liegt die Uberlegung zu Grunde, dass die cash flows die Zahlungsmitteliiberschusse nach Erhaltung des Substanzwertes (Reproduktionswertes) des Untemehmens angeben sollen. Andere Quellen pladieren dafur, nicht nur die Ersatzinvestitionen, sondem das gesamte Investitionsvolumen fur die Erhaltung und Verbesserung der Wettbewerbsposition zum Abzug zu bringen (vgl. Kuting/Weber, 2001, S. 448). Die Begrllndung dafiir lautet, dass nur diese cash flows ausgeschtittet werden konnen. Sie werden als free cash flows bezeichnet. Praktisch wird zur Ermittlung der cash flows so vorgegangen (vgl. Buchner, 1994, S. 513), dass fur einen bestimmten Planungszeitraum - in der Regel zwischen 5 und 10 Jahren (= Detailplanungszeitraum) - die cash flows aus der Untemehmensgesamtplanung heraus detailliert bestimmt werden. Nach diesem Zeitraum ist eine genaue Planung nicht mehr moglich und es wird unterstellt, dass die cash flows entweder auf demselben Niveau wie im letzten Jahr des Planungszeitraums verbleiben oder jahrlich um einen konstanten Prozentsatz zunehmen (vgl. Schmidt, 1993, S. 284). Haufig wird auch aus den prognostizierten cash flows der betrachteten Detailplanungsperioden ein Durchschnitt gebildet und angenommen, dass diese cash flows in Zukunft jedes Jahr eintreten (= ewige Rente) (vgl. steuemetz 2/2005). Im letzten Fall ergibt sich der Barwert der ewigen Rente, indem die durchschnittlich erwarteten cash flows p.a. durch den Kapitalkostensatz dividiert werden. » Kapitalkostensatz Untemehmen fmanzieren sich i.d.R. durch eine Mischung von Eigen- und Fremdkapital. Der Kapitalkostensatz (%) - weighted average cost of capital (wacc) - reprasentiert daher die Kosten des Eigen- und des Fremdkapitals. Der Kapitalkostensatz und damit der Diskontierungsfaktor fur die cash flows errechnet sich wie folgt: rk = re * EK : (EK + FK) + r^j * (1 - s) * FK : (EK + FK)
Strategisches Kostenmanagement zur Steigerung des Shareholder Value
266
Dabei bedeuten:
kk
=
Kapitalkostensatz
Ire
=
Eigenkapitalkostensatz (%)
1 EK : (EK + FK)
=
Eigenkapitalanteil
Tfu
=
Fremdkapitalkostensatz (%) des Untemehmens
s
=
Ertragsteuersatz
FK : (EK + FK)
=
Fremdkapitalanteil
> Zum Eigenkapitalkostensatz Ftir Untemehmen, die sich Uber den Kapitalmarkt finanzieren, lasst sich der Eigenkapitalkostensatz auf der Grundlage des Capital Asset Pricing Models (CAPM) ermitteln (zum CAPM vgl. z.B. Fama, 1976, S. 212-256). Danach ergibt sich der Eigenkapitalkostensatz wie folgt: re = Tf + 6 * (rM-rf) Dabei bedeuten: Tf
=
Zinssatz fur eine quasi-risikolose Geldanlage
6
=
Beta-Faktor = spezifisches Untemehmensrisiko
^M
=
Verzinsung des Marktportfolios
Erlauterungen: Zunachst erwarten die Anteilseigner den Zinssatz fiir eine quasi-risikolose Geldanlage (rf), derni diese Anlage stellt die Alternative zur riskanten Geldanlage dar. Dieser Zinssatz wird aus der durchschnittlichen Verzinsung moglichst langfristiger offentlicher Anleihen (zehn Jahre oder mehr) ermittelt (vgl. Grolifeld/Stover, 2004, S. 2801). GroBfeld/Stover errechnen den quasi-risikolosen Zinssatz auf der Basis der Renditen 10-jahriger deutschen Bundesanleihen und beziehen das Datenmaterial uber www.ti-adesignalcom (vgl. GroUfeld/Stover, 2004, S. 2805). Danach betragt der quasi-risikolose Zinssatz 4,61% (vgl. GroBfeld/Stover, 2004, S. 2805). Daruber hinaus erwarten die Anteilseigner aber naturlich eine Risikopramie, eben weil sie riskant, statt risikolos investieren. Diese Risikopramie setzt sich aus zwei Komponenten zusammen.
