Hermann Menge Lehrbuch der lateinischen Syntax"und Semantik
Hermann Menge
Lehrbuch der lateinischen Syntax und Seman...
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Hermann Menge Lehrbuch der lateinischen Syntax"und Semantik
Hermann Menge
Lehrbuch der lateinischen Syntax und Semantik Völlig neu bearbeitet von Thorsten Burkard und Markus Schauer
Wissenschaft)jche Beratung: Friedrich Maier
4. Auflage
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publik.ation in der Deutschen Nalionalbibliografie: detaillierte bibliogra.fiscbe Daten sind im Internet Uber http://dnb.d-ob.de abrufbar.
Das Werk ist in allen seineo Teilen urheberrechWeh geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Das gilt insbesondere fUr Vervielfältigungeo, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. 4., unveränderte Auflage 2009
© 2005 by WBG (Wissenschaftliche Buchgescllscl!laft). Darmstadt l. Auflage 2000 Die Herausgabe des We rkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Gedruckt au( säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuche n Sie uns im .Interne t: www.wbg-wissen verbindet.de
ISBN 978-3-534-23000-6
,.
Inhalt Vorwort
........... .
XI
Vorwort zur zweiten Auflage .
XXVI
Literaturverzeichnis
XXVII
Verzeichnis der Siglen, Textausgaben, Kommentare und Übersetzungen
XXIX
Abkürzungen . . .
XLI
A. Die Wortarten(§§ 1-242) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Substantive und Adjektive(§§ 1- 55) . . . . . . . . . . 1. Substantive(§§ 1- 19) . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Substantivklassen (§§ 1-5) . . . . . . . . . . . . b) Numerus (Singular und Plural)(§§ 6-9) c) Griechische Substantive im Lateinischen(§§ 10-11) d) Substantive im Deutschen und im Lateinischen(§§ 12- 19) 2. Adjektive und adjektivische Partizipialien (§§ 20-55) . . . . . a) Partizipien und Gerundiva als Adjektive(§§ 20-21) . . . . b) Besonderheiten einiger Adjektive und Partizipien (§§ 22- 23) c) Die Substantivierung von Adjektiven und Partizipien (§§ 24-25) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Adjektive im Deutschen und im Lateinischen (§§ 26-29) e) Komparativ und Superlativ(§§ 30-38) f) Die bestimmten Zahlwörter(§§ 39-51) . . . . . . . . . g) Die unbestimmten Zahlwörter (§§ 52-55) . . . . . . . 11. Pronomina(§§ 56-105) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Definite Pronomina (§§ 56-88) . . . . . . . . . . . . . . . a) Die eigentlichen Personalpronomina ego, tu, nos, vos (§§ 5662) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Possessivpronomina (§§ 63-67) . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Demonstrativpronomina hic, iste, ille und is (§§ 68-77) d) Das Intensivpronomen ipse und das Identitätspronomen idem (§§ 78-81) . . . . . . . . e) Reflexivpronomina(§§ 82--86) f) Reziprozität (§§ 87--88) . . . 2. Indefinitpronomina(§§ 89- 105) V
1 2 2 2 15 28 30 44
45 47 51 58 64 75 87 90 91 91 98 103 116 120 130 132
Inhalt
a) Pronomina des unbestimmten Vorbandenseins (§§ 89-95) b) Pronomina der Alterität (alius, alter, a/teruter) (§§ 96-98) . c) Pronomina der Allgemeinheit (§§ 99- 103) . . . . . . . . . d) Pronomina des Nichtvorbandenseins (§§ 104-105) III. Verben(§§ 106-141) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Modi des Verbs im Hauptsatz(§§ 106-123) . . . . . . . . . . . a) Der Indikativ(§ 106) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Konjunktiv(§§ 107- 118) . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der volitive Konjunktiv(§§ 108-113) . . . . . . . . . . ß) Der eventuale Konjunktiv (§§ 114-ll8) . . . . . . . . . c) Der Imperativ(§§ 119-123) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Genera verbi (§§ 124-127) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Besonderheiten des lateinischen Passivs(§ 124) . . . . . . b) Der Ersatz des Mediums durch mediopassive oder reflexive Ausdrucksweise (§§ 125- 127) . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Tempora(§§ 128-141) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines zu den Tempora(§§ 128-130) . . . . . . . . . b) Das Präsens(§§ 131-132) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die futurischen Tempora(§§ 133-134) . . . . . . . . . . . d) Die Vergangenheitstempora (§§ 135-139) . . . . . . . . . e) ZusammengesetzteTempora (§§ 140-141) . . . . . . . .. IV. Adverbien (§§ 142-197) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Adverbiale Suffixe(§§ 142-144) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besonderheiten des lateinischen Adverbs(§§ 145-148) . . . . a) Präpositionen und Adverbien(§§ 145- 146) . . . . . . . . . b) Einige besondere Verwendungsweisen lateinischer Adverbien (§§ 147-148) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Negationen (§§ 149-151) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Übersetzung deutscher Adverbien durch lateinische Adverbien (§§ 152- 187) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Temporal- und Lokaladverbien (§§ 152- 169) . . . . . . . . b) Adverbien der Reihenfolge (§§ 170-171) . . . . . . . . . . c) Quantitätsadverbien (§§ 172-178) . . . . . . . . . . . . . . d) Modaladverbien (§§ 179-184) . . . . . . . . . . . . . . . . e) Urteilsadverbien (§§ 185-187) . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Adverb im D eutschen , andere Ausdrucksweise im Lateinischen (§§ 188-195) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Weglassung des Adverbs(§§ 188-190) . . . . . . . . . . . b) Ersatz des deutschen Adverbs(§§ 191-195) . . . . . . . . 6. Tabellen(§§ 196-197) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Präpositionen(§§ 198-232) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Besonderheiten der lateinischen Präpositionen (§§ 198-200) . 2. Lateinische Präpositionen(§§ 201-203) . . . . . . . . . . . . . 3. Deutsche Präpositionen im Lateinischen (§§ 204-229) VI
133 141 144 149 152 153 153 157 158 163 167 172 172 174 176 176 180 183 184 190 192 192 195 195 197 198 204 204 219 221 229 234 238 238 242 246 247 248 252 276
lnhalt
4. Postpositionen (§ 230) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Tabellen(§§ 231-232) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Interjektionen (§§ 233-242) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kommunikative Interjektionen (§§ 233-236) . . . . . . . . . . a) Abscrued (§ 233) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erregung von Aufmerksamkeit, Befehl (§§ 234-236) . . . 2. Empfindungswörter(§§ 237-242) . . . . . . . . . . . . . . . . a) Sehr affektvolle Interjektionen (§§ 237-238) . . . . . . . . b) Interjektionen der Anrufung oder Verwünschung(§§ 239240) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Interjektionen der Beteuerung oder Verwunderung(§§ 241242) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
291 293 297 298 298 299 301 301
B. Satzglieder und Satzgliedteile (§§ 243-399) . . . . . . . . . . . . . . . I. Subjekt und Prädikat (§§ 243-261) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Subjekt(§§ 243-245) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Prädikat (§§ 246--250) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kongruenz zwischen Subjekt und Prädikat(§§ 251-261) . . . a) Kongruenz zwischen Subjekt und verbalem Prädikat(§§ 251254) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kongruenz des Prädikatsnomens(§§ 255-259) . . . . . . . c) Abweichungen von den Kongruenzregeln. Tabelle (§§ 260261) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Attributive Bestimmungen: Attribute und Appositionen (§§ 262276) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Attribute(§§ 262-271) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Stellung von Attributen(§§ 262-266) . . . . . . . . . . . . b) Besonderheiten lateinischer Attribute(§§ 267-271) . . . . 2. Appositionen(§§ 272-276) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ill. Prädikativa (§§ 277-284) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prädikativa. Allgemeines (§§ 277-279) . . . . . . . . . . . . . 2. Besonderheiten lateinischer Prädikativa (§§ 280-284) . . . . IV. Der Kasusgebrauch (§ 285-399) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. D er Nominativ (§ 285) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Genetiv (§§ 286--319) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Genetiv als attributive Bestimmung(§§ 286--296) . . b) Der Genetiv bei Adjektiven (§§ 297-301) . . . . . . . . . . c) Der Genetiv als Prädikatsnomen (§§ 302-307) . . . . . . . d) Der Genetiv als Objekt (§§ 308-315) . . . . . . . . . . . . e) Unterschiede zwischen dem Deutschen und dem Lateinischen(§§ 316--319) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Dativ (§§ 320-336) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Dativ als Objekt(§§ 320-323) . . . . . . . . . . . . . . b) Der Dativ als Prädikatsnomen (§§ 324-325) . . . . . . . . c) D er Dativ des Interesses(§§ 326--331) . . . . . . . . . . .
304 305 305 311 316
Vll
301 302
317 322 329 334 335 335 338 347 351 351 354 359 365 366 366 379 382 388 399 401 402 408 410
Inhalt
d) Der Dativ des Ziels (§§ 332-334) . . . . . . . . . . . . . e) Der Dativ bei Adjektiven(§§ 335-336) . . . . . . . . . . 4. Der Akkusativ(§§ 337-361) . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) D er Akkusativ als Objekt(§§ 337-349) . . . . . . . . . . b) Der doppelte Akkusativ(§§ 350-356) . . . . . . . . . . . c) Der Akkusativ als adverbiale Bestimmung(§§ 357- 361) 5. Der Ablativ (§§ 362-397) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Ablativus separativus (§§ 362- 367) . . . . . . . . . . b) Der Ablativus sociativus (§§ 368-375) . . . . . . . . . . . c) Der Ablativus instrumentalis (§§ 376-386) . . . . . . . . d) Der Ablativus loci et temporis (§§ 387- 396) . . . . . . . e) Der Ablativ als Obje kt(§ 397) . . . . . . . . . . . . . . . 6. Der Vokativ(§§ 398-399) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
418 421 427 427 446 457 464 465 480 490 516 539 541
C. Der einfache Satz (§§ 400-453) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Modi des einfachen Satzes (§§ 400-420) . . . . . . . . . . . . . . 1. Aussagesätze (§§ 400-401) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausrufesätze(§ 402) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wunschsätze (§§ 403-404) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Aufforderungssätze (§§ 405-406) . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Direkte Fragesätze (§§ 407-420) . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wortfragen (§§ 407-413) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Satzfragen (§§ 414-416) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Besonderheiten der lateinischen Fragesätze(§§ 417-420) . II. Wortstellung(§§ 421-426) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Stellung einzelner Satzglieder und Satzgliedteile (§§ 421424) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ... .. . . . . . . . . 2. Die 'frennung zusammengehöriger Wörter(§§ 425-426) . . . ITI. Die Satzreihe(§§ 427-453) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beiordnende Konjunktionen (§§ 427-446) . . . . . . . . . . . a) Kopulative Konjunktionen (§§ 427-430) . . . . . . . . . . b) Steigernde Konjunktionen(§§ 431-434) . . . . . . . . . . c) Negative Konjunktionen(§§ 435-437) . . . . . . . . . . . d) Disjunktive Konjunktionen (§ 438) . . . . . . . . . . . . . e) Adversative Konjunktionen(§ 439) . . . . . . . . . . . . . f) Kausale und konklusive Konjunktionen (§§ 440-441) . . . g) Besonderheiten der lateinischen Konjunktionen(§§ 442-446) 2. Asyndetische Beiordnung (§§ 447-453) . . . . . . . . . . . . . a) Kopulative Asyndeta (§§ 447-450) . . . . . . . . . . . . . . b) Adversative, kausale und konklusive Asyndeta (§§ 451-453)
543 543 545 549 550 551 552 553 562 571 575
D. Der zusammengesetzte Satz(§§ 454-{)00) . . . . . . . . . . . . . . . . I. Modi und Tempora im abhängigen Satz(§§ 454-472) . . . . . . 1. Modi in Gliedsätzen (§§ 454-457) . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Tempora in Gliedsätzen (Consecutio temporum) (§§ 458-469)
626 626 626 631
Vlli
575 581 582 583 583 593 599 603 605 610 614 621 622 624
Inhalt
a) Die indikativische Zeitenfolge(§§ 45~60) . . . . . . . . b) Die konjunktivische Zeitenfolge(§§ 461-469) . . . . . . . 3. Die Oratio obliqua (§§ 470-472) . . . . . . . . . . . . . . . . . Il. Unechte Gliedsätze: Partizipialien (§§ 473-519) . . . . . . . . . 1. Der Infinitiv (§§ 473-495) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der bloße Infinitiv(§§ 473-476) . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Accusativus cum Infinitivo (Acl) (§§ 477-487) . . . . c) Der Nominativus cum Infinitivo (Nci) (§§ 48~92) . . . . d) Besonderheiten des lateinischen Infinitivs (§§ 493-495) . . 2. Das Partizip (§§ 496-508) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Formenbestand. Besonderheiten(§§ 496-497) . . . . . . . b) Das Participium coniunctum (§§ 498- 500) . . . . . . . . . c) Das Partizip als Prädikatsnomen(§§ 501-505) . . . . . . . d) Besonderheiten der Partizipialkonstruktionen (§§ 506-508) 3. Gerundialia: Gerundium und Gerundivum (§§ 509-517) . . . a) Das Gerundium(§ 509) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Gerundivum (§§ 510-512) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gerundium und Gerundivum im Wechsel(§§ 513-517) . . 4. Das Supinum (§§ 518-519) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Echte Gliedsätze (§§ 520-596) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ergänzungssätze (§§ 520-550) . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Indirekte Fragesätze(§§ 520-523) . . . . . . . . . . . . . . b) Finalsätze als Ergänzungssätze (§§ 524-530) . . . . . . . . c) Konsekutivsätze als Ergänzungssätze(§§ 531-534) . . . . d) Pseudokonsekutivsätze als E rgänzungssätze(§§ 535-539) e) Faktische quod-Sätze als Ergänzungssätze(§§ 540-543) f) Pseudokondizionalsätze als Ergänzungssätze (§§ 544-546) 2. Explikativsätze (Appositive Gliedsätze)(§§ 547-550) 3. Adverbialsätze(§§ 551- 586) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Finalsätze und Konsekutivsätze als Adverbialsätze(§§ 551555) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Faktische quod-Sätze als Adverbialsätze(§§ 556-557) . . . c) Kondizionalsätze als Adverbialsätze(§§ 558-569) . . . . . d) Adverbiale Vergleichssätze (§§ 570-572) . . . . . . . . . . e) Gleichzeitige Temporalsätze und Modalsätze(§§ 573-576) f) Vorzeitige Temporalsätze (§§ 577-578) . . . . . . . . . . . g) Nachzeitige Temporalsätze(§§ 579-581) . . . . . . . . . . h) Kausalsätze (§§ 582-583) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Konzessivsätze und Adversativsätze (§§ 584-585) . . . . . k) Tabellen zu den Adverbialsätzen(§ 586) . . . . . . . . . . 4. Relativsätze(§§ 587-594) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eigentliche Relativsätze(§§ 587- 592) . . . . . . . . . . . . b) Verallgemeinemde und korrelative Relativsätze(§§ 593-594) 5. Parenthetische Gliedsätze (§§ 595-596) . . . . . . . . . . . . . IX
631 636 655 661 663 665 674 697 704 708 709 713 717 724 726 728 730 736 748 751 755 755 762 781 784 791 797 800 807 807 814 815 834 839 847 851 856 859 863 864 864 883 886
Inhalt
IV. Regelmäßiger und unregelmäßiger Satzbau (§§ 597-600) 1. Die Periode (§§ 597-598) . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Anakoluth (§§ 599-600) . . . . . . . . . . . . . . . . .
890 890 893
Anhang Namen, Kalender, Münzen, Maße und Gewichte D as römische Namenwesen . . . . . . . Der römische Kalender . . . . . . . . . . Münzen, Maße und Gewichte
899 899 900
Übungssätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übungssätze zu den Substantiven und Adjektiven (A. I.§§ 1- 55) . . . Übungssätze zu den Pronomina (A.ll. §§ 5Cr105) . . Übungssätze zu den Verben (A. III. §§ 10Cr141) . . . . . . . . . . . . Übungssätze zu den Partikeln (A. IV.-VI.§§ 142-242) . . . . . . . . . Übungssätze zum Subjekt und zum Prädikat (B. I. §§ 243-261) . . . . Übungssätze zu Attribut, Apposition und Prädikativum (B. 11.-III. §§ 262-284) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übungssätze zum Kasusgebrauch (B. IV. §§ 285-399) . . . . . . . . . Übungssätze zum einfachen Satz (C. §§ 400-453) . . . . . . . . . . . . Übungssätze zum zusammengesetzten Satz (D. §§ 454-600) und zum Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
905 905 911 915 917 920
Deutsches Wortverzeichnis ..
941
Lateinisches Wortverzeichnis
960
Sachverzeichnis . . . .
995
Konkordanz . . . . . .
. . . 1016
X
902
922 925 931 934
Vorwort Wer ein fast hundert Jahre altes Standardwerk bearbeitet, steht zwischen der Ehrfurcht, die er der Leistung des Verfassers entgegenbringt, und der Notwendigkeit, die neu hinzugewonnenen Erkenntnisse des wissenschaftlichen Fortschritts gebührend zu berücksichtigen: das Neue muss zu seinem Recht kommen, ohne dass man den Respekt vor der herausragenden Stellung des Alten verliert. Der >Menge< ist die Urform, das Urbild aller lateinischen Scbulgrammatiken: jeder, der einmal Latein lernen durfte oder musste, findet jedes noch so kleine Mosaiksteinehen in diesem erschöpfenden Sammelwerk wieder: keine vertraute Wendung, keine Schulregel, kein Terminus technicus, der sieb nicht aus dem >Menge< belegen ließe. Bedeutet Latein zunächst und gewöhnlich das klassische Latein von Cicero und Caesar,l so ist das Regelwerk des klassischen Lateins der >MengeMengeMenge< übernommen und schadet u.E. keineswegs, im Gegenteil: klare Richtlinien scheinen erwünscht zu sein, sollten aber nicht mit ehernen Gesetzen verwechselt werden.
A . Zum Titel der Neubearbeitung. Aufbau. Satzmodell Die letzte Bearbeitung des Mengesehen >Repetitoriums der lateinischen Syntax und StilistikMengeRepetitorium der lateinischen Syntax und StilistikMengeEin Lernbuch für Studierende und Vorgeschrittene, zugleich ein praktisches Repertoritum für Lehrer< erweiterte Werk erstmals 1885 in 5. Auflage. Wie aus dem Vorwort zur sechsten Auflage von 1890 hervorgeht, war das Ziel nun nicht mehr nur eine Lernhilfe für den Schüler und Studenten, sondern ein Buch, "welches dem praktischen SchulXII
Vorwort
manne eine [ ... J vielseitige und zuverlässige Auskunft über den Sprachgebrauch der klassischen Latinität bietet". Das Werk wuchs immer weiter und erfuhr zu Menges Lebzeiten noch fünf weitere Auflagen. Die Zusätze und Berichtigungen, die Thierfelder in der 11. Auflage 1953 vornahm, änderten nicht allzu viel an der Substanz. Thierfelder griff damals auf die 7. Auflage von 1900 zurück. Dagegen legt diese Neubearbeitung die detail- und materialreichere 10. Auflage von 1914 zugrunde. Der neue Titel ist eine Modernisierung des alten Titels (Repetitorium der lateinischen Syntax und Stilistik). Das veraltete Wort 'Repetitorium' musste natürlich ersetzt werden. Mit 'Stilistik' bezeichnete man im 19.Jh. v.a. die unterschiedlichen Verwendungen von Syntagmen im Lateinischen und im Deutschen. Der Terminus wird auch heute noch in Grammatiken so verwendet.3 Da es aber um Erscheinungen geht, die für das Lateinische typisch sind, ist der Terminus 'Stilistik' nur verwirrend und streng genommen viel zu hoch gegriffen. 1m 19.Jh. bedeutete dieser Begriff ungefähr das, was wir heute mit dem Begrüf der Semantik bezeichnen würden- mit einem Begriff, der bis weit in unser Jahrhundert hinein ungebräuchlich war.4 So erklärt sich der neue Titel des Werks. Mit 'Stil' sollte man ein innersprachliebes Phänomen bezeichnen, daher vermittelt auch der Begriff'Kontrastive Stilistik' ein falsches Bild: Dass man im Lateinischen Puto deum esse, im Deutschen aber 'Ich glaube daran, dass es Gott gibt. Ich glaube an die Existenz Gottes' sagt, hat mit Stilistik nichts zu tun, sondern mit den unterschiedlichen Konstruktionsmöglichkeiten der beiden Sprachen, also mit der Syntax. Stilistik setzt immer die Möglichkeit voraus, von einer Norm abzuweichen. Der Denkfehler der Kontrastiven Stilistik ist, dass sie das Deutsche zur Norm erhebt, von der das Lateinische abweicht. Das Lateinische hat aber im zitierten Fall überhaupt nicht die Möglichkeit, die deutsche Ausdrucksweise (an die Existenz Gottes glauben) nachzuahmen; das Wissen darüber gehört in den Bereich der Syntax, nicht in den der Stilistik. Durch den Verzicht auf das komplexe Feld der Stilistik fiel auch der Mengesehe Überblick über die Stilmittel weg. Im Sachverzeichnis sind jene Stilmittel zu finden, die im Hinblick auf die Syntax relevant sind. 5 Der Begriff 'Semantik' soll nicht suggerieren, dass hier (wie es bei der Behandlung der Wortarten zum Teil geschieht) systematisch die Bedeutungen einzelner Wörter oder Wortgruppen besprochen werden. Es gebt darum, dass man eine Sprache nicht nur unter dem Aspekt der Syntax beVgl. etwa RHH 182- 204. Der Begriff 'Semantik' wurde im 19.Jh. nur sehr spärlich verwendet, in der Sprachwissenschaft hat er sich u. W. erst nach dem Erscheinen von Ch. W. Morris' Buch >Foundations of a theory of signsMengeSyntax und Semantik< weicht von der heute ungewöhnlich wirkendens Gliederung des >MengeSyntax und SemantikRepetitorium< war ein Lehrbuch, sein Repertorium ein Zwitterwesen zwischen Lehrbuch und wissenschaftlicher Grammatik, ein Werk, das den Anforderungen des 19.Jhs., als es noch den lateinischen Aufsatz am Gymnasium und in der Wissenschaft gab, in so hohem Maße entsprach, dass es -kaum überraschend - zum Standardwerk wurde. Aber Lehre und Wissenschaft stehen immer in einem Gegensatz zueinander, insbesondere wenn die Lehre praktische Fähigkeiten (in diesem Fall das Lateinschreiben), die Wis9 Alle diese Begriffe werden ausführlich besprochen und definiert zu Anfang von Teil B. Die Verwendung der Begriffe 'Ergänzung' und 'freie Angabe' kann in der Sprachwissenschaft inzwischen als Allgemeingut gelten. Für das Lateinische ist natürlich v.a. auf die einschlägige Arbeit von H. Happ zu verweisen: Grundfragen einer Dependenz-Grammatik des Lateinischen, Göttingen 1976 (im Folgenden als Happ zitiert). 10 Daraus ergeben sich zugegebenermaßen Unstimmigkeiten, v.a. wenn ein Subjektsatz als Ergänzungssatz bezeichnet wird. 11 Beim Ablativ wurde der Begriff 'Objekt' im Einklang mit der traditionellen Grammatik auf die Ergänzungen nach den Deponentien frui, Jung~ potiri, uti, vesci und ihren Komposita beschränkt.
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senschaftaber eine theoretische Ausbildung anstrebt. Wann immer der Latinist nicht nur den Menge, sondern überhaupt die nützlichen Stilistiken, Synonymiken und Antibarban des 19.Jhs. aufschlägt, staunt er über die Fülle an Information und Wissen, die dort mit nicht enden wollendem Genuss ausgebreitet wird: Cicero wird hier neben Seneca geführt, hier und dort wird auch ein Kirchenvater, wenn nicht gar ein Poet genannt, durchaus verständlich, denn: Der Latein schreibende Schiller oder Gelehrte benötigte zum Ausdruck eines Gedankens eine differenzierte Begrifflichkeit, die er sich bei Bedarf beispielsweise von Plinius lieh, wenn die Klassiker ihm ihre Unterstützung versagten. Die Praxis bestimmte die Methode. Natürlich blieben die Vorbilder Caesar und Cicero, aber wenn man mit ihnen nicht weiterkam, musste man sich zu anderen Autoren herablassen. Davon ausgehend musste eine unserer ersten Überlegungen lauten: Wie begrenzt man das Corpus unter einem wissenschaftlichen Aspekt sinnvoll? D er erste Weg war nicht gangbar: Eine Grammatik der lateinischen Sprache von Plautus bis Tacitus. Abgesehen von dem kaum abzuschätzenden Arbeitsaufwand war dies nie das Ziel und konnte es auch unmöglich werden, handelte es sich doch um eine Überarbeitung des >Menge< und nicht der Grammatik Kühner/Stegmano. Es blieb nur der zweite Weg: die Beschränkung auf wenige Autoren. Dichter schieden aus ersichtlichen Gründen aus, eine Begrenzung auf die eigentliche Klassik war wohl wünschenswe rt, also stellte sich nur noch die Frage, ob nur Cicero und Caesar oder alle titerarischen Prosaschriftsteller des ersten vorchristlichen Jahrhunderts in das Corpus aufgenommen werden sollten. Menge hatte sein erzeit Livius, Nepos, Sallust und Ciceros Korrespondenten fast gleichberechtigt neben die eigentlichen Klassiker gestellt, sollte man ihm hierin folgen , zumal sich das Corpus dadurch (abgesehen von Livius) nicht wesentlich vergrößern würde? Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, inwieweit man diesem oder jenem Corpus eine Einheitlichkeit zubilligt. Was heißt das? E in Forschungsgegenstand muss in zumindest einer Hinsicht einheitlich sein, sonst ist es sinnlos, ihn zum Forschungsgegenstand zu erheben; die Art dieser Einheit wird aber von der Fragestellung bestimmt: Eine anthropologisch ausgerichtete Toposforschung wird jeden Text auf Topoi untersuchen, um möglichst viel Material sammeln und bewerten zu können, gerät aber zweifelsohne in unüberwindbare methodische Probleme; eine gattungsoder epochenorientierte Toposforschung hat ein engeres Arbeits(eld, kann aber nur begrenzte Aussagen treffen. Ebenso steht es mit der Grammatik: Wer alle Texte eines mehr oder minder willkürlich gewählten Zeitraums untersucht, wird viele Phänomene entdecken und viele Lücken im sprachlichen System schließen, sich aber die Frage gefallen lassen müssen, wie man sich dieses System vorzustellen habe und was dicere und Acl bei Terenz mit dicere und Acl bei Tacitus gemeinsam habe (um ein einfaches Beispiel zu wählen). Diese Frage erscheint zugegebenermaßen absurd, geradezu so, als wollte man fragen, was der Hund Bello gestern mit dem Hund Bello heute XVI
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gemeinsam habe. Die Frage ist absurd, aber nur, wenn man davon ausgeht, dass das sprachliche System des Terenz dasselbe ist wie das sprachliche System des Tacitus (wenn ich davon ausgehe, dass Bello heute wie gestern derselbe ist, gehe ich auch davon aus, dass seine Nase gleich geblieben ist). Die Annahme ist wohl kaum zu vermessen, dass kein Philologe ohne Vorbehalte von der Identität der sprachlichen Systeme ausgehen würde. Warum sollen also in einer Grammatik beide gemeinsam behandelt werden, es sei denn, als Resultat einer ungezügelten Sammlertätigkeit? Natürlich bestehen sehr viele Übereinstimmungen zwischen den beiden, vielleicht sogar mehr Übereinstimmungen als Abweichungen, Terenz hätte Tacitus verstanden wie Tacitus Terenz verstanden hat, wie wir Bodmer oder Stifter lesen können, aber dennoch: führt nicht gerade dieser Vergleich die Verschiedenheit vor Augen? Man muss nämlich kein Germanist sein, um einen Text von Bodmer dem 18. Jh., einen Text von Stifter dem 19.Jh. und dieses Vorwort hier dem ausgehenden 20.Jh. zuweisen zu können. Mit welchem Recht könnte also jemand behaupten, dass sich diese drei Schreiber in ein und demselben sprachlichen System bewegen? Ebenso: Mit welchem Recht kann man behaupten, dass ein deutscher Zeitungsartikel des Jahres 1999 demselben sprachlichen System verpflichtet ist wie eine amtliche Verlautbarung oder ein Roman desselben Jahres? Damit ist nicht gemeint, dass Grammatik nur noch die Darstellung von Idiolekten sein dürfte. Nur muss eine Einheit wohl begründet sein, sonst zerfließt alles in einer Beliebigkeit, in der alles möglich ist. (Interessiert man sich etwa für das Vordringen des deutschen 'weil' mit H auptsatz, so wird man natürlich alle greifbaren Texte auswerten, ungeachtet aller Gattungs- und Zeitgrenzen, aber das wäre die isolierte Untersuchung eines speziellen Phänomens.) So wurde die Entscheidung getroffen, die Corpora von Cicero und Caesar zugrunde zu legen und damit die Werke zweier Autoren, die sich durch ein hohes Maß an Sprachreflexion und bewusstem Umgang mit Grammatik und Stil auszeichnen und deswegen seit der Antike immer wieder zu Stilvorbildern erhoben worden sind.t2 Diese Beschränkung des Corpus hat mehrere Vorteile: erstens wird der Forderung nach Synchronie Genüge geleistet (Das Corpus umfasst die Jahre zwischen etwa 80 und 43 v.Chr.), zweitens ist der Umfang so groß, dass verallgemeinernde Schlüsse sinnvoll sind, und drittens handelt es sich um das Cor12 Menge selbst verwendet den Begriff 'klassisch' nicht einheitlich, manchmal versteht er darunter offenbar nur Cicero und Caesar, manchmal fasst er ihn weiter. Wenn wir daher zuweilen in einer Anmerkung eine Behauptung Menges, dieses oder jenes Wort sei klassisch (oder unklassisch), zurechtrücken, so gehen wir dabei immer von unserem Klassik-Begriff aus, tun Menge also damit, von seinem Standpunkt aus gesehen, hier und da vielleicht Unrecht. Es ist nicht die Aufgabe der entsprechenden Anmerkungen, Menge zu kritisieren, sondern, auf allgemein verbreitete lrrtllmer aufmerksam zu machen.
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pus des klassischen Lateins, der seit der Antike geltenden idealen Vervollkommnung der lateinischen Sprache. 13 Bei dieser puristischen Beschränkung auf zwei Autoren ließen nur noch zwei Umstände Bedenken aufkommen: Warum sollte man Caesar aufnehmen und mit welchem R echt werden beispielsweise Ciceros Briefe an Atticus in dieses Corpus einbezogen? Caesar und Cicero sind einerseits verbunden durch ihre zeitliche Nähe, denselben gedanklichen und gesellschaftlichen Hintergrund (Senatsaristokratie), andererseits- und das ist für das hier verfolgte Ziel wichtiger- durch die nachweisbare Ähnlichkeit des Sprachbaus, durch die mannigfaltigen Übereinstimmungen in Syntax und Semantik. Wer die Sprache Ciceros und Caesars beschreibt, beschreibt die zur Vollendung geführte Standardsprache der Nobilität der ersten Hälfte des 1. Jhs. v. Chr.- und diese Standardsprache lässt sich auch in den umgangssprachlieben Briefen Ciceros nachweisen. Cicero wird nicht, sobald er den Senat verlässt und seine philosophischen Schriften beiseite schiebt, zu einem schlampig formuliere nden Sonntagnachrnittagsbriefsteller, der präzise Einsatz von Syntax und Semantik bleibt bei ihm, wie bei jedem bewusst schreibenden talentierten Autor, fast durchweg erhalten. Ellipsen, umgangssprachliche Syntagmen, griechische Einsprengsel ändern nichts an dieser Feststellung. Dagegen wurden das achte Buch des B ellum Gallicum und die Rhetorica ad Herennium, soweit wir sehe n in Übereinstimmung mit den Communes opiniones, aus dem Corpus ausgeschlossen.
C. Synchrone Darstellung unter Verzicht auf Diachronie Diese synchrone Einheitlichkeit geht H and in Hand mit einem Verzicht auf diachrone Beschreibunge n und Erklärungen. Dies hat sowohl mit Platz- als auch Kompetenzmangel zu tun, ist aber auch das Resultat einer methodischen Überlegung. Eine diachrone Tatsache leistet entweder nichts zur Erklärung eines synchronen Phänomens und stiftet nur Verwirrung oder aber die diachrone Sprachgegebenheit ist synchron noch wirksam und somit auch ein synchrones Phänomen. Nehmen wir ein Beispiel a us der Morphologie: Schon dem Ftinftklässler fällt die Unregelmäßigkeit in der Flexion des Indikativ Präsens von amare auf. D er Lehrer 'erklärt' diese Tatsache damit, dass das a in erschlossenem *amao von dem o verschlungen worden sei, der Schüler ist zufrieden - zu Unrecht. D er Lehrer hat ihm nämlich keine Erklärung gegeben, 13 Einige Male wird unter den authentischen Beispielen auch ein nichtklassischer Satz zitiert, wenn es sieb um ein bekanntes aureum dieturn handelte, das unbedenklich wiedergegeben werden konnte und sieb für das Einprägen des grammatikalischen Phänomens besonders eignet. Senecas berühmtes Non vitae, sed scholae discimus (epist. 106) fiel aiJerdings unserem Purismus zum Opfer, da der Dativus commodi eines Kollektivums klassisch selten ist.
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sondern lediglich zwei Sprachzustände genannt, wie wenn er auf die Frage ··warum steht der Läufer auf c4?' geantwortet hätte 'Weil er vorher auf f1 stand.' Die Form *amao ist die Bedingung für das Entstehen der Form amo, aber nicht deren Erklärung. Um diese Abweichung der ersten Person in der a-Konjugation wirklich zu erklären, müsste man sprachgeschichtlich viel weiter ausholen, müsste allgemeine Gesetzmäßigkeiten namhaft machen, auf psycho-physische Vorgänge eingehen- und nach all diesem in der Diachronie zu leistenden Aufwand würde der synchrone Wissenschaftler fragen: ' Wozu? Sagt mir diese Erklärung irgend etwas über die Verwendung der Form im 1. Jh. v. Chr. ?' Es ist gewiss eine interessante Feststellung, dass die deutsche Subjunktion ' weil' von einem temporalen Nomen stammt ('Weile' ), beeinflusst diese mithilfe der Diachronie eruierte Sprachtatsache unseren Gebrauch von 'weil' (etwa im Gegensatz zu 'da')? Und wenn dem so wäre: dann wäre diese Sprachtatsache nicht mittels der Diachronie zu ermitteln, sie müsste im System feststellbar sein, weil nur dasjenige Element im System wirksam sein kann, das an einem Punkt im System vorhanden ist: Der Deutsche spürt noch den Zusammenhang zwischen 'weil' und der Zeitdauer, aber nicht, weil vor langer Zeit 'Weile' ein temporales Nomen war, sondern weil das (temporale) Wort 'Weile' durchaus noch lebendig ist. Der Fall ist ein Paradebeispiel für eine scheinbar (rein) diachrone Erklärung, die in Wirklichkeit (auch) synchron ist. (Hierher gehört auch das Zurückgehen auf die Grundbedeutung oder gar 'eigentliche' Bedeutung eines Wortes: Wenn man jemanden einen Parasiten schimpft, kann sich der gebildete Besserwisser nur schlecht damit herausreden, das Wort bezeichne ja ursprünglich und somit eigentlich jemanden, mü dem man gemeinsam eine Mahlzeit einnimmt: Das Wort wird nicht mehr in diesem Sinne verwendet, die sog. Grundbedeutungen haben nur etwas in etymologischen Lexika verloren, aber nicht in der aktuell gebrauchten Sprache.) Mit dieser Ablehnung der Diachronie steht diese Grammatik nicht nur in der Tradition des synchron arbeitenden Strukturalismus,14 sondern trifft sich auch mit der von der Valenzgrammatik ausgehenden Funktionalen Grammatik, wie sie v. a. H. Pinkster für das Lateinische ausgearbeitet hat.ls Da v. a. dieser Aspekt von Pinksters Werk der 14 Der erste, der nachdrücklich auf die Notwendigkeit aufmerksam gemacht hat, streng zwischen Dia- und Synchronie zu scheiden, war der Vater des Strukturalismus, der Indogermanist Ferdinand de Saussure, dessen Werk >Grundfragen der aUgemeinen SprachwissenschaftSyntax und Semantik< im Verhältnis zu anderen Grammatike n Wo ist die >Syntax und SemantikMenge< als Grammatik der beiden maßgebLichen Autoren Cicero und Caesar zwischen Lehrbuch und wissenschaftlicher Grammatik. Im Gegensatz zum >MengeSyntax und SemantikGrundfragen einer DependenzgrammatikSyntax und SemantikMenge< eingeflossen waren. Die Lektüre dieses anregenden und das Sprachgefühl schulenden Werkes ist auf jeden Falllohnend.24 Da die Neubearbeitung des >Menge< kein Lexikon werden sollte, wurde die (oft sehr beckmesserische) Synonymik von Hermann Menge kaum verwendet25: die Quellen hatten Vorrang. Verwiesen sei noch auf A. Scherers Handbuch, das in einzelnen Fällen Anstöße gegeben hat, außerdem auf Hofmanns Werk über die lateinische Umgangssprache, das v.a. bei dem Kapitel über die Interjektionen seinen Nutzen unter Beweis stellte.26 Der eigene, originelle Beitrag der >Syntax und Semantik< ist also gering, sie ist ein sammelndes und ordnendes Lehrbuch auf der materiellen Grundlage der Quellen und auf der von den genannten Gelehrten erarbeiteten Basis der Theorie und Methodik. Wir hoffen, dass innerhalb dieses Rahmens eine Grammatik entstanden ist, die dem Studenten die Examensvorbereitung erleichtert, dem Stilkursleiter ein übersichtliches R egelwerk an die Hand gibt und dem Fachmann ein solides Fundament für eine wissenschaftliche Beschäftigung mit dem klassischen Latein legt.
E. Weiteres zur Anlage der >Syntax und Semantik< Die Beispielsätze werden nach den einschlägigen Ausgaben zitiert; dabei wurden in der lateinischen Orthographie Vereinheitlichungen vorgenommen. Die Stellenangaben folgen den Abkürzungen des ThLL-Index, es fehlt aber durchweg die Angabe Cic. bzw. Caes. (außer bei den Caesar-Briefen im Ciceronianisehen Briefcorpus). Die Beispielsätze werden ohne besondere Markierung gekürzt oder leicht verändert wiedergegeben (Ersatz eines Namens durch ein Pronomen oder umgekehrt, Zitierung eines Gliedsatzes als Hauptsatz, u. U. mit Änderung des Modus usw.) . Das dabei befolgte Prinzip war, dass die Verfremdung das jeweils interessierende grammatikalische Phänomen nicht betreffen durfte. Bei einer sehr freien Wiedergabe wurde vor die Stellenangabe 'vgl.' gesetzt. Nicht mit Stellenangaben versehene Sätze und Wendungen entstammen dem >MengeMenge< ist die durchgängige Kommentierung jedes einzelnen Satzes, so dass Fragen, die sich bei der Durchsicht der Lösung ergeben, hoffentlich erschöpfend beantwortet werden.28
z1 Wie wichtig es ist, selbst scheinbare Trivialitäten möglichst gründlich zu belegen, möge ein Beispiel aus Pinkster (S.l92) zeigen, wo der erfundene Satz lussi te venire zweilach übersetzt wird: ' Ich habe dir befohlen zu kommen' und 'Ich habe befohlen, dass du kommst'; im letzten Fall wäre das Du nicht der Adressat des Befehls (wäre also als Abwesender gedacht). Es scheint kaum vorstellbar, dass der lateinische Satz bei welchem Autor auch immer eine solche Interpretation zulässt; man hätte dafür gerne einen einwandfreien Beleg. Man drückt offenbar die Tatsache, dass jemand herbeigeholt wird, bei iubere mit einem passiven Infinitiv aus, z. B.: Aurificem iussit vocari (Er ließ den Goldschmied rufen.) (Verr. ll 4,56). Wir haben bei der Arbeit des öfteren bemerkt, dass jeder Versuch, eigene Sätze zu erfinden, sehr gefährlich ist. Das ging soweit, dass wir bei den Übungssätzen nur sehr selten Alternativvorschläge gemacht haben, die gewöhnlich doch nur hinter dem Original zurückbleiben. Die vordringliebe Aufgabe ist, das zu erklären, was im Text steht, statt wa hllos Alternativen anzuhäufen. Am Anfang habe n wir noch über den Purismus eines Valla gelacht, der in seinem Ciceronianismus so weit gegangen ist, selbst jede Form, die nicht bei Cicero belegt ist, auszuschließen - allmählich können wir ihn verstehen. 28 FOr ein intensiveres Training empfehlen sich G. Ma uracbs Stilübungen (vgl. Fußnote 357).
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F. Danksagung Von unseren Korrekturlesern sind wir aufgrund ihrer Geduld, ihrer Sorgfalt und ihrer zahlreichen Verbesserungsvorschläge in erster Linie Oliver Coste, dessen sprachliche Kompetenz und rechtshistorischer Sachverstand uns vor manchem Irrtum bewahrte, Philipp Trautmann und Isabella Wiegand zu Dank verpflichtet. Kaum geringerer Dank gilt: Dagmar Adrom, Tim Krüger, Dr. Veronika Lukas und Hendrik van Wieringen. Unser Dank gilt außerdem: Herwig Aulebla, Thomas Bednar, Volker Berchtold, Dr. Bernhard Huß, Albert Jungtäubl, Dr. Manfred Kraus, Martin Lieske, Katharina Luchner M. A., Dr. phil. habil. Peter von MöUendorff, Georg Ott, Peter Riedlberger M.A., Udo Segerer, Daniel Sieber, Markus Stegbauer, Dr. Sabine Vogt, Michaela Zecha u. a. Barbara Feichtner hat dankenswerterweise den Anhang zu Kalender, Münzen, Maße und Gewichte zusammengestellt. Wir möchten weiterhin allen Studenten und Studentinnen danken, die unser Kolloquium im WS 1997/1998 besucht haben und uns durch ihre Ideen, ihre Einwände und Vorschläge sehr weitergeholfen haben- unser besonderer Dank gilt hierbei Peter Riedlberger M.A. und Florian Stöbert. Wir danken a uch der WB, insbesondere Herrn Heitmann, Herrn Dr. Selzer und H errn und Frau Gutowski für ihre kompetente und effektive Mitarbeit. Für Unterstützung und freundliche Beratung sind wir in besonderem Maße Herrn Prof. Dr. Friedrich Maier verbunden, der dieses Werk erst möglich gemacht hat. Thorsten Burkard Markus Schauer
München 1999
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Vorwort zur zweiten Auflage In der vorliegenden durchgesehenen und verbesserten zweiten Auflage des Neuen Menge wurden das Literaturverzeichnis und das Verzeichnis der Siglen, Textausgaben, Kommentare und Obersetzungen erweitert und auf den neuesten Stand gebracht. Daneben wurden Druckfehler und kleinere Versehen beseitigt sowie das lateinische Wortverzeichnis (S. 960ff.) korrigiert und ergänzt. Für inhaltliche Änderungen und Präzisierungen fehlte leider der Raum, da durch die Neuauflage der Seitenumbruch nicht angetastet werden durfte. Es freut uns, beobachten zu können, dass der Neue Menge in den fünf Jahren seit seinem Erscheinen von den angesprochenen Zielgruppen im Großen und Ganzen positiv aufgenommen worden ist. Die Studenten arbeiten mit dem Buch und verwenden es sogar, soweit möglich, zum systematischen Lernen; so mancher Stilkursleiter, der zu Recht das Verschwinden eines traditionellen Lehrbuchs alten Schlages bedauert, hat auch den Neuen Menge schätzen gelernt; hier und da wird dieses Lehrbuch der lateinischen Syntax und Semantik auch in wissenschaftHeben VeröffentHchungen zitiert. Das alles lässt uns hoffen , dass der Neue Menge mit seinem Kompromiss zwischen wissenschaftlicher Grammatik und universitärem Lehrbuch auch in Zukunft noch weiteren Anklang finden wird. Daher möchten wir uns an dieser Stelle bei all denen bedanken, die sich während dieses Quinquenniums in irgendeiner Weise, sei es ablehnend, sei es skeptisch, sei es wohlwollend, mit diesem Werk auseinander gesetzt haben, in Form von Zuschriften, Rezensionen, rumores, mündlichem Tadel oder aufmunterndem Zuspruch. Danken möchten wir dalher allen aktiven Rezipienten, insbesondere aber Herrn Dr. Rolf Heine (Göttingen) und Herrn Friedemann Weitz (Leutkirch),l aus deren umfassenden, kenntnisreichen, ausgewogenen und von keinerlei Ressentiment getrübten Rezensionen wir großen Gewinn für diese zweite Auflage gezogen haben. Miinchen/Berlin 2005
Thorsten Burkard Markus Schauer
1 R. Heine GFA 3 (2000), 1093-1103 und 5 (2002), 1069-1090; F. Weitz, GFA 3 (2000), 1073-1091. Weitere Rezensionen: P. Helms, Forum Classicum 43.2 (2000), 108-111; F. Heberlein, Lateinische Grammatik und Lateinische Stilistik. Zur Neuausgabe von Menges Repetitorium, Gymnasium 108 (2001),149-155; 1. Burch, MH 58 (2001), 258f.; M. Kienpointner, Lateinforum 44 (2001), 62-65; G. Schneeweiß, AAHG 55 3-4 (2002), 129-156; M. Lavency, Latomus 61 (2) (2002), 535 f.
