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Geschichten aus dem Fantastik Magazin WARP-online
Das Star Trek Spezial
Warpfaktor 7
'Warpfaktor' ist eine kosten...
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Geschichten aus dem Fantastik Magazin WARP-online
Das Star Trek Spezial
Warpfaktor 7
'Warpfaktor' ist eine kostenlose Star Trek Anthologie von www.WARP-online.de, dem Fantastik Magazin. Alle Rechte der Geschichten und Bilder verbleiben bei den jeweiligen Autoren und Künstlern.
Warpfaktor 7 Copyright 2003 WARP-online Herausgeber: www.WARP-online.de Satz und Layout: Bernd Timm Alle Texte und Bilder sind bereits jeweils einzeln bei www.WARP-online.de erschienen und zur Veröffentlichung durch WARP-online freigegeben. Die Magazin-Reihe ist eine Sammlung von Beiträgen, die zusätzlichen Kreis interessierter Leser anspricht und die Namen der Autoren und Künstler bekannter macht. Weder das Fehlen noch das Vorhandensein von Warenzeichenkennzeichnungen berührt die Rechtslage eingetragener Warenzeichnungen.
1000 Seiten Fantastik www.WARP-online.de bringt das ganze Spektrum der Fantastik: Bilder, Geschichten, Artikel, Projekte, Reportagen, Interviews, Wissenschaft, Comic, Kostüme, SF-Kabarett, Lyrik, Film-& TV-Projekte, Modelle und mehr!
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Inhalt Cover von Volker Krug Der rote Schwarm.................................................................................... 5 von Thomas Kohlschmidt ..................................................................................................... Captain Archer wollte nur ein paar Weltraumfotos schießen. Doch dann geschah das Unerwartete...
Ich töte Picard.......................................................................................... 8 von Thomas Kohlschmidt ..................................................................................................... Daben hat nur ein Ziel: Er will ein Signal setzen... Der Attentäter ist an Bord: Der Anschlag steht kurz bevor! Wird Picard sterben?......................................................................................................
Voyager im Wunderland ....................................................................... 13 von Anja Penning ................................................................................................................. Die Crew der Voyager schrumpft auf 10 Zentimeter! Wie können sich die Winzlinge retten? .............
Grüner Mond .......................................................................................... 18 von Kim-Jane Summer ......................................................................................................... Syrons Mond soll erforscht werden. Doch hier lauert das Unheil auf das Landeteam der Enterprise NX-01...............................................................................................................................................
Ein Tag auf dem Kriegsschiff Voyager ............................................... 24 von Annika Ruf .................................................................................................................... Captain Janeway will Harry Kim hinrichten! Weil er ihren letzten Kaffee getrunken hat!.....................
Ein böser Tag......................................................................................... 27 von Thomas Kohlschmidt ..................................................................................................... Es gibt Zeiten, da möchte man es nicht glauben, was alles so passiert. Heute kämpft sich Kirk durch einen Albtraum! ......................................................................................................................
6 of 2 ....................................................................................................... 29 von Carsten Posingies........................................................................................................... Captain Archer begegnet einem Alptraum: Schlimmer als die Borg?.................................................
Balance................................................................................................... 31 von Tom Kosch .................................................................................................................... Tom Paris auf Rettungsflug. Zwischen Verantwortung und Freiheit!..................................................
Fratzenwelt............................................................................................. 33 von Tom Kosch .................................................................................................................... Picard jagt die Medikamentendiebe von Colonie 46. Finale auf einem erstaunlichen Planeten... .......
Das letzte Ziel......................................................................................... 35 von Tom Kosch .................................................................................................................... 3
Auf dem Weg zum ´Feuer von Agonia´. Kirk und die Verzweifelten!..................................................
Plötzlich Krieg........................................................................................ 37 von Detlev Kröger ................................................................................................................ In der Atmosphäre von Caneipos 4 explodieren ohne Vorwarnung Raketen. Können Kirk und seine Mannschaft noch irgendjemanden retten? ........................................................................................
Schöne Bescherung.............................................................................. 39 von Thomas Kohlschmidt ..................................................................................................... Weihnachten auf der Enterprise! Ein besonderes Erlebnis... .............................................................
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Der rote Schwarm von Thomas Kohlschmidt
Captain Archer wollte nur ein paar Weltraumfotos schießen. Doch dann geschah das Unerwartete...
Captain Archer atmete tief durch. Der Anblick der Sterne war überwältigend, und gleich würde es noch großartiger werden. „Wie weit ist der Schwarm noch entfernt?“ fragte er über Helmfunk und hörte Fähnrich Satos Stimme an seinem Ohr „Noch 56.000 Kilometer“ sagen. Dann war es nun nicht mehr viel Zeit! Jonathan Archer justierte seine Spezialkamera auf dem magnetverankerten Dreibein nach. Alles perfekt. Die Bilder des Meteoritenschwarms würden ihm gewiss einen guten Platz beim Astrofotografie-Wettbewerb einbringen. Er lächelte. Wer hätte vor sechs Monaten gedacht, dass es ihn so packen würde? Seit er diese MediaDateien bei Fähnrich Mayweather gesehen hatte, und diese Nebel und Sternhaufen in der „Galerie des Universums“, da hatte er plötzlich gewusst, dass er seinen Teil dazu tun würde, die Schönheit des Alls einzufangen. Schließlich gab es genug bedauernswerte Wesen, denen es niemals vergönnt sein würde, hier oben die Erhabenheit unser Existenz im Angesicht der Sterne zu spüren. Archer sah auf. Jetzt musste es gleich soweit sein. Er hatte Mayweather angewiesen, die Enterprise parallel zum trendverlängerten Kurs des Schwarms zu setzen, und er konnte sich gut vorstellen, wie konzentriert der Navigator jetzt an der Konsole auf der Brücke saß, und die Feinabgleiche vornahm. Der Schwarm bestand aus ca. 85.000 Gesteins- und Eisbrocken, deren größter 56 Meter Durchmesser hatte. Sie hatten das Manöver so abgesprochen, dass die Objekte in einer Entfernung von nur 200 Metern von der Schiffshülle entfernt vorbeitaumeln würden. Archer hatte das Schiff in der Nähe der roten Sonne Calpheides im Sternhaufen Zapheton auf Unterlicht gehen lassen und so positioniert, dass sich aus diesem Kamerawinkel heraus, das Licht perfekt auf den eisigen Oberflächen und Steinen brechen wurde. Er hoffte auf einen besonders schönen Glitzereffekt. Wie aufgeregt er war. Fast wie ein kleiner Junge. Und warum nicht? Warum sollte man als Captain nicht auch noch Spaß an einfachen Freuden haben, an Fotografie wunderbarer Himmelsphänomene zum Beispiel? Jonathan Archer war auf gewisse Weise froh darüber, dass er noch nicht so abgestumpft war, die Schönheit der Welten nicht mehr zu sehen. „Sie kommen!“ sagte Fähnrich Sato, und tatsächlich: Der Captain konnte die ersten Schemen sehen, die sich aus der Schwärze der ewigen Nacht schälten. „Wow...“, flüsterte er und stellte die Kamera ein. Modus ´Objektverfolgung´ lief. Die automatische Nachführung sprang an. Der Focus würde nun stets im optischen Masseschwerpunkt bleiben, solange Archer nicht eingriff, was er selbstverständlich vorhatte! „Die besten Schüsse sind die aus der Hüfte!“ sagte er sich. Etwa 100 Steine und Eisklumpen waren schon in Sicht, und es wurden rasch mehr. Mayweather hatte die Enterprise meisterlich ausgerichtet. Ihre Geschwindigkeit lag zur Zeit unter der des Schwarms. Wenn der Zentralbereich der Objektdichte neben dem Schiff erschienen sein würde, dann würde Fahrt aufgenommen werden um die Zeit des Rendezvous zu verlängern und Captain Archer Gelegenheit zu ausgiebigsten Motivsuchen zu geben. Die ersten Objekte erreichten die Lichtfinger der roten Sonne. Augenblicklich leuchteten sie 5
auf wie Laternen. Ein Funkeln und Blitzen tanzte über ihre Oberflächen. Archer war begeistert! So hatte er es sich vorgestellt! Fantastisch! „Captain!“ meldete sich Fähnrich Sato da an seinem Ohr. Der Captain war so in den prächtigen Anblick versunken, der sich ihm gerade bot, dass er sie erst nach dem dritten oder vierten „Captain!“ hörte. Sie klang schon etwas ungeduldig, was ihn irritierte. „Was gibt es, Fähnrich?“ „Wir haben ein Problem!“ „Jetzt nicht! Kann das nicht warten?“ Er schielte wieder zu den Objekten des Schwarms hinüber, die ihm bedeutend größer vorkamen, als er es vermutet hatte. „Der Schwarm hat seinen Kurs geändert!“ Archer war nun hellwach. „Wie bitte? Was soll das heißen?“ Es knackte im Helmlautsprecher. „Die Brocken werden offensichtlich von der Enterprise angezogen!“ T´Pol meldete sich zu Wort: „Captain, Sie sollten die Hülloberfläche sofort verlassen. Ich empfehle, das Schiff zu beschleunigen, bevor die ersten Einschläge erfolgen!“ „Klingt logisch!“ schnaubte Archer und ärgerte sich. So abrupt war der Spaß also zuende! „In Ordnung! Ich komme rein. Wie viel Zeit haben wir noch?“ Die Vulkanierin las wohl gerade ihre Instrumente ab. Es war still im Helm. Er hörte nur seinen Atem, der nun schneller ging. Die rotangeleuchteten Brocken schienen nun tückisch zu blinzeln. Sie kamen ziemlich schnell näher... „Donnerschlag...“, flüsterte Jonathan Archer und klappte die Kamera hastig zusammen. Er würde sich beeilen müssen. Trotz seines Urvertrauens in die Kraft der Magnetschuhe wollte er nicht gern hier oben auf der Hülle sein, wenn Fähnrich Mayweather Kursänderungen und Beschleunigungen vornahm! „Erste Hüllkontakte in 2 Minuten!“ „Ach Du Sch...!!!“ Archer sah sich gehetzt um. „Archer an Brücke! Mr. Mayweather, gehen Sie in 90 Sekunden auf Ausweichkurs! Bis dahin bin ich hier weg, verstanden?“ „Aye, Captain!“ Nun aber los! Der Captain begann so schnell wie möglich zur Schleuse zu gehen, durch die er gekommen war. Diese lag allerdings rund 30 Meter entfernt, und das Gehen in den Magnetschuhen war nicht mit Jogging zu vergleichen. Tapp, Tapp, Tapp. Immer einen Fuß lösen, einen am Boden. Kontakt, den zweiten Schuh lösen. Der Raumanzug behinderte zügige Bewegungen. Schon stand Schweiß auf seiner Stirn, und er schielte zum Chronometer. Kurswechsel in 45 Sekunden!! Er würde nicht rechtzeitig bei der Schleuse sein!!! Und den Befehl zurücknehmen - er sah zu den drohenden roten Brocken hin, die nun schon fast erste Schatten auf die Enterprise warfen – den Befehl zurücknehmen konnte er unmöglich, ohne das Schiff zu gefährden. „Beeilen Sie sich, Captain!“ sagte T´Pol. „Was meinen Sie wohl, was ich mache? Yoga?! Aber die Schleuse ist zu weit weg!“ „Dann stellen Sie sich unter!“ Archer stutzte. Richtig! Wo waren noch gleich die Serviceschotts? Er wendete den Kopf hin und her und ließ seine Blicke über den Metallboden wandern. Hier mussten doch irgendwo.. Ah, ja! Noch 20 Sekunden! 6
Archer machte einen kleinen Satz von mehreren hastigen Schritten, strauchelte, rappelte sich wieder hoch und erreichte das Schott eines magnetisch verschlossenen Service-Spindes, wie es davon Dutzende in der Schiffshülle gab. In ihnen wurden Material und Werkzeug für Hüllreparaturen gelagert. Archer entriegelte das Schott, riss die Luke auf und packte entschlossen die Schubladen mit dem Werkzeug. Raus damit. Viermal noch riss er Schrankinhalte nach draußen und ließ sie schwerelos im All davon segeln. Dann sprang er in die Öffnung und riss das Schott hinter sich zu. „Wie eine Sardine in der Dose!“ stöhnte er. Da spürte er auch schon den Andruck der Kursänderung. Einige Sekunden lang hörte er nur seinen Atem rasseln und war geblendet vom eigenen Helmlicht, das sich in der Schottwand wenige Zentimeter vor seiner Gesichtsscheibe widerspiegelte. Dann knackte es wieder im Lautsprecher und T´Pol sprach in gewohnt kühler Art zu ihm. „Captain, wir sind dem Schwarm erfolgreich ausgewichen und befinden uns nun 8000 km davon entfernt.“ Archer wartete ein paar Atemzüge. Es blieb still. „Vielen Dank für Ihre Besorgnis um meine Gesundheit!“ knurrte Archer und streckte sich sogut es ging. „Alles klar! Stoppen Sie das Schiff, Mr. Mayweather, damit ich hier aus der Büchse rauskann!“ – Das war ja noch mal gut gegangen. Allerdings war wohl die Kamera draufgegangen. So ein Ärger! Astrofotografie war wohl doch komplizierter, als er gedacht hatte. Er würde dazu noch ein paar Dateien lesen und es dann erneut versuchen. „Protuberanzen! Wie wäre es mit Sonnenprotuberanzen?“ Und er malte sich schon aus, wie die Enterprise auf Parallelflug zu gigantischen Gasausschleuderungen gehen würde! Das würde optisch enorm viel hergeben. Das wäre ja noch viel besser als dieser dämliche Schwarm!!! Wieder gut gelaunt öffnete Archer das Schott und stieg ins Freie!
ENDE
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Ich töte Picard von Thomas Kohlschmidt
Daben hat nur ein Ziel: Er will ein Signal setzen... Der Attentäter ist an Bord: Der Anschlag steht kurz bevor! Wird Picard sterben?
Er hatte Mühe, seine Wut zu unterdrücken. Wann immer er diese eitlen Affen sah, kam es ihm übel hoch. Der dunkelhaarige Mann von Kolonie Astrian 12 kniff seinen Mund zu einem Strich zusammen und versuchte durch ruhiges Atmen seinen Puls zu senken. Diese Sternenflotten-Angeber schritten in ihren Strampelanzügen mit Goldbrosche umher, wie gammoponische Pfauen. Wie stolz und hochmütig sie lachten, wie unbeschwert und naiv sie waren. Wie jung! Daben knurrte in sich hinein. Das waren Frischlinge, die gerade eben ihr erstes Bordkommando bekommen hatten und jetzt und hier auf ihrem ersten Landgang waren. Er kannte die Prozeduren und Beförderungsverfahren der Flotte sehr gut. Es war ja auch immer ein Leichtes gewesen, in all den Jahren in all den Kneipen und Schänken nach Feierabend Gespräche zu knüpfen. Die meisten von diesen Frischlingen plapperten nur zu gern über ihr „tolles Kommando“, ihren Lebenstraum und die hohen Ideale ihrer Gemeinschaft. Sie vertraten die Propaganda der Sternenflotte mit einer geradezu verblüffenden Einfältigkeit und Ignoranz gegenüber den wahren Verhältnissen innerhalb des Regimes! Gehirnwäsche! Aufzucht von Epigonen! Konditionierung! Daben krampfte seine Hände zusammen. Und da kam nun schon wieder so ein Grüppchen laut lachend die Straße entlang. Ja, sahen sie denn das Elend nicht? Wieso schritten sie so achtlos an den Bettlern vorbei? Dort hockte eine verweinte Frau, deren Kinder an Unterernährung zu sterben drohten, da drüben humpelte ein Kriegsversehrter vorbei, der gerade 12 Jahre alt war! Ihm waren die Beine weggerissen worden in den Minenkriegen von Ganysia 22, einem Grenzkrieg der Föderation! Wie oft hatte die Regierung der Kolonie Einspruch dagegen erhoben, dass ihre männlichen Mitglieder von der Sternenflotte „ im Bedarfsfall rekrutiert“ werden konnten. „Zwangsverpflichtet“ wäre das richtigere Wort gewesen! Daben konnte Tränen der Wut kaum niederhalten. Ihm fielen seine Freunde Zarrat und Klimdo ein. Einstmals hatten sie auch so gelacht, wie diese glattgesichtigen Idioten da drüben, die natürlich nie wirklich an die Front mussten. Diese Typen waren ja auch Söhnchen, die aus reicheren Familien kommen, wohlbehütet von Papa und Mama, hochgezüchtet und dann zur Academy geschickt werden! Dort lernen sie, weitab vom staubigen und blutigen Alltag der kleinen Leute, nichts als Theorien und als Ideale getarnte Machtideologien des föderalen Regimes. Nach einigen Jahren nutzloser Studiererei, werden sie dann auf erste Kommandos versetzt! Das heißt, sie dürfen an Bord prächtiger Sternenschiffe im All umherschippern, und sich die Annehmlichkeiten des Bordlebens gefallen lassen! Sie dürfen in diesen Uniformen umherschreiten und sich als Nabel aller empfindenden Wesen betrachten. Als Anwälte jeder Kreatur. Ausgerechnet sie! - Und dann gehen sie fröhlich durch Straßen, wie diese, und sehen weder nach links, noch nach rechts in den Dreck! Sie haben die selektive Weltsicht wirklich gelernt! Daben schüttelte es, als er die zu grässlichem Lachen verzogenen Gesichter der drei Ensigns sah, die an all den Krüppeln vorbei tänzelten und sich Scherze über Vorgesetzte erzählten. „Schweine!“, flüsterte der Mann mit dem zerschnittenen Gesicht und hatte für den Bruchteil einer Sekunde den Impuls, den Strahler zu aktivieren und abzudrücken. Nur durch das ewige Nachwachsen dieser Ignoranten-Generationen konnte sich das föderale Imperium überhaupt an der Macht halten und sich ausbreiten. 8
„Nachwuchs und Symbole“, flüsterte Daben, das waren die Fundamente dieser sternenweiten Verbrecherorganisation. Lange genug hatte er zugeschaut und nur leise in sich hinein gelitten! Lange genug waren er selbst, seine Familie und Freunde nur die Fußmatte unter deren Füßen. Doch dann hatte er sich vor einem Jahr entschlossen, zu handeln! Und er hatte die Zeit seitdem gut genutzt. Die jungen Leute verschwanden aus seinem Blickwinkel, und ihr provozierendes Gehabe machte wieder der gewohnten Trostlosigkeit Platz, in der ein Leben nichts zählte. Daben fuhr sich mit der Hand über das zerfurchte Kriegsgesicht. Die plastische Anpassung würde in drei Stunden beginnen. Morgen um diese Zeit würde er bereit sein. Die gefälschten Personaldateien waren ebenfalls so weit klar und mussten nur noch eingeschleust werden. Kein Problem. Und dann – er sah auf den Metallkoffer zu seinen Füßen herab – dann würde er diese Sternenflotten-Uniform anlegen und an Bord des Schiffes gehen, das so prahlerisch im Orbit stand. Er wusste, dass es das Vorzeigeschiff der Flotte war, ihr Schmuckstück, das größte Symbol des Feindes: die Enterprise! Er würde dort unbemerkt eindringen und etwas tun, was niemand je vergessen würde. Es würde das Startsignal der Rebellion gegen Jahrhunderte lange Ungerechtigkeit und Bevormundung sein: Er würde den Captain dort oben töten! Schon bald! Schon morgen. - Und er wusste, dass das Schwein „Picard“ hieß!
