Michael Schachtner
Accounting und Unternehmensfinanzierung Eine Analyse börsennotierter Unternehmen in Deutschland und der Schweiz
GABLER EDITION WISSENSCHAFT
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Dissertation Universität St. Gallen, 2008 E-Mail:
[email protected] 1. Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009 Lektorat: Claudia Jeske / Jutta Hinrichsen Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-1625-9
Vorwort Die Finanzierung von Unternehmen ist der Motor, die Bilanz das Getriebe welches Herkunft und Verwendung der Mittel wiederspiegelt. Dieses Zusammenspiel zwischen Accounting und Unternehmensfinanzierung veranlassten mich zur Verfassung dieser Arbeit. Sie füllt die Lücke bestehender Arbeiten aus diesem Forschungsbereich, die sich bereits mit empirischen Kapitalstrukturuntersuchungen beschäftigen, jedoch eine detaillierte Betrachtung der Finanzierungsstruktur außer acht lassen. Für die Wahl eines Finanzierungsinstrumentes spielen verschiedene Faktoren eine Rolle – der Kapitalmarkt ist ein Faktor. Steigen die Risikoprämien, weichen Konzerne, die sich über Anleihen finanzierten, auf das Kreditgeschäft aus. Ziel der Arbeit war zudem die Umstellung auf internationale Accounting Standards im Hinblick auf das Finanzierungsverhalten als weiteren Faktor zu untersuchen. Diese Arbeit entstand während meiner Tätigkeit am Competence Center Financial Sourcing (St. Gallen) und bei Peters, Schönberger & Partner (München). Viele Rahmenbedingungen, von denen ich bei der Verfassung meiner Arbeit profitiert habe, sind nicht selbstverständlich. Es ist mir ein besonderes Anliegen, mich an dieser Stelle bei denjenigen Personen zu bedanken, die mich bei der Realisierung der Dissertation unterstützt haben und Anteil am Gelingen der Dissertation haben. Mein besonderer Dank gilt Prof. Dr. Pascal Gantenbein für die fachliche Betreuung meiner Dissertation. Seine stetige Unterstützung, weiterführenden Anregungen und motivierenden Ratschläge haben mir geholfen, diese Arbeit zu verfassen. Die dabei gewährte Balance von akademischer Freiheit und kritischem Feedback waren wesentlich für die Prägung der Arbeit. In zahlreichen gemeinsamen Diskussionen konnte ich mein Verständnis für die Thematik und den Horizont erweitern, hiervon habe ich in fachlicher und persönlicher Hinsicht sehr profitiert. Ebenfalls bedanken möchte ich mich bei Prof. Dr. Klaus Spremann für die Übernahme des Koreferats und der Möglichkeit zur Teilnahme an den Forschungsveranstaltungen am Schweizerischen Institut für Banken und Finanzen. Seine hilfreichen Anmerkungen haben immer wieder neue inspirierende und lehrreiche Impulse gegeben. Bei meinen Kollegen in St. Gallen und München – Felix Falkenberg, Florian Haagen, Sebastian Lang, Bozena Izabela Mierzejewska, Stefan Reitbauer, Alexander Scheld, Oliver Wilke – bedanke ich mich für die freundschaftliche Zusammenarbeit und die zahlreichen konstruktiven und spannenden Diskussionen. Stefan Groß, Maik Paukstadt, Janine Rösler, Christopher Schönberger und Bernhard Winterstetter danke ich für ihre Unterstützung – ohne die flexiblen Arbeitszeiten wäre diese Arbeit nicht realisierbar gewesen.
VI
Vorwort
Für die angenehme Zusammenarbeit und stete Hilfsbereitschaft durch die verschiedenen Phasen der Promotion bedanke ich mich bei Monika Kohler, Anna Schlegel und Fiorella Schmucki. Herzlichen Dank an Christian Tebbe für die kritische Durchsicht des Manuskripts und seine sprachlichen und formalen Verbesserungsvorschläge. Schließlich bedanke ich mich bei meiner Schwester und meinen Eltern, die mir meine akademische Ausbildung ermöglicht haben, für ihr Verständnis und ihre großartige Unterstützung – nicht nur während der Erstellung der Arbeit. Ihnen widme ich die Dissertation. Michael Schachtner
Inhaltsübersicht 1 Einführung ................................................................................................................ 1 1.1 Motivation und Problemstellung ....................................................................... 1 1.2 Forschungsfragen ............................................................................................... 3 1.3 Forschungsbeitrag und Adressaten .................................................................... 5 1.4 Aufbau der Arbeit .............................................................................................. 6 2 Grundlagen der Finanzierungspolitik und Kapitalstruktur ................................ 9 2.1 Definitionen ....................................................................................................... 9 2.2 Finanzierung und Unternehmensbewertung .................................................... 15 2.3 Kapitalstruktur-Theorien ................................................................................. 17 2.4 Steuern und Verschuldung ............................................................................... 31 2.5 Zwischenergebnis ............................................................................................ 35 3 Finanzierungsinstrumente und Accounting ......................................................... 38 3.1 Finanzsysteme und Finanzierung .................................................................... 38 3.2 Systematisierung von Finanzierungsinstrumenten .......................................... 42 3.3 Passive Finanzierungsinstrumente ................................................................... 48 3.4 Entwicklung internationaler Accounting Standards ........................................ 67 3.5 Accounting passiver Finanzierungsinstrumente .............................................. 76 3.6 Zwischenergebnis ............................................................................................ 93 4 Empirische Erkenntnisse und Hypothesen .......................................................... 96 4.1 Systematisierung bisheriger empirischer Studien............................................ 96 4.2 Bisherige Studienergebnisse ............................................................................ 99 4.3 Empirische Fakten und Defizite .................................................................... 107 4.4 Hypothesenformulierung ............................................................................... 109 4.5 Zusammenfassung Hypothesen ..................................................................... 116 5 Empirische Untersuchung ................................................................................... 118 5.1 Datenbasis ...................................................................................................... 118 5.2 Methodik ........................................................................................................ 120 5.3 Ergebnisse der Kapitalstrukturanalyse .......................................................... 123 5.4 Ergebnisse der Finanzierungsanalyse ............................................................ 132 5.5 Ergebnisse der Accounting-Change Effekte.................................................. 143 5.6 Ergebnisse der Kapitalstruktur-Determinanten ............................................. 152
VIII
Inhaltsübersicht
6 Diskussion der Ergebnisse und Implikation ...................................................... 159 6.1 Diskussion der Untersuchung ........................................................................ 159 6.2 Implikationen ................................................................................................. 173 6.3 Konkretisierung in Handlungsempfehlungen ................................................ 178 6.4 Kritische Würdigung...................................................................................... 179 7 Konklusion ............................................................................................................ 181 7.1 Zusammenfassung der Erkenntnisse.............................................................. 181 7.2 Wirkungszusammenhänge ............................................................................. 184 7.3 Ansätze zur weiteren Forschung .................................................................... 186 Anhang A Untersuchte Unternehmen ................................................................... 189 Anhang A.1 Datensatz DAX/SMI......................................................................... 189 Anhang A.2 Zeitpunkte Accounting-Changes ...................................................... 190 Anhang B Erweiterte Daten ................................................................................... 191 Anhang B.1 Kapitalstrukturanalyse ...................................................................... 191 Anhang B.2 Regressionsanalyse ........................................................................... 192 Anhang B.3 Kennzahlen ....................................................................................... 194 Literaturverzeichnis ................................................................................................. 195
Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis............................................................................................. XIII Tabellenverzeichnis................................................................................................... XV Abkürzungsverzeichnis ......................................................................................... XVII Symbolverzeichnis.................................................................................................... XIX 1 Einführung ................................................................................................................ 1 1.1 Motivation und Problemstellung ....................................................................... 1 1.2 Forschungsfragen ............................................................................................... 3 1.3 Forschungsbeitrag und Adressaten .................................................................... 5 1.4 Aufbau der Arbeit .............................................................................................. 6 2 Grundlagen der Finanzierungspolitik und Kapitalstruktur ................................ 9 2.1 Definitionen ....................................................................................................... 9 2.1.1 Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes ............................................ 9 2.1.2 Begriff der Finanzierung und Kapitalstruktur ........................................... 11 2.1.3 Finanzanalyse und Eigenkapitalquote ....................................................... 13 2.2 Finanzierung und Unternehmensbewertung .................................................... 15 2.3 Kapitalstruktur-Theorien ................................................................................. 17 2.3.1 Traditionelle Theorie der optimalen Kapitalstruktur ................................ 19 2.3.2 Neoklassische Kapitalstrukturtheorie........................................................ 20 2.3.2.1 Modigliani-Miller Thesen ................................................................ 20 2.3.2.2 Trade-off Theorie ............................................................................. 24 2.3.3 Neoinstitutionelle Kapitalstrukturtheorie .................................................. 25 2.3.3.1 Agency Theorie ................................................................................ 25 2.3.3.2 Signaling Theorie ............................................................................. 27 2.3.3.3 Pecking-Order Theorie ..................................................................... 28 2.3.4 Market Timing Theorie ............................................................................. 30 2.4 Steuern und Verschuldung ............................................................................... 31 2.4.1 Modigliani-Miller Thesen mit Steuern...................................................... 31 2.4.2 Fremdkapital und Zinsschranke ................................................................ 33 2.5 Zwischenergebnis ............................................................................................ 35
X
Inhaltsverzeichnis
3 Finanzierungsinstrumente und Accounting ......................................................... 38 3.1 Finanzsysteme und Finanzierung .................................................................... 38 3.2 Systematisierung von Finanzierungsinstrumenten .......................................... 42 3.2.1 Dimensionen.............................................................................................. 42 3.2.2 Kriterium der Herkunftsquelle .................................................................. 44 3.2.3 Kriterium der Rechtsstellung .................................................................... 46 3.3 Passive Finanzierungsinstrumente ................................................................... 48 3.3.1 Überblick ................................................................................................... 48 3.3.2 Finanzierung durch Eigenkapital .............................................................. 50 3.3.3 Finanzierung durch Fremdkapital ............................................................. 52 3.3.3.1 Entwicklungstendenzen .................................................................... 52 3.3.3.2 Bankkredit ........................................................................................ 53 3.3.3.3 Anleihe und Schuldscheindarlehen .................................................. 54 3.3.3.4 Geldmarktinstrumente ...................................................................... 57 3.3.3.5 Leasing ............................................................................................. 59 3.3.3.6 Asset Backed Securities (ABS) ........................................................ 60 3.3.4 Finanzierung durch hybrides Kapital ........................................................ 61 3.3.4.1 Entwicklung ...................................................................................... 61 3.3.4.2 Optionsanleihe .................................................................................. 64 3.3.4.3 Wandelanleihe .................................................................................. 64 3.3.4.4 Genussschein .................................................................................... 65 3.3.4.5 Gründe einer Emission ..................................................................... 66 3.4 Entwicklung internationaler Accounting Standards ........................................ 67 3.4.1 Koordinations- und Informationsfunktion ................................................ 67 3.4.2 Konkurrenz der Accounting Regimes ....................................................... 68 3.4.3 Einflussfaktoren der Internationalisierung ................................................ 70 3.4.4 International Financial Reporting Standards (IFRS) ................................ 72 3.4.5 Situation in Deutschland und der Schweiz................................................ 74 3.5 Accounting passiver Finanzierungsinstrumente .............................................. 76 3.5.1 Accounting als Spiegelbild der Finanzierung ........................................... 76 3.5.2 Relevante IFRS Standards......................................................................... 77 3.5.3 Ansatz und Bewertung originärer passiver Finanzierungsinstrumente..... 79 3.5.3.1 Generalnormen nach IFRS ............................................................... 79 3.5.3.2 Eigenkapital ...................................................................................... 81 3.5.3.3 Finanzielle Verbindlichkeiten .......................................................... 82 3.5.4 Ansatz und Bewertung hybrider Finanzierungsinstrumente ..................... 85
Inhaltsverzeichnis
3.5.4.1 3.5.4.2 3.5.4.3 3.5.4.4 3.5.4.5
XI
Theorie der Eigenkapitalabgrenzung................................................ 85 Optionsanleihe .................................................................................. 87 Wandelanleihe .................................................................................. 88 Genussschein .................................................................................... 89 Ausblick ............................................................................................ 91
3.5.5 Accounting-Change................................................................................... 92 3.6 Zwischenergebnis ............................................................................................ 93 4 Empirische Erkenntnisse und Hypothesen .......................................................... 96 4.1 Systematisierung bisheriger empirischer Studien............................................ 96 4.2 Bisherige Studienergebnisse ............................................................................ 99 4.2.1 Grundlegende Studien ............................................................................... 99 4.2.2 Studien zur Kapitalstruktur ..................................................................... 102 4.2.2.1 Firmenspezifische Determinanten .................................................. 102 4.2.2.2 Makroökonomische Determinanten ............................................... 104 4.2.3 Studien zum Accounting-Change ........................................................... 106 4.3 Empirische Fakten und Defizite .................................................................... 107 4.4 Hypothesenformulierung ............................................................................... 109 4.4.1 Wirkungszusammenhänge ...................................................................... 109 4.4.2 Hypothesen zur Kapitalstruktur (H1) ...................................................... 111 4.4.3 Hypothesen zur Finanzierung (H2) ......................................................... 112 4.4.4 Hypothesen zu Accounting-Change Effekten (H3) ................................ 113 4.4.5 Hypothesen zu Kapitalstruktur-Determinanten (H4) .............................. 115 4.4.6 Hypothese zum Ländervergleich (H5) .................................................... 116 4.5 Zusammenfassung Hypothesen ..................................................................... 116 5 Empirische Untersuchung ................................................................................... 118 5.1 Datenbasis ...................................................................................................... 118 5.2 Methodik ........................................................................................................ 120 5.2.1 Analytisches Modell................................................................................ 120 5.2.2 Definition Verschuldungsgrad ................................................................ 122 5.3 Ergebnisse der Kapitalstrukturanalyse .......................................................... 123 5.4 Ergebnisse der Finanzierungsanalyse ............................................................ 132 5.4.1 Detaillierte Kapitalstruktur...................................................................... 132 5.4.2 Finanzierungsinstrumente ....................................................................... 136 5.5 Ergebnisse der Accounting-Change Effekte.................................................. 143
XII
Inhaltsverzeichnis
5.5.1 Zeitpunkte der Accounting-Changes....................................................... 143 5.5.2 Berechnungsmethodik ............................................................................. 145 5.5.3 Bilanzeffekt ............................................................................................. 147 5.5.4 Bewertungsmassstäbe ............................................................................. 150 5.6 Ergebnisse der Kapitalstruktur-Determinanten ............................................. 152 5.6.1 Variablen des Modells............................................................................. 152 5.6.2 Regression ............................................................................................... 156 6 Diskussion der Ergebnisse und Implikation ...................................................... 159 6.1 Diskussion der Untersuchung ........................................................................ 159 6.1.1 Überblick ................................................................................................. 159 6.1.2 Kapitalstruktur (H1) ................................................................................ 160 6.1.3 Finanzierung (H2) ................................................................................... 162 6.1.4 Accounting-Change (H3) ........................................................................ 166 6.1.5 Kapitalstruktur-Determinanten (H4) ....................................................... 169 6.1.6 Ländervergleich (H5) .............................................................................. 171 6.2 Implikationen ................................................................................................. 173 6.2.1 Finanzanalyse .......................................................................................... 173 6.2.2 Implikation für Kapitalmarktteilnehmer ................................................. 174 6.2.3 Implikationen für das Finanzmanagement .............................................. 176 6.3 Konkretisierung in Handlungsempfehlungen ................................................ 178 6.4 Kritische Würdigung...................................................................................... 179 7 Konklusion ............................................................................................................ 181 7.1 Zusammenfassung der Erkenntnisse.............................................................. 181 7.2 Wirkungszusammenhänge ............................................................................. 184 7.3 Ansätze zur weiteren Forschung .................................................................... 186 Anhang A Untersuchte Unternehmen ................................................................... 189 Anhang B Erweiterte Daten ................................................................................... 191 Literaturverzeichnis ................................................................................................. 195
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1-1: Struktur der Arbeit. ............................................................................... 8 Abbildung 2-1: Konzept des Leverage-Effekts. ........................................................... 16 Abbildung 2-2: Traditionelle These vom optimalen Verschuldungsgrad. ................... 19 Abbildung 2-3: Verlauf der Eigenkapitalkosten bei MM. ............................................ 23 Abbildung 2-4: Steuervorteile versus Konkurskosten. ................................................. 25 Abbildung 2-5: Konzept der Agency Theorie. ............................................................. 27 Abbildung 2-6: Konzept der Pecking-Order Theorie. .................................................. 29 Abbildung 2-7: Leverage Effekt im MM-Modell mit Steuern. .................................... 33 Abbildung 3-1: Dimensionen von Finanzierungsinstrumenten. ................................... 42 Abbildung 4-1: Wirkungszusammenhänge I (Hypothesen). ...................................... 110 Abbildung 5-1: Mittlere Eigenkapitalquote zu Buchwerten (DAX, balanced). ......... 126 Abbildung 5-2: Mittlere Eigenkapitalquote zu Buchwerten (SMI, balanced)............ 126 Abbildung 5-3: Veränderung der Fremdkapitalstruktur (DAX). ................................ 134 Abbildung 5-4: Veränderung der Fremdkapitalstruktur (SMI). ................................. 134 Abbildung 5-5: Fristigkeit des Fremdkapitals (DAX). ............................................... 135 Abbildung 5-6: Fristigkeit des Fremdkapitals (SMI). ................................................ 135 Abbildung 5-7: Finanzierungsstruktur (DAX). .......................................................... 139 Abbildung 5-8: Finanzierungsstruktur (SMI). ............................................................ 139 Abbildung 5-9: Differenzierungsgrad und Wachstum (DAX). .................................. 142 Abbildung 5-10: Differenzierungsgrad und Wachstum (SMI). .................................. 142 Abbildung 5-11: Isolierung des Accounting-Change Effekts. ................................... 145 Abbildung 5-12: Vergleich EPS und Cash flow per Share (DAX). ........................... 151 Abbildung 5-13: Vergleich EPS und Cash flow per Share (SMI). ............................. 151 Abbildung 6-1: Ranking der Finanzierungsinstrumente............................................. 177 Abbildung 7-1: Wirkungszusammenhänge II (Ergebnisse). ...................................... 185
Tabellenverzeichnis Tabelle 2-1: Kennzahlen der Finanzanalyse. ................................................................ 14 Tabelle 3-1: Stilisierter Vergleich der Finanzsysteme.................................................. 39 Tabelle 3-2: Systematisierung von Finanzierungsinstrumenten. .................................. 43 Tabelle 3-3: Merkmale von Eigen- und Fremdkapital. ................................................ 47 Tabelle 3-4: Berechnungsschema der Netto-Finanzverbindlichkeiten. ........................ 49 Tabelle 3-5: Ausgestaltung von Anleihen. ................................................................... 56 Tabelle 3-6: Eigenschaften von hybridem Kapital. ...................................................... 63 Tabelle 3-7: Charakter von Accounting-Systemen....................................................... 69 Tabelle 3-8: Gliederungsschema der Passivseite. ......................................................... 76 Tabelle 3-9: Relevante IFRS Standards für Finanzierungsinstrumente. ...................... 78 Tabelle 3-10: Gliederung des Eigenkapitals nach IFRS. .............................................. 82 Tabelle 3-11: Accounting von finanziellen Verbindlichkeiten. ................................... 83 Tabelle 3-12: Kapitalgliederungskonzept (Dreiklassengliederung). ............................ 87 Tabelle 3-13: Bilanzierung Wandelanleihe. ................................................................. 89 Tabelle 3-14: Bilanzierung Genussschein. ................................................................... 90 Tabelle 3-15: Theoretische Effekte des Accounting-Change. ...................................... 92 Tabelle 4-1: Systematisierung bisheriger Studien. ....................................................... 98 Tabelle 4-2: Bisherige empirische Ergebnisse (I). ..................................................... 100 Tabelle 4-3: Bisherige empirische Ergebnisse (II). .................................................... 106 Tabelle 4-4: Branchenspezifische Eigenkapitalquoten. .............................................. 108 Tabelle 4-5: Zusammenfassung Hypothesen. ............................................................. 117 Tabelle 5-1: Datenbasis............................................................................................... 120 Tabelle 5-2: Analyse-Bilanz. ...................................................................................... 121 Tabelle 5-3: Definition Verschuldungsgrad. .............................................................. 123 Tabelle 5-4: Kapitalstruktur (DAX). .......................................................................... 124 Tabelle 5-5: Kapitalstruktur (SMI). ............................................................................ 125
XVI
Tabellenverzeichnis
Tabelle 5-6: Markt- und Buchwerte der Verschuldung (DAX, SMI). ....................... 127 Tabelle 5-7: Verteilung der Eigenkapitalquote (DAX). ............................................. 129 Tabelle 5-8: Verteilung der Eigenkapitalquote (SMI). ............................................... 130 Tabelle 5-9: Branchenspezifische Analyse Eigenkapitalquote (DAX, SMI). ............ 131 Tabelle 5-10: Steigerung der Eigenkapitalquote (DAX, SMI). .................................. 131 Tabelle 5-11: Detaillierte Analyse der Kapitalstruktur (DAX, SMI). ........................ 133 Tabelle 5-12: Finanzierungsinstrumente und Einsatzgrad (DAX, SMI). ................... 137 Tabelle 5-13: Diversifikation von Finanzierungsinstrumenten (DAX, SMI)............. 140 Tabelle 5-14: Accounting Change (DAX). ................................................................. 144 Tabelle 5-15: Accounting-Change Effekte (DAX)..................................................... 148 Tabelle 5-16: Accounting-Change Effekte (SMI). ..................................................... 149 Tabelle 5-17: Variablen des Regressionsmodells. ...................................................... 152 Tabelle 5-18: Ergebnisse der Regression (DAX, SMI). ............................................. 158 Tabelle 6-1: Überblick der eigenen Ergebnisse. ......................................................... 160 Tabelle 6-2: Erwartete Richtung der Koeffizienten.................................................... 169 Tabelle 7-1: Zusammenfassung Hypothesen (Kurzform). ......................................... 183 Tabelle A-1: Zusammensetzung der DAX-/SMI-Datensätze………………………. 189 Tabelle A-2: Zeitpunkte Accounting-Changes (DAX, SMI)…………………...…... 190 Tabelle B-1: Hitzediagramm Eigenkapitalquoten zu Buchwerten (DAX)……...…. 191 Tabelle B-2: Hitzediagramm Eigenkapitalquoten zu Buchwerten (SMI)…………. 191 Tabelle B-3: Makroökonomische Daten (DAX, SMI)…………………………...… 192 Tabelle B-4: Deskriptive Statistik (DAX, SMI)……………………………………. 192 Tabelle B-5: Korrelation (DAX, SMI)……………………………………………… 193 Tabelle B-6: Kennzahlen der Finanzanalyse……………………………………….. 194
Abkürzungsverzeichnis ABS
Asset Backed Securities
AG
Aktiengesellschaft
AktG
Aktiengesetz (Deutschland)
ARS
Auction Rate Securities
BilMoG
Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (Deutschland)
BMJ
Bundesministerium der Justiz (Deutschland)
BO
Börsenordnung (Deutschland)
BR-Drs.
Bundesrat Drucksache
c.p.
ceteris paribus
CD
Certificate of Deposit
CDO
Collateralized Debt Obligation
CFPS
Cash-flow per Share
CLN
Credit Linked Notes
CP
Commercial Paper
DAX
Deutscher Aktienindex
DRSC
Deutsches Rechnungslegungsstandards Committee e.V.
DSR
Deutscher Standardisierungsrat
EBIT
Earnings before Interest and Taxes
EBITDA
Earnings before Interest, Taxes, Depreciation, Amortization
EBT
Earnings before Taxes
EG
Europäische Gemeinschaft
EK
Eigenkapital
EPS
Earnings per Share
ESt(G)
Einkommensteuer(-gesetz)
EU
Europäische Union
EUR
Euro
EVA
Enterprise Value Added
FASB
Financial Accounting Standards Board (US GAAP)
FER
Fachkommission für Empfehlungen zur Rechnungslegung (Schweiz)
FK
Fremdkapital
FRN
Floating Rate Notes
GAAP
Generally Accepted Accounting Principles
GuV
Gewinn- und Verlustrechnung
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
XVIII
Abkürzungsverzeichnis
HGB
Handelsgesetzbuch (Deutschland)
i.d.R.
in der Regel
IAS
International Accounting Standards
IASB
International Accounting Standards Board (IFRS)
IFRS
International Financial Reporting Standards
IPO
Initial Public Offering (Börsengang)
IRC
Internal Revenue Code (US-amerikanischer Steuergesetz)
k.A.
keine Angabe
KGaA
Kommanditgesellschaft auf Aktien
KMU
Kleine und mittelständische Unternehmen
KR
Kotierungsreglement (Schweiz)
KSt(G)
Körperschaftsteuer(-gesetz)
LBO
Leveraged Buyout
LIBID
London Interbank Bid Rate
LSE
London Stock Exchange
M&A
Mergers & Acquisitions
MBS
Mortgage Backed Securities
MCN
Multi Currency Notes
MTN
Medium Term Notes
n.F.
neue Fassung
NYSE
New York Stock Exchange
o.V.
ohne Verfasser
OR
Obligationenrecht
POT
Pecking-Order Theorie
REIT
Real Estate Investment Trust
rev.
revised
ROI
Return on Investment
S&P
Standard & Poors
SEC
Securities and Exchange Commission
SIC
Interpretation des Standing Interpretations Committee
SMI
Swiss Market Index
SPE
Special Purpose Entity (früher: Special Purpose Vehicle; SPV)
SWX
Swiss Stock Exchange
TOT
Trade-off Theorie
USA
United States of America (Vereinigte Staaten von Amerika)
Symbolverzeichnis x
Gewinn vor Abzug der Zinsen
V P V Uk
Standardabweichung Arithmetischer Mittelwert Standardabweichung Marktrate der Risikoklasse k
AB,T
Agency-Kosten
B
Fremdkapital (gehalten bei einem Outsider) Eigenkapital (zu Buchwerten)
EK-BW (M)
EK-MW/
Eigenkapital (zu Marktwerten)
EV
Unternehmenswert
FCF
Freier Cash-flow zur Bedienung der Kapitalgeber
FK
Fremdkapital
GKM
Gesamtkapital zu Marktwerten (GKM = EKM + FKM = EV)
i
Fremdkapitalkosten
J
Index des Unternehmens j
k
Kapitalstruktur-Determinante k
kp
Kosten der Vorzugsaktie vor Steuern
n
Anzahl der Perioden
P
Marktwert der Vorzugsaktie
r*EK
Eigenkapitalkosten
rd
Durchschnittliche Kapitalkosten (Eigen- und Fremdkapitalgeber)
rGK
Gesamtkapitalrendite
SO
Externes Eigenkapital (gehalten bei einem Outsider)
T
Steuersatz des Unternehmens (tax rate), z.B. KSt
V
Verschuldungsgrad
1 Einführung „There is no universal theory of the debt-equity choice, and no reason to expect one.“ Myers1 1.1 Motivation und Problemstellung Die Unternehmensfinanzierung und das Finanzmanagement von Unternehmen sind grundlegende betriebswirtschaftliche Leistungsprozesse, die zu Wachstum durch Investition und Produktion in der Realwirtschaft beitragen. In den letzten fünfzehn Jahren hat sich im Finanzmanagement mehr verändert, als während der 30 Jahre zuvor.2 Gleichzeitig hat sich für Unternehmen der direkte Zugang zu den Kapitalmärkten weiter geöffnet, auf denen ein breites Spektrum an Finanzierungsinstrumenten zur Verfügung steht.3 Zentrales Thema der Corporate Finance Forschung ist die Gestaltung und Optimierung der Kapitalstruktur. Im Mittelpunkt stand lange Zeit die Diskussion um die optimale Kapitalstruktur. Diese hat seit den theoretischen Beiträgen von Modigliani/Miller4 eine nachhaltige Beachtung gefunden, wurde doch die Notwendigkeit des Finanzmanagements grundsätzlich in Frage gestellt. Die theoretische Auseinandersetzung mit Kapitalstrukturtheorien ist fortgeschritten und gilt als ausgereift.5 Jedoch konnten bis heute keine abschließenden, universellen Erklärungsmodelle für die unterschiedlichen Kapitalstrukturen bei Unternehmen hervorgebracht werden.6 Neuere Forschungsrichtungen konzentrieren sich seit den Studien von La Porta7 auf den Einfluss institutioneller Rahmenbedingungen auf Kapitalmärkte und Unternehmen. Aktuelle Forschungsbeiträge in empirischen Studien stellen fest, dass Kapitalstrukturentscheidungen nicht nur von firmenspezifischen (internen) Faktoren, sondern auch von externen Rahmenbedingungen abhängen.8 Zu diesen Faktoren gehören das Finanzsystem (financial traditions) und damit zugehörige institutionelle und regulato-
1 2 3 4 5 6 7 8
Myers (2001), S. 81. Vgl. Boemle (2003), S. 909. Vgl. Sachverständigenrat (2005), S. 479. Modigliani/Miller (1958), Modigliani/Miller (1963). Vgl. Jostarndt/Wagner (2006), S. 2. Vgl. Myers (2001), S. 81, Copeland/Weston/Shastri (2007), S. 1093. Siehe etwa La Porta et al. (1997), La Porta et al. (2002), Djankov et al. (2006). Hierzu Antoniou/Guney/Paudyal (2006), S. 190: „(…) corporate financial decisions are not only dependent on company specific factors, but they are also guided by the financial, legal (…) traditions of the country in which the firms operate“.
2
1 Einführung
rische Faktoren (institutional and legal traditions) sowie das gesamtwirtschaftliche Umfeld (macroeconomic conditions).9 Bis auf wenige Ausnahmen konzentrieren sich bisherige Arbeiten zu Kapitalstrukturdeterminanten meist auf amerikanische oder europäische Unternehmen. Die Anzahl aktueller Studien für den Raum Schweiz/Deutschland ist gering. Ihre Aussagen beschränken sich meist auch auf die Betrachtung firmenspezifischer oder makroökonomischer Faktoren. Eine Überprüfung und Abschätzung, welchen Einfluss das Accounting Regime10 auf die Kapitalstruktur hat, ist bis vor kurzem auch gar nicht möglich gewesen, da nach Etablierung eines Standards nur inkrementelle Änderungen erfolgen und das Grundprinzip erhalten bleibt. Die Pflicht zur Aufstellung eines Jahresabschlusses nach IFRS11 (International Financial Reporting Standards) in der EU durch die Verordnung Nr. 1606/2002 vom 19.7.2002 lässt erstmalig eine Untersuchung der Auswirkungen von Accounting-Changes12 zu.13 Seit kurzer Zeit gibt es im deutschsprachigen Raum empirische Studien, die sich mit strukturellen Änderungen der Bilanz auseinandersetzen.14 Eine Analyse mit Finance Fokus über die konkrete Wahl von Finanzierungsinstrumenten für die Schweiz und Deutschland fehlt bisher. Dabei bietet gerade der Wandel in Kontinentaleuropa zu einem kapitalmarktorientierten Finanzsystem auch die Möglichkeit Veränderungen in der Unternehmensfinanzierung aufzuzeigen. Darüber hinaus eröffnet die Diskussion um die Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital eine theoretische Ausgangsbasis um die Auswirkungen auf den Verschuldungsgrad zu untersuchen. Für die Einbeziehung makroökonomischer Faktoren spricht die Tatsache, dass Angebot und Nachfrage von bestimmten Finanzierungsinstrumenten auch von den Zinszuschlägen für Bonitätsrisiken bestimmt werden, welche wiederum vom Zinsund Konjunkturzyklus am Kapitalmarkt beeinflusst sind. Durch die stärkere Kapitalmarktorientierung wird in der Theorie ein Rückgang der Finanzierung über Bankkredite prognostiziert. Aktuelle quantitative Studien über den tatsächlichen Rückgang dieses in der Vergangenheit stark genutzten Finanzierungsin9
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13
14
Eine Anmerkung zu den institutionellen Rahmenbedingungen bei Gaud et al. (2005). Eine aktuelle Auseinandersetzung mit makroökonomischen Faktoren bei Hackbarth/Miao/Morellec (2006). Unter dem Begriff Accounting Regime wird in dieser Arbeit die Gesamtheit der Accounting Standards (Rechnungslegungsgrundsätze und Normen) sowie der dazu gehörigen gesellschaftsrechtlichen Regelungen bezeichnet. In Deutschland sind dies Handelsgesetzbuch (HGB), Aktiengesetz (AktG) sowie die vom Deutschen Standardisierungsrat (DSR) aufgestellten Rechnungslegungsgrundsätze. In der Schweiz umfasst dies das Obligationenrecht (OR) sowie die von der Fachempfehlungen zur Rechnungslegung (FER) aufgestellten Rechnungslegungsgrundsätze. Die Bezeichnung IFRS in dieser Arbeit beinhaltet auch die IAS, die Teil der IFRS sind. Die (Kapitalstruktur-)effekte bei einer Umstellung des Accounting Standards werden im Folgenden als Accounting-Change Effekt bezeichnet. EG-Verordnung Nr. 1606/2002 der Europäischen Union betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsgrundsätze (sog. IAS-Verordnung). Siehe hierzu Kapitel 4.2.3.
1 Forschungsfragen
3
strumentes für Konzerne fehlen. Da die Emission von Aktien und Anleihen über alle Unternehmen hinweg gestiegen ist, ist anzunehmen, dass der Bankkredit damit substituiert wird.15 1.2 Forschungsfragen Die vorliegende Arbeit zur Unternehmensfinanzierung positioniert sich an der Schnittstelle zwischen Accounting und Finance. Ausgangspunkt der Forschungsfrage ist der Zusammenhang zwischen Kapitalstruktur, Accounting und kapitalmarktorientierten, originären Finanzierungsinstrumenten. Diese Fragestellungen wurden bisher nicht in diesem Kontext eingehend untersucht. x Empirische Evidenz des Wandels der Finanzierung bei börsennotierten Unternehmen ist nicht vorhanden. x Der Einfluss des Accounting Regimes als regulatorischer Faktor auf die Kapitalstruktur ist kaum untersucht. x Es fehlen aktuelle Studien über Kapitalstrukturdeterminanten über einen längeren Zeitraum. x Zudem existieren nur wenige Untersuchungen, die den Vergleich zwischen Deutschland und der Schweiz thematisieren. Die Arbeit greift diese Problemkomplexe, die aufgrund ihrer Verflechtung eine in sich abgeschlossene Forschungslücke darstellen, auf. Sie knüpft dabei an neuere Forschungsbeiträge aus dem deutschsprachigen Raum an, welche die Frage aufwerfen, inwieweit die Veränderung der Accounting Standards möglicherweise Einfluss auf die Finanzierungsstrategie von Unternehmen hat. Der vorliegenden Untersuchung liegen vier Forschungsfragen zugrunde: x
Wie haben sich die Kapitalstrukturen von Unternehmen in der Schweiz und Deutschland in den letzten Jahren verändert?
x
Hat sich durch den Wandel des Finanzsystems eine Veränderung in der Finanzierung von Unternehmen vollzogen?
x
Besteht ein Zusammenhang zwischen der Änderung des Accounting Regimes und der Eigenkapitalquote (Effekt des Accounting-Change)?
x
Welche firmenspezifischen und exogenen Faktoren beeinflussen die Kapitalstruktur und möglicherweise eine Finanzierungsentscheidung?
15
Vgl. Sachverständigenrat (2005), S. 457-459.
4
1 Einführung
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, einen Beitrag zur empirischen Evidenz dieser Fragestellungen zu leisten und deren Implikationen aufzuzeigen. Zu diesem Zweck werden zunächst in einem deskriptiven Teil in verdichtender Reihenfolge die Theorien zur Kapitalstruktur und das Verhältnis von Fremd- und Eigenkapital im Finanzierungskontext dargestellt. Hieran schließt sich eine Darstellung der Unternehmensfinanzierung spezifisch für börsennotierte Unternehmen an. Im Kontext der Diskussion einer Zuweisung dieser Instrumente zwischen Eigen- und Fremdkapital folgen die Darstellung der relevanten Accounting Standards und die Auswirkungen auf die Kapitalstruktur. Anschließend folgt eine Aufarbeitung und Bewertung bisheriger finanzierungstheoretischer und empirischer Erkenntnisse. Zusammen mit der Darstellung von Finanzierungsinstrumenten und der theoretischen Diskussion der Auswirkungen eines internationalen Accounting von hybriden Finanzierungsinstrumenten stellt dieser Abschnitt das theoretische Erklärungsziel der Arbeit dar. Es erfolgt eine Festigung der bisherigen Forschungsresultate im Kontext dieser Forschungsfragen zu überprüfbaren Hypothesen, die anschließend empirisch analysiert werden. Die wesentliche Herausforderung des deskriptiven Teils der Arbeit besteht in der Herausarbeitung der relevanten Aussagen für den empirischen Teil. Zum Themengebiet der Kapitalstruktur existiert eine Vielzahl an Vorarbeiten und bereits vorhandenen empirischen Studien. Insofern ist eine Selektion der relevanten Studienergebnisse notwendig. Die Auswahl der diskutierten Finanzierungsinstrumente folgt einem Schema, welches den Übergang zum Accounting darstellt. Eine vollumfängliche Darstellung würde die Übersicht der Arbeit erschweren. Die Komplexität der bilanziellen Abbildung von Finanzierungsinstrumenten erfordert diese Beschränkung, um den Fokus der Unternehmensfinanzierung zu erhalten. Zudem grenzen die Ausführungen dieser Arbeit aufgrund der Schnittstellenposition an verschiedene wirtschaftswissenschaftliche Theorien. Deshalb werden angrenzende Themengebiete aufgegriffen und im Rahmen dieser Arbeit soweit erläutert, wie es für die Einordnung der Thematik notwendig ist. Im empirischen Teil ist das primäre Ziel, die Kapitalstrukturen deutscher und Schweizer Unternehmen im Hinblick auf das Verhältnis Eigen-/Fremdkapital (debt/equity ratio) als auch die Zusammensetzung des Fremdkapitals (short term/long term debt) zu untersuchen und Veränderungen zu analysieren. Vertiefend soll auf die Zusammensetzung des Fremdkapitals eingegangen und z.B. die Veränderung der Bankkreditfinanzierung beobachtet werden. Im Kontext des Accounting-Change wird die Einführung von internationalen Accounting Standards in Deutschland nach der Darstellung im deskriptiven Teil hier empirisch untersucht. Bei diesen Fragestellungen werden auch die Auswirkungen interner und externer Einflüsse auf die Kapitalstruktur quantitativ analysiert. In diesem Teil besteht die Herausforderung in der Aufbereitung der Daten, da keine Datenbank mit verlässlichen, detaillierten Angaben über die Struktur der Finanzver-
1 Forschungsbeitrag und Adressaten
5
bindlichkeiten existiert. Entsprechend müssen Daten aus dem Anhang der Finanzberichterstattung (Geschäftsberichte, Annual Reports) manuell extrahiert und in bestehende Datenquellen eingebunden werden. Mit der Ausarbeitung der Implikationen soll die Arbeit in Zusammenhang mit der theoretischen Fragestellung der Kapitalstrukturpolitik gebracht werden: Wie ändern sich Bewertungsmaßstäbe und Kennzahlen, die durch Änderungen in den Accounting Standards verursacht werden (Pragmatisches Erklärungsziel). 1.3 Forschungsbeitrag und Adressaten Aus der Beantwortung der Forschungsfragen lassen sich Implikationen für die in der Unternehmensfinanzierung beteiligten Akteure (Unternehmen, Rating-Agenturen, Analysten, Investoren) ableiten. Die gewonnenen Erkenntnisse schaffen sowohl in der Wissenschaft als auch in der Praxis Nutzen: x Die Forschung erhält durch die theoretische Darstellung des Themas einen umfassenden aktuellen Überblick über Kapitalstrukturtheorien, den Stand empirischer Resultate und der IFRS-Bilanzierung ausgewählter Finanzierungsinstrumente. Methodisch ist für die empirische Analyse eine eigene Datenbank aus den Anhangsangaben der Finanzberichterstattung entstanden, die sich für eine differenzierte Analyse der Finanzierung und des Accounting-Change eignet. Die Anwendung neuer, eigener Daten erweitert bestehende empirische Ergebnisse und gibt einen Überblick über die Anpassung der Kapitalstrukturen durch Veränderungen im Accounting Standard. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse könnten Ausgangspunkt weiterer Forschung sein. Daneben stellt die Arbeit einen partiellen Erklärungsbeitrag zu den Determinanten des Verschuldungsgrades börsennotierter Unternehmen dar und überprüft die bestehenden Kapitalstrukturtheorien für das Fremdkapital. Sie erweitert damit die bisherigen empirischen Erkenntnisse mit aktualisierten Daten, die in einem IFRSAccounting Regime und in einem kapitalmarktorientiertem Finanzsystem entstanden sind. Die Ergebnisse fördern das Verständnis der Wechselwirkung zwischen Unternehmensfinanzierung und Accounting. Sie können Basis für weitere Studien in der Unternehmensbewertung sein. x Kapitalmarktteilnehmer (Analysten, Rating-Agenturen) und das Finanzmanagement von Unternehmen sind eine weitere Zielgruppe. Sowohl die interne Steuerung als auch externe Analysten und Rating-Agenturen erkennen die unterschiedliche Zuordnung von Finanzierungsinstrumenten zu Eigen- und Fremdkapital und ihre Auswirkungen auf das Bilanzbild. Hierzu dient der Teil der Arbeit, in dem die Finanzierungsinstrumente und deren Accounting erfasst werden.
6
1 Einführung
Gerade für Investoren und externe Stakeholder ist der Vergleich der Eigenkapitalquoten und der Finanzierungsstruktur geeignet, um sich ein Bild über die Finanzlage eines Unternehmens zu machen.16 Ihre Kauf- und Verkaufsempfehlungen gründen sich im Wesentlichen auf Grundlage der Finanzberichterstattung. Entsprechend ist es für sie äußerst hilfreich, die verwendeten Finanzierungsinstrumente daraufhin zu beurteilen, welche zukünftigen wirtschaftlichen Verpflichtungen sich daraus für das Unternehmen ergeben. Schließlich sind die Investoren daran interessiert, wie sich bei steigenden Zinsen Zahlungsverpflichtungen auf die verbleibende Ausschüttung auswirken. Z.B. ist es für Private Equity Gesellschaften ein bedeutsames Kriterium, inwieweit Unternehmen weitere Fremdfinanzierung aus dem laufenden Cash-flow aufnehmen können. 1.4 Aufbau der Arbeit Ausgehend von Motivation und Forschungsfrage in Kapitel 1 gliedert sich die Arbeit in acht Kapitel (siehe Abbildung 1-1). Kapitel 2 grenzt zunächst den Untersuchungsgegenstand ab und schärft Begriffe zur Finanzierung. Im Hauptteil werden die theoretisch-normativen Theorien zur Kapitalstruktur dargestellt.17 Dieses Kapitel dient als Ausgangsbasis der Arbeit. Kapitel 3 beginnt mit einer Systematisierung der Quellen der Innen- und der Aussenfinanzierung und einer Untersuchung der Finanzierungsinstrumente. Es folgt die Diskussion einer dichotomen, bilanziellen Abgrenzung und der entsprechenden Zuweisung der Finanzierungsinstrumente zu Eigen- und Fremdkapital. Die spezifischen Regelungen im Accounting, speziell IAS 32/39, sollen in einem qualitativen Vergleich die unterschiedliche Bilanzierung nach den bisherigen nationalen und den neuen Accounting Standards aufzeigen. Kapitel 4 diskutiert den bisherigen empirischen Stand der Forschung. In diesem Abschnitt sollen die verschiedenen Forschungsansätze und deren Ergebnisse zusammengefasst dargestellt werden. Zusammen mit den theoretischen Vorarbeiten aus Kapitel 2 verdichtet, bilden diese Zwischenergebnisse die Ausgangsbasis der Hypothesen. Dabei wird ein Modell der Wirkungszusammenhänge aufgestellt.
16
17
Das Accounting richtet sich neben den Investoren (Kapitalgeber, Shareholder) und dem Management auch an unternehmensexterne Informationssuchende. Zu diesen Stakeholdern gehören Mitarbeiter, Gewerkschaften, Medien oder das öffentliche Gemeinwesen. Vgl. Behr et al. (2002), S. 10, 21. Normative (präskriptive) Theorien sollen eine logische Unterstützung bei der Lösung eines Entscheidungsproblems (hier: Wahl der Kapitalstruktur) bieten. Positive Theorien sind erklärende Theorien und zeigen empirische Zusammenhänge anhand einer allgemeine Aussage (hier: Modelle der Kapitalstruktur). Vgl. Laux (2005), S. 2.
1 Aufbau der Arbeit
7
Kapitel 5 ist der empirische Teil der Arbeit. Ausgehend von einer globalen Analyse über die Passivseite der Bilanz wird die Fremdkapitalstruktur in einer eigenen empirischen Untersuchung analysiert. Dies erfolgt zum einen über eine deskriptive Analyse der Bilanzdaten, in denen ein eigenes Bilanzmodell verwendet wird. Die Effekte des Accounting-Change werden mit Hilfe einer eigenen Datengrundlage quantifiziert. Anschließend wird mit Hilfe einer Regressionsanalyse die Signifikanz und Richtung von Kapitalstrukturdeterminanten auf die Verschuldung untersucht. Kapitel 6 diskutiert die Ergebnisse und ihre Implikationen, die für die bereits genannten Adressaten von Nutzen sind. Diese werden in Handlungsempfehlungen konkretisiert. Eine kritische Würdigung zeigt die Grenzen der Untersuchung auf. Kapitel 7 fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen. Dabei wird auf das Modell der Wirkungszusammenhänge aus Kapitel 4 zurückgegriffen. Die Arbeit schließt mit einem Ausblick auf den weiteren Forschungsbedarf.
8
1 Einführung Kapitel 1
Einführung
Kapitel 2
Grundlagen Finanzierungspolitik/Kapitalstruktur Definitionen
Kapitel 3
Finanzierungsinstrumente und Accounting Systematisierung
Kapitel 4
Steuern und Finanzierung
Accounting
Deskriptiver Teil
Unternehmensbewertung
Kapitalstruktur Theorien
Empirische Erkenntnisse Bisherige Studien
Ergebnisse
Wirkungszusammenhänge
Hypothesen
Empirische Untersuchung Datenbasis
Kapitel 6
Methodik
Kapitalstruktur
Accounting-Change
Finanzierung
Determinanten
Diskussion und Implikation Ergebnisse
Kapitel 7
Handlungsempfehlungen
Konklusion Wirkungszusammenhänge
Abbildung 1-1: Struktur der Arbeit.
Empirischer Teil
Kapitel 5
2 Grundlagen der Finanzierungspolitik und Kapitalstruktur „(…) showing what doesn’t matter can also show, by implication, what does.“ Merton Miller18 Die wissenschaftliche Untersuchung der Unternehmensfinanzierung erfordert zunächst eine präzise Definition der Terminologie. Im Anschluss erfolgt die theoretische Fundierung durch den Zusammenhang zwischen Verschuldungspolitik und Kapitalstruktur. Im Rahmen dieser Darstellung werden die Forschungsansätze der Kapitalstrukturentscheidung dargestellt und auf die Relevanz bzw. Irrelevanz der Kapitalstruktur eingegangen. Dabei spielen die Auswirkungen des Tax Shields in der Praxis eine wesentliche Rolle bei der Entscheidung zwischen Eigen- und Fremdkapital. Anschließend werden die Erkenntnisse zusammengefasst. Diese Grundlagen bilden die Basis für die Systematisierung der Finanzierungsinstrumente und das weitere Verständnis der Diskussion in den nachfolgenden Kapiteln. 2.1 Definitionen 2.1.1 Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes Für eine zielgerichtete Analyse wird der Untersuchungsgegenstand in Größe und Rechtsform, länderspezifisch und inhaltlich eingegrenzt. Die genaue Zusammensetzung der untersuchten Unternehmen ist Anhang A.1 zu entnehmen. Unternehmen existieren in vielfältigen rechtlichen Ausgestaltungen, die sich grob in Personengesellschaften und Aktiengesellschaften gliedern lassen und sich privat oder öffentlich finanzieren können.19 Als qualitatives Merkmal der Abgrenzung von Unternehmen dient das Kriterium der Kapitalmarktorientierung der Finanzierung. Die empirische Untersuchung soll sich auf börsennotierte, nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften konzentrieren.20 Untersucht werden demnach die nach Marktkapitalisierung größten börsennotierten Unternehmen, die typischerweise in den Leitindizes der Börsen kotiert sind und in mehreren Ländern operativ tätig sind. Diese
18 19
20
Miller (1989), S. 7. Zum Begriff der Unternehmung etwa Lutter/Scheffler/Schneider (1998), S. 12, Schweitzer (2004), S. 41f. Eine ausführliche Diskussion des Unternehmensbegriffs im Kontext des Accounting Petersen/Zwirner (2008). Aufgrund der abweichenden Charakteristika der Kapitalstruktur werden finanzielle Kapitalgesellschaften (Banken, Versicherungen) von der Untersuchung ausgenommen. Sie zeichnen sich durch eine geringe Eigenkapitalquote aus, die rechtlichen Regulatorien unterliegt (zu Basel II siehe Kapitel 3.3.3.2).
10
2 Grundlagen der Finanzierungspolitik und Kapitalstruktur
werden in der Literatur auch als Konzerne oder multinationale Unternehmen (Multinational Corporations, MNC) bezeichnet.21 Diese Unternehmen können auf die internationalen Kapitalmärkte zur Aussenfinanzierung zurückgreifen. Ihnen eröffnet sich somit ein größeres Spektrum an Finanzierungsinstrumenten im Vergleich zu kleinen- und mittelständischen Unternehmen (KMU).22 Sie eignen sich deshalb besonders für die Untersuchung von Finanzierungsstrukturen.23 Durch eine Beschränkung auf diese Art von Unternehmen ist eine gewisse Homogenität gewährleistet, die es erlaubt, normative Handlungsempfehlungen ababzuleiten. Konzerne stellen in der Praxis eine weitverbreitete Organisationsform dar, die als Ausgangspunkt der Forschung betriebswirtschaftlicher Zusammenhänge dient.24 Da die Wirkungszusammenhänge meist nach einer Verzögerung auch für mittelständische Unternehmen relevant werden, haben Konzerne auch eine Vorreiterfunktion. Insoweit scheint es wissenschaftlich zulässig, im Rahmen der Untersuchung die Anzahl der zu untersuchenden Unternehmen auf die nach Marktkapitalisierung Größten einzuschränken, um hieraus Handlungsempfehlungen abzuleiten, die auch auf andere Organisationsformen übertragbar sind.25 Wesentlich ist, dass die ausgewählten Unternehmen publizitätspflichtig sind, so dass öffentlich zugängliche Daten der Bilanz und weitere Unternehmenskennzahlen zur Verfügung stehen. Dies erst ermöglicht eine empirische Untersuchung mit adäquater Datengrundlage. Die Beschränkung auf börsennotierte Kapitalgesellschaften steht im Einklang mit der Corporate Finance Forschung angelsächsischer Studien in denen oftmals Blue Chips analysiert werden.26 Grundlage der Analyse ist der jeweilige Konzernabschluss zum Geschäftsjahr 2006. Es werden die Normen der Accounting Vorschriften zum 31.12.2006 angewendet. Geografisch wird die Untersuchung auf Unternehmen in der Schweiz und Deutschland beschränkt. Weiterhin werden nur Unternehmen untersucht, die am Hauptsegment der Börse kotiert sind und nach internationalen Accounting Standards bilanzieren.27 Durch die Kapitalmarktorientierung erfolgt die Finanzierung öffentlich über den organisierten, anonymen Kapitalmarkt.
21 22 23
24 25
26
27
Eine theoretische Diskussion zu Merkmalen des Konzerns bei Theisen (2000), S. 15ff. Vgl. Breuer/Gürtler/Schuhmacher (2003), S. 5. Brigham/Erhardt (2002) widmen Kapitel 27 dem Multinational Financial Management und zeigen die besonderen Herausforderungen auf. Vgl. Theisen (2000), S. 21-26. Darüber hinaus können ausgesuchte Beispiele dazu dienen, Finanzierungsentscheidungen nachzuvollziehen und mit theoretischen Erklärungsansätzen zu vergleichen. Myers 2001, S. 82 bevorzugt Blue Chips aufgrund ihrer Eigenschaft: “(…) they have the broadest menu of financing choices and can adjust their capital structures at relatively low cost”. Für die Hauptsegmente gelten hinsichtlich der Publizität besondere Vorschriften. Deutsche Börse (DAX): Börsenordnung (BO) für die Frankfurter Wertpapierbörse § 62 (Abschluss), Swiss Exchange SWX (SMI): Kotierungsreglement (KR) Art. 64 - 71b.
2 Definitionen
11
Inhaltlich wird die Analyse der Finanzierungsinstrumente auf originäre Finanzierungsinstrumente konzentriert. Diese werden als financial liabilities bezeichnet und dienen der Unternehmensfinanzierung. Kein Gegenstand der Untersuchung sind Finanzinstrumente im Anlagevermögen (financial assets) sowie Finanzinstrumente, die derivativen Charakter haben und als Sicherungsgeschäft dienen (z.B. Termingeschäfte, Swapgeschäfte, Optionen).28 In einer Diskussion über Kapitalstrukturtheorien sind Steuern ein Faktor, der betrachtet werden muss. Für diese Arbeit liegt das Hauptmerkmal auf den Accounting Standards und den Finanzierungsinstrumenten, Steuern werden jedoch im Zusammenhang mit der Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzinsen diskutiert. Die Ergebnisse dieser Arbeit sollen keine abschließende Entscheidung über eine theoretisch optimale Kapitalstruktur implizieren. Vielmehr versucht der Autor die Zusammenhänge zwischen den Forschungsfragen darzustellen. 2.1.2 Begriff der Finanzierung und Kapitalstruktur Das Verständnis der Finanzierung hat sich seit den 1990er Jahren gewandelt. Grundsätzlich wird in der Management-Lehre mit Finanzierung die Bereitstellung von Kapital bezeichnet. Im neuen St. Galler Management Modell wird der Prozess der finanziellen Führung als „risiko- und renditegerechte Bereitstellung von Kapital (Finanzierung) und der optimalen Bewirtschaftung des investierten Kapitals“ beschrieben.29 Kennzeichen des betriebswirtschaftlichen Leistungsprozesses ist die zeitliche Vorlagerung der Auszahlungen mit den aus dem Prozess resultierenden Einzahlungen.30 Zum Ausgleich der entstehenden Zahlungsdefizite bedarf es jedoch auch eines Finanzmanagements. Dessen Kernfunktion umfasst die Geld- und Kapitalbeschaffung für Unternehmen in Form von Finanzierungsmaßnahmen.31 Als primäre finanzwirtschaftliche Entscheidungskriterien werden Rentabilität, Liquidität, Sicherheit und Unabhängigkeit angesehen.32 Neben der Finanzierung von Investitionsprojekten auf der Aktivseite stehen im Finanzmanagement ebenso die Gestaltung und das Management der Beziehungen auf
28
29
30
31 32
Die Komponenten der hybriden Finanzierungsinstrumente werden jedoch diskutiert, vgl. Kapitel 3.3.4. Vgl. Rüegg-Stürm (2004), S. 115. Zu den Prozessen der finanziellen Führung siehe ausführlich Behr et al. (2002), S. 9-12. Grundlagen etwa bei Hax (1998), S. 181. Der Leistungsprozess besteht aus der Beschaffung von Produktionsfaktoren, deren Kombination und dem anschliessenden Absatz der erstellten Güter. Zum Leistungsprozess etwa Bea/Dichtl/Schweitzer (2002). Vgl. Volkart (2006), S. 45f. Vgl. Perridon/Steiner (2007), S. 9-15.