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Literaturverzeichnis Hier findet der Leser sowohl häufiger zitierte Literatur als auch Werke, die für die lateinische Sprachwissenschaft von Bedeutung sind oder waren; sie werden im Vorwort und im Hauptteil mit leicht zu entschlilsselnden Kurztiteln zitiert. In den Fußnoten wurden weiterfUhrende Angaben zur Sekundärliteratur v. a. auf die Jahre nach 1985 beschränkt, einige besonders ergiebige Aufsätze (v. a. aus dem ALLG} schienen uns aber aufgrund ihres Detailreichtums noch immer von Interesse zu sein. Die Abkürzungen der Zeitschriften folgen dem Usus der Annee Philologique. Die Forschung zur Grammatik ist in erster Linie durch die folgenden beiden Werke erschlossen: Jean Cousin, Bibliographie de Ia Iangue latine 1880-1948, Paris 1951; Fabio Cupaiuolo, Bibliografia della lingua latina (1949- 1991}, Neapel1993. Hilfreich sind auch die ausfilhrlichen Literaturverzeichnisse bei KSt und HSz. ALLG =Archiv für Lateinische Lexikographie und Grammatik mit Einschluß des älteren Mittellateins. Als Vorarbeit zu einem Thesaurus Linguae Latinae herausgegeben von Eduard Wölfflin, Leipzig 1- 15 {1884-1908). Antibarb. =Johann Philipp Krebsf7Joseph H. Schmalz. Antibarbarus der lateinischen Sprache,2 Bde., Basel 71905- 1907 {Ndr. Darmstadt 1984). Gualtiero Calboli, Über das Lateinische. Vom Indogermanischen zu den romanjschen Sprachen, Tilbingen 1997. Jean Collart, Grammaire du latin, Paris 41983. Jean Cousin, s. oben rue Vorbemerkung. Fa bio Cupaiuolo, s. oben die Vorbemerkung. Giacomo Devoto, Geschichte der Sprache Roms, Heidelberg 1968. Alfred Ernout/Fran~ois Thomas, Syntaxe latine, Paris 2002 (Ndr. von 21953). Hermann Fränkel, Grammatik und Sprachwirklicbkeit, München 1974. Hans Gettert, Konstituenz und lateinische Syntax. Anwendung eines modernen Begriffs auf eine alte Sprache am Beispiel von M. T. Ciceros Brurus (und anderer Texte), Aachen 1999. Heinz Happ, Grundfragen einer Dependenz-Grammatik des Lateinischen, Göttingen 1976. Gerhard Helbig, Geschichte der neueren Sprachwissenschaft, Opladen 81989. Hofmann LU = Johann Baptist Hofmann, Lateirusche Umgangssprache, Heidelberg 41978. HSz = Johann Baptist Hofmann/Anton Szantyr, Lateinische Syntax und Stilistik, München 1972 (verb. Ndr. von 11965; 2. Ndr. 1997). KSt = Raphael Kilhnerf2Carl Stegmannf3-5Andreas Thierfelder, AusfUhrliehe Grammatik der lateinischen Sprache. 2. Teil. Satzlehre, 2 Bde., Hannover 21914,31955, 4 1962, 5J976 {Ndr. Darmstadt 61982). Manfred Landfester. Einfilhrung in die Stilistik der griechischen und lateinischen Literatursprachen, Darmstadt 1997. Eric Laughton, The participle in Cicero, Oxford 1964. Marius Laveocy, Usus. Grammaire latine. Description du latin classique en vue de Ia lecture des auteurs, Louvain-la-Neuve 21997.
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XXVIII
Verzeichnis der Siglen, Textausgaben, Kommentare und Übersetzungen Die WerkeCicerosund Caesars werden hier chronologisch aufgeführt (die Corpora der Cicero-Briefe finden sich jedoch am Ende der Tabelle); die (vermutlichen) Entstehungsdaten finden sich in der ersten Spalte der Tabelle. Da in diesem Buch die Kürzel des Thesaurus-Index verwendet werden, stehen diese Kürzel zusammen mit dem ausführlichen Titel in der zweiten beziehungsweise dritten Tabellenspalte. Ferner werden zu jedem Werk einschlägige textkritische Ausgaben (4. Spalte), wichtige wissenschaftliche Kommentare (5. Spalte) und deutsche Übersetzungen (6. Spalte) in chronologischer R eihenfolge genannt, ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Es wird gegebenenfalls der jüngste Nachdruck ohne ZähJung angeführt, bei den Übersetzungen sind Nachdrucke nicht mit dem Zusatz ,Ndr.' gekennzeichnet. Folgende Sammelausgaben werden bei den Einzelwerken nicht eigens aufgeführt:
Albert C. Oark/William Peterson M. Thlli Ciceronis orationes, 6 Bde., 1901-1911 (mebrf. nacbgedr.) (OCf). Manfred Fuhrmann Cicero. Sämtliche Reden, 7 Bde., 2000 (11970-11982) (Art.). [Übersetzung] Manfred Fuhrmann Cicero. Die politischen Reden, 3 Bde., 1993 (Art.). [Text und Übersetzung) Manfred Fuhrmann Cicero. Die Prozessreden, 2 Bde., 1997 (Art.). [Text und Übersetzung] Helmut Kasten Cicero. Staatsreden.3 Bde., Berlin 4 1977-4 1988 (Akademie-Verlag). [Text und Übersetzung) Robert Y. Tyrrellfl.ouis C. Purser The correspondence of Cicero, 7 Bde., Dublin u. a. 31904-21933 und 1901 (lndexband) (Ndr. Hildesheim 1969). [Text und Kommentar zu den Briefen] Cicero. Rhetorica II, 1903 (mehr(. nachgedr.) Augustus S. Wtlkins (OCf). [Brut., orat., opt. gen., part., top.] Konrat Ziegler Cicero. Staatstheoretische Schriften, Berlin 1974 (Akademie-Verlag). [Text und Übersetzung] Abkürzungen der Verlage und Reihen:
Art. BT dtv Mond.
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ArtelDis (und Winkler) Bibliotheca Teubneriana Deutscher Taschenbuchverlag Mondadori Oxford CLassicaJ Texts Reclams Universalbibliothek ThscuJum-Bücherei Wissenschaftliche Buchgesellschaft
XXIX
Jahr
. Auflösung
inv.
De inventione
81
Quinct.
Pro P. Quinctio
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S.Rosc.
Q. Rose. Thll.
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ProSex.Roscio
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Pro Q. Roscio comoedo Pro M. Thllio
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div. in Caec.
70
Verr.
69
Font.
In Q. Caecilium Nigrum or., quae divinatio dicitur In C. Verrem
Pro M. Fonteio
Textkritische A be{ ) usga n E. Ströbel, 1915 (Ndr.l9TI) (BT) G. Achard, 22002 (Bude) A. Klotz, 1923 (BT) H. dc La Ville de MirmontJ2J.Humbert, 1934 (Ndr. 2002) (Bude) T. E. JGnsey, Sidoey 1971 A.Klotz/H.Kasten, 1968 (BT) J. Axer, 1976 (BT) Fr. Schöll,l923 (BT) H. de La Ville deMirmont, 1938 (Ndr. 2002) (Bude) G. Garuti,1965 _{Mond.) A. K.totz,1923 (BT) A. Klotz, 192211923 und 11949 (BT) ll2: G. Lopez,l993 (Mond.) 11 5: L. Piacente,1975 (Mond.)
Fr. Scbölt.1923 (BT) A. Boulanger.1929 (Ndr. 2002) (Bude)
. . WJchuge Kommentare
T. E. JGnsey, Sidoey 1971
Übersetzungen . D h ms eut.sc e Th Nüßlein,l998 (Art-)
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G.Landgraf,Leipzig 119l4 (Ndr-1978) A. Martino, Mailand 1933 G. Berzero, Neapel 1935
M.Giebel/E.Schröfel. München 2001 G. Krüger, 2002 (RUB)
K. HalmJlOG. Laubmann , -Berlin 1900 zu 11 l :T. N. Mitchell, Warminster 1986 I/4:F.Ri~ht~r/A.Eberbard/ H. NohJ, Le1pZ1g 1908; G. Saldo, F1orenz 2004 lU 11415: K. Halm/ tOQ. Laubmann, Berlin 1900
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G. Krüger, 6 Bde., 1983-1994 (RUB) M.Fuh~ann, 1995 (Art.) I: M. Giebei/E. Schröfel, München 2001
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69
Caecin.
Pro A. Caecina
66
Quent.
Pro A. Cluentio Habito
66
Manil.
Pro lege Manllia (i.e. de imperio Cn. Pompei)
Fr. Schöll,l923 (BT) A. o·ors, 1965 (Mond.) S. Rizzo,1991 (Mond.) P. Boyanc6, l2002 (Bud6) P. Reis, 1927 (BT) A. Boulanger,l929 (Ndr. 2002) (Bud6)
I. 63
leg.agr.
De lege agraria
V. Marek. 1983 (BT)
63
Rab.perd.
Pro C. Rabirio perduellionis reo In L. Sergium Catilinam
Th. Guardr, 1979 (Mond.) V. Marek, 1983 (BT) P. Reis, 1927 (BT} T. Maslowski, 2003 (BT)
63
g
Catil.
I
I
II
63
62
II
Mur.
Arch.
Pro L. Murena
Pro A Licinio Archia poeta
H. Kasten, 31972 (BT)
P. Reis/H. Kasten, J 1966 (BT)
F. E. Martorelli, Mailand 1936
F. Richter/ A. Eberhard, Leipzig 51900 F. P. Donnelly, New York 1939 M. E. Bertola, Turin 1955 A.W. Zumpt. Berlin 1861 E. I. Jonkers, Leiden 1963 W. B. Tyrrell,Amsterdam 1978 Halmfl4W.
K. Sternkopf, Berlin 1900 F. Richter/ A. Eberhardi'H. Nohl, Leipzig 1912 G. P. Amato, Thrin 1938 A. Haury, Paris 1969 zu 1: L. Agnes, Florenz 1941 K. HalmJSG. Laubmann, Berlin 1893 J. Adamietz,1989 (WBG) L. Agnes, Genua 1949 H . C. Gotoff, London 1979 H .IK. Vretska,21988 (WBG)
M. Giebel/E. Schröfel, München 2001 0. Schönberger, 2002 (RUB)
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M. Fuhrmann. 22000 (Art.) M. Giebel/E. Schröfel, München 2001 0. KJose, 2003 (RUB)
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H.IK. Vretska, 21988 (WBG) M . Giebel/E. Schröfel, München 2001 0. Scbönberger, 2003 (RUB)
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Jahr
Sigle
Auflösung
62
Sull.
Pro P. Comelio Sulla
59
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56
56
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Vatin.
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Post reditum in senatu
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Post reditum ad Quirites Oe domo sua ad pontifices
Pro P. Sesrio
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In P. Vatinium testem interrogatio
56
CaeL
Pro M. Caelio Rufo
56
bar.resp.
Oe baruspicum responso
Wichtige Kommentare
Übersetzungen ins Deutseite
K. HalmiSG. Laubmann, Berlin 1893 D. H. Berry, Cambridge
2004 -- -F. Zucker,l963 (Mond.) A. Du Mesnil, Leipzig 1883 (BT) A. Boulangerf6Ph. Moreau, T. B. L. Webster, Oxford 1931 I 2002 (Bude) S. F. Moscrop, London/ Glasgow 1933 --~L-J. Guill~n.1967 (Mond.) L__ T. Maslowski,1981 (BT) - - - ---11- -- - --lr-·-- T. Maslowski, 1981 (BT) I ----T. Maslowski, 1981 (BT) A. Barriera,1914 R G. M. Nisbet, Oxford 1939 I I. Gallo, Rom 1969 I T. Maslowski, 1986 (BT) G. Krüger, 1999 (RUB) R. Castelli,Aquila 1900 R Reggiani 1990 (Mond.) V. d' Addozio, Florenz 1900 M. Giebel/E. Schröfel, J. CousinflPb. Moreau, 0. Drenckhahn, Berlin 1904 München 2001 2002 (Bude) G. Berzero, Mailand 1935 ---I A. Klotz, 1919 (BT) L. G. Pocock, London 1926 T. Maslowski, 1995 (BT) I rl J. CousinPPh. Moreau, 2002 (Bude) J. Cousin,l962 (Ndr. 2002) R G.Austin, Oxford )}96() M. Giebel,1994 (RUB) (Bude) T. Maslowski, 1995 (BT) A. Guaglianone, 1968 I. GaJio, Rom 1969 (Mond.) J. 0 . Lenaghan, Paris 1969
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Pro L. VaJerio Flacco
Flacc.
Sest.
Textkritische Ausgabe(n) J. M. Pab6n, 1964 (Mond.) P. Reis/ H. Kasten, J}966 (BT)
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lUG. Bayer,1994 (Art.)
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0. Schönberger, 1991 (dtv)
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I T. R. E. Holmes, Oxford 1914 (Ndr.1979) Fr. Kraner/W. Dittenberger/ 1"'H. Meusel, Bd. 1 und 2, 1913/1920 (Ndr. 1999) zu JJ- V: M. Rarnbaud, Paris 1965-1974 A. R. Dyck, Ann Arbor 2004 zu 1: L. P. Kenter, Amsterdam 1971; N. Rudd/Th. Weidemann, 1987 K. W. PideritfJW. Friedrich, 1889 (BT) F. Galli, Mailand 1932
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M. Deißmann, 2004 (RUB) 0. Schönberger, 2004 (An.)
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K. Ziegler, Dertin 1974 R. Nickel, 22002 (Art.)
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Paradoxa Stoioorum
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Orator
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Oe optimo genere oratorum I
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MarceU.
Pro M. Claudio Marcello
46
Lig.
Pro Q. Ligario
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civ.
Commentarü belli civilis
A. Yon,l964 {Ndr. 2002) (Bude) R. Westman, 1980 (Ndr. 2002) (BT) A. Yon,l964 (Ndr. 2002) (Bude) R. Giomini, Rom 1995 A. lppolito, Palermo 1998 A. Klotz. 21933 (BT) M. Pugliarello, 1995 (Mond.) A. Klotz, 21933 (BT)
R. Du Pontet, 1901 (Ndr. 1990) (OCT) A. KJotz/W.Thllitzscb 21950/1957 {Ndr. 1992) (BT)
0. Jabn/W. Kroll/7B. Kytzler, ZUrich u. a. 1964 A. E. Douglas, Oxford 1966 G. Carugno, Neapel21953 N. Marinone, Mailand 1958 M. V. Ronnick, Frankfurt u. a. 1991 M. R Wright, Warminster 1991 J. E. Sandys.1885 (Ndr. 1973) P. Galli, Mailand 1937 (0. Jahni)W. KroU, "21958 (Ndr. $}971) A. Anzioso, Palermo 1935
R. Nickel, 22002 (Art.) V>
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0. Schönberger, 31999 {Art.) M. Deißmann, 2004 (RUB)
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Jahr
Sigle
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Deiot.
45
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fin.
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Pro rege Deiotaro
Academici libri
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De finlbus bonorum et malorum
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nat.deor.
Thsculaoae disputationes
De natura deorum
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Textkritische Ausgabe(n) A. Klotz, 21933 (BT)
Wichtige Kommentare
K. Halmi'OG. Laubmann, Berlin 1899 H. C. Gotoff, London 1993 0 . Plasberg, 1922 (BT) zu ac. 1: M. Ruch, Paris 1970 zu LucuJL: C. Moreschini, Thrin 1969; A. Bächli/ A. Graeser, 1995 (Meioer);A. Haltenboff, Frankfurt u. a. 1998 Th. Schicbe,l915 J. N. Madvig, Kopenhagen 3J876 (Ndr.1993) (BT) (Ndr.1965) zu 1- 11: U. Moricca, Thrio 1922; J. Martba, '198911990 (Ndr. 2002) (Bude) J. S. Reid, Cambridge 1925 L. D. Reynolds, 1998 ( OCf) (Ndr. 1968) zu 111: M. R. Wright, Warminster 1991 M. Pohlenz, 1918 M. Pohlenz/0. Heioe, Stuttgart (Ndr.l982) (BT) ' 1912/41929 (Ndr. 1957) A. di Virginio, 1962 (Mond.) zu /: A. Barigazzi, Thrin 1949 M. Giusta, Thrin 1984 zu I, ll, V:A. E. Douglas, C. Moreschioi, 2005 (BT) Warminster 1985/ 1990 tu I/: V. D 'Agostioo, Thrin 1955; A. Grilli, Brescia 1987 zu III: N. Marinone, Florenz 1966 tu 111- V:T. W. Dougao/ R. M. Henry, Cambridge 1934 zu IV: M. Sansone, Mailand 1933 0. Plasbergi2W. Ax, 1933 C. Giambelli, Thrin 1896-1904 (Ndr. 1980) (BT) W. M. L. Hutcbinson, Loodoo 1909
Übersetzungen ins Deutsche M. Giebel, 1999 (RUB)
L. Straume-Zimmermann u.a., 1990 (Art.) Lucu/1.: Chr. Scbäublin, 1995 (Meiner) 0. Gigon/L. StraumeZimmermann, 22002 (Art.) H. Merklio, 2003 (RUB)
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44
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Ttmaei Platonici versionis lragmenta
Cato
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Cato maior de senectute
div.
De divinatione "
A. S. Pease, Cambridge 0. Gigon/L. Straume1955/1958 A. S. Pease, Cambridge 1955/1958 Zimmermann,1996 (Art.) M. van den Bruwaene, zu 1: A. R. Dyck, Cambridge 2003 U. Blank-Sangmeister, 2003 Brüssel1970-1986 (RUB) 0. Plasberg/W. Ax, 1938 (Ndr.l965) (BT) I R Pini, 1965 (Mond.) II R. Giomini, 1975 (BT) K.Simbeck,1917 C. Meissner /6Q. Landgraf, 1917 M. Faltner,2001 (Art.) (Ndr. 1997) (BT) (BT) H. Merklin, 2003 (RUB) J. G. R PoweU, Cambridge P. Venini, Rorenz 1960 V. D' Agostino, Thrin 1968 1988 il .P. Wuilleumier/J.-N. Robert, M. Ruch, Paris 1972 2003 (Bude) J. G. F. Powell, Cambridge 1988 ö. Plasberg/W. Ax, 1938 A. S. Pease, Urbana 1920-1923 Chr. Schäublin, 12002 (Art.) (Ndr. 1965) (BT) (Ndr.1973) R. Giomini, 1975 (BT) S. Timpanaro, Mailand 1988 G. Freyburger/J. Scheid, 22004 (Bude) 0. Plasberg/W. Ax, 1938 M. Paolillo, Rorenz 1957 K. Bayer, 42000 (Art.) (Ndr. 1965) (BT) R. W. SharpJes, Warminster 1991 R. Giomini, 1975 (BT) K. Simbeck, 1917 M. Seyffertf2C. E W. MUller, R. Feger, 2000 (RUB) (Ndr. 1997) (BT) Leipzig 1876 (Ndr. 1965) M. Faltner, 2001 (Art.) P. Fedeli,1971 (Mond.) G. Schiassi, Bologna 1955 R Combes, •1993 V. D'Agostino. Thrin 31969 }. G. F. Powell, Warminster 1990 (Ndr. 2002) (Bude) K. A. Neuhausen, 1981-1992 (Winter)
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• Mur. 20; Thsc. 4,49; civ. 1,20,3 b off. 1,23; 2,54 < Catil. 1,21 d ac. 2,11; top. 72; off. 3,34 • Verr. II 4,62 r Caecin. 45
16
1. Substantive und Adjektive(§§ 1-55)
Anm. 3: Unklassisch sind gegen Menge§ 158 A.l: manus conserere cum aliquo, manum alicui afferre, manum alicui inferre, in alicuius manum venire (incidere); zur Bedeutung des juristischen Terminus aliquem ex iure manum consertum vocare {Mur. 26; de oraL 1,41 jeweils mit v. I. manu) vgl. Leeman I Pinkster zu de orat. 1,41.
(3) weitere Kollektiva, die auch (sehr selten) im Plural stehen können: Wahlumtriebe (Zu-)Rüstungen, Vorbereitungen, Aufwand, (fig.) Schmuck8 Haar capillus Speise (Der Plural wird durch alimenta, cibarii oder cibus escae ersetzt.) Vorzüge excellentia gestus Gebärde(nspiel) Gerätschaft(en), Gerät(e),Hilfsmittelb (Der Singular instrumenturn bezeichnet nie ein einzelnes Werkzeug; statt dessen wird ferramentum verwendet.) Federkleid p/uma potio Getränk(e) sapientia; scientia Weisheit, Wisseo(schaft) (Der Plural von scientia wird durch litterae, disciplinae, doctrinae ersetzt.) Nachkommenschaft suboles Kleidung, Kleider, Stoffe (Das einzelne Kleidungsstück vestitus beißt vestimentum.)
ambitus apparatus
• de orat. 3,124 bVerr. Il3,57; 4,97; fin. 2,111; Gall. 5,31 ,4
Belli apparatum omnem, tela, arma, tormenta ibi collocaverat (civ. 3,44,1). Tantus ergo imperator in omni genere belli fuit, proeliis, oppugnationibus, navalibus pugnis, totiusque belli instrumento et apparatu, ut eqs. (ac. 2,3). Gratus est conatus et apparatus tuus (deine Vorbereitungen) (fam. 10,10,1). Fuit ille vini, somni, stupri plenus, madenti coma compositoque capillo (p. red. in sen. 13). Mente recte uti non possumus multo cibo et potione completi (Tusc. 5,100). Animantium plumä alias, alias squamä videmus obductas (nat. deor. 2,121 ). Suboles est origo rerum publicarum (off. 1,54). Weitere Stellen: apparatus: fam. 7,1,2; Att. 7 ,20,1; 10,8,4. Anm. 1: D er Plural von apparatus ist keineswegs selten (gegen Menge§ 155 Anm. 2): Phi!. 2,101; 5,30; off.1,25; top.52;Att.l5,2,3; civ. 2,15,1 (unentscheidbar civ. 2,2,1). Ebenso ist der Plural von instrumenturn häufiger belegt {Verr. II 3,227; Catil. 2,9; Brut. 268; rep.3,5; leg. 1,59; 2,45; ac. 2,31). Anm. 2: Der Genetiv Plural von cibus findet sich nat. deor. 2,146, wo er von dem regierenden Substantiv conditiones {Gewürze) hervorgerufen wird; der Plural von potio findet sich nur in Koordination mit escae (fin. 2,90; nat. deor. 2 ,59; div. 1,115). Sonst ist der Plural von cibus klassisch nur leg. 2 ,67 in der Bedeutung ' alle Arten von Speisen' belegt, der Plural von potio nur nat. deor. 1,112 i. S. v. 'Arten von Getränken' (vgl. § 8,3) ( 6 ).
17
A. Wortarten (§§ 1-242) Anm. 3: Der Plural von capillus erscheint klassisch nur Pis. 25 (~).Belegt ist außerdem elliptisch cani (graue Haare), wozu capilli zu ergänzen ist (Cato 62 u. a.). Der Plural vongestuskann stehen, wenn von mehreren Personen die Rede ist (vgl. § 9,1). Der Plural von scientia (Wissenschaften) findet sich nur de orat. 1,61 und Cato 78 (vgl. Powell ad loc.) (~), der Plural von sapientia nur Thsc. 3,42 (~)-Der Plural von suboles steht nur in leg. 3,7 um der Konzinnität willen (~).Der Plural von vestitus erscheint nur in übertragener Bedeutung nat. deor. 2,98 (riparum vestitus viridissimos).
(4) Substantive, die ganze Klassen von Menschen bezeichnen (wie im Deutschen), z.B. ' Der Mensch ist sterblich' statt 'Alle Menschen sind sterblich' (sog. generalisierender Singular). Dieser Gebrauch ist eng verwandt mit dem individualisierenden, unbestimmten Singular (irgend ein), wo im Deutschen oft statt ' irgendein' der unbestimmte Artikel gesetzt wird: 'Kann (irgend) ein Richter Zeugen misstrauen?' d.h. 'Alle Richter müssen den Zeugen glauben.' Potest testibus iudex non credere? (Font. 21). Non. habeo denique nauci Marsum augurern, non haruspices, non de circo astrologos (Meiner Meinung nach sind die marsiscben Auguren, die Haruspices und die Astrologen vom Zirkus keinen Pfennig wert.) (div.1,132). Homo sapiens fieri potest (nat. deor. 2,36). Homini autem praestare quis possit nisi deus? (nat. deor. 3,25). Anm.: Auffallend ist der kollektive Singular in oratore (statt in oratoribus) de orat. 2,314.
(5) Bezeichnungen militärischer Einheiten oder kriegführender Völker, wobei der Singular nicht die ganze Klasse, sondern alle Menschen einer militärischen Einheit bzw. einer Gruppe eines Volkes bezeichnet (sog. repräsentativer Singular). Im repräsentativen Singular stehen v. a. miles, eques, hostis etc. Der Plural ist hier allerdings wie im Deutschen weitaus üblicher. 13 Legionarius miles periclitatur (die Soldaten sind in Gefahr) (Gall. 6,34,8). Contra equitem Parthum negant ullam armaturam meliorem inveniri posse (fam. 9,25,1, in einem militärischen Schreiben). Cottidie equestribus proeliis, quid hostis virtute posset, periclitabitur ( Gall. 2,8,2). Nostra civitas caret in suis periculis Massiliensi propugnatore (Seesoldat aus Massilia) (Balb. 23). Nihil sibi ex ista laude centurio, nihil praefectus, nihil cohors, nihil turma decerpit (Marcell. 7). Weitere Stellen: miles: Manil. 39; Cluent. 129; leg. agr. 1,21; Mur. 38; Thsc. 2,62; civ. 2,15,3; hosris: Verr. II 3,125; Manil. 13; Mur. 11; fin. 1,34; GaU. 3,28,3; 5,8,5. Anm.: Die Verwendung des kollektiven Singulars von Völkernamen beschränkt sich bei Cicero nach HSz 13 auf die Briefe {Att. 5,9,1; 5,16,4) (~).Ebenso stehen folgende Substantive bei der Beziehung auf mehrere Personen klassisch immer im Plural: sagittarius, funditor; remex, pedes. Der kollektive Singular hostis begegnet bei Cicero häufiger (HSz 13f.).
t3 Vgl.
Lebreton 78-82.
18
I. Substantive und Adjektive (§§ 1- 55)
§7
Pluralia tantum Einige lateinische Substantive sind Pluraliatantum, d.h. Substantive, die klassisch fast ausschließlich im Plural belegt sind. Sie können entweder Plural- und Singularbedeutung (1-4) oder nur Pluralbedeutung haben (5). Die unter 1-4 aufgeführten Substantive werden im Deutschen i.d.R. mü einem Singular wiedergegeben. Einige der u. g. Pluralia taoturn lassen sich damit erklären, dass der Plural kollektiv eine Gesamtheit der einzelnen Teile eines Gegenstandes bezeichnet (scalae 'Treppe' als Gesamtheit der Stufen [*scala 'Stufe']) (vgl. § 8,4). (1) Einige lateinische Substantive werden klassisch ausschließlich im Plural verwendet. Sie können sowohl (a) Singular- als auch (b) Pluralbedeutung haben; so bedeutet quadrigae ' Viergespann' und 'Viergespanne'. Oft lässt sich nur durch den Kontext entscheiden, ob ein Plurale tantum Plural- oder Singularbedeutung hat. (c) Pluralia taoturn werden nicht durch die Kardinalzahlen attribuiert, sondern durch die Distributivzahlen (singuli, bini etc.) (vgl. § 50,2c). Zu diesen echten Pluralia taoturn gehören: altaria argutiae castra claustra, -orum codicilli deliciae divitiae epulae
Altar•; Altare ausdrucksvolle Darstellungb, Witz; Witze das Lager; die Lager Schlosse; Schlösser Notizbuch, Briefd; Notizbücher, Briefe Liebling, Vergnügungen Reichtum; Reichtümer das Festessen; die Festessene (Synonym ist epu-
facetiae fides, -ium habenae hibema indutiae ineptiae insidiae lamenta lapicidinae, lautumiae
Witz, witzige Bemerkungen& die Leier; die Leieroll der Zügel; die Zügel (viermal fig. bei Cicero) Wmterlager Waffenstillstand Albernheit; Albernheiten Hinterhalt Gejammer Steinbruchi; Steinbrüche (lautumiae bezeichnet v. a. den Steinbruch von Syrakus.) Beute; Beutestücke Drohung; Drohungen Stadtmauer; Stadtmauem Hochzeit; Hochzeiten Viergespann; Viergespanne Raubzug; Raubzüge
lum.)f
manubiae minae moenia, -ium nuptiae quadrigae rapinae
19
A. Wortarten (§§ 1-242)
reliquiae salinae scalae spolia tenebrae
Rest; Reste Salzwerk; Salzwerke Stufen, Treppe, Treppenhaus, Leiter; Treppen Beute Dunkelheit
• Cati1.1,24 borat. 59
45
A. Wortarten (§§ 1- 242) verb accurate kann dagegen auch von Handlungen einer Person ausgesagt werden. Die Partizipien amatus und dilectus können nicht i. S. des präsentiscben deutschen 'geliebt' verwendet werden (b.); in der Anrede gebraucht man statt dessen carissimus, optimus, su11vissimus (fam. 7,33,1; 11,21,3).
§ 21
Adjektivische Gerundiva Adjektivische Gerundiva (häufig verneint) werden meistens von Verben des Affekts gebildet,J2 z.B. 'bemerkenswert, unerträglich' . Diese Gerundiva sind in ihrer Bedeutung den Adjektiven auf -ilis vergleichbar (vgl. § 28,1). Die wichtigsten adjektivischen Gerundiva sind: contemnendus expetendus intolerandus, non ferendus mirandus miserandus nefandus oriundus probandus reprehendendus visendus
verachtenswert, verächtlich• erstrebenswertb unerträgliche merkwürdig, bewundernswert (häufig mirandum in modum )d bedauernswert, jammervolle unsäglich, schändlich! entstanden (i. e. ortus)& biUigenswert tadelnswerth sehenswerti
• Thsc. 2,49; civ. 3,110,1 b de orat. 1,221 c Manil. 63; Phil. 5,11; Att. 15,12,2; Gall. 1,33,5 d fam. 15,8; Att. 1,3,3; 2,8,1; 9,7,3; ad Q. fr.1,2,16 • Catil. 4,12; prov. 5 fMil. 72 & top. 29 h Att. 1,17 ,5 i Vatin. 31 Anrn.l: Nur einmal erscheinen horrendus 'furchtbar' (Thsc. 2,2) (b.), infandus ' unsäglich' (Sest.117) und oriundus (s.o.) in klassischer Prosa. Anm. 2: Besonders in den Briefen an Atticus verwendet Cicero Gerundiva im Accusativus exclamationis (vgl. § 349) (Att. 4,19,1; 7,18,2; 12,38,2; 15,12,2).
Opus est ingens, totum est e saxo in mirandam altitudinem depresso (Verr. II 5,68). Tu fuisti non tribunus plebis, sed intolerandus ex caeno (Dreck) nescio qui atque ex tenebris tyrannus (Vatin. 23). Legi epistulam non probandam (ad Q. fr. 1,2,9).
32 Vgl.
Risch 51; HSz 371.
46
I. Substantive und Adjektive (§§ 1- 55)
§§ 22-23
b) Besonderheiten einiger Adjektive und Partizipien § 22 Diathesenbesonderheiten bei Adjektiven und Partizipien § 23 Die relativischen Adjektive
§ 22
Diathesenbesonderheiten bei Adjektiven und Partizipien (1) Mehrere Adjektive sind diathesenindifferent, d. h. sie kommen in aktiver und passiver Bedeutung vor (vgl. die diathesenindifferenten Substantive in§ 2,2c). Sie haben im Aktiv meistens die Bedeutung eines PPA.
an.xius caecus
dubius fa/sus
gravis
aktive Bedeutung beunruhigend nicht sehend, blind, unwissend zweifelnd
passive Bedeutung anxiae beunruhigt, aegritudinesa ängstlich casus caecusc verborgen
pericula caecad
dubia mens•
salus dubiaf
falsch, (be)trügeriscb
falsus cognitor
schwer, drückend
Beispiele
(Sachwalter)8;
zweifelhaft, bedenklich falsch, erlogen, erdichtet
Beispiele
an.xii senesb
rumores falsii; falsum iurarek
fa/sa spes" grave belluml schwer
infestus
feindlich, feindselig
infestus hostis
senectus gravis"'; navigia gravian gefährdet, infesta vitaP; von Feinden infesta viaq
laetus
fröhlich stimmend, erfreulich• voU Hass, hasserfüllt5
llletus eventus
umringt fröhlich, gut gelaunt
odiosa soror
verhasst, lästig
geschäftig, tätig argwöhnisch, misstrauisch
operosus negoti.ator suspiciosa et maledica civitasv
mühevoll
odiosus
operosus suspiciosus
(beladen)
47
verdächtig
/aetus amicus
genus hominum odiosum1; orator odiosus" operosa senectus suspiciosissimum negotiumw
A. Wortarten (§§
tristis
turbulentus
aktive Bedeutung traurig (machend), bedrUckend Unruhe stiftend
Beispiele
tristis sorsx
turbulentus civis et seditiosus>'
1-242)
passive Bedeutung traurig, betrilbt unruhig, bewegt
Beispiele
tristis amica
turbulenta atomorum concursioz
• Thsc. 4,34 b Cato 65 c vgl. zu caecus i. A. orat. 224; div. 2,15 d rep. 2,5 • Manil. 27 r nat. deor. 3,69 g Verr. li 2,109 bS. Rosc.llO i Gall. 6,20,2 k off. 3,108 I rep.1,63 m Cato 4 n Gall. 5,8,4 °S. Rose. 88;Verr.ll3,6.7 PS. Rose. 30 q1Wl.l9 r Phil. 1,8; part. 12;Att. 7,26,l•Verr. I 36; ll,4,45 1 Lael. 71 uM ur. 30 •Flacc. 48 wf)acc. 7 •Mur. 42 Yde orat. 2,48 zfin. 1,20 Anrn.: notus kann nie aktivisch (kennend) verwendet werden (L::.), ignotus nur fam . 5,12,7 (L::.); notus und ignotus können auch in der Bedeutung 'Bekannter von jemandem' bzw. 'nicht bekannt mit jemandem' gebraucht werden; salubris wird klassisch nicht i. S. v. 'gesund' verwendet (L::.), sondern nur i. S. v. 'zuträglich, der Gesundheit förderlich, heilsam' (rep.l,l).
caeca exspectatione suspensum pendere (in gespannter und ungewisser Erwartung sein) (leg. agr. 2,66); anni tempus gravissimum (die drückendste Jahreszeit) (ad Q. fr. 2,16,1); turbulentissimum tempus (unruhige, bewegte Zeit, Zeit voller Unruhen) (Pis. 33). Haec omnia dubia esse et incerta dicebat (de orat.l,92). Tuum laetissimum diem cum meo tristissimo conferam (Pis. 33). (2) Zum Gebrauch des PPP ist Folgendes zu bemerken: (a) Einige Participia Perfecta P assivi haben aktive Bedeutung und können in dieser Bedeutung sogar mit Formen von esse verbunden werden: cenatus coniuratus conspiratus iuratus potus pransus
einer, der zu Mittag gegessen bat8 der Verschworene, der Verschwörerb verschworen, einmütig: einer, der geschworen hatd einer, der gezecht bat, ein Betrunkenere einer, der geirUhstückt hatf
• S. Rose. 64; inv. 2,14 b Catil. 3,3 o civ. 3,46,5 d Mil. 73; inv. 2,126.131 • Mil. 56; fam. 7,22 fMi156
(b) Folgende PPP werden fast ausschließlich als aktive Adjektive verwendet:
consultus dissolutus effusus profusus
erfahren, kundig sorglos, zügellos ausgelassen. übertrieben verschwenderisch
48
I. Substantive und Adjektive (§§ 1-55)
(3) Die PPP einiger Deponentien haben neben ihrer aktiven auch eine passive Bedeutung. Bei Cicero steht fast immer bei einem solchen passiv gebrauchten Partizip das PPP eines bedeutungsähnlichen aktiven Verbs, um die Härte dieses Gebrauchs zu mildern: meditatus et cogitatus (Phil. 2,85); populatus et vexatus (div. in Caec. 2); notatus et testatus (Vatin. 34); commentatus et scriptus (Brut. 301):
comitatus complexus confessus dimensus ementitus expertus interpretatus meditatus, commentatus pactus partitus perfunctus populatus, depopulatus ratus testatuso, testificatusP
aktive Bedeutung einer, der begleitet hat einer, der unilasst hat einer, der gestanden hat einer, der ausgemessen hat einer, der erlogen hat einer, der erprobt hat einer, der erklärt hat einer, der überlegt bat
passive Bedeutung begleiteta umfasstb eingestandene ausgernessend erlogene erprobtf erklärts überlegt, ausgedacbth
einer, der vereinbart hat einer, der geteilt hat einer, der überstanden bat einer, der verwüstet hat
vereinbart, ausgemacht; geteiltk überstanden! verwüstetm
einer, der gedacht hato einer, der Zeugnis abgelegt hat
gültig bezeugt
• Phi I. 12,25 b S. Rose. 37 c Verr. II 3,130 d Cato 59 • nat. deor. 2,56 r Lael. 62 g leg. 2,29 h har. resp. 3 i inv. 2,68; off. 3,107 k de orat. 3,119 ' Sest. 10 mVerr. li 3,122 • Tuse. 3,11 0 Verr. I 48; Mur. 20 PAtt.l,17,7 Anm. 1: Nur selten können solche PPP in passiver Bedeutung als Prädikatsnomina mit einer Form von esse verbunden werden (.6): S. Rose. 37; Q. Rosc.l4. Anm. 2: Cato 4 wird adeplus passiv verwendet, allerdings ist die Stelle textkritisch umstritten ( .6 ).
(4) Einige dieser Partizipien werden (v.a. bei Caesar) im Ablativus absolutus verwendet, z. B. partitus, depopulatus, dimensus. Oft ist es in diesem FaU mit dem PPP eines Nicht-Deponens koordiniert. Ambarri Caesarem certiorem faciunt sese depopulatis agris non facile ab oppidis vim hostium prohibere (Gall. 1,11 ,4). Caesar partitis copiis cum C. Fabio et M. Crasso celeriterque effectis pontibus eqs. (GaU. 6,6,1). Weitere Stellen: depopulatus: Gal!. 7,77,14; dimensus: GaU. 2,19,5; partitus: Gall. 6,33,1.
49
A. Wortarten (§§ 1-242}
§ 23
Die relativischen Adjektive (1) Einige Adjektive, wie z.B. aptus, dignus, idoneus, peritus, utilis etc. (vgl. § 298,2a; § 335,2a; § 378,3f) , werden im Lateinischen seltener als ihre deutschen Entsprechungen absolut gebraucht und manchmal mit allgemeinen Zusätzen versehen, die bei der Übersetzung ins Deutsche i.d.R. wegfallen. Diese Adjektive nennt man deswegen relativische Adjektive, z. B.: homo (omnium) rerum peritus", homo usu peritusb contentum esse suis rebus Livianae fabulae non sunt dignae, quae legantur. Studiosus litterarum
ein erfahrener Mann zufrieden seine Die Dramen des Livius sind (literarisch) nicht wertvoll genug.d ein Gebildetere
• Font. 25 b off. 1,147 < parad. 51 d Brut. 71 • Brut. 237 Anm.: Der von Menge§ 196 Anm. angeführte Ausdruck utilis ad arma (tauglich} ist unklassisch; Caesar verwendet qui anna ferre possunt (Gall. l,29,1}; off. 1,74 findet sich ad rem militarem aptllS (zum Soldaten geeignet).
(2) Zuweilen kann man die scheinbar überflüssigen Zusätze auch als Ersatz für die Steigerung auffassen. Sabinus idoneo rebus omnibus loco castrisse tenebat (an einem sehr geeigneten Ort) (Gall. 3,17,5). (3) Manchmal entspricht einem relativischen Adjektiv, welches im Deutschen absolut gebraucht wird, im Lateinischen ein anderes, nicht-relativisches Adjektiv. gravissimus vir (ein würdiger Mann) (Att. 5,12,2);praeclarum responsum (eine würdige Antwort) (Cato 13). (4) Das Adjektiv indignus wird meistens absolut verwendet. Auch dignus, perinJS, imperinJS, cupidus, conscius, memorund immemor werden absolut verwendet, wenn sie eine absolute Bedeutung (Ehrenmann, Kenner, Laie, lüstern, Mitwisser, (nicht) vergesslich usw.) besitzen oder sich der erklärende Zusatz leicht aus dem Zusammenhang ergibt. Nulla contumelia est, quam facit dignus (ein ehrenwerter Mann) (Phil. 3,22). Discendi causa duobus peritissimis (Kenner) operam dedit (Brut. 154). Quae vero tarn immemor (vergesslich) posteritas reperietur, quae eqs. (Phi!. 2,33). Est autem fidei nostrae declarare militibus, quam memores (nicht vergesslich) simus quamque grati (Phil. 14,29).
50
I. Substantive und Adjektive(§§ 1- 55)
§§ 24-25
c) Die Substantivierung von Adjektiven und Partizipien § 24 Die Substantivierung von Adjektiven § 25 Die Substantivierung von Partizipien
§ 24
Die Substantivierung von Adjektiven Zur Substantivierung der Adjektive ist Folgendes zu bemerken33: (1) Zu den Adjektiven, die regelmäßig als Substantive verwendet werden, gehören Personennamen beiderlei Geschlechts zur Bezeichnung von Verwandtschaft, Freundschaft, Alter, Rang usw. wie: cognatus, cognata, propinquus, propinqua, necessarius, amicus, amica, inimicus, inimica, familiaris, intimus, adversarius, adversaria, affinis, consanguineus (Blutsverwandter), consanguinea, gentilis (Verwandter), aequalis (Altersgenosse), sodalis, socius, finitimus, vicinus, vicina, contubernalis (Zeitgenosse, Hausgenosse), manipularis (gemeiner Soldat, Kriegskamerad). (2) Der maskuline SinguJar anderer Adjektive wird nur dann substantiviert, wenn der Singular generalisierend verwendet wird (vgl. § 6,4). Am häufigsten geschieht dies beim Genetivus proprietatis in Verbindung mit esse, fieri, videri (vgl. § 303) oder bei einer Auizählung mehrerer substantivierter Adjektive. Constantis est non perturbari in rebus asperis (off. 1,80). In tranquillo tempestatem adversam optare dementis est (off. 1,83). (3) Die übrigen Kasus des Singulars werden selten substantiviert: (a) Außer dem Genetiv werden die übrigen Kasus des Singulars selten und nur im Maskulinum substantiviert, und zwar meistens in aUgemeinen Sentenzen. Probus invidet nemini (Tim. 9). Alia ratione malevolus, alia amator, alia rursus anxius, alia timidus corrigendus (Thsc. 4,65). (b) Das Lateinische zieht es i.d.R. vor, zu einem Adjektivhomo oder vir hinzuzufügen oder es in den Plural zu setzen (s. u. 4). Est homini honesto locus in civitate (Quinct. 94). Neque ullo casu arbitror hoc constanti homini posse contingere, ut ulla intermissio fiat offici (Lael. 8). (c) Ein Adjektiv im Singular kann nur dann ein weiteres Adjektiv als Attribut zu sich nehmen, wenn erkennbar ist, welches Adjektiv substantiviert ist. Die Stellung von Attribut und Bezugswort ist frei. Non de improbo, sed de callido improbo quaerimus (fin. 2,54). Fortis aegroti est medicinam accipere (Att. 12,21,5). (4) Häufiger als im Singular wird ein Adjektiv im Plural des Maskulinums substantiviert, v. a.: (a) wenn eine ganze Klasse, ein gesamter Stand von Personen bezeichnet wird. Komparationsfähige Adjektive können auch als Substantive gesteigert werden. Häufiger begegnen: JJ Vgl. Nägelsbach 104-147 und HSz 152-157; Arias Abell~n. C. , La sustanlivaci6n del adjetivo latino, in: Aspects of Latin, hrsg. R()S(!n, H., lnnsbruck 1996,231-240.
51
A. Wortarten (§§ 1-242)
pauperes divites probi, boni improbi, mali aegri summi, medii, infimi (in)docti Pompeiani legionarii veterani voluntarii vigiles
dieArmen die Reichen die Rechtschaffenen die Verbrecher die Kranken, Patienten Menschen aller Stände• die (Un-)Gelehrten die Pompejanerb die Legionssoldaten die Veteranen die Freiwilligenc die Wächter
• Phil.13,45 bciv. 3,46,3 crederesc; putaresd diceres vix intellegeres
man hätte sehen können man hätte meinen soUeo man hätte behaupten (sagen, nennen) können man hätte wohl kaum verstandene
• Brut. 130 b Phil. 2,67; Brut. 274 • p. red. in sen. 14 d Mur. 64; Att.16,11,6 e de orat. 3,87
Illi mirandum in modum (canes venaticos diceres) omnia pervestigabant (Verr. II 4,31). (b) Häufig steht der Potentialis der Vergangenheit in einem Final- oder Konsekutivsatz. Quanta illa fuit gravitas - ut facile ducem populi Romani, non comitem diceres (Lael. 96). Weitere Stellen: Tusc. 3,53; Brut. 87.111.130.233.238.274; ad Brut. 17 ,2.
(c) In Fragen erscheint zuweilen die dritte Person Singular im Potentialis der Vergangenheit. In der zweiten und dritten Person erscheint der Potentialis der Vergangenheit manchmal in Gliedsätzen. Quis umquam crederet? (Wer hätte je geglaubt?) (Verr. II 1,106). Quis umquam arbitraretur? (Manil. 31). Vix erat hoc imperatum, cum illum spoliatum videres (als du hättest sehen können) (Verr. II 4,86). Weitere Stellen: in Fragen: Verr. II 2,70; Cluent. 180; Brut. 194; civ. 1,72,1; im Gliedsatz: Brut. 52; rep.1,59.
§ 117
Der generalisierende Konjunktiv Die zweite Person des Konjunktivs Präsens kann im Sinne eines allgemeinen 'man' verwendet werden (sog. generalisierender, ,genereller oder generischer Konjunktiv) (vgl. § 244,ld). Vom Potentialis der Gegenwart unterscheidet sich der generalisierende Konjunktiv dadurch, dass die Aussage nicht als möglich, sondern als real dargestellt wird. Apud Asiaticos reperias inania quaedam verba (Bei den Asianern findet man sinnlose Wörter) (orat. 230). Weitere Stellen: Verr. II 1,39; de orat. 2,241.269; 3,201; off. 3,57; ac. 1,7.
§ 118
Der Irrealis Der Irrealis der Gegenwart (Konjunktiv Imperfekt) und der Irrealis der Vergangenheit (Konjunktiv Plusquamperfekt) treten v. a. in hypothetische n Perioden auf (vgl. § 562). Crederem (Ich würde es glauben). Credidissem (Ich hätte es geglaubt).
