Kerstin Seeger, Burkhard Liman (Hrsg.) Zielorientierte Unternehmensführung
GABLER EDITION WISSENSCHAFT
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Kerstin Seeger, Burkhard Liman (Hrsg.) Zielorientierte Unternehmensführung
GABLER EDITION WISSENSCHAFT
Kerstin Seeger, Burkhard Liman (Hrsg.)
Zielorientierte Unternehmensführung Festschrift für Univ.-Prof. Dr. Winfried Hamel
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Dr. h. c. Werner Klein
GABLER EDITION WISSENSCHAFT
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008 Lektorat: Claudia Jeske Der Gabler Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-0873-5
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Geleitwort Die vorliegende Festschrift wird Herrn Univ.-Prof. Dr. Winfried Hamel von seinen Schülern anlässlich seines 65. Geburtstages am 5. Februar 2008 gewidmet. Der Titel kann nur versuchen, unter dem Begriff „Zielorientierte Unternehmensführung“ das wissenschaftliche Werk des Jubilars zu umreißen und so eine besondere Verbindung zwischen seiner Person und den Beiträgen in der Festschrift sowie ihren Autoren herzustellen. Betriebswirtschaftslehre steht für Winfried Hamel stets im Dienst der Praxis und soll einen Beitrag leisten, Führungsentscheidungen besser treffen zu können. Während er in dieser Praxis und Entscheidungsorientierung seine Sichtweise einschränkt, sieht er sich durch die Einschränkung geradezu herausgefordert, mit Hilfe eines zielgerichteten Gespürs neue Problemkreise zu erschließen, wo sich diese Sichtweise fruchtbar einsetzen lässt. Zielorientierte Unternehmensführung soll diesem Aspekt der rastlosen Bemühungen seines kreativen Geistes Rechnung tragen. Sein im November des vergangenen Jahres begangenes 40-jähriges Universitäts-Dienst-Jubiläum bestätigt auch äußerlich seine engagierte Tätigkeit als Wissenschaftler und Hochschullehrer.
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In den Beiträgen seiner Schüler wird die Fülle von Fragestellungen erkennbar, denen sich der Jubilar in seinem wissenschaftlichen Wirken gewidmet hat. Von allen als gleichermaßen bemerkenswert anzusehenden Beiträgen möchte ich besonders hervorheben Andreas Kricsfalussy: Das Zielsystem des Unternehmens; Kerstin Seeger: Zielorientierte Prozessgestaltung – Die Prozesse an der Unternehmensstrategie ausrichten; Burkhard Liman: Zielorientierte Entgeltung von Führungskräften. Die von dem Jubilar entwickelte Unternehmensführung markiert treffend das Fachgebiet, aus dem er die für ihn richtungsweisenden praktischen Impulse empfing und dem seine Forschungs- und Lehrtätigkeit an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf gewidmet waren. Der von ihm seit Gründung der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät entwickelte Lehrstuhl für „Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Unternehmensführung, Organisation und Personal“ besitzt in der Fachwelt ein außergewöhnlich hohes Ansehen. Dieses kommt auch in der Vielzahl seiner Publikationen zum Ausdruck. Hinzu kommt die Gründung der „Düsseldorf Business School“, die Gründung und geschäftsführende Leitung des „Düsseldorfer Instituts für Dienstleistungsmanagement“ (DID), der „Universitätsverlag der Heinrich-Heine-Universität“, sein Engagement bei der EKD-Initiative „Arbeit Plus“ (verleiht Gütesiegel zur Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens) und seine zahllosen sonstigen Ehrenämter an der Heinrich-Heine-Universität und anderen wissenschaftlichen Gremien.
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Die Beiträge dieser Festschrift spiegeln schon in der Kombination der Autoren eine Besonderheit wieder, die die Beschäftigung des Jubilars mit Fragen der Zielorientierung auszeichnen. Wissenschaft und Praxis sind zu verbinden, um die anstehenden Probleme zu bewältigen. Zum Ausdruck kommt ebenfalls die inhaltliche Spannweite seines Werkes, in dem die Probleme der Organisation und die Findung von Entscheidungsprozessen behandelt, Analysen theoretischer Grundlagen und Umsetzungen in praktikable Lösungsvorschläge unterbreitet sowie Beiträge zu zeitlos wichtigen und aktuell besonderes brennenden Fragen geliefert werden. Winfried Hamel ist ein großartiger Vertreter der betriebswirtschaftlichen Lehre und Forschung. Besonders hervorzuheben ist darüber hinaus sein Gespür für sich abzeichnende Entwicklungen. Seine Kreativität und sein Umsetzungsvermögen sind beispielhaft. Mit seiner Überzeugungskraft vermag er seine Umgebung zu motivieren und Menschen zu gewinnen. Letzteres ist nur dadurch möglich, dass er seine vielfältigen wissenschaftlichen und universellen Fähigkeiten einbringt und die von ihm initiierten Vorhaben zum Erfolg führt. Die Festschrift dient mehreren Zielen. Die Autoren wollen durch ihre Beiträge ihre Glückwünsche zum 65. Geburtstag greifbar manifestieren. Die Festschrift soll zugleich – die aus seinem Oeuvre gegriffenen Themen mögen das unterstreichen – dem eindrucksvollen Lebenswerk Winfried Hamels den gebührenden Respekt zollen.
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Außerdem gilt es Dank zu sagen für die zahlreichen Anregungen des Jubilars und die meist langjährige fruchtbare Zusammenarbeit. Nicht zuletzt aber soll die Festschrift den guten Wünschen, vor allem Zufriedenheit, Gesundheit und Schaffenskraft für den neuen Lebensabschnitt deutlichen Ausdruck verleihen. Ad multos annos in bona sanitate!
Prof. Dr. Dr. h.c. Werner Klein
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Inhalt Geleitwort
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Teil 1: Unternehmensführung Andreas Kricsfalussy: Das Zielsystem des Unternehmens 3 Kerstin Seeger / Adrian Seeger: Zielorientierte Strategieentwicklung für einen Logistikdienstleister 39 Erich Limpens: Zielorientiertes Immobilienmanagement 69 Kay Schlenkrich: Das sozioökonomische Zielsystem 95
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Teil 2: Organisation Kerstin Seeger: Zielorientierte Prozessgestaltung – Die Prozesse an der Unternehmensstrategie ausrichten 119 Adrian Seeger: Procurement Performance – Zielkonforme Gestaltung von Beschaffungsprozessen 145
Teil 3: Personal Burkhard Liman: Zielorientierte Entgeltung von Führungskräften 173 Nicole Richter: Unternehmensleitbilder zur Kommunikation von Zielen 199 Gudrun Thom: Work-Life-Balance – Die Balance zwischen Berufsund Privatleben zielorientiert gestalten 231 Veröffentlichungsliste 259 Autorenverzeichnis 277
XIII
Abbildungsverzeichnis
Teil 1: Unternehmensführung Zielorientierte Strategieentwicklung für einen Logistikdienstleister Abbildung 1:
Der C-Teile-Prozess als strategischer Kern 58
Das sozioökonomische Zielsystem Abbildung 1:
Einfluss auf die Zielgestaltung 103
Abbildung 2:
Betriebs-Portfolio materieller und ideeller Anforderungen 106
Abbildung 3:
Grundstruktur des Zielsystems 108
XI V
Teil 2: Organisation Zielorientierte Prozessgestaltung – Die Prozesse an der Unternehmensstrategie ausrichten Abbildung 1:
Darstellung des Strategieprozesses 126
Abbildung 2:
Balanced Scorecard 138
Procurement Performance – Zielkonforme Gestaltung von Beschaffungsprozessen Abbildung 1:
Elemente der Procurement Performance 149
Abbildung 2:
Ist-Portfolio – Ergebnis der Bottom-Up-Analyse 152
Abbildung 3:
Normstrategien 154
Abbildung 4:
Soll-Portfolio – Basis zur Neustrukturierung der Beschaffungsprozesse 154
Abbildung 5:
Aktivitäten in der Beschaffung 155
Abbildung 6:
Ausschnitt aus der strategischen Landkarte des Einkaufs 160
XV
Abbildung 7:
Integration der Wertschöpfungspartner mit der Beschaffungsnavigation 168
Teil 3: Personal Zielorientierte Entgeltung von Führungskräften Abbildung 1:
Gewichtung von kollektiven Zielen 182
Abbildung 2:
Zeitliche Abfolge von Zieldefinition und Feststellung der Zielerreichung 190
Unternehmensleitbilder zur Kommunikation von Zielen Abbildung 1:
Der unternehmenspolitische Willensbildungsprozess 203
Abbildung 2:
Anspruchsgruppen des Unternehmens 206
Abbildung 3:
Inhalte von Unternehmensgrundsätzen 209
Abbildung 4:
Funktionen von Unternehmensleitbildern 216
1
Teil 1: Unternehmensführung Andreas Kricsfalussy: Das Zielsystem des Unternehmens 3
Kerstin Seeger / Adrian Seeger: Zielorientierte Strategieentwicklung für einen Logistikdienstleister 39
Erich Limpens: Zielorientiertes Immobilienmanagement 69
Kay Schlenkrich: Das sozioökonomische Zielsystem 95
Zielsystem des Unternehmens
3
Andreas Kricsfalussy1
Das Zielsystem des Unternehmens 1
Zielkategorien 1.1 Wettbewerbsfähigkeit 1.2 Wachstum 1.3 Effektivität und Effizienz 1.4 Risikoorientierte Ressourcenallokation 1.5 Zufriedenheit
2
Konditionalziele 2.1 Pflicht 2.1.1
Liquidität
2.1.2 Rentabilität 2.2 Kür 2.2.1 Corporate Social Responsibility 2.2.2 Emotionale Unternehmensführung 3
Management by Objectives
Literaturverzeichnis
1
Dr. Andreas Kricsfalussy, Partner bei Roland Berger Strategy Consultants, Düsseldorf
Zielsystem des Unternehmens
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Andreas Kricsfalussy
Das Zielsystem des Unternehmens 1 Zielkategorien Unternehmen werden gegründet, um durch organisierte Tätigkeit bestimmte Ziele zu erfüllen. [vgl. Hill/Fehlbaum/Ulrich (1989), S. 1] Man kann unterstellen, dass die nahezu 2,5 Mio. Unternehmen in Deutschland bei der Unternehmensgründung neben genereller Bedürfnisbefriedigung vor allem betriebswirtschaftlich wünschenswerte Zustände – Ziele [vgl. Hauschildt (1977), S. 9] – anstreben. Das sind klassisch auf persönliche Nutzenoptimierung ausgerichtete Dimensionen wie Einkommen generieren, Existenz sichern oder Gewinn erwirtschaften. Im Laufe der weiteren Unternehmensführung kann es zu Adjustierung und auch veränderter Priorisierung der ursprünglich angestrebten Ziele kommen, bspw. Marktanteile erlangen, Kapitalerträge erwirtschaften; auch ganz neue Zielkategorien können für die Unternehmensführung entscheidend werden und sich sogar zu einem eigenständigen Betätigungsfeld entwickeln, so wie Corporate Social Responsibility. Grundsätzlich aber gilt: Als Institutionen öffentlichen Handelns sind Unternehmen Mindestvorgaben in ausgewählten Zieldimensionen verpflichtet. Werden diese Mindestanforderungen verfehlt, kommt es zu einem Ausschluss vom Wettbewerb. Vor diesem Hin-
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Kricsfalussy
tergrund ist Wettbewerbsfähigkeit die Zielkategorie, die eine präjudizierende Determinante im Zielsystem des Unternehmens darstellt. Daneben gibt es weitere Zielkategorien, die das Regelwerk betriebswirtschaftlichen Handels bestimmen, sozusagen genauso wie „Wettbewerbsfähigkeit“ unternehmerisches Agieren konkretisieren, aber nicht in demselben Maße die Existenzberechtigung charakterisieren. Sie werden nachfolgend auch benannt, haben aber nicht dieselbe existentielle Bedeutung, wie grundsätzlich überhaupt wettbewerbsfähig zu sein. 1.1 Wettbewerbsfähigkeit Der Versuch, Wettbewerbsfähigkeit zu definieren, führt zu einem rationalen Diskurs auf der Meta-Ebene: Die inhaltliche Diskussion und unternehmensspezifische Ausgestaltung von Wettbewerbsfähigkeit ist der ureigene unternehmerische Zielbildungsprozess. Hier werden Zielkategorien inhaltlich benannt. [analog Hamel (1974), S. 30, (1989), Sp. 2304, (1992), Sp. 2635] Ist Wettbewerbsfähigkeit das Ziel an sich, gilt es als erreicht, wenn das Unternehmen am Markt reüssiert. Dafür müssen vorher andere vom Wirtschaftssystem geforderte Ziele im Wettbewerbssystem verbindlich und dauerhaft erfüllt und eine gewisse "Wahrnehmungsschwelle" hinsichtlich des Erfolgs überschritten worden sein. Wettbewerbsfähigkeit wird bspw. demonstriert mit spezifischen Kennzahlen wie Investitionen in Forschung & Entwicklung oder Human Resources. Diese sind jedoch conditio sine qua non für
Zielsystem des Unternehmens
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Wettbewerbsfähigkeit. Kenngrößen wie F&E-Ausgaben in Relation zu Neuprodukteinführungen, deren Return on Investment per Periode, F&E in Relation zu anderen Größen wie Umsatz oder Gewinn sind bereits Ergebnis von Unternehmensführung – Zielerreichungsgrad – und nicht das Ziel der Unternehmensführung an sich. Ganz im Gegenteil: Sie sind nachträglich definierte Verhältniszahlen, die zwar Erfolg nachweisen, aber Ersatzgrößen darstellen, mit denen die Unternehmen ihre Potenz beweisen können, sie aber auch als Rechtfertigung nutzen können, wenn die "obersten" Ziele verfehlt wurden. Ohne vorherige erfolgreiche Unternehmensführung, die sich in Gewinn und Liquidität niederschlägt, ist Wettbewerbsfähigkeit nicht zu garantieren. Insofern ist Wettbewerbsfähigkeit anzustrebender Zustand und Voraussetzung gleichermaßen, nicht aber eine eineindeutige, allgemeingültige messbare Vorgabe.
Wettbewerbsfähigkeit als anzustrebender Zustand wird operationalisiert über Beschreibung der klassischen Zielkategorien der Unternehmensführung, die sog. Konditionalziele. [vgl. Kricsfalussy (1994), S. 6f.] Diese beschreiben allgemeingültig den unternehmerischen Erfolg.
Wettbewerbsfähigkeit als Voraussetzung wird operationalisiert über Beschreibung von Prozessqualitäten: Wettbewerbsfähig ist ein Unternehmen, wenn es im „kognitiven Rüstungswettlauf“ besteht. Dies gelingt einem Unternehmen immer dann,
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Kricsfalussy
wenn es der Konkurrenz gedanklich stets einen Schritt voraus ist. Wahrnehmungs- und Vorstellungsfähigkeit im Allgemeinen und Antizipationsfähigkeit im Speziellen sind der eine Teil der prozessualen Wettbewerbsfähigkeit. Unterstellt wird, dass in einem funktionierenden Markt alle Produktionsfaktoren inkl. Energie, Informationen etc. frei verfügbar sind und die gedankliche Vorwegnahme zukünftigen eigenen Handelns unter Berücksichtigung des Handelns der Konkurrenz – Planung – sowie die schnelle Umsetzung der Planung den Wettbewerbsvorteil manifestieren.
Der andere Teil der prozessualen Wettbewerbsfähigkeit ist das Beherrschen von sozio-ökonomischer Komplexität. Wer in dem komplexen Ökonomiegefüge, in dem die Mitglieder einerseits hochgradig individuelle, ausdifferenzierte Beziehungen pflegen, andererseits massenhafte, eindimensionale Versorgung mit Gütern sicherstellen, gestalterisch tätig ist, setzt Trends, wenn nicht gar Standards. Wettbewerbsfähigkeit zeigt sich hierbei in der Generierung von Alleinstellungsmerkmalen – USP – und deren Markierung.
1.2 Wachstum Ein weiteres Ziel der Unternehmen ist es, zu wachsen. Auch diese Kategorie gilt als Metakriterium und ist nicht wirklich allgemeingültig zu definieren und doch immer zu bejahen. Erfüllt das Unternehmen Ziele wie Rentabilität, Marktanteil oder Cash Flow in ei-
Zielsystem des Unternehmens
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nem für den Unternehmer, die Gesellschafter oder Anteilseigner zufrieden stellendem Maße, stellt sich die Frage nach der weiteren „Ver-Mehrung“ eigentlich nicht. Sind alle Sunk Costs eingepreist, Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit messbar auf höchstem Niveau, Kapitaldienste bedient und Verzinsung sonstiger eingesetzter Ressourcen wie Arbeitskraft, Know How, Räume, intellectual capital hoch, birgt nur noch die relative Betrachtung Verbesserungspotenzial. Dabei siegt die menschliche Prädisposition: Das Ergebnis wird mit den alten Vorgaben, den neuen Wünschen oder Ergebniswerten Dritter abgeglichen und führt zu neuerlichen Handlungsabsichten, die immer dann „Mehr“ bedeuten als vorher, wenn es denkbar einen erstrebenswerten Zustand darstellt – die Idee reicht aus! In der Praxis gibt es dennoch Zwänge, die Wachstum als kategorischen Imperativ begreifen lassen:
Die Erwartungen der Anteilseigner bedingen das Streben nach „Mehr“ Cash Flow; dieses Mehr ist wiederum nur durch Umsatzwachstum zu erreichen, da Kostensenkungspotenziale weitgehend ausgereizt sind.
Wachstum in Form von Größe ist wichtig für die Generierung von Skaleneffekten. Die sind wiederum Voraussetzung, um an den massiv gesunkenen Transaktionskosten zu partizipieren. So sind weltweit die Handelskosten von 1947 Index = 100 auf 9,5 in 1993, Luftfahrtlogistikkosten von 1930 Index = 100 auf
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11,8 in 1998, Telecom-Kosten von 1930 Index = 100 auf 0,1 in 1999 oder IT-Kosten von 1970 Index = 100 auf 0,008 in 2003 gesunken. [eigene Auswertungen nach Informationen aus HWWA]
Globale Lieferfähigkeit und das Ausnutzen globaler Faktorkostenvorteile – letztendlich Partizipieren an der sich beschleunigenden Globalisierung – setzen Größe voraus.
Bei weiter sinkenden Margen durch anhaltenden globalen Wettbewerbsdruck ist Umsatzwachstum die Voraussetzung, Gewinne zu steigern.
Zudem ist Unternehmenswachstum heute notwendiger Motivator, um Perspektiven – Karrieren, Aufgabenvielfalt, Arbeitsplatzsicherheit, Einkommenszuwachs etc. – für die Mitarbeiter zu zeigen.
Insofern ist Wachstum ebenso wie Wettbewerbsfähigkeit anzustreben und beides ist Voraussetzung für erfolgreiche Unternehmensführung. Aber nur in der Hinsicht eine eineindeutige, allgemeingültig messbare Vorgabe, dass es um den Vergleich zur Vorperiode oder um in Relation zu einander gesetzte Kennzahlen geht. 1.3 Effektivität und Effizienz Das Streben nach Zielerreichung folgt immer dem Rationalprinzip, d.h. der Maximierung der Zweck-Mittel-Relation, die im privaten,
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öffentlichen wie vor allem auch im rein ökonomischen Umfeld gilt. [z.B. Nieschlag / Dichtl / Hörschgen (1985), S. 4] Ziel der Unternehmen ist es, möglichst effektiv und effizient zu agieren. Es geht auch hier lediglich auf einer Metaebene zu definieren, ab wann ein Unternehmen bestimmte Vergleichszahlen für zielkonform hält. Effektivität und Effizienz sind Voraussetzungen erfolgreicher Unternehmensführung, ohne konkrete Benennung notwendiger Verhältniszahlen aber nicht eindeutig vorzugeben. Unternehmensführung heißt in diesem Zusammenhang immer,
zunächst Zielkategorien bestimmen und Ziele setzen.
Nach Definition der Ziele, Strategien zu entwerfen (Weg zur Zielerreichung), Prozesse zu definieren, Strukturen zu etablieren, Ressourcen zur Verfügung zu stellen (Personen, Budgets, Systeme), Instrumente einzusetzen.
Diese originären Aufgaben der Unternehmensführung folgen konsequent der Zweck-Mittel-Relation und damit auch dem „E-Kick“ (Excellence through Effectiveness and Efficiency). D.h. Bestandteil der rationalen Unternehmensführung ist es, permanent zwischen erbrachter Leistung und Wunsch (= Soll, Vorgabe oder Budget) einerseits sowie erbrachter Leistung und Input (Produktivität) andererseits abzugleichen und Handlungsanweisungen daraus abzuleiten.
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Effektiv ist ein Unternehmen in der Führung immer dann, wenn es „die richtigen Dinge tut“. Dies wird sichergestellt, wenn
die Unternehmensziele benannt und operationalisiert sind, die Strategie determinieren, sich aber auch konkludent aus der Unternehmensstrategie ableiten lassen – möglichst operativ bis hinunter zur Arbeitsplatzebene.
D.h. sie finden sich als messbare Vorgaben in der individuellen, team- oder abteilungs- sowie geschäftsbereichsbezogenen Zielsetzung wieder.
Diese Zielbildungs- und Operationalisierungsaufgabe ist originäre unternehmerische Aufgabe. Im Fokus dieser Effektivitätsdebatte steht der Soll-Ist-Vergleich, der Zielerreichungsgrad. Wird die strategische, konzeptionelle, strukturierende Ebene verlassen, stellt sich die Frage nach dem „richtigen Tun“. Grundsätzlich richtet sich das Effizienzpostulat „die Dinge richtig tun“ auf das „wie am was“, wie schnell, wie teuer etc. war der Prozess. Richtet sich das Augenmerk auf diese Input-Output-Relation, wechselt die Betrachtung auf die Instrumentenebene, und gerade hinsichtlich ganzheitlicher Unternehmensführung kommen Kostenund Zeitaspekte zum Tragen. Es steht nicht die Identifikation der Zielkategorie im Fokus, sondern die Art und Weise der Zielerreichung.
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Effizient ist das Unternehmen immer dann, wenn es „die Dinge richtig tut“. Dies wird sichergestellt, wenn
das operative Geschäft (Verrichtungen) anhand von Effizienzkriterien wie „höher, schneller, weiter …“ beschrieben werden kann, Vorbilder existieren, die kopiert werden können, das Wissen und die Techniken vermittelt wurden, die ausgelobten Kriterien zu erreichen,
die Aufgabenverteilung auf die einzelnen Mitarbeiter mit den definierten Kernprozessen übereinstimmt,
innerhalb der vordefinierten Prozesse bzw. der einzelnen Prozessschritte das Controlling die Abläufe messbar macht und transparent hält sowie
Sanktionierung im Unternehmen stattfindet (konsequenterweise spürbar in der Vergütung/ Incentivierung) und an nachvollziehbare, objektivierende Messgrößen gebunden ist.
Es herrscht Konsens darüber, dass Effektivität und Effizienz wichtig sind, um überhaupt Unternehmenserfolg zu haben; als Verhältniszahlen sind sie aber „nur“ Regeln für rational agierende Institutionen. Sie charakterisieren die Handlungen im Unternehmen, eine abschließende Vorgabe und eineindeutig als Wert messbar sind sie nicht.
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1.4 Risikoorientierte Ressourcenallokation Im fortgeschrittenen Stadium der Unternehmensführung gibt es noch weitere Regeln zu beachten, um im Markt zu reüssieren, zusammengefasst in der Shareholderformel „risikoorientierte Ressourcenallokation“. Häufig diskutiert wird diese Zielkategorie z.B. in der Ausprägung „renditemaximierende Kapitalallokation“. Diese Diskussion folgt dem althergebrachten ökonomischen Prinzip. Das bedeutet für die Unternehmen, das optimale Verhältnis zwischen Ertrag und Aufwand anzustreben. Ziel ist es, mit einem bestimmten Aufwand den größtmöglichen Ertrag oder einen bestimmten vorgegebenen Ertrag mit dem geringsten Aufwand zu „erzielen“. [z.B. Schierenbeck (1993), S. 3] Hier sind die Zielgrößen bereits „rechenbar“ gemacht. Die in Geldeinheiten bewerteten Werteverzehre oder -zuwächse eines Unternehmens zeigen den betriebswirtschaftlichen Erfolg – Gewinn oder Verlust. Mit der „Formel“ renditeorientierte Kapitalallokation wird, dem ökonomischen Prinzip grundsätzlich folgend, die Betrachtungsebene gewechselt: Aus einer partikularen Produktions- oder Kostensicht (Kosten und Leistungen auf Betriebs-, Aufwand und Ertrag auf Unternehmensebene) wird der Blickwinkel auf die Steuerung von Geschäftseinheiten gelenkt (absoluter Gewinn und Verzinsung). Es geht nicht (mehr) um die Verbesserung oder Erreichung von Sach- und Formalzielen [vgl. Berthel (1992), S. 949], es geht um die Befriedigung von Anteilseignerinteressen – Renditeerwar-
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tungen – durch dafür eingesetzte Führungskräfte. Mittel zum Zweck ist hierbei professionelles Portfoliomanagement. Die Unternehmensführung erfährt eine Perspektivenerweiterung. Neben den operativen Regeln des Geschäfts wie erfolgreich Leistungsprogramme zu entwickeln, zu erstellen, zu distribuieren, zu verkaufen, gesellen sich gleichberechtigt zum eigentlichen Produktionsfaktorkombinationsprozess Ziele wie Wertsteigerung von Assets, Good will oder Beteiligungen. Hier wird nicht mehr in Stückzahlen, gewichteter Distribution, Käuferreichweite o.a. gemessen, sondern in Capital Gain und Dividende. Bei der renditeorientierten Ressourcenallokation hält als Vorgabe zwar keine eindeutige Zielkategorie, dafür aber ein klarer Maßstab Einzug. Es geht um die maximale Verzinsung des von den Anteilseignern eingebrachten Kapitals. Einzige Variable ist der Zeitraum zur Zielerreichung. Aufgrund der Vielzahl von Anlegeoptionen und von (grenzüberschreitenden) Möglichkeiten sowie der Transparenz von Vergleichswerten ist es kein Tabu mehr, klar zweistellige Kapitalrenditen zu fordern. Aus der Metadiskussion wird so Management by Objectives. 1.5 Zufriedenheit Ein Ziel von Unternehmen ist es, Anspruchssteller zufrieden zu stellen. Das Konstrukt der Anspruchserfüllung anderer, aber auch des Unternehmens selbst, findet Eingang in die Unternehmensfüh-
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rung durch die Zieldefinition und die Motivation des Unternehmens, anspruchsadäquat zu agieren. Unternehmensziele sind gekennzeichnet als angestrebter Zustand und damit als die Handlungen des Unternehmens steuernde Vorgabe. Dem Ziel inhärent ist die Erfüllungsabsicht. [vgl. Hamel (1992), Sp. 2635] Die Erfüllung der Ziele wiederum ist die Quelle aller Zufriedenheit. Zufrieden kann ein Unternehmen nur sein, wenn es bezogen auf seine Handlungen/ Handlungsergebnisse positives Feedback bekommt. Das wiederum ist Maßstab des Erfolgs und wird quantitativ und qualitativ gemessen. Nicht alles, was messbar ist, wird auch gemessen, nicht alles, was gemessen wird, hilft Zufriedenheit zu erzeugen. Allerdings zeigt die Praxis, dass nur das, was gemessen wird, auch getan wird. Insofern ist der Unternehmensführung daran gelegen, die Aktivitäten auf Zufriedenstellung der Anspruchssteller zu lenken, dies nachzuhalten, die erreichte Anspruchsadäquanz zu messen und zu sanktionieren. Idealerweise sind die quantitativen Ziele des Unternehmens kompatibel mit den Anspruchskategorien der Kunden, Anteilseigner, Mitarbeiter etc. Qualitative Ziele können hier eine bestätigende, ausgleichende und verstärkende Wirkung haben. Als absoluter Zielmaßstab, d.h. als unternehmens- oder branchenübergreifende Messvorschrift, nach der die angestrebte Zufriedenheit diskutiert werden kann, ist sie nicht definiert. Auch hier gilt: Zufriedenheit ist anzustreben, aber ohne Quantifizierung, wie zufrieden jemand oder eine Institution sein kann oder sein sollte, ist es
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keine adäquate Zielkategorie an sich. Zufriedenheit zu erreichen ist dabei sehr motivierend, zufrieden zu sein gefährlich, weil es die Motivation, zielgerichtet zu arbeiten, beeinträchtigt. Insofern ist das Sicherstellen von Zufriedenheit der Anspruchssteller Voraussetzung, um weiter wirken zu können, und zugleich existentielle handlungsanweisende Vorgabe. Sie ist als Maßstab allerdings anhand von mehreren Kriterien situationsspezifisch festzulegen.
2 Konditionalziele Was differenziert sehr erfolgreiche Unternehmen von „nur“ guten Unternehmen? Es hat natürlich etwas mit den oben beschriebenen Zielkategorien zu tun. D.h. die Untenehmen sind wettbewerbsfähig, wachsen, arbeiten effektiv und effizient, sind renditestark und stellen ihre Anspruchssteller zufrieden. Sie folgen den hinter den Zielkategorien stehenden Regeln und „schlagen“ die (Ziel-)Standards bzw. setzen neue (Ziel-)Maßstäbe. Sie beherrschen aber auch die Prinzipien für nachhaltigen Erfolg [vgl. Stadler (2007), S. 62-72]:
Exploit before you explore. Tendenziell ist es erfolgversprechender, bestehende Assets zu weiterem Vorteilsausbau zu nutzen als in Neue zu investieren. Kompetenzmanagement i.S.v. Ausnutzen bestehenden Wissens zur Übertragung auf neue Marktbegebenheiten ist zielführender als der Zukauf oder das Kopieren von Außer-Haus-Kompetenzen.
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Diversify your business portfolio. Der Widerspruch „Konzentration auf das Kerngeschäft“ versus „Diversifizierung zur Risikominimierung“ wird aufgelöst, wenn sich sehr selektiv und immer mit einem verbindenden Element in neue Geschäftsfelder hinein entwickelt – diversifiziert – wird.
Remember your mistakes. Das Wissen um Erfolgsfaktoren, die darauf aufbauende Vermittlung von Erfolgsstories sowie die konstante Vermittlung von lessons learned bei Fehlgriffen schärft das Auge vor den Niederungen des ruinösen Wettbewerbs bzw. schützt vor unreflektiertem Hype, egal welcher Provience.
Be conservative about change. Change Management will gelernt sein, und radikale Brüche mit Verhaltensweisen, Business Modellen etc. bedürfen sehr umsichtiger Bewertung, und sie sollten nur in extremen Ausnahmesituationen greifen. Die Schumpetersche Maxime der Kreativen Zerstörung findet nur sehr selektiv Anwendung.
Gemessen wird der Erfolg an Key Performance Indicators. Es sind – wie nicht anders zu erwarten – immer aus den klassischen Rechenwerken der Betriebswirtschaft (BAB, GuV, Bilanz) gewonnene relative Kennzahlen und einige wenige absolute Kennzahlen. Je nach Industrie und Reifephase des relevanten Marktes sowie der Lebenszyklusphase des Unternehmens spielen die nachfolgenden relativen und absoluten Kennzahlen die entscheidende Rolle:
Zielsystem des Unternehmens
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Return on equity (ROE), Return on Investment (ROI), Return on Capital Employed (ROCE), Growth in Sales („premiums”), Personnel Costs as a Percentage of Sales, Capital Expenditures (CAPEX) as a Percentage of Sales, Earnings per Share, Dividends per Share
Sales, Cash Flow, Profit Margin, EBIT.
Die durchschnittliche Umsatzrendite der DAX-Unternehmen in 2006 lag bei 4,4 % nach Steuern; in UK, Spanien oder Dänemark erwirtschaften Aktiengesellschaften in 2005 Nachsteuerrenditen von über 8 %. Laut BDI generieren 17,7 % der deutschen Industrieunternehmen eine Umsatzrendite vor Steuern von mindestens 10 %. [vgl. iwd news (2007); S.2] Die Vorgabe von Zielen in den Kategorien Umsatz, Umsatzrendite und Kapitalrendite korreliert mit dem Auftrag an die Unternehmensführung, sich im Wettbewerb zu behaupten. Es gilt, einerseits attraktiv für Kapitalgeber zu sein, andererseits akquisitorisches Potenzial am Arbeitsmarkt zu entfalten. Insofern sind Vorgaben hinsichtlich Umsatz und damit Marktanteil, wie Top 1-3 im relevanten Markt, Umsatzrendite deutlich zweistellig und Kapitalrendite zweistellig, ergänzt um Zufriedenheitsindizes bei Kunden (obligatorisch) und bei Mitarbeitern (fakultativ), enttabuisiert. Wer sich dieser Diskussion entzieht/ verweigert, disqualifiziert sich für die Unternehmensführung. Das Selbstverständnis ist, über Operationalisierung der Zieldimensionen zu vergleichbaren Aussagen über Betriebs-, Geschäftsbereichs-,
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Unternehmens-, Branchen- oder Ländergrenzen hinweg zu gelangen und so die Unternehmensführung erstens „hart“ zu machen und zweitens zu professionalisieren. Marktkapitalisierung spielt als Konditionalziel zunehmend eine große Rolle. Von den 500 größten Unternehmen (aufgrund Marktkapitalisierung in 2006) sitzen 231 in Nord- und Südamerika, 167 in Europa, 91 in Asien, 9 in Australien und 2 in (Süd-)Afrika. Davon in Deutschland 21, was angesichts der nominalen Größe der Volkswirtschaft ein kleiner Wert ist. Dies hängt maßgeblich damit zusammen, dass in Deutschland mittelständische Unternehmen dominieren. [vgl. o.V. (2007), chart S. 31] Marktkapitalisierung ist vor allem von Anteilseignern als Ziel für die Unternehmensführung etabliert. Es erweitert die Perspektive auf alle Facetten des „Unternehmenslenkens“. Einzahlungen, Einnahmen, Leistungen und Erträge erfahren so eine deutlich andere Wertigkeit. Sie bleiben wichtig, aber Adressaten von Erfolgsberichten hierzu sind die Mitarbeiter und Kollegen. Mit Kennzahlen zur Marktkapitalisierung wendet sich die Unternehmensführung an Externe, im Wesentlichen Analysten. Größe im Sinne von Umsatz oder Anzahl Beschäftigte spielt zur Beurteilung von Erfolg keine Rolle. Damit sind es keine relevanten Zielkategorien, Konditionalziele schon gar nicht.
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2.1 Pflicht Worauf kommt es jetzt an? Die ursprüngliche Idee des Unternehmers, handlungsaktiv zu werden, ist seine Vision. Sie verkörpert das Individualziel des Unternehmers [vgl. Kirsch (1969), S. 665ff.], und es kann dann als erfüllt gelten, wenn der Unternehmer zufrieden ist. Das Individualziel des Unternehmers wird spezifiziert durch Sachund Formalziele [vgl. Berthel (1992), S. 949]: Sie beschreiben
durch was – Leistungsspektrum – der Unternehmer seine Vision realisieren möchte und
wie er das Sachziel ausgestaltet – Spezifika der Leistungspalette.
Sach- und Formalziele sind dann erfüllt, wenn der Unternehmer mit dem Produkt seiner Produktionsfaktorkombinationen zufrieden ist. Damit sprechen wir von „Selbstbefriedigung“ und noch nicht von marktwirtschaftlichen Erfolgen. Startet der Unternehmer eine rechtlich selbständige Wirtschaftseinheit, mit der er Güter oder Dienstleistungen über die Befriedigung von Eigenbedarf hinaus produziert, und sucht er coram publico den Absatzerfolg für seine "formalisierten Sachziele" (materialisiertes Produkt-Leistungsbündel), setzt er sich den allgemeingültigen betriebswirtschaftlichen Bewertungskriterien aus. Das Unternehmen
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ist der vom Unternehmer begründete institutionelle Rahmen, in dem die zielorientierten Handlungen ausgeführt werden. [vgl. Frese (1988), S. 29] Es ist das Mittel zur Realisierung der Vision und wird im Kontext des herrschenden Wirtschafts- und Rechtssystems bewertet. Der Erfolg des Unternehmens wird durch die Konditionalziele ausgedrückt. Sie beschreiben, wie das Unternehmen die Vision des Unternehmers betriebswirtschaftlich realisieren möchte/ umgesetzt hat. Konditionalziele sind ganz bestimmte Kennzahlen unternehmerischen Wirtschaftens. Sie informieren in komprimierter Form über den betriebswirtschaftlichen Zustand des Unternehmens. Sie sind das eigentliche Zielsystem des Unternehmens. [vgl. Kricsfalussy (1994), S. 6 f.] 2.1.1 Liquidität Das Unternehmen muss fähig sein, seinen Zahlungsverpflichtungen und Zahlungsnotwendigkeiten fristgerecht nachzukommen. Zudem muss die Zahlungsmitteldeckung in jedem Augenblick größer sein als der Zahlungsmittelbedarf. [vgl. Gutenberg (1958), S. 114] Zahlungsfähigkeit und finanzielles Gleichgewicht sind Voraussetzungen, um am Wirtschaftsleben aktiv teilzunehmen. Die Vorgabe lautet, das Ziel zu erfüllen. Übererfüllen ist zunächst nicht gleichzeitig auch besserer Zielerreichungsgrad, da damit sofort die Frage nach Verzinsung der liquiden Mittel gestellt wird.
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2.1.2 Rentabilität Gewinn als absolute Größe sowie Maximierung des Gewinns in Relation zum eingesetzten Kapital sind die Handlungsmaximen des Unternehmens. Für das Unternehmen ist Gewinnerzielung der Maßstab: Als Absolutbetrag wie Kennzahl ist jeder Wert > 0 Pflicht, da ansonsten die Nutzen-Opfer-Relation nicht positiv wäre; es würde mehr verzehrt als hervorgebracht, was dem individuellen, traditionellen Rationalitätsprinzip wie dem modernen Leistungsverständnis widerspricht. Bei aller Kritik am marktwirtschaftlichen System, dem Konstrukt des homo oeconomicus, der Gewinnmaximierung als normativem Wert etc. zuzüglich der empirischen Erkenntnisse zur Zielforschung, zum Zielbildungsprozess sowie zur Zielgewichtung (Priorisierung) ist herrschende Meinung, dass Gewinn als positive Differenz von Ertrag und Aufwand sowie positive Rentabilität Motivator und Satisfier für unternehmerisches Handeln ist. Dies sind die beiden wirtschaftlich gemessenen Gegenwerte für übernommenes Risiko, und beide sind gesellschaftlich akzeptiert. Allerdings ist die Vorgabe von Gewinn oder Rentabilität der Höhe nach wieder nur im Kontext des Unternehmens zu definieren. Als anzustrebender Zustand klar formulierbar und eindeutig messbar sind der verantwortungsvolle Umgang mit dem Zielsystem und die weitere Operationalisierung Ausdruck professioneller Unternehmensführung. Professionell heißt in diesem Zusammenhang ver-
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antwortungsvoller Umgang des Managements mit den Anspruchsstellern hinsichtlich
der persönlichen Ziele der Beteiligten und Betroffenen der Unternehmensführung als Individuen (Sicherheitsbedürfnis, Wunsch nach Leistung und Erfolg, Status, Anerkennung und Macht, Gerechtigkeitsverlangen, Streben nach Entfaltung, Schaffensfreude etc.) sowie
der institutionellen Ziele an das Unternehmen als Arbeitnehmer, Führungskräfte und Kapitalgeber und
der Konditionalziele des Unternehmens als Teil des Systems/ der Gesellschaft (Sicherheits-, Expansions-, Erfolgsziele etc.). [vgl. Corsten (1988), S. 339]
Gewinn und Rentabilität sind Voraussetzung, um dauerhaft am Wirtschaftsleben teilzunehmen. Die Höhe gibt Hinweise auf Art und Weise des ökonomischen Verständnisses des Unternehmens und auf den verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen während des Leistungserstellungs- und -verwertungsprozesses. Auch die anschließende Verwendung von Gewinn und erwirtschafteter Rendite sind Ausdruck der wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Verantwortung des Unternehmens.
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2.2 Kür Unternehmen stehen zwei besonderen Herausforderungen gegenüber: Von außen werden immer mehr Anforderungen an die soziale Kompatibilität des Unternehmens und die Unternehmensführung gestellt. Nach innen müssen die Unternehmen nach Restrukturierungen und Kostensenkungsprogrammen der jüngeren Vergangenheit Veränderungsresistenz, Lethargie und Leistungsverweigerung und damit Zielverfehlungsgefahr entgegen wirken. 2.2.1 Corporate Social Responsibility Das Zielsystem des Unternehmens ist heute mehr denn je charakterisiert vom Bestreben der Unternehmensführung, dem weltweit gewachsenen Misstrauen gegenüber Grossunternehmen entgegenzutreten. Vorgabe ist es,
neben Wettbewerbsfähigkeit, wirtschaftlichem Wachstum oder auch mehr Arbeit als öffentliche Ziele Europäischer Unternehmen (vgl. das Lissabon-Papier der EU)
weitere Eckpfeiler in das Zielsystem der Unternehmen zu verankern wie Nachhaltigkeit, Aufhebung sozialer Ausgrenzung und bessere Lebensqualität für alle.
Erwirtschaften die Unternehmen hohe Gewinne, sehen sie sich häufig öffentlicher Kritik und Missgunst ausgesetzt. Wird in Qualifizierung, lebenslanges Lernen oder den generellen Erhalt der Ar-
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beitsfähigkeit investiert, fördert das die gesellschaftliche Akzeptanz der Unternehmensführung und dient selbstverständlich auch den persönlichen Zielen der Arbeitnehmer, Manager etc. Investitionen in Aus- und Weiterbildung bspw. dienen dem Unternehmenszweck wie dem größeren sozialen und ökonomischen Zweck, in einer globalen Wissensgesellschaft wettbewerbsfähig zu bleiben, und nutzen auch dazu, ethische Aspekte der Unternehmensführung an bspw. die Mitarbeiter zu adressieren. Diversity-Ziele, bei denen z.B. ein Anteil der Personalstellen für benachteiligte Gruppen "reserviert" ist, Investitionsquoten, gemessen in ökologisch motivierten Innovationen, umweltverträgliche Managementsysteme oder Einkaufsquoten in z.B. Entwicklungsländern mit Einhaltung von Menschenrechten zeigen den vernünftigen Umgang mit natürlichen Ressourcen. Sind solcherlei Vorgaben bereits internalisiert und im Zielsystem berücksichtigt, dienen sie der Herausbildung von komparativen Konkurrenzvorteilen und haben einen direkten Nutzen im Wettbewerb. Dieser wäre so durch Gewinn- oder Renditereduktion „erkauft“, aber auch sofort wieder als Wettbewerbsvorteil einsetzbar. Wird im Nachgang der Leistungserbringung mit den erwirtschafteten Ergebnissen z.B. soziales oder ökologisches Engagement gezeigt, ist dies natürlich ebenfalls von Belang und wird von den weiteren Anspruchsstellern positiv goutiert.
