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Christine Cotic, Christoph Hammes, Tobias Lingenfelder Unter Mitarbeit von Dr. Elmar Heinrich
BASICS Urologie
ELSEVIER URBAN & FISCHER
URBAN & FISCHER München
Zuschriften und Kritik bitte an : Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag, Lektorat Medizinstud ium, Hackerbrücke 6, 80335 München
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
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Alle Rechte vorbehalten
1. Auflage 2009 © Elsevier GmbH, München
Der Urban & Fischer Verlag ist ein Imprint der Elsevier GmbH. 09
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5 4 3 2
Für Copyright in Bezug auf das verwendete Bildmaterial siehe Abbildungs nachweis. Der Verlag hat sich bemüht, sämtliche Rechteinhaber von Abbildungen zu ermitteln. Sollte dem Verlag gegenüber dennoch der Nachweis der Rechtsinhaberschaft geführt we rden, wird das branchenübliche Honorar gezahlt. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesond ere für Vervielfaltigungen, Übersetzungen, Mikroverfilm ungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Programmleitung: Dr. Dorothea Hennessen Planung: Christi na Nußbaum Lektorat: Inga Dopatka Redaktion + Register: Text + Design ]utta Cram, Augsburg, www.textplusdesign.de Grafiken: Stefan EIsberger, Planegg Herstellung: Andrea Mogwitz, Elisabeth Märtz Satz: Kösel, Krugzell Druck und Bindung: L.E.G.O. S.p.A., Lavis, Italien Umschlaggestaltung: SpieszDesign, Neu-Ulm Tite]fotografie: © DigitalVision/ Gettylmages, München Pri nted in [taly ISBN 978-3-437·42336-9 Aktuelle Informationen finden Sie im Internet unter www_elsevier.de und www_elsevie r.com
Vorwort Die BASICS-Reihe ist für die Darstellung der Grundlagen des vorzustellenden Fachs bekannt Große Standardlehrwerke sollen nicht ersetzt werden, vielmehr mächte auch dieses Basics den Leser zum Nachschlagen und Nachfragen motivieren. Die einzelnen Kapitel umfassen wenige Doppelseiten und setzen auf verständnisbringende Fotografien und Graphiken. So soll dem Leser in kurzer Zeit der Einstieg in die Urologie erleichtert werden. Notwendige Grundlagen der Anatomie werden in den ersten Kapiteln wiederholt. Fallbeispiele aus der Klinik schlagen die Brücke zur Praxis. Die Einteilung einzelner Kapitel nach dem vorrangigen Symptom der jeweiligen Krankheit folgt dem Gesetz der Häufigkeit und ruft nach offenen Grenzen. So kann beispielsweise auch ein Prostatakarzinom zu Störungen der Harnentleerung führen. Ich hoffe sehr, dass dieses Werk dem Leser die Tür zur Urologie öffnet. Unser Dank gilt insbesondere Herrn Dr. Elmar Heinrich. Als fachlicher Berater trägt er dafür Sorge, dass dieses Buch die Nähe zur Praxis wahrt.
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Danke auch an die Lektorinnen Inga Dopatka und Christina Nußbaum für die Organisation. Mit viel Geschick, Verständnis und Fingerspitzengefühl schafften sie es, die einzelnen Puzzleteile dieses Buches zusammenzufügen. Ohne sie gäbe es dieses Buch nicht. lutta Cram sei für die redaktionelle Arbeit an diesem Buch gedankt. Aufgrund der unterschiedlichen Autoren war dies logistisch und inhaltlich eine Aufgabe, der sie sich mit viel Geduld und Gelassenheit stellte. Vielen Dank an Stefan Elsberger für die Darstellungen der Grafiken, die mit viel medizinischem Verständnis erarbeitet wurden. Zuletzt und mit ganzem Herzen bedanken wir uns bei den Patienten, unseren größten Lehrmeistern, die uns mehr als jedes Buch zeigen, dass es sich lohnt, jeden Tag besser zu werden. Ludwigsburg und Mannheim, im Frühjahr 2009
Christine Cotic Christoph Hammes Tobias Lingenfelder
Inhalt A Allgemeiner Teil Grundlagen .. . .................... . .. .
2- 15
Hämaturie schmerzlos/schmerzhaft .....
48 - 59
2- 5
I Nierenve rletzungen . . . . . .... . ... . ...... .
48 50
I Die Entwicklung des
männlichen Geschlechts ..... .. .. . ....... . I Struktur und Funktion des männlichen Geschlechts .. . . .. .. .. . .. .... .
4
Diagnostik und Therap ie ........... . .. . .
6- 15
2
I Urologische Anamnese und
I I I I
Untersuchungsmethoden I . . ............. . Urologische Anamnese und Untersuchungsmethoden II . . ............. . Urologische Anamnese und Untersuchungsmethoden III .. ............ . Urologische Therapie I ........ . .... . .. . . . Urologische Therapie II . . . . . .. .... . . . .. . . .
6
8 10
12 14
. . . . .
52 54 56 58
Weitere Tumoren des Mannes .......... .
60 - 65
I Hodentumoren ....... . ................ . I Hydrozele . ....... . . . . . . ...... .... . ... . I Penistumoren .. . .. .. .. . ... . . . .. . . . .... .
60 62 64
Nebenniere ..... . ....... . . . . . . .... .. . .
66 - 67
I Conn· und Cushing·Syndrom . . .... .... . ... .
66
Venerische Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . .
68 - 71
I Venerische Erkrankungen I .......... . ..... . I Venerische Erkrankungen Il . .......... . ... .
68 70
I I I I I
Blasenverletzungen ...... . .............. Nierenbecken· und Harnl eitertumoren . ..... Das Urothelkarzinom der Harnblase .. ...... Prostatakarzinom I . . .... ... ... . .. . ..... Prostatakarzinom ll .......... . . . ... . ....
B Spezieller Teil . ... . ... .. . ... . ... . ... .
16 - 89
Fehlb ild ungen . . . .. . ... . . .. .. . . . .... . . .
16 - 23
Nierenanomalien .. . ........ . .... . ..... . Harnleiteranomalien .......... .. . ....... . Lageanomalien des Hodens ...... . .. .. . .. . . Phimose und Paraphimose ... . . .... .. ... .. .
18 20 21 22
Störungen de r Harnentleerung ......... .
24 - 35
I Niereninsuffizienz ... . . ......... . ... . ... . I Neurogene Blasenentleerungsstörungen ..... .
24
I I I I I
26 28
Spezielle Themen .... .. . . ....... ...... .
I I I I
I Urolithiasis I ...... . .. . . .. . .... .. .. . ... . I Urolithiasis II . ...... . . . .. . .... . ..... . . . I Die benigne Prostatahyperplasie ........... . I Harninkontinenz . ....... .. ...... . . . . . .. .
Schmerzen .... ... ............... . .... .
Harnwegsinfektionen (HWI) ..... .. ....... . Zystitis ........ . ..... .. ..... .... .... . . Pyelonephritis und Nierenabszess . .. . ... . . . . Prostatitis .... . ... .. .......... . ....... . Epididymitis .. . ... .. ... . .... . ...... .. . . I Orchitis . . .. ..... .. ... . ........ . ... . . . I Hodentorsion ................... .. ..... I I I I I
30
32 34
Geschlechtsspezifische urologische Erkrankungen
72- 77
Fertilitätsstörungen .......... ........... . Erektile Dysfunktion ... . ... . ..... .. ... . . . Erkrankungen der Corpora cavernosa .. ..... . Urologie während der Schwangerschaft ..... . Urogynäkologische Operationskomplikationen ..
77 78
80 - 89
. . . . .
80 82 84 86 88
38
C Fallbeispiele .................. . .... .
90 - 97
40 42 44 46
I Fallbeispiel I: Hodenschmerzen ... . . .. . . ... . I Fallbeispiel 2: Flankenschmerzen .......... . . I Fallbeispiel 3: Hämaturi e . .. .............. .
94 96
DAnhang ... . . .. .. . .. . . .. ............ .
98
36-47 36 37
I I I I I
Psychosomatische urologische Krankh eitsbilder Morbus Reiter .. .... . ..... .. . . .. . ...... Urosepsis ..... . . . ..... . .... . . ........ Urogenitaltuberkulose . ...... . . . . .... . ... Billharziose ........ .... .. ... . .. . . .....
72
74 76
92
E Register ..... . . . . . .... . .. . ......... . 99 - 102
Abkü rzungsverzeichn is A., Aa. AAST ACE ACTH AFP ANV AUG
Arteria, Arteriae American Association for the Surgery of Trauma Angiotensinkonversionsenzym adrenocorticotropic hormone (Kortikotropin) u·Fetoprotein Anti·Müller·Hormon akutes Nierenversagen Ausscheidungsurogramm, ·urografie
BCG BGA BPH BSG BWK BZ
Bacille bilie Calmette·Guerin Blutgasanalyse benigne Prostatahyperplasie Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit Brustwirbelkörper Blutzucker
Ca CA PD CFU cGMP CNV CRP CT
Karzinom kontinuierliche ambulante Peritonealdialyse Colony forming units zyklisches Guanosinmonophosphat chronisches Nierenversagen C- reaktives Protein Computertomogramm , -tomografie
DHT DIC DIVI
Dihydrotestosteron disseminierte intravasale Koagulopath ie Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung fü r Intensiv· und Notfallmedizin digital·rektale Untersuchung
AMH
VI lVII lOH lH
lH RH Lig., Ligg. lWK
MHK MMC MMR MRT MUSE
Morbus Musculus, Musculi Mercaptoacetyltriglyzin Mean corpuscular hemoglobin Miktionszystourethrografie Mean corpuscula r volume mikrochirurgische epididymale Spermatozoenaspiration minimale Hemmkonzentration Mitomycin Mu mps, Masern, Röteln Magnetresonanztomogramm, ·tomografie Medicated ure thral system for erection
N., Nn. NBKS Nd·YAG·Laser NIH NO NSAID NSAR
Nervus, Nervi Nierenbeckenkelchsystem Neodym-Yttrium-A1uminium·Granat·Laser National Institute of Health Stickstoffmonoxid Nonsteroidal antiinflammatory drugs nicht steroidales Antirheumatikum
OAT OP
Oligoasthenoteratospermie Operation
PAVK PCN PCNL PCR PDE PLNMP p.o. PSA PZA
periphere arterielle Verschlusskrankheit perkutane Nephrostomie perkutane Nephrolithotomie Polymerase·Ketten-Reaktion Phosphodiesterase Papillary neoplasm of low malignam potential per os prostataspezifisches Antigen Partial thromboplastin time Pyrazinamid
RMP RPGN RR
Rifampicin rasch progrediente Glomerulonephritis Riva·Rocci
SIRS SKAT SM spp. SSRI
systemisches inflammatorisches Response·Syndrom Schwellkörperautoinjektionstherapie Streptomycin species pluralis Selective serotonin reuptake inhibitor
TDF
TVT
testisdeterminierender Faktor testikuläre Spermatozoenextraktion Tumor, Nodulus, Metastase, (Serum Tumor Marker) Transobturator tape Treponema-pallidum-Hämagglutinationstest transrektaler Ultraschall transurethrale mikrowelleninduzierte Thermotherapie transurethrale Resektion (Blase; Prostata) transurethrale Vaporisation der Prostata Tension-free vaginal tape
URS
Ureterorenoskopie
v., Vv. VDRL
Vena, Venae Veneral disease research laboratory
ZNS ZVD
zentrales Nervensystem zentraler Venendruck
M.
M.,Mm. MAG3
DRU ED ELISA EMB EMG ESWl
erektile Dysfunktion Enzymimmunassay zur Bestimmu ng von Im munogenen und Antikörpern Ethambutol Elektromyogramm, ·myografie extrakorporale Stoßwellenlithotripsie
FSH follikelstimulierendes Hormon FTA-ABS-Test Fluoreszenz·Treponemata·Antikörper·Absorptionstest
MCH MCU MCV MESA
PTT GFR GI. ,Gll. GMP GnR H
glomeruläre Filtrationsrate Glandula, Glandulae Guanosinmonophosphat Gonado tropin·Releasing- Hormon
HCG HIV HLA hPLAP HPV HSV HWI
humanes Choriongonadotropin Human immunodeficiency vi rus Humanleucocyte antigen humane plazentare alkalische Phosphatase humanes Papilloma-Vi rus Herpes-simplex·Virus Harnwegsinfektionen
IGCCCG ICR ICS ICSI IE Ig IGel IHH
International Germ Cell Center Collaboration Group Interkostalraum International Continence Society intrazytoplasmatische Spermatozoeninjektion internationale Ein heit Im mun globulin individuelle Gesundheitsleistungen idiopathischer hypogonadotroper Hypogonadismus intramuskulär Isoniazid International Normalized Ratio International Prostate Symptom Score intravenös intrave nöses Pyelogramm
i.m.
INH INR IPSS i. v.
IVP KG KM KTP-Laser
Körpergewicht Kontrastmittel Kalium·Titanyl-Phosphat·laser
laktatdehydrogenase luteinisierendes Hormon luteinisierendes Hormon-Releasing·Hormon Ligamentum , Ligamenta l endenwirbelkörper
TESE TNM (S) TOT TPHA·Test TRUS TUMT TUR (·B; ·P) TUVP
Grundlagen
Diagnostik und Therapie
2
6
4
Die Entwicklung des männlichen Geschlechts Struktur und Funktion des männlichen Geschlechts
8 10 12 14
Urologische Anamnese und Untersuchungsmethoden I Urologische Anamnese und Untersuchungsmethoden 11 Urologische Anamnese und Untersuchungsmethoden 111 Urologische Therapie I Urologische Therapie 11
Die Entwicklung des männlichen Geschlechts ------------------------Die Sexualdifferenzierung ist ein kom· plexer Vorgang. Den Schlüssel stellt das Y-C hromosom dar, auf dem der testisdeterminierende Faktor (TD F) lokalisiert ist: Ist er vorhanden, wird die männliche Entwicklung induziert, wenn nicht, die weibliche (I Abb. 1). Hodenentwicklung
In Anwesenheit des TDF entwickeln sich die primären Keimstränge weiter und bilden die Hodenstränge. Im vierten Embryonalmonat bestehen die Hodenstränge aus Spermatogonien und Stützzellen (Sertoli-Zellen) . Aus dem Mesenchym der Gonadenleiste entwi· ckeln sich die ZwischenzelIen (LeydigZellen). Diese liegen zwischen den Hodensträngen und produzieren ab der achten Schwangerschaftswoche Testos· teron, das wiederum die geschlechtsspezifische Differenzierung der äußeren Genitalien induziert. Die bis zur Puber· tät kompakten Hodenstränge bekommen dann ein Lumen und werden zu Tubuli semiferi (Samenkanälchen ). Die· se münden in Kanälchen des Rete testis, die wiederum in den aus den zurückge· bliebenen Ausscheidungskanälchen der Urniere gebildeten Ductuli efferentes enden und so die Verbind ung zum Ductus deferens, der sich aus dem Urnierengang (Wolff-Gang) bildet, herstellen.
44+XY
44+XY
indifferente Gonade
/
Hode n
Ovar
I Abb . 1: Geschlech tsde term ination der Gonade.
Descensus testis
Der Hoden entsteht im Bauchraum extraperitoneal in Höhe der oberen Lendenwi rbel im Bereich der Nierenanlage. Die Steuerung der Absenkung ist ein multifaktorielles Geschehen im Zusammenspiel von Androgenen, dem Anti-Müller- Hormon (AMH ) sowie dem steigenden intraabdominellen Druck. Bis zum siebten Entwicklungsmonat bleiben die Hoden retroperitoneal und gelangen bis zum Inguinalkanal; danach wandern sie durch den Leistenring in di e Skrotalwülste. Die in die Skrotalwülste hineinreichende Aussackung des Zöloms heißt Process us vaginalis
peritonaei. Er wird von den Muskelund Faszienschichten der Leibeswand bis in die Skrotalwülste hinein begleitet. Physiologisch obliteriert der Processus vaginalis peritonaei zu m Zeitpunkt der Geburt. Angeborene Leistenhernie
Eine fehlende Obliteration des Processus vaginalis peritonaei dient als Bruchpforte in das Skrotum. Bei unvollständiger Obliteration können sich Hydrozelen bilden. Kryptorchismus
Ein Kryptorch ismus entsteht aufgrund ei nes unvollständigen Descensus ei n-
Regression der Müller-Gänge
• Differenzierung von Epididymitis und Vas deferens aus dem Urnierengang • Wachstums stimulation des äußeren Genitale
I Abb .: Z 11 01'111011 Influ all! cll Gos 111 c ht dlff r 117i I ~II1 S .
Grundlagen
oder beidseitig, die Lage ist dabei oberhalb des Leistenrings. Dies kann ein Hinweis auf eine hormonelle Störung sein. Beide Hoden müssen bis zum Ende des zweiten Lebensjahres im Skrotum sein. Primär wird eine Hormontherapie versucht, bei ausbleibendem Therapieerfolg werden die Hoden operativ durch eine Funikulolyse und ürchipexie in das Skrotum verlegt.
213
Entwickl ungsanomal ien
Mögliche Lageanomalien des Hodens sind in 1 Abbildung 3 dargestellt.
~ Hypospadie: Unvollständige Verschmelzung der Urethralfalten; dadurch können abnorme Öffnungen an der ventralen Penisseite entstehen. ~ Epispadie: Der Genitalhöcker hat sich nicht am vorderen Männliche Genitalwege Rand der Kloakenmembran gebildet, sodass der Sinus urogenitalis auf der kranialen Seite der Penisanlage mündet. Die Die im Fetus zirkulierenden Hormone bestimmen die geUrethra mündet bei dieser Fehlbildung an der dorsalen Penisschlechtsspezifische Differenzierung der Genitalgänge (I Abb. 2). In männlichen Feten wird von den Sertoli-Zellen seite. das Anti-Müller-Hormon (AMH) gebildet, das die Rückbildung ~ Blasenektopie: Die Blasenektopie tritt oft in Kombination der Müller-Gänge bewirkt. Testosteron aus den Leydig-Zellen mit einer Epispadie auf. Dabei wölbt sich die Hinterwand der bewirkt die Virilisierung der Urnierengänge und moduliert die Harnblase durch einen Bauchdeckendefekt an der vorderen Differenzierung der männlichen äußeren Genitalien. Im weib- Blasenwand nach außen vor. ~ Mikropenis: Dabei handelt es sich um eine insuffiziente lichen Fetus bilden sich die Urnierengänge zurück und die Müller-Gänge entwickeln sich zu Uterus und Tuben. Wachstumsstimulation der Genitalien durch Androgene.
e o
Äußeres Genitale
Die Entwicklung der äußeren Genitalien geht von den Kloakenfalten aus. Die beiden Falten der Kloakenmembran vereinigen sich und bilden den Genitalhöcker (Phallus). Durch den Einfluss von Androgenen entwickelt sich das männliche Genitale, wobei hier die Verlängerung des Genitalhöckers zum Penis im Vordergrund steht. Die Urethralfalten bilden die spätere Urethra. Der distale Anteil der Urethra stammt aus dem Ektoderm und wächst ab dem vierten Schwangerschaftsmonat nach innen zum Urethrallumen. Die im indifferenten Stadium gebildeten Genitalwülste bilden später das Skrotum.
normale Lage
__ Hodenretention Hodenektopie
femoral
skrotal
I
Abb. 3: Lageanomalien des Hodens.
Zusammenfassung
x
Der testisdeterminierende Faktor auf dem V-Chromosom ist der Schlüssel zur männlichen Entwicklung.
X Aus den primären Keimsträngen entwickeln sich die Hodenstränge. X Testoste ron aus den Leydig-Zellen induziert die Differenzierung der äußeren Genitalien. X Die Hoden senken sich aus ihrer extraperitonealen Lage in Höhe der Urnieren bis zur Geburt über den Leistenkanal in das Skrotum .
Struktur und Funktion des männlichen Geschlechts --------''''' Entwicklungsgeschichtlich und topografisch wird das männliche Geschlechtssystem in innere und äußere Geschlechtsorgane eingeteilt. ~
Innere Geschlechtsorgane: Hoden, Nebenhoden, Samenleiter, Prostata, Samenblasen, Cowper-Drüsen (Gll. bulbourethrales). ~ Äußere Geschlechtsorgane: Penis, Skrotum, Hodenhüllen Hoden, Nebenhoden, Samenleiter, Samenbläschen
Die Hoden (I Abb. 2) sind die männlichen Keimdrüsen; in ihnen werden die Spermien gebildet. Sie liegen außerhalb der Köperhöhle im Skrotum. Die Hoden sind beim Erwachsenen ca. 4 x 5 x 3 cm groß, prall-elastisch und von einer Bindegewebskapsel der Tunica albuginea umschlossen. Septen der Tunica albuginea ziehen in das Innere des Hodens und unterteilen das Parenchym in konische Läppchen. In diesen Läppchen liegen die Tubuli semiferi contorti. Über Tubuli seminiferi recti münden diese im Rete testis, das über die Ductuli efferentes testis zum Nebenhodengang (Ductus epididym itis) Verbind ung hat. In den Samenkanälchen der Hoden findet die Bildung der Samenzellen statt. Der Bildungsprozess läuft in ca. 74 Tagen ab. Der Reifungs- und Transportprozess über den Nebenhoden dauert ca. 8 - 14 Tage. De r Nebenhoden dient zusätzlich als Speicherort für reife Samenzellen. Der Samenleiter (Ductus deferens) setzt sich aus dem Nebenhoden fort und ist ca. 40 cm lang. Er mündet gemeinsam mit der Samenblase im Ductus ejaculatorius in die Pars prostatica der Urethra (I Abb. I). Innen wird der Ductus deferen s von einem hochprismatischen Epithel ausgekleidet, das getrennt durch eine dünne Bindegewebsschicht von der glatten Muskula tur der Tunica muscularis umkleidet ist. Die äußerste Schicht ist die Tunica adventitia. Über Kontraktionswellen transportiert der Samenleiter den Samen und di e Samenflüssigkeit vom Nebenhod en bis zur Urethra.
Der Samenstrang (Funiculus sper-maticus) reicht vom Nebenhod en bis zum inneren Leistenring und beinhaltet den Ductus deferens und seine begleitend en Leitungsbahnen (A. und V. testicularis, A. ductus deferentis, Plex us pampiniformis, vegetative Nerven und den Ramus genitalis des N. geni tofe moralis). Umhüllt wird er durch die Fasc ia spermatica interna und den M. cremaster. An der Rückseite der Blase, la teral der Mündung des Ductus deferens, liegen die ca. 5 cm großen paarigen Samenbläschen (Glandulae vesiculosae) . Ihr Ausführungsgan g mündet gemein· sam mit dem Ductus deferens in den Ductus ejaculatorius. Der Aufbau ist ähnlich dem Ductus deferens mit einem einschichtigen Epithel und einer mus· kulären Wand. Über das gefältel te Schleimhautrelief wird ein fruktosehaltiges Sekret zur Ernährung der Samenzellen abgegeben.
5
4
6
I Abb . I: Sc hema mä nnl iche Gesc hlec htso rgane: I Hoden, 2 Neben hoden, 3 Samenl eiter, 4 Prostata,5 Sa menbl äschen, 6 Cowper-Drüse (GI\. bulbourethrales), 7 Peni s, 8 Skrotum, ge lb: Harnröhre, rot: Sa menl eit er. 17)
Die Prostata ist eine exokrine Drüse und besteht aus ca. 40 tubuloalveolären Ein zeldrüsen, die gemeinsam mit dem Ductus ejaculawrius in der prostatischen Harnröhre end en. Umhüllt wird die Prostata von einer bind egewebigen Kapsel. Die Ein ze ldrüsen sind von einem fibromu skulären Stroma umgeben. Die Drüse n beste hen aus zweibis mehrreihigem hoch prismatischem Epi thel. Das dünnflüssige, saure (pH 6,4 ) Sekret der Prostata macht etwa 15 - 30%der Samenflüssigkeit aus. Klinisc h wird die Prostata in drei Zonen ei ngete il t (I Abb. 3): di e periurethral gelegene Transitionalzone, die zentrale
Prostata
Die Prostata liegt unterhalb der Blase und ist mit dieser übe r di e Basis prostatae verwachsen. Makroskopisch teilt sich die Prostata in einen rechten und einen li nken Lappen, den Isthmus und einen Mittellappen. Der Apex prostatae liegt dem Beckenbod en auf. Die Facies anterior ist der Rückseite der Symph yse zugewandt, während die Facies posterior zur Vord erfläche des Rektums ge· richtet ist.
3
I Abb. 2: a) Sc hnitt durc h den Hod n, Ncbe nhod
11 intakt; b) Kanälchen vo n Hoden lind Nebe nhoden. I Se ptula tes tis aus d r Tunica albuginea. 2 LOb ul i t sl is. 3 M dia tinUlll t stis. 4 Tubul i mi ni! ri co nt orti, 5 Tll buli seminif ri recti . Ret t li, 7 DllCl ll li rr renl t Sl i ,8 Du tu ill s ff r 11 . 171
Grundlagen
415
Die männliche Harnröhre (Urethra) beginnt mit dem Ostium urethrae internum in der Blase, verläuft mit ihrer Pars prostatica durch die Prostata, wo sie den Colliculus seminalis bildet (Mündung der Ductuli ejaculatorii). Die Pars intermedia beginnt unterhalb der Prostata und verläuft durch das Diaphragma urogenitale; sie stellt den engsten Teil der Harnröhre dar. Die Pars spongiosa stellt den längsten Teil dar, kurz vor der Mündung am Ostium urethrae extern um erweitert sie sich leicht zur Fossa navicularis (I Abb. 4). Die Urethra hat also drei Engen: Ostium urethrae internum, Pars intermedia und Ostium urethrae externum .
Harnblasenwand
Harnröhre (Urethra)
periphere Zone Samenblase
zentrale Zone
I Abb. 3: Klinische Prostatazonen . [151
Ostium Uvula ve S lcaE~-\~
Zone, welche die Transitionalzone umschließt, sowie die periphere Zone, die den größten Volumenanteil einnimmt. Die gutartige Prostatavergrößerung geht vorwiegend von der zentralen Zone aus. Das Prostatakarzinom entsteht am häufigsten in der peripheren Zone.
Pars membran acea
Ampulla urethrae
Penis, Harnröhre
Der Penis besteht aus dem Schwellkörper der Harnsamen· röhre (Corpus spongiosum penis) und dem zweikämmerigen Penisschwellkörper (Corpus cavernosum penis). Die Peniswurzel (Radix penis) ist am Os pubis sowie am Damm befestigt. Der frei bewegliche Penisschaft (Corpus penis) weist eine obere Fläche (Dorsum penis) sowie eine Unterseite (Facies urethralis) auf. Die Eichel (Glans penis) stülpt sich über das Ende des Corpus cavernosum. An ihrer Spitze endet die Harnröhre am Ostium urethrae externum. Die Corona glandis stellt die Basis der Glans dar und trennt diese vom Penisschaft. Die Glans wird durch eine Hautduplikatur, der Vorhaut (Preputium penis), umschlossen und ist über das Frenulum preputii an der ventralen Seite mit dem Penisschaft verbunden. Die arterielle Blutversorgung des Penis verläuft über die A. dorsalis penis, die A. profunda penis und die A. bulbi penis. Die Schwellkörper werden über Aa. helicinae aus der A. profunda penis versorgt. Der venöse Abstrom läuft über die Vv. dorsalis, superficialis und profunda penis, welche im Plexus prostaticus und vesicalis enden. Die sensible Innervation erfolgt über einen Ast des N. pudendus, vegetative Fasern (Nn. erigentes) stammen aus dem Plexus hypogastricus inferior. Die Erektion wird über sex uelle Stimu li , die über die vegetativen Zentren des ZNS verarbeitet werd en, hervorgerufen. Der arterielle Zustrom in die Schwellkörper über die Aa. helicinae wird erhÖht; zugleich wird der venöse Abfluss gedrosselt. Aufspinaler Ebene IL2/3) wird die Orgasmusphase mit Emission und Ejaku lation induziert.
I Abb. 4: Männ liche Harnröhre mit schema tischer Darstellung der Weiten und Engen. (14)
Zusammenfassung
x
Innere Geschlechtsorgane: Hoden, Nebenhoden, Samenleiter, Prostata, Samenblasen, Cowper-Drüsen
X Äußere Geschlechtsorgane: Penis, Skrotum, Hodenhüllen X Die Hoden sind die männlichen Keimdrüsen; in ihnen werden die Spermien gebildet. X Reifungs- und Transportprozesse werden von Nebenhoden, Samenleiter (im Samenstrang), Samenbläschen und der Prostata übernommen. • Der Penis besteht aus der Harnsamenröhre, dem Corpus spongiosum penis und dem Corpora cavernosa penis sowie der Glans penis. • Die Urethra hat drei Engen: Ostium urethrae internum, Pars intermedia und Ostium urethrae extern um.
Urologische Anamnese und Untersuchungsmethoden I Urologische Anamnese Da im medizinischen Alltag immer weniger Zeit für den einzelnen Patienten bleibt, muss man als Mediziner die Anamnese in kurzer Zeit so effizient wie möglich gestalten, ohne dass der Patient sich dabei übergangen oder nicht ernst genommen fühlt. Gerade in dem Fachgebiet Urologie gibt es viele Symptome und Krankheitsbilder, die dem Patienten peinlich sind und ihn daher viel Überwindung kosten, sich dem Arzt anzuvertrauen. Man sollte den Patienten daher einfühlsam, jedoch direkt auf seine Problematik ansprechen.
Anamnese in fünf Schritten
1. Alter und Beruf des Patienten Das Alter kann einem die Richtung vorgeben, an welche Krankheiten man bevorzugt zu denken hat: Säuglinge und Kinder: Hodentorsion, Hodenhochstand, Phimose, Wilms-Tumor Erwachsene (zwischen 20 und 50 Jahren): Hodentumor Erwachsene (ab 50 Jahre): benigne Prostatahyperplasie, Prostatakarzinom, Blasentumor, Nierentumor Der Beruf kann entscheidend sein, da z. B. ein Arbeiter, der seit 40 Jahren in der Farbindustrie arbeitet, Nitrosaminen ausgesetzt ist, die das Risiko, an einem Harnblasenkarzinom zu erkranken, erhöhen.
2. Grund des Arztbesuchs Der Grund der Überweisung zum Facharzt ist oft eine Verdachtsdiagnose, da dem zuweisenden Arzt häufig nicht alle notwendigen diagnostischen Maß· nahmen bzw. der zeitliche Rahmen zur Verfügung stehen. Daher sollte man sich immer ein eigenes Bild von seinem Patienten machen, um zu vermeiden, dass man etwas Wichtiges übersieht. Auch nicht urologischen Symptomen sollte man Beachtung schenken, da z. B. chronische Rückenschmerzen ein erstes Symptom von Wirbelsäulenmetastasen eines Prostata karzinoms sein können oder um den Patien ten gegebenenfalls an einen Kol -
legen zu überweisen, um die Beschwerden abzuklären.
angabe des Patienten die Höhe der Obstruktion lokalisieren.
3. Daue r der Beschwerden Es ist sehr vordringlich zu wissen, ob es sich bei den Beschwerden um ein akutes, erst kürzlich auftretendes Geschehen handelt, das eine sofortige Behandlung benötigt, oder ob das Problem schon seit Längerem besteht.
Blase Ist das untere Abdomen stark kugelförmig vorgewölbt, kann dies für einen Harnverhalt sprechen. Die Blase beim gesunden Patienten ist niCht tastbar.
4. Miktion Wie häufig muss der Pati en t zur TOilette (Pollakisurie, häufig bei Prostatahyperplasie)? Muss der Patient nachts zu r Toilette (Nykturie, z. B. Herzinsuffizienz)? Ist die Miktion schmerzhaft (Algurie, Dysurie z. B. bei Harnwegsinfekt)? Ist der Strahl kräftig oder abgeschwächt (wird z. B. durch Harnröhrenstrikturen verursacht)? Besteht Nachtröpfeln? Gefühl der nicht vollständig entleerten Blase? 5. Urin Oft konsultieren Pati enten den Urologen aufgrund einer veränderten Harnfarbe. Ist der Urin rot, bezeichnet man dies als Makrohämaturie. Die Blutungsquelle muss in jedem Fall abgeklärt werden. Jed och können Lebensmittel (z. B. Rote Bete) oder Medikamente (z. B. phenolphthaleinhaltige Laxanzien) den Urin rot färben. Körperliche Untersuchung Während der körperlichen Untersuchung sollte man das Gesicht des Pati enten nicht aus den Augen verlieren, um Schmerzen in der Mimik zu deuten, die der Pa tie nt u. U. aus Gründen der Scham nicht verba l äußert.
Ni eren Die Nieren lassen sich beim Gesunden in aller Regel nicht tasten . Vorwölbun g, Rötung der Haut und Schmerzhaftigkeit sprechen für einen entzü ndlichen oder tumorverdächtigen Prozess.
Äußeres Genita le ~ Penis: Ist die Vorhaut problemlos zurückzusch ieben? Ist die Schleimhaut der Glans unauff 1020 g/ I oder verfärbtem Urin sind falsch positive und falsch negative Ergebnisse häufig. Zur speziellen Untersuchung von dysmorphen Erythrozyten, Zylindern oder Kristallen im Urin eignet sich die mikroskopische Untersuchung. Hierfür benötigt man Urinsediment, das zuvor zentrifugiert wurde. Der Sedimenttropfen wird auf einen Objektträger gebracht, mit einem Deckglas bedeckt und unter dem Mikroskop bei einer 400-fachen Vergrößerung beurteilt. Da bei der Teststreifenuntersuchung mehr Parameter beu rteilt werden können und der Zeitaufwand deutlich geringer ist, ist sie im Screeningverfah· ren der mikroskopischen Untersuchung überlegen. Liegt der Verdach t auf einen Harnwegsinfekt vor, sollte eine Urikultur (Uricult®) angelegt werden (I Abb. 2). Es handel t sich dabei um gebrauchs· fertige Eintauchmedien, die mit einem Nähragar beschichtet sind. Der Urin
sollte möglichst schnell verarbeitet werden, da sich nach längerer Stand zeit Keime, die beim Mittelstrahlurin vorkommen, stark vermehren und in der Urinkultur zu falsch hohen Keim· zahlen führen. Urin, der nicht sofort verarbeitet werden kann, sollte daher in einem Kühlschrank bei 4 °C gelagert werden! Die Urinkultur wird nach dem Eintau· ehen in den Urin für ca. drei Tage in einem Inkubator bebrütet und mithilfe einer vom Hersteller mitgelieferten Ver· gleichstabelle ausgewertet. Die Zahl der Bakterienbesiedlung wird als Kass-Zahl bezeichnet und trägt die Einheit Kolonien/mI Harn oder CFU/ ml (= Colony forming units). Bei einer Keimzahl von ;:: 105 CFU/mlliegt bei Mittelstrahlurin eine sogenannte Bakteriurie vor und
ein Harnwegsinfekt ist wahrscheinlich. Bei gleichzeitiger Leukozyturie ist die Diagnose Harnwegsinfekt als gesichert anzusehen. Hilfreich für die antibiotische Therapie ist die Anfertigung einer Resistenzbestimmung. Dabei wird die Wirkung (mi· nimale Hemmkonzentration = MHK) gängiger Antibiotika entweder durch einen Agardiffusionstest oder einen Rei· henverdünnungstest bestimmt, sodass eine begonnene kalkulierte Antibiotika· therapie evaluiert und gegebenenfalls angepasst werden kann. Bei Verdacht auf eine Hormonerkrankung oder eine rezidivierende Nephroli· thiasis oder zur Bestimmung der Kreati· ninclearance und Ouantifizierung einer Proteinurie wird eine 24-h-Sammelurin untersuchung durchgeführt.
CLED-Agar (grünlich)
R'I
~t$J 1.000
I
10.000
100.000
1 Mill.
10MilI.
