M. Frede / G . Patzig
Aristoteles ,Metaphysik Z' Erster Band
MICHAEL FREDE / GUNTHER PATZIG
ARISTOTELES ,METAPHYSIK Z' TEXT, DBERSETZUNG UNO KOMMENTAR
ERSTE R BAND
Einleitung Text und Dbersetzung
VERLAG C. H. BECK MUNCH EN
CIP-Kurztitelaufnabme de! Deutschen Bibliothek Frdt, Michotl: Aristoteles "Metaphysik Z" : Text, Obers. u. Kommentar I Michael Frede; Gunther Patzig. Munchen : Beck ISBN 3 406319181
NE: Parzig, GUnther:; AristO[des: Met.physik Z Bd. 1. Einleitung, Text und Oberserzung. - 1988.
ISBN 3 406 319181 (fiir Bde. I/ll)
©
c. H . Beck'sche Verlagsbuchhandlung (Oscar Beck), Miinchen 1988 Gesamtherstellung: Passavia Passau Printed in German y
INHALT DER BEID EN BAND E Band I EINLEITUNG
. . . . , . .
V orbemerkungen
I. II. III.
IV.
V.
7
...
9
Zum griechischen Text.
13
Zur Dbersetzung . . . .
18
ZH als Text: Die A bhandlung "Ober die ousia und das Seiende u . ZH im Kontext dec "Metaphysik" Der Gedankengang von Z . . . . . Die Theorie von Metaphysik Z
VI. VII. Eine kurze Wiirdigung dec Theorie. VIII. Sind Formen allgemein odee individuell? . TEXT UND UBERSETZUNG
....
59
Band II KOMMENTAR . . .
7
E rstes Kapitel . Zweites Kapitel Drittes Kapitel
9
26
Viertes Kapitel .
33 57
Funftes Kapitel . Sechstes Kapitel
87
76
Siehentes Kapitel .
10 4
Achtes Kapitel .
12
Neuntes Kapitel Zehntes Kapitel
149
166
Elftes Kapitel. . Zwolftes Kapitel
221
9
199
Dreizehntes Kapitel Vierzehntes Kapitel Fiinfzehntes Kapitel Sechzehntes Kapitel Siebzehntes Kapitel ANHANG
...... .
Literaturverzeichnis Stellenverzeichnis Namenve rzeichnis . Sachverzeichni s Verzeichnis dec sprachlichen Beobachtungen
325 327 33 1 340 343 34 6
VORWORT Unseren schon in gemeinsamen Gottinger Seminaren gefallten Plan, irgendw.ann einmal zusammen einen neuen Kommentar zu Aristoteles' Metaphysik zu schreiben, konnten wir 1984/85 als Giiste des Wissenschaftskollegs zu Berlin verwirklichen. Fur die dortigen vorzuglichen Arbeitsbedingungen sind wir dem Wissenschaftskolleg und seinem damaligen Rektor, P. Wapnewski, sehr dank bar; besonders auch den Damen des Sekretariats, die einen schwierigen Text mit groller Sorgfalt in den Computer eingaben und sich sogar von unserem Enthusiasmus, besonders in der Schlullphase, anstecken liellen. Eine erste Fassung unseres Kommentars konnten wir Anfang J uni 1985 im Wissenschaftskolleg auf einem Symposion mit engeren Fachkollegen zur Diskussion stellen. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft danken wir fur einen Zuschull, der diese Konferenz moglich machte. Teilnehmer waren: Pierre Aubenque (Paris), Jonathan Barnes (Oxford), Jacques Brunschwig (Paris), Myles Burnyeat (Cambridge), Alan Code (Berkeley), Andre Laks (Lille), Mario Mignucci (Padua), Donald Morrison (Cambridge, Mass.), Gisela Striker (Gottingen) und Hermann Weidemann (Munster). Allen Teilnehmern dieses Symposions danken wir herzlich fur die lebhafte und detaillierte Diskussion, die uns fUr die Redaktion der Endfassung un seres Kommentars u beraus wertvoll war. Jonathan Barnes und Jacques Brunschwig, unseren Mit-Fellows am Kolleg, danken wir daruber hinaus fur die regelmiilligen Dienstags-Sitzungen, in denen wir nicht nur fur unsere Interpretation von Met.Z viel gelernt haben. Dem Verlag C. H. Beck, der auf un sere Wunsche hinsichtlich der Ausstattung bereitwillig einging und die Komplikationen transatlantischen Korrekturenlesens gelassen ertragen hat, gilt unser lebhafter Dank. Insbesondere hat sich Herr Dr. E.-P. Wieckenberg der schwierigen technischen Probleme des Drucks stets mit Sachkunde und gleichbleibender Freundlichkeit angenommen. Christian Willler, M. A. (Gottingen), hat die Korrekturen mitgelesen und sich urn sachliche und sprachliche Priizisierung vieler Pas sagen sowie urn die Register verdient gemacht. Die zehn Monate, in denen wir in Berlin das Buch zusammen geschrieben haben, ziihlen zu unseren erfreulichsten akademischen Erfahrungen. Vielleicht teilt sich dem Leser gelegentlich auch etwas von der Freude mit, die uns bei unserer Arbeit erfullt hat. Princeton/Gottingen 1987
M.F. u. G.P.