12
2 Grundlagen der Finanzierungspolitik und Kapitalstruktur
der Passivseite des Unternehmens im Vordergrund.33 Die Kapitalaufbringung wird in die Teilprobleme Kapitalstruktur (Finanzierungsinstrumente und deren zweckmäßige Kombination), Kapitalvolumen und Kapitalkosten zerlegt.34 Dabei gilt es, die Zahlungsströme an den Vorstellungen der Eigenkapitalgeber auszurichten.35 Unternehmensfinanzierung bezeichnet in dieser Arbeit einen monetären Finanzierungsbegriff, der „alle Maßnahmen der Mittelbeschaffung und Mittelrückzahlung und damit der Gestaltung der Zahlungs-, Informations-, Kontroll- und Sicherungsbeziehungen zwischen Unternehmen und Kapitalgebern“ umfasst.36 Geldgeber überlassen in Form von Finanzkontrakten dem Unternehmen Zahlungsmittel (Vermögenszufluss in Form von Geld), Sacheinlagen und Realgüter (z.B. durch Leasing) gegen zukünftige Zahlungsansprüche in Form von Forderungs- bzw. Beteiligungstiteln mit bestimmten Rechten und möglicherweise auch Pflichten. Die zukünftigen Zahlungsansprüche unterscheiden sich durch verschiedene Merkmale, etwa der Höhe oder dem Zeitpunkt des Rückzahlungsanspruches. Die Zusammensetzung aller Finanzkontrakte und Ansprüche werden als Kapitalstruktur bezeichnet.37 Auf der Passivseite der Bilanz werden die Finanzierungsinstrumente in Positionen von Eigen- oder Fremdkapital dargestellt. Entsprechend wird die Kapitalstruktur quantitativ durch das Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital definiert.38 Die Aufteilung nach Fristigkeit innerhalb des Fremdkapitals in kurz- und langfristige Positionen wird als Fälligkeitsstruktur bezeichnet. In dieser Arbeit bezeichnet Kapital die Summe der dem Unternehmensvermögen gegenüberstehenden Auszahlungsansprüche und bilanzielles Kapital das partielle Abbild dieser Ansprüche.39 Im Kontext der Märkte für Geld und Kapital versteht man unter Kapital die von einem Gläubiger oder Firmenanteilseigner (Kapitalgeber) an einen Schuldner (Kapitalnehmer) mittel- bis längerfristig überlassenen Finanzmittel.40 Internationale Accounting Standards (IFRS) verwenden in der deutschen Übersetzung für financial instruments den Begriff „Finanzinstrument“. Dieser umfasst sowohl Finanzinstrumente des Vermögens als auch der Verbindlichkeiten. In diesem Sinne defi33 34 35 36
37 38
39 40
Vgl. Behr et al. (2002), S. 144f. Vgl. Perridon/Steiner (2007), S. 8. Vgl. Drukarczyk (2003), S. 14ff. Vgl. Drukarczyk (2003), S. 2 f. Eine Abgrenzung zwischen abstrakt orientierten und monetären Finanzierungsbegriff bei Perridon/Steiner (2007), S. 347. Vgl. Bitz (2000), S. 3. Hierbei stellt sich zum einen die Frage nach der finanztheoretischen Abgrenzung des Eigenkapitals, z.B. als Nominalwert des bilanziellen Eigenkapitals bei Aktiengesellschaften oder als Marktwert, vgl. Zimmer (1998), S. 51. In Kapitel 3.5.4.1 wird dargestellt, dass die Zuordnung der Finanzierungsinstrumente auf die Blöcke Eigen- und Fremdkapital nicht immer eindeutig ist. Vgl. Kapmann (2007), S. 186. Unter Kapital versteht man auch die auf der Passivseite der Bilanz aufgebrachten Kapitalien sowie die durch operative Tätigkeit geschaffene Kapitalakkumulation (Summe aus Eigen- und Fremdkapital). Zu einer ausführlichen Diskussion des Begriffs Kapital stellvertretend Volkart (2006), S. 46.
2 Definitionen
13
nieren die IFRS Finanzinstrumente als „Vertrag, der gleichzeitig bei dem einen Unternehmen zu einem finanziellen Vermögenswert und bei dem anderen Unternehmen zu einer finanziellen Verbindlichkeit oder einem Eigenkapitalinstrument führt“ (IAS 32.11). In dieser Arbeit wird der Begriff Finanzierungsinstrument für alle Formen von Finanzierungskontrakten verwendet, die dem Zweck der Unternehmensfinanzierung dienen und einen Mittelzufluss für das Unternehmen bewirken.41 Negativ lässt sich der Begriff zu Finanzinstrumenten abgrenzen, die Vermögenswerte darstellen.42 Der Begriff innovative oder moderne43 Finanzierungsinstrumente wird vermieden, denn zeitlich gesehen ist der Begriff „innovativ“ relativ zum Zeitpunkt. So stellt jedes Finanzierungsinstrument zum Zeitpunkt seiner Einführung eine Innovation dar, ist heute aber ein commodity.44 In der Literatur finden sich sehr unterschiedliche Auffassungen über den Innovationsbegriff, der im Corporate Finance sehr häufig in Anspruch genommen wird.45 Kritisch zu sehen ist, dass auch neue Finanzierungsinstrumente nicht als Lösung für grundsätzliche Finanzierungsprobleme dienen, sondern einen besseren „Fit“ zwischen Anforderung und Angebot ermöglichen.46 2.1.3 Finanzanalyse und Eigenkapitalquote Bei der Gestaltung der Unternehmensfinanzierung wird das Finanzmanagement, im Rahmen der bilanzpolitischen Möglichkeiten, versuchen, bestimmte Kapitalstrukturregeln einzuhalten. Damit sendet das Unternehmen positive Signale an Finanzanalysten aus. Diese sind notwendig, da externe Kapitalgeber ihre Entscheidung der Kreditwürdigkeit oftmals anhand dieser Größen ausrichten. Eigenkapital – ausgedrückt in der Eigenkapitalquote als Verhältnis von Eigenkapital zu Gesamtkapital47 – wird benötigt, um Risiken abzufedern, auf die Ansprüche anderer Kapitalgeber durchschlagen könnten. Von daher nimmt es eine „Pufferfunktion“ ein, sobald Fremdkapitalgeber Finanzmittel bereitstellen.48 Die Finanzanalyse greift dabei auf bestands- und stromgrößenorientierte Kennzahlen zurück.49 In der Literatur werden die bestandsorientierten Kennzahlen in vertikale und 41
42 43 44 45 46 47 48 49
Der Begriff „Instrument“ bedeutet u.a. „Mittel zum Zweck“. Der Begriff „finanzierungspolitische Instrumente“ wird bei Wöhe (2005) verwendet, während Schierenbeck (2002), S. 421 von „Finanzierungsformen“ spricht. Siehe hierzu auch Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes (siehe Kapitel 2.1.1). Etwa bei Zimmermann (2006), S. 530. Etwa Zerobonds als Finanzinnovation bei Büschgen (1986), S. 301ff. Eine Auseinandersetzung mit dem Begriff bei Abresch (1994), S. 9-12. Vgl. Wahl (2004), S. 2. Zu Buch- oder Marktwerten. Vgl. Drukarczyk (2003), S. 264. Vgl. Perridon/Steiner (2007), S. 535ff., Coenenberg (2005), S. 949-959.
14
2 Grundlagen der Finanzierungspolitik und Kapitalstruktur
horizontale Finanzierungsregeln eingeteilt.50 So fordern Banken z.B. bestimmte Eigenkapitalquoten (z.B. im Verhältnis 1:2)51. Die genaue Quote basiert auf Besicherungsgrenzen, die sich aus Sicherheits- und Elastizitätsanforderungen ableiten lassen. Im Grunde wäre aus Sicht der Kreditgeber wünschenswert, dass selbst bei vollständigem Verlust der durch Kredite finanzierten Vermögensgegenstände noch hinreichend Mittel zur Erfüllung der Ansprüche der Kapitalgeber zur Verfügung stehen. Kennzahlen Bestandsorientiert Vermögensstruktur
Anteil Anlagevermögen am Gesamtvermögen.
Kapitalstruktur (Vertikal)
Verschuldungsgrade, vgl. die in Kapitel 5.2.2 thematisierten Kennzahlen.
Bilanzstruktur (Horizontal)
Finanzierungsregeln, vgl. Anhang B-3. Stromgrößenorientiert
Erfolgskennzahlen
Bilanzgewinn, Jahresüberschuss, Cash-flow. Relative Erfolgskennzahlen: Rentabilitätskennz. (Return on Investment, ROI).
Aktivitätskennzahlen
Investitions-/Abschreibungsquote.
Tabelle 2-1: Kennzahlen der Finanzanalyse.52 Die Verbindung zwischen Kapitalstruktur (vertikal) und Vermögensstruktur (horizontal) ist deshalb notwendig. Hierbei werden die Kennzahlen zur Fristigkeit verwendet. Es handelt sich um normative Kennziffern, die bestimmte Deckungsgrade vorschreiben. Typisch dafür ist die „goldene Finanzierungsregel“, die eine Einhaltung des Grundsatzes der Fristenkongruenz fordert (Kapitalüberlassungsdauer = Kapitalbindungsdauer) und die „goldene Bilanzregel“, welche eine Deckung des Anlagevermögens durch Eigenkapital und langfristiges Fremdkapital fordert.53 Bestandsorientierte Kennzahlen sind allerdings unzureichend bei der Finanzanalyse. Zum einen enthalten sie aufgrund ihrer Konzentration auf die Bilanz wesentliche Informationen (Fristigkeit) und Verbindlichkeiten (z.B. Lohnzahlungen) nicht. Zum anderen sind sie stichtagsorientiert und damit eher manipulierbar. Stromgrößen hingegen beziehen die Gewinn- und Verlustrechnung ein, so dass eine höhere Informationsqualität besteht. Typische Beispiele sind der Cash-flow und der Return on Investment (ROI).
50 51
52 53
Vgl. Perridon/Steiner (2007), S. 540, 543. Auch wenn derartige „Regeln“ auf keinen wissenschaftlichen Gründen basieren, werden sie in die Betrachtung einbezogen, da sie in der Realwirtschaft angewendet werden. In Anlehnung an Perridon/Steiner (2007), S. 538ff. Vgl. Perridon/Steiner (2007), S. 540, 543f., Volkart (2006), S. 133, Coenenberg (2005), S. 986.
2 Finanzierung und Unternehmensbewertung
15
2.2 Finanzierung und Unternehmensbewertung Grundsätzlich sind nach dem Shareholder Value Prinzip alle finanzierungswirtschaftlichen Entscheidungen auf ihre Auswirkungen auf den Unternehmenswert zu beurteilen.54 Der Unternehmenswert wird sowohl durch die Cash-flow Konsequenzen der einzelnen finanzwirtschaftlichen Entscheidungen als auch durch deren Auswirkungen auf die Kapitalkosten bestimmt:55 n
EV
¦ FCF
t
t 1
(1 rd ) t mit rd
rEK
EK FK i (1 t ) GK GK
Dabei werden nach der Entity Methode die Cash-flows vor Fremdkapitalzinsen mit dem gewichteten Kapitalkostensatz diskontiert und dann um das Fremdkapital gekürzt um somit den Wert des Eigenkapitals zu erhalten. Nach der Equity-Methode erfolgt die Diskontierung der Cash-flows nach Fremdkapitalzinsen mit dem risikoadjustierten Eigenkapitalzinssatz.56 Der Unternehmenswert wird durch folgende finanzwirtschaftliche Entscheidungen beeinflusst:57 x Durch ein Treasury kann die erforderliche Liquidität und damit Stabilität des Unternehmens sichergestellt werden und über eine Erhöhung der Geldanlagenrendite ein zusätzlicher Unternehmenswert geschaffen werden. x Die ausschließliche Realisierung von Investitionsprojekten mit einem positiven Barwert trägt unmittelbar zur Unternehmenswertsteigerung bei. x Im Kontext dieser Arbeit ist die Gestaltung der Kapitalstruktur relevant. Der Unternehmenswert ergibt sich als Addition des Werts der Eigentümerposition (Wert des Eigenkapitals) und des Werts der Gläubigerposition (Wert des Fremdkapitals).58 Theorien der Kapitalstruktur beschäftigen sich mit zwei Fragestellungen. Zum einen, ob durch Gestaltung der Kapitalstruktur ein besserer Beitrag zur laufenden Finanzierung der Leistungsprozesse und anderer Zielgrößen erreicht werden kann.59 Zum anderen, ob das Finanzmanagement durch spezifische Kapitalstrukturentscheidungen den Marktwert des Unternehmens steigern kann. 54
55 56
57 58
59
Zum Shareholder Value Prinzip: Rappaport (1998). Zur finanziellen Führung Spremann (1998), S. 339-346. Vgl. Theisen (2000), S. 439. Etwa Perridon/Steiner (2007), S. 15. Ein weiterer Ansatz zur Sicherstellung einer wertorientierten Unternehmenspolitik sind der Cash Flow ROI oder das EVA-Konzept (Economic Value Added). Vgl. Theisen (2000), S. 439f. Der Unternehmenswert ist „Gesamtwert für alle Beteiligungen von Eigenkapitalgebern und alle Forderungen von Fremdkapitalgebern“, Spremann/Gantenbein (2005), S. 98. Vgl. Bitz (2000), S. 3.
16
2 Grundlagen der Finanzierungspolitik und Kapitalstruktur
Zur Bewertung von Unternehmen werden Maßzahlen verwendet. Das Ergebnis je Aktie (EPS, Earnings per Share) gilt am Kapitalmarkt als eine Kennzahl zur Bewertung von Unternehmen, die auf dem bilanziellen Gewinn basiert. Diese Kennzahl ist somit das Bindeglied zwischen Accounting und Unternehmensbewertung.60 Ausgangspunkt der Überlegungen zur Optimierung der Kapitalstruktur ist der funktionale Zusammenhang zwischen Eigenkapitalrendite und Verschuldungsgrad. Die Frage lautet, ob bei gegebenem Kapitalvolumen durch eine Variation des Verschuldungsgrades (oder durch Tausch der Finanzierungsinstrumente) die gewichteten Kapitalkosten verringert und damit der Marktwert der Unternehmen erhöht werden kann.61 Der Leverage-Effekt beschreibt, dass die Eigenkapitalrentabilität rEK durch Aufnahme von Fremdkapital gesteigert werden kann, solange die Fremdkapitalzinsen i konstant sind (und i < rd). Dieser Zusammenhang setzt voraus, dass die Fremdkapitalgeber aus den Periodenüberschüssen zunächst mit den vertraglich festgelegten Zinsen bedient werden (i). rEK rGK i rEK
i
V
Abbildung 2-1: Konzept des Leverage-Effekts.62 Das Eigenkapital verzinst sich entsprechend durch die Residualgröße:63 rEK
60 61
62 63
x i FK , rFK EK
x ,V EK FK
FK EK
Vgl. Leibfried (2008). Vgl. z.B. Wöhe (2005), S. 742. Eine damit verbundene Fragestellung ist, ob Finanzierungsentscheidungen, welche das Kapitalvolumen verändern, so getroffen werden können, dass sich die Kapitalkosten insgesamt verringern und der Unternehmenswert gesteigert wird, vgl. Drobetz/Pensa/Wöhle (2006), S. 254. In Anlehnung an Perridon/Steiner (2007), S. 483. Vgl. Perridon Steiner (2007), S. 482f.
2 Kapitalstruktur-Theorien
17
Damit wäre streng genommen eine ausschließliche Fremdfinanzierung sinnvoll: rGK V (rGK i )
rEK
Die Gleichung und Abbildung 2-1 zeigt die lineare Abhängigkeit der Eigenkapitalrendite rEK vom Verschuldungsgrad V. Allerdings muss auch das Geschäftsrisiko berücksichtigt werden.64 Sinken die Gewinne, wird auch der Leverage-Effekt kleiner und kann negativ werden, wenn i > rd. Das Unternehmen muss große Teile des Reingewinns für die Fremdkapitalkosten aufwenden, was zu einem Liquiditätsproblem und einer Insolvenz führen kann. In der Praxis steigen zudem mit steigendem Verschuldungsgrad auch die Fremdkapitalkosten, so dass der Leverage-Effekt abgeschwächt wird. Somit erhöht er den Unternehmenswert nicht, da die erwartete höhere Eigenkapitalrendite mit entsprechend höherem Risiko erkauft wird. Akzeptiert man die Standardabweichung als Risikomaß, wird in der folgenden Formel deutlich, dass sich das Risiko der Eigenkapitalgeber additiv aus dem leistungswirtschaftlichen Risiko ( V r ) und dem Kapitalstrukturrisiko ( V V r ) zusammensetzt:65 Vr
EK
V r V V r
Ausgehend vom dargestellten Leverage-Effekt ist es das Ziel der betriebswirtschaftlichen Kapitalstrukturtheorien Modellansätze zu entwickeln, die zu einer optimalen Unternehmensfinanzierung führen.66 2.3 Kapitalstruktur-Theorien Die Frage und Suche nach der optimalen Kapitalstruktur wurde in der Wissenschaft immer wieder untersucht und es stehen sich verschiedene Ansätze gegenüber, die grundlegend verschiedene Aussagen über die Einflussmöglichkeiten machen. Allgemein lassen sich die Kapitalstruktur- und Kapitalkostentheorien in Entwicklungsstufen einteilen:67 x Die als traditionell bezeichneten (einzelwirtschaftlich orientiert) Kapitalstrukturmodelle leiten von verhaltenstheoretischen Annahmen ausgehend eine optimale Kapitalstruktur für Unternehmen ab. Als Optimalitätskriterium unterscheiden die traditionellen Kapitalstrukturmodelle zwischen der Marktwertmaximierung und der Minimierung der Kapitalkosten.68 In der Modellwelt sind die Kapitalgeber nicht ri64 65 66
67
68
Vgl. Spremann (2005), S. 186. Vgl. Perridon Steiner (2007), S. 487. Zur Theorie der Kapitalbeschaffung unter Optimalitätskriterien vgl. Perridon/Steiner (2007), S. 480. Vgl. Hermanns (2006), S. 11f., 80f., Jostarndt/Wagner (2006), S. 2; hierzu auch Baskin/Miranti (1997). Vgl. Perridon/Steiner (2007), S. 480.
18
2 Grundlagen der Finanzierungspolitik und Kapitalstruktur
sikoneutral, es herrscht Unsicherheit und Soll- und Habenzinsen sind nicht identisch. Kritisiert wird, dass dabei Marktzusammenhänge nicht integriert werden.69 Auf das traditionelle Modell wird in Kapitel 2.3.1 eingegangen. x Ausgangspunkt der neoklassischen Modelle (gleichgewichtstheoretisch) sind vollkommene und vollständige Kapitalmärkte.70 Diese Modellwelt zeichnet sich dadurch aus, dass keine Informationsasymmetrien, keine Transaktionskosten und keine Steuern existieren.71 Die wohl informierten Marktteilnehmer handeln rational und können zu einem gleich bleibenden Kalkulationszinssatz in beliebigem Umfang sicher Geld anlegen und Kredite aufnehmen.72 Die zentrale Implikation der neoklassischen Sichtweise ist die Irrelevanz der Finanzierungsstruktur. Hierauf wird in Kapitel 2.3.2 eingegangen.73 x In der neuen Institutionenökonomik wird zwar weiterhin im Marktzusammenhang diskutiert, der Idealisierungsgrad der Kapitalmärkte jedoch herabgesetzt (Kapitel 2.3.3).74 Die neoinstitutionellen Ansätze heben die Annahme vollkommener und vollständiger Kapitalmärkte der neoklassischen Finanzierungstheorie auf, d.h. es herrscht Marktunsicherheit vor und das Eigenkapitalgeber- und Kreditrisiko wird mit einbezogen.75 Grund hierfür ist, dass die neoklassische Theorie weder Aussagen zur Existenz von Finanzintermediären (Banken, Versicherungen, Börsen) trifft, noch die Vielfalt der Finanzierunginstrumente in der Realität erklären kann.76 Diese Weiterentwicklung eröffnet damit eine neue Perspektive, da sie versucht realitätsnähere Annahmen zu modellieren. Dadurch finden z.B. Informationsasymmetrien77 und Insolvenzkosten Berücksichtigung.
69 70
71 72 73
74
75
76 77
Vgl. Bitz (2000), S. 12. Zur neoklassischen Finance etwa Ross (2005). Ein Kapitalmarkt wird als vollkommen bezeichnet, wenn der Preis, zu dem ein Zahlungsstrom gehandelt wird, für Käufer und Verkäufer gleich und gegeben und nicht beeinflussbar ist, vgl. Arrow/Debreu (1954). Ein Kapitalmarkt wird als vollständig bezeichnet, wenn jeder beliebige Zahlungsstrom behandelt werden kann, unabhängig von seiner Höhe, zeitlichen Struktur und Unsicherheit, vgl. Arrow (1963). Es gibt auch keine Erklärung/Daseinsberechtigung für Finanzintermediäre. Vgl. Perridon/Steiner (2007), S. 481. Die Aufteilung erfolgt analog Harris/Raviv (1991), diese bieten bis dato die ausführlichste Aufarbeitung der wichtigsten Kapitalstrukturtheorien seit 1980; zur Kategorienaufteilung S. 299. Zu den neoinstitutionalistischen Theorien zählen neben der Principal-Agent-Theorie die PropertyRights-Theorie und der Transaktionskostenansatz. Im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen dabei im Gegensatz zur Neoklassik Institutionen, die sich aus Handlungen eines oder mehrerer Individuen konstituieren. Dabei unterstellen diese Ansätze eine beschränkte Rationalität und opportunistische Verhaltensweisen der beteiligten Personen. Für eine Einführung z.B. Richter/Furubotn (2003). Berücksichtigung des Kreditrisikos, d.h. es wird zwischen Soll- und Habenzins unterschieden, vgl. Perridon/Steiner (2007), S. 493f. Ebenso Perridon/Steiner (2007), S. 522. Zur Grundidee: Akerlof (1970), S. 488ff. Er zeigt anhand des Beispiels über den Markt für Gebrauchtwagen das Phänomen der adversen Selektion bei Entscheidungsproblemen, wenn ex ante nicht zwischen guten und schlechten Informationen („plums“ und „lemons“) unterschieden werden kann.
2 Kapitalstruktur-Theorien
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x Während die meisten Modelle auf einer statischen Betrachtungsweise basieren, berücksichtigen dynamische Modelle, dass Unternehmen von der gewünschten optimalen Kapitalstruktur abweichen können, um günstige Zyklen auf Kapitalmärkten ausnutzen zu können. Diese Sichtweise wird beispielsweise bei der Market Timing-Theorie integriert (Kapitel 2.3.4). 2.3.1 Traditionelle Theorie der optimalen Kapitalstruktur Die traditionelle These postuliert, dass für jedes Unternehmen ein optimaler Verschuldungsgrad und somit eine optimale Kapitalstruktur existiert.78 Optimalitätskriterium ist dabei die Minimierung der durchschnittlichen Gesamtkapitalkosten bzw. die Maximierung des Marktwertes des Unternehmens.79 Die Minimierung der Gesamtkapitalkosten rd erfolgt durch Substitution von Eigenkapital durch Fremdkapital. Die Änderung des Verschuldungsgrades V verändert die Mindestverzinsungsansprüche der Eigen- und Fremdkapitalgeber, denn durch das erhöhte Finanzierungsrisiko steigen die Eigenkapitalkosten. Bei starker Verschuldung steigen auch die Fremdkapitalkosten, wenn die Gläubiger eine Risikoprämie fordern.
GKM r*EK rd i
GKM r*
EK
rd M
V*
i
V
Abbildung 2-2: Traditionelle These vom optimalen Verschuldungsgrad.80 Dabei hängen die Erhöhungen der Kapitalkosten von der Sensibilität der Kapitalgeber für das Verschuldungsrisiko ab. Solange weder Eigenkapital- noch Fremdkapitalgeber ihre Rendite- bzw. Zinsforderungen verändern, können sich c.p. die durchschnittlichen 78 79 80
Vgl. Wöhe (2005), S. 739. Vgl. Schmidt/Terberger (1999), S. 245. In Anlehnung an Perridon/Steiner (2007), S. 490.
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2 Grundlagen der Finanzierungspolitik und Kapitalstruktur
Gesamtkapitalkosten durch erhöhte Verschuldung senken lassen.81 Die Vorteilhaftigkeit der Substitution nimmt zunehmend ab, wenn sich die Risikoprämie der Eigenkapitalgeber erhöht und auch die Fremdkapitalgeber eine Risikoprämie auf den Fremdkapitalzins verlangen. Abbildung 2-2 zeigt dies grafisch. Den optimalen Verschuldungsgrad V* realisiert das Unternehmen in Punkt M, wo die Funktion der durchschnittlichen Kapitalkosten rd ihr Minimum erreicht.82 An diesem Punkt ist der Marktwert des Unternehmens GKM maximiert. Die Kritik an der traditionellen These besteht in den zugrundeliegenden Verhaltensannahmen. Die Kapitalkosten sind das Ergebnis der Wahl der Kapitalstruktur, die Eigenund Fremdkapitalkosten sind die Ursachen. Die Verläufe der Kurven sind daher reine Verhaltensannahmen: zwar nehmen die Gesellschafter das grundlegende Geschäftsrisiko wahr, sie reagieren jedoch auf das mit steigenden Verschuldungsgrad kontinuierlich zunehmende Kapitalstrukturrisiko erst sprunghaft nach Überschreiten des kritischen Wertes V*.83 In der Realität wird es schwierig sein, die kritischen Schwellen der Kapitalgeber und ihre Risikowahrnehmung zu identifizieren und die Höhe der Zinserhöhung zu operationalisieren. Dies liegt auch an der Heterogenität der Eigenkapital- bzw. Fremdkapitalgeber und daraus resultierend ihren unterschiedlichen Risikopräferenzen und uneinheitlichen Mindestverzinsungsansprüchen.84 2.3.2 Neoklassische Kapitalstrukturtheorie 2.3.2.1 Modigliani-Miller Thesen Von einem ganz anderen Denkansatz als die Vertreter der traditionellen Thesen gingen Modigliani/Miller (MM) aus.85 Sie zeigen, dass die Kapitalkosten konstant sind und ihre Unabhängigkeit von der Kapitalstruktur eine Folge des Gleichgewichts am Kapitalmarkt ist. Neu daran war die Vorgehensweise der Autoren die Problematik nicht mit Verhaltensannahmen und der Analyse der Kapitalkostenverläufe anzugehen. Vielmehr gehen sie von zwei Annahmen aus: Erstens ist der Kapitalmarkt ein Markt. Zweitens
81 82
83 84 85
Vgl. Perridon/Steiner (2004), S. 506. Die Kurve rd verläuft u-förmig und nicht bis M linear, da die Verschuldung V nicht durch den Anteil des Fremdkapitals am Gesamtkapital, sondern durch das Verhältnis FK/EK gemessen wird; hierzu Schmidt/Terberger (1999), S. 246, Fn. 6. Vgl. Bitz (2000), S. 14. Vgl. Wöhe (2005), S. 741. Modigliani/Miller (1958), S. 268f. Der Beitrag von MM gehört zu den wichtigsten theoretischen Beiträgen der modernen Finanztheorie. Entscheidend für die weitere Entwicklung war v.a. die Methode der Beweisführung (Arbitrage).
2 Kapitalstruktur-Theorien
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haben gleiche Güter auf einem vollkommenen Markt im Gleichgewicht denselben Preis.86 MM haben in ihrem grundlegenden Beitrag als Kriterium für die Wahl der optimalen Kapitalstruktur den Unternehmenswert gewählt. Sie zeigen, dass bei bestimmten Annahmen die Kapitalstruktur keinen Einfluss auf den Marktwert eines Unternehmens hat (Irrelevanz der Kapitalstruktur). Die Irrelevanztheorie war einer der Grundsteine für die Entwicklung der modernen Corporate Finance. Die ersten beiden Thesen werden nachfolgend erläutert.87 Primäre Annahme von MM ist ein vollkommener, und vollständiger Kapitalmarkt.88 Die realwirtschaftliche Seite wird als gegeben betrachtet, so dass die Kapitalstruktur keine Rückwirkung auf Art, Risiko und Ertrag der realwirtschaftlichen Tätigkeit hat.89 Zu den weiteren Bedingungen zählen:90 x Es gibt zwei Möglichkeiten (Instrumente) der Unternehmensfinanzierung: Eigenoder Fremdkapital. Eigenkapitalgeber können zum gleichen Zinssatz Kredit erhalten wie die Unternehmen. x Steuerlich ist es unerheblich, ob sich das Unternehmen oder der Eigenkapitalgeber verschuldet. x Anlagebeträge sind beliebig teilbar. x Es entstehen keine Transaktionskosten bei Umstrukturierung der Portefeuilles. x Soll- und Habenzinssätze sind identisch. x Da von einer Konkursgefahr der Unternehmen abgesehen wird, ist die Haftungsbeschränkung der Eigenkapitalgeber wertlos. x Unternehmen mit gleichem Geschäftsrisiko gehören zu einer „Risikoklasse“. Die Autoren leiten ihre Modellaussagen in einer partiellen Gleichgewichtsanalyse ab.91 Der Beweis der Irrelevanzthese wird mit Hilfe eines Arbitrageprozesses durchgeführt.92 Gezeigt wird, dass der Marktwert eines verschuldeten und eines unverschulde86 87
88
89 90 91 92
Vgl. Hermanns (2006), S. 14, Schmidt/Terberger (1999), S. 252. Die dritte These zum Kalkulationszinsfuss ist für diese Arbeit von nachrangiger Bedeutung und wird deshalb im Rahmen dieser nicht weiter diskutiert. Auf einem vollkommenen Kapitalmarkt existieren keine Transaktionskosten, Anlagebeträge sind beliebig teilbar, es besteht keine Insolvenzgefahr bzw. Konkurskosten, es gibt keine Steuern, einheitlicher Zinssatz. Vgl. Spremann/Gantenbein (2005), S. 98. Vgl. Hermanns (2006), S. 14, Spremann (1991), S. 290. Vgl. Modigliani/Miller (1958), S. 268-271, Perridon/Steiner (2007), S. 493, 514-517. Die Art der Beweisführung über Arbitrageargumente ist eine der wesentlichen Auswirkungen des MM Beitrages für die moderne Finanztheorie. Zur neoklassischen Argumentation „no Arbitrage“ z.B. Ross (2005), S. 5.
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2 Grundlagen der Finanzierungspolitik und Kapitalstruktur
ten Unternehmens gleich ist, solange Investoren in einem perfekten Kapitalmarkt jederzeit jeden gewünschten Verschuldungsgrad selbst kostenlos replizieren und den Umfang des eingegangenen Risikos im Rahmen ihrer individuellen Portfolioselektion wählen können: „(…) the market value of any firm is independent of its capital structure (…)“93. These I: Der Marktwert eines Unternehmens GKM ist unabhängig von seiner Kapitalstruktur und ergibt sich durch Kapitalisierung der erwarteten Gewinne (vor Abzug der Fremdkapitalkosten) x j mit der Marktrate U k der Risikoklasse k, der das Unternehmen angehört.94 Diese Aussage lässt sich wie folgt darstellen: ( EK Mj FK j )
GK Mj
xj
Uk
Die These I lässt sich auch wie folgt formulieren (These I b): Die durchschnittlichen Kapitalkosten eines Unternehmens sind unabhängig von dessen Kapitalstruktur und gleich der Kapitalisierungsrate (Kalkulationszinsfuss) für die Diskontierung des Einkommensstroms eines ausschließlich mit Eigenkapital finanzierten Unternehmens der gleichen Risikoklasse.95 xj
xj
( EK Mj FK j )
(GK Mj )
Uk
Aus These I b kann der Verlauf der Eigenkapitalkostenkurve bei Veränderung des Verschuldungsgrades abgeleitet werden: These II: Die Eigenkapitalkosten eines Unternehmens sind eine linear ansteigende Funktion des Verschuldungsgrades.96 Es ergibt sich damit für die Eigenkapitalkosten folgende Funktion: * rEK
U k ( U k i)
FK EK M
Abbildung 2-3 illustriert das Ergebnis in grafischer Form. Im Gegensatz zur traditionellen These ist rd als Parallele zur Abszisse eingezeichnet, da der Gesamtwert konstant ist. i wird als gegeben angesehen, muss aber nicht parallel zur Abszisse verlaufen (für einen anderen Verlauf spricht aber wenig97). Das Eigenkapital ist eine Residual93 94 95 96 97
Modigliani/Miller(1958), S. 268. Vgl. Perridon/Steiner (2004), S. 511, Modigliani/Miller (1958), S. 268. Vgl. Perridon/Steiner (2007), S. 494. Vgl. Modigliani/Miller (1958), S. 268f., dt. Übersetzung aus Perridon/Steiner (2007), S. 494. Vgl. Schmidt/Terberger (1999), S. 261.
2 Kapitalstruktur-Theorien
23
größe (bestimmt durch Verschuldungsgrad und Fremdkapitalgröße). Somit ist auch rEK eine linear ansteigende Residualgröße, weil rd konstant ist und i auch konstant ist. GKM r*EK rd i GKM r*EK
rd i
V*
V
Abbildung 2-3: Verlauf der Eigenkapitalkosten bei MM.98 Der Unterschied zur traditionellen These (Abbildung 2-2) wird deutlich, wenn man annimmt, dass i bei hohem V ansteigt. Gemäß der traditionellen These steigen die rEK an (Verhaltensannahme) und damit auch die rd. Gemäß MM sind im Gleichgewicht des Unternehmens der Gesamtwert und auch die rd konstant. D.h., würden bei hoher Verschuldung die i steigen, werden die rEK mit abnehmender Rate ansteigen (Abbildung 2-3).99 Wenn der Marktwert des Unternehmens unter den gegebenen Annahmen nicht von der Kapitalstruktur abhängig ist und der durchschnittliche Kapitalkostensatz unabhängig von der Kapitalstruktur ist, hat dies eine wichtige Implikation: das Finanzmanagement, finanzpolitische Maßnahmen und die Auswahl der Finanzierungsinstrumente sind irrelevant für die Kapitalgeber solange diese die gleichen Ergebnisse durch eigene Transaktionen herbeiführen können.100 Eine empirische Überprüfung der MM-Thesen hat bisher zu keinen eindeutigen Ergebnissen geführt. Dies liegt u.a. an der Schwierigkeit, die „Risikoklassen“ abzugrenzen und den Einfluss der Besteuerung auf die Kapitalkosten zu eliminieren.101 Methodische Kritik konnte im Verlauf der langen Diskussion immer durch die Autoren und deren Vertreter ausgeräumt werden.102 Die Annahme des vollkommenen Kapi-
98 99 100
101 102
In Anlehnung an Perridon/Steiner (2007), S. 495. Vgl. Schmidt/Terberger (1999), S. 262. Vgl. Spremann/Gantenbein (2005), S. 99. Das Prinzip der Wertadditivität ist letztlich nichts anderes als die Verallgemeinerung des MM-Theorems. Hierzu Modigliani/Miller (1966). Für einen Überblick der Diskussion auch Miller (1989).
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2 Grundlagen der Finanzierungspolitik und Kapitalstruktur
talmarktes ist jedoch grundlegender Bestandteil ihrer Argumentation und deshalb Ausgangspunkt sukzessiver Theorien. 2.3.2.2 Trade-off Theorie Nachfolgende Theorien sind insbesondere durch Einführung realitätsnäherer Annahmen, vor allem Marktimperfektionen, weiterentwickelt worden. Die Existenz von Steuern und Insolvenzkosten waren die ersten diskutierten Marktimperfektionen, die von der Prämisse des vollkommenen Marktes abweichen. Zur Berücksichtigung von Steuern erweitern MM ihr Modell in einer Modifikation um die Absetzbarkeit von Zinszahlungen von der körperschaftssteuerlichen Bemessungsgrundlage. Sie folgern, dass durch diesen Effekt die Kapitalkosten eines Unternehmens gesenkt werden (vgl. Kapitel 2.4).103 Die Trade-off Theorie setzt an dieser Überlegung an, dass sich durch erhöhte Verschuldung der Unternehmenswert bei steuerzahlenden Unternehmen erhöhen lässt. Jedoch erweitert sie die Idee: So steigt nach ihrer Auffassung bei wachsender Verschuldung auch die Wahrscheinlichkeit eines Konkurses und somit entstehen Konkurskosten104. Dies hat wiederum negative Auswirkungen auf den Unternehmenswert. Der Trade-off Ansatz postuliert dies in einem mikroökonomischen Ansatz, bei dem ein optimaler Finanzierungsmix aus Fremd- und Eigenkapital dann erreicht ist, wenn die Grenzkosten des Fremdkapitals gerade dem Grenznutzen entsprechen.105 Im Grunde findet so eine Substitution durch Fremdkapital solange statt, bis der Unternehmenswert maximiert ist. Abbildung 2-4 verdeutlicht diesen Zusammenhang. Im Bereich niedriger Verschuldungsgrade überwiegen bei einer Ausweitung der Verschuldung (V) die Steuervorteile (Tax Shield) die einhergehenden Nachteile einer Steigerung der Konkurskosten. Dieser marginale Vorteil wird immer kleiner und kehrt sich ab V* ins Gegenteil um, da hier die Steuervorteile durch die Zunahme der Konkurskosten überkompensiert sind. Myers sagt deshalb moderate Verschuldungsgrade voraus.106
103 104
105 106
Vgl. Modigliani/Miller (1963), Hermanns (2006), S. 35-39. Konkurskosten sind Kosten, die entstehen wenn Insolvenz eintritt. Direkte Konkurskosten sind Verfahrenskosten (z.B. Rechtsanwälte), indirekte Konkurskosten entstehen, wenn durch drohende Insolvenz die Geschäftstätigkeit eingeschränkt wird. Vgl. Myers (2001), S. 88. Vgl. Myers (2001), S. 81.
2 Kapitalstruktur-Theorien GKM
25 GKML=GKEK+Tax Shield Distress Kosten
V*
V
Abbildung 2-4: Steuervorteile versus Konkurskosten.107 Auch der Trade-off Ansatz ist kein universeller Erklärungsansatz für die Relevanz der Finanzierungspolitik.108 Eine Schwäche ist die Operationalisierung der künftigen Konkurskosten und der exakten Bestimmung des optimalen Verschuldungsgrades.109 Weiterhin gilt die Erklärungskraft als limitiert, da zwar der Einfluss der Konkurskosten unbestritten ist, aber dennoch als relativ begrenzt gilt und nach Ansicht vieler Autoren kein adäquates Gegengewicht zum Steuervorteil darstellt.110 Als kritisch wird auch die positive Korrelation zwischen Profitabilität und Verschuldungsgrad gesehen, die empirisch nachgewiesen negativ ist.111 2.3.3 Neoinstitutionelle Kapitalstrukturtheorie 2.3.3.1 Agency Theorie Die Arbeit von Jensen/Meckling112 ist als Ausgangspunkt der neoinstitutionellen Kapitalstrukturtheorie zu sehen. Erstmals werden Kapitalstrukturentscheidungen auch hinsichtlich der zugrunde liegenden Verhaltensanreize für das Management analysiert.113 Bei den Agency Modellen werden Kosten, die durch unterschiedliche Interessen der Akteure entstehen, als Determinanten der Kapitalstruktur angesehen. Dabei stehen zwei Typen von Interessenkonflikten im Mittelpunkt: Interessenkonflikte zwischen Aktionären und Managern sowie zwischen Fremd- und Eigenkapitalgebern. 107 108 109
110 111 112 113
In Anlehnung an Spremann/Gantenbein (2005), S. 106. Vgl. Uhrig-Homburg (2001), S.189. Insbesondere die Schätzung der indirekten Konkurskosten ist problematisch, vgl. Breuer (1998), S. 109. Vgl. Miller (1977), S. 262. Vgl. Hermanns (2006), S. 40-64. Jensen/Meckling (1976). Vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 306.
26
2 Grundlagen der Finanzierungspolitik und Kapitalstruktur
Das Konzept geht davon aus, dass Manager nicht am Unternehmenserfolg beteiligt sind und Prinzipal-Agenten-Probleme bestehen. Diese Gefahr besteht, da der Manager unter diesen Bedingungen Investitionen tätigen könnte, die nur ihm nützen, aber nicht den Aktionären. Deshalb erscheint eine Beteiligung am Eigenkapital sinnvoll, da Manager dann einen Anreiz haben den Unternehmenswert zu maximieren. Jedoch ist der Anteil des Fremdkapitals immer noch unbestimmt. Um die Manager daran zu hindern, innerhalb ihres diskretionären Handlungsspielraumes unrentable Investitionen zu tätigen, müssten diese kontrolliert und überwacht werden. Zum möglichen opportunistischen Verhalten zählt z.B. die Realisation nicht vorteilhafter Investitionsprojekte (Overinvestment), die Nichtrealisierung vorteilhafter Investitionsprojekte (Underinvestment) oder die Wahl eines wertgleichen Investitionsprojekts mit höherem Investitionsrisiko (Asset Subsitution).114 In diesem Zusammenhang ist die Free Cash Flow Hypothese von Jensen zu erwähnen: „The problem is how to motivate managers to disgorge the cash rather than investing it below the cost of capital or wasting it on organizational inefficiencies“115. Diese postuliert letztendlich eine Verringerung der Agency-Kosten des Eigenkapitals durch Aufnahme von Fremdkapital. Bei sinkender Fremdfinanzierung nehmen die Überwachungskosten der Aktionäre zu, bei steigender Fremdfinanzierung jene der Fremdkapitalgeber.116 Der Ansatz von Jensen/Meckling sieht vor, dass die Agency-Kosten durch eine geeignete Wahl der Kapitalstruktur minimiert werden sollen. Theoretisch ist damit zu rechnen, dass die Überwachungskosten bei mittleren Verschuldungsgraden tiefer ausfallen als bei extremen Verhältnissen.117 Dabei diskutieren die Autoren die Anreizprobleme der externen Eigenfinanzierung sowie der Fremdfinanzierung und leiten daraus ein optimales Verhältnis der beiden Finanzierungsformen ab.118
114 115 116 117 118
Vgl. Schmidt (2004), S. 13. Jensen (1986). Zur Definition von Monitoring und Bonding-Kosten vgl. Volkart (2006), S. 607. Vgl. Volkart (2006), S. 607. Vgl. Uhrig-Homburg (2001), S. 191.
2 Kapitalstruktur-Theorien
27
AT(V*)=ASO(V)+AB(V) M
AT(V*)
AB(V) ASO(V)
0
V*
V 10
Abbildung 2-5: Konzept der Agency Theorie.119 Das optimale Verschuldungsverhältnis V* ist in Abbildung 2-5 dargestellt. AT(V) sind eine Funktion des Eigenkapitals (outside equity) zur gesamten Aussenfinanzierung (B+SO). ASO sind die Agency-Kosten des Eigenkapitals (SO), AB sind die AgencyKosten des Fremdkapitals (B). Punkt M markiert das Minimum der Agency Kosten V*=SO/(B+SO). Die Agency Theorie hat v.a. durch ihren Erklärungsbeitrag für die Vielzahl von in der Praxis anzutreffenden institutionellen Regelungen zum Verständnis beigetragen und wurde auch empirisch getestet.120 Ähnlich wie bei MM sind jedoch die Prämissen des Modells als restriktiv und wenig praxisnah anzusehen.121 2.3.3.2 Signaling Theorie Die Berücksichtigung von Informationsasymmetrien führte zu einem Forschungszweig innerhalb der Theorie der Kapitalstruktur, der die Signalisierungsfunktion von spezifischen Finanzierungsinstrumenten in den Mittelpunkt stellt.122 Ross sowie Leland/Pyle entwickelten hierauf aufbauend verschiedene Schlussfolgerungen hinsichtlich der optimalen Kapitalstruktur.123 Im Grundsatz geht es bei den Signaling Theorien um die Annahme asymmetrisch verteilter Information zwischen Management und Kapitalgebern, zulasten der letzteren.
119 120 121
122
123
In Anlehnung an Jensen/Meckling (1976), S. 344. Eine aktuelle Untersuchung bei Frank/Goyal (2006). Zu den Annahmen vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 314. Im Laufe des Modells werden einige Annahmen relativiert. Zur Signalisierung („signaling“) vgl. die grundlegende Arbeit von Spence (1973), der in Zusammenhang mit dem Arbeitsmarkt mögliche „hidden action“ mit „moral hazard“ Problemen analysiert. Ross (1977), Leland/Pyle (1977).
28
2 Grundlagen der Finanzierungspolitik und Kapitalstruktur
Deshalb versuchen die externen Kapitalgeber aus dem Verhalten und Signalen des Managements Rückschlüsse auf die Unternehmensqualität zu ziehen. Da externe Kapitalgeber bei einem Informationsdefizit entsprechend höhere Zinsforderungen stellen werden, ist das Management motiviert durch Signalisierung den eigenen Informationsstand glaubhaft zu machen.124 Ausgangspunkt der Überlegungen von Ross ist, dass Aktionäre einem nicht zu stark verschuldeten Unternehmen mehr vertrauen als einer völlig schuldenfreien Gesellschaft.125 Veränderungen der Kapitalstruktur bzw. des Verschuldungsgrades signalisieren die Erwartungen des Managements auf die zukünftige Unternehmensentwicklung.126 Eine Erhöhung der Verschuldung stellt für die externen Kapitalgeber ein positives, glaubwürdiges Signal hinsichtlich der zukünftigen Zahlungsüberschüsse dar, denn diese Maßnahme kann nur von Unternehmen mit günstiger zukünftiger Entwicklung durchgeführt werden.127 Leland/Pyle hingehen argumentieren, dass nur der Anteilsbesitz – und damit die Bereitschaft der Risikobeteiligung – des Managements am eigenen Unternehmen eine glaubhafte Signalisierungsfunktion ausüben kann.128 Der Erklärungsbeitrag der Signalisierungstheorie zu beobachtbaren Kapitalstrukturen ist in der Literatur strittig.129 2.3.3.3 Pecking-Order Theorie Der Begriff der Pecking-Order Theorie (POT, auch: Hackordnung der Finanzierung) wurde von Myers geprägt.130 Er baut auf einem Konzept von Donaldson aus den 1960er Jahren auf.131 Donaldson vertritt darin die These, dass zwischen den verschiedenen Finanzierungsarten eine Rangordnung zu beobachten sei. Myers erklärt mit diesem Konzept die Präferenzordnung großer, börsennotierter Unternehmen.132 Es wird immer diejenige Finanzierungsquelle vorrangig gewählt, welche
124 125 126
127
128 129 130
131
132
Vgl. Hermanns (2006), S. 65-69. Vgl. Spremann (2005), S. 185. Vgl. Ross (1976), S. 30; es gilt die Prämisse, dass die Signalisierung an externe Kapitalgeber über die Güte des Unternehmens ausschliesslich durch die Verschuldung erfolgt, S. 31. Die Fremdfinanzierung zeigt, dass ein Unternehmen kreditwürdig ist, Beziehung zu mindestens einer Bank hat und seine Schulden regelmässig bedienen kann. Vgl. Leland/Pyle (1977), S. 371, 375. Hierzu vgl. Hermanns (2006), S. 69-77. Der Beitrag Myers/Majluf (1984) erscheint zeitlich nach Myers (1984), die Ideen werden bereits in Myers (1984), S. 582 ff. dargestellt. Donaldson (1961). Siehe hierzu den Beitrag von Myers (1984). Er erwähnt im Beitrag ausdrücklich die Vorarbeiten von Donaldson auf S. 581. Vgl. Myers (1984), S. 581.
2 Kapitalstruktur-Theorien
29
geringere direkte und indirekte Kosten der Kapitalbeschaffung mit sich bringt.133 Unternehmen wählen demnach Finanzierungsinstrumente, die möglichst gering informationssensitiv sind. Nach der Pecking-Order Theorie reflektiert der Verschuldungsgrad das Bedürfnis nach Aussenfinanzierung. Es ergibt sich die in Abbildung 2-6 dargestellte Rangordnung („Hackordnung“).
Externe Eigenkapitalfinanzierung InformationsSensitivität
Aktienemission, Kapitalerhöhung
Präferenz
Externe hybride Finanzierung
Emission z.B. Wandel-/Optionsanleihen
Externe Fremdkapitalfinanzierung Emission von Anleihen
Aussenfinanzierung Innenfinanzierung Thesaurierung
Abbildung 2-6: Konzept der Pecking-Order Theorie.134 In der Praxis bedeutet dies, dass Investitionen zunächst aus dem laufenden operativen Cash-flow (Innenfinanzierung) finanziert werden. Ist dies nicht ausreichend, wird in die Aussenfinanzierung übergegangen. Dabei werden im Zuge der Fremdkapitalbeschaffung zunächst Kredite bei der Hausbank, dann bei anderen Banken aufgenommen. Die Emission von Anleihen und hybriden Finanzierungsinstrumenten erfolgt vor der Aufnahme von Eigenkapital. Dies bedeutet, dass das Unternehmen nur als letzte Möglichkeit Aktien emittieren oder eine Kapitalerhöhung durchführen wird. Verschiedene Gründe sprechen für die Plausibilität der Pecking-Order Theorie. Myers/Majluf erklären sie durch asymmetrische Information.135 Potenzielle externe Fremd- oder Eigenkapitalgeber haben weniger Informationen über das Unternehmen als „Insider“ der Gesellschaft.136 Als Ausgleich der Informationsasymmetrie und des einhergehenden Risikos können externe Eigenkapitalgeldgeber eine höhere Verzinsung verlangen. Die Manager der 133 134 135 136
Zu den Kosten etwa Volkart (2006), S. 561. Eigene Darstellung, in Anlehnung an Spremann/Gantenbein (2005), S. 110. Vgl. Myers/Majluf (1984), S. 195f. Damit wird dem Management unterstellt, dass es über nichtöffentliche Informationen über das Unternehmen verfügt. Weiterhin wird unterstellt, dass die Manager im Interesse der Aktionäre handeln, d.h. empire building ausgeschlossen ist.
30
2 Grundlagen der Finanzierungspolitik und Kapitalstruktur
Gesellschaft versuchen die Finanzierung mit eigenen Mitteln, z.B. Thesaurierung der Gewinne, über die Innenfinanzierung. Ist der Kapitalbedarf zur Durchführung aller kapitalwertpositiven Investitionsprojekte höher als die Eigenmittel, wird zunächst die externe Verschuldung über Aufnahme von Fremdkapital, z.B. Krediten, ausgenutzt. Erst danach werden sie extern neues Eigenkapital über eine Kapitalerhöhung von Investoren in Erwägung ziehen.137 Dies impliziert, dass nach der Pecking-Order Theorie keine optimale Kapitalstruktur besteht. Sie ist das Ergebnis vergangener, rollierender interner Finanzierungsentscheidungen.138 Diese orientieren sich nicht nur an der Entscheidung Eigen- versus Fremdkapital, sondern auch interne versus externe Finanzierung und dann weiter in externe Fremdkapital- versus Eigenkapitalfinanzierung. 2.3.4 Market Timing Theorie Eine Vielzahl weiterer Theorien, die oftmals Erkenntnisse aus anderen wirtschaftswissenschaftlichen Bereichen wie der Behavioral Finance miteinander verknüpfen, entwickelte sich in den 1980er Jahren.139 So wurden zur Erklärung der Kapitalstruktur produkt- und marktspezifische Modelle entwickelt. Sie untersuchen den Einfluss der Finanzierung auf das kompetitive bzw. das strategische Verhalten in Produkt- und Absatzmärkten.140 Diese Theorien werden in der aktuellen empirischen Literatur nicht weiter verfolgt. Dagegen ist Market Timing eine Theorie, die oftmals zur empirischen Erklärung von Emissionsverhalten herangezogen wird.141 Sie ist allerdings ebenfalls keine „neue“ Theorie. Bereits Myers vermutete, dass Finanzmanager Kapitalerhöhungen immer dann durchführen, wenn die Aktienpreise hoch sind und somit versuchen, das vorteilhafte Zeitfenster am Markt auszunutzen (zu „timen“).142 Die Idee ist ökonomisch intuitiv und konnte auch empirisch nachgewiesen werden.143 Letztlich berücksichtigt dieses Modell die Kapitalmarktbedingungen (Eigen- und Fremdkapitalmärkte) und entscheidet dynamisch, welcher Markt sich für die Emission von Kapital gerade besser eignet. Sollte keiner der Märkte optimal sein, wird die Kapi-
137
Vgl. Myers/Majluf (1984), S. 219. Vgl. Schmidt (2004), S. 17. 139 Vgl. Hermanns (2006), S. 83ff. Hierzu die Übersichtsarbeit Harris/Ravis (1991). 140 Eine sehr ausführliche Beschreibung bei Hermanns (2006), S. 85-112. Typische Beitrage etwa Brander/Lewis (1986); Maksimovic (1988). 141 Vgl. Frank/Goyal (2007), S. 9. 142 Myers (1984), S. 586 spricht von einem „timing of security issues“. 143 Etwa Graham/Harvey (2001), Hovakimian/Opler/Titman (2001). 138
2 Steuern und Verschuldung
31
talemission verschoben.144 Entsprechend werden diese Zeitpunkte bei Ritter auch Windows-of-Opportunity genannt.145 Baker/Wurgler beziehen sich auf die Market Timing Theorie, um zu zeigen, dass die Kapitalstruktur ein Ergebnis vergangener Market Timing Versuche ist: „current capital structure is strongly related to historical market values. The results suggest the theory that capital structure is the cumulative outcome of past attempts to time the equity market“.146 In empirischen Studien wird jedoch angezweifelt, ob sich diese Effekte über mehrere Perioden halten.147 2.4 Steuern und Verschuldung Die MM-Thesen beruhen entscheidend auf der Voraussetzung, dass der an die Kapitalgeber zu verteilende Betrag unabhängig vom Verschuldungsgrad ist.148 In der Realität sind jedoch Steuern omnipräsent, so dass diese Bedingung in der Regel verloren geht. Deshalb soll der Einfluss der Steuern auf die Verschuldungspolitik genauer skizziert werden. Modigliani/Miller schreiben ausgehend von ihrer Grundthese selbst, dass die Kapitalstruktur unter Einbeziehung von Steuern einen Einfluss auf den Unternehmenswert hat: „This means (…) that the tax advantages of debt financing are somewhat greater than we originally suggested and (…) that under our analysis the tax advantages of debt are the only permanent advantages (…)“.149 Die meisten Steuersysteme der Industrienationen sind so ausgestaltet, dass auf Unternehmensebene Zinszahlungen vom steuerbaren Gewinn in Abzug gebracht werden können. Im Gegenzug werden auf Gesellschafterebene die Kapitalgeber mit persönlichen Einkommensteuern (Income Tax) wieder besteuert. Beide Ebenen – Unternehmen und Gesellschafter – sind deshalb in die Betrachtung einzubeziehen. Führt die Finanzierung eines Unternehmens mit Fremdkapital aufgrund der steuerlichen Benachteiligung von Eigenkapital zu einem höheren Unternehmenswert als bei reiner Eigenkapitalfinanzierung wird dieser Effekt als Tax Shield bezeichnet.150 2.4.1 Modigliani-Miller Thesen mit Steuern Die Theorie der Werterhöhung durch Steuerersparnis von MM in den Ausführungen von 1963 basiert auf dem ursprünglichen Modell und berücksichtigt bereits die Kör-
144 145 146 147 148 149 150
Vgl. Frank/Goyal (2007), S. 9. Ritter (1991), S. 3ff. Baker/Wurgler (2002), S. 2. Etwa Alti (2006). Vgl. Kruschwitz (2007), S. 255. Modigliani/Miller (1963), S. 434. Vgl. Hower (2006), S. 3, 21.