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Allerdings hat dies eine andere Qualität. Das „wie am was“ ist entscheidend. Wird das Management verpflichtet, Nachhaltigkeitsfragen in das Kerngeschäft zu integrieren, ist eine Neudefinition von Kapitalismus oder Marktwirtschaft hinfällig, wie es Befürworter von CSR fordern. Die Verpflichtung zur Zieloperationalisierung und umfassende Strategieformulierung durch die Unternehmensführung führen dazu, dass alle Zielkategorien inhaltlich diskutiert werden. In einer wettbewerbsorientierten Gesellschaft ist es systemimmanent, sich den sich wandelnden Zielvorstellungen aller Anspruchssteller zu stellen. Insofern ist das Zielsystem des Unternehmens ein offenes, sich im Zeitverlauf wandelndes Pflichtenheft, das adäquat alle wirtschaftlichen Notwendigkeiten und gesellschaftsrechtlich akzeptierten oder geforderten Normen widerspiegelt. Dem System inhärent ist auch die stetige Verbesserung der Zielqualität. Agiert ein Unternehmen nicht (mehr) anspruchsadäquat in Pflicht und Kür, und die Ansprüche stellen alle – Kunden, Kapitalgeber, Mitarbeiter und Kollegen, dann wird es bei funktionierender Jurisprudenz vom Markt genommen. Die aktuelle Diskussion um Corporate Governance (vgl. www.deutscher-corporate-governance-code.de) und die flächendeckende Etablierung von Code of Conducts zeigt den Anspruch an ethische, soziale oder ökologische Standards. Dies ist eine Quelle der Differenzierung im internationalen Wettbewerb. CSR im Ziel-
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system zu verankern, kann genauso wie Investitionen in Forschung und Entwicklung dazu dienen, neue Wettbewerbsregeln zu definieren. Wer dann zuerst die Themen belegt, kreiert Wettbewerbsvorteile. 2.2.2 Emotionale Unternehmensführung Unternehmen sind heute mit einer zunehmenden Emotionalisierung konfrontiert. Diese wird zum einen von außen an die Unternehmen herangetragen, indem bspw. politische Forderungen oder Verbraucherschutzbestreben nicht nur durch die gebotenen Organe und Verfahren wie Gesetzgebungsverfahren und entsprechende Anhörungen oder Produkttests publik gemacht werden. Heute ist vielmehr die Instrumentalisierung der breiten Öffentlichkeit über Massenmedien mit Kampagnen aller Art gang und gäbe. Die Reaktionen darauf sind die Etablierung von Abteilungen wie Public Affairs oder die professionelle Nutzung von redaktionellen Beiträgen, um zu erklären, zu dementieren, zu ergänzen, zu relativieren etc. Die Mitarbeiter sind Objekt und Subjekt der zunehmenden Emotionalisierung. Einerseits als Mitglied des Unternehmens Betroffener von Kritik, Anfeindung, Vorwurf etc., andererseits als mündiger Bürger und Mitarbeiter selbst kritisch und fordernd in der Erwartungshaltung gegenüber Produkten, Institutionen etc. oder gegenüber Umgangsformen, Verhaltensweisen, Einstellungen. So verarbeiten die Mitarbeiter die Emotionalisierung individuell und institutionell. Im Unternehmen äußert sich das in unterschiedlichster
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Art und Weise. Von Reaktanz und Distanzierung bis Dienst nach Vorschrift oder Kündigung sind alle Verhaltensweisen als Reaktion auf persönliche Kritik, öffentliche Anfeindung etc. sichtbar. Das Neue daran ist die offene An- und Aussprache sowie die gefühlsorientierte Argumentation. Appelliert wird an die Verantwortung und eingeklagt wird authentisches Führungsverhalten. Die Herausforderung liegt darin, eine Verbindung zwischen den Emotionen der Mitarbeiter und den manifestierten Emotionen im Unternehmen sowie den Unternehmenszielen herzustellen. Das geht nicht, indem die Mitarbeiter glücklich gemacht werden, in der Hoffnung, dass glückliche Menschen immer das Richtige tun. Es geht vielmehr darum, dass die Ziele und Strategien im Unternehmen die Mitarbeiter emotional ansprechen und begeistern, sie motivieren, aktiv zu sein. Es gilt, die Energiereserven des Unternehmens zu mobilisieren und sie zur Erreichung der wichtigen Ziele einzusetzen. [vgl. Bruch / Ghosal (2007), S. 62] Unternehmen lassen sich in vier Zonen kategorisieren – Komfortzone, Resignationszone, Aggressionszone, Leidenschaftszone. Diese unterscheiden sich hinsichtlich ihrer positiven und negativen Energie (Begeisterung, Freude, Zufriedenheit vs. Angst, Frustration, Trauer) und der Intensität sowie Qualität des Energiestatus. Hoch energetische Unternehmen wie die in der Aggressions- und Leidenschaftszone streben nach scheinbar unerreichbaren Zielen, wenngleich mit unterschiedlichen Vorzeichen. Sie bündeln und
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kanalisieren Kräfte zu Gunsten gemeinsamer Ziele und schaffen Zusammenhalt für Unternehmenszielerreichungen. Um bei Veränderungen in der Zielorientierung oder beim Setzen generell neuer Zielvorgaben zu reüssieren, gibt es zwei Strategien zur Freisetzung und Kanalisierung von Energie [vgl. Bruch / Ghosal (2007), S. 63ff.]:
Slaying the dragon. Die Unternehmensführung lenkt die Aufmerksamkeit, Emotionen und Tatkraft auf eine Bedrohung (Bewegung in die Aggressionszone). Eine Bedrohung wie Insolvenz, ein starker Konkurrent oder eine disruptive Technologie wird zum Objekt der Begierde, und es gilt, das Ziel durch Abwendung oder Absorption der Bedrohung zu erreichen.
Winning of the princess. Die Unternehmensführung lenkt in die Leidenschaftszone, indem es Begeisterung für ein neues Ziel, eine neue Vision schürt. Das Ziel kann dabei Sachziel-, Formalziel- oder Konditionalzielqualitäten haben.
Innerhalb der „Kür“ ist es für die Unternehmensführung Pflicht, sich darum zu kümmern, organisationale Energie freizusetzen. Diese erzeugt die notwendige Kombination kognitiver, emotionaler und tatkräftiger Potenziale und richtet die daraus entstehende Dynamik auf die Erreichung der klassischen Konditionalziele wie auch „neuer“ Unternehmensziele (z.B. CSR bezogen) aus.
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3 Management by Objectives Konditionalziele des Unternehmens werden erreicht, wenn die Leistung und das Verhalten einzelner Mitarbeiter in motivierender Weise auf die Erfüllung der Vorgaben gerichtet wird, d.h. das Streben nach Zielen des Unternehmens wird verbunden mit dem individuellen Leistungswillen und Streben der Führungskräfte nach Selbstentfaltung und -bestätigung. Diese Kompatibilität aller im und durch das Unternehmen verfolgten Ziele ist das konstituierende Merkmal von MbO. Das Führen durch Ziele bedarf der Definition und Akzeptanz von Zielkategorien und Zielhierarchien für das Unternehmen und für Einzelpersonen. Zielsetzung ist dabei originäre Aufgabe der Unternehmensführung. Die Zielbildung ist allerdings ein iterativer und partizipativer Prozess: Die Mitwirkung Leitender am Zielbildungsprozess hilft, Kompatibilität und Realität einerseits, aber auch Identifikation durch Involvement andererseits sicher zu stellen. Durch weitgehende Freiheit bei der Zielerfüllung werden dann Verantwortungsbereitschaft, Eigeninitiative, Kreativität und im fortfolgenden partnerschaftliche Zusammenarbeit auch auf anderen Ebenen im Unternehmen gefördert. Dies alles gilt natürlich nur, wenn dem Menschenbild der Humanistischen Psychologie gefolgt und generell von einem recht optimisti-
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schen Bild wie vom Typ Y nach McGregor ausgegangen wird. Zudem wird unterstellt, dass positive Wirkungszusammenhänge zwischen Zielkenntnis, Beteiligung am Zielbildungsprozess und Identifikation mit Zielen, aber auch Zielerreichungsdiskussionen auf die Leistungsmotivation existieren. [vgl. zusammenfassend Wild (1973), S. 289f.] Heute ist der Zielbildungsprozess gelernt, Führungskräfte sind mit dem System vertraut. Es hat in der Hinsicht Allgemeingültigkeit erreicht, dass MbO im Falle der Realisierung unternehmensweit zum Tragen kommt. Notwendige Voraussetzungen hinsichtlich Schulung zur adäquaten Anwendung sowie Entwicklungsangebote und Maßnahmen bei Zielverfehlungen sind heutzutage im PE- und OE-Katalog der Unternehmen verankert. [vgl. zur Kritik am MbOKonzept Staehle (1991), S. 892] Ziele sind ein gelerntes Konstrukt. Wir haben knapp 40 Mio. Erwerbstätige in Deutschland, fast jeder Zweite "unterwirft" sich dem Wirtschaftssystem, alle sind mit handlungsbezogenen Vorgaben sozialisiert. Was noch nicht abschließend klar durchdringt, ist, dass Zielsysteme die verbindliche Aufforderung zur expliziten Handlung sind – auf jeder Unternehmensebene. Es geht einerseits um Zielvereinbarung und Leistungsabfrage sowie andererseits um Verantwortung für Mitarbeiter und Ergebnis. MbO im hier verstandenen Sinne ist Mittel zum Zweck. Es ist, als Instrument richtig eingesetzt, gut geeignet, Vertrauen und Wertschätzung aufzubauen
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sowie Beachtung und Verbindlichkeit zu verlangen. [vgl. zum Anspruch an MbO Kricsfalussy (2003), S. 359ff.] Egal in welchem Unternehmen die oben beschriebenen Ziele verfolgt werden, kann im heutigen Wirtschaftszeitalter davon ausgegangen werden, dass dieses Unternehmen vom aufgeklärten Bürger, mündigen Konsumenten und anspruchsvollen Mitarbeiter begleitet wird. Es ist konfrontiert mit dem komplexen Menschenbild des „ganzheitlichen Menschen“. Das Konzept geht davon aus, dass es kein generell gültiges Bild vom Menschen gibt, sondern jeweils nur in unterschiedlichen konkreten Situationen handelnde, individuell unterschiedliche Menschen [vgl. Comelli / v. Rosenstiel (2003), S. 116]. Diese Menschen haben nicht nur verschiedene, sondern auch einem Wandel unterliegende Bedürfnisse, da diese nicht nur angeboren, sondern auch erlernt sind. Das gilt auch für die daraus resultierenden Zielvorstellungen der Menschen. Wird die Vielfalt individueller Ziele akzeptiert, muss zur Komplexitätsreduktion das Zielsystem der Unternehmen endlich definiert werden. Dann kann eine „ganzheitlich“ ausgerichtete Unternehmensführung erfolgreich führen, wenn sie auf die Individuen bezogen situative Führung praktiziert, problemorientiert handelt und in ihrem Verhalten gegenüber den Mitarbeitern authentisch und glaubwürdig ist. Bezogen auf die Institution ist Unternehmensführung dann erfolgreich, wenn sie die Verantwortung für die Errei-
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chung der Konditionalziele übernimmt und die Folgen der Verfehlung trägt. Verantwortung heißt dann Buße tun.
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Zielorientierte Strategieentwicklung
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Kerstin Seeger1 Adrian Seeger2
Zielorientierte Strategieentwicklung für einen Logistikdienstleister 1
Relevanz der Strategieentwicklung
2
Herausforderungen der Logistik-Branche
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Vorgehen zur Strategieentwicklung
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3.1
Analyse der Wettbewerbsarena
3.2
Gestaltung des strategischen Rahmens
3.3
Gestaltung des strategischen Zielsystems
Ausblick
Literaturverzeichnis
1
2
Prof. Dr. Kerstin Seeger, Professur für Strategisches Management und Unternehmensführung, Europäische Fachhochschule, Brühl Dr. Adrian Seeger, Sprecher der Geschäftsführung der Mannesmannröhren Logistic GmbH, Ratingen
Zielorientierte Strategieentwicklung
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Kerstin Seeger Adrian Seeger
Zielorientierte Strategieentwicklung für einen Logistikdienstleister 1 Relevanz der Strategieentwicklung Eine gute Strategie und ihre konsequente Umsetzung bilden die Basis für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens. Dabei wird unter Strategie die grundsätzliche Ausrichtung einer Organisation verstanden, die die Gestaltung der Ressourcen und Kompetenzen sowie die dauerhafte Verhaltensweise des Unternehmens bestimmt. Zweck der Strategie für das Unternehmen ist es, sich in der Wettbewerbsumwelt dauerhaft Vorteile zu verschaffen und darüber den langfristigen Erfolg des Unternehmens zu sichern. [vgl. Seeger / Seeger (2007), S. 196] Voraussetzung für eine gute Strategie ist die konsequente Beschäftigung mit der Strategieentwicklung im Unternehmen. Dazu bedarf es eines klar strukturierten Strategieprozesses, der von der strategischen Analyse, über die Entwicklung alternativer Strategieoptionen, die Bewertung und Auswahl der geeigneten Strategie bis hin zur Operationalisierung der Strategie und zur Strategieverankerung geht. [vgl. Currle / Schwertner (2004), S. 31ff.]
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Ausgangspunkt für die Strategieentwicklung im Sinne der inhaltlichen Gestaltung der Strategie ist ein klar strukturiertes Strategiemodell. Dieses besteht in einer sowohl in der Theorie empfohlenen als auch in der Praxis verbreiteten Ausprägung aus drei wesentlichen Elementen: [vgl. zur Darstellung des Strategiemodells Currle / Schwertner (2005), S. 32ff.]
Analyse der Wettbewerbsarena,
Gestaltung des strategischen Rahmens,
Gestaltung des strategischen Zielsystems.
2 Herausforderungen der Logistik-Branche Die Logistik-Branche steht aktuell vor großen Herausforderungen. Damit sich Logistikdienstleister in der Wettbewerbsarena Vorteile verschaffen können, sind verstärkte Anforderungen an die Strategieentwicklung zu stellen: Nicht nur die augenscheinlich stark steigenden internationalen Handelsströme erfordern neue Konzepte, auch die zunehmende Reorganisation unternehmensinterner Prozesse, um logistische Optimierungschancen zu nutzen, machen neuen Ideen unabdingbar. Logistik bedeutet mehr als die reine Transportleistung von A nach B – Logistik betrifft heute den gesamten Wertschöpfungsprozess im Unternehmen. Entsprechend vielfältig und komplex sind die Schnittstellen, so dass ein kompetentes Schnittstellen-Management erforderlich wird.
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Ein aktuelles Beispiel für diese Entwicklung ist die Übernahme und das Management der vollständigen Auslieferung aller KosmetikProdukte von Johnson & Johnson durch die DHL. Die fertige Ware wird nun durch einen Dritten vereinnahmt, gelagert, kundenspezifisch kommissioniert und verpackt sowie an den Ort des Bedarfs versandt. Hier entstehen neuen Schnittstellen, wie bspw. die Übermittlung von Kundenbestellungen an den Logistiker, die Abwicklung von Retouren vom Kunden zum Logistiker und dann zum Hersteller, die Abstimmung zwischen Disposition und Produktion sowie die Harmonisierung aller Belege in der Kette. Ein anderes Beispiel: ThyssenKrupp Xervon hat die komplette Instandhaltung der BP Raffinerie in Lingen übernommen. Neben Instandhaltungsdienstleitungen beinhaltet diese Leistung auch das so genannte Reserveteilmanagement – in diesem Fall die Beschaffung, Lagerung, Pflege, Verbringung zur Verwendung sowie Einbau, Funktionstest und Freigabe sowie Fehleranalyse und Reparatur der ausgebauten Teile. Logistik wird hierbei zum kritischen Pfad, um den reibungslosen Ablauf einer komplexen Dienstleistungskette nachhaltig sicher zu stellen. Zusätzlich Kompetenzen müssen integriert und das Zusammenspiel an den Schnittstellen optimal gestaltet werden. Die Beispiele zeigen, dass Logistik sich bereits heute vielfältigen Aufgaben stellt, die mit dem klassischen Verständnis nur noch wenig zu tun haben. Die Anbieter in diesem Markt kommen aus den
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unterschiedlichen Branchen: Beispielsweise entwickelte sich die Fiege-Gruppe vom klassischen Transporteur zum FulfilmentSpezialisten mit vielfältigen ergänzenden Dienstleistungen. Die Würth-Gruppe wandelte sich. vom klassischen Händler für Industriebedarf zum Komplettversorger bis an die Bedarfsstelle. Alle Anbieter haben eins gemeinsam: Sie operieren in einem Markt, der bis heute noch keine stabile Klassifizierung der Teilnehmer vorweisen kann, was in anbetracht des erwarteten Wachstums (Schätzungen sprechen von mehr als 35% für das Jahr 2008) verständlich wird. Aufgrund der dargestellten Ausgangssituation in der LogistikBranche kommt der Entwicklung der Strategie für Logistikdienstleister eine herausragende Bedeutung zu, um die Positionierung im Markt zu festigen und sich gegenüber dem Wettbewerber abzugrenzen. Im Folgenden wird das Strategiemodell am Beispiel eines Logistikdienstleisters erarbeitet. Die Mannesmannröhren Logistic GmbH (MRL) ist ein Beschaffungs- und Logistikdienstleister mit Sitz in Ratingen. Das Unternehmen schließt mit seinem Leistungsangebot die Lücke zwischen elektronischer und physischer Abwicklung von Versorgungsprozessen direkter und indirekter Materialien. Durch die vollständige Übernahme von Beschaffungs-, Lagerungs- und Distributionsaufgaben, integriert in eine innovative eProcurement-Plattform, optimiert das Unternehmen bestehende Prozesse bei seinen Kunden.
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3 Vorgehen zur Strategieentwicklung 3.1 Analyse der Wettbewerbsarena Den Ausgangspunkt der Strategieentwicklung bildet die strategische Analyse. Diese besteht aus zwei Bestandteilen: Zum einen aus einer fundierten Analyse des Unternehmensumfeldes, zum anderen aus einer Analyse des Unternehmens selber. Die Umfeldanalyse bezieht sich dabei nicht nur auf den Markt als originäre Aufgabenumwelt des Unternehmens. Vielmehr ist es ihre Aufgabe, zunächst einmal die relevanten Umweltsegmente zu identifizieren und darauf aufbauend Chancen und Risiken aus dem Umfeld zu analysieren. Dabei treten neben die Aufgabenumwelt die politisch-rechtliche, demographisch-ökonomische, soziokulturelle und technologisch-ökologische Umwelt. [vgl. zu geeigneten Instrumenten für die Umfeldanalyse Bea / Haas (2005), S. 86ff.] Die Aufgabenumwelt des Unternehmens beschreibt die Wettbewerbsarena, in dem es sich bewegt. Diese wird determiniert durch den Markt mit den Kunden, die Wettbewerber sowie die Erfolgsfaktoren der Branche. Geeignetes Instrument zur Analyse des Marktes ist Porters Analyse der Wettbewerbskräfte [vgl. Porter (1980), S. 6ff.]. Dabei stellt Porter die Analyse der Markteintrittsbarrieren, der Gefahr von Substituten, der Verhandlungsstärke der Kunden, der Verhandlungsstärke der Lieferanten und der Rivalität innerhalb der Branche in den Fokus der Betrachtung. Diese Wett-
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bewerbskräfte beeinflussen die Intensität des Wettbewerbs und damit die Rivalität in der Branche. Das Umfeld für Logistikdienstleiter ist – wie oben beispielhaft dargestellt – durch keine klare Wettbewerbsarena gekennzeichnet. Aufgrund der vielfältigen Ausgestaltungsdetails der Leistungen ist es möglich, dass je nach Leistungsangebot sehr unterschiedliche Wettbewerbsarenen relevant werden. Im Fall der Mannesmannröhren Logistik sind dies für Beschaffungsleistungen die in diesem Markt spezialisierten Dienstleister wie bspw. Systemhändler, für Warehousing- und Distributionsleistungen eher Transporteure, für IT-Leistungen sind dies Systemhäuser und ggf. Consultants. Die Markteintrittsbarriere ist daher für die einzelnen Leistungsbestandteile differenziert zu bewerten. Mannesmannröhren Logistik verfügt bspw. über einen Einkauf, der etwa 200 Warengruppen abdeckt, ein Lagerhaus mit modernster Technik für etwa 150.000 Artikel, einen Fuhrpark sowie über Spezialisten für die Definition und Realisierung von IT-Schnittstellen. Bzgl. der Gefahr von Substituten für das Leistungsangebot gibt es bereits heute für jede Einzelleistung am Markt eine praktikable Lösung. Allerdings fehlt diesen Insellösungen die Kombination zu den anderen Modulen, so dass Substitutionsmöglichkeiten sich lediglich auf Einzelleistungen beziehen. Aufgrund der dargestellten recht unübersichtlichen Wettbewerbsarena ist Verhandlungsstärke der Kunden nur dann gegeben, wenn
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sie auf einzelne Bausteine der Leistung referenzieren. Beispielsweise konkurriert die MRL im Bereich des Beschaffungsmanagements mit dem etablierten Systemhandel. Fragt der Kunde jedoch eine integrierte Lösung nach, die neben dem Beschaffungsmanagement auch die Übernahme von Lagerleistungen beinhaltet oder die Integration von Systemen zur Sicherstellung von fehlerlosen Belegflüssen, so wird aus der reinen Preisverhandlung eine gemeinsame Konzeption und Realisierung in Form eines Projektes. Auch hinsichtlich der Verhandlungsstärke der Lieferanten muss in die Leistungsmodule differenziert werden. Denn während der Lieferantenmarkt für Industriebedarfe klassisch als sehr wettbewerbsintensiv und damit ohne relevante Verhandlungsstärke der Lieferanten zu kennzeichnen ist, stellt sich dies auf dem Lieferantenmarkt für intelligente Transportleistungen und IT-Leistungen anders dar: Diese Branchen sehen sich derzeit und erwartungsgemäß auch in der Zukunft einer sehr hohen Nachfrage gegenüber – mit der Folge starker Preisanstiege und sinkender Flexibilität. MRL geht dabei den Weg der Kooperation und Partnerschaft. Ziel ist es, Dienstleister enger an sich zu binden und damit schnellen Zugang zum Lieferantenmarkt zu haben. Für die Rivalität in der Branche kann man zusammenfassen: Sie ist aufgrund der sich aktuell entwickelnden Marktstruktur punktuell vorhanden, jedoch in der Gesamtsicht nicht ausgeprägt. Die Herausforderung besteht darin, kundenspezifisch abzuwägen und zu
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erkennen, welche Umfeldsituation seitens des Kunden wahrgenommen wird und daraus die jeweiligen Aktivitäten zu entwickeln. Im nächsten Schritt gilt es, die Erfolgspotenziale in Bezug auf die Kunden zu ermitteln. Hierzu sind zum einen die Erwartungen der Kunden zu analysieren. Zum anderen ist zu untersuchen, mit welchen Erfolgsfaktoren das Unternehmen den Erwartungen der Kunden gerecht werden kann. Von ihrem Logistikdienstleister erwarten die Kunden Professionalität, Transparenz und Einfachheit. Professionalität bedeutet, die übertragenen Aufgaben entsprechend dem vereinbarten Servicelevel reibungslos abwickeln zu können. Bei der MRL heißt das, die richtigen Dinge zur richtigen Zeit an den richtigen Ort zu verbringen, optimal zu beschaffen und eine Einheitlichkeit in der Belegkette zu realisieren. Kunden beauftragen einen Logistikdienstleister, weil sie die Aufgaben selbst nicht besser erbringen können. Haben sie den Auftrag erteilt, so wollen sie sich mit dessen Realisierung nicht mehr beschäftigen – sie erwarten eine Umsetzung in ihrem Sinne – sehr oft jedoch fehlt es dabei an der notwendigen Definition der Erwartungen. Der Logistikdienstleister kann auf diese Situation nur mit Hilfe von transparenter Darstellung der Aktivitäten reagieren und im Laufe der Zeit punktuell justieren. Der Einsatz von modernen Business Intelligence Systemen ist dabei unverzichtbar, um dem Kunden Details über die Prozessbearbeitung zeitnah bereit zu stellen. MRL
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bietet hierzu Online-Berichte für den Kunden an, die es ihm ermöglichen, die für ihn kritischen Prozesse zu beobachten. Diese Integration des Kunden in die von ihm übergegebenen Prozesse an den Logistikdienstleister macht es dem Kunden einfacher, die Arbeitsweisen zu verstehen, ggf. eigene Optimierungen zu veranlassen und zielgerichtet zu kommunizieren. In der Leistungsbeziehung darf es nicht zu Situationen kommen, in der dem Kunden komplexe Fragestellungen zur Arbeitsabwicklung vom Logistikdienstleister entgegengebracht werden. Die Steuerung und Überwachung des Logistikdienstleisters muss so einfach wie möglich gestaltet werden, um dem Wunsch des Kunden – der Konzentration auf die eigene Wertschöpfung – gerecht zu werden. MRL hat hierzu Kundenbetreuer ausgebildet, die als zentraler Ansprechpartner mit Hilfe der gleichen Transparenz schnell Lösungen bieten können, um die Arbeiten reibungslos und einfach zu gestalten. An die Umfeldanalyse schließt sich die Unternehmensanalyse an. Ziel der Unternehmensanalyse ist es, die gegenwärtig vorhandenen und zukünftig erwarteten Stärken und Schwächen des Unternehmens aufzuzeigen. Die wesentlichste Stärke der Mannesmannröhren Logistik ist ihre Flexibilität, kundenindividuelle Lösungen zu realisieren und dabei die Führung des Gesamtprozesses der Leistungsbeziehung zu übernehmen. Dazu ist es unerlässlich, im Vorfeld der Anbahnung einer neuen Kundenbeziehung die Bereitschaft des Kunden für die Integ-
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ration eines Logistikdienstleisters zu verstehen und daraus ein optimales Dienstleistungsangebot abzuleiten, das zudem die Chance auf eine Vertiefung der Integration in der Zukunft bietet. Diese aus der über 30-jährigen Erfahrung des Unternehmens resultierende Fähigkeit, gepaart mit modernen analytischen Verfahren, ermöglicht es der Mannesmannröhren Logistik, eine kundenspezifische Gesamtleistung anzubieten. Damit bleibt MRL nicht bei wettbewerbsintensiven Einzelelementen stehen und ist somit nicht in der Situation, einen reinen Preiswettbewerb führen zu müssen. Demgegenüber besteht natürlich eine Schwäche darin, bei nachgefragten Einzelleistungen bspw. aus dem Beschaffungsmanagement gegen den etablierten Systemhandel erfolgreich zu agieren, da hier Produktkompetenzen erforderlich werden, die in der erforderlichen Breite nicht vorgehalten werden. Problematisch wird diese Situation nur dann, wenn es nicht gelingt, das angebotene Prozessmodell zu adressieren, sondern aus Kundensicht auf einzelne Leistungsbausteine reduziert wird. Die Stärken und Schwächen aus der Unternehmensanalyse bilden die ersten Elemente einer SWOT-Analyse. Zweites Element sind die Anforderungen aus der Unternehmensumwelt, die sich als Chancen und Risiken aus der Umfeldanalyse ermitteln lassen. Damit ist eine vollständige SWOT-Analyse aufgebaut, aus der sich Hinweise für die Formulierung der geeigneten Strategie gewinnen lassen.
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Zusammenfassend stehen den genannten Stärken und Schwächen von MRL die identifizierten Chancen und Risiken in der Unternehmensumwelt gegenüber. Als klare Chance ist zu erkennen, dass Unternehmen beginnen, verstärkt Lösungen nachzufragen. Dies resultiert zum einem aus der gestiegenen Wettbewerbsintensität durch den Eintritt neuer Wettbewerber insb. aus dem asiatischen Raum, zum anderen aus dem demografisch bedingten Qualifikationsabfluss und der zukünftig weiter steigenden Herausforderung, die Qualifikationsanforderungen der Unternehmen zu decken (sog. War for talents). Beide Effekte verstärken sich zudem gegenseitig und bedingen eine konsequente Fokussierung der Unternehmen auf die eigentliche Wertschöpfung. Nebenprozesse und nichtwertschöpfende Aufgaben müssen daher zurückstehen. Intelligente Unternehmen haben diesen Trend erkannt und beginnen, bisher selbst erbrachte Leistungen an spezialisierte Dienstleister auszulagern. Dies betrifft nicht nur die offensichtlichen Gewerke, wie z.B. Reinigungsleistungen oder Verpackungsleistungen, sondern geht heute viel weiter und umfasst Prozesse, die bisher in verschiedenen Abteilungen des Unternehmens erbracht werden. MRL erbringt dabei bspw. mit seinem Geschäftsfeld C-Teile-Management eine Dienstleistung, die sowohl Einkauf, Lager- und Rechnungswesen tangiert, und die der Logistikdienstleister komplett aus der kundeneigenen Wertschöpfung übernimmt. Neben diesen klaren Marktwachstumschancen stellen insbesondere diejenigen Wettbewerber, die einzelne Elemente der Prozessdienst-
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leistung erbringen, ein Risiko für das Unternehmen dar. Auch hier ist ein klarer Trend zu erkennen, verstärkt Lösungen anzubieten und die eigenen Leistungen auszubauen. Bspw. beginnen Systemhändler verstärkt damit, ihre IT-Kompetenzen zum Nutzen ihrer Kunden auszubauen und bieten teilweise kostenfrei e-Lösungen an. Dem Kunden wird es dadurch schwerer gemacht, die Marktdifferenzierung zu erkennen und seine Nachfrage dezidiert zu formulieren. Weitere Risiken resultieren aus den Bestrebungen des Gesetzgebers, die noch so junge Arbeitsmarktflexibilisierung durch Leiharbeit mit Hilfe von Entsendegesetzen einzuschränken. Dadurch werden die temporären Kostenvorteile der Anbieter von Logistikdienstleistungen abgeschmolzen. Der aktuelle Fall zur Umsetzung des Mindestlohns bei Briefträgern beschreibt dieses Risiko exemplarisch. Das jedoch größte Risiko besteht darin, dass Unternehmen den Schritt der Auslagerung zu einem spezialisierten Anbieter nicht wagen, da insbesondere unternehmensinterne politische Gründe dagegensprechen. Dieser Aspekt begründet sich aus der Tradition der deutschen Industrie und findet seine Wurzeln in der betrieblichen Mitbestimmung. 3.2 Gestaltung des strategischen Rahmens Aufbauend auf der strategischen Analyse wird im nächsten Schritt der strategische Rahmen des Unternehmens gestaltet. Dieser umfasst die wesentlichen Grundsatzentscheidungen für das Unternehmen. Die strategischen Grundsatzentscheidungen beinhalten die
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Formulierung von Vision und Mission ebenso wie die Gestaltung des Geschäftsmodells des Unternehmens. [zur Differenzierung in den strategischen Rahmen und das strategische Zielsystem vgl. Horváth & Partners (2007), S. 114ff.] Die Mission beschreibt den Zweck des Unternehmens. In ihr wird für Mitarbeiter, Kunden und auch weitere Zielgruppen formuliert, welche Rolle das Unternehmen jetzt und zukünftig einnimmt und welchen Auftrag es damit erfüllen will. In der Vision wird die auf die Zukunft gerichtete Leitidee des Unternehmens formuliert. Eine gute Vision wirkt sinnstiftend, motivierend und handlungsleitend für das Unternehmen und seine Mitarbeiter [vgl. Müller-Stewens / Lechner (2005), S. 235]. Die Vision wird auch als „Traum mit Verfallsdatum“ bezeichnet. D.h. die Vision ist zeitlich befristet, indem sie formuliert, bis wann die Leitidee realisiert werden soll. Demgegenüber ist die Mission zeitlich unbefristet und beschreibt die „Existenzberechtigung“ des Unternehmens. Seine Rolle hat der Logistikdienstleister Mannesmannröhren Logistik in seiner Mission formuliert: „Als Prozessdienstleister übernehmen wir Beschaffungs- und Versorgungsaufgaben unserer Kunden – von der Lieferantenauswahl über die Lagerung bis zur Auslieferung an die Kostenstelle, kurz: Eine Lösung für tausend Kleinigkeiten.“
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Die Vision von MRL ist mit dem Fokus auf das Wachstum des Unternehmens formuliert und in seinem Geschäftsmodell in den Teilaspekten Dienstleistungsangebot sowie der relevanten Kundenmärkte detailliert. [zur Detaillierung des Geschäftsmodells vgl. Theißen/Seeger (2004), S. 109-119] Aufbauend auf den strategischen Grundsatzentscheidungen, die in der Vision und Mission formuliert werden, wird das Geschäftsmodell des Unternehmens erarbeitet. Ein derartiges Geschäftsmodell umfasst die modellhafte Beschreibung eines Unternehmens: das Geschäftsmodell beschreibt, „…how a company selects it’s customers, defines and differentiates it’s offerings, defines the tasks it will perform itself and those it will outsource, configures it’s resources, goes to market, creates utility for customers, and captures profit“ [Slywotzki (1996), S. 4]. Das Geschäftsmodell beschreibt die Grundsatzentscheidungen zur Funktionsweise des Unternehmens. Die notwendigen Entwicklungsschritte, um das Unternehmen vom Ist- zum Zielzustand zu bringen, sind hingegen nicht Gegenstand des Geschäftsmodells. Derartige Entwicklungsaussagen sind vielmehr Bestandteil des strategischen Zielsystems, das im nächsten Schritt zu gestalten ist. Damit determiniert das Geschäftsmodell den Rahmen, innerhalb dessen das Unternehmen seine Mission erfüllen und seine Vision erreichen will. Geeignetes Instrument zur Beschreibung des Geschäftsmodells ist das 7K-Modell von Horváth & Partners. Hiermit liegt ein Instru-
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ment vor, das die Beschreibung von Geschäftsmodellen strukturiert. Das 7K-Modell zeigt branchenübergreifend die wesentlichen Handlungsfelder auf, in denen Grundsatzentscheidungen über die Funktionsweise eines Unternehmens getroffen werden. Durch die detaillierte Beschreibung der sieben Aspekte des Modells werden alle wesentlichen Bestandteile eines Geschäftsmodells stringent erarbeitet. [zur ausführlichen Darstellung des 7K-Modells vgl. Horváth & Partners ( 2007), S. 114ff.] Kernelement des 7K-Modells ist der Strategische Kern. Hier werden zunächst die Grundsatzentscheidungen zum Leistungsportfolio getroffen. Es stellt sich also die grundsätzliche Frage, welche logistischen Dienstleistungen das Unternehmen anbietet. Ebenso werden die Kundengruppen festgelegt, denen der Logistikdienstleister seine Leistungen anbieten wird - handelt es sich um Privat- oder Firmenkunden, fokussiert das Unternehmen auf eine bestimmte Branche? - sowie die Märkte, auf denen das Unternehmen aktiv sein wird. Entscheidend ist, dass das Unternehmen über die für sein Leistungsportfolio erforderlichen Kernkompetenzen verfügt. Schließlich muss es über Finanzierungsmöglichkeiten im notwendigen Umfang verfügen, um den finanziellen Rahmen für die Leistungserstellung zu schaffen. Bei der Mannesmannröhren Logistik bildet das Leistungsangebot „Full-Service C-Teile-Management“ diesen Kern. Konkret beschreibt dies einen Prozess, der die vollständige und ganzheitliche
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Versorgung von Unternehmen mit C-Teilen umfasst. C-Teile sind hierbei nur das greifbare Element des Gesamtprozesses. Sie werden auch als Verbrauchsmaterialien verstanden und umfassen üblicherweise alle Sortimente, die nicht in ein Produkt eingehen, sondern vielmehr zur Produktion desselben erforderlich sind. Typische Warengruppen sind Werkzeuge, Elektromaterial, Arbeitsschutzartikel, Büromaterial, Hygieneartikel, Bewirtungswaren, Befestigungs- und Verbindungselemente. Diese Artikel benötigt jedes Unternehmen, um seinen Kernprozess zu erbringen. Dabei stellt das Unternehmen die Komplettlösung im Sinne einer Wertschöpfungspartnerschaft in den Vordergrund. Dazu werden mehr als 50.000 verschiedene Artikel aus über 200 Produktgruppen ständig bevorratet. Das Leistungsangebot umfasst den gesamten Dienstleistungsprozess von dem Einkauf über das Lagerwesen, die Logistik (bis an die Verbrauchsstelle) bis zur Rechnungsprüfung. Der Einkauf übernimmt dabei die Aufgabe, die gewünschten Kundenbedarfe am Markt auszuschreiben, vertraglich zu fixieren und termin- und qualitätsgerecht zu beschaffen. Die Logistik bündelt die Bedarfe aus den Produktgruppen in ein intelligentes Warenkorbsystem, so dass nur eine Anlieferung für verschiedenste Güter stattfinden kann. Anschließend wird die Ware bis zur Verbrauchsstelle verbracht, so dass auf aufwendige Wareneingangsprüfungen und hausinterne Verteilungen verzichtet werden kann.
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Kern der Logistik ist ein eigenes, hochmodernes Zentrallager, das die schnelle und sichere Belieferung des Kunden ermöglicht. Gearbeitet wird hier mit Liftersystemen und PDA-Scannern rund um die Uhr. Der Prozess wird komplett beleglos gesteuert, d.h. dem Kunden steht in einer eProcurement-Lösung ein elektronischer Katalog zur Bestellung bereit. Die direkt auf die Scanner übermittelten Aufträge werden anschließend mit kundenindividuellen Barcodes versehen, parallel werden die Lieferscheine elektronisch übermittelt. Auf Basis dieser elektronischen Lieferscheine wird eine elektronische Gutschrift vom Kunden erstellt. Die Prüfung dieser Gutschrift erfolgt beim Unternehmen. Somit ist es möglich, einen ursprünglich komplexen Prozess sehr schnell und effizient abzuwickeln bei gleichzeitig gestiegener Qualität und voller Transparenz, die zusätzlich durch individuelle Reportings sichergestellt wird. Die adressierten Zielkunden von MRL sind Industrieunternehmen mit eigenen Fertigungskapazitäten im Inland. Alle Fertigungsarten – von der Prozessfertigung, über die Serienfertigung bis hin zur Einzelfertigung – stehen dabei im Fokus.
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> 200.000 Artikel in Katalog / > 800 Lieferanten > 50.000 Artikel im Zentrallager / ~ 350.000 Aufträge p.a.
Kunde
Einkauf & Beschaffung durch den C-Teile-Manager
Warehousing & Distribution durch den C-Teile-Manager
Kunde HRT
IT-Integration via eSystem mit eKatalog, eRechnung; eGutschrift eine eGutschrift/ eRechnung
Bedarfsträger beim Kunden
Bestellung durch dezentrale Bedarfsträger über e-Systeme mit e-Katalogen
Abbildung 1:
Tägliche Auslieferung des Warenkorbs an die Verbrauchsstelle des Kunden
eGutschriftsverfahren oder eRechnung einmal pro Monat
Der C-Teile-Prozess als strategischer Kern
Die Kundenschnittstelle betrachtet diejenigen Elemente, die die direkte Interaktion mit den Kunden betreffen. Hier werden die Art und Anzahl der Vertriebskanäle festgelegt sowie Art und Umfang des Kundendienstes definiert. Ebenso wird in diesem Bestandteil festgelegt, ob die Kundenbindung über Verträge, persönliche Beziehungen etc. erfolgt. Schließlich wird beschrieben, wie das Unternehmen seine Erträge realisiert. Dazu ist die Frage zu klären, für welche Leistungen die Kunden bereit sind, Geld zu zahlen. An diese Überlegungen schließt sich unmittelbar die Beschreibung der Preispolitik an. Die Kundenschnittstelle ist für einen C-Teile-Manager MRL ein bedeutsamer Bestandteil seines Geschäftsmodells. Sie ist im We-
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sentlichen durch ein Auseinanderfallen des Auftraggebers und des eigentlichen Kunden gekennzeichnet. Auftraggeber des C-TeileManagements ist das Management der Kunden-Unternehmen. Eigentlicher Kunde im Sinne der Inanspruchnahme der Leistung ist der „Meister vor Ort“, der die C-Teile im Rahmen seiner Tätigkeit in der Produktion einsetzt. Dieser speziellen Kundenstruktur wird MRL durch eine differenzierte Kundenbearbeitung gerecht. Auf der einen Seite steht der Vertrieb, der den Auftraggeber betreut. Auf der anderen Seite steht der Kundendienst, der Ansprechpartner für den „Meister vor Ort“ für alle Fragen rund um das C-Teile-Management ist. Er ist gleichzeitig verantwortlich für die Beschaffung der Güter, um eine maximale Informationseffizienz vom Beschaffungsmarkt zum Verbraucher sicherzustellen Daneben ist der Preis ein wesentliches Handlungsfeld eines CTeile-Managers. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund des bereits erwähnten Bewertungsmaßstabs der Einkaufsabteilungen, der stark auf den Preis der Waren fokussiert. Der Preis für die Leistung des C-Teile-Managers setzt sich aus zwei Bestandteilen zusammen: Neben den Beschaffungspreis tritt der Preis für die Erbringung des kompletten Prozesses von Einkauf bis Rechnungsprüfung. Die Wertkette als nächstes Element des 7K-Modells umfasst alle Elemente, die die Leistungserbringung betreffen. Hier werden die
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wesentlichen aufbau- und ablauforganisatorischen Festlegungen getroffen. Darüber hinaus werden Ort und Art der Leistungserstellung festgelegt. Ebenso werden die grundsätzlichen Entscheidungen zum Logistikkonzept und zur IT-Infrastruktur festgeschrieben. Bei der MRL bedeutet C-Teile-Management eine konsequente Abbildung der erbrachten Prozesse in der eigenen Organisation. Hauptprozesse des Unternehmens sind Einkauf-Kundenservice sowie Logistik. Diese folgen in ihrer Ausgestaltung den Anforderungen der Kunden. Der Standort des Zentrallagers als Ausgangspunkt der Leistungserbringung ermöglicht die zeitnahe Versorgung der Kunden. Diese wird durch das bestehende Logistikkonzept realisiert, das eine 24/7-Auslieferung ermöglicht. Die C-Teile werden mit eigenem Fuhrpark direkt an die Verbrauchsstelle mit einem intelligenten Warenkorbsystem ausgeliefert. Die physischen Prozesse werden durch eine virtuelle Abbildung in einem eProcurement-System unterstützt. Dieses umfasst einen elektronischen Katalog und wird kundenspezifisch angepasst. Hierin bestellt der „Meister vor Ort“ seinen Bedarf und kontrolliert den Warenfluss von der Online-Bestellung bis zur Auslieferung an seinen Arbeitsplatz. Darüber wird Transparenz über Verbräuche und Prozesse erreicht.
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Zudem ermöglicht die vorhandene Infrastruktur eine Einbindung in die ERP-Systeme der Kunden: Bestellungen, Lieferscheine und Rechnungsdaten werden elektronisch und damit sicher und nachvollziehbar ausgetauscht. Nächstes Element des Geschäftsmodells sind Kooperationen. Diese beschreiben alle Formen der Zusammenarbeit mit anderen Organisationen. Hierzu zählen horizontale Kooperationsmodelle, wie strategische Allianzen, ebenso wie vertikale Kooperationsmodelle, wie strategische Partnerschaften, in denen Unternehmen vor- und nachgelagerter Wertschöpfungsstufen als Wertschöpfungspartner zusammen arbeiten. Mannesmannröhren Logistik versteht sich als strategischer Partner des Kunden – denn ein Outsourcingdienstleister ist kein „klassischer Lieferant“, der nach Auslaufen eines Vertrages ausgetauscht werden kann. Er übernimmt unternehmensinterne Prozesse, die sicher und transparent erbracht werden müssen. In diesem Zusammenhang kommt der Pflege der Kundenbeziehung als partnerschaftliche Beziehung eine übergeordnete Bedeutung zu. Im Sinne einer Wertschöpfungspartnerschaft werden bereits in der Auswahlphase die eigenen Kernkompetenzen deutlich gemacht sowie klare Leistungsanforderungen definiert, um für beide Partner Planungssicherheit zu gewährleisten.
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Konzepte für die Zukunft beschreiben die Innovationsfähigkeit des Geschäftsmodells. Für Logistikdienstleister sind dies in erster Linie technische Neuerungen, deren Einsatz das Leistungsportfolio oder die Prozessabläufe in der Zukunft verändern kann, wie GPRS oder RFID. Weitere Potenziale bieten u.a. RFID-Technologien oder GPRS-Anwendungen, um damit die Prozesse für den Kunden weiter zu verbessern. Dies in ein internationales Sourcing der versorgten Güter zu integrieren ist eine Herausforderung, die es zu bewältigen gilt. Nicht zuletzt muss auch ein Prozessdienstleister permanent darüber nachdenken, vorhandene Spezialisierungen am Markt zu nutzen: Themen wie die Verlagerung von Rechnungsprüfungen in Niedriglohnländer oder die Nutzung bestehender Transportkapazitäten bei komplementären Dienstleistern sind auch täglich für Logistikdienstleister zu prüfen. Das Humankapital schließlich umfasst im 7K-Modell die strukturellen Fragen bezüglich der Mitarbeiter. Dabei wird sowohl die quantitative Struktur betrachtet, wie der Anteil der Leiharbeitskräfte, als auch die qualitative Struktur im Sinne des Qualifikationsniveaus. Wesentliches Erfolgskriterium für einen Logistikdienstleister wie MRL ist die Kompetenz der Mitarbeiter. Dies umfasst Kenntnisse der Beschaffungsmärkte, der versorgten Produkte, der Abläufe und der IT. Zudem erfordern die Anforderungen der Kunden und schwankende Bedarfe eine flexible Kapazitätsanpassung. Sowohl hinsichtlich der Arbeitszeiten als auch hinsichtlich
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der Verfügbarkeit zusätzlicher Mitarbeiterkapazitäten werden Flexibilisierungspotenziale genutzt. 3.3 Gestaltung des strategischen Zielsystems Aus dem erarbeiteten strategischen Rahmen – mit Vision, Mission und Geschäftsmodell – wird das strategische Zielsystem abgeleitet. Der strategische Rahmen legt dabei im wörtlichen Sinne den Rahmen fest, innerhalb dessen das strategische Zielsystem zu gestalten ist. Dieses legt dar, wie innerhalb des definierten strategischen Rahmens vorzugehen ist. Damit beschreibt das strategische Zielsystem den Weg vom Ist- zum Zielzustand. Während der strategische Rahmen über lange Zeiträume hin konstant bleibt, ist das strategische Zielsystem einer deutlichen schnellen Veränderung unterworfen. Dies resultiert daraus, dass sich mit jeder Weiterentwicklung des Unternehmens entsprechend der Erreichung seiner strategischen Ziele der aktuelle Istzustand verändert. Wenn auch der Zielzustand über lange Zeiträume konstant bleibt, so bedingt jedoch ein weiterentwickelter Istzustand einen modifizierten Weg vom Ist- zum Zielzustand – damit ein angepasstes strategisches Zielsystem. Zur Gestaltung des strategischen Zielsystems wird die Strategie in klar definierte strategische Ziele operationalisiert, die festlegen, was das Unternehmen konkret erreichen will.