166
III. Verben (§§ 106-141)
§§ 119-U3
c) Der Imperativ § 119 Der Imperatjv. AUgemeines § 120 Der Imperativ Präsens § 121 Der Imperativ Futur § 122 Modifikationen des Imperativs § 123 Verneinung des Imperativs
§ 119
Der Imperativ. Allgemeines (1) Der Imperativ drückt unmittelbarer als ein volitiver Konjunktiv den Willen des Sprechers aus. Er steht v. a. bei Befehlen, Bitten, Ermahnungen usw. Der Adressat des Imperativs ist meistens eine zweite Person.74 Egredere ex urbe, libera rem publicam metu! (Verlass die Stadt, befreie den Staat von seiner Angst!) (Catil. 1,20). (2) Es gibt zwei Imperative im Lateinischen: (a) Imperativ Präsens (Imperativ I): ama, amate; beim Deponens: hortare, hortamini. (b) Imperativ Futur (Imperativ II): amato, amato, amatote, amanto; beim Deponens: hortator, hortator, hortantor. Das Deponens bildet vom Imperativ Futur keine zweite Person Plural. (3) Beide Imperative erscheinen fast ausschließlich in Hauptsätzen (zum Imperativ im Relativsatz vgl. § 592,2c). Der Imperativ Präsens ist weitaus häufiger; der Imperativ Futur erscheint fast nur in Gesetzestexten und allgemeinen Sentenzen. (4) Ein Befehl kann wie im Deutschen auch durch den Indikativ des Futurs ausgedrückt werden. Die Verneinung ist non. Je nach Kontext kann dies eine Abschwächung oder eine Verschärfung des Befehls sein. Dieser Gebrauch des Futurs findet sich besonders häufig in den Formeln am Briefende (vgl. § 133,4). Festinntioni meae brevitatique fitterarum ignosces. (Du wirst verzeihen, d. h. Verzeih!) (Caes. Att. 9,6a,l). Tu me düiges et valebis (fam. 9,22,4). Tu Lucceio nostro librum dabis (Att. 4,11,2). Weitere SteUen: fam. 5,12,10; 14,8,1.
(5) Zu allen Befehlsformen, auch den Abschwächungen und Verstärkungen (vgl. § 122) kann tu (vos), verstärkt durch vero oder quidem, treten.
H
Vgl. allgemein: Risselada. R. , lmperatives and other directive expressions in latin, Amsterdam
1993.
167
A. Wortarten (§§ 1- 242)
§UO
Der Imperativ Präsens (1) Der Imperativ Präsens bezeichnet einen an eine oder mehrere bestimmte Personen gerichteten Befehl in der zweiten Person und fordert i.d.R. eine unmittelbare Erfüllung des Befehls ein, während der Imperativ Futur auf die Zukunft bezogen ist oder eine allgemeine Vorschrift ausdrückt. Der Imperativ Präsens kann sich nur selten auf die Zukunft beziehen.75 Der Imperativ Präsens wird klassisch nicht mit einer Verneinung verbunden, statt dessen treten Umschreibungen ein (vgl. § 123). Pergite, adulescentes, et in id studium incumbite, in quo estis! (de orat.1,34). Egredere ex urbe, libera rem publicam metu! (Catil.1,20). (2) Die Beteuerungsformel 'glaube mir, glaubt mir' findet sich außerhalb von Ciceros Briefen klassisch immer nur in der Stellung mihi crede (credite). Delectant homines, mihi crede, Iudi (Mur. 40). Sed, mihi credite, non est iturus (Catil. 2,15). Weitere Stellen: mihi crede (credite): S. Rose. 148; div. in Caec. 39; Mur. 82. 84; Sest. 137; prov. 17; At!. 1,13,5; 9,6,4; ad Brut. 6.3; crede mihi: fam. 10,6,2; Att. 5,10,1; 6,6,1; 8,14,1; 14,15,1.
Anm.: Zuweilen findet sich auch außerhalb der Briefe die Voranstellung des Imperativs: credite hoc mihi (Verr. li 4,133).
§Ul
Der Imperativ Futur (1) Der Imperativ Futur ist an die zweite (du sollst, ihr sollt) oder dritte Person (er soll, sie sollen) gerichtet. Er drückt einen in der Zukunft auszuführenden Befehl aus und findet sieb daher v. a. in Gesetzestexten, Verträgen, allgemeinen Vorschriften und Regeln. Für den Imperativ Futur der dritten Person wird außerhalb von Gesetzestexten i. d. R. der Iussiv verwendet (vgl. § 110). Der Imperativ Futur wird mit ne verneint (vgl. § 123,1c). Caelestia (sc. tu) semper spectato, humana contemnito! (rep. 6,20). lusta imperia sunto! (leg. 3,6) Anm.: Selten steht der Imperativ li ohne jede Beziehung auf die Zukunft wie ein Imperativ Präsens(~): S. Rose. 74; ad Q. fr. 3,7,3.
(2) Bei den Verben scire, habere und meminisse wird der Imperativ Präsens regelmäßig (einzige Ausnahme: habe) durch den Imperativ Futur ersetzt (v.a. in den Wendungen sie habeto 'halte für sicher' und tecum habeto 'behalte für dich'). Ebenso steht anstelle des Imperativs Präsens es häufiger esto, das auch in der Bedeutung 'es sei; es mag sein; gut' als Formel der Überleitung verwendet wird, v. a. bei einem Konzessiv (vgl. § 113). Ebenso findet sich neben puta auch putato. Sie habeto, mi Tiro, neminem esse, qui me amet, quin idem te amet (fam. 75
Vgl. auch HSz 340f.
168
lll. Verben (§§ 106-141)
16,4,4). Seereto hoe audi; teeum habeto, ne Apel/ae quidem, liberto ruo dixeris (fam. 7,25,2). Esto, fort es et duri Spartiatae (Tusc. 1,102). Stellen: tibi habe: Verr. H 4,18.151; Att. 7,9,4; 12,22,3; sie habeto: rep. 6,13.26; Thsc, 3,13; fam. 1,7,4; 2,3,1; 2,6,5; 2,10,1; 3,12,3; sie habetote: Verr. II 4,131; leg. 1,16; 3,12; Lael. 10; esto: div. in Caec. 47; Verr. Il 2,46; mememo: Vatin. 6; de orat. 1,78; memem01e: bar. rcsp. 55; de orat. 2,248; puta: Vcrr. li 1,26; fam. 4,8,2; Att. 10,4,10; ad Brut. 6,3; putato: Verr.ll 1,94; Cael. 36; fam. 5,20,9; 12,29,2; 16,17,2; Att. 7,7,1; 11,17a,l; 12,29,2; 13,28,2.
§U2
Modifikationen des Imperativs
(1) Als höflicheAbmilderung des Imperativs Präsens steht quaeso (quaesumus), oro (te, vos), obseero (te, vos), amabo (te) (bitte), si me amas (bitte), (age) sis (i. e. si vis, also ' wenn es beliebt') oder aber velim mit dem bloßen Konjunktiv Präsens (vgl. § 111,1 Anm.1; § 482,3). Tu quaeso erebro ad me scribe! (Att. 7,10). Die, oro te, clarius! (4,8a,1). Quam ob rem obseero te, mi Tite, eripe hune mihi dolorem aut minue saltem! (Att. 9,6,5). Amabo te, advola! (ad Q. fr. 2,9,4). Si me amas, faeito! (Att. 2,20,5). Age nune, refer animum, sis, ad veritatem! (S. Rose. 48). Velim eogites id, quod pol/icitus es (Att. 1,7, l ). Weitere SteUen: oro: Att. 11.2.3; obsecro: Lig. 37; farn. 10,19,2; Au. 11 ,2,3; amabo te: Att. 2,2,1 ;si me amas:Att. 5,14,1; 5,17,5; 16,1,2; 16,3,1;sis: Mil. 60. Anm. 1: Von dem defektiven Verb quaeso (quaesumus) sind andere Formen klassisch nicht belegt. Anm. 2: An den Stellen, wo bei Cicero sodes (si audes 'gefälligst') vorkommt, handelt es sich um Zitate (.6): orat.154;Att. 7,3,11. Anm. 3: Die Konstruktion von velim mit einem Konjunktiv der zweiten Person findet sich sehr häufig in der Juxtaposition tu velim eqs. (Lael. 5; leg. 3,26; Att. 5,14,3; 5.20,10; 16,15,2); nur vereinzelt steht der von velim abhängende Konjunktiv ohne 111. velim kann natUrlieb auch mit dem Konjunktiv Präsens einer dritten Person verbunden werden (de orat. 3,145) {vgl. § 482,3).
(2) Zur Verstärkung des Befehls (Verbotes) an eine zweite Person Singular dient fae (ut, ne) mit Konjunktiv76 oder fac mit dem bloßen Konjunktiv,n oder facito (ut, ne). Statt gewöhnlichem vale erscheint zuweilen die Formel fae (ut) valeas am Briefende. Fac, si me amas, ut eonsiderate diligenterque naviges/ (Sieh bitte zu, dass dir auf deiner Seereise nichts passiert!) (ad Q. fr. 2,1,3). Fae, ne qu.id aliud eures! (fam. 16,11,1). Weitere Stellen: fac mit Konjunktiv: fam. 12,6,2; ad Q. fr. 1 ,2,16;fac, lll: rep. 2,51; Att. 2,20,5;fac ne:Att.13,25,2;fac (ut) valeas: fam.14,1,6; 16,2,1; 16,10,2;Jacito w: Att. 2,4,4; 2,20,5;facito mit Konjunktiv: S. Rose. 74. Anm.: Der Pluralfacite (facitote) ist klassisch nicht belegt (.6).
(3) Mildere Verstärkungen des Imperativs sind die annähernd synonymen Partikeln quin, proinde, modo, sattem oder die Umschreibungen eura, ut und 76
77
Bei Cicero nach KSt 1,205 an etwa 40 Stellen. Bei Cicero nach KSt a.a.O. an etwa 25 Stellen.
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A. Wortarten (§§ 1-242)
da operam, ut. D as Adverb tandem beim Imperativ bedeutet 'doch nur'. (Zu quin mit dem Indikativ i. S. eines Imperativs vgl. § 413,3b.) Quin sie attendite! (Hört bitte aufmerksam zu!) (Mil. 79). Proinde ordire! (fat. 4). Vide m odo! (Sieh doch nur!) (div. in Caec. 46). Cura, ut valeas! (häufige Formel am Briefende) (fam.l2,29,3). Recognosce (geh in Gedanken durch) tandem mecum noctem illam! (Catil.l,8). Weitere Stellen: quin: Q. Rose. 25; saltem: S. Rose. 54; Verr. 111,92; 5,45; Flacc. 35; Phi!. 12,19; cura ut valeas: fam. 7,5,3; 7,6,2; 7 ,15,2; 7,18,3; 7 ,20,3; 9,8,2; da operam, ur valeas: fam. 12,21,1; 12,23,4. Anm.: Nur vereinzelt findet sich tanttun als Verstärkung eines Impe rativs (.6 ): fam. 6,12,5.
(4) Zur Verstärkung des Imperativs wie des Hortativs kann das Adverbium hortativum age, verstärktage nunc, agedum, age sis (wohlan denn, auf!), dienen, das auch dann regelmäßig verwendet wird, wenn sich der Befehl an eine Mehrheit richtet (sog. Numerusindifferenz). Age nunc comparate! (Mil. 55). A gedum conferte nunc! (Sull. 72). Age sis ergo expone nunc de reprehendendo! (part. 44). Age sis nunc de ratione videamus! (Thsc. 2,42). Weitere Stellen: age nunc beim Imperativ: S. Rose. 48; Foot. 43; age nunc beim Hortativ: S. Rose. 93.105.108; ac. 2,135; (selten) age vero beim Imperativ: Manil. 40. Anm.: Die Form agedum ist klassisch nur einmal belegt (s.o. Sull. 72).
(5) An den vorausgehenden Satz wird der Imperativ entweder mit sed oder vero (vgl. § 144,2b) angeschlossen (vgl. § 439,1-2). "Perge vero", inquit, "Crasse!", Mucius (de orat. 1,11l3).
§ 123
Verneinung des Imperativs (1) Zur Verneinung eines Befehls wird in klassischer Prosa nicht ne mit dem imperativ Präsens verwendet, sondern eine der folgenden Konstruktionen: (a) Prohibitiv
ne mit Konjunktiv Perfekt
(b) Umschreibung mitnoli (c) Imperativ Futur (selten) (d) Umschreibung mit cave
noli (nolite) mit Infinitiv ne mit Imperativ Futur cave (cavete) (ne) mit Konjunktiv Präsens oder Konjunktiv Perfekt
71 Nach
ne feceris, ne feceritis, verstärkt fac ne feceris, fac ne feceritis18 noli facere, nolite facere ne facito etc. cave (ne) facias, cave (ne) feceris19
KSt 1,189 Fußn. I findet sich der Prohibitiv bei Cicero an ungefähr 50 Stellen. (cavete) steht klassisch fast immer mit dem bloßen Konjunktiv, bei Cicero an 30 Stellen (KSt 1,206). 7'1 cave
170
ill. Verben (§§ 106-141)
Anm. 1: Ganz vereinzelt findet sieb der verneinte Imperativ Präsens: Habe neque e.xistima (statt existimaveris) (Att.12,22,3) (~). Anm. 2: cave (cavete) steht ohne temporalen Bedeutungsunterschied sowohl mit dem Konjunktiv Perfekt als auch mit dem Konjunktiv Präsens; über die Wahl des Tempus entscheidet allein der Aspekt.
Zu a) Beim Prohibitiv kann auch eine andere Verneinung als ne (natürlich nie non) stehen, wie nullus, numquam, nihi/ [oder ne quid], nemo etc.) Ne putaveris (fam. 3,11,5). Ne timueritis (Thsc. 1,98). De me nihil timueris (Att. 4,17,4). Adversaria meo da istum patronum, deinde mihi neminem dederis! (de orat. 2,280). Weitere Stellen: Mur. 65;Thsc.l,l12; fam. 7,18,3;Att. 7,3,2; ad Q. fr. 2,6,3;2,11,5. Anm.: Nur vereinzelt kann ein Prohibitiv an eine dritte Person gerichtet werden (statt ne mit Konjunktiv Präsens, vgl. § 110 Anm.) (~): Eae litterae ne te moverint! (Att. 16,1,6). Ne quis sit admiratus! (fin. 2,35).
Zu b) Diese Möglichkeit, den verneinten Imperativ zu umschreiben, ist in der klassischen Sprache am häufigsten.SO Häufig erscheint clie Verbindung nolite ve/le (Cael. 79; Mur. 50; dom.146; Balb. 64; Phi!. 7,25). Noli vereri! (Thsc. 5,14). Nolitote dubitare! (leg. agr. 2,16). Zu c) Der verneinte Imperativ Futur erscheint v.a. in Gesetzen und gesetzesähnlichen Verboten. lmpius ne audeto placare donis iram deorum (leg. 2,21). Weitere Stellen: leg. 2,22.58.59.60; 3,7.9.11; inv. 2,118.
Zu d) Ne constricti discedatis, cavete (Rab. Post. 18). Ne decipiaris, caveto (fam. 7,6,2). Cave verearis (Att. 3,17,3). Cave ignoscas (Lig.14). Weitere Stellen: Mur. 62; fam. 16,12,6.
(2) Folgen mehrere verneinte Imperative aufeinander, wird der Prohibitiv und der verneinte Imperativ Futur mit neve, der Typus noli facere mit neque fortgeführt oder mit aut- aut koordiniert (vgl. § 107 ,4b). Tu ista ne asciveris neve fueris commenticiis (erdichtet) rebus assensus (ac. 2,125). Hominem mortuum in urbe ne sepelito neve urito (leg. 2,58). No/i fugere nec mortem timere (Gall. 7,77,9). Nolite aut hunc iam natura ipsa occidentem velle maturius exstingui aut hunc nunc primum floreseenlern pervertere (Cael.79). Weitere Stellen: leg. 3,11; fam. 12,30,1. Anm.: Klassisch wird ein verneinter lmperativ nie mit neque fortgesetzt(~); leg. 2,21 wird ne que zu ne quern emendiert.
(3) An einen positiven Befehl wird ein negativer Befehl mit neque angeschlossen (vgl. § 107,4a). Tu perge quaeso scribere nec meas litteras exspectaveris (Att.10,18,2). Privati acta referunto neque eo magis lege liberi sunto (leg. 3,11). Weitere Stellen: Planc.15; off. 1,92.134. Anm.: Nur selten steht in diesem Fall statt neque die Konjunktion neve (~): Sunto neve relinquunto (leg. 3,9). so Vgl. KSt 1,202.
171
A. Wortarten (§§ 1-242)
§§ 124-127
2. Genera verbi Allgemeines: Das Lateinische kennt wie das Deutsche zwei Genera verbi (Diathesen): das Aktiv und das Passiv. Das (im Griechischen noch erhaltene) Medium wird in beiden Sprachen entweder durch passive Formen (sog. Mediopassiva) oder durch reflexive Verben ersetzt (vgl. §§ 125-126).
§ 124
a) Besonderheiten des lateinischen Passivs
§ 124
Unregelmäßige Passivbildung (1) Einige Verben bilden kein regelmäßiges Passiv, sondern ersetzen es durch das Passiv bedeutungsverwandter Verben oder durch das Aktiv ihres Kausativverbs:
Aktiv
Passiversatz
Häufig verwendete Formen
vendere (verkaufen) perdere (verderben, zerstören) docere
venire perire, interire, deleri
vendendus, venditus perditus (adjektivisch): heillos, verrucht, schlecht docendus, doctus
discere. institui, imbui, instrui. erudiri
Anm. 1: venire kommt von venum ire 'zum Verkauf gehen' und wird wie ein Kompositum von ire konjugiert. Unklassisch sind venum dari (statt venire, gegen Menge § 304,1 ), pessum dare (statt perdere) und pessum dari (statt perire). Das umgangssprachliche Verb vapulare (verprügelt werden) als Passiv zu verberare erscheint bei Cicero nur einmal (fig.: omnium sermonibus) (Att. 2,14,1); Cicero verwendet sonst regelmäßig verberari (Verr. ll 3,3l.66; 5,112.162; Rab. perd. 8). Anm. 2: Zur Konstruktion von docere vgl. § 355,2.
(2) Das Passiv von facere lautet fieri, alle Komposita von facere, deren Stammvokal a nicht zu i abgeschwächt wird, bilden das Passiv ebenso: assuefacere, calefacere, commonefacere etc. (also assuefieri etc.) Alle anderen Komposita (efficere, conficere etc.) bilden das Passiv auf -fici. Anm.: Die einzige Abweichung von dieser Regel findet sich klassisch Ga II. 7 ,58,2 und inv. 2,169: confieri (fl).
(3) Das den Deponentieo fehlende Passiv wird ersetzt: (a) durch Umschreibungen:
172
111. Verben(§§ 106-141)
Aktiv admirari
aggredi auctionari
imitari misereri oblivisci
uti
Passiv admirationem haberea, admiratione afficib, admiratio est alicuiusc, admirationem movered, admiratio est in aliquo• impetusfit in a/iquemf in auctione venireB, praeconih (sub praeconemt, voci praeconisk) subiectum esse, subici imitatione exprimil (bei Sachen) misericordiam haberem oblivione obnlin, in oblivionem venireo; in oblivione iacereP usui esseq
Bedeutung des Passivs bewundert werden
angegriffen werden versteigert werden
nachgeahmt werden bemitleidet werden vergessen werden; vergessen sein benützt werden
• fam. 5,12,5 hoff. 2,37 •off. 2,48 d tin. 4,61 e nat. deor. 2,124 I MiI. 40 aVerr. ll 4,14 b Sest. 57 idom. 52 tPhil.2,64lde orat.3,47 mMur.87 •rep.6,25 ° Ve rr.ll4,79 PVerr. II 1,101 q Gall. 1,38.3
Anm. 1: Ähnlich wird das Passiv der Verben invitiere und odisse umschrieben: invidiae esse alicui (Verr. Il 5,19); in invidia esse apud aliquem (Verr. Il 5,181); invidiam habere ex re (de orat. 2,283; Mur. 87); odio esse alicui (S. Rose. 40): in odio esse apud aliquem (Verr. II 5,181; Manil. 65). Anm. 2: Die von Menge z. B. § 66 Anm. und§ 304,5 empfohlene Wendung admirarioni esse CUr ' bewundert werden ' ist klassisch nicht belegt (6). Auch die Wendungsub hasta venire (versteigert werden) ist unklassisch (6).
(b) durch sinnverwandte Verben: Aktiv
adoriri aggredi frui oblivisci persequi polliceri uti
Passiv Lacessi, temptari peti percipi oblitterari premi, vexari, agi, agitari promitti adhiberi
173
Bedeutung des Passivs gereizt. herausgefordert werden angegriffen werden genossen werden vergessen werden bedrängt werden, verfolgt werden versprochen werden gebraucht werden
A. Wortarten (§§ 1-242)
§§ 125-127
b) Der Ersatz des Mediums durch mediopassive oder reflexjve Ausdrucksweise § 125 Das Passiv als Medium (Mediopassiva) § 126 Reflexive und passive Ausdrucksweise § 127 Aktive Verben mit medialer Bedeutung
§ 125
Das Passiv als Medium (Mediopassiva) Das Passiv vieler transitiver Verben kann zur Bezeichnung einer reflexiven Tätigkeit dienen (sog. Mediopassiva): abdi (sich verstecken); ali (sich ernähren) (civ. 2,22,1); alienari (sich fern halten) (fin. 3,16); angi (sich ängstigen); augeri (sich vergrößern); circumfundi (sieb verbreiten, heranströmen, ausschwärmen) (Gall. 6,37,4; civ.1,67,3); commendari (sich empfehlen); congregari (sich versammeln) (Cato 7; off.1,157); coniungi (sich vereinigen); conteri (sieb aufreiben) (de orat. 1,249); delectari (sich ergötzen); efferri (sich überheben) (Lael. 54); effundi (sieb ergießen) (Flacc. 69); exerceri (sich üben) (Brut. 315);falli (sieb täuschen);ferri (sich stürzen, eilen); implicari (sich verwickeln) (Verr. Il2,44); invehi (eigentlich 'sich hineinfahren': hineinfahren, angreifen); inveniri (sich finden); lavari (Gall. 4,1,10), perlui (sich baden) (Ga II. 6,21,5); moveri (sich bewegen) (nat. deor. 2,83); mutari (sich ändern); obscurari (sich verdunkeln); offerri (sich darbieten); recreari (sich erholen); refrigerari (sieb abkühlen) (Cato 57); retorqueri (schwenken (im Deutschen intransitiv]) (civ. 1,69,3); saginari (sich mästen) (Sest. 78); vehi (eigentlich 'sich fahren': 'fahren, reiten') (div. 2,140). Anm.: Das Passiv dieser Verben kann natürlich nicht nur eine reflexive, sondern auch eine passivische Tätigkeit bezeichnen, z. B.:falli 'sich täuschen' und 'getäuscht werden'. Folgende der o.g. Ver ben haben als Mediopassiva andere Bedeutungen als in passivischer Verwendung: fe"i (sieb stürzen; getragen werden), efferri, invehi.
§ 126
Reflexive und passive Ausdrucksweise Der Unterschied zwischen der refl exiven (se defendere) und der passiven Ausdrucksweise (defendi) liegt darin, dass erstere die Aktivität des Subjekts stärker betont, während bei letzterer das Subjekt in der Lage des passiv Erduldenden ist: quod se ipsum movet, numquam ne moveri quidem desinit; quin etiam ceteris, quae moventur, hic fons, hoc principium est movendi (Tusc. 1,53) Ebenso unterscheiden sich folgende Ausdrücke: confirmari (gestärkt werden), se confirmtJre (sich ermannen); excusari (entschuldigt werden), se excusare (sich entschuldigen); levari (sich erleichtert fühlen) (Cato 36), se levare (onere, aere alieno) (sich entledigen).
174
ill. Verben (§§ 106-141)
§ 127
Aktive Verben mit medialer Bedeutung (1) Einige an sich transitive Verben werden im Aktiv auch absolut gebraucht und nehmen dabei eine mediale (reflexive) Bedeutung an. I. d. R. wird aber das Reflexivpronomen gesetzt.St convertere declinareb deflectere inc/inarec insinuare praecipitare quadrare recipere relaxareB, remittere sistere suppeditare transmittere
sich wendena sich neigen; sich hinwenden sich abwenden, abweichen sich neigen sich einschleichen, sich vertiefend (sich) stürzen, hereinbrechen (Nacht, Winter usw.)• (sich anpassen) passen sich zurückziehenf (sich lockern) nachlassen (sich stellen) stehen, bestehenh sich zur Verfügung stellen, reichlich vorhanden sein (synon. suppetere)i (sich übersetzen) durchfahren, übersetzenk
• inv. 1,108; de orat. 3,115; fat. 14 bTusc. 4,13 c Catil. 4,6 d Att. 2,24,2; fam. 4,13,6 • Sull. 1.87 r Ga II. 1,48,7; 7,52,1; civ. 3,46,5 g fin. 2,94 b Verr. II 3,223 ide oral. 3,124 k rep.l ,6; Manil. 32; Phil.l,7 Anm.l: Der absolute Gebrauch von tenere und obtinere ist unklassisch (vgl. Antibarb. s. vv.); problematisch ist allerdings die Stelle rep. 6,17, wo subter wohl als Adverb zu deuten ist. Anm. 2: Die Wendung bene habet (nun gut, gut so) ist klassisch nur einmal belegt (Mur. 14) (6). minuere wird klassisch nur einmal absolut gebraucht, und zwar als PPA: minuente aesru (Gall. 3,12,1). vercere erscheint klassisch nur in der Verbindung annus vertens absolut (rep.6,24). Zum absoluten Gebrauch transitiver Verben vgl. § 346. Zu offendere (sich anstoßen, verunglücken) vgl. § 346,1. traicere kann im Gegensatz zu transmittere nicht absolut verwendet werden (6). Anm. 3: Umgekehrt kann auch ein eigentlich intransitives Verb mit reflexiver Bedeutung zuweilen transitiv verwendet werden, z.B. erumpere (hervorbrechen) i. S. v. 'hervorbrechen lassen': iracundiam erumpere in aliquem (civ. 3,8,3; 2,14,l;Att.16,3,1).
Hoc vitium huic uni in bonum convertebat (Brut. 141). Sed adhibeat oratio modum et redeat il/uc, unde deflexit (Thsc. 5,80). A veritate deflexit (Q. Rose. 46). Sententia senatüs inclinavit ad pacem (Cato 16). Animus in causam insinuat (de orat. 2,149). Eccui potestas inforum insinuandi fuit? (Phi!. 5,8). Hiems praecipitavit (civ. 3,25 ,1). Num tibi ita quadrat? (Brut. 43). Ventus remisit (civ. 3,26,4). Remiserant dolores pedum (Brut. 130). Cur ipse tot maria transmisit? (fin. 5,87).
8t
Vgl. Wölfflin, E. , Der reflexive Gebrauch der Verba transitiva, ALLG 10 (1898), 1- 10.
175
A. Wortarten (§§ 1-242)
(2) Bei einigen an sich transitiven Verben haben nur das PPA und das Gerundium reflexive Bedeutung, z.B.: vehens (fahrend), invehens (fahrend auf etwas; losfahrend gegen jemanden), movens (sich bewegend, beweglich). adulescentia per medias Laudes quasi quadrigis vehens (Brut. 331); Triton natantibus invehens beluis (nat. deor. 1,78); aperte in te invehens (auf dich unverhohlen losgehend) (Phil. 2,74); turpitudo coniungendi cum tyranno (die Schande, die darin liegt, sich mit einem Tyrannen zu verbinden) (Att. 7,20,2); exercendi consuetudo (fin. 1,69). Summum bonum et malum vagiens (schreiend) puer utra voluptate diiudicabit, stante an movente? (fin. 2,31). Lex dat potestatem defendendi (Mil.ll). Anm. 1: Die PPA von coniungere, defendere und exercere können nicht reflexiv verwendet werden, ebenso wenig das PPA und das Gerundium von ferre i. S. v. 'eilend'. Anm. 2: movere kann klassisch außer als PPA (vgl. dazu noch Tusc. 4,30) nicht reflexiv gebraucht werden (vgl. aber § 346); nur fin. 2,36 wird der Infinitiv movere (analog zum philosophischen Terminus movens) i. S. v. 'das Sich-Bewegen, Bewegung' gebraucht.
§§ 128-141
3. Tempora
§§ 128-130
a) Allgemeines zu den Tempora § 128 Absolutes und relatives Tempus § l 29 Aktionsart und Aspekt § 130 Die Tempora im Brief
§ 128
Absolutes Tempus und relatives Tempus (1) Ein Ereignis kann der Gegenwart, der Vergangenheit oder der Zukunft angehören. Ein Tempus kann eine dieser drei Zeitstufen bezeichnen, so etwa ein Präsens die Gegenwart (er fährt) , ein Imperfekt die Vergangenheit (er fuhr) usw. Man spricht hier von selbständigem oder absolutem Tempusgebrauch sowie von subjektiven Tempora, da die Zuordnung einer Handlung zu einem bestimmten Tempus von der zeitlieben Vorstellung des jeweiligen Sprechers abhängt. Diese absoluten (selbständigen) Zeiten werden durch die Indikative aller Tempora ausgedrückt. Die Indikative der Haupttempora bezeichnen einen Vorgang in der Gegenwart oder Zukunft, die Nebentempora einen Vorgang in der Vergangenheit. Haupttempora sind: Präsens, präsentiscbes Perfekt, Futur I, Futur II; Nebentempora sind: Perfekt, Imperfekt, Plusquamperfekt (vgl. § 461,2).82 (2) Neben dem absoluten (selbständigen) Tempusgebrauch gibt es auch einen relativen (bezogenen) Tempusgebrauch, d.h. ein Tempus gibt das Zeit82 Vgl. allgemein: Carvalho, P. dc. "lnfectum" VS .perfecturn", in: Akten des vrn. internationalen Kolloquiums zur lateinischen Linguistik, hrsg. Bammesberger, A./Heberlein, F., He idelberg 1996, 176-192.
176
III. Verben (§§ 106- 141)
verhältnis des von ihm bezeichneten Vorgangs zu e inem anderen, durch ein zweites Verb ausgedrückten Vorgang an. Re lative Te mpora bezeichnen also nicht Zeitstufen, sondern Zeitverhältnisse. Es gibt drei A rten von bezogenem Tempusgebrauch: gleichzeitig, vorzeitig und nachzeitig. Das Plusquamperfekt und das Futur II werden fast immer bezogen gebraucht, ebenso die meisten Ko njunktive in der Consecutio temporum (vgl. § 458-469). Auch die Coniugatio periphrastica (vgl. § 140) ist ein relatives Tempus. Anm.: Die Tempora der Partizipialien sind immer relative Tempora (vgl. §§ 473495 Allgemeines;§§ 496-508 Allgemeines).
(3) Neben diesen fest bestimmten Zeiten (Tempora definita) gibt es auch die (ebenfalls absoluten) Tempora indefinita, die eine allgemein geltende Tatsache ausdrücken (Die Erde ist e ine Kugel). Es gibt im Lateinischen wie im De utschen folgende Tempora inde finita: (a) das generelle (ate mporale) Präsens, das eine allgemeine Tatsache ausdrückt. Gott regiert die Welt. 2 X 2 = 4. (b) das gnomische Pe rfekt, das eine Aussage als allgemein gültig darstellt, die aus mehreren Beispie len de r Vergangenheit erschlossen worden ist. Ein guter König hat noch nie Gewalt angewendet. (c) das dauernde Futur: 'da es immer so war, wird es auch in Zukunft so sein'. Ein guter K önig wird seine U ntertanen achten. Niemand wird dem Tode entrinnen. ( d) das iterative Präsens, das eine Wiederholung in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bezeichnet. Jedes Jahr fliegen die Störche nach Afrika. (4) Präsens, Futur I und Imperfekt sind sowohl im Aktiv als auch im Passiv, Futur ll, Perfekt und Plusquamperfekt nur im Aktiv synthetische Tempora, d. h. sie werden durch die Flexion des Verbalstammes gebildet (amo, amabo, amabam etc.). Abgesehen von den analytischen (zusammengesetzte n) Tempora des passiven Perfektstamms (amatus sum, sim, eram, essem, ero) gibt es noch die eigens zu behandelnden zusammengesetzten Tempora der Coniugatio periphrastica (amaturus sum) und des Typus amatus fui (vgl. § 140-141).
§ 129
Aktionsart und Aspekt (1) Aktionsart des Verbs nennt man die in der Bedeutung des Verbs liegende Verlaufsform der Verbalhandlung. Die Aktionsarten eines Verbs lassen sich in zwei Gruppen einteilen: durativ (linear) und punktuell (mome ntan). (a) Durative Verben bezeichne n einen länger andauernden Vorgang; man erkennt Verben, die eine durative Aktionsart haben, daran, dass man e ine adverbiale zeitliche Bestimmung hinz ufügen kann, die e ine lä ngere Ausdehnung impliziert: ' Ich habe d rei Tage lang mein Buch gesucht.' Man kann aber nicht 177
A. Wortarten (§§ 1-242)
sagen: *'Ich habe drei Tage lang mein Buch gefunden.' Eine Sonderform der durativen Verben sind die iterativen Verben, die angeben, dass ein Vorgang öfter wiederholt wird, so ist z.B. 'sticheln' das lterativum zu 'stechen '. (b) Die punktuellen Verben bezeichnen entweder den Beginn (ingressiv, inchoativ) oder das Ende (resultativ, perfektiv) einer Handlung. So ist etwa 'entbrennen' ein ingressives Verb, da es den Beginn e ines Vorgangs bezeichnet, während 'brennen' das zugehörige durative Verb, 'verbrennen' das resultative Verb ist, da es das Ende einer Handlung bezeichnet (vgl. auch 'erblühen, blühen, verblühen'). (2) Zur Bezeichnung der einzelnen Aktionsarten besitzt das Lateinische spezifische Infixe: Mit dem Infix -sc- werden die Verba inchoativa gebildet (tacere 'schweigen', conticescere 'verstummen'), mit dem Infix -ita- (-sa-) die Verba iterativa (frequentativa) et intensiva (dicere 'sagen', dictitare 'oft sagen') (vgl. § 194,1). (3) Aspekt nennt man die in der Bedeutung eines Tempus liegende Verlaufsform einer Verbalhandlung. Analog zu (1) unterscheidet man zwischen durativen und punktuellen Aspekten sowie den o.g. Untergruppen. Versucht man, die Tempora den beiden Aspekten 'durativ' und "punktuell' zuzuweisen, so sind Präsens und Futur durative und punktuelle Tempora, das Imperfekt ein duratives Tempus, Perfekt, Plusquamperfekt und Futur li punktuelle Temporaß3 (4) In jeder Verbalform wird also sowohl die Aktionsart als auch der Aspekt ausgedrückt. Aktionsart und Aspekt eines Verbs können einander entsprechen, aber auch in einem Spannungsverhältnis zueinander stehen. Aus dieser Spannung zwischen Aktionsart und Aspekt erklärt sich (a) eine spezielle ingressive Verwendung des eigentlich durativen Imperfekts (sog. konativer Aspekt) bzw. (b) die Verwendung des Perfekts bei durativen Verben: Zu a) Erscheint ein punktuelles Verb wie dare im Imperfekt, so bedeutet dies, dass der Sprecher die Handlung als nicht abgeschlossen betrachtet, weil der Gebende noch mit dem Geben beschäftigt ist (durativ) oder der B eschenkte das Geschenk nicht annimmt: sog. konativer Aspekt, d. h. die Handlung wird zwar versucht, aber sie gelingt nicbt, so dass die Form dabam in diesem Fall zu übersetzen wäre mit ' ich versuchte zu geben' . Zu b) Steht dagegen ein duratives Verb im Perfekt, so lässt der Sprecher einen länger dauernden Vorgang auf einen kurzen Zeitpunkt zusammenschrumpfen, er betrachtet ihn aus der Distanz als ein einziges punktuelles Ereignis (komplexives Perfekt): pugnavit- unabhängig davon, wie viele Jahre der Kampf dauerte. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass der Sprecher SJ Vgl. allgemein:Tronsk:ij, I.M., Bemerkungen zum Aspekt- und Tempussystem des lateinischen Verbums [1960), in: Probleme der lateinischen Grammatik, hrsg. Strunk, K., Darmstadt 1973, 355-367; Pinkster, H.,Tempus, Aspect and Aktionsart in Latin, ANRW 29.1 (1983), 270-319; vgl. e rgänzend zur Aspekttheorie neuerdings das Modell des Tempusreliefs: Elsner, K., Vordergrund und Hintergrund im Lateinischen?,AU 16.2 (1973), 56-61; Vester, H .. Bemerkungen zum Tempusrelief bei Caesar, Anregung 33 (1987), 155-157; ders., Zum Umgang mit den Erzähltempora, AU 30.1 (1987), 50--63.
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ill. Verben (§§ 106-141)
den Abschluss der Verbalhandlung bezeichnen möchte (resultativ): pugnavit i: S. v. 'der Kampf ist zu Ende'. (5) Wie Aspekt und Aktionsart einander widersprechen können, so kann auch ein Temporaladverb entweder Aspekt oder Aktionsart (Saepe dixi. Cato 71) oder beiden widersprechen (Virtutem saepe imperatori praestitistis. [Gall. 6,8,4]). Oft wird ein duratives Adverb mit einem punktuellen Tempus verbunden, während seltener ein punktuelles Adverb (semel, subito) beim Imperfekt steht.
§ 130
Die Tempora im Brief
(1) Im lateinischen Brief versetzt sich der Schreiber oft in die Zeit des Empfängers und wandelt daher die Tempora entsprechend um (sog. Brieftempora): Deutsches Tempus Präsens Perfekt, Imperfekt Futur
Lateinisches Tempus Imperfekt, seltener Perfekt Plusquamperfekt Coniugatio periphrastica im Präteritum
Dieser Zeitengebrauch ist vor allem am Briefanfang und -ende sowie bei den Verben des Wartens, Schickens und Schreibens die R egel, ebenso bei Verben, die eine Absicht, einen Beweggrund oder eine vorübergehende seelische Verfassung des Absenders wiedergeben. Zuweilen kommt es in einem Satzgefüge zu einer Mischung von Brieftempora und gewöhnlichen Tempora. Habes totum rei publicae statum, qui quidem turn erat, cum has litteras dabam (Jetzt weißt du über die gesamte politische Lage Bescheid- zumindest wie sie jetzt ist, da ich diesen Brief schreibe.) (ad Brut. 18,5). Cum haec scribebam, censorem iam te esse sperabam (Während ich diese Zeilen schreibe, bist du hoffentlich schon Zensor.) (fam. 3,13,2). Rem te optime gessisse rumor erat; exspectabantur litterae tuae, de quibus eramus iam cum Pompeio locuti (fam. 1,8,7). (2) Entsprechend werden i.d. R. die Temporaladverbien ersetzt: (a) statt hodie steht eo die (quo haec scribebam), statt cras steht postridie (eius diei) oder postero die, statt heri steht pridie. Andererseits finden sich (b) auch hodie, cras und heri nicht selten in Ciceros Briefen. (c) adhuc und nunc, die sonst nur mit dem Präsens oder Perfekt verbunden werden können, bleiben unverändert und können daher im Briefstil auch mit dem Imperfekt stehen. Zu a) Eo die apud Pomponium eram cenaturus (Heute werde ich bei Pomponins speisen.) (ad Q. fr. 2,3,7). Ego tabeilarios postero die ad vos eram missurus (Morgen werde ich Briefboten zu euch schicken.) (Att. 6,9,4). Litteras dederam Epheso pridie (Gestern habe ich aus Ephesos geschrieben.) (Att. 5,14,1). 179
A. Wortarten (§§ 1-242)
Zu b) Exspectabam hodie aut summum cras ab eo tabeilarios (Att. 13,21,2). Zu c) In Formiano sunt, quo ego nunc proficisei cogitabam (Att. 1,4,3). Adhuc erat valde incertum (es ist noch ziemlich unsicher), et quando comitia et qui consules futuri essent (ad Q. fr. 3,1,16). (3) Sehr selten stehen die temporalen Subjunktionen, die sonst mit dem absoluten Tempus (Indikativ Perfekt) verbunden werden (vgl. § 577), im Brief mit dem Plusquamperfekt oder Imperfekt ( 6). C. Trebatium cogitaveram mecum ducere; sed posteaquam Pompei commoratio diuturnior erat, quam putaveram, vide, quid mihi sumpserim: coepi eqs. (fam. 7,5,1). Anm.: Viele Plusquamperfekte nach postquam erklären sich einfach nach § 577,1 c.
(4) Tatsachen und Zustände, die für Schreiber und Empfänger in der Gegenwart oder in der Zukunft liegen, werden natürlich durch die entsprechenden Tempora ausgedrückt. Si va/es, bene est; ego valeo (fam. 14,8,1). Tryphonem tibi ita commendo, Ul homines grati bene meritos de se commendare debent (fam. 13,60,2). Totos dies scribo (Att. 12,14,3). (5) Die Verwendung der Brieftempora wird von Cicero bei weitem nicht in allen Briefen durchgehalten. Man findet bei ihm ebenso auch die Zeitengebung, die sich auf die Zeit der Abfassung des Briefes bezieht und somit mit dem deutschen Gebrauch übereinstimmt. Tabellarium meum hodie exspectamus (Att.12,48,1). Weitere SteUeo: fam. 13,47; 15,18,2; Att. 4,16,7; 10,6,1; 12,53; 13,23,1.
§§ 131-132
b) Das Präsens § 131 Das Präsens. AUgemeines § 132 Besonderheiten des lateinischen Präsens
§ 131
Das Präsens. Allgemeines Das Präsens bezeichnet wie im Deutschen84: (1) als sog. aktuelles Präsens eine Handlung oder einen Zustand, der in der Gegenwart beginnt und (oder) noch andauert. Das Lateinische setzt hier häufiger das Futur oder futurische Ausdrücke (vgl. auch 7 Anrn.; § 133,1). Ego vero istis obsequi studeo neque gravabor breviter meo more, quid quaque de re sentiam, dicere (de orat.1,107). (2) als resultatives Präsens eine Handlung oder einen Zustand, der in der Vergangenheit begonnen hat und in der Gegenwart noch andauert (vgl. 114 Vgl. allgemein: Serbat, G., Le temps du verbe en latin, REL 53 (1975), 367-405 (I Le presenl de l'indicatif, n Le futur de l'indicatif).
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III. Verben(§§ 106-141)
§ 132). Das resultative Präsens kann mit Temporaladverbien wie iam dudum, iam pridem, iam diu, modo etc. verbunden werden. lam pridem cupio Alexandriam visere (Ich wünsche mir schon lange, Alexandria zu besuchen.) (Att. 2,5,1). (3) Handlungen, die zu einer Gewohnheit oder Sitte geworden sind und sich immer wieder wiederholen (iteratives Präsens). Cottidie ad te litteras mitto (Att. 5,7 ,1). (4) für alle Zeiten gültige Wahrheiten (generelles oder gnomisches Präsens). Eine Sonderform des generellen Präsens ist das sog. prägnante Präsens, mit dem Handlungen bezeichnet werden, die sowohl Gegenwart als auch Vergangenheit betreffen. Qui in morbo sunt, saninon sunt (generelles Präsens) (Tusc. 3,9). Solet idem Roscius dicere (i. e. dicit et saepe dixit, prägnantes Präsens) (de orat.1,254). (5) als literatarisches Präsens die Aktualität eines Autors früherer Zeiten, der noch gelesen wird. Lucilius narrat (Thsc. 4,48). De iuvenum amore scribit Alcaeus (Thsc. 4,71). Weitere Stellen:Thsc.l,42; nat. deor. 1,39f.; Brut. 292.
(6) bei den Verben der Wahrnehmung (sehen, hören, erfahren) wie zuweilen im Deutschen eine Handlung oder einen Zustand der Vergangenheit, die intensiv im Empfinden des Sprechers nachwirkt: 'ich höre, ich sehe' (audio, video). Diogenem et Cameadem video ad senatum missos esse legatos (Thsc. 4,5). Weitere Stellen: Thsc. 4,50.79; Lael. 39.45; off. 1,19; de orat. 1,255; 2,93; Cato 34.
(7) als historisches Präsens (Praesens historicum) in lebhafter Erzählung Ereignisse der Vergangenheit. Das historische Präsens erscheint v. a. in Hauptsätzen, um vergangene Handlungen als gegenwärtig vor Augen zu führen und den schnellen Ablauf mehrerer Handlungen auszumalen (daher auch Praesens repraesentativum). Das historische Präsens kann (wie im Deutschen) mit dem historischen Perfekt abwechseln. Oft wird eine Reihe von Begebenheiten im historischen Präsens erzählt und mit einem historischen Perfekt abgeschlossen.ss Tota ltalia delectus habentur, arma imperantur, pecuniae a municipiis exiguntur, e fanis tolluntur (civ.1,6,8). Fit magna caedes (Gall. 7,70,5). Jlle respondit se pocula illa pretiosa Melitae reliquisse, turn iste continuo mittit hominescertos Melitam, scribit ad quosdam Melitenses, rogat Diodorum, ut det litteras (Verr. ll4,38f.). Weitere Stellen: Gall. 2,13,1; civ.1,65.70; mit abschließendem Perfekt: Verr. H 4,32; Gall. 5,20,1-4; 7,5,7; 7 ,6,1; 7,13,3; 7,14,1; in Gliedsätzen: S. Rose. 120; Verr. li 2,61.92; 4,32; GaU. 2,9,2; 3,9,3.9; 5,49,7; 7,63,2; civ. 1,3,1; 2,15,4; 2,20,8. Anm.: Nur umgangssprachlich wird das Präsens im Lateinischen zur Bezeichnung der Zukunft verwendet (v.a. bei Verben des Kommensund Gehens), was im Deutschen aUss Vgl. allgemein: Ronconi, A. , Presente storico e varianti di Cesare, in: ders., lnterpretazioni grammaticali, Rom 2!971, 193-221.
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A. Wortarten (§§ 1-242) gemein üblich ist (Ich komme morgen. Am Sonntag spielen die Bayern.) (.6): Quinct. 54; de orat. 3,17; Mil. 99; fam. 16,10,2; Att. 1,4,3; 2,9,1; 4,15,9; 10,8,5; 10,15,4; 12,29,2; 13,40,2: 14,11,2 (mit cras); 15,21,2; 16,8,2; civ. 2,31,3; 3,94,5 (zur Bezeichnung eines unmittelbar bevorstehenden Ereignisses in lebhafter, direkter Rede).
§ 132
Besonderheiten des lateinischen Präsens (1) Dem lateinischen resultativen Präsens (vgl. § 131,2) entspricht im Deutschen häufig ein Z ustandsperfekt ('ich habe verstanden' i. S. v. ' ich verstehe', 'ich bin umzingelt'). Diese Form des Präsens, die einen in der Gegenwart andauernden Zustand bezeichnet, findet sich etwa bei folgenden Verben (v. a. des Einschließens, Umgebens, Schließens): cingi (umzingelt sein); claudi (umschlossen sein); cogi (gezwungen sein); conceditur, permittitur (es ist erlaubt}; contineri (enthalten sein); impediri (gehindert sein); liber inscribitur (das Buch ist betitelt}; muniri (geschützt sein); saepiri; tegi (beschützt sein); teneri (gehalten sein). Zur Bezeichnung eines in der Vergangenheit erreichten und in der Vergangenheit andauernden Zustands steht entsprechend im Lateinischen das Imperfekt, während im Deutseben ein Plusquamperfekt gesetzt wird: eingebar ' ich war umzingelt'. Urbe portus cingitur et continetur (ringsum eingeschlossen, umfasst) (Verr. ll 5,96). Lex Varia, quae inscribitur (Brut. 205). Amicitia nullo Joco excluditur (ist ausgeschlossen) (Lael. 22). Oppidum natura loci sie muniebatur (war geschützt) (Gall.1,38,4). Weitere Stellen: de orat. 2,120; rep.1,68;Thsc.1,47.57: nat. deor. 2,120.143; Cato 51; civ. 2,26,4.