Abb. 2: Eintauchku ltur (Uri cult®). Die ungefähre Keim zah l wird durch Vergleic h mit der vom Hersteller gelieferten Tabell e bestimmt. Hier ist di e Keimzahl < lOaD/mI. [12J
Urologische Anamnese und Untersuchungsmethoden 11 Blutlabor
Die Laboruntersuchung des Patientenbluts ist ein wesent· licher und notwendiger Bestandteil in der Früherkennung, der Diagnose, Therapie und Verlaufsbeurteilung bei urolo· gisehen Erkrankungen. Beim Routinelabor werden üblicher· weise folgende Werte untersucht: ~ Kleines Blutbild (Erythrozyten, Leukozyten, Hämoglobin, Hämatokrit, MCV, MCH, Thrombozyten, Retikulozyten) ~ Elektrolyte (v. a. Natrium + Kalium) ~ Gerinnung (Ouick/ INR, PTT, evtl. Thrombozytenfunk· tionstest PFA 100) ~ Entzündungsparameter (C·reaktives Protein, Procalcitonin) ~ Nierenfunktionsparameter (Kreatinin, Harnstoff, ß2·Mikro· globulin + Berechnung der Kreatininclearance)
Für die urologische Tumor·Diagnostik relevante Laborpara· meter sind: Prostataspezifisches Antigen (PSA) Beim PSA·Wert handelt sich um ein diagnostisches Zusatz· mittel zur Identifizierung von Prostatakarzinomen und um den Tumormarker zur Verlaufskontrolle bei der Prostatakar· zinomtherapie. In Deutschland zählt die PSA·Untersuchung im Rahmen der Tumorvorsorgeuntersuchung zu den soge· nannten individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL), deren Kosten vom Patienten selbst entrichtet werden müssen. Der PSA·Referenzbereich liegt, abhängig vom Test, bei < 3- 4 ng/mL Erhöhte PSA-Werte finden sich
bei einem Prostatakarzinom, bei entzündlichen Prozessen (z. B. Prostatitis und Zystitis), ~ nach mechanischer Manipulation der Prostata (z. B. Rad· fahren oder digital·rektale Untersuchung) und auch ~ bei der benignen Vergrößerung der Prostata, dem Prostata· Adenom.
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~ Eine AFP-Erhöhung spricht für einen Keimzelltumor des Hodens. Weitere Erkrankungen, di e zu einer AFP·Erhöhung führen können, sind das hepatozelluläre Karzinom, embryonale Tumoren des Ovars und extragonadale Keimzell tumore. Bei bestehender Schwangerschaft sind erhöhte AFP·Werte physiologisch. AFP hat eine Halbwertszeit von fünf Tagen, sodass nach einer Entfernung der gesamten Tumormasse postoperativ nach fünf Tagen ein AFP-Abfall zu verzeichnen ist. Bei inadäquatem Abfall, Persistieren oder Anstieg des Werts ist von einem Residualtumor, einer Metastasierung oder einem Tumorrezidiv auszugehen .
Eine AFP-Erh6hung schlieBt ein reines Seminom, ein reifes Teratom oder ein reines Chorionkarzinom aus, da diese Tumoren AFP--negatlv sind!
~ Die HCG-Erhöhung find et sich bei Keimzelltumoren des Hodens, des Ovars und bei einer Schwangerschaft. Im Fall des Chorionkarzinoms korreliert die Tumormasse annähernd linear mit der HCG· Konzentration. ~ Obwohl die LDH ein relativ unspezi fischer Tumormarker ist, dient sie zum Therapiemonitoring und zur prognostischen Einschätzung insbesondere beim fortgeschrittenen Seminom. Bei der Erstdiagnose ist die LOH bei ca. 50 % der Seminom· Patien ten erhöht. ~ Die hPLAP ist in ca. 50 - 90 % bei Seminomen erhöht.
Bei Rauchern ist die hPLAP In der Regel erh6ht und Ist daher diagnostisch kaum verwertbar!
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Als Anhaltswert zur Beurteilung der Tumormasse gilt: Pro Gramm adenomatöses Prostatagewebe erhöht sich der PSA· Wert um ca. 0,3 ng/ml, pro Gramm malignem Tumorgewebe erhöht sich der PSA·Wert um ca. 3 ng/ mL Wichtige klinisc he Beurteilungskriterien sind die PSA·Anstiegsgeschwindigkei t und ·Verdopplungszeit, sowie die PSA·Dichte.
AFP, HCG, LDH, hPLAP Eine Bestimmung der Werte a·Fetoprotein (AFP), humanes Choriongonadotropin (HCG), Laktatdehydrogenase (LOH) und humane plazentare alkalischer Phosphatase (hPLAP) wird zur Diagnostik und Verlaufskontrolle bei Hodentumoren durchgeführt.
Spermiogramm
Die Zeugungsfähigkeit eines Mannes wird mithilfe des Spermiogramms beurteilt. Analysiert wird das Ejakulat nach vorheriger sexueller Karenz von mindestens zwei Tagen. Das Sperma wird untersucht auf: ~
Volumen: normal ~ 2 ml
~ Fruktosegehalt:
normal: > 13 ).lmol, verringerte Werte bei Verschluss der ableitend en Samenwege ~ pH-Wert: normal: 7,2 - 8,0, niedrige Werte bei Samenwegsobstruktion ~ Spermatozoenzahl: normal > 20 x IOÖ/ ml, Oligospermie bei < 20 x I06/ ml, Azoospermie bei fe hlendem Nachweis von Spermien ~ Beweglichkeit: normal > 50% schnelle Spermienmotilität ' bei mehr als 50% immobiler Spermatozoe n liegt eine Asthenozoospermie vor. ~ Morphologie: Teratozoospermie bei < 15% norma le Spermi en ~ Vitalität: Avitale Sperm atozoen lasse n sich durch Zuga be von Eosin anfärben. Vita le Spermatozoen nehmen den Fa rbstoff nicht auf. Die Auszä hlung erfolgt un te r dem Mikroskop. ~ Leukozytenzahl: normal < 10 I ml
Diagnostik und Therapie
819
Bei einem unauffälligen Spermiogramm spricht man von einer suchung findet auf einem speziellen Toilettenstuhl statt. Normospermie. Kann kein Ejakulat gewonnen werden, liegt Ein darunter befindlicher Auffangmechanismus misst, ob und eine Aspermie vor. wie viel Urin der Patient bei der Blasenfüllung unwillkürlich verliert und wie viel Urin bei der abschließenden Entleerungs· phase abgegeben wird. Mithilfe der Messkatheter können Urodynamik während der Füllungs· und Entleerungsphase der Blase so· wohl in Ruhe als auch unter Belastung (Husten, Pressen) Urodynamische Untersuchungsmethoden sind: kontinuierlich Drücke abgeleitet und aufgezeichnet werden. Die Druck- und Flusskurven werden nach der Untersuchung ~ Uroflow: Die Uroflowmetrie wird zur Bestimmung der über ein Computersystem ausgewertet und vom Arzt interHarnstrahlgeschwindigkeit und ·kraft herangezogen. Dabei pretiert. wird die Menge Urin, die pro Sekunde ausgeschieden wird, in ml gemessen. Die Messung erfolgt kontinuierlich über die gesamte Blasenentleerung hinweg. Dabei entsteht eine Uro· Bildgebende Untersuchungsverfahren flowkurve, die bestimmte Aussagen über den Entleerungsvor· gang zulässt. Die Miktionszeit ist normalerweise kleiner als Sonografie: Der transrektale Ultraschall (TRUS) 60 Sekunden und hat bei der grafischen Aufzeichnung annä· hernd eine Glockenform. Normale Flusswerte liegen bei über Da die Sonografie eine schnelle, kostengünstige und für den Patienten risikofreie Untersuchungsmethode darstellt, ist sie 12 ml/s. Darunter liegende Werte machen eine subvesikale zu dem am häufigsten verwendeten bild gebenden Verfahren Obstruktion, wie sie z. B. bei einer BPH vorliegt, sehr wahr· scheinlich. Durch die verlängerte Miktionszeit mit geringeren in der urologischen Diagnostik geworden. Mit dieser Metho· Sekundenvolumina kommt es typischerweise zu einer plateau· de ist es dem geübten Anwender möglich, Nieren, Harnleiter, förmigen Flusskurve. Blase, Prostata sowie Hoden zu beurteilen. Der transrektale Ultraschall (TRUS) ist ein häufig eingesetztes ~ Zystometrie: Sensitivität der Harnblase und Detrusorfunk· diagnostisches Hilfsmittel in der Urologie (I Abb. 3). Dabei tion beim Füllungsvorgang können durch eine Zystometrie handelt es sich um eine spezielle Ultraschallsonde, die trans· objektiviert werden. Sie wird vor allem im Rahmen der Dia· gnostik einer Harninkontinenz durchgeführt. Für die Untersu· anal eingeführt werden kann. An ihrer Spitze befindet sich chung wird ein spezieller Katheter, der mit einem Drucksen· ein 7,S-MHZ-Schallkopf, mit dessen Hilfe die Prostata sowohl in Longitudinal- als auch in Transversalebene vermessen und sor ausgestattet ist, in die Blase eingeführt. Nach vorheriger Entleerung der Blase wird diese durch den Katheter mit einer beurteilt werden kann. Der Patient befindet sich bei der Infusionslösung gefüllt « 30 ml/min). Die Lösung wird meist Untersuchung entweder in Steinschnitt- oder in Seitenlage. mit einem Kontrastmittel versehen, sodass während der Un° Zum Einsatz kommt diese Art der Ultraschall untersuchung tersuchung die Harnblase röntgenologisch untersucht werden zur Bestimmung des Prostatavolumens, zur ultraschallgesteu· kann. Während der Füllung wird der Druck innerhalb der erten Prostatapunktion und zur Tumordiagnostik. Aufgrund der derzeit noch geringen Treffsicherheit beim ProstatakarBlase kontinuierlich aufgezeichnet. Des Weiteren wird ein Drucksensor in den After eingeführt. Dieser misst den Druck, zinom wird der TRUS nur als Zusatzdiagnostik neben der der im Abdomen herrscht und der von außen auf die Blase DRU und der PSA-Messung in der Früherkennung verwendet einwirkt. Die Aktivität des Blasenschließmuskels wird durch und nicht von den Kassen erstattet. Klebeelektroden, die über der Beckenmuskulatur auf die Haut Mit dem TRUS lassen sich Gewebestruktur, Kapselüberschreigeklebt werden, abgeleitet (Beckenboden-EMG). Die Unter· tungen, Symmetrie und Volumen der Prostata bestimmen.
I Abb. 3: Transrektaler Ultraschall in zwei Ebenen. Der obere Bildabschnitt ze igt die sagittale Ebene mit Ausmessung der Prostatabreite und -höhe. Der untere Bildabschnitt ze igt die lon gitudi na le Achse mit der Länge nausmessung.
Urologische Anamnese und Untersuchungsmethoden 111
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1 Abb . 4: (a) AUG mit Leeraufnahme, (b) 7 min post injectionem, mit fe hlender Kontrastieru ng des rechten Nierenbeckenkelchsystems (NBKS) und (c) 20 min post inj ectionem, mit geringgradiger Dilatation des NBKS und de s Harnleiters rechts .
Eine sogenannte Christbaum blase mit Pseudodivertikeln, Trabekein und Reflux ist das typische Bild einer neurogenen Reflexblase_
Röntgen
Ausscheidungsurogramm (AUG) Bei der Ausscheidungsurografie (AUG) handelt es sich um eine Röntgenuntersuchung mit Kontrastmittel zur Darstellung der Nieren und der ableitenden Harnwege sowie der Harnblase (I Abb_ 4) . Zunächst wird eine sog_ Leeraufnahme (= Abdomenübersichtsaufnahme) vor Kontrastmittelgabe durchgeführt. Sie dient als Vergleichsbild für die folgenden kontrastierten Aufnahmen_ Das Kontrastmittel wird in eine periphere Armvene injiziert und über die harnableitenden Wege ausgeschieden_ Zur Beurteilung der Ausscheidungsdynamik erfolgen zwei Aufnahmen 7 und 14 min post injectionem. Zusätzlich kann die erste Aufnahme in Inspiration, die zweite Aufnahme in Exspiration durchgeführt werden, um die Atemverschieblichkeit der Nieren zu prüfen. Ein AUG kann vor allem die Frage nach Nierensteinen und dadurch bedingte Abflussbehinderungen klären . Es wird auch bei der Untersuchung und Ursachenerkennung für Blutungen aus dem Urogenitaltrakt eingesetzt. Vor Applikation muss sichergestellt werden, dass der Patient nicht auf das Kontrastmittel allergisch reagiert, keine Nierenschädigung mit erhöhten Retentionsparametern im Blut vorliegt, eine Schwangerschaft ausgesch lossen ist und der Patient wegen der Gefahr einer Forn ixruptur (Ruptur eines Nierenkelchs aufgrund von Überdruck) schmerzfrei ist. Liegt eine Jod- oder Kontrastmittelallergie vor, kann anstelle einer AUG auch eine retrograde Ureteropyelografie durchgeführt werden (s. u.).
Miktionszystourethrografie (MCU ) Bei der MCU (I Abb. 5) wird die Blase über einen Katheter mit Kontrastmittel gefüllt, um Verletzungen, Verengungen oder Klappen der Harnröhre sowie Traumata der Blase oder einen vesikoureteralen Reflux zu diagnostizieren. Bei immer wiederkehrenden Harnwegsinfektionen im Kindesalter muss mittels MCU ein vesikoureteraler Reflux ausgesc hlossen werden.
1
Abb . 5: MCU eines Kindes mit ureterorena lem Reflux bds.
Retrogrades Urethrogramm Mit dem retrograden Urethrogramm (I Abb_ 6) wird die männliche Harnröhre dargestellt, meist zur Abklärung einer Harnröhrenstriktur. Sie ist aber auch zur Entdeckung von HarnrÖhren tumoren, -divertikeln , -steinen und -fisteln indiziert_ Retrograd es Ureteropyelogramm Das retrograde Ureterpyelogramm dient der selektiven Darstell ung von Harnleiter und Nierenbecken. Mithilfe der Zystoskopie wird ein spezieller Katheter in den distalen Harnleiter eingefü hrt und mit Kontrastmittel gefü llt. So können unter Durch leuchtung Steine, Tumoren und eine Nierenbeckenabgangsstenose erfasst werden. Das retrograde Ureteropyelogramm kommt vor allem dann zur Anwendung, wenn mittels AUG eine zu geringe Kontrastierung der zu beurteilenden Strukturen erreicht wurde. Das kann zum Beispiel bei einem Harn leitertumor, Harnstein, Urothelka rzinom des Nierenbeckens oder Harn leiters oder bei einer Niereninsuffizienz der Fall sein.
Antegrade Harnleiterdarstellung Durch transkutan Punktion der Niere ka nn Kontrastmi ttel zur Darste llung der harnablei-
Diagnostik und Therapie
Nierenfunktionsszintigrafie
I Abb . 6: Retrogrades Ureth rogramm mit einer kurzstreckigen bu lbären Harnröhrenstriktur.
tenden Wege injiziert werden. Diese Metho· de wird zur Verlaufskontrolle nach einer vorausgegangen Therapie angewand t.
Die Nierenszintigrafie erlaubt die Beurteilung der Nierenfunktion unter statischen und dynamischen Gesichtspunkten. Beurteilt werden die Blutversorgung, runktion und Exkretion der einzelnen Niere_ Es ist die beste Untersuchung zur Erken· nung von Parenchymnarben, besonders bei Kindern. Außerdem dient sie zur Beurteilung der seitengetrennten Nierenfunktion. So können glomeruläre Filtrationsrate, renaler Blutfluss und tubuläre Sekretion mit der Fragestellung nach der Nierenfunktion und ihrer Clearance untersucht werden. Als Radiopharmaka kommen Q9mTc-MAG3 (wird nur tubulär eliminiert) und QQmTc-DTPA (wird nur glomerulär filtriert) zum Einsatz. Die Nierenfunktionsszintigrafie muss unter ausreichender Hydrierung des Patienten
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erfolgen, um Nierenschäden zu vermeiden. Dabei wird die An- und Abflutung des Radionuklids durch Detektion mit der Gammakamera und Aktivitätsbestimmung im Plasma bestimmt. 1m Abstand von 20 und 25 Minuten nach der Injektion erfolgen Blutentnahmen zur Aktivitätsbestimmung des Radionuklids und Aufnahmen mit der Gammakamera in festgelegten Abständen. Die Werte werden in einer sogenannten Nephrogrammkurve dargestellt, welche die seitengetrennte Funktionsbeurteilung der Nieren erlaubt. Es können drei Phasen unterschieden werden: ~ Perfusionsphase (Anfluten des Radionuklids) ~ Sekretionsphase (tubu läre Sekretion des Radionuklids bei weiterer Akkumulation) ~ Exkretionsphase (Ausscheidung stärker als Akkumulation).
So kann eine genaue Aussage über die Nierenfunktion und deren Einschränkungen erfolgen_ Die Clearance kann in absoluten Werten angegeben werden.
Computertomografie (CT) Diese strahlenbelastende Untersuchung wird zum Staging von Nieren-, Blasen-, Hoden- sowie retroperitoneal liegenden Tumoren eingesetzt.
Zusammenfassung • Das wichtigste urologische Leitsymptom ist die Makrohämaturie (sichtbar rot gefärbter Urin)_ Hier ist die differentialdiagnostische Abklärung auf einen malignen Tumor zwingend!
Kernspintomografie (MRT)
• Ein akuter Harnverhalt zeichnet sich durch starke Unterbauchschmerzen bei einer prall gefüllten, tastbaren Blase aus. Ein chronischer Harnverhalt
Das MRT ist zwar ohne Strahlenbelastung für den Patienten, jedoch teurer und weniger verfügbar als das CT. Hauptsächlich dient es zur hoch auflösenden Diagnostik der Weichteile (z. B. Nierentumoren) bzw. als Vergleichsdiagnostik zum Cl
• Chronische Rückenschmerzen können degenerativ altersbedingt sein
Skelettszi ntigrafie
• Die Sonografie gehört zur Standarddiagnostik der Urologie und ist sehr
Die Skelettszintigrafie wird mit üblicherweise metastabilem 99 Technetium (Q9Il1 Tc) durchgeführt und kommt beim Staging urologischer und anderer Tumoren zum Einsatz. Mehranreichernde Area le, also mit erhöhter Knochenstoffwechselaktivität, sind im Zusammenhang mit klinischen Symptomen metastasenverdächtig, können jedoch auch durch Knochenfrakturen, altersbe· dingte degenerativ e oder durch entzündliche Knochenprozesse (z. B. Osteoarthritis) bed ingt sein und sind nicht beweisend. Der erfahrene Radiologe kann jedoch mit hoher Sicherheit suspekte Herd e identifi zieren.
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ist meist schmerzlos _
oder aber auch durch Nierensteine oder Wirbelsäulenmetastasen eines Prostatakarzinoms entstehen.
vom Können des Untersuchers abhängig. • Bei Kontrastmitteluntersuchungen wie dem AUG oder CT muss zwingend die Nierenleistung über den Kreatininwert überprüft werden, um eine Niereninsuffizienz durch Kontrastmittelgabe zu verhindern . Auch eine Kontrastmittelallergie ist in der Anamnese auszuschließen! • CT, MRT werden in der Urologie vornehmlich zur Tumordiagnostik eingesetzt. • Die Skelettszintigrafie ermöglicht die Früh- und Verlaufdiagnostik von Knochenmetastasen_ • Die Nierenfunktionsszintigrafie gibt genau Auskunft über die seitengetrennte Nierenfunktion und kann auch bei Kindern angewendet werden_
Urologische Therapie I
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Medikamentöse Therapien Metaphyla xe vo n Harnste inen
Wichtig sind die Alkalisierung (Alkalicitrat, Vitamin C) oder die Ansäuerung (L-Methionin, Ammoniumchlorid) des Harns je nach Steinart. Durch die pH-Beeinflussung kommt es zu einer besseren Löslichkeit der steininduzierenden Produkte. Zur Metaphylaxe von Kalziumoxalatsteinen, Harnsäure· und Zystinsteinen wird alkalisiert, bei Infektsteinen (Struvit) wird angesäuert. Nierenkarzinom
Lange Zeit war lnterferon-u das Standard medikament in der Behandlung metastasierter Nierenzellkarzinome. Über eine immunmodulatorische Wirkung konnten sogar einzelne Heilungen erreicht werden. Schwere Nebenwirkungen sind Fieber, Müdigkeit, Gelenk· schmerzen, Leukopenie und Thrombopenie. Eine Verschlech· terung der Leberfunktion ist besonders gefährlich. Selten können Autoimmunerkrankungen der Leber oder Schilddrüse verstärkt werden. Auch psychische Veränderungen wie Depressionen sind möglich. Sunitinib, Sorafenib, Temsirolimus und Bevacizumab sind neue Medikamente, die antiangiogenetisch und antiproliferativ durch Störung der Signalübertragung der Wachstums· faktoren wirken.
~ GnRH·Analoga führen über eine unphysiologische Dauerstimulation statt pulsatiler Freisetzung zum Abfall des Testosterons. ~ Östrogene können in Form des Estramustinphosphats (Kombination mit Zytostatikum) als Hemmstoffe der LHFreisetzung zur Anwendung kommen, bri ngen jedoch ein erhöhtes Risiko für kard iovaskuläre Ereignisse mit sich. ~ Typische nicht steroidale Antiandrogene, die kompetitiv antagonistisch am Testosteronrezeptor wirken, sind Flutamid , Bicalutamid und Nilutamid. Als weiteres Antiandrogen wird das Gestagen Cyproteronacetat verwendet. Zum einen senkt es den Testosteronspiegel durch antigonadotrope Wirkung und zum anderen senkt es auf zellulärer Ebene direkt den Dihydrotestosteronspiegel.
Gemeinsam sind der antiandrogenen Therapie typische Nebenwirkungen wie Impotenz, Libidoverlust, Depressionen , Adynamie, Gynäkomastie, Brustschmerzen und Osteoporose_ Dadurch kann die Lebensqualität der Patiente n erheblich beeinträchtigt werden. Als Standardchemotherapie des metastasierten Prostatakarzinoms mit nachgewiesenem Überlebensvorteil gil t derzeit das Taxan Docetaxel, das als Mikrotubulistabilisator di e Mitose blockiert. Wichtige Nebenwirkungen si nd ei ne Neuropathie, Blutbildungsstörungen (Ne utropen ie, Anämie, Thrombozyto_ penie) bzw. Leberfunktionsstörungen.
Ben igne Prost atahyperpl asie (BPH)
Blasenent leerungsstörungen
Die Phytotherapie bildet die älteste Grundlage zur Behandlung der BPH. Mit Extrakten von Brennnesselwurzeln, Sägepalmenfrüchten, Kürbissamen und Stechpalmen (Phyto· steroIe) sollen v. a. die irritativen Beschwerden durch anti· phlogistische Eigenschaften gemildert werden. Eine weitere Therapieoption stellt die antiadrenerge Behandlung mit selektiven al-Blockern [Tamsulosin, Doxazosin, Alfuzosin) dar. Durch Relaxation der glatten Muskulatur um den Blasenhals wird der Widerstand bei der Miktion gesenkt. Durch die Selektivität sind wenig systemische Nebenwirkun· gen zu befürchten. Auch 5-u·Reduktase·Hemmer wie Finasterid können über eine Senkung des Prostatavolumens den Widerstand senken. Finasterid hemmt dabei die Umwandlung von Testosteron in das biologisch wirksamere S·u·Dihydrotestosteron, das das Wachstum der Prostata steuert.
Je nach Ursache der Störung (erhöhter Auslasswiderstand, überaktiver Derrusor, Beckenbodenschwäche) werden verschiedene Medikamentengruppen angewandt. a l- Blocker als Nachlastsenker wurden bereits besprochen. Bei Belastungsinkontinenz hat sich Duloxetin , ein SSRl, durch gesetzt. Die Östrogensubstitution kann hilfreich sein, sollte jedoch erst nach einer genauen Risiko·Nutzen·Abwägung erfol gen (Induktion von Endometriumkarzinomen, Mamma karZinomen). Zur Behandlung der Drang- und Refl ex inkontinenz kommen Anticholinergika, di e die Detrusoraktivität senken (Trospiumchlorid, Oxybutynin, Propiverin , Tolterod in), zur Anwendun g. Typische Nebenwirkungen sind anticholi nerger Natur (Mundtrockenheit, Glaukom, Tachykardie, etc.). Botox-lnjektionen scheinen eine neue vielversprechende Therapieoption darzuste llen .
Prostata ka rzi nom
In Frühstadien kann durch die Applikation von BC oder Mitomycin in die Blase im Anschluss an eine Elektrorese ktion durch Induktion ei ner loka len Entzü ndung (BCG) bzw. zytostatisc hen Wirku ng (Mitomycin) die Rezid ivneigung gesenkt werden.
Blasenkarzi nom
Besonders beim Prostatakarzinom versucht man, über eine Senkung des Testosteronspiegels das Wachstum des Tumors zu bremsen. Dazu gibt es verschiedene medikamentöse Möglichkeiten.
Diagnostik und Therapie
Hodentumoren Die gängige Chemokombination wird aus Cisplatin (DNAVernetzung), Etoposid (Topoisomerase-II·lnhibitor) und Bleomycin (Doppelstrangbrüche der DNA) gebildet Wichtige Nebenwirkungen sind Nephrotoxizität, Ototoxizität, Neuro· pathie, Erbrechen (Cisplatin), Knochenmarksuppression (Etoposid) und Lungenfibrose (Bleomycin). Erektile Dysfun ktion (ED) Die klassischen Medikamente zur Therapie der ED sind Phos· phodiesterase-5-Hemmer wie SildenafiL Dadurch wird der Abbau von cGMP vermindert, welches für die Reaktion der glatten Schwellkörpermuskulatur, also für die Erektion verantwortlich ist Wichtig ist die Beachtung von Nebenwirkungen wie Blutdruckabfall und Reflextachykardie (cave! koronare Vorerkrankungen ). Auch Dopamin·2·Agonisten (Apomorphin) können über eine zentrale Wirkung zur Erektion führen. Etwas invasiver sind die Schwellkörperautoinjektionstherapie (SKAT) mit vasoaktiven Mitteln oder die intraurethrale Appli' kation von Prostagiandin EI (MUSE). Minimalinvasive Therapien
Extrakorporale Stoßweilenl ithotripsie (ESWL) Extrakorporal werden Stoßwellen erzeugt (Unterwasserfunkenentladung, Schwingung einer Metallmembran, piezoelek· trische Elemente, gepulster Laserstrahl] und auf Solitär·Steine bis zu 2,5 cm Größe fokussiert So kann das Konkrement in kleine spontan abgangsfähige Desintegrate zertrümmert wer· den. Die Ankopplung der Stoßwellen an den Körper erfolgt über Wasserbäder, Gel- oder Wasserkissen. Häufigste Neben· wirkungen sind Nierenhämatome. Kontraind ikationen sind Gerinnungsstörungen, Schwangerschaft, Aneurysmen, Harn· wegsinfekte und extreme Adipositas. Transurethra le Resektion Bl ase (TUR-B) Zur Therapie der Frühformen des Blasenkarzinoms hat sich die TUR·B bewährt. Die Tumoren werden durch eine elek· trische Schlinge aus der Blasenwand geschnitten. Gleichzeitig koaguliert der Strom Gefäße und zerstört auch zurückbleibende Tumorzellen. Die größte Gefahr sind starke Blutungen und intra· wie extraperitoneale Perforationen. Transu rethrale Rese ktion Prostata (TUR-P) Analog zur TUR-B wird mit einer Elektroschlinge hyperplastisches Prostatagewebe der inneren Zone bei der BPH abgetragen, um so den Miktionswiderstand zu senken . V. a. unter 100 ml Drüsengewebe kommt dieses Verfahren zur Anwen· dung. Das Hauptrisiko ist die Entwicklung ei nes TUR-Syn-
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droms. Dabei kommt es durch Einschwemmung der hypotonen Spülflüssigkeit in das Gefäßsystem zu einer hypotonen Hyperhydratation mit Verwirrtheit, Lungenödem, Hirnödem, Hämolyse und Nierenversagen. Daher sollte die OP·Zeit auf 60 Minuten begrenzt werden. Zur Therapie werden Diure· tika eingesetzt. Lase rresektionen Neben dem Standardverfahren der TUR-P stellen die Laserresektionen neue Verfahren in der Behandlung der BPH dar. Sie sind im Vergleich zur TUR-P risikoärmer - gerade für ältere Patienten - und können zum Teil auch bei Patienten unter Antikoagulation eingesetzt werden. Etabliert sind vor allem der Greenlight-Laser, der Holmium·Laser und der Thulium·Laser. ~ Beim Greenlight-Laser wird der innere Anteil der Prosta· ta von der Harnröhre aus mit einem Laserstrahl verdampft. Vorteile gegenüber der TUR-P ergeben sich vor allem aus der Koagulation kleiner Blutgefäße, sodass die intra- und postope· rativen Blutungen deutlich reduziert werden. Nachteile des Greenlight-Lasers sind zum einen die fehlende Gewinnung einer Histologie und zum anderen die geringe Eignung bei einer stark vergrößerten Prostata (> 80 ml), da nur sehr oberflächlich vaporisiert wird. Dadurch wäre die Eingriffsdauer zu hoch. ~ Mit dem Holmium-Laser wird mit einem gepulsten Laserstrahl von der Harnröhre aus der komplette innere Anteil der Prostata in mehrere Gewebestücke zerkleinert. Da die dabei entstehenden Stücke zu groß sind, um sie direkt durch die Harnröhre zu entfernen, erfolgt die Zerkleinerung in der Blase mit einem speziellen Gewebezerkleinerer (dem Morcellator). Der Therapieerfolg ist dabei unabhängig von der Prostatagröße. Außerdem besteht die Möglichkeit, die entstehenden Gewebespäne histologisch zu untersuchen. ~ Der Thulium-Laser ist eine Weiterentwicklung des Holmium-Lasers. Durch einen kontinuierlichen Laserstrahl kann neben dem Schnitteffekt auch ein besserer Vaporisationseffekt erzeugt werden. Dadurch lässt sich die Eingriffsdauer gegen· über dem Holmium-Laser weiter reduzieren, da mehr Gewe· be pro Zeit reseziert werden kann. Auch der Thulium-Laser ist für alle Prostatagrößen geeignet und auch hier lässt sich eine Histologie gewinnen.
Weitere Studien müssen die Vorteile der Laserverfahren gegenüber der konventionellen TUR·P noch herausstellen, sodass diese die konventionelle TUR·P in Zukunft ersetzen können.
Urologische Therapie 11 Schnittführung bei urologisehen Operationen
Im Nachfolgenden werden die typischen operativen Zugangswege zu den Urogenitalorganen beschrieben. Niere
Etabliert sind vor allem folgende Zugangswege:
Nephrektomie
Harnableitu ng
Am häufigsten werden zu r Nephrektomie der Interkostalschnitt oder der transabdominelle Weg gewä hl t. Nach Eröffnung der Gerota-Faszie wird das Nierenhilum aufgesucht und es erfolgt eine Präparation des Harnleiters bzw. der Gefäße mit Anschlingung. Nach Abklemmung der Gefäße erfolgen die Unterbindung und DurChtrennung der Arterie, der Vene und dann des Harnleiters in dieser Reihenfolge. Nun kann die Niere in toto entnommen werden. Nach Einlage einer Drainage in die Wundhöhle erfolgt der schic htweise Wundverschluss.
Nach erfolgter Zystektomie gibt es ZWei Hauptgruppen der möglichen Harnablei_ tung: kontinent und in konti nent (Dauerableitung).
~ Flankenschnitt: Durchtrennung der Muskulatur unterhalb der 12. Rippe, Freilegung der Niere von kaudal (früher Standardschnitt) ~ Interkostalschnitt: Schnitt im 9., 10. oder 11. IeR, um möglichst kranial und übersichtlich an die Niere zu gelan- Nierenteilresektion gen. Schrittweise Durchtrennung der Interkostalmuskulatur (cave! Pleuraver- Der Zugang erfolgt wie bei der Neph rekletzung), Spreizung durch Rippensperrer tomie. In Kaltischämie (Abklemmung (heute Standard schnitt) der Arterie, Hypothermie mit Eis) wird ~ Rippenbogenrandschnitt: Hautein Teil der Niere reseziert. Nach ad· schnitt entlang des linken und rechten äquater Blutstill ung wird die Kapsel Rippenbogens, quere Durchtrennung über dem Parenchym vernäht. Nach der Rektusscheide meist oberhalb des Entfernung der Gefäßklemme und DraiMuskels nageeinlage erfolgt der schichtweise Wundverschluss. Blase und Prostata
Die möglichen Zugangswege zur Blase und Prostata sind je nach Indikation: ~ Unterbauchmittelschnitt: Medianer Schnitt ober- bzw. unterhalb des Nabels als Standardzugang zu Blase und Prostata ~ Pfannenstielschnitt: Kosmetische Schnittführung mit Spaltung von Faszie und Muskulatur, die Narbe verschwi ndet später in der Schambehaarung bzw. unter dem Hosenbund.
a) lIeum-Neoblase (nach Hautmann)
Kontinente Harnableitung Bei der kontinenten Harnableitung kann der Patient den Zeitpunkt der Harnentleerung selbst bestimmen. ~ Ureterosigmoideostomie: Es erfolgt eine Ableitung der Harnleiter in das Sigma, Harn und StUhl werden danach gemeinsam entleert. Als MOdifikation kom mt der Mainz-Pouch 11 in Betracht, bei dem ZUSätzlich ein Sigma- Rektum-Reservoir (Pouch ) angelegt wird. Reflux und nächtliche Inkontinenz werden gemindert. Die Entstehung von Sigma- und Rektumkarzinomen ist erhöht. ~ Ileumneoblase: Aus einem ca. 60 cm langen ausgescha lteten Dünndarmstück wird ein Pouch gebildet, an den die Harnleiter anti refluxiv angeschlossen werden . Kaudal erfolgt ein Anschluss des Reservoirs an die Urethra.
b) lIeum-Neoblase mit Steigrohr (nach Studer)
+-- - Urethra - - --td) Indiana-Pouch
Genitalbereich
Am Hoden ist der Zugang direkt skrotal möglich oder im Fall des Tumorverdachts von inguinal wegen der Gefahr einer Tum orzellverschleppung.
• Abb. 1: Kontinent e Harnab teitungen.
e) Ureterosigmoideostomie (Mainz-Pouch 11)
c) lIeozöka lreservoir (Mainz-Pouch I)
Diagnostik und Therapie
Somit sind meist eine normale Kontinenz und Miktion möglich. ~ Mainz-Pouch I: Ein Stück Dünnoder Dickdarm wird zu einem Pouch geformt, an den die Harnleiter angeschlossen werden. Über Ileum oder die Appendix erfolgt die Ableitung im Bereich des Bauchnabels. Durch Raffung der Austrittsstelle wird eine kontinente Abdichtung erzielt. Der Patient kann mithilfe eines Einmalkatheters mehrmals täglich den Pouch entleeren.
a) lIeum-Conduit
In I Abbildung 1 findet sich eine Übersicht der genannten Varianten.
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b) Kolon-Conduil
Abb. 2: lIeum- und Ko lon-Conduit.
Inkontinente Harnableitung Bei der inkontinenten Harnableitung erfolgt die Ableitung des Urins permanent. Aufgefangen wird er durch Klebebeutel am Abdomen. ~ Ureterokutaneostomie: Die Harnleiter werden an einer Stelle in die Haut eingenäht ~ Nierenfistel: Ein im Nierenbecken liegender Katheter leitet den Harn nach außen. Der Harn der Gegenseite kann über den Harnleiter ins katheterisierte Nierenbecken eingeleitet werden. ~ Ileum-Conduit: Die Harnleiter werden in ein Stück ausgeschalteten Dünndarm eingeleitet, der wie ein Anus praeter in die Haut mündet. ~ Kolon-Conduit: Analog zum IleumConduit mit Dickdarm
In I Abbildung 2 sind das I1eum- und das Kolon-Conduit dargestellt.