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Messgrößen mit zugehörigen Zielwerten geben Auskunft darüber, woran festgemacht werden kann, ob die Ziele erreicht werden konnten. Schließlich wird in strategischen Maßnahmen definiert, was zu tun ist, um die strategischen Ziele zu erreichen. Geeignetes Instrument hierzu ist die Balanced Scorecard. [vgl. zur ausführlichen Darstellung der Balanced Scorecard Kaplan / Norton (1996) und Horváth & Partners (2007)] Damit ist die erste Voraussetzung für den Erfolg des Unternehmens gegeben: eine Erfolg versprechend Strategie ist entwickelt.
4 Ausblick Die Entwicklung einer guten Strategie ist nur ein erster Schritt hin zu einem erfolgreichen Unternehmen. Nur durch die Kombination einer geeigneten Strategie mit einer konsequenten Umsetzung der Strategie kann das Unternehmen die Erfolgspotenziale der Strategie ausschöpfen. Eine wie dargestellt entwickelte und operationalisierte Strategie muss im nächsten Schritt im Unternehmen „zum Leben“ gebracht werden. Die Strategie muss allen Mitarbeitern bekannt sein, und alle Aktivitäten im Unternehmen müssen auf die Strategie hin ausgerichtet werden.
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Daher schließen sich an eine Strategieentwicklung konsequenterweise weitere Aspekte an:
Kommunikation der Strategie,
Gestaltung eines Strategiecontrolling und Aufsetzen eines konsequenten Strategiereporting sowie
Einführung eines strategieorientierte Anreizsystems.
Die Kommunikation der Strategie an die Mitarbeiter ist der erste Schritt nach der Erarbeitung der Strategie. Die Balanced Scorecard und insbesondere die Strategy Map können hierbei unterstützen. Durch die Darstellung der strategischen Ziele des Unternehmens in der Strategy Map kann die Geschichte der Strategie erzählt werden: Die Strategy Map zeigt die Zusammenhänge zwischen den strategischen Zielen auf und macht deutlich, was das Unternehmen mit seiner Strategie erreichen will. Zweiter Schritt ist ein umfassendes Strategiecontrolling. Analog zu dem bekannten Zitat „What get’s measured, get’s done.“ unterstützt das Strategiecontrolling verbunden mit einem geeigneten Strategiereporting bei der konsequenten Arbeit an der Umsetzung der Strategie. Dabei umfasst ein vollständiges Reporting sowohl Aussagen zum Erreichungsgrad der strategischen Ziele als auch zum Erreichungsgrad der Zielwerte, die zu allen Messgrößen festgelegt worden sind. Darüber hinaus ist ein Maßnahmen-Controlling wesentli-
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cher Bestandteil des Strategiereporting. Während der Status der strategischen Ziele lediglich einen Blick in den Rückspiegel erlaubt und die Frage beantwortet, was bisher erreicht wurde, ist der Status der Maßnahmenbearbeitung ein guter Indikator dafür, wie weit die Unterstützung der strategischen Ziele durch die Bearbeitung der Maßnahmen fortgeschritten ist. Während die Kommunikation der Strategie diese allen Mitarbeitern im Unternehmen bekannt gemacht hat, fehlt als nächster konsequenter Schritt die Ausrichtung aller Mitarbeiter auf die Unternehmensstrategie. Hierzu bieten sich strategieorientierte Anreizsysteme an. Durch die Ableitung von individuellen Zielvereinbarungen für die Führungskräfte und Mitarbeiter des Unternehmens aus den festgelegten strategischen Zielen wird transparent, welchen Beitrag der einzelnen Mitarbeiter zur Umsetzung der Strategie leisten kann. Durch das Setzen gezielter Anreize mittels einer variablen Vergütung wird das Verhalten der Mitarbeiter auf die Umsetzung der Strategie ausgerichtet. Damit hat das Unternehmen die Voraussetzungen geschaffen, die stringent entwickelte Strategie erfolgreich umzusetzen – und damit die Basis für den langfristigen Erfolg des Unternehmens gelegt.
Zielorientierte Strategieentwicklung
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Literaturverzeichnis Bea, F.X./ Haas, J. (2005): Strategisches Management, Stuttgart 2005 Bohlmann, B. / Krupp, T. (Hrsg.) (2007): Strategisches Management für Logistikdienstleister, Hamburg 2007 Currle, M. / Schwertner, K. (2005): Ausrichtung der Prozesse an der Unternehmensstrategie, in: Horváth & Partners (Hrsg.), Prozessmanagement umsetzen, Stuttgart 2005, S. 29-46 Horváth & Partners (Hrsg.): Balanced Scorecard umsetzen, Stuttgart 2007 Kaplan, R. / Norton, D.: The Balanced Scorecard. Translating Strategy into Action, Boston 1996 Seeger, A. / Jung, R. / Hauk, B. (Hrsg.) (2004): Wachstum – 7 effektive Strategien, Frankfurt 2004 Seeger, K. / Seeger, A. (2007): Gestaltung eines innovativen Geschäftsmodells in der Logistik - oder: „Kurzer Prozess für kleine Teile“, in: Bohlmann, B. / Krupp, T. (Hrsg.), Strategisches Management für Logistikdienstleister, Hamburg 2007, S. 194-208 Slywotzky, A. (1996): Value Migration, Boston 1996
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Theißen, S. / Seeger, A. (2004): Wachstum durch Outsourcing, in: Seeger, A. / Jung, R. / Hauk, B. (Hrsg.), Wachstum – 7 effektive Strategien, Frankfurt 2004, S. 109-119
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Erich Limpens1
Zielorientiertes Immobilienmanagement 1
Abbildung des Status quo
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Erläuterung der themenimmanenten Begriffe 2.1 Immobilie 2.2 Management 2.3 Zielorientierung
3
Besonderheiten von immobilienwirtschaftlichen Zielsystemen
4
Problematik divergenter Zielinteressen
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Umsetzung der Zielorientierung
Literaturverzeichnis
1
Dr. Erich Limpens, Geschäftsführer der LIC Dr. Limpens ImmobilienConsulting und DIS Institut für Service Immobilien GmbH
Zielorientiertes Immobilienmanagement
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Erich Limpens
Zielorientiertes Immobilienmanagement 1 Abbildung des Status quo Diverse Skandalmeldungen hinsichtlich einiger Immobilienhasardeure haben insbesondere innerhalb der letzten Jahre die Immobilienbranche empfindlich getroffen und partiell in Verruf gebracht. Vor dem Hintergrund sich verschlechternder Rahmendaten – langfristig steigende Baukosten, lokal zunehmende Mietflächenleerstände, ein sich vielerorts abzeichnendes Neuprojektierungsüberangebot, dem aktuellen Crash einiger Hypothekenbanken – gilt es mehr denn je, ein Immobilienmanagement zu forcieren, das nicht von blinder Gigantomanie, Machtgier und Egozentrik einzelner Entscheidungsträger getragen wird, sondern sich wieder eines realitätsgestützten zweckadäquaten Handelns besinnt und realistische Ziele formuliert, die einen nachhaltigen Erfolg versprechen. Die wirtschaftliche Bedeutung des Immobilienmarktes ist unverkennbar und lässt sich anhand weniger Fakten eindrucksvoll belegen. „Die Gesamtfläche Deutschlands beträgt rund 35,7 Mrd. ha. Auf die Siedlungs- und Verkehrsfläche entfielen 2003 mit fast 4,5 Mio. ha etwa 12,5 % der Gesamtfläche.“ [Bulwien (2006), S. 37] Das Immobilienvermögen in Deutschland wird derzeit auf insgesamt
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etwa 7.200 Mrd. Euro geschätzt. Davon sind nahezu 3.900 Mrd. Euro in privater Hand. Ferner trägt die Immobilienwirtschaft, die etwa 3,6 Mio. Menschen in Deutschland beschäftigt, einerseits durch Transaktionen und Vermietungen mit rund 300 Mrd. Euro jährlich zur deutschen Wertschöpfung bei. Andererseits beträgt das aktuelle Bauvolumen in Deutschland etwa 230 Mrd. Euro; für den Europäischen Raum wird es auf 1.300 Mrd. bzw. weltweit auf 4.500 Mrd. geschätzt. [vgl. Bartholmai / Gornig (2006), S. 3ff.] Trotz ihres bereits seit jeher maßgeblichen wirtschaftlichen Stellenwertes war die Immobilienwirtschaft bis Ende der achtziger Jahre wenig professionalisiert und wurde primär von Architekten, Immobilienmaklern und Liegenschaftsverwaltern dominiert. Eine intensive wissenschaftliche respektive betriebswirtschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema „Immobilie“ steckte noch in den Kinderschuhen und erlangte erst ab Anfang der neunziger Jahre mehr und mehr an Bedeutung. Heute ist das Handling rund um die Immobilie auch in der Wirtschaftspraxis weitgehend professionalisiert. Dies wird insbesondere dadurch deutlich, dass Immobilien in der Regel von akademisch geschulten Spezialisten „gemanagt“ werden und ihre Bedeutung als strategischer Erfolgsfaktor sowohl bei „reinrassigen“ Immobilienunternehmen als auch bei Immobilieneignern, deren Kerngeschäft sich nicht um Immobilien dreht, erkannt ist.
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Dennoch fußt das moderne Immobilienmanagement im Rahmen seiner Leistungserbringung und -verwertung nicht konsequent auf einer regelmäßigen Formulierung von Zielvorgaben sowie deren stringenter Verfolgung. Vielfach werden von Immobilienakteuren Entscheidungen getroffen, die sich mehr oder weniger an Zufälle orientieren und nur rudimentär zielorientiert sind. Insbesondere bei der Gebäudeerrichtung fehlt häufig eine inhaltliche Verzahnung der einzelnen Gewerke, da keine oder nur eine oberflächliche Generalplanung vorliegt [vgl. Hamel / Limpens (2002), S. 92 wie auch Hamel / Limpens (2002), S. 64]. Somit sind Kostenerhöhungen, Bauzeitverlängerungen und Qualitätseinbußen vorprogrammiert. Nach der Vorstellung der themenimmanenten Begriffe werden im Folgenden die Besonderheiten immobilienwirtschaftlicher Zielsysteme, die Problematik der divergenten immobilienwirtschaftlichen Zielinteressen sowie die praxisorientierte Umsetzung eines zielorientierten Immobilienmanagements skizziert.
2 Erläuterung der themenimmanenten Begriffe Um die zu bearbeitende Problematik intensiver zu beleuchten, werden zunächst die themenimmanenten Bergriffe näher erläutert. 2.1 Immobilie Eine Immobilie ist ein Grundstück inklusive der darauf befindlichen Gebäude sowie deren Zubehör und wird juristisch als unbe-
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wegliches Gut bezeichnet. Der immobilienspezifische Nutzen wird durch alle Funktionen zum Ausdruck gebracht, die eine Immobilie erfüllt. [vgl. Schulte / Schäfer (1998), S. 278] Immobilien lassen sich demgemäß entsprechend ihrer Nutzung beispielsweise in unterschiedliche Kategorien unterteilen:
Beherbergung: Hotel, Seniorenresidenz, Wohngebäude etc.
Bildung: Kindergarten, Schule, Seminarzentrum etc.
Gesundheit: Krankenhaus, Pflegeheim, Sanatorium etc.
Forschung: Labor, Technologiepark, Universität etc.
Freizeit: Disco, Erlebnispark, Kino etc.
Information: Messehalle, Showroom, Studio etc.
Justiz: Gericht, Gefängnis, Präsidium etc.
Kultur: Arena, Museum, Oper etc.
Logistik: Containerbahnhof, Hochregallager, Lagerhalle etc.
Produktion: Fabrikhalle, Manufaktur, Montagehalle etc.
Religion: Kapelle, Kirche, Moschee etc.
Reparatur: Ausbesserungswerk, Servicestation, Werkstatt etc.
Verkehr: Bahnhof, Flughafen, Parkhaus etc.
Verpflegung: Bistro, Café, Restaurant etc.
Versorgung: Ladenlokal, Shopping-Mal, Warenhaus etc.
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Verwaltung: Bürohaus, Business-Center, Kontor etc.
Obige Auflistung erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, soll aber die Komplexität der unterschiedlichen Immobilientypen überblicksartig aufzeigen. [hierzu auch Falk (1994), S. 14ff.] Grundsätzlich ist eine eindeutige Zuordnung kaum möglich, da einzelne Immobilientypen gleichsam mehreren Kategorien angehören. Ferner existieren in der Praxis zur Nutzung von Synergien häufig auch Mischformen – zum Beispiel ein Einkaufszentrum mit diversen Freizeitangeboten, Restaurant und Hotel. [vgl. Platz (1993), S. 28ff.] Privat genutzte Wohnhäuser und Wohnungen lassen sich den Wohnimmobilien zuordnen und verfolgen in der Regel keine Profit-Ziele. Hingegen kann das Gros der oben aufgeführten Immobilientypen den Gewerbeimmobilien zugeordnet werden, mit denen eindeutig Profit-Ziele verfolgt werden. Darüber hinaus existieren sowohl Profit- als auch Non-ProfitImmobilien, die zu sämtlichen Immobilienkategorien von der Beherbergung bis zur Verwaltung subsumiert werden können, deren Nutzung ohne Serviceanbieter nicht möglich ist. Diese werden in der Praxis als Service- oder Betreiberimmobilien tituliert. Im Weiteren sei der thematische Bezug ausschließlich auf ProfitImmobilien gelegt.
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2.2 Management Analog der Führung von Personal (Personalmanagement) müssen auch Immobilien geführt bzw. gemanagt werden. Das Management von Immobilien erstreckt sich hierbei auf folgende Kernaufgaben:
Entwicklung
Planung
Finanzierung
Errichtung
Vermietung
Betrieb
Verwaltung
Optimierung
Vermarktung
Rückbau
Die Auflistung obiger Kern- respektive Managementaufgaben trifft nicht für jeden Immobilientypen zu, da beispielsweise der „Betrieb“ logischer Weise nur bei Betreiberimmobilien, nicht bei klassischen Wohnimmobilien, zum Tragen kommt.
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2.3 Zielorientierung Auch in der Immobilienwirtschaft ist das Handeln der einzelnen Akteure respektive Entscheidungsträger im Normalfall zielgerichtet. Somit erhalten Ziele für alle immobilienwirtschaftlichen Aktivitäten konstitutiven Charakter [in Anlehnung an Hamel (1992), S. 2634] und symbolisieren einen vorgestellten und gewollten zukünftigen Vorgang oder Zustand, eine antizipierte Vorstellung der Wirkungen des Handelns. [vgl. Hamel (1974), S. 9 f., Hamel (1989), S. 2302 wie auch Schmidt (1993), S. 4794] Ziele werden in der Regel durch unterschiedliche Zielpersonen festgelegt, die entweder in einem Immobilienunternehmen oder bei der Abwicklung eines Immobilienprojektes zusammenarbeiten. Betrachtet man die handelnden Zielpersonen rein aus der Warte der von ihnen wahrgenommenen Kernaufgaben, so ist allen voran der Investor und spätere Immobilieneigentümer zu erwähnen, der ein Grundstück erwirbt und ggf. bebaut oder ein bereits errichtetes Objekt erwirbt und ggf. optimiert. Er gibt die strategischen Zielinhalte vor und treibt die Zielverfolgung voran. Begleitet wird er durch diverse immobilienwirtschaftliche Erfüllungsgehilfen, die beispielsweise als Bauunternehmer, Berater, Betreiber, Entwickler, Generalunternehmer/-übernehmer, FacilityManager, Financier (Bank), Handwerker, Makler, Planer, Projektsteuerer, Verwalter etc. unterstützend zur Seite stehen und operative als auch strategische Zielinhalte definieren oder zumindest we-
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sentlich beeinflussen. Diese dienen dem Investor oder Immobilieneigner entweder als Mitarbeiter gegen Gehalt oder als externe Dienstleister gegen Honorar.
3 Besonderheiten von immobilienwirtschaftlichen Zielsystemen Falls sich einzelne Immobilien oder kleine Immobilienportfolios im Besitz von Privateigentümern befinden oder von diesen errichtet oder erworben werden, so ist es denkbar, dass diese das Gros der immobilienwirtschaftlichen Kern- oder Managementaufgaben persönlich ausführen. Somit werden von Privateigentümern respektive -investoren in ihrer Funktion als Zielpersonen meist strategische als auch operative Ziele gleichsam formuliert und bis zur Zielerfüllung über die gesamte Zielzeit verfolgt. Als immobilienwirtschaftliche Erfüllungsgehilfen werden ggf. nur Bauunternehmer, Handwerker oder Planer in die Zielformulierung als auch -erfüllung einbezogen. In diesem Zusammenhang sind keine klaren Zielsystem-Strukturen ableitbar, da Privateigentümer/-investoren als Einzelentscheider sämtliche Zielfindungsprozesse dominieren und ggf. nur bedingt Zielempfehlungen ihrer Erfüllungsgehilfen zulassen. Vor diesem Hintergrund wird auf diese spezielle Gruppe der Immobilienakteure im Weiteren nicht näher eingegangen. Anders verhält es sich bei großen Immobilienportfolios. Da diese aufgrund ihrer Komplexität nicht durch Einzelpersonen gemanagt
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werden können, werden sie in der Regel durch spezielle Organisationseinheiten (Immobilienabteilungen) oder rechtlich selbständige Organisationseinheiten (Immobilienunternehmen) hinsichtlich eines Teils oder aber bzgl. aller Managementaufgaben betreut. Große Immobilienportfolios können entweder zum Kerngeschäft des Unternehmens gehören oder aber nur als Betriebsmittel gelten (z.B. Automobilhersteller mit diversen Büro-, Produktions- und Logistikimmobilien). Falls Immobilienportfolios nur die Betriebsmittelfunktion übernehmen, so wurden sie in der Vergangenheit nahezu ausschließlich durch spezielle unternehmensspezifische Immobilienabteilungen gemanagt. Heute sind die Immobilienabteilungen vielfach aufgelöst, so dass für die Betreuung des Immobilienbestandes separate Immobilienunternehmen geschaffen worden sind oder im Einzelfall externe Immobiliendienstleister bzw. -unternehmen beauftragt wurden. In Immobilienunternehmen existieren analog der üblichen Strukturen in anderen Wirtschaftsunternehmen die bekannten drei Zielebenen, auf denen Unternehmens-, Bereichs- und Entscheidungsziele formuliert und bis zur Zielerfüllung verfolgt werden. [in Anlehnung an Hamel (1989), S. 2307 f. und Rühli (1989), S. 2315ff.]
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Die auf der Unternehmensebene formulierten Sachziele beziehen sich auf die jeweiligen Immobilientypen und/oder immobilienwirtschaftlichen Managementaufgaben. Immobilienunternehmen, die am Markt die Investoren- bzw. Eignerrolle übernehmen, spezialisieren sich in der Regel nur auf einige wenige profitorientierte Immobilientypen bzw. Immobilienprodukte (Bürohäuser und Handelsimmobilien oder Seniorenwohnimmobilien und Wohnanlagen etc.), da Immobilienmärkte sehr komplex reagieren, Fehleinschätzungsrisiken ausgeschlossen werden sollen, regionale Schwellen zu überwinden sind oder beispielsweise nur begrenztes immobilienwirtschaftliches Know-how zur Verfügung steht. Falls sich Immobilienunternehmen als Dienstleister verstehen, spezialisieren sie sich hinsichtlich ihres Dienstleistungsangebotes vielfach sowohl auf Immobilientypen bzw. -produkte als auch auf eine oder mehrere immobilienwirtschaftliche Kernaufgaben (Planer für Shopping-Center, Makler für Büro- und Handelsimmobilien etc.). Welche Sachziele seitens des Immobilienunternehmens verfolgt werden, wird normalerweise durch die Unternehmensleitung und/oder die Kapitaleigner entscheiden. Darüber hinaus sind Immobilienunternehmen, die Immobilieninvestor/-eigner sind, meist nicht in der Lage, sämtliche Managementaufgaben in vollem Umfang zu erfüllen. Diesbezüglich bedienen sie sich im Rahmen der Planung oder der Gebäudeerrichtung
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sporadisch oder regelmäßig diverser Erfüllungsgehilfen, die bereits oben erwähnt wurden. Charakteristisch ist, dass Immobilienfonds nahezu alle Managementaufgaben mittels externer Unterstützung erledigen und somit meist nur „Grobziele“ formulieren. Klassische Asset-Verwaltungsunternehmen, die beispielsweise das Immobilienvermögen von Versicherungskonzernen oder Banken betreuen, sind hinsichtlich ihres Know-hows breiter aufgestellt und erledigen das Gros der Managementaufgaben selber bzw. sind auch in der Formulierung von Detailzielen hinreichend involviert. Die auf der Unternehmensebene festgelegten Formalziele beziehen sich auf die qualitative Spezifizierung der Sachziele sowie die zwingenden und disponiblen unternehmerischen Erfordernisse. Qualitative Vorgaben werden einerseits durch die Unternehmensleitung definiert. Andererseits existieren vielfältige freiwillige und unfreiwillige gesetzliche Vorgaben und Normen, die die Qualität von Immobilien maßgeblich bestimmen. Zu den freiwilligen Normen zählen beispielsweise Empfehlungen von Verbänden, Forschungseinrichtungen oder des DIN. In diesem Zusammenhang sind beispielsweise die seit Herbst 2006 gültige DIN 77800, die sowohl für Bestandsobjekte als auch für Projekte des Betreuten Wohnens Richtlinien formuliert [vgl. Limpens / Michel (2007), S. 158ff. und Limpens / Reuter (2007), S. 221ff.], als auch die Kriterienkataloge der Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung zu erwähnen. [vgl. Limpens (2003), S. 166 f.] Ferner exis-
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tieren vielfältige regionale und überregionale Vorgaben, die die Bauwerksqualität sowie die Nutzung und den Betrieb von Gebäuden verbindlich regeln. Zwingende unternehmerische Erfordernisse werden durch Gewinnerzielung und Liquidität widergespiegelt, welche auch für Immobilienunternehmen als Elementarziele zu klassifizieren sind. Disponible unternehmerische Erfordernisse kommen bei Immobilienunternehmen beispielsweise durch die Betonung der Selbstdarstellung und das Streben nach Marktmacht zum Ausdruck. Auf der Bereichsebene werden Ziele verfolgt, die sich je nach organisatorischem Aufbau des Immobilienunternehmens entweder an den Managementaufgaben und ihren jeweiligen Subaufgaben oder an den im Portfolio befindlichen Immobilientypen/-produkte ausrichten. Häufig sind Immobilienunternehmen funktional aufgebaut, so dass sich das aus der Aufgabe ableitende Ziel sowie der entsprechende Qualitätsanspruch im Fokus befinden. Die Ziele auf der Entscheidungsebene werden auf der Arbeitsplatzebene formuliert und verfolgt. Diese Ebene wird heute mehr und mehr durch Immobilienspezialisten besetzt, die entweder über eine große Praxiserfahrung verfügen oder eine fachbezogene schulische oder akademische Ausbildung nachweisen können. Diese Ziele werden partiell im Tagesgeschäft fixiert oder leiten sich gar automatisch aus fest definierten Arbeitsrichtlinien oder einem vorformulierten Prüfprocedere ab.
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4 Problematik divergenter Zielinteressen Grundsätzlich gehört die Immobilienwirtschaft zu einem der wenigen Wirtschaftsbereiche, die extrem vielen unternehmensinternen und -externen Einflüssen unterworfen ist. Einige Einflussparameter wirken unmittelbar, andere nur mittelbar. Auf die Findung von Zielinhalten wirken beispielsweise nachfolgende unternehmensexterne Einflüsse: Bevölkerungsentwicklung, Besteuerung, Energieversorgung, Gesetzgebung, Konsumverhalten, Normengestaltung, Interessengemeinschaften, Politik, Wirtschaftslage, Wirtschaftsverbände, Wissenschaft, Zeitgeist etc. Die vorgenannten Aspekte, die in alphabetischer Reihenfolge wertfrei aufgeführt sind, wirken in der Praxis vielfach konträr und beeinflussen die Zielformulierung maßgeblich. [vgl. Nagel (1992), S. 2626ff.] Analysiert man die auf den unterschiedlichen Zielebenen eines Immobilienunternehmens unternehmensintern handelnden Akteure, so sind diese zwar in ein einheitliches Zielsystem eingebettet und müssten sich folglich um eine stringente Zielverfolgung bemühen. Dennoch kommt es gerade in Immobilienunternehmen immer wieder zu divergenten Zielinteressen und Methodiken der Zielverfolgung. Ursächlich dafür ist einerseits der zum Teil extrem unterschiedliche persönliche Erfahrungsschatz einzelner Akteure. Andererseits arbeiten in Immobilienunternehmen immer noch Spezialisten nebeneinander oder miteinander, die über vollkommen verschiedene Biographien und Ausbildungen verfügen – beispielswei-
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se Juristen, Betriebswirte, Architekten, Bauingenieure, Stadtplaner, Geodäten etc. [vgl. Kyrein (1997), S. 19ff.] Werden mehrere unternehmensinterne wie auch -externe Akteure zur Abwicklung eines Immobilienprojektes „zusammengeschaltet“, so sind die anvisierten Ziele und Zielinhalte der einzelnen Personen trotz des gemeinsamen Projektziels nicht konsequent einheitlich. Obwohl manche Akteure in ihrer Funktion als Erfüllungsgehilfe teilweise nur einzelne Funktionen zu erfüllen haben und weisungsgebunden agieren, beeinflussen sie die Stringenz der Zielformulierung als auch die spätere Zielverfolgung maßgeblich und lösen im Extremfall sogar kontraproduktive Wirkungen aus. In der Praxis ist vielfach festzustellen, dass durch die Einschaltung unternehmensexterner Akteure zwar das zur Aufgabenerfüllung notwendige Know-how wächst, gleichsam das Maß der Kontraproduktivität jedoch auch zunimmt. Die Zielverfolgung in Immobilienunternehmen wird jedoch auch dadurch wesentlich beeinflusst, welche immobilienwirtschaftliche Unternehmensfunktion bzw. welches Immobilienprodukt im Vordergrund steht. Handelt es sich um einen reinen Projektentwickler, so hat dieser vollkommen andere Anforderungen an die Leistungsqualität als ein Immobilienverwalter oder gar ein -makler. Gleiches gilt auch hinsichtlich der produktspezifischen Anforderungen zwischen beispielsweise einem Verwalter von Handelsimmobilien und einem Verwalter von Wohnimmobilien.
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Um die Zieldivergenzen der unternehmensintern oder –extern handelnden Immobilienakteure näher zu beleuchten, werden nachfolgend die wichtigsten Akteure exemplarisch charakterisiert: Für Immobilienvermittler bzw. Makler und Projektentwickler (im engeren Sinne) [vgl. Schulte (1996), S. 30] steht die kurzzeitige und uneingeschränkte Projektrealisation im Vordergrund – ungeachtet jeglicher späterer Probleme für Investor, Betreiber und Nutzer. Speziell Makler werden normalerweise fast ausschließlich erfolgsabhängig vergütet [vgl. Falk (1996), S. 348ff. sowie Falk (1997), S. 359 f.] und interessieren sich weder für die Immobilienhistorie noch die -zukunft. Für sie ist einzig und allein der erfolgreiche Deal wichtig. Die Planer von Gebäuden oder deren Zubehör streben grundsätzlich nach Ästhetik, Innovation, Einzigartigkeit wie auch persönlichem Status. Da sie nur bedingt monetär geleitet sind, möchten die Planer mit ihren Entwürfen bzw. den daraus resultierenden späteren Bauwerken bleibende Monumente schaffen. Planer sind zwar gesetzlich sowie meist auch vertraglich verpflichtet, eine technisch funktionierende Planung abzuliefern, die in der Realität umgesetzt werden kann. Dennoch sind die Errichter respektive Handwerker nicht immer in der Lage, die innovativen Ideen in die Praxis umzusetzen, so dass über kurz oder lang Mängel vorprogrammiert sind. Solange diese zeitlich in die Abnahme- oder Gewährleistungsphase fallen, so ist der entstandene Misstand für Investoren bzw. Eigen-
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tümer oder Betreiber meist ohne finanzielle Folgen; spätere Mängel beeinflussen den wirtschaftlichen Erfolg der Immobilie nachhaltig und wirken sich, je nach Miet-/Pachtvertragsgestaltung, ggf. auch negativ für die Betreiber aus. Berater haben in der Regel nur ihren immobilienwirtschaftlichen Beratungsauftrag, die damit einhergehende Aufgabenstellung und die zu erarbeitende Problemlösung in Fokus. Aus dem Blickwinkel zukünftiger Beratungsaufträge ist es zwar für sie interessant, sowohl die Immobilienhistorie als die zukünftigen Entwicklungen zu erfahren, die sich nach seiner Beratungsleistung abzeichnen, diese Kenntnis ist für sie aber meist nicht von zwingendem Interesse. Investoren, Fondsmanager [vgl. Bone-Winkel (1994), S. 105 f.] und Immobilienfinanciers fokussieren schwerpunktmäßig die Ziele Rendite, Nachhaltigkeit wie auch Drittverwendungsfähigkeit des Investments. Falls Investoren sich am Markt etabliert haben, ist festzustellen, dass zusätzlich das Streben nach Macht und Selbstverwirklichung oder auch sozialem Engagement zum Ziel erhoben wird. Ausgeprägte soziale, ökologische, gesellschaftliche, ethische und kulturelle Wertvorstellungen sind jedoch nur selten oder bei nur einer kleinen Zahl von Investoren anzutreffen, werden aber vermutlich in Folge des sich ändernden Bewusstseins zukünftig eine breitere Rolle einnehmen. Für Generalunternehmer, Handwerksbetriebe sowie Projektsteuerer stehen die Bauqualität, die Baukosten und die Bauzeiten im Vor-
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dergrund der Zielformulierung bzw. sind wesentliche Zielinhalte. Eine Einbeziehung dieser drei Ziele in die Entgeltung wird zwar nur selten umgesetzt, jedoch zwingen die vertraglichen Beziehung mit den Auftraggebern sowie rechtliche Vorschriften und Rahmenbedingungen die Generalunternehmer, Handwerksbetriebe und Projektsteuerer zur weitgehenden Zieleinhaltung. Betreiber sind schwerpunktmäßig an einer Gebäudefunktionalität, an niedrigen Betriebs- und Instandhaltungskosten, an einer niedrigen Miete bzw. Pacht sowie an „unverbindlich formulierten“ Mietbzw. Pachtverträgen interessiert. Betreiber stehen zwar im unmittelbaren Kontakt zu den Nutzern und erhalten in der Regel auch seitens der Nutzer ihre wirtschaftlich notwendigen Erlöse, dennoch ist immer wieder festzustellen, dass eine zwingend notwendige Nutzer- respektive Kundenausrichtung nicht flächendeckend am Markt existent ist. Verwalter oder Asset-Manager fokussieren klar strukturierte Mietbzw. Pachtverträge, umfassende Kostenübernahmen seitens der Mieter oder Pächter, solide Gebäudestrukturen, eine wartungsfreundliche Haustechnik sowie die Vermietung bzw. Verpachtung großer Flächeneinheiten auf möglichst lange Zeit an nur wenige Nutzer, die über eine ausgezeichnete Bonität verfügen. Ihre Zielinhalte sind erfahrungsgemäß für den langfristigen Erfolg eines Immobilieninvestments maßgeblich, finden seitens der anderen Immobilienakteure jedoch nur wenig Anerkennung.
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5 Umsetzung der Zielorientierung Die Art und Weise der Zielverfolgung wird unter anderem auch durch die Unternehmenshistorie sowie -entwicklung beeinflusst. Insbesondere die im Rahmen der Konzernbildung bereits vielfach stattgefundene Auslagerung der Immobilienmanagementfunktion aus Abteilungen in eigenständige Unternehmen hat nicht selten dazu geführt, dass das neu geschaffene Immobilienunternehmen keine „wirtschaftlich relevanten“ Ziele selbst definieren kann und sämtliche strategischen (im Extremfall sogar operativen) Ziele seitens des Kapitaleigners vorgegeben werden. Sollten derartige Entwicklungen feststellbar sein, so wird es notwendig, den Kapitaleigner von der Kompetenz des ihn vertretenden Immobilienunternehmens zu überzeugen, damit Zielformulierung und -verfolgung uneingeschränkt in die Hand der Immobilienexperten gelegt werden. Wenn auch hinsichtlich der Lösung dieser Problematik keine Patentrezepte existieren, so lassen sich Kapitalgeber vielfach doch durch den Erfolg von Einzelaktionen der Immobilienexperten überzeugen und dementsprechend eine Emanzipation des konzerneigenen Immobilienunternehmens realisieren. Grundsätzlich ist es ohne „zielführenden“ Einfluss der Unternehmens- oder Projektleitung nicht möglich, ein Unternehmens- oder Projektziel nebst der sich daraus ableitenden Subziele stringent sowie erfolgreich zu verfolgen. Das Management von Immobilien kann nur dann erfolgreich umgesetzt werden, wenn den jeweiligen
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Akteuren klare Zielvorgaben und projektspezifische Rollen bzw. Funktionen zugeteilt werden. In der Praxis heißt dies beispielsweise, dass ein Planer eines Gebäudes seitens des Auftraggebers rein auf die Rolle eines Erfüllungsgehilfen reduziert werden muss, und Investoren, Betreiber, Berater, Nutzer etc. ihm ihre gemeinsam erarbeiteten Ziele verbindlich diktieren. Dies führt dazu, dass ein Planer, der sich grundsätzlich als Ästhet, Innovator oder gar Künstler versteht, auf seinen projektspezifischen Bestimmungszweck und seine Funktion reduziert wird. Wenn dadurch auch die Einzigartigkeit und das Innovations-Potenzial eines Immobilieninvestment partiell leiden, so werden die Interessen und Ziele der Menschen, die in und mit der Immobilie leben, stärker berücksichtigt und der Nährboden für nachhaltig erfolgreiche Investments bereitet. Das vorangegangene Beispiel ist nicht nur auf die Riege der Planer von Gebäuden übertragbar. Im Sinne eines zielorientierten Immobilienmanagements sollte eine Reduzierung aller Einzelakteure auf ihre jeweilige Rolle bzw. Funktion generell zum unternehmenskulturellen Leitbild werden. Obige Überlegungen setzen voraus, dass die Zielorientierung in allen Funktionsbereichen des Immobilienunternehmens ablauf- als auch aufbauorganisatorisch gelebt wird. Insbesondere die Personalführung und -entgeltung muss auf Zielvorgaben basieren und diese in den Fokus des Handelns stellen. Die Wissenschaft bietet diesbe-
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züglich vielfältige Lösungsvorschläge an, die von der Praxis nur aufzugreifen und umzusetzen sind. [hierzu beispielsweise Management by Objectives in Wunderer / Grunwald (1980), S. 305ff. oder „entgeltorientiert“ Limpens (1994), S. 222] Derzeit ist insbesondere bei Immobilienunternehmen, die große Immobilienportfolios managen, eine Hinwendung zu einer ganzheitlichen Zielorientierung erkennbar. Inwieweit die Immobilienpraxis jedoch grundsätzlich dazu in der Lage ist, bleibt abzuwarten.
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Limpens
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Das sozioökonomische Zielsystem 1. Einfluss des gesellschaftlichen Kontextes auf das Zielsystem 2. Die Zielgestaltung 2.1 Prozess der Zielgestaltung 2.2 Determinanten der Zielgestaltung 3. Die Zielplanung 3.1 Planung des Zielobjekts 3.2. Planung der Zielausprägung 3.2.1 Planung der Zieleigenschaften 3.2.2 Planung des Zielmaßstabs 3.2.3 Planung der Zielfunktion 4. Abschließende Betrachtung Literaturverzeichnis
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Dr. Kay Schlenkrich, Unternehmensberater bei Hartmann Management Consultants, Düsseldorf
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Kay Schlenkrich
Das sozioökonomische Zielsystem 1 Einfluss des gesellschaftlichen Kontextes auf das Zielsystem Betriebliches Handeln findet in einem gesellschaftlichen Kontext statt. Die im Gesellschaftssystem vorherrschenden Regeln geben den Handlungsrahmen vor, innerhalb dessen sich unternehmerische Aktivitäten entfalten können und gleichzeitig gezielt kanalisiert werden. Die immanente Eingebundenheit betrieblicher Handlungen in ein gesellschaftliches Umfeld ist spätestens seit Kosiols Definition von Betrieben als offene ökonomische Systeme zu einem konstitutiven Merkmal geworden. [vgl. Kosiol (1961), S. 130] Durch die Hervorhebung der Offenheit als ökonomische Systemeigenschaft wird deutlich, dass betriebliches Handeln mehr ist als der Vollzug einer bestimmten Handlungssystematik, wie sie beispielsweise durch das ökonomische Prinzip in seinen drei Ausprägungen vorgegeben ist. Die Offenheit des Systems bedeutet vielmehr, dass Input-Output-Relationen nicht nur als konstitutiver Sachverhalt vorhanden sind, sondern auch nach einer ökonomischen Systematik gestaltet werden müssen. In der Zeit, als Kosiols Betriebsdefinition erstmalige Verbreitung fand, fokussierte auch die deutsche Betriebswirtschaft vor allem die industrielle Produktion. Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass sich das Verständnis von wirt-
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schaftlichen Transaktionen zwischen Unternehmen und Umwelt lange Zeit auf realwirtschaftliche und finanzwirtschaftliche Sachverhalte beschränkte. Folgerichtig waren es auch fast ausschließlich diese beiden Bereiche, die als Erfolgsfaktoren systematisch gestaltet und im Zielsystem abgebildet wurden. Erst drei Dekaden später wurde diese Sichtweise erweitert. Das kulturelle Umfeld eines Unternehmens, das aus Normen und Werten besteht und sich in Gesetzten, Gebräuchen oder Sitten veranschaulicht, wurde zunehmend als betrieblich relevanter Faktor verstanden [vgl. Kreikebaum (1996), S. 25]. Die Transaktionsbeziehungen und damit auch der ökonomische Erfolg ist davon abhängig, wie gut oder schlecht ein Unternehmen die durch diese Werte vorgegeben gesellschaftlichen Regeln einhält oder sogar zum eignen Interesse nutzten kann. Dieser Sachverhalt lässt sich besonders leicht anhand der Handelsoder Steuergesetzgebung verdeutlichen. Die Steuergesetzgebung ist unter anderem ein Ausdruck für die in einer Gesellschaft vorherrschenden Vorstellungen über die konkrete Ausgestaltung der Vermögensumverteilung. Das System der politischen Machtzuweisung und Machtverteilung legitimiert dabei die Höhe und die Art des Vermögenseinzugs und der Vermögensverteilung. Für das Unternehmen sind die notwendigen und möglichen Transaktionen mit dem Staat damit ein Ausdruck gesellschaftlicher Wertevorstellungen.
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Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl anderer Manifestierungen des in einer Gesellschaft vorherrschenden Wertesystems, die explizit in Gesetzen, Verordnungen oder anderen Regeln konkret werden oder auch nur in Gebräuchen oder Handelsritualen ihren Ausdruck finden. Allen gemein ist die Tatsache, dass sich betriebliches Handeln an diese Regeln des Gesellschaftssystems halten muss, wenn man nicht über kurz oder lang von dem ökonomischen Spielfeld ausgeschlossen werden möchte. Aufrufe zu Kaufboykotten bei Unternehmen, denen beispielsweise ein umweltschädigendes Verhalten nachgesagt wird, sind ein Beispiel hierfür. Will ein Unternehmen nicht der Gefahr erliegen, schon in der Konzeption einen bedeutsamen Erfolgsfaktor zu vernachlässigen, so müssen die kulturellen Vorgaben der Unternehmensumwelt bereits im Zielsystem berücksichtigt werden.
2 Die Zielgestaltung Jedes Zielsystem erfüllt für das Management eine Vielzahl unterschiedlicher Funktionen. [vgl. Frese, (1979), S. 5] Betriebliche Zielsysteme erlangen vor allem durch
die Steuerungsfunktion,
die Koordinationsfunktion,
die Orientierungsfunktion,
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die Motivations- und Anreizfunktion sowie
die Kontrollfunktion
eine besondere Relevanz. Weder die Zielfunktionen, noch die Anforderungen des Gesellschaftssystems oder die Handlungsmaxime des ökonomischen Prinzips reichen regelmäßig aus, um das Zielsystem des Unternehmens inhaltlich ausreichend festzulegen. Vielmehr handelt es sich bei jedem Zielsystem um einen gestaltungsbedürftigen Sachverhalt, der auf allen betrieblichen Ebenen aktiv geplant und umgesetzt werden muss. [vgl. Hamel (1989), Sp. 2302] 2.1 Prozess der Zielgestaltung Nicht zuletzt durch die Arbeiten von Heinen wurde deutlich, dass Ziele in ihrer Gestaltung vielfältigen Einflüssen unterliegen [vgl. Heinen, (1962), S. 9]. Damit stellte sich die Frage nach einer näheren Bestimmung der Einflussfaktoren. Von den vielfältigen Erklärungsansätzen, die daraufhin entwickelt wurden, ist die Koalitionstheorie durch ihren Erklärungsgehalt und ihre Zweckmäßigkeit für die Gestaltung realer Sachverhalte von besonderer Beutung. Der Koalitionstheorie zur Folge gehen unterschiedliche Interessengruppen eine Leistungs- und Anspruchskoalition ein. Der Bestand einer solchen Koalition setzt voraus, dass die ressourcenerbringende Gruppe im Gegenzug eine zumindest als adäquat angesehene Ge-
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genleistung erhält. [vgl. Schmid (1997), S. 633] Ressourcenerbringer und Anspruchsteller kann dabei grundsätzlich die gleiche Person sein; je nachdem, welcher Betrachtungspunkt eingenommen wird. So hat ein Arbeitnehmer Ansprüche an ein Unternehmen und ist für dieses der Erbringer der Ressource „Arbeitskraft“. Gleichzeitig stellt das Unternehmen an seine Mitarbeiter Ansprüche, die sie erfüllen müssen, wollen sie nicht die ihnen zukommende Ressource „Lohn“ verlieren. Formal sind die Interessen der Anspruchsgruppen, die auch als Stakeholder bezeichnet werden, so lange zu erfüllen, wie die Kosten der Nichterfüllung höher wären. Damit sind die von den Anspruchsgruppen geforderten Ziele so lange zu erfüllen, wie eine Nichterfüllung zu Beitragsverlusten und einer daraus resultierenden Nettoreduktion der ökonomischen Gesamt-Zielerreichung des betrieblichen Systems führen würde. [vgl. Schlenkrich, (2006), S. 153] Unternehmen sind also darauf angewiesen, die Ansprüche der Stakeholder systematisch zu erfüllen, wenn sie keine Sanktionen durch Ressourcenentzug erfahren wollen. Daraus ergibt sich, dass das Zielsystem des Unternehmens von den Interessen der einzelnen Anspruchsgruppen maßgeblich gestaltet wird. Es liegt dabei auf der Hand, dass die Macht der einzelnen Gruppen und damit ihre Einflussnahme auf die Zielgestaltung vom jeweiligen Sanktionspotenzial der Gruppe abhängig ist.