Charakteristik des Shareholder Value und der MessgroBen EVA^^ und CFROI
267
Zunachst muss das allgemeine Marktrisiko entgolten werden. Diese Marktrisikopr^mie wird durch die Differenz der Verzinsung des Marktportfolios und dem Zinssatz der quasi-risikolosen Geldanlage ausgedruckt (rM - rf). Haufig wird zur Bestmimung der Marktrendite die Rendite des Deutsche Aktienindex (DAX) herangezogen. Sie ergibt sich aus dem Durchschnitt der Renditen vergangener Perioden (vgl. GroBfeld/Stover, 2004, S. 2801). Es ist offensichtlich, dass der dabei zu Grunde gelegte Zeitraum das Ergebnis wesentlich beeinflusst. Fur den DAX 30 ermitteln GroUfeld/Stover auf der Basis kostenloser Daten bei w-ww.yahoo.de im Bereich Finanzen eine durchschnittliche Jahresrendite des DAX 30 fur die letzten zehn Jahre in Hohe von ca. 9,76% (vgl. GroBfeld/Stover, 2004, S. 2804). Nach diesen Berechnungen kann das Marktrisiko also mit 9,76% - 4,61% = 5,15% angegeben werden. In der Vergangenheit lag die Marktrisikopramie zwischen 3% und 6% (vgl. GroBfeld/Stover, 2004, S. 2805). Aufierdem muss das spezifische Risiko des Untemehmens berticksichtigt werden, in das investiert wird. Denn es macht einen Unterschied hinsichtlich des Risikos fur die Geldanlage, ob man z.B. in ein eher risikoarmes Untemehmen wie die Deutsche Bank oder Siemens investiert, oder in ein hochriskantes Untemehmen wie ein Untemehmen der Biotechnologie. Dieses spezifische Untemehmensrisiko wu*d durch den Beta-Faktor ausgedriickt. Er ist ein MaB dafiir, wie stark das Risiko einer Aktie von dem des Marktportfolios - z.B. dem DAX 30 - abweicht. Zur Ermittlung des Beta-Faktors wird die Rendite der betrachteten Aktie ins Verhaltnis zur Rendite des Index gesetzt (vgl. GroBfeld/Stover, 2004, S. 2805). Schwankt die betrachtete Aktienrendite des Untemehmens weniger (mehr) als die Rendite des Index, ist das Risiko des Untemehmens im Vergleich zum Markt kleiner (groBer) und senkt (erhoht) die Eigenkapitalkosten. Der Beta-Faktor ist dann entsprechend kleiner (groBer) als 1. GroBfeld/Stover haben auf der Datenbasis von w^^av.yahoo.de fur die Deutsche Bank bezogen auf den DAX 30 bei 12 Monatsrenditen einen Beta-Faktor in Hohe von 0,875 ermittelt (vgl. GroBfeld/Stover, 2004, S. 2805). Da die Aktie der Deutschen Bank und der DAX 30 positiv korrelieren (der Korrelationsfaktor ist das MaB fiir die Richtung - positiv oder negativ - zwischen der Entwicklung einer Aktie und dem Index) bedeutet das Folgendes: Wenn der DAX 30 um \0% steigt, wird die Aktie der Deutschen Bank AG im Schnitt um 8,75%) steigen. Umgekehrt sinkt die Aktie der Deutschen Bank aber auch unterproportional, wenn der Index um \0% sinkt. Der DAX 30 ist also reagibler als die Aktie der Deutschen Bank (vgl. GroBfeld/Stover, 2004, S. 2806). Bei einem Beta-Faktor von 1 entspricht die Schwankungsbereite der betrachteten Aktie dem Vergleichswert. Der Beta-Faktor vieler Untemehmen, insbesondere der blue chips, liegt in der Nahe von 1 (vgl. aspect-online, 2/2005). Fasst man die vorgenannten Zahlen zum Eigenkapitalkostensatz zusammen, folgt aus der Addition des quasi-risikolosen Zinssatzes und der Risikopramie - sich ergebend aus der Multiplikation der Marktrisikopramie und des Beta-Faktors - fur die Deutsche Bank ein Eigenkapitalkostensatz in Hohe von 4,61%) + 0,875 * 5,15% = 9,12%.
268
Strategisches Kostenmanagement zur Steigerung des Shareholder Value
> Zum Eigenkapitalanteil Der Eigenkapitalkostensatz wird entsprechend der langfristig geplanten Kapitalstruktur mit dem Eigenkapitalanteil gewichtet. Dabei ist natUrlich allein der Marktwert des Eigenkapitals von Relevanz (vgl. Buchner, 1994, S. 513), derin nur er verkorpert die realen Gegebenheiten. > Zum Fremdkapitalkostensatz Grundlage des Fremdkapitalkostensatzes ist die Verzinsung des zukunftigen langfristigen Fremdkapitals (vgl. Buchner, 1994, S. 513). Einen Anhaltspunkt hierfur liefert das Verhaltnis von bisherigem Zinsaufwand zum Fremdkapital. > Zum Korrekturfaktor (1 - Steuersatz) Der Fremdkapitalkostensatz ist mit dem Korrekturfaktor (1 - s) zu multiplizieren, weil Fremdkapitalkosten steuerlich abzugsfahig sind. > Zum Fremdkapitalanteil Auch der um den Steuersatz korrigierte Fremdkapitalkostensatz ist zu gewichten, nSmlich mit dem aus der langfristig geplanten Kapitalstruktur abgeleiteten Fremdkapitalanteil. Auch hier gilt, dass nur der Marktwert des Fremdkapitals relevant ist, vy^obei der Marktwert des Fremdkapitals i.d.R. seinem Buchwert entspricht. Die vorstehenden Ausfuhrungen zum Shareholder Value lassen sich durch folgende Graphik zusammenfassen und erganzen (wikipedia, 2006):
Charakteristik des Shareholder Value und der MessgroBen EVA^^ und CFROI
Auswirkung auf Olvidenden nund [urswertsteigeruDj
Qeschaffener Shareholder Value
Untemehmensziel
BewertungsKomponente
269
J
x:
Betff^{)4ldli^f
satz
Umsatz-
wachstum,
WertGeneratoren
PrognoseHorizont
UmsatzOberschuss^ rate, Steuersatz
EiweiterungsInvestitionen ln$ Anlageund Umlaufvermdgen
Kapttaikosten
ManagementEntscheidungen
Stakeholder
r
f
Robuste Schritte (Beispiele)
Abb. 57: Schematische Herleitung des Shareholder Value Die Abdiskontierung der cash flows uber die erwartete Lebensdauer eines Untemehmens macht deutlich, dass das Shareholder Value-Konzept periodeniibergreifend ist. Da in den Untemehmen aber noch iiberwiegend in Perioden gedacht wird und auBerdem eine pragmatische Basis fur Vergiitungs- und Karriereentwicklungssysteme notwendig ist, ergibt sich die Notwendigkeit einer periodenbezogenen Steuerung des Shareholder Value. In der Literatur werden in diesem Zusammenhang die Performance-MessgroCen Economic Value Added (EVA™) und der Cash Flow-Return on Investment (CFROI) vorgeschlagen (vgl. Lange/Martensen, 2003, S. 260-261).
3.2.2
TMN
Economic Value Added (EVA^^O
Der Economic Value Added (EVA ) ist ein geschtitztes Produkt der Beratungsfirma Stem & Stewart (vgl. Stewart, 1990). Er gibt den (absoluten) Wertbeitrag an, der durch untemehmerische Entscheidungen bzw. MaBnahmen in einer Periode erzielt werden konnte. Er wird wie folgt ermittelt (vgl. Gladen, 2003, S. 48): LTM
EVA t ^ Adjusted Net Operating Profit (ANOP) - Zinsen auf das investierte Kapital
270
Strategisches Kostenmanagement zur Steigerung des Shareholder Value
Dabei bedeuten (vgl. Gladen, 2003, S. 48): Adjusted Net Operating Profit (ANOP)
./. ./. ./.