E I NLEITUNG
VORBEMERKUNGEN
Wer eineo neuen und seine Vorlaufer an Vmfang erheblich iibertreffeoden Kommentar zu Aristoteles, Metaphysik Z, vorlegt, sollte woW gleich an fangs dariiber etwas sagen, welche Ziele er sich gesetzt hat und was der Leser von dem Buch erwarten kann und was nichl. Die Verdienste, die sich die bisherigen Kommentatoren, vor allem Bonitz, Ross und die von uns "Londinenses" genannte Gruppe der Verfasser der "Notes on Z", urn das Verstandnis dieses schwierigen Textes erworben haben, sind uns bei un serer Arbeit stets deutlich gewesen, zum Teil noch deutlicher geworden. Jedoch war uns ebenso klar, daG zum Verstandnis von Z nach viel zu tun ist, einmal weil die Kommentatoren, besonders Bonitz und Ross, in eioem sonst durchaus schatzenswerten Drang zur Kiirze, bei wei tern nicht auf alle Schwierigkeiten, die Metaphysik Z dem Verstandnis bietet, mit der gebotenen Ausfiihrlichkeit eingehen. Zum anderen hatten wir den Eindruck, daG die bisherigen Kommentatoren nicht mit der erforderlichen Entschiedenheit die Aufgabe in Angriff genommen haben, die von Aristoteles gerade in Metaphysik Z entwikkelte Thearie der ausia als eine moglicherweise in sich konsistente Theorie nachzuzeichnen und verstandlich zu machen, und zwar gerade auch dann, wenn die Lehre von Z mit AUGerungen zu dem gleichen Thema, die wir sonst bei Aristoteles, z. B. in der Kategorienschrift, finden, nicht voll zur Deckung gebracht werden konnte. Dementsprechend hat uns in un serer Arbeit einmal die Absicht geleitet, jede ernstliche Schwierigkeit, die Text und Argumentation von Z dem Verstandnis eines mitdenkenden Lesers in den Weg stellen, angemessen zu erortern und eine Losung vorzuschlagen. Wo wir keine Losung gefunden haben, stellen wir das ausdriicklich fest. Dies Verfahren hatre freilich zur Folge, doG unser Kommentar einen Vmfang angenommeo hat, der, bei gleichem Kommentaraufwaod pro Seite des griechischeo Textes, fiir die ganze "Metaphysik" des Aristoteles etwa acht Bande vom Umfang des vorliegendeo Buches erfordern wiirde. Unser zweites Hauptziel war es, eine ontologische Konzeption aus dem Text von Metaphysik Z zu gewinnen, die nicht schon von allgemeinen Vorstellungen iiber des Aristoteles Meinungen iiber die Rolle und Natur der ousia ausgeht und die Darlegungen von Metaphysik Z mit mehr oder weniger Miihe in dieses Gesamtbild einzuordnen versucht, sondern gerade umgekehrt sich auf die Argumentation in Metaphysik Z konzentriert und einen gewissen Kontrast zu Auffassun-
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Einleitung
gen, die Aristoteles in anderen Schriften, sogar in anderen Biichern der "Metaphysik" vortragt, durchaus in Rechnung stellt und akzeptiert. Hierbei gelangten wir zu der Uberzeugung, daJl die konventionelle Auffassung, nach der Aristoteles die volle Wirklichkeit dem konkreten Einzelding, die volle wissenschaftliche Erkennbarkeit aber dem Allgemeinen zuspricht und die ousia des Einzeldings aus einer allgemeinen Form und der als Individuationsprinzip dienenden Materie bestehen liJlt, als Interpretation von Metaphysik Z nicht bestehen kann. Nach Metaphysik Z ist vielmehr das eigentlich Wirkliche, die ousia, die individuelle Form, die in den Dingen, deren Form sie ist, auftaucht und wieder verschwindet, die entsteht und vergeht, ohne einem ProzeJl des Vergehens oder Entstehens unterworfen zu sein, und die zugleich Seins- und Erkliirungsprinzip fiir alles ist, von dem sie ousia ist. Es war daher nur natiirlich, daB wit in unserem Kommentar mit besonderer Aufmerksamkeit die Stellen behandelt haben, die entweder deutlich fur diese un sere Auffassung zu sprechen scheinen, oder von den Vertretern der konventionellen Auffassung als Textbasis ihrer Interpretation in Anspruch genommen werden oder in Anspruch genommen werden konnten.
Wahrend wir im Hinblick auf die Erorterung der Schwierigkeiten des Textes Vollstiindigkeit wenigstens angestrebt haben, muJlten wir, schon aus Riicksicht auf den wachsenden Umfang unseres Kommentars, die Auseinandersetzung mit der sehr umfangreichen Sekundarliteratur zu Einzelfragen gerade von Metaphysik Z erheblich einschranken. Es war auch nicht unsere Absicht, zugleich mit unserer Interpretation des Textes eine handbuchartige Darstellung seiner Interpretationsgeschichte zu geben, so interessant und lohnend ein solehes Unternehmen sein konnte. Auch haben uns diejenigen Kommentare zu aristotelischen Schriften, deren Verfasser den heroischen Versuch gemacht haben, mit der
Hauptaufgabe eines Kommentators, namlich den Text dem Verstandnis des Lesers zu erschlieJlen, die Aufarbeitung der bisherigen Sekundarliteratur zum Text zu verbinden, zu eioem salchen Verfahren nicht
eben ermutigt. Denn es ist wohl fast unvermeidlich, daJl der Benutzer eines salchen Kommentars dutch die Flille von Informationen uber
abweichende gelehrte Meinungen haufig so in seiner Aufmerksamkeit abgelenkt wird, dall ihm die Umrisse des aristotelischen Gedankenganges, die der Kommentar nachzeichnet, zu verschwimmen drohen. Hinzu kam die Erwagung, daB sich die neuere, vor allem in vielen kiirzeren Aufsatzen gefiihrte Diskussion iiber Metaphysik Z vorwiegend urn das Verstandnis einzelner Textstellen und einzelner Kapitel
Vorbemerk1l11gen
II
bemiiht hat, nicht urn eine einheitliche Interpretation von Metaphysik Z, wie wir sie uns als Ziel gesetzt haben. Wir sind uberzeugt, und diese Uberzeugung hat sich wahrend unserer gemeinsamen Arbeit am Kommentar noch verstarkt, daB die Einzelfragen wohl erst auf dem Hintergrund einer solchen Gesamtinterpretation mit "Aussicht auf befriedigende Klarung und bestandigen Ertrag behandelt werden konnen. Hingegen haben wir un sere ungeteilte Aufmerksamkeit den Kommentaren gewidmet, die auch bisher schon als Standardwerke zu Aristoteles' "Metaphysik" und speziell zu Met. Z gelten. Die antiken "Metaphysik"-Kommentare von Asclepius und Pseudo-Alexander (Michael von Ephesos?) sowie die Kommentare von A. Schwegler (1847), H. Bonitz (1848), W. D. Ross (1924) und die "Notes on Z, recorded by M . Burnyeat and others" (1979) hatten wir standig zur Hand und haben sie zu allen von uns behandelten Text- und Interpretationsfragen verglichen. Bonitz und Ross waren uns, wie man nicht anders erwarten wird, besonders hilfreich, wenn sie auch zu vielen wichtigen Fragen schweigen und wir dort, wo sie ein Problem behandeln, oft zu einer anderen Auffassung gelangt sind. Die "Londinenses", wie wir der Kiirze halber die Verfasser der "Notes on Z" in unserem Kommentar zitieten, stehen uns in det Zieltichtung und der Verfahrensweise wohl naher als aile fruheren Kommentatoren. Da aber ihre Grundauffassung von Met. Z von der unsrigen erheblich abweicht, haben wir uns mit ihren Interpretationsthesen oft ausfuhrlich auseinandetgesetzt, schon wei! wit unsere Ansicht im Kontrast zu den Ansichten der Londinenses besonders leicht deutlich machen konnten. Dies gilt vOt allem hinsichtlich unserer These (i), daB Aristoteles in Met. Z eine Lasung des Problems der ousia durchaus anstrebt und auch, wenn auch nur vo rlaufig, skizziert hat, wahrend die Londinenses eher der Meinung zuneigen, Aristoteles habe in Met. Z nur verschiedene, miteinandet konkurrietende und unvereinbare, Losungsansatze vorfiihren und argumentativ entwickeln wollen, ohne sich doch fiir einen dieser Ansatze zu entscheiden. Und es gilt natiirlich auch fUr unsere These (ii), daB Aristoteles in Met. Z die Existenz individueller Formen behauptet, die er zugleich als die ousiai auch der wahrnehmbaren Dinge ansehen will. Fur die These (ii), die Existenz von individuellen (eng!.: particular) Formen, beanspruchen wir keine Originalitat. Eine ahnliche Auffassung ist von R. Albritton in seinem seither vie1 diskutierten Aufsatz "Forms of Particular Substances in Aristotle's Metaphysics" (1957) erwogen, wenn auch im SchluBteil des Aufsatzes angesichts verschie-
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Ein/titllng
dener Schwierigkeiten fast wieder zuriickgenommen worden. 1981 hat A. C. Lloyd in seiner Monographie "Form and Universal in Aristotle" ebenfaHs bestritten, dall aristotelische Formen Universalia seien, und demgegeniiber die Individualitat und Partikularitat der Form betont. Unseren Beitrag zu dieser Diskussion sehen wir vor aHem darin, eine zusammenhangende Interpretation von Met. Z vorgelegt zu haben, aus der sich nach unserer Meinung die These der Individualitat aristotelischer Formen, wenigstens fur den Zusammenhang von Z und H, geradezu zwanglos ergibt.