32
2 Grundlagen der Finanzierungspolitik und Kapitalstruktur
perschaftsteuer auf Unternehmensebene.151 Bei der Körperschaftsteuer wird das Einkommen von Kapitalgesellschaften besteuert. Für die Bemessungsgrundlage gilt in der Schweiz und in Deutschland das Maßgeblichkeitsprinzip, d.h. die handelsrechtlichen Jahresabschlüsse sind grundsätzlich auch für Steuerzwecke maßgebend.152 Die MM Thesen mit Steuern zeigen, in welcher Weise sich Unternehmenssteuern auf die Vorteilhaftigkeit unterschiedlicher Verschuldungsgrade auswirken, wobei der exakte Effekt von der näheren Ausgestaltung des Steuersystems abhängt.153 Das modifizierte Modell von MM geht von folgenden Zusammenhängen aus:154 Wird der Unternehmenserfolg mit dem gewinnproportionalen Steuersatz KSt besteuert, erzielt ein Anteilseigner y1 mit Anteil D an einem ausschließlich mit Eigenkapital finanzierten Unternehmen folgende Einnahmen y1: y1
D x (1 KSt )
Anteilseigner y2 mit Anteil E ist an einem verschuldeten Unternehmen beteiligt: y2
E ( x i FK ) (1 KSt )
Diesen Nettoerfolgsstrom kann Anteilseigner y1 auch nicht erreichen, wenn er die Verschuldung des zweiten Unternehmens privat herzustellen versucht. Dies zeigt, dass der Periodenerfolg nach Steuern eines vollkommen eigenfinanzierten Unternehmens U um ( x i FK ) geringer ist als der eines teilweise fremdfinanzierten Unternehmens. Die Kapitalstruktur ist nicht mehr irrelevant für den Marktwert eines Unternehmens. Der Unternehmensgesamtwert (VL) ist gleich der Summe von Unternehmenswert bei Eigenfinanzierung (VU) und der Wert der durch die anteilige Fremdfinanzierung bewirkten Steuervorteils G ( KSt FK ) : VL = VU + G Abbildung 2-7 zeigt diesen Effekt der Körperschaftsteuer auf den Unternehmenswert. Vor dem Hintergrund der Marktwertmaximierung wäre bei Berücksichtigung von Steuern ein maximaler Fremdkapitalanteil (d.h. 100%) optimal. Dies ist in der Realität jedoch nicht der Fall – offensichtlich gibt es noch andere Determinanten, die für die Entscheidung über die Verschuldung der Kapitalstruktur relevant sind.155
151 152 153
154
155
Vgl. Brigham/Erhardt (2002), S. 667, Hermanns (2006), S. 23ff. Vgl. Scheidegger/Lehmann (2004), S. 727. Vgl. Bitz (2000), S. 28-29. Zu einer Analyse des Tax Shield in Abhängigkeit des Steuersystems vgl. Hower (2006), S. 14-20. Die Ausführungen zur Modellmodifikation sind angelehnt an die Ausarbeitung von Perridon/Steiner (2007), S. 500f. Ansonsten wären (fast) alle Unternehmen nicht optimal finanziert, vgl. Perridon/Steiner (2007), S. 501.
2 Steuern und Verschuldung
33
Ohne Steuern
Mit Körperschaftsteuer
Kapitalkosten
Kapitalkosten rEK
rEK rd
rd
i(1-KSt)
i V Unternehmenswert (V)
V Unternehmenswert (V)
VL
G VL=VU FK
VU FK
Abbildung 2-7: Leverage Effekt im MM-Modell mit Steuern.156 Neben den auf der Unternehmensebene anfallenden Steuern sind zusätzlich auch noch die persönlichen Steuern auf der Kapitalgeberebene zu berücksichtigen. Hierzu sind verschiedene Modelle entwickelt worden, die persönliche Steuern der Kapitalgeber in das Bewertungskalkül integrieren.157 Im Schrifttum wird dabei in Anlehnung an die realen Gegebenheiten in vielen Ländern dem Fall besondere Aufmerksamkeit gewidmet, dass die von allen Beteiligten zu tragende steuerliche Belastung tendenziell umso kleiner wird, je höher der Verschuldungsgrad ist.158 Kritisch anzumerken ist die Unsicherheit der Steuerersparnis: Ein hoher Verschuldungsgrad kann die Insolvenzwahrscheinlichkeit erhöhen und so die Steuerersparnis im Insolvenzfall nicht genutzt werden. Weiterhin besteht Ungewissheit durch mögliche Änderung der Steuergesetze. 2.4.2 Fremdkapital und Zinsschranke In verschiedenen europäischen Ländern (Deutschland, Frankreich, Dänemark) und den USA sind in der Steuergesetzgebung sog. „Zinsschranken“ implementiert.159 In den USA begrenzt die „Earnings Stippings Rule“160 den Zinsabzug der GesellschafterFremdfinanzierungen. 156 157 158 159 160
In Anlehnung an Brigham/Erhardt (2002), S. 669. Ein solches Modell für das deutsche Steuersystem z.B. bei Mai (2007), S. 583-594. Vgl. Bitz (2000). Vgl. Töben/Fischer (2007), S. 974. § 163 (j) Internal Revenue Code (IRC).
34
2 Grundlagen der Finanzierungspolitik und Kapitalstruktur
In der Schweiz ist keine derartige Regelung im Steuerrecht vorgesehen. In Deutschland hingegen umfasst die Zinsschranke alle Fremdkapitalzinsen.161 Die in dieser Arbeit fokussierten multinationalen Unternehmen sind Ziel dieser Regelung. Wie in Kapitel 2.1.1 gezeigt wird, verfügen Konzerne über erweiterte Möglichkeiten der Finanzierung durch Tochtergesellschaften. Diese werden zu Zwecken der Steueroptimierung als Gestaltungsspielräume genutzt um z.B. eine Senkung der Bemessungsgrundlage herbeizuführen.162 Vor diesem Hintergrund sind drei generische Grundtypen der steueroptimierten Konzernfinanzierung zu betrachten:163 x Downstream-Inboundfinanzierung: Eine ausländische Mutterkapitalgesellschaft finanziert ihre inländische Tochtergesellschaft mit Fremdkapital. Der Gewinn der Tochtergesellschaft wird über die Fremdfinanzierungszinsen zulasten der inländischen Bemessungsgrundlage gemindert. x Upstream-Inboundfinanzierung: Eine inländische Mutterkapitalgesellschaft stattet ihre ausländische Tochter übermäßig mit Eigenkapital aus. Die Tochtergesellschaft währt der Muttergesellschaft ein Darlehen, diese Zinsen sind auf Ebene der Muttergesellschaft als Betriebsausgaben abzugsfähig. x Outboundfinanzierung: Eine inländische Mutterkapitalgesellschaft refinanziert ein Eigenkapitalinvestment in eine ausländische Tochtergesellschaft durch einen Bankkredit. Aus dem Investment erhält die Mutter steuerfreie Dividenden, während die an die Bank zu zahlenden Zinsen von der inländischen Bemessungsgrundlage abziehbar sind. Die Grundregel der deutschen Zinsschranke hat zur Folge, dass Zinsaufwendungen eines Unternehmens164 nur bis zur Höhe von 30% des steuerlichen EBITDA desselben Wirtschaftsjahres abzugsfähig sind (§ 4h Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1. S. 1 KStG). Hierzu gehören vermutlich auch Zinsen für Bankkredite.165 Es ist im Kontext dieser Arbeit davon auszugehen, dass auch die Zinsen für Anleihen und Commercial Papers zu den Zinssaufwendungen zählen. Die Zinsschranke enthält eine Freigrenze, so dass diese nicht greift, wenn der die Zinserträge übersteigende Zinsaufwand weniger als 1 Mio. Euro beträgt (§ 4h Abs. 2 a EStG).166 Im Rahmen einer Escape Klausel ist bei Konzernen vorgesehen, dass die 161
162
163 164 165 166
Diese wurde im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 eingeführt. Beschluss des Bundestages vom 25.5.2007: BR-Drs. 387/07. Ziel der Unternehmensteuerreform ist die Verbesserung der Standortattraktivität Deutschland. Eine wesentliche Massnahme ist die Senkung des Körperschaftsteuersatzes (KSt) auf 15%. Als Gegenfinanzierungsmassnahme dient u.a. die Zinsschranke. Die deutsche Regierung versucht, dem Verlust von Steuersubstrat durch Fremdfinanzierung über entsprechende Regelungen zu entgegnen. Vgl. Rödder/Stangl (2007), S. 479. Die Zinsschranke gilt sowohl für Personen- als auch für Kapitalgesellschaften. Der Gesetzgeber ist in der Formulierung unklar, hierzu etwa Töben/Fischer (2007), S. 974. Vgl. Rödder/Stangl (2007), S. 480.
2 Zwischenergebnis
35
30%-Grenze nicht gilt, wenn nachgewiesen wird, dass die Eigenkapitalquote der Tochter nicht unter der des Konzerns liegt.167 Interessant ist das Zurückgreifen auf eine Eigenkapitalquote, die sich nach internationalen Accounting Standards (IFRS, subsidiär US GAAP) berechnet.168 Dies ist für das deutsche Steuerrecht, das grundsätzlich eng mit dem Handelsrecht verbunden ist, eine Innovation. Bei der Ermittlung der Eigenkapitalquoten sind verschiedene Korrekturen vorzunehmen:169 Zum Eigenkapital sind im Konzernabschluss enthaltene Firmenwerte und die Hälfte der Sonderposten mit Rücklageanteil zuzurechnen. Im Gegenzug ist das Eigenkapital zu kürzen um Eigenkapital, das keine Stimmrechte vermittelt (aber keine Vorzugsaktien). Die Bilanzsumme ist um Kapitalforderungen zu kürzen, die nicht im Konzernabschluss ausgewiesen sind und denen Verbindlichkeiten in mindestens gleicher Höhe gegenüberstehen. Die Komplexität der Regelung und die Intention zeigen, dass die Gefahr einer steuerlichen Benachteiligung von Fremdkapital und einer Doppelbesteuerung entsteht.170 Dies ist insofern erstaunlich, da die deutsche Steuergesetzgebung viele Jahre lang die Fremdkapitalfinanzierung förderte.171 Trotz intensiver theoretischer Diskussion ist eine quantitative Bestimmung der Beziehung zwischen Besteuerung und Kapitalstruktur bisher ausgeblieben. Einige Studien deuten auf eine Relevanz der Besteuerung auf die Verschuldung hin. Jedoch lässt die Arbeit von Hower eine hohe Relevanz des Tax Shield für die Unternehmensfinanzierung fraglich erscheinen.172 Eine genaue Bestimmung ist möglicherweise aufgrund der komplexen Steuergesetzgebung und der Schwierigkeit in der Abgrenzung des Einflusses anderer Faktoren nicht möglich.173 2.5 Zwischenergebnis Die theoretische Auseinandersetzung mit der Kapitalstruktur gibt zwei Richtungen vor: Zum einen postuliert das traditionelle Trade-Off Argument dass der optimale Finanzierungsmix aus der Ausbalancierung des Steuervorteils der Fremdfinanzierung 167
168 169 170
171
172 173
Die Eigenkapitalquote der Tochtergesellschaft muss gleich hoch oder höher sein als die des Konzerns. In diesem Fall findet die Zinsschranke keine Anwendung (§ 4h Abs. 2 c EStG). Vgl. Rödder/Stangl (2007), S. 485. Es gilt eine Toleranzschwelle von 1%. Vgl.Herzig/Bohn (2007), S. 2. Hilfsweise ist auf den HGB Abschluss zurückzugreifen. Vgl. EY (2007), S. 13. Ziel der Zinsschranken ist im Grunde die Missbrauchsbekämpfung. Allerdings sollten dabei die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen und ihre Entscheidungen zur Unternehmensfinanzierung nicht zu sehr von steuerlichen Aspekten beeinträchtigt werden. Allerdings kommt es theoretisch nur zu einem Timing-Effekt, da der nicht als Betriebsausgabe abgezogene Teil der Zinsaufwendungen in späteren Jahren den Gewinn mindern kann. Eine endgültige Doppelbesteuerung entsteht bei einer Umwandlung oder Betriebsaufgabe. Vgl. EY (2007), S. 10f. Dies wird auch als Begründung für die niedrigen Eigenkapitalquoten in Deutschland angeführt. Vgl. Rudolf (2005), S. 11. Vgl. Hower (2006), S. 130. Eine aktuelle Übersicht bietet etwa Hermanns (2006), S. 30f.
36
2 Grundlagen der Finanzierungspolitik und Kapitalstruktur
und dem Barwert der Konkurs- und Agency-Kosten resultiert. Zum anderen beruht die Pecking-Order Theorie auf der Annahme, dass Unternehmen keine Zielkapitalstruktur ex ante verfolgen, sondern sich externer Finanzierungsinstrumente bedienen, wenn die kapitalwertpositiven Investitionsprojekte mehr Kapitalbedarf benötigen, als bei der Innenfinanzierung generiert werden kann.174 Es zeigt sich, dass die kapitaltheoretischen Modelle zu unterschiedlichen Aussagen bezüglich der optimalen Kapitalstruktur kommen. Dies ist im Wesentlichen auf die zugrunde liegenden Annahmen zurückzuführen.175 Ausgehend vom Idealbild perfekter Kapitalmärkte zeigen Modigliani/Miller, dass Finanzierungsentscheidungen bezüglich der Kapitalstruktur und Dividendenpolitik irrelevant für den Unternehmenswert sind. Dies bedeutet, in effizienten Kapitalmärkten ohne Steuern sind Wertpapiere mit ihrem intrinsischen Wert gepreist, Firmen können den Wert nicht durch Ausgabe von Anleihen oder Aktien erhöhen.176 Aus theoretischer Sicht war die von MM aufgestellte These grundlegend für das Verständnis der Unternehmensfinanzierung in der neoklassischen Finanzierungstheorie. So ist es auch weniger das Aussageresultat, welches den hohen Stellenwert dieser Arbeit ausmacht, sondern die Art und Weise, wie die analytische Gedankenführung erfolgte. Das MM-Theorem ermöglicht eine Abstraktion der Realität in eine Modellwelt, deren Annahmen nach und nach eingeschränkt werden können. Dies ermöglicht die Identifikation einzelner Faktoren und deren Relevanz bei Suche nach Erkenntnissen über eine optimale Kapitalstruktur.177 Mit der nachfolgenden Entwicklung der Kapitalmarktheorien wie dem CAPM178 oder der Optionspreistheorie179 gelang es, die Aussagen von MM auf ein breiteres theoretisches Fundament zu stellen und unter weniger restriktiven Annahmen abzuleiten.180 Aus praktischer Sicht ist die Irrelevanz der Verschuldung nie als endgültige Aussage über die Finanzierung von Unternehmen akzeptiert worden.181 Zum einen ist die traditionelle These zum optimalen Verschuldungsgrad leichter nachvollziehbar und glaubwürdiger als die MM-These, da die getroffenen Annahmen weniger restriktiv sind und somit der Realität näher kommen. Auch steht den MM-Thesen die Empirie entgegen, denn eine Irrelevanz der Kapitalstruktur widerspricht der in den letzten Jahren gewachsenen Vielfalt an Finanzierungsinstrumenten und Gestaltungsmöglichkeiten.182 In 174
Vgl. Jostarndt/Wagner (2006), S. 2. Vgl. Perridon/Steiner (2007), S. 480. 176 Baskin/Miranti (1997), S. 16, Hermanns (2006), S. 78-81. 177 Vgl. Matos (2001), S. 40. 178 Sharpe (1964), Lintner (1965), Mossin (1966). 179 Black/Scholes (1973), Merton (1973). 180 Vgl. Wohlschiess (1997), S. 282. 181 Vgl. Wohlschiess (1997), S. 282. 182 Vgl. Boemle/Stolz (2002), S. 81; Drobetz/Pensa/Wöhle (2006), S. 254. 175
2 Zwischenergebnis
37
dieser Hinsicht wird insbesondere die Vernachlässigung von Steuern und Insolvenzkosten kritisch gesehen.183 Ein Anreiz für die Verwendung von Fremdkapital als Finanzierungsinstrument ist der Effekt des Tax Shield. Allerdings relativiert sich dieser Effekt in Steuersystemen, die eine Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzinsen vorsehen. Dies ist in Deutschland der Fall. Die neoinstitutionalistische Kapitalstrukturtheorie gibt keine Regeln an, welche Aussagen treffen wie sich ein Unternehmen zu einer gegebenen Situation finanzieren sollte. Aber sie ermöglicht es, gezielter über reale finanzwirtschaftliche Phänomene und Gestaltungsprobleme nachzudenken und zu diskutieren, als es vor der Entwicklung dieser Richtung der ökonomischen Theorie möglich war.184 Da sich Kapitalstrukturentscheidungen auf den Wert des Eigenkapitals in der Realität auswirken, war es für die Forschung von Interesse, durch welche Faktoren die Finanzierungsentscheidungen des Managements getrieben werden. Hierzu sind Erklärungsansätze der Literatur wie die Signaling-, Pecking-Order- oder Market Timing Theorie entstanden. Die Theorien – die jeweils unterschiedliche Schwerpunkte betonen – haben für die Relevanz der Kapitalstruktur bedeutende Faktoren identifiziert. Diese sind Transaktionskosten, Steuern, Kosten finanzieller Anspannung, Agency-Probleme und asymmetrische Informationsverteilung/Signalisierung. Die Market Timing Theorie bezieht sich nicht auf die traditionellen Faktoren, die zur Erklärung der Verschuldung herangezogen werden, sondern regt an, Kapitalmarktkonditionen mit in das Modell aufzunehmen.185 Bis heute konnte noch kein Konsens erzielt werden, welches Modell bzw. welcher theoretische Ansatz am geeignetsten ist, die Kapitalstrukturentscheidungen von Unternehmen generell zu begründen. Die Herleitung einer allgemein gültigen Theorie wird wohl letztlich an der Komplexität und Vielzahl möglicher beobachtbarer und teilweise nicht beobachtbarer Einflussfaktoren sowie der Heterogenität von Unternehmen scheitern.186 Als Zwischenergebnis lässt sich aussagen, dass in der Wissenschaft Konsens darüber herrscht, dass – bedingt durch die Existenz unvollkommener Märkte, Steuern und Informationsasymmetrien – die Kapitalstruktur für den Unternehmenswert nicht irrelevant ist. Somit ist die Rolle des Finanzmanagements legitimiert und eine Auseinandersetzung mit den Einflussfaktoren angebracht.
183
Vgl. Perridon/Steiner (2007), S. 503. Vgl. Schmidt/Terberger (1999), S. 452. 185 Vgl. Frank/Goyal (2007), S. 9. 186 Vgl. eine ausführliche Zusammenfassung auch bei Hermanns (2006), S. 154-157. 184
3 Finanzierungsinstrumente und Accounting „U.S. capital markets are the envy of the world. They are the deepest, broadest and most liquid anywhere. That is in no small part because of the confidence provided by the credibility and thoroughness of our financial accounting and reporting.” FASB187 Dieses Kapitel stellt den Übergang zwischen den bisherigen theoretischen Grundlagen der Kapitalstruktur und der in börsennotierten Unternehmen realisierten Struktur der Finanzierungsinstrumente dar. Es untersucht daher auch die relevanten Accounting Standards zu den Finanzierungsinstrumenten. Inhaltlich gliedert es sich in drei Abschnitte. Zunächst soll das der Finanzierung zugrundeliegende System der Kapitalbeschaffung – das Finanzsystem – betrachtet werden. Hierbei wird der Wandel zu einem kapitalmarktbasierten Finanzsystem skizziert. Die Systematisierung von Finanzierungsinstrumenten stellt im Anschluss hieran ausgewählte Finanzierungsmöglichkeiten in verschiedenen Dimensionen und Merkmalen gegenüber und setzt sich mit theoretischen Arbeiten zur Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital auseinander. Im folgenden Abschnitt wird die Internationalisierung der Accounting Standards gewürdigt und Bilanzierungsgrundsätze dargestellt. Einen Schwerpunkt bildet ferner die Diskussion der Eigenkapitalabgrenzung. 3.1 Finanzsysteme und Finanzierung Das Finanzsystem ist Teil des volkswirtschaftlichen Gesamtfinanzierungssystems und umfasst die Art und Weise, wie Haushalte Vermögen bilden, wie sich Unternehmen finanzieren und wie das Corporate Governance System eines Landes ausgeprägt ist.188 Die Ausprägung hängt von länderspezifischen Rahmenfaktoren wie dem System der Altersvorsorge, der Jurisdiktion, dem Regulierungsrahmen und der Bank- und Wirtschaftsgeschichte ab.189 Das bankenorientierte Finanzsystem (Kontinentaleuropa, Japan) ist eines der beiden weltweit miteinander konkurrierenden institutionellen Arrangements von Finanzsystemen.190 Demgegenüber steht das angelsächsisch geprägte marktorientierte Finanzsystem (USA, Großbritannien, teilweise Asien), in dessen Zentrum der Kapitalmarkt191 steht. 187 188 189 190 191
FASB (1998), S. 5. Vgl. Schmidt/Hackethal/Tyrell (2001), S. 13. Vgl. Schumacher (2006), S. 2; Sachverständigenrat (2005), S. 455-457. Vgl. Rudolf (2005), S. 1. Funktionen des Kapitalmarkts: Losgrößentransformation, positive Fristentransformation, Risikotransformation, vgl. Copeland/Weston/Shastri (2007), S. 34-48. Dimensionen des Kapitalmarkts: Primär- und Sekundärmarkt, vgl. Spremann/Gantenbein (2005), S. 15f., Behr (2002), S. 160-163.
3 Finanzsysteme und Finanzierung
39 Marktorientiertes Finanzsystem
Bankenorientiertes Finanzsystem
Über organisierte Märkte: Die langfristige Unternehmensfinanzierung erfolgt über die Ausgabe von Aktien und Anleihen.
Durch Finanzintermediäre: Diese gehen langfristige Kreditbeziehungen ein und halten gleichzeitig strategische Beteiligungen an Unternehmen, denen sie Kredit gewähren.
Eigenschaften
Unternehmensfinanzierung
Information, Transparenz
Informationen sind öffentlich verfügbar und Finanzmärkte liquide.
Die Transparenz des Systems ist gering. Finanzintermediäre haben privilegierten Zugang zu Informationen.
Accounting Standards
Offenlegungspflichten von Unternehmen und Accounting Standards dienen der Bereitstellung von Informationen zur Unternehmensbewertung.
Accounting Standards dienen in erster Linie dem Gläubigerschutz.
Kontrolle
Externe Kontrolle durch die Bewertung der Aktien und durch Übernahmen bei Fehlbewertungen.
Kontrolle durch die Kreditbeziehung und Beteiligung der Finanzintermediäre. Über ihren eigenen Aktienbesitz hinaus kontrollieren Banken häufig auch die Aktien ihrer Kunden.
Allokation
Transparenz und Liquidität fördern den Wettbewerb und die allokative Effizienz. Probleme der asymmetrischen Information können zu Kreditrationierung führen. Temporäre Fehlbewertungen durch Herdenverhalten und Blasenbildung möglich.
Probleme der asymmetrischen Information können durch langfristige Beziehungen überwunden werden. Fehlallokation kann durch Verflechtungen, Intransparenz, Illiquidität, niedrigem Wettbewerb sowie zu langem Festhalten an der Finanzierungsbeziehung entstehen.
Stabilität
Bessere Reaktion auf systemische Schocks.
Versicherungsfunktion bei firmenspezifischen Schocks.
Anpassungsfähigkeit
Vorteile in der Finanzierung neuer Firmen und in Zeiten schnellen technologischen Wandels. Wettbewerb wirkt als Entdeckungsmechanismus und erhöht Anpassungsfähigkeit.
Vorteile in der Finanzierung bestehender Firmen und Technologien. Enge Verflechtung zwischen Banken und Unternehmen und häufig auch der Politik vermindern Anpassungsfähigkeit.
Größe der Eigenkapitalmärkte192
Marktkapitalisierung (2006): NYSE: 15.421 Mrd. USD (Wachstum 13,1%) LSE: 3.794 Mrd. USD (Wachstum 8,8%)
Marktkapitalisierung (2006): Deutsche Börse: 1.638 Mrd. USD (Wachstum 20%) SWX: 1.212 Mrd. USD (Wachstum 20%)
Beurteilung
Tabelle 3-1: Stilisierter Vergleich der Finanzsysteme.193
192 193
Daten von der World Federation of Exchanges (http://www.world-exchanges.org). In Anlehnung an Sachverständigenrat (2005), S. 463.
40
3 Finanzierungsinstrumente und Accounting
Beide Finanzsysteme sind als idealtypisches Modell in Tabelle 3-1 dargestellt. Das bankenorientierte Finanzsystem ist das in der Schweiz und Deutschland am längsten praktizierte Modell.194 Dabei erfolgt die Finanzierung von Unternehmensinvestitionen primär durch Bankkredite und sekundär durch den Kapitalmarkt. Entsprechend zeichnen sich die Eigenkapitalmärkte im Vergleich auch durch eine geringere Marktkapitalisierung aus. Damit einhergehend ist das bisherige Accounting Regime mit der Orientierung an Buchwerten und dem Vorsichtigkeitsprinzip an den Schutzrechten der Gläubiger ausgerichtet. Anlegerschutz und Transparenzvorschriften sind geringer ausgeprägt als im marktorientierten Finanzsystem.195 Dort spielen Märkte sowohl in der Unternehmensfinanzierung als auch bei Unternehmensübernahmen (M&A) über Wertpapiere die zentrale Rolle (arm’s length system). Das Accounting Regime orientiert sich an Marktwerten – dem fair value – und den Anteilseignern.196 Ob der rechtliche Schutz der Anleger und die Rechnungslegung in einem kapitalmarktorientierten Finanzsystem tatsächlich transparenter sind, ist in der Literatur strittig.197 In der theoretischen Diskussion um Eigenschaften und Beurteilung der Finanzsysteme wird oftmals angeführt, dass das bankorientierte Finanzsystem ein Grund für niedrige Eigenkapitalquoten sei. Niedrige Eigenkapitalquoten sind dann ein Problem, wenn sie Manager davon abhalten, kapitalintensive und risikoreiche Investitionen zu beginnen, weil Fehlschläge den Bestand des Unternehmens gefährden könnten.198 In Finanzsystemen, in denen institutionelle Fremdkapitalgeber dominieren, ist die Bedeutung der öffentlichen Kapitalmärkte für die Unternehmensfinanzierung deshalb gering. Während 55% bis 60% der Kapitalstruktur ausgewählter Unternehmen in den USA über den öffentlichen Kapitalmarkt finanziert sind, beträgt der Anteil der kapitalmarktfinanzierten Passiva bei vergleichbaren kontinentaleuropäischen Unternehmen lediglich ca. 30%.199
194
195 196 197
198 199
Vgl. Rudolf (2005), S. 1. Die hohe Fremdkapitalquote in Deutschland ist zudem durch die Geschichte begründet: „Nach dem zweiten Weltkrieg war das deutsche Finanzsystem durch den Verlust der Geldvermögen und die Zerstörung der Betriebe zwangsläufig auf massive Fremdkapitalzuführung angewiesen.“, Rudolf (2005), S. 11. Vgl. Rudolf (2005), S. 4f. Vgl. Rudolf (2005), S. 2. Rudolf (2005) sieht US-Rechnungslegung transparenter als europäische. Küting (2007a) sieht jedoch auch bei der IFRS Bilanzierung, die sich an US-GAAP orientiert und die nationalen Vorschriften ersetzt, eher eine Erhöhung des bilanzpolitischen Gestaltungspotenzials und damit letztendlich geringere Transparenz. Vgl. Drukarczyk (2003), S. 264. Vgl. Heintges (2005), S. 69.
3 Finanzsysteme und Finanzierung
41
In der Realität finden sich in allen Finanzsystemen von Industrienationen Elemente beider Modelle.200 Dabei ist jedoch zu beobachten, dass sich seit Ende der 1980er Jahre die Unternehmensfinanzierung in Europa neu orientiert hat.201 Kapitalmarktorientierte Elemente haben durch die Globalisierung der Finanzmärkte und der Institutionalisierung der Vermögensanlagen in der Schweiz und Deutschland Einzug gefunden und ersetzen die bankorientierte Tradition. Die Rahmenbedingungen des Finanzsystems wurden verändert, Investmentgesetze und institutionelle Regelungen zur Finanzmarktaufsicht in der Schweiz und Deutschland prägen diese Veränderung.202 Kapitalmarktorientierte Finanzsysteme führen zum einen zu effizienteren Kapitalmärkten und vergrößern durch ein erweitertes Spektrum an Anlagemöglichkeiten auch die Auswahl des Kapitalangebotes, d.h. Finanzierungsinstrumente, für reale Investitionen. Zum anderen führt eine Shareholder Value Orientierung zu einer dauerhaften Disziplinierung des Managements und einer renditeorientierten Verwendung von Finanzierungsmitteln.203 Diese Sichtweise wird jedoch auch kritisch gesehen.204 Der Einfluss von Rahmenbedingungen des Finanzsystems auf das Finanzierungsverhalten von Unternehmen ist bereits mehrfach untersucht worden.205 Es zeigt sich, dass eine Veränderung der institutionellen Rahmenbedingungen hinsichtlich der Förderung von marktbasierten Finanzierung stattfindet und entsprechend die Entwicklung neuer Finanzierungsinstrumente fördert. Im Folgenden wird dargestellt, welche spezifischen Charakteristika diese Instrumente aufweisen.
200
201
202
203 204 205
Vgl. Corbett/Jenkinson (1997), S. 85: „The celebrated distinction between the “market based” financial pattern of the United Kingdom and the United States and the “bank-based” pattern of Germany and Japan is inaccurate”. In Deutschland ist ein starker Anstieg der Ausgabe von Unternehmensanleihen und teilweise auch Aktienemissionen seit Mitte der 1990er Jahre zu verzeichnen, vgl. Enz/Kraenzlin/Ravara (2005), S. 24; Rudolf (2005), S. 2. Zu den Gesetzesreformen des Finanzsystems gehören in Deutschland: Finanzmarktförderungsgesetze (1990, 1994, 1998, 2002), Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (1998), Investmentmodernisierungsgesetz (2003), Investmentänderungsgesetz (2007), Unternehmensteuerreform (2000, 2007), Gesetz zur Schaffung deutscher Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen („REIT-Gesetz“) (2007). Im Gesetzgebungsprozess befinden sich das Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen („Private-EquityGesetz“), das Risikobegrenzungsgesetz sowie die europarechtlichen Regelungen zum Accounting und das Bilanzmodernisierungsgesetz. Zu den Gesetzesreformen des Finanzsystems in der Schweiz gehört insbesondere die integrierte Finanzmarktaufsicht (verabschiedet am 22.07.2007). Weitere Vorhaben sind bei der Eidgenössischen Bankenkommission abrufbar (http://www.finweb.admin.ch/dok/Tabelle_d.pdf). Vgl. hierzu Levine (2005). Zur Fisher Separation Copeland/Weston/Shastri (2007), S. 51. Vgl. ausführlich zur kritischen Betrachtung Hein/Van Treeck (2008). Z.B. Hartman-Wendels (2002), S. 8-11 zeigt anhand quantitativer Ergebnisse den Wandel der Unternehmensfinanzierung und des Finanzgefüges im Kontext von gesetzgeberischer Initiativen und des „Neuen Markts“. Die Studie „Kapitalmarkt und Finanzintermediäre“ des Sachverständigenrates (2005), S. 455-493 stellt anhand einer Analyse die veränderte Unternehmensfinanzierung in Deutschland dar.
42
3 Finanzierungsinstrumente und Accounting
3.2 Systematisierung von Finanzierungsinstrumenten 3.2.1 Dimensionen Börsennotierte Unternehmen können aus dem gesamten Spektrum der Finanzierungsinstrumente für sie geeignete auswählen. Die Ausgestaltungsmöglichkeiten manifestieren sich letztendlich in einer kaum zu überblickenden Anzahl von Varianten meist englischsprachiger Bezeichnungen.206 Bedingt durch die zunehmende Dominanz der Kapitalmärkte und des Financial Engineering setzt sich dieser Prozess weiter fort.207 Trotz aller Variationen fällt bei einem Vergleich der Finanzierungsinstrumente auch die Übereinstimmung einiger zentraler Merkmale auf. Somit lassen sich die Instrumente immer wieder auf verschiedene Grundprinzipien zurückführen. Die verschiedenen Dimensionen, über die sich Finanzierungsinstrumente strukturieren lassen, sind in Abbildung 3-1 dargestellt.208
Rechte zur Verlaufsgestaltung
Anspruchsrechte im Konkursfall (Insolvenz)
Eingriffsrechte in operative Unternehmensentscheidungen
Dimensionen von Finanzierungsinstrumenten Platzierung am Kapitalmarkt (Public) Einzelvertragliche Überlassung (Private)
Zeitpunkt Dauer der Kapitalüberlassung
Anspruch auf zukünftige Cashflows und Stabilität Höhe
Abbildung 3-1: Dimensionen von Finanzierungsinstrumenten. Zum einen unterscheiden sie sich in ökonomischen Dimensionen nach Art (Höhe/Zeitpunkt) und Stabilität des Anspruchs auf künftige Cash-flows. Auch die Dauer der Kapitalüberlassung kann zwischen kurz-, mittel-, langfristig sowie unbefristet va206
207
208
Dies gilt insbesondere bei Kreditderivaten (Asset Backed Securities (ABS), Mortgage Backed Securities (MBS), Collateralized Debt Obligations (CDOs)), verbrieften Finanzierungsprodukten (Credit Default Swaps, Total Return Swaps, Credit Spread Options) und hybriden Produkten (diese verbinden Kreditderivate mit traditionellen Schuldverschreibungen zu strukturierten Produkten, z.B. Credit Linked Notes (CLN), Collateralized Loan Obligations). Ausführlich zu diesen Instrumenten etwa Rudolph et al. (2007), Hull (2006), S. 507-528, Schmid (2004), S. 137-178. Einen Überblick zum Financial Engineering etwa Perridon/Steiner (2007), S. 350-478, Volkart (2006), S. 625-857; Boemle/Stolz (2002), S. 231-504; aus amerikanischer Sichtweise Ross/Westerfield/Jaffe (2002), S. 533-610, 731-814; Fabozzi (2002). Vgl. Brealey/Myers/Marcus (2007), S. 357-361, Higgins (2003), S. 146. Der Anlass der Finanzierung (Gründung, Kapitalerhöhung, Fusion, Umwandlung, Sanierung) wie sie z.B. Schulte (2007), S. 10f. darstellt, wird in dieser Arbeit nicht als Dimensionsmerkmal betrachtet.
3 Systematisierung von Finanzierungsinstrumenten
43
riieren. Konkret drückt sich dies in Tilgungskrediten, revolvierenden Krediten oder Überbrückungskrediten aus. Die Platzierung kann am anonymen Kapitalmarkt (Fristentransformation) oder bilateral erfolgen. Entsprechend der Fungibilität sind die Finanzierungsinstrumente deshalb zwischen „public“ und „private“ zu unterscheiden.209 Neben diesen Charakteristiken sind auch rechtliche Dimensionen relevant. Dabei handelt es sich um die Rechte zum Eingriff in operative Unternehmensentscheidungen über verschiedene Informations-, Mitentscheidungs-, Mitwirkungs- und Kontrollrechte.210 Ein für Gläubiger wesentlicher Aspekt ist die Ausgestaltung der Rechte auf die Ansprüche im Konkursfall zugreifen zu können (Rang) und die Besicherung. Bei Nachrangigkeit werden zunächst alle vorrangigen Forderungen bedient. In der deutschsprachigen Literatur wird zwischen einer einfachen und qualifizierten Nachrangklausel unterschieden. Bei ersterer verpflichtet sich der Gläubiger, seine Forderungen im bereits laufenden Insolvenzfall nicht geltend zu machen. Die qualifizierte Nachrangklausel entspricht ungefähr dem Status „preferred“ in der englischsprachigen Literatur, bei der eine vertragliche Vereinbarung besagt, dass das Kapital wie haftendes Kapital zur Verfügung steht.211 Daneben sind die Besicherung sowie Rechte zur Verlaufsgestaltung (Kündigungs-, Prolongations-, Wandelungsrechte) relevant. Rechtsstellung
Eigenfinanzierung
Herkunftsquelle
Innenfinanzierung
Fremdfinanzierung
x
Gewinnfinanzierung
x
Finanzierung aus Vermögensumschichtung
Finanzierung aus Rückstellungen: x
Pensionsrückstellungen
x
Finanzierung aus Abschreibungen
x
Steuerrückstellungen
Finanzierung im Konzern (auch über Finanzierungsgesellschaften) Beteiligungsfinanzierung
Aussenfinanzierung
x
Einlage von Eigenkapital
x
Emission von Aktien (IPO, Kapitalerhöhung)
x
(Private Equity)
Kreditfinanzierung: x
Emission von Anleihen
x
Bankkredit
x
Schuldscheindarlehen
Finanzierung durch Kapitalgeber mit Rechten von Eigentümern und Gläubigern (Hybride Finanzierungsformen)
Tabelle 3-2: Systematisierung von Finanzierungsinstrumenten.212
209 210 211 212
Vgl. Spremann/Gantenbein (2005), S. 29. Vgl. Rudolph (1998), S. 39. Vgl. Arnsfeld/Müller (2007), S. 331. In Anlehnung an Perridon/Steiner (2007), S. 348, Spremann/Gantenbein (2005), S. 8, Volkart (2006), S. 549, Schulte (2007), S. 13. Da eine Konzentration auf börsennotierte Unternehmen erfolgt, sind Gesellschafterdarlehen in der Eigenfinanzierung ausgenommen, da diese nur für Personengesellschaften zutreffen.
44
3 Finanzierungsinstrumente und Accounting
Gliedert man die verschieden ausgestalteten Finanzierungsinstrumente nach den obigen Kriterien, können diese nach vier Grundtypisierungen unterschieden werden. Im Schrifttum existiert hierzu eine Reihe von Systematisierungsschemata.213 Meist wird eine Klassifikation der Finanzierungsinstrumente einerseits nach Herkunftsquelle des Kapitals, andererseits nach der Rechtsstellung der Kapitalgeber vorgenommen. Tabelle 3-2 skizziert diese vier Grundtypen. 3.2.2 Kriterium der Herkunftsquelle Bei diesem traditionellen Kriterium wird nach der Quelle der Finanzierungsmittel unterschieden: Innen- und Aussenfinanzierung.214 In Relation zu anderen Finanzierungsquellen stellt die Innenfinanzierung (auch: interne Finanzierung215) vom Volumen her die primäre Finanzierungsquelle der Zuführung von Mitteln für Investitionen bei den meisten Unternehmen dar.216 Das Innenfinanzierungspotenzial berechnet sich aus der Summe der Zahlungsüberschüsse aus dem Leistungs- und Finanzbereich abzüglich Steuern und Ausschüttungen. Die Innenfinanzierung durch Einbehaltung von Gewinnen führt zur Frage nach der Dividendenpolitik, d.h. ob und in welcher Höhe Unternehmen Dividenden ausschütten und damit ihr Innenfinanzierungspotenzial verkürzen sollen oder nicht.217 Man unterscheidet nach folgenden Finanzierungsinstrumenten: x Gewinnfinanzierung (auch: Selbstfinanzierung, offene Selbstfinanzierung): Durch Einbehaltung von Gewinnen wird Liquidität generiert. Diese übersteigt aufgrund der Kontinuität der Cash-flows mögliche einmalige Mittel aus der Aussenfinanzierung. Zudem fallen keine Transaktionskosten an.218 Allerdings müssen die Umsatzerlöse die bei der Leistungserstellung erbrachten Aufwendungen übersteigen. Entsprechend können nur profitable Unternehmen die Möglichkeit der Innenfinanzierung nutzen. x Eine weitere Quelle der Innenfinanzierung kann durch Vermögensumschichtungen innerhalb des Unternehmens stattfinden. Dabei schafft die Kapitalfreisetzung durch den Verkauf von Vermögensgegenständen finanzielle Mittel. Dies können z.B. Immobilien sein, die nicht betriebsnotwendig sind und über ein Sale & Leaseback an Fonds oder Immobiliengesellschaften ausgegliedert werden können.
213
214 215 216
217 218
Weitere Systematisierungsstrukturen sind Anlass der Finanzierung oder Verhältnis der Ausstattung, vgl. Perridon/Steiner (2007), S. 349f. Vgl. Theisen (2000), S. 458. Vgl. Rudolph (1998), S. 37. Dies gilt sowohl für Personen- als auch Kapitalgesellschaften. Das Volumen ist jedoch begrenzt, weshalb die Relevanz der Aussenfinanzierung entsprechend hoch ist. Etwa Copeland/Weston/Shastri (2007), S. 815-823, Drukarczyk (2003), S. 349-382. Vgl. Behr et al. (2002), S. 147.
3 Systematisierung von Finanzierungsinstrumenten
45
x Abschreibungsfinanzierung: Diese Art der Finanzierung entsteht durch Abschreibungen auf Sachanlagen, die als Aufwendungen die Gewinnentstehung verhindern, aber keine Auszahlungen mit sich bringen.219 Entsprechend können die flüssigen Mittel zu Investitionen verwendet werden. x Rückstellungsfinanzierung (auch: stille Selbstfinanzierung): Eine Finanzierung aus Steuer- oder Pensionsrückstellungen ist vor allem unter gläubigerorientierten Accounting Standards, wie dies in Deutschland mit HGB Accounting der Fall ist, vorzufinden. Die Ausnutzung von Ansatz- und Bewertungsspielräumen im Accounting für Rückstellungen kann ebenso wie die Bildung stiller Reserven zielgerichtet genutzt werden, um nicht auf externe Finanzierungsquellen zurückgreifen zu müssen. Der Finanzierungseffekt ergibt sich bis zur Inanspruchnahme der Rückstellungen. Studienergebnisse zeigen, dass die Größe des Unternehmens positiv mit dem Anteil der Selbstfinanzierung am Finanzierungsvolumen korreliert. Vermutlich ist dies darauf zurückzuführen, dass die Wachstumskräfte in größeren Unternehmen höher sind, diese profitabler sind und deshalb Gewinne zur Selbstfinanzierung aufweisen können.220 Diese Frage wird in Kapitel 4.4.5 und der empirischen Analyse diskutiert. Eine weitere Erklärung hierfür sind die Möglichkeiten eines Konzerns, die Einzelunternehmen nicht zur Verfügung stehen. Theisen prägte dabei den Begriff der Konzernfinanzierung. Wie in Tabelle 3-2 zu sehen, muss hierzu die traditionelle Unterscheidung zwischen Innen- und Aussenfinanzierung weiter spezifiziert werden.221 Die Konzernfinanzierung nutzt meist die Beziehung zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften aus. So können sich die Tochtergesellschaften gegenseitig Kapital gewähren (Intercompany loans, Cash Pooling) oder eine Gestaltung der Verrechnungspreise (Transfer pricing) zur Finanzierungsoptimierung ausnutzen.222 Dazu zählt auch das von Schneider erstmals beschriebe Phänomen der Eigenkapitalpyramiden.223 Insgesamt gewinnt die Innenfinanzierung im Konzern im Vergleich zum Einzelunternehmen durch die erweiterten Finanzierungsmöglichkeiten nochmals an Bedeutung.224
219 220 221 222
223 224
Vgl. Rudolph (1998), S. 37. Vgl. Wahl (2004), S. 35. Vgl. Theisen (2000), S. 458. Zu steueroptimierten Finanzierungsstrukturen im Konzern vgl. Kapitel 2.4.2. Zur Gestaltung aus Konzernsicht etwa Burgard (2006), S. 527-536. Vgl. Schneider (1984), 504ff. Vgl. Theisen (2000), S. 476.
46
3 Finanzierungsinstrumente und Accounting
Oftmals erfolgt die Aussenfinanzierung in Konzernen auch durch Gründung einer Finanzierungsgesellschaft.225 Hierdurch werden Kostensenkungspotenziale durch die Zentralisierung finanzwirtschaftlicher Funktionen erzielt. Derartige Gesellschaften werden häufig im Ausland in Offshore-Zentren gegründet.226 Die Aussenfinanzierung ist dann erforderlich, wenn ein Unternehmen die für den Leistungsprozess benötigten Mittel nicht aus eigener Kraft finanzieren kann und finanzielle Mittel von Kapitalgebern, die nicht zum Konzern gehören, bereit gestellt werden müssen.227 Im Rahmen der Aussenfinanzierung können Konzerne die Finanzierung auch über Tochter- oder Zweckgesellschaften im Ausland durchführen.228 Ursächlich hierfür sind für Schweizer und deutsche Unternehmen primär steuerliche Motive, weniger der Zugang zu leistungsfähigeren Kapitalmärkten.229 3.2.3 Kriterium der Rechtsstellung Die Eigen- und Fremdkapitalfinanzierung differenziert nicht nach Quelle, sondern nach Rechtsstellung der Kapitalgeber bzw. der Haftungsqualität des zur Verfügung gestellten Kapitals.230 In Tabelle 3-3 ist zu erkennen, dass sich Eigenkapital im Vergleich zum Fremdkapital über die Haftung und das Tragen der unternehmerischen Risiken charakterisiert.231 Im Gegenzug erhält der Eigenkapitalgeber als Anteilseigner entsprechend seiner Beteiligung Stimm- und Mitverwaltungsrechte im Unternehmen.232 Das typische Finanzierunginstrument der externen Eigenfinanzierung bei Kapitalgesellschaften ist die Finanzierung durch Aktienemission und Kapitalerhöhung. Die Ak-
225
226
227
228
229
230 231
232
Derartige Gesellschaften sind i.d.R. „rechtlich selbständige Unternehmen eines Konzerns mit Sitz im Ausland, die finanzwirtschaftliche Funktionen ausüben und deren wirtschaftliche Interessen ein Drittland betreffen.“, Theisen (2000), S. 443. Dies sind Märkte, die in rechtlich-administrativer Hinsicht gegenüber dem sie umgebenden Hoheitsgebiet isoliert sind und sich durch politische Stabilität, Rechtssicherheit, Freiheit des Devisenund Kapitalverkehrs sowie geringe staatliche und aufsichtsrechtliche Regelungen auszeichnen. Vgl. Theisen (2000), S. 446. Es werden dann verschiedene Eigen- und Fremdkapitalinstrumente emittiert. Vgl. Perridon/Steiner (2007), S. 350-462. Die ausländischen Gesellschaften nehmen Fremdkapital an internationalen Kapitalmärkten auf und leiten es an andere Unternehmen innerhalb des Konzerns weiter. Besondere Bedeutung besitzen dabei die an anonyme Kapitalmärkte gerichteten Instrumente wie Anleihen oder Commercial Paper Programme, vgl. Steiner (1998), S. 427. Diese Form der Finanzierung erfolgt meist über Gesellschaften, die in Staaten ansässig sind, welche eine Quellenbesteuerung abfliessender Zinsen oder Dividenden durch ein Doppelbesteuerungsabkommen ausschliessen, sog. Treaty Shopping, vgl. Steiner (1998), S. 427. Vgl. Werner (2006), S. 24; Drukarczyk (2003), S. 3. Zur Einordnung in die Klassen Eigen- und Fremdkapital ist der Risikograd der Ansprüche als Abgrenzungsmerkmal heranzuziehen, vgl. Drukarczyk (2003), S. 261. Vgl. Perridon/Steiner (2007) S. 350ff.
3 Systematisierung von Finanzierungsinstrumenten
47
tien können gestreut vom Publikum gehalten werden oder konzentriert durch formen der Beteiligungen, z.B. Private Equity Gesellschaften.233 Eigenkapital
Fremdkapital
Basis
Gesellschaftsrechtliche Regelung
Schuldrechtlicher Vertrag
Nachrangigkeit
Nachrangig gegenüber Hybrid und Fremdkapital
Keine Nachrangigkeit
Fristigkeit
Dauerhaft
Zeitlich befristet
Besicherung
Keine Besicherung
Besicherung
Haftung
Übernahme der Haftungs- und Garantiefunktion
Keine Haftung = Gläubigerstellung
Ertragsanteil
Erfolgsabhängig, d.h. volle Teilhabe an Gewinn und Verlust
Erfolgsunabhängig, i.d.R. fester Zinsanspruch
Vermögensanspruch
Quotenanspruch, wenn Liquidationserlös > Schulden
Rückzahlungsanspruch in Höhe der Gläubiger-Forderung
Unternehmensleitung
Mitbestimmung im Rahmen der gesetzlichen Regelungen
Grundsätzlich ausgeschlossen
Tax Shield
Kein Tax Shield: Gewinn voll belastet mit Steuer
Je nach Steuersystem; i.d.R. sind Fremdkapitalzinsen abzugsfähig, in Deutschland seit 2008 begrenzt
Finanzierungskapazität
Durch private Vermögenslage der Unternehmer beschränkt
Unbeschränkt, vom Vorliegen von Sicherheiten abhängig
Renditeerwartung der Kapitalgeber234
Ca. 10 Prozent p.a.
Ca. 4,5 Prozent p.a.
Tabelle 3-3: Merkmale von Eigen- und Fremdkapital.235 Demgegenüber wird Fremdkapital mitsprachelos gewährt. Im Gegensatz zu Eigenkapital ist Fremdfinanzierung mittels schuldrechtlicher Verträge durch eine große Vielfalt von Gestaltungsmöglichkeiten gekennzeichnet.236 Fremdkapitalgeber übernehmen keine Verlustbeteiligung und überlassen das Kapital nur für begrenzte Zeit. Meist wird diese Überlassung mit einem festen oder variablen Zinssatz vergütet, der unabhängig von einem Gewinn des Unternehmens ist. Die Kosten der Fremdfinanzierung können 233
234 235 236
Für den Begriff Private Equity existiert keine einheitliche Definition. Nach allgemeiner Auffassung wird bei Private Equity einem Unternehmen ausserbörsliches Eigenkapital einer externen Gesellschaft zugeführt. Dabei kann es sich um eine Bündelung verschiedener Finanzierungsinstrumente handeln. Insbesondere die Leveraged-Buyout-Finanzierung (LBO) wird teilweise in der Literatur kritisiert, vgl. Schneider (2006). Bezogen auf den Schweizer Aktienmarkt. Vgl. Behr et al. (2002), S. 147. In Anlehnung an Perridon/Steiner (2007), S. 348; Rittmann/Nagel (2006). Vgl. Brealey/Myers/Marcus (2007), S. 357-364.
48
3 Finanzierungsinstrumente und Accounting
in den meisten Steuersystemen grundsätzlich von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden, sofern keine Zinsschranke (Kapitel 2.4.2) zur Anwendung kommt. Die Zinssätze für die Überlassung von Kapital orientieren sich am Risiko, welches die Investoren zu übernehmen bereit sind. Für eine möglichst objektive Entscheidungsgrundlage versuchen Rating-Agenturen als Intermediäre eine Bewertung des Risikos vorzunehmen. Wie in den Kapitalstrukturtheorien in Kapitel 2 dargestellt, bedeutet eine hohe Fremdkapitalfinanzierung im Verhältnis zum Eigenkapital eine Erhöhung des Insolvenzrisikos und verteuert dadurch eine weitere Kapitalaufnahme durch steigende Zinssätze. Unter die Fremdkapitalfinanzierung fallen die Kreditfinanzierung über Banken sowie die Emission von Anleihen über Geld- und Kapitalmärkte. Angebot und Nachfrage haben sich in den letzten Jahrzehnten durch den Wandel zu einem kapitalmarktorientierten Finanzsystem auf diesen Märkten entsprechend erhöht. Somit können über die Geld- und Kapitalmärkte auch relativ kurzfristig große Summen an Kapital beschafft werden. Für börsennotierte Unternehmen sind die Emission von Anleihen (auch: Obligationen, Bonds), die Aufnahme von Schuldscheindarlehen und der Bankkredit klassische Formen der externen langfristigen Fremdfinanzierung. Die Fremdfinanzierung ist eine bedeutende Finanzierungsquelle. Nachfolgend wird gemäß der Systematik dieser Arbeit die Finanzierung durch Eigenkapital und durch Fremdkapital näher erläutert.237 3.3 Passive Finanzierungsinstrumente 3.3.1 Überblick Der weitere deskriptive Teil der Untersuchung konzentriert sich auf solche Finanzierungsinstrumente, welche eine originäre Finanzierungsfunktion darstellen und gesondert in Jahresabschlüssen dargestellt werden. Dies ist zweckmäßig, da sich diese Arbeit im Kontext Accounting und Unternehmensfinanzierung positioniert. In Tabelle 3-4 sind in einer Übersicht Fremdkapital-Finanzierungsinstrumente dargestellt, die nachfolgend detaillierter diskutiert werden. Das Kapitel gliedert sich in Abschnitte zur Finanzierung durch Eigenkapital (Kapitel 3.3.1), Fremdkapital (Kapitel 3.3.3) und hybrides Kapital (Kapitel 3.3.4). Der Abschnitt Fremdkapital ist invers zur Fristigkeit gegliedert und umfasst neben den klassischen langfristigen Instrumenten (Anleihen, Verbindlichkeiten gegenüber Kredit-/Nicht-Kreditinstituten) auch kurzfristige Geldmarktinstrumente (Commercial Pa237
Weitere Spezialfinanzierungen wie Subventionsfinanzierungen (Zinszuschüsse oder Investitionszulagen) sind kein Gegenstand der nachfolgenden Darstellung.
3 Passive Finanzierungsinstrumente
49
per Programme, Medium Term Notes) sowie Kreditsubstitute (Leasing) und strukturierte Produkte (Asset Backed Securities). Als Beispiele des hybriden Kapitals werden die Options- und Wandelanleihe sowie der Genussschein diskutiert. Wie in Kapitel 2.1.1 definiert, werden im Rahmen einer Fokussierung auf originäre Finanzierungsinstrumente die derivativen Finanzinstrumente nicht berücksichtigt. Sie sind zum einen nicht in den Netto-Finanzverbindlichkeiten enthalten, welches die zentrale Steuerungsgröße für Kapitalmarktteilnehmer als Adressaten darstellt. Zum anderen dienen sie nicht dem Zweck der Zuführung von finanziellen Mitteln, so dass die originäre Finanzierungsfunktion nicht gegeben ist. Finanzverbindlichkeiten Anleihen
Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten
Verbindlichkeiten gegenüber Nicht-Kreditinstituten aus Schuldscheindarlehen
Verbindlichkeiten aus Derivaten
Verbindlichkeiten aus Leasingverhältnissen
Verbindlichkeiten aus ABS-Transaktionen
Andere finanzielle Verbindlichkeiten
238
¦ Verzinsliche Verbindlichkeiten
= Brutto-Finanzverbindlichkeiten ./. Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente 239
./. Finanzielle Vermögenswerte
./. Derivative Finanzinstrumente
./. Andere finanzielle Vermögenswerte
¦ Flüssige Mittel + Wertpapiere des Anlageund Umlaufvermögens
= Netto-Finanzverbindlichkeiten
Originäre Finanzierungsfunktion - Fokus der Untersuchung
Keine originäre Finanzierungsfunktion – nicht Bestandteil der Untersuchung
Tabelle 3-4: Berechnungsschema der Netto-Finanzverbindlichkeiten.240
238
239 240
Umfasst i.d.R. Medium Term Notes (MTN) und Commercial Paper (CP) Programme. Fokus in der weiteren Systematik auf Commercial Papers mit kurzfristigen Laufzeiten. Available for Sale/Held for Trading. Bezeichnung nach IFRS. Schema angelehnt an typische Überleitungsrechnungen aus Jahresabschlüssen.