Teil2 Er hatte es tatsächlich geschafft! In Dabens ewige Wut mischte sich Freude. Nun stand er an Bord der Enterprise, strahlend zurechtgemacht in der Uniform des Feindes, und niemand, niemand von diesen eitlen Schnöseln hatte sein Einschleichen bemerkt. Sicher, seine Freunde und er hatten diese Aktion seit Monaten vorbereitet, aber bis zuletzt hatte er gefürchtet, er würde auffliegen. Die Sicherheitsprozeduren der Sternenflotte waren legendär. Und diese Legende hatte er geschlagen. Nein, er wollte ehrlich bleiben, Lohardt, Jade und er hatten das zusammen getan. Sie hatten vor Monaten diesen Fähnrich auf der Ferienstation Krusenstern geschnappt, ihn ausgelöscht, und dann war er Schritt für Schritt in die Haut dieses Muttersöhnchens geschlüpft. Seine Datensätze, seine Papiere, seine IDs, seine Uniform und Ausrüstung, seine Zugänge, Transportbuchungen, Kontakte und schließlich sogar sein Gesicht! Daben fuhr mit der Hand über das glatte Babyface, während er von der Transporterplattform trat, zusammen mit den anderen drei Neuzugängen an Bord der Enterprise. – Ja, auch das Gesicht, sein wahres Gesicht, war durch plastische Chirurgie optimal angepasst worden, bis hin zu den Netzhäuten seiner Augen, die man aus Zellen des Toten geklont hatte. Es hatte eine Stange Geld gekostet, Dabens Kriegsgesicht zu verbergen, all die Narben und schlecht verheilten Wunden aus all den Schlachten, die er für die widerliche Föderation hatte führen müssen. Als Kanonenfutter an vorderster Front. Als „Vertreter des Friedens“, wie sie es nannten, wenn sie ihr Sternenreich ausweiteten! – Daben fühlte, wie die andauernde Wut wieder über die Genugtuung siegte. Er erschrak gleichzeitig, denn niemand sollte zu früh in seinen Augen die Wahrheit lesen können. „Ensign Walker, Neuzugang Sicherheit“, sagte er fest, mit dem gut geschauspielerten Unterton junger Unsicherheit, den grüne Jungs von der Academy so an sich hatten. „Herzlich Willkommen an Bord der Enterprise!“, erwiderte der bärtige Mann mit dem Pad, der neben der Transportermannschaft an der Konsole stand, und nun auf sie zutrat, um sie zu begrüßen, „Mein Name ist Commander Riker.“ Daben lächelte betont warmherzig und dankbar, was dieser Riker mit einem aufmunternden Kopfnicken quittierte. Die anderen Neulinge stellten sich ebenfalls vor, aber der Mann mit dem neuen Gesicht hörte nicht zu. Er musste sich ganz auf seine Aufgabe konzentrieren. Er 9
wusste, dass es schon in wenigen Stunden eine Begrüßung der neuen Ensigns durch den Captain persönlich geben würde. Sie würden zu Viert in den Readyroom von diesem Picard gebracht werden. Das würde der Moment sein, auf den sich alle die Bemühungen von Dabens Gruppe seit 12 Monaten konzentriert hatten. Die letzten Atemzüge dieses Schweines! Er würde seinen Arm erheben, der Captain würde seine Hand ergreifen, und dann wäre es vorbei mit ihm. Die implantierten Kapseln in Dabens Handfläche würden gezündet, wenn er dabei gleichzeitig das Codewort dachte. Und das würde ihm erst einfallen, wenn das Gesicht des Captains lebendig vor seinen Augen erscheinen würde. Es war solange in seinem Unterbewusstsein verkapselt worden. „Bioneuronal-Feedback“ nannte sich das Verfahren. Eine feine Sache für verdeckte Aktionen, wie diese hier, für lebende Bomben. Man hatte die Kraft der Zerstörung vorher genauestens berechnet. Sie würde ausschließlich Picard und Daben durch gezielten herunter-kaskadierenden Atombrand töten und sonst keinen weiteren Schaden anrichten. Schließlich wollte man Augenzeugen haben, die vom Tod dieser Föderationsratte berichten konnten. „Ihr werdet unsere Augen sein“, dachte Daben und blickte lächelnd auf die drei anderen Ensigns, die jetzt mit ihm zusammen hinter Riker hertrotteten, um zu ihren Quartieren zu gelangen. „Ich bin Ensign Houtan, angenehm!“, sagte das dunkelhaarige Bübchen neben ihm und reichte ihm die Hand. – „Ganz meinerseits“, erwiderte der Mann mit dem Geheimauftrag, und gab ihm die Hand. Die Kapseln juckten dabei leicht unter der Haut seiner Handfläche. – „Ich bin Trim, Georden Trim!“ – „Angenehm, Stephen Walker!“ – „Cassernden, Angela!“ – „Schön Sie kennen zu lernen. Ich bin Stephen Walker.“ Sie lächelten ihn an, und er erwiderte das mit freundlichem Blick. Wie dumm sie waren! Fast war es rührend. Daben bekam seine Kabine zugewiesen, die er mit zwei anderen Unterrängen teilen sollte, die aber zur Zeit zum Glück nicht da waren. Sie hatten wohl Dienst oder schlenderten unten auf dem Planeten lachend und scherzend durch die Elendsstraßen. – Egal, Hauptsache, er würde sich konzentrieren können. Er würde ein wenig meditieren und sich auf seinen Tod vorbereiten. Der Mann aus der Welt der Gewalt sah sich um. Ein schönes helles Schiff hatten sie gebaut. Komfortabel und modern. Mit Pflanzen in mildem Licht überall im Raum. Fast überkam ihn weinerlicher Schmerz, wenn er diese Pracht hier sah. Daben schnaubte. – Ja, seine Mission war wichtiger denn je! Schon bald würden wieder Etat-Sitzungen im Konzil der Föderation stattfinden und die nächsten Jahre geplant werden. Dann würden strukturelle Ungerechtigkeiten ein weiteres mal verschärft und festgeschrieben werden. Aber diesmal würden sie wissen, dass der Widerstand erwacht war! Denn dann würde der Captain dieses Prachtschiffes, dieses Machtsymbols, nicht mehr leben. Daben lächelte und fühlte die Kapseln jucken. Und früher als er gehofft hatte kam die ersehnte Durchsage: „Die Ensigns Cassernden, Trim, Walker und Houtan bitte zum Treffen mit dem Captain heraustreten. Sammelpunkt an Turbolift Vier, Deck 33 in fünf Minuten!“ Wunderbar! In knapp 15 Minuten würde alles vorbei sein! Und Daben verließ sein Quartier mit fast schon beängstigender Vorfreude.
Teil 3 Nun waren es nur noch wenige Augenblicke! Daben spürte, wie sich Schweiß auf seiner Stirn bildete. Jetzt durfte die Konzentration nicht nachlassen. Es schien ihm so, als würde sich nun ein Schleier über die Szenerie senken und sein Herzschlag sich verlangsamen. Wie in Trance erlebte er, wie sie alle über die Gänge hin zum Readyroom des Captain gingen. Seine „Kameraden“ flüsterten aufgeregt miteinander. Er konnte sie kichern hören, diese Idioten! Sie gebärdeten sich so wie immer. Daben hasste sie. 10
Aber in diesen Hass mischte sich die Genugtuung der Gewissheit, dass Picard in wenigen Minuten tot sein würde, und er seine große Aufgabe würde erfüllt haben. Schon waren sie im Vorraum. Riker winkte sie weiter. Die Türen glitten ein weiteres Mal auf und gaben einen Büroraum frei, der im milden Licht lag. Als erstes sah man nun einige holografische Blumenstauden, einige Plaketten an der Wand, Schiffsmodelle. Alles Tand und dummes Zeug! Und schließlich dann sah er sein Opfer: Captain Jean Luc Picard trat mit einem scheinbar freundlichen Lächeln auf sie zu, mit einem väterlichen, anmaßenden Schweine-Lächeln, das ihm gleich vergehen dürfte! Daben hörte nicht, was er sagte. Die Lippen des Feindes bewegten sich, und der hagere Mann mit dem asketischen Gesicht schüttelte jetzt einem nach dem anderen der neuen Ensigns die Hand. So kam Picard auf Daben zu, der in der Schlange der Neuankömmlinge ganz hinten stand. Noch zwei Begrüßungen entfernt. Der Captain machte offenbar einen Scherz – Daben sah sie alle lachen, aber es war wie in einem Stummfilm: nur Bilder, kein Ton. Er lachte einfach mit, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Nicht jetzt! Noch eine Hand entfernt. Dabens Puls raste nun. Picard schwenkte wie in Zeitlupe zu ihm. Jetzt erfassten seine Augen die seinen. Wieder ein Lächeln. Daben hob die rechte Hand. Die Kapseln juckten stärker als je zuvor. Die Bilder zerdehnten sich in Zeitlupe. Immer langsamer näherten sich ihre Hände. Daben schluckte. Jetzt war es soweit. Der Moment! Die Handflächen trafen zusammen. Ein Wort erschien in Dabens Kopf, stieg aus dem Hintergrund seiner fokussierten Gedanken hervor, das Codewort: „Phönix“! Dann war nur noch Licht. Das Letzte, was er hörte, war Picards schmerzvoller Todesschrei, als sie beide vom Atombrand erfasst wurden. Das Letzte was Daben fühlte, war Erleichterung. Er hatte es geschafft. Er hatte nicht versagt. Picard war tot! ********************** Picard schrie in tiefstem Schmerz, riss ungläubig die Augen auf, und dann bäumte er sich auf. Durch das grelle Licht hindurch tauchte er nach oben. Er stieg höher und höher, und dann konnte er die Schemen sehen, die sich über ihn beugten, wie Geister. Die Gestalten schwebten auf ihn herab, vorbei an grellem Licht und dann spürte er eine Hand auf seiner Schulter. „Ganz ruhig, Captain! Es ist alles vorbei. Sie werden gleich aufwachen: Ganz ruhig!“ Picard spürte einen Stich in seiner Schulter, ein Brennen in den Adern, etwas Kaltes an seinen Schläfen, und dann erst schlug er die Augen wirklich auf. „Hallo Jean-Luc“, sagte Beverly Crusher und ergriff sanft seine Hand. Neben ihr standen drei Männer in weißen Kitteln, und einer von ihnen begann verschiedene Sensoren und Datenleiter vom Brustkorb des liegenden Captains zu entfernen. Jetzt erinnerte sich Picard: Das Experiment! – Und das dort war Professor Jeffreys Scheffler vom Sozialpsychologischen Institut der Föderation auf Memory Delta Zwei. „Sie haben es überstanden, Captain!“, sagte der Mann und trat vor, „Es war ein voller Erfolg denke ich. Wie fühlen Sie sich?“ – „Etwas... etwas schwach“, brachte Picard mühsam hervor und schüttelte die Visionen und Empfindungen der letzten Minuten von sich ab. „Es war erfolgreich? Ja..., ja, das denke ich auch“, flüsterte er dann und sah in Beverlys liebes Gesicht, in dessen Augen er Wärme und Besorgnis sah. Er lächelte sie an, dann versuchte er sich aufzurichten. „Bleib ruhig noch etwas liegen. Du dürftest von den starken Eindrücken noch etwas geschwächt sein. So eine Bioneuronal-Injektion ins Zentralhirn ist keine Kleinigkeit. Erst recht nicht, bei diesem Thema und seiner emotionalen Struktur!“ sagte die Ärztin. – Picard nickte dankbar. In der Tat war er noch immer stark erregt und musste um Fassung ringen. So hatte er es sich nicht vorgestellt. Sicher, er hatte geglaubt, den Hass von Attentätern und ihre Motive verstehen zu können. So gesehen hatte er sich auf dieses Identifikationsexperiment wohl hauptsächlich deshalb eingelassen, um sich selbst zu bestätigen, dass er richtig dachte. – 11
Aber nun wusste er, dass es mit reinem Nachvollziehen nicht getan war. Meine Güte, wie stark der Hass gewesen war, wie unentrinnbar die Verzweiflung, wie brennend der Schmerz des Daben, der er bis eben noch gewesen war! Noch jetzt fühlte Captain Picard Tränen in seinen Augenwinkeln. Das Echo schrecklicher Erinnerungen, die niemals seine eigenen gewesen waren, war noch in ihm. All der Tod, all der Verlust, all die Hoffnungslosigkeit... Und wie er sich selbst als Feind gesehen hatte, diesen Ekel gegen seine Person gespürt hatte! Natürlich wusste der Captain, dass ihm lediglich filtrierte Bewusstseinsproben von Attentätern als Psycho-Injektion verabreicht worden waren, und dass diese Proben aus dem Innenleben von Wesen stammten, die in den letzten Monaten verstärkt Anschläge gegen die Föderation und ihre Einrichtungen verübt hatte. Und doch: Nach diesem Experiment war er verändert. Ein Teil des leidvollen Wahns war zu einem Teil seiner eigenen Seele geworden. Nun konnte er es spüren, was empfindende Wesen antrieb, solche grauenhaften Taten zu begehen. In ihm kämpften Abscheu und Verständnis, Wut und Mitleid, Verachtung und Entschlossenheit. „Mein Gott“, entrang es ihm und er sank zurück, Beverlys liebe Hand fest gedrückt, „Mein Gott!“ Opfer, Täter, Opfer, Täter, Opfer – ein Karussell drehte sich in ihm, das immer schneller wurde. All diese Toten auf allen Seiten...Und bevor er in den Schlaf der Erschöpfung glitt, wusste Picard, was er als nächstes tun würde. Nun, wo er sich dem Problem gestellt hatte, nun, wo er begonnen hatte, nicht immer nur Symptome zu bekämpfen, sondern in den Kern vorzudringen, nun würde er auch den nächsten Schritt machen. Er würde die Festlichkeiten der nächsten Wochen absagen, die Empfänge und Regierungstreffen, und er würde die Zeit dazu nutzen, sich gründlich auf der Kolonie Astrian 12 umzusehen. Der Captain würde seine Uniform ablegen, und sich unter die Kolonisten mischen, um eine Zeit mit ihnen zu leben, wenigstens ein paar Wochen. Er war noch nie hier gewesen. Er hatte immer nur davon gehört. Und er hatte sich nie vorstellen können, dass es selbst in der Föderation noch so viel Elend und Unrecht gab. Der Captain stöhnte erneut. Das hatte er sich bis jetzt nicht vorstellen wollen. Doch nun hatte er diese Erinnerungen in sich, zumindest ein Echo davon. Und er würde alles versuchen seinen Teil dazu zu tun, um eine Lösung vor Ort zu suchen. Es würde eine Reise zum Zentrum der Angst werden. Aber sie musste getan werden, wenn weiter Hoffnung bestehen sollte, eines Tages Frieden finden zu können. – Die tobenden Echos wurden zahmer, ruhiger und senkten sich schließlich wie kalter Schnee auf seine erhitzte Seele. Dann schlief Picard ein und begann zu träumen.
ENDE
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Voyager im Wunderland von Anja Penning
Die Crew der Voyager schrumpft auf 10 Zentimeter! Wie können sich die Winzlinge retten?