I.
ZUM GRIECHISCHEN TEXT
U rsprunglich war es unsere Absicht, dem Kommentar lerliglich eine deutsche Dbersetzung von Met. Z vorauszuschickeh und fur den griechischen Text - so wie es etwa Ch. Kirwan (Aristotle's Metaphysics Books r, E) und J. Annas (Aristotle's Metaphysics Books M and N) in ihren kommentierten Obersetzungen im Rahmen der Clarendon Aristotle Series getan haben - auf die Ausgabe von W. Jaeger (1917) in den Oxford Classical Texts zu verweisen. Zwar sind wir der Meinung, dall in der Textkonstitution der aristotelischen "Metaphysik" durchaus noch wichtige Verbesserungen moglich sind, wozu u. a. eine starkere Beachtung der antiken Kommentare und der arabischen Oberlieferung beitragen konnte. Jedoch sollte eine salehe neue Edition sich nicht auf den Text nur eines Buchs der "Metaphysik" beschriinken, und eine entsprechende neue Kollation aller einschliigigen Handschriften mullte schon aus Zeitgriinden ausscheiden. Es stellte sich jedoch wiihrend der Arbeit am Kommentar heraus, dall wir Grunde hatten, an mehr als 1 )0 Stellen vom Text der Ausgabe Jaegers abzuweichen. Anstatt aile diese Textiinderungen, die im Kommentar begrundet werden, in einer eigenen Liste aufzufiihren, erschien es uns als die bessere, vor allem fUr den Leser bequemere Losung, einen fortlaufenden griechischen Lesetext unserer Obersetzung gegenuberzustellen, urn jederzeit deutlich zu machen, von welehem griechischen Text wir in der Obersetzung und im Kommentar ausgegangen sind . Die wichtigsten und bei weitem a!testen Textzeugen fur die "Metaphysik" des Aristoteles sind, wie durch die Untersuchungen der drei Editoren Christ, Ross und Jaeger sowie durch die Arbeit Harlfingers gesichert ist, die Handschriften E (Paris, 10. Jh.), J (Wien 9. Jh.) und Ab (Florenz, 12. Jh.). E und J sind die besten Vertreter eines Oberlieferungsarms a, wiihrend A b cinen anderen Oberlieferungsarm repriisentiert. Seit Christ (1886) und Jaeger (1917) nimmt man an, daB beide Oberlieferungsarme urspriinglich auf zwei verschiedene antike Ausgaben des "Metaphysik"-Textes zuruckgehen. Ross hie!t E J auf der einen Seite, und A b auf der anderen, fur gleichgewichtige Textzeugen. Sinn, Sprachgebrauch des Autors und Grammatik mull ten bei abweichenden Lesarten den Ausschlag geben (Ross, S. CLXI). Jedoch hat schon Ross daraufhingewiesen, daB "das Gewicht der griechischen Kommentatoren und der mittelalterlichen Obersetzungen entschieden zugunsten von EJ in die Waagschale falle"
Einleilung
(a. a. O. S. CLXV), und daher empfohlen, ceteris paribus bei Divergenzen zwischen E J und A b eher E J zu folgen. In dieser Zuriickhaltung gegeniiber A b sind wir im Laufe unserer Beschaftigung mit dem Text von Met. Z bestarkt worden. Wir haben bei der Oberpriifung vieler Stellen den Eindruck gewonnen, dall A b in vielen Fallen einen glatteren Text als E J bietet. Dieser Befund scheint jedoch in charakteristischen Fiillen auf regulierende Eingriffe in den aristotelischen Text zuruckzugehen. Diese Eingriffe sind nur verstandlich, wenn man voraussetzt, dall die Urheber der Tradition moglicherweise die Editoren jener vermuteten anti ken Textausgabe, in manchen Fallen eine fiir Aristoteles charakteristische, aber etwas ungewohnliche Ausdrucksweise nicht verstanden haben und daher meinten, der Text miisse entsprechend verandert werden. Diese hypothetischen Eingriffe lassen sich in drei Gruppen einteilen, Freilich mit der iiblichen Unbestimmtheit hinsichtlich von Grenz[,illen: (i) Normalisierung der Texte durch Tilgung grammatischer Besonderheiten, (ii) Glattung des Textes infolge tatsachlicher oder vermuteter sachlicher Unstimmigkeiten, (iii) Regulierung des Textes dutch Tilgung unverstandener oder millverstandener Ausdrucke. Fur die Gruppe (i) seien folgende Beispiele angefiihrt:
I) Z8, 1033b26-28: f) trov d8rov altta ... ouStv XQT]<Jllla. Statt XQT]<Jllla (so EJ und Ps.-Alexander in der Paraphrase) liest Ab: XQllcrtWl. Es ist aber aus dem Zusammenhang deutlich, dall Aristoteles f) trov d8rov altta als eine blolle de parler fiir tel d811 ansieht, so dall er sicher XQT]<Jllla geschrieben hat. Die Assimilation an altta wirkt daher pedantisch. 2) Z9, '034'16- 1T ocrrov ouv tOWUtll f) (5All, olov Ot Aillot, Q.Ouvatov ro8i XtVlll1fjvat. Statt aouvatov (EJ u. Ps.-Alexander in der Paraphrase) liest Ab aouvatot, in sachlich richtiger, grammatisch aber falscher Beziehung auf Aillot (vgl. unseren Kommentar z. Stelle). 3) Z 10, 1034b28: En 8' d 7tQatcQa ta IlEQll tO U OAOU. Ab liest statt tel IlEQll (EJ und Ps.-Alexanders Paraphrase) vielmehr to IlEQOv in 1038b3 vgl. unseren Kommentar zu der Stelle.) Aristoteles erklart sod ann mit groBer Klarheit und Scharfe, daB ruchts Allgemeines ousia sein kann. Damit wird nicht nur die platonische Ideenlehre, sondern auch die fruhere aristotelische Auffassung, die in der Kategorienschrift ausgesprochen ist, nach der Arten und Gattungen wenigstens sekundare ousiai sind, abgewiesen. In Z 14 wird die Anwendung dieses Grundsatzes auf die platonische Ideenlehre im einzelnen durchgefiihrt; Z 1 j kommt auf die Bemerkung am SchluB von Z 13 zuruck, es solle noch geklart werden, in welchem Sinne es von der ousia eine Definition geben konne und in welchem Sinne nicht. 1m ersten Teil von Z [j will Aristoteles zeigen, daB sich wahrnehmbare Einzeldinge nicht definieren lassen; im zweiten Teil
V. Der Gedankengang von Z
jJ