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Der Weg der Einflussnahme auf die Zielgestaltung ist dabei vielschichtig. Grundsätzlich lassen sich mindestens vier Ebenen unterscheiden, durch die eine Einflussnahme ausgeübt werden kann:
1. Ebene: Mission des Unternehmens
2. Ebene: Grundwerte des Unternehmens
3. Ebene: Vision des Unternehmens
4. Ebene: Strategisches Zielsystem des Unternehmens
Auf der ersten Ebene ist die allgemeine Daseinsberechtigung des Unternehmens im gesellschaftlichen Kontext zu klären. Unabhängig vom rahmengebenden Wirtschaftssystem können sich betriebliche Systeme ausschließlich durch die Produktion von Gütern und Dienstleistungen zur Befriedigung einer existierenden Bedarfssituation legitimieren. Kernfrage dieser Ebene ist: Warum existieren wir? Auf der zweiten Ebene werden die allgemeinen Grundwerte des Unternehmens festgelegt. Unabhängig davon, ob diese explizit niedergeschrieben und als Handlungsmaxime offiziellen Charakter haben oder lediglich durch die Geisteshaltung und den Handlungsvollzug der einzelnen Organisationsteilnehmer erkennbar werden, so sind diese Grundwerte doch stets vorhanden. Ein System, in dem Menschen agieren, ist ohne handlungssteuernde Grundwerte nicht denkbar. Damit ist aber noch keine Aussage über die inhaltliche
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Festlegung dieser Werte getroffen. Kernfrage dieser Ebene ist: An was glauben wir? Auf der dritten Ebene werden im Rahmen einer Vision die Sachziele des Systems im Zusammenhang mit der Marktsituation erstmals konkretisiert. Kernfrage dieser Ebene ist: Wo wollen wir hin? Auf der vierten Ebene werden auf der Basis der vorangegangenen Ebenen die strategischen Ziele des Systems festgelegt. Kernfrage ist dabei: Was sind unsere Ziele? Die folgende Abbildung veranschaulicht den Einfluss auf die Zielgestaltung der Anspruchsgruppen:
Ziele Vision Grundwerte Mission Sphäre des Unternehmens Sphäre der Unternehmensumwelt Anspruchsgruppe a bis n
Abbildung 1:
Einfluss auf die Zielgestaltung
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Es kann davon ausgegangen werden, dass eine direkte Einflussnahme auf der Ebene der Zielformulierung vornehmlich von Anspruchsgruppen mit einem höheren Sanktions- und Machtpotenzial ausgeübt wird. Je tiefer die Ebenen der Einflussnahme sind, desto langwieriger – dafür jedoch nachhaltiger – ist der Einfluss auf die Unternehmensziele. 2.2 Determinanten der Zielgestaltung Die Interessen, die die unterschiedlichen Anspruchsgruppen an das ökonomische System stellen, sind prinzipiell vielseitig. Dennoch erscheint eine eingehende Systematisierung unumgänglich. Unstrittig ist, dass betriebliche Systeme als Mittel der Einkommenserzielung instrumentalisiert werden. Hierbei kann zwischen dem Residualeinkommen der Eigenkapitalgeber – das Teil der betrieblichen Gewinnverwendung ist – und dem Leistungsentgelt der Mitarbeiter – das aus der Bereitstellung der Arbeitskraft resultiert – unterschieden werden. Weitere Anspruchsgruppen, wie Fremdkapitalgeber, aber auch Lieferanten und sogar Wettbewerber, leiten wiederum ihre Ansprüche final aus ihrem Einkommensinteresse ab, das sie gegenüber ihrem eigenen Unternehmen realisiert vertreten. Die Einkommenserzielung wird damit zur originären Grundlage der Ansprüche weit reichender Interessensgruppen. Diese materielle Instrumentalisierung betrieblicher Systeme galt daher lange Zeit als einziger originärer Anspruchsinhalt.
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In den letzten Jahren konnte beobachtet werden, dass es darüber hinaus weitere Anspruchsinhalte gibt, die nicht primär materiell motiviert sind, jedoch ebenfalls eine hohe Bedeutung haben. So wird das Zielsystem eines Unternehmens auch durch die in einer Gesellschaft vorherrschenden Werte bestimmt. [vgl. Homann, (1998), S.17ff.] Diese äußern sich im Verhalten der einzelnen Stakeholder. Besonders deutlich wird dies bei der Betrachtung des Staates als Gesetzgeber. Aber auch alle anderen Anspruchsgruppen werden zwingend in ihrem Verhalten von einer sozialen Werthaltung bestimmt. So dienen Betriebe den Mitarbeitern immer auch als Garant für soziale Kontakte und bieten die Möglichkeit der sozialen Entfaltung und Selbstverwirklichung. Das gegenwärtig diskutierte Phänomen des Corporate Citizenchip oder auch der Corporate Social Responsibility ist ein Zeichen der zunehmenden Wahrnehmung der Beutung sozialer Ansprüche an ökonomische Systeme. [vgl. Ulrich, (2002) S. 273] Die soziale Verantwortung eines ökonomischen Systems kann sich auch im Leistungsziel an sich zeigen. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn der Leistung – als Konkretisierung des betrieblichen Sachziels – eine größere Bedeutung zugemessen wird, als beispielsweise der Maximierung einer Rentabilitätsgröße als Formalzielelement. [vgl. Hamel, (1992), Sp. 2638] So unterliegen beispielsweise öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten einem informatorischen Versorgungsauftrag, den sie auch unter Vernachlässigung materieller Ziele – zum Beispiel Rentabilitätsziele – zu erfül-
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len haben. Bei einer dauerhaften Verfehlung des Rentabilitätsziels ist dann eine Gebührenerhöhung nahezu gesetzlich garantiert. Für das System der gesetzlichen Krankenkassen trifft dies in ähnlicher Weise zu. [vgl. Wallau, (2004), S. 52] Ökonomische Systeme dienen demnach auch der Verwirklichung ideeller Anforderungen durch die Stakeholder. Da ökonomische Systeme gleichzeitig sowohl einer materiellen als auch einer ideellen Instrumentalisierung unterliegen (können), lassen sich je nach Bedeutung der jeweiligen Dimension unterschiedliche Betriebsarten in einem Portfolio veranschaulichen:
Ideelle Anforderungen schwächer
Abbildung 2:
stärker schwächer
Materielle Anforderungen
stärker
Börsen
Private Krankenhäuser
Sport-, Freizeitvereine
Öffentlichrechtliche Rundfunkanstalten
Betriebs-Portfolio materieller und ideeller Anforderungen
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3 Die Zielplanung Es ist ohne weitere Erklärungen offensichtlich, dass sich die unterschiedlichen Interessen der Anspruchsgruppen im Zielsystem des Unternehmens wieder finden müssen, wenn nicht deren Existenz durch Sanktionsmaßnahmen der Umwelt gefährdet werden soll. Wird ein Zielsystem unter Berücksichtigung materieller wie ideeller Interessen der Anspruchsgruppen systematisch geplant und vollzogen, wird damit die soziale Verankerung des Unternehmens in seine relevante Unternehmensumwelt explizit herausgestellt und zur Grundlage aller unternehmerischer Handlungen gemacht. Das Zielsystem weist damit einen besonderen sozioökonomischen Charakter auf, der sich auf allen hierarchischen Ebenen der Betriebsorganisation wieder finden muss. Die gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmens ist damit nicht einer bestimmten Organisationseinheit oder (Führungs-)Ebene zugeordnet, sondern findet über das Zielsystem ihren Ausdruck in allen Bereichen. Zur Erfüllung der genannten Funktion müssen bei der Formulierung von Zielen bestimmte Elemente berücksichtigt werden, um eine operative Handlungsanweisung zu ermöglichen. [vgl. Hamel, (1992), Sp. 2644] Demnach ist ein Zielobjekt unabdingbar, das in der Regel unterschiedliche Eigenschaften aufweist, die mit Hilfe eines geeigneten Maßstabs und einer quantitativen Angabe der gewünschten Eigenschaftsausprägung ausgestattet sind. Zusätzlich muss berücksichtigt werden, dass das betriebliche Zielsystem stets
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aus mehreren Zielobjekten besteht, die jedoch alle eine identische Struktur aufweisen:
Unternehmens-Ziele
Zielobjekt a
Zieleigenschaft a
Abbildung 3:
Zielmaßstab a
Zielfunktion a
Eigenschaft a1
Maßstab a1
Funktion a1
Eigenschaft a2
Maßstab a2
Funktion a2
Eigenschaft a3
Maßstab a3
Funktion a3
Eigenschaft an
Maßstab an
Funktion an
Grundstruktur des Zielsystems
Die systemische Implementierung ideeller Anforderungen in die betriebliche Zielfigur erfolgt anhand der unterschiedlichen Elemente des Zielsystems: 3.1 Planung des Zielobjekts Innerhalb der Zielfigur ist das Zielobjekt dasjenige Element, auf das sich die betrieblichen Handlungen sachlich beziehen. Im Rahmen des strategischen Managements sind Produkte, Märkte oder auch die Kombination aus beidem klassische Zielobjekte. Demnach ist bereits die Auswahl der betrieblichen Zielobjekte eine Folge der materiellen und ideellen Interessen der Zielsteller. So sind die Dienstleistungen von Krankenhäusern typische Zielobjekte, die aus
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einer bestimmten ideellen Werthaltung resultieren. Auch der entgegen gesetzte Fall ist denkbar, bei dem ein bestimmtes Produkt oder eine Produktgruppe gezielt aus dem Leistungsportfolio des Unternehmens gestrichen wird oder erst gar nicht aufgenommen wird, weil es mit den ideellen Interessen relevanter Anspruchsgruppen als unvereinbar angesehen wird. Bei Produkten der Wehrtechnik kann dieser Sachverhalt beispielsweise auftreten. 3.2 Planung der Zielausprägung Für eine klare betriebliche Ausrichtung reicht die Bestimmung eines oder mehrerer Zielobjekte grundsätzlich nicht aus. Vielmehr müssen diese durch weitere Merkmale ergänzt werden, die sich entweder nur auf die Zielobjekte oder auf das gesamte Unternehmen beziehen. Für diese Merkmale ist eine Unterscheidung in Zieleigenschaft, Zielmaßstab und Zielfunktion üblich. [vgl. Hamel, (1992), Sp. 2643] 3.2.1 Planung der Zieleigenschaften Zieleigenschaften präzisieren das Zielobjekt in formeller Hinsicht. So kann eine Produkt-Markt-Kombination als Zielobjekt mit der Zieleigenschaft „Umsatz“ attribuiert werden. Genau wie das Zielobjekt ist auch die Zieleigenschaft nicht von außen vorgegeben oder ergibt sich automatisch aus dem Kontext, sondern muss in einem Zielplanungsprozess bewusst definiert werden. Damit wird auch die Zieleigenschaft zu einem Charakteristikum des sozioöko-
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nomischen Zielsystems. Beispielsweise kann im Rahmen der Zieleigenschaft bestimmt werden, dass ein Produkt nur aus „ethisch unbelasteten“ Vorprodukten gefertigt werden darf. Die unter dem Stichwort „Fair-Trade“ geführte Diskussion über „faire Baumwolle“ oder „fairen Kaffee“ ist ein Beispiel hierfür. Jedes Zielobjekt benötigt üblicher Weise eine Reihe unterschiedlicher Zieleigenschaften, um es hinreichend genau zu definieren. Demnach kann eine ideelle Intendierung auch durch eine Kombination mehrer Zieleigenschaften zustande kommen, die alleine für sich genommen nicht zu einer derartigen Ausrichtung führen würden. 3.2.2 Planung des Zielmaßstabs Jede Zieleigenschaft ist ohne eine dazugehörende Messvorschrift, die auch als Zielmaßstab bezeichnet wird, unzureichend. Erst durch eine korrespondierende Einheit wird ein Zielsystem operational. Der Umsatz als Zieleigenschaft eines Geschäftsfeldes muss zwingend in einer bestimmten Geldeinheit ausgedrückt werden. Identisch dazu ist die Zieleigenschaft „fairer Handel“ durch eine Messvorschrift zu präzisieren. Hier zeigt sich, dass sich in diesem Bereich erhebliche Gestaltungsspielräume eröffnen. Während der Umsatz als Ausdruck materieller Interessen des Zielstellers vergleichbar leicht zu messen ist – hier ist lediglich eine Gestaltung durch unterschiedliche Währungseinheiten denkbar – so lassen sich ideell motivierte Zieleigenschaften oftmals erheblich schwieriger messen. Dies hat zur Folge, dass sich zwei Gruppen im Rahmen
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eines zielsuchenden Verhandlungsprozesses hinsichtlich der Zieleigenschaft einig sein können, jedoch ihre Differenzen bei der Festlegung des Zielmaßstabs deutlich werden. Ein aktuelles Beispiel ist die Diskussion zum Klimaschutz. Es dürfte Einigkeit darüber bestehen, dass der Klimaschutz als betriebliche Zieleigenschaft zu verankern ist. Die Differenzen bei der Festlegung einer bestimmten Messvorschrift der Klimaschutzwirkung sind dagegen groß. 3.2.3 Planung der Zielfunktion Die Zielfunktion gibt das Ausmaß der angestrebten Zielerfüllung vor. Grundsätzlich kann hier zwischen einem
faktisch vorgegebenen Wert,
einem ein- oder zweiseitig abgegrenzten Wert,
einem Vergleichswert oder
einem Durchschnittswert
unterschieden werden. Auch die konkrete Gestaltung der Zielfunktion ist Ausdruck unterschiedlich gewichteter materieller und ideeller Interessen. So kann ein festgelegtes Mindestmaß der Zielerreichung ein derart geringes Niveau aufweisen, dass es faktisch ohne reale Bedeutung ist. Gleiches gilt, wenn die Zielfunktion inhaltlich durch einen Vergleichswert definiert wird. Je nach dem, welcher Vergleichswert herangezogen wird, erfüllt ein bestimmtes Ziel
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mehr oder weniger intensiv seine zugedachten Funktionen. Im betrieblichen Zielsystem werden ideell intendierte Ziele oftmals mit einem Zielmaßstab konkretisiert, bei dem aus mehreren Einzelwerten ein Durchschnitt errechnet wird. Durchschnittswerte weisen durch ihre mathematische Richtigkeit den Anschein eines richtigen oder gerechten Ergebnisses auf, müssen manchmal jedoch bei näherer Betrachtung vor allem im ideellen Kontext gänzlich anders interpretiert werden. Die Art der Durchschnittsbildung ist dabei prinzipiell unerheblich. Zieht man das durchschnittliche Pro-KopfEinkommen als Maßstab für die soziale Fürsorglichkeit eines Unternehmens heran, so könnte eine bestimmte Höhe eine besondere soziale Verantwortung anzeigen. Es könnte dabei jedoch auch der Fall sein, dass eine extrem ungleiche Verteilung innerhalb der Belegschaft dazu führt, dass ein Großteil der Mitarbeiter extrem unterdurchschnittlich entlohnt wird, während eine kleine Gruppe ein deutlich überproportional höheres Gehalt erhält.
4 Abschließende Betrachtung Ziele stellen nicht nur gestaltungsfähige, sondern auch gestaltungsbedürftige Sachverhalte dar. Betriebliche Zielsysteme sind hier keine Ausnahme. Daraus folgt die Frage, welche Einflüsse auf die Zielgestaltung einwirken und welche Akteure bei diesem Prozess in Erscheinung treten. Folgt man der Annahme, dass Betriebe immer auch eine Instrumentalfunktion zur Erfüllung der Interessen unterschiedlichster Anspruchsgruppen aufweisen, so muss davon ausge-
Ökonomisches Zielsystem
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gangen werden, dass das betriebliche Zielsystem ein Ausdruck der Interessen dieser Gruppen ist. Dabei sind relevante Anspruchsgruppen oftmals nicht oder nicht ausschließlich durch materielle Interessen gekennzeichnet, die final in der Erzielung eines Einkommens begründet liegen. Eine Vielzahl von Anforderungen ergeben sich auch aus den kulturellen und ideellen Kontexten dieser Personen. Im Sinne der Anreiz-Beitrags-Theorie müssen sich auch diese Anforderungen im betrieblichen Zielsystem wieder finden. In diesem Aufsatz sollte gezeigt werden, dass auch diese Interessen in allen Elementen des Zielsystems ihren Ausdruck finden können. Soziale oder nicht primär ökonomisch motivierte Ziele führen damit nicht nur zu einer einfachen Erweiterung des bestehenden Zielsystems, sondern gestalten dieses in allen Bereichen. Im Zuge der weiteren Globalisierung – auch von Kulturen und deren Werten – muss davon ausgegangen werden, dass Unternehmen zunehmend unterschiedlichen gesellschaftlichen Ansprüchen gerecht werden müssen. Dies werden sie nur, wenn diese Ansprüche bereits im Zielsystem verankert werden.
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Schlenkrich
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Ökonomisches Zielsystem
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Teil 2: Organisation Kerstin Seeger: Zielorientierte Prozessgestaltung – Die Prozesse an der Unternehmensstrategie ausrichten 119
Adrian Seeger: Procurement Performance – Zielkonforme Gestaltung von Beschaffungsprozessen 145
Zielorientierte Prozessgestaltung
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Kerstin Seeger1
Zielorientierte Prozessgestaltung – Die Prozesse an der Strategie ausrichten 1
Bedeutung der Strategie für die Prozesse
2
Strategie als Ausgangspunkt der Prozessgestaltung 2.1 Gestaltung des Strategieprozesses zur Erarbeitung der Strategie 2.2 Umfeld- und Unternehmensanalyse 2.3 Entwicklung und Auswahl der Strategie
3
Zielorientierte Prozessgestaltung 3.1 Strategieimplementierung und –controlling: Operationalisierung der Strategie mit Hilfe der Balanced Scorecard 3.2 Zielorientierte Gestaltung der Prozesse im Rahmen der Strategieoperationalisierung Literaturverzeichnis
1
Prof. Dr. Kerstin Seeger, Professur für Strategisches Management und Unternehmensführung, Europäische Fachhochschule, Brühl
Zielorientierte Prozessgestaltung
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Kerstin Seeger
Zielorientierte Prozessgestaltung – Die Prozesse an der Strategie ausrichten 1 Bedeutung der Strategie für die Prozesse „Structure follows strategy!“ – Diesen Satz prägte Alfred Chandler als Ergebnis seiner Studien großer US-Unternehmen: „Wenn die Struktur nicht der Strategie folgt, ist Ineffizienz das Ergebnis.“ [Chandler (1962), S. 14] Diese Aussage hat auch heute noch Gültigkeit, wird jedoch vielfach in den Unternehmen nicht beachtet. Die Strategie ist anerkanntermaßen wesentliche Voraussetzung für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens. [vgl. Horváth & Partners (2005a)] Langfristige Beobachtungen der Unternehmensentwicklung zeigen auf, dass jedoch viele Unternehmen gerade keinen langfristigen Erfolg haben. Eindrucksvoller Beleg hierfür ist die bekannte Forbes-Liste: 1917 zum ersten Mal veröffentlicht, gab es nur 70 Jahre später 61 dieser 100 Unternehmen nicht mehr. Lediglich 18 Unternehmen konnten sich auf der Liste behaupten. [vgl. Foster / Kaplan (2004)] Doch eine gute Strategie alleine reicht nicht aus, um ein Unternehmen erfolgreich zu machen. Vielmehr muss die gute Strategie um
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Seeger
eine konsequente Strategieumsetzung ergänzt werden, damit das Unternehmen die Erfolgspotenziale der Strategie realisieren kann. Die Umsetzung der Strategie erfordert den strategiekonformen Einsatz aller Ressourcen im Unternehmen. Dazu sind die unternehmerischen Prozesse im Sinne der Strategie zu gestalten, um die zielorientierte Steuerung der Ressourcen zu ermöglichen. Dabei müssen alle Prozesse im Unternehmen auf die Strategie ausgerichtet werden. Angefangen bei den primären Aktivitäten der Produktion, Eingangs- und Ausgangslogistik, Marketing, Vertrieb und Kundenservice ist der gesamte Wertschöpfungsprozess strategieorientiert auszurichten. [vgl. Porter (1989)]. Des Weiteren sind die erforderlichen Unterstützungsleistungen wie Personalmanagement, Rechnungswesen, Controlling innerhalb des Unternehmens strategieorientiert aufzustellen. Dazu ist das Prozessmodell ausgehend von der Strategie zu gestalten. Im ersten Schritt ist zu analysieren, welches die strategisch relevanten Prozesse im Unternehmen sind, d.h. welche Prozesse einen wesentlichen Einfluss auf die erfolgreiche Umsetzung der Strategie haben. Im nächsten Schritt ist für die als strategisch relevant identifizierten Prozesse zu analysieren, welches die entscheidenden Erfolgsfaktoren für diese Prozesse sind, sowie zu klären, wie diese Erfolgsfaktoren konkret ausgestaltet sein müssen.
Zielorientierte Prozessgestaltung
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Der Erfolg der Strategie ist dabei abhängig von der Wettbewerbsumgebung, in der das Unternehmen tätig ist. Nur wenn die Strategie für die jeweiligen Markt- und Umfeldbedingungen geeignet ist, wird sie für das Unternehmen zum Erfolg führen. Daraus leitet sich für die Unternehmen die Notwendigkeit ab, ihre Strategie an der Wettbewerbsumgebung auszurichten. Analog zu Porter lassen sich drei grundsätzliche Ausrichtungen der Strategie unterscheiden: [Porter (1999), S. 67ff.]
Erscheint eine Preisführerschaft erfolgversprechend, sollte das Unternehmen die identifizierten strategierelevanten Prozesse extrem effizient durchführen, um Kostenvorteile realisieren zu können.
Erscheint hingegen eine Qualitätsführerschaft erfolgversprechend, sollten alle Prozesse in ausgezeichneter Qualität – auch bei höheren Kosten – durchgeführt werden.
Wenn das Unternehmen seine Chance im Auftreten als Nischenanbieter sieht, müssen die Prozesse zu einem in bestimmten Merkmalen einzigartigen Ergebnis führen, welches Wettbewerber in dieser Form nicht leisten können.
Die Wahl der geeigneten Strategie muss vor dem Design der Prozesse stehen. Erst wenn das Unternehmen seine strategische Zielposition bestimmt hat, kann es seine Struktur und seine Prozesse zielgerichtet aufbauen. Nur dadurch wird sichergestellt, dass die
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Seeger
Prozesse so ausgestaltet sind, dass sie die Umsetzung der Strategie unterstützen, und das Unternehmen somit erfolgreich am Markt agieren kann. Die Festlegung der Strategie stellt für jedes Unternehmen eine fundamentale und langfristig gültige Entscheidung dar. Ergeben sich jedoch umfassende Änderungen im Unternehmen selber oder in seinem Marktumfeld und seinem weiteren Umfeld, wird daraus eine Anpassung der Strategie resultieren. Derartige Strategieänderungen wiederum ziehen eine Änderung der Aufbau- und der Ablauforganisation nach sich. [vgl. zur Aufbau- und Ablauforganisation Kieser / Walgenbach (2007)] Im Folgenden wird dargestellt, wie Unternehmen ausgehend von ihrer Strategie ihre Prozesse zielorientiert – im Sinne der Strategie – gestalten. Neben dem Ablauf des Strategieprozesses gibt insbesondere die Operationalisierung der Strategie mittels der Balanced Scorecard (BSC) Anhaltspunkte zur zielorientierten Gestaltung der Prozesse. [vgl. die umfassende Darstellung zur Balanced Scorecard bei Kaplan / Norton (1996) und Horváth & Partners (2007)]
Zielorientierte Prozessgestaltung
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2 Strategie als Ausgangspunkt der Prozessgestaltung 2.1 Gestaltung des Strategieprozesses zur Erarbeitung der Strategie Die Entwicklung einer Strategie ist der erste Schritt im Rahmen der erfolgreichen strategischen Ausrichtung und Steuerung jedes Unternehmens. Dabei wird unter einer Strategie die grundsätzliche Ausrichtung einer Organisation verstanden, die die Gestaltung der Ressourcen und Kompetenzen sowie die dauerhafte Verhaltensweise des Unternehmens bestimmt, um sich in der Wettbewerbsumwelt Vorteile zu verschaffen und darüber den langfristigen Erfolg des Unternehmens zu gewährleisten. [vgl. Seeger / Seeger (2007), S. 196] Ein geeignetes Vorgehen im Rahmen der Erarbeitung der Strategie basiert auf einem klar strukturierten Strategieprozess, der in Abbildung 1 aufgezeigt wird. Der fünfstufige Prozess bietet Unternehmen ein konsistentes Vorgehensmodell für die Erarbeitung ihrer Strategie. [vgl. zur ausführlichen Erläuterung der Strategieprozessdarstellung Currle / Schwertner (2005), S. 31ff.]
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Seeger
Strategische Analyse
Strategieentwicklung
Bewertung und Auswahl von Strategien
Strategieimplementierung
Strategiecontrolling
Gestaltung Strategieprozess
Abbildung 1:
Darstellung des Strategieprozesses (Quelle: in Anlehnung an Currle / Schwertner (2005), S. 31)
2.2 Umfeld- und Unternehmensanalyse Ausgangspunkt und Voraussetzung für die Entwicklung einer erfolgreichen Strategie ist die strategische Analyse. Diese setzt sich zusammen aus einer umfassenden Analyse des Unternehmensumfeldes sowie des Unternehmens selber, um einen fundierten Überblick über die aktuelle Situation des Unternehmens sowie des Umfeldes zu erlangen. Die Umfeldanalyse bezieht sich dabei nicht nur auf den Markt als originäre Aufgabenumwelt des Unternehmens, sondern darüber hinaus auch auf die globale Umwelt, die im Sinne der PEST-Analyse politisch-rechtliche, demographisch-ökonomische, soziokulturelle und technologisch-ökologische Aspekte umfasst. [vgl. zu geeigneten Instrumenten, die im Rahmen der Umfeldanalyse eingesetzt werden können, Bea / Haas (2005), S. 86ff.] Darüber hinaus muss das Unternehmen analysieren, wie seine Wettbewerbsarena ausgestaltet ist. Dabei sind die drei Hauptakteure der Wettbewerbsarena zu untersuchen, die Ohmae das „strategi-
Zielorientierte Prozessgestaltung
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sche Dreieck“ nennt: die Kunden, die Wettbewerber und das Unternehmen selbst [vgl. Ohmae (1982)]. Zunächst der relevante Markt abzugrenzen. Auf dem relevanten Markt schließlich sind die Wettbewerber und Kunden zu untersuchen. Geeignetes Instrument ist Porters Analyse der Wettbewerbskräfte. Diese umfasst die Analyse der Markteintrittsbarrieren, der Gefahr durch Ersatzprodukte, der Verhandlungsstärke der Kunden, der Verhandlungsstärke der Lieferanten und der Rivalität in der Branche. [vgl. Porter: Competitive Strategy (1980) S. 6ff.] Alle fünf Wettbewerbskräfte zusammengenommen bestimmen die Wettbewerbsintensität und Rentabilität der Branche. Aus dieser Analyse können Unternehmen erste Hinweise auf die ErfolgsPotenziale ihrer spezifischen Branche gewinnen. Die Umfeldanalyse basiert zum einen auf harten Fakten über die Branche, die Kunden oder die Wettbewerber. Ergänzt werden diese harten Fakten um weiche Faktoren, um darüber ein realitätsnahes Bild der Wettbewerbssituation zu erhalten. [vgl. Mintzberg (1994)]. Diese weichen Faktoren lassen sich aus den Erfahrungen im relevanten Markt und aus einer genauen Marktkenntnis ableiten. Eine umfassende Konkurrenzanalyse hat zum Ziel, das Reaktionsprofil der Konkurrenten zu erarbeiten. Hierbei soll herausgearbeitet werden, mit welchen Aktionen und Reaktionen der Konkurrenten zukünftig zu rechnen ist. Dazu wird analysiert, was die einzelnen Konkurrenten motiviert und über welche Strategien und Fähigkei-
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ten die einzelnen Konkurrenten verfügen. [vgl. Porter (1999), S. 88] Ebenso gilt es, die Erfolgspotenziale in Bezug auf die Kunden zu ermitteln. Dazu ist zunächst eine Marktsegmentierung vorzunehmen. [vgl. Müller-Stewens / Lechner (2005), S. 187] Ziel der Marktsegmentierung ist es, den heterogenen Gesamtmarkt in relativ homogene Käufergruppen aufzuteilen, um darüber eine differenzierte Ansprache dieser Käufergruppen zu ermöglichen. Anschließend sind die Erwartungen der Kunden in den einzelnen Käufergruppen zu analysieren. Dabei sind erstens die Basisanforderungen zu untersuchen, also diejenigen Anforderungen, die die Kunden als selbstverständlich bei allen Wettbewerbern voraussetzen. Zweitens sind die Leistungsanforderungen zuanalysieren. Das sind diejenigen Anforderungen, von denen der Kunde seine Kaufentscheidung abhängig macht. Drittens sind die Begeisterungsanforderungen zu betrachten, mit denen sich das Unternehmen aus Kundensicht von den Wettbewerbern differenziert, die jedoch erst im Verlauf der Kaufentscheidung erkannt werden. Darüber hinaus ist die Frage zu beantworten, mit welchen Erfolgsfaktoren das Unternehmen den Erwartungen der Kunden gerecht wird. Da die Strategie langfristig ausgerichtet ist, wird auch ein Blick auf die zukünftige Entwicklung geworfen: Es werden Trends identifiziert, die das Umfeld des Unternehmens zukünftig prägen. Diese umfassen unter anderem die Entwicklung der Märkte, die Erwar-
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tungen der Kunden und die Reaktion der Wettbewerber. Daraus leiten sich für das Unternehmen auf der einen Seite mögliche Chancen ab, die es ergreifen sollte. Auf der anderen Seite steht das Unternehmen potenziellen Risiken gegenüber, denen es begegnen muss. Im nächsten Schritt ist die Situation des Unternehmens zu analysieren: Ziel der Unternehmensanalyse ist es, ein möglichst objektives Bild der gegenwärtigen vorhandenen und zukünftig erwarteten Stärken und Schwächen des Unternehmens aufzuzeigen. Mit Blick auf die Prozessgestaltung bietet sich zur Unternehmensanalyse insbesondere die Analyse der Wertkette an. Zunächst wird die unternehmerische Wertkette definiert. Dabei wird zwischen primären und unterstützenden Aktivitäten differenziert. Primäre Aktivitäten sind i.d.R. die Eingangslogistik, Produktion, Marketing, Vertrieb, Ausgangslogistik und Kundendienst. Die unterstützenden Aktivitäten umfassen u.a. Rechnungswesen, Controlling, Personalwirtschaft und Beschaffung. Aus der Definition der Wertkette können anschließend Kosten- und Differenzierungsschwerpunkte abgeleitet werden, um daraus erste Hinweise auf die zielorientierte Gestaltung der Prozesse zu gewinnen. [vgl. die umfassende Darstellung bei Porter (1989)] Zur Integration der unternehmensinternen und der unternehmensexternen Sichtweise bietet sich die SWOT-Analyse an, die einen Schwerpunkt im Rahmen der Situationsanalyse darstellt.
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Seeger
Den im Rahmen der Unternehmensanalyse identifizierten Stärken (Strength) und Schwächen (Weaknesses) sind die Anforderungen aus der Unternehmensumwelt – im Sinne der extern determinierten Chancen (Opportunities) und Risiken (Threats) – im Rahmen einer SWOT-Analyse gegenüber zu stellen. 2.3 Entwicklung und Auswahl der Strategie Aufbauend auf der strategischen Analyse werden im zweiten Schritt des Strategieprozesses geeignete Strategieoptionen für das Unternehmen entwickelt. Die entwickelten Strategieoptionen werden im dritten Schritt einer Bewertung mit sowohl quantitativen als auch qualitativen Bewertungsmaßstäben unterzogen, um darauf basierend die geeignete Strategie für das Unternehmen auszuwählen. [vgl. hierzu ausführlich Horváth & Partners (2007)] Im Rahmen der Schritte zwei und drei werden somit strategische Grundsatzentscheidungen für das Unternehmen getroffen, die den strategischen Rahmen bilden. [zur Differenzierung in den strategischen Rahmen und das strategische Zielsystem vgl. Horváth & Partners (2007), S. 114ff.] Die strategischen Grundsatzentscheidungen umfassen zum einen die Formulierung einer Vision und Mission sowie der Werte des Unternehmens. Wesentlicher Bestandteil des strategischen Rahmens, in dem die strategischen Grundsatzentscheidungen gebündelt werden, ist darüber hinaus das Geschäftsmodell des Unternehmens.
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Ausgangspunkt ist die Formulierung einer Vision im Sinne einer auf die Zukunft gerichteten Leitidee des Unternehmens. Eine gute Vision wirkt sinnstiftend, motivierend und handlungsleitend für das Unternehmen und seine Mitarbeiter. [vgl. Müller-Stewens / Lechner (2005), S. 235] Daneben wird die Rolle festgelegt, die das Unternehmen einnehmen möchte und es werden die Aufgaben definiert, die es in diesem Zusammenhang erfüllen muss. Dies wird in der Mission formuliert. Im Gegensatz zur Vision ist die Mission nicht zeitlich befristet, sie beschreibt letztlich die „Existenzberechtigung“ des Unternehmens. Im strategischen Rahmen werden zudem die Werte definiert, die die Spielregeln der Zusammenarbeit und den Umgang mit den Anspruchsgruppen kennzeichnen. Die Werte beschreiben die Führungs- und Verhaltensgrundsätze für alle Mitarbeiter im Unternehmen. Die strategischen Grundsatzentscheidungen Vision und Mission bilden die Basis für die Formulierung des Geschäftsmodells. Hierunter wird die modellhafte Beschreibung eines Unternehmens verstanden. Konkreter beschreibt ein Geschäftsmodell „…how a company selects it’s customers, defines and differentiates it’s offerings, defines the tasks it will perform itself and those it will outsource, configures it’s resources, goes to market, creates utility for customers, and captures profit“. [Slywotzky (1996), S. 4] Somit formuliert ein Geschäftsmodell die wesentlichen Rahmenbedingungen zur
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Seeger
Funktionsweise des Unternehmens, ohne jedoch auf die notwendigen Entwicklungsschritte vom Ist- zum Sollzustand einzugehen. Diese sind als Konkretisierung der Strategie Bestandteil des strategischen Zielsystems des Unternehmens. Als wesentlicher Bestandteil dieser Grundsatzentscheidungen werden im Rahmen des Geschäftsmodells diejenigen Prozesse identifiziert und gestaltet, die erforderlich sind, um die Vision und die Mission des Unternehmen zu erfüllen. Dabei spielen bei der Identifikation der erfolgskritischen Prozesse nicht nur Branchenspezifika eine entscheidende Rolle. Vielmehr werden die erfolgskritischen Prozesse der Unternehmen so unterschiedlich sein, wie es Vision und Mission von verschiedenen Unternehmen – auch in der gleichen Branche – sind. Damit stellt die Identifikation der erfolgskritischen Prozesse die Frage nach der Abgrenzung gegenüber den Wettbewerbern in den Vordergrund. Es ist zu analysieren, in welchen Prozessen das Unternehmen sich in der Wahrnehmung der Kunden deutlich von den Wettbewerbern differenzieren muss. Für das Funktionieren des Geschäftsmodells müssen erfolgskritische Prozesse nicht zwangsläufig selbst erbracht werden. Dies belegen die aktuellen Diskussionen zum Thema Outsourcing eindrucksvoll. Es kann in Bezug auf die unternehmerische Zielsetzung zweckmäßiger sein, bestimmte Teile der Prozesskette auszulagern. Beispiel hierfür ist die Logistik, die häufig von spezialisierten
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Dienstleistern besser beherrscht wird, als es dem Unternehmen selber möglich wäre. Neben der Fokussierung auf die erfolgskritischen Prozesse dürfen die weiteren Prozesse nicht vernachlässigt werden. Auch diese müssen bestimmten Basisanforderungen genügen, um die Funktionsfähigkeit des Unternehmens nicht zu gefährden.
3 Zielorientierte Prozessgestaltung 3.1 Strategieimplementierung und -controlling: Operationalisierung der Strategie mit Hilfe der Balanced Scorecard Die strategische Analyse und die Formulierung von Vision, Mission, Werten und Geschäftsmodell sind Ausgangspunkt für die Operationalisierung der Strategie: Das Unternehmen hat festgestellt, wo es steht; es hat definiert, wo es stehen möchte. Das Geschäftsmodell ist definiert und die erfolgskritischen Unternehmensprozesse sind klar. Offen ist die Frage, wie das Unternehmen vom Ist- zum Zielzustand gelangt [vgl. Ansoff (1965)]. Aus der Differenz zwischen der in der Wettbewerbsarena analysierten Istposition des Unternehmens sowie der definierten Zielposition ergeben sich Lücken, die das Unternehmen schließen muss. Zur Überbrückung dieser Lücken werden strategische Ziele formuliert, die das Unternehmen erreichen muss, um in Richtung der Strategie zu gehen.
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Daher stehen in Schritt vier des Strategieprozesses – der Strategiebeschreibung und -kommunikation – konkrete strategische Ziele im Fokus. Zur derartigen Operationalisierung der Strategie bietet sich als Instrument die Balanced Scorecard an. Hierin werden nicht nur die strategischen Ziele des Unternehmens formuliert, sondern darüber hinaus – im Rahmen der Strategieverankerung und des Strategiecontrolling – das Erreichen der strategischen Ziele durch geeignete Kennzahlen messbar gemacht. Schließlich werden strategische Maßnahmen abgeleitet, die wesentliche Voraussetzung dafür sind, die strategischen Ziele zu erreichen. Wesentliches Merkmal der Balanced Scorecard als ausgewogenes Zielsystem ist es, sich nicht nur auf die finanzielle Sichtweise zu beschränken, wie es häufig in den Unternehmen anzutreffen ist. Vielmehr wird die Strategie über vier Perspektiven hinweg formuliert, um darüber ein ausgewogenes Zielsystem zu schaffen. Kennzeichen des ausgewogenen Zielsystems ist es, dass nicht nur finanzielle Ziele betrachtet werden – vielmehr werden Ziele über mehrere Perspektiven hinweg formuliert:
Finanzperspektive,
Kundenperspektive,
Prozessperspektive,
Mitarbeiter- oder Potenzialperspektive.
Zielorientierte Prozessgestaltung
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Die Ziele in der Finanzperspektive zeigen auf, welche finanziellen Zielsetzungen das Unternehmen erreichen will und wie es die Erwartungen der Anteilseigner erfüllt. Mit den Zielen der Kundenperspektive strebt das Unternehmen an, die Bedürfnisse der Kunden zu erfüllen. Nur wenn die Kunden bereit sind, die Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens zu kaufen, ergibt sich für das Unternehmen die Möglichkeit, seine Finanzziele zu erreichen. Zur Erreichung des notwendigen Erfolges bei den Kundenzielen – z.B. das Erzielen einer bestimmten Produktqualität oder das Erreichen eines definierten Servicelevels – sind auf der Ebene der Prozesse geeignete Voraussetzungen zu schaffen. In der Prozessperspektive ist die Frage zu beantworten, was das Unternehmen in seinen Prozessen hervorragend gestalten muss, um die Kunden- und Finanzziele zu erreichen. Zur Gestaltung der Prozesse wiederum sind bestimmte Voraussetzungen in Bezug auf Mitarbeiter oder andere Ressourcen sicherzustellen, die in der Mitarbeiter- oder Potenzialperspektive abgebildet werden. Es wird die Frage beantwortet, über welche Potenziale das Unternehmen verfügen muss, um seine Prozessziele zu erreichen. Hier spielen die unterschiedlichen Ressourcenkategorien – z.B. Mitarbeiter, Know-how, IT – eine wesentliche Rolle. Die Balanced Scorecard beschränkt sich nicht auf eine reine Auflistung der strategischen Ziele. Vielmehr nutzt sie die Strategy Map (oder Strategische Landkarte), um die Strategie des Unternehmens zu visualisieren und damit kommunizierbar zu machen. Dabei wer-
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Seeger
den nicht nur die wesentlichen strategischen Ziele des Unternehmens grafisch dargestellt. Vielmehr werden darüber hinaus die Zusammenhänge zwischen den strategischen Zielen visualisiert. Allerdings beschränkt sich die Strategy Map darauf, die gewollten strategischen Zusammenhänge darzustellen, indem sie darauf fokussiert, zur Unterstützung welcher Ziele ein bestimmtes Ziel formuliert worden ist. [vgl. zur Gestaltung von Strategy Maps Kaplan / Norten (2004)] Dabei enthält eine Strategy Map nur jene Ziele, die zwei Bedingungen erfüllen:
Zum einen müssen die Ziele wettbewerbsrelevant sein, also einen wesentlichen Beitrag zur Zielposition leisten.
Aus der Differenz zwischen Ist- und Zielposition ergibt sich eine weitere Anforderung an die strategischen Ziele: Es muss ein Handlungsbedarf bestehen. Das heißt, nur jene Themen, bei denen die Zielposition noch nicht erreicht ist, werden im Sinne der Balanced Scorecard als strategische Ziele formuliert.
Dadurch erfolgt eine Fokussierung der strategischen Aktivitäten auf die Verbesserung des Status Quo hin zur Realisierung der Strategie. Mit der Formulierung der strategischen Ziele ist jedoch nur der erste Bestandteil der Balanced Scorecard erarbeitet. Im nächsten
Zielorientierte Prozessgestaltung
137
Schritt werden zu jedem strategischen Ziel Messgrößen formuliert. Messgrößen geben Auskunft darüber, ob ein Ziel erreicht ist. Damit ist die Ausgangsfrage zur Definition von Messgrößen: „Woran würde man merken, ob man das Ziel erreicht hat?“ Eine Messgröße ist dann geeignet, wenn an ihr das Erreichen des gewünschten Ziel abgelesen werden kann. Zudem ist an die Messgrößen die Anforderung zu stellen, dass damit das Verhalten der Mitarbeiter in die gewünschte Richtung gelenkt wird. Daraus leitet sich gleichermaßen die Anforderung ab, zu jedem Ziel die bestgeeignete Messgröße zu formulieren, statt eine Vielzahl von Messgrößen zu jedem Ziel vorzusehen. Zu jeder Messgröße sind anschließend die gewünschten Zielwerte zu definieren. Damit wird konkret die gewünschte Ausprägung der Messgröße beschrieben. Als letzter Schritt zur Erarbeitung der Balanced Scorecard werden Maßnahmen definiert. Die Ausgangsfrage bei der Festlegung der Maßnahmen lautet: „Was muss man tun, um das Ziel zu erreichen?“ Damit haben Maßnahmen Projektcharakter, d.h. es wird ein einmaliges Resultat angestrebt. Darüber hinaus wird ein definierter Start- und Endzeitpunkt festgelegt sowie klare Verantwortlichkeiten vereinbart. Mit der Formulierung von Zielen, Messgrößen und Maßnahmen ist die vollständige Balanced Scorecard erarbeitet und damit die Strategie operationalisiert.