Umsatz Materialaufwand Personalaufwand sonstiger betrieblicher Aufwand Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization (EBITDA)
./.
bilanzielle Abschreibungen
./.
Earnings Before Interest and Taxes (EBIT) adjustierte Steuem
= + ./.
Net Operating Profit After Taxes (NOPAT) Ausgaben flir selbsterstellte immaterielle Vermogensgegenstande (z.B. F&E) Abschreibungen auf selbsterstelltes immaterielles VermOgen Adjusted Net Operating Profit (ANOP) Zinsen auf das investierte Kapital Investiertes Kapital * Kapitalkostensatz (r^) Investiertes Kapital
4+
SachanlagevermCgen am Anfang der Periode Nettoumlaufvermogen (= working capital) am Anfang der Periode selbsterstelltes immaterielles Vermogen Investiertes Kapital Kapitalkostensatz r^ (vgl. dazu 3.2.1) rK = re * EK : (EK + FK) + rfu * (1 - s) * FK : (EK + FK)
Ein die Zinsen auf das investierte Kapital - m.a.W. die Kapitalkosten - tibersteigendes (modifiziertes) operatives Ergebnis fiihrt zu einem positiven Residualgewinn. In diesem Fall wu"d also ein positiver periodischer Wertbeitrag generiert, der c.p. zu einer Steigerung des Shareholder Value fiihrt (vgl. Lange/Martensen, 2003, S. 261). Im Untemehmen sind entsprechend nur solche Entscheidungen bzw. MaCnahmen zu treffen, die einen
Charakteristik des Shareholder Value und der MessgroBen EVA'"" und CFROI
271
positiven EVA^^ erwarten lassen. Aus der Bestimmungsgleichung fur den EVA^^ ergeben sich unmittelbar seine Einflussfaktoren, die auch Werttreiber genannt werden. Zur Steigerung des Economic Value Added tragen demnach bei (vgl. Lange/Martensen, 2003,8.261): 1 Mafinahmen zur Steigerung der operativen Ertrage und zur Senkung der operativen Aufwendungen, ii MaUnahmen zur Reduktion des investierten Kapitals, H MaBnahmen zur Senkung des Kapitalkostensatzes. Nicht verschwiegen werden darf an dieser Stelle, dass EVA^^ eine konzeptionelle Schwache aufweist. ANOP und das Investierte Kapital - das ja zu Buchwerten berechnet wird - hangen von der Abschreibungspolitik und dem Anlagenalter ab. Daher steigt EVA^^c.p. im Zeitablauf an, ohne dass sich die operative Leistungsfahigkeit andert (vgl. Rappaport, 1999, S. 27). Diese Fehlsteuerung korrigiert der Cash Value Added (CVA), dessen KapitalrenditegroBe der Cash flow Return on Investment (CFROI) ist. Das Cash Value Added-Konzept wurde von der Boston Consulting Group entwickelt (vgl. Stelter, 1999, S. 237 f.) EVA™ und CVA lassen sich allerdings durch vielfaltige Anpassungen einander annahem (vgl. dazu Roos/Stelter, 1999, S. 304).
3.2.3
Cash Flow-Return on Investment (CFROI)
Der CFROI wird nach Strack/Villis (2001, S. 69) wie folgt ermittelt: CFROI = Netto Cash Flow : Investiertes Kapital
272
Strategisches Kostenmanagement zur Steigerung des Shareholder Value
Dabei bedeuten (vgl. StrackA^illis, 2001, S. 69): Netto Cash Flow ./. ./. ./. +
Umsatz Materialaufwand Personalaufwand sonstiger betrieblicher Aufwand
I
nicht ausgabenwirksamer Aufwand (Ruckstellungen, Abschreibungen)
=
Brutto Cash Flow
./.
„okonomische" Abschreibungen (Die okonomische Abschreibung ist der Betrag, der jahrlich unter Berucksichtigung der Verzinsung zurtickgelegt werden muss, urn in Zukunft - d.h., nach der Nutzungsdauer - die Ersatzinvestitionen tatigen zu konnen.) j
=
Netto Cash Flow (= Operatives Ergebnis vor Zinsen und Steuem) Investiertes Kapital Gesamtes Investiertes Kapital zu historischen Anschaffungs- und Herstellungslcosten
Der CFROI ist eine relative einperiodige Erfolgskennzahl, die die EfFizienz des eingesetzten Kapitals misst. Liegt der der CFROI (%) oberhalb des Kapitalkostensatzes r^ (%), erhalt man einen positiven Cash Value Added (vgl. StrackA'illis, 2001, S. 69).
3.3
Unterstiitzung des Shareholder Value durch das Strategische Kostenmanagement
3.3.1
Ansatzpunkte zur Steigerung des Shareholder Value und seiner periodischen MessgroBen EVA^'^ und CFROI
Aus den Konzeptionen des periodentibergreifenden Shareholder Value und seiner periodischen MessgroBen EVA™ und CFROI ergeben sich mehrere Ansatzpunkte, die vermuten lassen, dass das Strategische Kostenmanagement mit seinen Instrumenten zur Steigerung des Shareholder Value beitragen kann.