50
3 Finanzierungsinstrumente und Accounting
3.3.2 Finanzierung durch Eigenkapital Die betrachteten börsennotierten Unternehmen sind in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft (AG) dem Publikum durch den Handel der Anteile – Aktien241 – an einer Börse zugänglich gemacht.242 Sie könnten jedoch auch in privater Beteiligung gehalten werden. Rechtliche Konstrukte wie die Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) in Deutschland oder strategische Beteiligungen, um Gestaltungsrechte im operativen Geschäft zu erhalten, erweitern das Spektrum. AGs unterscheiden sich von anderen Rechtsformen durch drei Merkmale: festes Grundkapital, die Mobilisierung der Beteiligung und die Trennung von Unternehmerund Kapitalgeberfunktion.243 Die Gestaltung der Kapitalstruktur einer AG ist zunächst rechtlich vorgegeben: Das Grundkapital als Ausschüttungssperrbetrag und Mindestreinvermögen zum Schutz von Gläubigerinteressen darf nicht angetastet werden, es verkörpert die Form des unkündbaren Eigenkapitals.244 Das Aktienkapital wird in einzelne Anteile, Aktien, zerlegt, die Teilsumme stellt den Nennbetrag dar.245 Eigenkapital kann in den verschiedenen Lebensphasen eines Unternehmens als Finanzierungsquelle dienen.246 Die Beanspruchung des Kapitalmarkts zur Finanzierung erfolgt durch einen Börsengang (IPO, Initial Public Offering) und führt zur Kotierung an der Börse. Neben der Neuemission können AGs ihr Aktienkapital in späteren Lebenszyklusphasen durch eine Kapitalerhöhung erhöhen.247 Die Kapitalerhöhung kann durch einen formalen Beschluss erfolgen. Dabei entstehen zwei Probleme:
241
242
243 244 245
246 247
Die Aktie ist ein Bruchteil des Grundkapitals und muss auf eine feste Summe lauten (Nennbetragsaktie oder Stückaktie). Der Begriff bezeichnet zugleich die Mitgliedschaft in der AG, die aus Rechten und Pflichten des Aktionärs besteht. Ferner bezeichnet sie die Aktienurkunde, die zur Erleichterung der Fungibilität der Mitgliedschaft verbrieft ist. Aktien sind i.d.R. als Inhaberaktien ausgestellt und können damit durch Einigung und Übergabe übertragen werden. Als Namensaktien werden sie durch Indossament übertragen und im Aktienbuch vermerkt. Hängt die Übertragung von einer Zustimmung der AG ab, liegen vinkulierte Namensaktien vor. Vgl. Drukarczyk (2003), S. 296. In der Schweiz ist die Aktiengesellschaft (44% aller Unternehmen inkl. Genossenschaften) die bevorzugte Rechtsform, in Deutschland hingegen sind die meisten Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH und nur ein kleiner Anteil in der Form einer AG ausgestaltet (0,08%). Zahlen für die Schweiz: Boemle/Stolz (2002), S. 251, für Deutschland: Petersen/Zwirner (2008), S. 482. Vgl. Boemle/Stolz (2002), S. 247. Vgl. Boemle/Stolz (2002), S. 271. § 8 AktG (Deutschland) bzw. OR 622 (Schweiz). Nur bei Bargründung zu pari stimmt der Wert der Aktien mit dem Betrag des Aktienkapitals überein, nach Aufnahme der Geschäftstätigkeit hängt der Aktienwert von der zukünftigen Entwicklung der Ertragslage ab. Vgl. Boemle/Stolz (2002), S. 272. Zur Finanzierung im Lebenszyklus eines Unternehmens Zimmer (1998). Eine Kapitalerhöhung ist oftmals auch bei einer Fusion notwendig, wenn das Target über Aktien finanziert wird.
3 Passive Finanzierungsinstrumente
51
x Die neuen (jungen) Aktien können den bisherigen, aber auch den neuen Aktionären angeboten werden. Bei letzterem würde eine (ungewollte) Minderung der Beteiligungsquote der Altaktionäre entstehen, x Möglicherweise verringert sich der Marktwert (Aktienkurs x Anzahl der ausgegebenen Aktien) durch die Emission (Kapitalverwässerung). Die Altaktionäre würden einen Vermögensverlust erleiden. Um diese Probleme zu berücksichtigen, weisen die Aktiengesetze der Schweiz und Deutschland ein Bezugsrecht auf. Durch Ausübung, kann der Altaktionär durch Zuteilung eines entsprechenden Anteils der neuen Aktien dann seine Beteiligungsquote halten.248 Entsprechend gleicht es den Vermögensverlust durch einen Bezugskurs aus. Aktionäre beteiligen sich an der Aktiengesellschaft durch Erwerb von Aktien. Dabei wird zwischen Stammaktien (common stock) und Vorzugsaktien249 (preferred stock) unterschieden. Stammaktien weisen die regulären rechtlichen und wirtschaftlichen Charakteristika auf, während Vorzugsaktien gewisse Vorrechte bezüglich Gewinnverteilung (Dividende), Liquiditätsvorteil oder Vorrechte bei Emission neuer Aktien (Bezugsrechte) aufweisen.250 Vorzugsaktien sind nachrangingen Verbindlichkeiten sehr ähnlich. Der Unterschied ist, dass Vorteilsaktionäre das Unternehmen nicht in die Insolvenz zwingen können, wenn die zugesicherten Zahlungsströme (d.h. Vorzugskupons) nicht fristgerecht geleistet werden.251 Der Marktwert P bestimmt sich zu: P
Kupon kp
Da Vorzugsdividenden nicht als Ausgaben von der steuerlichen Bemessungsgrundlage absetzbar sind, sind die Kosten der Vorzugsaktien vor Steuern (kp) identisch mit den Kosten nach Steuern. Diese Nicht-Absetzbarkeit hat viele Unternehmen dazu veranlasst, Vorzugsaktien durch nachrangige Verbindlichkeiten zu substituieren.252
248 249 250
251 252
Vgl. Drukarczyk (2003), S. 299f. Auch: Prioritätsaktien. Vgl. Boemle/Stolz (2002), S. 287. Daneben existieren Stimmrechtsaktien (OR 693), die Aktionären eine höhere Stimmkraft gewähren als dies ihrer Beteiligung entspricht. Vgl. Copeland/Weston/Shastri (2007), S. 776. Copeland/Weston/Shastri (2007), S. 776 bezeichnen die Ausgabe von Vorzugsaktien als „verwirrend, (…) wenn ein Vorteil aus Leverage durch den Einsatz von Fremdkapital als mögliches Substitut existiert“.
52
3 Finanzierungsinstrumente und Accounting
3.3.3 Finanzierung durch Fremdkapital 3.3.3.1 Entwicklungstendenzen Die Unternehmensfinanzierung ist in beiden Ländern über viele Jahre hinweg von einem bankbasierten Finanzsystem geprägt gewesen und hat sich durch eine hohe Fremdkapitalquote und damit einhergehenden langfristig angelegten Beziehungen zu Kreditinstituten ausgezeichnet.253 Durch die weiter zunehmende Orientierung der börsennotierten Unternehmen zu einer Unabhängigkeit vom langfristigen Bankkredit hin zum Kapitalmarkt hat sich in den letzten Jahrzehnten ein verstärkter Trend zum Einsatz weiterer Finanzierungsinstrumente gezeigt.254 Aufgrund des zunehmenden Kreditrisikotransfers der Banken werden unter dem Trend zur Verbriefung (Securitization) klassische Bankkredite durch die Emission von Wertpapieren abgelöst: Commercial Papers im Bereich der kurzfristigen Kreditfinanzierung, Unternehmensanleihen in der langfristigen Kreditfinanzierung.255 Daneben werden Bankkredite bei großen Unternehmen durch Finanzierungsformen wie Asset Backed Securities (ABS) und Leasing substituiert. Zudem verändert sich die Rolle der Bank. Sie fungieren zunehmend „als Katalysator zwischen Unternehmen und Kapitalmarkt“.256 Denn sie sind nicht mehr auf die Rolle als Kreditgeber fixiert. Ein Teil ihres Kreditgeschäfts wird auf diese Weise zum Investmentbanking, ein Teil ihres Zinsgeschäfts zum Provisionsgeschäft.257 Jedoch ergeben sich bei diesen Finanzierungsformen auch neue Transaktionskosten, die teilweise höher sind als bei der Kreditfinanzierung.258 Kritisch ist deshalb anzumerken, dass die geringe Zinsmarge bei der Kreditvergabe auch ein Anreiz der Banken sein könnte, verstärkt verbriefte Finanzierungsformen zu vertreiben, um damit einen Ertragsausgleich herbeizuführen. Durch die Zunahme der Volatilität der Zinssätze entstand der Anreiz, dem Zinsänderungsrisiko durch entsprechende Ausgestaltung von Anleihen Rechnung zu tragen.259 Das Finanzmanagement steht vor der Herausforderung eines Schuldenmanagements (Debt Managements), d.h. die Zusammenführung des richtigen Mix der Finanzierungsinstrumente und die Synchronisation ihrer Fristigkeit. 253 254 255
256 257 258
259
Etwa Schäfer/Kunhle (2007), S. 47, Sachverständigenrat (2005), S. 459ff. Vgl. Schäfer/Kuhnle (2007), S. 90. Die Verbriefung als Initiative zur Transformation bereits bestehender Kreditpositionen in liquide Wertpapiere (Emission) ist nicht Gegenstand dieser Arbeit. Siehe hierzu Rudolph et al. (2007), S. 38ff. Rudolf (2005), S. 24. Zum neuen Rollenverständnis der Banken vgl. Rudolf (2005), S. 24. Eine sehr dezidierte Analyse zu den Transaktionskosten im Vergleich Deutschland/Frankreich findet sich bei Huth (1996). Vgl. Drukarczyk (2003), S. 399.
3 Passive Finanzierungsinstrumente
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In diesem Zusammenhang soll die Wichtigkeit des Schweizer Kapitalmarkts betrachtet werden. Er besitzt für die Größe des Landes eine hohe Bedeutung und ist gemessen an der Kapitalisierung pro Kopf nach den USA und Japan auf dem dritten Platz. Das Anleihensegment macht etwas weniger als die Hälfte des Schweizer Kapitalmarkts aus.260 3.3.3.2 Bankkredit Ausgangspunkt der konventionellen Darlehensfinanzierung sind Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten (Bankkredite). Diese werden von Kreditinstituten an Unternehmen häufig als mittel- und langfristiger Roll Over-Kredit oder Investitionskredit vergeben. Die Kreditvergabe wird als zentrale Investitionsfinanzierung im deutschen Drei-Säulen-Bankenwesen261 angesehen. Deshalb ist die Kreditvergabe durch Banken ein dominierendes Finanzierungsinstrument der Unternehmen.262 Beim Roll Over-Kredit wird dem Unternehmen ein Bankkredit mit variablem Zinssatz bereitgestellt, der jeweils zum Roll Over-Datum angepasst wird. Die Höhe des Zinssatzes orientiert sich meist an einem Geldmarkt-Referenzzinssatz plus einer Marge, die von der Bonität abhängt, z.B. 3/8%.263 Die risikoadjustierte Vergabe von Krediten ist durch die Regelungen zur Eigenkapitalunterlegung bei Kreditinstituten („Basel II“) üblich.264 Der Kredit selbst ist meist gesichert durch Hypotheken und Grundschulden. Der Investitionskredit wird meist zweckgebunden zur Finanzierung von Anlagevermögen vergeben. Meist handelt es sich um lange Laufzeiten und einen fixen Zinssatz.265 Bankkredite sind oftmals an zusätzliche Vertragsvereinbarungen (Nebenbedingungen, Negativklauseln, Covenants) geknüpft. Dies ist insoweit sinnvoll, da wesentliche Änderungen auch neue Risiken mit sich bringen, die Gläubiger treffen könnten.266 Damit soll zur Wahrung der Interessen des Gläubigers das Verhalten des Kreditnehmers wäh260 261
262 263 264
265 266
Vgl. Volkart (2006), S. 759f. Es existieren drei Gruppen von Universalbanken: Privat-und Investmentbanken, öffentlichrechtliche Banken (Sparkassen und Landesbanken) und Genossenschaftsbanken (Kreditgenossenschaften und genossenschaftliche Zentralbanken). Daneben existieren noch Spezialbanken. Eine Auseinandersetzung mit der Kritik dieses Systems z.B. Sachverständigenrat (2004), S. 272-275. Vgl. Sachverständigenrat (2005), S. 459ff. Vgl. Copeland/Weston/Shastri (2008), S. 776, Schäfer/Kuhnle (2007), S. 37. Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht hat die Eigenkapitalunterlegung bei Kreditinstituten in einer Reihe von Vorschriften festgelegt. Diese betreffen die internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und der Eigenkapitalanforderungen (Basel II) vom Juni 2004, verfügbar bei http://www.bis.org/publ/bcbs107ger.pdf, die überarbeitete Version vom November 2005 bei http://www.bis.org/publ/bcbs118.htm. Basel II ist durch die EU-Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG seit dem 1.1.2007 in der EU für alle Kreditinstitute verbindlich. Eine ausführliche Darstellung z.B. Sachverständigenrat (2001), Ziffer 82 und Sachverständigenrat (2003), Ziffern 109f. Vgl. Schäfer/Kuhnle (2007), S. 37. Vgl. Drukarczyk (2003), S. 397.
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3 Finanzierungsinstrumente und Accounting
rend der Kreditlaufzeit gesteuert werden. Inhalte sind Handlungspflichten, Handlungsbeschränkungen267 oder die Erfüllung von Schwellenwerten bei Finanzkennzahlen. Zu den typischen Financial Covenants zählen Kennzahlen wie die Mindesthöhe des Eigenkapitals (Net worth), die Zinsdeckung (Interest Cover) und Liquidität (Current Ratio) sowie die Höhe der Verschuldung (Gearing, Debt-to-EBITDA).268 Beim konventionellen langfristigen Bankkredit sind meist feste Tilgungsmodalitäten vereinbart. Bei der Gesamttilgung erfolgt die Rückzahlung des Kredits in Höhe des Gesamtbetrages am Ende der Kreditlaufzeit. Demgegenüber wird bei der Ratentilgung der Kredit über die Laufzeit in verteilten Teilbeträgen getilgt. Hier nimmt die Gesamtbelastung ab, da sich bei konstanten Tilgungsraten die Zinsen auf die Restschuld verringern. Bei der Annuitätentilgung ist ein gleichbleibender Betrag zu erbringen, in dessen Struktur sich der Tilgungsanteil erhöht, da sich die Verzinsung auf die abnehmende Restschuld verringert.269 Es besteht insgesamt eine enge Verknüpfung zwischen der Fristigkeit und den Kreditsicherheiten. Bei kurzfristigen Krediten (z.B. Kontokorrentkredite) werden dem Kreditgeber oftmals Rechte zur kurzfristigen Kündigung eingeräumt. Diese Möglichkeit kann der Kreditgeber als Drohung verwenden, um Einfluss auf die Geschäftspolitik auszuüben.270 Bei langfristigen Krediten ist diese Möglichkeit erheblich eingeschränkt. Demgegenüber stehen jedoch erstklassige Kreditsicherheiten wie Grundpfandrechte. Dies zeigt: beim Bankkredit besteht die Wahl in der Fristigkeit auch in der Wahl zwischen der Einräumung von Einwirkungs- und Gestaltungsrechten einerseits, sowie der Vergabe von Sicherheiten andererseits.271 3.3.3.3 Anleihe und Schuldscheindarlehen Anleihen (Industrieobligationen, Corporate Bonds) Ein weiteres Finanzierungsinstrument der langfristigen Fremdkapitalfinanzierung stellt die Anleihe dar.272 Im Gegensatz zum Bankkredit wird kein bilateraler Vertrag mit einem speziellen Kreditgeber oder Konsortium abgeschlossen, sondern auf dem Kapitalmarkt emittiert. Durch die Verbriefung ist eine hohe Handelbarkeit sichergestellt. Zudem kann durch Teilschuldverschreibungen die Nachfrage nach Laufzeiten, die
267
268 269 270 271
272
Hierzu Drukarczyk (2003), S. 398: Investitionsverhalten, Beschränkung der Ausschüttungen, Beschränkung der späteren Finanzierungspolitik. Vgl. Zwissler (2006), S. 25f. Vgl. Perridon/Steiner (2007), S. 414. Vgl. Franke/Hax (1999), S. 506. Franke/Hax (1999), S. 507 beschreiben eine Finanzierungspolitik des „Mittelwegs“, die durch Einräumung von Grundpfandrechten eine Refinanzierung langfristiger Kredite sichert. Anleihen, die von privaten Unternehmen emittiert werden, werden auch als Industrieobligationen bezeichnet. Vgl. Perridon/Steiner (2007), S. 387.
3 Passive Finanzierungsinstrumente
55
Banken zu lang sind, durch Handel an der Börse gelöst werden (Problem der Fristenpräferenzen).273 Anleihen werden von börsennotierten Unternehmen mit dem Ziel einer langfristigen Fremdkapitalaufnahme emittiert.274 Es handelt sich um einen Kontrakt, bei dem sich der Emittent verpflichtet, den Gläubigern vereinbarte Zahlungen, Zinsen und den Kuponwert, zu leisten. Als Kreditgeber kommen institutionelle und private Anleger in Frage. Dabei werden an den Emittenten bestimmte Bonitätsanforderungen gestellt, das Ausfallrisiko (default risk) trägt der Investor. Der Zinssatz entspricht dem Kapitalmarktzins zum Ausgabezeitpunkt.275 Bei Emission sind Mindestbeträge für die Zulassung einer Anleihe an der Börse vorgeschrieben, wegen der Emissionskosten (2,5 bis 4% des Nominalwerts, laufende Nebenkosten ca. 1 bis 2% des Nominalwerts) werden meist Volumen ab 2,5 Mio. Euro emittiert.276 Anleihelaufzeiten von 10 Jahren werden nur selten überschritten.277 Kündigungsklauseln erlauben es den Unternehmen, Anleihen gegen eine Kündigungsprämie, die ungefähr den Zinsen eines Jahres entspricht, zurückzukaufen. Diese Kündigungsklausel entspricht einer Call-Option:278 Wenn die Zinssätze steigen, kann der Marktpreis der emittierten Anleihen den Ausübungspreis übersteigen, so dass es für das Unternehmen vorteilhaft sein kann, die Call-Option auszuüben und das Fremdkaptial zu kündigen. Da durch diese Option für das Unternehmen ein Vorteil besteht, liegen die Zinssätze kündbarer Anleihen ¼ bis ½% über dem nichtkündbarer. Anleihen sind der Grundtypus verschiedener Schuldverschreibungen von Unternehmen. Im Grunde gibt es drei Eigenschaften, die allen Anleiheformen zugrunde liegen279: Der Nennbetrag (par value), der Kupon (coupon interest rate) und das Fälligkeitsdatum (maturity date). Die Variationen auf den globalen Finanzmärkten, wie in Tabelle 3-5 dargestellt, greifen immer wieder auf diesen Typ zurück und veränderten die Anleihe vor allem hinsichtlich der Ausgestaltung des Kupons.280 Verschiedene Autoren haben diese, teilweise als „innovativ“ bezeichneten Formen bereits untersucht.281
273 274
275
276 277 278 279 280
Vgl. Drukarczyk (2003), S. 401. Es dominieren Aktiengesellschaften als Emittenten, jedoch ist keine bestimmte Rechtsform des Emittenten vorgeschrieben, vgl. Schäfer/Kuhle (2007), S. 38. Anleihen von nicht mit AAA bewerteten Unternehmen müssen den Zeichnern einen Risikoaufschlag (Spread) zahlen, dieser ist beim Übergang von AAA zu A sehr klein, beim Übergang zu BB jedoch bereits im Prozentbereich. Vgl. Drukarczyk (2003), S. 404. Der Risikoaufschlag hängt auch vom Finanzmarkzyklus und der Risikobereitschaft der Investoren ab. Vgl. Drukarczyk (2003), S. 405. Vgl. Schäfer (2002), S. 410. Vgl. Copeland/Weston/Shastri (2007), S. 774. Vgl. Brigham/Erhardt (2002), S. 341. Eine sehr ausführliche Darstellung der Gestaltungsparameter bei Volkart (2006), S. 819.
56
3 Finanzierungsinstrumente und Accounting Typ
Ausgestaltung
Zerobonds
Keine laufende Zinszahlung, Auszahlung erst bei Endfälligkeit.
Floating Rate Notes (FRN)
Neufestsetzung der Verzinsung in regelmäßigen Abständen anhand eines Referenzzinssatzes.
Multi-Currency-Notes (MCN)
Mittelaufbringung und Rückzahlung in unterschiedlicher Währung.
Auction Rate Securities (ARS)
Anleihen mit langer Laufzeit, deren Zinssatz in kurzen Abständen bei Auktionen neu festgesetzt wird.
Wandelanleihe
Umtauschrecht in Aktien nach Ablauf einer Sperrfrist.
Optionsanleihe
Umtauschrecht in Aktien nach Ablauf einer Sperrfrist, Anleihe selbst bleibt bestehen.
Tabelle 3-5: Ausgestaltung von Anleihen. Schuldscheindarlehen Schuldscheindarlehen sind ebenfalls langfristige Kreditfinanzierungsinstrumente und in vielen Punkten der Ausstattung von Corporate Bonds ähnlich.282 In einigen wesentlichen Merkmalen unterscheiden sie sich jedoch. Bei einem Schuldscheindarlehen tritt als Kapitalgeber nicht der Kapitalmarkt (Börse) auf, sondern private Kapitalsammelstellen. Es handelt sich hierbei um „private debt“ Darlehen, die in einem Schuldschein (Urkunde, in der sich der Schuldner zu einer bestimmten Leistung, in der Regel zur Verzinsung und Rückzahlung einer bestimmten Geldsumme verpflichtet) verbrieft sind.283 Als Kreditgeber fungieren v.a. Versicherungen und Pensionskassen. Da diese bestimmten aufsichtsrechtlichen Regelungen unterliegen, müssen ebenfalls beim emittierenden Unternehmen bestimmte Bonitätsanforderungen erfüllt werden.284 Der Nominalzins bestimmt sich nach dem Kapitalmarktsatz für erstklassige Anleihen, jedoch wird über ein Agio die Effektivrendite eines Schuldscheindarlehens so eingestellt, dass sie ¼ bis ½% über der aktuellen Kapitalmarktrendite liegt. Die Ursache hierfür ist die geringere Fungibilität und die niedrigeren Transaktionskosten im Vergleich zu Anleihen.285
281 282 283 284
285
Etwa Drukarczyk (2003), S. 416-422. Für eine Übersicht der Merkmale beider Formen vgl. Drukarczyk (2003), S. 405. Vgl. Steiner (1998), S. 428ff. Ob ein Unternehmen schuldscheinfähig ist, richtet sich nach den Anforderungen der Versicherungsaufsichtsbehörden. Diese legen die Anforderungen an die Deckungsstockfähigkeit fest. Deckungsstock ist das Sondervermögen, aus dem ein Versicherungsunternehmen seine künftigen Verpflichtungen zu leisten hat. Deckungsstockfähig sind Schuldscheindarlehen, sofern die Verzinsung und Tilgung des Darlehens gewährleistet ist und das Darlehen durch erstrangige Grundpfandrechte gesichert ist. Vgl. Drukarczyk (2003), S. 400. Vgl. Drukarczyk (2003), S. 401.
3 Passive Finanzierungsinstrumente
57
Im Vergleich zur Anleihe weist das Schuldscheindarlehen den Vorteil auf, weniger Publizitätspflichten erfüllen zu müssen. Dieser höheren Flexibilität steht jedoch der Nachteil entgegen, dass bei Gefahr von Insolvenz meist besondere Kündigungsrechte möglich sind und damit bei Zahlungsengpässen tatsächlich eine Insolvenz eintreten könnte. Neben dem Nachteil der höheren Verzinsung wird dem Darlehensnehmer zudem meist kein vorzeitiges Kündigungsrecht eingeräumt. 3.3.3.4 Geldmarktinstrumente Geldmarktinstrumente sind Finanzierungsquellen, welche sich durch ihre kurzen Laufzeiten auszeichnen.286 Typische Instrumente sind Commercial Papers (CP) und Medium Term Notes (MTN). MTNs sind mittelfristige Schuldscheine mit Laufzeiten zwischen einem bis vier Jahren. Sie sind bezüglich Größe und Laufzeit den Anleihen ähnlich, werden aber auf dem Geldmarkt gehandelt.287 Aufgrund der zunehmenden Bedeutung werden im Bereich der kurzfristigen Geldmarktfinanzierung Commercial Papers fokussiert. CPs sind als Inhaberpapiere handelbare, i.d.R. kurzlaufende, unbesicherte Schuldscheine mit fixem Rückzahlungszeitpunkt.288 Als Emittenten agieren Konzerne und spezielle Emissionsgesellschaften (Conduits).289 Sie müssen über ein Rating von Standard & Poors (S&P), Moody’s oder Fitch im Investmentgrade-Bereich verfügen.290 Als Investoren agieren vor allem Geldmarkt-Fonds, Pensionskassen, Versicherungen und HedgeFonds. Der Markt für CPs hat sich in den 1980er Jahren in den USA, Kanada und Australien entwickelt. Daneben hat sich ein Euro-CP-Markt etabliert.291 Aufgrund der in Deutschland (bis 1990) und der Schweiz (bis 1993) existierenden Börsenumsatz/Stempelsteuerabgaben auf Anleiheemissionen hat sich in diesen Ländern erst ab die-
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Weitere Geldmarktinstrumente wie Certificates of Deposit (CDs) oder Treasury Bills werden nicht erörtert, da diese von öffentlich-rechtlichen Schuldnern emittiert werden und sich die Analyse auf nichtfinanzielle Unternehmen beschränkt. Die Ausgestaltung der spezifischen Charakteristika ist sehr flexibel und wird innerhalb eines Rahmenvertrags vollzogen, vgl. Volkart (2006), S. 809. „Commercial Paper is a type of fixed-maturity unsecured short-term negotiable debt issues generally in a bearer form and primarily by non-banks”, Alworth/Borio (1993), S. 9. Als Sonderform existieren Asset Backed Commercial Papers. Auch Finanzinstitute emittieren inzwischen CPs. Die Betrachtung liegt im Folgenden jedoch auf nichtfinanziellen Gesellschaften als Emittenten. Vgl. Shen (2003), S. 55ff. Der Investmentgrade-Bereich liegt bei AAA bis BBB (S&P) bzw. Aaa bis Baa3 (Moody’s): Vgl. Drukarczyk (2003), S. 404. Im US-Markt sind Emissionen nur in USD möglich, wobei die Benchmark die „Federal Reserve Composite Rate" darstellt. Im Euro-Markt werden Emissionen in folgenden Währungen getätigt: USD, GBP, EUR, JPY,CHF (wobei etwa 80% aller Emissionen in USD getätigt werden). Vgl. Finance (2007), S. 20.
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3 Finanzierungsinstrumente und Accounting
sem Zeitpunkt ein Geldmarkt für Commercial Papers etablieren können.292 Inzwischen ist der CP-Markt zwar zu einem wichtigen Kreditmarkt geworden, jedoch unterliegt er teilweise starken Schwankungen.293 CPs sind revolvierend und ihre Laufzeit beträgt bis zu 270 Tage, im Durchschnitt 30 Tage (USA) bzw. 10 Tage (Europa).294 Sie spielen in der kurzfristigen Unternehmensfinanzierung eine wichtige Rolle, da sie eine günstige Alternative zu Bankkrediten darstellen. Die Transaktionskosten beziehen sich auf das Volumen der Emission und betragen in den USA ca. 5 Basispunkte, in Europa ca. 2 Basispunkte.295 Mittel aus CPProgrammen können bis zu 0,4% günstiger als Bankkredite mit gleicher Laufzeit sein, als Referenzgröße für den Zinssatz dient meist der LIBID (London Interbank Bid Rate).296 Grundsätzlich können CPs direkt oder über einen Intermediär emittiert werden, der diese an Investoren vermittelt. In der Regel wird als Intermediär eine Investmentbank eingesetzt, mit der ein Rahmenvertrag abgeschlossen wird (Commercial Paper Programm). Ähnlich wie bei einer Kreditlinie hat der Emittent dann das Recht, aber nicht die Pflicht, CPs zu emittieren. Tatsächlich handelt es sich um eine Daueremission, die in mehreren Tranchen vollzogen wird. Aufgrund der Transaktionskosten und Tranchengrößen werden CPs fast ausschließlich bei börsennotierten Unternehmen eingesetzt.297 Sie haben durch diese Form der verbrieften Finanzierung den Vorteil, keine Bankkreditlinien in Anspruch nehmen zu müssen. Da die Laufzeiten kurz sind, müssen die CP regelmäßig durch neue Kreditfazilitäten abgelöst werden. Kommt es zu einer Herabstufung des Ratings oder einer Liquiditätsknappheit am Kapitalmarkt, besteht die Gefahr keine Anschlussemission durchführen zu können (Refinanzierungsrisiko). Somit ist ein Wegfall der Fremdfinanzierungsquelle CP jederzeit möglich.298 Entsprechende Alternativen sind durch das Finanzmanagement ex ante sicherzustellen. Eine Möglichkeit ist, dass die Unternehmen dann Kreditlinien bei ihren Hausbanken ziehen, um die Anschlussfinanzierung zu sichern.299 292
293
294 295 296 297 298
299
Hierzu auch Alworth/Borio (1993), S. 104, für die Schweiz Abresch (1994), S. 69, für Deutschland Drukarczyk (2003), S. 421. Vgl. o.V. (2007a). Zur Zyklität siehe Shen (2003). Der Rückgang des CP Markets im 2. Halbjahr 2007 um 207 Milliarden USD ist vor allem auf die Asset Backed CPs zurückzuführen, die ca. 50% des CP-Volumens ausmachen, vgl. Nutting (2007). Vgl. Volkart (2006), S. 808. Vgl. Finance (2007), S. 19. Drukarczyk (2003), S. 422. Vgl. Schäfer/Kuhnle (2007), S. 90. Dieser Effekt trat im 2.Halbjahr 2007 aufgrund der „Subprime-Finanzmarktkrise“ auf. Vgl. o.V. (2007a), o.V. (2007b). Ein Beispiel war das Unternehmen H&R Block (USA), vgl. Coleman (2007).
3 Passive Finanzierungsinstrumente
59
Commercial Paper Programme sind ein Beispiel für die potenziellen Vorteile der Verbriefung von Fremdkapitaltiteln, welche die Liquidität der Anleger erhöht. Sie sind auch ein Beleg für die Änderung der Rolle von Kreditinstituten, die nur das Arrangement und Vertriebsleistung übernehmen und für die Bankbilanz neutral sind.300 3.3.3.5 Leasing Als typisch den Bankkredit subsituierendes Finanzierungsinstrument gilt Leasing. Aufgrund der Trennung zwischen Investitionsentscheidung und Finanzierungsentscheidung ist das in der Literatur jedoch teilweise diskutierte Entscheidungskriterium Kauf versus Leasing im Kontext der Unternehmensfinanzierung nicht richtig (Eigentums- vs. Mietentscheidung).301 Aus der Finance Perspektive lautet die Entscheidung Leasing versus Kreditfinanzierung (Finanzierungsentscheidung).302 Ein Leasingvertrag ist „eine Übereinkunft zwischen zwei Parteien über die zeitweise Überlassung eines beweglichen bzw. unbeweglichen Gegenstandes gegen Entgelt“.303 In den meisten Steuersystemen kann der Leasingnehmer die Leasingraten in vollem Umfang als Betriebsaufwendungen darstellen. Dabei gibt es zahlreiche Variationen und Sondergestaltungen, die sich in der Literatur auf drei Grundtypen zurückführen lassen:304 x Beim Operating Lease (Service-/Operating-Leasing) handelt es sich um eine dem Mietvertrag ähnliche Beziehung, da sowohl Leasinggeber als auch Leasingnehmer jederzeit den Vertrag kündigen können. Im Gegensatz zur eigenen Kreditfinanzierung finanziert die Leasinggesellschaft das Investitionsobjekt, möglicherweise erhält diese sogar auch Sonderkonditionen beim Einkauf. Für den Leasingnehmer wird dadurch die Liquidität geschont, da die Kreditlinie des Unternehmens nicht belastet wird und die Kapitalbelastung über den Zeitablauf konstant niedrig ist. Eigentümer des Leasinggegenstandes ist der Leasinggeber. Diese Art des Leasings umfasst auch die Wartung und Instandhaltung des Leasingobjekts. Ein wesentliches Charakteristikum ist, dass das Leasingobjekt häufig nicht vollständig amortisiert wird.
300 301 302 303
304
Vgl. Drukarczyk (2003), S. 421. Zum Entscheidungskriterium „Buy or Lease“ etwa Schallheim (1994). Hierzu ausführlich Copeland/Weston/Shastri (2007), S. 870. Drukarczyk (2003), S. 459. Während Leasing bis in die 1950er Jahre noch auf Immobilien beschränkt war, können heute praktisch alle Gegenstände des Anlagevermögens über Leasing finanziert werden. Vgl. Copeland/Weston/Shastri (2007), S. 871f., Drukarczyk (2003), S. 459. Daneben wird noch der Fall des Spezial-Leasing unterschieden, bei dem der Leasinggegenstand speziell auf die Bedürfnisse des Leasingnehmers zugeschnitten ist und nach Ablauf der Vertragszeit nur in diesem Betrieb genutzt werden kann.
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3 Finanzierungsinstrumente und Accounting
x Der große Anteil am Leasing sind Finance Lease (Finanzierungs-Leasing) Verträge. Diese unterscheiden sich durch die Vereinbarung einer festen Grundmietzeit, die nicht gekündigt werden kann. Weiterhin sind keine Serviceleistungen vereinbart und die Mietzahlungen müssen dem vollen Preis des Leasingobjekts entsprechen. Am Ende der Laufzeit hat der Leasingnehmer ggf. ein Kaufoptionsrecht. x Im Rahmen von Sale-and-Leaseback Transaktionen werden Vermögensgegenstände gezielt an eine Leasinggesellschaft veräußert und wieder gemietet (Off-balance Gestaltung). Diese gezielte Ausgliederung von Vermögensgegenständen aus der Bilanz, über die der Verkäufer – dann als Leasingnehmer – immer noch verfügen kann, wurde bereits bei der Innenfinanzierung durch Vermögensumschichtung diskutiert. Ökonomisch betrachtet ist Finanzierungs-Leasing, gemeinsam mit Sale-andLeaseback, einer Fremdkapitalfinanzierung sehr ähnlich. Jedoch sind sie keine perfekten Substitute – andernfalls wären die Finanzierungsinstrumente zufällig über die Unternehmen verteilt.305 Die geringe empirische Literatur erklärt die Wahl von Leasing als Finanzierungsinstrument durch Entscheidungsmuster, die Verwendung von Tax Shields, Skaleneffekte bei Wartungsverträgen und komparative Vorteile beim Wiederverkauf.306 3.3.3.6 Asset Backed Securities (ABS) Asset Backed Securities (ABS) sind strukturierte Finanzierungsinstrumente. Bei einer ABS-Transaktion handelt es sich um marktgängige Wertpapiere (Securities), deren Zahlungsansprüche i.d.R. durch Forderungen (Asset Backed) gedeckt sind.307 Als Finanzierungsinstrument bündelt ein Unternehmen (Verkäufer, Originator), einmalig oder revolvierend, geeignete Vermögensgegenstände308 zu einem Portfolio und verkauft diese in Form eines regresslosen Forderungsverkaufs an eine zu diesem Zweck gegründete Zweckgesellschaft (Special Purpose Entity, SPE).309 Das SPE zahlt dem Verkäufer den Kaufpreis. Die ABS werden i.d.R. mit mehreren Kreditbesicherungen unterlegt. Das SPE selbst finanziert sich durch Ausgabe von Wertpapieren am Kapitalmarkt, sie verbrieft daher ihre Forderungen. Vorteile ergeben sich für den Originator, da sich seine Bilanzstruktur durch einen Aktivtausch verbessert (Bilanzverkürzung) und er die gewonnene Liquidität rentabler, 305 306 307 308
309
Vgl. Copeland/Weston/Shastri (2007), S. 889. Etwa Franks/Hodges (1986). Vgl. Schulte (2006), S. 221. Bei Industrieunternehmen meist Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, Lizenzeinnahmen, speziell für Immobiliengesellschaften auch Cash-flows aus der Vermietung und Verpachtung von Immobilien (Mortgage Backed Securities). Vgl. Wahl (2004), S. 46.
3 Passive Finanzierungsinstrumente
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z.B. zur Schuldentilgung oder für Investitionen, einsetzen kann.310 Aus Finanzierungsperspektive entscheidungsrelevant ist, ob die Finanzierungskosten günstiger sind als andere Finanzierungskonditionen und inwiefern es Ziel ist, ein geringeres Bankexposure zu haben. Als Finanzierungskosten fallen hohe einmalige Kosten für Strukturierung und Rechtsberatung an. Die laufenden Kosten hängen auch davon ab, inwiefern ein Risikotransfer stattfindet. 3.3.4 Finanzierung durch hybrides Kapital 3.3.4.1 Entwicklung Neben den bisher beschriebenen Finanzierungsinstrumenten haben sich analog zur Diversifikation der Fremdfinanzierung Formen entwickelt, die das ökonomische Bedürfnis einer Finanzierung mit Merkmalen von Eigen- und Fremdkapital abbilden.311 Es handelt sich dabei um standardisierte Finanzierungsinstrumente, die Merkmale sowohl von Eigenkapital als auch Fremdkapital aufweisen. In der Literatur hat sich hierfür der Begriff Mezzanine oder hybrides Kapital etabliert. Die in jüngerer Zeit wieder zugenommene wissenschaftliche Auseinandersetzung erhöht die Auffassung, dass Finanzierungsinstrumente, die in Eigen- und Fremdkapitalanteil aufgespalten werden, eine eigene Klasse darstellen.312 Hybride Finanzierungsinstrumente nehmen eine Sonderstellung ein, da sie sich im Accounting nicht direkt in die Klassifikation zwischen Eigen- oder Fremdkapital einordnen lassen.313 Auch ökonomisch gesehen sind sie theoretisch von der Zinshöhe zwischen Eigen- und Fremdkapital einzuordnen. In Kapitel 3.5 wird die AccountingTheorie zur Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital diskutiert. Vorab sollen zunächst die wichtigsten Merkmale hybrider Finanzierungsinstrumente dargestellt werden. Drei Formen dieser in ihrer Laufzeit begrenzten Finanzierungsinstrumente lassen sich abbilden:314 x Bei strukturell hybriden Finanzierungsinstrumenten sind die Ausstattungsmerkmale – gemessen an den idealtypischen Gestaltungen – untypisch kombiniert. Deshalb ist unabhängig von externen Rahmenbedingungen zu keiner Zeit eine eindeutige Zuweisung zu Eigen- oder Fremdkapital möglich.
310 311
312 313
314
Vgl. Watrin/Struffert (2007), S. 29. Die in diesem Zusammenhang verwendeten Begriffe und Definitionen sind vielfältig. Exemplarisch für die Unschärfe der terminologischen Verwendung sind die oft synonym verwendeten Begriffe Mezzanine (ital., „Zwischengeschoss“), Hybrid Securities, Combined Instruments. Vgl. Werner (2006), S. 93. Zur Problematik der finanztheoretischen Abgrenzung zwischen Fremd- und Eigenkapital vgl. Zimmer (1998), S. 51. Vgl. Kampmann (2007), S. 186.
62
3 Finanzierungsinstrumente und Accounting
x Situativ hybride Finanzierungsinstrumente liegen vor, wenn grundsätzlich aufgrund der vertraglich vereinbarten Ausstattungsmerkmale eine eindeutige Zuordnung möglich ist, sich der Charakter des Kapitals in Abhängigkeit von einer veränderten wirtschaftlichen Situation jedoch ändern kann.315 x Zusammengesetzte Kapitalformen (compound instruments) sind Finanzinstrumente, bei denen sich aus der Kombination zweier (oder mehrerer) Formen ein insgesamt hybrider Charakter ergibt. Hierbei stellt sich die Frage, ob diese für die Bilanzierung in Komponenten aufgespalten werden oder ob ein Ansatz als einheitliches Instrument erfolgen soll. Wie in Tabelle 3-6 zu erkennen ist, wird im Grunde auf bekannte, etablierte rechtliche Instrumente zurückgegriffen, die durch eine individuelle Ausgestaltung entsprechend variiert sein können.316 Insofern handelt es sich streng genommen nicht um eine neue Art oder Form der Finanzierung, sondern um eine neue Beschreibung und Ausgestaltung bereits vorhandener Möglichkeiten, die schon seit längerem existieren.317 Auf der einen Seite finden sich Equity Mezzanine Instrumente, die als bilanzielles Eigenkapital gelten können. Der Ausweis hängt von der konkreten Ausgestaltung ab, i.d.R. müssen die Kriterien der erfolgsabhängigen Vergütung einschließlich der Verlustteilnahme sowie die Nachrangigkeit im Insolvenzfall erfüllt sein, um als Eigenkapital bilanziert werden zu können.318 Diese Regelung hängt jedoch von den konkreten Vorschriften des Accounting Standards ab.
315
316 317
318
Beispiel: So gilt bei einer Personengesellschaft das Gesellschafterdarlehen als Fremdkapital soweit keine Krisensituation eintritt; bei Insolvenz haftet das Kapital jedoch wie Eigenkapital. Vgl. Lorenz (2007), S. 23f., Kugler (2005), S. 15. Hybride Finanzierungsinstrumente sind auch deshalb nicht „innovativ“ oder neu, da diese schon seit längerer Zeit in der Literatur beschrieben werden, z.B. bei Drukarczyk (1993), Kapitel 17. Zur Diskussion, ob es sich dabei überhaupt um ein Finanzierungsinstrument handelt etwa Kugler (2005), S. 12. Durch Gewinnbeteiligung, Aktienbezugsrechte oder Wandlungsoptionen kann dem Mezzanine Kapital eine eigenkapitalähnliche Form gegeben werden, vgl. Kugler (2005), S. 15, vgl. Werner (2006), S. 92.
3 Passive Finanzierungsinstrumente
63 Hybrides Kapital
Equity Mezzanine
Debt Mezzanine
Basis
Options-/Wandelanleihen, (Atypisch stille Beteiligung).
Nachrangigkeit
Nachrangigkeit gegenüber Fremdkapital, aber Vorrangigkeit gegenüber Eigenkapital.
Fristigkeit
I.d.R. befristet.
Besicherung
Keine Besicherung.
Haftung
Haftung in Höhe der Einlage. Erfolgsabhängige Vergütung (Equity Kicker).
Ertragsanteil
Genussschein (Nachrangdarlehen, typisch stille Beteiligung).
Erfolgsunabhängige Vergütung (fixer Zins).
Vermögensanspruch
Eine Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös wird je nach Ausgestaltung nachgebildet.
Unternehmensleitung
Mitwirkungs- und Informationsrechte individuell vereinbar. Diese Instrumente stellen i.d.R. zunächst Fremdkapitaltitel dar. Verwaltungsrechte am Emittenten (z.B. das Stimmrecht eines Aktionärs auf der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft) gewähren diese Instrumente anfänglich meist nicht.319
Tax Shield
Möglich, individuell ausgestaltbar.
Finanzierungskapazität
Beschränkt.
Laufzeit
Begrenzt.
Tabelle 3-6: Eigenschaften von hybridem Kapital. Rechtlich sind solche Instrumente für börsennotierte Unternehmen meist als Optionsoder Wandelanleihe ausgestaltet. Dies setzt einen Zugang zum öffentlichen Kapitalmarkt voraus. Damit kommen diese Instrumente grundsätzlich nur für Unternehmen in Frage, die ein hohes Emissionsvolumen planen und entsprechende Transaktionskosten akzeptieren.320 Für die Emission dieser Finanzierungsinstrumente ist bei einer AG zudem der Beschluss der Hauptversammlung notwendig, da die Rechte der bisherigen Aktionäre durch Ausgabe neuer Aktien innerhalb der Optionsfrist tangiert werden. Am anderen Ende des Spektrums sind die Debt Mezzanine Finanzierungsinstrumente einzuordnen. Hierzu zählen Genussscheine oder Nachrangdarlehen. Diese Finanzierungsinstrumente werden im Fremdkapital ausgewiesen und führen deshalb nicht zu 319 320
Vgl. KPMG (2006), S. 119. Zwischen 2003 und 2007 haben sich auch standardisierte Produkte auf dem Markt gebildet, die teilweise in einem Pooling-Verfahren hybride Finanzierungsinstrumente mit geringeren Transaktionskosten für den Mittelstand anbieten. Beispiele: PREPS (HypoVereinsbank/Capital Efficiency Group), equiNotes (Deutsche Bank/IKB). Diese Instrumente sind meist als Nachrangdarlehen oder als Genussrechte ausgestaltet und werden in Tranchen am Kapitalmarkt platziert. Das Thema standardisiertes Mezzanine für KMU ist jedoch nicht Gegenstand dieser Arbeit. Hierzu etwa Fiesel (2007), S. 9.
64
3 Finanzierungsinstrumente und Accounting
einer Verbesserung der bilanziellen Eigenkapitalquote. Dennoch haben sie hybriden Charakter, da sie einerseits durch die Nachrangigkeit im Insolvenzfall teilweise Eigenkapitalcharakter haben. Andererseits zählen sie teilweise für Ratings anteilig in die wirtschaftliche Eigenkapitalquote. 3.3.4.2 Optionsanleihe Die Optionsanleihe (warrant bond) ist ein typisch zusammengesetztes compound instrument. Der Inhaber erwirbt Gläubigeransprüche auf Zinszahlung und Tilgung der Anleihe, als Zusatzrecht beinhaltet die Struktur eine Option mit Anwartschaft auf Eigentümerrechte. Diese Option berechtigt, neben dem Zins- und Rückzahlungsanspruch, während einer festgelegten Optionsfrist, Aktien des Emittenten zu einem am Ausgabezeitpunkt festgelegten Optionspreis zu beziehen.321 Das Optionsrecht ist getrennt von der Anleihekomponente. Diese geht somit nicht unter bei Ausübung des Wandelungsrechts, sondern bleibt bis zum Ende ihrer Laufzeit bestehen.322 Die Laufzeit von Optionsanleihen beträgt i.d.R. 10 bis 12 Jahre. Bei Emission müssen das Bezugsverhältnis, der Bezugskurs und die Bezugsfrist der Aktien ex ante festgelegt werden. Die Kapitalbeschaffung über Optionsanleihen ist für börsennotierte Unternehmen eine Finanzierungsform, bei der die Zinszahlungen gegenüber der regulären Anleihe niedriger liegen. Aus Unternehmenssicht wird somit neben einer Fremdkapitalemission auch eine zukünftige Eigenkapitalerhöhung emittiert.323 3.3.4.3 Wandelanleihe Die Wandelanleihe (convertible bond) ist ähnlich der Optionsanleihe eine hybride Anleihe, die es dem Inhaber erlaubt, diese zu jeder Zeit bis zum Fälligkeitsdatum gegen eine festgelegte Anzahl von Aktien einzutauschen.324 In ihrer Struktur besteht sie aus einer konventionellen mittel- bis langfristigen Anleihe mit festem oder variablem Zinssatz und einem Optionsschein, d.h. dem Wandelungsrecht in Aktien der emittierenden Gesellschaft.325 Sie unterscheidet sich von der Optionsanleihe in einem wichtigen Aspekt: Beim Umtausch geht die Anleihekomponente der Wandelanleihe unter, d.h. Anleihekomponente und Option können nicht getrennt werden.326 Die Verzinsung
321 322 323 324 325
326
Vgl. Drukarczyk (2003), S. 447ff. Vgl. Kuhnle/Schäfer (2007), S. 33. Vgl. Kuhnle/Schäfer (2007), S. 33. Vgl. Copeland/Weston/Shastri (2007), S. 770. Die Wandelanleihe stellt eine Kombination aus Emission einer Anleihe (Kredit) und Verkauf einer Kaufoption (Short Call) auf eigene Aktien dar. Vgl. Kuhnle/Schäfer (2007), S. 33. Vgl. Drukarczyk (2003), S. 438ff.
3 Passive Finanzierungsinstrumente
65
ist üblicherweise etwas niedriger als bei reinem Fremdkapital, da das Optionsrecht einen Wert darstellt.327 Für den Emittenten stellt dieses Finanzierungsinstrument zunächst eine zeitlich befristete Kreditaufnahme in Form einer Anleihe dar. Der Inhaber kann diese Anleihe zu einem bestimmten Termin oder Zeitraum in Aktien umtauschen. Er ist dazu aber nicht verpflichtet; verzichtet er auf das Umtauschrecht erhält er den Nominalbetrag der Anleihe zurück.328 Bei der Wandelung wird die Transformation in unbefristet überlassenes Eigenkapital sichtbar. 3.3.4.4 Genussschein Genussscheine sind typische hybride Finanzierungsformen.329 Sie können als debt mezzanine typisiert werden, wenn eine vom Unternehmenserfolg unabhängige Mindestverzinsung vorgesehen ist.330 Kapital und Zinsen werden üblicherweise erst zum Ende der Finanzierungslaufzeit zur Rückzahlung fällig und entlasten damit den Cashflow des Kapitalnehmers während der Laufzeit. Diese Finanzierungsinstrumente sind in Deutschland gesellschaftsrechtlich nicht näher geregelt. Die jeweiligen Genussscheinbedingungen werden bei der Emission definiert. Genussrechte haben einen rein schuldrechtlichen Charakter und können demnach weitgehend frei gestaltet werden.331 Im Grunde stellen sie als Wertpapiere verbriefte Genussrechte dar und sind nachrangig.332 Sie verbriefen als Gläubigerrecht meist einen Anteil am Gewinn, teilweise auch am Liquidationserlös.333 Das Genussrecht wird im sog. Genussschein verbrieft und beinhaltet üblicherweise keine institutionalisierten Mitspracherechte. Eine Sonderform sind Genussrechte mit Equity-Kicker (auch: Payment-in-kind, PIK). Die Genussrechte sind mit Bezugs-, Options- oder Umtauschrechten auf Aktien zu einem vorab festgelegten Betrag ausgestattet. Damit sind sie dann aber eher den equity mezzanine zuzuordnen. Dies gilt auch, wenn eine erfolgsabhängige Beteiligung vorgesehen ist.334
327 328 329
330 331 332 333 334
Vgl. Copeland/Weston/Shastri (2007), S. 770. Vgl. KPMG (2006), S. 119. Genussrechte können als Genussscheine verbrieft werden, dies ist aber keine Wirksamkeitsvoraussetzung. Dennoch geschieht die Verbriefung häufig, um den Zugang zum Kapitalmarkt zu erlangen. Vgl. Heinemann/Kraus (2006), S. 178f. Vgl. Heinemann/Kraus (2006), S. 172, Rudolph (1998), S. 38. Vgl. Rittmann/Nagel (2006), S. 51f. Vgl. KPMG (2006), S. 163. Vgl. Perridon/Steiner (2007), S. 413. Vgl. Heinemann/Kraus (2006), S. 173.
66
3 Finanzierungsinstrumente und Accounting
Um eine Anerkennung als Fremdkapital zu gewährleisten, schließen fast alle deutschen Genussscheine eine Beteiligung am Liquidationserlös aus. Im Gegensatz hierzu sehen Schweizer Partizipationsscheine dies überwiegend vor.335 3.3.4.5 Gründe einer Emission Offensichtlich bieten diese Mischformen spezifische Vorteile für das Finanzmanagement, die bei einer Verwendung von konventionellen Eigen- oder Fremdkapital nicht erreichbar sind.336 Verschiedene Theorien wurden entwickelt, um einen ökonomischen Grund für die Notwendigkeit einer Emission zu finden. Denn aus Sicht der Unternehmensfinanzierung sind Wandelanleihen kein „billiges“ Fremdkapital, da aufgrund des höheren Risikos ihre wahren Kapitalkosten höher als konventionelles Fremdkapital sind.337 Copeland/Weston/Shastri sehen den Grund einer Emission von Wandelanleihen darin, dass diese besser auf Cash-flow Strukturen von rasch wachsenden Unternehmen zugeschnitten sind: Die niedrige Nominalverzinsung der ersten Jahre hält die Insolvenzwahrscheinlichkeit geringer als konventionelles Fremdkapital. Ist das Unternehmen dann erfolgreich, steht nach erfolgter Wandlung mehr Kapital für das Wachstum zur Verfügung 338 Durch die fehlende klare Zuordnung zu einer Kategorie der Bilanz-Passivseite eröffnet sich auch ein Gestaltungsspielraum zur Optimierung der Kapitalstruktur. In der Literatur wird eine Emission demnach als sinnvoll angesehen, wenn die nachfolgenden Gestaltungsmöglichkeiten ausgenutzt werden können:339 x Der Accounting Standard sollte das hybride Finanzierungsinstrument als Eigenkapital klassifizieren, Steuerbehörden die Finanzierungskosten ähnlich Fremdkapital als Betriebsausgabe anerkennen. Erfolgt eine Darstellung als wirtschaftliches Eigenkapital und ist die steuerliche Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen ebenfalls möglich, gilt diese Ausgestaltung als optimal. Durch diese unterschiedliche Kombination aus bilanzieller und ökonomischer Zuweisung entsteht für Unternehmen eine attraktive Kombination. x Ratingagenturen sollten es als Verlustdeckungsmasse anerkennen.
335 336
337
338 339
Vgl. Perridon/Steiner (2007), S. 413. Dabei wird auch mit dem Beweis von survival value argumentiert, vgl. Drukarczyk (1993), S. 581. Da die meisten individuellen hybriden Finanzierungsinstrumente bereits seit längerer Zeit existieren, kann davon ausgegangen werden, dass diese tatsächlich Vorteile bieten. Wie oben gezeigt, sind Wandelanleihen üblicherweise geringer als konventionelle Anleihen verzinst. Ausführlich auch zu weiteren Theorien vgl. Copeland/Weston/Shastri (2007), S. 771-773. Vgl. KPMG (2006), S. 119.
3 Entwicklung internationaler Accounting Standards
67
Eine Emission solcher Finanzierungsinstrumente ist dann sinnvoll, wenn die Verlustdeckungsmasse gestärkt werden soll und um die Konditionen zur Aufnahme von Fremdkapital zu verbessern. Diese bilanzielle Darstellung als Verlustdeckungsmasse hat Einfluss auf das Rating und das Urteil der Rating-Agenturen. Vor dem Hintergrund einer risikoadjustierten Kreditvergabe verwenden Industrie- und Handelsunternehmen zunehmend derartige Instrumente. x Die Zinshöhe sollte nicht über dem eines vergleichbaren klassischen Fremdkapitaldarlehens liegen. Für den Anleger bieten Hybridanleihen wegen des Risikoaufschlages eine höhere Rendite, da diese nur nachrangig besichert sind. Die Emission von hybriden Finanzierungsinstrumenten ist offensichtlich besonders in Zeiten niedriger risikoloser Sollzinsen und geringen Zuschlägen für Bonitätsrisiken interessant. An diesem Beispiel zeigt sich die enge Verbindung zwischen der Finance- und Accounting Perspektive. Im Folgenden wird deshalb die Bilanzierung von Finanzierungsinstrumenten thematisiert. 3.4 Entwicklung internationaler Accounting Standards 3.4.1 Koordinations- und Informationsfunktion Accounting Standards sollen eine zahlenmäßige Abbildung von Geschehenem, Vorhandenem oder Künftigem abbilden.340 Zielsetzung internationaler Accounting Standards ist die decision usefulness, d.h. die Information über die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens im Hinblick auf die Entscheidungsfindung.341 Die Finanzberichterstattung heutiger Accounting Systeme besteht aus Bilanz, Erfolgsrechnung bzw. Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) sowie der Kapitalflussrechnung (Cash-flow Rechnung). Die Grundbestandteile werden mit ergänzenden Informationen, dem Anhang, als Jahresabschluss zusammengefasst.342
340
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342
Vgl. Leibfied (2007), S. 122, Pellens et al. (2008a), S. 2f., der so allerdings eine Begriffsdefinition der Rechnungslegung erläutert und auf Schneider (1997), S. 3 verweist. IFRS- Framework F.12. Vgl. Pellens et al. (2008a), S. 8, Behr (2005), S. 25, Baetge/Kirsch/Thiele (2005), S. 143, zur Entscheidungsnützlichkeit S. 151ff. Die Bilanz beschreibt eine stichtagsbezogene Bestandsrechnung, die das Vermögen (Aktivseite: Kapitalverwendung) dem Kapital (Passivseite: Kapitalherkunft) gegenüberstellt. Die GuV zeigt die Veränderungen dieser Bestände in Stromgrößen (Aufwendungen und Erträge). Die Cash-flowRechnung ist eine Stromgrößenrechnung, die Ein- und Auszahlungen einer bestimmten Periode zur Ermittlung des Zahlungsüberschüsses aufzeigt. Vgl. Pellens et al. (2008a), S. 3. Für eine ausführliche Darstellung siehe z.B. Pellens et al. (2008a), S. 1-32 (Kapitel 1 - Theorie der Rechnungslegung).