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Seeger
Finanzperspektive Strategisches MessZiel größen
Zielwerte
Maßnahmen
Kundenperspektive Strategisches MessZiel größen
Zielwerte
Prozessperspektive
Maßnahmen
Strategie
Strategisches MessZiel größen
Zielwerte
Maßnahmen
Mitarbeiterperspektive Strategisches MessZiel größen
Abbildung 2:
Zielwerte
Maßnahmen
Balanced Scorecard (Quelle: in Anlehnung an Kaplan / Norton (1996), S. 9 und Horváth & Partners (2007), S. 3)
3.2 Zielorientierte Gestaltung der Prozesse im Rahmen der Strategieoperationalisierung Aus der Balanced Scorecard – konkret aus der Prozessperspektive – lassen sich nun unmittelbar Aussagen über die zielorientierte Gestaltung der Prozesse ableiten. Denn auf der Prozessperspektive stehen jene Prozesse im Mittelpunkt, die einerseits erfolgskritisch im Sinne der Strategie sind und zum anderen konkrete Handlungsbedarfe aufweisen. Die Balanced Scorecard bildet in der Strategy Map über die Perspektiven hinweg die Logik des unternehmerischen Erfolgs ab: Unternehmerischer Erfolg im Sinne der finanziellen Ziele entsteht
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139
dann, wenn die Produkte und Dienstleistungen von den Kunden nachgefragt werden, und das Unternehmen hiermit profitablen Umsatz generiert. Voraussetzung hierzu ist, dass sich die Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens aus Sicht der Kunden von denen der Wettbewerber abheben. Voraussetzung zur Erstellung von Produkten und Dienstleistungen, die aus Sicht der Kunden eine wünschenswerte Ausprägung und Relation von Qualität und Preis aufweisen, wiederum ist es, dass die erfolgskritischen Prozesse im Unternehmen die geeignete Ausprägung – insbesondere hinsichtlich Qualität und Kosten – aufweisen. Hierzu wiederum bedarf es der geeigneten Potenziale im Unternehmen, seien es Mitarbeiter oder sonstige Ressourcen. Der unternehmerische Erfolg basiert damit neben den Ressourcen auf der Gestaltung der im Unternehmen ablaufenden Prozesse. Somit bestimmt die Strategie des Unternehmens die Ausgestaltung der Prozesse. Daraus folgt: Ausgangspunkt bei dem Design aller Prozesse im Unternehmen – seien es die primären Prozesse oder die unterstützenden Prozesse – ist die Frage, wie die Prozesse gestaltet sein müssen, damit das Unternehmen seine strategischen Kunden- und Finanzziele erreichen kann. Verfolgt das Unternehmen bspw. eine Strategie der Qualitätsführerschaft, so muss es mit seinen Prozessen die angestrebte Qualität sicherstellen. Die Produktionsprozesse sind so auszurichten, dass
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die Qualität der Produkte im Fokus steht, um sich darüber von den Wettbewerbern zu differenzieren. Die Marketing- und Vertriebsaktivitäten werden ebenfalls die Qualität in den Mittelpunkt stellen. Auch im Rahmen des Kundenservice muss der Qualitätsanspruch im Umgang mit den Kunden konsequent umgesetzt werden. Die unterstützenden Prozesse müssen dazu beitragen, die Qualität in den primären Prozessen sicher zu stellen. Verfolgt das Unternehmen hingegen eine Strategie der Kostenführerschaft, müssen alle unternehmerischen Prozesse konsequent kostenorientiert ausgerichtet werden. Im Rahmen des Produktionsprozesses rückt eine konsequente Optimierung der Kosten in den Fokus, bei Beibehaltung der erforderlichen Qualität. Die Marketingund Vertriebsaktivitäten stellen das Argument der Preisführerschaft in den Mittelpunkt. Der Kundenservice wird ebenfalls unter Berücksichtigung der Kosten organisiert. Die unterstützenden Prozesse sind ebenfalls möglichst kostenoptimal aufzustellen. Verfolgt das Unternehmen schließlich eine Nischenstrategie, so sind alle unternehmerischen Prozesse konsequent auf die Bearbeitung dieser Nische auszurichten. Die Produktion fokussiert konsequent auf die Bedürfnisse der identifizierten Kundengruppen in der Nische. Die Markt- und Vertriebsaktivitäten stellen die Befriedigung der Kundenerwartungen innerhalb der Nische in den Vordergrund. Der Kundenservice wird ebenfalls auf die speziellen Erwar-
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tungen der Kunden ausgerichtet, um sich so bestmöglich von den Wettbewerbern differenzieren zu können. Dabei bedürfen i.d.R. nicht alle der dargestellten Prozesse der unmittelbaren Steuerung durch das Management des Unternehmens. Vielmehr greift hier die zweite Anforderung an strategische Ziele: Nur auf Prozessen, bei denen Handlungsbedarf besteht, um von der Ist- zur Zielposition zu gelangen, liegt der Fokus des Managements. Dazu ist es analog zur BSC-Methodik erforderlich, geeignete Messgrößen zu formulieren, die die Erfüllung der Anforderungen an die Prozesse messbar machen – seien es Qualität, Kosten oder die Fokussierung auf eine Nische. Diese sind häufig in den Unternehmen nicht vorhanden, sondern müssen erst entwickelt werden. Zur konsequenten zielorientierten Steuerung der Prozesse ist dies jedoch unabdingbare Voraussetzung. Denn nur so kann nachvollzogen werden, ob das Unternehmen sich vom Ist- zum Zielzustand entwickelt, welche Abweichungen bestehen und wo Gegensteuerungsmaßnahmen erforderlich sind. Damit diese Entwicklung stattfindet, sind analog zur BSCMethodik gezielte Maßnahmen zu definieren, die die Veränderung der Prozesse im Sinne der Anforderungen aus dem strategischen Zielsystem sicherstellen. Die Umsetzung dieser Maßnahmen schließlich wird durch ein Maßnahmencontrolling verfolgt, um eine konsequente Arbeit an der Verbesserung der erfolgskritischen Prozesse sicherzustellen.
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Damit ist die Entwicklung und Operationalisierung der Strategie unabdingbare Voraussetzung für die zielorientierte Ausrichtung aller Prozesse. Wohl kein Unternehmen wird in Bezug auf alle Prozesse schon seine Zielposition erreicht haben. Der nachhaltige wirtschaftliche Erfolg wird sich nur dann einstellen, wenn zielorientierte Entwicklungspotenziale für Prozesse konsequent identifiziert und umgesetzt werden.
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Procurement Performance
145
Adrian Seeger1
Procurement Performance - Zielkonforme Gestaltung von Beschaffungsprozessen 1
Ausgangssituation
2
Das Modell der Procurement Performance 2.1 Strategische Lieferantenoptimierung 2.1.1
Bottom-Up-Analyse der Ausgangssituation
2.1.2
Bottom-Up-Konzeption zukünftiger Prozesse
2.1.3
Realisierung der Potenziale
2.2 Beschaffungsnavigation 2.2.1
Beschaffungsstrategie – das Ergebnis der Lieferantenoptimierung
2.2.2
Elemente der Beschaffungsnavigation
2.2.3
Implementierung
3
Erfahrungen mit Procurement Performance
4
Zukünftige Herausforderungen – Integration der Wertschöpfungspartner
Literaturverzeichnis
1
Dr. Adrian Seeger, Sprecher der Geschäftsführung der Mannesmannröhren Logistic GmbH, Ratingen
Procurement Performance
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Adrian Seeger
Procurement Performance - Zielkonforme Gestaltung von Beschaffungsprozessen 1 Ausgangssituation „Einkaufen kann doch jeder“ – mit diesem Argument wird die Professionalisierung der Funktion Beschaffung bis heute oft zurückgestellt: Die entscheidende Kommunikation mit dem Lieferanten läuft direkt mit dem Bedarfsträger, der Einkauf wird pro forma in die Abschlussverhandlung eingeschaltet. Diese gelebte Praxis hat eine schwerwiegende Folge: der Einkauf steht – trotz großer Verantwortung für extern beschafften Umsatz – nur selten im Fokus des Managements, seine interne Positionierung ist häufig untergeordnet. Damit ergeben sich Schwierigkeiten, hochqualifizierte Mitarbeiter für diese Aufgaben zu gewinnen. Die Möglichkeit des Managements, den Einkauf als strategisches Werkzeug einzusetzen, ist in dieser Situation (mehr oder weniger stark) eingeschränkt. [vgl. Arnold (2007), S. 17 ff.] Die Konsequenzen dieser Ausgangssituation werden zunehmend transparenter und stellen Unternehmen vor große Herausforderungen. Die konkrete Ausgangssituation ist dabei stets ähnlich: es existiert eine unüberschaubare Anzahl von Lieferantenbeziehungen, die oft über die gesamte Prozesskette hinweg manuell bearbeitet wer-
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den. Die aktive Beziehung zum Lieferanten und internen Kunden des Einkaufs zur strukturierten Erarbeitung von Optimierungspotenzialen ist häufig ineffizient, und die Transparenz über die Aktivitäten der reinen Beschaffung hinaus kaum vorhanden. Selbst die Ergebnisbeiträge des Einkaufs sind eher von marktlichen Zufälligkeiten geprägt anstatt von langfristig angelegter, strukturierter Bearbeitung und nachhaltiger Performance. In dieser Realität findet sich nahezu jede Materialwirtschaft in mehr oder weniger ausgeprägter Form wieder. Sie in eine zukunftsfähige, den sich ändernden Anforderungen entsprechende schlagkräftige Einheit zu transformieren, bedingt eine Neuausrichtung, die den Einkauf in die Lage versetzt, zukünftige Herausforderungen annehmen und gestalten zu können. [vgl. Pechek (2003), S. 28] Ein gut geplantes Vorgehen und eine kontrollierte Realisierung sind dabei unverzichtbar. Das Modell der Procurement Performance verfolgt das Ziel, den geschilderten Anforderungen gerecht zu werden. [vgl. Seeger / Kiepen (2005), S. 77]
2 Das Modell der Procurement Performance Das Modell der Procurement Performance gliedert sich in zwei grundsätzliche Elemente: die strategische Lieferantenoptimierung sowie die Beschaffungsnavigation. Erstere fokussiert eine Neuordnung der Lieferantenbeziehung, die Entwicklung und Umsetzung differenzierter Warengruppenstrategien, eine Bündelung der Bedar-
Procurement Performance
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fe sowie die Reduktion der Lieferantenbeziehungen auf denjenigen Lieferantenstamm, der den Anforderungen für die zukünftige Zusammenarbeit entspricht. Die Beschaffungsnavigation baut anschließend auf den Ergebnissen auf und ergänzt die Neuordnung um ein mehrdimensionales Steuerungssystem, ein tagesaktuelles Beschaffungscontrolling sowie eine Verknüpfung in das Führungssystem und zu strategischen Lieferanten. (vgl. Abbildung 1)
Procurement Performance
Beschaffungsnavigation
Strategische Lieferantenoptimierung
Neuordnung der Lieferantenbeziehung durch Portfolios
Steuerung der Beschaffungsfunktion in unterschiedlichen Dimensionen
Einführung Warengruppenstrategie und Bündelung der Bedarfe
Aktuelles Beschaffungscontrolling
Führungsinstrument für Zielvereinbarungen
Controlling zur Umsetzung moderner Beschaffungsprozesse
Reduktion der Anzahl Lieferanten
Anpassung der Einkaufs-Organisation an die strategische Neuausrichtung
Abbildung 1:
Elemente der Procurement Performance
2.1 Strategische Lieferantenoptimierung Die strategische Lieferantenoptimierung bedient sich eines pragmatischen Ansatzes, der jeden beteiligten Mitarbeiter von Beginn der Optimierungsarbeiten integriert, d.h. es wird ein Bottom-UpAnsatz gewählt. [vgl. Seeger (2003), S. 42] Als Arbeitsmittel werden Portfolios zur Visualisierung verwendet, um Effekte der
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Selbstreflektion aus der Ist-Situation und kreativen Optimierung zur Soll-Situation zuzulassen. Die erste Stufe dieses Ansatzes analysiert die Ausgangssituation in einem strukturierten Verfahren. Auf deren Basis werden in der zweiten Stufe differenzierte Beschaffungsstrategien je Warengruppe abgeleitet. Hieraus resultieren detaillierte Einsparpotenziale sowie Potenziale zur Lieferantenreduzierung. Freiwerdende Ressourcen in der Organisation und im Arbeitsprozess werden konsequent im Sinne einer verstärkten Fokussierung strategischer Aufgaben genutzt. [vgl. Seeger (2003), S. 41] 2.1.1 Bottom-Up-Analyse der Ausgangssituation Die Ist-Analyse fokussiert die zwei elementaren Dimensionen im Einkauf: einerseits das/die zu beschaffende Gut/Leistung und andererseits die Lieferanten. Beide Dimensionen werden in Interviews analysiert. Basis der Analyse ist die kleinste organisatorische Einheit – die Einkaufsgruppe. Güter-/Leistungsanalyse Ziel der Güter-/Leistungsanalyse ist es, das Versorgungsrisiko des betrachteten Beschaffungsgutes/-leistung zu analysieren. Als Hilfsmittel dient ein strukturierter Fragenkatalog, der die einzelnen Facetten des Versorgungsrisikos beispielhaft beschreibt. Wesentliche Inhalte dabei sind z.B. die Anforderung an die Lieferzeit, der Standardisierungsgrad, die Komplexität, die Entwicklung des Be-
Procurement Performance
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schaffungsmarktes und die Entwicklung des Bedarfs nach dem Gut. Um anschließend neben den rein technisch orientierten Versorgungseigenschaften eine ökonomische Gewichtung einfließen zu lassen, wird das Resultat der Bewertung mit dem Ergebniseinfluss des betroffenen Gutes/der Leistung gewichtet. Lieferantenanalyse Ziel der Lieferantenanalyse ist es, die Angebotsmacht und das Entwicklungspotenzial des Lieferanten zu bewerten. Hierbei werden ebenfalls strukturierte Fragebögen zur Analyse eingesetzt. Zur Bewertung der Angebotsmacht werden Kriterien wie z.B. die Anzahl der Konkurrenzlieferanten, die Referenzen des Lieferanten oder der Abnahmeanteil am Umsatz des Lieferanten herangezogen. Bei der Bewertung des Entwicklungspotenzials des Lieferanten spielen Kriterien wie bspw. Technologieführerschaft des Lieferanten, Logistikfähigkeit des Lieferanten oder die wirtschaftliche Stabilität des Lieferanten eine Rolle. Idealerweise wird die Bewertung der Lieferanten mit den Kunden des Einkaufs durchgeführt. Kernelement der Analyse ist es, die bewerteten Ergebnisse zu synchronisieren, so dass Gut-(Leistungs-) / Lieferantenkombinationen entstehen – das so genannte Beschaffungsportfolio. Das kombinierte Ergebnis wird im Portfolio dargestellt und ist Ausgangspunkt für die Ableitung von Strategien. In Abbildung 2 wird das Ergebnis dieser Bottom-Up-Analyse am Beispiel der Warengruppe Hilfsund Betriebsstoffe exemplarisch dargestellt. Es zeigt eine deutliche
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Seeger
Überbewertung von Gut-/Lieferantenbeziehungen und eine deutlich zu hohe Zahl an Lieferanten als Basis für die anschließende Optimierung an. Beispiel: Hilfs- und Betriebsstoffe / Verbrauchsmaterial Strategische Materialien/ Leistungen
Lieferant Arbeitsschutz / 1144 Bürolieferant / 4711 Lieferant Kugellager 2 / 4813 Lieferant Verschleißschutz 1 / 2712
Kernmaterialien/ Leistungen
Lieferant Büromöbel / 4709 Lieferant Kugellager 1 / 4813
Lieferant Stahlrohre / 2576
Lieferant Transportbänder/ 2233
Lieferant Schrauben 3531
Engpassmaterialien/ Leistungen
Lieferant Hygienematerial / 9911
Lieferant Eisen u. Stahl 1 / 2570
Lieferant Eisen u. Stahl 2 / 2570
Standardmaterialien/ Leistungen
Lieferant Eisen u. Stahl 3 / 2570
Standardlieferanten
Abbildung 2:
Engpasslieferanten
KernStrategische lieferanten Lieferanten
Ist-Portfolio – Ergebnis der Bottom-Up-Analyse
Das Beschaffungsportfolio visualisiert den gegenwärtigen Stand der Bearbeitung des Beschaffungsmarktes aus der Sicht des Einkaufs. Dies lässt erste Rückschlüsse auf den Beschaffungsprozess zu und ermöglicht es dem Mitarbeiter, seine Arbeiten im Markt konstruktiv zu reflektieren. Aus dieser Reflektion erfolgt in der Regel eine erste, eigenständig angestoßene Verhaltensänderung als Basis zur motivierten Erarbeitung der Soll-Struktur.
Procurement Performance
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2.1.2 Bottom-Up-Konzeption zukünftiger Prozesse Die Konzeption der Soll-Struktur folgt folgender Logik: Nur solche Kombinationen sind als ideal einzustufen, die z.B. ein Standardmaterial mit einem Standardlieferanten oder strategisches Material mit einem strategischen Lieferanten verbinden. Jedes Abweichen von dieser Kombination führt zu Ineffizienz in der Leistungsbeziehung auf beiden Seiten. In Abbildung 2 wird bspw. das Standardmaterial Schläuche beim strategischen Lieferanten oft viel zu unwirtschaftlich eingekauft. Anstatt für diesen Fall nach einer effizienten Abwicklung des Beschaffungsprozesses zu suchen, wird aufwendig über Einzelbestellungen beschafft. Strategische Implikationen Je nach strategischem Zielquadrant (den hell unterlegten Feldern der Abbildung 2, die den Zusammenhang zwischen Bedeutung des Gutes und Anforderungen an den Lieferanten beschreiben) sind unterschiedliche Strategien zu entwickeln, die für die darin zu klassifizierenden Güter/Leistungen sinnvoll sind. [vgl. Seeger / Kiepen (2005), S. 78] Generisch sind dabei verschiedene „Normstrategien“ zu unterscheiden, die die Basis für die Konzeption bilden (vgl. Abbildung 3).
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Seeger
Bedeutung Beschaffungsgut
Normstrategie
Standard
effizient beschaffen
Engpass
Versorgung sicherstellen
Kern
Marktpotenzial nutzen
Strategisch
Lieferanten integrieren
Abbildung 3:
Normstrategien
Die Ist-Positionierung der Gut-/Lieferantenkombination aus der Bottom-Up-Analyse wird anschließend anhand ihrer Bedeutung für das Unternehmen überprüft und repositioniert. Abbildung 4 zeigt dies exemplarisch an dem gewählten Beispiel. Beispiel: Hilfs- und Betriebsstoffe / Verbrauchsmaterial Zur Reorganisation
Strategische Materialien/ Leistungen
Büromöbel ..........
Kernmaterialien/ Leistungen
Summe 2,1 Mio. €
Summe 5,9 Mio. €
Standardlieferanten
Abbildung 4:
Zielquadrant
Mio. € Anzahl Anzahl p. a. IST SOLL Vormaterial 66 25 3,00 Walzläger & Zubehör 8 2 0,80 autogene Geräte & Ersatzteile 0,28 10 4 Körperschutz & Bekleidung 52 20 0,23 ........................... ..... .... ......
Engpassmaterialien/ Leistungen Standardmaterialien/ Leistungen
Mio. € p. a. 0,20 ....
Zielquadrant
Engpasslieferanten
KernStrategische lieferanten Lieferanten
Soll-Portfolio – Basis zur Neustrukturierung der Beschaffungsprozesse
an EKG C .....
Procurement Performance
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Diese Neupositionierung kann unter Umständen eine Abkehr von bisher verfolgten Beschaffungsaktivitäten und -prozessen bedingen – eine Veränderung der Verhaltenweise inklusive. Die beschriebenen Normstrategien bedingen unterschiedliche Aktivitäten für die zukünftige Bearbeitung des Einkaufsvolumens durch den Einkauf. Beispiele, die in jeder Materialwirtschaft zum Ansatz kommen, werden in Abbildung 5 aufgezeigt. Normstrategie
Aktivitäten in der Beschaffung
effizient beschaffen
Forcierung von Händleransätzen, Ausbau elektronische Beschaffung, Logistikkonzepte
Versorgung sicherstellen
Prüfung der Substituierbarkeit des Gutes/Technologie oder Kooperation mit dem Lieferanten
Marktpotenzial nutzen
Strukturierte intensive Marktbearbeitung mit dem Ziel der Bildung von Konkurrenzsituationen (ePlattformen)
Lieferanten integrieren
Wertschöpfungspartner aufbauen (Prozessintegration z.B. durch EDI, Gutschriftenverfahren etc./ Produktoptimierung z.B. durch Kompetenzaustausch, Betreibermodelle etc.)
Abbildung 5:
Aktivitäten in der Beschaffung
Aus der Neupositionierung der Gut-/Lieferantenkombination im Soll-Portfolio eröffnen sich Potenziale für den Einkauf in den Dimensionen der Optimierung der Lieferantenanzahl, der Verbesserung der Beschaffungskonditionen und der Realisierung nachhaltig
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Seeger
optimaler Prozesse. Im Einzelnen fokussieren diese Dimensionen folgende Aspekte: Senkung der Lieferantenzahl Die strategische Fokussierung ausgewählter Gütergruppen bedingt Veränderungen in den Beschaffungsprozessen und der Neugestaltung der Marktbearbeitungsstrategie. Die Konkretisierung der Potenziale fokussiert die Ist-Lieferantenzahl in den strategisch neu bewerteten Warengruppen. Sie ist Indikator und Ausgangspunkt für die Ableitung der Einsparungspotenziale: Unter Berücksichtung der strategischen Dimension des Beschaffungsgutes ist durch die Umsetzung genannter Maßnahmen abzuleiten, ob die gegenwärtigen Lieferantenzahl weiterhin opportun ist, um die geänderten Fokussierungen effizient zu bearbeiten. Wie Abbildung 5 zeigt, kann auf diesem Wege sehr ausführlich für jede Gut-/Lieferantenkombination eine zukünftig sinnvolle Lieferantenzahl definiert werden. Erfahrungsgemäß sind die Reduktionsumfänge im Bereich des Standardmaterials am höchsten, im Bereich der Kern- und strategischen Materialien relativ gering. Optimierung der Beschaffungskonditionen Die Optimierung der Beschaffungskonditionen basiert auf der durch die strategische Neubewertung begründete Lieferantenzahl und den daraus resultierenden Effekten wie bspw. der Bündelung im Fall der Normstrategie „Marktpotenzial nutzen“ oder der Pro-
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zessverbesserung im Fall der Normstrategie „Lieferanten integrieren“. Die Preisreduktionschancen sind detailliert nach der jeweiligen Gut-/Lieferantenkombination festlegbar in dem die notwendige Lieferantenzahl für die einzelne Warengruppe festgestellt wird. Im Durchschnitt ist festzustellen, dass durch Bündelung der Volumina bei wenigen, leistungsfähigen Lieferanten, im Standardbereich eine Preissenkung realisierbar ist, im Kernbereich eine Optimierung der Total Cost of Ownership. Im strategischen Bereich sind Einsparungspotenziale nur über Prozessverbesserungen, wie bspw. die logistische Integration zu definieren. Optimierung der Beschaffungsprozesse Die systematische Zuordnung der einzelnen Gut-/Lieferantenkombination zu den relevanten Beschaffungsfeldern erlaubt es, die Organisation zu optimieren, indem das Profil der organisatorischen Einheit deutlicher fokussiert und hierdurch eine optimale Marktbearbeitung und Realisierung der aufgezeigten strategischen Alternativen ermöglicht wird. Bspw. sollte die Beschaffung von Produktionsanlagen (Investitionen) nicht von deren Instandhaltung getrennt werden, da dies durch die Duplizierung von spezifischem EinkaufsKnow-how zusätzlichen Aufwand erzeugt und Ineffizienzen in der Organisation schafft. Gleichzeitig bleibt Bündelungspotenzial ungenutzt. Der Schritt auf dem Weg zu einer schlagkräftigen Einheit wird hierdurch erreicht.
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Die lokalisierten Beschaffungsfelder, die nicht spezialisiert beschafft werden sollen, sind im Rahmen der Reorganisation der Beschaffung denjenigen Einkaufsgruppen zuzuordnen, die über eine notwendige Spezialisierung verfügen. Üblicherweise findet in diesem Schritt ein bilateraler Tausch von Beschaffungsfeldern statt. Im Ergebnis wird hierdurch der Beschaffungsprozess nachhaltig gestärkt, da eine reibungslosere, von internen Abstimmungen freiere Beschaffung, realisiert wird. 2.1.3 Realisierung der Potenziale Alle genannten Potenziale sind singulär umsetzbar und realisierbar. Der höchste Nutzen wird dann erzielt, wenn zuerst die Organisation, anschließend die konzipierten SOLL-Portfolio je Organisationseinheit umgesetzt werden. Die Anpassung in den Prozessen legt erfahrungsgemäß Unterschiede in Datenpflege und Aufbereitung offen und bietet gleichsam die Chance auf Optimierung der Abläufe durch Umsetzung von Standards auch in der Nutzung der Datenverarbeitung. Im anschließenden Schritt werden die Beschaffungsportfolios angepasst. Sie in einem nachhaltigen Prozess erfolgreich umzusetzen und darüber hinaus weitere Potenziale im Unternehmen und im Lieferantenmarkt zu erschließen und strukturiert zu realisieren, bedingt jedoch eine systematische Steuerung, um die gestartete Professionalisierung schrittweise auszuweiten – die Beschaffungsnavigation.
Procurement Performance
159
2.2 Beschaffungsnavigation Im Unterschied zu anderen Teildisziplinen wird das Controlling der Funktion Einkauf oft einseitig auf die Messung von Einkaufspreisreduzierungen ex post reduziert. [vgl. Pointek (1999), S. 34] Das Zustandekommen dieser Einsparungen wird selten hinterfragt, genauso werden Maßnahmen für zukünftige Optimierungen nur für ausgewählte Projekte entwickelt. Die stetig steigende Komplexität in der Funktion verstärkt die Ausweitung dieses Defizits und erfordert modernere Systeme, um die Reaktionszeiten zu verkürzen, die Anpassungsfähigkeit zu beschleunigen und die Koordinationsfähigkeit zu professionalisieren sowie Top-Managemententscheidungen zu unterstützten. Ein ausgewogenes, viele Einflüsse abdeckendes Controlling zur optimalen Steuerung ist dabei das anzustrebende Ergebnis, wenn nachhaltig Potenziale realisiert werden sollen. Als logische Fortführung der strategischen Lieferantenoptimierung wird daher ein Steuerungssystem eingesetzt, um das ganzheitliche Management im Einkauf nachhaltig sicherzustellen. 2.2.1 Beschaffungsstrategie – das Ergebnis der Lieferantenoptimierung Kernelemente der Beschaffungsnavigation sind die aus dem SollPortfolio abgeleiteten strategischen Stoßrichtungen. Diese nachhaltig erfolgreich umzusetzen bedingt Flexibilität, da sich marktseitig und unternehmensintern Veränderungen ergeben. Diese Bedingungen müssen mit den aus der Lieferantenoptimierung abgeleiteten
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Seeger
Stoßrichtungen verknüpft werden. Das Ziel dabei ist es, den Wirkungszusammenhang zwischen den Elementen zu erfassen und abzuleitende Konsequenzen für die Beschaffung offen zulegen. Ausgangspunkt für diese Überlegungen ist die strategische Landkarte, die einen Überblick über die komplexen Zusammenhänge im Einkauf gibt. Sie ist Basis beim Aufbau der Beschaffungsnavigation und bietet dem Management und den Mitarbeitern einen Leitfaden zur zielgerichteten Steuerung des Handelns. [vgl. Horváth & Partners (2007), S. 167ff.] Die Beschaffungsnavigation erreicht eine Verbindung qualitativer und quantitativer Elemente und damit die mehrdimensionale Zielsteuerung unter Berücksichtigung von Redundanzen und Zielkonflikten. (vgl. Abbildung 6).
Innovation / Beschaffungs- Kunden / BeschaffungsMitarbeiter prozesse Lieferanten volumen
Beschaffungsperformance
Abbildung 6:
Einkaufsvolumen
Verhandlungsergebnis
Kundenbesuche
Kundenzufriedenheit
Anzahl reduzierter Lieferanten
Anzahl Lieferanten
Lieferantenbesuche
Lieferantenqualität
Rahmenvertragsquote
Schulungstage
Ausschnitt aus der strategischen Landkarte des Einkaufs
Procurement Performance
161
2.2.2 Elemente der Beschaffungsnavigation In der Beschaffungsnavigation wird die ansteigende Komplexität in vier komplementären Perspektiven mit verschiedenen Messziffern erfasst. [vgl. Seeger (2003), S. 32] Dabei werden unterschieden: •
die Perspektive „Beschaffungsvolumen“, die die Entwicklung und den Potenzialbeitrag des Einkaufs zum Unternehmenserfolg fokussiert;
•
die Perspektive „Beschaffungsprozesse“, die Veränderung der Beschaffungsvorgänge nach Menge und Struktur sowie deren Abwicklung darstellt;
•
die Perspektive „Innovation/Mitarbeiter“, die alle Aktivitäten zur Verbesserung der Qualität in der Beschaffung von innen und außen zusammenfasst und
•
die Perspektive „Kunde/Lieferant“, die die Lieferantenqualität und die Kundenbedürfnisse in die Beschaffungsaktivitäten integriert.
Die Steuerung dieser Perspektiven erfolgt über spezifische Kennzahlen, die den Anforderungen des ganzheitlichen Überblicks über die Funktion des Einkaufs genügen. Prinzipiell sind die Perspektiven und Kennziffern nicht gleichgewichtig – ihr Beitrag zur Potenzialrealisierung kann direkt oder indirekt sein. Ihre Implementierung in der Beschaffungsnavigation erfordert operative Klarheit
162
Seeger
über ihr Zustandekommen, um die strategischen Überlegungen schnell und einfach in Handlungsempfehlungen überführen zu können. Vor diesem Hintergrund werden die Kennzahlen in den beschriebenen Perspektiven entwickelt, die es ermöglichen, das System zügig einzuführen, um Potenziale zu realisieren und nachhaltig Erfolge zu generieren: Perspektive Beschaffungsvolumen und -ergebnis Die Perspektive Beschaffungsvolumen und -ergebnis hat einen rein quantitativen Charakter und umfasst die Elemente Entwicklung des Beschaffungsvolumens und den Beschaffungserfolg als Ergebnisbeitrag des Einkaufs. Sie zielt darauf ab, die Sensibilität für die Konsequenzen des eigenen Handelns transparenter zu machen und Innovationsprozesse zu starten. Perspektive Beschaffungseffizienz Die Perspektive Beschaffungseffizienz fokussiert Strukturen und Prozesse der Beschaffung als Grundvoraussetzung für Veränderungen in der Marktbearbeitung und der aktiven Lieferantenentwicklung. Hier werden Prozesskennzahlen administrativer Vorgänge gemessen. Diese Kennzahlen sind die Basis zur nachhaltigen Verbesserung der Einkaufseffizienz. Ihre optimale Ausgestaltung ist Ausgangspunkt für eine zukünftig erfolgreiche Lieferantenentwicklung und strategische Marktbearbeitung. Die Perspektive zielt darauf ab, das Verständnis für den Wirkungszusammenhang im kom-
Procurement Performance
163
plexen Gebilde Beschaffung deutlich zu steigern und hierdurch frühzeitig Selbststeuerungsmechanismen zu starten. Perspektive Innovation Die Innovation als dritte Perspektive in der Beschaffungsnavigation legt den Schwerpunkt auf den konsequenten und permanenten Aufund Ausbau der Qualifikation im Einkauf, um auch zukünftig den komplexeren Kundenanforderungen gerecht zu werden und Marktentwicklungen (z.B. mit elektronischen Medien) adaptieren zu können. Die Innovation ist Basis für individuelle Weiterentwicklung im Gleichklang fachlicher, methodischer und sozialer Ziele des Mitarbeiters und gleichsam die Keimzelle des Wandels zur schlagkräftigen Einheit. Perspektive Kunde/Lieferant Die Perspektive Kunde/Lieferant fokussiert eine im Einkauf kaum betrachtete Dimension, denn die Zufriedenheit der internen Kunden bleibt häufig unberücksichtigt. Diese im Vertrieb übliche Sichtweise hat sich im Einkauf noch nicht durchgesetzt und ist auf persönliche Kontakte reduziert. Ziel ist es, die ganzheitliche Optimierung der Supply Chain im Sinne des Kunden und nach den Fähigkeiten des Lieferanten strukturiert zu erreichen und zukünftige Handlungsalternativen für die Zusammenarbeit aufzuzeigen. Die Konsequenz hieraus ist eine systematischere Kommunikation zwischen dem Einkauf und anderen Abteilungen, um gemeinsam Optimie-
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rungspotenziale in der Supply Chain zu entwickeln, gleichsam die Akzeptanz und Bedeutung des Einkaufs zu fördern, und die Erwartungen der Kunden aufzudecken. Diese Perspektive aktiviert das Bindeglied zwischen Markt und Kunde. 2.2.3 Implementierung Die Implementierung der Methodik Supply Navigation muss zwei wesentliche Anforderungen erfüllen: 1. Anpassung an die Informations- und Steuerungsbedürfnisse jeder Hierarchiestufe sowie 2. Einfachheit der Datenerhebung und Pflege des Systems. Die Anpassung an Informations- und Steuerungsbedürfnisse der Hierarchiestufen macht es erforderlich, die Darstellung der Navigation für die verschiedenen Empfänger zu differenzieren und Veränderungen gegenüber dem Ziel darzustellen. In der Praxis bieten sich einfache Darstellungen in Form von Säulen- und Stapeldiagrammen an, die im Zeitverlauf kumuliert werden, und die Entwicklung der Kennzahlen anzeigen. Die Darstellungen sind mit den entsprechenden Zielen zu verbinden. Im Zeitverlauf werden auf diese Weise die Annährungen an das Ziel deutlich, Abweichungen werden frühzeitig erkannt. Das Management benötigt neben Detailausführungen vor allem die Darstellung der Entwicklung von Kennzahlen in aggregierter Form.
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165
Gefordert sind ein schneller Überblick über die Performance der einzelnen Ebenen, die Entwicklungstendenzen und schnelle Vergleiche zwischen den Einheiten. Dieses Instrument muss eine schnelle Reaktion ermöglichen. Daher bietet sich als Darstellungsform die „Ampelfunktion“ an. Kennzahlensysteme funktionieren nur dann, wenn die Ergebnisse kommuniziert werden. Die Erfolge müssen visualisiert und jedem Mitarbeiter, jedem Kunden und Lieferanten zugänglich gemacht werden. Unternehmen können dazu Schaukästen einsetzen, das Intranet nutzen oder über die Mitarbeiterzeitschrift informieren. Diese Darstellungen sind wesentliches Element zur Verstärkung des Motivationsprozesses der Mitarbeiter.
3
Erfahrungen mit Procurement Performance
Die steigende Bedeutung des Einkaufs für den Unternehmenserfolg geht mit einem Wandel zum ganzheitlichen Supply Management – dem ganzheitlichen Management der Supply Chain – einher. Gleichzeitig steigt hiermit die Verantwortung, nachhaltig positive Beiträge zum Unternehmensergebnis zu erbringen. Dieser Wandel steht unter dem Einfluss stetig steigender Komplexität auf Kundenund Lieferantenseite. In dieser Situation steht das Einkaufsmanagement heute und zukünftig neuen Herausforderungen gegenüber. Klassisches Einkaufen mit einseitigem Fokus sind in dieser Situation nicht mehr Erfolg versprechend und lassen sinkende Grenzer-
166
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träge erwarten. Es sind vielmehr differenzierte Beschaffungsstrategien zu entwickeln, die es dem Unternehmen ermöglichen, langfristig eine qualitätsgerechte, zeitgerechte und preislich optimale Versorgung sicherzustellen, und dabei Einsparpotenziale aus bisher ungenutzten Strategiefeldern zu realisieren. Die strategische Lieferantenoptimierung schafft hierzu die Basis, denn sie fokussiert die Organisation auf wesentliche strategische Stoßrichtungen, die mit konkreten Maßnahmen hinterlegt werden. Diese Strategie nachhaltig umzusetzen, d.h. auch nach kurzfristig positiven Ergebnissen weiterhin erfolgreich zu sein, erreicht die Beschaffungsnavigation. Sie ermöglicht es, bei stetig steigender Komplexität weiterhin positive Ergebnisentwicklungen sicherzustellen. Die Identifikation der Mitarbeiter und das Verständnis der ganzheitlichen Bedeutung der Beschaffung in der Supply Chain werden hierdurch nachhaltig entwickelt. Zudem wird ermöglicht, den Mitarbeiter durch strategieorientierte Zielvereinbarungen einzubinden und damit das Verhalten des Mitarbeiters im Sinne der Strategie auszurichten. Dies erzeugt zusätzliche motivatorische Effekte und ermöglicht die Nutzung kreativer Potenziale der Mitarbeiter. Der dargestellte Ansatz der Procurement Performance trägt dazu bei, die Bedeutung des Einkaufs zu stärken und neben deutlichen Prozessvereinfachungen erhebliche Potenziale freizusetzen.
Procurement Performance
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Die Mitarbeiter sind nun in der Lage ihr Aufgabenfeld zu professionalisieren. Insgesamt wächst die Identifikation mit den Aufgaben, die Motivation, neue Wege zu gehen steigt – die Erfolge und ihre Kommunikation im Unternehmen stützen dies nachhaltig.
4 Zukünftige Herausforderungen – Integration der Wertschöpfungspartner Die zukünftigen Herausforderungen, denen sich Unternehmen stellen müssen, liegen gänzlich in der Optimierung der Supply Chain – dem Management der Wertschöpfung zwischen Kunde und Lieferant. Sie ist die notwendige Voraussetzung für eine auf Langfristigkeit angelegte Leistungsbeziehung zwischen den Partnern und leitet sich aus der Unternehmensstrategie ab. Ohne dieses Fundament kann die Zusammenarbeit nicht optimal ausgestaltet werden (vgl. Abbildung 7). Die Basis hierzu ist ein systematisches Lieferantenbewertungssystem als Teilelement der Beschaffungsnavigation, um eine einheitliche Kommunikation zwischen Kunde und Lieferant sicherzustellen. Hierauf aufbauend rückt zukünftig der Wertschöpfungsprozess in das Zentrum der Betrachtung, um Potenziale zu realisieren. Konkret geht es darum die Zusammenarbeit gemeinsam mit den Beteiligten in einem Prozess der ständigen Verbesserung zu prüfen und zu optimieren. Dieser Effekt des Single-Sourcing, d.h. der Konzentration auf einen Wertschöpfungspartner, erfordert neue
168
Seeger
Methoden der Zusammenarbeit, da Unternehmensgrenzen verschwimmen. [vgl. Präuer (2007), S. 547ff.] Mit der Beschaffungsnavigation ist hierzu bereits die Basis geschaffen, die Verbindung zum Partner zu gestalten und optimal durch die Verknüpfung der Steuerungssysteme zu realisieren. Parallel müssen Methoden entwickelt und implementiert werden, die die verbundenen Wertschöpfungsstrukturen optimieren. Ansätze aus der Produktion wie z.B. die FMEA, die Wertstromanalyse oder Kostenstrukturanalysen sind für diese Herausforderungen auszuformulieren und zu operationalisieren. Materialwirtschaft
Abbildung 7:
Wertschöpfungspartner
Lieferanten
Kunden
- Lieferantenqualität - Lieferantenbesuche - ....
- Zufriedenheitsindex - Kontaktintensität - ....
Integration der Wertschöpfungspartner mit der Beschaffungsnavigation
Diese Entwicklung wird das klassische Selbstverständnis des Einkaufs nachhaltig ändern. Denn zukünftig sind nicht nur Kostenund Logistikfunktionen nach Bedarfsfeststellung wahrzunehmen,
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169
sondern zusätzlich Entwicklungsaufgaben im Vorfeld der Beschaffung zu unterstützten. Mit dem dargestellten Vorgehen haben sich Unternehmen für diese Herausforderungen eine solide Ausgangsposition geschaffen, um auch zukünftig gefragter Partner in komplexen Projekten zu sein.
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Literaturverzeichnis Arnold, U. (2007): Strategisches Beschaffungsmanagement, in: Arnold, U. / Kasulke, G. (2007): Praxishandbuch innovative Beschaffung, S. 13-46. Horváth & Partners (Hrsg.): Balanced Scorecard umsetzen, Stuttgart 2007 Pechek, H. (2003), Paradigmenwechsel im Einkauf, in: Boutellier, R. / Wagner, S. / Wehrli, H.: Handbuch Beschaffung, München 2003, S. 23-35. Piontek, J. (1999): Beschaffungscontrolling, München 1999. Präuer, A. (2007): Solution Sourcing, in: Arnold, U./Kasulke, G. (2007): Praxishandbuch innovative Beschaffung, S. 543-574. Seeger, A. (2003): Strategische Lieferantenoptimierung – eine Vorgehensweise für das Einkaufsmanagement, in: Beschaffung Aktuell, Heft 01/2003, S. 40-46. Seeger, A. (2003): Performance Measurement, in: Beschaffung Aktuell, Heft 11/2003, S. 32-36 Seeger, A. / Kiepen A. (2005): Procurement Performance – ganzheitlicher Ansatz zur nachhaltigen Reduzierung des Einkaufsvolumens, in: Eisen und Stahl 2005, Heft 10, S. 76-81
171
Teil 3: Personal Burkhard Liman: Zielorientierte Entgeltung von Führungskräften 173
Nicole Richter: Unternehmensleitbilder zur Kommunikation von Zielen 199
Gudrun Thom: Work-Life-Balance – Die Balance zwischen Berufs- und Privatleben zielorientiert gestalten 231
Zielorientierte Entgeltung
173
Burkhard Liman1
Zielorientierte Entgeltung von Führungskräften 1
Problemstellung
2
Erfolgsfaktoren für den Einsatz von Zielen im Rahmen der Entgeltung 2.1 Generierung von variablen Entgelt-Komponenten 2.2 Definition und Gewichtung von geeigneten UnternehmensZielen 2.3 Prozessgestaltung der individuellen Zielfestlegung 2.4 Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Zielerreichung
3
Fazit
Literaturverzeichnis
1
Dr. Burkhard Liman, Personalleiter der Nexans Deutschland Industries GmbH & Co. KG, Hannover
Zielorientierte Entgeltung
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Burkhard Liman
Zielorientierte Entgeltung von Führungskräften 1 Problemstellung Der Einsatz von Zielvereinbarungen im Rahmen der Entgeltung von Führungskräften hat in den Unternehmen eine zunehmende Bedeutung gewonnen. Dabei werden Ziele grundsätzlich als ein Geflecht von verbindlichen Sollvorgaben zur Steuerung von Unternehmensaktivitäten verstanden [vgl. Hauschildt (1989), Sp. 2419]. Unternehmen verwenden Zielsysteme, um eine leistungsorientierte Vergütung des Managements auf der Basis von Zielvereinbarungen im Rahmen einer nachhaltigen Unternehmensführung zu nutzen. Geeignete Zielsysteme berücksichtigen die Tatsache, dass es das eindeutige Ziel nicht gibt. Es existiert vielmehr ein Konglomerat von miteinander verflochtenen Zielen, die zusammen eine Zielfigur bilden [vgl. Hamel (1992), Sp. 2641]. Die unternehmensweite Implementierung dieser Zielsysteme führt jedoch zu verschiedenen Problemen, die diese Systeme teilweise nur schwer umsetzbar und gestaltbar machen. Im Folgenden soll auf ausgewählte Problemfelder eingegangen werden, die für eine praxisorientierte Unternehmensführung von besonderer Bedeutung sind. Der Autor bezieht sich u. a. auf langjährige eigene Erfahrung in der Anwendung dieser Ziel-Systeme im Rahmen des operativen und strategischen Personalmanagements von Industrieunternehmen.
176
Liman
2 Erfolgsfaktoren für den Einsatz von Zielen im Rahmen der Entgeltung Der erfolgreiche Einsatz von Zielen im Rahmen von Entgeltsystemen ist an Bedingungen geknüpft, die sich verschiedenen Feldern der Implementierung im Unternehmen zuordnen lassen. Als besonders kritische Handlungsfelder für eine zielorientierte Entgeltung werden insbesondere erkannt:
Generierung von variablen Entgelt-Komponenten,
Definition und Gewichtung von geeigneten UnternehmensZielen,
Prozessgestaltung der individuellen Zielfestlegung,
Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Zielerreichung.