Zusammenfassung • Zur Metaphylaxe von Kalziumoxalatsteinen, Harnsäure- und Zystinsteinen wird alkalisiert, bei Infektsteinen (Struvit) wird angesäuert. • Bei BPH werden a l-Blocker (Doxazosin), 5-o.-Reduktase-Hemmer (Finasterid) und Phytotherapeutika (Kürbis, Sägepalme) verwendet. • Das metastasierte Prostatakarzinom wird durch Androgenentzug (GnRHAnaloga, Cyproteronacetat) und das Zytostatikum Docetaxel palliativ behandelt. • Bei der TUR-P besteht die Gefahr eines lebensgefährlichen TUR-Syndroms mit Hirnödem, Hämolyse und Nierenversagen. • Laserverfahren ersetzen zunehmend die klassische TUR-P, da sie komplikationsärmer sind und teilweise auch unter Antikoagulation angewendet werden können.
Folgen der Harnableitung Rezidivierende Harnwegsinfekte, Stomastenosen, Fisteln, hyperchlorämische Azidose [Resorption im Pouch), Durchfälle, Mangelzustände [v. a. Vitamin B12 bei Ausschaltung terminaler Ileumschlingen) oder vermehrte Schleimbildung im Pouch sind die häufigsten Folgeprobleme, die entstehen können. Meist sind sie aber gut therapierbar. Schwierigkeiten können besonders Sigmaneoplasien [Mainz-Pouch 11) oder dauerhafte sexuelle Funktionsstörungen bereiten.
• Etablierte Laserverfahren sind der Greenlight-Laser (reine Vaporisation ohne Histologie bis 80 ml Drüsengröße), der Holmium-Laser (Enukleation aller Größen mit Histologie) und der Thulium-Laser (Exzision aller Größen mit Histologie und Vaporisation). • Der Standardzugang zur Niere erfolgt über den Interkostalschnitt oder transabdominell. • Bei der Nephrektomie wird zuerst die Arterie, im Anschluss die Vene und zum Schluss der Harnleiter unterbunden und durchtrennt. • Die Operation maligner Hodentumoren erfolgt immer von inguinal. • Nach Zystektomie kann die Harnableitung kontinent (Ileumneoblase, Mainz-Pouch I) oder inkontinent (lIeum-Conduit, Ureterokutaneostomie) erfolgen.
Fehlbildungen
Weitere Tumoren des Mannes
18 20 21 22
60 62 64
Nierenanomalien Harnleiteranomalien Lageanomalien des Hodens Phimose und Paraphimose
Hodentumoren Hydrozele Penistumoren
Nebenniere Störungen der Harnentleerung
66 24 26 28 30 32 34
Niereninsuffizienz Neurogene Blasenentleerungsstörungen Urolithiasis I Urolithiasis 11 Die benigne Prostatahyperplasie Harninkontinenz
Schmerzen
36 37 38 40 42 44 46
Harnwegsinfektionen (HWI) Zystitis Pyelonephritis und Nierenabszess Prostatitis Epididymitis Orchitis Hodentorsion
Conn- und Cushing-Syndrom
Venerische Infektionen
68 70
Venerische Erkrankungen I Venerische Erkrankungen 11
Geschlechtsspezifische urologische Erkrankungen
72 74 76 77 78
Fertilitätsstörungen Erektile Dysfunktion Erkrankungen der Corpora cavernosa Urologie während der Schwangerschaft Urogynäkologische Operations komplikationen
Hämaturie schmerzlos/schmerzhaft
Spezielle Themen
48 50 52 54 56 58
80
Nierenverletzungen Blasenverletzungen Nierenbecken- und Harnleitertumoren Das Urothelkarzinom der Harnblase Prostatakarzinom I Prostatakarzinom 11
82 84 86 88
Psychosomatische urologische Krankheitsbilder Morbus Reiter Urosepsis Urogenitaltuberkulose Billharziose
Nierenanomalien Numerische Anomalien Nierenagenesie
Der Entstehung von Nierengewebe geht ein Kontakt der Ureterknospe mit dem metanephrogenen Blastem voraus. Be· steht eine fehlende Entwicklung oder frühzeitige Degeneration der Ureter· knospen, führt dies zu einer Nierenagenesie. Man unterscheidet die unilaterale von der bilateralen Nierenagenesie: ~ Die unilaterale Nierenagenesie ist häufig ein Zufallsbefund und hat keinen Einfluss auf die Lebenserwartung des Patienten. ~ Die bilaterale Nierenagenesie ist mit dem Leben nicht vereinbar und kann durch eine verminderte Fruchtwasserbildung (Oligohydramnion) während der Schwangerschaft auffallen.
"
~ Die bilaterale Nierenhypoplasie ist infolge der fortschreitenden Niereninsuffizienz meist früh symptomatisch .
Thorax gelegene Nieren können vorkommen, sind aber ausgesprochen selten.
Lageanomalien (Nierendystopie)
Nephroptose (Senkniere)
Bei der Nephroptose hat die Niere im
Liegt di e Niere nicht retroperitoneal zwischen dem 12. BWK und dem 2. LWK, spricht man von einer Nierenektopie. Die Niere wird je nach Lokalisation als lumbale Niere oder als Beckenniere bezeichnet. Auch im
Liegen eine normale Lage, im Stehen jedoch sinkt sie um mehr als zwei Wir-
belkörperhöhen ab. Die Nephroptose führt nicht zwingend zu einer Harnabflussstörung und bedarf deshalb nicht immer einer Behand lung.
Nierenagenesie
Nierenaplasie
Nierenhypopla sie
Doppelniere mit Ureter duplex links/ Ureter fissus rechts
Gekreuzte Dystopie
Hufeisenniere
Doppelniere
Eine Doppelniere ist eine Niere mit zwei Nierenbecken. Diese entstehen durch eine doppelt angelegte Ureterknospe. Die Harnleiter der Doppelniere können getrennt sein oder sich vereinigen und gemeinsam in die Harnblase münden.
Ist keine Ureterpathologie vorhanden, ist keine Therapie indiziert. Größenanomalien (Nieren hypoplasie )
Eine verkleinerte Niere bei intaktem Nierenparenchym, aber verringerter Anzahl der Kelche führt zu einer eingeschränkten Funktion der betroffenen Niere. Man unterscheidet die unilaterale von der bilateralen Nierenhypoplasie: ~ Bei der unilateralen Nierenhypoplasie besteht meistens eine unauffällige Klinik.
Nephroptose
C(D ~
Abdominale Dystopie
Lumbale Dystopie
~ Pd.'" D'''.pi, I Abb. 1: Kongenita le Anomalien der Niere. [51
Fehlbildungen
Formanomalien Hufeisen niere
Die Hufeisenniere ist die häufigste Form einer Verschmelzungsniere. Die un teren Pole beider Nieren sind über eine Ge· webebrücke miteinander verbunden. Zystische Nierenanomalien
Nierendysplasie Kommt es direkt nach dem Kontakt von metanephrogenem Blastem und Ureter· knospe zu Störungen, wird die weitere Teilung und somit Differenzierung ein· gestellt. Diese Erkrankung ist nicht erblich, stellt jedoch die häufigste zystische Fehlbil· dung der Niere dar. Die Niere zeigt typi· scherweise eine weintraubenähnliche Struktur auf. Diese sollte im Verlauf sonografisch kontrolliert werden und muss erst bei einer enormen Verdrän· gungssymptomatik entfernt werden. Jedoch ist ein Neugeborenes mit einer bilateralen Nierendysplasie nicht lebensfähig.
Zystennieren Bei dieser polyzystischen Nieren· erkrankung sind immer beide Nieren betroffen.
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Man unterscheidet zwei Formen: Autosomal-rezessiv erbliche polyzystische Nephropathie (potter I) Diese Form sieht man bei Neugebore· nen, die infolge der Urämie die ersten Lebenstage nicht überleben. Autosomal-dominant erbliche polyzystische Nephropathie (potter 11) Diese Nephropathie manifestiert sich oft erst nach dem 40. Lebensjahr. Info lge der Parenchymkompression kommt es zur Niereninsuffizienz. Eine spezifische Therapie gibt es bisher noch nicht. Daher ist eine Dialyse bzw. Nierentrans· p[antation notwendig. Solitäre oder multiple Nierenzysten I Abb. 3: Zystenniere des Erwachsenen.
Dabei handelt es sich um ein· oder mehrfach, uni· oder bilateral vorkom· mende benigne Zysten. Sie kommen bei Kindern selten vor, si nd jedoch bei 50 % der über 50'Jährigen nachweisbar. Nierenzysten stellen die am häufigsten
* Nierenparenchym, --+ Zystenwanderung. [21
eindeutig, muss sie operativ geklärt werden.
vorkommenden Nierenanomalien
dar. Sie sind meist symptomlos, kön· nen aber auch durch Verdrängung Be· schwerden hervorrufen. Die Problematik besteht in der Abgren· zung zu einem malignen Prozess. Vier Kriterien in der Sonografie müssen erfüllt sein, um die Diagnose Nieren· zysten zu stellen: Runde Struktur Dünne, glatte Zystenwand ~ Echofreie Struktur mit dorsaler Schallverstärkung ~ Keine Binnenechos vorhanden ~ ~
1st die Diagnose nicht klar zu stellen, muss ein CT durchgeführt werden. Ist die Diagnose dann dennoch nicht
Markschwammniere
Die Markschammniere ist eine autosomal-dominant erbliche polyzystische Nierenerkrankung. Das Auftreten wird durch vererbte oder spontane Mutation in den Genen MCKD 1 oder MCKD2 ausgelöst. Die Markschwammniere ist durch zystisch erweiterte Sammelrohre in den Pyramiden gekennzeichnet. Die lnzidenz beträgt 1 : 20 000. 50 %der Patienten sind symptomlos. Bei 30-50% besteht eine Störung der Rückresorption von Kalzium, die zu einer renalen Hyperkalzurie füh rt. Rezidivierende Harnleitersteine, Harnwegsinfekte sowie Makrohämaturie können die Klinik bestimmen.
Zusammenfassung • Nierenzysten sind die häufigsten Nierenanomalien . • Zystische Nierenanomalien können primär kongenital sein oder sich sekundär in der Kindheit oder später entwickeln. I Abb. 2: Zystenniere des Neugebo rene n. [21
Harnleiteranomalien Numerische Anomalien Der Ureter fissus ist die unvollständige, der Ureter duplex die vollständige Doppelbildung des Harnleiters.
Urete r fi ssus Die beiden Harnleiter vereinigen sich vor Eintritt in die Harnblase. Durch die Harn· leitervereinigung kann es aufgrund eines Pendelurins (der Urin pendelt über die Ver· bindungsstelle der beiden Harnleiter hin und her) zur Harnableitungsstörung, Harnwegsinfektion oder Ausbildung einer Hydroneph· rose kommen. In den meisten Fällen ist der Ureter fissus jedoch asymptomatisch.
Urete r duplex Beim Ureter duplex mündet jeder Ureter über sein eigenes Ostium in die Harnblase. Die Meyer-Welgert-Regel besagt: ~ Zum oberen Nierenbecken gehört das untere Ostlum. ~ Zum unteren Nierenbecken gehört das obere O.t1um.
Symptome können durch die ungewöhn· lichen Uretereinmündungen auftreten. ~ Der Ureter der oberen Nierenanlage tritt tiefer und mittiger in die Blase ein. Dies kann zu einer Ureterstenose führen, die eine Hydronephrose zur Folge haben kann. ~ Der Ureter der unteren Nierenanlage tritt höher und seitlicher als bei einer physiologischen Ureteranlage in die Blase ein. Dies kann zu einem vesikoureteralen Reflux, dem Rückfluss von Urin aus der Blase in den Ureter, führen.
Anomalien durch Obstruktion und Reflux Bei der Harnleiterabgangsstenose handelt sich um eine subpelvine, kurzstreckige und oft peristaltisch inaktive Verengung des Ureters. Sowohl in der Sonografie als auch in der Urografie sind ein dilatiertes Nierenbecken und erweitere Nierenkelche zu erkennen. In den meisten Fällen bleibt eine Harnleiterabgangsstenose asymptoma· tisch. Durch eine MAG3·Nierenfunktionsszintigrafie (siehe S. 11) können die seiten· getrennte Nierenfunktion sowie die Ab· flussverhältnisse kontrolliert werden, um gegebenenfalls bei einer Verschlechterung die Indikation zur Nierenbeckenplastik nach Anderson·Hynes zu stellen (I Abb. 1).
Bei einem Megaureter handelt sich um einen stark erweiterten Harnleiter. Der pa· thologische Grenzwert beginnt bei einem Durchmesser von 6 mm. Der Megaureter wird aufgrund seiner Entstehungsursache wie folgt eingeteilt: ~ Idiopathischer Megaureter: Diese Form des Megaureters ist sehr selten und entsteht aufgrund einer Dysplasie der Wand· muskulatur. Es bestehen kein Reflux und keine Obstruktion. ~ Refluxiver Megaureter: Aufgrund eines verstärkten Refluxes kann es zur Dilatation des Ureters kommen. Bei diesem Krankheitsbild muss primär der Reflux behandelt werden. ~ Primär obstruktiver Megaureter: Durch eine prävesikale Enge des Ureters oder aperistaltisches Uretersegment kommt es zu einer Stauung, die eine Erwei terung des Ureters zu Folge hat. Der primär obstruktive Megaureter ist die häufigste Ursa· che einer Megaureterbildung. ~ Sekundär obstruktiver Megaureter: Hier liegt eine Obstruktion subvesikal vor.
The rapie ~ Asymptomatischer Megaureter: konserva· tiv, regelmäßige sonografische Kontrollen ~ Symptomatischer Megaureter: AntirefluxOperation durch Neueinpflanzung des Harn· leiters in die Blase mit gleichzeitiger Resektion des dilatierten Segments
Mündungsanomalien Der ektope Ureter entsteht durch eine zu späte oder gar keine Trennung vom Wolff· Gang. Der Harnleiter mündet tiefer und weiter medial in die Harnblase, in den Blasenhals oder außerhalb der Blase. Geschlechterspezifische Lokalisa tionen: ~ Beim Jungen: prostatische Harnröhre, Samenblase, Ductus deferens ~ Beim Mädchen: Harnröhre, Introitus, Vagina
1 Abb . 1: Ureteropye loplastik nach AndersonHyn es. [51
Bei der Ureterozele ist das submuköse Ende des Ureters sackförmig aufgetrieben und imponiert als Zyste in der Harnblase. Man unterscheidet: ~ Intravesikale Ureterozelen (normale Lage des Ureterostiums) : Diese sind selten, klein, asymptomatisch und häufiger be i Jungen. Sie entstehen aufgrund einer Mün dungsstenose eines ungeteilten Harnleiters. ~ Ektope Ureterozele (ektope Lage des Ureterostiums): Das Ostium befindet sich hier im Blasenhals oder außerhalb der Blase das aufgetriebene Ende des Ureters befinde; sich jedoch meist submukös intravesikal.
Die ektope Ureterozele ist häufiger und überwiegend bei Mädchen. Sie entsteht auf. grund einer Mündungsstenose des oberen Harnleiters bei Ureter duplex. Hier kommt es meist zu einer Harnableitungsstörung mit starker Erweiterung des intravesikalen Abschnitts. Ein ektoper Harnleiter mit ektoper Ureterozele sollte operativ durch die Heminephroureterektomie des oberen, zur Ureterozele gehörenden Nierenanteils korrigiert werden, falls die Partialfunktion dieser Anlage in der Szintigrafie < 10% der Gesamtfunktion beträgt.
Therapie Intravesikale Ureterozelen werden von transurethral geschlitzt und zeigen selten Rezi· dive. Bei ektopen Ureterozelen müssen die Exzision und die antirefluxive Harnleiterneuimplantation angestrebt werden.
Zusammenfassung • Beim Ureter fissus vereinigen sich die beiden Ureteren vor der Einmündung in die Harnblase zu einem gemeinsamen Ureter. • Beim Ureter duplex sind die beiden Ureteren komplett getrennt und münden jeweils mit ihrem eigenem Ostium in die Harnblase. • Die Harnleiterabgangsstenose führt zur Erweiterung des Nierenbeckenkelchsystems und kann durch eine Nierenbeckenplastik behoben werden.
Fehlbildungen
Lageanomalien des Hodens Als Lageanomalie des Hodens (Kryptorchismus, Maldescensus testis) wird die temporäre oder dauerhafte Lage des Hodens außerhalb des Skrotums bezeichnet (I Abb. 3 auf S. 2). Diese findet sich bei etwa 3 %der Neu· und ca. 30 % der Frühgeborenen. Infolge von Spontandeszensionen sinkt der Prozentsatz des persistierenden Hodenhochstands nach dem l. L] auf etwa 0,8 %.
~ Ectopia inguinalis: Bei dieser häufigsten Form liegt der Hoden subkutan im Leisten· bereich. ~ Ectopia perinealis: Der Hoden liegt im Bereich des Damms. ~ Ectopia femoralis: Der Hoden liegt sub· kutan im Bereich des Oberschenkels.
Entwicklung des Hodens
Folgen der Hodenfehllage
Während der 5. und der 32. Embryonal· woche verlagert sich die Hodenanlage unter der Führung des Gubernaculum testis von kranial retroperitoneal über den Canalis inguinalis nach kaudal in das Skrotalfach. Bei abgeschlossenem Deszensus bzw. bei Ge· burt sollte der Hoden, als Reifezeichen des Neugeborenen, im Skrotal fach tastbar sein.
Die Spermienprod uktion im Hoden ist nur bei geringerer als der Körpertemperatur möglich. Bei einer Hodenfehllage kommt es aufgrund der erhöhten Umgebungstempera· tur zu einer gestörten Ausreifung der Sper· mien mit Fehlen der Keimzellen. Ein weite· rer Risikofaktor ist, dass bei extraskrotaler Lage des Hodens vermehrt Hodenmaligno· me auftreten. Das Risiko, im Erwachsenen· alter an einem malignen Hodentumor zu er· kranken, ist bei der einseitigen Hodenfehllage um das 20-Fache, bei der beidseitigen Hodenfehllage um das 40-Fache erhöht.
Einteilung Hodenhochstand Je nach Lokalisation wird unterschieden zwischen: ~
Leistenhoden: Dies ist mit ca. 60 % der Fälle die häufigste Form der Hodenretention mit Verbleib des Hodens im Leistenkanal = Retentio testis inguinalis. ~ Bauchhoden: Der Hoden verbleibt nach unvollständigem Deszensus im Bauchraum = Retentio testis abdominalis. ~ Kryptorchismus (griech. kryptos = ver· borgen): Hoden ist nicht auffind bar. Meist befindet er sich im Bauchraum. Differential· dignostisch sollte in diesem Fall auch an eine Anorchie, die fe hlende Hodenanlage, gedacht werden. ~ Pendelhoden: Nach vollständiger Des· zension kommt es durch äußere Einflüsse oder durch Zug des M. cremaster zu einem temporären Hodenhochstand. Die Lage kann von hochskrotal bis zum Leistenkanal vari· ieren. Ist der Hoden vorwiegend im Skrotum lokalisiert, ist keine Therapie erforde rlich. ~ Gleithoden: Aufgrund eines zu kurzen Funiculus spermaticus oder hypertropher Musculus·cremaster·Fasern hat der Hoden seine Position im Leistenkanal. Er lässt sich durch manuelle Reposition ins Skrotum zurückverlagern, nimmt jedoch beim Los· lassen sofort wieder seine Ausgangsposition ein.
Hodenektopie Die Hodenektopie bezeichnet die Lage des Hodens außerhalb des vom Gubernaculum testis vorgegebenen Wegs. Dabei können
unter anderem folgende Lokalisationen auf· treten:
Diagnostik ~ Anamnese und Palpation (bei Gleit- und Pendelhoden schwierig --+ Eltern ein Hodenlageprotokoll führen lassen!) ~ Sonografie ~ MRT (Nachteil: oft nicht ohne Narkose durchführbar) ~ Diagnostische Laparoskopie (Möglichkeit der Diagnostik und Therapie in derselben Sitzung)
Therapie Bis zum ersten Lebensjahr kann ein Spontan· deszensus abgewartet werden. Bei ausbleibendem Deszensus nach Ablauf dieser Zeit ist eine der folgenden Therapien erforderlich:
20
I 21
Konservative Therapie Hormonbehandlung mit GnRH: Das Hormon wird dreimal täglich in der Form von Nasenspray appliziert. Mit der Behandlung kann ab dem 3. Lebensmonat begon' nen werden; sie erstreckt sich über einen Zeitraum von 28 Tagen. ~ Applikation von HCG: Das HCG wird intramuskulär einmal wöchentlich für die Dauer von vier Wochen verabreicht. ~
Die beiden konservativen Therapieoptionen sind bei der Hodenektopie unwirksam. Die Erfolgsrate der konservativen Therapie liegt bei etwa 20%.
Operative Therapie ~ Leisten- und Gleithoden werden durch eine Orchidopexie-Operation behandelt. Hierbei wird der Hoden freigelegt und im Skrotum vernäht. ~ Bei der Hodenektopie wird die Operation nach Fowler-Stephens durchgeführt. Hierbei werden zunächst die Hodengefäße in Hoden· nähe ligiert. Es bildet sich nun ein Kollateralkreislaufvon der Arteria spermatica zur Arteria ductus deferentis. In einem zweiten Eingriff, der etwa sechs Monate nach dem Ersteingriff erfolgt, wird der distale Anteil des Ductus deferens präpariert und bei ausreichender Gefäßlänge der Hoden im Skrotalfach pexiert. Das zweistufige Vorgehen erhöht die postoperative Fertilitätsrate auf etwa 90 %.
Prognose ~ Bei Korrektur der Hodenfehllage vor dem Ende des zweiten LebenSjahres kann in 90% der Fälle die Fertilität erhalten bleiben. ~ Ohne Behandlung besteht bei einer beidseitigen Hodenfehllage in 80% und bei der einseitigen Fehllage in 40% der Fälle eine Infertilität. ~ Auch nach Beseitigung der Hodenfehllage ist das Risiko einer malignen Entartung erhöht.
Zusammenfassung • Die Lageanomalien des Hodens werden unterteilt in Hodenhochstand und Hodenektopie. • Der Leistenhoden ist der häufigste Vertreter beim Hodenhochstand. • Bei der Hodenektopie kommt am häufigsten die Ectopia inguinalis vor. • Bis zum 1. LJ kann ein Spontandeszensus abgewartet werden, danach ist ein therapeutisches Vorgehen indiziert. • Therapiemöglichkeiten: Gabe von Hormonen (GnRH, HCG) oder operative Rückverlagerung des Hoden. • Auch nach erfolgreicher Therapie ist das Karzinomrisiko erhöht.
Phimose und Paraphimose
------------------------------'~
Die Phimose
Die Phimose gehört zu den Fehlbildun· gen des äußeren Genitales des Mannes. Definitionsgemäß handelt es sich um ein Missverhältnis zwischen Glans penis und Weite des Präputiums, welches die Retraktion hinter den Sukus coronarius nicht zulässt Die Phimose kann sowohl angeboren (primär) als auch erworben (sekundär) auftreten. Vor dem dritten Lebensjahr wird eine Phimose nicht als pathologischer Zu· stand betrachtet, da sich in vielen Fällen die innere Epithelschicht der Vorhaut noch nicht vollständig von der Glans penis getrennt hat (I Abb. I ). Diese Trennung ist in manchen Fällen erst mit der Pubertät abgeschlossen. Zu einem operativen Vorgehen wird daher nicht vor Abschluss des zweiten Lebensjahres geraten.
Ätiologie Neben der primären Phimose können fo lgende Ursachen zum Krankheitsbild der sekundären Phimose führen: ~ ~
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Entzündungen Vernarbungen Diabetes mellitus
Verfrühte Retraktionsversuche oder frühzeitiger Geschlochtsverkehr können zu kleinen Vorhautrissen führen, die sich über eine Narbenbildung zu einer sekundären Phimose entwickeln können.
Kli nik
Das klinische Bild der Vorhautenge ist zumeist mit Schmerzen verbund en. Miktionsbeschwerden erhöhen beim Patienten den Leidensdruck. Es können allerdings zusätzlich Begleitsymptome auftreten, die vor der eigentlichen The· rapie der Phimose behandelt werd en sollten. Hierbei handelt es sich um fol· gende:
Die Ei nschränkunge n in der PenishYgi e _ ne, die durch die Phi mose entstehen fördern das Auftreten reZidivierende; Entzündungen . Dadurch wird das Risiko, an einem Peniska rzinom zu erkra nken, gesteigert (siehe S. 64, "Penistumoren") . Di ag nose Die Diagnose erfolgt nach genauer Anamnese und de r manu ellen urologischen Untersuchung. Es wird zwischen zwei Formen unterschieden:
~ Die vollständige Phimose ist eine Vorhautve rengung, bei der eine Retrak:tion (ein Zurückschieben) der Vorhaut über die Glans am erschlafften Penis nicht möglich ist ~ Posthitis/Balanitis/ Balanoposthi~ Die unvollständige Phimose wird tis: Mit diesen Begriffen ist eine Entzün· diagnostiziert, wenn die Retraktion d er dung der Vorhaut (Posthitis), der Eichel Vorhau t nur am eri gierte n Penis vermin_ (Balanitis) oder von Vorhaut und Eichel dert oder gar ni cht möglich ist. (Balanoposthitis) gemeint. Ursache für die Entstehung entzündlicher Prozesse in diesem Bereich ist die durch die Ver· engung der Vorhaut vermehrte Smeg· maretention. ~ Rezidivierende oder chronische Therap ie Harnwegsinfekte (siehe S. 36): Auch wenn diese meist erst durch die Phimo- Eine primäre, symptomatische PhimOse se (Miktionsbeschwerden) verursacht wird bis zum zweiten Lebensjahr zuwurden, sollten sie vor einer Operation nächst konservativ behandelt. abgeheilt sein. Diese konservative Therapie besteht aus Retraktionsversuchen gepaart mit Komplikationen und Risiken ei ner Kortikoidcreme, die äußerlich Eine Komplikation der nicht behandel· aufgetragen wird . Weitere konservative ten Phimose stellt die Paraphimose Therapieoptionen stellen Östrogendar. creme un d die medikamentöse Gabe
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Abb. 1: Phimose bei einem dreijährigen Jungen .
191
Fehlbildungen
von HCG dar. Kommt es nach dem zweiten Lebensjahr trotz dieser Behandlung zu Harnwegsinfekten, Balanitiden oder zu Miktionsbeschwerden, wird auf eine operative Therapie zu· rückgegriffen. Beim Erwachsenen kann ohne vorangegangene konservative Behandlung die Indikation zur Operation allein bei nicht möglicher Retraktion gestellt werden. Die durch die Phimose eingeschränkt mögliche Hygiene ist Indikation genug. Patienten, die an Entzündungen leiden, sollten nach Primärbehandlung im beschwerdefreien Intervall operiert werden. Die heute gängige Operation ist die radikale Zirkumzision. Diese Methode unterscheidet sich nicht von einer rituellen Beschneidung aus religiösem Hintergrund. Wenn möglich, wird eine plastische Zirkumzision angestrebt, bei der die Vorhaut weitgehend erhalten bleibt. Bei der radikalen Zirkumzision werden das äußere und das innere Vor· hautblatt auf Höhe des Sulcus coronarius zirkulär entfernt (I Abb. 2). Komplikationen Die Komplikationen bei der radikalen Zirkumzision liegen in Nachblutungen, Wundinfektionen, Wundrandnekrosen und Rezidivphimosen. Beim Erwachsenen kann die Operation in Lokalanästhesie durchgeführt wer-
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I 23
die Eichel in den Sulcus coronarius geschoben wird. Die Vorhaut schwillt daraufhin stark an und wirkt wie eine aufgepumpte Blutdruckmanschette. Infolgedessen kommt es zur Minderperfusion der distal gelegenen Eichel. radikale Zirkumzision (Resektion der Vorhaut z.B. aus religiösen Gründen)
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Eine Paraphimose ist äußerst schmerz· haft. Sollte ein manuelles Manöver erfolglos bleiben, muss eine dorsale Inzision des Schnürrings erfolgen.
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plastische Zirkumzision (mit weitgehendem Erhalt der Vorhaut) I Abb. 2: Die radikale und die pl astische Zirk umzision.
Eine Operation ist selbst nach erfolgreichem Retraktionsmanäver indiziert, um ein Rezidiv zu vermeiden. den, wohingegen beim Kleinkind der Eingriff in Vollnarkose durchgeführt werden sollte. Paraphimose
Komplikation Wird eine Paraphimose nicht rechtzeitig behandelt, kommt es zur Nekrose der Eichel.
Die Paraphimose ist eine Komplikation der Phimose und stellt einen urologischen Notfall dar. Eine schnelle Intervention ist für die Peniserhaltung unerlässlich. Zur Paraphimose kommt es, wenn eine zu enge Vorhaut hinter
Die Paraphimoseprophylaxe am katheterisierten Patienten Bei der Katheterisierung eines Patienten muss immer dringend darauf geachtet werden, dass die Vorhaut zurückgescho· ben ist!
Zusammenfassung • Phimosepatienten haben ein erhöhtes Risiko, an einem Peniskarzinom zu erkranken. • Die Paraphimose stellt einen urologischen Notfall dar, der sofort zu behandeln ist. • Bei der Katheterisierung ist immer auf die Paraphimoseprophylaxe (Reposition der Vorhaut) zu achten!
Niereninsuffizienz Die Unterfunktion einer oder beider Nieren wird als Niereninsuffizienz (Nierenversagen) bezeichnet. Als Ausdruck einer Niereninsuffizienz kommt es zu einer Erhöhung der Konzentration harnpflichtiger Substanzen wie Kreatinin, Harnsäure und Harnstoff im Blut, was als Urämie bezeichnet wird. Klinisch-ätiologisch wird das chronische vom akuten Nierenversagen unterschieden. ~ Beim akuten Nierenversagen kommt es zu einem raschen renalen Funktionsverlust mit einer Reduktion der Harnmenge bis hin zur Anurie. Es ist meist reversibel. ~ Das chronische Nierenversagen führt schleichend, meist über Monate bis Jahre, zu einer Reduktion der glomerulären Filtrationsrate (GFR) . Bei der Maximalvariante, dem vollständigen Verlust der renalen Ausscheidungsfunktion, spricht man von einer terminalen
Niereninsuffizienz.
Die Inzidenz der chronischen Niereninsuffizienz in Deutschland beträgt ca. 50/100000 pro Jahr, Tendenz steigend! Aktuell werden etwa 90000 Patienten in Deutschland mit einem Nierenersatzverfahren (Hämodialyse/ CAPD s. u. ) behandelt. Bei etwa 24000 Patienten übernimmt eine Transplantatniere die Aufgabe der funktionslosen Eigennieren. Pro Jahr stehen bei einem Bedarf von 5000 Spendernieren jedoch nur etwa 2500 Spendernieren zur Verfügung.
Diarrhö) können für ein prärenales Nierenversagen ursächlich sein. ~ Renales Nierenversagen: Die meisten Veränderungen führen zu einem chronischen Nierenversagen. Häufige Ursachen einer Nierenparenchymschädigung sind diabetische Nephropathie, entzündliche Nephropathien, Einsatz von Kontrastmittel, Medikamente (ACE-Hemmer, Antibiotika, NSAID, Ciclosporin A, Cisplatin, Methotrexat), Zystennieren, Nierenschaden durch Hypertonie, Abstoßungsreaktion der Transplantatniere, Crush-Niere, Rhabdomyolyse. ~ Postrenales Nierenversagen: Dies ist häufig bedingt durch eine (beidseitige) Harnabflussbehinderung. Infrage kommen Verlegungen durch Harnsteine, intraluminale Harnleitertumoren, von außen komprimierende Tumoren (z. B. Ovarial-Ca), M. Ormond (Ummauerung durch retroperitoneale Fibrose), den Harnleiter okkludierendes Harnblasenkarzinom, obstruktives Prostataadenom, Harmöhrenstrikturen. Eine einseitige Harnabflussbehinderung kann, bei gesunder Gegenniere, in der Regel kompensiert werden.
Allgemein Anämie, Blässe, Ant ri ebsschwäche
INS Verwirrtheit, Koma, Anlälle (schwere Urämie)
Einteilung und Ursachen Akutes Nierenversagen
Das akute Nierenversagen wird nach seiner Lokalisation eingeteilt: ~ Prärenales Nierenversagen: Pathophysiologisch kommt es zu einer Verminderung der Nierendurchblutung. Vor allem sind der hypovolämische Schock durch hohen Blutverlust (Trauma, Operation, postpartale Blutungen) und Thrombosen mit Verlegung der Nierenarterien zu nennen. Auch exsikkotische Zustände (inadäquate Flüssigkeitsaufnahme, massives Erbrechen,
Niere -~-\---I-= Nykturie, Polyurie,
Salz·und Wasserretention : Ödeme
Renale - - --+t Osteodystrophie Hyperpa rathyreoidismus, Osteomalazie, Knochenschmerz, Muskelschwäche Periphere Polyneuropathie Abgeschwächtes Vibralionsempfinden, Gangunsicherheit
Herz/ Kreislauf
Urämhche Perikardi tis, Hypertonus Gastrointestinum Anorexie, Übelkeit, Diarrhö
Endokrlne/ Gonaden Amenorrhö, Impotenz, Infertilität
I Abb. 1: Symptome und klinische Befunde bei chroni scher Niereninsuffizienz. [1 Zj
1 Tabelle 1 im Anhang zeigt die Schwe-
regradeinteilung des akuten Nierenversagens an hand der R1FLE-Kriterien (Risk, lnjury, Failure, Loss, End stage kidney disease). Ursachen der chronischen Niereninsuffizienz
Ausdruck der chronischen Niereninsuffizienz ist eine fortschreitende Destruktion und damit eine Abnahme an funktionstüchtigen Nephronen. Dies führt letztendlich zu einer Dialysepflichtigkeit des Patienten. Hauptursachen für diese Art der Schädigung sind eine Diabetische Nephropathie, der arterielle Hypertonus und der dadurch Bedingten vaskulären Nephropathie, die chronische Glomerulonephritis, interstitielle Nephropathien, die chronische Pyelonephritis und Zystennieren. Die Einteilung der klinischen Schweregrade erfolgt anhand des Ausmaßes der GFREinschränkung (I Tab. 2 im Anhang). Symptome Neben den Laborbefunden mit Erhöhung der harnpflichtigen Substanzen kommt es zu weiteren charakteristischen Befunden (I Abb. 1): Abnahme der GFR und der Harnausscheidung, Störung des Elektrolythaushalts, Pruritus, Foetor uraemicus, Anämie durch Erythropoetinmangel, renale Osteo- . pathie mit Knochenschmerzen, Polyneuropathie mit Somnolenz, Parästhesien und Paresen, hormonelle Störungen, Ödeme im Augenlid und an den Unterschenkeln, Kopfschmerzen Müdigkeit, Depressionen, Krampfan-' fälle, metabolische Azidose mit Hyperventilation, Herzinsuffizienz, Perikarditis, Arrhythmien, Hypertonie, Stauung der Lunge und gastrointestinale Störungen. Diagnostik ~ Anamnese (OP, Trauma, Begleiterkrankungen?) und körperliche Untersuchung ~ Labor: Harnstoff, Harnsäure, Kreatinin, Elektrolyte, Blutgasanalyse, UrinDiagnostik ~ Sonografie: Nierenmorphologie, Stauungszeichen, Abflussstörungen, farb-
Störungen der Harnentleerung
kodierte Duplex-Untersuchung zur Einschätzung der renalen Blutperfusion ~ Röntgen des Thorax: Überwässerung (= Fluid lung) ~ Evtl. Nierenbiopsie bei Verdacht auf eine glomeruläre Erkrankung (z. B. RPGN)
hindert. Behandlung möglicher Begleitsymptome der renalen Anämie, der Hyperphosphatämie, der Hyperkaliämie und metabolischer Azidosen.