(2) Es findet sich aber auch das dem Deutschen entsprechende historische Perfekt (bzw. in Bezug auf die Vergangenheit das Plusquamperfekt}, das die Historizität des Ereignisses hervorheben soll. Munitae sunt palpebrae vallo pilorum (Die Augenlider sind von einem Palisadenring von Wimpern geschützt.) (nat. deor. 2,143). m ons, qui sacer appellatus est (Brut. 254). Weitere Stellen: S. Rose. 144; Arch. 29; de orat. 1,253; 2,61.217; nat. deor. 2,121; div. 2,1.85;Att. 8,5,2; Gall. 5,18,3; civ. 3,15,4.
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IIl. Verben (§§ 106-141)
§§ 133-134
c) Die futurischen Tempora § 133 Das Futur I § 134 Das Futur U
§ 133
Das Futur I Die Verwendung des lateinischen Futurs I entspricht meistens dem deutschen Gebrauch; so bezeichnet das Futur I: (1) eine in der Zukunft eintretende und noch andauernde Handlung oder eine in der Gegenwart beginnende und in der Zukunft noch andauernde Handlung (vgl. § 131,1). Das Deutsche wählt hier meistens das weniger umständliche Präsens. Cras aderit (Morgen wird er da sein. Morgen kommt er.) (fam. 16,17,2). Quae societas inter nos semper manebit (fam. 12,28,2). (2) in der ersten Person eine Absicht des Sprechers. Non exprobrandi causa, sed commonendi gratia dicam (Ich will nicht usw.) (S. Rose. 46). (3) als Tempusindefinitum (dauerndes, generelles oder gnomisches Futur) eine allgemeingültige Wahrheit (oft in Syllogismen, vgl. § 443). Semper sapiens aegritudine ut perturbatione animi vacabit (vgl. Tusc. 3,15). Nemo sapiens nisi fortis; non cadet ergo in sapientem aegritudo (Thsc. 3,14). (4) (selten) eine Tatsache in höflicherer und bescheidenerer Weise als das direktere Präsens. Dabei kann das Futur auch die Funktion eines Tempus indefinitum (vgl. 3) übernehmen. Das Deutsche bevorzugt diesen Gebrauch des Futurs I in potentialen Ha uptsätzen, während das lateinische Futur I eine seltene Alternative zum Potentia lis ist (vgl. § 116) und nur in bestimmten Wendungen gebraucht wird (quaeret fortasse quispiam). Diese Verwendung des Futurs I nennt man prospektives Futur. Fatebuntur Stoici haec omnia dicta esse praeclare ('die Stoiker werden (wenn sie das hören würden] sagen'; in dem Satz liegt auch die allgemeine Aussage, dass die Stoiker immer dieser Meinung sind) (fin. 4,19). Quaeret fortasse quispiam (Cluent. 144). Weitere Stellen:Thsc. 3,18; parad. 23.
(5) in der zweiten und (selte ne r) dritten Person eine n Befehl , eine n Wunsch, eine Bitte usw. D as Futur übernimmt in diesem Fall die Funktion des Imperativs (Iussivs) (vgl. § 119,4). Valebis meaque negotia videbis meque dis adiuvantibus ante brumam exspectabis (fam. 7,20,2). Weitere SteiJen: off. 1,18; Att. 14,8. Anm.: Zum Perfekt mit futurischer Bedeutung vgl. § 136,7, zum Präsens mit futurischer Bedeutung vgl. § 132,7 Anm.
183
A. Wortarten (§§ 1-242)
§ 134
Das Futur 11 Das Futur 11 (Futurum exactum) kommt hauptsächlich als relatives Tempus in Glie dsätzen vor. Es erscheint in klassischer Zeit als absolutes Tempus nur in folgenden FäUen im Hauptsatz: (1) beim Verweis auf etwas später zu Untersuebendes oder zu Besprechendes. Meistens ste ht eine Form von videro , oft in Ve rbindung mit mox, post, alias, alio loco, iam o.ä. In der zweiten und dritten Person wird es (gerne ironisch) gesetzt, um einem anderen etwas zur Untersuchung zu überlassen. Statt des Futurs ll steht zuweilen das Futur I. Hisce de rebus paulo post videro (de orat. 3,37). Sitne malum dolere necne, Stoici viderint (Thsc. 2,42). R ecte secusne, alias viderimus (ac. 2,135). Sed de te tu videris, ego de me ipse profitebor (Phil. 2,118). Quae cuiusque vis er natura sit, mox videbimus (fin. 5,60). Weitere Stellen: Quinct. 75; S. Rose. 84; Cluent. 146; Flacc. 56; Cael. 35; Phi I. 3,17; 5,33; de orat. 2,33.146.235.246.351; orat. 74.152; Brut. 297; ac. 2,19.76; leg. 1,54; fin . 1,35; 2,9; Thsc.l,23; 2,26; 5,20.34.120; nat. deor.l,17;Futur 1: fam. 3,9,8;Att.l0,7,1; 12,34,2.
(2) um eine Handlung a ls bald und sicher eintretend zu bezeichnen, oft in Korrelation zu einem Gliedsatz, der auch im Futur II ste ht (vgl. § 459,3b). Libenter tibi, ut de eo disseras, equidem concessero (rep.l,20). Nusquam facilius hanc miserrimam vitam vel sustentabo vel, quod multo m elius, abiecero (Att. 3,19,1). Ego certe meum rei publicae atque imperatori officium praestitero (GaU. 4,25,3). Tolle hanc opinionem, tueturn sustuleris (Tusc. 1,30). Respiravero, si te videro (Att. 2,24,5). Weitere Stellen: Verr. II 2.148; Sull. 90; Plane. 79; fin. 3,14; fam.13,63,2; 13,65,2; Att. 5.1,3.
(3) als Ersatz für das Futur I bei den Perfecto-Praesentia (vgl. § 136,1 ). Odi hominem et odero (Ich hasse diesen Ke rl und werde ihn immer hassen.) (Att. 9,12,2).
§§ 135-139
d) Die Vergangenheitstempora § 135 Das Imperfekt § 136 Das Perfekt § 137 Die Umschreibung des Perfekts mit habere § 138 Das Plusquampe rfekt § 139 D er historische Infinitiv
§ 135
Das Impe rfekt Das Impe rfe kt als Ausdruck e iner in de r Ve rgange nheit andaueroden H andlung kann folgende Funktionen übernehmen86: 86 Vgl.
allgemein: Mellet, S., L'irnparfait de l'indicatif en latin classique, Paris 1988.
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111. Verben (§§ 106-141)
( l ) Das Imperfekt steht als sog. Hintergrundtempus bezogen auf ein anderes Vergangenheitstempus (meistens das Perfekt), um eine Gleichzeitigkeit zu bezeichnen ( Cenabam, cum amicus venit.) Dabei gibt es folgende Sonderfälle: (a) In der Erzählung wechselt das Imperfekt mit dem Pe rfekt ab, da das Perfekt als Erzähltempus (Tempus narrativum) die neu eintretenden Ereignisse berichtet, während das Imperfekt die begleitende n Nebenumstände schildert, die für den Fortgang der Handlung meist von untergeordneter Bedeutung sind (Tempus descriptivum). Das Pe rfekt antwortet auf die Frage ' Und was geschah dann?', das Imperfekt auf die Frage 'Was war damals? Wie waren die Umstände?' Das Perfekt führt die Erzählung weiter, das Imperfekt unterbricht sie für eine kurze Weile: perfecto procedit, imperfecto insislit oratioß1 Caesar Alesiam circumvallare instituit; erat autem oppidum in colle summo (Gall. 7,68,3-69,1). Cum Caesar in Galliam venit, alterius factionis principes erant Haedui, alterius Sequani (Gall. 6,12,1). (b) Das Imperfekt kann an die Stelle eines Präsens treten, wenn nicht der (erreichte) Zustand , sondern das historische Ereignis be tont werden soll (vgl. § 458,2). Manus (Rüssel) etiam data elephantis, quia propter magnitudinem corporis diffici/es aditus habebant ad pasrum (nat. deor. 2,121). Effudi vobis omnia, quae sentiebam (de orat. 1,159). Weitere Stellen: de o ral. 3,72.198; of[ 1,143; Tusc. 2,43; nat. deor. 2.123.
(c) Besonders bei geographische n Angaben kann das Imperfekt statt des üblichen Präsens stehen (sog. lmperfectum geographicum). Caesar in Marinos proficiscitur, quod inde erat brevissimus in Britanniam traiecrus eqs. (Diese Tatsache gilt immer noch.) (GaU. 4,21,3). Weitere Stellen: GaU. 2,15,f.; 7 ,69,5. Anm.: Eine ähnliche Tendenz zeigt das Lateinische in von eine m Vergangenheitstempus innerlich abhängigen Gliedsätzen, die ei ne allgemein g ültige Tatsache ausdrücken (vgl. § 461).
(d) Zum Indikativ Imperfekt als Ersatz für einen Irrealis der Gegenwart bei den Ausdrücken des Könnens und Müssens vgl. § 106,3. (2) Als absolutes Tempus bezeichnet das Imperfe kt sich öfter wiederholende Handlungen (Impe rfect um iterativum), dauernde Zustände, bestehende Sitten, Gewohnheiten, Einrichtungen. Sophistae appellabantur ii, qui aut ostentationis aut quaestus causa philosophabantur (ac. 2,73). (3) Die Verba dicendi e t sentiendi stehen zuweile n nicht im zu erwartenden Perfekt, sondern im Imperfekt, wobei natürlich auch das Perfekt möglich ist. Paulum ante laudabas (de oral. 2,307). Dicebat melius quam scripsit Hortensius (orat.132). Deiotarus ipse hoc sentiebat, sicuti sensit (div. 2,78). Weitere Stellen: Phi!. 2,59.89; de orat. 1,230: 2,199; rep.3.43; off. 1.109; civ. 1,62,3; 3,53,1. 87 Vgl. aUgemein: Klug, W., Erzählstruktur als Kunstform. Studjeo zur künstlerischen Funktion der Erzähltempora im Lateinischen und Griechischen , Heidelberg 1992.
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A. Wortarten (§§ 1-242)
(4) Wenn die Handlung in der Vergangenheit nicht bis zum Ende durchgeführt, sondern nur versucht wurde, spricht man vom Im perfeeturn de conatu. Hier nimmt das Imperfekt statt des üblichen durativen einen punktuellingressiven Aspekt an. Es wird übersetzt mit 'versuchen, wollen, drohen ' . Oft steht auch das Imperfekt Passiv im Imperfectum de conatu, das im Deutschen mit 'sollen' wiedergegeben wird. Auch der Konjunktiv des Imperfekts kann konativ verwendet werden. Ob es sieb um ein lrnperfectum de conatu oder ein gewöhnliches Imperfekt handelt, kann nur der Kontext e ntscheiden. Num dubitas id imperante me facere, quod iam tua sponte faciebas? (Zögerst du etwa, das auf meinen Befehl hin zu tun, was du ohne hin freiwillig tun wolltest?) (Cati1.1,13). Veniebatis in Africam, sed prohibiti estis in provincia vestra ponere pedem (Lig. 24). Miraborte iis armis uti, quae tibi Iex dabat, noluisse (Ich würde mich wundern, wenn du nicht die Waffen, die dir das Gesetz geben wollte, die das Gesetz für dich bereit hielt, zu be nutzen bereit gewesen wärest.) (Plane. 45). Huius deditionis ipse Postumius, qui dedebatur (ausgeliefert werden sollte),suasor et auctor fuit (off. 3,109). Weitere Stellen: aktiv: Catil. 2,9.1 4; 3,3; 3,16; Sull. 49; passiv: Lael. 96; Phil.l ,12; Gall. 7,47,2; Konjunktiv: Cluent. 106; Mil. 9.70; off.1.39. Anm.: Die Beispiele, die Menge•o § 321 Anm. 1 für die kooative Anwendung anderer Tempora anführt, überzeugen nicht (mit der Ausnahme von everrerar in Mil. 90). Meistens handelt es sich an diesen Stellen um eine beginnende bzw. noch andauerode Handlung.
§ 136
Das Perfekt Das Perfekt hat im Lateinischen folgende Funktionen88: (1) Das resultative Perfekt bezeichnet einen Z ustand, de r in der Vergangenheit begonnen hat und in der Gegenwart noch andauert (sog. präsentisches Perfekt oder Perfeeturn logicum).In vielen Fällen ist der Übergang zum historisch-konstatierenden Perfekt fließend - je nachdem, ob der Vorgang oder das Resultat betont werden soll: abii (ich bin nicht mehr da); constiti (ich stehe); consuevi (ich habe mir angewöhnt, d. h. ich pflege zu tun);perspexi (ich kenne); percepi, cognovi und didici (ich weiß); decrevi, statui und consilium cepi (ich beabsichtige). Einige defektive Verben besitzen nur den Perfektstamm, der präsentische Bedeutung hat (sog. Perfecto-Praesentia). Das Plusquamperfekt dieser Verben hat die Bedeutung eines Imperfekts oder Perfe kts: memini (ich erinnere mich); novi (ich habe kennen gelernt, d.h. ich weiß); odi (ich habe zu hassen angefangen, d. h. ich hasse). Macula penitus iam insedit ac nimis inveteravit in populi Romani nomine (Manil. 7). Rhodiarum usque ad nostram memoriam disciplina navalis et gloria 88 Vgl. allgemein: Serbat, G., Le sens du parfait actif d'apr~s Ci~ron, REL 54 (1976), 308-352; ders.. Le sens du parfait en latin. in: Colloque de Morigny 1978. brsg. Serbat G., Paris 1980,112-133.
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Ill. Verben(§§ 106-141)
permansit (ManH. 54). Nunc quidem iam abiit pestilentia (fam. 14,1,3). Cur re oderunt? (Warum hassen sie dich?) (Verr. II 2,66). (2) Das historische Perfekt (Erzähltempus, Tempus narrativum, auch Perfectum historieuro oder Perfeeturn aoristum genannt) bezeichnet ein einmaliges Ereignis der Vergangenhe it ohne Berücksichtigung der zeitlichen Ausdehnung. Im Deutschen steht i. d. R. das Imperfekt.S9 Tantum bel/um Pompeius extrema hieme apparavit, ineunte vere suscepit, media aestate confecit (Manil. 35). (3) Als sog. komplexives (konstatierendes) Perfekt fasst das Perfekt einen länger dauernden oder einen sich wiederholenden Vorgang in einem Zeitpunkt zusammen. Das Pe rfekt kann in dieser Funktion sogar durch Adverbien der zeitlichen Ausdehnung näher bestimmt werden. Multa saecula viguit Pythagoreorum nomen (Thsc.l,38). Hae permanserum aquae (Regengüsse, vgl. § 8,2) dies complures (civ.1,50,1). Adhuc ita nostri imperatores cum illo rege contenderunt (iterativ), ut eqs. (Manil. 8). Weitere Stellen: Verr. 223; Cato 44.
n 5,145; Sest. 8.126; D eiot. 28.33; de orat. 1,97; 2,2; 3,194.225; orat.
(4) Wie jeder länger dauernde Vorgang der Vergangenheit ins konstatierend-komplexive Perfe kt gesetzt werden kann, so können auch Nebenumstände im Perfekt erzählt werden; sie werden dadurch als Tatsachen der Vergangenheit bezeichnet. Dies findet sich besonders häufig in Kausal-, Konzessiv- und (kurzen, einen Begriff erläuternden) Relativsätzen.90 Omni Macedonum gaza (Schatzkammer), quae fuit maxima, potitus est Paullus ( off. 2,76). Milites celeriter, quod habuerunt, consumpserunt (Gall. 7,17,2). Pompeius mare transiit cum omnibus militibus, quos secum habuit (Att. 9,6,3). (5) Anstelle e ines Plusquamperfekts kann das Perfekt wie im Deutseben einen Vorgang schildern, der zeitlich vor der im übergeordneten Satz geschilderten Aktion liegt. Die Handlung wird wie die zeitlich spätere des übergeordneten Satzes vom Standpunkt der Gegenwart aus einfach als vergangen betrachtet (vgl. § 460,2). Caesar ab iis haec facta cognovit, qui sermoni interfuerunt (civ. 3,18,5). Exercitum, quem accepit, amisit (Phil. 4,15).Interea, qui cupide profecti sunt, multi naufragiafecerunt (fam. 16,9,1). Weitere Stellen : civ. 3,66,2; 3,28,6.
(6) Das Perfekt steht als gnomisches Perfekt wie das generelle Präsens, um allgemeine Wahrheiten und Regeln zu bezeichnen. Wie das ko nstatierende Pe rfekt kann auch; das gnomische Perfekt mit Adverbien wie saepe, semper etc. verbunden werden. Dieser Gebrauch ist im klassischen Latein selten. Multi saepe cum obesse vellent, profuerunt et cum prodesse, obfuerunt (nat. deor. 3,70). 89 Ygl. die Beispiele bei KS1 I ,128. 90 Vgl. die Beispiele bei KS1 1,129.
187
A. Wortarten (§§ 1-242)
(7) Selten bezeichnet das Perfekt (wie im Deutschen) als Ersatz für das Futur den sicheren Erfolg einer Verbalhandlung. Si eodem animo paulum adnixi eritis, milites, vicimus (dann haben wir gewonnen) (vgl. Verr. II 3,145). Si prorogatur, actum est (Att. 5,15,1). Weitere Stellen: Verr. IJ 3,145; fam. 12,6,2; 16,12,4;Att.14,20,3.
§ 137
Die Umschreibung des Perfekts mit habere Soll der in der Gegenwart erreichte Zustand betont werden , so kann das gewöhnliche synthetische Perfekt durch eine analytische Form ersetzt werden, indem von einer Form von habere (seltener tenere) das PPP des Verbs, das im Perfekt stehen würde, als Akkusativobjekt abhängt. So kann statt cognovi oder perspexi stehen: cognitum bzw. perspe·ctum habeo (ich habe als Erfahrenes), statt paravi die Umschreibung habeo paraturn usw.91 Auch andere Zeiten können (sehr selten) so umschrieben werden, wie z. B. das Futur: Hoc sifeceris, me maximo beneficio devinctum habebis (Att.16,16b,2). Häufig finden sich folgende Wendungen: aliquid cognitum habere (div. in Caec.ll); aliquid camperturn habere (Foot. 29); aliquid exploratum habere (Gall. 2,4,4); aliquid perceptum habere (ac. 2, 106); aliquid perspectum habere (Ga II. 7,54,2) (etwas durchschaut, erfahren haben usw.) Clodius vi oppressam civitatem tenebat (Clodius hielt den Staat unterdrückt, unterdrückte ihn.) (Mil. 38). Pudori et sanctimoniae domum non clausam habuit (Er hielt sein Haus nicht verschlossen usw.) (Quinct. 93). Inclusum in curia senatum habuerunt (vgl. 'gefangen halten') (Att. 6,2,8). Aciem instructam habuit (Gall. 1,48,3). Weitere Stellen: Verr.JI 5,188; Phil.13,13; fin. 2,6; 4,11; 5,76; fam.13,17,3; 15,20,3; ad Brut. 13,1; GaB. 1,18,3; 2,24,4. Anm.: Im Unterschied zum Griechischen macht das Lateinische selten v_on der Möglichkeit Gebrauch, das Perfekt mithilfe eines PPP des Deponens zu umschreiben: Illi tanto amore suas possessiones amplexi tenebant (Sull. 20). Sphaera sola omnis alias figuras complexa continet (nat. deor. 2,47).
§138
Das Plusquamperfekt (1) Das Plusquamperfekt bezeichnet wie im Deutschen eine in der Vergangenheit vollendete Handlung. Es ist vorzeitig zu einer zum Zeitpunkt des Berichts schon vergangeneu Handlung im übergeordneten oder vorhergehenden Satz. Das Plusquamperfekt kann sowohl in Hauptsätzen als auch in Gliedsätzen stehen. 91 Aus diesem Gebrauch erklärt sich auch die Entstehung des synthetischen Perfekts in den modernen Sprachen.
188
ill. Verben(§§ 106-141)
Caesar ab urbe proficiscitur Brundisiumque pervenit; eo equitatum omnem venire iusserat (civ. 3,2,1 ). Weitere Stellen: Att. 9,7,1; Gall. 4,17,lff.; 5,8,5ff. Anm.: Selten steht das Plusquamperfekt, wo das Perfekt zu erwarten wäre, aufgrund der Kontamination zweier Aussagen, von denen die untergeordnete im Plusquamperfekt, die übergeordnete im Perfekt stehen würde: Commiu.s venit, quem supra demonstraveram a Caesare praemissum esse, entstanden aus qui a Caesare praemissus erat und ut supra demonstravi (GaU. 4,27,2) (vgJ. KSt.l,l40f.) (6).
(2) Häufig stehen auch dicere, putare, malle u. ä. Verben im Plusquamperfekt. Mit dieser Tempuswahl betont der Sprecher das weite Zurückliegen eines Ereignisses oder Themas (z.B. bei einem Reditus ad rem). Redeo ad illam Platonis, de qua dixeram, rei formam et speciem (orat. 101). Ego autem tibi quidem, quod satis esset, paucis verbis, ut mihi videbar, responderam (Tusc.l,lll). Weitere Stellen: Verr. ll 4,48; 5,81; Caecin. 15; Cluent. 89; de orat. 1,197; 2,152; orat. 140; Brut. 7.31.157; off.l,81; oat. deor. 1,17; Cato 4; fam. 2,10,1; 7,25,1; 11 ,27,6; 13,24,3; Att. 2,9,1; 4,4a,l; 7,3,5; 7 ,12,1; 7,14,2; 13,25,1; 14,15,2; GaU. 2, 1,1.
§ 139
Der historische Infinitiv Statt eines Vergangenheitstempus kann in einem Hauptsatz (nie im Gliedsatz) der Infinitiv Präsens stehen: sog. historischer Infinitiv (Infinitivus narrativus, adumbrativus oder descriptivus), der ähnlich wie das historische Präsens wechselvolle Ereignisse eindringlicher darstellt oder Zustände der Vergangenheit schildert. Der historische Infinitiv erscheint meistens im Aktiv und fast ausschließlich in einer Reihe weiterer historischer Infinitive. Oft steht vor (oder nach) den historischen Infinitiven ein zusammenfassendes Imperfekt (seltener Perfekt). Das Subjekt steht regelmäßig im Nominativ. Der historische Infinitiv gilt für die Zeitenfolge als Nebentempus (vgl. § 462,2). Das Subjekt des historischen Infinitivs ist in der überwiegenden Zahl der Fälle eine dritte Person, selten eine erste, nie eine zweite.92 Verres a Diodoro erepta sibi vasa dicebat; minitari absenti Diodoro, vociferari palam, lacrimas interdum vix tenere (Verr. II 4,39). Clamare omnes, ego instare (Verr. II 12,188). Primo mirum omnibus videri, deinde esse perspicuum (Verr. II 4,40). Efferri vasa (Verr. TI 4,52). Non referri (Verr. II 4,66). Weitere Stellen: Verr. li 4,149; Sest. 74; Pis. 69; ac. 2,63; off. 3,60; Gall.l,l6,1.4; 1,32,3; 3,4,1 ff. civ. 2,20,1; 3,17,5.
92 Vgl. allgemein: Rosen, .H., The Latin infinitivus historicus revisited, Mnemosyne 48 (5) (1995), 53(r564.
189
A. Wortarten (§§ 1-242)
§§ 140-141
e) Zusammengesetzte Tempora § 140 Die Coniugatio periphrastica § 141 Verbalperiphrasen des 'JYpus amatus fui
§ 140
Die Coniugatio periphrastica (1) Unter Coniugatio periphrastica ('umschreibende Konjugation') versteht man die Verbindung des PFA mit einer Form von esse. Die Coniugatio periphrastica erscheint in allen Zeiten (scripturus fui, eram etc.) und drUckt das Wollen bzw. die Absicht des Sprechers aus: scripturus sum bedeutet ' ich will schreiben, ich bin im Begriff zu schreiben, ich habe vor zu schreiben'. Im Unterschied zu den nicht-zusammengesetzten Tempora bezeichnet die Coniugatio periphrastica regelmäßig einen unmittelbar bevorstehenden oder schon begonnenen Vorgang; die ausgedrUckte Verbalhandlung kann zu einem (viel) späte re n Zeitpunkt erfolgen.93 Die Coniugatio periphrastica bezeichnet eine Fähigkeit, eine Möglichkeit, eine abgeschwächte Notwendigkeit oder eine Bestimmung (soll). D ie Coniugatio periphrastica findet sich nicht nur in Hauptsätzen, sondern auch in Gliedsätzen, v. a. in Kondizional- und Relativsätzen. Quid tandem estis acturi? (Was wollt ihr eigentlich tun?) (Rab. Post. 14). Brevi tempore te sum visurus (Ich kann dich ja bald sehen.) (fam. 9,11,1). Orator eorum, apud quos aliquid aget aut erit acturus (reden wird oder reden soll), mentes sensusque degustet oportet (de orat. 1,223). Senatus hodie fuerat futurus (Die Senatssitzung hätte heute stattfinden sollen.) (Att. 4,17,4). Me ipsum ames oportet, non mea, si veri amici futuri sumus (wenn wir echte Freunde sein sollen oder wollen) (fin. 2,85). Fiet tarnen illud, quod futurum est (was geschehen soll) (div. 2,21). Weitere Stellen: Arch. 30; Sest. 112; Thsc. 1,9; nat. deor.1,90; div. 1,26; Cato'6.67.85; fam. 14,1,5; Att. 14,13,2.
(2) Eine bevorstehende Handlung im Passiv wird mithilfe der Coniugatio periphrastica von esse und der Subjunktion ut ausgedrückt:futurum est, ut epistula scribatur heißt 'man ist im Begriff, den Brief zu schreiben'. Diese Umschreibung wird meistens angewendet, um einen fehlenden Infinitiv Futur Aktiv oder Passiv zu ersetzen, steht aber auch bisweilen in Verbindung mit Verben, von denen der Infinitiv Futur gebildet werden kann (vgl. § 479,1). Spero fore, ut contingat nobis (Tusc. 1,82). Quod si esset aliquando futurum, ut aliquis de Flacci pernicie cogitaret, numquam tarnen existimavi D. Laelium eam suscepturum accusationem (Flacc. 2). 93 KSt 1,161 fasst den Unterschied anders auf: "Der Unterschied der Bedeutung liegt lediglich darin, dass scribam einfach eine zukünftige Handlung ausdrückt, scripturus sum aber eine zukünftige Handlung, welche von dem Willen oder Vermögen des Subjekts oder von einer fremden Bestimmung oder von äußeren Umständen abhängt."
190
Ill. Verben(§§ 106-141)
(3) Zur Coniugatio periphrastica als relatives Tempus zur Bezeichnung der Nachzeitigkeit vg1. § 461,3.
§ 141
Verbalperiphrasen des Typus amatus fui (1) Das PPP kann zur analytischen Bildung der passiven Zeiten nicht nur mit dem Präsens, dem I mperfekt und dem F utur von esse (sum, sim, eram, essem, ero) verbunden werden, sondern auch mit dem Perfekt, dem Plusquamperfekt und dem Futur (juisse, fui, fuerim, fueram, fuissem, fore, fuero ). Die Formen der ersten Gruppe bezeichnen sowohl einen Zustand als auch einen Verlauf (Vorgang), während die Formen der zweiten Gruppe nur einen Zustand bezeichnen können. Wenn z. B. ein Zustand in der Vergangenheit, der in der Gegenwart nicht mehr besteht, bezeichnet werden soll, steht die Form amatus fui, während amatus eram entweder 'ich war (damals) noch geliebt' oder 'ich war geliebt worden' bedeutet (vg1. auch§ 479,2)94 : Amatussum Amatusfui Amaruseram Amatus fueram Amatusero Amatus fuero
Ich bin geliebt (worden). Ich bin geliebt gewesen. Ich war geliebt (worden). Ich war gelie bt gewesen. Ich werde geliebt sein (werden). Ich werde geliebt gewesen sein.
Dico Luculli adventu maximas Mithridati copias omnibus rebus ornatas atque instructas fuisse (Zustand), urbemque Asiae clarissimam Cyzicenorum obsessam esse (Vorgang) ab ipso rege (Mani1. 20). Aristoteles ait se videre brevi philosophiam plane absolutam fore (Zustand; absolutum iri würde einen Vorgang bezeichnen.) (Tusc. 3,69). Omnia fere, quae sunt conclusa nunc artibus, dispersa et dissipata quondam fuerunt (de orat. 1,187). Dum fuimus una, tu optimus es testis, quam fuerim occupatus (top.4).llli in patria funditus delenda occupati et sunt et fuerunt ( off. 1,57). Quod tibi fuerit persuasum, huic erit persuasum, quod tibi fuerit probatum, huic erit probatum (Q. R ose. 3). Pons, qui fuerat tempestate interruptus, paene erat refectus (civ. 1,41,1). Arma, quae fixa in parietibus fuerant, ea sunt humi inventa (div.1,74). Weitere Stellen: Verr. II 3,10; 5,10; Caecin. 37; Cluent. 81; Cael. 64.77; Balb. 53; Deiot. 19; rep.1 ,23.38.54; off. 3,80; ac. 2,125; nat. deor. 2 ,11; top. 48; fam. 1,7 ,9; 5,12,7; 15,4,16; Att. 2,22,5; 2,24,3; 5,1,3; 12,31,1; ad Q. fr. 2,7,2; ad Brut. 23,8; civ. 3,58,3. Anm.: amatus fueram findet sich anstelle von amatus eram auch (v.a. bei Deponentien und medialen Passiva), um zu betonen, dass ein Ereignis längere Zeit zurückliegt (v.a.
94 Vgl. Hofmann, R., Lateinische Verba lperiphrasen vom 'TYP amans sum und amatus fui. Valenz und Grammatikalisierung (Primäres Textkorpus: Ovid), Diss. Frankfurt a. M. u. a. 1997.
191
A. Wortarten (§§ 1- 242)
in Beziehung auf ein Plusquamperfekt im Obergeordneten Satz, vgl. Meusel zu Gall. 5,25,2): Quod in omnibus bellis singulari eius opera fuerat usus, huic maiorum locum restituerat (Gall. 5,25,2; Brut. 320).
(2) Das logische Subjekt steht i.d.R. im Dativus auctoris (und nicht im Ablativ mit ab), da der 'JYpus amatus fui einen Zustand bezeichnet (vgl. § 331). Libido si quando adepta erit id, quod ei fuerit concupitum, turn efferetur alacritate (Tusc. 4,35). Illa vox declarat iis esse haec acerba, quibus non fuerint cogitata (Tusc. 3,30).
§§ 142-197
IV. Adverbien Allgemeines: Die Adverbien gehören wie die Präpositionen, Interjektionen, Kon- und Subjunktionen zu den nicht-flektierbaren Partikeln. Die Abgrenzung dieser einzelnen Wortarten innerhalb der Partikeln erfolgt aufgrund verschiedener Kriterien: I m Unterschied zu den Präpositionen regieren Adverbien keinen bestimmten Kasus, im Unterschied zu den synkategorematischen (Synkategorematische Wörter sind Wörter, die keine lexikalische Bedeutung besitzen. Dazu gehören Konjunktionen, Subjunktionen, Präpositionen, bestimmte Adverbien.) Kon- und Subjunktionen, die in erster Linie der Satzverbindung dienen, haben sie eine lexikalische Bedeutung, im Unterschied zu den Interjektionen, die syntaktisch und kontextuell sehr eng gebunden sind, verfügen sie über einen sehr weiten Anwendungsbereich. Adverbien bestimmen (modifizieren) ein Verb, Adjektiv oder Adverb näher. Von Adjektiven gebildete Adverbien sind i.d.R. komparationsfähig (celeriter, celerius, celerrime).95
§§ 142-144
I. Adverbiale Suffixe § 142 Das Adverbsuffix -itus § 143 Das Adverbsuffix -tim § 144 Unterschiede zwischen Adverbien desselben Stammes
§ 142
Das Adverbsuffix -itus Das Suffix -itus findet sieb v.a. bei denominativen (von einem Nomen gebildeten) Adverbien. Es bezeichnet meistens ein Ausgeben von etwas: antiquitus (seit alter Zeit); divinitus (durch göttliche Eingebung, durch göttliche Fügung) (Verr. I l.43);funditus (von Grund auf, gänzlicb);penitus (von innen her, bis ins Innerste); radicitus (von der Wurzel aus, von Grund auf, völlig) (dom. 34). 9S
Vgl. allgemein: Pinkster, H ., On Latin Adverbs, Amsterdam u.a.1972.
192
IV. Adverbien (§§ 142-197) Anm.l: Nur selten kann antiquitus 'in alter Zeit bedeuten' (Gall. 3,4; civ. 2,2,1). Anm. 2: Das Adverb humanitus findet sich nur einmal in der Wendung si quid mihi humanitus accidat 'wenn mir etwas Menschliches zustoßen sollte' (Phi I. 1,10).
§ 143
Das Adverbsuffix -tim Das Suffix -tim (bei denaminativen und deverbativen Adverbien; nur partim [vgl. § 360,2] und statim sind adverbial erstarrte Akkusative) bezeichnet einerseits die Art und Weise (cursim, gradatim etc.), andererseits eine distributive Verteilung (curiatim, tributim etc.)96: acervatim (haufenweise; zusammengefasst, im allgemeinen) (Cluent. 30; orat. 85); affatim. (hinreichend) (nat. deor. 2,127); articulatim (stückweise, angemessen gegliedert) (leg. 1,36); caesim. (mit einem Schlage) (orat. 225); centuriatim (nach Zenturien geordnet) (Flacc. 15; civ.1,76,3); certatim (um die Wette) (Sest. 74); confestim (Cluent. 28); coniunctim (Gall. 6,19,2); cuneatim (keilförmig) (Gall. 7,28,1); curiatim (nach Curien geordnet) (rep.2,31); cursim (im Laufen, schnell) (de orat. 2,364);furtim (verstohlen, heimlich) (de orat. 2,252);generatim (nach Personengruppen geordnet; generell, im allgemeinen) (civ. 2,21,1; 3,32,1; Yerr. II 2,168);gradatim (schrittweise, allmählich);gregatim (herdenweise) (Yerr. II 5,148); nominatim (namentlich, ausdrücklich); ordinatim (der Reihe nach) (civ. 2,10,5);paulatim (stückchenweise, allmählich);pedetemptim (Schritt für Schritt, allmählich); permixtim (durcheinander) (inv. 1,32);privatim (privat); raptim (in hastiger Eile) (dom. 139; civ. 1,5,1); sensim (kaum merklich, allmählich); separatim (gesondert, getrennt) (civ. 3,18,2); statim (stehenden Fußes, sofort); tributim (nach Tribus geordnet) (Flacc. 15); turmatim (nach Schwadronen geordnet) (civ. 3,93,3); vicatim (von Gasse zu Gasse) (Att. 4,3,2); vicissim (wechselweise, dagegen, wiederum; vgl. § 171); viritim (Mann für Mann, jeder einzeln) (Brut. 57).
§ 144
Unterschiede zwischen Adverbien desselben Stammes (1) Von certus werden zwei Adverbien gebildet: certo und certe. (a) certo (mit Gewissheit, sicher) kommt fast ausschließlich in Verbindung mit scire vor. (b) certe bedeutet entweder bekräftigend 'sicherlich, auf jeden Fall , gewiss' oder beschränkend 'doch wenigstens, doch sicherlich', v. a. nach mit si non eingeleiteten Kondizionalsätzeo in der Verbindung at certe (wenn nichtso doch wenigstens) (vgl. § 565,6). Zu a) Haec om.nia imprudente Sulla factaesse certo scio (S. Rose. 21). Zu b) Si deus seit, quid casu futurum sü, certe eveniet; sin certe eveniet, nulla fortuna est (div. 2,18). Et, ut opinor, Flavi aliquando rem et Pompeius et Caesar 96
Vg). Funck,A., Die lateinischen Adverbia auf -im, ALLG 8 (1893), 77- 114.
193
A. Wortarten (§§ 1-242)
tibi commendaverunt, et ipse ad te scripserat Flavius et ego certe (auf jeden Fall; im Gegensatz zu ut opinor) (ad Q. fr. 1,2,11 ). Quamvis non fueris suasor, approbator certe fuisti (Att. 16,7,2). Weitere Stellen: certo scio: S. Rose. 107; Q. Rose. 24; Verr. II 3,201; 4,132; Caeein. 55; Arch. 32; dom. 31; bar. resp.35; Plane.19; Lig.13; Phi!. 3,17; 12,29; Brut.161; nat. deor. 2,119; 3,95; Cato 1.2; certe: Verr. li 2,148; 3,110; Catil. 3,18; Thsc. 1,117; 5,24.60; off. 1,138.140; ad Q. fr. 3,4,2; 3,6,4; ad Brut. 23,10; GaU. 7,50,4; civ. 2,27,2; 2,31,5. Anm.: Nur selten kann certo die Bedeutung von certe außerhalb der Verbindung certo scio annehmen (.6.): certo nemo (ae. 2,113); certo fore (Att. 10,14,3 mit v. I. certe). Sapientis est nihil ita exspectare quasi certo (v. l. certe) futurum (Tuse. 5,81). (2) Von verus werden zwei Adverbien gebildet: vere und vero. (a) vere bedeutet 'wahrheitsgemäß, aufrichtig, offen, richtig', der Gegensatz ist [also. (b) vero hingegen dient als Konjunktion ('aber', vgl. § 439,2) oder als affirmative Partikel (auch in Ausrufen) 'in Wahrheit, wahrhaftig, in der Tat, allerdings' . et vero am Satzanfang bedeutet 'und wirklich, und in der Tat' (wie auch et profecto, et hercle), kann aber auch zur Weiterführung dienen 'und zwar, und auch', verneint neque vero (vgl. § 437,1). Zu a) Haec vere a Catulo dicta sunt (de orat. 2,144). Vere nihil potes dicere (S. Rose. 54). Non polest in accusando socios vere (aufrichtig) defendere is, qui cum reo criminum societate coniunctus est (div. in Caec. 32). Vere (offen) loquar, iudices (Verr. I 20). Zu b) Nullum vero id quidem argurnenturnest (Thsc. 2,13) Magnifica vero vox et magno viro digna (off. 3,1). Muttarn vero operam frustra consumpsi (Tusc. 1,103). ,,Perge vero ", inquit " Crasse", Mucius" istam enim culpam, quam vereris, ego praestabo." (de orat.1,113). Turpem vero (wahrhaftig) actionem! (Phil13,25). Anm.: Zu vere dicere vgl. § 24,6 Anm. (3) Das deutsche 'zum ersten, dritten usw., letzten Mal' heißt lateinisch sowohl primum, tertium etc., postremum als auch primo, tertio etc., postremo. Häufiger begegnen die Formen auf -um (vgl. Gell. 10,1). primo hat außerdem die Bedeutung von initio 'anfangs, anfänglich' (vgl. § 153,1). postremo bedeutet v. a. 'zuletzt, schließlich' (i. e. ad extremum), so dass man 'zum letzten Mal' am besten mit postremum wiedergibt. In Aufzählungen werden ausschließlich primum (erstens) und postremo (schließlich) verwendet (vgl. § 430,5). Für das deutsche 'zum zweiten Mal' wird im Lateinischen immeriterum verwendet (vgl. § 156,2). Anno post consul primum (zum ersten Mal Konsul) fuerat quam ego natus sum, cumque eo quartum consule (zum vierten Mal Konsul) adulescentulus miles ad Capuam profectus sum (Cato 10). Demonstravimus L. Vibullium Rufum bis in polestotem pervenisse Caesaris atque ab eo esse dimissum, semel ad Corfinium, iterum in Hispania (civ. 3,10,1). Anm.: Die Form primo findet sich in einer Aufzählung klassisch nur an zwei Stellen (S. Rose. 26; bar. resp.3) (.6.). (4) Das Adverb continuo bedeutet 'sofort, sogleich, unmittelbar darauf', 194
rv. Adverbien(§§ 142- 197) continenter 'in einem fort, ununterbrochen, wiederholt, unmittelbar aufeinander folgend'. Fitrexcontinuo tyrannus (rep.2,48). Ex eo proelio circiter milia hominum centum et triginta superfuerunt eaque tota nocte continenter (die ganze Nacht hindurch) ierunt (Gall. 1,26,5). Weitere Stellen: cominenter. Gall. 1,26,5; orat. 135. Anm.: Das Adverb continenter kann auch 'enthaltsam' bedeuten: continenter vivere (Mur.l2).
(5) Das Adverb consulto bedeutet 'absichtlich'. Non consulto, sed casu in eorum mentionem incidi (div. in Caec. SO). Anm.: Das Adverb consu/te (bedachtsam, mit Bedacht) ist gegen Menge§ 461,6 unklassisch; statt dessen wird klassisch considerate, prudenter oder di/igenter verwendet; ' unbedacht' heißt inconsu/te (nat. deor. 1,43; off. 2,54) oder temere (nat. deor. 1,43). Ebenso unklassisch ist das von Menge§ 461,7 angeführte dextre (geschickt) (vgl. auch Antibarb. s. v. dexteritas); statt dessen wird klassisch sollerter verwendet (leg. 1,26).
(6) Das Adverb rectä (sc. viä) bedeutet 'geradewegs', das Adverb recte 'in richtiger, vernünftiger Weise; mit Recht, ohne Gefahr'. Dixit sibi rectä iter esse Romam (Verr. II 5,160). Recte dicis (rep. 3,48). Ne iis quidem, qui eo tempore pacati viderentur, suam salutem recte (gefahrlos) committi videbat (Gall. 7,6,4). Weitere Stellen: recte: leg. 1,36; fin. 4,54; fam. 2,5,2; civ.1,74,2.
(7) Das Adverb commode bedeutet 'in passender Weise, günstig, bequem', das Adverb commodum 'gerade, eben'. commode laudare (angemessen loben) (S. R ose. 33). Vere nihil potes dicere; finge aliquid saltem commode (Etwas Wahres kannst du nicht sagen; denk dir dann wenigstens etwas Passendes aus.) (S. Rose. 54). Hoc percommode cadit (Das trifft sich gut.) (Verr. I 5). Adducitur a Veneriis atque adeo attrahitur Lollius, commodum cum (gerade als) Apronius e palaestra redisset (Verr. II 3,61).
§§ 145-148
2. Besonderheiten des lateinischen Adverbs
§§145-146
a) Präpositionen und Adverbien § 145 Präpositionen als Adverbien § 146 Pronominaladverbien statt eines Präpositionalgefüges
§ 145
Präpositionen als Adverbien Einige Präpositionen können auch als Adverbien verwendet werden, z. B.: ante (vorher, früher); circiter (ungefähr, etwa); contra (entgegen, gegen, im Gegenteil); coram (von Angesicht zu Angesicht, persönlich, unter vier Augen); extra (außerhalb, draußen, außen); infra (weiter unten, weiter unten in einem 195
A. Wortarten (§§ l - 242)
Buch, unterhalb); iuxta (daneben; gerade so); post (später, nachher, hinten); prope (in der Nähe, beinahe); propter (in der Nähe); satis superque (mehr als genug); supra (oberhalb, oben, oben in einem Buch); ultra Uenseits, weiter). paucis diebus ante (civ. 2,25,3); quarto circiter et quinquagesimo annopost primos consules (etwa im 53. Jahr nach den ersten Konsulwahlen) (rep.2,60); milites circiter triginta (fam. 3,1,7); contra liceri (dagegen bieten) (Gall.l,18,3); contra consistere (GaU. 2,17,3); contra atque (anders als) ( Gall. 4,13,5); iudicium sumere contra (dagegen Stellung beziehen) (civ. 3,12,2). Sed haec coram (Aber darüber reden wir unter vier Augen.) (Att. 12,47,2). Video te et, quasi coram adsis, ita cerno (Att. 5,18,3). Extra et intus hostem habemus (civ. 3,69,4). Et in corpore et extra sunt quaedam bona (fin. 2,68). Naves paulo infra delatae sunt (Gall. 4,36,4). Earum litterarum exemplum (Kopie) infra scripturn est (fam. 6,8,3). Septima legio iuxta constitit (Die siebte Legion stellte sich daneben auf.) (Gall. 2,26,1). Juxta ac si meus frater esset, me sustentavit (Er bat mich unterstützt, gerade so als ob er mein Bruder wäre) (p. red. in sen. 20). Quaestor quadriennio post factus sum (Cato 10). Servi, qui post erant (Mil. 29). Omnes Germani, ut supra demonstravimus, minime agri culturae Student (GaU. 6,29,1). Weitere Stellen: ante: fin. 5,35; contra: Thsc. 5,16; GaU. 7 ,28,1; civ. 3,12,2; sed haec coram u. ä.: Att. 2 ,17,3; 3,4,1; 7,8,5; 7 ,5,4; 12,11 ,1; 12,21,2; 12,51,3; 13,18,1; 13,19,5; 13,51,1; 14,13b,1; 15,3,2; ad Q. fr. 2,7,2; coram adesse: Phi!. 13,33;fam. 15,16,1; extra: nat. deor. 2,144; fin. 5,16;Tim. 16; quae sunt extra: rep.6,29; fin. 5,68;nat. deor. 2,147; Tim.18; vgl. part. 38; infra: rep.6,17; GaU. 1,61,3;prope: Verr. fl 5,2; fin. 2,36;propter: S. Rose. 64; inv. 2,14; satis superque: har. resp. 9; Lael. 45; supra: de orat. 3,20; ac. 2,125; fam. 14,1 ,4; Gall. 2,1,1; civ. 1,64,6; ultra: Verr. li 5,119; Thsc. 1,39. Anm. 1: contrahat als Adverb klassisch nicht die Bedeutung 'gegenüber'. Adverbiales contra ea statt einfachem contra i. S. v. 'demgegenüber' findet sich klassisch zweimal (Gall. 5,29,1; civ. 3,74,3) (.6.). Vereinzelt erscheint ad in k lassischer Prosa als Adverb ('ungefähr', bei Zahlangaben) (Gall. 2,33,5; Verr. II 1,95) (.6.). supra kann klassisch nicht adverbial mit Zahlangaben i. S. v. 'mehr als' verbunden werden (vgl. Antibarb. s. v.) ( .6.). Anm. 2: Nur je einmallassen sich folgende Präpositionen in adverbialer Verwendung klassisch nachweisen ( .6. ): circum (ringsum) (quae circum eram civ. 2,10,1); circa (ringsum) (quae circa eranr Atl. 4,10,2), citra (' darunter', im Gegensatz zu supra) (top. 39); pone (Tim. 48);super (außer satis superque) (civ. 2,10,3). Anm. 3: Folgende von Menge § 128 angeführten Präpositionen werden klassisch nie adverbial gebraucht: adversus (adversum), praeter (die von Menge § 128 angeführten Stellen lassen sich durch gewöhnliche Brachylogien erklären, vgl. Antibarb. s. v.) (.6.).