Charakteristik des Shareholder Value und der MessgroBen EVA'"^ und CFROI
273
So kann das Target Costing als Instrument des Kostenniveau-Management tiber die Senkung der Stiickkosten einen wirkungsvoUen Beitrag zur Steigerung des ANOP als Parameter des EVA^^ leisten, weil die dem operativen Aufwand entsprechenden Kosten gesenkt werden. Flankierend kann Target Costing einen Beitrag zur Steigerung der cash flows und damit des CFROI leisten. Das ist der Fall, wenn die verminderten Kosten auszahlungswirksam sind. Wie das Target Costing wirkt auch das Cost Benchmarking unmittelbar auf das Kostenniveau und gegebenenfalls auf die cash flows, wenn es auf Grund des Vergleichs beispielsweise zur Reduktion der Kosten einzelner Prozesse kommt. Ein weiterer Ansatzpunkt zur Steigerung des Shareholder Value besteht darin, die Kapitalbindung in Untemehmen tiber die kalkulatorischen Zinsen der Untemehmen zu benchmarken. Aufierdem kann man sich ein „balance-benchmarking" vorstellen, das die Reduzierung der Kapitalbindung in den entsprechenden Bilanzpositionen zum Inhalt hat. Von dem expressis verbis periodenubergreifend ausgestalteten Product Lifecycle Costing ist im Hinblick auf die Unterstutzung des (periodenubergreifenden) Shareholder ValueKonzepts insbesondere die investitionsorientierte Variante von Bedeutung. Das ergibt sich daraus, dass in dieser Variante die Produkte als Investitionen aufgefasst werden, die durch einen Zahlungsstrom aus Aus- und Einzahlungen gekennzeichnet sind (vgl. z.B. Coenenberg/Fischer/Schmitz, 1994, S. 2ff.). Damit erschlieBt sich das Konzept fur alle investitionstheoretischen Auswertungen. Wendet man etwa die Kapitalwertmethode an, ist ein Produkt nur dann sinnvoll im Sinne des Shareholder Value, wenn es einen positiven Kapitalwert - d.h. einen Beitrag uber die durch es verursachten Kapitalkosten hinaus - erbringt. Bei Anwendung der intemene ZinsfuBmethode tragt das Produkt nur dann zur Steigerung des Shareholder Value bei, wenn seine Verzinsung (in %) oberhalb der weighted avarage cost of capital (= Kapitalkostensatz in %) liegt. Auch das Fixkostenmanagement und die Prozesskostenrechnung konnen wertvolle Beitr^ge zur Unterstutzung des Shareholder Value-Konzepts leisten. Das wird im Folgenden naher ausgeflihrt.
3.3.2
Ausgewahlte Instmmente des Strategischen Kostenmanagement
3.3.2.1 Fixkostenmanagement Die im Rahmen des Fixkostenmanagement zur vorteilhaften Gestaltung des Fixkostenblocks geforderte Erfassung von Informationen uber die reinen Kosteninformationen hinaus, ermoglicht gezielte Abfragen beispielsweise uber die Fixkosten aus Vertragen. Diese Abfragen sind die Grundlage fiir ein effizientes cost cutting. Zu ihnen gehoren z.B.: a Welche Vertrage enden im nachsten Vierteljahr, Halbjahr oder Jahr? » Wann sind die spatesten Kundigungstermine fur die jeweiligen Vertrage? ^ Welche Kosten sind durch die bestehenden Vertrage irreversibel vordisponiert?
274
Strategisches Kostenmanagement zur Steigerung des Shareholder Value
Beziehen sich solche Informationen auf Kredit- oder Darlehensvertrage ist eine unmittelbare Beeinflussung von EVA^'^ imd CFROI moglich, indem iiber eine Optimierung der Vertragslaufzeiten eine Reduzierung von rfu erfolgt. Das cost cutting wirkt uber die Senkung des Kostenniveaus unmittelbar auf das ANOP und leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung von EVA™ und CFROI. Gerade bei kapitalintensiven Untemehmen wird das Kostenniveau in hohem Mali durch so genannte „Anlagenkosten" (Abschreibung, Instandhaltung) bestimmt. Eine Optimierung in diesem Bereich - z.B. durch die Minimierung von Leerzeiten oder die Vorgabe von Nutzungsgradpramien im Zuge eines aktiven Kapazitatsmanagement - fuhrt gewOhnlich zu einer Reduktion der entsprechenden Vermogensgegenstande, so dass das investierte Kapital sinkt. Zu beachten ist allerdings, dass nicht jede mogliche cost cutting-Entscheidung mittel- bis langfristig auch sinnvoll ist. So kann man z.B. selbstverstandlich Vertrage mit extemen Professionals zur Weiterbildung der Mitarbeiter auslaufen lassen. Ob das tatsachlich sinnvoll ist, ist fraglich. Denn in der Lem- und Entwicklungsperspektive der Balanced Scorecard wird die Weiterbildung als indirekt wertschopfend angesehen, weil sie zuktinftig Ertrage abwirft (vgl. Gladen, 2003, S. 207, vgl. Mohlmann/Magatzki/Kadelbach, 2000, S. 493). Aber nicht nur das Kosten- bzw. Aufsvandsniveau kann durch das Fixkostenmanagement wu*kungsvoll beeinflusst werden. Auch auf die Kostenstruktur kann vorteilhaft eingewirkt werden. MaBnahmen wie der Fremdbezug von Komponenten statt deren Eigenfertigung oder der Ersatz zeitabhangiger Entgelte durch erfolgsabhSngig Entgelte reduzieren den Anteil der Fixkosten an der Kostenstruktur, so dass bei einem Beschaftigungsriickgang eine automatische Verringerung der Kosten eintritt (vgl. Lange/Martensen, 2003, S. 260). Dies fflhrt zu deutlich niedrigeren Schwankungen des ANOP bei Beschaftigungsschwankungen. Im Zuge der Charakteristik des Shareholder Value wurde gezeigt, dass das den Eigenkapitalkostensatz beeinflussende 6 durch eine geringere Schwankungsbreite des ANOP reduziert werden kann. Glaubiger setzen geringere Schwankungen des ANOP mit hoherer Sicherheit gleich. Das dtirfte dazu ftihren, dass auch rfu sinkt. Insgesamt ergeben sich dadurch geringere Kapitalkosten. MaBnahmen wie verstarktes Leasing von Anlagengtitem, z.B. bei kapitalintensiven Untemehmen, ftihren zwar nicht zu einer Umstrukturierung von fixen zu variablen Kosten. Gleichwohl beeinflussen sie den Shareholder Value aber dadurch, dass die geleasten Anlagegiiter nicht im investierten Kapital benicksichtigt werden, so dass bei EVA™ die vom ANOP zu tibersteigenden Zinsen und beim CFROI das zu verzinsende Kapital sinkt. Der zweite wichtige Bestandteil des investierten Kapitals - das Nettoumlaufverm5gen iSsst sich durch das Fixkostenmanagement nicht unmittelbar beeinflussen, da es nicht zu Grundkosten, sondem allenfalls zu kalkulatorischen Kosten ftihrt. Im Folgenden wird gezeigt, wie eine Steuerung des Nettoumlaufvermogens mit der Prozesskostenrechnung gelingen konnte.