Nie renersatzthe ra pie Ab einer GFR von < 10-15 ml/ min (Stadium V) kann es zu medikamentös nicht mehr beherrschbaren KomplikatiTherapie Akutes Nierenversagen (ANV) onen der Urämie kommen (z. B. LungenIn der Regel werden Patienten mit einem ödem, Hyperkaliämie mit metabolischer ANV intensivmedizinisch betreut. Primä- Azidose und urämische Perikarditis). Sie stellen eine absolute Indikation zur Häres Ziel ist die Sicherstellung der Niemodialyse dar. Relative Indikationen lierendurchblutung und der adäquaten Sauerstoffversorgung des Nierenparengen bei einem konservativ nicht einstellchyms. Zum Erreichen eines ausreichen- baren Hypertonus und einem Anstieg den Blutdrucks kommen bei Hypotonie des Serumharnstoffs > 40 mmol/ l vor. Mögliche Verfahren sind extrakorporale auch Katecholamine zum Einsatz. Die Ursache des ANV muss umgehend Hämodialyse und Peritonealdialyse beseitigt werden, also: für ein ausrei(CAPD). chendes Volumenangebot sorgen , AbDie Hämodialyse arbeitet nach dem flussbehinderungen beseitigen und die physikalischen Prinzip der Stoffdiffusion Diurese gegebenenfalls mit Schleifenentlang einem Konzentrationsgradiendiuretika in hoher Dosierung (500 mg ten. Das Patientenblut wird über einen pro Tag per Perfusor) forcieren . Cave! zuvor operativ angelegten Shunt an Vor dem Einsatz von Schleifendiuretika einer semipermeablen Membran vorbeimuss sichergestellt sein, dass keine geführt und danach dem Patienten wieExsikkose vorliegt, da beim exsikkierder zugeführt. Auf der Gegenseite der ten Patienten Schleifendiuretika die Membran befindet sich eine DialysatPrognose des ANV deutlich verschlech- flüssigkeit. Durch den hydrostatischen tern! Druckgradienten findet der Stoff- und Zur Therapiekontrolle empfehlen sich Flüssigkeitsaustausch statt (I Abb. 2) . eine Flüssigkeitsbilanzierung und die Mes- Bei einer Nierenrestfunktion von minsung des ZVD (Zielwert: 8-12 mmHg). destens 5 ml/min kann bei geistiger Erneute Evaluierung der aktuellen Medi- und körperlicher Eignung dem Patienkamenteneinnahme; nierenschädigende ten eine Peritonealdialyse angeboten Substanzen umgehend absetzen oder auf werden. Dabei wird operativ ein Kathenicht schädigende Therapeutika umsetzen. Die Prognose bezüglich einer Ausheilung des akuten Nierenversagens ist im Gegensatz zum chronischen Nierenversagen gu t. Zusammenfassung
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ter in den Bauchraum eingebracht. Bei diesem Verfahren bringt der Patient über den Katheter eine sterile Flüssigkeit mithilfe spezieller Beutelsysteme in den Bauchraum. Als semipermeable Membran dient hier das gut durchblutete Peritoneum. Ein Beutel- bzw. Flüssigkeitswechsel findet vier- bis fünfmal täglich statt Absolut essenziell ist steriles Arbeiten des Patienten, da die Gefahr einer Peritonitis sehr hoch ist. Zuletzt sei noch auf die Möglichkeit der Nierentransplantation hingewiesen. Diese kommt jedoch aufgrund des allgemeinen Spenderorganmangels nur für wenige Patienten in Betracht.
Dialysat-
Dialysat-
abflu ss
ZUflU5S
V. cephalica
A. radialis
I Abb. 2: Prinzip der Hämodialyse. 1121
Chronisches Nierenversagen (CNV) Primäres Ziel: Stabilisierung und
• Ätiologie des ANV: prärenal - Kreislaufschock und Stenosen/Infarkte,
Erhaltung der Nierenrestfunktion
Abflussbehinderung der ableitenden Harnwege z. B. durch Tumoren.
sowie Beseitigung bzw. Linderung der Begleitsymptome der Niereninsuffizienz. Essenziell sind konsequente BlutdruckeinsteIlung auf Normalwerte, optimale BZ-Einstellung sowie eiweißarme Diät (~ 1 g/ kg Körpergewicht pro Tag). Dadurch kann die Aminosäuren- und Peptidkonzentration im Blut gesenkt werden, was eine schädliche Hyperperfusion der noch intakten Glomerul i ver-
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renal - glomeruläre Erkrankungen und toxische Schäden, postrenal • Therapie des ANV: Volumen- und Elektrolytausgleich, Sichern des Harnabflusses, adäquate Blutdruckverhältnisse, Weglassen nephrotoxischer Substanzen. • Ätiologie des CNV: langjähriger Diabetes mellitus, Hypertonus, Glomerulanephritis. • Therapie des CNV: optimale Einstellung eines Diabetes und eines Hypertonus, eiweißarme Diät, ab einer GFR < 15 ml/min Nierenersatztherapie.
Neu rogene Blasenentleeru ngsstöru ngen Bei den neurogenen Blasenentleerungsstörungen entsteht durch eine Läsion des zentralen Nervensystems oder der peripheren Innervation von Blase und Sphinkter eine frühzeitige, verspätete oder unvollständige Blasenentleerung.
Anatomie Zum Grundverständnis der neurogenen Blasenentleerungsstörungen muss man zwischen der zentralen und der peripheren Innervation des M. detrusor vesicae bzw. des Sph inkterapparats unterscheiden.
Die periphere Innervation Peripher erfolgt die Innervation aus sympathischen, parasympathischen und somatischen Nervenfasern. Thorakolumbal (Th 12- L2) liegt das sympathische spinale Zentrum, sakral (S2 - S4) das parasympathische Miktionszentrum und gleichzeitig das somatische Zentrum. Diese drei Zentren stehen in Verbindung zueinander und werden von supraspinalen Zentren kontrolliert. Afferente Signale, die durch Dehnung der Blase aus Mechanorezeptoren generiert werden, werden über die Ao-Faser des N. pe 1vicus zum sakralen Rückenmark geleitet. C-Fasern der Blase leiten nur stärkste Reize, z. B. Entzündungen, Verletzungen, jedoch keinen Dehnungsschmerz. Afferente urethrale Impulse gelangen über den N. pudendus zum sakralen Rückenmark und über sympathische Fasern ins thorakolumbale Zentrum. Efferente Impulse zur Auslösung der Miktion entspringen dem parasympathischen sakralen Miktionszentrum und gelangen über den N. pelvicus zum M. detrusor. Die ganglionäre Umschaltung erfolgt im Plexus pelvicus oder in der Blasenwand selbst. Über Acetylcholin werden an muskarinergen Rezeptoren der Detrusortonus bzw. die Detrusorkontraktion reguliert. Nach Umschaltung im Grenzstrang gelangen die efferenten Signale des sympathischen thorakolumbalen Zentrums über den N. hypogastricus zur Blasenwand und zum Blasenhals. Noradrenalin relaxiert über ß-Rezeptoren die Blasenwand und tonisiert über a -Rezeptoren den Blasenhals bzw. die proximale Urethra. Das sakrale somatische Zentrum sendet Kontraktionsimpulse über den N. pudendus zur quer gestreiften Muskulatur des externen Urethralsphinkters. Transmitter ist Acetylcholin, das an nikotinerge Rezeptoren bindet. Somit sind die beiden letztgenannten Zentren maßgeblich für die unwillkürliche und willkürliche Kontinenz verantwortlich .
Die zentrale Innervation Die zentrale Steuerung erfolgt über das pontine Speicherzentrum und das pontine Miktionszentrum. In der Speicherphase inhibiert das Speicherzentrum die parasympathische Innervation und aktiviert den soma tischen und sympathischen Schenkel. Während der Miktionsphase wird durch das Miktionszent· rum die parasympathische Komponente gesteigert und die somatische und sympathische Komponente werden gehemmt. Die pontinen Zentren unterstehen der Kontrolle des Kortex, der Basalganglien, Teilen des Kleinhirns und den thalam ischen Kernen. Erst diese obersten Instanzen können die willkürliche Speicherung bzw. Miktion steuern. Ätiologie Neben der neurologisch geprägten Eintei· lung unterscheidet man je nach Lokalisation der Schädigung drei Formen: suprapontin, suprasakral spinal und sakral/subsakral. ~ Kommt es zu einer Schädigung der suprapontinen Strukturen durch Schädel-HirnTraumata, Apoplexie, Parkinsonismus, mul· tiple Sklerose, Entzündungen oder Demenz, so entsteht eine neurogene Detrusorüberaktivität mit Störung der willkürlichen Beeinflussung (früher: "Reflexblase"). Der Synergismus zwischen Detrusor und Sphinkter bleibt erhalten. ~ Schädigungen des Rückenmarks suprasakral durch Trauma (Querschnitt), Bandscheibenvorfälle, Tumoren, Entzündungen, Gefäßverschlüsse oder Missbildungen (Myelomeningozelen) zeigen häufig eine Detrusorhyperaktivität mit DetrusorSphinkter-Dyssynergie. Dabei entsteht eine
-
-
Messgröße
Speicherphase
-
Harninkontinenz durch die Detrusorhyperaktivität mit begleitender subvesika ler Obstruktion bei mangelnder Relaxation des Sphinkterapparats. Restharnentwicklung kann die Folge sein. ~ Sakrale oder subsakrale Läsionen (Bandscheibenvorfälle, Tumoren, Entzündungen, Nervenläsionen durch Operationen im kleinen Becken, Neuropathien wie bei Diabetes mellitus oder Vitaminmangel) führen meist zur Detrusorareflexie, aber auch inkomplette Läsionen führen zu Detrusorüberaktivität mit Sphinkterareflexie oder Detrusorareflexie mit Sphinkterhyperreflexie. Folge ist die sog. Überlaufblase oder Pelvic bladder. Neben der klassischen neu rologischen Einteilung erfolgt heute die Klassifikation vor allem der ICS-Nomenklatur (International Continence Society), siehe dazu I Tabelle I. Wesentiiche Komplikationen vor allem bei Restharnbildung sind dauerhafte Schädigungen der Niere durch Harnstau und durc h rezidivierende Harnwegsinfektionen mit Sepsis.
Diagnose Die Hauptsäule der Diagnostik ist eine ausführliche Anamnese. Es sollte gezielt nach Operationen oder Erkrankungen des ZNS, des Rückenmarks oder des kleinen Beckens gefragt werden. Auch Bestrahlungen in diesen Bereichen, Med ikamente (v. a. solche die Sympathikus und Parasympathikus be'einflussen), Alkohol, Drogen, Rauchen und Ernährung sollten genau erfragt werden. Anschließend sollte eine genaue Miktionsanamnese (Harndrang, Menge, Dauer, will-
MIktIonsphase
I
7asenfunktion- - Detru soraktivität
Blasensensitivität
I normal/stabil hyperaktiv/ instabil I hyperrefl exiv
I
normal hypoaktiv akontraktil
erhöht/hypersensi tiv reduzie rt/hypos ensitiv feh lend
Blasenkapazität
normal/stabi l
I
hoch niedrig
Compliance
I normal/stabil hoch
Urethrale Funktion
I
niedrig
I
norma l
normal
inkompetent
obstruktiv/hyperaktiv / mechanisch
I
Tab. 1: leS-Klassifi-
kat ion der neurogenen Blasenentleerungsstörungen.
Stö rungen de r Ha rn entleerung
kürlich/unwillkürlich, Trinkmenge, Inkontinenzauslöser) erhoben werden. Ebenso können Fragen zum Sexualverhalten (Erektionsfähigkeit, Orgasmus etc.) sowie Fragen zum Stuhlgang richtungsweisend sein. Zur genauen Erfassung der Trink- und Miktionsgewohnheiten hat sich das Miktions- und Trinkprotokoll bewährt, worin der Patient über 24 Stunden eine Dokumentation vornimmt. Es folgt die exakte neurologische Untersuchung (Gangbild, Habitus, Dermatome, Reflexe, Sensibilität) sowie die digital-rektale und ggf_ vaginale Untersuchung (wichtig zur Beurteilung des Beckenbodentonus und von anatomischen Veränderungen wie Prolaps, Fisteln) . Die sonografische Untersuchung nach einer Uroflowmetri e sollte bei allen Patienten durchgeführt werden, so lassen sich Restharnbildungen od er Harnstau evaluieren. Zugleich erhä lt man eine Aussage über die Geschwindigkeit der Blasenentleerung_ Die zweite wichtige Säule ist die Urodynamik. Bei dieser Untersuchung wird die Blase über einen Katheter langsam mit handwarmem Wasser bis zum durch den Patienten tolerierten Maximum gefüllt. Während der Füllung und anschließenden Miktion wird ein EMG des Beckenbodens abgeleitet, zugleich werden der urethrale, der rektale (abdominelle) und der intravesikale Druck über eine Sonde gemessen. Der Detrusorkontraktionsdruck ist die Differenz aus vesikalem und rektalem Druck. Bei einem gesunden System sollte der Patient in der Füllungsphase bei 150 - 250 ml den ersten Harndrang verspüren und die Miktion
willkürlich vermeiden können. Der Blasendruck sollte bei entsprechend relaxierendem Detrusor bis maximal 15 cm HzÜ ansteigen. Im Beckenboden-EMG sollte ein kontinuierlicher Aktivitätsanstieg zu messen sein und der urethrale Druck sollte über dem vesikulären Druck liegen (willkürliche Kontinenz) . In der Miktionsphase sollte der vesikale Druck gewisse Normwerte nicht übersteigen, das EMG sollte eine fallende Aktivität zeigen und es sollte ein Fluss von> 15 ml/s erreicht werden. Anhand dieser Messgrößen lassen sich kon krete Aussagen über Abflusshindernisse, Detrusoraktivität, Sphinkteraktivität und willkürliche Beeinflussung und letztendlich den Ort der Schädigung treffen.
Therapie Ziel der Therapie ist an erster Stelle ein Schutz des oberen Harntrakts vor Harnstau und Infektionen . Dem untergeordnet sind eine Kontinenz- und Lebensqualitätsverbesserung. Die neurogenen Blasenentleerungsstörungen sind in der Mehrzahl nicht heilbar, sondern nur symptomatisch therapierbar. 70 - 80% der Patienten kann mit einer konservativen Therapie geholfen werden: ~ Toilettentraining (Miktion zu festgelegten Tageszeiten, besonders bei zerebralen Läsionen) ~ Elektrostimulation (bei hyposensitivem und hypokontraktilem Detrusor, inkompletten Läsionen ) ~ Ausdrücken der Blase (hohe Refluxgefahr, weniger gut geeignet)
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~ Medikamente (Anticholinergika bei Detrusorüberaktivität, a- Blocker bei hohem Sphinktertonus)
Minimalinvasive Therapie n: ~ Goldstandard: intermittierender Katheterismus (bei Detrusorareflexie ) ~ Transurethraler Dauerkatheter (hohe Komplikationsrate, nur peri- und postoperativ geeignet) ~ Suprapubischer Katheter (nur wenn intermittierender Katheterismus nicht möglich ist) ~ Botox-A-Injektion (refraktäre Detrusorhyperaktivität, Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie) ~ Sphinkterotomie (Inzision des externen Urethralsphinkters bei hohen Rückenmarksläsionen, Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie, wenn intermittierender Katheterismus nicht möglich ist)
Operationen: ~ Neuromodulation (Stimulation von S3, nicht bei Querschnitt, genaue Wirkung unbekannt) ~ Sakrale Deafferenzierung und sakrale Vorderwurzelstimulation (bei hohem Querschnitt, S2 - S5-Durchtrennung, hypertone Blase wird atonisch, Stimulus über Fernbedienung der Vorderwurzel zur Miktion, Defäkation und Erektion) ~ Artifizieller Sphinkter (nur bei Männern und akontraktilem Sphinkter, Pumpe im Skrotum zum Öffnen und Schließen) ~ Ileumaugmentation (Versagen aller Maßnahmen, kontinentes Stoma und Ileumreservoir, Entleerung über Einmalkatheter)
Zusammenfassung • Störungen der Blasenentleerung entstehen durch Läsionen der zentralen oder peripheren Innervation. Drei Zentren im Rückenmark, zwei pontine Strukturen und die Willkür über den Kortex regulieren die Blasenentleerung. • Je nach Läsionshöhe sind Detrusor und Sphinkter hyper- oder hypokontraktil, eine Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie ist möglich. • Die Diagnose erfolgt über Anamnese und Urodynamik. • Therapieziel ist der Schutz des oberen Harntrakts. Meist ist die Störung nicht heilbar, aber in 70 - 80% konservativ beherrschbar, v. a. mit intermittierendem Einmalkatheterismus oder minimalinvasiv mit Botoxinjektion.
Urolithiasis I Eine Konkrementbildung im Bereich der ableitenden Harnwege wird als UroHthiasis bezeichnet. Während in den früheren Zeiten gehäuft Blasensteine auftraten, überwiegen heute vor allem Nieren- und Harnleitersteine mit ihren symptomatischen Beschwerden_ Die Harnsteinbildung tritt gehäuft im mittleren Lebensalter auf. Sowohl die Zusammensetzung als auch die Lokalisation des Konkrements unterliegen einem fortwährend en Wandel. Erklären lässt sich dies durch einen veränderten Lebensstil, die verbesserten Hygienebedingungen, aber auch das sich verändernde Ernährungsverhalten. Weiter spielen genetische, geografische und klimatische sowie ethnische Faktoren eine Rolle bei der Entstehung und Lokalisation von Harnsteinen. Epidemiologie
Risikofaktoren für die Steinentstehung sind neben dem falschen Ess-/ Trinkverhalten, Adipositas, Hypertonie, Bewegungsmangel, iatrogenen Ursachen (Medikamente) und Stoffwechselerkrankungen auch genetische Faktoren sowie eine fam iliäre Disposition_ Der induzierte Tumorzerfall bei der Behandlung von Malignomen durch Chemotherapeutika oder durch Bestrahlung kann ebenfalls eine Steinentstehung im Bereich der ableitenden Harnwege begünstigen. Einteilung
Üblicherweise wird nach der Lokalisation und nach der chemischen Zusammensetzung des Konkrements eingeteilt: Lokal isation
Nierenstein (Papillenkonkrement, Nierentubuli-/ Nierenkelchstein, Nierenbeckenstein ) ~ Harnleiterstein (proximaler I distaler Harnleiterstein ) ~ Blasenstein ~ Ureterstein (selten, 3% d. E) ~
In Deutschland liegt die Prävalenz bei etwa 5%. Die Inzidenz beträgt zurzeit etwa 1,5 %. International schwankt die Prävalenz zwischen 1% und 20%. Aufgrund der genannten Einflüsse hat sich die Inzidenz in Deutschland in den letzten zehn Jahren fast verdreifacht. Die geschlechtsspezifische Verteilung zeigt noch eine leichte Dominanz bei den Männern (Verteilung m > w = 1,5 : I). Häufig wird die Urolithiasis zwischen dem 30. und dem 50. Lebensjahr symptomatisch. Bei etwa 50 %der Patienten mit einer positiven Steinanamnese kommt es in den Folgejahren zu einem Rezidivstein. Ätiologie
Viele für die Steinbildung verantwortliche Stoffwechselvorgänge sind noch nicht geklärt. Letztendlich sind die Übersättigung des Urins mit steinbildenden Substanzen und damit die Überschreitung des Löslichkeitsprodukts Voraussetzung der Lithogenese. Dies kann z. B. durch eine Hyperkaliämie oder eine Hyperurikämie bedingt sein_ Es kommt zu einer vermehrten Kristallbildung. Das günstige Umgebungsmilieu fördert ein weiteres Wachstum und die Aggregation der Kristalle zu Steinen unterschiedlichen Ausmaßes.
Stei nzusa mmensetzu ng ~ Kalziumoxalat-/ Kalziumphosphatstein (70% d. F.) ~ Harnsäuresteine (= Uratsteine) (15% d. E) ~ Infektsteine (= Magnesiumammoniumphosphatsteine = Struvit; 10% d. E); bakterielle Ureasen produzieren aus Harnstoff Ammoniumionen. Typische Bakterien sind Pseudomonas aeruginosa, Proteus mirabilis und Klebsiellae. Vor allem Frauen sind aufgrund häufigerer Harnwegsinfekte betroffen. ~ Xanthinsteine (1 %d. E); genetischer Defekt der Xanthinoxidase ~ Zystinsteine (1% d. E); renale ZystinReabsorbtionsstörungen führen zu einer Zystinurie. ~ Indinavirsteine; bei etwa 10% der Behandelten unter medikamentöser HIV-Therapie mit dem Proteasehemmer Indinavir (Crixivan®).
Weitere Klassifikationen wie zum Bei· spiel nach der Steinätiologie (genetischi Infektsteinl iatrogen bed ingt) oder nach
dem Röntgenverhallen (rö ntgenpositiv / röntgennegativ; s. u.) sind möglich . Die Art der Rezidivprophylaxe richtet sich hauptsächlich nach der Steinzusammensetzung. Daher sind die GeWinnung von Konkrementen und die anschließende Steinanalyse von immenser Bedeutung. Röntgenverha lten von Harnste ine n ~ Nicht schattengebend: Harnsäure, Urate, Xanthin ~ Schwach sc hattengebend: Struvit, Zystin ~ Schattengebend: Kalziumoxalat, Kaliumphosphat
Klinik
Die akute Nierenkolik ist einer der häufigsten urologischen Notfälle. Dabei ko mmt es meist zu r Einklemmung von einem Konkrement in einer Engstelle des Ureters. Dessen Muskelkontraktionen sowie der durch den Harnaufstau erhöhte intrau reterale Druck führen zum typischen kolikartigen starken Flankenschmerz. Das Schmerzbild kann je nach Steinlokalisation variieren: ~ Bei proximalen Harnleitersteinen imponieren Flankenschmerzen mit einer Schmerzausstrahlung in den Rücken und in die Lendenregion . ~ Prävesikale und im intramuralen Blasenanteil gelegene Steine verursachen Schmerzen in Blase, Leiste, Hoden, Penis und Schamlippen. Begleitende Symptome sind oftmals Fieber, Übelkeit, Infektzeichen und eine Mikrooder Makrohämaturie. ~ Bei obstruierenden Steinen kommt es zum Harnaufstau mit der Gefahr der Entwicklung einer Pyelonephritis bis hin zur Urosepsis. Patienten mit Steinen im Bereich der ableitenden Harnwege müssen aber nicht zwingend Symptome aufweisen . So können z. ß. Steine in den Nierenkelchen oder Ausgusssteine beim Patienten keine oder nur geringe Symptome haben. Kleine Konkremente mit einem Durchmesser von ca. 3- 5 mm können mitunter auch unbemerkt abgehen.
Störungen der Harnentleerung
Diagnostik Klinische Diagnostik
Anamnese Patienten mit Nierenkoliken zeigen ein typisches klinisches Bild. Sie sind meist sehr unruhig und geben oft starke Schmerzen an. Richtungsweisend ist auch der kolikartige Schmerzcharakter. Kinder können im Zusammenhang mit einer Steinerkrankung auch unspezi· fische Zeichen wie Nabelkoliken und Bauchschmerzen angeben. Aufgrund der relativ hohen Rezidivsteinrate sollten Patienten nach früheren Steinereignissen und nach einer positiven Familienanamnese gefragt werden. Des Weiteren muss nach Begleiterkrankungen (z. B. Gicht, Tumoren) und der aktuellen Medikamenteneinnahme gefragt werden. Die Frage nach den Ernährungsgewohnheiten des Patienten kann sehr hilfreich und richtungsweisend für das Vorhandensein und die Zusammensetzung eines Konkrements sein. Körperliche Untersuchung Bei obstruierenden Steinen kann oft auf der betroffenen Seite ein Klopfschmerz im Nierenlager ausgelöst werden. Differenzialdiagnostisch sollte man dabei auch an eine durch den Harnaufstau begünstigte Pyelonephritis denken. Sowohl Hodentorsionen als auch inkarzerierte Leistenhernien können beim Patienten ähnliche Symptome auslösen. Sie lassen sich durch körperliche Untersuchungsmethoden (s. a. S. 42, PrehnZeichen) ausschließen bzw. bestätigen. Urin- und Blutdiagnostik Routinemäßig wird heute ein Urinstatus mittels Schnelltest (Urin-Stix) durchgeführt. Dabei handelt es sich um ein semiquantitatives Verfahren, mit dem gleichzeitig mehrere Analyte aus dem Nativ-Urin bestimmt werden können. Wichtig sind bei der Diagnostik einer Steinerkrankung vor allem die Testfelder, die eine Hämaturie, eine Leukozyturie, eine Bakteriurie sowie den pH-Wert des Urins anzeigen. Durch die Einklemmung von Konkrementen im Harnleiter kommt es oftmals zu Verletzungen des Endothels, welches sich in
einer Makrohämaturie äußert oder nur als positives Hämoglobin-Testfeld im Urin-Stix bei einer Mikrohämaturie auffcillig wird. Liegt der Verdacht auf eine Infektion nahe, sollte zum definitiven Keimnachweis eine Urinkultur ggf. mit Antibiogramm angelegt werden. Für eine steinartspezifische Diagnostik kann die Auswertung der Zusammensetzung von 24-h-Sammelurinen hilfreich sein. Zu beachten ist hierbei, dass wachsende Kristalle dem Urin die lithogenen Substanzen entziehen und damit das Ergebnis verfälschen können. Die Blutuntersuchung ist heute ebenfalls ein diagnostischer Standard. Hier· mit lassen sich neben metabolischen Störungen auch organische Störungen nachweisen. Die Hyperkaliämie und der Hyperparathyreoidismus sind Erkrankungen, die eine Steinentstehung verursachen können und durch ein Blutlabor entdeckt werden. Die Analyse der Re· tentionswerte Kreatinin und Harnstoff ermöglichen die Risikobewertung. Bildgebende Verfahren Die Sonografie hat einen hohen Stellen· wert in der Diagnostik der Urolithiasis bei Konkrementen ab einer Größe von etwa 3 mm. Sie ermöglicht als nicht invasives Verfahren neben der Bestimmung von Steinlokalisation und -größe auch eine Aussage zu einem möglichen Harnstau. Die Sensitivität der Sonografie liegt zwischen 60 und 90%. Steine stellen sich ultrasonografisch in der Regel echoreich mit dorsalem Schallschatten dar. Als weiteres Verfahren kommt die Abdomenübersichtsaufnahme zum Einsatz. Hiermit können röntgenpositive (s.o.), kalziumhaltige Steine sichtbar gemacht werden. Röntgennegative Stei· ne lassen sich im AUG als Kontrastmittelaussparung oder als "Kontrastmittelstopp" darstellen (I Abb. 1). Dabei wird dem Patienten ein Kontrastmittel intra· venös appliziert und in definierten Zeitabständen werden Röntgenaufnahmen angefertigt. Bei gestauten Nieren können aufgrund der verringerten Kontrastmittelausscheidung Spätaufnahmen bis zu 24 h post injectionem erforderlich sein.
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I Abb.: 1 Harnleiterstein in retrograder Darstellung.
Zu beachten sind die Kontraindikationen bei Vorliegen einer Kontrastmittelunverträglichkeit, überhöhten Kreatininwerten und im Fall einer Schwangerschaft. Cave! Das Kontrastmittel hat eine diuretische Wirkung! Daher darf ein AUG wegen der Gefahr einer Harnleiter- oder Fornixruptur nur im schmerzfreien Intervall durchgeführt werden. Letztendlich ist durch die native Spiral· CT ein sehr sicherer Steinnachweis mit einer Sensitivität von bis zu 100% möglich. Harnsteinanalyse
Konnte ein Harnstein asserviert werden, besteht die Möglichkeit der Harnsteinanalyse. Zum Einsatz kommen Verfah· ren wie die Infrarotspektrometrie, die Polarisationsmikroskopie oder die Röntgendiffraktometrie. Für die Analyse genügen schon kleinste Steinmengen zur Differenzierung. I Tabelle 1 zeigt die typische Konfiguration der Steine.
Steinart
KristallkonfIguration
Kalziumoxalat
Hantelförmig
Kalziumphosphat
Hexagonale Form
Urat
Wetzsteinförmig
Struvit
Orthorhombische Form
Zystin
Sechseckige. flache Form
I Tab . 1: Typische Konfiguration von Harnsteinen.
Urolithiasis 11 Therapie
Die Therapie der Urolithiasis umfasst die Akuttherapie, die konservativ-medikamentöse Therapie, die Stoßwellentherapie, die minimalinvasive endourologische Therapie und, wenn auch nur noch selten angewandt, die operative Steinsanierung_ Akuttherapie
Primäres Ziel ist die umgehende Kolikschmerzbehandlung des Patienten. Erreicht wird dies durch die Gabe von Spasmoanalgetika wie z_ B. Metamizol. Um eine kontinuierliche Analgesie zu erreichen, ist eine zusätzliche Gabe von Diclofenac als Komedikation möglich. Ist damit keine ausreichende Analgesie erreichbar, kommen auch potente Opioide wie z. B. Pethidin oder Piritramid zur Anwendung. Die Gabe von Butylscopolamin zur Spasmolyse gilt heute als obsolet. Kommt es durch Konkremente zu einer Obstruktion mit konsekutivem Harnaufstau, muss eine Druckentlastung der Niere erfolgen, da sonst eine infizierte Stauungsniere und eine Urosepsis drohen. Sowohl eine innere Ableitung durch Einlage eines Doppel-]-Katheters in den Harnleiter als auch eine äußere Ableitung durch eine perkutane Nephrostomie (peN) sind möglich. Bei gleichzeitigem Vorhandensein einer Pyelonephritis sollte eine intravenöse Antibiotikatherapie erfolgen. Nach der Behandlung der Infektion kann mit der Steinsanierung begonnen werden. Konservative Therapie
Bei Konkrementen, deren Durchmesser :s; 4 mm ist und die keine Harnstauung verursachen, kann unter suffizienter Spasmoanalgesie ein spontaner Steinabgang abgewartet werden. Dies kann durch Erhöhung der Trinkmenge und durch Bewegung gefördert werden. Die Patienten sollten angewiesen werden, den Urin zu filtrieren , um eventuell abgehende Konkremente einer Steinanalyse zuführen zu können.
Medikamentöse Therapie
Handelt es sich um Harnsäure- oder Zystinsteine, kann bei unkompliziertem Verlauf eine medikamentöse Urolitholyse versucht werden. Durch die Verabreichung von Alkalizitraten erreich t man eine Harnalkalisierung mit einem Zielwert von pH 6,5. Handelt es sich um Indinavirsteine, kann du rch die Verabreichung von L-Methionin eine Ansäuerung des Urins erreicht werden. Die Litholyse dauert bei dieser Methode ca. drei Monate. Die Steine müssen dabei frei von Kalzium sein. Therapieunterstützend ist bei Harnsäuresteinen die Gabe von Urikostatika wie z. B. Allopurinol.
(Doppel-j-Katheter) zur Vermeidung ei nes Harnstaus als vorteilhaft erwiesen. Kontraindi kationen für di e ESWL sind Geri nn ungsstörungen, Harnwegsinfekte und eine bestehend e Schwangerschaft. Operative Steintherapie
ZystoskopiejUreterorenoskopie (URS)
Durch die Erfind ung und Entwicklung der Endoskopie ist es heute möglich, Erkra nku ngen im Bereich der ableitenden Harnwege minimalinvasiv zu erkennen und zu th erapieren. In der urologischen Praxis kommen sowohl starre als auch flexible Endoskope zum Einsatz. Extrakorporale Zystoskopien werden in der Regel mit Stoßwellenthera pie starren Endoskopen durchgeführt. Die extrakorporale Stoßwellentherapi e Mithilfe eines starren Ureterorenoskops (ESWL) ist ein geeignetes, komplikatikann das Nieren bec kenkelchsystem onsarmes Verfahren für nicht spontan begutaChtet werd en. Der Vorteil der abgangsfähi ge Steine, die nicht größer starren Endoskope besteht in größeren als 2 cm sind. Arbeitskanälen und damit besseren Bei dem erstmals 1980 eingesetzten Spül- und Manipulationsmöglichkeiten Verfahren werd en mit einem sogenann- Flexible Endoskope haben den Vorteil . ten Lithotripter gepulste elektromag· sich den anatomischen Gegebenheite~ netische Schallwellen gebündelt und (z. B. des Ureters) anzupassen. Eine transkutan auf den Stein fokussiert. Steinschnittlagerung des Patienten ist Das Ausrichten des Fokus auf das Konim Gegensatz zu r sta rren Endoskopie krement erfolgt je nach Gerät mittels nicht nötig. Mit einer flexiblen URS eines mit dem Lithotripter gekoppelten lassen sich auch Konkremente aus der Röntgen- oder Ultraschallgeräts. unteren Kelchgruppe entfernen, was Für eine effektive Wirksamkeit ist bei mi t den starren End oskopen aufgrund dieser Methode wichtig, dass der Schall- der Ana tomie des Kelchsystems oft kopf des Lithotripters direkt au f der nicht gelingt. Über die Arbeitskanäle der Haut des Patienten aufliegt. Eine weiEndoskope kön nen Arbeitsgeräte wie tere Verlustreduktion der Schallwellen Zangen und Drahtkörbchen zum Bergen wird durch den Einsatz von z. B. Ultra- von Kon krementen, aber auch pneumaschallgel im Kontaktbereich (Schallkopf tische Lithotrypter und Laser zur Stein- Haut) erreicht. Unter Umständen sind desintegration vorgebracht werden. mehrere Sitzungen zur Desintegration Eine Kon traindikation für die ZystOSkodes Steins notwendig. pie stell t ein Harnwegsinfekt mit der In der Regel kommt dieses Verfahren Gefahr einer Keimverschleppung dar. ohne eine Narkose aus. Dies hängt Die wich tigsten möglichen Komplikavor allem von der Stoßwellenanzahl tionen sind Harnleiter- oder Nierenund -energie ab. Bei Bedarf wird bei becken perforation. den Patienten eine intravenöse Analgosedierung durchgeführt. Perkutane Nephrolithotomie (PCNL) Je nach Größe des Konkrements hat Bei dieser Tec hnik wi rd der Stein über sich die Einlage einer Harnleiterschiene ei ne perku ta ne Nierenpun ktion mit
Störungen der Harnentleerung
anschließender Einführung eines Endoskops geborgen. Der Eingriff wird in Vollnarkose durchgeführt. Zu Beginn wird mit einer Hohlnadel unter Ultraschall und Röntgenkontrolle die Niere punktiert. Ähnlich der Seldinger-Technik wird der Stichkanal nun mit Hülsenrohren aufsteigenden Durchmessers aufbougiert, sodass letztendlich ein spezielles Endoskop in das Nierenkelchsystem vorgebracht werden kann. So kann der Stein entweder direkt gefasst oder mit einer Lasersonde zunächst zerkleinert werden. Das Verfahren eignet sich besonders für Steine mit einem Durchmesser von ca. 2 cm. Offene Steinsanierung
Die offene Steinsanierung wird heute nur noch sehr selten durchgeführt. Sie ist durch die ESWL und die Endoskopie verdrängt worden. Seltene Indikationen sind multiple Steinmassen und Ausgusssteine. In solchen Fällen wird jedoch, wenn möglich, die Laparoskopie der offenen Operation vorgezogen.
Steinmetaphylaxe
Die Verhinderung einer erneuten Steinentstehung wird Steinmetaphylaxe genannt. Allgemeine prophylaktische Maßnahmen sind ausreichende Bewegung und Flüssigkeitszufuhr. Als spezielle Maßnahmen sind die Infektprophylaxe, eine Harnansäuerung bei Infekten und eine Harnalkalisierung bei Harnsäuresteinen zu nennen. Dafür ist jedoch die Kenntnis der Steinzusammensetzung von essenzieller Bedeutung. Zur Ursachenfindung der Steinbildung kann eine Untersuchung des über 24 Stunden gesammelten Urins hinsichtlich Volumen, pH-Wert und Gehalt an Kalzium, Natriumsalzen, Harnsäure, Oxalat, Citrat und Kreatinin durchgeführt werden. Im Folgenden eine kurze Übersicht der speziellen prophylaktischen Maßnahmen: ~ Die Bildung von oxalathaltigen Steinen kann durch ausreichend Kalzi-
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um in der Nahrung (etwa 1000 mg/ Tag) vermindert werden. Eine Einschränkung der Aufnahme von Milchprodukten und kalziumreichen Nahrungsmitteln ist bei Patienten, die zur Bildung solcher Steine neigen, nicht erforderlich. Das durch die Nahrung aufgenommene Kalzium kann Oxalat im Darm binden und auf diese Weise mit dem Stuhl ausscheiden. ~ Patienten mit Harnsäuresteine sollten Fleisch, Fisch und Geflügel meiden, da diese Nahrung Purin enthält, dessen Abbau zu Harnsäure den Urin-pH zu stark absenkt. Mit einem erhöhten Harnsäurespiegel steigt auch das Steinbildungsrisiko. ~ Eine Zystinsteinbildung verhindert man am besten durch eine erhöhte Flüssigkeitsaufnahme. Somit werden die Zystinkonzentration im Urin und die Gefahr der Kristallbildung verringert. Um dies zu erreichen, müssen täglich mehr als drei Liter Flüssigkeit getrunken werden, ein Drittel davon in der Nacht.