wird dies auf unvergiingliche wahrnehmbare Einzeldinge (wie die Gestirne) ausgedehnt, woraus Aristoteles die weitere Folgerung abzulei ten scheint, dall auch Ideen sich nicht definieren lassen (1040' 8). Z 16 schliellt nicht un mittel bar an Z 1 jan, sondern greift auf einige der Kandidaten fur die ousia-Rolle in Z 2, 1028b9- 13, zuruck: Weder die Teile der Lebewesen noch die "einfachen" Karper, also die Elemente und ihre Mischungen, kannen die jetzt erarbeiteten strikten Anforderungen an ousiai erfullen. Es folgt ein nur locker angescWossener Passus uber das Eine und das Seiende sowie eine Argumentation, die zeigen soil, dall auch diese nicht ousia von allem sein kannen, da sie, eben als Allgemeines, nicht selbst ousia sind. Ein weiterer locker angefUgter Abschnitt spricht den Platonikern, bei allen ihren Irrtumern, doch wenigstens respektable philosophische Motive fur ihre Auffassungen zu . Man wurde Z 16 kaum mit Z '3- ' j in engerer Verbindung sehen, stunde nicht am Schlull von Z 16 eine Zusammenfassung der beiden Hauptresultate von Z 1 3-16: Nichts Allgemeines kann ousia sein, und keine ousia kann ihrerseits aus ousiai bestehen. Nachdem nun im bisherigen Argumentationsgang von Z die Materie und das Allgemeine als Kandidaten fur die ousia-Rolle ausgeschieden sind (wobei fur die Materie immerhin ein eingeschriinkter ousiaStatus festgehalten wird; vgl. Z 3, 1029'32, und HI, 1042' 26- 28), kommt Aristoteles in Z 17 auf das "Was es heillt, dies zu sein" und damit auf die Form zuruck. Er macht insofern einen neuen Anfang, als er auf eine Uberlegung zuruckgreift, die schon z. B. in Z 9, 1034'31, und Z 13, 1038b6- 19, angeklungen war: Die ousia mull auch als Erkliirungsprinzip, als aQXTl xal aitia dessen auftreten konnen, dessen ousia sie ist. So wird eS auch schon in Ci8, lOqblj - 16, formuliert : Eine Bedeutung von ousia bezieht sich auf das UltlOV tau dVUl ... olav 1) ,!,uxi] 10 Und Aristoteles will in Z '7 zeigen, dall aile Fragen, die eine Erklarung vedangen, dann, wenn sie korrekt formuliert sind, so aufgefallt werden konnen, dall gefragt wird, warum dieses (z. B. die Haus-Form) an diesem und jenem (z. B. den Baumaterialien) auftritt. So hilt denn Aristoteles in Z '7, bevor sich die Untersuchung, wie geplant (1041 ' 7- 9), dem Bereich der nicht-wahrnehmbaren ousiai zuwenden kann, das wichtige Zwischenergebnis fest, dall jedenfalls bei den materiellen Gegenstiinden ihre ousia in nichts anderem bestehen kann als in ihrer (materiefreien) Form.
VI.
DIE THEORIE VON METAPHYSIK
Z
1m Mittelpunkt von Z steht die Frage nach der ousia. Urn Z zu verstehen, gilt es zunachst einmal, einen intuitiven Zugang zu dieser Frage zu gewinnen. Denn nur wenn wi! diese Frage techt verstehen, werden wir auch verstehen konnen, auf welche Weise Aristoteles sie in Z zu beantworten sucht. Wenn Aristoteles nach der ousia fragt, dann meint er offen bar, nach etwas zu fragen, wonach wenigstens implizit schon die Vorsokratiker gefragt haben (vgl. Z I, 1028 b2- 4; Z 13, 1039'9-II). Spatestens Platon, der den Ausdruck "ousia" in die Philosophie eingefiihrt zu haben scheint, und seine Anhanger stellen die Frage explizit, und wie man aus der Tatsache ersehen kann, dall Aristoteles in Met. Zimmer wieder auf ihre Ansichten zu der Frage eingeht, betrachtet Aristoteles ihre Antworten als Meinungen, die mit der von ihm in Z entwickelten Theorie konkurrieren. Diesen wichtigen historischen Zusammenhang verschleiert man, wenn man "ouaia" mit "Substanz" uhersetzt und dies schon im Sinne der aristotelischen Substanz versteht. Denn nach der Substanz im aristotelischen Sinne haben weder die Vorsokratiker noch die Platoniker gefragt. Bei dem Begriff der Substanz, wie er etwa in der Kategorienschrift entwickelt wird, handelt es sich vielmehr bereits urn eine ganz bestimmte Antwort auf die Frage, die ruer gestellt wird, und iiberdies urn eine Antwort, die Aristoteles selbst in Met. Z grundlegend revidiert. Bei dem Begriff der ousia scheint es vielmehr zunachst einfach urn den Begriff von dem zu gehen, was primar seiend ist und von dessen Seio alles andere, was ist, in seinem Sein abhangt und aus clem heraus folglich auch alles andere in seinem Sein erklart werden mull . Dariiber freilich, was denn als ousia in diesem Sinne anzusehen und wie der Begriff der ousia scharfer zu fassen sei, gingen die Meinungen weit auseinander. In Met. 8 unterschied Aristoteles zwei Klassen von Auffassungen von der ousia und entsprechend zwei Verwendungen des Ausdrucks .,ollsia". Einmal ist von einer ousia die Rede, wenn es sich urn die Art von Gegenstand handelt, der allem anderen, was es gibt, zugtundeliegt. Zum anderen wird als ousia eines Gegenstandes aber auch das bezeichnet, was als Ursache des Seins dieses Gegenstandes betrachtet wird . Doch dariiber, was als letztlich Zugrundeliegendes aufgefallt werden 5011, waren die Meinungen geteilt. Viele von Aristoteles' Vorgan-
VI. Die Theorie von Metaphysik Z
J7
gern meinen, es seien die Materialien, aus denen sich die Dinge zusammensetzen. Aristoteles selbst hingegen vertrat zunachst (in der Kategorienschrift) die Auffassung, das letztlich Zugrundeliegende seien die Einzeldinge und alles andere gebe es nur, insofern ihm auf die eine oder die andere Weise solehe Einzeldinge Gerechtigkeit etwa gibt es nur, insofern es Menschen gibt, die gerecht sind; und die Art "Mensch" gibt es nur, insofern es Menschen gibt, die von dieser Art sind. Auf diese Weise sind Einzeldinge das primar Seiende, und alles andere, Arten und Gattungen und Widerfahrnisse, ist nur Seiendes, insofern ihm Einzeldinge zugrundeliegen. Ebenso gingen die Meinungen daruber auseinander, was denn bei einem Gegenstand als das letztlich Seiende und die U rsache fur das Sein des Gegenstandes zu betrachten sei. Einige dieser Auffassungen werden in Ll8 und in Z 2, 1028 bl6 ff., aufgefuhrt. Fur unseren Zusammen hang wichtig ist die Tatsache, daD nach Ll8 das "Was es heiDt, dies zu sein" und die Form als ousiai in diesem zweiten Sinn zu gelten hatten (vgl. 1017b21 - 22, b2j - 26). Wenn nun in Z nach der ousia gefragt wird, dann wird nicht nach der ousia in dem einen oder in dem anderen Sinn gefragt. Es ist nicht etwa so, wie bisweilen gemeint wird, daB zunachst nach der ousia im ersten Sinn gefragt und diese Frage in den Kapiteln 1- 3 mit Verweis auf das Zugrundeliegende beantwortet wird, und daD dann von Kapitel 4 ab nach der ousia im zweiten Sinn, namlich nach der ousia der Dinge gefragt wird . E s wird vielmehr nach der ousia gefragt, und das Zugrundeliegende und das "Was es heiDt, dies zu sein" erscheinen (Z 3, 1028b3 2- 36) als rivalisierende Antworten auf diese eine Frage. Charakteristisch