Captain’s Logbuch Stardate 50601.9. Nach beinahe vier Jahren im Deltaquadranten durchfliegt die Voyager ein Gebiet, das langweiliger nicht sein könnte. Mit der Moral der Crew ist es nicht zum Besten gestellt. Nicht einmal Neelix Partys können die Crew aufmuntern. Vor zwei Wochen hatte man die Nahrungsreserven auf einem unbewohnten Klasse M Planeten wieder aufgefüllt. Doch dort herrschte so ein raues Klima, das an Landgang nicht zu denken gewesen war. Dabei sehnte sich jedes einzelne Crewmitglied nach einer Pause vom Alltag auf der Voyager. Auch Fähnrich Kiernan von der Wissenschaftsstation sehnte sich nach Abwechslung. Aus diesem Grund durchforstete sie die Holodeck Programme. Mittlerweile hatte sie alles einmal ausprobiert. Sogar Naomis Geschichten mit dem Wasserkobold und seinem Freund, dem Baummonster, hatte sie alle durchgespielt. Die einzigen Programme die sie nicht anrührte, waren die von B’Elanna Torres. Auf Kampfsimulationen konnte Kiernan sehr gut verzichten. Das war einfach nicht ihre Welt. Eigentlich wußte sie nicht einmal, warum sie zu Starfleet gegangen war. Vielleicht lag es daran, das ihre Mutter immer wieder auf sie eingeredet hatte, wie schön es doch dort wäre. Auf der Suche nach einem neuen Zeitvertreib stöberte sie im Computer. Da! Das klang doch sehr vielversprechend! Sie startete das Programm. Nach einer halben Stunde plötzlich....... “Alle Mann auf die Gefechtsstationen!” Die Stimme von Captain Janeway hallte durch die Gänge. Das Licht auf der Voyager wechselte. Durch den Alarm war nun alles in rotes Licht getaucht. Fähnrich Kiernan eilte zu ihrer Station. Zur selben Zeit auf der Brücke. “Fähnrich Kim! Was ist los?” Captain Janeway drehte sich herum, um Harry anzusehen. Seine Finger huschten über die Tasten. “Captain, ich weiß nicht. Die Sensoren haben viele unbekannte Stoffe entdeckt, die sich schnell nähern. Wir sind jetzt in Sichtweite.” “Auf den Schirm!” Der Bildschirm wechselte. Wo vorher nur vereinzelte Sterne zu sehen waren, erschien nun so etwas wie ein riesiges Band, das im All zu schweben schien. Es schillerte in allen Farben des Universums. Janeway stand auf und ging in Richtung des Bildschirmes, um dieses Band genauer zu betrachten. Harry meldete sich zu Wort: “Captain, die Anomalie hat die Richtung gewechselt. Sie fliegt jetzt genau auf uns zu!” “Tuvok! Schilde auf Maximum! Und Tom, Umkehrkurs. Bringen sie uns von hier weg! Warp 8!” Und wieder die Stimme von Harry Kim: "Ähm, Captain? Die Anomalie folgt uns. Sie wird immer schneller. Bei gegenwärtiger Geschwindigkeit wird sie uns in 15 Sekunden treffen.” Janeway blickte Kim über die Schulter. Doch auch sie konnte in den Daten nicht mehr entdecken als der Fähnrich. “Tom! Warp 9,975!” Commander Chakotay war ebenfalls aufgestanden. Für einen Moment versagten die Trägheitsdämpfer, doch im Nu hatte Tom Paris die Voyager wieder im Griff. “An alle. Auf Einschlag vorbereiten!” Janeway setzte sich wieder in ihren Kommandostuhl. “Captain, die Anomalie wird in 10 Sekunden hier sein. Neun...acht...sieben....sechs....” Mit gewaltiger Geschwindigkeit raste das Band auf die Voyager zu. Die Brückencrew klammerte sich an ihren Sitzen fest und hielt den Atem an. Die Anomalie war riesig. Doch 13
außer einem kleinen Schlingern war nichts zu merken. Alle atmeten auf. “Das ist ja noch mal gutgegangen, Commander!” Janeway lächelte Chakotay an. Doch plötzlich war alles in gleißendes Licht getaucht! Und von einem Moment auf den Nächsten war die komplette Crew der Voyager verschwunden. Es hatte zumindest den Anschein. Doch wer genauer hinsah, konnte eine kleine Gestalt erkennen, die versuchte, vom Kommandosessel herunterzuklettern. Eine piepsige Stimme erklang: “Alles in Ordnung? Irgendwelche Verletzte?” Der Captain sah sich um. Das konnte doch nicht sein! War das ihre Voyager? So groß? Was war nur geschehen? Die komplette Crew war nur noch 10 cm groß! Tuvok meldete: “Captain, es gibt keine Verletzten, das heißt, Moment, einen gibt es doch. Fähnrich Kiernan ist auf dem Weg zu ihrer Station verletzt worden.” “Danke, Tuvok! Ich bin auf der Krankenstation. Commander? Sie haben die Brücke. Und Fähnrich Kim? Ich will genau wissen, was mit uns passiert ist! Haben sie verstanden?” “Aye, Ma’am!” Erklang es von Beiden. Janeway lief in Richtung Turbolift, doch der schien meilenweit entfernt zu ein. Sie seufzte auf. “Janeway an Lieutenant Torres!” Eine angespannte B’Elanna antwortete ihr: “Torres hier?” “ B’Elanna, können sie mich mit dem Transporter erfassen und auf die Krankenstation beamen?” “Natürlich Captain, einen Moment bitte.” Schon spürte Janeway das Kribbeln des Transporters und fand sich im nächsten Augenblick auf der Krankenstation wieder. Der Arzt der Voyager hatte seine normale Größe behalten. “Doktor? Wie geht es Fähnrich Kiernan?” Der Doctor schreckte auf, “Captain? Wo sind sie?” “Ich bin hier, auf dem Biobett neben der Tür.” Er sah sich um und ging in Richtung des Bettes. “Ah, Captain. Schön sie zu sehen!” Er runzelte die Stirn und beugte sich über Janeway. “Sind sie verletzt?” “Nein, Doctor, mir geht es gut. Wie geht es dem Fähnrich? Bringen sie mich bitte zu ihr.” Der Doctor zog die Stirn erneut kraus und nahm den Captain auf die Hand. “Fähnrich! Wie geht es Ihnen?” Der Doctor setzte den Captain neben den ebenso kleinen Fähnrich. “Captain? Oh, ja. Danke. Mir geht es gut. Ich habe nur das Gleichgewicht verloren und bin mit dem Kopf gegen die Wand....” Kiernan wurde rot. “Und dann habe ich die Krankenstation gerufen. Ich wurde hierher gebeamt.” Der Doctor übernahm das Wort: “Nachdem ich sie untersucht und behandelt hatte, verschwand sie plötzlich! Ich konnte es mir gar nicht erklären. Doch dann sah ich genauer hin, und tatsächlich! Sie lag noch immer auf dem Biobett. Nur war sie um genau 162,5 cm geschrumpft.” Nun war es am Captain, die Stirn zu runzeln. “Haben sie eine Idee, wie das passiert sein könnte? Warum sind nur die Lebewesen geschrumpft, aber weder die Voyager noch sie?” Der Doctor eilte in sein Büro. “Gut das sie das fragen! Als dieses gleißende Licht auftauchte, scannte ich gerade Fähnrich Kiernan....” Der Captain unterbrach ihn: ”Und? Was zeigte der medizinische Trikorder an?” Der Doctor seufzte: ”Captain, so lassen sie mich doch ausreden! Also, wie gesagt, ich scannte gerade Fähnrich Kiernan, als der Trikorder merkwürdige Daten anzeigte. Ich habe die Daten natürlich sofort analysiert!” “Doctor! Jetzt kommen sie mal auf den Punkt!” “Ahh, natürlich Captain! Es handelt sich um eine Art Gas, welches durch die Umweltkontrollen auf dem ganzen Schiff verteilt wurde. Aus diesem Grund ist das Schiff nicht betroffen. Nun, ich natürlich auch nicht, denn wie sie vielleicht wissen, atmen Hologramme nicht!” Der Captain setzte sich neben den Fähnrich auf das Biobett: ”Soweit so gut. Aber... Wie können wir dies wieder rückgängig machen?” Der Doctor druckste herum: “Nun, also, das ist so...ich weiß nicht, wie man ein Gegenmittel finden könnte. Tut mir wirklich Leid für sie, Captain. Aber sie haben ja mich! Das NKH! Das Notfall-Kommando-Hologramm!” Der Doctor strahlte den Captain an. Doch Janeway war von diesem Vorschlag überhaupt nicht begeistert: “Doctor! So weit ist es noch nicht! Und soweit wird es auch nicht kommen! Wir werden eine Lösung finden!” Mit diesen Worten hatte Janeway sich wieder erhoben und straffte die Schultern. “An alle Führungsoffiziere! In einer Stunde... Nein, sagen wir in zwei Stunden treffen wir uns zur Lagebesprechung!” In der 14
Zwischenzeit hatte der Doctor den Fähnrich zu Ende behandelt. “Fähnrich. Sie können nun gehen, kommen sie nur morgen noch einmal wieder, um sicherzustellen, dass keine Folgeschäden entstehen!” Kiernan stand auf und blickte in die Tiefe vor ihr. Sie schluckte und trat drei Schritte zurück. Der Captain blickte sie erstaunt an und trat selbst bis zum Rand des Bettes. “Janeway an Torres!” “Torres hier?” “B’Elanna? Transferieren sie mich zurück auf die Brücke.” “Aye, Captain!” Janeway wartete auf das bekannte Kribbeln. Doch es stellte sich nicht ein. “Torres an den Captain! Es gibt ein Problem! Ich muß den Transporterstrahl rejustieren. Und die Turbolifte haben ebenfalls ihren Dienst aufgegeben. Es gab einen gewaltigen Energieanstieg während wir uns in der Anomalie befanden. Viele Gelpacks müssen ausgetauscht werden. Das wird aber einige Stunden dauern, bei meiner Größe wahrscheinlich noch mal so lange....” Der letzte Teil war nur noch ein Gemurmel. “Nun gut! Dann also zu Fuß!“ Janeway straffte ihre Uniform und bat den Doctor, sie herunterzuheben. Er nahm Janeway behutsam auf die Hand und setzte sie an der Tür ab. “Ähm, Captain?” “Ja, Fähnrich?” “Naja, ich dachte, also, mein Brückendienst fängt gleich an und da dachte ich...” Der Captain lächelte: “Na, dann kommen sie mal mit.” Der Doctor hob auch Kiernan vom Biobett herunter. Der Fähnrich war froh, nicht allein durch ein riesiges Schiff laufen zu müssen, obwohl sie bisher die Gesellschaft des Captains immer gemieden hatte. Nicht, weil sie Janeway nicht mochte, nein! Sie bewunderte den Captain. Doch sie war einfach zu schüchtern. Eine kleine graue Maus, die sich nie in den Vordergrund stellte. Sie standen im Gang vor der Krankenstation. Janeway blickte sich um. “Fähnrich! Kopf hoch! Das hier werden wir auch noch überstehen. Wir haben schließlich schon gegen die Borg gekämpft! Da lassen wir uns hiervon doch nicht unterkriegen, nicht war?” Kiernan blickte auf: “Danke, Captain!” Sie machten sich auf den Weg zur nächsten Jeoffreysröhre. Mit Mühe gelang es ihnen, sie zu öffnen. Sie wanderten durch die Röhre. Plötzlich fing der Captain an zu lachen. Kiernan blickte sie verwundert an. “Ach, ich mußte nur gerade daran denken, wie eng die Röhren normalerweise sind. Das man sie nur auf den Knien durchqueren kann. Und nun sind es Gänge wie von Riesen gemacht.” Der Fähnrich stimmte zu. “Captain? Darf ich offen sprechen?” Janeway nickte. “Sprechen sie!” “Nun ja, ich weiß nicht. Aber haben sie eine Idee, wie wir hier heil wieder raus kommen?” Der Captain sah Kiernan an: ”Die Wahrheit? Nein! Ich habe keine Ahnung. Aber die Führungsoffiziere und ich werden schon eine Lösung finden.” Sie wanderten eine Weile schweigend weiter. Kiernan nagte an ihrer Unterlippe. “Captain? Ich war gerade im Holodeck, als....” “Moment Fähnrich. Wir müssen erst einmal versuchen, diese Leiter herauf zu klettern. Danach reden wir weiter, okay?” Kiernan blickte die Leiter empor. Doch die erste Stufe war unerreichbar. “Verd...! Fähnrich, klettern sie auf meine Schultern und versuchen sie, die Sprosse zu erreichen. “Captain?” “Nun fragen sie nicht lange! Machen sie schon!” Kiernan stieg also ihrem Captain auf die Schultern und erreichte tatsächlich die erste Sprosse. Oben angekommen, zog sie Janeway zu sich herauf. Die erste Hürde hatten sie überwunden, doch eine Leiter hat viele Sprossen. Unter ächzen und stöhnen erklommen sie die komplette Leiter. Beide fielen erleichtert auf den festen Boden des oberen Decks. Nachdem sie wieder etwas zur Ruhe kamen, machten sie sich auf den Weg in die nächste Jeoffreysröhre, um zur nächsten Leiter zu gelangen. “Wir haben Glück, dass die Krankenstation auf Deck fünf ist und nicht auf Deck fünfzehn!” Kiernan blickte den Captain entgeistert an. “So sind es nur fünf Leitern, die wir bezwingen müssen. Sonst wären es fünfzehn! Aber was wollten sie mir eigentlich erzählen? Sie waren auf dem Holodeck?” “Ach, Captain, ist nicht so wichtig!” Kiernan wurde rot. Janeway hakte nach: “Nun erzählen sie schon! Was haben sie auf dem Holodeck gemacht?” Kiernan druckste herum: “Ach, das interessiert sie ganz bestimmt nicht.” Nach einem Seitenblick auf die strenge Miene des Captains fing sie aber doch an, zu erzählen: “Mir war so langweilig. Da habe ich alle Holodeckprogramme einmal ausprobiert. Außer die Gewalttätigen. Ich wollte 15
mich ja erholen. Und heute bin ich dann auf ein Programm gestoßen, das Alice im Wunderland heißt. Bitte lachen sie nicht, Captain!” Janeway legte einen Arm um den Fähnrich. “Aber wer lacht denn hier? Als Kind habe ich Alice im Wunderland geliebt! Erzählen sie weiter!” Kiernan seufzte auf. “Ich startete das Programm. Ich war Alice im Wunderland und wurde vom Hutmacher zum Tee eingeladen. Doch als ich von dem Tee trank, wurde ich plötzlich so klein wie eine Teetasse.” Janeway blickte erstaunt auf. “Ich erinnere mich gar nicht an diese Geschichte.” Der Fähnrich berichtete weiter: “Ich irrte also als Zwerg durch das Wunderland. Dann hörte ich von oben eine Stimme: ‘Nanu? So klein und schon allein unterwegs?’ Ich blickte auf und sah eine blaue Raupe. Sie saß auf einem riesigen Pilz und rauchte Wasserpfeife. Ich fragte sie, ob sie mir nicht helfen könne, damit ich wieder groß werde. Sie erwiderte, dass ich nur etwas von ihrem Pilz essen solle, um sofort wieder meine normale Größe zu erhalten. Ich brach also ein Stück ab und aß es. Und sofort wuchs ich wieder und hatte bald meine richtige Größe erreicht. Ich weiß nicht, ob uns das in dieser Situation helfen kann?” Janeway war stehen geblieben und hatte ihre Stirn in Falten gelegt: “Wir müssen zum Holodeck!” Mit diesem Satz war sie auch schon umgedreht und lief wieder in Richtung der Leiter. Kiernan folgte ihr unschlüssig. “Beeilung Fähnrich! Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit!” Mittlerweile rannten sie. Bei der Leiter angekommen, blickten sie in die Tiefe. Janeway meinte: “Diese ganze Strapaze von vorhin wäre unnötig gewesen, wenn ich ihnen gleich zugehört hätte. Aber nun hilft alles nicht. Wir müssen da hinunter, um auf Deck sechs zu kommen.” Mit diesen Worten fing der Captain auch schon an, Sprosse für Sprosse hinunter zu springen. Der Fähnrich folgte in geringem Abstand. Am Ende angekommen, ging es wieder durch unzählige Jeoffreysröhren bis zur nächsten Leiter. Auch diese wurde mit Bravour genommen. Endlich auf Deck sechs angelangt, schnappten beide nach Luft. “Captain?” “Ja, Kiernan?” Kiernan blickte Janeway um Atem ringend an: “ Captain. Ich hoffe, wir finden auf dem Holodeck wirklich eine Lösung. Diese Strapaze schaffe ich nicht noch einmal.” Janeway stand auf und reichte Kiernan die Hand, um ihr aufzuhelfen: “Aber Fähnrich! Natürlich finden wir die Lösung. Man muß nur positiv denken!” Kiernan seufzte und ließ sich aufhelfen. Die Gänge der Voyager lagen verlassen da. Niemand kam ihnen entgegen. Alle waren auf ihrem Posten. Sie liefen in Richtung Holodeck 2. Janeway seufzte: “Jetzt müssen wir nur noch versuchen, das Programm zu starten.” Kiernan lächelte: “Captain, ich glaube das ist nicht nötig, ich habe vergessen, das Programm zu beenden. Es müßte also immer noch aktiv sein.” Und wirklich, als sie auf die Holodecktür zumaschierten, öffnete sie sich und gab den Blick frei, auf eine wunderschöne grüne Landschaft. In der Ferne konnte man ein Gebäude erkennen, welches durch seine vielen Türme aussah, als würde es jeden Moment umfallen. “Captain, das ist das Schloß der Herzkönigin. Zur blauen Raupe geht es dort entlang.” Hier kannte Kiernan sich aus, das war ihre Welt. Sie kamen an einer langen Mauer vorbei. Auf dieser balancierte ein Anzug tragendes Ei. “Humpty Dumpty! Schön dich zu sehen!” Der Angesprochene erschrak und ruderte mit den Armen. “Hilfe! So helft mir doch!” Janeway zog Kiernan weiter: “Dafür haben wir jetzt keine Zeit. Wir müssen zur blauen Raupe!” “Da vorne ist der Pilz! Beeilung, Captain.” Kiernan nahm Janeway am Arm und zog sie vorwärts: “Hoffentlich ist die Raupe auch noch da!” Sie hatten Glück. Die blaue Raupe saß auf ihrem Pilz und rauchte ihre Wasserpfeife. “Soso! Was seh ich da! Zwei kleine Menschlein und wie es aussieht, soll ich ihnen wieder einmal helfen. Ich habe heute meinen guten Tag. Esst etwas von meinem Pilz und ihr werdet wieder groß.” Beide brachen sich ein Stück ab und bissen hinein. Im selben Augenblick wurden sie wieder groß. “Soweit so gut. Auf dem Holodeck haben wir unsere normale Größe, doch was passiert, wenn wir hinaus gehen?” Der Captain sah Kiernan unschlüssig an. In diesem Moment: “Harry Kim an den Captain.” “Janeway hier. Ich höre!” “Captain, wir haben in der Anomalie einen Organismus entdeckt. Die Sensoren zeigen eine chemische Zusammensetzung an, wie sie bei Eumycotina, den echten Pilzen 16
vorkommt. Daraus haben wir geschlossen, das es sich nur um einen Pilz handeln kann.” Janeway sah Kiernan strahlend an: “Das ist die Lösung! Wir müssen an diesen Pilz kommen! Harry? Das haben sie gut gemacht! Funktionieren die Transporter wieder?” “Nein Captain. Die Reparatur wird noch einige Stunden in Anspruch nehmen.” Janeway lief hin und her, um besser nachdenken zu können. “Janeway an Commander Chakotay!” “Chakotay hier.” “Commander, fliegen sie erneut durch die Anomalie und sammeln sie mit den BussardKollektoren so viel Pilzsporen wie möglich auf. Lassen sie diese vom Doctor untersuchen.” Man hörte das Zögern in der Stimme Chakotays: “Aye... Ma’am!” Janeway rieb sich die Hände. Jetzt mußte nur noch der Doctor in Kenntnis gesetzt werden. “Janeway an den Doctor.” “Doctor hier.” “Hören sie, sie bekommen gleich Pilzsporen zur Untersuchung. Wenn diese nicht lebensbedrohlich sind, verbreiten sie diese durch die Umweltkontrollen auf jedem Deck! Janeway Ende!” Zwei Tage später im Besprechungsraum. Janeway stand neben ihrem Sessel: “Nachdem alle Reparaturen abgeschlossen sind, sollten wir uns etwas einfallen lassen, um Fähnrich Kiernan zu ehren. Irgendwelche Vorschläge?” Sie blickte in die Runde der Führungsoffiziere. “Wir sollten eine Party steigen lassen und jeder steuert etwas bei. Ich mache meinen beliebten Leolawurzeleintopf!” Neelix sah sich nach Beifall heischend um. Doch keiner der Offiziere schien wirklich begeistert zu sein. Tom und Harry meldeten sich, um ein passendes Holoprogramm zu schreiben. Die Anderen wollten etwas zu Essen und Trinken organisieren. “Okay. Wenn das dann alles ist... Wegtreten!” Alle Offiziere begaben sich wieder auf ihren Posten. Nur Captain Janeway ging in ihren Bereitschaftsraum, um eine Rede zu verfassen. Doch wie sollte sie es ausdrücken. “Fähnrich Kiernan! Durch ihren Hang zum Kindlichen... Nein! So ging es nicht! Wir wurden gerettet, weil ein Fähnrich den Mut besaß....Mut? Nein! Das war es auch nicht! Seit nun beinahe vier Jahren im Deltaquadranten, mußten wir gegen viele Gefahren kämpfen. Die Borg, die Kazon, die Viidianer, um nur einige zu nennen. Und heute stehen wir alle hier, gesund und um eine große Sorge erleichtert, nämlich die, wieder groß zu werden. Dies alles haben wir Fähnrich Kiernan zu verdanken! Die uns durch ihre Fantasie gerettet hat! Ein Hoch auf Fähnrich Kiernan! Ja! Das war gut! So und nicht anders sollte die Rede sein!” Janeway ging zum Replikator und orderte eine neue Tasse Kaffee. “Neelix an Captain Janeway!” Janeway seufzte, hatte sie denn nie ihre Ruhe!? “Janeway hier!” Ein völlig aufgelöster Neelix antwortete ihr: “Captain! Es ist etwas furchtbares passiert! Das ist eine Katastrophe!” “Neelix, so beruhigen sie sich doch! Was ist denn passiert?” Sie hörte Neelix seufzen: “Captain! Die Party muß abgesagt werden!” “NEELIX! Jetzt sagen sie endlich was los ist!” “Okay, sie haben es so gewollt. Also, der Leolawurzeleintopf ist angebrannt!” Der Captain sah dankbar nach oben und flüsterte: “Es gibt also doch einen Gott!”