68
3 Finanzierungsinstrumente und Accounting
Die Publizitätspflicht des Jahresabschlusses hat einen ökonomischen Sinn, denn es verringert die Informationsasymmetrie zwischen unternehmensinternen und -externen Betrachtern.343 Fokus dieser Arbeit ist die Untersuchung der Unternehmensfinanzierung, deshalb interessieren aus dem Kreis der Adressaten vor allem die Eigen- und Fremdkapitalgeber. Gemäß der Unterscheidung aus dem vorherigen Kapitel interessieren sie sich für unterschiedliche Informationen:344 x Eigenkapitalgeber überlassen Kapitalgesellschaften zeitlich unbegrenzt eine beschränkte Menge ihres Vermögens. Sie sind Eigentümer und haben deshalb Residualanspruch auf das Reinvermögen, das verbleibt, wenn die Ansprüche aller anderen Vertragspartner befriedigt wurden. Sie interessieren sich deshalb für die vergangene und zukünftige Entwicklung des Reinvermögens und den Teil, den die Eigentümer sich ausschütten lassen können. x Fremdkapitalgeber überlassen zeitlich begrenzt eine beschränkte Vermögensmenge. Sie haben Anspruch auf die Rückzahlung des Kapitals und erwarten eine risikoadjustierte Verzinsung. Sie interessieren sich für die Wahrscheinlichkeit, dass das Unternehmen in Zahlungsverzug oder Insolvenz gerät. Die künftige Liquiditätssituation bestimmt letztlich das Risiko aus Fremdkapitalgebersicht. 3.4.2 Konkurrenz der Accounting Regimes Vor dem Hintergrund, richtige Entscheidungsempfehlungen zu formulieren, erscheint die Konzentration des Accounting-Systems auf eine Adressatengruppe unumgänglich. Hierbei stehen sich zwei Sichtweisen gegenüber.345 Eine Darstellung zentraler Charakteristika beider Accounting-Systeme sind in Tabelle 3-7 abgebildet. In der anglo-amerikanischen Sichtweise sind eher Eigenkapitalgeber die zentralen Adressaten. Dies ist insofern plausibel, als dieser das finanzielle Risiko des Unternehmens trägt und direkt oder indirekt über die Geschäftspolitik entscheidet. Da er über organisierte Märkte als anonymer Aktionär sein Kapital zur Verfügung stellt hat er zudem geringe Informationen über das Unternehmen selbst.
343
344 345
Hierzu gehören typischerweise Arbeitnehmer, Kunden und Lieferanten, fiskalische Körperschaften des Staats, Kapitalgeber. Zu den Vor- und Nachteilen einer Rechnungslegungspflicht etwa Pellens et al. (2008a), S. 8-10. Vgl. Pellens et al. (2008a), S. 4. Vgl. Pellens et al. (2008a), S. 22.
3 Entwicklung internationaler Accounting Standards Investororientiertes Accounting
69 Gläubigerorientiertes Accounting
Rechtssystem
Angelsächsisches Rechtssystem: Common Law/Case Law.
Kontinentaleuropäisches Rechtssystem: Code Law.
Merkmale
Weitgehende Vertragsfreiheit mit nur begrenzt einschränkenden Gesetzesvorschriften, die eine Vertragsdurchsetzung gewährleisten sollen und auf deren Basis Rechtsprechung für Einzelfälle (cases) ergeht; jedoch führt auch Case law zu Gesetzen und Regelungen.
Ausgehend von einer grundsätzlichen Vertragsfreiheit werden abstraktgenerelle, oft umfangreiche Gesetzesvorschriften zur Standardisierung erlassen, die möglichst alle Spezialfälle abdecken sollen.
Abstraktionsgrad
Geringer Abstraktionsgrad: Regeln gelten nur für den Spezialfall, für den sie entwickelt wurden.
Hoher Abstraktionsgrad: Regeln gelten jeweils für alle gleichartigen Fälle.
Adressatengruppe
v.a. Eigenkapitalgeber (Investoren).
v.a. Fremdkapitalgeber (Gläubiger).
Ziel
Informationsvermittlung für Investoren/Kapitalmarktförderung.
Ausschüttungsbemessung bei Erhalt von Haftungskapital.
Bewertungsprinzip
Fair value, periodengerechte Erfolgsermittlung.
Vorsichtsprinzip, Buchwerte und Bildung stiller Reserven.
Standard-Setting
Accounting Standards werden von privaten Institutionen erstellt und beruhen (zu einem wesentlichen Teil) nicht auf detaillierten Gesetzesvorschriften.
Accounting Standards beruhen (zu einem wesentlichen Teil) auf detaillierten Gesetzesvorschriften.
Steuerrechtliche Verknüpfung
Keine Interdependenzen.
Maßgeblichkeitsprinzip.
Verbreitung
Australien, Großbritannien, Indien, Irland, Kanada, Neuseeland, USA.
Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Portugal, Schweiz, Spanien.
Tabelle 3-7: Charakter von Accounting-Systemen.346 Die kontinentaleuropäische, und besonders die deutsche Sichtweise, rücken eher die Fremdkapitalgeber in den Vordergrund. Dies ist wiederum vor dem Hintergrund des Finanzsystems verständlich, welches mehr auf Bankenfinanzierung ausgerichtet ist und entsprechend das Accounting an den Banken als Adressaten ausgerichtet ist.347 Durch die Gläubigerorientierung führte dies somit zu einer vorsichtigeren Darstellung der wirtschaftlichen Lage. Deshalb ist neben dem Rechtssystem das jeweilige Finanz-
346
347
Teile in Anlehnung an Pellens et al. (2008a), S. 36, Schult/Brösel (2008), S. 60. Eine ausführlichere Differenzierung von Accounting-Systemen etwa d’Arcy (1999). Die Arbeit fokussiert sich auf börsennotierte Unternehmen, deshalb wird hier nicht auf die Tatsache näher eingegangen, dass in vielen KMU der Eigentümer als Geschäftsführer agiert und diese Personengruppe aufgrund ihrer Funktion bereits hinreichende Informationsquellen hat.
70
3 Finanzierungsinstrumente und Accounting
system der zentrale Einflussfaktor für die Ausgestaltung von nationalen Accounting Standards.348 Ein weiterer Unterscheidungspunkt sind die Anknüpfungspunkte an das Accounting. In der Schweiz und Deutschland gilt zur steuerrechtlichen Gewinnermittlung das Maßgeblichkeitsprinzip. Damit hat die inhaltliche Ausgestaltung der Accounting Standards auch unmittelbare Wirkung auf die Besteuerung der Unternehmen. Demgegenüber lässt ein von Kapitalmarktinteressen geprägtes Accounting wenig Spielraum zur Berücksichtigung von Aspekten der Besteuerung, die aufgrund von vorangegangenen Tatbeständen zu erfolgen hat. Interdependenzen zwischen steuerlichem und kapitalmarktrechtlichem Accounting sind deshalb bei internationalen Accounting Standards kaum gegeben.349 Ausgehend von diesen Systemen existieren weltweit zwei konkurrierende internationale Accounting Standards: IFRS (International Financial Reporting Standards)350 und US GAAP (United States Generally Accepted Accounting Principles). Man kann durchaus von „internationalen Accounting Standards“ und einer Finanzberichterstattung auf einem globalen Kapitalmarkt sprechen, denn weltweit erfolgt nun bei der großen Mehrheit der Konzerne das Accounting gemäß einer dieser beiden Standards.351 Die Standardsetter des IFRS (IASB) und US GAAP (FASB), haben eine Vereinbarung getroffen, dass bis zum Jahr 2010 keine wesentlichen Unterschiede mehr bestehen werden. Ob dieses Ziel der Konvergenz in dem Zeitraum erreicht werden kann ist jedoch fraglich. Wie das Zitat des FASB zu Beginn von Kapitel 3 verdeutlicht, haben bis vor einigen Jahren allein die amerikanischen US GAAP für sich den Anspruch erhoben, das weltweit beste informationsorientierte Accounting-System zu sein. Mit den IFRS versucht die EU ebenfalls einheitliche Standards zu etablieren und ein Gegengewicht zu US GAAP zu erschaffen. Inzwischen ist dies der Fall, die IFRS sind für Unternehmen in Europa und vielen anderen Teilen der Welt unmittelbar relevant.352 3.4.3 Einflussfaktoren der Internationalisierung Globalisierte Kapitalmärkte und kapitalmarktorientierte Finanzsysteme verlangen internationalisierte Spielregeln. Global einheitliche und anerkannte Accounting Standards tragen wesentlich dazu bei, fundierte Analysen aus dem Jahresabschluss von Un-
348 349 350
351 352
Vgl. Pellens et al. (2008a), S. 37, Behr (2005), S. 58. Vgl. Pellens et al. (2008a), S. 39. Die IFRS enthalten auch die früheren IAS (International Accounting Standards). Der Begriff IAS ist nicht mit der hier verwendeten Begrifflichkeit internationaler Accounting Standards als Sammelbegriff für IFRS (inkl. IAS) und US GAAP zu verwechseln. Vgl. Wiley/Peemöller (2006), S. 2. Vgl. Pellens et al. (2008a), S. V.
3 Entwicklung internationaler Accounting Standards
71
ternehmen für Investoren treffen zu können.353 Die Entwicklung solcher Standards wird von einigen wesentlichen Einflussfaktoren vorangetrieben. Diese sind im Folgenden skizziert: x Besonders das HGB Accounting steht in der Kritik, dass die bilanzpolitische Ausnutzung bestimmter Ansatz-, Bewertungs- und Konsolidierungswahlrechte und deren Auswirkungen auf Ergebnis, Eigenkapital und Vermögens- und Verbindlichkeitswerte die Vergleichbarkeit über den Zeitablauf erschweren. Trotz Erläuterungspflichten im Jahresabschluss hat Busse von Colbe die Vergleichbarkeit der daraus abgeleiteten Kennzahlen für externe Betrachter, als beeinträchtigt angesehen.354 Als Reaktion auf diese Kritik haben deutsche Konzerne seit Mitte der 1990er Jahre damit begonnen duale oder parallele Konzernabschlüsse nach IAS355 oder US GAAP zu veröffentlichen.356 x Dies war notwendig, da die Internationalisierung der Unternehmenstätigkeit und der Absatzmärkte die Gewinnung ausländischer Kapitalgeber notwendig macht. Eine globale Ausrichtung der Geschäftstätigkeit zieht meist einen höheren Finanzbedarf nach sich, der extern erfüllt werden muss (Aussenfinanzierung). Die Inanspruchnahme ausländischer Kapitalmärkte setzt voraus, dass die ausländischen Kapitalgeber über die Rendite-Risiko-Positionen ihres finanziellen Engagements informiert werden.357 So basieren ihre Entscheidungen auf der Finanzberichterstattung. Auch die Börsenzulassung für eine Eigenkapital-Emission hängt z.B. in den USA von der Verwendung von Accounting Standards ab.358 x Ratings sind eine unabhängige, standardisierte Einschätzung der Wahrscheinlichkeit fristgerechter Zins- und Tilgungsleistung eines Emittenten.359 Die Bonitätseinschätzung der Ratingagenturen auf Grundlage der Finanzberichterstattung wirken 353 354 355
356
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359
Vgl. Pellens et al. (2008a), S. V. Vgl. Busse von Colbe (1998), S. 74. Zum damaligen Zeitpunkt wurden die IFRS als IAS (International Accounting Standards) bezeichnet. Deutsche Konzerne haben damals auch nach US GAAP einen Konzernabschluss veröffentlichen dürfen (§ 292a HGB). Dies ermöglichte das Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz (KapAEG) (BGBl. I 1998, 707). Bei dualen Konzernabschlüssen wird das HGB Accounting im Rahmen der Wahlrechte soweit wie möglich an internationale Standards angepasst und erweitert den Anhang über die vom HGB geforderten Angaben hinaus (z.B. Bayer AG ab 1994). Beim parallelen Konzernabschluss wird neben dem HGB noch ein Abschluss nach internationalen Standards veröffentlicht und eine Überleitung (reconciliation) des Ergebnisses angefügt (z.B. Daimler Benz AG für 1996). Vgl. Busse von Colbe (1998), S. 75. Vgl. Pellens et al. (2008a), S. 42. Die NYSE scheint eine der attraktivsten Eigenkapitalbörsen der Welt zu sein, trotz der umfangreichen Publizitätsvorschriften. Kübler/Schmidt gehen explizit davon aus, „dass in den USA mehr Eigenkapital (über Aktienmärkte in den Unternehmen) eingesetzt wird, weil es billiger für die Unternehmungen ist; und es ist billiger, weil die Anleger besser geschützt sind und daher weniger Risikokompensation verlangen“, vgl. Kübler/Schmidt (1988), S. 169, zitiert nach Pellens et al. (2008a), S. 45. Vgl. Pellens et al. (2008a), S. 42.
72
3 Finanzierungsinstrumente und Accounting
sich unmittelbar auf die Fremdkapitalkosten eines Unternehmens aus. Auch die Platzierung von kurzfristigen Schuldverschreibungen, den Commercial Papers, auf dem (Euro-)kapitalmarkt ist ohne ein Rating kaum noch möglich.360 x Das Zusammenwachsen der Finanzmärkte und die damit einhergehende Internationalisierung der Investoren und Investitionsmöglichkeiten verlangt eine Vergleichbarkeit von Unternehmen in verschiedenen Ländern und Jurisdiktionen. Jahresabschlüsse dienen regelmäßig als Entscheidungsgrundlage der Investoren. Um einen Vergleich zu gewährleisten, sollten die gleichen wirtschaftlichen Sachverhalte sich in einer gleichen Bilanzdarstellung vergleichen lassen. Unterschiedliche Accounting Regimes erschweren diesen Vergleich. Aus diesem Grund erwarten internationale Anleger eine Rechnungslegung nach internationalen Accounting Standards. x Die Börsen in Zürich und Frankfurt (und anderen Ländern) verpflichten die, nach Marktkapitalisierung, größten Unternehmen ihre Bilanzen nach internationalen Accounting Standards abzubilden. Die IFRS spielen eine zentrale Rolle bei der Internationalisierung. Ihre Zielsetzung ist die europäische und internationale Harmonisierung von Accounting Standards, um mehr Transparenz in den Abschlüssen von Unternehmen zu schaffen und gleichzeitig einen Vergleich zu ermöglichen. Hierbei ist neben der erstmaligen Anwendung auch der Zeithorizont zu beachten: Stetigkeit und Kontinuität der Standards spielen eine wichtige Rolle, um den Vergleich von Kennzahlen im Zeitablauf zu ermöglichen und richtige Aussagen treffen zu können.361 3.4.4 International Financial Reporting Standards (IFRS) Die IFRS sind Regelungen, die von einem privaten Standardsetter, dem International Accounting Standards Board362 (IASB) in London, entwickelt werden.363 Im Rahmen der EU-Verordnung 16/2002 sind IFRS für Konzernabschlüsse kapitalmarktorientierter Unternehmen in der Europäischen Union (EU) seit 2005 verpflichtend.364 Seit die360 361 362
363
364
Vgl. Pellens et al. (2008a), S. 43. Vgl. Behr (2005), S. 26. Das IASB setzt sich aus Vertretern verschiedener Berufsgruppen des Accounting zusammen (nationale Standardsetter, Wirtschaftsprüfer, Finanzmanager grosser Unternehmen). Ebenso in den USA durch das FASB. Hierzu etwa Niehus/Thyll (2000), S. 9. Vergleich mit Vorund Nachteilen zwischen gesetzlicher und privater Ausgestaltung etwa Behr et al. (2002), S. 22f. Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.07.2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, elektronisch abrufbar unter http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/2002/l_243/l_24320020911de00010004.pdf. Als kapitalmarktorientiert sind nach Art. 4 der Verordnung Gesellschaften anzusehen, deren Wertpapiere an einem geregelten Markt in einem beliebigen Mitgliedstaat der EU zugelassen sind. Vgl. Petersen/Zwirner (2008), S. 486-487. Inzwischen ist die Anwendung der IFRS teilweise in Europa auch für den Einzelabschluss vorgesehen.
3 Entwicklung internationaler Accounting Standards
73
sem Zeitpunkt erlauben ca. 90 Länder die Anwendung der IFRS.365 Nach Artikel 1 ist es Ziel, „einen hohen Grad an Transparenz und Vergleichbarkeit der Abschlüsse und damit eine effiziente Funktionsweise des Kapitalmarkts […] sicherzustellen." Mit Übernahme der IFRS in die Europäische Union geht es um die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen auf den globalen Kapitalmärkten.366 In ihrer Ausgestaltung wurden die IFRS insbesondere im Hinblick auf kapitalmarktorientierte Unternehmen entwickelt, sind jedoch grundsätzlich auch für einzelne Unternehmen mittlerer Größe geeignet.367 Die Primärgrundsätze Verständlichkeit, Relevanz, Verlässlichkeit und Vergleichbarkeit sollen mit ihren Konkretisierungen die Generalnorm des „true and fair view“ bzw. der „fair presentation“ erfüllen.368 Zum IFRS-Accounting-System zählt das Rahmenkonzept369 („Framework“), die Standards (IFRS und die Vorgängernormen IAS) sowie die Interpretationen (IFRIC und die noch gültigen SIC). Diese Entwicklung zeigt, dass der Einfluss nationaler Gesetzgeber durch den internationalen Standardisierungsprozess auf das Accounting ihrer international tätigen Unternehmen gering ist und verschwindet. Auch auf nationaler Ebene sind relevante Standardsetter in privater Trägerschaft ausgestaltet.370 Das IASB ist dabei bestrebt, mit den IFRS eine hohe Akzeptanz zu erreichen und hat in den letzten Jahren einen hohen Bedeutungszuwachs erlebt.371 Zur Erreichung dieses Zieles gibt es, neben dem bereits thematisierten Konvergenzprojekt mit den US GAAP, die Aussicht, durch die amerikanische Börsenaufsicht SEC als Accounting Standard anerkannt zu werden. Kritisch wird in der Literatur angemerkt, dass diese Konvergenz durch Angleichung der IFRS an US GAAP „erkauft“ sei.372
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Wiley (2006), S. VII. Vgl. Großfeld/Luttermann (2005), Rn. 147, S. 39f. Hierzu werden Modifikationen an den Standards in Hinblick auf mittelgrosse Unternehmen (KMU) diskutiert. Siehe etwa Kussmaul/Tcherveniachki (2005). Vgl. Pellens et al. (2008a), S. 114-117, Baetge/Kirsch/Thiele (2005), S. 144-149. Das Rahmenkonzept („Framework“) dient als Leitlinie für die Erstellung neuer Standards (F.1(a)) und für die Behandlung bislang ungeregelter Sachverhalte (F.1(d)). Es enthält Aussagen zur grundsätzlichen Zielsetzung des IFRS und folgt dem angelsächsischen Gebrauch einer umfassenden Definition von Begriffen. Diese sind aufgrund der unterschiedlichen Sprachregelungen und sprachlichen Nuancen äusserst notwendig Als Standardisierungsorganisation wurde das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) geschaffen, das durch das Bundesministerium der Justiz (BMJ) als privates Rechnungslegungsgremium im Sinne von § 342 HGB anerkannt wird. Der Deutsche Standardisierungsrat (DSR) führt die zur Erreichung der Ziele des DRSC e.V. erforderlichen Aufgaben aus. Er besteht aus bis zu neun Mitgliedern, diese müssen Rechnungsleger sein. Elektronisch abrufbar unter http://www.standardsetter.de/drsc/docs/gasc_about.html. Vgl. Leibfried(2007), S. 123. Vgl. Schult/Brösel (2008), S. 58, Baetge/Kirsch/Thiele (2005), S. 60f.
74
3 Finanzierungsinstrumente und Accounting
3.4.5 Situation in Deutschland und der Schweiz Deutschland In Deutschland wurde das HGB kontinuierlich verschiedenen Rahmenbedingungen angepasst und im Rahmen der EU vorangetrieben.373 Die erste Phase der Internationalisierung ging von den Römischen Verträgen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) aus. Diese wurden durch die 4., 7. und 8. EG-Richtlinie konkretisiert und mit dem Bilanzrichtlinien-Gesetz im Jahr 1985 in das deutsche HGB umgesetzt. Der zweite Internationalisierungschub betraf die Praxis von 1993 bis 1998, als deutsche Unternehmen verstärkt nach internationaler Rechnungslegung suchten.374 Startzeitpunkt war die Daimler Benz AG 1993 mit dem Listing an der NYSE und der damit verbundenen Bereitschaft, sich den Accounting Standards US GAAP zu unterwerfen.375 In der dritten Phase von 1998 bis 2004 stand es kapitalmarktorientierten Unternehmen auf Basis von § 292a HGB frei, zwischen HGB und IFRS/IAS oder US GAAP zu wählen. Ein Großteil deutscher DAX Unternehmen stellte die Konzernrechnungslegung um. Aufgrund der EU-Verordnung 1606/2002 müssen bis 31.12.2004 die letzten verbliebenen Unternehmen eine Umstellung auf IFRS vornehmen. In diesen beiden Phasen liegt der Analyseschwerpunkt der vorliegenden Arbeit. Der jüngste Internationalisierungsschub findet gegenwärtig statt. Durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) erfährt das HGB-Accounting die größte Reform seit 20 Jahren. U.a. sollen selbstgeschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens wie Patente und Know-how zukünftig aktiviert werden können und Rückstellungen künftig diskontiert werden sowie Preisund Kostensteigerungen einberechnet werden.376 Sollte der veröffentlichte Entwurf des BilMoG umgesetzt werden, wird sich das HGB-Accounting deutlich in Richtung IFRS verändern und seine zentralen Charakteristika verändern. Schweiz Schweizer Unternehmen konnten aufgrund eines offenen Schweizer Systems schon früher als deutsche Unternehmen Erfahrungen mit IFRS-Accounting sammeln. Ein Grund hierfür ist eine langjährige Unterregulierung.377 Zwar gewährleisten die im Jahr
373
374 375
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Pellens et al. (2008a), S. 51f. gibt einen detaillierten Überblick über die Internationalisierung in Deutschland. Zu den Gründen siehe Kapitel 3.4.3. Daimler Benz verfolgte einen parallelen Jahresabschluss, Bayer und Schering wählte 1994 den Weg des dualen Abschlusses (Ausübung bilanzieller Wahlrechte, so dass Übereinstimmung zwischen zwei Accounting Standards möglich wird). Vgl. Pellens et al. (2008a), S. 46f. Zum Entwurf des BilMoG vom 8.11.2007 vgl. Fülbier/Gassen (2007), S. 2605ff. Vgl. d’Arcy (2007), S. 3.
3 Entwicklung internationaler Accounting Standards
75
1984 gegründeten Swiss GAAP FER378 i.S.d. true and fair view ein getreues Bild der wirtschaftlichen Lage.379 Jedoch war die davor einzige gültige Quelle für Accounting Standards das Schweizer Obligationenrecht (OR). Dies war unzureichend, da z.B. bis zu der Überarbeitung des OR im Jahr 1992 detaillierte Publizitätspflichten oder eine Pflicht zum Konzernabschluss im Schweizer Accounting Regime nicht vorhanden waren. Vor diesem Hintergrund haben sich viele Schweizer Unternehmen entschieden, freiwillig die IAS/IFRS anzuwenden, um „die Kredibilität ihrer Abschlussinformationen zu erhöhen“380. Im Ergebnis haben deshalb aus der Unzulänglichkeit der OR und der freiwilligen Bilanzierung nach internationalen Accounting Standards die großen börsennotierten Unternehmen wie Nestlé „sehr viel mehr Erfahrung mit der Anwendung dieser Standards“.381 Seit 2005 verlangt die Swiss Exchange (SWX) nach dem Vorbild der EU für börsennotierte Unternehmen die obligatorische Publizität nach internationalen Accounting Standards. Im Jahr 2006 bilanzierten 71% der gelisteten Unternehmen nach IFRS.382 Daneben ist ebenfalls ein Accounting nach US-GAAP möglich.383 In der weiteren Untersuchung wird der Schwerpunkt auf Unterschiede zwischen HGB und IFRS gelegt. Zwei Gründe sprechen hierfür: Erstens ist das HGB-Accounting ein typischer Vertreter des kontinentaleuropäischen Accounting Regimes. Die Veränderungen zwischen HGB und IFRS dürften daher sehr ausgeprägt sein.384 Zweitens haben sich – im Gegensatz zur Schweiz – in Deutschland erst in den Jahren zwischen
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Die Fachempfehlungen zur Rechnungslegung (FER) umfasst 30 Kommissionsmitglieder mit Fachleuten aus der Industrie, Finanzdienstleistung, Wirtschaftsprüfung und Unternehmen. Die FER sind in der Schweiz gültige Standards für die Rechnungslegung in Unternehmen, die an der SWX als Nebenwerte (Local Caps u.a.) kotiert sind. Für eine Kotierung im SMI ist Accounting nach IAS/IFRS oder nach US-GAAP vorgeschrieben. Die Fachkommission erwartet, dass die Swiss GAAP FER über das Stadium von „soft law“ hin zu allgemein anerkannten kaufmännischen Grundsätzen i.S.v. Grundsätzen anerkannter Accounting Prinzipien führen. Elektronisch abrufbar unter http://www.fer.ch/de/inhalt/allgemeines/verfahren-und-geltungsbereich/geltungsbereich-undrechtsnatur-der-swiss-gaap-fer.html. Vgl. Behr (2005), S. 58. Vgl. d’Arcy (2007), S. 3, ausführlich zur freiwilligen Anwendung von IAS/IFRS in der Schweiz: Dumontier/Raffournier (1998). Wood (2005), S. 30. Vgl. d’Arcy (2007), S. 3. Gesellschaften, deren Beteiligungsrechte am Hauptsegment der SWX Swiss Exchange kotiert sind, müssen ihren Jahresabschluss nach IFRS oder nach US-GAAP erstellen. Vgl. Kotierungsreglement (KR) der SWX Swiss Exchange (Art. 64 - 71b KR). Die per 1. November 2006 überarbeitete Richtlinie betr. Anforderungen an die Finanzberichterstattung (RLFB) regelt die von der Zulassungsstelle anerkannten Rechnungs- und Prüfungsstandards. Demnach sind im Hauptsegment die Swiss GAAP FER für Gesellschaften mit primärkotierten Beteiligungsrechten grundsätzlich nicht mehr zulässig. Zum Jahresende 2005 bilanzieren 185 Unternehmen an der SWX nach IFRS. Dies gilt zum 31.12.2007. Bei Inkrafttreten des BilMoG wird dieser Unterschied entsprechend geringer.
76
3 Finanzierungsinstrumente und Accounting
1995 und 2006 Umstellungen auf IFRS ergeben. Somit können die Effekte in der eigenen empirischen Untersuchung („Accounting-Change“) besser isoliert werden. 3.5 Accounting passiver Finanzierungsinstrumente 3.5.1 Accounting als Spiegelbild der Finanzierung Die Bilanz dient zur Abbildung von Finanzierungsvorgängen (Kapitel 3.3), die Konzernrechnungslegung wird deshalb auch als Spiegelbild der Konzernfinanzierung bezeichnet.385 Auf der Passivseite der Bilanz sind die Finanzierungsinstrumente in den Gliederungsgruppen Eigen- und Fremdkapital zu bilanzieren. Die Fremdkapitalstruktur von Unternehmen ist wiederum durch verschiedene Positionen, die eingesetzten Fremdkapital-Finanzierungsinstrumente, zusammengefasst.386 Ziel eines Accounting Standards ist u.a. die „am Bilanzstichtag bestehenden wirtschaftlichen Belastungen und die damit verbundenen Auszahlungen abzubilden.“387 IFRS
Eigenkapital
Fremdkapital
HGB
x Eigenkapital (Equity) x Gezeichnetes Kapital (Issued Capital) x Rücklagen (Reserves)
x Eigenkapital x Gezeichnetes Kapital x Kapitalrücklagen
Rückstellungen (Provisions) Eventualschulden (Contingent liabilities) Eventualforderungen (Contingent assets)
Rückstellungen
Langfristige Verbindlichkeiten > 1 Jahr (Non current liabilities)
Verbindlichkeiten
Kurzfristige Verbindlichkeiten 1 Jahr, (c) Anleihen, Schuldscheindarlehen, (d) Hybride, (e) Leasingverbindlichkeiten, (f) ABS Pensionsverpflichtungen, latente Steuerschulden, Rückstellungen, Sonstige VerbindlichkeitenD
(5)
Langfristige Finanzverbindlichkeiten
Long Term Debt
(6)
Sonstige langfristige Verbindlichkeiten
Residualgröße: (7)-(5)=(6)
(7)=5+6
6 Langfristige Verbindlichkeiten
(8)=2+5
6 Finanzverbindlichkeiten
Total Debt
= Finanzverbindlichkeiten
(9)=4+7
6 Verbindlichkeiten
Total Liabilities
= Fremdkapital
(10)
Grundkapital
Common Stock
(11)
Sonstige Rücklagen
Verbindlichkeiten mit Laufzeit > 1 Jahr
(12)
Gewinnrücklagen
Retained Earnings
(13)
Minderheitsanteile
Minority Interest
(14)
Eigenkapital (+ Minderheiten)
TotalCommonEquity (+ Minority Interest)
= Eigenkapital
(15)=9+14
Bilanzsumme
TotalLiabAndShareholdersEquity
= Gesamtkapital
D
Beinhaltet Verbindlichkeiten aus derivativen Finanzinstrumenten.
Tabelle 5-2: Analyse-Bilanz.
122
5 Empirische Untersuchung
Es werden verschiedene Positionen auf der Passiv-Seite summiert, um den Fokus auf die relevanten Positionen der Unternehmensfinanzierung zu legen. Dabei kann die Innenfinanzierung durch die relative Veränderung der Gewinnrücklagen entnommen werden [Position (12)]. Bei der Aussenfinanzierung sind die Lieferantenverbindlichkeiten [Position (1)] sowie die Finanzverbindlichkeiten [Position (8)] von Interesse. Letztere werden im Verlauf der Untersuchung noch weiter differenziert. Die weitergehende Analyse der Kapitalstruktur erfordert Verhältniskennzahlen. Die Positionen (9), (14), (15) berechnen die Kapitalstruktur-Kennzahlen, welche auf die Fristigkeit des Kapitals abstellen sind der Anteil der kurz- und langfristigen Verbindlichkeiten am Gesamtkapitel [Position (4)/(9), (7)/(9)]. Diese Kennzahlen werden auch zur Beurteilung des Risikos eines Kapitalentzugs herangezogen: je höher der Anteil des langfristigen Kapitals, umso geringer ist das Risiko, während es mit zunehmendem kurzfristigen Kapital steigt.576 Daneben werden Kennzahlen zu den Finanzierungsinstrumenten gebildet [Positionen (a) bis (f)/(8)], so dass z.B. der Anteil der Bankverbindlichkeiten an den gesamten finanziellen Verbindlichkeiten [Position (a)/(8)] Hinweise über den Einsatz des Finanzierungsinstruments Bankkredit gibt. Anhand dieses analytischen Modells und der Kennzahlen sollen im Folgenden Analysen zur Kapitalstruktur durchgeführt werden.577 5.2.2 Definition Verschuldungsgrad Ausgangsobjekt der Untersuchung ist der Verschuldungsgrad (Leverage). Im Grunde handelt es sich dabei um eine Verhältnisgröße der Schulden zum Gesamtvermögen, wobei die konkrete Zusammensetzung der Schulden von der jeweiligen Definition abhängt. Für die Arbeit ist die Kennzahl Verschuldung und Eigenkapitalquote ein wichtiger Parameter, da die Ergebnisse auch von der Definition des Verschuldungsgrades abhängen. Diese Kennzahlen sind auch für Rating-Agenturen und Bilanzanalytiker relevante Bemessungsgrundlagen. In der Literatur finden sich unterschiedliche Vorschläge zur Konstruktion geeigneter Kennzahlen. Die Studie von Rajan/Zingales (siehe Kapitel 4.2.1) wird dabei in der Literatur als sehr scharfe Definition von vier Verschuldungsmassen referenziert.578 Im Grunde unterscheiden sich die Definitionen immer hinsichtlich der Einbeziehung von Lieferantenverbindlichkeiten, liquiden Mitteln oder Einbezug bzw. Ausschluss kurzfristiger Verbindlichkeiten.579 Tabelle 5-1 zeigt ein mögliches Spektrum der Definitio-
576 577
578 579
Vgl. Perridon/Steiner (2007), S. 543. Bei den folgenden Darstellungen der Analysen können sich aufgrund von Rundungsfehlern Abweichungen ergeben (+/- 1 %). Zu den Definitionen: Rajan/Zingales (1995), S. 1427. Vgl. Ramb (1998), Kapitel 4, Harris/Raviv (1991).
5 Ergebnisse der Kapitalstrukturanalyse
123
nen von Verschuldung und den entsprechenden Divisor. Dabei können die jeweiligen Positionen als Buch- oder Marktwerte (fair value) angegeben werden. Dividend
Divisor
Anmerkung
Fremdkapital
Gesamtkapital
Breiteste Definition. Das Fremdkapital beinhaltet auch Lieferantenverbindlichkeiten (Accounts Payable) und Pensionsverpflichtungen. Sie erfüllen keine Finanzierungsfunktion i.S.e. originären Finanzierungsinstruments
Finanzverbindlichkeiten
Gesamtkapital
Ausschließliche Berücksichtigung von Finanzierungsinstrumenten mit Fremdkapitalcharakter
Verbindlichkeiten
Nettovermögen
Nettovermögen als Differenz aus Gesamtvermögen und Lieferantenverbindlichkeiten sowie sonstige Verbindlichkeiten
Nettofinanzschulden
Eigenkapital
In der Bilanzanalyse gebräuchliche Definition, die als Gearing bezeichnet wird
Tabelle 5-3: Definition Verschuldungsgrad.580 Im Folgenden wird der Verschuldungsgrad als Verhältnis des Fremdkapitals zum Gesamtkapital verwendet [Position (9)/(15)]. Der Verschuldungsgrad liefert Informationen über die vertikale Strukturierung des Kapitals und über den Anteil der Fremdfinanzierung.581 Eine weitere Definition zum Verschuldungsgrad wird dann in Kapitel 5.6 aufgriffen. 5.3 Ergebnisse der Kapitalstrukturanalyse Tabelle 5-4 stellt die Mittelwerte der Kapitalstruktur zu Buchwerten für die Jahre 1995 bis 2006 bei DAX-Unternehmen auf aggregierter Basis dar. Dabei wurden die Anteile von Eigen- und Fremdkapital zunächst für jedes Unternehmen berechnet und daraufhin über alle Unternehmen pro Jahr gemittelt (vgl. Anhang B.1). Dies entspricht auch dem in der Literatur üblichen Vorgehen.582 Vergleicht man in Tabelle 5-4 das arithmetische Mittel der Eigenkapitalquote des Jahres 1995 (jeweils 28% im unbalancierten und balancierten Datensatz) mit der Eigenkapitalquote von 2006 (34% im unbalancierten, 33% im balancierten Datensatz) wird ersichtlich, dass eine Steigerung der Eigenkapitalquote über den Untersuchungszeitraum stattgefunden hat.583
580 581 582
583
Angelehnt an Jostarndt/Wagner (2006), S. 8, Rajan/Zingales (1995), S. 1421-1460. Vgl. Ramb (1998), Kapitel 4. „Die Verwendung ungewichteter Verschuldungsgrade ermöglicht die Einbeziehung individueller unternehmerischer Entscheidungen, die bei gewichteten Verschuldungsgraden nicht erreicht werden können.“, Jostarndt/Wagner (2006), S. 8f. Eine Eigenkapitalquote von 28% hat Drukarczyk (2003), S. 289 bereits für 1991 festgestellt. In den Vorjahren scheint somit kein Wachstum der Eigenkapitalquote stattgefunden zu haben.
124
5 Empirische Untersuchung DAX Unbalanced 2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
1998
1997
1996
1995
FK
66%
66%
67%
69%
69%
68%
70%
70%
70%
69%
71%
72%
Min
9%
35%
37%
40%
39%
26%
33%
40%
40%
39%
34%
31%
Max
85%
89%
89%
93%
93%
91%
89%
90%
90%
90%
90%
90%
Median
71%
66%
70%
72%
74%
74%
74%
74%
75%
72%
74%
77%
V
18%
15%
15%
14%
14%
16%
15%
15%
14%
14%
14%
15%
EK-BW
34%
34%
33%
31%
31%
32%
30%
30%
30%
31%
29%
28%
Min
15%
11%
11%
7%
7%
9%
11%
10%
10%
10%
10%
10%
Max
91%
65%
63%
60%
61%
74%
67%
60%
60%
61%
66%
69%
Median
29%
34%
30%
28%
26%
26%
26%
26%
25%
28%
26%
23%
V
18%
15%
15%
14%
14%
16%
15%
15%
14%
14%
14%
15%
Anzahl
22
22
22
22
22
22
22
22
22
22
21
20
DAX Balanced 2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
1998
1997
1996
1995
FK
67%
68%
69%
70%
71%
71%
73%
71%
72%
71%
71%
72%
Min
9%
35%
37%
40%
43%
43%
44%
45%
40%
39%
34%
31%
Max
85%
89%
89%
93%
93%
91%
89%
90%
90%
90%
90%
90%
Median
73%
67%
71%
73%
75%
75%
75%
75%
78%
72%
75%
77%
V
18%
14%
14%
13%
13%
13%
12%
14%
14%
14%
14%
15%
EK-BW
33%
32%
31%
30%
29%
29%
27%
29%
28%
29%
29%
28%
Min
15%
11%
11%
7%
7%
9%
11%
10%
10%
10%
10%
10%
Max
91%
65%
63%
60%
57%
57%
56%
55%
60%
61%
66%
69%
Median
27%
33%
29%
27%
25%
25%
25%
25%
22%
28%
25%
23%
V
18%
14%
14%
13%
13%
13%
12%
14%
14%
14%
14%
15%
Anzahl
20
20
20
20
20
20
20
20
20
20
20
20
FK = Verschuldung: Fremdkapital zu Buchwerten/Gesamtkapital in %. EK-BW = Eigenkapital zu Buchwerten ohne Minderheitsanteile/Gesamtkapital in %.
Tabelle 5-4: Kapitalstruktur (DAX). Ebenso gilt dies für den Median, der im Jahr 2006 im balancierten Datensatz etwas geringer ist (27%). Abbildung 5-1 verdeutlicht diesen Sachverhalt für den balancierten Datensatz grafisch. Eine Steigerung ist ebenfalls bei den Unternehmen aus dem SMI zu verzeichnen. Trotz der geringeren Anzahl von Unternehmen im balancierten Panel gibt es hinsichtlich der Interpretation keine wesentlichen Unterschiede. Wie Tabelle 5-5 und Abbildung 5-2 zeigen, haben die SMI Unternehmen im Vergleich zum DAX bereits 1995 eine wesentlich höhere Eigenkapitalquote (43% in der Schweiz, 28% in Deutschland).
5 Ergebnisse der Kapitalstrukturanalyse
125 SMI Unbalanced
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
1998
1997
1996
1995
FK
49%
50%
51%
52%
54%
53%
51%
55%
60%
61%
54%
57%
Min
19%
19%
23%
21%
17%
20%
18%
25%
28%
25%
25%
28%
Max
76%
84%
88%
90%
97%
94%
83%
81%
82%
92%
81%
84%
Median
49%
50%
52%
53%
56%
57%
52%
59%
65%
65%
55%
57%
V
18%
17%
18%
21%
23%
22%
20%
16%
18%
20%
17%
17%
EK-BW
51%
50%
49%
48%
46%
47%
49%
45%
40%
39%
46%
43%
Min
24%
16%
12%
10%
3%
6%
17%
19%
18%
8%
19%
16%
Max
81%
81%
77%
79%
83%
80%
82%
75%
72%
75%
75%
72%
Median
51%
50%
48%
47%
44%
43%
48%
41%
35%
35%
45%
43%
V
18%
17%
18%
21%
23%
22%
20%
16%
18%
20%
17%
17%
Anzahl
17
17
17
17
17
17
17
16
16
15
13
12
SMI Balanced 2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
1998
1997
1996
1995
FK
49%
51%
52%
55%
57%
57%
55%
59%
62%
59%
55%
57%
Min
19%
19%
23%
23%
24%
23%
24%
39%
36%
25%
25%
28%
Max
76%
84%
88%
90%
97%
94%
83%
81%
82%
82%
81%
84%
Median
47%
51%
53%
59%
61%
62%
56%
61%
65%
64%
56%
57%
V
19%
20%
21%
23%
25%
23%
20%
14%
15%
17%
17%
17%
EK-BW
51%
49%
48%
45%
43%
43%
45%
41%
38%
41%
45%
43%
Min
24%
16%
12%
10%
3%
6%
17%
19%
18%
18%
19%
16%
Max
81%
81%
77%
77%
76%
77%
76%
61%
64%
75%
75%
72%
Median
53%
49%
47%
41%
39%
38%
44%
39%
35%
36%
44%
43%
V
19%
20%
21%
23%
25%
23%
20%
14%
15%
17%
17%
17%
Anzahl
12
12
12
12
12
12
12
12
12
12
12
12
FK = Verschuldung: Fremdkapital zu Buchwerten/Gesamtkapital in %. EK-BW = Eigenkapital zu Buchwerten ohne Minderheitsanteile/ Gesamtkapital in %.
Tabelle 5-5: Kapitalstruktur (SMI). Auch die absolute Steigerung des arithmetischen Mittels und des Medians um 8%Punkte auf 51% (unbalancierter Datensatz) deutet auf eine stärker ausgeprägte Eigenkapitalbasis als in Deutschland hin. Dies erkennt man auch bei den durchweg höheren Eigenkapitalquoten im Minimum. Die Standardabweichung liegt in beiden Ländern auf einem identischen Niveau (18%), wobei sie in der Schweiz über den Zeitablauf konstant blieb und in Deutschland angestiegen ist.
126
5 Empirische Untersuchung 100%
in % des Gesamtkapitals
90%
80%
70%
60%
50%
40% 1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
Jahr
Verschuldung
EK-BW
Abbildung 5-1: Mittlere Eigenkapitalquote zu Buchwerten (DAX, balanced).
100%
in % des Gesamtkapitals
90%
80%
70%
60%
50%
40% 1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
Jahr
Verschuldung
EK-BW
Abbildung 5-2: Mittlere Eigenkapitalquote zu Buchwerten (SMI, balanced).
5 Ergebnisse der Kapitalstrukturanalyse
127
Die Analyse der Eigenkapitalquote und entsprechend der Verschuldung wird zusätzlich auch mit den Marktwerten berechnet.584 Tabelle 5-6 zeigt anhand des Verschuldungsgrades den Unterschied zwischen Markt- und Buchwerten. Die Verschuldung zu Buchwerten zeigt eine Abnahme zwischen 1995 und 2006 (6% im unbalancierten, 5% im balancierten Datensatz), die jedoch geringer ausgeprägt ist als bei Messung zu Marktwerten (9% im unbalancierten und 8% im balancierten Datensatz). Die Verschuldung liegt in 2006 bei 46% (unbalanciert) bzw. 48% (balanciert). Dieses Ergebnis ist konsistent mit anderen Studien.585 Insgesamt können SMI Unternehmen bei Marktsicht einen deutlich höheren Rückgang der Verschuldung verzeichnen (16% jeweils im balancierten/unbalancierten Datensatz). Gaud et al. stellen in ihrer Studie zwischen 1991 und 2000 ebenfalls fest, dass der Verschuldungsgrad stärker sinkt, wenn Markt- statt Buchwerte für Schweizer Unternehmen verwendet werden.586 Verschuldung - DAX FK
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
1998
1997
1996
1995
' 95/06
Unbalanced BW
66%
66%
67%
69%
69%
68%
70%
70%
70%
69%
71%
72%
-6%
MW
46%
50%
52%
55%
56%
62%
55%
50%
50%
51%
53%
55%
-9%
Balanced BW
67%
68%
69%
70%
71%
71%
73%
71%
72%
71%
71%
72%
-5%
MW
48%
51%
53%
56%
58%
64%
57%
53%
49%
49%
52%
56%
-8%
1999
1998
1997
1996
1995
' 95/06
55% 34%
60% 35%
61% 36%
54% 36%
57% 40%
-8% -16%
59% 32%
62% 38%
59% 39%
55% 37%
57% 40%
-8% -16%
VBW-Unbalanced=2%, VMW-Unbalanced=4%, VBW-Balanced=1%, VMW-Balanced=5% Verschuldung – SMI FK
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
Unbalanced BW MW
49% 24%
50% 27%
51% 29%
52% 31%
54% 34%
53% 33%
49% 24%
51% 27%
52% 29%
55% 33%
57% 35%
57% 33%
51% 30%
Balanced BW MW
55% 30%
VBW-Unbalanced=4%, VMW-Unbalanced=4%, VBW-Balanced=4%, VMW-Balanced=5% FK = Verschuldung: Anteil Fremdkapital am Gesamtkapital in %. BW: Buchwert, MW: Marktwert. Der Marktwert des Gesamtkapitals berechnet sich als Summe aus dem Marktwert des Eigenkapitals und dem Buchwert des Fremdkapitals in %. Eigenkapital zu Marktwerten: Marktkapitalisierung am Ende des Jahres inkl. Minderheitsanteile.
Tabelle 5-6: Markt- und Buchwerte der Verschuldung (DAX, SMI).
584
585
586
Grundsätzlich ist es schwierig Marktwerte des Fremdkapitals zu messen. Es wird deshalb als Proxy der Wert der Marktkapitalisierung für das Eigenkapital und der Buchwert des Fremdkapitals verwendet. Jostarndt/Wagner stellen für 2004 bei gleichem Verschuldungsmass, jedoch anderer Datenbasis, eine Quote von 49% fest, vgl. Jostarndt/Wagner (2006), S. 17. Vgl. Gaud et al. (2005), S. 59.
128
5 Empirische Untersuchung
Somit ergibt sich ein sehr hoher Unterschied im Jahr 2006: Während DAX Unternehmen eine mittlere Verschuldung von 46%-48% aufweisen, weisen schweizerische SMI Unternehmen mit 24% wesentlich geringere Verschuldungsgrade auf (jeweils der balancierte Datensatz). Zu erkennen ist ein punktueller Anstieg der Verschuldung in den Jahren 2001/2002 zu Marktwerten. Dies ist auf die Lage an den Eigenkapitalmärkten nach dem Rückgang der allgemeinen hohen Marktkapitalisierung der „New Economy“ zurückzuführen. Der Rückgang des Marktwerts des Eigenkapitals erhöhte entsprechend den Anteil des Fremdkapitals am Gesamtkapital. Die Verschuldung zu Marktwerten unterliegt somit höheren Schwankungen. Eine Verteilung der Eigenkapitalquoten zeigt Tabelle 5-7. Die Mittelwerte für das Jahr 2006 betragen für den unbalancierten DAX-Datensatz zu Buchwerten 35%, zu Marktwerten 54%. Dementsprechend weisen die meisten DAX-Unternehmen eine Eigenkapitalquote zu Buchwerten zwischen 20% und 30% auf, zu Marktwerten zwischen 40% und 50%. Dabei scheinen tendenziell die Automobilhersteller am unteren Ende des Spektrums zu liegen. Zwei Besonderheiten am oberen Ende des Spektrums sind erklärungsbedürftig: SAP scheint insgesamt eine sehr geringe Verschuldung zu haben. Aus dem Geschäftsbericht geht hervor, dass SAP eine sehr hohe Innenfinanzierungsquote von 72% aufweist.587 Die außergewöhnlich hohe Eigenkapitalquote von Altana im Jahr 2006 (91%) hängt mit der Abspaltung bestimmter Unternehmenssegmente zusammen.588 Während SAP (Software/Technologie) demnach strukturell über eine geringe Verschuldung verfügt, ist dies bei Altana (Pharma) ein einmaliger Grund. Da sich bisher keine hohen Unterschiede zwischen balancierten und unbalancierten Datensatz ergeben haben, wird im Folgenden nur der unbalancierte Datensatz dargestellt, sofern sich Unterschiede ergeben wird hierauf hingewiesen.
587
588
Vgl. SAP (2006), S. 195 (Fünfjahresbericht): Innenfinanzierungsquote 72% (Abschreibungen in % der Investitionen). Altana Eigenkapitalquote 91%: Die Veränderungen sind im Wesentlichen auf den Vollzug der Veräusserung des Unternehmensbereichs Pharma zurückzuführen: „Das Eigenkapital zum 31.12.2006 ist, im Wesentlichen aufgrund des aus der ALTANA Pharma-Transaktion erzielten Gewinns, sprunghaft auf 5.759 Mio. € angestiegen (2005: 2.013 Mio.€). Dadurch ergibt sich vorübergehend eine Eigenkapitalquote von 90,8 % (2005: 55,4 %).“, Altana (2006), S. 95.
5 Ergebnisse der Kapitalstrukturanalyse
129
DAX - Unbalanciert EK
0 – 20%
>20% – 30%
>30% - 40%
>40% - 50%
RWE DaimlerChrysler Metro TUI VW
Bayer BMW Lufthansa ThyssenKrupp MAN Linde Siemens 7 32%
Adidas Dt.Telekom Fresenius EON BASF
Continental Henkel Infineon
5 23%
3 14%
TUI BMW
Lufthansa VW
2 9%
2 9%
>50%-60% >60% - 70% >70%
Zu Buchwerten
Anzahl 5 in % 23%
SAP
Altana
0 0%
1 5%
1 5%
EON Bayer Siemens
MAN BASF Fresenius Adidas Infineon Henkel
Altana SAP
3 14%
6 27%
2 9%
Zu Marktwerten
Anzahl 0 in % 0%
Continental DaimlerChrysler Metro RWE ThyssenKrupp Dt.Telekom Linde 7 32%
EK: Eigenkapital zu Buchwerten ohne Minderheitsanteile/ Gesamtkapital in %. Alle Unternehmen N = 22.
Tabelle 5-7: Verteilung der Eigenkapitalquote (DAX). Während bei DAX-Unternehmen eine näherungsweise Normalverteilung anzunehmen ist, zeigt sich bei Betrachtung der Marktwerte der SMI-Unternehmen eine linksschiefe Verteilung. Die Mehrheit der Unternehmen (59 %) hat eine Eigenkapitalquote von über 70%. Vergleicht man dies mit empirischen Untersuchungen aus den USA, die regelmäßig Eigenkapitalquoten zu Marktwerten zwischen 60% - 70% finden, stellt man fest, dass SMI Unternehmen eher amerikanischen als deutschen Unternehmen von der Kapitalstruktur her ähneln. Die Verteilung insbesondere in Deutschland deutet auf branchenspezifische Unterschiede in den Kapitalstrukturen hin. Von Interesse ist, welche DAX-Unternehmen ihre Eigenkapitalquote zwischen 1995 und 2006 um 6%-Punkte steigern konnten. In vergangenen internationalen empirischen Studien wurde bereits gezeigt, dass der durchschnittliche Verschuldungsgrad branchenabhängig ist.589
589
Für Ergebnisse nach amerikanischer Klassifikation vgl. Jostarndt/Wagner (2006), S. 9.
130
5 Empirische Untersuchung SMI - Unbalanciert
EK
0 – 20%
>20% – 30%
>30% - 40%
ABB Swisscom
Adecco Clariant Holcim CIBA 4 24%
>40% - 50%
>50%-60%
>60% - 70%
>70%
Zu Buchwerten
Anzahl 0 % 0%
2 12%
Lonza Syngenta
Nestlé Roche SGS N
Givaudan Novartis
2 12%
3 18%
2 12%
Clariant CIBA
Holcim
Adecco ABB Swisscom Lonza
2 12%
1 6%
4 24%
Swatch Nobel Synthes Richemont 4 24%
Zu Marktwerten
Anzahl 0 % 0%
0 0%
0 0%
Syngenta Nestlé Givaudan Novartis Roche Swatch SGS N Synthes Richemont Nobel 10 59%
EK: Eigenkapital zu Buchwerten ohne Minderheitsanteile/ Gesamtkapital in %. Alle Unternehmen N = 17.
Tabelle 5-8: Verteilung der Eigenkapitalquote (SMI). In Tabelle 5-9 ist auf aggregierter Ebene zu erkennen, dass in Deutschland die meisten Branchen ihre Eigenkapitalquote verbessern konnten. Wie bereits dargestellt, sind es insbesondere Unternehmen der Pharma-Branche, die ihre Eigenkapitalquoten zu Buchwerten deutlich verbessern konnten. Allerdings ist hier der Einfluss von Altana sehr hoch. Wird dieser nicht berücksichtigt, sind Software/Telekommunikation/Technologie sowie Versorger diejenigen mit der höchsten Steigerung.590 Nur Unternehmen aus der (mit Pharma verwandten) Chemie-Branche sowie der Einzelhandel weisen eine negative Entwicklung der Eigenkapitalquote auf. Auch in der Schweiz ist die Chemie-Branche von einem Rückgang der Eigenkapitalquote gekennzeichnet. Der hohe Anstieg der Eigenkapitalquote bei den Konsumgütern ist auf Richemont zurückzuführen. Möglicherweise ist das Segment der Luxuskonsumgüter eher in der Lage die Eigenkapitalquote zu erhöhen als Gebrauchsgüter des Konsums. 590
Berechnung wird mit einer fiktiven EK-Quote durchgeführt. Für die Berechnung der fiktiven EKQuote wird davon ausgegangen, dass der Veräusserungsgewinn an die Aktionäre ausgeschüttet wird – wie im Geschäftsbericht Altana (2006), S. 95 geplant ist – und mit einer durchschnittliche EK-Quote der drei letzten Jahre abgeglichen. Es ergibt sich der Wert von 60%. Für das Jahr 2007 liegen Daten vor, hierbei wird im Geschäftsbericht Altana (2007), S. 141 eine EK-Quote i.H.v. 66% angegeben. Der Durchschnittswert ergibt eine EK-Quote von 63% und verändert das arithmetische Mittel der aggregierten EK-Gesamtquote um einen Prozentpunkt auf 33%.
5 Ergebnisse der Kapitalstrukturanalyse
131
EK 2006 DAX
' EK06/EK95
EK 1995
SMI
DAX
SMI
DAX
54%
-11%
SMI
BrancheD Automobil
26%
Chemie
31%
18%
Einzelhandel
19%
Industriegüter
27%
48%
18%
31%
8%
Konsumgüter
39%
69%
32%
47%
7%
22%
Pharma
64%
59%
47%
50%
17%)
10%
Technol. & Dienstleist.E
51%
31%
42%
23%
9%
7%
Transport & Logistik
22%
21%
Versorger
27%
18%
Durchschnitt
34%
49%
42%
8%
24%
51%
28%
-5%
-6% 17%
1% 9% 43%
7%
8%
D
Klassifikation der Branche nach Brancheneinteilung DAX/Deutsche Börse. Die Unternehmen des SMI wurden anhand der SWX-Kennung in die DAX-Klassifikation eingeteilt. E Technol. & Dienstleist.: Software, Telekommunikation, Technologie, Dienstleistungen. ) Sondereffekte durch Altana.