§ 146
Pronominaladverbien statt eines Präpositionalgefüges (1) Sehr oft stehen im Lateinischen (wie auch im Deutschen) bei anaphorischer (vgl. § 71,1c) Bezugnahme auf einen Gegenstand oder einen Sachverhalt Pronominaladverbien (ubi, unde, quo, eo, huc, eodem, inde usw.) anstelle eines von einer Präposition regierten Pronomens.97 97 Vgl. Nägelsbach 362-365.
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rv. Adverbien{§§ 142-197) locus, quo (statt in quem) aditus nonerat (Gall. 2,16,5);fines, unde (das Gebiet, von wo statt das Gebiet, aus dem) profecti sunt (Galt. 1,28,3); orae ipsae locorum illorum, quo pervenerimus (Tusc. 1,44). Scaphas (Kähne) contexit eoque (i. e. in easque) milites delectos imposuit (civ. 3,24,1). Quid est enim aliud tumultus nisi perturbatio tanta, ut maior timor oriatur? Unde nomen ducturn est 'tumultus' (Phil. 8,3). Weitere Stellen: SuU. 53; Phi!. 9,6; div. 2,86; Cato 47; GaU. 2,7,3.
(2) Selten stehen Pronominaladverbien in Beziehung auf Personen. Eum virum, unde pudoris exempla peterentur (Deiot. 28). Eum necavit, unde ipse natus erat (S. Rose. 71). Mea Lux, meum desiderium (Gemeint ist Ciceros Frau.), unde omnes opem petere solebant (fam. 14,2,2). Adsunt Athenienses, unde (Hier bezieht sich das Pronominaladverb metonymisch auf die Stadt Athen.) humanitas et Leges ortae putantur (Flacc. 62). Weitere Stellen: Quinct. 34; Verr.ll 3,35; de orat. 1,1 99; Cato 4. 12.
§§ 147-148
b) Einige besondere Verwendungsweisen lateinischer Adverbien § 147 Adverbien zur Bestimmung von Adjektiven und Adverbien § 148 Das Adverb des Urteils
§ 147
Adverbien zur näheren Bestimmung von Adjektiven und Adverbien (1) Im klassischen Latein werden fast nur Adverbien der Quantität und des Grades, seltener der Qualität, mit Adjektiven oder Adverbien verbunden: tarn, valde, maxime, minus, minime, parum, admodum, mediocriter. verba valde bona (leg. agr. 2,13); tarn bonus (ac. 2,115); parum diligenter (Gall. 3,18,6). (2) D ie Adverbien bene, male, belle, egregie, eximie, mire, mirifice, insignite, vehementer können aber (v.a. in der Umgangssprache) die Bedeutung von Quantitätsadverbien annehmen: bene magnus (ziemlich groß) (Mur. 69); bene firmus (Att. 5,21,5); bene cognitus (wohl bekannt) (Verr. II 4,31; fam.10,12,5); bene penitus (recht innig) (Verr. II 2,169); bene longus (de orat. 2,261); bene sanus (vernünftig) (Sest. 23; fin. 1,52); bene ante lucem (lange vor Morgengrauen) (de orat. 2,259); litterarum et antiquitatis bene peritus (Brut. 81; vgl. Brut. 267); belle curiosus (hübsch neugierig) (Att. 6,1,25); male sanus (Att. 9,15,5); egregie fortis (sehr tapfer) (de orat. 2,268; vgl. Brut. 35); mire Studiosus (farn. 13,61,1; vgl. Brut. 90); mirifice so/licitus (fam. 2,11,1; Att. 5,15,3); insignite improbus (sehr schlecht) (Quinct. 73; vgl. Phi!. 3,10); vehementer gratus (leg. agr. 2,21; fam. 13,15,3). (3) Zuweilen werden bedeutungsverwandte Adverbien zur Steigerung von Adjektiven verwendet: impie ingratus (außerordentlich undankbar) (Tusc. 5,6); acerbe severus (sehr streng) (off. 3,112); crudeliter inimicus (Tod-
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A. Wortarten (§§ 1- 242)
feind) (Att. 11,10,2); Litterate peritus (Brut. 205); distincte concisa brevitas (dicht gedrängte Kürze) (de orat. 3,202); loquaciter litigosus (recht streitsüchtig) (Mur. 26). (4) Neben den gewöhnHeben Ausdrücken tot, tantus etc. (vgl. § 182,1c) gibt es zuweilen auch tam multi, tam magnus im klassischen Latein. Propter improbitatem tarn magnos quaestus fecisti (Verr. li 3,111). Tarn multi testes dixerunt (Verr. li 4,33). Weitere Stellen: tarn magnus: Tusc. 1,100; Att. 8,11,1; 8,12c,3; tam multi: Verr. Tl 4,35; Plane. I; orat. 140.
§ 148
Das Adverb des Urteils Oft bestimmt ein Adverb nicht allein das Verb, sondern den ganzen Satz, indem es ein Urteil über den darin enthaltenen Gedanken trifft (sog. Adverb des Urteils [nicht zu verwechseln mit dem Urteilsadverb, vgl. §§ 185-187]). lm Deutschen muss das Adverb des Urteils durch einen Hauptsatz wiedergegeben werden, von dem der Rest des Satzes als ein mit 'dass' oder 'wenn' eingeleiteter Gliedsatz oder als Infinitiv abhängt. Der Satz bene dixit kann daher entweder heißen 'er hat gut geredet' oder ' er hat gut daran getan, geredet zu haben'. Manchmal ist es Ermessenssache, ob man ein Adverb als ein Adverb, das das Verb modifiziert, oder als Adverb des Urteils auffasst. Wie man den Beispielen entnehmen kann, handelt es sich meistens um die Adverbien male und bene.98 Caute tacuisti (Es war vorsichtig von dir zu schweigen.) (vgl. div. 2,13). Male reprehendunt (Sie tun schlecht daran, einen Tadel auszusprechen. Sie tadeln zu Unrecht.) (Tusc. 3,34). Haec et dicuntur et creduntur stultissime (Es ist sehr dumm, so etwas zu sagen und zu glauben.) (nat. deor. 2,70). Opportunissime nuntiis allatis oppidum fuit defensum (Da genau im richtigen Augenblick die Meldungen eintrafen, konnte die Stadt verteidigt werden.) (civ. 3,101,4).
§§ 149-151
3. Negationen § 149 Die Negation im Lateinischen § 150 Oie Negationen ne- quidem und nedum § 151 Weitere Negationen
§ 149
Die Negation im Lateinischen (1) Es gibt drei einfache Negationen im Lateinischen: non, haud und ne. ne ist eine reine Satzverneinung und findet sich in Hauptsätzen nur beim volitiven Konjunktiv (vgl. § 107,2; § 123,la) und beim Imperativ Futur (vgl. 98 Vgl.HSz827.
198
lY. Adverbien(§§ 142-197)
§ 121,1); non ist sowohl eine Satz- als auch eine Wortverneinung; haud ist nur eine Wortverneinung. non steht in indikativischen Sätzen (vgl. § 106,1) und in Sätzen mit dem eventualen Konjunktiv (vgl. § 107,2). Die Wortverneinung haud ist deutlich seltener als non; haud verneint v. a. Adjektive (bar. resp. 55) und A~ve rbien (Quinct. 13); haud wird ansonsten fast ausschließlich mit scire (haud scio an) verbunden, selten mit esse (Tusc.3,2), dubitare (rep.1,23), errare (nat. deor. 2,57), ignorare (div. 2,82), placere (Tusc. 2,1).99 Donis impii ne placare audeant deum! (leg. 2,41). lmpius ne audeto placare donis iram deorum! (leg. 2,21). Donis impii placare non possunt deum. Non impii, sed pii donis placare possunt deum. Anm.: Der Gebrauch von haud vor einem in- privativum ist klassisch nicht belegt ( 6. ).
(2) In Sätzen wie 'Das Buch gefällt dir, aber mir nicht.' tritt die einfache Negation ' nicht' ans Satzende; dies kann das Lateinische i. d. R. nicht nachahmen. Statt dessen tritt im Lateinischen entweder non item ans Satzende oder das Prädikat wird wiederholt: Tibi hic liber placet, mihi non item (non placet, displicet) . Perspicuum est, quid sit faciendum aut non faciendum (fin. 4,46). Arborum altitudo nos delectat, radices stirpesque non item (orat. 147). Weitere Stellen: non item: fin. 5,83f.; ac. 2,22. Anm.: Ausnahmen sind sehr selten (Brut. 255; fat. 46; Att. 6,1,6; 14,12,2; 16.9) (6.).
(3) Das de utsche ' nicht' wird in einem Ausruf in Frageform (vgl. § 402,2) nicht übersetzt, wenn der Gedanke positiv ist. Quanta maris est pulchritudo! (Ist das Meer nicht schön! Gemeint ist, dass das Meer schön ist.) (nat. deor. 2,100). Quos impetus feci! (Welche Angriffe habe ich nicht alle unternommen!) (Att.1,16,1). (4) Die Wortstellung bei Negationen ist im Lateinischen wie folgt: (a) Handelt es sich um eine Wortverneinung, so stehen einfache Negationen i. d. R unmittelbar vor dem zu verneinenden Wort, was v. a. bei Gegensätzen beachtet wird. Tencteri Rhenum transierunt non Longe a mari, quo Rhenus influit (Gall. 4,1,1 ). Caesar dixit si non omnia caderent secunda, forwnam esse industriä sublevandam. (civ. 3,73,4). Novae dominationes, extraordinaria non imperia, sed regna quaeri putabantur. (leg. agr. 2,8). Atque hoc carmen hic tribunus piebis non vobis, sed sibi intus canit (leg. agr. 2,68). (b) Ist der ganze Satz verneint, steht die einfache Negation meistens vor dem Prädikat als dem wichtigsten Wort des Satzes. Die einfache Negation kann aber auch (zur besonderen Betonung) an die Spitze des Satzes treten. Dadurch wird (wie durch die Stellung des Prädikatesam Satzanfang) auch die Satzverbindung hergestellt, so dass eine weitere Partikel zur Anknüpfung an den vorhergehenden Satz überflüssig ist. Nach einer am Satzanfang stehenden Negation stehen häufig Pronomina. 99 Vgl. aUgemein: Orlandini. A., La n~gation dans Ia pbrase simple en latin, BSL 86. 1 (1991), 195--244.
199
A. Wortarten(§§ 1-242)
Caesar non exspectandum sibi statuit (Gall.1,11,6). Frumenta in agris maturanon erant (Gall. 1,16,2). Non, si Opimium defendisti, idcirco te isti bonum civem putabunt ( de orat. 2,170). Non ego iam Epaminondae, non Leonidae mortem huius morti antepono (fin. 2,97). Non ego causam nostram, sed consilium improbabam (fam. 6,1,5). Nonego istuc ignoro (Brut. 270). (c) Besteht das Prädikat aus einem Verb, das einen Infinitiv regiert, so steht non vor dem regierenden Verb, wenn dieses verneint ist. Ist aber der Infinitiv verneint, tritt die Negation i. d. R. vor den Infinitiv, v. a. bei einem Gegensatz zu einem anderen Infinitiv. Nihil est, quod deus efficere non possit (nat. deor. 3,92). Adoriri non audent (GaU. 6,8,1). Si dolor deponi polest, eliam non suscipi polest (Tusc. 3,66). Divico respondit ita Helvetios a maioribus suis institutos esse, ut obsides accipere, non dare consueverint (Gall.1,14,7). (5) Nur selten kann non den Begriff eines Substantivs verneinen. Dies findet sich v.a. in philosophischer Sprache, um der Armut der Umgangssprache durch die Bildung von Neologismen abzuhelfen. Durchaus häufig dagegen ist diese Art der Verneinung bei substantivisch gebrauchten Partizipialien. Quod efficit a/iquid, non pofest esse non corpus (Nicht-Körper) (ac. 1,39). Hoc non do/ere solum voluptatis nomine appellat (Nur dieses Nicht-Schmerzen-Empfinden nennt er Lust.) (fm. 2,18).
§ 150
Die Negationen ne- quidem und nedum
(1) Das deutsche ' nicht einmal, auch nicht, sogar nicht, selbst nicht' heißt lateinisch ne- quidem. Zwischen ne und quidem steht (a) meistens nur das zu betonende Wort. (b) Auch eng zusammengehörende Wörter, die einen Begriff bilden, werden durch ne - quidem getrennt. Allerdings werden (c) Präpositionen nicht von ihren Nomina getrennt, ebenso wenig einfache Negationen von dem zugehörigen Wort (zu Gliedsätzen s. u. 3). (d) Das Praenomen eines Eigennamens tritt bald mit seinem Nomen gentile zusammen, bald getrennt von diesem zwischen ne- quidem (Zu ne- quidem i. S. v. 'nicht nur' vgl. §§ 432--433.) Zu a) Nemo ne minimum quidem maleficium (auch nicht das kleinste Vergehen) sine causa admittit (S. Rose. 73). Jugulare civem ne iure quidem quisquam bonus vult (Quinct. 51). Zu b) ne Suessiones quidem fratres (GaU. 2,3,5); ne di quidem immortales (GaU. 4,7,5). Zu c) Dixit hunc nein convivio quidem ullo fere interfuisse (S. Rose. 39). Tarnen ne non timere quidem sine aliquo timore possumus (Mi!. 2). Zu d) ne L. Valerius quidem (Brut. 54); ne P. quidem Clodius (Phi!. 2,17). Anm.: Nur vereinzelt steht etiam non oder quoque non statt ne - quidem (6): civ. 3,37,2; nat. deor.l,l13; Gall. 5,52,1 (neque etiam).
(2) Gehört ne- quidem zu einem Gliedsatz, so wird nicht nur die einleitende Partikel, sondern auch das betonte Wort zwischen ne und quidem einge-
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fV. Adverbien (§§ 142-197)
schoben. Das deutsche 'nicht einmal dann, wenn' beißt lateinisch ne si- quidem (ohne turn o. ä.). Die betonten Wörter des Gliedsatzes treten dabei zwischen ne si und quidem. ne cum solebat quidem id facere (nicht einmal als er gewohnt war, das zu tun) (Mi!. 88); ne si summa quidem eorum in me merita constarent eqs. (fam. 1,9,11); ne si dissensero quidem eqs. (Phil. 12,16). Iratus alieno malo gaudet; quod quoniam non cadit in sapientem, ne ut irascatur quidem cadit (Thsc. 3,19). Neque tarnen Epaminondae permitteremus, ne si extra iudicium quidem esset, ut is nobis sententiam legis interpretaretur (Und wir würden dennoch nicht dem Epaminondas- nicht einmal dann, wenn er außerhalb des Prozesses stünde- erlauben, uns den Sinn des Gesetzes zu erklären.) (inv.1,70). (3) Wenn das Prädikat, ein Indefinitpronomen oder ein Adverb dem ne- quidem vorausgeht, so müssen diese Formen negiert werden. Die Negationsverdoppelung hebt die Verneinung hier nicht auf, sondern verstärkt sie. Non praetermittam ne i/lud quidem (Nicht einmal diese Sache will ich übergehen. Aber bei Postposition des Prädikats: Ne illud quidem praetermittam.) (ad Q. fr. 2,6,2). Caesar negat se ne Graeca quidem meliora Legisse (Caesar sagt, dass er nicht einmal griechische Bücher kenne, die besser wären.) (ad Q. fr. 2,16,5). Nulla species ne cogitari quidem polest ornatior (Irgendeine schönere Gestalt kann nicht einmal gedacht werden. Aber bei Postposition: Ne simulatio quidem ulla adhibetur [Verr. II 2,43).) (de orat. 3,179). Illi id numquam ne a senatu quidem postulavissent (Sie hätten das nicht einmal vom Senat jemals gefordert.) (Sest. 56). (4) Das Adverb nedum steht nach einer Verneinung i. S. v. 'erst recht nicht, geschweige denn' synonym zu multo magis, multo minus, wobei nedum keinen Einfluss auf die Konstruktion des Satzes hat. Optimis temporibus nec Popilius neque Metellus vim tribuniciam sustinere potuerunt, nedum his temporibus salvi esse possimus (Cluent. 95). Haec urbs aptius humanitati tuae quam tota Peloponnesus nedum Patrae (durch den Komparativ hat der hintere Teilsatz negativen Sinn) (fam. 7,28,1). Weitere Stellen: leg. agr. 2,97; inv.l,70.
§ 151
Weitere Negationen (1) Außer non, haud und den in§§ 104- 105 genannten einfachen Negationen gibt es noch folgende häufigeren Verneinungen im Lateinischen: neque (und nicht, aber nicht), nondum (noch nicht), numquam (niemals), nusquam (nirgends), nullo modo (pacto) (in keiner Weise); minime, neutiquam, nequaquam, haudquaquam (keineswegs); minus (nicht recht, nicht besonders, nicht ganz [als abgeschwächtes non]); minime vero (keineswegs [häufig in Antworten, vgl. § 416,2b]); parum (nicht sonderlich); non magnopere (nicht eben, nicht gerade [nur bei Verben]); non ita, non valde, non nimis, non nimium, non admodum, non sane (nicht gerade). 201
A. Wortarten (§§ 1-242) Stellen: neutiquam: off. 2,36; Tim. 40; Cato 42; Att. 6,9,3; 9,10,6; haudquaquam de orat. 1,38; 2,143; 3,82; non magnopere: fin. 2,85; non ita mit Verb: Tusc. 5,37; leg. 2,49; non ita mit Adverb: Sest. 77; non ita mit Adjektiv: off. 3,81; fin. 2,42; GaU. 4,37,1; non valde mit Verb: rep.1,61; non nimis mit Verb: GaU. 7,36,6; non nimis mit Adverb: div. in Caec. 71; non nimis mit Adjektiv: Lael. 28; non nimium mit Verb: fin. 2,27; non admodum mit Verb: Brut.lOl; non admodum mit Adjektiv: fin.l ,l; non sane mit Verb: ac. 1,10;non sane mit Adverb: de orat. 1,4; non sane mit Adjektiv: ad Q. fr. 1,1,20.
(2) Einige Verbindungen von Pronomina mit Adverbien werden (a) im Lateinischen anders konstruiert als im Deutschen:
nemoumquam nemo usquam nullus umquam nullus usquam nihil umquam nihil usquam
niemals jemand nirgends jemand niemals einer nirgends einer niemals etwas nirgends etwas
Nemo umquam vir magnus sine aliquo afflatu divino fuit (nat. deor. 2,167). Nullus umquam de Sulla nuntius ad me pervenit (Sull. 14). lste, cui nullus esset usquam consistendi locus, Romam se rettulit (Flacc. 50). Verres nihil umquam fecit sine aliquo quaestu (Verr. II 5,11). (b) Es findet sich aber auch die dem Deutschen entsprechende Kombination, wenn das Adverb hervorgehoben werden soll. Justitia non modo numquam nocet cuiquam, sed contra semper afficit vi sua atque natura (fin. 1,50). Patrem tuum numquam ulla vis, ullae minae, ulla invidia labefecit (Sest.101). Nusquam est ulla pars nisi venusta (de orat. 3,179). Weitere Stellen: Sest. 36.118; Tusc. 2,29; fin. 1,63.
(3) Neben den einfachen Negationen gibt es folgende doppelte Negationen, bei denen sich die beiden Verneinungen wie im Deutschen gegenseitig aufheben (vgl. § 94; § 103):
nonnumquam numquam- non nusquam -non
manchmal immer irgendwo
Druides nonnumquam etiam armis de principatu contendunt (GaU. 6,13,9). Dicere numquam est non ineptum, nisi cum est necessarium (Reden ist immer albern, es sei denn, es ist notwendig.) (de orat. 1,112). Numquam meam salutem non ab consulibus flagitavistis (Dauernd habt ihr meine Rückberufung aus dem Exil von den Konsuln gefordert.) (p. red. in sen. 3). Si sunt, nusquam esse non possunt (Wenn es sie gibt, können sie nicht nirgends sein, müssen sie irgendwo sein .) (Thsc.1,11). 202
rv. Adverbien (§§ 142-197) Anm.: nonnusquam und non- nusquam (irgendwo) sind klassisch nicht belegt, ebenso wenig numquam- non i. S. v. 'manchmal' und nusquam - non i. S. v. 'überall' (6).
(4) Eine besondere Form der doppelten Verneinung ist die Litotes, bei der durch die Verneinung eines negativen Begriffs der entsprechende positive Begriff entweder verstärkend oder abschwächend hervorgehoben werden soll ('nicht schlecht' i. S. v. 'gut'). Häufig begegnen im Lateinischen die Ausdrücke non ignorare (genau wissen); non nolle (nicht abgeneigt sein) (Verr.ll2,182); nisi non video (wenn ich nicht genau sehe) (Att. 11,23,1).too (5) Die deutschen Ausdrücke 'sagen, dass etwas nicht ist; befehlen, dass etwas nicht sein solle; wollen, dass etwas nicht ist' werden im Lateinischen (a) i.d.R. mit negare, vetare (imperare, ne), nolle aliquid esse wiedergegeben. Allerdings steht statt negare quidquam esse oft auch dicere aliquid non esse. Gehört aber die deutsche Negation (b) zu einem einzelnen Wort, so müssen statt negare, vetare, nol/e entsprechend dem Deutschen dicere, iubere, velle eintreten. Dies gilt (c) bei dicere auch, wenn es ein Dativobjekt regiert. Zu a) Nego deosesse (Ich behaupte, dass es keine Götter gibt.) (nat. deor. 1,85). Vetat il/e in nobis deus iniussu hinc nos suo demigrare (Dieser Gott in uns befiehlt uns, nicht ohne seinen Befehl von hier wegzugehen.) (Thsc. 1,74). Caesar suis imperavit, ne quod omnino te/um in hostes reicerent (Caesar befahl seinen Leuten, nicht auf die Feinde zu schießen.) (Gall. 1,46,2). Nolo esse verbum angustius id, quod translatum sit, quam fuisset illud proprium ac su.um (Ich wünsche mir, dass das übertragene Wort nicht enger ist als das eigentliche.) (de orat. 3,164). Eorum vero, qui sibi non liquere (klar sein) dixerunt, sapientiam laudo (Ciuent.106). Dixisti neminem posse eorum mentes, qui audirent, inflammare, nisi qui rerum omnium naturam p erspexerit (de orat.1,219). Zu b) Sapientes ea, quae populus fecisset, ferenda, non /audanda dixerunt (Plane. 9). Quae cum iste cognovisset novus astrologus, qui non tam caeli rationem quam caelati argenti duceret, eximi iubet non diem ex mense, sed ex anno unum dimidiatumque mensem (Verr. II 2,129). Sed ego defensorem in mea persona, non accusatorem maxime laudari volo (Verr. II 1,98). Zu c) Petere consulatum nescire te, Servi, persaepe tibi dixi (statt nego te scire). (Mur. 43). (6) Dem deutschen ' kaum' entsprechen im Lateinischen vix und aegre. aegre und vix bedeuten 'nur mit Mühe, mit knapper Not'; vix bedeutet außerdem 'beinahe nicht, nicht einmal'. aegre steht nur bei Verben (v.a. bei Komposita von tenere), während sich vix bei Adjektiven und Verben (häufig bei Verba dicendi et sentiendi) findet. Das seltenere aegre kann nur selten für vix eintreten, während vix immer an die Stelle von aegre treten kann (vgl. civ. 1,71,3; 3,101,3 mit GaU. 2,6,1; 4,32,3). In Korrelation zu einem cum inversum (vgl. § 581,1) bedeutet vix 'gerade'. Das deutsche 'noch kaum, gerade, beinahe noch nicht' heißt lateinisch vixdum. (Zu aegre ferre vgl. § 478,lf; § 542,1.) 100 Hoffmann, M. E., Negatio contrarii. A study of Latin Iitotes, Assen u. a. 1987; dies., Litotes exprcssions in Latin, in: Subordination and otber topics in Latin, Bologna 1985, hrsg. Calboli, G., Arnsterdam u. a. 1989, 58~10.
203
A. Wortarten (§§ 1-242)
Dici vix potest (orat. 55). Vix erat credendum (Gall. 5,28,2). Ex omni numero vix octingenti effugerunt (Gall. 7,28,5). Nobis vix (nicht einmal) respirandi potestatem dedit (Quinct. 88). Illi aegre ad noctem oppugnationem sustinent (Sie hielten nur mit Mühe stand.) (Gall. 5,37,5) Aegre sunt retenti milites, quin oppidum irrumperent (civ. 2,13,4). Vixdum epistulam tuam legeram, cum ad me Curtius venit (Att. 9,2a,3). Weitere Stellen: aegre: Cato 72; civ. 1,62,1; vix: Quinct. 54; Verr. II 4,127; Vatin.10; Phil. 2,114; leg. 2,38; vixdum: Catil.1,10. Anm.: Die von Menge § 483,10 angeführte Regel zum Bedeutungsunterschied zwischen vix und aegre lässt sich angesichts der Beleglage nicht aufrechterhalten.
(7) Die für non gegebenen Regeln über die Wortstellung gelten auch für vix: Statt ut vix steht aber häufiger vix ut, statt qui vix häufiger vix qui. Dici vix potest oder vix potest dici, aber nicht v. d. p. Stellen: Sest 109; GaU. 3,4,1.
§§ 152-187
4. Übersetzung deutscher Adverbien durch lateinische Adverbien
§§ 152-169
a) Temporal- und Lokaladverbien § 152 Das deutsche 'allmählich' § 153 Das deutsche 'anfangs, am Anfang' § 154 Das deutsche ' bald' § 155 Das deutsche 'dann, damals, darauf § 156 Das deutsche 'einmal' § 157 Das deutsche 'meistens' § 158 Das deutsche 'neulich' § 159 Das deutsche 'noch' § 160 Das deutsche 'nun, jetzt' § 161 Das deutsche 'öffentlich' § 162 Das deutsche 'schließlich, endlich' § 163 Das deutsche 'schon lange' § 164 Das deutsche 'sofort, plötzlich' § 165 Das deutsche 'sonst' § 166 Das deutsche 'spät, zu spät' § 167 Das deutsche 'überall, von allen Seiten' § 168 Das deutsche '(immer) wieder' § 169 Das deutsche 'zugleich'
§ 152
Das deutsche 'allmählich' Folgende lateinische Adverbien entsprechen dem deutschen 'allmählich': paulatim (allmählich) ist der allgemeinste Begriff und kann immer für die im Folgenden genannten Adverbien eintreten; pedetemptim (Schritt für Schritt, bedächtig fortschreitend) bezeichnet das vorsichtige Vorwärtsscbreiten, es 204
fV: Adverbien(§§ 142- 197)
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steht v.a. bei Verben der Bewegung (Gegenteil:festinanter);sensim (unmerklich) bezeichnet den unbemerkten Fortgang einer Handlung (Gegensatz brevi tempore, repente); gradatim (schritt- oder stufenweise, der Reihe nach) bezeichnet meistens ein allmähliches Aufsteigen. pedetemptim und gradatim stehen auch koordiniert (fam. 9,14,7). Paulatim Germani consueverunt Rhenum Iransire (Gall. 1,33,3). Locus erat castrorum editus et paulatim ab imo acclivis (allmählich ansteigend) circiler passus mille (Gall. 3,19,1). Scrobes tres in altitudinem pedes fodiebantur paulatim angustiore ad infimum fastigio (Man hub Gruben von drei Fuß Tiefe aus, die sich nach unten hin allmählich verjüngten [also keilförmig waren).) (Gall. 7,73,5). Tali dum pugnatur modo, lente atque paulatim (scnrittweise) proceditur crebroque, ut sinc au.xilio suis, subsistunc (civ. 1,80,1). Haec a me pedetemptim cauteque dicentur (Verr. I 18). Quibus rebusnon sensim atque moderate ad isrius amicitiam arrepserat, sed brevi tempore hominem possederat (Verr. II 3,158). Vestros denique honores, quos eramus gradatim singulos assecuti, nunc a vobis universos habemus (p. red. ad Quir. 5). Gradatim respondit (Thsc. 1,57).
§ 153
Das deutsche 'anfangs, am Anfang' (1) primo (vgl. § 144,3), primum und initio bedeuten 'zuerst, anfänglich'; alle drei Wörter kö nnen im ersten Glied einer Aufzählung stehen (vgl. § 430,5). Die Ablative initio und (in) principio bedeuten 'am Anfang'. lste, qui initio proditor fuit, deinde perfuga, qui primo sociorum consilia adversariis enuntiavit, deinde societatem cum adversariis coiit, terret etiam nos (S. Rose. 117). Meministis me initio ita distribuisse causam (S. Rosc.l22). Principio artis rhetoricae Aristoteles dicit (Aristoteles sagt am Anfang seiner Rhetorik.) (orat. 114). Cato in principio Originum suarum scripsit eqs. (Plane. 66). Anm.: Unklassisch ist in inicio (6).
(2) principio eröffnet außerdem eine Erörterung, meistens den ersten Hauptteil; im nächsten Satz kann eine mit primum (erstens) beginnende Aufzählung folgen. principio entspricht dabei dem deutschen Ausdruck 'um damit zu beginnen, zunächst einmal'. a principio und ab initio bedeuten 'von Anfang an'. Nam principio non negabo me ista praecepta didicisse: primum oratoris officium esse dicere ad persuadendum accommodate; deinde eqs. (de orat. 1,137f.) Dabo operarn, ut a principio res quem ad modum gesta sit cognoscatis (Quinct. 11). Dixi a principio nihil me dicturum de sacris (Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich nicht über die Kulte sprechen will.) (dom. 138). Ab initio res quem ad modum gesta sit vobis exponemus (S. Rose. 14). Weitere SteUen: principio: off. 1,11; fin . 1,17.
(3) Zu a primo 'von Anfang an, grundsätzlich' vgl. § 24,9. 205
A. Wortarten (§§ 1-242)
§ 154
D as deutsche 'bald' (1) Das lateinische mox bezeichnet nur einen Zeitpunkt in der Zukunft, es wird klassisch fast ausschließlich in Bezug auf den weiteren Verlauf einer Rede oder einer Abhandlung gebraucht und kann in prädikatslosen Kurzsätzen stehen (Mox dicam de hac re. Sed ista mox!). brevi tempore und das seltenere brevi bedeuten 'bald, in kurzer Zeit' (Brevi Latine loqui didici. Brevi redibo.); sie können auch bei der Erzählung vergangener Ereignisse stehen. paulo post wird fast ausschließlich in Beziehung auf die Vergangenheit verwendet (Paulo post Sequani fugerunt.) (vgl. aber de orat. 3,37; ac. 2,76). prima quoque tempore und quam primum bedeuten 'so bald wie möglich, möglichst bald'. Das deutsche 'wie bald' in einer indirekten Frage mit Beziehung auf die Zukunft heißt quam mox (Q. Rose. 1; inv. 2,85). (Zu deinceps i. S. v. 'in der Zukunft' vgl. § 170,1c.) ·De numero mox scribam, nunc de sono (orat.163). Verum illa mox! (Aber dazu später!) (de orat.1,148). Sed ista mox! (rep.1,20). Praeteriit villam meam Curio iussitque mihi nuntiari mox se venturum (Att. 10,4,8). Brevi tempore M. Fulcinius adulescens mortuus est (Caecin.12). Huius ego temporis rationem explicabo brevi (Plane. 95). Erimus profecto Liberi brevi tempore (Phi!. 3,36). Brevi equos moderari ac flectere consueverunt (GaU. 4,33,3). Paulo post mediam noctem (bald nach Mitternacht) naves solvit (Gall. 4,36,3). Exspecto, quam mox Chaerea hac oratione utatur (Q. Rosc.1). (2) D er deutschen Korresponsion 'bald - bald' entspricht lateinisch i. d. R. tum- tum oder modo- modo (vgl. § 429,la).
§ 155
Das deutsche 'dann, damals, darauf Das deutsche 'dann, damals, darauf kann wie folgt wiedergegeben werden: (1) tum und das seltene tune bedeuten (a) 'damals', (b) bei der schnellen Aufeinanderfolgezweier Ereignisse 'da, darauf, daraufhin', (c) bei der Aneinanderreihung eines Ereignisses in der Erzählung 'dann, sodann', (d) bei Beziehung auf die Zukunft 'dann'. Im Gegensatz zu turn kann tune nicht (e) bei der Überleitung in Dialogpartien und in Aufzählungen (vgl. § 430,5) verwendet werden. Neben etiam tum gibt es auch etiam tune (Font. 29; div. 1,117), aber nur tum vero, tum maxime, tum primum, tum denique, tum demum. (Zu tum als Entsprechung zu nunc bei Bezug auf eine Vergangenheit und in der Oratio obliqua vgl. § 160,2; § 472,4; zu der Korresponsion cum - tum vgl. § 428,2.) Anm.: tum in der Bedeutung 'in dem Falle, dass; unter der Bedingung, dass' ist klassisch selten (Marcell. 25; orat. 235), Cicero verwendet statt dessen ita - si (sie - si ist klassisch selten) (off. 1,28; nat. deor. 1,3; Att. 9,10,9). Bei der häufigen Korrelation tum -si oder si- tum (selten tune (Verr. II 4,142]) hat tum meistens zeitliebe Bedeutung: Haee tum queremur, si quid de vobis per eum ordinem tlgetur (Verr. IT 4,26; Lig. 7; Thsc. 3,52; div. 2,30; fam. 6,11,2.14,2,3).
206
Tv. Adverbien (§§ 142-197)
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Zu a) /ccius Remus, qui turn oppido praefuerat (Gall. 2,6,4);philosophi, qui turn erant (die Philosophen dama ls) (leg. 1,53). Tu, T. Rosci, ubi tune eras? (S. Rose. 92). Erat tune excusatio oppressis, nunc nulla est (Pbil. 7,14). Nunc aiunt (bejahen), quod turn negabant (Rab. Post. 34). Zu b) Hoc cum voce magna dixisset, in hostes aquilam ferre coepit. Turn nostri cohortati inter se, ne tantum dedecus admitteretur, universi ex navi desiluerunt (GaU. 4,25,4f.). Caedere ianuam saxis, insrare ferro, ligna circumdare ignemque subicere coeperunt. Tune cives Romani concurrunt (Da liefen römische Bürger he rbei.) (Verr. II 1,69). Zu c) Suspicati hostes huc nostros esse venturos noctu in silvis deliruerant (sich verstecken). Turn nostros dispersos depositis armis in metendo occupatos subito adorti paucis incerfectis reliquos perturbaverant (Gall. 4,32,4 f.) Tune (dann) ille, mihi cum gratias egisset, magno opere a me petivit, uc Laodiceam protinus irem (fam. 3,6,2). Zu d) /am nunc mente prospicio, qui cum concursus futuri sint (div. in Caec. 42). Tune contra hanc Romam, communem patriam omnium nostrum, illa altera Roma quaeretur (leg. agr. 2,86). Zu e) Turn ille " Non sum" inquit "nescius, Scaevola, ista inter Graecos dici er disceptari solere." (de orat.1,45). Turn ridens Scaevola "Non luctabor tecum," inquit " Crasse, amplius." (de orat. 1,74). (2) turn vero wird als verstärktes turn in der Erzählung verwendet, um einen Wendepunkt in der Handlung einzufUhren (da aber, jetzt aber). Turn vero Caesar dubitandum non existimavit (Gall. 2,2,4). Turn vero omnibus indignissimum visum est (Verr. II 5,107). (3) turn ipsum bedeutet 'gerade damals, gerade dann ', illo ipso tempore '(gerade) damals, um eben diese Zeit' und turn maxime 'gerade dann'. Turn ipsum, cum immolare velis, extorum fieri mutatio polest (Gerade dann, wenn man opfern will, könne n sich die Eingeweide verände rn.) (div. 1,118). Atque illo ipso temporein aedes T. Anni noctu Staienus venit (Cluent. 78). Quidam turn maxime mentes sapientium, cum e corpore excessissent, sentire ac vigere dicebant (Sest. 47). Weitere Stellen: rum ipsum 'gerade damals': fin. 2,65; illo ipso rempore: Pis. 26.
(4) Die Wendung aliquid restat, ur wird verwendet, um auf das letzte Thema in einer Re ihe zu sprechen zu kommen. Justitia restat, ut de omni virtute sit dieturn (Die G erechtigke it ist noch übrig, dann sind alle Thgenden besprochen worden.) (fin. 1,50). Ostenta restant, ut tota haruspicina (sc. ars) sit pertractata (div. 2,49).
§ 156
D as deutsche 'einmal' und die Iterativzahlen (1) D as de utsche 'einmal' hat im Lateinischen folgende E ntsprechungen: (a) olimbezeichnet e ine der Gegenwart fern liegende Zeit und bedeutet daher sowohl 'vor alten Zeiten, ehemals, einst' als auch' irgendwann einmal in
207
A. Wortarten (§§ 1-242)
ferner Zukunft, dereinst'; (b) quondam bezeichnet nur eine vergangene Zeit, 'vormals, ehedem'; (c) aliquando bedeutet 'einmal' i. S. v. 'irgendwann einmal, endlich einmal, gelegentlich' und bezeichnet daher einen unbestimmten Zeitpunkt der Vergangenheit (früher einmal), (seltener) der Gegenwart (dann und wann, manchmal) oder der Zukunft (dereinst einmal)- im Gegensatz zu einem gedanklich vorschwebenden numquam; (d) semel bedeutet entweder 'nur einmal, ein- für allemal' oder 'einmal' bei H andlungen, die einer nachfolgenden vorausgehen und nicht mehr zu ändern sind. Man sagt daher cum semel, quoniam semel ( de orat. 2,121); si semel (wenn denn einmal) (Caecin. 96); ur semel (Gall.1,31,U); ubi semel (Rab. Post. 36)~ (e) umquam (jemals, je) steht in negativen Sätzen und in Fragen. Zu a) Quid igitur aut ostenta aut eorum interpretes vel Lacedaemonios olim vel nuper nostros adiuverunt? (div. 2,55). Utinam coram tecum olim potius quam per epistulas colloquarl (Att. 11,4,1). Anm.: olimbedeutet nur selten 'schon längst', wofür klassisch iam pridem verwendet wird. quandoque i. S. v. zukünftigem a/iquando ist klassisch selten (fam. 6,19,2).
Zu b) Populus Romanus, qui quondam (olim würde bedeuten ' vor sehr langer Zeit'.) lenissimus existimabatur, hoc tempore domestica crudelitate laboral (S. Rose. 154). Zu c) Sero, verum aliquando tarnen! (Spät, aber doch immerhin einmal!) (Quinct. 43). Quod bene cogitavisti aliquando, laudo (Dass du einmal mit Erfolg nachgedacht hast, muss ich loben.) (Phi!. 2,34). Respice, quaeso, aliquando rem publicam, M. Antoni (Phil. 2,118). Non despero fore aliquem aliquando, qui studio acriore, quam nos sumus, exsistat talis orator, quafern quaerimus (de orat. 1,95). Mihi enim liber esse non videtur, qui non aliquando nihil agil (der nicht hin und wieder gar nichts tut) (de orat. 2,24). Zu d) Si ille semel pirata securi percussus esset, pecuniam illam non haberes (Wenn dieser Seeräuber ein für allemal hingerichtet worden wäre, wärest du um das Geld gekommen.) (Verr. II 5,79). Multi philosophi semel egressi numquam in parriam reverterunt (Tusc. 5,107). Qui semel verecundiae fines transierit, eum oportet esse impudentem (fam. 5,12,3). Zu e) Neque enim umquam alia condicione bella gesserunt Romani (GaU. 7,77,15). Quod nomen umquam clarius fuit? (Manil. 43). (2) Die Zahladjektive semel, bis, ter, quater, quinquies etc. (einmal, zweimal usw.) bezeichnet man als Iterativzablen, sie werden wie die deutseben Iterativzahlen verwendet. Die Iterativzahlen sind von primum (primo), iterum, tertium (tertio) (zum e rsten, zweiten, dritten Mal, vgl. § 144,3) in klassischer Zeit noch streng geschieden. Bei der Angabe, wie oft jemand ein Amt bekleidet hat, können die Iterativzahlen auch attributiv verwendet werden (vgl. § 144,3). Factus consul est bis (Lael. 11). M. Marcellus i.lle quinquies consul (der fünfmalige Konsul) (div. 2,77). Aber: cum eo quartum consule (zum vierten Mal Konsul) (Cato 10). Anm.: Nur einmal steht eine Iterativzahl klassisch i. S. v. 'zum soundsovielten Mal' (Sest. 49) (!:::. ).
208
rv. Adverbien (§§ 142-197) § 157
Das deutsche 'meistens, häufig, oft' (1) Folgende lateinische Adverbien entsprechen dem deutschen 'oft': assidue (dauernd), crebro, frequenter, identidern, multum, saepe(numero) etc.; dem deutschen 'meistens' entsprechenplerumque undfere (vgl. § 173,2c).10l Assiduissime mecurn fuit (Brut. 316). Valde hercu/e te Syracusani tui, quos crebro commemorare soles, diligunt (Verr. 4,145). (2) Die Adjektive assiduus, creber, frequens, multus können den deutschen Adverbien 'ständig, meistens, oft' entsprechen (vgl. § 281,2.4). ll/e assiduus eo Iernpore Romae fuit (Er war zu dieser Zeit ständig in Rom.) (S. Rose. 92). Venio in senatum frequens (Cato 38).
§ 158
Das deutsche 'neulich' Dem deutschen Adverb 'neulich' entsprechen im Lateinischen (a) nuper, das sich auf eine schon etwas weiter zurückliegende Vergangenheit bezieht (vor nicht allzu langer Zeit), (b) modo, das sich auf ein noch nahe liegendes Ereignis bezieht Güngst, soeben, eben noch), (c) proxirne, das sich sowohl auf die Vergangenheit (in letzter Zeit, kürzlich, kurz zuvor) als auch auf die Zukunft bezieht (sogleich, demnächst, als nächstes). Anm.: Der Superlativ von nuper (nuperrime) ist klassisch nur inv. 1,25 belegt (6). Der Superlativ novissime kann klassisch nicht i. S. v. 'neulich' verwendet werden. ebenso wenig kann das Adjektiv recens als Adverb gebraucht werden (6).
Zu a) Inter flnes Helvetiorum et Allobrogurn, qui nuper pacati erant, Rhodanus fluit (Gall.1,6,2). Zu b) Sed quid dico 'nuper'? Immo vero modo ac plane paulo ante vidimus (Verr. li 4,6). Zu c) Legiones, quas in Gallia citeriore proxirne conscripserat (GaU. 1,24,3). ld proxime quaeritur (Das wird die nächste Frage sein.) (de orat. 2,236). Weitere Stellen: Balb. 55; Phi!. 2,12; Gall. 2,8,5; 2,19,3; 3,29,3; 5,24,4; 6,32,5.
§ 159
Das deutsche 'noch' (1) D as zeitliche '(immer) noch' i. S. v. 'bis jetzt, bisher' heißt im Lateinischen adhuc, ad hoctempusoder usque ad hunc diem (Verr. Il 4,130). adhuc kann wie nunc nur in Bezug auf die Gegenwart des Sprechers angewendet werden, es wird häufig mit dem (resultativen) Perfekt verbunden. In Beziehung auf eine Vergangenheit wird das deutsche ' noch' mit turn, etiarn turn, usque ad hoc tempus wiedergegeben. Das deutsche 'noch' bleibt häufig unübersetzt, v.a. bei Ausdrücken wie nemo, nihil, nullus, nurnquam etc. 101
Vgl. allgemein:Torrego, E., Distribuci6n de los adverbios de frecuencia en latin. Minerva 3
(1989), 231-238.
209
A. Wortarten (§§ 1-242)
Adhuc nerninern cognovi poetarn, qui sibi non optirnus videretur (Thsc. 5,63). Perterrito etiarn turn (auch jetzt noch, noch immer) exercitu princeps Labienus procedit iuratque se eurn non desertururn (civ. 3,13,3). lbi usque ad hoc ternpus Syracusani festos dies anniversarios agunt celeberrirno virorurn rnulierumque conventu (Verr. II 4,107). Aut nerno aut si quisquarn Cato sapiens fuit (Entweder war noch nie jemand oder, wenn überhaupt, Cato weise.) (Lael. 9). Anm .: Nur vereinzelt kann adhuc mit Beziehung auf die Vergangenheit stehen (fin. 3,40; Gall. 6,40,6) (6).
(2) Auch etiam kann in zeitlichem Sinn stehen (noch, noch immer, immer noch), und zwar in allen Zeitstufen. etiam betont immer die Zeitdauer oder den ununterbrochenen Zustand. Cum iste etiam cubaret, hic in cubiculurn introductus est (Verr. II 3,56). Quamdiu etiarn furor iste tuus nos eludet? (Catil. l ,l).lncidit in eum incauturn etiam atque imparatum (vgl. Att. 7,17,4). (3) Das hervorhebend-steigernde 'noch' wird im Lateinischen ebenfalls mit etiam wiedergegeben: nostra etiarn memoria ' noch in unserer Zeit' (Sest. 104), etiarn nunc 'auch jetzt noch', turn etiarn ' auch dann noch, gerade dann noch ', (selten) adhuc etiam 'bisher noch', turn etiarn 'zusätzlich noch, auch noch'. Dubitate etiam nunc, iudices, si potestis, a quo sit Sex. Roscius occisus (S. Rose. 78). Cum dixisset, turn etiarn pro salute mea populum Romanum obsecravit ( dom. 30). lmprobum facinus, nemini lege concessurn, sed fortasse adhuc in nullo etiam vindicatum! (Verr. Il3,194). Anm.: Vereinzelt kann etiam nunc mit Vergangenheitsbezug verwendet werden: Galt. 6,40,6.
(4) Das unbetonte ' noch' bleibt i.d. R. unübersetzt: ' noch heute'; 'noch andere' heißt einfach hodie bzw. alii (vgl. § 188,2). Ebenso bleibt das unbetonte 'noch' beim deutschen Komparativ im Lateinischen häufig ohne Entsprechung (vgl. § 30,5). (5) Bei manchen Negationen entspricht dem deutschen 'noch' das Enklitikon -dum: nondum, das sowohl von der Gegenwart als auch von der Vergangenheit gebraucht werden kann; necdum, nequedurn ' (und) noch nicht', nequedum etiam 'noch nicht einmal', vixdum (etiarn) ' kaum noch', nihildum (etiarn) ' noch nichts' (nur in Beziehung auf die Vergangenheit); nondum etiam 'noch nicht einmal'. S. Roscius nondum etiarn ornnia paterno funeri iusta solverat (S. Rose. 23). Weitere Stellen: nequedum etiam: civ. l ,58,3; vixdum etiam: Catil. 1,10; nihildum etiam: Verr. ll 4,9. Aom.: Unklassisch sind nemodum und nullusdum ( 6 ), wofür das bloße nemo und nullus (selten nondum quisquam), nemo (nullus) adhuc, nemo (nullus) umquam, nemo (nullus) a.nte stehen.