ENDE
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Grüner Mond von Kim-Jane Summer
Syrons Mond soll erforscht werden. Doch hier lauert das Unheil auf das Landeteam der Enterprise NX-01...
Die Enterprise NX – 01 unter dem Kommando von Captain Jonathan Archer umkrei-ste einen kleinen, erdähnlichen Planeten. Die Bewohner Syrans – wie sie ihre Welt nannten - hatten gerade mit Mühe und Not eine Naturkatastrophe überlebt und waren dringend auf medizinische und humanitä-re Hilfe angewiesen, welche die Erde ihnen gewährt hatte. Die Syrani waren eine Insektenrasse, die sich eigentlich nicht für andere Völker in-teressierte. Die Transportarbeiten würden noch eine geraume Zeit in Anspruch nehmen, so dass Captain Archer die umliegenden Planeten von seinem wissenschaftlichen Team hatte untersuchen lassen. Allerdings war T'Pol - seine vulkanische Wissenschaftsoffizierin - jetzt auf Sy-ran. Bevor sie gegangen war, hatte sie einen interessanten Mond, der um den zweiten Planeten kreiste ausmachen können. Sie war allerdings nicht die einzige qualifizierte Person für diese Aufgabe an Bord. „Lt. Etienne, Ensign Bancroft,“ sagte der Captain, nachdem er den Comkanal an der Armlehne seines Stuhls auf der Brücke betätigt hatte,“ melden Sie sich im Situation Room.“ Nadesha Bancroft staunte nicht schlecht, als sie ihren Namen über das schiffsinterne Comsystem vernahm und zum Captain zitiert wurde. Wenigstens würde sie nicht alleine sein. Dominique Etienne war ihre beste Freundin seit sie gemeinsam an Bord der Enterprise dienten. Desha bestätigte kurz und ging zum Turbolift, wo sie auf Nicky traf. „Was haben wir den verbrochen,“ fragte sie ihre Freundin, die genauso ratlos zu sein schien. Nicky zuckte nur mit den Schultern und betrat den Lift nach Nadesha. Captain Archer hatte die beiden Wissenschaftlerinnen - Nadesha war auf Mikrobiolo-gie und Dominique auf Geologie spezialisiert – kurz über die wesentlichen Dinge in-formiert. Der Mond bestand zu ca. 2 % aus einem unbekannten Material, dessen fluoreszie-rende Eigenschaften die Geologin neugierig gemacht hatten. Ihre Augen mussten bei dem Gedanken eine fremde Gesteinsprobe unter die Lupe zu nehmen genauso ge-leuchtet haben. Die Sensoren konnten nur feststellen, dass eine geringe Menge Kohlenstoff in der Substanz enthalten war. Desha und Nicky machten sich schnell mit den genauen Daten des kleinen grünlich schimmernden Trabanten vertraut. Die Geologin freute sich, dass ihre Freundin sie begleiten würde. Der Flug mit dem kleinen Shuttlepod würde gut zwei Stunden dauern und dann brauchte sie jemanden zum Reden. Nadesha war gute 6 Jahre jünger als sie, aber sie hatten sich sofort gut verstanden. „Hallo, Ladies,“ riss eine vertraute Stimme die beiden Frauen aus ihrer Arbeit. Chefingenieur Charles Tucker III hatte sich zu ihnen in den Situation Room gesellt und sah nun grinsend von Nadesha zu Nicky und wieder zurück. Nicky sah gerade noch, wie Desha ein wenig verlegen auf die Konsole vor sich sah und lächelte wissend. Die Mikrobiologin hatte ihr mal gestanden, dass sie eine kleine Schwäche für Charlie Tucker hatte und Nicky hatte versprechen müssen, niemals ein Sterbenswörtchen darüber zu verlieren. „Können wir was für Sie tun, Commander,“ fragte Nicky, um die Aufmerksamkeit auf sich zu 18
lenken. „Na ja. Lt. Etienne,“ begann er ein wenig zögernd und lächelte auf eine jungenhafte Art, die Nadesha dazu brachte noch intensiver auf ihre Konsole zu starren. „Ich wer-de Sie auf ihrem kleinen Ausflug begleiten.“ Ensign Bancroft war nicht unbedingt eine Freundin von engen Shuttlepods. Und ganz besonders nicht, wenn sie diesen ohnehin schon geringen Raum mit dem Chefinge-nieur teilte, der den Pod flog. Und diese fürchterlichen Raumanzüge konnte sie noch weniger leiden. Sie saß mit Nicky im hinteren Bereich und analysierte einige Sensordaten. „Was mache ich eigentlich hier?“ fragte sie ihre Freundin nach einer Weile. „Da ist nichts Lebendiges da unten.“ Nicky verdrehte die Augen. „Sei doch froh, dass Du mal an einer Außenmission teil-nehmen darfst.“ Sie zögerte einen Moment lang und deutete auf ihre Ausrüstung: „Und außerdem bist Du mein Packesel.“ Nadesha sah zu Nicky und funkelte sie gespielt wütend an. „Ich bevorzuge es an Bord zu bleiben und dort zu arbeiten, Lt. Etienne.“ Nicky wusste das, aber sie mochte es die Mikrobiologin zu ärgern. „Komm schon, Desha,“ sagte sie nach einer Weile des Schweigens. „So schlimm wird’s nicht werden.“ „Ich will ja bei nichts unterbrechen, meine Damen, aber Sie sollten sich schon mal die Helme aufsetzen. Wir landen in ein paar Minuten,“ rief Commander Tucker vom Steuerpult aus mit seinem markanten Südstaatenakzent. Desha und Nicky sahen aus dem einzigen Fenster. Die Oberfläche des Mondes schien immer näher zu kommen. Sie war blaugrau und einige grünlich schimmernde Adern des fremden Minerals durchzogen den unebenen Boden. Es war schon ein überwältigender Anblick, fand Nadesha. Plötzlich spürte sie eine Hand an ihrem Arm. „Sie sollten sich hinsetzen, Ensign,“ sagte Charlie leise und lä-chelte. Sie erwiderte sein Lächeln und nahm wieder Platz. Das Shuttle setzte mit einem Ruck auf. Tucker deaktivierte die Maschinen und setzte sich auch den Helm des Raumanzugs auf, bevor er die Luke öffnete. „Wir sammeln nur ein paar Proben,“ wandte sich Nicky an Tucker. „Ich warte hier,“ erwiderte er mit einem Grinsen. Desha versuchte sich in dem sperrigen Raumanzug möglichst elegant zu bewegen und mit Nicky Schritt zu halten. Die nächstliegende Ader der fremden Substanz war gut 100 Meter vom Shuttlepod entfernt. Einige Hügel lagen auf dem Weg, welche die beiden Wissenschaftlerinnen umgehen mussten. Es gab einige kleinere Verläufe des Minerals überall auf den Felsen und in der nähe-ren Umgebung. Dennoch hatten sich die beiden bewusst eine breitere Stelle für die Entnahme der Probe ausgesucht. Die Gravitation war höher, als auf dem Schiff, darum ging es sehr langsam vor-an. Während Nicky sich auf den Boden kniete, war sie sorgsam bedacht, die Integrität des Anzugs nicht zu gefährden. Nadesha hielt ihren Scanner über die etwas 10 Zentimeter breite Ader und sammelte Daten aus nächster Nähe. Die Geologin sah kurz zu Desha auf und grinste breit. „Was?“ fragte sie nach einer Weile, als ihr Nickys Blick auf die Nerven ging. „Nichts,“ log sie und wandte sich wieder ihrem Ausrüstungskoffer zu, um nach einem passenden Werkzeug für die Probenentnahme zu suchen. „Nichts?“ wiederholte Desha und ließ ihren Scanner sinken. Der Kommunikationska-nal zum Shuttlepod war noch offen. Ihr freundschaftliches Geplänkel wurde jäh unterbrochen, als Deshas Scanner einen warnenden Ton von sich gab. 19
Die Mikrobiologin wandte sich der Anzeige zu und traute ihren Augen nicht. „Was ist los,“ fragte Nicky und kratzte leicht an dem fremden Mineral, bis sich ein kleiner Brocken gelöst hatte, es war weicher als sie vermutet hatte. „Es bewegt sich,“ sagte Desha überrascht und sah zwischen den Scanneranzeigen und ihrer Freundin hin und her. Nickys Kratzwerkzeug ruhte noch immer darauf und als sie ebenfalls wieder dorthin sah, erkannte sie es auch. Noch bevor sie reagieren konnte, klommen grüne Licht-punkte an ihrer kleinen Spitzhacke empor. Sie erschrak sich so sehr, dass sie das Werkzeug fallen ließ und einen erschreckten Schrei ausstieß. Das Leuchten ließ nicht nach, sondern verbreitete sich auf der me-tallenen Hacke, hüllte das Material ein und schien es zu verschlingen. Commander Tucker hatte Nickys Schrei vernommen und lief über den steinernen Boden zu den beiden Wissenschaftlerinnen. „Lt. Etienne, Ensign Bancroft?“ rief er über den geöffneten Comkanal. Desha hörte seine Stimme und wandte sich ihm zu, als er, so schnell es ihm möglich war, über den felsigen Boden zu den beiden Frauen lief. Einer der größeren Felsbrocken versperrte Trip den Weg. Er versuchte ihn zu umge-hen. „Vorsicht, Commander,“ rief Ensign Bancroft noch. Ihre Warnung kam zu spät. Die höhere Schwerkraft brachte den Ingenieur dazu das Gleichgewicht zu verlieren und auf eine der kleineren Adern zu fallen, welche über den Fels verliefen. Er ruderte etwas unbeholfen mit den Armen und stieß einen erschreckten Schrei aus, als die grünen Lichtpunkte an seinem Raumanzug empor krochen. Nicky reagierte instinktiv, als sie Desha davon abhielt zu ihm zu laufen. Er rappelte sich auch sogleich wieder auf und grinste den beiden Frauen entgegen. Er nahm den besorgten Ausdruck in Deshas Augen gar nicht wahr. „Schon gut. Nichts passiert. Und was ist mit Ihnen?“ fragte er. Lt. Etienne deutete auf die Ader. „Es scheinen Lebensformen zu sein, Commander. Es bewegt sich zumindest.“ Charlie sah sich die kleinen Lichtpunkte genauer an, die nun auch auf seinem Anzug umher krochen. „Also haben wir genug Proben?“ fragte er mit einem entwaffnenden Grinsen. Nicky legte das Stück des Minerals, wenn es den wirklich ein solches war, in den dafür vorgesehenen Behälter. Das Werkzeug war ganz und gar von dem grünen Leuchten befreit. „Zur Sicherheit sollten wir alle der Dekontaminationskammer einen längeren Besuch abstatten,“ sagte Dominique und trug ihre Ausrüstung wieder zurück zum Shuttlepod. Nadesha und der Commander halfen ihr dabei. Als sie ungefähr zehn Minuten später wieder startbereit im Shuttlepod saßen, waren alle grünen Lichtpunkte von dem Raumanzug des Ingenieurs verschwunden, wie schon von Nickys Hacke zuvor. „Sieht so aus, als mögen diese Dinger uns nicht,“ witzelte er und zog den Helm ab. Desha und Nicky warfen sich einen fragenden Blick zu und als die Biologin keinerlei fremde Energiesignaturen mittels ihres kleinen Handscanners ausmachen konnte, taten sie es ihm nach. Noch bevor er die Startprozedur einleiten konnte verzog der Ingenieur jäh das Ge-sicht, als versuche er plötzlich aufkeimende Schmerzen zu unterdrücken. „Alles in Ordnung, Commander?“ fragte Nadesha. Er antwortete nicht, saß dem Steuerpult zugewandt und vergrub das Gesicht in den Händen. „Nur ein bisschen Kopfschmerzen,“ entgegnete er schließlich, als Desha ihre Hand auf seine Schulter legte. Plötzlich und ohne Vorwarnung drehte er sich um. 20
Die Biologin erschrak fast zu Tode, nicht nur wegen seiner abrupten Bewegung, sondern weil die sonst so blauen Augen des Ingenieurs auf eine unnatürliche Weise grün leuchteten. „Trip?“ fragte sie vorsichtig. Dominique war aufmerksam geworden und gesellte sich zu Desha und Charlie. Sie starrte ihm entgegen. „Er ist auch hier,“ sagte eine fremde Stimme plötzlich. Sie klang seltsam verzerrt und unbeholfen, als gewöhne sie sich an die neue Sprache. Nicky ging einen Schritt weiter auf ihn zu. „Wer sind Sie?“ fragte sie leise. Desha sah ihre Freundin überrascht an. Er war Charles Tucker III, der Chefingenieur der Enterprise. Sie wollte nicht glauben, dass es nicht so war. Lt. Etienne hingegen hatte begriffen, dass noch etwas oder jemand anders in seinem Körper steckte. „Wir haben keinen Namen,“ sagte die Stimme wieder. Oder waren es mehrere, die zu den beiden sprachen? Die fremde Lebensform schien genauso neugierig zu sein, wie die Menschen. Er – Commander Tucker – legte den Kopf zur Seite und musterte die beiden für einen Moment. „Ihr seit kein Leben,“ sagte die Entität und berührte Deshas Gesicht, ihr Haar. „So fest.“ Nicky musste unwillkürlich schmunzeln, als ihre Freundin die Augen schloss, aber der Ernst der Situation hatte sie gleich wieder eingeholt. Sie zog Desha von ihm weg, in den hinteren Teil des Shuttlepods. „Verdammt, komm wieder auf den Boden zurück. Wir haben hier ein echtes Pro-blem,“ fauchte sie die Biologin an. „Wer weiß was passiert, wenn er Dich berührt. Nicht dass Du mir auch noch seltsam wirst.“ „Glaubst Du das weiß ich nicht.“ Sie warf Tucker einen Blick zu und schluckte schwer. „Ich hasse es, wie diese Vulkanier zu klingen, aber halte Deine Gefühle unter Kon-trolle, sonst bringst Du uns noch mehr in Schwierigkeiten.“ Sie legte Desha freundschaftlich eine Hand auf die Schulter und diese nickte kurz, dann wandten sie sich wieder dem fremden Lebewesen zu. Sie konnte nur hoffen, dass durch diesen flüchtigen Kontakt nichts weiter geschehen war. „Was wollt Ihr?“ fragte Nicky nach einer Weile. „Wir waren Forscher“ sagte die Stimme, die nun entfernt an die des Ingenieurs erin-nerte. „Unser Schiff lag im Sterben durch die Strahlung des Planeten.“ „Wir haben kein Schiff gesehen,“ warf Desha ein. Er sah sie wieder an, aber diesmal beherzigte sie Nickys Rat. „Es war Energie. Wir haben es in uns aufgenommen, es zu einem Teil von uns ge-macht, um unsere Existenz zu verlängern. Wir haben den Wunsch nach Hause zu-rückzukehren,“ beantwortete er schließlich die Frage der Wissenschaftlerin. Sein Blick wanderte nach draußen zu den anderen leuchtenden Adern, die nun noch hel-ler zu pulsieren schienen. Bevor Nicky fragen konnte, wo ihr Heimat lag, hatten sich die grünen Lichtpunkte um den kleinen Shuttlepod gelegt. Sie sah die „Adern“ wandern, bedrohlich wie grüne Schlangen liefen sie über die Oberfläche und hüllten das Schiff ein. Nicky beschlich das Gefühl, dass sie die Kontrolle verlor. Er startete den Shuttlepod, ohne auf ihren Einwand zu reagieren. „Könnten Sie mir sagen, was das soll?“ fragte sie erneut, während sie sich festhielt. „Wir gehen nach Hause,“ erwiderte die metallene Stimme. Charlies Hand deutete auf den freien Raum. Desha und Nicky folgten seinem Blick. Dort war nichts, aber auf eben dieses Nichts, hatte der Commander den Kurs des Shuttlepods program-miert. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht. Sie spürte, dass dieses Lebewesen log. Das ungute Gefühl war nicht verschwunden. Jener Instinkt, der die Geologin mehr als einmal vor einer gefährlichen Situation bewahrt hatte. Ein leichtes Kribbeln in ih-rem Nacken. 21