Zusammenfassung
*' Die Steinentstehung kann durch vielerlei Faktoren begünstigt werden, z. B. familiäre Disposition, Ernährung, Bewegungsmangel, Adipositas, Medikamente.
*' Zur Steinbildung kommt es durch Übersättigung des Urins mit lithogenen Substanzen. Häufig sind Kalziumoxalatsteine (70% d. F.).
*' Symptome sind Unruhe, kolikartiger Flankenschmerz, Makro- oder Mikrohämaturie, evtl. Harnstau und Infektzeichen.
*' Zur Diagnostik dienen Anamnese, körperliche Untersuchung, Blut- und Urindiagnostik, Sonografie, Spiral-CT, Abdomenübersichtsaufnahme, AUG (cave! Kontraindikationen) . • Therapeutische Optionen bei Urolithiasis sind die konservative Therapie, Stoßwellentherapie, minimalinvasivejendourologische Therapie, operative Steinsanierung durch Laparoskopie oder offene Operation . • Wichtig ist die Gewinnung von Steinkonkrementen zur Steinanalyse.
*' Prophylaktisch werden Bewegung, ausreichende Trinkmenge und ErnährungsumsteIlung gemäß der Steinanalyse empfohlen.
Die benigne Prostatahyperplasie Die benigne Prostatahyperplasie (BPH) ist eine gutartige Vergrößerung der Prostata, die durch numerische Zunahme von Muskel-, Bindegewebs- und Drüsenzellen entsteht. Die Hyperplasie geht von der transitionalen (Übergangs-)Zone und den periurethralen Drüsen aus, wodurch der entstehende Druck auf die Urethra zu den klinischen Symptomen führt. Die ursprünglich kastaniengroße Prostata kann so das Fünffache (Faustgröße) ihrer Größe erreichen.
--------------------~.
Klassifikation
In der englischen Literatur wird die Schwere der Prostatabeschwerden mit dem International Prostate Symptom Score (IPSS) bewertet. Im deutschsprachigen Raum ist die Einteilung nach folgenden Stadien gängiger: ~ ~
Pollakisurie, Dysurie, S t A:rtA",hwii"i kelten, Nachtriufeln chung des Hamstrahls At..lll..n,fl....~.. und hluflgsten Symptome dAr Im... hyperplasie dar.
Stadium I: Miktionsbeschwerden Stadium 2: ZUSätzliche Restharnbil-
dung ~
Durch Restu rin können sich Blasensteine bilden. In ausgeprägten Fällen füh rt dies unbehandelt zum postrenalen Nierenversagen!
Diagnose
Stadium 3: zusätzlicher Aufstau des
oberen Harntrakts Klinik
Durch Obstruktion der prostatischen Harnröhre kommt es zur Behinderung Pathogenese des Harnflusses und zu einer unvollstänAndrogene, hauptsächlich das im Verdigen Harnblasenentleerung. Mittels verstärkter Blasenmuskelkontraktion gleich zum Testosteron zehnmal aktivere Dihydrotestosteron (DHT), spielen wird versucht, dies zu kompensieren. Dadurch entwickelt sich die Blase eine zentrale Rolle bei der Entstehung der BPH. Folgende Mechanismen werim Verlauf zur sogenannten Balkenblase. Im Vordergrund der Symptomaden diskutiert: tik stehen Pollakisurie (vermehrter ~ Die vermehrte Bildung von DHT aus Harndrang), Dysurie (erschwertes Harnlassen), Nykturie (nächtlicher der weniger aktiven Vorstufe TestosteHarndrang), Startschwierigkeiten, ron aufgrund einer erhöhten Aktivität von 5-a-Reduktase Typ 2 in den Stroma- Nachträufeln, Abschwächung des HarnstrahIs sowie in schweren Fällen zellen der Prostata Harnverhalt. ~ Eine vermehrte Androgenrezeptorbildung, stimuliert durch einen relativen Der retinierte Urin fungiert als Nährboden für Bakterien, dies führt zu unteren 17ß-Östradiolüberschuss in den periund oberen Harnwegsinfekten (Zystitis, urethralen Drüsen Urethritis und Pyelonephritis). Dabei kann es auch zu Entzünd ungen Als Folge kann mehr DHT an eine anderer Organe kommen, die meist größere Zahl von Androgenrezeptoren aszendierend entstehen. In seltenen binden, was zu einem verstärkten Fällen breiten sich die Bakterien lymWachstumsstimulus führt. Es müssen phogen aus. Meist sind in solchen Fällen auch weitere Faktoren für die Entsteder Hoden (siehe S. 44, Orchitis) und hung der Prostatahyperplasie in Erwäder Nebenhoden (siehe S. 42, Epidigung gezogen werden. dymitis) betroffen. Eine ~Inengung der lJretennllndun81CaM t!ydroureter und HydronephroaeQ~IU~ sachen; die -eine Urämie zur Folge bebijn.
Eine ausgeprägte BPH kann eine Erhöhung des PSA-Werts mit sich bringen_ Wichtigste Differentialdiagnose ist dann das Prostatakarzinom. Die Diagnose kann wie fo lgt gestellt werd en. ~
Digital-rektale UnterSUChung:
Es werden Größe, Konsistenz und Oberfläch e der Prostata beurteilt. ~ Transrektale Sonografie der Prostata: Es werd en Größe und der Struktur der Prostata bestimmt. ~ Uroflowrnetrie (siehe S. 9, Funktionsdiagnostik): Bei positiven Befund ergibt sich eine für die BPH typische Kurve. ~
Transabdominale Sonografie:
Es werden Restharn und Harnsteine bestimmt sowie die Nierenfunktion beurteilt.
Therapie
Bei einer gering ausgeprägten BPH (Stadium I) können die Symptome meist durch dekongestive Maßnahmen (Verringe rung der Alkohol- und Koffeinaufnahme, Vermeidung von kalten Getränken, keine Getränke vor dem Schlafengehen und ausreichend Bewegung) verringert werd en.
Störungen der Harnentleerung
I Abb. 1: Darstellung der drei möglichen OPZugänge bei der Enuk leation.
Pharmakologisch können folgende Präparate eingesetzt werden: a\ -Adrenozeptorantagonisten (z_ B_ Prazosinderivate, Tamsulosin) ~ Senkung der Restharnmenge ~ 5-a-Reduktase-Hemmer (z_B_ Finasterid) ~ Rückbildung der Hyperplasie ~ Dekongestiv wirkende Phytotherapeutika (z_ B. Sitosterin) ~
Ab dem Stadium 2 entscheidet man zwischen folgenden Operationsverfahren: Die transurethrale Resektion der Prostata (TUR-P): Dies ist die gängige operative Therapie der BPH. Eine Schlingenelektrode entfernt mittels Hochfrequen zstrom hyperplastisches Gewebe und Blasenhalsmuskulatur. Die Außenzone der Prostata bleibt als chirurgische Kapsel erhalten, deshalb hat ein mit der TUR-P behandelter Patient auch kein geringeres Risiko, an einem Prostatakarzinom zu erkranken. Bei etwa 2% der Operierten entsteht intraoperativ ein TUR- Syndrom. ~ Die chirurgisch offene Enukleation: Da die TUR-P nur bei Patienten mit einer Prostata von bis zu ca. 80 cm 3 durchgeführt werden kann, findet bei größeren Hyperplasien die offene chirurgische Enukleation Anwendung. Der Chirurg wählt zwischen suprapubischem, retropubischem oder perinealem ~
32 133
transvesika:I n-T\---_ retropubisch
transurethral
Zugang (I Abb. 1). Beim suprapubischen Zugang ist die Gefahr der postoperativen Inkontinenz größer, da hier der Operateur keinen Einblick in den Apex der Prostata hat. Die Gefahr eines TUR-Syndroms besteht nicht. Weitere Verfahren: ~ Lasertherapie mittels Nd-YAG-Laser oder KTP-Laser ~ Transurethrale Vaporisation der Prostata (TUVP) ~ Transurethrale mikrowelleninduzierte Thermotherapie (TUMT) ~ Transurethrale Nadelablation ~ Stenteinlage mittels Metall- oder Polyurethanstent
Komplikationen
Intraoperativ können unter anderem (neben dem TUR-Syndrom bei der TURP) starke Blutungen (Transfusion!), Prostatakapsel- und Rektumperforationen auftreten. Die häufigsten postoperativen Spätfolgen sind Inkontinenz, retrograde Ejakulation, Erektionsstörungen und Dysurie (durch Harnröhrenstriktur etc.).
Zusammenfassung • Die BPH ist die häufigste urologische Erkrankung des älteren Mannes und kann schon früh beginnen. • Die Größe der BPH korreliert nicht immer mit den Symptomen, entscheidend ist ihre Lage. • Die Therapie ist abhängig von den Symptomen des Patienten. • Indikation zur Operation ist die Restharnbildung.
Harninkontinenz Der Begriff Harninkontinenz bezeichnet das Unvermögen , Harn zu speichern und zu willkürlich bestimmter Zeit an einem gewissen Ort abzugeben. Die Patienten haben einen hohen Leidensdruck und nehmen aus Scham weniger am sozialen Leben teil. Fünf Millionen Deutsche (6 %) leiden unter Harninkontinenz. Dabei sind doppelt so viele Frauen wie Männer betroffen. Die Prä· valenz steigt mit dem Lebensalter deutlich an, die Hälfte aller Heimbewohner ist inkontinent.
Anatomie Zum Verständnis der Inkontinenz ist die Kenntnis der Kontinenzmechanismen bei Mann und Frau erforderlich.
Der weibliche Kontinenzmechanismus Bei der Frau strahlt die glatte Detrusormus· kulatur direkt in die Längsmuskelschicht der Urethra ein (innerer Sphinkter) . Der äußere Sphinkter wird aus zirkulären Fasern quer gestreifter Muskulatur und aus quer gestreiften Anteilen der ßeckenbodenmuskulatur gebildet. Die intramurale quer gestreifte Muskulatur der Urethra kann eine Kontraktion über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten (Slow-twitch-Fasern). In der Kontinenzphase tonisieren a-Rezeptoren die glatte Muskulatur des inneren Sphinkters, ß-Rezeptoren verhindern eine Detrusorkontraktion und der äußere Sphinkterapparat wird willkürlich kontrahiert. Um optimale Druckverhältnisse zu erzielen, ist zum einen die Urethra durch die Ligg. pubourethralia mit der Symphysenkante fixiert, zum anderen sind Blase und Harnröhre über den M. pubococcygeus an der Beckenwand befestigt. Verkürzungen der Harnröhre, Veränderungen der Lagebeziehungen und unzureichende Verschlussdrücke der Muskulatur führen zur Inkontinenz.
Der äußere Sphinkter beginnt am Apex prostatae und besteht aus glatter und quer gestreifter Muskulatur. Die intramurale quer gestreifte Muskulatur setzt sich aus Slowtwitch·Fasern (s.o.) zur passiven Kontinenz zusammen. Die äußere quer gestreifte Muskulatur besteht aus Fast· twitch·Fasern, die willkürlich über den N. pudendus inner· viert sind, aber schnell ermüden. Zusammen mit dem M. levator ani bildet dieser externe Sphinkter den zweiten Wichtigen Kontinenzmechanismus. Für die Kontinenz genügt beim Mann die Funktion eines Mechanismus.
Ätiologie und Klassifikation Es gibt eine ganze Reihe von Risikofaktoren, eine Harninkontinenz zu entwickeln. Vor allem Frauen sind betroffen , da bei ihnen nur ein Kontinenzmechanismus ausschlaggebend ist. Risikofaktoren, die besonders bei Frauen zur Schwäche des Beckenbodens und zu anatomischen Abweichungen des Kontinenzapparats führen , sind Alter, Adipositas, Schwangerschaft, vaginale Geburt, Hyster· ektomie, Postmenopause und Mobilitätsein· schränkungen. Ursachen männlicher Inkontinenz sind hauptsächlich Operationen der Prostata , Prostatahypertrophie, Tumoren/ Entzündungen der Blase, Demenz oder andere zerebrale/ spinale Schädigungen. Klassifikation der Harninkontinenz nach der International Continence Society (leS): ~ Belastungsinkontinenz (Stressinkontinenz) ~ Dranginkontinenz (Urge-Inkontinenz) ~ Überlaufinkontinenz ~ Reflexinkontinenz ~ Extraurethrale Inkontinenz ~ Enuresis
Belastungsinkontinenz Die Belastungsinkontinenz ist charakterisiert durch einen unwillkürlichen Urinabgang Der männliche bei intraabdomineller Druckerhöhung ohne Kontinenzmechanismus Detrusoraktivität (z. B. Husten, Niesen, Auch beim Mann find en sich zwei KontiLachen, Treppensteigen , Heben). Ursache nenzzonen. Der Blasenhals wird a-adrenerg, sind bei Frauen meist eine ßeckenbod ender distale urethrale Sphinkter über den schwäche, neuromotorische Läsionen, eine N. pudendus willkürlich innerviert. verkürzte Harnröhre oder selten operative Während der proximale Kontinenzmechanis- Verletzungen. Beim Mann ist fa st immer mus bei der Frau nur eine untergeordnete eine iatrogene (radikale Prostatektomie Rolle spielt, fungiert beim Mann hingegen mit Verletzungen des extern en Sphinkters) der gesamte glattmuskuläre Abschnitt vom od er traumatische Ursache (Beckenfra ktuBlasenhals bis zum Ende der membranösen ren) der Auslöser. Harnröhre als entscheidender unwillkürlicher Kon tinenzmechanism uso
~ Grad I bezeichnet den Urinverlust beim Husten, Pressen, Niesen und schwerem Heben, ~ Grad 11 beim Gehen, Aufstehen, ~ Grad 11 1 im Liegen.
Dra ngi n konti nenz "Dranginkontin enz" bezeichnet einen starken, impera tiven Harndrang mit unWillkürlichem Urinverlust (Toilette wird nicht mehr erreicht) . Es lassen sich die motoriSChe Form mit Deuusorüberaktivität und die sen sorische Form mit erhöhter BlasensensibiIi_ tät unterscheid en. Auslöser können degenerative Prozesse des Detrusors, Läsionen des Miktionszentrums im Hirnstamm, spinale Läsionen, subvesikale Obstruktionen (Prostatahyperplasie ) oder Blasenerkrankungen (Zystitis, Steine, Tumoren) sein. Bei der sen sorischen Urge-lnkominenz wird besonders ein e psychosomatische Komponente in Erwägung gezogen. Überlaufinkontinenz Eine Überlaufinkontinen z liegt vor, wenn ein unwillkürlicher Uri nverlust bei gleichzei_ tig überdehnter Blase, hoher Restharnmenge und fehlender Detrusoraktivität vorliegt. Subvesikale Obstruktionen (Prostatavergrö _ ßerung, Harnröhrenstriktur, Blasenhalsenge ) od er sakrale/subsakrale Läsionen (Prolaps, Trauma , Tumor) führen zu diesem Inkontinenzbild. Reflexinkontinenz Di e Refl exinkominenz ist defini ert durch ei ne un kontrollierte Detrusoraktivität mit Urinverlust. Sie hat immer eine neurogene Ursache (Querschnitt, multiple Sklerose M. Parkinson) . ' Extra urethrale Inkontinenz Als "extraurethrale Inkontinenz" bezeichnet man den unwillkürlichen Urinverlust, der nicht über die Harnröhre erfolgt. Dies geschieht durch ek tope Uretermündungen od er Fisteln (trau matisch [Pfählungsverlet_ zungl , postoperativ, M. Crohn). Enuresis Enuresis ist die wiederholte unwillkürliche Miktion nach dem fün fte n Lebensjahr. Ursa. che ist meist eine Miklionsreifungsstörung.
Diagnose Wichtig ist zu B ginn der Diagnostik eine ausfüh rliche Anam nes hinSichtlich Voroperationen, chwan gerschaft n, Geburtsverlau f, exua lfu nkli on, neurologischer Erkran_
Störungen der Harnentleerung
kungen, Medikamenten (besonders solche, die in Sympathikus und Parasympathikus eingreifen) oder Diabetes mellitus. Bestehen· de Harnwegsinfekte sollten gleich zu Beginn durch die Untersuchung eines Mittelstrahl· urins ausgeschlossen werden. Die klinische Untersuchung der Frau sollte immer eine vaginale und digital·rektale Untersuchung beinhalten. Dabei ist auf Hautveränderungen, Prolapszeichen (unter Husten/ Pressen) wie RektozelenlZysto· zelen/ Descensus uteri und Tonus des Anal· sphinkters zu achten. Zusätzlich sollte im· mer auch eine neurologische Untersuchung der sakralen Segmente erfolgen. Auch beim Mann gehört eine neurologische Untersuchung zum festen Bestandteil. Daneben werden der Penis und der Meatus urethrae inspiziert und palpiert, um Steno· sen oder Fehlbildungen zu diagnostizieren. Ebenso wichtig ist eine digital-rektale Untersuchung mit Prüfung der Prostata.
Zur Objektivierung der Inkontinenz fü hrt der Patient anschließend ein Miktions- und Trinkprotokoll. Darin werden Trinkmenge, Miktionsmenge, Uhrzeit und Inkontinenzphasen mit eventuellen Auslösern erfasst.
Zur genauen Ermittlung der Inkontinenzmenge können zuvor abgewogene Vorlagen des Patienten nach Inkontinenz erneut ge· wogen werden. Die eindeutige Abklärung der Inkontinenz· form erfolgt mittels Urodynamik (nähere Erläuterungen s. a. S. 26, "Neurogene Blasenentleerungsstörungen") . Anhand der gewonnenen Messgrößen lassen sich kon· krete Aussagen über Abflusshindernisse , Detrusoraktivität, Sphinkteraktivität und willkürliche Beeinflussung treffen. Um anatomische Abweichungen besser zu objektivieren, hat sich die Miktions· zystourethrografie bewährt. Anhand vieler Einzelbilder bei Miktion nach Kontrastmittelgabe können anatomische Verände· rungen beurteilt werden. Anschließend kann auch eine endoskopische Abklärung erfolgen.
34135
Med ikamentös Belastungsinkontinenz: Duloxetin, ein SSRI, hat sich als Goldstandard bei Frauen durchgesetzt. Ein Off lable use bei Männern verspricht ebenfalls Erfolge. Beckenbodengymnastik sollte supportiv erfolgen. Die Östrogen· substitution kann hilfreich sein, sollte jedoch erst nach einer genauen Risiko-Nutzen·Ab· wägung erfolgen (Induktion von Endomet· riumkarzinomen, Mammakarzinomen). ~
~ Dranginkontinenz und Reflexinkon· tinenz: Anticholinergika, die die Detrusor·
aktivität senken, sind hier der Goldstandard (Trospiumchlorid, Oxybutynin, Propiverin, Tolterodin). Typische Nebenwirkungen sind anticholinerger Natur (Mundtrockenheit, Glaukom, Tachykardie etc.) . Botoxinjektionen scheinen eine neue vielversprechende Therapieoption darzustellen (siehe S. 26, "Neurogene Blasenentleerungsstörungen ").
Therapie
Operativ
Konservativ ~ Pessare (bei schlechtem Allgemeinzustand und in hohem Lebensalter) ~ Penisklemme (nur zur Kurzzeitversor· gung bei Stressinkontinenz) ~ Vorlagen oder Kondomurinale für Männer, suprapubische Katheter, intermittierender Einmalkatheterismus ~ Biofeedback-Training
~ Belastungsinkontinenz: vaginale, abdo· minale oder kombinierte Verfahren zur Re· konstruktion, spannungsfreie Bandplastiken (Tension-free vaginal tape [TVT), Transobtu· rator tape [TOT)), artifizieller Sphinkter beim Mann ~ Dranginkontinenz: Obstruktionsbeseitigung, Neuromodulation, Blasenaugmentation (siehe S. 26, "Neurogene Blasenent· leerungsstörungen ")
Zusammenfassung • Inkontinenz kommt bei Frauen doppelt so häufig vor wie bei Männern, vor allem durch Schwangerschaft, Alter, Postmenopause, Operationen, neurogene Läsionen und Adipositas. • Belastungsinkontinenz entsteht durch abdominelle Druckerhöhung, Dranginkontinenz mit imperativem Harndrang durch unkontrollierte Detrusoraktivität. Weitere Formen sind Reflexinkontinenz, Überlaufinkontinenz, extraurethrale Inkontinenz und Enuresis. • Die Diagnose erfolgt durch Anamnese, Urodynamik, Miktionsprotokoll und körperliche Untersuchung. • Therapiert wird die Belastungsinkontinenz v. a. durch Beckenbodentraining, Duloxetin, TVT, TOT und Rekonstruktion, die Dranginkontinenz durch Anticholinergika, Botox, Biofeedback, Obstruktionsbeseitigung und Neuromodulation.
_1wegsinfektionen (HWI) :::-_: :,,5 2:11 Kapitel werden die Harnwegsin(HWI) im Allgemeinen behandelt, auf Zystitis und Pyelonephritis wird in den beiden folgenden Kapiteln eingegangen. Brennen beim Wasserlassen deutet auf eine der häufigsten bakteriellen Erkrankungen hin: den Harnwegsinfekt. Hierbei handelt es sich um eine entzündliche Erkrankung der Harnwege, die hauptsächlich durch Enterobakterien hervorgerufen wird.
ders bei Frauen. Aufsteigende Bakteri en binden über Fimbrien oder Pili an Rezeptoren des Urothels und entziehen sich so dem hydrodynamischen Auswascheffekt des Harnstroms. ~ Hämatogen und lymphogen: Dieser lnfektionsweg ist selten und trifft beispielsweise für das Mycobacterium tuberculosis zu. ~ Deszendierend: Auch dies ist eine sehr seltene Form, be i der sich aus den oberen, primär befallenen Organen Bakterien in distal gelegene Organe absetzen .
Einteilung
Folgende Faktoren erhöhen das Risiko, an einem HWI zu erkranken:
;2 ~< :::::-_w
Die Harnwegsinfekte werden nach der Topografie wie folgt eingeteilt:
~
Schwangerschaft Obstruktionen (auch Missbildungen) ~ Steinleiden ~ Alter ~ Iatrogene Faktoren (Katheter, Operationen ete. ) ~ Analgetikaabusus ~ In die Vagina eingeführte Objekte (z. B. Kontrazeptiva) ~ Genetische Disposition ~ Immunsuppression ~ Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus, Gicht ete. ~
~
Untere Harnwegsinfekte: Urethritis (Harnröhrenentzündung) und Zystits (Harnblasenentzündung) ~ Obere Harnwegsinfekte: Ureteritis und Pyelonephritis Eine weitere Einteilung erfolgt nach der Genese: ~
Primäre unkomplizierte Entzündung: singulärer Infekt bei normalem anatomischen und funktionellen Zustand ~ Sekundäre komplizierte Entzündung: Infekt kommt zum urologischen Grundleiden (Harnabflussbehinderung, Fremdkörper, Blasenfunktionsstörung ete.) hinzu. Unter einem asymptomatischen Harnwegsinfekt versteht man eine zufällig nachgewiesene Bakteriurie bei einem beschwerdefreien Patienten.
Ätiologie Eine natürliche Keimbesiedelung findet sich beim Mann im Bereich der Vorhaut und des distalen Drittels der Harnröhre, bei der Frau in der Vagina und der distalen Hälfte der Harnröhre. Alle weiteren Bereiche der Harnwege sind beim Gesunden steril. Die weibliche Harnröhre ist mit einer Länge von 3 - 5 cm im Vergleich zur bis zu 30 cm langen männlichen Harnröhre keine schwer zu überwindende Barriere (kurze Strecke zu Harnblase und Nieren) für Bakterien!
Histopathologisch handelt es sich je nach Erreger um eine spezifische oder eine unspezifische Entzündung. Spezifische Entzündungen werden von Erregern (z. B. Mycobacterium tuberculosis) verursaCht, die auch ohne Erregernachweis allein am histologischen Bild zu erkennen si nd. Abhängig von Gesch lecht und Lokalisa tion kommen verschiedene Erreger vor. Am häu figsten ist E. coli , gefolgt von Proteus mirabilis und den Staphylokokken _Bei der isolierten, meist symptom losen Urethritis können auch Chlamydien und weitere sexuell übertragbaren Keime die Ursache sein .
Klinik Ein HWI hat folgende Symptome: ~
Algurie Ausfluss ~ Juckreiz ~ Imperativer Harndrang ~ Ausstrah lende Schmerzen
Fieberschübe, Flankenschmerz und klopfschmerzhafte Nierenlager. "leben der ausführlichen Anamnese (Risikofaktoren s.o.) und einer körperlichen Untersuchung (Ausfluss, Fieber, Rötungen, Schmerzen bei Palpation ) besteht die Labordiagnostik aus folgenden Untersuchungen: ~ Urinuntersuchung: Die richtige Interpretation einer Urinprobe ist nur möglich, wenn bei der Abnahm e keine Fehler gemacht wurden. Nichl zu vergessen ist, dass die Urinprobe vor Antibiotikatherapie zu entnehmen ist. Keim zahlen über 1QS/ml im Mittelstrahlurin gelten als pathologisch. ~ Blutuntersuchung ~ Untersuchung von Abstrichmaterial ~ Bildgebende Verfahren zum Ausschluss von Obstruktionen der Harnwege (bei rezidivierenden HWl): Sonografie, ggf. Urografie
Therapie Die Therapie sollte bei sexuell übertragenen Infektionen auch den/ die Partner(in) des Patien ten ei nbeziehen. Handelt es sich um einen kompli zierten HW I, müssen primär die Abflussstörung oder der prädisponierende Faktor beseitigt werden. Zusätzlich zur Antibiose so llte die Flüssigkeitszufuhr erhöht werden. Blasentee eignet sich bei geri ng ausgepräglen Infekten als Erstmaßnahme unter Verlaufskontrolle. Antibiose : Resisten zen sind nicht selten ein Antibiogramm ist in Betracht zu zieh~n. Nach der bakteriologischen Untersuchung wird mit einer unspezifischen Therapie durch Gabe eines Breitspektrumantibioti_ kums begonnen, nach Eintreffen des Antibiogramms kann die Antibiotikagabe gegebenenfalls verifi ziert werden. Wie bei jeder Antibiotikatherapie Sollte nicht vergessen werden, dass die DarmOora in Mitleidenschafl gezogen wird.
~
Komplikation en ~
~ ~ ~
Chronifizierung Sepsis Orchitis/ Epididymitis (siehe S. 42/44) Sterilität bei Frauen
Bakterien können über folgende Mechanismen in die sterilen Bereiche der Harnwege gelangen und eine Entzündung auslösen:
Diagnose
~ Aszendierend: Der aszendierende Infektionsweg ist der häufigste (80 - 90%), beson-
Wichtig ist, eine Mitbete iligung der oberen Harnwege früh zu erkennen_ Indi zien sind
Zusammenfassung • Frauen sind wesentlich häufiger betroffen als Männer. • Bei der Antibiose ist auf Resistenzen zu achten. • Häufigster Erreger ist E. coll. • Bei Rezidiven sollten Harnwegsobstruktionen ausgeschlossen werden.
Schmerzen
Zystitis Die Zystitis [Blasenentzündung) ist die häufigste entzündliche Erkrankung des Urogenitaltrakts. Etwa 15 % aller Frauen haben einmal im Jahr eine Zystitis. Die lnzidenz bei den Männern steigt mit dem Alter, was auch durch die Risikoerhöhung aufgrund der Prostatahyperplasie zu erklären ist. Die Zystitis ist meist auf Mukosa und Sub· mukosa begrenzt, nur in seltenen Fällen ist die Muskularis befallen.
Pathogenese Beim Mann ist der häufigste Prädispositions· faktor für eine Zystitis die Prostatahyperplasie. Diese stellt ein Miktionshindernis dar und erleichtert so aszendierenden Keimen den Eintritt in die Harnblase. Auch Dauerkatheter erhöhen das Risiko, an einer Zystitis zu erkranken. Eine weitere Ursache ist eine auf dem Boden von Diver· tikeln entstandene Fistel, die Darmbakterien den Zugang in die sterile Blase ermöglicht. Frauen erkranken häufiger, da ih re ku rze Harnröhre aszendierende Infektionen begünstigt. Nach Geschlechtsverkehr kann bei der Frau innerhalb weniger Stunden eine Zystitis entstehen. Neben der häufigen bakteriellen Zystitis gibt es auch radiogen , durch Zytostatika und parasitär bedingte Zystitiden, bei denen die Gefahr besteht, dass sich zusätzlich eine bakterielle Entzündung aufpfropft.
Einteilung Die Zystitis gehört zu den [unteren) HWI. Tritt die Entzündung ohne weitere Erkran· kungen auf, spricht man von einer unkomplizierten Zystitis; eine komplizierte Zystitis ist gegeben, wenn zusätzlich ein uTOlogisches Grund leiden [welches die Zys· titis begünstigt) besteht, z.B. BPH, Prostatakarzinom, Phimose ete.
Klinik Die Symptome setzen sich aus Aigurie (Schmerz beim Wasserlassen), Pollakisurie (häufiges Wasserlassen) und einem imperativen Harndrang zusammen.
Glukosurie, Proteinurie, Hämaturie ete. auch Nitrit im Urin nachweist. Nitrit wird von einigen gramnegativen Erregern (E. coH, Proteus) gebildet und deutet somit auf Erreger hin. Auch eine ausgeprägte Leukozyturie sowie ein Erythrozytennachweis im Urin sprechen für eine Zystitis. Die mikrobielle Untersuchung des Urins umfasst: ~ Keimzahlbestimmung: Eine Erregerzahl über 105 I ml im Mittelstrahlurin zeigt einen Infekt an , bei Katheterurin wird eine Anzahl über 104/ml als signifikant betrachtet. Falls eine Blasenpunktion durchgeführt wird, reicht ein einziger im Punktionsurin nachgewiesener Keim zur Diagnose der Zystitis aus. ~ Erregernachweis und -differenzierung: Hierfür wird ein Uricult (Eintauchme· dium) verwendet; für die weitere Diagnostik werden die Keime auf den entsprechenden Nährböden angezüchtet. Für spezielle Erre· ger wird die PCR benötigt. ~ Resistenzbestimmung: Sie erfolgt mittels Reihenverdünnungs·, Agardilutions· oder Plättchendiffusionstests.
Nicht zu vergessen ist, stets die Urinprobe vor der Antibiotikatherapie zu entnehmen.
Bei der unkomplizierten Zystitis fi ndet sich in der Regel ein normales Blutbild. Wichtig ist die Entscheid ung, ob eine Zystitis antibiotisch therapiert werden kann oder ob es einer weiteren urologischen Diagnos· tik [wegen Verdacht auf komplizierte Zysti· tis) bedarf. Eine erweiterte urologische Diagnostik muss generell in Erwägung gezogen werden bei männlichem Gesch lecht, Rezidiven , Fieber. Für eine erweiterte Diagnostik werden Sonografie, Urethrozystoskopie (nicht im akuten Zustand), Urogramm und Uroflowmetrie eingesetzt.
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Steinleiden, die Urethritis, Tumoren sowie speziell beim Mann die Prostatitis und bei der Frau Vulvovaginitis, Adnexitis und das Urethralsyndrom [klinische Symptome ohne Erregernachweis) zu nennen.
Therapie Basistherapie: Erhöhung der Trinkmenge, um den hydrodynamischen Auswascheffekt des Harnstroms zu verstärken. Wenn ei ne unkomplizierte Zystitis vor· liegt, ist eine antibiotische Kurzzeittherapie über drei Tage oder eine Einmaldosierung (bei zu erwartend er geringer Compliance) zu präferieren. Zur Anwendung kommen: ~ Sulfamethoxazol + Trimethoprim (Co·tri· moxazol): Bei Sulfonamid allergie kann auch Trimethoprim als Monotherapie verwendet werden. ~ Bei zu erwartender Resistenz kommen vorwiegend Fluorchinolone [Levofloxacin, Ciprofloxacin) zum Einsatz. ~ Amoxicillin: Durch zum Teil hohe Resis· tenzraten wird Amoxicillin häufig nicht ver· schrieben.
Eine komplizierte Zystitis wird mit einer zehn Tage dauernden Antibiose und gegebenenfalls durch operative Beseitigung der dis· ponierenden Faktoren behandelt. Rezidivierende Zystitiden werden neben der erweiterten Diagnose mit einer längere Antibiose [zehn Tage mit Fluorchinolon oder gezielt nach Antibiogramm) behandelt. Bei rezidivierenden unkomplizierten Zystitiden kann auch eine "Impfung" mit E.-coli-Fragmenten erwogen werden. Nicht bakterielle Zystitiden [z. B. die radiogene Zystitis) benötigen je nach Ursache und Schweregrad eine spezielle Therapie, die sich von einer peroralen Medikation bis zu endoskopischen Eingriffen erstrecken kann.
Rezidivprophylaxe ~
Kälte vermeiden. Frauen verringern ihr Risiko, indem sie kurze Zeit nach dem Geschlechtsverkehr Wasser lassen. ~ Harndrang nicht unterdrücken. ~
Differentialdiagnosen Als Di fferentialdiagnosen der Zystitis sind die chron ische Pyelonephritis, Fremdkörper,
Zusammenfassung Diagnose Eine Zystitis tri tt meist singu lär auf, jedoch ist beim Mann die Untersuchung der umliegenden Organe immer angezeigt. Erste Hinweise aur einen In rekt gibt die Test· streifenuntersuchung, da sie neb n pH ,
• Die Prostata hyperplasie ist der häufigste Prädispositionsfaktor einer Zystitis. • Bei Fieber muss immer an weiteren Organbefall gedacht werden. • Keimzahlen vom über 105 im Mittelstrahlul'in sind für eine Infektion beweisend. • Bei unkomplizierten Zystitiden reicht eine antibiotische Kurzzeittherapie.
Pyelonephritis und Nierenabszess Die Pyelonephritis
Kl inik
Die Pyelonephritis (Syn.: Nierenbeckenentzündung) ist eine Entzündung der oberen Harnwege mit Beteiligung des Niereninterstitiums und des Nierenbeckenkelchsystems. Uno ter den Nierenerkrankungen ist die Pyelonephritis am häufigs· ten. Frauen sind zwei· bis dreimal öfters betroffen als Männer. Auch Kleinkinder bis zum dritten Lebensjahr gehören häu· figer zu den Betroffenen. Siehe dazu auch S. 36 "Harnwegs· infektionen" .
Neben den Symptomen eines unteren Harnwegsinfekts (Algurie [schmerzhafte Miktion], Pollakisurie [erhöhte Miktionsfrequenz], imperativer Harndrang, siehe S. 36) kommt es meist plötzlich zu folgenden Beschwerden: ~ kontinuierliches, hohes Fieber manchmal mit SChüttelfrost gepaart ~ Flankenschmerz, teilweise ausstrahlend ~ schweres Krankheitsgefühl mit Kraftlosigkeit, Inappetenz und Diarrhö ~ Übelkeit und Erbrechen (Zeichen der Sepsis)
Diagnose Einteilung
Die Pyelonephritis gehört zu den oberen Harnwegsinfektio· nen und wird wie alle Infektionen der Harnwege in eine komplizierte (wenn disponierende Faktoren wie eine Harn· stauung etc. vorhanden sind) und in eine unkomplizierte Form unterteilt. Neben einem akuten Auftreten gibt es die chronische Form der Pyelonephritis, die fast symptomlos ver· läuft und daher sehr schwer zu diagnostizieren ist. Hierbei be· steht im weiteren Verlauf die Gefahr einer Parenchymschädi· gung oder Abszedierung.