Charakteristik des Shareholder Value und der Messgr5Ben EVA' "^ und CFROI
275
3.3.2.2 Prozesskostenrechnung Insbesondere bei der Kalkulation verspricht die Prozesskostenrechnung emen besonderen Beitrag zum Shareholder Value leisten zu k5nnen - namlich dann, wenn sie kapitalorientiert ausgestaltet wird. In diesem Fall bezieht man die Kapitalbindung und damit die Kapitalkosten der Prozesse in die Kalkulation mit ein. Dadurch werden nur solche Produkte als vorteilhaft klassifiziert, die zu positive Residualgewinnen fuhren und damit einen Beitrag zur Steigerung des Shareholder Value leisten (zur kapitalorientierten Prozesskostenrechnung vgl. Homburg/WeiB, 2004, S. 48-53). Das soil an einem Beispiel verdeutlicht werden (vgl. Homburg/WeiB, 2004, S. 49-52). In dem Beispiel wird die Kalkulation zweier Produkte - zum einen ohne Kapitalbindung und -kosten und zum anderen mit Kapitalbindung und -kosten - konfrontiert. Es werden die zwei Produkte X und Y betrachtet. Die Kalkulation erfolgt unter Berucksichtigung des Hauptprozesses „Material beschaffen und lagem" mit dem Kostentreiber „Anzahl der Materialbeschaffungen". In der Planperiode sind 10 000 Beschaffimgen bei den Zulieferem geplant. Die geplanten Prozesskosten (ohne Kapitalkosten) betragen 40 Mio. €. Daraus ergibt sich ein Prozesskostensatz in Hohe von 4 000 €/Beschaffung. In beide Produkte gehen jeweils 50 Einheiten eines Rohstoffs ein. Der fur A benotigte Rohstoff wird in der BeschaffimgsgroBe 2 500 Einheiten, der fur B benotigte Rohstoff in der Beschaffungsgr56e 1 000 Emheiten bestellt. Unter Berticksichtigung der nachfolgend gegebenen Erlose sowie Materialeinzelkosten und Fertigungskosten ergeben sich folgende Kalkulationsergebnisse je Stlick: it Kalkulation vor Kapitalbindung und -kosten Y
X ErlOs
6 300 e/X
13 050€/Y
./. MEK
4 900 €/X
10 080€/Y
./. MGK
4 000e/B. :2 500E/B.= 1,6 €/E 1,6€/E*50E/X= 80€/X
./. FK = Gewinn
4 000 e/B.: 1 000 E/B. = 4 €/E 4€/E*50EA'= 200 €/Y
1 270 €/X
2 600€A'
50€/X
170 €/Y
Im Ergebnis sind beide Produkte vorteilhaft, weil sie einen positiven Stuckgewinn erzielen. Kalkulation mit Kapitalbindung und -kosten Homburg/WeiB entwickeln ihre Uberlegungen zur Kapitalbindung und den Kapitalkosten von Prozessen auf der Basis des LUcke-Theorems (zum Lticke-Theorem vgl.
276
Strategisches Kostenmanagement zur Steigerung des Shareholder Value
Lucke, 1955, S. 310 ff., 1965, S. 22ff.). Nach dem Lucke-Theorem schlagt sich die positive Oder negative Kapitalbmdung eines Geschaftsprozesses in korrespondierenden Bilanzpositionen nieder. Das verdeutlichen die folgenden Beispiele. > Der Geschaftsvorfall „Verkauf von Fertigprodukten auf Ziel" fiihrt zu einer Leistung in Form eines Umsatzerloses, aber noch nicht zu einer Einzahlung. Aus dem Vorfall resultiert also eine positive Kapitalbindung, weil die Leistungen groBer als die Einzahlungen sind. Die positive Kapitalbmdung schlagt sich in der Bilanzposition „Forderungen aus Lieferungen und Leistungen" nieder. > Der Geschaftsvorfall „Barkauf einer Maschine" fUhrt zu einer Auszahlung, aber noch nicht zu Kosten in Form von Abschreibungen. Auch aus diesem Vorfall resultiert eine positive Kapitalbindung, diesmal, weil die Auszahlungen gr5Ber als die Kosten sind. Die positive Kapitalbindung schlagt sich in der Bilanzposition „Sachanlagevermogen" nieder. > Der Geschaftsvorfall „Lagerraummiete, die erst in der Folgeperiode beglichen wu*d"fiihrtzu Kosten, die noch keine Auszahlungen sind. Daraus ergibt sich eine negative Kapitalbindung, die sich in der Bilanzposition „Sonstige Verbindlichkeiten" niederschlagt. > Der Geschaftsvorfall „Kauf von Rohstoffen auf Ziel und Lagerung" fiihrt weder zu einer Auszahlung, noch zu Kosten. Die Kapitalbindung ist null, der Vorfall wird unter den Vorraten und Verbindlichkeiten in gleicher Hohe ausgewiesen. Auf dieser Grundlage lasst sich die durch den Prozess „Material beschaffen und lagem" verursachte Kapitalbindung ermitteln. Der Prozess wirkt auf folgende Bilanzpositionen: > Die Beschaffimg von Materialien und ihre Lagerung beruhrt die Bilanzposition Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe. Durch Vergleich von Anfangs- und Endbestand der Position ergibt sich der durchschnittliche Bestand des gebundenen Kapitals. Er soil hier 400 Mio. € betragen. > Die Beschaffimg und Lagerung beruhrt auch die Bilanzposition „Fertige und unfertige Erzeugnisse". Derm bei der Aktivierung der Herstellungskosten flieBen Anteile der Prozesskosten mit ein und erhohen die Kapitalbindung, weil eine Leistung, aber noch keine Einzahlung vorliegt. Homburg/WeiU ermitteln diese durch die Prozesskosten zusatzlich verursachte Kapitalbindung, indem sie die geplanten Prozesskosten in Hohe von 40 Mio. € mit der durchschnittlichen Lagerdauer (durchschnittlicher Bestand: Abgang der Periode) multiplizieren. Geht man von Materialeinzelkosten (= Abgang der Periode) in Hohe von 2 000 Mio. € aus, ergibt sich beim durchschnittlichen Bestand gemaU der Bilanzposition Roh-, Hilfsund Betriebsstoffe in Hohe von 400 Mio. € eine durchschnittliche Lagerdauer in Hohe von 400 Mio. € : 2 000 Mio. € = 0,2 Perioden und damit eine zusatzliche positive Kapitalbindung in Hohe von 40 Mio. € (Prozesskosten) * 0,2 (durchschnittliche Lagerdauer) = 8 Mio. €.