„Laut unseren Sensordaten,“ begann sie zögernd, „befindet sich in diese Richtung in den nächsten paar Lichtjahren kein System.“ Sie bekam keine Antwort, er drehte sich nicht einmal zu ihr um. Die Biologin atmete hörbar ein, bevor sie fragte: „Wie lange wird das dauern?“ Wie-der keine Antwort. Der kleine Shuttlepod verließ den Mond mit der üblichen ¼ Impulskraft. Durch die höhere Schwerkraft kam es zu geringfügigen Turbulenzen, die der Ingenieur aber schnell ausglich. Desha und Nicky hatten sich wieder in den hinteren Bereich des Shuttlepods zurück-gezogen. Sie würden keine Antwort von dem Fremden bekommen. „Die Enterprise wird merken, dass wir uns entfernen,“ flüsterte Desha. Ihre Stimme klang nicht ganz so überzeugt. Der Captain war immerhin noch mit dem Transport der Hilfsgüter beschäftigt und er-wartete den Shuttlepod frühestens in vier Stunden zurück. „Das wird sie nicht,“ erwiderte das fremde Wesen nun und seine Augen glühten noch immer in dem eisigen grün. Plötzlich lächelte er kalt. „Wir haben viel zu lange darauf gewartet, niemand wird uns aufhalten. Die Zeit der Vergeltung ist gekommen.“ „Welche Vergeltung?“ fragte Ensign Bancroft und nahm einige Messungen mit dem Scanner vor. Beinahe wäre ihr ein herzhafter Fluch über die Lippen gerutscht. Die grüne Substanz verhinderte, dass Energiewerte ausgestrahlt wurden, welche die Enterprise erfassen konnte. Es war ja nicht einmal möglich Messungen außerhalb des Pods vorzunehmen. Ihr Blick sagte alles. Sie hatten für vielleicht sieben Tage Sauerstoff, wenn sie zu dritt waren und sie konnten nicht einfach tatenlos zusehen, wie diese Entität auf ihren Rachefeldzug ging. Aber was sollten sie tun ohne den Chefingenieur in Gefahr zu bringen ? Nicky warf einen Blick auf die Scannerdaten, versuchte etwas in der Struktur der Fremden zu entdecken, dass sich gegen sie einsetzen ließ. Nach einer Weile deutete die Geologin auf die Phasenpistole mit der sie alle bewaff-net waren, zumindest die Betäubung konnte ihnen – nach ihrer kurzen Analyse - ein wenig Zeit verschaffen. Als habe er ihre Gedanken gelesen, wandte sich Tucker um und stand auf. Ohne ein Wort zu sagen, nahm er Lt. Etienne die Waffe ab, bevor sie ihn betäuben konnte. Er stand mit dem Rücken zu Desha, sie dachte nicht nach, zog einfach ihre Phasenpi-stole und drückte ab. Überrascht wandte Tucker sich zu ihr um und verlor wenige Sekunden später das Bewusstsein. „Oh Mann,“ seufzte Nicky, während sie ihre Waffe wieder an sich nahm. „Hoff lieber, dass er sich nicht daran erinnert.“ „Also,“ warf Desha ein, ohne auf den Kommentar ihrer Freundin einzugehen, „Ich glaube nicht, dass das nur Forscher sind.“ Nicky stimmte ihr wortlos zu, als sie die automatischen Kontrollen des Shuttlepods wieder auf manuell umschaltete. Durch das kleine Fenster vor dem Steuerpult, sah sie die grünen Lichtpunkte umher wandern. Ihr Leuchten wurde intensiver, pulsierte nun. Wie eine bedrohliche grüne Flut, brachen sie über das Fenster hinein, versuchten sich einen Weg in das Innere zu bahnen. „Wir müssen irgendwas tun, bevor sie die Hüllenintegrität verletzten,“ brach es aus Desha panisch hervor. Sie besann sich gleich wieder und versuchte einen klaren Gedanken zu fassen. Desha sah zu Charlie, als sie die beiden grünen Lichtpunkte bemerkte, die neben ihm auf dem isolierten Boden entlang krochen, immer schwächer wurden und schließlich erlöschten. Nicky hatte es auch gesehen Der Shuttlepod bestand aus Metall. Sie brauchten etwas um die Wesen vom Schiff zu lösen. „Was ist mit Elektrizität?“ fragte Desha und sah wieder zu Nicky, welche die grünen Lichter 22
ebenfalls wahrgenommen hatte. Bevor Nicky eine Antwort geben konnte, bewegte sich das Behältnis, in welchem die Probe aufbewahrt war und auch die unheilvollen Lichter, die noch immer den Shutt-lepod einhüllten, waren Antwort genug. Sie wünschte sich inständig eine genauere Analyse vornehmen zu können. Wenn Sie nicht bald etwas unternahmen, waren sie auf jeden Fall tot. „Wie lang brauchst Du, um die Energie der Systeme nach draußen umzuleiten.“ „Könnte etwas dauern, unseren Ingenieur haben wir ja leider betäubt,“ entgegnete Desha, die sich auch sogleich an die Arbeit machte. Während dessen griff Nicky vorsichtig die Kiste mit der Gesteinsprobe und schob sie in die Luftschleuse. Nichts sollte zurückbleiben. Nach einer scheinbaren Ewigkeit hatte sie die entsprechenden Modifikationen vorgenommen. Die fremden Lebewesen hatten sich nicht beruhigt, schienen noch immer an der Hülle zu zerren. Der Shuttlepod wurde von Lichtblitzen eingehüllt, als Desha die Energie umleitete. Durch das Fenster konnte die beiden Frauen sehen, wie die Lebewesen sich von der Außenhülle lösten und in den freien Raum abdrifteten. Es dauerte eine Weile, aber die Sensordaten des Pods deuteten daraufhin, dass sie verschwanden. Die Energie-signaturen waren zunächst schwächer geworden und hatten sich dann aufgelöst, eine nach der anderen. Lt. Etienne nahm auf dem Pilotensessel platz, während Desha nach Charlie sah. Auch bei ihm fanden sich keine Spuren mehr der fremden Lebensform, die Betäu-bung hielt allerdings noch eine Weile an. Die Sensoren funktionierten wieder wie sie sollten und der Kontakt zur Enterprise war wieder möglich. „Es geht ihm soweit gut,“ berichtete die Biologin und verbarg ihre Erleichterung nicht. Nicky lächelte und hatte den Kurs zurück zur Enterprise programmiert. „Wir hatten mehr Glück als Verstand, Desha,“ sagte sie leise. „Wer weiß, was pas-siert wäre...“ Sie ließ den Satz unvollendet. Hatte sie wirklich richtig gehandelt? Oder war sie für die Auslöschung eines ganzen Volkes verantwortlich ? Sie hatte ja nicht einmal alle Fakten gekannt, einfach gehandelt. Als habe Desha ihren inneren Zwiespalt mitangehört, erwiderte sie: „Sie wollten nicht reden. Und wenn sie wirklich für etwas Rache nehmen wollten, bin ich froh, dass wir es verhindert haben. Vergeltung ist keine Lösung, Nicky.“ Die ältere Frau lächelte. „Ich hoffe der Captain sieht das ebenso.“ „Er ist klug. Er wird es verstehen,“ entgegnete sie zuversichtlich. Der kleine Shuttlepod näherte sich langsam der Enterprise. Desha sah zu Charlie, der noch immer bewusstlos war. Sie lächelte. Zwar hatten sie keinen Planeten vor dem Hungertod bewahrt, aber es gab ja auch wichtigeres in Universum...
ENDE
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Ein Tag auf dem Kriegsschiff Voyager von Annika Ruf
Captain Janeway will Harry Kim hinrichten! Weil er ihren letzten Kaffee getrunken hat!
Logbucheintrag 0201.07, Fähnrich Melody Papageorgiou Heute habe ich mich wieder mal verspätet und Lieutenant Cullah hat mich prompt bei Commander Tuvok verpetzt. Dieser dämliche Kazon! Wieso der in die Crew aufgenommen wurde, ist mir ein Rätsel. Die Kazon sind sowieso eine Beleidigung für alle Humanoiden! Zum Glück war Tuvok noch mit Harry Kim beschäftigt, den er wohl bald für eine Beförderung vorschlagen wird. Harry hatte das Pech (oder besser Glück) in der Nähe zu sein, als Tuvok sein Pon Farr bekam und hat ihm gleich seinen niedlichen Hintern angeboten. Und nun sind er und Tuvok ein Paar. Unsere allgewaltige Captain Janeway hat ihm nur einmal einen Anpfiff verpasst, als Tuvok Harry auf der Brücke geknuddelt hat. War was mit der Disziplin. Ich muss nun aufpassen. Wenn ich nicht effizient genug bin, verfüttert mich Tuvok an die Borg – vielleicht wäre ich im Kollektiv effizienter. Als Drohne zu enden habe ich leider keine Lust, also muss ich nun aufpassen. Meine Tante gab mir mal den Rat, mich unentbehrlich zu machen. Also mache ich die Augen auf, und wenn ich merke, Chakotay braucht was zu trinken, stelle ich es ihm hin. Wenn Neelix in der Küche herum wirbelt, räume ich hinterher die Gewürze wieder auf. Dem Himmel sei gedankt für diese Gewürze, die machen seinen Fraß erst genießbar. Heute ist Janeway fast ausgerastet. Ich saß gerade an der Navigation, als unsere Sensoren einen bewohnten Planeten entdeckten. Nach dem üblichen Scannen und Feststellen , ob auf dem Planeten eine Zivilisation ist und wenn ja, welche; nahmen wir erst mal Kontakt mit den Leutchen da unten auf. Die obersten Obermotze des Planeten waren drei Frauen und zwei Männer, die einen sehr wichtigen Eindruck machten und recht humanoid wirkten, abgesehen von der Tatsache, dass sie gelb, grün und magentafarben waren. Die lindgrüne Frau in der Mitte war Meralani, die gewählte erste Repräsentantin der Welt Iwalami, und die erste Frage, die sie stellte war: „In welcher Absicht kommen Sie zu uns?“ Janeway stand in der Mitte der Brücke und erwiderte: „Ich bin Captain Janeway vom Kriegsschiff Voyager, und wir kommen, um unsere Vorräte aufzufüllen. Das kann mit Ihrem Einverständnis erfolgen oder ohne, das hängt von Ihnen ab!“ Die Dame wurde daraufhin blassgrün, lächelte nervös und äußerte: „Wie viel Vorräte brauchen Sie denn?“ „Wir werden Ihnen unsere benötigten Güter übermitteln, Janeway Ende!“ Damit musste Tuvok die Verbindung unterbrechen. Janeway wandte sich an Harry. „Mr. Kim, ich erwarte eine Liste von Ihnen in einer Viertelstunde!.“ „Aye, Captain“, erwiderte Kim und machte sich an die Arbeit. Ich starrte auf meine schwarzen Handschuhe. Wenn die Bevölkerung von Iwalami nicht spurte, würden wir ihrem Planeten eine deutliche Narbe verpassen. Kim stellte die Liste in nur zehn Minuten zusammen. Janeway rief die Repräsentantin noch einmal und übermittelte ihr die Forderungen. „Ich denke, das lässt sich einrichten“, erwiderte Meralani, „bis auf... Kaffee. Sowas haben wir hier nicht.“ Janeway knurrte kurz, betrachtete ihre behandschuhten Hände und gab Tuvok einen Wink. Die Verbindung war unterbrochen. „Keinen Kaffee. Großartig. Wie viel haben wir noch an Bord?“ fragte sie. 24
„Heute morgen wurde der letzte getrunken“, erwiderte Harry Kim vorsichtig. „Von wem?“ fauchte Janeway, ihre Augen glühten. Harry wurde schrecklich blass. Ich wusste, dass er heute morgen welchen getrunken hatte. „Fähnrich Kim hat heute Kaffee im Becher gehabt“, sagte Fähnrich Cullah dann. „Ist das wahr?“ Janeways Stimme vibrierte mit verhaltenem Zorn. „Ja, Captain“, flüsterte Harry nur. Ich wusste: Wenn jetzt kein Wunder geschah, würde Harry Kim sehr bald sehr arm dran sein. Der Androiden-Doc könnte ihn dann als Anatomiemodell benutzen. Genauer: Was von Harry noch übrig war. Die Chance für Cullah, Karriere zu machen. Ich hasste diesen Kazon umso mehr. Ich warf einen Blick zu Tuvok. Er sagte nichts, und seine Miene war steinern, aber ich wusste, dass er sich um seinen Geliebten sorgte. Und mir kam eine Idee. Ich konnte zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Ich musste nur bis zur Pause warten und dann mein kleines vakuumversiegeltes Päckchen in meinem Quartier öffnen. In der Mittagspause nahm ich einen Teller mit Neelix´ Eintopf, suchte Harry und fand ihn in einer Ecke. Neben ihm saß Tuvok, beide aßen Plomeeksuppe. „Tuvok, Harry“, ich lächelte, „ich habe einen Vorschlag.“ „Und der wäre?“ fragte Harry verzweifelt, „Wenn ich den letzten Kaffee getrunken habe, wird die Captain mich hinrichten.“ „Wird sie nicht“, sagte ich ruhig, setzte mich und aß meinen Eintopf, „Ich möchte Fähnrich Culloh aus dem Weg haben. Und ich weiß auch schon wie.“ Tuvok richtete sich auf. „Verstößt es gegen die Moral auf diesem Schiff?“ „Nö“, grinste ich, „ich brauche nur ein paar Dinge aus dem Maschinenraum und aus der Küche.“ Tuvok sah zu Neelix und nickte. „Was brauchen Sie, Fähnrich?“ fragte er dann. Ich wisperte es ihm zu. Harry ging in den Maschinenraum, um B´Elanna die Teile abzuschwatzen. Schon bald hatte ich alles zusammen. „Jetzt fehlt nur noch Chakotay“, stellte ich fest, während ich mein privates Päckchen öffnete. „Das duftet“, Harry schnupperte. „Echt?“ fragte er dann. „Echt“, bestätigte ich. Heißes Wasser strömte in den Filter, und ich achtete sorgsam darauf, dass nichts überlief. Tuvok überredete unterdessen Chakotay, Janeway für eine halbe Stunde in ihrem Bereitschaftsraum zu beschäftigen. Schließlich war es fertig, und ich schloss den Deckel, damit die Brühe heiß blieb und machte mich mit Harry auf den Weg. Tuvok erwartete uns vor ihrem Büro, und wir betätigten brav den Türsummer. „Herein!“ hörte ich Janeway rufen, und wir betraten ihren Bereitschaftsraum. „Captain“, Tuvok deutete eine Verneigung an, „Fähnrich Kim hat eine Überraschung für Sie.“ Sie blickte hoch, dann sah sie zu Chakotay, der sie anlächelte, was bei seinem halb tätowierten Gesicht recht eigenartig aussah. Dann öffnete sie behutsam den Deckel, sah die dunkle Flüssigkeit und sog den Duft ein. „Brasilien. Normale Stärke?“ „Etwas stärker als gewöhnlich, Captain“, Harry lächelte sie an. Sie nahm einen Schluck. Ich wechselte Blicke mit Harry und Tuvok. Janeway ließ den Schluck genussvoll im Mund herumrollen, dann schluckte sie und strahlte (was sehr selten vorkam!). „Perfekt“, stellte sie fest. Als wir wieder mit der Repräsentantin sprachen, war unser Captain sehr munter und gut gelaunt. Die Güter trafen rasch ein, und das steigerte Janeways gute Stimmung noch. Wir 25
tauschten noch einige Dinge mit den Iwalami-Leuten und flogen dann weiter. Harry Kim ist gerettet, das hat mir seine und auch Tuvoks Freundschaft eingebracht. Fähnrich Cullah ist bei der letzten Außenmission leider, leider verloren gegangen, und ich werde demnächst befördert. Und das alles nur, weil ich dem Rat meiner Großmutter folgte: Immer richtiges Kaffeepulver vakuumverpackt dabeizuhaben. Mit frischem Wasser zubereitet und mit der Hand gefiltert, kann es Leben retten. Qoud erat demonstrandum! (Was zu beweisen war!)