fur die in Z entwickelte Theorie scheint eben dies zu sein, daD die beiden in Ll8 unterschiedenen Begriffe der ousia zu einem einheitlichen Begriff verschmolzen werden, wonach das primar Seiende sowohl letztlich Zugrundeliegendes als auch Ursache des Seins des Einzelgegenstandes ist. Wesentlich fur die Vereinigung dieser beiden Begriffe ist der Gedanke, der in Z 3, 1029'2- 3, ausgesprochen und in H I, 1042'26- 29, wiederholt wird: In einem Sinn ist die Form selbst das letztlich Zugrundeliegende. Damit ist ein und diesel be Sache ousia sowohl im ersten als auch im zweiten der beiden in Ll8 unterschiedenen Sinne. Beide Aspekte dieses ousia-Begriffs treten schon im ersten Kapitel hervor: der erste, indem Aristoteles die ousia als das bezeichnet, was in der Weise seiend ist, daD alles andere nur als ein Widerfahrnis von ihm als "seiend" bezeichnet werden kann ( IOZS a I8- zo); der zweite, indem Aristoteles gleich im zweiten Satz die ousia als das Was einer Sache bezeichnet (1028'II-12).
Einleitung
Wenn Aristoteles die beiden Auffassungen von der ousia auf diese Weise in einem Begriff verbindet, dann geschieht dies, weil ihm der blolle Begriff des Zugrundeliegenden und erst recht der Begriff der Substanz als Begriff des primar Seienden nicht mehr adaquat erscheinen. Einige Grunde dafur gibt Aristoteles in Z 3 an: (i) Zunachst einmal ist nicht so klar, wie es ursprunglich erschienen sein mag, was als letztlich Zugrundeliegendes zu gelten habe; und das in zweierlei Hinsicht. (a) In der Kategorienschrift hatte Aristoteles selbst noch so gesprochen, als liege der konkrete Einzelgegenstand, wie wir ihn aus der Erfahrung kennen, den Widerfahrnissen zugrunde. Aber der Erfahrungsgegenstand kann nicht das Zugrundeliegende sein, weil er bereits die Widerfahrnisse miteinbeschliellt, wir aber nach dem Zugrundeliegenden im Gegensatz zu den Widerfahrnissen suchen. Doch hierbei kann es sich um die Materie oder die Form oder das aus beiden Zusammengesetzte handeln (welches keineswegs mit dem Erfahrungsgegenstand identifiziert werden darf). (b) Was wir als letztlich Zugrundeliegendes betrachten, hangt auch davon ab, wie wir "alles andere" auffassen: Umschliellt dies nur die Widerfahrnisse oder auch das einer Sache Wesentliche, die ihr wesentlichen Eigenschaften, was immer wir darumer verstehen miigen? Die Rede vom letztlich Zugrundeliegenden bedarf also schon als salche einer Klarung. (ii) Wenn wir uns nur an den Begriff des Zugrundeliegenden halten, dann sollte man meinen, die Materie sei ollsia, weil die Materie auf eine radikalere Weise Zugrundeliegendes ist als die Form und das Konkrete. Die Materie liegt namlich nicht nur den Widerfahrnissen, sondern auch dem Wesentlichen und damit uberhaupt allem anderen zugrunde, wahrend das Konkrete und die Form nur den Widerfahrnissen zugrundeliegen und die Form sicher nicht der Materie zugrundeliegt. Es kann aber keinen adaquaten Begriff der ousia geben, der nicht ihrem Charakter als Seins- und Erkenntnisprinzip Rechnung tragt (vgl. Z '7, 1041'9- 10; vgl. auch Z '3, 103 8b7). Die Materie aber kommt nicht als ein solches Prinzip in Frage. Denn Materie existiert nur als Materie eines Gegenstandes und setzt damit sowohl das Konkrete als auch die Form voraus. Selbst als Zugrundeliegendes ist sie sekundar, weil man die Tatsache, dall eine bestimmte Materie bestimmten Widerfahrnissen und einer bestimmten Form zugrundeliegt, nur mit Hinweis auf die Form erklaren kann: Es sind so geformte Materialien, die solche Eigenschaften haben; die Materie ist, genau genommen, von sich selbst her nichts. Aus dem Prinzipiencharakter der ousia ergeben sich zwei Forderungen, die an eine ousia zu stellen sind: (i) Sie mull in dem Sinne abgetrennt sein, dafl sie nicht in ihrem Sein von einer
VI. Die Theorie von M e/aphysik Z
39
anderen Sache abhangt, die ihr damit vorgeordnet ware; denn anders kann sie nicht primar Seiendes sein. (ii) Bei dem primar Seienden mull es sich urn ein nDies von der Art" handeln. Denn sonst miillte es sich bei ihm urn cine Qualitat oder eine Quantitat oder sonst ein Widerfahrnis handeln. Dann aber ware ein Widerfahn1is der ousia vorgeordnet. Beide Bedingungen aber erfUllt die Materie nicht oder nur in sehr beschrankter Weise. Ein "Dies von der Art" ist sie nur als mogliches "Dies von der Art", als moglicher konkreter Gegenstand. Abgetrennt ist sie auch nicht, weil sie nur aufgrund einer Form existiert. Aber auch der konkrete Gegenstand erfiillt diese Forderungen nur mit Einschrankungen. Denn zwar Form, genau genommen, "icht eine andere Sache als der konkrete Gegenstand, aber der konkrete Gegenstand ist auch nicht einfach identisch mit der Form und hangt doch von ihr in seinem Sein abo Oberdies gilt, dall der konkrete Gegenstand nur insofern ein "Dies von der Art" ist, als er ein geformter Gegenstand und die Form ein "Dies von der Art" ist. Es reicht also nicht aus, die ousia als letztlich Zugrundeliegendes zu bestimmen; man muB auch dem Prinzipiencharakter der ousia Rechnung tragen. Und tut man dies, dann scheint in erster Linie die Form als ousia in Frage zu kommen. An dem Prinzipiencharakter der Form kann kein Zweifel bestehen, wenn man sich iiberhaupt auf den Standpunkt einliiflt, dafl Materie als salehe und aus sich se!bst heraus noch keinen Gegenstand konstituiert. Aber dafl es sich bei ihr urn ein "Dies von der Art" und urn etwas Abgetrenntes handelt, bedarf sehr wohl einer Erkliirung. Und erst recht bedarf es einer Erklarung, wie sie als Zugrundeliegendes betrachtet werden kann. Dill es sich bei der Form urn ein "Dies von der Art" handelt, ist des Aristoteles erklarte Meinung (vgl. Met. 6.S, 10I7b24- 26; HI, 1042' 29). Dafl Aristoteles auch dieser Meinung sein mufl, ergibt sich schon daraus, dafl andernfalls das Allgemeine dem Einzelnen vorgeordnet ware, eine Ansicht, die Aristoteles schon in der Kategorienschrift zuruckweist und in der "Metaphysik" erst recht nicht teilen kann, wo er (anders als in der Kategorienschrift) behauptet, Allgemeines konne nicht ousia sein (vgl. Z lj, IOjSbS- 9, b34ff.); damit entHillt auch die Moglichkeit, dafl Allgemeines das primar Seiende sein konnte. Da diese Frage aber uberaus umstritten ist, soil sie im folgenden Gegenstand einer gesonderten Erorterung sein. Dafl die Form abgetrennt ist, behaupter Aristote!es z. B. H" 1042'29, wo er aHerdings die Einschriinkung "der Forme! nach" hinzufugt. Die Form ist in dem Sinne abgetrennt, dall sie in ihrem Sein nicht das Sein einer anderen Sache voraussetzt. Zwar ist die Form