Tabelle 5-9: Branchenspezifische Analyse Eigenkapitalquote (DAX, SMI).
EK95
EK06
EK95-06
DAX Anzahl der Unternehmen mit überdurchschnittlicher Eigenkapitalquote
7
13
10
Anzahl aller Unternehmen
20
20
20
in %
35%
65%
50%
SMI Anzahl der Unternehmen mit überdurchschnittlicher Eigenkapitalquote
6
10
5
Anzahl aller Unternehmen
12
12
12
in %
50%
83%
42%
EK95: Anzahl der Unternehmen, deren Eigenkapitalquote 1995 über dem Mittelwert der Eigenkapitalquote liegt. EK06: Anzahl der Unternehmen, deren Eigenkapitalquote 2006 über ihrer Eigenkapitalquote 1995 liegt. EK95-06: Anzahl der Unternehmen, deren Eigenkapitalquote 2006 über ihrer Eigenkapitalquote 1995 liegt und die 1995 eine Eigenkapitalquote unter dem Mittelwert aller Eigenkapitalquoten hatten. Eigenkapitalquote: Verhältnis Eigenkapital mit Minderheiten in Buchwerten zu Gesamtkapital.
Tabelle 5-10: Steigerung der Eigenkapitalquote (DAX, SMI).
132
5 Empirische Untersuchung
Zur Untersuchung, ob nur Unternehmen ihre Eigenkapitalquote verbessern konnten, deren Eigenkapital-Quote zu Beginn des Untersuchungszeitraums über der durchschnittlichen Eigenkapitalquote lag, werden die Unternehmen in zwei Cluster eingeteilt. Im ersten Cluster sind Unternehmen, die über der mittleren Eigenkapitalquote im Jahr 1995 lagen, im zweiten Cluster diejenigen, die darunter lagen oder gleich waren. Tabelle 5-10 zeigt auf aggregierter Ebene die Anzahl der Unternehmen des Clusters, deren Eigenkapitalquote 1995 über dem Durchschnitt lagen (DAX: 7, SMI: 6). Zum Ende des Untersuchungszeitraums 2006 verbesserten 13 der Unternehmen aus dem DAX und 10 Unternehmen aus dem SMI ihre Eigenkapitalquote. Die Spalte EK95-06 macht deutlich, dass es sich sowohl beim DAX als auch beim SMI dabei nicht nur um die Unternehmen handelt, die zum Ausgangszeitpunkt eine überdurchschnittliche Eigenkapitalquote haben, sondern auch um solche, deren Eigenkapitalquote 1995 unter dem Durchschnitt lag. 5.4 Ergebnisse der Finanzierungsanalyse 5.4.1 Detaillierte Kapitalstruktur Während im vorangegangen Abschnitt die Zusammensetzung der Kapitalstruktur (Eigenkapital/Fremdkapital) untersucht wurde, steht nun eine detaillierte Kapitalstrukturanalyse im Fokus. Die Ergebnisse sind in Tabelle 5-11 dargestellt und die Fremdkapitalstruktur in Abbildung 5-3 und Abbildung 5-4 visualisiert. Auf der Eigenkapitalseite ist zu erkennen, dass in beiden Datensätzen die Gewinnrücklagen gestiegen sind. Die Ausprägung ist im SMI Datensatz stärker, und wirkt sich trotz Rückgang der sonstigen Rücklagen stark positiv aus (' DAX: +6%, ' SMI: +26%). Dies lässt auf einen hohen Innenfinanzierungsgrad in der Schweiz schließen. Auf der Fremdkapitalseite fällt auf, dass in Deutschland der Anteil der Finanzverbindlichkeiten (gesamt) gestiegen ist (' +8%), während sie in der Schweiz gesunken sind (' -5%) Dies ist möglicherweise auch bedingt durch die Umgliederung der Bilanzposition Rückstellungen, die im HGB Accounting vorhanden waren und in IFRS in dieser Form nicht vorhanden sind. Dies ist eine Erklärung für den sehr starken Rückgang (' 18%) der sonstigen langfristigen Verbindlichkeiten (zu denen die Rückstellungen zählen).
5 Ergebnisse der Finanzierungsanalyse
133
DAX - Unbalanciert ' 95/06
2006
8%
2%
7%
7%
0%
8%
-1%
5%
12%
-7%
16%
14%
2%
14%
16%
-1%
32%
29%
3%
26%
34%
-8%
9%
9%
13%
11%
2%
32%
-18%
8%
9%
-1%
-9%
21%
20%
1%
17%
8%
18%
23%
-5%
70%
-6%
47%
54%
-6%
Bilanzposition
2006
1995
Lieferantenverbindlichkeiten*
10% 7%
Sonstige kurzfristige Verbindlichkeiten* Kurzfristige Verbindlichkeiten Langfristige Finanzverbindlichkeiten*
19%
Sonstige langfristige Verbindlichkeiten*
13%
Langfristige Verbindlichkeiten
32%
41%
Finanzverbindlichkeiten (gesamt)
25%
Fremdkapital (gesamt)
65%
Kurzfristige Finanzverbindlichkeiten*
Grundkapital
SMI - Unbalanciert 1995
' 95/06
4%
7%
-3%
4%
8%
-4%
Sonstige Rücklagen
10%
7%
2%
4%
17%
-13%
Gewinnrücklagen
20%
14%
6%
44%
18%
26%
Minderheitsanteile
1%
2%
-1%
2%
4%
-2%
34%
28%
6%
51%
43%
8%
Eigenkapital ohne Minderheiten*
* Diese Positionen sind nachfolgend grafisch dargestellt. Alle Angaben zu Buchwerten. Rundungsfehler 1%.
Tabelle 5-11: Detaillierte Analyse der Kapitalstruktur (DAX, SMI). Weiter ist zu erkennen, dass sich eine Tendenz zur Änderung der Fristigkeitsstruktur andeutet. Während beim SMI-Datensatz ein Rückgang der kurzfristigen Verbindlichkeiten (' -8%) zu erkennen ist, nehmen im DAX-Datensatz die langfristigen Verbindlichkeiten ab (' -9%). Die Lieferantenverbindlichkeiten haben innerhalb der kurzfristigen Verbindlichkeiten in Deutschland leicht zugenommen. Sofern keine Skonti gezogen wurden, ist diese Art der Finanzierung sehr teuer. Unternehmen würden normalerweise die Skonti in Anspruch nehmen, außer es bietet sich keine andere Finanzierungsgelegenheit an.591 Der leichte Anstieg könnte als Indikator von Kreditrationierungsphänomenen interpretiert werden.592 Die Frage der Fristigkeit der Finanzverbindlichkeiten hängt vom Unternehmen ab. So stellt man im Mittelwert eine Substitution der kurzfristigen Finanzverbindlichkeiten zulasten der langfristigen Finanzverbindlichkeiten fest. Abbildung 5-5 und Abbildung 5-6 lassen zunächst den Schluss zu, dass sich die Unternehmen langfristiger finanzieren.
591 592
Vgl. Ramb (1998), Abschn. 4.1. Vgl. Ramb (1998), Abschn. 4.2.1.
134
5 Empirische Untersuchung 100%
90%
80%
in % des Gesamtkapitals
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
Lieferantenverbindlichkeiten
Kurzfristige Finanzverbindlichkeiten
Sonstige kurzfristige Verbindlichkeiten
Langfristige Finanzverbindlichkeiten
Sonstige langfr. Verbindlichkeiten
Eigenkapital (inkl. Minderheiten)
Abbildung 5-3: Veränderung der Fremdkapitalstruktur (DAX). 100%
90%
80%
in % des Gesamtkapitals
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
Lieferantenverbindlichkeiten
Kurzfristige Finanzverbindlichkeiten
Sonstige kurzfristige Verbindlichkeiten
Langfristige Finanzverbindlichkeiten
Sonstige langfr. Verbindlichkeiten
Eigenkapital (inkl. Minderheiten)
Abbildung 5-4: Veränderung der Fremdkapitalstruktur (SMI).
5 Ergebnisse der Finanzierungsanalyse
135
100%
90%
in % der Finanzverbindlichkeiten
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
1996
1995
1996
1995
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
Jahr
Kurzfristige Finanzverbindlichkeiten
Langfristige Finanzverbindlichkeiten
Abbildung 5-5: Fristigkeit des Fremdkapitals (DAX). 100%
90%
in % der Finanzverbindlichkeiten
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
Jahr
Kurzfristige Finanzverbindlichkeiten
Langfristige Finanzverbindlichkeiten
Abbildung 5-6: Fristigkeit des Fremdkapitals (SMI).
136
5 Empirische Untersuchung
Jedoch variieren die Veränderungen im Zeitablauf 1995 bis 2006 je nach Unternehmen stark (DAX: V=35%, Min=-96%, Max=50%, SMI: V=43%, Min=-56%, Max=97%). Bei Betrachtung auf Unternehmensebene (Jahr 2006) wird die Spreizung deutlich. So weisen Adidas und Fresenius fast keine kurzfristigen Finanzverbindlichkeiten auf, während Altana und SAP ihre jeweils geringen Fremdkapitalquoten fast ausschließlich kurzfristig finanzieren (Standardabweichung V=22%). Dies gilt ebenso für die Schweiz: ABB und Adecco weisen einen sehr geringen Anteil an kurzfristigen Finanzverbindlichkeiten auf, während Nobel und Novartis sich zu einem sehr hohen Grad kurzfristig finanzieren (Standardabweichung V=35%). Entsprechend lässt sich feststellen, dass sich die Unternehmen in der Fristigkeitsstruktur nicht gleich entwickeln. Eine differenzierte Betrachtung zeigt, dass in Deutschland zwar 12 Unternehmen eine Verringerung der kurzfristigen Finanzierung vornehmen, 10 Unternehmen jedoch den Anteil der kurzfristigen Fremdfinanzierung erhöhen bzw. konstant halten. In der Schweiz weisen 8 Unternehmen eine Verringerung und 9 Unternehmen eine Erhöhung der kurzfristigen Finanzierung auf.593 5.4.2 Finanzierungsinstrumente Die Struktur der Finanzverbindlichkeiten wurde entsprechend Tabelle 3-4 aus Kapitel 3.3.1 weiter verfeinert um zu überprüfen, ob eine Veränderung in der Finanzierung über Bankkredite – wie sie in einem bankenorientierten Finanzsystem vorherrschend ist – stattgefunden hat und in welchem Ausmaß diese Änderung stattgefunden hat. Hierzu werden die Angaben zu den Finanzierungsinstrumenten im Anhang analysiert. Diese wurden entsprechend in die Bilanzposition [5] „Finanzverbindlichkeiten“ der Analyse-Bilanz (siehe Tabelle 5-2) ergänzt. Nicht im Fokus stehende Finanzierungsinstrumente werden als „Sonstige Verbindlichkeiten“ [6] ausgewiesen.594 Da erst seit IAS 1.68 der Ausweis diverser Schuldpositionen als Mindestangabe vorausgesetzt wird, ist die Datenlage zur Struktur der Finanzverbindlichkeiten bei DAX Unternehmen vor 1998 unzureichend. Die Untersuchung wird deshalb für den Zeitraum von 1998 bis 2006 mit einem unbalancierten Panel für die in Kapitel 3.3.1 dargestellten Finanzierungsinstrumente durchgeführt.595
593
594 595
Wie später gezeigt wird, könnte das mit der Zunahme des Einsatzes von Commercial Papers in der Schweiz zusammenhängen. Es handelt sich zumeist nicht um originäre Finanzinstrumente. (a) Aufgrund der verwandten ökonomischen Finanzierungsfunktion sind Anleihen und Schuldscheindarlehen sowie Commercial Papers und Medium Term Notes zusammengefasst. (b) Da statische Bilanzkennzahlen nur kurz- und mittelfristige Fristigkeiten berücksichtigen, werden die mittelfristig laufenden Medium Term Notes zu den kurzfristigen Finanzierungsinstrumenten gezählt.
5 Ergebnisse der Finanzierungsanalyse
137
Struktur der Unternehmensfinanzierung 2006 Finanzierungsinstrument
2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
1998
'98/06
Anteil
2006
1998
Einsatzgrad DAX
Bankkredit
22%
21%
19%
25%
32%
39%
49%
50%
51%
-29%
100%
100%
CP
10%
8%
7%
5%
7%
6%
13%
9%
5%
5%
55%
36%
Anleihe
56%
56%
56%
55%
49%
45%
31%
35%
36%
20%
100%
100%
Hybride
5%
9%
10%
8%
7%
4%
2%
3%
2%
3%
27%
18%
Leasing
5%
5%
5%
5%
4%
4%
5%
4%
5%
0%
50%
18%
ABS
2%
2%
1%
2%
2%
2%
1%
0%
0%
2%
14%
5%
SMI Bankkredit
31%
32%
29%
31%
38%
47%
52%
51%
55%
-24%
100%
100%
CP
10%
8%
10%
7%
8%
5%
3%
2%
1%
9%
29%
6%
Anleihe
43%
44%
46%
48%
41%
40%
39%
40%
39%
4%
100%
100%
Hybride
14%
13%
9%
8%
8%
6%
5%
4%
5%
9%
29%
25%
Leasing
2%
2%
5%
5%
3%
2%
3%
1%
1%
1%
53%
19%
ABS
0%
0%
0%
2%
3%
0%
0%
0%
0%
0%
0%
0%
Anteil: Mittelwert in % der Finanzverbindlichkeiten gem. Analyse-Bilanz über alle Unternehmen des jew. Jahres. Einsatzgrad: des jew. Finanzierungsinstruments, ein Wert = 1 bedeutet Einsatz dieses Instruments bei allen Unternehmen des jew. Datensatzes. CP: Commercial Paper und Medium Term Notes, ABS: Asset Backed Securities, Anleihe: Anleihen und Schuldscheindarlehen, Hybride: Genussscheine, Wandelanleihen, Optionsanleihen, Leasing: beinhaltet Leasingverbindlichkeiten, die aktiviert werden. Einsatzgrad E:
E Jf
n Jf N
100
mit J=Jahr, N=Anzahl aller Unternehmen, F=Anzahl aller Finanzierungsinstrumente, n=Anzahl der Unternehmen, die das Finanzierungsinstrument f einsetzen. Einbezogen sind die für die Arbeit relevanten Finanzierungsinstrumente (siehe Tabelle 5-12), d.h. F=6. Hieraus ergibt sich der Differenzierungsgrad D: F
¦E DJ
f 1
F
Jf
100
Tabelle 5-12: Finanzierungsinstrumente und Einsatzgrad (DAX, SMI).
138
5 Empirische Untersuchung
Zwei Aspekte sind relevant. Zum einen die Veränderung des Anteils, den die Finanzierungsinstrumente an der Unternehmensfinanzierung ausmachen. Zum anderen der Einsatzgrad der eingesetzten Instrumente je Unternehmen. Beide Werte werden als arithmetisches Mittel über alle Unternehmen aggregiert und sind in Tabelle 5-12 ersichtlich. Die Veränderung des Finanzierungsverhaltens soll mit dem Einsatzgrad E quantifiziert werden. Hierzu wird der gewichtete Einsatzgrad E über alle Instrumente gemittelt. Der Einsatzgrad je Instrument berechnet sich aus dem Quotienten der Anzahl der Unternehmen, die ein bestimmtes Finanzierungsinstrument einsetzen und der Gesamtanzahl der Unternehmen. Ein Wert gleich 100% würde bedeuten, dass alle untersuchten Unternehmen das jeweilige Finanzierungsinstrument einsetzen. Das Mittel der Einsatzgrade ergibt den Differenzierungsgrad der Unternehmensfinanzierung (vgl. Tabelle 5-13). Auffallend ist der erhebliche Rückgang des Anteils der reinen Bankkreditfinanzierung in beiden Ländern (DAX: -29%, SMI: -24%). Der Mittelwert spiegelt dabei auch den Rückgang bei den Unternehmen wieder, zahlreiche einzelne Beispiele belegen dieses Ergebnis. In Deutschland konnten z.B. BASF (1998: 40%, 2006: 13%), BMW (1998: 33%, 2006: 12%) oder MAN (1998: 84%, 2006: 26%) ihren Anteil stark verringern, in der Schweiz Nestlé (1998: 13%, 2006: 3%) und Swatch (1998: 56%, 2006: 12%). Teilweise hatten Unternehmen in 1998 ihre Finanzierung primär über Bankkredite vollzogen. Die Bankkreditfinanzierung nimmt somit relativ zur Gesamtfremdfinanzierung ab. Da sich die Unternehmen trotzdem von Außen finanzieren müssen, werden Finanzierungssubstitute eingeführt. Diese sind v.a. Anleihen in Deutschland und Commercial Papers in der Schweiz. Beim Einsatz der CPs (und MTNs) ist eine deutliche Zunahme zu erkennen, v.a. in der Schweiz. Die Entwicklung der Anleihen und Schuldscheindarlehen war zunächst gegenläufig. Auch Drukarczyk stellt hierzu fest, dass die Bedeutung der Anleihe für die Unternehmensfinanzierung in Deutschland lange Zeit rückläufig war. Die Gründe hierfür sind unklar, seit einigen Jahren nimmt die Emissionstätigkeit aber wieder zu.596 Dies deckt sich mit den vorliegenden Ergebnissen. Möglicherweise entschieden sich Unternehmen in den Jahren der Börsenhausse von 1998 bis 2000 eher gegen Anleihen und finanzierten sich durch Eigenkapital (Kapitalerhöhungen, Emission).
596
Vgl. Drukarczyk (2003), S. 403.
5 Ergebnisse der Finanzierungsanalyse
139
100%
in % der Finanzierungsinstrumente
90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
Jahr
Anleihe
CP
ABS
Leasing
Hybride
Bankkredit
Abbildung 5-7: Finanzierungsstruktur (DAX). 100%
90%
in % der Finanzierungsinstrumente
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
CP
ABS
Leasing
Hybride
Abbildung 5-8: Finanzierungsstruktur (SMI).
Bankkredit
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
Jahr
Anleihe
140
5 Empirische Untersuchung
Die bereits im deskriptiven Teil angedeutete Problematik der Off-balance Finanzierung zeigt sich in der Auswertung von ABS. ABS ist als Finanzierungsinstrument nur bei BMW, Telekom und VW erfassbar. Diese Problematik haben auch Watrin/Struffert erkannt, als sie Angaben zu ABS-Verbriefungen in den Geschäftsberichten untersuchten und die Frage aufwerfen, ob „aus bilanzanalytischen Gründen Informationen bewusst nicht gegeben werden.“597. Auffallend ist, dass in der Schweiz keine Angaben zu ABS-Transaktionen vorzufinden waren. Die Ergebnisse zum Einsatzgrad entsprechen der Erwartung: alle Unternehmen nutzen das Finanzierungsinstrument Bankkredit und Anleihe (100%). Der Einsatzgrad von CPs ist in Deutschland sehr hoch (55% aller Unternehmen setzen CPs ein). Im Anhang der Finanzberichterstattung wurden Commercial Papers allerdings teilweise nicht separat sondern als Bestandteil der kurzfristigen Verbindlichkeiten ausgewiesen. Damit ist theoretisch möglich, dass in der Vergangenheit Commercial Papers in demselben Ausmaß verwendet wurden wie zum Ende des Betrachtungszeitraumes. Leasing hat insgesamt einen geringen Anteil an der Finanzierung, ist jedoch vom Einsatzgrad her weit verbreitet (50%). Eine Ausnahme auf Unternehmensebene ist Lufthansa mit einem sehr hohen Anteil an Finanzierungsleasing. Die Verwendung hybrider Finanzierungsinstrumente hat sich ungleichmäßig entwickelt. Zwischen 2000 und 2004 ist ein Anstieg zu verzeichnen, der sich zwischen 2004 und 2006 eher dem Niveau von 2002 annähert. Insgesamt ist der Anteil an der Unternehmensfinanzierung im DAX-Datensatz gering (5%), dagegen im SMI-Datensatz mit 14% eher hoch. In den letzten Jahren ergab sich somit eine höhere Diversifikation durch Emission von verbrieften Finanzierungsinstrumenten. Addiert man den Anteil der Anleihen inkl. Schuldscheindarlehen sowie die hybriden Finanzierungsinstrumente ergibt sich hieraus der Hauptanteil der Unternehmensfinanzierung (DAX: 61%, SMI: 67%). Differenzierungsgrad der Unternehmensfinanzierung D2006
D1998
' 98-06
DAX
58%
46%
12%
SMI
52%
42%
10%
Zur Berechnung siehe Tabelle 5-12.
Tabelle 5-13: Diversifikation von Finanzierungsinstrumenten (DAX, SMI). Die Ergebnisse in Tabelle 5-13 zeigen, dass in beiden Ländern der Differenzierungsgrad angestiegen ist (' DAX: 12%, ' SMI: 10%). Die börsennotierten Unternehmen setzen demnach im Jahr 2006 mehr Finanzierungsinstrumente im Vergleich zum Jahr 1998 ein und/oder mehr Unternehmen setzen verschiedene Finanzierungsinstrumente 597
Vgl. Watrin/Struffert (2007), S. 39.
5 Ergebnisse der Finanzierungsanalyse
141
ein. Insgesamt lässt sich der Differenzierungsgrad die Interpretation zu, dass eine Differenzierung in der Finanzierung stattgefunden hat. Stellt man den Differenzierungsgrad pro Unternehmen dem Wachstum des Operating Income zum Vorjahr gegenüber, so zeigt sich, dass Unternehmen mit niedriger Diversifikation ihrer Fremdkapitalfinanzierung eher geringe Wachstumsraten haben. Besonders im DAX-Datensatz zeigt sich ein linearer Trend des Ertragswachstums, der mit dem Einsatzgrad steigt. Dies ist im SMI-Datensatz nicht in diesen Ausmaß zu erkennen. Dennoch zeigen sich bis zu einem Differenzierungsgrad von 0,5 Unternehmen, die negatives Ertragswachstum (Schrumpfung) aufweisen.
5 Empirische Untersuchung
2,50
0,90
2,00
0,80
0,60
1,00
0,50 0,50 0,40 0,00 Telekom
Bayer
VW
SAP
TUI
Metro
Linde
EON
Continental
BMW
BASF
Adidas
RWE
ThyssenKrupp
MAN
Lufthansa
Henkel
Infineon
1,00
DaimlerChrysler
Altana
Siemens
0,50
0,30
Differenzierungsgrad
0,70
1,50
Fresenius
Wachstum Operating Income zum Vj. (in %)
142
0,20 0,10
1,50
0,00 Operating Income (Wachstum)
Dif f erenzierungsgrad (D)
Linear (Operating Income (Wachstum))
80%
0,90
70%
0,80
60%
0,60
40% 0,50 30% 0,40 20% 0,30
10%
0,20
0%
Synthes
Holcim
Swatch
Nestle
Novartis
Lonza
Adecco
Operating Income (Wachstum)
Syngenta
Swisscom
SGS
Givaudan
Roche
Clariant
Richemont
Nobel
-20%
ABB
-10%
0,10 0,00
Dif f erenzierungsgrad (D)
Linear (Operating Income (Wachstum))
Abbildung 5-10: Differenzierungsgrad und Wachstum (SMI).
Differenzierungsgrad
0,70
50%
Ciba
Wachstum Operating Income zum Vj. (in %)
Abbildung 5-9: Differenzierungsgrad und Wachstum (DAX).
5 Ergebnisse der Accounting-Change Effekte
143
5.5 Ergebnisse der Accounting-Change Effekte 5.5.1 Zeitpunkte der Accounting-Changes Um die Effekte der Umstellung des Accounting Standards und die erstmalige Anwendung von IFRS zu quantifizieren wird eine empirische Analyse anhand von IFRSKonzernabschlüssen deutscher DAX-Unternehmen vorgenommen. Anhang A.2 zeigt, dass im DAX-Datensatz zwischen 1995 und 2006 bei fast allen Unternehmen eine Umstellung (Accounting-Change) auf internationale Accounting Standards erfolgte, in der Schweiz bilanzierten bereits im Jahr 1995, bis auf drei, alle Unternehmen nach internationalen Accounting Standards. Entsprechend sind im untersuchten Zeitraum im SMI-Datensatz nur drei Umstellungen vollzogen worden, zwei davon von Swiss GAAP FER auf IFRS (Swatch, Richemont), eines davon von Swedish GAAP auf IFRS (Nobel). Damit sind nur zwei Umstellungen analysierbar. Eine Umstellung von Swiss GAAP FER dürfte theoretisch aber keine hohen Eigenkapitaleffekte mit sich bringen, da sich diese Standards bereits am fair value Gedanken orientieren. Es erfolgt deshalb eine Konzentration auf DAX-Unternehmen. Die Ergebnisse für das SMI-Panel werden im Anschluss kurz erläutert. Die Spalte „AC“ in Tabelle 5-14 zeigt vier Unternehmen, die keine Umstellung vollzogen haben: Adidas (1993) und Bayer (1994) haben schon vor 1995 eine Umstellung auf ein internationales Accounting Regime durchgeführt (beide IAS) und keine weitere Änderung vorgenommen. DaimlerChrysler (Daimler) hat 1993 auf internationale Accounting Standards (US GAAP) umgestellt. Infineon hat während des Zeitraumes einen IPO vollzogen und direkt nach einem internationalen Accounting Standard (US GAAP) bilanziert. Im Jahr 2006 bilanzieren alle Unternehmen im DAX-Datensatz (22) nach internationalen Accounting Standards, davon 18 (82%) nach IFRS und 4 nach US GAAP (18%). Im SMI-Datensatz bilanzieren 13 (76%) Unternehmen nach IFRS und ein etwas höherer Anteil im Vergleich zu Deutschland nach US GAAP (4 Unternehmen, 24%). Grundsätzlich sind kapitalmarktorientierte Unternehmen in der EU seit dem Jahr 2005 verpflichtet, ihre Konzernabschlüsse nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) zu erstellen. Die nach US GAAP verbleibenden Unternehmen im DAX nehmen letztmalig bis 2007 eine Ausnahmeregelung in Anspruch, die es an der NYSE kotierten Unternehmen erlaubt, den Konzernabschluss noch nach US GAAP zu erstellen.
144
5 Empirische Untersuchung
AC
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
1998
1997
1996
1995
AC '
DAX
Adidas
1993
35%
48%
36%
34%
26%
25%
21%
20%
15%
31%
37%
32%
Altana
1999
91%
57%
62%
59%
57%
57%
56%
54%
54%
51%
49%
47%
0%
BASF
2005
40%
49%
47%
47%
48%
48%
37%
47%
50%
48%
46%
42%
2%
BMW
2001
24%
23%
25%
26%
25%
21%
14%
10%
21%
19%
19%
20%
7%
Bayer
1994
23%
32%
29%
34%
38%
46%
45%
49%
44%
44%
42%
40%
Conti
1998
42%
34 %E
28%
24%
22%
18%
25%
24%
21% D
32%
24%
22%
DC
1996
17%
18%
18%
20%
19%
19%
21%
20%
22%
23%
23%
17%
DTAG
2005
38%
37%
34%
26%
25%
37%
31%
37%
31%
29%
26%
15%
3%
EON
1999
39%
36%
30%
27%
23%
25%
27%
27%
27%
27%
27%
26%
0%
Fresenius
2002
38%
50%E
46%
43%
42%
40%
45%
35%
42%
43%
42%
Henkel
1997
42%
40%
34%
37%
40%
39%
29%
30%
28%
29%
31%
31%
-1%
Infineon
2000
50%
58%
58%
56%
61%
74%
67%
60%
47%
51%
Linde
2002
29%
36%
34%
33%
34%
34%
32%
40%
43%
43%
43%
44%
0%
Lufthansa
1998
24%
23%
22%
16%
22%
19%
28%
29%
27%
28%
29%
27%
-1%
MAN
1999
26%
22%
22%
28%
23%
22%
23%
25%
19%
18%
19%
19%
6%
Metro
2000
19%
18%
17%
17%
19%
20%
19%
19%
19%
16%
19%
24%
0%
RWE
1999
15%
11%
11%
7%
7%
9%
11%
12%
10%
10%
10%
10%
2%
SAP
1999
65%
65%
61%
60%
54%
53%
52%
54%
60%
61%
66%
69%
-7%
Siemens
2007
30%
34%
36%
32%
32%
28%
25%
22%
22%
23%
22%
21%
3%
TK
2006
24%E
22%
28%
26%
27%
26%
25%
25%
20%
17%
15%
15%
2%
TUI
1999
19%
25%
20%
19%
19%
18%
16%
16%
16%
19%
15%
16%
0%
VW
2001
20%
18%
18%
21%
23%
23%
11%
14%
15%
13%
12%
13%
106%
34%
34%
33%
31%
31%
32%
30%
30%
30%
31%
29%
28%
7%
100%
100%
91%
91%
91%
82%
68%
55%
27%
18%
14%
15%
1
4
0
0
2
3
2
6
2
1
0
0
Mittelwert Int.Acc. Anzahl AC
6%
4%
Anzahl der untersuchten Unternehmen: 18 (100%) Anzahl der Unternehmen, die keinen Eigenkapitaleffekt aufweisen: 5 (28%) Anzahl der Unternehmen, die einen positiven Eigenkapitaleffekt aufweisen: 10 (56%) Anzahl der Unternehmen, die einen negativen Eigenkapitaleffekt aufweisen: 3 (17%) Min:
-7%
Max: 106% Median:
2%
V:
25%
Alle Werte als EK-BW: Eigenkapital zu Buchwerten inkl. Minderheitsanteile/Bilanzsumme. AC: Accounting Change: Umstellungsjahr (fett=1. Abschluss nach neuen Accounting Standards). DC: DaimlerChryler, DTAG: Deutsche Telekom, TK: ThyssenKrupp. Umrahmte Ziffern: Kennzeichnung Umstellung von HGB auf internationales Accounting, mit Spezialfall D: Umstellung von HGB auf US GAAP und Spezialfall E: Umstellung von US GAAP auf IFRS. Int.Acc.: Unternehmen die nach internationalen Accounting (IAS/US GAAP) bilanzieren (in %). Anzahl AC: Anzahl der Accounting Changes (absolut).
Tabelle 5-14: Accounting Change (DAX).
5 Ergebnisse der Accounting-Change Effekte
145
Tabelle 5-14 zeigt weiter, dass etwas mehr als die Hälfte, 10 (56%) der 18 relevanten Werte, im Jahr nach der Umstellung auf IFRS ein höheres Eigenkapital aufzuweisen hatten, nur bei 3 (17%) Unternehmen hat sich das Eigenkapital vermindert. Allerdings sind hierbei keine unternehmensspezifischen Effekte isoliert worden, so dass die Erhöhung auch auf einen allgemein günstigen Konjunkturzyklus mit guter Ertragslage und entsprechenden Gewinnrücklagen zurückzuführen wäre. 5.5.2 Berechnungsmethodik Deshalb ist eine Isolierung des Accounting-Effekts notwendig. Hierzu wird eine spezielle Berechnungsmethodik angewandt. Ziel ist die Gegenüberstellung von gleichen Bilanzpositionen vor und nach erstmaliger IFRS-Anwendung. Grundsätzlich sind zwar in den jeweiligen Jahresabschlüssen im Umstellungsjahr auch die Werte des Vorjahres angepasst, diese sind aber alleine nicht aussagefähig, da sich zwischen den Jahren der Finanzberichterstattung auch firmenspezifische Effekte (Wachstum, Profitabilität) auswirken (siehe hierzu Kapitel 5.6). Vielmehr müssen diese IFRS-Werte des Umstellungsjahres T=0 mit den gleichen Werten aus dem Vorjahresabschluss nach altem Accounting Standard (T-1) verglichen werden. Im ersten IFRS-Abschluss ist gem. IFRS 1.36 und IAS 1.36 mindestens eine Vergleichsperiode unter Anwendung des jeweiligen Standards aufzunehmen.598 Deshalb sind konkret die Jahresabschlüsse des Umstellungsjahres und des Vorjahres Untersuchungsgegenstand. Somit ist dieser Vergleich des gleichen Jahres mit verschiedenen Accounting Standards die einzige Möglichkeit, den Accounting-Change Effekt zu isolieren. Abbildung 5-11 verdeutlicht die Vorgehensweise. Konzernbilanz T=0
Konzernbilanz T-1
IFRS
IFRS
HGB
HGB
T=0
T-1
T-1
T-2
Aktiva
Aktiva
Passiva
Passiva
Vergleich T-1 in T=0
Abbildung 5-11: Isolierung des Accounting-Change Effekts.
598
Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele (2005), S. 745.
146
5 Empirische Untersuchung
Diese Daten sind den jeweiligen Jahresabschlüssen entnommen.599 Zusätzlich wurde im Anhang der Jahresabschlüsse nach zusätzlichen Informationen zu Umstellungseffekten gesucht, um Erklärungen für die Veränderung zu erhalten.600 Teilweise wurde auf Informationen für Investoren auf den Websites der Unternehmen zurückgegriffen (Investor Relations). Da Werte von identischen Bilanzpositionen verglichen werden sollen, muss der (theoretisch) unterschiedliche Bilanzaufbau beider Accounting Standards (wie in Kapitel 3.5.1 dargestellt) berücksichtigt werden.601 Bei der Berechnungsmethodik werden hierzu die verschiedenen Positionen addiert und durch Extraktion der Daten aus Jahresabschlüssen in ein eigenes Gliederungsschema eingegeben. Hierzu wurde ein Raster angewendet, in dem die jeweiligen Bilanzpositionen zu kurz- und langfristigem Fremdkapital für das Vorjahr eingegeben werden. Diese werden aus den aggregierten Finanzverbindlichkeiten aus dem Anhang des HGB Abschlusses mit den Finanzverbindlichkeiten nach IFRS aus den jeweiligen Vorjahresabschlüssen extrahiert und verglichen. Die Berechnung der Eigenkapitalquote nach IFRS und HGB unterscheidet sich. In der Literatur wird beim HGB der Sonderposten mit Rücklageanteil hälftig einberechnet.602 Er wird im HGB als eigenständiger Posten weder dem Eigen- noch dem Fremdkapital zugeordnet, ist jedoch bilanzanalytisch dem Eigenkapital zuzurechnen: EKHGB = (EK + 0,5 * Sonderposten mit Rücklageanteil) / Bilanzsumme Da diese Berechnung auf steuerlichen Sonderabschreibungen beruht, welche nach IFRS jedoch unzulässig sind, wird die Eigenkapitalquote bei IFRS wie folgt berechnet: EKIFRS = EK / Bilanzsumme Es wurden alle DAX-Unternehmen selektiert, die im Untersuchungszeitraum 1995 bis 2006 eine Umstellung von HGB auf IFRS hatten und für die Jahresabschlüsse mit Überleitungsrechnungen vorlagen. Die Datengrundlage umfasst somit 11 Unterneh-
599
600
601
602
Grundsätzlich bietet Thomson in der Worldscope Datenbank die Möglichkeit für ein Jahr jeweils „original“ und „restated“ Bilanzen anzuzeigen. Damit wäre theoretisch möglich, für das Umstellungsjahr diese Bilanzen zu vergleichen („original“ ist HGB und „restated“ ist IFRS Abschluss). Jedoch sind für die Umstellungsjahre der DAX Unternehmen meist keine „restated“ Bilanzen zu finden, so dass eine manuelle Datenextraktion notwendig ist. Als Erläuterung verpflichtet IFRS 1 in der „Basis of preparation“ im Anhang des Umstellungsjahres jeweils die Überleitungsrechnungen darzustellen. In der Realität sind jedoch auch nach Umstellung bei IFRS Abschlüssen in Deutschland die bekannten Gliederungen zu finden (z.B. Henkel, Linde). Vgl. Kirsch (2007), S. 94f. Der Anteil des Sonderpostens bemisst sich abzüglich der auf den unversteuerten Rücklagen liegenden Steuerbelastung, vereinfachend wird für die Bilanzanalyse ein Ertragsteuersatz von 50% angenommen. Vgl. Peemöller (2003), S. 327.
5 Ergebnisse der Accounting-Change Effekte
147
men.603 Falls im Untersuchungszeitraum zwei Umstellungen von Accounting Regimes durchgeführt wurden (vom deutschen HGB auf US GAAP und dann später auf IFRS), ist ausschließlich der Accounting-Change von HGB auf IFRS relevant. Denn es ist zu erwarten, dass die Unterschiede zwischen einem US GAAP Accounting und den korrespondierenden IFRS-Daten unwesentlich ausfallen dürften.604 5.5.3 Bilanzeffekt Die Ergebnisse sind aus Tabelle 5-15 für den DAX-Datensatz und aus Tabelle 5-16 für den SMI-Datensatz zu entnehmen. Betrachtet man 'EK-2 als Maßgröße des Eigenkapitaleffekts, steigt das Eigenkapital (absolute Größe) aufgrund des Accounting-Changes im arithmetischen Mittel um 24,1%. Neben diesem Wert stützt auch der Median mit 5,4% den positiven Eigenkapitaleffekt. Dieses Ergebnis steht in Einklang mit der vielfach in der Literatur vertretenen Meinung, dass die Anwendung von IFRS aufgrund der zahlreichen Aktivierungspflichten (z.B. Immaterielle Vermögensgegenstände, fair value Bewertung von Anlagevermögen, vgl. hierzu Kapitel 3.5.5) zu einem höheren Eigenkapital führt.605 Auffallend sind die hohen Streuungswerte, welche auf die hohen Eigenkapitaleffekte bei den Automobilherstellern (BMW: 91%, VW: 90%) zurückzuführen sind. Gründe für das erhöhte Eigenkapital in Bezug auf Finanzierungsinstrumente stellen dabei vor allem aktivierte Leasing- und ABS-Positionen dar. Den Aktivierungspflichten nach IFRS stehen jedoch auch neue Passivierungspflichten gegenüber. Aus dem Blickwinkel der Kapitalstruktur ist deshalb 'EK-3 als Maßgröße relevant. Die Eigenkapitalquote (relative Größe) weist einen geringeren positiven Accounting-Change Effekt auf. Im arithmetischen Mittel ist nur ein Anstieg der Eigenkapitalquote um 1,3% zu verzeichnen. Den höchsten Zuwachs (' 9,3%) verzeichnet VW, während Lufthansa sinkt (' -4,6%). Der geringere Anstieg der Eigenkapitalquote ist demnach auf die Erhöhung des Fremdkapitals zurückzuführen, so dass das Verhältnis bei einigen Unternehmen gleich bleibt.
603
604 605
Bei der Selektion wurde berücksichtigt, dass durch Unternehmen, die, möglicherweise bedingt durch Fusionen, hohe Akquisitionen bzw. Desinvestitionen durchgeführt haben, eine Verzerrung der Ergebnisse entstehen kann (z.B. Bayer). Diese starken Portfolioänderungen verursachen bei derartigen Untersuchungen mithin Verzerrungen im Zeitablauf, vgl. Pellens et al. (2008b), S. 142 (Fn. 32). Diese selektierte Menge ist daher aufgrund ihrer Eigenschaften entsprechend angepasst. Liegt der Zeitpunkt des Accounting-Changes zu weit in der Vergangenheit, sind ältere IAS-Standards verwendet worden, so dass für eine Vergleichbarkeit der Effekte auch hiervon abgesehen wurde. Vgl. Küting/Zwirner (2007), S. 144. Vgl. stellvertretend Pawelzik (2006), S. 796f.
148
5 Empirische Untersuchung
DAX 'EK-2 absolut
'EK-3D relativ
2%
5%
0,4%
-0,2%
7%
91%
5,4%
10,2%
2005
3%
21%
1,0%
9,0%
1997
-1%
3%
-1,2%
-18,7%
2%
3,5%
-0,1%
-11%
-4,6%
-5,0%
2%
-1,8%
13,4%
0%
5%
-2,1%
-48,6%
2%
21%
2,5%
(*)
0%
35%
1,8%
35,0%
AC
'EK-1 relativ
BASF
2005
BMW
2001
Dt.Telekom Henkel Linde
2002
0%
Lufthansa
1998
-1%
MAN
1999
6%
Metro
2000
RWE
1999
TUI606
1999
VW 2001 Anzahl der untersuchten Unternehmen: Anzahl der Unternehmen, die einen positiven Eigenkapitaleffekt aufweisen: Mittelwert
'Finanzverbindlichkeiten D
106%
90%
9,3%
-9,1%
11 (100%)
11 (100%)
11 (100%)
10 (100%)
6 (54%)
10 (91%)
7 (64%)
4 (40%)
11%
24%
1,3%
-1,4%
Min
-1%
-11%
-4,6%
-48,6% 35,0%
Max
106%
91%
9,3%
Median
2%
5%
1,0%
-0,1%
V
41%
35%
3,9%
22,1%
Verwendung von Finanzierungsinstrumentennach Accounting-Change ) Ç
Æ
È
¦
Hybride Finanzierungsinstrumente
20% (2)
40% (4)
40% (4)
100% (10)
Leasing
50% (3)
33% (2)
17% (1)
100% (6)
'EK-1: TIFRS=0/TIFRS-1: Accounting Effekt (nicht isoliert) (vgl. Tabelle 5-14). 'EK-2: Absolute Eigenkapitalveränderung (um wie viel Prozent liegt der IFRS-Wert über dem korrespondierenden HGB/FER-Wert). 'EK-3: TIFRS-1/THGB-1: Isolierter Accounting-Change Effekt: Vergleich gleicher Jahre, verschiedener Standards. (*): Aufgrund der Angaben keine Berechnung möglich. D: Aufgrund der niedrigen Werte Ausweis mit einer Dezimalstelle nach dem Komma. ): Bezogen auf alle Unternehmen von 1998 bis 2006. Ç/Æ/È bedeutet Erhöhung/Konstanz/Minderung des Anteils dieses Finanzierungsinstruments, firmenspezifische Effekte nicht isoliert.
Tabelle 5-15: Accounting-Change Effekte (DAX).
606
Name zum Zeitpunkt der Umstellung: Preussag.
5 Ergebnisse der Accounting-Change Effekte
149
Die Veränderungen der Finanzverbindlichkeiten sind im Wesentlichen auf die geänderte bilanzielle Behandlung von Leasing und ABS zurückzuführen. Das internationale Accounting von Leasingverhältnissen unter IFRS lässt sich am Beispiel der Telekom darstellen. Es handelt sich um die in Kapitel 3.3.3.5 beschriebenen Sale-and-Leaseback Transaktionen. Im Gegensatz zum HGB-Accounting sind unter IFRS die Gebäude als Finance Leases und die Grundstücke als Operating Leases zu klassifizieren.607 Als Accounting-Change Effekt erhöhen sich durch IFRS die NettoFinanzverbindlichkeiten der Telekom (+ 2,5 Mrd. EUR). Auch bei der Lufthansa wirkt sich die unterschiedliche Behandlung aus: Bisher nicht bilanzierte Leasingflugzeuge erhöhen das Anlagevermögen, die entsprechenden Finanzschulden werden im Fremdkapital ausgewiesen. Ebenfalls verändert sich die Behandlung von ABS-Finanzierungen. Nach IFRS sind Zweckgesellschaften beim wirtschaftlich Begünstigten zu konsolidieren. Entsprechend wirken sich ABS Transaktionen ebenfalls erhöhend auf die Fremdkapitalquote aus. Um zu analysieren, wie sich die Accounting-Changes auf die weitere Verwendung von hybriden Finanzierungsinstrumenten auswirken, wurde die Verwendung der Instrumente nach den Accounting-Changes untersucht. Es zeigt sich, dass ein Rückgang der Verwendung festzustellen ist: 40% der Unternehmen setzen nach einem AccountingChange weniger hybride Finanzierungsinstrumente ein. Demgegenüber erhöht sich der Anteil der Leasingfinanzierung. Dies dürfte im Wesentlichen auf die veränderte Bilanzierung unter IFRS zurückzuführen sein, die überhaupt erst einen Ansatz vorsieht. Die in Tabelle 5-16 dargestellten Ergebnisse verdeutlichen die vergleichsweise geringen nachweisbaren quantitativen Accounting-Change Effekte zwischen Swiss GAAP FER und IFRS im SMI-Datensatz. Während sich bei Richemont ein positiver Eigenkapitaleffekt ergibt, wirkt sich die Umstellung bei Swatch eher negativ aus. Aufgrund der geringen Datengrundlage sind die Ergebnisse jedoch als Ergänzung zu interpretieren. SMI 'EK-1
2006
8%
5%
0,7%
Swatch 2001 Anzahl der untersuchten Unternehmen: Anzahl der Unternehmen, die einen positiven Eigenkapitaleffekt aufweisen:
3%
-5%
-0,9%
-4,6%
2 (100%)
2 (100%)
2 (100%)
2 (100%)
2 (100%)
1 (50%)
1 (50%)
0 (0%)
Richemont
'EK-2
'EK-3
'Finanzverbindlichkeiten 0%
AC
Tabelle 5-16: Accounting-Change Effekte (SMI). 607
Die Telekom hat Sale-and-Leaseback Transaktionen mit ihrem Immobilienbesitz durchgeführt. Vgl. Telekom (2005), S. 9.
150
5 Empirische Untersuchung
Zunächst kann analog zu den Ergebnissen aus dem DAX-Datensatz festgestellt werden, dass die Veränderungen des 'EK-2 (absolut) wiederum auf einem höheren Niveau als bei relativer Betrachtungsweise 'EK-3 liegen. Dies bestärkt die Feststellung, dass IFRS zwar das Eigenkapital erhöht, aber auch einen Effekt auf das Fremdkapital hat und sich die Relationen nicht signifikant ändern. Zum anderen bestärkt es die Aussage aus Kapitel 3.4.5, dass Swiss GAAP FER ein investorenorientiertes, fair value Accounting verkörpert und sich an Ansatz- und Bewertungsmaßstäben von IFRS orientiert. Entsprechend können die Accounting-Change Effekte nicht von großem Ausmaß sein. 5.5.4 Bewertungsmaßstäbe Durch fair value Accounting werden die Bilanzpositionen und Ergebnisse volatiler. Dies tangiert auch Finanzierungsinstrumente. Ein Beispiel ist der Anstieg des Wertes einer emittierten Wandelanleihe bei Adidas im Jahr 2004 um 2%.608 Dieser Anstieg wurde durch Aufzinsung der Verbindlichkeiten in Einklang mit IFRS Accounting Standards hervorgerufen, die einen höheren Zinssatz als den tatsächlich für die Wandelanleihe bezahlten Zinssatz berücksichtigen. Abbildung 5-12 und Abbildung 5-13 zeigen die EPS und den Cash-flow je Aktie (CFPS) für die untersuchten DAX Unternehmen bzw. SMI Unternehmen nach der Vorgehensweise von Pellens et al. auf.609 Im Hintergrund ist in dieser Darstellung zusätzlich die Anzahl der Unternehmen, die nach internationalen Accounting Standards (IFRS/US GAAP) bilanzieren, dargestellt.610 Zwischen 1995 und 2006 erhöhten sich die EPS um das 3,5-fache, während sich die CFPS nur um 1,7-fache erhöhten. Ein Auseinanderdriften der beiden Kennzahlen ist ab 2004 zu beobachten. Bei den EPS lässt sich ein klar stärkerer linearer Steigungstrend feststellen. Gleichzeitig stieg die Zahl der Unternehmen, die nach internationalen Accounting Standards bilanzieren ab 1999 stark an. Dieser Trend des Auseinanderdriftens ist in beiden Ländern zu erkennen.
608 609 610
Vgl. Adidas (2004), S. 93 (Konzernlagebericht). Pellens et al. (2008b), S. 142ff. Da sich IFRS und US GAAP vom Charakter der Investororientierung ähnlich sind, wurden beide als Massstab der Veränderung verwendet.
5 Ergebnisse der Accounting-Change Effekte
151
350 20
EPS/CFPS (1995=100)
300 250
15
200 10
150 100
5
50 0
Unternehmen mit Int.Accounting
25
400
0
Cash f low per Share (CFPS)
1995
1996
1997
1998
1999
2000
EPS
2001
2002
2003
2004
2005
2006
Int.Accounting
Linear (EPS)
450
18
400
16
350
14
300
12
250
10
200
8
150
6
100
4
50
2
0
0
1995
Cash f low per Share (CFPS)
1996
1997
1998
1999
2000
2001
EPS
2002
2003
2004
2005
2006
Int.Accounting
Unternehmen mit Int.Accounting
EPS/CFPS (1995=100)
Abbildung 5-12: Vergleich EPS und Cash flow per Share (DAX).611
Linear (EPS)
Abbildung 5-13: Vergleich EPS und Cash flow per Share (SMI).
611
„Int.Accounting“: Anzahl der Unternehmen, die nach internationalen Accounting Standards bilanzieren. Grundmodell CFPS/EPS vgl. Pellens et al. (2008b), S. 142ff.
152
5 Empirische Untersuchung
5.6 Ergebnisse der Kapitalstruktur-Determinanten 5.6.1 Variablen des Modells Wie im Modell in Kapitel 4.3 dargestellt, beeinflussen verschiedene interne und externe Faktoren die Kapitalstruktur. Zur Analyse dieser Determinanten wird ein ökonometrisches Modell angewendet. Ziel ist einerseits die Übertragung bestehender empirischer Erkenntnisse auf den DAX und SMI-Datensatz. Andererseits sollen die in Kapitel 4.4.5 genannten Hypothesen zu firmenspezifischen und makroökonomischen Determinanten überprüft werden. Nachfolgend werden die in Tabelle 5-17 dargestellten Variablen erörtert und der theoretische Zusammenhang mit Kapitalstrukturtheorien aus Kapitel 2 erläutert. Im Anschluss werden die Richtungen der Koeffizienten in Bezug auf die Verschuldungsvariablen im Regressionsmodell abgebildet. Eine Diskussion folgt in Kapitel 6. Variable (Typ)
Berechnung
Abkürzung
Anlageintensität
Anlagevermögen / Gesamtkapital
TANG
Profitabilität
Operating Income / Umsatzerlöse
PROF
Unternehmensgröße
ln(Umsatzerlöse)
SIZE
Wachstum
Market-to-Book Ratio
MTB
Firmenspezifische Variablen (Exogen)
Makroökonomische Variablen (Exogen)
BIP (Wachstum)
Spread zwischen kurzfristigen (3 Monate) Zinsen und langfristigen (10 Jahre) Zinsen Wachstum des realen BIP zum Vorjahr
Börse (Kapitalmarkt)
Aktienrenditen der Börsenindizes (DAX/SMI)
CMP
Fremdkapital / Gesamtkapital (vgl. Definition in Kapitel 5.2.2)
LEV_B
Spread (Zinsen)
SPREAD GDP
Verschuldung (Endogen) Fremdkapitalquote (Buchwert) Fremdkapitalquote (Marktwert)
LEV_M
Tabelle 5-17: Variablen des Regressionsmodells. Bei der Spezifikation eines empirischen Modells ist ein typischer Fehler, dass eine wichtige Erklärungsvariable ausgelassen wurde und somit die Schätzwerte der Koeffizienten der Variablen in den Gleichungen verzerrt sind. Copeland/Weston/Shastri weisen auf dieses Problem bei frühen Versuchen den Zusammenhang zwischen Kapitalstruktur und Unternehmenswert zu testen hin.612 Die Auswahl der Variablen beschränkt sich daher auf solche (siehe hierzu Kapitel 4.2.2), die als „core factors“ ei-
612
Vgl. Copeland/Weston/Shastri (2005), S. 1151.
5 Ergebnisse der Kapitalstruktur-Determinanten
153
nen Konsens in der Literatur gefunden haben, zusätzlich sollen jedoch neue Variablen hinzugefügt werden, um den Erklärungsgehalt des Modells zu erweitern.613 Neben der Definition stellt sich die Frage nach der Verwendung von Markt- oder Buchwerten für den Verschuldungsgrad. Die meisten Studien verwenden Buchwerte, da die theoretischen Modelle auf Buchwerte ausgelegt sind. In der jüngeren Literatur werden zusätzlich jedoch auch Marktwerte berechnet.614 Deshalb scheint es zweckmäßig, die Auswertung mit Buch- und Marktwerten zu vollziehen (LEV_B, LEV_M). Anlageintensität (Tangibility615): Ist der Anteil des Anlagevermögens am Gesamtkapital hoch, so kann ein Unternehmen sein Anlagevermögen als Besicherung für Kreditfinanzierungen verwenden. Für die Kreditgeber reduzieren sich damit die AgencyKosten, da diese eine höhere Garantie für eine Rückzahlung im Fall der Liquidation haben („risk shifting“616). Entsprechend sind die Kreditgeber auch bereit, ein höheres Kreditvolumen zu gewähren. Damit müsste sich theoretisch eine positive Korrelation zwischen Anlageintensität und Fremdkapitalquote ergeben. Als Variable (TANG) wird im Modell das Anlagevermögen („Property, Plant, Equipment“) mit einer Lebensdauer über einem Jahr im Verhältnis zum Gesamtkapital verwendet. Grossman/Hart merken jedoch an, dass nach der Agency-Theorie ein negativer Zusammenhang erwartet wird. Unternehmen mit geringer Anlageintensität sind eher Problemen der asymmetrischen Information ausgesetzt und emittieren deshalb mehr Fremdkapital, wenn sie Aussenfinanzierung benötigen.617 Profitabilität (Profitability): Die Richtung der Korrelation bei der Kennzahl Profitabilität hängt von der zugrundeliegenden Kapitalstrukturtheorie ab. Gemäß der PeckingOrder Theorie würde ein negativer Zusammenhang bestehen, da sich die Unternehmen bei hohen Erträgen zunächst durch Gewinnrücklagen finanzieren (Innenfinanzierung) und eine geringere Präferenz für Außenfinanzierung und damit Fremdkapital haben.618 Die Trade-off Theorie hingegen erwartet eine positive Korrelation zur Fremdkapitalquote, da profitablere Unternehmen ein geringeres Insolvenzrisiko haben und die Emission von Fremdkapital entsprechend favorisiert wird. Die Agency-Theorie wiederum postuliert, dass in effizienten Märkten die Verschuldung eine Disziplinierung der Manager übernimmt und Gewinne profitabler Unternehmen ausgeschüttet werden. In 613
614 615
616 617
618
Vgl. Goyal/Frank (2007), S. 29f., Rajan/Zingales (1995), S. 1451: “these factors have shown up most consistently as being correlated with leverage in previous studies”. Hierzu auch Drobetz/Fix (2003), S. 9. Aufgrund der vorherrschenden englischsprachigen Literatur werden zusätzlich die englischen Begriffe angegeben. Rajan/Zingales (1995), S. 1451. Vgl. Grossman/Hart (1982), zitiert nach Drobetz/Fix (2003), S. 14. Nach der Pecking-Order Theorie erklären diese Richtung Gaud et al. (2005), S. 65. Vgl. Rajan/Zingales (1995), S. 1451, Myers/Majluf (1984). Auch die Eigenkapitalfinanzierung ist zur Aussenfinanzierung zu zählen. Da diese jedoch erst nach einer Fremdkapitalfinanzierung in Anspruch genommen wird, ist der negative Zusammenhang zwischen Verschuldung und Profitabilität zu erklären.