(6) Folgende weitere Wörter und Ausdrücke finden sich klassisch häufiger: 210
IY. Adverbien (§§ 142-197)
iterum", denuo, de integro alterum tantum altero tanto maior quo usque (tandem) praeterea; etiam amplius
noch einmalb noch einmal sovielc noch einmal so große wie lange nochd außerdem noch noch weiter, noch mehre
• vgl. § 144,3 b vgl. § 168,1 c vgl. § 51,2 d vgl. § 170,3 • vgl. § 30,5
§ 160
Das deutsche 'nun, jetzt' (1) Bezieht sich das deutsche Temporaladverb 'jetzt, nun' auf die Gegenwart des Sprechers, so wird es mit nunc (hoc tempore, iam) wiedergegeben. Nunc nihil de me dico (Mur. 29). Dixi de Caesare. Nunc dicam de temporum rerumque natura (fam. 6,6,10). Quae cum ita sint, de Caesare satis hoc tempore dieturn habebo (Phil. 5,52). Ergo i/lud iam perspicuum profecto est (Das ist also jetzt klar.) (S. Rose. 41). De hac vita iam dicam (Plane. 27). (2) Bezieht sich das deutsche 'jetzt, nun' auf die Vergangenheit i. S. v. 'damals, dann, darauf' , so wird es mit tum (tune, iam) Obersetzt (vgl. § 155,1-3). Ebenso heißt 'erst jetzt' in einer historischen Erzählung tum demum (vgl. § 162,4), tum denique (Verr. li 1,29). Ubi ne tum quidem (nicht einmal dann, nicht einmal jetzt) eos prodire intellexit, circiter meridiem exercitum in castra reduxit (Gall.1,50,2). Anm.: nunc steht in dieser Bedeutung nur zuweilen, wenn der Sprecher sich das Vergangene lebhaft vergegenwärtigt (Verr. II 3,47; inv. 2,64; Lael. 11; Gall. 6,40,6; 7,62,6) (6).
(3) Dient ' nun' i. S. v. ' ferner, nunmehr' der Überleitung zu einem weiteren Abschnitt des H auptteils oder führt es in der Erzählung die Handlung weiter, so wird es mit iam oder iam vero wiedergegeben. Ist das deutsche 'nun' in einer Rede oder Abhandlung die Überleitung zum Hauptteil oder zu einem neuen A spekt, so können verschiedene Übergangsformeln eintreten (vgl. § 446). Pons in Hibero prope effectus nuntiabatur; iam vero eo magis illi maturandum iter existimabant (Es wurde gemeldet, dass die Brücke über den Ebro fast fertig gestellt sei; sie glaubte n nun , sich um so mehr beeilen zu müssen) (civ.1,62,3f.) (4) Dem deutschen 'gerade jetzt' entsprechen nunc ipsum, (nunc) cum maxime (vgl. § 38,2). Nunc ipsum non dubitabo rem tantam abicere, si id erit rectius (Att. 7,3,2). Nunc tarnen ipsum sine te esse non possum (Att. 12,16). (5) Nach einem nur gesetzten Falle, namentlich nach einem Irrealis, wird das deutsche 'nun abe r' im Lateinischen mit nunc vero, nunc autem oder
211
A. Wortarten (§§ 1- 242)
bloßem nunc übersetzt. Seltener stehen at nunc (fam.10,28,1), sed (off. 3,12; Catil. 2,4; Lael. 32) und verum (de orat. 3,215) (vgl. § 562,2). Utinam virorum fortium magnam copiam haberetis; nunc vero unus est Pompeius (Manil. 27). (6) Das deutsche 'auch jetzt noch, auch heute noch' heißt etiam nunc, hodie etiam, hodie quoque; 'bis auf den heutigen Tag' usque adhuc (rep. 2,36). Das deutsche 'für jetzt, für den Augenblick' heißt lateinisch in praesens (vgl. § 24,9), in praesentia. Illi veteres, sicut hodie etiam nonnullos videmus, cum circuitum et quasi orbem verbarum conficere non possent (nam id quidem nuper vel posse vel audere coepimus), terna aut bina aut nonnulli singula etiam verba dicebant (de orat. 3,198). Vestrae quidem cenae non solum in praesentia, sed etiam postero die iucundae sunt (Tusc. 5,100). Anm.: in praesenti infam. 2,10,4 ist textkritisch umstritten. (7) Bei der Übersetzung von 'sei es nun- sei es nun' mit sive - sive bleibt das deutsche 'nun' unübersetzt (vgl. § 567,1).
§ 161
Das deutsche 'öffentlich' Die lateinischen Ausdrücke für das deutsche 'öffentlich' unterscheiden sich wie folgt: publice
in publico (nach Verben der Bewegung in publicum) palam, propalam aperte
von Seiten des Staates, der Gemeinde; auf Kosten des Staates; im Namen des Staates, offiziell (Gegensatz: privatim) auf einem (einen) öffentlichen Platz, in der (die) Öffentlichkeit, im Freien (ins Freie); in der (die) Staatskasse• vor aller Augen, unverhohlen, vor aller Welt (Gegensatz: clam) offen (heraus), ohne Verstellung (Gegensatz: occulte, tecte)
•vgl. § 24,8 Nemini meus adventus sumptui neque publice neque privatim fuit (Verr. Il 1,16). Tabulas propalam collocavit (Er stellte seine Gemälde offen zur Schau.) (de orat. 1,161). Hoc in conventu aperte palamque dixit (Verr. I 18). Aperte bellum paravit (GaU. 7,59,2). Anm.: Nur einmal ist klassisch der Ausdruck ex aerario i. S. v. 'auf Staatskosten' belegt. und zwar in Verbindung mit aedificare (bar. resp.l6). Häufig findet sich dagegen sumptu publico (Verr. H 1,60; 4,92; 5,44).
212
IV. Adverbien(§§ 142- 197)
§ 162
Das deutsche 'schließlich, endlich, erst' Das deutsche 'schließlich, endlich, erst' wird im Lateinischen wie folgt wiedergegeben: (1) fandem (verstärkt tandem aliquando, aliquando tandem) bezieht sich wie das deutsche 'endlich 'auf etwas lange Erwartetes, Erwünschtes oder Befürchtetes; vix tandem bezeichnet, dass man das Eintreffen eines Ereignisses kaum mehr erwartet hat. tandembat außerdem in der Erzählung ctie Bedeutung 'schließlich'. aliquando bedeutet 'jetzt endlich, endlich einmal'. Venit tandem concilio de me agendi dies (Sest. 75). Hunc mihi timorem eripe, ut tandem aliquando timere desinam (Catil.1,18). Spes est etiam hunc miserum atque infelicem aliquando tandem posse consistere (Quinct. 94). Vix tandem legi litteras dignas Appio Claudio (endlich wieder einmal) (fam. 3,9,1). Tandem vulneribus defessi pedem referre coeperunt (Schließlich begannen sie, von Wunden erschöpft, sieb zurückzuziehen.) (Gall. 1,25,5). Cohortatus est, ut aliquando pro tantis Iabortbus fructum victoriae perciperent (GaU. 7,27,2). (2) postremo, ad extremum und das schwächere denique (vgl. 3) entsprechen dem deutschen 'schließlich' in Aufzählungen und in der Erzählung (vgl. § 430,5). deinde ad extremum bedeutet 'am Ende einer Rede'. postremo wird auch wie denique (vgl. 3a) zur Einführung des letzten und stärksten Arguments in einer Argumentation verwendet. Postremo ipse, cum vehementius pugnaretur, integros subsidio adducit (GaU. 7,87,1). Gabinius deinde introductus, cum prima impudenter respondere coepisset, ad extremum nihil ex eis, quae Galli insimulabant, negavit (Catil. 3,12). Addidisti ad extremum etiam indoctum fuisse Epicurum (fin. 1,26). Possum deinceps totam rem explicare, deinde ad extremum id, quod accidit, dicere (Verr. II 1,28). Turnmein perorando posuit vos rogari a senatu, rogari ab equitibus Romanis, rogari ab ltalia cuncta, deinde ipse ad extremum pro mea vos salute rogavit (p. red. ad Quir. 16). Postrema in acie praestare interfiel (Schließlich sei es besser, im Kampfe zu fallen.) (Gall. 7,1,8). (3) denique hat folgende Funktionen: (a) Bei Aufzählungen und beim letzten und stärksten Argument einer Argumentation steht denique abschließend (schließlich, außerdem, zuletzt) oder zusammenfassend (kurz, mit einem Wort, überhaupt); denique steht meistens hinter dem Wort, zu dem es gehört. Mathematici, poetae, musici, medici denique ex hac artium officina profecti sunt (fin. 5,7). Denique hos esse eosdem Germanos (schließlich seien dies dieselben Germanen), quos saepe Helvetii superavissent (GaU. 1,40,7).ltaque hominem custodiae non audet committere, denique Syracusas totas timet, amandat hominem (Er fürchtet überhaupt ganz Syrakus, er schickt den Menschen aus der Stadt.) (Verr. II 5,69). (b) denique kann auch i. S. v. demum (erst, endlich, gerade, eben) verwendet werden. nunc denique (Cluent. 189); ad extremum denique (Sest. 100);post octo de213
A. Wortarten (§§ 1-242)
nique rnenses (civ.1,5,2); rnulto denique die (erst im Laufe des Tages) (GaB. 1,22,4); rnortuo denique Clodio (erst als Clodius tot war) (Mil. 34). Nos Tusculano ita delectarnur, ut nobisrnet ipsis turn denique, curn i/lo venirnus placearnus (Att. 1,6,2). (c) denique kann auch ironisch eingesetzt werden i. S. v. 'am Ende (noch)'. Ii denique, qui turn arrnati dies noctesque concursabant, Sex. Roscio ternporis illius acerbitatem obicient (S. Rose. 81). (4) demum entspricht dem zeitlichen oder bedingenden 'erst'; außerdem kann dernurn verstärkend 'gerade, eben' bedeuten. Es schließt sich enklitisch an das betonte Wort an, klassisch kommen nur folgende Verbindungen vor: nunc dernurn (jetzt erst), turn dernum, is dernurn. Zwischen dernurn und seinem Stützwort kann enirn stehen. Iste in hoc genere peculatus non nunc prirnurn invenitur, sed nunc dernurn tenetur (Er wird bei dieser Art von Unterschlagung jetzt nicht zum ersten Mal ertappt, aber erst jetzt wird er zum ersten Mal überführt) (Verr. Il 3,177). Turn dernurn (jetzt erst) Liscus, quod antea tacuerat, proponit (Gall.1,17,1).ls enirn dernurn est mea quidern sententia iustus triurnphus ac verus, curn bene de re publica rneritis testirnoniurn a consensu civitatis datur (Phil. 14,13). Ea sunt dernurn (gerade) non ferenda in rnendacio, quae non solurn ficta esse, sed ne fieri quidem potuisse cernirnus (rep.2,28). (5) Zur Nicht-Übersetzung des Temporaladverbs 'erst' vgl. § 188,1.
§ 163
Das deutsche 'schon lange' Folgende Adverbien entsprechen dem deutschen 'schon lange': (1) iam diu (schon seit langer Zeit, schon eine lange Zeit) und iam pridern (schon vor langer Zeit, schon seit langer Zeit), (2) iarn dudurn (schon eine Weile), das kürzere Zeiträume als iarn pridern und iarn diu bezeichnet Wld v. a. in der Rede verwendet wird, um darauf hinzuweisen, dass man schon viel zu lange bei einem Thema verweilt. Zu 1) Hoc populus Romanus iarn diu jlagitat (div. in Caec. 26). Audivirnus hoc iarn diu, iudices (Verr. ll 3,50). Ad rnortern te duci iam pridern apartebat (Catil. 1,2). Is iam pridern est rnortuus (Q. Rose. 42). Ornnia haec iam pridern (schon seit langer Zeit) contra se parari clamavil (civ. 1,85,8). Zu 2) Genera iarn dudum innurnerabilium iniuriarum, iudices, profero (Verr. II 3,58). larn dudurn ego erro, qui tarn rnulta de tuis ernptionibus verba faciarn (Verr.ll4,35).
§ 164
Das deutsche 'sofort, plötzlich' (1) Dem deutschen 'sofort, sogleich' entsprechen im Lateinischen: statirn, protinus, confestim, illico, continuo, e vestigio (div. in Caec. 57). 214
IV Adverbien (§§ 142-197)
Hostes proelio superati simulatque se ex fuga receperunt, statim ad Caesarem legatos de pace miserunt (Gall. 4,27,1). Confestim huc advolavit (Cluent.192). Avilius illico convalescit (Cluent. 37). Protinus aperto sanctiore aerario ex urbe profugit (civ.1,14,1). Anm.: extemplo ist klassisch nirgends sicher belegt, man konjiziert es aber Q. Rose. 8 anstelle von exemplo ( ~ ).
(2) Das deutsche 'plötzlich' wird im Lateinischen durch folgende Adverbien und adverbiale Ausdrücke wiedergegeben: subito, repente; dem deutschen 'plötzlich, überraschend, unerwartet' entsprechen: necopinato; improviso; de improviso; ex improviso. Tantus subito timor omnem exercitum occupavit, ut non mediocriter omnium mentes animosque perturbaret (Gall. 1,39,1). Quibus rebus Romam nuntiatis magnus repente terror invasit (civ.1,14,1). Necopinato te ostendisti (Phil. 2,77). Collem improviso occupat ( civ. 1,54,3). Caesar improviso unum pagum Helvetiorum adortus est (GaU. 1,13,5). Eo de improviso celeriusque omnium opinione venit (GaU. 2,3,1). Accessit etiam ex improviso aliud incommodum, quod Domitius Heracliam Senticam iter fecerat (civ. 3,79,3). Anm.: ex inopinato ist klassisch nur an einer verderbten Stelle überliefert (nat. deor. 2,123) (6), de inopinaco ist un.k.lassisch (6).
§ 165
Das deutsche 'sonst' (1) Dem deutschen 'sonst' in zeitlichem Sinn mit Vergangenheitsbezug (zu anderer Zeit, ein anderes Mal, bei anderer Gelegenheit) entsprechen im Lateinischen alias, aliis temporibus. Id quidem cum saepe alias, turn Pyrrhi bello (oft bei anderen Gelegenheiten, aber vor allem im Krieg gegen Pyrrhus) iudicatum est (oft. 3,86). Fecimus et alias saepe et nuper in Tusculano (Tusc. 5,ll).llla pars epistulae tuae minime fuit necessaria, in qua exponis, quas facultates aut provincialium aut urbanorum commodorum et aliis temporibus et me ipso consule praetermiseris (Att. 1,17,5). Anm.: alioqui und alio loco sind in dieser Bede utung nachklassisch (6 ). Das von Menge § 478 a. A. empfohlene alio tempore kann sich klassisch nur auf die Gegenwart oder die Zukunft beziehen.
(2) Dem deutschen Lokaladverb 'sonst' (an einem anderen Ort, anderswo,
an anderer Stelle) entspricht im Lateinischen aliis locis. Auch alius in Verbindung mit einem Substantiv kann für das deutsche 'sonst' eintreten (apud alias [homines] etc.) ut aliis Locis de virtute diximus (Thsc. 4,34); apud alias autem et Asiaticos maxime (sonst aber und vor allem bei den Asianern) (orat. 230). Poena est Dorylai gravior quam apud alias (als anderswo) (Flacc. 39). Anm.: Das umgangssprachliche Adverbalibi ist bei Cicero nur an drei Stellen belegt (ac. 2,103; Att.l3,12,3; 13,52,2) (vgl. Antibarb. s. v.) (6).
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A. Wortarten (§§ 1-242)
(3) Wird das deutsche 'sonst' i. S. v. 'außerdem' verwendet, so steht im Lateinischen praeterea; dem deutschen 'übrigens, im übrigen, in anderer Hinsiebt, in anderen Beziehungen' entsprechen ceteroqui, ceteris (in) rebus; aliis (in) rebus (oder entsprechende andere Kasusformen von ceterae bzw. aliae res). Ceteroqui mihi locus non displicet (fam. 6,19,1). Maiores nostri de civitate ea iura sanxerunt, quae neque vis temporum neque universi populi Romani potestas, quae ceteris in rebus est maxima, Labefactare possit ( dom. 80). Cum multis aliis rebus elegantem hominem et omaturn tum praecipu.e in hoc /audandum puto, quod eqs. (de orat.1,170). Anm.: ceterum ist klassisch nur ad Q. fr. 2,13,1 belegt (.6); de cecero in fin. 1,26 bedeutet 'was das Übrige betrifft'.
(4) Dem deutseben 'sonstjemand' entsprechen aliquis und alius (ali)quis, v.a. in einem abschließenden disjunktiven Glied (vgl. § 96,1). aequo loco aut opportunitate aliqua (oder sonst bei einer günstigen Gelegenheit) ( Gall. 3,17 ,7); in furto aut in latrocinio aut a/iqua noxa (oder bei sonst einer Schuld) (Gall. 6,16,5); aut ira aut aliqua perturbatione incitatus (off. 1,23). (5) Dem deutseben 'sonst' i. S. v. 'andernfalls, widrigenfalls' entspricht die lateinische Disjunktion aut (oder aut- aut) oder das Adverb aliter, außerdem sin minus, sin aliter ( vgl. § 565,2d), quod nisi ita est (esset, fuisset) etc. (vgl. § 590,3). Dieses 'sonst' kann auch durch einen mit ne verneinten Finalsatz wiedergegeben werden: 'Sei gehorsam, sonst wüst du bestraft.' Dicto audiens esto, ne puniaris. Tace, ne desipere (verrückt sein) videaris. Omnia, quaecumque in hominum disceptationem cadere possunt, bene sunt oratori dicenda, aut eloquentiae nomen relinquendum est ( de orat. 2,5). Aliter amicitiae stabiles permanere non possunt (Lael. 74). Caesar, etsi summa difficu/tas faciendi pontis erat, id sibi contendendum aut aliter non traducendum exercitum existimavit (Caesar glaubte, den Brückenbau versuchen, sonst aber auf den Übergang verzichten zu müssen usw.) (Gall. 4,17,2). Weitere Stellen: aliter: Gall. 5,29,2; oft 1,139; 2,42; 3,93.
(6) Eine weitere Möglichkeit der Wiedergabe des deutschen 'sonst' besteht in der Anwendung von soleremiteinem Infinitiv ('gewöhnlich' i. S. v. 'sonst'). A nobis spectari oportet, quanti soleant venire (wie teuer solche Dinge gewöhnlich [also sonst] verkauft werden) (Verr. II 4,13).
§ 166
Das deutsche 'spät, zu spät' Das Adjektiv serus (Adverb: sero) bedeutet'(erst) spät, verspätet, nicht mehr zu rechter Zeit, zu spät'; serum est, sero est 'es ist zu spät' (ad Q. fr.1 ,2,9, vgl. § 248,1); nimis sero 'allzu spät'. Der Komparativ des Adjektivs ist unklassisch, serius als Adverb bedeutet wie sero 'etwas zu spät' oder aber 'später'. 216
IV. Adverbien (§§ 142- 197)
Non tarn semper stulti quam sero sapientis est, cum stultitia sua impeditus sit, quoquo modo possit, se expedire (Rab. Post. 24). Sero, verum aliquando tarnen (Quinct. 43). Egosero ac leviter (oberflächlich) Graecas litteras attigi (de orat. 1,82). Possumus audire aliquid aut serius venimus (Können wir noch etwas hören oder sind wir zu spät gekommen)? (rep.1,20).
§ 167
Das deutsche 'überall, von allen Seiten' (1) ubique bedeutet klassisch nicht 'überall', sondern 'wo auch immer; am jeweiligen Ort' und steht fast ausschließlich nach relativen Ausdrücke allgemeiner Art (omnes qui; quicumque etc.) und Fragewörtern. omnes cives Romani, qui ubique sunt eqs. (Verr. li 5,172); omnes homines, qui ubique sum, quacumque in ora ac parteterrarum eqs. (nat. deor. 2,164). Omnes, qui ubique sunt, consentiunt (Thsc. 1,35). Weitere Stellen: ubique:Verr. TI 4,7.132; rep. 2,9; div. 2,94; Ga II. 3,16,2; civ. 1,36,2 ; 2 ,20,8; 3,112,3; qui ubique sunt: Manil. 35; leg. agr. 2,57; Balb. 51; Phi!. 10,12; 14,20; de orat. 3,34; ac. 2,136; fin. 2,6; 2,13; 4,74; div. 2,93.129; Att. 16,4,2.
(2) Dem deutschen ' überall' entspricht im klassischen Latein omnibus (in) locis, omnibus in rebus, usquequaque, passim. passim bat die Konnotation des Planlosen, Zufälligen, Ungeordneten (hier und dort). Omnibus in locis pugnabatur (Gall. 7,25,1). Pugnatur uno tempore omnibus locis ( Gall. 7,84,2). Atque hocnon alienum est, ne aut nusquam au.t usquequ.aque dicatur, hic admonere (inv. 2,63). Passim vagabantur armati (Thll. 19). Passim licet carpentem et colligentem undique repleri iuris civilis scientiä (de orat. 1,191). Weitere Stellen: usquequaque: orat. 73; Att. 4,9,1.
(3) Der adverbial erstarrte Ablativ vulgo (allenthalben, überall) kann bei einem Prädikat in der dritten Person Plural geradezu die Stelle des Subjekts vertreten. Vulgo (überall, sehr viele) ex oppidis publice gratulabantur (Tusc. 1,86). Vulgo loquebantur (Die Leute redeten.) (Att.16,10,1) Weitere Stellen: nat. deor. 3,44; de orat. 1,103.
( 4) Kann man im Lateinischen die Frage unde? (woher?) stellen, v. a. bei Ausdrücken der Entfernung, des Aus- und Weggebens u. ä., entspricht dem deutschen 'überall' undique (von allen Orten und Seiten her, von überall her) oder ex omnibus locis. Undique loci natura Helvetii continentur (Gall. 1,2,3). Orgetorix omnem suam familiam, ad hominum milia decem, undique coegit (GaU. 1,4,2). Erat ex omnibus castris, quae summum undique iugum tenebant, despectus (Gall. 7,80,2). Undique in murum Iapides iaci coepti sunt (Gall. 2,6,2). Praeda ex omnibus locis agebatur (Gall. 6,43,3). (5) Das deutsche ' in alle Richtungen, nach allen Seiten' wird entweder mit 217
A. Wortarten (§§ 1- 242)
dem Adverb quoquoversus (quoquoversum) oder mit einem von quocumque eingeleiteten Relativsatz wiedergegeben. Senatui placuit Sulpicio statuam statui circumque eam statuam locum ludis Iiberos ac posteras eius quoquoversus pedes quinque habere (Der Senat beschloss, dass Sulpicius eine Statue erhalten solle und dass an den öffentlichen Spielen um diese Statue seine Kinder und seine Nachkommen einen Platz von fünf Fuß Ausdehnung in allen Richtungen erhalten sollten.) (Phil. 9,16 mit vv. ll. quaqua versus und quaque versus). Membra, quocumque (sc.jlectere) vult, flectic (div.1 ,120). Providencia, quocumque se movec, efficere potest, quidquid velit (nat. deor. 3,92). Weitere Stellen: quoquoversus: Phil. 9,17; GaU. 3,23,2; 7 ,4 ,5; 7,14,5; civ. 1,25,6; 1,36,2 ; 2,8,2.
§ 168
Das deutsche ' wieder' und 'immer wieder' (1) Das deutsche 'wieder' kann wie folgt wiedergegeben werden: irerum (vgl. § 144,3; § 156,2) bezeichnet die erste Wiederholung (zum zweiten Mal) im Gegensatz zu semel, primum, tertium etc., v. a. steht iurum bei der (offiziellen) Angabe, dass ein Amtsträger sein Amt zum zweiten Mal bekleidet; das seltene denuo (von neuem) bezeichnet, dass die Handlung beim ersten Mal ihre Wirkung verfehlt bat und als nicht geschehen zu betrachten ist; de integro bedeutet, dass man etwas noch einmal ganz von vom angeht (von neuem); rursus (rursum) ist das Adverb mit dem weitesten Begriffsumfang und kann für alle anderen o. g. Adverbien eintreten; es bezeichnet einerseits die erste und jede weitere Wiederholung und bedeutet außerdem 'wiederum' im adversativen Sinn (dagegen, umgekehrt, andererseits) zur Bezeichnung eines Gegensatzes oder einer Wechselbeziehung oder (selten) 'zusätzlich' (wie praeterea); rursus erscheint auch i. S. v. ' andererseits' beim zweiten Glied der Korresponsion cum - turn (vgl. § 428,2). In den folgenden Sätzen kann das deutsche 'wieder' daher nur mit rursus übersetzt werden: 'Was er heute lobt, tadelt er morgen wieder. Viele Fleischfresser dienen wieder anderen Fleischfresser zur Nahrung.' (Zu vicissim i. S. v. 'wiederum' vgl. § 171. Zur Weglassung von ' wieder' vgl. § 188,4.) P. Africanus irerum (zum zweiten Mal) consul (bar. resp. 24). Recita denuo! (Verr. TI 1,37). Censores dicit de integro sibi creari placere (Verr. II 2,139). Incredibilis me amor patriae et subvenire olim impendentibus periculis maximis cum dimicatione capitis et rursum, cum omnia tela undique esse intenta in patriam viderem, subire coegit atque excipere unum pro universis (prov. 23). Stoici putant ad extremum omnem mundum ignesce re, relinqui nihil praeter ignem, a quo rursum animante ac deo renovatio mundi fieret atque idem ornatus oreretur (nat. deor. 2,118). Alia ratione malevolus, alia amator, alia rursus anxius, alia timidus corrigendus (Thsc. 4,65). Ad haec rursus opera addendum Caesar putavit (Caesar glaubte, zu diesen Abwehranlagen noch etwas hinzufügen zu müssen.) (GaU. 7,73,2). Minime vero illud probo, quod cum docuistis 218
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Tv. Adverbien(§§ 142-197)
bonum so/um esse, quod honestum sit, tum rursum dicitis initw proponi necesse esse apta et accommodata naturae (fin. 4,46). Weitere Stellen: denuo: Verr. 11 2.139: Cluent. 182: de integro: Cluent. 28.167.177; Phi!. 5,10; Brut. 208; Att. 13,27 ,1; 13,51,2. Anm.: Der Ausdruck ab integro ist selten (Verr. Il l,l47), ex integro unklassiscb (.6.).
(2) Das deutsche 'immer wieder, wieder und wieder' kano durch folgende Ausdrücke wiedergegeben werden: identidem, etiam atque etiam, iterum et saepius, semel atque iterum. I/li se identidem in silvas recipiebant ac rursus ex silva in nostros impetum faciebant (Gall. 2,19,5). Etiam atque etiam considera! (Q. Rose. 21). Testis est irerum et saepius ltalia (Manil. 30). Ga/li equites, frumentum, pecuniam semel atque iterum ac saepius invitissimi dare coacti sunt (Font. 26). Anm.: Unklassiscb sind: irerum iterumque, iterum atque itentm, seme/ itentmque (.6.).
(3) Zur Wiedergabe des deutschen 'immer wieder' durch lateinische Verbalinfixe vgl. § 129,2; § 194,1.
§ 169
Das deutsche 'zugleich' Im Lateinischen gibt es folgende Übersetzungsmöglichkeiten ftir das deutsche Adverb 'zugleich': das Temporaladverb simul bezeichnet die Gleichzeitigkeit zweier Ereignisse; das korrespondierende Pronomem idem bezeichnet die Einheit der Person bei zwei verschiedenen Tätigkeiten (vgl. § 81,2); das Lokaladverb unä ('zusammen', häufig in Verbindung mit der Präposition cum) bezeichnet eine von mehreren Personen gemeinsam ausgeführte Handlung. Militibus simul et de navibus desiliendum er in fluctibus consistendum et cum hostibus erat pugnandum (GaU. 4,24,2). Quomodo hoc in genere accusas Sestium, cum idem Iaudes Milonem? (Wie kannst du Sestius in dieser Bezie hung anklagen, da du doch zugleich Milo lobst?) (Sest. 90). Me unä vobiscum servare non possum (GaU. 7,50,4).
§§170-171
b) Adverbien der Reibenfolge § 170 Das deutsche 'nacheinander, der Reihe nach' § 171 Das deutsche ' wechselweise, abwechselnd'
§ 170
Das deutsche 'nacheinander, der Reihe nach' (1) Dem deutschen 'nacheinander, der Reibe nach' entspricht im Lateinischen in den meisten Fällen das Adverb deinceps (deinceps steht i.d. R. an der ersten oder zweiten Stelle im Satz), das folgende Funktionen erfüllt: 219
A. Wortarten (§§ 1- 242)
(a) deinceps bedeutet 'nacheinander, der Reihe nach, einer nach dem anderen, aufeinanderfolgend', häufig wird deinceps zwischen Attribut und Substantiv gestellt. omnibus deinceps diebus (in den darauffolgenden Tagen) (civ. 3,56,1). A brevibus deinceps tribus syllabis paean oritur (Der Päan beginnt mit drei aufeinanderfolgenden kurzen Silben.) (de orat. 3,183). Hu.nc clamorem alii deinceps excipiu.nt et proximis tradunt (Gall. 7,3,2). Nam Platonem reliquosqu.e Socraticos et deinceps eos, qui ab his profecti sunt, legunt omnes (Thsc. 2,8). Altera castra sunt adorti, inde tertia et quarta et deinceps reliqua (civ. 3,9,7). Weitere Stellen: d:iv. 1,64; Brut. 312; Cael. 10.
(b) Bei Aufzählungen oder beim Übergang von einem Teil zu einem anderen bedeutet deinceps 'im Anschluss daran, zunächst, zweitens, drittens usw., sodann, ferner'; es steht oft in Korresponsion zu anderen Konjunktionen (z. B. deinde). De iu.stitia satis dieturn est, deinceps de beneficentia dicatu.r ( off. 2,52). Possum deinceps totam rem explicare, deinde ad extremum id quod accidit dicere, Dionem HS centena mi/ia numeravisse eqs. (Verr. ll1 ,28). Weitere Stellen: Phi!. 2,110; 4,9; ac. 2,21.
(c) deinceps hat auch die Bedeutung 'in der Folgezeit, in der Zukunft'. Velim deinceps meliora sint (Brut. 1,10,5) (2) Außerdem haben folgende Ausdrücke die Bedeutung 'der Reihe nach': ordine, ex ordine, primus quisque ( vgl. § 36,3). ordine bedeutet v. a. ' ordnungsgemäß' (häufig koordiniert mit recte), ex ordine 'der Reihe nach, einer nach dem anderen, Punkt für Punkt', v.a. wenn es (im Unterschied zu deinceps) um eine Rangfolge geht. recte atque ordine facere (richtig und ordnungsgemäß handeln) (Quinct. 28). Nu.nc, ut statuimus, proficisei ordine ad reliqua pergemus (inv. 1,77) Quorum quisque sententiam dixit ex ordine (Verr. II 4,143). Vendit Jtaliae possessiohes ex ordine omnes (eines nach dem anderen) (leg. agr.l,4). Mihi ex ordine recita! (leg. agr. 2,48). (3) Dem deutseben zeitlieben und räumlichen 'in einem fort, ununterbrochen' entspricht im Lateinischen nicht nur das Adverb continenter (vgl. § 144,4), sondern auch usque, das auch in Ausdrücken wie usque Hennam proficisei (Verr.ll4,108) nicht als Präposition aufzufassen ist, sondern als Adverb zu einem Verb der Bewegung mit der Funktion, die Größe einer Entfernung zu betonen (sogar bis nach Henna). usque kann zur Verstärkung (sogar, ganz) auch mit den Präpositionen ab, ad, ex, in, trans und Adverbien verbunden werden.l02 usque a Dianio ad Sinopen navigare (Verr. II 1,87); usque ex ultima Syria navigare (Verr. li 5,157); usque ab heroicis temporibus (div. 1,1 ); usque ad ves102 Vgl. Thielmann, P. , Usque als selbstllndiges Adverb, ALLG 5 (1888). 438-452: ders., usque mit Konjunktionen und Adverbien, ALLG 6 (1889), 59-84 & 469- 507 & 7 (1892), 10~113.
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IV Adverbien(§§ 142- 197)
perurn (Gall. 1,50,3); usque ad hunc diern (Verr. II 4,130); ab irnis unguibus usque ad verticern surnrnurn (vom Scheitel bis zur Sohle) (Q. Rose. 20); usque in Parnphyliarn legatos rnittere (Manil. 35); usque adhuc (bis heute) (rep.2,36); trans Alpes usque (Quinct. 12); quo usque (bis zu welchem Punkt, wie lange noch) (Catil. 1,1)./llarn Legationern usque Trnolo (sogar aus dem weit entfernten Tmolos) petivit (Flacc. 45). Meus reditus is fuit, ut a Brundisio usque Rornarn agrnen perpetuurn (eine ununterbrochene Menschenmenge bis nach Rom. Das Verbalsubstantiv reditus entspricht einem Verb der Bewegung.) totius Italiae viderit (Pis. 51). Weitere Stellen: Deiot. 19; rep. 3,43; fam. 3,8,4; Att. 5,16,4; 15,29,2; Gall. 3,15,5.
§ 171
Das deutsche 'wechselweise, abwechselnd' Das Adverb vicissirn (seltener invicern) bezeichnet eine Abwechslung, eine Ablösung; i. S. v. 'wieder' bedeutet es entweder (1) 'erst der eine, dann der andere, im Wechsel, statt dessen' oder (2) 'in der Reihenfolge' ; vicissirn (invicern) kann außerdem (3) die (zeitlich verschobene) Wechselseitigkeit bezeichnen (im Gegenzug, seinerseits) (vgl. §§ 87-88). Zur Verstärkung kann rursus hinzutreten (vgl. § 168,1). Zu 1) Reliqui, qui dorni rnanserunt, se atque illos alunt; hi rursus invicern annopost in arrnis sunt, illi dorni rernanent (Gall. 4,1,5). Defatigatis invicern integri succedunt (GaU. 7,85,5). Weitere Stellen: invicem: civ. 3,98,3.
Zu 2) Redeo nunc ad te, Caeli, vicissirn (Nun kommt die Reihe wieder an dich, Caelius.) (Cael. 37). Zu 3) Te vicissirn (deinerseits) audire vellern, curn ipse tarn rnulta dixissern (nat. deor. 2,3). Subtilitalernorator ab Acadernia rnutuatur et ei vicissirn reddit ubertatern orationis (fat. 3). Quidquid iusturn est, id etiarn honesturn vicissirnque, quidquid est honesturn, id etiarn iustum (fin. 3,71). Weitere Stellen: vicissim: Scaur. 39; Phil. 7,21. Anm.: Das Adverb mutuo findet sich in klassischer Prosa nur ein einziges Mal (orat. 80), und zwar i. S. v. 'ausgeliehen, leihweise' (t.).
§§ 172-178
c) Quantitätsadverbien § 172 Das deutsche ' besonders' § 173 Das deutsche 'fast, beinahe' § 174 Das deutsche 'gänzlich, im Allgemeinen, überhaupt' § 175 Das deutsche 'nur' § 176 Das deutsche 'sehr' § 177 Das deutsche 'wenig, zu wenig, eine kurze Zeit' § 178 Das deutsche 'wenigstens'
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A. Wortarten (§§ 1-242)
§ 172
Das deutsche 'besonders' (1) Dem deutseben Adverb 'besonders' entsprechen fo lgende Ausdrucksweisen im Lateinischen: das Adverb imprimis und das adverbial erstarrte cum primis bedeuten 'in erster Linie, wie nur wenige'. Sie können fast nur zusammen mit positiven AusdrUcken verwendet werden; praecipue (vor allen anderen, vorzugsweise) bezeichnet eine Auszeichnung, die man vor anderen genießt; es wird nur mit Verben verbunden;potissimum (gerade, vor allem, ausgerechnet) schließt sich meistens enklitisch an Pronomina an; maxime bedeutet 'vor allem, im höchsten Grade, am meisten' (cum maxime 'besonders, gerade jetzt, erst recht', vgl. § 38,2), egregie und summe 'äußerst, absolut, in ausgezeichneter Weise'. (Zu magnopere (besonders, allzu sehr, ziemlich] vgl. § 176,2.) Q. Minucius, eques R omanus imprimis splendidus atque honestus (Verr. II 2,69); homo domi suae cum primis locuples (ein in seiner Heimat sehr wohlhabender Mann) (Verr. 11 2,68). Cum omnium sociorum provinciarumque rationem diligenter habere debetis, tum praecipue Siciliae (Verr. li 2,2). Credo ego vos, iudices, mirari, quid sit quod, cum tot summi oratores sedeant, ego potissimum surrexerim (S. Rosc.1). Fuit haec oratio non ingrata Gallis, et maxime quod eqs. (Gall. 7,30,1). Locus egregie et natura et opere munitus (Gall. 5,9,4). Accusant ii, qui hunc ipsum iugulare summe cupiverunt (S. Rose. 13). Summe haec omnia mihi videntur esse laudanda (div. in Caec. 57). Weitere Stellen: cum primis: Verr. II 2,68; Brut. 205.224. Anm.: Nur Verr. ll 4,81 ist praecipue nicht mit einem Verb verbunden {6). (2) Das Adverb praesertim (zumal) steht ausschließlich in kausalen und kondizionalen Sätzen; oft ist der Grund oder die Bedingung durch einen verkürzten Satz oder einen unechten Gliedsatz (vgl. § 59,1) ausgedrückt. Dixit non facile Ga/los Gallis negare potuisse, praesertim cum de recuperanda communi libertate consilium initum videretur (Gall. 5,27,6). Sera gratulatio reprehendi non solet, praesertim si nulla neglegentia praetermissa est (fam. 2,7,1). Deforme est de se ipsum praedicare, falsa praesertim (off.1,137). R etinenda est huius generis verecundia, praesertim natura ipsa magistra ac duce (off. 1,129). Weitere Stellen:Thsc. 5,19; div. 2,4; GaU. 3,17,7.
§ 173
Das deutsche ' fast, beinahe' lm Lateinischen gibt es folgende Möglichkeiten, das deutsche 'fast, beinahe' wiederzugeben: (1) Die Adverbien paene und prope(modum) bezeichnen, dass nicht viel zur Vollständigkeit einer Sache oder eines Zustandes fehlt; oft entsprechen sie dem deutschen Adjektiv 'grenzend (an)'. paene und prope(modum) können sowohl vor als auch hinter dem Wort stehen, auf das sie sieb beziehen. Bei 222
IV Adverbien(§§ 142- 197)
Zahlwörtern werden paene und prope(modum) nur selten (statt-des regelmäßigen fere) verwendet. (Zum Modus bei paene vgl. § 106,2c.)I03 Das seltene tantum quod non bedeutet ' nur dass nicht; es fehlt nur noch, dass' . Das deutsche 'fast' kann auch mit der Wendung non multum afuit, quin wiedergegeben werden (vgJ. § 539,4). paene totum oppidum (Gall. 1,38,4). Metrodorus paene alter Epicurus (Metrodor, fast ein zweiter Epik ur) (fin. 2,92); gravitas illa singularis ac paene divina (ans Übermenschliche grenzend) (bar. resp.5). Fuit patronus propemodum diligentissimus (Brut. 238). Quivis intellegere potest unius hominis causa edictum conscriptum esse, tantum quod hominem non nominat (Er bezeichnet ihn deutlich, nur nennt er ihn nicht mit Namen; er nennt beinahe seinen Namen.) (Verr. li 1,116). Non multum afuit, quin castris expellerentur (Fast wären sie aus dem Lager hinausgejagt worden.) (civ. 2,35,3). Anm.: Das gräzisierende tantum non i. S. v. 'fast, beinahe' ist unklassisch (6.). (2) Das Adverb fere gibt (a) bei Zahlwörtern, Zeit- und Maßangaben u. ä. eine Schätzung an (ungefähr, annähernd, etwa). (b) In Verbindung mit Ausdrücken, die keiner Steigerung oder Verminderung mehr fähig sind (wie nemo, nullus, nihil, omnis, totus, semper) hat fere dieselbe Bedeutung wie paene und prope ('fast, beinahe, so ziemlich'; auch: ' wohl'); besonders häufig findet sich omnes fere (so ziemlich alle). In diesen beiden Bedeutungen steht fere i.d.R. hinter dem Wort, zu dem es gehört, v.a. hinter Negationen und Zahlwörtern. Nicht auf ein einzelnes Wort, sondern auf den ganzen Satz bezogen hat fere (c) die Bedeutung eines abgeschwächten semper (fast immer, meistens, gewöhnlich) (vgl. § 157,1). non fere bedeutet 'nicht leicht, sicher nicht, in der Regel nicht' . Zu a) sexto decimo fere anno (rep.2,57); eadem fere hora veni (Att. 14,20,1). Saturni stella triginta fere annis cursum suum conficit (nat. deor. 2,52). Conferam avum tuum Drusum cum C. Graccho eius fere aequali (mit Gracchus, seinem ungefähren Zeitgenossen)? (fin. 4,66). Metrodorus beatum esse describit his fere (etwa, annähernd) verbis (fin. 2,92). Haec fere sunt eius modi, quae Graeci 'pathe' appellant (Thsc. 3,7). Zu b) Omnia fere, quae sunt conclusa nunc artibus, dispersa et dissipata quondam fuerunt (de orat.l,187). Cato locutus est, quo erat nemo fere (wohl) senior temporibus illis (Lael. 5). Hac de re satis fere (wohl) diximus (off.1,60). Zu c) Timor novarum tabularum fere (fast immer, in der Regel) bella et civiles dissensiones sequi consuevit (civ. 3,1,3). Fit fere (gewöhnlich) (rep. 6,10). Weitere Stellen: fit fere: civ. 1,44,3. Anm.: Nur selten stebtfere vor dem dazugehörigen Wort (de orat. 1,116; Cluent. 46; GaU. 1,1,4).
JOJ Vgl. allgemein: Bertocclti, A. , Some semantic and pragmatic properties of paene, in: Akten des VIII. internationalen KoUoquiums zur lateinischen Linguistik, hrsg. Bammesberger, A./Heberlein, F.. Beideiberg 1996, 457-472.
223
A. Wortarten (§§ 1-242)
§ 174
Das deutsche 'gänzlich, im Allgemeinen, überhaupt' (1) Das Adverb omnino bedeutet: (a) 'in allen Beziehungen, ganz und gar, völlig, durch und durch, überhaupt, insgesamt'; (b) 'allerdings' (einen Gegensatz vorbereitend, vgl. § 439,8). (Zur Wiedergabe von 'völlig, gänzlich' mit einem verbalen Hendiadyoin vgl. § 191, zur Wiedergabe mit Verbalkomposita vgl. § 194,2.) (Zu omnino i. S. v. 'nur' vgl. § 175,7.) Zu a) omnino ignorare (GaU. 1,27,4); on-mino inanis (Verr. lJ 4,95); neque ul/a omnino vox (Ga II. 1,32,3); omnino omnes (Thsc. 1,97); (überhaupt alle, alle ohne Ausnahme); dies omnino duodeviginti (insgesamt achtzehn Tage) (Gall. 4,19,4). Vinum ad se omnino importari non patiuntur (Gall. 4,2,5). Rostes in fugam dat, sie ut omnino pugnandi causa resisteret nemo (Galt. 5,51,5). A pueris nullo officio aut disciplina assuefacti nihil omnino contra voluntatem faciunt (Gall. 4,1,9). Erant omnino itinera duo (Es gab insgesamt zwei Wege.) (Gall.l,6,1). Zu b) Pugnas omnino, sed cum adversario facili (Du kämpfst allerdings, aber mit einem leichten Gegner.) (ac. 2,84). Weitere Stellen: Lael. 87.93; Cluenl. 60.
(2) Die Adverbien prorsus und plane (völlig, ganz und gar) stehen bei Verben, Adjektiven und Adverbien. prorsus steht häufig bei nihil u. a. Negationen (überhaupt nichts, überhaupt niemand usw.) Prorsus assentior (leg. 2,12). /stum omnino Syracusis sine amicis, sine hospitibus, plane nudum esse ac deserrum putatis? (Verr. Il 4,148)./nermis plane de sponsione cerrabat (Völlig waffenlos hat er um die Prozesssumme gekämpft.) (Caecin. 93). Verbum prorsus nullum intellego (de orat. 2,61). (3) Die Adverbien generaliter (selten), generatim (vgl. aber§ 143), communiter (auch 'gemeinsam, in gleicher Weise') und universebedeuten 'im allgemeinen' (Gegensatz: singillatim). Ipsum quidem generaliter definire difficile est (inv. 1,39). Nam quid ego de ceteris civium Romanorum suppliciis singillatim potius quam generatim atque universe loquar? (Verr. li 5,143). Simplex aurium iudicium et promiscue et communiter stu.ltis ac sapientibus ab natura datum (Font. 22). Weitere Stellen: generatim: Verr. li 2.137; P is. 86; inv. 2,18; de orat. 1,58.186; 2,42.142; orat. 47; ac. 2,47; Gall. 1,51,2; 7,19,2; civ. 2,21,1; 3,32,1; communiter. Arch. 32. (4) Das Adverb summatim bedeutet 'summarisch, als Ganzes, im Allgemeinen'. genera ipsa summatim exponere ( de orat. 2,248); summatim percipere (de orat. 1,252); summatim dicere de aliqua re (fin. 5,36); summatim perscribere orationem alicui (Att. 5,l6,1);pauca et ea summatim (fam.10,28,3). Weitere Stellen: Cluent. 19; de orat. 2,153; oraL 5l;Att. 15,4a,J.
(5) Der deutsche adverbiale Ausdruck ' im Allgemeinen, überhaupt' lässt sich im Lateinischen auch mit den generellen Zahlwörtern universus und totus wiedergeben (vgl. § 54,2), die zu dem Begriff gestellt werden, um dessen Gesamturnfang es geht. 224
IY. Adverbien (§§ 142- 197)
De universa philosophia dieturn est in Hortensio (Über die Philosophie im Allgemeinen haben wir im 'Hortensius' gesprochen.) (Tusc. 3,6). Unus venditor frumenti tota in provincia fuisti (Du warst in Sizilien überhaupt der einzige Verkäufer.) (Pis. 86). Weitere Stellen:Thsc. 3,82; 4,59; de orat. 3.106.