2.1 Generierung von variablen Entgelt-Komponenten Ein erstes grundlegendes Handlungsfeld für den effektiven Einsatz von Zielen im Rahmen von Entgeltsystemen stellt die Abgrenzung der variablen von den fixen Entgelt-Komponenten dar. Hierbei wird für die Zielgruppe im Unternehmen, für die ein Zielsystem eingesetzt werden soll, eine Aufteilung des Gesamteinkommens pro Jahr in eine feste, in der Regel monatlich zu zahlenden EntgeltKomponente, sowie eine variable, häufig einmal pro Jahr zu zahlende Entgelt-Komponente aufgeteilt. Die variable Komponente in
Zielorientierte Entgeltung
177
Abhängigkeit von der jährlichen Zielerreichung wird häufig auch als Bonus, Incentive oder Tantieme bezeichnet. Die möglichen Entgeltformen können grundsätzlich erheblich weiter differenziert werden [vgl. Emmerich (2003), S. 185]. Für die vorliegende Darstellung ist eine Aufteilung in Grundentgelt und Bonus hinreichend. Bei der erstmaligen Festlegung eines Bonus stellt sich die Problematik, ob bislang bestehende fixe Entgelt-Komponenten in variable umgewandelt oder neue zusätzliche Entgelt-Komponenten generiert werden können. Letzteres begrenzt in der Regel die Höhe der variablen Komponente, die häufig in Prozent vom Jahresgrundentgelt angegeben wird. Bei einer angestrebten variablen EntgeltKomponente von bspw. 10 % ist eine stichtagsbezogene Einführung eines variablen Entgeltsystems über den Weg einer zusätzlichen Vergütung aus finanzwirtschaftlicher Perspektive nur bedingt möglich, da das Bonussystem entsprechend Mehrkosten in Höhe von 10 % der bisherigen Entgeltsumme bedeuten würde. Der schrittweise Aufbau eines variablen Entgeltsystems mit zusätzlichen Komponenten über mehrere Jahre ist aber grundsätzlich gestaltbar und in der Praxis durchaus anzutreffen, da so der Mitarbeiter aus seiner Perspektive nichts von seinem bisherigen fixen Entgelt „einbüßen“ muss. Anstelle einer jährlichen Erhöhung der Jahresgrundentgelts wird eine sukzessive Anhebung des BonusProzentsatzes bei entsprechender Zielerreichung vereinbart. Die
178
Liman
Akzeptanz dieses Vorgehens leidet jedoch in der Praxis, wenn die Zielerreichung in den ersten Jahren nach der Einführung nicht zufrieden stellend ist. In diesem Fall empfinden die betroffenen Mitarbeiter das Bonussystem als Hindernis bei der eigenen Entwicklung der Gesamtbezüge. Im Extremfall kann dies zu einer Stagnation der Gesamtbezüge für einzelne Mitarbeiter führen. Obwohl vom Unternehmen grundsätzlich Entgelt-Steigerungen für die Belegschaft verkündet wurden, können diese im Einzelfall nicht adäquat vom Mitarbeiter über den Weg der variablen Vergütung realisiert werden. Dies kann zu der Situation führen, dass die Mitarbeiter zur zukünftigen Anpassung ihrer Gehälter eine erneute BonusErhöhung nicht akzeptieren wollen und stattdessen eine entsprechende Anhebung der fixen Entgelt-Komponente präferieren. Ein häufig in der Praxis existenter Lösungsweg ist hierbei die Vereinbarung eines Garantie-Bonus, in dem der Mitarbeiter für einen bestimmten Zeitraum in der Zukunft eine bestimmten Mindestbetrag für seine variable Entgelt-Komponente garantiert bekommt. Dies ist aber nur für eine Einführungs- bzw. Überbrückungsphase sinnvoll, da ansonsten die Gefahr der Übernahme dieser Garantie in den fixen Besitzstand besteht. Die Umwandlung von bestehenden fixen Entgelt-Komponenten zu variablen Komponenten ist eine ebenfalls in der Praxis häufig anzutreffen Form der Einführung von zielorientierten Entgeltsystemen. Hierbei werden häufig verschiedene Einmal- bzw. Sonderzahlungen im Jahr - wie z.B. ein so genanntes 13. Monatsgehalt bzw.
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Urlaubs- und Weihnachtsgeld - zusammengefasst und in den variablen Bonus überführt. Der Vorteil bei dieser Vorgehensweise liegt in der Kostenneutralität für das Unternehmen, da sich die Entgeltsumme für das Jahr nicht wesentlich ändert. Für den Mitarbeiter wird hierbei jedoch häufig eine gefühlte Reduktion des Entgelts deutlich, da er nun nicht mehr mit einem bestimmten Prozentsatz an Steigerung des bisherigen Gesamteinkommens rechnen kann. Die erfolgreiche Einführung solcher Entgeltsysteme hängt stark von der Kommunikation und Erklärbarkeit der zielbasierten Bonusberechnung ab. Die Realisierbarkeit von Zielerreichungen und deren Transparenz müssen vom Unternehmen hinreichend verdeutlicht werden. Dies ist insbesondere notwendig, um dem Mitarbeiter die realistische Chance zu bieten, zumindest sein früheres fixes Einkommen bei entsprechender Leistung wiederzuerlangen. Günstig wirken sich hierbei auch Bonusmodelle aus, die eine Zielereichung über 100 % erlauben, wodurch eine mögliche Steigerung des Einkommens durch außerordentliche Ergebnisse in Aussicht gestellt werden. 2.2 Definition und Gewichtung von geeigneten UnternehmensZielen Eine weitere Voraussetzung für den Einsatz von Zielen in der variablen Vergütung besteht in der geeigneten Definition und Gewichtung von Unternehmenszielen, die eine effektive Verbindung zwischen den Leistungen aller Mitarbeiter und dem Erfolg des Unter-
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nehmens aufbauen müssen. Bei dem Einsatz von Zielen im Rahmen von Bonus-Systemen werden häufig in der Praxis ZielHierarchien eingesetzt, um Unternehmensziele auf verschiedenen Aggregationsniveaus für die einzelnen Leistungsebenen eines Betriebes handhabbar zu machen. Werden dabei Ziele für alle Mitarbeiter einer organisatorischen Einheit gleichermaßen eingesetzt, so spricht man von kollektiven Zielen. Demgegenüber können individuelle Ziele abgegrenzt werden, die definitionsgemäß nur für einen einzelnen Mitarbeiter entwickelt und bewertet werden. Die kollektiven Ziele auf der oberen Unternehmensebene stellen insbesondere finanzwirtschaftliche Zielgrößen dar, die den Gesamterfolg eines Unternehmens häufig im Vergleich zu früheren Perioden messen. Beispielhaft können hier finanzwirtschaftliche Ziele wie Gewinn, Umsatz, Cash Flow, Rentabilitätskennziffern oder Verhältniskennziffern von Gewinn zu eingesetztem Kapital genannt werden. Diese finanzwirtschaftlichen Zielgrößen werden dann von der Gesamt-Unternehmensebene auf diejenigen operativen Einheiten herunter gebrochen, für die eine eigenständige betriebswirtschaftliche Bewertung durchgeführt werden soll. Hierbei besteht in der Praxis häufig das Problem der Interdependenzen der einzelnen operativen Einheiten, sodass die Leistung einer Einheit erhebliche Auswirkungen auf andere Einheiten haben kann. Eine exakte quantitative Bemessung dieser ökonomischen Abhängigkeiten ist jedoch nicht immer hinreichend möglich, wodurch unter-
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nehmenspolitische Entscheidungen bei der Zieldefinition Einfluss nehmen können. Die Anwendung einer solchen Zielhierarchie im Rahmen der variablen Vergütung kann nun derart durchgeführt werden, dass für die Mitarbeiter entsprechend ihrer Tätigkeit in den einzelnen operativen Einheiten sowie dem Grad ihrer Verantwortung für die jeweilige Einheit ein Teil ihrer gesamten Ziele als kollektive Ziele definiert werden. Dies bedeutet, dass ein Mitarbeiter in der Regel die kollektiven Ziele der Einheit erhält, in der er hauptsächlich tätig ist. Darüber hinaus kann er auch noch optional die kollektiven Ziele des Gesamtunternehmens erhalten. Hier muss nun eine geeignete Gewichtung der verschiedenen kollektiven Ziele vorgenommen werden, damit die Ziele der operativen Einheit mit denen der übergeordneten Unternehmensebene in einem sinnvollen Verhältnis stehen. Diese zwei Ebenen können in Konzern-Unternehmen noch auf weitere Ebenen ausgeweitet werden, sodass neben der Ebene der operativen Einheit und der Unternehmensebene noch eine Konzernebene mit eigenen kollektiven Zielen hinzukommt. Bei internationalen Unternehmen kann zudem noch eine internationale Konzernebene angefügt werden. Häufig kann nun festgestellt werden, dass Mitarbeiter mit steigender Verantwortung in ihrer Funktion in stärkerem Maße die kollektiven Ziele der übergeordneten Unternehmens- bzw. Konzernebene erhalten. Dies wird in der Regel mit dem stärkeren Einfluss der
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Tätigkeit des Mitarbeiters auf die Ergebnisse dieser höheren Zielebenen erklärt. Die Gewichtung der verschiedenen kollektiven Ziele kann jedoch eine erhebliche Wirkung auf die Wahrnehmung des Zielsystems durch den einzelnen Mitarbeiter besitzen. Beispielhaft seien hier die Zielsysteme des mittleren Managements genannt, die einen Mix aus Zielen der jeweiligen operativen Einheit als auch der Unternehmensziele aufweisen. Eine zu starke Gewichtung der übergeordneten Unternehmensziele kann zu dem Effekt führen, dass die Mitarbeiter das Gefühl der Beeinflussbarkeit der eigenen Gesamt-Zielerreichung durch ihre Arbeitsleistung verlieren. Häufig werden nur die individuellen Ziele als beeinflussbar angesehen, da sie aufgrund der Anbindung an die einzelne Arbeit des Mitarbeiters unmittelbar gestaltbar erscheinen. Die kollektiven Ziele können aber in kritischer Perspektive als nicht durch den einzelnen Mitarbeiter direkt beeinflussbar angesehen werden, da hinreichende Ursache-Wirkungs-Relationen von individuellen Arbeitsleistungen zum Unternehmenserfolg nicht vorliegen. Hierarchische Ebene
Organisatorische
Ziel
Bezeichnung
Gewichtung
1.
Internationale Konzernebene
10 %
2.
Nationale Teil-Konzernebene
20 %
3.
Unternehmensebene
30 %
4.
Geschäftsbereichsebene
40 %
Abbildung 1:
Gewichtung von kollektiven Zielen
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Aufgrund mangelnder Nachvollziehbarkeit hinsichtlich Definition und Zielerreichung von kollektiven Zielen besteht die Gefahr der Ignoranz dieses Teils des Zielsystems durch die Mitarbeiter. Dies wird verstärkt mit dem mangelnden Verständnis über die Bedeutung von kollektiven Zielen sowie deren Wechsel über verschiedene Perioden. Da die kollektiven Ziele häufig von finanzwirtschaftlichen Zielen dominiert sind, sind deren inhaltliche Bedeutung nicht immer für alle Mitarbeitergruppen offensichtlich gegeben. Gerade für nicht betriebswirtschaftlich ausgebildete Mitarbeiter erschließen sich die teilweise aus verschiedensten Einzelgrößen zusammengesetzten kollektiven Ziele nur sehr schwer. Warum gerade eine bestimmte Verhältniskennzahl, wie z.B. der ROCE (= Return on Capital Employed), für das Unternehmen von besonderer Bedeutung ist, kann nur mit hinreichender Erläuterung vermittelt werden. Hierzu sind in geeigneter Weise Schulungen notwendig, um die jeweils relevanten Finanzkennzahlen zu erläutern. Diese Kommunikation der kollektiven Ziele auf verschiedenen Ebenen im Unternehmen sollte nicht unterschätzt werden, da von ihr in erheblichem Maße die Akzeptanz des gesamten Zielsystems durch die Mitarbeiter abhängt. Bei einem Wechsel der kollektiven Zielgrößen von einem Geschäftsjahr zum nächsten wird ein solcher Schulungsbedarf akut, da Vergleiche zur früheren Perioden nicht mehr offensichtlich sind und eine Verunsicherung der Mitarbeiter eintreten kann. Sind finanzwirtschaftliche Zielgrößen im Zeitablauf stabil, können sie
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auch von den einzelnen Mitarbeitern verfolgt werden. Bei der Einführung einer neuen kollektiven Zielgröße ist dies jedoch nicht gegeben und nur die Finanzabteilung kann in der Regel eine solche historische Entwicklung generieren. Wechseln die kollektiven Ziele gar jährlich, dann wird der Vergleich im Zeitablauf nahezu unmöglich für den Mitarbeiter und das Gefühl des Ausgeliefertseins gegenüber dem Finanzkennzahlensystem verstärkt sich. 2.3 Prozessgestaltung der individuellen Zielfestlegung Zur Verbindung von Zielsystemen mit der variablen Vergütung bedarf es der periodisch wiederkehrenden Festlegung der gesamten Ziele für die Mitarbeiter in einem systematischen Prozess. Die prozentuale Höhe der variablen Vergütung sowie die Ableitung der kollektiven Ziele für die einzelnen Mitarbeitergruppen werden in der Regel im Rahmen eines Entgeltsystems zentral gesteuert. Hierbei dienen personal- und unternehmenspolitische Vorgaben um die jeweilige maximal erreichbare Höhe des Bonus je Funktion sowie die Zuordnung der ökonomisch sinnvollen kollektiven Ziele zu den einzelnen organisatorischen Einheiten vorzunehmen. Darüber hinaus müssen die individuellen Ziele der Mitarbeiter definiert und abgestimmt werden. Die Steuerung dieses Prozesses gestaltet sich durchaus komplex, da
unterschiedliche Hierarchieebenen aufgefordert sind, eine Festlegung und Abgrenzung der individuellen Ziele gegenüber den regelmäßigen Aufgaben eines Mitarbeiters durchzuführen,
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die Durchführung der Definition der individuellen Ziele in einer zeitlichen Abhängigkeit von dem Abschluss der Zielerreichung des Vorjahres steht und
die inhaltliche Definition der individuellen Ziele von dem Vorliegen der kollektiven Ziele abhängig gemacht wird.
Wie schon oben dargestellt handelt es sich bei den individuellen Zielvereinbarungen um inhaltliche Festlegungen, die in der Regel nur das Aufgabengebiet eines Mitarbeiters betreffen. Diese bilden zusammen mit den kollektiven Zielen die Gesamtziele eines Mitarbeiters, die für ein Geschäftsjahr definiert werden. Der Prozess zur Zieldefinition wird einerseits durch das Personalmanagement zentral koordiniert, andererseits dezentral in den einzelnen Abteilungen in persönlichen Gesprächen umgesetzt. Von herausragender Bedeutung ist hierbei das Gespräch zur Abstimmung von Zielen zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter. Dies trägt der grundsätzlichen Erkenntnis Rechnung, dass Ziele neben dem Inhalt auch durch die Zielartikulanten und -adressaten charakterisiert werden können [vgl. Hamel (1989), Sp. 2304]. Der Vorgesetzte als Zielartikulant verfügt in der Regel über die besten Kenntnisse hinsichtlich der regelmäßigen Tätigkeiten eines Mitarbeiters und kann zusammen mit den an ihn und an seinen Verantwortungsbereich gestellten Aufgaben individuelle Ziele für seine Mitarbeiter ableiten. Häufig kann sich so in der Praxis auch eine Zielhierarchie bei den individuellen Zielen herauskristallisieren, indem größere Projekte in ver-
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schiedene Teilprojekte aufgespalten und dann in die Ziele von mehreren Mitarbeitern eines Bereiches eingearbeitet werden. Für den Vorgesetzten besteht dabei die Problematik der Vermischung von regelmäßigen Tätigkeiten und individuellen Zielen seiner Mitarbeiter. Die regelmäßigen Tätigkeiten eines Mitarbeiters stellen die kontinuierlichen Aufgaben dar, die auch im Rahmen einer Stellenbeschreibung dokumentiert werden können. Diese operativen Aufgaben werden oftmals nur in größeren Abständen von mehreren Jahren überprüft und sind in der Regel nicht als Ziele definiert, da sie eher das generelle „Tagesgeschäft“ eines Mitarbeiters darstellen. Teilweise existieren erhebliche Überschneidungen in den Tätigkeitsbeschreibungen von mehreren Mitarbeitern, die sich dann nur noch in der Ausgestaltung der jeweiligen Verantwortung unterscheiden. Während die regelmäßigen Tätigkeiten für das Grundentgelt eines Mitarbeiters maßgeblich sind, stellen die individuellen Ziele eine Komponente des variablen Entgeltsystems dar. Da somit die individuellen Ziele in ein Entgeltsystem eingebunden sind, wodurch am Ende eines Geschäftsjahres eine Gesamtzielerreichung festgelegt und darauf aufbauend ein Bonus gezahlt wird, kann das gleiche Ziel nach einer bestimmten Zielereichung nur begrenzt wiederholt verwendet werden. Ein einmal erreichtes individuelles Ziel sollte somit in der Regel nicht zur Festlegung des gleichen Ziels im nächsten Geschäftsjahr führen, da sonst die ökonomische Nachhaltigkeit der ursprünglichen Zielerreichung be-
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zweifelt werden darf. Würde ein individuelles Ziel, welches im Vorjahr bereits mit einer 100 % Zielerreichung bewertet wurde, im folgenden Jahr erneut festgelegt werden, dann ist dies nur möglich, wenn der Zielerreichungszustand mit Beginn der neuen Periode auf einen Ausgangswert zurückfällt. Hier ist nun die Gefahr der Vermischung mit den regelmäßigen Tätigkeiten eines Mitarbeiters gegeben, d.h. eine Aufgabe, die eigentlich Bestandteil der Stellenbeschreibung eines Mitarbeiters ist, wird als vermeintliches individuelles Ziel verwendet. Beispielhaft sei hier das individuelle Ziel der optimalen Betreuung eines externen Kunden genannt. Die Kundenbetreuung ist eine regelmäßige Aufgabe von Vertriebsmitarbeitern und somit Teil einer Funktions- bzw. Stellenbeschreibung. Die Betreuung eines ausgewählten Kunden wird jedoch zumindest temporär in einer Startphase der Geschäftsentwicklung gerne als individuelles vertriebliches Ziel definiert. Hierbei ist ein fließender Übergang von dem einmaligen Projekt des Aufbaus der Geschäftsbeziehung hin zur wiederkehrenden Aufgabe der Betreuung des Kunden erkennbar. Häufig sind den Vorgesetzten die Wirkungen einer evtl. Vermischung von regelmäßigen Aufgaben und individuellen Zielen nicht unmittelbar offensichtlich. Eine Überprüfung solcher Vermischungen sollte durch eine weitere Instanz erfolgen, beispielsweise durch den nächsthöheren Vorgesetzten oder das Personalmanagement. Diesen fällt es in der Regel leichter, Quervergleiche über mehrer Mitarbeiter bzw. Stellen durchzuführen. Somit können die beschriebenen
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Effekte aufgedeckt und Korrekturmaßnahmen in der Zieldefinition ergriffen werden. Dies ist notwendig, um eine inhaltliche Trennung der Basen für die fixen und variablen Entgelt-Komponenten sicherzustellen. Der wiederholte Einsatz von individuellen Zielen könnte dann sinnvoll sein, wenn das Ziel im betreffenden Geschäftsjahr nicht zufrieden stellend erreicht wurde und eine erneute Bearbeitung betrieblich gewünscht wird. In Bezug auf das oben genannte Beispiel kann der Fall eintreten, dass die Geschäftsanbahnung eines bestimmten Kunden nicht erfolgreich abgeschlossen wurde. Wenn sich dies auch in einer entsprechend niedrigen Zielerreichung widerspiegelt, dann sollte eine ausreichende Begründung für eine wiederkehrende Verwendung im folgenden Jahr gegeben sein. Dies führt zu einer weiteren Problematik im Prozess der individuellen Zieldefinition: Es besteht eine Interdependenz in der zeitlichen Abfolge von Feststellung der Zielerreichung des Vorjahres und neuer Zieldefinition des nachfolgenden Geschäftsjahres. Bevor individuelle Ziele für das kommende Geschäftsjahr abschließend vereinbart werden, erwarten die Mitarbeiter – und auch die Vorgesetzten – eine abschließende Kalkulation des vergangen Geschäftsjahres. Dies wird in vielen Fällen mit der notwendigen Statusermittlung von Projekten begründet. Sind bestimmte Projektfortschritte nicht erwartungsgemäß eingetreten, dann ist eine erneute Forschreibung dieses individuellen Ziels für das nachfolgende Jahr
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vorteilhaft. Dieses Abwarten der Ergebnisse des vergangenen Jahres steht jedoch entgegen den Bestrebungen einer möglichst frühzeitigen Zielfestlegung für das zu planende Jahr. Eine solch frühzeitige Zieldefinition kann sich beispielsweise aus einer übergeordneten Budgetierungsphase im Unternehmen ergeben. Die unternehmenspolitische Entscheidung einer möglichst frühzeitigen Planung kann dann zum Herunterbrechen der individuellen Ziele führen noch bevor das vergangene Jahr mit einer finalen Zielerreichung abgeschlossen ist. Letztendlich führt dies zu einem zeitlichen Auseinanderbrechen von abschließender Zielerreichung und erstmaliger Zieldefinition. Eine zeitliche Harmonisierung dieser Prozessschritte ist jedoch notwendig, um eine Akzeptanz der Zieldefinition bei den Mitarbeitern zu gewährleisten. Um die Informationen der Zielerreichung bei der Zieldefinition nicht zu übergehen, wird häufig wie folgt vorgegangen: Nach einer erstmaligen Zielfestlegung findet eine Feststellung der Zielerreichung statt, die dann ein Review der ursprünglichen Zielfestlegung in Verbindung mit abschließenden Abstimmungen auslöst. Dieses Review soll eine Abstimmung der neuen Ziele mit denen des vergangen Jahres ermöglichen. Erst nach Abschluss dieses Reviews sind die individuellen Ziele für das vorliegende Jahr endgültig vereinbart. Dies beinhaltet dann in vielen Fällen auch eine endgültige Abstimmung mit den übergeordneten Entscheidungsträgern.
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Primäre Zieldefinition aktuelles Jahr
Abbildung 2:
Feststellung Zielerreichung vergangenes Jahr
Review Zieldefinition aktuelles Jahr
Zeitliche Abfolge von Zieldefinition und Feststellung der Zielerreichung
Eine ähnliche zeitliche Überschneidung ist auch bei den Terminen der Feststellung der Zielerreichung der kollektiven Ziele mit den Terminen der Festlegung der individuellen Ziele erkennbar. Die endgültige Feststellung der kollektiven Zielerreichung wird häufig als Argument einer verspätet einsetzenden Definition der individuellen Ziele herangezogen. Dies baut auf die Argumentation, dass nur wenn die Erreichung der Abteilungsziele im Sinne einer kollektiven Zielerreichung bekannt sind, neue realistische Individualziele definierbar sind. Beispielhaft seien hier Umsatzziele für eine Vertriebsorganisation genannt, die den Rahmen darstellen für die individuellen Umsatzziele der einbezogenen Vertriebsmitarbeiter. Ist die kollektive Zielerreichung in diesem Fall nicht bekannt, dann können neue als Individualziel formulierte Größen nur mit einer gewissen Unsicherheit behandelt werden. Im Prozess der kollektiven Zieldefinition sowie Zielerreichung fallen die Budgetphase zum Ende eines Geschäftsjahres mit der Phase des Geschäftsabschlusses zu Beginn des nachfolgenden Geschäftsjahres regelmäßig auseinander. Dies verursacht zeitliche Verwer-
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fungen, die nur durch entsprechende Review-Prozesse handhabbar sind. Zur Steuerung des Prozesses der Zielfestlegung ist somit ein Zeitplan notwendig, der die einzelnen Termine der Zielerreichung berücksichtigt, um entsprechende Überprüfungen der ursprünglichen Zieldefinition zu ermöglichen. Ohne einen solchen Zeitplan, der durch eine koordinierende Instanz umgesetzt werden sollte, besteht die Gefahr der verspäteten Festlegung von Zielen innerhalb des Geschäftsjahres. 2.4 Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Zielerreichung Einen weiteren wesentlichen Erfolgsfaktor für eine zielorientierte Entgeltung stellen die Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Zielerreichung dar. Hierbei geht es um die Frage, inwieweit die Mitarbeiter nach abschließender Feststellung aller Zielerreichungen und Kalkulation der daraus abgeleiteten Bonuszahlungen die eigene variable Entgeltung als gerechtfertigt empfinden [vgl. Schwertner (2002), S. 47]. Die Nachvollziehbarkeit der Zielerreichung der kollektiven Ziele setzt bei eher finanzwirtschaftlichen Zielen voraus, dass hinreichende Erklärungen über deren Definition bereits vorliegen. Da die finanzwirtschaftlichen Ziele eher auf Basis von quantitativen Daten beruhen, ist hier eine mathematische Berechenbarkeit der Ergebnisse in der Regel gegeben. Zur Irritation können hier evtl. notwendige Bereinigungen von im Geschäftsjahr auftretenden Effekten beitragen. Aufgrund von wesentlichen Geschäftsveränderungen, wie
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Umstrukturierungen oder der Kauf bzw. Verkauf von Unternehmensteilen, müssen die kollektiven Ziele für das Geschäftsjahr im nach hinein angepasst werden. Ein solcher Eingriff verändert oftmals die kollektiven Ziele einer Vielzahl von Mitarbeitern, die dann aufgrund der veränderten Unternehmensstrukturen einen Vergleich der Daten mit dem Vorjahr nur noch schwer vornehmen können. Hierbei kann der Eindruck entstehen, dass die kollektiven Ziele und deren Erreichung von unternehmenspolitischen Vorgaben derart beeinflusst werden, dass ursprünglich als hoch bewertete Zielerreichungen politisch abgewertet werden. Diese subjektiven Unternehmensentscheidungen werden regelmäßig von den Mitarbeitern als Willkür empfunden, wenn nicht eine hinreichende Transparenz über die genannten Veränderungen geschaffen wird. Hierbei ist ebenso wie bei der Zieldefinition eine effektive Kommunikation an die betroffenen Mitarbeiter notwendig, um Verständnis für die Anpassungen der Ergebnisse zu erzeugen. Ungleich schwerer gestalt sich die Transparenz bei den individuellen Zielen, da diese in stärkerem Maße qualitative Daten berücksichtigen, die die Problematik der Messbarkeit aufwerfen. Eine Objektivierung der individuellen Zielerreichung kann beispielsweise durch den Einsatz von zeitlichen Vorgabegrößen ermöglicht werden. Hierbei werden für die einzelnen Projekte, welche als individuelle Ziele dienen, zeitliche Vorgaben definiert, die einen Vollzug von bestimmten Aktivitäten im Geschäftsjahr zu einem bestimmten Zeitpunkt festlegen. Bei der Feststellung der Zielerrei-
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chung kann dann an Hand der tatsächlichen vollzogenen Leistungen je Zeitpunkt eine entsprechende Zielerreichung abgeleitet werden. Schwieriger sind jedoch individuelle Zielerreichungen messbar, die eine subjektive Einschätzung der Güte der Leistungserstellung im Rahmen einer nominalen Metrik verwenden. Hierbei entscheidet in der Regel der Vorgesetzte über das Ausmaß der individuellen Zielerreichung, indem er aufgrund seiner persönlichen Einschätzung über die Arbeitsergebnisse des Mitarbeiters im Geschäftsjahr einen nominalen Erreichungsgrad festlegt. Solche Beurteilungen können beispielsweise von nicht zufrieden stellend bis optimal ausgestaltet werden, wobei sich die gesamte Beurteilungsproblematik von subjektiven Entscheidungen zeigt. Besonders häufig ist in der Praxis festzustellen, dass
die Vorgesetzten die individuellen Zielerreichungen mit der ganzheitlichen Leistungsbeurteilung der Mitarbeiter verbinden,
eine vermeintliche Vermischung der variablen Vergütung mit der fixen Vergütung stattfindet sowie
ein nicht einheitliches Verständnis über die Bewertung einer hohen Zielerreichung zwischen verschiedenen Vorgesetzten vorliegt.
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Die individuelle Zielerreichung ist ein Ausdruck der Qualität und Quantität einer Leistungserstellung durch den Mitarbeiter. Da wie schon oben beschrieben ein Unterschied zwischen regelmäßigen Tätigkeiten und individuellen Zielen besteht, sollten die Leistungen eines Mitarbeiters bei seinen regelmäßigen Tätigkeiten keinen unmittelbaren Einfluss auf die Bewertung der Zielerreichung besitzen. Eine Vermischung dieser verschiedenen Ebenen findet jedoch regelmäßig in so genannten Jahresmitarbeitergesprächen statt [vgl. Mentzel (2001), S. 135]. Hierbei besteht die Gefahr, dass der Vorgesetzte aufgrund von allgemein guten Leistungen des Mitarbeiters im Geschäftsjahr dies auch bei der zielorientierten Bonusermittlung einfliesen lassen möchten. Sind jedoch die Ergebnisse der individuellen Zielerreichung rein isoliert betrachtet nicht entsprechend, so kann ein Konflikt im Vergütungssystem entstehen. Die individuelle Zielerreichung wird entgegen der isolierten Betrachtung außerordentlich hoch bewertet, um dem Mitarbeiter eine möglichst hohe Kompensation für seine allgemein guten Leistungen zu bieten. Das individuelle Zielsystem wird missbraucht, um eine möglichst hohe Gesamtvergütung des Mitarbeiters durchzusetzen. Dieser Konflikt kann noch weiter verstärkt werden, wenn gewünschte Gehaltsanpassungen für den Mitarbeiter aufgrund von politischen Rahmenbedingungen derzeit nicht umsetzbar sind und dafür ein Ausgleich über einen erhöhten Bonus geschaffen werden soll. Hierdurch kommt es zu einer vermeintlichen Vermischung von fixen und variablen Engeltentwicklungen. Die allgemein gute
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Leistung des Mitarbeiters sollte seinen Ausdruck finden im Grundentgelt oder entsprechenden Sonderzahlungen, jedoch nicht in der zielorientierten variablen Vergütung. An dieser Stelle ist das Personalmanagement gefordert, als ausgleichende Instanz im Unternehmen in Zusammenarbeit mit dem Vorgesetzten eine Gesamtentwicklung der fixen und variablen Entgeltentwicklung des Mitarbeiters zu analysieren und zu planen. Problematisch ist auch das nicht einheitliche Verständnis der Vorgesetzten hinsichtlich einer optimalen Zielerreichung. Hierbei wird oftmals ein unterschiedlicher Maßstab bei den Vorgesetzten in der Bewertung deutlich. In einem Zielsystem, das eine Zielerreichung von maximal 150 % erlaubt, stellt der Wert von 100 % eine volle Zielerreichung dar. Ein Wert von 150 % sollte nur bei einer außerordentlichen Zielerreichung, die weit über dem erwarteten Maß liegt, angewendet werden. Ein Vergleich der Beurteilungen von verschiedenen Vorgesetzten zeigt häufig, dass sich eine sehr gute Beurteilung von qualitativen Zielen zwischen 100 und 150 % bewegen kann. Hierdurch können erhebliche Unterschiede in der variablen Vergütung entstehen und eine entsprechende Unzufriedenheit bei den betroffenen Mitarbeitern ausgelöst werden. Auch in diesem Fall ist ein Quervergleich im Unternehmen notwendig, um eine einheitlichen Bewertung sicherzustellen.
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3 Fazit Die ökonomische Vorteilhaftigkeit einer zielorientierte Entgeltung von Führungskräften ist offensichtlich: Durch variable EntgeltKomponenten, die an die Erreichung von individuellen und kollektiven Zielen gebunden sind, kann eine systematische Unternehmensführung umgesetzt werden. Die Implementierung und Anwendung der zielorientierten Entgeltung führt jedoch nicht automatisch zu den gewünschten Ergebnissen, da vielfach bestimmte Problemfelder nicht hinreichend erkannt werden. Vielmehr ist an vielen Stellen ein aktives Personalmanagement gefordert, um u. a. eine notwendige Kommunikation über die Bedeutung von Zielvereinbarungen zu gestalten. Der Prozess der Zielvereinbarung und Festlegung der Zielerreichung bedarf einer systematischen Unterstützung, deren Aufwand oftmals in der Praxis unterschätzt wird.
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Literaturverzeichnis Emmerich, M. (2003): Entlohnung und Vergütung, in: Personaljahrbuch, Franke, D. / Boden, M. (Hrsg.), Neuwied 2003 Hamel, W. (1989): Zielplanung, in: Handwörterbuch der Planung, Szyperski, N. (Hrsg.), Stuttgart 1989, Sp. 2304-2316 Hamel, W. (1992): Zielsysteme, in: Handwörterbuch der Organisation, Frese, E. (Hrsg.), 3. Aufl., Stuttgart 1992, Sp. 2634-2652 Hauschildt, J. (1980): Zielsysteme, in: Handwörterbuch der Organisation, Grochla, E. (Hrsg.), 2. Aufl., Stuttgart 1980, Sp. 24192430 Mentzel, W. (2001): Personalentwicklung, München 2001 Schwertner, K. (2002): Leistungsorientierte Vergütung für tarifvertraglich Beschäftigte, Aachen 2002
Unternehmensleitbilder
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Nicole Richter1
Unternehmensleitbilder zur Kommunikation von Zielen 1
Unternehmensleitbilder im Kontext des strategischen Managements
2
Adressaten von Unternehmensleitbildern
3
Inhalte von Unternehmensleitbildern
4
Funktionen von Unternehmensleitbildern 4.1 Koordinationsfunktion 4.2 PR-/Kommunikationsfunktion 4.3 Orientierungsfunktion 4.4 Motivationsfunktion 4.5 Legitimationsfunktion 4.6 Komplexitätsreduktionsfunktion 4.7 Interessenausgleichsfunktion 4.8 Differenzierungsfunktion 4.9 Transformationsfunktion
5
Fazit
Literaturverzeichnis
1
Dr. Nicole Richter, Referentin für Training & Internships, Metro Cash & Carry International GmbH, Düsseldorf
Unternehmensleitbilder
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Nicole Richter
Unternehmensleitbilder zur Kommunikation von Zielen 1 Unternehmensleitbilder im Kontext des strategischen Managements „Eine klare Vision und gemeinsame Werte bilden die Orientierungsgrundlage für unser Verhalten und unser Handeln im Unternehmen Henkel“. [O.V. (2004), S. 2.] Der erste Satz des aktuellen Leitbildes der Firma Henkel macht deutlich, dass Unternehmen mit Hilfe von schriftlich fixierten Werten Orientierungspunkte für ihre Belegschaft setzen und das ethisch-moralische Selbstverständnis aller wirtschaftlichen Aktivitäten sowohl nach innen als auch nach außen deutlich machen möchten. [vgl. Kapl (2005), S. 90.] In der jüngeren Vergangenheit haben Unternehmensleitbilder vor allem deshalb an Bedeutung zugenommen, da ökologische und ethische Fragestellungen an Stellenwert gewinnen und Unternehmen die Bereitschaft zur Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung signalisieren möchten. [vgl. Matje (1996), S. 1] Die Mehrzahl der deutschen Großunternehmen verfügt über ein eigenes Unternehmensleitbild. Nahezu alle Dax-30-Unternehmen haben prägnante Leitsätze auf Hochglanzpapier formuliert und diese im Laufe der letzten drei Jahre neu erstellt oder überarbeitet. [vgl. Saaman (2006), S. 20]
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Richter
Die deutschsprachige betriebswirtschaftliche Literatur beschäftigt sich seit den siebziger Jahren intensiv mit dem Thema der Unternehmensleitbilder. Wissenschaft und Praxis konnten sich jedoch bisher nicht auf eine einheitliche Definition einigen. So kommt es, dass zahlreiche Synonyme für den Begriff des Unternehmensleitbildes existieren: Unternehmensgrundsätze, Corporate Principles, Mission Statements, Unternehmensvision, Unternehmensphilosophie, Unternehmensverfassung, Unternehmensleitlinien oder Handlungsmaximen. Ulrich / Fluri definieren Leitbilder als „Ergebnisse der schriftlichen Dokumentation der Unternehmenspolitik“. [vgl. Ulrich / Fluri (1992), S. 92] Die Unternehmungspolitik selbst ist „eine Gesamtheit von Unternehmensgrundsätzen oder Leitmaximen, die zum Teil in einem Leitbild festgehalten, zum Teil auch mündlich weitergegeben werden. Sie regeln das Verhalten innerhalb der Unternehmung und geben an, welchen Werten, Normen und Idealen die Unternehmung verpflichtet ist. Sie sind Ausdruck der ethischen, moralischen und psychologischen Werthaltungen des Unternehmens und/oder der obersten Führungskräfte.“ [Hinterhuber (1992), S. 57] Hier wird deutlich, dass die Leitlinien eines Unternehmens nicht immer in expliziter und detaillierter Form vorliegen. Auch wenn diese nur implizit und grob formuliert sind, beeinflussen sie dennoch die Art und Weise, wie die mit unternehmerischer Tätigkeit verbundenen Ziele erreicht werden sollen. [vgl. Matje (1996), S. 1] Unternehmenswerte machen sich beispielsweise auch in Per-
Unternehmensleitbilder
203
sonalauswahlverfahren, den dadurch ausgewählten neuen Mitarbeitern, in Beurteilungskriterien für Mitarbeiter, in den Maximen der betrieblichen Weiterbildung, in der Kommunikation zwischen Mitarbeitern und Führungskräften sowie gegenüber Kunden, Lieferanten und der Öffentlichkeit, im Verhalten in Konfliktsituationen sowie dem Führungsstil eines Unternehmens bemerkbar. [vgl. Daxner / Grube / Rie-singer (2005), S. 19] Die folgende Abbildung ordnet Unternehmensleitbilder – hier als Verhaltensgrundsätze bezeichnet – in den Kontext des strategischen Managements ein. Wertsystem der Kerngruppe: Unternehmungsphilosophie
Wertsysteme der Anspruchsgruppen: Erwartungen/ Forderungen
Macht
Informationen über
Unternehmungspolitik
Grundzweck
Ziele
Verhaltensgrundsätze
Unternehmung
Normen
Umwelt
Fakten
Normenteil
Faktenteil
Unternehmungsplanung
Abbildung 1:
Der unternehmenspolitische Willensbildungsprozess (Quelle: Ulrich / Fluri (1992), S. 80)
Die Unternehmenspolitik kann als erster Schritt des strategischen Managements angesehen werden. Dieses setzt sich aus vier unter-
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schiedlichen Phasen zusammen: die Phase der Zielbildung, die Phase der strategischen Analyse, die Phase der Strategieformulierung und die Phase der Strategieumsetzung. [vgl. Welge / AlLaham (2001), S. 97] Aus dem Wertesystem der Kerngruppen eines Unternehmens, der so genannten Unternehmensphilosophie, und den Erwartungen und Forderungen der unterschiedlichen Anspruchgruppen ergibt sich die Unternehmenspolitik, die schriftlich fixiert in einem Leitbild die verbindliche Grundlage für die nachfolgende Planung von Zielen und Strategien bildet. [vgl. Welge / Al-Laham (2001), S. 101] In Kombination mit einer Unternehmens- und Umweltanalyse erfolgt dann in einem nächsten Schritt die Unternehmungsplanung, welche dann wiederum für die einzelnen Funktionsbereiche des Unternehmens bspw. in der Beschaffungs-, Produktions- oder Absatzplanung konkretisiert wird. Unternehmensleitbilder schaffen folglich im Ausgleich von Ansprüchen unterschiedlicher Gruppen und der Darstellung der Ziele eines Unternehmens nach innen und außen eine einheitliche und unternehmensweite Grundlage im Bezug auf Ziele, Strategien, Maßnahmenbündel und Verhaltensweisen. [vgl. Matje (1996), S.49] Große Bedeutung erlangen Unternehmensleitbilder zunehmend auch in Zeiten unternehmerischer Transformation. Unternehmensfusionen, -zusammenschlüsse und umfangreiche Reorganisationen führen dazu, dass Unternehmen ihre Werte überdenken und für die Schaffung einer gemeinsamen Identität neue Leitbilder kreieren. Hier kommt dem Leitbild vordergründig die Aufgabe der Fest-
Unternehmensleitbilder
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schreibung einer gewünschten Soll-Kultur zu, um Orientierungspunkte für eine unternehmenskulturelle Transformation zu setzen.
2 Adressaten von Unternehmensleitbildern Als schriftliche Fixierung der Unternehmenspolitik dient ein Unternehmensleitbild dazu, sich mit den Wertvorstellungen und Interessen aller an der Unternehmung beteiligten oder interessierten Gruppen auseinander zu setzen. Unternehmensleitbilder richten sich folglich sowohl an interne als auch an externe Adressaten, die auch als Anspruchsgruppen im Sinne des Stakeholder-Ansatzes bezeichnet werden können. Der Stakeholder-Ansatz als eine institutionelle Betrachtungsweise erfasst die Beziehungen des Unternehmens zu seiner Umwelt und steht in enger Verbindung zur betriebswirtschaftlichen Systemtheorie. [vgl. Sauter / Sachs (1992), S. 187; Schmid (1997), S. 633] Ein Unternehmen ist demnach mit verschiedenen Anspruchsgruppen aus seiner In- und Umwelt konfrontiert, deren Wirkungseinflüsse auf faktischen, vertraglichen, gesetzlichen oder normativen Grundlagen beruhen. Die Stakeholder setzen dem entsprechenden Unternehmen unterschiedliche Erwartungen und Ansprüche entgegen, die bei Nichterfüllung Sanktionen einsetzen können und damit das Unternehmensgeschehen nachhaltig beeinflussen. [vgl. Lötters / Rabbe / Berg (2004), S. 810.] Die folgende Abbildung zeigt eine Kategorisierung der Stake-
206
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holder und ihre spezifischen Leistungsbeiträge und geforderten Gegenleistungen. Anspruchsgruppe
Erbrachte Leistungen für das Unternehmen
Geforderte Gegenleistungen vom Unternehmen
Interne Anspruchsgruppen Eigentümer / Anteilseigner
• Eigenkapital
• • • •
Management
• Kompetenz • Engagement • Leistung
• Einkommen • Macht, Einfluss, Prestige • Entfaltung eigener Ideen
Mitarbeiter
• Arbeitskraft • Fähigkeiten
• • • • • •
Einkommen Verzinsung und Wertsteigerung des eingesetzten Kapitals Sichere Kapitalanlage Mitgestaltung
Einkommen Arbeitsplatzsicherheit Soziale Sicherheit Sinnvolle Betätigung Entfaltung der eigenen Fähigkeiten Status, Anerkennung, Prestige
Externe Anspruchsgruppen Fremdkapitalgeber • Fremdkapital
• • • •
Lieferanten
• Termingerechte Leistung • Hochwertige Güter
• Stabile und faire Lieferbeziehungen • Günstige Konditionen • Zahlungsfähigkeit der Abnehmer
Kunden
• Kauf der Produkte • Markentreue
• Befriedigendes Preis-Leistungsverhältnis • Service • Gute Konditionen
Staat und Gesellschaft
• Öffentliche Sicherheit • Öffentliche Ordnung • Infrastruktur
• • • • •
Abbildung 2:
Sichere Kapitalanlage Ausreichende Verzinsung Vermögenszuwachs Tilgung
Steuerzahlungen Sichere Arbeitsplätze Einhaltung der Gesetze Positive Beiträge zur Infrastrukturgestaltung Beiträge zu Wissenschaft und Kultur
Anspruchsgruppen des Unternehmens (Quelle: Schmid (1997), S. 633, Oertel (2000), S. XVIII; Baden (2001), S. 398)
Unternehmensleitbilder
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Dem Anspruch auf vollständige Darstellung aller möglichen Stakeholder-Ansprüche oder Interessen kann diese Auflistung nicht gerecht werden – auch ist die Klassifizierung nicht überschneidungsfrei. So können Mitarbeiter eines Unternehmens gleichzeitig auch Kunden oder Aktionäre sein. Es kann davon ausgegangen werden, dass positive Stakeholderbeziehungen unerlässlich für erfolgreiches unternehmerisches Handeln sind. Folglich ist es Kernaufgabe des StakeholderManagements, in Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen, Werten und Zielen der Stakeholder, einen möglichst optimalen Ausgleich zwischen den Interessen der relevanten Anspruchsgruppen und dem Unternehmen zu generieren und langfristige Konflikte zu vermeiden. Als zentrale Maßnahme des Stakeholder-Managements kann die Kommunikationspolitik mit Hilfe von gezieltem Informationsaustausch nicht nur die entsprechenden Interessen und Ansprüche identifizieren und analysieren, sondern auch auf die einzelnen Anspruchsgruppen einwirken. Ein solches Kommunikationsinstrument stellt ein schriftlich fixiertes Leitbild eines Unternehmens dar. Die Notwendigkeit, sich mit Unternehmensleitbildern auch an externe Adressaten zu richten, ergibt sich aus der für viele Unternehmen mittlerweile stark ausgeprägten „öffentlichen Exponiertheit“. [Dyllick (1989), S. 15; Börner (1996), S. 425ff.] Dies betrifft vor allem die großen multinationalen „Global Player“, die fast schon
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als quasi-öffentliche Institution betrachtet werden können. [vgl. Matje (1996), S. 8] Gegenwärtig ist zu beobachten, dass Unternehmen vermehrt im Interesse öffentlicher Auseinandersetzungen stehen und zahlreiche Entscheidungen unter öffentlichen Rechtfertigungsdruck geraten, politisiert und moralisiert werden. Möchte sich ein Unternehmen im Wettbewerb behaupten, so gilt es, die eigenen Handlungen zu begründen und dadurch soziale oder auch gesellschaftliche Akzeptanz zu fördern und zu sichern. Die Kommunikationsfähigkeit und der Umgang mit der Öffentlichkeit werden damit zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor für „starkexponierte“ Unternehmen.