Charakteristik des Shareholder Value und der MessgroBen EVA™ und CFROI
277
> AuBerdem wirkt der Prozess auf die Bilanzposition „Sachanlagen", z.B. weil Raumlichkeiten fUr den Einkauf und die Lagerung vorhanden sein mussen. Geht man von einem Anteil des Prozesses an den Sachanlagen in Hohe von 5% aus z.B. weil die der Beschaffung und Lagerung zugehorenden Sachanlagen 5% des gesamten Sachanlageverm5gens betragen - ergibt sich bei einem durchschnittlichen Bestand der Sachanlagen in Hohe von 8 000 Mio. € eine positive Kapitalbindung in Hohe von 8 000 Mio. € * 5% = 400 Mio. €. > SchlieUlich wirkt der Prozess auch auf die Bilanzposition „Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen", namlich dann, wenn die Materialien auf Ziel gekauft wurden. Das im Bestand der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe gebundene Kapital wird dadurch reduziert. Geht man davon aus, dass der durchschnittliche Bestand der „Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen" 900 Mio. € betragt und die Bilanzposition zu 40% durch den Prozess beeinflusst wird, ergibt sich eine negative Kapitalbindung in Hohe von 900 Mio. € * 40% = 360 Mio. €. Sobald die Verbindlichkeiten beglichen werden, steigt die Kapitalbindung wieder. > Zusammenfassend verursacht der Prozess also eine positive Kapitalbindung in Hohe von: 448 Mio. € (= 400 Mio. € + 8 Mio. € + 400 Mio. € - 360 Mio. €). Bei einem angenommenen Kapitalkostensatz in Hohe von 10% betragen demnach die Kapitalkosten des Prozesses 448 Mio. € * 10% = 44,8 Mio. €. Als sinnvollen Kostentreiber zur Verrechnung der Kapitalkosten des Prozesses auf die Produkte sehen Homburg/WeiB die mit der geplanten durchschnittlichen Lagerdauer gewichteten Materialkosten (vor Zinskosten) an. Denn durch diesen Kostentreiber wird deutlich, dass durch eine Verringerung der durchschnittlichen Lagerdauer die Kapitalkosten des Prozesses gesenkt werden konnen (2004, S. 51). Dadurch ergibt sich ein Zuschlagsatz in Hohe von 44,8 Mio. € : ((2 000 Mio. € Materialeinzelkosten + 40 Mio. € Prozesskosten bzw. Materialgemeinkosten) * 0,2 Perioden durchschnittliche Lagerdauer) = 11%. Die Kalkulation der Produkte X und Y mit Kapitalbindung und -kosten (KK) fuhrt dann zu folgendem Ergebnis: Y
X Erl6s
6 300 €/X
13O50€/Y
./. MEK
4 900 €/X
lOOSOeA'
./. MGK
4 000 e/B. : 2 500 E/B. = 1,6 C/E 4 000 e/B. : 1 000 E/B. = 1,6€/E*50E/X=
80€/X
4 e/E * 50 E/Y =
4 €/E 200 €/Y
= MK
4 980€
10 280 6
./. KK
4 980e*0,2*ll%=110€
10 280 6*0,2* 11% = 226€
1 270 €/X
2 600 €/Y
- 60 €/X
- 56 €/Y
./.FK = Verlust
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Strategisches Kostenmanagement zur Steigerung des Shareholder Value
Im Ergebnis sind beide Produkte nachteilig ftir den Shareholder Value, weil sie keine Rendite nach Beriicksichtigung der Kapitalkosten erbringen. Entweder sollten sie verworfen werden, oder MaBnahmen zur Senkung der Kosten durchgefiihrt werden. So lassen sich beispielsweise die Kapitalkosten senken, indem der durchschnittliche Lagerbestand durch just-in-time-Lieferungen verringert und/oder das Zahlungsziel bei den Materialien ausgeweitet wird (vgl. Homburg/Weifi, 2004, S. 52).
3.4
Fazit
Die Instrumente des Strategischen Kostenmanagement konnen zur Steigerung des Shareholder Value beitragen, weil sie unterschiedliche Parameter des Shareholder Value bzw. seiner MessgroUen EVA^^ und CFROI unterstutzen. In der Zukunft miissen allerdings weitere Uberlegungen angestellt werden, um die Kapitalbindung und die Kapitalkosten noch mehr als bisher in den Instrumenten zu berticksichtigen.