Bei der körperlichen Untersuchung finden sich klopf· schmerzhafte Nierenlager. Im Urin lässt sich eine vermehrte Zahl an Bakterien (Bakteriurie: > 105Keime/ mI), Leukozyten (Leukozyturie) und Erythrozyten (Hämaturie) nachweisen. Das Blutbild zeigt eine Leukozytose und eine Linksverschiebung. Um Antibiotika gezielt verabreichen zu können, sollte ein Antibiogramm erstellt werden. Sonografie und Urogramm sollten genutzt werden, um prädisponierende Faktoren zu erkennen (I Abb. 1). Differentialdiagnosen si nd akute und entzündliche Abdominalerkrankungen.
Ätiologie und Pathogenese Therapie
Am häufigsten ist der aszendierende Infektionsweg, selten kommt es über den hämatogenen oder lymphogenen Infek· tionsweg zu einer Pyelonephritis. Zumeist entsteht eine Pye· lonephritis auf dem Boden einer tiefer gelegenen Harnwegs· entzündung. Der häufigste Erreger ist E. coli (und weitere Enterobakte· rien). Daneben kommen Enterokokken, Proteus, Klebsiellae, Pseudomonas aeruginosa, Staphylokokken und weitere vor.
Bei der Therapie muss zwischen der unkomplizierten und der komplizierten Form unterschieden werden. Patienten mit einer komplizierten Pyelonephritis werden stationär behandelt. Hier wird primär die Harnstauung aufgehoben; bevor diese nicht erfolgreich therapiert ist, kann eine antibiotische Therapie nicht greifen, es kommt zu einem fulminanten septischen Verlauf.
I Abb. I : Akute Pyelonephriti s: mu ltipl e Abszesse der link en Niere (An sicht von dorsa l); recht s Schrumpfniere. 121
Schmerzen
38139
Sowohl die komplizierte als auch die unkomplizierte Form müssen antibiotisch behandelt werden. Dazu stehen Wirkstoffe wie Fluorchinolone oder Cephalosporine der Gruppe 2 oder 3 zur Verfügung, die über sieben bis zehn Tage verabreicht werden. Generell wird die Therapie vor Eintreffen des Antibiogramms begonnen, ein Wechsel des Wirkstoffs erfolgt dann bei Bedarf. Eine weitere wichtige therapeutische Maßnahme stellt die Erhöhung der Flüssigkeitszufuhr dar. Risikofaktoren Der wichtigste Risikofaktor, der jede Entzündung der Nieren und der ableitenden Harnwege verkompliziert, ist eine Obstruktion. Komplikationen Komplikationen der Pyelonephritis sind unter anderen die Entstehung eines Nierenabszesses, einer Urosepsis (von den Harnwegen ausgehende Sepsis), Parenchymnarben und die Entwicklung einer chronischen Entzündung.
I Abb. 2: Sonografischer Befund bei Nierenabszess·112)
Klinik
Ein Nierenabszess kann die gleichen Symptome wie die akute Pyelonephritis verursachen.
Der Nierenabszess
Bei einem Nierenabszess handelt es sich um kleine, konfluierende Eiterherde, die unter anderem auf dem Boden
Diagnose
einer eitrigen Pyelonephritis entstanden sein können. Neben dem Nierenabszess, bei dem die Eiterherde innerhalb der Niere liegen, gibt es auch den perinephritischen Abszess, eine Eiteransammlung zwischen Nierenkapsel und der die Niere umgebenen Faszie.
~
zytopenie
Ätiologie und Pathogenese
Therapie
Meist entsteht ein Nierenabszess aufgrund einer hämatogenen Staphylokokken- oder Streptokokkeninfektion, aber auch eine aszendierende Pyelonephritis kann, wie oben beschrieben, zu einem Nierenabszess führen (I Abb. 2).
Die Therapie beruht auf zwei Säulen: der Harnableitung und der Antibiose. Manchmal ist eine Abszessdrainage und in sehr seltenen Notfällen (z. B. fortgeschrittene Sepsis) eine Nephrektomie indiziert.
~ ~ ~
Körperliche Untersuchung Bildgebung: Sonografie Urin: Bakteriurie, Leukozyturie Blut: Leukozytose, BSG- Beschleunigung und Thrombo-
Zusammenfassung • Die Pyelonephritis ist die häufigste Nierenerkrankung. • Die Antibiose wird vor Eintreffen des Antibiogramms begonnen. • Komplikation einer Pyelonephritis ist der Nierenabszess. • In letzter Konsequenz steht beim Nierenabszess die Nephrektomie.
Prostatitis
----------------------------------------~~ Klinik
Die Prostatitis ist eine häufige Erkrankung der Prostata. Patio enten mit benigner Prostatahyperplasie erkranken vermehrt an einer Entzündung der Prostata. Das Auftreten der Prostati· tis steigt mit dem Alter der Patienten.
Symptome, die typisc herweise bei einer akuten bakteriellen Prostatitis auftrete n, sind:
Klassifikation
~
Hohes Fieber, Schü ttelfrost, allgemei nes Krankh eitsgefühl Starke Schmerzen im Rücken, in der Dammgegend und im After ~ Initiale POllakisurie, Al gurie, selten Hämaturie ~ Dysurische Beschwerden bis zu m Harnve rhalt ~ Gelegen tl icher Ausfluss aus der Harnröhre ~ Schmerzen bei der Stuhlentlee rung und Stuh ldrang ~ Der Prostataabszess ist eine Komplikation der akuten bakteriellen Prostatitis. Er stellt einen urologischen Notfall dar und hat die gleiche Symptomatik wie die akute bakterielle Prostatitis, nur in meist stärker ausgeprägter Form. ~
Das National Institute of Health (NI H) teilt das sog. Prostatitis·Syndrom in fünf Kategorien ein (I Tab.]). Diese Klassifi· kation setzt Klinik, Erregernachweis, Leukozytenbefund und ggf. eine Biopsie voraus. Bei den meisten Patienten mit Pros· tatitis wird kein Erreger nachgewiesen.
Ätiologie und Pathogenese
Die Ätiologie ist je nach der oben genannten Kategorie unter· schiedlich und teils auch ungeklärt. So ist der Ursprung des nicht entzündlichen chronischen Schmerzsyndroms (Prosta· todynie ) ungeklärt. Vielfach wird hierbei von einem psychoso· matischen Krankheitsbild gesprochen. Als prädisponierende Faktoren werden Alkoholabusus, sexuelle Abstinenz oder Ex· zesse und perineale Traumata diskutiert. Die akute Prostatitis entsteht zumeist durch eine fortgeleitete Harnwegsinfektion. Der Reflux von infiziertem Urin in die Prostatagänge wird durch jede Art von Harnwegsstenosen (benigne Prostatahyperplasie, Urethrastriktur, Phimose etc.) gefördert und erleichtert so den Übertritt der Bakterien auf die Prostata. Dies kann Ursache für eine akute, häufig aber auch für eine chronische bakterielle Prostatitis sein.
Die chronische bakterielle Prostatitis und die abakterielle Prostatitis haben eine uncharakteristische Symptomatik. Meist klagt der Patient über ein Spannungs·, Druck· und Kältegefühl in Damm·, Hoden· und Leistengegend. Auch treten häufig Rückenschmerzen auf. Es kommt zu Miktionsbeschwerden. Die Sexualfun ktion ist oft gestört. Die chronisch bakterielle und abiikterlfIJe Piri..t.1tlft~, iM,';;',; kein Fieber!
Diagnose
Die Diagnose der akuten bakteriellen Prostatitis wird mittels Anamnese der klinischen Symptomatik und fol genden Untersuchungen gestellt: ~
~ ~
Weitere Infektionswege wie der hämatogene, der lympho· gene und der lokoregionäre Infektionsweg können die An· siedlung von Bakterien in der Prostata ermöglichen .
Unterteilung ;...-.----
Kategorie
Bei der di gi ta l-rektalen Untersuchung tastet man eine drUck· schmerzhafte, ödematös vergrößerte Prostata. Im Urin lassen
Bezeichnung
Charekterlltlkum
Akute bakterielle Prostatiti s
Erregernachweis
Chronische bakterielle Pros tatitis
Erregernachweis, kein Fieber
Chronisc he abakteri elle Pro statitis/chronisches Sc hmerzsyndrom des Beckens
Kein Erregern achweis
lil a
Entzündliches chronisches Schmerzsyndrom des Beckens
Leukozyte n im Pro statasekret
Illb
Nicht entzündliches chronisches Sc hmerzsyndrom des Beckens( Prostatodynie
111
IV
Digita l-rektale Untersuchung Urinbefund Blutun tersuchun g
Asymptomatische entzündliche Prostatitis
I Tab, 1: Die Einteilung des Pro st atiti s-Syndroms des NIH .
Keine Klinik! Meist Zufallsbefund
•
Schmerzen
sich Erreger, Leukozyten, Erythrozyten und Epithelien nachweisen. Die Blutuntersuchung ergibt einen erhöhten PSAWert, eine Leukozytose und einen CRP-Anstieg. Auf die in diesem Zustand sehr schmerzhafte Prostatasekretgewinnung wird verzichtet. Die Diagnose der chronischen Prostatitis wird mit der "Viergläserprobe" gestellt. Hierbei muss die Keimzahl in Prostatasekret und Exprimaturin um mindestens eine Zehnerpotenz höher sein als im ersten Urin. Das Prostatasekret weist zusätzlich eine erhöhte Leukozytenzahl auf. Die Diagnostik wird durch weitere Untersuchungen (Abdomenübersicht, Uroflowmetrie, Psychodynamik und weitere) komplettiert. Bei der chronischen abakteriellen Prostatitis lässt sich im Prostatasekret kein Erreger nachweisen. Ein erhöhter Leukozytenwert grenzt die chronische abakterielle Prostatitis von der Prostatodynie ab. Die asymptomatische entzündliche Prostatitis ist ein Zufallsbefund. Im Zuge anderer Diagnostik findet sich eine erhöhte Leukozytenzahl im Prostatasekret.
Differentialdiagnose Prostataabszess: Bei einer akuten bakteriellen Prostatitis
muss ein Prostataabszess ausgeschlossen werden. Meist lässt sich bei der digital-rektalen Untersuchung eine Fluktuation tasten, die durch einen transrektalen Ultraschall weiter untersucht werden muss. Analfissuren, Hämorrhoiden, Analfistein: Auch proktologisehe Erkrankungen können zur Symptomatik der Prostatitis führen und sollten deshalb ausgeschlossen werden.
40 141
Therapie Akute bakterielle Prostatitis: Stationäre intravenöse Gabe
von hoch dosierten Antibiotika. Präparatwahl nach Antibiogramm, im Verlauf orale Gabe. Suprapubischer Katheter bei Harnabflussstörung. Nach Bedarf medikamentöse Analgesie und Spasmolyse. Auf eine regelmäßige Darmentleerung ist zu achten. Chronisch bakterielle Prostatitis: Primärer Therapieversuch mit Antibiotika nach Antibiogramm. Da die chronisch bakterielle Prostatitis meist sehr schwierig therapierbar ist, wird in Einzelfällen auch eine transurethrale Resektion durchgeführt. Die Therapie ist meist langwierig; ihr Erfolg kann erst nach mehreren Verlaufskontrollen als gesichert angesehen werden. Chronisch abakterielle Prostatitis: Da keine Erreger nachweisbar sind, ist eine antibiotische Therapie kontraindiziert. Die symptomatische Therapie umfasst Physiotherapie (Wärmebehandlung mit Sitzbädern, Sauna, Massagen) und Diät (Alkoholkarenz). Eine psychosomatische Therapie sollte bei der Prostatodynie angestrebt werden.
Komplikationen Der Prostataabszess ist eine Komplikation der akuten bakteriellen Prostatitis. Abhängig von der Lage des Abszesses werden eine Punktion unter sonografischer Kontrolle oder eine Eröffnung mittels TUR-P erwägt. Parallel erfolgt eine antibiotische Therapie.
Zusammenfassung • Das Prostatitis-Syndrom wird nach dem NIH in vier Kategorien eingeteilt. • Die am häufigsten auftretende Prostatodynie hat eine psychosomatische Komponente. • Therapieentscheidend ist der Erregernachweis. • Der Prostataabszess, Komplikation der akuten bakteriellen Prostatitis, ist ein urologischer Notfall.
_idymitis
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -_ __ _
I Abb. 1: Tuberkul öse Epididymit is (Pfei l) und Orchitis (Doppe lpfei l). [21
::_ :2:_~olgenden beiden Kapiteln wird aui emzündliche Geschehen von Nebenhoden und Hoden eingegangen. Beide Krankheitsbilder weisen viele Ähnlichkeiten in Klinik und Therapie auf, es wird deshalb empfohlen, beide Kapitel gemeinsam zu bearbeiten. Bei der Epididyrnitis, der Entzündung des Nebenhodens, wird zwischen der akuten und der chronischen Form unterschieden. Selten tritt die Epididymitis isoliert auf, oft entsteht durch Übertreten auf den Hoden zusätzlich eine Orchitis (siehe S. 44). In diesem Fall spricht man von einer Epididymoorchitis. Die Epididymitis hat eine höhere Inzidenz als die Orchitis. Ätiologie und Pathogenese
Pathogene Keime, die zu einer Entzündung führen, erreichen den Nebenhoden auf unterschiedlichen Wegen: .. Lymphogene/ kanalikuJäre Verschleppung: Dies ist der häufigste Pathomechanismus der Epididyrnitis. .. Hämatogene Verschleppung: Die seltenen viralen Entzündungen des Nebenhodens entstehen über die Blutbahnen. Die Erreger erreichen den Nebenhoden meist über die Lymphbahnen.
Erregerabhängig kommt es primär zu einer Epididyrnitis oder einer Orchitis. Erreger, die primär den Hoden infizieren, sind auf S. 44 behandelt. Je nach Alter des Patienten kann ein Verdacht auf bestimmte Erreger gestellt werden: Junge Männer erkranken (aufgrund vermehrt wechselnder Sexualpartner) häufiger an einer von sexuell übertragbaren Keimen (Chlamydia trachomatis und Neisseria gonorrhoeae) verursachten Epididymitis, wohingegen bei älteren Männern eher gramnegative Keime (E. coli, Pseudomonas ete) gefunden werden. Die t uberk ul öse Epid idymitis (genit ale Tub erk ulose) Bei einer tuberkulösen Infektion (Mycobacterium tuberculosis, Mycobacterium
11 1 1
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bovis etc.) von Niere, Prostata oder Samenbläschen kommt es in drei Vierteln der Fällen zu einer tuberkulösen Epididymitis (I Abb. 1). Im Verlauf breiten sich die Mykobakterien auf den Hoden aus. Die tuberkulöse Epididymitis hat einen meist schleichenden Verlauf. Klinik
Klinische Merkmale der akuten Epididymitis sind: .. Anschwellung des Nebenhodens innerhalb weniger Stunden .. Rötung und Erwärmung der Skrotalhaut .. Schmerzqualität: akuter starker Schmerz im Skrotalfach, der sich meist entlang dem Samenstrang in Leistenregion und Umerbauch ausbreitet .. Zumeist hohes Fieber bis 40 °C .. Je nach Ursprung der Epididymitis zeigen sich Zeichen einer Harnwegsinfektion (E. coli). Die chronische Epididymitis zeigt sich durch eine schmerza rm e, meist
druckdolente Schwellung des Nebenhodens. Sie kann auch Folge bzw_ Komplikation der akuten Epididymitis sein. Labor: Bei der Blutuntersuchung sind meist Leukozytose, Leukozyturie, Mikrohämaturie, erhöh tes CRP und eine erhöhte BSG zu beobachten. Begleitend kann es zu folgenden Entzünd ungen kommen: Deferentitis bzw. Vasitis (Entzündung des Samen leiters), Funikulitis (Entzündung des gesamten Samenstrangs) und Periorchiti s (Entzündung der Hoden hüllen). Komp li kationen Sowohl der Übertritt au f den HOden als auc h die Einschmelzu ng und Bildung eines Abszesses stellen eine Kompli kation dar. In seltenen Fällen wird Von ei ner Begle ithydrozele (siehe S. 62) berichtet. In etwa 15%der Fälle kommt es zu eine Ch ronifizie rung der Epididymitis. r Mögliche Komplikation der Funikulitis ist die Thrombophlebitis des Plexus parnpiniformis mit der Folge einer Samensu·angnekrose. Folge ist eine Verschluss_
~A
Schmerzen
aspermie, da die Verbindung zwischen Nebenhoden und Harnröhre nicht mehr besteht. Viele Infertilitätsfalle sind auf eine verschleppte Epididymitis zurückzuführen! Diagnose
Anamnestisch sollte auf vorhergehende Symptome (z_ B_ Schmerz beim Wasserlassen durch Harnwegsinfekt etc) eingegangen werden. Die weitere Untersuchung umfasst Inspektion, Palpation, Sonografie sowie Urin- und Blutuntersuchung_ Prehn-Zeichen: Man spricht von einem positiven Prehn-Zeiehen, wenn es bei Anhebung des Hodens zu einer Aufhebung bzw. Abschwächung des Schmerzes im Hoden kommt. Bei einer Epididymitis ist das Prehn-Zeichen positiv.
42143
Differentialdiagnose Hodentorsion Die Hodentorsion ist auszuschließen. Wenn dies nicht möglich ist, muss der Hoden operativ freigelegt werden. Bei der Hodentorsion ist das Prehn·Zeichen negativ. Allerdings ist das Prehn-Zeichen zu unsicher und kann daher nicht einziges Merkmal sein, das zum Ausschluss der Hodentorsion führt. Differentialdiagnose Hodentumor Ein Hodentumor zeigt sich meist als eine schmerzlose Raumforderung im Bereich des Hodens. Um keine Zeit zu verlieren, muss mittels Sonografie und gegebenenfalls Tumormarkern ein Hodentumor von der chronischen Epididymitis abgegrenzt werden.
Therapie
Stellt man bei der Anamnese eine Blasenentleerungsstörung (häufige Ursache eines Harnwegsinfekts) fest, sollte darauf nach Abklingen der Epididymitis genauer eingegangen werden. Differentialdiagnostisch kommen folgende Erkrankungen in Betracht: ~
Orchitis (siehe S. 44) Hodentorsion (siehe S. 46) ~ Hodentumor (siehe S. 60) ~ Hydrozele (siehe S. 62) ~ Varikozele (Krampfaderbruch der Venen des Plexus pampiniformis) ~ Spermatozele (Samenbruch, der zu einer mit Sperma gefüllten Zyste im Nebenhoden oder Samenstrang führt)
Die Therapie setzt sich aus folgenden Maßnahmen zusammen: ~
Bettruhe Hodenhochlagerung ~ Kühlende Umschlägen ~ Antibiose ~ Bei starken Schmerzen: Infiltration des Samenstrangs mit Lokalanästhetika ~
~
Eventuell muss die Therapie durch einen Katheter ergänzt werden, um den Harnabfluss bei Harnröhrenstriktur zu gewährleisten. Bei therapieresistenter Epididymitis ist eine Harnableitung bei Restharnbildung unumgänglich. Im Fall einer Einschmelzung oder Abszessbildung kann die operative Hodenfreilegung nicht umgangen werden .
Zusammenfassung • Klinisches Merkmal der Epididymitis ist ein rasch angeschwollener, warmer und schmerzhafter Nebenhoden. • Die Epididymitis muss schnell behandelt werden, um Spätfolgen wie Infertilität zu vermeiden. • Der Ausschluss einer Hodentorsion ist notwendig. • Die Therapien von Epididymitis und Orchitis ähneln sich sehr.
Orchitis
----------------------------------------~:
Eine Hodenentzündung (Syn.: Orchitis, Epididymoorchitis ) ist meist durch eine Infektion bedingt; es gibt allerdings noch eine weitere, seltene Form, die autoimmune Orchitis.
~ Starke bis unerträgliche Schmerzen mit Ausstrahlung in Rücken- und Leistenregion ~ Schwellung, Rötung und Erwärmung des Hodens .. Hohes Fieber
.;~IIl!.~~~i(ltt\I~l8idlet sich die bakterielle Orchitis
Pathogenese und Ätiologie
Neben der nicht komplett geklärten Pathogenese der autoimmunen Orchitis gibt es drei wichtige Entstehungsprozesse für die infektiöse Orchitis. ~ Die Orchitis kann im Rahmen einer systemischen Infektion auftreten. Man spricht in einem solchen Fall von der Begleitorchitis. Mumpsviren (Rabula inflans), Epstein-Barr-Viren (infektiöse Mononukleose), Varizellen und viele weitere Erreger können die Verursacher einer Begleitorchitis sein. Diese tritt einige Tage nach der Früherkrankung auf. ~ Bakterielle Orchitiden entstehen häufig durch hämatogen verschleppte Bakterien (Escherichia coli, Pseudomonas) aus Hamwegsinfektionen (s. S. 36). Auch sexuell übertragbare Bakterien (Chlamydieninfektion, Syphilis etc.) sind bei Männem mittleren Alters eine häufige Ursache für eine Orchitis. .. Eine weitere Ursache für die Entstehung der Orchitis kann das Übergreifen eines entzündlichen Prozesses des Nebenhodens auf den Hoden sein (siehe auch S. 42, "Epididymitis")
Begleitorchitis bei Mumps Die meisten Menschen erkranken im Schulkindalter an Mumps. In diesem Alter ist eine Begleitorchitis sehr selten. Bei einer Mumpsinfektion im postpubertären Alter kommt es in 20 bis 30% der Fälle zu einer Begleitorchitis (I Abb. 1). Jede dritte dieser Begleitorchitis betrifft beide Hoden. Die Begleitorchitis tritt vier bis sieben Tage nach der Parotisschwellung auf. Sehr selten kommt es zu einer Mumpsorchi_ tis ohne Parotisbeteiligung. Im Seru m lässt sich bei einer Mumpsorchitis IgM gegen den Mumpsvirus nachweisen. Begleitorchitis bei Syphilis Bei einer Syphilis könn en sowohl Hoden als auch Nebenho_ den betroffen sein, in den meisten Fällen betrifft die Infektion aber zuerst den Hoden. In vielen Fällen wird eine Syphilisorchitis nicht von ei ner Epididym itis begleitet. Bei einer Orchitis im Rahmen der Gonorrhö und Tuberkulose kommt es primär zu einer Infektion der Nebenhoden.
Auch Pilze, Würmer und Protozoen kommen als Verursacher einer Orchitis in Betracht. Die Erreger erreichen den Hoden über das Vas deferens, den Ductus deferens und die Lymphbahnen.
Klinik
Die Orchitis kann einen oder beide Hoden betreffen . Folgende Symptomatik ist für eine Orchitis typisch:
Die autoimmune Orchitis Diese seltene Form der Hodenentzündung tritt zumeist bei Männern mittleren Alters auf. Die Literatur ist sich über die Pathogenese uneins; es wird von einem autoimmunen Prozess ausgegangen, bei dem es zur Spermiena ntikörperbildung kommt. Die subakute Orchitis Die subakute Orchi tis hat einen milderen, meist ganz schmerzlosen Verlauf und ist deshalb differe ntialdiagnostisch schwer vo n einem Hod enkarzinom abzugrenzen.
Schmerzen
44145
Diagnose
Therapie
Anamnese (Impfung gegen Mumps erhalten?), Inspektion (Schwellung und Rötung) und Palpation (Wärme, Schmerz) ermöglichen den schnellen Verdacht, der differentialdiagnostisch gefestigt werden muss. Bei viraler Genese erklärt die Serumuntersuchung mit er· höhten spezifischen Antikörpern die Ursache. Wie bei allen entzündlichen Prozessen sind eine Leukozytose sowie eine CRP-Erhöhung sehr wahrscheinlich.
Die Therapie orientiert sich an der auslösenden Früherkran· kung. Bei einer bakteriellen Infektion wird somit zusätzlich zu symptomatischen Therapie eine Antibiose angestrebt. Virale Orchitiden können nur symptomatisch behandelt wer· den. Die symptomatische Therapie besteht meist aus Bettruhe, Hodenhochlagerung, kühlenden Umschlägen, Infiltration des Samenstrangs mit Lokalanästhetika, Antiphlogistika (z. B. Korti koide) und ggf. Antibiotika. [n komplizierten Fällen wie Einschmelzung und Abszessbildung muss eine operative Hodenfreilegung durchgeführt werden.
Differentialdiagnosen: ~ Hodentorsion: bei einer Hodentorsion findet sich ein negatives Prehn·Zeichen, d. h. es komm t zu keiner Schmerzabnahme durch Hochheben des Hodens. Der Prehn-ZeichenTest ist nicht diagnosesteIlend; neben der Doppler-Sonografie zur Durchblutungskontrolle wird bei unklarer Diagnose die Operation herangezogen, um irreversible Schäden zu vermeiden.
~ ~
Komplikationen Eine schlechte Abwehrlage führt zum Übertreten der Infek· tion auf Nebenhoden und Samenstrang. Dabei kann es begleitend zu einer Hydrozele kommen. Als Folge der Hodenentzündung kommt es je nach Intensität zu einer mehr oder weniger ausgeprägten Gewebsatrophie . Die irreversibel geschädigten samenbildenden Zellen können ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen. Bei stark ausgeprägter Zerstörung führt dies zur Infertilität. In seltenen ausgeprägten Fällen, die beide Hoden betreffen, kann es zum Erliegen der Testosteronbildung kommen.
Hydatidentorsion Epididymitis
Bei einer subakuten Orchitis muss ein Hodentumor (meist schmerzlos) ausgeschlossen werden! Prophylaxe Die Injektion eines Impfstoffs gegen Mumps, Masern und Röteln (MMR) im ersten und zweiten LebenSjahr stellt eine Prophylaxe gegen die Mumpsorchitis dar.
Zusammenfassung • Je nach Alter des Patienten sind unterschiedliche Erreger als Verursacher der Orchitis wahrscheinlich. • Der Ausschluss einer Hodentorsion und eines Hodentumors ist notwendig. • Oie Therapie besteht primär in einer symptomatischen Behandlung des Patienten mit Bettruhe, Hodenhochlagerung und kühlenden Umschlägen.
-
Hodentorsion Plötzlich auftretende sehr starke Schmerzen im Bereich des Hodens sollten beim Jugendlichen immer Anlass zum Verdacht auf eine Hodentorsion geben_ Doch auch im Erwachsenenalter muss, um keine Zeit zu verlieren, dieser urologische Notfall in Erwägung gezogen werden_ Beim Säugling ist besondere Aufmerksamkeit geboten: In diesem Alter ist die Diagnose einer (häufig vorkommenden) Hodentorsion durch geringe Kommunikationsmöglichkeiten erschwert
Die Hodentorsion stellt eine meist mehrfache Drehung von Hoden und Nebenhoden um ihre Längsachse dar_ Hierbei gibt es abhängig von der Lokalisation der Drehung die extravaginale und die intravaginale Hodentorsion (I Abb_ 1)_ Die Lokalisation der Stieldrehung hat keinen Einfluss auf die Therapie_ Die extravaginale Form tritt häufiger beim Säugling, die intravaginale Form meist beim Jugendlichen auf_Die Hodentorsion kann einseitig, aber auch an beiden Hoden auftreten_ Die Drehungsrichtung der Hoden ist meist sowohl am rechten als auch am linken Hoden nach innen_ Ätiologie und Pathogenese
Bei einer extravaginalen Hodentorsion wird eine mangelnde Fixation des Ho-
dens mit dem Hodensack durch das Gubernaculum testis (kaudales Keimdrüsenblatt) vermutet Eine abnorme Beweglichkeit von Hoden und Nebenhoden innerhalb der Tunica vaginalis kann zu mehrfacher Drehung von Hoden und Nebenhoden führen_ Dabei kommt es zu einer intravaginalen Hodentorsion_ Durch die Drehung von Hoden und Nebenhoden wird der Funiculus spermaticus stark komprimiert. Hierbei wird primär der Plexus pampiniformis (venöser Abfluss) so stark abgeklemmt, dass der venöse Rückstrom unterbunden wird_Es kommt durch Blutstauung und Lymphstauung zu einer Anschwellung des Hodens_ Die arterielle Versorgung ist in der Frühphase und bei unvollständiger Drehung noch intakt, beginnt aber mit der sich immer stärker ausprägenden Stauung zu stagnieren_ Dies führt zu einem akuten Sauerstoffmangel des Hodens, der sich zu einem Gangrän entwickeln kann_ Nach fünf bis sechs Stunden ist mit ersten irreversiblen Schäden (Schädigung der Spermatogenese und Hodennekrose) zu rechnen_ Klinik
Folgende Symptomatik deutet auf eine Hodentorsion hin: ~ Plötzlich eintretende massive Schmerzen im betroffenen Hoden, teils in die Inguinalregion ausstrahlend ~ Hodenhochstand ~ Peritonismus (Durch Reizung des Peritoneums kommt es zu Schmerzen
I Abb . 1: Die extravagina le (a) und die intravaginale (b) Form der Hodentorsion.
im Bauchraum, die von Übelkeit und Erbrechen begleitet werden können . ) ~ Eventuell auftretende Schockzeichen Oft werden Patienten nachts durch den plötZlich eintretenden Schmerz aus dem Schlaf gerissen. Manche Patienten waren vor dem Ereignis sportlieh aktiv. Wenn eine Therapie nicht eingeleitet wird kommt es meist nach zwölf bis 24 Stunden zu hohem Fieber und einem allgemeinen Krankheitsgefühl.
Diagnose ~ Inspektion: Hierbei ist ein geröte ter geschwollener und hoch stehender H o -' den sichtbar. ~ Palpation: Bei Druck auf den betroffenen, meist sehr harten HOden verstärken sich die Schmerzen des Patienten. In vielen Fällen ist ein negatives Prehn-Zeichen [keine Abnahme des Schmerzes durch Anheben des Hodens) vorhanden (siehe S. 42, "Epididymitis"). ~ Doppler-Sonografie: Die nicht vorhandenen Strömungssignale (venöser und arterieller Blutstrom) weisen auf eine Hodentorsion hin. Der Ausschluss einer Hodentorsion ist allerdings mit der Doppler-Sonografie allein nicht möglich. ~ Urinsediment und Blutstatus: Das Urinsediment ist unauffällig. Im
Schmerzen
weiteren Verlauf einer unbehandelten Hodentorsion entwickelt sich eine Leukozytose. .1Ql!l:gnol~e
der Hodentorsion bleibt nicht allzu viel Zeit. Falls ä iitetlen. müssen diese operativ und nicht durch weitere ~~.:äUE!8e~IChIIDssiltn werden, um schnell auftretende Irvenmel.~en. In einem solchen Fall spricht Freilegung.
46147
Mobilität des Hodens innerhalb des Hodensacks eingeschränkt. Eine Retorquierung (erneute Stieldrehung) kann so verhindert werden. Da meist auf der Gegenseite das Gubernaculum testis gleich schwach ausgeprägt ist, wird die Orchidopexie beidseits durchgeführt. Am gegenüberliegenden gesunden Hoden wird in der Regel prophylaktisch eine Orchidopexle durchgeführt, um das Risiko für weitere Hodentorsionen zu vermindern.
Differentialdiagnosen:
Akute und chronisch rezidivierende Epididymitis Hodentumor ~ Orchitis ~ Hydrozele
~
~
Komplikationen Die irreversible Schädigung des Keimepithels als Folge der Nekrose ist neben der Schockentwicklung mit allgemeinen Folgen die erheblichste Komplikation der unbehandelten Hodentorsion.
Therapie
Auch wenn eine manuelle Detorquierung (Drehung des Hodens nach lateral unter Lokalanästhesie) erfolgreich durchgeführt werden kann, sollte eine operative Freilegung folgen, um sicherzustellen, das die Drehung des Hodens vollständig aufgelöst wurde. Bei der operativen Detorquierung wird der Hoden freigelegt. Der minderdurchblutete Hoden zeigt wegen des Sauerstoffmangels eine Iivide (blassbläuliche) Verfärbung. Nach Auflösen der Stieldrehung sollte sich diese Verfärbung inner· halb von zehn bis 15 Minuten auflösen. Wenn der Hoden nicht innerhalb dieser Zeit seine physiologische hellrosa Farbe wiedererlangt, ist seine Erhaltung nicht mehr möglich. In diesem Fall muss eine Orchiektomie durchgeführt werden (I Abb. 2). Der erfolgreichen Detorquierung schließt sich eine Orchidopexie an. Darunter versteht man die operative Fixation des Hodens am tiefsten Punkt des Skrotums. Hierbei wird die
•
Abb . 2: Hodentorsion: nekrotisierter Hoden nach Orchiektomie. [8J
Zusammenfassung • Es gibt für die Hodentorsion zwei Altersgipfel: vor dem ersten Lebensjahr und zwischen dem 13. und 17. Lebensjahr. • Sehr starke, plötzlich auftretende Schmerzen sind typisch. • Im Zweifelsfall ergibt sich die Diagnose durch die Operation (die sog. diagnostische Freilegung). • Eine beidseitige Orchidopexie sollte sich jeder Detorquierung anschließen . .
Nierenverletzungen Die Hälfte aller polytraumatisierten Patienten weisen urogenitale Verletzungen auf; dabei ist die Nierenverletzung mit ca. 51% die häufigste Verletzung des Urogenitaltrakts. In ca. 10% der isolierten Abdominaltraumata zeigen sich auch Nierenverletzungen. Mit ca. 40% sind Verkehrsunfälle die häufigste Ursache, gefolgt von Sport- und Arbeitsunfällen. Verletzungsmechanismen ~ Stumpfes Trauma (z. B. Schlag in die Flanke) ~ Dezelerationstrauma (Verkehrsunfall mit abrupter Abbremsung, z. B. Frontalaufprall), Gefährdung durch Gefäßverletzung (Intimaläsion) ~ Penetrierende Verletzungen I Abb. 1: Cl -Bi ld einer Nierenve rletzung vom Grad V link s nach Verkehrs-
Klassifi kation
unfal l.
Die Organ Injury Sc ale der American Association for the Surgery of Trauma (AAST) teilt die Nierenverletzungen wie folgt ein (I Abb_ 3):
Diagnostik
~ Grad I: Kontusion, nicht expandierendes subkapsuläres Hämatom ~ Grad 11: Kleine Parenchymeinrisse « 1 cm) ohne Urinextravasation, nicht expandierendes perirenales Hämatom ~ Grad III: Parenchymeinriss ohne Urinextravasation > 1 cm ~ Grad IV: Ausgedehnter Parenchymeinriss bis ins Hohlsystem oder Nierenstammgefäßverletzung mit lokalisiertem Hämatom ~ Grad V (I Abb. 1,2): Multiple tiefe Parenchymeinrisse bis ins Hohlsystem hinein ("Shattered kidney") oder Nierenstielverletzung mit ausgedehnter Blutung oder Thrombose der Nierenarterie (lntimaeinriss)
Die Anamnese (Fremd- und, fa lls möglich, Eigenanamnese) ist zur Einschätzung der zu erwartenden Verletzungen das wichtigste Instrument. Die körperliche Untersuchung hat als primäres Ziel die Einschätzung, ob der Patient kreislaufstabil oder -instabil ist. In weiterer Folge ist eine gesamte körperliche Untersuchung zur Erfassung des Verletzungsmusters durchzufü hren. Bei der Labordiagnostik ist insbesondere auf die Verlaufskontrollen von Hämoglobin und Gerinnungsparametern zu achten. Im weiteren Verlauf sollten die Retentionswerte kontrolliert werden. Über eine Urinanalyse kann eine Hämaturie als Kardinalsymptom des Nierentraumas zuverlässig festgestellt werden_ Das Fehlen ei ner Hämaturie schließt jedoch ein Nierentrauma nicht aus.
I Abb . 2: Operation sp räpa rat einer Nierenve rl etzung VOrn Grad V link s nach Verk ehrsunfall (CT-Bi ld siehe . Abb . 1) .