ENDE
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Ein böser Tag von Thomas Kohlschmidt
Es gibt Zeiten, da möchte man es nicht glauben, was alles so passiert. Heute kämpft sich Kirk durch einen Albtraum!
Die USS Enterprise kreiselte im Orbit um den formschönen Planeten. Kirk stand immer noch mit seinem Landeteam im Transporterraum und machte allmählich ein böses Gesicht. „Was ist nun Scotty?“ schienen seine von nächtlichen Raumwein-Orgien verschleierten Augen sagen zu wollen. Der Chefingenieur schwitzte und knurrte die Konsole mehrmals auf Schottisch an, aber nichts tat sich. Der vertraute Flimmerstrahl wollte sich nicht über unsere Helden senken, um sie behutsam in Atome (und kleineres Zeug...) zu zerschroten und sie durch die unendliche Leere des kalten Raumes, hinab auf diesen Himmelskörper, zu pusten. Der Transporter blieb dunkel. Nach längerem Gewerkel musste man aufgeben. Sonderbar: Erst war heute morgen der Turbolift ausgefallen, so dass alle über diese dummen Leiterkanäle von Deck zu Deck hatten kriechen müssen. Dann waren alle möglichen Syntheziser an Bord ausgefallen und hatten zum Frühstück nur Unmengen von MaracujaJoghurt und Erdnüssen produziert. Und dann war noch die Sache mit dem Subspace-Sender geschehen: Uhura hatte keine föderale Grußbotschaft zum Planeten Pazifazius schicken können, wie üblich. Außer heiserem Gekrächze war nichts von der Enterprise gesendet worden (Glücklicherweise waren die Regierungsoberhäupter dieses Systems allesamt papageienähnliche Kreaturen, die aus dem Geflöte noch einen netten Gruß hatten heraushören können). Zur Krönung des Ganzen konnte man jetzt den angekündigten Freundschaftsbesuch nicht einmal antreten? Der Captain seufzte und verdrehte die Augen, während Spock ausdruckslos vor sich hin starrte und McCoy aufatmete. Er schlug vor, doch das beliebte Shuttle Nummer 7 zu nehmen. Kirk nickte matt, und man machte sich durch die Kriechkanäle in Richtung Hangar auf den Weg. Ein deprimierter Scotty blieb zurück, der sich die Haare raufte. Kurz darauf schwang sich McCoy prustend in das Shuttle, und da er der Letzte des Landeteams war, konnte man die Türen schließen. Spock saß an der Flugkontrolle. Kirk pulte sich an den Fingernägeln und schien gereizt zu sein. Als der bordeigene Vulkanier den Zündschlüssel im Schloss drehte, geschah nichts! Kein Impulstriebwerk sprang an, kein protoplasmatischer Injektor fing an zu rumpeln, und selbst das grünliche Armaturenlicht fing nicht an zu brennen. Dafür erstarb die automatische Lebenserhaltung! Kirk lehnte sich im Sitz zurück und begann seine Hände zu kneten. Der Doktor starrte düster wie eine Bulldogge vor sich hin. Mit bewundernswert unmenschlicher Geduld versuchte es Spock immer wieder, dem müden Shuttle einen antriebstechnischen Seufzer zu entlocken. Vergebens! Inzwischen hatte Scotty auch gemeldet, dass sich das Hangartor im Moment sowieso nicht öffnen ließe. Im übrigen drohe die Enterprise aus dem Orbit zu kippen, und überall sei die Wasserspülung defekt. Und der Warp-Kern würde seltsame Geräusche machen... Kirk rieb sich die Schläfen. Spock sah ihn ernst an, und irgendwo erklang der Rotalarm. 27
Wenigstens der funktionierte noch, wenn auch zur falschen Zeit. „Meine Herren!“ sagte der Captain mit seltsamem Tonfall, „Ich denke, aus unserem Besuch da unten wird heute nichts! Wir sollten das abblasen!“ Er setzte sich auf und drückte an der Shuttletür, die sich alsbald aus den Angeln hob und vor Kirk hinab in den Hangar fiel, wo sie auf einen Schaltkasten schlug. Augenblicklich war es stockdunkel. Kirk stellte seinen Phaser in den Taschenlampenmodus und verließ diesen Ort der Demütigung. Eilig krabbelte er durch die Leiterschächte, hastete durch die nun überall finsteren Gänge hin zu seiner Kabine, stemmte die Tür auf und warf sich auf sein Bett. Kirk presste sich das Kopfkissen auf die Ohren und versuchte, an nichts mehr zu denken. Solch einen Tag hätte er nun gegen Ende seiner Sternenflotten.Karriere nicht unbedingt noch erleben müssen! Nein, wirklich nicht!! Schon bald erlöste ihn gnädiger Schlaf. Der gute Captain driftete ins Traumland, wo sein Schiff strahlend stolz einwandfrei funktionierte, bis in alle Ewigkeit! Und derweil tigerte ein fluchender Scotty mit seinem Team durchs die ganze Enterprise, drehte hier, drehte da, vereiste den Warpkern und trat gegen Syntheziser, bis alles wieder im Lot war. Als Kirk erwachte, war Uhura bereits in loses Plaudern mit den Papageiwesen vertieft, es roch überall nach frischem Kaffee, und der Transporter wartete ungeduldig summend auf seine Passagiere. Das gefiel Kirk schon besser. Und während er, nun wieder souverän lächelnd, die Landemission antrat, lag ein verschwitzter erster Ingenieur in seinem Bett, wie erschlagen niedergestreckt, und ihm rollte ein Fläschchen ´Scotty´s Best´ aus der erschöpften Hand. Was für ein Tag!
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6 of 2 von Carsten Posingies
Captain Archer begegnet einem Alptraum: Schlimmer als die Borg?
Als Archer aus dem WC trat, fand er Porthos an den Unterschenkel einer Frau gepresst, die in ein sehr schickes, sehr glänzendes, schwarzes Ledergewand gehüllt war. Es schmiegte sich mindestens so dicht an ihre Haut wie es die Uniform seines Subcommanders zu tun pflegte, und die Formen dieser Frau einige Meter von ihm entfernt waren mindestens so... Er verdrängte den Gedanken. Admiral Wellington stand knapp neben der Frau. Sein Gesicht spiegelte eine Mischung aus Vaterstolz und Unbehagen, als er Archer erblickte. Er machte einen Schritt auf ihn zu, seine Arme zu einer väterlichen Geste geöffnet. "Porthos hat einen neuen Freund gefunden, wie mir scheint!", sagte der Admiral, während Archers Augen weiterhin auf dem atemberaubenden Körper der Frau mit den kunstvoll hochgesteckten, blonden Haaren und dem irgendwie mechanischen Blick lag. "Ja... scheint so", erwiderte Archer und wollte zu seinem Hund gehen. Porthos' Schwanz wedelte, als hätte er eine läufige Hündin entdeckt und als wäre er bereit, sein Leben für diesen einen Moment zu opfern... Seine Zunge hing ihm aus dem Hals, und sein Atem war heiser. "Wer ist sie, dass mein Hund so wild nach ihr ist?", fragte Archer, und augenblicklich bemerkte er, dass er Wellington an einer empfindlichen Stelle getroffen hatte. Aber das scherte ihn nicht. Er wollte erfahren, was für eine Menschenfrau das war, die ihn so faszinierte und offenbar dieselben Instinkte in seinem Hund weckte, der sich sonst doch nur für sein Körbchen, frisches Schweinefleisch und in seltenen Fällen für Phlonx' Xeno-Flatterer interessierte. "Nun, Captain Archer, darf ich vorstellen...", Wellington schien seine Unsicherheit abgeworfen zu haben und streckte den Arm in Richtung der Frau aus, "die aktuelle Krönung unserer Forschung!" Augenblicklich, als hätte sie - wie eine Schauspielerin - auf ihren Einsatz gewartet, wandte die Frau ihr Gesicht zu Archer, und augenblicklich realisierte er, dass er nicht vor einem Menschen stand. Sie sprach nicht, starrte ihn nur an. Archer fühlte sich, als würde er in eine Kamera blicken. Ihre Augen... waren keine Augen. "Wer ist sie..?", fragte Archer, während er das Wesen vor ihm taxierte, "... oder 'es'?" Mit Mühe drehte er seinen Kopf zu Wellington, der sich inzwischen neben dem Wesen aufgebaut hatte. "Das, mein lieber Captain Archer, ist 'Sechs von Zwei'. 'Sechs, weil sie die sechste ihrer Art der - deswegen "zwei" - zweiten Generation ihrer Art ist. Die erste Generation war, nunja, ein Reinfall. Aber diese hier... In weniger als einem Jahr...", er legte seinen Arm um die Schulter des Wesens, "werden sie uns - und auch Sie! - in den Weltraum begleiten. Sie werden Welten vor uns betreten, erkunden und dafür sorgen, dass wir an jedem Ort des Universums vor Gefahren beschützt sind! Diese Wesen sind... nun... das Beste aus zwei Welten. Sie sind das, was uns Menschen verwehrt ist! Die Symbiose aus Biologie und Kybernetik!" Archer versuchte, sich zu fassen. "Sie ist... sie sind... Cyborgs?" Wellington nahm den Arm von der regungslos gebliebenen 6 von 2. "Wenn Sie das so nennen wollen, Archer! Bitte sehr! Nennen wir sie Cyborg!" - "Also sind es Roboter mit menschlichem Gesicht?", fragte Archer. Er konnte sich immer noch nicht von der Stelle rühren. Seine Faszination für den weiblichen Cyborg wurde aufgezehrt von plötzlich aufkommender Abscheu... "Nein, nein, Archer! Sie sind biologisch! Obwohl..." Er wandte sich zu dem Wesen: "Sechs 29
von Zwei, wir brauchen Euch!" Ein winziger, kaum merklicher Ruck ging durch den Frauenkörper. Wenige Augenblicke später erschienen drei männliche und zwei weibliche Wesen, deren Verwandtschaft zu der Frauengestalt unverkennbar war. "Sehen Sie, Archer! Das menschliche Gehirn ist auch heute noch ein unübertroffener Computer. Er ist nicht besonders schnell und nicht besonders genau, aber die Fähigkeiten, die er... es! besitzt, sind unerreicht. Doch fehlt es diesen... biologischen Entscheidungen oft an Präzision. Deswegen haben sich unsere Wissenschaftler seit vielen Jahren ihren menschlichen Kopf darüber zerbrochen, wie man beides - die Präzision von Maschinen und die Fähigkeiten unseres Hirns - vereinen kann. Viele Modelle wurden dabei ent- und wieder verworfen, und am Ende kam eine Mischung heraus, deren Prototypen Sie nun vor sich sehen!" Archer hatte die ganze Zeit geschwiegen. Sein Atem ging flach, während er diesen Wesen gegenüber stand. Auch jetzt brachte er kein Wort heraus. Eigentlich wollte er doch nur die Scanner der NX-01 mit den neuen Kalibrierungsverfahren verbessern lassen... Wellingtons Einladung hatte er - offenbar in seiner naiv-humanoiden Intelligenz falsch - als Aufforderung zum gemeinsamen Abendessen verstanden. "Sie haben organische Gehirne, die das - und etwas mehr - zu vollbringen vermögen, was Ihr und mein Hirn auch vermögen", fuhr Wellington fort, "aber darüber hinaus verfügen sie über kybernetische Intelligenz, wie sie nur ein Computer hat! Diese Intelligenz befindet sich hinter dieser Wand, in einem zentralen Computer, dessen Speicherkapazität und Rechenleistung alles übertrifft, was Menschen bisher..." Archer hörte nicht mehr zu. Er spürte, wie die Augen des Frauenwesens ihn musterten, untersuchten, scannten. Er fühlte, wie der kybernetische Teil jenes Gehirns Datenbanken durchforstete und mehr über ihn in Erfahrung brachte, als er je über sich selbst wissen würde... Seine Karriere, seine Akte... seine Kindheit... seinen Vater... "... sind sie darauf programmiert, alles Nützliche aus allen Situationen zu lernen. Sie vergessen nichts, Archer, sondern sie fügen ihrem Wissen einfach alles Neue hinzu! Ihr kybernetischer Teil berechnet daraus den logischen Teil, und ihr humanoider Teil ergänzt dieses Wissen. Stellen Sie sich doch vor, Archer, Sie hätten 'Sechs' an Bord und träfen auf eine neue außerirdische Rasse! Während Sie noch diese Rasse erforschen und Ihre verehrte Sato an der Übersetzung herumspielt, Archer, würde 'Sechs' diese neue Spezies nicht erforschen, sondern... Oh, Archer, all diese Informationen sind natürlich streng vertraulich...! Sie haben hier nichts gesehen! Klar, Captain Archer? Also, Wie soll ich es ausdrücken... Sie, die von Ihnen sogenannten 'Cyborgs' würden die Außerirdischen quasi in sich aufnehmen!" Archer machte sich auf der Stelle davon, ohne jede Abmeldung an den vorgesetzten Offizier. Er wollte zu seinem Schiff, sich mit Dingen beschäftigen, die ihm vertraut waren... Irgendwo würde er Trip finden zu einem belanglosen Plausch und Reed und Hoshi und T'Pol... "Captain Archer!" Die Stimme, so menschlich wie unmenschlich, gefror Archers Beine. Mit aller Gewalt drehte er sich um. "Ihr Hund, Captain Archer." Einer der männlichen Cyborgs reichte ihm Porthos. Immer noch wedelte der Hund mit dem Schwanz, und es schien, als konnte er sich kaum losreißen von den Wesen. "Ich bin 'Vier von Zwei'", sagte das Wesen. "Wir sind hier, um Ihnen zu dienen." 'Ja', dachte Archer in einer Aufwallung von Panik, 'irgendwann seid ihr hier, um uns zu fressen... zu... assimilieren!'
ENDE
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Balance von Tom Kosch
Tom Paris auf Rettungsflug. Zwischen Verantwortung und Freiheit!