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Stichwortverzeichnis Abweichungsanalyse 78, 86 Activity Based Costing 38, 47, 48 Allokationseffekt 88, 89 Auszahlungen 23, 184, 185, 186, 187, 188, 189, 190, 191, 194, 195, 196, 198, 202, 203, 264, 276
Conjoint-Analyse 125, 126, 127, 285, 286, 287 -Adaptive 125, 127 -Choice-Based 125, 127 -Hybride 125, 127 -traditionell 125 cost tables 130
B Barwert 188 Beeinflussbarkeit 94,221 Benchmark 131, 227, 230, 233, 235, 236, 239, 240 -Techniken 233 Benchmarking 13, 22, 131, 227, 228, 229, 230, 231, 232, 233, 234, 235, 236, 237, 238, 239, 240, 241, 256, 257, 258, 259, 260, 261, 262, 273, 280, 281, 282, 284, 285 -Arten 228,229,231,232 - Cost 13, 22, 131, 227, 228, 237, 238, 239, 240, 241, 256, 257, 258, 259, 260, 261,262,273,281 . Objekte 228, 229, 230, 233 - Prozess 232, 233, 235, 236, 238 Bereiche - direkte 6, 37, 38, 48, 50, 120, 206, 210, 214, 238, 244, 245, 247, 250, 258 - indirekte 13, 21, 34, 35, 36, 37, 38, 40, 43, 44, 47, 48, 50, 51, 56, 57, 59, 62, 77, 80,81,87,88,89,93, 117, 120,206, 214,238,244,259 Beschaftigung 2, 5, 14, 32, 80, 81, 82, 83, 93 -abweichung 81,82,85,93 Betriebsabrechnungsbogen 25, 37, 51 BezugsgrOBe 5, 34, 35, 51, 87, 97, 98 Bindungsdauer 23, 27, 28, 29, 33, 186 -Rest- 24 Bindungsintervall 23
D Deckungsbeitrag 5, 6, 22, 35, 92, 93, 185, 199,200,201,202,282,284 Deckungsbeitragsrechnung 5, 22, 185, 199, 201, 282, 284 - Einzelkosten- und 5, 22, 185, 284 Deckungslast 201 Degression -betrag 19 - effekt 88, 89, 90 Design to Cost 130, 131 Dimension - zeitliche 22 Direct Costing 5 Drifting Costs 119, 120, 121, 130, 132, 134, 135, 138, 140, 141, 147, 148, 152, 153, 172, 173, 180, 204, 206, 207, 210, 211, 214, 216, 220, 225, 244, 247, 249, 255,261,262
E Economies of scale 16 Eigentumspotenzial 26, 31 - datenbank 26, 31, 32, 33 EinflussgrGBe 2 Einzahlungen 23, 184, 186, 187, 188, 189, 190, 194, 195, 196, 203, 220, 221, 264, 273, 276 Engpassplanung 56 Erfahrungseffekte 15, 16
290
Stichwortverzeichnis
Erfahrungskurve 15, 16, 18, 19, 56, 287 -Konzept 15, 17, 18, 19 Erfahrungsrate 16, 17, 18, 19 Erl5se - begleitende 182 -Folge- 182 -Vorlauf- 182
Fixkosten - deckungsrechnung 5 -degression 14, 16 - proportionalisierung 91, 117 Full-Profile-Methode 125, 126
G Gemeinkostencontrolling 36, 78, 79, 80, 82,85,86,91,93 Gemeinkosten-Wertanalyse 14,282 GenkaKikaku 117,282 Geschaflsprozess 154,281 -optimierung 154 Global Player 161 Grenzplankostenrechnung 5, 34, 35, 38, 39,48,51,55,56,59,78,98,282 Grundrechnung 33, 284
I Identitatsprinzip 5 Interne ZinsfuBmethode 197 Interpolation - lineare 192, 196 Investitionsrechnung 186, 188, 202, 283
K Kaizen 154, 156, 159, 237, 238, 281, 282, 283 -Costing 237,238,281,283 Kalkulation - Lohnzuschlags- 38 -Plan- 18 - prozessorientierte 55, 59, 62, 64, 92, 94 - Verrechnungssatz- 38 - verursachungsgerechtere 62
- Zuschlags- 50, 64, 72, 76, 77, 89, 91 Kapitalwert 186, 188, 191, 192, 193, 195, 196,209,210,212,216,219,273 -methode 188,273 Komplexitatseffekt 88, 90, 91 Kosten - Abbaubarkeit 22, 28, 32, 103, 104, 106, 109, 111, 112, 113, 114, 117 - abweichung 81 -anfall 183, 184 - artenmethode 24, 25, 26 - artenplan 24 - beeinflussung 8, 178, 183, 184, 280, 286 - begleitende 182 - Bereitschafts- 33,284 - direkte 6 - einflussgr5l3e 5, 38, 39, 48 - Einzel- 1, 2, 5, 6, 20, 22, 70, 89, 94, 95, 107, 116, 117, 120, 122, 123, 185,284 - erfassung 8 - Fertigungseinzel- 6, 7, 37, 65, 70, 91, 92,
93, 120, 122, 123, 138,206,211,214 - Fertigungsgemein- 7, 34, 37, 91 - festlegung 183 - fixe 2, 3, 4, 16, 19, 20, 21, 22, 23, 25, 26, 28, 29, 30, 31, 33, 35, 81, 82, 83, 84, 85, 92, 93, 94, 95, 101, 102, 108, 109, 110, 117, 167, 172, 173,201,220,221,273, 274 -Folge- 27,29, 182, 183 - Gemein- 1, 2, 5, 8, 14, 20, 21, 22, 34, 35, 36, 37, 38, 39, 50, 74, 75, 77, 78, 80, 81, 89,91,93,95, 100,101,107, 116,117, 120, 121, 124, 206, 210, 211, 214, 244, 250, 258, 282, 283 - Gesamt- 6, 13, 18, 20, 21, 82, 83, 84, 96, 153,154,157,216,219 - Grenz-Stuck- 16 - Herstell- 12, 38, 65, 66, 70, 90, 92, 188, 205, 206, 207, 209, 210, 211, 212, 214, 216,219,227,255 - 1st- 57, 78, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 118, 216 - Lebenszyklus- 13, 183, 284, 286 -Leer- 81,85,86
291