Einitilung
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eines wahrnehmbaren Gegenstandes immer nur an der Materie realisiert; aber diese Materie bildet keinen eigenen von der Form verschiedenen Gegenstand, der ihr vorgeordnet ware. Dies kommt auch darin zum Ausdruck, dall die Definition der Form und die Definition des Gegenstandes, welche in einer Definition der Form besteht, nicht auf die Materie eingeht (vgl. Z 11, 1037'24- 29). Das Sein der Form lallt sich also ohne Verweis auf etwas von ihr Verschiedenes und ihr damit Vorgeordnetes bestimmen. Wie aber bringt es die Form zustande, zumindest in gewisser Hinsicht letztlich Zugrundeliegendes zu sein? Sie tut dies, indem sie das ist, was der Gegenstand eigentlich und letztlich ist. Wenn der Gegenstand Trager der Widerfahrnisse ist, der Gegenstand aber eigentlich die Form ist, dann ist letztlich, wenn auch auf diese vermittelte Weise, die Form das, was den Widerfahrnissen zugrundeliegt. Die Form ist das Primare; sie nimmt eine Materie an, urn einen konkreten Gegenstand zu bilden, dem seinerseits der Form entsprechende Widerfahrnisse zukommen. Dall Aristoteles meint, das, was der Erfahrungsgegenstand eigentlich ist, sei die Form, tritt nirgends so deutlich zutage wie in Z 8. Dart unterscheidet Aristoteles die eherne Kugel, die entsteht und vergeht, von der Kugelform, welche nicht dem Entstehen und Vergehen unterworfen ist. Auf diese Kugelform bezieht er sich, wenn er von der Kugel spricht, welche die eherne Kugel ist (vgl. 1033'Jo, b J). Sie ist das, was die eherne Kugel eigentlich, von sich selbst her, ist. Wenn sich Aristoteles schon im zweiten Satz von Z I auf die ousia als das Was einer Sache bezieht und dies dann im folgenden den Widerfahrnissen gegeniiberstellt, dann steht dahinter die Auffassung, dall das, was ein Erfahrungsgegenstand eigentlich ist, eben nicht seine Widerfahrrusse sind, sondern etwas anderes, was diesen Widerfahrnissen zugrundeliegt. 1m Faile des Sokrates etwa ware es das, worauf man sich bezieht, wenn man sagt, er sei ein Mensch. Dabei aber handelt es sich urn eine I:£.Ll}l, die an einer realisiert ist. Dies kann auf zwei Weisen verstanden werden, je nachdem, wie der Relativsatz "die an einer bestimmten Materie realisiert ist" verstanden wird: (i) Es kann so verstanden werden, dall es sich bei dem Menschen, der Sokrates ist, urn eine Form handelt, von der natiirlich weiterhin gilt, dall sie an einer bestimmten Materie realisiert ist; (ii) Es kann aber auch so verstanden werden, dall es sich bei dem Menschen, der Sokrates ist, urn den konkreten Menschen, das aus Form und Materie Zusammengesetzte, handelt. Aristoteles scheint der ersten Ansicht zuzuneigen. Nicht nur behandelt er die Satzform " ... ist eine Kugel"
VI. Die Theorie von Metaphysik Z
in Z 8 auf diese Weise; die Kapitel uber die Definition, welche das Was einer Sache spezifiziert, indem sie ihr )) Was es heif3t, dies zu sein" angibt, versuchen zu zeigen, dall die Definition nur die Form des wahrnehmbaren Gegenstandes erfallt, wenn auch auf eine Weise, die es deutlich werden liiIlt, dall eine solche Form nur an einer geeigneten Materie realisiert werden kann. Die Materie ist nach diesen Kapiteln entschieden nicht Teil des Was einer Sache. Die Form kiinnte also insofern als letztlich Zugrundeliegendes betrachtet werden, als sie das ist, was ein Erfahrungsgegenstand eigentlich ist (vgl. dazu auch den letzten Abschnitt dieser Einleitung). Wenn wir also nach einer ousia suchen, welche nicht nur unserer Intuition entspricht, bei dem primar Seienden handle es sich urn das, was allem anderen, das es gibt, zugrundeliegt, sondern auch die Bedingungen erfullt, die sich aus dem Prinzipiencharakter der ousia ergeben, dann ist die Form der meistversprechende Kandidat. Fur diese These spricht auch die Tatsache, dall das "Was es heillt, dies zu sein" fur die ousia gehalten wird. Denn fur die Platoniker ist ja die ousia zunachst einmal das, was durch die Definition erfallt wird. Und diese Auffassung scheint berechtigt zu sein. Denn einerseits ist das n Was es heif3t, dies zu sein" das, was eine Sache eigentlich, von ihr selbst her, ist. So ist es auch in gewisser Hinsicht mit der Sache selbst dann identisch, wenn es sich bei dieser Sache urn einen wahrnehmbaren Gegenstand handelt. (Handelt es sich bei der Sache dagegen urn eine Form, dann sind die Sache und ihr "Was es heillt, dies zu sein" schlechtweg identisch.) Andererseits ist das "Was es heillt, dies zu sein" einer Sache auch die U rsache ihres Seins. Die Identifikation der ousia mit dem )) Was es heifit, dies zu sein" scheint also zu Recht zu bestehen. Eine genaue Betrachtung von Definitionen zeigt nun, dall das "Was es heiEt, dies zu sein" mit det Form identisch ist. Denn sich, - dall Defmitionen auch wahrnehmbarer Gegenstande Definitionen ihrer Form sind. Da aber das n Was es heiEt, dies zu sein" das ist, was durch die Definition spezifiziert wird, dies aber die Form ist, mussen auch Form und "Was es heiSt, dies zu sein" zusammenfallen. Auch so also bestatigt sich die These, die Form sei die ousia. Eine weitere Bestatigung erhilt die These durch Reflexion auf die blolle Tatsache, dall es sich bei der ousia urn ein ErkJarungsprinzip handelt. In Kapitel 17 versucht Aristoteles zu zeigen, dall bei wahrnehmbaren Gegenstanden die Suche nach einer Erklarung immer auf die Suche nach der Form und clem "Was es heifit, dies zu sein" hinauslauft, deren Anspruch darauf, die eigentliche ousia zu sein, also auch auf diese Weise bestatigt wird.