3 Inhalte von Unternehmensleitbildern In der Regel stellen Unternehmensleitbilder eine knappe, in wenigen Sätzen formulierte Zusammenfassung der allgemeinsten unternehmerischen Entscheidungen dar. Es wird meist der Versuch unternommen, die wesentlichsten Charakteristika des Unternehmens darzustellen. [vgl. Matje (1996), S. 13] Vergleicht man unterschiedliche Forschungsarbeiten zu den Inhalten von Unternehmensleitlinien, so kristallisieren sich zwei Aussagekategorien heraus. Die folgende Abbildung zeigt, dass zum einen Aussagen zu allgemeinen geschäftspolitischen Themen, d.h. dem Unternehmenszweck bzw. dem Tätigkeitsbereich, zu den Potenzialen und grundlegenden Verhaltensweisen z.B. im Bezug auf Forschung und Entwicklung und Investitions- und Finanzierungspolitik sowie zu den
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Formalzielen des Unternehmens wie Gewinn, Wirtschaftlichkeit, Risiko und Wachstum getroffen werden. Die zweite Kategorie umfasst daneben meist Leitsätze zum Verhalten gegenüber den bereits angesprochenen Anspruchsgruppen des Unternehmens. Hier sind exemplarisch Eigentümer und Aktionäre, Mitarbeiter, Kunden, Wettbewerber, Gläubiger, Gesellschaft, Lieferanten und Management aufgeführt.
Zweck / Tätigkeitsbereich
Eigentümer / Aktionäre Mitarbeiter Potenziale
Management
Kunden
Lieferanten
Konkurrenz
Verhalten
Gesellschaft Gläubiger
Ziele
Abbildung 3:
Inhalte von Unternehmensgrundsätzen (Quelle: Gabele / Kretschmer (1986), S. 50)
Das Beispiel der Firma Henkel zeigt, dass es nicht immer ein allein stehendes Unternehmensleitbild geben muss, das die oben aufgeführten Inhalte abdeckt. Neben „Vision und Werten“ des Unternehmens gibt es darüber hinaus einen „Code of Conduct“, einen
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„Code of Teamwork“, einen „Code of Corporate Sustainability“ und einen „Code of the Corporate Brand“. Die BASF kombiniert in ihrem Leitbild die Unternehmensvision als Entwicklungspfad für die kommenden Jahre mit den Grundwerten des Unternehmens. Diese beschreiben die Art und Weise, wie die BASF ihre Ziele erreichen möchte. Vision und Grundwerte bilden somit den allgemeinen Handlungsrahmen für alle Entscheidungen und Grundlagen und werden dann noch in den Leitlinien konkretisiert, die das Handeln im Unternehmensalltag unterstützen sollen. So konkretisiert sich z.B. der Grundwert „Nachhaltiger Erfolg“ in die folgenden Leitlinien:
Wir streben eine führende Markt- und Finanzposition an, die es uns ermöglicht, die BASF erfolgreich und unabhängig mit eigener, unverwechselbarer Identität weiter zu entwickeln.
Wir erwirtschaften für die BASF-Gruppe ein Ergebnis, das im Durchschnitt der Konjunkturzyklen die Kapitalkosten übersteigt.
Wir erzielen für unsere Aktionäre eine attraktive Rendite.
Wir vergüten unsere Mitarbeiter marktgerecht und leistungsbezogen mit am wirtschaftlichen Erfolg orientierten Entgelten und Sozialleistungen. Dabei stehen unsere Arbeitsbedingungen im Einklang mit international anerkannten grundlegenden Arbeitsstandards.
Wir leisten durch unsere wirtschaftlichen Aktivitäten sowie durch die gezielte Förderung von humanitären, sozialen und kulturellen Anliegen einen positiven Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung.
Unternehmensleitbilder
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Der Verbund ist eine Stärke der BASF. Wir können unsere Produkte damit kostengünstig, ressourcenschonend und umweltverträglich herstellen. Die Optimierung der Verbundstrukturen ist daher eine ständige Aufgabe.
Am Ende des BASF-Leitbildes ist weiterhin festgeschrieben, dass sich jede Führungskraft an den Werten zu orientieren und damit einer Vorbildfunktion nachzukommen hat. [vgl. BASF AG (2004): Vision, Grundwerte, Leitlinien] Das Leitbild des Bayer-Konzerns beinhaltet neben einer Zukunfts-Vision und den Zielen auch die Unternehmensstrategie sowie die grundlegenden Werte und Führungsprinzipien. Hier wird im Vergleich zu wenig individuell formulierten Leitbildern Bezug zu den konkreten Geschäftsfeldern des Unternehmens genommen. [vgl. Bayer AG (2004): Zukunft – Ziele – Strategie – Werte. Das Leitbild des Bayer-Konzerns.] Die Metro Group hat Corporate Principles formuliert, die die Bereiche Leitungsidentität, Führungsidentität und gesellschaftspolitische Identität abdecken. Auch hier werden konkrete Leitlinien aus der spezifischen Unternehmenssituation abgeleitet. Es fällt schwer, aus der Fülle der unterschiedlichen Leitbilder sinnvolle Handlungsempfehlungen zur Gestaltung der Inhalte zu geben. Die folgenden Anforderungen an den inhaltliche Aufbau fassen jedoch wesentliche Mindestbedingungen zusammen, damit Unternehmensleitbilder ihre Wirksamkeit entfalten, die tatsächlichen Werte und Normen des Unternehmens darstellen und einen Beitrag zur Steigerung des Unternehmenserfolges leisten können. [vgl.
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Matje (1996), S. 13 und Bertelsmann Stiftung / Hans-BöcklerStiftung (1996), S. 17-18]
Allgemeingültigkeit: Das Unternehmensleitbild ist auf der einen Seite so allgemeingültig zu formulieren, dass es für das Gesamtunternehmen und in einer Fülle unterschiedlicher Entscheidungssituationen anwendbar ist. Wird das Kriterium der Allgemeingütigkeit nicht erfüllt, so besteht die Gefahr der Bildung von Subkulturen. Das angestrebte Gemeinschaftsgefühl wird nicht erreicht und das Leitbild führt zu zufallsbedingten Einzelregelungen. Auf der anderen Seite sollte dennoch die Unternehmensspezifität gewahrt bleiben und das Leitbild keine Auflistung allgemeiner Floskeln darstellen.
Langfristigkeit: Ein Unternehmensleitbild stellt in der Regel einen langfristigen Handlungs- und Entscheidungsrahmen dar. Zum einen ergibt sich dies aus dem Langfristcharakter der Unternehmenspolitik – zum anderen ist davon auszugehen, dass ein schriftlich fixiertes Leitbild einige Zeit der Diffusion und Verankerung im Unternehmen benötigt. Der Leitbilderstellungsprozess selbst und die Beteiligung verschiedenster Unternehmensmitglieder überdauert meist schon eine Dauer von bis zu einem Jahr. Für die Implementierung und Verbreitung des Leitbildes kann wiederum ein ähnlicher Zeithorizont angesetzt werden. Eine ständige Überarbeitung des Leitbildes würde folglich die Glaubwürdigkeit der festgeschriebenen Werte ge-
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fährden und einen unangemessenen Aufwand durch das ständige Wiederaufrollen des Erstellungsprozesses bedeuten. Nichts desto trotz darf ein Unternehmensleitbild nicht so statisch festgeschrieben sein, dass es die Dynamik der Unternehmensumwelt, des Wettbewerbsumfelds und der Unternehmensentwicklung nicht aufnehmen kann.
Vollständigkeit: Das Kriterium der Vollständigkeit bezieht sich auf die lückenlose Berücksichtigung der bereits dargestellten internen und externen Zielgruppen bzw. Stakeholder eines Unternehmensleitbildes. Im Bezug auf die als relevant erachteten Anspruchsgruppen sollte ein Leitbild flächendeckend angelegt sein. Werden einzelne inhaltliche Bereiche gänzlich vernachlässigt, so verliert ein Leitbild seine verhaltens- und damit erfolgswirksamen Effekte und verbleibt nutzlos.
Wesentlichkeit: Ein Unternehmensleitbild sollte zur Vermeidung einer zu hohen Komplexität und Unverständlichkeit nur die Aspekte enthalten, die eine gewisse Bedeutung und damit Wesentlichkeit aufweisen. Es geht folglich bei der inhaltlichen Gestaltung von Leitbildern um die Aspekte, die wichtig und grundlegend für das grundsätzliche Gesamtverhalten des Unternehmensgeschehens sind.
Wahrheit: Entsprechen die im Leitbild kommunizierten Handlungsmaximen nicht den tatsächlichen Überzeugungen des Managements, der Führungskräfte und der Mitarbeiter, so er-
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füllt das Kommunikationsinstrument nicht das Kriterium der Wahrheit. Dies ist insbesondere im Leitbilderstellungsprozess zu beachten. Dieser bedarf eine breite Beteiligung der Belegschaft, um die vorherrschenden Werte und Normen identifizieren und analysieren zu können und diese dann in eine schriftliche Fixierung zu transformieren. Eine reine Top-downVorgehensweise in der Leitbilderstellung könnte dazu führen, dass zwar eine Sollkultur vorgegeben wird, diese sich dann aber nicht in konkreten Entscheidungen und Handlungen widerspiegelt und damit faktisch wirkungslos verbleibt.
Realisierbarkeit: Der Aspekt der Realisier- oder auch Umsetzbarkeit meint, dass die relativ abstrakt und knapp formulierten Leitbilder auch in konkrete Maßnahmen und Projekte umsetzbar sein sollten. Sollen sich die Mitarbeiter tatsächlich am Unternehmensleitbild orientieren und ihr Verhalten gegenüber Kunden, Wettbewerbern, Lieferanten und Kollegen und Untergebenen umsetzen, so dürfen unternehmenspolitische Grundsätze nicht den Charakter von realitätsfernen Wunschvorstellungen haben.
Konsistenz: Unternehmensleitbilder als knappe Abbildungen der Unternehmenspolitik haben eine Konsistenz zu den Unternehmenszielen, der langfristigen Unternehmensstrategie und insbesondere zum aktuellen Verhalten der Mitarbeiter und Führungskräfte zu wahren. Leitbilder verlieren meist dann an Wir-
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kungskraft, wenn die hier formulierten Werte und Handlungsmaximen gänzlich gegen die tatsächlichen Handlungen der Unternehmensmitglieder sprechen. Das Kriterium der Konsistenz ist folglich eng mit der erreichbaren Glaubwürdigkeit von Unternehmensleitbildern verknüpft.
Klarheit: Der Aspekt der Klarheit bezieht sich in erster Linie auf die sprachliche und journalistische Formulierung des Unternehmensleitbildes. Erfüllt ein Unternehmensleitbild die zuvor aufgeführten Kriterien, so sind relativ abstrakte und komplexe Teilbereiche der Unternehmenspolitik abzubilden. Um einen klaren Orientierungsrahmen zu bieten und auch für die breite Masse einer Unternehmensbelegschaft zugänglich zu sein, bedarf es jedoch einer klaren, verständlichen und prägnanten Formulierung der wesentlichen Werte und Leitlinien. Fehlinterpretationen sollen durch das Kriterium der Klarheit vermieden und Missverständnisse von vornherein ausgeschlossen werden.
4 Funktionen von Unternehmensleitbildern Die folgende Abbildung gibt einen Überblick über die Funktionen von Unternehmensleitbildern. Diese beantworten die Frage danach, was Unternehmensleitbilder im Unternehmen bewirken können und welche Zielsetzungen in ihrer Erstellung liegen.
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Koordinationsfunktion PR-/Kommunikationsfunktion Orientierungsfunktion Funktionen von Unternehmensleitbildern
Motivationsfunktion Legitimationsfunktion Komplexitätsreduktionsfunktion Interessenausgleichsfunktion Differenzierungsfunktion Transformationsfunktion
Abbildung 4:
Funktionen von Unternehmensleitbildern
Die einzelnen Funktionen sind eng miteinander verbunden und können nicht völlig überschneidungsfrei voneinander betrachtet werden. Zu beachten ist, dass die aufgeführten Funktionen sich nicht automatisch mit der Erstellung eines Leitbildes ergeben. Sie stellen vielmehr ein Potenzial dar, dessen Realisierung in hohem Maße an die Beachtung der oben aufgeführten Anforderungen an die Inhalte von Unternehmensleitbildern geknüpft ist. 4.1 Koordinationsfunktion Unternehmensleitbilder erleichtern und verbessern die Koordination des betrieblichen Geschehens und die Zusammenarbeit im Unternehmen. Es ist davon auszugehen, dass der Koordinationsbedarf im Unternehmen vor allem dann ansteigt, wenn zwischen den ver-
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schiedenen Entscheidungsträgern organisatorische und persönliche Meinungs- und Interessengegensätze bestehen. Ein Leitbild bildet somit einen unternehmensweiten Konsens, der in schriftlich fixierter Form einen Rahmen für die Aufgabenteilung und Entscheidungsfindung im Unternehmen vorgibt. Es ist folglich für eine erfolgreiche Dezentralisierung von Aufgaben und Kompetenzen und damit für Delegation und Verantwortung als Folge einer fortgeschrittenen Technisierung und damit zunehmender Arbeitsteilung und Spezialisierung unabdingbar. 4.2 PR-/Kommunikationsfunktion Die Art und Weise der Kommunikation eines Unternehmens nach innen und nach außen repräsentiert in hohem Maße, welche Werte und Normen im Bezug auf den sozialen Umgang von Menschen untereinander in einem Unternehmen vorherrschen. Die gelebte „Kommunikationskultur“ und das „Kommunikationsklima“ in einem Unternehmen können sich in der Ausgestaltung der formalen internen und externen Kommunikation manifestieren. Die Kommunikationskultur repräsentiert damit ein Element eines GesamtKonstruktes „Unternehmenskultur“, welche gemäß der Auffassung von Wissenschaft und Praxis als ein „Key-Success-Factor“ angesehen werden kann. [vgl. Ulrich (1993), Sp. 4353] Die Corporate Identity im Sinne des Selbstbildes eines Unternehmens wird durch das Erscheinungsbild (Corporate Design), die Unternehmenskommunikation (Corporate Communication) und das Verhalten aller
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Unternehmensangehörigen (Corporate Behaviour) nach innen und außen vermittelt. [vgl. Herbst (2003), S. 21ff.] Das Selbstverständnis legt fest, wie sich das Unternehmen sieht und wie das Unternehmen sich nach innen und außen darstellen möchte. Ein Unternehmensleitbild kann dabei nur ein Baustein eines integrierten Kommunikationskonzeptes sein, welches über unterschiedliche Kommunikationskanäle sämtlichen Zielgruppen ein einheitliches Erscheinungsbild des Unternehmens vermittelt. Eine integrierte Unternehmenskommunikation bewegt sich dabei im Spannungsfeld zwischen einer ausreichenden Differenzierung der Kommunikationsinhalte und -medien im Bezug auf die vielfältigen Zielgruppen und einem einheitlichen Gesamtauftritt. Als Voraussetzung für die Erhaltung von Glaubwürdigkeit und Vertrauen der Anspruchsgruppen ist eine widerspruchsfreie Kommunikation von Bedeutung. [vgl. Richter (2007), S. 94] Ein Unternehmensleitbild stellt eines der wenigen Kommunikationsinstrumente dar, welches einen Großteil der zuvor genannten Anspruchsgruppen in einem aufgreift. Es kann somit zwar nur in Grenzen die individuellen Informationsbedürfnisse berücksichtigen. Nichts desto trotz schafft es eine einheitliche Basis, die dann durch weitere Kommunikationsinstrumente noch zusätzlich ergänzt werden kann. So veröffentlichen viele Unternehmen neben ihrem Leitbild Sustainability-Reports, Führungsgrundsätze oder Kundenbroschüren.
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4.3 Orientierungsfunktion Unternehmensleitbilder bilden in erster Linie einen Orientierungsrahmen für die Mitarbeiter und Führungskräfte eines Unternehmens. Als allgemeine Handlungsmaximen stellen sie eine Orientierungsgrundlage für sämtliche Entscheidungen in den täglichen Aufgaben des Unternehmens dar. Fraglich ist hierbei, ob die meist sehr allgemein formulierten Handlungsmaximen in der praktischen Arbeit tatsächlich Einfluss auf die Entscheidungsfindung nehmen können. Es besteht meist für die individuelle Situation ein erheblicher Interpretationsbedarf – sind folglich die zuvor angesprochenen Mindestanforderungen im Bezug auf die Allgemeingültigkeit und Realisierbarkeit eines Leitbildes nicht erfüllt, so kann die Orientierungsfunktion nicht ohne weiteres erfüllt werden. Weiterhin wäre von Bedeutung, dass sich die Leitlinien auch tatsächlich in den Köpfen der Mitarbeiter und Führungskräfte manifestiert haben. Nur so kann eine wirkliche Orientierung an denselben überhaupt stattfinden. Eine weitere wichtige Orientierungsfunktion erfüllen Leitbilder für neue Mitarbeiter. Im Idealfall erhalten diese noch vor ihrem ersten Arbeitstag ein Informationspaket, um mit der Organisation und den grundlegenden Werten vertraut gemacht zu werden. Da eine Unternehmung und ihre komplexe Unternehmenskultur ohnehin nur in Grenzen abzubilden sind, kann ein kurzes Unternehmensleitbild hier einen guten ersten Überblick verschaffen.
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4.4 Motivationsfunktion Unternehmensleitbildern kann durchaus eine beeinflussende Wirkung auf die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter zugesprochen werden. Sie dienen folglich nicht ausschließlich der Übermittlung von sachlichen Informationen, sondern vielmehr der Emotionalisierung der Belegschaft. Man erhofft sich damit eine höhere Motivation der Mitarbeiter, die durch ein Leitbild in die Lage versetzt werden, Sinn und Zweck ihrer Arbeit zu erkennen und zu einer realistischeren Beurteilung betrieblicher Probleme kommen. Die beeinflussende Wirkung auf die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter ergibt sich dabei vor allem durch die Stärkung der Identifikation, die Schaffung und Erhaltung von Vertrauen und die Generierung von Zufriedenheit und Commitment. Ein Unternehmensleitbild kann dabei allerdings nur einen Baustein zu Motivation der Mitarbeiter darstellen. Es ist in den Kontext der generellen internen Kommunikation sowie in die Anreizsysteme des Unternehmens zu integrieren. 4.5 Legitimationsfunktion Unternehmensleitbilder erfüllen insbesondere für die Unternehmensleitung und das Management eine Legitimationsfunktion gegenüber der Belegschaft. Mitarbeiter können durch ein Gefühl für das „große Ganze“ Entscheidungen besser verstehen, nachvollziehen und einschätzen. [vgl. Kapl (2005), S. 93] Werden die Werte
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und Normen des Unternehmens langfristig schriftlich fixiert, so sind diese anschließend jederzeit intersubjektiv überprüfbar und können die Basis für alle weiteren unternehmerischen Entscheidungen sein. Die Unternehmensführung kann sich somit jederzeit auf die fixierten Werte beziehen und so ihr Verhalten legitimieren. 4.6 Komplexitätsreduktionsfunktion Wie bereits dargestellt ist die Unternehmenspolitik ein komplexer Sachverhalt. Werte, Normen und grundsätzliche Handlungsmaximen in ihrer vollen Ausdehnung darzustellen, ist kaum möglich. Dies würde einen unangemessenen Arbeitsaufwand verursachen und wäre als Kommunikationsinstrument gegenüber den internen und externen Anspruchsgruppen ungeeignet. Ein Unternehmensleitbild erfüllt folglich die Funktion einer Komplexitätsreduktion, indem versucht wird, nur die wesentlichen Elemente der Unternehmenspolitik in kurzen Ausführungen zu extrahieren und zu publizieren. 4.7 Interessenausgleichsfunktion Die Interessenausgleichsfunktion steht in engem Zusammenhang zum bereits dargestellten Stakeholder-Konzept. Wie aus Abbildung 2 ersichtlich wird, hat jedes Unternehmen zahlreiche Anspruchsgruppen, die mit unterschiedlichen Erwartungen, Interessen und Forderungen an das Unternehmen heran treten. Um diese unterschiedlichen Interessen gleichermaßen zu berücksichtigen und dies
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dann auch öffentlichkeitswirksam zu demonstrieren, liefert ein Unternehmensleitbild eine gute Kommunikations-Plattform. Im Bezug auf diese Funktion ist jedoch fraglich, inwiefern es zu einem tatsächlichen Interessenausgleich der unterschiedlichen Anspruchsgruppen kommt. Ein Leitbild kann dies zwar festschreiben und die unterschiedlichen Werte und Normen in rein schriftlicher Form aufgreifen. Im allgemeinen Geschäftsgebaren kann sich das tatsächliche Verhalten jedoch gänzlich von den fixierten Leitlinien unterscheiden. Diese würden jedoch damit im Bezug auf die Funktionen ihre Wirkung verlieren. 4.8 Differenzierungsfunktion Ein Unternehmensleitbild als internes und externes Kommunikationsinstrument stellt eine Möglichkeit dar, um sich im Wettbewerb um Kunden und Marktpositionen aber auch um hochqualifizierte und gut ausgebildete Mitarbeiter von der Konkurrenz zu differenzieren. Viele Unternehmen haben ihre Differenzierungspotenziale im Hinblick auf die Kostenstruktur, die Produktbeschaffenheit und -funktionalitäten und ihre Innovationsfähigkeit bereits ausgeschöpft. Wettbewerbsvorteile entstehen jedoch auch dadurch, dass ein Unternehmen in der Wahrnehmung seiner Kunden, Lieferanten, Kapitalgeber und der Öffentlichkeit als verantwortungsbewusstes, wertorientiertes und transparentes Gebilde wahrgenommen wird. Der Aspekt der Differenzierung gegenüber weiteren attraktiven Arbeitgebern im Bezug auf aktuelle und potenzielle Mitarbeiter
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wird vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und des sich zunehmend abzeichnenden Fach- und Führungskräftemangels noch weiter an Bedeutung gewinnen. Unternehmen versuchen mit Hilfe von „Employer-Branding“-Konzepten eine positive Arbeitgebermarke zu etablieren und sich so für die Mitarbeiterbindung und -beschaffung Vorteile zu verschaffen. Ein Unternehmensleitbild kann einen Baustein in einem derartigen Kommunikationskonzept darstellen und eine „Wertorientierte Unternehmensführung“ [Daxner / Gruber / Riesinger (2005), S. 11] demonstrieren, die das Führen durch Werte als oberste Handlungsmaxime des Unternehmens betrachtet. 4.9 Transformationsfunktion Unternehmensleitbilder stellen ein wesentliches Instrument zur Beeinflussung und Transformation der Unternehmenskultur dar. Die Entwicklung von Unternehmensleitlinien eröffnet die Möglichkeit, eine „Soll-Kultur“ festzuschreiben und damit ein zukünftiges Bild des gemeinsamen Miteinanders im Unternehmen abzubilden. So kann die Vorstellung über die zukünftige Organisation von Arbeits- und Führungsformen sowie das Verhältnis eines Unternehmens zu seinen externen Anspruchsgruppen manifestiert und als Ankerpunkt für die gemeinsame Zielerreichung dienen. Betriebswirtschaftliche Wissenschaft und Praxis sehen die Unternehmenskultur als einen beeinflussungs- und gestaltungsbedürftigen strategischen Erfolgsfaktor, der in Form eines strategischen Füh-
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rungsinstrumentes zur Verhaltensbestimmung eingesetzt werden kann. [vgl. Ulrich (1993), Sp. 4361] Die Möglichkeiten der Beeinflussbarkeit einer Unternehmenskultur unterliegen dabei jedoch gewissen Grenzen. Als dynamisch-soziales Konstrukt entwickelt sich eine Unternehmenskultur aus dem Inneren des Mitarbeiterstammes und tradiert historisch gewachsene Werte und Normen. Eine manipulative Beeinflussung der Unternehmenskultur, die gegen den etablierten, einzigartigen und individuellen Charakter der bisher gelebten Werte und Normen verstößt, würde ohnehin die positiven Effekte einer starken Unternehmenskultur nivellieren. Nichts desto trotz kann die Summe schriftlich fixierter Grundwerte als zentraler Bestandteil der Unternehmenskultur eine wesentliche Orientierung für die zukünftige Ausrichtung eines Unternehmens bieten. Die Ausgliederung von Chemie-Aktivitäten der Bayer Chemicals AG in die neue und eigenständige Gesellschaft Lanxess im Jahr 2004 bietet ein gutes Beispiel für die Notwendigkeit zur kulturellen Transformation in Folge eines derart umfangreichen Reorganisationsprozesses. „LANXESS ist fähig, lebendig, mutig und wir wollen etwas bewegen.“ – so lautet die Vision des neu gegründeten Unternehmens, mit deren Hilfe eine neue Unternehmenskultur und -identität aufgebaut werden soll. Ziel war dabei vor allem die Mobilisierung der Mitarbeiter und der Aufbau von Motivation und Commitment, um den langwierigen Reorganisationsprozess gemeinsam zu meistern.
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5 Fazit Bisher wurde empirisch nicht nachgewiesen, dass Unternehmen mit einem entsprechend der in Abschnitt 3 aufgeführten Anforderungen formuliertem Leitbild erfolgreicher sind als Unternehmen ohne oder mit wenig wirkungsvollen Leitbildern. Es ist jedoch in Wissenschaft und Praxis unumstritten, dass die Bewusstmachung, Formulierung und Kommunikation von grundlegenden Werten und Normen die Möglichkeiten zur Steuerung des Unternehmensgeschehens verbessern und damit zum Unternehmenserfolg beitragen. [vgl. Matje (1996), S. 1] Leitbilder entfalten jedoch nur dann ihre kommunikative Wirkung nach innen und nach außen, wenn das beobachtbare Entscheidungsverhalten und Handeln von Mitarbeitern, Führungskräften und Management auch mit den publizierten Grundsätzen übereinstimmen. Verbleiben Leitbilder im Status wohlklingender, aber folgenloser Lippenbekenntnisse, so verlieren sie ihre Wirkung. Betrachtet man Leitbilder verschiedener Unternehmen, so wird häufig deutlich, dass auf sehr ähnliche Formulierungen und Inhalte zurückgegriffen wird. Es fehlt häufig an Originalität, Individualität und Unternehmensspezifität - die Leitbildentwicklung wird als lästige Pflichtübung verstanden. Leitbilder verursachen damit zwar einen hohen Erstellungs- und Implementierungsaufwand, sind jedoch austauschbar, unspezifisch und berühren Mitarbeiter und Führungskräfte nicht emotional. [vgl. Kapl (2005), S. 90]
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Fraglich ist somit, ob Leitbildern tatsächlich ein so großer Stellenwert beigemessen werden sollte, wenn ohnehin nur der Versuch unternommen werden kann, in wenigen Sätzen die wesentlichen Charakteristika eines Unternehmens darzustellen. Werte und Normen und die Verankerung einer Unternehmenskultur entstehen sicher nicht ausschließlich über eine schriftliche Fixierung, sondern viel mehr über die Art und Weise, wie Leitlinien und Handlungsmaximen im Unternehmen letztendlich gelebt werden. Dennoch kann ein Leitbild einen wichtigen Orientierungspunkt darstellen und insbesondere im eigentlichen Erstellungsprozess eine Bewusstwerdung der Unternehmensidentität bewirken, die sich dann im gemeinsamen Miteinander ausdrückt. Eine besondere Bedeutung kommt dabei den Führungskräften als wesentliche Multiplikatoren zu. Ihnen fällt eine Vorbildfunktion zu, die in hohem Maße dazu beiträgt, dass sich die Ideen aus einem Unternehmensleitbild letztendlich auch in den Köpfen der Belegschaft verankern und gelebt werden.
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Literaturverzeichnis BASF AG (2004).: Vision, Grundwerte, Leitlinien, Ludwigshafen 2004 Bayer AG (2004): Zukunft – Ziele – Strategie – Werte. Das Leitbild des Bayer Konzerns, Leverkusen 2004 Bertelsmann Stiftung und Hans-Böckler-Stiftung (Hrsg.) (1996): Unternehmensleitbild und Unternehmensverfassung. Vorteil Unternehmenskultur. Leitfaden für die Praxis, Gütersloh 1996 Börner, C. J.(1996): Öffentlichkeitsarbeit als Management gesellschaftlicher Exponiertheit von Unternehmen, in: ZfB, 66. Jg., Heft 4, 1996, S. 419-436 Daxner, F. / Gruber, T. / Riesinger, D. (2005): Wertorientierte Unternehmensführung. Das Konzept, in: Auinger, F. / Böhnisch, W. R. / Stummer, H. (Hrsg.): Unternehmensführung durch Werte. Konzepte – Methoden – Anwendungen, Wiesbaden 2005, S. 3-34 Dyllick, T. (1989): Management der Umweltbeziehungen. Öffentliche Auseinandersetzung als Herausforderung, Wiesbaden 1989 Gabele, E. / Kretschmer, H. (1986): Unternehmensgrundsätze, Empirische Erhebungen und praktische Erfahrungsberichte zur Konzeption, Einrichtung und Wirkungsweise eines modernen Führungsinstrumentes, Zürich 1986
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Work-Life-Balance
Gudrun Thom1
Work-Life-Balance – Die Balance zwischen Berufsund Privatleben zielorientiert gestalten 1
Einleitende Philosophie
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Work-Life-Balance 2.1 Work-Life-Balance aus Unternehmenssicht 2.2 Work-Life-Balance aus Mitarbeitersicht 2.3 Gestaltungsfelder zur Förderung der Work-Life-Balance 2.3.1
Die Führungs-, Unternehmenskultur und Personalpolitik
2.3.2
Die Arbeitszeitgestaltung
2.3.3
Die Arbeitsformgestaltung
2.3.4
Die Gestaltung der Personalentwicklung
2.3.5
Die Gestaltung des Entgeltsystems
2.4 Kritischer Ausblick 3
Burnout 3.1 Kernsymptome des Burnout 3.2 Burnout-Phasen
4
Fazit
Literaturverzeichnis
1
Dr. Gudrun Thom. selbständige Personaltrainerin und Coach
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Work-Life-Balance
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Gudrun Thom
Work-Life-Balance – Die Balance zwischen Berufsund Privatleben zielorientiert gestalten 1 Einleitende Philosophie Wer das Ziel kennt, kann entscheiden. Wer entscheidet, ist sicher. Wer sicher ist, findet Ruhe. Wer Ruhe hat, kann verbessern. [Konfuzius] Leben, um zu arbeiten? Arbeiten, um zu leben? Erst die Arbeit, dann das Vergnügen? Wer lebt, um zu arbeiten, überzeugt nicht, da er scheinbar nichts Weiteres mit seinem Leben anzufangen weiß, als sich in der Arbeit zu verausgaben. Wer jedoch arbeitet, um zu leben, ist ähnlich schlecht bedient, weil für ihn die Arbeit ein notwendiges Übel zu sein scheint, damit er überhaupt leben kann. Einseitige Grundhaltungen, die den Stellenwert der Arbeit verzerren, bereiten den Nährboden für Unzufriedenheit, Stress, für den unproduktiven Umgang mit Sachzwängen und den unproduktiven Umgang mit den eigenen Energieressourcen samt den individuellen Potenzialen. Zudem führen sie zu so manchem unternehmerischen Dilemma, wie Expansionsaufträge bei gleichzeitigem Ressourcenabbau, oder auch persönlichem Dilemma, wie zunehmende Belastungen im Berufs- und/oder Privatleben bei gleichzeitig fehlenden Möglichkeiten zur Kräfteregeneration. Werden in einem Unter-
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nehmen dauerhaft Ziele angestrebt, die unauflösbar im Konflikt zueinander stehen, ist eine Unternehmenskrise mit all ihren möglichen Konsequenzen unausweichlich. Das dargestellte persönliche Dilemma führt das Individuum ebenfalls unabwendbar in eine Krisensituation, und wenn die entsprechenden Signale nicht erkannt werden, im härtesten Falle schleichend in den Burnout.
2 Work-Life-Balance Der Ausstieg aus einseitigen Grundhaltungen zur Arbeit ist notwendig, um auf der Basis erkannter Defizite bzw. Konflikte Maßnahmen anzustoßen, die ökonomisch nutzbringend sind und für den jeweils Einzelnen bedeuten, ein Gleichgewicht zu schaffen zwischen Berufs- und Privatleben, zwischen Körper, Geist und Seele, zwischen Arbeit und Entspannung, zwischen Müssen und Wollen. Work-Life-Balance geht somit weit über das Thema der Vereinbarkeit von Beruf und Familie hinaus und betrifft sowohl Frauen als auch Männer. Die Überzeugung, dass eine Ausgewogenheit von beruflichen und privaten Interessen allen Beteiligten zugute kommt, ist schon seit längerem verbreitet. Die praktische Umsetzung dieser Überzeugung im konkreten beruflichen und privaten Alltag, lässt allerdings noch viel zu wünschen übrig.
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2.1 Work-Life-Balance aus Unternehmenssicht In Zeiten angespannter Wirtschaftslagen mit hohen Arbeitslosenzahlen treten oftmals „soft facts“ wie das Arbeitsklima oder die Führungs-, und Unternehmenskultur in den Hintergrund. Für Unternehmer und für Mitarbeiter aller Hierarchiestufen schnellen im Kampf um das Überleben am Markt und den Erhalt des Arbeitsplatzes die Anforderungen in die Höhe. Antworten, warum es für Unternehmen dennoch wirtschaftlich lohnend ist, die Work-Life-Balance ihrer Mitarbeiter nicht aus den Augen zu verlieren, liefert zum einen die differenzierte Betrachtung des Arbeitsmarktes. Hochqualifizierte Arbeitskräfte stehen kaum als Arbeitsuchende zur Verfügung, und damit ist die Konkurrenz um diese Mitarbeiter keineswegs beendet. Verschärfend kommt hinzu, dass die Nachfrage nach diesen Mitarbeitern steigt. In Deutschland ist in den Branchen mit hohen Qualifikationsanforderungen ein Beschäftigungswachstum und in den weniger wissensintensiven Sektoren ein Beschäftigungsrückgang zu verzeichnen. Aufgrund des demographischen Wandels, mit der Konsequenz der Bevölkerungsüberalterung droht ein Mangel an qualifiziertem Nachwuchs, wodurch ältere Mitarbeiter zu einer zentralen Zielgruppe für das Unternehmen avancieren. Das bedeutet, qualifiziertes Personal an das Unternehmen zu binden und seine Leistungsfähigkeit zu unterstützen bzw. zu fördern, ist nach wie vor von ökonomischer Bedeutung. [vgl.
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hierzu Berger (2003), S. 52-54, Glazinski / Rockrohr (2003), S. 14, Martiny / Geißler (2007), S. 128-129, Prochaska (2003), S. 39-42 sowie Wunderer (2003), S. 4-5] Zum anderen geben die Anforderungen des Arbeitsumfeldes Antworten. Das Arbeitsumfeld ist in vielen Unternehmen gekennzeichnet durch Aufgaben, Projekte und Prozesse mit wachsender Komplexität und Vernetzung. Entscheidungen müssen immer schneller getroffen, Veränderungsvorhaben immer zügiger umgesetzt werden. In immer kürzeren Zyklen sind eigene Prozesse und Organisationen zu optimieren und die Fehlertoleranz ist erheblich gesunken. Mit der Internationalisierung von Unternehmensstrukturen und Märkten steigt selbstverständlich auch die Internationalisierung der Arbeitsprozesse und der Arbeitsteams. [vgl. Hirschfeld (2003), S. 18] Die Menschen sind eingebunden in eine virtuell sowie global geprägte Arbeitswelt. Der Wettbewerb fordert innovative Produkte und Dienstleistungen, herausragende Kundenorientierung, Kreativität, Flexibilität wie auch Schnelligkeit. Mehr denn je ist der wirtschaftliche Erfolg von Menschen abhängig, die diese Anforderungen bewältigen und Aufgaben, Projekte sowie Prozesse mit Engagement und Effizienz voranbringen. [vgl. David / Reuter (2004), S. 48] Das geradezu beeindruckende Anforderungsspektrum verdeutlicht, dass hier die Grenzen zwischen positiver Herausforderung und Überforderung nahezu fließend sind. Um diese Anforderungen zu meistern, erfolgt häufig eine zunehmende Einschränkung des Privatlebens zugunsten des Unternehmens. Mittel-
Work-Life-Balance
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und langfristig bleibt dies leider weder für die Menschen, noch für die Unternehmen ohne negative Folgen. Die zunehmende Einschränkung des Privatlebens führt zu einer Schwächung der Leistungsfähigkeit aufgrund stressbedingter Überforderung bei der Erfüllung permanent in Optimierung befindlicher Tätigkeiten und Prozesse. Symptome, die auftreten können, sind u.a. sinkende Arbeitsqualität, erhöhter Kommunikationsbedarf, Tendenzen der verstärkten Absicherung des eigenen Handelns. Überhöhter Stress reduziert die Wahrnehmung und die Fähigkeiten, sich selbst zu organisieren sowie Entscheidungen zu treffen. So entstehen unproduktive Zeiten der Selbstbeschäftigung im Unternehmen. Diesem sich selbst verstärkenden Teufelskreis kann wirkungsvoll durch Work-Life-Balance begegnet werden. [vgl. Glazinski / Rockrohr (2003), S. 15] Doch aus Sicht der Unternehmen gibt es, wie die Praxis oftmals zeigt, Argumente, das Thema nicht mit auf die Top-Agenda zu setzen. Dazu gehört u.a. die Angst vor Veränderung. Mit allen Neuerungen im Unternehmen werden bisherige Erfolgsmodelle in Frage gestellt. Die aus einer aufrichtigen Beschäftigung mit dem Balance-Thema resultierende Unruhe wird leider nur zu oft mit dem Verlust an Produktivität, Leistungsfähigkeit und Effizienz gleichgesetzt, statt in ihr eine sprudelnde Quelle neuer Energien, Kraft, Kreativität, Motivation und Leistungsbereitschaft zu sehen.