154
5 Empirische Untersuchung
ineffizienten Märkten hingegen besteht eine negative Korrelation zwischen Fremdkapitalquote und Profitabilität, da die Gewinne durch die Manager einbehalten werden.619 Profitabilität (PROFIT) wird in verschiedenen Ausprägungen analysiert.620 In dieser Studie soll sie als Verhältnis des Operating Income zu den Umsatzerlösen gemessen werden. Unternehmensgröße (Size): Die Richtung der Korrelation bei der Unternehmensgröße lässt sich ebenfalls nicht eindeutig aus den theoretischen Überlegungen ableiten.621 I.d.R. sind größere Unternehmen stärker diversifiziert als kleinere und haben ein entsprechend geringeres Insolvenzrisiko. Somit sinkt mit zunehmender Unternehmensgröße das Insolvenzrisiko. Vor dem Hintergrund der Trade-off Theorie ist die positive Korrelation mit der Fremdkapitalquote konsistent, da geringere Insolvenzkosten den Vorteil des Tax-Shields erhöhen. Spiegelt die Unternehmensgröße als Proxy den Informationsgrad, den Kapitalgeber über das Unternehmen haben, ist davon auszugehen, dass diese mit steigender Größe eine Präferenz zugunsten von Eigenkapital haben.622 Empirisch wird oftmals ein positiver Zusammenhang zwischen der Größe des Unternehmens und der Fremdkapitalquote hergeleitet. Für Deutschland war dieser Zusammenhang jedoch entgegengesetzt (negativ).623 Als Erklärung werden oftmals das gläubigerorientierte Finanzsystem und die damit zusammenhängende Sicherheit eines großen Unternehmens (Konzern) für den Kreditgeber postuliert.624 Allerdings wurde in dieser Arbeit gezeigt, dass auch in Deutschland kein reines bankenorientiertes Finanzsystem mehr besteht und durch den Wandel eine Mischform mit entsprechender Ausprägung der Kapitalmarktorientierung besteht. Die Variable (SIZE) kann auf verschiedene Weise gemessen werden.625 In dieser Arbeit wird der natürliche Logarithmus der Umsatzerlöse („Sales“) verwendet.626 Wachstum (Growth): Unternehmen mit hohem Wachstum verfügen über viele Investitionsmöglichkeiten. Nach der Pecking Order Theorie würde sich entsprechend ergeben, dass der Leverage steigt, wenn die Investitionsmöglichkeiten die Innenfinanzierung übersteigen. Bei konstanter Profitabilität müsste bei wachsenden Investitionsmöglichkeiten deshalb der Verschuldungsgrad steigen.627 Die Trade-off Theorie sagt jedoch einen negativen Zusammenhang voraus.628 Unternehmen mit
619 620
621 622 623 624 625 626 627 628
Vgl. Rajan/Zingales (1995), S. 1451, Jensen (1986). Drobetz/Fix (2003) verwenden zwei Variablen für Profitabilität: Operating Income/Assets und Operating Income/Sales, S. 17. Vgl. Ramb (1998), Kapitel 4. Vgl. Ramb (1998), Kapitel 4. Vgl. Rajan/Zingales (1995), S. 1453, Ramb (1998). Vgl. Gaud et al. (2005), S. 63. Ebenso wäre es möglich, den Logarithmus des Anlagevermögens zu verwenden. Etwa Ramb (1998) definiert die Unternehmensgröße nach dieser Kennzahl. Vgl. Drobetz/Fix (2003), S. 14. Vgl. Fama/French (2000), S. 10f.
5 Ergebnisse der Kapitalstruktur-Determinanten
155
Wachstum sollten eine hohe Eigenkapitalquote aufweisen, da der Marktwert proportional zu den Investitionsmöglichkeiten wächst.629 Die Variable (MTB) wird bei Myers als Verhältnis von Markt- zu Buchwerten (Market-to-Book Verhältnis, MTB) gemessen.630 Um den Einfluss der Branchenzugehörigkeit zu messen wird zusätzlich eine Indikatorvariable verwendet um eine Gruppenzugehörigkeit darzustellen. Dabei erhalten Unternehmen der Pharmabranche, die (wie in Kapitel 5.3.1 gezeigt) niedrige Fremdkapitalquoten aufweisen, den Wert „1“, alle anderen den Wert „0“.631 Hackbarth et al. gehen davon aus, dass makroökonomische Zustände (Zinszyklus, Konjunkturzyklus) die Höhe des Verschuldungsgrades beeinflussen.632 Korajcyzk/Levy argumentieren, dass Unternehmen Eigenkapital bzw. Fremdkapital emittieren, wenn die Kosten hierfür günstig sind.633 Die für die Fremdkapitalemission relevante ökonomische Größe ist der Zinsspread, der den Zinszyklus des Finanzmarkts abbilden soll. Theoretisch wird ein hoher (niedriger) Spread als ein Indikator guter (schlechter) Konjunkturerwartungen interpretiert.634 Daneben gilt als typischer Konjunkturindikator das BIP.635 Mit beiden Proxys soll das Timing der Fremdkapitalemission überprüft werden. Im Zusammenhang mit der Market-Timing Theorie von Baker/Wurgler wäre theoretisch zu erwarten, dass ein hoher Spread als Indikator hohen Wachstums gilt und Manager dies für Fremdkapitalemission nutzen.636 Der Spread (SPREAD) ergibt sich aus der Differenz zwischen langfristigen und kurzfristigen Anleihen (10 Jahre/3 Monate).637 Der Konjunkturzyklus soll durch das Wachstum des realen BIP (GDP, Gross Domestic Product) gemessen werden. Antoniou/Guney/Paudyal regen an, die Stimmung der Eigenkapitalmärkte („equity market conditions“) zu messen, die in den meisten Studien bisher vernachlässigt wurden.638 Wenn über eine Emission von Fremdkapital nachgedacht wird, muss das Bör629
630 631 632 633 634 635
636
637
638
Entsprechend gelangen empirische Untersuchungen bei Wachstumsunternehmen zu einer negativen Korrelation mit der Fremdkapitalquote. Vgl. Rajan/Zingales (1995), S. 1451. Vgl. Rajan/Zingales (1995), S. 1455f. Ähnliche Vorgehensweise mit Maschinenbau bei Drobetz/Fix (2003), S. 19. Vgl. Hackbarth et al. (2006), S. 520. Vgl. Korajczyk/Levy (2003), S. 88f. Vgl. Drobetz/Wanzenried (2006), S. 948, Korajczyk/Levy (2003), S. 86. Vgl. Frank/Goyal (2007), S. 43. Es wurden im Modell auch alternative Konjunkturindikatoren (Deutschland: Ifo-Konjunkturklimaindex/ Schweiz: KOF-Klimaindex) verwendet. Diese haben sich von der Signifikanz nicht vom BIP unterschieden. Vgl. Baker/Wurgler (2002). Hierzu Drobetz/Wanzenried (2006), S. 948 erläutern diesen Effekt für die Eigenkapitalemission: „there is similar evidence for debt issuances“. Frank/Goyal (2007), S. 43 verwenden die Differenz zwischen 10-Jahres und 1-Jahres Zinssatz der Federal Reserve. Vgl. Antoniou/Guney/Paudyal (2006), S. 167.
156
5 Empirische Untersuchung
senklima demnach in die Entscheidung miteinbezogen werden: ist die Stimmung auf den Kapitalmärkten günstig, werden Investoren eher bereit sein Eigenkapital zu emittieren. Nach der Market-Timing Theorie würden Finanzmanager in dieser Phase versuchen, Eigenkapital zu emittieren, so dass sich ein negativer Zusammenhang mit der Verschuldung ergeben würde. In der Literatur existieren verschiedene Ansätze zur Operationalisierung.639 Im Grunde geht es darum, Überrenditen zu messen. Deshalb wird im Folgenden das Börsenklima durch die jährlichen Renditen der Aktien in den jeweiligen Indizes (DAX, SMI) operationalisiert (CMP, Capital Market Performance).640 5.6.2 Regression In einem ökonometrischen Modell sollen die beobachteten Accounting-Daten (ökonomische Realität) und die ökonomischen Wirkungszusammenhänge (Kapitalstrukturtheorien, Hypothesen) analysiert werden.641 Hierzu wird ein lineares, multiples Regressionsmodell angewandt um die endogene Variable (Verschuldungsdefinitionen) durch mehrere exogene Variablen (jeweils für firmenspezifische und makroökonomische Variablen) zu erklären.642 Die Schätzung der Regressionskoeffizienten wird nach dem Verfahren des Prinzips der kleinsten Quadrate (Ordinary Least Squares, OLS) durchgeführt. Für dieses Verfahren spricht, dass es in der empirischen Literatur der Kapitalstruktur bereits verwendet wurde. Das Regressionsmodell lässt sich wie folgt spezifizieren: ln( Leverage j ) D ¦ E k X jk H j k
mit Leveragej als Verschuldungsgrad des Unternehmens j und Xjk als die in Tabelle 5-17 bezeichneten möglichen Kapitalstrukturdeterminanten k für Unternehmen j. Die Verschuldungsvariable Leverage wird jeweils als LEV_B zu Buchwerten und LEV_M zu Marktwerten verwendet. Frühere Untersuchungen weisen darauf hin, dass eine logarithmierte Regressionsgleichung vorzuziehen ist, da sie einen höheren Erklärungsgehalt ergibt.643 Hierfür dient das Bestimmtheitsmaß R2, welches den Anteil der durch das Regressionsmodell erklärten Varianz angibt.644
639
640
641 642 643 644
Frank/Goyal (2007), S. 43. schlagen zwei Proxys vor: „Cumulative raw stock returns“ und „Cumulative market returns“. Weitere, alternative Proxys wie das Abweichen der Börsenindizes vom Mittelwert wurden überprüft, die Ergebnisse haben sich nicht von den Dargestellten unterschieden. Zur Ökonometrie etwa von Auer (2005), S. 2f. Zum multiplen Regressionsmodell etwa Gujarti (2003), S. 284-294, von Auer (2005), S. 129-159. Vgl. Hermanns (2006), S. 261. Vgl. Hackl (2005), S. 73, von Auer (2005), S. 59-63.
5 Ergebnisse der Kapitalstruktur-Determinanten
157
Für die Variablen werden dabei die arithmetischen Mittelwerte der jeweiligen Jahre verwendet.645 Die deskriptive Statistik und die Korrelationen zwischen den exogenen Variablen sind in Anhang B.2 abgebildet.646 Die Ergebnisse der Regression in Tabelle 5-18 zeigen im DAX-Datensatz einen negativen Zusammenhang zwischen Anlageintensität, Profitabilität, Wachstum und dem Verschuldungsgrad. Der Koeffizient der Profitabilität ist am größten, besonders zu Marktwerten. Bezüglich der Unternehmensgröße ergeben sich unterschiedliche Richtungen der Koeffizienten, je nach Buch- oder Marktwertbetrachtung, so dass keine direkte Aussage zu treffen ist. Diese Werte sind alle auf dem 1%-Niveau signifikant. Die Anlageintensität ist bei Marktwertbetrachtung nicht signifikant. Für die makroökonomischen Variablen scheint nur der Spread signifikant zu sein, er weist einen positiven Koeffizienten auf, ist jedoch zu Buchwerten nur auf dem 5%Niveau signifikant. BIP und Börsenklima weisen negative Vorzeichen auf, sind jedoch nur teilweise (auf 5%-Niveau) signifikant. Interessanterweise ergeben sich für den SMI-Datensatz Unterschiede: Die Anlageintensität weist einen positiven Zusammenhang mit dem Verschuldungsgrad auf. Die Vorzeichen der Koeffizienten von Profitabilität und Wachstum sind wie im DAXDatensatz negativ und zur Unternehmensgröße sind unterschiedliche Vorzeichen (jedoch entgegengesetzt zum DAX-Datensatz) vorhanden. Wachstum und Unternehmensgröße sind jeweils nicht bei beiden Leverage-Definitionen signifikant.647 Ebenso scheint vor allem der Spread bei den makroökonomischen Variablen signifikant zu sein, wobei das BIP zumindest auf 5% und 10%-Niveau Signifikanz zeigen. Für das Börsenklima ist keine Signifikanz nachweisbar. Die Indikatorvariable für die Pharmabranche war für DAX- und SMI-Datensatz bei keiner Leverage-Definition signifikant und wird deshalb nicht dargestellt. R2 liegt bei den Marktwerten jeweils leicht höher und weist eine zufriedenstellende Erklärung aus (DAX: 0,45 und 0,53/SMI: 0,51 und 0,57).648 Die vorliegenden R2 sind etwas höher als Werte vergleichbarer Untersuchungen. Dies kann an einer erhöhten Erklärungskraft dieses Modells unter Einbezug makroökonomischer Variablen liegen.649
645 646 647
648 649
Vgl. Drobetz/Fix (2003), S. 19. Für die Leverage Werte vgl. Tabelle 5-4 und Tabelle 5-5. Ebenso stellen Gaud et al. (2005), S. 63 fest, dass Wachstum nur bei Marktwerten signifikant auf 1%-Niveau ist. Drobetz/Fix (2003), S. 24 erhalten ebenfalls für Marktwerte ein höheres R2. Eine andere Erklärung ist die Homogenität der untersuchten Menge (ausschliesslich Blue Chips).
158
5 Empirische Untersuchung
Für das Regressionsmodell sind im Rahmen der Spezifikation Annahmen zu erfüllen. Hierzu gehört die Prüfung auf Heteroskedastizität650 und Autokorrelation651. Mit dem White-Test wurde bei keinem Datensatz Heteroskedastizität festgestellt (bei einem Signifikanzniveau von 1%).652 Der Durbin-Watson-Test liegt bei allen Regressionen im Annahmebereich, so dass davon ausgegangen werden kann, dass keine Autokorrelation vorliegt.653 DAX Variable
SMI
LEV_B
LEV_M
LEV_B
LEV_M
Anlageintensität
-0,1108 (0,04)***
-0,0548 (0,05)
0,3193 (0,05)***
0,2370 (0,07)***
Profitabilität
-0,4913 (0,19)***
-1,0535 (0,25)***
-1,9822 (0,29)***
-1,8567 (0,43)***
Unternehmensgröße
-0,1141 (0,01)***
0,1610 (0,02)***
0,2366 (0,04)***
-0,0621 (0,05)
Wachstum
-0,0409 (0,01)***
-0,2861 (0,01)***
-0,0068 (0,02)
-0,4074 (0,02)***
0,0467 (0,02)**
0,0734 (0,03)***
0,1370 (0,65)**
0,2423 (0,10)**
-0,0147 (0,01)
-0,0264 (0,02)**
0,0696 (0,04)*
0,1306 (0,05)**
-0,1054 (0,05)**
-0,0739 (0,06)
0,0429 (0,08)
0,017 (0,12)
-1,2170 (0,17)***
-1,6862 (0,22)***
-1,8939 (0,25)***
-0,8284 (0,37)**
260
260
203
203
0,47
0,54
0,53
0,58
0,45
0,53
0,51
0,57
Spread BIP Börse
Konstante Beobachtungen 2
R
2
Adj. R
***/**/*: Signifikanzniveau 1% / 5% / 10%. Zur vereinfachten Darstellung wurden die Variablen in Volltext dargestellt.
Tabelle 5-18: Ergebnisse der Regression (DAX, SMI).
650
651
652 653
Heteroskedastizität liegt vor, wenn die Annahme konstanter Varianz verletzt ist. Als Testverfahren bieten sich unspezifische Test wie White-Test, Breusch-Pagan-Test (kein Hinweis auf Art der Heteroskedastizität) und spezifische Tests wie der Glejser-Test oder Goldfeld-Quandt-Test an (Rückschlüsse auf funktionale Form der Varianz der Störgrößen), vgl. Hackl (2005), S. 174ff. Missspezifikationen im Modell durch unberücksichtigte Regressoren oder eine fehlerhafte funktionale Form eines Regressors manifestieren sich häufig als Autokorrelation der Störgrößen, vgl. Hackl (2005), S. 192ff. Ausführlich zum White-Test etwa Gujarti (2003), S. 504ff. Ausführlich zum Durbin-Watson-Test etwa Gujarti (2003), S. 467ff.
6 Diskussion der Ergebnisse und Implikation „A statistical relationship (…) can never establish causal connections: our ideas of causation must come from (…) some theory or other.“ Kendall/Stuart654 Die von Copeland/Weston/Shastri655 bereits in Kapitel 5.6 angedeutete Problematik der Interpretation von statistischen Zusammenhängen wird mit dem obigen Zitat von Kendall/Stuart nochmals unterlegt. Vor diesem Hintergrund sollen in diesem Kapitel die Ergebnisse des vorigen Kapitels und der in Kapitel 2 und 3 dargestellten Grundlagen diskutiert sowie Handlungsempfehlungen in Hinblick auf die Akteure Kapitalmarktteilnehmer und Finanzmanagement erarbeitet werden. 6.1 Diskussion der Untersuchung 6.1.1 Überblick Zur Übersichtlichkeit beginnt das Kapitel mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der eigenen Untersuchung. Hypothese
Ergebnis der eigenen Untersuchung
H-1: Thesen zur Kapitalstruktur (Kapitel 4.4.2) H-1A
Die Eigenkapitalquote der untersuchten Unternehmen hat sich im Untersuchungszeitraum erhöht und entsprechend hat sich die Fremdkapital-Quote vermindert.
Eigenkapitalquoten (zu Buchwerten) gestiegen: +6% (DAX) bzw. +8% (SMI).
H-1B
Es existieren branchenspezifische Kapitalstrukturen, die sich im Zeitverlauf trotz Accounting-Change nicht ändern.
Eigenkapitalquoten Konsumgüter, Pharma (Technol.&Dienstleist.) über Durchschnitt, EK-Rückgang bei Chemie (Einzelhandel), EK-Steigerung bei Konsumgüter und Pharma.
H-1C
Nur Unternehmen, deren Eigenkapital-Quote zu Beginn des Untersuchungszeitraums über der durchschnittlichen Eigenkapitalquote lag, konnten diese verbessern.
Kein Zusammenhang.
H-2: Thesen zur Finanzierung (Kapitel 4.4.3) H-2A
654 655
Das Finanzierungsverhalten ändert sich und zeigt einen Rückgang der Bankkreditfinanzierung, die Struktur der Finanzverbindlichkeiten wird differenzierter.
Rückgang der Bankkreditfinanzierung: -29% (DAX) bzw. -24% (SMI), starke Präferenz von Anleihen als Fremdkapitalfinanzierungsinstrument, Differenzierungsgrad steigt +12% (DAX) bzw. +10% (SMI).
Kendall/Stuart (1961), S. 279, zitiert nach Gujarti (2003), S. 22f. Vgl. Copeland/Weston/Shastri (2005), S. 1151.
160
6 Diskussion der Ergebnisse und Implikation
H-2B
Die Fristigkeit der Fremdkapitalstruktur ändert sich über den Zeitverlauf.
Im Mittelwert Tendenz zur langfristigen Fremdfinanzierung, Streuung über die Unternehmen unterschiedlich.
H-2C
Profitable Unternehmen weisen eine differenzierte Fremdkapitalstruktur auf.
DAX: Zusammenhang in einer Bandbreite (zwischen Differenzierungsgrad 0,5 und 0,65). SMI: Tendenz erkennbar, Zusammenhang nicht so stark wie bei DAX.
H-3: Thesen zum Accounting-Change (Kapitel 4.4.4) H-3A
Die Einführung von internationalen Accounting Standards (IFRS) führt zu einer Erhöhung der Eigenkapitalquote.
Isolierung des Accounting-Changes: 64% (DAX) bzw. 50% (SMI) erhöhte Eigenkapitalquote. Erhöhung Eigenkapital (absolut): +24% (DAX), 0% (SMI), Erhöhung Eigenkapitalquote (relativ): 1% (DAX), 0% (SMI).
H-3B
Bestimmte Finanzierungsinstrumente werden infolgedessen weniger eingesetzt.
DAX: Tendenz zum Rückgang der hybriden Finanzierungsinstrumente (siehe H-2A), Erhöhung von Leasingfinanzierung.
H-3C
Internationale Accounting Standards führen zu einer Veränderung von Kennzahlen zur Bewertung.
DAX/SMI: EPS werden volatiler durch internationales Accounting, CFPS steigen gleichmäßiger und langsamer.
H-4: Thesen zu Kapitalstruktur-Determinanten (Kapitel 4.4.5) H-4A
Profitable Unternehmen finanzieren sich gem. Pecking-Order Theorie primär über die Innenfinanzierung durch Gewinnrücklagen.
DAX/SMI: Korrelation zwischen Profitabilität und Verschuldungsgrad ist negativ.
H-4B
Die Aufschwungphase der Konjunktur (Expansion) korreliert positiv mit erhöhtem Emissionsverhalten von FremdkapitalFinanzierungsinstrumenten.
Zusammenhang zwischen Spread und Emission besteht (DAX, SMI), nicht jedoch zwischen Börsenklima, Zusammenhang zum BIP nur bei SMI.
H-5: Thesen zum Ländervergleich (Kapitel 4.4.6) H-5
Zwischen Deutschland (DAX-Datensatz) und der Schweiz (SMI-Datensatz) bestehen hinsichtlich der Hypothesen 1-4 keine Unterschiede.
H-1: SMI weisen höhere Eigenkapitalquote und höhere Steigerung auf, H-2: SMI haben Präferenz von hybriden Finanzierungsinstrumenten, H-3: Keine Accounting-Change Auswirkungen bei Umstellung von Swiss GAAP FER, H-4: BIP signifikant für Fremdkapitalemission in der Schweiz.
Tabelle 6-1: Überblick der eigenen Ergebnisse. 6.1.2 Kapitalstruktur (H1) Die Ergebnisse haben gezeigt, dass sich der Einfluss des regulatorischen Umfelds in der Unternehmensfinanzierung niedergeschlagen hat. Kennzeichen des Strukturwandels von einem bankbasierten zu einem kapitalmarktbasierten Finanzsystem sind die erhöhten Eigenkapitalquoten. Die Ergebnisse sowohl zu Markt- als auch zu Buchwerten (balancierter und unbalancierter Datensatz) lassen die Aussage zu, dass die Eigenkapitalquote in Deutschland und der Schweiz über den Zeitraum 1995 bis 2006 bei den untersuchten börsennotierten Unternehmen gestiegen ist. Diese Veränderung der Un-
6 Diskussion der Untersuchung
161
ternehmensfinanzierung scheint aufgrund des umfassenden Untersuchungszeitraums von 12 Geschäftsjahren kein Zyklus, sondern ein Trend zu sein, der sich fortsetzen wird. Ergebnis der Hypothese H-1A: Die mittlere Eigenkapitalquote der untersuchten Unternehmen hat sich im Zeitraum 1995 bis 2006 um 6% (DAX) bzw. 8% (SMI) erhöht. Die Eigenkapitalquoten zu Marktwerten erscheinen verzerrt, da sie der Volatilität der Eigenkapitalmärkte ausgesetzt sind. Bis auf die zwei Ausnahmen (SAP, Altana) weisen deutsche Blue Chips deutlich niedrigere Eigenkapitalquoten als Schweizer Blue Chips auf. Da jeweils in beiden Ländern die Quoten angestiegen sind, hat sich der Abstand nicht verringert, so das SMI-Unternehmen weiterhin einen komparativen Wettbewerbsvorteil hinsichtlich ihrer Eigenkapitalquote aufweisen. Worin besteht der Wettbewerbsvorteil bzw. die positive Auswirkung? Erhöhte Eigenkapitalquoten helfen den Unternehmen, auch in schwachen Konjunkturzyklen eine gute Ausgangsposition zu haben. Belastend für die Aussagekraft der Eigenkapitalquote erweist sich allerdings die Existenz zahlreicher verdeckter Wahlrechte in IFRS, die nur unzureichend durch Analysten und Jahresabschlussleser eingeschätzt werden können.656 Von Interesse war zudem, ob branchenspezifische Kapitalstrukturquoten existieren. Immerhin wird in der Literatur postuliert, dass Unternehmen versuchen ihre Finanzstruktur den Durchschnittsstrukturen der Branchen anzupassen.657 Ergebnis der Hypothese H-1B: Es existieren branchenspezifische Kapitalstrukturen, die sich im Zeitverlauf auch verändern. Wie vermutet, zeigen die Ergebnisse, dass in beiden Ländern dieselben Branchen überdurchschnittliche Eigenkapitalquoten aufweisen: Konsumgüter und Pharma. Offensichtlich sind dies Unternehmen, die vom konjunkturellen und regulatorischen Umfeld profitieren konnten. Dass bei Technologie & Dienstleistung nur in Deutschland überdurchschnittliche Eigenkapitalquoten zu erkennen sind, liegt möglicherweise daran, dass der SMI-Datensatz mit Swisscom nur über ein Unternehmen dieser Branche verfügt. Konsumgüter und Pharma erhöhten zudem ihre Eigenkapitalquote im Zeitverlauf. Ein Zusammenhang mit dem Accounting-Change ist nicht auszuschließen, da in diesen Branchen selbstgeschaffene immaterielle Güter (Patente, Lizenzen) durch IFRS aktiviert werden dürfen und sich somit positive Eigenkapitaleffekte ergeben. Allerdings spricht gegen diese Interpretation, dass in beiden Ländern bei der Chemie-Branche ein Rückgang zu verzeichnen ist, obwohl diese Industrie über ähnliche Aktiva verfügt. 656 657
Vgl. Kirsch (2007), S. 208. Vgl. Drukarczyk/Honold (1999), S. 343.
162
6 Diskussion der Ergebnisse und Implikation
Ergebnis der Hypothese H-1C: Sowohl Unternehmen, deren Eigenkapital-Quote zu Beginn des Untersuchungszeitraums über der durchschnittlichen Eigenkapitalquote lag, als auch vice versa, konnten diese verbessern. Allerdings konnte die Hypothese H-1C für die untersuchten Unternehmen nicht nachgewiesen werden. Offensichtlich besteht kein nachweisbarer Zusammenhang zwischen überdurchschnittlichen Eigenkapitalquoten der Vergangenheit und heutiger Position im Ranking der Eigenkapitalquoten. Diese Interpretation wird auch dadurch gestützt, dass dies sowohl für den DAX- als auch den SMI-Datensatz gilt. Wenn tatsächlich die Werte der Vergangenheit keinen sehr hohen Einfluss auf zukünftige Kapitalstrukturen zu haben, bieten statische (vertikale) Bilanzkennzahlen keine Basis für eine langfristige Einschätzung der Eigenkapitalausstattung. Gleichzeitig heißt dies, auch Unternehmen mit hoher Verschuldung können in der Zukunft durchaus hohe Eigenkapitalquoten aufweisen. Die früher postulierte These der notwendigen Einhaltung von „Bilanzrelationen“ ist demnach überholt.658 6.1.3 Finanzierung (H2) Anschließend an die Ergebnisse der Kapitalstruktur stellt sich die Frage, worauf der Anstieg der Eigenkapitalquote zurückzuführen ist. Die Analyse führt zu zwei Aussagen: Erstens ist dies auf erhöhte Gewinne zurückzuführen, insbesondere in der Schweiz. Zweitens scheint der Accounting-Change einen – teilweise positiven – Einfluss hierauf zu haben. Letzterer Effekt wird im nachfolgenden Abschnitt thematisiert. Zunächst sollen die Finanzierungsaspekte betrachtet werden. Dass die Gewinne gestiegen und in die Kapitalrücklage eingegangen sind, ist aufgrund der guten Konjunktur zu der Exportnachfrage stimmig.659 Die Ergebnisse der detaillierten Kapitalstrukturanalyse (Kapitel 5.4) haben zudem gezeigt, dass die Gewinnrücklagen in beiden Ländern gestiegen sind. Da dieser Anstieg in der Schweiz höher war als in Deutschland, stützt dies die Ergebnisse der in der Schweiz stärker angestiegenen Eigenkapitalquoten. Offensichtlich neigen Schweizer Unternehmen eher dazu, Investitionen über die Innenfinanzierung durchzuführen. Innerhalb der Fremdfinanzierung kann ein starker Wandel des präferierten Finanzierungsinstruments konstatiert werden. Wiederum wird man auf den Zusammenhang mit der Veränderung des regulatorischen Umfeldes aufmerksam. In einem kapitalmarktorientierten Finanzsystem wird das Angebot an Finanzierungsinstrumenten differenzierter. Allgemein wurde erwartet, dass die Strukturen der Bankkreditfinanzierung aufbrechen und ein Rückgang zu verzeichnen ist. Tatsächlich zeigt sich sehr klar ein Rückgang dieses Finanzierungsinstruments 658 659
Vgl. Drukarczyk (2003), S. 64. Die Steigerung der Gewinne und Renditen von DAX-30-Konzernen ist überdurchschnittlich hoch verglichen mit kleineren börsennotierten Unternehmen, vgl. o.V. (2008a).
6 Diskussion der Untersuchung
163
in beiden Ländern. Dabei war zu erkennen, dass sich börsennotierte Unternehmen zu Beginn des Untersuchungszeitraums primär (> 50%) von Bankkrediten als Fremdkapitalfinanzierungsinstrument bedient hatten. Die Möglichkeit zur Kapitalerhöhung und Rücklagenbildung haben die Unternehmen offensichtlich genutzt, um die Eigenkapitalquote zu erhöhen. Daneben haben sie auch auf das differenzierte Angebot an Finanzierungsinstrumenten zurückgegriffen. Ergebnis der Hypothese H-2A: Das Finanzierungsverhalten hat sich geändert und zeigt einen Rückgang der Bankkreditfinanzierung um 29% (DAX) bzw. 24% (SMI). Da der externe Finanzierungsbedarf nach wie vor vorhanden ist und die Eigenkapitalfinanzierung keine vollständige Substitution darstellen kann, werden entsprechend andere/mehr Finanzierungsinstrumente eingesetzt. Dieser in Kapitel 5.4 als Differenzierungsgrad bezeichnete Effekt tritt tatsächlich in beiden Ländern auf. Die Ergebnisse zeigen, dass sich SMI-Unternehmen heute vielfältiger finanzieren als DAX-Unternehmen (vgl. Tabelle 5-13). In beiden Ländern sind aber auch ähnliche Entwicklungstendenzen zu beobachten. Die primäre Fremdfinanzierungsquelle sowohl für DAX als auch für SMIUnternehmen stellen im Jahr 2006 Anleihen (inkl. Schuldscheindarlehen) dar.660 Interessanterweise ist der Anteil der Bankkredite am Finanzierungsvolumen in der Schweiz höher als in Deutschland. Demgegenüber sind hybride Finanzierungsinstrumente bei SMI-Unternehmen stärker eingesetzt. Die spezifischen Vorteile von Options-/Wandelanleihen (vgl. Kapitel 3.3.4.5) werden offensichtlich eher geschätzt als in Deutschland. Möglicherweise besteht hier ein Zusammenhang mit der höheren Eigenkapitalquote: in der Vergangenheit emittierte hybride Finanzierungsinstrumente stellen einen potenziellen Anteil am Eigenkapital in der Zukunft dar. Es ist für das emittierende Unternehmen eben eine Option für zukünftig höheres Eigenkapital. Auch wenn dies vielleicht wie eine vorausschauende Finanzierungsstrategie aussieht, ist sich die Literatur darüber einig, dass convertibles keinen free lunch darstellen und somit nicht „günstig“ sind.661 Der Rückgang an hybriden Finanzierungsinstrumenten („Knick“ in 2004/2005) in Deutschland ist vermutlich auf die nachteilige Bilanzierung von Genussscheinen im Vergleich zum HGB-Accounting zurückzuführen. Dies ist eine wichtige Erkenntnis für den folgenden Accounting-Change Abschnitt.
660 661
Zum Anstieg der Corporate Bonds ebenso Rudolf (2005), S. 15f. Dieser Aspekt wurde von Drobetz/Grüninger/Wöhle (2006) in einer Fragebogenuntersuchung analysiert.
164
6 Diskussion der Ergebnisse und Implikation
Neben der Emission am Kapitalmarkt ist auch die Aufnahme am Geldmarkt über Commercial Papers – deren Einsatz besonders bei SMI-Unternehmen (Adecco, Nestlé, Synthes, Givaudan, Novartis) gestiegen ist – ein wichtiges Finanzierungsinstrument. Die rollierende Ersetzung der CP-Programme hat zwei Vorteile. Erstens können günstige Zinszyklen ausgenutzt werden, durch die Tranchierung muss das Programm aber nicht in Anspruch genommen werden. Den komparativen Kostenvorteil gegenüber Bankkrediten sehen auch deutsche börsennotierte Unternehmen wie BMW und setzen verstärkt CPs ein.662 Zweitens ist keine Abhängigkeit gegenüber einem Kreditinstitut gegeben. Diesen Vorteilen stehen jedoch auch Nachteile gegenüber, die in der Fristigkeit der Finanzierung weiter unten diskutiert werden. Leasing und ABS sind als Spezialfinanzierungen anzusehen. Während in bestimmten Branchen Leasing durchaus eine gewisse Größenordnung erlangt (Luftfahrt: Lufthansa), scheint ABS weiterhin eine Nischenfinanzierung darzustellen.663 Dies widerspricht damit den oftmals postulierten Thesen, „alternative Finanzierungsformen“ werden immer stärker eingesetzt.664 Im Ergebnis ist der Bankkredit durch verschiedene Instrumente subsituiert worden.665 Dadurch ergeben sich zwei Implikationen: x Zwar ist die Abhängigkeit von den Banken in dem Sinne vermindert, als dass geringere Kreditbeziehungen vorhanden sind. Jedoch handeln Banken nicht altruistisch: Aufgrund sinkender Erträge durch das Zinsmargengeschäft (klassisches Commercial Banking) sind sie daran interessiert, Dienstleistungen zu verkaufen (Investment Banking)666. Die einmaligen und fortlaufenden, direkten und indirekten Transaktionskosten der beschriebenen Finanzierungsinstrumente sind meist höher als beim Bankkredit. x Zudem entstehen neue Abhängigkeiten, vor allem von Rating-Agenturen, die regelmäßig „Credit Stories“ und relevante Informationen zum Unternehmen fordern.667 Aus Unternehmensperspektive kann dies neue Kosten mit sich bringen. Für die börsennotierten Unternehmen ist die Administration jedoch eine lösbare Herausforderung. Aus ökonomischer Sicht hat dies zudem den Vorteil einer weiteren Informationseffizienz auf den Kapitalmärkten. Das Finanzmanagement und das Debt Management sind genau deshalb nicht irrelevant (wie es in einer MM-Modellwelt der Fall wäre). Es besteht die Schwierigkeit darin, 662 663 664 665
666 667
Vgl. Wittig (2006), S. 10. Bei BMW etwa sind ABS-Finanzierungen stark zurückgegangen, hierzu auch Wittig (2006), S. 10. Etwa bei Rudolf (2005), S. 181. Allerdings ist bei der Interpretation zu beachten, dass die Analyse von ex post Finanzierungstrukturen keine Einschätzung darüber erlaubt, ob Unternehmen keine Fremdmittel erhalten oder diese nicht wollen bzw. nicht benötigen. Vgl. Ramb (1998), Abschnitt 4.2.1. Vgl. Kapitel 3.3.3.1. Hinweise zum „Finanzierungsbuch“ etwa bei Grunow/Figgener (2006), S 370ff.
6 Diskussion der Untersuchung
165
den optimalen Mix der Instrumente zu finden. Die zahlreichen Instrumente, die zur Verfügung stehen, unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich der in Kapitel 3.2 gezeigten Eigenschaften. Sie variieren auch bezüglich ihrer Accounting- und Signalfunktion. Welches Finanzierungsinstrument nun geeignet ist, lässt sich deshalb nicht generell beantworten. Ein Ansatz wäre das von Franke/Hax postulierte Konzept der effizienten Verträge, das einen Vergleich von Kontraktbedingungen erfordert (ähnlich der Dimensionen in Kapitel 3.2.1). Es ist jedoch limitiert auf zwei Instrumente und dementsprechend eingeschränkt sind Aussagen abzuleiten.668 Aus Abbildung 5-12 ergibt sich zudem ein interessanter Aspekt in Bezug auf den Differenzierungsgrad. Zwar weisen Unternehmen mit höherem Differenzierungsgrad ein höheres Ergebniswachstum auf, dies sinkt jedoch auf der letzten Stufe wieder. Auch wenn dieser Zusammenhang nur exemplarisch dargestellt ist, so scheinen Unternehmen durchaus eine einfache Kapitalstruktur zu bevorzugen.669 Zudem sind auf Unternehmensebene ganz unterschiedliche Gestaltungen der Kapitalstruktur zu beobachten: Neben den branchenspezifischen Aspekten gibt es Unternehmen, die viel Fremdkapital benötigen (DaimlerChrysler, RWE, ABB, Clariant) und andere mit hohem Eigenkapital (SAP, Richemont, Synthes). Diese Unterschiedlichkeit zeigt sich auch in der Fristigkeitsstruktur des Fremdkapitals (vgl. Kapitel 5.4). Diese Hypothese ist eng mit der Auswahl der Finanzierungsinstrumente verknüpft. Irrelevant ist die Fristigkeit – wie es im MM-Theorem mit vollkommenen Kapitalmarkt der Fall wäre – in der Realität nicht: Kapitalkosten spielen eine Rolle, die Zinssätze sind unterschiedlich und entsprechend ist eine fristenkongruente Finanzierung notwendig. Ergebnis der Hypothese H-2B: Die Fristigkeit der Fremdkapitalstruktur hat sich im Untersuchungszeitraum unterschiedlich entwickelt, einige Unternehmen finanzieren sich eher kurzfristiger, andere eher langfristiger. Auch wenn die Kapitalstruktur im Mittel langfristiger wurde, hat sich durch Substitution mit Commercial Papers teilweise eine kurzfristige Struktur bei den Finanzverbindlichkeiten entwickelt. Damit sind die Finanzierungskosten auch zunehmend von der Zinsstruktur abhängig. Liquiditätsengpässe und schwierige Kapitalmarktzyklen beeinflussen damit zunehmend die Unternehmensfinanzierung. Es stellt sich die Frage, ob ein Refinanzierungsrisiko besteht. Dieses kann sowohl das Misslingen einer Anschlussfinanzierung sein als auch das Risiko, bei der Anschlussfinanzierung einem Zinsexposure ausgesetzt zu sein.670 Objektiv betrachtet besteht allerdings nur eine geringe Gefahr einer zu hohen Abhängigkeit, da nur ein geringer 668 669 670
Vgl. Franke/Hax (1999), S. 553. Hierzu auch Copeland/Weston/Shastri (2007), S. 767. Vgl. Franke/Hax (1999), S. 506.
166
6 Diskussion der Ergebnisse und Implikation
Anteil an der Gesamtfinanzierung aller Unternehmen durch kurzfristige Commercial Papers besteht. Nicht analysiert wurde, ob sich die vereinbarten Kreditrahmen ebenfalls erhöht oder vermindert haben. Schließlich erscheinen nur tatsächlich verwendete, jedoch nicht zugesicherte Kreditlinien in der Bilanz. Dies hat letztlich auch Auswirkungen auf die Kapitalkosten, da meist eine Gebühr auf den ungenutzten Teil der Kreditlinie erhoben wird.671 Im Grunde stellt diese Möglichkeit ein Recht dar, kündbares Fremdkapital an die Bank zu verkaufen, eingeschlossen ist dabei die Option auf den Spread.672 Ergebnis der Hypothese H-2C: In einer bestimmten Bandbreite scheint sich der Differenzierungsgrad positiv auf die Profitabilität auszuwirken. Grundsätzlich könnten sich Investoren und Gläubiger fragen, welchen Einfluss die Finanzierung auf Erträge hat. Wie die meisten Ergebnisse, ist dieser Zusammenhang mit der Frage nach der Kausalität zu beurteilen: ist es das differenzierte Finanzierungsverhalten, das sich positiv auswirkt (H-2C), oder wirkt sich die Profitabilität auf die Wahl der Finanzierungsinstrumente aus (wie nachfolgend in H-5A gezeigt). Zu beachten ist auch die Größe der Netto-Finanzverbindlichkeiten, die eine wichtige Kennzahl für Investoren, Analysten und Ratingagenturen darstellt. Die NettoFinanzverbindlichkeiten werden auch im Finanzmanagement zur Steuerung und Kontrolle des Schuldenmanagements (Debt Management) herangezogen. Deshalb ist der Mix der Finanzierungsinstrumente unter einem holistischen Aspekt zu betrachten. 6.1.4 Accounting-Change (H3) Ausgegangen wurde eingangs von den erhöhten Eigenkapitalquoten. Ein weiterer Aspekt des Anstiegs ist, dass der Accounting-Change offensichtlich einen positiven Einfluss auf die absolute Eigenkapitalhöhe hat. Die theoretischen Erwartungen eines erhöhten Eigenkapitals (absolut) sind nachzuweisen. Internationale AccountingStandards verändern aber auch die Höhe des Gesamtkapitals, deshalb war es notwendig auch die Fremdkapitalseite zu untersuchen. Diese ist nicht konstant geblieben sondern hat sich ebenfalls geändert. IFRS-Accounting führt auf der Passivseite zu einem höheren Fremdkapital: x Beim Leasingnehmer: Die Kriterien für das Vorliegen eines Finance Leasing sind nach IAS 17 deutlich weiter gefasst als nach deutschen (vom Steuerrecht bestimmten) Vorschriften. Zudem geht der Barwert der Leasingverpflichtungen in das Fremdkapital ein.
671 672
I.d.R. ¼%. Vgl. Copeland/Weston/Shastri (2007), S. 776.
6 Diskussion der Untersuchung
167
x Bei hybriden Finanzierungsinstrumenten: Im Gegensatz zum HGB-Accounting erfolgt bei Genussscheinen nur Ansatz im Fremdkapital. x Zudem gibt es weitere Effekte, wie die Bewertung von Pensionsrückstellungen, die Abgrenzung passiver latenter Steuern sowie derivative Finanzierungsinstrumente. Gleichzeitig führt IFRS auch zu niedrigerem Fremdkapital durch die verminderte Rückstellungbildung. Entsprechend zeigt sich in der eigenen Untersuchung, dass Prognosen über die Richtung der Eigenkapitalquotenveränderung und anderer vertikaler Bilanzkennzahlen differenziert erfolgen sollten.673 Obwohl die Mehrheit der untersuchten DAX Unternehmen einen positiven Eigenkapitaleffekt aufweist (64%), erscheinen die Einmaleffekte aus der IFRS-Einführung im Mittelwert über alle analysierten Unternehmen relativ gering (1%). Aufgrund der geringen Anzahl der Accounting-Changes sind die SMI-Ergebnisse nicht repräsentativ. Ergebnis der Hypothese H-3A: Die Einführung von internationalen Accounting Standards (IFRS) führt in Deutschland bei 64% der untersuchten Unternehmen zu einer Erhöhung der Eigenkapitalquote, im arithmetischen Mittel sind die relativen Effekte jedoch gering. Bezogen auf die Eigenkapitalquote sind die Ergebnisse branchenspezifisch. In Tabelle 5-15 wurde gezeigt, dass vor allem Unternehmen der Automobilbranche (BMW, VW) von einer Umstellung profitierten und durchaus bei Isolierung des AccountingChanges eine Erhöhung der Eigenkapitalquote im Mittelwert um 7%-Punkte erreichen. Die Luftfahrt (Lufthansa) verzeichnet dagegen eine niedrigere Eigenkapitalquote. Insgesamt sind die Effekte jedoch gering. Ein möglicher Grund, dass der Accounting-Change bei einigen Unternehmen nur einen geringen Eigenkapitaleffekt hervorbringt, lässt sich durch Wahlrechte im nationalen Accounting Regime erklären. Sie haben in Hinblick auf die Außenwirkung des Accounting-Changes die Bilanzierung im Rahmen der Wahlmöglichkeiten so gestaltet, dass sich die Effekte bei diesen Unternehmen minimal auswirken. Es würde den rationalen Investor beunruhigen, wenn ökonomisch gleiche Sachverhalte aufgrund von Accounting Standards unterschiedlich dargestellt werden. So hat BASF den Jahresabschluss bis 2004 nach den Vorschriften des ehemaligen deutschen Accounting Regimes (HGB, AktG sowie der vom Deutschen Standardisierungsrat aufgestellten Rechnungslegungsgrundsätze) durchgeführt und bei den Wahlrechten bereits im Vorfeld die IFRS soweit wie möglich berücksichtigt. Diese Vorgehensweise ist insofern kritisch zu sehen, da sie es unmöglich macht, den Accounting-Change direkt zu isolieren.
673
Vgl. Kirsch (2007), S. 96.
168
6 Diskussion der Ergebnisse und Implikation
Ergebnis der Hypothese H-3B: Bestimmte Finanzierungsinstrumente werden infolgedessen weniger eingesetzt. Es war festzustellen, dass Unternehmen nach einem Accounting-Change hybride Finanzierungsinstrumente in etwas geringerem Masse einsetzen, Leasing jedoch eher mehr eingesetzt wird. Im Falle von Genussscheinen, wie im deskriptiven Teil gezeigt, würde es sinnvoll sein, wenn das Management im Falle einer Bilanzierung im Fremdkapital auf andere Finanzierungsinstrumente ausweicht, die den Fremdkapitalanteil nicht erhöhen. Auch hier ist anzunehmen, dass dieser Effekt vom Finanzmanagement antizipiert wird und frühzeitig Finanzierungsalternativen sondiert werden. Deshalb führt in diesem Fall eine isolierte, zeitpunktbezogene Betrachtung zu keinem Ergebnis. Vielmehr sind die Ergebnisse im Kontext der Finanzierungsanalyse (H-2A) zu sehen. Hier zeigt sich tatsächlich in den letzten Jahren ein Einbruch („Knick“) bei den hybriden Finanzierungsinstrumenten. Eine Interpretation für dieses Verhalten ist, dass Anleihen als Substitute eingesetzt werden. Da dies nicht sofort geschehen kann, wirken sich die Effekte auch nur allmählich aus. Allerdings wäre es auch möglich, dass Genussscheine durch neu ausgestaltete Options- und Wandelanleihen ersetzt werden. Bei der Finanzierung über Leasing gibt es möglicherweise keine Alternativen, so dass trotz Accounting-Change eine Zunahme der Verwendung (auf niedrigem Niveau für Spezialfinanzierung) stattfindet. Kritisch sind – im Einklang mit Ergebnissen von Küting/Zwirner – die Auswirkungen der fair value Bewertung auf die Finanzierungsinstrumente und das IFRS-Bilanzbild zu sehen. Die vorgestellten Ergebnisse lassen darauf schließen, dass diese Effekte zumindest bei originären Finanzierungsinstrumenten einen weitaus geringeren Einfluss haben als in der theoretischen Diskussion prognostiziert.674 Ein positiver Aspekt betrifft die Transparenz der Finanzierungsgestaltung. Die Arbeit hat gezeigt, dass objektiv eine signifikante Verbesserung des Informationsstandes an externe Adressaten durch die Einführung von IFRS eingetreten ist. Vergleicht man DAX/SMI Jahresabschlüsse aus dem Zeitraum 1995 mit einem Jahresabschluss von 2006 im Hinblick auf Informationen zur Finanzierungsstruktur, lässt sich die eindeutige Aussage treffen, dass externe Adressaten im Jahr 2006 Informationen einer deutlich detaillierten Granularität erhalten. Im Gegensatz zum kontinentaleuropäischen Accounting reicht eine kurze Angabe im Anhang nicht aus, es sind viel umfangreichere Angaben notwendig.675 Ergebnis der Hypothese H-3C: Internationale Accounting Standards führen zu einer Veränderung von Kennzahlen zur Bewertung.
674 675
Vgl. Küting/Zwirner (2007). Vgl. Leibfried (2007), S.124f.
6 Diskussion der Untersuchung
169
Unternehmerische Entscheidungen werden anhand standardisierter Bewertungsmaßstäbe über einen Vergleich bestimmter Messgrößen (Kennzahlen der Finanzanalyse vgl. 2.1.3) getroffen. Eine typische Kennzahl der Gewinnentwicklung sind die Periodenüberschüsse (Ergebnis) je Aktie (EPS).676 Einhergehend mit den Effekten auf die Kapitalstruktur spiegelt sich der AccountingChange auch in den Gewinngrößen wieder. Die Ergebnisse zeigen einen starken Anstieg der EPS, aber nur einen geringen Anstieg der Cash-flows. Dies ist auch das IFRS Accounting zurückführen. Das hat zur Folge, dass durch den Accounting-Change auch bekannte Bewertungsmaßstäbe angepasst werden sollten. In der Literatur werden als Alternative Cash-flow basierte Größen diskutiert, wie sie auch in der finanzwirtschaftlichen Analyse genutzt werden.677 Diese bieten den Vorteil, nicht durch Ab- und Zuschreibungen bzw. Rückstellungen beeinflusst zu werden und im internationalen Vergleich aussagekräftiger zu sein.678 Pellens et al. schlagen vor, historische Vergleichsmaßstäbe an die neuen Ergebnisniveaus anzupassen. Somit bieten sich Cash-flows Größen als langfristig orientierte Ertragsindikatoren an, bis ausreichend Zeitreihen von vergleichbaren IFRS-Abschlüssen vorliegen.679 6.1.5 Kapitalstruktur-Determinanten (H4) Die Wahl der Kapitalstruktur und die damit implizierten Finanzierungsinstrumente werden von zahlreichen Determinanten beeinflusst. Die erwarteten Richtungen der Koeffizienten zeigt Tabelle 6-2. Erwartete Richtung
Ergebnis DAX
Ergebnis SMI
Anlageintensität
(+) TOT / (-) AT
-
+
Profitabilität
(+) TOT/ (-) POT, AT
-
-
Unternehmensgröße
(+) TOT / (+) POT
+/-
+/-
Wachstum
(+) POT / (-) TOT
-
-
Zinszyklus (Spread)
(+) MT
+
+
Konjunkturzyklus (BIP)
(+) MT
n.s.
+
Börsenzyklus
(-) MT
n.s.
n.s.
TOT: Trade-Off Theorie, POT: Pecking Order Theorie, MT: Market Timing Theorie, AT: Agency-Theorie, n.s.: nicht signifikant.
Tabelle 6-2: Erwartete Richtung der Koeffizienten. 676
677 678
679
EPS wird berechnet, indem das Periodenergebnis des Unternehmens in Verhältnis zur Anzahl der ausstehenden Aktien gesetzt wird. Vgl. Pellens et al. (2008b), S. 142. Zum Mass des Kurs-Cash flow Verhältnis als verbesserte Grundlage für die Wertpapieranalyse: Perridon/Steiner (2007), S. 216. Dabei wird explizit auf die Kompensation der Accounting Standards durch Cash-flow Kennzahlen eingegangen. Vgl. Pellens et al. (2008b), S. 145. Zu den Grenzen der Aussagefähigkeit von Cash-flow Größen Pellens et al. (2008b), S. 142.
170
6 Diskussion der Ergebnisse und Implikation
Die empirische Untersuchung hat zu weiterführenden Erkenntnissen geführt. Vor allem die Profitabilität und der Spread sind gemeinsame Determinanten des Verschuldungsgrades. Die erwartete Richtung wird im Folgenden mit den Ergebnissen der eigenen Untersuchung verglichen. Ergebnis der Hypothese H-4A: Der Verschuldungsgrad scheint sich durch die Profitabilität zu bestimmen, die Pecking-Order Theorie ist ein Erklärungsansatz. Ein sehr eindeutiges Ergebnis der Regressionsanalyse ist der negative, hohe Koeffizient der Profitabilität für beide Länder. Dieses Ergebnis lässt sich durch die PeckingOrder Theorie erklären. Je profitabler ein Unternehmen ist, desto eher können sie ihren Finanzierungsbedarf durch die Innenfinanzierung abdecken. Entsprechend der in Abbildung 2-6 gezeigten Reihenfolge emittieren sie bei der Aussenfinanzierung zunächst Fremdkapital, so dass ein negativer Zusammenhang zur Verschuldungsvariable besteht. Das Ergebnis für die Schweiz ist konsistent mit dem Ergebnis von Gaud et al.680 Rajan/Zingales hatten in ihrer Untersuchung einzig für Deutschland einen positiven Effekt festgestellt.681 Da die Untersuchung aus dem Jahr 1995 stammte und die Ergebnisse in Kapitel 5.3 den Wandel der Unternehmensfinanzierung seit 1995 aufzeigten, ist anzunehmen, dass sich das Finanzierungsverhalten entsprechend verändert hat. Ebenso eine klare Aussage lässt sich zur Richtung des Wachstums machen. Unternehmen mit hohem Market-to-Book Verhältnis weisen geringere Verschuldungsgrade auf als solche mit niedrigem Market-to-Book Verhältnis. Dieses Ergebnis ist ebenfalls konsistent mit bisherigen Untersuchungen.682 Die Anlageintensität ist im DAX-Datensatz negativ, im SMI-Datensatz positiv mit dem Verschuldungsgrad korreliert. Hier bestehen offensichtlich länderspezifische Unterschiede. Der positive Zusammenhang in der Schweiz unterstützt die Trade-Off Theorie, der negative Zusammenhang die Thesen der Pecking-Order Theorie. Im Gegensatz zu anderen Studien ist der Zusammenhang zwischen der Unternehmensgröße und der Verschuldung unklar. Dies kann am Datensatz liegen, der ausschließlich die homogene Gruppe der großen börsennotierten Unternehmen umfasst. Dennoch variieren die Umsätze auch zwischen diesen Unternehmen, allerdings naturgemäß nicht so stark wie es bei einem Datensatz mit sehr kleinen und börsennotierten Unternehmen der Fall wäre. Dass in der Schweiz die Signifikanz nicht immer zutrifft, ist konsistent mit bestehenden Studien.683 680
Vgl. Gaud et al. (2005), S. 60f. Vgl. Rajan/Zingales (1995), S. 1454. Für die USA wurde ein negativer Koeffizient (-0,41) festgestellt. 682 Einen sehr starken Zusammenhang etwa bei Drobetz/Fix (2003), S. 24. Demgegenüber zeigen Gaud et al. (2005), S. 63, dass nur bei Marktwerten eine Signifikanz besteht, wie dies hier auch der Fall ist. 683 Vgl. Drobetz/Fix (2003), S. 21. 681
6 Diskussion der Untersuchung
171
Ergebnis der Hypothese H-4B: Ein positiver Zusammenhang zwischen Spread und Fremdkapitalemission besteht in beiden Ländern. Von den makroökonomischen Variablen ist der Spread offensichtlich das dominante Entscheidungskriterium für die Verschuldung. Er hängt positiv mit der Fremdkapitalaufnahme zusammen. Wird der Spread als Konjunkturindikator interpretiert, wird in einer Expansionsphase der Wirtschaft vermehrt Fremdkapital aufgenommen. Unternehmen werden dann vermehrt kurzfristiges Kapital aufnehmen, wenn die langfristigen Zinsen viel höher sind als die kurzfristigen. Somit ersetzen sie langfristiges Fremdkapital rollierend z.B. durch Commercial Papers. Die Interpretation der weiteren Indikatoren für den Konjunkturzyklus ist problematisch. Einerseits zeigt sich in der Schweiz, dass Wirtschaftswachstum (BIP) positiv mit der Fremdkapitalemission korreliert. Insofern scheinen sich SMI-Unternehmen durchaus von der Erwartung des Wirtschaftswachstums leiten zu lassen und Fremdkapital aufzunehmen. Für DAX-Unternehmen gilt dies jedoch nicht, jedenfalls sind die Werte für den Verschuldungsgrad bei Buchwerten nicht signifikant. Weiterhin ist die Richtung entgegengesetzt: sie würden demnach eher Eigenkapital emittieren. Entsprechend scheint die Determinante BIP eher für SMI-Unternehmen zu gelten. Die allgemeine Kapitalmarktstimmung an der Börse scheint in beiden Ländern keinen Effekt auf die Emission von Fremdkapital zu haben. Im Rahmen der Untersuchung wurde mit verschiedenen Proxys und Lags über ein Jahr gearbeitet, eine eindeutige Signifikanz konnte nie nachgewiesen werden. Möglicherweise ist dies – trotz eines Wandels – noch ein Hinweis auf den Unterschied zwischen kapitalmarktorientiertem System in den USA und dem eher kontinentaleuropäischen. Denn Korajczyk/Levy weisen auf hohe Eigenkapitalemissionen in „hot equity markets“ hin.684 Wie bereits in Kapitel 4.2.2.2 thematisiert, konnte Hermanns diesen Effekt für Eigenkapital in Deutschland nicht nachweisen.685 Dies würde zur Aussage führen, dass sich Schweizer und deutsche Finanzmanager bei der Emission von Finanzierungstiteln nicht von der Kapitalmarktstimmung beeinflussen lassen, was auch Drobetz/Pensa/Wanzenried in der Fragebogenuntersuchung feststellen.686 6.1.6 Ländervergleich (H5) Die Ausführungen zu den jeweiligen Hypothesen haben gezeigt, dass durchaus länderspezifische Unterschiede existieren. Durch die frühe Antizipation internationaler Ac-
684 685 686
Korajczyk/Levy (2003), S. 80. Vgl. Hermanns (2006). Allerdings auch kritisch anmerkend Drobetz/Pensa/Wanzenried (2006), S. 275.