Einlt itung
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Nun konnte man sich das Was einer Sache, ihr "Was es heiBt, dies zu sein", ihre Form, auch als etwas Allgemeines vorstellen. Man konnte den Satz "Dies ist ein Mensch" so auffassen, dafi sich "Mensch" hier auf etwas Allgemeines bezieht, zu dem der Gegenstand, von dem in dem Satz die Rede ist, in einer besonderen Beziehung steht, etwa der der Teilhabe. Dieser Auffassung sind die Platoniker. Aristoteles bestreitet nicht, daB man den Satz so verstehen kann, daB es sich bei "Mensch" urn eln allgemeines Priidikat handelt (vgl. Z 10, 103jb27- 28). Aber er bestreitet entschieden, daB es sich bei dem, was durch das so verstandene Pradikat bezeichnet wird, urn eine ousia, urn das "Was es heiBt, dies zu sein" eines Menschen handelt (vgl. Z 10, 103jb27- 30; Zlj, 1038b8- 9, b34- 3j ). Damit nimmt er auch von der von ihm selbst noch in der Kategorienschrift vertretenen Ansicht Abstand, Arten und Gattungen, die als etwas Allgemeines von individuellen Gegenstiinden ausgesagt werden, seien zumindest sekundiire Quslai. Allgemeines also kann als das Was bzw. das "Was es heiBt, dies zu sein" einer Sache betrachtet werden, weB das Was jeweils das ist, was die Sache selbst ist (vgl. Z lj, 1038blO- 17). Noch kann Allgemeines ein unabdingbarer Bestandteil des Was einer Sache sein und damit im Sinne von 88, 1017b'4ff., als ousia betrachtet werden. Denn in dies em Faile setzte sich das Was einer Sache aus mehreren Universalien zusammen, die siimtlich darauf Anspruch erheben konnten, in diesem Sinne ousia zu sein. Eine ousia, namlich das Was einer Sache, kann aber nicht aus mehreren tatsiichlichen ousiai bestehen. Denn diesen wurde die fur eine ousia notige Einheit fehlen. Ousiai im primiiren Sinn sind also individuelle F:o':,men, in einem erweiterten Sinn dann aber auch die konkreten Gegenstiinde, welche sich aus diesen Formen und der geeigneten Materie konstituieren . Nur sie erfullen die Bedingung, gleichzeitig den wechselnden Widerfahrnissen zugrundezuliegen und Prinzipien des Seienden zu sein.
VII.
EINE KURZE WURDIGUNG DER THEORIE
Die in Z entwickelte ontologische Theorie hat grallen Einflull auf die hellenistische und die spiitantike Metaphysik und somit direkt und indirekt auf aile spiitere Metaphysik ausgeiibt. Wenn es auch bei dem gegenwiirtigen Stand der Forschung wegen un serer geringen Kenntnis der hellenistischen und der spiitantiken Metaphysik noch schwer ist, diesen Einflull im einzelnen nachzuzeichnen, so steht doch z. B. soviel fest, dall die fiir Z charakteristische Lehre von immanenten individuellen Formen weitgehend von den Stoikern (man vgl. deren Lehre von den tOlal 1[016t1]to lDud> A13X?, S"OTiSl0,? lUX ugp
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die, immer wieder gesrellt, jedesmal in Schwierigke.it fiihn, die Frage nimlich, was das Seiende 1St, eigentlich die Frage danach ist, was die ousia ist (deon von diesem behaupten die eineo, es sci eines, die anderen, es sci mehr als eines, und zwar nach den einen von begrenzter, nach den anderen von unbegreozter Anzahl); daher sollten auch wir vor aHem und zunachst und s.ozusagen ausschlieBlich die Frage untersuchen, was denn das sei, was auf diese Weise Seiendes ist.
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KAPITEL Z
Nun scheint es am ehesten bei den Karpern klar zu sein, daB ihnen das Pradikat "ousia" zukommt. Daher sagen wir sowohl von den Tieren und den Pflanzen als auch von ihren Teilen, dail es sich urn ousiai handelt; ferner auch von den Naturkarpern, d. h. dem Feuer, dem Wasser, der Erde und jedem, was von dieser Art ist, uberdies von aHem, was Teil von ihnen ist oder sich aus ihnen, sei es aus jeweils einem Teil von ihnen, sei es aus ihnen in ihrer Gesamtheit, zusammensetzt, wie z. B. das Universum und seine TeiIe, Sterne, Mand und Sonne. Ob dies abet die einzigen ousiai sind, oder ob es auch noch andere gibt, oder ob nur einige von diesen ousiai sind, oder ob es neben diesen einigen auch unter den anderen Dingen einige ousiai gibt, oder ob unter den etsteren sich keine ousia findet, es dafUt aber bestimmte andere ousiai gibt, das muG untersucht werden. Einige aber meinen, daG die G renzen des Karpers, d. h. Flache, Linie und Punkt bzw. Einheit, ousiai seien, und zwar in einem strengeren Sinne als der physische und der matherna tische Karper. Ferner meinen die einen, daG es iiber die wahrnehmbaren Gegenstande hinaus nichts von der Art gibt, wahrend die anderen meinen, es gebe sagar mehrere Arten soIcher ousiai, die dies in einem noch strengeren Sinne sind, da sie ewig seien. So nimmt Platan die Ideen und die mathematischen Gegenstande als zwei Arten von ousia an, und daneben erst als dritte die ousia der wahrnehmbaren Karper. Speusipp nimmt sogar noch mehr Arten von ousia an, wobei er mit dem Einen beginnt, und dazu noch Prinzipien fUr jede Art von ousia: eines fUr Zahlen, eines fur Grofien und schlieBlich eines fUr die Seele. Und so zieht et auf diese Weise die Reihe der ousiai in die Lange. Einige dagegen meinen, daB die Natur der Formen mit der der Zahlen zusammenfalle, dafi aber alles Obrige sich ihnen der Reihe nach anschliefie, zuerst Linien und Flachen, bis hin zur·ousia des Firmaments und zu den wahrnehmbaren Gegenstanden. Was nun diese Dinge angeht, so muG man zusehen, was davon treffend behauptet wird und was nicht: welche Dinge ousiai sind) und ob es irgendwelche ousiai neben den wahrnehmbaren gibt oder nicht und in welcher Weise die, die es gibt, existieren; insbesondere, ob es (neben den wahrnehmbaren) eine abgetrennte ousia gibt, und warum und in welcher Weise sie so existiert, oder ob es keine gibe. Vorher aber mussen wir im UmriB angeben, was eigentlich die ousia ist.