§ 175
Das deutsche 'nur' Das deutsche 'nur' wird im Lateinischen wie folgt wiedergegeben (vgl. auch§ 189): (1) Das Adverb modo steht vor aJJem bei Aufforderungen und Wlinschen. Perge modo! (de orat. 1,209). Sit modo recte in Hispaniist (Att. 10,12,2). Duo modo haec opto (Phil. 2,119). (2) Das Adverb solum hebt einen Gegenstand oder eine Person hervor. Quasi vero atra bili so/um mens ac non saepe vel iracundia vel timore ve/ dolore moveatur (Tusc. 3,11). Anm.: Das Adverb solummodo ist unklassisch. Nur selten findet sich solum bei Zahlwörtern (leg. agr. 2,87; leg. 1,53; fam. 4,9,l ; Att. 16,4,2) (.6).
(3) Das Adverb tantum (verstärkt tantummodo) 'keiner als, nichts als' ist meistens dem zugehörigen Wort nachgestellt. tantum setzt den kleineren Teil eines Ganzen dem größeren oder überhaupt das Geringere dem Bedeutenderen gegenüber, v.a. bei Zahlen und Größenangaben. tantum kann auch bei dicere stehen (Tantum dico. 'Ich sage nur das. Nur soviel möchte ich sagen.') (zu hoc dico vgl. § 69,1.4; § 71,4; §189,1), ebenso bei scire (Tantum scio. 'Ich weiß nur. Nur soviel weiß ich.') Nomen tantum virtutis usurpas (Du beanspruchst nur den Namen 'Thgend'.) (parad.17). Nunc tantum disputo de iure populi (Plane. &).Inter bina castra Pompei atque Caesaris unum flumen tantum intererat Apsus (civ. 3,19,1). Nihil dico arroganter, tantum dico totos dies atque noctes de re publica me cogitare (Mur. 78). Neque vero tibi de versibus plura respondebo; tantum dicam breviter te neque illos neque u/las omnino litteras novisse (Phil. 2,20). Si velim dicere omnia, multi laedendi sim, id quod mihi non est necesse; tantum dicam paucos homines, ut levissime appellem, arrogantes Q. Opimium fortunis omnibus evertisse (Verr.ll 1,155). Nescio, tantum quendam esse scio (Brut.l71). (4) Das Adverb dumtaxat ('genau genommen') hat folgende Bedeutungen (a) 'höchstens nur, [reilich nur'; (b) 'wenigstens, wenn auch nur', in dieser Bedeutung steht dumtaxat nicht in Bezug auf ganze Sätze, sondern nur bei einzelnen Wörtern. Zu a) Porestatem habet dumtaxat annuam (Er besitzt die Amtsgewalt für höchstens ein Jahr.) (rep.2,56). Zu b) Sint ista pulchriora, dumtaxat aspectu (nat. deor. 2,47). Hoc ipsum non iniquum est, in tuo dumtaxat periculo (Deiot. 1). 225
A. Wortarten (§§ 1-242)
(5) non nisi (nisi non) stellt die eleganteste Möglichkeit dar, das deutsche 'nur' wiederzugeben. Die Negation non wird zum Verb gezogen und nisi mit dem Wort verbunden, zu dem das deutsche ' nur' gehört; statt non können auch andere Negationen eintreten (nemo, nihil, nuila res, nulla alia res etc.) Sehr häufig findet sich die Wendung nihil aliud cogitare nisi de aliqua re. (Zu nihil aliudfacere [agere} nisi vgl. § 549,7.) Amicitia nisi inter bonos esse non potest (Freundschaft kann es nur unter guten Menschen geben.) (Lael. 65). Labienus iuravit se nisi victorem in castra non reversurum (civ. 3,87 ,5). Apollo Pythius oraculum edidit Spartarn nulla re nisi avaritia perituram (off. 2,77). Nihil aliud nisi de hoste ac de laude cogitat (Manil. 64). Weitere Stellen: Catil.l,17; Sull. 65; Phil. 4,4; 10,8. Anm.: Ausnahmen vom oben angegebenen Gebrauch von non nisi finden sich klassisch nur vereinzelt (Verr. 11 1,98) (C.). Die elliptische Konstruktion nach nihil nisi findet sieb bei Cicero nur selten:Arch. 8; Sest. 14 (C.).
(6) Häufig ist die Wiedergabe des deutschen 'nur' durch unus oder solus, die mit dem zu modifizierenden Substantiv kongruieren. Pompeius inter tot annos unus (nur Pompeius) inventus est, quem socii in urbes suas cum exercitu venisse gauderent (Manil. 68). Hic solus introducitur (Nur er wird hineingeführt.) (Verr.ll3,8). (7) Bei Zahlwörtern kann omnino die Bedeutung 'nur' besitzen. Erat omnino in Gallia ulteriore legio una ('insgesamt eine', also 'nur eine einzige') (GaU. 1,7,2). Eo duae omnino civitates ex B.ritannia obsides miserunt, reliquae neglexerunt (Gall. 4,38,4). (8) Sehr häufig bleibt das deutsche 'nur' als überflüssiger Zusatz ohne Entsprechung im Lateinischen (vgl. § 189).
§ 176
Das deutsche 'sehr' Dem deutschen Adverb 'sehr' entsprechen folgende lateinische Adverbien: (1) Bei Verben, Adjektiven und Adverbien stehen: sane, valde, vehementer, (selten) oppido, admodum (letzteres v. a. bei Adjektiven des Maßes und der Zahl und bei Substantiven, die das Alter bezeichnen: infans, puer, adulescens, senex, vgl. § 196,2). (Zu sanein der Antwort vgl. § 416,1a-b.) ingeniosus poeta et auctor valde bonus (Mur. 30); vehementer cupidus (Verr. II 2,12);mimus vetuJ~ oppido ridiculus (de orat. 2,259). (2) Nur bei Verben und (selten) adjektivischen Partizipien findet sich das sehr starke magnopere (allzu sehr, besonders, ziemlich). Es steht v. a. bei Verben des Fürcbtens, Vermeidens, des Aufforderns, Bittens, Beauftragens, des Vermissens und des Bewundems. Magnopere orabant (GaU. 4,16,5). Nihil praeterea magnopere est dicendum (Nichts muss außerdem noch eigens, besonders betont werden.) (fin. 2,85). Illos diligenter tractandos magnopere censeo (Ich bin ganz besonders der Meinung usw.) (fin. 4,79). 226
IV. Adverbien (§§ 142- 197)
(3) Nur bei Adverbien und Adjektiven steht perquam (v. a. bei gravis, tenuis, breviter). Perquam grave est dictu (Plane. 16). Perquam flebiliter Ulixes lamentatur (Tusc. 2,49). Weitere Stellen: leg. agr. 2,2; de orat. 2,108.161.201.237;Thsc. 1,107. Anm.: D er zum Adverb erstarrte Ablativ impendio (sehr) findet sich klassisch nur Att. 10,4,9 (6). Nur vereinzelt steht aliquam multi 'ziemlich viele' (Verr. II 4,56) (6). (Zu aliquamdiu vgl. § 177,3c.)
§177
Das deutsche 'wenig, zu wenig, eine kurze Zeit' (1) Das Adverb parum (Komparativ minus, Superlativ minime) bedeutet nicht 'wenig', sondern 'zu wenig, recht wenige, nicht (gut) genug'; es findet sich bei Adjektiven, Adverbien und Verben. Als Substantiv kann parum im Nominativ und im Akkusativ verwendet werden. Von parum kann ein Genetivus totius abhängig gemacht werden (vgl. § 292). Der Ausdruck parum esse bedeutet 'zu wenig sein, nicht genügen' (Zur Konstruktion vgl. § 486,3.) non parum saepe (oft genug) (fin. 2,12). Ego ingenio parum posssum (Quinct. 2). Humanitatis non parum habes (S. Rose. 46). Parum cauti fuerunt (S. Rose. 117). Haec parum accepi (Das habe ich nicht gut genug verstanden.) (nat. deor. 3,4). Hic mediocritatem illam Uene rechte Mitte) tenebit, quae est inter nimium et parum (die zwischen einem Zuviel und einem Zuwenig liegt) ( off. 1,89). Animi satis, auctoritatis parum (Att.16,14,2). Sed parum est me hoc meminisse (Lig. 35). Parumne est, Piso, quod homines fefellisti? (Sest. 32). (2) Das als Adverb und Substantiv gebrauchte paulum bedeutet 'ein (klein) wenig, nur ein wenig'. Genetiv und Dativ von paulum sind ungebräuchlich (!:::.).paululum undperpaulum (fin.1,19) bedeuten '(nur) ein ganz klein wenig' . paulum frumenti (civ. 1,78,2); paulum procedere (Thsc. 5,56); paulum progredi (GaU. 7,45,5); paululum respirare (Cluent. 200). Epistulae tuae paulum me recreant (Att. 9,6,5). (3) Das Adverb (a) parumper bedeutet ' für eine kleine Weile, für einen kurzen Augenblick' und 'nicht unbeträchtlich, ein gutes Stück, ein wenig', (b) paulisper 'ein Weilchen, eine Zeitlang', (c) aliquamdiu 'ziemlich lange', ad tempusund in praesens (vgl. § 24,9) 'vorübergehend, spontan, für den Augenblick'. aliquamdiu kann im Gegensatz zuparumper und paulisper längere unbestimmte Zeiträume bezeichnen. Zu a) digredi parumper a causa (einen kurzen Exkurs machen) (Brut. 322). Qui utinam passet parumper exsistere! (Wenn er doch nur für eine kurze Zeit wieder von den Toten auferstehen könnte!) (Scaur. 48). Haec cum Crassus dixisset, parumper et ipse conticuit et a ceteris silentium fuit (de orat. 3,143). Hic mihi parumper mentes vestras, Quirites, commovere videor (leg. agr. 2,49). Dent operam parumper! (Sie sollen sich ein wenig anstrengen!) (rep.1,12). 227
A. Wortarten (§§ 1-242)
Zu b) paulisper proeliurn interrnittere (Galt. 3,5,3). Hic paulisper est pugna· turn (civ. 3,67,5). Paulisper conivebo (Ich will kurz mal ein Auge zudrücken.) (leg. agr. 2,77). Zu c) Tantus pudor fuit, ut aliquarndiu, curn a rne prerneretur, ornnia potius responderet quarn Chelidonern norninaret (Verr. II 1,139). Tarquinio Superho aliquamdiu prospera fortuna cornitata est (rep. 2,44). ad tempusfingere aliquid (inv. 2,36). Weitere Stellen: parumper: Balb. 47; orat. 112; Tusc. 5,68; Lael. 5; Att. 9,4,3; paulisper: Verr. II 4,39; ad tempus: Lael. 53.
(4) Das deutsche 'wie wenig' im Ausruf und im indirekten Fragesatz heißt im Lateinischen quarn non, quarn nerno (nullus), quam nihil, quam vix. Quarn hocnon euro! (Wie wenig mich das kümmert!) (Thsc. 2,17). Quarn nihil euro! (fin. 5,80). Non dici potest, quam flagrem desiderio urbis, quarn vix harurn rerurn insulsitatern (Langeweiligkeit) ferarn (Att. 5,11,1). (5) Die konzessive Subjunktion quarnvis steht in Verbindung mit einer Negation (non, nerno, nullus, nihil, nurnquarn) für das deutsche 'so wenig auch' (vgl. § 584,4). Senectus quamvis non sit gravis (so wenig beschwerlieb das Alter auch sein mag), tarnen aufert viriditatern (Lael.ll).
§ 178
Das deutsche 'wenigstens' Dem deutschen Adverb 'wenigstens' entsprechen im Lateinischen: dumtaxat (vgJ. § 175,4); (1) saltem 'wenigstens, jedenfalls doch'; saltem (schwächer certe, vgl. § 144,1b) bezeichnet ein H erabsteigen von ·einem Höheren zu einem Geringeren (sog. Gradatio a maiori ad minus). saltem gehört immer zu einem einzelnen Wort. (2) Bei Zahlwörtern wird das deutsche 'mindestens' bei großen Zahlen mit admodurn oder ultra (eigentlich: über) wiedergegeben und sonst mithilfe von aut plures umschrieben, so dass "mindestens 1000 Reiter' equites adrnodurn rnille, ultra mille equites, 'mindestens zwei Bücher' aber libri duo aut plures heißt. (3) Das deutsche 'höchstens, spätestens' wird bei Zahlen und Zeitangaben mit surnrnurn wiedergegeben. Zu 1) si non bono, at saltern certo statu civitatis (fam. 9,8,2). Atque antehac quidem sperare saltem licebat; nunc etiam id erepturn est (fam.12,23,3). Zu 2) Turres admodum centurn viginti (Gall. 5,40,2). Ultra quadringenta rnilia (mindestens 40000) (Att. 3,4,1). Genus id est, quod duas aut plures complectitur partes (Eine Gattung ist etwas, das mindestens zwei Teile umfasst.) (de orat.l,l89). Zu 3) biduo aut surnmum triduo (Quinct. 48); hodie aut surnmurn cras (Att. 13,21,2). Anm.: minimum i. S. v. ' mindestens' ist gegen Menge § 495 Anm. klassisch nicht belegt
(ll).
228
I\1. Adverbien (§§ 142-197)
§§ 179-184
d) Modaladverbien § 179 Das deutsche 'ausdrücklich, explizit' § 180 Das deutsche 'falsch' § 181 Das deutsche 'freiwiUig, von selbst' § 182 Das deutsche 'so' § 183 Das deutsche 'um sonst, vergeblich' § 184 Das deutsche 'wie, wie z.B.'
§ 179
Das deutsche 'ausdrücklich, explizit' D as deutsche 'explizit, ausdrücklich, klar und deutlich' kann nicht mit der neulateinischen Wendung expressis verbis wiedergegeben werden (6.). Je nach Kontext entspricht eines der folgenden Adverbien dem deutschen 'explizit': diligenter (Pis. 90), definite (Balb. 32); dilucide (Vatin. 37); plane (Att. 11,6,2); nominatim (namentlich) (Att. 4,1,6). 'implizit' heißt lateinisch tacite (eigentlich: stillschweigend). Lex dilucide vetat (Sest. 133). Hoc cum plurimae Leges veteres, tum Lex Iulia de pecuniis repetundis planissime vetat (Pis. 50). Quodam modo tacite dat ipsa Lex potestatem defendendi (Gewissermaßen implizit gibt das Gesetz die Erlaubnis, sich zu verteidigen.) (Mil. 11).
§ 180
Das deutsche ' falsch ' Das deutsche 'falsch, fälschlich' wird im klassischen Latein i. d. R. mit fa/so wiedergegeben;fa/so kann auch 'irrtümlich, zu Unrecht' bedeuten. Das seltene Adverb perperam findet sich fast nur in Verbindung mi.t iudicare (eine Fehlentscheidung treffen) oder in Opposition zu recte (Quinct. 31). vitiose und perverse bedeuten 'falsch' i. S. v. 'fehlerhaft, verkehrt'. fallaciter bezeichnet eine absichtliche Verfälschung (in betrügerischer Weise, in der Absicht zu täuschen). 'falsch schwören, einen Meineid leisten' heißt lateinisch falsum iurare (off. 3,108) oder peierare. Cum grave est vere accusari in amicitw, tum, etiam si fa/so accuseris, non est neglegendum (Mur. 7). Quidam fa/so putant eqs. (Manche nehmen irrtümlich an usw.) (Marcell. 30). Stellae, quae fa/so vocantur errantes (nat. deor. 2,51). Adesse equites fa/so nuntiabantur (civ. 1,14,2). Qui vitiose facit (fehlerhaft handeln, Fehler machen), hunc ad id, quod facere possit, detrudendum puto (de orat.1,130). Vere etiam illud dicitur, perverse dicere hominesperverse dicendo facillime consequi (Auch diese Behauptung ist wahr, dass die Menschen am leichtesten durch einen falschen Sprachgebrauch einen falschen Sprachgebrauch erlernen.) (de orat.l,150). Maiores nostri non ficte et fallaciter populares, sed vere et sapienter fuerunt ( dom. 77). Ratio hoc postulat, ne quid insidiose, ne quid simulate, ne quid fallaciter agamus (off 3,68). 229
A. Wortarten (§§ 1-242) Weitere Stellen: perperam: inv. 1,102; perperam iudicare: Verr. II 2,33.34.57; Caecin. 69.71; vitiose: ac. 2,98;perverse: orat. 226;fal/J~ciJer. div.l,35.
§ 181
Das deutsche 'freiwillig, von selbst' Es gibt folgende Übersetzungsmöglichkeiten für das deutsche 'freiwillig, von selbst': ultra (aus freien Stücken, von selbst, ohne äußere Veranlassung); sua sponte (aus eigenem Willen, aus eigener Kraft, mit eigenen Mitteln, nach eigenem Entschluss, ohne fremde Hilfe, selbstständig) (vgl. § 5,4); voluntate (aus freiem Willen, nach eigenem Entschluss); voluntate et iudicio, consulto, de industria, deditä operä (vorsätzlich, absichtlich und mit Bedacht); suo Marte (aus eigener Kraft, vgl. § 65,1); voluntarius als Attribut bei einem Substantiv; ipse (vgl. § 78,3, z. B.: Valvae subito se ipsae [von selbst] aperuerunt [div.1,74].) Jd quod antea petenti denegaverat, ultro pollicitus est (Gall.1,42,2). Bel/um ultra (ohne Anlass) intulerunt (GaU. 4,13,1). Nihil mihi in mentem venit optare, quod non ultra mihi Caesar detulerit (fam. 4,13,2). Respandit Ariovistus transisse sese Rhenum non sua sponte, sed rogatum et areessitum a Gallis (Gall. 1,44,2). Dedita opera has ad te Litteras misi (Att.10,3,1). Est vitium, quod nonnulli de industria eonseetantur (Das ist ein Fehler, den einige absichtlich begehen.) (de orat. 3,42). Voluntate et iudicio suscipi aegritudinem eonfitendum est (Thsc. 3,66). Nemo erat volunrarius laudator praeturae tuae (Niemand lobte freiwillig deine Prätur.) (Verr. II 4,143). Anm.: 'Das versteht sich von selbst' heißt lateinisch Hoc ex se intellegirur (inv. 1,70).
§ 182
Das deutsche 'so' (1) Das deutsche 'so' wird im Lateinischen auf verschiedene Weise wiedergegeben: (a) Das Adverb ita kann (wie eo modo, ea ratione etc., vgl. is, ea, id [§ 68,4]) nur anaphorisch (vgl. § 7l,lc) und kataphorisch (vgl. § 71,1d) gebraucht werden, während sie (wie hoe modo, hae ratione, vgl. hie, haee, hoe) auch exophorisch gebraucht wird. Beide Adverbien stehen i. A. nur bei Verben, ita nur selten bei Adjektiven und Adverbien i. S. v. tam (s. u. c); sie steht nur dann bei Adjektiven und Adverbien, wenn auf einen augenblicklichen Zustand hingewiesen oder auf den vorhergehenden Satz zurückverwiesen wird. ita verweist oft kataphorisch auf einen Acl voraus. lta mihi videtur (Att. 14,9,3). Quae eum ita sint eqs. (Catil. 1,10)./ta sunt res nostrae (Att. 4,1,8). Sievita hominum est, ut eqs. (S. Rose. 84). Sie se res habet (Thsc. 5,63). /ta scripsit ad me sibi meam commendationem maximo adiumento fuisse (fam.l3,24,1). (b) Die Adverbien tantopere und adeo (vgl. § 196,1) stehe n bei Adjektiven, Adverbien und Verben zum Ausdruck einer starken Steigerung (so sehr, in so hohem Grade).
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IY. Adverbien (§§ 142- 197)
Hi tantopere de potentatu inter se muttos annos contenderunt (Gall. 1,31,4). Adeo oblitus constantiae meae, adeo immemor rerum a me gestarum esse videor, ut eqs. (Sull. 83). (c) Das Adverb tam (so sehr) steht nur bei Adjektiven und Adverbien. tam kann nur in Korrelation zu quam auch bei anderen Wortarten stehen. Statt tam multi steht i.d.R. tot, statt tam magnus i.d.R. tantus (vgl. aber§ 147,4). Häufig sind die Verbindungen tot tantique und tanti tamque. tam temere (GaU. 1,40,2); tam graviter (Verr. Il5,20); causaetot tantaeque (de orat.1,5); ista tanta tamque multa (de orat. 1,44). Decipi tam dedecet quam delirare (Sich betrügen zu lassen ist ebenso entehrend wie verrückt zu sein.)
(off. 1,94). (d) Das Adverb tam wird i. d. R. nur dann gesetzt, wenn das deutsche 'so' betont ist, ein vergleichendes quamoder ein Konsekutivsatz folgt oder sich aus dem Zusammenhang leicht ergänzen lässt. Ist das deutsche 'so' ein unbetontes Füllwort, so steht im Lateinischen i. d. R. der Superlativ. Cur ea sustulistis, quae maiores nostri sapientissime (so weise) sanxerunt? (Catil. 4,10). Aber auch: Roscius homo tam splendidus et gratiosus nullo negotio occisus est (S. Rose. 20). Weitere Stellen: Verr. II 2,104; 3,131; nat. deor. 2,158.
( e) Im Nachsatz eines Satzgefüges bleibt das deutsche 'so' i. d. R. unübersetzt. Si Fabius oriente Canicula natus est, Fabius in mari non morietur (Wenn Fabius beim Aufgang des Hundssterns geboren ist, so wird er nicht auf See sterben.) (fat.12). (2) Das deutsche 'soviel, soweit' wird im Lateinischen wie folgt wiedergegeben: (a) hactenus bedeutet 'bis zu diesem Punkt, bis hierher, soviel, soweit'. Es wird fast ausschließlich in bestimmten Formeln gebraucht, mit denen die Rede abgebrochen wird, wie: (sed) haec (quidem) hactenus; hactenus de aliqua re etc. hactenus kann nicht temporal i. S. v. adhuc gebraucht werden. Sed haec hactenus! (Aber dazu nur soviel!) (fin. 4,14). Hactenus de amicitia quid sentirem mihi videor potuisse dicere (Lael. 24): Sed de hoc loco plura in aliis, nunc hactenus (div. 2,76). Verum haec quidem hactenus, cetera, quotiescumque voletis, et hoc loco et aliis parata vobis erunt (Thsc. 3,84). (b) Steht ein Präpositionalgefüge mit de bei hactenus, so wird haec nicht mehr hinzugefügt. Sed de perceptione hactenus (ac. 2,36). De domesticis rebus hactenus (fam. 16,24,2). Weitere Stellen: Brut. 52; Phil. ll,20;Thsc. 4,65; fam. 2,1,1; 3,7,3.
(c) Hängt von hactenus ein Gliedsatz oder ein Acl ab, so bedeutet es 'insofern, soweit, soviel'. Hactenus fuit, quod caute a me scribi passet (Att. 11,4a). Weitere Stellen: div. 1,13; fam. 4,3,3; Att. 5,4,2; 6,2, 1.
231
A. Wortarten (§§ 1-242)
(d) Das Lokaladverb eo bedeutet auch in übertragenem Sinn 'soweit'; eo kann durch usque verstärkt werden (vgl. § 170,3). Eo progrediar, ut stomacheris (Ich werde es noch soweit treiben, dass du an die Decke gehst.) (Att. 12,37,2)./lle usque eo fervet ferturque avaritia, ut eqs. (Quinct. 38).
§ 183
Das deutsche 'um sonst, vergeblich' Das deutsche 'vergeblich, um sonst' wird im Lateinischen wie folgt wiedergegeben: frustra steht in Beziehung auf das Subjekt, das in seinen Erwartungen getäuscht wird oder etwas 'erfolglos, zwecklos, grundlos, sinnlos' tut; gratis bedeutet 'um sonst, unentgeltlich' (ohne Lohn zu geben oder zu empfangen), z. B. gratis facere aliquid (Vatin. 38), gratis aliquid dare (Verr. II 3,200); das seltene gratuito hat die gleiche Bedeutung wie gratis; klassisch selten ist nequiquam (nutzlos, erfolglos). re infecta bedeutet 'unverrichteter Dinge, erfolglos' (nie bei Cicero).104 Stultitia estfrustra confici maerore (Tusc. 3,77). Quendam senem disserenlern inducit nihil esse animum et hocesse nomen totum inane,frustraque (sinnlos) animalia et animantes appellari (Thsc. 1,21). /ta re infecta in oppidum reverterunt (Gall. 7,82,4). Weitere Stellen: gratuito: Arch. 10 (mit vv.U.); oft 2,66; nequiquam: Quinct. 79; Gall. 2,27,5; re infecta: Gall. 7,17,5; 7,82,3; civ. 3,40,5;3,57,5. Anm.: incassum 'ohne Erfolg, zwecklos' ist unklassisch (.0.).
§ 184
Das deutsche ' wie, wie z. B.' (1) Das deutsche 'wie' kann wie folgt übersetzt werden: Die Fragewörter quomodo und quemadmodum (selten qui, vgl. § 411) stehen zur Einleitung direkter und indirekter Fragen (selten im parenthetischen Gliedsatz), die stärkeren quantapere und quam valde (wie sehr) nur zur Einleitung indirekter Fragen, quam (wie sehr) bei Adjektiven und Adverbien, bei Verben nur in einem Ausruf oder einem indirekten Fragesatz. Iam aut Callipho aut Diodorus quomodo poterunt tibi istud concedere? (fin. 4,50). Oculi, quemadmodum animo affecti simus, loquuntur (leg. 1,27). Num obliviscimur, quantapere in audiendo in legendoque moveamur, cum pie, cum amice, cum magno animo aliquid factum cognoscimus? (fin. 5,62). Videte, quam valde malitiae suae confidat Timarchides! (Verr. II 3,155). Est autem fidei nostrae declarare militibus, quam memores simus quamque grati (Phil. 14,29). Quam hocnon euro! (Wie gleichgültig mir das ist!) (Tusc. 2,17). (2) Die Subjunktion ut steht für das deutsche 'wie': ul4 Vgl. Wölf[Jin. E., frustra, nequiquam und Synonyma,ALLG 2 (1885), 89 & 614f.
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IV Adverbien(§§ 142-197)
(a) in Ausrufen entweder in qualitativem Sinn 'auf welche Weise' oder in quantitativer Bedeutung 'wje sehr' . Quae postea in eum sunt ingesta, ut sustinuit, ut contempsit! (Att. 3,11,2). Weitere Stellen: Mil. 64; fin. 5,61; Att. 2,21,3.
(b) in indirekten Fragen, aber fast ausschließlich in Abhängigkeit von videre, audire, cognoscere, docere u. a. Verba dicendi et sentiendi. Die Regel ist nach diesen Verben allerdings ein Acl oder ein AcP (vgl. § 478; § 484; § 498,1). lam ut Romae vixerint, quibus conviviis, quibus flagitiis, quantis et quam profusis sumptibus non modo conscio sed etiam conviva et adiutore Oppianico Longum est dicere mihi (Cluent. 36). Videtis, ut senectutis non modo languida atque iners non sit, verum etiam sit operosa? (Cato 26). Weitere Stellen: Att. 4,18,1. Anm.: Klassisch steht ut nie in direkten Fragen (!::;,. ).
(c) in parenthetischen Gliedsätzen, in denen das deutsche 'wie' fast immer mit ur wiedergegeben wjrd (vgl. § 595,3). ut aiunt (Catil.1,15); ut dixi (Catil.1,19); ut supra dieturnest (off.1,119); ut isti putant (rep.1,1); ut supra demonstravimus (Gall. 5,3,2); ut opinor (Catil. 1,17); ut fit (Quinct. 39); ut quidem sentio (Brut. 185) etc. (3) Das deutsche 'z.B., wie z.B., so z.B.' wird wie folgt übersetzt: (a) Die Verbindung exempli causabedeutet 'als Beispiel'. Es findet sich fast ausschließlich nach Verben wie proferre,ponere, nominare etc., wenn ein wjrkliches Beispiel, ein historischer Fall angeführt werden soll. Exempli causa paucos (nur wenige) nominavi (Phil.13,2). Certurn quiddam et breve exempli causa ponamus (inv. 1,66). Exempli causa ponatur aliquid, quod latius pateat (off. 3,19). Weitere Stellen: S. Rose. 27; Verr. II 2,183; Mur. 27.
(b) Die Verbindung verbi causa (gratia) steht, wenn zur Veranschaulichung einer allgemeinen Behauptung ein willkürlich gewähltes Beispiel gesetzt wird (sagen wjr einmal). Age vero, quae erat aut qualis quaestio? "Heus tu, Rufio, " verbi causa, "cave sis mentiare: Clodius insidias fecit Miloni?" (Mil. 60). Sunt astrologorum praecepta huius modi: si quis verbi causa oriente Canicula natus est, is in mari non morietur (fat. 12). Weitere Stellen: verbi gratia: Verr. II 2 ,143; fin . 5,30; ac. 2,94. Anm.: Vereinzelt findet sieb statt verbi gratia auch exempli gratia (oft 3,50) ( !::;,. ).
(c) Die Subjunktionen ut, velut, seltener sicut sind die häufigsten Ausdrücke für 'z.B.'; sie führen einzelne Wörter und Ausdrücke ebenso wie ganze Sätze
(v. a. velut) ein. Bei der Einführung ganzer Sätze kann man diese Partikeln auch mit 'so' wjedergeben. Multi et magni philosophi haec ultima bonorum iuncta fecerunt, ut A ristoteLes virtutis usum cum vitae perfectae prosperitate coniunxit (Viele große Philosophen haben diese höchsten Güter miteinander verbunden: so hat z. B. Aristoteles usw.) (fin. 2,19). Velut in hac quaestione multideosesse dixerunt (So 233
A. Wortarten (§§ 1-242)
behaupten viele usw.) (nat. deor. 1,2). Di etiam, ut cum Gigantibus, sua propria bella gesserunt (nat. deor. 2,70). Weitere Stellen: ut: inv. 2,95.157; Brut. 292; fin. 4,29; Thsc. 4,25; off. 1,140; Lael. 73; velw: Tusc. 5,34; off.l,l5; nat. deor. 2,124;sicw: de orat. 1,238.
(d) Die kausalen Konjunktionen nam und enim (vgl. § 440) erläutern oder begründen einen allgemeinen Satz durch die Einführung eines konkreten Falls; nam und enim können fehlen , so dass das deutsche 'z. B.' ohne Entsprechung bleibt. Opifices post mortem nobilitari volunt; Phidias enim sui similem speciem inclusit in clipeo Minervae (Thsc. 1,34). Consuetudinis magna vis est; pernoctant venatores in nive, in montibus uri se patiuntur (Thsc. 2,40). Manent ingenia senibus: Sophoc/es ad summam senectutem tragoedias scripsit (Cato 22). (e) Die konklusiven Konjunktionen igitur, itaque (vgl. § 441) bedeuten 'daher zum Beispiel'. Summam eruditionem Graeci sitam censebant in nervorum vocumque cantibus; igitur Epaminondas fidibus praeclare cecinisse dicitur (Tusc.1,4). (f) quidem fUhrt eine wichtige Autorität oder ein besonders treffendes Beispiel ein. Multi senes agri colendi studia tenent usque ad ultimum tempus senectutis; M. quidem Corvinum accepimus ad centesimum annum perduxisse (Cato 60). Anm.: D er Imperativ puta wird klassisch nie i. S. v. ' z. B.' verwendet (ß).
§§ 185-187
e) Urteilsadverbien § 185 Das deutsche ' gewiss, jedenfalls, allerdings' § 186 Das deutsche 'natürlich' § 187 Das deutsche 'vielleicht'
§ 185
Das deutsche 'gewiss, jedenfalls, allerdings' Dem deutseben 'gewiss, jedenfalls, allerdings, nun' entsprechen im Lateinischen die Partikel quidem, profecto, utique, ne, equidem, sane, certe und vero. (1) Für den Gebrauch des Enklitikons quidem gelten folgende Regeln: (a) quidem steht zur affirmativen Betonung des vorhergehenden Wortes Gedenfalls, gewiss, sicherlich, zumindest). Optare hoc quidem Gedenfalls) est, non docere (Thsc. 2,30). Est illud quidem (gewiss) vel maximum, animo ipso animum videre (Thsc.l,52). Absurdum id quidem (sicherlich) (Thsc. 1,61). Jlle quid in dicendo posset, numquam satis attendi; in clamando quidem (im Schreien zumindest) video eum esse bene robustum (div. in Caec. 48). Sie faciemus; atque ista quidem condicione me teneres (So machen wir es; und du würdest mich schon mit dieser von dir gestellten Bedingung halten können.) (de orat. 2,27). 234
IV. Adverbien (§§ 142- 197)
(b) quidem steht häufig zur Verstärkung nach anderen Urteilsadverbien und Subjunktionen: certe quidem (Tusc. 1,70), si quidem (da ja) (Flacc. 15), quoniam quidem (Foot. 21), cum quidem (div.1,123), ut quidem (Brut. 185) etc. (c) quidem steht auch im Gegensatz zu einem vorhergehenden Glied, und zwar in adversativer Bedeutung (sicherlich doch, aber, freilich, allerdings). Jd nos fortasse non perfecimus, conati quidem (sicherlich doch) saepissime sumus ( orat. 210). Cogitatione haec inter se differunt, re quidem copulata sunt (Thsc. 4,24). Fabulae delectationis habeant, quantum voles; fidem quidem nullam debemus cornmenticiis rebus adiungere ( div. 2,113). Weitere Stellen: S. Rose. 31; nat. deor. 1,74; Ga II. 4,7,5; 5,29,7 ; civ. 2,17,2; 2,31,5.32,11; 3,66,7.
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(d) Oft wird ein allgemeiner Gedanke durch eine zweigliedrige Gegenüberstellung näher ausgeführt. Das erste Glied des Gegensatzes leitet man im Deutschen durch die Voranstellung des Wortes ein, in dem der Gegensatz liegt, die Weiterführung geschieht mit 'nun', das im Lateinischen mit et oder atque wiedergegeben wird; der Gegensatz wird bezeichnet durch quidem; das im D eutschen vorangestellte Wort im ersten Glied wird zwischen et (atque) und quidem eingeschlossen: 'Ich begann die alten Schriftsteller zu lesen (allgemeiner Gedanke); die lateinischen Autoren gefielen mir nun weniger ( erstes Glied des Gegensatzes), aber von den Griechen war ich begeistert (zweites Glied des Gegensatzes).' Scriptores veteres Legere coepi; et Latinis quidern delectabar minus; Graecorum autem incensus studio ferebar. Nach einer Ausführung über den Klauselrhythmus: Etapud Graecos quidem iarn anni prope quadringenti sunt, cum hoc probatur, nos nuper agnovimus (orat. 171). Weitere Stellen: Phil. 2,78; nat. deor. 1,41; inv. 1,83. (e) Sehr häufig steht quidem in Korresponsion zu einem folgenden sed (tarnen) 'zwar - aber' (vgl. § 439,7). Oft findet sich in einem prädikatslosen Hauptsatz der Typus Q. Metellus Celer non ille quidem orator, sed tarnen non infans. 'Metellus Celer war zwar kein Redner, aber dennoch nicht sprachlos.' (Brut. 305). Eius rei Corneades non ille quidem auctor, sed defensor (Kameades war zwar nicht der Erfinder dieser Sache, aber ihr Verteidiger.) (fin. 5,20). (f) quidem kann auch 'z.B.' bedeuten (vgl. § 184,3f). (2) profecto bezeichnet die subjektive Überzeugung des Sprechers (das objektive 'wirklich, in der Tat' bleibt im Lateinischen i. d. R. unausgedrückt, vgl. § 190,1). E s steht v.a. in Hauptsätzen; zuweilen findet es sich in Nachsätzen von hypothetischen Perioden. Meministi profecto (Du wirst dich sicher [wie ich meine] erinnern.) (Lael. 2). Haec si Accius cogitavisset, profecto ne conatus quidem esset dicere (Cluent. 160).
(3) utique 'jedenfalls, unbedingt' bezeichnet einen Gegensatz zu einem (expliziten oder impliziten) 'möglicherweise, vielleicht, was auch immer geschieht'. 235
A. Wortarten (§§ 1-242)
Quo die venies, utique fac cum tuis apud me sis (An welchem Tag du auch kommen magst, sei auf jeden Fall mit deinen Leuten da.) (Att. 4,4). Fabä Pythagorei utique (unter allen Umständen) abstinuerunt (div. 2,119). (4) ne (fürwahr, wahrhaftig, sicherlich) tritt stets an die Spitze eines Satzes und steht nur vor Personal- und Demonstrativpronomina, am häufigsten in den Nachsätzen einer kondizionalen Periode. Bei Cicero wird es an zwei Stellen durch medius fidius verstärkt (Att. 4,4a,2;Thsc. 1,74). Ne illi vehementer errant, si illam meam pristinam Zenitatem perpetuam sperant futuram (Catil. 2,6). Ne ego ei non affuissem, nisi eqs. (vgl. Thsc.1,99). Si geometricis rationibus non est crediturus, ne ille Ionge aberit ur argumentis credat philosophorum (ac. 2,117). Weitere Stellen: Mil. 68; Phil. 2,3; de orat. 3,125; Brut. 249; off. 2,75; Thsc. 3,8; nat. deor. 1,52; Cato 33; fam. 7 ,23,3.
(5) equidem (allerdings, zwar, zumindest) wird be~ Cicero nur mit der (implizit in der Verbform enthaltenen) ersten Person Singular verbunden (ich meinerseits), z.B. Puto equidem. Besonders häufig findet sich equidem bei Verben wie credo (rep.6,10), puto (Att.14,5,3), video (Scaur. 49) etc. Vos haec melius scire potestis, equidem audita dico (Sest. 72). Fauni vocem equidem numquam audivi, tibi, si audivisse te dicis, credam (nat. deor. 3,15). Anm. 1: equidem wird klassisch nur einmal mitegoverbunden (de orat. 2,25) (6). Anm. 2: Die Verbindung von equidem mit anderen Personen als der ersten Person Singular ist unklassiscb (t.). l n Att.13,26,2 ist equidem auf scribam zu beziehen, nicht auf credibile est (vgl. HSz 174); Sest. 122 und Pis. 84 werden dementsprechend emendiert.
(6) Das Adverb sane hat die Bedeutung 'in der Tat, allerdings'. Es steht vor oder nach dem betonten Wort. sane non bedeutet 'gewiss nicht, keineswegs'; non (haud) sane 'nicht recht'. res sane difficilis (de orat. 2,264); res sane non recondita (de orat. 2,79). Ad Hirtium dederam epistulam sane grandem (Att. 13,21,1). Haud sane intellego (off. 2,5). Weitere Stellen: off. 1,38; Lael. 71.
(7) Zu certe und vero vgl. § 144,1-2.
§ 186
Das deutsche 'natürlich' (1) Die Adverbien scilicet, videlicet, nimirum, quippe und nempe entsprechen dem deutschen 'natürlich, selbstverständlich, zugegeben'; sie werden sehr häufig ironisch verwendet. Me quidem species quaedam commovit, inaniter scilicet, sed commovit tarnen (fin. 5,3). Homo videlicet timidus et permodestus (über Catilina) (Catil. 2,12). Si diligenter, quid Mithridates potuerit, consideraveris, omnibus regibus hunc regem nimirum antepones (Mur. 32). Sol Democrito magnus videtur, quippe homini erudito (fin. 1,20). Apud quem igitur hoc dico? Nempe apud eum eqs. (Lig. 7). 236
IV. Adverbien (§§ 142- 197)
(2) Eine andere Möglichkeit, das deutsche ' natürlich' wiederzugeben, besteht in der Umschreibung mit mirum non est, non miror etc. mit Acl oder faktischem quod oder in der Einfügung eines parenthetischen nec mirum, minime mirum. Hanc rem vos adhuc ignorare mirum non est (Natürlich wisst ihr das noch nicht.) (S. Rose. 5). Neque id esc mirum (Und das ist doch selbstverständlich.) (Q. Rose. 33). Haec omnia imprudente L. Su/la facta esse certo scio. Neque enim mirum, cum eqs. (S. Rose. 22).
§ 187
Das deutsche 'vielleicht' Dem deutschen 'vielleicht' entsprechen im Lateinischen folgende Adverbien und Wendungen (vgl. auch§ 193): (1) Das beim Indikativ stehende fortasse bedeutet 'vielleicht und sogar wahrscheinlich' . Seltener steht fortasse beim potentialen Konjunktiv (vgl. § 116), v. a. in der Occupatio. Häufig wird fortasse konzessiv verwendet; auf das durch fortasse modifizierte Glied folgt sodann eine adversative Aussage. Fortasse dices (div. in Caec. 40). Fortasse dixerit quispiam (Cato 8). Res fortasse verae, certe graves, non ita tractantur, ut debent (fin. 4,7). Dolent fortasse, sed eqs. (Es mag ja sein, dass man schmerzlich trauert, aber usw.) (Tusc.l,30). Weitere Stellen: fortasse mit Potentialis: leg. 2 ,3; off 3,97. Anm.l: Nur vereinzelt erscheint bei Cicero die Formfortassis;jeweils existiert die v. l. fortasse (Cluent. 144; ad Q. fr. 2,2,1) (t:.). Anm. 2: Nur selten kann fortassein Verbindung mit einer Zahl ' etwa' bedeuten (orat. 190;Att. 7,4,2) ( t:. ).
(2) Das regelmäßig mit dem Konjunktiv stehende forsitan (allenfalls, möglicherweise) bezeichnet ein Vielleicht, für das man keine Gründe angeben kann, eine reine Annahme oder Vorstellung. forsitan steht v. a. mit dem potentialen, selten mit dem irrealen Konjunktiv; es findet sich häufig in Relativsätzen. Forsitan quaeratis (S. Rose. 5). Forsitan fecerim (S. Rose. 31 ). Forsitan quispiam dixerit (off. 3,29). Ceteris forsitan vitio darum esset, si se interemissent (off. 1,112). Quid? Illa, quae forsitan ne sentiamus quidem, iudices, quanta sunt! (Verr. li 2,6). Weitere Stellen: Verr. ll 2,6; 3,132.206; 5,4; Cluent. 141; Sest. 45; de orat. 1,163; 3,74; fam. 5,21,3; Irrealis: Q. Rose. 47; Verr. II 2,159; de orat. 2,189. Anm.: Unklassisch sind die Formen fors und forsan (t:.). forsitan steht bei Cicero immer mit dem Konjunktiv, wohl auch an folgenden textkritisch umstrittenen Stellen: Verr. li 4,124; Lig. 38; Brut. 52; fam. 1,8,2.
(3) Der adverbial erstarrte Ablativ forte besitzt nur in Gliedsätzen mit si, sin, nisi, ne die Bedeutung 'vielleicht'. si forte kann auch elliptisch stehen i. S. v. 'günstigenfaUs, möglicherweise'. Cupio mihi ab Hortensio subici, quoniam de militari eius gloria dico, si quid forte praetereo (Da ich über seinen Kriegsruhm rede, soll Hortensius meinem 237
A. Wortarten (§§ l-242)
Gedächtnis nachhelfen , falls ich womöglich etwas übergehe.) (Verr.II 5,25). Vide, quaere, circumspice, si quis forte est ex ea provincia, in qua tu triennium praefuisti, qui te nolit perisse (Schau, suche, blicke um dich: vielleicht findest du jemanden aus der Provinz, die du drei Jahre lang geleitet hast, der nicht dein Verderben wünscht.) (Verr. II 3,180)./n patria moriar aut, si forte, pro patria (Mil. 104). Weitere Stellen: si forte: Mil.104; de orat. 3,47; off. 2,70; Att. 14,13,2; ad Q. fr. 1,2,7.
(4) Die Ausdrücke haud scio an, nescio an, haud sciam an, (selten) incertum est an, haben sehr oft den Sinn 'vielleicht, vermutlich, doch wohl, möglicherweise'. Sie drücken Ungewissheit oder höfliche Bescheidenheit aus und tendieren zu einer Affirmation der Aussage. Haud scio an recte ea virtus frugalitas appellari possit (Thsc. 3,16). Aristotelem excepto Platone haud scio an recte dixerim principem philosophorum (fin. 5,7). Omnium ineptiarum, quae sunt innumerabiles, haud sciam an nulla sit maior quam de rebus aut difficillimis aut non necessariis argutissime disputare (de orat. 2,18). Moriendum certe est et incertum an hoc ipso die (Sterben muss man auf jeden Fall - vielleicht sogar heute noch.) (Cato 74). Anm.: Unklassisch ist dubium est an ( 6). In Att. 16,5,3 (dubito an), Thsc. 4,50 (dubitaverim an),Att. 2,6,1; 5,9,2 (dubitem an) und Att. 10,8,3 (dubitemus an) handelt es sich um Sätze, in denen der Begriff des Zweifelns betont wird und die daher nicht mit 'vielleicht' übersetzt werden können.
(5) fortasse (häufig), haud scio an, nescio an etc. und (sehr selten) forsitan können auch bei einem einzigen Wort oder Ausdruck stehen. Hos versus dicam, ut potero, incondite fortasse, sed tarnen, ut res possit intellegi ( off. 3,82). Tanti tibi honores habiti sunt, quanti haud scio an nemini (ad Q. fr.l,1,30). Hoc diiudicari nescio an numquam, sed hoc sermone certe non potest (leg. 1,56). spes forsitan recuperandae libertatis (Phil. 3,29). Weitere Stellen:fortasse: Sull. 81; de orat. 1,102; oral 190.
(6) D as deutsche 'vielleicht' in Fragesätzen bleibt unübersetzt: 'Meinst du vielleicht?' Num putas? 'O der glaubst du vielleicht?' An credis?