Tom Paris lächelte zufrieden vor sich hin. Endlich war er der hektischen Enge der Voyager entkommen und konnte die nächsten Stunden hindurch in seinem geliebten Delta-Flyer seine Kreise ziehen. Offiziell hatte er das als Probeflug nach allerlei Antriebsreparaturen ausgewiesen, in Wirklichkeit aber wollte er einfach nur einmal wieder seine Ruhe haben. Die letzten Wochen waren sehr aufreibend gewesen. B´Elanna machte sich als Mutter prima, er schlug sich als Papa auch nicht schlecht, wenn ihn auch die vielen durchwachten Nächte bei Kindergeschrei allmählich weich werden ließen. Erstaunlich, wie viel Energie ein so kleines Baby aufbringen konnte, wenn es darum ging, die Eltern vom Schlaf abzuhalten. Die klingonische Kämpfernatur seiner Frau kam damit ganz offensichtlich besser klar, als er selbst, dem doch die Nerven des öfteren an zu klingeln fingen. Es war schon so: Ab und zu war er ganz froh, unter dem Vorwand der Arbeit auf der Brücke der Voyager oder am DeltaFlyer für ein paar Stunden entfleuchen zu können. Umso lieber kehrte er dann mit neuem Elan zu seiner Familie zurück und warf sich Hals über Kopf in das Universum aus Windeln, Rasseln und Mitternachtsliedchen. – Tom seufzte. Er war ein glücklicher Mann. Endlich waren die dunklen Jahre überwunden. Sein ewiger Kampf mit Autoritäten und Regeln hatte sich zu einem ruhigen Ende hin entwickelt, an dem er sein Schicksal annehmen konnte – ja, endlich wollte. Sein Leben war nicht ohne Belastungen, aber nun wollte er diese Verantwortungen tragen... Er grinste, als er den Delta-Flyer beschleunigte, und ihn in die bestirnte Nacht vor sich trieb. – Das änderte natürlich nichts daran, dass er ab und an wieder den Geschmack der Freiheit brauchte! So wie jetzt! Mit breiterem Grinsen als zuvor beschrieb er eine rasante Kurve im Nichts, beschleunigte erneut und sah kurz auf den Taster. Vor ihm war die absolute Leere, durchstrahlt von fernen Sonnen, die einige Gase leuchten ließen. Tom jagte durch hellblau leuchtende Schlieren hindurch und verwirbelte sie. Was für ein Spaß! Nun nahm er Kurs auf orangefarbene Gasbänke. Und wieder zerfetzte der Flyer die ruhig dahin driftenden Bäusche und Bögen, die wie schwerelose Skulpturen im Raum standen, und nun in Bewegung gerieten. Tom sah zurück: Sie wogten und wirbelten hinter ihm und schienen zu winken. Heja, und noch einmal! Während er so seine Runden flog, wuchs unbändige Freude in ihm. Hier gab es keine Protokolle, Höflichkeiten und Leistungsvorgaben. Niemand mahnte ihn, sah auf die Uhr oder wusste auch nur, was er tat. Sicherlich, von der Voyager aus würde man ihn orten können, aber das war jetzt nicht wichtig. Er hatte den Funkkontakt unterbrochen und war nun sein eigener Herr. Die Sterne schienen – so fern sie auch waren – vor Energie zu knistern. Tom spürte hier draußen wieder die Einsamkeit, die ihn selbst lange Zeit seines Lebens ausgefüllt hatte. Er empfand die kühne Kälte der Existenz, aber nun war das kein Gefängnis mehr für ihn, es war ein Gegengewicht zur warmen Größe seines neuen Lebens. Er dachte an seine Familie, an seine Freunde, an die Kollegen. Ja, er war nun einer von Ihnen. Es war ein langer Weg gewesen. Stets hatte er Angst gehabt, sie würden ihm zu nahe kommen und ihn endgültig unterwerfen können. Er hatte sich in Gefängnissen aus Routine und Geborgenheit enden gesehen, erstickt in klebriger Einmütigkeit. Aber es war anders gekommen. Und ein Teil davon, was ihn nun neu leben ließ, war das Echo der Kälte. Er brauchte diese Erinnerung an die Einsamkeit, das zeitweise Gruseln am Abgrund, um freudig in den Kreis der Lieben zurückgehren zu wollen. Und so startete er noch einmal durch, beschleunigte den Flyer bis auf fast Lichtgeschwindigkeit, lehnte sich frei und glücklich in die Polsterung des Pilotensitzes zurück 31
und flog dann in halsbrecherischer Kurve durch all die bunten Wolkenfetzen hindurch zur Voyager zurück, die in der Leere auf ihn wartete. Und gerade rechtzeitig kam er an. Er war schon fast auf Sichtweite heran, als er den Mahlstrom der Partikel ortete, der sich in Form von Milliarden Mikro-Asteroiden dem Schiff näherte. Er schalte den Bordfunk wieder ein. „Hallo, hier ist Tom Paris an Bord des Delta-Flyers. Ich rufe die Voyager.“ - „Tom, hier ist der Captain.“ - „M´am, ich habe einen Partikel-Mahlstrom entdeckt. Auf Position 45,56; 67,89; 89,33!“ - „Keine Sorge Mr. Paris, wir haben ihn bereits in der Ortung. Gut dass Sie zurück sind. Wir können Ihre Hilfe gebrauchen.“ „Als ´Eisbrecher´ für die Voyager?“, fragte Tom grinsend. - „Ja, so könnte man sagen. Wir werden am Strom weitgehend vorbeikommen. Aber seine Ausläufer sollten sie aufs Korn nehmen!“ - „Aye, M´am. Wird erledigt!“ Er flog den Flyer tangential an die Voyager heran, schwenkte dann leicht nach unten weg und begann ein Bremsmanöver, das ihn direkt vor die nahende Partikelfront brachte. „Dann wollen wir einmal Schnee schieben“, knurrte Tom Paris und begann, erste Teilfelder des Stroms anzufliegen, um sie mit gut gezieltem Phaserfeuer aus dem Weg zu räumen. Er flog durch Feuerblumen und Eisblitze hindurch, wendete, setzte neu an, beschrieb Kurve um Kurve, vollführte sogar mehrere Saltos und verwirbelte die nach den Energieschüssen verbliebenden Partikel, so wie er es zuvor mit den Gasbänken getan hatte. Die Zeit verging – ´wie im Fluge!´- fiel es Tom ein, und er lachte in sich hinein, als er die letzten PartikelSchwaden verdrängte. Dann war die Voyager hindurch, und er setzte zum letzten großen Rundflug an, der ihn sicher in den Hangar zurück bringen würde.
ENDE
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Fratzenwelt von Tom Kosch
Picard jagt die Medikamentendiebe von Colonie 46. Finale auf einem erstaunlichen Planeten...
Die Masoren waren wirklich verdammte Kreaturen! Picard spürte Zorn in sich aufwallen, den er nur mühsam in das Korsett seiner Selbstbeherrschung zwängen konnte. Aber allmählich gewann sein Wille wieder die Oberhand. Die Enterprise hatte das Schiff der Masoren bis in den Orbit dieses eigenartigen Planeten verfolgt, nachdem seine Besatzung auf Colonie 46 das Medikamentendpot überfallen und ausgeplündert hatte. Die Verbrecher hatten danach eilig zu entkommen versucht, allerdings das Pech gehabt, dass der Captain mit seinem Schiff gerade in der Nähe war und sich sofort an ihre Fersen geheftet hatte. Auf Colonie 46 herrschte seit Monaten die isertonische Hirnpest, und die geraubten Substanzen wurden dringend benötigt, um ein Massensterben zu verhindern. Andererseits waren die Medikamente extrem hochpreisig, und man konnte mit ihnen größte Gewinne an den interstellaren Märkten erzielen. Das hatten die für ihr Piratentum bekannten, skrupellosen Masoren wohl vor! Aber Picard würde ihnen die Suppe versalzen! Vor wenigen Minuten hatte das Landeteam unter Picards und Rikers Führung die Enterprise verlassen, die nun unter Datas Kmmando stand. Auf der Oberfläche musste der geheime Stützpunkt der Masoren sein, denn man hatte rege Beamtätigkeit zwischen ihrem inzwischen verwaisten Schiff und der Oberfläche dieser Welt gemessen. Niemand freute sich darauf, die äußerst unangenehmen und sehr aggressiven Gestalten aus dem Masor Prime-System zu treffen. Nicht nur, dass es grausame und unbeherrschte Wesen waren, nein, sie besaßen auch Gesichter, die für menschliches Schönheitsempfinden grässliche Fratzen darstellten: disproportioniert, verzerrt, mit schrägen Augen, aufgeworfenen, pickligen Wangen und willkürlich in alle Richtungen ausufernden Hautlappen. Wer zum ersten Mal in seinem Leben einen Masoren sah, erschrak sich für gewöhnlich bis ins Mark. – Nun war man hier, und diese Welt bot eine heftige Überraschung: Data hatte das Ganze „instabile Gravitationsfluktuation“ genant, ein „transformatives Schwerefeld“, das den Planeten umspannte. Ursache schien eine Raum-Zeit-Masse-Anomalie im Planetenkern zu sein. Was das bedeutete, spürte und erfuhr das Landeteam, sofort nach seiner Ankunft in Raumanzügen: Das Körpergewicht veränderte sich laufend und schwankte zwischen federleicht und bullig-schwer. Das Hin- und Her dieser Eigenschaften machte allen schon nach wenigen Minuten schweißtreibend zu schaffen. Und noch ein anderer Effekt ergab sich: Die wallenden Anziehungskräfte dieser Welt beugten das Licht in unterschiedlichem Maße. Das führte dazu, dass einem alles wie in einem Zerrspiegel erschien, der sich im Grade seiner Verfremdung auch noch ständig veränderte. Im einen Moment war der Berg vor ihnen hoch und spitz zu sehen, im nächsten Moment war er schon deutlich flacher, dann wurde er erneut spitz, erschien aber kleiner als zuvor. Picard erschrak, als er in Rikers Gesicht blickte: Es war zu einer Fratze geworden. Die Augen des ersten Offiziers schienen auseinander zu laufen, die Nase wölbte sich widernatürlich auf, und wenn Riker lachte, sah man ein gewaltiges Gebiss in einem viel zu kleinen Mund! Das sah erschreckend und absurd zugleich aus. Zunächst hatte Verwirrung geherrscht, aber dann hatte man sich an das Phänomen soweit 33
gewöhnt, dass man die Verfolgung der flüchtigen Masoren wieder aufnahm. Ihr Stützpunkt lag gleich da vorne. Picard ließ seine 12 Begleiter die Phasergewehre entsichern. Es musste Wachen geben. Vorsichtig schlichen sich die föderierten Astronauten durch die verzerrte Spiegellandschaft an, glitten durch fließend entstelltes Gelände und verließen sich nur bedingt auf die gestörte Optik. Das Gehen wurde durch die Effekte natürlich erschwert. Und auch der Blick zum Nebenmann brachte nur schauerliche und irritierende Anblicke deformierter Körper und von Fratzengesichtern. Endlich erreichte man den Randbereich des Stützpunktes. Riker hob ein Infrarot-Fernglas in die Höhe und setzte es an seine Augen. Er schmunzelte in einer derart abscheulichen Weise, dass Picard wegschauen musste, um seine Gänsehaut loszuwerden. „Das ist ja ein Witz!“ lachte Nummer Eins, „Ein wirklich gelungener Witz! Hier Captain, sehen Sie einmal!“ Er gab Picard das Instrument, und als der es benutzte, wusste er augenblicklich, was sein erster Offizier meinte. Ja, das Universum hatte wahrhaftig jede Menge Taschenspielertricks auf Lager. Und endlose Überraschungen: Durch das Glas konnte der Captain der Enterprise zwei Masorenwachen sehen, die sich ihm gerade unbewusst von vorne zeigten. Er sah ihre mächtigen Leiber, die breiten Schultern und die wilden Köpfe, die... er konnte es zunächst kaum glauben... strahlend schöne Gesichter trugen!! In dieser Anomaliewelt mit ihren Verzerrungen war die sichtbare Optik ihrer physischen Erscheinung eine völlig andere, als außerhalb dieses Feldes. Die scheinbar missgestalteten Antlitze waren aus dieser besonderen Sicht heraus edel und ebenmäßig. Und stolz! Picard senkte das Fernglas. „Ein lehrreicher Effekt, nicht wahr?“ sagte er und verharrte für kurze Zeit in verschiedenen Gedanken, die sich ihm aufdrängten. Dann aber befahl er, den Stützpunkt einzunehmen, um die Medikamente zurück zu bringen. Nach 10 Minuten war alles vorüber, und die Mission erfolgreich und ohne größere Vorkommnisse beendet. Alle waren froh, ihre „wahren“ Gesichter wiederzubekommen, sobald sie wieder im Orbit dieser Welt waren. Allerdings stand Picard abends etwas nachdenklich vor dem Spiegel und betastete sein Gesicht. Optik, die nicht der Materie folgte, oder Materie, die nicht der Optik folgte... Er würde noch länger an die Fratzenwelt denken müssen, das stand fest!
ENDE
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Das letzte Ziel von Tom Kosch
Auf dem Weg zum ´Feuer von Agonia´. Kirk und die Verzweifelten!
Sie hatten die ersten Pilgerschiffe vor drei Wochen geortet. Die Enterprise war auf dem Rückweg von einem Routineflug gewesen, als Spock die kleine Flotte von 23 Schiffen gemeldet hatte. Sie waren aus dem Capheiden-Cluster gekommen und waren – wie der Anführer der Pilger erklärt hatte – auf dem Weg zum „Feuer von Agonia“. Von dieser seltsamen Erscheinung hatte wohl jeder schon einmal gehört. Um dieses bislang völlig unidentifizierbare Energiefeld bei den Nebelbänken von Trancor rankten sich seit jeher die wundersamsten Legenden. Diese Feuersäule, die im Nichts zu tanzen schien, sollte angeblich heilende Schwingungen aussenden. Sie sollte somit in der Lage sein, Krankheiten zu mildern und Wundschmerzen zu lindern. Auch geistige Verwirrung – so sagte man – würde in Klarsichtigkeit überführt werden. Kirk hielt nicht viel von solch Albernheiten. Das „Feuer von Agonia“ war eine listige Erfindung all der Geschäftemacher von Trancor. Diese verlangten jedes Jahr von den Tausenden von Pilgerschiffen saftige Wegezölle und vor Ort, ringsum das „Feuer“, hatten sich im Weltraum Hunderte von Souvenirstationen eingefunden. Hier konnte man Holokarten erwerben, T-Shirts und sogar kleine Phiolen, in denen Funken tanzten – angeblich Ableger des Wunderfeuers, versehen mit Echtheitszertifikat. Billige Fälschungen! Aber der Anführer der Capheiden-Flotte war zu verzweifelt, um diese Dinge zu durchschauen, oder besser: sie durchschauen zu wolle. „Hier sind Tausende von Familien an Bord“, berichtete er vom Bildschirm der EnterpriseBrücke herunter, „Sie alle haben die Blutpest und werden in wenigen Monaten sterben, wenn nicht ein Wunder geschieht!“ Seine Augen waren dabei so voll Schmerz, dass sich Kirks Nackenhaare aufrichteten und er spürte, wie er selbst verkrampfte. Die Blutpest war ein der schlimmsten Krankheiten der Neuzeit. Sie war vor etwa 12 Jahren aus dem AndromedaSektor eingeschleppt worden, und man sagte, sie würde durch einen synthetischen Virus ausgelöst werden, den die Crells für den Dritten Großen Krieg im Militärlabor designt hatten. Er war jedoch mutiert und außer Kontrolle geraten. Die Blutpest hatte bereits mehrere Dutzend Planetensysteme komplett entvölkert. Also hielt die Enterprise besser Distanz zu der Pilgerflotte, die – wie es die Regeln verlangten – korrekt mit Signalfeuern ausgestattet war. Und es liefen auf allen Frequenzen Warnmeldungen. Der Anführer der Pilger berichtete auch davon, wie ihre Flotte große Umwege hatte auf sich nehmen müssen, weil auf dem Weg zum „Feuer von Agonia“ sich viele Sternensysteme geweigert hatten, die Schiffe ihren Raumsektor durchqueren zu lassen. „Man kann es ja auch verstehen“, seufzte der Mann mit dem zerfurchten Gesicht, „Aber das hat so viel Zeit gekostet... so viel Zeit.“ – Sein Blick verlor sich für ein paar Momente und kehrte dann zu Kirk und seinen Leuten zurück. „Wissen Sie, anfangs waren wir 47 Schiffe...“Das „Feuer“ war von hier aus nicht mehr weit entfernt, und bei der jetzigen Fluggeschwindigkeit mochten die Pilger in acht Tagen dort sein, berichtete Spock. Das „Feuer“ war so nah? Das erregte dann doch Kirks Aufmerksamkeit. Sie hatten im Moment für die Enterprise keinen Einsatzbefehl, und dieses Phänomen wäre einen Abstecher wert, was auch Dr. McCoy durchaus so sah. Pille war schon lange von den Heilkräften des „Feuers“ überzeugt. Und sei es nur aus einem gewissen Placebo-Effekt heraus: Die Feuersäule gab neue Kraft! Also entschloss sich Kirk, die Pilgerflotte zu begleiten und das „Feuer von Agonia“ zu 35
besuchen. Auf dem Weg dorthin, kreuzten nach und nach immer mehr Raumschiff-Trecks und auch eine Unzahl von Einzelschiffen ihren Weg, bis die Enterprise in einem Schwarm von Vehikeln dahinflog. Natürlich wurde auch innerhalb des Stroms darauf geachtet, das Schiffe mit Warnsignalen abseits und mit Sicherheitsabstand flogen. Endlich dann hatte das Warten und Hoffen ein Ende, und die Erscheinung schälte sich aus dem Dunkel des Weltraumes. Sie erschien auf den Bildschirmen als eine rotierende Säule aus rötlichem Licht, eine – wie Spock bestätigte – völlig unbekannte Energie, die auf allen Frequenzen wirkte. Das Feuer pulste und wogte. Es sprühte am Rande Funken und war so gewaltig, dass die kleinen Souvenirstationen völlig unbedeutend daneben im Nichts schwammen. Ringsherum um das Feuer waren ganze Ringe von Pilgerschiffen. Keines durfte näher heran, als es die Sicherheitsbestimmungen der Verwalter von Trancor erlaubten, und es gab verschieden teure Einflugbereiche. Die Capheiden-Pilger fädelten ihre Flotte in eine Warteschlange ein, die für Seuchen-Schiffe vorgesehen war. Deren Zutritt zum „Feuer“ war besonders teuer gehalten, was Kirk ekelte und McCoy zu langen Zornesreden trieb. Die Trancaner waren miese Ratten! Aber das „Feuer“ lag nun mal auf ihrem Gebiet! Obwohl: So eine Erscheinung entzog sich jeder Normalität und sollte allen gehören! Das vertraten mittlerweile fast alle sozialen Verbände sämtlicher Föderationsvölker. Kirk sah zum „Feuer von Agonia“ hinüber und eine Zeit lang sah er nur eine Säule unbekannter Energie. Aber schon bald schien es ihm, als wenn die Frequenz des Pulsens sich mit seinem Herzschlag synchronisierte, oder umgekehrt. In seltsam tröstlichem Einklang befand er sich plötzlich, mit dem „Feuer“, mit sich selbst, mit dem Universum... Seltsam. Und war es eine Trance – zum ersten Mal seit Monaten konnte er sich vollständig entspannen. Meine Güte, er hatte ja gar nicht bemerkt, wie verkrampft er all die Zeit gewesen war... sein Nacken, sein Kopf... es fühlte sich mit einem Mal ganz anders an. Viel... freier! Der Captain begann zu lächeln. Pille kam zu ihm. „Na, Jim. Habe ich es Dir nicht gesagt? Das „Feuer“ kann heilen!“ „Vielleicht“, erwiderte Kirk und atmete tief aus, „Hoffentlich!“
ENDE
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Plötzlich Krieg von Detlev Kröger
In der Atmosphäre von Caneipos 4 explodieren ohne Vorwarnung Raketen. Können Kirk und seine Mannschaft noch irgendjemanden retten?