Stichwortverzeichnis - Materialeinzel- 2, 7, 34, 35, 37, 38, 50, 65, 66, 70, 71, 73, 76, 77, 89, 92, 93, 120, 122, 123, 200, 206, 211,214, 244, 249, 257, 275, 276, 277 - Materialgemein- 2, 7, 34, 37, 38, 76, 77, 89, 277 - niveau 12, 13, 55, 117, 166, 237, 274 -Nutz- 81 - Planprozess- 57, 82, 98, 99 - planung 34, 35, 57, 117, 143, 158, 280 - Produktstandard- 120 - Prozess- 40, 48, 51, 55, 57, 58, 59, 60, 61, 63, 65, 67, 68, 69, 70, 73, 76, 77, 79, 90, 91, 92, 93, 94, 100, 103, 106, 107, 108, 115, 117, 135, 136, 139,206,210, 211, 214, 228, 247, 251, 259, 275, 276, 277 - Prozesssoll- 78, 80, 81, 84, 85, 93 - rechnung 1, 6, 8, 18, 23, 25, 28, 38, 55, 117, 118, 157, 158, 186, 198,202,279, 281,282,283,284 . Selbst- 8, 37 - senkungspotenzial 178 - stelle 2, 32, 40, 41, 45, 46, 47, 48, 51, 52, 56, 57, 58, 62, 78, 79, 80, 82, 83, 85, 87, 88, 93, 96, 97, 98 - stellenbudget 57, 58, 82 - stellenrechnung 25, 50, 52, 59, 94, 96 - struktur 6, 8, 12, 20, 22, 80, 82, 117, 160, 164, 166, 237, 274 - Sttick- 13, 15, 16, 17, 18, 19, 73, 74, 75, 89,90,118, 119,134,172,273 - trager 1, 2, 5, 6, 20, 34, 37, 38, 39, 50, 51,55,59,60,62,88,89,117, 124 - trager - Einzelkosten 1, 5 - trager - Gemeinkosten 1, 5 - transparenz 23, 24, 36, 59, 78, 281 - treiber 38, 40, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 55, 56,87 - treibermengen 40, 56, 58 - variable 2, 3, 4, 5, 20, 82, 83, 84, 92, 93, 103, 104, 108, 110, 167, 173, 200, 220 -verlauf 12, 15, 117 -Vorlauf- 182 -zuordnung 8
Kostenbegriff - entscheidungsorientierter 198 -wertmaBiger 184, 185, 198 Kostenmanagement - strategisches 8 Kundigung - frist 23, 28, 30, 33 -zeitpunkt 23
Lean Management 6, 13, 87, 143, 153, 154, 157, 158, 159, 160,284 Lebenszyklus 6, 117, 119, 181, 183, 191, 198,202,203 - Produkt- 179, 184, 185, 200, 201, 202 Lemkurve 16, 56
M Management - Fixkosten 15, 19, 22, 23, 24, 25, 28, 29, 30, 31, 33, 93, 94, 96, 273, 274, 283, 284 - Kapazitats- 86 -Kosten- 12,20 - Kostenniveau- 12, 13 - Kostenstruktur- 12, 20 - Kostenverlauf- 12, 14, 15 - Lean 87, 153, 154, 157, 158, 159, 160, 284
N Nutzungsdauer 24
Periodisierung 10, 183, 184, 185, 186, 198 Plankostenrechnung -flexible 1,5,81,98 - starre 1 Preisdifferenzierung 161, 162 Product Lifecycle Costing 13, 22, 120, 181, 183, 184, 185, 186, 187, 192, 202, 203, 204,205,220,221,273 Produktdifferenzierung 161, 163 Prozess - definition 40, 45
Stichwortverzeichnis
292 - hierarchic 40, 45, 46, 47, 53, 56 - koeffizient 53, 54, 57 - optimierung 16, 86, 87, 153 -Redesign 16,86,87 Prozcsse - Haupt- 45, 46, 47, 48, 49, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 59, 64, 78, 79, 81, 134,135,233,246 - Icistungsmengcninduziert 47 - leistungsmcngenncutral 47 - Teil- 44, 45, 46, 47, 49, 52, 54, 56, 57, 58, 59, 61, 64, 78, 79, 82, 83, 84, 85, 96, 97,99,150,151,152,153,246 Prozesskostcnrcchnung 13, 15, 19, 22, 34, 35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 44, 47, 48, 49, 51, 56, 59, 60, 62, 72, 73, 77, 78, 81, 83, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 94, 98, 132, 134, 149, 180, 204, 206, 220, 225, 238, 241, 273, 274, 275, 279, 281, 282, 283, 284, 286 Prozesskostensatze 40, 41, 50, 59, 60, 61, 63, 71, 80, 82, 84, 89, 93, 94, 100, 102, 103, 104, 105, 106, 107, 134, 246, 259, 261,275
R RechcngrOBcn 184, 185, 186, 198 Regrcssionsgerade 19 Rendite -Kapital- 159, 160 -Umsatz- 120, 132, 135, 144, 148, 149, 159, 160, 165, 205, 209, 210, 211, 216, 221,242,247
Schliisselung 2, 124 Stimuli 126
Target Costing 6, 13, 22, 77, 87, 117, 118, 119, 120, 121, 123, 132, 135, 143, 144, 148, 149, 153, 157, 158, 159, 160, 161, 163, 164, 165, 177, 178, 179, 180, 203, 204, 205, 220, 241, 273, 279, 280, 281, 282, 283, 284, 285, 286, 287 Tatigkcitsanalyse 40, 43, 44, 47, 57, 86 Tcilkostenrechnung 5, 6, 38 Tradc-Off-Methode 125, 126
u unique selling proposition 131
V value engineering 130 Vertragspotcnzial 26 -datenbank 26,27,31 Verursachungsprinzip 1,5,6 Vollkostenrcchnung 1, 2, 5, 6, 34, 35, 36, 37, 38, 39, 59, 60, 89, 90, 91, 117, 124, 180,244
w Wertgestaltung 130 Wertsch6pfling 9, 10, 11, 12, 154, 155, 156, 177 -kette 8, 12 Wirtschaftlichkeitskontrolle 39, 78, 85
Stichwortverzeichnis
Zahlungsreihe 187, 192, 194, 195,219 Zahlungsstrom 186, 273 Zero-Base-Budgeting 14, 88, 280 Zielkosten 119, 120, 121, 123, 124, 128, 129, 130, 132, 135, 136, 137, 140, 142, 143, 144, 147, 148, 149, 153, 157, 158, 159, 160, 165, 170, 174, 177, 178, 179, 180, 204, 205, 206, 207, 209, 210, 221, 224, 247, 249, 255, 256, 262, 281 -anteile 124, 129, 130, 132, 135, 137, 147, 148, 152, 167, 168, 170, 172, 177, 178, 179,224,225,247,249,255 -index 140, 141, 143,226 - kontrolldiagramm 140, 141, 142,262 -spaltung 123, 124, 127, 130, 137, 140, 144, 149, 178,248 Zielpreis 119, 120, 121, 122, 135, 144, 149,157, 160, 165, 178,205,247 Zuschlagssatz 37, 60, 76, 77, 90, 91 Zyklus-Entstehungs- 181, 182, 183, 187, 188, 194 -Lebens- 119, 181, 183, 191, 198,202, 203, 207 -Markt- 181, 182, 187, 188, 194 -Nachsorge 181, 182, 187, 188, 194,207, 214,217
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