Hämaturie schmerzlos/schmerzhaft
48 149
Zur raschen Abklärung von intra- oder retroperitonealen Flüssigkeitsansammlungen ist die Sonografie unersetzlich und aus keinem "Schockraum" wegzudenken. Mangelnde funktionelle Aussagen und teils sonografisch schwer einsehbare Regionen, limitieren die Methode. Das Computertomogramm (CT) stellt die geeignetste Methode zur Evaluation von Nierenverletzungen dar. Durch i. v. Gabe von Kontrastmittel (KM) können genaue Aussagen über aktive Blutungen, Ausdehnung des Hämatoms und Gefäßstatus getroffen werden. Spätaufnahmen (ca. 20 min nach KM·Injektion) können zur Beurteilung der Abflussverhältnisse verwendet werden. Ist ein CI nicht verfügbar oder konnte aufgrund von Kreislaufinstabilität kein CI präoperativ gefahren werden, kann ein i. v. Pyelogramm (IVP) durchgeführt werden. Bei Kontrastmittelallergie kann alternativ eine MRT durchgeführt werden. I Abb. 3: Nierenverletzungsmuster (Organ Inj ury
Therapie Nichtoperativ sollten Nierenverletzungen der Grade I, II und III behandelt werden. Wird infolge von Begleitverletzungen eine Laparotomie durchgeführt, sollte die drittgradig verletzte Niere freigelegt werden. Maßnahmen: Bettruhe, Antibiose, Monitoring der Kreislaufparameter, Labor- und sonografische Kontrollen, bis die Hämaturie sistiert. Bei Verletzungen ab Grad III
Scale) nach der American Association for the Surgery of Trauma.
sollte eine CT-Kontrolle nach zwei bis vier Tagen erfolgen. Die operative Therapie ist in lediglich in 10% der Fälle erforderlich; meist ist ein organerhaltendes Vorgehen möglich.
Es wird ein transperitoneales Vorgehen zur frühzeitigen Sicherung des Nierenstiels empfohlen. Die selektive radiologische Embolisation ist nach Möglichkeit zu favorisieren.
Zusammenfassung
x Die Hälfte der polytraumatisierten Patienten weisen eine urogenitale Verletzung auf. X Die Kreislaufstabilität entscheidet über das initiale Vorgehen. X Das CT-Abdomen mit intravenöser Kontrastmittelgabe ist das Diagnoseverfahren der Wahl. X Die selektive Embolisation ist der Nierenfreilegung nach Möglichkeit vorzuziehen.
Blasenverletzu ngen Das stumpfe Abdomen- und Beckentrauma ist die häufigste Pathogenese von Blasenrupturen (I Abb. 1). Therapeutisch wichtig ist die Beziehung der Verletzung zum Peritonealüberzug der Blase. Die Blasenruptur wird in der Regel nur bei Traumata mit voller Blase beobachtet.
I Abb. 1: Bei sp iel e in es stumpfen Abdominal _/ Beck entraumas.
Einteilung ~
Extraperitoneal (I Abb. 2): Auftreten meist bei Becken·
ringfrakturen. Sehr häufig wird in diesen Fällen ein Harnröhrenabriss mit Prostatadislokation beobachtet. ~ Intraperitoneal (I Abb. 3): Urinextravasation in die Bauchhöhle. Peritonismus ist ein entscheidender klinischer Hinweis. ~ Kombination: Eine Kombination kommt sehr selten vor und vorwiegend bei massiven Beckenverletzungen. verschließt. Bei Hinweisen auf ein Beckentrauma ist vor jeglicher weiterer Intervention ein Beckenübersichtsröntgen zur primären Beurteilung durchzuführen.
Klinik
Harndrang ohne Miktion ist das typische Leitbild. Prellmarken, Eigen- bzw. Fremdanamnese können Aufschluss über das Verletzungsmuster geben. Mikro- bzw. Makrohämaturie sind ein weiterer Hinweis auf Blasenverletzungen bei Patienten mit noch funktionierender Miktion. Abdominelle Abwehrspannung (akutes Abdomen) ist ein Indikator für einen lokalen Peritonismus durch Urinextravasation in den Peritonealraum. Iatrogene Blasenperforationen durch endoskopische Eingriffe (z. B. TUR-Blase) werden in der Regel während des Eingriffs erkannt. Perforationen nach intraperitoneal sollten sofort offen revi· diert werden, um eine Peritonitis durch intraperitonealen Urin oder intraperitoneales Blut zu verhindern. Bei extraperitonealen Verletzungen reicht in den häufigsten Fällen eine ca. dreitägige Katheteranlage, damit sich die Wunde wieder
Diagnostik
Zu Beginn der Diagnostik stehen die Palpation des Abdomens, im Speziellen der suprasymphysären Region, sowie die digital-rektale Untersuchung (DRU) im Vordergrund_ Abwehrspannung und Peritonismus weisen auf eine mögliche intraperitoneale Verletzung hin, Raumforderungen in der DRU auf einen möglichen Harnröhrenabriss oder auf eine extraperi_ toneale Urinextravasation. Mittels Ultraschall kann der Füllzustand der Blase einfach und zuverlässig beurteilt werden. Bei extraperitonealer Urinextravasation können sich im Ultraschall Flüssigkeitsansamrn_ lungen bis ins Retroperitoneum zeigen. Als nächster wichtiger Schritt ist das Beckenübersichtsröntgen zur Beurteilung der knöchernen Verletzungen
I Abb. 2: Ext raperitonea le Blasenruptur mit Kontras tmittelaus tritt prä- und paravesikal mit Kompression der Blase.
Hämaturie schmerzlos/schmerzhaft
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I 51
I Abb. 3: Intraperito neale Blasenruptur mit Kontrastmittelaustritt in die Bauchhöhle.
durchzuführen, idealerweise wird dies mit einem AUG kombiniert, damit eine Lokalisation der Urinextravasation möglich ist.
Bei Verdacht auf eine Harnröhrenverletzung erfolgt die Anlage eines suprapubischen Zystostomiekatheters, über den ein Zystogramm zur Beurteilung der Blase durchgeführt werden kann. Um falsch negative Ergebnisse bei kleinen Blasenverletzungen zu vermeiden, ist eine Füllung mit 300-400 ml Kontrastmittel erforderlich. Therapie
da es sich hierbei um zwei völlig unterschiedliche Behandlungskonzepte handelt. Bei intraperitonealer Ruptur muss eine sofortige Revision von abdominell erfolgen; das Leck muss zur Vermeidung einer Peritonitis verschlossen werden. Es erfolgt die zweischichtige Vernähung der Blase und eine sieben- bis zehntägige konstante Urinableitung über einen transurethralen oder supra pubischen Katheter. Eine Antibiotikaprophylaxe ist obligat. Bei einer nachgewiesenen kleinen bis mittleren extraperitonealen Ruptur/Perforation, wie sie am häufigsten iatrogen durch TUR-Blase verursacht wird, genügt eine drei- bis fünftägige Urinableitung über einen transurethralen Katheter. Bei einer großen extraperitonealen Verletzung ist zur Vermeidung weiterer Komplikationen (z. B. infiziertes Urinom/Hämatom, Blasendivertikelbildung) eine offene Revision anzustreben.
Vor jeglicher Therapie ist eine sichere Unterscheidung zwischen intra- und extraperitonealer Ruptur ausschlaggebend,
Zusammenfassung • Häufigste Pathogenese ist das stumpfe Bauch- und Beckentrauma bei voller Blase. • Ziel der Diagnostik ist die Unterscheidung zwischen extra- und intraperitonealer Ruptur. • Ohne Ausschluss einer Hamröhrenverletzung darf keine transurethrale Katheterisierung erfolgen. • Die intraperitoneale Ruptur bedarf einer operativen Intervention. • Die Therapie der extraperitonealen Ruptur erfolgt über die Blasenentleerung mittels Katheter für drei bis fünf Tage.
Nierenbecken- und Harnleitertumoren Die ableitenden Harnwege, d. h. Nierenkelche, Nierenbecken, Harnleiter und Harnblase, werden von einem mehrschichtigen Übergangsepithel, dem sogenannten Urothel, ausgekleidet. Die Bildung eines Urothelkarzinoms ist somit an jeder Stelle dieses Systems möglich. Aufgrund ihrer großen Oberfläche und der relativ langen Verweildauer von Urin in der Harnblase entstehen hier die Mehrzahl der Urothelkarzinome. Benigne Tumoren des Nierenhohlsystems bzw. des Harnleiters, wie z. B. das Fibroepitheliom oder das Leiomyom, sind sehr selten. Über 50% der Patienten mit einem Urothelkarzinom des oberen Harntrakts weisen auch Tumoren in der Blase auf.
vesikale Lymphknoten. Die seltenere hämatogene Absied elung erfolgt vorwiegend in Knochen, Leber und Lunge _
Klinik Die schmerzlose Makrohämaturie ist das häufigste Zeichen eines Urothelkarzinoms. Durch Koagelabgänge können die Patienten Nierenkoliken aufweisen. Häufig werden auch dumpfe Flankenschmerzen durch die zunehmende Nierenstauung beschrieben. Schmerzen können durch das Tumorwachstum oder Metastasierung entstehen. Unspezifische malignomassoziierte Symptome wie Gewichtsverlust oder Anämie bestehen meist erst bei fortgeschrittenen Tumorstadien_
Ätiologie
Die Entwicklung von Urothelkarzinomen wird häufig bei Patienten beobachtet, die verstärkt aromatischen Aminen (ehern. Chemie, Plastik, Teer, Koks) ausgesetzt sind. Raucher haben aufgrund der im Zigarettenrauch enthaltenen aromatischen Amine ein stark erhöhtes Risiko. Zusammenhänge mit chronischen Infekten, chronischer Harnstauung, Bilharziose sowie Phenacetinabusus sind ebenfalls bekannt. Endemisch gehäuftes Vorkommen beobachtet man bei der sogenannten "Balkannephritis" mit Vorkommen in den Balkanstaaten. Diese Patienten entwickeln häufig beidseitig Nierenbeckenkarzinome.
Diagnostik
zinome sowie sehr seltene Adenokarzinome oder Sarkome_ Ein organüberschreitendes Wachstum ist aufgrund der geringen Wanddicke häufig zu beobachten. 25 - 50% der Tumoren wachsen multizentrisch. Die Metastasierung erfolgt vorwiegend lymphogen in paraaortale, parakavale, iliakale und para-
Basisdiagnostik ist die Urinuntersuchung, da auch eine Mikrohämaturie ein Hinweis auf ein Urothelkarzinom sein kann. In der Sonografie zeigt sich der Nierenbeckentumor als Verbreiterung des zentralen Reflexbands, weiter kann eine Ektasie der vorgeschalteten Kelche gesehen werden. Im Ausscheidungsurogramm (AUG, 1 Abb. 3) ist die ein e wandständige Kontrastmittelaussparung im Nierenbecken oder im Harnleiter charakteristisch. Mittels einer Urethrozystoskopie kann die Blutungsquelle (Harnröhre, Blase, rechtes/linkes Hohlsystem) festgestellt werden. Eine zusätzliche retrograde Kontrastmitteldarstellung des Hohlsystems (I Abb. 4) stellt einen Tumor wie im AUG als Kontrastmittelaussparung dar. Bei Verdacht auf ein organüberschreitendes Wachstum kann eine Computertomografie erstellt werden .
I Abb. 1: Nephrektom iepräparat mit einem großen Uroth elkarzinom des Nierenbecken s. [161
• Abb. 2: Nephrouretere ktomi epräparat mit einem großen Urothel karzinom des Harnl eiters mit Ausbreitung in das Nierenbecken. 116J
Pathogenese 90% der malignen Nierenbecken- (I Abb. 1) und Harnleitertumoren (I Abb. 2) sind papillär wachsende Urothelkarzinome. Die restlichen 10% entfallen auf Plattenepithelkar-
Hämaturie schmerzlos/schmerzhaft
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Mitnahme einer Blasenmanschette indiziert. Bei Belassen des Ureters bei Nierenbeckentumoren beträgt die Rezidivrate ca. 30%. In seltenen Fällen wie einem GI-Tumor im distalen Harnleiter und funktionsloser kontralateraler Niere kann eine Harnleiterteilresektion mit Neueinpflanzung durchgeführt werden. Bei fortgeschrittenen und bereits metastasierten Tumoren wird bei entsprechendem Allgemeinzustand des Patienten eine Polychemotherapie (Cisplatin, Gemcitabine, Epirubicin, Vinblastin) versucht. Prognose der Fünfjahresüberlebensrate: I Abb. 3: Ausscheidun gs urogramm mit einer
~ Oberflächliche Tumoren (pTa - I, Gl -G3): 65- 95 % ~ Muskelinfiltrierende Tumoren (pT2- 4, GI- G3): < 30- 50% ~ Metastasierte Tumoren (N+ /M+): 2-faCh
oberhalb des lokal üblichen Referenzbereichs ~ Metabolische Azidose: Base Excess $ 5 mmol / I oder eine Laktatkonzentration > l,5·fach ob erhalb des lokal üblichen Referenzbereichs.
Sepsis: Kriterien I und 11 ~
Schwere Sepsis: Kriterien I. Ii und lli
~ Septi scher Schock: Kriterien I und II sowie wenigstens 1 Stunde ein systoli scher arteri elier Blutdruck S 90 mmHg bzw. ei n mitt lerer art erieller Blutdru ck S 65 mmHg oder
notwendiger Vasopresso reinsatz, um den systolischen arteriellen Blutdruck " 90 mmHg oder den arteri elien Mitteld ru ck 2 65 mmHg zu halte n. Die Hypotoni e besteht trotz adäquater Vo lumengabe und ist nicht durch andere Ursachen zu erk lä ren . • AWMF-Leitlinien der Deutschen Sepsis-Gesellschaft e. V. und der Deutschen Interdi sziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfali modizin (DIVI) - Stand t 5. 12.2005
I
Tab . 1: Diagnosekriterien für Sepsis, schwere Sep sis und septischen Sc hock .
-
Spezielle Themen
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I Abb . 2: Cl-Diagnostik : Nierenabszess re .
Entzündungspersistenz kann es auch zu einer Thrombozytopenie kommen. Im weiteren Verlauf kommt es durch die toxingetriggerte periphere Weitstellung der Kapillaren zur typischen Schockkonstellation mit Anstieg der Herzfrequenz und Abfall des Blutdrucks. Des Weiteren können eine Tachypnoe, eine periphere Zyanose und eine Oligurie mit Fördermengen von unter 20 mllh beobachtet werden. Die Aktivierung der humoralen und zellulären Mediatorsysteme führt zu einer gestörten Mikrozirkulation und einer disseminierten intravasalen Koagulopathie (D IC). Die Folge sind eine Organminderperfusion und eine Ödembildung, die schließlich zum Organversagen führen kann.
Bei Verschlechterung des Allgemeinzutherapeutische Möglichkeiten wie z. B. stands oder den Anzeichen für einen die innere Schienung mittels Doppel-]Katheter oder auch die Anlage einer per- drohenden septischen Schock sind inkutanen Nephrostomie (PCN) bereit. tensivmedizinische Überwachung und Therapie (Gabe von Volumen, KatecholBei Eiteransammlungen muss - nach aminen und/oder Gerinnungsfaktoren) dem Grundsatz "Ubi pus, ibi evacua" eine operative Versorgung in Form einer erforderlich. Abszessspaltung bzw. AbszessausräuDiagnostik mung mit nachfolgender Drainage erfolDer Nachweis einer Urosepsis beginnt gen (I Abb. 3). mit der Zusammenschau folgender BeBei multiplen Nierenabszessen kann auch eine Nephrektomie notwendig funde: werden. ~ Vitalparameterkontrolle (RR und Eine sofort nach DiagnosesteIlung eingeHerzfrequenz; Schockindex: leitete antibiotische Therapie ist verlaufsHF/RR,yst > 1) entscheidend und dringend indiziert. ~ Körpertemperatur Aufgrund der Dringlichkeit der Therapie ~ Blutlabor (Entzündungsparameter, kann auf das Ergebnis eines Antibio· Gerinnung, Nierenfunktionsparameter, gramms nicht abgewartet werden, soElektrolyte, BGA, Blutkultur) dass eine kalkulierte L-v.-Therapie mit ~ Urinlabor (Urin-Stix, Urinkultur) einer Antibiose mit breitem Keimspekt~ Bilanzierung (Ein-/ Ausfuhrkontrolle rum unverzüglich begonnen werden durch Urometer mit Stundenglas) muss. Geeignete Antibiotika bzw. KomDes Weiteren sollte umgehend nach der binationen sind Piperacillin (z. B. TazoUrsache bzw. dem Primärherd gesucht bac) oder Ceftriaxon (z. B. Rocephin) werden. Eine Harnstauung oder Abszess· plus ein Aminoglycosid (z. B. GentamiI Abb. 3: Nierenabszess bei perkutaner Drainage. ein) . bildung im Bereich von Nieren, Blase, Prostata und Hoden kann schnell und einfach durch eine sonografische Untersuchung diagnostiziert werden. Zur Zusammenfassung Suche nach einem Infektionsherd kom· • Ursache der Urosepsis ist der Übertritt von Keimen aus dem Harntrakt in men auch die Computer- oder die Magnetresonanztomografie zum Einsatz die Blutbahn aufgrund eines infektiösen Herds oder einer infizierten Harn(I Abb. 2). stauung.
Therapie
• Die Notfalldiagnostik setzt sich aus Temperaturkontrolle, Urin-Stix, Urinkultur, Notfalllabor (inkl. Entzündungsparametern, Gerinnung, Nieren-
Primäres Ziel in der Therapie besteht im Finden und Sanieren des auslösenden Infektionsherds. Bei einer Harnstauung muss die Niere umgehend durch geeignete Maßnahmen entlastet werden. Dafür stehen
retentionsparametern, BGA), Sonografie, ggf. CT /MRT zusammen. • Therapiert wird durch sofortige Gabe einer i.-v.-Breitbandantibiose und Sanierung des Infektionsherds, ggf. intensivmedizinische Betreuung des Patienten.
gen ita Itu berku lose :=:2 -_-: Jgenitaltuberkulose entsteht fast ausschließlich durch die hämatogene Streuung der Tuberkulosebakterien bei einer Infektion der Lunge. Sie ist die dritthäufigste extrapulmonale Manifestationsform der Tuberkulose. Alle Be· reiche des Urogenitaltrakts können befallen sein. Epidemiologie
Etwa 20% aller Tuberkulosen manifestieren sich extrapulmonal. Dabei steht die Urogenitaltuberkulose mit 3,6 % an dritter Stelle. Patienten mit einer unerkannten oder unbehandelten Tuberkulose entwickeln in 8% der Fälle nach 30 Jahren eine Urogenitaltuberkulose. Bei ausländischen Migranten liegt dieser Anteil sogar achtmal höher. In Deutschland sind beide Geschlechter etwa gleich häufig betroffen, wobei die Inzidenz mit zunehmendem Lebensalter, Multimorbidität und Immun· defizienz (Immunsuppression nach Transplantation oder bei Autoimmunerkrankungen, HIV, Chemotherapie) deutlich ansteigt.
I. Parenchymatöse und ulzeröse Form II. Ulzeröse und kavernöse Form ~ 111. Total destruierende Tuberkulose, Kittniere, Pyonephrose ~ ~
Befallen die Tuberkulosebakterien die Blase, nimmt durch eine Induration der Blasenmuskulatur die Kapazität sukzes· sive ab und die Wandstarre durch Ver· narbung zu, bis letztendlich eine irre· versible Schrumpfblase die Folge ist. Die Genitaltuberkulose entsteht aufgrund der anatomischen Gegebenheiten beim Mann meist durch Erregerein· schwemmung aus den Harnwegen und tritt in 90% der Fälle beim Vorliegen einer Urotuberkulose hinzu. Die Prosta· ta tastet sich induriert, die Samensträn· ge wirken perlschnurartig und bei Befall der Nebenhoden sind häufig perforierende Abszesse und Fisteln zu beobach· ten. Als Komplikation resultiert oft eine Infertili tä t. Bei der Frau beruht die Genitaltuber· kulose hingegen zum größten Teil auf hämatogener Streuung und kommt daher öfter isoliert ohne Urotuberkulose vor. Befallen sind vor allem die Tuben und der Uterus. Infertilität kann auch hier die Folge sein.
Ätiologie
Symptome
Die Urogenitaltuberkulose entsteht fast ausschließlich durch eine hämatogene Streuung einer Lungentuberkulose. In der Niere heilen solche Parenchymherde meist spontan aus, können allerdings nach vielen Jahren reaktiviert werden. So entstehen im Gefolge Kaver· nen des Nierenparenchyms mit Verkalkungen. Dies führt in Einzelfällen zur Verkalkung der gesamten Niere, der sog. Tbc·Kittniere. Bei weiterer Progredienz der Erkran· kung kommt es zum Einbruch der Ka· vernen ins Nierenbeckenkelchsystem. Die ableitenden Harnwege können dadurch erheblich destruiert werden, aber es gibt Fälle isolierten Befalls der Nieren oder der ableitenden Harnwege. Durch starke Fibrosierung der Ureteren entsteht eine Stauung der Niere bis zur Pyonephrose. Es werden drei Stadien der Nierentuberkulose un terschieden:
Die Symptomatik bei der Urogenitaltuberkulose gestaltet sich sehr variabel und oft uncharakteristisch . Sie kann auch komplett fehlen. Hauptsymptome, die die Patienten dazu bewegen, einen Arzt aufzusuchen, sind unklare Miktionsstörungen und Zystitiden. Typische Befunde bei der tuberkulösen Zystitis sind Algurie, Pollakisurie, Nykturie, eine sterile Leukozyturie (I Abb. 1) und nicht selten Hämaturie.
I Abb. 1: Leukozytu rie und Leukozytenzylinder. [ 12)
Der erste Verdacht auf eine Urogenital_ tuberkulose wird in der Mehrzahl erst bei antibiotikarefraktären Zystitiden und chronischer Epididymitis gestellt. Durch Verzögerung der korrekten Diagnosestellung und der Therapie liegen bei Nachweis der Erkrankung oft schon Spätfolgen wie Schru mpfblase, Infertili_ tät, Hypertonie durch Niereninsuffizi_ enz oder Abszesse vor. Diagnose
Durch Koagel und Detritus aus dem Nierenparenchym komm t es nicht seI· ten zu Koliken. Insgesamt typisch ist ein wechselnder Verlauf zwischen Perioden starker Symptomausprägun g und Perioden nur schwacher Sympto· matik.
Die endgültige Sicherung der DiagnOse kann einzig und allein durch den Errege rnachweis erfolgen. Dazu stehen verschiedene Möglichkeiten mit Unterschiedlicher Sensi tivität zur Verfügung. Mikroskopie In der Ziehl·Neelsen·Färbung können säurefeste Stäbchen nachgeWiesen werden. Geeignete Materialien sind drei aufeinanderfolgende MorgenUrin Eiter, Punktat, Ejakulat oder Gewebe. e, proben. Gewebep roben werden allerdings nur zum Nachweis der weiblich Geni taltuberku lose durch Abrasio en gez ielt gewonnen, da der mikroskopische Nachw is wegen ei ner benötig_ ten hohen Keimzahl zu unsensitiv ist und besse r Methoden zur Diagnostik der Urogen italtuberkulose beim Mann und d r Urotuberkulose bei der Frau zur V rfü gun g stehen.
Spezielle Themen
Polymerasenkettenreaktion (peR)
Der Vorteil dieser Methode liegt in einem schnellen Ergebnis. Leider ist die Sensitivität wie bei der Mikroskopie von der Erregermenge abhängig und schwankt daher stark. Weiter ist sie nicht zur Therapiekontrolle geeignet, da auch DNA abgestorbener Bakterien noch nachgewiesen wird. Resistenzprüfungen können ebenfalls nicht vorgenommen werden.
Kultur Früher erfolgte die Kultur im Peritoneum des Meerschweinchens, wo schon ein Bakterium zur Entwicklung einer entsprechenden Symptomatik ausreichte. Dieses Verfahren wurde durch künstliche Nährmedien abgelöst, die heute den Goldstandard zum Erregernachweis darstellen. Die Sensitivität liegt bei 100%. Der große Nachteil liegt in der langen Anzüchtungsdauer von sechs (Flüssigkulturen) bis acht Wochen (Festkulturen). Serologischen und immunologischen Verfahren ist keine Bedeutung beizumessen. Bildgebung Sonografisch lassen sich häufig Spätfolgen wie Hydronephrose, Nierenkavernen, Kittnieren, Schrumpfnieren oder Affektionen der Prostata nachweisen. Die größte Bedeutung besitzt allerdings die Ausscheidungsurografie (AUG), die die o. g. Stadien der Nierentuberkulose in 90 % der Fälle darstellt. Bei völliger Nierendestruktion fehlt eine Kontrastmittelausscheidung. Durch die AUG sind ebenso die ableitenden Harnwege zu beurteilen. So fallen Ureterstrikturen und Kalkablagerungen in den Harnblasenwänden auf. Männliche Patienten sollten aufgrund der hohen Genitalbeteiligung immer einen transrektalen Ultraschall (TRUS) der Prostata bzw. Samenbläschen, eine retrograde Urografie zum Aussc hluss von Urethrastrikturen und bei Kinderwunsch ein Spermiogramm erhalten.
Differentialdiagnosen And ere urogenitale Infektionen ~ Tumoren ~ Nephrolithiasis ~ Ureterstenosen ~ Zystennieren
~
Therapie
Die Therapie der Urogenitaltuberkulose erfolgt wie die der klassischen Lungentuberkulose mit einer täglichen Vierfachkombination aus Isoniazid [INH), Rifampicin (RMP), Pyrazinamid (PZA) und Ethambutol [EMB) bzw. Streptomycin (SM) über mindestens zwei Monate. Im Anschluss folgt eine tägliche Zweifachkombination aus INH und RMP über mindestens vier Monate. Sinn dieser Kombination ist die Vermeidung einer Resistenzentwicklung und eine Erhöhung der Compliance durch geringere Nebenwirkungen bei niedrigeren Dosierungen. Die Therapie ist ambulant möglich. Vierwöchentlich sollte eine Erfolgskontrolle mittels Urinkultur erfolgen, zumindest aber am Ende der Initialphase von zwei Monaten. Bei Resistenz oder Unverträglichkeit muss die Therapie unter Einsatz von SM umgestellt werden und sollte auf 9 - 12 Monate ausgedehnt werden. Nach Behandlungs-
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ende erfolgt die Kontrolle im ersten Jahr halbjährlich und in den folgenden zwei Jahren jährlich. Bei Entwicklung einer Harnstauungsniere ist die Einlage eines Dj-Stems zur Protektion der Niere indiziert. Operative Eingriffe sollten frühestens nach einer sechsmonatigen Behandlung erfolgen und dienen der Rekonstruktion narbiger Ureteren bzw. Schrumpfblasen oder der Entfernung funktionsloser Nieren.
Wichtige Nebenwirkungen der Antituberkulotika INH: Hepatitis und Polyneuropathie (Pyridoxin-Prophylaxe) RMP: Transaminasenerhöhung und Induktion von Leberenzymen PZA: Transaminasenerhöhung, Nierenschädigung EMB: Retrobulbärneuritis SM: nephro- und ototoxisch Prognose In Abhängigkeit von einer frühzeitigen Diagnose und Therapie ist die Prognose der Urogenitaltuberkulose gut, da sie medikamentös sehr gut therapierbar ist. Limitierend wird die Prognose vor allem durch schwere direkte Nierenschädigung oder einer Schädigung in Folge eines Harnstaus.
Zusammenfassung
x Die Urogenitaltuberkulose ist die dritthäufigste extrapulmonale Manifestation der Tuberkulose durch hämatogene Streuung. X Der Genitalbefall erfolgt bei Männern durch Einwanderung aus dem Urin, bei Frauen durch hämatogene Aussaat. X Die Symptomatik ist uncharakteristisch, meist Miktionsstörungen, anti biotikarefraktäre Zystitiden, chronische Epididymitis und sterile Leukozyturie. X Die Diagnose erfolgt oft spät, wenn bereits Nierenschäden, Infertilität, Abszesse und Schrumpfblase aufgetreten sind. Goldstandard ist der langwierige, aber sichere kulturelle Nachweis (6 - 8 Wochen). X Therapie ist die Standardtuberkulosetherapie über sechs Monate mit Kombinationen aus INH, RMP, PZA, EMB oder SM, danach kulturelle Kontrollen aus dem Urin. X Operiert wird nur nach Therapie zur Rekonstruktion und Nephrektomie.
Bilharziose Erreger der Bilharziose im Bereich der Genitalorgane und der Harnwege sind Schistosoma haematobium (I Abb. 1) und Schistosoma intercalatum sowie in seltenen Fällen Schistosoma mansoni. Die Schistosomata sind ca. 1-2 cm lange Pärchenegel. Für den Befall des venösen Systems des Darms und des kleinen Beckens kommen am häufigsten die Erreger Schistosoma japonicum und Schistosoma mansoni in Betracht. Gehirn, Lunge und Leber zählen ebenfalls zu den möglichen befall enen Organen. Gebiete mit Vorkommen von Schistosoma haematobium sind West- und Ostafrika, Arabien und das Nilgebiet. Bei Schistosoma mansoni liegt das Hauptverbreitungsgebiet sowohl in Westafrika als auch in Süd- und Mittelamerika. Aktuell gibt es weltweit etwa 200 Millionen Menschen, die an der Bilharziose erkrankt sind. Es wird geschätzt, dass etwa 600 Millionen Menschen der Gefahr einer Infektion ausgesetzt sind. Der Mensch ist Endwirt. Ätiologie
Die verschiedenen Schistosoma-Arten entwickeln sich in speziellen Schneckenarten, den Bulinus-Schnecken. Diese Schnecken bevorzugen als Zwischenwirt vor allem stehende Gewässer, die einen Temperaturbereich von etwa 20-30 Grad Celsius haben. Die Eier mit den Larven, den sogenannten Mirazidien, gelangen durch den Urin oder Kot infizierter Menschen in das Gewässer. Im Wasser werden sofort die Mirazidien freigesetzt. Diese müssen in einem Zeitraum von 48 h den entsprechenden Zwischenwirt erreicht haben und in ihn eindringen. Nach etwa 3- 15 Wochen haben sich aus den Mirazidien Hunderte Zerkarien entwickelt, die nun freigesetzt werden. Die Zerkarien haben eine Länge von ca. 0,3-0,6 mm. Abhängig von der Umgebungstemperatur sind die Zerkarien darauf angewiesen, innerhalb von 48 h die Haut eines Endwirts mithilfe eines gewebeauf]ösenden Enzyms penetriert zu haben.
Leber
Darmwand
I Abb .: 1 Entwicklungszyklus bei Schistosoma haematobium. [121
Der Mensch infiziert sich überwi egend durch den Kontakt, z. B. beim Baden, mit den infektiösen Gewässern. Über das Lymphsystem gelangen nun die Zerkarien in den venösen Kreislauf und von dort, nach Passieren der Lungenkapillaren, in die Leber. Hier find et innerhalb von sechs Wochen die Entwicklung zu geschlechtsreifen Würmern statt. Diese können 3 - 7 Jahre alt werden und in dieser Zeit bis zu mehrere 100000 Eier ablegen. Als Pärchenegel wandern die Würmer nach der Begattung über die Venen zu den verschiedenen Organen wie z. B. in die Harnblase, wo in den submukösen Venen die Eiablage stattfindet. Da auch im Bereich der Rektumschleimhauc eine Eiablage stattfind en kann, ist es möglich, durch eine Schleimhautbiopsie den Erreger nachzuweisen. Probleme bereiten vor allem die Eier, die lokale Entzündungs_ reaktionen hervorrufen und im Bereich der Leber durch Verschluss kleiner Gefäße zu einer Fibrosierung führen können. Bedingt durch die Entzündungsreaktionen kann es zu Vernarbun gen und letztendlich zur Schrumpfung der Harnblase kommen. Inkubationszeit Die Präpatenzzeit, also die Zeit zwischen dem Eindringen der Zerkarien und dem Auftreten der ersten Eier, beträgt je nach SchistQsomenspezies zwischen vier und zehn Wochen. Die Zerkariendermatitis tritt in einem Zeitraum von etwa drei Stunden bis zwei Tagen auf. Für das Auftreten des Katayama-Fiebers liegt die Zeitspanne zwischen zwei WOChen und zwei Monaten. Symptome
Bei der Bilharziose wird zwischen vier verschiedenen Stadien mit entsprechender Symptomatik unterschieden: ~ Invasives Stadium: Im Bereich der Eintrittsstelle der Zerkarien in die Haut entsteht nach etwa 3 - 18 Stunden eine Dermatitis mit rötlic hen Papeln. Die Dermatitis heilt in der Regel nach ca. zwei Wochen ab. ~ Toxämisches Stadium: 2- 3 Wochen nach der Infektion tritt das sogenannte Katayama-Fieber auf mit den Symptomen Fieber und Schüttelfrost. Weitere Symptome sind Nachtschweiß, Husten, Kopf- und Bauchschmerzen. Bei der körperlichen Untersuchung können Lymphknoten-, Milzund Lebervergrößeru ngen au ffallen. Im Blutlabor ist meist eine Eosinophilie richtungsweisend. Auch die Symptome in diesem Stadium bilden sich innerhalb einiger Wochen zurück. ~ Eiablagestadium: Die in diesem Stadium typischen Symptome erscheinen 2- 3 Monate nac h Infektion. Die Patienten klagen häufig über Sc hmerzen im Unterbauch. Hinzu kommen eine zunehm ende Hämaturi e und ein impera tiver Harndrang. ~ Chronisches Stadium: Je länger die Erkrankung anhält, desto mehr nim mt di e Blase nkapazität aufgrund der chronischen Entzü ndun g und dem daraus resul tierenden narbigen
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Spezielle Themen
L
Umbau ab. Es resultieren Blasenkrämpfe kopisch untersucht werden. Der quantiund Schmerzen beim Wasserlassen. tative Einachweis kann zur Beurteilung Sind die Ostien ebenfalls narbig verän· der Ausdehnung und Aktivität der Erdert, kann es zum Harnstau kommen. krankung herangezogen werden. Eine Harnstrahlabschwächung und Dys- Eine sonografische Untersuchung urie lassen an eine Blasenhalsstenose dient der Erkennung von Stauungen der denken. Die Schleimhautveränderungen ableitenden Harnwege und kann zudem der Harnblase gelten als Präkanzerose! Verdickungen bzw. Veränderungen der Bei 20-40% der männlichen Patienten Harnblasenschleimhaut darstellen. führt die Infektion zu einer Beteiligung Durch röntgenologische Verfahren der Prostata, bei der es zu prostatitislassen sich im Fall einer Bilharziose ähnlichen und dysästhetischen Sympto- oftmals folgende Befunde erheben: men in der Dammregion kommen kann. Blasenwandverkalkungen, UreterDurch den gestörten Harnabfluss nimmt wandverkalkungen, Ureterstenosen, das Risiko für Sekundärinfektionen zu. Ureterektasien, Harnstauungsnieren, Die Urämie stellt eine Komplikation dar, Schrumpfblasen und Blasenhalsstenodie unbehandelt oft zum Tod des Patisen. enten führt. Ist die Darmschleimhaut Eine aussagekräftige Untersuchung bei ebenfalls betroffen, kommt es zu Bluteiner Bilharziose mit Beteiligung der abgängen bei der Def:i.kation. Aufgrund Harnblase ist die Zystoskopie , bei der der chronischen Entzündung ist der die entzündlichen Eiablagerungen in Darm sehr anfällig gegenüber anderen der Blasenschleimhaut dargestellt und Erregern und neigt zur Bildung von gleichzeitig Biopsien gewonnen werden Polypen. Bei infizierten Frauen besteht können. bei einer Eileiterentzündung die Gefahr der Unfruchtbarkeit. Therapie Diagnostik
Schon die Anamnese, speziell die Frage nach Reisen in die Risikogebiete und das Baden in dortigen Gewässern, gibt wichtige Hinweise. Auch das typische Hautbild und die Fiebersymptomatik lassen eine Infektion mit Schistosomata vermuten. Im Blutbild zeigt sich meist eine Eosinophilie. Zur Labordiagnostik gehören ein Schistosomeneiernachweis (aus Uri n, Ejakulat], der quantitative Einachweis im Urin, eine serologische Diagnostik (ELISA) und der Mirazidienschlupftest. Dabei werden den Eiern 26 bis 34 oe warmes Wasser zugegeben, sodass das Ausschlüpfen der Mirazidien unter Aufbrechen der Eihülle beobachtet werden kann. Es ist darauf hinzuweisen, dass der Nachweis der Parasiteneier aufgrund der Präpatenzzeit erst nach etwa 4-10 Wochen gelingt und dass aufgrund der zirkad ianen Rhythmik der Eiausscheidung der Sammelurin aus der Zeit zwischen 9.00 und 16.00 Uhr untersucht werd en sollte. Des Weiteren können Schleimhautbiopsate aus Blase oder Darm mikros-
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rung durchgeführt werden. Kontrolle des Therapieerfolgs nach ungefähr sechs Monaten. Zu beachten ist, dass Praziquantel nur das Elternpaar abtötet, die Eiausscheidung jedoch für weitere vier Wochen bestehen bleibt. Eine operative Therapie zielt vor allem auf die Korrektur der narbigen Umbauprozesse, die zur Harnabflussbehinderung führen, ab. Prognose Die Prognose hängt wesentlich vom Stadium ab, in dem sich der Patient befindet. Ohne Therapie sterben die Patienten meist an den Folgen der Harnabflussstörung in einer Urämie. Die rechtzeitige Therapie mit Praziquantel führt in 70 bis 100% der Fälle zu einer Ausheilung.