§§ 188-195
5. Adverb im Deutschen, andere Ausdrucksweise im Lateinischen
§§ 188-190
a) Weglassung des Adverbs § 188 Weglassung deutscher Temporaladverbien § 189 Weglassung des deutseben Adverbs ' nur' § 190 Weglassung deutscher Urteilsadverbien
§ 188
Weglassung deutscher Temporaladverbien Einige deutsche Temporaladverbien bleiben im Lateinischen oft unübersetzt, falls sie sich selbstverständlich aus dem Kontext ergeben: 238
IY. Adverbien(§§ 142- 197)
(1) Das temporale und steigernde deutsche Adverb ' erst' bleibt v. a. bei Zeitbestimmungen und Gegensätzen unübersetzt: paucis ante diebus 'erst vor wenigen Tagen'; nuper 'erst neulich; hodie ' erst heute'. Das deutsche 'erst' bleibt auch unübersetzt, wenn ein einzelnes Wort oder ein ganzer Ausdruck schon für sich genommen eine Verspätung ausdrückt, v. a. bei Zeitbestimmungen: ' Cato lernte erst als Greis das Griechische.' Cato senex eqs. Außerdem bleibt das deutsche 'erst' in Sätzen ohne adverbiale Entsprechung, in denen ein Substantiv steigernd durch das Adverb 'erst' hervorgehoben wird, es kann aUerdings das Intensivpronomen ipse hinzutreten: 'Lasst uns die Thgenden betrachten, die das Leben erst zu einem wahrhaft menschlichen machen.' lntueamur virtutes, quae (ipsae) vitam humanam faciant. (Zu demum i. S. v. ' erst' vgl. § 162,4.) Manus extrema non accessic operibus eius: praeclare inchoata multa (vieles wurde erst begonnen),perfecta non plane (Brut.l26). Stantes plaudebant in re ficta; quid arbitramur in vera facturos fuisse ? (Sie applaudierten stehend einer Erfindung. Was hätten sie wohl erst bei einer wahren Begebenheit gemacht?) (Lael. 24). (2) Das deutsche Adverb 'noch' muss v. a. bei Zeitbestimmungen nicht eigens übersetzt werden: hodie 'noch heute'; hodieque 'auch heute noch'; nunc 'noch jetzt'; saepe 'noch oft'; numquam 'noch nie'; iterum 'noch einmal'; insuper 'noch dazu' ; ante lucem 'noch vor Tagesanbruch'; eodem anno ' noch in demselben Jahr' ; diu 'noch lange';puer 'noch als Knabe' ; antequam 'noch ehe, noch bevor' ; vivere 'noch am Leben sein'; restat 'es bleibt noch übrig'; relinquebatur una via ' es blieb nur noch ein Weg übrig' (Gall.1,9,1); addere, adiungere 'noch hinzufügen'; accedere 'noch hinzukommen'. (Zu anderen Übersetzungen von 'noch' vgl. § 159.) Hoc unum defuit ad pristinam fortunam Caesari (Dies eine fehlte noch zu Caesars altbekanntem Glück.) (Gall. 4,26,5). (3) Auch das deutsche Adverb 'schon, bereits' bleibt im Lateinischen häufig ohne Entsprechung: (a) Ein unbetontes 'schon' bleibt im Lateinischen i. d. R. unübersetzt: saepe 'schon oft'; multi 'schon viele'; ante 'schon früher' ; ut supra diximus 'wie schon gesagt'; semper 'schon immer'; antiquitus 'schon in früheren Zeiten'. Anm.: Nur vereinzelt begegnen Fälle wie fllud iam supra diximus (Thsc. 4,67).
(b) Auch in Gegensätzen bleibt das deutsche temporale 'schon' im Lateinischen ohne Entsprechung. qui mortui sunt (die schon gestorben sind) et ii, quibus moriendum est (Tusc. 1,9). Quoniam de genere belli dixi, nunc de magnitudine pauca dicam (Da ich über die Art des Krieges schon gesprochen habe, will ich nun kurz über seine Bedeutung sprechen.) (Manil. 20). (c) Das deutsche 'schon' bleibt auch in Vordersätzen mit steigerndem Nachsatz unübersetzt (sog. Argurnenturn a minori). Quae si in privatis gloriosa sunt, multo magis commemorabuntur in regibus (Ist dies schon bei Privatpersonen ruhmvoll usw.) (Deiot. 40). Et praeteri239
A. Wortarten (§§ 1-242)
torurn recordatio est acerba (schon bitter) et acerbior (noch bitterer) exspectatio reliquorurn (Brut. 266). Weitere Stellen: nat. deor. 2,83; off. 3,105.
(4) Das deutsche 'wieder' kann unübersetzt bleiben, wenn 'wieder' ohne jeden Nachdruck eine Bezugnahme auf einen früheren Zustand darstellt: 'Nachdem die Flotte einen Tag lang im Hafen gelegen hatte, lief sie wieder aus. Er hatte das Amt noch kein Jahr bekleidet, als er wieder abgesetzt wurde.' Ebenso heißen 'wiedersehen' und 'wieder genesen' lediglich videre bzw. convalescere (ex rnorbo), 'wiederkommen' heißt redireoder reverti (revenire findet sich bei Cicero nur in Verbindung mit domurn.) 'sich wieder erholen' heißt se recreare, se reficere, se recipere, 'sieb wieder zurückziehen' se recipere. (Zu anderen Übersetzungen von 'wieder' vgl. § 168,1.) Neque ornnes, qui curari se passi sunt, continuo etiarn convalescunt (Nicht alle, die eine Behandlung über sieb ergehen lassen, werden auch sofort wieder gesund.) (Tusc. 3,5). Publicius dornurn revenit et inde Rornarn rediit (Balb. 28). Vix se ex rnagno tirnore recreavit (Catil. 3,8). Se ex Labore refecerunt (Gall. 3,5,3). Hostes se ex terrore ac fuga receperunt (Gall. 2,12,1). Weitere Stellen: convalescere: Cluent. 37; rep. 2,26; fat. 28; domum revenire: de orat. 1,175.181.182. Anm.: revisere aliquem bedeutet gewöhnlich 'jemanden wiedersehen' i. S. v. 'jemanden besuchen' (fam. 1,10,1; Att. 1,18,8; 1,19,11; 4,14,2; 12,50,1}, ebenso visere (fam. 3,2,2; 9,23,1).
§ 189
Weglassung des deutschen Adverbs 'nur' Das deutsche Adverb 'nur' bleibt in folgenden Fällen unübersetzt: (1) bei Zahlwörtern, Mengenangaben und wenn es sich aus dem Kontext ergänzen lässt: unus 'nur einer'; sernel 'nur einmal'; pauci ' nur wenige'; rnediocris 'nur mäßig'; paulurn (selten paulurn rnodo) 'nur wenig'; raro 'nur selten'; aegre, vix 'nur mit Mühe'; breviter 'nur kurz'; exiguus, parvus (selten parvus rnodo) 'nur klein'; leve proeliurn 'eine nur unbedeutende Schlacht' (Gall. 7,53,2); invitus 'nur ungern'; rnox 'nur zu bald'; aliqui 'nur einige'; (unurn) hoc dico, unum illud dico, tanturn dico 'nur soviel sage ich' (vgl. § 69,1; § 71,4; § 175,3). Hi erant numero ducenti (nur zweihundert), reliqui in itinere substiterant (civ. 2,41,3). Quid ipse sentiarn, si placet, exponam, ita tarnen, si vacas anirno (jedoch nur unter der Voraussetzung, dass) (div.l,lO). Weitere Stellen: pau/um modo:Tusc. 2,55; Gall. 4,25,2; 6,27,3;parvus modo: Gall. 6,35,3; 7,52,2; hoc dico etc.: Quinct. 30.70; Caecin. 46; Mur. 34; div. in Caec. 29.
(2) wenn der Begriff des deutschen 'nur' in einem Gegensatz enthalten ist. Gernebant Syracusani, sed tarnen patiebantur (Sie seufzten nur, ließen es aber geduldig geschehen) (Verr. II 2,47). Quacumque iter feci, nulla vi, nulla contumelia, auctoritate et cohortatione perfeci (nur durch mein Ansehen) (Att. 5,21,8). 240
rv. Adverbien(§§ 142-197) Anm.: Nur vereinzelt findet sich bei pauci oder unus ein Adverb wie modo, tantum oder solum: Verr. II 2,185; Phil. 1,14; orat. 28.180; leg. 1,58; ac. 2,23.32.74.101; fam. 16,4,2; Gall. 5,41,7; civ. 3,19,1.
§ 190
Weglassung deutscher Urteilsadverbien (1) Das deutsche Urteilsadverb '(auch) wirklich' bleibt meistens unübersetzt, wenn es tautologisch eine Aussage verstärkt. Dies geschieht insbesondere nach einem mit (sic)ut eingeleiteten Vergleichssatz. Incumbite in causam, Quirites, ut facitis (wie ihr es auch wirklich tut) (Phi!. 4,12). Tu istam imbecillitatem valetudinis sustenta, ut facis (fam. 7 ,1,5). Si virtus digna est gloriatione, sicut est eqs. (fin. 4,51). Weitere Stellen: S. Rose. 22; rep.3,4; leg. 1,17; off. 3,117;Tusc. 1,41; ac. 2,69; fam. 7,32,3.
(2) Die Wiedergabe eines deutschen pleonastischen 'wirklich' durch certe oder profecto ist selten und findet sich nur bei besonderem Nachdruck (Zur subjektiven Bedeutung von profecto vgl. § 185,2.) Si licuit, sicuti certe licuit (Flacc. 59). Sit Ennius sane, ut est certe, perfectior (vgl. nat. deor. 2,78). Si modo di sunt, ut profecto sunt eqs. (nat. deor. 2,78). Ut iam omnes insipientes sint miseri, quod profecto sunt eqs. (fin. 4,66). Weitere Stellen: Verr. lT 4,115; Thsc. 4,72; Brut. 76; fam. 13,64,2.
(3) Die Ausdrücke re(vera), re ipsa, reapse können nur dann zur Wiedergabe von ' wirklich' verwendet werden, wenn sie im Gegensatz zu einem ausgesprochenen oder nur vorgestellten Begriff des Scheins stehen (in Wahrheit aber, in Wirklichkeit aber). Specie illud quidem blandum est, sed re ipsa multis locis repudiandum (Lael. 47). Weitere Stellen: Verr. II 3,21.33.133; 5,63; Cluent. 54; leg. 2,36; fam. 1,4,2.
(4) Das ohne besonderen Nachdruck gesetzte deutsche 'leider' kann im Lateinischen unübersetzt bleiben, wenn sich der Begriff des Bedauerns aus dem Kontext ergibt. Rem publicam penitus amisimus (Wir haben den Staat leider vollkommen verloren.) (off. 2,29). Caesar Pompeium depravatum invidia esse queritur (Caesar beklagte sich darüber, dass Pompeius leider durch Neid verdorben sei.) (civ.1,7,1). (5) Die lateinischen Ausdrücke für 'leider' werden nur bei besonderem Affekt angewendet: dolendum est; conquerendum est; cum magno meo dolore (ad Q. fr. 2,2,3);si dis placet (leider Gottes) (de orat. 3,93);quod doleo (Att. 3,10,2; 8,1ld,5). Eine andere Möglichkeit besteht in der affektvollen Verwendung von Interjektionen (vgl. § 237). Omnes molestias, quibus et te miserrimam habui, id quod mihi molestissimum est, et Tulliolam, deposui et eieci (fam.14,7,1). Sed itafato nescio quo contigisse arbitror, ut eqs. (fam. 15,13,2).
241
A. Wortarten (§§ 1-242)
(6) Für das deutsche Füllwort 'eigentlich' gibt es im Lateinischen i. d. R. keine Entsprechung. Nur in Fragesätzen setzt das Lateinische ein verstärkendes tandem, wo im Deutschen 'eigentlich' steht (vgl. § 420).
§§ 191-195
b) Ersatz des deutschen Adverbs § 191 Synonymik § 192 Wiedergabe deutscher Adverbien durch Verben mit Gliedsatz § 193 Die Übersetzung der deutschen Urteilsadverbien 'wohl, gewiss' § 194 Lateinisches Verb anstelle eines deutschen Adverbs § 195 Lateinische Adverbialia anstelle eines deutschen Adverbs
§ 191
Synonymik Sehr oft kann man ein bei einem Verb (Adjektiv, Partizip) stehendes verstärkendes deutsches Adverb durch zwei synonyme Rateinische Verben (Adjektive, Partizipien) wiedergeben (Hendiadyoin, vgl. § 29,5). refellere et redarguere (gründlich widerlegen) (Thsc. 2,5); metuere atque horrere (sehr fürchten) (S. Rose. 8); nomen delere ac tollere (bis auf die letzte Spur austilgen) (Verr. I 49; II ,4,80);fUndere et fUgare (vernichtend schlagen) (off. 3,112); poscere et flagitare (entschieden verlangen) (Plane. 48); disturbare et dissipare (völlig vernichten) (nat. deor. 2,41); se satis instruere et ornare (sieb stilvoll einrichten) (Verr. II 4,60); tribuere et concedere bzw. remittere atque concedere (gerne gewähren) (Arch. 4 bzw. Plane. 73); divellere ac distrahere (gewaltsam trennen) (Planc.102); cupere et optare (sieb sehr wünschen) (Phil. 14,2); relinquere ac deserere (treulos verlassen) (Verr. II 4,80);projUndere ac perdere (unnütz verschwenden) (fam. 5,5,3); expletus atque cumulatus (absolut vollkommen) (Thsc. 5,39). Actio erat consumpta et exhausta (völlig verbraucht) (de orat. 3,102). Weitere Stellen: Verr. ll 4,67; de orat.l,l42; civ.l,6,2.
§ 192
Wiedergabe deutscher Adverbien durch Verben mit abhängigem Gliedsatz Sehr häufig steht im Lateinischen statt eines deutschen Adverbs ein entsprechendes Verb mit einem (echten oder unechten) Gliedsatz. Der Gliedsatz ist: (1) ein Infinitiv in Abhängigkeit von: solere, consuevisse festinare, properare, maturare, contendere perseverare non dubitare
gewöhnlich, oft, gern eiligst, scbJeunigst beharrlieb unbedenklich
242
IV. Adverbien (§§ 142-197)
non intermittere, non desinere, non desistere non cunctari velle, non nolle, gestire, avere coepisse videri gravari, piget finem non facere non cessare
immer mehr, immer länger, immer weiter unverzüglich gern, freiwillig allmählich, von nun an scheinbar, anscheinend, offenbar ungern unaufhörlich unablässig
lnimicissime atque infestissime contendere perseverat (Er kämpft beharrlich wie ein Todfeind.) (Quinct. 66). Liceri non destitit (Er bot immer weiter.) (Verr. ll 3,99). Victor in Capitolium invehi gestiret (Er würde gerne als Sieger auf das Kapitol fahren.) (prov. 35). Avet animus i/lud pro reo dicere (Phil. 5,13). Non sunt gravati homines prodire horä tertiä in campum Martium (Mur. 69). Finem nullam facio de tota re publica cogitandi (fam. 12,1,1). (2) ein Acl oder ein echter Gliedsatz in Abhängigkeit von: (inter omnes) constat apparet, perspicuum est nemo nescit; quis est qui nesciat; quis ignorat; constat probabile est; verisimile est suspicar~ opinari non est dubium, quin; non dubitare, quin fieri potest, ut opportune accidit, quod sperare simulare, dicere ex quo efficitur, ut; ex quo fit1 u.t; unde efficitw; ut; sequitur, ut vereor, ut; non est verendum, ne
anerkaiUltermaßen offenbar, offensichtlich, anscheinend bekanntlich wahrscheinlich vermutlich unzweifelhaft, zweifellos möglicherweise gl ticklieherweise hoffentlich vorgeblich, angeblich folglieb schwerlieb
Inter omnes hoc constat viroru.m esse fortium toleranter dolorem pati (Anerkanntermaßen ist es die Pflicht tapferer Männer, den Schmerz geduldig auszuhalten.) (Tusc. 2,43). Accidit perincommode, quod eu.m nu.squam vidisti (Unglücklicherweise hast du ihn nirgends gesehen.) (Att.l,l7,2). Cum haec scribebam, censorem iam te esse sperabam (Während ich diese Zeilen schreibe, bist du hoffentlich schon Zensor.) (fam. 3,13,2). Sequitur, ut vitiainter se sint paria (Folglich sind die moralischen Vergehen alle gleich verwerflich.) (parad. 22). 243
A. Wortarten (§§ 1-242)
§ 193
Die Übersetzung der deutschen Urteilsadverbien 'wohl, gewiss' Die deutschen Urteilsadverbien ' wohl, gewiss, vielleicht' können wiedergegeben werden: (1) durch den Potentialis (vgl. § 116). Riserit aliquis (Es könnte wohl, vielleicht jemand lachen.) (de orat. 2,99). (2) durch die Umformung des Satzes in einen Acl in Abhängigkeit von einem Verbum sentiendi. Quid regem captivis facturum esse putas (putatis, putamus)? (Was wird wohl der König mit den Gefangenen machen?).
§194
Lateinisches Verb anstelle eines deutschen Adverbs Oft ist der Begriff des deutschen Adverbs (oder einer adverbialen Bestimmung) schon im lateinischen Verb enthalten, das ist v.a. der Fall tos: (1) bei den Verba iterativa (frequentativa) et intensiva, die mit dem Infix -(i)ta- (seltener -sa-) gebildet werden (vgl. § 129,2). Diese Verben bezeichnen gegenüber ihrem Stammverb eine Wiederholung oder eine verstärkte Handlung. Allerdings können die Verba iterativa et inteosiva in klassischer Prosa nicht von jedem Stammverb gebildet werdent06: agitare clamitare (con)cursare dictitare factitare latitare observitare rogitare
eifrig betreiben oft oder 1aut schreien• hin- und herlaufenb oftsagenc oft tund sich lange versteckt haltene regelmäßig und aufmerksam beobachtenf dringend forderns
• Gall. 5,7,8 bS. Rose. 60; fam. 7,1,5 ) audire ab aliquo ben& vivere male;d vivere iucunde vivere misere vivere beate vivere probeh, planei, maximek scire, non ignorare, non esse ignarum (nescium) Latine scirel; bene"' (perbenen, elegantiss im&) Latine loqui Graecas litteraset Latinas discere bene
298
,
VI. Interjektionen (§§ 233-242)
§§ 234-236
b) Erregung von Aufmerksamkeit, Befehl § 234 Die Interjektion heus § 235 Deiktische Interjektionen (ecce, em, en) § 236 Weitere imperativische Interjektionen
§ 234
Die Interjektion heus Die Interjektionheus (he, he du da) dient dazu, die Aufmerksamkeit des Angesprochenen auf einen neuen Gegenstand zu lenken. Sie begegnet klassisch fast nur in der Verbindung sed heus tu.ll9 Sed heus tu! Quid agis? Ecquid fit? (fam. 7,11,2). Sed heus tu, manum de tabula! Magister adest citius quam putaveramus (fam. 7,25,1). Weitere Stellen: de orat. 1,240; fam. 2,2,3; 16,17,1; Att. 1,16,13; 4,19,2; 6,1,13; 6,1,25; 13,42,2; 15,11,4; ad Q. fr. 2,16,5. Anm.: Die Interjektion eho(dum), die zur Unterbrechung des Gesprächspartners verwendet wird, ist unklassisch (ll.).
§ 235
Deiktische Interjektionen (ecce, em, en) (1) Die Interjektionen ecce, em und en haben deiktischen (hinweisenden) Charakter (Sieh! Sieh da! Schau dir das an!). Beiecce steht klassisch nur der Nominativ, bei en (em) nur der Akkusativ.120Von ecceund en (em) können Gliedsätze abhängen. Fast an allen Stellen, an denen em überliefert ist, findet sich auch en in den Codices (und umgekehrt), so dass es müßig scheint, zwischen den beiden Interjektionen zu unterscheiden;l21 en wird häufig wiederholt. ecce und en sind numerusindifferent, richten sich also an eine oder an mehrere Personen.122 Ecce autem nova turba atque rixa! (Verr. II 4,148). Ecce multo maior etiam dissensio! (ac. 2,134). Ecce illa tempestas! (prov. 43). En crimen, en causa, cur dominum servus accuset! (Deiot. 17). En, cur magister eius ex oratore arator factus sit (Phil. 3,22). Weitere Stellen: en, em: Verr. II 1,93; II,5,55.124; p. red. ad Quir. 18; Sest. 59; Scaur. 13; Phil. 5,15.33; fam.l3,15,1;Att. 5,1,4. Vgl. Hofmann LU§ 17. KSt 1,273 steht en immer mit dem Nominativ bei Cicero außer Verr. Il 1,93, vgl. dagegen Köhler, A., ALLG 6 (1889), 34: "Der Nominativ ist in dieser Periode nirgends zweifeUos bezeugt." 121 "D ie Möglichkeit, dass in Ciceros Zeitalteren und em sich so nahe gekommen waren, dass man anfing sie promiscue zu verwenden, wird man nicht ausschließen dürfen. Es ist vieUeicht nicht unwichtig, darauf hinzuweisen, dass gerade in Verbindung mit hic sowohl em (fam. 13,15,1) als en erscheinen." (Köhler, A.,ALLG 6, 1889,33). 122 Köhler, A., Die Partikel ecce, ALLG 5 (1888),16-32; ders. , Die Partikel en (em), ALLG 6 (1889), 25-45; ders., Zur Etymologie und Syntax von ecceund em, ALLG 8 (1893) , 221-234. u9
12o Nach
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A. Wortarten (§§ 1-242)
(2) eccekann verstärkt werden durch den Dativus ethicus tibi (vgl. § 327,2). Ecce tibi eius m odi sortitio (Cluent. 75). Ecce tibi geminum in scelere par (Phil. 11,2). Ecce tibi, qui rex populi Romani esse concupiverit idque perfecerit (off. 3,83).
§ 236
Weitere imperativische Interjektionen (1) Das v.a. in der Umgangssprache verwendete cedo entspricht entweder (a) dem Imperativ da (gib!) oder (b) dem Imperativ die (sag!). cedo kann auch (c) im Sinne voneccegebraucht werden. Zu a) In der Bedeutung 'gib!' steht cedo entweder mit dem Akkusativ oder mit e inem Gliedsatz. B ei dem Akkusativobjekt handelt es sich oft um ein SchriftstUck (cedo tabulas, litteras, testimonium). Cedo mihi Ieges Furios! (Verr. II 1,109). Unum cedo auctorem tui facti, unius profer exemplum (Yerr. II 5,67). Cedo quaeso codicem, circumfer et ostendet (Yerr. li 2 ,104). Weitere Stellen: Verr. li 1,84; 3,29.96.99.117; 4,43; 5,56.147; Flacc. 35; Brut. 295; Att. 16,13,1.
Zu b) In der Bedeutung 'sag!' steht cedo absolut, mit Objekt, mit direktem oder indirektem Fragesatz. Cedo, quid postea? (Mur. 26). Cedo, quis umquam cenaverit atratus (in Trauerkle idung) (Yatin. 30). Cedo, num barbarorum Romulus rex fuit? (rep.l,58). Cedo tandem, qui sit ordo (div. 2,146). Weitere Stellen: Sest. 108; Rab. Post. 38; part. 3; leg. 2,62; nat. d eor. 1,75; Att. 9,18,3.
Zu c) Cedo caput cenae (Schau her: der Höhepunkt des Essens!) (fin. 2,25). Anm.: Der Plural cette zu cedo ist unklassiscb ( 6 ).
(2) Die Interje ktion heia dient zur Selbstermunterung; sie find et sich klassisch nur einmal bei Cicero. H eia vero, geram morem vobis (Na gut, auf denn, ich tu euch den Gefallen.) (rep. 3,8). Anm.: Unklassisch ist eia (6).
(3) D ie klassisch einmal belegte Interjektion st entspricht dem deutschen 'pst!', ist also synonym mit tace (rep. 6,12). Anm.: Der gräzisierende Imperativ Apage! (Verschwinde!) ist unklassisch ( 6 ).
300
VI. Interjektionen (§§ 233-242)
§§ 237-242
2. Empfindungswörter
§§ 237-238
a) Sehr affektvolle Interjektionen § 237 Schmerz § 238 Beifall, Jubel
§ 237
Schmerz Zum Ausdruck des Schmerzes und der Klage dienen im Lateinischen die Interjektionen ä(h) und ö. Beide Interjektionen stehen mit dem Accusativus exclamationis (vgl. § 349), o zuweilen auch mit dem Nominativ. "Ah", inquit, "non ego eqs." (de orat. 2,285). 0 fa/lacem hominum spem! (de orat. 3,7). 0 tempora, o mores! (Verr. li 4,56). 0 me miserum (häufiger ohne o) (Mil. 102). 0 frustra mihi suscepti Labores! (Mil. 94). 0 magna vis veritatisl (Cael63). 0 fortunata mors! (Phil. 14,31). Weitere Stellen: o tempora, o mores: Catil. 1,2; dom. 37; Deiot. 31; o me miserum: Att. 7,23,1;o mit dem Nominativ: Phil.13,34. Anm. 1: Die Interjektionheu ist klassisch nur einmal belegt: Heu me miserum! (Phil. 7,14) (6). Anm. 2: Die Interjektionen eheu, ei, hei, vae und vah sind unklassisch ( 6 ).
§ 238
Beifall, Jubel Zum Ausdruck von Beifall und Jubel dienen laudo und macte (Bravo!). Macte virtute (sc. esto oder este)! (Gut so!) (Tusc.1 ,40). Weitere Stellen: laudo: Phil. 2,115; Brut. 67; Att. 9,6,2; macte: Att. 12,16a,3; 15,29,3. Anm.: Klassisch nicht belegt sind: euge, io triumpheund bene tibi (bene te) (6).
§§ 239-240
b) Interjektionen der Anrufung oder Verwünschung § 239 Die Interjektion pro(h) § 240 Die Interjektion malum
§ 239
Die Interjektion pro(h) D ie Interjektion pro(h) (bei) tritt zum Akkusativ nur in der Verbindung pro(h) de(or)um hominumque fidem! Sonst steht pro(h) mit dem Vokativ. Pro di immortalesl (Sest. 53). Pro sancte luppiter! (Phil. 2,32). Pro deum hominumque fidem! (Q. Rose. 23). Pro deorum atque hominum fidem! (Thsc. 5,48). Pro deorum fidem atque hominum! (Lael. 52). 301
A. Wortarte n (§§ 1-242) Weitere Stellen: pro di immorta/es: Cael. 59; de oral. 2,225;Thsc.1,96;pro deum hominumque fidem: Q. Rose. 23; 50; div. in Caec. 6; Verr. li 3,137; 4,7; Caecin. 7. Anm.: Zu den Formen deum und deorum vgl. orat. 156. Font. 4 findet sich deorum hominumquefidem ohne pro (.6).
§240
Die Interjektion malum malum wird i. S. v. 'verdammt (nochmal), zum Henker' in Fragesätze eingeschoben. Quae malum est ista voluntaria servitus? (Phil. 1,15). Quid, malu.m? (Att. 5,20,1). Weitere Stellen: Verr. II 1,54; off 2,53.
§§ 241-242
c) Interjektionen der Beteuerung oder Verwunderung § 241 Beteuerung § 242 Verwunderung
§ 241
Beteuerung (1) Folgende Interjektionen dienen klassisch der Beteuerung i. S. v. 'beim Herkules, wahrlich': me hercule(s) (über 200mal) , hercu/e (etwa 130mal); hercle (etwa lOmal); hercules (viermal); me hercules. Cicero selbst empfiehlt orat. 157 me hercule statt me hercules. hercle findet sich oft im Dialog, v. a. in der bestätigenden E ntgegnung. Et hercules eae (sc. laudationes) quidem exstant (Und, bei Gott, diese Lobreden existieren noch.) (Brut. 62)./d hercle restabat! (Wirklich: das hat gerade noch gefehlt!) (Att.13,13- 14,1). Vere hercle ista commemoras (de orat. 2,202). Sone quidem hercle (leg. 2,8). Credo hercle ita esse (leg. 2,34). Bene hercle faciunt (leg. 3,1). Weitere Stellen: me hercule(s): S. Rose. 58. 141; Font. 36; Pis. 68; Mi I. 85; Deiot. 17; Pis. 68; fam 6,5,3; 7,16,2; 7,32,3; 10,19,2; 13,1,4; herele: leg. agr. 2,96; de oraL 2,144;Thse. 2,26; nal. deor. 82; fam. 16,23,2; hercules: S. Rose. 31; Manil. 54; PhiI. 12,4. Anm.: Die Interjektionen mecastor, ecastor, edepol und mehercle(s) s ind unklassiscb
(.6).
(2) Die Beteuerungsinterjektion medius fidius (sc. iuvet eigentlich ' möge mir der Gott D ius Fidius helfen, wahrlich, wirklich') steht fast immer an zweiter oder dritter Stelle im Satz; nur Att. 4,4a,2 findet sich medius fidius am Satzanfang. medius fidius kann auch zwischen Attribut und Substantiv treten: melioris medius fidius civis (Att. 9,6,7). Weitere Stellen: S. R ose. 95; Q . Rose. 17.50; Sull. 83; dom. 47_92; har. resp.50; Sest. 20; Pis. 33; Plane. 9.79; Mi!. 76.87; MarceiJ. 10; Phil. 2,67;fam.S,21,1; 7 ,20,1;Att. 9,10,6; 9,12,1; 16,16b,2; ad Q. fr. I ,2, II ; in Zwischenstellung: dom. 83.
302
VI. Interjektionen (§§ 233-242) Anm.: Die Interjektion pol begegnet klassisch nur de orat. 2,277 innerhalb eines Dialoges, wo die weichliche Sprache eines Mannes karikiert werde n soll {pol wurde v. a. von Frauen gebraucht) (vgl. Hofmann LU§ 37).
§242
Verwunderung Zum Ausdruck einer Verwunderung besitzt das Lateinische folgende Interjektionen: ö, hem (Überraschung und nachdenkliche Überlegung), hui (scherzhafte Verwunderung). Stellen: ö: Alt. 12,2,2; hem: Clue nt. 184 (coni.; codd. item, en, vgl. Köhler ALLG 6,32); fam.l4,2,2;hui: fam. 5,11,1; 5,19,1; 6,6,3; 13,21a,2; 13,35+36,2; 15,13a,3. Anm.: Unklassiscb ist (e)hem (l:.).
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§§ 243-399
B. Satzglieder und Satzgliedteile Allgemeines: (1) Jedes Wort übernimmt innerhalb eines Satzes eine Funktion, die von seiner Zugehörigkeit zu einer Wortart bestimmt, aber nicht eindeutig festgelegt ist. So kann die Funktion des Subjekts durch verschiedene Wortarten erfüllt werden. Die Grundbestandteile eines Satzes sind die Satzteile, nämlich Satzglieder, Satzgliedteile und verbindende Satzteile. Satzglieder sind Subjekt, Prädikat und alle Satzteile, die eine Ergänzung (Objekt, adverbiale Bestimmung, Prädikatsnomen) oder nähere Bestimmung (adverbiale Bestimmung, sog. freie Angabe) des Prädikats darstellen. Satzgliedteile sind nichtnotwendige Satzteile, die ein Nomen näher bestimmen (Attribut, Apposition, Prädikativum). (2) Ergänzungen hängen unmittelbar vom Prädikat ab (sind von der Valenz des Prädikats bestimmt). Zu ihnen gehören Objekte, adverbiale Bestimmungen und Prädikatsnomina. (3) Die Ergänzungen werden weiter eingeteilt in obligatorische und fakultative E rgänzungen. Obligatorische Ergänzungen müssen in einem Satz genannt werden oder sich aus dem Kontext oder der Situation ergeben, sonst ist der Satz ungrammatisch. Fakultative Ergänzungen werden zwar auch von der Verbvalenz bestimmt, sind aber nicht notwendig zur Konstruktion eines grammatisch korrekten Satzes. (4) Im Gegensatz zu den Ergänzungen sind Bestimmungen nicht von der Valenz eines Verbs determiniert; sie können (zumindest syntaktisch) jedem Verb bzw. jedem Nomen hinzugefügt werden. Man unterscheidet Bestimmungen des Nomens (Attribut, Apposition, Prädikativum) und Bestimmungen des Verbs (adverbiale Bestimmungen, sog. freie Angaben). (5) Von den in A . Allgerneines genannten Wortarten lassen sich Substantiv, Adjektiv, Partizipialie, Pronomen, Verb und Adverb leicht denjenigen Funktionen zuordnen, die sie am häufigsten erfüllen. Die Interjektion fällt aus dem Rahmen, da sie als einzige Wortart immer Satzwertigkeit besitzt. Es bleibt noch, die Funktion der Präpositionen, Kon- und Subjunktionen zu klären. Sie werden traditionell nicht als Satzglieder bezeichnet, obwohl insbesondere die Subjunktionen i.d.R. nicht wegfallen können. Diese drei Wortarten übernehmen die Funktion der Verbindung zwischen Satzgliedern oder Satzgliedteilen. (6) Diese theoretischen Ausführungen sollen kurz an einem Beispiel erläutert werden: Cives sceleratissimi Caesarem tyrannum omnium mitissimum in senatu crudelissime interfecerunt, quia ille assidue de interitu rei pub/icae cogitavisset, ipsi autem uni atque soli ad rem publicam gubemandam parati essent. 304
I. Subjekt und Prädikat (§§ 243-261)
In diesem Satz gibt es folgende Satzteile: (a) Satzglieder: Subjekte: cives sceleratissimi; ille; ipsi uni atque soli; rem publicam (Subjekt eines unechten Gliedsatzes) Prädikate: interfecenmt; cogitaret; parati essent Prädikatsnomina: gubemandam (Prädikatsnomen eines unechten Gliedsatzes): parati Objekte (obligatorische Ergänzungen): Caesarem Präpositionalgefüge als Ergänzungen: de interitu rei publicae; ad rem publicam gubernandamt23 Adverbiale Bestimmungen als freie Angaben: crudelissime; assidue; in senatu (b) Satzgliedteile: Attribute: sceleratissimi, omnium (Genetivattribut), mitissimum, rei publicae (Genetivattribut); publicam Apposition: tyrannum Prädikativum: uni, soli (c) Verbindende Satzteile: in; quia; de; autem; atque; ad.
§§ 243-261
I. Subjekt und Prädikat
§§ 243-245
I. Das Subjekt § 243 Das Subjekt. AUgemeines § 244 Das deutsche 'man' § 245 Das deutsche Scheinsubjekt ·es'
§ 243
Das Subjekt. Allgemeines Ein volJständiger Satz enthält immer ein zumindest in Gedanken vorhandenes Subjekt. Die Funktion des Subjekts kann entweder ein im Nominativ stehendes Substantiv, ein substantiviertes Adjektiv, ein Partizip, ein Pronomen, ein Zahlwort, eine Infinitivkonstruktion (Subjektsinfinitiv) oder ein Gliedsatz (Subjektsatz) übernehmen; sogar Adverbien können die Rolle des Subjekts t23 Man könnte hier zwischen de inltritu und ad .. . gubemandam unterscheiden und das eine als Präpositionalobjekt, das andere als adverbiale Ergänzung auffassen. Diese weiter gehende Unterscheidung bat allerdings zwei Nachteile: zum einen ist es oft sehr schwer zu entscheiden, ob es sich bei einem Präpositionalgefüge um eine adverbiale Ergänzung oder ein Objekt handelt (Bei cogita· rede inceritu wUrde man durch die Ersatzprobe feststellen, dass auch cogitare interitum möglich wäre, und daher de interitu als Objekt bezeichnen, aber in vielen anderen Fällen, so etwa bei ad .. . gttbernandam fällt die Entscheidung nicht so leicht.). Zum anderen ist die Frage, welche Vortei le diese genauere Unterscheidung überhaupt mit sich brächte. Daher ist es vielleicht am besten, allgemein von Präpositionalgefügen in der Funktion von Ergänzungen zu sprechen.
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B. Satzglieder und Satzgliedteile (§§ 243- 399)
ausfüllen (v. a. satis, nimis, parum; zu partim als Subjekt vgl. § 360,3). Gelegentlich kann auch ein Präpositionalgefüge, vor allem bei ungefähren Zahlangaben, an die Stelle eines bloßen Nominativs treten. Jedes zitierte Wort bzw. jeder zitierte Satz kann die Funktion des Subjekts übernehmen. Das Subjekt kann im Lateinischen lediglich durch die Endung des finiten Verbs ausgedrückt werden ( clamo, amas, placet); Personalpronomina im Nominativ stehen im Lateinischen nur bei besonderer Betonung, z. B. bei antithetischen Aussagen (vgl. §56). Amor crescit.Abiit, excessit, evasit, erupit (CatiJ. 2,1). Sapientes beati sunt. Victi maesti erant. llle venit. Duo de principatu inter se contendunt (GaU. 5,3,2). Non cadit invidere in sapientem (Neidischsein gehört nicht zu den Eigenschaften des Weisen.) (Tusc. 3,21). Semper est honestum virum bonum esse (Off. 3,64). Quidquid oritur, causam habeat a natura necesse est (div. 2,60). Fuimus ad ducentos (ad Q. fr. 2,1,1). Summaomnium fuerunt ad milia trecenta duodeseptuaginta (Gall.1,29,3). Quid enim est omnino hoc ipsum 'diu', in quo est aliquid extremum? (Was bedeutet denn eben dieses 'lange' überhaupt usw. ?) (Marcell. 27). (Ego) dormio, (tu) legis.
§244
Das deutsche 'man' (1) Das unbestimmte deutsche Subjekt ' man' wird im Lateinischen wiedergegeben (vgl. auch§ 111): (a) durch das persönliche Passiv bei transitiven Verben, durch das unpersönliche Passiv bei intransitiven Verben. Laudar (Man lobt mich.) Nobis parcitur (Man schont uns.) Libidines coercendae sunt (Man muss die Leidenschaften zügeln.) Itur (man geht) (Verr. li 4,100)./tum est (Man ging.) (Cluent. 55). Ad eum concursum est (Man lief zu ihm hin.) (Lig. 3). Vulgo dicitur (Allenthalben sagt man.) (fin. 2,105). Aliter cum tyranno, aliter cum amico vivitur (Lael. 90). (b) durch die dritte Person Plural, vor allem bei folgenden Verba dicendi, wenn aJs Subjekthomines (die Leute) zu ergänzen ist: dicunt,ferunt, narrant, aiunt (man sagt); aiunt findet sich vor allem in eingeschobenen Sätzen (ut aiunt Catil. 1,15). Seltener findet sich dieser Gebrauch der dritten Person Plural bei anderen sinnverwandten Verben. ut aiunt wird häufig auch i. S. v. 'wie man so sagt (als Redewendung, Sprichwort), beißt es' verwendet. Selten wird inquit in der Bedeutung 'sagt man' in die direkte Rede eingeschoben. ut ferunt (Att. 7,2,8). Sotere aiunt reges barbaros plures uxores habere (Verr. II 3,76). Ille eiectus in exilium se Massiliam, ut aiunt, confert (Catil. 2,14). 0 praeclarum custodem ovium, ut aiunt, lupum! (Phil. 3,27). Posteriores cogitationes ut aiunt sapientiores solent esse (Hinterher ist man klüger, wie man so sagt, heißt es.) (Pbil.l2,5). Nondum gustaverat inquit vitae suavitatem (Tusc. 1,93). 306
I. Subjekt und Prädikat (§§ 243-261)
Weitere Stellen: aiunt: Mur. 29; Arch. 20; Flacc. 26; Plane. 48; de orat. 2,186; oat. deor. 2,129; Lael. 18; appellant: nat. deor. 2,138; Gall. 7 ,73,8; inquit: Cluent. 92; Flacc. 55; fin. 1,4;2,93. Anrn.: tradunt kann (im Gegensatz zu traditur) nicht in der Bedeutung 'man sagt' verwendet werden (6); ebenso ist dieWendungut est in proverbio klassisch nicht belegt (6).
(c) durch die erste Person Plural, wenn der Sprecher sich selbst einschließt. Quae volumus, ea libenter credimus (civ. 2,27,2). (d) durch die zweite Person Singular des Konjunktivs (v.a. in Sentenzen und Gliedsätzen) als fiktive Anrede an eine nur vorgestellte Person (Potentialis und generalisierender Konjunktiv, vgl. §§ 116-117). Quem docilem velis facere, simul attentum facias oportet (inv. 1,23). (e) durch die Indefinitpronomina aliquis, quis, quispiam, quisquam (jemand) und quisque (jeder). Forsitan quispiam dixerit (Man wird vielleicht sagen.) (off. 3,29). Dicet aliquis (Verr. li 2,57). Fruatur aliquis pariter cum aliis voluptate potandi (Man soll nicht alleine trinken.) (Tusc. 5,118). lllis promissis standum non est, quae coactus quis promisit (off.1,32). Ne quis forte vestrum miretur eqs. (damit man sich nicht wundere) (Sest. 31). Sapientissimus quisque aequissimo animo moritur (Je weiser man ist, desto gelassener stirbt man.) (Cato 83). (f) durch eine Infinitivkonstruktion, v. a. wenn diese als Subjekt bei einem unpersönlichen Verb (vgl. § 245,1) oder einem unpersönlichen Ausdruck steht; als logisches Subjekt ist meistens aliquem oder (in negativen Sätzen) quemquam zu ergänzen. Wenn zu einem solchen Subjektsinfinitiv noch Gliedsätze treten, so kann in diesen das deutsche ' man' im Lateinischen durch die dritte Person Singular oder durch die zweite Person des generalisierenden Konjunktivs ausgedrückt werden. Mentiri (sc. aliquem) nonnumquam licet (Es ist zuweilen erlaubt, dass man lügt.). Mihi nihil praestabilius videtur quam posse (sc. quemquam) dicendo hominum mentes allicere, quo velit (wohin man wolle; gewöhnlicher würde hier velis stehen, vgl. d) (de orat. 1,30). Haec est una omnis sapientia non arbitrari (sc. quemquam) sese scire, quod nesciat (Das ist die eine und die ganze Weisheit, dass man nicht glaubt zu wissen, was man nicht weiß.) (ac. 1,16). Weitere Stellen: Brut. 209; leg. 2,49; Thsc. 1,91; 4,46.56; fin. 3,70; 4,64; ac. 1,2.
(g) durch jede beliebige Verbform, wenn sich ein persönliches Subjekt leicht aus dem Zusammenhang ergänzen lässt: Deserendi offici plures solent esse causae; nam aut inimicitias suscipere nolunt aut eqs. (Denn man will nicht usw. Hier lässt sich leicht hinzudenken: 'Denn diejenigen, die ihre Pflicht vernachlässigen, wollen nicht usw.') (off. 1,28). Obtrectatio (Missgunst) est aegritudo (Unwille) ex eo, quod alter quoque potiatur eo, quod ipse concupiverit (was man selbst gewollt hat oder was der Missgünstige selbst gewollt hat) (Thsc. 4,17). Liberalitas gratuitane est? Si sine praemio benignus est (wenn jemand, man ohne Belohnung hilfreich ist), gratuita est (leg.1,48). 307
B. Satzglieder und Satzgliedteile (§§ 243-399)
(2) Dem deutschen 'man weiß, wir wissen, man liest, wir lesen' bei der schriftlichen oder mündlichen Überlieferung von Fakten entsprechen im Lateinischen folgende Ausdrücke: accepimus (inter omnes) constat (memoriae) traditum est, (memoriae) proditum est" nemo ignoraJ;d quis est, qui nesciat;e quis vestrum hocnon audivit, quis ignoratf ut scripturn videmus;& ut scriprum apud aliquem (ab aliquo) est;h ut scripturn legimus;i est apud aliquemk
(wir haben vernommen) man weißa es ist allgemein bekannt, aUgemein weiß manb es ist überliefert, man weiß aus der Überlieferung, man liest wer wüsste nicbt; man weiß allgemein
wie man geschrieben findet, wie man liest
• off. 3,11 b ac. 1,15 < Verr. II 4,103; Phi!. 1,11: de orat. 1,261 d Verr. IJ 2,111 < de orat. 2,45 t prov. 5 &div. 1,31 hdiv. I ,39; fin. 4,15 ioff. 2,25 t de orat. 2,253
lstum sapientem virum fuisse memoriae traditum est (parad. 23). Traditum est Hornerum caecum fuisse (Thsc. 5,114). Venerem Adonidi nupsisse proditum est (Man liest, dass Venus Adonis geheiratet hat.) (nat. deor. 3,59). Estin Originibus (Man weiß aus den 'Origines' [des Cato]) solitos esse in epulis canere convivas (Thsc.l,3). (3) Dem deutschen ' man setze den Fall, man nehme den Fall an' e ntsprechen im Lateinischen die Imperative finge (vgl. § 82,7 Anm. 3) und fac. Beide Verben regieren entweder den Akkusativ oder (häufiger) einen Acl. Finge aliquem fieri sapientem, nondum esse (ac. 2,117). Fac ita esse (Verr. II 2,141). Anm.: Die Hortativejingomus undfaciomus werden klassisch nie in diesem Sinne verwendet (6).
§ 245
Das deutsche Scheinsubjekt 'es' (1) Das deutsche Scheinsubjekt 'es' hat im Lateinischen i. d. R. keine Entsprechung, v.a. bei den (a) Witterungsimpersonalien (meteorologischen Verben), (b) den Empfindungsimpersonalien und (c) anderen Verben, die in ganz bestimmten Bedeutungen unpersönlich verwendet werden können.t24 Zu a) lucescit, dilucescit, lucet 'es wird Tag'; advesperascit, invesperascit 'es wird Abend';fulget 'es blitzt'; tonat 'es donnert'; pluit 'es regnet'. 12• Vgl. allgemein: Maraldi, M., Null subjects. in: Syntaxe el Latin. hrsg. Touratier. Ch., Aix-enProvence 1985,41- 53.
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I. Subjekt und Prädikat (§§ 243-261) Stellen: /ucescit: fam. 15,4,8; civ. 1,23,1; dilucescit: Catil. 3,6; Phil. 12,5; /ucet: Att. 1 ,1,1; 16,3a,1; advesperascit: Verr.II 4,147; invesperascit: Verr. II 5,9l;fulget: div. 2,149; tonat: div. 2,149;pluit: div. 2,58. Anm. 1: Im Ablativus absolutus kann bei einigen dieser Verben luppiter oder caelum als Subjekt eintreten: love tonante (Phil. 5,8; div. 2,42; nat. deor. 2,65, ibid. auch cae/o tonante und Iove fulgente); love fulgurante (div. 2,42). illucescere wird klassisch immer mit einem Subjekt verbunden, i.d.R. mit dies (Mil. 69; ad Brut. 23,8) oder so/ (nat. deor. 2,96). Anm. 2: Die Witterungsimpersonalien fulgurat 'es blitzt' (.6.) und ning(u)it 'es schneit' sind klassisch nicht belegt.
Zu b) (de)decet, libet, licet, miseret, oportet, paenitet, piget, pudet, taedet etc. (vgl. § 312; § 342). Oratorern irasci minime decet, simulare non dedecet (Tusc. 4,55). Non libet omnia criminari (Es macht keine Freude, aus jeder Kleinigkeit einen Vorwurf zu machen.) (Verr. IT 4,59). Non me piget (Att. 5,13,3). Pudet dicere (Quinct. 79). Talium civium vos taedet (Fiacc. 105). Anm.: Nur vereinzelt werden diese Verben persönlich konstruiert: lila ornamenta decere me non putabam (prov. 41).
Zu c) Folgende Verben werden nui in ganz bestimmten Bedeutungen unpersönlich konstruiert (Zur weiteren Konstruktion vgl. § 473,3; § 477,2): accidit, evenit affert (ad aliquid) apparet, liquet,b pate~ conducitd, expedit, prodestc constat contingit fallit, fugit, praeterit interest, refert interest iuvat placet displicet praestat
es ereignet sich es trägt bei (zu etwas)a es ist klar es nützt es ist bekannt es gelingt es entgeht es ist wichtig es besteht ein Unterschied es erfreut, es nützt es gefällt es missfällt es ist besser
• nat. deor. 3,14 b inv. 1,64; div. 1,6