172
6 Diskussion der Ergebnisse und Implikation
counting Standards hat sich die Schweiz viel früher investororientierten Maßstäben anpassen müssen. Ergebnis der Hypothese H-5: Beide Ländern unterscheiden sich in einigen Punkten bei der Unternehmensfinanzierung. Dies zeigt sich in den Ergebnissen: Deutschland und die Schweiz finanzieren sich nicht gleich. Zwischen den Ländern bestehen unterschiedliche Kapitalstrukturen, Schweizer Blue Chips verfügen über wesentlich höhere Eigenkapitalquoten. Diese sind auch Ausdruck vergangener Erträge und Verluste, die sich in den Bilanzen der jeweiligen Unternehmen spiegeln. Dennoch zeigen sich Ähnlichkeiten im Finanzierungsverhalten, was der Rückgang der Bankkreditfinanzierung und die Präferenz für Anleihen beweist. Auch bezüglich des Differenzierungsgrads ergeben sich Gemeinsamkeiten. Das System einer Zinsschranke in Deutschland könnte die zukünftige Fremdkapitalemission wesentlich beeinflussen und für zukünftige Unterschiede zwischen den Ländern sorgen. In Deutschland ist ein Rückgang beim Einsatz hybrider Finanzierungsinstrumente zu erkennen, während Schweizer Unternehmen offensichtlich eine Präferenz für hybride Finanzierungsinstrumente aufweisen, möglicherweise bedingt durch den AccountingChange. Die Stichprobe zeigt, dass keine wesentlichen Accounting-Change Auswirkungen bei Umstellung von Swiss GAAP FER auftreten.687 In beiden Ländern scheint die Pecking-Order Theorie bezüglich des Zusammenhangs zwischen Profitabilität und Verschuldungsgrad zu gelten. Dies gilt ebenso für die positive Richtung der Korrelation zwischen Spread und Verschuldung. Als Unterschied scheint in der Schweiz nicht nur der Spread, sondern auch das BIP-Wachstum signifikant für die Fremdkapitalemission zu sein.
687
Aufgrund des geringen Datensatzes ist nur eine exemplarische Aussage möglich.
6 Implikationen
173
6.2 Implikationen 6.2.1 Finanzanalyse In der empirisch-statistischen Bilanzforschung kommen Baetge/Kirsch/Thiele zu dem Ergebnis, dass für den Außenstehenden aus der Bilanz entscheidungsrelevante, brauchbare Informationen zu gewinnen sind. Besonders der Trend des Abwärtsdrifts eines Unternehmens kann ein externer Analyst hieraus recht klar erkennen. Dabei wird regelmäßig auf die Eigenkapitalquote, Eigenkapitalrentabilität und die Kapitalrückflussquote abgestellt.688 Die Eigenkapitalquote sagt als Kennzahl zunächst aus, welcher Anteil des Vermögens eines Unternehmens zum Bilanzstichtag durch Eigenkapital finanziert ist. Es ist eine statische Größe mit den bekannten Nachteilen. Dennoch ist eine hohe Eigenkapitalquote ein guter Indikator für ein hohes Maß an finanzieller Stabilität und Kreditwürdigkeit.689 In Hinblick auf Ansatz und Bewertung ist zu berücksichtigen, dass in IFRS zukunftsorientierte Informationen zu finden sind. Schult/Brösel kritisieren, dass die dadurch möglicherweise erhöhte Entscheidungsrelevanz der Informationen mit dem Preis einer verminderten Verlässlichkeit erkauft wird.690 Sowohl das deutsche HGB als auch internationale Accounting Standards streben einen möglichst getreuen Einblick in Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage eines Unternehmens an. Jedoch unterscheiden sie sich grundlegend durch die verfolgten Zielsetzungen. Ein internationaler Abschluss hat aktuelle und potenzielle Investoren als Hauptadressaten.691 Diese transformieren im Rahmen der Bilanzanalyse zur Verfügung stehende Daten in bedarfsgerechte und entscheidungsrelevante Informationen. Die Entscheidungsnützlichkeit der Bilanzdaten, die geprägt sind durch Accounting Standards, ist damit gefragt.692 In diesem Zusammenhang besteht ein Spannungsverhältnis zwischen der Bilanzpolitik und der Bilanzanalyse.693 Denn der Wunsch nach einer wahren Abbildung der Unternehmenssituation wird durch bilanzpolitische Instrumente, explizite und implizite Wahlrechte, geschwächt. Tatsächliches und abgebildetes unterscheiden sich, je intensiver diese Möglichkeiten ausgenutzt werden.
688 689 690 691 692 693
Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele (2005), S. XII f. Vgl. Kirsch (2007), S. 95. Vgl. Schult/Brösel (2008), S. 67. Vgl. Küting (2007b), S. 222, Pellens et al. (2008b), S. 137. Vgl. Levitt (1998), S. 81f. Vgl. Küting (2007b), S. 229f.
174
6 Diskussion der Ergebnisse und Implikation
Bilanzpolitik ist dann besonders effizient, wenn der Analyst die „Kaschierung“ nicht erkennt oder „neutralisieren“ kann.694 6.2.2 Implikation für Kapitalmarktteilnehmer Dabei stehen Analysten von Rating-Agenturen im Mittelpunkt. Für sie ist ein Verständnis der abgebildeten Finanzierungsinstrumente in der Kapitalstruktur nach IFRS Accounting durchaus wichtig. Denn sie prägen durch ihr Urteil über das Unternehmen die Kreditkonditionen und damit die Fremdkapitalkosten. Rating-Agenturen sollten eine möglichst genaue Einschätzung der Bonität und der Ausfallwahrscheinlichkeit eines Unternehmens prognostizieren. Hierzu sehen die Konzepte der drei großen Rating-Agenturen (S&P, Moody’s und Fitch) eine quotale Anrechnung von hybriden Finanzierungsinstrumenten vor.695 Das Konzept wird als „Equity Credit“ bezeichnet. Diese Maßzahl drückt den Grad aus, zu welchem das Instrument als Eigenkapital angerechnet wird, d.h. die Eigenkapitalqualität wird quantifiziert.696 Als Kriterien gelten Laufzeit, Rückzahlungsmodalitäten, Kündigung, Wandeloption, Zinsstundung und Nachrangigkeit. Je höher der Equity Credit, desto positiver sind die Auswirkungen auf das Emittentenrating. Damit führt die Anwendung von hybriden Finanzierungsinstrumenten nicht unbedingt zu einem besseren Rating.697 Es ist zudem in der Literatur unumstritten, dass IFRS in deutlich größerem Umfang auf subjektiven Meinungen des Finanzmanagements aufbaut. Direkte Folge sind Wertansätze mit einer vermeintlich höheren Relevanz, die im Regelfall nicht exakt nachprüfbar sind und somit zu einer Verzerrung führen.698 Für Analysten besteht damit die Gefahr, dass der Ersteller der Bilanzdaten falsche oder verzerrte Zukunftseinschätzungen zugrunde gelegt hat.699 Dies trifft insbesondere auf Gewinngrößen zu.700 Die Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass Analysten nicht auf Größen wie EPS achten sollten, sondern auf den Cash flow je Aktie (CFPS). Schließlich ist dies auch eine übliche Vorgehensweise analog der Private Equity Gesellschaften.701 Im Zusammenhang mit der Finanzierung sollte überlegt werden, ob sich künftige Investments aus 694 695 696
697
698 699 700 701
Vgl. Küting (2007b), S. 230. Vgl. Arnsfeld/Müller (2007), S. 329. Vgl. Arnsfeld/Müller (2007), S. 330. Allerdings wenden Analysten teilweise ein vereinfachtes Verfahren bei der Zuordnung zwischen Fremd-und Eigenkapital an, indem sie alle hybriden Finanzierungsinstrumente ungesehen der tatsächlichen Zuordnung nach IFRS zur Hälfte jeweils dem Eigenund Fremdkapital zuordnen. Ebenso gilt dies für die Umstellung auf IFRS in Bezug auf die „erhöhte“ Eigenkapitalquote, vgl. Küting/Ranker/Wohlgemuth, S. 97. Vgl. Küting (2007b), S. 230. Vgl. Wöhe (2005), S. 840. Zur Diskussion von betriebswirtschaftlichen Gewinngrößen vgl. Küting (2007b), S. 233-235. Vgl. Schürmann (2008), S. 126.
6 Implikationen
175
Mittelzuflüssen refinanzieren lassen und ob neben dem Schuldendienst (Fremdkapitalkosten) auch noch Dividenden (Eigenkapitalgeber) gezahlt werden können. Neben der Implikation auf Rating-Agenturen stellt sich die Frage, ob Finanzberichte für private Investoren, die über kein wirtschaftswissenschaftliches Studium verfügen, nicht einfach lesbar sein sollten. Schließlich sollten die Bilanzen und die Ertragsrechnungen nach den internationalen Accounting Standards den true and fair value wiederspiegeln und die Vergleichbarkeit börsennotierter Unternehmen verbessern. Gerade Konzerne verfügen jedoch neben umfangreichen Möglichkeiten zur Finanzierung (siehe Kapitel 2.1.1) auch über vielfältige Wahlrechte der Bilanzierung. Diese kritische Haltung wird zunehmend thematisiert.702 Durch die permanente Weiterentwicklung der Accounting Standards, die eigentlich der Verbesserung des Systems dienen, entsteht auch ein gegenläufiger Effekt: Die Unternehmen passen ihr Zahlenwerk und Vorjahreswerte an neue Standards an. Damit sind Vergleiche über mehr als zwei Perioden verzerrt, da in der Regel detaillierte Bilanzpositionen nicht mehr als zwei Perioden rückwirkend angepasst werden.703 Dem Anhang muss deshalb im Vergleich zu den Bestandteilen Bilanz und Ertragsrechnung eine stärkere Aufmerksamkeit zuteil kommen.704 Denn eine Unternehmensanalyse ist ohne die Auswertung dieser wichtigen und informationsreichen Daten nur beschränkt möglich, bilanzpolitische und weiterführende Erklärungen würden ansonsten beschränkt. Auf der anderen Seite besteht für den Analysten auch die Gefahr einer Überflutung mit „mehr oder weniger relevanten sowie mehr oder weniger verlässlichen“ Informationen.705 Insgesamt sollte die Finanzanalyse nicht auf einer Kennzahl bei der Beurteilung basieren, sondern auf ein Gesamtsystem an Daten, die an bestands- und stromgrößenorientierten Maßstäben ausgerichtet sind. Da die Fristigkeit aus den analysierten Accounting Daten auch nicht im Anhang immer ausreichend abgebildet ist, sollte eine verstärkte Ausrichtung auf den empirischen Zusammenhängen basieren. Die Anforderungen an die Finanzanalysten sind weiter gestiegen und setzen Kenntnis nationaler und internationaler Normen voraus.706 Aufgrund der Dynamik der Weiterentwicklung ist zudem eine permanente Beobachtung der IFRS notwendig. Für die Methoden der Bilanzanalyse dürften keine wesentlichen Änderungen resultieren.707
702 703
704 705 706 707
Vgl. Schürmann (2008), S. 124. Die freiwillig angegebenen 10-Jahres-Vergleiche umfassen oftmals nur die Kernbilanzzahlen und erlauben eben nicht den genauen Einblick in das Zahlenwerk, den IFRS mit seinen zahlreichen Anforderungen für Anhangsangaben eigentlich als System auszeichnet. Vgl. Pellens et al. (2008b), S. 144. Schult/Brösel (2008), S. 69. Ebenso Schult/Brösel (2008), S. 67. Vgl. Schult/Brösel (2008), S. 69.
176
6 Diskussion der Ergebnisse und Implikation
6.2.3 Implikationen für das Finanzmanagement In der Unternehmensfinanzierung verhält es sich gegenteilig zum Sayschen Theorem: Jede Nachfrage schafft sich ihr Angebot. Für jeden Finanzbedarf gibt es einen Kapitalgeber, es variieren die Voraussetzungen, die das Unternehmen erfüllen muss, und die Konditionen, mit denen es einverstanden sein muss.708 Finanzmanager stellen sich in Bezug auf Accounting und Unternehmensfinanzierung zunächst zwei Fragen: Sollen Gewinne an die Shareholder ausgeschüttet oder investiert werden. Wenn investiert wird, soll mit Eigen- oder mit Fremdkapital investiert werden. Neben der Optimierung und Ausnutzung des Tax Shields – dessen Restriktion durch Zinsschranken limitiert wird –ist es wichtig, eine ausgeglichene Kapitalstruktur zu etablieren. Dabei spielen „Praktikerregeln“ im Finanzmanagement eine wichtige Rolle.709 Es werden die aus der Diskussion bekannten Auswirkungen der Kapitalstrukturveränderung (Hypothesen H1/2) für das Finanzmanagement deutlich: die in Kapitel 2.1.3 genannten Kennzahlen hängen von den zugrundeliegenden Accounting Standards ab. Erhöht sich das Eigenkapital oder verändern sich die Finanzverbindlichkeiten durch einen Accounting-Change (Hypothese H3-A/B), werden diese Finanzkennzahlen gleichermaßen beeinflusst. Eine intensive Beschäftigung mit den durch die neuen Accounting Standards induzierten Effekten auf Kapitalstruktur und Ergebnisgrößen erscheint vor diesem Hintergrund notwendig.710 Insgesamt sind durchaus kritische Anmerkungen zu den internationalen Accounting Standards angebracht, da sie offensichtlich Änderungen an den Bewertungsmaßstäben hervorrufen und gleiche ökonomische Sachverhalte unterschiedlich zu bisherigen, nationalen Standards ausweisen. Jedoch ist anzumerken, dass sich durch das BilMoG (vgl. Kapitel 3.4.5) die diskutierten Unterschiede zwischen HGB-Accounting und IFRS verringern dürften.711 Wie schon in früherer Literatur festgestellt, dürfte es ausgeschlossen sein, einen einzelwirtschaftlich optimalen Verschuldungsgrad zu quantifizieren.712 Allerdings führt die Diskussion und Interpretation der vorliegenden Ergebnisse zu einem Ranking der Fremdkapital-Finanzierungsinstrumente, das in Abbildung 6-1 dargestellt ist. Die Kriterien der Finanzierungsentscheidung orientieren sich an einem pragmatischen Framework.713 Grundlage einer Finanzierungsentscheidung ist die Ermittlung des Finanzierungsbedarfs. Vorab sollten Überlegungen hinsichtlich einer Festlegung von Ziel-Verschuldungsgrad und Ziel-Rating getätigt werden. Durch die zunehmende 708 709 710 711 712 713
Vgl. Grunow/Figgener (2006), S. 306. Vgl. Drobetz/Pensa/Wöhle (2006), S. 260ff. In Bezug auf Ergebnisgrößen vgl. Pellens et al. (2008b), S. 137ff. Vgl. Pellens et al. (2008b), S. 138. Vgl. Rudolph (1998), S. 50. In Anlehnung an McKinsey (2006), Grunow/Figgener (2006).
6 Implikationen
177
Orientierung an Kennzahlen ist zudem eine (langfristige) Kommunikationsstrategie mit dem Kapitalmarkt notwendig (Credit Stories, Investor Relations). Mögliche Entscheidungskriterien für ein Finanzierungsinstrument innerhalb des Rankings sind Auswirkungen auf Eigenkapitalquote und Kapitalstruktur auch unter Beachtung von Accounting-Effekten und der Anerkennung durch Equity Credits bei Rating Agenturen sowie weiteren Kennzahlen der Finanzanalyse. Weiterhin sind nach der Market Timing Theorie makroökonomische Rahmenbedingungen (Kapitalmarktkonditionen, Zinszyklus) zu beachten. Ebenso sind Auswirkungen auf das Tax Shield und die Volatilität durch fair value Bewertung zu antizipieren.
Empirische Evidenz
ABS Leasing Hybride Commercial Papers Bankkredite
Theoretische Überlegungen
Anleihen Finanzierungsbedarf Entscheidungskriterien • Auswirkungen auf Eigenkapitalquote und Rating, Accounting-Effekte • Kapitalmarktkonditionen (Makroökonomiche Fakoren) • Tax Shield
Festlegung/Definition
• Ziel-Verschuldungsgrad • Ziel-Rating • Credit-Story
Handlungsfähigkeit, Unabhängigkeit, Liquidität, Rentabiltiät
Abbildung 6-1: Ranking der Finanzierungsinstrumente. Das Finanzmanagement sollte bei jeder Finanzierungsentscheidung neben der Rentabilität auch die Frage nach der Unabhängigkeit (z.B. von Banken) und die Handlungsfähigkeit (Liquidität, Fristigkeit, kein Kapitalentzugsrisiko) in die Überlegungen einbeziehen.714 Das System des Ranking orientiert sich im Grunde an der Pecking-Order Theorie in Detaillierung auf Fremdkapitalstruktur-Ebene. Nach den Ergebnissen finanzieren sich 714
Ein wesentlicher Aspekt bei börsennotierten Unternehmen, vgl. Wittig (2006), S. 9.
178
6 Diskussion der Ergebnisse und Implikation
die Unternehmen zunächst über Anleihen, dann über Bankkredite und den substituierenden Commercial Papers. Hybride Finanzierungsinstrumente folgen erst im Anschluss hieran. Dies ist nachvollziehbar, da Instrumente mit Eigenkapitalcharakter erst nach Ausnutzung aller Fremdkapitalinstrumente emittiert werden (Pecking-Order Theorie). Leasing stellt eine spezielle Finanzierungsform dar und wird – in geringem Umfang – nachfolgend emittiert. Schließlich werden Asset Backed Securities verwendet, die weiterhin eine Spezialfinanzierung darstellen. 6.3 Konkretisierung in Handlungsempfehlungen Die vorliegende Arbeit hat das Ziel, zusammenfassende Vorschläge für die im einführenden Kapitel 1 genannten Adressaten zu geben, die sich mit Unternehmensfinanzierung und Accounting auseinandersetzen. x Analysten und andere externe Bilanzleser: Die Diskussion hat gezeigt, dass die Auswertung der Anhangsangaben notwendig ist, um ein tieferes Verständnis für die Struktur der Unternehmensfinanzierung zu erlangen. Eine reine Auswertung von Verschuldungsquoten und Fristigkeitsstrukturen ist nicht ausreichend, um ein mögliches Kapitalentzugsrisiko zu identifizieren. Die Ergebnisse haben darüber hinaus gezeigt, dass ein Differenzierungsgrad in der Verwendung von Finanzierungsinstrumenten sich positiv auf die Gewinne auswirkt. Insbesondere durch den in Deutschland aufgetretenen Accounting-Change sind in bestimmten Branchen durchaus Erhöhungen bei der Eigenkapitalquote zu verzeichnen, denen keine ökonomische Steigerung entgegensteht. Entsprechend sind die „Verbesserungen“ bei der Kapitalstruktur nicht vorhanden. Weitere Effekte treten in Ergebnis- und Bewertungsmaßstäben auf. Es erscheint empfehlenswert, Cash-flow Größen als Maßstab des Periodenerfolgs zu verwenden. Analysten sollte bewusst sein, dass sich der Wandel der Unternehmensfinanzierung in einem erhöhten Schwierigkeitsgrad bei der Bewertung der Finanzierungs- und Kapitalstruktur ergeben hat. Weiterhin ergibt sich durch IFRS erhöhtes bilanzpolitisches Gestaltungspotenzial. x Finanzmanagement und andere Unternehmensinterne: Die Herausforderung für den Finanzmanager, den „optimalen Finanzierungsmix“ zu finden wird durch Accounting-Regelungen nicht einfacher. Im Rahmen der Entscheidung für oder gegen ein Finanzierungsinstrument sind mögliche negative Auswirkungen auf Kennzahlen mit den ökonomischen Vorteilen abzuwägen. Hierzu könnte das Ranking der Finanzierungsinstrumente in Abbildung 6-1 als Entscheidungsgrundlage dienen.
6 Kritische Würdigung
179
Speziell bei hybriden Finanzierungsinstrumenten sollte dies vorab genauestens überprüft werden. Hier hat sich bei Genussscheinen gegenüber nationalen Accounting Standards ein Nachteil ergeben. Weiterhin ist die Auswirkung auf das Kredit-Rating und das Risiko des Kapitalentzugs (Beispiel Commercial Paper) zu beachten. Die Eigenkapitalquoten der Schweizer Unternehmen können Anreiz und Ziel für DAX-Unternehmen sein, sich weiter diversifiziert zu finanzieren und die Eigenkapitalquote zu stärken. 6.4 Kritische Würdigung An dieser Stelle sei auf die Grenzen der Arbeit und des Forschungsfeldes hingewiesen. Sie betreffen den Datensatz, die Methodik sowie Einschränkungen zu den Aussagen zum Finanzierungsverhalten. Die empirische Überprüfung der Hypothesen wurde mit einem einschränkten Datensatz durchgeführt (vgl. Anhang A.1). Dieser ist zwar repräsentativ für andere börsennotierte Unternehmen, jedoch haben diese gegenüber anderen Unternehmen vorteilhaftere und umfangreichere Möglichkeiten der Finanzierung. Deshalb können die gewonnenen Implikationen und Empfehlungen nicht uneingeschränkt auf alle Unternehmenstypen übertragen werden. Bei Ableitung von Analogieschlüssen auf einen ungleichen Unternehmenstyp sollten diese möglichen Verzerrungen deshalb bedacht werden. Empirische Auswertungen stoßen an ihre Grenzen, wenn „Untersuchungsobjekte aus einer möglichst objektiven Sichtweise, ohne weitere interne Unternehmensinformation, miteinander verglichen werden“.715 Bei einer Untersuchung über mehrere Jahre ist es nicht möglich, für jedes Unternehmen die firmenspezifischen Informationen auszuwerten. Gefordert sind empirische Erkenntnisse, „die in der Lage sind, die Effekte und den Einfluss der Rechnungslegung zu isolieren“.716 Die in Kapitel 5 durchgeführte Methodik hat den Accounting-Change entsprechend isoliert, allerdings war der Datensatz bei den Accounting-Change Effekten nicht groß. Er ist jedoch vertretbar, da ähnliche Studien ebenfalls geringe Datensatzgrößen aufweisen (vgl. Tabelle 4-3). Für die Verwendung von Finanzierungsinstrumenten ist dieser Ansatz jedoch nicht möglich. Die Ergebnisse der Finanzierungsstruktur basieren im Wesentlichen auf der Methodik der Auswertung des Anhangs der Geschäftsberichte. Für die Modellierung der eigenen Datenbank wurden ausschließlich Konzernabschlüsse verwendet. Dort sind theoretisch sämtliche Finanzierungsvorgänge gegenüber Dritten auszuweisen, 715 716
Küting/Zwirner (2007), S. 101. Küting/Zwirner (2007), S. 93, Leuz (2003), S. 632.
180
6 Diskussion der Ergebnisse und Implikation
auch die Fremdkapitalaufnahme über Finanzierungsgesellschaften. Dennoch konnten für strukturierte ABS-Finanzierungen nur wenig verwertbare Informationen gesammelt werden. Ein möglicher Grund ist, dass aufgrund der zunehmenden Informationsdichte in der Finanzberichterstattung früher nicht explizit erwähnte Finanzierungsinstrumente bereits in den aggregierten Positionen der Finanzverbindlichkeiten enthalten waren. Gab es zum damaligen Zeitpunkt keine Verpflichtung, diese Instrumente im Anhang extra zu erwähnen, sind diese nicht in die Datengrundlage eingearbeitet worden und spiegeln nicht die tatsächliche Finanzierung wieder. Dennoch stehen die dargestellten empirischen Ergebnisse in großen Teilen im Einklang mit den in der Literatur theoretisch diskutierten Befunden der Kapitalstruktur. Für das Erklärungsziel der Arbeit lassen sich insgesamt gute Trends der Unternehmensfinanzierung aus den Ergebnissen ableiten und Wirkungszusammenhänge erkennen.
7 Konklusion „Beschaffe liquide Mittel, wenn sie billig sind, und nicht, wenn sie benötigt werden“.717 Henri B. Meier
Die Arbeit endet mit einer Zusammenführung der Erkenntnisse und greift dabei das Modell der Wirkungszusammenhänge wieder auf. Neben der Erläuterung werden die wichtigsten Schritte und Ergebnisse der Untersuchung kurz zusammengefasst. Mit dem Ausblick auf weitere Forschungsmöglichkeiten schließt die Arbeit. 7.1 Zusammenfassung der Erkenntnisse Die vorliegende Arbeit bietet eine Übersicht zu Accounting und Unternehmensfinanzierung bei börsennotierten Gesellschaften. Motivation für diese Studie ist der Zusammenhang zwischen externen Einflussfaktoren auf die Kapitalstruktur und die Unternehmensfinanzierung. Systematisch wird die einfache Kapitalstruktur (Eigenund Fremdkapital) über den Verlauf der Untersuchung vertieft und bis auf die Finanzierungsinstrumente analysiert. Sie ist in einen deskriptiven und einen empirischen Teil gegliedert. Ausgangspunkt der Kapitalstrukturentscheidung zwischen Eigen- und Fremdkapital ist das klassische Irrelevanztheorem von Modigliani/Miller (1958). Aufgrund des unvollkommenen Kapitalmarkts in der Realität werden die Restriktionen von MM aufgehoben und verschiedene etablierte Theorien diskutiert. Besonders die Pecking-Order Theorie, die Trade-off Theorie und Theorien zum Market-Timing sind untersucht worden. Die Wahl der Unternehmensfinanzierung bestimmt sich jedoch auch nach regulatorischen Faktoren. Neben dem Finanzsystem sind dies auch die Accounting Standards. Der in Deutschland einmalige Effekt von Accounting-Changes wird zunehmend in der Literatur thematisiert. Schließlich werden verschiedene Bilanzpositionen tangiert. Im deskriptiven Teil zeigen sich vier Entwicklungstendenzen. Erstens hat sich eine Vielzahl von Finanzierungsinstrumenten entwickelt, deren dichotomische Einteilung in Fremd- und Eigenkapital nicht adäquat über das Accounting abgebildet wird. Zweitens unterscheiden sie sich im Risiko und weiteren Faktoren voneinander, lassen sich jedoch immer wieder auf Grundtypisierungen zurückführen. Drittens ergeben sich 717
Grundsatz der Finanzpolitik des ehem. CFO von Roche, zitiert nach Boemle/Stolz (2002), S. 299.
182
7 Konklusion
durch internationale Accounting Standards unterschiedliche Bilanzansätze zu gleichen ökonomischen Sachverhalten. Schließlich entwickelt sich das Finanzsystem bereits deutlich in Richtung kapitalmarktbasiertes System. Es entstehen durch diese vier Elemente Interdependenzen. In der empirischen Untersuchung wird die Finanzierungsstruktur deutscher und Schweizer börsennotierter Unternehmen analysiert. Hierzu liegen nach Wissen des Autors bisher keine Studien vor, die dies anhand einer Auswertung der Anhangsangaben vollziehen. Die Ergebnisse werden anhand der Forschungsfragen und entsprechenden Hypothesen erarbeitet und diskutiert. Dabei sind Unterschiede zwischen beiden Ländern zu erkennen. Es hat sich gezeigt, dass die Eigenkapitalquoten gestiegen sind, in der Schweiz jedoch auf einem höheren Niveau liegen als in Deutschland. Zudem existieren branchenspezifische Strukturen, bei denen sich Accounting-Changes ausgewirkt haben. Allerdings bedeuten niedrige Eigenkapitalquoten heute nicht, dass in der Zukunft keine Steigerung möglich ist. Die ehemals dominante Bankfinanzierung wird durch Anleihen und Commercial Papers subsituiert. Die Schweiz zeigt dabei eine Präferenz für hybride Finanzierungsinstrumente. In beiden Ländern hat sich das Verhältnis zwischen lang- und kurzfristigem Fremdkapital geändert. Unternehmen finanzieren sich sehr unterschiedlich. Unterschiede zeigt auch die Analyse der Accounting-Changes. IFRS führt nicht bei allen Unternehmen zu erhöhten Eigenkapitalquoten. Allerdings scheint die unterschiedliche Leasing-Bilanzierung hohe Auswirkungen zu haben. Weiterhin wurde gezeigt, dass nach Accounting-Changes in Deutschland hybride Finanzierungsinstrumente vermindert eingesetzt werden. Die IFRS haben auch Auswirkungen auf bekannte Bewertungsmaßstäbe wie die EPS. Neben firmenspezifischen Faktoren wirken auch makroökonomische Rahmenbedingungen auf die Wahl der Verschuldung. Die Wahl der Kapitalstruktur wird damit von Timing-Aspekten und Erwartungen an die Zukunft beeinflusst. Tabelle 7-1 zeigt die dargestellten Ergebnisse im Überblick.
7 Zusammenfassung der Erkenntnisse
183 Hypothesen
H-1: Thesen zur Kapitalstruktur (Kapitel 4.4.2) H-1A
H-1B
H-1C
Die Eigenkapitalquote der untersuchten Unternehmen hat sich im Untersuchungszeitraum erhöht und entsprechend hat sich die Fremdkapital-Quote vermindert. Es existieren branchenspezifische Kapitalstrukturen, die sich im Zeitverlauf trotz Accounting-Change nicht ändern. Nur Unternehmen, deren Eigenkapital-Quote zu Beginn des Untersuchungszeitraums über der durchschnittlichen Eigenkapitalquote lag, konnten diese verbessern.
Annahme
Annahme
Ablehnung
H-2: Thesen zur Finanzierung (Kapitel 4.4.3) H-2A
Das Finanzierungsverhalten ändert sich und zeigt einen Rückgang der Bankkreditfinanzierung, die Struktur der Finanzverbindlichkeiten wird differenzierter.
Annahme
H-2B
Die Fristigkeit der Fremdkapitalstruktur ändert sich über den Zeitverlauf.
Annahme
H-2C
Profitable Unternehmen weisen eine differenzierte Kapitalstruktur auf.
Annahme
H-3: Thesen zum Accounting-Change (Kapitel 4.4.4) H-3A
Die Einführung von internationalen Accounting Standards (IFRS) führt zu einer Erhöhung der Eigenkapitalquote.
Annahme
H-3B
Bestimmte Finanzierungsinstrumente werden infolgedessen weniger eingesetzt.
Annahme
H-3C
Internationale Accounting Standards führen zu einer Veränderung von Kennzahlen zur Bewertung.
Annahme
H-4: Thesen zu Kapitalstruktur-Determinanten (Kapitel 4.4.5) H-4A
Profitable Unternehmen finanzieren sich gem. Pecking-Order Theorie primär über die Innenfinanzierung durch Gewinnrücklagen.
Annahme
H-4B
Die Aufschwungphase der Konjunktur (Expansion) korreliert positiv mit erhöhtem Emissionsverhalten von Fremdkapital-Finanzierungsinstrumenten.
Annahme
H-5: Thesen zum Ländervergleich (Kapitel 4.4.6) H-5
Zwischen Deutschland (DAX-Datensatz) und der Schweiz (SMI-Datensatz) bestehen hinsichtlich der Hypothesen 1-4 keine Unterschiede.
Tabelle 7-1: Zusammenfassung Hypothesen (Kurzform).
Ablehnung
184
7 Konklusion
7.2 Wirkungszusammenhänge Die Ausführungen der Kapitel 2 bis 6 verdeutlichten das Zusammenspiel zwischen Accounting und Unternehmensfinanzierung. Ziel war es zu zeigen, wie die Kapitalstruktur börsennotierter Unternehmen ausgestaltet ist und wie sich diese Unternehmen heute finanzieren. In diesem Kontext wurden die regulatorischen Rahmenbedingungen sowie die Veränderungen durch die internationalen Accounting Standards sowie firmenspezifische und makroökonomische Faktoren fokussiert. Unternehmensfinanzierungs- und Kapitalstrukturentscheide werden von vielfältigen, komplexen und interdependenten Mechanismen beeinflusst. Letztendlich stellt sich die Frage nach den Kausalitäten. Die Wirkungszusammenhänge sind, im Aufgriff auf das bereits in Kapitel 4 vorgestellte Modell, in Abbildung 7-1 dargestellt. Kausalitäten und Interdependenzen Das Accounting Regime wurde durch das kapitalmarktbasierte Finanzsystem beeinflusst und führt zu erhöhtem Eigenkapital, aber auch zu einer Erhöhung des Fremdkapitals, so dass sich je nach Unternehmen unterschiedlich neue Kapitalstrukturen ergeben. Ökonomisch werden aber zunächst keine Finanzierungsinstrumente beeinflusst. Durch das Zusammenspiel mit Unternehmensexternen, z.B. Rating-Agenturen und dem Ziel einer Einhaltung bestimmter Eigenkapitalquoten, kommt es dann möglicherweise zu Entscheidungen, die hybride Finanzierungsinstrumente (Genussscheine) betreffen und diese im Zeitablauf ersetzen. Neben diesen regulatorischen Faktoren hat der Konjunkturzyklus (ausdrückt als Spread und in der Schweiz ebenso durch das Wirtschaftswachstum) einen positiven Einfluss auf das Emissionsverhalten von Fremdkapitalinstrumenten und führt somit eher zu einem erhöhten Verschuldungsgrad. Das Finanzmanagement scheint ein Timing des Zinszyklus für günstige Finanzierungskonditionen auszunutzen. Neben Market Timing Aspekten scheint die Pecking Order Theorie am Besten zu erklären, dass profitable Unternehmen als primäres Finanzierungsinstrument auf die Innenfinanzierung zurückgreifen. Dies führt letztlich zu einer erhöhten Eigenkapitalquote. Unternehmen die wachsen, benötigen Kapital und scheinen dabei eher auf Fremdkapital zurückzugreifen. Hier zeigt sich die Interdependenz, dass eine Differenzierung in vielfältige Finanzierungsinstrumente auch zu erhöhtem Wachstum führt. Wachstum drückt sich durch internationale Accounting-Standards volatiler in den Ergebnisgrößen aus, so dass eine Fokussierung auf Cash-flows erfolgen sollte.
7 Wirkungszusammenhänge
185 Regulatorisches Umfeld
Finanzsystem
Accounting Regime
Steuer-/Rechtssystem
Bankbasiert
Internationale Standards
Zinsschranke
Code Law
Kapitalmarktbasiert
Nationale Standards
Steuersatz
Case Law
+
+
Firmenspezifische Determinanten
Profitabilität
Ç
+
Aktien
È Bankkredit Grösse
Wachstum
Anlageintensität
Kapitalstruktur
0
EK/FK
+
Verschuldungsgrad
+
? BIP
0
Anleihe
Ç
CPs
Ç
Hybrid
Æ
Leasing
Æ
ABS
+
Kapitalmarkt
Konjunkturzyklus
Ç
Firmenspezifische Finanzierungsinstrumente
Externe übergeordnete Faktoren
Interne und externe firmenspezifische Faktoren
Spread
Finanzmarktzyklus
Makroökonomischer Zyklus
Abbildung 7-1: Wirkungszusammenhänge II (Ergebnisse). 718
718
Legende: (+): Es besteht ein Wirkungszusammenhang / (0): Es besteht kein Wirkungszusammenhang, / (?): Der Wirkungszusammenhang ist unklar. Ç/È/Æ: Erhöhung/Verminderung/Konstanter Einsatz.
186
7 Konklusion
Letztlich wirken Finanzierungsinstrumente wie Commercial Papers auch auf die Finanzierungskosten, die durch einen Kostenvorteil niedriger ausfallen als der Bankkredit. Dies wiederum wirkt sich auf den Unternehmenswert aus. Veränderung des Finanzierungsverhaltens Das Verhalten bei der Wahl der Finanzierungsinstrumente zeigt, dass in der Fremdkapitalfinanzierung Bankkredite durch weitere, komplementäre Instrumente ersetzt werden – die Interdependenz zum Finanzsystem wird hier wieder deutlich. Es lässt sich in der Unternehmensfinanzierung ein verändertes Finanzierungsverhalten feststellen. Die klassischen Grenzen zwischen Kapitalmarkt- und Geldmarktinstrumenten lösen sich auf. Anleihen, hybride Finanzierungsinstrumente, Commercial Papers, Asset Backed Securities und Leasing werden als Grundtypen eingesetzt. Sie unterliegen einem dynamischen Anpassungsprozess und lassen sich in verschiedenen Gestaltungsparametern einsetzen. Grundsätzlich bedeutet dieses Verhalten eine Annäherung an ein mehr kapitalmarktorientiertes Finanzierungssystem.719 Allerdings sind die Kapitalquellen teilweise volatiler und ein Zugang wird zunehmend durch die Beurteilung durch Analysten und Rating-Agenturen bestimmt.720 7.3 Ansätze zur weiteren Forschung Die Arbeit konnte nur einen Ausschnitt des Forschungsgebiets zur Unternehmensfinanzierung aus der Corporate Finance betrachten. Es bietet sich im Anschluss eine Vielzahl weiterer Forschungsfragen zum Finanzierungsverhalten börsennotierter Unternehmen an: x Da theoretisch und empirisch gezeigt wurde, dass vermehrt fungible, kapitalmarktorientierte Finanzierungsinstrumente eingesetzt werden, stellt sich die Frage, wie sich bei einer wesentlichen Änderung des Spread die Verwendung der Instrumente verändert. Von Interesse wäre ein empirischer Nachweis, ob der Einsatz von Commercial Papers durch die Finanzmarktkrise 2007/2008 möglicherweise eingeschränkt war und auf welche Finanzierungsinstrumente ausgewichen wurde. Hierzu sind Informationen aus Quartalsdaten notwendig. x Ebenso könnte man den Untersuchungsgegenstand auf finanzielle Unternehmen (Banken, Versicherungen) fokussieren und die fair value Auswirkungen nach der Finanzmarktkrise untersuchen. x Als weiteres Forschungsfeld ergibt sich die Frage, inwieweit Mitglieder von Aufsichts-/Verwaltungsräten, die bei einem Kreditinstitut angestellt sind, durch ihre 719 720
Vgl. Rudolf (2005), S. 23. Vgl. Rudolf (2005), S. 25.
7 Ansätze zur weiteren Forschung
187
Funktion einen Einfluss auf die Unternehmensfinanzierung haben.721 Dabei wären dann auch entsprechende Agency-Probleme zu analysieren. Besonders Interessant wäre der Nachweis auf Ebene der Finanzierungsinstrumente. x In einem steuerlichen Zusammenhang bietet es sich an, den Einfluss der Zinsschranke auf das Verhalten der Unternehmensfinanzierung in Deutschland zu untersuchen. Denn in den meisten empirischen Studien wird aus Vereinfachungsgründen von der vollständigen Abzugsfähigkeit der Zinsen ausgegangen. Die Auswirkungen auf das Tax Shield könnte demnach in einer differenzierten Studie untersucht werden. Schließlich wird es die zunehmend detaillierte Datenaufbereitung und die erhöhte Verfügbarkeit an Daten aus dem Anhang in Zukunft ermöglichen, weitere Forschungsfragen im Kontext Accounting und Unternehmensfinanzierung zu untersuchen.
721
Eine Arbeit zu diesem Themengebiet etwa Guner (2005).
Anhang A Untersuchte Unternehmen Anhang A.1 Datensatz DAX/SMI Zusammensetzung Datensatz DAX-Datensatz (Name, ISIN) ADIDAS AG ALTANA AG BASF AG BAY.MOTOREN WERKE AG BAYER AG CONTINENTAL AG DAIMLERCHRYSLER AG DT.TELEKOM AG E.ON AG FRESEN.MED.CARE KGAA HENKEL KGAA INFINEON TECH.AG LINDE AG LUFTHANSA AG MAN AG ST METRO AG ST RWE AG ST SAP AG SIEMENS AG THYSSENKRUPP AG TUI AG VOLKSWAGEN AG.
SMI-Datensatz (Name, ISIN)
DE0005003404 DE0007600801 DE0005151005 DE0005190003 DE0005752000 DE0005439004 DE0007100000 DE0005557508 DE0007614406 DE0005785802 DE0006048432 DE0006231004 DE0006483001 DE0008232125 DE0005937007 DE0007257503 DE0007037129 DE0007164600 DE0007236101 DE0007500001 DE000TUAG000 DE0007664005
ABB ADECCO CIBA SC CLARIANT GIVAUDAN HOLCIM LONZA NESTLE NOBEL BIOCARE NOVARTIS RICHEMONT ROCHE SGS SWATCH GROUP SWISSCOM SYNGENTA SYNTHES
CH0012221716 CH0012138605 CH0005819724 CH0012142631 CH0010645932 CH0012214059 CH0013841017 CH0012056047 CH0014030040 CH0012005267 CH0012731458 CH0012032048 CH0002497458 CH0012255151 CH0008742519 CH0011037469 US87162M4096
Ausgeschlossen ALLIANZ SE DEUTSCHE BANK AG DEUTSCHE BOERSE DEUTSCHE POSTBANK AG HYPO REAL ESTATE MUENCH.RUECKVERS COMMERZBANK AG DEUTSCHE POST AGD
DE0008404005 DE0005140008 DE0005810055 DE0008001009 DE0008027707 DE0008430026 DE0008032004 DE0005552004
BALOISE JULIUS BAER SWISS LIFE HOLD. SWISS RE ZURICH FIN. UBS CS GROUP SERONO)
CH0012410517 CH0012083017 CH0014852781 CH0012332372 CH0011075394 CH0024899483 CH0012138530 CH0010751920
Ausgangspunkt ist der Stand der Indizes jeweils zum 29.12.2006. D: Ausschluss aufgrund Verzerrung: Die Deutsche Post wird aufgrund der Verflechtung mit der Postbank und der entsprechenden Bilanzierung nicht in die Untersuchung aufgenommen. ): Ausschluss aufgrund fehlender Datengrundlage: Aufgrund der Übernahme von Serono durch Merck sind über Serono als eigenständiges Unternehmen keine Annual Reports/Financial Reviews der vergangenen Jahre mehr öffentlich verfügbar.
Tabelle A-1: Zusammensetzung der DAX-/SMI-Datensätze.
190
Anhang
Anhang A.2 Zeitpunkte Accounting-Changes Name
Accounting Standard (im Jahr 2006)
ADIDAS ALTANA BASF * BMW * BAYER ) CONTINENTAL DAIMLERCHRYSLER DT.TELEKOM * E.ON ) FRESENIUS HENKEL * INFINEON LINDE * LUFTHANSA * MAN * METRO * RWE * SAP SIEMENS THYSSENKRUPP TUI * VOLKSWAGEN *
IFRS, davor HGB IFRS, davor HGB IFRS, davor HGB IFRS, davor HGB IFRS, davor HGB IFRS seit 2005, US GAAP 1998-2004, davor HGB US GAAP, davor HGB, IFRS ab 2008 IFRS, davor HGB IFRS, davor HGB IFRS seit 2005, US GAAP 2002-2004, davor HGB IFRS, davor HGB US GAAP seit IPO 2000, IFRS ab 2008 IFRS, davor HGB IFRS, davor HGB IFRS, davor HGB IFRS, davor HGB IFRS, davor HGB US GAAP seit 1999, IFRS ab 2008 US GAAP seit 2001, davor HGB, IFRS ab 2007 IFRS, US GAAP 2000-2005, davor HGB IFRS, davor HGB IFRS, davor HGB
AccountingChange (Jahr)
DAX 1993 1999 2005 2001 1994 1998 1993 2005 1999 2002 1997 2000 2002 1998 1999 2000 1998/1999 1999 2001 2000 1998/1999 2001
SMI ABB US GAAP, davor IFRS 1992-2000 1992 ADECCO US GAAP k.A./vor 1995 CIBA US GAAP k.A./vor 1995 CLARIANT IFRS k.A./vor 1995 GIVAUDAN IFRS k.A./vor 1995 HOLCIM IFRS 1991 LONZA IFRS k.A./vor 1995 NESTLE IFRS k.A./vor 1995 IFRS, davor Swedish GAAP 2002 NOBEL BIOCARE ) NOVARTIS IFRS k.A./vor 1995 RICHEMONT * IFRS, davor Swiss GAAP FER 2006 ROCHE IFRS k.A./vor 1995 SGS N IFRS k.A./vor 1995 SWATCH * IFRS, davor Swiss GAAP FER 2001 SWISSCOM IFRS seit IPO 1998 SYNGENTA IFRS seit IPO 2000 US GAAP, davor IFRS 1999-2003 1999 SYNTHES ) * Selektiert für Untersuchung Accounting-Effekte. ) Selektion nicht möglich, da keine Überleitungsrechnungen/Daten vorliegen bzw. keine Umstellung von Swiss GAAP FER auf IFRS. Aufgrund der frühen Umstellung von nationalen auf internationale Accounting Standards sind teilweise keine Werte des Umstellungsjahres verfügbar.
Tabelle A-2: Zeitpunkte Accounting Changes (DAX, SMI).
Anhang B Erweiterte Daten Anhang B.1 Kapitalstrukturanalyse EK-BW Adidas Altana BASF BMW Bayer Continental DaimlerChrysler Dt.Telekom EON Fresenius Henkel Infineon Linde Lufthansa MAN Metro RWE SAP Siemens ThyssenKrupp TUI VW
2006 35% 91% 40% 24% 23% 42% 17% 38% 39% 38% 42% 50% 29% 24% 26% 19% 15% 65% 30% 24% 19% 20%
2005 48% 57% 49% 23% 32% 34% 18% 37% 36% 50% 40% 58% 36% 23% 22% 18% 11% 65% 34% 22% 25% 18%
2004 36% 63% 47% 25% 29% 28% 18% 34% 30% 46% 34% 58% 34% 22% 22% 17% 11% 61% 36% 28% 20% 18%
2003 34% 59% 47% 26% 34% 24% 20% 26% 27% 43% 37% 56% 33% 16% 28% 17% 7% 60% 32% 26% 19% 21%
2002 26% 57% 48% 25% 38% 22% 19% 25% 23% 42% 40% 61% 34% 22% 23% 19% 7% 54% 32% 27% 19% 23%
2001 25% 57% 48% 21% 46% 18% 19% 37% 25% 40% 39% 74% 34% 19% 22% 20% 9% 53% 28% 26% 18% 23%
2000 21% 56% 37% 14% 45% 25% 21% 31% 27% 45% 29% 67% 32% 28% 23% 19% 11% 52% 25% 25% 16% 11%
1999 20% 55% 47% 10% 49% 24% 20% 37% 27% 35% 30% 60% 40% 29% 25% 19% 12% 54% 22% 25% 16% 14%
1998 15% 54% 50% 21% 44% 21% 22% 31% 27% 42% 28% 47% 43% 27% 19% 19% 10% 60% 22% 20% 16% 15%
1997 31% 51% 48% 19% 44% 32% 23% 29% 27% 43% 29% 51% 43% 28% 18% 16% 10% 61% 23% 17% 19% 13%
1996
1995
37% 49% 46% 19% 42% 24% 23% 26% 27% 42% 31%
32% 47% 42% 20% 40% 22% 17% 15% 26%
43% 29% 19% 19% 10% 66% 22% 15% 15% 12%
44% 27% 19% 24% 10% 69% 21% 15% 16% 13%
31%
Tabelle B-1: Hitzediagramm Eigenkapitalquoten zu Buchwerten (DAX).
EK-BW ABB Adecco CIBA Clariant Givaudan Holcim Lonza Nestlé Nobel Novartis Richemont Roche SGS Swatch Swisscom Syngenta Synthes
2006 24% 33% 36% 33% 61% 34% 43% 51% 73% 64% 81% 54% 58% 73% 28% 50% 75%
2005 16% 32% 38% 36% 55% 30% 36% 47% 71% 61% 81% 50% 55% 71% 45% 51% 70%
2004 12% 28% 38% 29% 46% 33% 40% 46% 77% 62% 73% 49% 55% 72% 48% 51% 66%
2003 10% 25% 39% 15% 58% 28% 39% 42% 77% 65% 70% 40% 56% 72% 47% 49% 79%
2002 3% 24% 38% 11% 62% 26% 40% 41% 67% 66% 76% 33% 50% 76% 44% 44% 83%
2001 6% 20% 34% 19% 67% 28% 43% 37% 64% 66% 77% 39% 51% 72% 51% 41% 80%
2000 17% 23% 31% 29% 67% 28% 56% 48% 64% 67% 76% 40% 53% 69% 39% 38% 82%
1999
1998
19% 30% 30% 32% 75% 29% 60% 43% 61% 60% 39% 39% 45% 61% 32%
18% 37% 27% 28% 19% 29% 62% 42% 60% 59% 34% 39% 21% 64% 32%
63%
72%
1997 18% 35% 44% 26% 19% 29% 63% 45% 72% 52% 33% 33% 36% 75% 8%
1996
1995
19% 49% 44% 40%
16% 23% 52% 38%
26% 59% 44% 75% 48% 28% 52% 45% 74%
31%
Tabelle B-2: Hitzediagramm Eigenkapitalquoten zu Buchwerten (SMI).
41% 72% 50% 29% 49% 45% 70%
192
Anhang
Anhang B.2 Regressionsanalyse Makroökonomische Faktoren Deutschland
Schweiz
Zins 10J
Zins 3M
GDP
CMP
Zins 10J
Zins 3M
GDP
CMP
1995
6,85
4,53
1,07
2,06
3,89
1,69
1,08
1,88
1996
6,22
3,31
1,74
1,73
3,86
1,75
0,82
1,73
1997
5,64
3,32
1,99
1,45
3,25
1,38
1,94
1,44
1998
4,57
3,54
0,72
1,54
2,52
1,31
2,94
0,91
1999
4,49
2,96
3,46
1,72
3,5
1,78
1,93
1,17
2000
5,26
4,39
2,29
1,86
3,51
3,32
4,75
1,23
2001
4,81
4,26
1,08
1,90
3,4
1,78
1,95
1,39
2002
4,79
3,32
-0,03
2,34
2,17
0,54
0,91
1,26
2003
4,09
2,33
0,15
2,46
2,59
0,18
0,79
1,23
2004
4,06
2,11
0,1
2,18
2,18
0,63
3,11
1,11
2005
3,38
2,18
1,6
2,16
2,03
0,91
2,72
1,40
2006
3,78
3,08
3,89
2,00
2,48
2,02
4,85
1,57
GDP Deutschland: BDGDP (Datastream ), GDP Schweiz: Bundesamt für Statistik, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, Zins 10J: BDGBOND/SWGBOND, Zins 3M: BDINTER3/SWINTER3 (Datastream), CMP: Berechnung Mittelwert pro Jahr (Datastream: Dividend Yield).
Tabelle B-3: Makroökonomische Daten (DAX, SMI).
Deskriptive Statistik SMI Variable
TANG
PROF
SIZE
MTB
SPREAD
GDP
CMP
Mittelwert
0.593441
0.152704
3.852585
2.159763
1.492118
1.694089
1.345365
Median
0.473872
0.146986
3.897737
1.850693
1.620000
2.100000
1.262800
Max
1.973955
0.437935
4.993251
11.56184
2.410000
3.600000
1.878889
Min
0.000000
-0.003337
2.185855
0.247368
0.190000
-0.200000
0.912500
V
0.410938
0.086644
0.593595
1.558053
0.641705
1.181694
0.248931
Beobachtungen
203
203
203
203
203
203
203
DAX Variable
TANG
PROF
SIZE
MTB
SPREAD
GDP
CMP
Mittelwert
0.706451
0.062555
9.834638
1.679593
1.536731
1.509115
1.949445
Median
0.694140
0.050906
10.05147
1.278443
1.470000
1.600000
1.896833
Max
1.347358
0.425111
11.99772
12.52861
2.910000
3.890000
2.463167
Min
0.000000
-0.235513
6.931384
0.403769
0.550000
-0.030000
1.450741
V
0.323395
0.083049
1.134686
1.609959
0.693200
1.220949
0.298893
Beobachtungen
260
260
260
260
260
260
260
Hinweis: Erläuterungen zu den Abkürzungen der Variablen in Tabelle 5-17
Tabelle B-4: Deskriptive Statistik (DAX, SMI).
Anhang
193 Korrelation SMI TANG
PROF
SIZE
MTB
SPREAD
GDP
TANG
1.000000
0.070409
0.037523
-0.215186
0.046691
-0.009234
CMP 0.015799
PROF
0.070409
1.000000
-0.252889
0.568001
-0.086748
0.097225
-0.000374
SIZE
0.037523
-0.252889
1.000000
-0.159054
-0.060338
0.046706
-0.014238
MTB
-0.215186
0.568001
-0.159054
1.000000
-0.160983
0.126644
-0.108289
SPREAD
0.046691
-0.086748
-0.060338
-0.160983
1.000000
-0.884298
0.221128
GDP
-0.009234
0.097225
0.046706
0.126644
-0.884298
1.000000
-0.282094
CMP
0.015799
-0.000374
-0.014238
-0.108289
0.221128
-0.282094
1.000000
DAX TANG
PROF
SIZE
MTB
SPREAD
GDP
CMP
TANG
1.000000
PROF
-0.295362
-0.295362
0.221468
-0.310116
0.065032
-0.037053
-0.037339
1.000000
-0.372397
0.541361
0.044971
0.013198
SIZE
0.092968
0.221468
-0.372397
1.000000
-0.388480
-0.144632
0.001369
MTB
0.110541
-0.310116
0.541361
-0.388480
1.000000
0.002736
0.043966
-0.099086
SPREAD
0.065032
0.044971
-0.144632
0.002736
1.000000
-0.214177
-0.090117
GDP
-0.037053
0.013198
0.001369
0.043966
-0.214177
1.000000
-0.461659
CMP
-0.037339
0.092968
0.110541
-0.099086
-0.090117
-0.461659
1.000000
Tabelle B-5: Korrelation (DAX, SMI).
194
Anhang
Anhang B.3 Kennzahlen Kennzahlen der Finanzanalyse Eigenkapitalquote
Fremdkapitalquote Goldene Finanzierungsregel Goldene Bilanzregel
Vermögensstruktur (Anlagenintensität)
Gearing
Cash-flow
ROI
Eigenkapital Gesamtkapital Fremdkapital Gesamtkapital langfristiges Vermögen kurzfristiges Vermögen d1, t1 langfristiges Kapital kurzfristiges Kapital Eigenkapital langfristiges Fremdkapital t1 Anlagevermögen
Anlagevermögen Gesamtvermögen Verzinsliches Fremdkapital - liquide Mittel Eigenkapital Indirekter Weg: Bilanzgewinn (bzw. –verlust) + Zuführung zu den Rücklagen (./. Auflösung) - Gewinnvortrag aus Vorperiode (+ Verlustvortrag) = Jahresüberschuss + Abschreibungen (./. Zuschreibungen) + Erhöhung der langfr. Rückstellungen (./. Verminderung) = Cash-flow Direkter Weg: Betriebseinnahmen (zahlungswirksame Erträge) ./. Betriebsausgaben (zahlungswirksame Aufwendungen) = Cash-flow Jahresüberschuss vor Steuern und Zinsen (EBIT) Gesamtkapital Jahresüberschuss vor Steuern und Zinsen Umsatz Umsatz Gesamtkapital
Quellen: Perridon/Steiner, S. 538 ff., Volkart (2006), (Beilage), S. 1.
Tabelle B-6: Kennzahlen der Finanzanalyse.
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