Prophylaxe Eine ausgiebige Aufklärung der Touristen, die in gefährdete Gebiete reisen wollen, ist eine Grundsäule der prophylaktischen Maßnahmen. Dabei sollte speziell darauf hingewiesen werden, auf Medikament der ersten Wahl ist Prazidas Baden in Binnengewässern und den quantel. Es wirkt bei sämtlichen huGenuss von Trinkwasser in den Risikomanpathogenen Schistosomenspezies. gebieten zu verzichten. Zur Beseitigung Liegt eine Erkrankung mit Schistosoma der Zwischenwirte in den Gewässern japonicum vor, sind höhere Dosierungen kommen Schneckengifte zum Einsatz. Die einheimische Bevölkerung sollte notwendig. Ist keine ausreichende Wirkung erzielt ebenfalls zum Freihalten der Gewässer worden, sollte eine Zweitbehandlung von menschlichen Ausscheidungen aufnach drei Monaten in gleicher Dosiegeklärt werden.
Zusammenfassung
*' Erreger der Bilharziose sind Schistosoma haematobium, Schistosoma intercalatum und Schistosoma mansoni.
*' Die Erreger kommen in bestimmten geografischen Regionen wie West-/Ostafrika, Arabien und Nilgebiet vor.
*' Es gibt vier Stadien: invasives Stadium, toxämisches Stadium, Eiablagestadium und chronisches Stadium.
*' Die Diagnose erfolgt durch mikroskopische Urinuntersuchung, Blutbild, Biopsie, bildgebende Verfahren, Zystoskopie.
*' Therapiert wird die Bilharziose mit Praziquantel.
Fallbeispiele
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Fallbeispiel 1: Hodenschmerzen Fallbeispiel 2: Flankenschmerzen Fallbeispiel 3: Hämaturie
Fall 1: Hodenschmerzen Ein 20-jähriger Student wird von seinem Hausarzt mit seit vier Stunden bestehenden Hodenschmerzen links in die Urologische Klinik überwiesen. Der linke Hoden tastet sich bei Aufnahme stark schmerzhaft. Frage 1: Welches sind die häufigsten Ursachen für Hodenschmerzen? Antwort 1: • • • • • • • • • • •
I
Hodentorsion Hydatidentorsion Epididymitis Orchitis Hodentrauma Hodentumor Hydrozele Spermatozele Varikozele Steinkolik Indirekte Leistenhernie
Szenario 1
Szenario 2
Szenario 3
Der Patient gibt an, dass die Schmerzen plötzlich beim Radfahren am Nachmittag aufgetreten seien. Die Schmerzen seien seither stärker geworden und er habe sich einmal übergeben.
Der Patient gibt an, dass er schon seit einigen Tagen ein gelegentliches Ziehen im linken Hoden bemerkt habe. In den letzten vier Stunden sei der Schmerz aber dauerhaft vorhanden und stärker als zuvor. Zudem klagt er über ein Brennen beim Wasserlassen.
Der Patient berichtet Ihnen, dass die Schmerzen plötzlich beim Anheben einer schweren UmzugskIste aufgetreten seien. Er habe zusätzlich eine Volumenzunahme im linken Skrotum bemerkt.
Frage 2: Welche Ursache vermuten Sie? Frage 3: Wie gestaltet sich der körperliche Untersuchungsbefund? Frage 4: Welche weiteren diagnostischen Maßnahmen ergreifen Sie? Frage 5: Die Verdachtsdiagnose bestätigt sich. Welche Therapiemöglichkeiten haben Sie?
Frage 6: Welche Diagnose ist wahrscheinlich? Frage 7: Welchen körperlichen Untersuchungsbefund erwarten Sie? Frage 8: Wie gestaltet sich die weitere Diagnostik? Frage 9: Die Verdachtsdiagnose bestätigt sich. Wie therapieren Sie den Patienten?
Frage 10: Welche Diagnose vermuten Sie? Frage 11: Was erwarten Sie bei der körperlichen Untersuchung? Frage 12: Welche weitere Diagnostik ist indiziert? Frage 13: Wie sieht die Therapie aus?
Fall 1: Hodenschmerzen
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Szenario 1
Szenario 2
Szenario 3
Antwort 2: Akute Hodentorsion links. Antwort 3: Bei der Inspektion findet sich ein Hodenhochstand auf der linken Seite (Brunzel-Zeichen). Die Hochlagerung des Hodens führt zu einer Schmerzzunahme (Prehn-Zeichen). Antwort 4: Da die körperliche Untersuchung nur unsichere Zeichen der Hodentorsion bietet, führen Sie eine dopplerso· nografische Untersuchung zum Nachweis einer verminderten Hodendurchblutung durch. Antwort 5: Der Patient sollte eine ausreichende Schmerzmedikation erhalten. Anschließend kann eine manuelle Detorquierung mit Drehrichtung nach lateral versucht werden. Gelingt dies nicht, ist eine sofortige operative Detorquierung innerhalb der ersten sechs Stunden mit prophylaktischer Orchidopexie bds. erforderlich. Nur so kann der Hoden erhalten werden.
Antwort 6: Epididymitis nach Harnwegsinfekt. Antwort 7: Der linke Nebenhoden tastet sich druckdolent, überwärmt und vergrößert. Bei Anheben des Hodens lässt der Schmerz nach (Prehn-Zeichen). Antwort 8: In der Ultraschalluntersuchung sehen Sie einen vergrößerten Ne· benhoden mit Begleithydrozele. Sie messen Fieber, bestimmen die Entzündungsparameter im Blut und führen eine Urinuntersuchung bzw. -kultur durch. Tatsächlich hat der Patient 39 °C Fieber, eine Leukozytose, eine CRP-Erhöhung, eine Leukozyturie und es ergibt sich der Nachweis von E. coli im Urin. Antwort 9: Wegen des zu erwartenden Erregerspektrums (an Chlamydien denken!) führen Sie eine Antibiose mit Gyrasehemmern durch. Zusätzlich verordnen Sie dem Patienten strenge Bettruhe, Hochlagerung des Hodens, Kühlung und eine adäquate Schmerzmedikation z. B. mit NSAR. Im Fall einer Abszessbildung erfolgt die operative Versorgung.
Antwort 10: Akute Leistenhernie mit Inkarzeration. Antwort 11: Das linke Skrotum ist deutlich vergrößert Der Hoden tastet sich unauffaIlig und ist nicht druckdolent. Beim Auflegen des Stethoskops hören Sie Darmgeräusche. Antwort 12: Sie führen eine Ultraschalluntersuchung durch. Dabei sehen Sie sich bewegende Darmschlingen im Skrotum. Antwort 13: Gelingt eine manuelle Reposition nicht, muss der Patient umgehend operiert werden, um eine Darmnekrose und Sepsis zu vermeiden. Die Bruchlücke wird entweder durch Fasziendopplung (Shouldicej oder durch Netzeinlage (Lichtensteinj verschlossen.
Fall 2: Flankenschmerzen Eine 48-jährige Frau wird von ihrem Mann in die Ambulanz der Urologischen Klini k gebracht. Sie berichtet über kolikartige, dumpfe bis stechende linksseitige Flankenschmerzen, die vor etwa zwei Stu nden aufgetreten seien. Zudem plage sie eine starke Übelkeit und sie habe auf dem Weg in die Klinik einmal erbroc hen. Zwei Jahre zuvor habe sie ebenfalls in der linken Flanke ähnliche Schmerzen gehabt, die jedoch bei Weitem nicht so schmerzhaft waren wie die jetzigen und die nach einer Stunde spontan sistierten. Frage 1: Was sind die häufigsten Ursac hen fü r Flankenschmerzen? Antwort ) : t t t t t t t t
Nierensteine Harnleitersteine Pyelonephritis Glomerulonephritis Nierentumoren (fortgeschrittenes Stadium) Bandscheibenvorfall Organschmerz (z. B. Galle, Pankreas) Herpes zaster
Szenario 1
Szenario 2
Szenario 3
Die unruhig umhergehende Patientin gibt an, dass die Koliken vor zwei Stunden aufgetreten seien. Die Schmerz intensität sei seitdem stärker geworden und sie habe sich auch einmal übergeben müssen.
Die Patientin gibt an, dass sie schon einige Tage, bevor der Flankenschmerz begonnen hat, ein Brennen bei der Miktion festgestellt habe. Der Urin sei flockigtrübe und zeitweise blutig tingiert gewesen. In der letzten Nacht seien zudem noch Fieber bis 39,8 oe und Schüttelfrost hinzugekommen.
Die Patientin berichtet Ihnen, dass sie heute Morgen zu Hause über einen Teppich gestolpert und mit der linken Ranke auf eine Tischkante gefallen sei. Sie habe seitdem In diesem Bereich Schmerzen. Bel der MIktion sei der Patlentln ein rötlicher Urin aufgefallen.
Frage 2: Welche Ursache vermuten Sie? Frage 3: Wie gestaltet sich der körperliche Untersuchungsbefund? Frage 4: Welche weiteren diagnostischen Maßnahmen führen Sie durch? Frage 5: Die Verdachtsdiagnose bestätigt sich. Welche Therapiemöglichkeiten ha· ben Sie?
Frage 6: Welche Diagnose ist wahrscheinlich? Frage 7: Welchen körperlichen Untersuchungsbefund erwarten Sie? Frage 8: Wie gestaltet sich die weitere Diagnostik? Frage 9: Die Verdachtsdiagnose bestätigt sich. Wie therapieren Sie die Patientin?
Frage ]0: Welche Diagnose vermuten Sie? Frage ] ]: Was erwarten Sie bei der kö~ perlichen Untersuchung? Frage 12: Welche weItere Diagnostik Ist Indiziert? Frage ]3: Wie sieht die Therapie aus?
Fall 2: Flankenschmerzen
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Szenario 1
Szenario 2
Szenario 3
Antwort 2: Kolik aufgrund einer Steineinklemmung im Bereich der ableitenden Harnwege_ Antwort 3: Vorsichtiges Beklopfen im Bereich der Nierenlager beidseils_Die Patientin äußert sowohl im Fall einer Pyelonephritis als auch bei steininduziertem Harnaufstau Schmerzen_ Antwort 4: Eine Temperaturmessung und die Blutuntersuchung können eine mögliche infektiöse Genese objektivieren. Dem schließt sich eine Ultraschalluntersuchung an, bei der eine Aussage über einen Harnaufstau, dessen Grad und evtL auch auslösende Konkremente getroffen werden kann_ Finden sich bei der Patientin keine Ausschlusskriterien, wird eine Ausscheidungsurografie durchgeführt. Auch die Computertomografie stellt eine diagnostische Option dar_ Antwort 5: Erste Maßnahme ist die ausreichende Spasmoanalgesie der Patientin. Erfüllt der Stein die Kriterien für einen möglichen Spontanabgang und liegen weder Aufstau noch Infektion vor, empfehlen Sie der Patientin, sich ausreichend zu bewegen und vermehrt Flüssigkeit aufzunehmen_ Bei einem Harnaufstau ist das primäre Ziel, für einen ungehinderten Harnabfluss zu sorgen_In der Regel wird dies durch die Einlage eines Doppel-]-Katheters gewährleistet. Dem schließt sich die individuelle Steinsanierung an_
Antwort 6: Pyelonephritis bei Harnwegsinfekt. Antwort 7: Hier dominieren die starke Klopfschmerzhaftigkeit im Bereich des Nierenlagers und der konstante Flankenschmerz_ Antwort 8: Sie messen die Temperatur, bestimmen die Entzündungsparameter im Blut und führen einen Urin test auf Leukozyten, Nitrit und Erythrozyten durch_ Außerdem legen sie eine Urinkultur an und führen eine Resistenzbestimmung durch_ Um das Ausmaß der Entzündung zu bestimmen und eventuelle Komplikationen auszuschließen, lassen Sie nach der von Ihnen durchgeführten Sonografie noch eine Computertomografie der Niere und der ableitenden Harnwege anfertigen_Außerdem melden Sie die Patientin zur Nierenszintigrafie an_ Diese kann mit hoher Genauigkeit eine Pyelonephritis diagnostizieren, quantifizieren und die Entwicklung von narbigen Abheilungen vorhersagen_ Antwort 9: Sie nehmen die Patientin, die einen schwer kranken Eindruck macht, stationär auf. Auf dem Anordnungsbogen notieren Sie: "Gelockerte Bettruhe [Pat. darf für den Toilettengang aufstehen), 2-3 Liter orale/ t-v_-Flüssigkeilszufuhr pro Tag [Flüssigkeitsbedarf bei Fieber, Reduktion der Keimzahl), Bedarfsanalgesie Metamizol, Antibiose: Ciprofloxacin 500 mg p_ 0_ 1-0-1 [weitere Therapie nach Antibiogramm/ i.-v_-Antibiose nur bei weiterem Erbrechen)"_
Antwort 10: Nierentrauma nach Sturz_ Antwort 11: Eventuell finden Sie im Bereich deF linken Ranke Hämatome und Abschürfungen, die sich mit dem Unfallhergang vereinbaren lassen. Antwort 12: Die Vitalparameter, die Sie umgehend bei Aufnahme messen, ergeben: RR 120/80 mmHg und eine Herzfrequenz von 88 SchlägenImIn. Sie führen eine UrInuntersuchung auf Blut im Urin durch (cave! Eine nicht vorhandene Hämaturie schließt eine Nierenverletzung nicht aus!)_ Sie ergibt eine leichte Mikrohämaturie. Sonografisch erkennen Sie einen Nierenparenchymeinriss sowie ein retroperitoneales Hämatom. Aufgrund der sonografischen Auffälligkelten und der Hämaturie veranlassen Sie eine Computertomografie, die eine Nierenverletzung Grad 11 (Am. Association for Surgery of Trauma 1995) ohne weitere Verletzungen erbringt. Antwort 13: Da es sich um ein NIerentrauma Grad II mit stabilen Kreislaufverhältnissen handelt, leiten Sie eine konservative stationäre Behandlung ein. Sie notieren auf dem Anordnungsbogen: "Bettruhe, engmaschige Verlaufskontrollen der Vitalparameter, antibiotische Prophylaxe, Blutbild und Sonografie nach 6 h_ Bel Befundverschlechterung ggf. CI-Kontrolle".
Fall 3: Hämaturie Ein 60-jähriger alleinstehender Mann stellt sich in Ihrer urologischen Praxis mit einer Makrohämaturie vor_ Der Patient arbeitet als Chemiearbeiter und berichtet, dass die Beschwerden plötzlich vor zwei Stunden eingesetzt hätten_In der Anamnese erheben Sie einen Zigarettenkonsum von 70 py_ Frage 1: Welche Ursachen für eine Makrohämaturie kennen Sie? Antwort 1:
Glomerulonephritis Nierentumoren Maligne Hypertonie Pyelonephritis Nierensteine Nierentrauma Blasentumor Prostatakarzinom BPH Zystitis Antikoagulanzien Hämophilie Cyclophosphamid Blasenruptur Fremdkö rperverletzungen Urogenitaltuberkulose Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie
Szenario 1 Der Patient gibt an, dass er vor zwei Stunden beim Wasserlassen eine schmerzlose Blutbeimengung im Urin bemerkt habe_Auf weitere Nachfrage erfahren Sie, dass der Patient auch über Pollakisurie klagt Zudem fühle er sich schlapp und müde. Weiter habe er ungewollt 5 kg Gewicht verloren. Frage 2: Welche Verdachtsdiagnose haben Sie? Frage 3: Was sind die häufigsten Auslöser dieser Erkrankung? Frage 4: Welche Untersuchungen führen Sie durch? Frage 5: Welche Therapie schlagen Sie vor?
Szenario 2
Szenario 3
Der Patient berichtet Ihnen, dass er vor zwei Stunden Blut im Urin bemerkt habe_ Gelegentlich habe er auch ein Ziehen in der linken Flanke bemerkt, an der er eine große Wulst getaste t habe. Zudem sei er zunehmend kraftlos. Am linken Skrotum habe er "wurmartige" Venenvergrößerungen bemerkt Bei der körperlichen Untersuchung tasten Sie tatsächlich einen großen Flankentumor und diagnostizieren Varikozelen des linken Skrotums.
Der Patient erzählt Ihnen, dass er plötzlich vor zwei Stunden zu Hause beim Fernsehen starke Schmerzen in der linken Flanke bekommen habe. Diese seien wie Messerstiche, kämen In Schüben und würden in die linke Leiste ausstrahlen. Als der Patient Wasser gelassen habe, sei Blut dabei gewesen. Zusätzlich beriChtet der Patient über starke Übelkeit.
Frage 6: Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose? Frage 7: Welche Ursachen für diese Erkrankung kennen Sie? Frage 8: Welche weitere Diagnostik veranlassen Sie? Frage 9: Wie lautet Ihr Therapievorschlag?
Frage 10: Welche Verdachtsdiagnose äußern Sie? Frage 11 : Welche Risikofaktoren kennen Sie? Frage 12: Welche Diagnostik veranlassen Sie? Frage 13: Wie therapieren Sie den Patienten?
Fall 3: Hämaturie
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Szenario 1
Szenario 2
Szenario 3
Antwort 2: Urothelkarzinom der Blase. Antwort 3: Der wichtigste Risikofaktor für die Entwicklung eines Blasenkarzinoms ist Rauc hen. Weitere Risikofaktoren sind aromatische Amine, langjähriger NSAR-Abusus, chemische Substanzen in Berufen wie Chemiearbeiter, Friseur, Lackierer, Zahntechniker und die Bilharziose. Antwort 4: Sie führen eine Sonografie der Blase und der Niere durch. Große Tumoren können so gesehen werden, gleichzeitig wird ein Harnstau ausgeschlossen. Zur Abklärung des oberen Harntrakts sollte ein Ausscheidungsurogramm (AUG) durchgeführt werden. Die Diagnosesicherung erfolgt durch die Zystoskopie mit Histologiegewinnung, die bei kleinen Tumoren auch gleichzeitig die definitive Therapie darstellen kann. Bei fortgeschrittenen Tumoren sollte ein Staging mit Röntgen-Thorax, CT oder MRT erfolgen. Antwort 5: Die Therapie erfolgt stadienadaptiert. Bei oberflächlichen Tumoren (Ta, TCis, TI genügt) genügen meist eine TUR-B und eine Frühinstillation von MMC oder BCG. Auch eine Nachresektion nach sechs Wochen kann erforderlich sein. Anschließend sollten regelmäßige zystoskopische Kontrollen erfolgen, da die Rezidivrate sehr hoch ist. Kommt es zu häufigen Rezidiven, v. a. der Stadien TCis und pTI G3, oder liegen Tumoren im Stadium T2- 13 vor, sollte eine Zystektomie mit Neoblase oder Ileum-Conduit erfolgen . T4-Tumoren werden palliativ mit Chemotherapie und ggf. palliativen Operationen versorgt.
Antwort 6: Nierenkarzinom mit Einbruch ins venöse System. Antwort 7: Risikofaktoren sind hohes Alter, Rauchen, chronische Niereninsuffizienz, langjährige NSAR-Therapie, Cadmium- und Bleibelastung und angeborene Nierenerkrankungen (tuberöse Sklerose, Morbus Hippel-Lindau). Antwort 8: Die Diagnose erfolgt sonografisch. Die linke Niere des Patienten ist vollständig tumorös verändert. Zusätzlich führen Sie eine Laboruntersuchung durch, bei der Sie in diesem Fall eine Anämie feststellen können. Außerdem können Sie anhand der Retentionsparameter die Nierenfunktion beurteilen. In diesem Fall ist der Funktionsverlust der Niere gut durch die zweite Niere kompensiert (Kreatinin 1,2 mg/dl). Zum Staging erfolgt ein Röntgen-Thorax, eine CT-Abdomen, ggf. eine Skelettszintigrafie und eine Schädel-CT. Bei Ihrem Patienten lassen sich keine Metastasen nachweisen. Antwort 9: Bei dem Patienten sollte eine Nephrektomie links mit Resektion des venösen Tumorzapfens erfolgen. Kleinere Tumoren können auch exzidiert werden unter Erhalt der Restniere. Bei metastasierten Karzinomen kann eine Nephrektomie durchgeführt werden, da ein anschließender Stillstand des Metastasenwachstums mehrmals beschrieben wurde. Die Therapie erfolgt dann palliativ mit Interferonen, antiangiogenetisch oder mit Tyrosinkinaseinhibitoren.
Antwort 10: Harnsteinkolik links. Antwort 11: Rauchen, Exsikkose, Hy· perparathyreoidismus, Hyperurikämie, Zystinurie, Harnwegsinfektionen, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, tubuläre Azidose, Hufeisennieren oder chronischer Harnstau. Antwort 12: Sie können einen Rankenklopfschmerz links auslösen. An· schließend führen Sie eine Sonografie des Harntrakts durch, um einen Harnstau auszuschließen und eventuell ein Konkrement prävesikal nachzuweisen. Eine Urinanalyse dient zum Infektausschluss. Eine Laboruntersuchung dient ebenfalls einem Infektausschluss und der Beurteilung der Retentionsparameter. Zur Lokal!sationsdiagnostik führen Sie ein i.·v.-Pye· logramm durch. Die linke Niere ist gestaut, es liegt kein Infekt vor, die Retentionsparameter sind unauffällig und Sie sehen auf den Röntgenbildern ein 5 mm großes Konkrement im distalen Harnleiter.
Antwort 13: Zur Entstauung der Niere legen Sie zystoskopisch einen Doppel-JKatheter ein. Der Patient erhält eine gute Schmerzmedikation und die Anweisung, ausreichend zu trinken und viel umherzulaufen, da Steine dieser Größe im dista· len Harnleiter häufig spontan abgehen. Ansonsten können eine extrakorporale Stoßwellenllthotrypsie, eine Ureterore· noskopie oder eine Uthotrypsie zur Stein· sanierung erfolgen. Prophylaktisch sollte der Patient auf Nikotin verzichten, ausreichend trinken, den Fleischgenuss gering halten und eventuell den Urin alkalisieren.
Anhang 2
3
b/J
< 0,5 ml/kg/h
< 0,5 ml/kg/h
< 0,3 ml/kg/h über mehr
~
::J
über mehr
als 24 Stunden oder
c
über mehr als
'iij
6 Stunden
12 Stunden
Anurie über 12 Stunden
c
Anstieg 0,3 mg/
Anstieg umd das
Anstieg um mehr als das
.~
dl oder das 1,5-
2- bis 3-Fache
3-Fache des Ausgangswerts
bis 2-Fache des
des Ausgangs-
oder
Ausgangswerts
werts
Serum-Kreatinin> 4 mg/dl,
..:, '" c:
;§
'!!!" ~
E
.
J:
u
(nicht definiert)
Nierenversagen
~
Nierenversagen
über mehr als
über mehr als
vier Wochen
drei Monate
Loss
ESKD
Anstieg mindestens
6 mg/dl (540 ~mol/l), unter konservativer Therapie noch vorübergehende
tionseinschränkung, dekom-
Stabilisierung möglich < 15
Schwere urämische Symptomatik i. d. R. spätetestens bei GFR
< 10 ml/min, Nierenersatztherapie (Dialyse oder Nierentransplantation) lebenserhaltend
I
Tab. 2: Stadieneinteilung der chronischen
Niereninsuffizienz.
Quellenverzeichnis
11] Asseher, A W./Moffat, D. B./Sanders, E.: Farbatlas der Nephrologie, Thieme 1987. 12] Böcker, W./Denk, H./Heitz, P. U./Moch, H.: Pathologie. Elsevier Urban & Fischer, 4. Auflage 2008. 13] Campbell-Walsh: Urology. Saunders Elsevier, 8. Auflage 2002. l3a] Campbell-Walsh: Urology. Saunders Elsevier, 9. Auflage 2007. 14] Classen, M./Diehl, V/Kochsiek, K.: Innere Medizin. Elsevier Urban & Fischer, 5. Aufl. 2004. 15] Eichenauer, R.lSandmann, J./Vanherpe, H.: Klinikleitfaden Urologie. Elsevier Urban & Fischer, 3. Auflage 2003. [6] Emminger, H.A.: Exaplan. Das Kompendium der klinischen Medizin. Elsevier Urban & Fischer, 4. Auflage 2003. 17] Fritsch, H./Kühnel, w.: Taschenatlas Anatomie. Thieme, 9. Auflage 2005.
[8] Kumar, V./Abbas, A K./Fausto, N.: Robbins and Cotran's Pathologie Basis of Disease. Elsevier/Saunders, 7. Aufl. 2004. [9] Meves, A: Intensivkurs Dermatologie. Elsevier Urban & Fischer 2006. 11 0] Niessen, K.-H.: Pädiatrie. Thieme, 6. Auflage 2001. 111] Rassner, G./Steinert, U./Schlagenhauff, B.: Dermatologie. Elsevier Urban & Fischer, 8. Auflage 2006. 112] Renz-Polster, H./Krautzig, S./Braun, J: Basislehrbuch Innere Medizin, Elsevier Urban & Fischer, 4. Auflage 2008. 113] Richie, ].P./D'Amico, A V: Urologie Oncology. Elsevier/Saunders, 2005. 114] Schiebler, Th. H. (Hrsg.): Anatomie. Springer, 8. Auflage 2002. 115] www.urodoctor.de 116] Urologische Klinik, Universitätsmedizin, Mannheim.
Register A
a-Fetoprotein (AFP) 8 Aldosteron 66 Algurie 38 Anamnese 6 Antegrade Harnleiterdarstellung 10 Anti-Müller-Hormon (AMH) 2 Ausscheidungsurogramm (AUG) 10
B
Bakteriämie 84 Bakteriurie 7 Balanitis 22 Balanoposthitis 22 Balkenblase 32 Beckenbodenrekonstruktion 79 Begleitorchitis 44 Belastungsinkontinenz 34 Benigne Prostatahyperplasie (BPH) 12, 32 Bilharziose 88 Blasenektomie 3 Blasenentleerungsstörung 12 - neurogene 26 Blasenkarzinom 12 Blasenstein 28 Blasenverletzung 50 Blutkoagel 53 Blutlabor 8
c Chancroid 70 Christbaumblase 10 Computertomografie (eT) 11 Conn-Syndrom 66 Corona glandis 5 Corpus cavernosum penis 5 Corpus penis 5 Corpus spongiosum penis 5 Cowper-Drüse 4 Cushing-Syndrom 66
o Descensus testis 2 Detorquierung 47 Dexamethason-Hemmtest 67 Doppelniere 18 Dorsum penis 5 Dranginkontinenz 34 Ductuli efferentes testis 4
100 Ductulus efferens 4 Ductus deferens 4 Ductus epididymitis 4 Dysurie 32
E
Eichel 5 Ejakulatanalyse 72 Ektoper Ureter 20 Enukleation 33 Enuresis 80 Epididymitis 42, 93 Epididymoorchitis 42, 44 Epispadie 3 Epstein-Barr-Viren 44 Erektile Dysfunktion (ED) 13,74 Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL) 13,30 Extraurethrale Inkontinenz 34
F
Facies urethralis 5 Feigwarze 70 Fertilitätsstörung 72 Flankenschmerz 94 Frenulum preputii 5 Funiculus spermaticus 4
G Genitale Tuberkulose 42 Glandulae vesiculosae 4 Glans penis 5 Gleason-Score 56 Gonorrhö 69
H
Hämaturie 96 Hämodialyse 25 Harnableitung 14 Harnblasenverletzung 78 Harninkontinenz 34 Harnleiterabgangsstenose 20 Harnleiterkompression 53 Harnleiterstein 28 Harnleitertumor 52 Harnleiterverletzung 78 Harnröhre 4, 5 Harnsäurestein 53 Harnstein 12,95
Harnsteinanalyse 29 Harnsteinkolik 97 Harnverhalt 32 Harnverhalt, psychogener 80 Harnwegsinfekt (HWI) 22, 95 Harnwegsinfektion (HWl) 36 Harnwegsinfektion, asymptomatische 77 Herpes simplex 68 Hoden 2, 4, 5, 21 - Lageanomalien 3 Hodenbiopsie 73 Hodenektopie 21 Hodenentzündung 44 Hodenhochstand 21 Hodenschmerz 92 Hodentorsion 43,46, 93 Hodentumor 13, 43, 60 Hufeisenniere 19 Humane plazentare alkalischer Phosphatase (hPLAP) 8 Humanes Choriongonadotropin (HCG) 8 Hydrozele 2, 62 Hyperaldosteronismus 66 Hyperkortisolismus 66 Hypospadie 3
Ileum-Conduit 15 Ileumneoblase 14 Induratio penis plastica 76 Inkontinenz 34 - Operation 78 Inkontinenz, psychogene 80
K
Kass-Zahl 7 Katheter 27 Kernspintomografie (MRT) 11 Kolon-Conduit 15 Kontinenzmechanismus 34 Kryptorchismus 2,60
L
Laktatdehydrogenase (LOH) 8 Laserresektion 13 Leistenhernie, angeborene 2 Leydig-Zellen 2 Leydig-Zelltumor 60 Lobuli testis 4
I
101
Register Lues 68 Lymphogranuloma inguinale 70
M Mainz-Pouch I 15 Markschwammniere 19 Mediastinum testis 4 Mikropenis 3 Miktionszystourethrografie (MCU) 10 Minimale Hemmkonzentration (MHK) 7 Mononukleose 44 Morbus Reiter 82 Mumps 44
N
Nebenhoden 4 Nebenhodenentzündung 44 Nebenhodengang 4 Nebenniere 66 Nebennierenadenom 66 Nebennierenkarzinom 66 Nephrektomie 14 Nephrogrammkurve 11 Nephroptose 18 Nieren-Tbc 53 Nierenabszess 39,85 Nierenagenesie 18 Nierenbeckenentzünd ung 38 Nierenbeckentumor 52 Nierendysplasie 19 Nierenersatztherapie 25 Nierenfistel 15 Nierenfunktionsszintigrafie 11 Nierenhypoplasie 18 Niereninsuffizienz 24 Nierenkarzinom 12, 97 Nierenkolik 28 Nierenstein 28 Nierenteilresektion 14 Nierentransplantation 25 Nierenverletzung 48, 95 Nierenversagen 24 -akutes 24 - chronisches 24 Nierenzellkarzinom 53 Nierenzyste 19 Nykturie 32
o
R
OAT-Syndrom 73 Operation - Blase 14 - Genitalbereich 14 -Niere 14 - Prostata 14 Operation, urogynäkologische - Komplikationen 78 Orchiektomie 47 Orchitis 44 Ostium urethrae externum 5
Radix penis 5 Reflexinkontinenz 34 Reizblase 80 Rete testis 4 Retorquierung 47 Retrogrades Ureteropyelogramm 10 Retrogrades Urethrogramm 10 Röntgen 10
p
Papillennekrose 53 Paraphimose 23 Pelvic bladder 26 Penis 4,5 Penisfraktur 76 Penisruptur 76 Penistumor 64 Peritonealdialyse 25 Peritonismus 46 Perkutane Nephrolithotomie (PCNLJ 30 Phimose 22 Pollakisurie 32 Pollatkisurie 38 Polymerasenkettenreaktion (PCR) 87 Polyurie 80 Polyzystische Nephropathie 19 Posthitis 22 Prehn-Zeichen 43 Preputium penis 5 Priapismus 76 Processus vaginalis peritonaei 2 Prolene-Netz 79 Prostata 4 -Zonen 5 Prostatahyperplasie 37 Prostatahyperplasie, benigne 32 Prostatakarzinom 9, 12,56, 58 Prostataspezifisches Angigen (PSA) 8 Prostatektomie 59 Prostatitis 40 Prostatodynie 40 PSA-Velocity 58 Psychogene Inkontinenz 80 Psychogener Harnverhalt 80 Psychosomatisches Urogenitalsyndrom 80 Pyelonephritis 38, 95 - Schwangerschaft 77
s Samenbläschen 4 Samenkanälchen 4 Samenleiter 4 Samenstrang 4 Sammelurinuntersuchung 7 Schanker, harter 68 Schanker, weicher 70 Schistosoma haematobium 54 Schistosomiasis 88 Schwangerschaft 77 Schwangerschaftspyelonephritis 77 Senkniere 18 Sepsis 84 Septikämie 84 Septischer Schock 84 Septula testis 4 Sertoli -Zellen 2 Sertoli-Zelltumor 60 Skelettszintigrafie 11 Skrotum 4 Sonografie 9 Spermaplasmaparameter 73 Spermiogramm 8, 72 Sphinkterapparat 26 - periphere Innervation 26 - zentrale Innervation 26 Steinmetaphylaxe 31 Steinsanierung, offene 31 Stressinkontinenz 34 Syphilis 44, 68
T
Tension-free vaginal tape (TVT) 78 Testisdeterminierender Faktor (TDF) 2
Testosteron 2 TNM-Klassifikation (ProstataKarzinom) 57 Transobturatorisches Band (TOT) 79 Transrektaler Ultraschall (TRUS) 9 Transureth rale Resektion (TUR) 13
Register )
Tripper 69 Tuberkulöse Epididymitis 42 Tubuli semiferi 2 Tubuli semiferi contorti 4 Tubuli semiferi recti 4
u Überlaufblase 26 Überlaufinkontinenz 34 Ulcus molle 70 Untersuchung - bildgebende Verfahren 9 Untersuchung, bakteriologische 6 Untersuchung, klinisch-chemische 6 Untersuchung, körperliche 6 Untersuchung, mikroskopische 7 Ureter, ektoper 20 Ureter duplex 20 Ureter fissus 20 Ureteropyelogramm 10 Ureterorenoskopie (URS) 30
Ureterosigmoideostomie 14 Ureterozele 20 Urethra 5 Urethralsyndrom, weibliches 80 Urethrogramm 10 Urge-Inkontinenz 34 Urin-Stix 7 Urincult 7 Urinkultur 7 Urinlabor 6 Urnierengang 2 Urodynamik 9 Uroflow 9 Urogenitalsyndrom, psychosomatisches 80 Urogenitaltuberkulose 86 Urolithiasis 28 - Schwangerschaft 77 - Therapie 30 Urosepsis 84 Urothelkarzinom der Blase 97 Urothelkarzinom der Harnblase 54 Uterokutaneostomie 15
102
I 103
v Vorhaut 5
w Wasserbruch 62 Weibliches Urethralsyndrom 80 Wolff-Gang 2
z Zirkumzision 23 Zystenniere 19 Zystitis 37 - Schwangerschaft 77 Zystometrie 9 Zystoskopie 30