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Wenn jemand nun bestreiten sollte, daB eine Formel. die auf HinzufUgung beruht, eine Definition sei, dano entsteht die schwierige Frage, ob es uberhaupt fur irgendwelche Dinge, die nicht einfach, sondern gepaart sind, eine Definition geben kann. Denn dergleichen liBt sich nur erklaren, indem man etwas runzufiigt. Was ich meine, ist dies: Es gibt die Nase und die Konkavheit, und auilerdem gibt es noch die Stupsigkeit, das aus beiden so Zusammengesetzte, daB davon die Rede ist, daB sich dies an jenem findet. Und daB die Konkavheit und die Stupsigkeit der Nase widerfahren, ist jedenfalls nicht akzidentell; sondern sic kommen ihr von ihr selbst aus zu. Und nicht in der Weise, in der das Weiile clem Kallias oder clem Menschen zukommt, wei! Kallias Weil3es und dieses zuEmig ein Mensch ist, sandern in der Weise, wie das Mannliche dem Lebewesen und das Gleiche der Quantitiit zukommt und iiberhaupt all das, von dem man sag!, es komme einer Sache von ihr selbst aus zu. Dieser Fall liegt aber iiberall dart vor, wo in der Erklarung der Sache entweder die Formel oder der Name dessen auftritt, wovon das zu Erkliirende ein Widerfahrnis ist und ohne des sen Erwahnung es nicht erkliirt werden konnte, wie man denn das WeiBe ohoe Bezugnabme auf den Menscheo, nicht abet das Weibliche ohoe Bezugnahme auf das Lebeweseo erklaren kann. Daraus foIgt, dail es bei diesen Dingen das "Was es heiEt, dies zu sein" und auch die Definition iiberhaupt nicht gibt, oder wenn es sie gibt, dann in eioem anderen Sinne, wie wir ja schon eriautert haben. Es gibt hinsichtlich dieser Dinge aber noch eine weitere Schwierigkeit: Weno namlich eine stupsige Nase und eine konkave Nase dasselbe sind, dano wiirde das Stupsige mit dem Konkaven zusammenfallen. Wenn sie aber nicht dasselbe sind, wei I es namlich unmoglich ist, vom Stupsigen zu sprecheo, obne zugleich die Sache zu erwiihnen. an der es als etwas auftritt) das ihr von ihr selbst aus widerHihrt (dcnn das Stupsige ist ja nichts anderes als Konkavitiit an der Nase), dann ist es entweder nicht moglich zu sagen. was eine stupsige Nase ist, oder man wird zweimal dassel be sagen: konkave Nase Nase. Deon die stupsige Nase wiirde eine konkave Nase Nase sein. Daher ware es absurd, wenn dergleichen Dingen ein .. Was es heiGt, dies zu sein" zukommcn sollte. Wenn es aber nicht so ist, dann hatten wir einen unendlichen RegreB. Denn cine stupsige Nase Nase wird noch etwas weiteres enthalten. Es durfte damit wohl klar sein, daB es eine Definition nur von der ousia gibt. Denn wenn es sie auch von den anderen Arten von Priid.ikaten gibt, clann miiBten diese Definitionen auf Hinzufiigung beruhen, wie im Fall des
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Obersetzung
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noch mehr Terme bei der Formulierung gebraucht werden. Es kommt aber I03sa uberhaupt nicht darauf an, ob die Definition durch viele oder wenige Terme ausgcdruckt wird, also auch nicht, ob durch wenige oder nur zwei. Von diesen beiden ware dann der dne die differentia, der andere die Gattung. So ist z. B. im Fall von "zweifulliges Lebewesen" Lebewesen Gattung,.. das andere aber '5 differentia. Wenn es nun die Gattung neben den Arten (im Sinne der Arten einer Gattung) uberhaupt nicht gibt, oder wenn es sie zwar gibt, aber nur ais Materie (denn der artikulierte Laut ist sowohl Gauung ais auch Materie, und die differentiae machen aus ihm die Arten, d. h. die Buchstaben), dann ist es offenkundig, dail die Definition die Forme! ist, die aus den differentiae besteht. Aber weiterhin mull man bei der Einteilung darauf achten, daB man sich an eine differentia halt, die wirklich cine differentia der jeweils vorliegenden differentia ist. So 1St etwa das mit Fufien Versehene differentia des Lebewesens; a lO will man das nun weiter einteilen, dann muil man wissen, welche differentia das mit Fiillen versehene Lebewesen eben ais ein mit FuBen versehenes hat. Man darf also nicht sagen, daB von dem mit FiiBen Versehenen das eine geflugeit und das andere ungefliigelt ist, wenn man denn die Sache angemessen darstellen will - denn soIche Fehler macht man nur aus Unfahigkeit-, vielmehr mull man eher sagen, das eine sei spaltfiiBig, das andere aber nicht spaltfufiig. Denn diese sind differentiae des Fulles. Die Spaltfiilligkdt ist namlich eine a I 5 Art der FiiBigkeit. Und so sollte man jeweils fottschreiten, bis man zu clem gelangt, was keine differentiae mehr hat. Dann aber wird es genau so viele Arten des Fulles wie differentiae geben, und die Zahl det Arten von mit Fiif3en versehenen Lebewesen wird der Zahl von differentiae entsprechen. Wenn sich dies also so verhalt, dann ist es offenkundig, dall die letzte differentia die ousia der Sache und ihte Definition sein mull, wenn wir doch vermeiclen miissen, in 120 den Definitionen dasselbe mehrmals zu erwahnen. Denn das ware redundant. Genau das aber t!itt ein: Wenn man namlich sagt "ein mit Fu13en versehenes, zweifiii3iges Lebewesen", dann hat man nichts anderes gesagt ais "ein Lebewesen, welches FuBe hat, welches zwei FuBe hat". Und wenn man dies weiter nach der treffenden Einteilung einteilt, dann wird man dieselbe Sache noch ofter erwahnen, und zwar ebenso oft, wie es differentiae gibt. Wenn es sich nun so ergibt, daB die differentia jeweils differentia der a 25 vorhergehenden ist, dann wird die letzte differentia eine Einheit darstellen, namlich die Form und die ousia. Wenn dagegen die differentia d ie jeweils vothergehende nur akzidentell einteilt, wie wenn man das mit Fullen Versehene in Weilles und Schwarzes einteilt, dann erhielte man eine letzte differentia, die so viele Sachen ware, wie man Schnitte hat. E s ist daher offenkundig, daB es sich bei der Definition urn eine Formel handelt, die aus den differentiae besteht, und zwar, genau gesagt, aus der letzten von diesen, jedenfalls, wenn man es richtig macht. Das wurde einem 130 klar werden, wenn man in solchen Definitionen eine U mstellung vornahme, wenn man z. B. als Definition des Menschen "zweifiifiiges, mit Fullen versehe-
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