„Die Werte sind eindeutig!“, sagte Spock und sah besorgt aus. Kirk runzelte die Stirn. Er überflog die Werte, die der Wissenschaftsoffizier ihm auf einem Pad hinübergereicht hatte: Auf Caneipos 4 war ein Krieg ausgebrochen! „Ich verstehe das nicht“, gab der Captain zu, „Wir waren doch gerade vor zwei Monaten dort. Alles war friedlich. Auf Caneipos 4 herrschen paradiesische Zustände. Es gibt weder Nationalstaaten, die sich bekämpfen, noch Rassismus oder wirtschaftliche Ungerechtigkeit. Nicht mal Religion oder kulturelle Differenzen. Der ganze Planet ist ein harmonisches Volk.“ „Sie haben recht“, erwiderte Spock, „Die Caneipoden gelten in der ganzen bekannten Galaxis als große Ausnahmeerscheinung. Aber die Daten zeigen klar, dass dort vor 10 Stunden ein Krieg ausgebrochen ist. Die Atmosphäre des Planeten ist mit Explosionen und Emissionen im Wertebereich 300 über Null-Niveau abgesättigt.“ „Strahlungsbomben!“ – „Jawohl, Captain! Die genaue Gattung der Strahlung wird noch analysiert. Es sind aber extrem hohe Dosierungen, soviel steht fest!“ Kirk atmete aus. Dann rückte er sich im Captainssessel zurecht und nickte. „In Ordnung! Wir werden den Kurs ändern und Caneipos 4 auf dem kürzesten Weg anfliegen! Vielleicht können wir wenigstens noch Überlebende retten. Mr. Chekov, gehen sie auf Warp 8,5!“ – „Aye, Sir!“ Dr. McCoy war herangetreten, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und machte ein düsteres Gesicht. „Ich verstehe das alles nicht, Jim! Die Caneipoden haben keinerlei Anstoß für aggressive Handlungen, geschweige denn für Krieg! Strahlungsbomben, Du meine Güte! Das verstößt ja sogar gegen die Friedensprotokolle von Alpha Zentri!“ – „In der Tat sehr eigenartig!“, gab Spock zu. – „Oder verteidigen sich die Planetenbewohner gegen Angreifer? Das wäre wenigstens eine halbwegs vernünftige Erklärung!“, sagte der Doktor. Aber der Vulkanier schüttelte nur den Kopf: „Nein, das habe ich natürlich schon geprüft. Der Raum um den Planeten weißt keinerlei interplanetare Flugaktivitäten auf. Dort sind keine Raumschiffe. Auch Verwerfungen des Subraumes sowie des Temporalgefüges konnte ich nicht messen.“ – „Sie dachten an eine Attacke aus der Zeit?“, fragte Kirk verwundert. „Warum nicht? So etwas ist immerhin 34 Mal in den letzten zwei Jahren im föderalen Raum vorgekommen. Es sind Zeit-Piraten.“ – „Ich erinnere mich“, stöhnte Kirk. Die Enterprise jagte durch den Weltraum und erreichte den von offensichtlichem SpontanWahnsinn heimgesuchten Planeten nach wenigen Stunden. Das Föderationsschiff ging in den Orbit. Kirk setzte sich auf. Schon beim Anflug hatten die Scanner eine Abnahme der Bombenaktivitäten gemessen. Nun, wo man vor Ort war, waren keinerlei Explosionen mehr vorzufinden. In der Atmosphäre gab es jede Menge Reste einer ominösen Delta-44-Strahlung, die höchst tödlich war, die aber abklang. Kirk wies Uhura an, Kontakt zur Planetenregierung herzustellen, und nach wenigen Minuten erschien König Agulin, der 677ste von Caneipos auf dem Bildschirm. Er war ein weißhaariger Mann in einer schlichten Tunika gekleidet, mit freundlichen Augen und einem mächtigen Bart. „Ah, Captain Kirk! Das ist ja eine Überraschung, dass Sie einmal wieder bei uns reinschauen. Wunderbar! Was führt Sie her?“ – „König Agulin, wir sind sehr besorgt über gewisse... Entwicklungen hier auf Caneipos!“ – Der König sah verwirrt aus: „Was meinen Sie da genau?“ – „Nun, wir haben bis vor Kurzem eine hohe Dichte von Delta-44-Strahlung 37
gemessen, und unsere Ferntaster haben in Ihrer Atmosphäre eine Fülle von Explosionen über der Planetenoberfläche angezeigt. Gibt es Konflikte?“ Der König sah verwirrt aus: „Sie meinen, Sie sind den ganzen Weg hergekommen, weil Sie denken, hier gäbe es plötzlich Krieg?“ Kirk nickte. Agulin nickte ebenfalls und sah nun sehr ernst aus: „Aber Sie wissen doch, dass wir keinerlei Aggressivität kennen. Wir haben nicht einmal Strahlenwaffen.“ – „Offiziell stimmt das “, sagte Captain Kirk und warf Spock einen Seitenblick zu. Der Vulkanier sah ausdruckslos auf den Frontschirm der Brücke. Kirk fuhr fort: „Aber es könnten ja verborgene Waffenarsenale bestehen, die wir nicht kennen. - Was war hier bis vor zwei Stunden los?“ Der König lächelte nun wieder. „Nun, lieber Captain Kirk, wir Caneipoden sind gegen Delta44-Strahlung absolut resistent. Wir erleiden davon nicht den geringsten physischen Schaden, so wie ihr Menschen.“ – „Ja, und?“, schnaubte McCoy. Seine Augen blitzten. „Wir haben in den letzten Stunden rund 455.000 Explosivkörper mit Delta-44-Strahlen-Emission über der Oberfläche unserer Heimat zur Detonation gebracht. Aber ich versichere Ihnen, dass alles ganz harmlos ist!“ – „Harmlos? Wie das?“ , fragte Kirk und verstand nun offenbar gar nichts mehr. Da nahm ihn Spock beiseite: „Mir wird nun einiges klar, Captain. Den Datenbanken zufolge hat der Planet Caneipos 4 eine Umlaufzeit von 66 Jahren um seine Sonne. Ein Umlauf ist vor wenigen Stunden laut caneipodischem Kalender beendet worden.“ Kirk fasste sich an die Stirn: „Sie meinen..?“ – „Ziemlich sicher, Captain.“ – „Ja“, mischte sich König Agulin in das Gespräch ein, „Wir haben ein Volksfest gefeiert, dass bei ihnen auf der Erde „Sylvester“ genannt wird! Nur Sie feiern es 66 mal öfter als wir.“ Kirk atmete aus, und McCoy ließ die Arme sinken. „Das ist ja ein Ding“, sagte er. Und der Captain fing an zu kichern, gluckste dann mehr und mehr, bis er in schallendes Gelächter ausbrach, und sich so schnell nicht beruhigen konnte. Auch der Doktor lachte nun. Nur Spock sah betont ungerührt aus. Wie immer.
ENDE
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Schöne Bescherung von Thomas Kohlschmidt
Weihnachten auf der Enterprise! Ein besonderes Erlebnis...
Picard rieb sich verzweifelt die Glatze, und auch Mr. Data sah etwas bleich um die Nasenspitze aus! Das hätten sie beide nicht vermutet: Ihre harmlosen Forschungs- und Design-Arbeiten bedrohten nun Gesundheit und Sicherheit aller empfindenden Wesen an Bord der Enterprise. Der gute Captain machte ein völlig zerknittertes Gesicht. Worf bedachte seine Konsole mit düsteren Blicken. „Sicherheitsalarm nun auf sämtlichen Decks, Sir!“ Ein leichter Vorwurf schien in seiner Stimme mitzuschwingen... Data räusperte sich. „Captain, vielleicht sollten wir sie ausschleusen?“ Picard wischte diesen lächerlichen Vorschlag mit unwirscher Handbewegung beiseite. „Nein, nein, Mr. Data, wir müssen sie alle zusammen im Hangardeck zusammenbekommen und dann mit Subroutine „Picard X-Mas 24“ konfrontieren. Das muss klappen. Ich habe alles so programmiert!“ Der Androide sah betreten zu Boden. „Naja, die Wesen hatten Sie doch eigentlich ursprünglich auch nur dazu programmiert, nur gewisse „Prozeduren und Zeremonien“ abzuwickeln, die Sie aus Kindertagen von der Erde her kannten. Ihre Programmierkünste...ja, wie soll ich sagen!“ „..sind bescheiden! Ich weiß!“ vollendete der Captain den Satz. Nun, dass er da Bockmist gebaut hatte, ließ sich nur schwer bestreiten. Ursprünglich hatte er ja lediglich die Idee gehabt, einen besonders schönen Weihnachtsmann im Holodeck zu erschaffen, der „Santa Clause is coming to Town“ singen und dazu drollig steppen sollte. Außerdem sollte er Riker mit der Rute drohen, Beverly küssen und dann eine schöne Bescherung für alle Offiziere der Enterprise durchführen. Damit diese Präsente sich nicht gleich außerhalb des Holodecks verflüchtigten, hatte Picard am Form-Materie-Modus des Holoprojektors manipuliert (Man konnte auch sagen „Er hatte daran herumgefummelt...), tja, und dann war wohl wieder einmal das Sicherheitsprotokoll ausgefallen. Der Weihnachtsmann war zwar erschienen – rotgewanded mit Rauschebart und prallem Sack - , hatte auch „Hohoho!“ gerufen, wie beabsichtigt, war aber dann dazu übergegangen, alle Anwesenden mit der Rute zu prügeln und zu keifen: „Ihr ward bös! Bös ward ihr! Na, wartet!!“ Unglücklicherweise hatten seine Schläge viel Wucht gehabt, hatten echt weh getan und schlimmer noch: Aus dem Holoprojektor waren plötzlich Dutzende solcher „Prügelknaben in Rot“ entwichen. Nun bevölkerten sie strafend das Schiff. Aus allen Decks drang Wehklagen. Die wildgewordenen Weihnachtsmänner taten unnachgiebig ihren Dienst. Sie zogen allen Zwei, Drei mit der Rute über und bepöbelten die Crew! Bisher war niemand ernstlich verletzt worden, wenn man von den Schocks absah.... Beverly leistete Großartiges! Picard kehrte aus seinen grimmigen Erinnerungen zurück. „Mr. Worf: Weisen Sie die Teams an, die weihnachtlichen Eindringlinge zum Hangar Backbord-Süd-Unten zu treiben. Dort habe ich – diesmal mit Mr. Datas Hilfe – eine kleine Überraschung für die Kerle bereitet!“ Data lachte fröhlich: „Ja, das dürfte ihnen gefallen! Lustige Sache, das!“ 39
Danach lachte er albern vor sich hin, was wohl an einem weiteren traurigen Defekt seines Emotionschips liegen mochte. Die ersten Erfolgsmeldungen trafen auf der Brücke ein. Drei Weihnachtsmänner waren durch die tangentialen Zubringergänge in den Hangar getrieben worden, sechs weitere waren fast da. Leider hatten sich vier besonders tückische Exemplare in den Warpspulen festgesetzt, drei hatten sich in Transporterräumen verschanzt und einer war in der Waffenkammer, da ihm seine Rute offenbar nicht mehr genügte... Das war brenzlig. „Sehr gut! Machen sie weiter so!“ sagte Picard. Um den Weihnachtsmann in der Waffenkammer würde er sich selber kümmern! ***** Wenige Minuten später stand er – zusammen mit Data und drei Rothemden (hmm, eigentlich waren an Bord fast alle rot gekleidet, na, egal!) – vor der verschlossenen Tür des Bewaffnungstraktes. „Herr Weihnachtsmann! Hier spricht der Captain!“ „Ich habe jetzt keine Zeit, Captain! Ich muss mich auf die Bestrafung vorbereiten!“ „Was für eine Bestrafung denn?“ fragte der Glatzenträger scheinheilig, um Data mehr Zeit zu verschaffen, mit dem Phaser die Tür aufzubrennen. Der Strahl der Waffe nagte bereits am Sperrholz der Kulisse. „Na, welche Bestrafung wohl? Es ist der 24ste! Da bekommen böse Kinder ihren Lohn! Hehehe!“ Irgendwie klang der Typ durchgeknallt! „Kommen Sie da raus! Es gibt hier keine bösen Kinder! Außerdem ist das mit der Rute überholt und pädagogisch fragwürdig! Heute macht man so was nicht mehr!“ Jetzt wurde drinnen jemand brummig. „Erzählen sie mir nicht, wie ich meinen Job machen soll, sonst sag ich Ihnen mal, wie man dieses Schiff zünftig fliegt. Aber sie haben auch ein wenig recht: Die Rute bringt es heute nicht mehr! Heute benutzt man besser...“ Die angesengte Tür sprang auf – der rote Hüne hatte wohl von Innen geöffnet – und der Weihnachtsmann trat Picard entgegen. „... Antimateriewerfer!“ Der Weihnachtsmann hatte sich eine schwere Energiekanone des Kalibers 567 umgeschnallt, deren dickes Rohr er kaum schleppen konnte, und er war gewiss kein Schwächling. „Aus dem Weg! Jetzt ist Bescherung! Wo sind die ungezogenen Bälger!“ Sein zorniger Blick traf Picard. „Ah, da ist ja schon so ein Bengel! Ha, nun nützt Dir auch kein Gedicht mehr etwas. Jetzt gibt es Zunder!“ Er schwang die Waffe empor, und die Zielerfassung rastete auf den Captain ein. Dieser lächelte milde. „Lieber guter Weihnachtsmann, schau mich nicht so böse an! – Jetzt, Mr. Data!“ Der Androide wirbelte herum und beppte einen Kommunikator an Santa Clauses Kutte. Dann erfasste den durchgeknallten Opa ein Transporterflimmern, und die Kanone polterte zu Boden, ehe jemand sie fangen konnte. „Autsch! Die ist kapott! Naja.“ Picard schlug dem Androiden auf die Schulter, dass er dröhnte wie ein Blechfass, „Gut, gemacht, mein Lieber! Gehen wir zu den Anderen!“
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Das Hangardeck war nun mit Weihnachtsmännern gefüllt. Man hatte alle 777 Exemplare mittlerweile hier zusammengetrieben. Sie standen dichtgedrängt auf einer Seite des Flugfeldes und pöbelten lautstark. Sie würden sich beschweren, und es würde nun noch mehr Dresche geben, wenn man sie nicht augenblicklich freiließe. Ruten wurden geschwungen, Säcke mit Nüssen und Feigen mutwillig ausgeschüttet und obszöne Lieder angestimmt. Es war an der Zeit. Picard nickte, und Geordi drückte mehrere Knöpfchen an einem sonderbaren Apparat. Im Nu flimmerte es im Hangar. „Ja, Captain, wie Sie es wollten: Das ist nun unser neuestes Holodeck!“ Der Bordingenieur und sein Team hatten Großes geleistet und in den vergangenen Stunden einen Holoprojektor nach dem Nächsten herbeigeschleppt und installiert. „Programm Picard X-Mas 24!“ befahl der Glatzige energisch. „Sehr wohl, Sir!“ Und „Peng“, da standen sie: 777 Schlittengespanne, startbereit mit begierig nach Auslauf dürstende Rentieren, die furzten und mit den Hufen scharten. Die Weihnachtsmänner waren augenblicklich in ihren Bann geschlagen. „Ja, dagegen kommen sie nicht an, gegen die Symbolik und Bräuche!“ Das hatte der Captain vermutet, und er sollte recht behalten. Die Weihnachtsmänner schwangen sich jauchzend in die Schlitten, ergriffen einer nach dem Anderen die Zügel und fuhren an. „Weg von diesem ungastlichen Ort, wo man uns im Dienst behindert! Auf zu neuen Bescherungen!!“ „Schott auf!“ sagte Picard, und schon ergoss sich ein wilder Konvoi von Schlitten ins All. Der Captain lächelte wieder, und auch Riker hatte sich von seinen Rutenschlägen erholt. Er grinste verschmitzt. „Es war eine gute Idee, in den Orbit von B´hala 22 zu gehen. Unsere klingonischen Freunde werden eine nette Überraschung erleben!“ „Sehen Sie es einmal so, Nummer Eins: Es ist ein gutes Kampftraining für sie. Also ein wertvolles Geschenk, oder?“ Riker lachte nun lauthals, ebenso Data, dieser allerdings zu laut und schrill, fast hysterisch. Mit einem schnellen Griff stellte Geordi ihn ab. „Danke, meine Herren!“ Und als der letzte Weihnachtsmann ins All jagte, um strafend über die Klingonen-Kolonie herzufallen, senkte sich stimmungsvoller Frieden über die Enterprise und alle Tannenbäume sprangen an.
ENDE
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