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Die zunehmende Zahl von Menschen, die den ständig steigenden Anforderungen und Belastungen aus Berufs- und Privatleben nicht mehr Stand halten können, beweist jedoch, dass auf Dauer das Balance-Thema nicht ohne erhebliche Kosten für die Gesellschaft, die Unternehmen und den jeweils Einzelnen vernachlässigt werden kann. [vgl. Moser (2006), S. 41] 2.2 Work-Life-Balance aus Mitarbeitersicht Neben den ökonomischen gibt es zahlreich weitere Gründe, sich mit Work-Life-Balance zu befassen. Dazu gehören u.a. die steigende Geschwindigkeit technologischer Entwicklungen und die damit verkürzte Halbwertzeit von Wissen und Produktlebenszyklen sowie der Wertewandel, der auch in angespannten wirtschaftlichen Situationen das angestrebte Verhältnis von Berufs- und Privatleben zugunsten des Privatlebens verändert hat. [vgl. Festing / Hansmeyer (2003), S. 25, Fischer (2003), S. 18-26 sowie Thom (2004), S. 239240] Diese wirtschaftlich-gesellschaftliche Konstellation verursacht eine Erhöhung der Belastungssituation der Menschen, die wiederum verbunden ist mit dem Verlust an Orientierung und Bindung. [vgl. Glazinski / Rockrohr (2003), S. 15] Die mit stressbedingter Überforderung einhergehende reduzierte Fähigkeit der Selbstorganisation und des Treffens von Entscheidungen wirkt sich nicht nur negativ auf das Berufs- sondern auch auf das Privatleben aus. Es gelingt den Betroffenen nicht, sich in Ausgewogenheit um die wichtigen Bereiche Körper und Gesundheit, Kontakt und soziale
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Beziehungen sowie Sinn und Kultur zu kümmern, um dadurch den physischen und psychischen Energietank wieder aufzufüllen. Doch auch aus Mitarbeitersicht gibt es Gründe, sich lieber nicht mit Work-Life-Balance auseinanderzusetzen. Äußerungen, wie: „Ich merke nichts, mir fällt nichts ein, ich versuche es zu ignorieren aus Angst vor dem Arbeitsplatzverlust oder ich kann ja doch nichts ändern ...“, können u.U. schon erste Anzeichen eines ausgelösten Burnoutprozesses sein. [vgl. Kypta (2006), S. 66-70] Work-Life-Balance als Schutzschild gegen den Burnout erfordert vom Individuum eine Beschäftigung mit sich selbst und ein Hinterfragen der eigenen angestrebten Lebensziele. Ein Gleichgewicht ist erst dann herstellbar, wenn ein Ungleichgewicht erkannt, gefühlt wird und auf Harmonisierung drängt. Ein resignatives Denken und Fühlen gibt einen deutlichen Hinweis auf Überforderung und vermag es nicht, positive Veränderungen zu bewirken. Für das Individuum geht es bei der Work-Life-Balance somit darum, die innerlich getragenen beruflichen und privaten Ziele für sich selbst zu erkennen. Eine grundlegende Entscheidung über das wirklich Wichtige in diesen Bereichen zu treffen und dieses in ein Gleichgewicht zu bringen. Ein Gleichgewicht, das sich auf die Lebensenergie, die Gesundheit, die Leistungsfähigkeit, die Kreativität, das Teambewusstsein sowie die Lebensfreude positiv auswirkt und zu einem sorgsamen Umgang mit den eigenen Ressourcen und Potenzialen beiträgt. Dies ist zum einen ein anspruchsvoller Er-
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kenntnisprozess, zum anderen ein anspruchsvoller Umsetzungsprozess, bei dem es immer wieder darum geht, auftretende Widersprüche bearbeitbar zu machen. Dies erfordert Kraft, positive Konfliktbewältigungsenergie und konstruktive Problemlösung. Die Angebote seitens der Unternehmen nützen nichts, wenn Mitarbeiter keine Selbstverantwortung für sich übernehmen bzw. sie aus Erschöpfung nicht mehr für sich übernehmen können. Ihre eigene Einstellung zu dem Balance-Thema, ihre innere Denk- und Fühlhaltung ist von entscheidender Bedeutung, ob der Burnout vermieden werden kann. Niemand kann einen Menschen schließlich zwingen, sorgsam mit sich selbst zu sein und sorgsam mit seinen physischen sowie psychischen Kräften umzugehen. Der Anstoß, sich mit dem Balance-Thema tiefgehend und selbstreflektierend auseinanderzusetzen, wird nicht selten erst durch erlebte Burnout-Symptome gegeben. 2.3 Gestaltungsfelder zur Förderung der Work-Life-Balance Unternehmensseitig ergeben sich fünf grundlegende Gestaltungsfelder, um die Mitarbeiter beim Ringen um Balance zu unterstützen. Dazu gehören: die Führungs- und Unternehmenskultur sowie die Personalpolitik, die Arbeitszeit-, die Arbeitsformgestaltung, die Gestaltung der Personalentwicklung und die Gestaltung des Entgeltsystems sowie eines Dienstleistungsangebotes für die Mitarbei-
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ter. [vgl. David / Reuter (2004), S. 48-55 wie auch Thom (2000), S. 161-372] 2.3.1 Die Führungs-, Unternehmenskultur und Personalpolitik Ein Unternehmen, das sich dem Balance-Thema ernsthaft stellt, hinterfragt die Führungs- und Unternehmenskultur; denn diese bestimmen jene unausgesprochenen Riten und Organisationsregeln, die dem Gleichgewicht förderlich sind oder dieses negativ beeinflussen. Es überprüft, inwieweit die Kultur ihre konkrete Verankerung wie auch Umsetzung in der Personalpolitik findet. [vgl. Schneidawind / Lederle (2004) S. 17-18] Erst wenn sich Führungskräfte selbst um ein balanciertes Leben bemühen, empfangen die Mitarbeiter authentische und glaubhafte Signale, dass dies ein Teil der bewusst gewollten Führungs- und Unternehmenskultur ist. [vgl. Eckrich / Holt (2004), S. 91-92 sowie Klumb / Staats (2003), S. 30-31] 2.3.2 Die Arbeitszeitgestaltung Modelle zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung reichen von flexiblen Arbeitszeitsystemen mit Zeitkonten, Vertrauensarbeitszeit ohne Zeiterfassung, über Wahlarbeitszeit bis hin zur Gestaltung der Lebensarbeitszeit mit Einbindung von Sabbaticals und allen Formen der Teilzeitarbeit. Entscheidend ist wiederum, wie diese Arbeitszeitsysteme im Unternehmen gelebt werden. Ein flexibles Arbeits-
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zeitsystem leistet erst dann einen Beitrag zur Work-Life-Balance, wenn der einzelne Mitarbeiter auch einmal abwesend sein kann/darf. Im Alltag ist nichts gewonnen, wenn der Zeitraum zwischen 18:00-20:00 Uhr stillschweigend zum Höhepunkt des Managementlebens in den Führungsetagen erklärt wird und ein Verlassen des Arbeitsplatzes um 16:00 Uhr mit Sprüchen wie „ach halber Tag Urlaub heute?“ kommentiert wird. [vgl. Hoff (2003), S. 36-39] 2.3.3 Die Arbeitsformgestaltung Die Gestaltung der Arbeitsform beinhaltet alle Maßnahmen zur Flexibilisierung des Arbeitsortes, wie die Einrichtung von Nachbarschaftsbüros, Filial-, Außen- oder Satellitenbüros, Telecentern, mobile Büros, flexible Offices oder die Etablierung der alternierenden Telearbeit. Eine Führungs- und Unternehmenskultur, die von kontrollierter Anwesenheitspflicht absieht und eine ergebnisorientierte Personalführung über Zielvereinbarungen präferiert, unterstützt diese Arbeitsformgestaltung. Letztere wiederum leistet einen Beitrag zur Verwirklichung flexibler Arbeitszeiten. Damit kann sowohl dem Balance-Thema Rechnung getragen werden, als auch dem Rationalisierungspotenzial im Immobilienmanagement, da nicht für jeden Mitarbeiter, der den überwiegenden Teil seiner Arbeitszeit außerhalb des Büros verbringt, ein fester Büroarbeitsplatz zur Verfügung stehen muss. [vgl. Boch / Pietzcker (2003), S. 3235]
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2.3.4 Die Gestaltung der Personalentwicklung Personalentwicklung, die das Balance-Thema aufgreift, fördert die Wertharmonisierung von Berufs- und Privatleben sowie die Kenntnisse und Fähigkeiten des Personals mit Blick auf die Unternehmensziele und die individuellen Zielvorstellungen. Sie richtet sich auf die Erhaltung, Erweiterung und Verbesserung der Leistungsfähigkeit wie auch der Qualifikation des Personals. [vgl. Thom (2000), S. 360-364] Abgesehen von fachlichen, methodischen oder führungsbezogenen Seminaren wird das Personalentwicklungsangebot u.a. erweitert um Coachings und Trainings zu den Themen der Persönlichkeitsentwicklung, der Gesundheitsförderung oder des Stress- und Ressourcenmanagements. Wenn allerdings eine Führungs- und Unternehmenskultur herrscht, in der die Teilnahme an Trainings oder Coachings, die sich auf die Förderung der WorkLife-Balance richten, belächelt oder sogar als persönliches Versagen ausgelegt werden, dann nützen die in firmeneigenen Glanzbroschüren oder Intranetauftritten dazu aufgeführten Angebote wenig. Denn welcher Mitarbeiter wird sich wohl die vermeintliche Blöße geben, eine solche Entwicklungsmaßnahme einzufordern und daran mit Wissen des Unternehmens teilzunehmen? [vgl. Moser (2006), S. 42-43] 2.3.5 Die Gestaltung des Entgeltsystems Ein Entgeltsystem, das dem Balance-Thema Rechnung trägt, beinhaltet ziel- und ergebnisorientierte Entgeltformen, die einer Flexibi-
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lisierung von Arbeitszeit und Arbeitsort dienlich sind. Die Leistung der Mitarbeiter ist von entscheidender Bedeutung und nicht ihre Anwesenheit im Unternehmen. Als eigenständige Leistungskomponenten können die Beiträge von Führung und Zusammenarbeit, die Work-Life-Balance unterstützen, mit in das Entgeltsystem aufgenommen werden. Die Erfassung und Bewertung dieser Leistungskomponenten erfolgt dabei durch die Instrumente der Führungskräftebeurteilung, der Kollegen- sowie Mitarbeiterbeurteilung. Zudem greift das Entgeltsystem Wahlmöglichkeiten von Entgeltbestandteilen auf, wie dies im Cafeteriamodell beispielsweise durch folgende Wahloptionen umgesetzt wird: zusätzliche Altersversorgung, Versicherungsleistungen, Arbeitnehmerdarlehen, Weiterbildungsleistungen, Sonderurlaub für die Betreuung erkrankter Kinder, die Pflege von Angehörigen, zeitaufwendige Freizeitaktivitäten oder für eigene Publikationen, Kinder- und Pflegehilfen, Zuschüsse für Kindergarten- oder Pflegeplätze, Mitgliedsbeiträge für Fitnessclubs oder Sportvereine, Medical Check up, Eintrittskarten für kulturelle Veranstaltungen. [vgl. Thom (2000), S. 366-367] Zudem können für die Mitarbeiter Dienstleistungsangebote in Kooperation mit Einrichtungen wie dem Familienservice zur Betreuung von Kindern oder zur Pflege von Familienangehörigen, oder Dienstleistungsangebote in Form von Hol- und Bringdiensten zu einer Harmonisierung der Lebensbereiche beitragen. [vgl. David / Reuter (2004), S. 54-55]
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2.4 Kritischer Ausblick Die skizzierten Gestaltungsfelder zur Förderung der Work-LifeBalance sind seit Jahren bekannt und doch, es steigt die Zahl der Menschen, die stressbedingt an psychischen Erkrankungen, wie Zwangsstörungen oder dem Burnout-Syndrom leiden. Erschöpft, ausgepowert, ausgebrannt. Opfer dieses Phänomens sind vor allem Menschen zwischen 30 und 50 Jahren. Menschen, die viele Jahre im Berufs- und im Privatleben ihre motivierte wie auch engagierte Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft unter Beweis gestellt haben und dann an den absoluten Grenzen ihrer psychischen und physischen Kräfte angelangt sind. Für diesen biographischen Lebensabschnitt haben Soziologen die griffige Bezeichnung „Rushhour des Lebens“ geprägt. Alles drängt sich in diesem Abschnitt zusammen, das Setzen der beruflichen Grundsteine und Weichen, die Einkommenssicherung, die Familiengründung, die Kinderbetreuung, der Erwerb eines Eigenheimes, die Sorge um alt gewordene Eltern oder pflegebedürftige Familienmitglieder. In der Zeit, die seitens der Familie die meiste Zeit und Energie beansprucht, wird auch im Beruf der höchste zeitliche Einsatz und das stärkste Leistungsengagement verlangt. [vgl. Kruse / Lauerer / Pelizzoli / Ross / Wächter (2007), S. 47, 56 sowie Moser (2006), S. 41] So im Work-Life eingebunden, ist es auch erklärlich, warum die selbstverständlich scheinenden Themen, wie Selbstverantwortung, sorgsamer Umgang mit sich selbst, geschweige denn Selbstreflektion, geradezu stressbedingt ausgeblendet werden. In diesem Teu-
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felskreis geht es zunächst einmal um das Funktionieren – „irgendwie wird es schon gehen“ – und nicht um das Harmonisieren. Noch vergleichsweise selten zu anderen Krankheitsbildern erfolgen Krankschreibungen aufgrund psychischer Störungen, doch sie befinden sich im starken Aufwind. Allein in den Jahren von 2000 bis 2005 ist die Zahl der Arbeitsausfälle ihretwegen um 23 Prozent gestiegen, und noch alarmierender ist die Abwesenheitsdauer bzw. die Dauer der Ausfallzeiten aufgrund psychischer Knockouts. [vgl. Moser (2006), S. 41] Trotz der bekannten Gestaltungsfelder zur Förderung der WorkLife-Balance, sind für viele Mitarbeiter die Möglichkeit ihrer tatsächlichen Verwirklichung von Unternehmensseite her sehr begrenzt. Im Management gehört es zum guten Ton, den Mitarbeiter bei geeigneten Gelegenheiten bedeutungsvoll zu dem wichtigsten Erfolgsträger für das Unternehmen zu erklären und eine mitarbeiterorientierte Führung zu postulieren, um beides im Arbeitsalltag auf den Kopf zu stellen. In den einschlägigen Managementkonzepten hat der Mitarbeiter einen ehrenvollen Platz, und seine zentrale Bedeutung für das Unternehmen wird nachhaltig betont. Der Mensch steht im Mittelpunkt von Hochglanzbroschüren, Kongressvorträgen, Führungsleitlinien oder code of conducts, von Grundsätzen der Personalpolitik oder anderen Bekanntmachungen. Doch weder wissenschaftliche Beiträge noch wertorientierte Plädoyers von Mana-
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gement-Gurus unterschiedlichster Richtungen haben im Zeitalter der „quick wins“ die halsstarrigen Widerstände von Führungskräften des Top-Managements im Hinblick auf humanorientierte Paradigmen aufbrechen können. [vgl. Bungard (2007), S. 63-67] Das Thema Work-Life-Balance ist humanorientiert. Es ist am Menschen in der Beachtung seiner Ganzheit bzw. der Ganzheitlichkeit seiner Lebenswelten orientiert. [vgl. Thom (2000), S. 112-113 und S. 161-172] Work-Life-Balance als Schutzschild gegen den Burnout bedeutet, die Grenzen zwischen gesunden Herausforderungen und krankmachenden Überforderungen im beruflichen und privaten Leben zu erkennen und eindeutig zu ziehen. Sind die vom Unternehmen gemachten Angebote zur Work-LifeBalance nicht führungs- und unternehmenskulturell mit den entsprechenden Werten untermauert, die auch vom Top-Management getragen und gelebt werden, verkommen die ursprünglich für alle – dem Individuum, seiner Familie, dem Unternehmen, der Gesellschaft – bereichernden Gestaltungsmöglichkeiten zu sinnentleerten Pseudoangeboten. Mit Eugen Roth bleibt dann festzuhalten: „Ein Mensch erlebt den krassen Fall, es menschelt deutlich überall – und trotzdem merkt man weit und breit oft nicht die Spur von Menschlichkeit.“
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3 Burnout Das Burnout-Syndrom hat einen komplexen Situationshintergrund und viele unterschiedliche persönliche Erscheinungsbilder. Daher fehlt es an einer einheitlich gültigen Definition. Gemäß Wikipedia [o.V. (2007), http://de.wikipedia.org/wiki/Burnout-Syndrom] bezeichnet das Burnout-Syndrom einen besonderen Fall berufsbezogener (auch familiärer) chronischer Erschöpfung. Des Weiteren wird folgendes ausgeführt: „Ständige Frustration, das Nichterreichen eines Zieles, zu hohe persönliche Erwartungen an eigene Leistungen, Überlastungen etc. können erschöpfen. Die BurnoutSyndrome sind vielfältig und individuell unterschiedlich in Auftreten und Ausmaß: Depressionen und auch physiologische Beschwerden, wie Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Magenkrämpfe oder körperliche Dysfunktionen. Typisch sind auch Schuldgefühle oder Versagensängste. Der "Ausgebrannte" erlebt seine Umwelt im Allgemeinen als nicht mehr kontrollierbar und zieht sich eher in sich zurück, ohne eventuelle Hilfe (von Verwandten oder Freunden) anzunehmen. Bisweilen unterstützen Psychologen und/oder Ärzte, etwa in einer Psychotherapie. Burnout wird in der im deutschen Gesundheitswesen verbindlichen 10. Auflage der „Internationalen Klassifikation der Erkrankungen“ als „Ausgebranntsein“ und „Zustand der totalen Erschöpfung“ mit dem Diagnoseschlüssel Z73.0 erfasst. Früher ging man davon aus, dass hohe Arbeitsbelastungen insbesondere in heilenden Berufen (Ärzte, Pflegeberufe, Rettungsdienstpersonal, Lehrer, Sozialarbeiter, Erzieher) ausbren-
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nen lässt (häufige Krankschreibung, Arbeitsunfähigkeit oder Frühverrentung). Inzwischen ist klar: Burnout kann nahezu alle Berufsgruppen treffen, unter anderem auch Schüler.“ Wesentlich ist, dass es sich bei dem Burnout-Syndrom immer um eine längerfristige Ansammlung von teilweise nur schwer wahrnehmbaren, weil anscheinend „normalen“ Belastungsfaktoren handelt. Jeder einzelne Belastungsfaktor wäre und ist durchaus zu verkraften, doch die zerstörerische Kraft erwächst durch deren Anhäufung und das lange Übergehen und Durchhalten eines angeblich kurzzeitigen Anstrengungszustandes. Da sämtliche StressSymptome auch beim Burnout auftreten können, gelingt es kaum, hier eindeutige Abgrenzungen vorzunehmen, so dass die Burnout Erschöpfung auch angesehen werden kann als das Ankommen am Ende einer Stressleiter. [vgl. Kypta (2006), S. 38] 3.1 Kernsymptome des Burnout Die vier Kernsymptome des inneren Ausbrennens zeigen sich in: [vgl. Schröder (2006), S. 12-13] Erschöpfung: Die Betroffenen fühlen sich ausgelaugt und müde. Das insbesondere in helfenden und unterstützenden Berufen wichtige Mitgefühl nimmt ab und die emotionalen Reaktionen gegenüber anderen Menschen flachen ab.
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Enttäuschung und illusionäre Verkennung: Bei vielen Betroffenen besteht ein Sehnen nach Anerkennung, nach Verwirklichung bislang nicht erfüllter Wünsche oder Liebe. Deutlich wird eine Diskrepanz zwischen Erwartung und Realität und/oder eine illusionäre Missdeutung. Oftmals wird etwas gegeben, um etwas zurückzuerhalten. Enttäuschungen sind dann vorprogrammiert, wenn das Erwünschte nicht erhalten wird. Schwund der Authentizität: Die persönlich echte und authentische Lebendigkeit in der Arbeit schwindet. Stattdessen breitet sich eine berufliche Distanz aus. Im Zuge der Depersonalisation beginnen die Betroffenen, nur noch mechanistisch wie Roboter zu funktionieren, und emotional wird die negative Haltung von den Mitmenschen mit Zynismus bemerkt. Gefühl der mangelnden Leistungsfähigkeit: Menschen, die ausgebrannt sind, fühlen sich nicht mehr imstande, den Anforderungen zu genügen. Es entwickelt sich das Empfinden von Kontrollverlust und das Gefühl, immer weniger zu erreichen trotz zunehmender Anstrengungen. Zunächst kann das verringerte Wirksamkeitserleben noch kompensiert werden, doch in späteren Phasen kommt es zur Resignation. Ausbrennen ist für die Betroffenen eine Erfahrung, die ihren inneren energetischen Lebensnerv und ihr Selbstwertgefühl angreift und trifft. Sie nehmen an sich selbst bedrückende Symptome wahr, negative Gefühle und physiologische Beschwerden. Auch die Mit-
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menschen bemerken neue und außergewöhnliche Verhaltensweisen. Die Kontaktaufnahme zu anderen Menschen ist oftmals erheblich behindert. Ausbrennen ist ein schleichend beginnender oder auch abrupt einsetzender körperlicher, geistiger oder emotionaler Erschöpfungszustand, aufgrund langandauernder Überforderung und Anspannung mit zu hoher Energieabgabe und zu geringer Wirkung bei unzureichendem Energienachschub. [vgl. MüllerTimmermann (2004), S. 9-10 sowie Schröder (2006), S. 12-13] Da die Ursachen des Burnout nicht nur im Außen, wie der konkreten beruflichen oder privaten Lebenssituation liegen, sondern auch im Inneren der Betroffenen, sei an dieser Stelle nochmals hingewiesen auf die wesentliche Bedeutung der Selbstverantwortung, der rechtzeitigen Selbstreflexion und des sorgsamen Umganges mit den eigenen Kräfteressourcen und -potenzialen. 3.2 Burnout-Phasen Ganz unabhängig von den unterschiedlichen individuellen Verläufen des Burnout, lassen sich acht grundlegende Phasen identifizieren. [vgl. Kypta (2006), S. 65-71]
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Phase 1
Zwang sich zu beweisen, verstärkter Einsatz, Idealismus (ich bin der Einzige, mit dem der Kunde zufrieden ist)
Phase 2
„Mehr von dem Selben“ erste Frustration oder reduziertes Engagement, subtile Vernachlässigung von eigenen Bedürfnissen (mittags keine Zeit zu essen)
Phase 3
Verdrängung von Konflikten, Schuldzuweisungen an andere, Aggression, Depression, Erschöpfung und erhöhter Einsatz (abends falle ich tot ins Bett)
Phase 4
Veränderungen werden offen sichtbar, Angst, Panickattacken, Verlust von Kritikfähigkeit (keine Geduld mehr mit anderen haben)
Phase 5
Rückzug, beobachtbare Verhaltensänderung, Verflachung, Zynismus, Sarkasmus (am Wochenende will ich keinen mehr sehen)
Phase 6
Psychosomatische Beschwerden, Verlust des Gefühls für die eigene Persönlichkeit, erhöhte Ansprüche an andere
Phase 7
Innere Leere, existenzielle Verzweiflung, Depression, Sucht, Suizidgefahr, Abbau der kognitiven, kreativen, emotional/körperlichen Fähigkeiten (wofür rackere ich eigentlich?)
Phase 8
Burnout, völlige Erschöpfung, häufig Totalzusammenbruch auf körperlicher und psychischer Ebene
Diese Phasen müssen nicht in der aufgeführten Reihenfolge ablaufen und sie können sich auch überlagern. Ebenfalls können sie für eine Zeit lang aufhören und dann wieder beginnen. Alle Symptome
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können auftreten, müssen es aber nicht. Gemeinsam ist jedoch allen Verläufen ein schleichender Anfang und die zunächst unauffällige Ausweitung mit harmlos anmutenden Symptomen. [vgl. Kypta (2006), S. 71-72] Das Burnout-Syndrom zeigt vielfältige Symptome und individuell unterschiedliche Verläufe. Ebenso vielgestaltig für einen Burnout ist auch sein Ursachenspektrum. Zu nennen sind hier gesellschaftliche, wirtschaftliche, soziale, berufliche, familiäre Ursachen, Ursachen aufgrund objektiver Belastungsfaktoren, wie Stress und Ursachen, die in der eigenen Persönlichkeit liegen.
4 Fazit Es ist die bedauerliche Tendenz festzustellen, dass zunehmend mehr Menschen Burnout-gefährdet sind, das die Zahl der Burnoutfälle steigt und damit die entsprechenden beruflichen und privaten Ausfallzeiten sowie die damit verbundenen Kosten für den Einzelnen, für das Unternehmen und die Gesellschaft. Die guten Nachrichten sind: Burnout lässt sich vermeiden. Work-Life-Balance ist ein wirksames präventives Schutzschild gegen das „Ausbrennen“. Unternehmen und Mitarbeiter haben Gestaltungsmöglichkeiten zur Harmonisierung der Lebensbereiche.
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Sie haben Möglichkeiten ein Gleichgewicht zu schaffen zwischen Berufs- und Privatleben, zwischen Körper, Geist und Seele, zwischen Arbeit und Entspannung, zwischen Müssen und Wollen. - Gezielt, entschieden und sorgsam -
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Veröffentlichungsliste
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Veröffentlichungsliste Univ.-Prof. Dr. Winfried Hamel Ansätze für eine Investitionsrechnung bei der erstmaligen Beschaffung elektronischer Datenverarbeitungsanlagen, Diplom-Arbeit, Universität Mannheim 1967 Die alternativenbedingte Zielvariation. Eine empirische Studie zur Beeinflussung des Entscheidungsziels durch Entscheidungsalternativen, Dissertation, Universität München 1972 Felduntersuchungen zur Struktur von Informations- und Entscheidungs-Prozessen (zus. mit Oskar Grün und Eberhard Witte), in: Das Informationsverhalten in Entscheidungs-Prozessen, hrsg. von Eberhard Witte, Tübingen 1972, S. 111 - 164 Zur Zielvariation in Entscheidungsprozessen, in: Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 25. Jg, 1973, S. 739 - 759 Zieländerungen im Entscheidungsprozeß, Tübingen 1974 (erweiterte Fassung der Dissertation) Finanzpolitische Steuerung der Unternehmung (zus. mit Jürgen Hauschildt), unveröffentlichtes Manuskript, Saarbrücken 1974
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Univ.-Prof. Dr. Winfried Hamel
Operative Entscheidungssteuerung durch finanzwirtschaftliches Bewußtsein. Integration finanzwirtschaftlichen, operativen und erfolgswirtschaftlichen Denkens mit Hilfe des Finanzberichtes, in: Zeitschrift für Organisation, 45. Jg., 1976, S. 241 - 251 Erhöhung der Bilanzaussage durch Bilanzierung synallagmatischer Verträge? Fragen zu einer Bilanzkonzeption, in: Steuer und Wirtschaft, 54. Jg., 1977, S. 223 - 229 Empirische Forschung zur Zielbildung in Organisationen - auf dem Weg in eine methodische Sackgasse? (zus. mit Jürgen Hauschildt), in: Hamburger Jahrbuch für Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, hrsg. von Heinz-Dietrich Ortlieb u. a., 23. Jg. 1978, Tübingen, S. 237 - 250 Die Diskrepanz zwischen Kompetenz und Verantwortung - organisatorisches Übel oder Führungsinstrument?, in: Schriften zur Unternehmensführung, Bd 25, hrsg. von H. Jacob, Wiesbaden 1978, S. 103 - 128 Methodology of empirical goal research - on its way into a blind alley? (zus. mit Jürgen Hauschildt), in: Theory and Decision, vol. 9, 1978, S. 173 - 186 Vier Lehrbriefe für den Bereich "Bankbetriebslehre" der Fernuniversität Hagen: Bankgeschäfte und Bankpolitik, (zus. mit Hartwig Hasenkamp, Jürgen Hauschildt, Klaus Weigel)
Veröffentlichungsliste
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Bilanzierung unter Mitbestimmungs-Einfluß - eine kontingenztheoretische Untersuchung, Habilitationsschrift, Saarbrücken 1979 Portfolio Selection - ein Modell zur optimalen Disposition der Aktiva in: Bitz, Michael (Hrsg.): Bank- und Börsenwesen, Bd 2: Geschäftspolitik der Banken, München 1981, S. 39 - 55 Interne Kontrolle der Unternehmung durch Organe der Unternehmensverfassung - Anspruch und Realität am Beispiel des Jahresabschlusses in: Unternehmensverfassung als Problem der Betriebswirtschaftslehre, Bericht von der Wissenschaftlichen Tagung des Verbandes der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft e. V,. in Regensburg, hrsg. von K. Bohr, J. Drukarczyk, H. J. Drumm, G. Scherrer, Berlin/Bielefeld/München 1981, S. 541 - 574 Berücksichtigung von Akzeptanzbarrieren bei der Konstruktion betriebswirtschaftlicher Entscheidungsmodelle, in: Die Betriebswirtschaft, 41. Jg., 1981, S. 615 - 625 Teilzeitarbeit - personalwirtschaftliche Notlösung oder Alternative?, in: Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 34. Jg., 1982, S. 147 - 162 Bilanzierung unter Mitbestimmungs-Einfluß, Stuttgart 1982 (veränderte Fassung der Habilitationsschrift)
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Univ.-Prof. Dr. Winfried Hamel
Personalfreisetzung - Herausforderung für das Personalmanagement, in: Kilger, Wolfgang; Scheer, August-Wilhelm (Hrsg.): Rationalisierung. 3. Saarbrücker Arbeitstagung, Würzburg 1982, S. 165 - 191 Konsequenzen der Kundenorientierung für das Rechnungswesen im Kreditbereich, in: Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung 34. Jg., 1982, S. 899 - 911 Elemente betriebswirtschaftlicher Entscheidungen, in: das wirtschaftsstudium (wisu), 13. Jg., 1984, S. 11 - 15 Kriterien zur Beurteilung von Finanzierungsalternativen, in: das wirtschaftsstudium (wisu), 13. Jg., 1984, S. 452 - 456 Ansatzpunkte strategischer Bilanzierung, in: Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung 36. Jg., 1984, S. 903 912 Organisatorische Ansatzpunkte für personalwirtschaftliche Innovationen in mittelständischen Unternehmen, in: Betriebswirtschaftslehre mittelständischer Unternehmen. Wissenschaftliche Tagung des Verbandes der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft e. V. 1984, hrsg. von Horst Albach und Thomas Held, Stuttgart 1984, S. 574 - 590 Betriebswirtschaftliche Konsequenzen neuer Tarifstrukturen, in: Personalführung, 1984, S. 294 - 300
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Personalwirtschaftliche Rahmenbedingungen künftiger Geschäftstätigkeit der TÜV Gutachten für die Vereinigung der Technischen Überwachungs-Vereine e. V., (unveröffentlicht) 1984 Betriebliche Aspekte einer Flexibilität der Arbeit, in: das wirtschaftsstudium (wisu), 14. Jg., 1985, S. 296 - 300 Flexibilisierung der Arbeit aus betriebswirtschaftlicher Sicht , in: Personalwirtschaft, 12. Jg., 1985, S. 377 - 385 Betriebswirtschaftliche Fragen zur Umgestaltung des "Produktionsfaktors Arbeit", in: Personalführung 5-6, 1986, S. 210 - 219 Personalwirtschaftliche Flexibilität durch Kooperation, in: Größere Flexibilität in mittelständischen Unternehmen, Jahrbuch für Betriebswirte 1986, hrsg. von Werner Kresse, Stuttgart 1986, S. 131 139 De ontwikkeling von het personeelsbeleid en -functie in de Bondsrepubliek Duitsland, in: Personeelmanagement in het buitenland I, hrsg. von René J. Tissen, Antwerpen 1986, S. 1 - 50 Leistungsorientierte Entgeltsysteme, in: Leistungslohn und Leistungszulagen, Hrsg. Techno Congress GmbH, Techno Congress Verlag, München 1986, S. 40 - 58
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Veröffentlichungsliste
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Entgeltformen bei veränderten Technologien, Arbeitsstrukturen und Arbeitszeitregelungen, in: Jahrbuch für Betriebswirte 1988, hrsg. von Heinz Stehle, Werner Rössle, Norbert Leuz, Stuttgart 1988, S. 167 - 174 Die Struktur des Entscheidungsprozesses (zus. mit Oskar Grün und Eberhard Witte), in: Innovative Entscheidungsprozesse. Die Ergebnisse des Projektes "Columbus", hrsg. von Eberhard Witte, Jürgen Hauschildt, Oskar Grün, Tübingen 1988, S. 36 - 54 Zielvariation in innovativen Entscheidungsprozessen, in: Innovative Entscheidungsprozesse. Die Ergebnisse des Projektes "Columbus", hrsg. von Eberhard Witte, Jürgen Hauschildt, Oskar Grün, Tübingen 1988, S. 79 - 96 Betriebsrat im Wandel?, in: Personalführung 10, 1988, S. 715 - 725 Vollzeit- und Teilzeitarbeit im Einzelhandel. Gutachten für das Landesarbeitsgericht Köln, 1989 Individualisierung - neue Herausforderung der Personalwirtschaft?, in: Individualisierung der Personalwirtschaft, hrsg. von Hans Jürgen Drumm, Bern/Stuttgart 1989, S. 59 - 68 Planung der Personalanpassung, in: Personalführung 4, 1989, S. 385 - 391
266
Univ.-Prof. Dr. Winfried Hamel
Zielplanung, in: Handwörterbuch der Planung HWPlan, hrsg. von Norbert Szyperski, Stuttgart 1989, Sp. 2302 - 2315 Wirtschaftspläne, in: Handwörterbuch der Öffentlichen Betriebswirtschaft HWÖ, hrsg. von Klaus Chmielewicz und Peter Eichhorn, Stuttgart 1989, Sp. 1819 - 1824 Auswirkungen neuer Technologien auf die Arbeitsorganisation, in: Jahrbuch für Betriebswirte 1989, hrsg. von Heinz Stehle, Werner Rössle, Norbert Leuz, Stuttgart 1989, S. 121 - 128 Auswirkungen der Arbeitszeitflexibilisierung auf die Führungsaufgabe, in: Jahrbuch für Betriebswirte 1990, hrsg. von Heinz Stehle, Werner Rössle, Norbert Leuz, Stuttgart 1990, S. 153 - 160 Innovative Instrumente des Personalwesens für Kreditgenossenschaften, in: Kölner Genossenschaftswissenschaft Bd. 12: Genossenschaften und genossenschaftliche Forschung, hrsg. von Jürgen Zerche; Philipp Herder-Dorneich; Werner Wilhelm Engelhardt, Regensburg 1990, S. 103 - 112 Student der Neunziger, in: Junge Berufs-Welt, Beilage zu Die Welt Nr. 77, Sa. 31. März 1990, S. 2 Entgeltformen bei veränderten Technologien und Arbeitsstrukturen, in: Handbuch Anreizsysteme in Wirtschaft und Verwaltung, hrsg. von Günther Schanz und Helmut Wohland, Stuttgart 1990, S. 109 - 124
Veröffentlichungsliste
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Integrationsmanagement - Managementaufgabe für eine produktive Unternehmenszukunft , in: Jahrbuch für Betriebswirte 1991, hrsg. von Heinz Stehle, Werner Rössle, Norbert Leuz, Stuttgart 1991, S. 94 - 100 Gemeinschafts-Praxis oder Praxis-Gemeinschaft - Gutachten für die Orthopädie-Gemeinschaftspraxis Dr. med. Rr.r / Dr. med. Th. K., Köln 1992 Mitbestimmung, in: Lexikon der Betriebswirtschaftslehre, hrsg. von Hans Corsten, München 1991, S. 658 - 662, 2. Aufl. 1993 Personalbeurteilung, in: Lexikon der Betriebswirtschaftslehre, hrsg. von Hans Corsten, München 1991 Zielsysteme, in: Handwörterbuch der Organisation HWO, 3. Aufl., hrsg. von Erich Frese, Stuttgart 1992, Sp. 2634 - 2652 Arbeitszeit, in: Handwörterbuch des Personalwesens HWP, 2. Aufl., hrsg. von Eduard Gaugler und Wolfgang Weber, Stuttgart 1992, Sp. 441- 458 Personalanpassung als grundsätzliches Problemfeld, in: Handbuch der Personalleitung. Funktionen und Konzeptionen der Personalarbeit im Unternehmen, hrsg. von Ch. Hauke, D. Wagner, E. Zander, München 1992, S. 463 - 493
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Univ.-Prof. Dr. Winfried Hamel
CISMET - Computerunterstütztes Intensiv-Seminar für Management-Entscheidungs-Training. Ein modulares Planspiel, (Köln/Düsseldorf) seit 1992, 9. Aufl, Düsseldorf 2007 Betriebsverfassung, in: Handwörterbuch der Betriebswirtschaft HWB, hrsg. von Waldemar Wittmann, Werner Kern, Richard Köhler, Hans-Ulrich Küpper, Klaus v. Wysocki, 5. Aufl., Stuttgart 1993, Sp. 424 - 442 Mitbestimmung, in: Ergebnisse empirischer betriebswirtschaftlicher Forschung - zu einer Realtheorie der Unternehmung. Festschrift für Eberhard Witte zu seinem 65. Geburtstag, hrsg. von Jürgen Hauschildt und Oskar Grün, Stuttgart 1993, S. 25 - 53 Konzeption einer Unternehmens-Flexibilisierung, in: Düsseldorfer Uni-Zeitung, 22. Jg. 1993, Heft 4, S. 18 - 19 Personalwirtschaft in deutschen Unternehmen., in: A Comparative Study of Management in Japan and Germany, hrsg. von Günter Schanz und Ohashi Oda, Tokio 1995, S. 259 - 281 Konsekutive Personalfreisetzungsplanung, in: PersonalManagement. Zukunftsorientierte Personalarbeit, hrsg. von Jürgen Berthel und Horst Groenewald, 14. Nachlieferung 5/1994, III. Personalplanung, München 1994 Ziele brauchen den Dialog, in: Blätter der Wohlfahrtspflege - Deutsche Zeitschrift für Sozialarbeit 7-8/1994, S. 137 - 141
Veröffentlichungsliste
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Arbeits- und Leistungsbewertung, in: Handwörterbuch der Produktionswirtschaft HWP, hrsg. von Werner Kern, Hans-Horst Schröder, Jürgen Weber, 3. Aufl., Stuttgart 1995, Sp. 101-115 Betriebswirtschaftliche Aspekte der Teilzeitarbeit, in: Unsere Wirtschaft, Zeitschrift der IHK Düsseldorf 66, 1995, Heft 3, S. 22 - 24 Der kostbare Luxus der Informations- und Kommunikationstechnologie, in: "Zentrum 95" debis Systemhaus GmbH, Region Mitte, 1995, S. 75 - 85 Innovative Organisation der finanziellen Unternehmensführung, in: Zeitschrift Betriebliche Forschung und Praxis BFuP, Heft 3/96, S. 323 - 341 Personalwirtschaft der Mittel- und Kleinbetriebe, in: Betriebswirtschaftslehre der Mittel- und Kleinbetriebe, Neuauflage, Berlin, 1997, S 226 - 252 Consumer Behaviour: An Intercultrual Perspective,, in: Cedric Brown / Therese Fischer-Seidel (eds.): Cultural Negotiations Sichtweisen des Anderen, Tübingen und Basel 1998, S. 227 - 241 Die „unbegrenzte“ Haftung des Aktionärs in ökonomischdynamischer Perspektive (1. Teil), in: WISU, 2000, S. 694 - 698 Die „unbegrenzte“ Haftung des Aktionärs in ökonomischdynamischer Perspektive (2. Teil), in: WISU, 2000, S. 821- 826
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Univ.-Prof. Dr. Winfried Hamel
Innovative Ansätze zur Unternehmensanalyse von Dienstleistern, in: Hamel, Winfried / Gemünden, Hans Georg (Hrsg.): Außergewöhnliche Entscheidungen, München 2001, S. 305 - 332 Kundenwertorientierte Anreizsysteme, in: Günter, Bernd / Helm, Sabrina (Hrsg.): Kundenwert. Grundlagen - Innovative Konzepte Praktische Umsetzungen, Wiesbaden 2001, S. 405 - 424 Qualitative Unternehmensbewertung - Jenseits von Bilanz und Gewinn und Verlust (GuV), in: Kaiser, Gerd (Hrsg.): Jahrbuch der Heinrich-Heine-Universität 2001, Düsseldorf 2001, S. 310 - 320 Kundenwertorientierte Anreizsysteme, in: Günter, Bernd / Helm, Sabrina (Hrsg.): Kundenwert. Grundlagen - Innovative Konzepte Praktische Umsetzungen, 2., überarbeitete und erweiterte Aufl., Wiesbaden 2003, S. 477 - 496 Betriebsvereinbarung, in: Gaugler, Eduard / Oechsler, Walter / Weber, Wolfgang (Hrsg.): Handwörterbuch des Personalwesens, 3. Aufl., Stuttgart 2004, Sp. 596 - 605 Funktionale Organisation, in: Schreyögg, Gerorg / v. Weber, Axel (Hrsg.): Handwörterbuch der Unternehmensführung und Organisation, 4. Aufl., Stuttgart 2004, Sp. 324 - 332 Unternehmenswertorientierte Unternehmensverfassung, in: Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis 2004, S. 463 - 479
Veröffentlichungsliste
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Der Gewinn-Tetraeder - Das magische Viereck des Gewinns, in: Labisch, Alfons (Hrsg.): Jahrbuch der Heinrich-Heine-Universität 2003, Düsseldorf 2004, S. 353 - 360 Das Düsseldorfer Institut für Dienstleistungs-Management - Eine virtuelle Forschungseinrichtung, in: Labisch, Alfons (Hrsg.): Jahrbuch der Heinrich-Heine-Universität 2005/2006, Düsseldorf 2006, S. 561 - 570 A New Basis for Evaluating Business Firms, Tübingen / Basel 2006 Corporate Governance Kodex - Taugliches Mittel für moralisches Wirtschaften?, in: Hilger, Susanne (Hrsg.): Kapital und Moral. Ökonomie und Verantwortung in historisch-vergleichender Perspektive, Weimar / Wies 2007, S. 199 - 216 Mitbestimmung, in: Corsten, Hans / Gössinger, Ralf (Hrsg.): Lexikon der Betriebswirtschaftslehre, 5. Aufl., 2008 Personalbeurteilung, in: Corsten, Hans / Gössinger, Ralf (Hrsg.): Lexikon der Betriebswirtschaftslehre, 5. Aufl., 2008
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Univ.-Prof. Dr. Winfried Hamel
Rezensionen zu: Niebling, Hans: Kurzfristige Finanzrechnung auf der Grundlage von Kosten- und Erlösmodellen, Wiesbaden 1973, in: ZfO 1974, S. 475 - 476 Rudolph, Bernd: Die Kreditvergabeentscheidung der Banken, Opladen 1974, in: ZfbF 1975, S. 642 - 643 Lerchner, Helmut: Zielforschung, in Unternehmen, Wiesbaden 1975, in: ZfbF 1976, S. 540 Kupsch, Peter: Unternehmensziele, Stuttgart / New York 1979, in: ZfbF 1980, S. 816 - 817 Wächter, Helmut: Politische Forderung und betriebliche Reaktion, München 1983, in: ZfB 1984, S. 936 - 937 Raatz, Günter: Mehr Arbeit oder Mehrarbeit, Frankfurt / M. 1984, in: ZfbF 1986, S. 538 Marr, Rainer: Arbeitszeitmanagement. Grundlagen und Perspektiven der Gestaltung flexibler Arbeitszeitsysteme, Berlin 1987, in: ZfbF 1988, S. 713 - 714 Gaul, Dieter: Der Betriebsübergang. Arbeitsrecht - Sozialrecht Gesellschaftsrecht - gewerblicher Rechtsschutz, 2., überarbeitete Aufl., Ehningen / Köln 1993, in: Personal 1994
Veröffentlichungsliste
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Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (Hrsg.), bearbeitet von Fritz-Jürgen Kador und Dagmar Diergarten: Unternehmerische Personalpolitik. Analyse der Arbeitsbedingungen und personalpolitische Schwerpunktaufgaben, 4., überarbeitete Aufl., Köln, in: Personal
Herausgabe der Reihe „Unternehmensführung und Personalwirtschaft“ im Wirtschaftsverlag Bachem Limbach, Michaela: Planung der Personalanpassung, Köln 1987 Wessmann, Peter K.: Mitbestimmung durch Betriebsvereinbarungen, Köln 1987 van Roessel, Rainier: Führungskräfte-Transfer in internationalen Unternehmungen, Köln 1988 Wendler, Werenfried: Arbeitszeitmanagement in Bankzweigstellen, Köln 1988 Diedrich, Andreas: Effizienz betrieblicher Weiterbildung, Köln 1988 Dahmen, Petra: Qualifizierung für innovative Informationstechnologien, Köln 1990
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Univ.-Prof. Dr. Winfried Hamel
Keller, Thomas: Unternehmungsführung mit Holdingkonzepten, Köln 1990, 2. Aufl., 1993 Kricsfalussy-Hrabár, Andreas: Betriebsratsmanagement. Eine Untersuchung der Betriebsratseffizienz, Köln 1993 Limpens, Erich: Leistungsorientierte Differenzierung von Führungskräften. Probleme - Bedingungen - Wirkungen, Köln 1994 Liman, Burkhard: Bewertung des irregulären Verlustes von Knowhow, Köln 1999 Menges, Ulrich: Ältere Mitarbeiter als betriebliches Erfolgspotential, Köln 2000 Thom, Gudrun: Integrative Personalwirtschaft, Köln 2000
Herausgabe der Reihe "Düsseldorfer Schriften zu Unternehmensführung, Organisation und Personal" des Lehrstuhls für Unternehmensführung, Organisation und Personal der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Heinrich-HeineUniversität Düsseldorf Hamel, Winfried: Ebenen betriebswirtschaftlichen Handelns. Zusammenhang zwischen finanzwirtschaftlicher, erfolgswirtschaftlicher und güterwirtschaftlicher Ebene, 1994, 2. Auflage 1995
Veröffentlichungsliste
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Hamel, Winfried: Unternehmensflexibilisierung. Anforderungen einer holistischen Konzeption, 1994 Hamel, Winfried: Personalwirtschaft in deutschen Unternehmen. Japanisch-deutsches Kooperationsprojekt, 1994 Kricsfalussy, Andreas: Das Pflichtenheft des Unternehmers, 1994 Limpens, Erich: Total Quality Management. Eine kritische Reflexion, 1994 Hamel, Winfried: Personalorganisatorische Bewältigung der neuen Ladenöffnungszeiten, 1997 Wihr, Ralf: Betriebswirtschaftliche Aspekte der Gestaltung von Idealvereinen mit Lizenzspielerabteilung, 1999
Autorenverzeichnis
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Autorenverzeichnis Prof. Dr. Kerstin Seeger hat im Jahr 2006 die Professur für Strategisches Management und Unternehmensführung im Studiengang Industriemanagement an der Europäischen Fachhochschule in Brühl übernommen. Zuvor war sie bei Horváth & Partners als Unternehmensberater im Competence Center Strategic Management und Innovation tätig. Ihre Beratungs-, Lehr- und Forschungsschwerpunkte liegen auf den Gebieten der Entwicklung, Operationalisierung und Umsetzung von Strategien sowie im Bereich der strategieorientierten Anreizsysteme. Ihre Dissertation verfasste sie zum Thema „Leistungsorientierte Vergütung für tarifvertraglich Beschäftigte“.
Dr. Burkhard Liman ist Personalleiter der Nexans Deutschland Industries GmbH & Co. KG am Standort Hannover. Zuvor war er mehrere Jahre im Personalbereich der Henkel KGaA sowie als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Unternehmensführung, Organisation und Personal an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf tätig. Seine Dissertation verfasste er zum Thema „Bewertung des irregulären Verlustes von Know-how“.
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Dr. Andreas Kricsfalussy ist seit 2005 Partner bei Roland Berger Strategy Consultants, Düsseldorf, im Competence Center Marketing and Sales. Zuvor war er bei Droege & Comp., Internationale Unternehmerberatung, als Partner verantwortlich für das Competence Center Consumer Goods und Marketing & Sales. Er ist Lehrbeauftragter an der ISM Dortmund für „Internal Marketing“ und „Marketing Coordination“. Seine Dissertation verfasste er zum Thema „Effizienz der Betriebsratsarbeit“ .
Dr. Erich Limpens MCR war als Projektleiter wie auch Handlungsbevollmächtigter mit verschiedenen Arbeitsschwerpunkten bei der AM Aachener und Münchener Immobilien GmbH tätig und führt seit 2000 die LIC Dr. Limpens Immobilien-Consulting sowie seit 2006 das DIS Institut für Service Immobilien GmbH als Geschäftsführer. Darüber hinaus ist er Arbeitskreisleiter bei der Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung, Prüfer im Bereich „Verwaltung von Wohnungseigentum“ bei der IHK Düsseldorf sowie akkreditierter Gutachter der DIN CERTCO für Betreutes Wohnen. Seine Dissertation verfasste er zum Thema „Leistungsorientierte Differenzierung von Führungskräften“.
Autorenverzeichnis
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Dr. Nicole Richter ist seit 2007 bei der Metro Cash & Carry International GmbH in Düsseldorf als Referentin für Training & Internships beschäftigt. Zuvor war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Unternehmensführung, Organisation und Personal der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf tätig. Ihre Dissertation verfasste sie zum Thema „Interne Kommunikation im Krisenmanagement “.
Dr. Kay Schlenkrich ist als Unternehmensberater bei Hartmann Management Consultants im Bereich Strategisches Management und Sanierung tätig. Zusätzlich ist er Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Fresenius in Köln und der Europäischen Fachhochschule in Brühl. In seiner Dissertation, die unter dem Titel „Ökonomie sensibler Güter“ erschienen ist, hat er Anforderungen an Strategien von Unternehmen im Public Health Sektor thematisiert.
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Dr. Adrian Seeger ist Sprecher der Geschäftsführung der Mannesmannröhren Logistic GmbH in Ratingen. Zuvor war er Partner der intra-Unternehmensberatung. Hier war der verantwortlich für das Kompetenzcenter Beschaffung & Logistik. Seit 2004 ist er zudem Lehrbeauftragter an der Düsseldorf Business School. Seine Dissertation verfasste er zum Thema „Privatisierung von Staatsunternehmen in der VR China“.
Dr. Gudrun Thom ist seit Anfang des Jahres 2006 selbständige Personaltrainerin und Coach. Zuvor war sie zwölf Jahre als freiberufliche Fachdozentin für Personalwirtschaft und fünf Jahre als Managerin Human Resources in der Telekommunikationsbranche tätig. Ihre Dissertation verfasste sie zu dem Thema „Integrative Personalwirtschaft - Ein Ansatz zur Bewältigung der Koordinationsproblematik von Berufs- und Privatleben“.